331 96 10MB
German Pages 1209 [1210] Year 2021
Stöber/Otto
Handbuch zum Vereinsrecht
.
Handbuch zum Vereinsrecht begründet von
Kurt Stöber † fortgeführt von
Dr. Dirk-Ulrich Otto Notar a.D. Leipzig
12., neu bearbeitete Auflage 2021
Zitierempfehlung: Stöber/Otto, Handbuch zum Vereinsrecht, 12. Aufl. 2021, Rz. …
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel. 02 21/9 37 38-01, Fax 02 21/9 37 38-943 [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 978-3-504-40105-4 ©2021 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeiche rung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungs beständig und umweltfreundlich. Einbandgestaltung: Lichtenford, Mettmann Satz: WMTP, Birkenau Druck und Verarbeitung: Kösel, Krugzell Printed in Germany
Vorwort zur 12. Auflage Regierungsdirektor a.D. Kurt Stöber (29.8.1928–1.4.2016) hat nicht nur dieses Handbuch begründet. Er hat gleich mehrere Standardwerke anderer Rechtsgebiete entscheidend geprägt.1 Zahlreiche seiner Studenten aus 25-jähriger Lehrtätigkeit werden mittlerweile selbst aus dem Ruhestand auf eine erfolgreiche Laufbahn als Rechtspfleger zurückblicken. Das Selbstverständnis dieses verantwortungsvollen Berufs hat er im Entstehungsprozess zum heutigen Rechtspflegergesetz und in der Verbandsarbeit mit geprägt. Die Register sind im Zusammenspiel von Rechtspfleger und Notar in guten Händen, dazu hat das Lebenswerk von Herrn Stöber sicher beigetragen. Aus gutem Grund hat Stöber das Grundrecht der Vereinsfreiheit an die Spitze dieses Handbuchs gestellt, obwohl das öffentliche Vereinsrecht hier allenfalls gestreift werden kann. Im Vereinsleben zeigt sich die ganze Bandbreite der Gesellschaft. Ihre Vielfalt ist schützenswert. Zur Entstehungszeit des Bürgerlichen Gesetzbuchs blickte ein Obrigkeitsstaat argwöhnisch auf republikanische Umtriebe der Vereine. Das ist längst vorbei. Die integrierende Wirkung in sich demokratisch organisierter Vereine für die Gesellschaft ist anerkannt. Ebenso der hohe Stellenwert ehrenamtlicher Betätigung, auch wenn sich das Steuer- und Sozialversicherungsrecht gelegentlich damit schwertun. Heute ist die nicht zuletzt in Vereinen organisierte Zivilgesellschaft ihrerseits aufgerufen, wachsam den demokratischen Rechtsstaat des Grundgesetzes zu schützen. Er scheint dazu selbst nicht immer in der Lage: „Es verbleibt (…) lediglich eine begrenzte Zahl von Gewalttaten unter Beteiligung von Mitgliedern und Anhängern der Antragsgegnerin, die aber nicht ausreichen, um ihr eine Grundtendenz zur Durchsetzung ihrer verfassungsfeindlichen Absichten mit Gewalt (…) nachweisen zu können (…). Der Senat verkennt nicht, dass die von einem einschüchternden, gezielt provokativen oder die Grenzen der Strafbarkeit überschreitenden Verhalten der Mitglieder oder Anhänger der Antragsgegnerin Betroffenen sich in ihrer verfassungsrechtlich gewährleisteten Meinungsäußerungs- und Handlungsfreiheit schwer und nachhaltig beeinträchtigt sehen können. Ausmaß, Intensität und Dichte derartiger Vorfälle überschreiten (…) die aus den dargelegten Gründen hohe Schwelle eines Parteiverbots nach Art. 21 Abs. 2 GG jedoch nicht, da die Antragsgegnerin zu einer prägenden Einflussnahme auf den politischen Prozess nicht in der Lage ist.“2 Es ist auch an den Vereinen, für die dieses Handbuch geschrieben ist, allen Tendenzen zu demonstrativer Intoleranz, Hysterie, gedankenlosen Vergleichen, menschenverachtende Pöbeleien und persönlichen Verunglimpfungen entgegenzutreten. Ehe deren Protagonisten so wirkmächtig werden, dass ein Verbot vielleicht rechtlich zulässig, aber faktisch kaum noch durchsetzbar ist. Auch eine „begrenzte Zahl von Gewalttaten“ ist zu viel.
1 Würdigung: Vollkommer, NJW 2003, 2511. 2 BVerfG, Urt. v. 17.1.2017 – 2 BvB 1/13, BVerfGE 144, 20–369, Rz. 970, 1008.
V
Vorwort zur 12. Auflage
Denn: „Die Ereignisse von 1933 bis 1945 hätten spätestens 1928 bekämpft werden müssen. Später war es zu spät. Man darf nicht warten, bis der Freiheitskampf Landesverrat genannt wird. Man darf nicht warten, bis aus dem Schneeball eine Lawine geworden ist. Man muss den rollenden Schneeball zertreten. Die Lawine hält keiner mehr auf.“1 Haltung zu zeigen ist möglich. Auch ein gänzlich unpolitischer Verein kann sich in seiner Satzung auf freiheitlich-demokratische Werte festlegen und Personen den Beitritt verwehren, die rassistischen und extremistischen Organisationen angehören. Mitglieder, die sich zu diesen Grundsätzen gerade nicht bekennen, kann er auch dann ausschließen, wenn sie zum Zeitpunkt der satzungsmäßigen Festlegung bereits dem Verein angehörten.2 Seit Erscheinen der Vorauflage hat sich wieder einiges getan im Vereinsrecht. Viele Gerichtsentscheidungen finden sich im Handbuch nachgezeichnet und in praktische Hinweise umgesetzt. Die größte Bedeutung haben dabei sicherlich die „Kita–Entscheidungen“ des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2017: Die Abgrenzung eines wirtschaftlichen vom nichtwirtschaftlichen Verein erscheint dadurch unter neuem Blickwinkel. Die Erläuterungen zum Datenschutz wurden erweitert und finden sich nun in einem eigenen Überblickskapitel. Im Zuge des Inkrafttretens der EU-Datenschutzgrundverordnung haben sich verdienstvollerweise mehrere Datenschutzbehörden der Länder der praktischen Probleme angenommen, die sich für die Vereinsarbeit stellen. Auf deren unschwer aufzufindenden und frei zugänglichen Internetangebote sei für datenschutzrechtliche Detailfragen und auch Muster daher ausdrücklich verwiesen. Neu ist auch ein Abriss zum Transparenzregister, soweit es den Verein betreffen kann. An allen relevanten Stellen eingestreut und hoffentlich nur für eine Übergangszeit relevant finden sich Hinweise zum Vereinsrecht unter den Bedingungen der Pandemie. Letzte Änderungen auf diesem Feld sind bis Jahresende 2020 berücksichtigt, im Übrigen ist das Buch auf dem Stand Herbst 2020. Allen aufmerksamen Nutzern danke ich bereits jetzt für Hinweise auf etwaige Ungenauigkeiten und Ergänzungsbedarf an die Adresse des Verlags ([email protected]). Leipzig im Januar 2021
Dirk-Ulrich Otto
1 Erich Kästner, sein oft genanntes Zitat ebenso wie zentrale Formulierungen des vorherigen Absatzes hier nach: Verbranntes Wissen? Gedenkrede des Bundestagspräsidenten Norbert Lammert zum 80. Jahrestag der Bücherverbrennung an der Humboldt-Universität am 10.5.2013. Online-Abruf 1.10.2020: https://www.bundestag.de/parlament/praesidium/re den/2013/006-255286. 2 Pressemitteilung des OLG Schleswig v. 16.12.2020 zu 9 U 238/19.
VI
Inhaltsübersicht Seite
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
V
Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
VII
Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XXIX
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXXV Rz.
Seite
I. Vereinigungsfreiheit und Vereinsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
1
II. Der Verein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
7
III. Die Gründung des Vereins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23
15
IV. Die Satzung des Vereins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
37
25
V. Der Zweck des Vereins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
61
43
VI. Der Name des Vereins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
159
121
VII. Der Sitz des Vereins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
186
135
VIII. Eintragung, Anerkennung und Wechsel des Vereinstyps . . . . . .
208
145
IX. Die Vereinsmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
236
157
X. Die Mitgliedschaft, Rechte und Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . .
378
215
XI. Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit . . . . . . . . . . . .
443
245
XII. Fakultative Vereinsorgane und Hilfspersonen . . . . . . . . . . . . . .
658
341
XIII. Haftungsverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
725
373
XIV. Die Mitgliederversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
776
399
XV. Abstimmungen, Wahlen, Beschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
958
485
XVI. Beurkundung der Beschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1067
539
XVII. Satzungsänderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1091
553
XVIII. Geschäftsordnungen, Nebenordnungen, Vereinsordnungen . . . .
1147
575
XIX. Das Vereinsstrafrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1159
583
XX. Der Verein im Prozess, in der Zwangsvollstreckung und in der Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1228
615
XXI. Umwandlung unter Beteiligung eines Vereins . . . . . . . . . . . . . .
1261
633
VII
Inhaltsübersicht Rz.
Seite
XXII. Auflösung und sonstiges Erlöschen des Vereins . . . . . . . . . . . .
1326
655
XXIII. Spitzenorganisation, Untergliederungen . . . . . . . . . . . . . . . . .
1402
681
XXIV. Das Vereinsregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1424
691
XXV. Ausgewählte Registeranmeldungen und Eintragungen . . . . . . .
1523
725
XXVI. Weitere Registerverfahren und Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1648
775
XXVII. Transparenzregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1732
807
1749
815
IXXX. Steuerrechtliche Hinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1818
839
XXVIII. Der nicht eingetragene Verein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XXX. Hinweise zum Datenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1887
873
A. Satzungsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1943
900
B. Zuständige Gerichte und Behörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1946
907
C. Gesetzestexte und Steuervorschriften. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1948
920
D. Sonderrecht und Hinweisschreiben „Covid-19“ . . . . . . . . . . . . . . . . 1965
1126
E. Muster für Zuwendungsbestätigungen mit Hinweisen des BMF . . . . . 1968
1140
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1149
Anhang
VIII
Inhaltsverzeichnis Seite
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
V
Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
VII
Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XXIX
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXXV Rz.
Seite
1 4
1 3
I. Vereinigungsfreiheit und Vereinsrecht 1. Vereinigungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Verein 1. Der Verein als Personenvereinigung . . . . . . 2. Vereinstypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Unterscheidungskriterien . . . . . . . . . . . b) Rechtsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Organe des Vereins . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Großverein, Verband und Untergliederung . 5. Politische Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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7 9 9 13 16 17 18
7 8 8 10 11 12 13
1. Die Gründer und ihr Gründungsvertrag (§§ 21, 22, 25, 57, 58 BGB) a) Gründungsakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gründerzahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gründerfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Gründungsvorstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Willensmängel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gründervereinigung, Vorverein (§§ 21, 54, 705 ff. BGB) . . . . . . . . a) Werdegang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vorgründungsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vorverein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Eintragung oder Konzession . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Muster für eine Niederschrift über die Gründung des Vereins . . . .
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23 23 24 25 28 29 30 30 31 32 34 36
15 15 16 16 18 18 19 19 19 21 22 23
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37 37 39 44 47 47 49
26 26 27 29 32 32 33
III. Die Gründung des Vereins
IV. Die Satzung des Vereins 1. Die Satzung als Teil der Vereinsverfassung (§§ 25, 40 BGB) . a) Gesetz und Satzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Satzungsautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Besonderheiten aus Art. 4 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Inhalt der Satzung (§§ 25, 57–59 BGB) . . . . . . . . . . . . a) Mindestinhalte bei Eintragungsabsicht . . . . . . . . . . . . . b) Grundbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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IX
Inhaltsverzeichnis Rz.
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51 51 52 54 54 55 57 57 58 60
33 33 33 36 36 37 38 38 39 41
1. Der Vereinszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verbotene Vereinszwecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Niederlegung in der Satzung (§ 57 BGB) . . . . . . . . . . . . . . d) Überschreiten des Satzungszweckes . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Idealverein und wirtschaftlicher Verein (§§ 21, 22 BGB) . . . . . a) Bedeutung der Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schutzhintergrund der Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kriterien der Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) „Finalität“ statt „Nebenzweckprivileg“ . . . . . . . . . . . . . . . e) Verhältnis zur steuerlichen Gemeinnützigkeit . . . . . . . . . . f) Prüfprogramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Selbständige Gesellschaften als Vereinsuntergliederung . . . h) Beispiele aus Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . 3. Der gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zweck (§§ 51–68 AO 1977) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Voraussetzungen einer Steuerbegünstigung . . . . . . . . . . . . b) Gemeinnützige Zwecke (§ 52 AO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Mildtätige Zwecke (§ 53 AO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Kirchliche Zwecke (§ 54 AO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Satzungsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Einige besondere Vereinszwecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Agrarorganisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse . . . . . . . . . . . . . . c) Genossenschaftlicher Prüfungsverband . . . . . . . . . . . . . . . d) Jugendhilfevereine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Lohnsteuerhilfeverein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Naturschutzverbände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Umweltgutachterorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Schießsportliche Vereine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i) Betreuungsvereine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . j) Profisportvereine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . k) Bürgerschaftlich motivierte Kleinstkooperativen, Dorfläden
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61 61 62 65 66 68 68 71 75 89 94 99 101 105
46 46 47 49 50 50 50 52 55 64 68 72 73 78
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107 107 113 126 130 132 136 136 140 144 145 146 148 149 150 151 152 155
90 90 92 101 102 103 109 109 111 112 112 112 113 114 115 115 115 118
3. Die Satzungsurkunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Form der Satzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Auslagerung von Texten und Verweise . . . . . . 4. Auslegung der Satzung und gelebtes Vereinsrecht . a) Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die sog. Vereinsobservanz . . . . . . . . . . . . . . 5. Willensmängel und Inhaltskontrolle, Fehlerfolgen a) Willensmängel der Gründer . . . . . . . . . . . . . b) Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Einzel- und Gesamtnichtigkeit . . . . . . . . . . . .
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V. Der Zweck des Vereins
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Inhaltsverzeichnis Rz.
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VI. Der Name des Vereins . . . . . . . . . . . . . . .
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159 159 161 164 165 172 174 176 176 178 179 179 181 183 185
121 121 122 123 124 128 129 130 130 130 131 131 132 132 133
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186 186 189 193 195 195 197 198 199 199 203 206
135 135 136 137 138 138 139 139 140 140 142 143
1. Eintragung des nicht wirtschaftlichen Vereins . . . . . . . . . . . a) Gründungssatzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtsformwechsel des nicht eingetragenen Vereins . . . . 2. Anerkennung des wirtschaftlichen Vereins . . . . . . . . . . . . . 3. Nachträglicher Verzicht auf Eintragung oder Konzession . . . a) „Verzicht auf die Rechtsfähigkeit“ . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Identitätswahrender Typwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beschlussfassung und Wirksamwerden . . . . . . . . . . . . . 4. Verlust der Eintragung durch Rechtsformverfehlung . . . . . . 5. Rechtsformwandel des Idealvereins in einen wirtschaftlichen Verein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Rechtsformwandel des wirtschaftlichen Vereins in einen Idealverein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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208 208 211 216 220 220 223 224 228
145 145 146 147 149 149 150 151 153
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230
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233
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1. Der Name als Kennzeichnung des Vereins (§§ 25, 57 BGB) a) Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Namensbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kurzform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Namenswahrheit, Namensklarheit . . . . . . . . . . . . . . . e) Unterscheidbarkeit (§ 57 Abs. 2 BGB) . . . . . . . . . . . . . f) Prüfung unzulässiger Namenswahl . . . . . . . . . . . . . . . 2. Namenszusatz „eingetragener Verein“ (§ 65 BGB) . . . . . . . a) Registereintragung, Teil des Vereinsnamens . . . . . . . . . b) Vertreterhandeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Namensschutz (§ 12 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Weitere Grenze der Namensbildung . . . . . . . . . . . . . . b) Namensschutz des eingetragenen Vereins . . . . . . . . . . c) Registerverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Name einer Partei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Der Sitz des Vereins 1. Vereinssitz (§§ 24, 25, 57 Abs. 1 BGB) . . . . . . . . . a) Begriff und Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ein bestimmter Ort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Andere Zuständigkeitsanknüpfungen . . . . . . . 2. Festlegung und Änderung des Vereinssitzes . . . . . a) Satzungsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Änderung des Sitzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Fehlender Satzungssitz . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vereine mit Auslandsbezug . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gründung im Ausland, „Zuzug“ . . . . . . . . . . . b) Gründung im Inland, „Wegzug“ . . . . . . . . . . . c) Gründung im Ausland, Tätigkeitsfeld im Inland
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VIII. Eintragung, Anerkennung und Wechsel des Vereinstyps
XI
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236 236 238 242 244 247 247 249 253 258 265 265 266 273 277 285 288 292 293 295 296 296 299 310 312 312 316 320 323 327 331 331 333 339 344 349 350 350 357
158 158 158 160 160 161 161 162 166 167 169 169 169 172 174 176 177 178 179 179 180 180 181 187 188 188 189 191 192 194 196 196 197 199 201 203 204 204 205
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360 366
206 211
..... ..... .....
367 373 375
211 212 213
IX. Die Vereinsmitglieder 1. Die Mitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Mitglieder des Vereins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Eignung zur Mitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ausländerverein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die Rechtsstellung als Vereinsmitglied . . . . . . . . . . . . . . 2. Mitgliedergruppen und Sonderrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anerkannte Differenzierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Sonderrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ehrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Eintritt der Mitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Erwerb der Mitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Eintritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Eintrittserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Aufnahmeverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Fehler des Aufnahmevertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Geschäftsunfähige, Minderjährige, Betreute . . . . . . . . . . . g) Juristische Personen, Handelsgesellschaften . . . . . . . . . . . h) Einzelmitgliedschaft in einem Verband . . . . . . . . . . . . . . i) Politische Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Anspruch auf Aufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vereinigungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Aufnahmeanspruch gegenüber bestimmten Vereinen . . . . c) Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) . . . . . . . . . 5. Austritt der Mitglieder (§ 39 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Recht auf Austritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Austrittserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zeitliche Beschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Sofortiger Austritt bei wichtigem Grund . . . . . . . . . . . . . e) Folgen des Austritts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Ausschluss aus dem Verein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ausschließungsbeschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ausschluss als Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Ausschluss als Vereinsstrafe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Sonstiges Erlöschen der Mitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ruhen der Mitgliedschaft (§§ 25, 38, 39, 40 BGB) . . . . . . . b) Streichung der Mitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beendigungsautomatismus/Fehlen von Aufnahmevoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Tod des Mitglieds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Beendigung von Mitgliedsgesellschaften und juristischen Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Ausscheiden bei Teilung des Vereins . . . . . . . . . . . . . . . g) Weitere Hinweise zum Erlöschen der Mitgliedschaft . . . . . XII
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378 378 379 381 381
216 216 216 218 218
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385 391 392 400 403 405 406 409 409 411 413 419 421 423 427 435 438 442
218 221 221 224 227 228 228 230 230 231 232 234 236 236 238 240 241 243
1. Das Amt des Vereinsvorstands (§§ 26, 58 Nr. 3 BGB) . . . . . . . . . . . a) Notwendiges Vertretungsorgan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Regelmäßiges Geschäftsführungsorgan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Abgrenzung zum erweiterten Vorstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Aufgaben und Befugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Mehrere Personen als Vorstand (§§ 26, 58 Nr. 3 BGB) . . . . . . . . . . a) Mehrgliedriger Vorstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Personalunion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verhinderungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Keine alternative Bildung und kein alternatives Vertretungsrecht des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Ersatzmitglieder und Ersatzberufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Satzungsbestimmung über den Vorstand (§§ 26, 58 Nr. 3 BGB) . a) Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beispiele (auch zur Vertretungsregelung) . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Hinweise zur Vertretungsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Bestellung des Vorstands (§§ 27, 40 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vorstandsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
443 443 444 446 448 451 451 455 457
247 247 247 248 249 250 250 251 253
461 463 465 465 468 469 472 472 473
255 256 257 257 258 259 261 261 261
X. Die Mitgliedschaft, Rechte und Pflichten 1. Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtliche Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schutz der Mitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Höchstpersönlichkeit der Mitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . . . . a) Persönliche Ausübung der Mitgliedsrechte (§ 38 S. 2, § 40 BGB) b) Übertragung und Vererbung der Mitgliedschaft (§ 38 S. 1, § 40 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechte und Pflichten aus der Mitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gleichbehandlung und Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Mitverwaltungsrechte, Rechte im Verein . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vorteilsrechte, Rechte an Vereinsleistungen . . . . . . . . . . . . . . d) Vermögensrechte, Rechte am Vereinsvermögen . . . . . . . . . . . e) Mitgliederpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Insbesondere die Beitragspflicht (§§ 25, 58 Nr. 2 BGB) . . . . . . . . . a) Vereinsbeitrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Umlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beitragsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Beitragserhöhung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Beitragsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Beitragsstaffeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Fälligkeit und Einziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Beendigung der Beitragspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i) Mitgliederdarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . j) Mitgliedsbeitrag einer Partei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XI. Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit
XIII
Inhaltsverzeichnis
5.
6.
7.
8. 9. 10.
XIV
c) Bestellungsakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Annahme der Wahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Bedingte Vorstandsbestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Vorstandsbestellung in der Satzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Amtsdauer (§ 27 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Beginn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beendigung durch Fristablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Abberufung des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Wahl des Nachfolgers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Niederlegung des Amts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Wegfall von persönlichen Wählbarkeitsvoraussetzungen . . . . . . g) Andere Beendigungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Der Vorstand nach Ausscheiden einzelner Mitglieder . . . . . . . . Vertretungsmacht des Vorstands (§§ 26, 164 BGB) . . . . . . . . . . . . a) Grundsatz unbeschränkter Vertretungsmacht . . . . . . . . . . . . . . b) Begrenzung aus der Organzuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Begrenzung aus dem Vereinszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Verbot der In-sich-Geschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Kein Missbrauch der Vertretungsmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Beschränkung durch die Satzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Vertretung bei Empfang einer Willenserklärung und im Wissen . h) Bindung an Weisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i) Fassung der Satzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Geschäftsführung des Vorstands (§ 27 Abs. 3, §§ 32, 40, 664–670 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Recht und Pflicht zur Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Allzuständigkeit und Ressortbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Bindung an Weisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Vereinsvermögensverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Kassenaufzeichnungen, Belegaufbewahrung . . . . . . . . . . . . . . . f) Steuerliche Aufzeichnungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Öffentlich-rechtliche Zahlungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Auskunftspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i) Herausgabepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . j) Aufwendungsersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . k) Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verantwortlichkeit des Vorstands, Entlastung . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verantwortlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Entlastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Anstellungsvertrag des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der mehrgliedrige Vorstand (§ 28 Abs. 1, §§ 32, 34, 40 BGB) . . . . . a) Der mehrgliederige Vorstand als Organ . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verhältnis von Vertretung, Geschäftsführung, Beschlussverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Regelung der Aktivvertretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ausübung des Vertretungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Geschäftsgang und Willensbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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480 486 490 493 494 494 495 504 510 511 518 519 520 524 524 527 528 529 531 533 542 546 547
264 267 268 270 270 270 271 275 278 278 282 282 283 284 284 285 286 287 288 289 293 294 295
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554 554 556 560 564 566 568 574 576 581 582 587 593 593 597 602 605 605
297 297 298 300 301 302 303 304 304 306 306 308 310 310 311 314 316 316
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606 611 617 621
316 318 320 322
Inhaltsverzeichnis
11. Vorstandsbestellung durch das Amtsgericht (§ 29 BGB) . . . . a) Fehlende Mitglieder des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . b) Dringlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Verfahren und Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Stellung und Aufgaben des Ernannten . . . . . . . . . . . . . . f) Beendigung des Amtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Liquidator, besonderer Vertreter und Geschäftsführungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12. Der Vorstand einer politischen Partei . . . . . . . . . . . . . . . .
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656 657
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XII. Fakultative Vereinsorgane und Hilfspersonen 1. Die Vorstandschaft (§§ 25, 40 BGB) . . . . . . . . . . . . a) Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Satzungsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Andere fakultative Vereinsorgane . . . . . . . . . . . . . a) Einsetzung und Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Amtsausübung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechnungsprüfer und Revision . . . . . . . . . . . . . . . 4. Datenschutzbeauftragter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Straf- und Schiedsorgane . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Besonderer Vertreter (§ 30 BGB) . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtsstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Selbständiger Geschäftskreis . . . . . . . . . . . . . . . c) Vertretungsmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Bestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Registereintrag bzw. Nachweis im Rechtsverkehr 7. Geschäftsführer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Maßgeblichkeit der Satzung . . . . . . . . . . . . . . . b) Vertretungsmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Vorstandsbevollmächtigte (§§ 164 ff. BGB) . . . . . . . 9. Hilfspersonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Verein als Arbeitgeber . . . . . . . . . . . . . . . . b) Mindestlohn oder Ehrenamt? . . . . . . . . . . . . . . c) Praktikanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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658 658 661 664 664 667 671 674 683 692 693 693 697 700 701 702 705 705 707 710 715 716 719 724
342 342 343 344 344 346 347 348 352 355 356 356 358 359 359 360 361 361 362 363 364 365 367 371
1. Die Haftung des Vereins (§§ 21, 22, 31, 164 BGB) . . . . . . . . . . . a) Haftung der juristischen Person . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Schadenshaftung des Vereins für Handlungen seiner Organe a) Haftungszuweisung an den Verein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Haftungsvertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Betätigung als Repräsentant . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Haftungsbegründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . .
725 725 726 727 727 732 735 737
375 375 375 376 376 378 379 380
XIII. Haftungsverfassung
XV
Inhaltsverzeichnis Rz.
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. . . . . . . . . . . . .
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. . . . . . . . . . . . .
741 744 746 746 750 756 756 761 765 768 770 772 773
381 382 384 384 386 389 389 390 392 393 394 395 395
1. Grundsätzliches zur Mitgliederversammlung (§ 32 BGB) . . . . . . a) Stellung und Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Satzungsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ersetzen der Versammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) „Virtuelle“ bzw. Internet-Versammlung, Videokonferenz etc. 2. Berufung der Mitgliederversammlung (§ 32 Abs. 1, §§ 36, 37, 58 Nr. 4 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einberufungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Absetzen der Versammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Muster für die Berufung einer Mitgliederversammlung . . . . . 3. Berufung der Versammlung durch eine dazu ermächtigte Minderheit (§ 37 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Antragsteller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einberufungsbegehren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Form der Berufung (§§ 32, 36, 58 Nr. 4 BGB) . . . . . . . . . . . . . . a) Satzungsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Eindeutigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Bekanntmachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Einberufungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Einberufungsmängel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Ort und Zeit der Versammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Versammlungsort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Versammlungszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Jugendliche Veranstaltungsteilnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . d) Weitere Versammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Tagesordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bestimmtheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . .
. . . . .
776 776 780 783 786
400 400 402 403 406
. . . . . .
. . . . . .
793 793 795 798 808 809
415 415 416 416 419 420
. . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . .
810 810 811 815 830 830 834 842 845 848 850 850 852 855 856 858 858 861
421 421 422 423 429 429 431 435 436 438 439 439 440 442 442 443 443 445
e) Anspruchsberechtigte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Gesetzliche Unfallversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Haftung der Handelnden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Persönliche Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gesamtschuldnerausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Erleichterungen bei ehrenamtlicher Tätigkeit . . . . . . . . . . a) § 31a und § 31b BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Begünstigte Personen und Tätigkeiten . . . . . . . . . . . . c) Unentgeltlichkeit bzw. Entgeltgrenze . . . . . . . . . . . . . d) Haftungserleichterung gegenüber dem Verein . . . . . . . e) Haftungserleichterung gegenüber anderen Mitgliedern . f) Freistellungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Sozial- und steuerrechtliche Haftung . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . .
XIV. Die Mitgliederversammlung
XVI
Inhaltsverzeichnis
7.
8.
9.
10.
11.
c) Ankündigung von Satzungsänderungen . . . . . . . . . . . . . . d) Mitgliederanträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Teilnahmeberechtigung (§§ 32, 40 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . a) Mitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vertretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gäste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Abstimmungsteilnahme Nichtberechtigter . . . . . . . . . . . . . Leitung der Versammlung (§§ 32, 40 BGB) . . . . . . . . . . . . . . a) Versammlungsleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ersatzbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Abwahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Aufgaben und Befugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verlauf der Versammlung (§§ 32, 40 BGB) . . . . . . . . . . . . . . a) Entscheidungen im Versammlungsablauf . . . . . . . . . . . . . b) Eröffnung der Versammlung, Beschlussfähigkeit . . . . . . . . c) Die Tagesordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Dringlichkeits- und Initiativanträge . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Beratung, Wortmeldungen, Worterteilung, Reihenfolge der Redner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Verkündung der Beschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Schluss der Versammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Delegiertenversammlung (§§ 25, 32, 38, 40 BGB) . . . . . . . . . . a) Satzungsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Delegiertenschlüssel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Berufung auf Minderheitenantrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die Delegierten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Verein mit Untergliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Versammlungsteilnahme der Vereinsmitglieder . . . . . . . . . g) Änderung der Satzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Politische Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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. . . . . . . . . . . . . . . . .
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866 875 878 878 881 885 886 888 888 890 893 894 898 898 906 908 913
447 450 451 451 452 455 455 456 456 456 457 458 460 460 464 465 467
. . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . .
919 926 931 935 937 937 940 942 943 949 950 951 956
469 472 473 475 476 476 478 479 479 481 482 482 484
. . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . .
958 958 964 966 967 970 973 977 997 1004 1008 1010 1010
486 486 489 490 490 492 493 494 504 509 510 511 511
XV. Abstimmungen, Wahlen, Beschlüsse 1. Die Abstimmungen (§§ 32–35, 40, 41 BGB) . . . . . . . . . . . . a) Beschlussfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussfassung und Stimmabgabe . . . . . . . . . . . . . . . c) Probeabstimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Art der Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Stimmabgabe Abwesender . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Auszählung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Stimmenmehrheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Stimmrechtsausschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i) Stimmrechtsübertragung und Vollmacht (§ 38 S. 2 BGB) j) Stimmanfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Abstimmung bei Wahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wahlvorschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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XVII
Inhaltsverzeichnis
b) Einzelwahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gesamtwahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zusammengefasste Wahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Andere durch die Satzung einzuführende Wahlverfahren . . . . f) Neue Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Stimmrechtsausübung in Sonderfällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Minderjährige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Betreute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Der Geschäftsunfähige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Juristische Personen des Privatrechts, Personengesellschaften . e) Bund, Länder, Gemeinden usw. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Mehrfachstimmrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Unwirksame (nichtige) Beschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Fälle der Nichtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Einschränkung in besonderen Fällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Geltendmachung von Beschlussmängeln . . . . . . . . . . . . . . . 5. Nochmalige Abstimmung über den gleichen Gegenstand in einer späteren Versammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Rz.
Seite
. . . . . . . . . . . . . . . . .
1011 1017 1023 1028 1032 1033 1033 1037 1038 1039 1045 1046 1047 1047 1049 1052 1058
511 515 518 518 521 522 522 523 524 524 526 526 527 527 529 530 533
.
1064
536
XVI. Beurkundung der Beschlüsse 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.
Bedeutung und Form der Niederschrift (§§ 25, 58 Nr. 4 BGB) . Der Inhalt der Niederschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zeit und Art der Anfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster einer Versammlungsniederschrift . . . . . . . . . . . . . . . Genehmigung durch eine spätere Versammlung . . . . . . . . . . Beweiskraft der Niederschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berichtigung einer Niederschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Strafbarkeit bei Falschbeurkundung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einsicht durch Mitglieder, Erteilung einer Abschrift . . . . . . . .
. . . . . . . . .
. . . . . . . . .
. 1067 . 1072 . 1078 . 1081 . 1082 . 1083 . 1086 . 1088 . 1089
539 541 544 545 547 548 549 550 550
Zulässigkeit (§§ 33, 40, 71 Abs. 1 S. 1 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . Verfahren (§§ 32, 33, 40 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirksamwerden der Satzungsänderung (§ 71 Abs. 1 BGB) . . . . Aufhebung der Satzungsänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die einzelnen Satzungsänderungen (§§ 33, 35, 40 BGB) . . . . . . a) Abgrenzung der Satzungsänderung zum einfachen Beschluss b) Änderung im Gründungsstadium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Änderung des Vereinszwecks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Name des Vereins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Der Sitz des Vereins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Änderung von Mitgliederrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Neufassung der gesamten Satzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . .
1091 1094 1102 1106 1107 1107 1109 1111 1123 1124 1126 1129 1129 1131
553 554 557 559 559 559 560 560 565 566 566 567 567 568
XVII. Satzungsänderungen 1. 2. 3. 4. 5.
XVIII
Inhaltsverzeichnis
c) Redaktionelle Anpassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Vereinsregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Satzungsdurchbrechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Rz.
Seite
1135 1138 1140
569 571 571
XVIII. Geschäftsordnungen, Nebenordnungen, Vereinsordnungen . . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
1147 1148 1148 1148 1150 1151 1154
575 575 576 577 578 579 581
1. Die „Vereinsstrafe“ als Vereinsverfassung (§§ 25, 40 BGB) . . a) Vereinsstrafgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Geltungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vereinsverband . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Einbeziehung von Nichtmitgliedern . . . . . . . . . . . . . . . e) Satzungszwang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Einhebung einer Vereinsstrafe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Satzungsbestimmung über die Ordnungsstrafgewalt . . . . . . a) Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zulässige Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Rückwirkungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Sanktionsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Regelungsgrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Das vereinsrechtliche Bestrafungsverfahren . . . . . . . . . . . . a) Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verfahrensgrundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Interne Rechtsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Ausübungsgrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Ausschluss als Vereinsstrafe (§§ 25, 32, 40, 58 Nr. 1 BGB) 4. Gerichtliche Nachprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Prüfungsumfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Insbesondere der Vereinsausschluss . . . . . . . . . . . . . . . c) Monopolverein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zulässigkeit eines staatlichen Verfahrens . . . . . . . . . . . . e) Entscheidungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Überprüfung einer Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Politische Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anforderungen an die Satzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Parteischiedsgericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1159 1159 1161 1164 1168 1173 1176 1178 1178 1179 1180 1182 1183 1185 1187 1187 1191 1194 1196 1198 1200 1204 1204 1210 1213 1215 1220 1224 1225 1225 1227
585 585 585 586 587 591 592 593 593 593 594 595 596 597 598 598 599 601 602 603 603 604 604 607 608 609 610 612 612 612 613
1. Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Abgrenzung zur Satzung . . . . . . . . . . . . . . . . b) Regelwerke im Rang unter der Satzung . . . . . . c) Materielle Satzungsqualität . . . . . . . . . . . . . . d) Regelungsgegenstände einer Vereinsordnung . . 2. Aufstellung und Änderung einer Vereinsordnung . 3. Keine Eintragung/Mitgliedertransparenz . . . . . . .
. . . . . . .
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. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
XIX. Das Vereinsstrafrecht
XIX
Inhaltsverzeichnis Rz.
Seite
XX. Der Verein im Prozess, in der Zwangsvollstreckung und in der Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . .
1228 1228 1230 1231 1234 1234 1235 1236 1240 1240 1243 1247 1247 1251 1253 1255 1259
616 616 616 616 617 617 618 618 621 621 622 623 624 626 627 628 630
1. Arten der Umwandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verschmelzung durch Aufnahme (§§ 4–35, §§ 99–104a UmwG) . a) Die Verschmelzung durch Aufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Durchführung der Verschmelzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Wirkung der Verschmelzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verschmelzung durch Neugründung (§§ 36–38 mit §§ 99–104a UmwG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Verschmelzung durch Neugründung . . . . . . . . . . . . . . . b) Durchführung der Verschmelzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Wirkung der Verschmelzung durch Neugründung . . . . . . . . 4. Spaltung (§§ 123–173 UmwG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Möglichkeiten und Arten der Spaltung . . . . . . . . . . . . . . . . b) Durchführung der Spaltung (bis zur Mitgliederversammlung) c) Beschluss der Mitgliederversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Wirkungen der Spaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Formwechsel (§§ 190–304 UmwG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Politische Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Umwandlung alter juristischer Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Vereinsfusion mit Einzelnachfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1261 1263 1263 1268 1285
634 634 634 637 643
. . . . . . . . . . . . .
1292 1292 1293 1299 1300 1300 1305 1308 1313 1315 1320 1321 1322
645 645 645 647 647 647 649 650 650 651 652 653 653
1. Auflösung (§ 41 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1326 a) Ende des Vereins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1326 b) Auflösung durch die Mitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1329
655 655 656
1. Partei- und Prozessfähigkeit (§ 50 ZPO; §§ 21, 22 BGB) . . . a) Der Verein als Partei im Rechtsstreit . . . . . . . . . . . . . . b) Zwangsvollstreckung (§§ 704 ff. ZPO) . . . . . . . . . . . . . c) Vertretung durch den Vorstand (§ 51 ZPO, § 26 BGB) . 2. Insolvenzverfahren (§ 42 BGB; § 11 InsO) . . . . . . . . . . . . a) Insolvenzgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Insolvenzantrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Antragspflicht (§ 42 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Klagen von Mitgliedern und Organen . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtsweg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Innere Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Schiedsrichterliches Verfahren (§ 25 BGB, §§ 1025 ff. ZPO) a) Schiedsgericht (§§ 1066, 1025 ZPO) . . . . . . . . . . . . . . b) Schiedsvereinbarung durch Satzung . . . . . . . . . . . . . . c) Entscheidungskompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Schiedsgerichtsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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XXI. Umwandlung unter Beteiligung eines Vereins
XXII. Auflösung und sonstiges Erlöschen des Vereins
XX
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1333 1334 1335 1335 1337 1340 1340 1344 1350 1357 1360 1366 1369 1370 1370 1380 1383 1386 1387
658 659 659 659 660 661 661 663 666 667 668 670 671 671 671 673 674 675 675
... ... ...
1387 1389 1391
675 675 676
...
1392
677
... ...
1397 1401
679 680
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1402 1406 1416 1421
681 683 687 689
1. Führung des Vereinsregisters (§§ 21, 55–79 BGB) . . . . . . . . a) Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Einrichtung und Führung des Registers . . . . . . . . . . . . . 2. Die Eintragungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Eintragungen auf Anmeldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Eintragungen von Amts wegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Anmeldung zur Registereintragung (§§ 59, 67, 71, 74, 76 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zuständigkeit für die Anmeldung . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1424 1424 1425 1426 1432 1432 1433
692 692 692 692 694 694 695
... ...
1434 1434
695 695
2. 3.
4.
5.
c) Widerruf des Auflösungsbeschlusses . . . . . . . . . . . . . . . d) Fortsetzungsbeschluss in anderen Auflösungsfällen . . . . . Vermögensanfall (§§ 45, 46 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anfallberechtiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gesamtrechtsnachfolge durch den Landesfiskus . . . . . . . Die Liquidation (§§ 47–52 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Erforderlichkeit und Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Liquidatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Durchführung der Liquidation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Insbesondere die Versilberung des Vermögens . . . . . . . . e) Gläubigeraufforderung und Vermögensauskehr . . . . . . . f) Nachtragsliquidation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Politische Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 42 BGB; § 11 InsO) . . a) Auflösung des Vereins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Fortbestand des eingetragenen Vereins . . . . . . . . . . . . . c) Fortbestand als nicht eingetragener Verein . . . . . . . . . . d) Vermögensloser Verein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andere Beendigungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Entziehung der Rechtsfähigkeit bei Zweckverfehlung des wirtschaftlichen Vereins (§§ 43, 44 BGB) . . . . . . . . . . . . b) Zeitablauf und Zweckerreichung . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verbot des Vereins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Registerlöschung, insbesondere bei Zweckverfehlung des eingetragenen Vereins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Wegfall aller Mitglieder, Interesselosigkeit, Absinken der Mitgliederzahl unter drei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Sitzverlegung ins Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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XXIII. Spitzenorganisation, Untergliederungen 1. 2. 3. 4.
Organisationsformen . . . . . . . . . Hauptverein und Vereinsverband Gesamtverein . . . . . . . . . . . . . . Änderung der Organisationsform
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XXIV. Das Vereinsregister
XXI
Inhaltsverzeichnis
4.
5.
6.
7.
8. 9.
b) Beteiligtenstellung im Registerverfahren . . . . . . . . . . . . . . . c) Mehrgliedriger Vorstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Form der Anmeldung (§§ 77, 129 Abs. 1 BGB; § 40 Abs. 1 BeurkG) und notarielle Vorprüfung (§ 378 Abs. 3 FamFG) . . Zurücknahme und Einschränkung einer Anmeldung . . . . . . . . . a) Antragsrücknahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschränkungen der Anmeldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Prüfungspflicht des Registergerichts (§§ 55–60 BGB) . . . . . . a) Prüfung der Anmeldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Prüfung der Satzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Prüfung eines Versammlungsbeschlusses . . . . . . . . . . . . . . . d) Genehmigung des Vereinszwecks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eintragungsverfügung, Eintragung, Zwischenverfügung, Zurückweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ordnungsgemäße Anmeldung im Zeitpunkt der Eintragung . b) Vereinsregister in Papierform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vereinsregister in elektronischer Form . . . . . . . . . . . . . . . . d) Bekanntmachung der Eintragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Zwischenverfügung bei Beanstandungen . . . . . . . . . . . . . . . f) Zurückweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Aussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zwischenverfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zurückweisung einer Anmeldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Erfolgte Eintragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Wirkungen der Registereintragungen (§§ 21, 64, 68–71 BGB) a) Rechtsgestaltende und deklaratorische Eintragungen . . . . . . . b) Verkehrsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einsicht, Auskunft und Registerzeugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Rz.
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. 1437 . 1440
697 698
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1451 1460 1460 1463 1465 1466 1466 1473 1482 1486
700 703 703 704 705 705 705 708 711 713
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1488 1488 1489 1491 1492 1495 1497 1498 1499 1499 1500 1503 1506 1506 1508 1517
713 713 714 715 715 716 716 717 717 717 717 719 719 719 720 723
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1523 1523 1524 1527 1534 1537 1541 1561 1563 1568 1568 1580 1587 1587
725 725 726 727 730 732 734 739 740 741 741 747 749 749
XXV. Ausgewählte Registeranmeldungen und Eintragungen 1. Erstanmeldung und -eintragung des Vereins . . . . . . . . . . a) Muster einer Anmeldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Eintragungsantrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beizufügende Unterlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Satzungsänderung während des Eintragungsverfahrens e) Das Verfahren beim Amtsgericht . . . . . . . . . . . . . . . f) Die Eintragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Bekanntmachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Veröffentlichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Änderung des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anmeldung der Vorstandsänderung (§ 67 Abs. 1 BGB) b) Die Eintragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Satzungsänderungen (§ 71 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anmeldung der Satzungsänderung . . . . . . . . . . . . . . XXII
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1592 1599 1602 1612 1612 1613 1617
751 754 755 757 757 757 759
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1619 1619 1621 1626
759 759 760 762
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1637 1637 1641 1642 1647
766 766 767 767 770
1. Prüfung der Mitgliederzahl (§ 72 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Löschung unzulässiger Eintragungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anwendungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verfahren, insbesondere Ermessensausübung . . . . . . . . . . . 3. Löschung des Vereins bei Absinken der Mitgliederzahl . . . . . . . a) Entziehung der Rechtsfähigkeit durch das Amtsgericht (§ 73 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Löschung des mitgliederlosen Vereins . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Eintragungen bei einem Insolvenzverfahren (§ 75 BGB) . . . . . . . a) Verfahrenseröffnung bzw. Masselosigkeit . . . . . . . . . . . . . . b) Vorstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Weitere Eintragungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zwangsgeldverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Zwangsgeldbewehrten Pflichtenund die Adressaten eines Zwangsgelds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einleitung des Zwangsgeldverfahrens (§ 388 FamFG) . . . . . . c) Festsetzung des Zwangsgeldes (§ 389 FamFG) . . . . . . . . . . . d) Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Kosten des Zwangsgeldverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gebührenbefreiungen und Ermäßigungen . . . . . . . . . . . . . . c) Geschäftswert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Erstanmeldung und Eintragung des Vereins . . . . . . . . . . . . e) Spätere Anmeldungen und Eintragungen . . . . . . . . . . . . . . f) Umwandlungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1648 1652 1652 1655 1665
775 777 777 779 782
1665 1670 1671 1671 1673 1674 1680
782 784 785 785 785 786 788
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788 790 792 792 794 795 795 795 796 799 801 803
4.
5.
6.
7. 8.
b) Beizufügende Dokumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Prüfung, Zwischenverfügung, Zurückweisung . . . . . . . . . . d) Die Eintragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sitzverlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anmeldung und Unterlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Registerverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Sitzverlegung in das Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verschmelzung durch Aufnahme eines anderen eingetragenen Vereins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anmeldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beizufügende Dokumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Registerverfahren, Eintragungen und Bekanntmachungen . . Vereinsauflösung, Liquidation und Fortsetzungsbeschluss (§ 74 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Muster für Anmeldungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Eintragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beendigung der Liquidation und Erlöschen des Vereins . . . . . . Registerblatt mit Eintragungsbeispielen . . . . . . . . . . . . . . . . .
XXVI. Weitere Registerverfahren und Kosten
XXIII
Inhaltsverzeichnis Rz.
Seite
1726 1728 1730
804 804 805
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807 809 810 812 813 813
1. Die Rechtsform des nicht eingetragenen Vereins (§§ 54, 705 ff. BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Begriff und Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anzuwendendes Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Vereinsverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Satzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vereinsname . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vereinszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Sitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Vereinsstrafen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Vereinsmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Der Vorstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Mitgliederversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Satzungsänderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Das Vereinsvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Grundvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Haftung für Vereinsschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Haftung des Vereins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Haftung der Mitglieder eines Idealvereins . . . . . . . . . . . . . c) Haftung der Mitglieder eines wirtschaftlichen Vereins . . . . . d) Haftung der Mitglieder eines Vorvereins . . . . . . . . . . . . . . e) Haftung des Handelnden (Vorstands usw.) . . . . . . . . . . . . f) Politische Partei und Fraktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Rechtsstreite, Insolvenzverfahren (§ 50 Abs. 2, §§ 171, 735 ZPO) 10. Auflösung und Beendigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Wann ist die Eintragung in das Vereinsregister anzustreben? . .
1749 1749 1755 1762 1762 1764 1765 1766 1767 1768 1773 1778 1783 1785 1785 1789 1795 1795 1796 1799 1800 1801 1807 1808 1813 1816
816 816 819 821 821 821 822 822 822 823 823 825 826 826 826 827 831 831 831 833 833 833 835 836 837 837
1. Steuervergünstigungen für gemeinnützige Vereine . . . . . . . . . . 1818 a) Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1818 b) Besteuerung der gemeinnützigen Körperschaft (i.w.S.) . . . . . 1820
841 841 842
g) Rechtsmittel in den Anmeldeverfahren . . . . . . . . . . . . . . . h) Andere Verfahren des Amtsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . i) Registereinsicht, Abschriften, Bescheinigungen . . . . . . . . . . XXVII. Transparenzregister 1. 2. 3. 4. 5. 6.
Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geltung für Vereine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ermittlung wirtschaftlich Berechtigter im Verein . Entbehrlichkeit der Meldung . . . . . . . . . . . . . . Meldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gebühren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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XXVIII. Der nicht eingetragene Verein
IXXX. Steuerrechtliche Hinweise
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1822 1831 1832 1835 1841 1844 1849 1849 1854 1859 1860 1860 1861 1863 1868 1871 1873
842 846 847 849 851 851 853 853 855 857 858 858 858 860 862 865 865
1884
870
. . . . . . . . . . .
1887 1893 1899 1899 1902 1913 1918 1921 1924 1931 1935
873 876 878 878 879 885 887 888 890 892 893
1. Beispiel einer Vereinssatzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Pflichtinhalte zur steuerlichen Anerkennung bei Gemeinnützigkeit . . 3. Anlage 1 zu § 60 AO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1943 1944 1945
900 905 905
1946 1947
907 915
2.
3.
4. 5.
c) Mittelverwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Vermögensverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Zweckbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Leistungen an die Mitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Anerkennung der Steuerbegünstigung . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Mitgliedsbeitrag im Steuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Körperschaftssteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Umsatzsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beitragszahlungen als Betriebsausgaben und Werbungskosten . Zahlungen an im Verein Tätige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Lohnsteuerpflicht und Haftung des Arbeitgebers . . . . . . . . . . b) Arbeitgeber- und Arbeitnehmereigenschaft . . . . . . . . . . . . . . c) Fehlende Arbeitnehmereigenschaft, Aufwandsentschädigung . d) Ehrenamtliche Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher usw. . . . . . . . . . . . . . . . . . Spendenabzug bei Zuwendungen an Vereine . . . . . . . . . . . . . . . Mitgliedsbeiträge und Spenden an politische Parteien und Wählervereinigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XXX. Hinweise zum Datenschutz 1. Geltung der EU-DSGVO und des BDSG . . . . . . . . 2. Verantwortlicher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verarbeitung personenbezogener Daten im Verein . a) Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtmäßigkeit der Verarbeitung . . . . . . . . . . c) Grundsätze der Datenverarbeitung . . . . . . . . . . 4. Auftragsverarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Informationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Betroffenenrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Umgang mit Datenschutzverletzungen . . . . . . . . . 8. Dokumentationen und Regelwerke . . . . . . . . . . . .
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Anhang A. Satzungsbeispiele
B. Zuständige Gerichte und Behörden 1. Eingetragener Verein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wirtschaftlicher Verein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XXV
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993
1954
1003
1955 1956
1011 1024
1957
1094
1958
1098
1959
1101
1960 1961 1962 1963 1964
1102 1107 1110 1114 1124
C. Gesetzestexte und Steuervorschriften 1. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – Auszug (In der Fassung der Bekanntmachung vom 2.1.2002, zuletzt geändert durch Artikel 13 des Gesetzes vom 22. Dezember 2020 (BGBl. I, S. 3256)) . . . . . . . . . 2. Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) – Auszug (in der Fassung der Bekanntmachung v. 21.9.1994 – BGBl. I 2494, ber. 1997 I S. 1061, zuletzt geändert durch Artikel 10 des Gesetzes vom 22. Dezember 2020 (BGBl. I, S. 3328) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gesetz über die politischen Parteien (Parteiengesetz) – Auszug in der Fassung der Bekanntmachung vom 31.1.1994 (BGBl. I, 149), zuletzt geändert durch Art. 13 V v. 19.6.2020 (BGBl. I, S. 1328) . . . . . . . . . . 4. Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) – Auszug (vom 17.12.2008 (BGBl. I, 2586), zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes v. 19.3.2020 (BGBl. I, 541)) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Vereinsregisterverordnung (VRV) v. 10.2.1999 (BGBl. I, 147), zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes v. 24.9.2009 (BGBl. I, 3145) . . . . . 6. Gesetz zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts (Vereinsgesetz) v. 5.8.1964 (BGBl. I, 593), zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 30. November 2020 (BGBl. I, S. 2600) . . . . . . . . . . . . 7. Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts (VereinsGDV) v. 28.7.1966 (BGBl. I, 457), zuletzt geändert durch Gesetz v. 22.8.2002 (BGBl. I 3390) . . . . . . . . . . 8. Abgabenordnung (AO) – Auszug in der Fassung der Bekanntmachung v. 1.10.2002 (BGBl. I 3866), zuletzt geändert durch Gesetz v. 21.12.2020 (BGBl. I 3096) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) . . . . . . . . . . . . . . 10. Einkommensteuergesetz (EStG) – Auszug in der Fassung der Bekanntmachung v. 8.10.2009 (BGBl. I 3366, 3862), zuletzt geändert durch Gesetz v. 21.12.2020 (BGBl. I 3096) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) – Auszug in der Fassung mit Änderungen durch Gesetz v. 21.12.2020 (BGBl. I 3096) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12. Einkommensteuer-Richtlinien – Verwaltungsvorschrift nach Art. 108 Abs. 7 GG. Bekanntmachung v. 16.12.2005 (BStBl. I Sondernummer 1) i.d.F. der EStÄR 2012 v. 25.3.2013 (BStBl. I, 276) . . . . . . . . . . 13. BMF-Schreiben: Steuerfreie Einnahmen aus ehrenamtlicher Tätigkeit; Anwendungsschreiben zu § 3 Nr. 26a und 26b EStG . . . . . . . . . 14. Körperschaftsteuergesetz (KStG) – Auszug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15. Umsatzsteuergesetz (UStG) – Auszug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16. Umsatzsteuer-Anwendungserlass – Auszug . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17. Sozialgesetzbuch VII – gesetzliche Unfallversicherung – Auszug . . . .
XXVI
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1965
1126
D. Sonderrecht und Hinweisschreiben „Covid-19“ 1. Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gesetz zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und zur Begrenzung der Organhaftung bei einer durch die COVID19-Pandemie bedingten Insolvenz (COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz – COVInsAG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Steuerliche Maßnahmen zur Förderung der Hilfe für von der Corona-Krise Betroffene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Erleichterungen für Vereine als Veranstalter . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1966
1129
1967 1968
1134 1139
E. Muster für Zuwendungsbestätigungen mit Hinweisen des BMF . . .
1968
1140
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1149
Besondere Hinweise zum Thema „COVID-19“ Die Zahlen verweisen auf die Randziffern. Amtszeit des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beschlussverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonderbestimmungen und Schutzpflichten für Vereinsmitarbeiter Entscheidung ohne Versammlung durch Fernabstimmung . . . . . Virtuelle und gemischte Mitgliederversammlung . . . . . . . . . . . . Ausfall der Präsenzversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Virtuelle Versammlung und Beschlussverfahren, Amtszeit der Delegierten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Virtuelle Versammlung und Fernabstimmungsverfahren . . . . . . . Aussetzung der Insolvenzantragspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verschobener Bilanzstichtag, Einreichungsfrist . . . . . . . . . . . . . . Steuerliche Erleichterungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
499, 638, 663 630, 672 715 785 792, 829 852, 1272
. . . . .
. . . . .
. . . . .
939 972, 1095, 1111 1236 1623 1826, 1843
XXVII
Abkürzungsverzeichnis a.A. ABl. Abs. Abschn. abw. AcP a.E. AEAO AEntG a.F. AG AGBG AGBGB AgrarR AktG AktO Anl. Anm. AnwBl AO AP ArbGG Aufl. BAG BAGE BayJMBl BayObLG BayObLGZ BayRS BB BBiG Bem. bestr. Betrieb BetrVG BeurkG BFH BGB
anderer Ansicht Amtsblatt Absatz Abschnitt abweichend Archiv für civilistische Praxis am Ende Anwendungserlass zur AO 1977 Arbeitnehmersentsendungsgesetz alter Fassung Amtsgericht (früheres) Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Ausführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Agrarrecht Aktiengesetz Aktenordnung Anlage Anmerkung Anwaltsblatt Abgabenordnung (1977) Arbeitsrechtliche Praxis, Nachschlagewerk des BAG Arbeitsgerichtsgesetz Auflage Bundesarbeitsgericht Entscheidungssammlung des Bundesarbeitsgerichts Bayerisches Justizministerialblatt Bayerisches Oberstes Landesgericht Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Zivilsachen Bayerische Rechtssammlung (Stand 1.1.1983) Der Betriebs-Berater Berufsbildungsgesetz Bemerkung bestritten Der Betrieb Betriebsverfassungsgesetz Beurkundungsgesetz Bundesfinanzhof, auch: Sammlung der Entscheidungen des BFH Bürgerliches Gesetzbuch
XXIX
Abkürzungsverzeichnis
BGBl. BGB-RGRK BGH BGHZ BNotO BR-Drucks. BStBl BT-Drucks. BVerfG BVerfGE BVerwG BVerwGE BWNotZ CAS CCZ cs DNotI-Report DNotZ DR DRiZ Dt. DtZ DVBl DVLStHV
Bundesgesetzblatt (und Bearbeiter) Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, hrsg. von Mitgliedern des Bundesgerichtshofes, 12. Aufl. 1974 ff. Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bundesnotarordnung Bundesrats-Drucksache Bundessteuerblatt Bundestags-Drucksache Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (Sammlung) Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (Sammlung) Zeitschrift für das Notariat in Baden-Württemberg Court of Arbitration for Sports Corporate Compliance Zeitschrift. Zeitschrift zur Haftungsvermeidung in Unternehmen causa sport (Zeitschrift)
DVO DWW
Informationsdienst des Deutschen Notarinstituts (Zeitschrift) Deutsche Notarzeitschrift Deutsches Recht (bis 1944) Deutsche Richterzeitung Justiz Deutsche Justiz (bis 1943) Deutsch-Deutsche Rechts-Zeitschrift Deutsches Verwaltungsblatt Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über die Lohnsteuerhilfevereine (BGBl 1975 I 1906) Durchführungsverordnung Deutsche Wohnungswirtschaft (Zeitschrift)
EG eG EGBGB EStDV EStG EStR e.V. EWiR
Einführungsgesetz eingetragene Genossenschaft Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Einkommensteuer-Durchführungsverordnung Einkommensteuergesetz Einkommensteuer-Richtlinien eingetragener Verein Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht (Zeitschrift)
FamFG
Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Zeitschrift für das gesamte Familienrecht
FamRZ
XXX
Abkürzungsverzeichnis
FGG FGO FGPrax Fn. GBl GBO GenG GewA GG GmbHG GmbHR GNotKG GRURPrax GVG GWB
(früheres) Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Finanzgerichtsordnung Praxis der Freiwilligen Gerichtsbarkeit (Zeitschrift) Fußnote Gesetzblatt Grundbuchordnung Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften Gewerbearchiv Grundgesetz Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau Gerichts- und Notarkostengesetz Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht. Praxis im Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht Gerichtsverfassungsgesetz Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
HGB h.M. HRR
Handelsgesetzbuch herrschende Meinung Höchstrichterliche Rechtsprechung (Ergänzungsblatt zur Deutschen Justiz), Berlin (bis 1942)
i.d.F. i.e.S. InsO i.V.m. i.w.S.
in der Fassung im engeren Sinn Insolvenzordnung in Verbindung mit im weiteren Sinn
JBl JFG JMBlNRW JR JurBüro Justiz JW JZ
Justizblatt Jahrbuch für Entscheidungen in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und des Grundbuchrechts (erscheint nicht mehr) Justizministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen Juristische Rundschau (Zeitschrift) Das juristische Büro (Zeitschrift) Die Justiz (Zeitschrift) Juristische Wochenschrift (bis 1939) Juristenzeitung
KG KGJ KO Kostenspiegel
auch verwendet KG Berlin Kammergericht Jahrbuch für Entscheidungen des Kammergerichts (frühere) Konkursordnung Ländernotarkasse (hrsg.), Leipziger Kostenspiegel. XXXI
Abkürzungsverzeichnis
KostO KostVfg
(frühere) Kostenordnung Kostenverfügung
Leipziger-GNotKG Ls. LG LM
Renner/Otto/Heinze Gerichts- und Notarkostenkommentar Leitsatz Landgericht Lindenmaier-Möhring, Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs Landessozialgericht Lohnsteuer-Durchführungsverordnung Lohnsteuer-Richtlinien Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht (1914–1933)
LSG LStDV LStR LZ MDR MindLohnG MittBayNot MittRhNotK m.N. m.w.N. NdsRpfl NJW NJW-RR NotBZ npoR Nr. NVwZ NZM OFD OHG OLG OLG-NL OLG-Report OLGZ OVG
XXXII
Monatsschrift für Deutsches Recht Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns – Mindestlohngesetz Mitteilungen des Bayer. Notarvereins, der Notarkasse und der Landesnotarkammer Bayern, München Mitteilungen der Rheinischen Notarkammer (seit 2001: RNotZ) mit Nachweis(en) mit weiteren Nachweisen Niedersächsische Rechtspflege Neue Juristische Wochenschrift NJW-Rechtsprechungs-Report (ab 1986) Zeitschrift für die notarielle Beratungs- und Beurkundungspraxis Zeitschrift für das Recht der Non Profit Organisationen Nummer Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht Oberfinanzdirektion Offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht; außerdem: Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte auf dem Gebiete des Zivilrechts, hrsg. von Mugdan-Falkmann (erscheint nicht mehr) OLG-Rechtsprechung Neue Länder Schnelldienst der Zivilrechtsprechung des (bezeichneten) Oberlandesgerichts (erscheint nicht mehr) Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen (erscheint nicht mehr) Oberverwaltungsgericht
Abkürzungsverzeichnis
PflegeArbbV
Zweite Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche
RBerG RdA Recht
RNotZ Rpfleger RPflG RPflStud RStBl Rz.
Rechtsberatungsgesetz Recht der Arbeit (Zeitschrift) Das Recht. Rundschau für den Deutschen Juristenstand (erscheint nicht mehr) Reichsgericht, auch: Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Reichsgesetzblatt Reichsjustizamt, Entscheidungssammlung in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Rheinische Notar-Zeitschrift (ab 2001) Der Deutsche Rechtspfleger (Zeitschrift) Rechtspflegergesetz Rechtspfleger-Studienhefte Reichssteuerblatt Randzahl/Randziffer
S. s. SeuffA SeuffBl SGB SGG Sp. SpuRt
Seite, Satz siehe Seufferts Archiv für Entscheidungen der Obersten Gerichte Seufferts Blätter für Rechtsanwendung Sozialgesetzbuch Sozialgerichtsgesetz Spalte Zeitschrift für Sport und Recht
TV
Tarifvertragsgesetz
u.a. u.U. UWG
unter anderem unter Umständen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb
VBl VerglO VersR VG VGH vgl. VIZ VO VRV VwGO
Verwaltungsblatt (frühere) Vergleichsordnung Versicherungsrecht, Karlsruhe Verwaltungsgericht Verwaltungsgerichtshof vergleiche Zeitschrift für Vermögens- und Immobilienrecht Verordnung Verordnung über das Vereinsregister Verwaltungsgerichtsordnung
RG RGBl RJA
XXXIII
Abkürzungsverzeichnis
Warn
WM WuM WuW
Warneyer, Jahrbuch der Entscheidungen; mit Ergänzungsband: Rechtsprechung des Reichsgerichts Wohnungseigentumsgesetz PROFIS Online-Magazin der Vereinigung der Vertragsfußballspieler Wertpapier-Mitteilungen (Zeitschrift) Wohnungswirtschaft und Mietrecht (Zeitschrift) Wirtschaft und Wettbewerb (Zeitschrift)
z.B. ZGB ZGR ZHR Ziff. ZIP ZMR ZPO ZStV zust. ZZP
zum Beispiel Zivilgesetzbuch (der ehem. DDR) Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Ziffer Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Miet- und Raumrecht Zivilprozessordnung Zeitschrift für Stiftungs- und Vereinswesen zustimmend Zeitschrift für Zivilprozessrecht
WEG WIR
XXXIV
Literaturverzeichnis 1. Beiträge zum Umgang mit den Covid-19 – Sonderbestimmungen Vereinsrecht Alte/Brugger, Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Rechtsbeziehungen im Sport, npoR 2020, 165–168. Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Fragen und Antworten: Handlungsfähigkeit für Vereine und Stiftungen während der Corona-Krise, 13.3.2020, Abruf über www.bmjv.de. DNotI, Gutachten, Beschlussfassung im Rahmen einer sog. Doodle-Umfrage, DNotIReport 2020, 89. DNotI, Gutachten, Verschmelzungsbeschluss in präsenzloser Mitgliederversammlung, DNotI-Report 2020, 73. Fisch, Gesetzliche Erleichterungen für die Arbeitsweise von Vereinen und Stiftungen in der Corona-Krise – Arbeitsweise mit eingeschränkter und ohne physische Präsenz, NZG 2020, 512–513. Kirchhain/Kraus, Und es gibt sie doch – Corona-Finanzhilfen für gemeinnützige Organisationen, npoR 2020, 160-162. Otto, Coronavirus & Vereinsrecht: In gesunder Distanz, Online-Beitrag v. 8.4.2020, Abruf über www.juris.de, Coronavirus: Unser Dossier zur Rechtslage. Runte, Non-Profit-Organisationen in der corona-Pandemie, npoR 2020, 163–164. Segna, Neuerungen für Vereine und Stiftungen durch das COVID-19-Pandemie-Gesetz 2020, npoR 2020, 148–153. Schwenn/Blacher, Virtuelle Mitgliederversammlungen und Gremiensitzungen von Vereinen und Stiftungen – ein Praxisleitfaden, npoR 2020, 154–159. v.Strachwitz, Editorial Sonderheft zur COVID-19-Pandemie, npoR 2020, 145. Vereinsrechtstag e.V., Corona und Vereinsrecht. Online-Beiträge v. 17.3.2020/23.3.2020/ 27.3.2020, Abruf über www.vereinsrechtstag.de. Gesellschaftsrecht allgemein Bücker/Kulenkamp/Schwarzt/Seibt/v.Bonin, Praxisleitfaden zur virtuellen Hauptversammlung, DB 2020, 775–783.
XXXV
Literaturverzeichnis
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Literaturverzeichnis
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I. Vereinigungsfreiheit und Vereinsrecht 1. Vereinigungsfreiheit . . . . . . . . . . . . .
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2. Rechtsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Vereinigungsfreiheit In Deutschland existieren rund 600.000 Vereine, ihre Zahl soll sich seit 1970 verfünffacht haben.1 Rund 44 % der Deutschen sind Mitglied in mindestens einem Verein.2 Das Grundrecht der Vereinigungsfreiheit verbürgt: Art. 9 GG (1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden. (2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten. (3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maß1 DER SPIEGEL, 16/2017, S. 50 unter Berufung auf eine Untersuchung des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft. 2 Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, Zeitgeschichtliches Forum Leipzig, „mein Verein“ – Prospekt zur Ausstellung 1.3.2019 bis 25.8.2019.
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I. Rz. 1 | Vereinigungsfreiheit und Vereinsrecht nahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Art. 12a, 35 Abs. 2 und 3, Art. 87a Abs. 4 und Art. 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.
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Dem Einzelnen ist damit die Freiheit garantiert, sich aus privater Initiative mit anderen – zu beliebigen Zwecken – zu Vereinigungen irgendwelcher Art (zu rechtsfähigen oder nichtrechtsfähigen Vereinen, Verbänden und Assoziationen aller Art) zusammenzufinden, sie zu gründen, aber auch ihnen fernzubleiben und aus ihnen wieder auszutreten.1 Darin kommt ein wesentliches Prinzip freiheitlicher Staatsgestaltung zum Ausdruck.2
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Den Vereinen selbst gewährleistet Art. 9 Abs. 1 GG Schutz3 vor staatlichem Eingriff in den Kernbereich des Vereinsbestandes und der Vereinstätigkeit.4 Zu diesem geschützten Kernbereich gehören das Recht auf Entstehen, Bestehen5 und vereinsmäßige Betätigung, in gewissem Umfang aber auch die Namensführung.6 Gewährleistet ist damit sowohl den Mitgliedern als auch dem Verein selbst7 die autonome Gestaltung ihrer Organisation, des Verfahrens ihrer Willensbildung und die Führung ihrer Geschäfte.8 Dabei geht das Grundrecht des Vereins nie weiter als das des Individuums.9 Diese Vereinsautonomie ist untrennbar verbunden mit den Grundsätzen der Selbständigkeit und einer wenigstens im Kern auf eine Meinungsbildung sowohl der Vereinsgründer wie auch der jeweils aktuellen Mitgliederschaft zurückzuführenden Selbstverwaltung des bestehenden Vereins.10 Auch die Möglichkeit zu einer wirkungsvollen Mitgliederwerbung ist vom Schutzbereich des Art. 9 Abs. 1 GG um-
1 BVerfG 38, 281 (298, 303) = NJW 1975, 1265; BVerfG 80, 244 (252) = BVerfG v. 15.6.1989 – 2 BvL 4/87, MDR 1990, 217 = NJW 1990, 37 (38); BGH v. 10.7.1995 – II ZR 102/94, MDR 1995, 1128 = NJW 1995, 2981 (2983); BGH v. 23.11.1998 – II ZR 54/98, NJW 1999, 1326; = BGH v. 27.9.1999 – II ZR 305/98, NJW 1999, 3552 (3553). 2 BVerfG 38, 281 (303) = NJW 1975, 1265 (1266). 3 BVerfG 13, 174 (175) = NJW 1961, 2251 und BVerfG 30, 227 (241) = NJW 1971, 1123 und 1403 mit krit. Anm. Rupp. 4 BVerfG 30, 227 (241) = NJW 1971, 1123. 5 BVerfG 13, 174 (175) = NJW 1961, 2251; 30, 227 (241) = NJW 1971, 1123 und 80, 244 (253); BVerfG 84, 372 = BVerfG v. 9.10.1991 – 1 BvR 397/87, NJW 1992, 549. 6 BVerfG 30, 227 (241) = NJW 1971, 1123. 7 BVerfG v. 13.7.2018 – 1 BvR 1474/12, BVerfGE 149, 160–221. Zur differenzierten Klagebefugnis von Verein und Mitgliedern im Vereinsverbotsverfahren BVerwG v. 14.5.2014 – 6 A 3/13, NVwZ 2014, 1573 mit Anm. Huber. 8 BVerfG (Kammerbeschluss) v. 12.10.1995 – 1 BvR 1938/93, NJW 1996, 1203. 9 BVerfG v. 24.9.2014 – 1 BvR 3017/11, NJW 2015, 612: Geltung eines Rauchverbots im öffentlich zugänglichen Raum. Zur Bejahung der Öffentlichkeit genügt ein unregulierter Vereinseintritt. Vgl. auch BayVerfGH v. 31.1.2012 – Vf. 26 VII/10, NVwZ-RR 2012, 261; BayVerfGH v. 19.2.2015 – Vf 76-VI-14, juris. 10 Vgl. nur BVerfG 83, 341 = NJW 1991, 2623. Kritisch zu der so verstandenen Vereinsautonomie Schockenhoff, AcP 193, 35 – 67, 48 ff. m.N. auch zu den Begründungslinien der hM. Leuschner in MünchKomm/BGB § 25 Rz. verortet die Selbstbestimmung des Vereins nunmehr als eine wesentlichen Geschäftsgrundlage (vgl. § 33 Abs. 1 Satz 2 BGB), die in der Gründungssatzung und mit Allzustimmung folglich reduziert werden kann.
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2. Rechtsgrundlagen | Rz. 4 I.
fasst.1 Einschränkbar ist das Grundrecht der Vereinigungsfreiheit nur nach Art. 9 Abs. 2 GG.2 Die dort gesetzten Schranken gelten selbstverständlich auch bei religiöser Verbrämung verfassungsfeindlicher Aktivitäten.3 Als Koalitionsfreiheit besonders ausgeprägt ist die durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistete Tätigkeit der Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände.4 Für den Bereich der Parteien (s. Rz. 14) ist maßgebliche Verfassungsbestimmung Art. 21 Abs. 1 S. 2 GG; damit sind Privilegierung und Einschränkung nach Art. 21 Abs. 2 GG verbunden.5 Zum Vereinsverbot Rz. 1391.
2. Rechtsgrundlagen §§ 21–79 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB – auszugsweiser Abdruck als Anhang C 1) enthalten die wesentlichen zivilrechtlichen Bestimmungen über Gründung, Verfassung (Vorstand, Mitgliederversammlung, Mitgliederrechte und andere Satzungsangelegenheiten), Haftung, Auflösung, Liquidation und Eintragung in das Vereinsregister. Die wichtigsten weiteren zivilrechtlichen Rechtsgrundlagen sind – Das Einführungsgesetz zum BGB (EGBGB – auszugsweiser Abdruck als Anhang C 2). Für bestimmte altrechtliche, d.h. vor dem 1.1.1900 nach damaligem Recht gegründete Korporationen gilt das bereits bei Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs am 1.1.1900 vorgefundene Landesrecht nach Art. 163 und 164 EGBGB fort.6 Art. 82 EGBGB lässt landesrechtliche Regelungen zur Verfassung der konzessionierten Vereine (§ 22 BGB) zu. Art. 83 EGBGB ist Grundlage der teilweise in den Landeswaldgesetzen verankerten Waldgenossenschaften.7 Für Art. 85 EGBGB, wonach der Vermögensanfall an den Fiskus (§ 45 Abs. 3 BGB) von den Ländern abweichend geregelt sein kann, gibt es derzeit kein Anwendungsbeispiel.8 – Art. 231 § 2 EGBGB enthält Übergangsrecht9 für die Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie in dem Teil 1 BVerfG 84, 372 = BVerfG v. 9.10.1991 – 1 BvR 397/87, NJW 1992, 549. 2 BVerfG 38, 281 (288) = NJW 1975, 1265. 3 BVerwG v. 14.5.2014 – 6 A 3/13, NVwZ 2014, 1573 mit Anm. Huber; Neumann, jurisPRBVerwG 20/2014, Nr. 3. 4 Für diese wird auf Reichert/Wagner, 2. Kap/Rz. 5903 ff. und die Spezialliteratur zum Recht der Tarifpartner verwiesen. Zahlreiche auch im Folgenden herangezogene Entscheidungen zum bürgerlichen Vereinsrecht entstammen diesem konfliktträchtigen Bereich. 5 BVerfG 25, 69 (78) = NJW 1969, 735 (736). 6 BGH v. 29.6.2017 – V ZB 18/15, WM 2017, 2115; Oberst, MittBayNot 1956, 151, 156. 7 S z.B. OLG München v. 30.10.2009 – 34 Wx 56/09, juris; BayObLG v. 17.1.1991 – BReg 2 Z 98/90 BayObLGZ 1991, 24 zu Eintragung u. Vertretung einer Waldgenossenschaft bzw. Waldkorporation. Ausf zu bayer. Feuerschützengesellschaften Holzer MittBayNot 2018, 108. Zum Gesetzesvorhaben einer Auflösung (Art. 233 EGBGB) altrechtlicher Personenverbände in Sachsen-Anhalt Böhringer, NJ 2015, 58. Der dort behandelte Entwurf wurde nicht Gesetz, vgl. jetzt Gesetzesentwurf der Landesregierung in LT-Drucks. 7/4653 v. 29.7.2019. 8 Säcker in MünchKomm/BGB, Art. 85 EGBGB Rz. 1. 9 Zum Bestandsschutz für ältere Vereine mit Stellungnahme zu Überleitungsschwierigkeiten s. Christoph, Vereine im Vereinigungsprozess, DtZ 1991, 234, sowie Nissel, Zum Fortbestand
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des Landes Berlin, in dem das Grundgesetz früher nicht galt. Mit Wirksamwerden des Beitritts zur Bundesrepublik Deutschland gem. Art. 23 GG am 3.10.1990 sind die §§ 21–79 BGB und die weiteren vereinsrechtlichen Rechtsvorschriften des Bundesrechts in Kraft getreten. Nur die Vereinigungen, die zu diesem Zeitpunkt nach dem Gesetz über Vereinigungen (Vereinigungsgesetz v. 21.2.1990 (GBl-DDR I 75) im Gebiet der damaligen DDR registriert waren, sind nunmehr als eingetragene Vereine rechtsfähig. Das Vereinigungsgesetz hatte für die DDR ein Vereinsregister wieder eingeführt. Die zuvor geltende Verordnung über die Gründung und Tätigkeit von Vereinigungen v. 6.11.1975 (GBl I 723) hatte für Zulässigkeit und Rechtsfähigkeit der Vereinigungen allein auf eine staatliche Anerkennung abgestellt. Nach der Übergangsbestimmung (§ 22 Vereinigungsgesetz – Abdruck in Fn. zu Art. 231 EGBGB – Anhang C 2) waren diese Vereine bis zum 21.8.1990 zu registrieren. Die Registrierung bewirkte einen identitätswahrenden Formwechsel der registrierungsfähigen organisatorischen Einheiten, so dass die heutigen e.V. zu Zeiten der DDR begründete Rechte und Pflichten der Vorgängerrechtsform wahrnehmen.1 Für den solchermaßen fortbestehenden Verein gelten die allgemeinen Regeln.2 Zur Zeit der DDR gegründete, aber nicht bis 21.8.1990 registrierte Vereinigungen verloren noch unter DDR-Recht ihre Rechtsfähigkeit. Nach Auffassung des OLG Naumburg bedeutete dies aber keine Auflösung, sondern die Vereinigung konnte als nicht eingetragener Verein fortbestehen und auch später noch identitätswahrend durch Eintragung zum eV werden.3 Ältere Vereine, die im Gebiet der DDR in der Zeit von 1933 bis zum Beitritt ohne rechtsstaatliche Grundlage aufgelöst oder (nur) im Register gelöscht worden waren, bestehen grundsätzlich fort.4 Ein altrechtlicher Verein, der nie wirksam aufgelöst war, kann daher auch ohne neuerlichen staatlichen Genehmigungsakt und ohne dass es auf seine Eintragung ankäme z.B. Namensschutz in Anspruch nehmen5 oder die eigene Namensänderung als Grundbuchberichtigung anstrengen.6 Jedoch kann eine unwirksame Vereinsauflösung als gültig zu behandeln sein, wenn die Mitglieder nach Wegfall der politischen Hinderungsgründe den Vereinszweck nicht alsbald weiter verfolgen.7 Soweit lediglich die Traditionen von vor dem zweiten Weltkrieg gegründeten Vereinen in
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rechtsfähiger Vereinigungen nach dem Einigungsvertrag, DtZ 1991, 239. Zum Erhalt der Rechtsfähigkeit einer bei Inkrafttreten des Vereinigungsgesetzes auf Grund staatlicher Anerkennung rechtsfähigen Vereinigung KG OLG-NL 2001, 205 = KG v. 29.5.2001 – 1 W 2657/00, Rpfleger 2001, 554 (Ls.) = VIZ 2002, 596. Zur Eintragungsfähigkeit ehemaliger ZGB-Gemeinschaften in das Vereinsregister Schubel, DtZ 1994, 132. OLG Dresden v. 21.2.2003 – 21 U 1948/02, NZM 2003, 493. Gemäß BGH v. 16.12.2004 – III ZR 179/04, ZOV 2005, 34 = NZM 2005, 475 = BGH Rep. 2005, 26 (Ls.) sind insoweit auch in Anbetracht der besonderen Verhältnisse zur Wendezeit keine Ausnahmen zu machen. OLG Naumburg v. 26.9.2016 – 12 Wx 52/15, juris. Für die Entscheidung kam es darauf allerdings richtigerweise nicht an, da es um einen schon seit 1911 bestehenden Verein ging. Zum Verfahren der Wiedereintragung Tietje, DtZ 1994, 138. LG Gera v. 23.8.2002 – 5 T 127/02, NotBZ 2003, 399. OLG Naumburg v. 26.9.2016 – 12 Wx 52/15, juris. OLG Jena v. 27.9.1993 – OLG Jena v. 21.9.1993 – 6 W 33/93, KirchE 31 (1997), 391.
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2. Rechtsgrundlagen | Rz. 5 I.
der Zeit der DDR in anderer Organisationsform fortgeführt wurden, sind die heute aus diesen DDR-Organisationen hervorgegangenen Vereine nicht mit den älteren Vereinen identisch.1 – Das Umwandlungsgesetz (UmwG – auszugsweiser Abdruck als Anhang C 3) als umfassende Kodifikation der Bestimmungen über Verschmelzung, Spaltung und Formwechsel. – Das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG – auszugsweiser Abdruck als Anhang C 4) mit allgemeinen und speziellen (§§ 374 ff., 400f FamFG) Bestimmungen über das Verfahren bei dem Amtsgericht, welches das Vereinsregister führt. – Die Vereinsregisterverordnung (VRV – Anhang C 5) mit ergänzenden Verfahrensbestimmungen für das Registergericht. – Kostenfragen des Gerichts regeln insbesondere § 67 und KV Nr. 13100–13101 des Gerichts- und Notarkostengesetzes (GNotKG), hinzu kommen Kosten erforderlicher Beglaubigungen (§ 36 und KV Nr. 24101, 21201 GNotKG) sowie Auslagen (Teil 3 des KV zum GNotKG). Öffentlich-rechtliche Bestimmungen werden in der folgenden Darstellung allenfalls gestreift: – Das Gesetz zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts (VereinsG mit Durchführungsverordnung), das die verfassungsmäßigen Grenzen der Vereinsfreiheit darstellt (Verbot von Vereinen, Beschlagnahme und Einziehung des Vermögens verbotener Vereine) und Sondervorschriften für Ausländer- sowie ausländische Vereine enthält (Abdruck im Anhang C). – Das Gesetz über Versammlungen und Aufzüge (Versammlungsgesetz). Es gestaltet das Versammlungsrecht aus Art. 8 GG näher aus. Art. 8 GG bestimmt: (1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. (2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden. Für Versammlungen in geschlossenen Räumen gilt danach der Gesetzesvorbehalt des Abs. 2 nicht. Das schließt Einschränkungen nicht aus, sichert aber einen „besonders stabilen Grundrechtsschutz“2 Immanente Schranken greifen dann, wenn dies zum Schutz der Grundrechte Dritter oder anderer verfassungsmäßiger Rechte geboten ist. Auf dieser Grundlage enthalten die §§ 5 und 13 VersG spezielle versammlungsbezogene Eingriffsbefugnisse. Diese und einschränkende Bestimmungen des allgemeinen Ordnungsrechts (auch Versammlungsstättenverordnungen,
1 OLG Jena v. 15.10.1997 – 6 W 513/97, Rpfleger 1998, 114. 2 Peters/Janz/Hong, Rz. B.104 m.N.
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I. Rz. 5 | Vereinigungsfreiheit und Vereinsrecht
Infektionsschutzgesetze) erlauben ein Einschreiten stets nur bei Vorliegen hinreichender konkreter Gefahren z.B. für Gesundheit und Leben, aber auch die verfassungsmäßige Ordnung.1 Nochmals erhöht sind die Anforderungen an Restriktionen friedlicher nicht öffentlicher Versammlungen im geschlossenen Raum. – Landesrecht der Bundesländer ordnet das Verfahren zur Verleihung der Rechtsfähigkeit an einen wirtschaftlichen Verein (§ 22 BGB). Siehe dazu die Aufstellung in Anhang B. 6
Im Steuerrecht finden sich in der Abgabenordnung (AO – auszugsweiser Abdruck im Anhang C) und zu verschiedenen Steuerarten spezielle Regelungen für gemeinnützige Organisationen, zu denen die Vereine nicht selten gezählt werden können. Im Übrigen gelten für die Vereine als Rechtssubjekte die allgemeinen Gesetze.
1 Peters/Janz/Groscurth, Rz. G.198, 202 m.N.
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II. Der Verein 1. Der Verein als Personenvereinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vereinstypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Unterscheidungskriterien . . . . . . . . . b) Rechtsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3. Organe des Vereins . . . . . . . . . . . . . 4. Großverein, Verband und Untergliederung . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Politische Parteien . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Bachmann, Gregor, Zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG), NZG 2020, 612–619; Ipsen, Parteiengesetz. Kommentar. 2008; Kersten/Rixen, Parteiengesetz (PartG) und europäisches Parteienrecht. Kommentar. 2009; Lenski, Parteiengesetz und Recht der Kandidatenaufstellung. Kommentar. 2011; Morlok/Lehmann, Der Anspruch auf Bekanntgabe von Rechenschaftsberichten politischer Parteien, NVwZ 2015, 470; Noack, Max, Von Maurach in die Welt – Der Gesetzentwurf der Expertenkommission zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts im Überblick NZG 2020, 581–85.
1. Der Verein als Personenvereinigung Begriff und Wesen des Vereins regelt das Bürgerliche Gesetzbuch nicht. Rechtsprechung1 und Schrifttum bestimmen ihn bürgerlich-rechtlich als – eine auf die Dauer angelegte – freiwillige – Verbindung einer größeren Anzahl von Personen, – zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks, – die nach ihrer Satzung körperschaftlich organisiert ist, d.h. – einen Vorstand als Organ hat, – ihre Angelegenheiten durch Beschlussfassung der Mitglieder nach dem Mehrheitsprinzip ordnet und – nach außen sowie den Mitgliedern gegenüber als Einheit auftritt, – einen Gesamtnamen führt und – auf einen wechselnden Mitgliederbestand angelegt ist, somit unabhängig vom Austritt oder Versterben einzelner Mitglieder besteht und ohne Allzustimmung weitere Mitglieder aufnehmen kann.
1 S. insbesondere RG 143, 212 (213) sowie RG 60, 94 (99); 74, 371; 76, 25 (27); 95, 192; 165, 140 (143).
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II. Rz. 7 | Der Verein Zeitlich begrenzter Vereinszweck Dass ein Verein auf Dauer angelegt sein muss, heißt nicht, dass er nicht über eine gewisse Zeit hin auf ein Ziel oder einen Termin hinarbeiten kann, mit dessen Erreichen er dann in die Liquidationsphase eintritt: Förderverein 1000-Jahrfeier Ottersdorf e.V., AG Mannheim VR 520641.1
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§ 2 des Vereinsgesetzes definiert – für das öffentliche Recht – den Begriff des Vereins ohne Rücksicht auf die bürgerlich-rechtliche Rechtsform als – Vereinigung, zu der sich – eine Mehrheit (dh mehr als einer) natürlicher oder juristischer Personen – für längere Zeit – zu einem gemeinsamen Zweck – freiwillig zusammengeschlossen und – einer organisierten Willensbildung unterworfen hat.2
2. Vereinstypen a) Unterscheidungskriterien 9
Nach seinem Zweck kann der Verein sein – ein Idealverein3, dessen (Haupt-)Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist4 (§§ 21 und 54 BGB), oder – ein wirtschaftlicher Verein, dessen Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist (§ 22 und 54 BGB). Die Abgrenzung ist ein zentrales Thema der vereinsrechtlichen Diskussion. Zu ihrer Bedeutung und den maßgeblichen Kriterien Rz. 78 ff. Die Einordnung in eine der genannten Vereinstypen wird in der Wissenschaft zumeist als Vereinsklassenabgrenzung diskutiert.
1 Fest im Jahr 1994. 2 Der Vereinsbegriff des VereinsG geht aus Gründen der Gefahrenabwehr deutlich über die bürgerlich-rechtliche Einordnung hinaus, BVerwG v. 14.5.2014 – 6 A 3/13, NVwZ 2014, 1573 mit Anm. Huber. Unzulässig ist aber eine Verbotsverfügung gegen eine nur lose Interessengemeinschaft, BVerwG v. 19.7.2010 – 6 B 20/10, NVwZ 2011, 372. 3 Der Begriff ist nicht unangefochten, vgl. Terner, RNotZ 2008, 94 (95). So können in das Vereinsregister eingetragene Vereine nämlich nicht nur ideelle Vereine sein, sondern auch Interessenverbände der Wirtschaft, des Handels oder Gewerbes (VG Berlin v. 21.11.2019 – 29 K 279.18 –, Rz. 39, juris). Der BGH spricht ohne weiteres vom Idealverein, etwa BGH v. 16.5.2017 – II ZB 7/16, BGHZ 215, 69 = MDR 2017, 709 = NotBZ 2017, 309. 4 Altruistische Zwecke werden also nicht verlangt, vgl. dazu Schöpflin, Der nichtrechtsfähige Verein, 2003, 154.
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2. Vereinstypen | Rz. 12 II.
Nach der Stellung im Rechtsleben wird mit dem geltenden Wortlaut1 des Gesetzes traditionell unterschieden
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– der rechtsfähige Verein und – der nicht rechtsfähige Verein. Treffender ist heute eine formale Unterscheidung nach
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– eingetragenen (§ 21 BGB), – konzessionierten (§ 22 BGB) und – weder eingetragenen2 noch konzessionierten Vereinen (§ 54 BGB). Der im April 2020 veröffentlichte Gesetzesentwurf einer beim Bundesjustizministerium der Justiz und für Verbraucherschutz eingerichteten Expertenkommission zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts3 führt dies konsequent fort und differenziert im Vorschlag einer Neufassung der §§ 22, 54 BGB nach – eingetragenen (§ 21 BGB), – wirtschaftlichen konzessionierten (§ 22 BGB-Entwurf), – nicht eingetragenen4 und nicht wirtschaftlichen (§§ 54 i.V.m. 705 ff. BGB-Entwurf, wichtig: ohne persönliche Haftung der Mitglieder) sowie – nicht eingetragenen nicht konzessionierten wirtschaftlichen Vereine (§§ 54 i.V.m. 705 ff. BGB-Entwurf, wichtig: mit persönlicher Haftung nicht nur des Handelnden, sondern auch der Mitglieder). Der Idealverein nimmt am Rechtsverkehr teil als eingetragener oder als nicht eingetragener Verein. Staatliche Verleihung der Rechtsfähigkeit (Konzession) kommt für ihn nicht in Frage. Ein wirtschaftlicher Verein hingegen kann nicht durch Eintragung entstehen (Anordnung des § 21 BGB) und darüber hinaus nach allg. Meinung auch nach Konzessionserteilung im Vereinsregister nicht eingetragen werden, auch wenn das im Rechtsverkehr erhebliche Vorteile hätte.5 Erhält oder erstrebt er keine Konzession, muss er eine der körperschaftlichen Rechtsformen des Gesellschaftsrechts (Kapi1 Faktisch hat bereits der BGH (BGH v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 = MDR 2001, 459) mit Anerkennung einer Rechtsfähigkeit der GbR die nach der Systematik des BGB grundlegende Unterscheidung aufgegeben. 2 Soweit das Gesetz in § 54 BGB vom nicht rechtsfähigen Verein spricht, ist das durch die Rechtsentwicklung überholt (Terner, ZNotP 2009, 132, 137; ohne Umschweife auch Bartodziej, Rz. 306). 3 „Mauracher Entwurf“, https://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/News/PM/ 042020_Entwurf_Mopeg.pdf?__blob=publicationFile&v=3, Abruf 15.5.2020. Die ersten Stellungnahmen befassen sich mit § 54 BGB-E nicht oder nur sehr knapp. Zustimmend zB Heckschen, NZG 2020, 761. 4 Soweit das Gesetz in § 54 BGB vom nicht rechtsfähigen Verein spricht, ist das durch die Rechtsentwicklung überholt (Terner, ZNotP 2009, 132, 137; ohne Umschweife auch Bartodziej, Rz. 306). 5 Ganz h.M., s. aber auch Rz. 68.
