Hochwohlgeborne Firma! : Briefe 9783492050463

Herausgegeben von Gerhard Gönner Werke herausgegeben auf der Grundlage der Nachlaßbestände des Theatermuseums der Univer

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German Pages [379] Year 2007

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Hochwohlgeborne Firma! : Briefe
 9783492050463

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Karl Valentin Sämtliche Werke in neun Bänden Herausgegeben auf der Grundlage der Nachlaßbestände des Theatermuseums der Universität zu Köln, des Stadtarchivs und der Stadtbibliothek München sowie des Nachlasses von Liesl Karlstadt von Helmut Bachmaier und Manfred Faust

Band 6

Piper München Zürich

Karl Valentin (1882 -1948), genialer Komiker und philosophischer Wortakrobat, zählt zu den bekanntesten deutschen Bühnenkünstlern und Dramatikern.

Karl Valentin Hochwohlgeborne Firma! Band 6 Briefe Herausgegeben von Gerhard Gönner

ISBN 978-3-492-05046-3 Originalausgabe 1991 Sonderausgabe 2007 Umschlagabbildung: Valentin-Karlstadt-Musäum © Piper Verlag GmbH, München 2007 Umschlaggestaltung und Konzeption: R-M-E Roland Eschlbeck Satz: Kösel, Kempten Druck und Bindung: Clausen & Bosse, Leck Printed in Germany

www.piper.de

Inhalt Karl Valentins Briefe 1902-1948 Anhang

227

Editorische Notiz

229

Kommentar

234

Bibliographie

337

Zeittafel

Nachwort

Danksagung

346

348 372

Personenregister 373

9

Karl Valentins Briefe 1902-1948

i 5- IO- I9O2

AN DIE Eltern

Liebe Eltern! Mir geht es sehr gut. Ich bin unberufen sehr gesund und habe mir den ersten Abend Asthma geholt. Ein Zimmer habe ich, da ist unser Knechtzimmer ein Salon dagegen. - Das Programm besteht aus 8 Damen (keine Angst haben) und aus mir. Jetzt die Hauptsache - Herr Direktor hat nämlich aus unbekannten Kreisen erfahren, daß ich Anfänger bin, und wollte mich absolut nicht auftreten lassen. Was thun, ich sagte sogleich, daß ich 7 Monate freilag, und er möchte mich wenigstens um Kost und Logis hier singen lassen. Das wäre aber nicht das Schlimmste, was er beanstandet hätte. Wie Ihr wisset, ist doch Strebel einen Monat in Nürnberg engagiert gewesen und hat in dem Lokal, welches 1 Minute vom Zeughaus entfernt ist, mein ganzes Repertoir wortwörtlich abgeleiert und ich wollte Neues bringen. Trotzdem habe ich allabendlich schönen Ablaus (App­ laus!), wo in Nürnberg die Leute geradezu ekelhaft verwöhnt sind. Herr Direktor sagte gestern zu mir: >Herr Valentin, es darf Ihnen nicht beleidigen, aber das kann ich Ihnen sagen, einen so kaltblüti­ gen frechen Kerl habe ich noch nicht auf meiner Bühne stehen sehen, und das freut mich, und bleiben Sie nur diesen Monat da, ich werde Ihnen den Contrakt nach München machen !< Dann ist es doppelt schwer, nur unter Damen aufzutreten, da das ganze Publi­ kum nur aus Offizieren und Studenten besteht. Komiker ist da Nebensache. Das Hauptgeschäft geht natürlich erst nach der Vor­ stellung im obem Saale im Caffe. - Gleich am ersten Abend wurde ich schon eingeladen von ein paar Herren. Champagner, Wein, Tee, Kakao, Schokolade, Zigarren, Zigaretten bekomme ich in Hülle und Fülle. Zu lernen habe ich genug. Bis 15. muß ich 8 neue Schlager können. Heimweh habe ich noch keine Sekunde bekommen. Im Gegenteil, gibt es was Schöneres als die Welt, wenn man gesund ist? Ich wollte, ich hätte gleich wieder Anschluß. Tagesprogramm: 10 Uhr aufgestanden, bis 12 Uhr gelernt, dann Mittag (Essen sehr gut). Dann ins Kaffeehaus bis 3 Uhr zum Ratschen, dann Automat (frische Würste mit Kraut ä Port. 10 Pf.), dann Spazieren oder sonst ii

etwas Nützliches. 8 Uhr Vorstellung bis 11 Uhr. Dann Abend-Essen (2 Gänge und 2 Glas Bier). Dann Unterhaltung in unserm Kaffee­ haus. Eintreffen der >WurzenDamen< alle Tag einen Andern und der Direktor schöpft den Rahm ab. Alles Nähere: Die Tages-Plakate. Schreibt mir bald, aber ja keine Karte sondern Brief. Wie geht es Euch? Hoffentlich gut. - Das Couplet >Der russische Salat< gefällt nicht im geringsten. Ich habe es nur einmal gesungen. - >Verrückt verdreht-«, welches ich gut gelernt habe, kann ich ebenfalls nicht machen, da das in Nürnberg schon jeder Schusterbub kann. Ich mußte bei der ersten Vorstellung gleich >Verhunst ist die Kunst< machen, wo ich das noch nie vorgetragen habe. Und gegangen ist es. (Jeden Abend muß ich 2 x auftreten.) Mittwochs 4 x (Damenkränz­ chen). Und Sonntags 6 x, das ist aber gerade genug. Gruß an Alle. Seid gegrüßt aus weiter Feme. Seid gegrüßt auf Wiedersehn! Valentin

(Ich habe in 8 Tagen so eine Bühnen-Rudine (Routine!), daß ich in jedes größere Theater gehen kann und 300M. pro Monat verdiene. Diesen Monat muß ich halt noch dreingeben.) Bitte um vollständige Diskretion. Nachtrag: Vor der Samstag-Abend-Vorstellung habe ich den Brief geschrieben und muß noch einen Zettel beilegen, da ich heute Abend den größten Applaus gehabt habe von allen Nummern. Ich machte 3 Nummern und mußte 6 mal vor den Vorhang, mit Füßen haben sie gestampft und geschrien. Der Applaus dauerte fast nahezu i halbe Minute. Das ganze Theater war gesteckt voll bis auf den letzten Platz. Morgen wirds wieder flau werden.

12

2

7- IO- J9°2

AN DIE

spätere

Ehefrau Gisela Royes

Nürnberg, den 7. Dienstag 1902 Liebe Gisela! Ich sitze hier am Bahnhof, denke Dir nur, ich habe vor der Vorstel­ lung von zuhause ein Telegramm erhalten: Vater schwer krank sofort kommen. Du kannst Dir denken in welcher Lage ich bin. Um 'Z4 geht der Zug und Mittwoch 7.59 bin ich wieder in München. Ob mein Vater mich noch einmal sehen wird? - Ich mußte am Abend mit gebrochenem Herzen noch auf der Bühne singen. Alles Nähere wirst Du schon erfahren Dein Valentin.

3

1905

an die

Mutter Marie Fey

Liebe Mutter! Ich kam nach Halle ohne einen Pfennig Geld. Ich habe drei Tage nichts gegessen als Brot. Was ich seit einem Jahr alles durchgemacht habe, kann ich Dir gar nicht beschreiben - ich wundere mich selbst, daß ich so viel aushalten kann.

4

Nov. 1907

an die

Frau Marie Fey Wohlgeboren Zittau Humboldstr. 9/II

Mutter Marie Fey

München, [...] Nov. 1907

Liebe Mutter. Ich Riedl Wastl u. Gisela sind heute Abend im Wittelsbacher Garten. Habe eben grossen Erfolg gehabt - Über Deinen letzten Brief habe ich gelacht, weil Du meinst, ich bin schon erfroren und verhungert.

Ich wünsche es mir nicht besser wie es mir jetzt geht. Valentin. Seb. Riedl Herzlichen Gruß Gisela Morgen bin ich wieder in Landshut mit Erlacher Pferdehändler Hackl Sohn ist gestorben.

j

i. i. 1910 an Liesl Karlstadt

Karl Valentin

München, den 1. Januar 1910

Unterzeichneter bestätigt hiemit, daß, Fräulein Elise Wellano (Karlstadt) das öffentliche Aufführungsrecht meiner sämmtlichen komischen Vorträge, Witzen und Ideen käuflich erworben hat (Druckrecht vorenthalten [)] (mit Ausnahme Ein Feuerwehrmann oder Großfeuer auf d Lande u. Neubäyrische Schnadahüpfl) München den 1. Januar 1910. Karl Valentin (Fey[)J Verzeichnis beiliegend!

6 3. 5. 1912

an den

Kollegen Georg Neumüller

Karl Valentin

München, 3. Mai 12 Kanalstr. 16/I R.

Geehrter Herr College! Den erwähnten Vortrag »Großfeuer auf dem Lande« können Sie bekommen. Aufführungsrecht für 2 Jahre 50.-M. Alleiniges Aufführungsrecht für Deutschland (außer Wien) können Sie um 200.-M für immer erwerben. Der Vortrag ist im bayerischen Dialekt sehr wirkungsvoll. Hochachtend Karl Valentin München Kanalstr. i6/I.[...]

*4

Anbei Text zur Ansicht! und einige Schnaderhüpfl die sich glaube ich für Sie speziel eignen würden io.-M. Allein 50.-M. nach der Melodie. s Deandl mit’n roten Miada / de is mir die aller liaba darauf einen Holzschuhtanz etc. Bitte bei Nichtgefallen die Texte sofort zurück. Die Preise sind fest

7

11. 5. 1912

Karl Valentin

an

Georg Neumüller München, 11. Mai Kanalstr. 16/I R.

Lieber Herr College! Übersende Ihnen Musik und Bescheinigungen, ich habe vergessen Ihnen mitzuteilen daß auch für München nicht nur für Wien das Vortragsrecht nicht erlaubt wäre, wenn Sie es aber unbedingt im Deutschen Theater bringen wollen, ist es mir schließlich auch gleich, Sie wissen doch warum! ich bin ab i.Juni wieder für ständig Wien-München engagiert (Hotel Wagner.) Es wäre für Sie viel­ leicht von Nutzen gewesen den Vortrag ganz zu kaufen, den ich glaube, daß Sie sehr gut damit gefallen, obwohl der Vortrag eine ganz eigene Bearbeitung braucht um zu wirken. Als Auftritt, wie Sie meinen wird derselbe nicht geeignet sein, ich hab die Erzählung immer als Da capo gebracht, darum würde ich Ihnen von einem Auftrittsgesang völlig abraten. Eine Idee hätte ich, wie wäre es wenn Sie die Schillersglocke vortragen würden, und zwar den Teil vom Feuer - Wohlthätig ist des Feuers macht, wenn sie der Mensch pp oder vielleicht beginnen Sie von der Stelle, »Leergebrannt ist die Stätte« von hier ab die 12. Zeile heißt nämlich in Schillers Glocke, »einen Blick nach dem Grabe, seiner Habe, sendet noch der Mensch zurück greift fröhlich dann zum Wanderstabe - hierauf sagen Sie, Sehns meine Herrschaf­ ten dieses Wort fröhlich hat sich der Schiller nicht überlegt, wie kann oana fröhlich zum Wanderstab greifen, wenn eam grad im

Aug’nblick sein ganz Häusl abbrennt is, höchstens Er is recht gut versichert, dann kanns sei. Mei Gott da denk ich immer noch an unser Dorf, wie des brennt hat, heut ist grad a Jahr, daß unser Dach abbrennt is pp. Mit Gruß Karl Valentin Richten Sie mir bitte viele Grüße aus an Herrn M. Schenk und Jean Paul.

8

14. 5. 1912

an

Georg Neumüller

Karl Valentin

München, 14. 5.12. Kanalstr. 16/I R.

Geehrter Herr Neumüller. Sende Ihnen hier einen mir zugesandten Brief Ihres Collegen Hn. Schenk. Mit Ihrem Vorschlag bin ich einverstanden Senden Sie mir den Betrag von M 90.- schnell zu, dann schreibe ich sofort an Herrn Schenk, daß seine Anfrage, Betreffs Ihnen, auf Wahrheit beruht. Ob Herr Schenk in Graz den Vortrag bringen darf, soll er mit Ihnen ausmachen. Mit Gruß Carl Valentin

(Diskretion wegen des Briefes)

16

9

i8. 5. 1912

an

Georg Neumüller

Karl Valentin

München, 18. Mai 1912 Kanalstr. 16/I R.

Lieber Herr College! Postanweisung d. erhalten, wünsche Ihnen z. dem erworbenen Vortrag guten Erfolg. Soll ich Herrn Schenk schreiben daß Sie den Vortrag Großfeuer um 200.-M erworben haben?? Sagen Sie es auch Herrn Jean Paul, damit er sieht, wie schundig er mit mir geschäfdich verhandeln will, ich habe auch keine Lust mehr mit ihm Geschäfte zu machen Sollten Sie irgend etwas brauchen für Ihr Repertoir bitte um Einsendung einer Idee Mit bestem Gruß zeichnet hochachtend Karl Valentin München Kanalstraße 16/I.

10 9. 6. 1912

an

Georg Neumüller

KARL VALENTIN München 9. Juni 1912 MÜNCHNER KOMIKER mit nur selbstverfaßten Vorträgen. Ständig engagiert Hotel »Frankfurter Hof«, München, Schillerstraße 49.

Geehrter Herr Neumüller! Ich bin eben mit einem sehr bekannten Humoristen in Unterhand­ lung Betreffs des Vortr. »Der Feuerwehrmann«. Bei Ihrem letzten Hiersein habe ich Ihnen diesen Vortrag als Kopf zum Großfeuer überlassen, damit Sie den Vortrag ausprobieren, da er wie Sie mir versicherten als »Großfeuer« allein zu kurz sei. - Haben Sie von dem Feuerwehrprosa schon etwas vorgetragen?? - Schreiben Sie mir das bitte, der betreffende Herr will nämlich den Feuerwehrmann (ohne Großfeuer natürlich) als alleiniges Auffüh­ rungsrecht von mir kaufen. Ob er, wenn das Geschäft zu Stand

U

kommt, Ihnen erlaubt denselben noch vorzutragen, ist dem Herrn seine Sache den die Ihnen eingeräumten Rechte beziehen sich ja nur auf den von mir gekauften Vortrag »Großfeuer«. Schreiben Sie mir bitte wann, wo und wie oft Sie das Feuerwehr­ prosa vorgetragen haben. Mit bestem Gruß Valentin Kanalstr. 8/II Gartenhaus

ii 9. 8. 1912

an

Georg Neumüller München 9. 8. 1912.

Lieber Herr Neumüller! An Schenk habe ich geschrieben, habe von ihm noch keine Antwort erhalten. Das Gewünschte habe ich noch nicht fertig, sehr viel zu tun, nach dem 16. ist es mir eher möglich. Der Auftritt zum Großfeuer ist mir nicht mehr recht in Erinnerung [...]. Gesang: Heut war i als Zeuge am Schwurgericht drob’n i hab d’ Wahrheit gsagt hab koa Wörterl net g’logfn]. Heut war an Seppi sei Verhandlung wegen Brandstiftung, er is aber frei ganga, aus dem einfachen Grund, weil ers net g’wen is, und er wars a net, der Seppi zünd koa Haus net o, da is der viel z’ müd dazua, der zünd sich ja net amal a Zigarrn o, lieber nimmt er an Andern a brennende aus’n Mai außa Da Verteidiger hat eigentlich an Seppi rausgrissen, der hat zum Seppi gsagt Seppi sag amal aufrichtig, net lüg’n, hast Du damals wie Du das Haus ozund’n hast, Zündhölzl bei Dir ghabt? »Na« hat da Seppi gsagt, und des oahne Wörterl war sei Glück, weil d’Richta sofort gsagt habn, ja dann is ers a net g’wen, den ohne Zündhölzl’n ko ma ja nix ozünd’n, = Hätt da Seppi »ja« g’sagt, hätt er sich selber nei griebn, so is er aber frei ganga - Herrschaft des war 18

damals als so a Feuer - a Großfeuer, des Feuer des werd groß g’wen sei 50 m breit 60 hoch u. so w. NB. Als Schluß könnten Sie vielleicht noch den Kalauer Feuer abend die alte Pointe bringen: Aber von derer Zeit an hats bei uns nimmer brennt, den mir san auf eine groß artige Idee kema, von der Zeit ab müssen d’ Feuerwehr immer 3 Tag vorher dort sei vor dem Haus woh’s brennen tat. Wie gehts Ihnen u. Frau Gemahlin mit den Sommersprossen? Mit bestem Gruß Karl Valentin München Kanalstr. 16/I.

12

31. 12. 1912

an

Liesl Karlstadt München den 31. Dez. 1912.

Möge es uns vergönnt sein, das neue Jahr und noch viele andere Jahre mitzumachen in der wahren Liebe zueinander wie bisher. Gesundheit und unser köstlicher Humor soll uns nie verlassen, und bleibe fernerhin mein gutes braves Lieseri Prosit Neujahr!! D.V.

13

6. 3. 1913

an

Georg Neumüller

Karl Valentin

München, 6. III. 13. Kanalstr. 16/I R.

L. H. College! Karte erhalten. Sie wollen etwas Neues? Was ist mit dem »Flieger« dieser Vortrag ist für ganz Deutschland u Österreich neu, nur Jean Paul hat denselben gekauft allgemeines Aufführungsrecht. Er bringt den Vortrag erst im Mai zum 1. x in Wien.

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kostet 30-M mit Äroplan 20. M mehr. Äroplan können Sie sich selbst fertigen lassen aus Holz oder Pappe Außerdem: »Ein schneidiger Landgendarm«. Einmal allg. Auf. ver­ kauft an Karl Bernhard 30.-M. Feuerwehrmann Signaltrompeter können Sie wie ich es vortrage das Großfeuer am Schluß einflechten 30.-M. Soldatenprosa: noch nie verkauft jeder Satz ein Schlager.

Kare mit der Zigarre, Tanz Couplet 1 x verk. an H. Funke 10.-M. u. anderes mehr. Die Adresse wegen der Salbe teile ich Ihnen später mit, weiß momentan die Hausnummer nicht Mit Gruß Karl Valentin

14

1913

an

Georg Neumüller

Karl Valentin

München,............. Kanalstr. 16/I R.

Lieber College Neumüller! Sie sind der erste, dem ich meine Soldaten Nummer, mit der ich sozusagen in München populär wurde, anbiete. Freilich habe ich schon viele Nachäffer gefunden, figürlich brachte die Nummer zuerst H. Eliott und bald konnte man meine Idee mit dem Holzpferd zwischen den Beinen von vielen nachgeahmt sehen; Ich gebe Ihnen nun den guten Rat, wenn Sie meine komplete Numer kaufen, machen Sie es nicht mit dem Pferd sondern als Kavallerist zu Fuß mit einem großen Bombardon aus Pappe (Bioton) den ich Ihnen zu der Nummer dazu gebe, Sie können um mehr Effekt damit zu erzielen, einen Posaunisten vom Orchester hinter der Bühne mitblasen lassen. - Das Kostüm würde ich hellblau machen lassen kurze Jacke enge Hosen mit handbreiten hochroten 20

Gallon, weite Rohrstiefel’n, Kindersäbel und Kinderheim mit wei­ ßen Busch I. Das Auftrittscouplet, ist eine Parodie über »(Wir san vom ka. u Ka Infantrieregiment. (Hoch u Deutschmeister von N= 4 Galopp es enthält drei Strofen nach jeder Strofe wird das Zwischenspiel mar­ schierend geblasen. II. Hierauf folgt das Prosa, eine furchtbar blödsinnige Erzählung, die schlecht vorgetragen sogar zur Wirkung kommen muß. III. Hieran schließt sich ein Soldatenlied nach der gescheertesten Art welches in der höchsten Lage gesungen wird.

Der Preis der completen Nummer 3 Vorträge ist mit Instrument allgemeines Aufführungsrecht 100.-M Alleinige Aufführungsrechte gebe ich nicht mehr. Schreiben Sie mir sofort ob Sie mit dem Preis einverstanden sind, billige[r] gebe ich das nicht aus den Händen, sollte es Ihnen zu teuer sein, können Sie ja andere Sachen haben, Mit bestem Gruß Karl Valentin München Kanalstr. 16.

15

1913

an

Georg Neumüller München................. Kanalstr. 16/I R.

Karl Valentin

Lieber H. College. Erhielt soeben beiliegenden Brief [v.] Schenk. Habe damals auf Ihre Ersuchen an Schenk den Vortrag Großfeuer für Budapest nicht verkauft, da Sie mir schrieben daß Sie es als alleinig. A. R. haben wollen. Was soll ich Herrn Schenk schreiben? Bitte mir sofort zu schreiben. Gruß Valentin Kanalstr. 16/I

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16

16.8.1915

an

Liesl Karlstadt München 16. August Kriegsjahr 1915.

Meiner heißgeliebten kleinen Lisi! Die Dämmerung sinkt hernieder Vom hohen Himmelsraum und hüllt die Erde wieder in einen süßen Traum Leis flüstert in ihr Schweigen Ein Lied vom Himmelszelt Du bist mein Glück, mein Eigen Mein Himmel, meine Welt

Es glüh’n die gold’nen Sterne In wunderbarer Kraft Und schauen aus der Ferne Gar innig durch die Nacht Und ihre Köpfchen neigen die Blumen auf dem Feld Du bist mein Glück mein Eigen Mein Himmel meine Welt. Mir ist, als ob mich grüßte Aus sternenklaren Höh’n Und wundersam mich küßte Dein Bildniß zauberschön Im Traum seh’ ich Dich neigen Die Augen glanzerhellt Du bist mein Glück, mein Eigen Mein Himmel, meine Welt

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17

i6. i. 1917

an

Ludwig Ganghofer München, den 16. Januar 1917

Karl Valentin

Sehr geehrter Herr Dr. Ganghofer Hier Anbei übersende ich Ihnen meine Original Vorträge, die ich alle zusammen in Buchform erscheinen lassen will (34 in Druck erschie­ nen, 30 noch nicht in Druck, zusammen 64 Vorträge). Um Näheres darüber zu wissen, würde ich Herrn Dr. Ganghofer bitten, mir mitteilen zu wollen, wenn es Ihnen angenehm sein würde, einen kurzen Besuch bei Ihnen abstatten zu dürfen, nachdem auf telefonischem Wege, obige Sache nicht zu erreichen zu sein, scheint. Im Voraus schon meinen aufrichtigsten Dank aussprechend be­ grüße ich Sie mit aller Hochachtung. Karl Valentin München Kanalstr 8/II. Eine große Ehre würden Sie mir erweisen, wenn ich Herr Doktor sammt Familie zu einer meiner tägl. Vorstellungen im »Annenhof« Liebigstr 22 einladen dürfte, und würde ich nach telef. Be[nach]richtigung die schönsten Plätze reservieren. (Tel. 2 78 54.)

23

i8

Weihnachten 1919

an

Liesl Karlstadt

Weinachten 1919 [...] Haisa heut ist Weihnachtsfest Was sich ja behaupten lässt Wenn man hier die Gaben sieht Wie das Christkind sich bemüht. Den das Christkind hat der Lise Ja vor allen Dingen, diese Messing trommel hier gebracht Ei! wie Lieschen’s Herz’chen lacht Vor der Trommel das ist schlimmer Liegen acht so runde Dinger Die enthalten Gummipill’n Die des Halses Schmerzen still’n Dann zum Elek - ter - ri - sieren um die Nerven zu kurieren fängt damit ganz schwach man an man den Strom, vertragen kann

Nun als 5. siehst Du hier ein bekanntes Blechgeschirr Zamgeflickt mit Zinn u Blei Alte Sachen werden neu

Hier steht gotisch u. fast stolz Die Schatull’ aus Eichenholz Außer Puder u Vaslin Ist noch vieles Andre drin Dahier da liegt ein Couvert Doch der Inhalt ist nichts wert

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Schau den Inhalt drum nicht an Du hast keine Freude dran

Dies hier eine Flasche Seckt Die Dir hoffentlich auch schmeckt Und an einem Tag zu »Zweit« leem wir Sie voll Geiligkeit

Mit dem Vortrag Liselein Wirst Du nicht zufrieden sein Den beim Dichten das ist schlimm Gibt es keinen Zeittermin

Und der kleine Pikkolo Ist jetzt wieder herzlich froh daß zum neuen Jahr »Er« glatt seine alten Haare hat Und wer meinst daß heut zum Feste Dir noch wünscht das Allerbeste der sein Bild verehrt Dir hat Siehe: Nachtkastl - Schublad’

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In

der

Frühzeit an das Ehepaar Greiner

Die besten Grüße sendet euch euer dankbarer Zimmerherr Karl Valentin

25

20

23. 4- i92°

AN DEN Kollegen Otto Reutter München, den 23. April 1920.

Mein lieber Herr, 50 Jahre alter Otto Reutter! Soeben nahm ich vor drei Tagen die Artistenzeitung in die Händen und laste da unter anderem Otto Reutters 50. Geburtstag. Momen­ tan war ich ja der Meinung, es handelt sich hier um eine plumpe Familienangelegenheit Ihrerseits, anderseits wenn man aber be­ denkt, was Sie dazu veranlasst, so findet man es begreiflich, denn es ist jedem Menschen in unserer schweren Zeit hineinzuschauen mit Schaudern, wenn man zurückblickt in einem Alter von 50 Jahren bedacht es zu ertragen mit Gesundheit und Hochwohlgeboren, die Sie durch Ihre humoristischen Vorträgen der Nachwelt erhalten bleiben. — Otto Reutter - Richard Wagner - Asta Nielsen und Noske - diese Namen bleiben unverwischlich in der teitschen Geschichte und Heimatkunde. Es gehört ein fester Entschluss dazu, so alt zu werden: Was Ihnen meine Mutter von Herzen provezeit hat, jedoch ist 50 Jahre eines der schönsten Aelter und ist die Zierde eines 50-jährigen Humoristen mit nur selbstverfassten Rebertuir unter dem Artistentum. Besonders Artisten werden selten 50 Jahre alt, in vielen Fällen werden sie meistens nur 48-49-51 oder 52 Jahre und darüber, meist findet man das 50. Lebensjahr unter Artisten, welche nicht ständig reisen, wie Filmoperateure, die das 49. Lebensjahr überschritten sind. Es würde zu weit führen, wenn ich Ihnen alle Menschen der Erde hier aufzählen würde, die gegen­ wärtig auch das gleiche Jubiläum, wie Sie heute feuern, betroffen sind. 50 Jahre lang stehen Sie heute auf der Bühne und haben schon manchem geldgierigen Direktor viel Geld verdient, besonders zu jener Zeit, als Sie selbst die Direktion hatten von Ihrem eigenen Variete. In 12 Jahren habe ich Sie eingeholt betreffs Ihres 50jährigen Alters, da feiern wir dann zusammen unser 50-jähriges Altersjubiläum. Schade, dass das nicht möglich ist, denn damals sind Sie schon dann um 12 Jahre älter, da ich heute 38 Jahre alt bin. Sie würden nach meiner Ansicht nicht so schnell gealtert haben, wenn nicht der lange Krieg Sie dazu gezwungen hätte....... Den Sessel

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(Stuhl), auf dem Sie in meiner Wohnung gesessen haben, als Sie das letztemal in München mich besuchten, habe ich - verkauft, da ich annahm, dass Sie mich nie mehr besuchen. Sollten Sie jedoch mich einmal wieder in so aufdringlicher Weise besuchen, so könnten Sie ja auf dem Küchenherd Platz nehmen, da derselbe ja wegen der zeitgemässen Kohlennot nicht geheizt werden kann. Bei Ihrem event. Wiederbesuch könnten Sie mir bayerische Nahrungsmittel aus Berlin mitbringen, welche solche ja in Berlin massenhaft auf Lager liegen. In München ist gegenwärtig täglich von vormittags 11 bis nachmittags i Uhr Hungersnot, sonst nichts neues. - Auch gratuliere ich Ihnen nachträglich zu Ihrem 50. Geburtstag. Es grüsst und küsst Sie hochachtungsvoll! Ihr Karl Valentin, Münchener Komiker (ehemals K. B. Hofl.) Karl Valentin Verzeihung, schlechte Schrift, Schreibmaschine ist ebenfalls heute 50 Jahre alt.

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5. I. 1926

AN EINEN KaBARETTDIREKTOR

München, den 5. Januar 1926. Mein lieber Herr Direktor [...] und mein lieber Herr Direktor [...] Es tut uns sehr leid, daß wir erst heute dazu kommen, Ihnen Ihre Zeilen zu erwidern, denn ich war zu stark mit Briefschreiben beschäftigt. Du sandtest uns auch ein Programm dazu, wofür wir Ihnen beiden sehr dankbar bin. Fräulein Karlstadt und wir hat sich sehr geärgert, daß Sie nicht im Januar zu uns gekommen bist nach Berlin. Aber mein Direktor Adam Müller hat Ihnen - glauben wir - einen Brief geschrieben, oder geschickt, daß wir vor Mai, Juni, Juli usw. nicht nach Berlin kommen, vielleicht im Herbst. Anbei übersenden wir Ihnen obige beiliegende Offerte, und kann 27

ich Ihnen obige Musikainummer auf das heißeste empfehlen. Es ist das: Original Passauer Mandolinen-Serenade-Achtett. Eigene Prachtdekorationen mit gemalter Fontäne - eigene Instru­ menten - eigene Anzüge nach Maß - jeder der Herren bringt sein eigenes möbliertes Zimmer mit. Eine sehr vielseitige Nummer — 64 Saiten - auf jeder Mandoline 8 Saiten. Die Frisuren der Mitglieder der Gesellschaft »Opmsa« können auf Wunsch der Direktion anders gekämmt werden. Es käme bei dieser Musikainummer in Ihrem geschätzten Etablisse­ ment nur ein einmaliges Auftreten in Frage!!! Schreiben Sie mir sofort eine Drahtantwort, oder schicken Sie mir zur näheren Besprechung und Kontraktabschluß einen Ausgeher per Rad (am liebsten Motorrad) nach München. Besinnen Sie sich nicht lange, bevor die Herren anderweitig ab­ schließen. Auf speziellen Wunsch arbeiten die Herren auch im Trikot. Als Schlußtrick nach drei Musikpiecen lassen sich die 8 deutschen Künstler täglich unter tosendem Beifall des Publikums von der Film-Firma Pathe verfilmen. Schreiben Sie mir sofort, ob ich Ihnen diese Großstadt-Attraktion per Nachnahme zusenden soll oder nicht. Telegramm genügt. Zugleich wünschen wir Ihnen und uns als erste ein gutes neues Jahr 1927. Hochachtend Karl Valentin Liesl Karlstadt

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22

28. [?] 1926

AN DEN FEUILLETONREDAKTEUR

Dr. Walter Behrend München, den 28. 1926.

Sehr geehrter Herr Docktor Behrendt! Bin bis morgen noch nicht im Besitze des Honorars für den verreg­ neten Artikel »Der Regen«. Ich habe seit drei Tagen kein Stück Brot mehr zuhause, dasselbe liegt noch ungekauft beim Bäcker. Ich, meine Kinder, die Gross­ mutter und der Papagei schreien nach Brot. Alles ist schon verkauft und versetzt, verfressen, versoffen und verraucht. Und die braunen Tausender behalten immer noch ihren ungültigen Wert. Es ist zum Kotzen. Geben Sie sofort, ohne sich zu besinnen, eine Expressflugpostan­ weisung aufj über 60,— Mark. - Sollte binnen der Betrag in meinem Besitze nicht sein, bin ich leider gezwungen, länger zu warten, so leid mir das tut. Ihrem Wunsche sofort nachkommend zeichnet Niederverachtungsleer Karl Valentin Bitte dieses nicht zu veröffentlichen, sonst schreib ich nichts mehr für die M. N. N.

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4- I2- J927 AN DEN Theaterleiter Freiherr von Franckenstein

AnHerrn Baron von Frankenstein München.

München den 4. Dezember 1927.

Sehr geehrter Herr Generalintendant! Der Gedanke allein, als Münchner Volkssänger in so einem grossen Institut zu arbeiten, macht mir schon heute solche nervöse Zu­ stände, dass ich gezwungen bin, den mit Ihnen geschlossenen Vertrag zu lösen. Ich habe mich jetzt einer neuen Heilmethode unterworfen, die mir vielleicht bis nächstes Jahr Gesundheit bringt und dann werde ich wieder bei Ihnen erscheinen. Ich bitte Sie herzlichst, mir deshalb nicht böse zu sein, denn Sie haben ja meine Zögerung von Anfang an bemerkt. Mit allergrösster Hochachtung Ihr Karl Valentin

24

Um

den

18. 12. 1927 dem Schauspieler Max Pallen­ 50. Geburtstag

berg zum

Das Gerücht, welches sich kürzlich in ganz Deutschland und selbst­ verständlich auch in München verbreitet hat: »[Max Pallenberg] sei 50 Jahre alt geworden« - hat also seine Bestätigung gefunden. [Pallenberg] ist also 50 Jahre alt. - Warum - weiß niemand... Die Schuld wälzt man jetzt auf seine Eltern. Als er 49 Jahre alt war, sagte er einmal zu mir: »In einem Jahre feiere ich meinen 50. Geburts­ tag.« Und siehe da, es war keine Lüge, sondern sichere Berechnung. Ja, ja, sage ich, lieber Herr [Max Pallenberg,] die Eltern sind oft älter, als wir meinen, und trotzdem schreibt man in unserer deut­ schen Ordogravieh nicht »Ältem«, sondern Eltern. - Geschwister schreibt man ja auch nicht mit »A«, - warum schreibt man dann Eltern nicht mit »Ä«? Als [Pallenberg] als junges Kind im zarten



Blütenalter von einem Jahr von seinem Vater, der ebenfalls [Pallen­ berg] hieß, so mitten im Gespräch gefragt wurde, was er denn eigentlich später für einen Beruf ergreifen wolle, schwieg das sprachlose kleine Kind und auch mit Recht, denn es konnte noch nicht sprechen, viel weniger Antwort geben. Seine Frau ist die berühmte [Fritzi Massary,] und wer sie noch nicht kennt, der hat sie sicher schon geraucht. Uber [Pallenberg] selbst ist zu sagen: er ist 50 Jahre alt, klein von Gestalt und groß sein Gehalt. Sein öffentliches Auftreten hat ihm viel zu seinem Ruhm verholfen. Die Komischkeit, welche [Pallenberg] besitzt, soll er von seiner Muttter geerbt haben, obwohl seine Muter nicht komisch war, sondern mehr weiblich. Im letztgenannten Satze habe ich irrtümlicherweise bei dem zehnten Worte (Muttter) ein hartes t zu viel gemacht, der verehrliche Leser möchte dieses dritte harte t beim 15. Wort (Muter) dieses Satzes dazu lesen, da es hier leider fehlt. Wieder zu [Pallenberg] zurück, also in weiteren 50 Jahren - am 18. Dezember 1977 - wird [Max Pallenberg] 100 Jahre alt. Ich wünsche ihm das. - Wer wünscht mit? Karl Valentin (München).

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1927

an

Otto Reutter

Herrn [Otto Reutter]

1927

Endlich ist die Zeit gekommen, dass Sie endlich München verlassen. Lange genug hat es gedauert, dass Sie das hiesige und das Münchner Publikum mit Ihrer unsympathischen Erscheinung gefesselt haben. Ihr nicht minder schreiendes, jahrzehntelang ausgeleiertes Organ, pfeifen die Spatzen schon bald am Dache, und Sie sind weit von der Kunst entfernt, wenn Sie der Meinung sind, alle Herzen sämtlicher Münchner Madln haben nur für Sie geschlagen. Ein allgemeines Pfui verdienen Sie schon dadurch, dass Sie glauben, die Münchner seien so blöde Menschen und glauben, das Duell, welches Sie am Schlüsse des Deutschen Theaters mit den Säbeln vortragen - dass das ein Witz sein soll und kein Ernst, da müssen Sie sich dümmeres Publikum suchen, als das, das - das glaubt. Dass Sie die Unver­ 31

schämtheit besitzen und verbreiten überall herum, die 15 Tillergirls seien Ihre Schwestern, ist ebenfalls aus der Luft gegriffen. Ihr ebenfallsiger Partner Willi [Schäffers] ist genau so schlecht wie Sie, im Maskenschminken, und traurig genug ist es, dass so etwas noch Überhaupts manchmal noch bei Ihnen möglich ist. Und bei ihm. Ein anderer Sänger schämt sich wenigstens, wenn er schon nicht singen kann, Sie beide aber, wo singen können, schämen sich nicht. Dass die Leute Überhaupts bei Ihnen noch applaudieren, das haben Sie eben nur dem kunstverständigen Publikum zu verdanken. Sonst hätte man Ihnen schon längst die Stiefel gewichst. Auch Herr Direktor Johann Gruss wird, wenn Sie seine Bühne verlassen, aufschnaufen, denn um diese Gage, die Sie bei ihm haben, hätte er einen jungen Star auch bekommen. Auch die Artistenloge »Unsicher wie Blei« der Sie noch Beiträge aus dem Jahre 1705 schulden, hat beschlossen, Sie wegen Unreinlichkeit aus dem Verein auszuschliessen. Auf solche Bühnenkünstler wie Sie sind, kann München jederzeit verzichten. Anschliessend erlaube ich mir zugleich die höfliche Anfrage ob Sie als bekannter Wohltäter und lieber Mensch geneigt wären, mir ein Darlehen von Zehn Mark auf kurze Zeit zu schenken. Wofür ich im Voraus meinen Herzlich­ sten Dank ausspreche. Ihr Karl Valentin Anbei kleines Geschenk. (Bitte sich darüber zu freuen). Ich wollte den Brief anonym schreiben, aber wegen dem Darlehen muss ich meine Adresse leider vermerken. D.O.

32

16

Um den 9. 2. 1928

an die

Familie aus Berlin

Familie Fey München Kanalstr. 8/II Das hier ist meine tägliche Stammkneipe Löwenbräubier und fast echte Münchner Kost. Dann gehe ich wieder heim - Liegen immer liegen, der Fuß tut wieder weher, heut wurde ich mit Röntgenstrah­ len durchleuchtet - Herzliche Grüße Valentin

Lass das Mädi und den Bobsi nie allein auf die Strasse hinunter

27 Um den 12. 2. 1928

an die

Familie aus Berlin

Familie Fey München Kanalstr 8/II Sto Mit meinem Fuß geht es wieder schlechter, durch die Anstrengung des Auftretens, kann ich kaum mehr stehen, und auf der Bühne kann ich doch nicht mit dem Stock gehen. Viele Grüße K. Valentin

Sind die Lorberkränze schon gekom[men?]

33

28

Um

den

14. 2. 1928

an die

Familie

aus

Berlin

Familie Fey München [...] Kanalstr. 8/II Sto Gruß aus Berlin Valentin!

Heute zu meinem Namenstag - Bronchitis bekommen Alle Tage was anders Muß so sein.

29

Um den 23. 2. 1928

an die

Familie aus Berlin

Meine Lieben das Gespräch am vorigen Samstag hat 16.80M gekostet (2oMinuten, am Samstag Nachmittag kann man sprechen so lang man will, weil da sonst keine geschäftlichen Gespräche Berlin-München stattfinden - Ich telefoniere also am Samstag Nachmittag zwischen 2 bis 3 Uhr euch an, seit acht Tagen habe ich Bronchitis - Geschmack wie alte Putzlumpen es ist zum Kotzen alles nähere telefonisch am Samstag. 1000 Grüße und Küsse auf baldiges Wiedersehen Valentin

30 Um den 26. 2. 1928

an die

Familie aus Berlin

Familie Fey München Kanalstr. 8/II Sto. Die Zither habe ich als Wertpaket abgesandt müsst Ihr •wahrscheinlich in der Bayerstraße (Post) selbst abholen (Legitimation vorzeigen) telegrafiert mir gleich, wenn Zither angekommen - Herzlichen Gruß Valentin

34

3i 29. ii. 1928

an eine

Zigarettenfabrik

München, den 29. November 1928. Hochwohlgebome Firma! Soeben erhielt ich vor längerer Zeit Ihr Fahnenalbum billig ge­ schenkt. Ich habe schon viele Fahnenbilder dazu gesammelt, unge­ fähr drei oder vier Stück. Diese Bilder strotzen vor Farbenpracht, leider kann ich diese Pracht nicht geniessen, da ich farbenblind bin. Das Einkleben der Bilder in das Album, war katastrophal^] Ich bereitete mir aus einem Löffel Mehl, welches ich mir aus meiner eigenen Küche entwendete, einen Mehlpapp mit Zusatz von ober­ bayrischem Brunnenwasser. Dieser Mehlpapp hatte jedoch nicht die richtige Klebkraft, denn schon nach kurzen 2 2 Minuten fielen die Bilder schon wieder aus dem Album heraus. Ich habe über dieses Vorkommnis tagelang geweint. - Kurz entschlossen trug ich das Album zu einem Spängler und liess mir die Papierfahnenbilder in das Album hineinlöten. Durch das heisse Zinn fing das Album Feuer und brannte lichterloh. Die herbei geeilte Feuerwehr bekämpfte mit sechs Schlauchlagen und zwei Motorspritzen das Feuer, Und erst nach zwei Minuten konnte Gefahr vorüber gemeldet werden. Nur das eine Wort »Massary« welches auf dem Album gedruckt stand, blieb von den Flammen verschont. Alles andere ist tadellos ver­ brannt. Der Spengler und der heisse Lötkolben wurden sofort wegen Brandstiftung verhaftet. Dies zur gefälligen Kenntnis. Ehemaliger Fahnenalbumbesitzer a. D. München........................ 1928 Karl Valentin

35

32

Weihnachten 1928 Berlin

an einen

Kabarettkollegen

in

München, Weihnachten 1928. Lieber Freund Steininger! Wenn ich nicht bestimmt wüsste, dass mich Ihr an mich gerichteter Brief, vielmehr gerichtetes Telegramm sehr gefreut hätte, würde ich mich darüber vielleicht geärgert haben, denn es hat, ohne Sie wenigstens zu beleidigen, vor und auch nach Ihnen schon Weih­ nachten gegeben; ein unblöder Mensch, für den Sie sich halten, wird, wenn er wirklich einem andern Fröhliche Weihnachten wünscht, unbedingt die Jahreszahl .... hinter »Fröhliche Weih­ nachten« schreiben, da sonst der, der das Telegramm empfängtf,] sich es nicht enträtseln kann, welches Weihnachten der Entsender meint. Es wäre wohl absolut nicht mit grossen Kosten verbunden gewesen, wenn Sie die vier Buchstaben 1928 beigefügt hätten, schon deshalb, weil uns dadurch stundenlanges Studieren erspart geblie­ ben wäre. Dass Sie mit Ihrem schriftlichen ZurufWeihnachten 1927 gemeint haben, dafür halte ich Sie zu fortschrittlich. Dass Sie 1930 gemeint haben, dafür halte ich Sie wieder zu rückständig. - Den goldenen Mittelweg sind Sie ja noch nie gegangen, das hat sich ja gezeigt, als Sie kürzlich vor ungefähr................. , schweigen wir lieber davon, darieber. Es war Ihrerseits eine freundliche Schuftig­ keit, mich nächtlicherweile mit einem Berliner Telegramm zu erschrecken. Mein erster Schreck war sofort: Um Gotteswillen, ein Engagement in Berlin! Manch anderer Artist erschrickt, wenn er plötzlich kein Telegramm erhält. Aber Sie wissen ja, dass ich in München auch verdiene, wenn auch nicht so viel wie in Berlin, aber vielleicht eben so viel und genau so viel wie in Berlin, wenn auch nicht oft, hoffentlich sogar mehr oder weniger. Es wäre also von Ihnen ein leichtsinniger Unsinn, wenn Sie mir also zu-, auf- oder abraten würden. Von dem neuen Theater der Komiker habe ich von den vielen Seitenwänden gehört, es sei verbaut, die darin gastieren­ den Künstler mit Ausnahme der Klosettdame haben einen harten Standpunkt. - Ja, ja, es geht nichts über ein altes Theater; dieselben waren alle gemütlich und schön, die modernen Theater dagegen 36

teuer, schlecht, aber modern. Ehrt unsere alten Meister, dann bannt ihr gute Geister!!!! Sonst nichts Neues! - Die Frau Wiesböck, die 6 Jahre in unserem Hause wohnte, ist ausgezogen, in die Ickstattstrasse 19/3; weil von da aus ihr Mann nicht so weit in die Fabrik hat. Es grüsst Sie mit aller Herrlichkeit Karl Valentin

33

14. 2. 1929 an den Münchner Oberbürgermeister Dr. Scharnagl München den 14.11. 29. Kanalstr. 8/11 L. G. G.

Karl Valentin Komiker

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Voriges Jahr im Oktober, übergab ich Herrn Obersekretär »Frisch« 5 große, fotographische Tafeln, auf welchen mein, sowie das Bild von Frl. Karlstadt & sämtlichen Mitarbeitern der Münchener Volkssänger fotografisch festgehalten waren. Diese 5 Bilder, im Werte von 75 M, übergab ich Herrn »Obersekretär Frisch« mit der Bitte, Dieselben von Herrn Oberbürgermeister Scharnagel unter­ schreiben zu lassen. Ich habe bereits 8x angefragt & und wurde vom Oktober 28 bis heute immer nur vertröstet. Als ich gestern der 13. Febr. v. Herrn Obersekr. Frisch energisch die 5 Tafeln auch ohne Un[ter]schrift zurück verlangte, wurden mir dieselben verweigert. Wo die Bilder hingekommen sind, weiß ich nicht. Ich ersuche Sie, sehr geehrter Herr »Oberbürgermeister« die Sache kontrollieren zu wollen & mir die Bilder ob unterschrieben, oder nicht, zukommen zu lassen. Ihr ergebener Karl Valentin

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34 Mai 1929

an den

Schriftsteller Dr. Eugen Gürster

München im Mai 1929. Münchendenerstenmärzneunzehnhundertneunundzwanzig. Sehr geehrter Herr lieber Dr. Gürster Kalte Winterstürme schimmern tagelang durch die eisbeblumten Grossstadtfensterscheiben und mit frostdurchseuchter Faust er­ greife ich das Schreibblei um einem aus München geflüchteten treuen Freunde meine jetzige armselige Lage zu bemerken. Amor Fati - ja, ja, nein, nein, und doch ist es so, aber genug von dem, es ist immer das gleiche, ob so oder so - ja, ja es ist schwer, und trotzdem leicht, nicht direkt leicht, ungefähr halbschwer wenn man so sagen darfj warum soll man nicht darfen, es ist unleicht, der miesen Miseere zu entschlüpfen, man steckt eben drinn, und wenn man schon einmal drinn steckt, geht es einem genau so, wie einem, der auch drinn steckt. »Es ist nicht alles Gold was glänzt« - schäme dich, blödes Sprichwort, hast du noch nichts von Mattgold gehört? Und so könnte man stundenlang über die Welt und deren Angehörige kritisieren, wenn das Wörtlein »wenn« nicht wäre. - Warum soll denn aber gerade dieses kleine Wörtlein nicht sein? - Was haben wir alles gegen dieses kleine harmlose Wörtlein »wenn«? - Gibt es nicht viele andere scheusslichererere Wörter in der deutschen Sprache als ausgerechnet dieses kleine »wenn«. Ist nicht z. B. Rotz - Schleim Rindviech - Hölle - pissen - scheissen - u. s. w..........Sind das nicht scheusslichere Worte als »wenn«?. Da sehn Sie, so ist die Welt, das kleine »wenn« will man entfernen, und Rotz - Schleim - Scheisse, lässt man liegen. Ja, lieber Herr Freund, warum haben Sie denn so eilplötzlich München verlassen, ist Ihnen endlich bei uns das Pfla­ ster unter den Füssen zu heiss geworden? Ich kann das nicht begreifen, bei 25 Grad unter Null - Der Stachus Abort ist am 30. Februar Nachmittag 10 Uhr tatol eingefroren, es hatte in dieser Anstalt 2 5 Grad unter Null - mathematisch berechnet Abortus o o 25 Grad unter o

Summatra 38

000

Ihr Karl Valentin

München steht vor einer Hungersnot, die meisten Leute haben nur noch Hummermayonaise zu essen.

3$

14. 12. 1929

an die

Polizeidirektion München

An verehrt. Polizeidirektion Münchefn]

Berlin 14.12. 29.

Betreffs Ausstellung eines Waffenscheins Ich habe von München aus eine Postkarte erhalten, mit dem Be­ merk, daß ich innerhalb 4 Wochen meinen Waffenschein persönlich abholen muß. Nachdem ich aber in Berlin bin, frage ich höfl. an, ob eine mir in München bekannte Person für mich unter Vorweisung meiner Legi[tima]tion den Schein abholen kann, oder soll ich Lichtbild und Zustellungskarte einsenden? Mit aller Hochachtung Karl Valentin z. Z. Kabarett der Komiker Berlin Kurfürstendamm 156

36

22. 12. 1929

an den

Absender eines Glückwunsch­

schreibens

München, den 22. Dezember 1829

Mein lieber Herr................. Ein Briefträger brachte mir pflichtgemäss Ihren Papierbrief, den Sie mir von Berlin aus geschickt haben. Es war eine allgemeine Freude für mich allein, als ich denselben in meinen Empfang nahm. Die Briefmarke allein, deren Sammler ich sofort war, löste ich sofort mit einem Brecheisen von dem Kouvert ab, und klebte dieselbe in meine 39

Schmetterlingssammlung, die ich nämlich alle Winter auch für Briefmarken verwende, da es ja im Winter keine lebendigen Schmetterlinge gibt. Als ich das Kouvert (Kuh wert) öffnete, bot sich mir eine beispiellose Freude. Ein Brief von meinem Freunde [...] bot sich meinen eigenen Blicken. - Unterm Lesen las ich plötzlich weiter, und bemerkte, dass der Brief am Schluss endlich endigte. Hei!!! - Wie freute ich mich, als ich als echter Bayer wieder einmal Berliner Briefpapier - Berliner Buchstaben und Berliner Kaiser »Tinte« zu sehen bekam. Ich las den Brief zum zweitenmal, da ich mich nicht mehr erinnern konnte, dass ich den Brief schon einmal gelesen hatte. - Da fing es an zu schneien. Und dichter Schnee lag auf den Dächern der Stadt München, was natürlich mit Ihrem Brief gar nichts zu tun hat. - Aufrichtig gesag[t] hätte es mich vielmehr gefreut, Sie hätten mir den Brief mittels Brieftaube übersendet, denn dann hätte ich den Brief erstens schneller bekommen und zweitens hätte ich nach der Briefzustellung die Brieftaube fressen können, was beim Briefträger nicht gut möglich gewesen wäre. Sonst nichts Neues, - . Äusser ich und Ihnen sind die Bayern gegenwärtig auf Preussen nicht gut zu sprechen. Sie rüsten zu einem neuen 1866er Krieg. Sollte ich und Sie als Soldat einberufen werden, zu dem Bayrisch-preussischen Feldzug, und wir stehen uns in der Schlacht gegenüber, wird sich ja unsere wahre Freundschaft bewei­ sen, ich schiesse nicht auf Sie - und wenn Sie dann ausrufen »Sie haben mich nicht getroffen« dann rufe ich aus - .... »Hurrah, es lebe mein alter Freund [...] durch seinen Freund Karl Valentin, mit deu[tsc]hem Gruß Karl Valentin Ausnahmsweise wünsche ich Ihnen ein gutes neues Jahr und fröhli­ che Weihnachten.



¡7

Um den 30. 12. 1929

an

Kurt Horwitz

Lieber Herr Horwitz - Bitte schreiben Sie mir diese Huldigung auf eine Seite, weil ich dieselbe in mein Archiv einreihen möchte. Viele Grüße K. Valentin

38

Wahrscheinlich 1929

an den Inhaber eines

Stoff­

geschäftes

Sehr geehrter Herr Kramer,

den Stoff; den Sie mir vor 3 Monat empfohlen von dem tat die »Schönheit« der Teufel holen. Jch hab diesen Anzug dem Mann hier geschenkt weil der, nicht wie ich, an der Schönheit so hängt. Der denkt drüber anders, der kommt nicht in Wut der denkt sich, zum anziehn, da is der gut genug. Doch ich bin den Blicken der Frau’n ausgesetzt und da fühlt sich in mir das »Eitle« verletzt. Drum geh ich in Zukunft nicht mehr zum »Kramer« mit so einem Anzug, da muss ich mich schama. Warum hat mir der Kramer so a Glump aufgehängt, so hab ich mir gestern auf einmal gedenkt; a so an Marengo, der so schäbig werd da is ja der Meter koa Fünferl net wert. Drum frag ich Herrn Kramer, was soll ich jetzt machen? mir is es ganz ernst, dös is net zum lachen; das Geld, der Stoff und der Anzug ist hin da bin i neig’saust - o Valentin. Aber deshalb komm ich doch wieder zu Jhnen und lasse mich wieder von Jhnen bedienen und gehts mir dann wieder so, sage ich keck Leut geht’s nicht zum Kramer - denn da kriegts an Dreck. Und das wär schliesslich für Sie doch ein Schaden 41

und deshalb komm bald ich zu Jhnen im Laden und lasse mich wieder von Jhnen bedienen ob galant Sie sich zeigen - überlasse ich Jhnen.

Karl Valentin

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I. 8. 1930

AN EINEN UNZUFRIEDENEN KaBARETTGAST

München, 1. 8. 30.

Herrn Otto Tänzer Anbei sende ich Ihnen das Eintrittsgeld vom Kabarett der Komiker zurück, nur damit Sie endlich diese lästige ßriefschreiberei aufge­ ben. Achtungsvollst Karl Valentin 11.-M retour

40

2. 2. 1931 direktion

Theaterreferat der Polizei­ München

an das

Karl Valentin Kanalstr. 8/II G.-H. Telefon 2 2445

München, 2. Februar ¡9 3 i Kanalstr. 8 G. H.

An die Polizeidirektion, Theaterreferat München Ettstrasse

Ich erlaube mir, um die Erteilung eines Bühnenspielbetriebes ge­ mäss §33a der Reichsgewerbeordnung im Goethesaal, München, Leopoldstrasse 46 a zu bitten. Grund dieser Bitte ist für mich die Tatsache, dass das Auftreten in Lokalen mit Konsum, in denen geraucht werden darf, sich für mich als äusserst gesundheitsgefährdend erwiesen hat und mir zunächst 42

infolge meiner dadurch gesteigerten Asthmabeschwerden ärztli­ cherseits untersagt worden ist. Der Goethesaal ist ein kleines, intimes Theater ohne Konsum. Es ist dort infolgedessen für mich bedeutend leichter zu arbeiten. Da der Konsum im Goethesaal wegfällt, nimmt das Theater eine Sonderstellung ein und hat auch sein spezielles Publikum, das im grossen ganzen nicht zum Publikum der Konsumtheater gehört. Es bedeutet mithin mein Auftreten dort keine Beeinträchtigung des Besuches der Konsumtheater. Ich möchte als Beweis dafür anfüh­ ren, dass Frau Benz, deren Lokal sich in unmittelbarer Nähe des Goethesaals befindet, mir bestätigte, dass der Besuch ihres Lokals durch meine kürzlich erfolgten Gastspiele im Goethesaal (die stets ausverkauft waren) nicht im geringsten gelitten hat. Ich beabsichtige, im Goethesaal eine spezifische Valentinbühne zu führen; also Programme zu spielen, die die typische Note meiner Darbietungen und derjenigen meiner Partnerin Lisi Karlstadt tra­ gen. Die Leitung der Programme und Abende und die Tätigung der Engagements übernehme ich. Die kaufmännische Leitung habe ich Herrn WalterJerven übertragen, der den Goethesaal für längere Zeit gepachtet hat und von dem ich den Saal für die Zeit meines Auftretens übernommen habe, gegen entsprechende Verrechnung. Ich erlaube mir noch, auf die gesamten Besprechungen in den Münchner Blättern hinzuweisen, die nach meinem Gastspiel im Goethesaal erschienen sind. Es wurde in all den Besprechungen betont, dass meine Darbietungen besser gewirkt hätten als je zuvor, was eben darauf zurückzuführen ist, dass die durch ein grosses Lokal erstehenden Erschwerungen meiner Arbeit und die damit verbun­ denen Belastungen meiner Gesundheit im Goethesaal .wegfallen; zumal ein ruhiges Arbeiten dort auch dadurch garantiert ist, dass die Besucher nicht wie in einem Konsumlokal zu beliebiger Zeit kom­ men und dass ferner die durch das Bedienungspersonal in einem Konsumlokal unvermeidlichen Unruhen unterbleiben. Ihrem gefl. Bescheid entgegensehend zeichne ich hochachtungsvoll Karl Valentin Liesl Karlstadt 43

4i

Um

27. 2. 1931 dem Schauspieler Gustl Waldau 60. Geburtstag

den

zum

Der sechzigjährige Gustl Gustl Waldau ist 60 Jahre alt, das kann man glauben oder nicht. Sein 50. Geburtstag war glaubwürdiger als sein 60. Gerade bei solchen Anlässen muß man sehr vorsichtig sein, denn falsche Gerüchte sind heute an der Tagesordnung, manchmal streuen Kapazitäten selbst falsche aus, zum Beispiel Jubiläume, Geburtstage, Namenstage, hundertjährige Todestage usw. - nur um Geschenke zu erhalten. Statistisch nachgewiesen hofft man von Gustl Waldau keine solche Zicken. Eine Anfrage im Kreisarchiv Oberbayern, ob Gustl Waldau auch wirklich 60 Jahre alt ist, fand amdich seine Bestätigung. Was sind aber 60 Jahre, erstens sind es nur zweimal 30 Jahre, und zweitens sind sie wie bei jedem andern jungen Greis nur vorüberge­ hend. Gusd Waldau hat nach seiner persönlichen Aussage noch nie in seinem ganzen Leben einen 60. Geburtstag gefeiert, worüber seine Freude doppelt so groß ist, er hätte sich also über seinen 120. Geburtstag auch nicht mehr freuen können. Gustl Waldau ist seit ungefähr soundsoviel Jahren im Münchner Hoftheater auf der Bühne beschäftigt, sein Beruf ist Bühnenschauspieler. Sein schau­ spielerisches Talent ist geradezu sehr gut in Spiel und Maske, ob er einen fünf Monate alten Säugling oder ob er den alten 700jährigen Abraham kreiert, niemand erkennt dabei den 60er. Er spricht den Dialekt des Vorstadteskimos genau so gut, wie seine eigene Schwie­ germuttersprache. Rollen, die er für sich nicht passend fand, wies er ablehnend zurück, sogar den Lohengrin. Waldaus Lebenslauf ist sehr bewegt, er begann mit seiner Geburt, und pflanzte sich fort bis zum heutigen 60. Geburtstag. Um der Erste zu sein, eile ich voraus und gratulier’ schon zum 70. [Karl Valentin]

44

42

15-4- I93I

an die

Stadtbibliothek München

Besten Dank u Grüße Karl Valentin

43

30. 4. 1931 München

an einen beamten der

Polizeidirektion

München, 30.4.31.

Herrn Oberinspektor Gabler München

Ich ziehe mit heutigem meine Theaterkonsession zurück. Hochachtungsvoll Karl Valentin.

44

6. 11. 1931

an

Kurt Horwitz

Herrn Curt Horwitz Schauspieler München Hildegardstr. 3/0 Schauspielhaus Sehr geehrter Herr Horwitz Meinem Versprechen nachkommend sende ich Ihnen das Bild vom Hauptmann v. K. Mit bestem Gruß Ihr Karl Valentin

45

45

1931

an einen

Baurat

der

Münchner Feuerpolizei

München, den........................... 1931. Offener Brief an Herrn Baurat Dürauf, Abteilung: Feuerpolizei (Theaterwesen).

