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German Pages 191 [189] Year 2014
Kay Ehling / Gregor Weber (Hrsg.)
Hellenistische Königreiche
Impressum Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme. Der Verlag Philipp von Zabern ist ein Imprint der WBG. © 2014 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht. Lektorat: Christoph Nettersheim, Nürnberg Satz: Scancomp GmbH, Wiesbaden Einbandabbildung: Prunkkameo, Sardonyx, wohl 278 v. Chr. anlässlich der Hochzeit von Ptolemaios II. mit seiner Schwester Arsinoë II. entstanden. Wien, Kunsthistorisches Museum. © akg-images / Erich Lessing Einbandgestaltung: Katja Holst, Frankfurt am Main Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier Printed in Germany Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de ISBN 978-3-8053-4758-7 Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich: eBook (PDF): 978-3-8053-4803-4 eBook (epub): 978-3-8053-4804-1
Inhaltsverzeichnis
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Vorwort
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Einleitung
von Kay Ehling und Gregor Weber von Kay Ehling und Gregor Weber
13
Alexander der Große
19
Das hellenistische Herrscherporträt von Harald Schulze
24
Das Diadem – königliches Symbol in hellenistischer Zeit
von Jürgen Malitz
von Matthias Haake
29
Das Antigonidenreich
36
Demetrios I. Poliorketes (306–282 v. Chr.)
42
Hellenistische Palastanlagen
48
Das Ptolemäerreich
55
Ptolemaios III. (246–222/21 v. Chr.)
61
Die Satrapenstele von Ptolemaios (I.) Lagou
66
Kleopatra VII. Thea Philopator (51–30 v. Chr.)
70
Der genervte Beamte in der Schule. Ein ptolemäischer Erlass über die Zwangsverpachtung königlichen Landes von Thomas Kruse
77
Das Seleukidenreich
84
Königsbriefe
90
Antiochos III. der Große (223–187 v. Chr.)
94
Frauen mit Mauerkrone: Stadtpersonifikationen und Stadtgöttinnen
von Klaus Scherberich von Steffen Diefenbach
von Gregor Weber
von Stefan Pfeiffer von Werner Huß von Hilmar Klinkott von Manfred Clauss
von Kay Ehling
von R. Malcolm Errington
von Marion Meyer
von Hatto H. Schmitt
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Inhaltsverzeichnis
Das Attalidenreich
von Boris Dreyer und Aike van Douwe
106
Der Große Altar von Pergamon
111
Eumenes II. Sōtēr (197–158 v. Chr.): Vom Günstling zum ungeliebten Bündnispartner der Römer
von Volker Kästner
von Christian Mileta
117
Kistophoren. Eine einzigartige Währung des Hellenismus von Wolfgang Leschhorn
123
Die Könige von Syrakus
129
Die Könige in Sparta
135
Die Kleinkönigreiche Bithynien, Pontos und Kappadokien
von Martin Dreher und Martin Müller
von Ernst Baltrusch
von Christoph Michels
141
Kommagene – ein hellenistisches Königreich zwischen Taurus und Euphrat von Engelbert Winter
147
Könige und Hohepriester. Das Reich der Hasmonäer in Judäa von Andreas Hartmann
154
Das Partherreich
160
Die Königreiche in Baktrien und Indien
166
Alexander, der Hellenismus und die Moderne
von Andreas Luther von Jörg-Dieter Gauger
von Hans-Joachim Gehrke
171
Zeitleiste
174
Karten
178
Stammbäume
190
Abbildungsverzeichnis
192
Die Autoren des Bandes
von Alexander Boss und Christopher Schliephake
Vorwort von Kay Ehling und Gregor Weber
Mit dem Ausgreifen Alexanders des Großen in die östliche Mittelmeerwelt und weit darüber hinaus etablierte sich flächendeckend die Monarchie als Form der politischen Ordnung. In manchen Regionen, etwa in Ägypten und im Zweistromland, besaß das Königtum eine bereits Jahrhunderte alte Tradition, und das gesamte Weltbild war ohne König schlicht nicht vorstellbar. In anderen Gebieten, z. B. in Kleinasien, hatten sich griechische Stadtstaaten (póleis) durchgesetzt und die Erinnerung an eine monarchische Herrschaft lag lange zurück bzw. war nicht unbedingt positiv konnotiert – Freiheit und Autonomie wollte man trotz erbitterter innerer Auseinandersetzungen, bei denen sich demokratisch und oligarchisch gesinnte Bürger oftmals unversöhnlich gegenüberstanden, keinesfalls mehr aufgeben. Während eines letztlich gut 50 Jahre anhaltenden Prozesses nach Alexanders Tod zerfiel dessen einstiges Großreich, weil es weder einem Mitglied aus Alexanders Familie noch einem seiner früheren Gefährten gelungen war, das fragile Gebilde in einer Person zu vereinen. Stattdessen entstanden unter den Nachfolgern, den sog. Diadochen, verschiedene Teilreiche unterschiedlicher Größe; seit dem Jahr 306/05 v. Chr. nahmen immer mehr dieser Herrscher, die sich auf eine direkte Verbindung mit Alexander berufen konnten, den Königstitel an. Jedoch befanden sie sich alle – sie waren meist makedonischer Abkunft oder entstammten der griechischen Poliswelt – in einer prekären Situation und hatten deshalb ihre Herrschaft nach innen wie nach außen zu sichern; dies galt in der Folgezeit auch für alle weiteren Prätendenten von Sizilien bis nach Indien, die sich entweder durch Abspaltung von den etablierten Reichen oder durch Ausrufung in einer pólis etablieren konnten. Der vorliegende Band zeigt die Geschichte und Charakteristika der einzelnen Reiche auf und stellt wichtige Exponenten der Könige sowie relevante Phänomene der Zeit vor. Die Herausgeber haben vielfach Dank abzustatten – zunächst bei den Autoren, die sich auf die Thematik eingelassen und Umarbeitungs- bzw. vor allem Kürzungswünsche vorgenommen haben; dann bei Katharina Friedl, Verena Hügle und Sergej Kasper für die Unterstützung bei den Korrekturen der Manuskripte und bei der Aufbereitung des Materials; außerdem für die Realisierung mancher Abbildungswünsche bei Nicolai Kästner; schließlich danken sie Constanze Holler und Christina Stark vom Verlag Philipp von Zabern für die gute Zusammenarbeit und die kompetente Umsetzung des gesamten Projektes.
Einleitung von Kay Ehling und Gregor Weber
Die hellenistischen Könige standen zur Konstituierung und Sicherung ihres jeweiligen Reiches vor großen Herausforderungen, die sich auf mehreren Ebenen bewegten. Der Blick in die einzelnen Teilreiche lehrt, dass dem nachstehend skizzierten Anforderungsprofil beileibe nicht immer entsprochen werden konnte. Zum einen war es erforderlich, die Herrschaft zu organisieren: Dies machte, da nur selten auf vorhandene Eliten zurückgegriffen wurde, die Zusammenstellung einer Gruppe kompetenter Helfer erforderlich, die »Freunde« (phíloi) genannt wurden. Außerdem benötigte der König ein Zentrum oder auch mehrere, an denen er seinen Aufgaben nachkommen konnte und die gleichzeitig seinen Erfordernissen an Repräsentation und Selbstdarstellung genügten. Die Errichtung neuer, vielfach nach Mitgliedern der königlichen Familie benannter Hauptund Residenzstädten mit Hofgesellschaften und Palastanlagen einschließlich verschiedener Funktionsbauten war deswegen nur konsequent. Schließlich galt es, adäquate Kommunikationsformen für den Kontakt mit den genannten Gruppen zu entwickeln und konsequent umzusetzen – hierzu zählen z. B. Briefe und Erlasse, ebenso die kultische Verehrung oder numismatische Zeugnisse. Dabei griffen die Könige und ihre Helfer durchaus auch auf bereits bestehende Einrichtungen zurück, so dass es sich um einen dialektischen Prozess mit nicht unbeträchtlichem Experimentierpotential handelte. Zum anderen mussten die Könige bei ihren nicht selten verschiedenen Untertanengruppen auf Akzeptanz stoßen und deren Erwartungen entsprechen. Diese waren z. B. bei der Bevölkerung der ägyptischen Siedlungen anders ausgerichtet als etwa in freien griechischen Städten (póleis), bei indigenen Priesterschaften oder bei angeworbenen Söldnern. Außerdem wurden durch das Zusammenleben verschiedener Bevölkerungsteile und durch eine starke Migration auf verschiedenen Ebenen etliche Akkulturationsprozesse angestoßen, die wiederum die Gestalt bzw. Ausgestaltung der jeweiligen Herrschaft tangierten; hierbei kam den Königen und ihren Familien durchaus eine gewisse Vorbildfunktion oder ›Richtlinienkompetenz‹ zu, doch ergaben sich manche Problemkreise – etwa der Umgang mit ›Mischehen‹, die Kompatibilität verschiedener Rechtssysteme o. ä. – erst aus dem alltäglichen Zusammenleben, und darauf hatten die Könige wiederum zu reagieren. Der König musste folglich alles daransetzen, sich als ein legitimer Herrscher zu erweisen, der sich für das Wohl seiner Untertanen verantwortlich zeigte; vor allem
Einleitung
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durch seine militärischen Erfolge konnte er sein Charisma unter Beweis stellen, das für die Akzeptanz seiner Herrschaft überaus wichtig war. Diese Siege waren aber nicht nur für die Bewahrung oder die Erweiterung des eigenen Territoriums wichtig: Auch bestand für die Truppen die Gelegenheit, Beute zu machen, für den König, weiteres Land und Reichtümer dazu zu erwerben; vor allem aber ließ sich aus Siegen erhebliches Prestige gewinnen, das wiederum von Dichtern, im Rahmen großer Feste oder an panhellenisch relevanten Orten wie Athen, Delphi oder Olympia durch Monumente umgesetzt werden konnte. Nach der Phase der Etablierung der Herrschaft standen die Könige vor neuen Herausforderungen, denn es gab stets Herrscher, die diesem Anspruch nicht zu genügen vermochten. Zwar kam es nach wie vor zu Auseinandersetzungen zwischen benachbarten Königreichen – z. B. gab es zwischen Ptolemäern und Seleukiden im Zeitraum von 274 bis 168 v. Chr. nicht weniger als sechs Syrische Kriege –, aber es konnte ja nicht nur Sieger geben. Es waren stets auch Bündnisse mit den mächtigen Bundesstaaten in Aitolien und Achaia oder Mittelmächten wie Rhodos möglich, und spätestens zum Ende des 3. Jh.s v. Chr. erwies sich die aufstrebende Weltmacht Rom als erheblicher, immer konsequenter agierender Machtfaktor. Darüber hinaus entwickelten sich in manchen Reichen durch die auf makedonische Praxis zurückgehende Polygamie sowie bei den Ptolemäern in Ägypten praktizierte Geschwisterehe familiäre Konstellationen, die nur schwer zu kontrollieren waren bzw. ein fortwährendes Konfliktpotential, das zu Aufständen führen konnte, in sich bargen. Dass die großen Reiche nach und nach – u. a. 146 v. Chr. die Antigoniden, 63 v. Chr. die Seleukiden, 30 v. Chr. die Ptolemäer und 72/73 n. Chr. Kommagene – ihre Existenz aufgeben mussten und in das Imperium Romanum eingegliedert wurden, macht deutlich, wo die Beharrungskräfte am stärksten waren, lässt aber auch nach den spezifischen Gründen dafür fragen. Die Konzeption des Bandes sieht vor, drei verschieden ausgerichtete Arten von Beiträgen miteinander zu verzahnen: Die wichtigsten hellenistischen Reiche, denen – ausgehend von Alexander dem Großen als Archegeten – wichtige strukturelle Elemente gemeinsam waren, die aber mit Blick auf das genannte Anforderungsprofil beträchtliche Unterschiede aufwiesen, werden in ihren Grundzügen und Charakteristika ausführlich vorgestellt (im Layout rot). Darüber hinaus erhalten einige wenige Herrschergestalten von Demetrios Poliorketes bis zu Kleopatra VII. jeweils eine separate Darstellung, weil sie nach Meinung der Herausgeber in besonderem Maße Spezifika ihrer Dynastie bzw. der gesamten Epoche verkörpern oder aber signifikante Besonderheiten aufweisen, die sie von den anderen Herrschern unterscheiden (im Layout grün). Schließlich finden sich noch Beiträge zu einzelnen Sachthemen aus der Kunst und aus der Herrschaftspraxis, die – freilich ohne Anspruch auf Vollständigkeit – für wesentliche Facetten der genannten Bemühungen der Könige stehen, Akzeptanz bei den Untertanen zu gewinnen, und die zentrale Aspekte der herrscherlichen Selbstdarstellung verkörpern (im Layout blau). Auf
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Kay Ehling und Gregor Weber
Abb. 1 Alexander der Große, hellenistische Glaspaste. Nach Anlage der Haarlocken handelt es sich um eine Umsetzung des AlexanderSchwarzenberg-Typus, der auf das lysippische Alexanderporträt zurückgeht. Der Makedonenkönig ist ohne Diadem abgebildet.
diese Weise gelingt es, ein anschauliches Bild von der Epoche des Hellenismus zu zeichnen, das – ausgehend von dem zentralen Phänomen der Monarchie – die Besonderheiten der Zeit an sich und gleichzeitig das komplexe Interagieren der Protagonisten angemessen widerspiegelt. Der Name Alexanders des Großen markiert das Ende des klassischen Griechenlands und den Beginn einer neuen Weltepoche, der Epoche des Hellenismus, wie Johann Gustav Droysen schon 1833 pointiert formulierte. Der vorliegende Band wird deshalb mit einem Beitrag über den großen Makedonen eröffnet, dessen persönliche Tapferkeit, strategische Begabung und unerschöpfliche Energie Jürgen Malitz hervorhebt. Aber nicht nur Alexanders historische Gestalt, auch das für ihn geschaffene Porträtbildnis bedeutet einen Wendepunkt – einen Wendepunkt in der Kunst, den Harald Schulze herausarbeitet. Von keiner anderen Persönlichkeit wurden in der Antike so viele Bildnisse geschaffen wie von Alexander. Zum Königsporträt in der Plastik und auf Münzen gehört das Diadem, eine schlichte, am Kopf getragene Stoffbinde, über deren Herkunft und Ursprung, wie Matthias Haake schreibt, aber keine Klarheit herrscht. Alexander der Große stammte aus Makedonien. Später etablierte sich dort die Dynastie der Antigoniden, deren Geschichte Klaus Scherberich bis zu ihrem Untergang nachzeichnet, der im Jahr 215 v. Chr. eingeleitet wurde, als der Vertrag Philipps V. mit Hannibal die dauernde Feindschaft Roms nach sich zog. Am Anfang des Antigonidenhauses stand die eigenwillige und exzentrische Gestalt des Demetrios Poliorketes, dessen Biografie Steffen Diefenbach auf den Spuren Plutarchs entwirft. Der Beitrag von Gregor Weber macht darauf aufmerksam, dass die hellenistischen Palastanlagen der Selbstdarstellung der Könige und ihrer Interaktion mit verschiedenen Personengruppen dienten. Gut 300 Jahre regierten die Ptolemäer am Nil an der von Stefan Pfeiffer aufgezeigten Schnittstelle zwischen griechischer und ägyptischer Kultur. Werner Huß und Manfred Clauss stellen mit Ptolemaios III. und Kleopatra VII. zwei außergewöhnliche Mitglieder des Ptolemäerhauses vor: Der eine konnte große Teile des Seleukidenreiches erobern, die andere bewahrte die Selbständigkeit Ägyptens gegenüber Rom. Eine wichtige Hinterlassenschaft aus den Anfangsjahren des Reiches ist die von Hilmar Klinkott vorgestellte, 1870 in der Sayvun-Moschee von Kairo gefundene, schwarze Granitstele, auf der ein Text überliefert ist, der
Einleitung
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den Dynastiegründer, Ptolemaios (I.), der im Jahr 306 v. Chr. den Königstitel annehmen sollte, noch als »Satrapen« tituliert. Thomas Kruse rückt ein Glanzstück ptolemäischer Verwaltungskunst in den Mittelpunkt, den später zu Unterrichtszwecken kopierten Erlass über die Zwangsverpachtung königlichen Landes, den der oberste Verwaltungsbeamte im Jahr 164 v. Chr. verfasste. Immer in Konkurrenz zu den Königen Ägyptens standen die Seleukiden, deren Gebiet im Osten weitgehend mit dem von Alexander dem Großen eroberten Perserreich identisch war. Ihre größte kulturelle Leistung bestand, wie Kay Ehling meint, in den zahlreichen Städtegründungen, die zu Zentren des kulturellen Austauschs wurden. Den sog. Königsbriefen widmet sich R. Malcolm Errington. Darunter versteht man im königlichen Namen verfasste private, diplomatische oder verwaltungsmäßige Briefe bzw. Anordnungen und Erlasse als herrscherliche Kommunikationsmittel. Wie Alexander, so führte auch der Seleukide Antiochos III. den Beinamen »der Große«, ob zu Recht, fragt Hatto H. Schmitt. In der syrischen Hauptstadt der Seleukiden, Antiocheia (heute Antakya), wurde erstmals die Personifikation der Stadtgöttin kreiert. Marion Meyer zeigt, wie die Figuren aussehen, die das glückliche Schicksal der Stadt verkörpern. In Kleinasien etablierte sich die Dynastie der Attaliden, deren Aufstieg und Untergang als treue Bündnispartner der Römer Gegenstand des Beitrags von Boris Dreyer und Aike van Douwe ist. Denn die Nähe zu Rom barg auch Gefahren, und so war, wie Christian Mileta herausarbeitet, der pergamenische König Eumenes II. zunächst der besondere Liebling der Römer, ehe er dann aber deren Gunst verlor. Jeder Berlin-Tourist kennt den Pergamonaltar mit seinem monumentalen Reliefzyklus, der vom Kampf der ordnungsstiftenden Götter gegen die frevlerischen Giganten erzählt. Volker Kästner führt in Geschichte, Architektur, Deutung und Datierung des Großen Altares ein. Von einer Geldwährung besonderer Art berichtet Wolfgang Leschhorn – den im Attalidenreich vor allem von den Städten Pergamon, Ephesos, Sardeis und Tralleis geprägten Kistophoren, Silbermünzen mit der Darstellung eines heiligen Korbes (cista mystica). Obwohl Alexanders makedonische Soldaten nicht bis Sizilien kamen, entstand auch in Syrakus ein Königtum nach hellenistischem Vorbild, das sich allerdings durch gewisse demokratische Elemente auszeichnete, wie Martin Dreher und Martin Müller nachweisen. Blickt man nach Griechenland, so zeigt sich, dass Spartas einstige Großmachtstellung seit der verlorenen Schlacht bei Leuktra (371 v. Chr.) schwer erschüttert war, so dass Alexander spotten konnte, der Aufstand des Spartanerkönigs Agis III. sei für die Makedonen nicht mehr als ein »Mäusekrieg«. Welche Reformanstrengungen unternommen wurden, um Spartas alte Herrlichkeit im Rahmen der neuen hellenistischen Wirklichkeit wiederherzustellen, untersucht Ernst Baltrusch. Im kleinasiatischen Raum gab es neben dem Königreich von Pergamon auch kleinere, indigene Königtümer, in denen sich Elemente griechischer Kultur aus-
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Kay Ehling und Gregor Weber
breiteten, etwa in Bithynien, Pontos und Kappadokien. Wie Christoph Michels betont, bleibt es allerdings fraglich, ob die Könige eine gezielte Hellenisierungspolitik betrieben haben. Noch weiter östlich, zwischen Taurusgebirge und Euphrat, formierte sich um die Mitte des 2. Jh.s v. Chr. das Königreich von Kommagene. Engelbert Winter führt den Leser auf den sagenhaften, über 2000 m hohen Nemrud Dağ, auf dem sich das Grabmal von König Antiochos I. mit seinen bis zu 10 m hohen Götterstatuen befindet. In vorhellenistischer Zeit war Judäa ein kleiner Vasallenstaat unter persischer Oberhoheit. Nach Alexanders Tod (323 v. Chr.) wurde es zunächst von den Ptolemäern kontrolliert und fiel um 200 v. Chr. an die Seleukiden. Das Verbot des jüdischen Kultes durch Antiochos IV. im Dezember 168 v. Chr. löste, wie im Alten Testament erzählt wird, den Makkabäeraufstand aus, an dessen Spitze sich die Familie der Hasmonäer setzte. Obwohl sich diese als Verteidiger jüdischer Traditionen und des Jerusalemer Tempels darstellten, schreibt Andreas Hartmann, suchten sie doch die Einbindung in die hellenistische Staatenwelt. Erben des Seleukidenreiches im iranisch-mesopotamischen Raum waren seit Mitte des 3. Jh.s v. Chr. die Parther, eine Dynastie, die auf Arsakes I. zurückging. In seinem Artikel stellt Andreas Luther heraus, dass sich in der parthischen Verwaltungspraxis iranischer Einfluss bemerkbar machte. Gleichwohl führten Könige wie Mithradates I., Orodes I. oder Phraates IV. den griechischen Beinamen Philhéllen, d. h. »Griechenfreund«. Im baktrisch-indischen Raum, dem heutigen Grenzland zwischen Afghanistan und Pakistan, begegneten sich griechisch-hellenistische und indisch-buddhistische Kultur in fruchtbarer Weise, wie Jörg-Dieter Gauger nicht allein anhand von Münzen und Inschriften deutlich machen kann. So gingen der griechische König Menander und sein Gesprächspartner, der buddhistische Weise Nagasenah, in die indische Literatur ein. Das Gravitationszentrum des Hellenismus ist Alexander der Große und so wirft Hans-Joachim Gehrke abschließend noch ein Mal einen Blick zurück auf den Makedonenkönig. Während dieser in der Forschung nicht zu Unrecht mit Aspekten der Modernität in Verbindung gebracht wird, betont Gehrke dagegen die Alterität Alexanders und seiner Zeit, besonders im Hinblick auf ihr ›anderes‹ Verständnis von Religion, Mythos und Magie. Schließlich listen Alexander Boss und Christopher Schliephake die wichtigsten Daten des hellenistischen Zeitalters auf. Das Jahr 30 v. Chr., der Tod der Kleopatra VII. und die Einverleibung Ägyptens in das Römische Reich, stellen die entscheidende historische Zäsur dar, wenngleich der Hellenismus als ›geistige‹ Macht auf den Feldern der Kunst, Philosophie und Dichtung noch weit in die römische Kaiserzeit hineinwirkte. Ebenso die Gestalt des epochemachenden Makedonen: Glaubte doch noch der spätantike Kaiser Julian (355–361/63 n. Chr.), dass die Seele Alexanders in ihm wieder auferstanden sei (Sokrates, Kirchengeschichte 3, 21, 7).
Alexander der Große von Jürgen Malitz
In nicht mehr als zwölf Jahren (334–323 v. Chr.) wurde Alexander der Große zu einer der bedeutendsten Gestalten der Antike, die wie wenige andere auch die Nachwelt bis heute fasziniert. Wer nach ihm den Anspruch auf den Königstitel erhob, musste sich an dem messen lassen, was für die griechische Welt erst durch ihn als ›königlich‹ erwiesen worden war: sein Charisma, seine persönliche Tapferkeit und strategische Begabung, unerschöpfliche Energie und sein herrscherliches, durch keinerlei finanzielle Rücksichten eingeschränktes Auftreten.
Der 356 v. Chr. geborene Sohn der epirotischen Fürstin Olympias und Philipps II. von Makedonien erlebte in der Zeit seines Heranwachsens, wie sein Vater, glänzender Stratege und zugleich erfolgreicher Diplomat, das Königreich in eine Großmacht verwandelte. Philipp sorgte für die denkbar beste Erziehung und Ausbildung des Sohnes; der Nachwelt blieb der Unterricht bei Aristoteles in besonderer Erinnerung. Philipps II. Herrschaft seit 356 war durchaus eine Voraussetzung für Alexanders spätere Erfolge. Die vom König geschaffene Professionalität der Armee, die durchdachte Organisation des neuen, keineswegs homogenen makedonischen Reiches, aber auch die Steigerung der repräsentativen Formen königlicher Herrschaft hatte Alexander selbst miterlebt. Die Griechen hatten nach der Schlacht von Chaironeia (338 v. Chr.) Philipps Vormachtstellung anerkennen müssen und ihm sogar die Vollmacht für einen ›Rachefeldzug‹ für das im Perserkrieg der Jahre 479/78 v. Chr. erlittene Unrecht erteilt. Der Feldzug gegen den Perserkönig Dareios III. war schon eröffnet, als Philipp II. im Sommer 336 einem persönlich motivierten Attentat zum Opfer fiel. Der 21-jährige Kronprinz, der sich schon mehrfach militärisch ausgezeichnet hatte, wurde von der makedonischen Heeresversammlung als Nachfolger anerkannt und bekam damit auch die Möglichkeit, den Feldzug gegen die Perser zu übernehmen. Das Heer, mit dem er im Frühjahr 334 v. Chr. den Hellespont
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überschritt, war schon für die Zeitgenossen erstaunlich klein, wohl nicht viel mehr als 30.000 Mann von sehr gemischter Zusammensetzung, darunter nur 12.000 Makedonen. Den Übergang von Europa nach Asien inszenierte Alexander mit Opfern, die Griechen (und Persern) den Angriff des Xerxes im Jahre 479 v. Chr. in Erinnerung bringen sollten. Nicht alle antiken Berichte überliefern den Speerwurf des Königs vom Schiff aus in den Boden Asiens, eine Geste, die, wenn sie historisch ist, von Anfang an seinen Besitzanspruch auf alles demnächst eroberte Land demonstrierte. Die persischen Satrapen ließen Alexander ungehindert in Kleinasien landen und wurden gleich am Granikos geschlagen, mit höchstem persönlichem Einsatz des Königs. Ein schneller Vormarsch führte zur Vertreibung der Perser aus dem Westen Kleinasiens. Nach der Unterwerfung von Lykien und Pamphylien erreichte Alexander im Frühjahr 333 v. Chr. Gordion in Phrygien und zog weiter südlich in Richtung Syrien, um Dareios III. zur Schlacht zu stellen. Bei Issos errang Alexander einen eindrucksvollen Sieg über den zahlenmäßig deutlich überlegenen Gegner; Dareios III. zog sich nach Osten zurück, um erneut eine Armee aufzustellen. Alexander hat ihn nicht sofort verfolgt, sondern entschloss sich stattdessen zur Sicherung Phöniziens und zum Marsch nach Ägypten. Frühere Konflikte mit den Persern führten zur schnellen Akzeptanz Alexanders durch die einheimische Elite der Priesterschaft. In Ägypten wurde das nach ihm benannte Alexandreia die erfolgreichste aller seiner Stadtgründungen. Der Besuch des Orakels in der Oase Siwa war Alexander dem Großen im Frühjahr 331 v. Chr. eine beschwerliche Reise durch die Wüste wert. Die dort von Ammon-Zeus empfangenen Orakel-Antworten, über deren Inhalt viel spekuliert wurde, müssen eine tiefe Wirkung entfaltet haben; die Erfolge seines Feldzugs bestärkten Alexander offenbar in dem Gefühl, an die üblichen Maßstäbe politischen und militärischen Handels nicht wirklich gebunden zu sein. Im Herbst 331 v. Chr. kam es bei Gaugamela, im Norden des heutigen Irak, zur Entscheidungsschlacht. Nach der Niederlage gegen Alexanders wiederum brillant geführte Armee flüchtete der Großkönig nach Osten, wo er im folgenden Jahr von einem Prätendenten getötet wurde. Vom ›Rachefeldzug‹ konnte seitdem keine Rede mehr sein – es ging um weitere Eroberungen. Einige Quellen berichten, dass Alexander sich nach dem Sieg zum »König von Asien« ausrufen ließ. Das Vorbild Philipps II. erinnerte ihn freilich immer daran, dass Erhalt und Ausbau der Macht auch einer Organisation bedurften. Die erste Grundsatzentscheidung war es, ehemalige iranische Amtsträger, soweit sie selbst Loyalität versprachen, in die neu entstehenden Strukturen einzubinden. Die Ernennung des Mazaios zum Satrapen von Babylon, der noch bei Gaugamela gegen Alexander gekämpft hatte, war deshalb ein wichtiges Signal.
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Die Verfolgung des Dareios III. führte Alexander den Großen in die östlichen Satrapien. Je länger er dort gegen einen zunehmend auch ›national‹ motivierten Widerstand zu kämpfen hatte, desto klarer wurde ihm, dass seine künftige Herrschaft nicht allein im Rahmen der überkommenen makedonischen Traditionen zu stabilisieren sei. Spätestens nach der Ermordung von Dareios III. im Jahre 330 v. Chr. übernahm Alexander deshalb auch Attribute der persischen Herrschaft, um sich die Loyalität der ehemaligen Untertanen des Großkönigs zu sichern. Die Feldzüge im Gebiet des heutigen Afghanistan, das formal den Persern untertan gewesen war, zogen sich über drei Jahre hin. Es folgte im Jahre 326 v. Chr. der Übergang nach ›Indien‹, dem heutigen Pakistan. Auch hier hatten die Perser schon einmal geherrscht, doch wichtiger als die Anerkennung durch die einheimischen Fürsten war wohl der – in Ermangelung zuverlässiger Kenntnisse – geografisch völlig fehlgeleitete Wunsch, im fernen Osten ›Indiens‹ das Ende der Welt, den die Erde umfließenden »Okeanos«, zu erreichen. Alexander – hier fast mehr Entdecker als Eroberer – verfolgte dieses Ziel mit einer Bedenkenlosigkeit, die auch in seinem engsten Kreis mehr und mehr Unmut hervorrief. Er selbst sprach vom »Pothos«, dem unbezwingbaren Drang nach Neuem und Unerreichtem. Besonders dieser Teil des Feldzuges ist zugleich ein Beleg für die unveränderte Faszination, die Alexander der Große auf seine gesamte Umgebung, hoch und niedrig, ausübte. Die Truppen erduldeten gefährliche Kämpfe mit den als Waffe bisher unbekannten Elefanten (s. den Beitrag von K. Ehling) und marschierten im Dauerregen des Monsuns. Die meisten hohen Offiziere, die nach Alexanders Tod um die Vormacht kämpften, hatten diese Anstrengungen miterlebt. Im Herbst 326 v. Chr. kam es zu einer Meuterei, die Alexander zur Umkehr zwang. Er führte das Heer durch Pakistan zurück nach Süden, in Richtung des heutigen Karatschi. Mehr als an die Strapazen und die auf diesem Rückzug besonders rücksichtslose Kampfführung erinnerten sich die Begleiter Alexanders aber an einen Eroberungs- und Entdeckungszug ohnegleichen. Es ist kein Zufall, dass Alexander, der Herakles mit dem Löwenfell auf seine wichtigsten Münzen setzte (Abb. 1), schon
Abb. 1 Eine der wichtigsten Prägungen Alexanders zeigt Herakles, geschmückt mit dem Löwenfell – aber wohl schon antike Betrachter waren unsicher, ob nicht doch der König selbst gemeint sei.
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Abb. 2 Kurz nach Alexanders Tod setzte Ptolemaios I. dieses Porträt auf seine Tetradrachmen: Der König trägt ein Diadem und die Widderhörner, die seine Beziehung zu Ammon, dem Gott des Orakels von Siwa, demonstrieren, sowie (von der Größe her noch unrealistischer als ein Löwenskalp) einen Elefantenskalp zur Erinnerung an den indischen Feldzug.
bald nach seinem Tod von Ptolemaios I. (s. den Beitrag von S. Pfeiffer) mit dem Skalp eines Elefanten als Kopfschmuck auf Münzen porträtiert wurde (Abb. 2). Im Sommer des Jahres 325 v. Chr. erreichte der Zug den Süden Pakistans. Von hier aus organisierte Alexander der Große die Rückkehr zu den Zentren des Perserreichs auf dem Weg durch die Wüstengebiete des heutigen Belutschistans und an der Küste des Golfs von Oman entlang. Diese Flottenfahrt diente der Erkundung und Erschließung einer wichtigen neuen Verkehrsader; der Marsch durch die Gedrosische Wüste sollte wohl beweisen, dass der König selbst nach den Entbehrungen der letzten Jahre über ein Heer verfügte, das allen Naturgewalten gewachsen sei. Erst im Frühjahr 324 v. Chr. kehrte er zurück, zuerst nach Susa, einer der alten Hauptstädte des Reiches; Anfang 323 zog er wieder in Babylon ein, das er acht Jahre vorher verlassen hatte. Alexander, mehrfach schwer verwundet, war sicher nicht mehr so gesund wie zu Beginn des Feldzuges, doch hätte sich bei der Ankunft in Susa auch niemand vorstellen können, dass dem König nur noch achtzehn Monate bleiben würden. Alexander entwickelte unverzüglich Feldzugspläne, die vermutlich noch seine kampferprobtesten Generäle verzagen ließen, doch dachte er auch über die Zukunft seines Reiches nach. Philipp II. war bei den Griechen bekannt für die vielen Ehefrauen, die er nach Maßgabe politischer Nützlichkeiten geheiratet hatte. Alexander schloss seine erste offizielle Ehe im Jahre 327 v. Chr. Er heiratete Roxane, die Tochter eines seiner gefährlichsten Widersacher im umkämpften Baktrien. Der politische Aspekt der Ehe ist nicht zu leugnen, doch ist unbestritten, dass auch Zuneigung eine Rolle spielte. Ein Kronprinz aus dieser Verbindung, der tatsächlich einige Monate nach Alexanders Tod zur Welt kam, würde die Weite des neu eroberten Reiches in besonderer Weise unter Beweis stellen. Ähnliche Hochzeiten seiner Generäle mit adeligen Frauen der indigenen Elite hatte Alexander 324 in Susa angeordnet und zugleich selbst eine persische Prinzessin geheiratet.
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Diesen ersten Schritten einer dynastischen Politik entsprachen die zunehmende Integration von Attributen der großköniglichen Herrschaft und die Entwicklung eines ›Hofes‹ (s. den Beitrag von G. Weber). Skeptische Makedonen und Griechen hatten schon im Jahre 327 v. Chr. einen Vorgeschmack davon bekommen, als der König den Versuch machte, das Hofzeremoniell in seiner direkten Umgebung an die neuen Umstände anzupassen. Griechische Quellen berichten von dem missglückten Versuch, von allen Mitgliedern des Hofes die persische Form der ehrerbietigen Begrüßung des Herrschers, die sog. Proskynese, zu verlangen. Alexander hatte dabei unterschätzt, wie sehr diese Geste missverstanden werden konnte: So gut wie keiner der damals anwesenden Makedonen und Griechen mochte bei der Proskynese davon absehen, dass man jetzt den König so ehren sollte, wie man in Griechenland die Götter zu verehren pflegte. Auch die geringer werdende Bedeutung der Makedonen für die Armee des Reiches stieß auf Argwohn. Es hatte schwere Verluste gegeben, und es war fast unmöglich geworden, neue Rekruten aus Makedonien zu bekommen. Alexander verstärkte deshalb die Integration iranischer Truppen in die Armee. Im Jahre 324 v. Chr. hatten die »Epigonen«, iranische Rekruten, ihre militärische Ausbildung im makedonischen Stil abgeschlossen. Wenige Monate vor Alexanders Tod wurden sogar Einheiten aufgestellt, in denen Makedonen und Iraner gemeinsam dienten. Ein Beispiel für Alexanders sorgsame Unterscheidung zwischen dem, was Makedonen (und auch Griechen) zuzumuten war, und dem, was er für die
»Wenn Alexander bei Makedonen und Griechen Recht sprach, hielt er es für richtig, einen schlichten und bescheidenen Gerichtsplatz zu haben, bei den Barbaren aber bevorzugte er einen prächtigen, einem Feldherrn angemessenen Platz, wobei er die Barbaren allein schon durch dessen Ausgestaltung in Staunen versetzte. Wenn er bei Baktrern, Hyrkanern und Indern zu Gericht saß, verfügte er über ein Zelt dieser Art: Es bot Platz genug für 100 Liegen; es wurde getragen von 50 goldenen Pfosten, und goldene, reich verzierte Baldachine waren darüber gespannt. Im Zelt standen in der ersten Reihe 500 persische Apfelträger in purpurner und leuchtend gelber Kleidung. Hinter den Apfelträgern war die gleiche Zahl von Bogenschützen in anderer Kleidung postiert, einige feuerrot, einige dunkel-
blau, andere scharlachfarben. Vor ihnen standen dann schließlich 500 der größten Silberschildner. In der Mitte des Zeltes befand sich der goldene Thron, auf dem Alexander Audienzen gab. Wenn er Recht sprach, standen die Leibwächter auf beiden Seiten. Rings um das Zelt hatten das vom König gemusterte Elefanten-Korps und tausend Makedonen in makedonischer Uniform Aufstellung genommen; dann kamen 500 Susianer in purpurnen Gewändern, und nach ihnen, alle im Kreis, 10.000 der ansehnlichsten und größten Perser, angetan mit dem schönsten persischen Schmuck, und ausgerüstet mit persischen Kurzschwertern. So sah Alexanders Gerichtsstätte bei den Barbaren aus.« (Polyainos 4, 3, 24, Übersetzung: J. Malitz)
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Akzeptanz bei den Besiegten, den ›Barbaren‹, an ›orientalischer‹ Selbstdarstellung für nötig hielt, ist ein Text über das höfische Zeremoniell, das Alexander bei der Rechtsprechung (und sicher nicht nur dort) entfalten ließ. Die zu Beginn des Quellentextes genannten Baktrer, Hyrkaner und Inder lassen vermuten, dass sich dieses Zeremoniell bereits lange vor der Rückkehr aus Indien im Jahre 324 v. Chr. stufenweise entwickelt hat. Auf die Strukturierung des Erreichten hat Alexander der Große in den letzten Monaten seines Lebens wohl weniger Wert gelegt als nötig. Zwischen den (angeblich) unzähligen Gelagen mit seinen Vertrauten entfaltete er lieber Pläne für weitere militärische Unternehmungen. Gesichert sind die Vorbereitungen für die Eroberung der arabischen Halbinsel; noch auf dem Sterbebett gab Alexander letzte Anweisungen. Weniger gesichert, aber keineswegs unplausibel sind die Pläne für eine Eroberung des gesamten westlichen Mittelmeerraums. Im Jahre 324 v. Chr. verfügte er vielleicht nicht schon über den besten Verwaltungsapparat, dafür aber über eine Armee, der unter seinem Kommando kein Gegner im Westen der Oikumene gewachsen gewesen wäre. Selbst in Italien hatte man schon davon gehört: Im Januar 323 v. Chr. kamen Gesandte der Etrusker und der Völker Süditaliens in Babylon an. Im Juni 323 v. Chr. starb Alexander an einem Fieber, vielleicht Malaria. Einen designierten Nachfolger hatte er nicht, und niemand wusste, ob die schwangere Roxane Mutter eines Kronprinzen werden würde. Als Eroberer und Herrscher hatte er mehr erreicht als je ein Mensch vor ihm. Er herrschte über ein Reich, wie es in diesem Umfang nie vor ihm einem Einzelnen untertan war – selbst die erfolgreichsten der persischen Großkönige hatte er in den Schatten gestellt. Vermutlich starb er in dem Gefühl, sich nur noch mit Gestalten der griechischen Mythologie vergleichen lassen zu müssen.
Literatur R. LANE FOX, Alexander der Große. Eroberer der Welt (²2004). H. STRASBURGER, Die griechische Antike, in: Funk-Kolleg Geschichte. Bd. 2 (1981), 38–52. H.-U. WIEMER, Alexander der Große (2005). M. WOOD, Auf den Spuren Alexanders des Großen. Eine Reise von Griechenland nach Asien (2002). [Eine Dokumentation der BBC zu diesem Buch ist bei YouTube in vier Teilen abrufbar.]
Das hellenistische Herrscherporträt von Harald Schulze
So wie die historische Gestalt Alexanders des Großen einen epochalen Wendepunkt in der Geschichte markiert, hat auch sein Bildnis einschneidende Bedeutung für die Entwicklung des Porträts: Es wurzelt in der spätklassischen Kunst und legt die Grundlagen für die Darstellungen der Angehörigen der ihm nachfolgenden hellenistischen Dynastien. Eine Beurteilung der hellenischen Herrscherporträts muss daher auf einer Analyse des Alexanderbildnisses aufbauen.
Das Alexanderporträt Von keiner anderen antiken Persönlichkeit sind über einen so langen Zeitraum so viele Bildnisse in unterschiedlichen Kulturzonen geschaffen worden wie von Alexander dem Großen (s. den Beitrag von J. Malitz). Eine große Spannbreite umfassen auch die Materialien, die Formate und die Ikonografie. Neben den erhaltenen griechischen Originalen gibt es römische Kopien nach verlorenen griechischen Originalen. Die Denkmäler gliedern sich in verschiedene Überlieferungsstränge, Typen und Varianten, die innerhalb der archäologischen Forschung umstritten sind. Abweichende Meinungen gibt es auch bei der Identifizierung mancher Stücke als Alexander sowie bei ihren Datierungen. Die Entwicklung des griechischen Porträts ist geprägt vom wechselvollen Zusammenspiel zweier Darstellungstendenzen: der Verkörperung allgemeiner Normen in idealen Zügen und der physiognomischen Erfassung einer individuellen Persönlichkeit. In der Alexanderzeit fallen wissenschaftliche Erkenntnisgewinne mit Veränderungen im Arbeitsprozess der Porträtgestaltung zusammen. So hat das naturwissenschaftlich-empirische Weltbild des Aristoteles auch Auswirkungen auf die Kunst seiner Zeit, in der die Physiognomie des Porträtierten eine neue Bedeutung bekam. Der ältere Plinius überliefert, dass der Bildhauer Lysistratos in dieser Zeit erstmals Gipsabgüsse vom Gesicht des zu Porträtierenden anfertigte und zum Ausgangspunkt seines Arbeitsprozesses machte.
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Abb. 1 Ein Wechselspiel zwischen klassisch beruhigten Gesichtszügen und dynamisch bewegten Locken prägt das Porträt des ›Alexander Schwarzenberg‹. Die römische Kopie geht zurück auf eine Bronzestatue von Alexanders ›Hofbildhauer‹ Lysipp: So wollte sich der Weltenherrscher zu Lebzeiten dargestellt sehen.
Antike Schriftquellen berichten, dass sich Alexander nach seiner Thronbesteigung nur von Lysipp, dem berühmtesten Bildhauer seiner Zeit, sowie vom ebenso prominenten Maler Apelles porträtieren ließ. Aufgrund der Überlieferungslage sind von den gemalten Bildnissen Alexanders nur das Prinzenporträt auf dem 336 v. Chr. entstandenen Wandbild von Vergina sowie das Porträt auf dem Alexandermosaik, eine Umsetzung nach einer gemalten frühhellenistischen Vorlage, erhalten. Anders bei den plastischen Porträts: Zunächst einmal gilt es, aus der Vielzahl der Bildnisse diejenigen herauszufiltern, die mutmaßlich zu Lebzeiten Alexanders entstanden. Dies sind das Prinzenbildnis im Typus Athen-Erbach aus der Zeit um 340 v. Chr. sowie die beiden dem Lysipp zugewiesenen Typen Schwarzenberg (Abb. 1) und Azara aus der Zeit um 330 v. Chr. Alle drei sind durch eine Reihe römischer Kopien überliefert und können durch stilistische Vergleiche mit Werken der Alexanderzeit datiert werden. Als individuelle Merkmale zeigen alle Porträttypen die jugendliche Bartlosigkeit und die langen Haare mit den aufspringenden Stirnlocken. Bezüglich der Gestaltung der Gesichtszüge ist das Prinzenbildnis weitgehend der Tradition spätklassischer Idealdarstellungen verhaftet, während die beiden dem Lysipp zugeschriebenen Typen stärker individuelle Merkmale aufweisen. Ein spezielles Problem ist die Frage nach dem Realitätsgehalt dieser Züge und ihrer Verbindung mit der widersprüchlichen schriftlichen Überlieferung zum Aussehen Alexanders. Keines der zu Lebzeiten entstandenen Porträts zeigt Alexander mit Diadem, das offenbar erst in seiner Nachfolge zur verbindlichen Herrscherinsignie wurde (s. den Beitrag von M. Haake). Das älteste erhaltene rundplastische Originalporträt Alexanders ist der vor einigen Jahren im Umkreis der makedonischen Hauptstadt Pella gefundene Kopf des ›Giannitsa-Alexander‹. Er stammt aus der Diadochenzeit. Das hochqualitative Porträt beeindruckt durch eine Kombination aus präziser Oberflächenbehandlung und dramatisch bewegten Einzelelementen. Zur Ausdrucksstärke des Porträts trägt die emphatische Kopfwendung bei, die als Kennzeichen Alexanders auch in den Schriftquellen genannt wird, wobei wahrscheinlich ist, dass dieses Merkmal ursprünglich im Porträt ausgeprägt war und dann in der späteren Überlieferung auf die Person Alexanders übertragen wurde.
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Abb. 2 Der Alabasterkopf Alexanders des Großen ist eine typisch alexandrinische Arbeit aus hellenistischer Zeit. Er war als Einsatzkopf in eine Statue aus anderem Material eingelassen. Eine auf dem Kopf eingesetzte ägyptische Götterkrone vervollständigte das Porträt des vergöttlichten Alexander.
Unter den in hellenistischer Zeit entstandenen Porträts Alexanders stellen die aus Ägypten stammenden Bildnisse die mit Abstand größte Gruppe dar. In der von ihm gegründeten Stadt Alexandreia wurde Alexander kultisch verehrt (Abb. 2). Es gab offensichtlich einen lebhaften Handel mit Alexanderbildnissen, die als Votiv- und private Kultbilder, vielleicht auch als Andenken, in unterschiedlichen Größen und Materialien angeboten wurden. In ihrer physiognomischen Gestaltung ist eine Tendenz zu einer pathetischen Idealisierung zu beobachten. Die Vermischung griechischer und ägyptischer Kulturelemente führte zu einer Verbindung des griechisch geprägten Alexanderporträts mit der ägyptischen Hemhem-Götterkrone. In zahlreichen Fällen zeigen Befestigungslöcher auf dem Scheitel alexandrinischer Alexanderbildnisse, dass dort solche Kronen als Attribut von Alexanders Vergöttlichung angebracht waren. Ein spezifischer Fall ist der Statuentypus des Alexander mit der Aigis. Dieser Typus gibt wahrscheinlich das Kultbild Alexanders als Stadtgründer von Alexandreia wieder. Die ungewöhnliche Gestaltung der Aigis als langer Mantel kann mit einer antiken Überlieferung, wonach der Grundriss der Stadt Alexandreia der Form eines makedonischen Mantels geglichen habe, in Verbindung gebracht und als symbolische Andeutung dieses Grundrisses gedeutet werden.
Porträts der hellenistischen Herrscher Denkmälerbestand und Gattungen: Nach der hier geltenden Definition sind hellenistische Herrscherporträts die Bildnisse der Angehörigen aller hellenistischen Dynastien einschließlich der weiblichen Mitglieder. In den verschiedenen Materialgattungen sind insgesamt mehrere Hundert solcher Herrscherbildnisse erhalten. Hinzu kommen zahlreiche durch Inschriften und literarische Nachrichten überlieferte Bildnisse. Im Bestand der Rundplastik finden sich mehr als hundert lebens- und überlebensgroße originale hellenistische Herrscherbilder, überwiegend in Bronze und Marmor, aber auch in lokalen Steinsorten gearbeitet. Hinzu kommen eine Anzahl nur in römischen Kopien erhaltener Bildnisse sowie zahlreiche kleinfor-
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matige Darstellungen. Rundplastische hellenistische Porträts sind dabei grundsätzlich Ganzkörperstatuen; erst die römischen Kopien geben Büsten und Köpfe wieder. Reliefdarstellungen sind nur in den Darstellungen der Ptolemäer auf den ägyptischen Reliefs überliefert. Die ehemals sehr prominenten Darstellungen auf Gemälden sind bis auf das Herrscherpaar von Boscoreale lediglich in der schriftlichen Überlieferung bezeugt. Herrscherbildnisse finden sich auch in der Glyptik, d. h. auf Gemmen und Kameen sowie auf zahlreichen Siegelabdrücken, vereinzelt auch auf toreutischen Arbeiten. In den Münzbildern der einzelnen hellenistischen Monarchien sind die Angehörigen der Dynastien in unterschiedlicher Gewichtung vertreten. Die Identifizierung der rundplastischen Bildnisse erfolgt in der Regel aufgrund von Münzvergleichen, wobei in vielen Fällen die Zuweisungen in der Forschung umstritten sind. Die Datierung der Porträts stützt sich auf die Lebensdaten der Dargestellten, auf Grabungsstratigrafie, vor allem aber auf stilistische Vergleiche. Merkmale des Alexanderporträts: Funktion, Typologie, Ikonografie: Die rundAllen Überlieferungssträngen des Alexanderplastischen Herrscherstatuen lassen sich ihrer porträts gemeinsam sind folgende Kriterien: Funktion nach einteilen in Ehren- und KultDas wichtigste Erkennungsmerkmal für Zeitstatuen. Die Ehrenstatuen für die Könige und genossen und Nachwelt bildet die Frisur: ihre Angehörigen machten einen Großteil Lange Locken umrahmen das Gesicht und über der hellenistischen Ehrenstatuen des 3. und der Stirn streben die Haare in einem aufsteigenden Lockenwirbel nach oben. Dieses Haar2. Jh.s v. Chr. aus. Wie die Inschriften auf den motiv erinnert sowohl an die Zeus-IkonograStatuenbasen zeigen, fungierten in der Regel fie als auch an den Mähnenkranz eines Löwen. städtische Institutionen als Stifter. AufstelSeine Bedeutung für die Alexander-Ikonogralungsorte waren prominente Plätze der Städte fie manifestiert sich auch darin, dass dieses wie die Agora oder das Theater. Haarmotiv mit der Bezeichnung anastolē (griech. »Hochwerfen«, nämlich der StirnSeit Alexander dem Großen konnten die haare in einem Wirbel) eine eigene Begriffhellenistischen Könige als Götter verehrt lichkeit erhielt. Die Frisur kann bei den einwerden. Im Herrscherkult manifestierten sich zelnen Porträttypen variieren, ihr Grundprindynastische Legitimation und Kontinuität, zip bleibt aber immer erkennbar. Typisch für und es wurde Loyalität zum Herrscherhaus Alexander ist zudem seine jugendliche Bartlodemonstriert. Es gab verschiedene Formen, sigkeit, die im Gegensatz zur klassischen Bärtigkeit griechischer Männer steht. Von nachdie vom offiziellen Dynastiekult über städfolgenden Herrschern und Bürgern als Vortische bis zu privaten Herrscherkulten reichbild aufgegriffen, wurde sie zu einer hellenisten. Dabei konnten Bildnisse der lebenden tischen Modeerscheinung. Herrscher sowie der Ahnen und Angehöriger Die postum entstandenen Bildnisse erweitern des Hofes in eigenen teméne (»Kultbezirken«) das Porträt durch pathetische Formeln und betonen damit ideale Wesenszüge des Weltoder öffentlichen Gebäuden sowie in Tempeln herrschers in überhöhender Form: Dazu gehöanderer Gottheiten aufgestellt werden. Entren die dramatische Kopfwendung, die seine sprechend der Ausrichtung des Herrscherkulschwärmerische Sehnsucht ausdrückt, sowie tes waren dynastische Familiengruppen von eine vorgewölbte Stirnpartie mit tiefliegenbesonderer Bedeutung. den Augen und breitem Nasenrücken, die das Löwenhafte seiner Persönlichkeit zur Geltung bringt.
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Die propagandistische Zielsetzung sowie die zu beobachtenden Zusammenhänge zwischen Münzporträts und plastischen Bildnistypen sprechen dafür, dass es offizielle Porträttypen gab. Allerdings sind weder regelrechte Kopienserien noch klare Typenabfolgen zu scheiden. Dies erklärt sich aus den allgemeinen Prinzipien der hellenistischen Kunst, die nicht auf Serialität, sondern auf Originalität abzielte. Die Typologie der männlichen hellenistischen Herrscherstatuen umfasst Reiterstatuen, Panzerstatuen, bekleidete und nackte Herrscherfiguren; hinzu kommen sitzende oder stehende bekleidete Herrscherinnen. Eine Sondergruppe bilden die Ptolemäerstatuen im ägyptischen Pharaonentypus. Bei den Nachfolgern Alexanders war die Annahme des Königtitels mit dem Tragen des Diadems als Herrscherinsignie verbunden. Entsprechend zeigen die Porträts die Monarchen mit dem Diadem. Im Zusammenhang mit der Angleichung an Götter können hellenistische Herrscherbildnisse Götterattribute aufweisen wie Aigis, Löwenfell, Strahlenkranz sowie Widder-, Stier- und Bockshörner. Auf der Grundlage des durch Alexander geprägten neuen dynamischen Herrscherbildes entwickelten sich in den einzelnen hellenistischen Reichen eigenständige Bildnistraditionen. Diese wurden beeinflusst von den politischen und sozialen Verhältnissen und Akkulturationsprozessen, von dynastischen Zusammenhängen und propagandistischen Absichten. Dabei sind unterschiedliche Formen des Umgangs mit den Münzbildnissen und den rundplastischen Porträts zu beobachten; dies betrifft sowohl die Dynastien wie einzelne Herrscherpersönlichkeiten. So kennen wir Münzbildnisse aller Seleukidenkönige und einiger Königinnen, während rundplastische Bildnisse aufgrund der geringen Bedeutung des Herrscherkultes im Seleukidenreich eher selten sind. Anders in Ägypten, wo der Herrscherkult eine große Rolle spielte und zahlreiche rundplastische Porträts erhalten sind. Es finden sich sowohl griechische wie ägyptische Bildnistypen sowie Mischformen. Fehlende Münzbildnisse für einige Ptolemäer und Familienähnlichkeiten erschweren zum Teil die Identifikation der Porträts. Ähnlich schwierig ist die Situation bei den Porträts der Attaliden, deren Zuweisungen in der Forschung vielfach umstritten sind.
Literatur E. BRUNELLE, Die Bildnisse der Ptolemäerinnen (1976). R. FLEISCHER, Studien zur seleukidischen Kunst: Herrscherbildnisse (1991). B. FRÖHLICH, Die statuarischen Darstellungen der hellenistischen Herrscher (1998). U.-W. GANS, Attalidische Herrscherbildnisse (2006). H. KOTSIDU, TIMH KAI DOXA, Ehrungen für hellenistische Herrscher im griechischen Mutterland und in Kleinasien unter besonderer Berücksichtigung der archäologischen Denkmäler (2000). H. KYRIELEIS, Bildnisse der Ptolemäer (1975). R. R. R. SMITH, Hellenistic Royal Portraits (1988).
Das Diadem – königliches Symbol in hellenistischer Zeit von Matthias Haake
Das Diadem gilt zu Recht als das Symbol hellenistischer Könige schlechthin. Keine Klarheit besteht allerdings über Herkunft und Ursprung dieses weder materiell wertvollen noch künstlerisch anspruchsvollen Symbols, das nichts anderes ist als eine gesäumte Stoffbinde, die um den Kopf gelegt wird, durch einen Knoten im Nacken zusammengebunden ist und zwei lange Enden hat. Doch lässt sich plausibel machen, dass die Erfolgsgeschichte des Diadems als omnipräsentes königliches Symbol in der hellenistischen Welt zwischen Sizilien im Westen und Baktrien im Osten, der Krim im Norden und Ägypten im Süden am 1. Oktober 331 v. Chr. auf dem staubigen Schlachtfeld von Gaugamela ihren Anfang nahm.
Den Herrscher markieren Am 26. August 1849, einen Tag nach seiner Proklamation zum Kaiser von Haiti, wurde der als Sklave geborene vormalige Präsident der Insel, Faustin Soulouque, im Senat mit einer über Nacht aus Pappe und falschen Edelsteinen gefertigten Krone gekrönt. Doch weder die Krönungszeremonie noch die Insignie stellten den glühenden Verehrer Napoleon Bonapartes zufrieden. Mit eigens in Paris angefertigten Regalia, einem Imitat der napoleonischen Insignien, kam es deswegen nach ebenso langwierigen wie aufwendigen Vorbereitungen am 18. April 1852 in der Kathedrale von Port-au-Prince zu einer erneuten Investitur: Im Rahmen einer überaus prachtvollen Zeremonie krönte sich Faustin I. wie sein Vorbild selbst und setzte seiner Frau Adélina eine Krone auf. Auf instruktive Weise führt dieses Beispiel vor Augen, dass Alleinherrschaften wie jede politische Ordnung ritueller Akte und symbolischer Verdinglichungen bedürfen. In diesem Zusammenhang kommt Kopfbedeckungen in ganz unterschiedlicher Ausformung eine herausragende Rolle zu. Dies gilt zweifels-
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ohne auch für das Diadem in hellenistischer Zeit. Doch auch wenn diese Aussage mit Sicherheit zutrifft: Obwohl das Diadem im Hellenismus allgegenwärtig war (s. Abb. S. 34, 55, 69, 112, 127, 134, 148, 157), so besteht wegen der überaus spärlichen und zugleich ungemein disparaten schriftlichen Quellenlage, die prima facie jeweils eine Vielzahl von Hypothesen ermöglicht, hinsichtlich einer ganzen Reihe von zentralen Fragen bezüglich dieses königlichen Symbols in der Forschung ein ›babylonisches Diademgewirr‹. Besonders deutlich manifestiert sich dies in der Diskussion um mögliche vorhellenistische Ursprünge des Diadems und seine Implementierung in die politische Symbolsprache der hellenistischen Welt in Form einer Translation, Adaption, Transformation oder Kreation. Weder ist die Annahme, dass das Diadem als spezifisch königliche Insignie dem Ornat des persischen Großkönigs entstammen würde und von Alexander dem Großen in sein eigenes royales Kostüm übernommen worden sei, zur communis opinio der Forschung geworden, noch die These, dass das Diadem einen griechischen Ursprung hätte und unmittelbar aus der agonistischen Siegerbinde abgeleitet werden könne. Gleiches gilt auch für den Ansatz, aus dem Diadem einen originären Bestandteil der traditionellen Tracht der makedonischen Könige zu machen, und für die Überlegung, in der Binde des Gottes Dionysos ein Vorbild für das Diadem der hellenistischen Herrscher auszumachen. Auch herrscht keine Einigkeit über die Frage, ob der Ursprung dieses am weitesten verbreiteten royalen Symbols im Hellenismus zeitlich bereits unter Alexander dem Großen oder erst unter den Diadochen zu verorten ist.
Anfänge im Staub Als die Schlacht von Gaugamela am 1. Oktober 331 v. Chr. geschlagen war, gab es einen glanzvollen Sieger: den 25-jährigen Alexander (s. den Beitrag von J. Malitz). Nach Issos hatte er zum zweiten Mal sein Heer durch einen persönlich geführten Angriff auf das um den Großkönig Dareios III. gruppierte Zentrum des zahlenmäßig weit überlegenen persischen Reichsaufgebots zum Sieg geführt. Die Quellenlage erlaubt den Schluss, dass Alexander auf dem noch staubverhangenen Schlachtfeld von seinen Truppen spontan in einem ungeregelten Akt zum »König von Asien« ausgerufen wurde. Es ist darüber hinaus eine plausible Annahme, dass im Rahmen dieser Proklamation Alexander in einem situativen Vorgehen als Zeichen seines Sieges und zur Manifestation seiner neuen Machtposition mangels einer besseren Alternative von einer im Dunkel der Geschichte verborgenen Person oder Personengruppe ein Stück Stoff um den Knopf gebunden wurde. Trifft diese These zu, so lägen die Anfänge des Diadems als hellenistischem Königszeichen auf dem Schlachtfeld von Gaugamela. Zwar vermag dieses Szenario die Entstehung des Diadems zu erklären, dessen späteren Erfolg hingegen jedoch nicht. Dafür ist es zunächst notwendig zu
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Matthias Haake
klären, welche Bedeutung der Proklamation auf dem Schlachtfeld innewohnte und welche Semantik der Bezeichnung »König von Asien« und der Alexander um den Kopf gebundenen Binde zuzuschreiben ist: Alexanders Ausrufung zum »König von Asien« besitzt weder eine staatsrechtliche Dimension noch beschreibt sie einen spezifischen Status; auch ist die Bezeichnung »König von Asien« weder ein Titel, noch ist sie mit einem spezifischen Territorium verbunden. Vielmehr ist »König von Asien« eine griechisch-makedonische Kreation, die nicht auf achaimenidische Vorstellungen zurückgeführt werden kann und auch nicht mit der geografischen Extension des Perserreiches deckungsgleich ist. Ebenso wie der Akklamationsruf »König von Asien« auf die Person Alexanders bezogen ist, so ist zunächst auch das Diadem ein Zeichen, das Alexanders Sieg in der Schlacht von Gaugamela manifestiert: Es ist ebenfalls auf kein definiertes Territorium bezogen, und auch ihm eignet keinerlei staatsrechtliche Komponente. Schließlich markiert es Alexander auch nicht als neuen Achaimenidenkönig. Auch wenn das Diadem mit einem der größten Triumphe Alexanders verbunden war und wohl nach den Geschehnissen von Gaugamela zumindest partiell durch eine Herleitung von der Binde des Gottes Dionysos semantisch aufgewertet wurde: Zu Alexanders Lebzeiten spielte das Diadem in dessen herrschaftlicher Repräsentation eine allem Anschein nach allenfalls untergeordnete Rolle – womöglich gerade deshalb, weil es mit seinem entscheidenden Sieg über die Perser in Verbindung gebracht werden konnte und somit eher konträr zu seiner insbesondere seit dem Tod des Dareios III. im Juli 330 v. Chr. verfolgten Politik der Integration des bisherigen Gegners in sein neues Reichsgebilde stand. Doch wie kam es vor diesem Hintergrund dazu, dass aus der zu Alexanders Lebzeiten eher marginalen, doch exklusiv auf diesen Herrscher bezogenen Stoffbinde das hellenistische Königszeichen schlechthin wurde?
