Von den Krankheiten der Ungeborenen und der Vorsorge für das Leben und die Gesundheit des Menschen vor der Geburt [Reprint 2019 ed.] 9783111671970, 9783111287201


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Table of contents :
Von den Krankheiten der Ungeborenen
I. Wege der Einwirkung auf die Frucht
II. Krankheiten der Ungebornen
III. Behandlung
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Von den Krankheiten der Ungeborenen und der Vorsorge für das Leben und die Gesundheit des Menschen vor der Geburt [Reprint 2019 ed.]
 9783111671970, 9783111287201

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Von den K r a n k h e i t e n der

Ungeborenen u n d

der Vorsorge

für das L e b e n und

die Gesundheit des Menschen vor der Geburt. V o n

Dr. C. W. H u f e l a n d , Königl. Prcufs. Slaatsrath etc.

Aus dem Journ. der pr. Heilk. besonders abgedruckt.

B e r l i n , G e d r u c k t

bei

1 8 2 7.

und

G.

v e r l e g t

Reimer.

V o n

den Krankheiten der Ungeborenen und

der Vorsorge f ü r das

Leben

und die G e s u n d h e i t d e s M e n s c h e n vor der

Geburt

W i r sehen Kinder im Mutterleibe sterben, durch aufsere Einwirkungen , die sie durch den Körper der Mutter erhalten. W i r sehen sie krank werden, und die Krankheiten selbst bei der Geburt mit zur W e l t bringen. J a wir sehen bestimmte äufsere Ursachen, die während der Schwangerschaft auf sie wirkten, bestimmte nachtheilige Wirkungen hervorbringen. — W a r u m sollten nun nicht eben so gut heilsame, Gesundheit und Leben fördernde, EinwirA 2



4



kungen in dieser Zeit auf sie gemacht werden können ? Jedermann wird wohl mit mir übereinstimmen , dafs es für den Arzt sehr unschicklich seyn würde, das Leben eines menschlichen Wesens erst, wie die Kirchenbücher, von dem Zeitpunkt an zu datiren, wo es das Licht der W e l t erblickt; sondern, dafs es für den Arzt schon mit dem ersten unsichtbaren Anfang seiner Erzeugung da ist, lebt, und Ansprüche an seine Aufmerksamkeit und Vorsorge macht. — W a r u m wenden wir aber diese ihm nicht früher zu, sondern gewöhnlich erst dann, wenn es ein sichtbares und hörbares Mitglied der menschlichen Gesellschaft geworden ist? Ja, ich trage kein Bedenken zu behaupten, dafs diese vorgeburtliche Behandlung noch wichtiger ist als die nachherige, in sofern hier noch das Werden, die ganze künftige Anlage und Organisatien, des Menschen bestimmt, verschlechtert oder verbessert werden kann. Diese und ähnliche Gedanken beschäftigten schon lange meine Seele und leiteten mein Handeln , und ich mache hiermit einen Versuch, sowohl das darüber Gedachte als Beobachtete dem Publikum vorzulegen, zufrieden, wenn es mir gelingt, dadurch die Aufmerksamkeit der Aerzte auf diesen Gegenstand zu leiten. Der Gang der Untersuchung soll folgender seyn: Zuerst die Mittel nnd W e g e , wodurch auf das Kiüd im Mutterleibe gewirkt werden k a n n ; dann die Gefahren und Krank-

ö lieiten, denen es während dieses Aufenthalts unterworfen i s t ; und endlich die Hülfen und Verbesserungen, die es in unserer Macht s i e h t , i h m während dieser Zeit z u k o m m e n zu lassen. I. FFtgt

der Einwirkung

auf

die

Frucht.

Das erste und wichtigste ist unstreitig die Untersuchung, durch welche Mittel und PPege kann auf die Frucht im Mutterleibe eingewirkt werden, sowohl schädlich und K r a n k h e i t e r r e geiid, als vortheilhaft und heilbringend, w e l ches auf eines hinausläuft, da in der Medizin dasselbe, was schadet und k r a n k m a c h t , auch noter andern Verhältnissen und A n w e n d u n g s arten wieder Heilmittel w e r d e n , und zur m e dizinischen Behandlung benutzt werden k a n n . — E s erhellt von selbst, dafs sich hieraus zugleich die Pathogenie und die Materia medica des Fötus ergeben würde. Hierzu aber gehört vor allem ein richtiger Begriff von der Verbindung der Frucht mit der Mutter und durch sie mit der Aufsenwelt, und von dem Verhältnifs beider zu einander. Grofs ist die Weisheit der N a t u r , mit welcher sie ihr heiligstes K l e i n o d , den K e i m des werdenden Menseben, geschützt, und vor Gefahren und nachtheilicen Einwirkungen, sow o h l von aufsen als selbst von der es in sich schlielseaden Mutter, gesichert, und es gleichsam isolirt hat.

Es schwimmt in Wasser. — Schon dadurch i s t , theils die freie E n t w i c k l u n g gegeben, theils die Fortpflanzung mechanischer Erschütterungen und Gewalten gebrochen und es dafür geschützt. — Seine Verbindung mit seiner Mutter ist ferner durchaus nur mittelbar, nicht unmittelbar, w e d e r ein unmittelbarer Uebergang von Nerven noch von Gefäfsen aus dem K ö r p e r -der Mutter in den des K i n d e s , sondern ein Z w i s c h e n k ö r p e r , die Placenta, gleichsam ein eigner, dazu geschaffner organischer Boden, aus welchem die Frucht ihre Nahrung zieht. — E s ist also z w a r ein L e b e n in ein e m andern L e b e n , aber ein parasitisches, in sich geschlossenes, und mit dem anderen nur so zusammenhängendes, w i e idie Pflanze durch W u r z e l n mit dem Boden. Dennoch aber ist E i n w i r k u n g und Uebertragung möglich, ja oft die allerbestimmteste und augenblicklichste, w i e es die Erfarung, z u m Beispiel der plötzliche T o d des K i n d e s durch Schreck der M u t t e r , unleugbar darthut. J a selbst mit der Aujsenwelt ist Verbindung und Einwirkung, zum Beispiel der alles durchdringenden Naturagentien , der mechanischen Gewalt, nicht ganz ausgeschlossen. Es ist daher w o h l der Mühe Werth, und f ü r unsere gegenwartige Untersuchung unerläfslich , zu f r a g e n , W i e ? — denn hieraus allein lassen sich, die W e g e b e s t i m m e n , wodurch es uns möglich wird, theils mittelbar, theils unmittelbar auf die Frucht einzuwirken und sie medizinisch zu behandeln. W i r wollen versuchen, diefs e r farungsmäfsig festzustellen.

7 Alle Verbindungs - und Uekergangswege lassen sich iu ihren Grundprinzipien auf folgende zurückführen: 1.

Blutübergang.

W e n n w i r auch zugeben, dafs kein u n mittelbarer Uebergang der Blutgefäfse der Mutter in die des Kindes existirt, so ist es doch immer das Blut der Mutter, w a s das K i n d erh ä l t , und es ist leicht begreiflich, dafs eine Ueberfüllung der Placenta mit Blut von Seiten der Müller auch eine Ueberfüllung in d e m K ö r p e r des Kindes hervorbringen w i r d . Eben so wird die Qualität J des Blules wichtig seyn, ob das K i n d reines oder k r a n k h a f t verdorbenes Blut von der Mutter erhält. Ja auf diesem W e g e öffnet sich selbst ein W e g f ü r den Uebergang mancher Nahrungs - u n d A r z n e i stoil'e aus dem K ö r p e r der Mutter in das K i n d , da doch nicht ferner geleugnet w e r d e n k a n n , dafs manche dieser Stoffe, w e n n auicli mit mannichfalligen Veränderungen, substanziell in die Säfte aufgenommen w e r d e n . — Sehr m e r k würdig sind hierüber fWilliam's neuere Versuche, welcher Oel in die Adern eines trächtigen H u n des einspritzte, und dasselbe in den Nabeladern und Blutgefäfsen des Fötus wieder fand. Sehr belehrend und beweisend für diesen Verbindungsweg sind die Erscheinungen , die sich uns bei der Verbindung der Mutter mi( dem Säugling darbieten. Sie ist die Uebergangsstufe zu einem ganz s e l b s t ä n d i g e n L e b e n , z u m Theil schon gelrennt von der Mutter, z p m Theil aber noch ein Theil von ihr. Das Mittel der Verbindung ist die N a h r u n g , die Milch, diese aber ein Produkt des inütterli-

chen B l u t e s , also immer noch Verbindung durch das B l u t . Hier aber sehen w i r auf die auffallendste W e i s e , dafs N a h r u n g s - und A r z neimittel auf diesem W e g e selbst specifisch einwirken können. Geniefst die Mutter W e i n , SO schläft das K i n d (Narcose, R a u s c h ) ; nimmt die Mutter Purgiermittel, so laxirt der Säugl i n g ; n i m m t sie S c h w i t z m i t t e l , so schwitzt e r ; geniefst sie blähende S a c h e n , so wird er von W i n d e n geplagt; S ä u r e n , so leidet er an Säure. Ja selbst Seelen - und Nervenaffekt k a n n auf diesem materiellen W e g e dem Ivinde initgetheilt w e r d e n , w i e die W i r k u n g e n der Leidenschaften der Säugamme auf den Säugling bew e i s e n . — Djefs sind Beobachtungen, die ich unzählige Male gemacht habe. Ja noch kürzlich heilte ich einen Säugling von der K r ä t z e blofs dadurch, dafs ich der Mutter Schwefel n e h m e n liefs. Hier ist keine N e r v e n - und keine Gefäfsverbindung. Belebte Nahrung, belebte Materie a l l e i n , ist Leiter oder- V e h i k e l des Uebergangs. W a s aber bei dem räumlich g e t r e n n t e n , Säugling geschieht, das mufs noch viel m e h r bei dem, noch von dem mütterlichen Organism u s umschlossenen und eines mit i h m ausmac h e n d e n , F ö l u s geschehen. 2.