Seitens der Münchener Feuerpolizei (Abteilung Theaterwesen) be­ handelt man mich seit Jahren eigentümlich. Bei einem Gastspiel im »Kolosseum« in dem Theaterstück »Raubritter vor München« kommt in der i.Scene ein Nachtwächter mit einer vollkommen verschlossenen (Glaswände auf allen vier Seiten) Stallaterne über die Bühne, Inhalt der Laterne eine kleine, brennende Wachskerze. Es ist eine Laterne, mit welcher jeder Bauer, heute noch auf den Heuboden geht. Eineinhalb Monate lang hatte man das nicht verboten, auf einmal fiel es einem jungen Feuerwehrmann ein den berühmten »Schimmel« zu reiten, den Wichtigtuer zu spielen, diese grosse Feuersgefahr zu entdecken und ebenso zu melden - trotzdem es der Theatermeister vorher gemeldet hatte. Daraufhin wurde mir der Gebrauch der Stallaterne amtsgemäss untersagt, (Zauberer und Jongleure dürfen auf jeder Varietebühne mit brennenden Fakeln und Kerzen arbeiten - also mit offenem Feuer, das macht nichts) mit dem Hinweis, es müsste eine elektrische Stallateme verwendet werden, was ich natürlich in Anbetracht des Stückes, welches in der Zeit vor mehr als ioo Jahren in dem damals auch zopfischen München spielt (welch besagter Zopf damals öffentlich zur Schau getragen wurde) nie und nimmer tun würde. Ich hatte dieserhalb Auseinandersetzungen mit der Direktion des »Kolosseums« der die Scene des Nachtwächters mit nicht brennender Kerze aufgefallen war. Man drangsalierte mich vor einem Jahre ebenfalls mit einem Projek­ tionsapparat für Glasbilder. Ich durfte von dem gestrengen Herrn Feuerwehrmann aus den Apparat nicht auf der Bühne vorfiihren und dort stehen lassen. Auf meine Einwendung, dass ich diesen Apparat auch im Schauspielhaus verwendet hätte und als er sah, dass ich trotz seines Verbotes die Sache doch machte, hatte dieser »Wackere« die

46

vielsagende Ausrede: Ich hab gmeint, dies is a Filmapparat!!! Also: seine falsche Meinung hätte beinahe dem Puplikum den Genuss meiner harmlosen komische Glasbilder geraubt. Bei dem Stück »Ein Sonntag in der Rosenau« wird an eine schnell­ laufende Schmirgelscheibe ein Eisen hingehalten. Dieses bewirkt, dass ein ganz gefahrloser Funkenregen (wie man das bei der Stras­ senbahn beim Schienenabschleifen sehen kann) erzeugt wird und ist dies die beste Imitation eines Feuerwerks. Nach cirke 3omaligen Aufführungen dieses Stückes witterte ebenfalls ein junger Feuer­ wehrmann darin eine evtl. Brandgefahr und verbo[t] mir persönlich die Sache mit der Schmirgelscheibe. Er meinte, wenn ein Funke auf den auf dem Boden befindlichen Grasteppich fällte könnte dadurch ein Brand entstehen. Erst nachdem ich dem Mann erklärt hatte, dass ein Eisenfunke sofort nach der Abbrennung erlischt und nachdem ich den Grasteppich vom Boden aufhob und denselben 5 Minuten lang direkt in den Funkenregen hineinhielt, sah er ein, dass die Sache ganz ungefährlich sei und hob das Verbot auf, indem er meinte: »Dös hätt i mir a net denkt und schaut so gfährlich aus.« So hat man mich schon seit vielen Jahren mit solchen »Kleini[g]keiten« bedacht und mir heiss gemacht. Weil man eben für Kleinigkei­ ten die Augen offen behält, aber bei drohenden Riesengefahren die z. B. in den Festbuden auf dem Oktoberfeste gegeben sind - ja - da bleiben die Augen beharrlich geschlossen^] Auf der Wiese sind gegen Schluss des Abends 4- 5000 Personen in Holzbuden versam­ melt, dürre Girlanden hängen an den Wänden bis fast Tischhöhe herunter, Besoffene werfen brennende Zigarren- und Zigaretten­ stummel in die Luft, Ballo[n]s werden angezündet, Männer und Frauen stehen tanzend auf den Tischen, die Gänge sind ebenfalls trotz Mahnung unpassierbar. Es braucht gar nicht zu brennen! Nur der schlechte Witz eines Besoffenen »Brenna tuats« genügt, die grösste Panik und damit das grösste Unglück herbeizuführen. Hier gibt es keinen eisernen Vorhang, keine Feuerwehrleute am Ausgang - aber auf der Bühne hat der gestrenge Mann seinen Blick unabwendbar auf die gefahrdrohende, kleine, verschlossenf.. .]e »Stallaterne [«] gerichtet, die kleine Stallaterne mit dem kleinen »Wachskerzchen«!!! 47

Wo [i]st das wachsame Auge der Feuerpolizei bei den Faschingsfeiem im »Deutschen Theater«??? Zentnerweise hängen Papier und feine Stoffe in den Räumen in denen geraucht wird. Darf ich vielleicht einmal eine feuersicher imprägnierte Dekoration mit einer Benzinlötlampe oder irgend einer anderen Stichflamme ausprobieren??? Etwas Anderes: Ich sollte heuer wieder Münchener Bierfeste arran­ gieren, wozu im grossen Saale des »Kolosseums[«] zwei kleine Musikpodien (wie bereits vor drei Jahren gehabt) aufgestellt werden sollten. Strich durch die Rechnung! - Die Feuerpolizei gestattet es nicht mehr. Fünf grosse Notausgänge sind vorhanden, Hydranten stehen da, Löschapparate hängen an den Wänden, Feuerwehr ist im Hause................. Trotzdem: Verboten!!! Das Geschäft ist vermas­ selt. Teile Ihnen zum Schluss nun noch mit, dass ich mir von der Feuerpolizei gar nichts mehr verbieten lasse und alles das auf der Bühne treibe, was die »Anderen« auch tun. Sollte es mir trotzdem verboten werden, dann packe ich meine sieben Zwetschgen zusam­ men und übersiedle für immer nach Berlin[!] Und als Andenken überlasse ich der Stadt München (Abteilung Feuerpolizei) meine acht Münchener Mitglieder, die durch meine Abwesenheit (richti­ ger: durch Schikane der F. P. erzwungene Landflucht) stellenlos geworden sind. Na vielleicht können Sie dann dieselben als Feuerwehr-Beobachter übernehmen.

46 3.2. 1932

an die

Tochter Bertl

München, den 3. Februar 32. Sehr geehrte Tochter! Anlässlich unseres letzten Beisammenseins in München am 5. Au­ gust 31 gestatte ich mir, jetzt die Rechnung für Deine Existenz gütigst zu übersenden und hoffe, dass Du mit den Preisen einver­ standen bist.

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Hebammenkosten, bezahlt am 21. Sept. 1910 i kleine Blechbadewanne lauwarmes Wasser, 6Jahre lang, täglich 10 Pfennig Schwammbenützung, 6 " " « 5 » i Wickelkissen und Babyausstattung Täglich i Liter Milch, ca 6 Jahre lang, Semmel­ mus etc. Schmerzensgeld bei Geburt von Mutter billigst berechnet Schulzeit-. Einschreibegebühr Schultoiletten Schulbücher Pause Frühstück Pause Nachmittagsstück m/ Berücksichtigung von Samstag Nachmittag insgesamt 1.386 Tage bis zu 21 Jahren täglich Mittag- u. Abendbrot ä RM. 1.Täglich ab 10 Jahre '/, Liter Bier ä 30 Pfg. Taschengeld vom 7.-21. Jahr 5 mal photographieren lassen Aerztliche Behandlung und i6‘Z Warzen abätzen lassen (rechte Hand) Kirchensteuer Schulsteuer Täglich ‘/s Liter Kaffee ä 15 Pfg. Monatlich '/. Liter Wasser unberechnet Bubikopf schneiden Kopfwäschen 6 Jahre lang, wöchentlich ä RM.3.Barauslagen für Kino und Theaterbesuch, Bälle etc. Kleidung vom 14.-21.Jahr, pro Jahr RM.500.-, incl. Wäsche Unterricht im Schauspiel, pro Stunde RM.12Unterricht französisch, englisch, Literatur Klavier- und Guitarreunterricht

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RM.

20.--6.— 219.— 108.50

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6550.— 1204.50 1000.— 20 40.— 120.— 200.— 150.— 25 1120.— 5-~ 936.—

3570.— 3500.— 3144.— 54O-— 35 700.—

Reise nach Königsberg Briefmarken und Telefongespräche nach Königs­ berg

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83.—

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150.—

Gesamtsumme:

RM. 24625.20

Bezugnehmend, dass Du mein eigenes Fleisch und Blut bist, habe ich 10% Ermässigung zuge­ standen

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2462.50

RM. 22162.70

Binnen acht Tagen zahlbar, da ich sonst zu mei­ nem Bedauern gezwungen wäre, gerichtliche Schritte zu unternehmen. Mit vorzüglicher Hochachtung! Karl Valentin

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5. 4. 1932

an

Liesl Karlstadt

Donnerstag, 5.4.32

Fräulein Liesl Karlstadt Frau Capnis Nestre - Venedig Villino-Tomiolo Via = Miranese (Italien) Freue mich riesig auf baldiges Wiedersehen!! [...]



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26. 4- I932

AN Liesl Karlstadt

Karl Valentin München Kanalstr. 8/II G.H.

Frl. Lisi Karlstadt Städt. Urlauberin Torbole (am GardaSee [)] Pension Ischia

München den 24. Dezember 1832

Liebe auswanderin! Ich bin seit deiner Abwesenheit täglich in Planegg mit Frau Eva Greiner Rankl u. Bobsi wir arbeiten emsig, wir tuen, täglich sähen und ernten, der Frühling ist manchmal stundenweise bei uns. Hundeshagen macht mir die Hölle heiß, alle Abend um 9 Uhr sagt er mir wie viel Besucher er hat Gestern Montag waren 20 Personen im Ko. Er macht mich verantwortlich nicht Dich. Neumeier der hat ja nix; Morgen schreibe ich dir wieder Gute Nacht, es ist jetzt 9 Uhr vormittag und bin geistig sehr gut beinander. [...]

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27. 4. 1932

an

Liesl Karlstadt

Fräulein Lisi Karlstadt Urlauberin Torbole am Garda See Pension=Ischia Italien Im Garten geschrieben

Planegg bei München Mittwoch den 27 April 1/2 Uhr 1892 nachmittag

P.P. Habe Ihre 2 Karten mit besten Dank erhalten und ersehe hieraus daß es Ihnen sehr geehrtes Fräulein und Ihrem werthen Fräulein Schwester gut geht was ich auch von meiner Wenigkeit sagen kann, nur mit den verflixten Nerven happert es noch ein

wenig, und ich denke, daß wenn ich nun einige Zeit meinem Berufe fembleibe, alles wieder gut wird. Hoffentlich haben Sie meine 2 Karten die ich Ihnen schickte bekommen. In der Erwartung von Ihnen bald wieder eine Nachricht zu bekommen, grüßte ich Sie auf ; das herzlichste und verbleibe mit den besten Grüssen Ihr ergebener K. Valentin

In München war gestern Abend in Obergiesing schon wieder ein Großfeuer - aber »Für uns leucht kein Großfeuer am Himmel«.

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28. 4. 1932

an

Liesl Karlstadt

V. Fey München Planegg Georgenstr. 2/5

Fräulein München Donnerstag Nachmittag 4 Uhr Liesl Karlstadt Comikerin aD. Torbole am GardeSee Pension Ischia (Italien)

L L u. A. Ich sitze so fröhlig beisammen und arbeite in meinem Garten. Unter Tags geht es so weit ganz gut aber Abends und Morgens stimmts nicht genau, ich freue mich, wenn du wieder da bist, wenn wir mit dem Opelwagi auf die Pirsch fahren - Huber Oskar ist glaube ich [geschappt] macht gar nix. Habe von dir erst eine Nachricht - 2 Karten bekommen. Schreibe bitte fleißiger. [...] Gruß von Bopsi.

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30. 4. 1932

an

Liesl Karlstadt Freitag Abend 7 München April 1932

Fräulein Lisi Karlstadt Torbole am Garda See Pension Ischia Italien

Liebe Lifsl], Bin alle Tage von Morgens 10 Uhr bis Abends 8 Uhr in Planegg. Kolb holt uns alle Abend ab. Ich gebe ihm dafür 2 M und Dir bezahle ich dan das Benzin. Seit Du fort bist haben wir herrliches Wetter, ein Tag schöner als der andere. .SW/Aie/blume nur einmal gepflückt. Alle Abend bin ich um 10 Uhr im Bett - Ich war seit den K. Schluß noch nicht einmal fort. Unter Tags fühl ich mich ziemlich wohl. Abends und Morgens immer Depp resionen. Deine Karte von heute mit Klimaempfehlungen für Asthma bekommen Freut mich daß Du vom Magenweh nichts mehr spürst Viele viele Grüße auch an Aili Valentin

Ich habe wieder ein glatte Gesichtsfläche. Rankl arbeitet mit mir alle Tage Gartenarbeit. Es ist herrlicher als am Gaudisee.

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2. 5. 1932

an

Liesl Karlstadt

Fräul. Lisi Karlstadt Sauspielerin Monaco Bavira Maximilianstr. 29/III (Italien) Liebe billige Wellanolieselkarlstadtly! Es freut mich zwergisch daß Du am Donnerstag den 5. Mai wieder da bist. Karlsthor - Isarthor - Sendlingerthor. Siegesthor, Salvator alles ist schon dekoriert. Müsste es noch nicht dekoriert sein, daß

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weiß ich nicht. Sämtlichen Leberkäs und Weißwürste habe ich schon vernichten lassen. In Deiner Wohnung befinden sich bereits 3000 Zentner Spagetti und Polenta * Denk Dir nur K. Peukert und Dr. Kassimir haben ohne mein [WJissen im Rundfunk bei einem komischen Abend, gesagt Ins Kolosseum gehn wir nicht, den der V. ist nicht drin - Hundeshagen hat Rankl tätlich angegriffen es war entsetzlicher Wirbel. Alles weitere mündlich. Von # hier aus kein Witz. viele viele Grüsse K. Valentin

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23. 7. 1932

an

Hermann Roth

Herrn Herrmann Roth Schriftsteller Tegernsee (am See) Bezirkskrankenhaus

Sehr geehrter Herr Roth! Besten Dank für Karte aus Tegernsee, und baldige Genesung wünscht Ihr Karl Valentin u. Karlstadt

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29. 7. 1932

an das

Einwohnermeldeamt München München, den 29. Juli 32

Valentin Ludwig Fey München Kanalstr. 8/II Gartenhaus Tel. 22445

Titl. Einwohner-Meldeamt München. Ettstrasse 54

Herr Valentin Ludwig Fey ersucht Sie höflichst, seinen Künstlerna­ men Karl Valentin im Melderegister zu führen. Mit vorzüglicher Hochachtung i/A. E[.J Friedrich Sekretärin

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8. 8. 1932

an den

Kunstmaler Otto Pippel

Karl Valentin München Kanalstr. 8/II Gartenhaus Tel. 2 2445

München, den 8. August 3 2

Herrn Otto Pippel, Kunstmaler Planegg Obb. Betrifft: Gartenzaunschändung!

Sehr geehrter Herr Nachbar! Ihr werter Brief kam leider eine Stunde zu spät in meinen Besitz. Als ich gestern auf mein Rittergut kam, sah ich mit meinen zwei eigenen Augen, meinen eigenen Gartenzaun mit länglichem Sta­ cheldraht gespickt: Ich dachte momentan an alle meine vollendeten Verbrechen, wie Ehebruch, Untreue, Brandstiftungen a[us]geführt an Zigarren und Zigaretten, etc., aber dass ich jemals über fremde Gartenzäune gestiegen wäre, könnte ich mich nicht erinnern. Müss­ te ich vielleicht Gartendiebstähle im Traum ausgeführt haben, das könnte sein, aber auch das ist mir nicht bewusst. Dass Sie ohne mein Wissen und ohne meine Erlaubniss den Draht an meinem eigenen Gartenzaun befestigen liessen, ist nicht meine, sondern Ihre Schuld, Sie kamen mir mit der Ausführung dieses Schutzdrahtes zuvor, denn ich wollte diesen schon lang anbringen lassen, damit die lästigen Insekten, wie Hummeln, Wespen, Schmetterlinge etc. nicht immer von Ihrem in meinen Garten hereinfliegen können. Geärgert hat 55

mich nur das eine, dass Sie meinen Zaun mit gewöhnlichem ordinä­ ren Kriegsstacheldraht geziert haben. Wenn auch vernickelter Sta­ chelbeerdraht etwas teuer ist, so hätte er wenigstens zur Zierde unserer beiden herrlichen Landgüter beigetragen. Die Anzeige weger unerlaubter Stacheldraht-Dekoration an einem fremden Gartenzaun ist leider schon gemacht und wird vor dem kgl. Schwurgericht Planegg ausgetragen werden, mein Verteidiger Dr. Brüning, ehm. Reichskanzler ist bereits davon unterrichtet. Die Kosten des unerlaubten Drahtes haben Sie zu tragen. Mit aller Niederachtung Karl Valentin Gartenzaunbesitzer in Planegg.

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28. 10. 1932

an

Liesl Karlstadt München, den 28. Oktober 32

Liebe Lisi! Sende Dir mal eine Skizze des besprochenen Stückes. Das Stück würde Geld und viel Arbeit kosten, aber es wäre wirklich einmal etwas noch nie Dagewesenes also gerade das Gegenteil von den »3 Gspusi«. Du müsstest natürlich, vor ich Dir das Stück zu schreiben beginne die Möglichkeit von allen darin vorkommenden Typhen in Haltung, Sprache, Maske und Kleidung genau ausprobieren, erst dann ist es möglich das Stück zu schreiben, wenn Dir diese Typhen vollständig zu Deiner Zufriedenheit gelingen. - Sinn braucht die ganze Komödie sehr wenig zu haben, es soll Deine grosse Kunst im »Menschen darstellen« gezeigt werden und die 3 Akte, wie Du aus den Skizzen ersiehst, geben so viele komische Momente, dass keine Lachpause im Stück entsteht und das will ja heute das Puplikum. Auch könntest Du das Stück wegen der primitiven Dekoration 1. kleines Restaurant, 2. gewöhnliches Zimmer, 3. kleiner Gerichtssaal überall bringen, sogar in Penzberg, wohin ich aber nicht persönlich erscheinen möchte, wegen »Nasevollhaben«. 56

Du kannst Dir die Skizze auch selbst nach evtl, weiteren, besseren Einfällen ausarbeiten und wir können dann nach Ablauf Deiner Bauemgastspiele in der Grosstadt München weiter über das neue »noch nie Dagewesene« sprechen. Mit bestem Gruss Karl Valentin Stückeschreiber.

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i2. i2. 1932

an

Liesl Karlstadt

12. Dez. 1932. Liebes Grüstkindlein! Bringe mir heuer auf Weihnachten Bayerische Stempel Briefmar­ ken für meine Sammlung die wo man beim Herrn Rösch zu kaufen kriegt (eingeklammert) nicht teuer höchstens zusammen 100 Mark. Auch amerikanische Stempelmarken hat der Mo, aber er will nichts aus dem Schachtel heraussuchen, weil er so müd ist, aber haben tut ers schon Ich frei mich schon drauf K.V.

dann wünsch ich mir kein Gewand

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1931/32

an einen

Theaterdirektor

Sehr geehrter Herr Direktor Werner - Königsberg Vor vielen Jahrzehnten, ungefähr im August 1931 kamen Sie zu mir und raubten mir mein Kind. (Eine traurige Kopie aus: »Der Raub der Sabinerinnen«) Nichtsdestoeiliger hatte sich meine mir gut bekannte Tochter mit Ihrem Raubvorhaben einverstanden erklärt und sie Floh nach Königsberg in Jhre Singspielhalle, in welcher sie jetzt singt und spielt. Zuhause hätte sie ein schönes »Dasein« führen

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können, bei Jhnen führt sie höchstens ein schönes »Dortsein«. Aber was zu viel ist, ist zu viel. Sie hat bei Jhnen eine jugendliche Gage von 160.- Mark, davon schickt sie mir und ihren Eltern monatlich 150.—Mark und es bleiben ihr, schreibe und sage, 10.—Mark. Wie soll ein weibliches Mädchen in der heutigen teuren Zeit mit zehn Mark monatlich auskommen? Da meinte meine Tochter ... Um Gotteswillen sprach ich als Vater, diese Schande darfst Du mir nicht oft antun, lieber soll dir Direktor Jessner 10 + so viel Gage geben. Aber meine Tochter wollte es nicht anders, sie wollte zur Bühne um jeden Preis der Welt, also auch um 160.—Mark. Der teuflische Beruf des Schauspielers war ihr Ideal, oder bezweifeln Sie, Herr Direktor, dass der Schauspielerberuf nicht teuflisch wäre? Denken Sie an den Mephisto in Faust, vorausgesetzt, dass Sie dieses Stück dem Namen nach kennen. Was hätte meine Tochter als Sportsdame alles erreichen können, was ist aus Schmeling geworden, bringt es ein Schauspieler je so weit, dass er für ein einmaliges Gastspiel 1000000.— erheischt? Nie und nimmermehr! Jch wollte meine Tochter als Briefrnarkenvirtuosin ausbilden lassen, aber sie hatte dafür keinen Jnstinkt, auf deutsch, kein Jnteresse, obwohl sie mit einer einzigen gesammelten blauen Mauritius mehr verdient hätte, als in 20 Jahren in Jhrem Neuen Königsberger Schauspielhaus. Aber des Kindes Wille ist sein Himmelreich, Sie haben sich, werter Herr Direktor um mein Kind angenommen, nun behalten Sie es zum mindesten 50 Jahre, nach dieser Zeit schreiben Sie mit bitte eine Posftjkarte wie Sie mit ihr [in dieser langen] Zeit zufrieden waren. Sollte meine Tochter in dieser Zeit älter werden, bitte ich Sie, dieselbe als komische Alte in Ihrem Theater zu verwenden. Jm Uebrigen gratuliere ich Jhnen nachträglich zu der feierlichen Eröffnung des neuen Schauspielhauses in Königsberg, welche im Jahre (?) stattgefunden hat und wünsche auch Jhrer werten Familie dasselbe. - Die in letzter Zeit in Königsberg stattgefundenen Bom­ benattentate haben uns sehr beunruhigt, doch scheint es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um kleine Bomben gehandelt zu haben, da man bei uns in München die Detonantion nicht wahrgenommen hat, während man sonst den leisesten Donner, eines über unsere Stadt sich entladenden Gewitters hören kann. 58

Von unserem sschönen Bayemland kann ich Jhnen nicht viel Neues berichten, der Himmel ist zeitweise weiss-blau und in der Nacht immer Bayerische Volkspartei, aber die Sonne der Vernunft bringt alles wieder ins weiss-blau zurück und wir singen in allen weltpoliti­ schen Wirrwarr mitten hinein Ein Prosit, ein Prosit der Gemüatlichkeit - eins - zwei - drei - G’suffa! (getrunken). Mit bierseeliger Zuneigung Jhr ergebenster Karl Valentin

NB. Diesen Brief habe ich in völlig normalem Geisteszustand geschrieben.

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2. i. 1933

an

Herrn Dr. H. Jablonowsky

München, den 2. Januar 33 Herrn Dr. kl.Jablono'wsky zum neuen Jahr! Geehrter Herr Doktor, ich danke dafür für den Brief, für den Krug und das dumme Tier. Verwend ich das Tier als Talismann dann sind ohne Zweifel gleich »zwei« beisamm’ und zwei Kamele, das sind ein Paar sind zweimal so dumm, das ist doch klar. Drum trag ich das eine doch nicht mit herum mir genügt es, ich bin allein so dumm.

Es gibt keinen »leeren« Raum, so spricht ein weiser Gelehrter, doch glaub ich’s ihm nicht. Es gibt einen leeren Raum - ’s ist kein - Trug der Beweis dafür ist mir der »leere« Krug und wenn dadrin auch Blumen prangen, dass ich die »sauf« — kann niemand verlangen.

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Dass Sie gut dichten, kann ich garantieren, zu Jhrer »Poetheit« muss ich gratulieren. Im Gratulieren bin ich, wie Sie, so fleissig und wünsch alles Gute für »Dreiunddreissig«.

Ihr Karl Valentin Anbei das Valentin-Karlstadt Buch als verspätetes Weihnachtsgeschenk.

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28. 1. 1933 an Lotte Lang

die

Schauspielerin

und

Sängerin

München, 28. 1. 33

Sehr geehrtes Fräulein Lotte Lang! Gestern habe ich Ihren lieben Brief bekommen. Wer hat Ihnen gesagt, dass ich Briefsammler bin? Ich sammle nur Briefmarken; mit diesem Brief haben Sie mir aber doch eine grosse Freude bereitet, denn ich habe von dem Brief die Marke abgelöst und dieselbe in mein Briefmarken Album geklebt unter die anderen »Oestreicher«. Ich sammle schon seit 20 Jahren. Vorher hatte ich eine Mädchen­ sammlung, aber die gab ich wieder auf, da es den Anschein hatte, es wär ein »Buff«. In München ist es gegenwärtig sehr furchtbar kalt, besonders im Freien. Ins Volkstheater geht seit Ihrer Abwesenheit sehr wenig Volk hinein, obwohl sehr viel leerer Platz darin ist. Sonst nichts Neues - Ich liebe Sie noch immer wie Immer (bitte Herrn Einstein nichts davon merken lassen) Viele Grüsse von der Liesl Karlstadt Ihr Karl Valentin

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61

Um den 12. 3. 1933 Gruss

an den

Theaterdirektor Hans

Still ruht der See. Parodie von Karl Valentin zu Hans Gruss 50 stem Geburtstag.

Direktor Gruss, das freut uns alle Ist heute unser Jubilar, Nur sonderbar ist an der Sache dass er genau vor einem Jahr erst 49 Jahr alt war. Parodie auf »Oschöne Zeit, o sel’ge Zeit« v. K. Valentin

Es war einmal eine Revue Da gab’n sich drei die grösste Müh’ Die Karlstadt und der Valentin Herr Kaspar Mauz, als Pseudonym. Direktor Gruss tat die Regie krakeelte, fluchte, schimpfte, schrie. »Wie’s früher war«, so hiess das Stück Doch aus blieb’s finanzielle Glück Und heute is uns allen klar Dass es kein »Weisses Rössl« war.

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1932/33 an den Ehemann der Sekretärin Eva Friedrich

Gelöbnis! Die Ehefrau ist fortgereist, sie ließ mich ganz allein. Die Furcht vor einem Asthmaanfall ist der Grund, Daß ich bei Tag und Nacht behütet werde; Hilflos - allein - bin ich ein armer Hund! 61

Die Eva hat sich mir als >Schwester< angeboten. >Was sagt dein Mann dazu?< sprach ich zu ihr. >Nichts!< sagte sie, >er hat da keine Zweifel. Auch ich halt’ Sie für einen Kavalier!< Ja, Kavalier, das will ich sein! Es wär’ zwar schön mit so’ner jungen Frau, doch nein! O nein! Ich will ein Ritter sein! Hier hast du wieder deine Frau, so sag’ ich, Wenn die meine kommt zurück. Die weiß es, daß ich treu geblieben! Bin doch schon Fünfzig - und das ist ihr Glück!

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Um

den

28. 6. 1933

an den

Kollegen Weiss Ferdl

Gratulation. (Weiss Ferdi: 50. Geburtstag).

Das Gerücht, welches sich kürzlich in ganz Deutschland und selbst­ verständlich auch in München verbreitet hat: Weiss Ferdi sei 50 Jahre alt geworden - hat also seine Bestätigung gefunden. - Weiss Ferdi ist also 50 Jahre alt. - Warum - weiss niemand... Die Schuld wälzt man jetzt auf seine Eltern. Als er 49 Jahre alt war, sagte er einmal zu mir: »In einem Jahre feiere ich meinen 50. Geburtstag.« Und siehe da, es war keine Lüge, sondern sichere Berechung. Ja, ja, sage ich, lieber Herr Weiss Ferdi, die Eltern sind oft älter, als wir meinen, und trotzdem schreibt man in unserer deutschen Ordogravieh nicht »Aeltern«, sondern Eltern. - Geschwister schreibt man ja auch nicht mit »Ae«, - warum schreibt man dann Eltern nicht mit »Ae«? - Als Weiss Ferdi als junges Kind im zarten Blütenalter von einem Jahr von seinem Vater, der ebenfalls Weissheitinger hiess, so mitten im Gespräch gefragt wurde, was er denn eigentlich später für einen Beruf ergreifen wolle, schwieg das sprachlose kleine Kind und auch mit Recht, denn es konnte noch nicht sprechen, viel weniger Antwort geben. - Ueber Weiss Ferdi selbst ist zu sagen: er ist 50 Jahr 62

alt, klein von Gestalt und gross sein Gehalt. Sein öffentliches Auftreten hat ihm viel zu seinem Ruhm verhülfen. Die Komischkeit, welche Weiss besitzt, soll er von seiner Muttter geerbt haben, obwohl seine Muter nicht komisch war, sondern mehr weiblich. Im letztgenannten Satze habe ich irrtümlicherweise bei dem zehnten Worte (Muttter) ein hartes t zu viel gemacht, der verehrliche Leser möchte dieses dritte harte t beim 15. Wort (Muter) dieses Satzes dazu lesen, da es hier leider fehlt. - Wieder zu Weiss Ferdi zurück, also in weiteren 50 Jahren - am 18. Dezember 1977 - wird Weiss Ferdi 100 Jahre alt. Ich wünsche ihm das. - Wer wünscht mit? Karl Valentin (München).

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17. ii. 1933 Kiem Pauli

Karl Valentin Telefon 41186

an den

Volkssänger

und

Volkskundler

r München, den 17. November 1933 Skellstr. i/I

Sehr geehrter Herr Kiem\ Mit beiliegenden Postkarten möchte Jhnen Herr Valentin eine Anregung geben, die ein wichtiges Kapitel in der Kulturgeschichte Bayerns bedeutet. So wie Sie alte Volkslieder sammeln um Sie der Nachwelt zu erhalten, so hat Herr Valentin in jahrelanger, mühevol­ ler Arbeit sämtliche Münchner Volkssänger und Volkssängergesell­ schaften von 1750 - heute gesammelt und sie in Photographie den nachkommenden Generationen erhalten. Was die Volkssänger für München, sind die Bauerntheater für Bayern. Es wäre gewiss eine interessante Arbeit alles Material über die seit Anfang existierenden, bis zu den neugegründeten Bauerntheater zu sammeln (Photos, Gruppen und Einzelbilder, Plakate, Programme usw.) Herr Va­ lentin weiss, dass Sie viele Beziehungen zu diesen Bühnen haben, deshalb hat er an Sie gedacht. Wenn Sie nicht selbst an diese zwar schöne, aber doch mühevolle Arbeit gehen wollen, so können Sie diese Anregung doch in die daran interessierten Kreise tragen (Ganghofer - Thoma Bühne, Egern, Xaver Terofal, Schliersee usw.) 63

Sollten Sie in nächster Zeit nach München kommen, so lädt Herr Valentin Sie ein, seine reichhaltigen Sammlungen zu besichtigen, die sicher auch für Sie von Jnteresse sind. Jn Erwartung Jhrer gef. Rückäusserung, zeichnet hochachtungsvoll. Karl Valentin München, Skellstr. i Telefon 41186 i/A. Friedrich

Anlage: 2 Ansichtspostkarten.

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17. 3. 1934

an die

Münchner Polizeidirektion

Karl Valentin Telefon 41186

München, den 17. März 1934 Skellstr. i/I

An die Polizeidirektion Abtlg. Vergnügungsgewerbe München Ettstrasse Betrifft: Konzession für ein Panoptikum.

Unterzeichnete bitten um Erteilung einer Konzession für die Eröff­ nung eines Panoptikums in den Kellerräumen des Hotels Wagner, Sonnenstrasse 21-23. Unternehmer sind: Karl Valentin (Fey) Schauspieler Liesl Karlstadt (Wellano) Schauspielerin, Eduard Hammer Universitätsplastiker und Gebrüder Wagner, Besitzer des Hotels Wagner. Mit deutschem Gruss! Karl Valentin Liesl Karlstadt

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8. 6. 1934

AN DAS Deutsche Museum

Karl Valentin Telefon 41186

München, den 8.Juni 1934 Skellstr. i/I

An die Direktion des Deutschen Museums München.

Diesen Artikel wollte Herr Valentin eigentlich in die Zeitung setzen. Aber nachdem er jetzt sieht, dass in dem rechten Jsararm etwas vor sich geht, glaubt Herr Valentin, dass sich dieser Artikel für die Oeffentlichkeit erübrigt hat. Der Anlass dazu waren viele hun­ dert Zuschriften der Münchner Bevölkerung, die an Herrn Valentin gerichtet waren, um in lustiger Weise die in dem Artikel genannten Zustände zu kritiesieren, da eine solche lustige Kritik oft die besten Früchte trägt. Mit deutschem Gruss! Karl Valentin

67 6. 7. 1934

an einen befreundeten

Wirt

in

Passau

München, den 6. Juli 1934 Lieber Freund'. Deinen Brief haben wir erhalten; Du schreibst mir, wenn ich 10 Tage Urlaub habe, könnten wir bei Dir arbeiten. Leider haben wir 4 Wochen Urlaub. Das käme Dir zu teuer. Du schreibst auch, auf ein paar Mass käme es Dir nicht an. Rechne es Dir aus, ich und Fräulein Karlstadt allein trinken täglich 15 Mass Bier und essen täglich an die 4 Pfund Leberkäs. Du schreibst weiter, Samstag und Sonntag können wir bei Dir arbeiten, Samstag ginge das allerdings, aber Sonntags gehen wir von morgens 6 Uhr bis abends 9 Uhr in die Kirche, da ginge es also nicht. Ausserdefm] schreibst Du wir sollen auf der Bühne auftreten, das sind wir nicht gewöhnt, da wir nur auf den Fussohlen auftreten. Ausserdem hat es einen Haken - wir dürfen

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keine Doppelverdiener sein. Da ich und Frl. Karlstadt neben unse­ rem Komikerberuf Taschendiebe sind und mit diesem Beruf schwer Geld verdienen, würde uns ein Auftreten in Deiner Wirtschaft sehr in Uebel genommen werden. Von 28.Juli bis 6. August hätte ich auch keine zeit, da ich in dieser Zeit den Christbaum herrichten muss für Weihnachten. Dass Du mir die Fahrt von München nach Passau bezahlen willst ist sehr schön von Dir, aber unnötig, da wir leidenschaftliche Fussgänger sind. Jm Falle doch ein Gastspiel in deiner Wirtschaft zustande kommen würde, schlage ich vor unseren 12 Akter »Müller und sein lediges Kind« zu geben. Allerdings sind darin 260 Personen ohne Souffleur beschäftigt. - Das Kind zu diesem Stück würde ich selbst mitbringen, samt Mutter im Wochenbett. Junker kann leider nicht kommen, da er vorige Woche wegen Majestätsbeleidigung zu 5 Minuten schwerer Kerkerstrafe verurteilt wurde. Bis dahin Gruss und Kuss! Karl Valentin z. Zt. Kegelaufsetzer bei Heilmann & Littmann.

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15. 9. 1934

an den

Direktor

des

Münchner Volks­

theaters

Karl Valentin Telefon 2 55 99

München, den 15. September 1934 Mariannenplatz 4/II

Sehr geehrter Herr Direktor! Wenn ich mir erlaube, über die gestrige Premiere zu kritisieren, so dürfen Sie es mir ruhig gestatten, mich über meine Eindrücke zu äussern. Dass gestern abend, in Ihrem fast neuen Volkstheater Theater gespielt wurde, haben Sie eigentlich sich selber zu danken, denn ein Mann, wie Ihr Bruder und Sie und Ihr Herr Papa, wo man Nachmit­ tag noch nicht bestimmt gewusst hat, ob am Abend bestimmt premiert werden kann, haben es fertig gebracht, mit fleissiger Energie und stahlhartem Willen, ein herabgekommenes Theater 66

wieder als Schmuckkästchen zu verwandeln, sogar Oberbürgermei­ ster Fiehler war unter den Gästen zu erblicken, über ihm, im 4. Rang, welcher sich ebenfalls über das famose Spiel gänzlich amüsierte, sass ein alter Schulkamerad von meiner Wenigkeit, dieser freute sich mehr über die 2 Freikarten, als über das Stück selbst, was auch nicht schwer zu verstehen ist, denn er hat selbst schon, genau wie der Hauptmann auf der Bühne, Unterschlagungen gemacht, nur nicht in Dollar, sondern in Mark und Pein. Ich selbst will ja nicht Kritik ausüben über das Stück, denn dazu bin ich als früherer Schreiner und Getreidehändler nicht berechtigt aber es war gut - guter hätte es nicht sein sollen, sonst wäre es zu gut gewesen und damit verwöhnt man das anwesende Puplikum im Zuschauerraum, wenn dann das nächstfolgende Stück nicht so gut ist, ich meine überhaupt nicht gut, also ungut, kann man es so leicht nicht mehr gut machen....... Das einzige was ich auszusetzen habe, war am Schluss der plötzliche Schuss. Obwohl das ganze Puplikum ahnte (ich selbstverständlich auch) dass jetzt der Hauptmann hinaus­ geht um Selbstmord zu verüben, erschrack es doch furchtbar. Einer alten Dame hinter mir, fiel vor Schreck ihr Gebiss aus der Höhle des Mundes und fiel so unglücklich in die Hände einer neben ihr sitzenden jungen Dame, dass dieselbe meinte es sei ihr eigenes und flugs in den Mund schob; leider bemerkte sie sofort, dass es nicht mehr Platz hatte, da sie ja die ihren drinn hatte. Es wäre nur eine Anregung meinerseits, wenn vor dem Schuss hinter der Bühne ein Herr vor die Rahmbe treten würde und in einer kurzen Ansprache erklären würde, dass das verehrl. Puplikum gefasst sein soll, auf den kommenden Revolverschuss. - Oder könnte man den Schuss nicht weglassen und der Hauptmann soll sich mit Veronal vergiften? Dann könnte sich der Herr diese Erklärung ersparen, denn da kann dann das Puplikum nicht erschrecken und solche unliebsame Vor­ kommnisse, wie das mit dem Gebiss, wäre ein für allemal aus der Welt geschafft - vor allem aus der Theaterwelt. Dass Sie im Erfrischungsraum nur Flaschenbier verabreichen, ist ein widerlicher Gedanke für einen Münchner, aber wahrscheinlich nicht zu umgehen, da das Anzapfen der Fässer während der Vorstel­ lung zu viel Radau machen würde. 67

Furchtbare Regiefehler waren in dem Stück wahrzunehmen. - An der Stelle wo der junge Bankier Raaz in einem hochmodernen Zimmer mit Stahlmöbel und Telefon sitzt, hat der junge Mann eine alte Plastron Kravatte, wie sie mein Uhrgrossvater getragen hat, als er das erstemal in die Synagoge gehen durfte. Sie Herr weither Herr Direktor, haben so viel in das neue Theater gesteckt, kaufen Sie dem Raaz eine moderne Kravatte, Modell September 1934, statt Januar 1866. - Dass bei dem Stück viel telefoniert wird ist nicht zu vermeiden (wenn auch nur Schwindel) aber jedenfalls hat gestern das Puplikum dasran Anstoss genommen, dass die Bühnentelefone fertig waren und die neue Telefonzelle im Vorraum des Theaters noch ohne jede Apparatur ist. Wann wird hier endlich Abhilfe geschafft. - Sonst ist alles herrlich gewesen, besonders das neue Theatermobilar, die kostbaren Teppiche im Zuschauerraum; schade wenn dieser wunderbare Bodenbelag durch das Puplikum abgenutzt wird. Ich würde an Ihrer Stelle Niemand hinein lassen. Gruss und Kuss Ihr Karl Valentin

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9. 11. 1934

an den

Präsidenten der Reichs­

filmkammer

München, den 9. November 1934 Mariannenplatz 4/II

Karl Valentin Telefon 2 55 99

Herrn Dr. Fritz Scheuermann, Präsident der Reichsfilmkammer Berlin! Sehr geehrter Herr Dr. Scheuermann! Jm Filmkurier habe ich Jhre Verfügung, dass zuerst die Gagen der Filmschaffenden bezahlt sein müssen, ehe der Film zensiert wird, gelesen und sehr begrüsst. Gerade ich habe auf diesem Gebiet schon

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die übelsten Erfahrungen gemacht, die ich mir erlaube, Jhnen kurz zu schildern. 1927 gelang es einem gewissen Walter Jerven (richtiger Name: Samuel Wucherpfennig), das Bankhaus Löwenthal & Walter zur Finanzierung eines Valentinfilmes »Der Sonderling« heranzuzie­ hen. Wir, meine Partnerin Liesl Karlstadt und ich sollten dafür ein Honorar von zusammen Mk. 10.000.— erhalten, ebenso der Re­ gisseur des Film, Franz Osten. Leider stellte das Bankhaus die Bedingung, dass erst die Herstellungskosten, die sich auf ca. Mk. 38.000.— beliefen, gedeckt sein müssen, ehe die Gagen bezahlt werden. Angeblich sind nur Mk. 26.000.— eingegangen, trotzdem der Film 6 Jahre in fast allen Kinos Deutschlands gelaufen ist. Eine Abrechnung, die laut Vertrag monatlich vom Bankhaus vorgelegt werden sollte, haben wir nie erhalten und somit auch keine Gage. Mk. 2.500, die Herr Jerven von anderer Seite erhielt und die er uns gab mit der Versicherung, dass wir dieselben nie zurückzuzahlen brauchen, werden heute gerichtlich von ihm zurückverlangt, sodass wir unter Umständen für eine Arbeit von einigen Wochen keinen Pfennig erhalten haben. Jm Oktober 1932 erging es uns ähnlich. Der Syndikus der Reichsliga Filmgesellschaft Dr. Erich Schleussner engagierte uns für einen Tonfilm »Jm Photoatelier« (Manuskript von meiner Partnerin und mir), den er auch finanzierte. Nebenbei bemerkt befand sich die Reichsliga Filmgesellschaft damals schon in Zahlungsschwierigkei­ ten, was uns natürlich nicht bekannt war. 600.— Mark Gage erhiel­ ten wir sofort und die 1.000.— Mark die für das Urheberrecht vereinbart waren, sollten wir 5 Wochen nach erfolgter Zensur, im Januar 1933, erhalten. Diese 1.000.— Mark haben wir bis heute noch nicht erhalten, trotzdem dieselben gerichtlich eingeklagt sind. Die Reichsliga Filmgesellschaft hatte nämlich formell den Vertrag unterzeichnet und da die Firma in Konkurs geraten ist und Herr Dr. Schleussner angibt, das Geld für die Finanzierung des Films der Reichsliga vorgestreckt zu haben, habe ich wenig Aussicht mein Geld zu erhalten. Der Film wurde als Konkursmasse von der Bavaria Filmgesellschaft erworben und wird heute von dieser noch ausge­ wertet.

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Vielleicht bin ich Jhnen, sehr geehrter Herr Doktor, von meinem Auftreten im Kabarett der Komiker 1929/30 in Berlin, bekannt, vielleicht haben Sie auch schon einen Kurztonfilm von mir gesehen. Jedenfalls bitte ich Sie um Jhren Rat, an welche Stelle ich mich wenden soll, wenn die beiden Prozesse zu meinen Ungunsten ausgehen. Jch bin leider kein Kaufmann und übersehe diese kleinen Finessen in den Verträgen, aus denen man dann Stricke dreht um dem anderen den Hals zuzuziehen, in diesem Falle, um sein wohl­ verdientes Geld zu bringen. Heil Hitler! Jhr ergebener Karl Valentin

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Evtl. 1934

an einen

Anonymus

Lieber, verehrter Briefkasten Onkel, in diesem Jahre findet hier in München eine Ausstellung statt. Das Motto lautet: »Wie hat München vor 50 Jahren ausgesehen?« Sämtliche Photographien der Museen München und alles was im Privatbesitz sich befindet, soll in dieser Ausstellung gezeigt werden, es ist vielleicht die interessanteste Ausstellung, die Jung und Alt interessieren wird. Fast sämdiche alte Häuser, die seit 50 Jahren in München abgebrochen wurden sollen wenigstens in Photographie wieder aufgebaut werden um unseren Nachkommen in späteren Jahrzehnten ein Bild von München zu zeigen, wie es einmal in früheren goldenen Zeiten ausgesehen hat. Gott sei Dank sind wir bereits im Besitze ganzer Strassenseiten von einst. Vor unseren Augen sehen wir den ganzen Marienplatz um 1860, das Tal ohne Strassenbahn, die Kaufinger-Neuhauserstrasse mit den kleinen Ver­ kaufsläden des Mittelstandes, den Karlsplatz, alle alten kleinen Häuser am Sendlingertorplatz bis in die Sonnenstr. der alte Viktua­ lienmarkt mit den alten Türmen der Stadtmauer, alles ein Jdyll von einst. Leider hat der Fortschritt, der ja nicht aufzuhalten ist, geradliniege, oder viereckige Häuserkolosse mitten in die Stadt gestellt,

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sogar einen Wolkenkratzer, es beginnt also schon zu »neuyorkeln«. Und es wäre auch vom bautechnischen Standpunkt aus [...]

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Um

den 1. 3. 1935

an die

Tochter Bertl

Die besten Grüße von einer antitollen Karnevalsnacht 3Z Uhr sendet Dir Ihr Vater Karl Valentin

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Um DEN 13. 3. 1935 Stadtmuseums

AN EINEN BEAMTEN DES MÜNCHNER

An Direktion Stadtmuseum Oberinspektor Stickl München Jakobsplatz

Sehr geehrter Herr Oberinspektor Stickl. meinen verbindlichsten Dank für die prompte Erledigung meiner Bitte. Wann besuchen Sie [mich] in meiner Wohnung Mariannenplatz 4/II neben Lukaskirche? Panoptikum wird am i.Mai wieder eröffnet. Mit deutschem Gruß Karl Valentin

73 Juli

1935

an

Liesl Karlstadt

München Juli 1935 Liebe gute Lisi! Ich weiß ja daß Herr Dr. v.d. Trenck alle Briefe erst kontrollieren muß aber ich denke dieser Brief kommt doch sicher in deine Hände.

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Es ist eine harte Zeit für mich ohne meiner kleinen Lisi die mir in allen Dingen auf der Welt so behilflich war. Meine einzige Zerstreu­ ung ist nur die Arbeit täglich seit 14 Tagen bin ich von morgens bis Abends 5 Uhr in Wien-München und mache die Garderoben zurecht, Körbe aussuchen nach unnötigen Zeug - Kulissen pp Abends arbeite ich zuhause an meiner Zeitung es gibt sehr viel zu tun. Wie schön waren doch die Sommertage an welchen wir in der Umgegend von München mit Wagi und Bobsi herumgewandert sind. Und so komt es bald wieder. Ich habe zu Herrn Doktor v.d. Trenck gesagt, er möchte Dir es zu Deiner Beruhigung mittei­ len daß du gleich nach Berlin nicht gleich wieder auf der Bühne arbeiten sollst, sondern daß Du Dir in der Nähe von Geißelgasteig Grünwald Pullach - Isarthal ein kleines Häuschen kaufen sollst und alle Monate höchstens 2 bis 3 Kurztonfilme mit mir machst Da hätten wir einen schönen Verdienst, und ich könnte auch einmal ausruhen, nebenbei meine Zeitung machen. H. Engels hat bereits 3 Kurztonfilme fest bestellt welche nach meiner Zeitangabe gedreht werden können jetzt oder später. Ich hätte dir so viel zu sagen aber ich muß warten bis mir Herr Dr. v.d. Trenck wieder den Besuch gestattet. Ich wünsche dir nun von ganzem Herzen recht recht baldige Genesung Halte aus, und habe Geduld es wird alles alles wieder gut. Dein Valentin

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2. 10. 1935

an

Liesl Karlstadt

München 2.Okt. 1935 Meine liebe liebe Li! Mein Brieflein beginne ich mit dem Marschlied: Halte aus! Halte aus! Halte aus im Sturmgebraus! und wenn Du das tust, wird alles wieder gut. Wie sehr Du mir nicht ans, sondern ins Herz gewachsen bist, wirst Du wohl nie erfassen Ohne Dir ist die Welt für mich völlig inhaltslos Du hast für mich schon so viel Geduld aufgebracht warum sollst Du es nicht für Dich selbst können. Alle die Dich lieben und hoch schätzen, sind auf 72

Deiner Seite, und deshalb brauchst Du den Mut für das fernere Leben bestimmt nicht verlieren eine Firma wie Valentin - Karlstadt muß noch lange lange für München erhalten bleiben so Gott will, und »Er« will, das hat er gezeigt. Warum sollst Du nicht wol­ len??? Und wiederum Halte aus! Halte aus! Halte aus im Sturmgebraus. Dein treuster Kamerad auf der Welt Valentin (Seit 3 Tagen ist das Wetter die alleinige Ursache, daß wir alle so verheerend beisammen sind.

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27. ii. 1935

an die

Karl Valentin - Fey Telefon 25599

Polizeidirektion München

München, den 27. November 1935 Mariannenpl. 4/II

Titl. Polizeidirektion Abd. Presse München. Ettstr. Mit Heutigem teile ich Jhnen mit, dass eine neue Nummer der »Valentin - Zeitung« vorläufig nicht mehr erscheint. Jch bitte Sie, davon Kenntnis zu nehmen und zeichne mit deutschem Gruss! Karl Valentin

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yf>

Ende 1935

an

Liesl Karlstadt

Liebe Lisi deine Karte erhalten »Halte aus im Sturmgebrauß« warst du auch die letzte Zeit eine traurige Lisi, aber es war doch schön, als wir alle Tage beisammen waren in Freud u. Leid Dein V.

Schreibe oder telefoniere oft

77 Ende 1935

an den

Filmregisseur Erich Engels München September 1935

An Herrn Engels

Die Karlstadt und der Valentin, die sind jetzt beide in Berlin, im Kabarett der Komiker, tagtäglich - sie gefallen sehr, und können lange bleiben dort, an diesem Geldverdienungsort, denn bei der ganzen Filmerei, da würden sie noch arm dabei. Herr Engels sprach, dass ich nicht lache, wenn ich mit euch »die Kirschenf«] mache, dann braucht ihr nicht mehr zum Theater, das garantiert euch Engels Vater. 10 Kurztonfihne, welch ein Hohn, »die muss ich im November schon« abliefem, an die Terraleute am liebsten möchten sie’s schon heute (Oktober) die Karlstadt und ihr Partner schauten, weil sie dem Englein nicht recht trauten, und schlossen flugs, herjemine! Vertrag ab, in das Kabare(tt) 74

nun das war ja kein Missgeschick im Gegenteil, ein wahres Glück, sonst müssten sie, das wär nicht schön, jetzt in Berlin, zum stempeln gehn und ist der Februar nun aus, so fahren beide wieder z’haus, und die Enttäuschung war sehr gross mit Filmen, ist auch hier (Berlin) nichts los, und Engels sagt, als wie ein Vater, ich rat euch, bleibt nur beim Theater. Prosit Neujahr 1936 Valentin

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Anfang 1936

an

Liesl Karlstadt

Liebe Liesi! Schreibe mir doch wie die Reise war und wie Du angekommen bist Leider kann ich Dir nicht telefonieren, daß ist mir furchtbar. - Es ist grausam auf der Welt Alles Gute Dein Partner K. V

viele Grüsse Herrn Badenhausen

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Anfang 1936

an

Liesl Karlstadt

Liebe gute einzige Lisi! Deinen Brief erhalten. Verlange von mir nicht ein langes Schreiben und eine Rechtfertigung - Ich bitte Dich mit aufgehobenen Händen verzeihe mir Alles, was ich getan habe, ich will so werden wie Du es willst, ich wußte ja nicht das ich so bin, ich bleibe in Zukunft die eine treue Seele ich verlange mir so lange Du lebst nichts anders mehr als Dich, und ich werde für Dich sorgen wie eine Mutter für ihr Kind

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Du hast zu mir so oft gesagt, ich bin ein guter Mensch, nur in Deiner Krankheit hast Du das alles anders empfunden. Schreibe mir sofort daß Du mir wieder so gut bist, wie Du es immer warst. Liebe gute Lisi schreibe mir sofort, daß wir wieder zusam­ men] gehören krank oder gesund, ich verlasse Dich niemals, und arbeite nur mit Dir allein oder gar nicht. - Daß ich nicht mit Dir nach München gefahren bin ist nicht meine Schuld, sondern Herr D.v. Trenk hat es absolut haben wollen daß ich weiter arbeite, Du willst es haben sagte er mir. Wenn Herr Dr v. [der] Trenck, dem Herrn Schindler schreibt ich muß sofort zu Dir kommen, komme ich sofort. Liebe Liebe Lisi - Schreibe mir sofort ich tue Alles für Dich, Du mußt wieder gesund werden es geht nicht anders. Ich habe auch ohne Wissen v. H.Dr. v. [der] Trenck Herrn Geheimrat geschrieben vor ungefähr 3 Tagen und habe in innigst gebeten er möchte alles aufwenden Dich wieder gesund zu machen, ich erwarte den Brief heute. Herr Dr. Seif habe ich auch vor 5 Tagen geschrie­ ben, auch von diesem erwarte ich Antwort. Nun liebe liebe gute Lisi, schreibe mir sofort daß wir wieder zusammengehören wie ehedem.. Dein Valentin

Bitte mit Flugpost. Liebe liebe Lisi! Lebe für mich, ich bitte Dich von ganzem Herzen Gott sei mein Zeuge! Halt aus! Halt aus!

80 Anfang 1936

an

Liesl Karlstadt

11. I. 34 Liebe Liebe Liese! Ich habe mich jeden Tag telefonisch nach Dir erkundigt, und Herr Oberarzt v. d. Trenck hat mir gesagt, daß Du noch sehr müde bist und etwas traurig. Brief schreiben hätte wohl jetzt keinen Werth, weil Du keinen Besuch empfängst, wie Du mir selbst gesagt hast, infolgedessen könntest Du auch keinen Brief bekommen. Wie es 76

mir allein ist in einer fremden Stadt, kannst Du Dir ja denken, zumal wir seit gestern einen warmen Sturm haben (Föhn) wie derselbe selten in Berlin gewesen ist. Die Sturmkatastrophe in Düsseldorf habe ich einen Tag vorher schon gespürt. Heute Samstag ist es noch genau so. D. Schindler hat mich sofort gefragt ob ich nun längere Zeit allein hier bleibe, ich müßte mit ihm, wenn auch nur mit (Senderaum) auf die Tournee mitgehen, er würde mir allein io.ooo M bezahlen. Ich sagte zu ihm das kommt überhaupt gar nicht in Frage, ich will am 15 Januar heimfahren da ich selbst mit meinen Nerven sehr heruntergekommen bin, was er auch einsieht, aber er sagt da wäre er ganz aufgeschmissen, wenn ich ihm auch noch davon laufen würde. Er meint Du kommst sichfer] wieder in 10-15 Tagen, worauf ich ihm erwiderte, daß Du ja erst nach 10 Kliniktagen in den Wintersport fahren willst auf mindestens 4 Wochen, daß will ihm natürlich gar nicht einleuchten. Engels hab ich gleich nachdem Du fortgefahren bist, geschrieben er u seine Gattin möchten mich ganz allein lassen mindestens 10 Tage den die viele Rederei macht mich noch nervöser als ich so schon bin. Er hat auch bis jetzt nich[t]s hörn lassen. Heute hab ich mir den Moser angeschaut im Schimek Ich sage Dir einen der lustigsten Filme die ich je gesehen habe, den soll sich Engels anschauen, dann wird er sagen, ich hab ja gar keine Ahnung von einem Film. - Ich bin obwohl ich ja nicht schuld bin an dem Film Kirschen in N. Garten, mit großen Minderwertigkeitsge­ fühlen herausgekomjmen], und unser Film lößt nochdazu den Moser-Film ab. Allerdings darf man nicht vergessen, ist das alles nicht aus Mosers Gehirn entstanden, sondern er kupiert darin den Pallen­ berg bis in Kleinste, und diese Komödie hat ja Pallenberg seit 20 Jahren ausstaffiert mit allen Raffinessen der Komik, während bei meiner und Deiner Rolle alles erst gemacht werden mußte. Und zweitens hat Moser schon ein Paar Dutzend Großfilme ge­ dreht, da bekommt man eben dann auch Routine. Liebe Lisi Raste nur jetzt schön aus, glaube dem Herrn Geheimrat und Herrn Dr. v. der Trenck was Sie Dir sagen, und sei versichert daß ich immer an Dich denke. Alle Tage um 12 Uhr rufe ich die Klinik an, und erkundige mich nach Dir. - So einen langen Brief habe ich glaube seit meiner Jugendzeit nicht mehr geschrieben.

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Liebe Lisi - Wir halten fest und treu zusammen Ein dreifaches Hoch der alten Firma Valentin-Karlstadt und nieder mit allfem] nervösen Gesindel, wie Ehrgeiz Eitelkeit - Größenwahn - Zu­ kunftsangst pp Dein V

81 Anfang 1936

an

Liesl Karlstadt

Liebe liebe Lisi! Ich setze mich am Tage 1 Dutzend mal am Schreibtisch und will Dir schreiben, aber nichts fallt mir schwerer als das, ich bin überhaupt noch nie Briefschreiber gewesen, komische Briefe, ja die fließen mir aus der Feder, aber ich kann Dir doch jetzt keine komischen Briefe schreiben, dann würdest Du gleich wieder sagen, der muß aber gut bei Stimmung sein. Traurige Briefe kann ich Dir auch nicht schrei­ ben, das wäre ja noch trauriger; vom Geschäft soll ich überhaupt gar nichts erwähnen, was soll ich Dir nun für Briefe schreiben? Schreibe ich Dir, daß ich immer zuhause bin und Trübsaal blase, ist es Dir auch nicht recht. Denn ich soll mich ja zerstreuen, sonst ist es ja zum Verrücktwerden. Nun gehe ich von einem Kino in den anderen, immer mit Rankl, oder H. Curt oder H. Radewitz, nie mit Frauen, um nicht wieder in Verdacht zu kommen. - Weiss Ferdi ist auch wieder in Berlin, er läßt Dich grüßen und Alles gute wünschen. Mit Weiß Ferdi und Carow bin ich zusammen fotographiert worden. Am Samstag den 1. Februar fahren wir heim, und ich hoffe daß ich Dich besser antreffe als Du von Berlin weggefahren bist. Ich trete erst dann wieder auf, wenn Du wieder ganz gesund bist, - solange bringt mich niemand mehr auf die Bühne, oder ins Atelier. Was ich diesen Monat Immer mitgemacht habe, daß werde ich in meinem Leben nicht mehr vergessen an Berlin gefesselt, und Du in München krank, daß wird mir nie mehr passieren, in jeden Vertrag kommt von nun an hinein, sobald einer der Darsteller krank ist, und nicht arbeiten kann fällt unsere Darbietung aus. Ein Alleinarbeiten eines Partners kommt nicht in Frage: 78

Gestern hab ich Schindler gebeten, er soll mich wenigstens einen Tag früher aufhören lassen, also schon am joten. Gerade am letzten sind schon die meisten Vorverkaufskarten bestellt sagte er - Also auch nicht. Mein ärztliches Zeugniß von Dr. Mette hat er nicht anerkannt, ich schicke dir dasselbe gleich mit, und Artikel v Seif. Liebe Lisi es wird Alles wieder gut werden. Deine Gage vom Senderaum bring ich mit, ebenfalls vieles andere. Herr Oberarzt v. der Trenck sagt mir alle Tage am Telefon, Ich soll mich gar [nicht] ängstigen, Du wirst wieder ganz gesund und das gibt mir Vertrauen. Auch Doktor Mette hat mir gesagt das das Schwierigste an der Krankheit das ist, daß es der Kranke absolut nicht glauben will daß er wieder gesund wird, und wir wissen es ganz bestimmt, weil es gar keinen anderen Verlauf geben kann. Das Heilmittel heißt hier nur Geduld meint er. Liebe Lisi - wir werden erst dann wieder arbeiten auftreten u filmen, wenn Du ganz gesund bist - Auch ich brauche jetzt Erholung. Also auf recht frohes Wiedersehen Dein Valentin Schreibe mir bald.

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Anfang 1936

an

Liesl Karlstadt

Liebe liebe Lisi! Hast Du meinen langen Brief bekommen, das mußt Du mir schrei­ ben - Alle im Kabarett fragen nach Dir, und lassen Dir recht recht baldige Gesundheit wünschen. Für mich ist es trostlos! Der Sende­ raum wächst mir wirklich bald zum Kotzen heraus. Aber was soll ich tun - Nun ist Rankl auch wieder krank mit seiner Magengeschichte er kann gar nichts essen; wie wird das Alles noch werden? Schindler lässt mich vor 31.Januar nicht weg. Herr Oberarzt v. d. Trenck frägt mich alle Tag am Telefon, wie es mir geht, ich sage immer, nicht gut wegen Dir, aber er sagt, sind Sie ganz beruhigt, Frl. Karlstadt wird in ganz kurzer Zeit wieder auf der Höhe sein bleiben Sie nur so lange in Berlin am 1 Februar gehts ja mit der 79

Filmerei los. Es ist jetzt 12 Uhr Mittag ich habe Ferngespräch München Klinik angemeldet. Alle Mittag ruf ich Herrn Oberarzt an. Liebe liebe Lisi ich rufe Dir zu! Es wird Alles wieder gut Dein Partner Valentin

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3. 2. 1936

an die

Reichsfachschaft Film

Karl Valentin.