Eine glanzvolle Karriere Zentrale Voraussetzung für die Karriere des Diadems in hellenistischer Zeit war dessen sich über mehr als ein halbes Jahrhundert hinweg vollziehender Bedeutungswandel nach dem Tod Alexanders des Großen am 10. Juni 323 v. Chr., der mit einer völligen Neugestaltung der politischen Landkarte der östlichen Mittelmeerwelt einherging. Zunächst war das Diadem, von dem es aufgrund seiner stofflichen Konsistenz schon zu Alexanders Lebzeiten mehr als ein Exemplar gegeben haben muss, zwar nicht in untrennbarer Symbiose mit dem Leichnam des toten Königs verbunden, doch wurde ihm eine stark personale Komponente zugeschrieben, so dass es quasi als ein Symbol für Alexander aufgefasst werden konnte. Zugleich konnte das Diadem aufgrund seiner hohen semantischen Spezifität und exklusiven Bezogenheit auf Alexander auch als ein Symbol für das von diesem eroberte und von
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Abb. 1 Tetradrachme des Lysimachos mit dem Bildnis Alexanders des Großen aus den 290/80er Jahren v. Chr. Im Frühjahr 331 v. Chr. besuchte Alexander das Heiligtum des Zeus-Ammon in der ägyptischen Wüstenoase Siwa (s. den Beitrag von J. Malitz). Mit dem Attribut dieses Gottes, dem Widderhorn, lässt Lysimachos den großen Makedonen auf seinen Münzen darstellen. Das gebogene Horn ist am Diadem angebracht.
seiner Person zusammengehaltene Reich konzeptionalisiert werden. Während die erste Bedeutungszuschreibung an das Diadem aufgrund der Interessenlage der Akteure rasch wieder von der politischen Bildfläche verschwand, verlor sich die zweite Sinnkomponente des Diadems erst in den Jahrzehnten nach dem langen »Jahr der Könige«, einem echten ›Epochenjahr‹ für die hellenistische Geschichte. Nach der Ermordung von Alexanders postum geborenem Sohn 310 v. Chr. war für die in den Kämpfen um den ›Platz an der Sonne‹ in Alexanders ehemaligem Reich verbliebenen Akteure die letzte Hemmschwelle gefallen: Zwischen 307/6 und 303/2 v. Chr. nahmen zuerst Antigonos Monophthalmos und sein Sohn Demetrios Poliorketes (s. den Beitrag von S. Diefenbach) sowie dann auch Lysimachos (Abb. 1), Ptolemaios I. (s. die Beiträge von H. Klinkott und S. Pfeiffer), Seleukos I. (s. den Beitrag von K. Ehling) und Kassandros jeweils nach militärischen Erfolgen mit dem Anspruch auf das gesamte Alexanderreich den Königstitel an und begannen – wohl mit Ausnahme des Letzteren – zugleich Diademe zu tragen. Diese Vervielfältigung eines ursprünglich allein das personale Königtum Alexanders des Großen symbolisierenden Zeichens und sein Einsatz durch die neuen Könige bedingten einen doppelläufigen Prozess: die semantische Umwertung des Diadems zu einer grundsätzlichen Insignie für das Königtum und die Nivellierung seines exklusiven Alexander(reichs)bezugs. Die Verwendung von Diademen auch bei den Nachfolgern der Diadochen ist die Fortsetzung dieser Entwicklung in den ersten Jahrzehnten des 3. Jh.s v. Chr. (Abb. 2), die ihren vorläufigen Endpunkt im zweiten Viertel dieses Jahrhunderts erreicht: Diademträger lassen sich von da an auch unter Herrschern ausmachen, die keinerlei Bezug zu Alexander oder dessen Reich aufweisen konnten – wie etwa die Beispiele des syrakusanischen Monarchen Hieron II. (s. den Beitrag von M. Dreher und M. Müller) und der spartanischen Könige Kleomenes III. (s. Abb. 1 im Beitrag von E. Baltrusch) und Nabis zeigen. Schließlich verwandten seit dem 2. Jh. v. Chr. sogar nichtgriechische Herrscher in bestimmten Kontexten das Diadem als Teil ihrer königlichen Tracht – man denke hier etwa an die jüdische Dynastie der Hasmonäer oder die asarkidischen Könige (s. die Beiträge von A. Hartmann und A. Luther). Das Diadem war ab dem frühen 3. Jh. v. Chr. ein eindeutiges Symbol für all diejenigen, die sich der in der hellenistischen Welt entstandenen politischen Zei-
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Matthias Haake Abb. 2 Tetradrachme des Seleukidenkönigs Alexander I. (150–145 v. Chr.) mit ›klassischer‹ Königsbinde. Der wahrscheinlich illegitime Sohn des Antiochos IV. kam mit Hilfe der Ptolemäer (s. den Beitrag von S. Pfeiffer) auf den syrischen Königsthron. Über seine Regierung wird ausführlich im ersten biblischen Makkabäerbuch berichtet.
chensprache stets oder in spezifischen Kommunikationskontexten bedienen wollten und den Anspruch erhoben und durchsetzen konnten, Könige zu sein. Über Natur und Charakter der sich hinter dem Begriff ›König‹ verbergenden zahlreichen Ausformungen von Alleinherrschaft sagt das Diadem, das nie einen territorialen Bezug aufwies oder eine staatsrechtliche Komponente besaß, allerdings nichts aus. Unklar bleiben müssen bezüglich des Diadems in hellenistischer Zeit zwei wichtige Aspekte, die mit monarchischen Symbolen grundsätzlich auf das Engste verbunden sind: einerseits die Frage nach der Einbindung des Diadems in Investiturakte – das Wissen über die Existenz und den Ablauf derartiger Rituale ist für die hellenistische Zeit so begrenzt, dass man nur unterschiedliche Formen postulieren kann. Andererseits gibt es hinsichtlich weiblicher Diademträgerinnen (s. Abb. 1 im Beitrag von M. Clauss) mehr Fragen als Antworten. Um die offenen Fragen zum Diadem im Hellenismus beantworten und neue stellen zu können, wäre eine ›histoire totale‹ dieses königlichen Zeichens ein lohnendes Unterfangen; zugleich könnte dies auch ein Beitrag zu einem noch besseren Verständnis der Monarchie in der hellenistischen Welt sein.
Literatur J. E. BAUR, Faustin Soulouque, Emperor of Haiti. His Character and his Reign, in: The Americas 6 (1949), 131–166. E. A. FREDRICKSMEYER, The Origin of Alexander’s Royal Insignia, in: Transactions of the American Philological Association 127 (1997), 97–109. H.-J. GEHRKE, The Victorious King: Reflections on the Hellenistic Monarchy, in: N. LURAGHI (Hrsg.), The Splendors and Miseries of Ruling Alone. Encounters with Monarchy from Archaic Greece to the Hellenistic Mediterranean (2013), 73–98. M. HAAKE, Diadem und basileus. Überlegungen zu einer Insignie und einem Titel in hellenistischer Zeit, in: A. LICHTENBERGER / K. MARTIN / H.-H. NIESWANDT / D. SALZMANN (Hrsg.), Das Diadem der hellenistischen Herrscher. Übernahme, Transformation oder Neuschöpfung eines Herrschaftszeichens? (2012), 293–313. A. LICHTENBERGER / K. MARTIN / H.-H. NIESWANDT / D. SALZMANN (Hrsg.), Das Diadem der hellenistischen Herrscher. Übernahme, Transformation oder Neuschöpfung eines Herrschaftszeichens? (2012). O. MURRAY, Diadem and Kingship, in: Classical Review n.s. 16 (1966), 224–227. H.-W. RITTER, Diadem und Königsherrschaft. Untersuchungen zu Zeremonien und Rechtsgrundlagen des Herrschaftsantritts bei den Persern, bei Alexander dem Großen und im Hellenismus (1965).
Das Antigonidenreich von Klaus Scherberich
Den Antigoniden gelang es erst relativ spät, in Makedonien eine Dynastie zu etablieren. Nachdem sie zwischenzeitlich die unumstrittene Hegemonialmacht in Griechenland geworden waren, zog der Vertrag Philipps V. mit Hannibal 215 v. Chr. die dauerhafte Feindschaft Roms nach sich und führte schließlich zu ihrem Untergang.
Schlussakt in Rom Drei Tage lang dauerte der Triumphzug des Aemilius Paullus. Drei Tage lang zogen mit Gold, Silber und anderen Beutestücken beladene Wagen durch Rom. Schließlich, am dritten Tag, kam endlich der ruhmreiche Sieger selbst und mit ihm der in Ketten gelegte Perseus, der besiegte König der Makedonen. Dieses sorgfältig inszenierte Siegesschauspiel markierte 167 v. Chr. in augenfälliger Weise nach gut hundert Jahren das Ende des Antigonidenreiches (Abb. 1).
Schwierige Anfänge Anders als etwa bei den Ptolemäern in Ägypten (s. den Beitrag von S. Pfeiffer) dauerte es bei den Antigoniden mehrere Jahrzehnte, bis sie ihre Herrschaft in Makedonien dauerhaft festigen konnten. Sie führten ihre Dynastie zurück auf Antigonos Monophthalmos (»der Einäugige«), einen der Generäle Alexanders des Großen. In den Diadochenkriegen gelang es ihm zwischenzeitlich, den größten Teil des vormaligen Alexanderreiches unter seine Kontrolle zu bringen. Nachdem die Ermordung der letzten Familienangehörigen Alexanders bekannt geworden war, nahm er 306 v. Chr. zusammen mit seinem Sohn Demetrios Poliorketes (»der Städtebelagerer«) als erster der Diadochen den Königstitel an (s. den Beitrag von S. Diefenbach). Dabei beanspruchte er für sich in der Nachfolge Alexanders ein einziges, alles umfassendes Königtum, was die anderen Diadochen jedoch nicht anerkannten. Ihrem Angriff unterlag Antigonos 301 v. Chr. bei Ipsos, sein
Abb. 1
Der Triumph des Aemilius Paulus. Historiengemälde von Carle Vernet, 1789.
Reich zerbrach, Demetrios behielt nur wenige Gebiete, darunter mehrere Städte in Griechenland. Demetrios nutzte einige Jahre später eine Schwächeperiode in Makedonien, um dort einzufallen und sich selbst zum König der Makedonen zu akklamieren (294 v. Chr.). Seine Herrschaft war allerdings nur von kurzer Dauer, schon 287 v. Chr. wurde er von Pyrrhos von Epirus und Lysimachos von Thrakien wieder aus Makedonien vertrieben. Nach seinem Tod 283/82 v. Chr. erbte sein Sohn Antigonos Gonatas seine Besitzungen in Griechenland. Nach einem Sieg über die in Griechenland einfallenden keltischen Galater 277 v. Chr. konnte er die Königsherrschaft in Makedonien zurückerlangen und in den folgenden Jahren gegen Pyrrhos erfolgreich verteidigen. Nach dessen Tod 272 v. Chr. hatte er Makedonien unangefochten in Besitz und kontrollierte zudem weite Teile Griechenlands.
Antigonos Gonatas (276–239 v. Chr.) Seine lange Regierungszeit brachte Kontinuität und Stabilität, allerdings wurde die makedonische Machtposition in Griechenland mehrfach deutlich geschwächt. Hauptgegner waren dort neben Athen und Sparta die aufstrebenden Bundesstaaten der Aitoler und Achaier. Auf der großen politischen Bühne musste sich Antigonos mit Ptolemaios II. auseinandersetzen, der 283/82 v. Chr. die Nachfolge
seines verstorbenen Vaters angetreten hatte und eine expansive, gegen Makedonien gerichtete Außenpolitik betrieb. Die größte Herausforderung für Antigonos stellte der sogenannte Chremonideische Krieg dar (269/68?–263/62? v. Chr.), in dem u. a. Athen und Sparta (s. den Beitrag von E. Baltrusch) mit Unterstützung ägyptischer Schiffe und Soldaten gegen ihn kämpften. Nach Siegen zunächst über Sparta, dann auch über Athen war die makedonische Hegemonie in Griechenland zunächst jedoch wieder unangefochten. Antigonos nutzte seine durch den Sieg gewonnene Handlungsfreiheit, um nun seinerseits aktiv gegen Ptolemaios II. vorzugehen. Seesiege bei Kos (255 v. Chr.?) und Andros (245 v. Chr.?) führten zu einer temporären Schwächung der ägyptischen Machtstellung in der Ägäis. Dagegen konnte er nicht verhindern, dass es dem Achaierbund unter der Führung des Aratos von Sikyon und mit Unterstützung ptolemäischer Gelder gelang, sich auf der Peloponnes auf Kosten des makedonischen Einflusses erheblich auszudehnen.
Demetrios II. (239–229 v. Chr.) Fast die gesamte Regierungszeit von Antigonos’ Sohn Demetrios II. wurde bestimmt durch den Krieg gegen die bisher verfeindeten Bünde der Achaier und Aitoler. Trotz einzelner Erfolge konnte er die weitere Expansion des achaiischen
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Klaus Scherberich
Bundes auf der Peloponnes nicht verhindern. Bei seinem Tod 229 v. Chr. hinterließ er mit seinem neunjährigen Sohn Philipp (später Philipp V.) einen unmündigen Erben. Diese Schwächeperiode Makedoniens führte in den nächsten Monaten zu einem nahezu vollständigen Zusammenbruch der antigonidischen Herrschaft über Mittel- und Südgriechenland.
Antigonos Doson (229–221 v. Chr.) In dieser katastrophalen Situation wurde Antigonos Doson, ein Vetter von Demetrios II., zum Vormund Philipps (V.) und Reichsverweser ernannt. Durch einen Feldzug tief in das Kerngebiet des von Ptolemaios III. (s. den Beitrag von W. Huß) mit Subsidien unterstützten Aitolischen Bundes konnte er diesen zu einem Kompromissfrieden bewegen, durch den der größte Teil Thessaliens unter makedonische Kontrolle zurückkehrte. Außerdem brachte er 227 v. Chr. in einer Flottenexpedition nach Kleinasien Teile Kariens unter seine Herrschaft, was seine Ernennung zum König nach sich zog. Auf der Peloponnes war es dem spartanischen König Kleomenes III. zwischenzeitlich gelungen, die meisten Städte des Achaiischen Bundes zu erobern. In dieser existentiellen Krise sahen die Achaier schließlich keine andere Rettung mehr, als ihre bisherige antimakedonische Politik aufzugeben und Doson um Hilfe zu bitten. Gegen große Zugeständnisse erklärte sich der makedonische König schließlich zur Hilfe bereit. 224 v. Chr. wurde in Aigion ein großes Bündnissystem unter seiner Führung gegründet, mit dem die Vormachtstellung Makedoniens in Griechenland institutionell abgesichert werden sollte. Es handelte sich bei diesem sog. ›Hellenenbund‹, dem die meisten Staaten Griechenlands angehörten, allerdings um ein eher lockeres Bündnis mit großer Autonomie der Mitglieder. Mit militärischer Unterstützung des Hellenenbundes konnte Doson Kleomenes 222 v. Chr. besiegen, Sparta musste dem Hellenenbund beitreten, die antigonidische Herrschaft war auf einem neuen Höhepunkt.
König, Hof, Verwaltung Die Antigoniden suchten in Form einer fiktiven Abstammung von Philipp II. eine Anknüpfung an die alte makedonische Königsdynastie und präsentierten sich so wie diese als letztlich aus Argos stammend und als Abkömmlinge des Herakles. Anders als etwa die Seleukiden (s. den Beitrag von K. Ehling) fanden sie eine einheitliche Sprache und Kultur bereits vor, beides musste nicht erst mühsam geschaffen werden. Auch war die Poliskultur in Griechenland voll entwickelt, schon deshalb kam es nur selten (z. B. Demetrias) zu Städtegründungen. Der König verfügte über einen riesigen Grundbesitz, ihm gehörten die wichtigs-
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ten Bergwerke, er erhob Zölle und Steuern und war oberster Heerführer. Er hatte auch kultische Funktionen und pflegte Beziehungen zu wichtigen Heiligtümern wie Delos oder Olympia. Der König besaß mehrere Residenzen, in denen er und sein Hof sich häufiger aufhielten, z. B. Pella (s. den Beitrag von G. Weber). Eine wichtige Rolle als Berater am Hof spielten die vom König ernannten »Freunde« (phíloi), die in Makedonien allerdings nicht so strikt hierarchisch gegliedert waren wie bei den Ptolemäern. Die Ernennung zum »Freund« war verbunden mit einem zeremoniellen Akt, bei dem der König einen purpurgefärbten Mantel (Chlamys) und eine spezielle Kopfbedeckung (Kausia) verlieh. Durch Geschenke band der König die phíloi, bei denen es sich auch um Nichtmakedonen handeln konnte, an sich. Der Hof bildete auch ein kulturelles Zentrum; die königlichen Trinkgelage, die Symposien, boten zudem einen strukturierten Rahmen für die Interaktion und Kommunikation zwischen dem König und der Elite. Eine Besonderheit am Hof der Antigoniden war, dass die Söhne der makedonischen Aristokratie dort in drei nach Alter getrennten Gruppen dienten. Bis heute in der Forschung umstritten ist die Frage nach dem Charakter des antigonidischen Königtums, d. h. ob es sich eher um eine ›autokratische‹ oder um eine ›konstitutionelle‹ Monarchie gehandelt hat. Dabei wird z. T. eine regelmäßig zweimal im Jahr zusammentretende Volksversammlung mit weitreichenden Kompetenzen sowie ein u. a. aus den phíloi bestehender Rat angenommen. Auch wird teilweise davon ausgegangen, dass die Städte ein hohes Maß an Selbständigkeit und Autonomie von der königlichen Zentrale besaßen.
Philipp V. (221–179 v. Chr.) Als Antigonos Doson starb, war Philipp noch unmündig. Die Aitoler nutzten diese scheinbare Schwächeperiode Makedoniens, um ihre Expansionspolitik wieder aufzunehmen. In dem sog. Bundesgenossenkrieg zwischen dem Hellenenbund und den Aitolern und deren Verbündeten (220–217 v. Chr.) erwies sich Philipp jedoch als fähiger Feldherr. Für die nächsten Jahrzehnte wurde nun Rom der entscheidende Faktor in der Geschichte des hellenistischen Makedoniens. Die Römer griffen erstmals 229 v. Chr. militärisch jenseits der Adria ein, um ihren von illyrischer Piraterie bedrohten Seehandel zu schützen (Erster Illyrischer Krieg, 229/28 v. Chr.). Nach ihrem raschen Sieg nahmen sie an der Küste nördlich von Epirus ein Gebiet unter ihren Schutz (sog. röm. ›Protektorat‹). Als der von ihnen eingesetzte Demetrios von Pharos gegen die Abmachungen mit Rom verstieß, griffen sie erneut ein, vertrieben ihn und stellten die Ordnung in ihrem Sinne wieder her (Zweiter Illyrischer Krieg, 219 v. Chr.). Demetrios floh zu Philipp V. und versuchte ihn dafür zu gewinnen, das römische ›Protektorat‹ anzugreifen und ihm seine verlorene Herrschaft zurückzugeben. Als Philipp 217 v. Chr. die Nachricht von der Niederlage der Römer gegen Hannibal am Trasime-
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Abb. 2 Silberdidrachme Philipps V. (220–197 v. Chr.): Bärtiger Kopf Philipps im Profil nach rechts mit Diadem.
nischen See erreichte, hielt er die Römer für hinreichend geschwächt und beendete rasch den Bundesgenossenkrieg. Nach der vernichtenden Niederlage der Römer bei Cannae 216 v. Chr. schloss er im folgenden Jahr in der sicheren Erwartung eines karthagischen Sieges einen Vertrag mit Hannibal, der seine Ansprüche auf das ›Protektorat‹ sichern sollte (s. Infokasten). Für die Römer, denen der Vertrag in die Hände fiel, stellte sich Philipp damit auf unverzeihliche Weise auf die Seite ihres Erzfeindes Hannibal. In dem folgenden Ersten Makedonischen Krieg (215–205 v. Chr.) gewannen sie die Unterstützung des Aitolerbundes und weiterer griechischer Staaten mit dem Ziel, mit möglichst geringem eigenen Einsatz Philipp in Griechenland zu binden. Der Krieg endete, als die Römer sich auf den endgültigen Sieg gegen Hannibal konzentrieren wollten. Philipp V. verlagerte in den nächsten Jahren seine Interessen nach Kleinasien, wo ihm die Schwäche Ägyptens und die Kooperation mit dem Seleukiden Antiochos III. (s. den Beitrag von H. H. Schmitt) neue Möglichkeiten zur Expansion boten (Abb. 2). Die von seinen Gegnern Pergamon (s. den Beitrag von B. Dreyer und A. van Douwe) und Rhodos zur Hilfe gerufenen Römer ergriffen gerne die Gelegenheit, die Rache für den Vertrag mit Hannibal zu vollenden, der Zweite Makedonische Krieg (200–197 v. Chr.) endete mit der Niederlage Philipps V. bei Kynoskephalai. Der Hellenenbund und alle sonstigen Bündnisse Makedoniens wurden aufgelöst, Philipp musste alle Besitzungen in Griechenland und Kleinasien abtreten. Rom wollte verhindern, dass Makedonien eine hegemoniale Stellung in Griechenland zurückgewann und eine Bedrohung für seine Interessen darstellen konnte. Die Geschicke Griechenlands wurden von nun an im römischen Senat entschieden.
Das Ende des Antigonidenreiches Obwohl Philipp V. in der Folgezeit mehrfach auf Seiten der Römer kämpfte, blieb deren Verhalten ihm gegenüber feindselig. Innenpolitisch nutzte er die Jahre bis zu seinem Tod 179 v. Chr. zur Reorganisation und zum Wiederaufbau seines Königtums. Außenpolitisch orientierte er sich nun vor allem nach Thrakien, um nicht mit der von Rom installierten Ordnung in Konflikt zu geraten. Philipps Sohn Perseus (179–168 v. Chr.) setzte die Aufbaupolitik seines Vaters fort und
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Auszug aus dem Vertrag Hannibals mit Philipp V., 215 v. Chr. (Polybios 7, 9, 4–14) „[…] Der Feldherr Hannibal und alle Mitglieder des karthagischen Rates, die bei ihm sind, und alle Karthager, die mit ihm im Felde stehen, erklären [...], Freunde, Verbündete und Brüder zu sein, unter dieser Bedingung: […] Ihr werdet aber auch uns Bundesgenossen sein in dem Krieg, den wir mit den Römern haben, bis die Götter uns und euch den Sieg geben, und ihr werdet uns helfen, wie
es erforderlich ist und wie wir übereinkommen. Wenn die Götter uns den Sieg gegeben haben im Krieg gegen die Römer und ihre Bundesgenossen, wenn dann die Römer um einen Freundschaftsvertrag bitten, dann werden wir ihn so abschließen, dass dieselbe Freundschaft mit euch bestehen soll, und unter der Bedingung, dass es ihnen niemals erlaubt sein soll, Krieg gegen euch zu begin-
nen, und dass die Römer nicht Herren sein sollen über Kerkyra, Apollonia, Epidamnos, noch über Pharos, Dimale, die Parthiner und die Atintanen. Die Römer sollen Demetrios von Pharos alle seine Untertanen zurückgeben, die jetzt zum römischen Herrschaftsbereich gehören. […]« (Polybios 7, 9, 4–14, Übersetzung: H. Drexler, Polybios. Geschichte (21978))
nutzte die gewachsenen finanziellen Ressourcen dazu, in den griechischen Staaten als Wohltäter (Euerget) aufzutreten. Dieses erfolgreiche Werben um Anhänger und Bündnispartner stieß im römischen Senat auf großes Misstrauen. Makedoniens Gegner, u. a. Eumenes von Pergamon, taten das Ihre, um den Konflikt bis zum Kriegsbeschluss eskalieren zu lassen. Nach anfänglichen Erfolgen erlitt Perseus in diesem Dritten Makedonischen Krieg (171–168 v. Chr.) eine katastrophale Niederlage bei Pydna, wenige Tage später nahmen die Römer ihn gefangen. So endete die Dynastie der Antigoniden und damit das erste der drei großen Nachfolgereiche Alexanders des Großen. Makedonien aber wurde zunächst von den Römern in vier unabhängige Republiken geteilt, bevor es 148 v. Chr. mit Illyrien und Epirus zur römischen Provinz Macedonia vereinigt wurde.
Literatur R. M. ERRINGTON, The Nature of the Macedonian State under the Monarchy, in: Chiron 8 (1978), 77–133. R. M. ERRINGTON, König und Stadt im hellenistischen Makedonien: die Rolle des Epistates, in: Chiron 32 (2002), 51–63. J. J. GABBERT, Antigonus II Gonatas. A Political Biography (1997). N. G. L. HAMMOND / F. W. WALBANK, A History of Macedonia. Volume III. 336–167 B.C. (1988). M. B. HATZOPOULOS, Macedonian Institutions under the Kings. I. A Historical and Epigraphic Study. II. Epigraphic Appendix (1996). M. B. HATZOPOULOS, L’organisation de l’armée macédonienne sous les Antigonides. Problèmes anciens et documents nouveaux (2001). R. J. LANE FOX (Hrsg.), Brill’s Companion to Ancient Macedon. Studies in the Archeology and History of Macedon, 650 BC – 300 AD (2011). S. LE BOHEC, Antigone Dôsôn roi de Macédoine (1993). J. ROISMAN / I. WORTHINGTON (Hrsg.), A Companion to Ancient Macedonia (2010). K. SCHERBERICH, Koinè symmachía. Untersuchungen zum Hellenenbund Antigonos’ III. Doson und Philipps V. (224–197 v. Chr.) (2009).
Demetrios I. Poliorketes (306–282 v. Chr.) von Steffen Diefenbach
Kaum ein anderer Herrscher der Diadochenzeit zeigt ähnlich eigenwillige und exzentrische Züge wie Demetrios. Bei aller Unverwechselbarkeit steht er jedoch zugleich auch exemplarisch für die allgemeinen Entstehungsbedingungen des hellenistischen Königtums. Demetrios macht Handlungs- und Kommunikationsspielräume sichtbar, innerhalb derer sich nach dem Tod Alexanders des Großen als eine spezifische Herrschaftsform auszubilden begann.
Demetrios – eine Standortbestimmung Johann Gustav Droysen galt er ob seiner »exzentrischen Größe« als »der hellste Stern in der Sturmnacht, die mit Alexanders Tod hereinbrach«, und noch in jüngster Zeit gelangte Pat Wheatley zu einer ähnlichen Einschätzung, indem er festhielt, Demetrios solle wegen seines »glanzvollen Strebens« und als »schillernde Figur« in Erinnerung bleiben. Diese Urteile der Forschung gründen im Wesentlichen auf zwei Faktoren, die bereits das Bild des Demetrios in der Antike bestimmt haben: seinen ungebrochenen politischen Ambitionen, die ihn trotz zahlreicher Rückschläge über mehrere Jahrzehnte hinweg auf unterschiedliche Schauplätze des östlichen Mittelmeerraums führten, und seinem äußeren Auftreten, das seiner Herrschaft eine ausgesprochen theatralische Schauseite verlieh.
Stationen 336 v. Chr. als Sohn des Antigonos Monophthalmos in dessen phrygischer Residenz Kelainai geboren, wurde Demetrios bereits früh in die politischen Pläne seines Vaters einbezogen. 320 heiratete er Phila, die Tochter des Antipatros, und trug auf diese Weise dazu bei, das gegen Perdikkas gerichtete Bündnis zwischen Antigonos und Antipatros zu stärken (s. den Beitrag von K. Scherberich). Im Ver-
Demetrios I. Poliorketes (306–282 v. Chr.)
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lauf des Zweiten und Dritten Diadochenkrieges übernahm Demetrios eine Reihe von kleineren Kommandos, die er mit unterschiedlichem Erfolg bewältigte. Erst seit dem Jahr 307 v. Chr. begann Demetrios, ein stärkeres eigenes Profil zu entwickeln. Anlass dafür war die Freiheitspolitik für die griechischen Städte, die Antigonos Monophthalmos seit 315 v. Chr. offen propagierte. Demetrios befreite im Auftrag seines Vaters Athen von den Truppen des Kassandros und koordinierte von dort aus zwischen 304 und 302 v. Chr. den Aufbau eines Hellenenbundes. Mit der verheerenden Niederlage von Ipsos, in der Antigonos 301 v. Chr. gegen eine Koalition der übrigen Diadochen sein Leben verlor, erfuhren Demetrios’ Ambitionen einen empfindlichen Dämpfer. Sein Aktionsradius beschränkte sich auf einige Küstenstädte in Kleinasien, der Levante und Griechenland, doch verfügte er nach wie vor über eine große Flotte, die es ihm ermöglichte, eine Seeherrschaft aufrechtzuerhalten (Abb. 1 a.b). Ab 297 v. Chr. wandte sich Demetrios wieder verstärkt Griechenland zu, wo er im Jahr 295 Athen erneut eroberte, indem er es von der Tyrannis des eng mit Kassandros verbundenen Strategen Lachares ›befreite‹. Infolge der Thronwirren nach Kassandros’ Tod gelang es Demetrios, sich 294 zum König der Makedonen ausrufen zu lassen. Als solcher behauptete er sich für die folgenden sechs Jahre, bevor er unter dem Druck von Pyrrhos und Lysimachos seine Stellung räumen musste. Demetrios versuchte daraufhin vergeblich, in Kleinasien erneut eine Herrschaftsstellung aufzubauen. 285 v. Chr. ergab er sich seinem Schwiegersohn Seleukos I. (s. den Beitrag von K. Ehling), unter dessen Aufsicht Demetrios bis zu seinem Tod das paradoxe Dasein eines zwar machtlosen, aber mit königlichen Ehren lebenden Herrschers fristete.
Annäherungen Die zentralen Stationen dieser politischen Biografie lassen sich – bei allem Dissens in Details – weitgehend verlässlich rekonstruieren. Selbstdarstellung und -verständnis des Demetrios sind hingegen deutlich schwieriger zu fassen. Sieht man von den Porträts und Münzprägungen ab (Abb. 1 a.b und 2), steht jegliche Annäherung an Demetrios unter dem Vorbehalt, dass die literarische Perspektive auf seine Person bereits in der Antike in vielfältiger Weise gebrochen wurde. So überlagern sich in der diesbezüglich äußerst aufschlussreichen Demetriosvita des Plutarch unterschiedliche Darstellungsebenen, die sich nur schwer voneinander trennen lassen. Ist etwa die Stilisierung des Demetrios als tragische Bühnenfigur, die die Vita leitmotivisch durchzieht, Ausfluss einer biografischen Konzeption Plutarchs? Fand er sie bereits in der Geschichtsschreibung des Frühhellenismus vor, die entsprechend stilisierte Bilder der historischen Akteure zeichnete? Oder geht sie letzten Endes in entscheidendem Maße bereits auf Demetrios selbst zurück? Ähnliche Fragen stellen sich auch für zahlreiche Anekdoten, die in der antiken Überlieferung über Demetrios und sein Hofleben kursierten. Bereits früh
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Steffen Diefenbach
Abb. 1 a.b Tetradrachme, ca. 301/295 v. Chr. Auf der Vorderseite eine geflügelte Nike auf dem Bug eines Schiffes; auf der Rückseite Poseidon, der einen Dreizack in seiner Rechten schwingt. Beide Motive nehmen Bezug auf Demetrios’ Seesieg bei Salamis und die Thalassokratie, die er auch nach der Schlacht von Ipsos behauptete. Die Münzprägungen für Demetrios greifen dieses Thema sehr häufig in unterschiedlichen Variationen auf.
boten vor allem seine Beziehungen zu Hetären Stoff für Komödien und verwandte Schriften, die später exzerpiert und mehrfach neu kontextualisiert wurden. Daraus Anhaltspunkte für die ursprünglichen Sinngehalte einzelner Episoden und Äußerungen zu gewinnen, ist außerordentlich schwierig. Die Überlieferung konzentriert sich zudem in starkem Maße auf das Verhältnis des Demetrios zu Athen. Das ist sicher kein Zufall: In der ›Schule von Hellas‹ existierte eine differenzierte rhetorische, dramatische und literarische Öffentlichkeit, in der sich Wahrnehmungen und Diskurse über Demetrios und sein Auftreten formierten und tradierten. Der damit einhergehenden Verengung (und Verzerrungen) des Demetriosbildes muss man sich immer bewusst sein. Doch hat die Beziehung des Demetrios zu Athen gleichzeitig auch eine allgemeine, über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung, da sich in ihr wesentliche Elemente von Demetrios’ Selbstverständnis und den Auswirkungen seines Königtums (basileía) auf die politische Kultur des frühhellenistischen Stadtstaates (pólis) widerspiegeln.
Basileía und pólis Es ist unverkennbar, dass Demetrios der Kommunikation und Interaktion mit der griechischen Poliswelt große Bedeutung zumaß und dass Athen dabei eine wichtige Rolle spielte. Diese bereits von seinem Vaters Antigonos initiierte Politik offenbart – jenseits aller Pragmatik – zugleich ein tieferes Selbstverständnis
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von Demetrios’ basileía. Seit Antigonos und Demetrios nach der Schlacht von Salamis 306 v. Chr. den Königstitel angenommen hatten, gründete Demetrios, wie auch die übrigen Diadochen, seine Herrschaftsansprüche nicht darauf, ein bestimmtes Gebiet zu kontrollieren, sondern auf der Anerkennung seiner Macht in der gesamten Oikumene. Der griechischen Poliswelt kam eine zentrale Bedeutung als ideologische Projektionsfläche dieses prinzipiell nicht begrenzbaren Geltungsanspruchs zu. Wie reagierten ihrerseits die póleis darauf? Das Beispiel Athens macht exemplarisch deutlich, mit welcher Bereitschaft zumindest Teile der pólis sich auf dieses Selbstverständnis einließen, indem die Athener – als Erste unter allen Menschen, wie Plutarch hervorhebt – Antigonos und Demetrios zu Königen ausriefen. Vor allem aber waren es kultische Ehren, die Demetrios in Athen seit 307 in großer Zahl und Variation zuteil wurden. Diese das Maß des Menschlichen übersteigenden städtischen Ehrungen erfüllten dabei nicht allein den Zweck, Demetrios angemessenen Dank für seine herausragenden Leistungen abzustatten. Göttlichkeit fungierte vielmehr als ein kulturelles Modell, das es den Athenern ermöglichte, einen universale Handlungsmächtigkeit beanspruchenden Herrscher auf ihre Stadt zu beziehen und gleichzeitig eine gewisse Distanz zu ihm zu markieren: Als Gott verblieb Demetrios außerhalb der Stadt und ihrer politischen Ordnung. Auch auf dieser ideellen Grundlage blieb das Verhältnis des Demetrios zu Athen jedoch fragil. Als Demetrios zwischen 304 und 302 v. Chr. für längere Zeit im Parthenon auf der Akropolis Quartier bezog, provozierte dies scharfe Kritik und Auseinandersetzungen zwischen Anhängern und Gegnern des Demetrios in der Stadt. Die Polemik der Letzteren richtete sich einerseits gegen den Hof, der als Ansammlung von Hetären und Schmeichlern gebrandmarkt wurde. Andererseits wurden mit dem Vorwurf, Demetrios habe sich an Bürgerfrauen und Knaben vergangen, auch klassische Elemente traditioneller Tyrannentopik aktiviert. Der Aufenthalt des Demetrios in Athen offenbarte damit eine tiefsitzende Distanz zur Monarchie, die sich durch das kulturelle Modell, mit dem Herrscher als Gott zu kommunizieren, nicht überwinden ließ. Als Demetrios im Frühjahr 295 v. Chr. nach der erneuten ›Befreiung‹ Athens von der Tyrannis des Lachares in Athen einzog, trug er diesen Erfahrungen Rechnung, indem er seine Ankunft gezielt mit der Feier der Dionysien synchronisierte und sich der Bürgerschaft wie ein Schauspieler im Theater präsentierte – dem Ort also, an den während der Dionysien traditionell das Götterbild des Dionysos in einem Empfangsritual verbracht wurde. Für die Folgezeit fasste man den Beschluss, man solle Demetrios bei seinen Besuchen wie Dionysos und Demeter willkommen heißen (Abb. 2 und der Hymnos im Infokasten). Durch diese gezielte Angleichung an zwei Gottheiten, die im Mythos als Fremde nach Athen gekommen waren, erschien Demetrios seinerseits als ein fremder Gott, der prinzipiell außerhalb der Stadt verblieb und sie nur periodisch aufsuchte. Göttlichkeit als Grundlage der Kommunikation des Herrschers mit der pólis blieb frei-
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Abb. 2 Marmorbüste des Demetrios, römische Kopie einer Bronzebüste, die ca. 290 v. Chr. gefertigt wurde (Neapel, Museo Archeologico Nazionale, Inv.-Nr. 6149). Dargestellt wird Demetrios mit hier nur dezent angedeuteten Hörnern, die seit den 290er Jahren auch auf den Porträts seiner Münzprägung erscheinen. Die Hörner werden allgemein als ein Attribut angesehen, das Göttlichkeit signalisieren soll. Ihre ikonografische Deutung ist jedoch umstritten – nehmen sie Bezug auf Poseidon oder auf Dionysos? Eine intendierte Angleichung an Dionysos erscheint insgesamt plausibler, da sie für Demetrios’ Selbstverständnis spätestens seit der Mitte der 290er Jahre eine zentrale Rolle spielte.
lich auch unter diesen modifizierten Bedingungen zweischneidig: Athenische Abordnungen an Demetrios als Festgesandtschaften zu deklarieren, wie sie Göttern zuteil wurden, ließ sich als Zeichen von Servilität deuten und markierte die Grenzen dieses Modells, sobald man mit dem Herrscher in Person als Gott kommunizierte.
»Die größten Götter und auch die beliebtesten sind in unserer Mitte. Denn Demeter sowie Demetrios zugleich Führte her die Stunde. … Sohn Poseidons, des mächtigsten der Götter, und Aphrodites, dir zum Gruße! Denn die anderen Götter sind, mag sein, sehr weit entfernt oder haben keine Ohren, mag sein, sie gibt’s nicht, oder sie missachten uns. Du bist uns vor Augen, nicht Holz, nicht Stein, nein in wahrhaftiger Gestalt, dir gilt unser Beten. …« Auszug aus einem dionysischen Hymnos, den die Athener bei einem Athenbesuch des Demetrios 291/290 v. Chr. sangen (Athenaios, Das Gelehrtenmahl, eingeleitet und übersetzt von C. Friedrich, kommentiert von T. Nothers (1998), hier VI 253 f.)
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Nochmals: Demetrios – eine Standortbestimmung Die »exzentrische Größe« des Demetrios beruhte demnach weder auf einem einzigartigen Selbstverständnis, noch war sie Ausdruck eines einseitigen und übersteigerten Repräsentationswillens. Demetrios mag zwar die Unbegrenztheit seiner basileía exklusiver verstanden haben als die übrigen Diadochen, indem er einen Mantel mit der Darstellung des Kosmos trug, sich auf der Bühne als Wagenlenker, der die Oikumene entlangfuhr, darstellen ließ und den übrigen Diadochen ihre Berechtigung, sich Könige nennen zu können, absprach. Auch die übrigen Könige (basileís) teilten jedoch ihrerseits die Vorstellung von einer uneingeschränkten Handlungsmächtigkeit, die als konstitutiv für die hellenistische Monarchie insgesamt gelten kann. Die exzentrische Schauseite des Demetrios wiederum formte sich in einem komplexen Wechselspiel aus herrscherlicher Selbstdarstellung und den Reaktionen der Städte darauf, in denen nicht selten erbitterte interne Auseinandersetzungen um die Positionierung gegenüber Demetrios geführt wurden. Das Schillernde an seiner Persona – vom aufsehenerregenden Hofleben des Demetrios über die göttlichen Ehrungen bis hin zu seiner theatralischen Inszenierung und Angleichung an die Götter – war damit zu einem nicht geringen Teil das Resultat von pólis-internen Verzerrungen und von unausgesetzten Bemühungen, eine tragfähige kommunikative Basis für das Verhältnis von Herrscher und pólis zu finden. All dies macht Demetrios einzigartig und paradigmatisch zugleich: So außergewöhnlich sein Erscheinungsbild, so exemplarisch waren sein Selbstverständnis, die Bedingungen, unter denen sich dieses Bild formte, und auch die grundlegenden Ausdrucksformen, vermittels derer er als hellenistischer König in Relation zur griechischen Poliswelt trat. Insofern kann er als das gelten, was auch Plutarch in ihm sah: eine nahezu idealtypische Verkörperung des hellenistischen basileús.
Literatur A. CHANIOTIS, The Ithyphallic Hymn for Demetrios Poliorketes and Hellenistic Religious Mentality, in: P. P. IOSSIF u. a. (Hrsg.), More than Men, less than Gods. Studies on Royal Cult and Imperial Worship (2011), 157–195. K. EHLING, Stierdionysos oder Sohn des Poseidon: Zu den Hörnern des Demetrios Poliorketes, in: Göttinger Forum für Altertumswissenschaft 3 (2000), 153–160. S. MÜLLER, Demetrios Poliorketes, Athen und Aphrodite, in: Gymnasium 117 (2010), 559–573. P. PASCHIDIS, Agora XVI 107 and the Royal Title of Demetrius Poliorcetes, in: V. ALONSO TRONCOSO / E. M. ANSON (Hrsg.), After Alexander. The Time of the Diadochi (323–281) (2013), 121–141. W. J. TATUM, The Regal Image in Plutarch’s Lives, in: Journal of Hellenic Studies 116 (1996), 135–151. P. THONEMANN, The Tragic King: Demetrios Poliorketes and the City of Athens, in: O. HEKSTER / R. FOWLER (Hrsg.), Imaginary Kings. Royal Images in the Ancient Near East: Greece and Rome (2005), 63–86. G. WEBER, Herrscher, Hof und Dichter. Aspekte der Legitimierung und Repräsentation hellenistischer Könige am Beispiel der ersten drei Antigoniden, in: Historia 44 (1995), 283–316.
Hellenistische Palastanlagen von Gregor Weber
Zu den Charakteristika der hellenistischen Epoche gehören Palastanlagen: Sie waren für die Könige zur Verwaltung und Herrschaftsorganisation essenziell und dienten der monarchischen Selbstdarstellung und Interaktion mit verschiedenen Personengruppen. Makedonische Elemente wirkten für die Ausgestaltung vorbildhaft, konnten sich aber – regional unterschiedlich – mit achaimenidischen und anderen indigenen Traditionen im Kontext größerer Akkulturationsprozesse verbinden.
Der Ausgangspunkt: Makedonien Mit König Alexander I. am Beginn des 5. Jh.s v. Chr. lässt sich das Königtum der Argeadendynastie in Makedonien historisch fassen, wenngleich von seinem Palast in Aigai, dem heutigen Vergina, nichts bekannt ist. Archelaos I. (413– 399 v. Chr.) hat dann sein Herrschaftszentrum in das zentraler gelegene und mit Zugang zum Meer ausgestattete Pella verlagert, ohne Aigai aufzugeben. Pella wurde von griechischen Künstlern wie Zeuxis prachtvoll ausgestaltet; im Königspalast entwickelte sich eine bedeutsame höfische Kultur. Typisch für Aigai und Pella ist eine auf einem Hügel über der Stadt gelegene Palastanlage, von der man auf die Agora und die Wohnbebauung hinabsah bzw. die von unten ihre Wirkung nicht verfehlt haben dürfte. Philipp II. hat um die Mitte des 4. Jh.s in Aigai ein gewaltiges Bauprojekt initiiert – ein zweistöckiges großes Palastgebäude über der Stadt, von dem man sich dank der jüngsten Ausgrabungen ein gutes Bild machen kann (Abb. 1). Auch in Pella kam es zu einer Neuanlage oder Erweiterung, wobei das teils durch Steilhänge, teils durch Mauern geschützte Palastareal später mehr als 70.000 m² umfasste und nach einer Bautätigkeit vom 4. bis zum 1. Jh. v. Chr. aus sieben Gebäudeeinheiten bestand. Der Palastbereich war zwar durch Mauern von der Stadt abgetrennt, dennoch mit der Stadt verbunden, da sich der Makedonenkönig traditionell durch Zugänglichkeit auszeichnete. Wie bei allen Palastbauten muss man sich auch
Hellenistische Palastanlagen
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hier die Funktion der Räume erschließen, da die literarische Überlieferung keine Zusammenstellung der notwendigen Ausstattung aufweist. Pella dürfte für die Zeit des Hellenismus eine Art Prototyp abgegeben haben, da Alexanders Nachfolger in den Diadochenreichen allesamt dort höfisch sozialisiert worden waren.
Bestandteile der Paläste Aus Mauerresten, Funden und der Analyse verbliebener Architekturglieder lassen sich Grundelemente erkennen, die durch allgemeine, von den Funktionen des Palastes abgeleitete Überlegungen zu ergänzen sind: Der Palast wies monumental gestaltete Schau- und Eingangsfassaden auf, die über 150 m lang sein konnten und deren ausgefeilte Fassadengliederung durch die Farbigkeit in der Wirkung unterstützt wurde. Die Gebäude besaßen weitläufige, offene Peristylhöfe (über 30 x 30 m), für die man sich u. a. eine Statuenausstattung vorstellen kann; weitläufige Wandelhallen (stoai) dienten als Verbindungselemente zwischen den Bauten. Charakteristisch sind auch sog. Dreiflügelraumgruppen – drei annähernd gleich große Räume, die miteinander verbunden waren und deren mittlerer sich zum Peristylhof hin öffnete: In einem solchen Ensemble konnten bei einem Gelage mehrere Hundert Gäste untergebracht werden; es stellte einen angemessenen Rahmen für die höfische Gesellschaft und deren Aktivitäten dar. Daneben findet sich eine größere Halle, die eine politische Funktion, vielleicht im Zusammenhang mit Audienzen, gehabt haben könnte. In das Bauensemble sind Rundbauten integriert, denen – ähnlich wie Altären – eine kultische Nutzung zugesprochen wird. Auch gab es Wohntrakte für die königliche Familie und ihre Bediensteten, außerdem Funktionsräume (Küche, Palastwache, Magazine). Reste der Innenausstattung, die auf eine hochwertige Mosaizierung, Stuckierung und Wandbemalung schließen lassen, haben sich erhalten. Typisch ist die Kombination von Pfeiler und angearbeiteter Halbsäule; Grabfunde vermitteln eine Ahnung davon, wie kostbar das verwendete Geschirr gewesen sein muss. Identifiziert wurden ebenso Trainingsund Übungsplätze sowie die königliche Münzstätte; außerdem ist davon auszugehen, dass der Palast angesichts der intellektuellen Vorlieben der Könige eine Bibliothek enthielt. Wo sich die königliche Verwaltung befand, die auf ein Archiv für die Korrespondenz und Entscheidungen des Königs angewiesen war, wissen wir nicht. Dies gilt auch für die Unterbringung auswärtiger Gäste, zumal etliche Räume sicherlich multifunktional nutzbar waren. Vermutlich wohnten die engsten Vertrauten des Königs nicht permanent im Palastareal, sondern in der unmittelbaren Umgebung: Infrage kämen die großen Hausensembles im Süden der Agora von Pella, die für ihren Ausstattungsreichtum bekannt sind. Ausgedehnte Garten- und vor allem Parkanlagen dürften in Makedonien eine weniger prominente Rolle gespielt haben als andernorts, da die Region zwischen dem LoudiasSee und den wasserreichen Flüssen Axios und Haliakmon überaus fruchtbar war.
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Abb. 1
Palast von Aigai, neue Rekonstruktion des monumentalen
Insgesamt stellte das Palastensemble im Ganzen für den König ein angemessenes Ambiente dar, das auf seine Erfordernisse in puncto Kommunikation, Repräsentation, Interaktion, Sicherheit und Herrschaft abgestellt war.
Neugründungen Alexander der Große war also mit dem Leben im Palast von Kindesbeinen an vertraut (s. den Beitrag von J. Malitz), hat aber in Makedonien bekanntermaßen keine eigene Anlage hinterlassen; inwieweit er bei der Gründung von Alexandreia entsprechende Direktiven gab, lässt sich nur vermuten – zumindest eine königliche Residenz könnte geplant gewesen sein. Während seines Zuges musste er auf mobile Strukturen zurückgreifen – umso mehr, als er nach der Schlacht von Issos auch das große königliche Zelt (skēnē) seines Gegners Dareios III. erbeutete und als sichtbares und symbolisches Zentrum weiter verwendete. Außerdem lernten er und seine Generäle traditionsreiche persische Palastanlagen kennen – in Babylon, Susa, Persepolis und Ekbatana mit ihren im Vergleich zu Makedonien ungleich monumentaleren Ausmaßen, einer gewollten Isolation des Königs, einer stärkeren Zeremonialisierung und dem Fehlen von umgebenden Polisstrukturen. Alexanders unmittelbare Nachfolger und die folgenden Könige standen bekanntlich in ihren Reichen vor der Herausforderung, eine Zentrale (oder auch mehrere) zu errichten, die ihren Bedürfnissen entsprach. Dazu konnten sie entweder in einer bereits bestehenden pólis oder in Neugründungen entsprechende Palastareale (basíleion oder basíleia) anlegen, weshalb aus dieser Zeit zahlreiche, freilich unterschiedlich gut erhaltene Bauten überliefert sind; etliche Städte
Eingangs und der Fassade (Ostseite).
sind jedoch vielfach überbaut und liefern, sieht man von punktuellen Grabungen einmal ab, keine Befunde. Demetrias in Thessalien wurde um 290 v. Chr. von Demetrios Poliorketes durch eine angeordnete Umsiedlung (synoikismós) der Bewohner des Landstrichs von Magnesia, südöstlich von Makedonien gelegen, gegründet (s. den Beitrag von S. Diefenbach): Die Stadt besaß eine Palastanlage im Zentrum der megaloman geplanten und mit 12,7 km gewaltig ummauerten Stadt, die über eine massiv befestigte ›Fluchtburg‹ verfügte. Auch für Kassandreia, Thessalonike und Lysimacheia dürfen wir von entsprechenden Anlagen ausgehen, doch konnten sich deren Initiatoren Kassandros und Lysimachos nicht lange halten bzw. eine Dynastie begründen. Demgegenüber haben sich die Attaliden auf dem Burgberg der polis Pergamon niedergelassen und dort nach und nach ein Ensemble mehrerer reich ausgestatteter Palastgebäude errichtet (s. den Beitrag von B. Dreyer und A. van Douwe). Die Seleukiden haben um 300 v. Chr. mit Antiocheia und Apameia am Orontes sowie Laodikeia und Seleukeia am Meer sogar einen Vier-Städte-Verbund in Nordsyrien gegründet und damit ein Zentrum zwischen Zweistromland und östlichem Mittelmeer platziert, während Seleukeia am Tigris auf Konkurrenz zum nahe gelegenen Babylon ausgelegt war (s. den Beitrag von K. Ehling). Der Palastbezirk der syrakusanischen Könige auf der Insel Ortygia war mit allem ausgestattet, was eine königliche Repräsentation für Empfänge, für kultische Vollzüge und die Administration erforderte, war aber durch die Lage auch militärisch gegenüber der Stadt gesichert (s. den Beitrag von M. Dreher und M. Müller). Auch wiesen Statthalter- oder Gouverneurspaläste, etwa Jebel Khalid und Dura Europos am Euphrat, Iraq-al Amir in Transjordanien oder Ai Khanum in Baktrien (s. den Beitrag von J.-D. Gauger), mitunter vergleichbare Ausstattungsmerkmale auf, wobei dort wie in Jericho und Samosata
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Gregor Weber
indigene Elemente stark akzentuiert wurden. Die konkrete Ausgestaltung konnte folglich sehr verschieden sein, wenngleich es aufgrund der Funktionserfordernisse und Konkurrenz eine hohe Konformität gab.
Tradition und Akkulturation Es verwundert nun keineswegs, dass der makedonischen Tradition hierbei eine zentrale Rolle zukam, dass aber auch – je nach Lage und Akkulturationsgrad – vornehmlich seit der zweiten Hälfte des 3. Jh.s v. Chr. neue, d. h. indigene Elemente aus achaimenidischer, ägyptischer etc. Tradition hinzukamen. Dazu gehören nicht nur z. B. lange Korridore mit zahllosen Räumen, große Audienzhallen, Schatzhäuser sowie die Anlage großer Parks und Gärten, sondern auch die Detailgestaltung von Säulen, Kapitellen etc. So lässt sich der bei Athenaios (5, 204d–206c) überlieferten Beschreibung des ca. 115 m langen Palastschiffs (‚Thalamegos’) von Ptolemaios IV. u. a. entnehmen, dass einer der prunkvoll ausgestalteten Speiseräume im ägyptischen Stil gehalten war; auch sonst ist der Text aussagekräftig für etliche Details, etwa was die Gestaltung der Peristyle, Säulen und Ornamente sowie die verwendeten Materialien angeht. Auch übernahmen die Seleukiden – nachweisbar in Antiocheia am Orontes und in Seleukeia am Tigris – aus der Tradition des Vorderen Orients den Usus, das Palastareal, das ca. ein Viertel der Stadtfläche einnahm, zusätzlich durch einen Fluss und künstliche Kanäle von der Stadt abzutrennen (Abb. 2). Bei den Ptolemäern grenzte der Palastbezirk direkt an das Meer und verfügte über einen eigenen Hafen. Der Geograf Strabon hat eine entsprechende Beschreibung überliefert (s. Infokasten). Der Textausschnitt zeigt mit den Hinweisen auf Museion und sēma die inhaltlichen und ideologischen Präferenzen der frühen Ptolemäer: Ein königliches Patronat der ›Akademie der Wissenschaften‹, die u. a. eine Bibliothek, eine Sternwarte, »Die Stadt besitzt sehr schöne öffentliche Bezirke und die Königspaläste, die den vierten oder dritten Teil des gesamten Umfangs ausmachen; wie nämlich jeder König aus Prunkliebe den öffentlichen Weihgeschenken irgendeine Zierde hinzufügte, so baute er auch an die schon vorhandenen Paläste einen neuen für sich persönlich an. ... Alle sind miteinander und dem Hafen verbunden, auch die, die außerhalb des Hafens liegen. Zum Palastareal gehört auch das Museion, mit einer Wandelhalle, einer mit Sitzen versehenen Halle und einem großen Gebäude, in dem sich
auch der gemeinsame Speiseraum der zum Museion gehörenden Gelehrten befindet. ... Zum Palastareal gehört auch das sogenannte Grab (sēma), ein abgeschlossener Bezirk, in dem sich neben den Grüften der Könige auch die Gruft Alexanders befindet. ... Zur Linken des Einfahrenden liegen die mit jenen auf der Landspitze Lochias zusammenhängenden inneren königlichen Gebäude, die viele verschiedenartige Säle und Parks umfassen.« (Strabon 17, 1, 8-9 mit Auslassungen; Übersetzung: G. Weber)
Hellenistische Palastanlagen
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Abb. 2 Seleukeia am Tigris – Rekonstruktion des Stadtplans in hellenistischer Zeit; rechts oben befindet sich das Palastareal.
einen zoologischen Garten und eine medizinische ›Versuchsanstalt‹ beinhaltete, und eine direkte Legitimation über Alexander den Großen. Die Parks, die zumindest zeitweilig öffentlich zugänglich waren, boten Raum zur Aufstellung temporärer und mobiler Architektur in Form riesiger Zelte und für die Abhaltung religiöser Feste. Damit konnten sich die Könige – zusätzlich zu den bestehenden Palaststrukturen – inszenieren, ideologische Botschaften übermitteln sowie ihre finanziellen und technischen Möglichkeiten darstellen.
Literatur P. CHRYSOSTOMOU, Le palais de Pella, in: S. DESCAMPS-LEQUINE (Hrsg.), Au royaume d’Alexandre le Grand. La Macédoine antique (2011), 294–295. M. B. HATZOPOULOS, Macedonian Palaces. Where King and City Meet, in: I. NIELSEN (Hrsg.), The Royal Institution in the First Millennium BC (2001), 189–199. W. HELD, Die Residenzstädte der Seleukiden. Babylon, Seleukia am Tigris, Ai Khanum, Seleukia in Pieria, Antiochia am Orontes, in: Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts 117 (2002), 217–250. W. HOEPFNER / G. BRANDS (Hrsg.), Basileia. Die Paläste der hellenistischen Könige (1996). M. KOPSACHEILI, Hybridisation of Palatial Architecture. Hellenistic Royal Palaces and Governors’ Seats, in: A. KOUREMENOS et al. (Hrsg.), From Pella to Gandhara (2011), 17–34. A. KOTTARIDI, The Palace of Aegae, in: R. J. LANE FOX (Hrsg.), Brill’s Companion to Ancient Macedon (2012), 297-333 mit Abb. 31–36. I. NIELSEN, Hellenistic Palaces. Tradition and Renewal (1994). G. WEBER, Die neuen Zentralen. Hauptstädte, Residenzen, Paläste und Höfe, in: G. WEBER (Hrsg.), Kulturgeschichte des Hellenismus (2007), 99–117.
Das Ptolemäerreich von Stefan Pfeiffer
Die ptolemäische Dynastie stellte mit fast 300 Jahren Dauer das beständigste Herrscherhaus der Nachfolger Alexanders des Großen. Im Schnittpunkt griechischer und ägyptischer Kultur und auf Basis des durch den Nil bedingten Reichtums bildete sich eine multikulturelle Gesellschaft von großer Langlebigkeit heraus. Die Zurschaustellung des eigenen Reichtums war das Herrscherideal eines doppelgesichtigen Herrschergeschlechts, das für die Makedonen und Griechen als Könige und die Ägypter als Pharaonen auftrat.
Ptolemaios und das speergewonnene Ägypten »Dem Ptolemaios solle gehören: Ägypten und Libyen und der größte Teil des jenseits von diesem Gebiet liegenden Landes und was er etwa in Richtung Sonnenuntergang als speergewonnenes Land hinzugewinnen werde.« (Arrian, Diadochengeschichte fr. I 34). Mit diesen Worten hielt Antipatros, einer der ehemaligen Generäle Alexanders des Großen, drei Jahre nach dem Tod des makedonischen Welteroberers fest, dass sein ehemaliger Kampfgefährte von nun an die Oberherrschaft über Ägypten und die angrenzenden Regionen haben solle. Damit und mit den Ansprüchen der anderen Generäle war de facto die Einheit des von Alexander dem Großen eroberten Reiches beendet. Bereits nach dessen Tod im Jahr 323 v. Chr. hatte sich sein General Ptolemaios, der Sohn des Lagos, in den Besitz Ägyptens gesetzt, was ihm nun die ehemaligen Gefährten, die zu Konkurrenten geworden waren, bestätigten. Die Herrschaft lag aber weiterhin offiziell in den Händen des geistig behinderten Halbbruders Alexanders, Philipp III. Arrhidaios, und anschließend in denen des von Roxane geborenen und noch minderjährigen Sohnes, Alexander IV. Das von Ptolemaios in Besitz genommene Ägypten konnte zunächst sicherlich nicht als der ›Hauptgewinn‹ aus dem aufgeteilten Alexanderreich angesehen werden, war Asien doch viel verlockender. Aber das Land am Nil verfügte
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Das Ptolemäerreich
über die beste geostrategische Lage. Das von Wüsten und dem Meer eingegrenzte fruchtbare Niltal konnte mit einem feindlichen Heer lediglich zu Wasser oder über den Küstenstreifen der Levante erreicht werden. Zudem sicherte der Nil nicht nur die Versorgung des Landes selbst, sondern mit den erwirtschafteten Getreideüberschüssen ließ sich auch ein gewinnbringender Handel treiben. Eine der wichtigsten strategischen Maßnahmen des Ptolemaios war in diesem Zusammenhang die Verlegung der Satrapenresidenz von der alten ägyptischen Königsstadt Memphis in das von Alexander dem Großen gegründete Alexandreia am westlichen Rand des Nildeltas, direkt am Mittelmeer. Deutlich zeigte er damit, dass er nicht in die alten pharaonischen Traditionen treten wollte, sondern Ägypten nur als einen Teil seines Herrschaftsbereiches betrachtete, zu dem auch weite außerägyptische Besitzungen von Kyrene bis in den östlichen Mittelmeerraum zählten (s. den Beitrag von H. Klinkott).