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II. Rz. 12 | Der Verein
talgesellschaften) wählen (§ 22 BGB). Ansonsten ist er Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§§ 705 ff. BGB) mit allen persönlichen Haftungsfolgen, bei Betrieb eines Handelsgewerbes definitionsgemäß offene Personenhandelsgesellschaft (sehr str., vgl. Rz. 1750).1 Eine Sonderstellung haben bestimmte wirtschaftliche (z.B. forstwirtschaftliche) Vereine, für die gesetzlich diese Rechtsform vorgesehen ist, dazu Rz. 136 ff. b) Rechtsfähigkeit 13
Rechtsfähigkeit ist die Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein. Ein rechtsfähiger Personenverband kann selbständig – in gleicher Weise wie z.B. eine Aktiengesellschaft oder eine Gesellschaft mbH – Verträge schließen, Forderungen erlangen, Ansprüche schulden, Eigentum an Sachen (auch an Grundstücken) erwerben, als Erbe eingesetzt werden2 sowie vor Gericht Rechte klageweise geltend machen und verklagt werden (s. Rz. 1228). Ein eingetragener Verein, der sich am Wirtschaftsverkehr beteiligt, genießt bei dieser Tätigkeit den Schutz des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.3 Die Rechtsfähigkeit eines Vereins setzt nach der – überholten – Systematik der §§ 21, 22, 54 BGB (Stand 1.11.2020) eine Eintragung im Vereinsregister (Idealvereine) oder die staatliche Anerkennung (wirtschaftliche Vereine) voraus.4
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Die Rechtsstellung des im Gesetz (§ 54 BGB) jedenfalls im Jahr 2020 (noch) sog. nicht rechtsfähigen Vereins ist wegen seiner gleichfalls körperschaftlichen Struktur dem rechtsfähigen Verein bereits seit geraumer Zeit weitgehend angeglichen. Die für den eingetragenen Verein geltenden Regeln werden angewandt, sofern sie nicht gerade die Eintragung voraussetzen.5 Im Zuge einer verfestigten Rechtsprechung6 zur Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) wird auch der weder eingetragene noch konzessionierte Verein als rechtsfähig begriffen.7 Der „nicht rechts-
1 Bergmann in JurisPK-BGB, § 54 Rz. 16 ff. m.w.N. auch der Gegenauffassung. Der „Mauracher Entwurf“ (Rz. 11) bestätigt die hier seit je vertretene Auffassung. 2 Zum Verein als Erbe und dabei Beschwerter aus einem Vermächtnis Werner, ZStV 2014, 86. 3 BGH v. 3.6.2020 – XIII ZR 22/19. 4 Für diese traditionelle Differenzierung weiterhin Schöpflin, Der nichtrechtsfähige Verein, 2003, 83. 5 Der „Mauracher Entwurf“ (Rz. 11) sieht im Einklang mit der h.L. nunmehr einen Vorrang für die entsprechende Anwendung der §§ 24–53 BGB für den nicht eingetragenen Idealverein gegenüber den §§ 705 ff. BGB ausdrücklich vor (§ 54 Abs. 1 BGB idF. des Entwurfs). Ebenso bereits der Vorschlag K. Schmidt, ZHR 177 (2013), 712 (736). 6 BGH v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 = MDR 2001, 459 = NJW 2001, 1056 = Rpfleger 2001, 246; BGH v. 15.1.2003 – XII ZR 300/99, NJW 2003, 1043 = MDR 2003, 591; BGH v. 25.1.2008 – V ZR 63/07, NotBZ 2008, 156 = MDR 2008, 514 = NJW 2008, 1378 = Rpfleger 2008, 365; BGH v. 22.10.2010 – v. 22.10.2009 – III ZR 295/08, MDR 2010, 167. 7 Deutlich Bartodziej, Rz. 306. Der Verein nach § 54 BGB gilt Teilen der Literatur zu Recht längst auch als juristische Person, dazu ausf. m.w.N. Bergmann in JurisPK-BGB, § 54 Rz. 13 ff. Zur Gegenansicht Bachmann, NZG 2020, 612 m.N.
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3. Organe des Vereins | Rz. 16 II.
fähige Verein“ ist aktiv parteifähig1 und kann Grundeigentum erwerben (Rz. 1789).2 Die Unterschiede zwischen eingetragenem und nicht eingetragenem Idealverein konzentrieren sich heute neben den mit der Eintragung verbundenen Fragen vor allem auf das Haftungsregiment (§ 54 S. 2 BGB, dazu Rz. 1801)). Die vorliegende Darstellung kann daher insgesamt von den Bestimmungen über einen zur Eintragung vorgesehenen bzw. eingetragenen Verein ausgehen. Auf einzelne Besonderheiten des konzessionierten wirtschaftlichen Vereins wird hingewiesen. Zum nicht eingetragenen und nicht konzessionierten Verein nach § 54 BGB zusammenfassend Kapitel XXVII (Rz. 1749 ff.).
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3. Organe des Vereins Der Verein handelt als körperschaftliche Organisation durch seine Organe. Notwendige Vereinsorgane sind – der Vorstand (Rz. 443 ff.)3, – die Mitgliederversammlung (Rz. 776 ff.). Die Satzung kann darüber hinaus weitere Organe des Vereins einrichten (s. § 32 Abs. 1 S. 1 BGB); ihnen können Aufgaben der Vereinsführung, der internen Gestaltung des Vereinslebens, Aufsichts- und Kontrollfunktionen oder Aufgaben der Repräsentation übertragen werden. Solche fakultativen Organe können sein: – (erweiterte) Vorstandschaft aus dem Vorstand und weiteren Mitgliedern (Rz. 658 ff.), – Kuratorium, Beirat, Aufsichtsrat, dem zumeist die Vorstandsmitglieder nicht angehören (Rz. 664), – Revisoren oder Kassenprüfer (Rz. 649), – besondere Vertreter (§ 30 BGB) (Rz. 693), zumeist als Geschäftsführer (Rz. 705).
1 BGH v. 2.7.2007 – II ZR 111/05, MDR 2007, 1446 = NJW 2008, 69 = Rpfleger 2008, 79 = WM 2007, 1932 = ZIP 2007, 1942; dazu Terner, NJW 2008, 16 und Oschütz, SpuRt 2008, 97. 2 BGH v. 21.1.2016 – V ZB 19/15, MDR 2016, 704 = NotBZ 2016, 384 mit. Anm. Waldner = ZIP 2016, 1163. 3 Zur Organ- vs. Vertretertheorie hinsichtlich des Vorstands ausf. Klingbeil, ZfPW 2020, 150 (176 ff.). Begrifflich sind das Organ Vorstand und seine Mitglieder („Vorstandsmitglieder“) zu trennen, was allerdings in der Praxis nicht immer durchgehalten wird (Klingbeil, ZfPW 2020, 150 (182).
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II. Rz. 17 | Der Verein
4. Großverein, Verband und Untergliederung 17
Als Leitbild des BGB-Vereinsrechts ist der auf einen eher eng gefassten Vereinszweck ausgelegte kleinere Verein. Es gilt aber ebenso für den Großverein oder Verband. Eine feste Abgrenzung dieser Begriffe exisitert nicht. Unter einem Verband wird zumeist eine in Vereinsform (mit oder ohne Rechtsfähigkeit) organisierte Vereinigung verstanden, wenn sie entweder – eine größere Zahl von Mitgliedern hat (Großverein oder Massenorganisation, häufig als „Hauptverein“ mit Untergliederungen, Rz. 1416)1 oder – wenn sich in ihr mehrere Vereine, Handelsgesellschaften oder andere Körperschaften zusammengeschlossen haben (Dachverband oder Vereinsverband);2 hierzu Rz. 1404. Ein Verein, der diesen Anforderungen nicht entspricht, darf sich nicht täuschend als Verband bezeichnen (Rz. 167).3 Gesonderte Bestimmungen über ein Verbandsrecht enthält das BGB nicht. Grundlage der Verbandsorganisation mit Einzelmitgliedern sind die Einzelvorschriften des Vereinsrechts. Die Organisation als Vereinsverband folgt aus den vereinsrechtlichen Möglichkeiten, einen Verein (Vereinsverband) durch juristische Personen sowie auch nicht rechtsfähige Vereine zu gründen (Rz. 25), solche als Mitglieder neu aufzunehmen, infolge der Satzungsautonomie (Rz. 39) neben den eigenen Rechtsverhältnissen des Verbands dessen Beziehungen zu den angeschlossenen Organisationen zu regeln und durch Vereinsstrafrecht (Rz. 1159) abzusichern sowie die Mitgliederversammlung als Delegiertenversammlung zu gestalten (Rz. 937). Zahlreiche Verbände sind im Wettbewerbs- und Markenrecht sowie im Verbraucherschutzrecht unabhängig von einer Registereintragung aktiv parteifähig. Sie können Tarifvertragsparteien sein (dazu § 2 TVG). Untergliederungen eines Vereins können soweit körperschaftlich verselbständigt sein, dass sie wiederum als eigener Verein anzusehen und gegen den Hauptverein klagebefugt sein können.4 Zu den spezifischen Rechtsfragen des Großvereins und der Vereine mit selbständigen oder unselbständigen Untergliederungen Rz. 1579 ff., zum „Vereinskonzern“ Rz. 101.
1 Zu spezifischen Rechtsproblemen Segna, Rpfleger 2006, 449; Segna, DStR 2006, 1568. 2 Näher dazu BayObLG 1974, 299 = DNotZ 1975, 145 = MDR 1975, 51 = Rpfleger 1975, 18 mit Anm. Kirberger (dieser weiter zum Begriff „Verband“); zur begrifflichen Abgrenzung Westermann, Gedächtnisschrift J. Sonnenschein, 2002, 617 (631); Reichert/Wagner, Kap. 1/ Rz. 45; Hadding in Soergel, Rz. 51, 54 und 55 vor § 21. 3 Großzügiger OLG Frankfurt v. 3.5.2011 – 20 W 525/10, ZStV 2012, 25: Allein die Nichteinhaltung der genannten Voraussetzung (entweder besondere Größe oder Zusammenschluss mehrerer Körperschaften) genügt nicht, es kommt für die Irreführung auf den angesprochenen Verkehrskreis an. 4 BGH v. 2.7.2007 – II ZR 111/05, MDR 2007, 1446 = NJW 2008, 69 = Rpfleger 2008, 79 = WM 2007, 1932 = ZIP 2007, 1942; dazu Terner, NJW 2008, 16 und Oschütz, SpuRt 2008, 97.
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5. Politische Parteien | Rz. 21 II.
5. Politische Parteien Die politischen Parteien der Bundesrepublik Deutschland sind traditionell Vereine im Sinne des BGB, und zwar zumeist nicht eingetragene. Das Grundgesetz bestimmt in Art. 21:1
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(1) 1Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. 2Ihre Gründung ist frei. 3Ihre innere Ordnung muss demokratischen Grundsätzen entsprechen. 4Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben. (2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig. (3) 1Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen. 2Wird der Ausschluss festgestellt, so entfällt auch eine steuerliche Begünstigung dieser Parteien und von Zuwendungen an diese Parteien. (4) Über die Frage der Verfassungswidrigkeit nach Abs. 2 sowie über den Ausschluss von staatlicher Finanzierung nach Abs. 3 entscheidet das BVerfG. (5) Das Nähere regeln Bundesgesetze.
Die verfassungsrechtliche Sonderstellung der Parteien bedingt eine nähere und spezielle Regelung. Erfolgt ist dies (vornehmlich) durch das Gesetz über die politischen Parteien (Parteiengesetz – PartG, Auszug im Anhang C.3). Parteien2 sind nach § 2 Abs. 1 PartG Vereinigungen von Bürgern, die dauernd oder für längere Zeit für den Bereich des Bundes oder eines Landes auf die politische Willensbildung Einfluss nehmen und an der Vertretung des Volkes im Deutschen Bundestag oder einem Landtag mitwirken wollen, wenn sie ausreichend Gewähr für die Ernsthaftigkeit dieser Zielsetzung bieten. Kurzfristige Wählergemeinschaften (Wählervereinigungen) und kommunale Rathausparteien fallen demnach nicht unter das Parteiengesetz.
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Soweit nicht Art. 21 GG als unmittelbar geltendes Bundesrecht selbst oder das Parteiengesetz (oder sonstige Bundesgesetze) eingreifen, bestimmen sich die Rechtsverhältnisse der politischen Parteien nach bürgerlichem Recht. Da die Parteien durchweg in der Rechtsform eines Vereins bestehen, gilt das Vereinsrecht des BGB.
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Das Parteiengesetz enthält dazu vor allem die folgenden Abweichungen: Mitglieder einer Partei können nur natürliche Personen sein (§ 2 Abs. 1 S. 2 PartG). Die Partei muss eine schriftliche Satzung (Inhalt: § 6 Abs. 2 PartG) und ein schriftliches Pro-
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1 Fassung v. 13.7.2017 (BGBl. I 2346) gilt seit 20.7.2017. 2 S. hierzu die Spezialliteratur und die Erläuterungen des § 21 GG in den Kommentaren zum Grundgesetz. Zum Begriff „Politische Partei“ auch BVerwG v. 13.5.1986 – 1 A 1/84, NJW 1986, 2654 und BVerwG v. 25.3.1993 – 1 ER 301/92, NJW 1993, 3213.
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II. Rz. 21 | Der Verein
gramm haben (§ 6 Abs. 1 S. 1 PartG). Ihre Gliederung in Gebietsverbände (Größe und Umfang) wird durch die Satzung festgelegt (§ 7 Abs. 1 S. 1 PartG). Die Gebietsverbände (Ortsvereine, Bezirke, Landesorganisationen usw.) sind im Verhältnis zur Gesamtpartei (regelmäßig) rechtlich selbständige Zweigvereine.1 Sie bedürfen keiner eigenen Satzung, soweit die betreffenden Gegenstände in der Satzung eines übergreifenden Gliederung geregelt sind (§ 6 Abs. 1 S. 2 PartG).2 Notwendige Organe sind die Mitgliederversammlung und der Vorstand (§ 8 Abs. 1 S. 1 PartG). Der Vorstand vertritt den Gebietsverband gem. § 26 Abs. 2 BGB, soweit nicht die Satzung eine abweichende Regelung trifft (§ 11 Abs. 3 S. 2 PartG). Es sind Parteischiedsgerichte zu bilden (§ 14 PartG). Die Haftung ist auch bei nicht rechtsfähigen Parteien auf das Parteivermögen beschränkt (Ausschluss des § 54 S. 2 BGB durch Art. 37 PartG). 22
Obwohl die Parteien in der Bundesrepublik zumeist als nicht eingetragene Vereine konstituiert sind, steht ihre Rechts- und Parteifähigkeit auf allen regionalen Ebenen heute außer Frage.3 Sie sind beteiligtenfähig nach § 61 Nr. 2 VwGO, wenn sie wirksam gegründet sind und ihnen in Bezug auf den Gegenstand des konkreten Rechtsstreits eine materielle Rechtsposition zustehen kann.4 Nichts anders kann für ihre Grundbuchfähigkeit gelten (s. Rz. 1789). Fraktionen in Parlamenten aller Ebenen werden mindestens als parteifähig (§ 50 Abs. 2 ZPO) angesehen.5 Wenn ein Träger öffentlicher Gewalt den Parteien Einrichtungen zur Verfügung stellt oder andere öffentliche Leistungen gewährt, sollen alle Parteien gleichbehandelt werden (§ 5 PartG). Der Umfang der Gewährung kann nach der – insbesondere an bisherigen Wahlergebnissen gemessenen – Bedeutung der Parteien bis zu dem für die Erreichung ihres Zweckes erforderlichen Mindestmaß abgestuft werden. Die Verfassungsfeindlichkeit einer nicht verbotenen politischen Partei als solche hingegen erlaubt nach der Rechtsprechung hingegen keinen Ausschluss von diesem parteienrechtlichen Gleichbehandlungsanspruch.6 Art. 21 Abs. 3 GG erlaubt seit 2017 einen Ausschluss verfassungswidriger Parteien von staatlicher Finanzierung und Steuerbegünstigung. Auf einen Ausschluss hinsichtlich der Bereitstellung öffentlicher Einrichtungen soll die Bestimmung nicht anwendbar sein.7 Allein aufgrund ihrer verfassungswidrigen Zielsetzung darf also keiner Partei die Nutzung eines Gemeindesaals u.Ä. verwehrt werden. Man muss dies als weiteren Beleg einer gewissen Defensionsscheu der freiheitlichen Grundordnung ansehen.8 Mit einem Parteiverbot dürfte nach den Anforderungen der Bundesverfassungsgerichtsentscheidung vom 17.1.20179 praktisch besehen kaum mehr zu rechnen sein.
1 BAG BAGE 95, 269 = MDR 2001, 336 (Ls.) = NZA 2001, 116 (für Landesverbände/Landesorganisationen der SPD). 2 BVerwG v. 28.11.2018 – 6 C 2/17, NJW 2019, 1317. 3 Ausf. m.w.N. Reffken, NVwZ 2009, 1131 (1132). 4 BVerwG v. 28.11.2018 – 6 C 2/17, NJW 2019, 1317. 5 ArbG Kiel v. 17.4.2014 – 1 Ca 1872 c/13, juris, m.w.N. 6 BVerwG v. 28.11.2018 – 6 C 2/17, NJW 2019, 1317. 7 BVerwG v. 28.11.2018 – 6 C 2/17, NJW 2019, 1317. 8 Erhellend dazu in anderem Kontext Dieckmann, myops 39/2020, 4 (11). 9 BVerfG v. 17.1.2017 – 2 BvB 1/13, BVerfGE 144,20 = NJW 2017, 611.
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III. Die Gründung des Vereins 1. Die Gründer und ihr Gründungsvertrag (§§ 21, 22, 25, 57, 58 BGB) a) Gründungsakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gründerzahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gründerfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . d) Gründungsvorstand . . . . . . . . . . . . . e) Willensmängel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gründervereinigung, Vorverein (§§ 21, 54, 705 ff. BGB) . . . . . . . . .
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a) Werdegang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vorgründungsgesellschaft . . . . . . . . c) Vorverein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Eintragung oder Konzession . . . . . . 3. Muster für eine Niederschrift über die Gründung des Vereins . .
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Literatur: Hadding, Korporationsrechtliche oder rechtsgeschäftliche Grundlagen des Vereinsrechts?, in FS Fischer, 1979, S. 165; Lissner, Die Erstanmeldung des eingetragenen Vereins, MDR 2012, 1209; Terner, Vereinsrecht in der notariellen Praxis, Teil 2 (Gründung, Satzung, Vertretung), ZNotP 2009, 222; Vieweg, Vormitgliedschaftliche Rechtsverhältnisse eingetragener Vereine, in FS Reuter, 2010, S. 395.
1. Die Gründer und ihr Gründungsvertrag (§§ 21, 22, 25, 57, 58 BGB) a) Gründungsakt Die Gründung des Vereins erfolgt durch Einigung (vertragliche Willensübereinstimmung) der (= aller) Gründer, den Verein zu errichten, die für ihn geschaffene Satzung wirksam werden zu lassen und ihm als Mitglied anzugehören.1 Das erfolgt üblicherweise in einer Gründungsversammlung, zwingend ist die Versammlungsform hier aber nicht. Stimmen nicht alle Beteiligten überein, sind nur die Zustimmenden Gründer. Mit der formlos möglichen Gründung des Vereins und Bestellung des ersten Vorstandes ist ein nicht eingetragener, aber rechtsfähiger Verein entstanden.2 Wenn die Eintragung angestrebt wird, spricht man in diesem Stadium auch vom Vorverein.
1 An einem derartigen Rechtsbindungswillen fehlt es in der Regel bei den Teilnehmern einer Facebook-Gruppe, LG Arnsberg v. 25.3.2013 – 3 S 8/13. Zum Tatbestand dieses Beschusses s. AG Menden v. 9.1.2013 – 4 C 409/12, NJW-spezial 2014, 304 mit Anm. Leuering. Ausführlich zur Rechtsnatur der facebook-Gruppe (nach hM. auch keine GbR) Leonard/Arntzen, jurisPR-HaGesR 12/2013 Nr. 1. 2 Die (steuerlichen) Folgen müssen nicht immer gewollt sein, vgl. etwa BFH v. 18.12.1996 – I R 16/96, BB 1997, 1776 (Gründung eines Vereins bereits durch Aufnahme nicht in den öffentlich-rechtlichen Aufgabenkreis fallender Aktivitäten durch die Mitglieder einer freiwilligen Feuerwehr); zur Abgrenzung aber auch FG Hamburg v. 31.1.2014 – 5 K 122/11, ZStV 2014, 140.
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III. Rz. 24 | Die Gründung des Vereins
b) Gründerzahl 24
Eine bestimmte Gründerzahl verlangt das Gesetz nicht. Ein Verein kann daher auch durch nur zwei Gründer errichtet werden.1 Eine Unterzeichnung der Satzung durch mindestens sieben Vereinsmitglieder ist jedoch für die Eintragung in das Vereinsregister erforderlich. Wegen des klaren Wortlauts des § 56 BGB ist an der Mindestzahl von sieben unmittelbaren Mitgliedern als Eintragungsvoraussetzung auch dann festzuhalten, wenn mehrere mitgliederstarke Vereine einen Dachverband gründen wollen, die Ernsthaftigkeit der Neugründung also gesichert erscheint.2 Vielfach beteiligen sich daher auch an einer Vereinsgründung sogleich mindestens sieben Personen. Wenn die Gründerzahl kleiner ist, wird die Anmeldung zum Vereinsregister erst nach Aufnahme so vieler weiterer Mitglieder möglich, dass eine von sieben Personen unterzeichnete Satzung vorliegt (§ 59 Abs. 3 BGB). Mehr Gründer sind selbstverständlich möglich, es bedarf aber auch dann keiner größeren Zahl von Unterschriften.3 c) Gründerfähigkeit
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Gründer des Vereins können sein natürliche Personen oder juristische Personen des Privatrechts (Aktiengesellschaft, Kommanditgesellschaft auf Aktien, Gesellschaft mbH, auch UG, Genossenschaft, Versicherungsverein aG, ein anderer rechtsfähiger Verein) oder des öffentlichen Rechts (insb. auch Gebietskörperschaften wie Stadtgemeinden, Landkreise usw., nicht aber eine Behörde als solche4), damit auch eine (rechtsfähige) Stiftung des bürgerlichen oder des öffentlichen Rechts, und Gesellschaften des Handelsrechts (Offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft, auch GmbH & Co. KG), Partnerschaften sowie Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigungen und politische Parteien. Nicht eingetragene Vereine kommen ebenso in Frage wie Gesellschaften des bürgerlichen Rechts5 (zu Einschränkungen Rz. 238). Gründer einer Partei (Begriff Rz. 18) können (ebenso wie deren Mitglieder, § 2 Abs. 1 S. 2 PartG) nur natürliche Personen sein.
1 Wie hier die hM., etwa Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 8; a.A. (ab Satzungserrichtung drei, um die vom Gesetz vorausgesetzte Bildung einer „Mehrheit“ zu ermöglichen) Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 81. Wiederum a.A. (ein Gründer) mit Blick auf das Kapitalgesellschaftsrecht Lieder, ZStV 2004, 330. 2 LG Hamburg v. 27.11.1979 – 71 T 84/79, Rpfleger 1981, 198; Hadding in Soergel, § 56 Rz. 2. 3 Orth, ZStV 2016, 228. 4 Dazu Reuter, ZHR 145, 27 (274). 5 Spätestens mit der Beteiligung an einer Vereinsgründung wird die Gesellschaft zur Außengesellschaft und damit nach den Grundsätzen des BGH rechtsfähig (BGH v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 = MDR 2001, 459 = NJW 2001, 1056 = Rpfleger 2001, 246; BGH v. 15.1.2003 – XII ZR 300/99, NJW 2003, 1043 = MDR 2003, 591; BGH v. 25.1.2008 – V ZR 63/07, NotBZ 2008, 156 = MDR 2008, 514 = NJW 2008, 1378 = Rpfleger 2008, 365; BGH v. 22.10.2010 – v. 22.10.2009 – III ZR 295/08, MDR 2010, 167). Zur Beteiligung an einer Kommanditgesellschaft etwa BGH v. 16.7.2001 – II ZB 23/00, MDR 2001, 1248 = NJW 2001, 3121 = Rpfleger 2001, 598).
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1. Die Gründer und ihr Gründungsvertrag (§§ 21, 22, 25, 57, 58 BGB) | Rz. 27 III.
Umstritten ist die Mitgliedschaft einer Erbengemeinschaft (§§ 2032 ff. BGB) im Verein1. Soweit die Erbengemeinschaft am Rechtsverkehr teilnehmen kann, wird man ihr auch eine gerade darauf bezogene Vereinsmitgliedschaft nicht vollständig verwehren können.2 Zu Recht abgelehnt wird sie bei bloßer Gläubigermehrheit oder Bruchteilsgemeinschaft.3 Jedenfalls bei Vereinsgründung (wegen der Schaffung von Sonderrechten später nur einstimmig) sollte sich durch die Schaffung differenzierter Mitgliederrechte die Sonderbeziehung zwischen einzelnen Mitgliedern aber abbilden lassen (Muster zur Einbeziehung von Familienstämmen bzw. Erbengemeinschaften bei Rz. 247). Eine Einzelfirma ist (als solche) nicht rechtsfähig; es kann sich daher nur ihr Inhaber (persönlich) mit seinem bürgerlichen Namen (kein Fall des § 17 Abs. 1 HGB) an der Gründung eines Vereins beteiligen. Soweit natürliche Personen zugleich für sich selbst wie auch für eine von ihnen beherrschte juristische Person auftreten, sollen sie – wenn die Satzung es nicht anders regelt – hinsichtlich der Mindestzahl von Gründern nur einmal gerechnet werden.4 Wenn die Satzung den Erwerb der Mitgliedschaft durch bestimmte Personen ausschließt (Rz. 239), können solche Personen auch an der Vereinsgründung nicht teilnehmen.
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Die Gründungsmitglieder müssen wegen des vertraglichen Charakters der Gründung geschäftsfähig sein. Ein geschäftsunfähiger Gründer wird nicht Vereinsmitglied. Seine Teilnahme berührt die Wirksamkeit der Gründung jedoch nicht, wenn genügend weitere Gründer den Verein errichtet haben.5 Ein beschränkt Geschäftsfähiger (Minderjährige vom 7. bis 18. Lebensjahr) bedarf zur Teilnahme an der Vereinsgründung der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters (wie Rz. 290; dort auch zur Ausnahme für die Fälle der §§ 112, 113 BGB). Eine betreute Person kann (vorbehaltlich § 104 Nr. 2 BGB) an der Vereinsgründung mitwirken, im Falle des § 1903 Abs. 1 BGB mit Einwilligung des Betreuers (Einwilligungsvorbehalt).6 Der Betreuer vertritt in seinem Aufgabenkreis die betreute Person gerichtlich und außergerichtlich (§ 1902 BGB), kann anstelle des Betreuten somit im Rahmen seines Aufgabenkreises an der Vereinsgründung mitwirken. Rechtsgeschäftliche Vertretung bei der Grün-
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1 Ablehnend die überwiegende Meinung, hier bis 9. Aufl., Rz. 122; Hadding in Soergel, § 38 Rz. 5; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 11; Leuschner in MünchKomm/BGB, § 38 Rz. 10; wie hier Reuter in MünchKomm/BGB, 7.A. § 38 Rz. 24. 2 Dazu der Hinweis von Reuter in MünchKomm/BGB, 7.A. § 38 Rz. 24: Die Fortführung eines einzelkaufmännischen Unternehmens durch die Erbengemeinschaft wird (zeitlich limitiert) zugelassen (Nachweise jurisPK/BGB/Otto, § 2032 Rz. 39). Dann muss dieser auch die Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband, Branchenverband; Werbegemeinschaft etc. möglich sein. 3 Hadding in Soergel, § 38 Rz. 5 m.N. 4 OLG Stuttgart v. 5.4.1983 – 8 W 442/82, Rpfleger 1983, 318; Hadding in Soergel, § 56 Rz. 2; Eichler, Rpfleger 2004, 196 (mE richtig nur bei Eingreifen des § 181 BGB). 5 Hadding in Soergel, Rz. 29 und 31 zu § 25; Weick in Staudinger, Rz. 19 zu § 21. Differenzierter für den Fall, dass der Wegfall eines Gründers vor Erlangung der Rechtsfähigkeit erkennbar wurde Steffen in BGB-RGRK, Rz. 8 zu § 21. 6 Die Teilnahme an der Vereinsgründung begründet Mitgliederpflichten, bringt somit nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil. Sie kann auch nicht als geringfügige Angelegenheit des täglichen Lebens angesehen werden. Die Ausnahme des § 1903 Abs. 3 BGB vom Einwilligungsvorbehalt kann deshalb keine Bedeutung erlangen.
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III. Rz. 27 | Die Gründung des Vereins
dung ist möglich.1 § 181 BGB gilt, d.h. soweit sie nicht von dieser Bestimmung ausdrücklich befreit ist, kann eine natürliche Person nicht zugleich für sich und als Vertreter einer anderen oder einer juristischen Person gründen.2 d) Gründungsvorstand 28
Die Bestellung des ersten Vorstands durch die Gründer des Vereins erfordert anders als die Vereinsgründung selbst keine Übereinstimmung aller Gründer. Sie erfolgt (wie für den nach Eintragung rechtsfähigen Verein) durch Beschluss der Versammlung der Gründer3 oder einer gesondert einzuberufenden Mitgliederversammlung des Vorvereins (§ 27 Abs. 1 BGB) oder in der durch die Satzung sonst bestimmten Weise (§ 40 BGB). Die herrschende Meinung verlangt Besetzung aller Vorstandsämter vor Eintragung des Vereins (anders dazu Rz. 1447). In der Zeit von erhöhter Infektionsgefahr und der Einschränkung von Präsenzversammlungen sind Alternativen zur Wahl des ersten Vorstands in einer Gründungsversammlung gefragt. Es spricht nichts gegen eine Vereinsgründung in einer Telefon- oder Videokonferenz oder in einem schriftlichen Verfahren. Gründungsakt und dabei vereinbarte Satzung sind formfrei möglich (siehe Rz. 23). Die bei gewünschter Registereintragung erforderlichen Gründerunterschriften auf der Satzung können in einem Umlaufverfahren nachgeholt werden. Der erste Vorstand kann bei dieser Form der Gründung – unüblich, in diesem Fall aber zweckmäßig – unmittelbar in der Satzung bestellt werden. Dabei sollte in der Satzung eindeutig bestimmt werden, dass das Amt mit Ende der ersten Mitgliederversammlung oder nach Ablauf von 2 Jahren o.ä. endet und eine Abberufung mit einfacher Mehrheit möglich bleibt. Denn es gilt klarzustellen, dass hier keine Satzungsänderungsmehrheit zur Wahl eines anderen Vorstands gefordert und kein Sonderrecht des namentlich in der Satzung genannten Gründungsvorstands geschaffen werden soll. In jedem Fall muss eine Regelung gefunden werden, die für alle Gründer konsensfähig ist, weil bei Vorstandsbestellung in der Gründungssatzung auch alle Gründer zustimmen müssen. Auf die erweiterten Möglichkeiten des Covid19-Sondergesetzes kann nicht zurückgegriffen werden, weil diese einen bestehenden Verein bzw. einen handlungsfähigen Vorstand voraussetzen (Rz. 792). e) Willensmängel
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Angefochten werden kann die zur Vereinsgründung abgegebene Willenserklärung durch einen Gründer, wenn er sich über den Inhalt der Erklärung geirrt hat (§ 119 BGB) oder zur Abgabe der Erklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist (§ 123 BGB). Die Anfechtung berührt die Wirksamkeit der Vereinsgründung nicht, wenn noch die notwendige Gründer- bzw.
1 Es kommt auf die Wirksamkeit der Vollmacht im Außenverhältnis an, OLG Hamm v. 14.2.2007 – 8 U 110/06, juris. 2 Burhoff, Rz. 22. 3 S. BGHZ 80, 212 = MDR 1981, 823 = BGH v. 23.3.1981 – II ZR 27/80, GmbHR 1982, 67 = DNotZ 1982, 171 = MDR 1981, 823 = NJW 1981, 2125 über Bestellung des Geschäftsführers für eine im Handelsregister noch nicht eingetragene GmbH.
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2. Gründervereinigung, Vorverein (§§ 21, 54, 705 ff. BGB) | Rz. 31 III.
Unterzeichnerzahl übrig bleibt. Eine wirksame Anfechtung hat dann nur die Wirkung einer Austrittserklärung.1
2. Gründervereinigung, Vorverein (§§ 21, 54, 705 ff. BGB) a) Werdegang Bereits vor der eigentlichen Vereinsgründung kann eine Gründervereinigung (= Vorgründungsgesellschaft) als Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (§§ 705 ff. BGB) bestehen. Mit Vereinsgründung (Rz. 23) entsteht die erstrebte juristische Person als Vorverein (Rz. 32 ff.).
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b) Vorgründungsgesellschaft Vorbesprechungen und Vorverhandlungen, die auf Gründung des Vereins hinzielen, begründen keine Rechtsverpflichtungen. Vor Vereinsgründung kommen über solche rechtlich unverbindliche Erörterungen hinaus zumeist keine Rechtsbeziehungen zustande. Eine Gründervereinigung (Vorgründungsgesellschaft) entsteht jedoch, wenn sich Personen, die einen Verein errichten wollen, vertraglich mit der schuldrechtlichen Verpflichtung zu dem gemeinsamen Zweck zusammenschließen (ist praktisch wohl selten der Fall), die Gründung des Vereines vorzubereiten und bei seiner Gründung mitzuwirken sowie hierfür erforderliche Beiträge zu leisten. Diese Gründervereinigung ist BGB-Gesellschaft (§§ 705 ff. BGB)2, die mit der Vereinsgründung ihren Zweck erreicht hat und daher nach § 726 BGB endigt.3 Mit dem in Aussicht genommenen Verein hat die seine Gründung vorbereitende Personenvereinigung noch nichts zu tun; sie ist mit ihm nicht identisch. Es handelt sich um eine eigenständige Gesellschaft des bürgerlichen Rechts. Aus den bereits für diese Gründervereinigung durch alle Gesellschafter oder einen (auch mehrere) Gesellschafter mit Geschäftsführungsbefugnis (näher § 714 BGB) abgeschlossenen Rechtsgeschäften haften die Gründer (BGB-Gesellschafter) persönlich, und zwar unbeschränkt, soweit sich aus den Umständen nichts anderes ergibt. Verbindlichkeiten und Rechte der Gründervereinigung gehen nicht ohne weiteres mit Vereinsgründung auf den nicht rechtsfähigen Verein und ebenso wenig mit Eintragung in das Vereinsregister auf den rechtsfähigen Verein über.4 Rechte müssen, wenn sie in den Verein eingebracht werden sollen, durch besonderes Rechts1 S. Schwennicke in Staudinger, Rz. 50 zu § 25; Hadding in Soergel, Rz. 31 zu § 25. 2 Steffen in BGB-RGRK, Rz. 12 zu § 21; Hadding in Soergel, Rz. 41 und 61 vor § 21 BGB. S. auch BGH v. 7.5.1984 – II ZR 276/83, GmbHR 1984, 316 = DNotZ 1984, 585 = MDR 1984, 819 = NJW 1984, 2164 für eine die Tätigkeit einer in Aussicht genommenen GmbH vorbereitende Personenvereinigung. 3 Hadding in Soergel, Rz. 41 vor § 21 BGB; MünchKomm/BGB/Leuschner, Rz. 128 zu §§ 21, 22 BGB. 4 Dazu (für Stadium der GmbH-Gründung) BGH v. 7.5.1984 – II ZR 276/83, GmbHR 1984, 316 = DNotZ 1984, 585 = MDR 1984, 819 = NJW 1984, 2164; BGH v. 17.12.1984 – II ZR 69/84, WM 1985, 479; BGH v. 9.3.1998 – II ZR 366/96, GmbHR 1998, 633 = MDR 1998,
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III. Rz. 31 | Die Gründung des Vereins
geschäft übertragen werden; Verpflichtungen treffen den Verein nur, wenn ein selbständiger (besonderer) Verpflichtungsgrund besteht. Die rechtsgeschäftliche persönliche Haftung der Gründer endet mit Gründung oder Eintragung des Vereins in das Vereinsregister nur, wenn das mit dem Gläubiger vereinbart1 worden ist.2 Der für die Gründervereinigung Handelnde haftet in dieser Eigenschaft nicht persönlich (bei Handeln ohne Vertretungsmacht gilt § 179 BGB).3 M 1 Mietvertrag einer Vorgründungsgesellschaft (Absicherung der Gründer) Dem Vermieter ist bekannt, dass Frau A, Frau B und Herr C in ihrer Eigenschaft als einzige Mitglieder der Vorgründungsgesellschaft den heutigen Vorvertrag ausschließlich abschließen, um dem von ihnen mit anderen noch zu gründenden Blechbläserverein die Mieträume als Proberaum zu sichern. Der von der Vorgründungsgesellschaft zu bezeichnende Verein tritt mit seiner Eintragung in das Vereinsregister in den heutigen Vertrag anstelle der Vorgründungsgesellschaft ein. Maßgeblich im Verhältnis zum Vermieter ist dabei der nächste Monatserste ab Zugang einer schriftlichen Anzeige der Vereinseintragung. A, B und C vertreten die Vorgründungsgesellschaft gegenüber dem Vermieter jeweils einzeln. Sie haften mit ihrem Privatvermögen als Gesamtschuldner neben der Vorgründungsgesellschaft für deren Verbindlichkeiten aus diesem Vertrag bis zum Eintritt des Vereins. Von der Haftung für Schäden am Mietobjekt aus der Nutzungszeit durch die Vorgründungsgesellschaft sind sie vom Vermieter freizustellen, wenn der Verein dem Vermieter gegenüber insoweit die Haftung übernimmt. Die von der Vorgründungsgesellschaft geleistete Kaution geht auf den Verein über, soweit sie nicht zur Begleichung von Verbindlichkeiten der Vorgründungsgesellschaft verbraucht wird. A, B und C können vor Eintritt des Vereins durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Vermieter je einzeln ihre Haftung auf die Höhe bereits aufgelaufener Verbindlichkeiten zuzüglich dreier Monatsmieten beschränken. Eine derartige Erklärung gilt mangels anderer Vereinbarung aller Beteiligter als Kündigung dieses Vertrags durch die Vorgründungsgesellschaft zum dritten Kalendermonatsende. Sie gilt bei zwischenzeitlicher Eintragung dann auch für den Verein.
607 = NJW 1998, 1645; BGH v. 25.10.2000 – VIII ZR 306/99, GmbHR 2001, 293 = NJWRR 2001, 1042. 1 Offenlegung des Gründungstatbestands bei Vertragsschluss kann bei einem Dauerschuldverhältnis (Mietvertrag) Vertragsübernahme durch sog. dreiseitigen Vertrag und damit stillschweigendes Einvernehmen über die zeitliche Begrenzung der Haftung der Vorgründungsgesellschaft und ihrer Mitglieder begründen (Haftung für die Mietzahlung ab „Entstehung“ durch den Verein, nicht mehr der Gründer), s. OLG Hamm v. 13.12.1988 – 7 U 104/88, GmbHR 1989, 335 = NJW-RR 1989, 616. 2 Eine solche Vereinbarung muss der Haftungsschuldner beweisen; hierzu und zur Haftung BGH NJW 1983, 2866 = MDR 1984, 121; auch BGH GmbHR 1996, 164 (für Vorgründungsgesellschaft einer späteren GmbH) und BGH v. 9.3.1998 – II ZR 366/96, GmbHR 1998, 633 = MDR 1998, 607 = NJW 1998, 1645. 3 Hierzu BGH v. 23.3.1981 – II ZR 27/80, BGHZ 80, 212 = MDR 1981, 823.
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2. Gründervereinigung, Vorverein (§§ 21, 54, 705 ff. BGB) | Rz. 33 III.
c) Vorverein Nach Vereinsgründung – von der bindenden Errichtung der Satzung an – besteht bei Eintragungsabsicht die Körperschaft als sog. Vorverein bis zur Eintragung in das Vereinsregister in der Rechtsform des nicht eingetragenen Vereins1 (Rz. 1749 ff.). Die Zielsetzung dieses Vorvereins kann lediglich auf Erwerb der Rechtsfähigkeit nach Vereinsgründung gerichtet sein, aber auch bereits auf Verwirklichung des eigentlichen Vereinszwecks, also Aufnahme der Vereinstätigkeit. Die wirksam errichtete Satzung kann ab Aufnahme einer Vereinstätigkeit nach den allgemein geltenden Regeln geändert werden, es handelt sich nicht mehr um eine (nur einstimmig durch alle Gründer vorzunehmende) Änderung des Gründungsvertrags.2 Ein Mitgliederwechsel durch Ein- und Austritt ist nach Vereinsgründung auch vor Registereintragung möglich (Rz. 1768). Wenn der Verein die Anerkennung als gemeinnützig anstrebt, kann er bereits jetzt ein Feststellungsverfahren nach § 60a AO anstrengen.3
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Als nicht eingetragener Verein wird der Vorverein bereits durch den Vorstand vertreten. Der für den Vorverein Handelnde kann nach § 54 S. 2 BGB (dazu Rz. 1801) neben dem Vereinsvermögen persönlich haften. Sobald der Verein mit Eintragung in das Vereinsregister Rechtsfähigkeit erlangt, gehen auf ihn die Verbindlichkeiten des Vorvereins über.4 Weil der Gläubiger so den Schuldner erhält, mit dem er von Anfang an das Rechtsgeschäft abschließen wollte, erlischt die persönliche Haftung des Handelnden. Die von der Rechtsprechung5 für das Erlöschen der Haftung der für eine Vor-GmbH Handelnden mit Eintragung der Gesellschaft mbH in das Handelsregister entwickelten Grundsätze müssen gleichermaßen gelten, wenn der rechtsfähige Verein Forderungsschuldner geworden ist. Für Ansprüche aus einem Mietvertrag bei einem Verein, der kurze Zeit nach Vertragsabschluss Rechtsfähigkeit erlangt und nach dem Willen der Beteiligten damit Vertragspartner wird, wurde seit je her eine Beschränkung der Handelndenhaftung angenommen.6 Der handelnde Vorstand steht nur dafür ein, dass der Verein nach Erlangung der Rechtsfähigkeit auch tatsächlich die Rechte und Pflichten aus dem Vertrag übernimmt. Sobald der Verein das getan hat, ist der Handelnde aus der Haftung entlassen. Mitglieder des nicht rechtsfähigen Idealvereins, damit auch des Vorvereins, haften für dessen Verbindlichkeiten
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1 BayObLG 1972, 29 (32) = Rpfleger 1972, 132; Steffen in BGB-RGRK, Rz. 9 zu § 21; Hadding in Soergel, Rz. 64 vor § 21 BGB; Schwennicke in Staudinger, Rz. 89 zu § 21 BGB. 2 Burhoff, Rz. 39. Anders möglicherweise, wenn der Gründungsbeschluss Aktivitäten ausdrücklich erst nach Eintragung zulässt. 3 Zur Auswirkung nachfolgender Satzungsänderungen Kirchhain, DStR 2014, 289 (291). Es besteht aber – auch nach der „Kita-Rechtsprechung“ (Rz. 76) – keine Veranlassung, vor der Registeranmeldung die Feststellung der Gemeinnützigkeit abzuwarten. 4 Schwennicke in Staudinger, Rz. 100 zu § 21 BGB und Rz. 69 zu § 54 BGB. 5 BGHZ 80, 182 = MDR 1981, 650 = BGH v. 16.3.1981 – II ZR 59/80, GmbHR 1981, 192 = DNotZ 1981, 506 = MDR 1981, 650 = NJW 1981, 1452; BGH v. 26.10.1981 – II ZR 31/81, GmbHR 1982, 183 = DNotZ 1982, 699 = MDR 1982, 297 = NJW 1982, 932. 6 OLG Celle NJW 1976, 806.
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III. Rz. 33 | Die Gründung des Vereins
Dritten (regelmäßig) nicht1 (Rz. 1796); anders beim wirtschaftlichen Verein (Rz. 1799) und bei Rechtsformverfehlung (Rz. 228, s aber auch Rz. 1396). Wenn der Vorverein nur auf den Erwerb der Rechtsfähigkeit zielt, beschränkt sich die Vertretungsmacht des Vorstands auf die Gründungsgeschäfte. Sofern nicht die Satzung erkennbar macht, dass die eigentliche Vereinstätigkeit bereits vor Erlangung der Rechtsfähigkeit aufgenommen werden soll, wird stets von solcher Begrenzung der Vertretungsmacht des Vorstands auszugehen sein. Überdehnt der Vorstand des Vorvereins seine Vertretungsmacht, gehen Verbindlichkeiten nicht ohne weiteres auf den eingetragenen Verein über. d) Eintragung oder Konzession 34
Mit der Registereintragung (§ 21 BGB) oder staatlichen Verleihung (§ 22 BGB) setzt sich der Vorverein in dem rechtsfähigen Verein fort; er ist ohne organisatorische Veränderung (Umgestaltung) juristische Person geworden. Der Vorverein und der mit Eintragung oder staatlicher Verleihung entstandene Verein sind identisch.2 Die bereits von der Gründervereinigung in der Rechtsform des Vorvereins begründeten Rechte und Pflichten gehen mit der Registereintragung oder staatlichen Verleihung ohne weiteres auf den eingetragenen oder mit Verleihung rechtsfähigen Verein als neu entstandene juristische Person über. Es bedarf keines auf Vermögensübertragung gerichteten eigenen Rechtsaktes.3 Dieser Rechtsübergang ist nicht auf die zur Vereinsgründung eingegangenen Verbindlichkeiten beschränkt, sondern erstreckt sich auch auf Verbindlichkeiten, die durch Aufnahme der eigentlichen Vereinstätigkeit entstanden sind.4
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Gibt der Vorverein die Absicht auf, die Rechtsfähigkeit zu erlangen, oder wird die Registereintragung bzw. Verleihung der Rechtsfähigkeit endgültig abgelehnt, dann ist es Frage der Satzungsauslegung, ob er als nichtrechtsfähiger Verein fortbestehen oder als aufgelöst gelten soll.5 Die Haftung dessen, der für den Vorverein gehandelt hat, besteht fort (§ 54 S. 2 BGB). Die persönliche Haftung der Mitglieder des mit Gründung eines Idealvereins entstandenen Vorvereins ist in der Regel ausgeschlossen. Für die Mitglieder des mit Gründung eines wirtschaftlichen Vereins entstandenen Vorvereins hat die Verweisung des § 54 S. 1 BGB auf die Vorschriften über die BGB-Gesellschaft hingegen die persönliche (gesamtschuldnerische) Außenhaftung nach gesellschaftsrechtlichen Haftungsgrundsätzen zur Folge (Rz. 1799). Diese Außenhaftung der Mit-
1 Die Einschränkung der Rechtsprechung des BGH mit Annahme einer Innen-Haftung der Gründungsgesellschafter einer Vor-GmbH für Verlustdeckung (BGH v. 27.1.1997 – II ZR 123/94, AG 1997, 367 = MDR 1997, 665 = GmbHR 1997, 405 = NJW 1997, 1507 mit krit. Anm. Altmeppen) kann daher für die Mitgliederhaftung für Verbindlichkeiten des Vorvereins keine Bedeutung erlangen. 2 BGH WM 1978, 115. 3 RG 85, 256 (259); RG 134, 121 (122); RG 151, 86 (91); BGHZ 17, 385 (387) = NJW 1955, 1229. 4 BGHZ 17, 385 (387) = NJW 1955, 1229. 5 Steffen in BGB-RGRK, Rz. 11 zu § 21; Hadding in Soergel, Rz. 65 vor § 21; für Auflösung, wenn Rechtsfähigkeit nicht erlangt wird, Schwennicke in Staudinger, Rz. 100 zu § 21.
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3. Muster für eine Niederschrift über die Gründung des Vereins | Rz. 36 III.
glieder des (wirtschaftlichen) Vorvereins besteht fort, wenn er keine Rechtsfähigkeit erlangt.1
3. Muster für eine Niederschrift über die Gründung des Vereins Ein ausführliches Gründungsprotokoll (Rz. 1531) kann wie folgt aussehen: M 2 Niederschrift Vereinsgründung
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Am 6. Januar 2016 fanden sich die in der angefügten Anwesenheitsliste eingetragenen Personen im Nebenzimmer des Gasthauses zum Stothfänger in Nürnberg, Schwalbachstraße Nr. …, ein. Herr Johannes Laugner eröffnete um 20.00 Uhr die Versammlung. Er begrüßte die Erschienenen und stellte den Zweck der Zusammenkunft dar. Auf seinen Vorschlag wurde Frau Verena Schwarz durch Zuruf und mit ihrer Zustimmung einstimmig zur Schriftführerin bestellt. Herr Laugner machte sodann den Wortlaut der für den zu gründenden Verein Concordia ausgearbeiteten Satzung bekannt und stellte diese Satzung zur Diskussion. Alle Anwesenden waren mit dem ihnen bereits bekannten Wortlaut der Satzung einverstanden. Einstimmig wurde von allen Anwesenden beschlossen, – den Verein Concordia zu errichten; – ihm die vorgetragene Satzung zu geben, die dieser Niederschrift als Anlage beigefügt ist, – und ihm als Gründungsmitglieder anzugehören. Die Anwesenden übertrugen sodann einstimmig Herrn Thomas Müller die Leitung der Wahl des ersten Vorstandes und sprachen sich ebenfalls einstimmig für Wahl durch Zuruf aus. Vorgeschlagen und bei Enthaltung des jeweiligen Bewerbers wurden einzeln einstimmig gewählt zum 1. Vorsitzenden Schriftführer Kassierer
Herr Johannes Laugner, geb. am … wohnhaft Nürnberg, …straße Nr. …, Frau Verena Schwarz, geb. am … wohnhaft Nürnberg, …straße Nr. …, Herr Markus Oremek, geb. am … wohnhaft Nürnberg, …straße Nr. …,
Die Gewählten nahmen die Wahl an.
1 BGH v. 18.12.2000 – II ZR 385/98, NJW 2001, 748. Nicht anders de lege ferenda das Konzept des „Mauracher Entwurfs“, dazu oben Rz. 11.
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III. Rz. 36 | Die Gründung des Vereins Herr Laugner übernahm hierauf wieder die Leitung der Versammlung. Er stellte fest, dass mit Annahme der ausgearbeiteten Satzung der Verein ordnungsgemäß gegründet ist, dass ihm die sieben Anwesenden als (Gründungs-)Mitglieder angehören und dass der aus den Vereinsmitgliedern Johannes Laugner, Verena Schwarz und Markus Oremek bestehende erste Vorstand satzungsgemäß bestellt ist. Als ladungsfähige Anschrift des Vereins wurde mit Einvernehmen aller Anwesenden die Anschrift des 1. Vorsitzenden bestimmt. Die Vorstandsmitglieder wurden beauftragt, die in der Satzung vorgesehene Eintragung im Vereinsregister zügig zu betreiben und zunächst nur der Eintragung dienliche Geschäfte zu tätigen. Die Anwesenden leisteten auf dem Satzungsausdruck ihre Unterschriften. Herr Laugner sprach den Anwesenden seinen Dank für die Vereinsgründung und das mit der Wahl bekundete Vertrauen aus. Er schloss daraufhin die Versammlung um 21.30 Uhr, nachdem niemand mehr das Wort gewünscht hatte. Gemäß den Bestimmungen der Satzung zur Protokollführung unterzeichnen für die Richtigkeit des Protokolls: Johannes Laugner/Verena Schwarz Anlage zur Niederschrift vom 6. Januar 2016 über die Gründung des Vereins Concordia Anwesenheitsliste: Kolb, Martin, Nürnberg, …straße Nr. … Laugner, Johannes, Nürnberg, …straße Nr. … Meier, Peter, Nürnberg, …straße Nr. … Müller, Thomas, Nürnberg, …straße Nr. … Oremek, Markus, Nürnberg, …straße Nr. … Schwarz, Verena, Nürnberg, …gasse Nr. … Stingel, Elke, …straße Nr. … Stradtner, Ralf, Nürnberg, …straße Nr. …
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IV. Die Satzung des Vereins 1. Die Satzung als Teil der Vereinsverfassung (§§ 25, 40 BGB) . . . . . . a) Gesetz und Satzung . . . . . . . . . . . . . . b) Satzungsautonomie . . . . . . . . . . . . . . c) Besonderheiten aus Art. 4 GG . . . . 2. Der Inhalt der Satzung (§§ 25, 57–59 BGB) . . . . . . . . . . . . . a) Mindestinhalte bei Eintragungsabsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Grundbestimmungen . . . . . . . . . . . . 3. Die Satzungsurkunde . . . . . . . . . . . a) Form der Satzung . . . . . . . . . . . . . . .
37 37 39 44 47 47 49 51 51
b) Auslagerung von Texten und Verweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Auslegung der Satzung und gelebtes Vereinsrecht . . . . . . . . . . . . a) Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die sog. Vereinsobservanz . . . . . . . . 5. Willensmängel und Inhaltskontrolle, Fehlerfolgen . . . . . . . . . . a) Willensmängel der Gründer . . . . . . b) Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Einzel- und Gesamtnichtigkeit . . . .
52 54 54 55 57 57 58 60
Literatur: Bär, Die Schranken der inneren Vereinsautonomie, 1996; Beuthien/Gätsch, Vereinsautonomie und Satzungsrechte Dritter, ZHR 156 (1992), 459; Fleck, Die Inhaltskontrolle von Vereinssatzungen. Der Prüfungsumfang des Register- und des Prozessgerichts, Rpfleger 2009, 58; Flume, Die Vereinsautonomie und ihre Wahrung durch die Mitglieder hinsichtlich der Selbstverwaltung der Vereinsangelegenheiten und der Satzungsautonomie, FS Coing, 1982, Band II, S. 97; Grunewald, Vereinsordnungen, ZHR 152 (1988) 242; Heermann, Die Geltung von Verbandssatzungen gegenüber mittelbaren Mitgliedern und Nichtmitgliedern, NZG 1999, 325; Lohbeck, Die Vereinsordnungen, MDR 1972, 381; Lukes, Der Satzungsinhalt beim eingetragenen Verein und die Abgrenzung zu sonstigen Vereinsregelungen, NJW 1972, 121; Reichert, Zur Satzungsqualität von Spielordnungen und sonstigen Vereinsordnungen, SpuRt 2008, 7; Reuter, Die Verfassung des Vereins gem. § 25 BGB, ZHR 148 (1984), 523; Röcken, Entwicklung des Vereinsrechts, MDR 2014, 879; Röcken, Vereinssatzungen – Strukturen und Muster erläutert für die Vereinspraxis, 2013; Schneider, Der kirchliche Verein im kanonischen und weltlichen Recht, Diss. 2020; Schockenhoff, Der Grundsatz der Vereinsautonomie, AcP 193 (1993), 35; Schockenhoff, Vereinsautonomie und Autonomie kirchlicher Vereine, NJW 1992, 1013; Steinbeck, Vereinsautonomie und Dritteinfluss, 1999; Stöber, Änderung des Zwecks des Vereins mit der für allgemeine Satzungsänderungen vorgesehenen Stimmenmehrheit?, Rpfleger 1976, 377; Terner, Vereinsrecht in der notariellen Praxis, Teil 2 (Gründung, Satzung, Vertretung), ZNotP 2009, 222; Wiedemann, Die Auslegung von Satzungen und Gesellschaftsverträgen, DNotZ 1977, Sonderheft S. 99; Wolff, Der drittbestimmte Verein. Satzungsrechte Dritter zwischen Vereinsfreiheit und Vereinsautonomie, 2006.
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IV. Rz. 37 | Die Satzung des Vereins
1. Die Satzung als Teil der Vereinsverfassung (§§ 25, 40 BGB) a) Gesetz und Satzung 37
Die Verfassung des Vereins wird geregelt durch – die zwingenden gesetzlichen Vorschriften des Vereinsrechts, – die Satzung des Vereins. – die dispositiven (abänderbaren) gesetzlichen Vorschriften, wenn die Satzung davon nicht abweicht. Die zwingenden gesetzlichen Vorgaben und das nach § 40 BGB abdingbare gesetzliche Modell1 einer Vereinsverfassung bestimmen sie nicht abschließend. In einer Satzung (§ 25 BGB) hat der Verein mit Eintragungswille mindestens die in § 57 und § 58 des BGB genannten Grundentscheidungen zu treffen. Nur in Form der Satzung kann er von den nach § 40 BGB dispositiven Regeln abweichen.2 Die möglichen Gestaltungen sind zu vielfältig und die Vereinszwecke zu unterschiedlich für weitere gesetzliche Vorgaben oder eine einheitliche gesetzliche Mustersatzung.3
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„Satzung“ ist dabei das vom Verein selbst förmlich im Rang einer Satzung gesetzte Recht. Der Verein kann über die in § 25 BGB genannten grundlegenden Entscheidungen hinausgehen4 bzw. selbst definieren, was im jeweiligen Verein grundlegend sein soll (unten Rz. 1148 f.). Demnach kann für den vom Verein selbst beschlossenen Teil der Vereinsverfassung unterschieden werden nach Bestimmungen, die materiell in der Form einer Satzung geregelt sein müssen und solchen, die als materielles Satzungsrecht im weiteren Sinn5 vom Verein bewusst in Satzungsform gegossen sind. Letztere können je nach Zweck und Größe des Vereins ganz unterschiedlichen Raum einnehmen. Für beide gilt, dass eine Änderung den qualifizierten Anforderungen des § 33 BGB und gegebenenfalls § 71 BGB unterliegt.6 Als Drittes kann die Satzungsurkunde formal Bestandteile enthalten, die materiell nicht Teil der Satzung sein sollen („unechte Bestandteile“). Teilweise wird weiter differenziert nach den Fallgruppen der nur informatorischen, nur individualrechtlichen und solchen korporativen Regelungen, die nach dem Willen des Satzungsgebers trotz Aufnahme in den Satzungstext keine Satzungsqualität haben sollen.7 Vor allem letztere sind nur in wenigen Fällen klar vom materiellen Satzungsinhalt abgrenzbar (z.B. Geschäftsordnung der ersten Mitgliederversammlung, die durch einfache Mehrheit abzuändern sein soll). Aber auch möglicherweise nur informatorische Inhalte können als materielles
1 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 32. 2 Bartodziej, Rz. 22. 3 Stellungnahme der Bundesregierung zur Entschließung des Bundesrats (Prüfung der Einführung einer Mustersatzung), Anlage 2 zu BT-Drucks. 17/5713. 4 Lukes, NJW 1972, 121. 5 Hadding in Soergel, § 25 Rz. 22. 6 Auflistung grundlegender Organisationsentscheidungen bei Reichert/Wagner, Kap. 2/ Rz. 363 ff. 7 Leuschner in MünchKomm-BGB, § 25 Rz. 9.
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1. Die Satzung als Teil der Vereinsverfassung (§§ 25, 40 BGB) | Rz. 39 IV.
Satzungsrecht gewollt sein (z.B. Nennung der Postadresse der Vereinsgeschäftsstelle, weil dieser Standort besonderen Bezug zum Vereinszweck haben kann1). Im Zweifel unterliegen alle Inhalte der Satzungsurkunde auch dem materiellen Satzungsrecht (Rz. 1108). Beispiele echte – unechte Satzungsbestandteile § 5. Der Verein soll in das Vereinsregister eingetragen werden und führt nach Eintragung den Zusatz „eV“. Die heute gewählte Frau Mustermann als Vorsitzende soll alles Nötige veranlassen. – Bestellung der Frau Mustermann nur informatorisch und in der laienhaft gefassten Satzung ein Fremdkörper. § 6. Fred Mustermann kann beratend an allen Vorstandssitzungen teilnehmen. – Sonderrecht des Mitglieds Mustermann. Da es reflexiv eine Schlechterstellung aller anderen Mitglieder bedeutet, bedarf es der Satzungsform. § 7. Der jeweilige Pfarrgemeinderatsvorsitzende kann beratend an allen Vorstandssitzungen teilnehmen. – Materielles Satzungsrecht (wie § 6).
b) Satzungsautonomie Die Satzung des Vereins muss bei seiner Gründung festgestellt werden (s. Rz. 23). Die gründenden Mitglieder haben die Rechtsverhältnisse des Vereins (im Rahmen der geltenden Gesetze) selbst zu ordnen (Rechtssetzung als Ausfluss der Vereinsautonomie). Der Inhalt der Vereinssatzung kann in den Grenzen der zwingenden Vorschriften (vgl. § 40 BGB) grundsätzlich frei bestimmt werden. Gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) oder gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) darf eine Satzungsbestimmung jedoch nicht verstoßen.2 Unter dem Stichwort einer Beschränkung der inneren Vereinsautonomie3 wird diskutiert, inwieweit staatliche Kontrolle zum Schutz des einzelnen Mitglieds eingreifen kann oder muss.4 Der Gleichbehandlungsgrundsatz (Rz. 392) beschränkt allgemein die Organisationsgewalt des Vereins.5 Mehrere Satzungsbestimmungen können in ihrer Gesamtheit gegen die guten Sitten verstoßen, auch wenn jede einzelne Regelung für sich durch die Freiheit der Satzungsgestaltung gedeckt ist.6
1 Aus Sicht der Gründer kann es eine grundlegende Entscheidung des Vereins sein, z.B. die Geschäftsstelle zwingend in dem vom Verein unterhaltenen Denkmal, in einem Problemstadtteil o.Ä. einzurichten. 2 KG NJW 1962, 1917; OLG Frankfurt v. 19.3.1981 – 20 W 658/80, OLGZ 1981, 391 (392) = OLG Frankfurt Rpfleger 1981, 310; OLG Frankfurt v. 9.3.1982 – 20 W 577/81, DNotZ 1982, 632 = NJW 1983, 2576 = OLGZ 1982, 309. Verstoß gegen § 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (bei Taxivereinigung) s. BGH NJW 1980, 2813. 3 Bär, Die Schranken der inneren Vereinsautonomie, 1996, S. 16 ff. 4 Das Problem stellt sich vor allem aus der Bedeutung und Macht von Großvereinen und Verbänden, vgl. Coing in FS Flume, 1978, Bd. I, 429 (436 ff.); Ellenberger in Palandt, § 25 Rz. 7. 5 BGH v. 19.7.2010 – II ZR 23/09, NJW 2010, 3521 = MDR 2010, 1195. 6 LG Bremen MDR 1974, 134 = MittBayNot 1974, 77.
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IV. Rz. 40 | Die Satzung des Vereins 40
Wenn der Verein von dispositiven (d.h. nach § 40 BGB veränderbaren) Vorgaben der §§ 26–53 BGB abweichen will, ist das regelmäßig nur durch Satzungsbestimmung, also nicht z.B. durch einfachen Versammlungsbeschluss möglich. Nur in der Satzung können Sonderrechte (§ 35 BGB) gewährt werden. Ebenso nur in Form der Satzung kann (bzw. als eingetragener Verein: soll) der Verein die in den §§ 57, 58 BGB angesprochenen Gegenstände regeln. Dabei ist jeweils zu differenzieren zwischen der Grundentscheidung (z.B. ob ein Beitrag erhoben wird oder ob z.B. der Vorstand besoldet werden darf und wer darüber entscheidet) und der konkreten Ausgestaltung (Beitrags- bzw. Vergütungshöhe)1, die grundsätzlich auch in anderer Form geregelt werden kann. Strafmaßnahmen gegen Mitglieder kann ein Verein nur auf Grundlage der Satzung verhängen.2 Eine Satzungsbestimmung, die nach ihrem Wortlaut gelten soll „sofern nicht gesetzliche Regelungen“ etwas anderes vorsehen, kann nur so ausgelegt werden, dass das zwingende Gesetzesrecht vorgeht, nicht aber das dispositive.3
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Die Satzung muss sicherstellen, dass dem Verein als Personenverband eigene Bedeutung zukommt. Die Rechte der Vereinsmitglieder dürfen daher nicht so umfassend eingeschränkt sein, dass diese von den wesentlichen Entscheidungen des Vereins ausgeschlossen sind.4 Der Verein darf sich seinem Wesen nach nicht lediglich als Sonderverwaltung (Abteilung) einer anderen Organisation oder eines Unternehmens in besonderer Rechtsform darstellen.5 Dem muss z.B. die Satzung einer betrieblichen Unterstützungseinrichtung in Form des eingetragenen Vereins Rechnung tragen. Die Berufung des Vorstands durch Dritte (z.B. ein Unternehmen, dazu Rz. 483 mit Nachw.) ist daher nicht unbegrenzt möglich.6
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Der Verein muss bei Einbindung in größere Verbände ein ausreichendes Maß an organisatorischer Selbstständigkeit aufweisen und einen eigenen, von der (Haupt-) Organisation unabhängigen Willensbildungsprozess vollziehen, dem sich seine Mitglieder unterwerfen (zum Gesamtverein unten Rz. 1402 ff.). Hierfür reicht es nicht aus, dass die Mitglieder der Teilgruppe lediglich Einigkeit darüber erzielen, sich dem Willen der Gesamtorganisation unterzuordnen.7 Die Kontrolle über die Vereinsentscheidungen darf nicht willkürlich nur einer Mitgliedergruppe zugewiesen sein.8 Einzelne Mitwirkungsrechte Außenstehender stellen immer die Ausnahme dar, müssen 1 Für die Parameter der Beitragsbemessung BGH v. 14.1.2010 – VII ZR 213/07, MDR 2010, 379 = NJW 2010, 1195. 2 BGH v. 6.3.1967 – II ZR 231/64, BGHZ 47, 172–181 mit Rekurs auf Entscheidungen des RG. 3 Zu einer KG BGH v. 11.9.2018 – II ZR 307/16, NotBZ 2019, 33 = MDR 2018, 1386. 4 Anders Leuschner in MünchKomm-BGB, § 25 Rz. 34. Siehe oben Rz. 3 in Fn. 5 BayObLG 1975, 435 = MittBayNot 1976, 123 = Rpfleger 1976, 56; BayObLG 1979, 303 (309) = NJW 1980, 1756; OLG Köln v. 20.9.1991 – 2 Wx 64/91, NJW 1992, 1048; OLG Stuttgart v. 27.1.1986 – 8 W 252/85, MDR 1986, 583 = NJW-RR 1986, 995 (996); LG Bonn v. 9.11.1990 – 5 T 119/90, Rpfleger 1991, 156 (dieses auch für den religiös gebundenen Verein). 6 S. den vom BayObLG 1975, 435 entschiedenen Fall. 7 So die strafrechtliche Rechtsprechung zum Vereinigungsbegriff in §§ 129, 129a StGB, BGH v. 28.10.2010 – 3 StR 179/10, NJW 2011, 542. 8 OLG Celle v. 18.10.1994 – 20 W 20/94, NJW-RR 1995, 1273.
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1. Die Satzung als Teil der Vereinsverfassung (§§ 25, 40 BGB) | Rz. 44 IV.
in der Satzung klar niedergelegt sein und ergeben sich nicht allein aus deren Auslegung.1 Siehe weiter Rz. 780, 1098. Bei Gegenüberstellung der Rechtspositionen der Vereinsmitglieder, die Repräsentanten eines Dritten (Unternehmens) sind, und der Rechte, die den anderen Vereinsmitgliedern verbleiben, darf sich auch in Zusammenschau mehrerer Satzungsvorschriften kein unvertretbares Missverhältnis zu Lasten der Letzteren ergeben.2 Die weiteren Mitglieder dürfen insbesondere nicht zu weitgehend von der Mitwirkung an den wesentlichen Entscheidungen des Vereins ausgeschlossen sein. Maßgeblich ist, dass das Wesen eines Vereins als Zusammenschluss zur gemeinsamen Verfolgung eines bestimmten Zwecks durch alle seine Mitglieder gewahrt bleibt.3 Im Einzelfall zweckgebotene satzungsmäßige Vorkehrungen zur Wahrung der Rechte eines Dritten, insbesondere eines Unternehmens, das eine Unterstützungseinrichtung gründet und allein finanziert, müssen Raum für eine angemessene Mitwirkung der Vereinsmitglieder an den wesentlichen Vereinsangelegenheiten lassen.
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c) Besonderheiten aus Art. 4 GG Für eine Religionsgemeinschaft4 und damit auch einen religiösen (kirchlichen) Verein, der sich als Teilgliederung einer Religionsgemeinschaft versteht,5 ergeben sich mit der durch Art. 4 Abs. 1 und 2 GG geschützten Religionsausübung und auf Grund des Art. 137 der Weimarer Verfassung v. 11.8.1919 (dessen Bestimmungen nach Art. 140 GG Bestandteil des Grundgesetzes sind) Besonderheiten (u.a. Rz. 1098, 1209, 1331, 1181). Die bloße Berufung auf das eigene Selbstverständnis genügt nicht für die Trägerschaft des Grundrechts.6 Erst recht nicht geschützt ist die religiöse Verbrämung verfassungsfeindlicher Ziele.7 Es lauten: Art. 4 Abs. 1 und 2 GG (1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich. (2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet. Art. 137 Weimarer Verfassung (1) Es besteht keine Staatskirche. (2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluss von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen. Pfälz. OLG v. 27.6.2013 – 3 W 19/13, NZG 2013, 1271. BayObLG 1975, 435. BayObLG 1975, 435. Zum Begriff s. die Kommentare zu den genannten Vorschriften des Grundgesetzes. Eine Auflistung mit Zahlenangaben findet sich bei Reichert/Schörnig, Kap. 2/Rz. 6223–6231. 5 Vgl. OLG Köln v. 20.9.1991 – 2 Wx 64/91, NJW 1992, 1048; LG Bonn v. 9.11.1990 – 5 T 119/90, Rpfleger 1991, 156. 6 BVerfG v. 24.10.2006 – 2 BvR 1908/03, DVBl. 2007, 119; OVG Berlin-Bdb. v. 29.4.2014 – OVG – 11 S 21.14, juris. 7 BVerwG v. 14.5.2014 – 6 A 3/13, NVwZ 2014, 1573 mit Anm. Huber. 1 2 3 4
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IV. Rz. 44 | Die Satzung des Vereins (3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde. (4) Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechts. (5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren1 … (6) … (7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen. (8) Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitere Regelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.
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Bei einem der Kirche zugeordneten Verein ist in Anwendung und Auslegung vereinsrechtlicher Normen das Eigenverständnis der Gemeinschaft, soweit es in der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit wurzelt, zu berücksichtigen.2 Wenn ein Verein auch wirtschaftliche Zwecke verfolgt, muss das der Qualifizierung als Religionsbetätigung noch nicht entgegenstehen.3 Zu dem einer Religionsgesellschaft nahe stehenden Verein, der satzungsgemäß einen Teilbereich kirchlicher Aufgaben wahrnehmen soll, vgl. auch Rz. 130 f. Die Vereinsautonomie kann hier in der Weise verwirklicht werden, dass der Verein sein eigenes Selbstverwaltungsrecht zugunsten der Einordnung in die größere Gemeinschaft beschränkt.4 Das geht so weit, dass der Verein sich der eigenen Eingliederung in eine öffentlich-rechtliche Körperschaft aufgrund Kirchengesetz unterwerfen kann.5 Der religiöse Verein, der sich als Teilgliederung einer Religionsgemeinschaft versteht und organisiert, wird keinem unzulässigen Fremdeinfluss ausgesetzt, wenn er zur Sicherung einer im gemeinsamen Glauben vorgegebenen religionsrechtlichen Verknüpfung Einschränkungen der autonomen Auflösungs-, Ausschließungs- und Betätigungsbefugnis vorsieht.6 Jedoch darf diese satzungsrechtliche Gestaltungsfreiheit nicht dazu führen, dass der Verein nicht mehr vornehmlich von dem Willen seiner Mitglieder getragen wird, sondern zur bloßen Verwaltungsstelle
1 Sog. Altkorporierte Gemeinden; vgl. dazu BVerwG v. 15.10.1997 – 7 C 21/96, BVerwGE 105, 255; OVG Mainz v. 18.7.2014 – 6 A 10976/13, DVBl. 2014, 1339. 2 BVerfG v. 5.2.1991 – 2 BvR 263/86, BVerfGE 83, 341 = NJW 1991, 2623 (für Örtlichen Geistigen Rat der Bahá’í-Religionsgemeinschaft); OLG Köln v. 20.9.1991 – 2 Wx 64/91, NJW 1992, 1048. 3 BVerfG v. 24.10.2006 – 2 BvR 1908/03, DVBl. 2007, 119. Keine Anerkennung findet hingegen die „Kirche des fliegenden Spaghettimonsters“, dazu Bdb. OLG v. 2.8.2017 – 4 U 84/ 16, juris. 4 BVerfG v. 5.2.1991 – 2 BvR 263/86, BVerfGE 83, 341 = NJW 1991, 2623; weitergehend Schockenhoff, NJW 1992, 1013: Für kirchliche Vereine soll der Grundsatz der Vereinsautonomie aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht gelten. Kritisch gegenüber jedem Sonderrecht für religiöse Vereine aber Waldner in 2. Erlanger FS Schwab, 2000, S. 155. 5 BGH v. 15.3.2013 – V ZR 156/12, BGHZ 197, 61 = MDR 2013, 665 = WM 2013, 989 = ZStV 2013, 186 mit Anm. Germann. 6 BVerfG v. 5.2.1991 – 2 BvR 263/86, BVerfGE 83, 341 = NJW 1991, 2623.
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1. Die Satzung als Teil der Vereinsverfassung (§§ 25, 40 BGB) | Rz. 46 IV.
oder zum Sondervermögen einer anderen Organisation wird.1 Diese Grenze ist noch nicht erreicht, wenn die Eingriffsbefugnis der übergeordneten Gemeinschaft auf die Wahrung einer einheitlichen Glaubenslehre und grundlegender glaubensbedingter Lebensführungspflichten ausgerichtet und beschränkt ist.2 Zwingende vereinsrechtliche Vorschriften (§ 40 BGB) und Bestimmungen über die nach außen wirkenden Rechtsverhältnisse3 sind auch von einem religiösen Verein zu wahren. Das BVerfG fasst darunter „diejenigen Bestimmungen des Vereinsrechts, die im Interesse der Sicherheit und Klarheit des Rechtsverkehrs die nach außen wirkenden Angelegenheiten und Rechtsverhältnisse regeln (Bestellung und Abberufung des Vorstands, dessen Vertretungsmacht, Haftung des Vereinsvermögens, Liquidation bei Auflösung des Vereins u.a.m.).“ Auch der religiöser Verein muss daher in seinem Namen den Zusatz „eingetragener Verein“ führen, einen (vertretungsberechtigten) Vorstand haben4 (§ 26 BGB) und über die Aufnahme der eigenen Mitglieder zumindest mitentscheiden (s. Rz. 272). Niemand kann gegen seinen Willen Vereinsmitglied werden (Rz. 276). Religionsgesellschaften müssen nach der Rechtsprechung des vormals zuständigen Bayer. Obersten Landesgericht keine Mitgliederversammlung i.S.d. § 32 BGB bilden; die oberste Willensbildung könne vollständig einem sonstigen Organ oder einer kirchlich übergeordneten Instanz übertragen werden.5 Dass die Vereinsmitglieder an der Bestellung des Vereinsvorstands (oder sonstigen Leitungsorgans) beteiligt werden, wurde in der älteren Rechtsprechung nicht verlangt.6 Dem kann nicht gefolgt werden (s. Rz. 780).7 Nur für innere Angelegenheiten ohne Außenbedeutung (eine solche hat aber die Bestellung der Vertretungsorgane durch ein für die Mitgliederschaft stehendes Organ) besteht keine Bindung des kirchlichen Vereins an vereinsrechtliche Vorschriften.8 Die Vereinssatzung kann Satzungsänderungen von der Zustimmung externer kirchlicher Stellen abhängig machen.9 Das BVerfG fasst auch die Voraussetzungen des Erwerbs der Mitgliedschaft unter die rein „inneren“ Angelegenheiten (Kritik dazu Rz. 272).
1 BVerfG v. 5.2.1991 – 2 BvR 263/86, BVerfGE 83, 341 = NJW 1991, 2623. Weitergehend Schockenhoff, NJW 1992, 1013: Kirchliche Vereine können ihre innere Ordnung und ihr Verhältnis zu kirchlichen Aufsichtsbehörden frei regeln. 2 BVerfG v. 5.2.1991 – 2 BvR 263/86, BVerfGE 83, 341 = NJW 1991, 2623. 3 OLG Frankfurt v. 22.5.1996 – 20 W 96/94, NJW-RR 1997, 482. 4 BayObLG 1987, 161 (171). 5 Entschieden für die Apostolische Kirche – Urchristliche Mission e.V.: BayObLG 1987, 161 (171). 6 So aber BayObLG 1987, 161; hier bis 11. Aufl. Rz. 44. 7 So nun auch Reichert/Schörnig, Kap. 2/Rz. 6249. 8 OLG Frankfurt v. 22.5.1996 – 20 W 96/94, NJW-RR 1997, 482; OLG Köln v. 20.9.1991 – 2 Wx 64/91, NJW 1992, 1048. 9 OLG Düsseldorf v. 5.12.2008 – 3 Wx 84/08, Rpfleger 2009, 239 = DNotZ 2009, 472, dazu Wolff, NZG 2009, 1217.
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IV. Rz. 47 | Die Satzung des Vereins
2. Der Inhalt der Satzung (§§ 25, 57–59 BGB) a) Mindestinhalte bei Eintragungsabsicht 47
Die Satzung des Vereins, der seine Eintragung im Vereinsregister anstrebt, muss gem. § 57 BGB mindestens enthalten (vgl. hierzu auch die Mustersatzung Anhang A 1): – den Zweck des Vereins (Rz. 61 ff.), – den Namen des Vereins (Rz. 159 ff.), – den Sitz des Vereins (Rz. 184 ff.), – die Angabe, dass der Verein in das Vereinsregister eingetragen werden soll (Rz. 209 ff.), nicht aber die Bezeichnung des zuständigen Amtsgerichts und (bei späteren Veränderungen) der Vereinsregisternummer.1 Fehlen diese Regelungen, muss die Eintragung zurückgewiesen werden. Der Verein erhält allerdings in aller Regel in Form einer Zwischenverfügung Gelegenheit, die fehlenden Entscheidungen noch zu treffen (§ 382 Abs. 4 FamFG).2 Wird die Eintragung unter Missachtung der Mindestinhalte der Satzung vorgenommen, dann ist sie falsch. Ein (versehentlich) dennoch eingetragener Verein ist zu löschen, da die in § 57 BGB genannten Voraussetzungen für die Eintragung wesentlich sind (§ 395 FamFG).3
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Die Satzung hat weiter zu enthalten (§ 58 BGB) – Bestimmungen über den Ein- und Austritt der Mitglieder (Rz. 265 ff., 312 ff.), – Bestimmungen darüber, ob und welche Beiträge von den Mitgliedern zu leisten sind (Rz. 409 ff.), – Bestimmungen über die Bildung des Vorstandes (Rz. 465 ff.), – Bestimmungen über die Voraussetzungen, unter denen die Mitgliederversammlung zu berufen ist (Rz. 780 ff.), – Bestimmungen über die Form der Berufung der Mitgliederversammlung (Rz. 830 ff.), – Bestimmungen über die Beurkundung der Versammlungsbeschlüsse (Rz. 1067 ff.), – den Tag der Errichtung (s. § 59 Abs. 3 BGB), – die Unterschriften von mindestens sieben Mitgliedern (§ 59 Abs. 3 BGB; vgl. Rz. 1529). Eine Satzung ohne diese Inhalte soll als nicht zur Eintragung geeignet zurückgewiesen werden. Der Verein erhält vor einer endgültigen Zurückweisung regelmäßig in Form einer Zwischenverfügung Gelegenheit, die fehlenden Entscheidungen noch zu
1 OLG Karlsruhe v. 16.10.2013 – 11 Wx 39/13, NZG 2014, 109. 2 Zu Voraussetzung und Verfahren Otto in BeckOK/FamFG, § 382 Rz. 55 ff. 3 Zum Verfahren Otto in BeckOK/FamFG, § 379 Rz. 34.
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3. Die Satzungsurkunde | Rz. 52 IV.
treffen (§ 382 Abs. 4 FamFG).1 Fehler machen eine dennoch erfolgte Eintragung nicht unrichtig. b) Grundbestimmungen Als Vereinsverfassung hat die Satzung die zu a) genannten wesentlichen Rechtsverhältnisse sowie etwaige weitere Grundbestimmungen des Vereins und (soweit zulässig) Abweichungen vom gesetzlichen Modell zu regeln. Wesentliche Abweichungen vom gesetzlichen Modell bedürfen einer klaren Regelung in der Satzung oder einer eindeutig gefassten satzungsmäßigen Ermächtigung anderer Organe (s. Rz. 40). Sie sind abzugrenzen von Vereinsordnungen und Geschäftsordnungen (unten Rz. 1147 ff.).
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Bindend ist die Vereinssatzung für jedes dem Verein beitretende neue Mitglied, auch wenn ihr Inhalt dem Aufgenommenen nicht näher bekannt ist. Zur Satzungsänderung s. unten Rz. 1091 ff. Eine Mustersatzung (dazu Rz. 132 f.) gibt der Gesetzgeber hinsichtlich steuerlich relevanter Bestimmungen (Anerkennung einer Gemeinnützigkeit) im Anhang 4 zu § 60 AO (Abdruck hier als Anhang A 3).
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3. Die Satzungsurkunde a) Form der Satzung Die Vereinssatzung wird (zu Beweiszwecken und wegen § 59 Abs. 3 BGB) schriftlich in deutscher Sprache (Hochdeutsch2) niedergelegt (zum Sonderfall der sorbischen Sprache s. Rz. 1530). Einer weiteren Form, insbesondere der notariellen Beurkundung, bedarf sie zu ihrer Wirksamkeit nicht. Beurkundungspflichtig ist die Satzung auch dann nicht, wenn sie als „Zweck“ des Vereins allgemein Erwerb und Veräußerung (insbesondere im Rahmen der Vermögensbindung bei Auflösung) von Grundstücken oder auch nur eines bestimmten Grundstücks (§ 311b BGB) oder GmbHAnteils (§ 15 Abs. 4 GmbHG) nennt. Anders wäre das nur, wenn sich die Vereinsmitglieder in der Gründungs- oder Satzungsurkunde unbedingt zu der bestimmten Anschaffung verpflichten und die Urkunde insofern über ein Organisationsstatut hinausgehen soll.
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b) Auslagerung von Texten und Verweise In einer einheitlichen Urkunde muss die Satzung nicht zusammengefasst sein; es können daher als Satzungsbestandteile insbesondere auch Sonderordnungen für bestimmte Angelegenheiten aus dem Hauptdokument ausgelagert werden (z.B. Aufnahme und Ausschluss der Mitglieder). Solche Nebensatzungen (häufig uneindeutig auch Vereinsordnungen genannt) mit Satzungscharakter erlangen vornehmlich bei Vereinsverbänden und Großvereinen Bedeutung. Im Einzelnen bereitet ihre Abgrenzung zu nur nachrangigen Vereinsordnungen (Nebenordnungen oder Geschäfts-
1 Zu Voraussetzung und Verfahren Otto in BeckOK/FamFG, § 382 Rz. 55 ff. 2 Burhoff, Rz. 22.
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IV. Rz. 52 | Die Satzung des Vereins
ordnungen) Schwierigkeiten; hierzu Rz. 1147 ff. Erforderlich ist, dass die (Haupt-) Satzungsurkunde diese Nebensatzungen zu ihrem Bestandteil erklärt oder zumindest auf deren Erlass hinweist. Bei Einsicht in die zum Vereinsregister hinterlegte Satzung (vgl. § 79 Abs. 1 BGB) muss sich der gesamte materielle Satzungsinhalt erschließen. Nebensatzungen und deren Änderungen sind deshalb wie die Hauptsatzung selbst zur Registereintragung anzumelden und einzureichen (bzw zur Konzessionierung vorzulegen). Engere Anforderungen des Steuerrechts (§ 60 AO, dazu Rz. 134 f.) bleiben für dessen Zwecke zu beachten. Beispiele zur Verknüpfung Satzung – Nebensatzung – Nebenordnung A) Satzung: Ob und welche Beiträge der Verein erhebt, bestimmt die Beitragssatzung, die Teil dieser Satzung ist. Für Beschluss und Änderung der Beitragssatzung genügt jedoch abweichend von § 33 BGB die einfache Mehrheit. > Hier ist die Beitragssatzung materiell vollumfassend Satzung, wenn auch formal in eine Nebensatzung „ausgelagert“ und materiell mit (nach § 40 BGB möglicher) Sonderbestimmung zum Änderungsverfahren (auch möglich wäre eine Kompetenzverlagerung, zB Zuständigkeit eines erweiterten Vorstands für Änderungen dieser Nebensatzung). Die Beitragssatzung ist zum Register einzureichen und Änderungen sind anzumelden. Ohne die Nebensatzung würde die Satzung auch § 58 Nr. 2 BGB nicht genügen, so dass die „Beitragssatzung“ hier auch dann nicht anders als ein Teil der Satzung zu verstehen sein kann, wenn sie als „Beitragsordnung“ oder anders bezeichnet würde. B) Satzung: Der Verein erhebt monatliche Beiträge, die für Personen ohne festes Arbeitseinkommen bis 50 % geringer, für Gesellschaften und Körperschaften bis 100 % höher als der Regelbeitrag festgelegt werden dürfen. Einzelheiten bestimmt die von der Mitgliederversammlung auf Vorschlag des Vorstands zu erlassende Beitragsordnung > Der formale Satzungstext enthält selbst materielle Mindestinhalte, deren Festlegung in der Satzung wesentlich (und hinreichend) für die Erhebung eines Beitrags sind und auch § 58 Nr. 2 BGB genügen. Vgl. Rz. 413. Änderungen der Beitragsordnung sind außerhalb des Registers möglich. Anders (Auslegungsfrage), wenn die Satzung auch hier von einer Beitragssatzung sprechen würde.
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Die Prüfungspflicht des Registergerichts und die Registerklarheit erfordern es, dass die mit der Anmeldung vorzulegende Satzung (ggf. die mehreren Satzungstexte) die durch die Eintragung zur Entstehung gelangenden Rechtsverhältnisse vollständig ausweisen (Rz. 1473 ff.). Auch zur Prüfung einer Konzessionserteilung an den wirtschaftlichen Verein muss die geltende Satzung zweifelsfrei feststehen. Damit verbietet sich für den eingetragenen und den wirtschaftlichen Verein eine dynamische Verweisung1 auf eine andere Satzung, z.B. diejenige eines Dachverbandes2 in dem Sinn, dass der in Bezug genommene fremde Satzungsinhalt in der jeweils geltenden Fas-
1 Zu den Begriffen s. BVerfG 47, 285 = DNotZ 1978, 412 = NJW 1978, 1745. 2 Zur Umsetzung einer im Dachverband vorgesehenen Sanktion nur bei Verankerung in der Satzung, der sich der zu Sanktionierende unterworfen hat, BGH v. 20.9.2016 – II ZR 25/ 15, BGHZ 212, 70 m. = MDR 2016, 1393 zust. Anm. Jungmann, npoR 2017, 20; zust. Wagner, BGH v. 7.11.2016 – AnwZ (Brfg) 47/15, MDR 2017, 58 = NJW 2017, 407; ausf. mit Erörterung von Gestaltungsvarianten Heermann, ZIP 2017, 253–258. Die Frage der Zulässigkeit dynamischer Verweisung lässt der BGH allerdings unentschieden.