Nerveneinflufs.

Ohnernchtet die A n a t o m e n noch i m m e r über das Dasevn der Nerven in der Placenta in Streit s i n d , — w i e w o h l ganz neuerlich JEverard Home sie wirklich entdeckt zu h a b e n glaubt — folglich eben so w e n i g w i e bei den Blutgefäfsen eine unmittelbare Verbindung der Mutternerven mit den Ilindesnerven nachzu-



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weisen i s t ; so ist doch der Nerveneinflufs der Mutter auf das Kind gar nicht zu leugnen , was jeder Schrecken oder anderer Geinülhsaffekt beweiset, der oft augenblicklich verstärkte B e wegung des Rindes hervorbringt. Das W i e ? ist nur dadurch zu erklären, wenn wir eine Nervenatinosphäre annehmen, das heifst ein A u s - und Ueberströmen der Nerveukraft auch über ihre sichtbaren L e i t e r hinaus, — eine A n n a h m e , die durch viele andere Erscheinungen des organischen L e b e n s , aber gewifs am meisten durch die gegenwärtige, gerechtfertigt wird. 3. Mechanische

Einwirkung.

Dafs heftige Erschütterungen, Stöfse, Fälle auf den Unterleib der Mutter ein K i n d i m Multerleibe tödten k ö n n e n , ist bekannt genug. J a selbst ein Knochenbruch ist auf diese Art möglich, wie nachher gezeigt werden wird. 4 . Allgemeine Naturagentien,

Imponderabilien.

Dahin gehört die unmittelbare Durchdringung und Durchströmung der W ä r m e , der Electricität, des Magnetismus. Sie sind alles durchdringend vermittelst der allgemeinen P o rosität, bedürfen weder Nerven noch Gefäfse zum Uebergang, und können also unmittelbar auch auf die Frucht im Multerleibe einwirken. Aber auch die Flüchtigkeit mehrerer anderer Naturstoffe und Medicainente ist so grofs, dafs sie nur die einfache I'orosität der Häute nöthig zu haben scheinen, um einzudringen.

5.

10

-

Uebertrdgungt

E s ist dies eine eigne Art von Verbindung , für die ich kein anderes W o r t weil's. Es ist >eine Erfarungssache, dafs eine Affektion von einer Stelle, einem S y s t e m , des Organismus auf eine andere oder ein anderes, übergetragen oder versetzt werden kann. Ein an einem Ort unterdrückter Roth lauf kommt an einein anderen, oft ganz entfernten, zum Vorschein. Eine supprimirte podagrische E n t zündung überträgt sich auf die B r u s t , auf deh' Kopf. Syphilitische Affektionen der Genital i e n , unterdrückt, übertragen sich auf den H a l s , auf die Augen u. s. w. Diese Uebertragung geschieht entweder nach den Gesetzen des Antagonismus — die Unterdrückung einer organischen Thätigkeit ruft eine andere hervor — oder des Consensus, besonders ähnlicher Organe und Systeme. — E s fragt sieh, ob nicht solche Uebertragungen auch im K ö r per der Schwangeren auf die F r u c h t , die ja so lange ein Theil ihres Organismus ist, möglich sind, und es wird solches sehr wahrscheinlich durch die Beispiele von Ueberlragung der Syphilis, ja selbst des Hydrops von Mutter auf K i n d , von dein nachher die lleduseyn wird. Aber das W o r t Übertragung hat nqcljt eine weitere und höhere Bedeutung. Niemand wird leugnen, dafs die bildende Natur qacli einein Typus arbeitet. Dieser Typus ist bei der.Fruclit, anfser dein Gattungstypus, zunächst der Typus des mütterlichen Organismus, des müHerltrheii Lebens. W i r sehen deutlich, dafs dadurch iugeniiiLixnliciikeilen .der äul'sern und

i n n e r n F o r m , der Neigungen, ja selbst zufällige "Fehler, von der Muller auf das K i n d übert r a f e n werden können. W i r w e r d e n davon in der Folge m e h r sagen. E s ergeben sich hieraus folgende Mittel, die w i r in unserer Gewalt h a b e n , u m auf das R i n d i m Multerleibe zu w i r k e n . 1. V e r m e h r u n g oder Entziehung der N a h rung. 2. V e r m e h r u n g Blutandranges.

oder V e r m i n d e r u n g des

3. Veränderte Qualität der Nahrung und ¿er L u f t . 4. Mechanische Mittel, z. E. verschiedene L a g e n der M u t t e r , Binden. 5. D i e allgemeinen Naturagentien. 6. Medicamente. — Sie k ö n n e b auf dreifache Art in den Fötus einwirken, theils durch flen Eindruck auf die N e r v e n , theils durch wirkliche A u f n a h m e in das Blut und Uebergang durch dasselbe, und endlich durch einfache P e n e t r a t i o n , wie dies z. B . bei den flüchtigsten A e t h e r , A m m o n i u m , Moschus, K a m p f e r u. dergl. der Fall zu seyn scheint. 7. Seeleneinflurs. — E r kann nur durch die Nerven vermittelt werden , und ¡unmittelb a r , am wenigsten willkiihrlich, ist keiner vorhanden. Aber in dem Sinrie, als auch bei den i u n e i n , dein Gangbensystem u n t e r w o r f e n e n , und dem Bevvul'siseyji entzogenen, Eingeweide n . ein Seeit-neinfiuJ's Stall iinden k a n n , mag er auch iuer t-xisüicii. Wenig



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stens zeigen die W i r k u n g e n der Leidenschaften und der Phantasie auf das K i n d , dafs er möglich sey,

II. Kranlheiten

der

Ungebornen.

W i r gehen nun zu dem zweiten Gegenstand unserer Untersuchung ü b e r : Die Krankheiten u n d Gefahren, welchen ein K i n d i m Mutterleibe ausgesetzt ist. — Die Pathologie des Foetus. Die erste Klasse begreift die Abweichungen und Ausartungen der F o r m , gewöhnlich Monstrositäten, Mifsbildungen, im h o h e m Grade Mifsgeburten, genannt. — Sie sind insgesammt W i r k u n g e n des in seinem W i r k e n e n t w e d e r geh e m m t e n , oder übertriebenen, oder von der N o r m a b w e i c h e n d e n , Bildungstriebes. Die Ursachen k ö n n e n mannichfaltig s e y n ; Entweder angeerbte Disposition des K e i m s , oder fehlerhafte Richtung gleich bei der ersten Entwickelung. — Dahin gehört die A u s a r tung in Mola, das Verwachsen mit dem z w e i ten Zwillingsembryo, die A u f n a h m e des Z w i l lings in den zweiten K ö r p e r (Fötus im Fötus), oft bis z u m erwachsenen A l t e r ; Selbst die ange.erbte Anlage zu oft erst in der Folge des Lebens sich ausbildenden Deformitäten, te. B. die örtliche Anlage zu Verwachsungen u n d V e r k r ü m m u n g e n des R ü c k g r a d e s , d i e , sog a r ganzen Familien eigene, Anlage zu verdorbenen Z ä h n e n u. s. w . — Oder äufsere Gew a l t t ä t i g k e i t e n , z, £ . lest es Schnüren , Stöfs;