Eine göttliche Herrscherdynastie Erst 306 v. Chr. ließ sich Ptolemaios I., dem Beispiel des Antigonos folgend, zum hellenistischen König krönen. Seit 304 v. Chr. erscheint er dann in ägyptischen Texten auch als Pharao mit einer entsprechenden Königstitulatur. Gegenüber ihren ägyptischen Untertanen repräsentierten sich die ptolemäischen Könige seitdem als Pharaonen, gegenüber den Griechen und Makedonen als hellenistische Könige: In der Forschung spricht man in diesem Zusammenhang vom »Doppelgesicht ptolemäischer Herrschaft«. Der neue König hatte aber die Macht usurpiert, und deshalb suchte er nach Legitimation seiner Herrschaft. Diese lag insbesondere in seiner militärischen Effizienz begründet, durch die er schließlich sein Reich »speergewonnen« hatte. Flankiert war die militärische Legitimation von einem ganzen Bündel an historischen und religiösen Sinngebungsbezügen. So legten sich die Ptolemäer eine göttliche Herkunft zu, die sie mit Alexander dem Großen verband und bis auf Herakles und Zeus zurückreichte. Der Adler des Zeus, also das Tier des Urvaters der Ptolemäer, war das Wappentier der Dynastie. Alexander der Große erhielt in Alexandreia eine Grablege und einen eponymen Kult: Der jährlich wechselnde Priester des Alexander wurde in allen Urkunden in der Datierung direkt nach der Nennung des Königs angeführt. Bereits Ptolemaios I. verehrten Untertanen den Göttern gleich als Heiland (»Retter«, griechisch sōtēr). Ptolemaios II. institutionalisierte den Kult für den lebenden König. Der eponyme Priester des Alexander war von nun an auch Priester der »Geschwistergötter«, wie Ptolemaios II. und seine Schwester und Gemahlin Arsinoe II. sich nannten. Hieran schlossen sich die folgenden Herrscherpaare mit ihren Kultnamen an, so Ptolemaios III. (s. den Beitrag von W. Huß) und Berenike II. als »Wohltätergötter«, Ptolemaios IV. und Arsinoe III. als »Vaterliebende Götter« usw.: Es handelte sich also um einen Dynastiekult.
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Abb. 1 a.b Ptolemäische Sonderprägung (ausgegeben 285/246 v. Chr. oder später). Das Goldtetradrachmon dürfte nicht nur als Zahlungsmittel, sondern eher als Auszeichnung verdienter Funktionäre gedient haben. Auf der Rückseite sind Ptolemaios I. und Berenike I. dargestellt, auf der Vorderseite deren Kinder Ptolemaios II. und seine Schwestergemahlin Arsinoe II. Die Umschrift liest sich in Kombination von Rück- und Vorderseite als »(Münze) der Geschwistergötter« (theōn adelphōn). Beide ( Herrscherpaare sind ikonografisch durch die weit aufgerissenen Augen und den leicht nach oben gehobenen Blick als vergöttlicht dargestellt. Die Prägung zeigt das Bemühen um dynastische Legitimation der Herrschaft des zweiten Ptolemäers.
Geschwisterliebe »Den Stachel stößt Du in ein unerlaubtes Loch« (Athenaios 14, 621a), kommentierte der griechische Dichter Sotades die Ehe zwischen Ptolemaios II. und seiner Schwester Arsinoe II. Sotades wurde hierfür ertränkt und die Heirat in der Familie nach dem Vorbild der heiligen Hochzeit zwischen Zeus und Hera ein prägendes Kennzeichen der neuen Dynastie. Arsinoe erhielt den treffenden Kulttitel Philadelphos – »die Bruderliebende« –, und König und Königin ließen sich einen Kult als »Geschwistergötter« einrichten (Abb. 1 a.b). Die Königsgemahlin spielte seitdem eine bisher ungekannt wichtige Rolle, die bislang keine Parallelen, zumal keine ägyptischen, kannte. In den Urkunden treten immer König und Königin auf. Eine ptolemäische Königin trug den entsprechenden Titel, und manche Herrscherin führte auch schon vor Kleopatra VII. eigenständig die Regierungsgeschäfte. Viele der Königinnen erhielten zudem – ähnlich wie Arsinoe II. – eigene Kulte, hatten also einen bedeutenderen Herrscherkult als ihr jeweiliger Gemahl.
Der Reichtum als Herrscherideal Neben Zeus war Dionysos, der Gott des Weines und des Wohllebens, einer der wichtigsten Götter der Dynastie. So stellten die Ptolemäer auf einem Ptolemaia genannten prunkvollen Fest in Alexandreia den unermesslichen Reichtum ihrer Herrschaft zur Schau. Das Präsentieren des Reichtums prägte das königliche Herr-
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scherideal, und Ptolemaios IV. und XII. bezeichneten sich gar als »Neuer Dionysos«. Eng verbunden mit Dionysos war auch der neue, durch den ersten Ptolemäer eingeführte Gott Sarapis, der Aspekte des Dionysos, Zeus und Hades, aber auch des Osiris aufwies. In Ägypten fand Sarapis, abgesehen von Alexandreia, wo sich sein wichtigstes Heiligtum, das Sarapieion, befand, freilich nur wenig Zuspruch. Der Gott machte aber, gemeinsam mit seiner Kultpartnerin Isis, in der gesamten Mittelmeerwelt eine große Karriere, die bis in die Spätantike reichte.
Vom Höhepunkt zum Niedergang der Macht Geprägt war die Herrschaft der Ptolemäer von zahlreichen Kriegen, die die Könige des 3. Jh.s v. Chr. noch sehr erfolgreich gegen ihre Konkurrenten im Norden und Osten zu führen wussten. Auf den zweiten Ptolemäer folgte der dritte mit dem Beinamen »der Wohltäter« (Euergetes I.). In einem jüngst edierten Dekret der ägyptischen Priester vom 3. Dezember 243 v. Chr. (Abb. 2) berichten die Priester vom Dritten Syrischen Krieg (246–242/41 v. Chr.), der Ptolemaios tief ins Seleukidenreich führte: »Er ging aus Ägypten heraus im ersten Regierungsjahr, als er das Königsamt von seinem Vater übernommen hatte. Er wendete sich vielen Provinzen zu, ..., indem er viele Menschen, viele Pferde, viele Elefanten und viele Schiffe erbeutete. Nachdem er im Kampf siegreich gewesen war, brachte er sie alle nach Ägypten, indem er seine Wohltätigkeit Ägypten erwies, indem er jegliche Sorge trug für die [Bilder?] der Götter, welche man weggenommen hatte aus Ägypten zum Land Syrien, zum Land der Phönikier, zum Land der Kilikier, nach Persien und Susa in der Zeit des Schadens, den die Meder (= Perser) den Tempeln zufügten.« (demotische Fassung, Übersetzung H.-J. Thissen) Für die ägyptischen Priester war Ptolemaios damit ein siegreicher Pharao; aus griechisch-makedonischer Perspektive hatte der König wiederum eine Alexander dem Großen vergleichbare Leistung vollbracht und sich damit für beide Seiten als Herrscher legitimiert. Auch Ptolemaios IV. mit dem Beinamen »der Vaterliebende« errang in der Schlacht von Raphia im Jahr 217 v. Chr. einen glorreichen Sieg über den großen Konkurrenten der Ptolemäer im Osten, den Seleukidenkönig Antiochos III. (s. den Beitrag von H. H. Schmitt). So war das 3. Jh. v. Chr. also die Zeit der größten Machtentfaltung des Ptolemäerreiches. Der Niedergang der Dynastie nahm mit dem Jahr 206/05 v. Chr. seinen Anfang, als sich der Ägypter Haronnophris im oberägyptischen Theben zum Pharao krönen ließ und aufgrund von Thronfolgeproblemen in Alexandreia seine Herrschaft bis nach Abydos ausdehnte. Erst zwanzig Jahre später konnte der thebanische Aufstand niedergeschlagen werden. In der Zwischenzeit hatte der bei Raphia besiegte Antiochos III. die Schwäche des Herrscherhauses ausgenutzt und Palästina erobert. Nach und nach gingen im ersten Jahrzehnt des 2. Jh.s v. Chr.
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Abb. 2 Unvollständige Kopie eines Dekrets der ägyptischen Priester zu Ehren Ptolemaios’ III. aus dem Jahr 243 v. Chr. Das Giebelfeld zeigt unter einer geflügelten Sonnenscheibe mit zwei herabhängenden Uräen sechs Gottheiten: Osiris, Isis, Horus, Min, Ptolemaios II. und Arsinoe II. Ihnen gegenüber dürften ursprünglich der dritte Ptolemäer und seine Gemahlin, deren Umzeichnung noch zu erkennen ist, vorgesehen gewesen sein. Der griechische Text ist nicht mehr auf die Stele aufgetragen worden, doch verfügt sie über die identische und vollständige hieroglyphenägyptische und demotisch-ägyptische Version des Priesterbeschlusses. Ptolemaios III. und Berenike II. erhalten von den Priestern den Status als Gottheiten der Tempel in Ägypten.
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Das Ptolemäerreich
die übrigen kleinasiatischen Außenbesitzungen verloren – nur noch wenige Inseln, insbesondere Zypern, blieben in ptolemäischem Besitz. Nach dem Mord an Ptolemaios V. im Jahr 180 v. Chr. übernahm zum ersten Mal eine Frau die faktische Macht im Reich. Kleopatra I., die Königswitwe, führt die Herrschaft für ihren Sohn Ptolemaios VI., der den Beinamen »der Mutterliebende« (Philometor) erhielt. Die Königin starb aber schon 176 v. Chr., und Höflinge übten die Herrschaft im Namen des minderjährigen Königs aus. Sie vermählten den Knaben mit seiner Schwester Kleopatra II. und machten später sogar aus der Zweier- eine Dreierherrschaft, indem sie Ptolemaios VIII. an der Herrschaft beteiligten. Wenig später überrannte der Seleukide Antiochos IV. die Grenze, und nur das Eingreifen Roms am »Tag von Eleusis« verhinderte die Hinzufügung Ägyptens zum Seleukidenreich (s. den Beitrag von K. Ehling): Eine römische Gesandtschaft unter Leitung des Popillius Laenas hatte den siegreichen Antiochos IV. zum Abzug gezwungen, denn es sollte keine mit Rom konkurrierende Großmacht im Osten entstehen. Rom hatte damit seinen Status als Supermacht erwiesen und garantierte Ägypten die Unabhängigkeit. Es stand von nun an unter dem Schutz der Römer, was nichts anderes bedeutete, als dass diese jetzt über die außenpolitischen Geschicke des Reiches bestimmten.
Clash of civilizations Die Kontakte zu Rom blieben eng, doch war das interkulturelle Verständnis zwischen beiden Welten gering, wie es folgende Episode einer römischen Gesandtschaft des Jahres 140 v. Chr. unter Leitung des P. Cornelius Scipio Aemilianus Africanus nach Ägypten belegt: Ganz seinem Herrscherideal verpflichtet, zeigte Ptolemaios den Gesandten stolz seine Schätze, doch die Römer waren, wie Diodor (33, 28a, 2) schreibt, »Männer von überragender Tugend. Weil nun ihre Nahrung nur wenige, sich auf die Gesundheit erstreckende Dinge bedurfte, verachteten sie diese Extravaganz als etwas Schädliches für Geist und Körper. Und den Anblick all dessen, was der König hochschätzte, behandelten sie als Nebensache ohne Wert.« Reichtum bedeutete in ptolemäischen Augen auch, dass ein König stolz auf seinen fetten Leib sein konnte. Auf Römer wirkte dies hingegen wie folgt (Iustin 38, 8, 9–11): »Er war nämlich missgestaltet und von kleinem Wuchs und durch seine Fettleibigkeit nicht einem Mensch, sondern einem Vieh ähnlich. Diese Hässlichkeit wurde noch durch sein dünnes, durchsichtiges Gewand gesteigert, ganz als ob alles zur Schau gestellt werden sollte, was ein Mann mit Schamgefühl unter allen Anstrengungen verbergen sollte.« Zwischen römischem Tugend- und ptolemäischem Herrscherideal war es also zu einem Zusammenstoß der Kulturen gekommen, denn die Römer interpretierten Luxus und Wohlleben als Beleg für die Sittenverderbnis. Am ptolemäischen
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Hof hingegen konnte umgekehrt gerade eine Ablehnung der dionysischen Genüsse erhebliche Nachteile mit sich bringen, wie es – freilich aus diffamierend-römischer Perspektive – Lukian (Calumniae non temere credendum 16) berichtet: Ein Philosoph hatte sich angeblich bei einem dionysischen Fest Ptolemaios’ XII. geweigert, Wein zu trinken und Frauenkleider zu tragen. Der König habe ihn daraufhin mit der Todesstrafe bedroht, sollte er sich nicht dem Treiben anschließen.
Von der römischen Vormundschaft zur Provinzwerdung Ägyptens Seit dem 1. Jh. v. Chr. wurden die Ptolemäer zunehmend in den römischen Bürgerkrieg hineingezogen, konnten aber unter anderem durch enorme Bestechungssummen eine Annexion Ägyptens verhindern. Nach dem Tod Ptolemaios’ XII. folgten Thronstreitigkeiten, aus denen Kleopatra VII., mit Hilfe von Caesar, als Siegerin hervorging. Sie herrschte zuerst mit ihrem jüngeren Bruder Ptolemaios XIV., später dann mit Caesars Sohn, Ptolemaios XV. Kaisar – Kaisarion, also »kleiner Caesar« genannt. In den Jahren, die dem Mord an Caesar folgten, stand Kleopatra auf der Seite des Marcus Antonius, doch war das die falsche Wahl, denn im Streit um das Imperium gewann dessen Gegner Octavian, dem der Senat 27 v. Chr. den Ehrentitel Augustus verlieh (s. den Beitrag von M. Clauss). Kleopatra beging schließlich Selbstmord, und damit endete im Jahre 30 v. Chr. die Dynastie der Ptolemäer: Octavian machte Ägypten zu einer römischen Provinz. Was seit dem Ende des 3. Jh.s v. Chr. als eine Geschichte des kontinuierlichen Niedergangs erscheint, war in Wirklichkeit ein Weg voller Höhen und Tiefen für die ptolemäische Macht. Die Könige und Königinnen vermochten es, trotz aller innerfamiliären Spannungen, einheimischer Aufstände und außenpolitischer Bedrängnis, den Spagat zwischen der Unabhängigkeit des Reiches und der Unterordnung als Klientelkönige unter die Wünsche Roms zu vollziehen. Das taten sie wesentlich geschickter als ihre hellenistischen Nachbarreiche, die eins nach dem anderen von Rom ›geschluckt‹ wurden. So war das Ptolemäerreich das Nachfolgereich Alexanders des Großen, das am längsten Bestand hatte, bis es schließlich von den Römern in einem römischen Bürgerkrieg zwar nicht speergewonnen, aber doch annektiert wurde.
Literatur H.-J. GEHRKE, Der siegreiche König. Überlegungen zur Hellenistischen Monarchie, in: Archiv für Kulturgeschichte 64 (1982), 247–277. G. HÖLBL, Geschichte des Ptolemäerreiches. Politik, Ideologie und religiöse Kultur von Alexander dem Großen bis zur römischen Eroberung (22004). W. HUSS, Ägypten in hellenistischer Zeit. 332–30 v. Chr. (2001).
Ptolemaios III. (246–222/21 v. Chr.) von Werner Huß
Bald nach dem Machtantritt des ptolemaiischen Königs Ptolemaios III. schien das Seleukidenreich ptolemaiisch zu werden. Ptolemaios wurde bei seiner Ankunft in Antiocheia von der Bevölkerung begeistert empfangen, bevor er nach Babylon weiterzog. Ein Aufstand in Ägypten zwang ihn zur Umkehr.
Abb. 1 a. b Ptolemaios III. Für die Zeitgenossen war die in diesem Goldoktadrachmon zum Ausdruck kommende Angleichung Ptolemaios’ III. an Sarapis deutlich erkennbar – vermutlich nicht zuletzt deswegen, weil diese Münzen zu einer Zeit geprägt worden sein dürften, als Ptolemaios IV. den vom Vater begonnenen Bau des Sarapis-Tempels fertiggestellt hatte.
Die Übergabe der Macht von Ptolemaios II. auf Ptolemaios III. ging offensichtlich reibungslos vonstatten (s. den Beitrag von S. Pfeiffer). Der Bruder Lysimachos spielte (zumindest damals) keine Rolle, jedenfalls keine machtpolitische, und die Schwester Berenike war seit dem Jahr 252 v. Chr. als Frau Antiochos’ II. seleukidische Königin (s. den Beitrag von K. Ehling). Lehrer des Prinzen war Apollonios »der Rhodier«, der Direktor der alexandreiischen Bibliothek, gewesen. Er dürfte es gewesen sein, der in seinem Schüler die Liebe zur griechischen Kultur, insbesondere zur griechischen Literatur, geweckt hatte. (Später allerdings scheinen zwischen Lehrer und Schüler beträchtliche Differenzen aufgebrochen zu sein.) Ins grelle Rampenlicht der politischen Öffentlichkeit trat Ptolemaios, als er – nach den Jahren 250/48 v. Chr. und vor dem Jahr 246 v. Chr. – Berenike, die Tochter des ›Halb-Ptolemaiers‹ Magas und der Seleukidin Apame, die in Kyrene regiert hatte, zur Frau nahm. Und mit der Frau die Macht in der Kyrenaia.
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Werner Huß
Nach dem Tod des Vaters (246 v. Chr.) übernahm Ptolemaios die Herrschaft über Ägypten und das Reich. In der offiziellen Königstitulatur bezeichneten ihn die ägyptischen Priester – nach dem Abschluss der erforderlichen ›staatlichkirchlichen‹ Konsultationen – als ›den Geliebten des Ptah‹. Offensichtlich suchte der König einen engen Anschluss an die führenden Vertreter der ägyptischen »Kirche«, deren Zentrum Memphis, die Stadt des Ptah, war, zu gewinnen.
Der Krieg der Laodike Bereits wenige Wochen oder Monate nach dem Abschluss der Krönungsfeierlichkeiten sah sich Ptolemaios gezwungen, Krieg zu führen. Den Anlass zu der Auseinandersetzung dieses Kriegs, des Dritten Syrischen Kriegs (246–242/1 v. Chr.), schuf Laodike, die erste Frau des seleukidischen Königs Antiochos II., die etwa sechs Jahre zuvor der ptolemaiischen Prinzessin Berenike, der Schwester des Ptolemaios, hatte weichen müssen. Nach dem Tod, vielleicht nach der Ermordung des Antiochos in Ephesos setzte sie alle Hebel in Bewegung, um ihrem erwachsenen Sohn Seleukos die Krone zu verschaffen. Sie arbeitete mit Erfolg. So wurde Seleukos beispielsweise in Babylon – nach dem Bekanntwerden der von ihr arrangierten Proklamation – als rechtmäßiger seleukidischer König anerkannt, und so gelang es ihr, die antiptolemaiisch gesinnten Kräfte der Hauptstadt Antiocheia zu aktivieren. Berenike zog sich mit ihrem Sohn Antiochos nach Daphne, einen Vorort Antiocheias, zurück, verständigte ihren Bruder und bat um Hilfe. Ptolemaios zögerte nicht, mit starken militärischen Verbänden in Richtung Antiocheia aufzubrechen. Bereits vor der Abfahrt von Alexandreia scheint er über die Ermordung seines Neffen informiert worden zu sein und vor der Ankunft in Antiocheia auch über die Ermordung seiner Schwester. Doch an einen Abbruch des militärischen Unternehmens dachte er nicht. Über das pierische Seleukeia gelangte er in die seleukidische Hauptstadt. Der Empfang in der Stadt war überwältigend – die antiptolemaiisch gesinnten Kräfte scheinen vor der Ankunft des Königs das Weite gesucht zu haben. Nach der Schaffung klarer Verhältnisse im restlichen seleukidischen Syrien überschritt Ptolemaios – wohl bei Thapsakos – den Euphrat und marschierte über Seleukeia am Euphrat (= Sippar?) nach Babylon. Weder die eine noch die andere Stadt öffnete dem König die Tore. Die ptolemaiischen Streitkräfte, die anscheinend unter dem Befehl des Generals Xanthippos standen, setzten sich jedoch schließlich durch. In Babylon, der Stadt, die der Mittelpunkt großer Reiche gewesen war und in der Alexandros gestorben war, hielt der König Hof. Vielleicht empfing er in dieser Stadt die Chefs der sogenannten Oberen Satrapien, die (nunmehr?) zu einer Zusammenarbeit mit ihm bereit waren. Möglicherweise erreichten ihn die Nachrichten, die besagten, in Ägypten sei eine bedrohliche Revolte ausgebrochen, in Susa (Psephisma der ägyptischen
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Ptolemaios III. (246–222/21 v. Chr.)
Inschrift von Adulis: Tatenbericht Ptolemaios’ III. um 245 v. Chr. »Der große König Ptolemaios, Sohn des Königs Ptolemaios und der Königin Arsinoe, der Geschwistergötter, der Kinder von König Ptolemaios und der Königin Berenike, der rettenden Götter, von Vaterseite Abkömmling des Herakles, des Sohnes des Zeus, von Mutterseite (Abkömmling) des Dionysos, des Sohnes des Zeus, übernahm von seinem Vater die Königsherrschaft über Ägypten, Libyen, Syrien, Phoinike, Kypros, Lykien, Karien und die KykladenInseln; er zog zu Felde nach Asien mit Fußvolk und Reiterei, mit einer Flotte und mit troglodytischen und aithiopischen Elefanten, die sein Vater und er selbst als erste aus diesen Ländern erjagen, nach Ägypten bringen und zum Gebrauch im Krieg abrichten ließen. Er machte sich zum Herrn über alles Land diesseits des Euphrat, über Kilikien, Pamphylien,
Ionien und den Hellespont und Thrakien, über alle Truppen in diesen Ländern und über indische Elefanten, und machte sich die Machthaber in diesen Regionen alle untertan; er überschritt den Euphrat-Fluß, und nachdem er sich Mesopotamien, Babylonien, Susiana, Persis und Medien und alles übrige Land bis Baktrien seinem Gebote unterstellt hatte, ließ er aufsuchen, was an heiligen (Gegenständen) von den Persern aus Ägypten weggeführt worden war, und ließ sie mit der übrigen Beute aus den Ländern nach Ägypten bringen; dann sandte er die Truppen heim durch die Kanäle.« (Übersetzung: W. Günther, K. Brodersen, H. H. Schmitt, Historische Griechische Inschriften in Übersetzung, Bd. III (1999), Nr. 403, S. 4 f.)
Priester vom 3. Dezember 243 v. Chr.). Weiter als bis nach Susa kam er jedenfalls nicht; denn es ist mehr als unwahrscheinlich, dass er einen Feldzug oder auch nur eine Inspektionsreise in »die Susiane, die Persis, Medien und das ganze übrige Gebiet bis Baktrien« (Inschrift von Adulis, s. Infokasten) unternommen hat. Die ungünstigen Nachrichten zwangen Ptolemaios zur Umkehr. Spätestens jetzt stellt sich die Frage, welche Ziele der König im Osten verfolgt hat. Zunächst wohl das Ziel, die Position seiner Schwester zu festigen. Nach deren Tod wohl das Ziel, die ptolemaiischen Interessen kraftvoll zu vertreten. Aber in der Zeit des Abmarsches von Antiocheia? Wohl das Ziel, ein Großreich zu schaffen, das das ptolemaiische und das seleukidische Reich umfasste. Die Nachrichten aus Ägypten und wohl auch die Erfahrungen von Seleukeia am Euphrat und von Babylon ließen diesen Plan aber wie ein Kartenhaus zusammenstürzen. Aber nicht mit einem Schlag! Denn bevor der König den Vorderen Orient verließ, ernannte er den General Xanthippos zum Statthalter der sogenannten Oberen Satrapien und damit zum Vertreter der Interessen des Reiches. Noch waren nicht alle Hoffnungen erloschen! Große Hoffnungen erfüllten sich in einem anderen Raum: im Raum des östlichen Mittelmeeres. Kilikien und Pamphylien wurden ptolemaiische Provinzen. Und da Lykien, Karien und die Kykladen bereits unter ptolemaiischer Herrschaft standen, bedurfte es nur noch der Eroberung Ioniens, des Hellespontos und des seleukidischen Thrakien, um Seleukos aller Zugänge zum Meer zu berauben. Dies gelang – jedenfalls weitgehend. Allerdings musste die ptolemaiische Außenpoli-
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tik im Jahr 245 v. Chr. einen Rückschlag hinnehmen. Der makedonische König Antigonos Gonatas, der mit Seleukos ein Bündnis geschlossen hatte, siegte in einer Schlacht, die in den Gewässern der Insel Andros geschlagen wurde (s. den Beitrag von K. Scherberich). Doch scheint diese Niederlage keine allzu großen Erschütterungen nach sich gezogen zu haben.
Die Nachkriegszeit In der folgenden Zeit reduzierte Ptolemaios den Einsatz militärischer Kräfte im Ausland erheblich. Politik aber, Politik in großem Stil, trieb er nach wie vor. Sein bedeutendster Gegenspieler war nunmehr der makedonische König. Zuerst Antigonos II. Gonatas (276–239 v. Chr.), dann Demetrios II. (239–229 v. Chr.) und schließlich Antigonos III. Doson (229–222/21 v. Chr.). Das Terrain, auf dem die Interessen der beiden Mächte aufeinanderstießen, war insbesondere das griechische Festland. Hier ging es für Ptolemaios vor allem darum, die führenden Politiker sowohl des Achaiischen Bundes als auch des Aitolischen Bundes und außerdem den spartanischen König Kleomenes III. (s. den Beitrag von E. Baltrusch) zu einer antimakedonischen Politik zu animieren. Dies gelang teils – nicht zuletzt mit den Mitteln einer ›Scheckbuchdiplomatie‹ –, teils aber auch nicht. Die Befreiung Athens von der makedonischen Herrschaft (229 v. Chr.) war ein Erfolg, die Gründung des sog. Hellenenbundes durch Antigonos Doson (224 v. Chr.) ein Misserfolg. In seinem letzten Lebensjahr leitete Ptolemaios die große Wende seiner Außenpolitik ein. Er arrangierte sich mit Antigonos Doson. Die Auseinandersetzung mit dem seleukidischen König Antiochos III. (223–187 v. Chr.), die am Horizont heraufzog (s. den Beitrag von H. H. Schmitt), ließ ihm wohl keine andere Wahl. Zu Rom und zu Karthago unterhielt Ptolemaios freundliche, zu Hieron II. von Syrakus gar freundschaftliche Beziehungen (s. den Beitrag von M. Dreher und M. Müller). Im Roten Meer folgte der König – wie auch in anderen Gebieten – den Spuren seines Vaters. Er stieß weiter nach Süden vor: über die Straße von Bab el-Mandeb hinaus bis in die weiter südöstlich gelegenen Gegenden Djiboutis oder gar bis nach Somalia. Das Rote Meer war damit endgültig ein mare Ptolemaeum geworden.
»Ein gestörtes Jahr«: Die Kalenderreform Die Hintergründe, die zu der Revolte des Jahres 245 v. Chr. geführt haben, liegen nicht offen zutage. Verschiedene Gründe mögen zum Ausbruch der Rebellion, der ersten Rebellion der ptolemaiischen Zeit, geführt haben: eine Hungersnot,
Ptolemaios III. (246–222/21 v. Chr.)
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eine verbreitete Unzufriedenheit mit repressiven Maßnahmen des Regimes und eine ›nationale‹ Antipathie gegen die Fremden im Land. Dem König gelang es, duch Getreideimporte aus Koile-Syrien, Zypern und anderen Gegenden zumindest das Versorgungsproblem zu lösen. Die ägyptischen Priester, die sich im Jahr 238 v. Chr. in Alexandreia und anschließend in Kanobos zu einer Synode versammelt hatten, erkannten dies dankbar an. Während dieser Synode versuchte die Regierung – nicht etwa die Priesterschaft –, eine bedeutende Reform durchzusetzen: die Reform des bürgerlichen Kalenders. Bestand bisher das ägyptische ›Wandeljahr‹ aus 360+5 Tagen, so sollte in Zukunft nach jedem vierten Jahr ein Schalttag eingefügt werden, »damit es nicht geschieht, dass gewisse öffentliche Feste, die jetzt im Winter gefeiert werden, einst im Sommer gefeiert werden, andere aber, die jetzt im Sommer gefeiert werden, im Winter gefeiert werden«. Offensichtlich war hier griechisches Ordnungsdenken am Werk! Schon früher waren derartige Versuche – etwas zaghaft – in Angriff genommen worden: vom Astronomen Dionysios und von den Organisatoren des Fests der Ptolemaia. Natürlich waren sich nicht nur die griechischen, sondern auch die ägyptischen Zeitgenossen darüber im Klaren, dass das ›Wandeljahr‹ kein ideales Sonnenjahr war. Sie nannten es einmal gar »ein gestörtes Jahr« (rnpt gbt). Doch die Tradition war stärker als alle derartigen Bedenken. Die ägyptischen Astronomen wussten, dass nach dem Verlauf eines Sirius-Zyklus von 1460 Jahren alles wieder seine Ordnung haben würde und dass es daher nicht nötig war, einen Schalttag einzuschieben. (Man musste nur einen langen Atem haben!) Die Priester lehnten daher die Neuregelung ab, obwohl sie von ihnen in das Psephisma aufgenommen worden war.
Religion und Kultur Versperrten sich die ägyptischen Priester in diesem Fall dem Wunsch der Regierung, so kamen sie in anderen Fällen häufig den Intentionen des Königs entgegen, wenn sie nicht gar von sich aus den König in ein strahlendes Licht rückten. So stellten sie Ptolemaios und Berenike in den Tempelreliefs auf die Seite der Götter. Eine völlige Neuheit! Sie folgten damit Vorstellungen, die nicht in ägyptischem, sondern in griechischem Denken wurzelten. Und wenn es auch die griechischmakedonische Regierung gewesen war, die den Kulttitel théos Euergétes (»Gott Wohltäter«) gewählt hatte, so griffen doch die ägyptischen Priester auf eine alte enchorische Tradition zurück, als sie den griechischen Titel théos Euergétes mit dem pharaonischen Titel ntr mnÆ (»vortrefflicher Gott«) übersetzten. Der »vortreffliche Gott«, der aber nunmehr nicht nur ein Pharao, sondern auch ein Gott war! Außerdem bezeichneten sie die theá Euergétis Berenike nicht nur als ntrt mnÆt (»vortreffliche Göttin«), sondern auch als îrwt (»Horusin«). Eine Bezeichnung, die sie zum ersten Mal der Frau eines ptolemaiischen Königs zuerkannten!
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Ptolemaios suchte auf vielfache Weise die Kontakte zu den einheimischen Priestern, die nach dem Wort eines in Alexandreia lebenden jüdischen Schriftstellers »die Führer der Ägypter« waren, zu pflegen und zu vertiefen. Während der häufigen Synoden der Priester wurden alle Fragen erörtert, die das Verhältnis zwischen ›Staat‹ und ›Kirche‹ betrafen. Bei diesen Konferenzen ging es um ein Geben und ein Nehmen: Der König ging auf die Interessen der Priester (und auch der einheimischen Bevölkerung) ein, und die Priester versicherten den König ihrer völligen Loyalität. Wie seine Vorgänger förderte Ptolemaios die einheimischen Kulte – nicht zuletzt durch die Bereitstellung von Mitteln für den Bau, die Erweiterung und die Instandhaltung von Tempeln. Eine herausragende Bedeutung gewann der Bau des Horus-Tempels von Apollonopolis magna (= Edfu), bei dessen ›Grundsteinlegung‹ am 23. August 237 v. Chr. der König persönlich die heiligen Riten vollzog. Dieser Tempel sollte das großartigste Bauwerk der ptolemaiischen Zeit in ägyptischem Stil werden. Kulturpolitisch engagierte sich der König vor allem in der Förderung des Museion und der beiden alexandreiischen Bibliotheken, deren kleinere wahrscheinlich von ihm selbst gegründet worden war. Zum Direktor der größeren Bibliothek berief er Eratosthenes von Kyrene, den letzten Universalgelehrten der Antike. In hohem Ansehen stand bei ihm auch Aristophanes von Byzantion, der bedeutendste Philologe seiner Zeit, außerdem der Mathematiker Apollonios von Perge.
Literatur E. BEVAN, The House of Ptolemy. A History of Egypt under the Ptolemaic Dynasty (1968) (urspr. 1927). B. BEYER-ROTTHOFF, Untersuchungen zur Außenpolitik Ptolemaios’ III. (1993). A. BOUCHÉ-LECLERCQ, Histoire des Lagides I (1978) (urspr. 1903). H. HAUBEN, Ptolémée III et Bérénice II, divinités cosmiques, in: P. P. IOSSIF / A. S. CHANKOWSKI / C. C. LORBER (Hrsg.), More than Men, Less than Gods. Studies in Royal Cult and Imperial Worship (2011), 357–388. G. HÖLBL, Geschichte des Ptolemäerreiches (22004). W. HUSS, Ägypten in hellenistischer Zeit. 332–30 v. Chr. (2001). J. P. MAHAFFY, The Empire of the Ptolemies (1895). B. NIESE, Geschichte der griechischen und makedonischen Staaten seit der Schlacht bei Chaeronea II (1963) (urspr. 1899). H. VOLKMANN, Ptolemaios (21), in: Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft 23,2 (1959), Sp. 1667–1678. É. WILL, Histoire politique du monde hellénistique I (323–30 av. J.–C.) (21979).
Die Satrapenstele von Ptolemaios (I.) Lagou von Hilmar Klinkott
Fünf Jahre, bevor sich Ptolemaios (I.) zum selbständigen König in Ägypten machte, ließ er eine monumentale Repräsentationsinschrift aufstellen, die ihn offiziell als Satrapen titulierte. Allerdings schreibt der mithilfe der ägyptischen Priesterschaft konzipierte Hieroglyphentext Ptolemaios zwar doppeldeutig, doch in der Aussage klar die Qualitäten und Kompetenzen eines Königs zu.
Im Jahr 1870 wurde in der Sayvun-Moschee von Kairo eine 1,85 m hohe, 1,18 m breite schwarze Granitstele gefunden. Ihre Front trägt einen 18-zeiligen Hieroglyphentext mit einer antithetischen Doppelszene, von einem gerundeten Giebelfeld bekrönt. Es stellt den gewölbten Himmel dar, mittig geteilt von einer geflügelten Sonnenscheibe mit zwei herabhängenden Uräus-Schlangen. Zu ihren beiden Seiten ist jeweils ein König im Opfer dargestellt, tituliert durch Beischriften mit allerdings leeren Königskartuschen (Abb. 1). In der rechten Szene überträgt dem Pharao seine Mutter, die Göttin »Uto, Herrin von Pe und Dep, Auge des Re, Herrin des Himmels, Gebieterin aller Götter« die beiden Länder, also die Herrschaft über das Land Ägypten, während links Harendotes, der »große Gott, der Herr des Himmels«, dem König vor ihm die königlichen Kronen übergibt. Es folgt der Haupttext, der sich nach D. Schäfer in folgende Abschnitte gliedern lässt: 1. Einleitung mit Datierung und politischer Situation in Ägypten (Z. 1–2) 2. Lob des Ptolemaios (Z. 2–3) 3. Historiografischer Teil (Z. 3–6) mit: a. Rückführung geraubter Götter, b. Verlegung der Residenz nach Alexandreia, c. Syrienfeldzug, d. Deportation und Beute, e. zweiter Feldzug, f. Rückkehr des Ptolemaios nach Ägypten 4. Inspektion des Nildeltas (Z. 7–13) mit: a. Bericht der Priester über den Tempel des Pe und Dep von Buto, b. Maßnahmen des Chababasch, c. Frevel des Xerxes und Maßnahmen dagegen
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5. Schenkungserlass des Ptolemaios (Z. 13–18) mit: a. Schenkung, b. Lohnbitte, c. Fluchformel Der Beginn des einleitenden Abschnitts nennt das 7. Regierungsjahr Alexanders IV., des erst 12-jährigen Nachfolgers und Sohnes Alexanders des Großen, und datiert damit die Inschrift in den Herbst des Jahres 311 v. Chr. Seit dem Tod Philipps III. Arrhidaios, des Bruders Alexanders des Großen, 317 v. Chr. war er offiziell König in Ägypten. Allerdings verweist bereits die 2. Zeile auf besondere politische Umstände: »Er (d. i. Alexander IV.) ist König in den beiden Ländern und in den Fremdländern, seine Majestät ist bei den Asiaten, während in Ägypten der große Fürst namens Ptolemaios ist.« Zweifellos wird hier auf die Geiselhaft des Thronfolgers angespielt, in der sich dieser seit 316 v. Chr. durch Kassandros befand. Auf diese Weise wird dem Rezipienten des Textes erklärt, warum in Ägypten Ptolemaios als »großer Fürst« stellvertretend die königliche Regierung führte (s. den Beitrag von S. Pfeiffer). Erst in Z. 13 erscheint dieser dann mit seinem offiziellen persischen Titel als Satrap in der ägyptischen Entlehnung. Als solcher war er auf den Reichskonferenzen in Babylon und im syrischen Triparadeisos eingesetzt worden und hatte sich 312 v. Chr. mit Seleukos (I.) in einer Schlacht bei Gaza gegen die Übergriffe des Antigonos Monophthalmos durchgesetzt. Obwohl damit die Inbesitznahme des Alexanderreiches durch Antigonos verhindert worden war, wurde die immer stärkere Tendenz zum Zerfall des Reiches evident. Darüber hinaus war die Schlacht von Gaza ein Wendepunkt für die außerägyptischen Expansionsziele des Ptolemaios im östlichen Mittelmeer, d. h. in Syrien, Zypern und im südlichen Kleinasien. Die Stele reflektiert dies in einem ›historiografischen‹ Teil der Z. 3–6, allerdings formal und inhaltlich in
Abb. 1 Detail des Bildfeldes im Giebel der Satrapenstele. Deutlich zu erkennen sind die leeren Königskartuschen über den Darstellungen des Pharaos rechts und links außen im Opfer vor den Göttern. Darunter die erste Zeile aus der Einleitung des Haupttextes, in der die Königskartuschen den Namen Alexanders IV. tragen.
Die Satrapenstele von Ptolemaios (I.) Lagou
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einen Ägypten-zentrierten Kontext eingebettet: Dort wird von der Rückführung geraubter Götterbilder aus Asien berichtet, von der Verlegung der Residenz von Memphis in das neu gegründete Alexandreia, das ehemalige Rhakotis, von dem Feldzug nach Syrien, der Deportation der jüdischen Aristokratie (Josephus, antiquitates Iudaicae 12, 1, 7), einem zweiten, nicht klar definierten Feldzug und der Rückkehr des sieghaften Ptolemaios nach Ägypten.
Der Verwalter in der Rolle des Königs Die Satrapenstele ist der einzige Text, der als Primärquelle die Kämpfe in Syrien und die inneren Verhältnisse Ägyptens am Vorabend der ptolemäischen Herrschaftsetablierung bezeugt, zumal die griechischen Überlieferungen den Brennpunkten der Diadochenkriege folgend kaum auf die politischen und administrativen Verhältnisse Ägyptens bis 311 v. Chr. eingehen. Umso auffallender ist die ambivalente Weise, in der sich Ptolemaios neben dem noch amtierenden Alexander IV. präsentiert: Im Erzählteil um das Tempelland von Buto erscheint er fast durchgängig selbst in der königlichen Rolle. Wie provokant hierbei mit Übergriffen auf den königlichen Status gespielt wird, zeigt der unklare Bezug des Titels »seine Majestät« in den Ereignissen um das Tempelland von Buto. Grammatikalisch bezieht er sich auf Ptolemaios als agierendes Subjekt, inhaltlich könnte aber eigentlich nur ein regierender Pharao, Chababasch oder Alexander IV., gemeint sein. Erst in der zitierten Schriftfassung des Edikts zu den Privilegien des Tempels und dem zugehörigen Land erscheint Ptolemaios mit seinem offiziellen Titel als Satrap, da dieses Schreiben an den königlichen Rechnungshof ging. Gerade dieses Auftreten offenbart die Zielrichtung der innenpolitischen Programmatik. Fünf Jahre vor der Annahme des Basileus-Titels und wohl sieben Jahre vor der Krönung zum Pharao dokumentiert die Stele konkrete Schritte zur Übernahme des pharaonischen Königtums und damit zu einer Verselbständigung aus dem Verbund des Alexanderreiches, als diese Zerfallsbestrebungen noch nicht sichtbar und Ptolemaios nicht an diesem Prozess als ihr Vertreter gesehen wird. Gerade die Sieghaftigkeit und die Wiederherstellung der hergebrachten Ordnung im Sinn der ägyptischen Maat gehörten zu den zentral legitimierenden Faktoren eines Pharao. Die Gestaltung der Stele, der Duktus der Darstellung, ihre Schriftform ›nur‹ im Hieroglyphentext wie auch die Form ihrer repräsentativen Aufstellung dokumentieren, dass das Dekret des Ptolemaios offensichtlich mit Unterstützung der ägyptischen Priesterschaft ausgearbeitet wurde. Auch wenn die Satrapenstele damit formal einer der richtungsweisenden Vorläufer der Synodaldekrete ist, dürfen formale Besonderheiten der späteren, ptolemäischen Texte nicht auf sie rückwirkend als regelhaft übertragen werden. Die Übereinkunft von Priesterschaft und einem neuen ›Fremdherrscher‹, für ihn ein indigen legitimiertes Königtum zu kreieren, war zweifellos ein besonderer historischer Akt. Die
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leeren Königskartuschen waren dabei eine provokante politische Aussage ein Jahr vor dem Tod des bereits exilierten Königs Alexander IV. Noch deutlicher ist in diesem Sinn die literarische Form.
Die literarische Legitimierung eines neuen Königs Nach der Einleitung folgen für Ptolemaios Huldigungen im Stile des Herrscherlobs (Z. 2 f.). Wie sehr dabei literarische Bezüge bewusst von Ptolemaios für die Selbstdarstellung im indigenen Kontext beansprucht wurden, zeigt ein kleines ägyptisches Hymnus-Fragment (Morenz 2011, 118) auf ihn, welches dieselben Topoi und Formulierungen des Herrscherlobes benutzt. Dem Lob folgen dann die Auflistung seiner siegreichen Taten zum Schutze Ägyptens (Z. 3–6) und ein längerer Passus mit innerägyptischen Maßnahmen (Z. 7–13). Demnach reiste Ptolemaios ins Delta, um dort die Verteidigungsmöglichkeiten der Nilarme gegen einen Angriff von der See her zu prüfen. Bei dieser Inspektion kam eine Gesandtschaft von dem alten Orakelheiligtum in Buto zu ihm, berichtete ihm von den Schäden dort und erbat die Instandsetzung und Förderung des Heiligtums. Die gesamte Erzählung darüber folgt dem literarischen Genre der Königsnovelle, durch welche sich Ptolemaios im indigenen Kontext mit seinen königlichen Qualitäten bewies. Besonders der Akt der Landschenkung an den Tempel stand dabei in einer alten ägyptischen Herrschertradition. Die Anmaßung königlicher Aufgaben und Kompetenzen wird dabei umso deutlicher, als während der bisherigen Herrschaft der Perser gerade die Satrapen keine Befugnis besaßen, in die Angelegenheiten der indigenen Chababasch: Ein wohl nubischer Fürst, der Kulte und Heiligtümer einzugreifen. Dies war sich unter Dareios III. als letzter ›einheiein ausschließlich königliches Regal, erst recht mischer‹ Pharao gegen die Herrschaft der in Ägypten, wo der (Groß-)König als gleichzeiPerser erhob. Nach der Satrapenstele hat tig amtierender Pharao auch der oberste PriesChababasch im Delta den Widerstand gegen ter des Landes war. Deshalb wird auch auf die die persische Flotte mobilisiert, als AlexMaßnahmen des Pharao Chababasch verwiesen, ander der Große den Hellespont überquerte und in Kleinasien einfiel. Bei seinen Verteiin dessen Tradition sich Ptolemaios nun stellte digungsmaßnahmen soll Chababasch das und damit politisch an den letzten ›einheimiHeiligtum von Buto besucht und versprochen schen‹ Pharao und ein eigenständiges Könighaben, die Schäden der Perserzeit an dem reich Ägypten anknüpfte. In bewusstem KonTempel zu beheben. trast dazu stehen die Freveltaten des Xerxes I., Maat: Ist das theologisch-königsideologische Prinzip der Weltordnung. Sie muss für von denen sich Ptolemaios I. grundsätzlich disÄgypten in Gang gehalten werden, damit das tanziert, wodurch er zugleich auf die befreiende Land und das sakral legitimierte Königtum Retterleistung der Makedonen verweist. Dabei des Pharaos nicht in Verfall und Chaos endet. wurde die griechische Sōtēr-Vorstellung durch Deshalb war Maat nicht nur die göttliche sprachliche Bezüge mit der literarischen HeilsPersonifikation der Wahrheit, sondern auch bringer-Figur des Ameny aus der bekannten die Verschmelzung von sakral fundiertem Gerechtigkeitsprinzip, moralischem Wertbegriff und politischer Hierarchiekonstante.
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»Prophezeiung des Nerferti« verbunden. Der Erlass des Ptolemaios für den Tempel manifestierte dann die Überwindung der perserzeitlichen Verhältnisse und bettete durch die Wiederherstellung der Ordnung (Maat) die eigene Fremdherrschaft in einen indigenen Legitimationskontext ein. Wie der Fokus des negativen PerserDiskurses auf Xerxes Einflüsse der griechischen Literatur aufgreift, so integrieren die literarischen Bezüge, etwa zum großen Königshymnus in der Sinuhe-Erzählung oder zur Weissagung des Nerferti, Ptolemaios in die klassische Königspoesie des pharaonischen Ägypten. Überhaupt lässt der Stelentext vielfach eine kunstvolle Intertextualität zur Literatur des Mittleren Reiches erkennen, die auf einen Autor aus der Priesterschaft des Tempels von Buto verweist. Ihren Sinn erklärt Morenz (2011, 122) treffend: »Eben deshalb wird in diesem stark königsideologischen Text der kulturell legitimationsbedürftige Makedone in die alte kulturelle Tradition Ägyptens eingeschrieben.« Die ideologische Hilfeleistung der Priester für den makedonischen Satrapen unterstreicht nicht zuletzt die bildliche Darstellung durch einen religiösen Aspekt in der religiösen Legitimierung des neuen Pharaos: Sie stellte – durch die leeren Königskartuschen auf eine absehbare Krönung des Ptolemaios verweisend – die alte ägyptische Sakrallegitimation durch eine königliche Gottes-Sohnschaft dar. Auf diese Weise bietet die Satrapenstele nicht nur eine Verbindung von innen- und außenpolitischer Ereignisgeschichte, griechischer und ägyptischer Literaturrezeption sowie griechisch-hellenistischen und ägyptischen Herrschaftsvorstellungen, sondern sie beleuchtet in einzigartiger Weise auch die historische Dynastiegründung mit dem legitimatorischen Integrationsprozess eines Fremdherrschers im indigenen Kulturkontext – und das für eine Zeit, zu der die griechische Historiografie nichts über die Herrschaftsetablierung des Ptolemaios innerhalb Ägyptens berichtet. Nicht zuletzt ist die Satrapenstele mit ihrer historischen und literarischen Komplexität ein charakteristisches Vorbild für die politische Bedeutung der königlichen Synodaldekrete im ptolemäischen Ägypten.
Literatur A. I. BLÖBAUM, »Denn ich bin ein König, der die Maat liebt« – Herrscherlegitimation im spätzeitlichen Ägypten (2006). B. HOFMANN, Die Königsnovelle. Strukturanalyse am Einzelwerk (2004). W. HUSS, Die in ptolemaiischer Zeit verfaßten Synodal-Dekrete der ägyptischen Priester, in: Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik 88 (1991), 189–208. L. KOENEN, Die Adaptation ägyptischer Königsideologie am Ptolemäerhof, in: E. VAN’T DACK / P. VAN DESSEL (Hrsg.), Egypt and the Hellenistic World (1983), 143–190. L. MORENZ, Alte Hüte auf neuen Köpfen. Die Inszenierung des Satrapen Ptolemaios als ägyptischer Heilskönig, in: H.-W. FISCHER-ELFERT / T. S. RICHTER (Hrsg.), Literatur und Religion im Alten Ägypten (2011), 110–125. D. SCHÄFER, Makedonische Pharaonen und hieroglyphische Stelen. Historische Untersuchungen zur Satrapenstele und verwandten Denkmälern (2011).
Kleopatra VII. Thea Philopator (51–30 v. Chr.) von Manfred Clauss
Als Kleopatra auf den Thron kam, schien die Dynastie der Ptolemäer am Ende. Wichtige Gebiete wie Syrien, Kyrene und Zypern waren verloren; Ägypten galt nahezu als römische Provinz. Kleopatra jedoch gelang, was einem männlichen Herrscher in gleicher Position nicht möglich gewesen wäre: Sie bewahrte die Selbständigkeit Ägyptens gegenüber den römischen Generalen.
Kleopatra VII. (51–30 v. Chr.) Als Ptolemaios XII. im Februar/März 51 starb, hinterließ er ein Testament, das die Herrschaft zwischen seiner ältesten Tochter, Kleopatra VII. (*69 v. Chr.), und seinem ältesten Sohn, Ptolemaios XIII. (*61 v. Chr.) aufteilte (s. Beitrag von S. Pfeiffer). Das römische Volk beschwor er, seine Nachfolge zu garantieren. Der General Gabinius setzte die Inthronisation der Kinder durch, die der Sitte der Dynastie gemäß miteinander verheiratet wurden. Ägypten sah rasch einen Bürgerkrieg der beiden Herrscher, von denen jeder versuchte, den Ehepartner aus der gemeinsamen Regierung zu verdrängen. Zunächst gelang dies Kleopatra VII. Um die Wende des Jahres 50 auf 49 v. Chr. vermochten es dann die Ratgeber Ptolemaios’ XIII., diesem seinen Anteil an der Regierung zu verschaffen. Wenige Monate später, im Sommer 49, ist Kleopatra dann von der Herrschaft ausgeschlossen worden; sie zog sich in die Thebaïs zurück. Im Dezember 49 erkannte der von Pompeius in Thessaloniki versammelte Senat Ptolemaios XIII. als alleinigen Herrscher an.
Gaius Iulius Caesar Die Mittelmeerwelt erlebte den Krieg Caesars gegen Pompeius, dessen Ermordung in Alexandreia und die Ankunft Caesars dort am 1. Oktober 48 v. Chr. Er
Kleopatra VII. Thea Philopator (51–30 v. Chr.)
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war gekommen, den fliehenden Pompeius festzunehmen – eine Aktion, zu der er kein größeres Heer benötigte. Dabei beging er den Fehler, den Mord an Pompeius als Parteinahme für sich aufzufassen, und erkannte nicht den Willen der ägyptischen Führung nach Unabhängigkeit. Dies brachte ihn in den Alexandrinischen Krieg, der ein halbes Jahr dauern sollte. An dessen Ende, im März 47, war Ptolemaios XIII. tot, Kleopatra VII. mit ihrem jüngsten Bruder, Ptolemaios XIV., vermählt und erneut inthronisiert. Bei seinem Abschied ließ Caesar vier Legionen in Alexandreia. Kleopatra, die von ihm schwanger war, regierte sicher unter dem Schutz und der Kontrolle römischer Truppen. Im September 47 gebar sie einen Sohn: Ptolemaios Kaisar. Nach einem längeren Aufenthalt in Rom, der mit der Ermordung Caesars endete, blieb Kleopatra fortan in Ägypten. Wohl noch im Jahre 44 v. Chr. starb Ptolemaios XIV. Um die nach ägyptischer Tradition notwendige Nachfolge eines männlichen Herrschers neben sich zu sichern, erhob Kleopatra ihren und Caesars Sohn als Ptolemaios XV. Kaisar auf den Thron. Für ihn führte sie die Regentschaft, was in Anbetracht des Alters des Knaben faktisch die Alleinherrschaft bedeutete. Aus dem konkreten Alltag der Regierungspraxis in Ägypten erfahren wir wenig. Offenbar waren während Kleopatras Romaufenthalt die Nilkanäle vernachlässigt und nicht von Schlamm gereinigt worden, was im Jahr 44/43 zu einer drastischen Verschlechterung der Ernte und einer Hungersnot führte. Hinzu traten die beinahe unvermeidlichen Krankheiten. Doch Kleopatra konnte die Ordnung wiederherstellen, die Verwaltung neu organisieren und die Erträge des Landes steigern. Eine Inschrift aus ihrem elften Regierungsjahr, datiert auf den 13. April 41 v. Chr., gibt ein Dekret wieder, das ein Problem behandelt, das in Ägypten uralt war. Die lokalen Behörden hatten Einwohner Alexandreias zu Arbeitsleistungen und Steuerzahlungen herangezogen, zu denen diese nicht verpflichtet waren. Kleopatra bekräftigte die alten Privilegien.
Die Rächer Caesars Währenddessen tobte im östlichen Mittelmeer der Bürgerkrieg zwischen Caesarrächern und Caesarmördern. Kleopatra stand auf der Seite der Rächer Caesars, dessen einziger leiblicher Sohn Ägypten regierte; allerdings kontrollierten zunächst die Caesarmörder den griechischen Osten. Im Verlauf dieser Auseinandersetzungen hatte Kleopatra die Kontrolle über Zypern in der Mitte des Jahres 43 v. Chr. wiedererlangt. Zu diesem Anlass ließ sie Münzen prägen, die auf der Rückseite den Namen der Insel tragen und auf der Vorderseite die Königin mit Diadem und Zepter zeigen, wie sie einen Säugling an ihre Brust hält. Dieses symbolisch als Baby dargestellte Kind ist Ptolemaios XV. Das Bild erinnert zugleich an die Göttin Isis, die ihr Kind, Horus, stillt. Kleopatra ist Isis, ihr Sohn Horus. Dieser hatte in der Mythologie die Auf-
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gabe, den gewaltsamen und blutigen Tod seines Vaters zu rächen; diese Verpflichtung oblag auch Ptolemaios XV. Praktisch übernahmen es der Adoptivsohn Caesars, Octavian, der spätere Kaiser Augustus, und vor allem Antonius; als dieser im Herbst 42 bei Philippi siegte, war Caesars Tod gerächt.
Marcus Antonius Das Bündnis von Antonius und Octavian war eine Zweckgemeinschaft gewesen, die zwar über den Tag von Philippi hinaus hielt, bei der aber immer klarer wurde, dass jeder der beiden eine Machtposition anstrebte, die letzten Endes in einen Krieg münden würde. Antonius stand nach Philippi auf dem Höhepunkt seiner Macht; er konnte bei der Teilung der Mittelmeerwelt wählen und entschied sich für den Osten, der auf finanziellem und militärischem Gebiet Vorzüge gegenüber dem Westen aufzuweisen hatte. Antonius betrieb die Organisation des Ostens von Ephesus aus. In diesem Zusammenhang bestellte er Kleopatra nach Tarsos in Kilikien. Er dürfte dabei seine Ansprüche an Ägypten präzisiert, Kleopatra VII. ihre Bereitschaft zur Unterstützung zugesagt haben. Es gab für beide politische Gründe einer engen Zusammenarbeit, und bald sollte sich herausstellen, dass sie sich auch persönlich näher kamen. Den Winter 41 auf 40 v. Chr. verbrachte Antonius in Ägypten. Er benötigte die Mittel des Landes für einen geplanten Krieg gegen die Parther. In Italien kam es indessen zu einem erneuten Bürgerkrieg, der seine Anwesenheit notwendig machte. Octavian und Antonius schlossen ein Bündnis, das durch die Ehe des Antonius mit Octavia, der Schwester Octavians, bekräftigt wurde. Antonius hatte Ägypten längst verlassen, als Kleopatra dort Zwillinge zur Welt brachte, einen Jungen und ein Mädchen. Den Gestirngottheiten Sonne (männlich) und Mond (weiblich) gleichgesetzt, erhielten sie die Namen Alexander Helios und Kleopatra Selene.
Antonius und Kleopatra Im Jahre 36 war Antonius in Syrien, um die Vorbereitungen des Partherfeldzugs voranzutreiben und vor allem den Osten neu zu ordnen. Dabei ging es ihm darum, die römischen Vasallenstaaten zu vergrößern, da er starken Monarchen mehr vertraute als römischen Statthaltern. Unter allen Klientelstaaten stellte Ägypten den wichtigsten dar, zumal hier eine Königin regierte, auf deren Loyalität er besonders baute, weil sie eine Frau und seine Geliebte war. Es kamen nun Landstriche unter ägyptische Kontrolle, die Rohstoffe zum Schiffsbau lieferten; Antonius wollte die Seemacht der Ptolemäer stärken. Für Kleopatra war dieser Machtzuwachs Ausgangspunkt einer neuen Ära: Von nun an tragen Münzen die
Kleopatra VII. Thea Philopator (51–30 v. Chr.)
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Abb. 1 a.b Römischer Denar, 32 v. Chr., östliche Münzstätte. Auf der Rückseite ist Kleopatra mit Diadem als »Königin der Könige« abgebildet, wie es in der Umschrift heißt. Ihr Porträt ist dem des Marcus Antonius auf der Vorderseite angeglichen. Nur die Münzen bieten gesicherte Darstellungen der ägyptischen Herrscherin.
Angabe: das 16. Jahr, das auch das erste ist. Ende des Jahres brachte sie ihr drittes Kind mit Antonius zur Welt: Ptolemaios Philadelphos; der Name erinnerte an Ptolemaios II., der das Reich im 3. Jh. v. Chr. ausgebaut hatte. Der Partherfeldzug geriet für Antonius zwar zum Fiasko, allerdings war er im Jahre 34 gegen Armenien erfolgreich. Seine Siegesfeier beging er in Alexandreia als dionysische Prozession. Zu diesem Anlass proklamierte er Kleopatra als »Königin der Könige«, und ihr Sohn, Ptolemaios XV., wurde »König der Könige«. Ihre Kinder erhielten jeweils eigene Königreiche zugewiesen, die allerdings noch erobert werden mussten. Bis dieses neue ägyptische Großreich Wirklichkeit werden konnte, musste Antonius seinen Rivalen um die Alleinherrschaft besiegen (Abb. 1 a.b). Dazu wollte er sein Heer nach Italien übersetzen. Dies scheiterte, als Agrippa das Konzept des Antonius durchkreuzt und dessen Flotte in der Bucht von Actium festgesetzt hatte; Antonius und Kleopatra blieb nur der geordnete Rückzug nach Ägypten. Dies gelang zwar, aber die Position des Antonius war so geschwächt, dass er am 1. August 30, als Octavian Alexandreia eroberte, Selbstmord beging. Wenige Tage später gab sich auch Kleopatra den Tod. Kleopatra VII. hat fast 22 Jahre lang um den Thron der Ptolemäer gekämpft. Sie hat ihn mit Caesars Hilfe gerettet, und zusammen mit Antonius hoffte sie, das Reich ihrer Väter zu neuer Macht und Größe zu erheben. Sie hat diesen Kampf mit allen Mitteln geführt, die ihr als Königin und Frau zur Verfügung standen. Mit ihrem Tod war Ägyptens Selbständigkeit zu Ende.
Literatur M. CLAUSS, Kleopatra (42010). M. GRANT, Kleopatra. Eine Biographie (1998). S. KUBISCH / H. KLINKOTT, Kleopatra. Pharaonin – Göttin – Visionärin (2011). C. SCHÄFER, Kleopatra (2006). W. SCHULLER, Kleopatra. Königin in drei Kulturen (2006).
Der genervte Beamte in der Schule. Ein ptolemäischer Erlass über die Zwangsverpachtung königlichen Landes von Thomas Kruse
Aus dem Jahr 164 v. Chr. stammen amtliche Schreiben des Dioiketen Herodes, des obersten Verwaltungsbeamten des Ptolemäerreiches, die zu Unterrichtszwecken kopiert worden sind. Sie zeigen, zu welchen Notmaßnahmen die Regierung wegen vorangegangener Unruhen gezwungen war und welche Schwierigkeiten deren Umsetzung mit sich brachte. Die Briefe sind außerdem seltene und eindrucksvolle Beispiele für den hellenistischen Kanzleistil.
Eine unruhige Zeit 169 v. Chr. hatte die Regierung des etwa 14-jährigen Königs Ptolemaios VI. Philometor, der zusammen mit seiner Schwester und Gemahlin Kleopatra II. und seinem jüngeren Bruder Ptolemaios VIII. regierte (s. den Beitrag von S. Pfeiffer), den Sechsten Syrischen Krieg vom Zaun gebrochen und den Seleukidenkönig Antiochos IV. Epiphanes angegriffen (s. den Beitrag von K. Ehling). Die desaströse Niederlage des ägyptischen Heeres stürzte die Dynastie in eine schwere Krise. Die Dreierregierung zerbrach, und eine rivalisierende Gruppe rief in Alexandreia Ptolemaios VIII. zum alleinigen Herrscher aus. In diesem Konflikt der königlichen Geschwister und der mit ihnen jeweils loyal verbundenen Gruppen des Hofes, im Militär und in der Bevölkerung, betrachtete sich Antiochos IV. – über seine Schwester Kleopatra I. ein Onkel der ptolemäischen Geschwister – als Beschützer des Königs Ptolemaios VI. Als sich die Ptolemäergeschwister wieder versöhnten, empfand der Seleukidenkönig dies als einen Bruch der Vereinbarung mit Philometor und als Gefährdung seines Einflusses in Ägypten. Er griff im Frühjahr 168 v. Chr. Ägypten an und belagerte Alexandreia. Noch im Sommer desselben Jahres wurde er jedoch von einer Gesandtschaft der mit den Ptolemäern verbündeten Römer zum Abzug gezwungen.