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3. Die Satzungsurkunde | Rz. 53 IV.
sung auch die Rechtsverhältnisse des einzutragenden Vereins bestimmen soll.1 Durch widerspruchsfreie, verständliche und klar bestimmte Verweisung2 in der eigenen Satzungsurkunde kann der in eine Verbandsstruktur eingegliederte Verein sich aber insgesamt oder hinsichtlich einzelner Bestimmungen der Dachverbandssatzung unterwerfen, wie sie zum Zeitpunkt der Satzungsgebung besteht.3 Zum Register bzw. an die Konzessionsbehörde ist ein Abdruck der einschlägigen Bestimmungen der anderen Satzung mit einzureichen.4 Die eingereichte Fassung ist die maßgebliche. Diese sog. statische Verweisung auf die fremde – bzw. mit Eintragung dann faktisch „eigene“ – Satzung hat in diesem Verständnis letztlich keine andere Bedeutung als die sonstige Auslagerung von Textteilen in gesonderte Schriftstücke. Bloße Bezugnahme auf den Inhalt der an anderer Stelle, bei einem anderen Gericht oder möglicherweise gar nicht eingetragenen Urkunden oder Schriftstücke ist ausgeschlossen.5 Auszunehmen sind davon nur staatliche Gesetze und Verordnungen oder Kommunalrecht und andere in amtlichen Verkündungsblättern zugängliche Normen, auf die verwiesen werden kann. Bei dem nicht eingetragenen Idealverein gilt letztlich nichts anderes: Auch hier muss stets feststellbar sein, was der von den zuständigen Organen gegebene Satzungstext ist. Wesentliche Grundentscheidungen, und das sind letztlich alle, die der Verein selbst zum materiellen Satzungsinhalt bestimmt6 oder die materiell nur in einer Satzung bestimmt werden dürfen, können die Mitglieder nicht durch dynamische Verweisung aus der Hand geben.7 Eine Sonderbestimmung für die Untergliederungen einer politischen Partei enthält § 6 Abs. 1 S. 2 PartG. Beispiele zulässiger – unzulässiger Fremdverweis A) „Die Aufnahmevoraussetzungen bestimmen sich nach § 17 der Satzung des Weltverbands“ = Unzulässiger dynamischer Verweis. 1 Hadding in Soergel, § 25 Rz. 24; vgl. auch BGH v. 28.11.1994 – II ZR 11/94, BGHZ 128, 93. = MDR 1995, 862. Teilweise anders (unter engen Voraussetzungen) Sauter/Schweyer/ Waldner, Rz. 329a. 2 Nur durch klare Bezugnahme wird eine eigene Unterschriftsleistung auch auf den weiteren Texten entbehrlich (s. hierzu die Bedenken der 9. Aufl.). 3 OLG Hamm v. 24.7.1987 – 15 W 7/87, OLGZ 1987, 397 ff.; jurisPK/BGB/Otto, 9. Aufl., Rz. 19; Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 126; ablehnend hier bis 9. Aufl., Rz. 34. 4 Unklar OLG Hamm v. 24.7.1987 – 15 W 7/87, OLGZ 1987, 397; bloße (lückenlose und korrespondierende) Verweisung genügt nach LG Heilbronn v. 16.7.1998 – 3 S 124/98, NJWRR 1999, 764 f.; möglicherweise a.A. (keine Beifügung des fremden Textes) noch Staudinger/Habermann (2005), § 58 Rz. 2. 5 An dieser Stelle trifft sich die hier vertretene Auffassung mit der 9. Aufl.: Es handelt sich letztlich in den zugelassenen Fällen nicht um eine Verweisung auf eine fremde Satzung, sondern auf einen „zu eigen“ gemachten Text. Als einziger Unterschied zu anderen Fällen der textlichen „Auslagerung“ bleibt, dass mit dem Text der anderen Satzung u.U. auch Vorschriften vorgelegt werden, auf die in der Hauptsatzung nicht verwiesen ist und die gerade nicht gelten sollen. Daraus ergeben sich die – von Ellenberger in Palandt, § 25 Rz. 2 wohl eher kritisch referierten – strengen Anforderungen an die Bestimmtheit derartiger Verweisung. 6 Bloß formelle Satzungsbestandteile können einer dynamischen Verweisung zugänglich sein, Leuschner in MünchKomm/BGB, § 25 Rz. 29. 7 Anders Schwennicke in Staudinger § 25 Rz. 22: Es reicht die Möglichkeit einer Rückholung der Zuständigkeit.
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IV. Rz. 53 | Die Satzung des Vereins B) „Die Aufnahmevoraussetzungen bestimmen sich nach § 17 der in Anlage dieser Satzung beigefügten Satzung des Weltverbands in der Fassung vom 1.1.2020.“ = Zulässiger statischer Verweis. Der Verein habe sich jedoch dem Weltverband gegenüber verpflichtet, etwaige Änderungen der Aufnahmevorausssetzungen in der eigenen Satzung nachzuvollziehen. Wie wirkt sich das auf die Aufnahme von Bewerbern auf, die zum Zeitpunkt ihres Antrags die Bestimmungen des Vereins, nicht aber die erst danach durch den Verein (durch Satzungsänderung) umgesetzten Vorgaben des Weltverbands erfüllen? Im Regelfall besteht kein Aufnahmeansspruch, man wird diesen Bewerber also schon nicht mehr aufnehmen (vgl. Rz. 1473 ff.). Ob und wie sich eine nachträgliche Satzungsänderung auf die Bestandsmitglieder auswirkt, kann man allerdings sehr differenziert sehen (Rz. 1473 ff.). Dafür empfiehlt sich eine begleitende Regelung in der Satzung, etwa: „Erfolgen Änderungen dieser Satzung aufgrund der Verpflichtung des Vereins zur Anpassung an die Weltverbandssatzung, besteht hinsichtlich aller seit Änderung der Weltverbandssatzung erworbenen Rechte kein Bestandsschutz, dh die Satzung kann insoweit auch mit Rückwirkung geändert werden. Maßgeblicher Zeitpunkt ist die Bekanntgabe der Änderung der Weltverbandsatzung im Vereinsblatt.“ M.E. würde dies auch andere „zeitverzögert“ nachvollzogene Änderungen der anderen Satzung abdecken. Unter Rückgriff auf eine derartige Klausel könnte aber nicht etwa eine echt rückwirkende Vereinsstrafe eingeführt oder erhöht werden. C) „Präsidium und Aufsichtsrat haben im Jahresbericht zu erklären, dass in ihrer Arbeitsweise intern und im Verhältnis zueinander den vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz im amtlichen Teil des Bundesanzeigers bekannt gemachten Empfehlungen der „Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex“ – Abschnitte D und E – entsprochen wurde und wird oder welche Empfehlungen nicht angewendet wurden oder werden und warum nicht.“1 = Ausnahmsweise zulässiger Verweis auf eine Veröffentlichung im Bundesanzeiger.
4. Auslegung der Satzung und gelebtes Vereinsrecht a) Auslegung 54
Die Satzungsbestimmungen haben klar und eindeutig, jedenfalls aber hinreichend bestimmt zu sein. Vom Gebrauch allgemein gehaltener Formulierungen (verallgemeinernder Generalklauseln) ist abzuraten. Durch Auslegung ist der Sinn und Zweck nicht eindeutiger (unklarer) Satzungsvorschriften zu ermitteln. Als körperschaftliche Verfassung kann die Satzung im Grundsatz nur nach objektiven Gesichtspunkten aus ihrem Inhalt heraus ausgelegt werden.2 In besonderem Maß gilt das für Satzungsbestimmungen, die Wirkung vereinsfremden Dritten gegenüber haben sollen.3 Maß-
1 Vgl. § 161 AktG. 2 BGH v. 11.10.1993 – II ZR 155/92, AG 1994, 78 = MDR 1994, 148 = NJW 1994, 51; BGH v. 9.6.1997 – II ZR 303/95, MDR 1997, 954 = NJW 1997, 3368 (3369); BayObLG 1971, 178 (181) = Rpfleger 1971, 311; BayObLG v. 14.9.2001 – 3Z BR 290/01, MDR 2001, 1365 = NJW-RR 2002, 456 = NotBZ 2001, 424 = Rpfleger 2002, 82; Hadding in Soergel, Rz. 32 zu § 25 („in der Regel allein aus ihrem Inhalt“); PWW/Schöpflin, 9. Aufl., § 25 Rz. 5. 3 OLG Nürnberg v. 20.5.2015 – 12 W 882/15, MDR 2015, 961–962; BGH v. 13.10.2015 – II ZR 23, 14, juris.
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4. Auslegung der Satzung und gelebtes Vereinsrecht | Rz. 55 IV.
geblich sind der Vereinszweck und die wohlverstandenen Interessen der Mitglieder.1 Die Entstehungsgeschichte und der subjektive Wille der Gründer sind grundsätzlich unerheblich2, eine ständige Übung im Verein wird dagegen als Auslegungshilfe herangezogen (Rz. 55).3 Zu erforschen ist bei der Auslegung – wie bei der Gesetzesauslegung nach objektiver Methode – der in den Satzungsbestimmungen zum Ausdruck kommende Wille, so wie er sich aus dem Wortlaut und Sinnzusammenhang ergibt. Auslegungsfähig ist nur das, was in der Satzung erkennbar geregelt ist. Nur unter besonderen Umständen können für die Auslegung auch außerhalb der Satzung liegende Sachzusammenhänge zu berücksichtigen sein, wenn deren Kenntnis allgemein bei den Mitgliedern und Organen des Vereins vorausgesetzt werden kann.4 Was die Satzung nicht regelt, kann nicht durch Auslegung in die Satzung hineininterpretiert werden. b) Die sog. Vereinsobservanz Abgesehen von einer Auslegungshilfe für die „gelebte Satzung“ hat die sog. Vereinsobservanz (herkömmliche Übung im Verein) beim eingetragenen Verein schon wegen § 71 BGB keine unmittelbare Satzungskraft;5 beim konzessionierten Verein, weil die jeweilige Satzung zur Genehmigung vorzulegen ist.6 Zur Ausfüllung lückenhafter Satzungen, insbesondere für den Verfahrensgang in Mitgliederversammlung und Vorstand, aber auch in der Vereinsgerichtsbarkeit, wird jedoch häufig auf ein Vereinsgewohnheitsrecht zurückgegriffen.7 Das setzt voraus, dass sie zum einen als unter den Mitgliedern und Organen des Vereins allgemein bekannt vorausgesetzt werden kann8 und dass sie nicht einer eindeutigen Satzungsanordnung widerspricht. Ergibt sich der entgegenstehende Satzungsinhalt hingegen erst nach einer objektiven Auslegung eines
1 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 389 m.N. 2 RG HRR 1932 Nr. 1287; BGHZ 47, 172 (180); BayObLG v. 14.9.2001 – 3Z BR 290/01, MDR 2001, 1365 = NJW-RR 2002, 456. 3 FG München v. 25.6.2019 – FG München v. 27.6.2019 – 6 K 173/19, juris; MünchKomm/ BGB/Leuschner, § 25 Rz. 38; Hadding in Soergel, § 25 Rz. 32. Weitergehend Hilpert, SpuRt 2009, 147 ff. (151), der für die Sportgerichtsbarkeit ein durch die Praxis der Spruchkörper gebildetes Gewohnheitsrecht zur Rechtsquelle erhebt. 4 BGHZ 63, 282 = NJW 1975, 771; BGH v. 11.10.1993 – II ZR 155/92, AG 1994, 78 = MDR 1994, 148 = NJW 1994, 51; BGH v. 9.6.1997 – II ZR 303/95, MDR 1997, 954 = NJW 1997, 3368 (3369); BayObLG v. 25.10.2000 – 3Z BR 298/00, NJW-RR 2001, 326 = Rpfleger 2001, 137; Erman/Westermann, § 25 Rz. 12; zum Ganzen auch Grunewald, ZGR 1995, 68 (80 ff.). 5 Erman/Westermann, § 25 Rz. 3 lässt eine „Lückenfüllung“ der Satzung durch langjährige Observanz zu. 6 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 37. 7 Für die Sportgerichtsbarkeit begrüßt ein Gewohnheitsrecht durch die Praxis der Spruchkörper Hilpert, SpuRt 2009, 147. Insgesamt großzügiger für eine Beachtung des Vereinsgewohnheitsrechts mit ausf. Darstellung Reicher/Wagnert, Kap. 2/Rz. 444–458. 8 BGH v. 21.5.2019 – II ZR 157/18, Rz. 21 bei juris; OLG Celle v. 12.12.2017 – 20 W 20/17 – ZStV 2018, 178, Rz. 24 bei juris.
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IV. Rz. 55 | Die Satzung des Vereins
unklaren Wortlauts, dann verdient die durch ständige Übung gewonnene Auslegung den Vorrang.1 Teilweise wird angenommen, dass die langdauernde widerspruchslose Hinnahme der Anwendung einer unwirksamen Satzungsänderung die Mitglieder binden kann, wenn sie im Register eingetragen ist.2 Richtig ist dies wohl nur für rügelos hingenommene Verfahrensfehler (Rz. 1057). 56
Beim nicht konzessionierten und nicht eingetragenen Verein kann formlos durch ständige Übung Satzungsrecht geschaffen werden,3 wenn die geschriebene Satzung das nicht ausschließt. Zu Problemen kann das dann führen, wenn sich ein bereits länger bestehender nicht eingetragener Verein für die Eintragung entscheidet.
5. Willensmängel und Inhaltskontrolle, Fehlerfolgen a) Willensmängel der Gründer 57
Die Satzung beruht auf Willensübereinstimmung der Gründer (Rz. 23) und ist zunächst deren Vertrag.4 Mit der Entstehung des Vereins löst sie sich aber von deren Person: Als körperschaftliche Verfassung erlangt sie ein unabhängiges rechtliches Eigenleben; sie objektiviert fortan das rechtliche Wollen des Vereins als Zusammenfassung seiner Mitglieder. Der Gründerwille und die Interessen der Gründer treten zurück; an ihrer Stelle gewinnen der Vereinszweck und die Mitgliederinteressen die rechtsgestaltende Kraft, auf die es allein noch ankommt.5 Als Organisationsvertrag6 hat die Satzung normativen Charakter (sie beruht auf privatautonomer Rechtsetzung). Rechtsnorm ist sie als Ausfluss privater Willensübereinstimmung jedoch nicht;7 sie ist nicht Statut i.S.d. § 293 ZPO.8 Ihre (noch immer) umstrittene rechtliche Qualifikation9 1 Anders LG Braunschweig v. 16.6.2017 – 6 S 66/17, SpuRt 2017, 205, welches erst aus objektiver Auslegung einer unklaren Satzung schließt, dass nur aktive Sportler vorstandsfähig sind und aufgrund dieser dann „eindeutig“ genannten Satzungsregelung die entgegenstehende langjährige Praxis verwirft. 2 Wagner in Münchener Handbuch Gesellschaftsrecht, Band 5, § 24 Rz. 23 mit Hinweis auf den (historischen) Sonderfall BGHZ 16, 143 = NJW 1955, 457; zu Recht einschränkend BGHZ 49, 209 = NJW 1968, 543. 3 OLG Frankfurt v. 19.12.1984 – 9 U 187/83, OLG Frankfurt v. 9.12.1994 – 24 U 254/93, GmbHR 1995, 228 = ZIP 1995, 213 = OLG Frankfurt v. 19.12.1984 – 9 U 107/83, WM 1985, 1466. 4 BGHZ 47, 172 (179, 180) = NJW 1967, 1268; BayObLG 1977, 6 (9) = MDR 1977, 7 (9); OLG Hamm v. 4.8.1992 – 15 W 202/92, OLGZ 1993, 24 (28) = Rpfleger 1993, 249 (250). 5 BGHZ 47, 172 (179); BayObLG 1977, 6 (9). 6 Hadding in Soergel, Rz. 17; vgl. Erman/Westermann, § 25 Rz. 1: „Satzung“ ist zugleich formell Verfassungsurkunde und materiell vertraglich geschaffene Verfassung. 7 BGH v. 12.12.1985 – III ZR 200/84, MDR 1986, 914 = NJW-RR 1986, 866 (867); BayObLG 1967, 6 (9, 10). 8 BayObLG 1977, 6 (9, 10). 9 Dazu im Einzelnen: Hadding in Soergel, Rz. 11 ff. (17); Staudinger/Schwennicke, Rz. 25 ff., je zu § 25.
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5. Willensmängel und Inhaltskontrolle, Fehlerfolgen | Rz. 58 IV.
(Normentheorie, Rechtsgeschäftstheorie, modifizierte Normentheorie) bedarf für die Praxis des Vereinslebens keiner Erörterung. Willensmängel der Gründer können die Satzung in ihrem Bestand nicht mehr beeinträchtigen1 (s. auch Rz. 29). b) Inhaltskontrolle Nach früherer starker Zurückhaltung2 unterstellt der BGH3 nunmehr jedenfalls beim Verein mit Aufnahmezwang4 (unten Rz. 300) auch das innere Vereinsrecht offen einer inhaltlichen Kontrolle.5 Grundlage ist § 242 BGB6, daneben wird auch § 315 BGB herangezogen.7 Nicht allein wegen des heutigen § 310 Abs. 4 BGB8 kommen die Bestimmungen über vorformulierte Vertragsbestimmungen (AGB) dagegen nicht zur Anwendung9, und zwar nach Ansicht des BGH auch nicht gegenüber Nichtmitgliedern, die sich vertraglich dem Vereinsreglement „unterworfen“ haben10 oder sich erst um eine Mitgliedschaft bemühen.11 Die Satzung eines wirtschaftlichen Vereins kann dem Transparenzgebot unterliegen.12 Wenn die Bestimmungen des Vereins in Grundrechte eingreifen, unterliegen sie auch der Prüfung im Verfassungsbeschwerdeverfahren.13 Zahlreiche Transferbestimmungen im Berufssport haben sich als Verletzung der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) und daher sittenwidrig (§ 138 BGB) erwie1 RG DR 1943, 801; Erman/Westermann, § 25 Rz. 12; Hadding in Soergel, § 25 Rz. 31; Staudinger/Schwennicke, § 21 Rz. 48. 2 Nachweise bei Vieweg, JZ 1984, 167 ff. 3 BGH v. 24.10.1988 – II ZR 311/87, MDR 1989, 328. 4 Zurückhaltender für die Inhaltskontrolle bei Vereinen mit „nicht existentieller Bedeutung“ der Mitgliedschaft (Tierschutzverein) z.B. OLG Koblenz v. 26.6.2003 – 5 U 1621/02, OLGR Koblenz 2003, 361. 5 Zum Ganzen jurisPK/BGB/Otto, § 25 Rz. 32; Fleck, Rpfleger 2009, 58. 6 BGH v. 24.10.1988 – II ZR 311/87, BGHZ 105, 306 = MDR 1989, 328–324; Schwennicke in Staudinger, § 25 Rz. 134 m.N. 7 Schwennicke in Staudinger, § 25 Rz. 134 m.N.; Ellenberger in Palandt, § 25 Rz. 9; wohl auch van Look, WM 1994, 46–56, 50; dagegen Vieweg in FS Lukes, 1989, S. 809 (814 f.) m.N. 8 van Look, WM 1994, 46, 50 f.; Vieweg in FS Lukes, 1989, S. 809 (812 f.). 9 BAG v. 21.3.2017 – 3 AZR 619/15, NZA 2017, 990; LG Düsseldorf v. 12.8.2014 – 1 O 307/ 13, juris. Schon früher allgemeine Ansicht, z.B. BGH v. 8.2.1988 – II ZR 228/87, MDR 1988, 647 = NJW 1988, 1729 für Satzung einer Genossenschaft; BGH v. 28.11.1994 – II ZR 11/94, JZ 1995, 461 mit Anm. Pfister = MDR 1995, 862 = NJW 1995, 583 (für sportliche Regelwerke). 10 BGH v. 28.11.1994 – II ZR 11/94, BGHZ 128, 93 ff. = MDR 1995, 862.; a.A. Hadding in Soergel, § 25 Rz. 35. 11 BGH v. 24.10.1988 – II ZR 311/87, MDR 1989, 328 = NJW 1989, 1724 (für Vereinigung, die im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich eine überragende Machtstellung innehat, und wenn das Mitglied auf die Mitgliedschaft angewiesen ist); OLG Frankfurt v. 19.3.1981 – 20 W 658/80, Rpfleger 1981, 310. Vergleichbar damit ist die Inhaltskontrolle bei der (körperschaftlich strukturierten) Publikums-Kommanditgesellschaft, deren Gesellschaftsvertrag ebenfalls nicht der AGB-Kontrolle unterliegt; dazu BGH v. 21.3.1988 – II ZR 135/ 87, BGHZ 104, 50 = MDR 1988, 752 = NJW 1988, 1903 m.w.N. 12 OLG Dresden v. 19.2.2009 – 4 U 1721/08, VersR 2009, 1260. 13 BVerfG v. 12.10.1995 – 1 BvR 1938/93, NJW 1996, 1203.
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IV. Rz. 58 | Die Satzung des Vereins
sen.1 Auch die EG-Grundfreiheiten dürfen nicht verletzt werden.2 Kontrolliert werden Satzung und Vereinsordnung ebenso wie einzelne Verwaltungsentscheidungen der Vereinsorgane.3 59
Die Berechtigung einer staatlichen Rechtmäßigkeitsprüfung von Vereinsnormen lässt sich wie folgt herleiten:4 Zum einen kann sich das neu eintretende Mitglied rechtstatsächlich immer nur der Satzung im vorgefundenen Bestand anschließen.5 Insofern ist seine Situation derjenigen beim Stellen von vorformulierten Vertragsbestimmungen vergleichbar, es ergibt sich hier vor allem das Gebot, das Mitglied vor unbillig überraschenden Bestimmungen und Belastungen zu schützen, mit denen es beim Eintritt nicht rechnen konnte.6 Eng verbunden mit dieser Überlegung ist die vom BGH jedenfalls bei der Überprüfung von Vereinsstrafen ausdrücklich bejahte Subsumtionskontrolle: Mit seinem Eintritt (der „Unterwerfung unter die Satzung“) musste das Mitglied nicht mit einer Strafe aus Tatbeständen rechnen, die es dem Wortlaut nach nicht erfüllt hat.7 Weiterer Gesichtspunkt ist der Majoritätsgrundsatz, durch den die Beschlussmehrheit begriffsnotwendig der Minderheit ihren Willen als Vereinsmeinung vorgibt.8 Die daraus folgenden potentiellen Belastungen des Mitglieds durch eine Übermacht werden dadurch verstärkt, dass im Rahmen des § 40 BGB auch in seine bestehende Rechtsposition im Verein eingegriffen werden kann.9 Schließlich kann das Mitglied sozial und/oder wirtschaftlich auf die Mitgliedschaft angewiesen sein (s. Rz. 300 ff.)10, wodurch ihm die „Notbremse“ des gesetzlich gesicherten Austrittsrechts (vgl. § 39 BGB) faktisch 1 BGH v. 27.9.1999 – II ZR 305/98, BGHZ 142, 304 ff.; BGH v. 27.9.1999 – II ZR 377/98, LM BGB § 138 (Aa) Nr. 57 (3/2000); OLG Oldenburg v. 25.9.1998 – 11 U 18/98, NJWRR 1999, 422. 2 EuGH v. 15.12.1995 – C-415/93, ECLI:EU:C:1995:463, MDR 1996, 288 = NJW 1996, 505; BAG v. 20.11.1996 – 5 AZR 518/95, BAGE 84, 344. 3 OLG Köln v. 23.3.1993 – 19 W 59/92, OLG Hamburg v. 17.12.1992 – 3 U 158/92, NJWRR 1993, 891; Erman/Westermann, § 25 Rz. 4. 4 „Aufgreifkriterien“, van Look, WM 1994, 46, 49 ff. (vgl. dort und jurisPK/BGB/Otto, § 25 Rz. 34 ff. insgesamt zum Folgenden). 5 BGH v. 24.10.1988 – II ZR 311/87, MDR 1989, 328. 6 Hier gründet m.E. sowohl die Forderung nach eindeutiger widerspruchfreier Geltungsanordnung bei einer in mehrere Nebentexte aufgeteilten Satzung wie auch nach einer klar bestimmten Ermächtigungsgrundlage in der Satzung, wenn der Verein Normen auch unterhalb der Satzungsebene einführt (vgl. Rz. 955 ff.). Sieht die Satzung ohne Betragsangabe eine Beitragserhebung vor, darf der Beitrag nicht extrem über das nach dem Vereinszweck vernünftigerweise zu erwartende Maß festgesetzt werden. Werden Vereinsstrafen zugelassen, muss wenigstens ein klar bestimmter Rahmen vorgegeben werden. Auch die objektive Auslegung der Satzung ergibt sich aus dem Erfordernis, den legitimen Erwartungen der Eintretenden gerecht zu werden, die subjektive Haltungen der Gründer nicht kennen können. 7 BGH v. 30.5.1983 – II ZR 138/82, MDR 1983, 997. 8 Vgl. wiederum BGH v. 24.10.1988 – II ZR 311/87, MDR 1989, 328. Insbesondere an dieser Stelle wird § 315 BGB ins Spiel gebracht, so z.B. von van Look, WM 1994, 46 (50). 9 van Look, WM 1994, 46 (50). 10 BGH v. 24.10.1988 – II ZR 311/87, MDR 1989, 328.
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5. Willensmängel und Inhaltskontrolle, Fehlerfolgen | Rz. 60 IV.
nicht zur Verfügung steht. Die staatliche Justizgewährungspflicht muss aber im Ergebnis auch zu einer Inhaltskontrolle bei anderen Vereinen führen.1 Die Inhaltskontrolle von Vereinsrecht muss immer nach einer Abwägung der Interessen des Mitglieds im Einzelfall fragen, darf die Satzungsautonomie und je nach den Umständen unterschiedlich große Beurteilungs- und Ermessensspielräume auf Seiten des Vereins aber keinesfalls vernachlässigen.2 c) Einzel- und Gesamtnichtigkeit Die Nichtigkeit der Satzung kann zur Löschung des Vereins im Vereinsregister führen, wenn sie das Fehlen einer für die Registereintragung wesentlichen Satzungsbestimmung bewirkt (Rz. 47). Nichtigkeit einer oder einzelner Bestimmungen der Satzung führt aber grundsätzlich nicht zur Nichtigkeit der ganzen Satzung.3 Nur dann gilt etwas anderes, wenn die übrigen Bestimmungen bei objektiver Betrachtung keine selbständige Bedeutung mehr haben. § 139 BGB ist unanwendbar, weil der Gründerwille hinter den in der Satzung objektivierten Vereinswillen zurückgetreten ist (Rz. 54). Kann aus dem Satzungsinhalt, insbesondere aus dem Vereinszweck und den satzungsmäßigen Mitgliederbelangen, geschlossen werden, der verbleibende Teil der Satzung werde auch ohne den nichtigen Teil diesen Zwecken und Belangen gerecht und bleibe eine in sich sinnvolle Regelung des Vereinslebens, dann hat es mit der Teilnichtigkeit sein Bewenden. Die Satzung ist im Übrigen rechtswirksam.4 Unwirksame oder undurchführbare Regelungen werden dann durch das dispositive Vereinsrecht des BGB ersetzt.5 Die Autonomie des Vereins verbietet es, dass das Gericht von sich aus unwirksame Bestimmungen der Satzung durch andere ersetzt oder ergänzt.6 Keine selbständige Bedeutung können verbleibende Bestimmungen haben, wenn eine unwirksame Vorschrift Teil einer Gesamtregelung ist, die ohne die nichtige Bestimmung ihren Sinn und ihre Rechtfertigung verliert. Das ist dann der Fall, wenn die unwirksame Satzungsvorschrift mit dem übrigen Satzungsinhalt so verflochten ist, dass sie eine untrennbare Einheit bilden.7
1 Vieweg in FS Lukes, 1989, S. 809, 817 f. 2 Flume, BGB AT, Bd. 2, 4. Aufl. 1992, S. 322; Vieweg in FS Lukes, 1989, S. 809, 821, vgl. auch S. 822 f. 3 BVerfG (Kammerbeschluss) NJW 1992, 1496 = NVwZ 1992, 658; OLG Stuttgart v. 19.3.2010 – 8 W 112/10, NotBZ 2010, 430 = Rpfleger 2010, 519 = DStR 2010, 1249. Zutreffend weist Bartodziej, Rz. 51, darauf hin, dass die Gründer im Zweifel im Hauptanliegen den Verein entstehen lassen wollen. 4 BGHZ 47, 172 (180); Schwennicke in Staudinger, § 25 Rz. 134 m.N., Rz. 64 zu § 25; ähnlich Hadding in Soergel, Rz. 28 zu § 25. 5 KG v. 12.9.2006 – 1 W 428/05, MDR 2007, 97 = Rpfleger 2007, 82 = FGPrax 2007, 30. 6 Bdb. OLG v. 7.12.2004 – 6 U 72/04, MDR 2005, 640. 7 BVerfG v. 16.6.1981 – 1 BvL 89/78, NJW 1981, 1774 (1778) für Bestimmungen eines Gesetzes; BVerfG v. 28.11.1991 – 2 BvR 1772/89, NJW 1992, 1496 (1497) = NVwZ 1992, 658 (für Satzung des Versorgungswerkes einer Rechtsanwaltskammer).
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V. Der Zweck des Vereins 1. Der Vereinszweck . . . . . . . . . . . . . . . a) Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verbotene Vereinszwecke . . . . . . . . . c) Niederlegung in der Satzung (§ 57 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Überschreiten des Satzungszweckes 2. Idealverein und wirtschaftlicher Verein (§§ 21, 22 BGB) . . . . . . . . . . a) Bedeutung der Abgrenzung . . . . . . . b) Schutzhintergrund der Abgrenzung c) Kriterien der Abgrenzung . . . . . . . . d) „Finalität“ statt „Nebenzweckprivileg“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Verhältnis zur steuerlichen Gemeinnützigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Prüfprogramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Selbständige Gesellschaften als Vereinsuntergliederung . . . . . . . . . . h) Beispiele aus Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zweck (§§ 51–68 AO 1977) . . . . . . . . . . . . .
61 61 62 65 66 68 68 71 75 89 94 99 101 105
a) Voraussetzungen einer Steuerbegünstigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gemeinnützige Zwecke (§ 52 AO) . c) Mildtätige Zwecke (§ 53 AO) . . . . . d) Kirchliche Zwecke (§ 54 AO) . . . . . e) Satzungsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Einige besondere Vereinszwecke . . a) Agrarorganisationen . . . . . . . . . . . . . b) Forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Genossenschaftlicher Prüfungsverband . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Jugendhilfevereine . . . . . . . . . . . . . . . e) Lohnsteuerhilfeverein . . . . . . . . . . . . f) Naturschutzverbände . . . . . . . . . . . . g) Umweltgutachterorganisation . . . . . h) Schießsportliche Vereine . . . . . . . . . i) Betreuungsvereine . . . . . . . . . . . . . . . j) Profisportvereine . . . . . . . . . . . . . . . . k) Bürgerschaftlich motivierte Kleinstkooperativen, Dorfläden . . . . . . . . .
107 113 126 130 132 136 136 140 144 145 146 148 149 150 151 152 155
107
Literatur: Adams/Maßmann, Vereinsreform in Deutschland, ZRP 2002, 128; Adler, Der zivilgesellschaftliche Betreuungsverein als dritte Kraft im Betreuungswesen, BtPrax 2017, 176– 179; v. Appen/Schwarz, Der Idealverein im Milliardengeschäft Fußball-Bundesliga – Grenzen und Voraussetzungen wirtschaftlicher Tätigkeit, npoR 2014, 111; Arnold, der Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Vereinsrechts, ZRP 2005, 170; Bergmann, Der nicht rechtsfähige Verein als körperschaftlich verfasste Gesellschaft, ZGR 2005, 654; Beuthien, Was dem einen sein Ideal, ist dem anderen sein Geschäft, ZGR 2018, 1–16; Beuthien, Was macht einen Verein wirtschaftlich?, WM 2017, 645–649; Beuthien, Wie lassen sich die genossenschaftsähnlichen Vereine als eingetragene Genossenschaft erfassen? npoR 2016, 197; Beuthien, Wie ideell muss ein Idealverein sein?- Zu Sinn und Grenzen des Nebenzweckprivilegs, NZG 2015, 449; Beuthien, Zur Funktion und Verantwortung juristischer Personen im Privatrecht, JZ 2011, 124; Bösche, Wirtschaftliche Vereine als kleine Genossenschaften, in Grumbach/Bösche, Wirtschaftliche Vereine 2010; Bösche, Wirtschaftliche Vereine als kleine Genossenschaften, npoR 2011, 82; Bösche, Warum eine „kleine Genossenschaft“?, npoR 2014, 229; Büch, Zur Indizwirkung der Anerkennung eines Vereins als gemeinnützig, EWiR 2017, 359–360; Burghardt, Die Ausgliederungslösung und die 50+1 Regel: Ein System mit Zukunft?, SpuRt 2013, 142; v. Campenhausen, Religiöse Wirtschaftsvereine als Idealvereine?, NJW 1990, 887; Cranshaw,
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V. | Der Zweck des Vereins Voraussetzungen der Vereinbarkeit eines operativen Geschäftsbetriebs mit dem Rechtscharakter eines Idealvereins, jurisPR-HaGesR 8/2017 Anm. 2; Deselaers, Erzeugergemeinschaften als Idealvereine, Rpfleger 1990, 103; Dobroschke, Die Konzessionierung des wirtschaftlichen Vereins, Betrieb 1966, 1717; Eyles, Die Auslagerung unternehmensübergreifender Aktivitäten auf rechtsfähige Vereine, NJW 1996, 1994; Fischer, Vereinsregistersache: Keine Amtslöschung eines als gemeinnützig anerkannten Kita-Vereins, jurisPRSteuerR 34/2017 Anm. 1; Fullgraf, Wie viel wirtschaftliche Betätigung im Idealverein? (Dargestellt am bundesdeutschen Lizenzfußball), Betrieb 1981, 2267; Frey, Anmerkung zu BGH vom 16.05.2017 (BGH v. 16.5.2017 – II ZB 7/16, MDR 2017, 709 = NotBZ 2017, 309) – Zur Einstellung des Verfahrens auf Löschung im Vereinsregister, NJ 2017, 291–292; Griep, Wird der wirtschaftliche Verein noch gebraucht?, ZStV 2013, 24; Griep, Voraussetzungen der Eintragung eines eV in das Vereinsregister, Sozialrecht aktuell 2017, 159–160; Grumbach, Dorfläden als wirtschaftliche Vereine, in Grumbach/Bösche, Wirtschaftliche Vereine 2010; Gubitz/Hildebrand, Ist der Profifußball in Deutschland illegal?, NZG 2017, 495–499; Hadding, „Modernisierung des Vereinsrechts“ – Zum Gesetzentwurf des Landes Baden-Württemberg vom 3.2.2006, in FS Reuter, 2010, S. 93; Häuser/van Look, Zur Änderung des Zwecks beim eingetragenen Verein, ZIP 1986, 749; Heckelmann, Der Idealverein als Unternehmer (dargestellt am Beispiel der Fußballbundesligen), AcP 179 (1979) S. 1; Heermann, Die geplante Reform des deutschen Vereinsrechts, ZHR 170 (2006) 247; Heermann/ Schießl, Der Idealverein als Konzernspitze, Online-Veröffentlichung, letzter Abruf 20.11.2014 (kein Zugang Mai 2020), Hemmerich, Die Ausgliederung bei Idealvereinen, BB 1983, 26; Herberg, Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb des gemeinnützigen Vereins, 1988; Herget und Kohler, Hat der wirtschaftliche Verein als Unternehmensform Zukunft?, AG 1969, 70; v. Hippel, Durchgriffshaftung der Vereinsmitglieder bei Verstößen gegen das Nebenzweckprivileg?, NZG 2006, 537; Hüttemann, Zur Anerkennung eines Vereins als gemeinnützig im Sinne der §§ 51 ff. AO, JZ 2017, 897–901; Göbel, Der wirtschaftliche Verein. Besteht ein Anspruch auf Verleihung der Rechtsfähigkeit gem. § 22 BGB?, Betrieb 1964, 137; Klinkert, Gemeinnützigkeit als Kriterium zur Abgrenzung von Ideal- und Wirtschaftsvereinen, jurisPR-HaGesR 3/2018 Anm. 2; Knauth, Die Ermittlung des Hauptzwecks bei eingetragenen Vereinen, JZ 1978, 339; Kögel, Der Sturz des gelben Engels oder über den Missbrauch des Idealvereins zu Wirtschaftszwecken, Rpfleger 2014, 569; Kögel, zu KG Berlin vom 16.2.2016 (KG v. 16.2.2016 – 22 W 71/15, MDR 2016, 403) – Zur Abgrenzung zwischen ideellem oder wirtschaftlichem Verein, Rpfleger 2016, 426–427; Könen, Die vereinsrechtliche Rechtsformkontrolle unter besonderer Berücksichtigung des § 43 BGB, ZGR 2018, 632–646; Könen, Anmerkung zu VG Augsburg, Urteil vom 14.11.2018 (Au 4 K 18.1400) – Zur Abgrenzung von Idealverein und wirtschaftlichem Verein, npoR 2019, 177–180; Komanek/Schröter, Anmerkung zum Beschluss des BGH vom 11.9.2018, Az. II ZB 11/17 – Zum Idealverein, EWiR 2019, 37–38; Leuschner, Die Registersache FC Bayern München e.V.,NZG 2017, 16–21; Leuschner, Eintragungsfähigkeit eines Vermögensverwaltungsvereins, NotBZ 2019, 31–33; Leuschner, Zwischen Gläubigerschutz und Corporate Governance: Reformperspektiven des Vereinsrechts, npoR 2016, 99; Leuschner, Der eingetragene Verein im System des körperschaftsrechtlichen Gläubigerschutzes, ZHR 175, 787; Leuschner, Der Zweck heiligt doch die Mittel! – Vereinsklassenabgrenzung nach dem Kita-Beschluss des BGH, NJW 2017, 1919–1924; Leuschner, Ist der ADAC zu Recht ein eingetragener Verein?, ZIP 2015, 356; Mock/Mohamed, „Nein“ zum (nicht) wirtschaftlichen Verein kraft Verordnungsermächtigung – Keine Neuordnung des Rechts der Idealvereine mit wirtschaftlichem Nebenzweck DStR 2017, 2232–2236; 2288–2295; Möllenkamp, Vereinsrechtsreform stutzt Nebenzweckprivileg der Vereine, DB 2004, 2737; Morgenroth, zu einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 14.11.2018 – Au 4 K 18.1400 zur Einordnung der ausländischen Unterstützungskasse als wirtschaftlicher Verein oder Idealverein, ZStV 2020, 25; Neumann, Verbot einer islamistischen Vereinigung, Anm. zu BVerwG v. 14.5.2014, jurisPR-BVerwG 20/ 2014, Nr. 3; Otto, Zur zwecklosen Unterscheidung von Neben- und Selbstzweck, solange der Verein im Hauptzweck gemeinnützig ist, NotBZ 2017, 286–293; Pfeffer, Wann müssen Vereine ein Gewerbe anmelden?, VB 2018, 015–017; Punte, Die Kapitalgesellschaft als (zwingende)
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Der Zweck des Vereins | V. Rechtsform im deutschen Profifußball, SpuRt 2017, 46–50; Reuter, Rechtliche Grenzen ausgegliederter Wirtschaftstätigkeit von Idealvereinen (Zugleich kritische Stellungnahme zum ADAC-Urteil BGH v. 29.9.1982 – I ZR 88/80, BGHZ 85, 84 = MDR 1983, 193), ZIP 1984, 1052; Reuter, Die Änderung des Vereinszwecks, ZGR 1987, 475; Reuter, Die Reform des Vereinsrechts, NZG 2005, 738; Reuter, Das Verhältnis der Vereinsklassenabgrenzung zu den Grenzen wirtschaftlicher Betätigung nach Gemeinnützigkeitsrecht, NZG 2008, 881; Reuter, (Keine) Durchgriffshaftung der Vereinsmitglieder wegen Rechtsformverfehlung, NZG 2008, 650; Reuter, Konzernrecht des Vereins?, npoR 2012, 101; Röcken, Der Idealverein mit wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb, MDR 2017, 1036–1038; Röcken, Entwicklungen zum Vereinsrecht – Zweckbestimmung, Satzungsgestaltung und Mitgliederversammlung, MDR 2016, 1001–1004; Röcken, Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb: Wann der Eintrag ins Handelsregister droht, VB 2017, 010–015; Salaw-Hanslmaier, Nachfolgeprobleme beim ehrenamtlichen Vereinsvorstand – Die gemeinnützige GmbH als Alternative zur Trägerschaft von Kindergärten durch Vereine, ZStV 2012, 72; Schauhoff/Kirchhain, Der wirtschaftliche tätige gemeinnützige Verein – Zur Auslegung des § 21 BGB, ZIP 2016, 1857–1866 Segna, Rechtsformverfehlungen und Holdingkonstruktionen bei Idealvereinen – eine Nachlese des „Kolpingwerk“-Urteils, Non Profit Law Yearbook 2008, 39; Schad, Eingetragener Verein oder Wirtschaftsverein, NJW 1998, 2411; Schauhoff, Der unternehmerisch tätige gemeinnützige Idealverein in Existenznot, npoR 2016, 241–245; Schauhoff, Rechtssicherheit für den Idealverein, npoR 2017, 62; K. Schmidt, Eintragung eines e.V. mit Geschäftsbetrieb im Vereinsregister, JuS 2017, 776–778, K. Schmidt, Sieben Leitsätze zum Verhältnis zwischen Vereinsrecht und Handelsrecht, ZGR 1975, 477; K. Schmidt, Der Vereinszweck nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch, BB 1987, 556; K. Schmidt, Systemfragen des Vereinsrechts, ZHR 1983, 43; K. Schmidt, Wirtschaftliche Betätigung und Idealverein, ZIP 2007, 605; Schneider, Der kirchliche Verein im kanonischen und weltlichen Recht, Diss. 2020; Schockenhoff, Der wirtschaftlich tätige Idealverein, NZG 2017, 931–941; Schöpflin, Die Vereinsklassenabgrenzung auf dem Prüfstand, ZStV 2017, 126–131; Sdorrra, Die Kita-Rechtsprechung des Kammergerichts, npoR 2017, 45; Segna, Vereinsrechtsreform, NZG 2002, 1048; Segna, Die rechtlichen Rahmenbedingungen für Non-Profit-Organisationen in der Diskussion, JZ 2018, 834–843; Segna, Die wirtschaftliche Betätigung von Idealvereinen im Lichte des Entwurfs zur Änderung des Vereinsrechts vom 25.8.2004, Rpfleger 2006, 449; Segna, Die Registersache FC Bayern München, npoR 2017, 3–6; Segna, Vereinsklassenmanagement nach Art des Hauses, ZIP 2017, 1881–1889; Schöner, Car-Sharing zwischen Vereins- und Steuerrecht, BB 1996, 438; Seulen/Scharf, Auswirkung der wirtschaftlichen Betätigung eines eingetragenen Vereins, DB 2017, 1575–1576; Steding, Zulässigkeit und Begrenzung des Einsatzes der GbR und des Vereins für wirtschaftliche Tätigkeiten, NZG 2001, 721; Stöber, Änderung des Zwecks des Vereins mit der für allgemeine Satzungsänderungen vorgesehenen Stimmenmehrheit?, Rpfleger 1976, 377; Terner, Der Zweck heiligt die Mittel – Die Vereinsklassenabgrenzung des Bundesgerichtshofs, RNotZ 2017, 508; Terner, Die Vereinsklassenabgrenzung des Bürgerlichen Gesetzbuchs, Rpfleger 2004, 537; Terner, Der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Vereinsrechts, Rpfleger 2005, 296; Terner, Vereinsrecht in der notariellen Praxis, Teil 1 (Grundlagen, Vereinsklassen), ZNotP 2009, 132; Redaktion Verbändereport, Der BMJ-Entwurf zum Vereinsrecht auf dem Prüfstand, Verbändereport 2006/4, 8; Westermann, Reformüberlegungen zum BGB-Gesellschafts- und Vereinsrecht, NZG 2017, 921–930; Wettich/Vossen, Aktuelle Entwicklungen zum eingetragenen Verein als Rechtsform für (Profi-)Sportvereine, SpuRt 2017, 229–232; Wickert, Unternehmerische Tätigkeit eines Kita-Vereins, NWB 2017, 2353– 2357; Winheller, Die restriktive Rechtsprechung zur Eintragungsfähigkeit von Vereinen – Hilfestellungen für Träger sozialer Dienstleistungen in rechtsunsicheren Zeiten, DStR 2015, 1389; Winheller, Idealverein oder Wirtschaftsverein? Kita-Vereine zwischen Eintragungsfähigkeit und Rechtsformverfehlung, DStR 2013, 2009; Winheller, Kindergärten sind Unternehmen! Warum die Rechtsform des „e.V.“ für zweckbetriebsdominierte NPOs nicht taugt und Alternativen gefragt sind, DStR 2012, 1562; Winheller, Totgesagte leben länger – Wie schlimm steht es wirklich um den eV, npoR 2017, 59; Winheller/Vielwerth, Das mitgliedschaftliche Eigeninteresse an
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V. Rz. 61 | Der Zweck des Vereins der wirtschaftlichen Betätigung des Vereins als Kernelement des wirtschaftlichen Vereins nach § 22 BGB, DStR 2018, 574–579; Woestmann, Die Kita-Rechtsprechung des BGH, npoR 2018, Wüstenberg, Der satzungsgemäße Zweck der naturschutzrechtlichen Vereinigung, ZStV 2018, 232–237; Wolff, Kleinstkooperative Vereinigungen als wirtschaftliche Vereine kraft Verleihung?, npoR 2017, 50; Zwade, Indizwirkung der Gemeinnützigkeitsanerkennung bei Vereinen, jurisPR-BGHZivilR 13/2017 Anm. 1.195. Zu den steuerrechtlichen Fragen siehe auch die Literaturhinweise bei Kapitel IXXX (vor Rz. 1818).
1. Der Vereinszweck a) Definition 61
Zweck des Vereins ist das die Mitglieder in der Vereinigung verbindende Interesse, auf das die Vereinstätigkeit ausgerichtet ist. Er prägt den Charakter des Vereins.1 Der Vereinszweck ist von der Vereinstätigkeit und damit von den Mitteln zu unterscheiden, mit denen der Verein seine Aufgabe erfüllt. Beispiele: Zweck
Mittel/Tätigkeit
Förderung des sportlichen Gedankens sowie Veranstaltung (u.a.) von Fußball-Länderspiedamit zugleich der Gesundheit und körper- len lichen Ertüchtigung der Bevölkerung2 Förderung des Tierschutzes
Unterhaltung eines Tierheims
Förderung der Rauchkultur durch genussbe- Eröffnung einer nicht öffentlichen „Raucherkneipe“ zogenen Tabakkonsum3 Gemeinnütziges Angebot einer Kindertages- Umfangreicher kaufmännisch eingerichteter stätte Betrieb mit mehreren Standorten, der kostendeckend arbeitet und als gemeinnützig anerkannt ist.
Zweck des Vereins kann insbesondere ein wohltätiges oder sonst gemeinnütziges, geselliges, sportliches, wissenschaftliches, religiöses, künstlerisches, politisches, berufliches oder standesrechtliches, sozialpolitisches oder ähnliches Ziel sein. Zulässig ist auch die Verbindung verschiedener Vereinszwecke.
1 Beispiele für Vereinszwecke im Katalog der als gemeinnützig anerkennungsfähigen Zwecke des § 52 Abs. 2 AO, hier abgedruckt als Anhang C 8. 2 S. BGH NJW 1962, 629 (630). 3 OLG Oldenburg v. 25.3.2008 – 12 W 39/08, MDR 2008, 1348 = NJW 2008, 473 = DNotZ 2008, 796.
46 | Stöber/Otto
1. Der Vereinszweck | Rz. 64 V.
b) Verbotene Vereinszwecke Verboten sind Vereinszwecke, die den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung1 oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung2 richten (Art. 9 Abs. 2 GG) oder die gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) oder gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB; s. Rz. 64) verstoßen. Zum Vereinsverbot durch die Behörde s. Rz. 1391. Die Verbotsgründe aus Art. 9 Abs. 2 GG und dem Vereinsgesetz sind auch vom Registergericht im Eintragungsverfahren zu beachten. Es kommt insofern nicht auf ein von der Behörde ausgesprochenes Verbot an.3
62
Maßgeblich ist der tatsächlich gelebte, nicht (allein) der in einer Satzung geschriebene Vereinszweck.4 Wird in Wahrheit ein anderer als der in der geschriebenen Satzung niedergelegte Zweck verfolgt, ist von Amts wegen ein Löschungsverfahren einzuleiten (Rz. 228, 1652 ff.; zur Ermessensausübung Rz. 1655). Im Rahmen des staatlichen Eintragungsverfahrens ist – anders als nach den Vorstellungen des historischen Gesetzgebers – allerdings nicht präventiv zu prüfen, ob ein erlaubter Vereinszweck möglicherweise im Einzelfall auch durch verbotene Tätigkeiten einzelner Mitglieder erfüllt wird.5 Für den Ausschluss von steuerlicher Förderung kann dagegen zu Recht weitergehend auf ein extremistisches Gebaren abgestellt werden (Rz. 83).6
63
Wegen eines gesetzlich verbotenen oder sittenwidrigen Vereinszwecks wird die Eintragung z.B. verweigert:
64
(1) bei Verletzung des Rechtsdienstleistungsgesetzes (Rechtsberatung für jedermann durch studentischen Verein);7 (2) einem von Gefangenen im Strafvollzug gebildeten Verein, der nach seinem Zweck gemeinschaftliche Interessen der Insassen einer Justizvollzugsanstalt gegenüber der Anstaltsleitung vertreten und durchsetzen soll und keine Zustimmung der Anstaltsleitung vorlegt;8 1 Zu den Voraussetzungen etwa BVerwG v. 14.5.2014 – 6 A 3/13, NVwZ 2014, 1573 mit Anm. Huber. 2 Das betrifft auch den Frieden zwischen aus deutscher Sicht fremden Völkern, BVerwG v. 14.5.2014 – 6 A 3/13, NVwZ 2014, 1573 mit Anm. Huber. 3 OLG Jena v. 9.4.2013 – 9 W 140/13, juris. 4 Auch unter dem öffentlich-rechtlichen Blickwinkel des VereinsG kann der zulässige Zweck einer Werbung für religiöse Auffassungen tatsächlich in unzulässige Gerichtetheit gegen die verfassungsmäßige Ordnung und den Gedanken der Völkerverständigung umschlagen, ausführlich zu den Kriterien BVerwG v. 14.5.2014 – 6 A3/13, BVerwG 2014, 1573. 5 Im Fall des OLG Oldenburg v. 25.3.2008 – 12 W 39/08, MDR 2008, 1348 = NJW 2008, 473 = DNotZ 2008, 796 galt den Gerichten als offenkundig, dass das Niedersächsische Raucherschutzgesetz umgangen werden sollte. Der Verein ist dennoch einzutragen. 6 § 51 Abs. 3 AO, dazu AEAO Nr. 8–12 zu § 51 und Nr. 3 zu § 63. 7 OLG Brandenburg v. 10.9.2014 – 7 W 68/14, MDR 2014, 1400 = NJW 2015, 1122 m. abl. Anm. Dietlein/Hannemann. Ebenfalls abl. Anm. Wegner, NVwZ 2015, 760. Für Zulässigkeit bei anwaltlicher Leitung AG Frankfurt v. 10.8.2016 – VR 15466. 8 Läuft dem mit § 160 StVollzG verfolgten Gesetzeszweck zuwider; BayObLG v. 20.8.1981 – BReg 2 Z 56/81, MDR 1982, 51 = NJW 1982, 773 (Ls.) = NStZ 1982, 84 mit krit. Anm. Seebode = Rpfleger 1981, 488; Zulässig mit Zustimmung der Anstaltsleitung, deren Vorlage
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V. Rz. 64 | Der Zweck des Vereins
(3) einem Verein zur Eintreibung rückständiger Forderungen der Mitglieder unter Einsatz sog. Schuldbetreuer („Schwarze Männer“), die unter Missachtung des staatlichen Vollstreckungsmonopols den Schuldner durch psychischen, bis tief in das Privatleben hineinreichenden Zwang zur Schuldtilgung veranlassen sollen;1 (4) einem Verein zur Wohnungsvermittlung (auch „Selbsthilfe auf dem Gebiet der Wohnungssuche und generellen Wahrnehmung der Mieterinteressen“), wenn der Verein von seinen Mitgliedern eine Aufnahmegebühr und erfolgsunabhängig einen regelmäßigen Beitrag erhebt,2 (5) bei einem Vereinszweck „Praktizierung der partnerschaftlichen Liebe zum Tier“ (wegen § 17 TierSchG).3 (6) Rauchervereine sind (noch?) nicht verboten. Wenn sie ihren Mitgliederzugang jedoch nicht steuern,4 kann ihnen die Ausübung des Vereinszwecks „geselliges Zusammensein“ zum gemeinsamen Zigarettengenuss im mitgliederöffentlichen Vereinsraum praktisch verboten sein,5 womit im Grunde die Ausübung des Vereinszwecks unmöglich und der Verein damit nicht eintragungsfähig wird (vgl. Rz. 106 Nr. 31). (7) Die Überlegungen, die zu einer Verneinung der Gemeinnützigkeit des Paintballspiel führen (Rz. 120),6 wurden in der Rechtsprechung soweit ersichtlich bislang nicht zur Annahme eines verbotenen Vereinszwecks herangezogen.7 (8) Gewährt ein Verein durch Tagesmitgliedschaften den sonntäglichen Besuch von Veranstaltungen, wird eine mögliche Umgehung der Gesetze zum Schutz der Sonn- und Feiertagsruhe problematisiert.8 Die Marktverfolgungstätigkeit von sog. Abmahnvereinen kann im Einzelfall rechtsmissbräuchlich sein.9 Sie ist als solche aber nicht nur erlaubt, sondern (etwa in § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG) vom Gesetzgeber ausdrücklich vorgesehen und daher zulässiger Satzungszweck.
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an das Registergericht Eintragungsvoraussetzung ist, OLG Karlsruhe v. 29.6.1983 – 11 W 93/82, OLGZ 1983, 397 = Rpfleger 1983, 405; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 51. LG Bonn v. 29.11.1994 – 4 T 742/94, NJW-RR 1995, 1515. Verstoß gegen § 2 des Wohnungsvermittlungsgesetzes, LG Essen v. 1.10.1982 – 7 T 468/82, Rpfleger 1983, 158 mit zust.Anm. Heitgress; LG Karlsruhe v. 13.9.1983 – 11 T 305/83, MDR 1984, 227 = Rpfleger 1984, 22. KG v. 19.10.2011 – 25 W 73/11, Rpfleger 2012, 212; Burhoff, Rz. 31. In dem vom BVerfG v. 24.9.2014 – 1 BvR 3017/11, NJW 2015, 612, entschiedenen Fall dürfte ganz wesentlich sein, dass der Verein bei einem äußerst geringen Jahresbeitrag jederzeit Doppel- oder Mehrfachmitgliedschaften akzeptierte. BVerfG v. 24.9.2014 – 1 BvR 3017/11, NJW 2015, 612. FG Rheinland-Pfalz v. 19.2.2014 – 1 K 2423/11, DStRE 2015, 294. LG Neuruppin v. 9.12.2014 – 5 O 199/14, juris. OLG Stuttgart v. 16.7.2018 – 8 W 428/15, MDR 2018, 1387 = NZG 2018, 1264, Rz. 32 bei juris. BGH v. 4.7.2019 – I ZR 149/18, ECLI:DE:BGH:2019:040719UIZR149.18.0, MDR 2019, 1072.
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1. Der Vereinszweck | Rz. 65 V.
c) Niederlegung in der Satzung (§ 57 BGB) Die Satzung hat den obersten Leitsatz für die Vereinstätigkeit1 klar und bestimmt2 zu bezeichnen.3 Weil es für die Rechtsformabgrenzung ebenso wie für steuerliche Wertungen auf den tatsächlich gelebten Vereinszweck ankommt, kann es sich für die Satzungsgestaltung empfehlen, auch eine Beschreibung der wesentlichen Vorhaben des Vereins in die Satzung aufzunehmen. Danach kann die künftige Tätigkeit eingeschätzt werden.4 Auf jeden Fall muss ein völlig allgemein gehaltener Vereinszweck konkretisiert werden.5 Soweit die Mittel zur Förderung des Vereinszwecks (Rz. 61) derart in der Satzung Erwähnung finden, sollten sie jedoch wegen § 33 Abs. 1 BGB vom Vereinszweck klar abgegrenzt bleiben. M 3 Trennung Zweck und Mittel:6 § 5 Abs. 1: Zweck des Vereins ist die ideelle und finanzielle Förderung des Pfarrzentrums St. Benno. Abs. 2: Zur Verwirklichung dieses Zwecks unterstützt der Verein insbesondere die Innenrestaurierung der historischen Pfarrkirche. Abs. 3: Zur Finanzierung unterhält er einen Devotionalienverkauf.
1 BGH v. 11.11.1985 – II ZB 5/85, DNotZ 1986, 276 = MittBayNot 1986, 66 = MittRhNotK 1986, 116 = MDR 1986, 472 = NJW 1986, 1033; BayObLG v. 25.1.2001 – 3Z BR 319/00, NJW-RR 2001, 1260 = Rpfleger 2001, 307. 2 OLG Düsseldorf v. 15.9.2017 – 3 Wx 14/16 – NZG 2017, 1314. Dazu Otto, NotBZ 2018, 146. 3 Weitergehend K. Schmidt, BB 1987, 556 (559): Die Satzungsbestimmung über den Vereinszweck müsse ein Tätigkeitsbild des Vereins vermitteln; außerdem müssten diejenigen Grundlagen genannt werden, deren Änderung eine Zweckänderung i.S.v. § 33 Abs. 1 S. 2 BGB darstellt. Der Geschäftsbetrieb eines Vereins ist aber nicht (konkreter) Vereinszweck, sondern wesentlich für Erlangung der Rechtsfähigkeit (§§ 21, 22 BGB). Satzungserfordernis ist nach § 57 Abs. 1 BGB nur die ausreichend bestimmte Angabe des Vereinszwecks, nicht eine Darstellung der Vereinstätigkeit. 4 Röcken, Vereinssatzungen, Rz. 41 sieht hier eine Informationslast des Vereins dahin, dem Registergericht die nichtwirtschaftliche bzw. erlaubte Zwecksetzung zu präsentieren. Ganz ähnlich bereits OLG Düsseldorf v. 24.1.1996 – 3 Wx 484/95, NJW-RR 1996, 989. 5 OLG Düsseldorf v. 15.9.2017 – 3 Wx 14/16, Rpfleger 2018, 91.; Otto, NotBZ 2018, 146. 6 Nach Pfälz. OLG v. 4.7.2013 – 3 W 68/13, juris. Ein sehr großzügiges Gericht musste dort aus dem satzungsmäßigen Vereinszweck „Förderung der Innenrestaurierung der historischen Pfarrkirche“ die übergeordnete Zwecksetzung „Förderung des gesamten Pfarrzentrums“ allerdings erst herauslesen. Darauf sollte man sich bei der Satzungsgestaltung nicht verlassen.
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V. Rz. 66 | Der Zweck des Vereins
d) Überschreiten des Satzungszweckes 66
Außerhalb seines Zweckes darf der Verein grundsätzlich nicht tätig werden. Er kann es aber – nur in den allerseltensten Ausnahmen ist das Vertretungsrechts des Vorstands „ultra vires“ beschränkt. Schwieriger zu beantworten kann die Frage im Innenverhältnis sein – sowohl in der Kompetenzverteilung zwischen Vorstand und Mitgliederversammlung wie auch als Begrenzung einer Vereinsmehrheit gegenüber der Minderheit. Überschreitungen in diesem Feld können haftungsrelevant werden. Die Grenzen darf man nicht zu eng ziehen. Den wirtschaftlichen Verhältnissen des Vereins angemessene Charitymaßnahmen und Spendenaktivitäten im Rahmen einer „Corporate Social Responsibility“ etwa sind regelmäßig als Maßnahme der laufenden Geschäftsführung und damit in der Zuständigkeit des Vorstands angesiedelt.1 Dennoch wird er gut daran tun, nach Möglichkeit eine Entscheidung der Mitgliederversammlung herbeizuführen und ist er an abweichende Weisungen der Versammlung gebunden.2 Zur Rechtsformverfehlung durch Abweichen des tatsächlich gelebten vom Satzungszweck Rz. 69, Rz. 228.
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Ein Verein, der öffentliche Subventionen beanspruchen will, sollte dabei auf Übereinstimmung mit seinem Satzungszweck achten.3 Die steuerliche Anerkennung einer Gemeinnützigkeit setzt voraus, dass die Vereinsleitung den satzungsmäßigen gemeinnützigen Zweck tatsächlich verfolgt (Rz. 109).
2. Idealverein und wirtschaftlicher Verein (§§ 21, 22 BGB) a) Bedeutung der Abgrenzung 68
Zur begrifflichen Unterscheidung des Idealvereins (nicht wirtschaftlichen Vereins) vom wirtschaftlichen Verein und des eingetragenen vom konzessionierten Verein und den beiden Varianten eines nicht eingetragenen Verein s zunächst Rz. 9–12. Mit Eintragung oder Konzession wird der Verein zur juristischen Person. Die Vermögensmassen des Vereins einerseits, der für ihn handelnden Personen und seiner Mitglieder andererseits sind dann klar getrennt. Weder die Organmitglieder noch die Mitglieder als solche haften für die Verbindlichkeiten des Vereins persönlich. Handelt es sich um einen Idealverein (nicht wirtschaftlichen Verein), werden diese Prinzipien relativ weitgehend heute auch bei fehlender Eintragung angewandt – jedenfalls zugunsten der Mitglieder (Rz. 1796). Für den nicht konzessionierten und nicht eingetragenen wirtschaftlichen Verein jedoch führt der Verweis des § 54 BGB auf das Personengesellschaftsrecht ungeachtet der heute anerkannten Rechtsfähigkeit Vorstand und Mitglieder in ein erhebliches Haftungsrisiko. Der nicht eingetragene und nicht konzessionierte wirtschaftliche Verein ist nach Gesellschaftsrecht (häufig offene Handelsgesellschaft) und insbesondere nach deren Haftungsmaßstäben zu messen 1 Hüttemann, DB 2016, 429 (431) – Flüchtlingshilfe. 2 Hüttemann, DB 2016, 429 (431). 3 Röcken; MDR 2019, 1105, 1107 mit Hinweis auf OVG Saarland v. 14.1.2019 – 1 B 193/18: Keine Teilnahme an einem saarländischen Förderprogramm bei ausschließlich auf Berlin bezogenem Vereinszweck.
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2. Idealverein und wirtschaftlicher Verein (§§ 21, 22 BGB) | Rz. 69 V.
(Rz. 1799).1 Die Konzession (Voraussetzungen und Verfahren Rz. 216 ff.) ist als Ausnahmefall konzipiert. Sie kommt nur bei einem wirtschaftlichen Zweck in Betracht und nur dann, wenn der Körperschaft die Einhaltung der für die speziellen Gesellschaftsformen (AG/SE, GmbH/GmbH als UG, Genossenschaft,2 auch KGaA, VVaG) geltenden Vorschriften im Einzelfall nicht zumutbar ist.3 Vor diesem Hintergrund haben die Gründer bzw. Mitglieder des Vereins in Zweifelsfällen einiges Interesse an seiner Akzeptanz als Idealverein bzw. Eintragung und Fortbestand der Eintragung im Vereinsregister.4 Nur im Einzelfall kann ein Verein umgekehrt daran Interesse haben, als erwerbswirtschaftlich anerkannt zu sein.5 Ein eingetragener Verein, der kraft Satzung oder in der gelebten Vereinswirklichkeit6 tatsächlich einen wirtschaftlichen Zweck verfolgt (im herkömmlichen Verständnis auch Überschreiten des in Rz. 94–98 erläuterten „Nebenzweckprivilegs“), ist von Amts wegen aus dem Register zu löschen (Rz. 228, 1652 ff.; zur Ermessenausübung Rz. 1655). Eine zusätzliche Sanktion7 zu Lasten der Vorstände oder Mitglieder, die z.B. eine Überschreitung des Nebenzweckprivilegs (dazu sogleich) bewirken oder dulden, ist nicht vorgesehen. Insbesondere erfolgt keine Durchgriffshaftung auf deren Vermögen.8 Wenn ein wirtschaftlicher Verein (unrichtig) in das Vereinsregister eingetra-
1 Daran will auch der im April 2020 veröffentlichte Gesetzesentwurf einer beim Bundesjustizministerium der Justiz und für Verbraucherschutz eingerichteten Expertenkommission zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts nichts ändern (Rz. 11). § 54 BGB in der Fassung des Entwurfs stellt vielmehr das unterschiedliche Haftungsregime der beiden Varianten nicht eingetragener Vereine im oben beschriebenen Sinn klar. S. „Mauracher Entwurf“, https://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/News/PM/042020_Entwurf_Mopeg.pdf? __blob=publicationFile&v=3, Abruf 15.5.2020. Ebenso bereits der Vorschlag K. Schmidt, ZHR 177 (2013), 712 (736). 2 Die mit der Rechtsform der Genossenschaft für kleinere wirtschaftliche Kooperativen wie Dorfgemeinschaftsläden u.a. verbundenen praktischen Nachteile wie insbesondere unverhältnismäßig hohe Rechnungslegungs- und Prüfungskosten (Bösche, npoR 2014, 229 und Bartke, ZRP 2015, 110) dämpfen soll das Gesetz zum Bürokratieabbau und zur Förderung der Transparenz bei Genossenschaften“ vom 17.7.2017 (BGBl. I 2434). Es wird als eher halbherzig kritisiert, s. etwa Beuthien, NZG 2017, 1247–1249; Fein/Vielwerth, DStR 2017, 1881–1885; Wagner, NZG 2018, 330–336. 3 BVerwG NJW 1979, 2261. 4 Zur persönlichen Inanspruchnahme von Vereinsmitgliedern des nicht eingetragenen wirtschaftlichen Vereins z.B. LSG Berlin-Brandenburg v. 11.3.2016 – L 1 KR 377/14 – NZG 2016, 1190–1191. 5 Vgl. BGH v. 21.12.2010 – VI ZR 312/09, MDR 2011, 292 = NJW 2011, 1961: Keine Haftungserleichterung nach § 833 Satz 2 BGB für einen nicht wirtschaftlich ausgerichteten Reittherapieverein. 6 Das OVG Hamburg (v. 21.1.2014 – 1 Bf 988/12, juris, LS in DÖV 2014, 452) lässt jedoch als Beleg fehlender Erwerbswirtschaftlichkeit eines Idealvereins öffentlich rechtlicher Körperschaften die bloße Satzungsbestimmung genügen, dass der Verein nach § 21 BGB und ohne Gewinnerzielungsabsicht organisiert sei. 7 Für eine strafrechtliche Wertung als Untreue der Vorstände, wenn der Verein aufgrund des Vorstandshandelns zur Liquidation gezwungen ist, Brand/Sperling, JR 2010, 473. 8 Überschreiten des Nebenzweckprivilegs ist für sich kein Rechtmissbrauch, der eine Durchgriffshaftung nach den dafür von der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen be-
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V. Rz. 69 | Der Zweck des Vereins
gen worden ist, dann ist im Rechtsverkehr und bei einem Rechtsstreit bis zur Löschung von der durch Eintragung bewirkten Rechtslage auszugehen.1 Das gilt für das Verhältnis des Vereins zu seinen Mitgliedern ebenso wie für das Verhältnis des Vereins zu Dritten. 70
Die vereinsrechtliche Einordnung als Idealverein schließt es ebenso wenig wie die Anerkennung als gemeinnützig aus, einen wirtschaftlich aktiven Verein hinsichtlich seines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs bei Anwendung unternehmensbezogener ordnungsrechtlicher Normen als wirtschaftliches Unternehmen zu behandeln.2 Die wirtschaftlichen Tätigkeiten eines Vereins können als Gewerbe im Sinne des Gewerberechts anzusehen sein, auch wenn sie die zivilrechtliche Qualifikation des Vereins als Idealverein nicht berühren.3 b) Schutzhintergrund der Abgrenzung
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§ 21 BGB verlangt eine negative Abgrenzung: Der Verein, der seine Rechtspersönlichkeit durch Vereinsregistereintrag gewinnt, darf nicht auf einen wirtschaftlichen Zweck gerichtet sein. Vorrangiges Gegenstück zum Idealverein sind die Handelsvereine (Aktiengesellschaft, Gesellschaft mit beschränkter Haftung etc.).4 Der historische Gesetzgeber hat den Gegensatz darin gesehen, dass bei den Handelsvereinen ein Gesellschaftsinteresse ihr Handeln bestimmt, das auf Geschäftsgewinn und den wirtschaftlichen Vorteil des Einzelnen abzielt.5 Werden die anderen Rechtsformen dem besonderen wirtschaftlichen Zweck ausnahmsweise nicht gerecht, muss sich der Verein dem Konzessionsverfahren (Rz. 216 ff.) stellen. Ausgehend von der Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG) darf nach den jüngsten BGH-Entscheidungen zur sog. Vereinsklassenabgrenzung die in den § 21 BGB, § 22 BGB vorgenommene Begrenzung der Typenwahlfreiheit (Wahl der Rechtsform einer Vereinigung) allerdings nicht restriktiv ausgelegt werden.6 Allein darauf sollte sich ein auf wirtschaftliche Tätigkeit ausgelegter Verein allerdings nicht verlassen, denn Art. 9 Abs. 1 GG gewährt keinen Anspruch auf eine bestimmte Rechtsform.7
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gründen könnte, BGH v. 10.12.2007 – II ZR 239/05, BGHZ 175, 12 = MDR 2008, 396. Zust. u.a. bei Reuter, NZG 2008, 650; Segna, Non Profit Law Yearbook 2008, 39 m.w.N.; kritisch Wolf, JZ 2008, 517 (522). OLG Köln OLGZ 1977, 65; auch KG v. 27.6.2000 – 1 W 79/99, FamRZ 2001, 366 = NJWRR 2001, 966 = Rpfleger 2001, 35. So kann ein gemeinnütziger eV etwa Unternehmer i.S.d. der für Tiertransporte geltenden europäischen Tierschutznormen sein, EuGH v. 3.12.2015 – C-301/14, DÖV 2016, 183. VG Ansbach v. 12.6.2018 – AN – 4 K 18.00812, npoR 2019, 15. Der BGH verweist auf BVerwG v. 6.11.1997 – 1 C 18/95 –, BVerwGE 105, 313–322, 317. BGH v. 16.5.2017 – II ZB 7/16 – juris Rz. 25 – BGHZ 215, 691 = MDR 2017, 709 = NotBZ 2017, 309. BGH v. 16.5.2017 – II ZB 7/16 – juris Rz. 25 – BGHZ 215, 691 = MDR 2017, 709 = NotBZ 2017, 309. BGH v. 16.5.2017 – II ZB 7/16, BGHZ 215, 691, juris Rz. 26 = MDR 2017, 709 = NotBZ 2017, 309; Schubert, JR 2018, 451–457. Segna, ZIP 2017, 1881–1889, 1884.
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2. Idealverein und wirtschaftlicher Verein (§§ 21, 22 BGB) | Rz. 72 V.
Die Zweckbegrenzung des § 21 BGB dient der Sicherheit des Rechtsverkehrs, insbesondere dem Gläubigerschutz.1 Er beschränkt sich bei einem Idealverein grundsätzlich auf die Insolvenzantragspflicht des Vorstands und die Liquidation des Vereins (vgl. §§ 42 Abs. 2, 51 ff. BGB).2 Insolvenzrisiken sollen dadurch begrenzt werden, dass Wirtschaftsvereine, die Gläubigerinteressen im besonderen Maße beeinträchtigen können, nach § 22 Satz 1 BGB vorrangig handelsrechtliche Rechtsformen zu wählen haben und nur subsidiär die Rechtsfähigkeit durch den Staat verliehen bekommen. Durch handelsrechtliche Gesellschaftsformen werden die Gläubiger weit stärker als bei Vereinen geschützt.3 Eine juristische Person des Handelsrechts benötigt etwa ein Mindestkapital (seit Zulassung der Unternehmergesellschaft mit Mindestkapital von 1 € ist dieser Aspekt allerdings erheblich relativiert).4 Sie muss sich an Bilanz-, Prüfungs- und Publizitätspflichten halten (vgl. §§ 242 ff. Handelsgesetzbuch, §§ 7, 36 Abs. 2, 37, 57 ff., 82, 150 ff. Aktiengesetz und §§ 42 ff. Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung).5 Weil die Vertretungsmacht der organschaftlichen Vertreter bei den Handelsvereinen nicht – wie nach § 26 BGB – beschränkbar ist,6 hat der Rechtsverkehr im Verhältnis zu ihnen größere Sicherheit, deren Organe haften im Zweifel auch schärfer. Auf besondere Gläubigerschutzvorschriften für den konzessionierten Verein konnte der BGB-Gesetzgeber anders als in den Spezialgesetzen wie AktG, GmbHG, GenG, VAG wegen dessen Nachrangigkeit und auch deshalb verzichten, weil entsprechende Auflagen jederzeit im Konzessionsverfahren gemacht werden können.7 Der Gläubigerschutzaspekt umfasst nicht nur diejenigen, die mit dem Verein kontrahieren, sondern ebenso Gläubiger des Vereinsmitglieds. Aus dem Umstand, dass das Mitgliedschaftsrecht nicht pfändbar ist (§ 38 BGB, § 1273 Abs. 2 S 1 BGB, § 1274 Abs. 2 BGB, § 851 ZPO), sollen keine Haftungsenklaven erwachsen.8 Das in jüngerer Zeit für den Idealverein herausgearbeitete Gewinnanhäufungsverbot9 wirkt in diese Richtung.
1 BGH v. 4.6.1986 – 1 ZR 29/05, BGH v. 4.6.1986 – I ZR 29/85, MDR 1987, 26 = NJW 1986, 3201, Rz. 15 bei juris; LSG Berlin-Brandenburg v. 11.3.2016 – L 1 KR 377/14 – NZG 2016, 111; KG, Beschl. v. 6.9.2016 – 22 W 35/16, FGPrax 2017, 71, Rz. 13 bei juris. 2 BGH v. 29.9.1982 – I ZR 88/80, BGHZ 85, 84 = MDR 1983, 193 (89) und LG Hamburg v. 7.10.1985 – 71 T 39/85, NJW-RR 1986, 417; auch Schl.-Holst. OLG v. 4.1.2001 – 2 W 130/ 00, NJW-RR 2001, 1478. 3 BVerwG v. 6.11.1997 – 1 C 18/95, BVerwGE 105, 313, Rz. 19 bei juris. 4 Frey, NJ 2017, 288–292, 291; Woestmann, npoR 2018, 191–202, 200. 5 VG Berlin v. 21.11.2019 – 29 K 279.18 –, Rz. 28, juris; BGH v. 16.5.2017 – II ZB 7/16, BGHZ 215, 69–81, Rz. 31 = MDR 2017, 709 = NotBZ 2017, 309 bei juris. 6 BGH v. 16.5.2017 – II ZB 7/16, BGHZ 215, 69–81, Rz. 31 = MDR 2017, 709 = NotBZ 2017, 309 bei juris. 7 S. bereits Bülow, Das Vereinsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs, 1902 (undatierter Nachdruck), S. 77 f., 110. 8 BGH v. 11.9.2018 – II ZB 11/17, MDR 2018, 1448 –, WM 2018, 2125–2127, mit Anm. Leuschner, NotBZ 2019, 31–33; Komanek/Schröter, EWiR 2019, 37–38, 38. 9 BGH v. 16.5.2017 – II ZB 7/16, BGHZ 215, 69–81, Rz. 25 = MDR 2017, 709 = NotBZ 2017, 309; Beuthien, DStR 2019, 1822–1829, 1825. Anders (Gewinnthesaurierung als unter dem Aspekt des Gläubigerschutzes grundsätzlich positiv zu bewerten): Leuschner, NJW 2019, 1919–1924, 1921.
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V. Rz. 73 | Der Zweck des Vereins 73
Für einen präventiven Mitgliederschutz durch Eingrenzung des Idealvereins spricht, dass der in aller Regel abfindungslose Austritt aus dem Idealverein keine wirtschaftliche Alternative zum Schutz des Mitglieds in anderen Gesellschaftsformen darstellt,1 obwohl auch ein Verein relevante Vermögensinteressen der Mitglieder verwalten kann.2. Es werden Defizite hinsichtlich der Auskunfts- und Einsichtsrechte ausgemacht.3 Die Verwaltung des Vereinsvermögens und die Verschaffung vermögenswerter Vorteile zugunsten der Vereinsmitglieder durch Gewinnentnahmen kann der Einordnung als Idealverein entgegenstehen,4 mindestens ist sie untypisch.5 Wenn sich Mitglieder trotz erheblicher Vermögensinteressen bei dieser Ausgangslage dennoch in die Rechtsform des Vereins begeben wollen, können sie darauf verwiesen werden, solche Interessen durch eigene Satzungsgestaltung zu schützen.6 Der BGH weist obiter (also ohne Bedeutung für die eigentliche Entscheidung) darauf hin, dass die § 21 BGB, § 22 BGB mitgliederschützende Funktionen einnehmen können.7 Andererseits wird selbst die Bedeutung des Gläubigerschutzes mit der Überlegung relativiert, dass in der Regel der Gläubiger weiß, worauf er sich beim Verein einlässt8- für potentielle Mitglieder gilt das erst Recht.
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Schutz der Arbeitnehmermitbestimmung ist nicht durch einen Rechtsformzwang zu gewährleisten.9 Defizite bei Großverein und in konzernähnlichen Vereinsstrukturen sind innerhalb des Mitbestimmungsrechts zu lösen.10 Allgemein besteht kein gesellschaftliches Interesse an einer bestimmter Rechtsform.11 Einen wettbewerbsschützenden Charakter spricht der BGH den § 21 BGB, § 22 BGB zu Recht ab.12 Auch ob die ausgeübte Tätigkeit unionsrechtlich unter die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 Abs. 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union i.d.F. 2008, AEUV) fällt
1 Fehrenbach, ZHR 182 (2018), 191–230, 205ff; LG Freiburg v. 28.9.2010 – 4 T 241/09, juris. 2 Heckelmann, AcP 179, 1–56, 34–38 m.N.; Henze in Walz/Kötz/Rawert/Schmidt, Non Profit Law Yearbook 2004, S. 17, 37 m.N.; restriktiv insoweit Schmidt, Rpfleger 1988, 45–51, 46. Anders Leuschner, Das Konzernrecht des Vereins 2011, S. 145, 164 ff.; Schauhoff, NZG 2017, 931–941, 933. 3 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 57. 4 BGH v. 11.9.2018 – II ZB 11/17, MDR 2018, 1448 = NotBZ 2019, 31 –, Rz. 17, juris. 5 Leuschner, BGH v. 11.9.2018 – II ZB 11/17, MDR 2018, 1448 = NotBZ 2019, 31–33. 6 MünchKomm/BGB/Leuschner, §§ 21–22 Rz. 60. 7 Vgl. BGH v. 16.5.2017 – II ZB 7/16, BGHZ 215, 69–81, Rz. 35 bei juris = MDR 2017, 709 = NotBZ 2017, 309. 8 Woestmann, npoR 2018, 195–202, 200. 9 Schauhoff, NZG 2017, 931–941, 934; anders (jedenfalls „Flankenschutz“) Reuter, ZIP 1984, 1052, 1059. 10 Vgl. Beschluss Nr. 29 des 72. DJT Leipzig, Abteilung Zivil-, Wirtschafts- und Steuerrecht. 11 Röcken, MDR 2017, 1036–1038, 1037. 12 BGH v. 16.5.2017 – II ZB 7/16, BGHZ 215, 69–81, Rz. 35 = MDR 2017, 709 = NotBZ 2017, 309 bei juris; BGH v. 4.6.1986 – I ZR 29/85, MDR 1987, 26 –, juris; Woestmann, npoR 2018, 195–203, 200.
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2. Idealverein und wirtschaftlicher Verein (§§ 21, 22 BGB) | Rz. 76 V.
bzw. ob der Verein einen Erwerbszweck i.S.v. Art. 54 Abs. 2 AEUV1 verfolgt, ist für die Einordnung in § 21 BGB ohne Bedeutung.2 c) Kriterien der Abgrenzung Abzustellen ist auf den Vereinszweck, wie er sich in der geltenden Satzung und Praxis der Vereinigung widerspiegelt.3 Das Vereinsregister kann in Zweifelsfällen eine Stellungnahme der nach § 22 zuständigen Behörde, der Industrie- und Handelskammer oder eines anderen geeigneten berufsständischen Organs einholen (§ 9 Abs. 2 VRV, § 380 FamFG). Entscheidend sind in jedem Fall die Ergebnisse teleologischer – d.h. am Ziel des Gesetzgebers ausgerichteter – Wertung, nicht die bloßen Absichten der Gründer.4
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Der BGH hat in mehreren Entscheidungen der Jahre 2017/2018, ergangen insbesondere zu Betreibervereinen von Kindertagesstätten5 wesentliche Aspekte der Vereinsklassenabgrenzung neu geordnet. Diese „Kita-Rechtsprechung“ wurde in zahlreichen Stellungnahmen begrüßt,6 und sei es nur, weil damit trotz dogmatischer Einwände Rechtssicherheit geschaffen wurde.7 Anderen Stimmen geht die Rechtsfortbildung zu weit.8 Die Entscheidung wurde als Paukenschlag9 wahrgenommen, teils auch als reinigendes Gewitter.10 Denn nach den Kriterien der bis dahin ganz überwiegenden Rechtsprechung und Literatur existierte in den Registern eine Vielzahl von in
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1 Art. 54 Abs. 2 AEUV: Als [hinsichtl der freien Niederlassung einer natürlichen Person gleichgestellte] Gesellschaften gelten die Gesellschaften des bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts einschließlich der Genossenschaften und die sonstigen juristischen Personen des öffentlichen und privaten Rechts mit Ausnahme derjenigen, die keinen Erwerbszweck verfolgen. 2 VG Augsburg v. 14.11.2018 – Au – 4 K 18.1400, juris. 3 BVerwG NJW 1979, 2265. 4 OLG Hamm v. 4.8.1992 – 15 W 202/92, OLGZ 1993, 24 ff. 5 BGH v. 16.5.2017 – II ZB 7/16, BGHZ 215, 69–81 = MDR 2017, 709 = NotBZ 2017, 309; BGH v. 16.5.2017 – II ZB 6/16, npoR 2018, 21–25; BGH v. 16.5.2017 – II ZB 9/16, MittBayNot 2018, 58. Zur Abrundung vgl. auch BGH v. 11.9.2018 – II ZB 11/17, MDR 2018, 1448 –, WM 2018, 2125–2127 (Vermögensverwaltungsverein), dazu Leuschner, NotBZ 2019, 31–33. 6 Alte/Mailänder, npoR 2017, 244–247; Beuthien, npoR 2017, 137–139; Klinkert in: jurisPR-HaGesR 3/2018 Anm. 2; Fischer in: jurisPR-SteuerR 34/2017, Anm. 1; Schockenhoff, NZG 2017, 931–941, 941; Schöpflin, ZStV 2018, 6–10, 10; Schöpflin, ZStV 2017, 126–131, 131; Vossius, notar 2017, 284–286, 285; Wicke in FS 25 Jahre Deutsches Notarinstitut 2018, 603–615, Winheller/Vielwerth, DStR 2018, 574–579; Zwade in: jurisPR-BGHZivilR 13/ 1017 Anm. 1. 7 Frey NJ 2017, 288–292, 292; Leuschner, NJW 2017, 1919–1924, 1924; Otto, NotBZ 2017, 286-, 292; Röcken, MDR 2017, 1036–1038, 1038; Seulen/Scharf, Der Betrieb 2017, 1575; Schubert, JR 2018, 451–457; Terner, RNotZ 2017, 508–514, 514. Anders (jetzt unsichere Rechtslage) Wickert, NWB 2017, 2353–2357. 8 Büch, EWiR 2017, 359–360; Kögel, Rpfleger 2019, 309, 318; Könen, ZGR 2018, 632–646, 644; Mock/Mohamed, DStR 2017, 1280–1281; Segna, ZIP 2017, 1881–1889. 9 Otto, NotBZ 2017, 286–293, 288. 10 Vossius, notar 2017, 284–286, 285.
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V. Rz. 76 | Der Zweck des Vereins
Wahrheit wirtschaftlichen Vereinen. Die ihnen drohende Löschung ist abgewandt. Vereinspraxis und Vereinsrecht nähern sich an, es springt das Vereinsrecht. Das war – allerdings als ausdrückliche Änderung des Gesetzes – schon zuvor gefordert worden.1 77
Zur Klärung der zentralen Frage, ob der Zweck eines Vereins auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, hatte die ältere Rechtsprechung zunächst aus einer subjektiven Theorie, die allein nach dem „idealen“, nicht profitorientierten Vereinszweck2 fragte, und einer objektiven Theorie,3 für die es nur auf das Vorhandensein eines eingerichteten Geschäftsbetriebs ankam, eine gemischte Theorie destilliert. Sie entschied danach, ob ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vorhanden ist, der einem wirtschaftlichen Hauptzweck dient. Der objektiv vorhandene wirtschaftliche Geschäftsbetrieb musste also zum Selbstzweck geworden sein.4 Sobald sich der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb im Gegensatz dazu dem idealen „Endziel“ unterordnete, konnte der Verein als nicht wirtschaftlich gelten.5 Eine Mindermeinung will auf den Betrieb eines Handelsgewerbes im Sinn des HGB abstellen.6 Der Idealverein stehe als Rechtsform dann nicht mehr zur Verfügung, wenn er oder beherrschte Unternehmen auf Zwecke der Fremdbedarfsdeckung gerichtet sind und dazu einer kaufmännischen Einrichtung bedürfen.7 Damit werden aber Kaufmannsbegriff und „wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb“ vermischt.8 Der Idealverein kann grds ein Handelsgewerbe betreiben, er ist dann mit seinem Handelsgewerbe auch im Handelsregister einzutragen.9 Auch der Idealverein, genießt in seiner wirtschaftlichen Betätigung den Schutz des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.10 Die herrschende Meinung entscheidet heute – und das liegt auch den Kita-Entscheidungen11 zugrunde – unter dem Gesichtspunkt des Schutzzwecks der § 21 BGB, § 22 BGB. Es kommt bei der teleologischen Betrachtung darauf an, ob der Vereins-
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Leuschner, npoR 2017, 82, 83 m.w.N. Zum Begriff Röcken, ZStV 2013, 66. Dahingehend heute wieder Burhoff, Vereinsrecht, Rz. 59. BGH v. 30.11.1954 – I ZR 147/53, BGHZ 15, 315–323. Vgl. heute Schauhoff, npoR 2016, 241, 245. Zu den allgemeinen Kriterien nach HGB: Kort, DB 2019, 771. Schad, NJW 1998, 2411–2413. Sehr weitgehend auf S. 2413, wo er letztlich allein auf den erforderlichen kaufmännischen Organisationsgrad abstellt; auf Größenklassen abstellend auch Heckelmann, AcP 179 (1979), 24 f.; Mummenhoff, Gründungssysteme und Rechtsfähigkeit, 199, 14 ff. Vgl. bereits Schmidt, ZGR 1975, 477–486, 482 zu einem vergleichbaren Ansatz von Sack, ZGR 1974, 179. Auch der „Mauracher Entwurf“ (Rz. 11) meidet (für den nicht eingetragenen und nicht konzessionierten Verein) eine Verknüpfung von wirtschaftlichem Hauptzweck und obligatorischer Handelsregistereintragung. OLG Frankfurt v. 24.1.2017 – 20 W 290/14 –, juris; OLG Köln v. 24.5.2016 – 2 Wx 78/ 16 –, juris; Oehlrich, SpuRt 2020, 237–241, 237. BGH v. 3.6.2020 – XIII ZR 22/19. BGH v. 16.5.2017 – II ZB 7/16, BGHZ 215, 69–81 = MDR 2017, 709 = NotBZ 2017, 309; BGH v. 16.5.2017 – II ZB 6/16, npoR 2018, 21–25; BGH v. 16.5.2017 – II ZB 9/16, MittBayNot 2018, 58.
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2. Idealverein und wirtschaftlicher Verein (§§ 21, 22 BGB) | Rz. 80 V.
zweck darauf gerichtet ist, dass der Verein in einer Weise mit seinem Geschäftsbetrieb unternehmerisch1 am Markt bzw. im Rechtsverkehr tätig wird, die genau diesen Schutz angezeigt sein lässt.2 Geschäftsbetrieb ist eine planmäßige, auf Dauer angelegte und nach außen gerichtete eigenunternehmerische Tätigkeit des Vereins. Keinen Geschäftsbetrieb begründet somit die Tätigkeit im vereinsinternen Bereich, mithin die Vereinstätigkeit, die sich auf die (innere) Verwaltung des Vereins beschränkt. Kein Verein kann ohne sie bestehen: Einziehung der Vereinsbeiträge, Bezahlung von Dienstleistern, Verwaltung des Vereinsvermögens (so z.B. auch die Miete für Vereinsräume, Anschaffungen und Aufwendungen zur Erhaltung des Vereinsvermögens3), bei größeren Vereinen z.B. auch die Anstellung von Vereinsangestellten.
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Unterhält der Verein keinen eigenen Geschäftsbetrieb, so ist er als Idealverein eintragungsfähig. Unschädlich ist dabei, wenn er mittelbar wirtschaftliche Ziele verfolgt wie etwa die Förderung beruflicher Belange der Mitglieder.