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Oder störende u n d h e m m e n d e E i n w i r k u n g e n von Seiten der M u t t e r , als Gemüthsairekten, s o w o h l heftige A u f r e g u n g e n als auch a n h a l t e n d w i r k e n d e , besonders nagender K u m m e r u n d G r a m , K r a n k h e i t e n der M u t t e r ; Endlich E i n - und Nachbildungen, gewöhnlich Verseh e n g e n a n n t — gleichsam R e f l e x e von d e m O r g a n i s m u s der Mutter auf den O r g a n i s m u s der F r u c h t . I c h berühr«* hier einen G e g e n s t a n d , der freilich schon lange ein S t e i n des Anstofses u n d des Streits unter den G e l e h r t e n g e w e s e n i s t , u n d es noch ist — die F r a g e , ü b e r d i e Möglichkeit des V e r s e h e n s , o d e r , richtiger g e s a g t , die W i r k u n g der E i n b i l d u n g s k r a f t der M u t t e r auf das K i n d , u n d z w a r z u r E r r e g u n g e i n e r b e s t i m m t e n Nachbildung desselben. — D i e ganze alte W e l t , von Hlppokrates an, glaubte d a r a n ; die n e u e r e i m Ganzen nicht, u n d in d e r T h a t sind die B e w e i s e sehr s c h w e r zu f ü h r e n u n d in der Ptegel unzureichend, — M i r scheint die Sache viel A e h n l i c h e s mit dem D a s e y n der Gespenster zu h a b e n . Je mehr m a n daran glaubt, desto m e h r sieht m a n sie. U n d so auch hier. J e m e h r m a n daran glaubt, desto m e h r findet man A e h n l i c h k e i t ¿ w i s c h e n e i n e r D e f o r m i t ä t des F ü l u s und einer, v o r h e r gegangenen äufseren Ursache. A b e r nicht blofs der S c h e i n , die Sache selbst, k a n n dadurch b e günstigt w e r d e n ; J e m e h r Glauben die M u t t e r a n die Sache h a t , desto lebhafter w i l d i h r e E i n b i l d u n g s k r a f t davon ergriffen, und desto leichter w i r d eine solche E i n w i r k u n g auf das K i n d möglich seyn. D a h e r es auch nach m e i n e r M e i n u n g Pflicht i s t , diesem Glauben i m P u b l i k u m entgegen z u a r b e i t e n u n d den M ü t t e r n

die Sache als unmöglich darzustellen, ebeik zu V e r h ü t u n g derselben. — Dafs ü b e r h a u p t eine lebhaft ergriffene Phantasie der Mutter und 'die dadurch erregte AiFektion ihres Nervensystems auf das K i n d , dessen Organisation u n d Ausbildung, w i r k e n könne, das ist w o h l k e i n e m Zweifel unterworfen. Dafs aber dadurch d i i bestimmte ahnliche Formveränderung h e r v o r gebracht werden k ö n n e , die das Phantasiebild h a t t e , das ist sehr z w e i f e l h a f t , aber dennoch ün manchen unleugbaren Beispielen ' k a u m zu verkennen. Noch neulich w u r d e uns ein m e r k würdiger Fall der Art in Henke's Archiv erzählt, von einer Mutter, die in den ersten Monaten der Schwangerschaft übermäfsig enge Schuhe getragen, und deren K i n d zusammen- 1 gewachsene Z e h e n zur W e l t brachte. So viel ist g e w i f s , die bildende Natur a r beitet nach einem Typus. Dieser T y p u s ist der durch das mütterliche Leben gegebene. Also Nachbildung. So gut also als das Normale, k a n n auch w o h l das Innormale nachgebildet werden. Die zweite: Lebensschwäche, höriger Ernährung, Atrophie.

Mangel an ge*

W i r sehen K i n d e r zur W e l t k o m m e n , u n gewöhnlich k l e i n , m a g e r , elend und schwach. Die Ursachen sind entweder K r a n k h e i t e n der" Mutter (übermäfsige A u s l e e r u n g e n , Fieber, Dyscrasien), oder Mangel gehöriger Nahrung, oder G e m ü t h s k u m m e r , oder auch angeborne Schwächlichkeit. Die dritte : das Gegentheil, Hypertrophie, übermäfsige Ernährung und Z u n a h m e , e n t w e -

der einzelner T h e i l e oder des G a n z e n , w o d u r c h oft die Geburt e r s c h w e r t , ja v e r h i n d e r t w e r d e n kaoir. D i e vierte:

Dyscrasien.

D a das K i n d sein B l u t u n d seine g a n z e organische Materie von der M u t t e r e r h ä l t , so ist ^vohl k e i n Z w e i f e l , dafs a u c h die Q u a l i t ä t derselben gleich seyn m u f s , u n d folglich das K i n d einer reinen Mutter r e i n e , d a s e i n e r u n reinen Mutter unreine Säfte haben müsse. — J a es läfst sich 'dieses selbst von specifischen und miasmatischen Dyscrasien d a r t h u n . D i e skrofulöse Dyscrasie h a b e ich oft bei K i n d e r n skrofulöser M ü t t e r , e n t w e d e r schon bei der G e b u r t , oder w e n i g s t e n s bald n a c h h e r , e h e n o c h äufsere Ursachen sie e r z e u g e n k o n n t e n , in D r ü s e n k n o t e n u n d Hautausschlägen dargestellt gesehen. D a h i n m ö c h t e n auch die G e f c r ö s d r ü s e n - V e r h ä r t u n g e n , die L y m p h g e s c h w ü l s t e , ja viele F e h l e r d e r M i ß b i l d u n g e n , zu r e c h n e n seyn. Ueber die Uebertragung der syphilitischen Dyscrasie von der Mutter auf das K i n d w ä h rend d e r Schwangerschaft, sind die M e i n u n g e n getheilt. Ich w i l l n u r - a n f ü h r e n , w a s icli selbst beobachtete. Ich sah bei vielen K i n d e r n v e nerischer M ü t t e r , dafs sie A u g e n l i e d e r e n t z ü n dungen , Hautausschlage verschiedener F o r m , oder D r ü s e n g e s c h w ü l s t e , oder A t r o p h i e , oder W a s s e r a n h ä u f u n g e n zur W e l t b r a c h t e n , oder dergleichen bald nach der Geburt b e k a m e n . Selbst die A u g e n e n t z ü n d u n g der Neugeborner» sah ich oft gleich nach der Geburt u n d ohne äufsere V e r a n l a s s u n g e n t s t e h e n , bei Müllern,



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die während der Schwangerschaft syphilitisch w a r e n , und ohne LokalalTektionen der Genitalien. Sie wich am schnellsten dem innern Gebrauche des Merkurs in kleinen Gaben. Sind diefs nicht Beweise genug für den syphilitischen Ursprung? — Ich sah ferner K i n der mit Hautausschlägen geboren werden, w e l che hierauf den ganzen Körper bedeckten, die e i g e n t ü m l i c h e syphilitische Kupferfarbe ann a h m e n , unheilbar w a r e n , und die Kinder atrophisch tödteten. Besondere merkwürdig aber w a r mir folgender F a l l : Eine Mutter w u r d e , ohne es zu ahnden, bei der Empfängnifs, oder während der Schwangerschaft, s y philitisch angesteckt. Sie bekam Fluor albus, der aber, als nicht specifisch betrachtet, blofs mit suppriinirenden und adstringirenden Injektionen behandelt wurde. Er verlor sich hierauf. Die Mutter schien g e h e i l t , aber i m achten Monate wurden die Bewegungen des Kindes immer schwächer, es starb a b , und nach einigen Tagen erfolgte die Geburt eines todten K i n d e s , dessen ganze Haut psorisch afficirt und brandigt 'abgestorben, zuin Tbeil abgelöset, erschien. Und nun erst, nach glücklich überstandenem Wochenbette, traten bei der Mutter alle Symptome einer syphilitischen Dyscrasie, Fluor albus und Hautansschlage herv o r , welche durch eine Merkurialkur geheilt werden inufsten. — Zeigt sich hier nicht offenbar eine, durch die Suppression der äufseren Symptome der Syphilis bei der Mutter bew i r k t e , Uebertragung der Krankheit auf die Frucht ? Und stimmt diefs nicht mit der überhaupt gemachten Bemerkung iiberein, dafs während der Schwangerschaft die Syphilis der Mutter so w i e alle Reproduktionskrankheiten (Phtlii-