Der genervte Beamte in der Schule. Ein ptolemäischer Erlass
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Die trotz ihrer Versöhnung weiter bestehende Rivalität zwischen den Ptolemäergeschwistern wollte ein gewisser Dionysios Petosarapis ausnützen, indem er die Geschwister gegeneinander auszuspielen versuchte. Dionysios war vermutlich ägyptischer Herkunft, hatte es aber dennoch zu einer einflussreichen Stellung am Königshof gebracht. Er streute kurz nach dem Abzug des Antiochos IV. das Gerücht, er sei von Philometor zur Ermordung von dessen jüngeren Bruder angestiftet worden. Die Intrige misslang allerdings, weil beide Könige Eintracht demonstrierten. Dionysios konnte aber eine größere Anzahl der ägyptischstämmigen Soldaten (máchimoi) auf seine Seite ziehen. Zwar unterlag er der königlichen Armee bei Alexandreia, es gelang ihm jedoch die Flucht in das Landesinnere, wo er unter der Landbevölkerung weitere Anhänger um sich sammelte, bis die Revolte schließlich im Sommer 164 v. Chr. niedergeschlagen wurde.
Die Folgen Die Verwüstungen infolge dieser Ereignisse führten dazu, dass weite Teile des Königslandes unbewirtschaftet blieben, weil sich zahlreiche Bauern den Aufständischen angeschlossen hatten bzw. geflohen oder umgekommen waren. In dieser bedrohlichen Lage griff die Regierung im Sommer 164 v. Chr. zu einer bisher nicht gesehenen Notmaßnahme, nämlich der Zwangsverpachtung von Staatsland. Das Königsland wurde gewöhnlich über Generationen hinweg von den Königsbauern in Erbpacht bewirtschaftet. Ein weiterer wichtiger Wirtschaftsfaktor war das sogenannte Kleruchenland, welches insbesondere den Angehörigen des Militärs in Form eines Landloses (klēros) zur Versorgung angewiesen worden war. Eine Zwangsverpachtung von Land stellte daher einen schwerwiegenden Eingriff in die wirtschaftliche Lage der Bevölkerung dar, weil ein Pächter über Ressourcen, vor allem aber genügend Arbeitskraft verfügen musste, um das Land zu bebauen. Die Mehrheit der Landbevölkerung war jedoch nur zur Bewirtschaftung der eigenen, zumeist bescheidenen Parzelle in der Lage. Dessen war sich die Regierung durchaus bewusst, weshalb sie die Belastung durch einen deutlich herabgesetzten Pachtzins zu mildern versuchte.
Die Erlasse des Dioiketen Herodes Die Zwangsverpachtung wurde durch einen Erlass der königlichen Kanzlei (próstagma) verfügt, der mit einem Begleitschreiben des obersten Verwaltungsbeamten des Landes an die untergeordneten Behörden der Landesverwaltung versandt wurde, welches Instruktionen zur Ausführung der Maßnahme enthielt. Diese Schriftstücke sind zwar nicht erhalten, sind aber das zentrale Thema einer monumentalen, 1,80 m langen Papyrusrolle, die im Pariser Louvre verwahrt wird. Sie
Abb. 1
Papyrusrolle mit den Erlassen des Dioiketen Herodes (P. Louvre N 2388 Verso).
enthält zwei amtliche Schreiben des Dioiketen Herodes an untergeordnete Verwaltungsbeamte, in denen er die korrekte Ausführung des königlichen Erlasses über die Zwangspacht anmahnt (Abb. 1 und 2). Bei seiner Umsetzung war es bei der Lokalverwaltung nämlich zu Interpretationsproblemen gekommen. Die Maßgabe des próstagma war wohl, nur solchen Personen die Zwangspacht aufzubürden, die dazu wirtschaftlich in der Lage waren. Die Lokalbehörden hatten aber offenbar diese Bestimmung großzügig ausgelegt und auch wirtschaftlich Schwache herangezogen, die nach der Intention des Erlasses von der Zwangspacht ausgenommen waren. Auch wenn dabei im Einzelfall ungerechtfertigter Druck nicht ausgeschlossen werden kann, so bestand gleichwohl das grundsätzliche Problem, dass man zu jener Zeit kaum über Daten verfügte, die Auskunft über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Bevölkerung geben konnten, wie dies etwa die Einkommenssteuerklärungen unserer Zeit zu leisten vermögen. Der Wortlaut des Erlasses dürfte daher entsprechend unbestimmt gewesen sein und musste es den Lokalbehörden überlassen, aufgrund ihrer speziellen Kenntnis den Kreis der zur Zwangspacht Heranzuziehenden zu bestimmen. Als man nun begann, den Erlass umzusetzen, kam es innerhalb von vier Wochen zweimal zu Beschwerden der in Alexandreia stationierten ägyptischen máchimoi an den Dioiketen Herodes, dass ihre Familien daheim wegen der Zwangspacht belästigt würden. Herodes ist darüber sichtlich verärgert und macht diesem Ärger in zwei Schreiben an lokale Beamte Luft. Diese Briefe sind eindrucksvolle Beispiele für den Kanzleistil jener Zeit – also gewissermaßen das hellenistische ›Beamtengriechisch‹ – und bieten darüber hinaus Einblicke in das Selbstverständnis und das Amtsethos hochgestellter Funktionäre der Ptolemäerzeit. Über sieben Kolumnen mit insgesamt 213 Zeilen ziehen sich die geradezu literarische Ambitionen verratenden ziselierten Formulierungen des Herodes, die in kunstvoll verschachtelte Satzperioden gekleidet sind. Ein einzelner solcher Satz kann sich dabei über nicht weniger als 60 Zeilen erstrecken! Der Gegenstand dieser langen Sätze wird
in immer neuen Variationen vorgetragen: Die Beamten mögen darauf sehen, dass nur diejenigen zur Zwangspacht herangezogen werden, die dazu wirtschaftlich in der Lage sind. Schwache sind zu verschonen, und falls sich die Lokalbeamten – aus welchen Gründen auch immer – erdreisten sollten, solche vor der Zwangspacht zu schützen, die zu ihr durchaus in der Lage wären, wird der Dioiket höchstpersönlich dafür sorgen, dass sie bestraft werden. Im Übrigen, könne er, Herodes, gar nicht verstehen, warum es überhaupt diese Probleme bei der Umsetzung des königlichen Erlasses gibt, wo er sich doch so bemüht habe, ihnen klarzumachen, worauf es dabei ankommt! Aber hören wir doch den Dioiketen Herodes selbst, dessen kunstvollen Stil die kongeniale deutsche Übersetzung Ulrich Wilckens, des Bearbeiters der Texte, durchaus nachvollziehbar macht.
Schutz der Schwachen und Belastung der Leistungsfähigen Das erste seiner Schreiben ist an einen gewissen Onias gerichtet, der vermutlich das Amt eines Gauchefs (strategós) bekleidet hat und (weil höhergestellt) noch einigermaßen höflich behandelt wird: »Von dem an Dorion, den Unterdioiketen, geschriebenen Brief ist unten für Dich die Kopie beigefügt. Wenn Du erwägst, dass die Fürsorge für die Besäung des Ackerlandes allen, die für die Staatsinteressen sorgen, gemeinsam obliegt, wirst Du gut tun, die ganze Energie aufzubringen und dafür zu sorgen, dass weder von den zur Bebauung Unfähigen einer herangezogen noch von den Fähigen unter irgend einem Scheingrund einer protegiert werde, sondern alles so, wie ich es Dir in der Dir gesandten Denkschrift gezeigt habe, vollendet werde. Kümmere Dich auch um Deine Gesundheit und lebe wohl.« Schon sichtlich ungehaltener ist der Ton des Herodes in dem Schreiben an den Unterdioiketen Dorion, das er seinem Brief an Onias beigefügt hat. Dieser
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Dorion wird nämlich in endlosen Sätzen geradezu wie ein störrischer Schuljunge zurechtgewiesen: »Nachdem so viele wichtige Dienstinstruktionen mündlich und schriftlich an Euch ergangen sind, und wir entgegen unserer Neigung genötigt waren, Eide von Euch zu empfangen – nicht nur in den Tempeln, sondern auch schriftliche bei den Königen –, des Inhalts, dass Ihr der Besäung mit allem nur möglichen Eifer vorstehen werdet und zur Zeit ihrer Ausschreibung alle ins Auge fassen werdet, ohne aus Gunst oder sonst irgendwie aus Nachsicht jemanden zu übersehen, vielmehr mit aller Genauigkeit die angestrengteste Fürsorge treffen werdet, dass einem jeden nach seiner Kraft die Parzellen zugeteilt werden, ohne dass irgendeiner übersehen oder im Gegenteil übermäßig belastet würde, und nachdem wir in den Euch zugestellten Instruktionen gewissermaßen schulmeisterlich die Unterweisung gegeben haben, wie ein jeder zu behandeln ist, so dass auch ein ganz Unerfahrener von den Dingen selbst geleitet, in Befolgung unserer Anweisung leicht seine Amtspflichten erfüllen kann, indem er zweifelhafte Fälle auf die festgesetzte Regel zurückführt, und wir außerdem die umfangreichsten Vorschriften erlassen haben, dass keinem der Landbewohner Unrecht geschehe, … und Euch dazu noch eingeschärft haben, dass es von ungewöhnlichem Gewicht für das Obige sein wird, wenn mit Vernunft dies geordnet wird, und nicht manchen zuwenig oder zuviel zugeschrieben (d. h. von dem zwangsweise zu verpachtenden Land) wird, und Euch ermahnt haben, dass Ihr, nach diesem Ziele vor allem strebend, nichts Größeres und Notwendigeres kennen sollt, als dass Ihr als Männer dasteht, die ihre Aufgabe gelöst haben, wie es die Zeitumstände verlangen und den Menschen gegenüber sich geziemt, müssen wir uns wundern, dass Ihr alles dieses vergessen habt!« Die Erlasse des Herodes erschöpfen sich jedoch nicht nur in der Zurechtweisung der untergeordneten Verwaltungsbehörden, sondern sie lassen darüber hinaus ein Prinzip der Fürsorge für die ärmere Bevölkerung erkennen, die der Dioiket prägnant charakterisiert als »die meisten von den in den Dörfern wohnenden Einheimischen, die wegen Mangels am Notwendigen als Tagelöhner sich das zum Leben Nötige verdienen, nicht wenige ferner auch von denen, die in der Soldatenliste geführt werden und kaum den nötigen Lebensunterhalt haben aus dem, was aus der königlichen Kasse ihnen ausgesetzt wird, manche oder vielmehr die meisten aber auch von máchimoi, die nicht einmal ihre eigenen Ackerlose selbst bewirtschaften können, sondern im Winter sich auf ihre Pachterträgnisse zu übermäßigen Zinsen Geld leihen …«. Die vom Staat verhängte Notmaßnahme soll also nach dem Prinzip der Leistungsfähigkeit angewandt werden. Deshalb sind die Schwachen zu schonen und die Starken zu belasten. Härte, so der Dioiket, sehe der königliche Erlass nicht für die Schwachen vor, die zur Pacht nicht in der Lage sind, sondern für solche Leistungsfähige, die die Zwangspacht zwar übernehmen könnten, aber es nicht wollen. Sie sind zu bestrafen, und ebenso die Lokalbeamten, die fälschlicherweise glauben, derlei Personen protegieren zu müssen. Denn eine solche Haltung miss-
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Abb. 2 Eine Kolumne aus den Erlassen des Dioiketen Herodes (P. Louvre N 2388 Verso Kol. III).
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achtet die Verpflichtung, »dass die Menschen, die sich nach einer solchen Katastrophe eben erholen, gepflegt werden«. Mit der »Katastrophe«, die Herodes hier anspricht, ist der Aufstand des Dionysios Petosarapis gemeint und die Menschenverluste und Verwüstungen in seinem Gefolge, die die Notmaßnahme der Zwangsverpachtung nötig gemacht haben.
Die Briefe als Unterrichtsstoff Die Schreiben des Dioiketen Herodes eröffnen nicht nur lehrreiche Einblicke in das Beamtenethos oder den Regierungsstil im Ptolemäerreich des 2. Jh.s v. Chr., auch ihre Überlieferungsgeschichte hält einige Überraschungen bereit. Die Erlasse sind nämlich weder als Originalausfertigungen der alexandrinischen Kanzlei des Herodes noch als amtliche Abschriften irgendeiner lokalen Behörde überliefert. Sie wurden vielmehr von einer Schülerhand mit zahlreichen orthografischen Fehlern auf die Rückseite einer Papyrusrolle geschrieben, deren Vorderseite ein astronomischer Lehrtext einnimmt. Die Kopien der Dioiketenbriefe stammen mithin aus dem Betrieb einer Schule. Ulrich Wilcken hat außerdem gezeigt, dass die Kopien zeitgenössisch sind und nicht etwa einer späteren Epoche angehören. Die Schule, aus der sie stammen, bot nun aber offenkundig keinen Primarunterricht für die Anfänger in griechischer Sprache und Kultur, sondern in ihr wurden augenscheinlich junge Männer für den Dienst in der Verwaltung des Königreiches vorbereitet. Schon in den altägyptischen Schreiberschulen, in deren Tradition die Ptolemäer hier stehen, bestand eine wesentliche Methode solchen Unterrichts darin, die Schüler ›Musterbriefe‹ kopieren zu lassen, anhand derer sie sich die Feinheiten eines geschliffenen bürokratischen Stils einprägen sollten. Die Briefe des Dioiketen Herodes zeigen, dass man hierfür im 2. Jh. v. Chr. durchaus auch zeitgenössische amtliche Schreiben benutzte, die man als besonders vorbildhaft für einen eleganten Kanzleistil betrachtete. So wurden also den Briefe des genervten Dioiketen, die mit ihren weitschweifigen, kunstvollen und verschachtelten Wendungen zweifellos einen Höhepunkt hellenistischer ›Beamtenprosa‹ darstellen, durch ihre Verwendung als Unterrichtsstoff und Vorbild für künftige Beamte noch besonders geadelt.
Literatur G. HÖLBL, Geschichte des Ptolemäerreiches. Politik, Ideologie und religiöse Kultur von Alexander dem Großen bis zur römischen Eroberung (22004). W. HUSS, Ägypten in hellenistischer Zeit. 332–30 v. Chr. (2001). B. MCGING, Revolt Egyptian Style. Internal Opposition to Ptolemaic Rule, in: Archiv für Papyrusforschung 43 (1997), 273-314. U. WILCKEN, Urkunden der Ptolemäerzeit (ältere Funde) I. Papyri aus Unterägypten (1927), Nr. 110.
Das Seleukidenreich von Kay Ehling
In den Kämpfen der Diadochen um das Erbe Alexanders des Großen entstand das Seleukidenreich als der flächenmäßig größte Staat in hellenistischer Zeit. Dieser erstreckte sich in seiner expansivsten Phase von Thrakien am Hellespont bis an die Grenzen Indiens. Das zwischen Ost und West gelegene Reich trägt seinen Namen nach dem Dynastiegründer Seleukos I., der im Jahr 305 v. Chr. den Königstitel annahm. Dieses ethnisch und sozial höchst heterogene Gebiet, das im Osten weitgehend mit dem von Alexander eroberten Perserreich identisch war, regierte der König mit Hilfe seiner Freunde, der Armee und Apollons.
Seleukos I., der Elefantengeneral Wie der antike Biograf Plutarch (etwa 46–125 n. Chr.) erzählt, liebte Demetrios Poliorketes (s. den Beitrag von S. Diefenbach) Gelage, bei denen spöttische Trinksprüche auf andere Könige ausgebracht wurden, in der Art wie: »Auf Ptolemaios, den Admiral«, »Auf Lysimachos, den Schatzwächter« oder »Auf Seleukos, den Elefantengeneral« (Plutarch, Demetrios 25, 7). Der Toast war treffend gewählt, denn Seleukos I. war spätestens, seit ihm der indische König Tschandragupta im Jahr 303 v. Chr. 500 Elefanten geschenkt hatte, wahrhaft ein elephantárchēs. Sollte der Ausspruch Seleukos I. hinterbracht worden sein, hat ihn dieser sicher amüsiert.
Elefanten im Seleukidenreich Der erste griechische Feldherr, der in den Besitz von Elefanten kam, war allerdings Alexander der Große (s. den Beitrag von J. Malitz). Als das makedonische Heer im Sommer 326 v. Chr. am Hyphasis umkehrte, führte es rund 200 Elefanten aus Indien fort. In der Forschung umstritten ist, ob Alexander selbst schon an
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die Verwendung von Elefanten auf dem Schlachtfeld gedacht hat. Am Hofe des großen Makedonen in Babylon jedenfalls wurde im Jahr 323 v. Chr. ein (militärisches?) Elefantencorps aufgestellt, vielleicht im Hinblick auf einen ins Auge gefassten Krieg gegen Karthago. Wie erwähnt, wurde Seleukos I., der den ganzen Alexanderzug mitgemacht und ab 326 v. Chr. als Anführer der königlichen Fußgarde dem engeren Führungskreis um Alexander angehört hatte, im Jahr 303 v. Chr. zum Herrn über 500 Elefanten. 480 Riesen brachte er zwei Jahre später in der Schlacht von Ipsos gegen die 75 Elefanten des Antigonos Monophthalmos und Demetrios Poliorketes zum Einsatz. Der hellenistische Kriegselefant trug über dem Rücken zumeist eine lange purpurfarbene Decke, später eine Panzerung, darüber einen mit einem Gurt befestigten hölzernen Turm. Am Kopf war er mit Stirnzier und Kammbusch prächtig geschmückt. Im Turm fanden drei oder vier Krieger Platz, die mit Pfeil und Bogen bzw. Sarissen von oben herab kämpften. Im Nacken des Tieres saß der aus Indien stammende Lenker mit seinem hakenförmigen Treibstachel. Mit Wein, Maulbeersaft und anderen alkoholischen Getränken wurde es vor der Schlacht angriffslustig gemacht. Dabei waren unerfahrene Gegner durch das Erscheinen der meterhohen Tiere leicht zu beeindrucken. So errang Antiochos I., der Sohn des Seleukos I. und der Apame, mit nur 16 Elefanten einen glänzenden Sieg über die keltischen Galater, die solche Lebewesen nie zuvor gesehen hatten (269/68 v. Chr.). Zwischenzeitlich scheint der königliche Bestand an Elefanten zurückgegangen zu sein, aber im Jahr 205 v. Chr. konnte Antiochos III. rund 150 Elefanten bei seiner Rückkehr aus dem Osten mitbringen (s. den Beitrag von H. H. Schmitt). Mit einer Klausel im Friedensvertrag von Apameia (188 v. Chr.) verbot Rom den Seleukiden künftig den Besitz der Riesentiere (Livius 38, 38, 8). Doch hielten sich die Seleukidenkönige nicht daran und führten immer wieder Elefanten, wenngleich nur kleinere Kontingente, gegen Ägypten und Judäa (vgl. 1. Makkabäerbuch 1, 17 und 6, 43 ff.). Als eine römische Senatsgesandtschaft die Bestimmungen des Friedens von Apameia vor Ort überprüfte und den Elefanten die Sehnen durchtrennen ließ, wurde Gnaeus Octavius, der Anführer der Gesandten, unter dem Beifall der Bevölkerung ermordet (163 v. Chr.). In der antiken Kunst und Literatur gilt der Elefant als Begleittier des griechischen Weingottes Dionysos. Wenn auf seleukidischen Münzen, etwa des Kinderkönigs Antiochos VI. (144–141 v. Chr.), ein Elefant abgebildet ist, dann soll das Tier keinen Kriegselefanten darstellen, sondern verweist auf die Gottheit Dionysos. Noch so ein ephemerer Seleukide wie Alexander II. (128–123 v. Chr.) scheint über Elefanten, in diesem Falle ägyptische, verfügt zu haben, jedenfalls ließ er sich mit Elefantenhaube auf dem Kopf abbilden und ahmte dadurch auch Alexander den Großen (s. Abb. 2 im Beitrag von J. Malitz) nach (imitatio Alexandri).
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Konfliktfelder seleukidischer Politik Der Spur der Elefanten folgend, sind schon einige Konfliktfelder sichtbar geworden, die die Politik des Seleukidenhauses bestimmt haben. Dazu gehört an erster Stelle die permanente Rivalität mit den in Ägypten regierenden Ptolemäern, die sich in sechs sog. Syrischen Kriegen niedergeschlagen hat. Mit wechselndem Kriegsglück: Ihren Höhepunkt erreichte der Kampf um die Vorherrschaft im östlichen Mittelmeerraum mit dem Dritten Syrischen Krieg (245–242/41 v. Chr.), als es für einen Augenblick so schien, als sollte das Seleukidenreich ptolemäisch werden (s. den Beitrag von W. Huß). Umgekehrt verhinderte im Sechsten Syrischen Krieg (169/68 v. Chr.) nur ein römisches Ultimatum, dass Antiochos IV. ein Protektorat über Ägypten errichtete. Die Konkurrenz zwischen den beiden Großmächten erstreckte sich über das Militärische hinaus. Beide Dynastien versuchten durch Getreide- oder Geldstiftungen, aber auch die Förderung von Tempelbauten (Abb. 1) ihr Prestige zu erhöhen und das Wohlwollen der eigenen und der fremden Bevölkerung zu gewinnen. Letztlich eine Folge der seleukidisch-ptolemäischen Auseinandersetzungen waren die Spannungen zwischen Antiocheia und dem Tempelstaat von Jerusalem
Abb. 1 Antiochos IV. (175–164 v. Chr.) ließ den Athener Zeus-Olympios-Tempel weiterbzw. durch den römischen Architekten D. Cossutius neu bauen. Ziel war es, die Stiftungen aller anderen Könige damit in den Schatten zu stellen; im Hintergrund die Akropolis. Stahlstich aus dem 19. Jh.
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(s. den Beitrag von A. Hartmann). Das Verhältnis des Seleukidenhauses zu seinen jüdischen Untertanen war bis ins 2. Jh. v. Chr. eigentlich sehr gut. In Antiocheia hatten seit Gründung der Stadt (um 300 v. Chr.) zahlreiche Juden gewohnt, und zwar mit den gleichen politischen Rechten wie Makedonen und Griechen (Josephus, antiquitates Iudaicae 12, 119). Es ist deshalb kein Zufall, dass nach dem Zeugnis der Apostelgeschichte (11, 26) gerade für Antiocheia die Bezeichnung Christianoi für die ersten jüdischen und griechischen Anhänger Jesu bezeugt ist, und die Stadt nach dem Apostelkonzil von Jerusalem (um 48/49 n. Chr.) zum eigentlichen Ausgangspunkt der christlichen Mission und Ausbreitung wurde. Spätere Könige wie Antiochos III. haben bevorzugt jüdische Militärkolonisten angesiedelt und zum Schutz des flachen Landes herangezogen. Die Geldnot der Seleukiden nach dem ›Friedensdiktat‹ von Apameia führte, wie in den biblischen Makkabäerbüchern nachzulesen ist, zu Übergriffen auf den Jerusalemer Tempelschatz. Als es während des Sechsten Syrischen Krieges zu einem Aufstand in Jerusalem kam, verbot Antiochos IV. (175–164 v. Chr.) den Jahwekult, was den Makkabäeraufstand auslöste. Schließlich warfen die aufgezogenen Wolken der neuen Supermacht am Tiber seit Beginn des 2. Jh.s v. Chr. ihren langen Schatten (Polybios 5, 104, 10) auch weit nach Osten. Das verstärkte Ausgreifen Roms – angetrieben vom Ehrgeiz seiner aristokratischen Amtsträger einer- und römischer Sicherheitsinteressen andererseits – destabilisierte letztlich das System der östlichen Monarchien. Ein Nebeneffekt dieses Prozesses war das Aufkommen von Piraten, die in Kilikien (heutige Südosttürkei) und auf Kreta regelrechte ›Räuberstaaten‹ bildeten.
Aufbau und innere Organisation des Seleukidenreiches: König, Freunde, Heer, Gottheit Wie es in der bekannten Inschrift von Ilion Nr. 32, Zeile 9 f. heißt (s. Infokasten), wurde König Antiochos I. (281–261 v. Chr.) bei der Ausübung seiner Herrschaft von den Freunden (phíloi), der Armee (dýnamis) und der Gottheit (daimónion) unterstützt. Damit sind genau jene Kräfte genannt, die den ›Staat‹ (prágmata) bildeten, an dessen Spitze der König (basileús) stand. Dieser gründete seine Regierung auf der ihm eigenen areté und andragathía, d. h. Tüchtigkeit und Tapferkeit, und dem Charisma, das er aus der Abstammung von der Seleukidendynastie gewann. Seine Herrschaft legitimierte der König durch Bewährung seiner Person in Krieg und Politik. Bezeichnend für den gefährlichen Lebensstil, den diese Könige pflegten, ist, dass insgesamt 19 Seleukidenkönige den Tod auf dem Schlachtfeld bzw. bei kriegerischen Handlungen fanden. Die ins Jahr 280 v. Chr. zu datierende Inschrift berichtet einleitend von einem Aufstand in der Syria Seleukis (heute: Libanon, Palästina), den der König dank seiner Freunde, der Armee und der Gottheit niederschlagen konnte. Bei der Gott-
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heit handelt es sich, wie aus Zeile 26 f. derselben Inschrift hervorgeht, um Apollon, den »Begründer« (archégetēs) des Seleukidengeschlechtes. Antiochos I. wird, wie es dann weiter heißt, ein vergoldetes Reiterstandbild im Tempel der Athena von Ilion geweiht (Zeile 35). Die Freunde, die phíloi, sind, um einen Ausdruck von Christian Habicht zu gebrauchen, die »herrschende Gesellschaft« gewesen, sozusagen das königliche Establishment. Sie waren die direkten Nutznießer des Reiches, aus dem sie großen Reichtum zogen. Die erste und vornehmste Pflicht der Freunde war die Beratung des Königs. Alle wichtigen Fragen, insbesondere die zu Krieg und Frieden wurden zunächst gemeinsam im Thronrat besprochen. Interessant ist, dass in diesem Kreis auch Gelehrte und Künstler eine Rolle spielten, vor allem die königlichen Leibärzte. Neben der Funktion als Berater dienten die phíloi als Gesandte und insbesondere als Militärbefehlshaber. Nicht-griechische bzw. einheimische phíloi, also etwa Meder (Dionysios, um 145 v. Chr.) oder Juden (Jonathan, um 150 v. Chr.), stellen die Ausnahme dar. Da sich die Seleukiden beinahe permanent im Krieg befanden, wissen wir über deren Militärwesen mit am besten Bescheid. Das Heer (dýnamis), das etwa Antiochos III. und seine phíloi im Jahr 190 v. Chr. bei Magnesia am Sipylos gegen Rom ins Feld führten, bestand aus insgesamt 60.000 Fußsoldaten, 12.000 Reitern – und über 50 Elefanten unter dem magister elephantorum Philipp, wie der lateinische Historiker Livius (37, 41, 1) vermerkt. Im Zentrum befanden sich 16.000 auf makedonische Weise bewaffnete Fußsoldaten, die Phalangiten genannt wurden. Eine Besonderheit der seleukidischen dýnamis ist ihre vielfältige ethnische Buntheit. Dort dienten Galater und Meder; unter den Leichtbewaffneten befanden sich kleinasiatische Myser, Lyder, Phryger, Traller, Karer, Kiliker, Kappadoker und Kreter. Auch gab es arabische Bogenschützen, die in von Kamelen gezogenen Wagen fuhren, welche an den Achsen mit Sicheln bewehrt waren. Wie die anderen hellenistischen Königshäuser ihre Herkunft auf den argivischen Heroen Herakles bzw. Herakles und Dionysos zurückführten, so leiteten sich die Seleukiden von dem Licht- und Heilgott Apollon als ihrem Stammvater ab. Der lateinisch schreibende Historiker Iustin überliefert (15, 4, 2–6), dass Laodike, die Mutter des ersten Seleukos, eines Nachts ein Traumgesicht hatte, in dem es ihr so vorkam, als habe Apollon ihr Inschrift von Ilion 280 v. Chr. (Auszug) beigeschlafen. In Daphne bei Antiocheia ließ Seleukos I. einen Tempel für Apollon »Da König Antiochos, der Sohn des Königs Seleukos, von Anfang an, als er die Herrschaft übernahm und bauen. Auch förderte er das alte Apollonin rühmlicher und schöner Gesinnung daranging, die heiligtum von Didyma bei Milet, das er Städte der Seleukis, […], wieder zum Frieden und der persönlich zwei Mal besucht hatte. In der alten Glücklichkeit zu bringen, […], wobei ihm nicht genannten Inschrift von Ilion wird Apolnur Freunde und Streitkräfte hilfsbereit im Kampf um lon als Begründer der Dynastie namentden Staat, sondern auch die Gottheit wohlwollend und mitwirkend zuteil wurde […].« lich genannt. (Übersetzung: P. Frisch, Die Inschriften von Ilion (1975), Nr. 32, S. 86)
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Abb. 2 Stehender Buddha, Gandhara (heute Pakistan), 2./3. Jh. n. Chr., Schiefer, Höhe 98 cm. – Angestoßen von hellenistischen Einflüssen (Alexanderzug, Seleukiden und Graecobaktrier), entfaltete sich die Kunst Gandharas seit dem 1. Jh. v. Chr. und erreichte im 2./3. Jh. n. Chr. ihren künstlerischen Höhepunkt.
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Das Seleukidenreich
Forschungsdiskussion: Charakter des Seleukidenreiches In der gegenwärtigen Hellenismus- und Seleukidenforschung am intensivsten und konträrsten diskutiert wird die Frage, ob das Seleukidenreich in seinem Charakter eher ein Imperium Macedonicum, also ein griechisch-makedonischer Staat, war oder ob es sich nicht vielmehr um ein orientalisches Reich gehandelt hat. Die Frage lässt sich so nicht beantworten. Entscheidend ist, wo sich König und Hofstaat gerade im Reich befanden. Hielten sie sich im Westen auf, überwog naturgemäß der griechische Charakter; zogen König und Hofstaat nach Osten, nach Babylon oder noch darüber hinaus, gewann das Orientalische an Bedeutung. Das Umherziehen von Residenzstadt zu Residenzstadt steht übrigens in persischer, also orientalischer Tradition (s. den Beitrag von G. Weber). Dennoch sollten die orientalischen Einflüsse nicht überbewertet werden. Die Könige opferten zwar, wie schon Alexander der Große, den einheimischen Göttern und brachten diesen die von den einheimischen Untertanen erwartete kultische Verehrung entgegen. Die Seleukidenherrscher taten dies aber als makedonisch-griechische Könige.
Bleibende Leistungen Die bedeutendste historische und kulturelle Leistung der Seleukiden besteht in den zahlreichen Städtegründungen. Seleukos I. und seinen Nachfolgern werden von den antiken Historikern zwischen 59 und 75 Städtegründungen (póleis) zugeschrieben. Die Seleukiden übertrafen – selbst wenn die Zahlen übertrieben sein sollten – damit Alexander. Diese póleis wurden zu Ausgangspunkten der Hellenisierung, aber im Laufe der Jahre auch zu Zentren der Akkulturation, des kulturellen Austausches, der Vermischung von griechischen und orientalischen Traditionen. Das beeindruckendste Zeugnis dieses Ausstrahlungs- und Verschmelzungsprozesses ist die antike Plastik von Gandhara (Abb. 2).
Literatur E. R. BEVAN, The House of Seleucus, 2 Bde. (1902, ND 1966). K. EHLING, Untersuchungen zur Geschichte der späten Seleukiden (164–63 v. Chr.). Vom Tode des Antiochos IV. bis zur Einrichtung der Provinz Syria unter Pompeius (2008). CHR. HABICHT, Die herrschende Gesellschaft in den hellenistischen Monarchien, in: Vierteljahresschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 45 (1958), 1–16. G. WEBER, Herrscher und Traum in hellenistischer Zeit, in: Archiv für Kulturgeschichte 81 (1999), 1–33.
Königsbriefe von R. Malcolm Errington
Der Brief als bevorzugte Form der schriftlichen Kommunikation zwischen zwei Menschen hatte schon vor der hellenistischen Zeit eine lange Geschichte. Erst mit der Dominanz der makedonischen Könige wurde er aber zu einer staatlichen Institution in der griechischen Welt. Dies ergab sich einfach aus der Existenz der Monarchie als übergeordnete Herrschaftsform, in der alle staatlichen Äußerungen theoretisch vom König persönlich ausgingen. Die Übernahme der Herrschaft durch die Makedonen im östlichen Mittelmeerraum sowie die Gründung von makedonisch regierten Königreichen in Ägypten (Ptolemäer) und Asien (Seleukiden) führten zwangsläufig zur Verbreitung der Kommunikation durch Königsbriefe.
Der Brief ist ein flexibles Instrument der Kommunikation, da er beliebige Inhalte transportieren kann, so auch die Königsbriefe: Sie konnten private, diplomatische oder verwaltungsmäßige Inhalte haben. Gemeinsam blieb aber der persönliche Ton mit Gruß und Abschiedsformel, ob ein Brief an eine Gemeinde – z. B. an eine griechische Stadt – oder an einen Verwaltungsoffizier gerichtet war. Im innerstaatlichen Bereich gab es allerdings auch andere Formen der königlichen Kommunikation, die prostágmata (»Anordnungen«) und diagrámmata (»Erlasse«), die einen stärker formalrechtlichen Charakter hatten, ohne dass eine strikte Trennung der Gattungen erfolgte. Ein königlicher Brief konnte auch, je nach Inhalt, vom Empfänger als próstagma bezeichnet werden (RC 37). Derartige Schriftstücke wurden meistens als Anhang eines königlichen Briefes übermittelt. Auch in solchen Fällen, wo also die sachliche Verfügung vom Brief förmlich getrennt war, wurde das persönliche Verhältnis zwischen König und Befehlsempfänger formal aufrechterhalten. Als Beispiel sei ein Brief von Kleopatra VII. und Ptolemaios Kaisarion aus dem Jahr 41 v. Chr. angeführt (s. die Beiträge von S. Pfeiffer und M. Clauss): »Königin Kleopatra, die göttliche Philopator, und König Ptolemaios, auch Caesar genannt, der göttliche Philopator und Philome-
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tor, grüßen den Gouverneur (strategós) des Gaues von Herakleopolis. Das beiliegende próstagma zusammen mit der in griechischer und demotischer Sprache ausgefertigten Ausführungsanordnung solltest du in der Hauptstadt sowie an den bedeutendsten Stellen des Gaues anschlagen. Ansonsten soll gemäß der Anordnung gehandelt werden. Lebt wohl. Im 11. Jahr, am 13. Daisios sowie 13. Pharmouthi.« (C. Ord. Ptol. 75). Mit der weiteren Ausbreitung der monarchischen Regierungsform in andere Regionen, die nicht von Makedonen regiert wurden (wie Bithynien, Pergamon, Pontos oder Kappadokien, s. die Beiträge von Chr. Michels sowie B. Dreyer und A. van Douwe), verbreitete sich auch der Herrscherbrief als die normale schriftliche Kommunikationsart zwischen Herrscher und Untertanen sowie als diplomatisches Mittel unter den Königen selbst. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass Könige viele Briefe eigenhändig schrieben. Dafür war ein Sekretär (grammateús) oder ein aus dem späteren Seleukidenreich bekannter Briefschreiber (epistolográphos) zuständig, wobei der König am Original allerdings den Abschiedsgruß als Authentifikation selbst schrieb. Alle Briefe wurden zunächst auf vergänglichem Material, meistens Papyrus, geschrieben, das nur unter ägyptischen Klimabedingungen erhalten geblieben ist. Aus der ganzen hellenistischen Zeit gibt es deswegen per Zufall nur einen Originalbrief, der sich heute in Leiden befindet. Es handelt sich um einen Brief des Königs Ptolemaios Alexandros aus dem Jahr 99 v. Chr. Hier ist die Abschiedsformel »Lebt wohl« (érrosthe) in einer anderen – eben königlichen – Hand als der Rest des Briefes ausgeführt (C. Ord. Ptol. 62), was sicherlich die normale Praxis war. Da kein königliches Archiv aus der Antike erhalten ist, sind die uns bekannten Briefe keinesfalls repräsentativ für die gesamte Bandbreite der epistolografischen Tätigkeit der hellenistischen Könige; auch waren die allerwenigsten für die dauerhafte Veröffentlichung vorgesehen. Alle bekannten Briefe sind nur deswegen erhalten, weil die Empfänger (oder andere Interessenten) sie für so wichtig hielten, dass sie sie abschreiben oder sogar (wie es in den griechischen Städten üblich wurde) in Stein einmeißeln ließen. Aus Ägypten sind einige wenige Routineschreiben deswegen erhalten, weil sie entweder zum privaten Gebrauch (z. B. bei einem Prozess) oder auf einer unteren Verwaltungsebene als gültige Rechtsordnungen kopiert wurden. Die auf Stein erhaltenen Dokumente sind ausschließlich Empfängerpublikationen. Es sind Texte, welche die Empfänger als besonders vorteilhaft betrachteten und auf welche sie, aus welchen Gründen auch immer, so viel Wert legten, dass sie die erheblichen Kosten einer dauerhaften Publikation auf Stein nicht scheuten. Inschriftlich erhaltene Briefe stammen also meistens aus griechischen Gemeinden oder Heiligtümern. Deswegen bieten die so ausgestellten Schriftstücke ein positives Image der Könige. Nach Auskunft der Briefe trafen sie nur positive Entscheidungen in gnädiger Reaktion auf Eingaben der Untertanen; dieser Eindruck entsteht allerdings nur deswegen, weil unerfreuliche königliche Initiativen oder sogar negative
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Bescheide von den Gemeinden eben nicht aufgeschrieben wurden! Die Vertreter der Gemeinden, welche Petitionen an den Hof überbrachten, werden oft wegen ihres guten Benehmens im Antwortbrief des Königs persönlich lobend erwähnt und galten danach zu Hause wegen ihres Erfolgs als bedeutende Wohltäter ihrer Städte. Als Beispiel sei ein Brief angeführt, den König Antiochos II. kurz nach seiner Thronbesteigung im Jahr 261 v. Chr. an die Stadt Erythrai schrieb: »König Antiochos grüßt Rat und Volk der Erythraier. Eure Gesandten Tharsynon, Pythes und Bottas übergaben uns den Beschluss, in dem ihr die Ehrungen beschlossen habt, und übergaben den Kranz, mit dem ihr uns bekränzt habt, ebenso das Gold als Gastgeschenk. Sie haben außerdem persönlich über die loyale Gesinnung, die ihr immer gegenüber unserem Haus aufrechterhalten habt, vorgetragen und allgemein über die Dankbarkeit, die eure Bürger allen Wohltätern erweisen sowie über das Ansehen, das die Stadt bei den früheren Königen genoss. Sie haben uns mit aller Ernsthaftigkeit und Diensteifer gebeten, wir möchten uns euch gegenüber freundschaftlich verhalten und in allen Angelegenheiten, die Ehre und Ansehen betreffen, die Interessen der Stadt fördern.« Nach weiterem wortreichen Lob wegen der Haltung der Stadt kommt er endlich zur Sache: »Da Tharsynon, Pythes und Bottas dargelegt haben, dass unter Alexander und Antigonos eure Stadt selbstverwaltend und steuerfrei war und dass unsere Vorfahren stets um sie bemüht waren, erkennen wir an, dass sie richtig entschieden; da wir nicht mit Wohltaten zurückbleiben wollen, werden auch wir eure Autonomie mitaufrechterhalten und wir gewähren euch die Abgabenfreiheit für die sonstigen Steuern und außerdem für den Galaterbeitrag.« Andere Vergünstigungen wurden in einer nicht mehr erhaltenen Textstelle aufgelistet, dann folgt eine Mahnung, die Erythraier mögen sich stets daran erinnern, wem sie für die Wohltaten zu danken haben, und: »Ausführlicher über diese und andere Dinge, die wir erörtert haben, werden die Gesandten berichten. Sie loben wir wegen ihrer gesamten Tätigkeit und insbesondere wegen der Ernsthaftigkeit, welche sie zeigten in Bezug auf die Angelegenheiten eures Volkes. Lebt wohl.« Das Monument, das die Erythraier aufstellten – der Stein mit der Inschrift ging im Jahr 1922 beim Stadtbrand von Smyrna verloren –, umfasste wahrscheinlich nicht nur diesen Brief, sondern insgesamt drei Dokumente: 1) den Beschluss, den die Gesandten dem König überbrachten, 2) den Brief des Königs und 3) einen weiteren Beschluss, mit welchem die erfolgreichen Gesandten von der Stadt bedankt und gelobt wurden. Viele der auf Stein erhaltenen Herrscherbriefe stammen aus solchen Dossiers. Sie betreffen gelegentlich auch Einzelpersonen. Als Antiochos I. seinem Offizier Aristodikides aus der Kleinstadt Assos ein ehemals königliches Grundstück schenken wollte, empfahl er ihm, es künftig verwaltungsmäßig an die Stadt Ilion anzugliedern. Um sich abzusichern, ließ Aristodikides die drei relevanten Briefe des Königs an den Chef der Lokalverwaltung, Meleager, auf eine Stele, welche er in Ilion errichten ließ, aufschreiben. Die Stele wurde von Heinrich Schliemann im Jahr 1873 dort gefunden und nach Berlin gebracht, wo sie im Zwei-
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ten Weltkrieg endgültig verloren ging. (RC 10–13). Ein Privatdossier anderer Art stammt aus der Stadt Nysa. Während des Ersten Mithradatischen Krieges (88–85 v. Chr.) blieb der prominente Bürger Chairemon den Römern treu und wurde deswegen vom König Mithradates VI. selbst mittels Steckbriefen verfolgt. Nach dem römischen Sieg ließ die dankbare Stadt Nysa (wohl auf Anregung des Chairemon) die zwei königlichen Steckbriefe sowie einen Lobesbrief des römischen Prokonsuls C. Cassius Chairemon zu Ehre aufschreiben und in der Stadt an prominenter Stelle aufstellen. Das Dossier beleuchtet übrigens die Zufälligkeit der historischen Überlieferung, denn wenn Mithradates VI. den Krieg gewonnen hätte, wäre das Monument für Chairemon nicht entstanden und wir wüssten nichts über seine für ihn so gefährliche pro-römische Tätigkeit. Die meisten solcher Dossiers betreffen aber Städte oder Heiligtümer. Um 242 v. Chr. begann die Insel Kos eine breitgestreute Kampagne, um das dortige Heiligtum des Heilgottes Asklepios als unantastbar (ásylos) anerkennen zu lassen. Unter den Staaten, welche die koischen Gesandten in dieser Sache aufsuchten, befanden sich alle bedeutenden Könige der Zeit, deren Antwortbriefe, in welchen sie die asylía anerkannten, zusammen auf einer auffälligen dreiseitigen Stele aufgeschrieben und somit im Heiligtum ausgestellt wurden (Abb. 1 und 2). Auf anderen Steinen wurden die etwa 50 Antworten aus griechischen Städten und Bünden in der Form von Volksbeschlüssen aufgezeichnet. Für die Koer war die Aktion eine
Abb. 1 Inschrift aus Kos, Seite 1a: Briefe der Könige Ptolemaios III. und Ziaelas von Bithynien (RC 27, 25 = IG XII 4, 1 208, 209).
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Abb. 2 Inschrift aus Kos, Seite 2b: Brief des Königs Seleukos II. (RC 26 = IG XII 4, 1 210).
Prestigefrage und ausgesprochen erfolgreich. Die Veröffentlichung der Ergebnisse im Heiligtum hatte den Zweck, allen künftigen Besuchern plastisch vor Augen zu führen, wie ausgedehnt die Anerkennung des koischen Heiligtums in der damaligen griechischen Welt war, und unter den Antworten, welche die Gesandten
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zurückbrachten, galten offenbar die Königsbriefe als besonders bedeutsam: Ihnen allein galt die aufwendige und auffällige dreiseitige Stele. Ein etwas anders gelagertes Dossier ist uns aus der thessalischen Stadt Larisa bekannt. Im Jahr 217 v. Chr. ließen Gesandte der Stadt den makedonischen König Philipp V. wissen, dass ihre Stadt wegen des Krieges gegen den Aitolischen Bund an Bevölkerungsmangel litt (s. den Beitrag von K. Scherberich). Daraufhin schrieb Philipp V., dass die Larisaier den dort lebenden Nicht-Bürgern das städtische Bürgerrecht verleihen sollten, um sie dauerhaft an die Stadt zu binden und dem Problem des Bevölkerungsschwunds beizukommen. Ein Volksbeschluss akzeptierte die Anregung. Drei Jahre später schrieb Philipp V. wieder, dass ihm zu Ohren gekommen sei, dass Neubürger aus den Bürgerlisten wieder gestrichen worden seien, und mahnte, dies dürfe nicht bloß aus Neid oder privater Abneigung erfolgen. Daraufhin verabschiedete die Stadt einen weiteren Beschluss, dass die nach einer Eignungsprüfung abgewiesenen Neubürger auf einem Brett auf der Agora aufgelistet werden, die Namen der Akzeptierten aber, wie Philipp V. es vorschlug, auf Stein eingemeißelt werden sollten. Das veröffentliche Dossier besteht dann aus den zwei Königsbriefen mit den jeweils daraufhin verabschiedeten Volksbeschlüssen sowie einer Liste der mehr als 200 Neubürger. Die Königsbriefe wurden also hier in den gesamten Vorgang integriert, dessen Anfang aber bei dem Bevölkerungsproblem der Stadt lag. In den geschilderten und anderen ähnlich gelagerten Fällen war der König erst tätig geworden, nachdem ihm von den späteren Briefempfängern das jeweilige Problem und die Wünsche der Untertanen angetragen worden waren. Die erhaltenen Königsbriefe sind jedoch nur eine kleine und nicht einmal repräsentative Auswahl aus der brieflichen Tätigkeit eines hellenistischen Königs. Dies lässt sich aus einer über Seleukos I. erzählten Anekdote illustrieren (s. den Beitrag von K. Ehling). Seleukos I. soll bei jeder Gelegenheit behauptet haben, dass, wenn die Menge nur wüsste, wie viele Mühe es kostete, bloß die vielen Briefe zu schreiben und zu lesen, kein Mensch ein abgelegtes Diadem würde auflesen wollen (Plutarch, An seni respublica gerenda sit 790a). Die Korrespondenz eines Königs behandelte also – wie man sich denken könnte – viel problematischere, wohl auch wichtigere Angelegenheiten, als die von den erhaltenen Briefen belegten positiven Bescheide erahnen lassen.
Literatur M.-TH. LENGER, Corpus des ordonnances des Ptolémées (1964) (zitiert C. Ord. Ptol.). C. B.WELLES, Royal Correspondence in the Hellenistic Period (1934) (zitiert RC).
Antiochos III. der Große (223–187 v. Chr.) von Hatto H. Schmitt
Der Prinz, der etwa 20 Jahre später als Antiochos III. den Seleukidenthron besteigen sollte, wurde geboren (243/42 v. Chr.), als sein Vater Seleukos II. im Dritten Krieg um den Besitz Syriens gegen das Ptolemäerreich kämpfte. Bald darauf (239/38 v. Chr.) ging Ost-Iran verloren; Baktrien machte sich selbständig, die iranischen Parner gründeten das Partherreich. Das Diadem fiel Antiochos III. zu, als sein älterer Bruder Seleukos III. auf einem Feldzug gegen Pergamon zur Rückeroberung Westkleinasiens ermordet wurde (223 v. Chr.).
Die ersten Jahre Das hellenistische Herrscherideal gebot, das von den Vätern ererbte Gebiet zu festigen und zu mehren (Polybios 32, 8). So scheint sich der junge König alsbald die Aufgabe gestellt zu haben, das geschrumpfte Reich der Ahnen wiederherzustellen und gegen Ptolemaios IV. den Anspruch auf Südsyrien im Vierten Syrischen Krieg zu erneuern (221; 219–217 v. Chr.). Im ersten Regierungsjahrzehnt galt es freilich, vom verbliebenen ›fruchtbaren Halbmond‹ aus Usurpatoren niederzuwerfen: Der Satrap von Medien, Molon (222–220 v. Chr.), und der ›Vizekönig‹ im z. T. wiedergewonnenen Westkleinasien, Achaios (220–213 v. Chr.), hatten den Königstitel angenommen. Molons Einmarsch in Mesopotamien zwang den König, den Syrienfeldzug zu unterbrechen; seine Wiederaufnahme nach der Beseitigung Molons scheiterte in der Schlacht bei Raphia (217 v. Chr.). Achaios wurde in seiner Residenz Sardeis eingeschlossen und schließlich als Hochverräter grausam hingerichtet.
Wiedergewinnung des Ostens Das nun folgende Programm zur Wiedergewinnung der Ostprovinzen (212– 205/04 v. Chr.) zitierte das Vorbild der Ostfeldzüge Alexanders des Großen und
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des Urahnen Seleukos I. Nikator (s. den Bei»Antiochos machte durch diesen Feldzug nicht nur trag von K. Ehling); allerdings erzielte Antidie Machthaber in den Oberen Satrapien seiner ochos III. nicht die unmittelbare BeherrHerrschaft untertan, sondern auch die Städte am Meer und die Dynasten nördlich des Taurus; und schung von Armenien (212 v. Chr.), Parüberhaupt festigte er seine Königsmacht, indem thien (208 v. Chr.), Baktrien und Gandhara er durch seinen Wagemut und seine unermüdliche (206 v. Chr.), sondern nur die Anerkennung Energie alle seine Untertanen in Erstaunen setzte. einer eher losen Oberhoheit durch die dortiDenn durch diesen Feldzug schien er nicht nur den gen Könige, die wohl spätestens im RömerBewohnern Asiens, sondern auch denen Europas der Königsherrschaft würdig.« (Polybios 11, 34, krieg wieder verloren ging. Das mag man 14-16, Übersetzung: H. H. Schmitt) im Mittelmeerraum nicht gesehen haben: Der vermeintliche Alexanderzug brachte »Antiochos führt mit Briefen Krieg und ficht mit dem König einen großen Prestigezuwachs Tinte und Feder.« (Cato Oratorum Romanorum ein (s. Infokasten), den er – offenbar ein fragmenta2 8 fr. 20, Übersetzung: H. H. Schmitt) geschickter Propagandist – überhöhte, indem er den Titel »Großkönig« annahm. Das erinnerte an das persische Großreich und an die Alexander zugeschriebene Weltherrschaftsidee, die bei den Diadochendynastien des Öfteren aufleuchtet, so auch bei Ptolemaios III. und Philipp V. (s. die Beiträge von W. Huß und K. Scherberich). Nun richtete sich Antiochos’ Expansion wieder nach Nordwesten und Süden und damit in die mediterrane Welt. Seit etwa 204 v. Chr. zeigen Inschriften eine rege militärische und diplomatische Aktivität v. a. in Karien und Ionien; aus den Machtsphären der Ptolemäer und der Attaliden wurden zahlreiche Städte herausgelöst. Da starb Ptolemaios IV. (Sommer 204 v. Chr.?). Im rasch folgenden gleichzeitigen Angriff Antiochos’ III. und des Makedonen Philipp V. gegen ptolemäische Außenlande sahen schon die Zeitgenossen eine konzertierte Aktion: Philipp besetzte Städte an der Westküste Kleinasiens – was schließlich zum Konflikt mit Rom (Zweiter Römisch-Makedonischer Krieg, 200–197 v. Chr.) und zur erzwungenen Räumung dieser Eroberungen führte; Antiochos III. gelang im Fünften Syrischen Krieg (seit 202/01 v. Chr.) endlich der Gewinn Südsyriens und Phoinikiens, und seit 197 v. Chr. zog er von Kilikien aus die Süd- und Westküste Kleinasiens entlang und besetzte die ptolemäischen Besitzungen und die meisten griechischen Freistädte – teils als Untertanen, teils als nominell ›Verbündete‹. 196 v. Chr. setzte er schließlich nach Thrakien über, auf das die Seleukiden aus dem Sieg des Seleukos I. über Lysimachos im Jahr 281 v. Chr. einen Herrschaftsanspruch ableiteten.
Wiederherstellung des Reiches Damit hatte er, wenigstens äußerlich, den Machtbereich des Dynastiebegründers wiederhergestellt, ein Ziel, das er in diesen Jahren ausdrücklich als Programm formulierte. Aber mit der Überschreitung des Hellesponts hatte er auch eine andere
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Abb. 1 Tetradrachme von Antiochos III. Beim Porträt des Antiochos III. lassen sich drei Typen unterscheiden. Das abgebildete Vierdrachmenstück zeigt den besonders idealisierenden Typ 3, der nach der Rückkehr des Königs aus dem Osten eingeführt wurde (205 v. Chr.). Individuelle Züge sind gleichwohl zu erkennen. Zu beachten sind die dynamisch ausschwingenden Diademenden (s. den Beitrag von M. Haake).
Grenze überschritten: Rom hatte von Philipp V. ultimativ die Freiheit der besetzten Griechenstädte in Europa und Asien gefordert und im Friedensschluss durchgesetzt. Das Vordringen des Antiochos III. in Kleinasien beobachtete Rom daher mit wachsendem Unwillen; denn Antiochos’ Übergang nach Europa schien eine neue Dimension syrischer Expansion zu signalisieren. Die Römer – selbst ohne territoriale Ambitionen im Osten – waren nicht gewillt, Antiochos die Früchte des römischen Sieges über Philipp V. ernten zu lassen (Abb. 1). Das erste Jahrzehnt des 2. Jh.s v. Chr. ist daher gekennzeichnet durch rege diplomatische und politische Aktivitäten Roms, des Antiochos III. und der bedrohten oder schon besetzten griechischen Städte. Immer härter stehen zwei unvereinbare Prinzipien im Raum: Roms Forderung nach Freigabe der Städte – und der vom König erhobene Rechtsanspruch auf alle Gebiete, die der Urahn kraft Siegerrechts besessen habe (Polybios 18, 51, 3–6). In diesen Jahren eines ›kalten Krieges‹ versuchte Antiochos, seine Position nach außen durch Heiratspolitik zu verbessern. Er hatte 222 v. Chr. seine Kusine Laodike, Tochter des Mithradates II. von Pontos, geheiratet; sie hatte ihm mindestens drei Söhne und vier Töchter geboren. Letztere bot er nun Nachbarkönigen zur Ehe an, mit geringem politischen Erfolg: Ptolemaios V. und seine Frau Kleopatra »die Syrerin« blieben neutral, und Roms Verbündeter Eumenes II. von Pergamon lehnte eine Heirat höflich ab (s. den Beitrag von Chr. Mileta). Nach innen versuchte Antiochos, das einzige einigende Band des Vielvölkerstaats, die monarchische Idee, zu stärken, indem er die Königin Laodike in den bestehenden Kult der männlichen Herrscher einbezog (193 v. Chr.), wohl um die Zukunftssicherheit der Dynastie zu betonen.
Konflikt mit Rom und Untergang des Antiochos III. Deutlich lassen die Quellen erkennen, dass weder Rom noch Antiochos III. an einer militärischen Lösung interessiert waren; aber beide befürchteten, durch Zugeständnisse das Gesicht zu verlieren. Ausgelöst hat den Krieg schließlich der mittelgriechische Bundesstaat der Aitoler, die den Römern seit der Verteilung der Beute des Philipp-Kriegs grollten. Im Herbst 192 v. Chr. schufen sie durch
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Besetzung einiger Städte ein fait accompli und luden Antiochos ein, als Bundesfeldherr mit besonderen Vollmachten den Krieg gegen Rom anzuführen. Dem glaubte sich Antiochos nicht entziehen zu können. Ohne zureichende Vorbereitungen setzte er nach Hellas über, kämpfte im Frühwinter ohne Erfolge und erlitt im Frühjahr 191 v. Chr. eine schwere Niederlage beim Thermopylen-Pass; dann zog er sich mit den Resten seines Expeditionsheeres nach Kleinasien zurück. Dorthin folgte ihm im Herbst 190 v. Chr. ein Heer der Römer und ihrer Verbündeten unter der Führung des Konsuls Lucius Cornelius Scipio und dessen Bruders Publius, des Siegers über Hannibal. Im Dezember 190 v. Chr. wurde Antiochos bei Magnesia am Sipylos vernichtend geschlagen; er bat sofort um Frieden und erklärte sich bereit, Thrakien und ganz Kleinasien nördlich des Taurus zu räumen, seine Kriegsflotte auszuliefern und eine hohe Kriegskostenentschädigung zu zahlen. Auf dem Friedenskongress von Apameia in Phrygien (188 v. Chr.) verteilten die Römer diese Abtretungen an ihre Verbündeten, v. a. an Pergamon und Rhodos. Zur Bezahlung der Kriegskontributionen musste der König neue Quellen erschließen. Beim Versuch, auf den Schatz des Bel-Tempels in der Elymaïs (im Süd-West-Iran) zuzugreifen, wurde er im Jahr 187 v. Chr., etwa 55-jährig, von den Einheimischen erschlagen.
Würdigung So endete Antiochos »der Große«. Dieser Beiname – sein Kultname im Herrscherkult der lebenden und verewigten Seleukiden – entstand offenbar schon zu seinen Lebzeiten aus dem Titel »Großkönig«, der, zumal in Hellas, zu sehr an persische Despotie erinnert haben mag. Nennt man ihn zu Recht »groß«? Diese Frage wird nicht jedes Zeitalter gleich beantworten. Nach der Werteskala seiner eigenen Zeit verdiente gewiss ein Kriegsherr, der mit der – Antiochos von Polybios zu Recht zuerkannten – Unermüdlichkeit (philoponía) riesige Räume in Asien und auch Europa durchzog, diesen Ehrentitel – wenn er denn letztlich Erfolg hatte. Alexander »der Große« starb jung, auf dem Höhepunkt seiner Erobererlaufbahn; Antiochos III. musste in seinen letzten Lebensjahren erleben, wie ephemer seine Erfolge gewesen waren: Er hat fast alles, was er gewonnen hatte, wieder verloren und seinen Söhnen ein finanziell ruiniertes Reich hinterlassen.
Literatur B. DREYER, Die römische Nobilitätsherrschaft und Antiochos III. (205–188 v. Chr.) (2007). K. EHLING, Der Tod des Usurpators Achaios, in: Historia 56 (2007), 497–501. J. D. GRAINGER, The Roman War of Antiochos the Great (2002). J. MA, Antiochus III and the Cities of Western Asia Minor (1999). H. H. SCHMITT, Untersuchungen zur Geschichte Antiochos’ des Großen und seiner Zeit (1964).
Frauen mit Mauerkrone: Stadtpersonifikationen und Stadtgöttinnen von Marion Meyer
In der griechischen Bilderwelt gab es viele Personifikationen – Darstellungen von Gegenständen oder Abstrakta in menschlicher Gestalt. In hellenistischer Zeit sind Personifikationen von Städten an dem anschaulichen Bildzeichen der Mauerkrone zu erkennen. Die Mauerkrone wurde dann auch das Kennzeichen von Figuren, die das ›Glück‹ einer Stadt veranschaulichten und unter der Bezeichnung ›Stadttychen‹ vor allem in der Kaiserzeit verbreitet waren.
Die Darstellung von Städten als Frauen mit Mauerkrone ist eine Bilderfindung hellenistischer Zeit. Städte stellte man sich in der griechischen Kultur als weibliche Figuren vor. Man hatte sie zuvor ohne spezifische Merkmale wiedergegeben, so dass sie nur anhand einer Beischrift oder des Bildkontextes als Personifikationen zu erkennen waren. Seit dem 3. Jh. v. Chr. können sie eine Mauerkrone tragen, die den Mauerkranz einer Stadt veranschaulichte. Dieses Bildmotiv hatte im Vorderen Orient eine lange Tradition. Es verwundert nicht, dass das neue Bild für Stadtpersonifikationen in der Levante kreiert wurde.
Neue Bilder für griechische Städte im Seleukidenreich Seit dem frühen 3. Jh. v. Chr. stand in Antiocheia am Orontes (dem heutigen Antakya), der Hauptstadt des Seleukidenreiches (s. den Beitrag von K. Ehling), eine Bronzestatue der Stadtpersonifikation. Sie ist nicht erhalten, anhand von Nachbildungen und Abbildungen jedoch annähernd zu rekonstruieren (Abb. 1). Sie zeigte eine in ihre Gewänder eingehüllte, auf einem Felsen (dem Stadtberg Silpion) sitzende Frau mit Mauerkrone. Einen Fuß setzte sie auf die Schulter eines Mannes, der den Fluss Orontes als eine bis zum Bauch aus den Fluten auftauchende und an der Frau vorbeikraulende Figur verkörperte. In der rechten
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Abb. 1 Rekonstruktion der Statue, die die Stadt Antiocheia »in beherrschender Lage« zeigt: Sie stützt sich auf dem Hausberg auf und lässt den Fluss Orontes (dargestellt durch einen Schwimmer) nicht über die Ufer treten (frühes 3. Jh. v. Chr.).
Hand hielt sie Ähren, Mohnkapseln und Trauben. Diese Früchte, die nicht zur gleichen Zeit reifen, versicherten den Einwohnern, dass ihre Stadt nie darben würde. Die Statue veranschaulichte also eine glückliche Stadt. Diese Bilderfindung wurde dann seit dem 1. Jh. v. Chr. vor allem im Vorderen Orient und in
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Kleinasien aufgenommen und (durch Veränderung der Attribute) den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten angepasst.