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Beispiel: Ein Verein „Gütegemeinschaft“ stellt öffentlich zugängliche Gütebedingungen und Gütezeichen auf und überwacht deren Erfüllung. Er unterhält keinen eigenen Geschäftsbetrieb. Er strebt – mittelbar – die Gütesicherung wirtschaftlicher Erzeugnisse und Leistungen an. Der Verein ist Idealverein.4
Ist danach ein relevanter Geschäftsbetrieb festgestellt, kommt es nach dem bis zu den Kita-Entscheidungen herrschenden Verständnis in Rechtsprechung5 und Literatur auf eine auf Karsten Schmidt6 zurückgeführte Typenabgrenzung7 an. Im Fall dreier Grunderscheinungsformen ist nach dieser teleologisch-typologischen Theorie – widerleglich im Rahmen eines „Nebenzweckprivilegs“ – davon auszugehen, dass der wirtschaftliche Geschäftsbetreib den Zweck des Vereins bildet. Die Grundtypen bilden eine mit wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb ausgeführte Vereinstätigkeiten, die Dazu BayObLG München v. 6.8.1985 – BReg 2 Z 116/84 – BayObLGZ 1985, 283–285. BGH v. 29.9.1982 – I ZR 88/80 – juris Rz. 17 – BGHZ 85, 84–100 = MDR 1983, 193. BayObLG v. 17.4.1978 – BReg. 2 Z 38/77, BayObLGZ 1978, 87 (92). Vgl. etwa BGH v. 3.11.1994 – I ZR 122/92, MDR 1995, 278; OLG Düsseldorf v. 14.12. – VII-Verg 20/16, NZBau 2017, 498. 5 Etwa Schl.-Holst. OLG v. 18.4.2012 – 2 W 28/12, Rpfleger 2012, 693; BayObLG München v. 8.4.1998 – 3Z BR 302/97, NJW-RR 1999, 765; OLG Düsseldorf v. 10.12.1997 – 3 Wx 488/97, NJW-RR 1998, 683. 6 K. Schmidt, Rpfleger 1972, 343 (345, 347) und 1988, 45 (46, 48, 51); AcP 182, 1–59 je m.w.N. 7 Konsequente Umsetzung in KG v. 11.4.2016 – 22 W 40/15 –, juris; KG v. 16.2.2016 – 22 W 71/15, MDR 2016, 403 –, juris; KG v. 16.2.2016 – 22 W 71/15, MDR 2016, 403 –, juris; KG v. 7.3.2012 – 25 W 95/11 –, juris; KG v. 18.1.2011 – 25 W 14/10 –, juris. Umfassende Vorstellung der Berliner Kita-Rechtsprechung von Sdorra, npoR 2017, 45. Zustimmend Gubitz/Hildebrand, NZG 2017, 495–499; Kögel, EuGH v. 17.12.2015 – C-300/14, ECLI:EU: C:2015:825, Rpfleger 2016, 427; Winheller, npoR 2017, 59–61 heftige Kritik etwa bei Cranshaw, jurisPR-HaGesR 8/2017, Anm. 2; Fischer, jurisPR-SteuerR 34/2017, Anm. 1; Schauhoff/Kirchhain, ZIP 2016, 1857–1866.
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V. Rz. 80 | Der Zweck des Vereins
(1) zum Abschluss von Rechtsgeschäften mit Dritten führen1 (unternehmerisch tätiger Verein, der am Markt eine anbietende oder – über den Eigenbedarf hinaus – nachfragende2 Tätigkeit entfaltet). (2) Oder die zum Abschluss von Rechtsgeschäften mit Mitgliedern führen („innerer Markt“3 mit plan- und regelmäßigem Austausch von Waren oder Dienstleistungen gegen Entgelt, das auch als „Mitgliedsbeitrag“ verbrämt sein kann).4 Es reicht nicht, wenn der Verein seinen Mitgliedern „mitgliederschaftstypische“ geldwerte Leistungen erbringt.5 Unschädlich für den rein ideellen Zweck eines Tennisvereins ist also, dass man Tennisplätze auch mieten kann (weitere Bsp. unten Rz. 105).6 Als Abgrenzungskriterium wird herangezogen, ob der Verein die Leistungen dem Mitglied letztlich anonym wie einem fremden Kunden anbietet.7 Beim sehr großen Verein ohne effektives Mitspracherecht des Mitglieds kann dieses Schwelle faktisch überschritten sein (Rz. 94–98). Die Mitgliedschaft und nicht eine kundenähnliche Beziehung steht im Vordergrund, wenn von dem Verein angebotene und am Markt typischerweise kostenpflichtige Fortbildungen in wechselnden Vorträgen und im fachlichen Austausch der Mitglieder untereinander bestehen.8 Religiöse Leistungen können grundsätzlich Gegenstand eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs sein.9 Als mitgliederschaftstypische und damit nicht wirt-
1 Zur Abgrenzung s. auch § 14 S. 1 AO und die für das Steuerrecht geltenden Anhaltspunkte, auf die Großteils zurückgegriffen werden kann. 2 Beuthien, Rpfleger 2016, 65, 67. 3 K. Schmidt, Rpfleger 1972, 343 (345, 347) und 1988, 45 (46, 48, 51); aus der Rechtsprechung z.B. KG v. 6.1.2015 – 1 W 252/14, KG v. 6.1.2015 – 1 W 250-252/14, NotBZ 2015, 263 mit Anm. Waldner = ZIP 2015, 168 (Versicherungsleistungen durch kommunalen Schadensausgleich); Schl.-Holst. OLG v. 4.1.2001 – 2 W 130/00, NJW-RR 2001, 1478; LG Gießen v. 23.8.1999 – 7 T 207/99, Rpfleger 2000, 24 und LG Saarbrücken v. 24.8.1999 – 5 T 440/99, Rpfleger 2000, 25. 4 Beuthien, npoR 2017, 137–139 Fn. 6: Es nützt nichts, ein mehr als kostendeckendes Entgelt als (überhöhten) Beitrag zu bezeichnen. 5 BVerwG v. 6.11.1997 – 1 C 18/95, NJW 1998, 1166. 6 Schmidt, NJW 1998, 1124 (1125). 7 Krit. dazu Leuschner, ZIP 2015, 356, 362. 8 OLG Frankfurt v. 21.3.2017 – 20 W 350/15, juris Rz. 37. 9 Guber, NVwZ 1990, 40 (42). Für eine Religionsgesellschaft gewährt die religiöse Vereinigungsfreiheit keinen Anspruch, sich mit wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb unter Verstoß gegen § 21 BGB als eingetragener Verein zu organisieren. Die rechtliche Existenz des religiösen Vereins mit wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb gewährleistet § 22 BGB. Zu der (umstrittenen) Frage, ob dann, wenn die Religionsgemeinschaft Einnahmen von Mitgliedern und Dritten erzielt, ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vorliegt, s. v. Campenhausen, Staatskirchenrechtliche Grundsatzfragen im Vereinsrecht, Rpfleger 1989, 349; v. Campenhausen, Religiöse Wirtschaftsbetriebe als Idealvereine?, NJW 1990, 887 und 2670; Kopp, Religionsgesellschaften als wirtschaftliche Vereine i.S.v. § 22 BGB?, NJW 1989, 2497 und 1990, 2669; Schad, Rpfleger 1998, 185 (191) und NJW 1998, 2411 (2412); K. Schmidt, Eintragung „religiöser Wirtschaftsvereine“?, NJW 1988, 2574. Zum Vereinsverbot bei religiös verbrämter Radikalisierung gegen die verfassungsmäßige Ordnung und Prinzipien der Völkerverständigung BVerwG v. 14.5.2014 – 6 A 3/13, NVwZ 2014, 1573 mit Anm. Huber.
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2. Idealverein und wirtschaftlicher Verein (§§ 21, 22 BGB) | Rz. 80 V.
schaftliche Leistungen sieht die Verwaltungsrechtsprechung1 aber die von einer Untergliederung der „Scientology-Kirche“ in der Rechtsform eines e.V. angebotenen Dienstleistungen wie Seminarteilnahme und Auditing nach den Methoden ihres Gründers Hubbard. Diese Angebote seien in ihrem Wert für die Empfänger untrennbar mit der gemeinsamen Überzeugung der Mitglieder verbunden, zu deren Verfolgung sie sich im Verein zusammengefunden haben. Entsprechende Angebote dritter Anbieter seien nicht zu vergleichen, weil diese nicht die „seelsorgerische Beratung und Begleitung von Einzelpersonen auf ihrem scientologischen Heilsweg“ leisteten, wie sie der fragliche Verein für sich in Anspruch nimmt.2 Der Typus unternehmerischer Tätigkeit auf einem „Binnenmarkt“ wird angenommen, wenn der Verein seinen Mitgliedern gegenüber nicht anders auftritt, als es auch am Markt gegenüber Dritten üblich ist.3 Ein Kriterium ist, ob das Mitglied wie ein anonymer Kunde dem Verein gegenübersteht, oder ob es bei überschaubarer Mitgliederzahl noch tatsächlich Einfluss auf die Geschicke des Vereins nehmen kann.4 Typische Beispiele wirtschaftlicher Vereine nach dieser Fallgruppe sind Buchgemeinschaften. Auf ein Gewinnstreben kommt es nicht an.5 In Frage kommt auch die Vermarktung ideeller Güter.6 Die wirtschaftliche Betätigung wurde z.B. bejaht bei Bereitstellung von Internet-Anschlüssen gegen einen Mitgliedsbeitrag7 und bei einem Kapitalanlageverein.8 Für Versicherungsvereine gilt allein § 15 VAG: Sie werden – als „großer“ Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (VVaG) – im Handelsregister (§ 32 VAG) oder – als „kleiner“ VVaG (§ 53 VAG) – nicht eingetragen und entstehen mit Erlaubnis der Aufsichtsbehörde. Ein Lohnsteuerhilfeverein wurde dagegen vom BGH als nichtwirtschaftlich anerkannt.9 Durch das Angebot von Tagesmitgliedschaften, die gegen einen Einmalbeitrag eintägigen Zugang zu einer bestimmten Vereinsleistung bieten, im Übrigen aber von jedem Mitwirkungsrecht im Verein ausgeschlossen sind, wird in Wahrheit keine Mitgliedschaft, sondern eine reine Kundenbeziehung begründet (die als Nebenzweck durchaus zulässig sein kann).10
1 VGH Mannheim v. 12.12.2003 – 1 S 1972/00, GewArch 2004, 191 mit zust. Anm. Segna, NVwZ 2004, 1446; VGH Bay. München v. 2.11.2005 – 4 B 99.2582, NVwZ-RR 2006, 297. 2 VGH Mannheim v. 12.12.2003 – 1 S 1972/00, GewArch 2004, 191. 3 BVerwG v. 6.11.1997 – 1 C 18/95, NJW 1998, 1166. 4 LG Gießen v. 23.8.1999 – 7 T 207/99, Rpfleger 2000, 24; ähnlich Schmidt, Rpfleger 1988, 45, 48. 5 BayObLG München v. 6.8.1985 – BReg 2 Z 116/84, BayObLG v. 6.8.1985 – BReg 2 Z 116/ 84, BayObLGZ 1985, 283; LG Hamburg v. 7.10.1985 – 71 T 39/85, NJW-RR 1986, 417. 6 OLG Düsseldorf v. 12.8.1983 – 3 W 268/82, MDR 1984, 50 = NJW 1983, 2574. 7 AG Passau v. 30.4.1999 – VR 1720, Rpfleger 1999, 401; dagegen Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 50. 8 OLG Celle v. 5.8.1999 – 20 W 14/99, OLGR Celle 2000, 29. 9 BGH v. 23.1.1976 – I ZR 95/75, LM Nr. 29 zu § 13 UWG; str.; vgl. Hadding in Soergel, §§ 21–22 Rz. 29. 10 Anders OLG Stuttgart v. 16.7.2018 – 8 W 428/15, NZG 2018, 1264 mit zust. Anm. Röcken, MDR 2019, 1105, 1107.
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(3) Oder durch Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft der Mitglieder genossenschaftliche Zwecke1 (§ 1 GenG) verfolgen (kooperativer Träger ausgelagerter unternehmerischer Tätigkeitsfelder der Mitglieder). Hierbei reicht es, wenn dem Verein nur Teile der unternehmerischen Funktionen von Mitgliedsunternehmen obliegen sollen:2 Das gilt insbesondere für eine Vereinigung, deren Zweck es ist, mit einem kaufmännisch organisierten Betrieb Hilfsgeschäfte für die gewerblichen Unternehmungen der Mitglieder auszuführen. 81
„Wirtschaftlich“ ist der Geschäftsbetrieb3, wenn die Vereinstätigkeit auf Verschaffung von wirtschaftlichen Vorteilen irgendwelcher Art für den Verein oder seine Mitglieder gerichtet ist. Ein wirtschaftlicher Vorteil kann bereits in der Verbesserung des Kostendeckungsgrads liegen, auch wenn der Geschäftsbetrieb defizitär bleibt. Die Erzielung von Gewinn ist im herkömmlichen Verständnis keine Voraussetzung der Einordnung des Vereins als „wirtschaftlich“.4 In der Kita-Rechtsprechung des BGH bleibt die Frage ausdrücklich offen.5 Problematisch an diesem Kriterium wäre, auf welche Zeitabschnitte der tatsächliche Gewinn zu errechnen ist und welche Reserven der Verein bilden darf.6 Nicht unproblematisch ist insofern der Trend, freiwillige kommunale Leistungen (wie z.B. den Betrieb von öffentlichen Bädern)7 angesichts der Finanznot der Gemeinden und Landkreise auch auf Idealvereine auszulagern. Sie arbeiten in der Regel ohne Subvention nicht kostendeckend, aber doch wirtschaftlich. Insoweit half bislang das „Nebenzweckprivileg“ (unten Rz. 94–98). Nach der neueren BGHRechtsprechung dürfte in diesen Fällen der auf eine Daseinsvorsorge ausgerichtete ideelle Vereinszweck dominieren. Der wirtschaftliche Vorteil muss nicht dem Verein selbst entstehen. Es kann gerade auch ein wirtschaftlicher Vorteil nur der Vereinsmitglieder sein, der eine Vereinstätigkeit zu einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb macht (insbesondere Typus 3). Wenn der Verein bei unternehmerischen Hilfsgeschäften anstelle der Mitglieder dauernd und planmäßig in rechtsgeschäftlich verbindlicher Weise am Rechtsverkehr mit Dritten teilnehmen soll, kommt es auf die Entgeltlichkeit der Rechtsgeschäfte für den Ver-
1 Zum Reformbedarf Beuthien npoR 2016, 197. 2 BVerwG 58, 26. 3 S. hierzu BGH v. 29.9.1982 – I ZR 88/80, BGHZ 85, 84 = MDR 1983, 193 (90); BayObLG 1978, 87 (91) je m.w.N.; OLG Celle NdsRpfl 1995, 164 = OLG Celle v. 5.5.1995 – 20 W 4/ 95, NJW-RR 1996, 1502; KG v. 17.7.1992 – 1 W 6555/90, MDR 1993, 79 = FamRZ 1993, 443 = OLGZ 1993, 30 (34) = Rpfleger 1993, 96. 4 Schl.-Holst. OLG v. 18.4.2012 – 2 W 28/12, Rpfleger 2012, 693; OLG Jena v. 30.10.2012 – 9 W 415/12, juris; KG v. 18.1.2011 – 25 W 14/10, DNotZ 2011, 632; OLG Frankfurt v. 22.5.2006 – 20 W 542/05, NJW-RR 2006, 1698. Tendentiell anders aber OLG München v. 28.5.2013 – 31 Wx 136/13, MDR 2013, 857. 5 Dafür Beuthien, WM 2017, 645, 648; Terner, RNotZ 2017, 508–514, 511. Prozessual war aber wohl gerade nichts dazu festgestellt, ob der Verein (nur) kostendeckend arbeitete, Woestmann, npoR 2018, 195–203, 197. 6 Vgl. bereits RG v. 30.10.1913 – IV B.3/13 RGZ 231–237, 235; Schockenhoff, NZG 2017, 931 – 941, 936. 7 In steuerlicher Hinsicht droht den betreibenden Sportvereinen Verlust ihrer Gemeinnützigkeit, Haumann, NVwZ 2003, 1329.
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2. Idealverein und wirtschaftlicher Verein (§§ 21, 22 BGB) | Rz. 83 V.
ein nicht an.1 Eine geschäftliche Tätigkeit kann der Verein im Bereich der Produktion oder des Handels, ebenso durch Dienstleistung verwirklichen. Die geschäftliche Betätigung kann mithin auf Erzeugung oder Umsatz von Gütern gerichtet sein; ebenso erfüllt aber eine Vermittlungstätigkeit, wie sie auch sonst auf den verschiedenen Gebieten des gewerblichen Lebens als Geschäft betrieben wird, das Erfordernis eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs. Der wirtschaftliche Vorteil kann auch in der Verhütung von Vermögensschädigungen oder der Verbilligung des Bezugs oder Verbrauchs bestehen. Dass Personen, die für den Verein die unternehmerische Leistung ausführen, kein Entgelt für ihre Tätigkeiten erhalten, hat für die Rechtsform keine Bedeutung.2 Im Ausgangspunkt finden sich die genannten drei Typen bereits in ersten Erläuterungsbüchern zum BGB. So wurde etwa von einem wirtschaftlichen Verein gesprochen, wenn dieser:
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(1) direkt durch Anschaffung und Weiterveräußerung von Waren Vermögensvorteile erreicht, (2) den Mitgliedern Gelegenheit zum Ankauf oder Absatz von Waren bietet oder (3) sonst ihre vermögensrechtliche Stellung zu bessern bestrebt ist.3 Auffällig ist dabei: Nach dieser frühen Meinung war in allen drei Typen weitere Voraussetzung die Absicht einer Gewinnerzielung – und zwar entweder auf Seiten des Vereins oder auch unmittelbar der Mitglieder.4 Dieser Gesichtspunkt wurde auch im Vorfeld der Kita-Entscheidungen wieder diskutiert.5 Als weitere eigene Typen kommen in Betracht:
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– der Holdingverein6, der eine wirtschaftliche Haupttätigkeit nicht in Eigenbetrieben, sondern in verselbständigten Beteiligungsgesellschaften verfolgt (nach richtiger Ansicht bei ideellem Zweck unschädlich, dazu unten Rz. 101–104 ff.), sowie
1 BGHZ 45, 395 = NJW 1966, 2007, auch BGH v. 29.9.1982 – I ZR 88/80, BGHZ 85, 84 = MDR 1983, 193 (90); BVerwG v. 6.11.1997 – 1 C 18/95, NJW 1998, 1166; OLG Celle NdsRpfl 1995, 164; OLG Celle v. 5.5.1995 – 20 W 4/95, NJW-RR 1996, 1502; s. dazu auch OLG Hamm v. 20.1.2000 – 15 W 446/99, MDR 2000, 841 = NJW-RR 2000, 698 (699) = Rpfleger 2000, 277 (278). 2 BGH v. 16.5.2017 – II ZB 7/16 –, BGHZ 215, 69–81 = MDR 2017, 709 = NotBZ 2017, 309, juris-Rz. 20. 3 Joachim v. Bülow, Das Vereinsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs. 1902 (undatierter Nachdruck), S. 77. 4 RG v. 30.10.1913 – IV B.3/13 RGZ 231–237, 235; Joachim v. Bülow, Das Vereinsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs. 1902 (undatierter Nachdruck), S. 77. 5 De lege lata Beuthien, Rpfleger 2016, 65, 76 ff.; Beuthien, WM 2017, 645–649 und als Reformvorschlag mit Fokus auf ein Ausschüttungsverbot Leuschner, npoR 2016, 98–104, 102 f. Vgl. auch § 1 Abs. 2 Satz 1 des Österreichischen Vereinsgesetzes. 6 Reuter in MünchKomm/BGB, 6. Aufl., §§ 21–22 Rz. 37–39.
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V. Rz. 83 | Der Zweck des Vereins
– der nunmehr vom BGH1 als wirtschaftlich bestätigte Vermögensverwaltungsverein2, dessen wesentlicher Zweck in der Verwaltung eines Vermögens im Sinne seiner Mitglieder besteht und der eine Ausschüttung an sie erlaubt.3 Soweit man – wie der BGH in der Kita-Rechtsprechung andeutet – den ideellen Zweck nicht nur negativ (im Gegenschluss, Wortlaut des § 21 BGB) sondern auch positiv feststellen will, muss es hier nicht einmal auf die Ausschüttung ankommen. 84
Ist der Verein nach seinem – nach Satzungszweck und tatsächlicher Betätigung4 bestimmten – Erscheinungsbild in keinen der Grundtypen einzuordnen, kann von einem Idealverein ausgegangen werden.5 Entscheidend sind in diesem Verständnis die Ergebnisse objektiver Wertung, nicht die bloßen Absichten der Gründer.6
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Schon der Wortlaut des Gesetzes zeigt, dass es für die Vereinsklassenabgrenzung nicht allein auf eine wirtschaftliche Tätigkeit des Vereins ankommt. Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb muss gerade Zweck eines Vereins sein, der von § 21 BGB ausgeschlossen wird. Die Kita-Rechtsprechung greift diesen Aspekt auf und führt ihn über das dazu bisher angenommene „Nebenzweckprivileg“ hinaus.
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Eine teilweise Rückkehr zur subjektiven Methode erfolgte nämlich seit je durch die Hintertür7 des sog. Nebentätigkeits-, richtiger: Nebenzweckprivilegs.8 Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb ist unschädlich, wenn er nur als Nebenzweck verfolgt wird. Davon kann stets ausgegangen werden, wenn es sich innerhalb der Vereinsaktivitäten nur um eine Nebentätigkeit handelt. Das Nebenzweckprivileg geht aber darüber hinaus.9 Entscheiden soll der Hauptzweck des Vereins.10 Es unterliegt voller ge1 BGH v. 11.9.2018 – II ZB 11/17, MDR 2018, 1448 = WM 2018, 2125–2127, dazu Leuschner, NotBZ 2019, 31–33. 2 Eigener Typus: Reuter in MünchKomm/BGB, 6. Aufl., §§ 21–22 Rz. 40–42. 3 Ausdrücklich anders Leuschner in MünchKomm/BGB, §§ 21–22 Rz. 57: Bei ausschließlicher Verwaltung des eigenen Vermögens fehlt es schon am Merkmal des Geschäftsbetriebs (zu eng, sobald der Verein als Anleger unternehmerisch nach außen agiert: als Vermieter, Anteilseigner einer Erwerbsgesellschaft …). 4 Die tatsächlichen Gegebenheiten überwiegen dabei gegenüber dem geschriebenen Satzungstext, AG Lemgo v. 16.8.2012 – 6 AR 77/12; OLG Düsseldorf v. 24.1.1996 – 3 Wx 484/95; KG v. 18.1.2011 – 25 W 14/10 – DNotZ 2011, 632; KG v. 3.6.2016 – 22 W 122/15, MDR 2016, 1099; Kögel, EuGH v. 17.12.2015 – C-300/14, ECLI:EU:C:2015:825, Rpfleger 2016, 427. 5 Wagner in Reichert, Handbuch Vereins- und Verbandsrecht, Kap. 2/Rz. 131. 6 OLG Hamm v. 4.8.1992 – 15 W 202/92 – OLGZ 1993, 24–29. 7 Krit. zu dieser Entwicklung z.B. Terner, Rpfleger 2004, 537. 8 BGH v. 29.9.1982 – I ZR 88/80, MDR 1983, 193 = NJW 1983, 569 = BSG v. 25.8.1982 – 12 RK 38/81, VersR 1983, 55; BGHZ 45, 395 (397 f.); BGH v. 4.6.1986 – I ZR 29/85, MDR 1987, 26 = NJW 1986, 3201; RG 133, 170 (174, 175); OLG Hamm v. 18.2.2003 – 15 W 427/02, Rpfleger 2003, 370; Schl.-Holst. OLG v. 4.1.2001 – 2 W 130/00, NJW-RR 2001, 1478; LG Hamburg v. 7.10.1985 – 71 T 39/85, NJW-RR 1986, 417. 9 Das galt schon immer, in der Kita-Rechtsprechung erlangt dieser Aspekt jetzt aber erhöhte Bedeutung. 10 OLG Düsseldorf v. 11.12.1978 – 3 W 209/78, Rpfleger 1979, 259; LG Bielefeld v. 31.10.2000 – 25 T 24/00, NJW-RR 2001, 1259 = Rpfleger 2001, 138.
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2. Idealverein und wirtschaftlicher Verein (§§ 21, 22 BGB) | Rz. 88 V.
richtlicher Nachprüfung, was Hauptzweck des Vereins ist. Ein Verein hat keine wirtschaftliche Zielsetzung, wenn sein Zweck auf die ideelle Förderung der Mitglieder gerichtet ist und ihnen nebenbei auch materielle Vorteile bietet1; aber auch, wenn das ihm als Idealverein gesetzte Hauptziel durch einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb lediglich gefördert oder unterstützt wird.2 Auch wenn der Verein einen (eigenen, rechtlich nicht verselbständigten, zu dem anderen Fall unten Rz. 101–104 ff.) wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb führt, kann er daher nichtwirtschaftlicher Verein sein, wenn er die unternehmerische Tätigkeit zur Erreichung seiner ideellen Zielsetzung entfaltet und das unternehmerische Handeln dem nicht wirtschaftlichen Hauptzweck zu- und untergeordnet und Hilfsmittel zu dessen Erreichung ist.3 Im Zweifel kann das Gericht dem Verein auferlegen, diesen Ausnahmefall überzeugend darzulegen.4 Auf das Verhältnis der Umsätze aus wirtschaftlicher und nichtwirtschaftlicher Tätigkeit kommt es nicht an.5 Die Ausübung des Privilegs darf nicht zur Gläubigergefährdung führen.6 Soweit der Idealverein innerhalb des Nebenzweckprivilegs wirtschaftlich tätig ist, kann er auch wettbewerbsrechtliche Ansprüche gelten machen.7 Der Verein kann mit dem Nebenzweckbetrieb gem. § 33 Abs. 1 HGB in das Handelsregister einzutragen sein.8 Beispiele für das „Nebenzweckprivileg“: – Gastronomischer Betrieb innerhalb eines Sportvereins9 – Publikationsmedien und Veröffentlichungen zur Verwirklichung idealer Ziele10 – Buchhandlung einer Stadtmission – Hüttenbetrieb des Alpenvereins – Kantinengaststätte eines Vereins – Reisebüro eines Kulturvereins – Saat- und Düngemittelvertrieb durch Kleingartenverein – Wirtschaftsbetrieb einer Gartenkolonie.
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Ein – dem ideellen Ziel sozusagen gleichberechtigt zur Seite gestellter – wirtschaftlicher „Zusatzzweck“ muss im bisherigen Verständnis der Eintragung entgegenstehen.11 Der als Nebenzweck betriebene Geschäftsbetrieb muss bei einem eingetragenen Verein vielmehr dem ideellen Hauptzweck dienen.12 Ist er für diesen nutzlos, kann er
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1 RG 133, 177; s. auch RG 154, 354. 2 Zum Privileg des Nebenzwecks eingehend K. Schmidt, Rpfleger 1972, 343 (350). 3 BGH v. 29.9.1982 – I ZR 88/80, BGHZ 85, 84 = MDR 1983, 193 (93) für Gewährung von Leistungen durch den Idealverein an eine Aktiengesellschaft im Zusammenhang mit der von dieser betriebenen Versicherungstätigkeit; auch RG 83, 232 (237); 133, 170 (176); 154, 343 (354); BGHZ 15, 315 (319). 4 KG v. 23.6.2014 – 12 W 66/12, Rpfleger 2014, 683 (Mitwirkungslast nach § 27 Abs. 1 FamFG). 5 OLG Frankfurt v. 28.10.2010 – 20 W 254/10, SpuRt 2011, 125. 6 K. Schmidt, Rpfleger 1988, 45 (49). 7 Anders LG Neuruppin v. 9.12.2014 – 5 O 199/14, juris. 8 OLG Frankfurt v. 24.1.2017 – 20 W 290/14, npoR 2017, 250. 9 KG OLGZ 1979, 279 (282). 10 BVerwG NJW 1979, 2265. 11 Beuthien, NZG 2015, 449. 12 Steding, NZG 2001, 721 (726).
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V. Rz. 88 | Der Zweck des Vereins
nicht privilegiert sein.1 Die fördernde Funktion darf sich auch nicht ausschließlich auf eine von der sonstigen Vereinstätigkeit isolierte Mittelbeschaffung beschränken.2 Genügen soll es aber schon, wenn satzungsmäßig der übergeordnete Zweck eines Dachverbandes gefördert wird.3 Teilweise wurde nur eine enge quantitative Interpretation zugelassen.4 Zahlenkriterien lassen sich abstrakt aber kaum bilden,5 auch nicht aus einer Ein- und Ausgabenkalkulation für die jeweiligen Tätigkeitsfelder.6 Der Betrieb gleich mehrerer Einrichtungen spreche für wirtschaftliche Tätigkeit.7 Das gewerbliche Angebot von Marktforschungsergebnissen durch einen im Hauptzweck wissenschaftlich tätigen Verein wurde vom BGH als nicht mehr vom Nebenzweckprivileg gedeckt angesehen.8 Das Nebenzweckprivileg wurde nicht schon deshalb gewährt, weil ein Filmvorführverein die öffentlich gegen Entgelt gezeigten Filme im Mitgliederkreis vor- und nachbespricht.9 Gelangte man zu der Feststellung, dass die reale Tätigkeit eines Vereins wesentlich durch seinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb geprägt ist, kam das Privileg vor der Kita-Rechtsprechung nicht mehr in Betracht, mochte auch die Satzung ausschließlich ideelle Zwecke enthalten.10 d) „Finalität“ statt „Nebenzweckprivileg“ 89
Vorrangig zu dem letzten Aspekt positioniert sich der BGH nunmehr deutlich anders. Ein nicht wirtschaftlicher Verein von lediglich elf Personen kann – soweit ersichtlich als einzige Vereinsaktivität – neun Kindertagesstätten mit Gruppen von je 16 bis 32 Kindern betreiben. Der BGH sieht dies als vom „so genannten Nebenzweckprivileg“11 gedeckte wirtschaftliche Betätigung eines aufgrund seines satzungsmäßigen Hauptzwecks – „theoretische und praktische Arbeit auf dem Gebiet der Erziehung 1 Knauth, JZ 1978, 339 (341). 2 OLG Düsseldorf v. 10.12.1997 – 3 Wx 488/97, NJW-RR 1998, 683; OLG Jena v. 30.10.2012 – 9 W 415/12, juris. Beuthien, NZG 2015, 449 (452) stellt überzeugend dar, dass man ohne funktionale Mindestanbindung der Nebenerwerbswirtschaft an den ideellen Vereinszweck quantitative Kriterien einführen müsste, was letztlich nicht zu leisten ist. 3 OLG Hamm v. 18.2.2003 – 15 W 427/02, NJW-RR 2003, 898: Reisedienst des Kolpingwerkes. Krit. dazu Terner, Rpfleger 2004, 537 (542). 4 Heckelmann, AcP 179, 1–56, 39 f. Der VGH Mannheim v. 12.12.2003 – 1 S 1972/00 – GewArch 2004, 191–197 hielte es für unbedenklich, wenn eine Untergliederung der „Scientology Kirche“ als e.V. 25 % ihrer Einnahmen aus dem Geschäft mit Nichtmitgliedern erzielen würde (unbestritten festgestellt waren 10 %). Zu bedenken sei insoweit, dass mit dem Angebot immer auch um neue Mitglieder geworben und dadurch der Vereinszweck befördert werde. 5 Hadding in Soergel, §§ 21–22 Rz. 35 f. 6 So aber Knauth, JZ 1978, 339–344, 342 ff. 7 KG v. 16.2.2016 – 22 W 71/15, MDR 2016, 403; aufgehoben mit BGH v. 16.5.2017 – II ZB 7/16, MDR 2017, 709 = NotBZ 2017, 309. 8 BGH v. 4.6.1986 – I ZR 29/85, MDR 1987, 26 = NJW 1986, 3201–3202 (Fernsehzuschauerforschung). 9 KG v. 20.1.2011 – 25 W 35/10. 10 Kögel, EuGH v. 17.12.2015 – C-300/14, ECLI:EU:C:2015:825, Rpfleger 2016, 427; Wachter, GmbHR 2016, R17. Anders zum Verhältnis von Haupt- und Nebenzweck wohl Schauhoff/Kirchhain, ZIP 2016, 1857. 11 Zur Begrifflichkeit an dieser Stelle Woestmann, npoR 2018, 195–203, 196.
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2. Idealverein und wirtschaftlicher Verein (§§ 21, 22 BGB) | Rz. 90 V.
und Jugendberatung“ – idealen Vereins. Der Umfang der Geschäftstätigkeit der vom beteiligten Verein betriebenen Kindertagesstätten stehe nicht entgegen, da ihm keine Aussagekraft zukomme, ob der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb einem ideellen Zweck zu- bzw. untergeordnet sei. Die Kita-Vereine sind steuerlich als gemeinnützig anerkannt. Die tatsächlichen Umstände, die für die Anerkennung als gemeinnützig i.S.d. §§ 51 ff. AO von Bedeutung sind, sind nach Auffassung des BGH auch in die Prüfung der Voraussetzungen des § 21 BGB einzubeziehen. Dabei sei mit zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber mit den §§ 51 ff. AO zum Ausdruck gebracht hat, dass ein besonderes gesellschaftliches Interesse an der Verwirklichung der dort genannten Aufgaben besteht, um die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Nach all dem steht für den BGH der ideelle Vereinszweck des Beteiligten laut seiner Satzung, den er mittels des Betriebs seiner Kindertagesstätten verwirklicht, im Vordergrund. Ausweislich der Anerkennung als gemeinnützig ist der Verein selbstlos tätig und die Vereinsmittel sind ausschließlich und unmittelbar für gemeinnützige Zwecke einzusetzen. Die wirtschaftliche Betätigung ist danach nicht Haupt- bzw. Selbstzweck, sondern dem ideellen Hauptzweck zugeordnet. Letztlich soll wirtschaftliche Tätigkeit jeder Größenordnung1 dem nicht wirtschaftlichen Vereinscharakter nicht schaden, wenn sie nur dem ideellen Zweck dient. Der BGH lässt damit Tätigkeiten unter dem Stichwort des „so genannten Nebenzweckprivilegs“ auch dann zu, wenn der ideeller Zweck vollständig und nicht etwa nur teilweise2 mit wirtschaftlichen Mitteln verfolgt wird. Ein Kindergarten-Trägerverein kann auch bei umfangreichem Geschäftsbetrieb und in unmittelbarer Konkurrenz zu Wirtschaftsunternehmen ein nicht wirtschaftlicher Verein sein, ohne irgendwelche über den Betrieb des Kindergartens hinausgehenden Zwecke zu verfolgen. Die OLG-Entscheidungen zu den Kitas3 waren insofern regelmäßig bemüht, einen erweiterten Vereinszweck zu ermitteln (Erprobung von Pädagogik; Eigeninitiative und Mitgestaltung der Eltern etc.), um (als Nebenzweck privilegierte) wirtschaftliche Tätigkeit und (hauptsächliche) Vereinstätigkeit abgrenzen zu können.4 Es bleibt aber dabei, dass die Vereinstätigkeit im Ganzen zu betrachten ist.5 Die erweiterte Zulassung von Non-profit-Organisationen als eintragungsfähiger Idealverein kommt gesellschaftspolitischen Erwartungen nahe und kann insofern begrüßt werden. Mit Beuthien6 sollte aber besser nicht mehr vom Nebenzweck, son-
1 Abl. Segna, ZIP 2017, 1881–1889, 1886. 2 Vgl. Schl.-Holst. OLG v. 4.1.2001 – 2 W 130/00, NJW-RR 2001, 1478. 3 So auch noch OLG Hamm v. 7.4.2017 – 27 W 24/17 – NZG 2017, 625–627. Früher Schl.Holst. OLG v. 18.9.2012 – 2 W 152/11 – ZStV 2013, 142 mit zust. Anm. Werner; OLG Stuttgart v. 3.12.2014 – 8 W 447/14 mit zust. Anm. Fischer, jurisPR-SteuerR 20/2015 Anm. 1. In diese Richtung auch Bdb. OLG v. 23.6.2015 – 7 W 23/15 – NZG 2015, 922–924 mit abl. Anm. Reuter, npoR 2015, 200–203. 4 In wenigstens einem der Kita-Fälle hätte sich ein Eingehen darauf dem BGH nach dem Tatbestand durchaus angeboten, vgl. Fischer, jurisPR-SteuerR 34/2017, Anm. 1. Der BGH wollte ohne Rückverweisung entscheiden und sah sich daher nach der Prozesslage an einer Entscheidung gehindert (so Woestmann, npoR 2018, 195–202, 201). 5 Woestmann, npoR 2018, 195–202, 201: „Fingerzeig an die Instanzgerichte“. 6 Beuthien, WM 2017, 645–688, 646.
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V. Rz. 90 | Der Zweck des Vereins
dern von einem Privileg der Selbstkostenerwirtschaftung des Idealvereins gesprochen werden. Systematisch ist zu unterscheiden: Hauptzweckwirtschaft und Nebenerwerbswirtschaft sind zwei sachlich verschiedene Selbstfinanzierungsmittel mit unterschiedlichen Anforderungen.1 Das Privileg, wenn man es ein solches nennen will, erfasst in den Kita-Fällen mehr als einen Nebenzweck oder Nebentätigkeiten. Denn wenigstens der Verein der Leitentscheidung unternimmt nichts anderes als den Betrieb von Kitas. Er unterhält keinen Nebengeschäftsbetrieb, sondern er erbringt Kinderbetreuungsleistungen in einem „Hauptgeschäftsbetrieb.“2 Das Begriffspaar von „Haupt“- und „Neben“ passt hier nicht.3 Das klassische „Nebenzweckprivileg“ kann insofern nicht greifen.4 91
Die wirtschaftliche Betätigung eines Vereins, für den sich ein ideeller Zweck ausmachen lässt, ist für den BGH selbst dann unbedenklich, wenn sie dessen einzige Aktivität ist. Für den Schutz des Rechtsverkehrs ist unerheblich, ob mittels eines Geschäftsbetriebs mittelbar oder unmittelbar der ideelle Zweck verfolgt wird. Eine zwangsläufige Ausdehnung des Geschäftsbetriebs mit höheren Risiken für den Geschäftsverkehr ist damit nicht verbunden.5 Die wirtschaftliche Aktivität des Vereins muss nur dem (ideellen) Endzweck6 dienen. Man kann hier von Finalität sprechen.7 In der Argumentation des BGH ist ein „Nebenzweckprivileg“ als Vehikel für die entschiedene Konstellation somit in Wahrheit überflüssig.8 Die Unterscheidung von Haupt- und Nebenzweck wirkt gekünstelt.9 Der Betrieb einer Kita ist nicht nur wirtschaftlich zu sehen, sondern dieser Betrieb selbst ist zugleich schon das ideelle Ziel des Vereins. Es handelt sich – auch wenn der BGH das begrifflich anders einordnet10 – um einen „Selbstzweckbetrieb“ – und zwar einen solchen, dessen Selbstzweck als ideell anerkannt werden kann.11 An dieser Stelle und mit einem Verweis auf die Ver-
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Beuthien npoR 2017, 137–139. Treffend Beuthien, npoR 2017, 137–138, 139. Leuschner, NJW 2017, 1919–1924, 1923. Segna, ZIP 2017, 1881–1889, 1886. BGH v. 16.5.2017 – II ZB 7/16, BGHZ 215, 69–81, Rz. 32 = MDR 2017, 709 = NotBZ 2017, 309. Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 4. Aufl. 2018, Rz. 2.35. Leuschner, NJW 2017, 1919–1924, 1923; vgl. auch Segna, ZIP 2017, 1881–1889, 1887; Schöpflin, ZStV 2018, 6–10, 10. Cranshaw, jurisPR-HaGesR 8/2017, Anm. 2; Mock/Mohamed, BGH v. 16.5.2017 – II ZB 7/16, NotBZ 2017, 309 = MDR 2017, 709 = DStR 2017, 1277–1281, 1281; Winheller/Vielwerth, DStR 2018, 574–579. Explizit anders (Anwendung des Nebenzweckprivilegs) Komanek/Schröter, EWiR 2019, 37–38. Frey, NJ 2017, 288–292, 292; Otto, NotBZ 2017, 286–293: „Zur zwecklosen Unterscheidung von Haupt- und Nebenzweck…“. BGH v. 16.5.2017 – II ZB 7/16, BGHZ 215, 69–81, Rz. 27 = MDR 2017, 709 = NotBZ 2017, 309. Otto, NotBZ 2017, 286–293, 291. Anders die von Leuschner NJW 2017, 1919 (1924) als Beleg einer Eintragungsschädlichkeit jedes „Selbstzweckbetriebs“ herangezogenen Beispiele.
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2. Idealverein und wirtschaftlicher Verein (§§ 21, 22 BGB) | Rz. 92 V.
einsfreiheit1 verweigert sich der BGH erfreulich deutlich einer durchgehend kommerzialisierten Betrachtung von Recht und Gesellschaft.2 In seiner historischen Auslegung der § 21 BGB, § 22 BGB sieht der BGH hinter die im Gesetzeswortlaut letztlich verwendete negative Abgrenzung und verlangt für § 21 BGB positiv einen ideellen Zweck.3 Mit dem BGH kann also wieder offensiv vom „Idealverein“ gesprochen werden – der Begriff galt zwischenzeitlich als überholt und ist auch problematisch, weil auch ohne Gewinnausschüttung oder unmittelbares Gewinnstreben mancher Interessenverband als eV handfeste wirtschaftliche Interessen verfolgt.4 Als Idealverein kamen für den historischen Gesetzgeber in Betracht „Vereine zu gemeinnützigen, wohlthätigen, geselligen, wissenschaftlichen, künstlerischen oder anderen nicht auf einen wirthschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichteten Zwecken.“5 Es wurde erwogen, dass der Verein dazu berufen ist, „Aufgaben zu lösen, die für den Staat von großer Bedeutung sind, an die er aber nicht selbst und unmittelbar herantreten kann.“6 Dementsprechend sei der eingetragene Verein als sich in einer das „Gemeinwohl unmittelbar berührenden Sphäre“ bewegend angesehen worden.7 Dass der historische Gesetzgeber kaum an die heutigen §§ 51 ff. AO gedacht haben kann,8 gilt als unerheblich, weil die Vereine heute insgesamt vermehrter Finanzmittel bedürfen.9 Der im steuerrechtlichen Verständnis gemeinnützige Verein ist demnach im Verständnis des BGH geradezu der Regelfall eines Idealvereins, der nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist. Damit scheint der BGH in gewisser Weise auch zu einer subjektiven Bestimmung des Vereinszwecks zurückzukehren, „der Zweck heiligt die Mittel“.10 Ganz deutlich wird das aber nicht, die Hinwendung zu subjektiven Merkmalen wirkt eher wie ein rätselhafter Kompromiss.11 Denn die Einordnung wird durch nachprüfbare objektive Kriterien erhärtet.12 Das kann im Interesse des Gläubigerschutzes nicht anders sein. Neben dem in der Satzung niedergelegten Zweck muss nach wie vor einbezogen werden, wie der 1 BGH v. 16.5.2017 – II ZB 7/16, BGHZ 215, 69–81, Rz. 26 = MDR 2017, 709 = NotBZ 2017, 309 bei juris; Schubert, JR 2018, 451–457. 2 Vossius, notar 2017, 284–286, 285. 3 Kritisch Terner, RNotZ 2017, 508–514, 513. 4 vgl. Terner, RNotZ 2008, 94–97, 95; Sauter/Schweyer/Waldner, der eingetragene Verein, Rz. 42a. 5 Mugdan, Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, Bd. I, S. LIX. 6 Mugdan, Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, Bd. I, S. 400. 7 BGH v. 16.5.2017 – II ZB 7/16, BGHZ 215, 69–81, Rz. 24 = MDR 2017, 709 = NotBZ 2017, 309. 8 Segna, ZIP 2017, 1881–1889, 1884; Terner, RNotZ 2017, 508–514, 512. Siehe aber auch den Hinweis von Judis, lt. Tagungsbericht, npoR 2014, 94, 96. 9 Woestmann, npoR 2018, 195–203, 196. 10 Leuschner, NJW 2017, 1919–1924. Segna, ZIP 2017, 1881–1889, 1883; Terner, RNotZ 2017, 508–514, 513. Anders Cranshaw, jurisPR-HaGesR 8/2017, Anm. 2. 11 K. Schmidt, JuS 2017, 776–778, 778. 12 BGH v. 16.5.2017 – II ZB 7/16, BGHZ 215, 69–81, Rz. 25, Rz. 32. = MDR 2017, 709 = NotBZ 2017, 309 Dazu Schöpflin, ZStV 2018, 6–10, 9.
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Verein tatsächlich tätig wird.1 Die Auslegung nach dem Satzungstext bleibt also durch eine Betrachtung der Vereinstätigkeit im Ganzen zu ergänzen.2 93
Auf die Größenordnung der wirtschaftlichen Betätigung kommt es nicht an, so lange sie nur einem ideellen Zweck zu- oder untergeordnet bleibt.3 Grund dafür ist letztlich, dass der Geschäftspartner weiß, worauf er sich einlässt.4 Bei Unterordnung unter den ideellen Zweck ist nunmehr auch die Zulässigkeit des reinen „Mittelbeschaffungsbetriebs“ geklärt. Es bedarf keiner inhaltlich-funktionalen Verknüpfung von wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb und ideellem Zweck.5 Demnach dürfte sich eine Kindertagesstätte als eingetragener Verein auch durch eine industrielle Kleiderproduktion finanzieren.6 Problematisch wird es erst, wenn sich die Mitglieder überhöhte Gehälter zahlen oder sonst (verdeckt)7 Gewinne ausschütten oder über das für den Kita-Betrieb auch längerfristig erforderliche Maß hinaus anhäufen.8 In einer Gesamtbetrachtung darf sich die Organisation nicht umgekehrt als wirtschaftlicher Betrieb mit „angeschlossener Kita“ darstellen.9 e) Verhältnis zur steuerlichen Gemeinnützigkeit
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Zum Verhältnis von Gemeinnützigkeitsrecht und Idealverein – materiell wie verfahrensrechtlich – war der in seinen vereinsrechtlichen Teilen nicht umgesetzte Regierungsentwurf eines „Gesetzes zur Erleichterung unternehmerischer Initiativen aus bürgerschaftlichem Engagement und zum Bürokratieabbau bei Genossenschaften“10 noch kurz vor Bekanntwerden der Kita-Entscheidungen sehr klar: „Das Merkmal der Gemeinnützigkeit eignet sich nicht als Eintragungsvoraussetzung für Vereine, da es nicht verbindlich festgestellt wird, sondern die Finanzämter im Rahmen jedes Besteuerungsverfahrens erneut prüfen, ob die Satzung und die tatsächliche Tätigkeit des Vereins den Anforderungen des Gemeinnützigkeitsrechts entsprechen. Im Übrigen ist das Gemeinnützigkeitsrecht nicht speziell auf Vereine zugeschnitten, sondern gilt für alle Körperschaften, insbesondere auch für Kapitalgesellschaften und Genos1 Wicke in FS 25 Jahre Deutsches Notarinstitut 2018, 603–615, 607; BGH v. 16.5.2017 – II ZB 7/16, BGHZ 215, 69–81, Rz. 19 = MDR 2017, 709 = NotBZ 2017, 309; BVerwG v. 20.3.1979 – I C 13.75 – NJW 1979, 2265–2265; BVerwG v. 6.11.1997 – 1 C 18/95 – BVerwGE 105, 313–322, 317. 2 Plastisch Schockenhoff, NZG 2017, 931 – 941, 933; ebenso Woestmann, npoR 2018, 195– 202, 201:. 3 BGH v. 16.5.2017 – II ZB 7/16, BGHZ 215, 69–81, Rz. 28 = MDR 2017, 709 = NotBZ 2017, 309. 4 BGH v. 16.5.2017 – II ZB 7/16, BGHZ 215, 69–81, Rz. 32 = MDR 2017, 709 = NotBZ 2017, 309. 5 Schockenhoff, NZG 2017, 931–941, 941, 941. 6 Fey, NJ 2017, 288–293, 292. 7 Zu den erschwerten Prüfmöglichkeiten für das Vereinsregister insoweit Leuschner, Verhandlungen des 72. DJT Leipzig 2018, Band II/1, P 92 mit Reformvorschlag. 8 Beuthien, DStR 2019, 1822–1829, 1825. Anders Leuschner, NJW 2019, 1919–1924, 1921. 9 Fey, NJ 2017, 288–293, 292. Für die Gesamtbetrachtung auch Woestmann, npoR 2018, 195–202, 201. 10 BT-Drucks. 18/11506, 19 f.
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senschaften. Gemeinnützige Körperschaften sind nach den steuerrechtlichen Vorschriften nicht daran gehindert, ihre gemeinnützigen Zwecke auch in erheblichem Umfang durch wirtschaftliche Tätigkeit zu verfolgen. Sie können neben dem gemeinnützigen Bereich auch Zweckbetriebe oder wirtschaftliche Geschäftsbetriebe unterhalten, die nicht steuerbegünstigt sind. Ein gemeinnütziger Verein kann dies aber nur insoweit, als das Nebenzweckprivileg dies ermöglicht. Denn die Rechtsform des Idealvereins ist auf wirtschaftliche Tätigkeit, sei es zur Verfolgung eines gemeinnützigen oder eines anderen Zwecks, nicht zugeschnitten.“ Der BGH hingegen zieht nunmehr – im Ergebnis wohl als das objektive Element seiner über die alte subjektive Methode hinausgehenden Sichtweise1 – als maßgebliche Kriterien heran, was insbesondere für die steuerliche Gemeinnützigkeit wichtig ist und von den Finanzämtern überwacht werden kann: Mittel der Körperschaft dürfen nur für die satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden. Die Mitglieder dürfen keine Gewinnanteile und in ihrer Eigenschaft als Mitglieder auch keine sonstigen Zuwendungen aus Mitteln der Körperschaft erhalten. Die Mitglieder dürfen bei ihrem Ausscheiden oder bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft nicht mehr als ihre eingezahlten Kapitalanteile und den gemeinen Wert ihrer geleisteten Sacheinlagen zurückerhalten. Das Interesse des Vereins darf nicht auf die Erzielung eines im Verein verbleibenden Geschäftsgewinns ausgerichtet sein.2 In der Literatur wird dieser Aspekt der Kita-Entscheidungen sehr unterschiedlich bewertet. Teils wird die Erkenntnis einer Konnexität der §§ 51 ff. AO und § 21 BGB als besonders zielführend herausgehoben.3 In der Rechtswirklichkeit würden Idealverein und gemeinnützige Körperschaft ohnehin als sich weithin gegenseitig bedingend angesehen.4 Zurückhaltendere Meinungen sprechen jedenfalls von Verfahrenseffizienz und Rechtssicherheit.5 Andere verwundert der Verweis auf steuerrechtliche Grundsätze.6 Immerhin gilt das Gemeinnützigkeitsrecht als rechtsformneutral.7 Das private Vereinsrecht ist nicht Folgerecht zum Steuerrecht.8 Der BGH setzt denn auch steuerliche Anerkennung als gemeinnützig und Eintragungsfähigkeit eines Vereins nicht
1 Schöpflin, ZStV 2018, 6–10, 10. 2 BGH v. 16.5.2017 – II ZB 7/16, BGHZ 215, 69–81, Rz. 25, Rz. 32 = MDR 2017, 709 = NotBZ 2017, 309. 3 Klinkert, jurisPR-HaGesR 3/2018 Anm. 2; Cranshaw, jurisPR-HaGesR 8/2017, Anm. 2; Zwade in jurisPR-BGHZivilR 13/1017 Anm. 1. 4 Schockenhoff, NZG 2017, 931 – 941, 938; Schauhoff/Kirchhain, ZIP 2016, 1857, 1862. 5 Terner RNotZ 2017, 508–514, 514.; Philipp, Sozialrecht aktuell 2017, 164; Schockenhoff, NZG 2017, 931 – 941, 937; Seulen/Scharf, Der Betrieb 2017, 1575. 6 Beuthien, WM 2017, 645, 646; Beuthien, npoR 2017, 137–139; Büch, EWiR 2017, 359–360; Mock/Mohamed, DStR 2017, 2232–2236; Röcken, MDR 2017, 1036–1038, 1037; Segna, ZIP 2017, 1881–1889, 1885, Westermann, NZG 2017, 921–928, 925; Wickert, NWB 2017, 2353–2357. 7 Werner, ZStV 2013, 145, 146; Winheller, DStR 2013, 2009–2014, 2013. 8 Dahin im Ergebnis aber Fischer, jurisPR-SteuerR 20/2015, Anm. 1 unter Berufung auf die Einheit der Rechtsordnung, und Schauhoff/Kirchhain, ZIP 2016, 1857. Ausf. zu den Unterschieden Beuthien, DStR 2019, 1822–1829.
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gleich.1 Die steuerliche Anerkennung gilt vielmehr als ein gewichtiges, nach dem Prozessstoff der Kita-Entscheidungen sogar als das entscheidende Indiz.2 Verfahrensrechtlich bemerkenswert ist, dass im Steuerrecht erst im Jahr 2013 mit § 60a AO ein – für den Verein fakultatives – Verfahren etabliert wurde, in dem die satzungsmäßigen Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit verbindlich festgestellt werden können. Geprüft wird die Satzung. Inwieweit darüber hinaus Aspekte der tatsächlichen Geschäftsführung einbezogen werden, war zum Zeitpunkt der Kita-Entscheidungen durchaus streitig3 und ist erst seit 1.1.2021 in einem neuen § 60a Abs. 6 AO klargestellt. Ansonsten werden lediglich vorläufige Bescheinigungen erteilt. Insbesondere bei neueren gesellschaftlichen Entwicklungen kann die steuerliche Anerkennung als dem Allgemeinwohl förderlich schwanken.4 Es bleibt abzuwarten, ob das Vereinsrecht mit den KitaEntscheidungen in die „babylonische Gefangenschaft des Steuerverfahrensrechts“ geführt wurde.5 Denn faktisch werden die Registergerichte künftig standardmäßig auf die Feststellungen nach § 60a AO zurückgreifen.6 Insbesondere für die laufende Kontrolle eines einmal eingetragenen Vereins auf mögliche Zweckverfehlung setzt auch der BGH nicht auf die Vereinsregister, sondern auf die Prüfung durch die Finanzämter.7 Prüf- und Kontrollprogramm werden damit faktisch dem Steuerverfahrensrecht und den dieses leitenden Motiven unterstellt.8 96
In materieller Hinsicht diskutiert wird, ob einzelne Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit als für den Idealverein zentrale Kriterien zu destillieren sind. Notwendig, wenn auch wohl nicht hinreichend (zur Einordung in ein „Prüfprogramm“ Rz. 99) ist die Beachtung des Gewinnausschüttungsverbots.9 Wenn es, wie stark vertreten wird, letztlich das einzige Kriterium sein sollte,10 wäre de lege ferenda zur Meidung 1 BGH v. 16.5.2017 – II ZB 7/16, BGHZ 215, 69–81, Rz. 23 = MDR 2017, 709 = NotBZ 2017, 309; Woestmann, npoR 2018, 195–202, 201. 2 BGH v. 16.5.2017 – II ZB 7/16, BGHZ 215, 69–81, Rz. 22–23 = MDR 2017, 709 = NotBZ 2017, 309. 3 Ablehnend (und damit gegen den AEAO zu § 60a) etwa FG Baden-Württemberg v. 5.3.2018 – 10 K 3622/16, npoR 2018, 262; Hakert in NK-Gesamtes Gemeinnützigkeitsrecht, § 60a AO Rz. 13–15 m.w.N. 4 Vgl. etwa Schreiben des bayer. Landesamts für Steuern, DStR 2017, 1706 mit der Aufforderung, bis zur abschließenden Entscheidung auf Bundesebene (jetzt: § 52 Nr. 23 AO n.F.) Verfahren zur Anerkennung sog. „Freifunkvereine“ selbst dann nicht weiter zu bearbeiten, wenn bereits gesonderte Feststellungen (§ 60a AO) ergangen sind. 5 Vossius, notar 2017, 284–286. 6 Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 4. Aufl. 2018, Rz. 2.37; Woestmann, npoR 2018, 195–202, 200. 7 BGH v. 16.5.2017 – II ZB 7/16, BGHZ 215, 69–81, Rz. 32 = MDR 2017, 709 = NotBZ 2017, 309. 8 Könen, ZGR 2018, 632–646,638. Kritisch u.a. auch Mock/Mohamed, DStR 2017, 1280– 1281; Seulen/Scharf, Der Betrieb 2017, 1575 (1576). 9 Das schließt regelmäßig ein Verbot ein, bei Auflösung des Vereins Überschüsse an Mitglieder auszuschütten. 10 Hüttemann, Gutachten zum 72. Deutschen Juristentag, 2018, Abt. G, S. 3ff, 52; Hüttemann, JZ 2017, 897, 901; Leuschner, NJW 2017, 1919–1924, 1924; Segna, ZIP 2017, 1881– 1889, 1885 (mit kritischer Haltung zu diesem Ergebnis); Wagner NZG 2019, 1417. Wohl anders Woestmann, npoR 2018, 195–202, 202 unter VI.1.
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von Schutzlücken wenigstens noch „Flankenschutz“ zu wünschen.1 Andere sehen bereits eine Gewinnstrebigkeit als Ausschlusskriterium, ohne deshalb einer Identität dieses Kriteriums mit der gemeinnützigkeitsschädlichen Gewinnerzielungsabsicht das Wort zu reden.2 Es soll nur die über die Zweckerfüllung hinausgehende Gewinnthesaurierung ausgeschlossen sein.3 Genau bei deren Bemessung dürfte aber das praktische Problem einer allein vereinsrechtlichen Umsetzung dieser Lösung liegen.4 Nicht jeder Verein wünscht die steuerliche Gemeinnützigkeit. Insofern war bisher anerkannt, dass eine fehlende Gemeinnützigkeit i.S.d. Abgabenordnung nicht zwingend zur Verneinung eines ideellen Vereinszwecks führen muss.5 Dabei kann es bleiben.6 Zur Nagelprobe hätte die Einordnung der Friedhofsvereine werden können, denen neuere finanzgerichtliche Rechtsprechung die Gemeinnützigkeit absprach.7 Der Gesetzgeber hat allerdings schnell reagiert und sie mit dem Jahressteuergesetz 2020 als neue Nr. 26 in den Katalog des § 52 AO aufgenommen. Wollte der BGH strikt dem Gemeinnützigkeitsrecht folgen, hätte er in der nachfolgenden Entscheidung zum Vermögensverwaltungsverein8 schlicht auf die fehlende steuerliche Gemeinnützigkeit abstellen können.9 Auch ein vorübergehender Verlust des Gemeinnützigkeitsstatus für einzelne Veranlagungszeiträume muss für das Vereinsregister noch nicht maßgeblich sein.10 Etwas anderes gilt, wenn der Entzug gerade auf einem Verstoß gegen das Ausschüttungsverbot oder das Gewinnansammlungsverbot beruht oder sonst eine Gläubigergefährdung zu befürchten ist.11 Legt man die Kriterien der fehlenden Profitorientierung und der Selbstlosigkeit bzw. eines Ausschüttungsverbots an, führt die KitaRechtsprechung zu einer Rechtsformöffnung des Idealvereins für diverse Kleinst1 Vgl. insbesondere den bereits in npoR 2016, 99, 102f. entwickelten Vorschlag von Leuschner. 2 Beuthien, DStR 2019, 1822–1829; Beuthien, ZGR 2018, 1; Frey, NJ 2017, 288–292, 292; Schockenhoff, NZG 2017, 931–941, 939; Vossius, notar 2017, 284–286, 285. Siehe zum Ganzen auch bereits Beuthien, Rpfleger 2016, 65–80, 78. 3 Beuthien, WM 2017, 645–649, 648. In diese Richtung auch Woestmann, npoR 2018, 195– 202, 202 unter VI.1. 4 Schockenhoff, NZG 2017, 931 – 941, 936. 5 OLG Hamm v. 11.7.2017 – 27 W 144/16, Rz. 28 bei juris; FG München v. 18.9.2013 – 3 K 2796/11 (bestätigt mit BFH v. 24.9.2014 – V R 54/13 – DStR 2015, 425) gegen FG Köln v. 11.6.2010 – 15 K 1571/07; Hüttemann, DB 2016, 429. Anders wohl Fischer, jurisPR-SteuerR 20/2015, Anm. 1, zu Pfälz. OLG v. 3.9.2013 – 3 W 34/13, NotBZ 2014, 197. Zum Verhältnis von Gemeinnützigkeitsrecht und Bürgerlichem Recht hinsichtlich des Idealvereins s. aus Sicht des BFH v. 15.1.2015 – I R 48/13, DStR 2015, 821. 6 Woestmann, npoR 2018, 195–202, 202. Zusammenfassend zur Besteuerung des nicht gemeinnützigen Idealvereins Fischer, npoR 2018, 156. 7 FG Münster v. 19.2.2018 – 13 K 3313/15 in Abgrenzung zu BFH BStBl. II 1979 491 = BB 1979, 1024 (LS). Erste Literaturstimmen plädieren auf Vertrauensschutz (Schmitz-Herscheidt, EFG 2018, 901–902). 8 BGH v. 11.9.2018 – II ZB 11/17, MDR 2018, 1448 = NotBZ 2019, 31 = NJW-RR 2018, 1376. 9 Leuschner, BGH v. 11.9.2018 – II ZB 11/17, MDR 2018, 1448 = NotBZ 2019, 31, 32. 10 Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 4. Aufl. 2018, Rz. 2.37. 11 Woestmann, npoR 2018, 195–202, 202. Vgl. auch OLG Hamm v. 11.7.2017 – 27 W 144/ 16, Rz. 28 bei juris.
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kooperativen („Dorfläden“). Das gilt auch dann, wenn sie weitergehende gemeinnützigkeitsrechtliche Anforderung nicht erfüllen.1 Der stärkste Einwand hiergegen ergibt sich wiederum aus der vom BGH vorgenommenen verfahrensrechtlichen Überantwortung an die Finanzbehörden: Deren Aufsicht fehlt bei den nicht gemeinnützigen Organisationen.2 Dass umgekehrt ein nach der Abgabenordnung gemeinnütziger Verein einmal nicht im Vereinsregister eintragungsfähig wäre, bleibt nach der Rechtsprechung theoretisch denkbar. Beispiele konnten noch nicht gebildet werden.3 98
Ertragsteuerlich kann der Verein einen oder mehrere Betriebe unterhalten, wobei es auf eine Steuerbefreiung des Vereins nach § 5 Abs. 1 KStG nicht ankommt.4 Umsatzsteuerrechtlich werden die Tätigkeitsfelder wiederum nach eigenen – europarechtlich bestimmten – Kriterien getrennt.5 Der Verein mit wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb entsprechender Größe unterliegt (nur) mit diesem den Rechnungslegungspflichten des HGB. Er kann den Konzernrechnungslegungspflichten nach den §§ 1, 3 PublG6 bzw. § 11 PublG unterworfen sein.7 f) Prüfprogramm
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Es bleibt abzuwarten, ob sich im Zuge der Kita-Rechtsprechung ein vollständig neues Entscheidungsgerüst herausbildet. Als wichtige Fallgruppen bleiben die bislang angenommenen Typen wirtschaftlicher Vereinstätigkeit jedenfalls verwendbar. Man kann ihnen nach der Kita-Entscheidung mit dem Gewinnausschüttungsverbot allerdings ein so deutlich bislang nicht verwendetes Kriterium vorschalten. Nach der Einordnung unter einen der anerkannten Typen ist dann zu entscheiden, ob die wirtschaftlich ausgerichtete Tätigkeit nur eine Neben- oder doch Hauptaktivität ist. Auch im zweiten Fall kann dann immer noch ein ideeller Zweck dominieren. Erkenntnis aus den Kita-Entscheidungen ist an dieser Stelle, dass eine wirtschaftliche Hauptaktivität nicht stets zur Vermutung eines wirtschaftlichen Zwecks führen darf.
1 Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses BT-Drucks. 18/12998, 19; Leuschner, NJW 2017, 1919–1924, 1924; Otto, NotBZ 2017, 286–293, 292; Schockenhoff, NZG 2017, 931–941. Jedenfalls im Zuge der Positionierung des Gesetzgebers wohl auch Woestmann, npoR 2018, 195– 202, 201. Anders Schneider, S. 50; Winheller/Vielwerth, DStR 2018, 574–579. 2 Segna, ZIP 2017, 1881–1889, 1887f. 3 Woestmann, npoR 2018, 195–202, 202. 4 BFH v. 19.11.2003 – I R 33/02, DB 2004, 416–417; FG München v. 18.9.2013 – 3 K 2796/ 11. Zur Gemeinnützigkeit bei Unternehmensbeteiligungen Arnold, DStR 2005, 581–585; kritisch de lege ferenda Janitzki, NJW 50/2005, XIV-XVIII. 5 FG München v. 18.9.2013 – 3 K 2796/11 (bestätigt mit BFH v. 24.9.2014 – V R 54/13 – DStR 2015, 425) gegen FG Köln v. 11.6.2010 – 15 K 1571/07. 6 LG München I v. 30.8.2001 – 17 HKT 23689/00, LG München v. 27.8.2001 – 17HK T 23689/00, DB 2003, 1316–1318. 7 Segna, DB 2003, 1311–1316 sieht den eingetragenen Verein von den §§ 1, 3 PublG als generell ausgenommen an, hält aber eine Konzernrechnungslegungspflicht nach § 11 PublG für möglich. Letzteres vertritt – am Beispiel des ADAC – auch Niehus, DB 2003, 1125– 1132.
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2. Idealverein und wirtschaftlicher Verein (§§ 21, 22 BGB) | Rz. 101 V. 1. Wenn ein Verein tatsächlich Gewinne ausschüttet, ist er eindeutig kein Idealverein.1 Das gilt ebenso, wenn die Satzung eine Gewinnausschüttung nicht ausschließt.2 Es reicht aber, wenn sich das Ausschüttungsverbot wenigstens implizit aus dem Vereinszweck entnehmen lässt.3 Schädlich ist, wenn Mitgliedern bei ihrem Ausscheiden oder Auflösung des Vereins mehr als ihr eingezahlter Beitrag zurückfließt.4 Das Gewinnausschüttungsverbot bedeutet nicht, dass jeder angestrebte – mittelbare – wirtschaftliche Vorteil für die Mitglieder der Anerkennung als Idealverein entgegenstünde, so insbesondere bei Lobbyverbänden u.Ä.5 2. Ist der Idealverein danach noch nicht ausgeschlossen, fragt sich, ob ein i.S.d. § 21 BGB, § 22 BGB relevanter wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vorliegt. Dazu können die in der Vergangenheit erarbeiteten Typen als Fallgruppen dienen. Trifft keine von ihnen zu, kann der Verein zur Eintragung zugelassen werden. 3. Ist einer der Typen zu bejahen, stellt sich die entscheidende Frage nach der Unterordnung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs unter einen ideellen Zweck. Davon wiederum darf nach der Kita-Rechtsprechung in aller Regel ausgegangen werden, wenn der Verein durch eine zuständige Steuerbehörde als gemeinnützig anerkannt ist. Ansonsten ist eine Unterordnung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs zu bejahen, wenn er lediglich eine „Begleiterscheinung“ darstellt, um die eigentlichen, nach der Satzung nicht wirtschaftlichen Ziele verfolgen zu können.6
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g) Selbständige Gesellschaften als Vereinsuntergliederung Als weiterer eigener Typus oder Fallgruppe diskutiert werden teilweise Vereine, die einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (auch z.B. Lizenzspielerabteilungen)7 in eine juristisch und organisatorisch selbständige Gesellschaft des Handelsrechts (Aktiengesellschaft, Gesellschaft mbH, UG, eingetragene Genossenschaft) ausgelagert8 haben. Im kirchlichen Bereich sind Vereine häufig Träger von als Kapitalgesellschaften organisierten Betriebsgesellschaften von Krankenhäusern, Altenheimen usw.9 Der Verein begegnet hier als Holding oder auch Konzernmutter.10 Auch wenn eine solche Gesellschaft von dem Idealverein gegründet worden ist und ihrem Gesellschaftszweck auf
1 Wagner NZG 2019, 1417; Schockenhoff, NZG 2017, 931 – 941, 935 (Mittelabfluss zu Lasten der Gläubiger). 2 BGH v. 11.9.2018 – II ZB 11/17, MDR 2018, 1448 –, WM 2018, 2125–2127, dazu Leuschner, NotBZ 2019, 31–33; Schwennicke in Staudinger, § 21 Rz. 51. 3 Schwennicke in Staudinger, § 21 Rz. 51, Leuschner in MünchKomm/BGB, §§ 21–22, Rz. 45. 4 Zum europarechtlichen Begriff der Gewinnstrebigkeit EuGH v. 10.12.2020 – C 488/18, DStR 2020, 2869. 5 Vgl. LG Frankfurt v. 17.6.1994 – 2/9 T 214/94, NJW 1996, 2039–2040; Waldner in Sauter/ Schweyer/Waldner, der eingetragene Verein, Rz. 42a. 6 VG Augsburg v. 14.11.2018 – Au – 4 K 18.1400 –, Rz. 48, juris. 7 Reuter, npoR 2012, 101 (105) spricht von einer in der Praxis geduldeten Rechtsformverfehlung und spricht sich de lege ferenda – also als Wunsch an den Gesetzgeber – für eine Konzessionierung (§ 22) der Profisportabteilungen aus, die ohnehin bereits ein strenges Lizenzierungsregime durchlaufen. 8 Zu den möglichen Formen der „Ausgliederung“ i.w.S. Heermann/Schießl, S. 7 ff. 9 Dazu ausf. Schneider, S. 52–66. 10 Vgl. die Themenstellung des 2. Vereinsrechtstags 2017, dazu der Bericht von Adam/Echtermann/Hofmann/Ortmann, npoR 2017, 82–85; Leuschner, NZG 2017, 16 ff.; Segna, npoR 2017, 3 ff.
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dessen Betreiben und mit dessen Unterstützung nachgeht1, wird ihr Geschäftsbetrieb nach dem Sinn und Zweck der Vereinsklassenabgrenzung nicht dem Verein als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zugeordnet.2 Um einem missbräuchlichen Ausufern des Nebenzweckprivilegs (Rz. 94–98) entgegenzuwirken, gilt die Trennung in Teilen der Literatur jedenfalls bei Betrieb eines Handelsgewerbes (§ 1 Abs. 2 HGB) sogar als zwingend.3 Der BGH hat die Auslagerung wirtschaftlicher Tätigkeiten des Idealvereins ADAC auf Kapitalgesellschaften als 100%ige Töchter4 nicht beanstandet.5 Die von einem Verein beherrschte Handelsgesellschaft bietet ihren Gläubigern alle Sicherheiten, die mit der Rechtsform einer solchen Gesellschaft verbunden sind.6 Dem Gläubiger einer Kapitalgesellschaft kann in der Praxis durchaus eine finanzschwächere Konzernspitze gegenüberstehen als bei einigen der hier fraglichen Vereine.7 Die Vereinsklassenabgrenzung dient in diesem Verständnis allein dem abstrakten Schutz des Rechtsverkehrs bzw. der Gläubiger, nicht der Mitglieder.8 Auch von diesem Ausgangspunkt anders zu entscheiden ist für die vollhaftende Beteiligung an einer nicht nur vermögensverwaltenden Personengesellschaft.9 Die Beteiligung eines gemeinnützigen Vereins an anderen, ihrerseits gewerblich tätigen Gesellschaften kann grundsätzlich auf die eigene steuerliche Anerkennung (§ 51 AO) rückwirken.10 In der ausgelagerten Gesellschaft gelten der in der jeweiligen Rechtsform maßgebliche Gläubigerschutz und betriebliche Mitbestimmungsrechte. Auf Konzernebene, d.h. beim Verein selbst, bleiben aber Lücken, weil der eingetragene Verein grundsätzlich nicht für eine erwerbswirtschaftliche Betätigung konzipiert ist.11 Die Diskussion
1 BGH v. 29.9.1982 – I ZR 88/80, BGHZ 85, 84 = MDR 1983, 193 (89 f.) für ADAC-Rechtsschutzversicherung. 2 Zu kapitalgesellschaftsrechtlichen Problemen für den Verein in dieser Konstellation Westermann, SpuRt 2001, 42. Die Darstellung folgt hier dem „ADAC-Urteil“. Zur Vorsicht mahnen z.B. Steinbeck/Menke, NJW 1998, 2169. Zahlreiche Literaturstimmen rechnen dem Verein die Mehrheitsbeteiligung an Kapitalgesellschaften zu (vgl. § 17 Abs. 1 AktG), dazu Heermann/Schießl, S. 26 ff. m.w.N. Ausf. Discher, S. 73 ff. 3 Schad, Rpfleger 1998, 185–191 (190); de lege ferenda – also als wünschenswertes künftiges Recht – auch Damas, ZRP 2005, S. 3–5; jurisPK/BGB/Otto, § 22 Rz. 34, 31. Kritisch Bartodziej, Rz. 30. 4 Die Klage richtete sich gegen die Rechtsschutzversicherung in der Form der AG. Dem BGH ausweislich der Entscheidungsgründe bekannt waren ferner ausgelagerte Tätigkeiten auf eine Verlags-GmbH, eine Schutzbrief-AG und eine Reise-GmbH, jeweils als 100%ige Töchter. 5 BGH v. 29.9.1982 – I ZR 88/80, MDR 1983, 193 ff. Krit. K. Schmidt, Rpfleger 1988, 45 ff. (48); Schad, Rpfleger 1998, 185 (190); Reuter, npoR 2012, 101 (102); Kögel, Rpfleger 2014, 569. Die rechtstatsächliche Weiterentwicklung des „ADAC-Konzerns“ beschreibt Henze in Walz/Kötz/Rawert/Schmidt, Non Profit Law Yearbook 2004, S. 17–41; als Aktualisierung vgl. auch Strachwitz, npoR 2014, 224. 6 BGHZ 85, 94 (90); Bartodziej, Rz. 27. 7 Schockenhoff, NZG 2017, 931 – 941, 936. 8 Leuschner, Konzernrecht des Vereins, 164 f. 9 KG v. 23.6.2014 – 12 W 66/12, Rpfleger 2014, 683; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 46. 10 Arnold, DStR 2005, 581. 11 Zuversichtlicher Leuschner, ZIP 2015, 356; Reuter, npoR 2012, 101.
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um ein Konzernrecht der Vereine1 ist mit der Diskussion um die Organisationsform des ADAC in den letzten Jahren in einer breiten Öffentlichkeit aufgelebt.2 Das ADAC-Urteil wurde und wird stark kritisiert.3 Es wurde als Klärung in der Praxis lange Zeit hingenommen.4 Die Kita-Entscheidungen klammern das Thema aus.5 Zutreffend an der Kritik ist, dass der BGH die Verschränkung von Vereinstätigkeiten und Tätigkeit der Tochtergesellschaft unbeanstandet ließ.6 Eine faktisch vom Verein erbrachte Leistung am Markt wird nicht schon dadurch nichtwirtschaftlich, dass der Vertragsschluss bzw. die Erhebung der Vergütungen auf eine Betriebsgesellschaft ausgelagert wird.7 Der ADAC e.V. hat lange Zeit seinerseits die Töchter in ihrer Tätigkeit durch eigene Hilfsaktivitäten unterstützt und sich damit sowohl deren wirtschaftliche Zwecke unmittelbar zu eigen gemacht wie auch möglicherweise am Markt wie der Anbieter selbst geriert – nur unter diesem Aspekt könnten die im Jahr 2016 beschlossenen Strukturreformen Besserung bringen.8 In seinem hauptsächlichen Aspekt – die wirtschaftliche Betätigung seiner Tochtergesellschaften nimmt dem Verein nicht zwingend seinen ideellen Zweck – verdient das ADAC-Urteil nach wie vor Zustimmung.9 In der Holdingstruktur mit Auslagerung der wirtschaftlichen Tätigkeit auf eine Kapitalgesellschaft sind die Interessen von Gläubigern, vereinsfremden Kunden wie auch der Mitglieder in einer Kundenbeziehung gewahrt.10 Aus Sicht des Rechtsverkehrs nach außen kann es nicht darauf an-
1 Segna, DB 2003, 1311–1316 sieht z.B. den eingetragenen Verein von den §§ 1, 3 PublG als generell ausgenommen an, hält aber eine Konzernrechnungslegungspflicht nach § 11 PublG für möglich. Letzteres vertritt – am Beispiel des ADAC – auch Niehus, DB 2003, 1125–1132. Gegen ein eigenes „Konzernrecht“ Reuter, npoR 2012, 101. 2 Vgl. statt vieler etwa Kögel, Rpfleger 2014, 569; Küting/Strauß, FAZ v. 17.3.2014, S. 18; Leuschner, ZIP 2015, 356; Otto in lto, http://www.lto.de/recht/hintergruende/h/ag-muenchenadac-vereinsstatus-ueberpruefung-unternehmen-ideal/2/; Strachwitz, npoR 2014, 224. Die Bundesregierung sah aufgrund der erhobenen Vorwürfe gegen einen intransparenten Holdingverein keinen Handlungsbedarf im Vereinsrecht (BT-Drucks. 18/1931 v. 27.6.2014 auf eine kleine BT-Anfrage u.a. der Fraktion der Grünen). 3 Schmidt, Rpfleger 1988, 45–51, 48; Schad, Rpfleger 1998, 185–191, 190. 4 Schmidt, NJW 1983, 543–544, 545; die rechtstatsächliche Weiterentwicklung des „ADACKonzerns“ beschreibt Henze in Walz/Kötz/Rawert/Schmidt, Non Profit Law Yearbook 2004, S. 17–41. 5 Woestmann, npoR 2018, 195–202, 201. 6 Siehe dazu Otto in legal tribune online vom 28.1.2014, www.lto.de/recht/hintergruende/ h/ag-muenchen-adac-vereinsstatus-ueberpruefung-unternehmen-ideal/ (abgerufen am 1.2.2020). 7 AG Berlin-Tiergarten v. 28.1.1991 – 5 C 511/90, WM 1991, 1139–1140. 8 Otto in legal tribune online v. 19.9.2016, www.lto.de/recht/hintergruende/h/fc-bayernadac-vereinsregister-loeschung-wirtschaftliche-taetigkeit/2/ (abgerufen am 1.2.2020). Ähnlich (freilich von einem anderen Ausgangspunkt) Reuter in MünchKomm/BGB, 6. Aufl., §§ 21–22 Rz. 16. 9 Der ADAC bleibt denn auch eingetragen, AG München v. 15.9.2016 – VR 2463. Übersehen werden damit die erheblichen unmittelbar beim Verein angesiedelten wirtschaftlichen Aktivitäten. 10 Leuschner, npoR 2016, 99–104, 101; Leuschner, Das Konzernrecht des Vereins, S. 154 ff.
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kommen, wer mehrheitlicher oder alleiniger Eigner einer Gesellschaft ist, die allein mit ihrem Kapital haftet.1 Die Übertragung konzernrechtlicher Zurechnungsnomen ist an dieser Stelle nicht erforderlich, weil der Verein nicht zu Lasten Dritter wirtschaftliche Tätigkeiten der Töchter übernehmen kann.2 Ob und wie die gesellschaftsrechtlich dem Holdingverein geschuldete Berichtspflicht zu interner Transparenz der Mitgliederschaft gegenüber genutzt werden kann oder vielleicht auch muss, ist Frage der Binnenorganisation des Vereins.3 Auch wenn man zu einer Zurechnung gelangt, kann die Beteiligung noch als dem Primat des ideellen Zwecks unterfallend unschädlich bleiben. Insofern können nicht strengere Maßstäbe gelten als für die unmittelbare wirtschaftliche Betätigung.4 103
Eine „Entherrschung“5 der wirtschaftlichen Beteiligungen ist also nicht erforderlich. Es kommt nicht darauf an, welchen Einfluss der Verein auf die Leitung seiner Beteiligungsgesellschaft hat. Dass die Erfüllung von Ausgleichspflichten der herrschenden Konzernmutter gefährdet sein kann, wenn diese ein eingetragener Verein ist, ist hinzunehmen.6 Konzernrechtliche Zurechnung kommt im Übrigen ohnehin nur in Betracht, wenn die Mutter eigene unternehmerische Interessen hat, die zum Konflikt mit der Unternehmensleitung einer Tochter führen könnten.7 Soweit sich die jüngsten Strukturreformen des ADAC8 auf eine Reduzierung des Einflusses des Vereins auf die Kapitalgesellschaften konzentrierten – insbesondere durch Vermögensverlagerung des Vereins auf eine Stiftung –, hat das die wahren Probleme eines Großvereins nicht gelöst. Der Einfluss der Mitglieder wurde durch die Reform nicht gestärkt, sondern erheblich geschwächt.9 Statt einer „Entherrschung“ ist in konzernartigen Vereinsstrukturen wesentlich, dass der Verein durch wirtschaftliche Beteiligungen nicht seine primäre Ausrichtung auf einen ideellen Zweck verliert. Eher zweitrangig ist in diesem Kontext dann, ob man das auf der Ebene des Vereins am Ausschluss eines Gewinnstrebens10 oder erst am Ausschüttungsverbot11 festmacht. Ob (an Mitglieder ausschüttungsfähige) Überschüsse vom Verein oder durch eine Tochter erwirtschaftet werden, macht keinen Unterschied. Gewinne dürfen jedenfalls nur verwendet wer1 „Abschirmungseffekt“, MünchKomm/BGB/Leuschner, §§ 21–22 Rz. 66. 2 In diese Richtung aber die wohl herrschende Literaturansicht., u.a. Schmidt, AcP 182, 1– 59, 21 ff.; Hadding in Soergel, §§ 21–22 Rz. 41; Segna, ZIP 1997, 1901–1912; Weick in Staudinger, 2005, § 21 Rz. 8. 3 Kritisch zur Holding und in der Tendenz für eine Umwandlung des Vereins in eine gemeinnützige GmbH oder Aktiengesellschaft hingegen Winheller, DStR 2015, 1389. 4 Schwennicke in Staudinger, § 21 Rz. 85 m.N. 5 Dafür Wagner in Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Kap. 2/Rz. 78; ähnlich wohl Wachter, GmbHR 2016, R17 f. 6 Anders Wagner in Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Kap. 2/Rz. 78. 7 Schwennicke in Staudinger, § 21 Rz. 82 m.N. 8 Inhaltlicher Überblick z.B. bei Segna, npoR 2017, 3. 9 Vortrag von Leuschner zum 2. Vereinsrechtstag 2017, zitiert nach Adam/Echtermann/Hofmann/Ortmann, npoR 2017, 82–85; ebenso Otto in www.lto.de/recht/hintergruende/h/fcbayern-adac-vereinsregister-loeschung-wirtschaftliche-taetigkeit/2/vom 19.9.2016 (zuletzt abgerufen am 2.2.2020). 10 Beuthien (WM 2017, 645–688, 647. 11 Leuschner, NJW 2017, 1919–1924, 1924.
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den, um dem nicht wirtschaftlichen Vereinszweck zu dienen. Die hier abgelehnte verbreitete Annahme einer nur durch Stimmrechtsverzichte zu vermeidenden Konzernzurechnung hat besondere Konsequenzen im Profisport (Rz. 153). Die Ausgliederung der wirtschaftlichen Aktivitäten in selbständige Kapitalgesellschaften ist für unternehmerisch aktive Vereine das Mittel der Wahl, um einer Rechtsformverfehlung zu entgehen.1 Die Grenzen sind dabei m.E. auf unterschiedlichen Ebenen zu ziehen: – Die Gesellschafterstellung des Idealvereins in der Kapitalgesellschaft muss grundsätzlich durch die Satzung des Vereins gedeckt sein. Beim Sportverein, der in der Profitochter auch kommerziellen Sport betreibt, ist das ohne weiteres zu gewährleisten. Durch die Aufnahme oder Unterhaltung von unternehmerischen Beteiligungen, die mit dem Vereinszweck gar nichts zu tun haben, wäre hingegen das innere Vereinsrecht verletzt, auch wenn es damit noch nicht zu einer Rechtsformverfehlung kommen mag. Ausnahmen sind an dieser Stelle denkbar bei verhältnismäßig geringeren Beteiligungen, insbesondere wenn sie vorrangig der Vermögensanlage oder Mittelbeschaffung für den Vereinszweck dienen. Ein vermögender Fußball e.V. darf sich also nicht bei einem als Aktiengesellschaft organisierten Eishockeyclub einkaufen und diesen führen, wenn die Satzung eng auf den Rasensport beschränkt ist. Wenn er seine Satzung nachträglich für diesen Erwerb ändert, erfordert das grundsätzlich eine zweckändernde Mehrheit. Er kann aber ohne Verletzung des eigenen Vereinszwecks z.B. Aktienpakete an DAX-Unternehmen (in jedem Fall unterhalb der Meldeschwelle nach § 33 Abs. 1 WpHG) oder Immobilienbesitz halten, wenn er so die Mittel für künftige Vereinsaktivitäten zwischeninvestiert und die Vermögensanlage der Verfolgung ideeller Ziele untergeordnet bleibt (beim gemeinnützigen Verein bleibt allerdings auch das Verbot der Gewinnthesaurierung zu beachten). – Ein Verein, dessen einziger Zweck die Wahrnehmung von Gesellschafterrechten in einer anderen wirtschaftlich geprägten Gesellschaft ist, wäre selbst wirtschaftlich.2 Es geht hier nicht um eine konzernrechtliche Zurechnung, sondern um die wirtschaftliche Prägung des Vereins durch seine einzige Aktivität. Das ist nur so lange unbedenklich, wie der Vereinszweck über die Wahrnehmung einer Gesellschafterstellung in der anderen Rechtsform hinausgeht. Für die Vereine des Profisports bedeutet das beispielsweise, dass sie weder nach ihrer Satzung noch in der praktischen Arbeit die typischerweise im Satzungszweck mitverankerten Amateuroder Jugendabteilungen oder sonstige im Satzungszweck mit genannte Sportarten (Breitensport) vernachlässigen dürfen.3 Es kommt darauf an, welches Bild der Verein im Rechtsverkehr vermittelt. An dieser Stelle erlangt die Frage der Herrschaftsverhältnisse in der wirtschaftlichen Gesellschaft doch eine gewisse Bedeutung:
1 Reuter in MünchKomm/BGB, 7. Aufl., §§ 21–22 Rz. 51 (der diese Konsequenz der h.M. allerdings bedauerte). 2 Reuter in MünchKomm/BGB, 7. Aufl., §§ 21–22 Rz. 37. 3 Vgl. Westermann, Gedächtnisschrift für Jürgen Sonnenschein, 2002, 617–633, 623. Gubitz/ Hildebrand, NZG 2017, 495–499.
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V. Rz. 104 | Der Zweck des Vereins
Umso stärker der e.V. eine beherrschende Stellung in einem Wirtschaftsunternehmen beansprucht, umso eher wird er in der eigenen Mitgliederschaft oder der Öffentlichkeit funktional mit der Kapitalgesellschaft gleichgesetzt. Die wirtschaftliche Beteiligung darf nicht zum Selbstzweck werden, sie kann nur bei Einbettung in den Kontext eines vorrangig ideellen Satzungsziels akzeptiert werden. Es handelt sich hier nicht um eine Frage des Nebenzweckprivilegs, die Kriterien gehen aber in dieselbe Richtung. Dem ADAC-Urteil und nachfolgenden Entscheidungen wird daher zu Unrecht vorgehalten, dass sie bei der Anerkennung eines Idealvereins trotz Holdingfunktionen Kriterien des Nebenzweckprivilegs mit der Typenbestimmung bzw. der Zurechnungsfrage vermischten.1 – Ausgerichtet am Schutz der Gläubiger des Vereins ist schließlich die mögliche Auswirkung auf die Bilanz des Vereins zu betrachten:2 Der Wert der Beteiligung (Aktivseite) muss angemessen mit Eigenkapital unterlegt sein. Insbesondere gilt an dieser Stelle zu verhindern, dass der Verein durch Fremdfinanzierung zur Beteiligungsgesellschaft wird.3 Die Beteiligung darf nicht durch Übernahme der persönlichen Haftung in einer Personengesellschaft, durch eine Patronatserklärung u.Ä. mit der Übernahme der wirtschaftlichen Risiken der Tochter verbunden sein (Passivseite).4 h) Beispiele aus Rechtsprechung und Literatur 105
aa) Als Idealverein (Verein mit keinem oder in Verfolgung eines Nebenzwecks akzeptiertem) wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb) sind anzusehen (oder wurden betrachtet).5 (1) Ein kirchliches Bau- und Siedlungswerk, das den Wohnungsbau uneigennützig aus Fürsorge für bedürftige Kreise und ausdrücklich nicht für die eigenen Mitglieder erstrebt6 (s. auch Rz. 106 Nr. 34). (2) Ein Behindertensportverein bleibt Idealverein, auch wenn er sich zur Inanspruchnahme von Fördermitteln verpflichten muss, Nichtmitglieder gleichberechtigt zu Sportkursen zuzulassen.7,
1 Zum BGH Reuter in MünchKomm/BGB, 7. Aufl., §§ 21–22 Rz. 51; zur Entscheidung des AG München, keine Löschung des F.C. Bayern vorzunehmen, Segna, npoR 2017, 3–6, 5; Leuschner, NZG 2017, 16–21, 19. 2 S insgesamt Leuschner in MünchKomm/BGB, §§ 21–22 Rz. 67 m.N. 3 Beuthien, NZG 2015, 449, 456; Leuschner in MünchKomm/BGB, §§ 21–22 Rz. 68. 4 Schwennicke in Staudinger, § 21 Rz. 82 mit Verweis auf Lampes, Die Abgrenzung zwischen nichtwirtschaftlichen und wirtschaftlichen Vereinen und damit verbundene Haftungsrisiken, 2009, S. 48; Leuschner in MünchKomm/BGB, §§ 21–22 Rz. 69. 5 Die entschiedenen Fälle dürfen nicht ohne weiteres verallgemeinert werden, weil jeder Verein nach Maßgabe seines satzungsgemäßen Zwecks und seiner Vereinstätigkeit eine abweichende Beurteilung erfordern kann. Außerdem muss besonders bei älteren Entscheidungen ein gewisser Meinungswandel eingerechnet werden. 6 BayObLG 1953, 309; zu Recht kritisch dazu K. Schmidt, Rpfleger 1972, 287 (293). 7 OLG Hamm v. 6.9.2007 – 15 W 129/07, NJW-RR 2008, 350 = BGH v. 19.9.2007 – VIII ZB 44/07, MDR 2007, 1444 = Rpfleger 2008, 36 = RNotZ 2008, 92 mit. Anm. Terner.