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(J?hthisis u dergl.) stille steht, indem die ganze Produktivität ihres Organismus während dieser Zeit nach innen gerichtet und aut' das Kind rellektirt ist, wodurch nothwendig auch der Krankheitsprozefs eine Ableitung erhalt; wobei es aber um so leichter möglich ist, dafs auch die Krankheit sich mehr auf die Frucht wirft. —• Ein merkwürdiger Fall der Art wurde im Poliklinischen Institute zu Berlin beobachtet: Ein Kind kam mit syphilitischen Excoriationen zur Welt. Es folgten hierauf abwechselnd, bald Geschwüre im Halse, bald Ophthalmien, bald Drüsengeschwülste, bald Exantheme. W e n n eins geheilt war, erschien das andere. Es wurden im Verlauf mehrerer Jahre alle erdenklichen Merkurialmittel, freilich unordentlich, angewendet. Aber immer kam ein neues Uebel. Endlich fixirte sich die Krankheit auf die Knochen, und es entstanden kariöse Geschwüre, die erst im 14ten •Jahre vollkommen durch das Zittmann'sehe Dekokt geheilt wurden. — Auch SieboltTs Erfarungen stimmen hierüber ganz mit den meinigen überein. Niemand zweifelt wohl mehr daran, dafs eine, einmal tief eingedrungene, venerische Vergiftung dem Organismus so eigen werden k a n n , dafs sie oft nie ganz wieder ausgelöscht werden k a n n , dafs sie unter vielerlei ganz andern Formen und Ausartungen erscheinen k a n n , ja dafs dieses furchtbare Gift — eben so wie wir es bei dem Hydrophobischen bemerken — Jahre lang gleichsam fuhend und gebunden bleiben, und dann wieder mit erneuerter Kraft erwachen und belebt werden kann. Aber man denkt hierbei gewöhnlich nur an B

das einzelne Individuum, und nicl't an die traarigen Folgen, die eine solche verborgene Vergiftung auf das künftige Geschlecht haben könne. Nachstehende Geschichte wird diefs erläutern. Eine Frau von 20 Jahren w u r d e von ihrem Manne angesteckt, der venerisch w a r , und an dieser K r a n k h e i t starb. Sie bek a m von ihm S c h a n k e r , von dem sie durch eine m e h r örtliche als gründliche K u r befreiet w u r d e . Ein Jahr darauf erschien, ohne w e i tere Veranlassung, ein schankföses Geschwür zwischen den Brüsten. Sie w a r d davon w i e der durch eine ahnliche K u r befreit. Nun heirathete sie wieder einen gesunden Mann, ward bald darauf s c h w a n g e r , und gebar ein Kind', bedeckt mit Excoriationen, so dafs sich die Haut ablösfrte, und es nach 14 Tagen eines elenden Lebens starb. Hierauf eine zweite Schwangerschaft. Das K i n d k a m scheinbar gesund zur W e l t . Aber nach 10 Tagen entstand ein bösartiger borkigter Ausschlag i m Gesicht und ganzen Körper. Er hatte schon 5 W o * chen im zunehmenden Grade und mit allgemeinen atrophischen Zustande gedauert, als sie es der Behandlung des Poliklinischen I n stituts übergab. Die Mutter war wahrend beider Schwangerschaften völlig gesund und frei von jedem syphilitischen Symptom gewesen, und war es noch. — Dieser Fall zeigt deutlich, einmal, dafs der syphilitische Keim, oder wenigstens" die syphilitische Produktivität, nach einer scheinbaren K u r J a h r e lang im Körper zurückbleiben, und zweitens dafs die K r a n k h e i t sich gleichsam metastatisch auf die Frucht übertragen, und diese eine Art von Abieiter und pathologisches SecretÜonsorgan -für den mütterlichen Organismus werden kann , wodurch die Mutier, wenn

-

-

auch nicht von der Krankheit, doch von den Wirkungen uadSyptomen derselben frei bleibt. Sehr merkwürdig sind hierüber die neuerlichst in den Transactions of the Association of Physicians Vol. IV. Dublin, mitgetheilten Beobachtungen der Herren Bealty und Golks über die Wirkung der syphilitischen Infektion auf die Erzeugung von frühzeitigen und foulen Geburten, ja auf die Verhinderung der Empfängnifs, und die Heilung dieser unglücklichen Disposition durch Quecksilberkuren, mit mehreren Beispielen belegt. Interessant hierüber ist das Göständnifs einer berüchtigtem Courtisane, welche, nachdem sie ein todtes Kind zur Welt gebracht hatte, und sie durchaas keine Mittel brauchen 'wollte um dies zu verhüten, und man sie fragte: „Welches die besten Mittel Seyen, den Tod der Frucht im Mutterleibe zu verhüten?" antwortete: „das Quecksilber."' Von derUebertragung der Pockenansleckung von der Mutter auf das Kind sind unleugbare Thalsachen vorhanden. Mütter, die die Pocken hatten, gebaren während oder nach der Krankheit Kinder mit allen Zeichen der vorhandenen oder eben überstandenen Pocken. * ) *) H ö c h s t m e r k w ü r d i g sind die « w e i F ä l l e , w e l che Ed. Jenner selbst (in den Mediz. Chirurg. Abhandlungen der Med. Chir. Gesellschaft zu London, übersetzt von Osann, Berlin iß11) e r z ä h l t , w o z w e i v a c c i n i r t e M ü t t e r , die iwähr e n d der letzten Zeit der S c h w a n g e r s c h a f t m i t wahren Pockenkranken in nahe B e r ü h r u n g g e k o m m e n w a r e n , Kinder zur W e l t b r a c h t e n , w e l c h e die v o l l k o m m e n e P o c k e n k r a n k h e i t h a t t e n , und a l s o , w i l das m e r k w ü r d i g s t e i s t , i m M u t t e r leibe angesteckt w o r d e n w a r e n , ohne dafs die M ü t t e r die K r a n k h e i t hatten.

Ts ?

Die fünfte:

Nerven - und

ßeeltnhrankfidteH.

Es ist kein Z w e i f e l , dai's bei n e r v e n k r a n k e n und hyslerischeu M ü t t e r n das K i n d schon itn Mutterleibe convulsivische Bewegungen e r leiden k a n n , und dai's die A n l a g e zu N e r v e n s c h w ä c h e u n d N e r v e n k r a n k h e i t e n , ja selbst w i r k l i c h e K r ä m p f e dem K i n d e von der M u t t e r mitgetheilt w e r d e n k ö n n e n . Ich sah,selbst ein solches trauriges B e i s p i e l : E i n e Mutler, d i e in K r i e g s z e i t e n die letzte H ä l f t e i h r e r S c h w a n g e r s c h a f t iu beständigem K u m m e r u n d A n g s t zugebracht h a t t e , gebar e i n l i i o d , w e l ches gleich von der Geburt an an K r ä m p f e n litt und a m 9ten T a g e unter K r ä m p f e n starb. — Die ganze nervöse Constitution der Z e i t , w e n i g s t e n s in den h ö h e r n S t ä n d e n , läfst sich j a n u r aus dieser Ursache e r k l ä r e n , dafs d e n K i n d e r n , schon i m Multerleibe diese A n l a g e m i t g e t h e i l t w i r d . Die K i n d e r k o m m e n jetzt schon k l ü g e r zur W e l t , sagt m a n , u n d das ist in m a n c h e n Regionen v o l l k o m m e n w a h r , a b e r eben ein B e w e i s der schon zu f r ü h e n J f e r v e nent wickeluu g. A u c h Lähmungen k o m m e h vor. Ich sah ein K i n d m i t völlig gelähmten u n b e w e g l i c h e n E x t r e m i t ä t e n geboren w e r d e n , welches 6 W o chen nach der Geburt starb. Die M u t t e r w a r i m achten Monat der S c h w a n g e r s c h a f t auf den L e i b gefallen. B e i der S e k t i o n f a n d sich W a s s e r i m K o p f und Riickgrad. Z u den N e r v e n k r a n k h e i t e n gehören auch die F e h l e r der höheren und niederen Sinnlichkeit und der Setlenthatigkeit. A u c h sie k ö n nen schon iin F ö t u s , wenigstens in i h r e r A n -



2t

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J£ge begründet Werden. Der angeborue Rüidfcinn , die angeborne Taubheit und Taubstummh e i t , df-r erbliche K r e t i n i s m u s , sind traurige B e w e i s e davon. D i e sechste:

PVasseranhäufungtn.

*)

E s ist etwas gar nicht selten vorkommendes , dafs K i n d e r Wasseransammlungen i m K o p t , im R ü c k g r a d , in den Höhlen der Brust, des Unterleibes, der Haut, mit zur W e l t bringen, Besouders merkwürdig sind die Beispiele der Uebertragung der Wassersucht der Mutter auf das K i n d , wovon noch neulich Hr. Olivier i m Fropagateur 1 8 2 5 . Sept. folgenden Fall m i t theilte : E i n e wahrend der Schwangerschaft hydropische F r a u , gebar iin 8ten Monat ein K i n d mit sehr aufgetriebenem Unterleibe. Es fiind sich im Peritoneo und Omento eine b e deutende Menge seröser Flüssigkeit mit a l b u minösen Flocken vermischt. Die V e s i c a w a r g e s u n d , nur bleich. D i e siebente: dungen.