München, den 3. Februar 19 3 6

An die Reichsfachschaft Film München Hierdurch erlaube ich mir, Ihnen folgendes ergebenst mitzutei­ len: Wie Ihnen ja bekannt sein dürfte, habe ich im September [/Oktober] vorigen Jahres den Film »Kirschen in Nachbars Garten« für die Neue Filmkommanditgesellschaft, Berlin im Verleih der Terra-Film A.-G., Berlin, gespielt. Für das Buch und die Regie zeichnete der Berliner Filmregisseur und gleichzeitige Unternehmer Erich Engelft] Als Gage für die sechswöchige Drehdauer des Films erhielt ich RM 5.000.— (Reichsmark fünftausend). Nach Beendigung dieses Films gab ich Herrn Engels eine Option auf weitere zwei Kurzton­ filme mit einer Gage von je RM 1.000.— (Reichsmark eintausend) und eine Option auf weitere fünf abendfüllende Filme, für die er mir, wie bei meinem ersten Film, je RM 5.000.— Gage zahlen wollte. Erst auf meine Einwendungen, dass diese Gage doch zu niedrig sei, wurde die Option dahingehend geändert, dass die Gage vor Beginn jedes Films vereinbart werden würde. Herr Engels hat mit meinem Namen und meiner Person, obgleich ich in dem Film gar nicht die führende Rolle gespielt habe, eine Starreklame gemacht, auf die ich keinen Wert gelegt habe, und die mir, aller Wahrscheinlichkeit nach, in Zukunft nicht einmal von grossem Nutzen sein wird. Dagegen hat er mich während der Drehzeit in meiner künstlerischen Linie ungemein gehemmt und

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hat versucht, mich als Komiker völlig anders spielen zu lassen, als ich es in meiner jetzt 25jährigen Bühnenlaufbahn getan habe. Ich sollte mich genau an sein Drehbuch halten, völlig alte Witze und Gags bringen, u. s. w., während die Regisseure meiner früheren Kurzton­ filme (Lamac, Zerlett u. s.w.) mir in jeder Beziehung freie Hand liessen und auf meine Eigenarten eingingen und dafür Verständnis hatten. Aus diesem Grunde fühle ich mich Herrn Engels gegenüber natürlich ungemein gehemmt und muss es leider ablehnen, weiter bei ihm zu spielen. Ich bitte Sie daher als Mitglied der Reichsfach­ schaft, mir mitzuteilen, welche Schritte ich unternehmen soll, um die oben genannten Optionen ungültig zu machen. Wenn möglich, könnte sich vielleicht Ihr Herr Rechtsvertreter direkt mit Herrn Engels oder mit der Terra in Verbindung setzen, denn auch diese Filme sollten wieder im Terra-Verleih erscheinen. Gleichzeitig bitte ich Sie, dabei zu bedenken, dass diese Optionen für Fräulein Karlstadt mit unterschrieben wurden, die momentan krank ist und sowieso erst in vier Monaten wieder arbeiten darf. Ihrer gefl. Rückäusserung entgegensehend, verbleibe ich mit Heil Hitler! Karl Valentin

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4. 2. 1936

an die

Karl Valentin Telefon 25599

Reichsfachschaft Film München, den 4. Februar 193 [6] Mariannenpl. 4/II

An die Reichsfachschaft Film z. H. Herrn Carl Auen, Berlin. Sehr verehrter Herr Auen! Anschliessend an die gestrige Unterredung im Hotel »VierJahreszeiten« in München, erlaube ich mir, Jhnen Folgendes mitzuteilen. Wie Jhnen bekannt sein dürfte, habe ich im September/Oktober

vorigen Jahres den Film »Kirschen in Nachbars Garten« für die »Neue Film-Kommanditgesellschaft« Berlin, im Verleih der Terra Film A. G. Berlin, gespielt. Für das Buch und die Regie zeichnete der Berliner Filmregisseur und gleichzeitige Unternehmer Erich Engels. Als Gage für die sechswöchentliche Drehdauer dieses Films erhielt ich RM. 5000.— [(JReichsmark fünftausend). Nach Beendigung die­ ses Films gab ich Herrn Engels eine Option aufzwei Grosstonfilme zu einer noch festzusetzenden angemessenen Gage und Kurztonfilme mit einer Gage von je RM. 1.000.— (Reichsmark eintausend). Herr Engels hat mit meinem Namen und meiner Person, obgleich ich in dem Film gar nicht die führende Rolle gespielt habe, eine Starreklame gemacht, auf die ich keinen Wert gelegt habe und die mir, aller Wahrscheinlichkeit nach, in Zukunft nicht einmal von grossem Nutzen sein wird. Dagegen hat er mich während der Drehzeit in meiner künstlerischen Linie ungemein gehemmt und hat versucht, mich als Komiker völlig anders spielen zu lassen, als ich es in meiner jetzt 25jährigen Bühnenlaufbahn getan habe. Ich sollte mich genau an sein Drehbuch halten, völlig alte Witze und Gags bringen u. s. w., während die Regisseure meiner früheren Kurztonfilme (Lamac, Zerlett u. s. w.) mir in jeder Beziehung freie Hand liessen, auf meine Eigenart eingingen und für sie Verständnis hatten. Aus diesem Grund fühle ich mich Herrn Engels gegenüber natürlich ungemein gehemmt und muss aus künstlerischen Erwägungen heraus eine weitere Zusammenarbeit mit Herrn Engels leider ablehnen. Ich bitte Sie daher, als Mitglied der Reichsfachschaft, mir mitzutei­ len, welche Schritte ich unternehmen soll, um die genannten Optio­ nen ungültig zu machen. Wenn möglich, könnte sich vielleicht Ihr Herr Rechtsvertreter direkt mit Herrn Engels oder mit der Terra in Verbindung setzen, denn auch diese Filme sollten wieder im Terra Verleih erscheinen. Gleichzeitig bitte ich Sie, dabei zu bedenken, dass diese Optionen für Fräulein Karlstadt mit unterschrieben wurden, die momentan krank ist und sowieso erst in vier Monaten wieder arbeiten darf. Ihrer gefl. Rückäusserung entgegensehend, verbleibe ich mit Heil Hitler! Karl Valentin

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8$

6.3.1936

an die

Reichsfachschaft Artistik München, den 6. März 1936 Mariannenpl. 4/II

Karl Valentin Telefon 25599 Reichsfachschaft Artistik z. H. Herrn König München. Amulfstr. 16

Sehr geehrter Herr König'. Anschliessend an unsere gestrige telefonische Unterredung teile ich Ihnen Folgendes mit. Ich habe 1919 im Germania Brettl meine Scene »Die verhexten Notenständer« (Clownduett) zum erstenmal aufgeführt. Wie Sie aus meinem Ihnen gestern überbrachten Manuskript ersehen, ver­ wende ich dazu einige Notenständer z. B. einen der durch eine besondere Vorrichtung immer höher wird, einen der sich verbeugt u. a. m. Diese Notenständer sind eine Originalidee von mir, ich habe sogar dieselben eigenhändig angefertigt. Vor ungefähr 2 Jahren hörte ich, dass die spanischen Clowns Barracetas meine oben be­ schriebenen Notenständer auch für ihre Szene verwenden, nur mit dem Unterschied, dass bei ihnen auch der Musiker mit dem Noten­ ständer wächst, der sich verbeugende ist aber genau derselbe wie meiner. Daraufhin schickte ich meinen Mitarbeiter zu den Barrace­ tas und liess ihnen erklären, dass diese beiden Notenständer eine Originalidee von mir seien, dass ich demnächst einen Tonfilm von dieser Scene machen müsste und dabei die schriftliche Erklärung abgeben müsse, dass diese Scene mein geistiges Eigentum sei. Deshalb verlange ich von den Clowns, dass sie meine beiden Noten­ ständer für ihre Scene nicht mehr verwenden usw. Daraufhin er­ klärte der ältere der Barracetas meinem Mitarbeiter, dass er nicht daran dächte, sie machten auch bald einen Tonfilm und würden auch unterschreiben, dass die Notenständer von ihnen seien. Nach­ dem aber ihr Gastspiel in München bald beendet war, unternahm ich damals nichts weiter bis ich vor ein paar Tagen hörte[...], dass sie

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wieder in München sind und auch weiterhin meine Notenständer verwenden. Wie ich Ihnen gestern bereits erklärte, möchte ich mich nur dage­ gen verwahren in den Verdacht des geistigen Diebstahls zu kom­ men, diese Notenständer sind meine Idee und meine Arbeit, dafür habe ich viele Zeugen. Ich ersuche Sie nun höflichst mir in dieser Angelegenheit nach Kräften behilflich zu sein, ich selbst beanspru­ che von den Barracetas keine Entschädigung für den Gebrauch meiner Idee, aber es wäre vielleicht möglich einen angemessenen Betrag (sie verwenden nach ihren eigenen Angaben die Idee mit den Notenständern seit zehn Jahren) für bedürftige Artisten oder für das Winterhilfswerk zu fordern. Mit der nochmaligen Bitte um tatkräftige Unterstützung in dieser Angelegenheit zeichnet mit Heil Hitler!

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19. 3. 1936

an die

Polizeidirektion

Karl Valentin-Fey Telefon 2 5599

München, den 19. März 1936 Mariannenpl. 4/II

Titl. Polizeidirektion Abteilung: Waffenscheine München. Ettstr. Zimmer 163

Mit Heutigem ersuche ich höflichst um Verlängerung der Erlaubnis zum Führen einer Faus[t]feuerwaffe zu meiner persönlichen Sicher­ heit. Heil Hitler! Karl Valentin

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87 25. 4- i93Maria Magdalena< kennengelemt habe, dann wäre >Müller und sein Kind< kein Kitsch mehr, sondern das große Volksdrama, das es seit 120 Jahren gewesen ist.

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2.11.1936

an die

Feuerpolizei München München, den 2.Nov. 36 Mariannenpl. 4/II

Karl Valentin Tid. Direktion der Feuerpolizei München.

Im Deutschen Theater Variete ist im ganzen Monat Oktober ein Artist aufgetreten, der bei seinen Darbietungen ein offenes Feuer (eine Olympia Fackel) auf der Bühne verwendete. Bei meinen Darbietungen (im selben Theater) durfte ich nicht einmal in einer mit Glas verschlossenen Stallateme eine kleine Wachs­ kerze brennen, sondern musste dieselbe elektrisch beleuchten. Hat die Münchner Feuerpolizei speziell für mich eigene Gesetze aus Dankbarkeit dass ich seit 25 Jahren nahezu 200 Wohltätigkeitsvor­ stellungen für die Stadt München gegeben habe. Ihrer Rückäusserung, die mich ausserordentlich interessieren würde, entgegensehend zeichnet mitdeutschem Gruss! Karl Valentin

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io. ii. 1936

an einen

Redakteur

Karl Valentin Telefon 2 5599

der

»Grünen Post«

München, den 10. November 36 Mariannenpl. 4/II

Herrn Dr. A. Mayerhofer Schriftleiter d. »Grünen Post« [Berlin] Berlin SW 68 Kochstr. 22/26

Sehr geehrter Herr Dr. Mayerhofer! Sie ersuchen mich, ich möchte Ihnen etwas Lustiges über meine Filmlaufbahn schreiben, Das kann ich leider nicht, denn hierüber ist nur Trauriges zu berichten. Mein letzter Kurztonfilm »Die Erbschaft« ein ganz harmloser Film wurde, weil es sich um einen armen Altwarenhändler der in schmut­ zigen Kleidern sein Geschäft betreibt und in einer primitiven Woh­ nung wohnt, verboten. Warum? Weil man arme Leute im Film nicht zeigen soll. Charlie Chaplin, der grösste Filmkomiker der Welt wie noch keiner da war und auch keiner mehr kommen wird, hat doch auch arme Volkstypen im Film dargestellt und hat damit die ganze Welt begeistert mit seiner grossen Kunst. - Meine neuen Filmpläne sind schon vorher alle ins Wasser gefallen, denn in jedem Film bin ich ein Typ aus dem Volk, ein armes Menschenkind, das das Schicksal hin und her treibt. Es bleibt mir jetzt nichts mehr übrig als Millionäre zu spielen im reichen Milieu. Mein letzter Film »Donner, Blitz und Sonnenscheinf«] wurde freigegeben obwohl ich darin auch einen armen Schneider gemimt habe die Zensur war gnädig, heissen Dank dafür. Mit deutschem Gruss! Karl Valentin

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i5- IT- *936

AN Liesl Karlstadt

München Nov. 1936 Liebe Lisi! Wie ich Dir schon heute Morgen sagte, war der Film ein Riesener­ folg für Dich und mich. Kritiken kommen erst morgen, und ich werde Dir dieselben sofort nach Berlin schicken. Ich war mit einem Herrn, dessen Name ich nicht nennen kann, und auch nicht nennen soll an einem Abend beisammen, und dem sagte ich daß ich für den Film 15 T. erhielt mitsammen. Der hat nun den Film gesehen »Blitz und Donner« und war ganz sprachlos über das kl. Honorar. Ich dachte mindestens das Doppelte. Nun sind Sie aber nicht mehr schüchtern beim Dritten, und verlangen Sie. Was Sie verlangen wird Ihnen bezahlt das sage ich Ihnen, sagte er. Die Terra lacht sich den Buckel voll über Euch zwei. Und dann sprach er zu mir im Vertrauen in einem Kino in welchem der Film Kirschen gelaufen ist hat der Besitzer dem Terraverleih 15 000 M bezahlt (für 3 Wochen) nun kannst Du Dir ausrechnen was der »Kirschen« getragen hat, und Herr Engels hat noch nicht [1 Pfennig] daran verdient Sagt er, hat er gsagt.« Ich habe im Jahre 1935/36 im ganzen Jahr (mit den Kurztonfilmen von der Terra 20 T. Mark verdient mit dem Vertragsbruchfilm Straßenmusik und Erbschaft 10 Tausend zusammen 30 [...] mit der Filmerei. Da bin ich ja im Kolosseum besser gestanden da habe ich 1930 60 Tausend verdiend. - Du weiß jetzt Alles was ich meine, ich kann nicht mehr weiter schreiben die Finger bleiben mir stehen, es geht nicht mehr. Ich muß den Brief sofort auf die Bahn bringen. Herzliche Grüße Dein Freund Karl Valentin

Sage nichts von diesem Brief. (Schreibe mir ob Du den Brief bekommen hast.)

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ioo 17. ii. 1936

an

Liesl Karlstadt

Liebe Lisi. Deinen Briefj habe ich heute erhalten ich bin sehr traurig darüber daß Du wieder so einen schrecklichen Tag gehabt hast, ich wollte, ich wäre nicht mehr auf der Welt, damit ich all das Elend nicht mehr mitmachen muß. Daß Du jetzt wieder gesund schlafen kannst ist für mich eine große Freude, direkt aufschnaufen habe ich müssen als ich das gelesen habe. Mit dem Film ist es nicht das rechte - was schuld ist, daß es schon am 3 ten Tag (Hauptvorstellung) nur J/4 besetzt war weiß man nicht - Nur noch Greta Garbo da laufen die Leute der ganzen Welt zusammen. Liebe Lisi schreibe mir bald wieder aber viel Ich gehe täglich ins Ketteri, meistens mit Huber Oskar Bier - Wein - Zigarren - Zigaretten Alles kann ich fast nicht mehr vertragen es ist zum kotzen Viele Grüsse Dein Freund V.

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22. 11. 1936

an

Liesl Karlstadt

Frl. Lisi Karlstadt Berlin W. 15 Kurfürstendamm 45 Hotel Stephanie

Sitze mit Herrn Direktor v. Unruh im »Gute Stube« und denke Deiner. Viele Grüße Karl Valentin

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102 November/Dezember 1936

an

Liesl Karlstadt

Liebe Lisi freue mich unendlich daß Du kommst, dann wird fest gearbeitet. Juwelier Friedrich ist überfahren worden liegt im Krankenhaus. Auf frohes Wiedersehen Film läuft nicht mehr in München

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*6- i2- 1936

Karl Valentin Telefon 25599

an die

Direktion des Volkstheaters München, den 16. Dezember 1936 Mariannenpl. 4/II

Hochwohlgeborene Direktion des Volkstheaters! Wenn Sie mir, verehrte Direktion schon in ihrem Theater zu der Operette »Der Etagenhase« freien Eintritt gewährten, so habe ich auch das Recht eine Kritik privat zu äussern. Dass das Stück mit dem i.Akt beginnt, ist leider (soviel verstehe ich als Fachmann selbst) nicht zu vermeiden. Dass aber in dem Stück eine Katze verwendet wird ist »Geschmackssache«, was sich ja am Ende des Stückes beweist. - Aber dass es gerade diese Katze ist, leuchtet mir und vielleicht vielen anderen nicht ein, es könnte doch auch eine andere sein. Dass man das Puplikum belügt und den Hasenbraten nicht auf offener Bühne bratet finde ich eigenartig und ich bin der festen Ueberzeugung, dass mindestens 80% des Münchner Puplikums fest davon überzeugt ist, dass der Hase nicht wirklich gebraten wird, sondern man tut nur so als ob----------Nach 175 Aufführungen (ausgerechnet 175 die verpönteste Zahl der Gegenwart) hat doch die Direktion der Gebrüder Städtler wirklich so ein gutes Geschäft gemacht, dass man wirklich nicht mit so ausgestopftem Gelump arbeiten soll, oder nimmt sich vielleicht die Direktion die faule Ausrede, wir hätten unseren Schauspielern gerne jeden Tag echte ge[br]atene Hasen und Katzen vorgesetzt, aber 175 mal alle Tage Hasen und Katzen, da sind ihnen doch wieder die »ausgestopften« lieber. - Ueber die Darsteller kann ich nur ein

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kräftiges Bravo ausrufen, nur habe ich als Fachmann bemerkt, dass alle noch nicht ganz textsicher sind, eine Sache, welche sich bei der iooo. Aufführung von selbst hebt. Oder scheut die Direktion trotz des Riesengeschäftes auch noch die Kosten eines Souffleurs? Leider ist ja in jedem Theater der Souffleurkasten so angebracht, dass das Puplikum nicht sehen kann ob einer drinn ist oder nicht. Dass vom »Scheissen« so viel gesprochen wird, finde ich ganz natürlich - denn die Scheisserei ist ja auch etwas ganz Natürliches - man bedenke doch, was wären wir ohne Scheisserei. Um nochmals auf das Stück zu kommen, habe ich eine kleine Einwendung zu machen. Ich habe mich bei dem Stück köstlich amüsiert, aber----- die Geisterscene in »Müller und sein Kind«-----ist mir lieber wie der ganze »Etappenhas«. Mit theatralischem Gruss! an Sie und ihre Herren Brüder Karl Valentin Privatkritiker und Theaterbesucher in München.

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16. 12. 1936 Gründgens

Karl Valentin Telefon 25599

an den

Schauspieler

und

Intendanten

München, den 16. Dezember 36 Mariannenpl. 4/II

Herrn Gustav Gründgens, Preussischer Staatsrat, Intendant der Staatlichen Schauspiele Berlin W 8 Oberwallstr. 22

Sehr verehrter Herr Staatsrat Gründgens! Habe soeben vor 2 Tagen das mir von Ihnen im Jahre 1932 versprochene Bild dankend erhalten. Meine Freude darüber ist 100

riesig gross, 2 Meter lang und 1 Meter breit, ich werde das Bild sofort einrahmen. Nach der Einrahmung werde ich es sofort an eine Zimmerwand hängen, deren ich genug in meiner Wohnung besitze. Dass Ihr Bild einen würdigen Platz in meiner Einzimmerwohnung bekommt, dessen dürfen Sie versichert sein. An dem Platz, der für Ihr Bild bestimmt ist hängt zur Zeit eine Wanduhr, die ich aber sofort entfernen lasse, da ich ja an meiner Armbanduhr jederzeit erkennen kann wieviel Uhr es ist und deshalb die Wanduhr als überflüssig betrachte. Leider war ich gezwungen Ihr Bild in die Hälfte zu teilen, da ich in meiner Villa die andere Hälfte plaziert habe. Das Ganze ist natürlich jetzt eine halbe Sache. Aber ich spiele solange den Unzufriedenen, bis Sie mir noch ein Bild schicken und zwar ein Bild aus dem Film den ich gesehen habe »Eine Frau ohne Bedeutung« Was Sie in diesem Film zeigen ist die Grenze der Schauspielkunst, was über der Grenze ist, entzieht sich meiner Fachkenntniss. Wenn ein grosser Schauspieler Kränze aus Lorbeerblättern bekommt, müssten Sie Kränze aus den Blättern einer Viktoria regia bekommen. Ihr Karl Valentin

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22. 1. 1937

an den

Theaterdirektor Terofal München,den 22.Januar 1937. Mariannenplatz 4/II.

Karl Valentin Telefon 2 5599.

Mein lieber Freund Terofal! Zu Deinem sehr geehrten Geburtstag übersende ich Dir einige gute Glückwünsche. Dass meine Gratulation zu spät kommt, daran bin ich selbst schuld; ich habe meine Schreibmaschine Jemand geliehen und der hat sie mir so lange nicht zurückgegeben und mit einer fremden Schreibmaschine wollte ich Dir nicht schreiben. Ich ersu­ che Dich, mir für meine an Dich gesandte Gratulation RM. 3einzusenden, da ich aus besonderen Gründen die »Gratis-Gratuliererei« seit Jahren schon eingestellt habe. Sollte ich Bienen 3 Tagen

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nicht im Besitze der 3- Mark sein, wäre ich gezwungen, die ganze Angelegenheit meinem Rechtsamwald zu übergeben. Mit lauwarmen Grüssen Dein Kollege Karl Valentin

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11. 2. 1937

an die

Filmgesellschaft »Terra« München, den 11. Februar 37 Mariannenpl. 4/II

Karl Valentin Telefon 25599

Titl. Direktion der Terra, Berlin SW 68. Kochstr. 73

Sehr geehrte Direktion! Hiermit frage ich höfl. an, wann die 2 Kurzfilme »Der Bittsteller« (Filmtitel ist mir unbekannt) und Musik zu Zweien ([»jMusikalische Clowns«) in München anlaufen, da diese doch schon im Sommer 1936 gedreht wurden. Sollte die Terra diese beiden Kurzfilme abge­ lehnt haben? Wenn ja, bitte ich Sie, mir die Ursache bekanntzugeben. Ich habe mich vor meiner Abreise von Berlin mit mehreren Herren Ihrer Firma ins Benehmen gesetzt, weil ich es als eigenartig erachtete dass eine Verleihfirma meine Originalmanuskripte abändert und einfach statt einer Dienstmädchen- eine Dienerrolle hineinschrieb. Die Herren von der Terra versicherten mir aber, dass das von Seiten Ihrer Firma niemals gemacht würde. Ich bitte Sie nun, mir das schriftlich zu bestätigen, damit bei der weiteren Arbeit mit Herrn Engels und seinem unzertrennlichen Herrn Bernt die ewige War­ nung »Das will die Terra nicht haben« in Wegfall kommt. Wäre Herr Bernt zu mir gekommen und hätte mich gebeten, ob in dem Film für ihn eine Rolle wäre, vielleicht ein Diener statt des Dienstmädchens, so wäre ich sicher gerne bereit gewesen ihm seinen Wunsch zu erfüllen, aber mir frech ins Gesicht zu lügen mit den Worten »Das 102

darf kein Dienstmädchen sein, das muss ein Diener sein, die Terra will absolut kein Dienstmädchen« das ist eine Gemeinheit. Genau so war es bei dem Film »Donner, Blitz und Sonnenschein« 25 Jahre lang ist die Karlstadt meine Partnerin. Ihr Hauptfach ist Knabenrollen (keiner merkt ihr die Frau an, siehe Extra Beilage Episode aus Wien) Der Schneiderlehrling wäre für die Karlstadt eine Glanzrolle gewesen, nein - der Herr Berndt musste die Rolle spielen, die Terra will die Karlstadt nicht als Lehrling. Ich muss als bayerischer Schneidermeister einen alten 50jährigen preussischen Lehrjungen als Partner haben das ist ja himmelschreiend. Noch dazu hat dann dieser Herr Bernt den Mut, mir unaufhörlich in meine Arbeit dreinzureden. Ich bin gewiss nicht grössenwahnsinnig, aber wie komme ich dazu mir von einem Filmschauspieler, der die Hälfte jünger ist als ich fortwährend dreinreden und mich korrigieren zu lassen. Nicht nur ich, sondern viele die im Atelier anwesend waren, waren erstaunt über die Bevormundung meiner Person durch Herrn Bemt. Als er auch Fräulein Karlstadt im Frisierraum eine Szene erklären wollte, wie sie das machen müsse, sagte die Friseuse, als der Herr »Lehrer« den Raum verliess »Nu haben Sie Worte, dieser olle Klamottenkomiker will Ihnen was lernen, das haben Sie doch nicht nötig Frl. Karlstadt. [«] Und so war jeder Tag im Atelier Aerger und Verdruss. Ich will ja meinen »Wohltäter[«] Herrn Bernt nicht brotlos machen, er kann ja ruhig im selben Film beschäftigt sein, aber dass ich mit ihm Dialoge spreche und die Karlstadt meine 25jährige Partnerin schaut zu und bekommt in dem Film eine Rolle, die jede andere Filmschauspielerin auch spielen könnte, das hat sich aufgehört. Sollte aber Herr Bemt wieder einmal einen Kurztonfilm schreiben wie die »Karierte Weste« und den »Nervenarzt« dann soll er als Lehrer von Karl Valentin die Hauptrolle selbst spielen, dann kann wenigstens die Presse nicht schreiben »Seit wann macht Karl Valentin Witze mit Bärten aus dem Jahre 18504«] Ich glaube Ihnen jetzt genug von dem Leidensweg meiner Filmlauf­ bahn mitgeteilt zu haben und erwarte mit Interesse Ihre Rückäusse­ rung. Mit deutschem Gruss! Karl Valentin 103

Max Pallenberg und Fritzi Massary sassen im Zuschauerraum des Cabarets »Chat Noir« in Wien ganz vorne an der Bühne. Wir spielten unser abendfüllendes Stück »Vorstadttheater« in welchem Liesl Karlstadt einen Kapellmeister darstellt. Das Stück dauerte von 9-11 Uhr. Nach der Vorstellung kamen Pallenberg und Massary in unsere Garderobe und sprachen mir ihr Lob aus. Im selben Moment kam Liesl Karlstadt, ihre Kapellmeisterperücke in der Hand zur Garderobe herein. Was, schrie die Massary, der Kapellmeister war eine Frau? Ich sitze als Schauspielerin 2 Stunden lang direkt vor dem Kapellmeister und merke nicht, dass das eine Frau ist. Da können Sie sich aber über Ihre Darstellungskunst wirklich etwas einbilden.

107 Februar 1937 Bernt

an den

Schauspieler Reinhold

Herrn Reinhold Bernd, Berlin W 15 Kurfürstendamm 32

Ich habe mich vor meiner Abreise (trotz Abraten!!! von Herrn Erich Engels!!) eingehend bei den Herren der Terra erkundigt, welcher von den Herren mir bei meinem Original Manuskript »Der Bittstel ­ ler« das Dienstmädchen gestrichen und dafür die Rolle eines Die­ ners eingesetzt hat und habe nun die Gewissheit, dass nicht die Herren der Terra, sondern Sie und Herr Engels so unverschämt waren und haben mir die Rolle umgeändert und haben mich in gemeiner Weise belogen. Dass Sie mir während der ganzen Dreh­ zeit wieder »gute Ratschläge« gegeben haben und mir dauernd in meine Arbeit drein geredet haben, darüber haben sich nicht nur ich selber, sondern alle beim Film Beteiligten aufgehalten. Solange ich filme hat sich das noch keiner erlaubt, Herr Staatsschauspieler Lei[b]elt hat nicht einmal zu mir gesagt »Herr Valentin, der Witz ist nicht gut, das müssen Sie so machen oder so«. Nur von Ihnen musste 104

ich mir dies seit »Kirschen in Nachbars Garten« und bei allen Kurztonfilmen gefallen lassen. Aberjetzt ist Schluss damit Und bei den nächsten Filmen können Sie es nicht mehr machen, weil Sie nicht mehr im Atelier sind wenn ich filme, dafür sorge ich in allen meinen kommenden Filmverträgen. Mit deutschem Gruss! Karl Valentin

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12. 4. 1937

an den

Reichspresseleiter Amann

München, den 12. April 1937 Mariannenpl. 4/II

Karl Valentin Telefon 25599

Herrn Reichs-Pressechef M. Amann, München. Thierschstr. 11 Sehr geschätzter Herr Reichs-Pressechef Amann!

Betrifft: Zusammenkuppelung aller in München existierenden AltMünchner Photographiensammlungen zu einer Gesamt­ sammlung. Ein leichtverständliches Beispiel zur Erklärung des langjährigen Zustandes. Ich will z. B. wissen was vor, sagen wir 50 Jahren an Stelle des heutigen Armeemuseums im Hofgarten für ein Haus gestanden hat. Man sagt mir »die alte Hofgartenkaserne«. Gut! Wie sah die aus, wo bekomme ich von diesem Haus eine genaue Photographie? Ich gehe auf die Suche, zuerst ins Stadtmuseum (Jakobsplatz). Zufällig ist hier trotz des reichhaltigen Bestandes nur ein kleines Aquarell vorhan­ den. Von hier aus wandere ich hinunter] bis nach Milbertshofen ins Stadtarchiv, auch hier ist nur ein Plan und einige Urkunden aufzu-

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treiben. Von hier aus schickt man mich wieder in die Stadt ins Hochhaus in welchem eine mustergültige Sammlung Alt-Münchner Photos (Eigentum von Oberbaurat Probst) zur Besichtigung, aber leider nicht zur öffentlichen, existiert. Auch hier ist seltsamer Weise von diesem alten Gebäude kein Lichtbild zu erlangen. Am nächsten Tag gehe ich wieder auf die Suche. Ich denke an die Sammlung Rehse, aber dort wird mir erklärt, dass hier nur politische Ereignisse, historische Zeitungen und dergl. zur Ansicht gesammelt würden und ich wandere weiter in die Münchner Neuesten Nachrichten AltMünchner Privatsammlung von Stuffler, welche im Jahre 1931 von der Familie Stuffler an die Münchner Neuesten Na chrichten verkauft wurde. Auch hier ist mein Durchsuchen von 5000 Photos ohne Erfolg gewesen. Zuletzt suchte ich noch in der Privatsammlung des alten Münchner Stadtphotographen Georg Pettendorfer, der in ungefähr 50 Jahren die ganze Stadt München, jede Strasse, jeden Platz fotographiert hat und hier finde ich endlich eine Photographie von der alten Höfgartenkaserne. 3 Tage nahm diese Suche in Anspruch. Wäre es nicht möglich diese Sammlungen zu einer Sammlung zu vereinigen? Mit Hilfe einer modernen Kartothek wäre es ein leich­ tes irgend ein gewünschtes Bild in kürzester Zeit besichtigen zu können. Die Sammlung im Stadtarchiv besteht aus 70 grossen Riesenbü­ chern, von denen einige Bände ein Gewicht von nahezu einem halben Zentner besitzen, eine schwächliche Person kann nur unter Zuhilfenahme einer anderen Person mit diesen schweren Büchern hantieren.

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30. 6. 1937

an den

Kollegen Fred Endrikat

Gedicht von Karl Valentin Endrikat 30. VI. 1937

zum

Der Endrikat ist heut als wie ein Kenz Das letzte Mal dahier bei Benz

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Abschied von Fred

Und kommt, das wäre unser Wunsch Bald wieder her, dahier zu unsch. Doch bis er kommt, ’s is’ ein Malheur Da steht das Haus vom Benz nicht mehr, All unser Schicksal ist beschissen Es wird ja Alles abgerissen Dann sind wir »Wohlfahrtsamt - Solisten« Und tun uns elend weiterfristen. Drum lieber Fred mit Partnerin Nehmt diese Flasche von mir hin Steinhäger ist der einz’ge Trost Auf- Wiedersehn! - Ihr Beiden - Prost!

Karl Valentin München Benz 1937

iio 22.7.1937

an

Frau Hundeshagen

München,den22.Juli 1937 Mariannenpl. 4/II

Kari Valentin Telefon 25599

Liebe Frau ehemalige Direktorin! Ich und wir gratulieren Ihnen zu Ihrem öosten Geburtstage und wünschen Ihnen alles Gute. Anbei senden wir Ihnen [zu Ihrem hochwohlgeborenen Geburtstage] einen Blumenstock, derselbe ge­ hört zum ansehen und zum riechen. [D]amit die Blumen nicht welk werden, [anbei] eine junge Giess­ kanne voll Wasser. [Auf der Gießkanne klebt ein kleines Etikett: Vorsicht! Münchner Wasser nur äußerlich, nur zum Blumengießen.] (Bitte das Wasser nicht verdünnen). Der Blumenstock soll alle Tage früh Morgens 6 Uhr und Abends um 7 Uhr gegossen werden. Wenn das Wasser verbraucht ist, senden Sie mir bitte die leere Kanne i°7

wieder zurück, welche wieder gratis mit [Brunnenjwasser nachge­ füllt wird. Einige Grüße Ihr Karl Valentin

N. B. Liesl Karlstadt kann leider nicht unterschreiben, weil sie leider keinen so langen Bleistift hat, der von Wegscheid b/Lenggries bis nach München reicht. Adresse: L. K. Wegscheid b/Lenggries Haus Ostler.

ui

23.7.1937

an die

Fachschaft Artistik München, den 23.Juli 1937 Mariannenpl. 4/II

Karl Valentin

Fachschaft Artistik Rechtsstelle Gefolgschaft Berlin W 62 Budapesterstr. 26 Ihr Zeichen: IV.W/Sch. Blöd & Blödel/Karl Valentin

In Beantwortung Ihrer Zuschrift vom 2 2. er. teile ich Ihnen mit, dass ich mich zu dem Vorgehen gegen die Geschwister Blädel berechtigt glaubte, nachdem mir von zwei Seiten (Frau Lee Parry-Benz und Rechtsanwalt Dr. Kilchert) mitgeteilt wurde, dass die Geschwister Blädel im Wintergarten meine Orchesterscene zur Aufführung brächten. Schon seit 1925 hatte ich mit den Genannten Differenzen, weil sie Originalscenen von mir spielten, so in Hamburg meine »Mechani­ ker« und in Dresden den »Firmling«. Durch die Artistenagentur Lange sollte ich mit letztgenanntem Stück in Dresden gastieren, nachdem aber die Blädelfs] dort meine Scene schon zur Aufführung brachten, musste mein Gastspiel unterbleiben. Ich hatte diese Ange108

legenheit seinerzeit einem Rechtsanwalt übergeben, nachdem sie aber, sobald wir ihren Aufenthaltsort erfahren hatten, bereits wieder abgereist waren, verlief sich diese Sache im Sande. Dadurch, dass die Blädels meist in kleinen Häusern auftraten, und mir auf diese Weise nicht schaden konnten, bin ich nicht weiter gegen sie vorgegangen. Im Uebrigen möchte ich noch bemerken, dass seit mehr als 20 Jahren Münchner Volkssänger in anderen Städten direkt von mei­ nem Repertoire leben, ohne dass ich von ihnen jemals einen Pfennig erhalten hätte. Wenn man mir dadurch keinen Schaden zufügt, habe ich auch gar nichts dagegen. Wenn mir aber von einem Variété, wie der Wintergarten in Berlin zu Ohren kommt, dass Artisten mit meinem Repertoire arbeiten, fühle ich mich geschädigt. Ich habe nicht deshalb 30 Jahre lang fleissig gearbeitet, damit andere die Früchte meines Fleisses ernten. Ist der Scenenverlauf so, wie die Blädels ihn mir in ihrem Schreiben vom 19. er. geschildert haben, so handelt es sich nicht um meine »Orchesterscene« und ich bin natürlich bereit, der Direktion des Wintergartens meinen Irrtum zu berichtigen. Nachdem Sie mir nicht genügende Sorgfalt in der Behandlung dieser Angelegenheit vorwerfen, möchte ich einwenden, dass ich, nachdem ich bestimmt weiss, dass die Blädels Scenen von mir zur Aufführung brachten, in der ersten Aufregung auch nicht an den mir von zwei Seiten gemachten Mitteilungen zweifelte. Ich schrieb deshalb sofort an die Direktion des Wintergartens, weil ich errei­ chen wollte, dass die Aufführung sistiert würde. Im Uebrigen wurde mir von der Münchner Fachschaft Artistik geraten den Blädels mitzuteilen, dass ich die Fachzeitschrift auf das Plagiat aufmerksam mache. Ich glaube sicher, dass es auch kein unbilliges Verlangen ist, wenn sich der geistig Arbeitende vor fremden Zugriffen zu schützen versucht und sich nicht die Früchte seiner Arbeit aus den Händen nehmen lassen will. In der Anlage übersende ich Ihnen die gewünschte Abschrift des Briefes an die Direktion des Variete Wintergarten. Heil Hitler!

109

ii2

25. 7-1937

an den

Regisseur Hans H. Zerlett München, den 2 5. Juli 1937 Mariannenplatz 4/II

Karl Valentin Telefon 25599

Herrn H. H. Zerlett, Produktionsleiter Berlin-Charlottenburg 9 Oldenburgerallee 62

Lieber Herr Zerlett! Zu Ihrem neuen Posten gratuliere ich Ihnen herzlich. Ich wünsche mir selbst, dass Sie nun in Ihrer jetzigen Stellung meiner gedenken und alles andere beiseite lassen, um mich endlich auch einmal im Film herauszubringen. Es nützt mir nichts, wenn ich nach Berlin fahren muss und in irgend einem Film irgend eine Rolle übernehme. Nein - ich müsste so wie Charlie Chaplin in München meine eigenen Sachen und Ideen drehen können, solange das nicht ist, kann niemals ein richtiger Film entstehen wie ich ihn mir denke. Lieber Herr Zerlett, nehmen Sie sich bitte 30 Minuten lang Zeit und lesen Sie die beigelegten Gutachten. Unser Führer und Reichskanz­ ler selbst ist ein grosser Verehrer von mir und Frl. Karlstadt und er hat sich den letzten Grosshirn »Donner, Blitz und Sonnenschein[«J 2 + angesehen. Auch meine Kurztonfilme hat er sich extra in die Reichskanzlei schicken lassen. Und trotzdem kümmert sich kein Filmmensch um uns. Man liest seit Jahren nur mehr Heinz Rühmann, Weiss Ferdi, Moser, Lucie Englisch, Joe Stöckl, Josef Eich­ heim, die verdienen Geld in Hülle und Fülle, ich habe meinen letzten Film 1936 (Donner, Blitz und Sonnenschein) gedreht, 12000.- Mark dafür bekommen und habe seit dieser Zeit keinen Meter mehr gedreht. Seit Jahren hätte ich eigene Ideen und Stoffe, die originellsten Einfälle für mindestens 5 Grosstonfilme, aber — nichts ist es. Ich bin finanziell nicht auf Rosen gebettet, schon eher auf Brennesseln, ich besitze ein Vermögen von 8.000.— Reichsmark und ein kleines Landhäuschen, das ist alles. Herr Rühmann (bitte 110

um Diskretion) spielt jährlich mindestenjs] 3 Filme ä 20.000.— Mark (warum) seine Frau soll nicht arischer Abstammu[ng] warum hat [...] dieser Mann den Vorzug? Soll ich mich auch noch scheiden lassen und eine andersrassige Dame heiraten? Seit ungefähr 14 Tagen sieht es aus, als ob sich endlich einmal wer für uns interessie­ ren würde und zwar die Arya München (Kapellmeister Adam) Die Gesellschaft will die »Raubritter vor München« drehen. Und des­ halb richte ich an Sie, lieber Herr Zerlett die eine Bitte, legen Sie für uns an massgebender Stelle ein gutes Wort ein, dass dieses zustande kommt. Endlich einmal wird doch auch einer verstehen, was ich will. Nur wenn ich Millionär wäre, könnte ich das durchführen, was ich im Sinne habe eigene Filme herzustellen nach meinen Ideen. Ich habe mich erst vor 2 Monaten an einen meiner grössten Verehrer Herr Staatsrat Gründgens gewandt, dann an Herrn Regisseur Karl Ritter etc. und bekam überhaupt gar keine Antwort. Lieber Herr Zerlett, machen Sie bitte einmal eine Ausnahme und stehen Sie mir zur Seite, es fällt mir ja schwer Ihnen einen Bettelbrief zu schreiben, aber es ist ja kein Geldpump, sondern nur ein Hilferuf eines Menschen, der seit 4 Jahren fast vergessen ist und auch einmal etwas war. Im Voraus besten Dank. Ihr Karl Valentin

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28. 7. 1937

an den

Reichsfilmdramaturgen München, den 28.Juli 1937 Mariannenpl. 4/II

Karl Valentin Telefon 25599

Reichsministerium fiir Volksaufklärung und Propaganda Der Reichsfilmdramaturg Berlin W 35 Bendlerstr. 33a 111

Ihr Zeichen: v.D./Z.

Sehr geehrter Herr Reichsfilmdramaturg! In Erwiderung Ihres Schreibens vom 19. er. erlaube ich mir, Ihnen einige Auszüge von Kritiken zu übersenden. Meine Absicht ist, den deutschen Groteskfilm zu schaffen, der sich den besten Amerikanern ebenbürtig an die Seite stellen kann. Material hierzu ist in Hülle und Fülle vorhanden, welches teils durch Zusam­ menkoppeln einiger meiner erprobten Bühnenstücke in Verbindung mit neuen Ideen, teils durch neue Einfälle bei mir bereit liegt. Da die Arya Film G.m.b.H. München schon im August meine »Raubritter vor München« verfilmen will - Herr Kapellmeister Adam vom Reichssymphonieorchester kommt am Donnerstag den 29. er. mit dem Manuskript nach Berlin - war es mir infolge Arbeitshäufung nicht möglich, die Exposees meiner Stoffe zu bear­ beiten. Ich werde mir erlauben, Ihnen dieselben nach Fertigstellung zu übersenden. Ich bin Herrn Reichsminister Dr. Goebbels aufrichtig verbunden über die rasche Hilfe, die er mir in dieser Angelegenheit zuteil werden liess. Ich habe das feste Vertrauen, ihm meinen Dank durch meine Arbeit ausdrücken zu können, ich weiss, dass ich dem deut­ schen Film durch meine Ideen eine neue Note geben kann. Die Filme, in denen ich bis jetzt beschäftig war wurden meiner Eigenart, die ich nun einmal besitze und die von den Kritikern des In- und Auslandes immer wieder betont wird, nicht gerecht, trotzdem sie ein Kassenerfolg waren. Auch unser hochverehrter Führer und Reichs­ kanzler hat sic[h] die Filme, wie ich von Herrn Mutschmann, dem Gauleiter Sachsens erfahren habe, sogar 2 mal angesehen und hat herzlich darüber gelacht. Warum sich die deutsche Filmindustrie nicht mehr für mich interessiert, ist mir ein Rätsel. Ich nehme an, dass es daran liegt, dass ich schon mehrere Rollen, die ich als für mich unmöglich erkannt habe, ablehnte, denn mein künstlerisches Gewissen und mein Ehrgeiz ist stärker als das Bewusstsein Geld zu verdienen. Ich hoffe nun, dass ich zunächst mit den »Raubrittern vor München« mein und meiner Partnerin Liesl Karlstadt Können unter Beweis stellen kann. 112

Für Ihre Bemühungen, sehr geehrter Herr Reichsfilmdramaturg, gestatte ich mir Ihnen meinen herzlichsten Dank auszusprechen. Heil Hitler! Ihr Karl Valentin

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6. 8. 1937

AN DIE Reichsfachschaft Artistik

[Karl] Valentin [M]ünchen [Maria] nnenplatz 4 [Telejfon 25599

München 6. 8. 37

Reichsfachschaft Artistik Rechtsstelle Gefolgschaft Berlin W 62 Budapesterstr. 26

Im Nachgang zu meinem Sehr. v. 23.Juli 37 gestatte ich mir noch folgendes zu bemerken: Am Montag 2. August 37 war in München im Deutschen] Theater eine Versammlung der »Fachschaft Artistik« in der Herr ReichsFachschaftsleiter Gleixner ausführlich über Fach- u. Berufsfragen referierte^] Ganz besonders scharf wendete sich der Redner gegen die Copisten in unserem Gewerbe und sagte ihnen in kommender Zeit den rücksichtslosesten Kampf an. - In seinen - von der ganzen Ver­ sammlung mit stärkstem Beifall aufgenommenen Ausführungen bedauerte er besonders die in der zurückliegenden Zeit von den Berufsvertretern geübte verbrecherische Nachsicht gegen diese Räuber und Diebe am geistigen Eigentum eines schaffenden Volks­ genossen und forderte im Rahmen seiner kommenden Abwehrak­ tion gegen dieses kulturzerstörende Copisten-Unwesen die gesam­ ten Berufsangehörigen zur Mitarbeit auf. Da ich nun erfahren habe, dass unser Herr Reichsfachschaftsleiter in

”3

der Zeit unseres Briefwechsels betr. Blädel u. Blädel wahrscheinlich in Urlaub war, so muss ich annehmen, dass ihm die Sache nicht bekannt geworden ist. Ich bin nun hinsichtlich der geharnischten Worte des Herrn Gleixner in der Münchner Versammlung erst recht in der Meinung bestärkt, dass ich einen gerechten Abwehrkampf führe, wenn ich die Sache gegen Blädel/Blädel nochmal aufgreife und Sie bitte, zu meinem Schreiben vom 23.Juli 37 Stellung zu nehmen. Es stehen genügend Zeugen zur Verfügung, die die Copie-Tätigkeit der Fa. Blädel an meinen Originalen bestätigen werden, sodass ich erwarten darf, dass Sie - wenn auch jetzt im Augenblicke seitens der Blädels gerade angesichts der aktuellen Frage nicht copiert wird auch diesen Herrschaften nahe legen, dass in Zukunft nicht unge­ straft mehr copiert werden kann. Es wäre nur ein Akt ausgleichender Gerechtigkeit; nachdem ich von Ihnen in Wahrung privater und berufsöffentlicher Interessen han­ delnd einen Verweis bekomme - dass auch die Urheber dieser Vorgänge von Ihnen mit einer entsprechenden Note bedacht wer­ den. - Andernfalls die Herrschaften diesen Papierkrieg für mich in eine Niederlage umkonstruieren und evtl, ungehemmt das wieder üben, das auszurotten Herr Gleixner in dankenswerter Weise mit Hilfe der Berufskameraden vor hat[.J Ich betone nochmals, dass ich keinen Berufskollegen sein Brot beschneiden will und - wenn es mich auch gerade nicht freut wegen jeder Lappalie bei Ihnen oder sonstwo Klage führen will. Aber wenn ein führendes Theater Kunst zeigen will, so soll diese dann doch schon vom Original und nicht von der Copie dargestellt werden. Heil Hitler

115 Sommer 1937

an

Liesl Karlstadt

Liebe Lisi! Ich ließ absichtlich nichts von mir hören, damit Du Dich nicht an mich erinnerst, und nervös wirst. Engels war gestern in München 114

und komt in 8 Tagen wieder weil Kurztonfilm »Ewig Dein« von Max Neal bei Arnold und Richter gedreht wird. Sobald die Bavaria wieder film kräftig ist, wird mit uns der Großtonfilm »Der siebente Junge« gedreht. Alles Nähere dann mündlich. In 14 Tagen sollen die Raubritter auf Platten geschnitten werden und 5 weitere Plat­ ten. Viele Grüße K. Valentin

116

Sommer 1937

an

Liesl Karlstadt

Liebe Partnerin! Deine 7 Schallplatten sind von Berlin eingetroffen, soll ich dieselben nach Wegscheid schicken? Bitte um Antwort Mit deutschem Gruss K. Valentin sonst nichts Neues Geschäft überall schlecht auch im Scheißkeller

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13. 9. 1937

an

Kommerzienrat Wilhelm Kraus

Karl Valentin Tel. 25599

München, den 13. September 1937 Mariannenpl. 4/II

Herrn Kommerzienrat W. Kraus, München. Mozartstr. 15 Sehr geehrter Herr Kommerzienrat Kraus! Nochmals muss ich Ihnen wegen des Verbots des Kurzfilms eine Mitteilung machen um Fräulein Karlstadt und meine Wenigkeit zu

rechtfertigen. Den Brief von Herrn Karl Ritter habe ich auch an Herrn Geis geschickt, dessen Ansichten ich Ihnen auch nicht vor­ enthalten will. Seine Zeilen sind ganz richtig, nur einen Vorwurf, muss ich Herrn Geis doch machen, die Geschichte mit dem Wurm im Salat war mir selbst zu krass, aber ich wollte Herrn Geis nicht widersprechen. Auch Herr Lautenbacher machte während der Auf­ nahme die Bemerkung »Der Film wird verboten, da geh ich jede Wette ein«. Und so ist es auch gekommen. Wenn der Film nach meinem Manuskript gedreht worden wäre, wäre kein Verbot zu­ stande gekommen. - Aber jetzt ist es ja zu spät, Ihr Geld ist ohne unsere Schuld verloren, was wir sehr bedauern, weil das gerade uns passieren musste und wir so froh gewesen wären, wenn wir der Bavariafilm einen Nutzen bringen hätten können. Uns zwei »leuch­ tet eben kein Stemleinf«] am »Filmhimmel«. Weiss Ferdi ist halt unter einem anderen Sternbild zur Welt gekommen. Wenn wir mit Reichtümern so gesegnet wären wie Weiss Ferdi, würden wir Ihnen das Honorar, welches wir für den Film bekommen haben, wieder zurückgeben. Aber eines machen wir sofort, wir verpflichten uns Ihnen einen anderen Kurzfilm dafür zu machen ohne Gage, damit Sie wenigstens von uns aus keinen Schaden zu erleiden haben. Mit deutschem Gruss! Karl Valentin

Bitte Herrn Geis nichts von dem Brief zu erzählen, er hat es ja auch nur gut gemeint, es ist eben anders gekommen als er dachte.

116

n8

9. io. 1937

andenLeiterderReichsfachschaftFilm

Karl Valentin Telefon 25599

München, den 9. Oktober 1937 Mariannenpl. 4/II

Herrn Carl Auen, Berlin Sw 68 Friedrichstr. 210 Reichsfilmkammer Sehr geehrter Herr Auen! In Beantwortung Ihrer Zuschrift bezüglich der Spendenverpflich­ tung, teile ich Ihnen folgendes mit: Wie Sie aus beiliegender Zusammenstellung meines Filmeinkom­ mens seit Bestehen des Films ersehen, habe ich im Jahre 1937 nicht einen Meter Film gedreht. Aus diesem Grunde kann ich mich nicht an der Spendenverpflichtung für das Winterhilfswerk beteiligen. Trotz meines kleinen Vermögens von nur einigen tausend Mark, habejch 1936 RM 500 - für das Winterhilfswerk gegeben, während besser situierte Münchner Kollegen, deren Vermögen immerhin einige Hunderttausend Mark beträgt, sich nur mit 1000-Mark beteiligt haben. Aus den übrigen Beilagen ersehen sie, dass die Kritik mich absolut geeignet für den deutschen Film hält, warum bekomme ich aber keine Filmengagements? Wenn ich nur einen guten Film imjahr zu drehen habe, so will ich gerne mehr spenden, als alle Filmschauspie­ ler, denn ich bin in ganz München als Wohltäter bekannt. Heil Hitler! Karl Valentin Filmeinkommen seit 1914. 1914 Der neue Schreibtisch 1920 Zirkus Schnabelmann 1021 Auf dem Oktoberfest

Mk. 200.— " 50.— " 1.000.—

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1921 Mysterien eines Friseursalons 1921 Die harten Köpfe 1926 Der Sonderling 1929 Musikai Clowns 5 I932 Die verkaufte Braut *933 Kurztonfilme *934 Kurztonfilme 1935 Kirschen in Nachbars Garten 1936 Kurztonfilme 10 1936 Strassenmusik 1936 Donner, Blitz und Sonnenschein

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H II

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1.000.— 100.— 2.000.--2.000.--1.000.— 4.500.— 10.500.— 5.000.— 10.000.--5.600.— 12.000.---

Mk. 54-95O-— >5 ii9

26. ii. 1937

an

Liesl Karlstadt

Fräulein Liesl Karlstadt Wegscheit 20 bei Lengries bei Ostler

L.P. Ich habe mit Benz gesprochen 25 wegen 15 Dez.

118

no

y.ii.igyj anden Chefredakteur der »Stuttgarter Illustrierten«

Karl Valentin Telefon 25599

München, den 9. Dezember 1937 Mariannenpl. 4/II

Herrn Dr. Wahl, Schriftleiter der »Stuttgarter Illustrierten« Stuttgart.

Sehr geehrter Herr Dr. Wahl! Herr Wolter in München teilte mir mit, ich möchte Ihnen zu den neuesten Aufnahmen einen kleinen Artikel für Ihre Illustrierte schreiben. Er gab mir aber kein Thema an und so will ich Ihnen etwas von meinem neuen Museum erzählen. Das Haus Wagner in München wurde vor einem halben Jahr versteigert. In diesem Hotel Wagner befand sich auch mein Museum mit Katakomben. Um nicht mit versteigert zu werden, musste ich mein Museumsinventar wo anders unterbringen und ich zog in den Färbergraben 33. Ein riesiger Keller, grossartig geeignet für meine Zwecke ist nun seit einigen Monaten in das Münchner Valentin Museum umgewandelt worden. In den Sommermonaten waren ca. 17000 Fremde als Besucher bei uns und ca. 100 Münchner. Der Münchner (ich bin zwar selbst einer) hat eben kein Interesse für solche Sachen, man kann ja auch dabei keinen Zwang ausüben, der Münchner geht ja auch nicht in die Bierbrauereien und es interessiert ihn auch gar nicht wie dasselbe fabriziert wird, er sauft’s halt, wenns guat is und wenns amal net so guat ausg’fall’n is, na sauft er halt a bisserl weniger, aber g’suffa werd. Mit meinen Landesleuten habe ich schon allerlei Erlebnisse gehabt. Ein echter Münchner hatte sich in mein Museum »verlaufen«, was ich ihm an seinem Blick sofort anmerkte, so wie ihn der Karl Arnold im »Simplizissimus« immer zeichnet, mit dem Walross-Schnurbart, der Virginia im rechten Mundwinkel und die beiden Hände am Rückgebäude, wandelte er, die Ausstellungsgegenstände nicht be119

achtend fürbass. Ich ging leise hinter ihm her, klopfte ihm zart auf die Achsel und sagte zu ihm: »Herr Nachbar, Sie müssen sich die Sachen da schon näher anschau’n, sonst wissen Sie ja nicht was die Figuren darstellend«] Ohne mir ins Auge zu blicken, meinte er: »Dös a no«. Aber ich blieb meinem Landsmann nichts schuldig und sagte ihm, auch ohne ihn anzublicken[: »]Ja, ja, Herr Nachbar, i moan, es war doch g’scheiter, Sie genga zum Mathäser und kaufa eahna a frische Mass« Als corpus delicti besitze ich eine Ansichts­ postkarte, eine sogenannte Münchner Bierkarte, einen echten Münchner darstellend, der an einem Wirtshaustisch sitzt und lie­ bäugelnd einen schäumenden Masskrug umarmt, darüber mit un­ zweideutiger Bleistiftschrift die Worte: »Lieber Valentin«, a so a frische Mass is uns liaber als dei ganzes Museum. Aber ich bin meinen Münchner Landsleuten deshalb nicht böse------- sie gehen ins deutsche Museum auch net nei - und deshalb sind wir Museums­ besitzer auf die Fremden so scharf. Karl Valentin

ui

12. i. 1938

an die

Polizeidirektion München

Karl Valentin - Fey

München, den 12.Januar 1938 Mariannenpl. 4/II

Tid. Polizeidirektion Abteilung: Waffenscheine München. Ettstr. Zimmer 163

Mit Heutigem ersuche ich höfl. um Verlängerung der Erlaubnis zum Tragen einer Faustfeuerwaffe zu meiner persönlichen Sicher­ heit. Heil Hitler! Karl Valentin-Fey

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18.2.1938

an den

Karl Valentin Telefon 25599

Reichspresseleiter Amann München, den 18. Februar 1938 Mariannenpl. 4/II

Herrn Reichspresseleiter Amann, München. Thierschstr. 11

Sehr geehrter Herr Reichspresseleiter Amann! Anhegend gestatte ich mir, Ihnen einige »Valentin Anekdoten« zu übersenden, die am 17. II. 36 in der B.Z. am Mittag erschienen sind. Vor Kurzem brachte die Stuttgarter Illustrierte eine sogenannte »Humoresk[e«] von Hans Riebau, die meinen Kollegen Weiss Ferdi und mich als blödsinnige Trottel hinstellt, wobei der bayerische Dialekt in nicht wiederzugebender Weise verballhornt wurde. Des­ halb bitte ich Sie, sehr geehrter Herr Reichspresseleiter, zu veranlas­ sen, dass die Zeitungen und Zeitschriften, solche witzlose, jeder Wahrheit entbeh[r]ende Anekdoten und Witze über bekannte Per­ sönlichkeiten für immer ablehnen. Die Leser bekommen dadurch ganz falsche Eindrücke. Es ist eigenartig, alle guten Witze und Anekdoten, die man einsendet, werden abgelehnt, während Einsen­ dungen Unbekannter, die meist haarsträubend sind, angenommen werden. Ich glaube bestimmt, dass viele mit mir froh sind, wenn es nicht mehr erlaubt ist, über Personen die im öffentlichen Leben stehen, humorlose Anekdoten zu schreiben, die das Ansehen nur schädigen können. Da mir die Anschrift von Herrn Reichspressechef Dietrich nicht bekannt ist, erlaube ich mir noch die höfl. Bitte, diesen Brief dem Herrn Reichspressechef weiterzuleiten. Heil Hider!

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7- 3- T93^

AN DIE »B.Z.

am

Karl Valentin Telefon 25599

Mittag«

München, den 7. März 1938 Mariannenpl. 4/II

An die Schrifdeitung der B.Z. am Mittag, Berlin. In der letzten Zeit mehren sich die Fälle, dass in den deutschen Tageszeitungen sogenannte [»]Valentin-Anekdoten« erscheinen, die nicht nur äusserst witzlos sind, sondern auch mein Ansehen bei der Leserschaft schädigen. Ich bitte Sie daher ganz dringend, in Zukunft keine Valentin-Anekdoten von fremden Einsendern anzu­ nehmen, über die ich mich nur ärgern muss. Ich bin bereit, Ihnen bei Bedarf sogar kostenlos Witze von mir zur Verfügung zu stellen. Sollte meine Bitte erfolglos sein, so sehe ich mich genötigt, mich an Herrn Reichspressechef Dietrich wegen Abschaffung dieser für mich so ärgerlichen Angelegenheit zu wenden], der mir im Bedarfs­ fälle seine Hilfe bereits zugesagt hat]. Heil Hitler!

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Febr./März 1938

an

Radio Basel

Im Besitze Ihrer Zuschrift vom 2 5. er teile ich Ihnen mit, dass ich mit Ihrem Angebot einverstanden bin. Ich habe mir zwar so wenig nicht erwartet, denn mit 100 - Franken hatte ich zum Mindesten gerech­ net. Ich tue es auch nur um die Platten einmal in der Schweiz laufen zu lassen und vielleicht doch noch zu einem Geschäft zu kommen. Eine persönliche Sendung kommt meiner anderen Verpflichtungen wegen nicht in Frage. Mit frdl. Gruß!

122

rif

6. 4. 1938

an den

Kollegen Georg Bladel

Sehr geehrter Herr Blädel! Vor kurzer Zeit brachten Sie im Rundfunk >AprilscherzeAha, des hat da Valentin an Blädel nachg’macht.< Ich habe nichts dagegen, wenn Sie diese zwei Strophen für Ihre Bühnentätigkeit verwenden, möchte Sie aber ersuchen, im Rundfunk meine Texte nicht mehr zu bringen. Mit den besten Grüßen Karl Valentin.

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11.4.1938

an die

Firma Novatechnik in München

München, den 11. April 1938. Mariannenpl. 4/II.