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2. Idealverein und wirtschaftlicher Verein (§§ 21, 22 BGB) | Rz. 105 V.
(3) Berufs- und Interessenverbände,1 wenn ihnen als Idealvereine die Förderung der allgemeinen beruflichen oder sonstigen Interessen, insbesondere die Beratung und Betreuung der Mitglieder, obliegt2, wie Arbeitgeber- und Arbeitnehmervereine (-verbände), Beamtenverbände, Ärztevereine, Mietervereine; unbeanstandet blieb auch der Spitzenverband der Anzeigenblattverlage, der u.a. Werbeagenturen und Großkunden seiner Mitglieder zentral betreut. (4) Bei einem Verein aus Berufsgenossenschaften und anderen öffentlich-rechtlichen Mitgliedern als Träger eines Krankenhauses soll es als Nachweis fehlender Marktteilnahme genügen, dass er sich als Idealverein konstituiert und dadurch auf Gewinnerzielung verzichtet. (5) Ein Betriebsarztzentrum. (6) Ein kleinerer Car-Sharing-Verein zur Nutzung eines (mehrerer) Personenkraftwagens durch die Mitglieder3, im Gegensatz zu einem großen Car-Sharing-Verein (s.a. Rz. 1574)4, der mit einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unternehmerisch tätig ist. Es kommt hier auch darauf an, wie der Vereinszweck gefasst ist und wie er gelebt wird: Ein Verein zur Förderung umweltschonender Mobilität.5 der weitergehende Aktivitäten und Zwecke verfolgt, wird einen experimentellen Anteil an Car-Sharing betreiben dürfen (Nr. 26): (7) Der Verein Creditreform6 mit dem Zweck, eine allgemeine Reform des Kreditwesens anzubahnen und den Missbrauch desselben zu verhindern, auch wenn ein Vereinsbüro unterhalten wird, dem die Erteilung von Auskünften an die Mitglieder und die Durchführung des Mahn- und Einziehungsverfahrens obliegt. (8) Ein sog. Firmen-Unterstützungsverein7 (s. § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG 1972), also die in die Rechtsform des Vereins gekleidete, von einem Betrieb getragene Versorgungseinrichtung8 für dessen Arbeitnehmer und deren Angehörige, desgleichen eine überbetriebliche Gruppenunterstützungskasse (§ 1b Abs. 4 Betr-
1 Ausf. Brouwer, Rolle und Funktion der Wirtschaftsverbände in Pischel/Kopp, Compliance für Wirtschaftsverbände, § 1 Rz. 6 f. 2 OLG Stuttgart Rpfleger 1970, 334; vgl. auch Schopp, Rpfleger 1959, 336 und K. Schmidt, Rpfleger 1972, 289. 3 So auch Schöner, BB 1996, 438. 4 So i.E. auch Schöner, BB 1996, 438. 5 Enger allerdings die steuerliche Wertung in BFH v. 12.6.2008 – V R 33/05, BFHE 221, 536 = UR 2008, 706 = DStR 2008, 1688. 6 KG DNotZ 1928, 247; s. aber auch K. Schmidt, Rpfleger 1972, 290 m.w.N. und Rpfleger 1972, 346. 7 S. BayObLG 1975, 435 = MittBayNot 1976, 123 = Rpfleger 1976, 56; s. auch K. Schmidt, Rpfleger 1972, 347. Zum Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats BAG NJW 1979, 2534. 8 Insolvenzsicherung als Erfordernis des arbeitnehmerfinanzierten Unterstützungsvereins; Verfolgung auch wirtschaftlicher Zwecke durch diesen, s. LG Braunschweig v. 22.10.1999 – 8 T 906/99, LG Braunschweig v. 22.10.1999 – 8 T 906/99 (545), NJW-RR 2000, 333 = Rpfleger 2000, 116. Der soziale Zweck darf aber nicht ganz in den Hintergrund treten, OLG Köln FGPrax 2009, 275.
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V. Rz. 105 | Der Zweck des Vereins
AVG);1 (s. auch Rz. 106 Nr. 28). Eine Gruppenunterstützungskasse, deren Mitglieder ausschließlich Arbeitgeber sind, die ihre betriebliche Altersvorsorge ganz oder teilweise über den Verein durchführen wollen, um sich die Errichtung einer eigenen betriebs- oder unternehmensbezogenen Unterstützungskasse zu ersparen,2 ist hingegen als wirtschaftlicher Verein anzusehen.3 Etwas anderes kann gelten, wenn der Verein (lediglich) Rahmenverträge für seine Mitglieder organisiert.4 (9) Ein Verein, der die Qualität von Gutachtern im Sozial- und Gesundheitswesen sichern will, auch dann, wenn er (nebenher) Gutachter vermittelt.5 (10) Ein Verein zur Förderung der Interessen von Gewerbetreibenden6 (Einzelhandel und Handwerk) durch Öffentlichkeitsarbeit (Werbemaßnahmen) ohne wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (zur Werbegemeinschaft s. aber auch Rz. 106 Nr. 49) oder der Verein zur Förderung gewerblicher Interessen7 i.S.d. § 13 UWG. (11) Ein Verein zur Pflege und Förderung von Freizeitunternehmungen (auch des Billardspiels und des Spiels an TV-Unterhaltungs- sowie Geldspielgeräten8), wenn sich nicht hinter dem Zweck, der keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erfordert, tatsächlich ein Vereinsbetrieb mit wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb verbirgt. (12) Ein Verein, der für die Fahrzeuge seiner Mitglieder Garagenraum bereitstellt, wenn der satzungsmäßige Vereinszweck das „gemeinsame Pflegen, Instandhalten, Restaurieren und Ausfahren von Fahrzeugen in gegenseitigem, freundschaftlichem Austausch von Erfahrungen und Fertigkeiten an einem gemeinsam gehaltenen Ort“ ist und die Garagenanlage gemeinschaftlich betrieben wird9 (anders der „Garagenverein“ – dazu. Rz. 106 Nr. 13). 1 VG Berlin v. 21.11.2019 – 29 K 279.1, juris gegen KG v. 6.9.2016 – 22 W 35/16, FGPrax 2017, 71; OLG München v. 28.5.2013 – 31 Wx 136/13, MDR 2013, 857; LG Bonn Rpfleger 1975, 423; VG Augsburg v. 14.11.2018 – Au – 4 K 18.1400, npoR 2019, 171 mit Anm. Könen. 2 Man kann diese gemeinschaftliche Übernahme unternehmerischer Aufgaben der Mitgliedsbetriebe schwerlich als Nebenfolge abtun, so aber OLG München v. 28.5.2013 – 31 Wx 136/13, MDR 2013, 857. 3 LG Bielefeld v. 31.10.2000 – 25 T 24/00, NJW-RR 2001, 1259 = Rpfleger 2001, 138; KG v. 16.9.2016 – 22 W 65/14, MDR 2017, 160. A.A. OLG München v. 28.5.2013 – 31 Wx 136/ 13, MDR 2013, 857; Krafka, Rz. 2124. Soweit, wie das OLG annimmt, das Steuerrecht diese Organisationsform gebieten, handelt es sich um einen Fall des § 22 BGB. Auf dem Boden der Kita-Rechtsprechung wohl zutreffend VG Augsburg v. 14.11.2018 – Au – 4 K 18.1400, npoR 2019, 171 mit Anm. Könen; jetzt auch VG Berlin v. 21.11.2019 – 29 K 279.18, juris. 4 Schl.-Holst. OLG v. 22.6.2010 – 2 W 42/10, MDR 2010, 1408 = Rpfleger 2010, 669. 5 OLG Hamm v. 11.7.2017 – 27 W 144/16, Rz. 26 bei juris. 6 OLG Bremen v. 7.9.1988 – 1 W 58/88, OLGZ 1989, 1 = Rpfleger 1988, 532. 7 RG 78, 78 (80). 8 KG v. 17.7.1992 – 1 W 6555/90, MDR 1993, 79 = FamRZ 1993, 443 = OLGZ 1993, 30 = Rpfleger 1993, 69. 9 Bdb. OLG v. 23.1.2020 – 7 W 41/19, MDR 2020, 420.
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2. Idealverein und wirtschaftlicher Verein (§§ 21, 22 BGB) | Rz. 105 V.
(13) Der Haus- und Grundbesitzerverein1. (14) Eine Interessenvertretung Kreditkarten emittierender Banken mit Förderung und Koordination dieser Tätigkeit2. (15) Ein Kassenärzteverein, dessen Zweck es sein soll, seinen Mitgliedern die Möglichkeit zu verschaffen, bei den im Vereinsgebiet bestehenden Krankenkassen als Kassenarzt tätig zu sein, auch wenn der Verein für seine Mitglieder mit diesen Krankenkassen Verträge abschließt und sich an deren Durchführung beteiligt (Vorläufer der heutigen kassenärztlichen Vereinigungen, s. auch Rz. 106 Nr. 3, Nr. 30)3. (16) Ein Verein zur Förderung der Waldorfpädagogik, obwohl er im Nebenzweck unternehmerisch eine kleinere Kindertagesstätte (zu dieser sonst unten Rz. 106 Nr. 23) mit einer Gruppe von nur 15 Kindern unterhält, weil er damit nur die Theorie erprobt.4 Etwas anderes galt nach der OLG-Rechtsprechung bis 2017 bei der größeren Gruppen (z.B. 40 Kindern),5 Zu den Kita-Entscheidungen des BGH s. Rz. 76. (17) Der Kommunale Schadenausgleich als Zusammenschluss von Gemeinden und Gemeindeverbänden, der durch Umlage Haftpflicht und Kfz-Schäden seiner Mitglieder ausgleicht.6 (18) Der unternehmerische Betrieb einer Kletterhalle zwingt im Rahmen des Nebenzweckprivilegs nicht zur Löschung eines Vereins, der das Bergsteigen und alpine Sportarten fördern will, soweit mit der wirtschaftlichen Betätigung das nichtwirtschaftliche Betätigungsfeld gefördert wird und ein funktionaler Zusammenhang zwischen nichtwirtschaftlicher und wirtschaftlicher Tätigkeit besteht.7 (19) Ein Landwirtschaftsverein mit dem Zweck, die Lage des ländlichen Grundbesitzes allgemein zu heben und den technischen Fortschritt der Landwirtschaft im Ganzen zu fördern, und zwar auch bei Abgabe von Zuchttieren und Gerätschaften an die Mitglieder8 (s. aber auch Rz. 106 Nr. 7, Nr. 27 und Nr. 48).
1 RG 88, 334; Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen seiner Mitglieder insoweit, als deren Haus- und Grundbesitz betroffen ist, s. BGH v. 4.10.1983 – VII R 16/ 82, BB 1984, 459. 2 LG Frankfurt/M. v. 17.6.1994 – 2/9 T 214/94, NJW 1996, 2039; Eyles, NJW 1996, 1994. 3 RG 83, 231. 4 OLG Stuttgart v. 3.12.2014 – 8 W 447/14, juris. Problematisch, soweit nach dem Tatbestand durch den eingetragenen Verein zugleich Spendenmittel und andere Einnahmen zur Verwendung anderer nicht zu diesem Verein gehöriger Waldorfeinrichtungen erworben werden sollen. 5 Bdb. OLG v. 4.8.2014 – 7 W 83/14, juris, wo ein solcher Verein nur aus Bestandsschutzgründen im Vereinsregister gehalten wird. Großzügiger bereits Bdb. OLG v. 23.6.2015 – 7 W 23/15, juris. 6 BGH v. 21.1.2016 – V ZB 19/15, MDR 2016, 704 = NotBZ 2016, 384 mit Anm. Waldner = Rpfleger 2016, 470; Schmidt-Räntsch, ZNotP 2016, 300. 7 OLG Frankfurt v. 28.10.2010 – 20 W 254/10, SpuRt 2011, 125; Terner, EWiR 2011, 365. 8 KGJ 36 A 146.
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V. Rz. 105 | Der Zweck des Vereins
(20) Der Lohnsteuerhilfeverein (s. Rz. 146). (21) Ein Verein zum Betrieb von Lotseneinrichtungen1. (22) Ein genossenschaftlicher Prüfungsverband (§ 63b Abs. 1 GenG): (23) Ein Rabattsparverein, der keine wirtschaftlichen Geschäfte betreibt, auch wenn er den Zweck verfolgt, die Lage seiner Mitglieder zu heben. (24) Der Reisedienst eines (übergeordneten) Kolpingwerkes2. (25) Ein Saunaverein, selbst wenn er aufgrund Vereinbarung mit dem Vermieter und auf dessen Rechnung auch Nichtmitglieder einlässt3. (26) Ein Schulverein, dessen Zwecke die Erteilung von Unterricht und Erziehungsaufgaben sind, auch wenn er Schulgelder erhebt und aus ihnen Lehrer bezahlt und deren Ruhegeld bestreitet (s. aber auch Rz. 106 Nr. 23)4. (27) Vereine (Verbände) zum Schutz der gewerblichen Interessen der Mitglieder wie ein Fabrikantenverband oder Warenhausverband5 oder ein Schutzverband für den Handel6. (28) Ein Verein zur Veranstaltung eines (jährlichen) Straßen- oder Hafenfestes zur Pflege der Tradition und mit vorwiegend kulturellem Unterhaltungsprogramm, dessen wirtschaftlicher Teil (organisierte Verkaufstätigkeit mit Vermieten von Stellplätzen an Schausteller) Nebenzweck ist7 (s. aber auch Rz. 106 Nr. 51). (29) Ein Verein zur Minimierung von Umweltschäden durch Kraftfahrzeuge, auch bei Nutzung vom Verein gekaufter oder geleaster Kraftfahrzeuge durch die Mitglieder gegen Erstattung der Nutzungskosten (wurde als untergeordnete Vereinsaufgabe angesehen, s bereits Nr. 6)8. (30) Ein Verein zum Zwecke des Erwerbs und der teilweisen Vermietung eines Vereinshauses9. (31) Ein Verein, der sich hauptsächlich mit der kostenlosen Vermittlung von Vermögensvorteilen für seine Mitglieder befasst10 (= Vermittlung eines verbilligten Einkaufs von Waren durch die Mitglieder selbst) (s. aber auch Rz. 106 Nr. 5, Nr. 6, Nr. 27).
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LG Aurich NdsRpfl 1960, 269; s. dazu jedoch auch K. Schmidt, Rpfleger 1972, 346. OLG Hamm v. 18.2.2003 – 15 W 427/02, Rpfleger 2003, 370. Schl.-Holst. OLG v. 6.8.2010 – 2 W 112/10, MDR 2011, 57. OLG Hamburg 15, 323. RG 95, 93. OLG Braunschweig OLG 42, 251. Schl.-Holst. OLG v. 4.1.2001 – 2 W 130/00, NJW-RR 2001, 1478. LG Bremen v. 22.8.1991 – 2 T 363/91, Rpfleger 1992, 67. RG 85, 256. LG Traunstein MDR 1962, 734; bedenklich.
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2. Idealverein und wirtschaftlicher Verein (§§ 21, 22 BGB) | Rz. 106 V.
(32) Ein Warenkreditverein, dessen Hauptzweck die statistische Erfassung von Kundenkrediten und Erziehung der Konsumenten zur Barzahlung war; dabei war die Vermittlung von Kreditbriefen nicht hinderlich1. (33) Ein von Betriebsangehörigen (darunter Mitglieder des Betriebsrats) gegründeter Verein mit dem Zweck, die Bewirtschaftung der vom Arbeitgeber finanziell mitgetragenen Werkskantine als betriebliche Sozialeinrichtung zu übernehmen.2 (34) eine DRK-Schwesternschaft, die als Entleiherin von Arbeitskräften gegen Entgelt eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt.3 bb) Als wirtschaftliche Vereine sind anzusehen (oder wurden betrachtet): (1) Ein Abfallbeseitigungsverband, den wirtschaftliche Unternehmer als Erzeuger oder Besitzer von Abfällen mit der Erfüllung ihrer Verwertungs- und Beseitigungspflichten beauftragen4 (§ 17 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz – idF. v. 27.9.1994, BGBl. I 2705). (2) Ein sog. Abmahnverein5, dessen (einzige) tatsächlich ausgeübte Aktivität darin besteht, wegen (geringfügiger) wettbewerbsrechtlicher Verstöße Abmahnbescheide zu versenden und zugleich pauschalen Aufwendungsersatz zu verlangen. (3) Eine zentrale Abrechnungsstelle der einen Heilberuf ausübenden Mitglieder gegenüber privaten oder gesetzlichen Krankenkassen oder anderen Sozialversicherungsträgern6 (s. auch Nr. 22, Nr. 30 und Rz. 105 Nr. 13). (4) Ein Antennenverein zur gemeinschaftlichen Nutzung und Unterhaltung einer von Mitgliedern errichteten Rundfunk- und Fernsehempfangsantenne7 (s. auch „Garagenverein“).
1 OLG München JFG 20, 61. 2 BayObLG 1973, 303 = MDR 1974, 400 = Rpfleger 1974, 13. 3 BAG v. 21.2.2017 – 1 ABR 62/12, ECLI:DE:BAG:2017:210217.B.1ABR62.12.0, BAGE 158, 121–141. 4 LG Bremen v. 16.12.1999 – 2 T 933/99, Rpfleger 2000, 165 = NVwZ-RR 2000, 675. 5 BayObLG v. 24.2.1983 – BReg 2 Z 1/83, Rpfleger 1983, 282 mit Anm. Prelinger; VG Schleswig v. 31.7.1984 – 3 A 197/83, ZIP 1984, 1229; AG Frankfurt AG Frankfurt/M. v. 10.4.1984 – 73 AR 4/84, ZIP 1984, 708. Zur Abgrenzung der Tätigkeit eines als Idealverein organisierten Verbandes zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs von einem Abmahnverein, dessen Tätigkeit (Verfolgung von Wettbewerbsverstößen) dem Zweck dient, Gebühren und Vertragsstrafen einziehen zu können, BGH v. 19.5.1988 – I ZR 52/86, NJW-RR 1988, 1444 = MDR 1988, 1028 und BGH v. 5.10.1989 – I ZR 56/89, MDR 1990, 130 = NJW-RR 1990, 102 m.w.N. Dazu auch K. Schmidt, Wettbewerbsrechtliche und Vereinsrechtliche Instrumente gegen die Tätigkeit der Abmahnvereine, NJW 1983, 1520. 6 KG v. 26.1.1979 – 1 W 3792/77, OLGZ 1979, 279; LG Bonn v. 1.7.1985 – 5 T 54/85, MDR 1986, 53; OLG Hamm v. 20.10.1990 – v. 20.10.1980 – 15 W 131/80, Rpfleger 1981, 66 (Vereinigung von Physiotherapeuten). 7 LG Mühlhausen v. 23.5.1996 – 1 T 4/96, DtZ 1996, 245.
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V. Rz. 106 | Der Zweck des Vereins
(5) Ein Verein zur Erzielung von Einkaufsvorteilen für Gewerbetreibende mit dem Hauptzweck, zugunsten seiner gewerblichen Mitglieder bei herstellenden Unternehmen Einkaufskonditionen auszuhandeln1, (6) Die Einkaufszentrale für Gewerkschaftsmitglieder, die den preisgünstigen Erwerb von Bedarfsgütern vermitteln soll2 (s. auch Rz. 105 Nr. 28). (7) Eine als Verein errichtete Erzeugergemeinschaft i.S.d. Marktstrukturgesetzes (s. Rz. 136 ff.). (8) Ein Verein zur Förderung einzelner Mitglieder bei der Finanzierung von Einfamilienhäusern, Kauf von Eigentumswohnungen, Sanierung von Altbauten sowie Umschuldung durch (zinslose) Darlehen3, (9) Ein Filmvorführverein, wenn die entgeltliche Vorführung im Vordergrund, Vor- und Nachbereitung (Diskussion und Auswahl) der Filme im Hintergrund der tatsächlichen Vereinstätigkeit stehen (nach den Kita-Entscheidungen fraglich geworden),4 (10) Der Betrieb eines Fitnessstudios, dessen Nutzung zu einem „preiswerten Mitgliedsbeitrag“ beworben wird und dessen Vorstände hauptberuflich entgeltlich tätig sind,5 (11) Ein forstwirtschaftlicher Zusammenschluss mit wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb (s. Rz. 140 ff.), (12) Der Betrieb eines (vormals kommunalen) Freibads mit Einlass von ordentlichen und „Tagesmitgliedern“,6 (13) Ein Garagenverein (Garagengemeinschaft), dessen Zweck die Pflege und Wartung (Verwaltung und Nutzung sowie Erhaltung) der Garagen für die Vereinsmitglieder (damit Schutz und Förderung von Vermögensinteressen) ist7 (s. auch „Antennenverein“). (14) Die Gefriergemeinschaft8 zur gemeinsamen Nutzung und Unterhaltung einer Tiefgefriertruhe. 1 OLG Hamm v. 20.1.2000 – 15 W 446/99, MDR 2000, 841 = NJW-RR 2000, 698 = Rpfleger 2000, 277. 2 AG Alzenau BB 1961, 8. 3 LG Kassel v. 7.3.1986 – 2 T 48/86, Rpfleger 1986, 228. 4 KG v. 20.1.2011 – 25 W 35/10, juris. 5 Pfälz. OLG v. 3.9.2013 – 3 W 34/13, Rpfleger 2014, 214 = NotBZ 2014, 197 = ZStV 2014, 97 m. (in der Begründung) abl. Anm. Morgenroth. 6 OLG Karlsruhe v. 30.8.2011 – 14 Wx 51/11, MDR 2012, 173. 7 Bdb. OLG v. 8.7.2014 – 7 W 124/13, juris; BezG Chemnitz Rpfleger 1983, 162 m. insoweit zust. Anm. Petters; BezG Chemnitz DtZ 1994, 158; LG Chemnitz v. 23.8.1994 – 7 T 2916/ 94, DtZ 1994, 412. Das schließt auch Eintragung einer „weitergeführten Gemeinschaft von Bürgern“ nach §§ 266 ff. ZGB-DDR mit solchem Vereinszweck aus, BezG Chemnitz DtZ 1994, 158 = Rpfleger 1993, 162, krit. dazu für ehem. ZGB-Gemeinschaft Schubel, DtZ 1994, 132. Zur Abgrenzung s. Bdb. OLG v. 23.1.2020 – 7 W 41/19, MDR 2020, 420. 8 LG Lübeck SchlHA 1964, 22.
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2. Idealverein und wirtschaftlicher Verein (§§ 21, 22 BGB) | Rz. 106 V.
(15) Vereinigungen mit typisch genossenschaftlicher Zielsetzung und Organisation.1 Zu Nachbarschaftsläden, Dorfgemeinschaftsläden,2 sog., Seniorengenosssenschaften3 u.Ä. s. jetzt aber Rz. 136. (16) Ein Gewinnsparverein4, der sich mit der Hereinnahme von Spargeldern und der Auslosung der Gewinne befasst. (17) Ein Verein zur Vermarktung ideeller Güter nach Art von Wirtschaftsgütern, der dabei die Verbreitung seines Ideengutes untrennbar mit in geschäftsmäßig organisierter Form verfolgten finanziellen Erfolgen verbindet (Scientology Center)5 (s. aber auch Rz. 80). (18) Ein Verein der Immobilienmakler6 zur „Zusammenführung von Angebot und Nachfrage“ sowie zur „obligatorischen Durchführung des Gemeinschaftsgeschäfts“. (19) Ein Verein zur Informationsverbreitung von verbraucherfreundlichen und innovativen Produkten via EDV-Preisvergleichen mit Verbreitung über das Internet7. (20) Ein Internetverein8 zur Förderung privat betriebener Datenkommunikation, wenn die entgeltliche Bereitstellung von Zugängen zu Kommunikationsnetzwerken auf Erzielung von Einkünften durch den Verein oder darauf gerichtet ist, den Vereinsmitgliedern (kostengünstige) Zugangsmöglichkeiten zum Internet anzubieten. (21) Ein Kapitalanlageverein9, dessen Zweck die Beteiligung an Unternehmen ist. (22) Eine Vereinigung von Kassenärzten, die zum Notfalldienst verpflichtet sind, mit dem Zweck, die Vertragsärzte bei der Erfüllung der ihnen obliegenden öffentlich-rechtlichen Pflicht zur Präsenz – auch mit Aufbau und Betrieb einer zen-
1 BayObLG 1978, 87 (92). Die Rechtsform der Genossenschaft selbst ist allerdings aufgrund hoher Prüfungskosten etc. oft keine echte Alternative, dazu Bösche, npoR 2014, 229. 2 Zur Genehmigungspraxis in Rheinland-Pfalz und den in anderen Bundesländern geübten Behelfskonstruktionen s. Grumbach, Dorfläden als wirtschaftliche Vereine in Grumbach/ Bösche, Wirtschaftliche Vereine, 2010, S. 5 ff. 3 Ausf. mit Appell an den Gesetzgeber Wintergerst npoR 2017, 11. 4 LG Stuttgart BB 1952, 702 = NJW 1952, 1139. 5 OLG Düsseldorf v. 12.8.1983 – 3 W 268/82, DNotZ 1984, 486 = MDR 1984, 50 = NJW 1983, 2574 = OLGZ 1983, 408 = Rpfleger 1983, 407 Ls. mit Anm. Schriftl.; VG München GewArch 1984, 329; VG Stuttgart v. 30.9.1993 – 8 K 697/92, NVwZ 1994, 612; a.A. LG Hamburg v. 17.2.1988 – 71 T 79/85, NJW 1988, 2617; VGH Mannheim v. 12.12.2003 – 1 S 1972/00, GewArch 2004, 191 ff. (197) mit zust. Anm. Segna; NVwZ 2004, 1446 ff.; VGH Bay. München v. 2.11.2005 – 4 B 99.2582 – NVwZ-RR 2006, 297. 6 OLG Celle v. 5.5.1995 – 20 W 4/95, NJW-RR 1996, 1502 = NdsRpfl 1995, 164; OLG Düsseldorf v. 24.1.1996 – 3 Wx 484/95, NJW-RR 1996, 989. 7 LG Saarbrücken v. 24.8.1999 – 5 T 440/99, Rpfleger 2000, 25. 8 Zu solchen Vereinen OFD Münster BB 1996, 676; AG Passau v. 30.4.1999 – VR 1720, Rpfleger 1999, 401. 9 OLG Celle OLGR Celle 2000, 29.
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V. Rz. 106 | Der Zweck des Vereins
tralen Abendsprechstunde – organisatorisch zu unterstützen.1 Ein Verein mit dem ausschließlichen Zweck der „ambulanten Notfallversorgung im Rahmen des Sicherstellungsauftrags des Gesetzgebers zur kassenärztlichen Versorgung im Bereich eines Notfallbezirks“ (ohne weitergehende Verlagerung der Mitgliedertätigkeit in die Räume der Notfallpraxis) wurde hingegen als Idealverein angesehen2, (23) Ein staatlich als gemeinnützig geförderter Verein mit unternehmerischem Betrieb einer Kindertagesstätte bzw. eines Kindergartens.3 Die Zahlung von Kostendeckungsbeiträgen allein führte nach dieser Rechtsprechung aber jedenfalls dann nicht zwingend zu unternehmerischer Tätigkeit, wenn die Mitglieder sich zugleich aktiv einbringen.4 Auf einer ersten Stufe war also nach der Rechtsprechung einiger OLG nach dem Zuschnitt eines Kita-Vereins im Einzelfall zu klären, ob die Inanspruchnahme der Betreuungsleistungen für das eigene Kind als mitgliederschaftstypisch angesehen werden kann oder ob die Beziehung der Eltern zum Verein eher als kundenähnlich einzustufen ist (oben Rz. 80). Relevante Aspekte sind dabei, ob auch die Kinder von Nichtmitgliedern aufgenommen werden und wie intensiv der persönliche Einsatz der Mitglieder ist.5 Der BGH hat mehrere Kammergerichtsentscheidungen aufgehoben und gewährt jedenfalls jedem als steuerlich gemeinnützig anerkannten Kita-Verein die Eintragung (Rz. 76). Ein Betriebskindergarten, der bevorzugt die Kinder von Firmenangehörigen aufnimmt und im Übrigen Leistungen zu marktüblichen Entgelten erbringt, wurde jüngst nicht als gemeinnützig anerkannt.6 (24) Der kommunale Schadensausgleich, d.h. ein Zusammenschluss von Gemeinden und Gemeindeverbänden mit dem Zweck, im Umlageverfahren Haftpflicht-, Kraftfahrt- und Unfallkostenrisiken der Mitglieder zu tragen,7 (25) Ein Verein zur Förderung der Klaviermusik, der seine Einnahmen hauptsächlich aus der Veranstaltung von öffentlichen Konzerten generiert und lediglich einen symbolischen Mitgliedsbeitrag verlangt,8 1 OLG Hamm v. 18.11.1996 – 15 W 346/96, NJW-RR 1997, 1530. 2 LG Bonn v. 15.8.2001 – 4 T 469/01, Rpfleger 2001, 600. 3 KG v. 18.1.2011 – 25 W 14/10, DNotZ 2011, 632. Die ablehnende Anmerkung von Menges, ZStV 2012, 63 verkennt, dass steuerrechtliche Aspekte und bürgerlich-rechtlicher Vereinsbegriff nicht parallel laufen (dahin allerdings aus historischer Sicht auch Judis, lt. Tagungsbericht, npoR 2014, 94, 96). Generell kritisch zur Einordnung von Kita-Vereinen als Idealverein Winheller, DStR 2012, 1562, DStR 2013, 2009, DStR 2012, 1562. Zur Gegenposition s. Tagungsbericht, npoR 2014, 94. 4 Schl.-Holst. OLG v. 18.9.2012 – 2 W 152/11, ZStV 2013, 142 mit zust. Anm. A. Werner. 5 Ideeller Zweck bejaht von OLG Stuttgart v. 3.12.2014 – 8 W 447/14, juris für eine Gruppe von 15 Kindern. Allgemein für „kleinere Gruppen“ Schl.-Holst. OLG v. 18.9.2012 – 2 W 152/11, ZStV 2013, 142 mit zust. Anm. A. Werner. Anders bei 40 Kindern Bdb. OLG v. 4.8.2014 – 7 W 83/14, juris. 6 FG Düsseldorf v. 28.10.2019 – 6 K 94/16, DStR 2020, 733. Az des BFH: V R 1/20. 7 KG v. 6.1.2015 – 1 W 252/14, KG v. 6.1.2015 – 1 W 250-252/14, NotBZ 2015, 263 mit Anm. Waldner = ZIP 2015, 168. 8 KG v. 7.3.2012 – 25 W 95/11, DStR 2012, 1195. Krit. dazu Dehesselles, DStR 2012, 2309.
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2. Idealverein und wirtschaftlicher Verein (§§ 21, 22 BGB) | Rz. 106 V.
(26) Ein Verein zur Durchführung von Lehrgängen1 für jedermann zu kostendeckenden Preisen. (27) Die Mähdreschgenossenschaft2, deren Zweck sich auf die Anschaffung und Instandhaltung landwirtschaftlicher Maschinen im Interesse der Mitglieder richtet. (28) Ein Verein, der zur Mittelbeschaffung für einen nichtwirtschaftlichen Vereinszweck (betriebliche Unterstützungskasse – oben Rz. 105 Nr. 8) Investitionen in Immobilienwerten (unter Einsatz zusätzlicher Fremdmittel) zur gewerblichen Vermietung und Verpachtung und damit überwiegend wirtschaftliche Betätigung in Form von Immobiliengeschäften beabsichtigt („Sachorientierte Versorgungseinrichtung“)3, (29) Ein Verein zur Wahrnehmung von Patientenrechten, der sich auch an gewerblich tätigen Personengesellschaften beteiligen will,4 (30) Die privatärztliche Verrechnungsstelle5, deren Hauptzweck die Übernahme der den Ärzten bei der Geltendmachung und Einziehung obliegenden Arbeiten ist, auch wenn die Vereinigung daneben noch die Aufklärung und Beratung der Mitglieder betreiben soll (s. Nr. 3 und Rz. 105 Nr. 13). (31) Ein Verein, der Lokale betreibt, in denen geraucht werden darf, und der abgesehen von einem Mindestalter jedermann sofort am Eingang gegen Zahlung eines einmaligen Jahresbeitrags von 1 € aufnimmt und jederzeit Mehrfachmitgliedschaften akzeptiert, ist in Wahrheit schon nicht mitgliedschaftlich strukturiert.6 Er verfolgt erkennbar einen hauptsächlich wirtschaftlichen Zweck. In Bundesländern, die das Rauchen in öffentlich zugänglichen Räumen verbieten, kann außerdem die Ausübung des Vereinszwecks unmöglich sein. Denn bei derartiger Organisation eines Rauchervereins muss das öffentlich-rechtliche Rauchverbot nicht zwischen Vereinsöffentlichkeit und allgemeiner Öffentlichkeit unterscheiden.7
1 LG Hamburg v. 7.10.1985 – 71 T 39/85, NJW-RR 1986, 417. 2 LG Lübeck SchlHA 1962, 102; bestritten. 3 OLG Düsseldorf v. 10.12.1997 – 3 Wx 488/97, NJW-RR 1998, 683. Vgl. aber auch OLG München v. 28.5.2013 – 31 Wx 136/13, MDR 2013, 857. 4 KG v. 23.6.2014 – 12 W 66/12, Rpfleger 2014, 683. 5 LG Hagen Rpfleger 1959, 348; a.A. OLG Braunschweig OLG 42, 251, das die „Beitreibung von Außenständen“ bei einem Schutzverband nicht dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zurechnet. 6 BVerfG v. 24.9.2014 – 1 BvR 3017/11, NJW 2015, 612, spricht von „offener Mitgliederstruktur“. Zu Unrecht lässt das OLG Stuttgart v. 16.7.2018 – 8 W 428/15, MDR 2018, 1387 Tagesmitgliedschaften zu, um eine nur dem Verein zur Ausübung durch seine Mitglieder erteilte flugverkehrsrechtliche Genehmigung einer breiteren Öffentlichkeit nutzbar zu machen. 7 BVerfG v. 24.9.2014 – 1 BvR 3017/11, NJW 2015, 612.
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V. Rz. 106 | Der Zweck des Vereins
(32) Ein Verein mit dem Zweck, länderübergreifend in Verbindung mit Sparkassen ein sog. „PS-Lotterie-Sparen“ durchzuführen und zu veranstalten (jedenfalls bei eigenem Geschäftsbetrieb)1, (33) Die Komödienbühne zum Betrieb einer Schauspielbühne2, (34) Die Selbsthilfe-Siedlergemeinschaft3, die durch einen Bauträger Kleinsiedlungen oder Eigenheime für ihre Mitglieder errichten lässt (s. auch Rz. 105 Nr. 1) ebenso wie ein Verein, der Eigentumswohnungen der Preisspekulation entziehen will, indem er sie selbst erwirbt und ohne Gewinnerzielungsabsicht an seine Mitglieder vermietet,4 (35) Ein Verein zur Personenbeförderung mit Skischleppliften und Seilbahnen5 gegen Entgelt, dessen Mitglieder Anteile darlehensweise zu übernehmen haben und dafür aus den Gewinnen Zinsen erhalten sollen. (36) Ein unternehmerisch betriebener Spielklub6, der Spielgewinne für bestimmte Personen (Vorstandsmitglieder) erwirtschaften soll, auch wenn sein Zweck mit „Pflege von Geschicklichkeitsspielen aller Art“ beschrieben ist. (37) Ein Sterbeunterstützungsverein7 mit einem nach kaufmännischen Gesichtspunkten eingerichteten Versicherungsvermittlungsbetrieb zur Vermittlung eines verbilligten Versicherungsschutzes für die Mitglieder. (38) Ein Tauschring8 (auch als Seniorenhilfeverein), dessen Mitglieder einander Leistungen gegen Gutschrift eigener Verrechnungseinheiten erbringen. (39) Die Taxi-Zentrale9, die als gewerblicher Nebenbetrieb Hilfsgeschäfte für die gewerblichen Unternehmen der Mitglieder ausführen soll, sowie der Zusammenschluss von Kraftdroschkenhaltern10 mit dem Ziel, die Tätigkeit der Einzelunternehmer zu koordinieren und mittels eines gemeinsamen Dienstbetriebs zu fördern. (40) Eine Technische Prüf- und Vertriebsstelle des Schornsteinfegerhandwerks11,
1 LG Potsdam v. 24.3.1994 – 5 T 47/94, Rpfleger 1994, 361. 2 AG Stuttgart Betrieb 1964, 1735. 3 LG Hagen Rpfleger 1969, 297 mit zust. Anm. Schweyer; außerdem OLG Köln Rpfleger 1977, 65. 4 Schl.-Holst. OLG v. 18.4.2012 – 2 W 28/12, Rpfleger 2012, 693. 5 OLG Stuttgart OLGZ 1971, 465. 6 Fall OLG Karlsruhe v. 12.3.1991 – 2 Ss 190/90, Justiz 1991, 428. 7 RG 145, 343. 8 Die eigenunternehmerische Vereinstätigkeit ist auf Verschaffung wirtschaftlicher Vorteile gerichtet; a.A. Brandenstein/Corino/Petri, NJW 1997, 825 (826). 9 BGHZ 45, 395 = MDR 1966, 908 = NJW 1966, 2007; dadurch Vorlagebeschluss des OLG Hamm NJW 1966, 856 erledigt; ebenso OLG Frankfurt BB 1966, 52 = Rpfleger 1966, 176; enger (nur bei kaufmännischer Organisation) Schad, Rpfleger 1998, 185 (190). 10 BVerwG 58, 26 = MDR 1979, 959 = NJW 1979, 2261. 11 LG Oldenburg v. 30.5.1978 – 5 T 59/78, Rpfleger 1978, 371.
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2. Idealverein und wirtschaftlicher Verein (§§ 21, 22 BGB) | Rz. 106 V.
(41) Ein Time-Sharing-Verein1 zur Vergabe sog. Ferienwohnrechte an Ferienwohnungen gegen Entgelt bei gleichzeitigem Erwerb der Vereinsmitgliedschaft (auch wenn der Verein satzungsgemäß für sich keinen Gewinn erstrebt), (42) Ein Verein mit dem (heute wegen der Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft praktisch nicht mehr gefragten) Zweck, als Treuhänder einer Wohnungseigentümergemeinschaft ihm gehörende Eigentumswohnungen und Tiefgaragenplätze an Dritte zu vermieten2 (auch wenn er satzungsgemäß keinen Gewinn erstrebt). (43) Die unternehmerische Tätigkeit am Markt, wenn hierzu der Verein nur als organisatorische Sonderform für den vom Vorsitzenden (oder einem Mitglied) eingerichteten und ausgeübten Geschäftsbetrieb (z.B. zur Vermietung eines Segelschiffs) geführt wird3, (44) Ein Verbraucherschutzverein, der satzungsmäßig in Fragen der Kapitalanlage beraten und informieren sowie Musterprozesse von Anlegern fördern will, jedoch den Eindruck des Gerichts nicht widerlegen kann, dass im Kern enttäuschten Kapitalanlegern andere Fondsbeteiligungen vermittelt werden sollen,4 (45) Ein Verkehrsverein5 zur Förderung des Fremdenverkehrs und Vermittlung von Unterkünften für Feriengäste, der praktisch als Buchungsstelle für Zimmerreservierungen fungiert, (46) Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit können allein aufgrund aufsichtsrechtlicher Genehmigung entstehen Rz. 80). (47) Eine Wassergenossenschaft6 (Wasserbeschaffungsverein7), (48) Ein als „Weide- und Landschaftspflege-Gemeinschaft“ organisierter Verein zur Betreuung von Tieren der Mitglieder in Einrichtungen (Ställen, Zäunen, Wasserversorgung) des Vereins und Führung des dazu erforderlichen landwirtschaftlichen Betriebs8 (Genossenschaftszweck nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 GenG). (49) Eine von Gewerbetreibenden in Vereinsform errichtete Werbegemeinschaft, wenn sie mit einem kaufmännisch organisierten Betrieb Hilfsgeschäfte für die gewerblichen Unternehmungen der Mitglieder ausführen soll9 (zur Abgrenzung s. auch Rz. 105 Nr. 10 u. 27). 1 BayObLG 1989, 124 = BayObLG v. 6.4.1989 – BReg 3 Z 10/89, DNotZ 1990, 103 = MittBayNot 1989, 204. 2 OLG Frankfurt v. 22.5.2006 – 20 W 542/05, NJW-RR 2006, 1698. 3 OLG Düsseldorf v. 11.12.1978 – 3 W 209/78. Rpfleger 1979, 259. 4 AG Lemgo v. 16.8.2012 – 6 AR 77/12, juris. 5 OLG Celle v. 26.8.1991 – 20 W 12/91, Rpfleger 1992, 66, NdsRpfl 1991, 274. 6 BayObLG 1978, 87 = MDR 1978, 843 = MittBayNot 1978, 100 = Rpfleger 1978, 249. 7 BayObLG v. 8.4.1999 – 3Z BR 302/97, NJW-RR 1999, 765; LG Lübeck Rpfleger 2009, 29. 8 AG Schönau/Schw. OLG Düsseldorf v. 4.1.1993 – 1 Ws 1209/92, 1 Ws 1210/92, MDR 1993, 568 = Rpfleger 1993, 303. 9 BayObLG 1977, 19 sowie OLG Bremen v. 7.9.1988 – 1 W 58/88, OLGZ 1989, 1 = Rpfleger 1988, 532.
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V. Rz. 106 | Der Zweck des Vereins
(50) Ein Verein, der den Betreibern von Windkrafträdern die erforderlichen Zufahrtswege und Leitungsrechte auf Gemeindegrund entgeltlich bereitstellen und aus den Erlösen gemeinnützige Einrichtungen in diesen Gemeinden fördern will,1 (51) Ein Verein zur Erhaltung, Pflege und (als Hauptzweck) Durchführung von Wochenmärkten in …2 (s. auch Rz. 105 Nr. 25).
3. Der gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zweck (§§ 51–68 AO 1977) Literatur: s. Kapitel XXVIII, vor Rz. 1818.
a) Voraussetzungen einer Steuerbegünstigung 107
Verschiedene Privilegien sind für (rechtsfähige und nicht rechtsfähige) Vereine (und andere Körperschaften) vorgesehen, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen. Vereine, die einen steuerbegünstigten Zweck i.S.d. § 51 der Abgabenordnung (AO) verfolgen, werden in einem weiteren Sinn auch allesamt als „gemeinnützig“ bezeichnet.3 Auf die unterschiedlichen Zwecke innerhalb des § 51 AO kommt es anders als nach früherer Rechtslage heute nur noch in wenigen Teilbereichen an, so im Spendenrecht (u.a. Behandlung von Mitgliedsbeiträgen, Rz. 1849) und für das kostenrechtliche Privileg des § 91 GNotKG (Rz. 1709). Steuerbegünstigte Körperschaften sind von der Körperschaft-, Gewerbe-, Erbschaft- sowie Schenkungsteuer, Grund- und Grunderwerbsteuer überwiegend befreit. Der Umsatzsteuer unterliegen ihre Leistungen, soweit nicht eine generelle Befreiung greift, mit dem ermäßigten Steuersatz von 7 % (§ 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG, § 28 Abs. 2 UStG: temporär 5 %). Sie genießen aber vollen Vorsteuerabzug. Spenden an steuerbegünstigte Vereine sind (unter bestimmten weiteren Voraussetzungen) bei Veranlagung des Gebers zur Einkommen- oder Körperschaftsteuer abzugsfähig (Darstellung Rz. 1873 ff.).
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Die Grundlagen des Gemeinnützigkeitsrechts regelt die Abgabenordnung (AO) in den §§ 51–68. Die eigentlichen Begünstigungen (Befreiung oder Ermäßigung von Steuern) und deren etwaigen weiteren Voraussetzungen sind in den einzelnen Steuergesetzen (KStG, GewStG, UStG, ErbStG, GrStG) ausgesprochen. Wenn ein Einzelsteuergesetz eine Steuerbefreiung oder -vergünstigung vorsieht, so wird sie nur gewährt (s. § 59 AO), wenn
1 Das OLG Jena v. 30.10.2012 – 9 W 415/12, juris, lehnt hier zu Recht auch die Anwendung des Nebenzweckprivilegs ab. 2 LG Hanau v. 19.2.2001 – 3 T 118/00, NJW-RR 2002, 102. 3 Fischer/Helios, Vereinsbesteuerung in der Praxis, 2008, S. 1.
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3. Der gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zweck (§§ 51–68 AO 1977) | Rz. 112 V.
– der Zweck des Vereins den Anforderungen der §§ 52–54 AO über gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke und des § 55 AO über die Selbstlosigkeit der Förderung oder Unterstützung eines solchen Zwecks entspricht, – dieser steuerbegünstigte Vereinszweck sich hinreichend konkret1 aus der Satzung ergibt (Anforderungen: § 60 AO) und durch Vermögensbindung (§ 61 AO) auch über das Ende des Vereins hinaus fortsetzt. Die tatsächliche Geschäftsführung muss den Satzungsbestimmungen entsprechen. D.h. der Verein muss selbstlos (§ 55 AO), ausschließlich (§ 56 AO) und unmittelbar (§ 57 AO)2 auch tatsächlich den gemeinnützigen Zweck verfolgen. Die Finanzverwaltung lässt für spezielle gesamtgesellschaftliche Förderbedarfe Ausnahmen zu (zu Covid-19 s. Anhang D Nr. 3).3 Das Unmittelbarkeitserfordernis4 ist bei Dachverbänden ihrerseits gemeinnütziger Vereine gewahrt (§ 57 Abs. 2 AO). Eine Körperschaft kann nur dann steuerbegünstigt sein, wenn sich ihre Betätigungen im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung halten. Sie darf nach ihrer Satzung und bei ihrer tatsächlichen Geschäftsführung keine Bestrebungen i.S.d. § 4 des Bundesverfassungsschutzgesetzes fördern und dem Gedanken der Völkerverständigung nicht zuwiderhandeln (§ 51 Abs. 3 AO).5 Dabei sind die Leistungen einer Körperschaft für das Gemeinwohl nicht im Wege einer Gesamtschau gegen Anhaltspunkte für eine verfassungsfeindliche tatsächliche Geschäftsführung abzuwägen.6
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Nachfolgend sind zunächst nur die Vorgaben an den satzungsmäßigen Zweck erörtert. Zu den Anforderungen an die tatsächliche Umsetzung der Zweckbindung, zu Ausnahmen (einschließlich Zweckbetrieb) und zum Besteuerungsverfahren s. Kapitel IXXX (Rz. 1818 ff.).
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Andere als steuerbegünstigte Zwecke können im Rahmen einer zur Mittelbeschaffung zulässigen eigenwirtschaftlichen Tätigkeit verfolgt werden (dazu Rz. 1831).
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Selbstlosigkeit (§ 55 AO) liegt vor, wenn der Verein weder selbst noch für seine Mitglieder eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt.7 Der Begriff wird allein wirtschaftlich verstanden, auf ideelle Selbstlosigkeit oder Altruismus kommt es nicht an.8 Deshalb
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1 Anforderungen: BFH v. 15.11.2017 – I R 39/15, ZStV 2018, 216–219 mit Anm. Uhl; jurisRz. 23, 26 f. 2 Zur Kritik an dieser Anforderung s etwa die Gutachten und Diskussionen des 72. DJT 2018, Abteilung Zivil-, Wirtschafts- und Steuerrecht mit dem Beschluss, den Grundsatz als entbehrlich zu streichen. 3 Flüchtlingshilfe: BMF Schreiben v. 22.9.2015 – IVc – S 2223/070015, DStR 2015, 2240. Dazu Schunk, DStR 2017, 1748. 4 Ausf. Schunk npoR 2016, 53. 5 Dazu AEAO Nr. 8–12 zu § 51 sowie Nr. 3 zu § 61. 6 BFH v. 14.3.2018 – V R 36/16, ECLI:DE:BFH:2018:U.140318.VR36.16.0, BStBl. II S. 422; NJW-RR 2018, 1125. 7 BFH BStBl. II 1979 482 = Betrieb 1979, 1633. 8 Schleder, Steuerrecht der Vereine, S. 109 m.w.N. Weitergehend für einen Ausschluss nur bei überwiegender eigenwirtschaftlicher Motivation ein Mehrheitsbeschluss des 72. DJT 2018, Abteilung Zivil-, Wirtschafts- und Steuerrecht.
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V. Rz. 112 | Der Zweck des Vereins
ist auch eine Anwohnergemeinschaft selbstlos im steuerrechtlichen Sinn, die ausschließlich im Eigeninteresse gegen einen Straßenbau kämpft.1 In jüngerer Zeit hat der BFH allerdings die Selbstlosigkeit einer Stiftung verneint, wenn die nach dem Stiftungszweck angeschafften (bzw. von den Stiftern eingebrachten) Kunstwerke hauptsächlich in den nicht öffentlich zugänglichen Wohnräumen der Stifter verwahrt werden.2 Die Mittel des Vereins dürfen ausschließlich für satzungsmäßige Zwecke verwendet werden, die Mitglieder dürfen bei ihrem Ausscheiden nicht mehr als die in Abs. 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungen zurückerhalten, der Verein kann keine Personen durch zweckfremde Ausgaben oder unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigen3 und muss bei Auflösung der Vermögensbindung Rechnung tragen. Ein Verein handelt demnach nicht selbstlos, wenn seine Tätigkeit in erster Linie auf Mehrung des eigenen Vermögens gerichtet ist (AEAO Nr. 1 zu § 55 Abs. 1 mit Einzelheiten – Abdruck im Anhang C 9). Angesammelt werden kann Vermögen nur im Rahmen der Rücklagenbildung nach § 62 AO. Der Verein verfolgt noch nicht unbedingt in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke, wenn er einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhält und die unternehmerischen Aktivitäten die gemeinnützigen übersteigen.4 Die Vermögensbindung ist satzungsmäßig sicherzustellen (§ 61 AO). Sie soll verhindern, dass Vermögen später zu nicht begünstigten Zwecken verwendet wird. b) Gemeinnützige Zwecke (§ 52 AO) 113
Gemeinnützige Zwecke (i.e.S.) fördern die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichen Gebiet. Einen Katalog der davon umfassten Zwecke enthält § 52 Abs. 2 Satz 1 AO (s. dazu die Beispiele Rz. 119 und den Abdruck im Anhang C 8).5
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Über die speziell in § 52 Abs. 2 Satz 1 AO genannten Zwecke hinaus sind nach Satz 2 weitere grundsätzlich anerkennungsfähig, wenn sie die Allgemeinheit auf den genannten Gebieten entsprechend selbstlos fördern. Über die Anerkennungsfähigkeit wird in diesem Fall zentral entschieden (§ 52 Abs. 2 S. 3 AO). Im einzelnen Besteuerungsverfahren kommt es aber auf den vom zuständigen Finanzamt erlassenen Bescheid an,6 Veranlagung und Anerkennung bilden also separate Verfahren.7 Eine Gleichstellung wird z.B. in den folgenden Fällen verneint: Zauberkunst ist nicht gleichgesetzt
1 Schleder, Steuerrecht der Vereine, S. 109. Allerdings kann hier je nach Einzelfall die von § 52 AO verlangte Allgemeinwohlförderung in Frage stehen. 2 BFH v. 23.2.2017 – V R 51/15, juris; BFH v. 24.5.2016 – V B 123/15, juris. Kritisch zu den Entscheidungen Kohlhepp, DStR 2017, 2577 (2580). 3 Zu Problemen der Preisfindung bei der Inanspruchnahme eigener Tochtergesellschaften (Servicegesellschaften) Schienke-Ohletz/Kühn, DStR 2018, 2117; Seeger/Milde, DStR 2016, 2736. 4 BFH 186, 546 = NJW 1999, 312 (LS). 5 Zur Kritik des teilweise zufällig wirkenden Katalogs Strachwitz, npoR 2014, 306 (mit Vorschlag einer Neusystematisierung). 6 Schauhoff, Handbuch der Gemeinnützigkeit, § 6 Rz. 35 m.N. 7 Exemplarisch sind BFH v. 9.2.2017 – V R 69/14, DStRE 2017, 879 und BFH v. 9.2.2017 – V R 70/14, DStRE 2017, 881 gegenüberzustellen.
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3. Der gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zweck (§§ 51–68 AO 1977) | Rz. 115 V.
mit Kunst i.S.v. Abs. 2 Nr. 11, Skat nicht mit Sport.2 Turnierbridge ist nicht nach Abs. 2 Satz 1 Nr. 21 als Sport anzusehen und fällt auch nicht unter die in Satz 1 Nr. 23 privilegierten Freizeitbeschäftigungen,3 ein Turnierbridgeverein ist aber dem Sport gleichzustellen und nach Satz 2 als gemeinnützig zu erklären.4 Auf die Anerkennung kommt es nicht an, wenn der Vereinszweck eindeutig unter einen der genannten Zwecke zu subsumieren ist.5 Die Aufzählung ist also nicht abschließend.6 Auch für Vereinszwecke, die als Querschnittsaufgabe mehrere der im Katalog genannten Zwecke in sich vereinen, ergibt sich die Anerkennung unmittelbar aus dem Gesetz.7 Auch für die speziell genannten Zwecke gelten die allgemeinen Voraussetzungen des § 52 Abs. 1 AO. Danach ist insbesondere verlangt: Die Allgemeinheit muss gefördert werden. „Fördern“ bedeutet unterstützen oder günstig beeinflussen. Die Tätigkeit des Vereins soll den geförderten Zweck ermöglichen oder erleichtern. Das kann durch Geldzuwendungen, andere Leistungen oder Dienste geschehen. Es ist keine Förderung der Gesamtheit aller Bürger erforderlich, aber die Förderung muss im Interesse der Allgemeinheit liegen.8 Das ist ausgeschlossen, wenn sich die Tätigkeit vorwiegend nach innen richtet9 und nicht gerade dies (wie etwa bei der Fortführung bestimmter kultureller Traditionen im Rahmen der Brauchtumspflege) als förderwürdig gilt. Der Förderverein einer nur Moslems zugänglichen Moschee, der allein Angehörige dieses Glaubens zur Mitgliedschaft zulässt, fördert zwar eine Religion (§ 52 Abs. 2 Nr. 3 AO), tut dies aber nicht zum allgemeinen Nutzen.10 Ob die Tätigkeit dem allgemeinen Besten auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet nützt, beurteilt sich nach objektiven Kriterien. In der Regel ist an einzelne oder eine Vielzahl von Faktoren (Werten) anzuknüpfen (z.B. herrschende Staatsverfassung, geistige und kulturelle Ordnung, Wissenschaft und Technik, Wirtschaftsstruktur, Wertvorstellungen der Bevölkerung).11 § 52 Abs. 1 AO setzt nicht Zielerreichung voraus; es genügen u.U. schon vorbereitende Handlungen.12 Eine zeitliche oder gegenständliche Begrenzung der gemeinnützigen Tätigkeit schließt die steuerliche Vergünstigung nicht
1 BFH v. 2.8.1989 – I R 72/87, NJW 1990, 2024. 2 BFH v. 17.2.2000 – I R 109/98, SpuRt 2001, 254. Die Legaldefinition in Abs. 2 Nr. 21 (Schach gilt als Sport) gilt als nicht analogiefähig. 3 BFH v. 9.2.2017 – V R 69/14, DStRE 2017, 879 = BStBl. II 2017, 1221; EuGH v. 26.10.2017 – C-90/16, ECLI:EU:C:2017:814, npoR 2018, 25. 4 BFH v. 9.2.2017 – V R 70/14, DStRE 2017, 881. 5 In den beiden genannten BFH-Entscheidungen ging es zunächst darum. 6 BFH 176, 229 = BFH v. 14.9.1994 – I R 153/93, BStBl. II 1995 499 = NJW 1996, 343 m.w.N.; Hüttemann, Der Betrieb 2012, 250 (251). 7 Beispiel von Schauhoff, Handbuch der Gemeinnützigkeit, § 6 Rz. 35: Förderung des weltweiten Klimaschutzes vereint Umweltschutz, Entwicklungshilfe, Völkerverständigung, Natur- und Landschaftsschutz. 8 Weitemeyer/Wrede, npoR 2018, 1, 5 m.w.N. 9 Vgl. BFH v. 26.1.1973 – III R 40/72, BFHE 108, 451 = BStBl. II 1973, 430; BFH v. 13.12.1978 – I R 39/78, BFHE 127, 330 = BStBl. II 1979, 482. 10 Anders FG Baden-Württemberg v. 5.3.2018 – 10 K 3633/16, npoR 2018, 262. 11 BFH BStBl. II 1979 482 = BB 1979, 1024 = Betrieb 1979, 1633. 12 BFH BStBl. II 1979 482 = BB 1979, 1024 = Betrieb 1979, 1633.
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V. Rz. 115 | Der Zweck des Vereins
aus.1 Ebenso kann der Kreis der Begünstigten grds. räumlich eingegrenzt sein.2 Die bloße Absicht, zu einem ungewissen Zeitpunkt einen der Satzungszwecke zu verwirklichen, genügt aber nicht.3 116
Ausgeschlossen ist eine willkürliche Begrenzung des Personenkreises, dem die Vereinstätigkeit zugute kommen kann. Dass sich die Vereinstätigkeit auf bestimmte Zwecke richtet, die praktisch nur auf einen beschränkten Interessentenkreis treffen, ist allein aber nicht hinderlich und kann sich schon aus dem Gegenstand der Förderung ergeben.4 Eine Förderung der Allgemeinheit ist nicht schon ausgeschlossen, wenn die Nutzung der Vereinseinrichtungen5 und Teilnahme an den Vereinsveranstaltungen und -aktivitäten allein den Mitgliedern offen stehen. Kommt die Vereinstätigkeit vornehmlich den Mitgliedern zugute, muss er aber für jedermann geöffnet sein.6 Ein sachlicher (nicht willkürlicher) Grund für eine Einschränkung des Begünstigtenkreises kann z.B. bei Frauenhäusern gegeben sein.7 „Tradition“ und „Brauchtum“ werden dagegen heut nicht mehr als adäquate Rechtfertigung angesehen.8 Faktische Aufnahmegrenzen (z.B. kleine Sportanlage), sind allein nicht hinderlich. Objektive sachlich gerechtfertigte Zugangsvoraussetzungen (z.B. Vorkenntnisse für einen Lehrgang, körperliche Eignung für Sportkurse, Notenkenntnis und Vorsingen im Chor etc.) sind möglich. Schädlich ist es hingegen, wenn der Erwerb der Mitgliedschaft und damit der Zugang zu den Einrichtungen und Veranstaltungen durch feste Abgrenzung des Mitgliederkreises beschränkt werden. Eine derartige unzulässige Abgrenzung können auch hohe Eintrittsgelder (Aufnahmebeiträge) und Mitgliedsbeiträge bewirken.9 Die Finanzverwaltung10 geht von einer Obergrenze für Mitgliedsbeiträge (samt Umlagen) bis zu 1.023 € im Jahresdurchschnitt und einer Aufnahmegebühr bis zu 1.534 € je Mitglied aus; sie billigt überdies die Erhebung einer (steuerlich nicht abziehbaren) Investitionsumlage (höchstens 5.113 € innerhalb von 10 Jahren). Spenden können, wenn sie nicht gänzlich freiwillig und fremdnützig geleistet werden, mit einzurechnen sein.11
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BFH BStBl. II 1979 482 = BB 1979, 1024 = Betrieb 1979, 1633. FG Kassel v. 26.2.2020 – 4 K 594/18, DStR 2020, 1432, Az des BFH: V R 11/20. BFH v. 23.7.2003 – I R 29/02, FR 2004, 159, BStBl. II 930. Beispiel v Weitemeyer/Wrede, npoR 2018, 1, 5: Bekämpfung von Eierstockkrebs. Zur Gemeinnützigkeit von Golfclubs ausf. Vogt, SpuRt 2004, 149. Letztlich dürfte hier der tragende Grund dafür liegen, dass einer Freimaurerloge, die Frauen von der Mitgliedschaft ausschließt, vom BFH (v. 17.5.2017 – V R 52/15, DStR 2017, 1749 mit Anm. Heuermann; krit. Anm. Wiemers, BB 2017, 2152, krit. Anm. Kohlhepp, DStR 2017, 2577) die Gemeinnützigkeit abgesprochen wurde. S dazu Weitemeyer/Wrede, npoR 2018, 1. Eine Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG v. 14.1.2018 – 2 BvR 1966/17). Bruschke, DStR 2017, 2416 (2418), praktisch nicht relevant, da speziell in § 53 AO erfasst. Bruschke, DStR 2017, 2416 (2418). BFH v. 13.11.1996 – I R 152/93, FR 1997, 231 = NJW 1997, 1462 = BStBl. II 1998, 711. Einzeldarstellung (mit Anweisung für eine Durchschnittsberechnung) AEAO Nr. 1 zu § 52 (Abdruck im Anhang C 9). BFH v. 9.8.2008 – v. 2.8.2006 – XI R 6/03, BFHE 214, 378 = NJW 2007, 110. Krit. dazu u.a. Grziwotz, ZfIR 2006, 782.
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3. Der gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zweck (§§ 51–68 AO 1977) | Rz. 119 V.
Die Tätigkeit für die Allgemeinheit muss selbstlos (dazu § 55 AO) sein. Geselligkeit und Unterhaltung dienen nach Meinung des Gesetzes nicht Belangen der Allgemeinheit (unschädlich aber bei nur untergeordneter Bedeutung; s. § 58 Nr. 7 AO). Bei einem Vereinszweck „Förderung der Grillkultur“ ist der Geselligkeitsaspekt mehr als untergeordnet.1 Die Förderung des örtlichen Fremdenverkehrs ist kein gemeinnütziger Zweck, weil regelmäßig wirtschaftliche Einzelinteressen verfolgt werden (anders für überregionale Fremdenverkehrsverbände und für Verkehrs- und Verschönerungsvereine zur Förderung der Heimatpflege und Heimatkunde).2
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Der Anerkennung der Gemeinnützigkeit steht nicht entgegen, wenn sich die satzungsmäßigen Bestrebungen gegen die Planungen staatlicher Stellen und technische Großobjekte (z.B. Bau einer Schnellbahntrasse) richten (so im Rahmen des gemeinnützigen Zwecks, Natur, Umwelt und Landschaft zu schützen).3 Das setzt voraus, dass der Vereinszweck mit erlaubten Mitteln erfüllt werden soll. Eine Nichtbefolgung von polizeilichen Anordnungen steht grundsätzlich entgegen.4 Es gilt aber der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz: Ein gewaltfreier Widerstand gegen geplante Maßnahmen des Staates durch friedliche Sitzblockaden verstößt nicht ohne weiteres gegen die verfassungsmäßige Ordnung.5
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Einzelbeispiele (weitere s. AEAO Nr. 2.1 ff. zu § 52 – Abdruck im Anhang C 9):
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– Die Einordnung von Forschungsvereinen bzw. Forschungsfördervereinen in § 52 Abs. 2 Nr. 1 ist neuerdings streitig.6 Die Finanzverwaltung hat „Erfinderclubs“ in die AEAO aufgenommen, die u.a. dann begünstigt sein können, wenn sie selbst forschen oder den Wissensaustausch unter Forschern fördern. Nr. 4 der AEAO zu § 52 machen Vorgaben zur Abgrenzung von nicht begünstigten, weil nicht selbstlosen Zwecken. Zur Auftragsforschung7 s. auch AEAO Nr. 15 zu § 68. Freiwilligenagenturen (auch Freiwilligenzentren oder Ehrenamtsbörsen) sind Körperschaften, die Menschen für freiwilliges, unentgeltliches Engagement bei steuerbegünstigten Körperschaften oder Körperschaften des öffentlichen Rechts qualifizieren und ihnen die entsprechenden Tätigkeiten vermitteln. Sie können nach Nr. 3 der AEAO zu § 52 regelmäßig wegen der Förderung der Bildung (§ 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO) als gemeinnützig behandelt werden, weil das Schwergewicht ihrer Tätigkeit in der Ausund Weiterbildung der Freiwilligen liege. – Förderung der Volksbildung (§ 52 Abs. 2 Nr. 7) kann in Internetvereinen durch Schulung im Umgang mit neuen elektronischen Medien und Bereitstellung von Informationsmaterial sowie mit Forschungs- und Entwicklungsarbeiten erfolgen. Die Bereitstellung von kollektiv genutzten Kommunikationsnetzwerken durch InFG Baden-Württemberg v. 7.6.2016 – 6 K 2803/15, npoR 2017, 73. OFD Frankfurt v. 18.7.1983, Betrieb 1983, 2156. BFH BStBl. II 1979, 482 = BB 1979, 1024 = Betrieb 1979, 1633. BFH v. 29.8.1984 – I R 215/81, FR 1985, 105 = BStBl. II 1985 106. BVerfG v. 10.1.1995 – 1 BvR 718/89, 1 BvR 719/89, 1 BvR 722/89, BVerfG v. 10, MDR 1995, 833.1.1989 – 1 BvR 723/89, NJW 1995, 1141. 6 Gegen eine Herausnahme der Fördervereine zu Recht Bartmuss, ZStV 2010, 109. 7 BFH v. 10.5.2017 – V R 43/14, DStR 2017, 1433. 1 2 3 4 5
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V. Rz. 119 | Der Zweck des Vereins
ternetvereine stellt jedoch keine Verfolgung eines gemeinnützigen Zwecks dar.1 In dieser Form sind sie eher den Tauschringen oder Nachbarschaftshilfevereinen2 vergleichbar, die in erster Linie eigenwirtschaftliche Interessen der Mitglieder verfolgen. – Der Satzungszweck „Förderung des Friedens“ ist vom Begriff der „Völkerverständigung“ in § 52 Abs. 2 Nr. 1 mit erfasst, somit gemeinnützig.3 – „Umweltschutz“ als Satzungszweck schließt auch satzungsgemäße Aktivitäten im Zusammenhang mit den Vorbereitungen, dem Bau und dem Betrieb einer nuklearen Entsorgungsanlage für radioaktive Abfälle ein. Die Allgemeinheit fördern kann das satzungsgemäße Wirken einer Bürgerinitiative „Umweltschutz“, wenn es der objektiven Meinungsbildung als Grundlage zur Lösung der mit einem Entsorgungsvorhaben zusammenhängenden Umweltprobleme und der daraus entstehenden Ziel- und Interessenkonflikte dient.4 – Gemeinnützig wegen Förderung der Allgemeinheit ist ein Verein, der die Feuerbestattung und die Friedhofskultur fördert5, nicht jedoch ein Orden, der seine religionsähnliche Lehre (Verbreitung geistiger und sittlicher Werte) auf Grund einer besonderen Lehrmethode durch Lehrbriefe vermittelt und das vertrauliche Lehrmaterial entsprechend den Ordensregeln und seiner Satzung ausschließlich seinen Mitgliedern zukommen lässt.6 – Jugendhilfe (§ 52 Abs. 2 Nr. 4) umfasst Jugendbetreuung und Jugendarbeit; eingeschlossen sind (bei Selbstlosigkeit) die Erteilung von Nachhilfeunterricht und die Kinderbetreuung. Als jugendlich wird dazu von der Finanzverwaltung der Personenkreis bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres definiert. – Für die Anerkennung eines Vertriebenenverbands macht die Finanzverwaltung im AEAO differenzierte Vorgaben. Sie sollen sicherstellen, dass kein Widerspruch gegen völkerrechtliche Verträge gefördert wird und die Gebote der Ausschließlichkeit (§ 56 AO) und der Selbstlosigkeit (§ 55 AO) beachtet werden. 120
– Sportvereine (zu diesen zunächst AEAO Nr. 7 zu § 52, Anhang C 9) sind nur im Bereich des Amateursports förderungswürdig. Vereine mit Profi- und Amateursparte werden jedoch durch den Gesetzgeber ausdrücklich privilegiert (§ 58 Nr. 8 AO7), kommerzielle Veranstaltungen der Sportvereine können zudem als Zweckbetrieb (§ 67a AO) begünstigt sein. Als wesentliches Element des Sports wird kör-
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AEAO Nr. 3 zu § 52, vgl. Anhang C 9. Zu diesen s. AEAO Nr. 5 zu § 52, vgl. Anhang C 9. BFH v. 23.11.1988 – I R 11/88, FR 1989, 255 = BB 1989, 1607 = Betrieb 1989, 1449 (LS). BFH v. 29.8.1984 – I R 203/81, FR 1985, 55 = BB 1985, 173 = Betrieb 1985, 90 = NJW 1985, 454. 5 BFH BStBl. II 1979 491 = BB 1979, 1024 (LS); vgl. aber auch FG Münster v. 19.2.2018 – 13 K 3313/15. Nunmehr gilt seit 2021 § 52 Nr. 26 AO. 6 BFH BStBl. II 1979 492 = Betrieb 1979, 1636. 7 Kritisch dazu z.B. Wachter, GmbHR 2016, R18.
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3. Der gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zweck (§§ 51–68 AO 1977) | Rz. 120 V.
perliche Ertüchtigung angesehen.1 Ein zentrales Politikziel europäischer und deutscher Sportförderung ist der Wunsch des Staats, dass seine Bürger körperlich fit und dadurch gesund bleiben.2 Nicht nachzuvollziehen ist, dass zahlreiche Sportarten (so Dart, Billard, Kegeln) nur dann anzuerkennen sein sollen, wenn sie wettkampfmäßig betrieben werden.3 In konsequenter Fortführung dieser Argumentation wäre Nordic Walking kein Sport, Tauchen nur selten, Yoga keinesfalls.4 Das wettkampfmäßige Drehstangen-Tischfußballspiel („Töggele“) ist als Sport anerkannt.5 Das Paintballspiel hingegen ist mit der Werteordnung unserer Gesellschaft nicht in Einklang zu bringen (simuliertes Töten) und kann daher nicht gemeinnützig sein, auch wenn Turniere veranstaltet werden.6 Das IPSC-Schießen erkennt der BFH hingegen ausdrücklich an, da hier keine Kriegssituationen nachgespielt werden und auch sonst kein „kampfmässiges“ Schießen stattfindet.7 Angeblich ist nur durch Wettkampfteilnahme dokumentiert, dass z.B. in einem Tanzverein8 nicht Geselligkeit im Vordergrund steht (vgl. § 58 Nr. 7 AO).9 An anderer Stelle setzt der BFH voraus, dass es sich bei Sport um eine über eine das übliche Maß hinausgehende Aktivität handele, „die durch äußerlich zu beobachtende Anstrengungen oder durch die einem persönlichen Können zurechenbare Kunstbewegung gekennzeichnet ist“.10 Das wird man „Pilates, Tai Chi, Yoga, Wirbelsäulengymnastik, Rückenfitness, Beckenbodentraining, Feldenkrais und Tennis, Qi Gong, Step Aerobic, Fitnessgymnastik, Body Forming, Powergymnastik, Thai Boxing Aerobic, Muskelaufbautraining, Fitnessgymnastik nach Callanetics´, Salsa Aerobic, Ausgleichsgymnastik für Herren, Step und Hanteln“ nicht absprechen können.11 All dies dient der „konzentrierten körperlichen Bewegung in dem Maß, wie es sich der einzelne zutraut und motiviert zur Bewegung, ohne auf Wettkämpfe aus zu sein. 1 Schauhoff, Handbuch der Gemeinnützigkeit, § 6 Rz. 67; Schleder, Steuerrecht der Vereine, S. 73. Daher sind Hundesport und Modellflug eigenständig im Gesetz genannt. Die Anerkennung des Tischfußballspiels als Sport wird von der Finanzverwaltung nicht mehr generell ausgeschlossen (Änderung des AEAO Nr. 6 Satz 2 zu § 52 durch BMF-Schreiben v. 17.1.2012). 2 Fischer, npoR 2020, 61 (62). 3 Schleder, Steuerrecht der Vereine, S. 74. 4 Für dessen Anerkennung zu Recht aber FG Köln v. 8.10.2009 – 10 K 3794/06, SpuRt 2010, 41. 5 FG Wiesbaden v. 23.6.2010 – 4 K 501/09, juris. In einer Glosse dazu weist Koller, npoR 2011, 15, auf die Nichtanerkennung der weiteren Tischfußball-Unterarten Tipp-Kick und Subbuteo hin. 6 FG Rheinland-Pfalz v. 19.2.2014 – 1 K 2423/11, DStRE 2015, 294. Ebenso ausgeschlossen ist Gotcha (AEAO zu § 52 Nr. 6). 7 BFH v. 27.9.2018 – V R 48/16, npoR 2019, 67 mit Anm. Bornemann; FG München v. 25.6.2019 – v. 27.6.2019 – 6 K 173/19, juris. Mit den Worten von Fischer, npoR 2020, 61 (66) handelt es sich hier im Grunde um ein „Biathlon ohne Schnee.“ 8 Indirekt zu Tanzkursen BFH v. 27.4.2006 – V R 53/04, BFHE 213, 256; zu Schauauftritten bei Vereinsveranstaltungen BFH v. 4.5.1994 – XI R 109/90, BFHE 175, 1. 9 Schauhoff, Handbuch der Gemeinnützigkeit, § 6 Rz. 67. 10 Auf dieser Grundlage wurde der Motorsport anerkannt, BFH v. 29.10.1997 – I R 13/97, FR 1998, 210 = DB 1998, 401 = SpuRt 1998, 249. 11 Zu allen genannten FG Köln v. 8.10.2009 – 10 K 3794/06, SpuRt 2010, 41.
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V. Rz. 120 | Der Zweck des Vereins
Dennoch handelt es sich jeweils um eine Körperertüchtigung über das gewöhnliche alltägliche Maß hinaus.“1 Was für derlei Trendsportarten gilt, stimmt erst recht für eine herkömmliche Sportart wie den Gesellschaftstanz, auch Salsa, Tango Argentino etc. Die Rechtsprechung rückt daher zu Recht zunehmend von der Forderung eines Wettkampfs als Wesensmerkmal des Sports ab.2 Dem „eSport“3 – also Sportsimulationen auf PC und speziellen Konsolen, je nach Definition4 aber auch weitergehend alle virtuellen Spiel5- und Wettkampfformen – dürfte es an einer „eigenmotorischen, sportartbestimmende Bewegung“ fehlen,6 so dass hier kein Sport i.S.d. § 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 21 AO vorliegt.7 Eine Anerkennung nach anderen Katalogtatbeständen, so vor allem wegen Förderung der Jugendhilfe (§ 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 AO ist aber möglich).8 Schach ist im Gesetz ausdrücklich als Sport anerkannt. Turnierbridge wird vom BFH als vergleichbar angesehen.9 Anglervereine (Nr. 2.4 der AEAO zu § 52 i.d.F. 1.1.2019) dürfen gerade kein Wettfischen veranstalten, sie sind allein aus Gründen des Naturschutzes und der Landschaftspflege privilegiert. Ein reiner Dachverband, der selbst keine Veranstaltungen für aktive
1 FG Köln v. 8.10.2009 – 10 K 3794/06, SpuRt 2010, 41. 2 FG Baden-Württemberg v. 30.4.2015 – 12 K 2582/12 erkennt den altersgemäßen Gesellschaftstanz als Sportveranstaltung i.S.d. § 4 Nr. 22 b UStG an. 3 Ausf. Pusch, npoR 2019, 53. Instruktiv aus strafrechtlicher Warte Kubiciel, ZRP 2019, 200. 4 Der e-Sportbund Deutschland e.V. (ESBD) definiert auf seiner Homepage wie folgt: „eSport […] ist das sportwettkampfmäßige Spielen von Video- bzw. Computerspielen, insbesondere auf Computern und Konsolen, nach festgelegten Regeln.“ Ferner wird ausgeführt (www.https://esportbund.de/esport/, Abruf 15.4.2019): „Die für den deutschen Bereich aktuell relevanten eSport-Titel (auch: „Disziplinen“) lassen sich nur beispielhaft darstellen … League Of Legends, DOTA 2, Counter-Strike: Global Offensive, StarCraft II, FIFA (Reihe), Overwatch, Heroes Of The Storm, NBA2KX (Reihe), Rocket League, Call Of Duty (Reihe) sowie weitere Titel.“ Der deutsche olympische Sportbund (DOSB) hingegen will den Begriff des e-Sports nicht generell anerkennen. Er unterscheidet zwischen elektronische Sportartensimulationen und e-gaming (https://www.dosb.de/ueber-uns/esport/, Abruf 15.4.2019). Der Begriff der elektronischen Sportartensimulationen (kurz: virtuelle Sportarten) wird demnach vom DOSB immer dann verwendet, wenn die Überführung von Sportarten in die virtuelle Welt gemeint ist. Die Ausprägungen von elektronischen Sportartensimulationen seien vielfältig und reichten von Video- und Computerspielen bis hin zu virtuellen Angebotsformen, die sportliche Bewegungen integrieren. Als eGaming werden all die anderen virtuellen Spiel- und Wettkampfformen bezeichnet, die im Verständnis des DOSB insgesamt nicht als Sport angesprochen werden sollten. 5 Zur – kritisch bewerteten – Einordnung elektronischer Spiele als Kulturgut Fischer, npoR 2020, 61 (66) m.w.N. 6 DOSB, https://www.dosb.de/ueber-uns/esport/, Abruf 15.4.2019; im Ergebnis ebenso Pusch, npoR 2019, 53 (56). 7 So jetzt deutlich Fischer, npoR 2020, 61 (66). 8 Der Verein Leipzig eSports e.V. berichtet unter dem 21.12.2017 über die Anerkennung (https://leipzigesports.de/news/leipzig-esports-wird-gemeinnuetzig/, Abruf 15.4.2019). Für eine Einbeziehung in den Sportbegriff de lege ferenda, soweit eSport mit erzieherischen Maßnahmen verbunden ist, v.Holt/Hörmann npoR 2019, 193, 198. 9 BFH v. 9.2.1017 – v. 9.2.2017 – V R 70/14, BFHE 257, 12 = BStBl. II 2017, 1106 = DStZ 2017, 432. Jetzt auch in Nr. 2.8 AEAO zu § 52.
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3. Der gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zweck (§§ 51–68 AO 1977) | Rz. 121 V.
Sportler anbietet, fällt nicht unter § 67a AO.1 Die nach § 67a AO privilegierte Veranstaltung muss nicht zwingend Wettkampfcharakter haben.2 – Für politische Parteien bestehen eigene Steuererleichterungen. Ihre Förderung ist nicht nach Gemeinnützigkeitsregeln begünstigt. Das schließt alle Organisationen von der Gemeinnützigkeit aus, die sich nicht parteipolitisch neutral verhalten.3 Ein Verein kann aber gemeinnützig sein, wenn er allgemein das demokratische Staatswesen fördert (§ 52 Abs. 2 Nr. 24 AO). Zum Begriff und zur Abgrenzung von der Volksbildung (Abs. 2 Nr. 7) s. AEAO Nr. 8 zu § 52. Die Förderung extremistischer Ziele ist generell ausgeschlossen (§ 51 Abs. 3 AO und dazu AEAO Nr. 8–12 zu § 51 sowie Nr. 8 zu § 63). Bei Körperschaften, die im Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Landes als extremistische Organisation aufgeführt sind, ist widerlegbar von einem Ausschlussgrund auszugehen.4 Ausgeschlossen, weil der Parteienförderung vorbehalten, sind aber auch „Bestrebungen, die nur bestimmte Einzelinteressen staatsbürgerlicher Art verfolgen“.5 Als „politische Zwecke“, die das Steuerrecht generell nicht begünstige, definiert der Anwendungserlass (Nr. 16 zu § 52 AO) jede „Beeinflussung der politischen Meinungsbildung, Förderung politischer Parteien und dergleichen“. Nur „nach den Verhältnissen im Einzelfall“ könne es einmal unschädlich sein, wenn eine gemeinnützige Tätigkeit zwangsläufig mit einer politischen Zielsetzung verbunden ist oder wenn gelegentlich zur Tagespolitik Stellung bezogen wird. Damit grenzt der Erlass die Vorgaben des Gesetzes unzulässig ein. Die Einflussnahme auf politische Parteien und staatliche Willensbildung darf die anderen Tätigkeiten der Organisation nicht „weit überwiegen“.6 Der BUND für Umwelt und Naturschutz Deutschland hält sich nach Auffassung des BFH innerhalb dieser Grenze,7 die Vereine im Netzwerk „Attac“ hingegen nicht.8 Maßgeblich dürfte sein, dass sich die Einflussnahme des BUND auf politische Willensbildung und öffentliche Meinung auf Zwecke des 1 BFH v. 24.6.2015 – I R 13/13, DStR 2015, 2428. 2 BFH v. 24.6.2015 – I R 13/13, DStR 2015, 2428. 3 BFH v. 10.1.2019 – V R 60/17, ECLI:DE:BFH:2019:U.100119.VR60.17.0 –, BFHE 263, 290, DStR 2019, 439; Zimmermann/Raddatz, NJW 2020, 517 (520). 4 BFH v. 14.3.2018 – V R 36/16, ECLI:DE:BFH:2018:U.140318.VR36.16.0, BStBl. II S. 422; NJW-RR 2018, 1125. Nach Auffassung des BFH v. 1.4.2012 – v. 11.4.2012 – I R 11/11, DStR 2012, 1222 enthebt die Beweislastregel allerdings die Gerichte hier nicht vollständig eigener Prüfung. Zu Recht krit. dazu v. Lersner, DStR 2013, 1685, denn der Verein kann jederzeit unmittelbar gegen die Nennung im Verfassungsschutzbericht vorgehen, vgl. VGH München v. 16.7.2020 – 10 CE 10.1201. 5 Zahlreiche Beispiele/Fallgruppen bei Hüttemann, DB 2015, 821. 6 BFH v. 20.3.2017 – X R 13/15, BStBl. II 2017, 1110; dazu Schütz, npoR 2018, 153; Wallenhorst/Wallenhorst, DStR 2018, 851. 7 BFH v. 20.3.2017 – X R 13/15, BStBl. II 2017, 1110; dazu Schütz, npoR 2018, 153; Wallenhorst/Wallenhorst, DStR 2018, 851. 8 BFH v. 10.1.2019 – V R 60/17, ECLI:DE:BFH:2019:U.100119.VR60.17.0 –, BFHE 263, 290 = BStBl. II 2019, 301 = DStR 2019, 439. Dazu Heuermann, npoR 2020, 6–11; Heuermann, DStR 2019, 444–445; Hornung/Vielwerth, DStR 2019, 1497–1502; Hüttemann, DB 2019, 744–753; Kochenbach, DStRK 2019, 101; Leisner-Egensperger, NJW 2019, 964–968; Michel, jM 2019, 212–214; Riegel/Freund, BB 2019, 743; Seer, JZ 2019, 513–516; Spieth/Hellermann,
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V. Rz. 121 | Der Zweck des Vereins
§ 52 Abs. 2 AO fokussiert.1 Attac hingegen agiert in „beliebigen Politikbereichen.“2 Konkretes Engagement in politischen Einzelfragen lässt sich praktisch für keinen Verband ausschließen, der aus seinem Selbstverständnis heraus für das gemeine Wohl aktiv ist.3 Wesentliches Abgrenzungsmerkmal sollte stattdessen die Teilnahme an politischen Wahlen sein.4 Ohne eigene Kandidaten und unter der Voraussetzung parteipolitischer Neutralität stehen allgemeinpolitisch tätige zivilgesellschaftliche Organisationen in keinem politischen Wettbewerbsverhältnis zueinander, in das eine steuerliche Bevorzugung unter dem Gesichtspunkt der Chancengleichheit im politischen Wettbewerb unzulässig eingreifen könnte.5 Nachdenken über gesellschaftspolitische Themen fern Tagesgeschäft der Parteipolitik sollte anerkannt werden.6 122
– Förderung der Tierzucht (nicht nur Kleintierzucht), der Pflanzenzucht und der Kleingärtnerei begünstigt Abs. 2 Nr. 23 als Freizeitbeschäftigungen sowie aus Erwägungen des Umwelt- und Naturschutzes (zum Begriffsfeld AOAE zu § 52 Nr. 11). Obst- und Gartenbauvereine fördern in der Regel die Pflanzenzucht. Wenn der Verein in erster Linie eigenwirtschaftlichen Zwecken seiner Mitglieder dient (§ 55 AO), ist Gemeinnützigkeit ausgeschlossen (AEAO Nr. 13 zu § 52).
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– Die Einbeziehung der Förderung des traditionellen Brauchtums einschließlich des Karnevals usw. in die Gemeinnützigkeit erlaubt keine allgemeine Ausweitung des Brauchtumsbegriffs. Studentische Verbindungen, z.B. Burschenschaften und ähnliche Vereinigungen, so Landjugendvereine, sind deshalb in der Regel nicht gemeinnützig (AEAO Nr. 12 zu § 52 mit Einzelheiten). Die Förderung der Soldatenund Reservistenbetreuung begründet Gemeinnützigkeit, wenn Vereinszweck Betreuung aktiver und ehemaliger Wehrdienstleistender, Zeit- und Berufssoldaten ist, z.B. um sie über mit dem Soldatsein zusammenhängende Fragen zu beraten, Möglichkeiten zu sinnvoller Freizeitgestaltung zu bieten oder beim Übergang in das Zivilleben zu helfen. Pflege der Tradition durch Soldaten- und Reservistenvereine ist kein gemeinnütziger Zweck. Förderung der Kameradschaft schadet als untergeordneter Zweck nicht, wenn damit lediglich eine Verbundenheit der Vereinsmitglieder angestrebt wird, die aus der gemeinnützigen Vereinstätigkeit folgt (AEAO Nr. 13 zu § 52). Soweit das anerkennungswürdige Brauchtum vorrangig durch das Vereins-
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NVwZ 2019, 745–751; Weitemeyer, npoR 2019, 97–106; Zimmermann/Raddatz, NJW 2020, 517–522. Zimmermann/Raddatz, NJW 2020, 517 (520). BFH v. 10.1.2019 – V R 60/17, Rz. 28 ECLI:DE:BFH:2019:U.100119.VR60.17.0 –, BFHE 263, 290 = BStBl. II 2019, 301 = DStR 2019, 439. Transparency International ist z.B. mit dem Förderzweck „Kriminalprävention“ (§ 52 Abs. 2 Nr. 20 AO) anerkannt, darf sich für ein Antikorruptionsgesetz einsetzen. Die gemeinnützige Forschungseinrichtung ifo-Institut stellt einen Reiter „Politikdebatte“ mit eindeutiger Position in tagesaktuellen Einzelfragen auf ihre Homepage. Hornung/Vielwerth, DStR 2019, 1497. De lege ferenda ausf. Unger, Politische Betätigung gemeinnütziger Körperschaften, Rechtsgutachten v. 30.4.2020, abrufbar unter https://freiheitsrechte.org/gff-rechtsgutachten-gemein nutzigkeit_prof-unger_mai2020/, zusammenfassend S. 66. Winheller, ZStV 2015, III.
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3. Der gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zweck (§§ 51–68 AO 1977) | Rz. 126 V.
leben selbst intern gepflegt wird (vgl. Rz. 115), müssen an die innere Offenheit und Gleichberechtigung im Verein erhöhte Anforderungen gestellt werden.1 Mit dem Jahressteuergesetz 2020 klargestellt wurde die Förderungswürdigkeit der Ortsverschönerung. – Modellflug (damit auch Modellbau als vorbereitende Tätigkeit) und Hundesport sind – wohl als dem Sport nahe stehende Tätigkeiten – begünstigt (Abs. 2 Nr. 23). Zur Auslegung s. AEAO Nr. 9 zu § 52 (Abdruck im Anhang C 9).