Der Frauenkopf mit Mauerkrone – ein anschauliches Bild für städtische Münzprägung Das Bild des Frauenkopfes mit Mauerkrone verwendeten Städte in der Levante seit dem 3./2. Jh. v. Chr. als Motiv für die Vorderseiten ihrer lokalen Münzprägung. Darunter versteht man Münzen aus unedlem Metall, deren Materialwert geringer war als ihr Nennwert und die daher lediglich in der näheren Umgebung der Prägestätte zirkulierten. Von den phönikischen Städten wählten nur Arados und Sidon, die beide eine weibliche Stadtgottheit hatten (Astarte), dieses Münzmotiv. Für den phönikischen Kulturraum ist aus der im späten Hellenismus üblichen Bildwahl zu erschließen, dass die Münzmotive Gottheiten zeigten. Im nördlichen Syrien und in Kilikien erscheint der Frauenkopf mit Mauerkrone hingegen auch auf Münzen von Städten, deren Hauptgottheiten männlich waren. Wie schon zuvor in der Hauptstadt Antiocheia (s. o. zur öffentlich aufgestellten Bronzestatue), wurde der Frauenkopf mit Mauerkrone in diesem Kulturraum als Bild der Personifikation der Stadt und damit als angemessene Visualisierung der Stadt als Prägeherrin angesehen. Im späten 2. und 1. Jh. v. Chr. prägten neun Städte auch Tetradrachmen im eigenen Namen. Mit der Ausgabe dieser Silbermünzen, die das überregional gültige Zahlungsmittel waren, erwiesen sie sich als autonom. Zuvor hatten sie für die Könige Silbermünzen in deren Namen und mit deren Porträt geprägt. Ein offizielles Schreiben des seleukidischen Königs überliefert die Autonomieverleihung an die Stadt Seleukeia (an der Orontesmündung) im Jahre 109/08 v. Chr. Die Legende der Tetradrachmen vermerkt dieses Privileg mit Stolz: »(Münze) der heiligen und autonomen (Stadt) der Seleukeier« (Abb. 2 b). In der Gestaltung der Tetradrachmen zeichnet sich folgendes Muster ab: Die phönikischen Städte stellten auf den Vorderseiten jeweils ihre Hauptgottheit dar. In Arados und Sidon war dies Astarte; in Tyros und Tripolis waren es MelqartHerakles bzw. die Dioskuren. Die Göttin Astarte wurde – als Zeichen dafür, dass sie die Gottheit der Stadt war – mit Mauerkrone wiedergegeben. Die griechisch-makedonischen Städte Seleukeia und Laodikeia in Syrien sowie Elaiousa und Aigeai im benachbarten Kilikien stellten nicht ihre Stadtgottheiten dar (dies wären in Seleukeia und Laodikeia Zeus und Poseidon, in Aigeai Athena gewesen), sondern die Stadtpersonifikation in Form eines Frauenkopfes mit Mauerkrone. Damit setzten sie das Vorbild der königlichen Münzen kongenial um: Die Seleukidenmünzen zeigten auf der Vorderseite das Porträt des Herrschers und auf der Rückseite dessen Namen (neben dem Bild einer Gottheit oder eines göttlichen Attributs). Die griechisch-makedonischen Städte stellten auf ihren Münzen
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gleichfalls eine Entsprechung der Legende (Bürger der Stadt) und des Bildes auf der Münzvorderseite (Personifikation der Stadt) her und machten dadurch deutlich, dass sie die Könige als die Münzherren abgelöst hatten. Den Tetradrachmen der Städte konnte man konkret ansehen, dass sie Nachfolger und Äquivalent der Königsmünzen waren, denn das Bild der Stadtgöttin bzw. Stadtpersonifikation wurde nach dem Vorbild der Münzdarstellungen seleukidischer Königinnen gestaltet. Auf den Münzen von Städten der südlichen Levante trug die seleukidische Königin wie dann auch die Stadtgöttin von Sidon einen den Hinterkopf bis zu den Ohren verhüllenden Schleier. Auf den Münzen der nördlichen Städte legte sich der Schleier bei den Königinnen wie auch bei der Stadtgöttin (Arados) bzw. den Stadtpersonifikationen (Seleukeia, Abb. 2 a.b, und Laodikeia) nur um den aufgesteckten Haarknoten.
Die Personifikation der Stadt und das glückliche Schicksal: die Genese der ›Stadttyche‹ Nach allem, was sich über die Verwendung der Mauerkrone bis zur Mitte des 2. Jh.s v. Chr. erschließen lässt, veranschaulichte sie die Personifikation der Stadt oder als Attribut von Gottheiten (Astarte, Kybele) die Zuständigkeit dieser Mächte für eine Stadt. Die Göttin Tyche, die das Schicksal – und als Agathe Tyche das gute Schicksal, mithin das Glück – verkörperte, wurde mit einer (auch von anderen Gottheiten getragenen) zylinderförmigen Götterkrone dargestellt, dem sog. Polos. Da Glück und Reichtum untrennbar mit der Vorstellung von reicher Ernte verbunden waren, konnte Tyche als Zeichen ihrer segensreichen Wirkung ein Füllhorn mit Feldfrüchten und Obst im Arm halten. Seit der Mitte des 2. Jh.s v. Chr. ist zu verfolgen, wie aus der Kombination von zwei eigen-
Abb. 2 a.b Auf der Vorderseite von Großsilber, mit dem die Stadt Seleukeia in Syrien stolz ihre Autonomie bekundet, ist der Kopf der Stadtpersonifikation dargestellt – in Analogie zu den Münzen der Könige mit deren Porträts (100/99 v. Chr.).
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ständigen Konzeptionen und zwei eigenständigen Bildtraditionen – denen der Stadtpersonifikation und denen der Schicksalsgöttin Tyche – eine Figur wurde, die das glückliche Schicksal der Stadt verkörperte. Diese Vorstellung ist bildlich erstmals in einer Serie von Bronzemünzen zu fassen, die um die Mitte des 2. Jh.s v. Chr. von den Nachbarstädten Antiocheia und Seleukeia in Syrien geprägt wurden und ihr geschwisterliches Verhältnis priesen. Auf den Vorderseiten sind die Köpfe der Demoi (der Verkörperung der Bürgerschaften) dargestellt; auf den Rückseiten bekränzt eine stehende Frau mit Mauerkrone (dem Zeichen der Stadtpersonifikation) und zwei Füllhörnern im Arm (dem Zeichen der Glücksgöttin Tyche) die als Legende genannten »geschwisterlichen Bürgerschaften«. In der Folgezeit verbreitete sich eine Darstellungskonvention der Tyche, die die Göttin mit Polos, Füllhorn und einem Steuerruder in der rechten Hand zeigte und damit die Vorstellung veranschaulichte, dass die Tyche die Geschicke der Menschen lenkt. Dieses Bild erscheint in der 2. Hälfte des 2. Jh.s v. Chr. auf dem Revers seleukidischer Münzen. Wenig später übernehmen und adaptieren Städte der Levante dieses Bild als Rückseitenmotiv: Der Polos wird durch die Mauerkrone ersetzt (um den Bezug zur Stadt zu veranschaulichen), die Vergewisserung des Glücks eventuell mit weiteren Attributen ausgemalt. Aus der Stadtpersonifikation und der für die Stadt wirkenden Glücksgöttin wird eine Tyche der Stadt. Diese Bezeichnung ist erstmals in der frühen Kaiserzeit in den Quellen belegt. Vor allem seit dem 2. Jh. n. Chr. ist sie weit über die Levante hinaus verbreitet. In der römischen Kaiserzeit wird einerseits die Mauerkrone als Attribut für Stadt- und auch Landschaftspersonifikationen und andererseits die Vorstellung einer das Wohlergehen einer Stadt verkörpernden Tyche so geläufig, dass zwischen der Personifikation einer Stadt und einer Stadttyche weder konzeptionell noch bildlich zu unterscheiden ist. Stadtpersonifikation und Stadttyche können als Synonym gebraucht werden.
Literatur M. MEYER, Die Personifikation der Stadt Antiocheia. Ein neues Bild für eine neue Gottheit (2006). M. MEYER, Die Stadt als Souverän. Städtische Tetradrachmen in der Levante, in: A. LICHTENBERGER u. a. (Hrsg.), BildWert. Nominalspezifische Kommunikationsstrategien in der Münzprägung hellenistischer Herrscher (2014, im Druck).
Das Attalidenreich von Boris Dreyer und Aike van Douwe
Antigoniden, Seleukiden oder Ptolemäer – nur wenige hellenistische Großreiche genossen so großes Ansehen wie die Attaliden. Sie stiegen aus der Bedeutungslosigkeit lokaler Provinzfürsten zu Königen von Kleinasien auf. Dabei erkannte die Dynastie wie keine andere vor ihr die Zeichen der Zeit. Die Attaliden waren bis zuletzt die treuesten Bündnispartner der Römer. So treu sogar, dass Attalos III. ihnen sein Reich nach seinem Tod testamentarisch überließ.
Philetairos – ein Eunuch begründet eine Dynastie Mit dem Tod Alexanders des Großen 323 v. Chr. in Babylon endete das Leben eines außergewöhnlichen Feldherrn. In den folgenden ca. 40 Jahren zerfiel auch sein Reich in verschiedenartige Nachfolgereiche – neben großen wie dem der Seleukiden auch in kleinere. Das berühmteste Beispiel der zweiten Gruppe ist das Attalidenreich. Sein Zentrum war die vormals unbedeutende Stadt Pergamon, die unter der Dynastie der Attaliden zu großer Prominenz aufsteigen sollte. Im antiken Mysien an der Ebene des Flusses Kaikos gelegen, war Pergamon ursprünglich eine Burg, in der 9000 Talente des Generals Lysimachos lagerten. Dieses Vermögen beaufsichtigte Philetairos, der Gründer der attalidischen Dynastie. Jener Philetairos – angeblich Eunuch, weil ihm als Kind im Gedränge die Hoden zerquetscht worden sein sollen – bewies außergewöhnliches Gespür für die politischen Möglichkeiten und handelte ganz in den Bahnen eines charismatischen Führers: alle Chancen nutzen, die sich bieten. So ist es nicht verwunderlich, dass er – sobald sich die Gelegenheit bot – ohne Skrupel die Seiten wechselte: Während einer Auseinandersetzung zwischen dem Begründer des Seleukidenreiches Seleukos I. und Lysimachos verließ Philetairos seinen vormaligen Herrn und ging zu den Seleukiden über. Im Jahr 281 v. Chr. kam es zur Schlacht bei Kurupedion, bei der Lysimachos nicht nur die Schlacht, sondern auch sein Leben verlor: Sein Reich fiel an Seleukos I., durch den rechtzeitigen Seitenwech-
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sel konnte sich Philetairos jedoch Amt und Stadt sichern – er blieb Wächter des Schatzes von Pergamon. Auch gegenüber dem Nachfolger des Seleukos, Antiochos I., blieb er loyal. Dies äußerte sich in der Münzprägung, indem Philetairos Münzen mit dem Bildnis des Seleukos prägen ließ. Auf diese Weise konnte Philetairos die Position Pergamons im Umland stärken, und er setzte auch die gewaltigen finanziellen Mittel ein, um den Einfluss auszudehnen. Seine Politik richtete er ebenso auf Kyzikos und die Städte Mysiens aus wie auf die Gewinnung eines Hafens für den Handel Pergamons, ehe er 263 v. Chr. verstarb. Nach seinem Tod übernahm sein Neffe Eumenes I. die Regierung.
Eumenes I. – Separation aus Prinzip Leider wissen wir aufgrund der Quellenlage nur äußerst wenig über Eumenes I. und seine Regierungszeit. Hatte Philetairos noch zwischen den Großmächten seiner Zeit laviert, trachtete Eumenes I. danach, sich von der neuen Vormacht in Kleinasien – dem Seleukidenreich – zu lösen und eine eigene Dynastie zu gründen. Bereits zwei Jahre nach Regierungsantritt konnte der neue Herrscher 261/60 v. Chr. Antiochos I. bei Sardeis in einer Schlacht besiegen. Der Sieg fand in der Münzprägung Ausdruck. Von nun an trugen die Münzen nicht mehr den Kopf des Seleukos I., sondern den des Philetairos. Außerdem dehnte Eumenes I. die Herrschaft Pergamons über das Kaikostal hinaus aus und erwarb mit Elaia einen Zugang zur Ägäis. Weiter jedoch kam Eumenes nicht. Denn wie alle griechischen Mächte der Halbinsel zahlte auch er weiterhin Tribut an die eingewanderten Kelten. In der Tradition seines Vorgängers trat Eumenes I. als Euerget (Wohltäter) auf, um das Prestige und den Einfluss des Reiches zu mehren. Als er nach 22 Jahren Herrschaft starb, hinterließ er seinem Großcousin Attalos ein erweitertes Reich. Dieser sollte das Pergamenerreich in eine erste Blütezeit führen.
Attalos I. – Unabhängigkeit und erster Höhepunkt Auch Attalos I. war nicht der leibliche Sohn des Eumenes, sondern ein Neffe. Unter ihm sollte das attalidische Königtum seine erste Blüte erreichen. Es gelang Attalos I., sich nach anfänglichen Rückschlägen in Kleinasien gegen die Seleukiden, die sich untereinander zerfleischten, zu behaupten. Besonderes Renommee aber konnte er durch die Abwehr der Galater erwerben. Die Galater waren Kelten, die von Nikomedes von Bithynien 278 v. Chr. im Kampf gegen seine Feinde ins Land gerufen worden waren (s. den Beitrag von Chr. Michels). Diese ließen sich jedoch nicht mehr kontrollieren und marodierten in ganz Kleinasien, ehe sie sich in Zentralanatolien in der Nähe des heutigen
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Ankara niederließen. Da sie allenthalben gefürchtet waren, fanden sich die griechischen Städte Kleinasiens und auch die Herrscher von Pergamon bereit, ihnen Tribut zu zahlen. Diese Abgabe nun verweigerte erstmals Attalos I., der die Galater dann militärisch bezwingen konnte. Diesen für die griechische Öffentlichkeit völlig unerwarteten Sieg münzte Attalos I. sofort in politisches Kapital um: Er erklärte sich zum Befreier der Griechen und – wichtiger noch – nahm den Königstitel an. Bei dieser Gelegenheit ließ er auch die berühmten Galaterdenkmäler (Abb. 1) weihen, die seinen Sieg feierten. Damit endeten die militärischen Erfolge von Attalos I. jedoch nicht, denn er nutzte die seleukidischen Querelen aus und riss große Teile Kleinasiens bis zum Taurus an sich. Leider war diese Oberhoheit nicht von langer Dauer, denn der neue Seleukidenkönig Antiochos III. machte sich mit der Einsetzung des ›Vizekönigs‹ Achaios daran, die verlorengegangenen Gebiete zurückzugewinnen. Pergamon wurde wieder auf sein Kerngebiet reduziert. Allerdings war Attalos I. nicht nur im Osten aktiv, sondern auch im Westen. Rom hatte sich bei einer Polizeiaktion gegen illyrische Piraten einige Brückenkopfe zur Sicherung eigener Interessen an der adriatischen Küste Griechenlands
Abb. 1 Sterbender Gallier, großes attalisches Weihgeschenk angesichts des Sieges über die Galater.
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geschaffen. Dies führte zu einem Konflikt mit Philipp V., dem König Makedoniens (s. den Beitrag von K. Scherberich). Im Ersten Makedonischen Krieg (215–205 v. Chr.) trat der pergamenische König erstmals als Unterstützer der Römer auf, die ein Bündnis mit dem Bundesstaat Aitolien schlossen, dem Attalos I. formal vorstand. Dieses Bündnis ermöglichte Attalos I. den Erwerb der Insel Aigina. Während des Zweiten Makedonischen Krieges (200–197 v. Chr.) erlitt er bei einer Rede vor der thebanischen Volksversammlung jedoch einen Herzinfarkt und kehrte dem Tode nahe nach Pergamon zurück. Dort verstarb er nach 43 Regierungsjahren und hinterließ das Reich seinen Söhnen Eumenes, Attalos, Philetairos und Athenaios.
Eumenes II. – der Höhepunkt attalidischer Macht Eumenes war 197 v. Chr. der direkte Nachfolger von Attalos I. Seine Regierungszeit stand unter dem Eindruck von Roms unaufhaltsamem Aufstieg zur Weltmacht, der schon unter Attalos I. eingesetzt hatte. Daher war es nicht verwunderlich, dass sich Eumenes II., als er sich bei Herrschaftsantritt durch die Seleukiden bedroht sah, an die Römer anlehnte. Denn die Seleukiden hatten ihre Schwächephase mit dem Herrscher Antiochos III. (223–189 v. Chr.) überwunden und drohten nun, sich das Attalidenreich einzuverleiben (s. den Beitrag von H. H. Schmitt). Antiochos III. hatte sich darangemacht, die verlorengegangenen Gebiete in Kleinasien zurückzuerobern und auf das griechische Festland auszugreifen, wobei er in Konflikt mit den Römern geriet. 192 v. Chr. brach der Krieg aus. Vier Jahre später (188 v. Chr.) war Antiochos III. geschlagen und musste harte Friedensbedingungen akzeptieren. Im Frieden von Apameia wurde festgelegt, dass sich Antiochos hinter den Taurus zurückziehen musste, während die Attaliden fast alle ehemaligen Gebiete des Seleukidenreiches in Kleinasien nördlich des Mäanders zugesprochen bekamen. Damit stieg Pergamon zur Mittelmacht von Roms Gnaden auf. Um sein Reich zu sichern, heiratete Eumenes II. Stratonike, die Tochter des kappadokischen Königs, und unternahm einen Kriegszug gegen die Galater. In den folgenden Jahren (183–179 v. Chr.) setzte er sich erfolgreich gegen Einfälle von Prusias I., dem König von Bithynien, und Pharnakes I., dem König von Pontos, zur Wehr – immer jedoch in enger Abstimmung mit den Römern, gerade auch weil deren Unterstützung nicht vorbehaltlos war. In diesen Zeitraum fällt auch die Einrichtung der Nikephorien (182 v. Chr.) im Heiligtum der Athena Nikephoros (der »Siegbringenden«). Außerdem widmete sich Eumenes II. dem Ausbau der Stadt Pergamon. Nach Strabon verdankte die Stadt ihr Aussehen diesem König. Doch trotz dieses Engagements und seines weitgreifenden Mäzenatentums wurde Eumenes II. wegen
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seines strikt pro-römischen Kurses unter den Griechen immer unbeliebter. Im Jahre 172 v. Chr. entkam er nur knapp einem Attentat, das angeblich auf Anregung des makedonischen Königs Perseus verübt wurde. Kurzzeitig galt Eumenes II. sogar als verstorben, und so heiratete sein Bruder Attalos (II.) die vermeintliche Witwe Stratonike. Aus dieser Verbindung soll auch der letzte Attalide – Attalos III. – stammen. Offiziell galt dieser jedoch als legitimer Sohn von Eumenes II. Inzwischen hatte Perseus die Nachfolge des Vaters Philipp V. auf dem antigonidischen Thron angetreten (179 v. Chr.). Sein Krieg gegen Rom endete mit einem Sieg der Römer unter Aemilius Paullus bei Pydna 168 v. Chr. Das römische Strafgericht war furchtbar: Das makedonische Königtum wurde zerstört und in vier Teilrepubliken mit eigenen, voneinander unabhängigen Regierungen aufgegliedert. Aber auch Eumenes wurde abgestraft. Obwohl er auf römischer Seite gekämpft hatte, wurde er der Kollaboration mit dem Feind beschuldigt. Prusias II., der König von Bithynien, wollte ihm seine Stellung bei den Römern streitig machen. Attalos II., der Bruder von Eumenes II., sollte durch römische Intrigen vorzeitig seinen Bruder beerben, doch dieser ließ sich nicht ködern. Während Eumenes II. in Rom und in Kleinasien mehrfach gedemütigt wurde, stieg dafür aber wieder sein Ansehen unter den Griechen. Er blieb König und starb schließlich 158 v. Chr.
Attalos II. – Sachwalter und Regent Attalos II. übernahm 158 v. Chr. die Herrschaft von seinem Bruder Eumenes II. Zu diesem Zeitpunkt war er bereits 61 Jahre alt und hatte durch die langjährige Unterstützung seines Bruders schon einiges an Erfahrung sammeln können. Kurz nach Herrschaftsantritt musste er sich, wie auch sein Vorgänger, mit dem bithynischen Reich auseinandersetzen. Beide Könige waren römische Bundesgenossen, doch Prusias II. griff Attalos II. an und fügte ihm 155 v. Chr. eine Niederlage zu, die dem Bithynier das Kaikostal öffnete. Prusias II. konnte zwar Pergamon nicht erobern, verheerte jedoch das Umland – insbesondere das Heiligtum der Athena Nikephoros. Attalos II. bat unterdessen erfolgreich in Rom um Unterstützung gegen Prusias. Rom intervenierte. Dieser Umstand zeigt ganz deutlich, wie sehr sich der König von Pergamon bewusst war, wer den Ton angab. So holte Attalos stets für seine regional sehr erfolgreiche Machtpolitik die Erlaubnis der Römer ein und dankte – öffentlich und durchaus ungewöhnlich für ambitionierte Herrscher, die ihre Herrschaft nur mit eigenen Siegen zu legitimieren trachteten – den Römern. So verfuhr er auch nach dem Sieg über Prusias II., für den er dessen Sohn Nikomedes II. auf dem bithynischen Thron installierte (149 v. Chr.).
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Attalos II. kam auch weiterhin seinen Verpflichtungen als römischer Bundesgenosse nach. So half er, den Aufstand des Andriskos in Makedonien niederzuwerfen, und war an der Zerstörung Korinths im Jahr 146 v. Chr. beteiligt. In den letzten Jahren seiner Herrschaft widmete sich Attalos II. dem Ausbau Pergamons, ehe er 138 v. Chr. verschied.
Attalos III. – ein Tyrann auf dem Thron? Der jüngere Bruder des Eumenes II., Attalos II., hatte angeblich die Regierungsgeschäfte für Attalos III. bis zu dessen Volljährigkeit geführt, so dass dieser nach dem Tod seines Onkels 138 v. Chr. die Regierung unumstritten übernahm. In den Quellen wird Attalos III. als tyrannische und nicht an Regierungsgeschäften interessierte Person geschildert. Er soll es vorgezogen haben, sich mit Pflanzenkunde und Wissenschaft zu beschäftigen. Auch sonst zeichnen die Quellen eher ein negatives Bild: So soll er umfangreiche Säuberungen durchgeführt haben, insbesondere nach dem Tod seiner Mutter. Dokumentarische Quellen erhellen das düstere Bild der literarischen Zeugnisse etwas: Es sind zahlreiche kultische Ehren für Attalos III. erhalten sowie Zeugnisse zur Verwaltung und Organisation des Reiches. Hier, wie am Beispiel des Priesterstaates Pessinus in Phrygien zu zeigen ist, wirkte er wohl recht konstruktiv. Außenpolitisch hingegen blieb der Herrscher blass, nicht zuletzt aufgrund der römischen Übermacht, die geradezu lähmend wirken konnte; allerdings starb er auch schon nach nur sechs Regierungsjahren, angeblich an einem Hitzeschlag (133 v. Chr.). Am nachhaltigsten wirkte Attalos III. durch sein Vermächtnis: Da er starb, ohne einen Erben zu hinterlassen, vermachte der König testamentarisch sein gesamtes Reich den Römern. Die mit dem Testament verbundene Aussicht auf Reichtümer weckten Begehrlichkeiten: Die Gracchen, die Patroni des attalidischen Reiches, trachteten danach, das Geld zur Finanzierung ihrer Reformen einzusetzen. Bei der Wahrnehmung der Verpflichtungen aus dem Testament in Kleinasien selbst waren die Römer jedoch zögerlich. Diesen Schwebezustand wiederum wollte der Usurpator Aristonikos ausnutzen, der sich als Sohn des Eumenes II. ausgab und sogar vor sozialrevolutionären Programmen nicht zurückschreckte. Nur sehr mühsam konnte die Aufstandsbewegung bis zum Jahre 129 v. Chr. niedergeschlagen werden: Kleinasien war nun römische Provinz, doch blickten die Griechen unter dem Eindruck der römischen Bürgerkriege noch lange mit Wehmut auf die geordneten Zustände der attalidischen Herrschaft zurück (Abb. 2).
Das Attalidenreich
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Abb. 2 Die Inschriften zu Ehren des Apollonios, Sohn des Attalos, geben einen bedeutenden Einblick in die bewegte Zeit kurz nach dem Tod von Attalos III., als dessen Reich zunächst von Aristonikos usurpiert und dann zu einer römischen Provinz wurde.
Literatur R. E. ALLEN, The Attalid Kingdom: A constitutional history (1983). B. DREYER / H. ENGELMANN, Die Dekrete für Apollonios: Städtische Politik unter den Attaliden und im Konflikt zwischen Aristonikos und Rom (2003). E. V. HANSEN, The Attalids of Pergamon (²1971). M. ZIMMERMANN, Pergamon. Geschichte, Kultur, Archäologie (2011).
Der Große Altar von Pergamon von Volker Kästner
In hellenistischer Zeit erlebten Kunst und Architektur der antiken Welt einen besonderen Höhepunkt. Zu den bekanntesten Kunstwerken dieser Epoche gehört der auf der Berliner Museumsinsel teilweise wieder aufgebaute Große Altar von Pergamon. Er ist aufgrund seiner monumentalen Reliefzyklen eines der Hauptwerke der hellenistischen Kunst.
Das hellenistische Pergamon Die Jahrhunderte zwischen dem Tod Alexanders des Großen und der römischen Kaiserzeit, eine Zeit politischer Umwälzungen und der Ausbreitung hellenistischer Kultur weit über den Mittelmeerraum hinaus, waren eine der fruchtbarsten Epochen der antiken Kunst. Könige und Dynasten versuchten entsprechend ihren finanziellen Ressourcen, mit Bauprogrammen besonders in ihren Residenzstädten der neuen Machtstellung repräsentativen Ausdruck zu verleihen (s. den Beitrag von G. Weber). Dazu kam eine meist politisch motivierte Stiftungstätigkeit in Heiligtümern und Städten außerhalb ihres Herrschaftsbereiches. Am Beispiel von Pergamon, das relativ spät und nur für wenige Generationen in die Reihe der hellenistischen Königsstädte aufrückte, kann man diese Entwicklungen dank einer intensiven und bis in das 19. Jahrhundert zurückreichenden Ausgrabungs- und Forschungstradition sehr gut verfolgen. Nach der Schilderung des antiken Geografen Strabon war es König Eumenes II. (s. den Beitrag von Chr. Mileta), »der die Stadt einrichtete und das Heiligtum der Athena Nikephoros mit einem Hain bepflanzen ließ, und er war es, dessen Schönheitssinn die Weihgeschenke, die Bibliotheken und die stattliche Ausdehnung des heutigen Pergamon verdankt werden« (Strabon, Geographika 13, 4, 2). Bereits der Gründer der Attalidendynastie, Philetairos (281– 263 v. Chr.), hatte begonnen, die Bergfestung Pergamon nach damals modernen Gesichtspunkten umzustrukturieren (s. den Beitrag von B. Dreyer und A. van Douwe). Mit Attalos I. (241–197 v. Chr.), der nach einem Sieg über die Keltenstämme unweit von Pergamon den Königstitel annahm, entstanden wahrschein-
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lich auch erste bescheidene Marmorbauten wie das Gallierrundmonument im Athenaheiligtum und der kleine Markttempel auf der Oberen Agora. Doch erst die mit römischer Hilfe erfolgreich bestandenen Kämpfe gegen den Seleukiden Antiochos III. (s. den Beitrag von H. H. Schmitt) und der sich darauf gründende bedeutende Machtzuwachs versetzten Eumenes II. (197–159 v. Chr.) in die Lage, die ambitionierten Pläne zur Neugestaltung der Hauptstadt seines jungen Königreichs umzusetzen. Die Voraussetzung für die Baupläne war ein erweiterter Stadtmauerring, der geschützten Raum schuf für großzügige Neubauten. Innerhalb dieses Befestigungsgürtels entstanden in eumenischer Zeit die Hallen des Athenaheiligtums, die Theaterterrasse mit dem Dionysos-Tempel, die Terrasse mit dem Großen Altar und die Terrassen des Großen Gymnasionkomplexes mit seinem Marmortempel. Außerhalb der Stadt lagen das von Strabon erwähnte Nikephoreion, das bis heute noch nicht lokalisiert werden konnte, und die Neubauten im berühmten Heiligtum des Heilgottes Asklepios. Charakteristisch für diese Neugestaltung der Stadt unter Eumenes II. und seinem nachfolgenden Bruder Attalos II. war die großzügige Verwendung von importiertem Marmor, speziell von der zur Stadt Kyzikos gehörigen Insel Prokonnesos (heute Marmara), aber auch aus den Steinbrüchen der der Küste gegenüberliegenden Insel Lesbos. Denn die Architektur war bis zu dieser Zeit in Pergamon hauptsächlich von den lokal verfügbaren vulkanischen Gesteinen (Andesit und Tuff) geprägt. Das bedeutendste Monument aus dieser Zeit ist jedoch der auf einer Terrasse unterhalb der eigentlichen Burg gelegene sogenannte Pergamonaltar. Sein Aufbau bestand ganz aus Marmor, der auf dem Seeweg angeliefert und auf den Burgberg hinauftransportiert werden musste. Nur für die Terrassenmauern und den Fundamentkern verwendete man lokales Steinmaterial.
Die Gestalt des Großen Altars Auf der Terrasse erhob sich der Große Altar (Abb. 1) mit einer Grundfläche von 36,80 x 34,20 m. Die beachtlichen Reste seines Unterbaues sind heute noch – umgeben von den Trümmern der aufgehenden Marmorarchitektur – am Ort selbst zu sehen. Der fast quadratische Baukörper bestand zunächst aus einem hohen Unterbau mit vier Stufen, einem niedrigen Sockel und dem darauf ruhenden umlaufenden Gigantenkampf-Fries mit weit vorkragendem Abschlussgesims. Im Westen schnitt eine etwa 20 m breite, von Risaliten flankierte Freitreppe in dieses monumentale Podium ein und führte hinauf zum Hof mit dem Brandopferaltar. Dieser Hof wurde an drei Seiten von einer reliefgeschmückten Wand eingefasst. Die vierte Seite über der Treppe bildete eine Säulenpfeilerhalle, durch die man in den Hof eintrat. Geplante Hofkolonnaden wurde bei dem insgesamt unvollendet gebliebenen Bauwerk nicht mehr ausgeführt. Den Hofbezirk
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Volker Kästner Abb. 1 Pergamonmuseum, Blick auf den Nordrisalit und die Freitreppe des großen Altars.
umgab außen eine umlaufende zierliche ionische Säulenhalle, deren weiße Säulen vor der aus dunklem Marmor aus Lesbos errichteten Außenwand der Hofmauer standen und einen reizvollen Kontrast bildeten. Auf dem flachen Marmordach standen an der Nord-, Ost- und Südseite sowie auf den Risalitstirnen Götterstatuen inmitten von Pferdegespannen und mythischen Fabelwesen wie Tritonen, Kentauren und Greifen. In der Hofmitte befand sich als eigentliche Opferstelle ein Wangenaltar mit reich verziertem Marmorgebälk. Den Hauptschmuck des Altars bildeten jedoch die beiden Relieffriese. Ein 113 m langer und 2,30 m hoher Fries umspannte den Unterbau und schilderte den Kampf der Götter gegen die Giganten, die wilden Söhne der Erdmutter. Der uralte Mythos des Götter-Giganten-Kampfes wurde häufig in der antiken Kunst dargestellt − auf Vasen, an Bauwerken und auf Kultgewändern. Doch der Altarfries, an dem Bildhauer nicht nur aus Pergamon, sondern auch aus anderen griechischen Kunstzentren wie Athen und Rhodos mitwirkten, übertraf alle bisherigen Darstellungen. Mit über hundert überlebensgroßen und fast vollplastischen Gestalten verwandelte er die Sage von den olympischen Göttern in ein Ereignis von kosmologischem Ausmaß. Hier handelte es sich nicht mehr um eine der vielen Zänkereien des griechischen Mythos, sondern um einen welterschütternden Entscheidungskampf, in dem die Götter als Garanten von Gesetz, Ordnung und Kultur antraten gegen die unbändigen und frevelhaft übermütigen Kräfte des Chaos. Man hat deshalb vermutet, dass stoische Philosophen – wie der am pergamenischen Hof als Leiter der Bibliothek berufene Krates von Mallos – dafür das theoretische Konzept entworfen haben. Gewiss hat auch eine überragende Künstlerpersönlichkeit den Altarbau geleitet. Doch wie häufig in der Antike bleiben die Schöpfer des Kunstwerks weitgehend anonym. Inschriftenfragmente, die zu den Bildhauersignaturen am Sockelfries des Altars mit der Gigantomachie gehören, lassen sich bisher nicht überzeugend mit aus der antiken Literatur bekannten Künstlern verbinden. Immerhin kennen wir durch sie einige Namen, wie Dionysiades und Menekrates und die vielleicht als Pergamener bezeichneten Theorrhetos und Orestes, Sohn eines Orestes, sowie eventuell den Sohn eines Athenaios und einen Athener. Aus Athen stammende Bildhauer wären bei den engen freundschaftlichen Kontakten der Attaliden zur geistigen Hauptstadt des Grie-
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chentums keine Überraschung und für die kunstgeschichtliche Interpretation der Altarreliefs neben den Bezügen zur rhodischen Plastik wichtig. Ein kleinerer, 1,58 m hoher Fries an den Wänden im Hof erzählte in einer phantasievollen, an alten Mythen orientierten Bilderfolge das Leben des sagenhaften Helden Telephos, der als Urahn der Pergamener galt. Hier wurde versucht, für die junge Dynastie und ihre Residenz eine bis in die Zeit des Trojanischen Krieges zurückreichende mythische Legimitation zu konstruieren. Bemerkenswert ist auch die zum Großen Fries kontrastierende Reliefgestaltung als detailfreudige und intime Bilderzählung im Landschaftsraum.
Deutung und Datierung Der Große Altar befand sich nicht auf der Spitze des Burgbergs, aber an einem exponierten Ort, wo er als hell leuchtender Marmorbau vor dem Hintergrund der dunklen Burgmauern für jeden, der sich von Westen oder Osten der Residenz näherte, schon von weitem sichtbar war. Er war also ein markantes und zentrales Monument der unter Eumenes II. neu strukturierten Stadtanlage. Berücksichtigt man diesen Gesichtspunkt, so ist die Deutung des Pergamonaltars als Siegesmonument für einen einmaligen militärischen Erfolg über die Galater, wie oft angenommen, wenig überzeugend, zumal derartige Denkmäler ihren traditionellen Platz bereits im Athenaheiligtum hatten. Die Altarterrasse muss als Kultstätte im Gegenteil davon unabhängig ein Bestandteil der umfassenden Neuplanung der Residenzstadt unter Eumenes II. gewesen sein, die nach dem Frieden von Apameia (188 v. Chr.) realisiert wurde. Archäologische Indizien können diesen Zeitansatz weiter einengen. So wurden bei mehreren Ausgrabungen im Altarfundament unter den zahlreichen Gefäßscherben noch keine Reste der lokalen in Pergamon seit dem Jahrzehnt 170–160 v. Chr. hergestellten pergamenischen Applikenkeramik festgestellt. Der Altarbau wurde somit nach dem Ausbau des Athenaheiligtums, aber vor 170 v. Chr. begonnen. In diese Zeit fällt auch ein Attentat, das 172 v. Chr. auf Eumenes II. verübt wurde und das er schwer verletzt überlebte. Man hat dieses gravierende Ereignis im Leben des Königs ebenfalls als möglichen Anlass für die Altarstiftung angesehen. Der Abbruch der Arbeiten am unvollendeten Bau könnte dann beim Tode Eumenes’ II. erfolgt sein. Wenig ergiebig sind leider die Reste der Weihinschrift auf Architravfragmenten von der Säulenhalle auf der Ostseite des Altars. Erkennbar sind die Begriffe (ΒΑ)ΣΙ(Λ)ΙΣΣ(Α) (»Königin«) und … Σ ΑΓΑΘ(ΟΙΣ), (»Wohltaten«), aus denen man zwar gemäß dem Wortlaut bekannter Inschriften von Eumenes II. eine Formel wie folgt rekonstruieren könnte: Eumenes, Sohn des Königs Attalos und der Königin Apollonis, hat den Altar den Göttern (Zeus Sōtēr und Athena Nikephoros?) für erwiesene Wohltaten geweiht. Unbekannt bleibt, welche dies waren, ebenso die Götternamen. Einen Hinweis auf die Hauptgötter des Altars
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liefert jedoch der Große Fries, wo die Kampfgruppen von Zeus und Athena eine besonders herausragende Gestaltung erfahren haben. Für den Wettergott Zeus spräche auch ein Säulenkapitell des Altars mit stilisierten Blitzbündeln.
Antike Quellen zum Altarbau Die Erwähnungen in der antiken Literatur, die auf den Großen Altar bezogen wurden, sind zumeist unsicher. In der Offenbarung des Johannes, einer apokalyptischen Schrift, die um 95 n. Chr. datiert wird, charakterisiert der Autor des vierten Evangeliums in einem Schreiben an die christlichen Gemeinden Kleinasiens Pergamon als den Ort, »wo der Thron Satans ist« bzw. »wo der Satan wohnt« (Apokalypse 2, 12f.). Auch wenn man aufgrund der thronähnlichen Gestalt des Großen Altars und der schlangenbeinigen Gestalt mehrerer Giganten des Großen Frieses hier durchaus eine assoziative Verbindung sehen könnte, liefert die Interpretation dieses mystischen Textes kein eindeutiges Resultat. Pausanias, ein aus Kleinasien gebürtiger Reiseschriftsteller, verfasste zwischen 160 und 180 n. Chr. seine berühmte Beschreibung Griechenlands. Darin verglich er den Brandopferaltar des Zeus in Olympia mit einem Zeus(?)-Altar in Pergamon und dem großen Hera-Altar auf Samos (Pausanias 5, 1, 8). Das pergamenische Vergleichsobjekt müsste somit den genannten Altären in Olympia und Samos an Bedeutung etwa ebenbürtig gewesen sein, was für den Pergamonaltar spräche. Schließlich wird im liber memorialis 8, 14 des Lucius Ampelius unter den miraculi mundi »ein großer, 40 Fuß hoher Marmoraltar (ara marmorea magna) mit zahlreichen Bildwerken, besonders aber einer Gigantomachie« erwähnt. Dieser Text bezieht sich nun eindeutig auf den Großen Altar. Die Lebenszeit des Ampelius ist jedoch nicht bekannt, und die Annahmen dafür schwanken zwischen der Regierungszeit des Kaisers Traian und dem 5. Jh. n. Chr. Besonders wichtig ist außerdem eine pergamenische Bronzemünze aus der Zeit des römischen Kaisers Septimius Severus (193–211 n. Chr.), auf deren Rückseite die Westfront des Altars dargestellt ist. Das Münzbild beweist, dass der Altar damals noch als ein bedeutendes Monument galt. Außerdem lassen die Buckelrinder vor dem Altar und der Baldachin über dem Brandopferherd eine bis in die römische Zeit andauernde Kultpraxis vermuten.
Literatur G. DE LUCA / W. RADT, Sondagen im Fundament des Großen Altars (1999), mit Bibliografie. R. GRÜSSINGER / V. KÄSTNER / A. SCHOLL (Hrsg.), Pergamon. Panorama der antiken Metropole (²2012). H. HERES / V. KÄSTNER, Der Pergamonaltar (2004). F. QUEYREL, L’Autel de Pergame (2005).
Eumenes II. Sōtēr (197–158 v. Chr.): Vom Günstling zum ungeliebten Bündnispartner der Römer von Christian Mileta
Wie kein anderer hellenistischer Herrscher profitierte der Attalide Eumenes II. von der Anlehnung an Rom. Sein Reich wurde 188 v. Chr. immens vergrößert und zur dominierenden Macht Kleinasiens; zudem verfügte der König über einigen Einfluss in Griechenland. Doch dann fiel er in Ungnade, und sein Land geriet in immer stärkere Abhängigkeit von Rom.
Abstammung und Familie Eumenes’ II. Eumenes II. (geb. wohl 221 v. Chr.) war der älteste Sohn des pergamenischen Königs Attalos I. (241–197 v. Chr.). Er hatte drei Brüder, die in unterschiedlichem Ausmaß in die Ausübung der Herrschaft eingebunden waren. Attalos [II.], der Zweitgeborene, fungierte als designierter Nachfolger und Stellvertreter des oft kränkelnden Königs, während die beiden jüngeren Brüder Philetairos und Athenaios von Fall zu Fall mit militärischen oder diplomatischen Aufgaben betraut wurden (s. den Beitrag von B. Dreyer und A. van Douwe). Die Brüder bewahrten – was in hellenistischen Dynastien keineswegs die Norm war – stets die Eintracht, wobei die dominierende Stellung Eumenes’ II. niemals bezweifelt wurde.
Die ersten Regierungsjahre Eumenes II. (Abb. 1) wurde 197 v. Chr. zunächst Koregent und nach dem baldigen Tod Attalos’ I. alleiniger Herrscher des Pergamenischen Reiches. Er hielt konsequent am Bündnis mit Rom fest, das Attalos I. zu Beginn des Ersten Makedonischen Krieges (215–205 v. Chr.) abgeschlossen hatte. Dabei konnte er in
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Christian Mileta
Abb. 1 Von der abgebildeten Tetradrachme mit dem Porträt Eumenes’ II. sind bislang nur drei Exemplare bekannt. Der Münztyp wird von der Forschung mit einer spektakulären Begebenheit des Jahres 172 v. Chr. in Verbindung gebracht: In der Nähe von Delphi war ein schweres Attentat auf Eumenes II. verübt worden, der danach eine ganze Zeit lang verschwunden blieb und als tot galt. In dieser Situation nahm sein Bruder Attalos [II.] die Königswürde an, trat jedoch sofort zurück, als der inzwischen genesene Eumenes II. wieder auftauchte. Die dann ausgegebenen Münzen sollten offensichtlich dokumentieren, dass Eumenes II. am Leben und weiterhin König von Pergamon war.
Griechenland, wo er zu den Gewinnern des Zweiten Makedonischen Krieges (200–197 v. Chr.) gehörte, nicht von der Niederlage Makedoniens profitieren. Das hing damit zusammen, dass die Römer nun zwar die unumschränkte Vormacht über Griechenland und Makedonien waren, sich vorerst aber scheuten, dort direkte Herrschaftsverantwortung zu übernehmen. Vielmehr erklärten sie alle Städte und Stämme Griechenlands für frei und hofften – vergebens – darauf, dass sich ein labiles Gleichgewicht zwischen dem geschwächten Makedonien sowie den anderen bedeutenden Mächten, also dem Aitolischen und dem Achaiischen Bund sowie Sparta, herstellen würde. Im Gegensatz zu Griechenland gestaltete sich die Lage in Kleinasien für Eumenes II. nicht nur unvorteilhaft, sondern gefährlich. Denn dort verfolgte der Seleukide Antiochos III. eine aggressive Eroberungspolitik (s. den Beitrag von H. H. Schmitt), durch die all jene Gebiete und Städte Kleinasiens, aber auch Thrakiens, die bereits dem Reichsgründer Seleukos I. unterstanden hatten, zurückgewonnen werden sollten (s. den Beitrag von K. Ehling). Durch diese Politik schrumpfte zum einen das Attalidenreich so weit zusammen, dass es nur noch Pergamon und das Kaïkostal samt den dortigen Kleinstädten sowie Elaia und Adramytteion mitsamt ihren Häfen umfasste. Zum anderen rief Antiochos’ III. Anspruch auf Herrschaft über die kleinasiatischen Poleis Rom auf den Plan, das sich seit dem Ende des Zweiten Makedonischen Krieges als Garant der Freiheit der Griechen gerierte. In diesem Konflikt gab es für Eumenes II. keinerlei Anlass, die Fronten zu wechseln. Während des dann ausbrechenden Antiochoskrieges (191/90 v. Chr.), der sowohl in Griechenland als auch in Kleinasien ausgefochten wurde, waren Land- und Seestreitkräfte Pergamons an den Kampfhandlungen beteiligt. Zudem leistete die Flotte den Römern Hilfe beim Übergang über den Hellespont. Und schließlich trug die Reiterei, die unter dem persönlichen Kommando Eumenes’ II. stand, in der Entscheidungsschlacht von Magnesia am Sipylos entscheidend zum Sieg über das Heer von Antiochos III. bei. Im Resultat des Krieges musste dieser ganz Kleinasien westlich des Taurusgebirges räumen.
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Eumenes II. Sōtēr (197–158 v. Chr.): Vom Günstling zum ungeliebten Bündnispartner
Kleinasien 188 bis 167/66 v. Chr.
Sinope
Schwarzes Meer
M ar
Amastris
PONTOS
itz
a
Lykos
Thrakien
Byzantion Propontis Thasos
Gordion
Hermos
Ha
lys
Mazaka
(Pergamon unterstellt) Phrygien
Pergamon
Ankyra
G A L AT I E N
PERGAMON Lesbos
sa
Ar
s
Mysien
Ägäisches Meer
K A P PA D O K I E N
(verbündet mit Pergamon)
Kilikien
n Maia
Samos
Pisidien
Karien
Kaly
kadn
Halikarnassos Kos
Rhodos
Telmessos
RHODOS Mittelmeer 0
50
100
Antiocheia
s
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os
SELEUKIDENREICH Oronte
Milet
Tarsos
t
dros
Ephesos
Abb. 2
ra ph Eu
Sardeis
Lydien
Chios
Kreta
Eup
Sangario
Kyzikos
Lemnos
t
hra
Amaseia
BITHYNIEN
Zypern
Syrien
Rhodos Pergamon vor dem Vertrag von Apameia nach dem Vertrag von Apameia Seleukidenreich
150 km
Kleinasien nach dem Frieden von Apameia (188 v. Chr.).
Günstling der Römer Eumenes II. profitierte in hohem Maße von der Niederlage Antiochos’ III. Bereits 189 v. Chr. wurden die Galater, die im Krieg auf der falschen Seite gestanden hatten, seiner Oberhoheit unterstellt. Im Folgejahr sorgte dann der Friedensvertrag von Apameia dafür, dass sich das Territorium seines Reiches um ein Vielfaches vergrößerte: Ihm wurden ein Großteil der vormals seleukidischen Territorien in West-, Zentral- und Südostanatolien und zudem die bereits zu Europa gehörende thrakische Chersonesos zugeschlagen (Abb. 2). Damit war das Pergamenische Reich zum größten Staat Kleinasiens geworden, was allerdings allein Rom zu verdanken war. Denn Parteien des Vertrages von Apameia waren nur die Römer und Antiochos III. gewesen. Dagegen waren Eumenes II. und die Rhodier, die Karien südlich des Mäander sowie Lykien erhalten hatten, lediglich von Rom eingesetzte Begünstigte des Vertrages. Das bedeutete auch, dass die Gebiete, die sie nun erhalten hatten, aus römischer Sicht
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jederzeit rückforderbare Schenkungen waren. Gleichzeitig waren die Römer auch in Kleinasien noch nicht bereit, direkte Herrschaftsverantwortung zu übernehmen. Anders als in Griechenland setzten sie hier mit Pergamon und Rhodos aber zwei Mächte ein, die das westlich des Taurus gelegene Kleinasien teils direkt, teils als Ordnungsmächte beherrschen sollten. Letzter Aspekt galt besonders für Pergamon, den nun größten Staat Kleinasiens. Die ihm von Rom zugedachte Funktion einer Ordnungsmacht über weite Teile Kleinasiens konnte das von Eumenes II. regierte Attalidenreich für etwa zwanzig Jahre erfüllen. So lange nämlich erhielt es die Rückendeckung des Senats, die ihm in den Kriegen gegen Bithynien (188–183 v. Chr.) und Pontos (182–179 v. Chr.) ebenso gewährt wurde wie bei einem Feldzug gegen die Galater (183 v. Chr.). Hier ging es aus Sicht Pergamons immer darum, die eigene Hegemonie zu erhalten und zugleich die politische Ordnung in Kleinasien zu stabilisieren. Aus diesem Grund griffen die Römer auch stets zugunsten des Attalidenreichs in die genannten Auseinandersetzungen ein. Unter diesen Vorzeichen konnte Eumenes II. in Kleinasien so unbekümmert schalten und walten, dass er den Griechen bald als ein willfähriger Günstling der Römer erschien. Auch der Umstand, dass er seit 188 v. Chr. über eine bestimmte Zahl kleinasiatischer Poleis herrschte, unterminierte sein Ansehen. Zudem gab es Neider unter den hellenistischen Herrschern. Hier tat sich Prusias II. (182– 149 v. Chr.), der König des Nachbarlandes Bithynien, besonders hervor (s. den Beitrag von Chr. Michels), der Eumenes II. in Rom beständig wegen angeblicher Überschreitung seiner Kompetenzen anschwärzte. Solche Denunziationen blieben vorerst wirkungslos, da die Römer den Attaliden noch brauchten. Doch das sollte sich bald ändern.
Ein ungeliebter Freund Der Abstieg Eumenes’ II. begann unmittelbar nach dem Dritten Makedonischen Krieg (171–168 v. Chr.), zu dessen Ausbruch gerade er maßgeblich beigetragen hatte. In Makedonien war 179 v. Chr. der junge und charismatische König Perseus auf den Thron gelangt. Er verfolgte eine zwar romtreue, doch sehr selbstbewusste Politik, die ihm in Griechenland große Popularität bescherte. Eumenes, der wie sein Vater Attalos I. nach politischem Einfluss in Griechenland sowie nach Stützpunkten in Thrakien strebte, berührte die Interessen von Perseus, weshalb es zu einem auch ganz persönlichen Konflikt zwischen den beiden Herrschern kam. Der Attalide denunzierte Perseus eins ums andere Mal beim römischen Senat, die Herrschaft über Griechenland zurückgewinnen zu wollen. Perseus hielt politisch dagegen, hatte möglicherweise aber auch das 172 v. Chr. unweit von Delphi verübte Attentat angestiftet, bei dem Eumenes II. fast getötet worden wäre.
Eumenes II. Sōtēr (197–158 v. Chr.): Vom Günstling zum ungeliebten Bündnispartner
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Während der Konflikt zwischen Eumenes II. und Perseus eskalierte, begann sich in Rom der Wind zu drehen. Hier reagierte man zunehmend unwillig auf den stets auf seine Verdienste pochenden Attaliden, ließ ihn mit seinen wütenden Anklagen gegen Perseus aber noch gewähren. Denn die Mehrheit der Senatoren hatte sich bereits dazu entschlossen, das Makedonenreich, das man als den Hauptquell der ständigen Spannungen in Griechenland betrachtete, zu liquidieren. Das bedeutete freilich auch, dass man in Griechenland und in der Folge auch im hellenistischen Osten von der bisher gänzlich bzw. überwiegend passiven Haltung abgehen und in Spannungsfällen politisch, wenn nötig auch militärisch, eingreifen wollte. Damit war klar, dass das Pergamenische Reich bald seine Funktion als kleinasiatische Ordnungsmacht verlieren würde. Als der von den Römern und Eumenes II. gleichermaßen gewollte Krieg dann begonnen hatte, sich aber hinzog, weil sich Makedonien stärker erwies als gedacht, und als diesmal auch die pergamenischen Truppen nichts ausrichten konnten, ließen die Römer ihren Ärger an Eumenes II. aus. Seine Lage wurde noch prekärer, als die Information lanciert wurde, er hätte geheime Kontakte zu Perseus angeknüpft, um zwischen diesem und den Römern einen Frieden zu vermitteln. Diese angeblichen Geheimverhandlungen wurden vom Senat als Verrat angesehen, was das Verhältnis zwischen dem König und Rom sehr belastete. Ein nach dem Krieg von dem Attaliden unternommener Versuch, sich vor dem Senat zu rechtfertigen, wurde unter demütigenden Bedingungen verhindert: Eumenes II., der immerhin ein »Freund«, also offizieller Verbündeter, des Römischen Volkes war, wurde nach der Landung in Brundisium praktisch die Weiterreise nach Rom verboten. Bereits zuvor hatte der Senat versucht, Attalos II. gegen seinen Bruder aufzuhetzen. Während eines Aufenthalts in Rom war jener vom Senat demonstrativ freundlich behandelt worden, während man ihm in vertraulichen Gesprächen direkt, doch erfolglos ein eigenes Reich in Aussicht gestellt hatte. Dass es hier nicht allein um die persönliche Demütigung eines alten Bundesgenossen, sondern auch um eine Neujustierung der Rolle der bisherigen Ordnungsmacht Pergamon ging, zeigt der ebenfalls rüde Umgang Roms mit den Rhodiern. Diesen entzog der Senat die 188 v. Chr. zuerkannten Gebiete fast vollständig, womit auch die Funktion einer kleinasiatischen Ordnungsmacht verloren ging. Im Fall des viel größeren Attalidenreiches war ein solch radikales Vorgehen nicht möglich. Hier wählte man den Weg, den König bzw. das Reich an einer eigenständigen Politik zu hindern. Als Eumenes II. 166 v. Chr. ohne ausdrückliche Genehmigung Roms die aufständischen Galater unterwarf, wurde diesen vom Senat wenig später die Autonomie gewährt. Auch wurden Beauftragte des Senats nach Kleinasien entsandt, um Beschwerden über Eumenes II. zu prüfen oder überhaupt erst aufzunehmen. Eumenes II. reagierte eher trotzig auf diese Demütigungen. Dies zeigen der eigenmächtige Feldzug gegen die Galater, in dessen Verlauf er bezeichnenderweise den Beinamen Sōtēr (»der Retter«) erhielt, der aufwendige Ausbau der
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Stadt Pergamon zu einer der prächtigsten und wichtigsten Kulturmetropolen der hellenistischen Welt (s. den Beitrag von V. Kästner) sowie eine ausgesprochen großzügige philhellenische Politik gegenüber den Poleis von Kleinasien und Griechenland. All das sorgte dafür, dass Eumenes II. gegen Ende seines Lebens plötzlich große Popularität unter den Griechen genoss. Gleichzeitig verzichteten die Römer darauf, weiterhin offensiv gegen den ohnehin schwerkranken König vorzugehen. Dieser starb im Jahre 159 v. Chr. nach 48 Regierungsjahren, hat also länger als jeder andere Attalide regiert. Auf ihn folgte Attalos II. Philadelphos (»der Bruderliebende«, 159–138 v. Chr.).
Fazit Der Aufstieg Eumenes’ II. zur so sicher nicht gewollten Stellung eines Günstlings sowie sein späterer Abstieg in die Position eines ungeliebten Freundes der Römer bergen eine gewisse Tragik in sich. Denn hatten die Römer ihm zuvor weitgehend freie Hand gelassen, begannen sie plötzlich aktiv in die politischen Angelegenheiten der hellenistischen Welt und damit auch Kleinasiens einzugreifen. Damit verlor Eumenes II. seine bisherige Handlungsfreiheit. Stattdessen sollte er sich den Römern bedingungslos unterordnen, was ihm erkennbar schwer fiel. Attalos II. dagegen akzeptierte diese Spielregeln und hatte ein sehr gutes Verhältnis zu Rom. Doch das Pergamenische Reich war nun ein bloßer Klientelstaat, der dann bereits von Attalos III. (138–133 v. Chr.) an die Römer vererbt wurde. Damit beendete dieses Reich nur eine Generation nach dem Tod von Eumenes II. seine Existenz.
Literatur H. BENGTSON, Herrschergestalten des Hellenismus (1975). CHR. HABICHT, The Seleucids and their rivals, in: The Cambridge Ancient History [CAH] VIII2 (1989), 324–387. E. V. HANSEN, The Attalids of Pergamon (²1971). J. HOPP, Untersuchungen zur Geschichte der letzten Attaliden (1977). CHR. MAREK, Geschichte Kleinasiens in der Antike (2010).
Kistophoren. Eine einzigartige Währung des Hellenismus von Wolfgang Leschhorn
Der Geldumlauf im westlichen Kleinasien wurde über zwei Jahrhunderte hinweg von den Kistophoren beherrscht, Silbermünzen, die ihren Namen von der Darstellung des heiligen Korbes (cista mystica) erhalten hatten. Entstanden waren die neuartigen Münzen während der ersten Hälfte des 2. Jh.s v. Chr. im Attalidenreich von Pergamon. Anfänge, historische und wirtschaftliche Hintergründe werden in der Forschung intensiv diskutiert und bleiben in vielem umstritten.
Die etwa 12,6 g schwere Silbermünze, deren lateinische Bezeichnung cistophorus schon antike Texte liefern, kursierte nach Ausweis der Schatzfunde zunächst nur innerhalb des Attalidenreiches (s. den Beitrag von B. Dreyer und A. van Douwe) und gelangte nicht nach außen in andere Staaten. Geprägt wurden die frühen Kistophoren, wie die Namenskürzel auf ihnen zeigen, von mehreren Städten im Bereich der Attalidenherrschaft, vor allem von Ephesos, Pergamon, Sardeis und Tralleis. Ob die Namensnennung der Städte ein Zeichen der Autonomie war oder gar ein Städtebund die Prägung verantwortete, wird debattiert. Doch muss der Auftrag für die Produktion der Kistophoren vom Attalidenkönig gekommen sein, auch wenn die Städte davon profitiert haben dürften (Abb. 1 a.b).
Abb. 1 a.b Der heilige Korb (cista mystica), aus dem sich eine Schlange windet, und der Efeukranz gehören zum Kult des Dionysos. Zwei Schlangen um einen Bogenbehälter weisen auf Herakles. Vorder- und Rückseite einer Kistophorenmünze aus Pergamon, nach 133 v. Chr.
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Vor den Kistophoren und noch einige Zeit gleichzeitig mit ihnen prägte man im Attalidenreich etwa 16,8 g schwere Tetradrachmen, die sogenannten Philetairoi, die den Dynastiegründer Philetairos auf der Vorderseite und die Göttin Athena auf der Rückseite zeigen. Mit den Kistophoren trat aber, wie das veränderte Gewicht verdeutlicht, ein völliger Wandel im Geldwirtschaftssystem des Attalidenreiches ein. Waren die bisher kursierenden Tetradrachmen nach dem attischen Standard ausgerichtet, der sich seit Alexander dem Großen fast überall in der östlichen Mittelmeerwelt verbreitet hatte, so war die neue Silbermünze mit einem Durchschnittsgewicht von etwa 12,6 g wesentlich leichter. Der Kistophor war deutlich überbewertet. Er entsprach nicht wie die attische Tetradrachme vier Drachmen, sondern nur drei. Die Annahme, dass bei der Einreise ins Attalidenreich die fremde Tetradrachme im Verhältnis eins zu eins in eine Kistophorenmünze umgewechselt werden musste, was dem König einen Gewinn von 25 % bescherte, liegt nahe, ist aber anhand der Quellen nicht beweisbar. Durch die Kistophoren entstand jedenfalls ein nur für das Innere des Königreiches Pergamon gültiges neues Geldsystem. Andere Währungen wurden ausgeschlossen. Für Zahlungen nach außerhalb wurden aber weiterhin Tetradrachmen des attischen Standards verwendet, die allerdings in wesentlich geringerer Zahl vom König selbst und von wenigen im Attalidenreich liegenden Städten geprägt wurden, aber auch aus autonomen Städten Kleinasiens kamen. Nicht nur durch das Gewicht hoben sich die Kistophoren von allen anderen bisher in Kleinasien geprägten Münzen ab, sondern auch durch die Bildmotive. Auf den ersten Blick sind sie in Bild und Aufschrift nicht als königliche Prägungen ausgewiesen. Aber beim genaueren Hinsehen wird die Verbindung zum Attalidenhaus doch sehr deutlich.
Das Bildprogramm Das Bild auf der Vorderseite, der heilige Korb (cista mystica), aus dem sich eine Schlange windet, wurde schon früh mit dem thrakisch-kleinasiatischen Gott Sabazios in Verbindung gebracht. Den Kult des Sabazios soll Apollonis, die Gemahlin des Attalidenkönigs Attalos I., aus ihrer Heimatstadt Kyzikos nach Pergamon gebracht haben. Der griechische Redner Demosthenes aus Athen (384–322 v. Chr.) berichtet davon, dass bei den Prozessionen zu Ehren des Sabazios ein heiliger Korb mitgetragen wurde und der den Zug anführende Priester eine Schlange in den Händen hielt. Der ursprünglich wohl als Naturgottheit verehrte Sabazios wurde von den Griechen mit Dionysos verschmolzen. Das Symbol des Dionysos ist auch der Efeukranz, der das gesamte Vorderseitenbild umgibt. Dionysos galt als einer der Stammväter der Attalidendynastie. Die Rückseite der Münzen zeigt zwischen zwei sich aufrichtenden Schlangen einen Gorytos, einen Bogenbehälter. Die Darstellung bezieht sich offensichtlich
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auf Herakles, der schon als Säugling zwei riesige Schlangen, die ihn bedrohten, erwürgt haben soll und später zahlreiche Heldentaten mit Pfeil und Bogen vollbrachte (Abb. 1 a). Diese Annahme wird dadurch gestützt, dass auf den Rückseiten der seltenen zum Kistophorensystem gehörenden Halb- und Viertelstücke Löwenfell und Keule als Attribute des Herakles dargestellt sind, während die Vorderseiten die Traube im Efeukranz als dionysische Motive tragen. Herakles erscheint wie Dionysos in der (erfundenen) Vorgeschichte der Attalidendynastie. Herakles’ Sohn Telephos soll Pergamon gegründet haben, was ausführlich auf dem kleinen Fries des Pergamonaltars (s. den Beitrag von V. Kästner) dargestellt ist. Herakles und Dionysos, Stammväter der Attaliden, sind die einzigen beiden Gottheiten, die sowohl auf dem großen als auch auf dem kleinen Fries des Pergamonaltars eine Rolle spielen. Das attalidische Bildprogramm spiegelt sich auch auf den Münzen wider, die in der Zeit, als der Pergamonaltar errichtet wurde, den Geldumlauf innerhalb des Königreiches bestimmten.