Karl Valentin Telefon 25599

Firma Novatechnik G.m.b.H. München Freimannerstr. 227. Sehr geehrter Herr Dietrich! Der Gründer der Opelfirma (Haberl & Malz) hat mir gestern Ihren an mich verliehenen Autoscheinwerfer »Notek« überbracht, wofür ich Ihnen und Ihrer werten Familie nebst Köchin und Zugeherin meinen herzlichsten Dank ausspreche. Ihr Scheinwerfer ist kein Geschenk an mich, sondern nur eine Verleihung. Es war mir zwar bis heute nicht bekannt, dass man Scheinwerfer verleiht; Ordensver­ leihungen gibt es. - Der Scheinschmeisser hat wie angegeben 6 Volt, aber die Volt waren nicht dabei; vielleicht sind dieselben aus Verse­ hen eines Ihrer Angestellten vergessen worden. - Es war von Ihnen sehr klug, dass Sie mir den Scheinschmeisser ohne Schein geschickt 123

haben, denn mit Schein wäre das ein riesig langes Paket geworden. Herr Malz sagte zu mir: »die Firma Novatechnik leiht Ihnen den Scheinschmeisser ungefähr 50 Jahre lang«, was ich natürlich dan­ kend anerkenne, nur befurchte ich, dass das System in dieser langen Zeit von der Firma Bosch überholt wird. Infolge der schlechten Witterung beschliesse ich nun mein Schrei­ ben und lege Ihnen aus Dankbarkeit mehrere Gutachten über Ihr Fabrikat »Notek-Scheinscheisser« bei. Mit weiterstrahlender Dankbarkeit! Ihr Karl Valentin

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6. 5. 1938

an die

Filmgesellschaft Terra München, den 6. Mai 1938 Mariannenpl. 4/II

Karl Valentin Telefon 25599 Firma Terra Film G.m.b.H Berlin SW 68 Kochstr. 73

Sehr geehrte Direktion! Unterzeichnete erlauben sich die höfliche Anfrage, aus welchem Grunde die Terra keinen Film [mehr] mit uns dreht? Bei unserem letzten Film »Donner, Blitz und Sonnenschein« vor 2 Jahren glaub­ ten wir uns nach den Versicherungen Ihrer Direktion bereits in die erste Reihe der Filmstars gerückt, denn Sie kündigten uns damals gleich die Herstellung von 2 neuen Valentin Filmen an. Aber leider haben wir seit 2 Jahren nichts mehr von Ihnen gehört. Bitte fassen Sie unsere Anfrage nicht als Bettelei auf, wir haben nicht die Absicht uns die Mitwirkung an Filmen zu erbetteln, wir möchten aber gerne wissen, was eigentlich der Grund ist, dass man uns gänzlich aus Ihrer Produktion ausschaltet, trotzdem unsere beiden Filme unbestreit­ bar ein grosser Erfolg waren. Ist vielleicht eine 3. Person im Spiele? Wir wissen zwar, dass Sie jetzt mit der Ufa liiert sind und in Ihrer 124

Produktion von derselben abhängig sind, aber das ist doch schliess­ lich kein Grund uns gänzlich auszuschalten. Für eine umgehende, erschöpfende Aufklärung wären wir Ihnen sehr dankbar. Heil Hitler! Karl Valentin

128

Herbst 1938

an

Liesl Karlstadt

Liebe Lisi - Anbei das Couplet - der kleine Gigerl die anderen Couplet folgen morgen Sonst ist gar nichts neues zu berichten leer - leer ich mag nirgends hingehn, als ins Alpinum (Garten) zu meinem Freund B. Recht gute baldige Besserung wünscht Dir von ganzem Herzen V. Ich besuch Dich in Tölz

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Herbst 1938

an

Liesl Karlstadt

Liebe Lisi! Bin gut angekommen, und habe mir nur den Schnupfen geholt durch den »Klim[aw]echsel« Ich kann Dir nicht sagen wie Du mir leid getan hast, als ich Dich bei der Abfahrt so allein auf der Straße stehen lassen mußte, ich hätte schreien können vor Erbarmen und ich wäre am liebsten noch mal umgekehrt und hätte Dich mitge­ nommen. Liebe Lisi es wird jetzt bald anders werden halte nur aus Anbei den Brief von D. Gruß Dein Valentin viele viele herzl. Grüße

I25

130

Herbst 1938

an

Liesl Karlstadt

Liebe Lisi gestern hat mir Amalie Deine Grüße übermittelt, und sie hat mir gesagt, daß es Dir soweit ganz gut geht!! Es ist für mich furchtbar, daß ich Dich nicht antelefonieren kann, dann geh doch auf die Post und ruf Du mich an, und bestimme die Zeit wan es Dir am besten möglich ist, dann bleibe ich um diese Zeit zuhause. Sonst gibt es nichts Neues. Das Geschäft bei Benz ist miß - heute wollen wir etwas vom Vorstadttheater einprobieren, (mir graußts) Amalie hat mir gesagt ich sollte auf keinen Fall mehr nach Tölz fahren zu Dir, Du willst es nicht haben. Aber ich muß Dich vor Mittwoch wieder einmal sehen, wenn ich mit dem Auto um 11 Uhr wegfahre, dan bin ich um 12 '/, Uhr in Tölz, eine Stunde Aufenthalt dan wieder heim und um 3 Uhr bin ich wieder daheim, und habe wenigstens meine Lisi wieder gesehen. Viele viele Grüße D. V.

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12. 11. 1938 Film

andenLeiterderReichsfachschaft

Karl Valentin

München 2 2, den 12. November 1938 Mariannenpl. 4/II

An die Reichsfilmkammer, z.H. von Herrn Carl Auen Berlin Sw 68 Friedrichstr. 210 Sehr geehrter Herr Auen! Im Auftrag von Herrn Valentin sende ich Ihnen den Spendenschein für das Winterhilfswerk wieder zurück, da Herr Valentin in diesem Jahre keinen Pfennig durch filmen verdient hat. Seinen Beitrag am

126

Winterhilfswerk leistet er in München, durch eine seinem Vermö­ gen entsprechende Spende. Selbstverständlich ist er aber gerne bereit, für jeden Film den er zu drehen hat, einen Teil des Verdien­ stes dem Winterhilfswerk zur Verfügung zu stellen. Heil Hitler! Karl Valentin München Mariannenplatz 4 Telefon 25599 i/A. Friedrich

N.B. Dasselbe gilt auch für die Partnerin von Herrn Valentin, Frau Liesl Karlstadt. D.O.

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Vor dem 29. 11. 1938

an

Liesl Karlstadt

Frl. Lisi Karlstadt Bad Tölz Krankenhausstr. 3 3 bei H. Ostler

Liebe Lisi! Gestern habe ich diese Karte geschrieben, und habe dieselbe nicht in Briefkasten gesteckt. Heute habe ich deinen Brief erhalten, er war für mich wieder niederdrückend, ich komme unbe­ dingt noch zu dir vielleicht fahre ich mit Amalie nach Tölz. Heute Abend schreibe ich dir noch einen Brief. Einstweilen viele, viele herzliche Grüß Valentin

127

133

3°- 111 z93^

an

Liesl Karlstadt

München Nov. 1938 Liebe liebe Lisi! Amalie hat mich heute Samstag angerufen und hat mir gesagt, ich möchte nicht am Sonntag nach Tölz fahren, weil Sie am Mittwoch Donnerstag oder Freitag so wie so zu Dir fahrt und dich nach hause bringt. Ich wäre gerne zu dir gekommen, aber wenn es dir doch eine Aufregung bringt, will ich es lieber sein lassen. Ich habe schon 2 Sonntags Nachmittagvorstellungen bei Benz gespielt, weil mir die Sonntage zu langweilig sind, nun spielen wir schon zum 5 x die Scheinwerfer, aber wir setzen dieselben ab heute wieder ab, weil es nix is ohne Dir, ab morgen nehmen wir wieder die Kapelle. Benz will im März 1939 schließen, und Herr Mutter der Besitzer des Isaria und Odeonkino will ab 1 März das Kolosseum übernehmen und will uns auch über den Sommer haben er wird mit uns wen Du wieder in München bist verhandeln. Wir machen aber nur das, was Du für gut befindest Wenn Du Dich im Dezember noch nicht ganz gesund fühlst machen wir nur Schallplatten und den Film (2 Tage) für den Film bekommst Du 2000 - M also bist Du im Dez. auf Benz nicht angewiesen. Außerdem Du willst, und kannst im Benz arbeiten Vorstadt Variete Musiker Ich hasse das dumme Tölz, weil ich Dir nicht alle Tage telefonieren kann, mit Berlin ist das zu machen nur mit Tölz nicht. Diesen Brief schreibe ich soeben nach der Nachmittag-Vorstellung zwischen 7 u 'Z 8 Uhr in der Küche von hier aus gehe ich damit die Zeit vergeht •wie immer allein ins Panorama in der Kaufingerstrasse von da aus heim und dan wieder ins Benz. - Alle Nachmittage von 1-4 Uhr so lange die Sonne scheint bin ich beim Laubzusammenrechen im Alpinum Garten und so vergeht ein Tag um den anderen, bis meine liebe Lisi wider kommt, und das ist in dieser Woche und dann ists wider schön. Hoffendlich noch 25 Jahre. Viele herzliche Grüße Dein V. 128

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1938

an einen

Freund in München

Berlin, den 12. Dezember. Mein lieber Freund! Sei so gut und schicke mir aus München 1 Pfd. frischgefallenen Schnee, die Berliner glauben mir nicht, daß es in München schon schneit. Schreibe aber auf das Postpaket ’nauf »Vor Wärme schüt­ zen!«

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1938

an eine

Hundertjährige

zum

Geburtstag

Nehmen Sie bitte schön von mir die herzlichsten Glückwünsche zu Ihrem hohen Geburtsfeste entgegen. Ich bin dieses Jahr 5ojahre alt geworden, also halb so alt als Sie heute sind. Aber in 50 Jahren habe ich Sie eingeholt, dann bin ich auch 100 und Sie schon 150. Zu diesem 150. Geburtstag verspreche ich Ihnen heute schon, daß ich Sie dann persönlich besuche und Ihnen zum 150. Geburtstag gratu­ liere, das heißt, wenn ich bis dahin noch lebe. Anbei als Geschenk von Fräulein Lisi Karlstadt ein Jo-Jo und einige gute Zigarren.

129

136

1938

Antwort auf eine Bitte um Theaterfrei­

karten

Ich finde es furchtbar lustig, daß Sie von mir als Komiker im Kolosseum Freikarten für das Deutsche Theater verlangen. Es ist dies ungefähr so, als wenn Sie zu einer Schneiderin gehen und zu dieser sagen: Könnten Sie mir eine Schneiderin empfehlen, bei der ich mir ein Kostüm machen lassen kann, auf Ihre Arbeit bin ich nicht scharf. Ich bin über Ihre Zumutung sehr gekränkt, fühle mich zurückgesetzt und habe über diesen Vorfall bereits 8'Z Tränen geweint. Anbei sende ich Ihnen zwei Steuerkarten ä 40 Pfennig, leider nur ins Kolosseum. Wir haben auch leider kein »Weißes Rößl«, dafür drei braune Bären. Sollte aber Ihre Lieblingsfarbe weiß sein, so wären wir gerne bereit, die drei Bären an diesem Abend »weiß« färben zu lassen.

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T93®

AN

einen

Apotheker

Sie waren einmal so unverschämt und schenkten mir 2 Schachteln Hellamon, gegen neuralgische Kopfschmerzen. Da ich momentan wieder so unverschämte Schmerzen habe, gestatte ich Ihnen, noch einmal so eine Unverschämtheit zu begehen. Sonst nichts Neues. In München hat es heute vormittag 11 Uhr vier Grad Kälte, wenn Sie es nicht glauben, schicke ich Ihnen ein Barometer.

130

138

i8. 1. 1939 Eckener

an den

Karl Valentin Komiker

Luftschiffpionier Dr. Hugo

München 22, den 18. Januar 1939 Mariannenpl. 4/II

Herrn Kapitän Dr. Hugo Eckener, Friedrichshafen. Luftschiffwerft Sehr geehrter Herr Luftkapitän Eckener! Unten unterzeichneter erlaubt sich die höfliche Anfrage, ob Sie ihm zu einer Reklamesache Ihr schönes neues Luftschiff LZ 130 nur auf einige Tage leihen würden, ohne Mannschaft und Betriebsstoff. Das Luftschiff würden ich und einige Freunde von mir selbst in Fried­ richshafen abholen. Für alle eventuellen Schäden komme ich auf. In der Hoffnung keine Fehlbitte getan zu haben, zeichnet hochachtungsvollst [...] Karl Valentin

139 1. 2. 1939

an den

Reichspresseleiter Amann

Karl Valentin Telefon 25599

München 2 2, den 1. Februar 1939 Mariannenpl. 4/II

Herrn Reichspresseleiter Amann, München. Thierschstr. 11 Sehr geehrter Herr Reichspresseleiter Amann! Solche Zeitungsberichte sind eine »Wohltat« für Hunderttausende von Nervenleidenden. Sie, Herr Reichspresseleiter haben mir ein­ mal versprochen, Sie werden dieser Sache, die auch die Volksge­

meinschaft betrifft, ein Ende machen. Ich will sie Ihnen wieder in Erinnerung bringen, nachdem Sie selbst den grossen Schaden sol­ cher Anzeigen anerkennend beurteilt haben. Heil Hitler! Valentin

Es mehren sich in letzter Zeit die Fälle, dass Zeitungsschriftsteller ja so gar oft Laien in grossen deutschen Zeitungen sogenannte Origi­ nal-Anekdoten über prominente Persönlichkeiten bringen, die von Anfang an erlogen, oder wenn solche tatsächlich von den betreffen­ den Künstlern stamm[en,] bis zur Unkenntlichkeit verzerrt werden. Besonders werden von diesem Unfug in letzter Zeit Leute des Humors, wie gerade Karl Valentin, Weiss Ferdi et[c.J betroffen, denen man in widrigster Weise Witze aufdichtet, die i. gänzlich erlogen sind und 2. des Humors gänzlich entbehren. Karl Valentin, dessen eigenartiger Witz überhaupt kaum auf dem Papier wiederzu­ geben ist, wird von diesen Humorschriftstellern direkt mit Füssen getreten, denn diese meinen, man darf nur irgend einen Blödsinn zusammenschreiben und schon ist eine Valentin Anekdote fertig. Die Anekdote wird dann in irgend einer Zeitung abgedruckt und dem Leser vorgesetzt. Dieser schüttelt darüber den Kopf und meint »wenn dieser Valentin keine besseren Witze machen kann, da[nn] soll er seinen Beruf aufgeben[«] usw. - Aber nicht nur humorarme, sondern ganz alte Witze aus dem vorigen Jahrhundert werden um das alte zu verbergen auf Valentin umgeändert um dieselben leichter unterzubringen. Die Zeitungen die sonst sehr heikel sind, Sachen abzudrucken, die schon einmal in einer Zeitung waren, machen hier eine Ausnahme und von einer Zeitung wird so eine fürchterliche Anekdote oft in 1 o - 20 weiteren deutschen Zeitungen veröffentlicht und der Verfasser erhält für seine »Arbeit« oft ein ganz schönes Sümmchen. Von Karl Valentin selbst und das ist das merkwürdigste, kommen die Einsendungen zurück mit dem Bemerken »Leider können wir von Ihrer Einsendung keinen Gebrauch machen«. Herr Valentin erblickt in diesen Sachen eine Geschäftsschädigung. Er hat auch schon oft die Zeitungen ersucht, ihm die Witze erst lesen zu lassfen,] ob sie auch wirklich von ihm sind, was auch G2

manchmal geschieht, doch kurze Zeit darauf enthält dieselbe Zei­ tung wieder eine neue, verlogene, witzlose Anekdote. Ausserdem wird besonders von norddeutschen Schriftstellern der bayerische Dialekt in fürchterlichster Weise verstümmelt, hier ein Beispiel.) Gibt es für solche Ungerechtigkeiten keine Gerechtigkeit?

140 7. 2. 1939

an den

Reichssender Frankfurt/M.

Karl Valentin Telefon 25599

München 22, Mariannenpl. 4/II Den 7. Februar 1939

Reichssender Frankfurt Herrn Andreae, Frankfurt /Main Eschersheimer Landstr. 33

Sehr geehrter Herr Andreae! Dass ich von Ihnen keine Antwort mehr bekomme, weiss ich ja. Ich habe heute eine Anfrage an Sie zu richten und zwar betrifft es die 3 für Sie geschnittenen Schallplattentexte: Vor Gericht - Valentin tanzt hochdeutsch und Schäfflertanz, für die ich pro Platte 200.— Mark, aber keine Tantiemen bekommen habe. Ich frage nun bei Ihnen an, ob ich die Texte für alle mir passend erscheinenden Gelegenheiten weiter verwerten kann. Der Reichssender München bezahlte mir bisher auch 200.— Mark und ausserdem noch 10% Wiederholungsgebühr. Das ist aber seit Kurzem auch abgeschafft, ich kann aber die aufgenommenen Texte verwerten wie ich will. Verwende ich sie zum Beispiel als Zeitungsartikel, so kann ich im Laufe der Jahre bestimmt 1000.— Mark an einem Artikel verdie­ nen. Keiner Antwort entgegensehend, zeichnet mit Heil Hitler! Karl Valentin

B3

141

24- 2- J939

Karl Valentin Telefon 25599

AN EINE Redaktion München, den 24. Februar 1939 Mariannenpl. 4/II

Sehr geehrte Schriftleitung! Humoristen haben es nicht leicht! Zur gegenwärtigen humoristischen Lage kann man nicht gut sagen, sondern man muss sagen zur gegenwärtigen Lage der Humoristen in Deutschland will ich der Schriftleitung nur mein öffentliches Auftreten von 1908 bis heute ganz kurz schildern. Jeder kann und soll sich dann selbst sein Urteil darüber machen. Seit 1908 trete ich mit Ausnahme einiger Gastspielreisen in Berlin, der Schweiz und Oesterreich nur in München auf, teils in Singspiel­ hallen, Kabaretts, Varietés etc. Seit 31 Jahren hatte ich noch nie einen Konflikt mit der Polizei. Man konnte ihn auch unmöglich haben, denn alles was man auf der Bühne dem Publikum vortragen wollte, musste zuerst der Polizei vorgelegt werden. Nach einigen Tagen bekam man das Textbuch wieder zurück mit dem Stempel: »Bis auf rot durchstrichenes zum öffentlichen Vortrag genehmigt.« Diejenigen Komiker und Humoristen, die es trotzdem wagten das Durchstrichene zu bringen, machten sich strafbar und bei öfteren Wiederholungen wurde ihnen der Erlaubnisschein zur Ausübung ihres Bühnenschaffens entzogen. Nun aber war die Sache früher einfacher mit den sogenannten Varietéhumoristen, welche so um 1880-1914 in den Varietés engagiert waren, wie der Humorist Otto Reuter, Karl Maxstadt etc. etc. Die hatten ihr festes Programm, einen Prosavortrag und anschliessend 5-6 Couplets. Diese zensier­ ten Couplets trugen sie in jeder deutschen Grosstadt bei einem 14 tägigen oder monatlichen Gastspiel vor. Diese grossen Humoristen arbeiteten ja auch aktuell und alle Tagesereignisse auch politischer Art brachten sie in wirksamer Weise auf die Bühne, aber nicht, bevor sie zensiert waren. Ja das ging damals, aber heute verlangt man von einem modernen Humoristen keinen Coupletgesang mehr, sondern der moderne Humorist muss heute als lebendiges Programm fun­ gieren und im Stegreif die folgenden Nummern conferieren oder B4

ansagen und er heisst auch nicht mehr Humorist, sondern Confe­ rencier oder Ansager. Der Humorist von früher betrat die Bühne mit einem fertigen, ausgewählten, auswendig gelernten und zensier­ ten Vortragsprogramm. Der heutige Ansager betritt äusser einigen Begrüssungsformeln die er sich zurecht gelegt hat, ohne Programm die Bühne und muss sich erst aus dem Zuschauerraum und aus den Vorträgen und Schaunummern der Artisten seinen Stoff holen, welchen er dann witzig und dezent zu einer Conference verarbeitet. Sagen wir z. B. es passiert ihm das Malheur, dass während seines Vortrags im Varieté ein Kurzschluss entsteht. So ist dieser Ansager verpflichtet, im Finstern so lange das Publikum über diesen im Moment eingetretenen Kurzschluss zu unterhalten, bis derselbe wieder behoben ist. Also ein wahrer Conferencier muss nicht nur einen schwarzen Frack, sondern auch Geist und Humor besitzen und das mit einer polizeilichen Zensur zu machen wäre in diesem Falle nicht möglich, denn da müsste ja der Kurzschluss minestens 8 Tage vorher dem Conferencier gemeldet werden, damit er sich einen Text schreiben und denselben polizeilich zensieren lassen könnte etc. etc. Aber ich will hier nicht witzig werden, ich meine ja nur. Jetzt die Politik und der Patriotismus auf der Bühne. Gehören diese 2 Begriffe auf die Bühne oder gehören sie nicht auf die Bühne? Darüber gehen die Meinungen seit Jahrzehnten auseinander, und ich kann nur von meinen Erfahrungen aus sprechen, dass ich bis 1933 nicht das geringste von Politik oder Patriotismus brachte. Ich habe noch nie in meiner ganzen Bühnenlaufbahn das Thema Bayern und Preussen berührt und zur Beglaubigung meiner Erklärung kann ich versichern, dass ich alle meine, nahezu 500 Couplets heute und in vielleicht 20 - 30 Jahren noch singen könnte, so unaktuell habe ich immer auf der Bühne gearbeitet. »Raubritter vor München« und »ein Sonntag in der Rosenau« diese beiden Stücke sind an keine Zeit gebunden, dieselben sind nur humorvoll und der Humor bleibt ewig, solange es Menschen gibt. Und jetzt bin ich an der richtigen Stelle angelangt. 30 Jahre lang habe ich mich an mein striktes, neutrales Programm gehalten, da kam das Publikum und gab mir gute Ratschläge »Sie müssen auch etwas über die jetzige Zeit

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bringen«. Der Wunsch des Publikums war mir Befehl, dachte ich mir und schweren Herzens entschloss ich mich nun zusammen mit meiner Partnerin Liesl Karlstadt in meinen Stücken aktuelle Ein­ würfe zu machen. Bei meiner harmlosen Komödie »im Senderaum« sagte ich zu der Sendeleiterin Liesl Karlstadt »ich würde gerne bei dem Hörspiel die Geräusch machen, aber muss ich denn da nicht bei einer Fachschaft sein?« Bei dem Wort »Fachschaft« dröhnte das Haus, mit den Füssen wurde gestampft, Bravo geschrieen, einige erhoben sich von ihren Sitzen im Parkett und schrieen mir zu »wunderbar!«. Der Applaus wollte hier wirklich kein Ende nehmen und wir mussten mit Gesten und Gebärden andeuten, dass wir weiter sprechen wollten. Als ich aber bei dem Streit »Schneewitt­ chen und die 6 Zwerge - Schneewittchen und die 7 Zwerge - 6 Zwerge - 7 Zwerge - ja 7 Zwerge hat das Märchen geheissen, aber einer von den sieben ist ja kürzlich gestorben. - Wieso ? - Ja ganz Plötzlich, der hat sich die neue Mustersiedlung angeschaut in Ramersdorf, da hat ihn der Schlag getroffen« Hierauf folgte kein Lachen, denn das war nur mehr ein Geschrei. Wir konnten die Komödie nicht mehr richtig zu Ende spielen, denn die eineinhalb Tausend Menschen waren nicht mehr zu beruhigen. Sie lachten unaufhörlich weiter. — Anlässlich eines darauf folgenden Gastspie­ les in Berlin, im Kabarett der Komiker war der Erfolg mit demselben Stück noch grösser; hohe Persönlichkeiten der Partei waren täglich Gäaste und amüsierten sich kösdich über diese politischen Einwürfe und als mich Herr Professor Heinrich Hofmann in Berlin Besuchte und mir mitteilte, dass auch der Frankenführer HerrJulius Streicher heute abend ins Kabarett der Komiker kommt, da fragte ich ihn vorsichtshalber, ob ich das von der Fachschaft und von der Muster­ siedlung bringen soll, worauf mir Herr Professor Hofmann erwi­ derte »selbstverständlich« Ich habe auch niemals eine Mahnung bekommen, dass ich diese Bemerkungen unterlassen solle. Bei K.d.F. Vorstellungen immer der gleiche Erfolg. — ------ Aber — seitdem nun im Hause des Humors Feuer ausgebro­ chen ist, habe ich das Sprichwort »Schuster bleib bei deinen Lei­ sten« ausgepackt und die politischen Witze für immer eingepackt, denn man weiss ja ganz genau, dass kein Mensch über das Wort 136

»Fachschaft« lacht, wenn es nicht einen anderen Hintergrund hätte. Hätte je einer aus dem Publikum gelacht, wenn ich statt »Fach­ schaft« »Innung« »Zunft« oder »Genossenschaft« wie es früher geheissen hat, gesagt hätte! - Hätte je einer gelacht, wenn ich statt »Mustersiedlung« »Villenkolonie« gesagt hätte! Wenn ein Publi­ kum (und das ist jetzt das Wichtigste an der Sache) gleich etwas ablehnt was ihm nicht passt und statt dass es lacht, pfeift und »pfui« schreit, so wird sich jeder Humorist hüten, das nächstemal diese ausgepfiffenen Witze zu wiederholen. Die betreffenden Berliner Humoristen haben ihre Strafe bekommen----- und das Publikum?? ------ wurde freigesprochen. Karl Valentin

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Anfang 1939

an

Liesl Karlstadt

Ob ich am Dienstag schon auftrjeten] kann weiß ich nicht - da ich Bronchitis habe, Muskelschmerzen Asthma, pp. Vom M[o]ntag bis Samstag setze ich bei Benz aus

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6. 3. 1939 an den Direktor Stadtmuseums

des

Münchner

München, d. 6. März 1939 Mariannenpl. 4/2

Karl Valentin Tel. 25599

Sehr geehrter Herr Amtmann Schiessl! Durch die Zeitung kommt Gott sei Dank die Wahrheit immer an den Tag. Der Volksmund spricht, die Zeitung lügt, nein, die Zeitung lügt nicht, denn die hat heute die Wahrheit geschrieben: Herr Dr. Schiessl ist 50 Jahre alt. Aber Sie haben immer gelogen und haben zu mir gesagt, Sie seien erst 25 Jahre alt. Allerdings war das als Sie mir das sagten - glaube ich im Jahre 1914. Gar so ein Lob, wie es die Zeitung schreibt, haben Sie eigentlich nach m. Ermessen auch nicht verdient, denn Sie haben ja alle diese historischen GegenB7

stände schliesslich nur gesammelt. JAA, wenn Sie alles, was sich im Museum befindet selbst gefertigt hätten - man denke hier nur an die 70 steinernen Kanonenkugeln im Hofe; dann könnte man sagen »Respekt«! Aber nur sammeln - ich bin Sammler, allerdings nur in Fotos, Briefmarken ecr. da mir eine Mädchensammlung v. meiner Frau nicht genehmigt wurde. - Anbei sende ich Ihnen statt Weih­ nachtsbäckereien verschiedene andere Sachen. Teils zum anschaun, teils zum verzehren; hoffentlich verwechseln Sie die Sachen nicht. Indem ich Ihnen einige gute Glückwünsche wünsche zu Ihrem hohen Geburtstag, verbleiben Fräulein Karlstadt und ich, nebst meiner Familie, meiner Sekretärin und Zugeherin Ihr Karl Valentin

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3. 4. 1939

an

Otto Falckenberg

An die Münchner Kammerspiele Maximilianstrasse

3. April 1939

Wir beide gratulieren Herrn Direktor Falckenberg zu seinem Jubi­ läum und sind versichert, daß Herr Falckenberg sich für die Gratula­ tion bei uns bedankt, indem er uns einige Mark oder ein paar Blumen zukommen läßt. Unsere Adresse ist bei der Polizei zu erfahren. Karl Valentin Liesl Karlstadt

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3. 5. 1939

an den

Staatssekretär Köglmaier

Herrn Staatssekretär im Bayer. Staatsministerium des Innern, Herrn Max Köglmair

Erlaube mir, Ihnen, sehr geehrter Herr Staatssekretär, den Ab­ schnitt aus den Münchner Neuesten Nachrichten zu übersenden 138

mit der herzlichen Bitte - dem alten ehrwürdigen Panorama einen jährlichen Zuschuß von 1000 Mark zukommen zu lassen, damit uns dieses Stück Alt-München erhalten bleibt. Sollte die Stadt sich weigern, obigen Betrag zu genehmigen, bin ich leider gezwungen, mit meiner Bitte einen Fehltritt begangen zu haben. Mit Panorama-Gruß! Ihr ergebener Geheimer Privat-Historiker der kgl. Haupt- und Residenzstadt München. N. B. Ich schreibe raffinierterweise gleich an vier Stellen, von einer einen Erfolg erhoffend. Einen Zwang erlaube ich mir vorläufig noch nicht auszuüben.

146 7. 8. 1939

an den

Karl Valentin Telefon 25599

Bürgermeister Dr. Tempel

München 22,den7.August 1939 Mariannenpl. 4/II

Herrn Bürgermeister Dr. jur. Karl Friedrich Tempel, München. Rathaus Sehr geehrter Herr Bürgermeister Dr. Tempel! Zurückkommend auf unsere Besprechung vor einigen Tagen in meiner Wohnung, übersende ich Ihnen ein Verzeichnis meiner für Sie in Frage kommenden Sammlungen. Der vom Führer mir gegenüber geäusserte Wunsch, er möchte alle meine Alt-Münchner Bilder sehen, müsste dann vom Stadtarchiv erfüllt werden, wenn meine Sammlung in den Besitz der Stadt kommt. Nach Besichtigung der 50 Original Stereoskopaufnahmen von AltMünchen, Ende Juni im Künstlerhaus (Lenbachsaal) befahl der 139

Führer Herrn Professor Heinrich Hoffmann, von den 50 Stereobil­ dern aus dem Jahre 1860 Gegenaufnahmen von der Jetztzeit zu machen und hier im Münchener Panorama Kaufingerstrasse 31, ständig zur Ausstellung zu bringen, damit die Münchner die Ent­ wicklung der Stadt München naturgetreu und plastisch erleben können. Heil Hitler! Karl Valentin N.B. Sollte der Ankauf meiner Sammlung durch die Stadt zu Stande kommen, so hätte ich den dringenden Wunsch, den Ankauf geheim [Presse] zu halten, da ich mich sonst vor Sammlern und dergl. nicht mehr retten kann. D.O.

Verzeichnis meiner gesammelten Kulturwerke von 1905 - heute für Buchverlag etc.

1. Das Münchner Volkssängertum (ca. 1.225 Original Fotos) von verstorbenen und heute noch lebenden Volkssängern und Volks­ sängergesellschaften. 2. Sämtliche Münchner Vergnügungsstätten wie Theater, Varietes, Kabaretts, Zirkusse, Panoramas etc. seit ungefähr 1600. 3. Die alte Stadt München um 1860 mit noch nie gezeigten Origi­ nalfotografien. 4. Die alte Stadt München um 1860 in 200 farbigen Glas Diapositi­ ven für Lichtbildervorträge 5. 150 Stereoskopbilder Alt-München von 1850 - 1900, welche in einem automatischen Guckkasten besichtigt werden können. 6. Münchner originelle Persönlichkeiten, sogenannte Stadtorigi­ nale, vom 17. Jahrhundert bis heute, in Fotos und Zeichnun­ gen und in farbigen Diapositiven mit Text zu Lichtbildervorträ­ gen. 7. Sammlung sämtlicher in Hammers Panoptikum, Neuhauser­ strasse von 1893 - 1908 ausgestellten Gegenstände und Abnor­ mitäten. 140

8. Ansichtspostkarten Sammlung von 1880 - 1910 (Extra Kitsch Postkarten Ausstellungszwecke) 9. Ein Kitschpostkarten Album über König Ludwig II.

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20. 8. ODER SPÄTER 1939

AN OTTO

Falckenberg München, den 20. August 1939. Prophezeiung!

an Falkenberg

Du liebe Schauspieldirektion, ja bist Du denn verwirrt, Du ziehst ins Kolosseum ein, da hast Du ja geirrt. Schauspieler sind und müssen sein von Grund aus gscheite Tropf, doch von dem Spiel im Kolosse, da kriegt vom Schrei’n ihr Kröpf. Von Akustik ihr lieben Herrn, hat Ihr mich müssen fragn, ich kenn das Kolosseum gut, ich häts euch können sagn. Von meinem Lager musst ich ziehn, wo ich so lange drinn, nun kommt das Schauspielhaus hinein, mein lieber Valentin! Doch zieht im Herbst die Lerche fort, und singt sie leis Adjö, is s’Kolosseum so wie einst, das alte Variete!

Karl Valentin 141

Obiges Gedicht habe ich verfasst, als ich erfuhr, dass das Schauspiel­ haus ins Kolosseum kommt und ich mein Lager räumen musste. Getsren[!J, am 5. September erfuhr ich, dass das Schauspielhaus wieder zuriickkehrt in seine alte Stätte und nun erst hat es einen Sinn, dass ich Ihnen erst heute diese Prophezeiung sende.

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29. 10. 1939

an den

Schauspieler Konrad Dreher München, den 29. 10. 39

Motto: Konrad Dreher - Karl Maxstadt und Papa Geis; das war nur einmal, das kommt nie wieder!

Mein lieber Konrad Dreher! Meine Gratulation zu Ihrem hohen Geburtstag kommt etwas später. Ich war der Meinung, dass man zum Gratulieren auch schon einen Bezugschein benötigt. Mir wurde aber an der betreffenden Stelle erklärt; zum Gratulieren vorläufig noch nicht, nur zu den Geschen­ ken. Sekundenlang zermarterte ich mir den Rest, meines noch vorhandenen Gehirnes. Was soll ich dem jubilierenden Konrad Dreher kaufen? Ich dachte zuerst an Fressereien, wie Schinken Kalbshaxen, Würste u.s.w. Aber woher nehmen und nicht stehlen! Und wegen dem Konrad Dreher stehlen, fällt mir im Schlaf nicht ein. Und während des Schlafes stehlen, ist unmöglich - höchstens im Traume wäre das zu machen; hätte aber keinen Sinn, denn wenn ich von einem eventl. Wurstdiebstahl erwache, habe ich ja wieder keine Würste, weil es ja nur ein Traum war. Dann dachte ich zum Geschenk an Getränke. Sekt ist zu teuer - Bier zu alltäglich Spiritus und Petroleum sauft er net, der Dreher und mit einem Kübel Wasser könnte ich ihn höchstens beleidigen. Drei Meter dunkles Verdunklungs = Papier und einen Feuerpatscher hat er schon. Nun hurrtig auf die Jagd, nach irgend »etwas«, was ich dem Dreher zum Geburtstag schenken kann! Ich ging in den ersten 142

Laden hinein: Verkäufer: »Sie wünschen, mein Herr?« »Drei Tafeln Schokolade, wenn ich bitten darf! [«] — »Bedaure, Schokolade gibt es nicht mehr!« Hinein in einen anderen Laden. Verkäuferin: »Sie wünschen, mein Herr?« »Ein Pfund Kaffee, wenn ich bitten darf.« - »Kaffee gibt es leider nicht mehr!« Hierauf ging ich in den dritten Laden. Verkäuferin: »Sie wünschen, mein Herr?« »Ein Pfund Oran­ gen!« ---- »Orangen gibt es leider nicht mehr!« - Hinein in ein anderes Geschäft. Verkäufer: »Sie wünschen, mein Herr?« »Ein kleines Päckchen Keks, wenn ich bitten darf«! — »Keks haben wir leider nicht, mein Herr.« - Wutentbrannt, mit leeren Händen, stürzte ich mich in den letzten Laden hinein. Verkäufer: »Sie wünschen, mein Herr?« — Ich schrie: »Nichts!! - Denn Sie haben ja doch nichts!« — Verkäufer: »Doch! Nichts, können sie bekom­ men; das ist das einzige, was wir noch haben.[«] - Der Verkäufer nahm eine leere Schachtel, verschnürte sie wie üblich - ich bezahlte nur die Verpackung, denn für das »Nichts« darf er ja nichts verlan­ gen und das ist heute mein Geschenk an Konrad Dreher, zu seinem 8osten Geburtstag. Hoffentlich ist bis zu seinem posten Geburtstag der Krieg zu Ende, damit ich dem Jubilar, mehr schenken kann, als zu seinem 8osten. In ewiger Verehrung Ihr Karl Valentin

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20- TI- J939

an die

Karl Valentin-Fey Tel. 25599

Polizeidirektion München

München 22, den 20. N[o]vember 1939 Mariannenpl. 4/II

An die Polizeidirektion Abtlg. Waffenscheine München Ettstrasse Hiermit ersuche ich höflichst um weitere Verlängerung meines Waffenscheines. Ich benötige denselben weil ich mich in Ausübung meines Berufes genötigt sehe, spät Abends noch unterwegs zu sein; ausserdem besitze ich in Planegg ein kleines Häuschen, in das ich oft erst bei Dunkelheit komme, und in das der Weg durch einen Vorgarten führt. Da in Planegg in den letzten Jahren viel vorgekom­ men ist, getraue ich mir das Grundstück nicht mehr bei Dunkelheit ungeschützt zu betreten. Im Uebrigen bin ich seit 15 Jahren im Besitze eines Waffenscheins No. 8406 (1936) und habe noch nie Missbrauch damit getrieben. Heil Hitler! Karl Valentin Komiker

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An

1939 die

an das

Direktion

Münchner Stadtmuseum des

Historischen Stadtmuseums.

Der Führer und Reichskanzler AdolfHitler besichtigte am 18. Novem­ ber 1939 die große Alt-Münchner Stereoskopsammlung von Karl Valentin im Künstlerhaus zu München, in einem sogen. Guckkasten. Der Führer war begeistert von diesem schönen Kulturdokument und beauftragte Herrn Professor Heinrich Hofmann, er solle dafür sorgen, daß 'm. jeder Groß- und Kleinstadt alle alten Stereoskopbilder

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von Privat gesammelt werden und zwar von 1850-1900, die ständig zur Ausstellung kommen, damit die junge Generation Gelegenheit hat, einen Blick in die Vergangenheit der deutschen Baukunst zu tun. Den Grundstein zu dieser Arbeit habe ich gelegt. Seit Jahren sammle ich diese alten Bilder. Durch ständige Kaufanzeigen in der Münchner Presse erhielt ich solche alte Stereoskopbilder aus aller Welt. Davon verwerte ich nur die Münchner Bilder und alle andern, z. B. Berlin-Hamburg-Dresden-Leipzig [etc.] schicke ich an die betreffenden Museen in diesen Städten kostenlos. Dafür will ich weder einen Dank noch Ersetzung der Portospesen, sondern ledig­ lich eine Bestätigung, daß das Museum die Bilder erhalten hat. Eine Bitte hätte ich jedoch. Sollten sich im Besitz des Museums oder Privatkreisen Stero-Bilder aus Alt-München befinden, so wäre ich dankbar, wenn Sie mir dieselben zukommen ließen. Wenn Sie in Ihrem Museum einen Guckkasten aufstellen wollen, in dem 50 Stero-Bilder durch Handdrehen gezeigt werden können, so würde ich Ihnen den Rat erteilen, in Ihrer Stadtzeitung eine kleine Annonce zu bringen. Sie werden dann bestimmt einen solchen Guckkasten im Preis von RM. 5.- bis RM. 10.- erhalten. Mit Deutschem Gruß! Karl Valentin München, Mariannenplatz 4/2.

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1939

an den Intendanten

Fritz Fischer

Herrn Intentand Fritz Fischer München

Die lustige Witwe. Gestern gab ich mir selbst die Ehre und das Vergnügen die lustige Witwe im Gärtnertheater zu besichtigen und zu behören. Trotzdem ich nichts dabei bezahlen brauchte, bot man mir den mistigsten Platz an in einer Loge - in welche[r] »andere« 6 Mark bezahlen dürfen. Fast sah ich gar nichts, nur Männer und Frauen Popoe, allerdings leider angezogen, die Rücken der Damen waren nur mit Haut 145

überzogen. Ich beneidete die Orchester Musiker, die unter dem Orchestergitter sassen, die können, wenn sie wollen den tanzenden Damen wenigstens von unten »hinauf« sehen. Es ist eine neue Bühnenerscheinung, dass sich die Darsteller nicht auf der Bühne produzieren, sondern sich den ganzen Abend auf die Logenbrüstung einem vor die Nase setzen. Wutentbrannt wollte ich mir mein Eintrittsgeld herausbezahlen lassen, aber das war nicht möglich, weil ich ja eine Freikarte besass. - Trotzdem tröstete ich mich mit den Taxichauffeuren auf dem Gärtnerplatz, denn die sehen auch nichts von der Vorstellung. Das Stück selbst ist nicht neu, es ähnelt irgend einer Operette. Die Reschie von Indendand Fischer ist mau. Wo bleibt das Tempo bei der Drehbühne? Heute im Zeichen der Technik müssten die Drehbühnen in der Minute 2000 Umdrehun­ gen machen, also bitte mehr Tempo. Die Nackttänzerin strotzt vor Schlankheit. Wo sind bei ihr die Formen des Weibes? Ist sie krank? Leidet sie an Abzehrung - dann runter von der Bühne und in ein Sanatorium. Wenn man uns schon nackte Frauen zeigt, dann bitte wenigstens »vollschlank«. Zum Schluss meiner Kritik sei noch erwähnt, dass das Theater selbst nicht den neuzeitlichen Bedürfnis­ sen entspricht und in ein modernes Theater umgestaltet werden müsste und zwar in ein Freilichttheater. Es würden damit, wenn nur an sonnigen Tagen gespielt wird, die ganzen elektrischen [Lichtspe­ sen] in Wegfall kommen. An Regentagen könnte man sich sogar bei einem evtl. Theaterbrand den Regenaparat ersparen Ich bin gerne bereit Ihnen mit weiteren Anregungen zu dienen, vorausgesetzt, dass Sie meinen geistigen Ideen folgen können. Mit aller Hochachtung und einigen Grüssen Ihr Karl Falentin [N.] B. Bitte den Brief nicht ernst zu nehmen!

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ip

1939

an das

Stadtarchiv München

Sammlung von Photographien der Stadt München von 1850-1900 von Karl Valentin - Fey, begonnen 1925. Wenn man die städtischen historischen Sammlungen, wie Stadtmu­ seum am Jakobsplatz und das Stadtarchiv in der Winzererstrasse so genau durchwühlt wie ich, so bemerkt man, dass zwar aus den früheren Jahrhunderten viel mehr Material an Bildern vorhanden ist, als gerade aus der Zeit 1850-1900. Diese obengenannte Zeit­ spanne 1850-1900 ist noch dazu die Zeit der Photographie und trotzdem hat man es leider versäumt, viele alte, der Neuzeit zum Opfer gefallenen Stadtmauern, Türme Gebäude etc. vor dem Ab­ bruch im Bilde festzuhalten. Man könnte solche Menschen, die ein altes ehrwürdiges Haus abreissen lassen oder den Auftrag dazu erteilen nur Jdioten nennen, wenn sie es unterlassen, von einem solchen Jmmobil vorher noch ein Bild anzufertigen. Gerade Mün­ chen hat in dieser Weise von allen deutschen Städten am meisten gesündigt. Die einzige Entschuldigung die es dafür gibt, ist vielleicht »das Bier« für welches die damaligen Stadträte mehr Jnteresse hegten, als für die alten Häuser der Stadt. Meine Aufgabe ist es nun, die noch im Privatbesitz befindlichen Fotos zu gewinnen und zu einer Sammlung zu vereinigen in welcher ich die Stadt München wieder aufbaue, aber nicht in Stein, sondern in Papier um dadurch unseren Kindern und Kindeskindem zeigen zu können, wie es vom 18. bis zum 19. Jahrhundert in München ausgesehen hat. Mit Unterstützung von einigen Münchner Histori­ kern hoffe [ic]h mein Vorhaben zu verwirklichen, der Anfang ist gemacht. Karl Valentin.

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20.2.1940

andenOberbürgermeisterFiehler

Karl Valentin Telefon 25599 Herrn Oberbürgermeister und Reichsleiter Karl Fiehler, München. Rathaus

München, den 20. 2. 40

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Ganz kurz teile ich Ihnen mit, dass mir in meiner Vaterstadt schon wieder ein grosses Unrecht zugefügt worden ist. Mein ganzer Theaterfundus, den ich mir seit 30 Jahren zusammengestellt habe, lagert seit den letzten 12 Jahren in einem Nebenraum des Variete Kolosseum. Plötzlich bekam ich vorigen Herbst die Nachricht von der Direktion der Münchener Kammerspiele, das Lager muss[...] sofort geräumt werden. Wo sollte ich von einem zum andern Tag ein trockenes Lager herbringen, für 26 grosse Reisekörbe vol Ko­ stüme, Möbel, Instrumente ect. (Man wollte das Lager sogar ohne meine Anwesenheit aufsprengen!!) - Aber man suchte dann schnell für mich im gleichen Hause irgend ein Kellerloch - und da wurden dann meine Sachen hinterstellt. (Transport natürlich auf meine Kosten). Doch dauerte es nicht lange, da läutete wieder mein Telefon - Hier Spatenbrauerei, im Auftrag der Münchner Kammer­ spiele müssen Sie Ihr Lager räumen, weil in diesen Raum ein Luftschutzkeller eingebaut wird. Ich hatte aber diesmal 8 Tage Zeit erhalten und ein Herr Oberbaurat meinte, vielleicht können Sie doch noch darin bleiben. Aber die Brauerei wurde abermals ge­ drängt und ich wieder von der Brauerei - ich musste auch da wieder heraus. - Nun machte ich kurzen Prozess - alles was Holz war - die Kanonen, das Schildwachhaus, die Raubritterkulissen, die Möbel­ stücke und Requisiten von 42 Einaktern liess ich alles zu Brennholz machen, einiges verkaufte und verschenkte ich und eine 30jährige, mühevolle Arbeit, die viel Geld kostete, existierte nicht mehr. Und vor 8 Tagen stand in der Zeitung zu lesen »Die Kammerspiele

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verlassen am 20. Februar 1940 das Kolosseum und ziehen wieder in ihr altes Heim[«]. Nun könnte ich meinen Lagerraum wieder haben, aber er hat nun keinen Sinn mehr. - Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. Anbei die Brandversicherungsprämie - schade, dass nicht das ganze Zeug verbrannt ist. Heil Hitler! Karl Valentin Reperdatination! 12 Jahre lang hatte ich ein Requisitenlager im Variete Kolosseum in einem Nebenraum. Da wurde ich am Abend des 31. Augustes 1939 von einer staatlichen Stelle angerufen: Morgen vormittag um 11 Uhr müsste mein ganzes Lager geräumt sein, da die Kammersp[ie]le das Kolosseum übernommen haben. Wo soll ich bis am andern Mittag einen grossen trockenen Lagerraum herbringen, sprach ich zu mir.------- Nun man wollte nicht zu brutal sein und meine 2 Dutzend Kisten, Körbe, Trommeln, Kulissen, Flugzeugteile, Raub­ ritterkanonen auf die Strasse hinausschf.. .Jleudern. Man suchte schnell im Haus des Kolosseums irgend ein Kellerloch und ich hatte somit wieder ein neues Lager. 7 Monate später wurde ich wieder benac[h]richtigt, aber nicht so rigoros wie das erstemal, denn da hieß es, »Sie haben binnen acht Tagen Ihr Lager wiederum zu räumen, da der Kellerraum für Luftschutzkeller und zwar für die 1000 Zuschauer der Kammerspiele ausgebaut wird.[«J Ich hatte nun wieder kein Lager, lief in der ganzen Hauptstadt umher - und fand keines. Nun übermannte mich mein Zorn, die ganzen Requisiten mit nahezu 120 Kostümen, Uniformen der Raubritter vor Mün­ chen, dem Brillantfeuerwerk in der Rosenau, alles, alles verschenkte ich und verkaufte es stückweise an Vereine etc. etc. Die beiden Raubritterkanonen aus Holz die über 500 mal von der tapferen Bürgerwehr gegen die anrückenden Raubritter von Berg am Laim gegen München z[i]ehen wollten und abgefeuert wurden, liess ich zu Brennholz zerhacken. Alles übrige schenkte ich dem Gärtnertheater Fundus und nach 8 Tagen erhielt ich wiederum ein[e] Nachricht, dass die Kammerspiele wieder ins alte Schauspielhaus in der Maxi149

miliansstrasse einziehen. Nun ist das Kolosseum wieder ohne Zu­ schauer und keine Zuschauer brauchen auch keinen Luftschutzkel­ ler für iooo Personen. Nun könnte ich wieder mein Lager haben, aber ich habe keine Lagerbestände mehr und brauche auch deshalb kein Lager mehr---- nur über eines staune ich, dass andere viel komischere Sachen machen können als ich [selbst.] Mit deutschem Gruss! Karl Valentin

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30.4.1940

an einen

Fabrikanten den 30. April 1940.

Karl Valentin München Mariannenplatz 4/2 Tel. 25599

Sehr geehrter Herr Schenkl! Es tut mir leid Ihnen folgendes mitteilen zu müssen: Ich habe vor ca. 2 Monaten von Herrn Minister Esser, weil es diesem so gut in der Ritterspelunke gefallen hat, freiwillig aus seinem Fond RM 1000.— als Geschenk bekommen mit dem Bemerken die elektrische Leitung und die Ventilation durch Münchener Firmen nach Vorschrift neu herstellen zu lassen. Wie aber mindestens ein Dutzend Zeugen bestätigen können, entspricht Ihre Anlage (ich habe eigens Herrn Minister Esser gesagt, dass wir hier in München eine Firma haben, die die Ventilation richtig funktionierend ein­ richtet) nicht dem, wie es sein soll. Herr Wegmann und ich ersuchen Sie daher, die von Ihnen einge­ richteten 2 Motore mit Rohrleitung binnen 8 Tagen wieder zu entfernen. Wir müssen leider Herrn Minister Esser von Vorstehen­ dem Kenntnis geben, da ja Herr Minister Esser dafür das Geld überwiesen hat. Was Herr Minister Esser in dieser Angelegenheit zu tun gedenkt, entzieht sich unserer Kenntnis. Von einer Neuanlage müssen wir leider absehen und wir werden eine Firma nehmen, die

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uns die Stadt empfiehlt. Wir wollen damit jedenfalls nichts mehr zu tun haben. Mit deutschem Gruss!

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24. 5. 1940

an einen

Geschäftspartner

Karl Valentin München Mariannenplatz 4/2 Tel. 25599

,den 24. Mai 1940

Sehr geehrter Herr Wegmann! Das Gesuch um Rückstellung des Herrn Otto Zagler wurde vom Wehrkommando abgelehnt. Wenn Herr Zagler noch einige Tage, bis seine Einberufung erfolgt, weiterspielen will, ist es mir recht. Vielleicht geht es noch bis 15. Juni 1940. Wegen der von Ihnen gestellten hohen Forderungen schlage ich vor, die ganze Angelegenheit in Ruhe und Besonnenheit auszutra­ gen. Wegen Ihrer Aufgeregtheit, die Sie bei solchen Anlässen zeigen, erbitte ich mir, dass Sie mir einen bevollmächtigten Vertre­ ter stellen. Hierbei habe ich evtl, an Herrn Peter Schmid oder irgendeine Rechtsperson gedacht. Während der noch bestehenden Spielzeit ersuche ich Sie im Ge­ schäft jede persönliche Auseinandersetzung mit Rücksicht auf die Vorstellung und das Publikum vermeiden zu wollen. Heil Hitler!

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3. 7. 1940 an den Theaterwissenschaftler Prof. A. Kutscher

Karl Valentin München Mariannenplatz 4 Telefon 25599 Herrn Prof. Dr. Kutscher München 23 Antonienstr. 1

Verehrter Herr Professor Wenn Sie das schöne Buch aus Paris (1880) nicht mehr brauchen darf ich dasselbe wieder abholen lassen? Mit bestem d. Gruß Ihr Karl Valentin

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3. 8. 1940 an den Kulturamtsdirektor München

An Ratsherrn Reinhard Direktor der Städt. Kulturamtes

der

Stadt

München, den 3. Aug. 40.

MÜNCHEN.

Rathaus.

Sehr geehrter Herr Direktor! Ich nehme Veranlassung, Sie auf eine Angelegenheit, von der ich annehme, dass sie für Sie von Interesse ist, aufmerksam zu machen. Wie Ihnen bekannt sein wird, habe ich vor einiger Zeit meine Sammlung »Alt-München« um RM. 20000.— an die Stadt ver­ kauft, welche nun im Stadtarchiv untergebracht ist. Der eigentliche Kaufpreis der Sammlung war nur Rm. 15 000.—, die restigen RM. 5000.— berechnete ich für eine weitere Bilder-Sammlung »Alt

Münchner originelle Persönlichkeiten vom 17. Jahrhd. bis heute« und ausserdem für sämtliche Bilder des ehemaligen Panoptikums mit dazugehörigen Negativen und Stereoskops. Bei den Vorver­ kaufsverhandlungen hatte ich viel mit Herrn Archivdirektor Schaf­ fer, der der Begutachter der Sammlung war, zu tun. Herr Dir. Schaffer war dabei immer ausserordentlich zuvorkommend. Nach Abschluss des Verkaufes änderte sich jedoch das liebenswürdige Verhalten des Herrn Schaffer mir gegenüber in einer mir unerklärli­ chen Weise. Ein Vorfall, der sich ungefähr im Februar 1940 abspielte, gab mir nun zu denken. Ich plante damals im Kolosseum für das KriegsWinterhilfswerk eine Wohltätigkeitsveranstaltung mit dem Titel »Alt-München in Wort und Bild«. Ein Teil der im Stadtarchiv untergebrachten Diapositive (ca 200 Stück) sollte bei dieser Veran­ staltung als Lichtbilder gezeigt und wie schon einmal von Herrn Karl Steinacker besprochen werden. Mein Gesuch beim Stadtarchiv um leihweise Ueberlassung der Diapositive wurde mir schroff abge­ lehnt. Diese Ablehnung schädigte das WHW um eine Einnahme von mindestens RM. 500-, da ich die Veranstaltung, deren Mittel­ punkt die Vorführung der Diapositive gebildet hätte, natürlich absagen musste. Eine im Allgemeinwohl gelegene Sache, für die auch noch andere namhafte Künstler neben meinem persönlichen Auftreten sich bereits zur Verfügung gestellt hatten, hat also durch diese unverständliche Weigerung des Stadtarchivs unterbleiben müssen. Ein weiterer Vorfall: Kurze Zeit darauf erbot ich mich dem Stadtar­ chiv gegenüber einige beschädigte Stereoskop-Bilder durch bessere zu ersetzen und ausserdem noch 20 neue Bilder unentgeltlich an die Sammlung abzugeben. Mein vollkommen uneigennütziges und ein­ zig und allein im Interesse des Stadtarchivs gelegenes Anerbieten wurde mir vom Stadtarchiv wiederum abgelehnt, wobei Herr Ar­ chivrat Dr. Hornschuch die Aeusserung gebrauchte: »Der Kauf ist nun einmal abgeschlossen, Sie haben von jetzt ab keinerlei Rechte mehr, aus dieser Sammlung Bilder vorübergehend zu entnehmen, gleichgültig zu welchem Zweck.« Dieses Verhalten ist mir um so unverständlicher, als ich, wie bereits erwähnt, die Bilder nicht für 153

meine Zwecke, sondern im Interesse des Stadtarchivs entnehmen wollte. Ein 3. Vorfall, der die merkwürdige Haltung des Archivamts mir gegenüber ganz besonders beleuchtet: Nachdem der Führer meine Sammlung besichtigt und den Wunsch geäussert hatte, dass dieses Münchner Kulturdokument der Oeffentlichkeit zugänglich ge­ macht werden sollte, regte ich bei Herrn Direktor Schiessl an, die im Stadtarchiv aufbewahrte Stereoskop-Sammlung im Historischen Stadtmuseum auszustellen und zwar durch ein Rundpanorama, wie sich ein solches noch in der Kaufmgerstrasse (Panorama Internatio­ nal) befindet. Herr Dir. Schiessl griff meine Anregung sofort auf und trat mit der Besitzerin des »Panorama International« wegen Ankauf des Rundpanoramas leider ohne Erfolg in Verbindung. Daraufhin erbot ich mich Herrn Dir. Schiessl gegenüber, ein derartiges Rund­ panorama der Stadt zu stiften. Trotz all diesen Bemühungen ist es nun nicht möglich, die Sammlung zur Ausstellung zu bringen, da sich das Stadtarchiv weigert - ich wiederhole: entgegen dem Wunsch des Führers - die Bilder für das Historische Stadtmuseum zur Verfügung zu stellen. Dieses wertvolle Kulturwerk lagert nun, in Kisten verpackt, im Stadtarchiv. Was soll nun das Stadtmuseum mit einem Panorama ohne Bilder? Das interessiert die Münchner kaum. Ich habe Ihnen, sehr geehrter Herr Direktor, diese Vorfälle deshalb so ausführlich geschildert, um Ihnen meine Verstimmung gegen­ über dem Stadtarchiv verständlich zu machen. Heil Hitler! Karl Valentin

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August 1940

an den

»Ketterl«-Wirt Max Fischer

August 1940

Von Herrn

Sehr geehrter Herr Gastwirt Fischer! (Ketteri Wirt)

Viel Würmer hab dem Doppelfischer ich gegeben, Für diese Würmer, sprach er, da bekomm ich Fisch’ Ich warte nun vergebens auf die Fisch’ vom Fischer, Doch leider fängt der Fischer für mich keine Fisch’. Doch hat der Fischer wirklich Fisch gefischet Und gibt mir für die Würmer keinen Barsch, So fang ich für den Fischer nie mehr Würmer Und denk mir: Fischer! Du le.... m... a. A.. ch o-o-o-o-o-o-o-o-o-o-o

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27.9.1940

an eine

Verwandte München, den 27. Sept. 40

Meine liebe Anna Augustin-Steudtner (Cousine)! Es ist ja eine Schande, dass Verwandte, wie wir sind, sich nur alle 100 Jahre einen Brief schreiben. Im Jahre 1903 war ich das letzte Mal in Zittau; es waren jene unglückseligen Jahre, in welchen es noch keinen Krieg gab. Das Leben war so einfach; in Deutschland gab es noch Kaffee und Schinken und alles, was das Herz begehrte. Es war zum Kotzen, es gab damals noch nicht einmal eine Politik! Was waren diese armen Menschen zu bedauern, stumpfsinnig lebten sie dahin, ohne Gesprächstoff. Sie wussten noch nichts von einer interessannten Zeit; das Leben und Treiben im Luftschutzkeller, alles war ihnen fremd. - Aber so sei es denn, wie es so sei. Einmal kommt der Tag, an dem es Nachts wieder hell wird und die Menschen begaffen erstaunt zum zweiten Male die Erfindung des elektrischen Lichtes. Und deshalb komme ich heute mit einer Bitte J55

zu Euch. Zur Vervollständigung meiner Familiencronik benötige ich noch Auskunft über folgende Personen: (siehe Beilage!) Es wäre mir sehr angenehm, wenn Ihr mir das erforschen könntet! Nach Fertigstellung der Familiencronik derjüngsten Generation lasse ich diesen bildlichen Stammbaum vervielfältigen und alle Verwandten bekommen dann einen Abzug davon. - Anbei sende ich Euch einige Belege aus meinem Betrieb und ein Zettel liegt bei, aus welchem Ihr ersehen könnt, dass ich auch schon öfters mit unserm Führer persönlich zusammen war. Vielleicht ist es auch Euch möglich, in Zittau, in irgend einer Zeitung eine Annonce zu bringen mit folgen­ dem Text: »Alte Stereoskopbilder aus Alt=Deutschland kauft Steudtner, Zittau....... strasse Nr. 35« (Anbei 5 - Mk. für Annonce) Solltet Ihr welche bekommen, könntet Ihr mir dieselben dann zuschicken. Ich freue mich zum Schluss des Briefes über mich selbst, dass ich derjenige bin, der in unserer Verwandtschaft diese jahrelange Schreibpause jäh unterbrochen hat. Solltet Ihr mir binnen 3 Jahren meinen Brief nicht beantworten, so warte ich noch länger. Mit den besten Grüssen und Dank für Euere Bemühungen zeichnet mit Heil Hitler Karl Valentin

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20.10.1940

an den Journalisten

Dr. Eugen Roth

München, den 20. Oktober 40

Mein lieber Herr Dr. Roth! Entzückend wieder ist Ihr Buch! Ich hab darob gelacht genuch. Doch ich gesteh zu meinen Schanden, Dass einiges ich nicht verstanden. Das macht nix, komm’ schon noch dahinter, Es kommt ja jetzt ein langer Winter. Tu’s ich im Frühjahr noch nicht haben, So kann ich ja bei Ihnen fragen! 156

Der Inhalt ist fast etwas z’hoh Denn er birgt Weisheit schon en gros; Doch Weisheit, das sind keine Dinger, Sonst hiessen sie Weisheitinger. Und schreibt man Ferdi noch voraus, Entsteht ein Humorist daraus; Der Bücher ’rausgibt nach Gewicht Das heisst, nach des Verlegers Pflicht. Und welche Schicksalsironie Verkauft er mehr, als Sie und i! Und hier beend’ ich mein Gedicht, Denn weiter dichten mag ich nicht! Es hätt’ auch schliesslich keinen Sinn! Mit deutschem Gruss - Karl Valentin.

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Herbst 1940

an einen

Anonymus

Sehr geehrter Freund! Anbei sende ich Dir zu Deinem hochwohlgeborenen Geburtstag einen Blumenstock, damit die Blumen nicht welken, eine Giess­ kanne voll Münchner Brunnenwasser (Vorsicht, nur äusserlich! nicht trinken!!) Der Blumenstock soll alle Tage früh morgens und früh abends 8.61 Uhr, gegossen werden. (Bitte das Wasser nicht zu verdünnen!) Wenn des Wasser verbraucht ist, schicke mir die leere Kanne wieder zurück, weil ich dieselbe wieder gratis nachfüllen werde. Einige Grüsse Karl Valentin.

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i.

12. 1940

an

Liesl Karlstadt

An Lieeeeeesl Karlstadt!

München, den 1. Dez. 1940

Zur Prämiere!

Deutsche Blumen sende ich in die Bonbonäre Denn wie Du ja selber weisst Hast Du heut Prämiäre Und als Partner muss ich Dich Pflichtgemäss glückwünschen Und Du wirst Dich, wie ich weiss Sehr darüber freuen (sprich des Reimes wegen) küntschen Gestern hast du noch gemimt Jn ’nem Riesenhause (Deutsches Theater) Heute mimst bei Gondrell Du Jn der kleinsten Klause. Dafür hast Du, wie Du sprachst Grosse Riesenrollen Die bereiten Dir, ich weiss Grosse Riesenbollen. Denn Dein neuer Chef der brüllt Über einen Löwen Lauter noch wie Johann »Gruss« Kann’s denn sowas göwen??? Brüllt er Dir einmal zu viel Brüllt er ohne Rasten, Pachten wir zwei eines Tag’s Ab, den kleinen Kasten (Bonbonniere) Und dann engagiem wir »Ihn« Und dann bei der Probe Schreist Du ihn genau so an Fertig ist die Lobe. (Laube)

Dein Partner Karl Valentin. 158

i6y

17. 12. 1940

an den

Verlag Gerlach & Wiedling

Karl Valentin München Mariannenpl. 4/II.