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– Einrichtungen zur Erholung (z.B. Campingplätze, auch Bootsverleih) können als Freizeiteinrichtungen außerhalb des Sports keine Gemeinnützigkeit begründen. Anders ist das nur bei Förderung eines sonst gemeinnützigen Zwecks durch den Betrieb einer Freizeiteinrichtung. So z.B., wenn diese einem schutzwürdigen Personenkreis (z.B. Kranken, der Jugend) zugutekommt oder der Durchführung von Sportveranstaltungen dient.2 Ein FKK-Verein, bei dem ein satzungsmäßiger Vereinszweck die „gesunde und harmonische Freizeitgestaltung für die gesamte Familie“ ist und der dafür Einrichtungen hält (Liegewiese, Freizeitparks), soll nicht gemeinnützig sein.3 Gesetzlich geregelt ist die Gemeinnützigkeit einer Kleingärtnerorganisation im Bundeskleingartengesetz:4
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§ 2 Kleingärtnerische Gemeinnützigkeit Eine Kleingärtnerorganisation wird von der zuständigen Landesbehörde als gemeinnützig anerkannt, wenn sie im Vereinsregister eingetragen ist, sich der regelmäßigen Prüfung der Geschäftsführung unterwirft und wenn die Satzung bestimmt, dass 1. die Organisation ausschließlich oder überwiegend die Förderung des Kleingartenwesens sowie die fachliche Betreuung ihrer Mitglieder bezweckt, 2. erzielte Einnahmen kleingärtnerischen Zwecken zugeführt werden und 3. bei der Auflösung der Organisation deren Vermögen für kleingärtnerische Zwecke verwendet wird.
Ältere Anerkennungen der kleingärtnerischen Gemeinnützigkeit bleiben unberührt (§ 17 BKleingG). c) Mildtätige Zwecke (§ 53 AO) Auch mildtätige Zwecke (Text des § 53 AO in Anhang C 8) müssen selbstlos (§ 55 AO) verfolgt werden. Mildtätige Unterstützung erfordert nicht völlige Unentgeltlichkeit. Die mildtätige Zuwendung darf nur nicht wegen des Entgelts erfolgen (AEAO Nr. 2 zu § 53, Abdruck im Anhang C 9). Da eine Förderung der Allgemeinheit nicht
1 Der Ausschluss z.B. von Frauen kann sich dann nicht auf eine vorgefundene traditionelle Prägung der Lebensverhältnisse stützen, ausf. Weitemeyer/Wrede, npoR 2018, 1, 5 m.w.N. 2 BFH BStBl. II 1973 251; BFH v. 30.9.1981 – III R 2/80, BStBl. II 1982 148. 3 BFH v. 30.9.1981 – III R 2/80, BStBl. II 1982 148 = NJW 1982, 1416 (Ls.). 4 BKleingG v. 28.2.1983, BGBl. I 210, zuletzt geändert am 19.9.2006, BGBl. I 2146.
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V. Rz. 126 | Der Zweck des Vereins
vorausgesetzt wird, kann der geförderte Personenkreis auch fest abgeschlossen oder dauerhaft nur klein sein.1 127
Nr. 1 erfasst die Unterstützung von wegen ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands hilfsbedürftigen Personen. Das ist von wirtschaftlicher Unterstützungsbedürftigkeit unabhängig. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Hilfsbedürftigkeit dauernd oder für längere Zeit besteht. Die Finanzverwaltung unterstellt in AEAO Nr. 4 zu § 53 Hilfsbedürftigkeit bei Personen ab einem Alter von 75 Jahren (heute fraglich).
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Nr. 2 behandelt die Fälle der Unterstützung wirtschaftlich Bedürftiger.2 Einzelheiten zur Einkommensgrenze regelt AEAO Nr. 5 ff. zu § 53. Eigenes Vermögen muss der Hilfsbedürftige grundsätzlich einsetzen. In einzelnen Notlagen sind die Grenzen heraufgesetzt. Die Belegpflichten wurden jüngst erleichtert (s AEAO Nr. 11 f. zu § 53).3
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Es gilt wiederum die Voraussetzung der Selbstlosigkeit. Ein Verein, dessen Satzungszweck die Unterstützung von hilfsbedürftigen Verwandten der Mitglieder, Gesellschafter, Genossen oder Stifter ist, soll daher nicht als steuerbegünstigt anzuerkennen sein (AEAO Nr. 3 zu § 53). Richtigerweise geht es bei dem Gebot der Selbstlosigkeit in § 53 aber allein um ein Verbot eigenwirtschaftlicher Erwerbszwecke.4 In derartigen Fällen sollte allerdings das Kriterium der Mildtätigkeit als Handlungsmotiv (in Abgrenzung zur Erfüllung von Unterhaltspflichten, verdecktem Entgelt etc.) vertieft geprüft werden. Mildtätigkeit als Vereinszweck ist ferner dann besonders zu hinterfragen, wenn der Kreis der Unterstützten den Wertvorstellungen der Verfassung zuwiderlaufend festgelegt wird oder die Leistungen von Bedingungen abhängig gemacht werden, die dem Wertekanon des Grundgesetzes entgegenstehen.5 d) Kirchliche Zwecke (§ 54 AO)
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Ein kirchlicher Zweck liegt nur bei selbstloser (§ 55 AO) Förderung einer Religionsgemeinschaft des öffentlichen Rechts vor (Beispiel: Kirchenbauverein). Unterstützung sonstiger Religionsgemeinschaften kann nach § 52 Abs. 2 Nr. 2 AO wegen „Förderung der Religion“ Gemeinnützigkeit begründen.6
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Die Verwaltung von Kirchenvermögen gehört wie die Besoldung der Geistlichen und Kirchenbeamten zu den kirchlichen Zwecken (Abs. 2). Gemeinnützige oder mildtätige Verwaltung des Kirchenvermögens erfordert das nicht;7 es darf nur der verwaltende 1 Hüttemann, Rn. 3.159 mN auch zur Gegenmeinung. 2 Zum Nachweis und diesbezüglichen Erleichterungen durch das Ehrenamtsstärkungsgesetz z.B. Krebbers, BB 2013, 2017. 3 Beispiele bei Kirchhain, DStR 2014, 289 f. 4 Hüttemann, Rn. 3.161. Anders hier bis 11. Aufl. 5 Die auf die Förderung der Allgemeinheit abstellenden Kriterien der „Freimaurerentscheidung“ BFH v. 17.5.2017 – V R 52/15, DStR 2017, 1749 können insoweit m.E, auch zur Interpretation der „Mildtätigkeit“ – verstanden als eine spezielle Ausprägung der Allgemeinwohlförderung (dazu Hüttemann, Rn. 3.159) – herangezogen werden. 6 Zur Abgrenzung von § 54 und § 52 Abs. 2 Nr. 2 AO s Schneider, S. 76 f. 7 BFH v. 24.7.1996 – I R 35/94, FR 1996, 758 = GmbHR 1997, 41 = BB 1996, 2181.
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3. Der gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zweck (§§ 51–68 AO 1977) | Rz. 134 V.
Verein nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgen. Anders als in den Fällen des § 52 AO schließt die Begrenzung auf bestimmte Mitgliedergruppen (insbesondere auch: Männerorden; Frauenverbände) die Gemeinnützigkeit nach § 54 AO auch dann nicht aus, wenn der Verein im Wesentlichen nach Innen gerichtet tätig ist. Denn eine Förderung der Allgemeinheit ist nicht verlangt (vgl. Rz. 116).1 e) Satzungsregelung Das Gemeinnützigkeitsrecht verlangt zum einen die strenge Beachtung seiner Vorgaben in der täglichen Arbeit des Vereins (§§ 59 aE., 63 ff. AO, dazu Rz. 1820), zum anderen auch eine formelle Satzungsmäßigkeit (§§ 59–61 AO). Die rechtlichen Grundlagen der tatsächlichen Vereinstätigkeit müssen wie diese mit den Bestimmungen des Gemeinnützigkeitsrechts in Einklang sein.2
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Die Satzung muss so genau und bestimmt gefasst sein, dass sich aus ihr unmittelbar die Voraussetzungen der Steuerbegünstigungen ergeben, d.h., dass auf Grund der Satzung die satzungsmäßigen Voraussetzungen für steuerliche Vergünstigungen geprüft werden können.3 Dafür reicht die bloße Bezugnahme auf Satzungen (hierzu bereits Rz. 52) oder andere Regelungen Dritter nicht.4 Über eine unterschiedliche Auslegung der Satzung durch den Verein und das Finanzamt ist im Feststellungsverfahren nach § 60a AO zu entscheiden.5
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Seit 2009 verlangt § 60 Abs. 1 S. 2 AO zwingend die Inhalte der in Anlage zu § 60 AO6 bekannt gemachten Mustersatzung.7 Auch früher gegründete Vereine müssen das beachten, sobald sie irgendwelche Satzungsänderungen vornehmen (AEAO Nr. 3 zu § 60). Die Mustersatzung ist naturgemäß durch spezifische bürgerlich-rechtliche Regelungen (mindestens: §§ 57, 58 BGB) zu ergänzen. Von den Finanzverwaltungen zugelassen wird eine geänderte Reihenfolge der Bestimmungen des „Musters“, ansonsten wurde zunächst eine sehr weitgehend wortwörtliche Übernahme gefordert.8
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1 Die „Freimaurerentscheidung“ BFH v. 17.5.2017 – V R 52/15, DStR 2017, 1749 mit Anm. Heuermann; krit. Anm. Wiemers, BB 2017, 2152, krit. Anm. Kohlhepp, DStR 2017, 2577 steht insoweit nicht entgegen. S dazu auch Schneider, S. 84 ff.;Weitemeyer/Wrede, npoR 2018, 1. 2 Schauhoff, Handbuch der Gemeinnützigkeit, § 6 Rz. 95 auch zur Frage der Auslegungsfähigkeit der Satzung durch den Vorstand. 3 BFH BStBl. II 1979 482 = Betrieb 1979, 1633; BFH v. 29.8.1984 – I R 203/81, FR 1985, 55 = BB 1985, 173 = Betrieb 1985, 90 = NJW 1985, 454; BFH 183, 371 = BStBl. II 1997 794 = NJW 1998, 928 (LS); AEAO Nr. 1 zu § 60. 4 BFH v. 19.4.1989 – I R 3/88, BStBl. II 595 = FR 1989, 693 = BB 1989, 1476 = Betrieb 1989, 1656 (LS); BFH Betrieb 1992, 2377 (2378) auch BFH v. 5.8.1992 – X R 165/88, BFHE 169, 3; AEAO Nr. 1 zu § 60. 5 FG München v. 25.6.2019 – FG München v. 27.6.2019 – 6 K 173/19, juris. 6 Hierzu Ullrich, DStR 2009, 2471 ff. 7 Der BFH setzt das streng um, vgl. BFH v. 23.7.2009 – V R 20/08, UR 2009, 768 = DStR 2009, 2047. Dazu BMF-Schreiben v. 7.7.2010 – IV C 4–5. 8 BFH v. 23.7.2009 – V R 20/08, UR 2009, 768 = DStR 2009, 2047. Dazu zu Recht einschränkend BMF-Schreiben v. 7.7.2010 – IV C 4–5. Vgl. auch AEAO Nr. 2 zu § 60. Der dazu in 2a-d mitgeteilte Katalog ist nicht abschließend („u.a.“).
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V. Rz. 134 | Der Zweck des Vereins
Jedenfalls dann, wenn die Auslegung zu eindeutigen Ergebnissen führt, erschien das der wohl einhelligen Literatur zu Recht zu weitgehend1 und wurde vom BFH dann auch nicht bestätigt.2 Textabweichungen werden von der Rechtsprechung also akzeptiert.3 Die Aufnahme von Bestimmungen, die für den Verein eindeutig nicht einschlägig sein können, wird von der Finanzverwaltung erst Recht nicht mehr verlangt. Die Regelungen über die Vermögensbindung (unmittelbare und ausschließliche Verwendung des Vermögens auch bei Auflösung für steuerbegünstigte Zwecke) müssen jedoch in der Satzung selbst getroffen werden.4 Soweit die Satzung nicht zweifelsfrei erkennen lässt, dass der Verein ausschließlich gemeinnützige Zwecke verfolgt, gehen Unklarheiten zu Lasten dessen, der sich auf die Steuervergünstigung beruft.5 Insofern empfiehlt sich nach wie vor die enge Anlehnung an das gesetzliche Muster. Text der Mustersatzung mit Kurzerläuterung 135
M 4 Mustersatzung §1 Der – Die – … (Körperschaft) mit Sitz in … verfolgt ausschließlich6
Ausschließlichkeit liegt vor, wenn eine Körperschaft nur ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verfolgt (§ 56 AO). Der Verein darf andere Zwecke allenfalls untergeordnet verfolgen, wirtschaftliche Geschäftsbetriebe dürfen nicht Selbstzweck sein (Rz. 1836 und AEAO Nr. 1 zu § 56). Die Finanzverwaltung hat darüber hinaus lange Zeit verlangt, dass auch im Rahmen der Mittelbeschaffung zulässige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe und die Verwaltung des eigenen Vermögens nicht als Satzungszweck genannt sein dürfen. Diese Auffassung ist aufgegeben.7
1 Köster, DStZ 2010, 166 (169); Pauls/Eismann, ZStV 2010, 120; Schauhoff, Handbuch der Gemeinnützigkeit, § 6 Rz. 96. Unger, DStZ 2010, 154 (166) zur europarechtlichen Dimension dieser Frage. 2 BFH v. 7.2.2018 – V B 119/17, npoR 2018, 118. 3 S. etwa FG Kassel v. 26.2.2020 – 4 K 594/18, DStR 2020, 1432, Az des BGH: V R 11/20; FG Kassel v. 28.6.2017 – 4 K 917/16, npoR 2018, 19; FG Düsseldorf v. 20.8.2019 – 6 K 481/19 AO, DStZ 2019, 779. 4 BFH v. 7.2.2018 – V B 119/17, npoR 2018, 118. 5 BFH v. 7.2.2018 – V B 119/17, npoR 2018, 118. 6 Dies zwingend im Satzungstext, vgl. BFH v. 7.2.2018 – V B 119/17, npoR 2018, 118. 7 AEAO Nr. 1 zu § 59 in Folge von BFH v. 18.12.2002 – I R 15/02, BFHE 201, 395 = BStBl. II 2003, 384 = DB 2003, 1097.
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3. Der gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zweck (§§ 51–68 AO 1977) | Rz. 135 V.
und unmittelbar
Bei Körperschaften, die ausschließlich Mittel für andere Körperschaften oder Körperschaften des öffentlichen Rechts beschaffen (§ 58 Nr. 1), kann in der Satzung auf das Gebot der Unmittelbarkeit verzichtet werden (AEAO Nr. 1 zu § 59).
– gemeinnützige – mildtätige – kirchliche – Zwecke (nicht verfolgte Zwecke streichen) im Sinne des Abschnitts „Steuerbegünstigte Zwecke“ der Abgabenordnung.
Zu den steuerbegünstigten Zwecken s. oben Rz. 113–131
Zweck der Körperschaft ist … (z.B. die Förderung von Wissenschaft und Forschung, Jugend- und Altenhilfe, Erziehung, Volks- und Berufsbildung, Kunst und Kultur, Landschaftspflege, Umweltschutz, des öffentlichen Gesundheitswesens, des Sports, Unterstützung hilfsbedürftiger Personen).
Gemeinnützigkeit i.e.S. erfordert Förderung der Allgemeinheit (§ 52 AO). Kommen die Leistungen des Vereins in erster Linie seinen Mitgliedern zugute (wie häufig bei Sportvereinen), darf er den Kreis der Mitglieder nicht durch Aufnahmebeschränkungen in der Satzung zu klein halten (s. Rz. 239–240; 296 ff.).1 Mehrere steuerbegünstigte Zwecke können nebeneinander verfolgt werden. Voraussetzung ist deren satzungsmäßige Grundlage. Die Aufnahme eines neuen steuerbegünstigten Zwecks erfordert daher eine Satzungsänderung; sie muss neben dem bürgerlichen Vereinsrecht den Anforderungen des § 60 AO entsprechen (AEAO Nr. 2 zu § 56). Die Ausschließlichkeit (§ 56 AO) ist auch dann gewahrt, wenn in der Satzung neben dem gemeinnützigen Zweck als weiterer Vereinszweck „Förderung der Kameradschaft“ genannt wird, sofern sich aus der Satzung ergibt, dass damit lediglich eine Verbundenheit der Vereinsmitglieder angestrebt wird, die aus der gemeinnützigen Vereinstätigkeit folgt2
1 Fischer/Helios, Kap. 3 Rz. 37. 2 BFH v. 11.3.1999 – V R 57/96, V R 58/96, FR 1999, 767 = UR 1999, 368 = NJW 1999, 2463 = BStBl. 1999 II 331 (für Verein zur Förderung von Kunst und Kultur [mit musikalischer Betätigung]); auch BFH 176, 229 = BStBl. 1995 II 499 = NJW 1996, 343 (für Modellbau- und -sportverein); für Kameradschaft i.S.v. geselligem und unterhaltsamem Zusammentreffen s. jedoch § 52 Anm. 5d.
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V. Rz. 135 | Der Zweck des Vereins Der Satzungszweck wird verwirklicht insbesondere durch … (z.B. Durchführung wissenschaftlicher Veranstaltungen und Forschungsvorhaben, Vergabe von Forschungsaufträgen, Unterhaltung einer Schule, einer Erziehungsberatungsstelle, Pflege von Kunstsammlungen, Pflege des Liedgutes und des Chorgesanges, Errichtung von Naturschutzgebieten, Unterhaltung eines Kindergartens, Kinder-, Jugendheimes, Unterhaltung eines Altenheimes, eines Erholungsheimes, Bekämpfung des Drogenmissbrauchs, des Lärms, Förderung sportlicher Übungen und Leistungen).
Die Übernahme der abstrakten Begriffe der §§ 52–54 AO genügt nicht allein. Das Finanzamt soll auch überprüfen können, wie der steuerbegünstigte Zweck tatsächlich gefördert werden soll und ob die Art der Förderungen dem Gemeinnützigkeitsrecht entspricht. Beachtung des § 60 AO und die im Vereinsleben nötige Flexibilität führen hier zu einer Gratwanderung. Empfohlen wird die Verwendung von „insbesondere“ – Aufzählungen.1 Wenn der Zweck ausreichend eng gefasst ist (dazu auch Satzungsauslegung), muss sich die Art der Zweckerreichung weniger stark festlegen als bei weit gefasstem Satzungszweck.2 Ein Verein zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs ist nicht gemeinnützig, wenn seine Satzung nicht ausschließt, dass er vornehmlich zur Wahrung der gewerblichen Interessen seiner unternehmerisch tätigen Mitglieder tätig wird.3 Es ist offen zu legen, wenn der Satzungszweck durch die Beschaffung von Mitteln für eine andere Körperschaft erfüllt werden soll (Mittelbeschaffungskörperschaften, Fördervereine), zulässig ist das gem. § 58 Abs. 1 Nr. 1 AO (s. auch AEAO Nr. 1 zu § 56 aE.). Es ist nicht erforderlich, die Körperschaften, für die Mittel beschafft werden sollen, in der Satzung aufzuführen.4
In einer Gesamtbetrachtung müssen wirtschaftliche, nicht begünstigte GeschäftsbetrieDie Körperschaft ist selbstlos tätig; sie be dem ideellen Vereinszweck untergeordnet verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtbleiben.5 schaftliche Zwecke. §2
1 Schauhoff, Handbuch der Gemeinnützigkeit, § 6 Rz. 99 m.w.N. 2 Vgl. BFH v. 13.8.1997 – I R 19/96, BFHE 183, 371 = FR 1997, 860 = DB 1997, 1679 = SpuRt 1997, 200. 3 BFH v. 6.10.2009 – I R 55/08, BFHE 226, 525 = FR 2010, 344 = ZStV 2010, 65. 4 Auf den Einsatz von Hilfspersonen muss hingegen nicht hingewiesen werden, Schauhoff, Handbuch der Gemeinnützigkeit, § 6 Rz. 101. 5 Fischer/Helios, Kap. 3 Rz. 103. Zur Aufgabe der „Geprägetheorie“ der Finanzverwaltung Hüttemann, Der Betrieb 2012, 250 (251).
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3. Der gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zweck (§§ 51–68 AO 1977) | Rz. 135 V.
Unter dieser Prämisse darf ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb durchaus in der Satzung mit erwähnt werden.1 Teilweise muss er das sogar, damit der Vorstand nicht gegen die Satzung handelt. Ergibt sich bereits aus dem bürgerlichen Vereinsrecht. Ein Satzungsverstoß kann für den Mittel der Körperschaft dürfen nur für Vorstand u.U. sogar strafrechtliche Konsequendie satzungsmäßigen Zwecke verwenzen haben.2 Wegen der strikten Formulierung det werden. des § 60 Abs. 1 S. 2 AO sollte die Bestimmung dennoch stets mit aufgenommen werden. §3
Die Mitglieder erhalten keine Zuwen- Vergütungen und Kostenersatz für Dienstleisdungen aus Mitteln der Körperschaft. tungen sind grundsätzlich keine verbotenen Zuwendungen iSd. § 55 Abs. 1 Nr. 2 AO. Da tatsächliche Handhabe und Satzungslage aber sowohl bürgerlich-rechtlich wie nach Gemeinnützigkeitsrecht überein stimmen müssen, darf ohne Satzungsgrundlage an den Vorstand keine Vergütung gezahlt werden (§ 27 BGB)3, an andere Vereinsmitglieder dann nicht, wenn ausdrücklich Ehrenamtlichkeit in der Satzung bestimmt ist. Das gilt auch für Tätigkeitsvergütungen im Rahmen der Ehrenamtspauschale des § 3 Nr. 26a EStG. Vergütungen4 und Verwaltungsaufwand insgesamt5 müssen sich außerdem im Rahmen des Üblichen halten. Auslagenersatz ist dagegen möglich, pauschale Zahlungen dürfen den tatsächlichen Aufwand nicht offensichtlich übersteigen.6
1 Schauhoff, Handbuch der Gemeinnützigkeit, § 6 Rz. 101; BFH v. 18.12.2002 – I R 15/02, BFHE 201, 395 = BStBl. II 2003, 384 = DB 2003, 1097. 2 Zum Untreuetatbestand, insbesondere Vermögensverlust durch Gefährdung der Gemeinnützigkeit Lassmann, ZStV 2010, 141. Allerdings dürfte (stillschweigende) Billigung der Mitgliederversammlung jedenfalls die Kausalität unterbrechen. 3 BFH v. 8.8.2001 – I B 40/01, DStRE 2001, 1301 = BFH/NV 2001, 1536. Dazu AEAO Nr. 23 zu § 55. 4 BFH v. 28.10.2004 – I B 95/04, BFH/NV 2005, 160; BFH v. 12.3.2020 – V R 5/17 = NJW 2020, 2828–2832. 5 BFH v. 23.9.1998 – I B 82/98, BFHE 186, 433 = FR 1998, 1033 mit Anm. Kempermann = DB 1998, 2241. 6 BMF-Schreiben v. 14.10.2009 – IV C 4-S, Dok 2121/07/0010.
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V. Rz. 135 | Der Zweck des Vereins §4
§ 55 Abs. 1 Nr. 3 AO
Es darf keine Person durch Ausgaben, die dem Zweck der Körperschaft fremdsind, oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigt werden. §5 Bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall steuerbegünstigter Zwecke fällt das Vermögen der Körperschaft 1. an – den – die – das – … (Bezeichnung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einer anderen steuerbegünstigten Körperschaft), – der – die – das – es unmittelbar und ausschließlich für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke zu verwenden hat. oder 2. an eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder eine andere steuerbegünstigte Körperschaft zwecks Verwendung für … (Angabe eines bestimmten gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecks, z.B. Förderung von Wissenschaft und Forschung, Erziehung, Volks- und Berufsbildung, der Unterstützung von Personen, die im Sinne von § 53 der Abgabenordnung wegen … bedürftig sind, Unterhaltung des Gotteshauses in …).
Vgl. BFH v. 23.7.2009 – V R 20/08, UR 2009, 768 = DStR 2009, 2047: Der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG für gemeinnützige Körperschaften ist nur zu gewähren, wenn die Vereinssatzung die formellen Anforderungen an die sog. Vermögensbindung nach § 61 AO erfüllt. Dazu zutreffend BMF-Schreiben v. 7.7.2010 – IV C 4–5: „Dieses Urteil ist nur auf die Fälle anzuwenden, in denen die Satzung eines Vereins keine Bestimmung darüber enthält, wie sein Vermögen im Fall der Auflösung und bei Wegfall der steuerbegünstigten Zwecke verwendet werden soll. Eine Regelung für den Fall der Aufhebung des Vereins ist dagegen nicht erforderlich. Die entsprechende Formulierung in § 61 AO bezieht sich auf Körperschaften, für die nach den zivilrechtlichen Regelungen eine Aufhebung in Frage kommt (z.B. Stiftungen, § 87 BGB). Dies ist bei Vereinen nicht der Fall“ (vgl. jetzt auch AEAO Nr. 2d zu § 60). Vor Erlangung des Gemeinnützigkeitsstatus und entsprechender Vergünstigungen angespartes, z.B. von den Gründern eingezahltes Kapital soll nach Meinung der Literatur1 bei Liquidation auch andere Wege gehen können (anders AEAO Nr. 24 zu § 55 in enger Auslegung des § 55 Abs. 1 Nr. 4 AO). Der Verein muss sich zur Erlangung des Gemeinnützigkeitsstatus auf eine der bestimmten Varianten festlegen. Die künftige Verwendung darf nicht dahinstehen oder ganz allgemein eine Verwendung zu steuerbegünstigten Zwecken vorgesehen sein (dazu Burhoff, Vereinsrecht, Rz. 80)
1 Schauhoff, Handbuch der Gemeinnützigkeit, § 6 Rz. 104 m.w.N.
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4. Einige besondere Vereinszwecke | Rz. 138 V.
4. Einige besondere Vereinszwecke a) Agrarorganisationen Anerkannte Agrarorganisationen nach § 4 des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Marktstruktur im Agrarbereich (Agrarmarktstrukturgesetz)1 können Erzeugerorganisationen oder Branchenverbände sein. Zusammenschlüsse der Landwirtschaft müssen die detailliert geregelten Anerkennungsvoraussetzungen des Agrarorganisationenrechts genau beachten.2 Die Anerkennung ist u.a. Zugangsvoraussetzung für diverse Fördermittel. Anerkennungsfähig sind nur juristische Personen (§ 3 Nr. 1 AgrarMSV; Art. 154 Abs. 1 EU-VO Nr. 1308/2013). Jedenfalls nach der noch herrschenden Einschätzung scheiden nicht eingetragener Verein und GbR (obwohl rechtsfähig) daher aus.
136
Ist für eine Erzeugerorganisation die Rechtsform des Vereins gewählt (sie kann auch in der Rechtsform der Genossenschaft oder einer Kapitalgesellschaft bestehen), dann bedarf sie der staatlichen Verleihung der Rechtsfähigkeit (§ 22 BGB). Denn ihr Zweck (Kanon in Art. 152 Abs. 1c EU-VO Nr. 1308/2013) ist jedenfalls zumeist auf einen werbenden Auftritt am Markt und damit auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet.3
137
Branchenverbände können aus Vertretern von Wirtschaftszweigen gebildet werden, die mit der Erzeugung und einer Stufe der Versorgungskette zusammenhängen. Nach ihrer Zwecksetzung berücksichtigen sie gleichermaßen die Interessen ihrer Mitglieder und der Verbraucher (Art. 157 Abs. 1c EU-VO Nr. 1308/2013). Sie haben vornehmlich die Aufgabe, die Anwendung einheitlicher Erzeugungs- und Qualitätsregeln zu fördern und durch Unterrichtung und Beratung der Erzeugerorganisationen auf die Anpassung der Erzeugung an die Erfordernisse des Marktes hinzuwirken (vgl. früher § 1 Abs. 3 MarktstrG). Sie dürfen nicht selbst die Tätigkeit der Erzeugung, der Verarbeitung oder der Vermarktung ausüben (Art. 158 Abs. 1d EU-VO Nr. 1308/2013 mit Ausnahmen für die Vermarktung von Oliven[-öl] und Tabak in Art. 162). Insofern ist je nach konkreter Zwecksetzung (Katalog in Art. 157 Abs. 1c I-XII EU-VO Nr. 1308/ 2013) und Ausgestaltung im Einzelfall die Eintragung als nichtwirtschaftlicher Verein in das Vereinsregister nicht generell ausgeschlossen. Unterhält der Branchenband
138
1 Vom 20.4.2013, BGBl. I 2013, 917, zuletzt geändert 26.6.2017 (BGBl. I S. 1942). Die Anerkennungsvoraussetzungen im Einzelnen ergeben sich auch aus der Agrarmarktstrukturverordnung – AgrarMSV v. 15.11.2013 (BGBl. I 3998, zuletzt geändert am 4.7.2017 (BGBl. I 2199). Den Rahmen bestimmt die Gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse – GMO – EU-VO Nr. 1308/2013 v. 17.12.2013 (vorher Einheitliche Gemeinsame Organisation der Agrarmärkte – EGMO – EU-VO Nr. 1234/2007 v. 22.10.2007). 2 Zu einer Erzeugerorganisation (Weinbau) ausführlich VG Würzburg v. 13.3.2014 – W 3K 12.636, juris; Busse, jurisPR-AgrarR 6/2014 Nr. 1. 3 Zu Erzeugergemeinschaften nach der Vorgängernorm (Marktstrukturgesetz) BayObLG 1974, 242 = MDR 1974, 842 = Rpfleger 1974, 307; Schl.-Holst. OLG v. 13.11.1989 – 2 W 62/89, Rpfleger 1990, 303 = SchlHA 1990, 139; dazu eingehend Hornung, Rpfleger 1974, 339; a.A. Deselaers, Rpfleger 1990, 103.
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V. Rz. 138 | Der Zweck des Vereins
aber einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, dann kann er als Verein die Rechtsfähigkeit nur durch staatliche Verleihung erlangen (§ 22 BGB). 139
Jede zuständige Stelle1 führt gem. § 6 AgrarMSG für die Agrarorganisationen, für deren Anerkennung sie zuständig ist, ein Register zum Zweck der Information der Öffentlichkeit (Agrarorganisationenregister). Der Abruf aus dem Internet ist möglich.2 Erfüllt eine Agrarorganisation die speziellen Voraussetzungen für die Anerkennung nach AgrarMSV, dann ist sie auch als wirtschaftlicher Verein anzuerkennen.3 Erfüllt sie diese Voraussetzungen nicht, bleibt für eine Anerkennung als wirtschaftlicher Verein nach § 22 BGB kein Raum und die Erzeugergemeinschaft muss sich auf die sonstigen vom Gesetzgeber zur Verfügung gestellten Rechtsformen des Gesellschafts- und des Handelsrechts für die Erlangung der Rechtsfähigkeit verweisen lassen.4 Die Gegenausnahme – Unzumutbarkeit der Erfüllung der diesbezüglichen Bestimmungen – kommt dann kaum in Betracht. Beispiel: Anerkennungfähigkeit einer landwirtschaftlichen Erzeugergemeinschaft in Rheinland-Pfalz:5 Wenn eine land- oder fischwirtschaftliche Erzeugerorganisation die Voraussetzungen nach dem Agrarmarktstrukturgesetz und der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Landwirtschaft, Weinbau und Forsten und des Ministeriums des Innern und für Sport vom 17.12.1987 zur Verleihung der Rechtsfähigkeit an land- und fischwirtschaftliche Erzeugergemeinschaften erfüllt, muss sie nicht nachweisen, dass es ihr unzumutbar ist, eine andere Rechtsform zu wählen. Die Rechtsfähigkeit ist daher auf Antrag zu verleihen, wenn 1. keine Rechtsvorschriften der Verleihung entgegenstehen, die allgemeinen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über Vereine (vgl. §§ 21 bis 53) und die entsprechend anzuwendenden Bestimmungen der §§ 56 bis 59 BGB beachtet sind und im Einzelfall keine besonderen Gründe gegen die Verleihung sprechen, 2. zu erwarten ist, dass nach der Verleihung der Rechtsfähigkeit die gesetzlichen Voraussetzungen der Anerkennung aufgrund des Agrarmarktstrukturgesetz erfüllt sind, 3. die Satzung bestimmt, dass der Vorstand den Mitgliedern jährlich eine Aufstellung über das Vermögen des Vereins und dessen Einnahmen und Ausgaben im abgelaufenen Geschäftsjahr vorzulegen hat und 4. der Zusammenschluss nach der Satzung die Erzeugnisse der Mitglieder weder als Eigenhändler noch als Kommissionär zum Verkauf anbieten darf. Erzeugerorganisationen, die lediglich die Voraussetzungen nach Punkt 4 nicht erfüllen, kann die Rechtsfähigkeit dennoch verliehen werden, wenn dies zur Erreichung der Ziele des Agrarmarktstrukturgesetz zweckmäßig ist.
1 Wegen der für die Verleihung der Rechtsfähigkeit zuständigen Landesbehörden s. Anhang B 2. Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach dem Hauptsitz der Agrarorganisation. 2 https://aoreg.ble.de/agrarorganisationen/, letzter Abruf 1.2.2020. 3 VG Würzburg v. 13.3.2014 – W 3K 12.636, juris. 4 VG Würzburg v. 13.3.2014 – W 3K 12.636, juris. 5 Hinweise der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Rheinland-Pfalz, https://add.rlp.de/ de/themen/staat-und-gesellschaft/ordnung/wirtschaftliche-vereine/letzter Abruf 22.4.2020.
110 | Stöber/Otto
4. Einige besondere Vereinszwecke | Rz. 143 V. In diesen Fällen muss die Satzung jeweils vorsehen, dass der Vorstand jährlich eine Bilanz, eine Gewinn- und Verlustrechnung sowie einen Lagebericht entsprechend den §§ 242 bis 289 des Handelsgesetzbuches aufzustellen hat, dass die Bücher und Rechnungen jährlich durch einen Wirtschaftsprüfer, eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft oder durch einen anderen unabhängigen, sachkundigen Prüfer zu prüfen sind und dass die Bilanz, die Gewinn- und Verlustrechnung sowie der Lagebericht mit dem Prüfungsergebnis jährlich den Mitgliedern vorgelegt werden müssen. Der Verein muss außerdem aufgrund der Satzung mit einem für die Verwirklichung des Vereinszweckes ausreichenden Vermögen ausgestattet sein; zumindest muss bei der Verleihung gewährleistet sein, dass mit Sicherheit ein ausreichendes Vermögen zu erwarten ist.
b) Forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse Forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse können als Forstbetriebsgemeinschaften, Forstbetriebsverbände und Forstwirtschaftliche Vereinigungen bestehen (§ 15 BWaldG1).
140
Forstbetriebsgemeinschaften sind privatrechtliche Zusammenschlüsse von Grundbesitzern, die den Zweck verfolgen, die Bewirtschaftung der angeschlossenen Waldflächen und der zur Aufforstung bestimmten Grundstücke zu verbessern (§ 16 BWaldG). Auf Antrag wird eine Forstbetriebsgemeinschaft von der nach Landesrecht zuständigen Behörde anerkannt (§ 18 Abs. 1 BWaldG). Ist für die Forstbetriebsgemeinschaft die Rechtsform des rechtsfähigen Vereins gewählt (sie kann auch in der Rechtsform der Genossenschaft oder einer Kapitalgesellschaft bestehen), dann ist ihr Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet.2 Ohne in eine Rechtsform des Gesellschaftsrechts zu wechseln, kann sie daher Rechtsfähigkeit nur durch staatliche Verleihung erlangen (§ 22 BGB). Verliehen werden kann ihr die Rechtsfähigkeit durch die für die Anerkennung zuständige Landesbehörde gleichzeitig mit der Anerkennung (§ 19 BWaldG).3
141
Forstwirtschaftliche Vereinigungen sind privatrechtliche Zusammenschlüsse von anerkannten Forstbetriebsgemeinschaften, Forstbetriebsverbänden oder nach Landesrecht gebildeten Waldwirtschaftsgemeinschaften oder ähnlichen Zusammenschlüssen zu dem ausschließlichen Zweck, auf die Anpassung der forstwirtschaftlichen Erzeugung und des Absatzes von Forsterzeugnissen an die Erfordernisse des Marktes hinzuwirken (§ 37 Abs. 1 BWaldG). Anerkennung und Verleihung der Rechtsfähigkeit, wenn die Rechtsform des rechtsfähigen Vereins gewählt ist, erfolgen durch die nach Landesrecht zuständige Behörde (§ 38 mit § 19 BWaldG).
142
Forstbetriebsverbände sind Zusammenschlüsse von Grundstückseigentümern in der Form von Körperschaften des öffentlichen Rechts (§ 21 BWaldG). Eine öffent-
143
1 Gesetz zur Erhaltung des Waldes und zur Förderung der Forstwirtschaft (Bundeswaldgesetz) v. 2.5.1975 (BGBl. I 1037) mit Änderungen. 2 FG Hannover v. 10.12.2010 – 16 K 329/09, juris; a.A. LG Regensburg Rpfleger 1976, 356: kann in das Vereinsregister eingetragen werden, wenn sich ihr Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erstreckt. 3 FG Hannover v. 10.12.2010 – 16 K 329/09, juris.
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V. Rz. 143 | Der Zweck des Vereins
lich-rechtliche „Waldgenossenschaft“ kann aber auch eine Gesamthandsgemeinschaft sein.1 c) Genossenschaftlicher Prüfungsverband 144
Ein genossenschaftlicher Prüfungsverband soll die Rechtsform des eingetragenen Vereins haben (§ 63b Abs. 1 GenG). Er muss die Prüfung seiner Mitglieder und kann auch sonst die gemeinsame Wahrnehmung ihrer Interessen, insbesondere die Unterhaltung gegenseitiger Geschäftsbeziehungen, zum Zweck haben (§ 63b Abs. 4 S. 1 GenG mit Besonderheit in Abs. 3); andere Zwecke darf er nicht verfolgen (§ 63b Abs. 4 S. 2 GenG). Mitglieder können nur eingetragene Genossenschaften und Unternehmungen sein, die sich ganz oder überwiegend in der Hand eingetragener Genossenschaften befinden oder dem Genossenschaftswesen dienen (§ 63b Abs. 2 S. 1 GenG). Erforderliche Satzungsbestimmungen: § 63c GenG. Verliehen wird das Prüfungsrecht durch die zuständige oberste Landesbehörde (§ 63 GenG), dies ist aber nicht als Konzession i.S.d. § 22 BGB zu verstehen. d) Jugendhilfevereine
145
Juristische Personen, damit auch Vereine, können als Träger der freien Jugendhilfe anerkannt werden (§ 75 SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe). Voraussetzung ist u.a., dass der Verein gemeinnützige Zwecke verfolgt (§ 75 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII). Er ist nichtwirtschaftlicher Verein. Durch den Verein werden Leistungen der Jugendhilfe erbracht (§ 3 SGB VIII). Er kann Pflegschaften, Vormundschaften und Beistandschaften übernehmen, wenn ihm das Landesjugendamt dazu eine Erlaubnis erteilt hat (§ 54 Abs. 1 SGB VIII). Anerkennung als Betreuungsverein: § 1908f BGB. e) Lohnsteuerhilfeverein
146
Der Lohnsteuerhilfeverein ist Selbsteinrichtung von Arbeitnehmern zur Hilfeleistung in Lohnsteuersachen für seine Mitglieder (§ 13 Abs. 1 Steuerberatungsgesetz – StBerG).2 Sein Zweck ist nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet.3 Der Verein hat in seinen Namen die Bezeichnung als „Lohnsteuerhilfeverein“ aufzunehmen (§ 18 StBerG). Für seine Tätigkeit bedarf er der Anerkennung (§ 13 Abs. 2 StBerG) durch die Oberfinanzdirektion, in deren Bezirk er seinen Sitz hat (§ 15 Abs. 1 StBerG). Die Anerkennung gilt jedoch nicht als Konzession i.S.d. § 22 BGB. Voraussetzung für Anerkennung eines eingetragenen Vereins als Lohnsteuerhilfeverein ist u.a., dass nach der Satzung seine Aufgabe ausschließlich die Hilfeleistung in Lohnsteuersachen für seine Mitglieder ist und für diese Hilfeleistung neben dem Mitgliedsbei-
1 So zur Waldgenossenschaft nach § 54 Abs. 2 Thür. WaldG, OLG Jena v. 4.4.2018 – 3 W 17/ 18, Rpfleger 2018, 534; dazu Spitzer, Rpfleger 2019, 302. 2 StBerG idF. v. 4.11.1975 (BGBl. I 2735) mit zahlreichen Änderungen. 3 OLG Celle DNotZ 1976, 368 = NJW 1976, 197; OLG Stuttgart OLGZ 1971, 416 = Rpfleger 1970, 334 in Abweichung von OLG Stuttgart Justiz 1968, 17 = OLGZ 1967, 475, a.A. – für einen Sonderfall – AG Solingen MittBayNot 1974, 135.
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4. Einige besondere Vereinszwecke | Rz. 148 V.
trag kein besonderes Entgelt erhoben wird1 (§ 14 Abs. 1 Nrn. 1 und 5 StBerG). Die Satzung darf die Anwendung der § 27 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 sowie der § 32 und § 33 BGB nicht ausschließen. Sie muss u.a. vorsehen, dass Verträge des Vereins mit Mitgliedern des Vorstands oder deren Angehörigen bedürfen der Zustimmung oder Genehmigung der Mitgliederversammlung (§ 14 Abs. 1 StBerG). Der Verein muss eine Haftpflichtversicherung unterhalten (§ 14 Abs. 2 StBerG). Befugt zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen ist der Verein für seine Mitglieder bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und bei sonstigen Lohnsteuersachen einschließlich Kindergeldsachen nach Abschnitt X des EStG. Einnahmen aus anderen Einkunftsarten dürfen eine Größenschwelle nicht überschreiten (§ 4 Nr. 11 StBerG mit Einzelheiten).
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Das Verfahren zur Anerkennung als Lohnsteuerhilfeverein sowie weitere Besonderheiten (Beratungsstellen, Beratungsstellenleiter, Verzeichnis der Lohnsteuerhilfevereine) regelt die Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über die Lohnsteuerhilfevereine (DLStHV).2 f) Naturschutzverbände Das Gesetz über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG v. 29.7.2010 (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz3 – BGBl. I 2009, 2542) definiert Voraussetzungen der Vereinigungen, die nach diesem und dem Bundesnaturschutzgesetz (§ 64 BNatSchG) zur Einlegung von Rechtsbehelfen befugt sind. § 3 Anerkennung von Vereinigungen (1) Auf Antrag wird einer inländischen oder ausländischen Vereinigung die Anerkennung zur Einlegung von Rechtbehelfen nach diesem Gesetz erteilt. Die Anerkennung ist zu erteilen, wenn die Vereinigung 1. nach ihrer Satzung ideell und nicht nur vorübergehend vorwiegend die Ziele des Umweltschutzes fördert, 2. im Zeitpunkt der Anerkennung mindestens drei Jahre besteht und in diesem Zeitraum im Sinne der Nr. 1 tätig gewesen ist, 3. die Gewähr für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung bietet; dabei sind Art und Umfang ihrer bisherigen Tätigkeit, der Mitgliederkreis sowie die Leistungsfähigkeit der Vereinigung zu berücksichtigen, 4. gemeinnützige Zwecke i.S.v. § 52 der Abgabenordnung verfolgt und
1 Es dürfen Beitragspflicht und Beitragshöhe nicht an die vom Verein zu erbringenden Leistungen gekoppelt sein. Wenn der Lohnsteuerhilfeverein die Erhebung der Mitgliedsbeiträge generell von der Beratungstätigkeit abhängig macht, verstößt er gegen § 14 Abs. 1 Nr. 5 StBerG und handelt damit zugleich wettbewerbswidrig (i.S.d. § 1 UWG); BGH v. 15.6.1989 – I ZR 158/87, BB 1989, 2067 = MDR 1990, 135 = NJW-RR 1989, 1515. 2 DVLStHV v. 15.7.1975 (BGBl. I 1906) mit Änderungen. 3 Neugefasst durch Bekanntmachung v. 8.4.2013 (BGBl. I, 753), zuletzt geändert durch Gesetz v. 7.8.2013 (BGBl. I 3154).
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V. Rz. 148 | Der Zweck des Vereins 5. jeder Person den Eintritt als Mitglied ermöglicht, die die Ziele der Vereinigung unterstützt; Mitglieder sind Personen, die mit dem Eintritt volles Stimmrecht in der Mitgliederversammlung der Vereinigung erhalten; bei Vereinigungen, deren Mitgliederkreis zu mindestens drei Vierteln aus juristischen Personen besteht, kann von der Voraussetzung nach Halbs. 1 abgesehen werden, sofern die Mehrzahl dieser juristischen Personen diese Voraussetzung erfüllt. In der Anerkennung ist der satzungsgemäße Aufgabenbereich, für den die Anerkennung gilt, zu bezeichnen; dabei ist insbesondere anzugeben, ob die Vereinigung im Schwerpunkt die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege fördert. Die Anerkennung kann, auch nachträglich, mit der Auflage verbunden werden, dass Satzungsänderungen mitzuteilen sind. Sie kann ferner auch öffentlich bekannt gemacht werden. In den Fällen des Abs. 3 ist bei einer Vereinigung, die im Schwerpunkt die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege fördert, in der Anerkennung darüber hinaus anzugeben, ob sie nach ihrer Satzung landesweit tätig ist. (2) Für eine ausländische Vereinigung sowie für eine Vereinigung mit einem Tätigkeitsbereich, der über das Gebiet eines Landes hinausgeht, wird die Anerkennung durch das Umweltbundesamt ausgesprochen. Bei der Anerkennung einer Vereinigung nach Satz 1, die im Schwerpunkt die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege fördert, ergeht diese Anerkennung im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Naturschutz. Für die Anerkennung werden keine Gebühren und Auslagen erhoben. (3) Für eine inländische Vereinigung mit einem Tätigkeitsbereich, der nicht über das Gebiet eines Landes hinausgeht, wird die Anerkennung durch die zuständige Behörde des Landes ausgesprochen.
Der Verein ist somit nach seinem Zweck nichtwirtschaftlicher Verein und eintragungsfähig im Vereinsregister (§ 21 BGB). Die Naturschutzverbände haben Mitwirkungsrechte u.a. bei der Vorbereitung von Verordnungen und anderen im Rang unter dem Gesetz stehenden Rechtsvorschriften auf dem Gebiet des Naturschutzes und der Landschaftspflege, in Planfeststellungsverfahren, wenn die Vorhaben mit Eingriffen in Natur und Landschaft verbunden sind. Voraussetzung ist, dass das jeweilige Vorhaben ihren satzungsmäßigen Aufgabenbereich berührt (§ 64 BNatSchG). g) Umweltgutachterorganisation 149
Eine Umweltgutachterorganisation kann in der Rechtsform des eingetragenen Vereins bestehen (§ 2 Abs. 3 UAG1). In dieser Rechtsform hat ihr Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet zu sein. Als Umweltgutachterorganisation muss der Verein zugelassen sein (§ 2 Abs. 3 UAG). Voraussetzungen der Zulassung und Zulassungsbehörde: § 10 Abs. 1 und 2 UAG. In den Namen hat der Verein die Bezeichnung „Umweltgutachter“ aufzunehmen (§ 10 Abs. 5 UAG).
1 Die vollständige Bezeichnung des Gesetzes ist: Gesetz zur Ausführung der Verordnung (EW) Nr. 761/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 19.3.2001 über die freiwillige Beteiligung von Organisationen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung (Umweltauditgesetz – UAG). Es ist in Neufassung v. 4.9.2002 in BGBl. I 3490 veröffentlicht (letzte Änderung v. 7.8.2013, BGBl. I 3154).
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4. Einige besondere Vereinszwecke | Rz. 152 V.
h) Schießsportliche Vereine Schießsportliche Vereine haben das Waffengesetz (WaffenG) zu beachten. Danach bedarf der Umgang mit Waffen oder Munition (soweit er nicht verboten ist) der Erlaubnis (§ 2 Waffen mit Einzelheiten und Bezugnahme auf die Waffenliste). Bei Mitgliedern von Schießsportvereinen, die ihrerseits einem Schießsportverband angehören, wird ein Bedürfnis für Erwerb und Besitz von Waffen und Munition anerkannt (§ 14 Abs. 2 WaffenG). Ein Schießsportverband, das ist ein überörtlicher Zusammenschluss schießsportlicher Vereine, bedarf der Anerkennung durch das Bundesverwaltungsamt (§ 15 WaffenG).1 Zulässig ist allein das vereinsmäßige sportliche Schießen, es ist in Sportordnungen geregelt. Unzulässig ist das sog. kampfmäßige Schießen. Die Sportordnungen sind genehmigungspflichtig (§ 15a WaffenG). Der schießsportliche Verein ist verpflichtet, der zuständigen Behörde Sportschützen, die Inhaber einer Waffenbesitzkarte sind und die aus ihrem Verein ausgeschieden sind, unverzüglich zu benennen (§ 15 Abs. 4 WaffenG).
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i) Betreuungsvereine Betreuungsvereine, also Vereine, die anstelle einer natürlichen Person die Aufgaben eines Betreuers übernehmen, treten nicht in Konkurrenz zu Berufsbetreuern, da sie diesen gegenüber nachrangig bestellt werden (§ 1900 BGB). Für sie verlangt § 1908f BGB sogar ausdrücklich die Rechtsform des eingetragenen Vereins.2 Betreuungsvereine oder deren angestellte Mitarbeiter können gerichtlich zum Betreuer bestellt werden, wenn ein Volljähriger aufgrund Krankheit oder Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen kann (§§ 1896 Abs. 1, 1897 Abs. 2, 1901 BGB). Darüber hinaus sind den Betreuungsvereinen Informationsaufgaben gegenüber der Öffentlichkeit und Fortbildungsaufgaben für die Betreuer übertragen. Die Voraussetzungen der Anerkennung bestimmen § 1908f BGB und das Landesrecht. Danach ist u.a. eine angemessene Versicherung für die als Betreuer tätigen Mitarbeiter erforderlich (§ 1908f Abs. 1 Nr. 1 BGB, zur Mindesthöhe: § 114 VVG). Ob Pflichtverletzungen der Mitarbeiter nach § 31 BGB dem Verein zuzurechnen sind und daher auch der Verein als solcher versichert sein muss, ist streitig. Eine Haftpflichtversicherung für den Verein wird jedenfalls empfohlen.3
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j) Profisportvereine Die Vereine des kommerziellen Sports werden hinsichtlich ihrer Einordnung als Idealverein seit Jahren kritisch gesehen. Literaturstimmen verlangen eine Art Sonderrecht für den Profisport: Dass die Vereine aus Wettkampfinteresse ganz erhebliche wirtschaftliche Risiken eingehen, wird de lege ferenda als Grund gesehen, sie nicht
1 Die Anerkennungs- und Genehmigungspflicht in § 15 Abs. 1, 4 und 7 WaffenG greift nicht in unzulässiger Weise in die Vereinigungsfreiheit von Schießsportverbänden ein, BVerfG (Kammerbeschluss) v. 1.4.2003 – 1 BvR 539/03, NJW 2003, 3046 (LS) = NVwZ 2003, 855. 2 Überblick: Scheffer/Busch, DStR 2015, 2451. 3 Scheffer/Busch, DStR 2015, 2451, 2454 m.w.N.; jurisPK/BGB/Jaschinski, 9. Aufl., § 1908f BGB (Stand: 15.10.2019), Rz. 20.
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V. Rz. 152 | Der Zweck des Vereins
anders als profitorientierte (und daher wirtschaftliche) Vereine zu behandeln.1 Die Schaffung gleich einer eigenen Rechtsform soll vermeiden, dass alle Fußball-Bundesligavereine mit ihrer Profiabteilung zu Kapitalgesellschaften werden.2 153
Zahlreiche Sportvereine haben heute ihre Profiabteilung in Kapitalgesellschaften ausgegliedert. Ein Sportverein, der Mehrheitsgesellschafter einer äußerst kapital- und umsatzstarken Aktiengesellschaft ist, die den Profi-Fußball betreibt, kann ungeachtet seines beherrschenden Einflusses auf dieses Wirtschaftsunternehmen als Idealverein eingetragen sein.3 Eine „Konzernzurechnung“ steht richtigerweise nicht entgegen. Die Holdingkonstruktion an sich führt nicht zur Typisierung als wirtschaftlicher Verein (ausf. Rz. 101–104).4 Die verbreitete Gegenansicht, dass nämlich nur durch Stimmrechtsverzichte eine Konzernzurechnung und Klassifizierung als wirtschaftlich zu vermeiden sei, hat besondere Konsequenzen im Profifußball. Wenn nur bei Entherrschung der ideelle Charakter des Muttervereins gewahrt sein kann, würde die „50+1Regel“, wonach bei Ausgliederung der Profiabteilung in eine Kapitalgesellschaft der e.V. dort immer die Mehrheit behalten muss5, sämtliche Ligavereine des Deutschen Fußballbundes, die ihre Profiabteilungen ausgegliedert haben, in eine Rechtsformverfehlung zwingen.6 Teilweise wird ein Kontrollverlust durchaus begrüßt. Eine rein kommerziell orientierte, professionelle Geschäftsführung soll vom Mutterverein losgelöst agieren können.7 Diese Reduktion der Sportvereine auf bloße Fanclubs, wie es viele nebeneinander für dieselbe Mannschaft geben kann, ist vereinsrechtlich nicht geboten. Bedenklich wird es allerdings, wenn ein Verein nur deshalb existiert, um die formalen Voraussetzungen der „50+1“-Regel zu erfüllen und Halten der Mehrheit an der Kapitalgesellschaft einziger Vereinszweck ist (Rz. 104). 1 Leuschner, npoR 2016, 99–104, 103. 2 Punte, SpuRt 2017, 46–50. 3 AG München v. 15.9.2016 – VR 2463 –, juris; Leuschner, NZG 2017, 16; Segna, npoR 2017, 3. 4 Vgl. auch Otto, lto 19.6.2016, https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/fc-bayern-adac-ver einsregister-loeschung-wirtschaftliche-taetigkeit/. 5 Dazu § 8 Abs. 3 der Satzung „Die Liga – Fußballverband e.V.“ https://www.dfl.de/de/sat zung-dfl-e-v-2019-08-21/, letzter Abruf 1.2.2020: „Eine Kapitalgesellschaft kann nur eine Lizenz für die Lizenzligen und damit die Mitgliedschaft im DFL e.V. erwerben, wenn ein Verein mehrheitlich an ihr beteiligt ist, der über eine eigene Fußballabteilung verfügt, und der im Zeitpunkt, in dem sie sich erstmals für eine Lizenz bewirbt, sportlich für die Teilnahme an einer Lizenzliga qualifiziert ist. Der Verein („Mutterverein“) muss rechtlich unabhängig i.S.d. § 8 Nr. 2 sein. Der Mutterverein ist an der Gesellschaft mehrheitlich beteiligt („Kapitalgesellschaft“), wenn er über 50 % der Stimmenanteile zzgl. mindestens eines weiteren Stimmenanteils in der Versammlung der Anteilseigner verfügt. Bei der Kommanditgesellschaft auf Aktien muss der Mutterverein oder eine von ihm zu 100 % beherrschte Tochter die Stellung des Komplementärs haben. In diesem Fall genügt ein Stimmenanteil des Muttervereins von weniger als 50 %, wenn auf andere Weise sichergestellt ist, dass er eine vergleichbare Stellung hat wie ein an der Kapitalgesellschaft mehrheitlich beteiligter Gesellschafter. Dies setzt insbesondere voraus, dass dem Komplementär die kraft Gesetzes eingeräumte Vertretungs- und Geschäftsführungsbefugnis uneingeschränkt zusteht. …“ 6 So in der Tat bereits das Fazit von Burghardt, SpuRt 2013, 142. Zum Antrag auf Löschung des F.C. Bayern e.V. ausf. Leuschner, NZG 2017, 16; Segna, npoR 2017, 3. 7 Punte, SpuRt 2017, 46–50.
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4. Einige besondere Vereinszwecke | Rz. 154 V.
Handlungsbedarf besteht für die Vereine mit dominanten Vertragsspielerabteilungen, die entgegen dem Trend (noch) nicht in Kapitalgesellschaften überführt sind1 Hier erhebt sich nach den herkömmlichen Kriterien die Frage, ob die – im Profiligasport zweifelsfrei – unternehmerische Tätigkeit noch Nebenzweck sein kann.2 Sehr pragmatisch wurde gesagt, dass dem Rechtsverkehr das hohe finanzielle Risiko im Geschäft mit Bundesligavereinen ohnehin bekannt sei, so dass wohl kein Schutzbedürfnis besteht.3 Es gilt auch als unschädlich, wenn im Nebenbetrieb höhere Umsätze erzielt werden als im ideellen Bereich.4 Jedenfalls bis zu den Kita-Entscheidungen wurde aber angenommen, dass damit nicht jedes Ungleichgewicht zu rechtfertigen ist. Eine wohl h.L. setzte einen funktionalen Mindestkonnex der wirtschaftlichen Aktivität zum ideellen Hauptzweck voraus.5 Er geht verloren, wenn nicht nur wirtschaftlich, sondern auch in der Außenwahrnehmung und im Selbstverständnis der Vereinsleitung6 der kommerzielle Bereich völlig dominiert. Jedenfalls bei den 36 Mitgliedern der DFL Deutsche Fußball Liga e.V. (erste und zweite Bundesliga) lässt sich dies schwerlich bestreiten. Das gilt auch, wenn ideelle Zwecke wie die Förderung des Jugend- und Breitensports in den Satzungen mit verankert sind.7 Obwohl es nach den Kita-Entscheidungen auf eine Gewichtung der wirtschaftlichen zur ideellen Vereinstätigkeit noch weniger ankommt als bisher, dürften sie letztlich am Ergebnis nicht ändern. Eine Anerkennung als gemeinnützig nach § 52 Abs. 2 Nr. 21 AO hilft nicht weiter, weil das Steuerrecht die Förderung des Profisports erkennbar nur als Ausnahme duldet (vgl. § 58 Nr. 8, § 67a AO) bzw. nur in untergeordnetem Umfang erlaubt.8 In der für die Vereinsklassenabgrenzung letztlich entscheidenden Gesamtbetrachtung9 dürfte für die meisten nicht als Kapitalgesellschaft ausgegliederten Profiligaabteilungen die ideelle Zielsetzung zurücktreten.10
1 Leuschner, ZIP 2015, 356 (366). Zum Rechtstatsächlichen Heermann/Schießl, S. 3–5 (auch zum ADAC). 2 Zum Nebenzweck bei Bundesliga-Vereinen vgl. schon vor Jahrzehnten die Erklärung der Bundesregierung, mitgeteilt Idriz 1979, 224. 3 PWW/Schöpflin, 9. Aufl., § 21 Rz. 11 (wirtschaften „oftmals am Rande des finanziellen Abgrunds“). 4 OLG Frankfurt v. 28.10.2010 – 20 W 254/10, juris; enger Heckelmann, AcP 179, 1 (39 f.). 5 Beuthien, NZG 2015, 449 (452). 6 Dazu etwa Punte, SpuRt 2017, 46–50. 7 Fein, ZStV 2017, 48 (54); Leuschner in MünchKomm/BGB, § 21–22, Rz. 78; Otto, NotBZ 2017, 286 (2922), Segna ZIP 2017, 1881 (1883). Ausdrücklich anders Westermann, Gedächtnisschrift für Jürgen Sonnenschein, 2002, S. 617, 623; AG München, Hinweis v. 15.9.2016 – VR 2463 –, juris. 8 Leuschner in MünchKomm/BGB, § 21–22, Rz. 77 m.N. der steuerrechtlichen Literatur dazu. 9 Woestmann, npoR 2018, 195–202, 201. 10 Fein, ZStV 2017, 48 (53); Leuschner in MünchKomm/BGB, § 21–22, Rz. 78; Otto, NotBZ 2017, 286 (2922), Segna ZIP 2017, 1881 (1883). Anders Alte/Mailänder, npoR 2017, 244– 247.
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V. Rz. 155 | Der Zweck des Vereins
k) Bürgerschaftlich motivierte Kleinstkooperativen, Dorfläden 155
„Verbesserungen im Vereinsrecht“ zugunsten bürgerschaftlicher Initiativen zählten zu den ausdrücklichen Zielen der Regierungskoalition zu Beginn der 19. Legislaturperiode1 Gemeint ist ein bunter Strauß: Trägervereine von Nachbarschaftsläden, Dorfgemeinschaftsläden, Seniorenwohngenossenschaften2, Energieeinspar- und Klimaschutzvorhaben oder auch alternative Agrarwirtschaftsformen wurden nicht anders als die Kita-Trägervereine (Rz. 76) in der Vergangenheit wegen ihrer unternehmerischen Tätigkeit an einem äußeren oder inneren Markt (Rz. 80) als nicht zur Eintragung im Vereinsregister tauglich eingeschätzt.3 Die vordergründig nahe liegende Rechtsform der Genossenschaft bot u.a. aufgrund hoher Prüfungskosten für die kleineren Initiativen keine echte Alternative.4 In Kleinstkooperativen verbundene Bürger haben Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Konzession als wirtschaftlicher Verein, wenn ihnen eine andere Rechtsform nicht zuzumuten ist. Dabei wird die Zumutbarkeitsschwelle allerdings – verfassungsrechtlich unbedenklich – sehr hoch gesetzt.5 Hinzu kommt eine regional unterschiedliche Handhabung.
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An dieser Stelle setzte ein Reformversuch schon in der 18. Legislaturperiode an.6 Den Weg einer generellen Öffnung des eingetragenen Vereins für wirtschaftliche Zwecke lehnte er ausdrücklich ab. Dazu wurden lehrbuchartig die Aspekte genannt, die bis Mai 2017 die Abgrenzung von wirtschaftlichem und Idealverein dominierten.7 Anstelle der wegen in der Hauptsache wirtschaflticher Aktivitäten ausgeschlossenen Eintragung sollte das Konzessionsverfahren attraktiver gemacht werden. Diese Lösung sollte nur für solche Initiativen offen stehen, die so wenig Gewinn erzielen, dass sie die mit der Rechtsform einer Genossenschaft verbundenen Kosten nicht erwirtschaften könnten. Zur Abgrenzung dienen sollte eine die Konzessionsbehörden bindende bundeseinheitliche Verordnung. So sollte die bisher landesunterschiedliche Praxis vereinheitlicht und erleichtert werden. Zugleich war vorgesehen, die Konzessionsbehörden stärker in die Aufsicht über die Rechnungslegung der wirtschaftlichen Vereine einzubeziehen. Somit bemühte sich der Entwurf, den wirtschaftlichen Kleinstinitiativen ein Einfügen in das geltende System zu erleichtern. An der Unzulässigkeit ungezählter bestehender Eintragungen solcher Initiativen als vermeintliche Idealvereine im Vereinsregister hätte das nach herkömmlicher Anschauung nichts geändert. Weil (absolut herrschend) eine Vereinsregistereintragung der konzessionierten Vereine nicht zugelassen wird, hatte die Lösung auch Defizite hinsichtlich des Vertretungsnachweises, 1 Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, 19. Legislaturperiode, v. März 2018, Textziffer 5546–5548. 2 Ausf. mit Appell an den Gesetzgeber Wintergerst npoR 2017, 11. 3 BayObLG 1978, 87 (92). 4 Bösche, npoR 2014, 229. Inwieweit das Gesetz zum Bürokratieabbau und zur Förderung der Transparenz bei Genossenschaften“ vom 17.7.2017 (BGBl. 2017 I S. 2434.) Erleichterung bringt, bleibt abzuwarten. 5 BVerwG v. 24.4.1979 – I C 8.74 – juris Rz. 37, Rz. 70 – NJW 1979, 2261–2264. 6 Regierungsentwurf eines „Gesetzes zur Erleichterung unternehmerischer Initiativen aus bürgerschaftlichem Engagement und zum Bürokratieabbau bei Genossenschaften“, BTDrucks. 18/11506 vom 13.3.2017. 7 BT-Drucks. 18/11506, 17 f.
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4. Einige besondere Vereinszwecke | Rz. 158 V.
was den Rechtsverkehr bei einer steigenden Anzahl konzessionierter wirtschaftlicher Vereine behindert hätte.1 Mit den Kita-Entscheidungen rückte der BGH den hauptsächlichen Zweck, nicht die Aktivität des Vereins in den Vordergrund der Vereinsklassenabgrenzung. Jetzt fallen – richtigerweise ungeachtet ihrer steuerlichen Einordnung (streitig, siehe Rz. 97)2 – die Kleinstkooperativen, die der Entwurf des Jahres 2017 für den wirtschaftlichen Verein im Blick hatte, unter § 21 BGB.3 Entscheidend ist, dass sie „einen ideellen Hauptzweck verfolgen“ und weder „gewinnorientiert“ noch „auf Ausschüttung von Gewinnen gerichtet sind“.4 Mit dieser neuen Einschätzung hat der Gesetzgeber den vereinsrechtlichen Teil der seinerzeitigen Reform aufgegeben und zugleich die KitaRechtsprechung legislativ gebilligt.5 Die Reformbemühungen der 19. Legislaturperiode konzentrieren sich im Vereinsrecht dann eher auf die klarstellende Ordnung der Haftungsverhältnisse des nicht eingetragenen und nicht konzessionierten Vereins.6
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Die Nachrangigkeit der Rechtsform des Vereins nach § 22 BGB wird so verstanden, dass er auch dann nicht in Betracht kommt, wenn nur die Voraussetzungen zur Eintragung nach § 21 BGB erfüllt sind.7 Insofern bleibt abzuwarten, wie sich die Genehmigungspraxis der Konzessionsbehörden im Zuge der Kita-Rechtsprechung weiter entwickelt. Für die Rechtsform eines wirtschaftlichen Vereins verbleiben Initiativen, die das Erzielen und Ansammeln von Gewinn und dessen Ausschüttung an die Mitglieder nicht ausschließen. In den letzten Jahren wurden Dorfgemeinschaftsläden konzessioniert, wenn sie8
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– in strukturschwachen Ortschaften betrieben werden, – in denen die Versorgung der Bevölkerung mit den Gütern des täglichen Bedarfs durch Lebensmittelläden am Ort oder Lieferungen ins Haus zu zumutbaren Bedingungen nicht gewährleistet ist und/oder – ältere oder alleinstehende Menschen aufgrund der Nahverkehrsanbindung Schwierigkeiten haben, sich mit Gütern des täglichen Bedarfs zu versorgen und – die Einrichtung eines Bürgerladens von privaten Personen aus sozialem Engagement geleistet und organisiert wird, um eine angemessene Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. 1 Ausf. zum Ganzen jurisPK/BGB/Otto, 8. Aufl., § 21 Rz. 15–25 (online ungeachtet des Erscheinens der 9. Aufl. noch abrufbar). 2 Beuthien, npoR 2017, 137; Frey, NJ 2017, 288; Leuschner, NJW 2017, 1919. 3 Leuschner, NJW 2017, 1919–1924, 1924; Otto, NotBZ 2017, 286 (293). 4 BT-Drucks. 18/12998, 20. 5 Leuschner in MünchKomm/BGB § 21–22, Rz. 27; Hüttemann, JZ 2017, 897 (901). 6 Reform des Personengesellschaftsrechts, s. oben Rz. 11. 7 BVerwG 58, 26 = MDR 1979, 959 = NJW 1979, 2261 (dazu K. Schmidt, NJW 1979, 2239); VG Augsburg v. 14.11.2018 – Au – 4 K 18.1400, npoR 2019, 171 mit Anm. Könen = ZStV 2020, 17 mit Anm. Morgenroth. 8 Hinweise der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Rheinland-Pfalz, https://add.rlp.de/ de/themen/staat-und-gesellschaft/ordnung/wirtschaftliche-vereine/ letzter Abruf 22.4.2020. Wie ausgeführt, können die Vorgaben je nach Bundesland stark variieren.
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V. Rz. 158 | Der Zweck des Vereins
Sind diese Voraussetzungen vorhanden, erfolgte zB in Rheinland-Pfalz die Verleihung mit folgenden Auflagen: – Kreditgeschäfte dürfen lediglich in dem zur Erfüllung des Vereinszwecks unabdingbar notwendigen Umfang getätigt werden, – etwaige Gläubiger sind auf die Rechtsform des Vereins und das mit dieser Organisationsform verbundene Haftungsrisiko hinzuweisen und – zum Schutz der Kunden ist eine Haftpflichtversicherung abzuschließen, soweit dies wirtschaftlich vertretbar erscheint.“
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VI. Der Name des Vereins 1. Der Name als Kennzeichnung des Vereins (§§ 25, 57 BGB) . . . . . . a) Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Namensbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kurzform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Namenswahrheit, Namensklarheit . e) Unterscheidbarkeit (§ 57 Abs. 2 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Prüfung unzulässiger Namenswahl 2. Namenszusatz „eingetragener Verein“ (§ 65 BGB) . . . . . . . . . . . . .
159 159 161 164 165 172 174
a) Registereintragung, Teil des Vereinsnamens . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vertreterhandeln . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Namensschutz (§ 12 BGB) . . . . . . . a) Weitere Grenze der Namensbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Namensschutz des eingetragenen Vereins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Registerverfahren . . . . . . . . . . . . . . . 4. Name einer Partei . . . . . . . . . . . . . .
176 178 179 179 181 183 185
176
Literatur: Bayreuther, Gewerblicher und bürgerlicher Rechtsschutz des Vereinssymbols, WRP 1997, 820; Kiesel/Neises/Plewa/Poneleit/Rolfes/Wurster, Das Firmenrecht in der IHK-Praxis, DNotZ 2015, 740; Gewerblicher Lissner, Die Namensgebung im Vereinsrecht – ein Kurzübersicht, ZStV 2013, 178; Schmittmann, Unterscheidungskraft von Namensbestandteilen bei gleichlautenden Vereinsnamen, LG Bonn v. 5.6.1996 – 4 T 326/96, Rpfleger 1996, 463; Wietschel, Der Schutz des Parteinamens im Wahlkampf, BayVBl. 1998, 488. Vgl. ferner die Spezialliteratur zu § 18 HGB.
1. Der Name als Kennzeichnung des Vereins (§§ 25, 57 BGB) a) Definition Der Name ist die Bezeichnung, unter der sich die Mitglieder sammeln und als Verein in der Öffentlichkeit (im Rechtsverkehr) auftreten. Durch seinen Namen unterscheidet der Verein sich von anderen Vereinen.1 Bei dem eingetragenen Verein entsteht mit der Registereintragung auch eine Namenspflicht, die es ihm verbietet, im Geschäftsverkehr einen anderen Namen zu gebrauchen.2
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Der Name hat Kennzeichnungs-, Ordnungs- und Unterscheidungsfunktion. Er wird dem Verein bei der Gründung durch die Gründungsmitglieder gegeben (Satzungsregelung, s. Rz. 47). Eine spätere Änderung des Namens erfolgt durch Satzungsänderung; wirksam wird die Namensänderung daher erst mit Eintragung in das Vereinsregister (§ 71 Abs. 1 BGB). Die Gründer und die über eine Namensänderung beschließende Mitgliederversammlung (§ 32 Abs. 1 BGB) sind bei der Auswahl des
160
1 BVerfG 30, 227 (241) = NJW 1971, 1123 (1124). 2 Vgl. BayObLG v. 6.2.1992 -BReg 3 Z 201/91 = Rpfleger 1992, 304.
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VI. Rz. 160 | Der Name des Vereins
Namens in den nachfolgend skizzierten Grenzen frei.1 Der Verein kann jedoch nur einen – nicht mehrere – Namen führen.2 Etwas anderes kommt nur bei Fortführung übernommener Handelsgeschäfte (§ 22 HGB) im Rahmen des Nebenzweckprivilegs in Betracht.3 Der Name muss nicht der deutschen Sprache entnommen, aber in für die deutsche Sprache üblichen Schriftzeichen festgelegt sein; andere Schriftzeichen (z.B. griechische Buchstaben, chinesische oder japanische Schriftzeichen) können auch nicht als Untertitel verwendet werden (§ 184 GVG). Eine Aneinanderreihung von Konsonanten soll kein eintragungsfähiger Name sein.4 b) Namensbildung 161
Der Name kann aus dem Vereinszweck abgeleitet5, auf einen Orts-, Familien-6 oder Firmennamen bezogen (zum Namensschutz s. jedoch Rz. 181), als Fantasiename gebildet sein und in einem Zusatz das Gründungsjahr bezeichnen. Ein aus Wörtern und Zahlen zusammengestellter Name muss grundsätzlich als Vereinsbezeichnung erkennbar sein (Namensfunktion der Vereinsbezeichnung7). Das ist bei Kombinationen aus Symbolen oder Zeichen, die nicht aussprechbar oder für sich unverständlich sind, nicht immer der Fall. Es fehlt an einer Individualisierung und wäre auch missbräuchlich,8 wenn der Buchstabe „A“ sechsfach hintereinander als Name oder als dessen Anfang verwendet werden soll.9 Schon länger ist anerkannt, dass auch einer bloßen Buchstabenkombination Namensfunktion zukommen kann, wenn es sich um eine aussprechbare Kennzeichnung handelt, die ein erheblicher Teil der betreffenden Verkehrskreise als individualisierenden Hinweis gerade auf einen bestimmten Verein ansieht.10 Die Rechtsprechung zur Handelsfirma ist darüber mittlerweile hinaus.11 Es muss kein abgelesen aussprechbares Wort gebildet werden, wenn nur die Buchstaben/ Zeichenkombination im Rechts- und Wirtschaftsverkehr zur Identifikation der dahinter stehenden Gesellschaft ohne Schwierigkeiten akzeptiert werden kann. Hierfür 1 BayObLG 1982, 278 (280) und 1984, 293 (295); BayObLG v. 27.2.1992 – BReg 3 Z 205/91, NJW 1992, 2362; BayObLG v. 29.5.1992 – 3Z BR 20/92, NJW-RR 1993, 184; OLG Celle v. 30.4.1985 – 1 W 9/85, OLGZ 1985, 266 = BayObLG v. 30.4.1986 – BReg 1 Z 69/85, Rpfleger 1986, 303; OLG Frankfurt v. 20.11.2000 – 20 W 192/00, NJW-RR 2002, 176 (177). 2 RG 85, 397 (399). 3 Ellenberger in Palandt, § 57 Rz. 2; Hadding in Soergel, § 58 Rz. 6 und § 57 Rz. 6. 4 OLG München v. 11.10.2006 – 31 Wx 74/06, NJW-RR 2007, 187. 5 „Literaturhaus“ hat die für die Namensfunktion individualisierende Unterscheidungskraft, OLG München v. 15.11.2001 – 29 U 3769/01, CR 2002, 449 mit Anm. Mankowski = NJW 2002, 611. 6 OLG Celle v. 30.4.1985 – 1 W 9/85, OLGZ 1985, 266. 7 BayObLG 1971, 329 (332) = NJW 1972, 957 (958). 8 Krafka, Rz. 217. 9 OLG Celle v. 19.11.1998 – 9 W 150/98, GmbHR 1999, 412, NJW-RR 1999, 543 (für Namensfunktion der Firma); OLG Frankfurt v. 28.2.2002 – 20 W 531/01, GmbHR 2002, 647 = NJW 2002, 2400 = NotBZ 2002, 383 = Rpfleger 2002, 365. 10 LG Aachen MittRhNotK 1979, 13: nach mehr als 40-jähriger tatsächlicher Verwendung keine Beanstandung der Vereinsbezeichnung „Ka-Ge-Hei“ für „Karnevalsgesellschaft Heistern“. 11 Krafka, Rz. 217 m.w.N.
122 | Stöber/Otto
1. Der Name als Kennzeichnung des Vereins (§§ 25, 57 BGB) | Rz. 164 VI.
reicht dem BGH als notwendige, aber zugleich hinreichende Bedingung die Aussprechbarkeit der Firma im Sinne einer Artikulierbarkeit (bejaht für „HM & A“ bei einer GmbH & Co KG).1 Unzureichend ist aber die nicht aussprechbare Abfolge von Konsonanten.2 Aus dem Umstand, dass häufig Buchstabenkombinationen für politische Parteien, Gesellschaften und Vereine als Abkürzungen verwendet werden, ergibt sich nichts anderes: In diesen Fällen handelt es sich bei der bloßen Buchstabenkombination gerade nicht um den Namen, sondern um einen ergänzenden Namensteil oder eine aus dem Namen abgeleitete Abkürzung.3 Bei sinnloser Buchstabenreihung wird nach wie vor keine Namensfunktion erfüllt.4 Das @-Zeichen wird in einer Handelsfirma heute zugelassen,5 für den Verein kann nichts anderes gelten. Es wird insofern (wie „&“) als eigenes Zeichen akzeptiert. Zahlenchiffren als Silbenersatz amerikanischer Worterfindungen („4“- for) wird man zulassen. Die vom Verein vorgesehene Schreibweise der einzelnen Zeichen, insbesondere die Verwendung von Groß- und Kleinbuchstaben sowie von hochgestellten Zahlen, ist für das Register zur Eintragung aber ebenso wenig bindend wie ein besonderes Layout.6
162
Ein Name ist unzulässig, wenn er sich für unbefangene Dritte als eine beleidigende Herabwürdigung eines einzelnen Mitmenschen oder einzelner Gruppen darstellt. Weist der Name offensichtlich auf einen verbotenen (Rz. 62) oder in der Rechtsform des eingetragenen Vereins unzulässigen Zweck hin, ist die Eintragung des Vereins schon deshalb unzulässig.
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c) Kurzform Wenn der voll ausgeschriebene Vereinsnamen um eine Abkürzung (insbesondere eine Buchstabenfolgen) oder eine Ortsbezeichnung ergänzt wird, ist in der Satzung klarzustellen, ob sie Namensbestandteil sein oder nur als Kurzbezeichnungen für den Sprachgebrauch eingeführt wird und vielleicht auf den Sitz des Vereins oder den Ort der Verwaltung hinweisen soll. Beispiel: Ungenau wäre: TCGB-Tennisklub Grün-Blau Nürnberg, wenn der Verein nur „Tennisklub Grün-Blau“ heißen soll, in der Kurzform TCGB genannt werden will und seinen Sitz in Nürnberg hat. Die Kurz- oder Ortsbezeichnung kann aber auch zum Bestandteil des Vereinsnamens selbst gemacht werden. Der volle Vereinsname lautet dann: „TCGB-Tennisklub Grün-Blau Nürnberg“. 1 BGH v. 8.12.2008 – II ZB 46/07, MDR 2009, 273 = NotBZ 2009, 224 mit Anm. Schwipps = Rpfleger 2009, 154 = DNotZ 2009, 469. 2 OLG München v. 11.10.2006 – 31 Wx 74/06, NJW-RR 2007, 187 („KSS“). 3 OLG München v. 11.10.2006 – 31 Wx 74/06, NJW-RR 2007, 187. 4 Ries/Bauer, Rz. 7.139. 5 LG München I v. 12.2.2009 – 17 HKT 920/09, MittBayNot 2009, 315; LG Berlin v. 13.1.2004 – 102 T 122/03, NJW-RR 2004, 835. 6 Krafka, Rz. 216 m.w.N. (§ 30 HGB entspr.).
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VI. Rz. 165 | Der Name des Vereins
d) Namenswahrheit, Namensklarheit 165
Für die Eintragung des Vereins in das Vereinsregister oder Verleihung der Rechtsfähigkeit darf der Name keine Angaben (auch nicht als Namenszusatz) enthalten, die geeignet sind, über Verhältnisse, die für die angesprochenen Verkehrskreise wesentlich sind, irrezuführen. Dieser Grundsatz der Namenswahrheit beruht für das Vereinsrecht auf entsprechender Anwendung des § 18 Abs. 2 S. 1 HGB.1 Ältere Rechtsprechung zu der im Jahr 1998 reformierten Bestimmung kann jedoch nicht vorbehaltlos übernommen werden.2 Zumeist wird sich nur nach den Besonderheiten des Einzelfalls beurteilen lassen, was als wesentliche Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise zu gelten hat. Eine abstrakte Täuschungsmöglichkeit über Art und Größe des Vereins, die Zusammensetzung der Mitglieder oder über sonstige Verhältnisse macht den Vereinsnamen nicht unbedingt unzulässig (so wegen § 18 Abs. 2 HGB a.F. die ältere Rechtsprechung). Nur solche Angaben sollen als zur Irreführung geeignet schädlich sein, die Verhältnisse des Vereins betreffen, die „für die angesprochenen Verkehrskreise wesentlich“ sind. Hingegen sind nicht auch Angaben als irreführend anzusehen, die nur von geringer Relevanz oder für die (im Firmenrecht: wirtschaftlichen) Entscheidungen der angesprochenen Verkehrskreise nur von nebensächlicher Bedeutung sind.3 Es kommt damit – objektiviert – auf die Sicht der durchschnittlichen Angehörigen des betroffenen Personenkreises bei verständiger Würdigung an4, nicht allein auf das Verständnis eines „nicht unerheblichen Teils“ der angesprochenen Verkehrskreise.5
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Irreführend sind Bezeichnungen, die den Eindruck einer öffentlich-rechtlichen Organisation erwecken.6 Ebenso der nur allgemeine Name einer religiösen Gemeinschaft „Die Gemeinde in …“, weil (bis auf die lokale Begrenzung) jegliche Individualisierung fehlt.7 Keine Irreführung begründet die Verwendung des Begriffs „Gemeinde“ in Verbindung mit einem ausreichend bestimmten Zusatz (z.B. über die Nationalität der Vereinsmitglieder und den örtlichen Wirkungskreis des Vereins). Zulässig ist daher der Vereinsname „Griechische Gemeinde in … und Umgebung“ für einen Verein, dessen Zweck in erster Linie die Wahrung der sozialen, kulturellen, wirtschaftlichen und be1 OLG Hamm v. 26.7.1999 – 15 W 51/99, NJW-RR 1999, 1710 (1711) und für § 18 Abs. 2 HGB a.F. BayObLG MDR 1975, 51 = Rpfleger 1975, 18 mit Anm. Kirberger; BayObLG v. 21.3.1990 – BReg 3 Z 165/89, MDR 1990, 725 = NJW-RR 1990, 996 („SOZIS gegen Filz“); BayObLG v. 26.4.1990 – BReg 3 Z 167/89, MDR 1990, 824 = NJW-RR 1990, 1125; OLG Düsseldorf v. 24.1.1996 – 3 Wx 484/95, NJW-RR 1996, 989 = Rpfleger 1996, 291; OLG Frankfurt v. 20.11.2000 – 20 W 192/00, NJW-RR 2002, 176. 2 Handelsrechtsreformgesetz v. 22.6.1998, BGBl. I 1474. 3 Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 13/8444, Begründung zu § 18 Abs. 2 HGB, S. 53. 4 OLG Frankfurt v. 20.11.2000 – 20 W 192/00, NJW-RR 2002, 176 (177). 5 Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 13/8444, Begründung zu § 18 Abs. 2 HGB, S. 53. 6 BayObLG 1982, 278 (281). Der Name „Freiwillige Feuerwehr … (Gemeindename) … e.V.“ ist zulässig; Gefahr der Verwechslung mit der Freiwilligen Feuerwehr als öffentliche Einrichtung der Gemeinde besteht nicht; BayObLG 1984, 293 = Rpfleger 1985, 184. 7 LG Bonn v. 17.12.1986 – 5 T 187/86, Rpfleger 1987, 205.
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1. Der Name als Kennzeichnung des Vereins (§§ 25, 57 BGB) | Rz. 167 VI.
ruflichen Interessen seiner (griechischen) Mitglieder und die Bewahrung der Sitten und Tradition des griechischen Volkes ist.1 Irreführend können im Einzelfall sein die Bezeichnungen „Akademie“2, „Verband“3 (Verband für „Verbraucherschutz“4), „Wirtschaftskammer“5, „Anstalt“6, „Institut“7, „Bundeszentrale“ (für Fälschungsbekämpfung)8, „Immobilienbörse“.9 Die Bezeichnungen „Universität“ oder „wissenschaftliche Hochschule“ darf ein Verein zur Errichtung einer privaten Ausbildungsstätte (ohne staatliche Genehmigung) nicht führen.10 Irreführend ist eine dem Namen beigegebene nicht zutreffende Jahreszahl11, die als Namensbestandteil im Verkehr als Hinweis auf das Gründungsjahr des Vereins12 aufgefasst wird13 und ebenso die Namensbezeichnung einer Bayer. Schützengesellschaft 1 BayObLG 1982, 278. 2 S. OLG Bremen BB 1971, 1258 = NJW 1972, 164; s. aber auch OLG Düsseldorf v. 9.7.2002 – 20 U 154/01, NJW-RR 2003, 262: Akademie für ein Unternehmen der Weiterbildung nicht irreführend nach § 3 UWG (Aufhebung von LG Düsseldorf v. 24.10.2001 – 34 O 88/01, NJW-RR 2002, 399). 3 BayObLG 1974, 299. In dem Namensteil „Fachverband“ in Verbindung mit dem Ortsnamen für den Ortsverband eines Bundesverbandes hat das LG Bremen v. 11.1.1989 – 2 T 818/88, Rpfleger 1989, 202 Kennzeichnung der nur regionalen Bedeutung des Vereins und daher keine Täuschung über die Verhältnisse gesehen. Heute entscheidend: OLG Frankfurt v. 3.5.2011 – 20 W 525/10, ZStV 2012, 25: Allein die Nichteinhaltung der typischen Merkmale eines „Verbands“ (entweder besondere Größe oder Zusammenschluss mehrerer Körperschaften) begründet noch keine Unzulässigkeit, es kommt für die Täuschungseignung in dem angesprochenen Verkehrskreis an. 4 LG Berlin v. 10.12.1991 – 16 O 1066/91, NJW-RR 1992, 740. 5 BayObLG 1992, 47 (51); OLG Frankfurt OLGZ 1974, 331 = Rpfleger 1974, 261 u. 309 mit Anm. Kirberger. 6 BayObLG 1982, 278 (281); BayObLG 1992, 47 (51). 7 OLG Frankfurt v. 28.4.1981 – 20 W 588/80, MDR 1981, 938 (für GmbH); OLG Frankfurt v. 27.4.2001 – 20 W 84/01, Rpfleger 2001, 428 (für Partnerschaft); BayObLG v. 26.4.1990 – BReg 3 Z 167/89, MDR 1990, 824 = NJW-RR 1990, 1125 = Rpfleger 1990, 407 („Institut für Steuerwissenschaftliche Information“ bei Verein mit Sitz in einer Universitätsstadt täuschungsgeeignet; „Institut“ darf nur mit klarstellender Tätigkeitsbezeichnung oder Inhaberzusatz geführt werden wie z.B. „Meinungsforschungsinstitut“); OLG Köln v. 9.9.1991 – 2 Wx 34/91, DNotZ 1992, 387 = Rpfleger 1992, 111 (für GmbH); LG Detmold v. 9.2.1999 – 3 T 27/99, Rpfleger 1999, 333 (Hinweis zum Tätigkeitsbereich kann Irreführung ausschließen). Anders LG Verden v. 30.11.1984 – 1 T 587/84, Rpfleger 1985, 152 für „Institut für Mensch und Natur“ sowie OLG Celle v. 30.4.1985 – 1 W 9/85, OLGZ 1985, 266 = Rpfleger 1985, 303 für „Schiller-Institut, Institut für republikanische Außenpolitik“. 8 S. BGH MDR 1980, 645. 9 OLG Düsseldorf v. 24.1.1996 – 3 Wx 484/95, NJW-RR 1996, 989. 10 OVG Hamburg, MDR 1979, 258. 11 BayObLG 1971, 329. 12 Nicht einer Vorläuferorganisation, KG v. 28.1.1983 – 1 W 5046/81, OLGZ 1983, 272; anders kann es sein, wenn die Zahl auf ein außergewöhnlich lange zurückliegendes (historisches) Gründungsjahr hinweist. 13 KG v. 28.1.1983 – 1 W 5046/81, OLGZ 1983, 272, auch bei Abkürzung durch Weglassung der das Jahrhundert kennzeichnenden Ziffern (77 für 1977); OLG Jena v. 15.10.1997 – 6 W 513/97, Rpfleger 1998, 114 (115); Bdb. OLG v. 25.2.2011 – 7 Wx 26/10, NotBZ 2011,
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VI. Rz. 167 | Der Name des Vereins
als „privilegiert“, wenn der Verein Korporationsrechte aus der Kgl. Verordnung v. 25.8.1868, die „allgemeine Schützenordnung für das Königreich Bayern betreffend“, nicht besitzt.1 168
Der Begriff Wort „Stiftung“2 weist nicht auf eine staatlich genehmigte und behördlich kontrollierte Einrichtung hin, sondern bringt vornehmlich zum Ausdruck, dass eine Rechtspersönlichkeit das ihr zur Verwendung nach Maßgabe der Widmung zugewendete Vermögen verwaltet.3 Eine solche Körperschaft kann das Wort „Stiftung“ in ihren Namen aufnehmen, wenn durch einen Zusatz die Rechtsform der juristischen Person eindeutig gekennzeichnet und damit einer Verwechslungsgefahr mit selbständigen Stiftungen (des öffentlichen Rechts oder des Privatrechts, vgl. § 80 BGB) begegnet wird.4 Der Begriff „Polizei“ steht für eine Behörde, die öffentliche Polizeigewalt ausübt.5 Beispiele: C.-K.-Stiftung e.V.; F.-H.-Stiftung der Firma xy e.V.; F.-H.-Stiftung, Unterstützungskasse der Firma xy e.V.; Landesstiftung für Demokratie und Ökologie e.V. (o.Ä.).6
Jedoch darf sich ein Verein nicht als „Stiftung“ bezeichnen, wenn er nicht Verwalter eines gestifteten Vermögens und Vollstrecker eines entsprechenden Stifterwillens ist, sondern einen gemeinnützigen Zweck allein mithilfe der laufenden Mitgliedsbeiträge und in Erwartung von Spenden verfolgt.7 169
Der Name „Landes…ring“ (auch in Verbindung mit einer Sportart) kann auf eine irgendwie geartete Verbindung mit staatlichen Stellen oder doch auf staatliche Sanktionierung und Förderung hindeuten und daher als irreführend unzulässig sein. Kein täuschender Hinweis auf tatsächlich nicht bestehende Beziehungen wird in dem Vereinsnamen „Interessengemeinschaft von Versicherten und Rentnern in der AOK X“ gesehen.8 Die Bezeichnung als „Heimatverein“ für einen Verein, der Wege- und Leitungsrechte organisieren will, wurde in der Rechtsprechung als nicht irreführend angesehen, wenn insbesondere ortsansässige Einrichtungen finanziell gefördert werden
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262 = MDR 2011, 552 = NJW-RR 2011, 621. Auch eine nur geringfügige Abweichung vom wirklichen Gründungsjahr ist nicht hinzunehmen, KG OLGZ 1983, 272. Großzügiger aufgrund der Liberalisierung des Firmenrechts MünchKomm/BGB/Leuschner, § 57 Rz. 2. BayObLG 1959, 287; zur Verwendung der Wörter „vormals privilegiert“ und einer auf das hohe Mittelalter verweisenden Jahreszahl s. BayObLG Rpfleger 1975, 400. Schrifttum: Wochner, Der Stiftungs-Verein, Rpfleger 1999, 310. OLG Stuttgart NJW 1964, 1231. BayObLG 1972, 340. Das jeweilige Bundesland genießt für den Begriff Polizei Namensschutz (OLG Hamm v. 20.5.2016 – 12 U 126/15, GRURPrax 2016, 316, zu einer Domain www.polizei-jugend schutz.de). Der Verstoß gegen die Namenswahrheit durch einen privatrechtlichen Verein Polizei-Jugendschutz wäre m.E. aber gleichfalls offensichtlich und im Eintragungsverfahren zu beachten (anders, wenn Träger der Polizei Mitglied oder in der Vereinssatzung mit Beteiligungsrechten ausgestattet sind). OLG Frankfurt v. 4.12.2002 – 1 U 501/02-121, MDR 2003, 631 = NJW-RR 2003, 176. OLG Köln v. 2.10.1996 – 2 Wx 31/96, NJW-RR 1997, 1531. OLG Hamm v. 16.6.1981 – 15 W 201/80, OLGZ 1981, 433 = Rpfleger 1981, 406 (Ls.).