Blutcongestionen

und

Entzün-

Man hat im G e h i r n , in den L u n g e n , i n den Eingeweiden des Unterleibes, so beträchtl i c h e Blutcongestionen gefunden, dafs sie w i e injicirt erschienen. Ebenso Augenentzündungen , Hämorrhagien, Blutextravasate, selbst " ) Ich habe übet die organischen Krankheiten de» F ö tus, aufser meiner eignen Erfarung, die gütigen Mirtheilungen meines geehrten "Freundes und C o l l e g e n , Hrn. v. Siebold, benutzt, dessen ausgedehnte geburtshülfliche Praxis ihm so manch« Gelegenheit au dergleichen Beobachtungen darbietet .

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22

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H ä m o r r h o i d e n , w o r ü b e r ich mich auf meiner. F r e u n d e Siebold und Rudolphi E r f a m ö g e n berufe. Selbst Gangrän des Magens' beobachtete erßterer einmal. D i e acht«:

Hautkrankheiten.

F u r u n k e l n , P e m p h i g u s , flechtenartige A u s schläge, Mitesser, P o c k e n , w u r d e n mit auf die W e l t gebracht. D i e neunte: Man Fötus.

fand

D i e zehnte: nisationen.

Würmer. Intestinalwürmer

Desorganisationen,

schon

im

Pseudorga-

Balggeschwülste, Lymphgesch wülste, Bluts c h w ä m m e , V e r g r ö ß e r u n g e n innerer E i n g e w e i d e , V e r h ä r t u n g e n der E i n g e w e i d e , der D r ü s e n , H e r z p o l y p e n , örtliche A t r o p h i e n , w a h r e u n d falsche B r ü c h e . S e l b s t einen angeborenen K r o p f hat man neulich beobachtet. D i e eiifte:

Mechanische

Verletzungen.

E s k a n n äufsere G e w a l t so h e f t i g auf das K i n d w i r k e n , dafs dadurch selbst T r e n n u n g e n der festen T l j e i l e hervorgebracht w e r d e n . — D i e gebrochenen K n o c h e n eiues K i n d e s , w e l ches Dit-by dein V e r s e h e n der Mutter zuschrieb, die einen Menschen hatte rädern s e h e n , m ö gen dadurch erklärbar w e r d e n ; und ein m e r k w ü r d i g e s B e i s p i e l der A r t w i r d mitgetheilt v o m L e i b m e d i c u s Sachse: *) *) S . Journal d. pr, H. 1800, XI, B d . mit einer A b b i l d u n g des B e i n b r u c h s .

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E i n e gesunde Bauerirau von 42 Jahren, die schon 8 Kinder glücklich geboren hatte, fiel im dritten Monat ihrer Schwangerschaft auf dem Eiste, auf die linke S e i t e , doch ohne nachher Beschwerden zu fühlep. In der ersten VK-oche nach der Hälfte (sie hatte e t w a 8 Tage lang Bewegungen gefühlt) fiel sie abermals von einer L e i t e r , 3 Sprossen h o c h , so dafs die nämliche Seite auf einen grofsen H o l z block schlug. Gleich beim Aufstehen f ü h l t e sie eben da im Unterleibe ein heftiges Stechen , welches sie nöthigte 8 Tage im Bett zu bleiben. Sie mufste auf dem R ü c k e n lieA g e n , weil das Stechen bei jeder Seitenlage unerträglich w a r . A m dritten Tage ging e t was. Blut a b , doch erfolgte kein Abortus. Acht bis zehn Tage spürte sie gar keine Bewegun'gen der F r u c h t , a b e r , so w i e sich dieselben nachher wieder einstellten , - oder sie bei B e wegungen den Unterleib z u s a m m e n b o g , e m pfand sie jederzeit an derselben Stelle stechende S c h m e r z e n , bis zur E n t b i n d u n g , »welche sie nur dadurch zu erleichtern v e r m o c h t e , dafs sie den Leib z u s a m m e n d r ü c k t e , oder links wegzuschieben suchte. Sie k a m zur gehörigen Zeit n i e d e r , und gebar ein kleines und s c h w a c h e s , aber lebendes Kind. A n diesem fand sich n u n ein schiefer Bruch der Tibia und Fibula des rechten F u f s e s , so dafs die beiden untern Knochen ganz herauf gezogen w a r e n . Das abgebrochene scharfe Ende der Tibia halte die Haut durchbohrt und d a durch den bei jeder Bewegung empfindlichen Schmerz der Gebärmutter erzeugt. Die K n o chen waren übrigens mit den abgebrochenen Huden an der Voidei Um-lie v e r w a c h s e n , so dafs sie eme breite i u u i i e darstellte*). Die



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L a n g e des gesunden Fufses v o m K n i e bis z u m P l a t t f u f s b e t r u g 3 j Z o l l , die des k r a n k e n v o m K n i e bis z u m Brucli 2 Z o l l , von da bis z u m P l a t t f u f s 1 Zoll. A u c h w a r der k r a n k e F u f s § Z o l l d ü n n e r , und h a t t e n u r 3 Z e h e n , w a r also in seiner ganzen E n t w i c k e l u n g z u r ü c k geblieben. A u c h die rechte H a n d , die w a h r s c h e i n l i c h auch denselben Stöfs e r l i t t , ist k l e i n e r als die l i n k e , und h a t n u r 3 Finger. E i n neues Beispiel erzählt PVatUnsonx Arn 29sten Decbr. 1824 w u r d e ich zu Frau — g e r u f e n , welche olingefähr 20 J a b r alt w a r , in K i n d e s n ö t h e n l a g , und i m v o r h e r g e h e n d e n A p r i l sich v e r h e i r a t h e t h a t t e . Bald nach 5 U h r n a h m ich die erste U n t e r s u c h u n g vor, u n d fand die M e m b r a n e n u n v e r s e h r t . D i e G e burtsarbeit ging langsam von S t a t t e n bis 7 Uhr, w o die R u p t u r der Membranen e r f o l g t e , der K o p f h e r a b k a m und das K i n d ohngefähr n a c h h a l b 8 U h r auf natürliche W e i s e ausgetrieben w u r d e . D a entdeckte i c h , dafs der l i n k e F u f s ein w e n i g ü b e r den K n ö c h e l a b g e t r e n n t , u n d der T h e i l f a s t , aber doch nicht ganz (vielleicht w e i l die K n o c h e n h e r v o r r a g t e n ) geheilt w a r . Das K i n d w a r lebendig und a t h m e t e 2 0 Min u t e n l a n g , w o r n a c h es starb. D i e Mutter, s a g t e , dafs sie n u r 7 M o n a t e schwanger gewesen s e y . w a s mit d e m A u s s e h e n des K i n des v o l l k o m m e n übereinstimmte. Bei der U n t e r s u c h u n g nach der Geburt e n t d e c k t e ich den Fufs in der V a g i n a u n d zog i h n h e r a u s . E r w a r fast auch g e h e i l t , doch r a g t e n hier ebenfalls die K n o c h e n hervor. E s schien nicht, dafs eine A u s t r e t u n g vou Blut aus dem Gliede Statt gefunden habe. Dieser Fufs (der linke)



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w a r viel kleiner als der a n d e r e , welcher etw a s e i n w ä r t s gedreht w a r . E r h a t t e keine Z e i c h e n von F ä u l n i l s , n n d aus d e r Vergleic h u n g beider Fiifse v e r m u t h e t e i c h , dai's er sich vor 2 Monaten von dem K ö r p e r abgelöfst h a b e . Es w a r nicht die geringste V e r f ä r b u n g des F u f s e s v o r h a n d e n , u n d er h a t t e sich vollk o m m e n erhalten. D i e Mutter s a g t e , sie sei nicht erschreckt w o r d e n , und es sei w ä h r e n d i h r e r S c h w a n gerschaft nichts U n a n g e n e h m e s in i h r e r F a m i l i e v o r g e k o m m e n , w a s einen üblen E i n d r u c k auf sie h a b e inachen k ö n n e n . . D e r M a n n ist ein T a g e l ö h n e r ; die F a m i l i e n ä h r t sich durch i h r e n Fleifs g u t , o h n e dafs die F r a u ihren K ö r p e r m e h r a n z u s t r e n g e n brauchte als in e i n e m gut eingerichteten H a u s h a l t n ö t h i g ist. D i e Herausgeber des London me.dkal and physical Journal, Julius, w o r a u s obiges e n t n o m men , v e r s i c h e r n , das P r ä p a r a t gesehen zu hab e n , u n d f ü g e n die A b b i l d u n g bey. der

D i e zwölfte: Geburt.

das Absterben,

der Tod

vor

W a s m a n gewöhnlich Abortus und frühzeitige Geburt n e n n t , das sollte m a n nach m e i n e r M e i n u n g in den meisten F ä l l e n Absterben des Kindes n e n n e n . D e n n melirentheils geht der T o d des K i n d e s v o r h e r , und der A b o r t u s ist n u r die Folge d a v o n , die W i r k u n g des T r i e b e s zur Ausstol'suug, den n u n der F ö t u s i m U t e r u s , so w i e jeder f r e m d e K ö r p e r , err e g t . D e r beste B e w e i s i s t , dafs i n der B e _ gel zuerst die B e w e g u n g e n des K i n d e s , seine