München, 17.12.40.

Fa. Gerlach ¿r Wiedling Buch- und Kunstverlag Wien I. Elisabethstr. 12. Hiermit bestelle ich bei Ihnen 2 Exemplare des Buches »Koller, Wiener Volkssängertum in alter und neuer Zeit«. Mit deutschem Gruss! gez. Karl Valentin

164 25.12.1940

an den

Verlag Gerlach & Wiedling München, den 25.12.40.

Fa. Gerlach & Wiedling Buch- und Kunstverlag Wien I. Elisabethstr. 12.

Sehr geehrte Firma! Antwortlich Ihrer werten Karte vom 23. d. M. teile ich Ihnen mit, dass ich die zwei Bücher für Berufszwecke brauche. Ich war damals Anreger, dass das Wiener-Volkssängerbuch heraus­ gebracht wurde! Ich hatte keine Ahnung, wer Herr Koller ist, wusste also auch nicht, dass er Jude ist; ich korrespondierte damals lediglich mit einem Wiener Volkssänger namens Renner, der sich dann mit Herrn Koller ins Benehmen setzte und mit diesem zusammen das Buch herausbrachte. Jedenfalls haben die beiden Herren ein Kulturdokument geschaffen! Leider haben wir heute 1940 noch kein solches in München, obwohl ich mich seit mehr als 10 Jahren darum bemühe. Herr Dr. Hasinger 159

von der Münchner Neuesten Nachrichten hatte es vor einigen Jahren einmal im Sinn, aber er hatte Angst, dass sein Verlag bei dieser Sache zu wenig verdiene. Mein Material zu einem Münchner-Volkssängerbuch liegt bei mir seit 12 Jahren zum Druck bereit! - Vielleicht findet sich gelegentlich ein Wiener Verlag, der für München ein Kultunverk schaffen hilft. Mit deutschem Gruss! gez. Karl Valentin.

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7. 1. 1941 an den Theaterwissenschaftler Prof. A. Kutscher

München 7. 1. 41 Sehr geehrter Herr Professor! Anbei übersende ich Ihnen als Geschenk das wiener Volkssänger Buch - Leider haben wir in München [...], was Sie aus beiliegendem Schreiben ersehen. mit dem Verkauf meiner Sammlung an die Stadt wird es nicht so schnell gehen, der Herr Direktor Max Reinhard hat mir persönlich angedeutet daß er jetzt zu viel Arbeit hat mit dem Ankauf alter historischer Musikinstrumente Leider muß natürlich der Ankauf meiner Sammlung im Hinter­ grund bleiben. Alles Nähere möchte ich Ihnen sehr geehrter Herr Professor gelegentlich (irgendwo) persönlich mitteilen Vielleicht könnten wir das telefonisch 25599 ausmachen Mit aller Hochachtung Heil Hitler! Karl Valentin

Mein neuerschienenes Buch »Valentinaden« schicke ich Ihnen die nächste Woche zu.

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i66 4. 2. 1941

an

Liesl Karlstadt

Fey München Mariannenplatz 4/II

Frl. Liesl Karlstadt Ehrwald 63 Tirol

Liebe Liesi! Vom Ketteri Montag Abend die besten Grüße - werde gesund gesund, gesund, - fade u leer ist Alles - schreibe mir sofort wie Du angekommen bist Viele herzliche Grüße v. K. V. Grüße an Hn. B.

167 5. 2. 1941

an

Liesl Karlstadt

V. Fey München Mariannenplatz 4

Frl. Liesl Karlstadt Woester Ehrwald 63 Tirol Liebe Liesi! Deine Karte soeben erhalten, bitte schicke mir wieder so eine aber bezeichne das Haus wo Du wohnst, den da kann ich dich nicht besuchen, die Berge - der viele Schnee diese Einsamkeit, dann lieber in Neujork Frau Fink hat mich angerufen, ihr Sohn ist gefallen in Frankreich, sie hat gelesen im Volkstheaterprogram daß Du im Sommer im Volkstheater 3 Gspussi spielst Viele Grüße d. P. K. V.

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168

9. 2. 1941

an

Liesl Karlstadt

Frl. Karlstadt Woeste r Erwald 63 bei (Garmisch) Tirol

Liebe Lisi! Wieder ein langweiliger Sonntag es ist zum Verzweifeln. Mich freut gar nichts mehr Dein P. Valentin

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Um den 9. 2. 1941 Eduard Thöny

an den

Zeichner und Maler

München Nummer 1941

Sehr geehrter, mein lieber Herr Tönis! Auch ich hätte Ihnen gerne gratuliert, wenn ich sicher wüsste, dass die Sache mit Ihrem 75sten Geburtstag auf Wahrheit beruht.-----Im heurigen Kalender 1941 ist Ihr Name »Thönis« nicht zu finden, wie ich auch Ihr Alter (75 Jahre) im Telephonbuch vergebens gesucht habe. — Es ist traurig von einem Mann wie Sie, der zu solchen falschen Geburtstagsankündigungen greifen muss, um Ge­ schenke gratis zu erhaschen. — Dass ich Ihnen keine Geschenke zu Ihrem werten (fingierten) Geburtstag schenke, beruht auf Gegen­ seitigkeit, denn Sie haben meiner damaligen Mutter, als ich geboren wurde auch nicht gratuliert, trotzdem dass wir uns zu jener Zeit persönlich noch nicht gekannt haben.-----Aber, wie dem es auch immerhin sei!------ Mehr Kriege als drei, haben auch Sie nicht erlebt. Ohne auf Ihren angeblichen 75sten Geburtstag zurück zu kommen, muss ich zu meiner grössten Schande gestehen, dass Ihre Zeichnungen im Simplizissimuss von 162

Minute zu Minute besser wurden, denn Sie haben, was Farbenmale­ rei betrifft den berühmten Caruso weit übertroffen. Zum Schlüsse wünsche ich Ihnen, ohne mich irgend einer Gratula­ tionsmethode zu bedienen, in aller Ruhe ein weiters Wollwollen an den Tag zu legen; in der felsenfesten Begründung, Sie, der noch lange die Zuhörer der Zeitschrift Simplizissimuss in steter Erfreuung an der Ergötzung Ihrer nie versiegenden Kunst auch in vergan­ gener Zukunft eine bleibende Erinnerung finden soll. Dasselbe Ihrer werten Frau Gemahlin, die ich extra zu grüssen mir erbitte. Niederverachtungsleer Hochachtungsvoll in Freundschaft unser Karl Valentin Anbei: Kein Geschenk. Wollte Ihnen trotzdem einen kleinen Blumengruss senden, zu einer Mark - war nicht möglich, da Blumenladen wegen Einberufung geschlossen wurde.

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170 ii. 2. 1941

AN Liesl Karlstadt

München n. II. 1941 Liebe Liesi! Deine Karte habe ich heute erhalten bin sehr betrübt daß es noch nicht recht geht mit der Gesundheit Gestern war Schallschnitt alle lassen Dich herzlich grüßen, und besonders Dr. Kassimir und Herr Fehberg hoffen, daß Du beim nächsten Schallschnitt wieder dabei bist, es ist halt nix ohne Dir - »Bräutigam in Uniform« hat die Dame gesprochen, die im Kurzfilm »Ewig Dein« (von Engels bei Arnold u Richter) mitgespielt hat, eine schwarze, ich weis Ihren Namen nicht, und Herr Hauser hat Deine Rolle gesprochen, bei der Musikcene, »Wie heißt unser Notenwart«. Herrn Thöni habe ich gratuliert auch in Deinem Namen. Sonst weiß ich nichts Neues. Von der Bonboniere weiß ich gar nichts den ich komme ja Abends nur ins Ketteri und Dienstag im Mariannenhof Immer ohne Weiblichkeit! Ein schöner Lebens Abend. Alles Gute und herzliche Grüsse Heil Hitler! Dein Partner Karl Valentin.

171

14. 2. 1941

an

Liesl Karlstadt

Fey Mariannenplatz 4/II Liesl Karlstadt Wöester . Ehrwald 63 bei Garmisch (Tirol) Liebe Liesi - Besten Gruß aus meinem Zerstreuungslokal »Ketterl«. Immer das Gleiche. Mit dem sehnlichsten Wunsche daß Du i bald wieder gesund bist grüßt Dich Dein Partner K. Valentin Warum schreibst Du so selten? 164

172 2i.2. 1941

an die

Süddeutsche Sonntagspost München, den 21. Febr. 1941.

Karl Valentin München Mariannenpl. 4/II.

An die Schriftleitung der »Süddeutschen Sonntagspost« München Sehr geehrte Schriftleitung! Heute am 21. Febr. 41 erhielt ich per Post das Honorar von RM. 5.—, i. W: RM. Fünf. - Sie können sich den Jubel meiner Familie kaum vorstellen, als der Geldbriefträger die Geldscheine auf unsem Tisch hinflattern liess. - Meine Frau vergass sich in meiner Gegenwart, umarmte den Geldbriefträger und küsste ihn inniglich. Meine Tochter (29 Jahre alt) stand vor Freude auf dem Fussboden Kopf, in Gegenwart der Eltern ein widerliches Bild! - Wir gaben uns alle 3 die grösste Mühe, dieses Ereignis überhaupt fassen zu können! Als der Geldbriefträger unsere Wohnung verliess, winkten wir ihm noch lange mit dem Sacktuch nach. Da meine Frau nicht gleich eins zur Hand hatte, nahm sie in der Eile den Fussabstreifer (Friedens­ ware aus Kokosnussfasern) und meine Tochter warf ihm Handküsse nach. Dann setzten wir uns zusammen und berieten uns, was wir um den Betrag alles Neue anschaffen können. Wir notierten uns: I Paket Zahnstocher 20 Pfg. I Paket Zündhölzer 35?fgI neuer Putzlumpen 60 Pfg. I Schachtel Stiefelwichs 18 Pfg. I Schachtel Vim 20 Pfg. I PaketImi 22 Pfg. I Pfund Salz 16 Pfg. I Bleistift 15 Pfg. i Radiergummi 10 Pfg. und so weiter. Da ich seit 5 Jahren auch im Film keinen Pfennig verdient habe,

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trotzdem erst in der letzten Nummer der Zeitschrift »Das Reich« zu lesen ist, dass ich auch im Film zu gebrauchen wäre (siehe Beilage), freut es einen doppelt, wenn auf einmal so ein grosser Batzen Geld ins Haus kommt. Nun könnte ich für die nächste Sonntags-Nummer eine kleine Arbeit liefern. Es ist nur eine Schreibmaschinenzeile zu 25 Pfg. (siehe Beiblatt I.) Den Betrag bitte ich mir per Postanweisung übersenden zu wollen. Haben Sie auch Verwertung für kleine Wortwitze zu 5 Pfg- ? (siehe Beiblatt II.) Die mir angebotene ständige Mitarbeit bei Ihrer Zeitung kann ich leider nicht annehmen, da ich die halbe Nacht als Aufsichtsrat und Präservativ-Verleiher im Freudenhaus in der Senefelderstr. 5 be­ schäftigt bin. Mit deutschem Gruss! Karl Valentin

3 Anlagen.

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23. 2. 1941

an

Liesl Karlstadt

Fey München Mariannenplatz 4/II Frl. Liesl Karlstadt Ehrwald 63 bei Garmisch Tirol Liebe Liesi! Du hast aber schon wirklich ein Pech, ich habe mich direkt entsetzt darüber, daß Du schon wieder was »Neues« hast. - Ich habe die Aili heute schon 4X angerufen, aber es geht niemand ans Telefon ich schicke Ihr heute die Karte von Dir hinüber. - Du hast mir auf meine

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2 x Anfrage - ob Du am 28 ten II. in München bist wegen Schallschnitt den Dr. Kassimir muß es ja wissen ob Du kannst - oder nicht - weil er im letzten Falle Leute bestellen muß - Einen Schallplattentext von Deinem Erlebniß Dr. Müller »Immer kom­ men wieder Leute, wegen der dummen Tafel. - Das mit dem Soldaten L. K. und der neuen Adresse hab ich nicht begriffen ich habe den letzten Brief zu Wöstler geschickt. E. No 63 Lasse wieder etwas von Dir hören, und werde nun endlich bald ganz gesund Das wünscht Dir von ganzem Herzen D. Partner Valentin

X74

27. 2. 1941

an den

Schauspieler Gustl Waldau

Zu Gustl Waldau’s 70. Geburtstag. Von Karl Valentin, München.

Gustl Waldau ist 70 Jahre alt, das kann man glauben oder nicht. Sein 60. Geburtstag war glaubwürdiger als sein 70. Gerade bei solchen Anlässen muss man sehr vorsichtig sein, denn falsche Gerüchte sind heute an der Tagesordnung; manchmal streuen Kapazitäten selbst falsche aus, z. B. Jubiläume, Geburtstage, Namenstage, hundertjäh­ rige Todestage usw., nur um Geschenke zu erhalten. Statistisch nachgewiesen hofft man von Gustl Waldau keine solchen Zicken. Eine Anfrage im Kreisarchiv Oberbayern, ob Gustl Waldau wirklich 70 Jahre alt ist, fand amtlich seine Bestätigung. Was sind aber 70 Jahre? Erstens sind es nur zweimal 35 Jahre, und zweitens sind sie wie bei jedem andern jungen Greis nur vorübergehend. Gustl Waldau hat nach seiner persönlichen Aussage noch nie in seinem ganzen Leben einen 70. Geburtstag gefeiert, worüber seine Freude doppelt so gross ist; er hätte sich also über seinen 130. Geburtstag auch nicht mehr freuen können. Gustl Waldau ist seit ungefähr soundsoviel Jahren im Münchner Hoftheater auf der Bühne be­ schäftigt, sein Beruf ist Bühnenschauspieler. Sein schauspielerisches Talent ist geradezu sehr gut in Spiel und Maske, ob er einen fünf 167

Monate alten Säugling oder ob er den alten 700 jährigen Abraham kreiert, niemand erkennt dabei den 7Oger. Er spricht den Dialekt des Vorstadteskimos genau so gut wie seine eigene Schwiegermutter­ sprache. Rollen, die er für sich nicht passend fand, wies er ablehnend zurück, sogar den Lohengrin. Waldau’s Lebenslauf ist sehr bewegt, er begann mit seiner Geburt und pflanzte sich fort bis zum heutigen 70. Geburtstag. Um der Erste zu sein, eile ich voraus und gratuliere schon zum 8oigsten. Karl Valentin

Lieber Gustl! Denselben Brief hab’ ich Dir schon einmal vor 10 Jahren zu Deinem 60. Geburtstag geschrieben. Ich habe bis heute von Dir persönlich noch keine Bestätigung erhalten, dass Du damals den Brief bekommen hast, trotzdem er in der Zeitung stand. Solltest Du mir auf den jetzigen auch wieder keine Antwort geben, so bekommst Du den gleichen Brief wieder zu Deinem 80. Geburts­ tag, zu Deinem 90., 100. usw. usw.

175

8. 5. 1941

an

Liesl Karlstadt

Frl. Liesl Karlstadt bei Woester Ehrwald (Tirol) bei Garmisch Liebe Liesl! Mit dem Film geht e[s] hurtig weiter. Ich habe die Nummer von deiner Alm vergessen sonst hätte ich dich angerufen Alles Gute d. P. Valentin

Wann kommst du in München an? wegen Abholen

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ij6

3. 6. 1941

an den

Staatssekretär Köglmaier

Herrn Staatssekretär Max Köglmaier München

Betreff: Wo ist das Bank-Konto??? Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Beim Lesen der Ueberschrift erwarten Sie sicher eine humoristische oder sarkastische Auseinandersetzung, aber weit davon entfernt: diesmal ist’s blutiger Ernst, und vielleicht gibt es Jemand, der mir hilft, wie ich zu diesem mysteriösen Konto gelangen kann. Wie jeder Münchner weiss, betrieb ich die Ritterspelunke mit Panoptikum am Färbergraben. Bei einem Besuch durch Herrn Professor Hoffmann und Herrn Miedl kamen die beiden Herren überein, sich für mich und diese Unterhaltungsstätte zu interessie­ ren bzw. dieselbe zu fördern. Kurze Zeit darauf wies nun eine Mitarbeiterin, Frl. Annemarie Fischer, anlässlich einer Geburtstagsfeier bei Herrn Professor Hoff­ mann Herrn Staatsminister Wagner auf die Schwierigkeiten meines Unternehmens hin und versprach ihr Herr Staatsminister, sich dieser Sache anzunehmen, worauf eine Bestellung von Seiten des Herrn Ministers zu einer persönlichen Besprechung dieser Angele­ genheit nach der Vorstellung ins Künstlerhaus an mich und Frl. Fischer erfolgte. Leider war es mir infolge meiner gesundheitlichen Störungen nicht möglich, dieser überaus freundlichen, wie für mich auch von einer solchen Tragweite bedeutenden Einladung Folge zu leisten, sodass nur Frl. Fischer ins Künstlerhaus kam. Zu dieser Zusammenkunft erschienen auch die Herren Miedl, Herr Professor Hoffmann und Herr Bankier Witzig. Herr Miedl soll dann auch den Vorschlag eingebracht haben, einen Betrag für die Ritterspelunke zu stiften, um den Fremden Münchens eine repräsentative Gaststätte urwüchsigen Münchner Humors zu schaffen und die 3 Herren kamen überein, einen Betrag von 169

RM. 50.000-, i. W: RM. Fünfzigtausend, bei Herrn Bankier Witzig zu hinterlegen. Also hatte ich damit ein Bank-Konto! Frl. Fischer machte mir sofort freudestrahlend Mitteilung und es wurden natürlich gleich Pläne geschmiedet: wie gestalten wir um, und was machen wir aus dem Unternehmen, um auch den Wün­ schen unserer Gönner zu entsprechen. Da mit dem Wirtschaftsführer schon Unstimmigkeiten herrschten, entliess ich denselben und schloss das Lokal, um dann nach der Verbesserung neu zu eröffnen. Infolge Fortdauer des Krieges und insbesondere des zur Renovie­ rung notwendigen Kapitals musste dieselbe bis heute unterbleiben. Von den vorerwähnten RM. 50.000 - waren auch RM. 3000 - für Frl. Fischer zur Vollendung ihrer Studien gedacht d. h. bestimmt. Auf eine Anfrage bei Bankier Witzig erfuhr jedoch Frl. Fischer, dass sich das bewusste Bank-Konto nicht mehr bei ihm befinde! Hierauf wandte sich Frl. Fischer an Sie selbst, sehr geehrter Herr Staatssekretär; nach erfolgter Besprechung gewährten Sie Frl. Fi­ scher auf die Dauer von 12 Monaten einen monatlichen Zuschuss von RM. 100 - zum Studium und Auszahlung an den Lehrer. Ob diese Zuschussbeträge von meinem oder einem anderen Konto stammten, habe ich nicht erfahren können. Als ich im vergangen Herbst zufällig mit Herrn Professor Hoffmann zusammentraf, ermahnte mich dieser edle Gönner, doch endlich mal die Ritter-Spelunke wieder zu eröffnen, denn dadurch könnte ich Geld verdienen; aber was kann ich tun ohne Geld bzw. ohne Konto?! Da ein Künsder niemals für Geschäftssachen Talent gehabt hat, so bitte ich um Aufschluss, wie ich feststellen kann, wo sich das Konto befindet; ob es vielleicht wieder reumütig zurückgezogen wurde, was aber auch nicht sein kann, da doch der eine Stifter mich darauf aufmerksam machte, endlich zu eröffnen, denn dafür hätte er ja gestiftet. Zur Zeit würde ich auch zur Finanzierung von Kurzfilmen dieses Kapital notwendig gebrauchen, wenn wirklich keine Möglichkeit zum Ausbau der Ritterspelunke vorhanden wäre. Schon in Kürze wäre ich bei der bereits erlangten Beliebtheit dieser Kurzfilme sogar in der Lage, diese Beträge zurückzubezahlen. Also

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helfen Sie alle bitte mein Konto suchen, damit ich allen Volksgenos­ sen noch recht fröhliche Stunden bereiten kann! Heil Hitler! Karl Valentin

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5. 6. 1941

an die

Reichsschrifttumskammer München, den 5. Juni 1941 Mariannenplatz 4/II.

Valentin Fey

Ihr Zeichen: HD 1 - 027360 Da. An den Präsidenten der Reichsschrifttumskammer Berlin-Charlottenburg 2, Hardenbergstraße 6.

Zurückkommend auf Ihr Schreiben vom 31. Mai 1941 ersuche ich Sie, mir die Frist zur Beantwortung dieses Briefes noch ein[ige] Tage zu gewähren, da dieserhalb noch eine Rücksprache mit dem Landesleiter der Reichsschrifttumskammer, der zur Zeit verreist ist, notwendig ist. Inzwischen begrüße ich Sie mit Heil Hitler! Karl Valentin

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August 1941

an den Intendanten

Herrn Indentant Fritz Fischer zum Hochzeitsfest im Königshof-Hotel

Fritz Fischer

August 1941

Sehr verehrter Herr Intendant! Sie ließen mir durch Herrn Reintjes in plumper Art und Weise mitteilen, daß Sie von mir einen Junggesellen-Abschiedsbrief haben wollen. - Hier ist er Sie haben recht, daß Sie nun endlich geheiratet haben. - Was hat man schon als Junggeselle? Nichts hat man als Arbeit und Vergnügen und dieses Vergnügen muß man sich oft teuer erkaufen (ich meine damit nicht die Ausgaben in dem Mädcheninstitut Senefelderstr. Nr. 5) - Nein! - Das haben Sie nicht nötig, obwohl Sie jetzt durch die reiche Heirat finanziell so gestärkt sind, daß Sie im oben genann­ ten Haus vom Parterre bis zum 4. Stock wahre Triumpfe feiern könnten, — wenn Sie wollten - aber Sie wollen ja nicht - obwohl Sie fast immer wollen. Aber Ihre immerwährende Wollerei ist schon bald eine Völlerei. Wie mir von vertraulicher Seite mitgeteilt wurde, heißt nun Ihre vermählte Braut auch Fischer. Ist sie von Figura klein, können Sie ihr in der Hochzeitsnacht ungeniert das kleine, alte, nette Volkslied­ chen vorsingen - »Fischerin Du Kleine, zeig mir Deine... [«] usw. (Noten bei Max Hieber, Marienplatz Nr. 25 erhältlich). Daß Ihre liebe Frau einen treuen Gatten bekommen hat, daran zweifelt keiner Ihrer Freunde; denn jeder weiß, daß Sie sich vor der Ehe fast gründlich ausgetobt haben und dieses Austoben kommt ja Ihrer Gattin zugute, natürlich muß beim Austoben noch ein kleiner Rest bewahrt bleiben. Daß Sie am Hochzeitstage schon Scheidungsgedanken geäußert haben sollten, ist wahrscheinlich wieder ein falsches Gerücht von Ihnen selbst. - Andere behaupten wieder, Ihre Frau ist jetzt schon zu bedauern, denn wenn Sie Ihre Frau auch so anschreien, wie die armen Schauspieler bei den Proben im Gärtnertheater, dann läuft die Frau davon, was die armen Schauspieler nicht machen können, weil sie froh sind, daß sie bleiben dürfen.

Das Wort Ehescheidung, welches ich im vorigen Absatz gestreift habe, ist ein übelklingendes Wort, denn Scheidung ist abgeleitet von Scheide. Es wäre zu begrüßen, wenn man anstatt Ehescheidung, Eheschiedung sagen würde, denn Eheschiedung wird von Abschied abgeleitet. Ich, - der ich Ihre Arbeit von der Regie und von Ihrem »bekannten« Tempo her kenne, hoffe, daß sie diese Tempo nicht auf Ihr eheliches Privatleben übertragen. Die Frage vom Klapperstorch möchte ich bei meinem Schreiben an Sie nicht unberührt lassen. - Schenken Sie Ihrer lieben Frau jetzt Kinder, das ist das billigste Geschenk. - Schenken Sie ihr aber nicht zu viel, - denn Sie wissen ja, allzuviel ist ungesund und ungesund ist krank. - Was haben Sie denn von einer kranken Frau? - Eine kranke Frau müssen Sie schonen und in der »Schonzeit« gehen sie wahr­ scheinlich nebennaus. Das ärgert dann die kranke Frau nur; sie wird dadurch noch kränker, dann müssen Sie die nochkränkere Frau noch mehr schonen, dann gehen Sie wotAmehr nebennaus und so geht das immer weiter. Also sind Sie vernünftig! Ist Ihnen in dieser Beziehung etwas nicht klar, So schenken Sie Ihrer Frau ein Kind pro Jahr. Und sagt sie: »Mein lieber Fritz, jetzt hab’ i’ bald genua.« Dann hören’s halt auf - und geben’s a Rua — Und hören Sie nicht auf, dann werden Sie entmannt Und daß ist für die ganze Familie a Schänd’.

Ihr Karl [Valentin] dem Sie bei jeder Gelegenheit den Saum seines Gewandes küssen. Anbei ein bescheidenes Geschenk - (ein Körbchen voll Obst.) Das Obst ist noch von 1939, frisches Obst ist gegenwärtig in Deutschland nicht zu haben.

T73

179 November 1941 (?) Böheim

an den

Schwiegersohn Eduard

München, den 30. Mariannenpl. 2. Stock

Mein lieber Herr Hauptmann Böheim! ich könnte auch statt Herr »Hauptmann«, Herr »Kopfmann« schreiben, denn statt »Haupt« sagt man ja auch »Kopf«. — Seit Beginn dieses Krieges habe ich Ihnen jeden Tag (das sind also 700-800 Briefe) schreiben wollen; nun ist aus dem Wollen wirklich Emst geworden. Aber auch dieser Brief ist schwer zu Stande gekom­ men. Jeder Brief besteht doch aus Papier und Papier gibt es kaum mehr - die Bleistifte nehmen wir als Brennholz her, weil es kein Brennholz mehr gibt - und die Schreibmaschine ist immer belegt, weil meine Tochter Ihrem Bräutigamm täglich zwei Briefe ins Feld schreibt. Nun ging ich hurtig mit dem Bleistiftstumpen (Länge 2 cm) ans Werk und schrieb noch folgenden Brief an Sie, den meine jüngere Tochter Berta (sprich Bert/) abtippt. Der Brief lautet: Lieber Herr Böheim! Nun kommen Sie also bald heim! Dass Sie die Kanone mit dem Federhalter vertauschen durften, freut uns alle. Werfen Sie aber Ihre Kanone nicht weg, nur weglehnen, denn man weiss nicht, ob man dieselbe einige Jahre nach dem Krieg wieder brauchen kann. — Die kleine Anneliese ist schon ein strammes Frauenzimmer gewor­ den, Sie werden damit eine Freude haben! Wir sind herzlich froh, wenn sie kommen und uns helfen, denn zu dritt können wir dieselbe - wenn sie einen Wutanfall bekommt - kaum zähmen. Oft ist es schon vorgekommen, dass wir in den Zoo telefonierten um einen Tierbändiger, der Ihr Kind nach hartem Kampf ins Kinderbettstatti hinband. Raffiniert, grob, jähzornig, rechthaberisch, hundsgemein, männemärrisch u.s.w..... das sind bis jetzt ihre Eigenschaften und trotzdem ist sie dabei so lieb und nett, dass wir oft kanibalische Anwandlungen unterdrücken müssen, weil wir sie oft aus Liebe fressen könnten. Nach Zigaretten hat Anneliese noch kein Verlan­ gen, umsomehr nach Bier. Sie nippt nicht, sondern sie sauft schon und die Mama meint: »Genau wie ihr und so weiter und so weiter.[«]

Meine Frau hat alle Hände voll zu tun; die Erziehung der kleinen Anneliese wäre das Wenigste, ihre Hauptarbeit ist, alle unsere Kleider von Woche zu Woche enger zu machen. Bei meinen Hosen kann ich schon bald die Hosentürlknöpfe und die hintere Hosen­ schnalle zusammenbringen! Meine Tochter Berta ist schon so ma­ ger, dass sie von mir ein Hosenbein als Rock anziehen kann. Die Nahrungsmittel strotzen vor Quantität. Eine »Fleischmarke« hat mir einmal ein Vegetarier geschenkt, die habe ich nicht verbraucht, sondern als seltenste Marke (äusser der Mauritius) als Prunkstück in mein Briefmarkenalbum geklebt. — Sonst gibt es nichts Neues in München, äusser der Münchner Neuesten Nachrichten und von dieser ist die gestrige auch schon nicht mehr neu. Mit der Innendekoration für Ihren Empfang ist schon begonnen. Ueber der Haustür im Stiegenhaus hängt schon das Schild »Will­ kommen«! Hoffentlich wollen Sie - Berta meint, wir sollen statt »Willkommen« »Musskommen« schreiben. Am liebsten würden wir alle hinauf schreiben »Ganz dableiben«! !!! Krieg aus - Frieden!!!

Karl Valentin

180 Ende 1941

an

Liesl Karlstadt

Frl. Liesl Karlstadt Ehrwald 63 [(]bei Garmisch) Tirol

Liebe Liesi! Die herzlichsten Wünsche aus dem Ketteri sendet dir d P. K. V. Freute mich riesig, daß es dir ein wenig besser geht. Bei Simon Conditor habe ich Deine Karte gelesen. Wo bleibt mein Bergkamerad? 175

i8i

22. 2. 1942

an

Liesl Karlstadt

München Freitag

Fey München Mariannenplatz 4/II

Frl. Liesl Karlstadt bei Fr. Wöstler Ehrwald 63 bei Garmisch Tirol

Liebe Lisi! Weißt Du da etwas davon? »Münchner Schauspieler in einem neuen Bavaria-Film. Der Hans H. Zerlett-Film der Bavaria-Filmkunst »Venus vor Ge­ richt«, dessen Aufnahmen zur Zeit in Geiselgasteig entstehen, weist u. a. in tragenden Rollen eine Reihe von Münchner Darstellern auf, u. a. Josef Eichheim, E. E Fürbringer, Carl Wery, Elise Aulinger, Albert Hörrmann, Justus Paris, Fritz Reiff, Adolf Gondrell, Heini Handschumacher, Liesl Karlstadt, Werner Nippen, Martin Urtel, Carl Baihaus, Wastl Witt, Beppo Brem, Rudolf Vogel.« d. P. Karl Valentin

182 Juni 1942

an die

Firma Tiller-Film

Sehr geehrte Firma! (Direktion Herr Tiller) Fräulein Karlstadt hat mich von den zwei Kurzfilmen »Vom Spa­ ren« die Ihre w. Firma in Berlin zu drehen beabsichtigt [verstän­ digt]. Wir müssen Ihr Angebot leider ab lehnen. Für solche Werbe­ filme sind Herr Ludwig Schmitz und Jupp Hussel Spezialisten. Ich bin auch aus der Filmfachschaft freiwillig ausgetreten und trete erst dann wieder ein, wenn das in Erfüllung geht, was ich anstrebe, (siehe Beilage) Auch bin ich durch mein langjähriges Asthmaleiden an München gebunden; ich reise nicht mehr. Ausserdem muss ich zum

176

Schluss noch betonen, dass diese Tendenzfilme wenn ich und Frl. Karlstadt spielen würden, vom Publikum nur als Spott aufgenom­ men würde[n]; denn [bei mir] als alter »Drahrer«, der sein Leben bei Wein, Weiber und Gesang und Würfelbecher verbracht hat, würde ein Sparkassenbuch in der Hand geradezu lächerlich wirken. Nach meiner Ansicht darf solche Filme niemals ein Komiker spielen, sondern nur ein Schauspieler (wenn auch ohne Namen) bei dem das glaubwürdig erscheint, was er spielt. Heil Hitler! Karl Valentin

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12. 6. 1942

an den

Oberbürgermeister Fiehler

den 12. 6. 42 Sehr verehrter Herr Oberbürgermeister Fiehler! Herzlichen Dank, für Ihre Glückwünsche zu meinem Geburtstag! »Einem geschenkten Gaul, schaut man nichts in’s Maul«! Als geborener Münchner wäre mir allerdings statt Rheinwein »bayrischer« Wein lieber gewesen. Leider wächst bei uns in Bayern kein Wein! Berge hätten wir genügend, aber keine Weinberge - nur Schneeberge. Wenn man diesen Schnee, der auf unsern Bergen liegt, in Flaschen abfiiilen würde und lagern täte, entstünde daraus Wasser, welches wir gegenwärtig in gewaltigen Mengen zu unserm bayrischen Dünnbier benötigen. Genau so, wie der Rheinländer aus seinen Weinbergen Nutzen zieht, genau so ziehen wir Bayern aus unsem Schneebergen Nutzen. Wir haben auch noch das Recht, auf unsem Bergen Ski zu fahren, was auf einem Weinberg unmöglich wäre. Ich hätte eine gute Idee: Den Schnee auf den Bergen wegräu­ men und dafür Wein pflanzen. Leider gibt es z. Z. keine Schneeräu­ mer, da dieselben eingerückt sind. Aber, ich glaube, es hätte doch keinen Sinn, dies zu tun, denn setzen wir den Fall, es wäre gerade Weinernte und würde cirka acht Tage lang schneien, so dass der Schnee meterhoch tief auf den Bergen läge, so müssten sich diese Erntearbeiter sofort auf Schneeräumer umstellen und den Schnee aus den Weintraubenreben heraus schaufeln. Dass aber durch die

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schweren eisernen Schneeschaufeln Millionen von Trauben rouiniert werden würden, liegt klar auf dem Fuß, vielmehr auf der Hand. Man sieht hieraus ganz deutlich, dass man auch da und hie keine gute Idee haben kann. - Den Schnee auf den Bergen zu entfernen, hätte auch noch andere Nachteile, z. B.: Die Berge liegen meterhoch voll Schnee; plötzlich scheint die Sonne - es wird warm. Der Schnee schmilzt zu flüssigem Wasser und läuft von den Bergen herunter in die Gebirgsbäche. In denselben gibt es Fische. Diese dienen als Nahrungsmittel für die Menschen. Wenn wir nun, nach meiner oben erwähnten Idee, den ganzen Schnee von unsern bayrischen Bergen wegräumen würden, gäbe es keine Gebirgsbäche. Hätten wir nun keine Gebirgsbäche, gäb es auch in denselben keine Fische. Wir haben auch z. Zt. sehr selten Fische zu essen; infolgedessen müssen wir fast keinen Schnee auf den Bergen haben. Dann könnte man vielleicht doch Wein pflanzen! Leider ginge uns auf diese Weise, wie schon erwähnt, das Wasser verloren, welches wir zu unserm Dünnbier benötigen. - Es steht nun die Frage offen: Sollen wir nun den Schnee auf unsem bayrischen Bergen liegen lassen - oder wegräumen? Ich bitte Sie, sehr verehrter Herr Oberbürgermeister, dazu Stellung nehmen zu wollen. Nochmals für Ihr flüssiges Geschenk und Ihre schönen Worte zu meinem Geburtstag meinen verbindlichsten Dank. Heil Hitler! Karl Valentin

184

2. 7-i942

an Josef

Durner (»Frankfurter Hof«)

Karl Valentin Schriftsteller für Bühne, Film, Zeitung, Rundfunk usw.

München, Mariannenplatz 4

unserm verehrten Herrn Joseph Durner nebst Frau an nie mehr kommende schöne Zeiten gewidmet von Karl Valentin und...............

München den 2. Juli 1942.

185

18. 7. 1942

an den

Oberbürgermeister Fiehler

Karl Valentin München, Mariannenplatz 4

München, den 18. Juli 1942.

Herrn Oberbürgermeister Karl Fiehler München Hauptstadt der Bewegung. Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Wie Sie ebenfalls wissen dürften, habe ich vor etwa 4 Jahren durch den inzwischen verstorbenen Herrn Bürgermeister Tempel meine Alt-Münchner-Sammlung an die Stadt München verkauft. Dieselbe befindet sich daher nunmehr im Stadtarchiv (lagernd in Kisten verpackt in der Winzererstraße). Da es sich dabei um Kultur-Dokumente handelt, welche im allge­ meinen der Öffentlichkeit alljährlich nur einige Wochen gezeigt werden, hat sich der »Führer« bei einer mit ihm dieserhalb gele­ gentlich gehabten Unterredung mir gegenüber dahingehend geäu­ 179

ßert, daß es deshalb vielmehr auch sein Wunsch wäre, zu diesem Zwecke eine ständige Ausstellung zu errichten. Wenn dazu jedoch im Augenblick infolge des Krieges keine Gele­ genheit geboten ist, so gestatte ich mir, Ihnen hiermit wenigstens den Vorschlag zu unterbreiten, die Sammlung des öfteren in einem sich hierfür am besten geeigneten Saal wie z. B. im Kolosseum in vollkommen uneigennütziger Weise zeigen zu dürfen, um damit insbesondere auch unseren verwundeten Soldaten gegen eine ver­ hältnismäßig ganz geringe Gebühr von o.io oder 0,20 RM, welche lediglich zur Deckung der eventl. in Frage kommenden Unkosten für die Saalbenützung in Betracht kommen könnte, eine kleine Freude zu bereiten. Zudem würde ich mich gegebenenfalls aber auch gerne bereit erklären, die Vorführung durch einen von mir beauftragten Vertre­ ter vorzunehmen und zwar wie folgt: Als Einleitung Grammophonkonzert gemischt mit Karl Valentin’s lustigen Schallplatten, sowie aber auch zwischendurch mit Lichtbil­ der-Vortrag »Alt-Münchner Stadt-Ansichten« (120 Stück) Erklä­ rung d. Mikrophon. Es sollte mich daher freuen, wenn Sie meine diesbezügl. Bitte befürworten sollten, um die Sammlung dadurch leihweise aus dem Stadtarchiv zur Verfügung gestellt zu bekommen. Ihrer sehr geschätzten Rückäußerung gerne entgegensehend, be­ grüße ich Sie mit Heil Hitler! gez. Karl Valentin.

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186

September 1942

an den

Stadtschulrat Josef Bauer

Herrn Stadtschulrat Bauer Gestern am 12. [9.] 42 — rief mich das Stadtmuseum an, daß es gewilt ist ein Ausstellung von mein Alt München Fotographien plant und zwar auf mein[en] Wunsch - das muß aber auf einem Irrtum beruhen - ich sehe in der Kriegszeit eine Vorstellung absolut nicht fiir angebracht, im Gegentei[l] diese Sammlung soll eher in einem bombensicher[en] Raum unterfgebracht] sein - [während] der Kriegs[dauer] - ich wollte [ja] nur eine Lichtbildvorstellung für das W.H.W. veranstalten im Kollosseum dem [derzeit] ein große Saal in München.

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20.10.1942

an den Kabarettisten

Willi Schaeffers den 20. Okt. 42

Sehr verehrter, mein lieber Herr Direktor Wilhelm Schäffers! Ansässlich Ihres Briefes v. 27. August, in welchem Ihnen meine Lichtbilder zu teuer erscheinen, erscheinen Sie mir nicht klug genug, sich eine solche Weltatraktion entgehen zu lassen. Sie schreiben, um Tausend Mark bekommen Sie schon einen lebendi­ gen Komiker, der besser wirkt als Lichtbilder. Einen lebenden Komiker müssen Sie aber bei der Ortskrankenkasse anmelden; meine Lichtbilder aber nicht. Das scheinen Sie scheints als Varietedirektor noch nicht zu wissen! Allen Direktoren waren die Lichtbil­ der bis jetzt immer zu billig. Ihnen, weil Sie eine Ausnahme sein »wollen«, sind dieselben zu teuer. Wenn aber die Scala die Lichtbil­ der bringt dann zürnen Sie mir. Jetzt, weil ich Ihen die Lichtbilder als Ersten offeriert habe, trotzen Sie mir. Wenn Sie die Lichtbilder im November oder Dezember nicht nehmen, verklage ich Sie bei der Artistenfachschaft, wegen Ablehnung artistischer Atraktionen. Haben Sie schon vergessen, was ich Ihen schon alles Gute getan habe? Wie haben Sie bei meinem 5osten Geburtstag 1932 gefressen 181

und gesoffen auf meine Kosten - mir war nichts zu teuer! Aber Ihnen sind meine Lichtbilder zu teuer. - Jetzt ist die Stunde gekommen, indem es für Sie nur ein »ja« oder ein »nein« gibt. Bei nein hasse ich Sie, wie nur ein Bildverleiher einen Direktor hassen kann. Gerade Sie werden es bereuen, wenn Sie mein abermaliges Offert mit Füssen treten; aber wie ich Sie kenne, sind Sie ja der nobelste Variete=Direktor von Berlin, der so eine Atraktion - ohne sich um den Preis zu kümmern - seinem Hause sichert. Wann soll ich Ihen die Bilder schicken? Eine Serie habe ich gerade noch frei. Die anderen sind aufJahrtau­ sendes hinaus besetzt. - Bitte Drahtantwort! Mit deutschem Gruss! Karl Valentin

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28.10.1942

an den Theaterdirektor

Emil Neidhart drn[!] 28. 10. 42

Sehr geehrter Herr Direktor Neidhard, G.M.b.H. u.s.w...! Mein Vertreter meiner Lichtbilder, Herr Carl Obendorfer Mün­ chen, Rumpfordstrasse 21, hat mir mitgeteilt, Sie hätten wieder Lust meine Uhrkomischen Lichtbilder in Ihr Programm aufzunehmen. Diese Lichtbilder sind aber in der Zwischenzeit zu einer ruhmrei­ chen Höhe emporgestiegen - haben die ganze Welt in Erstaunen versetzt - und ich bewundere nur Ihren Schwäbischen Mut, dass Sie das überhaupt wagen, mir noch zumuten, mich so herab zu lassen, dass ich meine Lichtbilder in Ihrem 20 Personen fassenden Variete zu zeigen gewillt bin. - Z. Zt. werden dieselben im Vatikan in Rom vorgeführt. Papst Pius will sie - des grossen Erfolges wegen - noch einen Monat haben. Wenn ich demselben aber schreibe (trotzdem ich protestantisch bin), dass Sie dieselben in der frommen Stadt Stuttgratf!] haben wollen, wird auch er Nachsicht haben. - Im übrigen ist das Honorar meiner Lichtbilder - des übergewaltigen Erfolges wegen - so spontan in die Höhe geschnellt, dass ich daran zweifle, dass ein so winziges Unternehmen, wie Stüttgart-Friedrichsbau-

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Theater so eine Riesensumme aufbringen kann. Das letzte Mal haben Sie ja - schreibe und sage - nur einen Schundpreis von 600 Mk. bezahlt. - Durch die kriegerische Lage zwischen Stuttgratf!], Deutschland und Europa eztr., erhöht sich der Preis meiner Licht­ bilder (bitte niedersetzen!) von 600 MK. auf 750 Mk. Es würde mich freuen, wenn Ihnen der Preis zu hoch erschiene und ein geschäftli­ cher Abschluss nicht zustande kommen würde; ich bin davon über­ zeugt, dass, wenn ich eine 18 jährige Liedersängerin wäre (von bildhübscher Schönheit), Sie dieselbe lieber engagieren würden, als meine Lichtbilder. Ob aber über eine Liedersängerin auch so gelacht wird, als wie über meine Lichtbilder, lasse ich dahingestellt. Ausserdem bin ich nicht auf Ihre 750 Mk. angewiesen, da ich Teilhaber im Münchner Mädchenpuff (Sennefelderstrasse) bin, welches gutflorierende Etablissiment Ihnen ja bei Ihren Münchner Besuchen hinlänglichst bekannt sein dürfte. Sollten Sie mich jedoch drängen und den Prjeis] von 750 Mk. noch zu niedrig finden, so komme ich Ihnen [entgegen und verleihe Ihnen meine Lichtbilder zu einen, von Ihnen angesetzten Termin. Da ich mich nicht länger mit Ihnen herumstreiten will, ersuche ich Sie, das übrige - geschäft­ lich - mit meinem Vertreter abzumachen. Mit deutschem Gruß! Karl Valentin

N.B. Bitte richten Sie viele herzliche Grüsse aus, an Ihren Hausmei­ ster und dessen Frau Gemahlin. Extra noch einige Grüsse an Sie selbst!

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Dezember 1942 Feldpost«

an die

Leser

der

»Münchener

Wer will unter die Soldaten? Liebe Soldaten! Ich kann Euch nicht so kameradschaftlich schreiben wie mein Komikerkollege »Weiß Ferdi«, weil ich noch nie Soldat war. Weiß Ferdi war aber einer - und zwar ein Feldwebel. Ich weiß nicht

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einmal, was ein Feldwebel ist! Ich weiß nicht einmal, was ein »Webel« ist. 1895 hatte ich die erste Musterung in der alten Schweren-ReiterKaseme auf der Kohleninsel in München. Als ich das Musterungs­ zimmer verließ, bestürmten mich die heraußen Wartenden mit der Frage: »No, was is los?« Worauf ich die stolze Antwort gab: »K.V.!« »Um Gottes willen«, seufzten alle erschrocken, »wennst Du mit dein’m magern G’stell scho K. V. bist, dann kumma mir net aus!« Und ich erwiderte lächelnd: »Ich bin nicht K. V., sondern ich heiße K. V. - Karl Valentin.« Aber ganz leer bin ich bei der Musterung doch nicht ausgegangen. Ich wurde Landsturm mit Waffe. Auf meinen ferneren Lebensweg bekam ich vom Militär aus bzw. vom Stabsarzt einen Militärpaß mit, mit der Bemerkung »Landsturm mit Waffe«. - Ich habe von dieser Waffe noch nie Gebrauch gemacht. Ich hätte auch keinen Gebrauch machen können, da ich nie eine solche bekommen habe; obwohl im Militärpaß bemerkt war: »Landsturm mit Waffe.« Heute habe ich noch keine Ahnung, was die mir damals für eine Waffe gegeben hätten, tvenn sie mir eine gegeben hätten. - Viel­ leicht ein Gewehr; weil es in dem bekannten Schulliedchen heißt: »Wer will unter die Soldaten der muß haben ein Gewehr.« Na ja mit einem Gewehr hätte ich mich vielleicht noch zurecht gefunden, aber, sagen wir, die hätten mir ein Panzerauto... also Landsturm mit Panzerauto, oder Landsturm mit Fesselballon... Ein Säbel wär’ mir natürlich lieber gewesen, weil man den nur in die Hand zu nehmen braucht. Kurz gesagt, wenn sie mir damals alles gegeben hätten zu einem Soldaten: Kostüm - Raupenhelm - zwei Stiefel - Säbel usw. - eines hätten sie mir nicht geben können -, den Soldatenmut. Für Friedenszeiten hätte mein Soldatenmut evtl, ge­ nügt, aber für Kriegszeiten nicht. - Wie wäre ich erschrocken und erstarrt, wenn der Feind mit einer Kanone auf mich geschossen hätte, wo ich so empfindlich bin. Ich hätte mich im Krieg freiwillig als Trompeter gemeldet - ich blase nämlich sehr schön Trompete -, ich hätte dem Feind so rührende Lieder vorgeblasen, daß er geweint hätte - statt geschos-

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sen. Auch kann ich große Trommel schlagen! Das wäre allerdings gefährlich, da hätte schließlich der böse Feind meine Trommel­ schläge als Kanonenschüsse angesehen - vielmehr angehört - und hätte auch geschossen. Wie bekannt, bin ich furchtbar mager (siehe Zeichnung!). Ich wiege nur iio Pfd. mit Kleidern und Hut - ohne Geld. Ich wollte mich beim Wehrkommando freiwillig als Kanonenwischer melden, also nicht als Soldat, der die Kanonen auswischen muß, sondern als Kanonenwischer selbst; denn ich bin so schlank - fast dürr -, ich hätte nur eine Pelzmütze aufgesetzt und hätte mich in der Kanone, die heute oft ein Kaliber von 30 cm Kanonenloch aufzuweisen hat, hin und her schieben lassen. - Aber... das ist auch sehr gefährlich! Schließlich hätte man mich aus Zerstreutheit darin stecken lassen und hätte mich aus Versehen zum Feind hinüber geschossen! Das wäre so eine Überraschung gewesen. - Das wäre schneller als ein Fallschirmjäger. - Überhaupts - Fallschirmjäger!! Das kann ich mir nicht im geringsten vorstellen, wie man sich aus einem fliegenden Flugzeug - aus 1000 Meter Höhe - herausspringen traut. Und so etwas ist gestattet! Bei der Straßenbahn ist es polizeilich verboten, einen halben Meter hoch während der Fahrt abzuspringen. - Und erst die Afrikakämpfer - o Gott - wie würde ich mich da benehmen, wenn so schwarze Zuaven auf mich zukämen... Nurmi, der Schnelläufer, wäre gegen mich eine Schnecke. »Fürchtet ihr den schwarzen Mann? - Nein! Wenn er aber kommt?.. Dann laufe ich davon.« Aber ich kann ja zu Euch gesagt - gar nicht recht laufen, denn ich leide seit meinem zehnten Lebensjahr an Asthma (Schweratmigkeit). Ich lebe mehr von Arzneimitteln, als von meinen Lebensmittelkar­ ten; trotzdem muß ich sparsam damit umgehen. Ich finde es selbst überflüssig, mich freiwillig zum Militär zu melden; höchstens noch zu den Hartschieren oder zu den Veteranen. - Lasset mich also daheim! Ihr werdet ohne mich auch zurecht kommen!

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14- i- 1943

AN DEN Volksschauspieler Erich Carow

den 14. 1. 43 Mein lieber Herr College Carow, ich habe von Ih[n]en einen Brief bekommen, indem Sie mir schrei­ ben, dass Sie mir noch einen Brief schreiben, welch letzteren ich noch nicht bekommen habe, sondern erst bekommen soll. Bevor der gesollte Brief kommt, beantworte ich Ihren ersten, schon bekomme­ nen Brief, in welchem Sie mir schreiben, er würde Sie freuen, wenn ich einmal einen Monat bei Ihnen gastieren würde. Dass wird aber nicht leicht möglich sein; erstens bin ich nicht rasiert und zweitens trete ich seit zwei Jahren nicht mehr persönlich auf, sondern nur mehr mechanisch. Nun ein andrer Vorschlag! Mein lieber Herr Carow, wenn Sie auch eine ganz andere Darstellungsart haben als ich, so bin ich davon überzeugt, dass mein ganzes Originalrepertoir für Sie das gegebene Material wäre, wenn Sie die Sachen für Sie auf Berliner Art zurecht richten oder umformen würden. Ich bin mit meinem Impresario jetzt gerade an der Arbeit von meinen Originalvorträgen Intermezzo’s, Couplet’s, Komödien, Theaterstücke eztr. öffentliche Auffüh­ rungsrechte an deutsche Humoristen zu vergeben. U. a. habe ich eine Komödie, betittelt »An Bord«, die sich unser Führer zwei Tage hintereinander angesehen hat. Es ist ein lustiges, blutiges Drama, bei welchem das Publikum lacht, weint und sich gruselt, mit einer ganz ausgefallenen Schlus[s]pointe. Wenn sie dieses Stück auf Ihre Berliner Art bringen, garanntiere ich Ihen einen ungeheueren Er­ folg. Das Stück ist völlig unpolitisch und zeitlos. Also!--------- Schreiben Sie mir sofort, ob Sie dafür Interesse habfen.J Sichern Sie sich von meinen Sachen alleinige Aufführungs­ rechte für Berlin. Wir haben ja schon vor cirka 10 Jahren einmal zusammen geschäftlich korrespondiert; damals waren Sie aber, so­ viel ich mich noch erinnere zur Erholung in der Schweiz; die Angelegenheit ist dadurch wieder in Vergessenheit geraten. Nun weiss ich auch nicht, ob Sie nur Originalsachen bringen, od[er] auch solche, von fremden Autoren. Und nun zu etwas anderm. Wie ist das, mit meinen »lustigen Lichtbildern« wie solche z. Zt. im

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Januar in der Scala (Berlin) gezeigt werden! Direktor Duisburg hat sie, des grossen Erfolges wegen noch um einen Monat anschliessend (Februar) verlängert.------- Sie haben doch im Norden Berlin’[s] wieder ein ganz anderes Publikum und ich möchte wetten, dass die Lichtbilder in Ihrem Theater auch einen ganz grossen Erfolg hätten. Also: »Probieren, geht über studieren!« Mein lieber Herr Carow, lassen Sie betreffs meiner Vorschläge sofort etwas von sich hören, bevor es zu spät ist; denn dann ist es zu spät. Mit deutschem Gruss! Ihr

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14. 1. 1943

an

Liesl Karlstadt

München Donnerstag 14. 1. 43 Liebe Liesi Meinen Brief vom Reintjes wirst Du ja erhalten haben - und für gut empfunden - denke Dir nur ich habe ihm den Brief in die Pension Regina geschickt und am andern morgen war er noch nicht abge­ reist, sondern telefonierte mich an in/rewwiZlichster Weise und sagte zu mir Er kann es verstehen, daß ich mich nicht zu der Unterschrift des Vertrages nicht einverstanden erklärte, er habe in der Hitze des Gefechtes, gar nicht mehr daran gedacht, daß er ab 1 März noch seine Freiheitsstrafe von 8 Monat absitzen müsse - und er sehe es selbst ein, daß er nicht für mich arbeiten könne, wenn er im H sitzt. Alles nähere darüber mündlich

Was sagst Du zu meinem Lichtbild Verleih? - Die Skala in Berlin im größten Haus Deutschland haben meine Lichtbilder so einen Riesen­ erfolg das d. Duisberg telegrafiert hatoberdieBilderim Februar auch noch haben kann, pro Monat 1500 - M. - Das ist doch fein - Frau Pfaffhat mir meine neuen Schallplattentexte zurückgeschickt mit der Bemerkung, die Sachen sind für die heutige Zeit nicht mehr passend. Eine Rheinländerin diktiert heute den Bayer. Humor - Amen Viele Grüße und ein baldiges Wiedersehen Valentin 187

192 io. 3. 1943

an

Liesl Karlstadt

München - Mittwoch III.43 Liebe Liesi. wir leben noch! - Es war eine schreckliche Nacht. 2 Stund nach der Entwarnung keine Telefon Verbindung auch den ganzen Tag war keine Verbindung mit Dir und der Stadt München möglich - keine Eisenbahn - ich hätte zu Fuß gehen müssen Schreibe mir sofort was mit Euch ist. In Eile Dein P. K. Valentin

Der Müller Hiaß hat scheint es die Wahrheit gesagt

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22. 8. 1943

an

Liesl Karlstadt

V. F. Planegg Georgenstr. 2 An Obergefr. Gustav Karlstadt Ehrwalder-Alm Militär-Diensthütte Geb. J. Abt. 54 (Tirol)

Lieber Gustav! Endlich bekam ich heute eine Nachricht von Dir - Ich wußte lange nicht, ob die Medizin - ob der Melissengeist - ob das Kistchen mit den Kleidungsstücken angekommen ist - Gar nichts mehr hast Du hören lassen - Nun kommt heute die erste Nachricht aber von der Hose und Joppe weiß ich wieder nichts, ich habe das Paket am [...] aufgegeben hoffentlich ist es nicht verloren. Daß du bei Holzbf...] wieder anfangen sollfst] kommt nicht in Frage - Du bleibst wo Du bist, Du weißt wahrscheinlich nicht wie es in München zugeht - die meisten Münchner sollen und verlassen schon die Stadt. Ob da ein 188

Theater spielen noch weiter geht, kann ich mir nicht gut denken. Hast du noch eine Abschrift vom Müller Hias v. B. Wald? Wenn Du etwas brauchst schreibe mir. Wie es mir geht, kannst du Dir vorstellen. Bis auf Weiteres mit deutschen Gr[üßen] Alles Gute K.V.

Melissengeist schicke ich Dir, soviel ich bekomme---- Leopillen habe ich auch noch - wann soll ich dieselben abschicken? Morgen schicke ich Dir einen neuen Artikel. - Weiß Ferdi ist mit dem Herz schlecht beisammen er tritt schon '/, Jahr nicht mehr auf - Sonst weiß ich momentan nichts Neues - Nur Mut - der Mut ist aber nicht käuflich - denn wenn er käuflich wäre, wäre er zur Zeit längst »ausverkauft«. Schreibe mir bitte öfters.

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1943

an einen

Anonymus

Seit 1928 nehme ich durchschnittlich äusser anderen Asthmamitteln wie Glyzerinan, Asthmolysininjektionen, Räucherpulvern ectr. ectr. täglich ein Felsolpulver ein. Das sind also bis heute (15 Jahre) 5475 Pulver. Aus diesem Anlass erkundigte ich mich bei der Firma: Roland (Essen) ob Felsol bei Dauergebrauch eventl. Schaden brin­ gen könnte, worauf ich folgende Erklärungen erhielt: Essen, den 16. 9. 31------Sehr geehrter Herr Valentin! Wir danken Ihnen für Ihre Nachricht und freuen uns, dass Ihnen Felsol gute Dienste geleistet hat. Auf Ihre Frage, ob Sie zwei Felsolpulver auf einmal nehmen können, geben wir Ihnen die Auskunft, dass uns von Ae[r]zten, sowohl auch von Verbrauchern sehr oft mitgeteilt wurde, dass sie zwei Pulver Felsol auf einmal oder in ganz kurzen Abständen ohne irgend welche unangenehmen Nebenwirkungen eingenom­ men haben. Wir glauben daher annehmen zu können, dass auch Sie in Ausnahmenfällen, den Versuch mit zwei Pulvern machen können. Es ist aber in jedem Falle besser, wenn die Einnahme von zwei Pulvern eine Ausnahme bleibt und nicht zur Regel wird. Sollten Sie wider Erwarten nicht die befriedigende Wirkung verspüren, so

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raten wir Ihnen doch in jedem Falle, sich mit Ihrem Arzt in Verbindung zu setzen. Wir hoffen, dass Ihnen diese Aufklärungen genügen und empfehlen uns Ihnen. Roland, Aktiengesellschaft, Essen.

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März 1944 an Morgenpost«

die

Redaktion der »Berliner

München-Planegg, Georgenstrasse 2/0 Sehr geehrte Schriftleitung! In der Nummer ? »Berliner Morgenpost« vom 27.2. 1944 steht ein Witz von mir (angeblich von mir!) Ueberschrift: »Aber bitte!« Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir den Namen und die Anschrift des Einsenders mitteilen würden, damit ich endlich einmal gegen diese Leute vorgehen kann, die einem einen solchen Mist aufbinden. Im voraus besten Dank für Ihre Mühe! Mit deutschem Gruß!

Anbei freie Postkarte zur Rückantwort.