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1. Der Name als Kennzeichnung des Vereins (§§ 25, 57 BGB) | Rz. 171 VI.
sollen und den angesprochenen Verkehrskreisen erkennbar ist, dass es dem Verein weniger um die traditionelle Brauchtumspflege geht.1 Über die Zusammensetzung der Mitglieder irreführen kann der Vereinsname „Ärztlicher Arbeitskreis Rauchen und Gesundheit“, wenn Mitglieder nicht ganz überwiegend Ärzte (aller Fachrichtungen) sind.2 Der Vereinsname „Ärzte für Medizin ohne Nebenwirkungen“ hingegen wurde nicht als täuschend (irreführend) angesehen3 (kein Anhalt für einen Hinweis auf eine berufsständische Organisation). Als irreführend (wie schon bisher als täuschend) anzusehen ist der Vereinsname „Aktionsgemeinschaft der Deutschen Rechtsanwälte“ (ebenso für Ärzte usw.) bei einem Verein, der nicht von der Mehrheit der deutschen Anwaltschaft getragen ist. Gegen „Aktionsgemeinschaft deutscher Rechtsanwälte“ hingegen werden Bedenken nicht erhoben, weil damit nur gesagt ist, dass die Mitglieder deutsche Rechtsanwälte sind.4 Der Vereinsname „Landesarbeitsgemeinschaft Bayern der … e.V.“ (ergänzt durch eine bestimmte Berufsbezeichnung) wird nicht als irreführend angesehen, wenn dem Verein eine nicht unbeachtliche Anzahl von Personen dieses Berufs als Mitglieder angehören; die Annahme, dass sämtliche Angehörige dieses Berufsstandes Mitglieder des Vereins seien, legt dieser Vereinsname nicht nahe.5 Für den Namen „Deutsche Heilpraktiker e.V.“ (mit oder ohne Zusatz „Bundesverband“) wurde angenommen, dass er für einen auf den deutschen Bereich als ganzen zugeschnittenen Verein mit entsprechender Größe und Aufgabenstellung keinen (nach § 3 UWG) irreführenden Eindruck vermittelt.6 Der Vereinsname „German Omani General Association for Trade and Industry“ wird als irreführend (täuschend) angesehen, wenn der Verein lediglich aus sieben Mitgliedern (drei davon aus einer Familie) besteht und auch unter finanziellen Gesichtspunkten nicht zu erwarten ist, dass er in absehbarer Zeit der durch den Namen gedeckten Erwartungshaltung der Öffentlichkeit entsprechen könnte.7
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Die Verwendung eines geografischen Zusatzes (Europäisch, Deutsch, Bayerisch, Fränkisch) ist irreführend, wenn sich im Einzelfall konkrete Anhaltspunkte für eine Täuschungseignung ergeben8 und der Gebiets- oder Landschaftszusatz für Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise wesentlich ist. Das kann der Fall sein, wenn mit dem Zusatz eine besondere Größe des Vereins oder eine das hervorgehobene Gebiet abdeckende Organisation, Bedeutung oder Ausbreitung der Mitgliederherausgestellt wird. Als Herkunftsangabe oder Tätigkeitsgebiet oder auch nur als verallge-
171
1 OLG Jena v. 30.10.2012 – 9 W 415/12, juris. 2 OLG Karlsruhe Justiz 1982, 263 = OLG Stuttgart v. 26.7.1985 – 8 W 253/85, MDR 1986, 58 = OLGZ 1985, 385. 3 BayObLG 1992, 47. 4 OLG Hamm MDR 1978, 575 = Rpfleger 1978, 132. 5 BayObLG 1992, 168. 6 BGH v. 7.5.1987 – I ZR 141/85, MDR 1987, 996 = NJW-RR 1987, 1178. Irreführung durch Bezeichnung „Bundesverband Deutscher Heilpraktiker“ s. auch BGH v. 26.1.1984 – I ZR 227/81, MDR 1984, 816. 7 LG Tübingen v. 8.8.1994 – 5 T 39/94, Rpfleger 1995, 258. 8 OLG Hamm Rpfleger 1995, 545.
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VI. Rz. 171 | Der Name des Vereins
meinernder Namensteil weist ein solcher Zusatz nicht ohne weiteres auf eine führende Stellung des Vereins im angegebenen Gebiet hin, wird somit für die angesprochenen Verkehrskreise von nur nebensächlicher Bedeutung sein. Namensbestandteile wie „Euro“ oder „European“ können daher unbedenklich sein.1 Hinsichtlich des Irreführungsverbots ist ferner zu berücksichtigen, dass insbesondere gemeinnützige Vereine generell weniger in einem überregionalen wirtschaftlichen Wettbewerb stehen als Unternehmen.2 Auch wenn sich ein Gebiet-, Orts- oder Landschaftszusatz nur als überregionale Zielsetzung des Vereins versteht, kann er nicht irreführen. Bestehen regional namensähnliche Vereine, darf aber nicht durch den Namenszusatz „deutsch“ der unrichtige Eindruck eines Dachverbandes erweckt werden.3 e) Unterscheidbarkeit (§ 57 Abs. 2 BGB) 172
Für die Eintragung in das Vereinsregister soll der Name des Vereins sich von den Namen der an demselben Ort oder in derselben Gemeinde bestehenden eingetragenen Vereine deutlich unterscheiden. Nach diesem Prioritätsgrundsatz (§ 57 Abs. 2 BGB) ausgeschlossen ist auch die Namensgleichheit mit einem altrechtlichen Verein4, einer im Handels- oder Genossenschaftsregister eingetragenen Firma5 sowie mit dem Namen einer Partnerschaft, nicht aber Namensgleichheit mit einem im Register gelöschten Verein6, mit einem nicht eingetragenen Verein7 oder mit einem wirtschaftlichen Verein.8
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Ausgeschlossen ist eine Namensgleichheit innerhalb der politischen Gemeinde, die aus mehreren Orten (Ortschaften) bestehen kann. „Deutlich“ ist die Unterscheidung, wenn sie auch ohne gesteigerte Aufmerksamkeit wahrgenommen zu werden pflegt. Maßgeblich ist der Gesamteindruck einschließlich des Wort- und Klangbildes.9 Unterscheidbarkeit kann auch bei Namensähnlichkeit noch gegeben sein, wenn nach allgemeiner Verkehrsanschauung im Einzelfall eine Verwechslungsgefahr nicht nahe
1 OLG Hamm v. 26.7.1999 – 15 W 51/99, GmbHR 1999, 1254 = Rpfleger 1999, 545. 2 LG Mönchengladbach v. 7.4.2009 – 5 T 96/09, MDR 2009, 641 (Tierschutzverein mit Regionalzusatz „Rheinland“). 3 OLG Köln v. 20.1.2006 – 2 Wx 44/05, RNotZ 2006, 193–195. 4 LG Gera v. 23.8.2002 – 5 T 127/02, NotBZ 2003, 399–401. 5 OLG Stuttgart OLG 42, 211; LG Limburg Rpfleger 1981, 23; Ries/Bauer, Rz. 7.141; a.A. BayObLG v. 21.3.1990 – BReg 3 Z 165/89, MDR 1990, 725 = NJW-RR 1990, 996; Sauter/ Schweyer/Waldner, Rz. 58. 6 Krafka, Registerrecht, 11. Aufl. 2019, Rz. 2133; Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 469. 7 BayObLG v. 21.3.1990 – BReg 3 Z 165/89, MDR 1990, 725 = NJW-RR 1990, 996; Steffen in BGB-RGRK, Rz. 4, Reichert, Rz. 530. Die andere Ansicht (Vergleich auch mit nicht eingetragenen Vereinen) von Hadding in Soergel, § 57 Rz. 10 ist mit dem Wortlaut schwer zu vereinbaren, es kann in diesen Fällen aber die Eignung zur Irreführung bestehen. 8 BayObLG v. 21.3.1990 – BReg 3 Z 165/89, MDR 1990, 725 = NJW-RR 1990, 996; Reichert/ Wagner, Kap. 2/Rz. 469. 9 OLG Hamm v. 6.9.2007 – 15 W 129/07, NJW-RR 2008, 350 = Rpfleger 2008, 141.
128 | Stöber/Otto
1. Der Name als Kennzeichnung des Vereins (§§ 25, 57 BGB) | Rz. 175 VI.
liegt.1 Auf das Einvernehmen des bereits eingetragenen Vereins kommt es an dieser Stelle (vgl. Rz. 183) nicht an. f) Prüfung unzulässiger Namenswahl Bei nach § 57 Abs. 2 BGB unzulässiger Namensbildung lehnt das Registergericht die Eintragung ab (§ 60 BGB). Ein Verstoß gegen das Namensrecht eines nicht eingetragenen Vereins, Kaufmanns oder Handelsgewerbes oder ob der Name geeignet ist, eine Täuschung über Art, Größe und sonstige Verhältnisse des Vereins zu bewirken, wird im Eintragungsverfahren ansonsten außerhalb des § 57 Abs. 2 BGB jedenfalls berücksichtigt, wenn die Rechtsverletzung ersichtlich ist (§ 18 Abs. 2 S. 2 HGB, entspr. Anwendung). „Ersichtlich“ irreführend sind Namensbestandteile, bei denen die Täuschungseignung ohne umfangreiche Beweisaufnahme bejaht werden muss. Eine Prüfung und Beanstandung des Namens im Eintragungsverfahren soll darüber hinaus aber auch schon erfolgen, wenn das Amtsgericht begründeten Anhalt für eine Irreführungseignung hat.2 Eine materielle Prüfung auch entfernter liegender Möglichkeiten der Täuschung (Irreführung) findet aber nicht statt; sie hat im namensoder wettbewerbsrechtlichen Streitverfahren durch das Prozessgericht zu erfolgen. Das Amtsgericht kann einen Verein nicht anhalten, seinen Namen richtig zu führen, d.h. den Gebrauch eines ihm nicht zustehenden Namens zu unterlassen.3
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Eine versehentliche unter Verletzung der Ordnungsvorschrift § 57 Abs. 2 BGB erfolgte Eintragung rechtfertigt keine später Löschung von Amts wegen. Verstößt die Eintragung hingegen gegen ein gesetzliche Ge-4 oder Verbot5, ist ein Amtslöschungsverfahren (§ 395 FamFG) einzuleiten. Dasselbe gilt bei offensichtlichem Verstoß gegen das Gebot der Namenswahrheit (§ 18 Abs. 2 HGB).6 Ein Amtslöschungsverfahren erledigt sich mit Eintragung eines unbedenklichen neuen Namens, schon deshalb ist dem Verfein vor Löschung stets rechtliches Gehör zu gewähren.7 Die Teillöschung
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1 LG Bonn v. 5.6.1996 – 4 T 326/96, Rpfleger 1996, 463 m. abl. (m.E. jedoch nicht zutreffender) Anm. Schmittmann für „Altherrenbund …“ und „Alt-Herrenverband …“ mit jeweils gemeinsamem weiteren Namensteil. 2 Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drucks. 13/8444, 99. Jetzt auch Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 469. 3 OLG Hamm Rpfleger 1978, 132. 4 Etwa: Verpflichtender Namensbestandteil beim Lohnsteuerhilfeverein, Rz. 140. 5 Baumann/Sikora/Gößl nennt § 10 des Thür. Brand- und Katastrophenschutzgesetzes v. 5.2.2008 (GVBl. 2008,22): Vereine zu Förderung des Feuerwehrgedankens dürfen selbst dann, wenn sie durch die Träger des Brandschutzes gefördert und finanziell unterstützt werden, keinen Namen führen, der zu einer Verwechslung mit der Feuerwehr als gemeindlicher Einrichtung führen kann. Wo derartige Normen fehlen, kann die Verwendung eines Namensbestandteils „Feuerwehr“ jedenfalls (ersichtlicher) Verstoß gegen den Grundsatz der Namenswahrheit sein. Das Recht auf Verwendung der Bezeichnungen „Rotes Kreuz“ und „Genfer Kreuz“ steht allein dem Deutschen Roten Kreuz e.V. zu (§ 3 des Gesetzes über das Deutsche rote Kreuz). 6 Hadding in Soergel, § 57 Rz. 9. 7 OLG Hamm v. 18.1.1978 – 15 W 352/77, MDR 1978, 575.
Stöber/Otto | 129
VI. Rz. 175 | Der Name des Vereins
eines unzulässigen Namensbestandteils von Amts wegen kommt nicht in Frage.1 Die Löschung des Namens führt nach der Rechtsprechung nicht zum Verlust der Rechtsfähigkeit oder Auflösung des Vereins.2
2. Namenszusatz „eingetragener Verein“ (§ 65 BGB) a) Registereintragung, Teil des Vereinsnamens 176
Mit der Eintragung in das Vereinsregister erhält der Name des Vereins den Zusatz „eingetragener Verein“. Der Zusatz ist fester Namensbestandteil, muss also vom Verein geführt werden3, und zwar – auch bei sonst fremdsprachigem Namen – in deutscher Sprache.4 Der Zusatz kann dem Namen in der abgekürzten Form „e.V.“ oder „eV“ hinzugefügt werden. Die Worte des Namenszusatzes brauchen dem Vereinsnamen nicht unbedingt am Schluss angefügt zu werden, sondern können auch in anderer Weise eingeschaltet werden. Beispiel: Sportklub e.V. Rot-Weiß Nürnberg.
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Ob der Verein im steuerlichen Sinn als gemeinnützig anerkannt ist oder nicht, muss nicht im Namen kenntlich gemacht sein.5 b) Vertreterhandeln
178
Wichtig für das Auftreten des Vorstands und besonderer Vertreter (§ 30 BGB) gegenüber Dritten ist, dass sie bei Vertreterhandeln unter der richtigen Bezeichnung des Vereins – mit dem Namenszusatz e.V. – zeichnen oder sonst in geeigneter Form darauf hinweisen, dass sie für den bestimmten eingetragenen Verein handeln. Ansonsten droht eine Rechtscheinhaftung entsprechend § 54 S. 2 BGB.6 Bei einem nur einmaligen Verstoß soll sie noch nicht eingreifen.7
1 BayObLG München v. 5.11.1971 – BReg 2 Z 22/71. 2 BGH v. 9.6.1983 – I ZR 73/81, MDR 1984, 118 – juris Rz. 6 – LM Nr. 12 zu § 239 ZPO; Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 476. Zu Recht kritisch dazu MünchKomm/BGB/Leuschner, § 58 Rz. 11 (mit dem Namen verliert der Verein einen Teil seiner Identitätsausstattung als juristische Person). 3 Auch von einer in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins bestehenden Religionsgesellschaft, BayObLG 1987, 161. 4 KG JW 1930, 2777. 5 Vgl. dazu die Diskussionen Abt. Zivil-, Wirtschafts- und Steuerrecht des 72. DJT 2018 mit der mehrheitlichen Empfehlung für einen verpflichtenden Rechtsformzusatz der gemeinnützigen Vereine, Gesellschaften und Stiftungen. 6 Burhoff, Rz. 467; mit Verweis auf OLG Celle v. 14.10.1998 – 13 U 47/98, NJW-RR 1999, 1052. 7 Bartodziej, Rz. 33.
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3. Namensschutz (§ 12 BGB) | Rz. 180 VI.
3. Namensschutz (§ 12 BGB) a) Weitere Grenze der Namensbildung Fremdes Namensrecht, d.h. den Namen, den bereits eine andere – natürliche oder juristische – Person führt, darf der Vereinsname nicht verletzen. Es wird auch diskutiert, ob in der Verwendung einer Marke als Bestandteil eines Vereinsnamens eine Benutzung dieses Unternehmenskennzeichens i.S.v. § 15 Abs. 2 MarkenG liegt. Allerdings erlaubt es § 23 Nr. 3 MarkenG, eine fremde geschäftliche Bezeichnung als Hinweis auf die Bestimmung einer Dienstleistung zu benutzen, soweit die Benutzung hierfür notwendig ist und nicht gegen die guten Sitten verstößt. Es darf dann nur kein irreführender Eindruck – etwa über das Bestehen einer wirtschaftlichen Verbindung – erweckt werden.1 Ein Name, der Rechte Dritter verletzt, wird auch durch die Eintragung nicht zulässig.2 Umgekehrt vermittelt allein die Eintragung auch noch keinen Namensschutz nach § 5 MarkenG oder § 12 BGB.3
179
Der Name eines anderen darf daher nicht unbefugt übernommen werden. Bei Verletzung eines fremden Namensrechts kann der Berechtigte Beseitigung der Beeinträchtigung, also Änderung des Vereinsnamens verlangen und ggf. auf Unterlassung klagen (§ 12 BGB).4 Der Schutz des Namensrechts besteht auch für eingetragene5 und nicht eingetragene Vereine.6 Es kommt nicht darauf an, ob sich der Name im Verkehr durchgesetzt hat.7 § 12 BGB schützt nicht nur den vollen Namen, sondern auch seine wesentlichen Einzelbestandteile, so besonders eine schlagwortartige Abkürzung, wenn diese die Anerkennung eines nicht ganz unerheblichen Teiles der in Frage kommenden Verkehrskreise gefunden hat.8 Der Namensschutz gilt sinngemäß auch für Abkürzungen (Kurzbezeichnung, Buchstabenfolge)9, deren sich der Namensinhaber zur Bezeichnung des Namens im Verkehr bedient, wenn die Abkürzung Namensfunktionen hat, sich in den beteiligten Verkehrskreisen also durchgesetzt (Unterscheidungskraft
180
1 OLG Frankfurt v. 2.4.2015 – 6 U 35/15, juris. 2 Erman/Westermann, § 57 Rz. 3. 3 Als Beispiel speziell für den Verein BGH v. 16.12.2004 – I ZR 69/02, MDR 2005, 884 = CR 2005, 510 = NJW 2005, 1503–1505 (Literaturhaus e.V.). 4 Vgl. BGH 8, 318 = NJW 1953, 577: Unterlassungsanspruch der Witwe gegen den Gebrauch des Familiennamens ihres verstorbenen Mannes; s dazu aber auch OLG München NJWRR 2001, 42. OLG Hamburg v. 13.12.1990 – 3 U 100/90, MDR 1991, 439 = NJW-RR 1991, 1005: Vereinsname „Anwalt des Kindes e.V.“ verletzt das Namensrecht „Rechtsanwalt“ nicht. 5 OLG München v. 15.11.2001 – 29 U 3769/01, CR 2002, 449 mit Anm. Mankowski = NJW 2002, 611. 6 OLG Frankfurt v. 25.6.1987 – 6 U 52/86, OLGZ 1989, 108 (109). Zum besonderen Namensschutz einer politischen Partei Rz. 109. 7 OLG Düsseldorf BB 1964, 324. 8 RG 115, 408; 117, 215; 163, 233; LG Heilbronn NJW 1953, 1145. 9 OLG Düsseldorf v. 20.12.2011 – 20 U 180/11, MMR 2012, 563.
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VI. Rz. 180 | Der Name des Vereins
erlangt) hat.1 Abkürzungen und Schlagworte können dabei nicht in jeder Beziehung dem Namen einer natürlichen Person gleichgestellt werden können.2 b) Namensschutz des eingetragenen Vereins 181
Das Recht des Vereins auf seinen Namen ist gleichfalls nach § 12 BGB geschützt. Der Namensschutz kann für den Verein insbesondere dann größere Bedeutung haben, wenn der Name – etwa weil er schon längere Zeit geführt wird – eine werbende Anziehungskraft oder sonst eine weitergehende Bedeutung erlangt hat. Wird das Namensrecht dadurch verletzt, dass ein anderer unbefugt den gleichen Namen gebraucht, so kann der Verein von diesem Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, kann er auf Unterlassung klagen. Der Namensschutz besteht auch gegenüber selbständigen Unterorganisationen. Gestattet ein Verein seinen rechtlich selbständigen Unterorganisationen (Ortsvereinen), einen ihm geschützten Namensbestandteil in ihren Namen aufzunehmen, so ist diese Gestattung in der Regel auf die Dauer der Zugehörigkeit der Unterorganisation zum übergeordneten Verein beschränkt.3 Daher endet die Befugnis zur Namensführung mit dem Austritt aus der Organisation des geschützten Namensträgers. Auch im Verhältnis zwischen Dachverband und Untergliederung gilt der namensrechtliche Prioritätsgrundsatz. Der überregionale Verband, der sich den Namen der älteren Untergliederung auch nach deren Austritt sichern will, muss also gesondert vorsorgen.4
182
Den Schutz des § 12 BGB genießen auch Vereinsembleme, wenn sie unterscheidungskräftig sind.5 Besonderen Schutz genießen das „Rote Kreuz auf weißem Grund“ und die Bezeichnungen „Rotes Kreuz“ und „Genfer Kreuz“. Sie stehen dem Deutschen Roten Kreuz e.V. kraft eigener gesetzlicher Regelung zu.6 Die in aller Regel rechtlich selbständigen Rotkreuzvereine (föderale Struktur der Landes-, Kreis- und Ortsverbände, dazu die Schwesternschaft) verlieren ihren Namen mit Austritt aus der Dachorganisation. c) Registerverfahren
183
Das Registergericht prüft bei Eintragung nicht, ob ein fremdes Namens- oder Urheberrecht verletzt ist; es kann die Anmeldung des Vereins nicht mit der Begründung zurückweisen, die Führung des Vereinsnamens verletze offensichtlich das Namens-
1 BGHZ 4, 167 und BGHZ 15, 107; OLG Frankfurt v. 25.6.1987 – 6 U 52/86, OLGZ 1989, 108 (109). BGH JZ 1976, 130 = MDR 1976, 290. 2 BGH JZ 1976, 130 = MDR 1976, 290. Zur politischen Partei: OLG Düsseldorf BB 1964, 324. 3 BGH LM Nr. 44 zu § 12 BGB. 4 OLG Hamm v. 24.11.2005 – 4 U 93/05, NZM 2006, 315. Ausf. Burhoff, Rz. 76. 5 BGH MDR 1977, 27 = GRUR 1976, 644 mit Anm. Fezer = LM Nr. 44 zu § 12 BGB; BGH v. 23.6.1994 – I ZR 15/92, MDR 1995, 280 = NJW 1994, 2820 (2821). 6 Gesetz über das Deutsche Rote Kreuz und andere freiwillige Hilfsgesellschaften i.S.d. Genfer Rotkreuz-Abkommen v. 5.12.2008, BGBl. I 2346.
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4. Name einer Partei | Rz. 185 VI.
recht eines Dritten (wohl aber oft zugleich Fall des § 57 Abs. 2 BGB).1 Die Eintragung eines Namens in das Vereinsregister begründet daher kein eigenes Recht zur Namensführung; sie schließt insbesondere nicht aus, dass der verletzte Namensträger oder Urheber Ansprüche gegen den Verein geltend macht.2 Wenn der Name eines Vereins die Bestandteile „Versicherung“ oder „Unterstützung“ enthält, erfolgt eine Mitteilung des Registers an das Bundeszentralamt für Steuern.3 Wenn der Verein im Geschäftsverkehr unter einer ihm nicht zustehenden Firma auftritt, hat das Registergericht nach § 37 Abs. 1 HGB, § 392 FamFG einzuschreiten. Zum Verfahren Rz. 1680. Die Verwendung einer Firma ist schon dann unbefugt iSd § 37 HGB, wenn er zwar als solcher nicht zu beanstanden wäre, aber von der im Register eingetragenen Firma abweicht (Rz. 159).
184
4. Name einer Partei Wahl (damit Bildung und Zulässigkeit) und Schutz des Namens einer politischen Partei bestimmen sich nach den Normen des Privatrechts.4 Den zivilrechtlichen Schutz des Parteinamens (§ 12 BGB) modifiziert und erweitert § 4 Abs. 1 PartG.5 Danach muss sich der Name einer Partei von dem Namen einer bereits bestehenden Partei deutlich unterscheiden; das Gleiche gilt für Kurzbezeichnungen. Nach diesem strengen Prioritätsgrundsatz muss sich die bestehende Partei nicht zusätzlich durch individualisierende Eigenart und Verkehrsgeltung des Namens auszeichnen.6 Gebietsverbände führen den Namen der Partei unter nachfolgendem Zusatz ihrer Organisationsstellung (§ 4 Abs. 2 S. 1 und 2 PartG). Auf Wählervereinigungen ist der gesteigerte Namensschutz des § 4 Abs. 1 PartG nicht anwendbar.7
1 BayObLG v. 9.10.1986 – BReg 3 Z 117/86, DNotZ 1987, 353; OLG Jena v. 21.9.1993 – 6 W 33/93, NJW-RR 1994, 698 (699) = OLG-NL 1994, 42. 2 RG 104, 343; BGH 8, 318 (321 f.) = NJW 1953, 577. 3 Anordnung über die Mitteilungen in Zivilsachen (MiZi) XXI Nr. 9 Abs. 1 Nr. 2; Krafka, Rz. 2161. 4 BGH v. 28.1.1981 – IVb ZR 581/80, MDR 1981, 478 = NJW 1981, 914. 5 BVerfG v. 23.11.1993 – 2 BvC 15/91, NJW 1994, 927 (929); BGH v. 28.1.1981 – IVb ZR 581/80, NJW 1981, 914 = MDR 1981, 478. 6 BGHZ 79, 265 (270) = MDR 1981, 478 = BGH v. 28.1.1981 – IVb ZR 581/80, MDR 1981, 478 = NJW 1981, 914; LG Hannover v. 7.12.1993 – 17 O 459/93, NJW 1994, 1356. 7 BGH v. 28.9.2011 – I ZR 191/10, MDR 2012, 727.
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185
VII. Der Sitz des Vereins 1. Vereinssitz (§§ 24, 25, 57 Abs. 1 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Begriff und Bedeutung . . . . . . . . . . . b) Ein bestimmter Ort . . . . . . . . . . . . . . c) Andere Zuständigkeitsanknüpfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Festlegung und Änderung des Vereinssitzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Satzungsbestimmung . . . . . . . . . . . .
186 186 189 193 195 195
b) Änderung des Sitzes . . . . . . . . . . . . . c) Fehlender Satzungssitz . . . . . . . . . . . 3. Vereine mit Auslandsbezug . . . . . . a) Gründung im Ausland, „Zuzug“ . . b) Gründung im Inland, „Wegzug“ . . . c) Gründung im Ausland, Tätigkeitsfeld im Inland . . . . . . . . . . . . . . . . . .
197 198 199 199 203 206
Literatur: Glaser, Kann eine durch die Gebietsreform eingemeindete, vormals selbständige Gemeinde Sitz einer juristischen Person sein?, MittBayNot 1976, 19; OLG Hamm (15. ZS, gutachtliche Stellungnahme), Bezeichnung des Sitzes eines eingetragenen Vereins mit dem früheren Namen einer Gemeinde, die mit anderen Gemeinden zu einer neuen Gemeinde mit neuem Namen zusammengeschlossen worden ist, Rpfleger 1977, 275; Katschinski, Die Begründung eines Doppelsitzes bei Verschmelzung, ZIP 1997, 620; Keilbach, Fragen des Vereinsregisters, DNotZ 2001, 671; Kußmaul/Richter/Ruiner, Die Sitztheorie hat endgültig ausgedient! – Anmerkungen zum Referentenentwurf für ein Gesetz zum Internationalen Privatrecht der Gesellschaften, Vereine und juristischen Personen, BGH v. 23.10.2008 – IX ZR 202/07, MDR 2009, 167 = DB 2008, 451; Schmatz, Sitzverlegung eines Vereins, Rpfleger 1963, 109; Terner, Vereinsrecht in der notariellen Praxis, Teil 1 (Grundlagen, Vereinsklassen), ZNotP 2009, 132.
1. Vereinssitz (§§ 24, 25, 57 Abs. 1 BGB) a) Begriff und Bedeutung Der Sitz eines Vereins entspricht in seiner rechtlichen Bedeutung grundsätzlich dem Wohnsitz einer natürlichen Person.1 Vorrang hat der in der Vereinssatzung bestimmte Satzungssitz (auch statuarischer Sitz, juristischer Sitz oder Rechtssitz genannt). Nur wo er fehlt, ist der Ort der Verwaltung als tatsächlicher Sitz (Verwaltungssitz) maßgeblich – so insbesondere für den Gerichtsstand (§ 17 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Beim eingetragenen Verein muss die Satzung eine Sitzbestimmung enthalten (§ 57 Abs. 1 BGB). Dieser Rechtssitz muss nicht dem tatsächlichen Sitz entsprechen.
186
Nach dem Satzungsssitz bestimmen sich insbesondere der Gerichtsstand (d.h. die Zuständigkeit des Gerichts für alle gegen den Verein zu erhebenden Klagen, § 17 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und Zuständigkeiten des Vollstreckungsgerichts (z.B. § 828 Abs. 2 ZPO) sowie des Gerichtsvollziehers für das Offenbarungsverfahren (§ 899 Abs. 2 ZPO), der
187
1 jurisPK/BGB/Otto, § 24 Rz. 1.
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VII. Rz. 187 | Der Sitz des Vereins
Leistungsort (§ 269 BGB), die örtliche Zuständigkeit des Amtsgericht für die Eintragung in das Vereinsregister (§ 55 Abs. 1 BGB), der Kreis der Vereine, mit denen keine Namensgleichheit bestehen darf (§ 57 Abs. 2 BGB; s. Rz. 172); Behördenzuständigkeiten (§§ 21, 22, 44 BGB) und der Vermögensanfall an den Fiskus (§ 45 Abs. 3 BGB). Zu abweichenden Anknüpfungen Rz. 192 f. 188
Der tatsächliche Sitz der Verwaltung (vgl. § 24 BGB) und nicht der statuarische Sitz, ist nach deutschem Internationalem Privatrecht (IPR) maßgeblicher Anknüpfungspunkt für das auf den Verein anzuwendende Recht (sog. Sitztheorie).1 Von Harmonisierungsvorgaben des Europarechts ist das Vereinsrecht als solches bislang ausgenommen. Die Niederlassungsfreiheit (Art. 43, 48 EGV) hat allerdings Auswirkung jedenfalls auf den Zuzug erwerbswirtschaftlich tätiger Vereine nach Deutschland (Rz. 1201). b) Ein bestimmter Ort
189
Der Verein hat grundsätzlich nur einen Rechtssitz; ein satzungsmäßiger Doppelsitz (Zweitsitz) ist ausgeschlossen.2 Die Ausdehnung der Organisation des Vereins auf Gebiete außerhalb der bisherigen Sitzgemeinde3 begründet ebenso wenig eine Ausnahme wie die Verschmelzung zweier Vereine4 (vgl. § 6 Abs. 4 VRV). Die – eingetragenen oder nicht eingetragenen – rechtlich selbständigen Untergliederungen eines mehrgliedrigen Vereins können unterschiedliche Sitze haben. Unselbständige Untergliederungen haben Sitz und Gerichtsstand bei dem Hauptverein.
190
Als Sitz muss in der Satzung ein bestimmter Ort (s. § 24 BGB) im Bundesgebiet angegeben werden. Dafür empfiehlt sich meist die Verwendung des Namens der betreffenden politischen Gemeinde, er ist aber weder zwingend, noch in jedem Falle hinreichend. Den Anforderungen der §§ 24, 57 Abs. 1 BGB genügt bereits die „Bezeichnung einer geografisch bestimmten Ortschaft, deren Lage und rechtlich erhebliche Zuordnung nach allgemein zugänglichen Schriftwerken, Verzeichnissen, Kartenwerken oder dergleichen für jedermann feststellbar ist“.5 Daher kann auch der frühere Name einer Gemeinde, die mit (mehreren oder auch nur einer) anderen Gemeinden zu einer neuen Gemeinde mit neuem Namen zusammengeschlossen worden ist, als Bezeichnung des Sitzes festgelegt (und eingetragen) werden, wenn die so bezeichnete frühere 1 BGH v. 27.10.2008 – II ZR 158/06, BGHZ 178, 192 = GmbHR 2009, 138 mit Anm. Wachter = NotBZ 2009, 135 = NJW 2009, 289 = Rpfleger 2009, 222; BGH v. 27.10.2008 – II ZR 290/07, ZInsO 2009, 149; BGH v. 29.1.2003 – VIII ZR 155/02, MDR 2003, 647 = GmbHR 2003, 534 = NJW 2003, 1607; BGH v. 30.1.1970 – V ZR 139/68, BGHZ 53, 181–184; OLG Düsseldorf v. 31.3.2000 – 7 U 134/99, OLGR Düsseldorf 2000, 389 (390); OLG Hamm v. 25.4.1977 – Gutachten, Rpfleger 1977, 275. 2 OLG Hamburg MDR 1972, 417; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 65; offener Erman/Westermann, § 24 Rz. 2. 3 KG OLG 44, 117. 4 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 65; anders Katschinski, ZIP 1997, 620 ff.; zur anders gelagerten Problematik bei den öffentlich-rechtlichen Sparkassen vgl. BayObLG München v. 19.7.2000 – 3Z BR 162/00, NJW-RR 2001, 28 ff. 5 Eingehend und näher dazu OLG Hamm (15. ZS, Rechtsgutachten) Rpfleger 1977, 275.
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1. Vereinssitz (§§ 24, 25, 57 Abs. 1 BGB) | Rz. 194 VII.
Gemeinde vollständig in die neue Gemeinde aufgenommen worden ist und anhand allgemein zugänglicher Schrift- oder Kartenwerke ihre geografische Lage sowie ihre rechtliche Zuordnung zu den einzelnen Verwaltungs- und Gerichtszweigen von jedermann festgestellt werden kann.1 Desgleichen kann ein durch die Gebietsreform gebildeter Gemeindeteil, der einen eigenen Namen führt, unter Bezeichnung der Gemeinde, zu der der Gemeindeteil gehört (Beispiel: Zandt, Gemeinde Denkendorf), als Vereinssitz benannt werden.2 Wenn es mehrere Orte gleichen Namens gibt, kann der Bestimmtheitsgrundsatz eine nähere Bezeichnung gebieten.3 Ist eine politische Gemeinde in mehrere Gerichtsbezirke aufgeteilt, so wird deren Bezeichnung allein nicht genügen, sondern die engere Bezeichnung des Orts des Sitzes erforderlich sein.4 Das Land Berlin unterhält zwar mit Berlin-Charlottenburg ein zentrales Registergericht, ein Vereinssitz „Berlin“ ist dennoch uneindeutig.5 Da möglichst die kleinste für den Rechts- und Gerichtsverkehr maßgebliche Einheit bestimmt werden soll6, genügt auch die Angabe eines Landkreises allein nicht als Sitzbezeichnung.
191
Beim eingetragenen Verein muss der Sitz für den Rechtsverkehr ohne weiteres aus dem Register zu erkennen sein. Daher verbietet sich für diesen eine Satzungsbestimmung, die als Sitz nur die „Anschrift des Vereinslokals“, der Geschäftsstelle oder etwa den Wohnort des – jeweiligen – 1. Vorsitzenden benennt7 oder nur allgemein festlegt, dass „Sitz an dem Ort ist, in dem der Verein sein Geschäftslokal unterhält“.
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Der „Vereinsitz am Ort des Vorsitzenden“ ist als solcher unzulässig, kann aber als zweckmäßig empfunden werden. Eine Lösung kann sein, die Anforderungen der Satzung an den Beschluss über eine Sitzverlegung abweichend von § 33 Abs. 1 S. 1 BGB herabzusetzen.
c) Andere Zuständigkeitsanknüpfungen Von der Unmöglichkeit der Bestimmung eines Doppelsitzes zu unterscheiden ist die in § 17 Abs. 3 ZPO eröffnete Möglichkeit der satzungsmäßigen Bestimmungen eines besonderen Gerichtsstands.8 Zwischen dem nach § 17 Abs. 1 ZPO (in der Regel Satzungssitz) und nach Abs. 3 ZPO bestimmten Gerichtsstand hat der Kläger die Wahl (§ 35 ZPO).
193
Einen kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetrieb hat der Verein bei dem für den Verwaltungsmittelpunkt der Handelsniederlassung maßgeblichen Handelsregister
194
1 Dazu eingehend OLG Hamm, Rpfleger 1977, 275. A.A. noch BayObLG DNotZ 1976, 594 (Ls.) = MittBayNot 1976, 20, das Bezeichnung des Sitzes mit dem Namen einer vor Gebietsreform selbständigen Gemeinde nicht für eintragungsfähig hält, ohne deshalb eine Satzungsänderung zu verlangen. Die Entscheidung betraf indes einen Übergangsfall. 2 BayObLG 1976, 21 = Rpfleger 1976, 179; Ries/Bauer, Rz. 7.151; anders Krafka, Rz. 2135. 3 OLG Hamm, Rpfleger 1977, 275 (Abschn. III 1 aE.). 4 OLG Hamm, Rpfleger 1977, 275. 5 Vgl. KG v. 11.10.2007 – 2 AR 41/07, OLGR 2008, 310 ff. 6 OLG Hamm v. 25.4.1977 – Gutachten, Rpfleger 1977, 275. 7 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 66 m.N. der älteren Gegenansicht. 8 Dazu Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 3148.
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VII. Rz. 194 | Der Sitz des Vereins
anzumelden (§ 29, § 33 HGB).1 Zweigniederlassungen sind zum Register der inländischen kaufmännischen Hauptniederlassung anzumelden (§ 33 Abs. 3, 13 HGB), bei ausländischer Hauptniederlassung am Ort der Zweigniederlassung (§ 13D HGB). Wichtige Behördenzuständigkeiten sind primär an den tatsächlichen Ort der Betriebsleitung (Finanzamt, §§ 10, 18 Abs. 1, 20 Abs. 1 AO), der tatsächlichen Vereinsaktivitäten (Verbotsbehörde, vgl. § 3 Abs. 2 Satz 1 VereinsG) oder den Ort der wesentlichen Betriebsanlagen (Unfallversicherungsträger, § 130 Abs. 1 SGB VII) geknüpft.
2. Festlegung und Änderung des Vereinssitzes a) Satzungsbestimmung 195
In der Wahl des Satzungssitzes ist der Verein weitestgehend frei.2 Hier braucht keine Vereinstätigkeit entfaltet zu werden.3 Der Sitz muss insbesondere nicht mit dem Ort übereinstimmen, an dem die Verwaltung geführt wird. Der Verein kann also einen eigenen Verwaltungssitz einrichten4, der in der Satzung bezeichnet sein kann, aber nicht muss. Wenn auch die Bestimmung eines vom Satzungssitzes abweichendes Verwaltungssitzes in die Satzung aufgenommen wird, ist peinlich genau klarzustellen, wo der Satzungssitz sein soll. Die postalische Erreichbarkeit des Vereins an seinem Satzungssitz kann nicht gefordert werden.5 Gemäß § 15 VRV ist der Vereinsvorstand auf Anforderung des Registergerichts zwar zur Mitteilung einer ladungsfähigen Anschrift verpflichtet, es ist aber nicht vorausgesetzt, dass sich diese am Sitz des Vereins befinden müsste.6
196
Dennoch ist die fehlende Adresse ein wichtiger Aspekt bei Prüfung einer unzulässigen Sitzwahl. Denn die Wahl des Sitzes darf sich nicht als rechtsmissbräuchlich erweisen.7 Das ist etwa der Fall, wenn der Vereinssitz rein fiktiv bestimmt wird, der Verein somit zu dem Ort des Sitzes überhaupt keinen Bezug hat,8 der Ort für einen erheblichen Teil der Mitgliederschaft praktisch nicht erreichbar ist,9 der Verein dort
1 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 517. 2 RG JW 1918, 305; BayObLG v. 23.7.1987 – BReg 3 Z 72/87, MDR 1988, 58 = GmbHR 1988, 23 = NJW-RR 1988, 96; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 65; Hadding in Soergel, Rz. 2; MünchKomm/BGB/Leuschner, Rz. 8; Schwennicke in Staudinger, Rz. 7, je zu § 24. 3 Das Vereinsrecht stellt (anders als § 5 Abs. 2 AktG, § 4a Abs. 2 GmbHG) keine Anforderungen an den als Sitz zu bestimmenden Ort; der Grundsatz der freien Sitzwahl gilt uneingeschränkt. 4 RG 95, 170 (171); RG JW 1918, 305, BayObLG 30, 102 (104). 5 Wie hier Hadding in Soergel, § 24 Rz. 2; jetzt auch Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 503. 6 So jetzt auch Burhoff, Rz. 70. 7 LG Berlin v. 10.6.1998 – 84 T 372/98, MDR 1998, 1371 = NJW-RR 1999, 335; Erman/Westermann, § 24 Rz. 2; Hadding in Soergel, Rz. 2; Schwennicke in Staudinger, Rz. 7, je zu § 24; Keilbach, DNotZ 2001, 671 (675). 8 Dahingehend auch Bartodziej, Rz. 38. 9 MünchKomm/BGB/Leuschner, § 24 Rz. 8.
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2. Festlegung und Änderung des Vereinssitzes | Rz. 198 VII.
keine Aktivität entfaltet und (postalisch) nicht erreichbar ist.1 Rein fiktive, rechtsmissbräuchliche Festlegung des Sitzes wird freilich nur in Ausnahmefällen angenommen werden können. Es kann keineswegs schon als rechtsmissbräuchlich angesehen werden, wenn ein Verein, der bundesweit, überregional oder auch nur an verschiedenen Orten oder im Einzugsgebiet einer Großstadt tätig ist, als seinen Sitz einen zentralen Ort in diesem Gebiet bestimmt2, obwohl unmittelbar dort nichts stattfindet. Eine Sitzverlegung bei Umzug der Verwaltung vom bisherigen Satzungssitz weg ist nicht erforderlich. Die Beibehaltung des Sitzes ist sogar ratsam, wenn der Ortswechsel der Verwaltung nicht von Dauer ist. b) Änderung des Sitzes Wegen der mit einer Sitzverlegung verbundenen Formalitäten (s. Rz. 1612) und Kosten empfiehlt es sich, eine Sitzverlegung stets nur dann durchzuführen, wenn der Verein endgültig und auf die Dauer in einen anderen Ort überwechselt. Die Änderung des Sitzes ist Satzungsänderung; sie kann nicht vom Vorstand bestimmt, sondern nur durch Satzungsänderungsbeschluss3 angeordnet werden. Wirksam wird sie erst mit Eintragung in das Vereinsregister (s. Rz. 1612). Bei einem konzessionierten Verein kann eine neue Anerkennung erforderlich werden (Wechsel des Bundeslandes, vgl. § 22 S. 2 BGB).
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c) Fehlender Satzungssitz Wenn die Satzung – versehentlich – keine Bestimmung trifft, gilt als Sitz des Vereins der Ort, an welchem die Verwaltung geführt wird (§ 24 BGB). Die Bestimmung ist auf den nicht eingetragenen Verein anwendbar. In das Vereinsregister kann eine Satzung, die keine oder eine unzulässige Bestimmung über den Sitz des Vereins enthält, nicht eingetragen werden (§ 57 Abs. 1 BGB). Ist ein solcher Verein fälschlicherweise eingetragen, gilt bis zu einer Amtslöschung § 24 BGB. Die Qualität des eingetragenen Vereins als juristische Person geht nicht verloren, wenn er vorübergehend keinen Sitz hat.4
1 LG Berlin v. 10.6.1998 – 84 T 372/98, MDR 1998, 1371 = NJW-RR 1999, 335; Keilbach, DNotZ 2001, 671 (676). 2 Auch etwa deshalb, weil es nach dem Zweck des Vereins geboten ist, den Vereinssitz an dem Ort zu haben, an dem sich eine bestimmte Behörde usw. befindet; so Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 65. 3 Dabei ist die Bezeichnung des für den neuen Sitz zuständigen Gerichts im Beschluss nicht erforderlich, OLG Karlsruhe v. 16.10.2013 – 11 Wx 39/13, NZG 2014, 109. 4 Erman/Westermann, § 24 Rz. 2.
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VII. Rz. 199 | Der Sitz des Vereins
3. Vereine mit Auslandsbezug a) Gründung im Ausland, „Zuzug“ 199
Der mit Verwaltungssitz (= faktischem = tatsächlichen Sitz) und Rechtssitz (= Satzungssitz) in einem ausländischen Staat gegründete Verein, der in diesem Niederlassungsstaat Rechtsfähigkeit erlangt, gilt auch im Bundesgebiet schon immer ohne weiteres1 als rechtsfähig, so lange er diesen ausländischen Sitz behält (Ausnahme bei Verstoß gegen den ordre public, Art. 6 EGBGB). Eines staatlichen Anerkennungsaktes bedarf es hierfür nicht.2 Ein nach dem Recht des Gründungsstaates nicht rechtsfähiger Verein mit Sitz im Ausland konnte nach Maßgabe des vormaligen § 23 BGB im inländischen Rechtsverkehr Rechtsfähigkeit durch Verleihung erlangen.3
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Verlegt der Verein nach (wirksamer) Gründung und Erlangung der Rechtsfähigkeit im Ausland (nur) seinen Verwaltungssitz nach Deutschland, wird seine Rechtsfähigkeit gemäß deutschem Internationalen Privatrecht und somit nach der Sitztheorie beurteilt, wonach für die Rechtsfähigkeit einer Gesellschaft das Recht des Sitzstaates, und zwar des tatsächlichen Sitzes maßgeblich ist (oben Rz. 188).4 Somit müsste er seine in ausländischer Rechtsform begründete Rechtsfähigkeit verlieren. Die Regelungen des deutschen Vereinsrechts gelten für den zuziehenden Verein nur unter der Voraussetzung einer dem BGB entsprechenden „Neugründung“.5
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An dieser Stelle kann für solche Vereine, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des EWR oder in einem mit diesen aufgrund eines Staatsvertrages in Bezug auf die Niederlassungsfreiheit gleichgestellten Staat gegründet sind, die Niederlassungsfreiheit i.S.d. Art. 43, 48 des EG-Vertrags (EGV) Bedeutung erlangen. Soweit sie darunter fallen, muss die Sitztheorie zurücktreten.6 Die Rechtsfähigkeit dieser Ver1 Entgegenstehendes Landesrecht ist spätestens seit 30.7.1998 außer Kraft, Art. 86 EGBGB. 2 BayObLG v. 21.3.1986 – BReg 3 Z 148/85, GmbHR 1986, 305 = NJW 1986, 3029. 3 Der nicht rechtsfähige Verein ist ausländischen Rechtsordnungen eher fremd. Die historisch auf Vereine mit Sitz im deutschen Kolonialgebiet gemünzte Sonderregelung des § 23 BGB konnte daher zum 30.9.2009 aufgehoben werden (Gesetz v. 24.9.2009 [BGBl. I 3145]). Übergangsbestimmung ist Art. 229 § 24 EGBGB (Abdruck im Anhang C 2). 4 BGH v. 27.10.2008 – II ZR 158/06, BGHZ 178, 192 = GmbHR 2009, 138 mit Anm. Wachter = AG 2009, 84 = NotBZ 2009, 135 = NJW 2009, 289 = Rpfleger 2009, 222; BGH v. 27.10.2008 – II ZR 290/07, ZInsO 2009, 149; BGH v. 29.1.2003 – VIII ZR 155/02, BGHZ 153, 353 = MDR 2003, 647 = GmbHR 2003, 534 = NJW 2003, 1607; BGH v. 30.1.1970 – V ZR 139/68, BGHZ 53, 181. 5 BGH v. 21.3.1986 – V ZR 10/85, BGHZ 97, 269 = GmbHR 1986, 351 = NJW 1986, 2194 = BGH v. 7.2.1986 – V ZR 201/84, MDR 1986, 743. 6 Dazu EuGH v. 5.11.2002 – C-208/00, ECLI:EU:C:2002:632 „Überseering“, MDR 2003, 96 GmbHR 2002, 1137 = NJW 2002, 3614; EuGH v. 30.9.2003 – C-167/01, ECLI:EU: C:2003:512 „inspire art“, MDR 2003, 1303 = NJW 2003, 3331; BGH v. 27.10.2008 – II ZR 158/06, BGHZ 178, 192 = GmbHR 2009, 138 mit Anm. Wachter = NotBZ 2009, 135; BGH v. 13.3.2003 – VII ZR 370/98, BGHZ 154, 185, = MDR 2003, 825BGH v. 27.10.2008 – II ZR 290/07, ZInsO 2009, 149; auch BayObLG 2002, 413 = DNotZ 2003, 295 = NotBZ 2003, 70 für den Fall, dass eine Gesellschaft ihren (faktischen) Verwaltungssitz stets nur in Deutschland hatte.
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3. Vereine mit Auslandsbezug | Rz. 202 VII.
eine bestimmt sich damit weiterhin nach der Rechtsordnung des Gründungsstaates. Art. 48 EGV setzt Verfolgung eines Erwerbszwecks voraus. Der Idealverein verfolgt definitionsgemäß gerade keinen solchen.1 Im Zuge der jüngeren BGH-Rechtsprechung (oben Rz. 76) ist allerdings anzuerkennen, dass ein ideeller Vereinszweck auch unmittelbar durch wirtschaftliche Aktivitäten erfüllt werden kann. In diesem Fall kann zugleich ein Erwerbszweck i.S.v. Art. 54 Abs. 2 AEUV verfolgt werden, so dass unionsrechtlich eine Erwerbstätigkeit i.S.d. Art. 49 Abs. 2 AEUV ausübt wird und freier Marktzugang auch in Form eines inländischen Verwaltungssitzes gewährt werden muss.2 Von der Niederlassungsfreiheit auszunehmen sind nur noch Vereine, die in keiner Weise auf Teilnahme am wirtschaftlichen Wettbewerb angelegt sind.3 Teilweise wird aber auch gefordert, auf sie mit im Wesentlichen gleichen Ergebnissen das allgemeine Freizügigkeitsrecht (Art. 21 Abs. 1 AEUV) anzuwenden.4 Eintragungsfähig im Vereinsregister werden diese Vereine mangels deutschem Satzungssitz freilich nicht. Zu denken ist aber hinsichtlich des erwerbswirtschaftlichen Betriebs an eine Handelsregistereintragung der deutschen Zweigniederlassung. Auch außerhalb des Geltungsbereichs der Niederlassungsfreiheit bzw. ohne Eintragung ist der ausländische Verein nach Verlegung des Verwaltungssitzes in das Bundesgebiet aber nicht rechtlos gestellt. Als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§§ 705 ff. BGB) ist er rechtsfähig und vor deutschen Gerichten aktiv und passiv parteifähig.5 Denn wenn dieses Gebilde in Deutschland am Geschäftsverkehr teilnimmt, wäre es nicht hinnehmbar, ihm nicht die Möglichkeit zu geben, Rechte zu begründen und klageweise geltend zu machen. Kehrseite (s. Rz. 1796) ist eine persönliche und unbeschränkte Haftung seiner Gesellschafter für die Verbindlichkeiten dieses Gebildes.6 Das gilt, solange es nicht eine der deutschen haftungsbeschränkenden Gesellschaftsformen annimmt. Die Verlegung (auch) des satzungsmäßigen Sitzes in das Bundesgebiet begründet in jedem Fall eine Zugehörigkeit des Vereins zur Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland. Sie erfordert daher eine Regelung der Rechtsverhältnisse nach deut-
1 Vertreten wird aber auch die unbeschränkte Anwendung der Gründungstheorie im innereuropäischen Zuzugsfall, vgl. Weick in Staudinger, [2005] Einl. zu §§ 21 ff. Rz. 63 (unterschiedliche Behandlung des nicht wirtschaftlichen Vereins „kann nicht sein“); Tagungsbericht Verbändereport 2006/4, S. 10; Terner, ZNotP 2009, 132 (s. aber auch dessen Fn. 30). Zurückhaltend jetzt Schwennicke in Staudinger, § 24 Rz. 18. 2 VG Augsburg v. 14.11.2018 – Au – 4 K 18.1400 (zu einer Unterstützungskasse nach betrAVG); vgl. auch VG Berlin v. 21.11.2019 – 29 K 279.18, juris: Die Verweigerung einer Konzession nach dt. Recht bedeutet keinen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit, wenn die dt. Rechtsordnung den Fortbestand der im Ausland begründeten Rechtsperson anerkennt. 3 VG Berlin v. 21.11.2019 – 29 K 279.18, juris. 4 Wesiack, Europäisches Internationales Vereinsrecht, 2011, S. 109 ff. 5 BGH v. 1.7.2002 – II ZR 380/00, MDR 2002, 1382 = AG 2003, 39 = GmbHR 2002, 1021 = NJW 2002, 3539 = DNotZ 2003, 145. 6 BGH v. 27.10.2008 – II ZR 158/06, BGHZ 178, 192 = GmbHR 2009, 138 mit Anm. Wachter = AG 2009, 84 = NotBZ 2009, 135 = NJW 2009, 289 = Rpfleger 2009, 222.
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VII. Rz. 202 | Der Sitz des Vereins
schem Recht.1 Außerdem muss das Recht des Wegzugsstaats einen identitätswahrenden Wechsel in das deutsche Recht zulassen.2 Die zur Niederlassungsfreiheit ergangene Rechtsprechung verlangt europarechtlich nicht die identitätswahrende Verlegung des satzungsmäßigen Sitzes.3 Die Niederlassungsfreiheit begründet keinen Anspruch auf freie Wahl der Rechtsform.4 Beispielsweise kann ein Verein französischen Rechts nicht als ein solcher im deutschen Vereinsregister eingetragen werden.5 Der Verein hat seine Satzung so weit anzupassen, dass die Eintragung im Vereinsregister erfolgen kann6 (§ 21 mit § 71 Abs. 1 BGB); beim wirtschaftlichen Verein ist die staatliche Anerkennung erforderlich (§ 22 BGB). Ein Idealverein nach österreichischem Recht kann nach Sitzverlegung in das Inland keine Konzession als wirtschaftlicher Verein erhalten, wenn er einen nicht wirtschaftlichen Hauptzweck verfolgt und daher in das deutsche Vereinsregister eingetragen werden kann.7 Die Eintragung erfordert auch in einem solchen Zuzugsfall eine formgerechte Anmeldung.8 b) Gründung im Inland, „Wegzug“ 203
Der nach deutschem Recht gegründete Idealverein verliert die Eigenschaft eines eingetragenen Vereins deutschen Rechts bei Verlegung des Satzungssitzes in das Ausland („Wegzugsfall“).9 Er kann mangels Zuständigkeit nicht im Register eingetragen bleiben.10 Registertechnisch behandelt § 6 Abs. 3 VRV derartige Sitzverlegungen als Auflösung.11 Diese Terminologie entspricht der überholten Sichtweise, dass mit Verlust der Eintragung (die nach früherem Verständnis allein die Rechtsfähigkeit begründete) der Verein zwingend aufgelöst sei. Richtigerweise kann er aber auch ohne zwi-
1 Insofern wie hier Terner, ZNotP 2009, 132 (136). 2 KG Berlin v. 27.11.2020 – 22 W 13/20, juris. 3 Knof in Münchener Handbuch Gesellschaftsrecht, Band 5, § 17 Rz. 23; Heckschen, NotBZ 2005, 315. 4 VG Berlin v. 21.11.2019 – 29 K 279.18, juris. 5 Pfälz. OLG v. 27.9.2005 – 3 W 170/05, MDR 2006, 219 = Rpfleger 2006, 22 = NJW-RR 2006, 42 = NotBZ 2006, 405, abl. Anm. Behrens, ZEuP 2007, 325. Dem OLG zustimmend u.a. PWW/Schöpflin, 9. Aufl., § 24 Rz. 4. 6 Gelingt dies nicht, besteht ein Idealverein als nicht eingetragener fort, bei größeren Strukturunterschieden auch als GbR (Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 509). 7 VG Augsburg v. 14.11.2018 – Au – 4 K 18.1400, npoR 2019, 171 mit Anm. Könen; VG Berlin v. 21.11.2019 – 29 K 279.18, juris. 8 KG Berlin v. 27.11.2020 – 22 W 13/20, juris. 9 OLG München v. 4.10.2007 – 31 Wx 36/07, GmbHR 2007, 1273 = ZIP 2007, 1925 = Rpfleger 2008, 35; vgl. auch EuGH v. 10.7.2001 – C-86/00, ECLI:EU:C:2001:394, MDR 2001, 1363 = Rpfleger 2002, 16; a.A. Bayer/Schmidt, WuB II C § 4a GmbH 1.8. Eine „Übernahme“ durch das fremde Recht halten auch für möglich (mit entsprechender Registereintragung als Sitzverlegung) Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 399. 10 § 55 BGB verlangt einen Satzungssitz im Inland. Für den „Wegzugsfall“ wird das de lege lata auch nicht durch die Niederlassungsfreiheit überlagert: Sie fordert nur, dass die im anderen Staat wirksam gegründete und fortbestehende (!) Erwerbsgesellschaft im Inland anerkannt wird. 11 Ablehnend Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 399.
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3. Vereine mit Auslandsbezug | Rz. 206 VII.
schengeschaltete Liquidation fortbestehen (dazu Rz. 223). Behält ein derartiger Verein seinen deutschen Verwaltungssitz, ist er nach der Sitztheorie (Rz. 188)1 ein nicht eingetragener Verein deutschen Rechts (§ 54 BGB).2 Wird hingegen nur der Verwaltungssitz verlegt, kommt es nach der Sitztheorie auf das Recht des Zielstaats an. Eine etwaige Rückverweisung auf deutsches Vereinsrecht (im Zielstaat gilt also die Gründungstheorie) würde angenommen (Art. 4 Abs. 1 S. 2 EGBGB).3 Im Anwendungsbereich der Art. 43, 48 EGV kann die fremde Rechtsordnung in diesem Fall zur Anerkennung des deutschen eingetragenen Vereins als Rechtsperson angehalten sein (Umkehrfall zu Rz. 201). Erfolgt aber keine Rückverweisung, geht die deutsche Rechtsfähigkeit verloren. Dasselbe gilt, wenn deutscher Verwaltungssitz und Satzungssitz aufgegeben werden. Denn dann besteht für eine Rückverweisung des fremden Rechts schon gar kein Anknüpfungspunkt mehr. Aus Sicht des Inlands haben die Entscheidungen zu Artt. 43, 48 EGV an beidem nichts geändert.4 Die Anerkennung zugezogener ausländischer wirtschaftlicher Gesellschaften im Inland aufgrund der Niederlassungsfreiheit geht davon aus, dass sie ihren statuarischen Sitz im Ausland behalten, in ihrer Rechtsform dort nach Maßgabe der Gründungstheorie also anerkannt bleiben.
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Eine ganz andere Frage ist, ob bei Verlust deutscher Rechtsfähigkeit das Vermögen ohne Liquidation auf den dann ausländischen Verein übergehen kann. Sie ist zu bejahen.5 Als juristische Person ausländischen Rechts kann der wegziehende Verein identitätswahrend fortbestehen, wenn er denn die Voraussetzungen einer Rechtsfähigkeit im Zielstaat erfüllt.6 Er kann dann Träger von Inlandsvermögen sein.
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c) Gründung im Ausland, Tätigkeitsfeld im Inland Hat ein Verein ausländischen Rechts im Heimatland seine Rechtspersönlichkeit ohne identitätswahrenden „Umzug“ unter eine andere Rechtsordnung verloren, besteht für
1 Für einen generellen Wechsel zur Gründungstheorie im Vereinsrecht war ein der Referentenentwurf einer Reform des deutschen Internationalen Gesellschaftsrechts, dazu Kussmaul/ Richter/Ruiner, BGH v. 23.10.2008 – IX ZR 202/07, MDR 2009, 167 = DB 2008, 451 ff. 2 Schwennicke in Staudinger, § 24 Rz. 16. Nach dem Verständnis der neueren Rechtsprechung ist der Verein auch ohne Eintragung im Ergebnis rechtsfähig, BGH v. 2.7.2007 – II ZR 111/05, MDR 2007, 1446 = NJW 2008, 69 = Rpfleger 2008, 79 = WM 2007, 1932 = ZIP 2007, 1942. 3 Knof in Münchener Handbuch Gesellschaftsrecht, Band 5, § 17 Rz. 30. 4 Wieder anders gelagert ist die Frage, ob der wegziehende Verein in anderer Rechtsform rechtsfähig bleibt, s. dazu 9. Aufl., Rz. 870. 5 Dazu jurisPK/BGB/Otto, § 41 Rz. 22. S.a. 9. Aufl., Rz. 870a. 6 EuGH v. 25.10.2017 – C-106/16, ECLI:EU:C:2017:804. Dazu Bayer/Schmidt, ZIP 2017, 2225; Mörsdorf ZIP 2017, 2381; Teichmann/Knaier, GmbHR 2017, 1314. Nach hier vertretener Einschätzung gilt dies aber auch ohne Rückgriff auf die Niederlassungfreiheit und somit über die EU hinaus.
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VII. Rz. 206 | Der Sitz des Vereins
das in Deutschland belegene Vermögen eine Restgesellschaft fort.1 Ist solches nicht vorhanden, ist er auch in Deutschland nicht mehr partei- oder prozessfähig.2 207
Das öffentliche Vereinsrecht thematisiert die inländischen Aktivitäten von Vereinen mit Sitz im Ausland („ausländische Vereine“). Derartige Vereine bzw. ihre in Deutschland aktiven Untergliederungen können unter erleichterten Bedingungen verboten werden (§§ 15, 14 VereinsG)3. Eintragung des Vereins (genauer: seiner deutschen Untergliederung) und Satzungsänderungen hat das Registergericht der Verwaltungsbehörde mitzuteilen (§ 400 FamFG, zu Einzelheiten s die Anordnung über Mitteilungen in Zivilsachen (MiZi), Ziffer XXI Nr. 9).4 Ausländervereine sind in der Terminologie des Vereinsgesetzes demgegenüber bestimmte inländische Vereine mit überwiegend ausländischer Mitgliederschaft oder Leitung (zu ihnen Rz. 242).
1 BGH v. 22.11.2016 – II ZB 19/15, ECLI:DE:BGH:2016:221116BIIZB19.15.0, BGHZ 212, 381 = MDR 2017, 347 = NotBZ 2017, 218 mit Anm. Vossius mit zust. Anm. Bayer/Unglaube, EWiR 2017, 231; Primanczenko/Fröhlich, DNotZ 2017, 556: Für die Abwicklungsmaßnahmen ist ein Nachtragsliquidator und nicht ein Pfleger zu bestellen. 2 BGH v. 19.1.2017 – VII ZR 112/14, NotBZ 2017, 219 mit Anm. Vossius = MDR 2017, 346 mit Anm. Bacher, MDR 2017, 563. 3 Das Schutzniveau des Art. 9 Abs. 2 GG gilt aber für Vereine, deren Mitglieder und Leiter sämtlich oder überwiegend Deutsche oder ausländische Unionsbürger sind. 4 Krit. aus rechtspolitischer Sicht Krafka in MünchKomm/ZPO, § 400 FamFG Rz. 1.
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VIII. Eintragung, Anerkennung und Wechsel des Vereinstyps 1. Eintragung des nicht wirtschaftlichen Vereins . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gründungssatzung . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtsformwechsel des nicht eingetragenen Vereins . . . . . . . . . . . . 2. Anerkennung des wirtschaftlichen Vereins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Nachträglicher Verzicht auf Eintragung oder Konzession . . . . . . . . a) „Verzicht auf die Rechtsfähigkeit“ . . b) Identitätswahrender Typwechsel . . .
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c) Beschlussfassung und Wirksamwerden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verlust der Eintragung durch Rechtsformverfehlung . . . . . . . . . . 5. Rechtsformwandel des Idealvereins in einen wirtschaftlichen Verein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Rechtsformwandel des wirtschaftlichen Vereins in einen Idealverein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Bayer, Die liquidationslose Fortsetzung rechtsfähiger Idealvereine, 1984; Kollhosser, Der Verzicht des rechtsfähigen Vereins auf seine Rechtsfähigkeit, ZIP 1984, 1434; Oetker, Der Wandel vom Ideal- zum Wirtschaftsverein, NJW 1991, 385; Reuter, (Keine) Durchgriffshaftung der Vereinsmitglieder wegen Rechtsformverfehlung, NZG 2008, 650; Schäfer, Der Verzicht auf die Rechtsfähigkeit des eingetragenen Vereins, RNotZ 2008, 22; K. Schmidt, Wirtschaftliche Betätigung und Idealverein: Rechtsfolgen einer Überschreitung des „Non-Profit“-Privilegs, ZIP 2007, 605; Spitzenberg, Die Vereinssatzung und ihre Bestimmung über die Registereintragung (§ 57 Abs. 1 BGB), Rpfleger 1971, 242; Stolte, der Verzicht auf die Rechtsfähigkeit beim eingetragenen Verein, 1984; Stoltenberg, Bestand, Umwandlung und Verschmelzung konzessionierter Vereine, 1989.
1. Eintragung des nicht wirtschaftlichen Vereins a) Gründungssatzung Die Satzung eines Vereins, für den die §§ 55 ff. BGB gelten sollen, muss1 ergeben, „dass der Verein eingetragen werden soll“ (§ 57 Abs. 1 BGB).
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Die erstrebte Registereintragung wird am besten mit den Worten des Gesetzes angeführt, also:
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Der Verein soll in das Vereinsregister eingetragen werden und führt dann den Namenzusatz „eingetragener Verein“.
1 Zur Rechtslage, wenn ein Verein in das Vereinsregister eingetragen wurde, dessen Satzung keine Bestimmung über die erstrebte Eintragung enthält, s. Spitzenberg, Rpfleger 1971, 242.
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VIII. Rz. 209 | Eintragung, Anerkennung und Wechsel des Vereinstyps
In der Praxis wird es auch teilweise für ausreichend erachtet, wenn die erstrebte Eintragung allein durch den Namenszusatz (§ 65 BGB) „eingetragener Verein“ oder „e.V.“
zum Ausdruck gebracht wird. Weil sich erst durch Auslegung und in Zusammenschau mit der Anmeldung ergibt, dass ein solcher Verein die Eintragung anstrebt, ist diese Fassung aber bedenklich. 210
Bei späterer Änderung der einschlägigen Satzungsbestimmung und insbesondere bei Neufassung der Vereinssatzung kann unbedenklich die Formulierung gewählt werden, dass der Verein im Vereinsregister eingetragen ist.
Dafür wird auch der Namenszusatz „e.V.“ für ausreichend gehalten. Jeglicher Hinweis in der Satzung darauf, dass der Verein eingetragen sein will, darf jedoch nicht wegfallen1, weil darin der Verzicht auf die Rechtsfähigkeit zum Ausdruck kommen würde (vgl. Rz. 220).2 Allein die Satzungsbestimmung, dass eine Satzungsänderung, mit der alle ausdrücklichen Bezüge auf eine gewollte Registereintragung in der Satzung gestrichen werden, ihrerseits im Register eingetragen werden soll, taugt noch nicht als Beleg des fortbestehenden Eintragungswillens.3 Denn auch die Satzungsänderung, die den Bezug auf das Register aufhebt, wird regelmäßig erst mit Eintragung wirksam (§ 71 BGB). Die Bezeichnung des zuständigen Amtsgerichts und der Registernummer in der Satzung sind auch nach erfolgter Eintragung nicht erforderlich.4 b) Rechtsformwechsel des nicht eingetragenen Vereins 211
Ist die Eintragung nicht bereits in der Gründungssatzung vorgesehen („unechter Vorverein“5), wird die Umwandlung eines nicht eingetragenen Vereins durch entsprechende Satzungsänderung eingeleitet. Für diese Satzungsänderung gelten die allgemeinen Regeln.6
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Es muss nachträglich in die Satzung die Bestimmung aufgenommen werden, dass der Verein in das Vereinsregister eingetragen werden soll (§ 57 Abs. 1 BGB). Der Beschluss kann lauten: 1 A.A.: Zusatz e.V. zum Vereinsnamen reicht nach erfolgter Eintragung Sauter/Schweyer/ Waldner, Rz. 69, Schäfer, RNotZ 2008, 22. 2 OLG Düsseldorf v. 17.10.2019 – 3 Wx 190/19, OLG Düsseldorf v. 17.10.2019 – I-3 Wx 190/19, NJW-RR 2020, 168. 3 Anders möglicherweise OLG Düsseldorf v. 17.10.2019 – 3 Wx 190/19, Rz. 22 bei juris. 4 OLG Karlsruhe v. 16.10.2013 – 11 Wx 39/13, NZG 2014, 109. Zum Telemediengesetz ebenso LG Neuruppin v. 9.12.2014 – 5 O 199/14, juris (allerdings mit problematischer Begründung). 5 MünchKomm/BGB/Leuschner, §§ 21–22, Rz. 127. 6 Burhoff, Rz. 88.
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2. Anerkennung des wirtschaftlichen Vereins | Rz. 217 VIII.
M 5 Nachträgliche Vereinseintragung Der Verein soll nunmehr Rechtsfähigkeit durch Eintragung in das Vereinsregister erlangen. § 1 der Satzung (Name und Sitz des Vereins) erhält daher folgenden weiteren Absatz: (3) Der Verein soll in das Vereinsregister eingetragen werden.
Wenn die Satzung nicht in allen Punkten den Anforderungen entspricht, die nach den gesetzlichen Vorschriften vom Registergericht für die Eintragung in das Vereinsregister gestellt werden müssen (§§ 57, 58 BGB), sind zugleich die notwendigen weiteren Satzungsänderungen zu beschließen. Werden dadurch umfangreichere Satzungsänderungen notwendig, so empfiehlt es sich, die Satzung insgesamt neu zu fassen (Rz. 1129 ff.).
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Mit der Registereintragung wandelt sich der bisher nicht rechtsfähige Verein in den eingetragenen Verein um. Der rechtsfähige Verein ist also nur die neue Rechtsform des bereits bestehenden Vereins, bildet mithin mit dem bisher nicht eingetragen gewesenen Verein eine Einheit (vgl. Rz. 34). Auf den rechtsfähigen Verein, der den bisherigen Verein fortsetzt, sind ohne weiteres alle Rechte und Verbindlichkeiten übergegangen. Dieser Rechtsübergang beendet jedoch nicht eine etwa bereits entstandene persönliche Haftung der Mitglieder oder des Vorstands des bisherigen Vereins für Altverbindlichkeiten aus der Zeit der werbenden Tätigkeit als nicht eingetragener Verein.
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Sofern sie nicht ihren wirtschaftlichen Zweck aufgeben, ist wirtschaftlichen Vereinigungen (§ 22 BGB) dieser Weg versagt.
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2. Anerkennung des wirtschaftlichen Vereins Die Satzung muss aussagen, wenn ein wirtschaftlicher Verein Rechtsfähigkeit durch Verleihung erstrebt (§ 22 BGB). Das folgt aus der grundlegenden Bedeutung der Konzession für den Verein. Definiert sich der Verein satzungsmäßig aus einem der Zwecke, die kraft Gesetzes in der Rechtsform des konzessionierten Vereins umzusetzen sind (z.B. Rz. 123), ergibt sich der Konzessionswunsch aber auch konkludent daraus.
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Die staatliche Verleihung der Rechtsfähigkeit nach § 22 BGB scheidet aus, wenn der Vereinszweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet, also der Weg zur Erlangung der Rechtsfähigkeit durch Eintragung eröffnet ist.1 Einem wirtschaftlichen Verein (Rz. 78 ff.) kann die Rechtsfähigkeit nach der zwingenden Vorschrift des § 22 BGB nur verliehen werden „in Ermangelung besonderer bundesge-
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1 BVerwG 58, 26 = MDR 1979, 959 = NJW 1979, 2261 (dazu K. Schmidt, NJW 1979, 2239); VG Augsburg v. 14.11.2018 – Au – 4 K 18.1400, npoR 2019, 171 mit Anm. Könen = ZStV 2020, 17 mit Anm. Morgenroth.
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VIII. Rz. 217 | Eintragung, Anerkennung und Wechsel des Vereinstyps
setzlicher Vorschriften“. § 22 BGB hat insoweit eine Auffang- und Sperrfunktion.1 Daher kommt eine Verleihung der Rechtsfähigkeit an einen wirtschaftlichen Verein nur in Betracht, wenn einschlägige bundesrechtliche Vorschriften nicht bestehen oder deren Einhaltung der Vereinigung wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls nicht zugemutet werden kann.2 Als unzumutbar in diesem Sinne werden nicht schon jede Unbequemlichkeit, Unannehmlichkeiten oder Schwierigkeiten angesehen. Insbesondere kann einem Verein Rechtsfähigkeit nicht verliehen werden, wenn ihm andere geeignete Formen des Gesellschaftsrechts (häufig Genossenschaft3, Unternehmergesellschaft [haftungsbeschränkt]) zur Verfügung stehen.4 Ein Rechtsanspruch auf Verleihung der Rechtsfähigkeit besteht nicht, wohl aber ein Anspruch darauf, dass die zuständige Behörde ihr Ermessen fehlerfrei ausübt. Ausnahmen werden weder im Hinblick auf Art oder Intensität der wirtschaftlichen Betätigung noch deshalb gemacht, weil die wirtschaftliche Vereinigung kein vollkaufmännisches Gewerbe betreibt.5 Für einzelne wirtschaftliche Zwecksetzungen ist der wirtschaftliche Verein in Spezialgesetzen ausdrücklich als Rechtsform vorgesehen (oben V.4., vgl. auch §§ 15 ff. VAG). Daraus wird für diese Fälle auf die Zulässigkeit geschlossen. 218
Einige volkswirtschaftlich relevante Leistungen werden in der Form des wirtschaftlichen Vereins abgewickelt, so die Verwertung von Urheberrechten („GEMA“, „VG Wort“, vgl. § 54h Abs. 1 UrhG) oder das Forderungsinkasso ärztlicher Leistungen.6 Genossenschaftsähnliche „Dorfläden“ in der Rechtsform wirtschaftlicher Vereine sollen die regionale Struktur stärken.7 Man spricht von einer „hohen dreistelligen Zahl“ von wirtschaftlichen Vereinen in Deutschland8, weit mehr sind es bei Berücksichtigung der Erzeugergemeinschaften und Forstwirtschaftlichen Zusammenschlüsse (Rz. 136, 140).
1 PWW/Schöpflin, § 22 Rz. 1. 2 BVerwG 58, 26; BGH v. 29.9.1982 – I ZR 88/80, BGHZ 85, 84 = MDR 1983, 193 (89); LG Hamburg v. 7.10.1985 – 71 T 39/85, NJW-RR 1986, 417. Weitergehend noch VGH BW JR 1974, 242 mit Anm. Schmidt = BWNotZ 1974, 83. 3 Möglicherweise nicht immer ausreichend gewürdigt werden beim Verweis auf die Genossenschaft aber die mit dieser Rechtsform verbundenen, für kleinere Unternehmen unverhältnismäßig hohen Rechnungslegungs- und Prüfungskosten. Dazu Bösche, npoR 2014, 229; vgl. auch Bartke, ZRP 2015, 110. 4 BVerwG 58, 26; OVG Lüneburg GewA 1976, 377. 5 BVerwG 58, 26. 6 Dies verkannte der Referentenentwurf zur Reform des Vereinsrechts v. 25.8.2004, welcher den Typus des wirtschaftlichen Vereins gänzlich abschaffen wollte. S. auch den Gegenentwurf des Landes Baden-Württemberg, BR-Drucks. 99/06, 26. 7 Zur Genehmigungspraxis des Landes Rheinland-Pfalz Grumbach in Grumbach/Bösche, Wirtschaftliche Vereine, 2010, S. 5. Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Rheinland-Pfalz gibt ausführliche Hinweise zur Konzessionierung von Dorfgemeinschaftsläden und Erzeugerorganisationen unter http://www.add.rlp.de/Kommunale-und-hoheitliche-Auf gaben,-Soziales/Ordnungswesen,-Hoheitsangelegenheiten/Wirtschaftliche-Vereine/ (Abruf. 22.4.2020). 8 Kornblum, Rpfleger 2009, 481 (483).
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3. Nachträglicher Verzicht auf Eintragung oder Konzession | Rz. 220 VIII.
Zuständig für die Verleihung der Rechtsfähigkeit an einen Verein mit wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb ist das Bundesland, in dessen Gebiet der Verein seinen Sitz hat (§ 22 S. 2 BGB). Sie erfolgt nach Verwaltungsverfahrensrecht. Weil die §§ 24 bis 53 BGB auch für den konzessionierten Verein gelten, sind die über § 22 BGB hinaus anzustellenden Prüfungen den Anforderungen des Registergerichts (Rz. 1468 ff.) vergleichbar, sofern es sich nicht um bestimmte Erfordernisse des Registerverfahrens handelt. Die für Verleihung zuständigen Behörden sind durch Landesrecht bestimmt (vgl. die Übersicht im Anhang B 2). Ein konzessionierter Verein kann nach nahezu einhelliger Meinung nicht zugleich im Vereinsregister eingetragen werden – obwohl Wortlaut und Systematik der §§ 21, 22 und 55 BGB das nicht zwingend ausschließen.1 Auf diesem Weg wäre der Nachteil überwunden, dass für den Vertretungsnachweis des Vorstands eines konzessionierten Vereins im Rechtsverkehr keine standardisierten Muster und Verfahren bereitstehen.
219
3. Nachträglicher Verzicht auf Eintragung oder Konzession a) „Verzicht auf die Rechtsfähigkeit“ Nach allgemeiner Meinung und in der herkömmlichen Diktion kann der eingetragene oder konzessionierte Verein auf seine Rechtsfähigkeit verzichten.2 Die Zulässigkeit eines solchen Verzichts folgt daraus, dass er sich als Minus zu der wesentlich folgenreicheren, in § 41 BGB zugelassenen Selbstauflösung darstellt.3 Gemeint ist damit heute allerdings regelmäßig (nur) ein Verzicht auf die Registereintragung bzw. eine erteilte Konzession. Wenn der Problemkreis in der Literatur dennoch als „Verzicht auf die Rechtsfähigkeit“ behandelt wird, ist „Rechtsfähigkeit“ auf die heute nur noch begrenzt gültige Begrifflichkeit der §§ 21, 22, 54 BGB4 zu reduzieren. Auch der nicht eingetragene oder konzessionierte Verein ist entgegen dem Gesetzeswortlaut nach der Rechtsprechung im praktischen Ergebnis rechtsfähig (Rz. 1760).5 Jede im Rechtsverkehr („nach außen“) in Erscheinung tretende Gesellschaft bürgerlichen Rechts bzw. der Verein nach § 54 BGB6 sind als solche Träger von Rechten und Pflichten. Über diese Wirkung können die Beteiligten nicht disponieren.7 Registereintragung wie auch Konzession sind mit einer gewissen Verfahrensstrenge für Satzungsänderungen etc. sowie mit Kosten verbunden. Der Verein, der darauf verzichten, sich aber doch nicht auflösen will, will regelmäßig weiter am Rechtsverkehr teilnehmen. Wenn er als Außengesellschaft fortbestehen soll, kann er seine Rechtsfähigkeit nicht aufgeben. Er
1 Bedenkenswert aus der Entstehungszeit des BGB allerdings für eine fakultative Eintragung nicht bereits in anderen Registern eingetragener wirtschaftlicher Vereine Bülow, S. 116. 2 BayObLG 1959, 152; 159, 287; Kollhosser. ZIP 1984, 1434. 3 Korte in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 5, § 64 Rz. 2 m.w.N. 4 Vgl. Terner, ZNotP 2009, 132 (137). 5 Bergmann in JurisPK-BGB, § 54 Rz. 28; Bartodziej, Rz. 306. 6 K. Schmidt, NJW 2001, 993 (1002). 7 Vgl. z.B. Bdb. OLG v. 2.12.2010 – 5 Wx 75/10, juris Rz. 5/9.
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VIII. Rz. 220 | Eintragung, Anerkennung und Wechsel des Vereinstyps
verliert die Vorteile von Eintragung oder Konzession. Die Identität des Vereins ändert sich dadurch aber nicht.1 221
Mit der Eintragung (§ 71 Abs. 1 BGB) des Beschlusses über die „Aufgabe der Rechtsfähigkeit“ bzw. eines Verzichtes auf Eintragung setzt sich der bisher eingetragen gewesene Idealverein in einem Verein fort, für den § 54 BGB gilt (Rz. 1749 ff.). Das führt zu massiven Schwierigkeiten, wenn der Verein als Eigentümer von Grundstücken oder als Gläubiger von Hypotheken, Grundschulden oder anderen dringlichen Rechten im Grundbuch eingetragen ist (s. Rz. 1789).2 Von einem Verzicht auf die Eintragung ist in diesen Fällen daher dringend abzuraten. Generell verliert der Verein die Vorteile, die sich aus der Registerpublizität (Rz. 1508) für seine Akzeptanz im Rechtsverkehr ergeben.
222
Verzichtet der konzessionierte wirtschaftliche Verein „auf die Rechtsfähigkeit“ (i.S.d. § 22 BGB), gelten auch für ihn grundsätzlich § 54 BGB und das Recht der Personengesellschaften.3 Betreibt er ein Handelsgewerbe, ist er offene Handelsgesellschaft (str., s. Rz. 1750). Da Körperschaften mit wirtschaftlicher Zwecksetzung grundsätzlich auf die handelsrechtlichen Gesellschaftsformen verwiesen sein sollen (§ 22 BGB), kommen bei Geltung des § 54 BGB Haftungserleichterungen aus der körperschaftlichen Verfassung für die Vereinsmitglieder anders als beim nicht eingetragenen Idealverein kaum in Betracht.4 Ohne nachfolgende Umwandlung in eine AG/SE, GmbH, Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), Genossenschaft etc. ist der Verzicht auf die Konzession daher bei einiger wirtschaftlicher Aktivität regelmäßig keine Alternative.5 b) Identitätswahrender Typwechsel
223
Der Beschluss über den „Verzicht auf die Rechtsfähigkeit“ entspricht gerade nicht demjenigen über eine Auflösung des Vereins. Es muss daher nicht die für eine Auflösung erforderliche Beschlussmehrheit (§ 41 BGB) verlangt werden,6 bei dem nicht
1 So jetzt auch ausdrücklich Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 4052. 2 Vgl. die ausufernde Literatur zur Eintragung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (und damit auch des Vereins nach § 54 BGB) im Grundbuch (N. etwa bei Hügel/Reetz, GBO, § 47 Rz. 91 ff.). Es wären sämtliche Vereinsmitglieder einzutragen (und deren Mitgliedschaft nachzuweisen), § 47 Abs. 2 GBO. 3 Schwarz van Berk in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 5, § 3 Rz. 14 m.N.; s. auch Korte in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 5, 3. Aufl. 2009, 64 Rz. 7: Fortbestand nur in einer Vereinigungsform des Handels- oder Gesellschaftsrechts möglich. 4 Sehr streitig, vgl. z.B. Bergmann in JurisPK-BGB, § 54 Rz. 64f m.N. 5 Schwarz van Berk in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 5, 3. Aufl., § 3 Rz. 14 m.N. 6 So aber Bayer, S. 42; Steffen in BGB-RGRK, Rz. 2 zu § 42; Hadding in Soergel, Vorbem. 8 vor §§ 41–53; Reichert, 13. Aufl. Rz. 4093. Wie hier Kollhosser, ZIP 1984, 1432; Oetker, NJW 1991, 385 (389, 390); Hornung, Rpfleger 1974, 375 (Buchbespr.); Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 407 und nun auch Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 4052. Die abweichenden älteren Auffassungen erklären sich aus dem geänderten Verständnis zur Rechtspersönlichkeit des nicht e.V.
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3. Nachträglicher Verzicht auf Eintragung oder Konzession | Rz. 224 VIII.
wirtschaftlichen Verein erst Recht nicht die Einstimmigkeit einer Zweckänderung (§ 33 BGB). Die Vereinsmitglieder wollen mit dem Verzicht auf die Rechtsfähigkeit den Vereinszweck im Zweifel nicht beenden (Rz. 1329) und das Vereinsvermögen nicht liquidieren. Vielmehr soll nur der Vereinstyp geändert, der Verein unter Wahrung seiner Identität also gerade fortgesetzt werden. Der Verein soll in der Form des nicht rechtsfähigen Vereins mit allen bisherigen Rechten und Verbindlichkeiten weiterbestehen. Wenn selbst ein Auflösungsbeschluss jederzeit rückgängig gemacht (Rz. 1333) und der Anspruch eines Anfallberechtigten auf das Vereinsvermögen noch bis zur Beendigung der Liquidation durch Satzungsänderung vernichtet werden kann (Rz. 1336), so muss auch die Fortsetzung des Vereins als nicht rechtsfähiger Verein die Liquidation ausschließen.1 Auch eine vereinfachte Liquidation2 wäre in einem solchen Fall eine leere Förmelei. Die Gläubigerbefriedigung ist nur Liquidationszweck, wenn das Ende des Vereins herbeigeführt und deshalb das Vereinsvermögen einem Anfallberechtigten überlassen werden soll, gegen den die Gläubiger keine Ansprüche mehr erheben können. Bei Fortbestehen des Vereins und des Vereinsvermögens haben die Gläubiger unverändert die Möglichkeit, ihre Ansprüche an den Verein geltend zu machen, einzuklagen und durch Zwangsvollstreckung in das Vereinsvermögen zu verfolgen. Da während eines Liquidationsverfahrens die Fortsetzung des Vereins als nicht rechtsfähiger Verein beschlossen werden kann (Rz. 1383), muss erst recht die Fortsetzung des Vereins unter Verzicht auf Eintragung bzw. Konzession bei Fortbestehen der Körperschaft als Verein nach § 54 BGB und unter Ausschluss der Liquidation möglich sein. c) Beschlussfassung und Wirksamwerden Der Satzungsänderungsbeschluss ist mit der dafür bestimmten Mehrheit zu fassen,3 also ¾ oder einer anderen in der Satzung bestimmten Mehrheit. Dabei kann die Satzung für diesen speziellen Fall auch ein eigenes Quorum anordnen. Die Mitgliederversammlung (oder das sonst zuständige Organ) des eingetragenen Vereins beschließt, dass die Eintragung gelöscht werden soll. Zugleich ist eine Änderung der nach § 57 Abs. 1 BGB notwendigen Satzungsbestimmung erforderlich, „dass der Verein eingetragen werden soll“. Beides kann konkludent in einen Beschlussantrag gefasst sein.4 Der Tagesordnungspunkt kann bei Einladung der Mitgliederversammlung benannt werden:
1 A.A. Weick in Staudinger, [2005] § 41 Rz. 9. Wie hier Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 4054; Hadding in Soergel, § 47 Rz. 1; Krafka, Rz. 2213; Schwennicke in Staudinger § 41 Rz. 59. 2 Eine solche verlangen Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 401. 3 Kollhosser, ZIP 1984, 1432; Oetker, NJW 1991, 385 (389, 390); Hornung, Rpfleger 1974, 375 (Buchbespr.); Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 407; Ries/Bauer, Rz. 7.494. A.A. Bayer, S. 42; Steffen in BGB-RGRK, Rz. 2 zu § 42; Hadding in Soergel, Vorbem. 8 vor §§ 41–53. 4 Vgl. Schäfer, RNotZ 2008, 22.