Die Entstehungszeit der Kistophoren Seit rund 280 Jahren wird in der Forschung diskutiert, wann die ersten Kistophoren geprägt wurden. Die Spannweite der Vorschläge liegt zwischen 228 und 133 v. Chr., hat sich aber heute durch die Auswertung der Schatzfunde auf die Zeit zwischen ca. 192 und 159 v. Chr. reduziert. Die Datierungsfrage ist insofern von Bedeutung, als man dadurch auch das Motiv zur Einführung dieser neuen Währung zu erkennen hoffte. Wie so oft in der Numismatik suchte man den Beginn mit einem historisch einschneidenden Ereignis in Verbindung zu bringen. Vorgeschlagen wurden, um mit dem jüngsten diskutierten Datum zu beginnen, die Übergabe des Attalidenreiches 133 v. Chr. an die Römer, die Thronbesteigung König Attalos’ II. 159 v. Chr., der Sieg gegen die Galater durch Eumenes II. 166 v. Chr. (s. den Beitrag von Chr. Mileta), der wirtschaftliche Abstieg des Konkurrenten Rhodos und der Ansehenszuwachs König Eumenes’ II. in der griechischen Welt 167 v. Chr., das Ende des dritten Makedonischen Krieges 168 v. Chr., die Ausdehnung des Attalidenreiches nach dem Frieden von Apameia 188 v. Chr. oder die Einnahme von Sardeis durch Attalos I. 228 v. Chr. Doch können historische Ereignisse nicht alle geldwirtschaftlichen Entwicklungen erklären. Für eine Frühdatierung scheint die Erwähnung von Kistophoren bei Livius zu sprechen (s. Infokasten). Der römische Historiker berichtet im Zusammenhang mit den Triumphzügen römischer Feldherren in den Jahren 190, 189 und 187 v. Chr. von der mitgeführten Beute. Er nennt genaue Summen, die in den Kriegen gegen Aitoler, Antiochos III. (s. den Beitrag von H. H. Schmitt) und Galater erbeutet worden waren. Dabei wird ausdrücklich zwischen attischen Tetradrachmen und Kistophoren unterschieden. Geht man von der Historizität dieser Angaben aus, müssten die Kistophoren schon vor 190 v. Chr. in den Geldumlauf gelangt sein.
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Abb. 2 a.b Zahlreiche Silbermünzen der Stadt Side in Pamphylien tragen den Kistophorengegenstempel mit Bogenbehälter und Stadtnamen, hier Pergamon. Tetradrachme des Beamten Di… aus Side, ca. 205–190 v. Chr.
Doch sind die Angaben bei Livius anachronistisch. Der Begriff der Kistophoren, den auch Cicero mehrfach verwendet, wurde offensichtlich in der späten Republik für alle Silbermünzen gebraucht, die nicht dem attischen Standard entsprachen, da Kistophoren in dieser Zeit immer noch die am meisten verbreiteten kleinasiatischen Silbermünzen waren. Somit scheiden die literarischen Erwähnungen der Kistophoren aus der Diskussion um den Beginn der Prägung aus. Die Schatzfunde, in denen Kistophoren vorhanden waren oder auch fehlten, ergeben keinen sicheren Anhaltspunkt für eine genaue Datierung, weil man sich vielfach um den Vergrabungszeitpunkt streitet. Dennoch deuten verschiedene Fundkomplexe darauf hin, dass bald nach 188 v. Chr. die ersten Kistophoren in Umlauf kamen.
Die Kistophorengegenstempel Auf mehreren Hundert Tetradrachmen des attischen Gewichtssystems, die von Städten im südlichen Kleinasien geprägt wurden, sind sogenannte Kistophorengegenstempel angebracht, nachträgliche Einstempelungen, die den von den Kistophoren bekannten Bogenbehälter zeigen (Abb. 2 a.b). In den Gegenstempeln finden sich zudem die Abkürzungen von mindestens elf Städtenamen, vor allem solcher Städte, die Prägestätten von Kistophoren waren. Ein Zusammenhang dieser Gegenstempel mit den Kistophoren liegt nahe. Wie Schatzfunde vor allem aus dem syrischen Raum zeigen, können die Kistophorengegenstempel nicht vor 190 »Acilius … zog im Triumph über König Antiochos und die Aitoler in die Stadt ein. Vorangetragen wurden bei diesem Triumph 230 Feldzeichen und 3.000 Pfund unverarbeitetes Silber, an gemünztem 113.000 attische Tetrachmen und 249.000 Kistophoren (cistophori), außer-
dem viele getriebene Silbergefäße von großem Gewicht. Er ließ auch königliches Silbergeschirr und prächtige Kleidung vorübertragen und 45 goldene Kränze …« (Livius 37, 46, 2–4, Übersetzung: H. J. Hillen, Titus Livius. Römische Geschichte (21991))
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und nicht nach 170 v. Chr. eingeschlagen worden sein. Der Hintergrund für diese offensichtlich geplante Aktion der Gegenstempelung im Attalidenreich, die nur südkleinasiatische Stadtmünzen des attischen Standards betraf, bleibt trotz mancher Theorien unklar. So wurde vorgeschlagen, in den mit Kistophorengegenstempeln versehenen Münzen Teile der Reparationszahlungen zu sehen, die der Seleukidenkönig Antiochos III. laut Friedensvertrag von Apameia zwischen 188 und 183 v. Chr. in attischem Silbergeld an das Attalidenreich zu leisten hatte. Mit den Gegenstempeln ließ der pergamenische König Eumenes II. fremde attische Tetradrachmen als attalidisches Geld kennzeichnen und wohl nach Einführung der Kistophoren für Zahlungen ins Ausland verwenden. Viele dieser Münzen wurden in Syrien gefunden.
Gründe für die Einführung der Kistophoren Die Diskussion um das Aufkommen der Kistophoren hält an und führte zu vielerlei Erklärungen. Führte der Mangel an Edelmetall im Attalidenreich zur Ausgabe von Münzen geringeren Gewichts? Sollte mit weniger Silberaufwand der lokale Geldumlauf erleichtert werden, und waren damit Probleme bei der Geldversorgung zu vermeiden? Zeigt sich im geschlossenen Währungssystem der Kistophoren vielleicht das gewachsene Selbstbewusstsein eines nach dem Frieden von Apameia sehr viel größer gewordenen Königreiches, das den Geldumlauf im Inneren manipulieren und Gewinn aus dem Umtausch in Kistophoren erzielen wollte? Beeinflussten gar die Römer die Einführung? Möglicherweise waren durch die gewaltigen Reparationszahlungen, die der Seleukidenkönig Antiochos III. ab 188 v. Chr. an die Römer zu leisten hatte, zu viele der harten Tetradrachmenmünzen aus dem Attalidenreich ins Seleukidenreich abgeflossen. Eine monopolisierte, nach einem geringeren Gewichtssystem ausgeprägte Währung war dieser Gefahr nicht ausgesetzt; denn im Ausland verlor der Kistophor sogleich 25 % seines Wertes. Die Einführung der Kistophoren dürfte bald nach dem Frieden von Apameia, also wenige Jahre nach 188 v. Chr., erfolgt sein, als für das Attalidenreich eine umfassende Neuorganisation anstand. Die exklusive neue Währung half den Geldumlauf und das Preisgefüge in dem nach den Friedensabmachungen erweiterten Reich zu kontrollieren.
Das Weiterleben Nach dem Ende des Königreichs von Pergamon 133 v. Chr. und der Einrichtung der Provinz Asia durch die Römer wurden bis zum Jahre 67 v. Chr. weiterhin Kistophoren geprägt. Sie entstanden in den alten Produktionsstätten der Kistophoren, jetzt aber nicht mehr als königliche, sondern als städtische Münzen,
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Abb. 3 Kistophor mit der Darstellung des Apollon auf einem Dreifuß und den Namen des römischen Proconsuls T. Ampius Balbus und des städtischen Beamten Hermias Kaystrios auf der Rückseite, Ephesos, 57 v. Chr.
sicher nicht ohne Zustimmung Roms. Von 58 bis 49 v. Chr., in einer neuen Phase der Kistophoren, wurden in Ephesos, Pergamon, Tralleis, Laodikeia und Apameia die Namen römischer Statthalter auf die Münzen gesetzt (Abb. 3), darunter 51/50 v. Chr. der des berühmten Cicero als Verwalter der Provinz Kilikien. Am Ende der Republik unter Marcus Antonius war der Kistophor immer noch die Hauptwährungseinheit in Asia. Während der römischen Kaiserzeit wurden in wenigen Münzstätten im Osten sporadisch und für den Umlauf in der Provinz Kistophoren produziert, vor allem unter den Kaisern Augustus und Hadrian. Die meisten waren nicht mehr am Bildprogramm als Kistophoren zu erkennen, sondern aufgrund ihres Gewichtes, das drei römischen Denaren entsprach.
Literatur R. BAUSLAUGH, Cistophoric Countermarks and the Monetary System of Eumenes II, in: Numismatic Chronicle 150 (1990), 39–65. K. W. HARL, Livy and the Date of the Introduction of the Cistophoric Tetradrachma, in: Classical Antiquity 10 (1991), 268–297. F. S. KLEINER / S. P. NOE, The Early Cistophoric Coinage (1977). G. LE RIDER, La politique monétaire du royaume de Pergame après 188, in: Journal des Savants (1989), 163–189. S. PSOMA, Monetary Terminology in Pre-Roman Asia Minor, in: Epigraphica Anatolica 42 (2009), 170–180. W. SZAIVERT, Der Beitrag der literarischen Quellen zur Datierung des Beginns der Kistophorenprägung, in: Vindobona docet. Numismatische Zeitschrift 113–114 (2005), 51–64. P. THONEMANN (Hrsg.), Attalid Asia Minor: Money, International Relations, and the State (2013), darin Aufsätze zum Thema u. a. von A. Meadows, F. de Callataÿ und R. Ashton.
Die Könige von Syrakus von Martin Dreher und Martin Müller
Die Eroberungsfeldzüge Alexanders des Großen erreichten den Westen des Mittelmeeres letztlich nicht, auch wenn das möglicherweise nur an seinem frühen Tod lag. Dennoch blühte auch auf Sizilien die hellenistische Kultur auf, und mit Agathokles und Hieron II., Herrschern über Syrakus und weite Teile Siziliens, treten uns im 4. und 3. Jh. v. Chr. die beiden sizilischen Vertreter des neuen hellenistischen Königtums gegenüber.
Agathokles Aufstieg: Agathokles gehörte nicht wie frühere Tyrannen der landbesitzenden Aristokratie von Syrakus an. Er wurde 361/60 v. Chr. im sizilischen Thermai geboren und siedelte mit seinem Vater Karkinos nach Syrakus über. Durch Heirat mit einem reichen Erbe ausgestattet, konnte Agathokles seine politischen und militärischen Ambitionen verfolgen. Seine kriegerischen Unternehmungen und seine Gegnerschaft gegen die zeitweise regierenden Oligarchen führten ihn immer wieder von Syrakus weg. 319/18 v. Chr. konnte er, nach wechselhaften Allianzen, endgültig nach Syrakus zurückkehren und wurde von der Volksversammlung zum »Strategen und Bewahrer des Friedens« (Diodor 19, 5, 5) gewählt. Die Friedenssicherung interpretierte Agathokles jedoch in einer sehr radikalen Weise. Unter dem Vorwand, seine oligarchischen Gegner hätten ihm nach dem Leben getrachtet, richtete er unter diesen ein fürchterliches Blutbad an. Diodor (19, 8) berichtet: »Alle Stadttore nämlich wurden verriegelt und mehr als 4.000 Menschen an jenem Tag erschlagen … Die Zahl derer, die aus ihrer Heimatstadt vertrieben wurden, überstieg die 6.000 …« Im Anschluss an diese Vernichtungstat ließ sich Agathokles, wiederum von der Volksversammlung, zum »bevollmächtigten Strategen« (strategós autokrátor) wählen (Diodor 19, 9, 1–3), ein Amt, das schon einige frühere Machthaber in Syrakus als Sprungbrett zur Tyrannis benutzt hatten. Der Opposition weitgehend entledigt, konnte Agathokles in der Folgezeit ein maßvolleres Regiment führen, dem er selbst zugutehielt, die »Autonomie für das Volk« zu garantieren (Diodor 19, 9, 1).
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Es ist festzuhalten, dass Agathokles sich nicht unrechtmäßig des Amtes bemächtigte, auch wenn viele Mitbürger ihn 319/18 v. Chr. nur aufgrund seiner einschüchternden Gewaltmaßnahmen zum strategós autokrátor gewählt haben mögen. Dieser Zusammenhang dürfte erklären, dass ihn manche antike Autoren als Tyrannen bezeichnen, während andere den etwas neutraleren Terminus ›Dynast‹ verwenden. Es folgten nun Kämpfe gegen geflohene Oligarchen, die sich zu einem Krieg mit Karthago ausweiteten. Im Zuge dieses Konfliktes ersann Agathokles eine ebenso kühne wie historisch wirkmächtige Strategie und setzte nach Nordafrika über, um die Kämpfe in das Zentrum des Feindeslandes zu tragen und die Karthager damit zum Rückzug zu zwingen. Die Strategie hatte zwar nur einen Teilerfolg, aber schon die antiken Quellen stellen Agathokles wegen der Größe dieser Unternehmung in eine Linie mit Alexander dem Großen – dem Vorbild aller hellenistischen Herrscher. Letztlich blieb der Krieg jedoch ohne Sieger, und 306 v. Chr. einigte man sich auf die Festschreibung des status quo. Königtum: Im Jahr 304 v. Chr. hatte Agathokles seine Herrschaft über den gesamten Osten Siziliens festigen können. Nach dem unmittelbaren Vorbild der Diadochen griff er nun auch nach dem Königstitel, griechisch basileús. Diodor schreibt (20, 54): »Als Agathokles hörte, dass die erwähnten Dynasten«, nämlich Antigonos, Demetrios, Ptolemaios und Seleukos, »das Diadem genommen hatten, war er der Meinung, er selbst stehe weder an Streitkräften, noch an Umfang des beherrschten Gebietes noch an Taten hinter diesen zurück. So legte (auch) er sich den Königstitel zu. Ein Diadem allerdings beabsichtigte er nicht zu nehmen, denn er trug auf seinem Haupt ständig einen Kranz, den er zur Zeit seiner Machtergreifung als Tyrann auf Grund eines Priesteramtes aufgesetzt hatte …« Offensichtlich stellte sich Agathokles auf eine Stufe mit den Diadochen. Der Verzicht auf das Tragen eines Diadems kann kaum als eine Einschränkung gewertet werden. Das wird umso deutlicher, als Agathokles weitere indirekte, aber auch ganz direkte Verbindungen zu hellenistischen Herrscherhäusern knüpfte. Zuerst griff er zugunsten der Ptolemäer (s. den Beitrag von S. Pfeiffer) nicht nur in deren Krieg mit den Makedonen ein, sondern vermählte sich auch mit einer ihrer Prinzessinnen. Wie Diodor schreibt, wollte auch er eine Rolle auf der griechischen Bühne spielen. Aber auch zu anderen Diadochenreichen suchte er Kontakte. Seine Tochter Lanassa verheiratete er zuerst mit König Pyrrhos von Epirus, später dann mit dem Makedonenkönig Demetrios Poliorketes (s. den Beitrag von S. Diefenbach), den er zuvor noch bekämpft hatte. Herrschaftsrepräsentation: Paläste waren für die hellenistischen Könige ein sichtbares Zeichen ihrer Herrschaft und eine Bühne, auf der sie sich inszenierten (s. den Beitrag von G. Weber). Das gilt auch für Agathokles, der seine Residenz auf der Insel Ortygia hatte, welche befestigt und mit Repräsentationsräumen ausgestattet war. In seiner Regierungszeit wurde der dortige Athenatempel
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mit bedeutenden Gemälden ausgestattet. Außerdem ließ er in der Stadt Statuen von sich aufstellen. Während sich Agathokles weniger als sein späterer Nachfolger Hieron II. durch monumentale Bauwerke verewigte, legte er umso mehr Wert auf eine wohlkalkulierte Prägetätigkeit. Münzen zählen zu den wichtigen Mitteln herrschaftlicher Repräsentation. Agathokles griff dabei zum einen auf typisch syrakusanische Elemente zurück, orientierte sich aber zum anderen auch an stilistischen Merkmalen der übrigen hellenistischen Könige. Für die Münzen, die Agathokles schlagen ließ, lassen sich drei Prägeperioden ausmachen. Ende der Herrschaft: Weil seine Nachfolgeregelung innerhalb der Familie zu einem Mord geführt hatte, legte der erbitterte Agathokles die königliche Macht nieder und gab den Syrakusanern die Demokratie zurück. Er selbst wurde kurz darauf (289/88 v. Chr.) auf Anstiftung eines Enkels vergiftet. Eine dynastische Herrschaft, wie sie einige Diadochen errichten konnten, blieb Agathokles also versagt. Obwohl er, sicherlich jedoch aufgrund der Umstände und nicht aus innerer Überzeugung, die Demokratie wieder einführte, zogen die Syrakusaner sein Vermögen ein und zerstörten seine Bildnisse. Die antiken Historiker schließen sich diesem negativen Urteil über Agathokles an: Von Diodor und dessen Vorlagen wird Agathokles als grausamer und gottloser Herrscher beurteilt.
Hieron II. Aufstieg: Nach dem Tod des Agathokles brachen in Syrakus erneut Kämpfe zwischen verschiedenen Fraktionen auf. Diese Situation sowie die Zerstrittenheit der sizilischen Poleis insgesamt nutzte Karthago, um wieder nach der Vormacht auf der Insel zu greifen. Als fast nur noch Syrakus unbesiegt war, rief die Stadt den Molosserkönig Pyrrhos zur Hilfe, der 278–276 v. Chr. in Sizilien gegen Karthago Krieg führte und sich für diese Zeit auch als Herrscher über Sizilien betrachten konnte. In seinem Heer hatte sich der Syrakusaner Hieron bewährt, der sein Ansehen durch die Heirat mit Philistís, die einer vornehmen syrakusanischen Familie angehörte, erhöhen konnte. Wie seinerzeit Agathokles, wurde auch Hieron im Jahr 275/74 v. Chr. von der syrakusanischen Volksversammlung zum bevollmächtigten Strategen (strategós autokrátor) gewählt. Im Gegensatz zu jenem griff Hieron jedoch nicht zu Gewaltmaßnahmen, um eine tatsächliche Alleinherrschaft zu errichten. Vielmehr gewann er dafür den weitgehenden Konsens seiner Mitbürger. Zwar betrieb Hieron den Krieg gegen die Karthager nicht sehr energisch, gegen die aggressiven Mamertiner hingegen, die von ihrer Stadt Messana aus in das syrakusanische Territorium einfielen, errang er, vielleicht im Jahr 269 v. Chr., einen beachtlichen militärischen Erfolg.
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Daraufhin wurde Hieron wohl nicht in einer förmlichen Wahl, aber doch in einem öffentlichen Akt, unter breiter Zustimmung des Volkes zum König (basileús) ausgerufen. Daran wird ersichtlich, dass diese hellenistische Herrschaftsform nur wenige Jahrzehnte nach ihrer Etablierung selbst für eine weit vom Alexanderreich entfernte griechische Polis mit langer republikanischer Tradition, und trotz der zwiespältigen Wirkung, die das Königtum des Agathokles auf die Bevölkerung gehabt hatte, eine anerkannte und sogar erstrebte Regierungsform geworden war. Um König Hieron von dem gleichnamigen Tyrannen (478–467 v. Chr.) von Syrakus aus der Familie der Deinomeniden zu unterscheiden, wird er in der modernen Literatur häufig als Hieron II. bezeichnet. Verschiedentlich wird er auch tatsächlich, wie Agathokles, unter die Tyrannen subsumiert, wodurch eine Unterscheidung zwischen Tyrannis und Königtum in diesem Fall aufgehoben wird. Repräsentation: Als äußeres Zeichen seiner Stellung trug Hieron II. im Gegensatz zu Agathokles das von den frühen hellenistischen Herrschern eingeführte Diadem und ließ es auch, wie es andere Herrscherfamilien taten, seine Frau Philistís und seinen Sohn Gelon tragen. Diese Familienmitglieder wurden in verschiedener Weise in die öffentliche Repräsentation des Königs einbezogen, worin übrigens ein nicht unwichtiger Unterschied zur Selbstdarstellung von Tyrannen zu sehen ist. So wurden auch die Namen der Genannten in die Stufen des neu erbauten Theaters eingemeißelt, und später erschien sogar ihr Porträt auf den königlichen Münzen. Gleichzeitig pflegte Hieron II. die zeitgenössische hellenistische Hofkultur. An seinem Hof hielten sich unter anderen der berühmte Erfinder Archimedes und der Bildhauer Mikion auf. Für Dichter schien der König hingegen weniger Interesse zu haben, denn Theokrit etwa konnte seine Aufmerksamkeit nicht gewinnen. Hieron II. nutzte die Fruchtbarkeit seines Landes, um sich mit großzügigen Getreidespenden das Wohlwollen Roms zu erhalten und um sich mit entsprechenden Spenden an hellenistische Städte wie Rhodos als königlicher Wohltäter (euergétes) Ansehen zu verschaffen. Dem ägyptischen König schenkte er zusätzlich das Prachtschiff »Syrakosía« (s. Infokasten). Seinen Sohn Gelon verheiratete er mit Nereís, wohl einer Urenkelin des Pyrrhos. Über diese Verbindung fand das Haus Hierons II. auch Anschluss an die griechische Heroenwelt, galt doch Achill als einer der Vorfahren des Pyrrhos. An die panhellenischen Heiligtümer von Delphi und Olympia, die aufgrund ihrer zentralen Lage und Bedeutung ideale Inszenierungsmöglichkeiten boten, stiftete Hieron II. Weihegeschenke, von denen noch heute Inschriften mit den Namen der Familienmitglieder zeugen. Damit bediente sich der König einer typisch hellenistischen Repräsentationsform. Wie bei Agathokles, so lassen sich auch für Hierons Münzprägung drei Perioden unterscheiden. Diese ähneln in ihrer Abfolge denen seines Vorgängers und orientieren sich ebenfalls sowohl an traditionellen syrakusanischen Motiven als auch am aktuellen hellenistischen Stil (Abb. 1 a.b).
Die Könige von Syrakus
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Abb. 1 a.b Die Bronzemünze Hierons II. gehört in die Zeit zwischen 263 und 218 v. Chr., in der zum ersten Mal in der sizilischen Geschichte das Porträt eines lebenden Herrschers auf Münzen vorkommt.
Hieron II. entfaltete viel stärker als Agathokles einen herrschaftlichen Baustil, der das Stadtbild von Syrakus nachhaltig prägte. Auf dem größten Platz, der agorá, ließ der König einen Zeustempel und weitere öffentliche Gebäude wie ein Ratsgebäude (buleutérion) und Säulenhallen (stoaí) errichten. Im Stadtteil Neapolis wurden ein kultischer Bezirk umgestaltet und in diesem Zug das imposante Theater errichtet, mit etwa 14.000 Sitzplätzen eines der größten im griechischen Kulturkreis. Ebenso wie vom Theater sind heute noch große Teile des riesigen, fast 200 m langen Altars erhalten (Abb. 2), auf dem bei großen Festen die dem Zeus geopferten Stiere verbrannt wurden. Tod und Nachfolge: Hierons II. lange Herrschaftszeit endete im Jahr 215 v. Chr., als er im Alter von 90 Jahren starb. Seinem Reich hatte er vor allem dadurch eine lange Friedenszeit sichern können, dass er sich bald nach Beginn des Ersten Punischen Krieges zwischen Rom und Karthago (264–241 v. Chr.) auf die Seite Roms schlug und diesem zeit seines Lebens loyal blieb. Diese anti-karthagische Haltung war jedoch nicht unumstritten. Schon 240 v. Chr. hatte Hieron II. seinen Sohn, der wohl nicht zufällig den Namen des berühmten frühen Tyrannen Gelon
Das Prachtschiff Syrakosía »Über das Schiff, das für Hieron von Syrakus ausgerüstet worden ist, bei dessen Bau der Mathematiker Archimedes die Aufsicht geführt hat, … schreibt ein gewisser Moschion folgendes: ›... Als Material hatte er vom Aitna Holz beschafft, das mengenmäßig den Bau von sechzig Vierruderern erlaubt hätte. … Diese Räume hatten alle einen Boden, der als Mosaik … zusammengesetzt war. … Am obersten Gang gab es einen Sportraum … Gartenbeete aller Art … Lauben … Freizeitraum … Bibliothek … ein Bad … Pferdeställe … Das ganze Schiff war mit passender Bemalung versehen.
Auf ihm waren acht Türme, in ihrer Größe entsprechend der Masse des Schiffes. … An jedem von diesen waren zwei Kranbalken angebracht, auf denen Gehäuse mit Luken montiert waren: von ihnen aus wurden Steine auf die Feinde geschleudert, die unten auf dem Wasser heranfuhren. … An jeder der beiden Wände standen sechzig junge Männer in voller Rüstung und eine gleiche Anzahl um die Masten und die Steinschleudern.‹« (Athenaios, Das Gelehrtenmahl, eingeleitet und übersetzt von C. Friedrich, kommentiert von T. Nothers (1998), hier V 206e–209c (Auszüge))
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Martin Dreher und Martin Müller
Abb. 2 Altar des Hieron II.
von Syrakus (ca. 540–478 v. Chr.) trug, zum Mitregenten bestimmt. Allerdings starb dieser kurz vor seinem Vater, als er einen Aufstand gegen die väterliche Politik anführte, und so bestimmte Hieron II. seinen Enkel Hieronymos zu seinem Nachfolger. Der damals 15-Jährige erhielt jedoch vorerst noch eine Reihe von Vormunden, um die Ausrichtung der pro-römischen Politik zu sichern. Dennoch wandte sich Hieronymos bald darauf von Rom ab und Karthago zu, was zur Eroberung von Syrakus durch die Römer und zur Eingliederung des syrakusanischen Reiches in die römische Provinz Sizilien führte.
Literatur Hauptquelle: Diodorus, Griechische Weltgeschichte, übers. v. O. Veh und G. Wirth (1992/93), daraus die Zitate, mit geringfügigen Änderungen. S. BERGER, Pap. Oxy. 2399 and the Opposition to Agathocles, in: Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik 71 (1988), 93–96. H. BERVE, Die Tyrannis bei den Griechen, 2 Bde. (1967). M. DREHER, Das antike Sizilien (2008). M. HAAKE, Agathocles and Hiero II: Two Sole Rulers in the Hellenistic Age and the Question of Succession, in: N. LURAGHI (Hrsg.), The Splendors and Miseries of Ruling Alone (2013), 99–127. C. LEHMLER, Syrakus unter Agathokles und Hieron II. – Die Verbindung von Kultur und Macht in einer hellenistischen Metropole (2005). E. ZAMBON, From Agathocles to Hieron II. – The Birth and Development of basileia in Hellenistic Sicily; in: S. LEWIS (Hrsg.), Ancient Tyranny (2006), 77–92.
Die Könige in Sparta von Ernst Baltrusch
Spartas große Zeit als Hegemonialmacht war 371 v. Chr. zu Ende. In der Epoche des Hellenismus war die Stadt am Eurotas eine ganz normale griechische Polis, die versuchte, ihren Weg zwischen den Realitäten der Gegenwart und der Erinnerung an die glorreiche Vergangenheit zu finden. Es waren die Könige Spartas, die durch rückwärtsgewandte Reformen die Probleme der Gegenwart zu lösen versuchten.
Für Sparta, das mehr als anderthalb Jahrhunderte als Hegemonialmacht die griechische Geschichte mitbestimmt hatte, begann der Hellenismus mit der Schlacht von Leuktra (371 v. Chr.). 30 km südlich von Theben war der spartanische König Kleombrotos dem thebanischen Heeresaufgebot unter seinem Feldherrn Epameinondas unterlegen. Diese Niederlage war für Sparta in mehrfacher Hinsicht verheerend und bestimmte die weitere politische Entwicklung dieser einst so mächtigen Stadt auf der Peloponnes. Der Name Leuktra ist auf diese Weise eng verknüpft mit dem Ende einer Epoche, denn der Ruf der Unbesiegbarkeit spartanischer Hopliten war dahin, die Bürgerzahl war durch die empfindlichen Verluste – allein 400 der 700 Spartiaten waren gefallen – weiter geschrumpft, und das Instrument der spartanischen Machtstellung, der Peloponnesische Bund, stand vor der Auflösung. Zudem verlor Sparta wenig später Messenien, mithin fast die Hälfte seines ›Staatsgebietes‹. Das endgültige Aus als Führungsmacht kam 362 v. Chr., als Sparta bei Mantineia in einer gewaltigen Schlacht erneut den Thebanern unterlag. Nun begann ein langwieriger Prozess, in dem sich Sparta seinen Weg zwischen der Erinnerung an die alte Größe und den neuen Mächtekonstellationen bahnen musste. Dieser Weg führte über mehr als 200 Jahre schließlich 146 v. Chr. in den Status einer »freien Stadt« (civitas libera) im Imperium Romanum. Sparta behielt im Hellenismus zwar seine gesellschaftliche Ordnung bei, wie sie sich in den Jahrhunderten zuvor herausgebildet hatte, aber sein ›Staatsgebiet‹ wurde beständig verkleinert, bis es nur noch auf das Eurotastal beschränkt war. Wirtschaftlich scheint es genügend Ressourcen gegeben zu haben. Viel Geld floss zusätzlich
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durch das Söldnerwesen in die Stadt. Insbesondere hochrangige ›Söldnerführer‹ aus Sparta waren begehrt, wohl eine Folge der einstigen Größe und der militärischen Kompetenz. Von einer Krise oder gar einem Niedergang kann man trotzdem sprechen. Denn Sparta erreichte trotz aller Bemühungen keine Hegemonialstellung mehr auf der Peloponnes, und die gesellschaftlichen Probleme führten im 3. Jh. v. Chr. mehrfach zu Reformen, gar zu Revolutionen. Ferner häuften sich ›hellenistische‹ Einflüsse auf Sparta, wogegen sich das klassische Sparta noch gewehrt hatte; wie viele andere Städte umgab sich die Stadt jetzt mit einer Stadtmauer, prägte eigenes Geld und verstärkte ihre internationalen Kontakte. Anderes änderte sich hingegen nicht: Die Heloten als ›Staatssklaven‹ wurden beibehalten, die gesellschaftliche Rolle der Frauen war nirgendwo so bedeutend wie in Sparta, und der Wille, die traditionelle ›lykurgische Ordnung‹ als Rahmen zu erhalten, war durchgehend erkennbar. Aber die außenpolitische Handlungsfreiheit wurde durch die großen hellenistischen Mächte, die ihren Einfluss auch auf die Peloponnes erstreckten, stark eingeschränkt. Es waren dies insbesondere Makedonien, aber auch die großen Bundesstaaten der Aitoler und Achaier und seit dem Ende des 3. Jh.s v. Chr. auch die römische Republik. Sparta konnte sich in diesem Konzert größerer Mächte – wenn überhaupt – nur als peloponnesische Regionalmacht behaupten.
Das Königtum Sparta war politisch insbesondere durch sein Doppelkönigtum ein Sonderfall in der griechischen Poliswelt der archaischen und klassischen Zeit gewesen. Die Ursprünge dieser merkwürdigen Eigenart Spartas liegen im Dunkeln, aber sie hielt sich bis in das 2. Jh. v. Chr. Die Könige entstammten zwei Familien, den Agiaden und den Eurypontiden, und waren auf Lebenszeit im Amt. Ihre Stellung war erblich, in der Regel folgte der älteste Sohn auf den Königsthron (Herodot 7, 3), doch war sie nicht unangreifbar: Sie standen unter der Aufsicht der Ephoren, waren Mitglieder des Ältestenrates (Gerusia) und konnten angeklagt und sogar ihres Amtes enthoben werden. Die Funktion der Könige in der politischen Ordnung bestand auch in hellenistischer Zeit darin, das Heer im Krieg zu führen und priesterliche Aufgaben zu übernehmen. Ihre gesellschaftliche und politische Stellung blieb herausgehoben, so dass politische, ökonomische und soziale Projekte und Reformen zumeist von Königen initiiert wurden. Da Sparta im Übergang von der klassischen zur hellenistischen Epoche zunehmend mit Anpassungsproblemen zu tun hatte, waren es oft Könige, die ihre soziale Autorität zu großen Reformprojekten nutzten. Diese waren ausnahmslos rückwärts gewandt, das heißt, sie beriefen sich auf den mythischen Gesetzgeber Lykurg. Für Sparta lag das nahe, da die ›gute alte Zeit‹, die Zeit der Hegemonie in der griechischen Welt,
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immer präsent war und die vermeintliche Abkehr von der lykurgischen Ordnung als das Menetekel der spartanischen Geschichte schlechthin angesehen wurde.
Strukturprobleme Aristoteles benannte scharfsinnig die zwei Hauptprobleme der spartanischen Ordnung am Ende des 4. Jh.s v. Chr.: die geringe Bürgerzahl und die ungleichen Besitzverhältnisse (Politik 1270 a 34). Mit tausend oder noch weniger Bürgern war die Basis für eine funktionierende Ordnung oder gar für Machtpolitik kaum mehr gegeben, und wenn man dazu noch die Konzentration des Landbesitzes in den Händen weniger reicher Spartiaten bedenkt, dann kann man von einer Krise der Polis sprechen. Die Bevölkerung der Region war an sich nicht zu klein, aber die restriktive Bürgerrechtspolitik Spartas ließ weder Zuwanderung noch Integration minderberechtigter Bevölkerungsgruppen wie Heloten oder Periöken – freie Umwohner ohne Vollbürgerrecht – in größerem Stil zu. Auffällig ist ferner, dass zwei Fünftel des gesamten Besitzes in den Händen von Frauen lagen. Diese verbürgte Tatsache ist für griechische Verhältnisse ganz außergewöhnlich und weist auf die einzigartige Rolle der Frauen in der spartanischen Gesellschaft hin. Diese Rolle hing mit der historischen Entwicklung Spartas seit dem 7. Jh. zusammen und blieb auch in der hellenistischen Zeit erhalten, so dass bei allen großen Reformprojekten, die die genannten Strukturprobleme angingen, Frauen nicht nur betroffen waren, sondern aktiv mitbestimmten. Die spartanische Erziehung, die Agogé, und ihre allein auf den Krieg hin orientierte Ausrichtung bedurfte infolge der Halbierung des Staatsgebietes einer Strukturanpassung: Messenien gehörte nicht mehr zu Sparta, damit fielen auch die messenischen Heloten und ihre für Sparta so wichtige Arbeitskraft weg. Heloten gab es zwar auch in hellenistischer Zeit, doch erheblich weniger als früher. Sie hatten die Grundlage der spartanischen Machtstellung in klassischer Zeit gebildet, da sie mit ihrer Arbeitskraft die Kriegsorientierung der Spartiaten hin überhaupt erst möglich gemacht hatten.
Agis III. und Areus I. Agis III. stammte aus dem Haus der Eurypontiden und regierte von 338 bis 331 v. Chr. Er wurde durch seinen Widerstand gegen die makedonische Hegemonie über Griechenland unter Philipp II. und Alexander dem Großen bekannt. So trat er nach der Schlacht von Chaironeia (s. den Beitrag von J. Malitz) nicht dem Korinthischen Bund bei und erkühnte sich sogar, während der Abwesenheit Alexanders des Großen einen Aufstand gegen ihn loszutreten, den Alexander später als »Mäusekrieg« (Myomachia, vgl. Plutarch, Agesilaos 15) bezeich-
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nen sollte. Bei Megalopolis erlitt Agis III. mit seinen 22.000 Soldaten gegen den makedonischen Feldherrn Antipatros eine vernichtende Niederlage, die er nicht überlebte und die Sparta weiter schwächte. Es dauerte daher mehr als zwei Jahrzehnte, bis Sparta unter König Areus (309– ca. 265 v. Chr.) einen neuen Versuch unternahm, sich aus seiner Bedeutungslosigkeit zu lösen. Dazu orientierte sich der König stärker als seine Vorgänger an hellenistischen Gepflogenheiten und entfernte sich erkennbar von der bereits jetzt idealisierten ›lykurgischen Ordnung‹ – dies betonen unsere Quellen so stark, dass Areus in einer neueren Publikation mit einem »new Hellenism« verbunden wird (Paul Cartledge ²2002). Dass er den Ruf eines ziemlich unspartanischen Lebemannes und Verschwenders hatte, mag noch auf missgünstige Quellen zurückzuführen sein (Phylarch bei Athenaios 4, 142a–b). Doch sicher ist, dass er seine internationalen Kontakte mit Königen, Poleis und sogar den Juden in Jerusalem (1 Makk 12, 20, s. Infokasten) intensivierte, um handlungsfähig zu werden; mit diesen Kontakten im Hintergrund führte er verschiedene Kriege mit unterschiedlichem Erfolg: So verbündete sich Areus 281 v. Chr. mit Ptolemaios Keraunos gegen Antigonos Gonatas (s. den Beitrag von K. Scherberich) zur vermeintlichen Befreiung Griechenlands von der makedonischen Herrschaft (Iustinus 24, 1), doch scheiterte dieses Projekt. Auch mit Antigonos Gonatas verband sich Areus, als es 272 gegen den epirotischen König Pyrrhos ging, nur um wenig später im Bündnis mit Athen und König Ptolemaios II. wieder gegen Antigonos Gonatas Krieg zu führen (s. den Beitrag von S. Pfeiffer). Dieser Krieg wurde unter dem Namen Chremonideischer Krieg (267–262/61 v. Chr.), so benannt nach einem athenischen Politiker, berühmt und endete in einem Fiasko für Sparta; Areus fiel bereits 265 v. Chr. in einer Schlacht bei Korinth. Um die Erreichung der ehrgeizigen Ziele ökonomisch und ideologisch abzusichern, prägte Sparta erstmalig eigene Münzen, auf denen das Bild des Königs erschien. Auch Areus hatte sich indes mit den Strukturproblemen der spartanischen Ordnung auseinanderzusetzen; insbesondere machte ihm sein bei der Thronfolge übergangener Bruder Kleonymos zu schaffen, der in Italien, wo die einzige Toch-
1 Makk 12, 7 und 19-23: »Schon früher empfing der Hohepriester Onias Briefe von eurem König Areios, da ihr unsere Brüder seid. Die Abschrift liegt bei (…). Das ist die Abschrift des Briefes, den sie an Onias schickten: ›Areios, der König von Sparta, entbietet dem Hohepriester Onias seinen Gruß. In einer Urkunde fand man über die Spartaner und Juden, dass sie Brüder seien und aus dem Geschlechte Abrahams stammten. Da wir nun dies wissen,
tut ihr gut daran, wenn ihr uns über euer Wohlbefinden berichtet. Wir geben euch dann Antwort. Euer Vieh und euer Habe gehört uns, und unser Eigentum gehört euch. Wir haben Anweisung gegeben, dass man euch dies mitteile.‹« (Übersetzung: Die Bibel. Die Heilige Schrift des Alten und Neuen Bundes. Deutsche Ausgabe mit den Erläuterungen der Jerusalemer Bibel (141968))
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terstadt Spartas, Tarent, lag, wirkte und sich mit König Pyrrhos von Epirus gegen seinen Bruder verbunden hatte. Der Weg freilich, den Areus zur Wiederherstellung der spartanischen Hegemonie beschritt, führte nicht zum Ziel, wohl weil er zu tiefgreifenderen Anpassungsreformen noch nicht bereit war.
Kleomenes III. Zwei spätere Könige brachten Reformen auf den Weg, um Sparta in den Kreis der Mittelmächte zurückzuführen: Agis IV. (244–241 v. Chr.) und Kleomenes III. (235–222 v. Chr.). Bei beiden Königen wirkten Frauen aus dem Umkreis entscheidend mit, bei Kleomemes III. waren es seine Mutter Kratesikleia und die junge Frau des Agis IV., Agiatis. Beide Könige orientierten sich an der lykurgischen Ordnung. Kleomenes hatte aus dem Scheitern von Agis IV. Lehren gezogen, die er in seinem umfassenden Reformpaket umsetzte, und seine außenpolitischen Erfolge ließen zunächst den Widerstand verstummen. Seine Maßnahmen waren durchaus ›revolutionär‹, denn er ließ zunächst zehn oppositionelle Spartiaten hinrichten sowie weitere 80 verbannen, und er dachte daran, das Ephorat als »unlykurgisch« abzuschaffen, die Befugnisse der Gerusia einzuschränken und ein neues Amt, die »Verfassungswächter« (Patronomoi) einzurichten. Um sich abzusichern, stützte sich Kleomenes III. auf ›Theoretiker‹ des lykurgischen Systems wie den Stoiker Sphairos (ca. 280–210 v. Chr.), der umfänglich zu Spartas Ordnung publiziert hatte, und den Historiker Phylarch; beide wurden Berater des Königs. Sie formulierten das Programm (Plutarch, Kleomenes 2; 11). Die wirtschaftliche und soziale Neuordnung orientierte sich am Projekt des Agis IV. Sie sollte die sozialen Gegensätze ausgleichen und die Bürgerzahl erhöhen. Letzteres sollte durch 4000 Landlose an Hypomeiones (minderberechtigte, degradierte Spartiaten) und Periöken erreicht werden; Fremde sollten ebenfalls in die Bürgerschaft aufgenommen werden. Weit über Agis IV. hinaus ging Kleomenes jedoch, als er viele Staatssklaven (Heloten) gegen Geldzahlungen freiließ. Militärische Reformen zur Erhöhung der Schlagkraft des Heeres ergänzten das Reformwerk. Sein sozialrevolutionäres Programm strahlte über Spartas Grenzen hinaus, es wurde zunächst zu einem regelrechten Exportschlager. Es weckte vielerorts Hoffnungen, so dass Städte wie Mantineia, Tegea, Dymae und Elis leicht gewonnen wurden. Fünf Jahre lang war es fast wie früher: Sparta war wieder eine Hegemonialmacht auf der Peloponnes (Abb. 1 a.b). Doch dann verbanden sich der Achaiische Bund und Makedonien unter Antigonos Doson, und dieses Bündnis bereitete allen spartanischen Hoffnungen ein jähes Ende. 222 v. Chr. kam es bei Sellasia nördlich von Sparta zur Schlacht, in der das spartanische Aufgebot gegen die Koalition aus Achaiern und Makedonen unterlag. Kleomenes III. konnte zwar nach Ägypten entkommen (wo er sich 219 v. Chr. das Leben nahm), doch Sparta wurde von Make-
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Abb. 1 a.b Tetradrachme des Kleomenes III., Sparta, 227 v. Chr. Erstmals auf Münzen Spartas, aber typisch für die Zeit des Hellenismus, erscheint seit Areus I. auf der Vorderseite das Bildnis des Königs. Die Rückseite stellt die Kultstatue der Artemis Ortheia dar, vor der eine Ziege steht. Im Feld befinden sich die griechischen Buchstaben Lambda und Alpha für LA(kedaimoníōn).
donen besetzt – zum ersten Mal in seiner Geschichte (Plutarch, Kleomenes 29 f.) Diese Niederlage beendete für alle Zeiten die spartanischen Träume. Bezeichnend aber ist, dass auch die Veränderungen, die Antigonos Doson nach seinem Sieg in Sparta durchsetzte, das Etikett einer Wiederherstellung der »väterlichen Verfassung« erhielten (Polybios 2, 70, 1): Wer immer irgendetwas verändern wollte, er musste sich an Lykurg orientieren!
Literatur E. BALTRUSCH, Sparta als politische Utopie, in: K. GEUS (Hrsg.), Utopien, Zukunftsvorstellungen, Gedankenexperimente (2011), 41–63. P. CARTLEDGE / A. J. S. SPAWFORTH, Hellenistic and Roman Sparta. A tale of two cities (²2002). N. GESKE, Agis IV. und Kleomenes III. Ihre sozialen Reformen und das Volk von Sparta, in: J.-F. ECKHOLDT / M. SIGISMUND / S. SIGISMUND (Hrsg.), Geschehen und Gedächtnis. Die hellenistische Welt und ihre Wirkung (2009), 45–92. L. THOMMEN, Sparta. Verfassungs- und Sozialgeschichte einer griechischen Polis (2003).
Die Kleinkönigreiche Bithynien, Pontos und Kappadokien von Christoph Michels
Aus der Fülle kleinasiatischer Potentaten der Zeit der Diadochenkriege gingen drei im Norden und Osten Anatoliens gelegene Königreiche hervor, die von indigenen Dynastien regiert wurden. Diese versuchten im Schatten der Großmächte, ihre Gebiete zu erweitern, und orientierten sich dabei am Herrscherideal der makedonischen Königshäuser. In ihren Reichen breiteten sich zu dieser Zeit in unterschiedlicher Intensität Elemente griechischer Kultur aus.
Historische und kulturelle Ausgangslage Die heute als Bithynien, Pontos und Kappadokien bekannten Königreiche erscheinen als Sondergruppe in der hellenistischen Staatenwelt, da sie nicht von makedonischen Monarchen, sondern von indigenen Dynastien regiert wurden. Die Ursprünge dieser Herrschaftsräume und die kulturellen Ausgangsvoraussetzungen zu Beginn des Hellenismus unterscheiden sich jedoch deutlich: Während Pontos und Kappadokien ähnlich wie Armenien und später Kommagene (s. den Beitrag von E. Winter) von iranischen Dynastien regiert wurden, hatten die Könige von Bithynien thrakische Wurzeln. In Kleinasien eingewandert waren die Bithynier vermutlich im 7. Jh. v. Chr. Mit dem späten 5. Jh. lässt sich ein bithynisches Dynastengeschlecht greifen, das über einen Raum herrschte, der von der Propontis im Westen, dem Schwarzen Meer im Norden, dem Hypios im Osten und dem Meerbusen von Astakos im Süden begrenzt wurde. Bithynien war formell Teil des Perserreiches, behauptete jedoch eine weitgehende Unabhängigkeit. Den von Alexander dem Großen zur Eroberung des Nordens Kleinasiens ausgesandten Satrapen konnten die Bithynier unter dem damals herrschenden Bas abwehren; die Kontrolle verschiedener Diadochen über Teile Bithyniens war nicht von Dauer. Der Sohn des Bas, Zipoites, nahm als erster Dynast 297/96 v. Chr. in hellenistischer Manier nach einem Sieg den Königstitel an.
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Die Existenz diverser, während der Großen Griechischen Kolonisation gegründeter Poleis ist ein weiterer Faktor, der Bithynien vor allem von Kappadokien trennt. Das Verhältnis dieser Städte zu der dörflich organisierten, indigenen Bevölkerung war jedoch in vorhellenistischer Zeit ein konfliktreiches Nebeneinander. Der Kulturaustausch dürfte in Archaik und Klassik also nur gering gewesen sein. Dass sich die Bithynier ihre thrakische Kultur erhielten, zeigt sich besonders in den Namen der Herrscher und der lokalen Elite. Pontos und Kappadokien entstanden demgegenüber auf dem Boden der ehemaligen persischen Satrapie Katpatuka. Von diesem Begriff leitete sich das griechische Wort kappadokía als Bezeichnung einer Region ab, die sich vom TaurusGebirge bis zur südlichen Küste des Schwarzmeers erstreckte. Im Westen grenzte sie am Halys und am Tattasee an Paphlagonien und Phrygien, im Osten an Kolchis, Armenien und den oberen Verlauf des Euphrat, im Süden an Kilikien und Kommagene. Kappadokien war dabei durch seine Lage an zentralen Straßenrouten (durch Mazaka zum Euphrat, durch Tyana zu den Kilikischen Toren) zwar strategisch von hoher Bedeutung, stellte aber dennoch eine abgelegene Region dar. Vielleicht schon von den Perserkönigen in eine nördliche und südliche Satrapie aufgespalten, entwickelten sich hier zwei iranisch geprägte Königreiche, von denen das südliche Groß-Kappadokien oder Kappadokia am Taurus und das nördliche zunächst Kappadokia am Pontos bzw. am Euxeinos genannt wurde, im 1. Jh. n. Chr. aber einfach als Pontos bekannt war. Als Nachfahren einstiger Satrapen, in deren Tradition sie sich stellten, konnten sich die Ariarathiden in (Groß-)Kappadokien und die Mithradatiden im nördlichen Pontos etablieren. Hier nahm Mithradates I. um 281 v. Chr. wohl aufgrund eines Erfolges über seleukidische Truppen den Königstitel an. In Kappadokien wurde Ariarathes III. in den 220er Jahren v. Chr. zum ersten König, nachdem die Seleukiden die wachsende Unabhängigkeit seiner Vorgänger durch eine dynastische Verbindung anerkannt hatten. Das bewusste Anknüpfen dieser Dynastie an ihre achaimenidischen Wurzeln wird durch verschiedene Quellen greifbar. So wird der Herrscher auf den Münzen mancher Könige nicht mit dem üblicheren hellenistischen Diadem, sondern mit der großköniglichen Tiara dargestellt. In beiden Gebieten hatte in der Perserzeit eine tiefgreifende Iranisierung stattgefunden. Von der iranischen Diaspora zeugen aramäische Inschriften und das Namenmaterial. Die Verwaltungsstrukturen der einstigen Satrapie wirkten in den Königreichen weiter. Das Gebiet war in große Landgüter mit angeschlossenen Dörfern aufgeteilt, die von Burgen aus verwaltet wurden. Die iranischen Adeligen geboten über eine kampfstarke Kavallerie. Für die kulturelle Prägung dieses Raums ist auch die Religion zentral. Zum einen fanden iranische Gottheiten weite Verbreitung, zum anderen ist die fortwährende Bedeutung altanatolischer Kulte zu betonen – und damit die Präsenz mächtiger Tempelfürstentümer, die in Konkurrenz zur königlichen Macht standen. Der zentrale Kultort der anatolischen Muttergottheit Ma, der kappadokischen ›Nationalgöttin‹, lag in
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Komana in Kataonia; eine Kultfiliale entstand im pontischen Komana. Das Heiligtum verfügte über weitläufigen Landbesitz und um Christi Geburt über 6.000 Hierodoulen – eine Art Tempelsklaven. Der Priester der mit Krieg und Sieg assoziierten Göttin trug den iranischen Titel eines »Zweiten nach dem König«. Ma verbirgt sich zudem wohl hinter der auf den Königsmünzen dargestellten, siegbringenden Athena. In Pontos war der Kult des Mondgottes Men von besonderer Bedeutung. Er hatte vermutlich persische Ursprünge und besaß in Ameria sein wichtigstes Kultzentrum. Der Königseid wurde in Pontos »Bei dem Glück des Königs und dem Men des Pharnakes« geleistet.
Außenpolitische Grundlinien Im 3. Jh. v. Chr. durchliefen diese Reiche eine durchaus vergleichbare, im Detail freilich individuelle Entwicklung, wobei die Emanzipation von den makedonischen Großreichen, v. a. den Seleukiden, ein verbindendes Element war. Bithynien und Pontos betrieben auf Kosten der angrenzenden Poleis eine expansive Politik. Wenn es die Umstände diktierten, kooperierten die Könige jedoch auch mit griechischen Städten. Seine größte Ausdehnung erreichte Bithynien unter Prusias I. (ca. 230–182 v. Chr.). Die Ariarathiden lassen sich zunächst nur als Alliierte der Seleukiden greifen. Als solche kämpften sie auch noch 190 v. Chr. in der Schlacht bei Magnesia am Sipylos an der Seite Antiochos’ III. gegen die Römer (s. den Beitrag von H. H. Schmitt). Der Frieden von Apameia (188 v. Chr.) stellte für Kappadokien einen Wendepunkt dar. Über den Pergamener Eumenes II. konnte Ariarathes IV. eine Halbierung der Reparationszahlungen an die Römer erreichen. Diese Neuorientierung war auch für die nächsten Herrscher entscheidend. Der Zusammenbruch der seleukidischen Macht in Kleinasien schien für Bithynien und Pontos Möglichkeiten zu eröffnen, da Rom eine direkte Herrschaft zunächst vermieden hatte und vielmehr die Attaliden als ihre Sachwalter einsetzte. Während die Bithynier bereits im 3. Jh. v. Chr. in Konflikte mit Pergamon verwickelt gewesen waren, kam Pontos unter Pharnakes I. nach Apameia als neuer Gegner hinzu. In wechselnden Allianzen konnten zwar Gebietsgewinne verbucht werden, die Handlungsspielräume waren jedoch in zunehmendem Maße durch die Vorherrschaft Roms eingeschränkt. Im Übergang vom 2. zum 1. Jh. v. Chr. verschmilzt die Geschichte der drei Königreiche zeitweise, denn der pontische König Mithradates VI. (120– 63 v. Chr.) konnte für kurze Zeit eine Herrschaft über weite Teile Kleinasiens und die Küstengebiete des Schwarzmeerraums aufbauen. Indem er Roms Herrschaft im Osten ins Chaos stürzte, anfangs weite Teile der griechischen Welt hinter sich vereinigte und den Römern in drei Kriegen lange Zeit trotzen konnte, ehe er schließlich von Pompeius besiegt wurde, gewann einer der pontischen Könige auf diese Weise auch ›welthistorische‹ Bedeutung. Die meiste Zeit über kann man
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die hier behandelten Reiche allerdings mit Recht als Randgebiete der hellenistischen Staatenwelt bezeichnen. Letztlich gingen alle als Provinzen im Römischen Reich auf.
Die drei Reiche als Teil der hellenistischen Welt Die Herrscher von Bithynien, Pontos und Kappadokien nahmen nicht nur in Imitation der großen Dynastien den Königstitel an und heirateten makedonische Prinzessinnen, sondern orientierten sich auch an wesentlichen Aspekten des hellenistischen Herrscherideals. Neben der Sieghaftigkeit gehörte dazu auch die Rolle des Königs als Wohltäter und Förderer griechischer Kunst und Kultur. Das Engagement der Könige für griechische Städte und Heiligtümer wird modern als Philhellenismus bezeichnet, zu verstehen als Form der Selbstdarstellung vor einer griechisch-makedonischen Welt, nicht jedoch als blinde Begeisterung für alles Griechische. Eine Inschrift aus dem Asklepiosheiligtum in Kos (s. Infokasten) enthält unter anderem ein Schreiben des bithynischen Königs Ziaëlas, in dem sich dieser auf Anfrage einer koischen Gesandtschaft zu mehreren Wohltaten bereit erklärt. Dabei liefert er eine bemerkenswerte Erklärung. Im königlichen Plural versichert Ziaëlas, er pflege sich »aller zu uns kommenden Hellenen anzunehmen, in der Überzeugung, dass zum Ruhm nicht wenig diese Sache beitrage«. Dem Ruhmerwerb dienten Stiftungen ebenso wie die Einrichtung eines zunehmend von griechischer Kultur geprägten Hofes. Als Ausdruck königlichen Status kann auch der Beginn der Münzprägung nach attischem Münzfuß gewertet werden. Wie vor ihnen Alexander der Große gründeten die Diadochen nach ihnen benannte Städte und gestalteten sie prächtig aus. In Bithynien schuf Nikomedes I. durch Zusammenlegen zweier griechischer Städte eine am Meer gelegene Hauptstadt, Nikomedeia. Später sind vergleichbare Aktivitäten in Kappadokien und in Pontos, hier jedoch in deutlich geringerem Ausmaß, feststellbar.
Brief des bithynischen Königs Ziaëlas an Kos, um 242 v. Chr. »Der König der Bithynier Ziaëlas (sendet) Rat und Volk der Koer seinen Gruß. (...) die von euch gekommenen (Gesandten) haben gebeten, das Heiligtum des Asklepios (…) als unverletzlich anzuerkennen und auch sonst der Stadt Gunst zu erweisen, so wie auch Nikomedes, unser Vater, wohlwollend gesonnen war dem Volke. Wir pflegen uns aller zu uns kommenden Hellenen anzunehmen, in der Überzeugung, dass zum Ruhm nicht
wenig diese Sache beitrage. Besonders die Freunde unseres Vaters fördern wir ständig und (so) auch euch, (...) und weil König Ptolemaios freundschaftlich mit euch verbunden ist, der unser Freund und Bundesgenosse ist (…). In Zukunft werden wir, so wie ihr uns bitten mögt, versuchen, einem jeden einzeln und gemeinsam allen Gunst zu erweisen, so gut wir können werden, und der Seefahrer unter euren (Bürgern), die even-
tuell landen an den Territorien, die wir beherrschen, (werden wir versuchen) uns anzunehmen, damit für sie Sicherheit bestehe (…). Wir erkennen ferner das Heiligtum als unverletzlich an, so wie ihr es gewünscht habt (…).« (Übersetzung: K. Brodersen / W. Günther / H. H. Schmitt, Historische Griechische Inschriften in Übersetzung, Bd. III (1999), Nr. 409, S. 12 f.)
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Abb. 1 Die einstige Residenz der pontischen Könige, Amaseia, das heutige Amasya. Blick auf die fünf in den Fels gehauenen, königlichen Grabmäler (vermutlich Mithradates I. – Pharnakes I.).
Typisch griechisch – und damit in hellenistischer Zeit königlich – aufzutreten, war allerdings nur eine Dimension monarchischer Politik. Andere Handlungsräume erschließen sich uns aufgrund mangelnder Quellen nur isoliert. Ariarathes II. konnte sich mit armenischer Hilfe in Kappadokien etablieren. Ebenfalls nach Armenien flüchtete Ziaëlas während innerdynastischer Streitigkeiten. Für die Bithynier sind auch enge Kontakte zu den thrakischen Stämmen Europas belegt. Mithradates VI. führte sich betont auf Achaimeniden und Seleukiden zurück. Ob die Könige den auf internationaler Ebene gepflegten Philhellenismus auch gegenüber ihren indigenen Untertanen betrieben, d. h. ob es eine intentionale Hellenisierungspolitik gab, ist fraglich. Ihre Städtegründungen waren oft nur Umgründungen eroberter griechischer Städte, und wenn es Neugründungen waren, dienten diese primär der Außendarstellung. Von einer konzertierten Urbanisierungspolitik kann jedenfalls nicht die Rede sein. Vielleicht noch unter Pharnakes I. zog die pontische Hauptstadt zwar von der alten Königsresidenz Amaseia in die neu hinzugewonnene Polis Sinope um. Beigesetzt wurde Pharnakes aber in einem von fünf Steinfelsgräbern in Amaseia (Abb. 1). Die Gestaltung dieser Gräber folgt dabei zunächst griechischen Vorbildern, während zur Zeit des Pharnakes I. ein lokaler Typ vorliegt. Dass sich Hellenisierung unabhängig von königlicher Politik vollziehen konnte, illustriert das kappadokische Hanisa. Ein Volksbeschluss aus dem späten 2. Jh. v. Chr. bezeugt typisch griechische Polisinstitutionen wie Boule, Demos und ver-
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Christoph Michels
Abb. 2 Grabstele des bithynischen Offiziers Menas, Sohn des Bioeris. Die Figur des kämpfend dargestellten Menas ist nur zum Teil erhalten; die zu seinen Füßen liegenden getöteten Feinde weisen auf den ›Tötungskatalog‹ der Inschrift. Die beiden Grabepigramme preisen in homerischem Griechisch die Aristie des wohl in der Schlacht bei Magnesia (190 v. Chr.) Gefallenen.
schiedene Beamte. Bei Hanisa handelte es sich aber gerade nicht um eine königliche Neugründung, sondern um eine Nachfolgesiedlung der altassyrischen Handelskolonie Kaniş. Eine bewusste Einführung der griechischen Verfassung durch die Könige ist daher eher unwahrscheinlich. Ihre internationalen Kontakte könnten aber als Katalysator gewirkt haben. Die Präsentation griechischer Adelsideale tritt eindrucksvoll auf den Grabstelen der thrako-bithynischen Elite vor Augen, die offenbar nicht in den Städten lebte, sondern eine Schicht reicher Grundherren darstellte. Oft über mehrere Generationen wird hier die Beharrungskraft thrakischer wie die Annahme griechischer Namen greifbar. Die bekannteste dieser Stelen ist die des Menas, der wohl in der Schlacht bei Magnesia am Sipylos fiel und im Bild wie in den beiden Grabgedichten in bester homerischer Tradition seine Tapferkeit preisen ließ (Abb. 2).
Literatur L. BALLESTEROS PASTOR, Influencia Helénica y vida ciudadana en el reino del Ponto: la difícil búsqueda de una identidad, in: D. PLACIDO u. a. (Hrsg.), La construcción ideológica de la ciudadanía (2006), 381–394. D. BERGES, Neue Forschungen in Tyana, in: R. ROLLE / K. SCHMIDT (Hrsg.), Archäologische Studien in Kontaktzonen der antiken Welt (1998), 179–205. T. CORSTEN, Thracian Personal Names and Military Settlements in Hellenistic Bithynia, in: E. MATTHEWS (Hrsg.), Old and New Worlds in Greek Onomastics, Proceedings of the British Academy 148 (2007), 121– 133. H.-L. FERNOUX, Notables et Élites des Cités de Bithynie aux Époques Hellénistique et Romaine (IIIe Siècle av. J.-C. – IIIe Siècle ap. J.-C.) (2004). R. FLEISCHER, The Rock-Tombs of the Pontic Kings in Amaseia (Amasya), in: J.M. HØJTE (Hrsg.), Mithridates VI and the Pontic Kingdom (2009), 109–119. CHR. MAREK, Pontus et Bithynia. Die römischen Provinzen im Norden Kleinasiens (2003). CHR. MICHELS, Kulturtransfer und monarchischer »Philhellenismus«. Bithynien, Pontos und Kappadokien in hellenistischer Zeit (2009). E. OLSHAUSEN, s. v. Pontos Nr. 2: Das Königreich Pontos, Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft Suppl. 15 (1978), 396–442. L. ROBERT, Noms Indigènes dans l’Asie Mineure Gréco-Romaine (1963).