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7. 3. 1944

an den

Volkssänger August Junker

Karl Valentin München Mariannenpl. 4/2

München, den 7. 3■ 44

Lieber College Junker! Der Verlag »Knorr & Hirthf«] beabsichtigt ein Buch herauszuge­ ben »Münchner Volkssänger«. Ich habe mit Beihilfe einiger alten Münchner Volkssängern schon viel Material (in Bild und Text) zusammen gebracht; nur von Alois Hönle fehlt mir noch seine ganze Bühnenlaufbahn. Nachdem Du

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sehr lange mit ihm zusammengearbeitet hast, könntest doch gerade Du uns das meiste von Alois Hönle überliefern, denn er war doch äusser Karl Maxstadt - Welsch - Geis und Karl Wilhelm einer der produktivsten Fachschriftsteller der Münchner Volkssänger, von dessen Erzeugnissen heute noch viele Volkssänger zehren. Fotos habe ich von Frau Hönle schon vor io Jahren bekommen. Der Verlag »Knorr & Hirth« Herr Dr. Hasinger, wären Dir sehr dankbar, wenn Du einen Beitrag über »Alois Hönle» liefern könn­ test. Mit deutschem Gruß

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Juni 1944

an die

Leser der »Münchener Feldpost«

Gruß aus der Heimat Sehr geehrte Soldaten! Da zur Zeit in der Heimat Papierknappheit besteht, ist es mir unmöglich, von den Millionen Soldaten an jeden einzeln zu schrei­ ben; deshalb bringt Ihnen die »Münchener Feldpost« einen offenen Brief aus der Heimat. Mir geht es persönlich eigentlich nicht fast ganz gut. Es hat sich bei uns nicht besonders viel Neues ereignet. Gestern vormittag hat sich die Frau Wimmer einen Zahn reißen lassen - geht ihr aber schon wieder bedeutend besser und am Tage vorher ist ihr vor ihrer Wohnungstüre der Fußabstreifer gestohlen worden, noch dazu, wo ihr Mann im Felde steht. Vor drei Tagen war ich im Kino; da wurde ein wunderbarer Film gegeben. Leider habe ich denselben nicht gesehen, weil’s plötzlich ausverkauft war. Gemüse gibt es momentan sehr wenig, weil die Sauerkrauternte voriges Jahr nicht unbedeutend zu wünschen übrig ließ. - Mein Jugendfreund Benedigt, den Ihr alle sicher nicht kennt, hat sein Fahrrad, welches er in Reparatur gegeben hat, noch nicht bekom­ men. Er regt sich darüber weniger auf, da er ja noch eins hat, von welchen allerdings am hinteren Rad einige Speichen fehlen. Am vorderen Rad fehlen alle. Am verflossenen Sonntag hatten wir Besuch. Frau Meierhofer, deren Mann Berufskaminkehrer ist, hat uns erzählt, daß ihr Neffe behauptet hat, ihr Mann sei Modell

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gestanden zu dem schwarzen Mann »Feind hört mit«, den man in der ganzen Stadt mit dunkelschwarzer Farbe oder Ruß hingemalt hat. Am nächsten Freitag sind es genau zehn Jahre, daß dem Herrn Kreuzer, der neben uns wohnt, seine Uhrkette gestohlen wurde. Wer dieselbe gestohlen hat, wurde trotz damaliger sofortiger poli­ zeilicher Ermittlung nicht ermittelt; da es nur eine billige Kette war, hat sich Kreuzer über den Schaden bereits hinweggesetzt, was ich ihm auch nicht verdenken kann. Ja, ja, das Leben ist sehr vielseitig! Bei einem geht’s so und beim andern nicht so. Ich bin herzlich froh, daß der vergangene Winter mit seinen übligen Schneefällen sein jähes Ende gefunden hat, denn das ewige Frieren, welches durch die Kälte verursacht wird, wirkt auf empfindliche Menschen geradezu peinlich. Die Sommerszeit, die die gesegneten Sonnenstrahlen vom Himmel zur Erde hinabwirft, ist den Men­ schen liebwerter als der Schnee. Aber auch die Sonnenbäder haben ihre Schattenseiten! Wie viele Menschen haben sich durch zu langes In-der-Sonne-Liegenbleiben, Sommersprossen und ähnliche Krankheiten geholt, deren Folgen sie sich selbst zuzuschreiben haben. Unser Radio geht jetzt wieder sehr gut, weil wir eine neue Röhre hinein gekauft haben. Der Lautsprecher ging zu leise. Nun bereitet uns der Radio wieder einen schönen Empfang; besonders die Über­ tragung aus Laibach verfolgen wir mit rigorosem Interesse, und es wirkt geradezu erfrischend und wohltuend, wenn er sich äußert: »Mit baldiger Entwarnung ist zu rechnen.« Noch schöner wäre es uns, wenn er sagen würde, >Mit baldigem Frieden ist zu rechnens Wie würden uns da wir Überlebenden freuen. Manche werden den Frieden nicht mehr erleben. Wir haben z. B. in unserer Stadt München zwei Frauen, die ioo Jahre alt sind; bei denen ist es fraglich. Ich habe mir zum Zeitvertreib einen Hasenstall gezimmert, zum Hasenzüchten. Es fehlen mir aber noch sechs Bretter dazu, 2 m lang und 30 cm breit. Da die Bretter sehr schwer zu bekommen sind, wende ich mich an Euch. Vielleicht hätten Eure Pioniere draußen an der Front einige übrige Bretter, die sie mir zuschicken könnten. 192

Natürlich nicht brieflich. Sonst weiß ich für heute nichts Neues, d. h. nichts, was Euch noch besonders interessieren könnte. Mein Enkelkind geht nun seit einem Jahr in den Kindergarten; die Kinderschwester ist schon eine ältere Dame und läßt Euch ebenfalls herzlich grüßen. Auch ich grüße Euch auch ebenfalls aus der Heimat mit dem Wunsche, daß Ihr mich nach dem Kriege alle einmal besuchen möget; aber bitte nicht alle auf einmal, denn für Millionen heimkehrender Soldaten habe ich nicht Platz in meiner Wohnung. Von München selbst, weiß ich nichts Neues. Es ist alles - bis auf einiges beim Alten geblieben.

Solang da drunt’ am Platzl, noch steht das Hofbräuhaus, solang stirbt die Gemüatlichkeit der Münchner niemals aus

Mit herzlichem Gruß! Karl Valentin

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1944/45

an die

Leser der »Münchener Feldpost«

»I kann leider nix macha.« von Karl Valentin. Liebe Soldaten! Eure vielen, vielen lieben Briefe möchte ich zu gerne alle einzeln beantworten. Nachdem Ihr nun fast alle so ziemlich den gleichen Wunsch habt, kann ich euch im offenen Brief, der Zeitung eine gemeinsame Antwort erteilen. Euer Wunsch, uns öfter im Radio zu hören, kann nur der Deutsche Reichssender erfüllen. Der Reichssender München hat in seinem Schallplattenarchiv seit 5 Jahren 75 lustige Schallplatten von uns gelagert, die bis jetzt nicht oft »Verwendung« fanden. Also wie gesagt, an uns liegt es nicht, ich habe schon des öfteren bezugneh­ mend auf Eure Wünsche, dem Leiter des Münchner Senders Anre-

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gung gegeben. Dieser zeigte volles Verständnis, ist aber leider vom Reichssender Berlin abhängig. Wenn nun der Reichssender Berlin in dieser Sache kein Verständnis entgegen bringt, so ist es uns ebenfalls unverständlich. Herr Dr. Firnholzer vom Reichssender München hat mir erklärt, dass in den meissten Platten das Wort »Grüss Gott« enthalten ist und dies sei die Ursache, dass die Platten für die Sendungen nicht geeignet erscheinen. Immer und immer wieder bekomme ich Briefe von den Soldaten, besonders aus Laza­ retten, in denen es heisst: »Lieber Valentin und liebe Liesl Karlstadt, warum hört man so selten von Euch im Radio? Eure lustigen Schallplatten, auch die von Weiss Ferdi und anderen Humoristen sind uns am allerliebsten und bringen uns über manche schwere Stunde hinweg. Der Reichsrundfunkdirektor meint es uns sicher gut, wenn er uns des öfteren hochklassische Musik bietet, wie z. B. Brahm’s Musik, oder die Siebente Rapsodie von Franz List oder einen Teil aus Richard Wagners »Tristan und seiner Isolde«. Wir sind aber nicht alle musikalisch gebildet, a Gaudi is’ uns halt offen G’standen bedeutend liaber!« Ein Soldat äusserte sich sogar in einem Brief: »Auf d’Nacht, zum einschlafen is’ a halbstündige Klaviersonate ganz angebracht und wirkt oft besser und schneller als wia zwoa Veronalschlafpulvertabletten!« Ja, ja, liebe Soldaten, ich kann mich in Eure Lage hinein denken, wie langweilig muss ein Tag im Lazarett sein, wenn man den ganzen Tag im Bett liegen muss. - Aber wie gesagt, wir würden Euch gerne Eure Wünsche erfüllen und würden Euch alle Tage eine halbe Stunde lang etwas lustiges in den Radio hinein singen oder sprechen - damit wird aber der Reichsrundfunkdirektor in Berlin nicht einverstanden sein. Darum gebe ich Euch den guten Rat - schreibt ihm selbst, vielleicht hat er für Euch Soldaten an der Front und für die, in den Lazaretten ein weiches Herz und ein offenes Ohr und erfüllt Euch Eure Wünsche. — Wenn nicht,------ dann bastle ich mir selbst einen Geheimsender - und alle Tage senden wir Euch dann eine Stunde, eine seelische Medizin, genannt: »Münchner Humor«. Euer Karl Valentin und Liesl Karlstadt.

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I5- 11 *945 Giesler

AN DEN Gauleiter

von

München, Paul

Planegg am 15. Januar 1945

Karl Valentin Planegg b München Georgenstr 2

Sehr geehrter Herr Gauleiter! Bitte genehmigen Sie der Schriftleitung, dass der Artikel in der Feldpostzeitung erscheint. Derselbe wurde von Herr Dr Baumle schon einmal abgelehnt, - warum, ist mir unverständlich. Sie ver­ ehrter Herr Gauleiter könnten es doch bei der Berliner Hauptstelle durchdrücken, dass wenigstens alle Tage 2 Platten gesendet werden. Die Vorträge sind alle frei, von jeder Zote und Politik, sind zeitlos und unsere Soldaten, hätten wirklich ihre helle Freude daran. Wenn Sie es wünschen, kann ich Ihnen die Texte der Schallplatten zur Ansicht überlassen. Nochmals besten Dank für das Päckchen Zigaretten, unvorsichti­ gerweise habe ich schon alles verraucht. Mit deutschem Gruss! Karl Valentin

200 Anfang 1945 Planegg

an die

Ortsgruppe

der

NSDAP von

An die Ortsgruppe Planegg. Betreffs: Diebstahl von Feuerwerkskörpern.

Die Firma Herbst in München, Prielmayrstr. wurde voriges Jahr 1944 von der Luftschutzpolizei, München aufgefordert, die zum Verkauf in ihrem Luftschutzkeller gelagerten Feuerwerkskörper wegen Explosionsgefahr aus dem Keller sofort zu entfernen und dieselben irgendwo in der Nähe Münchens im Freien - eventl. Garten - zu lagern. - Die Firma, mit der ich schon immer in 195

geschäftlicher Verbindung stand, ersuchte mich, dies Feuerwerk in meinem Anwesen in Planegg, in meinem Garten in sechs kleine Kisten unterbringen zu dürfen. Ich erkundigte mich vorher in der Feuerwerkerei Sauer und Co., München, Baianstrasse, wie solche Feuerwerkskörper vorschrifts­ mässig gelagert sein müssen und habe sodann die Kisten genau nach Vorschrift gelagert. Einige Knaben aus Planegg sind in mein Anwesen vielmals einge­ brochen, haben den Stacheldraht meines Nachbars, Herrn Pippel durchschnitten und sind über den Gartenzaum in mein Anwesen gestiegen, haben die sechs Kisten so nach und nach vollständig entleert und zu ihrem Vergnügen viele Male hindurch (trotz War­ nung in der Zeitung im Würmtaler Bote sowie Warnung an der öffentlichen Gemeindetafel) in der ganzen Umgebung - oft mitten auf der verkehrsreichen Strasse, zum Schrecken der Passanten, zur Explusion gebracht. Die jugendlichen Täter sind von der Planegger Polizei bereits alle ermittelt worden, sind aber bis heute straflos geblieben. Die Firma Herbst sieht von einer Anklage wegen Ein­ bruch und Diebstahl ab, wenn der Schaden von 1000 Mark begli­ chen wird. - Die Firma ersucht mich, obige Angelegenheit der betreffenden Stelle in Planegg zu übergeben die dafür zuständig ist. Ich bitte um Bescheid. Heil Hitler! Karl Valentin

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20i

u.2.1945

an den

Ortsgruppenleiter

An die Ortsgruppe Planegg, Herrn Ortsgruppenleiter Sailer.

von

Planegg

Planegg, 11.2.45

Betreffs: Wasserschaden. Sehr geehrter Herr Ortsgruppenleiter Salier! Nachdem nun die Ursache der im Herbst stattgefundenen Ueberschwemmungen - durch Herrn Spenglermeister Uebelacker festge­ stellt wurde - (geschlossene Schleussen im Mühlwerk Gräfelfing) frage ich bei der Ortsgruppe an, wie diese Angelegenheit zu behan­ deln ist. Viele Anwesenbesitzer der Würmufer von Gräfelfing bis Planegg, sind durch die oft zwei- bis dreimal tägl. eingetretenen Ueberschwemmungen ihrer Grundstücke schwer geschädigt worden. Ich selbst habe mindestens einen Schaden von 500 Mk. erlitten. Durch das Absperren der zwei Nebenschleussen in Gräfelfing (seit drei Tagen sind auf Veranlassung durch Herrn Uebelacker die zwei Nebenschleussen erst wieder geöffnet worden!) staute sich das Würmwasser, trat aus den Ufern und wir hatten oft 30-40 cm hohen Wasserstand in unserm Gemüsegarten, sodass wir mit einem regelrechten Holzfloss darin umher fahren mussten. Das eingemie­ tete Wintergemüse vollständig verfault und die Kartoffel z. grössten Teil ungeniesbar. - Ein Holzschuppen mit Möbeln, die wir aus unserm brennenden Haus aus München noch gerettet hatten, sind ebenfalls z.Tl. unbrauchbar geworden. Ich bitte die Ortsgruppe Planegg, wo und wie ich meine Schadenansprüche stellen kann. Heil Hitler! Karl Valentin

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202

Vor Kriegsende 1945

an

Weiss Ferdl

So lange Deutschland solche Männer hat, ist es nicht verloren Paket Volkssänger abgeschickt K.V

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Herbst 1945 andenRundfunkredakteur Dr. H. Backhaus

Sehr geehrter Herr Dr. Backhaus! Sie ersehen aus diesem Brief dass mich Herr Mister Brill lieber hat, als Sie mich haben. In aller Ehrfurcht zeichnet Karl Valentin

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Evtl. 1945

an eine

Bäckerstochter

An Martha! Beim Bäcker Drechsler in Planegg, vom Rathaus vis a vis, weils dort das beste Hausbrot gibt, drumm laufens alle hi, s’is alle Tag der Laden voll, bis zu der Eingangstür, dieselbe knarzt schon viele Jahr, da fehlts halt an der Schmier. Das Brot ist meistens ausverkauft, die G’schicht is net zum Lacha, da schimpft de Kundschaft und es hoasst, dann soll’n halt mehra bacha. Dann sagt die blonde Bäckermaid, den Spruch kennt scho a jeder, das Brot is aus, d’Stellasch is leer, 198

as Hausbrot gibts erst später. Ja! Ja! Das Bäckertöchterlein, dös is a ganz a feine, drum gehen auch so viele Herrn in Bäckerlad’n eine, der wo ihr g’fällt, den hält sie fest, allein schon, mit den Blicken. Nur wird ihr das, wie sie es meint, bei mir zwar niemals glücken, denn ich schwärm nur für fettes Fett, das ist mein Lieblingsfutter, mir is statt einer Bäckersfee, viel lieber a Pfund Butter. Mit reschen Semmeln wie sie meint, könnt sie mein Herz gewinnen, doch selbst bei solchem Angebot, wird »Ihr« das nicht gelingen. Du Martha weisst es ganz genau, dass ich verheirat bin, drum schlag dir endlich aus den Kopf, den schönen.......... Fridolin. Ich bleibe meiner Gattin treu, ich lass mich nicht verführen, nur weil doch einmal - keinmal ist, will ich’s mit dir probieren, dafür verlange aber ich, Bedienung eine schnelle, denn wenn der Laden voller Kundschaft ist, kommt man nicht von der Stelle. Von nun ab muss das anders werden, wir machens jetzt von hinten, du legst die Semmeln naus in Hof, da wer is dann scho finden.

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20$

1945

AN Liesl Karlstadt

Liebe Lisi - Hoffentlich hast Du das Paket mit den Beilagen - Leo Pillen - und Melissengeist erhalten eine Bestätigung wäre mir schon erwünscht. Wenn Du die 2 te Schachtel Leopillen willst mußt Du mir schrei­ ben. - Das mit den blauen Hosen ist nicht so einfach wie Du meinst - In Planegg sind zwei Frauen die würden mir für eine Hose 100.- M bezahlen weil es der beste Kostümstoff ist den es gibt - wenn ich die Butter per Pfund 20 M anehme, so wären das für eine Hose 5[Pfd.] Butter - die Bäuerin bei dir oben nimmt vielleicht ein [Pfd.J Butter für eine Hose. Deine Raubritter Uniform bewahre ich auf- für »bessere« Zeiten vielleicht? spielen es wir doch noch - oder im Film? — Schreibe mir bald wie Du über den Hosentausch denkst - Alles gute wünscht dir Dein größter Verehrer der alle Andere in den Schatten stellt K. Valentin

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14.1.1946

an den

Schriftsteller Ernst Hofe-

richter

Karl Valentin Planegg, Georgenstr. 2

14.1.46

Mein lieber Herr Hoferichter! Der Münchner Radio braucht Humoristen um das handelt es sich. Wenn wir bayrische noch besser Münchner Humoristen hätten, bräuchten wir keine Preußen dazu, sagte vor 8 Tagen Mister Grenfeld zu mir, Sie Valentin haben wir bereits engagiert - Weiß Ferdi kommt nicht mehr in Frage, weil er Altparteimitglied ist, und was ist sonst noch da? Schicken Sie, sprach er mir Humoristen. Und ich habe Sie gleich vorgeschlagen und wenn Sie auch nicht selbst ins Mikrophon sprechen, so haben Sie doch so wunderbare Reiseerzäh­ lungen u. d. gleichen die alle Hörer begeistern würden. Außerdem 200

können Sie doch aktuelle Sachen schreiben. Mister Grenfeld ist ein sehr netter gemütlicher Herr, spricht deutsch, besser als wie wir beide zusammen. Gehen Sie zu ihm und machen Sie ihm Vor­ schläge. Meine Tochter sagte mir Sie seien so eigen, und würden sich nicht stiefmütterlich behandeln lassen, und stundenlang warten, bis Sie vorgelassen werden. - Sie müssten eben das schriftlich machen, und die genaue Zeit angeben, wann Sie Mister Grenfeld sprechen können. Jedenfalls habe ich Sie bestens empfohlen und hoffe daß bald im Münchner Radio ein Bayer mehr und ein Preuße weniger die Hörer erfreut. Mit besten Grüßen Ihr Karl Valentin

Tel. 899107

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26. 1. 1946 an Hausenstein

den

Schriftsteller Wilhelm

Planegg, den 26. Januar 1946

Karl Valentin

Mein lieber Herr Dr. Hausenstein! Nun habe ich den Triumphbogen in Planegg wieder entfernen lassen, der zu Ihren hohen Besuch, den Sie mir versprochen haben, errichtet war. Die Tannenzweige sind welk geworden, die abgeän­ derten Hitlerfahnen, die ich in Weissblau umfärben liess, sind abgehisst und die Speisen und Getränke, die zum Empfangsdiner monatelang bereitgestellt waren, haben wir selbst gefressen bis auf die Getränkfe], die wir gesoffen haben. Die Ursache Ihres Nichtbe­ suches, lässt in mir die Vermutung aufkommen, dass Ihre gegenwär­ tige finanzielle Lage die Reisespesen von Tutzing nach Planegg nicht gestattet hat. Hätten Sie mir nur eine leise Andeutung gemacht und alles hätte geklappt. - Nun muß unser geplanter persönlicher Besuch ins Telefonische umgemodelt werden. - Nachdem ich Nichtparteimitglied war habe ich von der U.S.A.Militär-Regierung

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wieder meinen Telefonanschluss bekommen. Ihre Nummer 0258295 ist nicht zu bekommen. Vielleicht können Sie mich anrufen unter 899107. Mein lieber Herr Dr. Hausenstein - ich hätte so vieles mit Ihnen zu besprechen. Jetzt sind die Amerikaner da, jetzt wäre meine Zeit gekommen, besonders im Film. - Anbei einige Beilagen. - Die deutschen Filmregisseure haben mich nie verstanden, was ich will. Amerika hat mir 1926 2 Millionen Reichsmark für 2 Jahre geboten für Bühne und Film. In Deutschland verdiente ich die letzten 4 Jahre pro Monat 75 RM für einen Artikel in der Feldpostzeitung. Ein Deutscher Strassen­ kehrer verdient monatlich 175 RM. - Kommentar überflüssig. Wer könnte meine Lage den Amerikanern besser schildern als Sie? Ein Artikel aus Ihrer Feder in der »Neuen Zeitung« und ich könnte filmen und Deutschland würde beschämt. Und wie geht es bei anderen? Heinz Rühmann hat wiederum Glück im 4ten Reich. Im 3ten Reich hat er aus Geschäftsgründen seine Frau, weil sie Jüdin war, hinausgeschmissen und die Berta Feiler geheiratet. Heute im 4ten Reich filmt er wieder, er hat sich bei den Russen wieder eingeschmeichelt. Wie ist so etwas möglich? - Ein anderer kleiner Geschäftsmann, der einmal ein kleines Parteiabzeichen getragen hat, verliert seine ganze Existenz. Heute nur so viel. Ich erwarte Ihren Anruf. Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin und Tochter alles alles Gute. Ihr

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26. 1. 1946

an

Georg Neumüller

Lieber Neumüller! 26. 1. 46 Freut mich, daß es Ihnen wieder gut geht - das hätten wir uns nicht gedacht, daß wir in unserem Alter noch solches Zeug mitmachen müssen. Aber wir leben noch. - Ich hätte für Sie schöne neuzeitliche Vorträge. Wenn Sie wieder nach München kommen besuchen Sie mich in Planegg - da können wir über alles sprechen. 202

Weiß Ferdi darf nicht mehr arbeiten weil er Parteimitglied war. Ich bin beim Rundfunk engagiert, und im Frühjahr geht das Filmen an. Die Amerikaner intressieren sich viel mehr für mich, als die deutschen Filmregisseure des III. Reiches - Also bis zum Besuch alles Gute auch an Ihre Frau Gemahlin Ihr Karl Valentin

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31. 1. 1946

an die

Zeichnerin Franziska Bilek

Planegg, den 31. Januar 1946. Georgenstr. 2

Karl Valentin Komiker Tel. 899107

Mein liebes Fräulein Bilek. Wieder ist ein neues Meisterstück von einer grossen Meisterin in mein »Bilek-Album« eingeklebt worden. - Aber mehr noch als dieses Bild freut mich die Tatsache, dass das Schicksal - sagen wir lieber der liebe Gott - Sie zu den Ueberlebenden eingeteilt hatte. Sie hatten aber nicht nur das Glück nicht von Bomben getroffen worden zu sein, Sie hatten noch mehr Glück damit, dass Sie im dritten Reich nicht erwischt worden sind. - Nehmen Sie bitte die kleine Erinne­ rung entgegen: Als wir auf dem Heimweg von einer Kunstausteilung in der Briennerstr. gingen sprach ich zu Ihnen: »Was haben wir eigentlich verbrochen, dass wir nun einen zweiten Krieg auch noch mitmachen müssen. Ist das noch ein Leben? Heuchlerisch muss man sich überall mit Heil Hitler bekennen - nichts als Verbote - keine Rechte mehr ich habe das Leben so satt; am liebsten würde ich Schluss machen«. Das war im Jahre 1942. Mit vollem Brustton auf offener Strasse fielen Sie mir ins Wort: »Nein Herr Valentin, da denke ich ganz anders. Nein, - leben will ich noch, und zwar so lange noch, bis ich diese Hitler-Bonzen alle an den Bäumen hängen sehe, - so lange will ich noch leben.« Und solche Aeusserungen fürchte ich haben Sie in 203

dieser grauen Zeit wahrscheinlich nicht blos mir gegenüber gemacht - und deshalb hatte ich Angst um Sie - Zwar hängen diese Burschen noch nicht (zur Zeit sitzen Sie noch) aber wenn sie hängen so haben Sie es noch erlebt; Die Hängenden haben es nicht mehr erlebt, weil dieselben dann ausgelebt haben. Die haben aber ein schönes Leben hinter sich. - und wir - wir hatten zwölfJahre kein schönes Leben und ob wir noch ein schönes Leben bekommen, das wissen die Götter und wenns die auch nicht wissen, dann weiss ich nicht, wer das eigentlich woass Aber eines weiss ich sicher, und zwar dies, dass Sie mich in aller nächster Zeit in meinem Landhäuschen in Planegg besuchen wer­ den. Ihr Karl Valentin Im Radio München hören Sie mich nun 2 x die Woche - Abends 9-9°5 Meine Wohnung in München völlig ausgebrannt - Heimatlos und Zigarettenlos! bitte wenden!

Was ist mit Gulbransen u Karl Arnold? Würde mich sehr interessie­ ren

210

i94Ö(?)

an die

Redaktion

der

»Radiowelt«

In der RADIOWELT Nr. 24 war ein kleiner Artikel enthalten über mich, aber der hat nicht gestimmt, denn es hiess, ich wäre nur einige Tage in Berlin gewesen und wäre gleich wieder heimgefahren nach meinem geliebten München, weil mich die Preussen dort nicht verstanden hätten. Richtig ist, dass ich fünf Gastspiele in Berlin gegeben habe, zusam­ mengerechnet zirka ein Jahr Berliner Gastspiele, im Kabarett der Komiker. - Ich war auch in der Schweiz und einmal in Wien. In 204

Wien ging es mir allerdings nicht gut (192 3). Ich sollte zwei Monate dort bleiben, wurde aber nach einem Monat wieder ausgewiesen mit der Begründung, ich würde als Reichsdeutscher in Wien arbeitslose Artisten verdrängen. Viele Österreicher waren dreissig Jahre in unserem Münchner Gärtnertheater engagiert, wurden aber nicht aus Deutschland ausgewiesen. (O du mein Österreich!) Nach Ame­ rika sollte ich 1926 auf zwei Jahre, traute mich aber wegen der Seekrankheit nicht hinüber und sagte 1926 zu Mister Goodman aus New York: »Wenn mich die Amerikaner wollen, dann sollen sie zu mir nach München rüberkommen -«, jetzt sans da (1946) - nun weiss ich nicht, sans wega mir kemma, oder wegn der Regierung vom Dritten Reich.

211

Februar 1946

an das

Wirtschaftsamt München

An das Wirtschaftsamt München - Abtlg. »Kohlen« Mir wurden II Zentner Kohlen spendiert; Die Zeit ist vorbei, in welcher mich friert. Aber, was mach ich im Sommer? Wenn die Witterung heiss? Das ist unerträglich, - man transpiriert Schweiss. Vor Kälte erfrieren, vor Hitze verschmachten Sind Gegenteilspole, die sind zu beachten! Drum bitt’ ich im Sommer um 10 Zentner Eis O, glücklich der Mensch, der zu helfen sich weiss. Ihre Hilfe tat wohl - sie hat Zweck und hat Sinn; Ich danke ergebenst!

Karl Valentin.

205

212

24r94^ Backhaus

AN DEN Rundfunkredakteur Dr. H.

Karl Valentin Komiker

Planegg, den 24. Juni 1946 Georgenstrasse 2, Telef. 899107

Sehr geehrter Herr Doktor Backhaus! Frage zum letzten Male an, ob mir die Leitung des Radio München pro Monat einmal eine Viertelstunde zur Sendung von 4 Schallplat­ ten genehmigt. Siehe beiliegendes Programm. Beim Zehnerl-Kabarett mitzuwirken, habe ich keine Lust. Wenn man »auswärtigen« Humoristen wöchendich 40 Minuten Zeit ein­ räumt, so könnte man doch einem bayrischen Münchner wenigstens pro Monat 15 Minuten bewilligen. - Sollte ich wieder einen Fehl­ tritt getan haben, zeichne ich mit aller Hochachtung Ihr Karl Valentin

213

Herbst 1946

an

Liesl Karlstadt

Liebe Liesi - So bald ich etwas bekomm bekommst du natürlich auch die Hälfte Schicke mir die 2 Briefe wieder zurück an mich Gruß d. K. Valentin

206

214

November 1946

an die

Betreiber

einer

Wein­

handlung

Karl Valentin, Komiker Planegg, Georgenstrasse 2/0 Tel. 899107

Planegg, den

.11.46

Lieber Herr und Fräulein Klinger! »Das Weihnachtsfest naht - und der Schneider naht auch«! Ich habe an Firma Kustermann (Eisenhandlung) um ein paar Fla­ schen Wein geschrieben und die Firma hat mir geantwortet, dass ich denselben nur in einer Weinhandlung bekäme. Da Ihr eine solche Firma seid, und einen Wein gehabt habet, frage ich an, ob Ihr noch einen habet. Solltet Ihr noch einen haben, habet Ihr meinen Wunsch erfüllt. Die Hauptsache ist, dass die Flasche nur eine Mark kostet und erste Qualität ist. - Wir verwenden den Wein nur zum Trinken, denn zum Boden reinigen nehmen wir stets Wasser. Solltet Ihr keinen Wein schicken können, verzichte ich auf eine weitere Lieferung und habe dabei den Vorteil, dass ich Euch die leeren Flaschen nicht zurück schicken brauche. Ich hoffe, keinen Fehltritt gemacht zu haben und zeichne mit Hochachtung Karl Valentin Einige Grüsse an irgendjemand!

215

8. 12. 1946

an einen

Zigarettenfabrikanten

Planegg, den 8. 12. 46 Sehr geehrter Herr Direktor Sommer! Das Weihnachtsfest naht - und der Schneider naht auch! Man weiss heute nicht was man seinen Lieben zu Weihnachten schenken soll.

207

Nun habe ich eine glückliche Idee und zwar in einer Zigarettenfa­ brik einen Einbruch zu veranstalten. Nachdem ich keine Werk­ zeuge, Nachschlüssel ectr. und keinen Scheissaparat u. dgl. besitze, bitte ich Sie, lieber Herr Direktor, [mir] sämtliche Schlüssel hauptsächlich den Lagerschlüssel für eine Nacht zur Verfügung stellen zu wollen, damit ich mich leichter tue, bei nächtlicher Stunde in Ihr Lager einzudringen. Den eventuellen Hofhund, den Sie besitzen, bitte ich in dieser Nacht an der Kette zu lassen und den Nachtportier ersuche ich, für diese Nacht zu beurlauben. Ich habe im Sinne, nur 200 Zigaretten zu rauben, um Ihren Lager­ bestand nicht zu sehr zu schwächen. Sollte der Einbruch in dieser Nacht doch ans Tageslicht kommen, erbitte ich mir Ihre vollstän­ dige Diskretion. Falls der Einbruch nicht gelänge, werde ich statt einen Einbruch einen Ehebruch ausführen und zwar an Ihrer Frau Gemahlin. Den Einbruch, wie den Ehebruch könnten natürlich nur Sie allein verhindern, wenn Sie sich freiwillig zu dieser hier in Frage kommenden Weihnachtslieferung bekennen würden. Die Lieferung könnte sofort erfolgen und bitte ich, dieselbe nicht bis Ostern 1947 zu verschieben, da ich auf Ostern den Einbruch in einer Ostereierfabrik vorhabe und ein Weihnachtswunsch hier nicht mehr in Frage kommt. Mit freundlichen Grüssen! Einige Grüsse an irgend Jemand

216

1945/46

an den

Theaterleiter Theo Prosel

Lieber Direktor Prosl. Leider müssen wir mein Gastspiel auf einen anderen Zeitpunkt verlegen, den mir geht es mit meinem Astma sehr schlecht; die gestrige Film Wochenschau Aufnahme in Geiselgasteig mußte ich auch absagen. - Aber einstudieren könnten wir doch die »Alpensän­ ger« Der Herr Wallberg und der Zugharmonika Spieler könnten doch zu mir nach Planegg heraus kommen. Was sagst Du zu der Gemeinheit, der Willy Dein Bühnenmeister 208

hat mir in meinen Notenständer 2 Nägel hinein geschlagen und hat denselben als Plakatständer benützt, weil er zu faul war für Euch einen Ständer anzufertigen. Besuche mich doch in Planegg - Du hast doch ein Auto Viele Grüße Karl Valentin

2i7 6. i. 1947

AN

eine

Chemiefirma 6. i. 47

Sehr geehrte Direktion! Meine Karte mit dem Bemerken: »Brief folgt« werden Sie wohl inzwischen erhalten haben. Hier ist nun der folgende Brief! Ich war der festen Meinung, Felsol darf nur mehr flüssig hergestellt werden - also nicht mehr in Pulverform, da das »Pulver« unter das heutige Militärgesetz fällt. Im Rundfunk hat das bei den Aufnahmen Gott sei Dank niemand gemerkt, dass ich das Felsol erwähnt habe, mit den Worten: »Nun bringe ich Ihnen das schöne Lied von der Loreley. Diese sass bekanntlich am Rheinufer auf einem Felsol Verzeihung, Felsen wollt ich sagen - ich hab’ mich nur versprochen und habe Felsol gesagt, weil ich preisgekrönter Asthmatiker bin; aber leider gibt es z. Zt. kein Felsol[«J u.e.w. Es ist im Rundfunk streng verboten, irgend eine Firma zu nennen. Die Rundfunkleitung hat das »Felsol« Gott sei Dank überhört. Seit 20 Jahren bin ich Feisolist. Helfen tut es mir nichts mehr, aber ich habe mich so daran gewöhnt, dass ich jetzt pro Tag 3 manchmal sogar 4 Pulver einnehme. Zu meinem weiteren Luxus rauche ich gleich nach dem Einnehmen 2 Zigaretten - also, ein kombiniertes Laster. Nun eine kleine Felsolanektode: Ich frug vor einem Jahr meinen Nervenarzt Geheimrath Dr. Bumpke ob ich Felsol weiternehmen kann, ob es dem Organismus schädigt, weil ich seit cirka 20 Jahren so ungefähr 15000 Felsolpulver gefressen habe. «Wieviel«? frug er erstaunt »15000«? »Neh­ 209

men Sie’s ruhig weiter, wenn Sie nach 15000 noch leben, dann schaden auch die weiteren 15000 nicht mehr«. Ein anderer Arzt Dr. Rensch in Gauting bei München, Gartenpro­ menade 36 konnte sich kaum fassen, dass ich soviel Pulver schon genommen habe. (Siehe beiliegenden Brief!) Eine andere Felsolepisode! - Vor zwei Jahren bekam ich nach 20 Jahren einen Anfall, den ich noch nie in dieser Intensität hatte. Alle Medizinen und Einspritzungen waren vergebens, wirkungslos. Ur­ sache: Zu meinem Geburtstag bekam ich einen Blumenstock. Schöne lila Primeln. Diese lösten das schwere Asthma aus. Seit der Zeit frage ich jedesmal wenn ich eine fremde Wohnung betrete: Haben Sie Primeln in Ihrer Wohnung? - Weiter wird Sie interessie­ ren, dass Amerika auch Felsol herstellt (anbei eine Probe). Ein amerikanischer Soldat brachte mir eine 100 Packung aus Amerika mit. - Ein Gast in einem Restaurant meinte einmal - als ich ein Pulver einnahm, - »Wenn Sie wüssten, was Sie da für [...] ein Zeug einnehmen und wie unapetitlich diese Medikamente zubereitet werden, würden Sie diese Medizin nicht ins Maul nehmen.« Ist das wahr??? Nun genug über Felsol! Ich danke Ihnen noch recht herzlich für die Aussicht, dass ich bei Bedarf an Sie heran treten darf, denn ein Laster kann man zu schwer ablegen. Mit den besten Grüssen zeichnet Hochachtungsvollst!

210

2i8

12. i. 1947

an

Liesl Karlstadt

Karl Valentin Planegg Georgenstr. 2 Frl. Liesl Karlstadt Wellano) München 22 Maximilianstrasse 24/4

12. 1. 47

Liebe Lisi - warum telefonierst Du mich nicht an -? Gehe zu Herrn Ritter Manhardtstr. 5/? Stock? Der läßt Dich gerne telefonieren. Auf der Post ist es zu umständlich - wenn es diese Woche nicht kälter wird besuche ich Dich viele Grüße auch an Amalie K. Valentin

219

1. 3. 1947

an die

Redaktion

der

»Radiowelt«

Liebe Redaktion der Radiowelt! Sie fingen bei mir an, was geschehen ist, daß ich meine Mitarbeit im Radio München eingestellt habe. Das ist sehr einfach. - Die Leitung des Radio München meinte es mir gut und engagierte mich als ständigen Mitarbeiter für humoristische Sendungen. Nun machte sie einen Fehler. Ich wurde gezwungen, meinen angeborenen Münchner Volkshumor abzulegen und neue zeitgemäße Vorträge zu bringen. Ich ging schon an diese Aufgabe heran, aber diese Aufgabe - aktuell zu wirken - konnte ich nicht lösen, daher löste ich meine Mitarbeit. Vierzig Jahre lang habe ich in meinem Beruf als Komiker neutral gearbeitet und habe vielen Menschen mit meinem Riesenblödsinn Freude bereitet und nun soll ich mich plötzlich zu einem anderen, literarischen Humor entschließen. - Das geht nicht und deshalb gingich. Es liegen zirka 100 Schallplatten im Münchner Sender, aber alle mit unpolitischem neutralen Inhalt. Der Münch­ ner Rundfunk will dieselben nicht mehr verwenden mit der Begrün211

düng »alter, verstaubter Münchner Humor«. Ich sehe dasselbe ein, ärgerlich ist für mich nur, dass man den alten Wiener Humor im Münchner Radio so bevorzugt. Hochachtungsvollst! Karl Valentin.

220

14. 6. I947

AN DEN SCHRIFTSTELLER WlLHELM

Hausenstein Karl Valentin, Komiker, Planegg b/München, Georgenstrasse 2/0 Tel. 899107

Den 14. Juni 47

Zum Ö5sten Geburtstag! Man glaubt nicht alles, was in der Zeitung steht. Aber bei dem Gratulierungsartikel Hausenstein (s) mache ich eine Ausnahme. Leider hat sich gezeigt, dass die Schriftleitung der S.Z. die Gesetze der Demokratie (scheint es) nicht kennt - das erste Wort »Wil­ helm« gibt schon Anstoss. Weg mit dem Helm; der Helm ist eine militärische Kopfbedeckung - das hätte auch der Jubel-Jahr selbst wissen sollen. Warum heisst er sich nicht »Willi«, wie alle diejeni­ gen, die den Helm hassen und im Frieden wie im Krieg ihn gehasst haben. - Dass man mit Ihrem werten Geburtstag soviel Geschrei macht, ist mir persönlich nicht fassbar, denn alle Ihre grossen Leistungen, die Sie in Ihrem Leben vollbracht haben, hätte irgend ein anderer auch fertig gebracht, wenn er Ihr Gehirn gehabt hätte. Dasselbe Gehirn hatten Sie als Sie ein Jahr alt waren auch schon; aber wie auch Sie, so wuchs auch Ihr Gehirn. Wäre nur Ihr Kopf gewachsen, würde heute das kleine Hirn im zu grossen Kopfhohl­ raum bei[m] Gehen hin und her kollern. Umgekehrt, wäre Ihr Kopf klein geblieben und Ihr Hirn grösser gewachsen, hätte es Ihnen wahrscheinlich den Kopf gesprengt. Danken Sie dem Schöpfer, dass 212

er Sie von dieser Explosion verschont hat! Wie wäre Ihre liebe Frau Gemahlin erschrocken. Leider wollte ich Ihnen zu Ihrem Geburtstag eine Freude machen, kaufte eine Schachtel Ami=Zigaretten (Preis Nebensache - 150Mark). Im letzten Moment erinnerte ich mich, dass Sie ja Nic[h]traucher sind - sofort rauchte ich die Ami selber. Ich hätte mir ein Gewissen daraus gemacht, wenn Ihr kränkliches Herz sich durch das Rauchen verschlechterft] hätte. Sonst, lieber Herr Doktor Hausen­ stein, hat sich, äusser Ihrem Geburtstag in Europa eigentlich] wenig Neues zugetragen. Im Namen meiner Familie möchte ich dem grossen Mann Dr. Willi Hausenstein, auch dessen Frau Gemahlin und Frl. Tochter viel Glück und Segen für die nahende Zukunft wünschen! Ihr Karl Valentin

221

21. 6. 1947

an den

Volkssänger Roider Jakl

Planegg, 21. 6. 47 Sehr geehrter Herr Roider! Das »Gedeck von Roider Jakl« ist der echte Humor - der echte Volkshumor! Es ist nicht damit abgetan Ihre Verse mit »g’scherte Gstanzl[«] zu betiteln - sie sind sogar tiefe Philosophie, unterlegt mit einer bäuerlichen Melodie - und so ist es richtig. Eines nur bedauern viele und auch ich: Statt 10 sollten es 20 G’stanzln sein! Aber ich weiss, wie schwer es ist jede Woche 10 zu liefern. Ich freue mich schon wieder auf Ihre nächste Sendung! Viele Grüsse! Karl Valentin

2I3

222

Juli 1947

an den

Bürgermeister Dr. Eberl

Herrn Dr. Eberl Buergermeister Grünwald b. München Schlosshotel

Planegg,Juli 1947

Laut Dena-Meldung trifft der bekannte Rittergutaufräumungsge­ neral Karl Valentin in nächster Zeit in Grünwald ein. Zu den Empfangsfeierlichkeiten wurden auch von dem Rittergutsbesitzer Dr. Eberl die Herren Rembremerding, Mr. Hepperdepperneppe, Herr Wrdlprmpft und der Generalgouverneur der Menterschwaige eingeladen. Nachdem das Flugzeug des Rittergutaufräumungsgene­ rals Karl Valentin in Reperatur ist, unternimmt letzterer die Reise von Planegg nach Gruenwald mit der Elektrischen. Das Festessen findet voraussichtlich im Hausgang der Burg Gruenwald statt und besteht, der Zeit Rechnung tragend, aus Baumrindenkompott mit Holzwollesalat, als Getraenke Isarwasser. Der Empfang wird durch den Muenchner Viereckfunk uebertragen.

223

7. 8. 1947

an den Inhaber eines

Fotogeschäftes Planegg, den 7. 8. 1947

Lieber Herr guter Freund Jakobs! Sie haben mir bis heute noch gar nicht wissen lassen, ob Sie das Bild und den Brief mit dem Zwiegespräch betreffs Leikaankauf bei Fa. Schaja erhalten haben. Das Bild mit meinem »Saukopf« war Uhr springlich für die kommende Weltausstellung in Ramersdorf be­ stimmt. Der Rahmen des Bilden ist vom Universitätsprofessor Rembremerdeng auf ca. RM 8.- geschätzt, und steht unter Denkmal­ schutz. Es stammt aus dem Jahre 1936 (also noch kein Alter dumm). - Das Bild selbst ist zum Ansehen geeignet und soll für Interessen­ lose mit der Bildseite gegen die Wand aufgehängt werden, voraus­ sichtlich, dass Sie in dem Zimmer eine Wand besitzen. Denn ohne

214

Wand würde das Bild im Freien hängen, und würde bei nassem Regenwetter ebenfalls nass werden. Wenn Sie zum Schreiben zu müde sind, dann bitte mir zu Teller voll Nieren (meine Telefon­ nummer ist 899107). Sollte Ihnen diese Nummer zu unsympatisch sein, steht es Ihnen frei, irgendeine andere Nummer zu wählen, müssen aber in diesem Falle eventuell mit einer falschen Entbin­ dung rechnen. Bald komme ich wieder zu Ihnen und ich hoffe, dass ich bestimmt zu Hause bin, Damit Sie leider nicht zu mir gekommen bin. Dieses wünscht Ihnen al[l]es, nebst ein Paar Grüsse Ihr alter Griegskamerad Karl Valentin ehemaliger Humorkomiker zurzeit lizensierter Almosenempfänger. Lizens Nr. 00

2I5

224

12. 8. 1947

AN Liesl Karlstadt

Planegg 12. August 47

Liebe Lisi! Deinen Brief habe ich erhalten. Aber daß Du Deine Adresse nicht angegeben hast, wo Du dich aufhälst kann ich nicht verstehen Heute Dienstag kam ich nach München zu Dir. Herr Badenhausen hat mir nicht geöffnet - und Deine Haus Nachbarin (Frau Helferich?) sagte mir zu meinem großen Schrecken, daß Sie Deine Wohnungsschlüssel nicht hat - Du hast auch die Lichtbilder und die Zither ihr nicht übergeben obwohl Du Dir das hast denken können, daß ich dieselben notwendig haben muß - Am kommenden Sonntag sollte ich einen Lichtbildvortrag in Planegg halten - Aber es geht nicht - weil Du die Lichtbilder eingesperrt hast statt dieselben vor Deiner Abreise der Nachbarin zu geben - Oder wenn Du mir wenigstens telefoniert hast - Frau Karl hätte die Sachen doch sofort bei Dir geholt - was soll ich nun machen? Schreibe mir sofort Viele Grüße und gute Erholung Karl Valentin besten Gruß an Amalie. Soeben heute den 13. Deine 2 Karte erhalten wegen dem Gastspiel in Stuck Villa bald Nachricht

225

Sommer 1947

an die

Frau eines Kollegen

Verehrte Frau Weichand Ihr Ansuchen ich möchte zur Entlastung Ihres verstorbenen] Man­ nes beitragen, ist für die Spruchkammer fast ohne Bedeutung. Ich kann mich nicht erinnern daß ich jemals mit Ihm politisiert habe wenn wir zwei mitsammfen] geplaudert haben, war es nur ein saudumm[er] Diskurs, wie es sich für 2 Komiker geziemt, oder es war ein unf[r] eideutsches Sauglockenläuten mit eingeflochten Ans[t]att [nur] zum dies zur Kenntniß Karl Valentin 216

226 23. io. 1947

an

Franziska Bilek

Karl Valentin Planegg b. München Georgenstrasse: 2

2 3. X. 47

Liebes Frl. Bilek, grosse Meisterin der Zeichenkunst! - Ich wurde nun zum zweiten Male als Nichtskönner aus dem Münchner Rundfunk ausgewiesen, mit der Begründung, meine Arbeit entbehre jeder Komik. So wurde die Sendung am 22. Oktober wegen Humorlosigkeit abgesagt und dafür nur 4 alte Schallplatten eingelegt. Grund zu dieser Tat war nun eine Kritik in der Zeitschrift »Radiowelt«, die unter anderem (siehe Beilage!) erwähnte, man möchte dem münchner Komiker Karl Valentin bei seinen Sendungen mehr Freiheit gewähren und nicht so viel schneiden u.s.w. - Dass mein Ehrgeiz verletzt ist, können Sie sich ja vorstellen, ich kann mich aber für diese unschöne Tat nur durch ein Bild im »Simpl« wehren, das allein durch Ihre Hand entstehen kann. Irgend ein mondäner, junger Herr mit grosser Hornbrille steht auf den Stufen am Eingang des Rundfunkhauses München, Rundfunk­ platz 1. Der Herr Sendeleiter meint energisch: Hinaus aus unserem münchner Sender, Sie sind uns als Komiker nicht genügend ko­ misch, wir brauchen im Rundfunk andere komische Persönlichkei­ ten als nur direkte Berufskomiker. Ich gehe auf diese Anpöbelung traurig von dannen. Was Sie meiner Figur für eine Form verleihen in Geste und Mimik überlasse ich Ihnen. Nur bald müsste es sein! Sollten Sie das Rundfunkhaus nicht kennen, so wäre es Ihnen, da Sie doch viele Presseleute kennen, ein Leichtes, sich ein Bild davon auf meine Kosten anfertigen zu lassen. Mit den besten Grüssen! Valentin

Tel. 899107 bitte um Zusendung des Manuskripts - Gespräch am Springbrun­ nen u. [...] 217

227

28- IO. 1947

AN DEN VOLKSSÄNGER UND SAMMLER KlEM

Pauli

Karl Valentin Planegg b. München Georgenstrasse: 2

2 8. X. 47

Sehr geschätzter Herr Kiem Pauli, heute habe ich in der »Süddeutschen Zeitung« Ihren Artikel gele­ sen. Gott sei Dank glaube ich nicht mehr, was in der Zeitung steht, am allerwenigsten an das, dass Sie schon 65 Jahre alt sind. Auf 64 habe ich Sie geschätzt, sollten Sie aber wirklich 65 sein, so brauchen Sie sich nicht so viel darauf einbilden, denn es sind schon »andere« 65 Jahre alt geworden als Sie; was müsste sich da erst ein roojähriger einbilden, wenn Sie mit Ihren 65 lumpigen Jahren schon so ein Getue machen, und wenn es Sie interessiert, so kann ich Ihnen verraten, dass ich auch genau 65 Jahre alt bin. Ob Sie mir oder ich es Ihnen nachgemacht habe, weiss ich nicht. Aber trotzdem sende ich Ihnen einige Glückwünsche (ohne Geschenk), die Sie mir bitte durch eingeschriebenen Brief bestätigen möchten. Herr Wilhelm Diess hat viel Schönes über Sie geschrieben, und doch fast zu wenig, sein Hauptsatz hätte heissen sollen: Kiem Pauli, der bayrische Taucher hat einen längst versunkenen bayrischen Schatz wieder gehoben - die Nachwelt wird ihm das danken. - Nachwelt?? Glauben Sie noch an eine Nachwelt? Die Atombomben sind schon da: »Wehe, wenn sie losgelassen - wach­ send ohne Widerstand - durch die volksbelebten Länder u.s.w.« Aber zuvor droht Ihrer bayrischen Lie[d]ersammlung noch eine grosse Gefahr: werden sich die Bayern selbst dankbar zeigen? Ich habe meine lieben Bayern und speziell meine lieben Münchner genau kennen gelernt. Alle anderen mit Ausnahme der Eskimos und Indianer haben mehr Interesse an mir als meine »Landsleute«. Aus dem münchner Rundfunk wurde ich schon zweimal wegen Humorlosigkeit hinausgeschmissen. Nach der Besetzung, als das Theaterspielen in München wieder erlaubt war, suchten wir uns wieder eine Singspielhalle in München; überall kamen wir zu 218

»spät«, weil alle noch bestehenden Lokalitäten bereits an norddeut­ sche und österreichische Künstler vergeben waren. - Meine 15 Kurztonfilme sind heute noch beschlagnahmt, Heinz RühmannFilme, der im 3. Reich sehr beliebt war, sind freigegeben. - Mein druckfertiges Buch, Valentin’s Jugendstreiche mit 200 Illustratio­ nen, liegt seit 22 Jahren (in Worten: zweiundzwanzig Jahren) mit Spinngewebe überzogen in meiner Schreibtischschublade. Alle Ver­ lage in Deutschland haben daran kein Interesse, nur ein Prager Verleger hätte 1937 die Sache gedruckt, aber da kam der Krieg- nix war’s. Ein Oesterreicher, Herr Lorenz vom münchner Rundfunk, erhielt in München eine 4 Zimmerwohnung für 2 Personen, ich bekam als geborener Münchner nicht einmal ein Kämmerlein in meiner lieben Vaterstadt, obwohl ich bis zum Jahre 1930 in fast 200 Wohltätig­ keitsvorstellungen mitgewirkt habe. - Meine grossen Kultursamm­ lungen über München, ich habe die ganze Stadt München in Original-Fotos von 1850-1900, will ich lieber Sachsen, Württem­ berg oder Norddeutschland testamentarisch zum Geschenk ma­ chen, unter keinen Umständen aber meinem geliebten Heimatland Bayern, am allerwenigsten meiner Vaterstadt München. Lieber Herr Kiem Pauli, schön wäre es, wenn Sie mich einmal besuchen würden in Planegg, ich hätte viele Sachen, die sie interes­ sieren dürften. Ich würde Ihnen klaren Wein (nur sprichwörtlich) einschenken über die jetzige Lage in München, und Sie würden sagen: dem Menschen kann man’s nicht verübeln, wenn er von seinen Landsleuten nix mehr wissen will. Ich wünsche Ihnen alles Gute Ihr

228

November 1947

an

Liesl Karlstadt

Liebe Liesi - Schicke mir doch den Text von Fery - vom Häselein rufe mich doch morgen Samstag an wegen den Proben in Pasing Viele Grüße V.

219

229

22- I2- 2947

AN Liesl Karlstadt

Dienstag 22. 12. 47 Liebe Liesi - Leider bin ich wieder krank und konnte mich nicht den Weih­ nachts-Vorbereitungen widmen - Gebe Du meiner Tochter oder meinem Schwiegersohn alle Dosen mit, ich werde dieselben fachge­ mäß (mit passendem Werkzeug) in drei Teile teilen. Für die Weih­ nachtsfeiertage lade ich Euch beide ein nach Planegg. Sage gleich meiner Tochter, ob Du am 1. oder 2ten Feiertage Nachmittags 2 Uhr kommst. Wenn Du die ? Flaschen bekommst, die Dir Herr John schickt, so bitte gebe eine davon an Frl. Karl ab, und sage ihr sie soll dieselbe am Weihnachts Abend trinken - außer einigen Dosen Malz habe ich heuer gar nichts für Dich - aber das schönste Geschenk ist doch, daß mir die letzte Zeit wieder so schön zusam­ men gespielt haben, und wenn Gott es will wieder weiter spielen werden, verlernt, haben mir nichts daß hat sich gezeigt Alles gute wünscht Dir und Amalie Dein Partner Karl Valentin

Hast Du die 300 - M von Arnold schon bekommen?

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24. 12. 1947 Zeitung«

an die

Leser der »Süddeutschen

Die Märchen, warum wir am Radio München so selten oder über­ haupt nicht mehr zu hören sind, wollen nicht mehr verstummen. Der Grund, weshalb wir nun für immer dem Münchner Sender femblieben ist folgender; Nach dem Umsturz 1945 verpflichtete uns Radio München aber nur unter der Bedingung, neue zeitgemässe Darbietungen zu bringen. Leider haben wir versagt - deppert daher reden, wie wir das 35 Jahre lang gemacht haben, dürfen wir nicht mehr - bleibt nix anderes mehr übrig - als ganz stad sein. Ungefähr 125- Schallplatten von uns liegen im Schallarchiv des Münchner 220

Rundfunkhauses. Vielleicht zeigt die neue Sendeleitung doch ein weiches Herz und lässt für viele alte Münchner und Münchnerinnen zum Christkindl a paar alte Schallplatten laufen - wi[e] viele und welche, wissen wir net, denn mir zwoa hab’n dadrin nix mehr z’reden.

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24. 12. 1947

AN EINE KaBARETTBESUCHERIN

24.12.47 Mein liebes Frl. St.! Ich wünsche mir, Ihnen, uns, und allen Menschen auf der Welt mit Ausnahme von dem überspannten Heinz Rühmann, alles gute schöne und praktische was zum Leben gehört, mir Essen und trinken, Krieg und Frieden - Sommer und Winter Sonnenschein und Regen und hauptsächlich Zigaretten nur keine starken. Die leichtesten sind immer noch die deutschen Sondermischung von Haus Neuerburg. Sonst weiß ich nichts Neues. Ihren Herzens­ wunsch, Ihnen ein Dutzend »Camelia« zu schenken, kann ich leider nicht erfüllen. Es gibt zwar einen Ersatz dafür aus Holzwolle, die aber bei den Damen ein sehr starkes Kitzeln erzeugen Vom 11. bis 15. Dez. habe ich ein Gastspiel gegeben im »bunten Würfel« waren Sie dort? Ab 20 Januar bis 1 Februar bin ich wieder dort - rufen Sie mich bitte vorher an (899107) damit ich für Sie 2 Karten reserviere Alles gute für das neue Jahr wünscht von Herzen Ihr Karl Valentin

Verzeihung schlechte Schrift - Brief im Bett geschrieben, bin seit 8 Tagen krank, habe aber nur eine leichte Eierstockverrenkung.

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25- I2- *947

AN den Journalisten Sigi Sommer

Karl Valentin Planegg, Georgenstr. 2 Tel. 899107

Planegg 2 5.12.47

Sehr geehrter Herr Dr. Sommer Ihr Artikel in der S.Z. »Die Bescheerung« zeigte in so wenigen Zeilen unser armes Deutschland. - Ich habe darüber mit 66 Jahren geweint wie ein kleines Kind Nur ein Schriftsteller mit einem guten Herz kann so etwas schreiben Alles Gute zum neuen Jahr Ihr Karl Valentin

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1947

an das

Bayerische Rote Kreuz

An die Direktion des roten Kreuzes - Bin evt. bereit bei körnenden Veranstaltungen zu Gunsten des R.K. mit zu wirken, - aber irgendwo beizutreten - oder Beitrag Verpflichtungen einzugehen - nie mehr. Wir haben alle von 1914 - bis 1944 gelernt. Hochachtungsvollst Karl Valentin u. Liesl Karlstadt.

Von 1933 bis heute 1947 kümmert sich um uns zwei kein Mensch mehr. cirka 200 Wohltätigkeits Vorstellungen haben wir seit 1910 für München gemacht

222

234 Vor 1948

an

Liesl Karlstadt

Liebe Liesi ich habe noch eine Schachtel Leopillen - die schicke ich dir vorsichts­ halber in einigen Tagen nach im Falle dieses Päckchen verloren geht Du siehst daß ich dir Alles besorge was Du nicht mehr bekommst meine jetzige Lage ist für mich trosdos - ich kann mir nicht denken, daß ich diese ständige Angst noch länger aushalten kann. Gedenkst Du noch der schönen Maientage? O wie glücklich waren wir 1911 D. P. K. V. Es war einmal!

.233

Vor 1948

an

Liesl Karlstadt

Nächstes Jahr im Frühling sitzen Lisi und ich im Caffee Botanischen Garten. Das wäre mein einziger Wunsch auf Erden. [■••]

236 Vor 1948

an

Liesl Karlstadt

Wer da je geliebt hat, wie ich dich der trägt solche Liebe, innerlich Als Geheimniß seiner tiefste Seele daß Sie ihm an keinem Orte fehle Daß Sie ihm an keinem Orte fehle trägt er Sie in seiner tiefen Seele Ewig wird Sie ihm Gefährtin sein Und so ist er nirgends ganz allein.

Karl Valentin 223

237

I947//4^

AN EINEN Cafetier

Verehrter Herr Duscher! Vor einigen Wochen habe ich Ihnen einen Brief geschrieben, Sie sollen mir die Adresse von dem jungen blonden Metzgermeister mitteilen der oft zu Ihnen in das Kaffee am Einlaß gekommen ist. Trotzdem daß ich ein Freikouvert beigelegt habe, bin ich bis heute ohne Antwort. Bitte schreiben sie mir die Adresse, Sie kennen den Herrn ja gut, er hat oder wollte voriges Jahr seine Hochzeit bei Ihnen feiern. Mit besten Grüßen Karl Valentin

Anbei Freikouve[r]t

238

9. 1. 1948

an einen

Färbereibesitzer

Karl Valentin, Planegg, Georgenstr.2 Herrn Karl Arnold, Gross-Färberei München-Pasing Münchnerstr.

9.1.1948

Sehr geehrter Herr Arnold! Trotz meiner schweren, fieberhaften Bronchitis habe ich damals mein Versprechen gehalten und habe bei Ihrer Weihnachtsfeier mitgewirkt. Die denkbar ungünstigsten Garderobeverhältnisse (eis­ kalter, ungeheizter Hausgang[)J brachten mir einen Rückfall, an dem ich bis heute noch schwer zu leiden habe. Der einzige Vorteil, den ich daraus hatte, war der feste Entschluss, nie wieder in einer

224

Privatveranstaltung aufzutreten. Mein Misserfolg dieses schreckli­ chen Abends wird mir lange noch in Erinnerung bleiben. Mit bestem Gruss!