Lebenshufseru,ngen, aufhören',• dann das Gefühl von Kalle im Unlerleibe wnd Schauer» im Kreuze — das Gefühl des örtlichen Todes wie bei andern Absteifungen — eintritt, und. nun erst die Molimina Abortus , die Reactjonen von Seiten des mütterlichen Körpers zur Ausstofsupg, nachfolgen. Leider gehört dieses Sterben vor der Geburt zu den häufigen Fällen. Schon die Todtgeborenen machen eine betrachtliche Zahl in den Todtenlislen. — Ich kann hier nicht umhin, auf das schreckliche Ulifsverliältnifs aufmerksam zu inachen, was zwischen den Todtgeborenen bei ehelichen und bei unehelichen Kindern Statt findet. Bei ehelichen ist das 25ste ein Todtgeborenes, bei den unehelichen, die man gewöhnlich Kinder der Liebe — Kinder der Thierlieit sollte man sie nennen — nennt, und die das Vorurtheil sogar für kräftiger hält, kommt das lOle schon lodt zur Welt. Der Grund liegt lediglich in der Unregelinäfsigkeit, Vernachlälsigung, ja selbst absichtlichen Zerstörung, der diese unglückliche Klasse der dem Verderben geweiheten menschlichen Wesen ausgesetzt ist. — Aber wie viel zahlreicher sind die vorgeburtlichen Todesfälle, die gar nicht in die Rechnung kommen, die unzeitigen und frühzeitigen Geburten! Es wird selten eine Familie seyn, in der nicht eiuinal ein solcher Fall existirte, und wie viele, wo er mehrmals vorkam, und .noch, •mehr, wo er gar nicht bemerkt wurde. Ich glaube nicht zu viel anzunehmen, wenn ich den zehnten Embryo darauf rechne.



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Die Ursachen, wodurch ein Kind im Mutlerleibe gelödtet werden k a n n , können folgende seyn : Heftiges Schrecken oder jeder andere erschütternde Gemüthsaffekt. Eine der häufigsten. W i e oft sehen wir unmittelbar nach einer solchen Gemüthsbewegung sogleich die Bewegungen des K i n d e s a u f h ö r e n , Schauern entstehen und bald darauf den Abortus erfolgen. Die W i r kung eines heftigen Geinüthsaflekts und die Todesart d a v o n , sind ganz ahnlich den W i r kungen und der Todesart vom Blitz; Und so kann hier ein Kiud im Mutterleibe durch einen solchen Seelenblitz der Mutter erschlagen werden. Mechanische Gewaltthätigkeit, ein Fall auf den Leib.

ein

Schlag,

Lebensschwäche. Der erste Lebenskeim k a n n so schwach gelegt seyn (durch Alter, E n t n e r v u n g , Schwäche, K r ä n k l i c h k e i t , Dürftigkeit de? E l t e r n ) , dafs die Frucht ihr Leben nicht bis zur völligen Entwickeluug fortsetzen k a n n . Krankheiten der Mutter. Heftige Fieber, K r a n k h e i t e n , welche die Ernährung dar Mutter lange v e r h i n d e r n , starke-.und entkräftende Ausleerungen, können ein Absterben des K i n des herbeiführen. Hielier gehören auch D y s crasien, miasmatische Vergiftungen, besonders die syphilitische. Ja sie können selbst die Empfängnifs hindern. Dzoudi erzahlt das m e r k würdige Beispiel einer brau, die, f r ü h e r fruchtb a r , w a h r e n d 10 J a l u e , wo sie an einer lac~



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larvirten, nicht erkannten, Sypliilis liü, nicht schwanger wurde, aber, nls diese gründlich gehoben w a r , wieder fruchtbar wurde. Man sehe hierüber auch das obige Ueispiel. V o r allen aber Blutiiberfüllung, eine Ursache, welche nach meiner Erfarutig zuverläl'sig die häufigste des Kindestodes und so des Abortus ist. Meine lange medizinische Erfarung hat mir diefs unleugbar bewiesen, so dafs ich das Verhältnifs dieser Ursache des Abortus zu den übrigen wohl wie 3 zu 1 stellen k a n n , und mein geehrter Freund Rudolphi hat dasselbe bei den Leichen der durch Abortus geborenen Kinder bestätigt gefunden. Die sämmtlichen Eingeweide des Unterleibes und das Gehirn waren wie mit Blut injicirt.

III, Behandlung. W e n d e n wir uns nun zu unserem Hauptzweck : Was kann geschehen für das Leben und die Gesundheit des werdenden Menschen, während seines Aufenthalts im Mutterleibe, und wie kann es geschehend Das erste i s t : Erhaltung des Lebens. — Blicken wir hier zurück auf die Hauptursache des Absterbens des F ö t u s , so zeigt sich als eine der häufigsten der Andrang und die JJeberfiillung mit Blut. Sie findet am meisten in den ersten Monaten, genug in der ersten Hälfte der Schwangerschaft, S t a t t , wo durch das Ausbleiben der monatlichen Blutausleerung ein Ueberschufs von Blut im mütterlichen K ö r p e r erzeugt wird, der zur Ernährung der

(Fracht bestimmt ist, den aber die nocli so ¿deine Frucht nicht zu verbrauchen im Stande ist. Hier ist es gewifs, und durch die Erfarung hinlänglich entschieden, dafs mafsige am Arm angestellte Aderlasse, indem sie den Mangel der monatlichen Blutentziehung ersetzen •und den Andrang ableiten, verbunden uiitliuhe und horizontale L a g e , am gewissesten das L e ben der Frucht erhalten. Ich habe oft gesellen , dafs, wenn sshon die Bewegungen des Kindes schwächer geworden, ja ganz aufgehört hatten , solche gleich nach der Blutentziehung mit grofser Lebhaftigkeit 'wiederkehrten« Aber auch wahre Lebensschiväche kann die Ursache des Absterbens werden. Unstreitig ist hier die allgemeine Stärkung und Kraftbelebung des mütterlichen Organismus die Hauptsache. Aber auch unmittelbar auf das Leben des Kindes kann gewirkt werden, und ich erinnere hier nur an die tägliche Erfahrung, dafs bei mangelnder oder unbemerkbarer Bewegung des Kindes durch Auflegung einer kalten Hand auf den Unterleib dasselbe gleichsam augenblicklich aus dem Schlafe erweckt und zur Bewegung gebracht werden kann. Auch sehen wir bei andern krankhaften Affektionen innerer Eingeweide, besonders solcher, die, ohne Knochenbedeckung, der Haut nahe liegen, wie schnell und wie stark äufsere Applicationen auf sie einwirken. So kann der heftigste Magenkrampf, das heiligste Erbrechen, durch blofse juilserliche Applikationen gehoben werden So habe ich of't Magenschwäche, Appetitmangel, durch das fortgesetzte Tragen aromatischer Krautersackchen, M a s t e r , spirituöse Einrei-

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bungen völlig beseitiget. — A o f diese Ansicht mich gründend, habe ich auch bei S c h w ä c h e des Fötuslebens Und Uterinsystems denselben Weig befolgt, Und täglich, oft die ganze S c h w a n gerschaft hindurch, ähnliche Einreibungen i n die Muttergegond machen lassen, und die beste W i r k u n g davon gesehen. Ich bediene mich dazu gewöhnlich folgender F o r m e l : Ree. TJrt« guent. de Alth. Bals. Nucist. ana Unc. semis, Balsam, vit. Hafm. Drachm. ij. Ol. Menth, crisp. Scrup. semis. M. Täglich i Theelöffel voll e i n zureiben. O d e r : Spirit. matrical. Spir. Serpill. ana Unc. ij. Balsam, vit. Hofm. Unc. semis. M. D. S. Täglich den Unterleib und das K r e u z damit zu w a s c h e n . Man s i e h t , die Idee u n seser A l t e n mit ihrem Balsamum Embryonum, und der noch dauernde Glaube des V o l k s dara n , war k e i n e s w e g s so v e r w e r f l i c h ; nur mufs die A n w e n d u n g bei Vollblütigen vermieden werden. — I s t , w i e es oft g e s c h i e h t , grofse Reizbarkeit und Convulsibililät mit der S c h w ä che verbunden, so ist es sehr h e i l s a m , noch e t w a s Opium - Tinctur hinzuzusetzen. Hierbei kann ich aber nicht u m h i n , noch eines Mittels zn e r w ä h n e n , w a s , w i e mir es s c h e i n t , ganz specifisch geeignet i s t , das L e hen des Fötus und den zu seiner Erhaltung nothigen Apparat zu starken und zu bekräftigen. Diefs ist das Eisen. — Dieses grofse einzige Mittel besitzt in-der That eihe specifische W i r k u n g auf die Produktivität, auf die Schöpferkraft des Organismus; nicht allein zur Erweckung der Procreai ionskraft in beiden Geschlechtern , sondern auch zur Erhaltung und Bekräftigung des Erzeugten. — Es giebt bekanntlich eine eigne Schwäche des Uterinsy-