Kommagene – ein hellenistisches Königreich zwischen Taurus und Euphrat von Engelbert Winter
Die sich zwischen Taurusbergen und Euphrat erstreckende Landschaft Kommagene hatte über Jahrhunderte unter der Kontrolle der im östlichen Anatolien agierenden Großmächte gestanden. Um die Mitte des 2. Jh.s v. Chr. formierte sich dort ein unabhängiges Königreich. Auch wenn die Macht der kommagenischen Könige regional begrenzt blieb und ihre Handlungsspielräume gering waren, konnten sie ihren autonomen Status mehr als 200 Jahre wahren – ein überraschendes Faktum, das in erster Linie Resultat einer geschickten Diplomatie seiner Herrscher war.
Zwischen Seleukiden, Römern und Parthern Nach dem Tode Alexanders des Großen und den Diadochenkämpfen gehörte Kommagene zum Seleukidenreich (s. den Beitrag von K. Ehling). Als Antiochos IV. Epiphanes (175–164 v. Chr.) starb, nutzte der seleukidische Statthalter Ptolemaios die Schwäche der Zentralgewalt und begründete, wohl 163 v. Chr., das Königreich Kommagene. Da Nachrichten über Reaktionen auf die Initiative des Ptolemaios fehlen, scheint die Etablierung eines kommagenischen Königtums ohne größeren Widerstand erfolgt zu sein. Der Ptolemaios auf den Thron folgende Samos II. (ca. 130–100 v. Chr.) schien sich der Notwendigkeit einer ausgewogenen Politik für die Konsolidierung seines jungen Reiches bewusst zu sein. Auf Münzen ist er sowohl mit spitzer Tiara als auch mit Strahlenkranz, also mit iranischer wie mit seleukidischer Kopfbedeckung abgebildet. Wie sein Vater war Mithradates I. Kallinikos (100–69 v. Chr.) bemüht, durch die Münzprägung sein Wohlwollen gegenüber den Arsakiden und den Seleukiden zu dokumentieren. Ausdruck der Affinität zu Letzteren war die Hochzeit mit Laodike, der Tochter des Seleukiden Antiochos VIII. Grypos (125–98/97 v. Chr.). Auch wenn das Seleukidenreich sich im 1. Jh. v. Chr. im Zerfall befand und kaum noch mehr als eine lokale Macht im syrischen Raum darstellte, war diese Heiratsverbindung für Mithradates I. für das Selbstverständnis als legitimer hellenistischer Herrscher von
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Bedeutung, konnte sich seine Familie doch über diese Verbindung bis zu Alexander dem Großen zurückführen (s. Stammtafel der kommagenischen Königsfamilie). Politisch von größerer Relevanz für Kommagene waren die Entwicklungen in Armenien. Dort verzeichnete Tigranes II. (95–55 v. Chr.) durch die Eroberung Kappadokiens und der seleukidischen Territorien in Kilikien und Syrien einen erheblichen Machtzuwachs. Auch Mithradates I. Kallinikos musste zwischen 86 und 66/65 v. Chr. die Oberherrschaft des Armeniers anerkennen und kämpfte in den Mithradatischen Kriegen gegen Rom, ohne dass dieses Engagement nach dem Sieg Roms Konsequenzen hatte. Dies dürfte vor allem dem Geschick des Nachfolgers Mithradates’ I., Antiochos I., zu verdanken gewesen sein, der sich 66 v. Chr. – noch rechtzeitig – auf die Seite des Pompeius begeben hatte.
Der Gottkönig Antiochos I. Theos (69–ca. 36 v. Chr.) Antiochos I. Theos war der bedeutsamste kommagenische König. Seine inschriftlich bezeugten Beinamen – Gott, der Gerechte, der Erscheinende, Freund der Römer und Hellenen, Gründer und Wohltäter (Theós, Díkaios, Epiphánes, Philorhomaios, Philhéllen, Ktistés und Euergétes) – lesen sich wie das von Erfolg gekrönte politische Programm dieses hellenistischen Herrschers, der seinem Nachfolger ein Königreich vermachte, das der in augusteischer Zeit schreibende Geograf Strabon als »klein, aber glücklich« (16, 2, 3) charakterisierte. Antiochos I. profitierte von der Ostpolitik des Pompeius, der ihn im Zuge seiner Neuordnung der Verhältnisse im Orient 65/64 v. Chr. nicht nur in seiner Königswürde bestätigte, sondern auch mit zusätzlichen Gebieten, u. a. mit der Herrschaft über den wichtigen Euphratübergang Seleukeia am Euphrat/Zeugma, ausstattete, ferner Teile Armeniens seinem Einflussbereich zuwies. Die bereits früh erfolgte Annahme des Titels Mégas – »der Große« – dokumentiert seine machtpolitischen Ansprüche. Offensichtlich verstand es Antiochos I. geschickt, die Selbstständigkeit seines Königreichs zwischen den Machtblöcken – Rom und dem Partherreich – zu wahren. Bezeichnenderweise gab Antiochos I. nach der römischen Katastrophe bei Carrhae 53 v. Chr. seine Tochter Laodike dem parthischen Großkönig zur Frau und gewährte den parthischen Truppen bei deren Vorstoß nach Syrien 51–50 v. Chr. Durchzug durch sein Herrschaftsgebiet. Gleichzeitig setzte er den damaligen römischen Statthalter M. Tullius Cicero davon in Kenntnis, dass starke parthische Truppenverbände den Euphrat überschritten hätten, was Cicero allerdings nicht davon überzeugte, in Antiochos I. einen treuen Bündnispartner zu sehen, da man »dem König nicht recht trauen könne« (ad familiares 15, 1, 2). Aus kommagenischer Perspektive dagegen war es entscheidend, eine Politik der Balance zwischen den beiden Großmächten zu betreiben, die Optionen in beide Richtungen bot, gleichzeitig die Sicherheit des eigenen Landes durch den Ausbau zentraler Festungen wie Arsameia am Nymphaios oder die kommageni-
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sche Hauptstadt Samosata zu gewährleisten. Als Letztere von Antonius 38 v. Chr. belagert wurde, konnte Antiochos I. dem Angriff nicht nur standhalten, sondern auch einen für ihn vorteilhaften Friedensschluss erzielen (Plutarch, Antonius 34, 2–4; Cassius Dio 49, 22, 1–2). Dieses erfolgreiche Manövrieren zwischen den Großmächten bietet den historischen Kontext für das enorme Repräsentationsbedürfnis Antiochos’ I., wie es in dessen ambitionierter Religionspolitik zum Ausdruck kommt.
Der »Thron der Götter« und der kommagenische Königskult Antiochos’ I. Das Grabmal Antiochos’ I. auf dem 2100 m hohen Gipfel des Nemrud Dağ ist oftmals als »Thron der Götter« bezeichnet worden. Beherrscht wird der 50 m hohe Grabtumulus im Osten und Westen von zwei Kultterrassen mit aus Kalksteinblöcken errichteten, 8 bis 10 m hohen Kolossalstatuen der Götter, die von überlebensgroßen Tierfiguren – Adler und Löwe – flankiert werden (Abb. 1). Das auf den Rückseiten der göttlichen Throne in Stein gemeißelte Kultgesetz (nómos) gewährt Einblicke in die religiösen Inhalte des Kultgeschehens und informiert über organisatorische Aspekte des Königskultes (s. auch Infokasten). Auch die Namen der dargestellten Götter sind genannt: Zeus-Oromasdes, Apollon-Mithras-Helios-Her-
Abb. 1 Nemrud Dağ: Ostterrasse mit den Statuen der kommagenischen Götter und von König Antiochos I.
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mes, Artagnes-Herakles-Ares, die Allnährende Kommagene und König Antiochos I. selbst, der somit als gleichberechtigt im Kreis der Götter erscheint. Gemäß den Absichten des Bauherrn, einen griechisch-persischen Religionssynkretis»Der Priester, der von mir für diese Götter und diese vergöttlichten Ahnen eingesetzt mus zu schaffen, wurden die Götter mit ihrem ist, deren Bilder ich rund um den Gipfel der griechischen wie mit ihrem persischen Namen Schluchten des Tauros an der heiligen Grabbenannt. Ebenso bestimmte Antiochos I.: »Doch stätte meines Leibes errichtete, und der die Volksmenge des Königreiches teilte ich für Priester, der in späteren Jahren diese Orddie Versammlungen, Festzusammenkünfte und nung übernehmen wird, der soll, von allen anderen Diensten befreit, unbehindert und Opferfeiern nach Dörfern und Städten ein und ohne Ausrede an dieser heiligen Grabstätte bestimmte, die Feiern an den zunächst gelegesein Amt ausüben, indem er für den Kult und nen Kultplätzen zu begehen, sowie diese für einen den geziemenden Schmuck der heiligen Stajeden in der Nachbarschaft am besten zu erreituen Sorge trägt. An den Tagen der Offenchen sind« (N 93–99; dt. Übers. J. Wagner, Kombarung der Götter und meiner selbst, die magene. Heimat der Götter (1987), 139). Ein monatlich und jährlich für immer zu feiern ich angeordnet habe, soll er unter Anlegung solches dichtes Netz von Heiligtümern (teménē) der persischen Gewänder, die den Priestern und heiligen Grabbezirken für die Verehrung von meine Gnade und die väterliche Satzung Angehörigen des kommagenischen Königshauunseres Geschlechts angelegt hat, alle mit ses (hierothesía) sollte die Möglichkeit für die Teilden goldenen Kränzen bekränzen, die ich nahme des gesamten Volkes an den Feierlichkeizur frommen Verehrung der Götter geweiht habe.« ten zu Ehren des Gottkönigs Antiochos I. bieten. (Übersetzung: J. Wagner, Kommagene. HeiZusätzlich standen auf beiden Terrassen mat der Götter (1987), 140) jeweils fünf Kultreliefs. Während vier dieser Reliefs König Antiochos I. im Handschlag vereint (dexíosis) mit den Gottheiten seines Pantheons zeigen, um die Aufnahme des Herrschers unter die Götter zu demonstrieren, stellt das fünfte Relief eine Löwenfigur mit 19 Sternen dar. Unabhängig von der vieldiskutierten Deutung dieses sog. Löwenhoroskops mit seiner Astralsymbolik ist der Bezug auf Antiochos I., seine Stellung als König und seine enge Verbundenheit mit den am Himmelsfirmament sichtbaren Göttern offenkundig. In der zahlenmäßig größten Skulpturengruppe auf dem Nemrud Dağ, den Ahnenreliefs, spiegelt sich der Versuch Antiochos’ I., seine königliche Herkunft zur Schau zu stellen. Auf 15 Stelen ließ Antiochos I. seine Vorfahren väterlicherseits darstellen, die ihn mit dem achaimenidischen Königshaus verbanden. Mütterlicherseits dokumentieren 17 Stelen seine Verwandtschaft über das seleukidische Herrschergeschlecht mit dem makedonischen Königshaus. Mit diesem komplexen Bildprogramm ist das Grabmal Antiochos’ I. auf dem Nemrud Dağ symbolträchtiger Ausdruck für die Brücke, die dieser König zwischen Ost und West schlagen wollte, für sein Bestreben, die königliche Herrschaft einerseits in der Nachfolge Alexanders des Großen, andererseits in der Tradition des persischen Großkönigs Dareios I. darzustellen. Die Nomos-Inschrift Antiochos’ I. vom Nemrud Dağ (N 124– 140)
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Neben dem Hierothesion auf dem Nemrud Dağ verdient die Residenzstadt Arsameia am Nymphaios Erwähnung. Diese von dem armenischen König Arsames, der in der väterlichen Ahnenreihe Antiochos’ I. als Sohn des kommagenischen Königs Samos genannt wird, gegründete Stadt wurde in der Mitte des 1. Jh.s v. Chr. durch Antiochos I. prächtig ausgebaut, nicht zuletzt durch die Errichtung eines Hierothesions für seinen Vater Mithradates I. Kallinikos. Die auf der Sockelanlage III angebrachte Kultinschrift Antiochos’ I. informiert über die Geschichte und Topografie der Stadt Arsameia sowie über die Bautätigkeit Antiochos’ I., um dann – wie auch die entsprechenden Inschriften vom Nemrud Dağ – detailliert die Kultvorschriften für die Feiern zu Ehren seines Vaters und seiner selbst niederzulegen. Das seitlich über der Inschriftenwand stehende, 3,34 m hohe Kultrelief zeigt den kommagenischen Herrscher im prächtigen Königsornat mit Diadem und Tiara (Abb. 2). Im offenkundigen Kontrast zu dem persisch gekleideten König steht die Nacktheit des ihm gegenüberstehenden griechischen Halbgottes Herakles mit den für ihn typischen Attributen Keule und Löwenfell. Herakles erfreute sich in hellenistischer Zeit großer Beliebtheit und spielte als Artagnes-Herakles-Ares auch innerhalb des kommagenischen Pantheons eine bedeutende Rolle.
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Abb. 2 Arsameia am Nymphaios: Dexiosis zwischen Antiochos I. und Herakles.
Vom römischen Klientelkönigreich zum Teil der Provinz Syria Unter den Nachfolgern Antiochos’ I. setzte sich die Erkenntnis durch, kaum noch der Expansionskraft des Römischen Reiches standhalten zu können. Mithradates II. (36–20 v. Chr.) unterstützte Marcus Antonius in der Schlacht von Actium, eine falsche Entscheidung, wie sich nach dem Sieg Octavians herausstellen sollte. Folge war der Verlust der strategisch bedeutsamen südlichen Regionen seines Königreiches mit den wichtigen Städten Doliche und Zeugma. Auch wenn es
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Mithradates II. noch einmal gelang, seine Königswürde vom ersten römischen princeps bestätigt zu bekommen, war der einsetzende machtpolitische Verlust Kommagenes nicht zu übersehen. Bezeichnenderweise setzte Mithradates II. die Religionspolitik seines Vaters nicht fort, verzichtete auf die Annahme so ambitionierter Beinamen wie »Gott« (Theós) oder der »Erscheinende« (Epiphánes) und nannte sich lediglich »Großkönig« (Mégas basileus). Die von ihm errichtete sepulkrale Kultanlage von Karakuş wirkt mit ihrem gut 30 m hohen Tumulus, der von drei Säulenpaaren flankiert wird, die Stelen mit Abschiedsszenen sowie monumentale Tierskulpturen trugen, im Vergleich zu den Kultstätten auf dem Nemrud Dağ und in Arsameia am Nymphaios eher bescheiden. Nach dem Tod seines Vaters 20 v. Chr. folgten die Söhne Mithradates III. (20–12 v. Chr.) und Antiochos III. auf den Thron (12 v. Chr.–17 n. Chr.). Als Letzterer starb, ließ der römische Kaiser Tiberius das Königreich Kommagene annektieren. Dessen Herrschergeschlecht begab sich daraufhin nach Rom, wo es zu engen Kontakten mit der kaiserlichen Dynastie der Iulier kam. Möglicherweise waren es diese Bindungen, denen Antiochos IV. (38–72 n. Chr.) seinen Königsthron verdankte, welchen er von Caligula 38 n. Chr. zurückerhielt und von Claudius 41 n. Chr. bestätigt bekam. Als treuer Verbündeter Roms erhielt er sogar die Kontrolle über das Rauhe Kilikien zugesprochen. Zahlreiche literarische, inschriftliche und numismatische Zeugnisse bezeugen sein Bemühen, sich der Gunst Roms zu versichern. Angesichts der strategischen Bedeutung Kommagenes und der nicht nachlassenden Auseinandersetzungen Roms mit dem Partherreich wuchs aber das römische Interesse an einer direkten Inbesitznahme des Landes. Ein Vorwand zur militärischen Intervention war schnell gefunden, indem man Antiochos IV. beschuldigte, sich mit dem Arsakidenkönig verbündet zu haben. Als Folge des sich anschließenden bellum Commagenicum 72/73 n. Chr. wurde Kommagene endgültig von den Römern okkupiert, der Provinz Syria zugeschlagen und damit administrativer Teil des Imperium Romanum.
Literatur M. BLÖMER / E. WINTER, Commagene. The Land of Gods between the Taurus and the Euphrates. An Archaeological Guide (2011). F. K. DÖRNER (Hrsg.), Kommagene. Geschichte und Kultur einer antiken Landschaft (1975). M. FACELLA, La dinastia degli Orontidi nella Commagene ellenistico-romana (2006). D. H. SANDERS (Hrsg.), Nemrud Dağı. The Hierothesion of Antiochos I of Commagene. Results of the American excavations directed by Th. B. Goell. Vol. 1: Text, Vol. 2: Illustrations (1996). J. WAGNER (Hrsg.), Gottkönige am Euphrat. Neue Ausgrabungen und Forschungen in Kommagene (2. erw. Auflage, 2012). E. WINTER (Hrsg.), PATRIS PANTROPHOS KOMMAGHNH. Neue Funde und Forschungen zwischen Taurus und Euphrat (2008). E. WINTER (Hrsg.), Von Kummuh nach Telouch. Historische und archäologische Untersuchungen in Kommagene (2011).
Könige und Hohepriester. Das Reich der Hasmonäer in Judäa von Andreas Hartmann
Ein Aufstand gegen die Seleukiden und deren innerdynastische Auseinandersetzungen ermöglichten seit der Mitte des 2. Jh.s v. Chr. die Reichsbildung der Hasmonäer. Obwohl diese sich als Verteidiger jüdischer Traditionen und des Jerusalemer Tempels darstellten, suchten sie doch die Einbindung in die hellenistische Staatenwelt, und ihre Annahme des Königstitels orientierte sich an hellenistischen Usancen.
In der vorhellenistischen Zeit war Judäa ein kleiner Vasallenstaat unter persischer Oberhoheit. Seit 301 v. Chr. stand das Land zunächst unter der Herrschaft der Ptolemäer, doch um 200 v. Chr. gelang es dem Seleukiden Antiochos III., Judäa an sich zu bringen (s. die Beiträge von K. Ehling und H. H. Schmitt). Knapp drei Jahrzehnte später ließen sich die neuen Herren in einen innerjüdischen Konflikt hineinziehen: Teile der jüdischen Oberschicht waren bestrebt, Jerusalem in eine hellenistische Polis umzuwandeln. In diesem Zusammenhang fällt in den Quellen zum ersten Mal das Wort »Hellenismus«, um eine Übernahme griechischer Kultur zu bezeichnen. Zu offenem Widerstand führte das jedoch zunächst nicht. Ein gewisser Menelaos, ein Angehöriger der jüdischen Oberschicht, brachte nun aber den Seleukidenkönig Antiochos IV. durch weitreichende finanzielle Zusagen dazu, ihn selbst als Hohepriester in Jerusalem einzusetzen, obwohl er weder der Hohepriesterdynastie der Oniaden angehörte noch überhaupt – was man von einem Priester erwartet hätte – ein Nachkomme Aarons war. Der Zugriff auf den Tempelschatz führte zu ersten Unruhen, in deren Verlauf der Bruder des Menelaos gelyncht wurde. Als Antiochos IV. in Ägypten Krieg führte und falsche Gerüchte über seinen Tod kursierten, sahen die Gegner des Menelaos ihre Chance auf einen Umsturz gekommen. Antiochos IV. musste zweimal in Jerusalem eingreifen. Er scheint dies für sein Scheitern in Ägypten verantwortlich gemacht und einen Verlust der Kontrolle über Judäa befürchtet zu haben.
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Abb. 1 a.b Pruta des Alexander Jannai (um 85–80 v. Chr.?). Wohl im Gefolge territorialer Expansion begann Jannai mit einer zweisprachigen Münzprägung. Die Legenden verweisen in griechischer und hebräischer Sprache auf den König Alexander bzw. Jehonatan. Die Ikonografie folgt hellenistischen Vorbildern: Der Anker war ein seleukidisches Symbol; der Stern befindet sich innerhalb eines Diadems. Er verweist vielleicht auf Num 24,17–18: »Ein Stern geht in Jakob auf, ein Zepter erhebt sich in Israel. Er zerschlägt Moab die Schläfen und allen Söhnen Sets den Schädel. Edom wird sein Eigentum, Seïr, sein Feind, wird sein Besitz. Israel aber wird mächtig und stark.« Auf diese Weise wird eine Darstellung des Königs selbst vermieden und der Rang Jannais auf eine im jüdischen Kontext akzeptable Form zum Ausdruck gebracht. Der Gebrauch des althebräischen Alphabets auf den hasmonäischen Prägungen war ein bewusster Archaismus, der die jüdische Tradition betonte. Der Seleukidenanker des Jannai wurde auf der ersten Pruta-Prägung des modernen Staates Israel 1949 wieder aufgegriffen.
Der Aufstand der Makkabäer Nun verbot der Seleukidenkönig den Jerusalemer Tempelkult und die Ausübung einer auf die Thora bezogenen jüdischen Religion. Der Tempel in Jerusalem wurde dem Zeus geweiht. Diese Repressionspolitik rief 168/67 v. Chr. einen Aufstand hervor, der Makkabäer und Hasmonäer von der Familie der Makkabäer angeführt wurde (s. Infokasten). Dieser war trotz einiger Rückschläge Als Makkabäer bezeichnet man den Materfolgreich, so dass die Religionsverfolgung noch tathias sowie seine Söhne Johannes, Eleavon Antiochos IV. selbst wieder beendet werden zar, Judas, Jonathan und Simon, von musste. Das jüdische Chanukka-Fest erinnert bis denen die drei letztgenannten nacheinander den Aufstand gegen die Seleukiden heute an die Wiedereinweihung des Jerusalemer und die von diesen gestützten Hohepriester Tempels durch den Makkabäer Judas (Abb. 2). anführten. Die späteren Angehörigen der Der politische Konflikt dauerte jedoch an. Mit von Simon begründeten Dynastie werden Alkimos (163/62–159 v. Chr.) wurde von Antionach einem nur bei dem jüdischen Histochos V. ein Hohepriester eingesetzt, der die geneariker Flavius Josephus genannten Stammvater Hasmon üblicherweise Hasmonäer logischen Anforderungen erfüllte und entsprechend genannt (s. den Stammbaum im Anhang). auch von den Makkabäern ferner stehenden Gruppen akzeptiert wurde. Letztlich gelang es den Seleu-
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kiden, Judas niederzuringen, der 160 v. Chr. in einer Schlacht getötet wurde. Alkimos erlitt jedoch bald darauf einen Schlaganfall, den die ihm feindlichen Quellen mit illegitimen baulichen Veränderungen am Tempel in Verbindung bringen. Die Chance einer Stabilisierung der Verhältnisse im seleukidischen Sinne war damit zerstört.
Die Etablierung hasmonäischer Herrschaft in Judäa Die Anhänger der Makkabäer sammelten sich neu um Jonathan (160– 143 v. Chr.), den Bruder des Judas. Nach einer mehrjährigen Vakanz des Hohepriestertums gelang es Jonathan schließlich, sich von dem seleukidischen Prätendenten Alexander Balas zum Hohepriester ernennen zu lassen. Die Makkabäer profitierten von nun an von den ständigen Bruderkriegen innerhalb der seleukidischen Dynastie, die es ihnen ermöglichten, die verschiedenen Thronanwärter gegeneinander auszuspielen. Auf diese Weise konnten sie in Judäa eine faktisch eigenständige Herrschaft etablieren. Die Gefangennahme und Tötung Jonathans hielten diesen Prozess nicht auf. Mit der Eroberung auch der Zitadelle von Jerusalem war die Stellung der Familie unter Jonathans Bruder Simon (143–135 v. Chr.) so weit konsolidiert, dass dieser 141 v. Chr. in einem öffentlichen Akt zum Hohepriester und Ethnarchen, also zum geistlichen und weltlichen Oberhaupt der Juden, erklärt wurde. Unter Simons Sohn Johannes Hyrkanos I. (135–104 v. Chr.) begann die Expansion des Hasmonäerreiches. Zunächst wurde Hyrkanos von Antiochos VII. Sidetes zwar noch einmal gezwungen, die seleukidische Oberherrschaft anzuerkennen, doch nach dessen Niederlage gegen die Parther und Tod 129 v. Chr. (s. den Beitrag von A. Luther) erlangte er seinen Handlungsspielraum zurück.
1. Makkabäerbuch Das wohl im Umfeld des Hasmonäerhofes um 110 v. Chr. entstandene 1. Makkabäerbuch feiert die Familie als gotterwählte Retterin des jüdischen Volkes, das durch Verräter, die eine ethnische und kulturelle Vermischung mit den umliegenden Völkern planten, in seiner Existenz bedroht gewesen sei. Immer wieder wird dabei betont, die seleukidischen Herrscher wie auch die Nachbarvölker hätten eine »Ausrottung« der Juden im Sinn gehabt. Damit wird die jüdische Vorstellung des Vernichtungsban-
nes auf die hellenistische Umwelt projiziert – ein Feindbild, das die innerhalb des Judentums keineswegs unumstrittene Herrschaft der Hasmonäer legitimieren sollte. Das 1. Makkabäerbuch vertritt entsprechend eine Ideologie der strikten Abgrenzung von Juden und NichtJuden. Die politische Realität sah anders aus: Solange es notwendig war, legitimierten sich die Makkabäer als Statthalter einer seleukidischen Obrigkeit und führten entsprechende Insignien wie Purpurgewand und Goldspange.
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Hyrkanos I. eroberte ab 112/11 v. Chr. Teile des Ostjordanlandes, Samaria und Idumäa, wobei er die dortige Bevölkerung judaisierte. In den Quellen wird von Zwangsbeschneidungen berichtet. Unabhängig von dem realen Hintergrund solcher Schilderungen lässt sich festhalten, dass die Hasmonäer offenbar Wert darauf legten, ihr Herrschaftsgebiet als ein religiös homogenes Gebilde erscheinen zu lassen. Dies entspricht ganz der Perspektive des damals verfassten 1. Makkabäerbuches (s. Infokasten).
Das Königtum der Hasmonäer Den Königstitel führten die Hasmonäer wohl seit Judas Aristoboulos I. (104– 103 v. Chr.), seit Alexander Jannai (103–76 v. Chr.) erschien er auf den Münzen. Der Historiker Flavius Josephus spricht in diesem Zusammenhang von der Annahme des Diadems, und ein solches ist auch auf den Münzen Jannais abgebildet (Abb. 1 a.b). Die Verwendung dieser spezifisch hellenistischen Insignie zeigt, dass die Hasmonäer nicht dem Vorbild der gesalbten Könige der biblischen Tradition folgten, sondern dem zeitgenössischen hellenistischen Zeremoniell. Auch sonst war die Selbstdarstellung der Dynastie tiefgreifend hellenisiert: Das Einsetzungsdekret für Simon orientierte sich formal am Vorbild griechischer Ehrendekrete. Etliche Hasmonäer führten einen jüdisch-griechischen Doppelnamen oder nur einen griechischen Namen. In der Benennung ihres Herrschaftsgebietes knüpften sie an den Provinznamen der persischen und seleukidischen Zeit an, so dass nun zum ersten Mal »Juden« statt »Israel« als Selbstbezeichnung begegnete. Die Münzen der Hasmonäer bieten eine hellenistische Ikonografie mit Füllhörnern, Kranz, Diadem und sogar dem Ankersymbol der Seleukiden (Abb. 1 a.b). Allerdings waren unter persischer und ptolemäischer Herrschaft in Judäa Münzen mit sehr viel engerer Anlehnung an griechische Vorbilder, inklusive Götterdarstellungen, geprägt worden. Derlei war unter den Hasmonäern nicht mehr möglich: Anstößige Darstellungen von Menschen und Tieren wurden vermieden. Andererseits finden sich spezifisch jüdische Motive wie die Menora oder der Schaubrottisch erst kurz vor dem Untergang der Dynastie auf hasmonäischen Münzen. Bezeichnend ist auch die Gestaltung der Familiengrablege der Makkabäer in Modein durch Simon: Eine Portikus schloss sieben »Pyramiden« ein, womit wohl Sockelgrabmäler mit pyramidalem Dach nach dem Vorbild des Maussolleions von Halikarnassos gemeint sind. Die Säulenhallen waren mit Tropaia, d. h. anthropomorph arrangierten Gestellen mit Beutewaffen, und Schiffsdarstellungen geschmückt – beides gänzlich unjüdische Elemente. Die junge Dynastie folgte offenbar dem Vorbild dynastischer Grablegen der hellenistischen Herrscherhäuser. Auch die späteren Palastbauten der Hasmonäer nahmen in Anlage
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und Dekoration hellenistische Vorbilder auf (s. den Beitrag von G. Weber). Allerdings wurden die Erfordernisse des jüdischen Gesetzes durch die Integration von Ritualbädern streng berücksichtigt, und die Intensität hellenistischer Elemente nahm im Laufe der Zeit ab. Insgesamt lässt sich jedoch konstatieren, dass den Hasmonäern offenbar daran gelegen war, sich an den damals üblichen Normen herrschaftlicher Repräsentation zu orientieren – und diese wurden eben von den großen hellenistischen Monarchien vorgegeben. Gegenüber den Juden stützten die Hasmonäer ihre Autorität jedoch vornehmlich auf das Amt des Hohepriesters. Diese Doppelrolle erklärt sich primär aus der Entscheidung der Seleukiden, Jonathan, Simon und Johannes Hyrkanos I. einerseits als lokale Amtsträger in die Verwaltungshierarchie ihres Reiches einzubinden und ihre Stellung andererseits nach innen durch die Verleihung des Hohepriestertums abzusichern. Hinzu kam später, dass ein jüdisches Königtum in den Augen mancher Zeitgenossen wohl eine davidische Abstammung vorausgesetzt hätte, die die Hasmonäer nicht aufweisen konnten. Zudem mag eine Rolle gespielt haben, dass das Königtum in den biblischen Schriften durchaus ambivalent konnotiert ist, wenngleich sich eine generelle Ablehnung des Königtums daraus nicht ableiten lässt.
Widerstand und Untergang Von Anfang an war die Stellung der Hasmonäer umstritten. Etliche Juden waren offenbar mit dem Ende der Religionsverfolgung und der Einsetzung des Alkimos als Hohepriester zufrieden. Dass das Ergebnis des Aufstandes eine unabhängige Reichs- und eine Dynastiebildung sein würden, war weder absehbar noch von allen gewünscht. Im Buch Daniel werden die Makkabäer nur als »kleine Hilfe« in der Religionsverfolgung gesehen, und die Qumran-Gemeinde entstand vielleicht aus einer Sezession von Tempelpriestern nach der Ernennung Jonathans zum Hohepriester. Alexander Jannai, unter dem das Hasmonäerreich seine größte Ausdehnung erlangte, musste seine Herrschaft nach innen in einem blutigen Bürgerkrieg behaupten. Die Macht der Dynastie ruhte längst auf den auswärtigen Söldnern, die zuerst Johannes Hyrkanos I. angeworben hatte. Nach dem Tod Jannais übernahm – im Rahmen der jüdischen Tradition ganz ungeheuerlich, aber ptolemäischen Vorbildern folgend – seine Witwe Salome Alexandra (76–67 v. Chr.) die Regentschaft. Nach ihrem Tod jedoch kam es zwischen ihren Söhnen Aristoboulos II. und Hyrkanos II. zu einem Bürgerkrieg, der letztlich die Türen für ein Eingreifen Roms öffnete. Im Jahre 63 v. Chr. eroberte Pompeius Jerusalem. Dieser setzte Hyrkanos II. als Herrscher über ein hasmonäisches Rumpfreich ein – der Königstitel wurde ihm nicht mehr zuerkannt –, doch die wirkliche Macht lag von nun an in den Händen des Idumäers Antipatros
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Abb. 2 Relief an der Innenseite des Titusbogens in Rom. Nach der Zerstörung des Jerusalemer Tempels 70 n. Chr. wurde der Tempelschatz nach Rom gebracht und zunächst im Triumphzug des Titus mitgeführt, später im Templum Pacis ausgestellt. Das Relief zeigt die Schaustellung der Menora im Triumphzug. Es handelt sich wahrscheinlich um jenen Leuchter, den Judas Makkabäus nach der Wiederherstellung des Tempels anfertigen ließ. Dass auf dem Sockel Tritonen erscheinen, lässt allerdings auf eine freie Wiedergabe durch den römischen Künstler schließen. Dennoch diente das Relief im 20. Jh. als Vorlage für das Wappen des Staates Israel.
und seiner Söhne Phasael und Herodes. Antipatros kam Caesar während dessen Aufenthalt in Alexandreia zu Hilfe, womit er den Grundstein für eine besondere Nahbeziehung seiner Familie zur julisch-claudischen Kaiserdynastie legte. Als im Zusammenhang mit den Bürgerkriegen nach der Ermordung Caesars die Parther die östlichen Provinzen des Römischen Reiches überrannten, setzten sie in Judäa den Hasmonäer Mattathias Antigonos als König ein. Herodes, der Sohn des Antipatros, floh nach Rom und wurde dort vom Senat im Jahr 40 v. Chr. seinerseits zum König von Judäa erklärt. Antigonos wurde nach der Rückeroberung von Jerusalem durch die Römer 37 v. Chr. gefangengenommen
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und hingerichtet. Der durch seine Hochzeit mit Mariamme mit den Hasmonäern versippte Herodes ließ deren noch immer lebenden Großvater Hyrkanos II. 30 v. Chr. als einen potentiellen Konkurrenten beseitigen. Ein Jahr später folgten ihm Mariamme und ihre Mutter Alexandra, die letzten bedeutenden Angehörigen der Dynastie, in den Tod. Herodes, der durch eine Fehlübersetzung den Beinamen »der Große« erhielt, sollte das Land bis zu seinem Tod 4 v. Chr. beherrschen. Anders als die Hasmonäer ist er als angeblicher Kindermörder von Bethlehem bis heute Teil des kulturellen Gedächtnisses geblieben.
Judentum und Hellenismus Die von den Quellen, insbesondere den Makkabäerbüchern, vorgegebene Perspektive hat die Forschung lange Zeit geprägt. Judentum und Hellenismus wurden als konkurrierende Gegensätze aufgefasst. Tatsächlich wurde durch den Makkabäeraufstand die Hellenisierung des palästinischen Judentums keineswegs unterbunden, allerdings waren von nun an wichtige Grenzen eines solchen Prozesses festgelegt. Eine synkretistische Integration des Jerusalemer Tempelkultes in seine pagane Umwelt war ausgeschlossen, Jerusalem wurde keine griechische Polis, Bilderverbot und Beschneidung als Marker jüdischer Identität gefestigt. Damit wurden aber nicht einfach Fremdeinflüsse abgewehrt, sondern in Auseinandersetzung mit dem Fremden definiert, was als jüdisch gelten konnte. Zudem gewann, auch in Auseinandersetzung mit griechischen Ideen von der Unsterblichkeit der Seele, der Glaube an eine Auferstehung der Toten an Boden. In enger Verbindung damit entstand das Konzept des Martyriums als einer gottgefälligen Handlung, die auch ein stellvertretendes Sühneleiden für andere bedeuten kann. Das Judentum wandelte sich in der Hasmonäerzeit. Das Ergebnis war kein völlig hellenisiertes, wohl aber ein spezifisch hellenistisches Judentum.
Literatur K. BRINGMANN, Hellenistische Reform und Religionsverfolgung in Judäa. Eine Untersuchung zur jüdischhellenistischen Geschichte (175–163 v. Chr.) (1983). B. ECKHARDT, Ethnos und Herrschaft. Politische Figurationen judäischer Identität von Antiochos III. bis Herodes I. (2013). E. NETZER, Die Paläste der Hasmonäer und Herodes’ des Großen (1999). E. REGEV, The Hasmoneans. Ideology, archaeology, identity (2013).
Das Partherreich von Andreas Luther
Das Partherreich beerbte die Seleukiden im iranischen und mesopotamischen Raum. Während sich die Partherkönige in ihrer Außendarstellung zumeist noch stark an hellenistischen Gepflogenheiten orientierten, machten sich vielerorts – etwa in der Verwaltungspraxis – iranische Einflüsse bemerkbar.
Im Frühsommer des Jahres 53 v. Chr. begab sich ein Bote des parthischen Feldherrn Surenas nach Armenien. In seinem Gepäck befand sich der abgeschlagene Kopf des römischen Heerführers und Triumvirn M. Licinius Crassus, der zuvor in der Schlacht bei Carrhae von den Parthern besiegt und in einem anschließenden Scharmützel getötet worden war. Am Hof des armenischen Königs Artabazes herrschte derweil Feststimmung: Es galt, die Verlobung seiner Schwester mit Pakoros, dem Sohn des Partherkönigs Orodes II., zu feiern. Als ein griechischer Schauspieler gerade aus einer Tragödie des Euripides (nämlich den Bakchen) vortrug, betrat der Bote den Festsaal und warf den anwesenden Königen den Kopf des Crassus vor die Füße. Der Crassus-Biograf Plutarch bemerkt hierzu sarkastisch: »Mit einem solchen Finale schloss die Tragödie des Feldzuges des Crassus« (Plutarch, Crassus 33). Ob sich diese Begebenheit so zugetragen hat, mag dahingestellt bleiben; bemerkenswert ist sie indes, weil sie auf die Bedeutung der griechischen Kultur für die Armenier und die Parther im 1. Jh. v. Chr. verweist. Orodes, so heißt es bei Plutarch, sei der griechischen Sprache und Literatur nicht unkundig gewesen, und Artabazes habe sogar Tragödien gedichtet und Reden und Geschichtswerke veröffentlicht – wohl auf Griechisch. Die griechische Kultur ist allerdings nicht als private Vorliebe beider Könige zu deuten, sondern als hellenistisches Erbteil, das in beiden Staaten trotz einer starken Prägung durch iranische Kulturelemente bis in die nachchristliche Zeit präsent war. Das Reich der Parther – nach dem Dynastiegründer Arsakes I. auch als Arsakidenreich bezeichnet – entstand nach 247 v. Chr., als sich skythische Nomaden in der ehemals seleukidischen Provinz Parthyene (im heutigen Turkmenistan/ Nordostiran) festsetzen konnten, deren Statthalter sich kurz zuvor vom Seleukidenreich unabhängig gemacht hatte. Stück für Stück konnten Arsakes und seine
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Nachfolger ihren Herrschaftsbereich auf Kosten der Seleukiden ausbauen, bis im 1. Jh. v. Chr. ein Reich entstanden war, das vom mittleren Euphrat bis nach Zentralasien reichte. Trotz mancher innerer Turbulenzen und militärischer Bedrängnis, in die es durch die Römer gebracht wurde, und trotz mancher Gebietseinbußen erwies sich das Partherreich als eine stabile Größe, bis die aus der südiranischen Region Persis stammende Sāsānidenfamilie zu Beginn des 3. Jh.s n. Chr. die parthische Oberhoheit abschüttelte und der letzte parthische König Artabanos IV. im April des Jahres 224 n. Chr. auf dem Schlachtfeld den Tod fand. Während die Seleukiden ein Staatswesen schufen, in dem die griechische Kultur eine tragende Rolle spielte, gleichzeitig aber vereinzelt iranisch-orientalische Traditionslinien bewahrt wurden, trat das iranische Element im Partherreich stärker hervor, es verdrängte allerdings – zunächst – das hellenistische Erbe nicht.
Das Partherreich als hellenistischer Staat Worin besteht das hellenistische ›Element‹ im Partherreich? Zunächst in der Präsenz von Griechen auf parthischem Reichsterritorium. Die Städtegründungen Alexanders des Großen und der Seleukiden in Mesopotamien und Babylonien, im Iran und in Zentralasien existierten zumeist weiter, wenngleich der griechische Bevölkerungsteil nicht überall dominant blieb. Besonders gut sind die Verhältnisse in den Städten Dura-Europos (am Euphrat), Seleukeia am Tigris und Susa belegt: Mehrere Inschriften bezeugen, dass im parthischen Susa die Institutionen der hellenistischen Stadt weiter funktionierten. Wir hören etwa von einem Bürger, der als Gymnasiarch fungierte und ein Stadion für die Stadt errichtete. Mehrfach sind in Susa die hellenistischen Hofränge (oder Ehrentitel) der »Leibwächter« (tōn sōmatophylákōn ) oder der »Ersten Freunde und Leibwächter« (tōn prōtōn phílōn te kai sōmatophylákōn) belegt, in Dura-Europos auch Mitglieder der »Ersten und Geschätztesten Freunde und Leibwächter« (tōn prōtōn kai protimōménōn phílōn te kai sōmatophylákōn). Im parthischen Ninive – ebenfalls einer griechischen Gemeinde – und in Dura-Europos ist mehrfach das offenbar aus seleukidischer Zeit ererbte Amt eines »Strategen und Stadtkommandanten« (strategòs kai epistátes tēs póleōs) bezeugt. Beharrlich wurde auch insbesondere in den westlichen Gebieten des Partherreiches bei der Angabe von Daten statt der Arsakidenära die Seleukidenära (Beginn 312/11 v. Chr.) weiterverwendet, und dies nicht nur von privater, sondern auch von staatlicher Seite (etwa auf den in Seleukeia geprägten parthischen Münzen). Die griechische Sprache als lingua franca und als Proprium der hellenistischen Verwaltung hielt sich im Partherreich (zunächst) auch abseits der griechischen Siedlungen. Bekannt sind besonders die griechischen Avroman-Dokumente (88/87 und 22/21 v. Chr.) aus dem irakischen Teil Kurdestans, die den Verkauf (oder die Verpachtung?) eines Weinbergs in einem Dorf namens Kop(h)anis betreffen. Bemerkenswert ist darin, dass
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die Vertragspartner einem iranischen Milieu zuzuordnen sind, sich aber trotzdem des herkömmlichen griechischen Vertragsformulars bedienten. In Susa war die griechische Kultur um Christi Geburt so lebendig, dass der lokale Militärbefehlshaber (stratíarchos) mit dem iranischen Namen Zamaspes aufgrund seiner Verdienste um die Wasserversorgung durch die Gemeinde mit zwei Epigrammen geehrt wurde (s. Infokasten). Und in der Stadt Orchoi (Uruk) in Babylonien fand sich eine Ehreninschrift in griechischer Sprache aus dem Jahre 111 n. Chr., in der die Landgemeinde (koinón) der Dollamener einem Wohltäter namens Artemidoros Dank abstattet, »der auch Minnanaios heißt« – ein schönes Beispiel für das Ausmaß der Hellenisierung im südlichen Zweistromland in parthischer Zeit. Stand der parthische König mit seinen griechischen Untertanen in Kontakt, bediente er sich der griechischen Sprache – offenbar verfügte der Hof über eine griechische Kanzlei. Eine griechische Inschrift überliefert den Brief des Königs Artabanos II. an die Gemeinde Susa aus dem Jahre 21 n. Chr.: Er ist adressiert an die zwei Oberbeamten (Archonten) der Stadt und bestätigt die Rechtmäßigkeit der Wahl eines Amtsträgers namens Hestiaios. Die Legenden parthischer Münzen sind bis ins 3. Jh. n. Chr. hinein vornehmlich griechisch, allerdings entwickeln sie sich in nachchristlicher Zeit langsam zu Scheinlegenden. Als Nachfolger der Seleukiden übernahmen die Parther Elemente der hellenistischen Verwaltung, sicher nicht zuletzt deshalb, weil sie sich bewährt hatten. So wurde die – ihrerseits auf achaimenidische Vorläufer zurückgehende – seleukidische Satrapienordnung beibehalten mitsamt den Subdivisionen (z. B. den Hyparchien), die sich in der hellenistischen Zeit herausgebildet hatten. Auch im Bereich der Herrschaftsrepräsentation ahmten die Partherkönige hellenistische Vorbilder nach. Königliche Epitheta wie Nikátor (»der Siegreiche«), Philádelphos (»der seinen Bruder liebt«), Euergétes (»der Wohltäter«) und Epiphanés (»der [als Gott] Erscheinende«) finden sich auch bei den Parthern, teilweise in einer programmatischen Häufung. Freilich mussten die Parther vielfach besonders betonen, dass sie Griechen in ihrem Reich wohlwollend gegenüberstanden (durch das Epitheton Philhéllen, »der Griechenfreund«). Die Münzprägung diente auch hier als Vehikel für die herrscherliche Selbstdarstellung (Abb. 1 a.b).
Inschrift aus Susa »Fremder, sieh die Erzstatue des Kommandanten über die Truppen zu Susa, des Zamaspes; erfahre auch die vom Volk (Demos) gegebenen Danksagungen für den großen Mann, nach dem Willen der Unsterblichen und dem Dämon des Gottes Phraates, des Allherrschers. Denn er hat den seine Heimat liebenden und ruhmliebenden Gefährten als Satrapen erwählt, der aus reichen Quellen dem Gondeisos neues Wasser zuteilte und ihn reichlich strömend machte. (…)« (Übersetzung: R. Merkelbach / J. Stauber, Griechische Inschriften jenseits des Euphrat (2005), Nr. 405)
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Gerade an den Münzen und in der Titulatur lässt sich indes erkennen, dass unter den Parthern auch iranische Elemente verstärkt eine Rolle spielten: Die abgebildeten Könige trugen bereits seit dem 3. Jh. v. Chr. neben einem Diadem häufig eine iranische Kopfbedeckung (später eine aufwendig dekorierte Tiara). Als erster König nannte sich Mithradates II. seit dem Jahre 109 v. Chr. »König der Könige« (basileús basiléon) und »Großer Könige der Könige« – Titel, die der orientalischen Tradition entlehnt sind und (in dieser oder ähnlicher Form) schon von den Achaimenidenkönigen getragen wurden. Auch ging die zur Schau getragene Sympathie für die Griechen nie so weit, dass die Partherkönige ihren Kindern griechische Namen gaben. In offiziellen Dokumenten erscheint nicht einmal ihr Eigenname, sondern der Thronname Arsakes, der eigentlich der Name des Begründers des Partherreiches war (hier gibt es Parallelen zur Verwendung des Personennamens »Caesar« oder des Ehrennamens »Augustus« im Römischen Reich). Und bedeutsam ist natürlich der Umstand, dass die Parther einen mitteliranischen Dialekt sprachen: das Parthische, welches als Sprache des Hofes neben das Griechische trat. Als Vologeses IV. im Jahre 151 n. Chr. seinen Konkurrenten Miradates aus dem von diesem kontrollierten Gebiet Mesene vertrieben hatte, weihte er ein Beutestück, eine bronzene Herakles-Statuette, dem Gott Apollon in der Stadt Seleukeia am Tigris; diese (im Jahre 1984 wiedergefundene) Statuette ließ Vologeses zweisprachig (griechisch und parthisch) beschriften: Bemerkenswert ist dies, weil sich die Einwohnerschaft der Stadt zumindest im 1. Jh. n. Chr. hauptsächlich aus Makedonen, Griechen und Syrern (d. h. Babyloniern) zusammensetzte; die Verwendung beider Sprachen deutet wohl weniger auf einen größeren parthischen BevölkerungsAbb. 1 a.b Auf der Rückseite dieser Tetradrachme Phraates’ IV. (ca. 38–2 v. Chr.) werden die Epitheta des Partherkönigs genannt ΒΑΣΙΛΕΩ[Σ] ΒΑΣΙΛΕΩΝ / ΑΡΣΑΚΟΥ ΕΥΕΡΓΕΤΟΥ / ΔΙΚΑΙΟΥ / ΕΠΙΦΑΝΟΥΣ ΦΙΛΕΛΛΗΝΟΣ. Der Beiname Philhéllen (»Griechenfreund«) taucht in der Königstitulatur seit Mithradates I. auf (ab 140 v. Chr.) und sollte die Hinwendung der Arsakiden zu ihren griechisch-makedonischen Untertanen und zur griechischen Kultur unterstreichen.
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anteil in dieser Stadt, sondern verweist darauf, dass das Parthische eben die Sprache des Königs war. In der Staatsverwaltung finden sich neben griechischen Termini nun auch iranische Titel (in Dura-Europos etwa arkapates [»Steuerinspektor« o. ä.], bidaxš/batesa [»Vizekönig« o. ä.]), und es muss betont werden, dass es gerade die aus dem iranischen Bereich stammenden Aspekte von Verwaltung und Sozialsystem waren, die außerhalb des ›griechischen Sektors‹ des Partherreichs fortwirkten: So finden wir etwa in den von den Parthern kontrollierten Königreichen Hatra und Osrhoene adaptierte parthische Titel wie pzgryb’ (o. ä.; »Thronfolger«, »Zweiter im Staat« [parth. etwa *pačāgrīw]) oder die iranische Konzeption der Erziehung eines Prinzen bei einem Gefolgsmann. Die Könige von Hatra – ethnische Araber – ließen sich z. T. mit einer parthischen Tiara abbilden. Griechisch-hellenistisches Erbe ist in diesen Staaten Nordmesopotamiens allenfalls noch in der Architektur und in der bildenden Kunst fassbar; in Edessa, das immerhin seinen Namen makedonischen Siedlern in seleukidischer Zeit verdankt, war die Kultur in parthischer (und römischer) Zeit geprägt von einer Symbiose vor allem aramäisch-nordmesopotamischer und iranischer Elemente.
Die Parther als Nachfolger der Achaimeniden? Es ist offenbar, dass die Arsakiden zwar in die Fußstapfen ihrer hellenistischen Vorgänger traten, ihre iranisch-nomadische Herkunft aber nie verleugneten; wie hoch der Grad der kulturellen Hellenisierung bei den Mitgliedern der herrschenden Familie war, lässt sich nicht bestimmen – selbst bei einem König wie Phraatakes/Phraates V. (ca. 2 v. Chr. – 4 n. Chr.), dessen Mutter Musa eine italische Sklavin gewesen sein soll, ist dies nicht klar erkennbar. Allenfalls die Prinzen, die Phraates IV. um 10/9 v. Chr. als Geiseln nach Rom schickte, dürften in starkem Maße mit griechisch-römischer Kultur in Verbindung gekommen sein, und genau dies wurde ihnen und ihren Nachfahren zum Verhängnis, als sie später aus Rom ins Partherreich gesandt wurden, um den Arsakidenthron zu übernehmen (Vonones I. 8/9 n. Chr.; Meherdates 48 n. Chr.). Ebenso wenig wird indes deutlich, wie stark die Verwurzelung in der iranischen Kultur die Politik der Arsakiden beeinflusste. Hier ist insbesondere die Frage nach einem möglicherweise vorhandenen Programm einer Achaimenidennachfolge bei den Parthern relevant, die – wenn das Konzept tatsächlich existierte – das Partherreich eben nicht als hellenistischen Staat in der Tradition des Alexanderreiches und seiner Nachfolgestaaten erscheinen ließe. Diejenigen Forscher, die ein derartiges politisches Programm postulieren, beziehen sich einerseits auf Zeugnisse römischer Autoren wie Tacitus (Annales 6, 31) und Arrian (Parthika, Fragment 1 Rose). Nach Tacitus etwa habe Artabanos II. kurz vor dem Jahre 35 n. Chr. durch eine Gesandtschaft den Römern unter Verweis auf die »alten Grenzen der Perser und Makedonen« angedroht, er werde »in die Gebiete, die Kyros und später Alexander gehört hatten«,
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einfallen (simul veteres Persarum ac Macedonum terminos seque invasurum possessa Cyro et post Alexandro per vaniloquentiam ac minas iaciebat). Auch in Quellen der islamischen Zeit, die die iranische Überlieferung aufgreifen (z. B. Tabari), finden wir andererseits Ähnliches: Hier spielt das Thema der ›Rache für den Tod des Dareios‹ – gemeint ist der letzte, von Alexander dem Großen besiegte achaimenidische Großkönig – eine Rolle. Doch beide Quellengruppen können sicher nicht als authentische Zeugnisse gewertet werden, und der Verdacht, dass derartige Informationen eine fremde (z. B. römische) Sichtweise wiedergeben oder auf literarische Verformung zurückgehen, wiegt schwer. Im Übrigen würde, falls die Informationen bei Tacitus doch auf eine gute Quelle zurückgehen sollten, ein ›iranisches‹ Programm der Achaimenidennachfolge mit dem hellenistischen Konzept der Alexandernachfolge (Macedonum terminos) kombiniert sein. So bleibt festzuhalten, dass das Partherreich einerseits Teil der hellenistischen Staatenwelt war, andererseits die Arsakidenfamilie eine spezifisch iranisch-nomadische Identität hatte; dieser Dualismus war der Bewahrung der hellenistischen Kultur nicht förderlich, und so verwundert es nicht, dass – abgesehen von den griechischen Gemeinden im Partherreich – vielerorts indigen-orientalische Kulturen aufblühten, in denen das griechische Element an den Rand gedrängt wurde.
Literatur E. DĄBROWA, The Parthians and the Seleucid Legacy, in: R. ROLLINGER u. a. (Hrsg.), Interkulturalität in der Alten Welt (2010), 583–589. U. HACKL, Das Partherreich im Spannungsfeld zwischen griechisch-römischer und orientalischer Kultur, in: U. HACKL u. a. (Hrsg.), Quellen zur Geschichte des Partherreiches, Bd. 1 (2010), 174–181. J. WIESEHÖFER, ›King of Kings‹ and ›Philhellen‹, in: P. BILDE u. a. (Hrsg.), Aspects of Hellenistic Kingship (1996), 55–66. J. WIESEHÖFER, »Denn Orodes war der griechischen Sprache und Kultur nicht unkundig…«, in: R. DITTMANN u. a. (Hrsg.), Variatio delectat (2000), 703–721.
Die Königreiche in Baktrien und Indien von Jörg-Dieter Gauger
Nach 250 v. Chr. löste sich die Satrapie Baktrien vom Seleukidenreich und stand unter der Herrschaft eigener griechischer Könige, in die (wohl nach 160 v. Chr.) auch Nord-Indien einbezogen wurde. Nachdem das graeco-baktrische Reich um 130 v. Chr. dem Ansturm der Skythen erlegen war, sind in Indien bis zur Zeitenwende weiterhin griechische Herrscher belegt; der bedeutendste war sicher Menander, der in die buddhistische Literatur aufgenommen wurde. Die Referenzkultur, in die auch die indigene Bevölkerung integriert wurde, war der Hellenismus, wie er sich in Ai Khanum manifestiert.
Baktrien unter Alexander dem Großen und im Seleukidenreich Im Jahre 327 v. Chr. war die Eroberung Baktriens, der reichen und durch Bewässerungssysteme fruchtbaren Landschaft zwischen Oxos und Hindukusch (heute Teile von Usbekistan, Tajikistan und Nord-Afghanistan umfassend) mit der Hauptstadt Baktra durch Alexander den Großen abgeschlossen. Auch um die Führungsschicht an sich zu binden, heiratete Alexander Roxane, die Tochter des Burgherren Oxyartes (s. den Beitrag von J. Malitz). Zuvor war die schon persische Satrapie Baktrien kaum in Erscheinung getreten, nur durch Tribute, die Infanterie und Reiterei im Heer des Xerxes, die Kavallerie unter Dareios III. und als Zufluchtsort des letzten persischen Satrapen Bessos, des Mörders von Dareios III. Zusammen mit der nordwestlich gelegenen Sogdiane, die den härtesten Widerstand geleistet hatte, wurde die neue Satrapie Baktrien unter dem Makedonen Amyntas eingerichtet. Angesiedelt wurden dort griechische Söldner und inaktive Makedonen, deren Revolten 326 und 323 v. Chr. blutig niedergeschlagen wurden.
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Nach Alexanders Tod 323 v. Chr. fiel Baktrien durch Perdikkas zunächst an den Makedonen Philippos, bei der Neuverteilung in Triparadeisos (321) an Stasanor von Soloi (mit Areia), der 317 Eumenes von Kardia Truppen stellte. 316 v. Chr. bestätigte ihn, bei der Bevölkerung beliebt, Antigonos Monophthalmos. Zwischen 311 und ca. 303/02 v. Chr. eroberte Seleukos I. auch Baktrien; seinen Feldzug nach Indien beendete eine Übereinkunft mit dem Maurya-Herrscher Tschandragupta (Sandrokottos), der gegen die Gestellung von 500 Kriegselefanten und eine Heiratsverbindung die seleukidische Oberhoheit westlich des Indus anerkannte. Baktrien wurde Teil der sog. Oberen Satrapien des Seleukidenreiches (s. den Beitrag von K. Ehling).
Graeco-Baktrien unter eigenen Königen Es ist unklar, ob als Konsequenz des Dritten Syrischen Krieges (246–241 v. Chr.) oder infolge des Bruderkrieges zwischen Antiochos Hierax und Seleukos II. (239/38), oder auch in Verbindung mit dem Beginn der parthischen Ära 247 – nach 250 v. Chr. löste sich der dortige Satrap Diodotos I. (Theos?), zu dessen Herrschaftsbereich wahrscheinlich auch Areia und Margiane gehörten, wohl schrittweise von den Seleukiden; die Münzen mit dem Porträt Antiochos’ II. (mit Apollon) ersetzten das eigene Bild mit Diadem, Königstitel und Zeus-Motiv. Sein Sohn Diodotos II. (Soter?) verbündete sich gegen den Rückeroberungsversuch Seleukos’ II. mit dem im Westen sich konsolidierenden Partherreich, verlor aber (um 237/30 v. Chr.?) gegen den Usurpator Euthydemos (Theos auf Gedenkmünzen unter Agathokles) aus Magnesia (wohl am Mäander) Thron und Leben. Im Rahmen des Ostfeldzugs des Seleukiden Antiochos III. (212–205 v. Chr.) wurde Euthydemos, der ihm 10.000 Reiter entgegenstellen konnte, nach zweijähriger Belagerung Baktras 206 zur Anerkennung der seleukidischen Oberhoheit gezwungen (s. den Beitrag von H. H. Schmitt); Antiochos III., auf dem Weg nach Indien, folgte seiner Argumentation, er habe die eigentlich Schuldigen, die Diodotiden, beseitigt, man müsse ihm Titel und Rang eines Königs belassen, sonst werde das Land kein Bollwerk mehr gegen die Nomaden im Norden – diverse Skythenstämme – sein können. Er erkannte den Königstitel an, Elefanten wurden gestellt und die Hochzeit zwischen einer unbekannten Seleukidenprinzessin und Euthydemos’ jungem Sohn Demetrios (I.) vereinbart. Sonstige Leistungen sind unbekannt, in der Schlacht bei Magnesia am Sipylos (190 v. Chr.) zwischen Antiochos III. und Rom fehlen jedenfalls baktrische Kontingente. Wohl schon Euthydemos, bei dessen Münzen Herakles an die Stelle von Zeus tritt, oder sein Nachfolger und Sohn Demetrios I. (Aniketos) gewann die Herrschaft über Drangiane und das zuvor unter dem Einfluss der Maurya stehende Arachosien (mit dem von Alexander dem Großen gegründeten Alexandreia am Kaukasus). Die dortige Kolonie Demetrias dürfte auf Letzteren zurückgehen.
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Expansion nach Indien und der Zusammenbruch des Reiches Unter Demetrios I. (nach 200 v. Chr.), der mit dem Elefantenskalpmünzbild an die Alexandermünzen Ptolemaios’ I. anknüpfte und sich wie sein Vater auf Herakles berief, verlagerte sich der Schwerpunkt der baktrischen Expansion nach Indien: Er stieß über den Hindukusch in das Kabultal, Teile des Panjab und das Gebiet zwischen Indusmündung und mittlerem Ganges vor; manche Eroberungen könnten auch auf seinen Sohn und Nachfolger Demetrios II. oder auf Menandros fallen; Sakhala im Panjab wurde in Euthydemea umbenannt. Um 170 v. Chr. fiel Baktrien (wohl in chronologischem Zusammenhang mit der Thronbesteigung des Parthers Mithradates I. im Jahre 171) an einen sonst unbekannten Condottiere Eukratides – er prägte die größte Goldmünze der Antike mit makedonischem Helm und gründete Eukratidea bei Baktra –, was Demetrios, »König der Inder«, gemeint ist Demetrios II., zum Rückzug aus Indien zwang. Er wird im Kampf gegen den Usurpator gefallen, die Angehörigen seiner Familie dürften beseitigt worden sein. Denn aus der Zeit zwischen Demetrios I./ II. und Eukratides sind sieben Herrschernamen belegt, die v. a. in Taxila regierten, wobei wohl zu Recht angenommen wird, dass es sich um Familienangehörige und Vizekönige der Euthydemos-Linie handelte; allerdings sind die Filiation und die Abfolge höchst spekulativ, da nur auf Münzfunden und Vergleich von Münzbildern beruhend. Der letzte literarisch erwähnte König ist (neben Menandros) Apollodotos (der Bruder Demetrios’ I.?; Porträt mit Athene), der wie ein Antimachos (Theos) die Kausia, einen makedonischen Hut, trug. Belegt sind Euthydemos II. (nur mit Jugendporträt), der Sohn Euthydemos’ I.(?), und Pantaleon, der neben der griechischen auch erstmals eine indische Legende und quadratische indische Münztypen prägen ließ, was ein Agathokles (Dikaios), dem eine Neigung zum Hinduismus zugeschrieben wird, in großem Stil fortsetzte, der wie auch Apollodotos Gedenkmünzen seiner Vorgänger prägen ließ. Wohl erste Einbrüche der Skythen (Sammelname Saken, chinesisch Yuezih) um 145 v. Chr. über den Jaxartes nach Nordbaktrien zwangen Eukratides zum Rückmarsch aus Indien nach Baktrien; ihn ermordete sein ältester Sohn und socius regni Heliokles I. (Dikaios) (zur Leichenschändung: Justin 41, 6, 5). Die baktrischen Besitzungen in Indien fielen um 145/40 v. Chr. wieder an Menandros. Heliokles, der sich um 140 am Partherfeldzug des Seleukiden Demetrios II. beteiligt haben soll, verblieb wohl nur noch Südbaktrien. Erschöpft durch dauernde Feldzüge und permanente Abfallbewegungen in Areia und Sogdiane, erlag das Reich 140/130 v. Chr. schließlich den weiter vordringenden Skythen. Über den inneren Aufbau des baktrischen Reiches sind nur Spekulationen möglich. Über den Satrapen standen ›Unterkönige‹ mit eigenem Münzrecht, schon um das ungeheuere Territorium verwalten zu können. Sicher waren die Dynastien und die griechische Oberschicht hellenistisch geprägt: Herakles ver-
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weist ebenso auf Alexander den Großen wie die Namenswahl der Könige. Die prächtigen Goldmünzen verraten Reichtum und Selbstbewusstsein. Strabon und Justin nennen Baktrien »Land der 1000 Städte«; so soll schon Alexander dort mindestens acht Städte angelegt haben. Allerdings ist bislang neben Forts mit Militärkolonien an den wichtigsten Handelsrouten und an der Grenze nach Norden nur eine hellenistische Stadt durch Ausgrabung nachgewiesen: Ai Khanum an Oxos und Kokcha, gegründet wohl um 300 v. Chr., verlassen um 145, mit Zitadelle, Palast (korinthische Kapitelle), Gymnasion, Theater (Kultbauten im orientalischen Stil, aber griechisches Pantheon), griechischen Inschriften und Plastiken. Fraglich ist daher der zeitgenössische Umfang der Urbanisierung.