239

4. 2. 1948

an den Inhaber eines

Fotogeschäftes

4. II. 48 Lieber Herr Jakobs Anbei 2 Glühlampen ich habe leider nur mehr 2 Stück aber keine Verwertung dafür da ich selbst keine Komikerschaufenster benötige - bei einer ist nur der Glaskitt locker geworden, also neu einkleben Viele Grüße Karl Valentin Alle 2 Glühlampen kosten (aber nur für Sie) zusammen 1 Pf. billiger kann ichs leider nicht abgeben

240

5. 2. 1948 an die Partnerin Anne-Marie Fischer Deren Schwester

und

Liebe Erika u. Annemi konnte gestern mein Versprechen nicht halten und Euch beide in den Simpl abholen. Von neuem habe ich mich erkältet und ging gleich nach dem bunten Würfel um 8 Uhr ins Bett - Nicht bös sein. Vor meiner Abreise am Montag Früh werde ich euch, wenn es mir besser geht noch mal besuchen. Alles Gute. Karl Valentin

241

Nach

dem

Krieg

an einen

Anonymus

Wegen der drei Punkte von der Raucherkarte die meine Tochter zu Ihnen brachte, möchte ich Ihnen berichten daß Herr [Rechtsanwalt] 225

Ertl Planegg Gumstr. 15/I mir 25 Ziga[re]tten schu[di]g war, er konnte [aber] in Planegg keine bekom[m]en, und gab mir dafür seine Raucherkarte, und meinte, vielleicht bekämen [Sie] in einem Münchner Geschäft Zigaretten. Ich gab dem Herrn Dr. Ertl gestern seine Karte zurück und 5 Zigaretten] [da] er mir ja nur 25 schul­ dig war. Sie gaben mir aber für die drei Punkte 2 Schachteln (Inhalt 40 Stück[)] Nun habe ich aber 10 Stück mehr erhalten. Nun mache ich mir den Vorhalt, - wer ist der rechtmäßige Besitzer dieser 10 Stück? Ich weiß daß Sie sagen werden, die behalten Sie. -[...] Sie mich aber, [...] schon einige Male sehr viel Gutes getan haben scheint die Sache mir, als ob ich Ihre Güte ausnutzen möchte. Wenn Sie nicht fest davon überzeugt sind, daß die Sache so ist wie ich es Ihnen soeben schilderte, wage ich es nie mehr an Sie eine Bitte zu richten Viele Grüße

242

Nach dem Krieg

an einen

Zeitgenossen

[Verehrter Herr Neumann] - durch Herrn Ertl, schicke ich Ihnen ein Kistchen mit den Dosen - 3 Wochen vor Weihnachten] habe ich dieselbefn] bestellt und am 8. Februar habe ich Sie bekommen [Auch die Rechnung] habe ich [beigelegt] Ich finde das 50.M für 6 Dosen in der heutigen Zeit gar kein Geld ist - beiliegend] ein Zeitungsausschnitt zeigt, daß man [heute] solche Sachen gar nicht mehr anfertigen soll - den beiliegenden Zettel habe ich am Tag geschrieben, als ich Sie das [Geld geholt] haben. Ich habe nur vergessen

243

Undatierbar

an einen

Anonymus

Anbei den Artikel Viele Grüße Karl Valentin

226

Anhang

Editorische Notiz Quellen und Druckgeschichte Sieht man von den wenigen Beispielen komischer Briefe in den Werkausga­ ben seit 1938 ab, kann von einer Druckgeschichte bezüglich der Korrespon­ denz Karl Valentins nur mit Blick auf die Ausgabe von Elisabeth und Erwin Münz (im folgenden abgekürzt: Münz) die Rede sein. Dort wurden insge­ samt 55 Schreiben Valentins publiziert. Die Konzeption dieser Textsamm­ lung sollte einen einfachen und zugleich illustrativen Umgang mit Materia­ lien zu Valentins Leben und Werk ermöglichen und war nicht den Prinzi­ pien der Vollständigkeit und der wissenschaftlichen Textpräsentation (kriti­ scher Editionstechnik) verpflichtet. Aus diesem Grund greift die vorlie­ gende Ausgabe, die alle bekannten Briefe, Bild- und Postkarten, Briefent­ würfe etc. versammelt und nach kritischen Prinzipien ediert1, auf jenes Werk immer wieder als Materialfundus zur Kommentierung zurück, wählt es als primären Textzeugen aber nur, wo keine anderen, älteren oder authentischeren Vorlagen aus dem Nachlaß oder aus anderen Beständen zugänglich sind. Aufgrund der so unterschiedlichen Editionsprinzipien erübrigt sich auch ein Variantenvergleich zwischen Münz und anderen Textzeugen.2 Generell gilt, daß ein gesicherter Text stets durch Rückgriff auf ein Schreiben von Karl Valentins Hand bzw. auf ein von ihm (etwa durch Signatur) autorisiertes Typoskript oder eine autorisierte Druckfassung hergestellt wird. Erst wenn dies nicht möglich war, erfolgt der Rückgriff auf andere Quellen (unsignierte Typoskripte, nicht autorisierte Druckfassun­ gen, Abschriften etc.). Die Briefe Karl Valentins liegen zum überwiegenden Teil in Typoskript­ form vor. Handschriftliche Fassungen sind von diesen Texten (von nicht autorisierten Abschriften natürlich abgesehen) nicht erhalten, da sie nach der Niederschrift auf der Maschine sofort vernichtet wurden (vgl. Bachmaier S. 222). Bei zwei Gruppen der Briefe läßt sich aus ihrer Form und Entstehungszeit begründen, warum sie nur als Autographen vorliegen. Einerseits sind dies die frühen Briefe und Postkarten bis etwa 1920, und zum anderen handelt es sich um die Mehrzahl der Schreiben an Liesl Karlstadt, wo sich der Verzicht auf eine Schreibmaschine oder erst recht auf ein Diktat schon durch ihren häufig sehr privaten oder intimen Charakter erklärt. Fast alle Typoskriptfassungen stammen aus dem Nachlaß Karl Valentins, bei weitem der größte Teil aus dem Bestand im Theatermuseum KölnWahn (zur Beschreibung des Nachlaßbestandes vgl. Bachmaier). Neben

229

den Beständen im Münchner Stadtarchiv (Bildpostkarten, sonst überwie­ gend amtliche Korrespondenz), der Monacensia (v. a. die frühen Hand­ schreiben an den Kollegen Neumüller) und dem erst kürzlich bekannt gewordenen Besitz des Valentin-Musäums (die private Korrespondenz Valentin - Karlstadt) findet sich eine ganze Reihe von Briefen in Verwah­ rung des Rechtsvertreters der Valentin-Erben, Herrn Gunter Fette. Diese Texte liegen allerdings ausschließlich als Fotokopien vor. Für alle Bestände gilt aber, daß sie, was die Typoskripte3 angeht, von weniger als zehn Ausnahmen abgesehen, nur Abschriften, Durchschläge oder Entwürfe ent­ halten, die nach der Niederschrift bei Valentin verblieben sind. Aus diesem Grund kann nicht ausgeschlossen werden, daß in den Exemplaren, die schließlich an die Adressaten abgingen, hie und da Abweichungen festge­ stellt werden müßten, sollten sich noch welche finden - womit wohl zu rechnen ist. Präsentiert werden grundsätzlich alle der Gattung Brief zuschreibbaren Texte, auch wenn es sich nur um einen kurzen Kartengruß oder ein fragmentarisches Schreiben handelt. Nicht aufgenommen wurde allein die komische Adressierung einer Karte an die Sekretärin Eva Friedrich, zu der kein eigendicher Mitteilungstext bekannt ist.4

Textkonstitution Eine buchstabengetreue Wiedergabe der Briefe Karl Valentins ist aus zwingenden Gründen gefordert, da der Schreiber den Umgang mit Buch­ stabe, Wortlaut und Schreibkonvention selbst zum Gegenstand der Text­ produktion machte (vgl. Nachwort). Eingriffe des Herausgebers sind des­ halb nur dort zu verzeichnen, wo an unleserlichen oder beschädigten Stellen die vermutete Fassung wiederhergestellt wurde. Solche Konjekturen sind durch eckige Klammem markiert. Dieselbe Kennzeichnung erfahren auch jene (wenigen) Fälle, wo ein ganz offensichtlicher Tippfehler vorliegt und bewußtes >Verschreiben< ausgeschlossen werden konnte. Bei Autographen wurden Verschreibungen nicht emendiert. Konjekturen betreffen hier nur die Fälle, wo Nachlässigkeiten der Schrift (etwa bei nicht buchstäblich ausgeführten Endungen) bei der Transkription korrigiert wurden (durch eckige Klammern markiert). Konnte eine Stelle nicht identifiziert werden, wurden die entsprechenden Zeichenfolgen durch eine markierte Auslas­ sung (drei Punkte in eckiger Klammer) ersetzt. - Im Kommentartext steht [...] auch für Auslassung (bspw. bei Zitaten), das Zeichen (...) markiert im Väriantenverzeichnis Auslassungen aus Brieftexten Valentins, die der Öko­ nomie und Übersichtlichkeit wegen sinnvoll erschienen. Die äußere Gestalt der Briefe erfuhr insofern Eingriffe, als Adressierung, Absender- und

230

Datumsangabe sowie Grußformel und Signatur vereinheitlicht wurden nicht was den Wortlaut betrifft, der blieb unverändert, nur hinsichtlich der standardisierten Lokalisation der jeweiligen Partikel auf dem Blatt. Nicht im Brieftext abgedruckte Zeichen (Stempel, Vermerke Dritter etc.) werden im kritischen Apparat oder, wenn sie sich auf einzelne Textstellen beziehen, im Kommentar ausgewiesen, ebenso alle relevanten Besonder­ heiten der Briefgrundlage (ohne Angabe der Wasserzeichen). Dagegen werden Hervorhebungen auf den Textzeugen nach Möglichkeit typogra­ phisch wiedergegeben, im Normalfall durch Kursivierung der jeweiligen Passage.

Briefdarbietung, Apparat, Kommentar Die Briefdarbietung erfolgt streng chronologisch. Falls die Datierung nicht eindeutig oder schwierig ist, finden sich Hinweise dazu im kritischen Apparat. Nicht eindeutig datierbare Texte werden stets am Ende jener Periode präsentiert, in die sie fallen könnten. Der kritische Apparat ist dem jeweiligen Stellenkommentar (bzw. Varian­ tenverzeichnis) vorangestellt. Dabei werden die Quellen und die Art der Überlieferung i. a. durch Siglen und hochgestellte Ziffern, die auf die jeweiligen Nachlaßbestände oder Publikationen verweisen, angegeben. Die für den Briefband relevante Siglenverwendung ergibt sich aus folgender Liste: Handschrift Valentins, Abschrift fremder Hand, Typoskript, das als von Valentin legitimiert gelten kann, Abschrift als Typoskript, das als nicht von Valentin legitimiert gelten muß; bspw., weil es erst nach seinem Tod hergestellt wurde; so gibt es im Kölner Nachlaß für fast alle Briefe (ob H oder T) maschinenschrift­ liche Duplikate, die eindeutig erst nach dem Erwerb des Nachlasses (durch Carl Niessen, 1953) hergestellt wurden, D Druckfassung.

H h T A

Folgende Quellenzuweisungen ergeben sich über hochgestellte Ziffern bei den Siglen H, h, T, A (Bsp. T1):

1 Nachlaß im Theatermuseum der Universität Köln in Porz-Wahn (Sammlung Niessen). 2 Nachlaßbestand der Erben Valentins bei ihrem Rechtsvertreter, Rechts­ anwalt Gunter Fette. 3 Bestand Stadtarchiv München. 4 Bestand Stadtbibliothek München (Monacensia).

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5 Bestand Deutsches Literaturarchiv in Marbach a. N. 6 Bestand Berlin Document Center. 7 Bestand Valentin-Musäum in München.

Bei den gedruckten Quellen verweisen die hochgestellten Ziffern über der Sigle D auf folgende Publikationen:

1 Karl Valentin, Brillantfeuerwerk, München 1938. 2 Erwin und Elisabeth Münz [Hrsg.], Geschriebenes von und an Karl Valentin, München 1978. 3 Karl Valentin - Fundsachen i.Hg. v. Münchner Filmzentrum, Mün­ chen 1976. 4 Berti Valentin, »Du bleibst da, und zwar sofort!« Mein Vater Karl Valentin, München 1971. 5 Michael Schulte, Karl Valentin. Eine Biographie, Hamburg 1982. 6 Das Valentin-Buch. Von und über Karl Valentin in Texten und Bildern. Hg. v. Michael Schulte, München, Zürich 1984. 7 Michael Glasmeier, Karl Valentin. Der Komiker und die Künste, München 1987. 8 Anne-Marie Fischer-Grubinger, Mein Leben mit Karl Valentin, Rastatt 1982. 9 Münchner Neueste Nachrichten. 10 Süddeutsche Zeitung. 11 Nichtidentifizierte Zeitung - Ausschnitt im Kölner Nachlaß. 12 Karl Valentin. Mögen hätt ich schon wollen, aber dürfen hab ich mich nicht getraut! Das Beste aus seinem Werk. Hg. und mit einem Nachwort v. Helmut Bachmaier, München, Zürich 1990. 13 Münchener Feldpostzeitung. 14 Gudrun Köhl, Hannes König, Erich Ortenau, Karl Valentin in der Geschichte der Komiker, München 1984. 15 8 Uhr Blatt. Montag, den 24.9.1934. 16 Schauspiel München. Theater für Bayern e. V. Dame Kobold. Lustspiel von Pedro Calderon de la Barca, München o.J. [Theaterprospekt]. 17 Stuttgarter Illustrierte. Nr. 1, 5.Januar 1938, S. 16. 18 Richard Bauer: »A oids Buidl vo München is mehra wert ois a Brillant« oder: Karl Valentins Altmünchner Bildersammlung. In: Karl Valentin. Volkssänger? Dadaist? [Katalog der] Ausstellung zum 100. Geburtstag Karl Valentins. Hg. v. Wolfgang Till, München 1982. 19 Stadtarchiv München. Archiv 445 (Einzelblattdruck, wahrscheinlich ein Bürstenabzug). 20 Radiowelt. 21 Otto Eduard Hasse, O. E. Unvollendete Memoiren, München 1979. 22 Sabine Sünwoldt, Weiß Ferdi. Eine weiss-blaue Karriere, München 1983.

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Anmerkungen 1 Zu den allgemeinen editorischen Prinzipien dieser Ausgabe vgl.: Helmut Bachmaier, Kommentare zum Nachlaß. Textbestand und Kommentierungsbeispiele der neuen kritischen Gesamtausgabe der Werke Karl Valentins. In: Kurzer Rede langer Sinn. Texte von und über Karl Valentin. Hg. v. Helmut Bachmaier, München, Zürich 1990, S. 221-242 (zitiert als: Bachmaier). 2 In welchen Fällen ein Variantenverzeichnis erstellt wird, erläutert die Vorbemer­ kung zum Kommentar. 3 Der Musäums-Bestand enthält nur zwei Typoskripte vom 28.10.1932 und vom Juli 1935, wobei vom letzteren angenommen werden kann, daß es wegen seines privaten Charakters das einzige Exemplar ist. - Es sei an dieser Stelle auch erwähnt, daß bei der Textkonstitution der Briefe aus dem Musäum auch die maschinen­ schriftlichen Transkriptionen berücksichtigt wurden, die das Valentin-Musäum zusammen mit Kopien der Manuskripte lieferte. 4 Berti Valentin zitiert die Anschrift auf S. 70 ihres Buches: »An Frau Eva ehemalige Paradiesbesitzerin, München, Mannhardtstr. 7«. - Bibliographisch unvollständig zitierte Werke sind über die Autorennamen bzw. über die Kürzel im Literaturver­ zeichnis aufzuschlüsseln.

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Kommentar Der diesen Vorbemerkungen nachfolgende Komplex erfüllt in erster Linie die Aufgabe eines Stellenkommentars, der die in den Briefen, Postkarten und Entwürfen angesprochenen Hintergründe biographischer, geschichtli­ cher und lokaler Art sowie werkspezifische Zusammmenhänge aufschlüs­ selt. Wo die Kommentierung nicht oder nicht im gewünschten Umfang möglich war, ist dies erwähnt. Bei den Briefen, die bereits im Rahmen von Werkausgaben Karl Valentins publiziert sind, wurde dem Stellenkommen­ tar ein Variantenvergleich vorangestellt. Der Aufbau des Einzelkommentars weist folgende Form auf. Einleitungs­ komplex (kritischer Apparat): Auf die Briefnummer (chronologische Rei­ henfolge) folgt die Bezeichnung der Textart (Brief, Karte etc.), dann die Angabe des Textzeugen (H, D etc. - vgl. Editorische Notiz), in Klammern nähere Erläuterungen dazu (Archivierungssignatur, Seitenzahl, Schreib­ stoff; evtl. Hinweise auf den materialen Zustand des Textzeugen bzw. auf Probleme der Identifikation). Gegebenenfalls werden weitere Textzeugen aufgeführt (mit entsprechenden Ergänzungen). Wenn die Datierung pro­ blematisch ist, gelten ihr an dieser Stelle einige klärende Hinweise. Zuletzt folgen, allerdings nur vereinzelt (wenn sich kein Stichwort des Kommentars dazu anbietet), Erläuterungen zum Adressaten oder zum Briefkontext etc. In einer separaten Zeile wird die für die Edition maßgebliche Textgrund­ lage festgelegt, falls mehrere in Frage kommen. So gibt es von manchen Texten neben der Typoskriptfassung (T) auch davon abweichende Druck­ fassungen (D). Beispielsweise bestimmt der Hinweis »Textgrundlage: T1« das entsprechende Typoskript als primäre Quelle für die Edition (zur Aufschlüsselung der Siglen vgl. die Editorische Notiz). Wo erforderlich, schließt dann das Variantenverzeichnis an. Schrägstriche trennen die Siglen der zum Vergleich herangezogenen Textzeugen. Die Varianten werden folgendermaßen notiert: Seiten- und (nach Komma) Zeilenangabe des Lemmas aus der Textgrundlage (erstgenannter Zeuge), Lemma, Lemmazeichen, Variante (kein Abschluß durch Satzzeichen). Werden mehr als zwei Varianten notiert, so trennen Schrägstriche die zweite von der dritten Variante etc. In Einzelfällen folgen in eckiger Klammer Bemerkungen des Herausgebers auf das Lemmazeichen bzw. auf eine Variante (vgl. Bachmaier, a.a.O.). Auslassungen im Lemma bzw. in den Varianten werden durch spitze Klammem angezeigt. Der Beginn des Stellenkommentars wird nur dann expliziert, wenn ein Variantenverzeichnis vorausgeht. Fehlt dieses, folgt der erste Stellenkom­ mentar-Eintrag direkt nach dem Einleitungskomplex. Auch hier beginnen

2 34

die Einträge mit Hinweisen auf Seiten- und Zeilenzahl des behandelten Stichwortes. Dieses folgt dann in kursivierter Form und das anschließende Lemmazeichen (nicht kursiviert) schließt es vom eigentlichen Kommentar ab. Zitate aus den Briefen und Werken Karl Valentins (im folgenden abgekürzt: K. V.) werden stets kursiviert. Nachweise von in den Briefen genannten Werken K. V. s (in Parenthese den jeweiligen Titeln im Kommentar angefiigt) sind wie folgt aufzuschlüs­ seln: D (Jahreszahl): Erstdruck nach dem »Chronologischejn] Werkverzeichnis Karl Valentins. I. Primärliteratur«, von Christine Schaumeier. In: KVVD, S. 291-294. Repertoireverz. Nummer: Repertoireverzeichnis von Karl Valentin. Stand 1984. Institut für Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft Universität Köln (Nr. 1.-414.). Werkverz. Seitenzahl: Nachweis im »Chronologischen Werkverzeichnis Karl Valentins. II. Werkverzeichnis«, von Christine Schaumeier. In: KVVD, S. 294-300. GW Seitenzahl: Karl Valentin, Gesammelte Werke in einem Band. Hg. v. Michael Schulte, München, Zürich 1985. Querverweise innerhalb des Kommentars erfolgen durch Angabe der Brief­ nummer und des Zusatzes von Seiten- und Zeilenzahl in Klammem, mit denen die einzelne Stelle schnell identifizierbar ist. Gilt der Bezug dem ganzen Brief, so steht nur die Briefhummer. Auf Primär- und Sekundärliteratur wird um der Ökonomie und besseren Lesbarkeit willen zumeist mit Kurztiteln (Autorenname oder Kurztitel bzw. Abkürzung, Seitenangabe) verwiesen. Die Kürzel sind über das Literatur­ verzeichnis aufzuschlüsseln. In einigen Fällen gestaltete sich die Nachprüfung biographischer Daten so zeit- und personalaufwendig, daß eine Übernahme der entsprechenden Hinweise aus dem Personenregister der »Materialiensammlung« von Er­ win und Elisabeth Münz (s. Literaturverzeichnis) gerechtfertigt schien. Diese Fälle sind gekennzeichnet durch den Zusatz: (Münz S.).

i Brief. - D4 (S. 19-21), dort datiert auf 5.10.1902; Ds (S. 22). Textgrundlage: D4.

11,3 E/ter»]JohannValentinFey(geb.am2.7.1833 in Darmstadt, gest. am 7.10.1902 in München), Tapezierermeister und Fuhrunternehmer, verhei­ ratet in zweiter Ehe seit dem 31.8.1869 mit Johanna Maria Schatte (geb. am 3.1.1845 in Zittau, gest. am 24.1.1923 in München). 11,5 Asthma] Dieses Leiden plagte K. V. sein ganzes Leben lang.

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11.6 Programm] Engagement Karl Valentins (im folgenden: K.V.) im Variete Zeughaus in Nürnberg, Färbergasse. Eine Woche nach seinem ersten Auftritt (i. io. 1902) mußte er wegen des Todes seines Vaters nach München zurückkehren und dessen Geschäfte weiterführen. 11.14 Strebel] Hermann Strebel (geb. am 18.12.1877 in Mühldorf/Inn, gest. am 5.12.1949 in München) (Münz S. 334). Laut Berti Valentin (S. 19) besuchte K.V. ab dem 22.5.1902 die Variete-Schule Strebel. Münz (KWD) (S. 316) gibt als Ausbildungsdauer drei Monate an und lokalisiert die Schule in der Münchner Hochbrückenstraße. Nach Pemsel (S. 183) ist »ein offizieller Beleg für die Existenz dieser Schule [...] heute nicht mehr auffindbar«. 12.3 >WurzenDamenDer russische Salat< ] Couplet (s. u. 141 (134,2 8)) mit dem Titel Rezept zum russischen Salat (D (1918-1920), Original-Vorträge Nr. 5, Bestand Monacensia; Repertoireverz. 15.; Werkverz. S. 298^ GW S. 174-177). 12.11 f. >Verrückt - verdrehtVerhunst ist die KunstOfferte mit BildFritzi Massary< war [...] ein Produkt der 1905 von A. & B. Schlochauer gegründeten Cigarettenfabrik Massary GmbH Berlin S 42, Ritterstr. 9-10. Die Marken, die die Massary-Cigarettenfabrik herausgab, hießen »Fritzi Massary«, >Massary Perle«, >Delft< und »Massary Ritter«.« (Zitiert aus einem Brief der Reemtsma Cigarettenfabri­ ken GmbH, Hamburg, vom 13. 3.1991 an den Herausgeber.) 2j Brief. - T‘ (Au 11849; 2 S., Sign. maschinenschriftl. und mit Bleistift, Anredeformel teilw. radiert, v. KV. s Hand (Bleistift) eingefügt: Herrn Reutter; von fremder Hand (Bleistift) Zusatz: »Scherzinvektiven für Otto Reutter«), A1 (1 S.). Textgrundlage: T‘.

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31,23 Reutter] S. o. 20 (26,5). 31,33 Duell] Um welches Stück bzw. um welche Nummer am Deutschen Theater (s.o. 7 (15,19)) es sich dabei handeln könnte, war nicht zu eru­ ieren. 32,1 Tillergirls] In den 80er Jahren des 19.Jh. s gründete der aus Manche­ ster stammende John Tiller (geb. 1852, gest. am 22.10.1925 in New York City) in Lancashire sein erstes von zahlreichen, schließlich über die ganze Welt verstreuten Tanzstudios, in denen Tänzerinnen in 8er-, 12er- oder 16er-Formationen den Präzisionstanz einstudierten. Sie wurden vorwie­ gend für Pantomimenshows, Music-Hall-Programme oder Musicals enga­ giert, in den 20er Jahren v. a. in großen Revuen eingesetzt. Vgl. Siegfried Kracauer, Das Ornament der Masse, Frankfurt/M. 1963. 32,3 Schäffers] Nach Radierung von K. V. s (?) Hand ergänzt. Willi Schaef­ fers (geb. am 2.9.1884 in Landsberg/Warthe, gest. am 10.8.1962 in München), Conférencier, Kabarettist und Schauspieler auf verschiedenen Bühnen, von 1938 bis zur Zerstörung des Etablissements 1944 alleiniger Direktor des »Kabaretts der Komiker« in Berlin. W. Sch. trat 1927 als Partner von Otto Reutter auf. 32,11 Johann Grzttr] Hans Gruss (geb. am 12. 3.1883 in Chemnitz, gest. am 8.4.1959 in München). Von 1920 bis 1933 Pächter, Inhaber und Leiter des Deutschen Theaters (s.o. 7 (15,19)). 32,14 Artistenloge] Logen waren in diesem Zusammenhang berufsständi­ sche Organisationen - wie etwa die 1901 in Berlin gegründete Internatio­ nale Artistenloge. Sie war die größte Organisation der Artisten. Unter dieser Bezeichnung faßte man in Deutschland vor 1933 alle in Kabarett, Variété und Zirkus auftretenden Künstler zusammen. - K. V. war zeitweise Mitglied im »Internationalen Artistenverband >SicherwieJoldMagdalena< in Egern ans >Deutsche Künstlertheater< in Berlin.« Die 1951 gegründete »Dengel-Bühne« darf sich seit 1965 als die Nachfolgerin der »Ludwig-Thoma-Bühne« von Egern und als rechtmäßige Trägerin von deren Namen bis heute betrachten. (Informationen und Zitate entstammen der bislang unveröffentlichten Dar­ stellung »>Is er Eahna nix bekannt?« Bauerntheater im Tegernseer Tal« des früheren Schuldirektors von Rottach-Egern, Gustl Moschner, die dem Hg. freundlicherweise über das Archiv der Gemeinde zugeleitet wurde.) 63,36 Egern] 1907 von Michl Dengg (der in Rottach-Egern geborene »Holzknecht und Metzgergeselle« verstarb 47|ährig 1914), der jahrelang bei Dreher und Terofal (s. u.) gespielt hatte, in Egern gegründetes »Großes Oberbayerisches Bauerntheater«. Denggs »Ruhm bleibt, Anzengruber wie­ der erweckt und lebendig gemacht zu haben. Seine schauspielerische Dar­ stellungskunst bewunderten u. a. Slezak, Gulbransson, der ihn karikierte, und besonders L.Thoma. [...] Thoma schrieb für Dengg den berühmt gewordenen Einakter »Erster Klasse«, dessen Uraufführung im August 1910 die Denggtruppe in Egern zum Erstaunen aller städtischen Theaterdirekto­ ren und Kritiker herausbrachte. |...] Thoma übernahm manchmal selbst die Regie.«« Weiterführung des Unternehmens durch die Ehefrau Anna Dengg und die Brüder Schultes (s. o.). (Informationen und Zitate aus: G.Moschner, s.o.). 63,36 Terofal] Xaver Terofal (bereits von den Vorfahren gebrauchtes Ananym fürLaforetjgeb. am 20.1.1862 inDorfen/Obb., gest. am4.4.1940 in Schliersee), Schauspieler und Theaterdirektor, hatte 1892 zusammen mit Konrad Dreher (s. u. 148 (142,12)) das »Schlierseer Bauerntheater«, später »Schlierseer Bauerntheater, verbunden mit Terofal-Bühne in Tegernsee«, gegründet. Die Schauspielerinnen und ihre Kollegen mußten in Schliersee ansässig sein. Im Sommer spielte man in Schliersee und Tegernsee, wäh­ rend die Wintermonate für Gastspielreisen genutzt wurden. »1904 schenkte Dreher das gesamte Theater den Mitgliedern. 1906 übernahm Xaver Terofal das ganze Risiko, wurde selbständiger Direktor und schließ­ lich [...] Besitzer von Theatergebäude und Gasthof. Er war die Seele des

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Unternehmens, ein wirklich vielseitiges Theatertalent, zugleich famoser Zither- und Gitarrespieler, Tänzer, Schuhplattler, nebenbei Gastwirt und Metzger.« Weiterfiihrung des Unternehmens nach Terofals Tod durch die Tochter Fanneri Mittermayer-Terofal und deren Mann Karl Mittermayer bis 1957. (Informationen und Zitate aus: G.Moschner, s.o.). 63,36 Schliersee} Das oben genannte Bauerntheater. 65 Brief. - T3 (Polizeidir. 280; 1 S., Sign. Tinte), D2 (S. 187). Textgrundlage: T?.

64,24 Panoptikum} Das am 21.10.1934 im Hotel Wagner (s.o. 7 (15,21)) eröffnete »Karl Valentin’s Museum«, welches den Besuchern einen »Gru­ sel- und Lachkeller« nebst Restaurationsbetrieb bot. Erste Schließung: 31.12.1934. Wiedereröffnung am 4.5.1935, erneute Schließung am 16.11.1935. Der dritte Versuch im Färbergraben 33 vom 18.6.1937 scheiterte am 1.3.1938. - Neben der musealen Funktion für seine grotes­ ken Kreationen wollte K. V. mit dieser Betriebsgründung auch eine bestän­ dige Einnahmequelle schaffen. Er verspekulierte dabei nicht nur sein eigenes, sondern auch das Kapital seiner Partnerin. (Lit.: Glasmeier S. 118 ff.; Glasmeier (KWD) S. 104-150). Das Unternehmen fand seine Fortsetzung in der »Ritterspelunke« (s.u. 154). 64.29 Karlstadt} S.o. 5 (14,14). 64.30 Hammer} Emil Eduard Hammer (geb. am 3.10.1865 in Regensburg, gest. am 15.12.1938 in München), stammt aus einer Familie, in der der Beruf des Wachsbildners Tradition hatte. E. E.H. war Bildhauer und Universitätsplastiker (anatomische Modelle etc.) in München und Leiter des Münchner »Internationalen Handelspanoptikums und Museums« in der Neuhauser Str. 1 (1902 nach einem Brand geschlossen). - Nähere Angaben vgl. Glasmeier S. 119 f. 64,30 Gebrüder Wagner} Hans Wagner (geb. am 8.8.1865 in MünchenAu, gest. am 5.9.1932 in München), Kommerzienrat. 1901 gründete er die nach ihm benannte Brauerei in der Au; 1904 ging das Hotel Treffler in der Sonnenstraße in seinen Besitz über (s. o. 7. - Brüder von Hans Wagner wurden nicht identifiziert. Brief. - T2 (Fotokopie; Original im Archiv des Deutschen Museums; 1 S., Sign. Bleistift. - Notiz v. fremder Hand im Briefkopf: »Hr M [?] Conz«, von dritter Hand am unteren Rand: »Unterlagen zurückgegeben an H. Va­ lentin bei seinem Besuch im Museum 19.6. 34 Conz«, Einlaufstempel des Deutschen Museums vom 12.6.1934). 66

65,4 Skellstr ] Früher gebräuchliche Schreibweise für die Sckellstraße, die an den Hofgartenintendanten Friedrich Ludwig von Sckell (1750-1823) erinnert.

262

65,7 Deutschen Museums] 1903 von Oskar vonMiller (1855-1934) gegrün­ detes »Museum von Meisterwerken der Naturwissenschaft und Technik«. Eröffnung des Hauptgebäudes auf der Museumsinsel 1925, die weiteren Bauten entstanden zwischen 1928 und 1935. Das Deutsche Museum gilt heute als das größte und bedeutendste seiner Art auf der Welt. 65.10 Artikel] Der genannte Text fand sich weder im Briefnachlaß noch in den Akten des Deutschen Museums. 65.11 rechten Jsararm] Vermutlich hatten K. V. und die genannten Bürger ein Ärgernis im Auge, das mit dem Ausbau der Anlagen des Deutschen Museums zusammenhing. Näheres war auch über das Deutsche Museum selbst nicht zu erfahren. 67 Brief. - T1 (Au 11864; 1 stift), A1. Textgrundlage: T‘.

handschriftl. Ergänzung und Sign. Blei­

65,2 5 Freund] Rechts der Anredeformel ist von K. V. s Hand ergänzt: Sepp Zeindl (Passau). - Laut Mitteilung des Stadtarchivs Passau handelt es sich dabei um den am 29.1.1875 in Griesbach geborenen Komiker, Gastwirt und Artisten Josef Zeindl, der seit 1922 mit seiner Ehefrau Rosina in der Pfaffengasse 3 das Gasthaus »Zum Blauen Bock« betrieb. 66,10 »Müller und sein lediges Kind«] Anspielung auf das Rührstück »Der Müller und sein Kind« (1835) von Ernst Raupach (geb. am 21. 5.1784 in Straupitz b. Liegnitz, gest. am 18. 3.1852 in Berlin), das als K.V. s Lieb­ lingsstück gilt und dessen jährliche Aufführung zu Allerseelen er selten versäumt haben soll. O.E.Hasse (s. u. 96) erzählt: K.V. s »einzige direkte Beziehung zum Theater hatte er durch das Stück >Der Müller und sein Kind< [...] Und das kam daher, daß früher, als die beiden noch allabendlich in Gastwirtschaften aufgetreten waren, Allerseelen ihr einziger freier Abend war, weil da alle heiteren Darbietungen verboten waren. Und an diesem Tag wurde in München, nicht nur im Volkstheater, sondern auch in Liebhaber­ theatern >Der Müller und sein Kind< gespielt, und Valentin sah es alljährlich immer wieder an. Er kannte das Stück fast auswendig und hat mir öfter den Liebhaber daraus vorgespielt, den >Konrad mit der FlöteEnciclopedia dello spettacolo< (Roma 1960, vol. VII, col. 1539) fest. 77,32 Geheimrat] S.o. 79 (76,13). 77,35 Klinik] S.o. 73 (71,34). 81

Brief. - H7 (8 S., Bleistift).

78,11 Lisi] Liesl Karlstadt, s.o. 5 (14,14). 78.23 Rankl] S.o. 48 (51,13). 78,23 Curt] Nicht identifiziert. 78,23 Radewitz] Nicht identifiziert. Das Berliner Adreßbuch von 1936 weist zwei Personen dieses Namens aus: Franz Radewitz, Maler, N 31, Stralsunder Str. 30; Martin Radewitz, Maler SO 36, Forster Str. 55. 78,26 Weiß Ferdi] S.o. 63 (62,18). 78.26 Carow] Erich Carow (geb. am 17.6.1893 in Berlin, gest. am 31.1.1959 daselbst), Schauspieler und Kabarettist, der zunächst mit einem Wanderzirkus unterwegs war und es schließlich zu einem eigenen Theater brachte (»Carows Lachbühne« im Berliner Norden am Weinbergsweg, dem ehemaligen »Walhalla-Theater«). Das Haus wurde 1943 bei einem Bombenangriff zerstört. Carow bevorzugte derbe Possen für seinen Spiel­ plan. 79,1 Schindler] S.o. 21 (27,25). 79,4 Mette] Prof.Dr.med. Alexander Mette (geb. 1897), Nervenarzt und Essayist, zu jener Zeit in Berlin-Steglitz, Schloßstr. 54 ansässig. A. Mette trat auch als Kritiker des Künstlers K. V. in Erscheinung, wie eine Bespre­ chung von dessen Friedensengel zeigt (im Kölner Nachlaß erhalten). 79-5 Seif\ So- 79 (76-10)79.7 Senderaum] S.o. 80 (77,7). 79.8 Trenck] S.o. 73 (71,35). 82

Brief. - H7 (2 S., Bleistift).

79,25 Lisi] Liesl Karlstadt, s.o. 5 (14,14). 79.27 Kabarett] Kabarett der Komiker, s.o. 32 (36,32). 79,28f. Senderaum] S.o. 80 (77,7). - Das Repertoire, das K.V. ohne Liesl

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Karlstadt (bspw. mit Rankl an ihrer Stelle) auf die Bühne bringen konnte, war begrenzt. 79,30 Rankl] S. o. 48 (51,13). 79.32 Schindler] S.o. 21 (27,25). 79.33 7>W] S.o. 73 (71,35). 80,1 Filmerei] Zu den Filmprojekten in diesem Jahr vgl. o. 73 (72,16). 83 Brief. -T' (Au 14878; 2 S., einzelne Unterstreichungen, Ergänzungen u. Sign. mit Bleistift).

80,12 Reichsfachschaft Film ] Fachschaft war im Nazi-Reich die »obligatori­ sche Zusammenfassung aller zu einem Beruf Gehörigen im Dienste einer berufsständischen Organisation«. - Die Reichsfachschaft Film ist identisch mit der Reichsfilmkammer (s.o. 69 (68,30)). - Im April 1940 trat K.V. freiwillig aus der Reichsfachschaft Film aus (vgl. Gronenborn S. 181). 80.18 »Kirschen [...] Garten«] S.o. 73 (72,16). 80.19 Neue Filmkommanditgesellschaft] Neue Film K. G., 1935 von Erich Engels (s.o. 73 (72,16)) gegründet. 8o,i9f. Terra-Film A.-G. ] S.o. 77 (74,31). 80,21 Engelft]] S.o. 73 (72,16). 80,24 Option ] Zur Problematik dieser Auseinandersetzung um Vertrags­ verpflichtungen vgl. Gronenborn S. 177 f. 81,5 Lamac] Carl Lamac (geb. am 27.1.1897 in Prag, gest. am 2.8.1952 in Hamburg). Filmschauspieler und Regisseur (v. a. von Komödien). Seit 1920 Zusammenarbeit mit der Schauspielerin Anny Ondra, mit der er 1930 die »Ondra-Lamac-Filmgesellschaft« gründete. 1938 Emigration nach Prag, 1939 nach England. - Lamac führte Regie in den Filmen »Die Orchester­ probe« (1933), »Der verhexte Scheinwerfer« (1934), »So ein Theater« (1934); bei diesen sowie bei dem Film »Im Schallplattenladen« (1934) war er auch an der Produktion beteiligt. Vgl. K.V.s Filme S. 103-107, S. 123-129, S. 130-132, S. 122. 81,5 Zerlett] Hans H.(ellmut) Zerlett (geb. 1892 in Wiesbaden, gest. am 17.8.1942) war Kabarett- und Filmautor, Regisseur und seit 1937 Produk­ tionsleiter bei der Tobis-Filmkunst (s. u. 118 (118,12)). Er führte Regie in dem Film »Im Schallplattenladen« (1934), vgl. K. V. s Filme S. 122. 84 Brief.-T^i S., Sign. Bleistift). Diese Fassung ist fast identisch mit 83. Ob 83 schließlich nur als Entwurf für 84 diente und erst gar nicht an die Münchner Adressatin abging, wurde nicht ermittelt.

81.29 Reichsfachschaft Film ] S. o. 83 - dieser Verweis gilt, von den folgenden beiden Einzelkommentaren abgesehen, auch für den restlichen Text. 81.30 Auen ] Carl Auen (geb. am 16. 2.1892 in Byfang, Rheinland, gest. am 23.6.1972 in Berlin), Schauspieler; 1935 »Hauptfachgruppenleiter der

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NSBO«, der »Nationalsozialistischen Betriebszellen-Organisation« Film bei der Reichsfachschaft Film (s. o. 83 (80,12)). 81,34t » VierJahreszeiten« ] 1856-58 unter der Leitung von R. W. Gottge­ treu in der Münchner Maximilianstraße 4 (heute 17) erbautes Luxushotel. 85 Brief. - T’ (Au 11846; 2 S.), D2 (S. 208). Textgrundlage: T‘.

83.6 Reichsfachschaft Artistik] Fachschaft (s. o. 83 (80,12)) der artistischen Berufe, die der Reichstheaterkammer (Einzelkammer der Reichskultur­ kammer (s.o. 69 (68,30)) zugewiesen war. 83.7 König] Nicht identifiziert. 83,14 Germania Brettl] Laut Auftrittsverzeichnis (Münz (KWD) S. 336)) fand diese Aufführung im Februar 1922 in dem genannten Variété in der Schwanthalerstraße 28 statt (Hotel Germania). 8 3,14t »Die verhexten Notenständer«] Die verhexten Notenständer. Das Clownduett oder die verrückten Notenständer. Repertoireverz. 119; D (1952); Werkverz. S. 300; GW S. 525-534. - 1936 wurde die Szene unter dem Titel »Musik zu zweien« von Erich Engels verfilmt; in den Hauptrollen K. V. und Liesl Karlstadt (vgl.: K.V.s Filme S. 153-156; Brandlmeier (KWD) S. 265). 83,21 Barracetas] Detaillierte Hinweise wurden nicht eruiert. Das Buch »Clownnummern« von Tristan Rémy (Köln 1982) enthält ein Foto von den »Barraceta Frères. Spanisches Clown Duo«, das mit dem Datum 11.1.1911 signiert ist. Heino Seitler verweist darauf, die Zirkusdirektoren hätten »bei den Baracettas die unübertroffenen wachsenden Stelzenläufer« geschätzt (H. S., Ich bin Hanswurst, S. 15; s. Literaturverz.). Im Kölner Nachlaß findet sich ein Zeitungsausschnitt vom 23.9.1934 (ohne bibliogr. Angaben) mit einem Artikel von Dr. Johannes Günther (Titel: »Wir laden ein ins Variété. Neue Formen der Komik«), in dem es u. a. heißt: »(...] Der Ulk unbeholfenen Musizierens wird in die Höhe getrieben (buchstäblich) durch die Barracetas: der eine von ihnen steht mit dem Saxophon am Notenpult; der andere, der mit der Guitarre daneben sitzt, spielt ihm einen Streich und läßt durch einen Mechanismus das Notenpult immer höher und höher wachsen, der Saxophonbläser aber, nicht faul, kann, wohl vermöge einer Mechanik in seinen weiten Hosen, seine Beine verlängern, er steigt sozusa­ gen in sich selbst empor, wird immer länger und länger mit dem Notenpult um die Wette. [...]« (Mitteilung von Klaus Gronenbom an den Hg.) - Zu K. V.s Erfahrungen mit Plagiatsprozessen vgl. die Darlegungen von Gunter Fette in KRIS S. 191 ff. 84,12 Winterhilfswerk] 1933 als NS-Hilfsorganisation gegründet und dem Propagandaministerium unterstellt. Die eingesammelten Geld- und Sach­ werte sollten an Arbeitslose und Bedürftige ausgeteilt werden.

275

86

Brief. - T3 (i S., Sign. Bleistift).

84.30 Faus[t]feuerwaffe] S.o. 35 (39,15). 87 Brief. - T1 (Au 11817; 2 S., Sign. Bleistift), A1. - Vgl. auch KRIS S.255f. Textgrundlage: T1.

85.6 Engels] S.o. 73 (72,16). 85.7 t Kurztonfilmen] Um welche Projekte es sich dabei handelte, ist aufgrund der Unterlagen im Brief-Nachlaß nicht mehr festzustellen. Die letzten in Frage kommenden vollendeten Filme sind »Musik zu zweien« (s.o. 85 (83,i4f.)) und der verschollene Streifen »Ewig dein« (vgl. K.V.s Filme S. 214; Bandlmeier (KVVD) S. 269). 85.10 Schreinerei] K.V. hatte das Schreinerhandwerk erlernt. 85,14 Pyramidontabletten] Schlaf- und Beruhigungsmittel. 85.25 Rothenburg] Rothenburg ob der Tauber, 1142 als Reichsfeste von Konrad III. errichtet, 1172 von Friedrich I. zur Stadt erhoben. 85,28 Zeitung] Laut Auskunft des Stadtarchivs Rothenburg ist »von einem derartigen Vorgang hier nichts in Erinnerung«. Im übrigen habe sich die Lokalzeitung immer nur »Fränkischer Anzeiger« genannt. 85,33!. »der Kirschen in Nachhar's Garten«] S.o. 73 (72,16). 88 Brief. - T1 (Au 11809; 2 Sign. Bleistift; am Briefende von Frau Friedrichs (s.o. 48 (51,13)) Hand mit Bleistift vermerkt: »N.B. Obigen Brief hat Herr Valentin bereits an Herrn Dr. Cassimir -gesandt, i/ [E.J Friedrich.«), A1. Textgrundlage: T1. 86,24 Cassimir] S.o. 52 (54,4). 86.31 Huber] Oskar Huber, s.o. 50 (52,27). 87.11 Gärtnertheater] Gärtnerplatztheater bzw. Staatstheater am Gärtner­ platz. 1864 als Aktien-Volkstheater gegründet, ein Jahr später eröffnet; 1870 nach Versteigerung als Königliches Volkstheater weitergeführt. 1937 - einen Abbruch hatte es nicht gegeben - Umbau des Innenraums und daraufhin Wiedereröffnung als Staatsoperette unter dem Intendanten Fritz Fischer (s. u. 151 (145,28)). Nach der Reparatur der Kriegsschäden Wieder­ aufnahme des Spielbetriebs am 19. 6.1948. Später weitere Restaurierungen und Umbauten. 87.12 pp. ] Abk. für lat. perge, perge - Aufforderung, fortzufahren (häufig in Verbindung mit: etc.). 87.26 Zeitungsartikel] Keine Anlage zum Brief erhalten.

89 Brief. - T' (Au 11818; 2 S., Sign. Bleistift), A1. Textgrundlage: T1.

88.7 Färber] Nicht identifiziert. 276

90 Notiz. - H2 (Fotokopie; Bleistiftnotiz im Kopf eines Briefes Max Herrmann-Neißes an K. V. vom 28. 5.1936 aus dem Londoner Exil). 89,26 Fotos] Geschenke für Max Herrmann-Neiße (s.o. 36 (39,31)) zu dessen 50.Geburtstag am 23.5.1936. Herrmann-Neiße bedankt sich in seinem Brief »für das rührend schöne Geschenk all Ihrer Rollenbilder«. 89,30 Erbschaft Film ] Der Film Die Erbschaft mit K. V. und Liesl Karlstadt in den Hauptrollen entstand 1936 unter der Regie von Jacob Geis (geb. am 30.11.1890 in München, gest. am 2 2. 7.1972 in Grünwald), dem Enkel von Jakob (»Papa«) Geis (s.u. 148 (142,13)). Am 21.9.1936 verbot die Zensur den Film wegen »Elendstendenzen«. (Vgl. K.V. s Filme S. 168-194; Brandlmeier (KWD) S. 266; Gronenborn S. 181). 89,30 [...]] Diese Stelle war nicht zweifelsfrei identifizierbar. Es könnte sich um eine Ortsangabe: d[...] Hohenburg, in unmittelbarer Nähe von Wegscheid (s. u. 110 (108,8)) oder d[...] Hohenberg, einen Ort südlich des Starnberger Sees oder um einen entsprechend lautenden Familiennamen handeln.

Brief. -T1 (Au 11826; 1 S., Sign. Bleistift. Im Briefkopf Datierung von fremder Hand: »1933«. Der Hinweis auf den Geburtstag des Empfängers erzwingt aber eine andere Datierung.) 91

90.5 Hailer] Franz Hailer (geb. am 25.6.1886 in München, gest. am 7.10.1969 daselbst), Direktor des Flughafens Oberwiesenfeld, Oberst der Luftwaffe (Münz S. 331). 90,7 M.N.N. ] Münchner Neueste Nachrichten. S.o. 22 (29,26). 90,9 Schneider von Ulm ] Der Flugpionier Albrecht Ludwig Berblinger (geb. am 24.6.1770 in Ulm, gest. am 28.1.1828 daselbst), der am 31. 5.1811 mit seinem selbstkonstruierten Hängegleiter bei einer Vorführung in die Do­ nau stürzte. 90,13 f. Nockherberg ] Anhöhe beim Münchner Stadtteil Au, auf der sich der Salvatorkeller befindet, wo mit dem Anstich im März jeden Jahres die Münchner Starkbierzeit (Fastenzeit) eingeleitet wird. 91,4 Karlsplatz] S.o. 34 (38,31). 91.6 Nomenbrunnen ] Nach dem Entwurf von Hubert Netzer 1907 auf dem Karlsplatz errichteter Brunnen, seit 1968 zwischen Ottostraße und Maximiliansplatz. 91,11 Pullach] Im Isartal gelegener Nachbarort von Grünwald.

Brief. - T1 (Au 11836; 1 S., Sign. Bleistift; verso Notiz (Bleistift) '/8 Uhr München anrufen Tagblatt durchgestrichen).

92

91,32 Knorr] Leiter des Wasserbauamtes München. 91,36 Wiesenflächen ] In der fraglichen Zeit wurde das Überflutungsbett der

277

Isar angelegt. Im Zusammenhang mit dieser Baumaßnahme wurden die Anlagen zwischen den beiden Flußbetten, wo sich bis dahin Kiesfelder ausgebreitet hatten, begrünt. Die begrünten Anlagen, über die sich K. V. offensichtlich ärgerte, dienen bis heute als viel frequentiertes Naherho­ lungsgebiet. 92,8 Faschienen ] Faschinen, mit Weiden oder Draht zusammengeschnürte Reisigbündel, die zur Befestigung von Ufer- und Deichbauanlagen dienen. 92,23 Kupfertiefdruck] Im Brief-Nachlaß nicht erhalten.

93 Brief. - H7 (1 S., Bleistift). - Zur Datierung: In Berlin hielten sich Liesl Karlstadt und K. V. 1936 zweimal auf. Da es beim ersten Mal zur sofortigen Abreise Liesl Karlstadts aufgrund ihres Zusammenbruchs kam, hier aber von einem Umzug der Künstlerin in eine Pension die Rede ist, kommt als Zeitraum nur das zweite Engagement am Kabarett der Komiker im Jahr 1936 in Frage, also September bis Oktober. Für diese Datierung spricht auch der Kontext der folgenden Briefe zwischen dem Paar - vgl. insbeson­ dere den Brief 94, der für eine akute persönliche Entfremdung Mitte September 1936 spricht. 92.29 Li Li Li] Liesl Karlstadt, s. o. 5 (14,14). 92,35 Lied] Möglicherweise handelt es sich um den Text »Verlassen, verlassen bin i« von Thomas Koschat.

94 Brief. - H7 (1 S., Bleistift; Briefbogen des Hotels, im Briefkopf stammt nur das Datum von K. V. s Hand). - Auf identischen Bögen sind dann drei Briefe Liesl Karlstadts an den inzwischen nach München zurückgekehrten Partner gerichtet, die sie zwischen Oktober 1936 und Januar 1937 geschrie­ ben hat. 93,19 Ich hatte einen Kameraden] »Ich hatt’ einen Kameraden«; Liedtext von Ludwig Uhland, Melodie von Friedrich Silcher nach einer alten Volksweise. Vgl. auch K. V. s Kriegskouplet-Parodie Ich hatt einen Kameraden (Repertoireverz. 90.). 93,21 ipn ] Beginn der Partnerschaft bzw. des gemeinsamen Auftretens von K.V. und Liesl Karlstadt, s. o. 5 (14,14).

95 Brief. - H7 (2 S., Bleistift). - Zur Datierung: Gemeint ist der 26.10.1936, der auf einen Montag fiel. Dafür sprechen auch die zahlreichen biographischen Verweise (Aufenthaltsorte der Partner, Filmgeschäft) und das Postskriptum Liesl Karlstadts in einem Brief aus Berlin an K. V. vom »29. X. 36«: »Bitte sage dem Lautenbacher, dass mein Auftreten in München doch nicht im Wagnersaal sein kann.«

93.30 Ltw] Liesl Karlstadt, s. o. 5 (14,14). 93,33 Trenck] S.o. 73 (71,35).

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94,4 Sauerbruch] Ferdinand Sauerbruch (geb. am 3.7.1875 in Barmen, gest. am 2.7.1951 in Berlin), der berühmte Chirurg in Berlin. 94,6 Morrell] Dr. med. Theo(dor) Morell, prakt. Arzt, Berlin W 15, Kurfiirstenstr. 216, hielt zu jener Zeit seine Sprechstunden wochentags von 5 bis 7 Uhr ab. Der Prominentenarzt war durch Vermittlung Heinrich Hoff­ manns (s.u.) seit 1935/36 auch Hitlers Leibarzt. 94,6 Hoffmann] Heinrich Hoffman (geb. am 12.9.1885 in Fürth, gest. am 16.12.1957 'n München), Leibfotograf Hitlers, offiziell »Reichsbildbe­ richterstatter der NSDAP« und für die Leistungen in diesem Dienst mit dem Professorentitel ausgezeichnet. 94,8 »Donner Blitz u Sonnenschein«] Film von 1936 nach dem Schwank »Der Hunderter im Westentaschl« von Max Neal und Max Ferner. Unter der Regie von Erich Engels (s.o. 73 (72,16)) spielten K. V. den Schneider­ meister Sebastian Huckebein und Liesl Karlstadt seine Ehefrau Barbara. (Vgl. K. V. s Filme S. 167; Brandlmeier (KVVD) S. 266) - K. V. berichtet hier, wie aus dem Kontext hervorgeht, von einer Voraufführung vor geladenen Gästen. Die Uraufführung fand dann im Atlantik-Palast (s. o. 68 (66.27) ) am J4-IJ- 1936 statt (s.u. 99). 94.10 [...]] Nicht identifiziert. 94.11 Kirschen] S. 73 (72,16). 94,15 Frau Oskar Huber] Keine näheren Angaben eruiert. S.o. 50 (52.27) . 94.17 Anzengruberfigur] Der Schauspieler, Journalist und Dramatiker Ludwig Anzengruber (geb. am 29.11.1839 in Wien, gest. am 10.12.1889 daselbst) schrieb Stücke in der Tradition des Wiener Volkstheaters und der liberalen Gedankenwelt des ^.Jahrhunderts. Die präzise Charakterisie­ rung seiner Figuren verhalf diesen zu großer Bühnenwirksamkeit. 94.18 Wäscher] Aribert Wäscher (geb. am 1.12.1895 in Flensburg, gest. am 14.12.1961 in Berlin), der die Rolle des Tanzlehrers gespielt hatte. Wäscher war Schauspieler am Schauspielhaus der Preußischen Staatsthea­ ter Berlin, Regisseur und Schriftsteller. 94.19 Leibelt] Hans Leibelt (geb. am 11.3.1885 in Volkmarsdorf bei Leipzig, gest. am 3.12.1974 in München) gab die Rolle des Jacob Greizinger. Schauspieler am Schauspielhaus der Preußischen Staatstheater Berlin. 1923 war Hans Leibelt an die Kammerspiele nach München gekommen. Für seine Tätigkeit beim Film erhielt er 1962 den Bundesfilmpreis. 94.20 Berndt] Reinhold Bernt, Schauspieler, Drehbuchautor und Regis­ seur, der in folgenden Filmen zusammen mit K.V. auftrat: »Kirschen in Nachbars Garten« (s.o. 73 (72,16)), »Beim Nervenarzt oder Kalte Füße« (ebd.), »Die karierte Weste« (ebd.), »Beim Rechtsanwalt« (1936, Regie Erich Engels; vgl. K.V.s Filme S. 146-152; Brandlmeier (KWD) S. 265ff.), »Musik zu zweien« (s. o. 85 (83,14£)), »Der Bittsteller« (s. o. 73 (72,16)). - In dem Streifen »Donner, Blitz und Sonnenschein« (s.o.) war

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Bemt die Rolle des Schneidergesellen Franz zugefallen (vgl. dazu auch K. V. s Ausführungen in dem Brief 107). Nach 1945 am Schloßpark-Theater Steglitz und seit 1956 am Schiller-Theater engagiert. 94,21 Landeskulturfilm] Was K.V. mit dieser Bezeichnung meinte, läßt sich auf der Grundlage des zur Verfügung stehenden Materials nicht bestimmen. Als Firmenname läßt sie sich jedenfalls nicht nachweisen. 94.21 Karl Schneider] Es handelt sich um die Filmherstellungs-Firma Karl Schneider, Tempelhof, Hohenzollernkorso 42 (ab 1937: Manfred v. Richt­ hofen Str. 179). 94.22 Kilchert] Nicht identifiziert. 94,25 Felsol] Mittel gegen Asthma, vgl. u. 194 (189,19). 94,28 Hotel Wagner] S.o. 7 (15,21). - Vgl. auch oben die Hinweise zur Datierung von 95. 96 Brief. - D21 (S. 214), D? (Nr. 3 - »Film 77« Nr. 3 - S. 102, Nachdruck von D21). - Bei dem Adressaten handelt es sich um den Schauspieler Otto Eduard Hasse (geb. am 11.7.1903 in »Obersitzko, 1800 Seelen an der Warthe, Klo auf dem Hof, bei Petroleumlicht aufgewachsen, wo man die Wölfe als Haustiere benutzte«, gest. am 12.9.1978 in Berlin), dessen Anrede mit den Kürzeln »O. E.« sich nach eigenen Angaben in den Münchner Kammerspielen durchsetzte, wo er von November 1932 bis zum Herbst 1939 wirkte. Mit dem genannten Hebbelschen Stück hatte Hasse am 29.8.1936 an den Münchner Kammerspielen Premiere; er gab »den schur­ kischen Leonhard« (Hasse, S. 213 £). Textgrundlage: D2'.

95,8 Müller und sein Kind] S.o. 67 (66,10). 95,10 >Maria Magdalena*] »Ein bürgerliches Trauerspiel in drei Akten« (1844) von Friedrich Hebbel (geb. am 18. 3.1813 in Wesselburen/Dithmarschen, gest. am 13.12.1863 in Wien). 97 Brief. - T* (Au 11840; 1 S., Sign. und Unterstreichungen Bleistift; Zusatz von fremder Hand: »Branddirektion«).

95,21 Feuerpolizei] S.o. 45 (46,6). 95,24 Deutschen Theater] S.o. 7 (15,19). 95,33 Rückäusserung] Das Antwortschreiben ist abgedruckt in Münz S.155. 98

Brief. - T’ (Au 14677; 1 S., Sign. Bleistift).

96,7 Mayerhofer] Laut Akademischer Auskunftei Petraschaeftski ist über einen Redakteur Dr. A. Mayerhofer nicht einmal in den zeitgenössischen Adreßbüchern Berlins etwas zu erfahren.

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96,8 »Grünen Post«] Erschien als ein Ullstein-Organ seit dem 10.4.1927 und erreichte bald eine Auflage von weit über einer Million. Reichbebil­ derte Sonntagszeitung, auf deren hellgrünem Papier sich Artikel der gefrag­ testen Ullstein-Redakteure versammelten. 1934 wurde Ullstein von den Nazis gezwungen, seine Geschäftsanteile weit unter Wert abzugeben, so daß auch die »Grüne Post« und ihre Redaktion in Hände kamen, die den Machthabern genehm waren. Am 31.8.1944 wurde das Erscheinen des Blattes eingestellt. - Rechts des Zeitungsnamens mit Bleistift ergänzt: Berlin. 96.16 »Die Erbschaft«] S. o. 90 (89,30). 96.20 Chaplin] Eigenti. Charles Spencer (geb. am 16.4.1889 in London, gest. am 25.12.1977 in Corsier-sur-Vevey). Schon als Kind am Theater tätig. Seit 1913 Filmschauspieler, dann auch Regisseur, Filmbuchautorund Produzent. - Zu K. V. s Selbsteinschätzung mit Blick auf Chaplins Arbeits­ bedingungen s. 112. 96,28 »Donner [...] Sonnenschein]«]] S.o. 95 (94,8). Brief. - H7 (2 S., Bleistift). - Zur Datierung: K.V. spricht von der Uraufführung des Filmes »Donner, Blitz und Sonnenschein«, die am 14.11.1936, einem Samstag, stattgefunden hatte. Da er die Kritiken für morgen erwartet, dürfte es realistisch sein, vom 15.11.1936 als dem Schreib­ datum auszugehen. 99

97.4 Lisi] Liesl Karlstadt, s.o. 5 (14,14). 97.5 Film] »Donner, Blitz und Sonnenschein«, s.o. 95 (94,8). 97,10 15 T] 15000.-Mark Gage. 97,14 Terra] S.o. 77 (74,31). 97.16 Kirschen] S.o. 73 (72,16). 97,19 Engels] S.o. 73 (72,16). 97.21 Kurztonfilmen] S.o. 73 (72,16). 97,23 Straßenmusik] 1936 »nach dem gleichnamigen erfolgreichen Büh­ nenstück von Paul Schurek« gedreht. (K.V. s Filme S. 165; Brandlmeier (KWD) S. 266) - K.V. und Liesl Karlstadt hatten die weite Reise nach Berlin auf sich genommen und xyurden dann mit dürftigen Chargenrollen abgespeist: »Valentins Auftritt in diesem Film ist tatsächlich ein Trauerspiel - und der deutlichste Beleg dafür, wie man ihn und seine Fähigkeiten verheizt und verschleudert hätte - hätte er sich nicht fast ausnahmslos an seine eigenen Texte und Szenen gehalten.« (Pflaum (KVVD) S. 248). 97.23 Erbschaft] S.o. 90 (89,30). 97.24 Kolosseum] S.o. 45 (46,10). 100 Brief. - H7 (2 S., Bleistift). - Zur Datierung: Der Hinweis auf die Resonanz des Filmpublikums kann sich nur auf den dritten Tag nach der

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Premiere des Streifens »Donner, Blitz und Sonnenschein« beziehen (s. o. 95 (94,8)), also ist bei dem Briefdatum ungefähr vom 17-/18.11.1936 auszugehen. 98,3 Lisi] Liesl Karlstadt, s.o. 5 (14,14). 98,9 Film ] Es kann sich aufgrund der Hinweise auf die biographischen Umstände (Liesl Karlstadts Krankheit, Filmpremiere) nur um den Film »Donner, Blitz und Sonnenschein« handeln - s. o. 95 (94,8). 98,11 Greta Garbo] Die legendäre Filmschauspielerin, die bürgerlich G. Lovisa Gustafsson hieß (geb. am 18.9.1905 in Stockholm, gest. am 15.4.1990 in New York) hatte ihre Welterfolge in den 20er (Stummfilme) und 30er Jahren: 1936 kam der Film »Die Kameliendame« in die Kinos. 98,14 Ketteri] Von K.V. v. a. Anfang der 40er Jahre häufig besuchtes Gasthaus (evtl. Obermaierstr. 2 - so die Adresse des Wirts) unweit seiner Wohnung am Mariannenplatz, zu dessen Gästen v. ä. Handwerker und Arbeiter gehörten und das in früheren Zeiten auch eine bescheidene Volkssängerbühne geführt haben soll. - Nicht zu verwechseln mit dem »Ketteri« an der alten Floßlände, das 1888 abgebrochen worden war. 98.14 Huber Oskar] S. o. 50 (52,27).

101 Bildpostkarte. - H7 (Bleistift; Poststempel: München 22.11. 36, Ab­ bildung: »Taebel’s >Gute Stube Sign. Bleistift), A1 (2 Exemplare), D'2 (S. 157; textidentisch mitT1; s. o. Vorbemerkungen zum Variantenverz. von 68). Textgrundlage: T‘.

100.28 Gründgens] Gustaf Gründgens (geb. am 22.12.1899 in Düsseldorf, gest. am 7.10.1963 in Manila) arbeitete als Schauspieler seit 1928 in Berlin am Theater und beim Film. Von 1934 bis 1945 leitete er das dortige Staatliche Schauspielhaus. Er war damit einer der einflußreichsten Künstler im offiziellen Kulturbetrieb. 1947-1955 Leiter des Düsseldorfer, 1955-1963 des Hamburger Schauspielhauses. - In dem Film »Eine Frau ohne Bedeutung« (am 26.10.1936 uraufgeführt) spielte Gründgens neben Käthe Dorsch und Friedrich Kayßler unter der Regie von Hans Steinhoff eine der Hauptrollen. - Das Bild, von dem hier die Rede ist, wurde K. V. in einem Schreiben Liesl Karlstadts vom 16. 11.1936 aus Berlin angekün­ digt. 101.18 Viktoria regia] Seerosengewächs aus dem Amazonasgebiet, dessen Blätter einen Durchmesser von zwei Metern erreichen.