s t e m s , welche iintíier in einer gewissen Periode der Schwangerschaft ein Absterben des F ö t u s und einen Abortus b e w i r k t ; weil die i t r a f t zur Erhaltung seines L e b e n s und zur Tragung desselben nur bis zu einer gewissen Z e i t zureicht. Man nennt sie JDispositio abortiva, Abortus habitualis, und sie hat die traurige F o l g e , dafs W e i b e r drei - vier - jfi üehn Mal immer zu derselben Z e i t abortiren. Unter allen Mitteln, diese traurige Disposition aufzuheben , k e n n é ich keitis, Was dies so gewifs b e w i r k t , ja Was ich einzig hierin nennen m ö c h t e , als den gehörigen Gebrauch des Pyrmonter oder Driburger Wassers an der Quelle, z u m T r i n k e n und Baden. Ich habe mehrmals F r a u e n , die 3 — 4 mal nacheinander das Un^ glück des Abortus erlitten hatten , diesen G e brauch machen lassen, und der Erfolg w a r die glücklichste bis ans Ende durchgeführte S c h w a n gerschaft. — J a selbst wahrend der S c h w a n gerschaft solcher äufserst geschwächter Personen sind mir Beispiele b e k a n n t , w o ein a n haltend fortgesetzter Gebrauch eines sehr feinen Eisenmittels in kleinen Gaben, z. F . der Tinctura aetherea martialis, von dem gröfsten Nutzen zur Erhaltung des Fötusleliens und zur V e r hütung des Abortus war * ) ; Nur sei man h i e r bei vorsichtig, und aufmerksam auf die durch das Eiseu mögliche Blutcongestionen nach dem UterinsyStem, und halte e i n , sobald man A n zeige davon hat. Das zweite i s t : gehörigt wicklung und Einäluung.

und normale

Ent-

*) Man sehe hisrüber n o c h eine m e r k w ü r d i g e E r -

farung im Journal

d. p akt, Heilk.

ißiß. Octub.

t-

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Dabin g e h ö r t , aufser der V e r h ü t u n g gewaltsamer E i n d r ü c k e , die störend darauf w i r k e n k ö n n e n , besonders die V e r h ü t u n g einer zu übermäfsigen Ernährung und dadurch e n t stehenden enormen Gröfse des K i n d e s , -welche Schwierigkeiten der Geburt erzeugen k ö n n t e . Doch gilt diefs nur bei M ü t t e r n , deren enges oder verwachsenes Becken schwere Geburten fürchten läfst oder schon erzeugt hat. — H i e r k a n n die K u n s t unleugbar wohlthätig e i n w i r k e n , i n d e m sie die Ernährung des Kindes beschränkt und dadurch die zu grofse A n h ä u f u n g der Masse verhütet. Diefs geschieht theils durch Mäfsigkeit im Genüsse der Nahrungsmittel , besonders der sehr n a h r h a f t e n , theils durch viele Leibesbewegung und Verbrauch der K r ä f t e und S ä f t e , theils durch Ableitung und E n t z i e h u n g eines Theils der Säfte auf künstlichem W e g e . Diefs letztere ist von vorzüglicher W i c h tigkeit und von entschiedenem Einilnfs. D e n besten Beweis davon gab uns in dem letzten V i e r t e l des vorigen Jahrhunderts ein Charlat a n , Namens Lehnhard, welcher einen geheimen Gesundheitstrank f ü r Schwangere v e r k a u f t e mit der Versicherung, dadurch leichte Geburten bewirken eu k ö n n e n . Und in der T h a t , das Mittel bewirkte diefs bei vielen W e i b e r n , die f r ü h e r sehr schwer geboren h a t ten. Sie hatten darnach sehr leichte Geburten. — Aber die Erklärung w a r 6ehr einfach. Der geheime T r a n k bestand aus einer Auflösung von Glaubersalz und Sennesblatt e r n , mufste besonders in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft täglich gebraucht w e r d e n , und es w a r also eine viele Monate h i n durch

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¿ürch fortgesetzte T n i g i e r k u r , welche nothwendig Säfte entziehend auf die Ernährung des Kindes w i r k e n , und so kleine Kinder hervorbringen mufste, die dann natürlicher W e i s e leichter geboren werden konnten. Diese Methode würde also in ähnlichen Fällen, mit gehöriger Vorsicht, mit Nutzen anzuwenden seyn. Hier mufs aber auch der örtlichen Abnormitäten der Entwicklung und Ausbildung Erwähnung geschehen, die allerdings w ä h r e n d der Schwangerschaft, besonders durch mechanischen Druck, veranlafst werden können. Daher die sorgfältigste Vermeidung alles festen Schnürens und Bindens — die eisernen B l a n chetts sind wegen des isolirten Drucks a m schlimmsten — wahrend der Schwangerschaft höchst nöthig ist. Das dritte: Stärkung der Constitution, besonders des Nervensystems, Verhütung der angebornen Nervenschwäche. — Ein Hauptpunkt für unsere Zeiten. — Iin Allgemeinen gilt hier das Grundgesetz der Diätetik: Einfache Nahrung und Luftgenufs stärken, Reizmittel schwächen. — Es ist eins der verderblichsten Vorurtheile, dafs man glaubt, durch W e i n Kinder stark zu machen. V i e l mehr ist der frühzeitige Genufs des W e i n s das sicherste Mittel, ihnen für ihr ganzes L e ben schwache Verdauung und schwache Nerven zu verschaffen , und, wer sein Kind lieb hat und «inen wahrhaft kräftigen Menschen erziehen w i l l , der lasse ihn in den Jahren der Kindheit keinen W e i n trinken. — Diefs gilt aber auch schon von ueiri Kinde im Mutterl e i b e , denn das Kind trinkt m i t , wenn die

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3*



Mutier W e h l trinkt. lind icli halte es dalier f ü r übrigens gesunde M ü t t e r , w e n n sie k r a f t volle R i n d e r h a b e n wollen , f ü r sehr r a t h s a m , sich der Spirituosen G e t r ä n k e w a h r e n d der S c h w a n g e r s c h a f t zu enthalten. — Bei allen alten V ö l k e r n w a r es Gesetz, w e n n m a n M e n schen von ausgezeichneter K r a f t an L e i b oder Seele ( H e r o e n , P r o p h e t e n ) erziehen wollte, sie k e i n e n W e i n t r i n k e n zu l a s s e n , u n d schon w ä h r e n d der Schwangerschaft w u r d e Shnson's M u t t e r der Befehl g e g e b e n , den W e i n zu meiden. Ich h a b e oben gezeigt, daTs die A n l a g e zu N e r v e n s c h w ä c h e und Convulsibilität durch die Z e u g u n g u n d durch nachtheilige Einflüsse w ä h r e n d der S c h w a n g e r s c h a f t mitgetheilt w e r den k a n n . So gut nun durch schädliche E i n w i r k u n g e n das K r a n k h a f t e erzeugt w e r d e n k a n n , eben so läfst sich m i t R e c h t e r w a r t e n , dafs, w e n n w ä h r e n d der S c h w a n g e r s c h a f t auf alle W e i s e so auf das Nervensystem der Mutter e i n g e w i r k t w i r d , dafs es in einein Z u s t a n d von K r a f t , Gleichgewicht und normaler T h ä t i g k e i t erhalten w i r d , dieser Z u s t a n d auch d e m N e r v e n s y s t e m des K i n d e s sich ¡ineignen w e r d e , ja dafs dadurch der Uebergang des von der M u t t e r zu besorgenden k r ä n k l i c h e n N e r v e n z u s t a n d e s , selbst constitutionelle erbliche N e r v e n s c h w ä c h e , verhütet w e r d e n k ö n n e . — Man lasse also n e r v e n s c h w a c h e Mütter w ä h rend der S c h w a n g e r s c h a f t eine n e r v e n s t ä r k e n de Diät f ü h r e n , wozu hauptsächlich das L e ben in r e i n e r freier L u f t , das L a n d l e b e n Und h i n r e i c h e n d e Bewegung des K ö r p e r s , die V e r m e i d u n g angreifender trauriger Gemiithsaffekte, des Uebermaafses der physischen L i e b e , des vielen Kaffee - und T h e e t r i n k e n s , gtehören ;

).J

Umstanden aqgeinessem. innere Slarkungsmil t e l , als China, Valeriana u. dergl., und man wird sicher davon die heilsamste W i r k u n g auf das K i n d wahrnehmen. Ich habe davon i p e i n lache günstige Erlarungeu gemacht, und eine davon ist mir besonders unvergefslich. Eine F r a u , die wahrend der Schwangerschaft dier deprimiiend.sten G e m ü t s b e w e g u n g e n und andere nervensrhwächende Einwirkungen erleiden inufsle, daher auch last, i m m e r , theils an K r ä m p f e n , theils an einem wiederkehrenden WechselGeberanlalle l i t t , w a r icli genüthigl, fast immerfort China und andere nervenstärkende 3Iittel nehmen zu. lassen, u n d , statt dafs, w i e wir erwarteten, ein nervenschwaches, zu K r ä m p f e n geneigtes, Kind zur W e l t gek o m m e n w ä r e , gebar sie vielmehr ein so k r ä f tiges starkes K i n d , dafs es nie an K r ä m p f e n gelitten h a t , kein Symptom von nervöser Constitution gezeigt h a t , und ü b e r h a u p t , es i s t jetzt 18 J a h r alt, eine fast ununterbrochene Gesundheit, und eine ausgezeichnete Kraft, sowohl der physischen als geistigen F u n k t i o nen , zeigt. Das vierte: Reinheit der

Säße.