Alexander und die Seleukiden in Indien Im Frühjahr 326 v. Chr. überschritt Alexander der Große den Indus: Damit begann der von Baktra aus vorbereitete Feldzug nach Indien, das er bis zur Grenze des Panjab nach harten Kämpfen, aber auch durch Unterwerfungen und bei weitgehender Belassung einheimischer Fürsten in ihren Positionen unterwarf, v. a. des bekannten Poros, der auf die Frage, wie er als Besiegter behandelt werden wollte, antwortete: »königlich«. Besonderes Interesse scheint der König den Gymnosophisten entgegengebracht zu haben. Am Hyphasis meuterte das Heer, auch dürfte Alexander die Größe des Landes unterschätzt haben. Mit einer Fahrt zur Indusmündung endete der Feldzug im Sommer 325 v. Chr. Sein Schwiegervater Oxyatres wurde als Satrap des Paropamisaden-Gebiets zwischen Hindukusch und Indus eingesetzt, das untere IndusGebiet stand unter dem makedonischen Satrapen Peithon. Diese Eroberungen gingen rasch an das erstarkende Maurya-Reich unter Tschandragupta (Sandrokottos), den Begründer der Dynastie (Hauptstadt Pataliputra, heute Patna; Herrscherlegende: Justin 15, 4), der Alexander als junger Mann begegnet sein soll, bis zum Indus wieder verloren. Ein Rückeroberungsversuch Seleukos’ I. 305/02 v. Chr. endete in der Abtretung der östlichen Teile Gedrosiens, Arachosiens und von Paropamisadai. Seleukos’ Gesandter Megasthenes hielt sich zwischen 302 und 291 mehrfach in Pataliputra auf und verfasste Indika in drei oder vier Büchern, von denen freilich nur Fragmente erhalten sind, die aber späteren Darstellungen neben Strabon und Plinius dem Älteren v. a. Arrians Indike (um 140 n. Chr.) zugrunde liegen.
Ashokas Bekehrung zum Buddhismus Auch für Tschandraguptas Sohn Bindusara Amitrochates (ca. 297 – ca. 268 v. Chr.) sind Kontakte mit Seleukos I., Antiochos I. und mit Ptolemaios II.
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Abb. 1 a.b König Menander (155–130 v. Chr.) mit Prunkhelm und griechischer Umschrift. Die Rückseite zeigt die griechische Göttin Athena, die Legende jedoch ist in Kharosthi verfasst und lautet transkribiert: Maharajasa tratarasa Menamdrasa »(Münze des) Königs Menander, des Retters«. An diesem Münzzeugnis lässt sich erkennen, welche politische Bedeutung die einheimische Bevölkerung für den griechischen König und seine Regierung besaß.
(FGrHist 716–7) belegt. Bedeutsam war dessen Sohn Ashoka (ca. 268 – ca. 233 v. Chr.), der das Kalingareich im östlichen Indien eroberte und außer der Südspitze den ganzen Subkontinent beherrschte. Seine Bekehrung zum Buddhismus wurde nicht nur durch Felsenedikte im ganzen Reich (16 erhalten), sondern auch über diplomatische Beziehungen zu Antiochos II., Magas von Kyrene, Ptolemaios II., Antigonos II. und wohl auch Alexander von Epirus verbreitet; eine griechisch-aramäische Bilingue (s. Infokasten) bei Kandahar zeigt, dass um 250 v. Chr. auch West-Arachosien zumindest unter dem Einfluss der Maurya stand, dort aber griechische Siedlungen existierten. Nach Ashokas Tod dürfte das Reich verfallen sein. Ob jener (Klein-)Herrscher Sophogasenos, (wohl in Ghandara), mit dem Antiochos III. im Rahmen seines Ostfeldzuges 206 v. Chr. die »Freundschaft erneuerte«, noch der Maurya-Dynastie angehörte, ist unklar; jedenfalls stellte er dem Seleukiden Elefanten. Offen bleibt auch, ob Arachosien zu diesem Zeitpunkt noch seleukidisch war.
Nord-Indien unter Menandros und das Verschwinden der Indo-Griechen Der letzte große Herrscher war Menandros I. (Soter), geboren wohl in Begram (Alexandreia am Kaukasus) und Unterkönig Demetrios’ I. (?), der nach 160 v. Chr. (?) bis Pataliputra vorgestoßen sein soll und in Sakhala (Euthydemea) regierte. Seine Münzfunde gehören zu den bedeutendsten der graeco-indischen Könige (Abb. 1 a. b); von ihm stammen die letzten Goldmünzen, und er taucht auch in der indischen Literatur auf, im Milindapanha (»Fragen des Milinda«), wo er einen weisen Buddhisten Nagasenah trifft. Er galt als »guter König der Baktrer« und war bei der Bevölkerung sehr beliebt. Mit seinem Zeitgenossen Eukratides lag er bis zu dessen Rückzug im Krieg: Beide ließen sich mit wurfbereitem
Die Königreiche in Baktrien und Indien
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Speer und Helm abbilden. Seine Witwe Bilinguales Manifest des indischen (?) Agathokleia führte für ihren unmünKönigs Ashoka zwischen 268 und digen Sohn Straton I. (Soter) einige Zeit 233 v. Chr. (Kabul) die Regierung und den basilissa-Titel. »Nach Ablauf von zehn Jahren hat König Piodasses Nach dem Fall des graeco-baktrischen den Menschen Frömmigkeit gezeigt, und seitdem hat Reiches (spätestens um 130 v. Chr.) er frömmer die Menschen gemacht und alles gedeiht und dem Tod Stratons I. hielten sich in auf der ganzen Erde und es enthält sich der König Nordwest-Indien mit Paropamisadai und (des Verzehrs) der Lebewesen, und die übrigen MenTaxila und östlich des Hydaspes weiterschen und alle Jäger oder Fischer des Königs haben aufgehört zu jagen; und die sich nicht beherrschen hin griechische Dynastien (nach Menkönnen, haben ein Ende gesetzt ihrer Unbeherrschtandros nur durch Münzen von 26 Herrheit, so gut sie konnten und sie (sind) gehorsam schern belegt), die wohl von Menandros (geworden), dem Vater und der Mutter und den ältebzw. Eukratides herzuleiten sind und ren Menschen im Gegensatz zu früher, und hinfort von denen hier nur Antialkidas, erwähnt werden sie besser und vorteilhafter in jeder Weise, indem sie so handeln, ihr Leben verbringen.« in einer Sanskritweihung für die indi(Übersetzung: K. Brodersen / W. Günther / sche Göttin Vasudeva durch seinen grieH. H. Schmitt, Historische Griechische Inschriften in chischen Gesandten, Helidor, Sohn des Übersetzung, Bd. II (1996), Nr. 321 = SupplemenDion, um 100 v. Chr., Hermaios und tum Epigraphicum Graecum 20, 326) Kalliope (Doppelporträt) und Amyntas (Silberdekadrachme mit vorzüglichem Porträt) genannt seien. Über die inneren Verhältnisse ist nichts bekannt. Seit etwa 80 v. Chr. drangen Skythenstämme (Indo-Skythen; Zusammenhänge und Wege umstritten) nach Nordwest-Indien vor und eroberten ca. 60 v. Chr. Taxila; die letzten Vasallen- oder noch unabhängigen griechischen Königreiche verschwanden spätestens zur Zeitenwende. Aber der Hellenismus ist etwa unter dem ersten bedeutenden Sakenkönig Maues (erste Hälfte 1. Jh. v. Chr.), verheiratet wohl mit einer makedonischen Prinzessin (Sohn Artemidoros!), weiterhin die Referenzkultur und insbesondere an der buddhistischen Gandharakunst deutlich abzulesen (s. Abb. 2 im Beitrag von K. Ehling); der Brief eines Poros an Augustus ist natürlich griechisch abgefasst.
Literatur O. BOPEARACHCHI, Monnaies gréco-bactriennes et indo-grecques (1991). J. CRIBB / G. HERRMANN (Hrsg.), After Alexander. Central Asia before Islam (2007), darin: P. LERICHE, Bactria. Land of a thousand cities (121-153), J. CRIBB, Money as a marker of cultural continuity and change in Central Asia (333–375); G. LECYOT, Ai Khanum reconstructed (155–161). M. EILIAKIS, Greek mercenary revolts in Bactria: A re-appraisal, in: Historia 62 (2013), 182–195. Gerettete Schätze. Afghanistan. Die Sammlung des Nationalmuseums in Kabul (2010), 45–55 (zu Ai Khanum). J. R. REA u. a., A taxreceipt from hellenistic Bactria, in: Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik 104 (1994), 261–280. F. WIDEMANN, Les successeurs d’Alexandre en Asie centrale et leur héritage culturel. Essai (2009).
Alexander, der Hellenismus und die Moderne von Hans-Joachim Gehrke
Die hellenistische Epoche wurde und wird sehr oft mit der Moderne in Verbindung gebracht. Ausgehend von definitorischen Überlegungen wird dargelegt, wie es zur Verbindung Alexanders des Großen mit Aspekten der Modernität kam. Vor diesem Hintergrund wird die Frage nach der ›Modernität‹ des Hellenismus erörtert.
Die Moderne Der Begriff der Moderne, den ich als Ausgangspunkt nehmen möchte, scheint auf den ersten Blick ganz klar zu sein. Er birgt jedoch viele Probleme, wie das stete und in den letzten Jahrzehnten intensivierte Arbeiten an Modernisierungstheorien vornehmlich in den Sozial-, Kultur- und Geschichtswissenschaften zeigt. Die Lage ist kaum noch zu durchschauen. Für unsere Zwecke können wir jedoch von den verschiedenen Verästelungen absehen und uns für das, was das Spezifische der Moderne ausmacht, auf die wesentlichen Kriterien konzentrieren. Sie bestimmten schon vor über hundert Jahren, um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert, die Debatte: eine Art Selbstvergewisserung der heute sogenannten »Hochmoderne« (Herbert 2007). Denker wie Émile Durkheim und Max Weber haben hier die entscheidenden Elemente formuliert. Die Rede von der »Entzauberung der Welt« (Weber 1917/1919/1994, S. 9) verweist bereits auf einen zentralen Aspekt, auf die Bindung an Rationalität und logische Verfahren jenseits magischer und religiöser Rezepte und Erklärungen – obwohl der damit signalisierte Einklang und Gleichtakt von Modernisierung und Säkularisierung in jüngerer Zeit (nicht zuletzt unter dem Eindruck aktueller Entwicklungen und Erfahrungen) in Frage gestellt wird (Berger 2012/13). Besonders betont wird daneben der Gesichtspunkt der Ausdifferenzierung und Pluralisierung. Das bezieht sich vor allem auf die arbeitsteilige Welt der Wirtschaft, die Mobilität und Vielfalt der Lebensstile in komplexen Gesellschaften und die Freiheitsräume und Partizipationschancen in politischen Systemen. Die Diffe-
Alexander, der Hellenismus und die Moderne
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renzierung wird gerade dadurch besonders stark gewichtet, dass viele »Felder« (Pierre Bourdieu) und Sphären als separat und grundsätzlich autonom verstanden werden: Man spricht von der Religion, der Politik, der Wirtschaft, der Gesellschaft usw. Niklas Luhmanns Systemtheorie bringt das geradezu klassisch zum Ausdruck. Die zunehmend als Einheit verstandene ›Vormoderne‹ wird demgegenüber mit der Verbindung und jeweiligen Einbettung solcher Sektoren verknüpft. Es ist gerade die Pluralität und Verschiedenartigkeit der Stile, die heutzutage, in Zeiten ausgeprägter Globalisierung und sogar mit der Attitüde der Postmoderne, als ein besonderes Moment der Gegenwart verstanden wird, mit einer Betonung der Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen. Überhaupt sieht man aktuell eine neue Phase – und auch der Rekurs auf das Wort Postmoderne mag das signalisieren – der Modernisierung, eine Zeit, in der sich die Moderne selbst zum Gegenstand macht, eine »zweite« oder »andere Moderne« (Beck 1986, 2008), die »selbstreflexiv« daherkommt (was zu der eingangs erwähnten Unübersichtlichkeit nicht wenig beiträgt).
Ein ›moderner‹ Alexander Was hat das nun aber alles mit Alexander und dem Hellenismus zu tun? Dass uns aufgegeben ist, darüber nachzudenken, hat uns gewissermaßen Johann Gustav Droysen ›eingebrockt‹. Er hat »den Hellenismus bezeichnet als die moderne Zeit des Altertums« (Droysen 1843/2008, S. XXII). Theoretisch begründet hat er das vor allem in dem lediglich als Privatdruck und mithin ursprünglich nur in wenigen Exemplaren zugänglichen Vorwort zum zweiten Band der »Geschichte des Hellenismus« (in der mit dem Alexander-Buch zusammengefassten und heute gebräuchlichen 2. Auflage ist es Band III). In einem zutiefst theologisch grundierten Text (»Die höchste Aufgabe unserer Wissenschaft ist die Theodicee«, S. XI) entfaltet Droysen in der ihm ganz eigenen Mischung aus protestantischem Christentum und Hegelschem Entwicklungsdenken die Idee einer eigenen Kraft der Geschichte. Sie ist deshalb so stark und wird deshalb von Droysen so entschieden bejaht, weil – mit Karl Löwiths Worten – diese »Weltgeschichte« »Heilsgeschehen« ist, weil ihr Verlauf göttlichem Willen entspricht. In der »Gesamtauffassung der Geschichte als der Entwicklung der Menschheit« (S. XXII) bildet der von Alexander heraufgeführte Hellenismus mit der Geburt Jesu und der Offenbarung des Christentums den entscheidenden Schritt, den wahren Fort-Schritt. Das könnten wir nun – als nicht zur Sache gehörig, ideologisch, nur noch wissenschaftsgeschichtlich relevant – ad acta legen, wenn nicht Droysens Konzept auch ohne seine christliche Fundierung eine enorme Wirkung gezeitigt und wenn er nicht auch selber einen deutlichen Bezug zu konkreten historischen Epo-
168
Hans-Joachim Gehrke
chen hergestellt hätte, gerade unter dem Aspekt der Modernität. Indem er den Hellenismus auch als »moderne Zeit des Heidentums« (S. XVII) bezeichnet und das 18. Jahrhundert in den Blick nimmt, parallelisiert er ›seine‹ Epoche des Hellenismus mit der jenem Zeitalter eigenen Dynamik, mit dem Grundtenor einer bewegten, nicht einer statischen Geschichte (S. XIX–XXI). Mit dem Bezug des Hellenismus auf die Aufklärung und die Revolution kommt Droysens Vorstellung von Moderne in die Nähe der unseren, oben skizzierten zu stehen, und deshalb ist es legitim, nach den Hintergründen dieses Vergleiches zu fragen und darauf zu sehen, ob er ein fundamentum in re hat. Dafür sprechen nun nicht nur Droysens Kompetenz und Wirkmächtigkeit schlechthin, sondern auch und gerade die Tatsache, dass man mit seinem Helden Alexander dem Großen, dem Protagonisten des Hellenismus, generell immer wieder jeweils gängige, teils subjektive und vom Zeitgeist geprägte Vorstellungen und Intentionen verbunden hat, nicht zuletzt seit der Aufklärung: Alexander wurde regelmäßig für große Ideen in Anspruch genommen, die vorwärts wiesen, als progressiv und mithin als modern gelten konnten. Pierre Briant hat mit seinem großen Werk »Alexandre des Lumières« meisterhaft demonstriert, wie Alexander gerade in Zeiten der Aufklärung in besonderer Weise für die Öffnung der Welt stand. Im Sinne einer fortschrittlichen Entwicklung von Handel und Wandel fungierte er so auch als Repräsentant einer europäischen Expansion vor dem Hintergrund einer längst verfestigten Vorstellung von einer substantiellen Distanz zwischen West und Ost, Okzident und Orient, Europa und Asien. Alexander wurde auch darüber hinaus progressiv interpretiert: Hans-Ulrich Wiemer (2012, S. 135–137) hat erst jüngst daran erinnert, wie das auch in vergleichbaren Konzepten, dem der Menschenrechte und der Weltgesellschaft (W. W. Tarn) und dem der Fortschrittslogik des Historischen Materialismus (A. B. Ranowitsch), ausgestaltet war. Selbst vor Hollywood konnte diese Interpretation nicht haltmachen: Für den Regisseur Oliver Stone war Alexander »ein früher Globalisierer, ein Internationalist« (F.A.Z. vom 23.12.2004, S. 39).
Hellenismus und Moderne Schauen wir aber auf den Hellenismus selbst und seine Kultur. Alexander Demandt hat schon vor einiger Zeit (Demandt 1996, S. 20–24) die Elemente von Modernität überblicksartig ›durchdekliniert‹, die man seiner Auffassung nach auch für den Hellenismus in Anspruch nehmen könnte. Er hebt den wissenschaftlich-technischen Fortschritt, einschließlich der Medizin, hervor, ferner Praktiken der Verwaltung und des Wirtschaftslebens, Phänomene der Urbanistik und des Kosmopolitismus, die Entfaltung von Kunstgattungen, den religiösen Individualismus und politische Organisationsformen wie die föderalen Strukturen. In der Tat sticht heute, in Zeiten fortgeschrittener und fortschreitender Glo-
Alexander, der Hellenismus und die Moderne
169
balisierung, gerade der Aspekt der kulturellen Reziprozität, der Interkulturalität und Assimilation bzw. Akkulturation hervor, der uns auch in der Analyse der hellenistischen Zivilisation ins Auge fällt. Solche und ähnliche Parallelen wirken durchaus suggestiv. Doch darf man demgegenüber den Sinn für die Differenzen nicht vergessen. Angesichts der Neigung einer – durchaus unerlässlichen – historischen Komparatistik, die Nähe und das Ähnliche zu privilegieren, besonders angesichts zusammenfassender oder auf ein breiteres Publikum orientierter Versionen (»das war ja früher auch schon so«), muss man die Distanz und die Fremdartigkeit immer im Auge behalten und eher besonders zu beleuchten suchen. Wenn man seinen Fokus so ausrichtet, zeigt sich zunächst, dass sich die von Demandt herausgestellten Phänomene auf bestimmte Sektoren beziehen und Eliten sowie Gruppen mit bestimmten Funktionen betreffen, also solche, über die wir generell besser unterrichtet sind. Grundsätzlich stellt sich damit die Frage nach dem, was charakteristisch bzw. wirklich repräsentativ ist. Das gilt besonders für die eingangs betonten Kriterien der Modernität, die Rationalität und die Autonomie von Sphären. Wie wenig »entzaubert« die hellenistische Welt war, zeigt jeder Blick auf die verschiedenen Praktiken und Vorstellungen in Religion, Mythos und Magie. Auch die Eigenständigkeit der Felder von Kunst, Wissenschaft, Politik relativiert sich schnell, wenn man die Rahmenbedingungen intellektuell-künstlerischer Existenz oder die enorme auch praktische Bedeutung der Rhetorik berücksichtigt. Mit solcher Betrachtungsweise könnten wir umgekehrt sogar eine Sensibilität für das gewinnen (die erwähnte Relativierung des Säkularisierungs-Paradigmas mag das unterstreichen), was durchaus noch in und hinter der von uns als Gewissheit angenommenen Modernisierung und Modernität steckt. Wir könnten zu einer Gegenüberstellung kommen, die zu einer verbesserten Optik führt, einem verbesserten Sinn für Komplexität, einem Blick gleichsam hinter die Kulissen: einem Schritt zum Wesentlichen. Es ginge dann gar nicht darum, die Modernität oder Unmodernität (oder gar Primitivität) des Hellenismus (oder welcher Epoche auch immer) zu behaupten, zu klassifizieren oder gar zu ›beweisen‹. Vielmehr käme es darauf an, die jeweiligen Elemente und Aspekte idealtypisch zu analysieren und in ihrem Wechselspiel zu betrachten. Man wird dann auf ein komplexes Spannungsverhältnis stoßen. Über diese Spannungen kann man auf fruchtbare Weise ins Gespräch kommen, in einen Dialog über das Moderne im Hellenismus und das Nicht-Moderne in unserer Zeit, mit dem Historiker als Dolmetscher.
170
Hans-Joachim Gehrke
Literatur U. BECK, Risikogesellschaft. Auf dem Weg in eine andere Moderne (1986). U. BECK, Weltrisikogesellschaft. Auf der Suche nach der verlorenen Sicherheit (2007). P. L. BERGER, Further Thoughts on Religion and Modernity, in: Society 49 (2012), 313–316 (dt.: Nach dem Niedergang der Säkularisierungstheorie (2013)). P. BRIANT, Alexandre des Lumières. Fragments d’histoire européenne (2012). A. DEMANDT, Hellenismus – die moderne Zeit des Altertums?, in: B. FUNCK (Hrsg.), Hellenismus. Beiträge zur Erforschung von Akkulturation und politischer Ordnung in den Staaten des hellenistischen Zeitalters (1996), 17–27. J. G. DROYSEN, Geschichte des Hellenismus. Hrsg. von E. BAYER, eingel. von H.-J. GEHRKE, Band III, Geschichte der Epigonen (2008). B. FUNCK (Hrsg.), Hellenismus. Beiträge zur Erforschung von Akkulturation und politischer Ordnung in den Staaten des hellenistischen Zeitalters (1996). H.-J. GEHRKE, Incontri di culture: l’ellenismo, in: A. BARBERO (Hrsg.), Storia d’Europa e del Mediterraneo I: Il mondo antico. Sezione II: La Grecia, hrsg. von M. GIANGIULIO, Bd. IV: Grecia e Mediterraneo dall’età delle guerre persiane all’Ellenismo (2008), 651–702. U. HERBERT, Europe in High Modernity. Reflections on a Theory of the 20th Century, in: Journal of Modern European History 5 (2007), 5–21. K. LÖWITH, Weltgeschichte und Heilsgeschehen. Die theologischen Voraussetzungen der Geschichtsphilosophie (1953). A. SCHILDT, Modernisierung, Version: 1.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte (http://docupedia.de/zg/Modernisierung) (2010). M. WEBER, Wissenschaft als Beruf, in: W. J. MOMMSEN / W. SCHLUCHTER (Hrsg.), Wissenschaft als Beruf 1917/1919. Politik als Beruf 1919. Studienausgabe der Max-Weber-Gesamtausgabe Band I/17 (1994), 1–23. H.-U. WIEMER, Quellenkritik, historische Geographie und immanente Teleologie in Johann Gustav Droysens »Geschichte Alexanders des Großen«, in: S. REBENICH / H.-U. WIEMER (Hrsg.), Johann Gustav Droysen. Philosophie und Politik – Historie und Philologie (2012), 95–157.
Zeitleiste von Alexander Boss und Christopher Schliephake
359
Philipp II. König von Makedonien
356
Geburt Alexanders des Großen
338
Schlacht von Chaironeia, Sieg der Makedonen über Theben und Athen; Gründung des Hellenenbundes in Korinth, Philipp II. Hegemon
336
Ermordung Philipps II., Alexander der Große König
335
Zerstörung des rebellierenden Theben
334
Beginn des Angriffs auf Persien, Schlacht am Granikos
333
Schlacht bei Issos
332
Belagerung und Zerstörung von Tyros
332/331
Alexander der Große in Ägypten; Besuch des Ammon-Orakels in der Oase Siwa; Gründung Alexandreias
331
Schlacht bei Gaugamela
330
Besetzung von Persepolis; Tod von Dareios III., Bessos als Artaxerxes V. persischer König
329
Gefangennahme und Hinrichtung des Bessos
326
Schlacht am Hydaspes (heute Jhelam); Umkehr am Hyphases (heute Beas); Beginn des Rückzugs
324
Massenhochzeit von Susa; Verbanntendekret; Tod des Hephaistion
323
Rückkehr nach Babylon; Tod Alexanders am 10. Juni; Reichsordnung von Babylon: Philipp III. Arrhidaios und Alexander IV. gemeinsam König; Perdikkas Regent
321
Überführung/Entführung der Leiche Alexanders nach Ägypten (erst nach Memphis, dann nach Alexandreia)
320
Erster Diadochenkrieg: Antipatros, Krateros und Ptolemaios (I.) gegen Perdikkas; Tod des Perdikkas nach erfolglosem Angriff auf Ptolemaios (I.); Tod des Krateros in der Schlacht am Hellespont gegen Eumenes von Kardia; Konferenz von Triparadeisos, Neuordnung des Reiches (Ptolemaios [I.] behält Ägypten, Seleukos [I.] erhält Babylon, Antipatros ›Reichsverweser‹)
319
Tod des Antipatros
319/18
Agathokles strategós autokrátor in Syrakus
318–316
Zweiter Diadochenkrieg, Kassandros und Antigonos gegen Polyperchon und Eumenes
317
Ermordung Philipps III. Arrhidaios und seiner Frau Eurydike auf Betreiben der Olympias
316
Sieg von Kassandros über Olympias, Hinrichtung der Olympias; nach zwei unentschiedenen Schlachten wird Eumenes von eigenen Truppen an Antigonos Monophthalmos ausgeliefert und hingerichtet
315–311
Dritter Diadochenkrieg; Lysimachos, Kassandros, Seleukos (I.) und Ptolemaios (I.) gegen Antigonos Monophthalmos und Polyperchon
315
Seleukos (I.) flieht vor Antigonos Monophthalmos nach Ägypten; Gründung des Nesiotenbundes wohl durch Antigonos Monophthalmos
312
Schlacht bei Gaza, Ptolemaios (I.) besiegt Demetrios Poliorketes; Rückkehr des Seleukos (I.) nach Babylon
311
Beginn der Seleukiden-Ära; Friedensvertrag zwischen Antigonos Monophthalmos, Ptolemaios (I.), Kassandros und Lysimachos; danach werden Alexander IV. und seine Mutter Roxane auf Betreiben des Kassandros hingerichtet
308–301
Vierter Diadochenkrieg; Ptolemaios (I.), Seleukos (I.), Lysimachos und Kassandros gegen Antigonos Monophthalmos und Demetrios Poliorketes
306
Demetrios Poliorketes siegt bei Salamis (Zypern) über Ptolemaios; Antigonos Monophthalmos und Demetrios Poliorketes nehmen den Königstitel an (›Jahr der Könige‹); Angriff des Antigonos Monophthalmos auf Ägypten scheitert
305
Ptolemaios (I.), Seleukos (I.), Lysimachos und Kassandros nehmen ebenfalls den Königstitel an
304
Agathokles König von Syrakus; Demetrios Poliorketes belagert erfolglos Rhodos
172
Alexander Boss und Christopher Schliephake
303
Seleukos I. tritt die östlichsten Provinzen an Tschandragupta gegen 500 Kriegselefanten ab
301
Schlacht bei Ipsos: Tod des Antigonos Monophthalmos, Demetrios Poliorketes auf der Flucht, Aufteilung des antigonidischen Gebiets unter den Siegern
299
Beginn der Konflikte zwischen Ptolemaios I. und Seleukos I. um Koile-Syrien
297
Zipoites von Bithynien nimmt den Königstitel an; Tod des Kassandros
295/94
Demetrios Poliorketes erobert Athen, König von Makedonien
289/88
Tod des Agathokles
288-286
Fünfter Diadochenkrieg: Ptolemaios I., Lysimachos, Seleukos I. und Pyrrhos von Epirus gegen Demetrios Poliorketes
285
Demetrios Poliorketes wird von Seleukos I. gefangen genommen (282 Tod in Gefangenschaft)
283
Tod von Ptolemaios I., Ptolemaios II. Alleinherrscher
281
Schlacht bei Kurupedion: Seleukos I. besiegt Lysimachos, Tod des Lysimachos; Seleukos I. übergibt sein asiatisches Gebiet seinem Sohn Antiochos I.; Ptolemaios Keraunos ermordet Seleukos I. und wird König in Makedonien; Mithradates I. König von Pontos; Philetairos begründet die Attalidendynastie
279
Kelteneinfall nach Griechenland, Tod des Ptolemaios Keraunos
276
Antigonos Gonatas besiegt die Kelten bei Lysimacheia und nimmt den Königstitel an
275/74
Hieron II. strategós autokrátor in Syrakus
275/74–271
Erster Syrischer Krieg zwischen Ptolemaios II. und Antiochos I.
274–272
Kampf des Pyrrhos gegen Antigonos Gonatas, Tod des Pyrrhos in Argos (272)
269
Hieron II. nach Sieg über die Mamertiner König von Syrakus
267– 262/61
Chremonideischer Krieg: Sparta, Athen und Ptolemaios II. gegen Antigonos Gonatas, Sieg der Makedonen
261
Eumenes I. sichert die Unabhängigkeit Pergamons (Attaliden) gegen die Seleukiden in der Schlacht bei Sardeis
260–253
Zweiter Syrischer Krieg, Antiochos II., Antigonos Gonatas und Rhodos gegen Ptolemaios II.
um 255
Ariarathes III. trägt als erster Herrscher von Kappadokien den Königstitel
nach 250
Baktrien löst sich vom Seleukidenreich, Regierungszeit der graeco-baktrischen Könige Diodotos I. und Diodotos II. (bis 230)
nach 247
Entstehung des Partherreichs
246
Tod von Ptolemaios II. und Antiochos II., Ptolemaios III. und Seleukos II. Könige; Dritter Syrischer Krieg (Laodikekrieg), Ptolemaios III. besetzt Syrien und Teile Kleinasiens
241
Frieden zwischen Ptolemäern und Seleukiden; Attalos I. von Pergamon nimmt nach einem Sieg über die Galater den Königstitel an
239
Tod des Antigonos Gonatas, Demetrios II. König von Makedonien
239/38
Bruderkrieg zwischen Seleukos II. und Antiochos Hierax
235–222
Kleomenes III. König von Sparta
230–182
Prusias I. König von Bithynien
229
Tod von Demetrios II., Antigonos Doson König von Makedonien
227
Sizilien wird römische Provinz
224
Bündnis zwischen Antigonos Doson und Achaia, Gründung des Hellenenbundes
222
Sieg des Hellenenbundes über Kleomenes III. bei Sellasia
221
Tod des Antigonos Doson, Philipp V. König von Makedonien; Achaios wird zum König ausgerufen (221/20)
220er
Ariarathes III. macht Kappadokien endgültig vom Seleukidenreich unabhängig
220–217
Kampf des Hellenenbundes unter Philipp V. gegen die Aitoler
219–217
Vierter Syrischer Krieg, Sieg von Ptolemaios IV. über Antiochos III. bei Raphia
215
Tod Hierons II. von Syrakus
215–205
Erster Makedonischer Krieg zwischen Rom und Philipp V. wegen dessen Bündnis mit Hannibal (Zweiter Punischer Krieg 218-201)
212
Bündnis zwischen Rom und Aitolern; Eroberung von Syrakus durch die Römer
212–205
Anabasis/Ostfeldzug des Antiochos III., formale Unterwerfung lokaler Herrscher bis nach Indien, aber kein nachhaltiger Effekt
173
Zeitleiste
203/02
›Geheimabkommen‹ zwischen Philipp V. und Antiochos III. gegen die Ptolemäer
202
Beginn des Fünften Syrischen Krieges, Antiochos III. greift die Ptolemäer an, Philipp V. Rhodos
201
Intervention Roms auf Betreiben der Rhodier und Attaliden
200
Antiochos III. besetzt das vorher ptolemäische Judäa
200–197
Ablehnung eines römischen Ultimatums durch Philipp V. führt zum Zweiten Makedonischen Krieg; Sieg der Römer unter Titus Quinctius Flamininus bei Kynoskephalai (197)
196
Freiheitserklärung für Griechenland bei den Isthmien, Abzug der römischen Truppen aus Griechenland (194 abgeschlossen)
192–188
Antiochos III. unternimmt auf Einladung der Aitoler einen Angriff auf Griechenland, wird 191 von den Römern bei den Thermopylen und 189 in Kleinasien bei Magnesia geschlagen; Antiochos verliert im Frieden von Apameia Kleinasien jenseits des Taurus an Pergamon und Rhodos
179
Tod Philipps V., Perseus König von Makedonien
171–168
Dritter Makedonischer Krieg der Römer gegen Perseus, Sieg bei Pydna (168), Aufteilung Makedoniens in vier unabhängige Gebiete
169–168
Sechster Syrischer Krieg von der Vormundschaft des Ptolemaios VI. begonnen, Antiochos IV. marschiert in Ägypten ein; Verbot des Jahwekultes; ›Tag von Eleusis‹: Der römische Gesandte Popillius Laenas zwingt Antiochos IV. zum Rückzug
168/67– 135/34
Aufstand gegen das Verbot des traditionellen jüdischen Kultes durch Antiochos IV., Etablierung der Herrschaft der Hasmonäer in Judäa, Entstehung der Qumran-Gemeinde
166
Sieg des Eumenes II. über die Galater
163
Ptolemaios gründet das Königreich Kommagene
159
Tod von Eumenes II., Attalos II. König von Pergamon
155–130
Herrschaft des Menander I. über Paropamisadai, Arachosien, Gandhara und Panjab
149/148
Aufstand des Andriskos in Makedonien; Makedonien wird römische Provinz
146
Achaiischer Krieg; Rom besiegt die Achaier und zerstört Korinth
140/30
Baktrien wird von den Skythen erobert
138
Tod von Attalos II., Attalos III. König von Pergamon
133
Tod des Attalos III. von Pergamon, der sein Reich Rom vererbt; Aufstand des Aristonikos gegen die römische Herrschaft; nach Niederwerfung des Aufstands Einrichtung der Provinz Asia (129)
129
Ende von Antiochos VII.
120
Mithradates VI. König von Pontos
112/11–76
Expansion des Hasmonäerreiches unter Johannes Hyrkanos I. und Alexander Jannai
109
Mithradates II. von Parthien ›König der Könige‹
88–85
Erster Mithradatischer Krieg
83–82
Zweiter Mithradatischer Krieg
74–63
Dritter Mithradatischer Krieg, Tod des Mithradates VI.; Tod von Nikomedes IV., der sein Reich den Römern vererbt (74)
69–36
Antiochos I. König von Kommagene
64/63
Syrien wird römische Provinz
63
Pompeius greift in den Konflikt zwischen den Hasmonäern Aristoboulos II. und Hyrkanos II. ein und erobert Jerusalem; Aufstieg der Herodianer
53
Niederlage des Crassus gegen die Parther bei Carrhae
50/49
Thronstreitigkeiten in Ägypten zwischen Kleopatra VII. und Ptolemaios XIII.
48/47
Caesar in Alexandreia, Kleopatra VII. herrscht in Ägypten
44
Ermordung Caesars in Rom am 15. März
42
Schlacht bei Philippi, Sieg der Caesarianer über die Caesarmörder
40
Ernennung des Herodes zum König von Judäa durch den römischen Senat, Hinrichtung des letzten Hasmonäerkönigs Mattathias Antigonos II. (37)
30er
Marcus Antonius und Kleopatra VII. regieren im Osten, Konflikt mit Octavian
31
Schlacht bei Actium, Sieg Octavians über Marcus Antonius und Kleopatra VII.
30
Octavian/Augustus besetzt Alexandreia, Selbstmord der Kleopatra VII. und Ende des Ptolemäerreiches
72 n. Chr.
Ende des kommagenischen Königreiches
Der Zug Alexanders
MAKEDONIEN
Istros (Donau)
Aralsee Schwarzes Meer
Pella
Theben Sparta
Byzantion
Abydos Troja
Kauk
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Indus
Alexandreia
ÄGYPTEN
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Persepolis
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600 km
Straße von Hormuz
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Reich Alexanders des Großen Zug Alexanders des Großen Seeroute des Nearchos (325 v. Chr.) Persische Königsstraße
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GEDROSIEN Rhambakia Pura
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Die Diadochenreiche um 303 v. Chr.
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Kaspisches Meer
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Baktra Alexandreia (Merv)
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PA R T H I E N
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(Herat)
Arachosien
Prophthasia
Alexandreia (Kandahar)
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Reich des Kassandros Reich des Lysimachos Reich des Seleukos I. Reich des Ptolemaios I. Reich des Antigonos Monophthalmos
175
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Die hellenistische Staatenwelt um 240 v. Chr. Aralsee
176
RÖMISCHI TA L I S C H E WEHRGEMEINSCHAFT
Pontos Euxeinos K E LT E N R E I C H VON TYLIS Sinope T H R A K I E N NikomedeiaAmastris Kotyora
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Reich der Antigoniden Römisch-italische Wehrgemeinschaft Reich der Attaliden Seleukidenreich Ptolemäerreich
Karten
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Die Mittelmeerwelt um 133 v. Chr. us Rhen
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Agritentum
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Leptis Magna Berenike
Barke
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Rotes Meer Theben
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177
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Römisches Reich Seleukidenreich Ptolemäerreich
Antiocheia
Lydien
Mittelmeer
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Tarsos
Termessos
178
DieArgeaden Argeaden Die Amyntas III. ∞ Eurydike 2. Ehefrau
reg. 393-370
Alexander II.
Perdikkas III.
reg. 370-369/68
reg. 365-359
Philipp II. ∞ Phila
Ptolemaios Alorites ∞ Eurynoё
elimeische Prinzessin
reg. 359-336
369/68-365 Regent f. Perdikkas III.
∞ Philinna aus Larissa
∞ Audata illyrische Prinzessin
∞ Olympias epirotische Prinzessin
∞ Meda getische Prinzessin
∞ Nikesipolis aus Pherai
Amyntas ∞ Kynane
∞ Kleopatra Nichte des Makedonen Attalos
Mündel Philipps II.
Philipp III. Arrhidaios ∞ Eurydike reg. 323-317
Kynane
Alexander III. ∞ Barsine reg. 336-323
Tochter d. Amyntas
Alexandros II. ∞ Kleopatra Kassandros ∞ Thessalonike Europe? von Epirus
oder Karanos?
∞ Roxane ∞ Stateira
Herakles (?)
Alexander IV.
gest. 309
reg. 323-310
Stammbäume
∞ Parysatis
Die Ptolemäer Stammbäume
179
Die Seleukiden
180 Stammbäume
Die Attaliden
Stammbäume
Die Antigoniden
181
182
Stammbäume
Die Familie von Agathokles
Die Familie von Hieron II. Die Familie von Hieron II. Hieron II. ∞ Philistis Sohn d. Hierokles geb. 306 reg. 269-216/15 gest. 216/15
Adranodoros ∞ Damarete
Gelon ∞ Nereis reg. 240-216/15 gest. 216/15
Hieronymos geb. 230/29 reg. 215-214 erm. 214
Tochter d. Pyrrhos II. um 233/32 Ehe m. Gelon
Themistos ∞ Harmonia ab 215 verm. Beschützer d. Hieronymos erm. 214
Tochter d. Leptines um 270 Ehe m. Hieron II.
Sohn
ab ca. 215 Beschützer d. Hieronymos erm. 214
Sohn
erm. um 214
Tochter
Zoippos ∞ Herakleia ab ca. 215 Beschützer d. Hieronymos
Tochter
Söhne
183
Stammbäume Die Agiaden in Sparta
Die Agiaden in Sparta Kleombrotos I. reg. 380-371
Agesipolis II.
Kleomenes II.
reg. 371-370
reg. 370-309
Akrotatos
Kleonymos
Areus I.
Leonidas II.
reg. 309-265
Regent 262-254 König 254-235 im Exil 243-241
?
Akrotatos reg. 265-262
Areus II. reg. 262-254
Kleombrotos II. ∞ Chilonis Kleomenes III. ∞ Agiatis reg. 242-241
reg. 235-219
Agesipolis
s. Agis IV.
Eukleidas reg. 227-222
zwei Söhne
Agesipolis III. reg. 219 gest. 184
Die Eurypontiden in Sparta
Die Eurypontiden in Sparta Demaratos reg. ?-491
Agis II.
Agesilaos II.
reg. 427-398
reg. 398-361
Leotychidas
Archidamos III. reg. 361-338
? Leotychidas
Agis III.
Eudamidas I.
reg. 338-330
reg. 330-294
Kleonymos ∞ Chilonis
Agesilaos
Archidamos IV. reg. 294
Eurysthenes
Eudamidas
Eudamidas II.
Proklas
reg. 294-244
Gorgion Agis IV. ∞ Agiatis reg. 244-241
s. Kleomenes III.
Archidamos V. reg. 227
Demaratos Agis Eurydamidas Lykurgos ?
reg. 219-211
Pelops reg. 211-207
Nabis reg. 207-192
Armenas
Machanidas reg. 211-207
zwei Söhne
Agesilaos Hippomedon
184
Stammbäume
DieDie Könige Bithynien Könige von von Bithynien Doidalses reg. um 430
Bas reg. 377/76-328/27
Zipoites I. reg. 307-280, seit 297/96 als König
Zipoites
Nikomedes I. ∞ Ditizele reg. 280-255?
als Empörer hing.
Phrygerin
∞ Heptazeta
Lysandra
Ziaёlas
Zipoites II.
reg. 255?-230/29
und andere Söhne
Antiochos Hierax ∞ Tochter
Prusias I.
v. d. Seleukiden
reg. 230/28-182
Prusias II. ∞ Apame reg. 182-149 erm.
Tochter Philipps V. v. Makedonien
∞ N.N. Schwester d. thrak. Fürsten Diёgylis?
Söhne
Nikomedes II. Epiphanes reg. 149-128
Nikomedes III. Euergetes ∞ Nysa reg. 127-94
Tochter d. Ariarathes V. v. Kappadokien?
∞ Laodike Witwe d. Ariarathes VI. v. Kappadokien
Sokrates Chrestos unehelicher Sohn d. N. III. Gegenkönig
Nikomedes IV. Philopator ∞ N.N. reg. 94-75
Schwester s. Vaters
∞ Nysa Tochter d. Ariarathes VI. v. Kappadokien
N.N. Sohn, nicht anerkannt
Nysa
Stammbäume
Mithradatiden von Pontos DieDie Mithradatiden von Pontos
Mithradates I. Ktistes reg. 302-266
Ariobarzanes reg. 266-250
Mithradates II. ∞ Laodike reg. 250-220
Mithradates III.
Achaios ∞ Laodike
Antiochos III. ∞ Laodike
reg. 220-197/96
Antiochos IV. ∞ Laodike ∞ Antiochos Seleukos IV. Philopator ∞ N.N.
Antiochis ∞ Ariarathes IV. Eusebes
Demetrios I. Mithradates IV. Philopator Philadelphos ∞ Laodike Pharnakes I. ∞ Nysa reg. 170/155(?)–ca. 152/51
reg. 197/96–170/155
Mithradates V. Euergetes ∞ Laodike
Nysa ∞ Ariarathes V. Eusebes Philopator
reg. 152/51-120
Mithradates VI. Eupator ∞ Laodike Mithradates Chrestos Stateira Roxane Nysa reg. 120-63
Laodike ∞ Ariarathes VI. Epiphanes Philopator
∞ Monime ∞ Berenike
Pharnakes II. weitere Kinder
Tigranes II. ∞ Kleopatra Machares Mithradates
Ariobarzanes II. Philopator ∞ Athenais Philostorgos
Ariarathes IX. Philopator
reg. 63-47
Dareios reg. 39-37
Arsakes
Ariarathes X. Eusebes Philadelphos
185
Ariobarzanes III. Eusebes Philoromaios Dynamis
186
Stammbäume
Die Ariarathiden (Otaniden) in in Kappadokien Die Ariarathiden (Otaniden) Kappadokien Otanes Gefährte d. Dareios I.
Ariarathes (I.)
Orophernes
Satrap v. Katpatuka hinger. 322/21
Ariarathes II. angebl. vor 301 Reichsgründer Um 280 Sieger ü. Amyntas
Ari(ar)amnes reg. ?-228? 225?
Ariarathes III. ∞ Stratonike Mitregent d. Ariaramnes ?-228/25? 1. Träger d. Königstitels 228/25-220?
Tochter d. Antiochos II. Ehe m. Ariarathes III. um 255
Ariarathes IV. (Eusebes?) ∞ Antiochis reg. um 220-163
Ariarathes
Eumenes II. ∞ Stratonike
Orophernes Teilkönig um 160/59-157/56
Tochter d. Antiochos III. Ehe m. Ariarathes IV. vor 190
Ehe m. Stratonike um 188
Attalos II. ∞
Mithradates = Ariarathes V. Eusebes Philopator (?) ∞ Nysa reg. um 163-130
Herkunft ?
Ehe m. Stratonike um 159
Nikomedes III. ∞ Nysa?
Ariarathes VI. Epiphanes Philopator ∞ Laodike
v. Bithynien
reg. 130 - um 111
Tochter d. Mithradates VI. v. Pontos
∞ Laodike Witwe d. Ariarathes VI. Regentin v. Kappadokien
Ariarathes VII. Philometor reg. ca. 111 – ca. 100
Nikomedes IV. ∞ Nysa v. Bithynien
Ariarathes VIII. reg. um 96
187
Stammbäume Die Königevon von Kommagene Die Könige Kommagene Dareios I.
Alexander der Große
reg. 522-486
reg. 336-323
Xerxes I.
Seleukos I. Nikator
reg. 486-465/64
reg. 312-281
Orontiden
Seleukiden
Samos II.
Antiochos VIII. Grypos
reg. um 130-100
reg. 125-98/97
Mithridates I. Kallinikos ∞ Laodike Thea Philadelphos reg. um 100-69
Philadelphe
Antiochos I. Theos ∞ Isias (Philostorgos?) reg. 69-ca. 36
Sohn
Mithridates II.
Antiochos II.
reg. um 36-20
reg. um 35-29
Antiochis
Orodes II. ∞ Laodike reg. 58/57-38/37 König d. Parther
Aka
Mithridates III.
Söhne
reg. 20-12
Antiochos III. reg. 12 v.-17 n. Chr.
Antiochos IV. reg. 38-72
Die Makkabäer/Hasmonäer Die Makkabäer / Hasmonäer Mattathias gest. 167/66
Johannes
Simon
gest. 161/60
reg. 143-135/34
Judas Makkabäus gest. 160
Eleazar gest. um 162
Jonathan reg. 153-143
Johannes Hyrkanos I. reg. 134-104
Judas Aristoboulos I.
Jonathan Alexander (Jannai) ∞ Salome Alexandra
reg. 104-103
reg. 103-76
Hyrkanos II.
Aristoboulos II.
reg. 67-66, 63-40 gest. 30
reg. 66-63 gest. 49
Alexander ∞ Alexandra Sohn d. Aristoboulos II. gest. 29
gest. 29/28
Herodes ∞ Mariamme reg. 40-4
1. Ehe m. Aristoboulos I. reg. 76-67
gest. 29/28
Mattathias Antigonos reg. 40-37
188
Stammbäume
Die Arsakiden Die Arsakiden
Teridates [?]
Aršak/Arsaces I. reg. 247-211
NN
Arsaces II. reg. 211-191
Priapatius reg. 191-176
Phraates I.
Mithridates I.
Artabanus I.
reg. 176-171
reg. 171-138
reg. 127-124
NN
Phraates II.
Mithridates II.
Gotarzes I.
reg. 138-127
reg. 123-88
reg. 95-90
Orodes I. reg. 90-80
Sinatruces
2 namentl. unbek. Könige (80er Jahre)
reg. 77-70
Phraates III. reg. 70-57
Mithridates III.
Orodes II.
reg. 57-54
reg. 57-38
Pacorus
Tiridates
Phraates IV.
reg. 29-25
reg. 38-2
Mithridates
Phraataces/Phraates V.
Vonones I.
reg. 2 v. Chr – 4 n. Chr.
reg. 8-12
Artabanus II.
reg. 10 v. Chr.
NN
Orodes III. reg. 6 n. Chr.
Tiridates II.
reg. 10-38
reg. 35-36
Vardanes I.
Gotarzes II.
reg. 40-47
reg. 40-51
Phraates reg. 35 n .Chr
Cinnamus reg. 37 n .Chr.?
Vonones II.
Meherdates
reg. 51
Vardanes II.
reg. 49 n .Chr
reg. 54-58
Vologeses I.
Vologeses II.
reg. 51-78
reg. 77-80
Pacorus II.
Artabanos III.
reg. 78-105
Parthamasiris
reg. 80-90
Exedares
Mithridates/Meeredates v. Mesene reg. um 131-150
Osroes I.
Vologeses III.
Mithradates IV.
reg. 109-129
reg. 105-147
reg. 129-140
unbek. König reg. 140
Parthamaspates reg. 116
Vologeses IV. reg. 147-191
Vologeses V.
Osroes II.
reg. 191-208
reg. 190
Vologeses VI.
Artabanus IV.
Tiridates III.
reg. 208-228
reg. 216-224
reg. 224-228?
Die Satrapen Baktriens unter Alexander d. Gr. und den ersten Diadochen
Die Die Könige vonIndien* Indien* Könige von Agathokles Dikaios
Pantaleon
reg. 190-180
reg. 190-185
E u t h y d e m i d e n
Amyntas reg. 327-323
Apollodotos I. reg. 180-160
Philippos reg. 323-321
Antimachos II. reg. 160-155
Stasonor von Soloi reg. 321-303/2
Menandros I. reg. 155-130
Stammbäume
Die Könige Baktrien Die Könige vonvonBaktrien
Seleukos I. Nikator reg. 305-281
Die Seleukidenherrscher
Zoilos I.
Antiochos I. Soter reg. 281-261
Agathokleia
reg. 130-120
reg. 130-125
Lysias
Straton I. reg. 125-110
reg. 120-110
Antialkidas I.
Antiochos II. Theos
reg. 115-95
reg. 261-246
Polyxenos Diodotos I. (Theos?)
reg. um 100
reg. n. 250-240?
Philoxenos
E u k r a t i d e n
Heliokles II. reg. 110-100
Demetrios III. reg. um 100
reg. 100-95
Die baktrischen Könige
Diodotos II. (Soter?) Euthydemos I. Theos (Usurpator) reg. 240?- um 230
reg. um 230-200 206 z. Anerkennung d. seleuk. Oberhoheit gezw.
?
Demetrios I. Aniketos reg. 200-185? Erob. v. Drangiane u. Arachosien
?
Diomedes
Amyntas
reg. 95-90
reg. 95-90
reg. 95-90
Theophilos
Peukolaos
Thrason
reg. um 90
reg. um 90
reg. um 90
Nikias
Menandros II.
Artemidoros
reg. 90-85
Hermaios Eukratides I. (Usurpator) Antimachos Theos Heliokles I. reg. 145-130
Demetrios II.
Euthydemos II.
reg. 90-70
reg. 185?- um 170
reg. ca. 170-ca. 145
reg. 90-85
?
reg. um 85
Archebios reg. 90-80
Maues (Indo-Skythe) Telephos
?
Epandros
reg. 75-70
Apollodotos II. reg. 80-65
Hippostratos reg. 65-55
Eukratides II.
Platon
Azes I. (Indo-Skythe)
Dionysios reg. 65-55
Zoilos II. reg. 55-35
Apollophanes reg. 35-25
Straton II. reg. 25 v. Chr. - 10 n. Chr.
189
* Abfolge und Regierungsjahre basieren ab Menandros fast ausschließlich auf Münzfunden. Die gleichen Regierungsdatierungen sind durch unterschiedliche Regierungsorte zu erklären. Die Könige der ersten beiden Namenskolumnen repräsentieren die Gebiete Paropamisades, Arachosien und Gandhara. Die Könige der letzten beiden Namenskolumnen repräsentieren die Gebiete Punjab-West und Punjab-Ost.
Abbildungsverzeichnis Einleitung
Ptolemaios III. (246–222/21 v. Chr.)
Abb. 1: © Staatliche Münzsammlung München (Foto: N. Kästner).
Abb. 1 a. b: Künker, Osnabrück, Kat. 216, Oktober 2012, 571 / Fritz Rudolf Künker GmbH & Co. KG, Osnabrück (Foto: Lübke & Wiedemann, Stuttgart).
Alexander der Große Abb. 1, 2: © Numismatische Bilddatenbank Eichstätt.
Die Satrapenstele von Ptolemaios (I.) Lagou
Das hellenistische Herrscherporträt
Abb. 1: © Hilmar Klinkott, Heidelberg.
Abb. 1: München, Staatliche Antikensammlungen und Glyptothek (Foto: R. Kühling). Abb. 2: Frankfurt am Main, Liebighaus Skulpturensammlung – ARTOTHEK.
Kleopatra VII. Thea Philopator (51–30 v. Chr.)
Das Diadem – königliches Symbol in hellenistischer Zeit
Abb. 1 a.b: © Staatliche Münzsammlung München (Fotos: N. Kästner).
Abb. 1, 2: © Staatliche Münzsammlung München (Fotos: N. Kästner).
Der genervte Beamte in der Schule. Ein ptolemäischer Erlass über die Zwangsverpachtung königlichen Landes
Das Antigonidenreich
Abb. 1, 2: © 2011 Musée du Louvre, Georges Poncet.
Abb. 1: bpk / The Metropolitan Museum of Art. Abb. 2: © Staatliche Münzsammlung München (Foto: N: Kästner).
Demetrios I. Poliorketes (306–282 v. Chr.) Abb. 1 a.b: © Staatliche Münzsammlung München (Fotos: N. Kästner). Abb. 2: Photothek des Museums für Abgüsse klassischer Bildwerke München.
Hellenistische Palastanlagen Abb. 1: © Angeliki Kottaridi, Edessa. Abb. 2: Aus: W. HELD, Die Residenzstädte der Seleukiden, in: Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts 117 (2002), 217–250, Abb. 8 mit freundlicher Genehmigung des Autors.
Das Ptolemäerreich Abb. 1 a.b: © Staatliche Münzsammlung München (Fotos: N. Kästner). Abb. 2: © Y. EL-MASRY / H. ALTENMÜLLER / H.-J. THISSEN, Das Synodaldekret von Alexandria aus dem Jahr 243 v. Chr. (2012), 27.
Das Seleukidenreich Abb. 1: © Staatliche Münzsammlung München (Foto: N. Kästner). Abb. 2: Staatliche Museen zu Berlin, Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Museum für Asiatische Kunst, Kunstsammlung Süd-, Südost- und Zentralasien (Foto: I. Papadopoulos).
Königsbriefe Abb. 1, 2: © H.-R. Goette, Berlin.
Antiochos III. der Große (223–187 v. Chr.) Abb. 1: © Staatliche Münzsammlung München (Foto: N. Kästner).
Frauen mit Mauerkrone: Stadtpersonifikationen und Stadtgöttinnen Abb. 1: Gipsabgüsse von Bronzestatuetten der Antiocheia in Paris, Bibliothèque Nationale (Foto: W. Klein, Bonn). Abb. 2 a.b: Tetradrachme von Seleukeia in Syrien (100/99 v. Chr.), Kunsthistorisches Museum Wien, Münzkabinett GR 35006.
191
Abbildungsverzeichnis Das Attalidenreich Abb. 1: R. LULLIES / M. HIRMER, Griechische Plastik. Von den Anfängen bis zum Beginn der Römischen Kaiserzeit (1979), Taf. 256. Abb. 2: © Boris Dreyer, Erlangen.
Der Große Altar von Pergamon Abb. 1: © Staatliche Museen zu Berlin, Stiftung Preußischer Kulturbesitz (Foto: J. Laurentius).
Eumenes II. Sōtēr (197–158 v. Chr.): Vom Günstling zum ungeliebten Bündnispartner der Römer Abb. 1: Hubert Lanz, München, Auktion 156, Juni 2013, Nr. 177 (Foto: A. Wühr). Abb. 2: Peter Palm, Berlin, nach einer Vorlage des Autors.
Kistophoren. Eine einzigartige Währung des Hellenismus Abb. 1–3: © Staatliche Münzsammlung München (Fotos: N. Kästner).
Die Könige von Syrakus Abb. 1 a.b: © Staatliche Münzsammlung München (Fotos: N. Kästner). Abb. 2: Foto: M. Dreher, Magdeburg.
Die Könige in Sparta Abb. 1 a.b: © Staatliche Münzsammlung München (Fotos: N. Kästner).
Die Kleinkönigreiche Bithynien, Pontos und Kappadokien Abb. 1, 2: © Cristian Emilian Ghiţă, Bukarest.
Kommagene – ein hellenistisches Königreich zwischen Taurus und Euphrat Abb. 1, 2: © Forschungsstelle Asia Minor im Seminar für Alte Geschichte der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.
Könige und Hohepriester. Das Reich der Hasmonäer in Judäa Abb. 1 a. b: http://www.flickr.com/photos/piedmont_fossil/6751993343/ (30.1.2014) © Mike Fitzpatrick. Abb. 2: © A. Hartmann, Augsburg.
Das Partherreich Abb. 1 a.b: © Staatliche Münzsammlung München (Fotos: N. Kästner).
Die Königreiche in Baktrien und Indien Abb. 1 a.b: Fritz Rudolf Künker GmbH & Co. KG, Osnabrück, Kat. 236, Oktober 2013, 186 (Foto: Lübke & Wiedemann, Stuttgart). Alle Karten: © Peter Palm, Berlin.
Die Autoren des Bandes Ernst Baltrusch ist Professor für Alte Geschichte an der Freien Universität Berlin. Alexander Boss ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Alte Geschichte der Universität Augsburg. Manfred Clauss war Professor für Alte Geschichte an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Steffen Diefenbach ist Juniordozent für politische Kulturen der Antike an der Universität Konstanz. Aike van Douwe ist Doktorand an der Professur für Alte Geschichte an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Martin Dreher ist Professor für die Geschichte des Altertums an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. Boris Dreyer ist Professor für Alte Geschichte an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Kay Ehling ist Oberkonservator an der Staatlichen Münzsammlung München und Professor für Alte Geschichte an der Universität Augsburg. R. Malcolm Errington war Professor für Alte Geschichte an der Philipps-Universität Marburg. Jörg-Dieter Gauger war Professor für Alte Geschichte an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Hans-Joachim Gehrke war Direktor des Deutschen Archäologischen Instituts in Berlin und Professor für Alte Geschichte an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau. Matthias Haake ist Akademischer Rat am Seminar für Alte Geschichte der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Andreas Hartmann ist Akademischer Rat am Lehrstuhl für Alte Geschichte der Universität Augsburg. Werner Huß war Professor für Alte Geschichte an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Volker Kästner ist Kustos an der Antikensammlung der Staatlichen Museen zu Berlin und Honorarprofessor an der Humboldt-Universität Berlin. Hilmar Klinkott ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Seminar für Alte Geschichte und Epigraphik der Universität Heidelberg. Thomas Kruse ist Universitätsdozent am Institut für Kulturgeschichte der Antike (Abteilung Documenta Antiqua) der Österreichische Akademie der Wissenschaften in Wien. Wolfgang Leschhorn ist Professor für Alte Geschichte am Historischen Seminar der Technischen Universität Braunschweig. Andreas Luther ist Professor für Alte Geschichte an der Universität Kiel. Jürgen Malitz war Professor für Alte Geschichte an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Marion Meyer ist Professorin für Klassische Archäologie an der Universität Wien. Christoph Michels ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Alte Geschichte der RWTH Aachen. Christian Mileta ist Professor für Alte Geschichte an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Martin Müller ist Absolvent des Master-Studiengangs Europäische Kulturgeschichte an der Otto-vonGuericke-Universität Magdeburg. Stefan Pfeiffer ist Professor für Alte Geschichte an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Klaus Scherberich ist Professor für Alte Geschichte an der RWTH Aachen. Christopher Schliephake ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Alte Geschichte der Universität Augsburg. Hatto H. Schmitt war Professor für Alte Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Harald Schulze ist Wissenschaftlicher Referent an der Archäologischen Staatssammlung München. Gregor Weber ist Direktor des Instituts für Europäische Kulturgeschichte und Professor für Alte Geschichte an der Universität Augsburg. Engelbert Winter ist Professor für Alte Geschichte an der Forschungsstelle Asia Minor im Seminar für Alte Geschichte der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.