105

Brief. - T‘ (Au 11858; Sign. Bleistift), D2 (S. 213).

101.28 Terofal] S.o. 64 (63,36).

106 Brief.-T' (Au 14680; 2 S. mit 1 S. Anlage, Sign. Bleistift; im Briefkopf von fremder Hand Bleistiftnotiz »nicht abgeschickt«). 102,14 Terra] S.o. 77 (74,31). 102.19 »Der Bittsteller«] Verschollener Film nach dem gleichnamigen Bühnenstück von K. V, 1936 unter der Regie von Erich Engels gedreht (K.V. s Filme S. 213; Brandlmeier (KVVD) S. 269). 102.20 Musik zu Zweien] Film von 1936 »nach dem Bühnenstück Die verhexten Notenständer von Karl Valentin und Liesl Karlstadt« (Vorspann), Regie Erich Engels (s. auch o. 85 (83,i4f.); K.V.s Filme S. 153-156; Brandlmeier (KVVD) S. 265). 102,24 Abreise] Im September und Oktober war K.V. im Kabarett der Komiker in Berlin engagiert. Da der Brief 97 bereits wieder in München geschrieben wurde, muß die Abreise also vor dem 2.11.1936 stattgefunden haben.

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102.27 Dienstmädchen (...) rolle] Gemeint ist die Rolle des Dienstmäd­ chens Fanny in dem Stück Der Bittsteller (s. o.). 102,31 Engels] S.o. 73 (72,16). 102,31 Bernt] Reinhold Bernt, s.o. 95 (94,20). 103,3 »Donner, Blitz und Sonnenschein«] S.o. 95 (94,8). 103,6 Schneiderlehrling] Die Rolle des Schneidergesellen Franzi in dem Film »Donner, Blitz und Sonnenschein«. 103.28 »Karierte Weste«] »Die karierte Weste«, Film von 1936, Regie Erich Engels, der zusammen mit Reinhold Bernt (s. o. 95 (94,20)) das Buch verfaßt hatte (vgl. K. V. s Filme S. I44Í - Brandlmeier (KVVD) S. 265). 103,28 »Nervenarzt«] S.o. 73 (72,16). 104,1 Pallenberg] S.o. 24(30,26). 104.1 Massary] S.o. 24 (31,6). 104.2 »Chat Noir« ] Kabarett in der Mariahilferstraße, in dem in den 20er Jahren auch Hans Moser auftrat. Im Nachlaß K. V.s existieren zwei Engage­ ment-Verträge vom 22.10. und 28.11.1923 mit R.M. Markoschek von der Kleinkunstbühne >Chat Noir< Wien, Mariahilferstr. 105. Keine weiteren Angaben eruiert. 104.3 »Vorstadttheater«] Das Theater in der Vorstadt (Tingeltangel), Repertoireverz. 52.a-n (Theater in der Vorstadt. Komödie in zwei Akten. / VorstadtTheater-Benz (1938/39) / Die komische Kapelle.), D (1941), Werkverz. S. 299, GW S. 291-319 (Tingeltangel); vgl.: Faust, passim.

107 Brief. - T1 (Au 11805; 1 $•> Sign. und Zusatz von K.V. s Hand am Briefende mit Bleistift: wieder mitbringen Engels kannst Du ihn lesen lassen), D2 (S. 209). - Im Briefkopf von fremder Hand mit blauem Farbstift Datierung »1938«, die laut Kontext von 106 nicht zutreffen kann. Es ist davon auszugehen, daß Brief 107, der sich auf Informationen stützt, die mit 106 angefragt wurden, bald nach dem 11.2.1937 geschrieben wurde.

104,19 Bernd] Reinhold Bernt, s.o. 95 (94,20). 104,24 Engels] S.o. 73 (72,16). 104,24 Terra] S.o. 77 (74,31). 104,25b »Der Bittsteller«] S.o. 106(102,19). 104,35 Lei[b]elt] Hans Leibelt, s.o. 95 (94,19). 105.1 »Kirschen in Nachbars Garten«] S.o. 73 (72,16). 105.2 Kurztonfilmen] S.o. 73 (72,16), 87 (85,7b) und 118.

108 Brief. - T3 (Archiv 445; 2 S., ohne Sign.; im Briefkopf von fremder Hand mit Bleistift, wahrsch. von Eva Friedrich: »Bitte wieder zurück!« und am unteren Rand des 1. Blattes: »N. B. Das mit der Hofgartenkaserne ist nur Beispiel.«), D'8 (S. i6of.). 105,17 Amann] Max Amann (geb. am 24.11.1891 in München, gest. am 30. 3.1957 daselbst), kaufte als Geschäftsführer der NSDAP 1920 für die

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Partei den Eher-Verlag auf, in dem der »Völkische Beobachter« erschien. In den 20er Jahren Stadtrat der NSDAP in München. 1925-45 Leiter des Zentralverlages seiner Partei; Reichspresseleiter. 105,30 Armeemuseums} Von 1900 bis 1905 auf der Mittelachse des Hofgar­ tens an der Stelle der alte[n] Hofgartenkaserne erbaut. Der Hofgarten wurde 1613-1617 unter Maximilian I. angelegt. Bei Luftangriffen im letzten Krieg zerstört. Die erhalten gebliebene Kuppel ist heute in den Neubau der Staatskanzlei integriert. 105,33 Stadtmuseum] S. o. 72 (71,17). - Zu Stadtarchiv s.u. 152 (147,7). 106.2 Hochhaus} Städtisches Hochhaus, 1927-1929 von Hermann Leitens­ dorfer gebautes Verwaltungshochhaus in der Blumenstr. 28. 106.3 Probst} Carlo Probst (geb. am 27.10.1887 in Müchen, gest. am 7.12.1970 daselbst), Oberbaurat, bedeutender Monacensia-Sammler. Sein Nachlaß ist in mehreren Bänden publiziert und wird vom Stadtmuseum München betreut. Seine Alt-Münchner Photos befanden sich im Hochhaus. 106,6 SammlungRehse} Friedrich Josef Maria Rehse (geb. am 23. 3.1870 in Münster, gest. am 14.1.1952 inMünchen) nannte seine Sammlung »Archiv für Zeitgeschichte und Publizistik«. Die Zeitungsausschnitte daraus wur­ den im Stadtarchiv untergebracht, der Rest (Plakate, Flugblätter etc.) im Hauptstaatsarchiv (Mitteilung des Stadtarchivs Müchen). 106.9 Münchner Neuesten Nachrichten} S.o. 22 (29,26). 106.10 Stuffler} Privatsammlung von Alt-München-Fotografien des Künstlers Max Stuffler (geb. am 24.10.1867 in München, gest. am 31. 5.1926 daselbst). Die Fotosammlung Stufflers, der auch eine fotografi­ sche Kunstanstalt und einen Kunstverlag besaß, befindet sich heute im Stadtarchiv (Mitteilung des Stadtarchivs Müchen). 106,14 Pettendorfer} Georg Pettendorfer (geb. am 31.10.1858 in Türk­ heim, gest. am 27.9.1945 in München) dokumentierte München zwischen 1895 und 1935 photographisch und vermachte (als Wohlfahrtsempfänger) seine Schätze der Stadt, welche sie im Stadtmuseum und im Stadtarchiv aufbewahrt. Auswahlveröffentlichungen: Der Stadtfotograf (1989), Stadt und Vorstadt (1990). 109 Briefgedicht. - T1 (Au 11816; 1 S.), A1. Textgrundlage: T1.

106.35 Endrikat} Fred Endrikat (geb. am 7.6.1890 in Nakel a.d.Netze, gest. am 12. 8.1942 in München), Schriftsteller und Kabarettist in Berlin, später in München, bekannt sind seine Brettl-Dichtungen. Er übernahm im Künstlerlokal »Simplicissimus« die Rolle von Joachim Ringelnatz. 106.36 Benz} Die Benz-Kleinkunstbühne, s.o. 40 (43,10). Im Frühjahr 1939 wurde dann das Haus wegen Umbaumaßnahmen geschlossen. 107.11 Steinhäger} Nach Steinhagen in Westfalen benannter Wacholder­ beerbranntwein.

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iio Brief. - T1 (Au 11829; 2 Exemplare, wovon das signierte (blauer Farbstift) als Entwurf gelten muß, der von K. V. mit Bleistifteintragungen redigiert wurde; je 1 S.), A'. Textgrundlage: T1. 107,26 Direktorin] Elise Hundeshagen, geb. Gottlieb (geb. am 21.7.1887 (laut Meldekarte im Münchner Stadtarchiv: 18. 7.1877) in München, gest. am 6. 5.1952 daselbst), seit 1905 verheiratet mit Karl Hundeshagen (s. o. 48 (51,13)), nut dem sie seit 1914 das Kolosseum betrieb (s. o. 45 (46,10)). 108,8 Wegscheid] Kleine Ortschaft bei Lenggries im Kreis Bad Tölz (Ober­ bayern), wo sich Liesl Karlstadt sehr oft, häufig in Begleitung ihrer Schwe­ ster Amalie Wellano, aufhielt. Wegen ihrer angegriffenen Gesundheit mußte Liesl Karlstadt in dieser Zeit mehrfach Erholung suchen. 108,10 Ostler] Privatpension der Familie Ostler, die zum bevorzugten Quartier der Schwestern Karlstadt-Wellano wurde, so daß man »schließlich auch persönlich befreundet« (Amalie Wellano) war. Der Name des Hauses von Josef Ostler war »Beim Grabenwölfei«. Die Nachkommen Alois und Josef Ostler teilten dem Hg. mit, Liesl Karlstadt habe sich noch vor dem Krieg um den Erwerb eines Grundstücks in Wegscheid gekümmert und auch bereits über einen Bauplan für ein Eigenheim verfügt. Der Krieg habe dann die Pläne, aufs Land zu ziehen, zunichte gemacht. in

Brief. - T2 (Fotokopie, 2 S.).

108,18 Fachschaft Artistik] Reichsfachschaft Artistik, s. o. 85 (83,6). Die Rechtsstelle Gefolgschaft war zuständig in Konflikten innerhalb einer Gefolg­ schaft, d.h. einer »Belegschaft eines Unternehmens im Sinne des Arbeits­ ordnungsgesetzes vom 20.1.1934« - hier der ausübenden Artisten inner­ halb der Fachschaft. - K. V. reagiert hier auf einen abmahnenden Brief der Fachschaft Artistik vom 22. 7. 1937, die Georg Blädel aufgefordert hatte, seine Sache gegen K. V. zu vertreten, der dem Blädel-Ensemble vorgewor­ fen hatte, unberechtigt Texte von ihm zu verwerten. 108,23 & Blödel] Verballhornung des Ensemblenamens Blädel & Blädel (Geschwister Blädel); in Georg Blädels Protestbrief an K.V. vom 19. 7.1937 aus Berlin ist in den gedruckten Briefkopf zwischen EnsembleBild und -Namen »GESCHW. BLÄDEL DIE LUSTIGEN BAYERN« mit Maschine eingefügt: »in Fa. Böd [sic] & Blödel«. Gemeint sind die Volksschauspielerund Instrumental-Komiker Hans Blädel (jun.) (geb. 1900, gest. am 9. 9.1937 in München) und Georg Blädel (geb. am 31.1.1906 in München, gest. am 26. 7.1990 daselbst), Söhne des Volksschauspielers und Instrumental-Komikers Hans Blädel (geb. am 18.8.1871 in Sulzbürg/Opf., gest. am 9.9.1937 in München), der nach dem Ersten Weltkrieg noch zusammen mit seinen Söhnen aufgetreten ist. Bei dem von K. V. gerügten Auftritt arbeitete Georg Blädel mit einer Partnerin zusammen.

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108,25 er.] currentis - des laufenden (Monats). 108.27 Parry-Benz ] Lee Parry-Benz, Pseudonym für Tilde (Mathilde) Benz (geb. am 24.1.1901 in München, gest. am 24.1.1977 in Bad Tölz), Tochter von Mathilde und Josef (Papa) Benz (s.o. 40 (43,10)), Filmschau­ spielerin. 108.28 Kilchert] S.o. 95 (94,22). 108.29 Wintergarten ] Das international renommierte und berühmteste der Berliner Großvarietes, das tatsächlich aus einem Wintergarten, dem glas­ überwölbten »Jardin de plaisanterie« des am 18.10.1880 eröffneten Cen­ tral-Hotels (Dorotheenstr. 12-18) hervorgegangen war. »Sukzessive ver­ wandelte sich das Palmenhaus in einen riesigen Ballsaal, in eine Fest- und Feierstätte des >gehobenen< Bürgertums.« Umwandlung in ein Varieté am 10.9.1886, Modernisierung 1900 (erste Drehbühne Berlins, Sternenhim­ mel), 1928 Umbau mit Erweiterung des Bühnen- und Zuschauerraums (1928 (!) Plätze), am 21.6.1944 zerstört. »Der Wintergarten hielt bis zu seinem Ende [...] am Nummemprogramm fest. Obwohl nicht jedes von höchstem Niveau war [...], markiert es die Weltspitze dieser so spezifischen Art Varieté.« (Emst Günther, Geschichte des Varietés, Berlin 1981, S. i44ff.) 108,29 Orchesterscene] Theater in der Vorstadt, bzw. Teile daraus, s.o. 106 (104,3); auch: Faust, passim 108.32 f. »Mechaniker« ] Die beiden (zwei) Elektro-Techniker Scene von K. V. und Liesl Karlstadt (1927; Repertoireverz. 126.), Der reparierte Scheinwerfer (oder die zwei Elektrotechniker) (Werkverz. S.298), D (1969), GW S. 456-463. 108.33 »Firmling«] Die Szene Der Firmling (Werkverz. S. 296; D (1950), GW S. 330-337). 1934 verfilmt (vgl. K.V. s Filme S. 133-137). 108.34 Lange] Nicht identifiziert. Vielleicht handelt es sich um Karl Lange, Vertretung, Robert-Koch-Str. 8, den das Adreßbuch von 1937 unter dem Stichwort Agenturen ausweist. 109,15 Schreiben vom 19. er] Der genannte Brief ist im Kölner Nachlaß erhalten (Au 11892).

112 Brief. - T1 (Au 14683; 2 S., Sign. Bleistift). 110,7 Zerlett] S.o. 83 (81,5). 110,18 Chaplin] S.o. 98 (96,20). 110,22 Gutachten] Dem Brief im Nachlaß ist kein solches beigelegt. 110.24 »Donner, Blitz und Sonnenschein[«J] S.o. 95 (94,8). 110.25 Kurztonfilme] S.o. 73 (72,16), 87 (85,7b), 107 und 118. 110,27b Rühmann] Heinz Rühmann (geb. am 7. 3.1902 in Essen), Schau­ spieler und Regisseur. In den Jahren 1925 bis 1929 an den Münchner Kammerspielen auf der Bühne. Nach diversen anderen Engagements und

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dem Beginn der Filmkarriere (erster Film 1926) von 1938 bis 1945 unter Gustaf Gründgens (s. o. 104 (100,28)) an den Berliner Staatsbühnen. Das Munzinger-Archiv notiert, Rühmann habe »sich vor dem Krieg auf natio­ nalsozialistischen Druck hin von seiner jüdischen Frau Maria Bernheim [...] scheiden lassen und für ihre Emigration nach Schweden« gesorgt. 110,28 Weiss Ferdi] S.o. 63 (62,18). 110,28 Moser] S.o. 80 (77,19). 110,28 Englisch] Lucie Englisch (geb. am 8.2.1906 in Baden bei Wien, gest. am 11.10.1965 in Erlangen), Theater- und Filmschauspielerin v. a. in komischen Rollen. 110,28 Stöckl] Joe (Joseph) Stöckel (geb. am 27.9.1894 in München, gest. am 14.6.1959 daselbst), Schauspieler und Regisseur; führte Regie in der Verfilmung des K.V.-Stückes Der Theaterbesuch (1934) (vgl. K. V. s Filme S. 113-121 und Brandlmeier (KWD) S. 263f.). 110,28 f. Eichheim ] Josef Eichheim (geb. am 23. 2.1888 in München, gest. am 13.11.1945 in Gars am Inn), als Schauspieler v. a. an Münchner Bühnen tätig, dann seit 1932 vermehrt beim Film (auch als Drehbuchautor). Eich­ heim wirkte in den Filmen »Mysterien eines Frisiersalons« (1922 oder 1923), »Orchesterprobe« (1933) sowie in dem Streifen »Es knallt« (1934) mit (vgl. K.V. s Filme S. 31-35, S. 103-109 bzw. S. 110-112). 110,32 Stoffe] Zum einschlägigen Textbestand im Nachlaß vgl.: Gronenbom, insbesondere S. 178 ff. ii 1,6 Arya] Arya-Film G. m.b. H., München 2 NW, Maximiliansplatz 9 (so 1935 ausgewiesen als Film-Produktionsfirma; spätere Adresse: Brienner Str. 8). ii 1,6 Adam] Wahrscheinlich handelt es sich um Franz Adam, der in zeitgenössischen Handbüchern als Kapellmeister und Sachbearbeiter für Musik in der Reichsleitung der NSDAP (München, Brienner Str. 45) ohne weitere biographische Angaben ausgewiesen ist. 111,7 »Raubritter vor München«] S.o. 45 (46,10); vgl. auch: Gronenborn S. 179 ff. 111.14 Gründgens] S.o. 104(100,28). 111.15 Ritter] Karl Ritter (geb. am 7.11.1888 in Würzburg, gest. am 7.4.1977 in Buenos Aires), Filmregisseur und -produzent. Nach dem Januar 1933 dezidiertes Bekenntnis zum Nationalsozialismus, von Goeb­ bels zum Produktionschef und Direktor der Ufa ernannt. - S.u. 127 (124,36).

113 Brief. - T1 (Au 14682; 2 S., Sign. Bleistift). 111,34 Reichsfilmdramaturg] Dieses Amt versah von 1937 an Ewald von Demandowsky (geb. am 21.10.1906,1945 verschollen), zunächst kulturpolit. Schriftleiter beim »Völkischen Beobachter«, 1939 bis 1945 auch Prp-

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duktionschef der Tobis-Filmkunst (s. u. 118 (118,12)). - Keine Anlagen (Kritiken) im Brief-Nachlaß erhalten. 112.4 Auf dem Oktoberfest< von und mit Karl Valentin und Lisi Karlstadt. Die Aufnahme mit ihrem drastisch­ schlagkräftigem Ende hörten wir mit Vergnügen bereits vor einem Jahr, und es ist Radio München anzuraten, für 1948 und 49 zumindest einen anderen >Valentin< zu senden. Wer allerdings Valentins Originalität wirk­ lich kennt (sein Blödsinn hat manchmal geniale Züge!), kommt über den Eindruck nicht hinweg, daß sich der Münchner Groteskkomiker bei der gesamten Aufnahme nicht völlig auswirken konnte; oder man hat zu viel geschnitten. Man sollte Karl Valentin wieder öfter zu humorigen Aufgaben

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heranziehen - nicht nur im Rundfunk. Er hat mit seinem >Riesenblödsinn< (der nicht ohne hintergründige Philosophie ist) zweifellos sein Publikum. Originale sollten pfleglich behandelt werden, besonders in ihrer Vater­ stadt.« 217.18 Simpl] Simplicissimus, s.o. 120(119,33). 217.35 Gespräch am Springbrunnen] Dialog, Repertoireverz. 397.; D (1961); Werkverz. S. 296; GW S. 205-207. 227 Brief. - T1 (Au 11834; 2 $.), A1. Textgrundlage: T‘.

218.8 Kiem] S.o. 64 (63,20). 218.9 »Süddeutschen Zeitung«] S.o. 220. 218.21 Diess ] Prof. Dr. Wilhelm Diess (geb. am 2 5.6.1884 in Bad Höhenstadt/Rottal, gest. am 13.9.1957 in München), Generaldirektor der Bayeri­ schen Staatstheater, Schriftsteller (Münz S. 329). 218.36 Singspielhalle] S.o. 141 (134,14t). 219.3 Rühmann] S.o. 112 (iio,27f.). 219.5 Jugendstreiche] Der Knabe Karl. Jugendstreiche. Aus dem Nachlaß hg. v. Gerhard Palimann, München 1951 (Werkverz. S. 292); GW S. 91-161. 219,8f. Prager Verleger] Nicht identifiziert. 219.11 Lorenz ] Nicht identifiziert. 219,15t Kultursammlungen] S.o. 146 (139,30). Notiz. - H1 (Au 11918; Bleistift, handschriftlicher Zusatz auf einem Brief von Klaus Fery-Miville vom 4.11.1947 an K.V.). 228

219,34 Liesi] S.o. 5 (14,14). 219,34 Tery] S.o. 213. 219.34 Häselein] Nicht identifiziert. 219.35 Proben] Am 8.12.1947 gaben K.V. und Liesl Karlstadt in der Pasinger Gaststätte »Lindenplatz« ihre Szene Im Senderaum. 229

Brief. - H7 (1 S., Bleistift).

220.4 Liesi] Llesl Karlstadt, s.o. 5 (14,14). 220.6 Tochter] S.o. 2 (13,4). 220.7 Schwiegersohn] S.o. 179 (174,6). 220.12 John] Nicht identifiziert. 220,12 Frl.Karl] S.o. 224(216,16). 220.18 Amalie] Liesl Karlstadts Schwester, s.o. 49 (51,35)220.22 Arnold] Färberei Arnold, bei deren Weihnachtsfeier K. V. und Liesl Karlstadt aufgetreten waren (s. 238). Inhaber der Firma war Wilhelm Arnold, Pasing, Münchner Str. 88.

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Offener Brief. - T1 (Au 11797; 1 S., im Briefkopf der Hinweis: »Karl Valentin und Liesl Karlstadt ersuchen uns folgenden Artikel zu veröffentlichen:« (maschinenschriftl.), darüber von K. V. s Hand: war in der Zeitung, und von fremder Hand: »Funk’«), D’° (24.12.1947), D3 (S. 64; Wiedergabe von D"°). Textgrundlage: T1. 230

Variantenverzeichnis T1 / D'° (Zur Behandlung von ss / ß vgl. o. 20.) 220,28 Die Märchen] Die Anfragen 220,jof. Der Grund (...) folgender;] Die Antwort: 220,32 München aber] München, aber 220,35 anderes mehr übrig] anders übrig

Stellenkommentar 220,32f. zeitgemässe Darbietungen] S. 219. 220.35 stad] Oberdt. Austruck für >stillruhigSondermischung< war eine Cigarette, die in den Jahren 1944-47 unter der Bezeichnung >Sondermischung - Typ 4 Pfg.< auf den Markt gebracht wurde und aus Orienttabaken mit einem durch die zuständige Bewirtschaftungs­ stelle vorgeschriebenen Zusatz nichtorientalischer Tabake verschiedener Anbaubezirke Europas bestand.« 221.19 »Cornelia«] Markenname von Monatsbinden. 221,22f. »bunten Würfel«] Kabarett »Bunter Würfel« in der Preysingstraße 42. K. V. war hier »lt. Quittung für die Gage« (Münz (KVVD) S. 360) mit Liesl Karlstadt vom 22. bis 31.1.1948 aufgetreten. Uber den von ihm genannten Auftritt konnten keine Angaben gesichert werden. Brief. - H2 (Fotokopie; 1 S.; Name und Adresse des Schreibers im Briefkopf mit Stempel eingetragen), D2. Textgrundlage: H2. 232

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222.7 Sommer] Sigi Sommer (geb. am 23.8.1914 in München). Seit 1932 schriftstellerisch tätig; nach 1945 bei der »Süddeutschen Zeitung« (s. o. 2 20 (212,21)), dann bei der »Münchner Abendzeitung« (Kolumne »Blasius der Spaziergänger«). 222.8 S.Z.] Süddeutsche Zeitung, s.o. 220 (212,21). - Der genannte Artikel findet sich unter der Überschrift »Die Bescherung« in der Nr. 107/ 108 vom 24.12.1947 auf S. 6 (wo vom selben Autor auch noch ein Bericht über weihnachtliche Zuwendungen an arme, vom Leid geplagte alte Men­ schen abgedruckt ist - Titel: »Lebensabend am Heiligen Abend«). 233 Briefentwurf.-H1 (Au 11851; mit Bleistift geschriebener Entwurf auf der Rückseite eines Bitt- und Werbebriefes des Bayerischen Roten Kreuzes, Kreisverband München, ohne Datum), D2 (S. 304). Textgrundlage: H1.

222,27 Wbhlthätigkeits Vorstellungen ] Die einzelnen Aktivitäten K. V. s sind nicht mehr belegbar. Als exemplarisches Dokument für sein soziales Enga­ gement möge die bei Münz (S. 147) abgedruckte »Zusammenstellung von Armenspeisungen vom 2. November bis 13. Dezember 1932, die Karl Va­ lentin bezahlt hat«, dienen. 234 Brief.-H7 (2 S., Bleistift, ohne Datum-zur Datierung: vor 1948. Der weitere Kontext ergibt sich aus dem Hinweis auf die Pillen (vgl. 205 (200,4)). Valentins Hervorhebung des noch in seinem Brief rät zur Vorsicht, bei dem Vorhaben, den Text in die zeitliche Nähe von 205 zu rücken. Auch spricht sein Hinweis auf die ständige Angst eher für eine Zeit, wo bereits die Hoffnung auf die Chance für einen Neuanfang gewichen ist (was 1945 noch nicht der Fall war). Auch eine noch frühere Datierung (Kontext von 193 (189,7)) kann nicht ausgeschlossen werden, bliebe aber ungesichert.

223.3 Liesi] S.o. 5 223.4 Leopillen] S.o. 193 (189,7). 223.9 I911 ] K. V. datierte die Partnerschaft mit Liesl Karlstadt verschiedendich auf das Jahr 1911. Die Hinweise an dieser Stelle lenken die Aufmerksamkeit aber eher auf die intime Beziehung zwischen den Partnern. Vgl. auch o. 5 (14,14). 235 Bildpostkarte. - H7 (Bleistift, ohne Adresse, Briefmarke, Poststempel und Datum - zur Datierung: vor 1948, Abbildung: »Botanischer Garten München - Nymphenburg Café vom Rosengarten aus gesehen«),

223,16 Lisi] S.o. 5 (14,14). 236 Briefgedicht. - H7 (schmaler Papierstreifen; Notizzettel »Bayerische Radio-Zeitung [...] Europafunk [...] Funkschau [...]«; Bleistift, ohne

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Datum - zur Datierung: vor 1948, möglicherweise Jahre früher, aber nicht hinreichend belegbar). - Die Annahme, daß mit der Adressatin Liesl Karlstadt gemeint sei, ergibt sich v. a. aus der Tatsache, daß der Text aus einem Konvolut stammt, das nur Briefe von und an Liesl Karlstadt ent­ hält.

Brief. - H1 (Au 11799; 1 S., Bleistift; am oberen Rand Notiz von fremder Hand (Tochter Berti): »Vaters letzte Briefe«), 237

224,3 Duscher] Nicht identifiziert. Aufgrund des Kontextes könnte laut Adreßbuch in Frage kommen: Georg Duscher, Schenkkellner, Kainzen­ badstr. 13. 238

Brief. - D2 (S. 320; Art des Schreibens ist nicht näher gekennzeich­

net.)

224.25 Arnold] S.o. 229 (220,22). 239 Brief. - H2 (Fotokopie), D2 (S. 323). Textgrundlage: H2.

225,9 fakobs] Adolfjacobs, s.o. 223 (214,26).

Brief. - H4 (1957/29; 1 S., Tinte, Bleistiftnotiz von fremder Hand: »Letzte Zeilen Karl Valentins vom 5. 2.48!«), D2 (S. 323). Textgrundlage: H4. 240

225,23 Erika u. Annemi] Erika Fischer (geb. am 20.9.1914 in München), Schauspielerin, und deren Schwester Annemarie, s.o. 176 (169,20). 225.25 Simpl] Das Bohemelokal »Simplicissimus«, das Kathi Kobus 1903 in der Türkenstr. 57 gegründet und zunächst unter dem Namen »Neue Dichteiei« geführt hatte. Stammgäste waren v. a. auch die Mitarbeiter des Satireorgans »Simplicissimus« (s.o. 120 (119,33)), ^'e die endgültige Namensgebung gesorgt haben sollen. Der »Simpl« entwickelte sich zum illustren Treffpunkt der Münchner Künstler. Das Kabarett der »Elf Scharf­ richter« trat hier ebenso auf wie Joachim Ringelnatz mit seinen Gedichtre­ zitationen. 1922 gab Kathi Kobus das Lokal ab, weitere Besitzerwechsel folgten. Seit 1931 waren hier die »Vier Nachrichter« zu Hause, die sich aus dem Seminar von Artur Kutscher rekrutierten, (s.o. 156 (152,9)). Von 1935 bis 1944 führte dann Theo Prosel (s.o. 216 (208,29)) die Boheme­ kneipe. Seine - im übrigen ganz und gar unpolitischen - Programme gehörten zu den geschätztesten in diesen Jahren. Am 13.6.1944 zerstörte eine Sprengbombe das Lokal. Den »Neuen Simpl« eröffnete Theo Prosel dann am Platzl (8-/9. August 1946). Hier hatte Gert Fröbe seine ersten großen Erfolge, und Künstlerinnen wie Ursula Herking oder Liesl Karl­

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Stadt wurden hier gefeiert. Neben dem »Bunten Würfel« war der »Neue Simpl« K. V. s letzter Auftrittsort (vgl. Münz (KVVD) S. 360). Schließung: 1950. 225,26 bunten Würfel] S.o. 231 (221,22t).

Briefentwurf. - H1 (Au 11795; durchgestrichener Entwurf auf 1 S. zusammen mit 242, Bleistift auf packpapierähnlichem Grund mit ganz schlechtem Kontrast und häufig äußerst nachlässiger Schrift; zur Datie­ rung: nach dem 5.11.1946 (verso Brief der Wutan-Werke vom 5.11.1946 an K. V.). - Der Entwurf nennt keinen Adressaten). 241

225,35 Raucherkarte] Nach dem Krieg zusammen mit den Lebensmittel­ karten an die Bevölkerung ausgegebene Bezugsscheine für Tabakwaren. Die Kontingentierung erfolgte nach einem Punktesystem. 225,35 Tochter] S.o. 2 (13,4). 226,1 Ertl] Nicht identifiziert. Briefentwurf. - H’ (Au 11795; durchgestrichener Entwurf auf 1 S. zusammen mit 241; Bleistift, Zustand und Datierung wie 241; Fragment). 242

226,20 [Neumann]] Nicht identifiziert. 226.20 Ertl] S.o. 241 (226,1). 226.21 Dorew] Wahrscheinlich Lebensmittel, vgl. 229. - Es soll auch erwähnt sein, daß Berti Böheim-Valentin in der Valentin-Zeitung von 1959 darauf hinwies, ihr Vater habe in seiner Werkstatt Dosen gedrechselt. 226,25 Zeitungsausschnitt] Nicht erhalten. 243

Grußkarte. - H4 (288/66; ohne weitere Angaben).

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Bibliographie i. Werkausgaben und Dokumentensammlungen Diese Publikationen folgen in chronologischer Reihe. Wenn im Kommen­ tar Abkürzungen für sie verwendet wurden, sind sie den bibliographischen Angaben vorangestellt. Original-Vorträge von Karl Valentin. Münchner Komiker (Selbstverlag), München 1918-1920 (Bestand Monacensia). Karl Valentin, Brillantfeuerwerk. Mit Zeichnungen von Karl Arnold, Mün­ chen o.J. [1938]. Valentiniaden. Ein buntes Durcheinander von Karl Valentin. Mit vielen lustigen Zeichnungen von Fr. Bilek, München o.J. [1941]. Karl Valentins Lachkabinett. Acht Stegreifkomödien. Hg. v. Gerhard Pallmann, München o.J. [1950]. Karl Valentins Panoptikum. Neun Stegreifkomödien. Hg. v. Gerhard Pallmann, München o.J. [1952]. Karl Valentin’s Gesammelte Werke. Mit 28 Abbildungen, München ,oi972. Karl Valentin, Sturzflüge im Zuschauerraum. Der gesammelten Werke anderer Teil. Hg. v. Michael Schulte. Mit einem Vorwort von Kurt Horwitz, München 1969. Karl Valentin - Fundsachen I-IV. Hg. v. Münchner Filmzentrum Freunde des Münchner Filmmuseums e. V, München 1976-1982. K.V. s Filme = Karl Valentins Filme. Alle 29 Filme, 12 Fragmente, 344 Bilder, Texte, Filmographie. Hg. v. Michael Schulte und Peter Syr, München, Zürich 1978 (Neuausgabe 1989, mit einem Nachwort von Helmut Bachmaier). Münz - Geschriebenes von und an Karl Valentin. Eine Materialiensamm­ lung 1903 bis 1948. Hg. v. Erwin und Elisabeth Münz, München 1978. Das Valentin-Buch = Das Valentin-Buch. Von und über Karl Valentin in Texten und Bildern. Hg. v. Michael Schulte, München, Zürich 1984. GW = Karl Valentin, Gesammelte Werke in einem Band. Hg. v. Michael Schulte, München 1985. Karl Valentin, Mögen hätt ich schon wollen, aber dürfen hab ich mich nicht getraut! Das Beste aus seinem Werk. Hg. und mit einem Nachwort v. Helmut Bachmaier, München, Zürich 1990. KRIS = Kurzer Rede langer Sinn. Texte von und über Karl Valentin. Hg. v. Helmut Bachmaier, München, Zürich 1990.

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2. Dokumentationen und Sekundärliteratur zum Kommentar

2. i Zitierte Literatur Artisten-Post. Fachschrift für die artistischen Berufe vom 24.4.1920 (Heft Nr. 8). Bachmaier = Helmut Bachmaier: Kommentare zum Nachlaß. Textbestand und Kommentierungsbeispiele der neuen kritischen Gesamtausgabe der Werke Karl Valentins. In: KRIS, a.a.O., S. 221-242. Bauer = Richard Bauer, Fliegeralarm. Luftangriffe auf München 1940-1945, München 1987. Bauer (KVVD) = Richard Bauer: »A oids Buidl vo München is mehra wert ois a Brillant« oder: Karl Valentins Altmünchner Bildersammlung. In: KVVD, a.a.O., S. 154-170 (Gleichnamige Fassung als Vorwort in dem Bildband: R. B., Das alte München. Photographien 1855-1912. Gesam­ melt von Karl Valentin, München 1982). Berswordt (KVVD) = Eberhardt v. Berswordt: Discographie. In: KVVD, a.a.O., S. 302-310. Brandlmeier (KVVD) = Thomas Brandlmeier: Kommentar zur Filmogra­ phie und Filmographie. In: KWD, a.a.O., S. 256-269. Brecht = Bertolt Brecht, Schriften zum Theater 1 (Gesammelte Werke Bd. 15), Frankfurt am Main 1967. Budzinski = Klaus Budzinski, Das Kabarett, Düsseldorf 1985. Courtade/Cadars = Francis Courtade/Pierre Cadars, Geschichte des Films im Dritten Reich, München 1975. Deutsche Briefe 1750-1950. Hg. von GertMattenklott, Hannelore Schlaf­ fer und Heinz Schlaffer, Frankkurt/M. 1988. Faust - Manfred Faust: Karl Valentins Theater in der Vorstadt (Tingeltangel). Textstruktur, Textentstehung, Textüberlieferung. In: KRIS, a.a.O., S.89-121. Glasmeier = Michael Glasmeier, Karl Valentin. Der Komiker und die Künste, München 1987. Goessel (KWD) = Susanne von Goessel, Münchner Volksänger - Unter­ haltung für alle. In: KWD, a.a.O., S. 26-49. Grimm, DW = Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm, Leipzig i854ff. (Bd.XIV, Sp. 2333). Gronenborn = Klaus Gronenborn: Karl Valentin - Ein Komiker in der Medienkonkurrenz. In: KRIS, a.a.O., S. 163-186. Ernst Günther, Geschichte des Variétés, Berlin 1981. Hasse = Otto Eduard Hasse, O. E. Unvollendete Memoiren, München 1979.

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34°

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Zeittafel 1882

1888-96 1897-99 1900-02

1903-06 1905 1906 1907 1908

1910

1911

1912-13 1913 1915 1923-24 1924 1931

W34

1935-36

Am 4. Juni wird Karl Valentin, mit bürgerlichem Namen Valen­ tin Ludwig Fey, in der Münchner Vorstadt Au geboren. Eltern: Johann Valentin Fey und Johanna Maria, geb. Schatte. Besuch der Volksschule. Schreinerlehre. Geselle bei verschiedenen Münchner Schreinermeistern. Besuch der Münchner Varieteschule Strebel. Erstes VarieteGastspiel (Nürnberg). Tod des Vaters. Valentin übernimmt die väterliche Transport­ firma Falk & Fey. Bau eines Musikapparates: »Das Lebende Orchestrion«. Geburt der Tochter Gisela. Verkauf der Firma Falk & Fey wegen Insolvenz. Erfolglose Tournee mit Musikapparat unter dem Künstler­ namen Charles Fey. Beim »Baderwirt« in München erfolgreicher Vortrag selbstver­ faßter Couplets und Monologe (Das Aquarium). Engagement an die Volkssängerbühne im Frankfurter Hof. Bekanntschaft mit Liesl Karlstadt, die ab 1913 seine ständige Partnerin wird. Geburt der Tochter Berta. Eheschließung mit Gisela Royes, der Mutter der beiden Töch­ ter Gisela und Berta, die im Hause Fey als Dienstmädchen angestellt war. Valentin dreht seine ersten Filme. Gemeinsamer Auftritt von Karl Valentin und Liesl Karlstadt. Ab diesem Jahr treten Valentin und seine Partnerin in allen wichtigen Münchner Kabaretts auf. Gastspielreisen nach Wien und Zürich. Gastspiel in Berlin (weitere Berliner Gastspiele 1928, 1929 und 1930, 1935/36 und 1936 im »Kabarett der Komiker«), Kurze Zeit hat Valentin ein eigenes Theater in München (Goethesaal). Eröffnung des »Panoptikums« in den Kellerräumen des Hotels Wagner in München (1935 bereits wieder wegen Unrentabilität geschlossen). Zwei zweimonatige Gastspiele in Berlin.

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1936

J939

1942 47 1947 1948

Entstehung des Films Die Erbschaft (wegen »Elendstendenzen« von der Zensur verboten). Im Münchner Färbergraben 33 Valentins »Ritterspelunke«, eine Mischung aus Panoptikum, Kellerkneipe und Kabarett, eröffnet (1942 geschlossen). Neue Partnerin Valentins ist An­ nemarie Fischer. Keine Auftritte. Artikel für die »Münchner Feldpost« (1942-45). Dezember: Gastspiel im »Bunten Würfel«. Januar: Gastspiel im »Simpl«, wieder mit Liesl Karlstadt als Partnerin. Am 9. Februar (Rosenmontag) stirbt K.V. in seinem Haus in Planegg bei München. 11. Februar Beisetzung auf dem Waldfriedhof in Planegg.

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Nachwort von Gerhard Gönner

Adressaten und Themen Einige wenige Briefe Karl Valentins wurden schon zu seinen Lebzeiten veröffentlicht.1 Wer sich an sie hält, könnte erwarten, bei der jetzt vorgeleg­ ten Sammlung handle es sich im wesentlichen um eine Fortschreibung des literarischen Werks mit anderen Mitteln und im anderen Medium. Diese Annahme wird nur bedingt eingelöst. Die hier edierten Texte sind den unterschiedlichsten Intentionen, Stillagen und Adressatenkreisen verpflich­ tet und dokumentieren durchaus nicht nur den Verfasser komischer Briefe. Es wird kaum überraschen, daß er sich nur selten an die Familie wandte. Neben den vier Schreiben, die der 20- bis 2 5jährige Debütant an die Mutter und an die spätere Ehefrau richtete, gibt es nur noch fünf lapidare Postkar­ tentexte aus Berlin an die Familie anläßlich eines Engagements 1928 (26-30), je einen komischen Brief an den Schwiegersohn (179) und an die Tochter (46), der auch noch ein kurzer Faschingsgruß galt (72). Gut hundert Schreiben gingen an Ämter, Firmen, Film- und Rundfunkan­ stalten, Zeitungsredaktionen und Berufskollegen - fast alle in Angelegen­ heiten, die mit der Ausübung seiner Kunst, mit Verträgen, Plänen, Be­ schwerden oder Anfragen zu tun hatten, die sich dem Volkssänger, Schau­ spieler oder Schriftsteller Karl Valentin aufdrängten. Diese berufliche Korrespondenz dominiert vom Umfang her. Sich in solchen Briefen in gelassenem, nüchternen Ton mitzuteilen, scheint nicht Valentins Sache gewesen zu sein; und wenn er es versuchte, ging es kaum ohne Schwerfällig­ keiten ab. Zumeist aber fand er zu einem Ton, der ihm eine Art komisches Rollenspiel erlaubte und damit den Stichwortgeber mitzuliefern scheint. Eine weitere Gruppe dieser eher geschäftlichen Korrespondenz ist durch einen klagenden, reklamierenden oder auch empörten Schreiber charakte­ risiert, dem es nicht immer leicht fiel, sich derber Schimpfkanonaden zu enthalten. Zwei Themenkomplexe fallen bei diesem großen Konvolut berufsbezoge­ ner Schreiben besonders auf: Zum einen sind es die Verhandlungen mit der Stadt München um den Verkauf von Teilen aus Valentins umfangreichen Sammlungen mit Bildmaterial zu Alt-München und Dokumenten zur Volkssängertradition. Die meisten dieser Briefe gehören in die Jahre vor und nach Kriegsbeginn und stammen von einem Verfasser, dessen wirt­

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schaftliche Lage sich rapide verschlechterte, was sich im Inhalt wie im Ton der Texte niederschlug. Die andere, umfangreichere Gruppe der >Geschäftskorrespondenz< dreht sich um Filmengagements, eigene Filmpläne und deren Scheitern. Die Adressaten sind Regisseure, Schauspieler, Produ­ zenten, immer wieder Funktionäre der NS-Kulturpolitik und natürlich die Partnerin Liesl Karlstadt. Sie machte gerade in jenen Jahren, als sich die Auseinandersetzung Valentins mit dem Filmmanagement in den Vorder­ grund seiner Bemühungen schob, eine schwere Krise durch, so daß die Briefe an sie, auf den ersten Blick betrachtet, das Geschäftliche nur zu streifen scheinen. Dennoch können all die besorgten Fragen nach dem Gesundheitszustand der Partnerin nicht darüber hinwegtäuschen, daß sie von einer nicht minder ernsten Sorge um die berufliche Zukunft des Paares begleitet sind. Kollegen aus der Variete-, Kabarett- und Theaterwelt gehören zu den bevorzugten Adressaten und waren nicht selten Empfänger besonders brillanter Beispiele komischer Epistolographie - dies insbesondere dann, wenn sie etwas zu feiern hatten. Vor allem Gratulationsbriefe machte Valentin gern zu Objekten komischer Ausdruckstechniken. Es gibt eine beschränkte Korrespondenz mit Firmen und kleineren Ge­ schäften, deren Lektüre ebenso großes Vergnügen bereiten kann wie die der Gratulationsbriefe. Von eher biographischer Bedeutung sind die Schreiben der letzten Lebensjahre. Sie zeigen den verarmten Bittsteller, dem der erhoffte Neuanfang auf der Bühne, beim Film und im Rundfunk nicht gelingen will. Er war schon während der Kriegsjahre zu Auftragsarbeit genötigt. In der Münchner Feldpostzeitung schrieb der Pazifist Valentin Artikel und offene komische Briefe an Soldaten. Nicht alles davon schien den Auftraggebern zu gefallen. Beim Rundfunk bemühte er sich vor und nach 1945 vergeblich um Aufträge. Diese Briefe sind ein einziges Doku­ ment der Enttäuschung, die um so gravierender ausfiel, als sich nach Kriegsende für kurze Zeit - auch die Filmpläne betreffend - fast euphori­ sche Hoffnung eingestellt hatte. Ein Konvolut ganz eigener Provenienz und Bedeutung sind jene Briefe und Postkarten an Liesl Karlstadt, die aus dem Besitz des Valentin-Musäums stammen. In ihnen allein begegnen wir einer intimen Stimme Karl Valen­ tins. Zugleich schlagen sie einen biographischen Bogen von den ersten gemeinsamen Projekten des Paares über die Jahre der großen Erfolge um 1930, die Zeit der Trennung nach 1940 bis zu den Tagen der letzten trügerischen Hoffnungen Valentins, einen Neubeginn mit der Partnerin verwirklichen zu können.

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Sprache und Stil Die Sprache in Valentins Briefen und ihr Stil sind weitgehend abhängig von Schreibanlaß, Adressat und Relevanz der abgehandelten Angelegenheit für sein privates und berufliches Leben. Wenn es um geschäftliche oder amtliche Dinge geht, ohne daß >Erffeuliches< oder >Ärgerliches< mit­ schwingt, unterscheidet sich der Briefstil Valentins wohl kaum von dem anderer Zeitgenossen mit vergleichbarer Korrespondenzerfahrung. Kon­ ventionelle Formeln und eine nüchterne Tonlage bestimmen den Schreib­ duktus, allenfalls gebrochen durch manche Schwerfälligkeit im Ausdruck und in der Argumentation. Diese letzte Eigenart verstärkt sich, wenn Ärger den Brief diktiert. Ganz anders hört es sich an, wenn der Briefschreiber mit erfreulichen Nachrichten oder in optimistischer Stimmung an den Adressa­ ten herantritt. Dann erteilt er sich Lizenzen zu humorvollen, manchmal auch kauzigen und ganz überraschenden Einfällen im Umgang mit der Sprache, die so sehr in den Vordergrund treten können, daß darüber der Schreibanlaß fast in Vergessenheit gerät. Man muß in diesem Zusammenhang nachdrücklich darauf hinweisen, daß der Briefschreiber Valentin ganz bewußt Orthographie und sonstige Schreibkonventionen seiner Experimentierlaune unterwarf. So schrieb er das Wort Publikum mit Vorliebe in der Form Puplikum, und man sollte sich bei der Lektüre des phonetischen Effekts ebenso versichern wie der seman­ tischen Assoziationen, die diese Schreibweise mit sich bringt. Wenn es im Brief 68 etwa heißt, daß das Puplikum [...] erschrack, als auf der Bühne ein Schuß fiel, dann heißt dies, daß es dem Sprachvirtuosen Valentin mit dem einfachsten Mittel gelang, den Schreck in die Buchstabenreihe zu bannen.2 Der schriftstellerische Umgang mit dem Medium Brief tritt dort in den Vordergrund, wo der Schreibanlaß (sei es durch Adressat, Datum, Ereignis o. a. begründet) Valentin von allen Fesseln der Konvention befreit. Es entstehen dann Werke der Komikliteratur, deren Qualität und Wirkung er sich schon früh selbst bewußt war, wie die Druckgeschichte der einschlägi­ gen Exempel beweist. Gleiches kann wohl kaum von den Briefgedichten gesagt werden. Die sehr intimen an Liesl Karlstadt sollten hier ohnehin von einer kritischen Qualifizierung ausgenommen werden. Sie sind ganz für den privaten, individuell-biographischen Moment konzipiert und sollten nicht mit jenen in einen Topf geworfen werden, bei denen mögliche Publizität wohl von Anfang an mit einkalkuliert war (etwa die Gratulationsadressen u.ä.: 61, 77, 109, 147). Zu den übrigen Schreiben an die Partnerin sei nur noch darauf hingewiesen, daß sich in ihnen so unverstellt wie nirgendwo sonst - gerade was den Stil und den Grad der Direktheit in der Wahl des Ausdrucks und der Phraseologie angeht - die Gemütsverfassung des Schrei­ bers niederschlägt. Auch dies macht sie zu einer neuen und wichtigen Quelle der Valentin-Forschung.

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Karl Valentins Brief-Hinterlassenschaft und die Gattung Die neuere Geschichte der Briefliteratur richtet den Blick zunächst auf die Gleichzeitigkeit, in der Freundschaftskult und Briefkultur im 18. Jahrhun­ dert die Kommunikationsformen der spätfeudalen Welt veränderten. Die darauffolgende Tradition führte diese Anfänge fort, entwickelte den genia­ lischen und künstlerischen Brieftypus, den das 19.Jahrhundert durch epistolographische Meisterwerke des wissenschaftlichen und politischen Aus­ tausches erweiterte. Auch das 20.Jahrhundert kennt noch bedeutende Vertreter dieser Tradition, denkt man etwa an Rainer Maria Rilke, André Gide oder Thomas Mann. Doch schon mit dem Aufkommen moderner Reise- und Kommunikationsmittel vor 150 Jahren hatte die Briefkultur ihren Höhepunkt überschritten. Der dauerhafte und thematisch ver­ schränkte Briefaustausch trat immer mehr in den Hintergrund, der momen­ tane, einmalige Schreibanlaß wurde die Regel. Valentins Korrespondenz kann mit Blick auf diese Entwicklung als symptomatisch gelten. In der alten Tradition des »Austausches der Seelen< stehen nicht einmal die Briefe und Karten an die Partnerin und Geliebte Liesl Karlstadt. Bezeich­ nend ist jene Situation, wo Valentin besonders unter der Trennung von seiner Partnerin zu leiden scheint, doch im Brief weder die eigene Verfas­ sung noch die Sorge um ihr Befinden in den Vordergrund rückte, sondern die Tatsache, daß er sie leider nicht telefonisch sprechen könne (130). Ja, der Brief dient letztlich nur dazu, eine Möglichkeit auszuhandeln, wie eine telefonische Kontaktaufnahme in Zukunft problemlos geschaffen werden kann. Das ganze vorliegende Briefkorpus präsentiert sich zuletzt als ein Doku­ ment der weitgehenden Monologisierung des Briefschreibens. Ganz selten sind Texte, die eine Replik darstellen, nicht zahlreicher jene, die eine einfordern oder wünschen. So ist es auch aus gattungsspezifischer Sicht bezeichnend, daß die poetischen Beispiele aus dieser Sammlung, das komi­ sche Repertoire also, viel häufiger aus kalendarischen Anlässen heraus entstanden, als daß in ihnen Antworten oder Aufforderungen zu einem »Gespräch in Briefen« zu suchen wären. Sie sind Monologe, und - auch das ist charakteristisch für die Entwicklung seit dem letzten Jahrhundert - sie brauchen für die Entfaltung ihrer Wirkung keinen »Brief-Freund«, sie sprechen »für sich«.

Dokumente einer Künstlerbiographie Volkssängerlokale, Varietés und Kabaretts, Theaterbühnen und Filmstu­ dios waren die Wirkungsstätten, mit denen die Kunst Karl Valentins aufs engste verknüpft war. Der Briefwechsel bestätigt diese Einschätzung. Er

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erweitert die Basis eines Urteils über Leben und Werk Karl Valentins mit neuem biographischen und parodistischen Material, so daß damit eine detailreichere Darstellung von Karl Valentins Werdegang und eine diffe­ renziertere Wertung seines künstlerischen Selbstverständnisses möglich sind. In seinen Briefen, Entwürfen und Postkarten aus diversen Nachlaßbestän­ den sind über 45 Lebensjahre, exakt die Zeitspanne seiner Bühnentätigkeit, dokumentiert. Und doch ist es in den meisten Fällen nicht das gewöhnliche oder alltägliche Leben, das sich in diesen Texten dem Leser, weder dem kontemporären noch dem späteren, mitteilt. Von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, legen eher die berufliche Situation oder das persönliche Ver­ hältnis des Künstlers Valentin zum Adressaten Intention und Tonlage der Briefe fest. Wer in den hier versammelten Dokumenten den privaten Valentin sucht, sieht ihn ganz auf das Verhältnis zu seiner Partnerin Liesl Karlstadt beschränkt.3 Es ist fast immer der Künstler, Kollege oder Vertragspartner, der Beschwerdeführer oder Antragsteller, der von Agentu­ ren Umworbene oder - später - der um Engagements Nachsuchende, der ironische Gratulant oder der kauzige Theaterbesucher und -kritiker, der sich ans Schreiben macht. Sogar die stets bevorzugte und umsorgte jüngere Tochter Berti und ihr Mann werden zum Publikum für die verqueren Einfälle des Wort-Stellers Karl Valentin.4 Dabei wird hinter der Reihe dieser meist monologischen Rollenspiele durchaus ein prägnanter biographischer Charakterzug deutlich, der Valen­ tins Leben, von dessen Alltäglichkeit so wenig die Rede ist, eine fast lehrbuchhafte Dramaturgie einzuschreiben scheint. In einem der frühesten Dokumente der vorliegenden Sammlung, dem Schreiben an die Mutter von 1905 (3), berichtete der mittellose, hungernde Volkssänger, er wundere sich, was er alles auszuhalten imstande sei. Der Erfolg ließ noch eine Weile auf sich warten. Und kurz vor dem Ende seines Lebens eine vergleichbare Szene: Valentin wandte sich, erneut hungernd und mit Selbstgedrechseltem hausierend, an einen Cafétier mit der Bitte, ihm die Adresse eines Metzgers zu verschaffen, den er flüchtig als Lokalgast kannte (237) - dies, nachdem er in der Nazizeit aus dem Rampenlicht verdrängt und nach 1945 niegen Humorlosigkeit (226) nicht für aktuell genug gehalten worden war. Zwei Dezennien zuvor - Ende der 20er, Anfang der 30er Jahre - hatte dieser nachmalige Bittsteller bei Zigarettenhersteilem und Lebensmittelhändlern seinen Höhepunkt als international anerkannter Künsder erreicht. Das Paar Valentin-Karlstadt konnte in Berlin die höch­ sten Gagen fordern und hätte mehr von der Welt als München, die Reichshauptstadt, Wien und Zürich sehen können, wenn dem hypochon­ drischen und von Phobien gepeinigten Karl Valentin nicht jede Reise als ein Anschlag auf sein Leben vorgekommen wäre. Zu dieser Zeit galt der Volkssänger Valentin bereits als anerkannter Schriftsteller und virtuoser

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Interpret der eigenen Stücke - einem Nestroy vergleichbar. In den Briefen spiegelt sich der Zenit seiner Künstlerlaufbahn jedoch nur insofern wider, als der Briefe-Schreiber keine ernsthaften Probleme zu kennen schien und wie selbstverständlich mit Berühmtheiten der damaligen Theaterszene korrespondierte.5 Erstaunen muß dabei, daß er, den Fritzy Massary und Max Pallenberg bewunderten, der Kurt Tucholsky und Alfred Polgar zu meisterhaften Essays anregte und den Max Reinhardt als Mitglied für sein Theater gewinnen wollte, den Aufstieg zu einem der wirkungsvollsten Künstler der Kabarett- und Variete-Szene in Deutschland in seinen Briefen gar nicht thematisierte und, wofür spätere Selbsteinschätzungen sprechen, kaum des Aufhebens für wert hielt. Gerade die Erfolge in Berlin können nicht hoch genug veranschlagt werden. Daß man dort seine Kunst für exzeptionell hielt, wußte er wohl, schließlich spielte er gelegentlich mal mit der >DrohungFremde< an die Familie (der sonst kaum eine Zeile gilt), Gratulationsadressen sowie Anfragen an staatliche Ämter. Die sechs Jahre des Aufstiegs vom lokal bekannten Volkssänger, Komiker und Theatermacher der Münchner Szene zum Star der Berliner Glitzerwelt (1920 bis 1926) sind brieflich nicht dokumentiert. Das ist bedauerlich, weil er sich in dieser Zeit mit seinen Stücken am Theater einen Platz sicherte, wie es nur einem avantgardistischen Dramatiker möglich ist, dessen Kon­ zeption das herkömmliche Theater hinter sich läßt. Selbst wenn noch bislang unbekannte Briefe6 auftauchen sollten, kann mit Blick auf das übrige Textkorpus behauptet werden, daß kaum mit neuen Informationen über die künstlerische Entwicklung Valentins oder seine Produktionsweise zu rech­ nen ist. Er enthielt sich derartiger Ausführungen ebenso konsequent, wie er sich weigerte, in den kritischen Beurteilungen seines Werks und seiner Arbeit durch Publizisten und Schriftsteller Sinnhaftes zu entdecken. Dies alles hat mehr Methode, als daß es lediglich einer Haltung entspränge, die das eigene Schaffen unbefragt in die Reihe der Volkssängerproduktionen seit Papa Geis oder Karl Maxstadt stellt. Valentin wußte sehr wohl, daß die eigenen Werke immer wieder eine für die Tradition der Volkskomiker recht untypische Rezeptionssituation schufen.

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Selbsteinschätzungen - Distanzierungen In der zweiten Hälfte der 30er Jahre, als der Erfolg allmählich ausblieb und in den Briefen das Engagement an den Varietebühnen und beim Film einen breiteren Raum einnahm, sah sich Karl Valentin immer wieder genötigt, den eigenen Rang, seiner Selbsteinschätzung gemäß, ins Spiel zu bringen. Dabei blieb er sich insofern treu, als er sich und seine Arbeit nicht selbst zum Gegenstand der Betrachtung oder gar der Anpreisung machte. Es ging ihm viel eher um die Abgrenzung seiner ureigensten Fähigkeiten und künstleri­ schen Individualität vom Können oder Anspruch Dritter oder um Distan­ zierung von anekdotischen Charakterisierungen seiner Person oder der ihr unterstellten Spielart von Komik. Aus diesen Passagen (Brief 231; vgl. auch 122, 123, 139) läßt sich indirekt eine Art Bewertungshorizont entwickeln, innerhalb dessen sich Valentins künstlerischer Rang nach seiner eigenen Einschätzung mit Blick auf die Leistung von Kollegen, Regisseuren, Anek­ dotenschreibern etc. bestimmen läßt. Anekdoten und Witze über seine Person verfolgte er nachdrücklich. Sie waren ihm so verhaßt, daß er gegen sie in originären komischen Zeitungs­ beiträgen sogar gratis anschreiben wollte (123), wenn sie nur erst aus den Redaktionen verschwänden. Es ging ihm nicht darum, irgendwelchen journalistischen Witzproduzenten das Geschäft zu verderben, sondern er sah seine Kunst beleidigt. Jener Fall aus der Stuttgarter Illustrierten7, der im Beschwerdebrief an den Reichspresseleiter Amann (122) angesprochen ist, soll hier etwas eingehen­ der behandelt werden und beispielhaft für all diejenigen Witze und Anekdo­ ten stehen, die Valentin in Rage brachten und Reaktionen in Briefen auslösten. »Streit der Komiker. Eine angeblich wahre Geschichte« über­ schreibt der Autor Hans Riebau seinen Artikel, versichert dann noch einmal, das zu Berichtende sei ihm als wahr hinterbracht worden, jedenfalls könne kein Zweifel bestehen, »daß sie immerhin hätte wahr sein können«. Mit diesem Potentialis unterläuft ihm schon einleitend ein kapitaler Faux­ pas bei der Einschätzung der Vorlieben und Aversionen Karl Valentins, wenn dieser komische Situationen schuf. Folgendes wird unterstellt. Zu Zeiten, als »Valentin und Weißferdl noch nicht ganz so berühmt waren wie heute« (193 8), standen ein hagerer und ein dicker Münchner (die mögliche Pointe ist jetzt schon verfüttert, was folgt, kann nur noch säuerlich aufstoßen) nebeneinander »vor einer Anschlag­ säule und studierten den Vergnügungsanzeiger«. Das Plakat preist Weiß Ferdi als den größten der Münchner Komiker. Der Hagere äußert Beden­ ken, was wieder Einsprüche des Dicken provoziert, erst recht, nachdem sein dünner Widerpart auch noch Valentin zu loben beginnt. Es kommt unver­ meidbar zum Wettstreit mit Injurien: dem Dicken gilt die Person Valentin als »Sölbst so saublöd«, daß die Leute gerade darüber lachten und nicht so

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sehr über seine »saublöd’n Reden«; der Hagere wiederum diagnostiziert hinter den Auftritten Weiß Ferdis nichts anderes als einen »deppische[n] Suppenbart-WitzautomatjenJ«. Am mühsam hinausgezögerten Ende of­ fenbart sich schließlich der aufgebrachte Dicke: »>Das ist eine schwere Beleidigung, mein Herrund damit Sie’s nur wissen: Ich bin es selbst, ich - der Weißferdl!< >Woaß i längst«, sagt der Hagere und zieht langsam den Hut, >i bin der Valentin.«« Man muß nicht unbedingt wissen, daß der junge, noch gänzlich unbekannte Ferdinand Weisheitinger - wie Weiß Ferdi mit bürgerlichem Namen hieß als Untermieter bei Valentins Mutter gewohnt hatte, um gleich zu sehen, daß diese Geschichte so nicht möglich war. Sie widerspricht den biographi­ schen Gegebenheiten und den Nachrichten über den Umgang Karl Valen­ tins mit Kollegen und eben auch mit Weiß Ferdi. Wichtiger aber als solche Realien sind dem Briefschreiber Valentin jene unsäglichen Techniken in der Herstellung eines komischen Effekts. Was ist allein von der Vorausset­ zung zu halten, daß von zwei »noch nicht so berühmtjen]« Komikern jeder für sich beanspruchen will, der »Größte« seines Faches in München zu sein und dabei keiner der beiden >Unbekannten< den anderen >kennt