E s ist überhaupt Pflicht einer Schwangeren, dafür zu sorgen, welches dm besten durch eiue allgemeine gesunde Diät erreicht wird, die sie selbst f ü h r t . Dahin gehört der Genufs einfacher, gesunder, frischer Speisen und Gel r ä n k e , init Ausschlufs scharfer, gesalzener sehr gewürzter Speisen und spirituöser Get r ä n k e , der Genufs reiner freier L u f t und hinreichende Leibesbewegung. — Besonders abei gehört hieltet' Befreiung von bestimmten D p u s der M u t t e r , nicht allein i m K ö r p e r l i c h e n , sondern auch i m Geisligen, u n d so glaube ich, dafs selbst folgende Eigenschaften der Seele des w e r d e n d e n K i n d e s w ä h r e n d d e r S c h w a n gerschaft- b e g r ü n d e t w e r d e n k ö n n e n : D i e Richtung des Geistes. Sie k a n n e n t w e d e r n a c h oben oder n a c h u n t e n gehen. Nach o b e n , zuin h ö h e r e n L e b e n , z u m Geistigen, zur Gottheit, zum Uns i c h t b a r e n ; nach u n t e n , z u r W e l t , z u m S i c h t ' b a r e n , Sinnlichen. Die e r s t e r e , die Richtung n a c h oben, ist das Einzige, w o d u r c h der Mensch sich von den T h i e r e n unterscheidet. *) *) Tronac/ne cum spectenl animalia caetera terra"'» Os homini sublime dedit, coelumque tueri Jussit, et ercctos ad sidera attolLie vultus. Ovid 71/c t am orph. I-



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Uhd so könnte der höchste V o r z u t desi Menschen, der Sinn fi.iv das H ö h e r e , Uusklwl>are schon wahrend der Schwangerschaft Uurtli eine ähnliche Richtung der Mutter genährt und gestärkt w e r d e n ; So wie umgekehrt die Richtung zum Sinnlichen. Die

Gemiithsart.

Sie kann entweder sanft und mild, oder heftig und leidenschaftlich seyn. — J e m e h r sich die Mutter dein einen oder dem andern während der Schwangerschaft hingiebl, desto mehr lafst sich e r w a r t e n , dafs auch die eine oder die andere Gemiithsart bei dem lvinde vorherrschend seyn werde. Ebenso Menschen.

die verschiedenen

Neigungen

des

Niemand wird leugnen, dafs der Mensch angeborne vorherrschende Neigungen haben k a n n , ja dafs jeder Mensch ein solches Grundprinzip hat. Der eine m e h r zur L i s t und Schlauheit, der andere z u m S t e h l e n , der dritte zur W o l l u s t , der vierte zum Z a n k und Streit u. s. w . Es zeigt sich diese verschiedene Anlage oft in der ersten K i n d h e i t , und bei Geschwistern, die unter gleichen äufseren Verhältnissen aufwachsen. Eben so auch gute Neigungen. — Ist es nun nicht wahrscheinlich, dafs die w ä h r e n d der Schwangerschaft in der Mutter vorherrschende Neigung auch hierauf einen grofsea Einflufs haben k ö n n e , i h r e m K i n d e eine solche zu g e b e n ? Ja ich habe bestimmte Beispiele gesehen, w o diefs unleugbar der Fall w a r . Und sollte Dicht jede Mutter es sich hieraus zur Pflicht m a c h e n , die n a c h t e i l i g e n möglichst zn unterdrücken und

.Reinheit der Seele, schen zu lassen ? Die Seelenstimmung,

Liebe und G u t e , das

herr-

Temperament.

Sie k a n n heiter oder t r a u r i g , froli oder ernst s e y n , und es ist .unleugbar, dafs es hierin zwei dem Menschen angeborne Anlagen, z w e i gleichsam verschiedene Menschenarten , giebt, die schon von alten Zeiten her durch den N a m e n , sanguinisches u n d melancholisches T e m p e r a m e n t , unterschieden "wurden : M e n s c h e n , mit f r o h e m H e r z e n , denen es Natur i s t , alles leicht und heiter zu n e h men , und Menschen vom Gegentheil. Dafs diese Anlage in der ersten Conformation der Organisation und also w ä h r e n d der S c h w a n gerschaft begründet sey, und dafs folglich nach dem ohigen die verschiedene G e m ü t h s stimmung der Mutter w ä h r e n d derselben, -einen sehr bedeutenden, ja vielleicht entscheidenden Einflufs haben k ö n n e , ja m ü s s e , ist Wohl keine Frage. W i r sehen R i n d e r , von derselben Mutter geboren, unter ganz gleichen Umständen aufgewachsen, dennoch vom Anfang an diese Verschiedenheit des T e m p e r a m e n t s darstellen. Sollte nun nicht jede Mutter sich's angelegen seyn l a s s e n , durch eigne Heiterkeit w ä h r e n d derselben auch i h r e m K i n d e den grofsen Schatz eines f r o h e n H e r zens zu verschaffen ? Also Seehnreinheit, Frömmigkeit, Sanjtmuth, Heiterkeit, würden die Seelenstimmungen seyn, deren sich eine Mutter w ä h r e n d der S c h w a n gerschaft am meisten zu beflaifsigen hätte. Das sechste endlich; Schönheit und Regelmäßigkeit der äufsern Form, besonders des Angesichts.

S c h o n die A l l e n h a ü e n die G e w o h n h e i t , w i e u n s Oppian von den S p a r t a n e r n e r z a h l t , ihren schwängern W e i b e r n schöne Gemälde von Nireus, Narcissus, Hyacynthus, Castor u n d Pollux, z u m bestandigen A n s e h e n h i n z u s t e l l e n , d a m i t sie s c h ö n e K i n d e r g e b a r e n . Sie glaubten nlso an diesen Einflute d e r m ü t t e r l i chen P h a n t a s i e auf die sich bildende F r u c h t , d e r e n ä u f s e r e B i l d u n g allerdings erst das W e r k d e r S c h w a n g e r s c h a l t ist. — E b e n s o w i l l m a n b e m e r k t h a b e n , da!s in den k a t h o l i s c h e n L ä n d e r n , w o d i e f r o m m e n W e i b e r -wahrend der S c h w a n g e r s c h a f t oft m i t grofser I n b r u n s t v o r d e n M a d o n n ^ n b i l d e r n b e t e n , die weiblichoNachkommenschaft etwas Madonnenartiges im Gesichle trfge. Sollte n u n bei der u n l e u g b a r grofsen K r a f t der P h a n t a s i e nicht in der T h a t ein solcher Einflute auf die ä u f s e r e B i l d u n g des K i n d e s a n z u n e h m e n u n d es d a h e r s e h r g e r a l h e n s e y n , die A u g e n u n d E i n b i l d u n g s k r a l t der "ilulter w a h r e n d der S c h w a n g e r s c h a f t xnit s c h o n e n F o r m e n zu e r f ü l l e n ?

D i s f a s e j g«w«g — Des- e i n z i g e Z w e c k dieses- W o r t e n a t , m e h r A u f m e r k s a m k e i t auf d i e s e n bis j e t z t z u w e n i g b e a c h t e t e n G e g e n s t a n d , u n d m e h f V o r s o r g e i'ur eleu u n s i c h t b a r e n M e n s c h e n , sein L e b e n u n d s e i n e A u s b i l d u n g v o r der G e b u r t , zu e r r e g e n . Habe i c h d i e f s b e w i r k t , so Ist m e i n Z w e c k e r reicht.