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VIII. Rz. 224 | Eintragung, Anerkennung und Wechsel des Vereinstyps
M 6 Verzicht auf Rechtsfähigkeit Beschlussfassung über den Verzicht auf die Rechtsfähigkeit und Streichung des § 1 Abs. … der Satzung über die Eintragung in das Vereinsregister sowie des Namenszusatzes „e.V.“ in § 1 Abs. … der Satzung. Beschlussbeispiel: Die 10 erschienenen Mitglieder fassten einstimmig folgenden Beschluss: 1. Der Verein verzichtet auf die Rechtsfähigkeit. 2. In § 1 der Satzung werden die Worte gestrichen: „…; er soll in das Vereinsregister eingetragen werden“ und der Namenszusatz „e.V.“
225
Der Vorstand meldet die Eintragung des Beschlusses wie Satzungsänderungen beim Vereinsregister an und beantragt die Löschung. Mit Registereintragung tritt für den Verein § 54 BGB anstelle der §§ 55 ff. BGB. Beispiel für Registereintragung (Spalte 4): Der Verein hat mit Beschluss der Mitgliederversammlung vom … auf die Rechtsfähigkeit verzichtet.
Nicht beanstanden sollte man die nach wie vor unübliche, aber inhaltlich richtige alternative Formulierung: Der Verein hat … auf die Eintragung verzichtet.“ Die Eintragung wird dem Antragsteller bekannt gegeben (s. Rz. 1491); öffentliche Bekanntmachung erfolgt nicht. 226
Bei dem konzessionierten Verein wird man für einen Verzicht auf die Konzession die für eine Zweckänderung erforderliche Mehrheit zu verlangen haben, wenn der Verein als Idealverein fortbestehen soll (Rz. 233). Will er weiter seinen wirtschaftlichen Zweck verfolgen, muss er die Form nach dem Umwandlungsgesetz wechseln (Rz. 1315 ff.) oder aber seine Haftungsverfassung in einer Weise austauschen, die einer Auflösung gleichkommt (Rz. 222).1 Der Verzicht wird durch den Vorstand der Behörde gegenüber erklärt und ist mit Zugang wirksam. Wird ein Vereinszweck verfolgt, der nur als konzessionierter Verein verfolgt werden kann (z.B. Rz. 136) kommt der Verzicht nur bei gleichzeitiger Zweckänderung (Zustimmung aller Mitglieder, § 33 Abs. 1 S. 2 BGB) in Betracht, ansonsten bleibt dem Verein nur die Auflösung.
227
Der Verzicht einer im Vereinsregister eingetragenen politischen Partei auf die Rechtsfähigkeit ist nicht einer Urabstimmung der Mitglieder unterworfen.2
1 Seit 14. Aufl. auch beim konzessionierten Verein für Satzungsänderungsmehrheit Reichert/ Wagner, Kap. 2/Rz. 4052. 2 OLG Hamburg v. 20.7.1992 – 2 Wx 56/91, MDR 1992, 1191 = OLGZ 1993, 19.
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4. Verlust der Eintragung durch Rechtsformverfehlung | Rz. 229 VIII.
4. Verlust der Eintragung durch Rechtsformverfehlung Verfolgt der Verein kraft Satzung einen wirtschaftlichen Zweck, kann er nicht durch Eintragung entstehen (Rz. 68). Wurde ein solcher Verein eingetragen, ist er von Amts wegen aus dem Register wieder zu löschen (Rz. 1393 ff., 1652). Zu einem anderen Ergebnis nach Ermessenausübung unten Rz. 1655. Nichts anderes gilt, wenn der eingetragene Verein über seinen satzungsmäßig ideellen Zweck hinaus tatsächlich wirtschaftlich tätig wird und dabei die Grenzen des aufgrund des „Nebenzweckprivilegs“ (Rz. 94–98) Zulässigen verlässt. Auch dann fehlt (nachträglich) eine wesentliche Voraussetzung der Eintragung (§ 395 Abs. 1 FamFG).1 Gerichte und Behörden (einschließlich der Notare) sind verpflichtet, amtlich zu ihrer Kenntnis gelangte fehlerhafte Anmeldungen dem Registergericht zur Kenntnis zu bringen (§ 379 FamFG). Berufliche Schweigepflichten treten insoweit zurück.2 Berufsständische Organisationen können im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 26 FamFG, s. auch § 9 Abs. 2 VRV) zur Einordnung der Vereinstätigkeit in die Vereinsklassen gehört werden, auch wenn für das Vereinsregisterverfahren deren Beteiligung in § 380 FamFG nicht aufgenommen ist. Es wird ihnen ein Beschwerderecht (§ 380 Abs. 5 FamFG) zugesprochen (Rz. 1657 m.N.)
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Der Verein ist mit seiner Löschung aus dem Register ein nicht eingetragener. Es gilt § 54 BGB, soweit er nicht durch den Betrieb eines Handelsgewerbes unmittelbar kraft Gesetzes als offene Handelsgesellschaft einzuordnen ist (§ 105 Abs. 1 HGB). Die Rechtsformverfehlung an sich begründet keine unmittelbare Haftung der Mitglieder für Verbindlichkeiten des Vereins (s. Rz. 1396). Führt dieser Verein aber auch nach Registerlöschung seine Geschäfte weiter, können u.U. nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen alle Mitglieder (Gesellschafter) akzessorisch für Verbindlichkeiten des vormaligen e.V. in Anspruch zu nehmen sein.3 Für Neuverbindlichkeiten haften alle Mitglieder des nicht eingetragenen wirtschaftlichen Vereins in jedem Fall.4 Allerdings setzt sich der Verein in Widerspruch zur eigenen Satzung, so dass dem Vorstand5 ohne eine Beschlussfassung der Mitgliederversammlung (Satzungsänderung, meist sogar Zweckänderung) eine derartige Fortsetzung als werbender wirtschaftlicher Ver-
229
1 Ausführlich zu Voraussetzungen und Rechtfolgen eines Überschreitens des Nebenzweckprivilegs BGH v. 10.12.2007 – II ZR 239/05, BGHZ 175, 12 = MDR 2008, 396 = WM 2008, 358. 2 Krafka in MünchKomm/ZPO, § 379 FamFG Rz. 4. 3 Seltmann, DStR 2008, 1443 (1446); dafür auch Brand/Sperling, JA 2010, 473 (478) in Anwendung der Rechtsprechungsgrundsätze zur Aufgabe einer Gründungsabsicht der GmbH-Gründer. Diese haften persönlich für Verbindlichkeiten der Vorgesellschaft, wenn sie die Gesellschaft nicht unverzüglich nach Scheitern der Eintragung liquidieren, BGH v. 4.11.2002 – II ZR 204/00, BGHZ 152, 290, 294 = MDR 2003, 340 = GmbHR 2003, 97 mit Anm. Schmidt; Lutter/Hommelhoff/Bayer, GmbHG, § 11 Rz. 21 f. 4 BGH v. 18.12.2000 – II ZR 385/98, BGHZ 146, 190, 201; Weick in Staudinger, Bearb. 2005, § 54 Rz. 54 f.; Reuter, NZG 2008, 650 (653) will dies allerdings auf die wirtschaftliche Tätigkeit des Vereins begrenzen, für die nicht wirtschaftliche Haupttätigkeit sei Anwendung des § 54 S. 1 BGB ausgeschlossen. 5 Zur strafrechtlichen Würdigung Brand/Sperling, JR 2010, 473.
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VIII. Rz. 229 | Eintragung, Anerkennung und Wechsel des Vereinstyps
ein oder Personenhandelsgesellschaft gar nicht erlaubt ist. Es muss also in einer unverzüglich einzuberufenden Mitgliederversammlung (ersatzweise durch das statuarisch für satzungs- bzw. zweckändernde Beschlüsse zuständige Organ) entschieden werden (zum Mehrheitserfordernis Rz. 1393), ob der Verein in neuer Rechtsform fortgeführt (dann wie Rz. 220) oder aufgelöst wird (Rz. 1392 ff.).
5. Rechtsformwandel des Idealvereins in einen wirtschaftlichen Verein 230
Der Wandel des Idealvereins (§ 21 BGB) in einen wirtschaftlichen Verein (§§ 22 BGB) erfordert Satzungsänderung dahin, dass der Vereinszweck nunmehr auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist (Zustimmung aller Mitglieder, § 33 Abs. 1 S. 2 BGB). Die vereinsrechtlichen Vorschriften des BGB regeln diesen Rechtsformwandel nicht ausdrücklich. Dem Verein muss die Umwandlung in einen rechtsfähigen wirtschaftlichen Verein ebenso erlaubt sein, wie ihm mit Verzicht auf die Eintragung die Umwandlung in einen i.S.d. § 54 BGB nicht rechtsfähigen Verein möglich ist. Nach dem Zweck der vereinsrechtlichen Vorschriften des BGB erfordert diese Umwandlung die staatliche Verleihung der Rechtsfähigkeit als wirtschaftlicher Verein (entspr. § 22 BGB).1 Hierfür hat der Verein zugleich auch mit allen anderen Satzungsbestimmungen den Erfordernissen zu entsprechen, die für staatliche Verleihung der Rechtsfähigkeit vorausgesetzt sind. Unzulässig ist eine „zusätzliche“ oder „sicherungshalber“ beantragte Verleihung nach § 22 BGB2, so dass sich der Verein in diesem Fall eindeutig der wirtschaftlichen Tätigkeit zuwenden muss. Mit der staatlichen Verleihung erlangt der Mitgliederbeschluss über die Änderung der Satzungsbestimmung über den Vereinszweck Wirksamkeit (§ 33 Abs. 2 BGB, entspr. Anwendung).
231
Mit dieser Umwandlung in einen rechtsfähigen wirtschaftlichen Verein ändert sich die Identität des Vereins nicht; der rechtsfähige Idealverein (§ 21 BGB) setzt sich als solcher in einem rechtsfähigen wirtschaftlichen Verein (§ 22 BGB) fort.3 Eine Liquidation findet daher nicht statt. Eintragung in das Vereinsregister hat nach Wirksamkeit des Änderungsbeschlusses mit Verleihung als Satzungsänderung (hier nur noch mit deklaratorischer Wirkung) zu erfolgen. Grundlage der Eintragung bietet die Mitteilung der zuständigen Behörde über Erlangung der Rechtsfähigkeit mit Genehmigung der Satzungsänderung nach § 22 BGB.
1 So auch Oetker, NJW 1991, 385 (390 ff.), der Konzession des (noch) eingetragenen Vereins als wirtschaftlicher Verein (§ 22 BGB), gerichtet auf Weitergewährung der Rechtsfähigkeit, dann aber auch Löschung im Vereinsregister für erforderlich erachtet; s. auch Steffen in BGB-RGRK, Rz. 3 zu § 71; Hadding in Soergel, Rz. 10, Weick in Staudinger, Rz. 4, je zu § 33. 2 Erman/Westermann, § 22 Rz. 1 m.N. 3 Ebenso Oetker, NJW 1991, 385 (391).
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6. Rechtsformwandel des wirtschaftlichen Vereins in einen Idealverein | Rz. 234 VIII.
Die Eintragung kann lauten:
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M 7 Registereintrag bei Änderung des Vereinszwecks Der Verein hat mit Beschluss der Mitgliederversammlung vom … § … der Satzung (Zweck des Vereins) geändert. Sein Zweck ist nunmehr auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet. Er besteht nach Verleihung der Rechtsfähigkeit durch … als wirtschaftlicher Verein fort (§§ 22 BGB). Eingetragen am … (nachfolgend Löschung).
6. Rechtsformwandel des wirtschaftlichen Vereins in einen Idealverein Der Wandel des rechtsfähigen wirtschaftlichen Vereins (§ 22 BGB) in einen Idealverein (§ 21 BGB) erfordert Satzungsänderung dahin, dass der Zweck des Vereins (§ 57 Abs. 1 BGB) nunmehr nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist (Zustimmung aller Mitglieder, § 33 Abs. 1 S. 2 BGB) und dass der Verein in das Vereinsregister eingetragen werden soll (§ 57 Abs. 1 BGB). Durch staatliche Genehmigung (§ 33 Abs. 2 BGB) kann diese Satzungsänderung keine Wirksamkeit erlangen. Die vereinsrechtlichen Vorschriften des BGB regeln auch diesen Rechtsformwandel nicht. Dem Verein muss aber die Umwandlung in einen rechtsfähigen Verein ohne einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ebenso erlaubt sein, wie ihm mit Verzicht auf die Rechtsfähigkeit1 Umwandlung in einen nicht rechtsfähigen Verein (§ 54 BGB) möglich ist.
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Nach der Zuständigkeitsabgrenzung bei konzessioniertem und Idealverein verwirklicht sich dieser Rechtsformwechsel durch Eintragung in das Vereinsregister des zuständigen Amtsgerichts (§ 21 BGB). Hierfür hat der Verein zugleich mit allen anderen Satzungsbestimmungen (nötigenfalls hat Änderung zu erfolgen) den Erfordernissen zu entsprechen, die für Ersteintragung in das Vereinsregister vorausgesetzt sind (s. §§ 56–58, 59 Abs. 3 BGB). Mit der Registereintragung erlangt der Mitgliederbeschluss über die Änderung der Satzungsbestimmung über den Vereinszweck Wirksamkeit (§ 71 Abs. 1 S. 1 BGB, entspr. Anwendung). Mit dieser Umwandlung in einen rechtsfähigen nicht wirtschaftlichen Verein ändert sich die Identität des Vereins nicht; der rechtsfähige wirtschaftliche Verein (§ 22 BGB) setzt sich als solcher in einem Idealverein (§ 21 BGB) fort.2 Eine Liquidation findet daher nicht statt. Eintragung in das Vereinsregister hat als Satzungsänderung in Verbindung mit Ersteintragung des Vereins zu erfolgen.
234
1 Zu diesem für Verein nach §§ 22 und 23 BGB BayObLG 1959, 287 (294). 2 S. auch z.B. BayObLG 1959, 152 (158), das davon ausgeht, dass die Rechtsfähigkeit in mehrfacher Weise erlangt sein kann (Verleihung durch Anerkennung vor 1900 und spätere Eintragung in das Vereinsregister), und deshalb allerdings annimmt, dass sich die Rechtsfähigkeit nicht „umwandelt“, wenn der Verein Rechtsfähigkeit auch noch aus einem anderen Rechtsgrund erhält. Hierzu auch BayObLG 1959, 287 (294, 295).
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VIII. Rz. 235 | Eintragung, Anerkennung und Wechsel des Vereinstyps 235
Die Eintragung hat der Vorstand anzumelden (§ 59 Abs. 1 mit § 71 Abs. 1 S. 2 BGB; Form: § 77 BGB). Sie kann lauten: M 8 Registereintrag bei Änderung in Idealverein Der Verein hat die am … errichtete Satzung mit Beschluss der Mitgliederversammlung vom … in § … (Zweck des Vereins) geändert. Der Zweck des Vereins ist nunmehr nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet. Der Verein besteht nach dieser Eintragung in das Vereinsregister als Idealverein (§ 21 BGB) fort. Jedes Vorstandsmitglied vertritt allein. Eingetragen am …
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IX. Die Vereinsmitglieder 1. Die Mitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Mitglieder des Vereins . . . . . . . . b) Eignung zur Mitgliedschaft . . . . . . . c) Ausländerverein . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die Rechtsstellung als Vereinsmitglied . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Mitgliedergruppen und Sonderrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anerkannte Differenzierungen . . . . c) Sonderrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ehrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Eintritt der Mitglieder . . . . . . . . . . a) Erwerb der Mitgliedschaft . . . . . . . . b) Eintritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Eintrittserklärung . . . . . . . . . . . . . . . d) Aufnahmeverfahren . . . . . . . . . . . . . e) Fehler des Aufnahmevertrags . . . . . f) Geschäftsunfähige, Minderjährige, Betreute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Juristische Personen, Handelsgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Einzelmitgliedschaft in einem Verband . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i) Politische Parteien . . . . . . . . . . . . . . . 4. Anspruch auf Aufnahme . . . . . . . . a) Vereinigungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . b) Aufnahmeanspruch gegenüber bestimmten Vereinen . . . . . . . . . . . .
236 236 238 242 244 247 247 249 253 258 265 265 266 273 277 285 288 292 293 295 296 296 299
c) Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Austritt der Mitglieder (§ 39 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Recht auf Austritt . . . . . . . . . . . b) Die Austrittserklärung . . . . . . . . . . . c) Zeitliche Beschränkung . . . . . . . . . . d) Sofortiger Austritt bei wichtigem Grund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Folgen des Austritts . . . . . . . . . . . . . 6. Ausschluss aus dem Verein . . . . . . a) Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ausschließungsbeschluss . . . . . . . . . d) Ausschluss als Kündigung . . . . . . . . e) Ausschluss als Vereinsstrafe . . . . . . . 7. Sonstiges Erlöschen der Mitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ruhen der Mitgliedschaft (§§ 25, 38, 39, 40 BGB) . . . . . . . . . . . b) Streichung der Mitgliedschaft . . . . . c) Beendigungsautomatismus/Fehlen von Aufnahmevoraussetzungen . . . d) Tod des Mitglieds . . . . . . . . . . . . . . . e) Beendigung von Mitgliedsgesellschaften und juristischen Personen f) Ausscheiden bei Teilung des Vereins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Weitere Hinweise zum Erlöschen der Mitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . . .
310 312 312 316 320 323 327 331 331 333 339 344 349 350 350 357 360 366 367 373 375
Literatur: Alexander, Die unberechtigte Verweigerung der Aufnahme in einen Wirtschaftsverband aus kartellrechtlicher, lauterkeitsrechtlicher und bürgerlichrechtlicher Sicht, ZStV 2014, 121; Ballerstedt, Mitgliedschaft und Vermögen beim rechtsfähigen Verein, in FS Knur, 1972, S. 1; Bartodziej, Ansprüche auf Mitgliedschaft in Verein und Verbänden, ZGR 1991, 517; Benecke, Der Ausschluss aus dem Verein, WM 2000, 1173; Beuthin, Müssen Sonderrechte unentziehbar sein?, ZGR 2014, 24; Birk, Der Aufnahmezwang bei Vereinen und Verbänden, JZ 1972, 343; Grunewald, Vereinsaufnahme und Kontrahierungszwang, AcP 182 (1982) 181; Hauptmann/Theissen, Der Aufnahmeanspruch gegenüber einem Sportverband – Voraussetzungen, Grenzen und aktuelle Entwicklungen, SpuRt 2011, 181; Hesselberger, Die Mitglied-
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IX. Rz. 236 | Die Vereinsmitglieder schaft in Parteien und Koalitionen, in FS Boujong, 1996, S. 251; Hofmann, Der Vereinsbeitritt Minderjähriger, Rpfleger 1986, 5; Küttner, Aufnahmezwang für Gewerkschaften, NJW 1980, 968; Kunz, Die rechtliche Stellung des Minderjährigen im Vereinsleben, Zentralblatt für Jugendrecht und Jugendwohlfahrt 1978, 453; Lettl, Das Wertrecht der Mitgliedschaft beim IdealVerein, Diss. Augsburg 1999; Nicklisch, Der verbandsrechtliche Aufnahmezwang und die Inhaltskontrolle satzungsmäßiger Aufnahmevoraussetzungen, JZ 1976, 105; Reichert, Die Mitgliedschaft Minderjähriger in Vereinen, RdJ 1971, 234; Reuter, Der Einfluss des AGG auf die Gründung und Tätigkeit von gemeinnützigen Stiftungen und Vereinen, in FS Adomeit, 2008, S. 595; Röcken, Entwicklung des Vereinsrechts, MDR 2014, 879; Schulze, Mitgliedsausschluß aus einem wirtschaftlichen Verein am Beispiel der GEMA, NJW 1991, 3264; Steinbeck, Der Anspruch auf Aufnahme in einen Verein, WuW 1996, 91; Ullrich, Der Vereins- und Parteiausschluss aus politisch-inhaltlichen Gründen, JZ 2014, 1084; Vieweg, Vormitgliedschaftliche Rechtsverhältnisse eingetragener Vereine, in FS Reuter, 2010, S. 395; Weitermeyer/Wrede, Genderfragen in Non-Profit-Organisationen, npoR 2018, 1; Wenzel, Ende der Mietervereinsmitgliedschaft durch Wohnungserwerb?, NZM 1999, 981; Wüstenberg, Der Betreute als Vereinsmitglied, BtPrax 2005, 138.
1. Die Mitglieder a) Die Mitglieder des Vereins 236
Vereinsmitglieder sind die dem Verein angehörenden Personen, die sich mit dem Eintritt der Satzung des Vereins unterworfen und dadurch Mitgliederrechte und -pflichten erworben haben. Der Verein ist als Körperschaft auf einen wechselnden Mitgliederbestand angelegt, besteht somit unabhängig vom Wechsel der Mitglieder (Rz. 7). Er kann die Vorteile der Registereintragung erlangen, wenn ihm mindestens sieben Mitglieder angehören (§ 59 Abs. 3 BGB). Wenn die Mitgliederzahl unter drei herabsinkt, kann er die Eintragung verlieren (§ 73 BGB); mit dem Wegfall sämtlicher Mitglieder ist der Verein erloschen (Rz. 1397).
237
Der Verein darf neue Mitglieder werben. Die Möglichkeit zu einer wirkungsvollen Mitgliederwerbung ist durch das Grundrecht der Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG) gewährleistet (Rz. 2). Werbend darf der Verein daher insbesondere seine Ziele und Mittel, seine Organisation und seine Mitgliederstärke öffentlichkeitswirksam darstellen. Schutzwürdige Belange Dritter oder öffentliche Interessen darf die Mitgliederwerbung des Vereins jedoch nicht verletzen. Mitgliederwerbung darf daher nicht unlauter betrieben werden (Schutzgesetz: Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb), nicht gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) oder Schutzgesetze sonst verstoßen. b) Eignung zur Mitgliedschaft
238
Vereinsmitglieder können – ebenso wie Gründer des Vereins, s. Rz. 25 – natürliche Personen oder juristische Personen des Privatrechts oder des öffentlichen Rechts, damit auch eine (rechtsfähige) Stiftung des bürgerlichen oder des öffentlichen Rechts1, und Gesellschaften des Handelsrechts, Partnerschaften sowie Europäische wirtschaft-
1 Auch z.B. die Bundesagentur für Arbeit, § 370 SGB III.
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1. Die Mitglieder | Rz. 240 IX.
liche Interessenvereinigungen, aber auch nicht eingetragene Vereine1 sowie (rechtsfähige und nicht rechtsfähige) politische Parteien sein. Den Eintritt einer Erbengemeinschaft (als solche) wird man nach wie vor nur in Ausnahmen zulassen (zu Gestaltungen bei Gründung Rz. 26, Rz. 247, zur Vererbung der Mitgliedschaft Rz. 387). Der nicht rechtsfähige Verein erlangt durch den Beitritt zu einem eingetragenen Verein (also z.B. durch den Anschluss an eine Dachorganisation, die rechtsfähig ist) selbst keine weitere Verstärkung seiner Rechtsnatur. Eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts kann (als Teilnehmerin am Rechtsverkehr) Mitglied eines Vereins werden2, soweit nicht durch Satzung ihre Beteiligung ausgeschlossen ist; das kann sich im Einzelfall auch daraus ergeben, dass nach Zweck und Wesen des Vereins die Rechte und Pflichten, die die Mitgliedschaft mit sich bringt, von einer BGB-Gesellschaft nicht ausgeübt und erfüllt werden können. Der Kreis möglicher Mitglieder kann durch die Satzung abstrakt-generell beschränkt werden, so dass von vornherein nur ein bestimmter Personenkreis für die Aufnahme in Betracht kommt (Rz. 296). Die Satzung kann z.B. vorsehen, dass nur natürliche Personen, nicht aber juristische Personen, eine Personenhandelsgesellschaft oder eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, nur Männer oder nur Frauen3, nur Jugendliche oder nur Senioren (ab 65. Lebensjahr) usw. die Mitgliedschaft im Verein erwerben können. Zugelassen ist auch die Beschränkungen des Mitgliederkreises auf Herkunft oder Wohnsitz in einer eingegrenzten Region, Kenntnisse bestimmter Sprachen, Erreichen einer Mindestleistungsstufe der Vereinssportart oder eines Mindestwerts bei der Ermittlung des Intelligenzquotienten. Grundsätzlich kann sowohl die gleichzeitige Mitgliedschaft in einem anderen Verein gefordert werden wie auch umgekehrt die Mitgliedschaft in anderen Vereinen für inkompatibel erklärt sein. Im Vereinsverband oder Dachverband ist es verbreitet, die Mitgliedschaft auf korporative Mitglieder zu beschränken.4 Die persönlichen Aufnahmevoraussetzungen müssen hinreichend bestimmt in der Satzung selbst festgelegt werden. Sie können nicht erst durch den Vorstand oder das für die Aufnahme zuständige Organ bestimmt werden.5 Zum Problem der nachträglichen Einführung derartiger Beschränkungen Rz. 362 und 1126. Zu Irrtümern hinsichtlich der Aufnahmevoraussetzungen Rz. 364.
239
Grenzen ergeben sich aus dem allgemeinen Schädigungsverbot (§ 826 BGB), das bei Vereinen mit herausgehobener (sozialmächtiger) Stellung nur begrenzte Ablehnungsgründe erlaubt (näher Rz. 299 ff.). Zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz s. Rz. 310. Für Personen, die dem in der Satzung zulässigerweise bestimmten Personenkreis nicht angehören, ist der Erwerb der Mitgliedschaft ausgeschlossen. Umgekehrt hat aber noch keinen Anspruch auf Aufnahme, wer die allgemeinen Voraussetzungen
240
1 LG Duisburg JW 1933, 2167 mit zust. Anm. Voß; Hadding in Soergel, Rz. 5 zu § 38; Schwennicke in Staudinger, Rz. 99 zu § 38; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 11. 2 Vgl. zur Mitgliedschaft in einer Genossenschaft BGH v. 4.11.1991 – II ZB 10/91, MDR 1992, 240 = NJW 1992, 499, für den Erwerb der Mitgliedschaft einer GbR BGH v. 2.10.1997 – II ZR 249/96, MDR 1998, 55 = NJW 1998, 376 = MittRhNotK 1998, 60. 3 Vgl. Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 70 und 77. 4 Eine Vereinssparte ist als solche dagegen nicht Vereinsmitglied, Oschütz, SpuRt 2008, 97. 5 OLG Hamm v. 11.7.2017 – 27 W 144/16, juris.
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IX. Rz. 240 | Die Vereinsmitglieder
erfüllt (Rz. 296). Zur nachträglichen Einführung oder Verschärfung einer solchen Zulassungsbeschränkung s. Rz. 1127. Die Frage, ob monogeschlechtliche Vereine zulässig sind, ist unabhängig davon zu entscheiden, dass der Steuergesetzgeber einen nicht nur für alle Geschlechter offenen Verein heute unter Umständen nicht mehr als förderfähig akzeptiert.1 Richtigerweise sind sie ungeachtet Art. 3 Abs. 2 GG auch dann zulässig, wenn es für die Differenzierung keinen objektiven sachlichen Grund gibt.2 Anders als nach verfassungsrechtlichen Maßstäben muss der Verein in seiner satzungsautonomen Festlegung auch nicht beachten, ob und welche milderen Mittel als den Totalausschluss einer Personengruppe es zur Verfolgung des damit gewollten Zwecks geben kann. Der Verein zum Betrieb einer Moschee kann somit in seiner Satzung vorsehen, generell nur Personen moslemischen Glaubens aufzunehmen. Er ist dann aber nicht gemeinnützig (Rz. 115)3 241
Mitglieder einer politischen Partei (Begriff Rz. 18) können nur natürliche Personen sein (§ 2 Abs. 1 S. 2 PartG). c) Ausländerverein
242
Der im Inland gegründete, aus ausländischen Mitgliedern bestehende Verein mit Verwaltungssitz im Inland ist inländischer Verein (sog. Ausländerverein; Ausnahmen für Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europ. Union nach § 14 Abs. 1 S. 2 VereinsG). Er untersteht voll dem deutschen Recht, erlangt als Idealverein also Rechtsfähigkeit durch Eintragung in das Vereinsregister (§ 21 BGB). Für die Eintragung muss die Satzung in deutscher Sprache vorgelegt werden (vgl. Rz. 1530). Eintragung des Vereins und Satzungsänderungen hat das Registergericht der Verwaltungsbehörde mitzuteilen (§ 400 FamFG).4
243
Gleiches gilt für den Verein mit gemischter Mitgliedschaft (Mischverein), wenn Vereinsmitglieder überwiegend Ausländer sind oder Ausländer den Verein beherrschen. d) Die Rechtsstellung als Vereinsmitglied
244
Die aus der Rechtsstellung als Vereinsmitglied folgenden gesamten personen- und vermögensrechtlichen Beziehungen bestimmen sich nach der Verfassung des Vereins und den gesetzlichen Vorschriften des Vereinsrechts (s. § 25 BGB). Zur Dogmatik der Mitgliedschaft s. Rz. 378 ff.
245
Mitgliederrechte bestehen als Mitverwaltungsrechte (genannt auch Organschaftsoder Teilhaberechte), dazu Rz. 400 („Rechte im Verein“) und Vorteilsrechte (auch 1 Eine Freimaurerloge, die Frauen von der Mitgliedschaft ausschließt, ist nicht gemeinnützig, BFH v. 17.5.2017 – V R 52/15, DStR 2017, 1749 mit Anm. Heuermann; krit. Anm Wiemers, BB 2017, 2152; Jakob, SpuRt 2018, 143; Kohlhepp, DStR 2017, 2577. Eine Verfassungsbeschwerde wurde nicht angenommen (BVerfG v. 14.1.2018 – 2 BvR 1966/17). Einzelheiten Rz. 116 und zur Abgrenzung Rz. 131. 2 Weitemeyer/Wrede, npoR 2018, 1, 4 nennen als Beispiel den Frauen-Literaturverein. 3 Anders FG Baden-Württemberg v. 5.3.2018 – 10 K 3633/16, npoR 2018, 262. 4 Krit. aus rechtspolitischer Sicht Krafka in MünchKomm/ZPO, § 400 FamFG Rz. 1.
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2. Mitgliedergruppen und Sonderrechte | Rz. 248 IX.
Benutzungs- sowie Wertrechte), dazu Rz. 403 – Rechte an Vereinsleistungen. Daneben können Vermögensrechte gewährt sein (Rz. 405). Mitgliederpflichten bestehen vor allem in einer Beitragspflicht (Rz. 409), zu anderen Verpflichtungen s. Rz. 406. Tragende Prinzipien für die Bestimmung der Rechte und Pflichten der Mitglieder und deren Ausübung im Verhältnis zum Verein und anderen Mitgliedern sind der Grundsatz der Mitgliedergleichbehandlung sowie eine allgemeine Treue- und Förderpflicht (Rz. 392).
246
2. Mitgliedergruppen und Sonderrechte a) Grundsatz Das Gesetz geht – ungeschrieben1 – von der Gleichstellung und damit Gleichbehandlung aller Vereinsmitglieder aus (vgl. Rz. 392). Die Satzung (und nur diese) kann jedoch die Mitgliedsrechte und -pflichten differenzieren, also verschiedene Mitgliedergruppen mit unterschiedlichen Rechten und Pflichten bilden (zum Verschlechterungsverbot, wenn Mitgliedergruppen erst bei einer Satzungsänderung eingerichtet werden sollen, s. Rz. 1127). Solange den übrigen Mitgliedern ein wenigstens mittelbarer (Delegiertenwahlen) Mindesteinfluss auf die Geschicke des Vereins verbleibt2, kann die Satzung nach sachlichen Gründen gestaffelte Mitgliederrechte vorsehen. Eine derartige Regelung muss eindeutig formuliert werden3, im Zweifel ist die Satzung in Richtung einer Gleichberechtigung aller Mitglieder auszulegen.4 Die Bestimmung des Differenzierungsgrundes liegt jeweils zunächst in der Autonomie des Vereins, er muss sich aber einer Willkürkontrolle stellen.5
247
Ein Anwendungsfall ist die Berücksichtigung von Familienstämmen (vgl. bereits Rz. 26)6
248
M 9 Abbildung von Erbengemeinschaften bei der Vereinsgründung Beispiel für eine praktischen Berücksichtigung von Erbengemeinschaften als Mitgliedergruppen mit Sonderrechten schon bei der Satzungsgestaltung: „Mitglieder, die zugleich Nachfahren des D sind, bilden [im Verein zur Bewahrung und Pflege von Nachlass und Werk des D] drei eigene Mitgliedergruppen wie folgt: Eine Gruppe bilden die Erben von Ds Tochter A (kurz: „Erbengemeinschaft A“), eine weitere bilden die Erben von Ds Tochter B (kurz: „Erbengemeinschaft B“). Ds Tochter C ist bei-
1 Schöpflin, ZStV 2014, 166. 2 OLG Celle v. 18.10.1994 – 20 W 20/94, NJW-RR 1995, 1273–1274; vgl. aber auch BAG v. 22.3.1995 – 5 AZB 21/94, MDR 1996, 77, juris Rz. 155 – NJW 1996, 143–152. 3 BGH v. 3.3.1971 – KZR 5/70, BGHZ 55, 381–392. 4 Ellenberger in Palandt, § 38 Rz. 2. 5 LG Darmstadt v. 24.1.1990 – 9 O 644/89, juris. 6 Zur Familienverfassung als Innengesellschaft des Bürgerlichen Rechts Fleischer, ZIP 2016, 1509-1519.
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IX. Rz. 248 | Die Vereinsmitglieder tragsfreies Mitglied auf Lebenszeit. Nach ihrem Ableben bilden ihre Erben, soweit sie Abkömmlinge des D sind und dem Verein beitreten, eine weitere Mitgliedergruppe („Erbengemeinschaft C“). Für diese Mitglieder gilt: Sie können ihre Mitgliedschaftsrechte, insbesondere das Stimmrecht im Verein jeweils nur einheitlich durch ein von den jeweiligen Gruppenmitgliedern gewähltes Mitglied („Sprecher der Erbengemeinschaft“) ausüben. Die Bestimmungen dieser Satzung zu Wahl, Amtszeit, Abwahl und bei Verlust der Wahlfähigkeit zum Vorstand gelten für die Sprecher der Erbengemeinschaften entsprechend mit der Besonderheit, dass sich das Stimmrecht innerhalb der Mitgliedsgruppe nach den vertretenen Erbquoten in der Nachfolge von A, B bzw. C richtet. Abweichend von § XX [Kopfprinzip] werden die von Mitglied C oder dem Sprecher einer Erbengemeinschaft für diese abgegebene Stimmen jeweils stets mit mindestens 20 % der insgesamt abgegebenen Stimmen gewichtet. Alle Mitglieder der Erbengemeinschaften sind nach den allgemeinen Regeln für Vereinsämter wählbar. C und die Sprecher der Erbengemeinschaften sind außerdem geborene Mitglieder im erweiterten Vorstand gemäß § YY. Abweichend von § ZZ [Voraussetzungen und Ende der Mitgliedschaft, Tod] ist die Mitgliedschaft von C oder von einem Mitglied, das zugleich einer der Erbengemeinschaften angehört, in der Weise vererblich, dass dessen Erben oder sonstige durch Verfügung von Todes wegen von dem Mitglied bestimmte Personen binnen einen Jahres durch schriftliche Erklärung an den Vorstand die Mitgliedschaft im Verein aufnehmen können. Für die Mitglieder einer der Erbengemeinschaften gilt die besondere Beitragsregelung gemäß § BB dieser Satzung. Eine Doppelmitgliedschaft in der Weise, dass ein Mitglied einer Erbengemeinschaft zugleich außerhalb dieser Mitgliedergruppe oder in mehreren Mitgliedergruppen dem Verein angehört, ist möglich. Für Erwerb, Ausübung und Ende der Mitgliedschaft außerhalb einer der Erbengemeinschaften gelten insoweit die allgemeinen Regeln.“
b) Anerkannte Differenzierungen 249
Die Vereinsautonomie (Rz. 39) ermöglicht es, Rechte und Pflichten unterschiedlich zu bestimmen z.B. für – ordentliche Mitglieder (Vollmitglieder) mit allen Mitgliederrechten und -pflichten, – außerordentliche Mitglieder mit abweichenden – typischerweise minderen – Rechten und Pflichten, – aktive Mitglieder, die im und für den Verein tätig sind, – passive Mitglieder; sie haben den Verein nicht (mehr) aktiv zu fördern und werden von etwaigen Präsenzpflichten nicht angesprochen, – fördernde Mitglieder, die dem Verein Beiträge in Geld, als Sachzuwendungen oder Dienste leisten, am (aktiven) Vereinsleben aber nicht mitwirken (s. aber auch Rz. 251), – Probemitglieder (Rz. 252), – jugendliche Mitglieder (Rz. 289), – Ehrenmitglieder (Rz. 258). 162 | Stöber/Otto
2. Mitgliedergruppen und Sonderrechte | Rz. 250 IX.
„Aktive“ Mitglieder sind in der Regel solche, die in irgendeiner Weise am Vereinsleben teilnehmen und aktiv den Vereinszweck verfolgen. Das muss beim Sportverein aber nicht unbedingt die eigene aktive Ausübung des Sports sein.1 „Passive“ Mitglieder sind zumeist von der Wählbarkeit in Vereinsämter ausgeschlossen und von allen oder einzelnen Mitgliederpflichten befreit. „Fördermitglieder“ sind in der Regel weitgehend auf eine Sponsorenrolle beschränkt und haben kein Stimmrecht in der Mitgliederversammlung. Fehlt einer Mitgliedergruppe schon ein Teilnahmerecht in der Mitgliederversammlung, kann man rechtlich nicht mehr von einer Mitgliedschaft sprechen.2 Maßgeblich sind nicht die gewählten Begriffe, sondern die Ausgestaltung im Einzelfall. Hier kann zur Auslegung der Satzung eine ständige Übung im Verein (Rz. 55) herangezogen werden:3 Auch wenn die Satzung nur aktive Sportler als aktive Sportvereinsmitglieder anspricht, können die hinsichtlich der eigenen Sportausübung passiven Mitglieder dennoch „ordentliche“ Mitglieder mit allen Rechten sein, soweit die Satzung nicht Sonderregeln für die „Aktiven“ enthält. Eine Tagesmitgliedschaft im Sinn einer von vornherein auf einen Tag begrenzten Zugehörigkeit zum Verein ohne jedes anders Mitgliedschaftsrechts als das auf Inanspruchnahme einer Vereinsleistung gegen Zahlung eines Einmalbeitrags sollte nicht zugelassen werden (Rz. 828).4 Es handelt sich um eine wirtschaftliche Aktivität des Vereins, die „Tagesmitglieder“ sind Kunden (Rz. 80). Der Idealverein hat vereinsrechtskonforme Möglichkeiten, Vereinsleistungen auch für Dritte zu öffnen.5 Vereinsrechtlich unbedenklich ist die Bildung einer Kategorie von Mitgliedern, die gegen einen Einmalbeitrag von weiterer Beitragsleistung befreit sind (soweit der Monopolverband damit keine unangemessene Aufnahmehürde schafft).6 Die pauschale Anknüpfung abgestufter Mitgliederrechte zB an eine vermeintliche Rasse, die ethnische Herkunft, das Geschlecht, Religion oder Weltanschauung, eine Behinderung, Alter oder die sexuelle Identität (vgl. § 1 AGG) ist unzulässig.7 Eine un1 Anders LG Braunschweig v. 16.5.2017 – 6 S 66/17, SpuRt 2017, 205. 2 Waldner, 2. Erlanger FS Schwab, S. 155, 170; Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 695, Rz. 1380. Ebenso OLG Frankfurt v. 22.5.1996 – 20 W 96/94, NJW-RR 1997, 482 (jedoch Ausnahme beim religiösen Verein). Anders OLG Stuttgart v. 16.7.2018 – 8 W 428/15, MDR 2018, 1387 = NZG 2018, 1264. 3 Das LG Braunschweig v. 16.5.2017 – 6 S 66/17, SpuRt 2017, 205 legt hingegen zunächst die Satzung ohne Rücksicht auf eine langjährige Praxis aus und hält dann aufgrund eines vermeintlich eindeutigen Ergebnisses der Auslegung einen Rückgriff auf die Vereinsübung für ausgeschlossen. 4 Anders OLG Stuttgart v. 16.7.2018 – 8 W 428/15, NZG 2018, 1264 mit zust. Anm. Röcken, MDR 2019, 1105, 1107. 5 Soweit das OLG Stuttgart v. 16.7.2018 – 8 W 428/15, MDR 2018, 1387 = NZG 2018, 1264 hingegen darauf abstellt, dass eine dem Verein erteilte luftfahrtrechtliche Genehmigung nur auf Vereinsmitglieder bezogen und die Tagesmitgliedschaft von der Genehmigungsbehörde ausdrücklich akzeptiert, mithin von ihr im Interesse der Öffentlichkeit geradezu erwünscht war, werden Ursache und Wirkung verwechselt. 6 Ausf. Segna/Lenz, ZStV 2018, 121. Bedenken hingegen bei Morgenroth, ZStV 2018, 41 und derselbe ZStV 2019, VI. 7 Die Grenzen sind hier enger als hinsichtlich der Aufnahmefreiheit: Ein Verein, der sich einmal für die Aufnahme von Mitglieder aller Geschlechter entschieden hat, muss für deren
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250
IX. Rz. 250 | Die Vereinsmitglieder
terschiedliche Rechtsstellung der Mitglieder kann nur nach sachlichen Gesichtspunkten begründet werden (Rz. 394).1 Dabei definiert sich allerdings der sachliche Grund aus Sicht des Vereins(zwecks).2 Vorzugsrechte sind z.B. denkbar als erweiterte Nutzungsrechte an Vereinseinrichtungen zugunsten nach dem Vereinszweck besonders förderungswürdiger Mitglieder.3 Alle abgestuften Rechte und Pflichten bedürfen einer hinreichend bestimmten Grundlage in der Satzung. Die rückwirkende Einführung gestaffelter Berechtigungen kann der Zustimmung der Betroffenen bedürfen (Rz. 1126). Auch die Gebote von Treu und Glauben (§ 242 BGB) können einer Beschränkung von Mitgliedsrechten Grenzen setzen.4 M 10 Regelung des Nutzungsrechts an Vereinsanlagen Alle Mitglieder haben das Recht, im Rahmen der Verfügbarkeit alle Vereinseinrichtungen zu nutzen und an den Vereinsveranstaltungen teilzunehmen. Einzelheiten regeln eine Nutzungsordnung und eine Trainingsordnung, die von der Mitgliederversammlung beschlossen werden und nur durch sie zu ändern sind. Darin kann auch vorgesehen werden, dass aktive Mitglieder ersten Zugriff auf die Vereinseinrichtungen haben. Die nach den Bestimmungen der Trainingsordnung für die Vereinsmannschaften festgelegten Termine haben stets Vorrang. 251
Das Recht auf Teilnahme an Vereinsveranstaltungen kann für einzelne oder einen bestimmten Kreis von Mitgliedern ohne Satzungsgrundlage nicht eingeschränkt werden.5 Unwirksam ist daher ein Mitgliederbeschluss, der ein einzelnes Mitglied oder einen bestimmten Kreis von Mitgliedern von Clubturnieren oder sportlichen Veranstaltungen der Vereinsabteilung, in der das Mitglied Sport betreibt, von vornherein ausschließt.6 Sieht die Vereinssatzung vor, dass sog. „Fördermitglieder“ kein Teilnahmerecht an der Mitgliederversammlung haben, wird für diese in Wahrheit wohl keine Mitgliedschaft im Rechtssinn begründet.7 Ergibt die Auslegung der Satzung aus ihrem
1
2 3 4 5 6 7
Rechtsstellung innerhalb des Vereins dann auch die aus dem Grundgesetz hergeleiteten Diskriminierungsverbote beachten (Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 70). Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 780: Anspruch auf relative Gleichbehandlung. Etwas anderes gilt für die Sonderrechte i.S.d. § 35 BGB: Hier müssen zur Begründung des Rechts alle Mitglieder zugestimmt haben – das macht eine weitere Rechtfertigung (vielleicht abgesehen vom Monopolverein) entbehrlich (Beuthien, ZGR 2014, 24 [36]). Wohl weitergehend Schöpflin, ZStV 2014, 166 (167): Soweit der Verein Mitgliedergruppen ganz abweisen könnte, darf er sie auch (z.B. hinsichtlich des Beitrags) schlechter stellen. Beuthien, ZGR 2014, 24 (37 f.) (z.B. Nachwuchsförderung oder Begünstigung von Spitzenathleten in einem Sportverein). BGH v. 26.10.1989 – I ZR 242/87, MDR 1990, 313 = BRAK 1990, 55 = NJW 1990, 578: Ein Mieterverein, der auch Kosten einer Rechtsschutzversicherung übernimmt, kann kein eigenes Benennungsrecht für den zu beauftragenden Anwalt in Anspruch nehmen. OLG Celle v. 5.10.1987 – 1 U 69/86, WM 1988, 495 mit Anm. Grunewald. OLG Celle v. 5.10.1987 – 1 U 69/86, WM 1988, 495 m. (insoweit) krit. Anm. Grunewald. Auch zur Ausschreibung der sportlichen Veranstaltungen, zur Einteilung in Spielklassen und zu Einzelheiten der technischen Abwicklung. Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 196.
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2. Mitgliedergruppen und Sonderrechte | Rz. 252 IX.
Gesamtinhalt heraus etwas anderes, ist die Bestimmung über den Versammlungsausschluss als nichtig anzusehen.1 Knüpft die Satzung eines Sportvereins das aktive und passive Wahlrecht zum Vorstand an eine „aktive Mitgliedschaft“, ist damit nicht zwingend eine persönliche Ausübung des jeweiligen Sports durch eigene Wettkampfteilnahme gemeint.2 Im Rahmen einer Differenzierung zwischen verschiedenen Arten der Mitgliedschaft (Rz. 249) ist dem Verein auch ermöglicht, durch Satzungsbestimmung (Rz. 49) eine „probeweise“ Mitgliedschaft vorzusehen. Sie ist (was vielfach nicht hinreichend geschieht) von der Probe- oder Erprobungszeit (häufig Probejahr) als Voraussetzung für den Erwerb der Mitgliedschaft (Rz. 280) zu unterscheiden. Die „probeweise“ Mitgliedschaft ist Mitgliedschaft im Sinne der gesetzlichen Regelung;3 mit ihr verbinden sich – wenn auch in einem durch die Satzung einschränkbaren Umfang – echte Mitgliederrechte und -pflichten. Wird eine Probemitgliedschaft eingeführt, hat die Satzung auch Bestimmungen über die Rechtsstellung der Probemitglieder, deren Aufnahme und Beitragspflicht sowie die Beendigung der probeweisen Mitgliedschaft zu treffen4 (gebietet § 55 Nr. 1 und 2 BGB für Eintragung in das Vereinsregister). Die Erprobungszeit als Aufnahmevoraussetzung hingegen begründet als „Bewährungsfrist“ zum Nachweis der Eignung als Vereinsmitglied für sich noch keine Mitgliederrechte und -pflichten. Dem Bewerber wird die Teilnahme am Vereinsgeschehen, insbesondere der Zugang zu Vereinsräumen, -anlagen und -einrichtungen sowie die Anwesenheit bei Vereinsveranstaltungen und Versammlung ohne rechtliche Verpflichtung des Vereins, damit als „Gast“ und in jederzeit widerruflicher Weise ermöglicht. Er kann umgekehrt ohne Beachtung einer Frist auch jederzeit sein Interesse am Verein und an der Vereinstätigkeit aufgeben. Beispiele Probemitgliedschaft – Erprobungszeit Probemitglied: Mit Zugang der Aufnahmeerklärung wird die Probemitgliedschaft erworben. Das Probemitglied hat alle Rechte und Pflichten einen ordentlichen Mitglieds mit Ausnahme des Stimmrechts in der Jahresversammlung. Nach Ablauf eines Jahres wird die Probemitgliedschaft zur ordentlichen Mitgliedschaft, es sei denn, dass ein Mitglied des Vorstands einen Überprüfungsantrag stellt und dies vor Ablauf dieser Zeit dem Probemitglied mitteilt. Über einen rechtzeitig gestellten Überprüfungsantrag ist in der nächstfolgenden Jahresversammlung durch Mehrheitsbeschluss zu entscheiden. Er lautet auf Aufnahme zur Vollmitgliedschaft oder Ausschluss. Erprobungszeit: Zum Antrag auf Mitgliedschaft wird zugelassen, wer wenigstens ein Jahr lang an wenigstens 2/3 der wöchentlichen Probeabenden teilgenommen hat.
1 Vgl. OLG Frankfurt v. 22.5.1996 – 20 W 96/94, NJW-RR 1997, 482. 2 Anders LG Braunschweig v. 16.5.2017 – 6 S 66/17, SpuRt 2017, 205. 3 BayObLG v. 25.10.2000 – 3Z BR 298/00, OLG Schleswig v. 25.5.2000 – 2 W 82/00, NJWRR 2001, 30 = Rpfleger 2001, 137. 4 BayObLG v. 25.10.2000 – 3Z BR 298/00, OLG Schleswig v. 25.5.2000 – 2 W 82/00, NJWRR 2001, 30 = Rpfleger 2001, 137.
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252
IX. Rz. 253 | Die Vereinsmitglieder
c) Sonderrechte 253
Ein Sonderrecht kann nur durch die Satzung selbst festgelegt werden.1 So kann die Satzung bei Vereinsgründung die Mitgliederrechte und -pflichten in der Weise differenzieren, dass für einzelne Mitglieder oder Gruppen von Mitgliedern Sonderrechte vorgesehen werden. Später können durch Satzungsänderung Sonderrechte nur eingeräumt werden, wenn alle anderen Vereinsmitglieder, denen die Bevorzugung nicht zugestanden wird,2 zustimmen (§ 35 BGB). Diese Regel ist grds. nicht durch die Satzung abänderbar. Für vorab klar definierte Fälle kann die Satzung aber eine Öffnungsklausel vorsehen, die dann bei Bedarf durch Versammlungs- oder Vorstandsbeschluss ausgefüllt wird.
254
Sonderrechte sind mitgliedschaftliche Sonderberechtigungen, die einzelne Mitglieder oder Mitgliedergruppen vor den anderen Vereinsmitgliedern bevorzugen. Eine sachlich begründete Differenzierung stellt als solche noch kein Sonderrecht dar.3 Beispiele: Beitragsfreiheit, Recht auf ein Vereinsamt (Vorstand auf Lebenszeit), erweitertes Stimmrecht, Recht auf Vorstandsbestellung, auf Zustimmung zu Satzungsänderung, Vetorecht gegen Vereins-(oder Vorstands-)Beschlüsse, Recht auf bevorrechtigte Benutzung der Vereinseinrichtungen (nicht aber die sachgemäße Abgrenzung der Benutzung der Vereinseinrichtungen durch Geschäfts- oder Spielordnung), Anspruch auf Vereinsvermögen bei Liquidation.
255
Sonderverpflichtungen einzelner Mitglieder (Beispiel: höhere Beitragspflicht) begründen entsprechende Bevorrechtigungen der nicht zusätzlich verpflichteten übrigen Mitglieder. Durch Satzungsänderung können Sonderpflichten einzelner Mitglieder daher nur mit Zustimmung der Beschwerten neu eingeführt werden (vgl. auch Rz. 1126).
256
Bestehende Sonderrechte können ohne Zustimmung des bevorrechtigten Mitglieds weder durch Beschluss der Mitgliederversammlung noch durch Verwaltungshandlungen des Vorstands beeinträchtigt werden (§ 35 BGB).4 Wegen § 40 BGB ist diese Anordnung zwingend. Allerdings schützt § 35 BGB nur die Ausübung eines wirksamen Sonderrechts. Die Begründung eines von Anfang an im Ganzen widerruflichen Vorrechts bleibt möglich.5 Die Zustimmung kann formlos (auch nachträglich und außerhalb der Mitgliederversammlung) erklärt werden; Schriftform ist zum Nachweis ratsam. Ein Vereinsbeschluss, der ein Sonderrecht unzulässig beeinträchtigt oder den
1 BGH MDR 1970, 913 = LM Nr. 23 zu § 50 ZPO. 2 Beuthien, ZGR 2014, 24 (36). Teilweise wird nur die Zustimmung derjenigen Mitglieder gefordert, die tatsächlich benachteiligt sein können, s. dazu Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 804 und vermittelnd Burhoff, Rz. 249. 3 VGl. AG Hamburg-Blankenes v. 5.3.2017, npoR 2018, 110; jurisPK/Otto, § 35 Rz. 7. 4 Wer hier mit Haas/Vogel, SpuRt 2011, 50 ein lästiges Umstrukturierungsrisiko sieht, darf in der Satzungsgestaltung nur mit abgestuften Mitgliederrechten (Rz. 205) unterhalb des Sonderrechts operieren. 5 Beuthien, ZGR 2014, 24 hat dazu herausgearbeitet, dass die Unentziehbarkeit nicht zwingendes Merkmal eines Sonderrechts sein muss. Die Konsequenzen hieraus und die Abgrenzung entziehbarer Sonderrechte vom einfachen Vorzugsrecht (Rz. 249) bleiben dabei m.E. unklar.
166 | Stöber/Otto
2. Mitgliedergruppen und Sonderrechte | Rz. 259 IX.
Grundsatz der Gleichberechtigung der Mitglieder verletzt, ist schwebend unwirksam. Er erlangt nur bei Zustimmung des betroffenen Mitglieds Wirksamkeit und wird bei Verweigerung der Zustimmung endgültig unwirksam. Das kann bei Streit auf Klage des Mitglieds durch Urteil festgestellt werden (Feststellungsklage nach § 256 ZPO, nicht Anfechtungsklage). Bei Schadenseintritt verpflichtet die schuldhafte Verletzung eines Sonderrechts den Verein zum Ersatz.1 Eine Sonderberechtigung gründet sich auf die Mitgliedschaft; sie endet daher mit dem Mitgliedsrecht.2 Als Mitgliedsrecht ist eine Sonderberechtigung nicht übertragbar und nicht vererblich (§ 38 S. 1 BGB). Die Satzung kann etwas anderes vorsehen (Rz. 385).
257
d) Ehrung Mit einer Ehrung verleiht der Verein als Körperschaft der Wertschätzung für eine Person besonderen Ausdruck. Gewürdigt werden damit (regelmäßig) besondere Verdienste um den Verein. In der Satzung muss eine Ehrung ihre Grundlage haben, wenn sie die Mitgliedschaft oder ein Sonderrecht begründen oder wenn mit ihr Berufung in eine Organstellung erfolgen soll.3 Als Sonderrecht kann z.B. die Ernennung zum Ehrenmitglied Beitragsfreiheit oder freien Zutritt zu (sonst kostenpflichtigen) Vereinsveranstaltungen bewirken. Die Ernennung zum Ehrenvorsitzenden ist Sonderrecht und Berufung in eine Organstellung, wenn sie nicht nur als Verleihung eines Ehrentitels gemeint ist, sondern mit dem Recht zur Teilnahme an Vorstandssitzungen und Wortmeldungen (ohne oder mit Stimmrecht) oder anderen Bevorrechtigungen verbunden ist.4
258
Andere Ehrungen, so die Verleihung einer besonderen Auszeichnung, eines (bloßen) Ehrentitels, einer Ehrenurkunde oder -nadel bei langjähriger Mitgliedschaft oder lobende Anerkennung allgemein bei besonderen Verdiensten für den Verein, bedürfen nicht zwingend einer Grundlage in der Satzung, wenn sie keine Sonderrechte und keine Organstellung begründen. Grundsätzlich ist es Sache der Mitgliederversammlung (nicht des Vorstands, der Vorstandschaft, eines Beirats usw.), über vom Vorstand auszufüllende allgemeine Grundsätze oder die konkrete Ehrung Beschluss zu fassen. Satzung und – bei den kleineren Ehrungen – Vereinsobservanz können das anders regeln. Bei größeren Vereinen kann die Ehrung zu Jahrestagen nach der Vereinsübung also auch routinemäßige Geschäftsführungsaufgabe des Vorstands oder seiner Beauftragten sein. Wesentlich ist, dass alle Vereinsmitglieder gleich behandelt werden bzw. Unterschiede ihren rechtfertigenden Grund haben (Rz. 395).
259
1 RG JW 1930, 3473. 2 Ausnahmen nur bei ausdrücklicher Regelung in der Satzung, Pfälz. OLG v. 27.6.2013 – 3 W 19/13, NZG 2013, 1271. 3 Es genügt in der Regel die satzungsändernde Mehrheit, Zustimmung aller Mitglieder ist hier nicht gefordert, juris-PK/Otto, § 35 Rz. 9; ähnlich Burhoff, Rz. 249. 4 Saarl. OLG v. 20.8.2019 – 5 W 43/19. Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 804 spricht hier stets von Sonderrecht, verzichtet aber auf die Zustimmung aller Mitglieder, weil er sie nicht in ihren Rechten betroffen sieht. Jedenfalls dann, wenn sich durch zusätzliche Stimmberechtige der Zählwert verändert, ist aber sogar das Stimmrecht der anderen Mitglieder betroffen.
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IX. Rz. 260 | Die Vereinsmitglieder 260
Regelt die Satzung Ehrungen, so erhebt sich mitunter die Frage, ob eine solche Satzungsbestimmung als abschließend zu verstehen ist, ob also im Einzelfall durch Versammlungsbeschluss der Mitglieder darüber hinaus auch eine nicht vorgesehene Auszeichnung ausgesprochen werden kann. Gewünscht kann z.B. die Verleihung des Ehrentitels „Ehrenvorsitzender“ sein, obwohl die Satzung nur die Ernennung von Ehrenmitgliedern vorsieht. Im Wege der Auslegung (Rz. 54) ist dann zu ermitteln, ob die Satzungsbestimmung für eine abweichende Anerkennung besonderer Verdienste im Einzelfall noch Raum lässt. Letzteres kann nach der Art der Anerkennung oder den Besonderheiten des Vereins anzunehmen sein. Kleinere Ehrungen, etwa die Verleihung einer Ehrenurkunde oder -nadel für langjährige (25-, 40- oder 50-jährige Mitgliedschaft) sind durch eine Satzungsregelung über die (weitergehende) Ehrung als Ehrenmitglied oder Ehrenpräsident zumeist nicht ausgeschlossen.
261
Jede Ehrung erfordert das Einverständnis der auszuzeichnenden Person (Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts).
262
Eine Ehrenmitgliedschaft ist Bestandteil des Mitgliedsrechts. Die Ehrenmitgliedschaft, die ein Nichtmitglied erworben hat, kann daher nur durch Austritt aus dem Verein (Rz. 312 ff.) beendet werden. Eine satzungsmäßig festgelegte Austritts- oder Kündigungsfrist (Rz. 320) gilt im Zweifel nicht für die Ehrenmitgliedschaft. Aber auch bei dem Ehrenmitglied, das zuvor ordentliches Mitglied war, handelt es sich im Zweifel um ein einheitliches Mitgliedschaftsrecht. Es kann nur durch Austritt aus dem Verein insgesamt aufgegeben werden. Die Satzung kann aber auch so gestaltet sein, dass entweder mit Erwerb der Ehrenmitgliedschaft die ordentliche Mitgliedschaft ruht oder mit dem Begriff der Ehrenmitgliedschaft letztlich nur die Verleihung einzelner Berechtigungen gemeint ist, auf deren Ausübung der Berufene verzichten kann. In diesem Fall kann die ordentliche Mitgliedschaft bei Verzicht auf die Ehrenmitgliedschaft wie zuvor fortgeführt werden, ohne dass ein erneutes Aufnahmeverfahren durchlaufen und möglicherweise unterdessen verschärfte Aufnahmebedingungen erfüllt werden müssen. Eine (sonstige) Ehrung ist Auszeichnung, die ihre Grundlage im Recht auf vereinsmäßige Betätigung hat (Rz. 2). Das ausgezeichnete Mitglied hat daher (zwingend) das Recht, die Ehrung aufzugeben (zurückzugeben). Das erfolgt durch empfangsbedürftige Willenserklärung; sie wird mit Zugang (§ 130 Abs. 1 BGB) an den zur Vertretung des Vereins berufenen Vorstand (§ 26 BGB), bei mehrgliedrigem Vorstand an eines seiner Mitglieder wirksam und kann nicht zurückgenommen werden. Wird die ordentliche Mitgliedschaft (z.B. wegen Wegzugs, aus Altersgründen) durch das Mitglied beendet, lässt das erhaltene Ehrungen im Zweifel unberührt.
263
Der Verein kann eine Ehrung nur im Vereinsstrafverfahren (Rz. 967 ff.) widerrufen. Der Ausschluss aus dem Verein als Vereinsstrafe dürfte in der Regel die Aberkennung erhaltener Ehrungen einschließen. Wenn die Satzung dem Ehrenpräsidenten das Recht der Teilnahme an Vorstandssitzungen einräumt, ist dem danach ernannten Ehrenpräsidenten ein Sonderrecht eingeräumt, das ohne seine Zustimmung mit einer späteren Satzungsänderung nicht wegfällt.1 Wenn Gründe vorliegen, die einen Aus-
1 Saarl. OLG v. 20.8.2019 – 5 W 43/19 –, juris; Wagner npoR 2020, 186 (188).
168 | Stöber/Otto
3. Eintritt der Mitglieder | Rz. 267 IX.
schluss des gewählten Vorstands aus wichtigem Grund erlauben würden, kann allerdings der Ehrenvorstand nicht stärker geschützt sein als es der Vorstand wäre.1 Aufmerksamkeiten, Glückwünsche und auch übliche Geschenke aus besonderem Anlass (auch einmalige Bewirtungskosten), wie z.B. bei langjähriger Vereinszugehörigkeit, einem runden Geburtstag usw., sind von Ehrungen im hier verwendeten Sinn zu unterscheiden. Sie sind Ausdruck persönlicher Verbundenheit und auch des Dankes, wie z.B. für lange Vereinstreue. Grundlage geben somit nicht die der Rechtsstellung als Vereinsmitglieder entspringenden personenrechtlichen Rechtsbeziehungen (Rz. 378). Als laufende Vereinsangelegenheit obliegt die Wahrnehmung solcher Angelegenheiten daher dem Vorstand (Rz. 555). Zur steuerlichen Einordnung Rz. 1829.
264
3. Eintritt der Mitglieder a) Erwerb der Mitgliedschaft Die Mitgliedschaft wird entweder durch Teilnahme an der Gründung des Vereins erworben (Rz. 23) oder entsteht später durch Eintritt in den Verein. Zur Mitgliedschaft nach einer Verschmelzung s. Rz. 1286 f.
265
b) Eintritt Der Eintritt erfordert einen Aufnahmevertrag zwischen Bewerber und Verein.2 Er kommt dadurch zustande, dass der Verein den Aufnahmeantrag des Bewerbers annimmt3, oder auch – wie z.B. bei Verleihung der Ehrenmitgliedschaft an ein Nichtmitglied – durch Berufung zum Vereinsmitglied mit Zustimmung des Ernannten. Die Annahme des Aufnahmeantrags durch den Verein ist empfangsbedürftige Willenserklärung, kann also Rechtswirksamkeit erst dadurch erlangen, dass sie dem Mitgliedschaftsbewerber mitgeteilt wird. Eine Annahme des Aufnahmeantrags ohne jede Erklärung des Vereins an den Antragenden (§ 151 S. 1 BGB) kommt nicht in Frage.4 Der Aufnahmebeschluss des für die Aufnahme zuständigen Vereinsorgans hat zunächst lediglich die Bedeutung eines Aktes interner Willensbildung und muss dem neuen Miglied noch bekanntgeben werden.5 Abweichende Satzungsregelung ist jedoch möglich (s. Rz. 271).
266
Der Vereinsbeitritt ist kein gegenseitiger Vertrag iS der §§ 320 ff. BGB. Er ist im Regelfall auch kein Verbrauchervertrag, der ein Widerrufsrecht z.B. bei einem „Haus-
267
1 Saarl. OLG v. 20.8.2019 – 5 W 43/19 –, juris. 2 BGH v. 29.6.1987 – II ZR 295/86, JZ 1987, 1076 mit Anm. Henke = MDR 1987, 1000 = NJW 1987, 2503. 3 BGH v. 29.6.1987 – II ZR 295/86, JZ 1987, 1076 mit Anm. Henke = MDR 1987, 1000 = NJW 1987, 2503. 4 BGH v. 29.6.1987 – II ZR 295/86, JZ 1987, 1076 mit Anm. Henke = MDR 1987, 1000 = NJW 1987, 2503; KG v. 26.2.2004 – 1 W 549/01, Rpfleger 2004, 497 = OLG-NL 2004, 101. 5 KG v. 26.2.2004 – 1 W 549/01, Rpfleger 2004, 497 = OLG-NL 2004, 101.
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IX. Rz. 267 | Die Vereinsmitglieder
türgeschäft“ begründen würde.1 Wenn jedoch die Mitgliedschaft wesentlich durch vom Verein als Unternehmer (§ 14 BGB) angebotene und zu erbringende Leistungen gegen ein als Beitrag deklariertes Entgelt des Mitglieds als Verbraucher (§ 13 BGB) geprägt wird, fällt auch der Vereinsbeitritt (ausnahmsweise) unter den Anwendungsbereich des § 312 BGB.2 Werden mit der Begründung der Mitgliedschaft vorrangig Kapitalanlage- und/oder Steuerzwecke verfolgt, ist der Beitrittsvertrag mit Rücksicht auf den mit der Beteiligung verfolgten wirtschaftlichen Zweck und die Schutzbedürftigkeit des Anlegers einem mit einem entgeltlichen Vertrag i.S.d. § 310 BGB verbundenen Geschäft zumindest gleichzustellen.3 Beispiel: Beitritt zu einem „Flug-/Luftrettungsdienst“.
268
Ist ein entgeltlicher Vertrag letztlich als Vereinsmitgliedschaft getarnt4, kann auch die Umgehungsvorschrift des § 312b BGB eingreifen.5 Im Zweifel liegt eine Widerrufsbelehrung im Interesse des Anbieters, um nach Ablauf der Zweiwochenfrist Rechtsklarheit zu erlangen. Unwirksam ist die Verknüpfung der Zustimmung zu einem Warenkauf mit dem Antrag auf Vereinsmitgliedschaft im elektronischen Geschäftsverkehr (§ 312j Abs. 2 BGB). Wer einen Button „jetzt kaufen“ drückt, rechnet nicht mit der Begründung einer Mitgliedschaft.6
269
Nach Auflösung des Vereins besteht er nur noch für den Zweck der Liquidation fort. Die Möglichkeit der Begründung einer neuen Mitgliedschaft liegt in aller Regel außerhalb dieses Zwecks.7 Gleiches hat grds. nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu gelten. Möglich ist der Beitritt nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, wenn der Verein fortgesetzt wird (s. Rz. 1380 ff.).
270
Die Satzung des zur Eintragung vorgesehenen Vereins hat festzulegen, wie sich der Eintritt vollzieht (§ 58 Nr. 1 BGB). Dabei ist insbesondere zu entscheiden, ob ein besonderes Aufnahmeverfahren zu durchlaufen ist. Aussagen zur Form des Aufnahmeantrags müssen nach überwiegender Ansicht in der Satzung nicht gemacht werden.8 1 Erman/R. Koch, § 312 Rz. 10; Wendehorst in MünchKomm/BGB, § 312 Rz. 27; Grüneberg in Palandt, § 312 Rz. 7; Burhoff, Rz. 100; a.A. wohl Gilles, NJW 1986, 1139. 2 OLG München v. 18.5.1995 – 29 U 6014/94, NJW 1996, 263 = ZIP 1995, 1362 (Luftrettungsdienst; in Abweichung von OLG München v. 17.1.1991 – 29 U 5325/90, ZIP 1991, 756 = VersR 1991, 786); Bamberger/Roth/Martens § 312 Rz. 9 m.N.; a.A. früher OLG Karlsruhe v. 27.6.1990 – 6 U 2/90, NJW 1991, 433 = ZIP 1990, 1279. 3 BGH v. 1.3.2011 – II ZR 297/08, MDR 2011, 801 = NJW 2011, 2198; BGH v. 19.4.2011 – II ZR 263/10, NZG 2011, 750 (jeweils für Genossenschaftsanteil). 4 BGH v. 20.1.1997 – II ZR 105/96, MDR 1997, 440 = NJW 1997, 1069. 5 Erman/R. Koch, § 312 Rz. 10; Burhoff, Rz. 101. Zum früheren Recht auch Löwe, BB 1986, 821. 6 OLG Nürnberg v. 5.5.2020 – 3 U 3878/19. 7 RG 50, 130; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 75. 8 BayObLG München v. 24.3.1972 – BReg 2 Z 131/71, BayObLGZ 1972, 114–117; Hadding in Soergel, § 38 Rz. 7a; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 73; Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 967: Enthält die Satzung keine Regelung, gilt der Grundsatz der Formfreiheit; a.A. hier bis 9. Aufl., Rz. 138.
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3. Eintritt der Mitglieder | Rz. 272 IX.
Möglich sind Regelungen jeder Art, ebenso für die Aufnahmeerklärung (z.B. Aushändigung einer Mitgliedskarte). Die Satzung sollte die Zuständigkeit für die Aufnahmeerklärung im Verein (unten Rz. 277) klarstellen. Der Eintritt kommt – ohne dass es auf deren Reihenfolge ankäme – durch zwei aufeinander gerichtete Erklärungen zustande: (1) die Erklärung des Beitritts durch das neue Mitglied, (2) die Aufnahme durch den Verein. Die Form des Beitritts und der Aufnahmeerklärung kann die Satzung beliebig regeln. Sie kann vorsehen, dass eine ausdrückliche Erklärung der Aufnahme durch den Verein (s. Rz. 266) entbehrlich ist, die Mitgliedschaft also schon durch Zugang der Beitrittserklärung an den Verein entsteht.1 Mit einer solchen Regelung verliert der Verein allerdings jeden Einfluss auf den Mitgliederzugang. Es kann umgekehrt auch vorgesehen werden, dass es keiner Beitrittserklärung bedarf, sondern das neue Mitglied mit seiner Zustimmung durch den Verein berufen wird, oder dass die Mitgliedschaft mit Ernennung durch den Verein und Erklärung des Ernannten über die Annahme der ihm angetragenen Mitgliedschaft entsteht. Irgendeine Willensäußerung des neuen Mitglieds, die auch in Form der Zustimmung zu einer Ernennung abgegeben werden kann, ist stets erforderlich; gegen seinen Willen kann niemand Vereinsmitglied werden.2 Wahl (auch Berufung) der Vereinsmitglieder durch einen außenstehenden Dritten kann als Eintrittsbestimmung (Aufnahmeregelung) nicht vorgesehen werden.3 Ebenso kann nicht bestimmt werden, dass die Mitgliederaufnahme von der Zustimmung eines außenstehenden Dritten (einer Firma, eines Dachverbandes usw.) abhängig ist.4
271
Bei einem religiösen (kirchlichen) Verein (Rz. 44–46) sind die „inneren Angelegenheiten“ nicht durch vereinsrechtliche Erfordernisse beschränkt.5 Seine Satzung soll nach wohl ganz hM als zulässige zusätzliche Voraussetzung für den Mitgliedereintritt daher auch die Zustimmung einer Stelle oder des Inhabers eines Amtes der kirchlichen Verwaltung vorsehen können.6 Zweifelsfrei ist das auch bei Anerkennung des Grundsatzes nicht. Denn der Statuswechsel eines Vereinsfremden zum Mitglied berührt durchaus auch die Rechtsbeziehungen des Vereins nach außen.7 Eine Bestimmung der Vereinsmitglieder allein durch einen außenstehenden Dritten, auch durch
272
1 BayObLG 1972, 114 (115 f.) = NJW 1972, 1323. 2 Gilt auch für religiöse Vereine, Schwennicke in Staudinger, Rz. 106 zu § 38 (str.). 3 OLG Stuttgart v. 27.1.1986 – 8 W 252/85, MDR 1986, 583 = NJW-RR 1986, 995; LG Bonn v. 9.11.1990 – 5 T 119/90, Rpfleger 1991, 156 (159); auch für weltanschaulich oder religiös gebundenen Verein. 4 LG Bonn v. 9.11.1990 – 5 T 119/90, Rpfleger 1991, 156 (159). 5 BVerfG v. 5.2.1991 – 2 BvR 263/86, BVerfGE 83, 341, 360 ff. = NJW 1991, 2623, 2625. 6 Vetorecht, OLG Köln v. 20.9.1991 – 2 Wx 64/90, NJW 1992, 1048 (1949). 7 Anders allerdings BVerfG v. 5.2.1991 – 2 BvR 263/86, BVerfGE 83, 341, 360 ff. = NJW 1991, 2623, 2625.
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IX. Rz. 272 | Die Vereinsmitglieder
eine Stelle oder ein Organ der Kirche, ist jedenfalls auch beim religiösen Verein als Verstoß gegen die vereinsrechtliche Selbständigkeit unzulässig.1 c) Eintrittserklärung 273
Für die Beitrittserklärung empfiehlt sich die zumeist übliche Schriftform. Zur Textform (auch E-Mail) Rz. 839. Es kann aber auch jede andere Form der Willenserklärung vorgesehen werden, so mündliche Erklärung oder Willensäußerung nur durch Aufnahme der Beitragszahlung oder persönliche Erklärung des Aufnahmeantrags in der Mitgliederversammlung. Soweit die Satzung nichts anderes bestimmt, genügt schlüssiges Handeln.2 Auf einen Zugang beim Verein soll nicht zu verzichten sein3, was bei schlüssigem Handeln bedeutet, dass der Vorstand das Auftreten des scheinbaren Mitglieds als Mitglied wahrnimmt, akzeptiert und es seinerseits als Mitglied behandelt.4 Eine in der Satzung angeordnete Schriftform bedarf der Auslegung. Sie kann auch nur als interne Zuständigkeitsbegrenzung zu verstehen sein. Behandelt das für die Aufnahme zuständige Organ den formwidrig Eingetretenen als Mitglied, verletzt es damit eine Geschäftsführungspflicht, der Beitritt ist aber wirksam.5 Schon wegen Art. 9 GG muss der Eintrittswille deutlich werden. Spendenzahlungen allein führen deshalb auch in Verbindung mit der – unzulässigen – Satzungsbestimmung, dass jeder Spender automatisch förderndes Mitglied des Vereins werde, nicht zur Vereinsmitgliedschaft.6 Beispiel: Spende oder Fördermitgliedschaft? Keine Mitgliedschaft:7 Nach der Satzung der B e.V. sind fördernde Mitglieder alle Einzelpersonen, Firmen und alle juristischen Personen, welche die B in irgend einer Weise unterstützen. Deren Mitgliedschaft endet mit Einstellung der Unterstützung. Unternehmer A überweist auf eine Bitte um Unterstützung hin auf einem mit dem Verwendungszweck „Förderbeitrag“ vorgedruckten Beleg 50 €. Die nächste Mitteilung des Vereins an ihn ist eine neuerliche Bitte um einen Förderbeitrag. Mitgliedschaftsantrag: Der Sammlungsaktion liegt ein Antwortbogen mit vorbereiteter Erklärung zum Sepa-Einzug vor, auf der durch Ankreuzen klargestellt werden kann, ob es sich um eine Spende oder den Einmalbeitrag für eine einjährige, mit Zeitablauf endende Mitgliedschaft handeln soll.
1 OLG Köln v. 20.9.1991 – 2 Wx 64/90, NJW 1992, 1048 (1949); LG Bonn v. 9.11.1990 – 5 T 119/90, Rpfleger 1991, 156 (159 li. Sp.); Reichert/Schörnig Kap. 2 Rz. 6248. 2 BGH v. 24.10.1988 – II ZR 311/87, MDR 1989, 328. S. aber auch BGH v. 29.6.1987 – II ZR 295/86, BGHZ 101, 193 (207) = MDR 1987, 1000. 3 BGH v. 29.6.1987 – II ZR 295/86, MDR 1987, 1000. 4 Sind dabei satzungsmäßige Formvorschriften des Beitritts nicht beachtet, kann nach den gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen des fehlerhaften Beitritts unter diesen Voraussetzungen dennoch von einer Mitgliedschaft ausgegangen werden, OLG Hamm v. 6.9.2010 – 8 U 8/10, NZG 2010, 35. 5 BGH v. 29.7.2014 – II ZR 243/13, BGHZ 202, 202 = MDR 2014, 1334 = NJW 2014, 3239. 6 BayObLGSt 1982, 39 = BayJMBl 1982, 215 (LS) = NStZ 1982, 387. 7 Nach BayObLGSt 1982, 39 = BayJMBl 1982, 215 (LS) = NStZ 1982, 387 (Verstoß gegen das Sammlungsgesetz).
172 | Stöber/Otto
3. Eintritt der Mitglieder | Rz. 275 IX.
Die Beitrittserklärung kann durch einen Bevollmächtigten abgegeben werden.1 Dazu muss der Wille des Bevollmächtigten, im fremden Namen zu handeln, erkennbar hervortreten (§ 164 Abs. 2 BGB).2 Eine schriftliche Beitrittserklärung ist auch dann wirksam, wenn der Bevollmächtigte – unüblich – nur mit dem Namen des Vertretenen unterzeichnet.3 Die Vollmacht bedarf keiner Form (§ 167 Abs. 2 BGB). Sie kann dem Bevollmächtigten oder dem Verein gegenüber erklärt sein (§ 167 Abs. 1 BGB). Die Satzung kann abweichend die persönliche Beitrittserklärung verlangen oder Formerfordernisse für die Vollmacht aufstellen. Eine allgemeine Vollmacht des Ehegatten kann nicht vermutet werden.4
274
Eine Beitrittserklärung unter einer Bedingung soll zulässig sein.5 Man wird das aber auf Bedingungen beschränken müssen, über deren Eintritt bis zur Annahme Klarheit herrscht oder der Verein mit der Aufnahme entscheidet, so z.B. die Gewährung von Sonderrechten für das Mitglied.6 „Geborene Mitgliedschaften“ kann die Satzung zwar vorsehen, wirksam werden solche Mitgliedschaften aber stets frühestens mit Zustimmung/Annahme durch das Mitglied. Üblich ist z.B. die Verknüpfung der Mitgliedschaft (oder auch einer besonderen Funktion im Verein) mit einem bestimmten politischen oder sonst gesellschaftlichen Amt (einer beruflichen Stellung, einer bestimmten Funktion, wie z.B. Betriebsrat, örtlicher Theaterintendant). Ebenso wirkt eine vererbte Mtgliedschaft (ausf. Rz. 248) Auf die Erklärung des Beitrittswillens kann mit Rücksicht auf die Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG) nicht verzichtet werden. Das Grundrecht erlaubt es, einem Verein auch fernzubleiben und aus ihm wieder auszutreten (Rz. 2). Derartige Satzungsregelungen sind dahin auszulegen, dass der Inhaber des genau bestimmten Amtes (z.B. der Bürgermeister einer Gemeinde, der Vorsteher einer Behörde) oder der Erbe die Vereinsmitgliedschaft mit seiner dem Verein zu erklärenden Zustimmung erlangt (entspricht einer Berufung durch den Verein mit Zustimmung des Ernannten, Rz. 271). Die Satzung sollte in diesem Fall allerdings aus Gründen der Rechtssicherheit festlegen, in welcher Frist und Form die Zustimmung zu erklären ist und ob die Mitgliedschaft auf den Zeitpunkt der Erlangung des Amtes zurückwirkt, an das sie anknüpft.7 Bei fehlender Regelung kann der Beitritt konkludent erklärt werden, z.B. durch Bezahlung des Beitrags.8
275
1 2 3 4 5 6 7 8
Weick in Staudinger, [2005] § 35 Rz. 26. OLG Rostock OLG 32, 123. RG 50, 55 ff. Auch kein Vereinsbeitritt in Ausübung der sog. Schlüsselgewalt (§ 1357 BGB): AG Münster MDR 1970, 142; AG Marl v. 7.10.1987 – 9 C 800/87, FamRZ 1988, 283 = NJW-RR 1988, 197; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 73. Hadding in Soergel, § 38 Rz. 9; Ellenberger in Palandt, § 38 Rz. 4; Schwennicke in Staudinger, § 38 Rz. 108. Vgl. Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 74. Zur Möglichkeit eines rückwirkenden Vereinsbeitritts KG v. 19.8.2010 – 1 W 232/10, Rpfleger 2011, 90 = NotBZ 2010, 408. AG München, Urt. v. 23.3.2016 – 242 C 1438/16, ZStV 2017, 87.
Stöber/Otto | 173
IX. Rz. 276 | Die Vereinsmitglieder 276
Auch die Satzung eines religiösen (kirchlichen) Vereins (Rz. 46, Rz. 272) kann darüber nicht hinausgehen.1 Besonderheiten der religiösen Vereinigungsfreiheit enden, soweit die Vereinigungsfreiheit des potentiellen Mitglieds betroffen ist. Für den Erwerb der Mitgliedschaft durch einen kirchlichen Amtsträger gilt das gleichermaßen wie für die Aufnahme jedes anderen außenstehenden Dritten (bestimmte Gemeindemitglieder) durch einen kirchlichen Verein. d) Aufnahmeverfahren
277
Die Zuständigkeiten für die Aufnahmeentscheidung wie auch für die Annahmeerklärung im Verein sollten in der Satzung geregelt werden. Für den aus der Aufnahmeentscheidung folgenden Erklärungsakt dem Aspiranten gegenüber wird man mangels Satzungsbestimmung von der Geschäftsführungszuständigkeit des Vorstands ausgehen können. Für die eigentliche Aufnahmeentscheidung ist das weniger klar. Bei einem auf Fluktuation angelegten größeren Verein wird ein Vorstandsbeschluss aber als ausreichend angesehen (str.).2
278
Die Satzung kann ein gestuftes Verfahren vorsehen in der Weise, dass z.B. im Fall einer Ablehnung durch den primär zuständigen Vorstand (oder Geschäftsführer als besonderer Vertreter, § 30 BGB) eine weitere Instanz (z.B. die Mitgliederversammlung) angerufen werden kann, oder dass der Vorstand generell abschlägige Entscheidungen vorab der Mitgliederversammlung vorlegen muss. Es kann vorgesehen werden, dass über die Aufnahme in geheimer Abstimmung, durch Zuruf oder Los entschieden wird oder dass die Aufnahme als vollzogen gilt, wenn nach Bekanntgabe des Beitrittsantrags innerhalb einer bestimmten Frist kein Mitglied Einspruch erhebt.
279
Wirksam wird der Eintritt mit Zugang der Annahmeerklärung. Zweckmäßiger ist es, den Zeitpunkt, mit dem die Mitgliedschaft erworben wird, in der Satzung zweifelsfrei zu regeln. M 11 Wirksamwerden des Vereinseintritts Die Mitgliedschaft ist erworben, wenn die Beitrittserklärung durch Vorstandsbeschluss angenommen ist. Die Mitteilung dieser Aufnahme an den Bewerber erfolgt durch den Vorstand (in vertretungsberechtigter Zahl); für den Zeitpunkt der Aufnahme erlangt sie keine Bedeutung. oder: Erworben wird die Mitgliedschaft mit Aushändigung einer schriftlichen Bestätigung darüber, dass die Beitrittserklärung angenommen ist.
1 Wie hier Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 945. A.A. OLG Hamm v. 21.6.1994 – 15 W 16/94, NJW-RR 1995, 119 = MittBayNot 1994, 419, das unzutreffend auf OLG Köln NJW 1995, 1048 verweist; a.A. auch Hadding in Soergel, Rz. 7a zu § 38. 2 Hadding in Soergel, § 38 Rz. 7a; jurisPK/BGB/Otto, § 38 Rz. 17; a.A. noch 9. Aufl., Rz. 141: stets Mitgliederversammlung.
174 | Stöber/Otto
3. Eintritt der Mitglieder | Rz. 283 IX.
oder (Kombination mit Rz. 283): Die Mitgliedschaft beginnt mit Aushändigung der Mitgliedskarte, frühestens aber mit Eingang des ersten Monatsbeitrags.
Die Satzung kann die Voraussetzungen für den Erwerb der Mitgliedschaft näher festlegen. Sie kann z.B. vorsehen, dass die Beitrittserklärung der Empfehlung durch zwei Vereinsmitglieder bedarf. Bürgen dann Vereinsmitglieder für den Bewerber, so bedeutet das regelmäßig nur, dass sie seine Untadeligkeit und persönliche Eignung für die Einordnung in den Kreis der Vereinsmitglieder bestätigen. Ein Bürgschaftsvertrag (§§ 765 ff. BGB) kommt dadurch nicht zustande. Diese sog. Bürgen oder Paten haften daher nicht für die Zahlungsverpflichtungen des neuen Mitglieds dem Verein gegenüber. Die Satzung kann aber eine andere Regelung vorsehen (Rz. 434); für die Bürgschaftserklärung ist dann jedoch Schriftform unter Bezeichnung der Schuld erforderlich (§ 766 BGB). Sieht die Satzung eine Erprobungszeit vor (Abgrenzung zur Probemitgliedschaft Rz. 252), dann hat auch ein bereits bekannter Bewerber (auch ein früher ausgeschiedenes Mitglied) weder Anspruch auf Zulassung zur Ableistung noch auf sogleich endgültige Aufnahme in den Verein.1
280
Nur die Satzung kann den Erwerb der Mitgliedschaft an eine aufschiebende Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB) knüpfen wie z.B. Zahlung einer Aufnahmegebühr, Vorauszahlung des ersten Mitgliedsbeitrags oder des Beitrags für eine bestimmte Zeit. Aufnahmegebühren sind eine Sonderform des Beitrags.2
281
Die Aushändigung eines Satzungsexemplars (einer Mitgliedskarte o.Ä.) ist für den Beginn der Mitgliedschaft nicht notwendig. Sieht die Satzung vor, dass die Mitgliedschaft erst mit Aushändigung eines Satzungsexemplars (oder einer [ggf. zu unterschreibenden] Mitgliedskarte) wirksam wird, so erwirbt ein Mitgliedschaftsbewerber ohne Aushändigung des Satzungsexemplars (der Mitgliedskarte) auch dann weder die Mitgliedschaft noch einen Aufnahmeanspruch, wenn das zuständige Vereinsorgan bereits seine Aufnahme beschlossen und der Bewerber davon (irgendwie) Kenntnis erlangt hat.3
282
Die Mitgliedschaft entsteht mit dem Zeitpunkt, in dem alle satzungsgemäßen Erfordernisse des Vereinseintritts erfüllt sind. Ist der Beitritt – unüblich – unter einer Bedingung erklärt oder angenommen (z.B. Beitritt zu einem Firmensportverein unter der Bedingung, dass ein Ausbildungsverhältnis zustande kommt), so wird er mit dem Eintritt der Bedingung wirksam (§ 158 BGB). Der Eintritt kann unter einer Zeitbestimmung zustande kommen.
283
1 LG Lübeck v. 26.3.1992 – 10 O 506/91, MDR 1993, 292. 2 Zur umsatzsteuerlichen Einordnung BFH v. 11.10.2007 – V R 69/06, UR 2008, 153 = UR 2008, 186 mit Anm. Stadie = NJW 2008, 1471. Zur Abgrenzung von der Spende BFH v. 2.8.2006 – XI R 6/03, FR 2007, 145 = NJW 2007, 110. 3 BGH v. 29.6.1987 – II ZR 295/86, MDR 1987, 1000.
Stöber/Otto | 175
IX. Rz. 283 | Die Vereinsmitglieder Beispiel: Wirksamwerden am nächsten Quartalsersten oder nach Ablauf einer Probezeit.
Er vollzieht sich dann zu dem festgelegten Anfangstermin. Verein und Mitglied können auch übereinkommen, dass sich der Eintritt rückwirkend auf einen bestimmten Zeitpunkt vollzieht.1 Beispiel: Eintritt am 10.2. mit Rückwirkung2 auf den 1.1. als Zeitpunkt des Beginns des Vereinsjahres: Dem Mitglied stehen dann alle Mitgliedsrechte von dem festgelegten Zeitpunkt an zu, soweit sie nicht durch Zeitablauf gegenstandslos geworden sind. Beispiel: Für den Anspruch auf Leistungen aus dem Vereinsvermögen ist eine Mitgliedschaft von drei vollen Geschäftsjahren erforderlich. Die Mitgliedschaft zählt im genannten Beispiel ab 1.1. des Eintrittsjahres.
Aber: Die Mitgliederversammlung hat am 15.1. bereits stattgefunden, alle in ihr gefassten Beschlüsse sind trotz Rückwirkung seines Beitritts auch dem neuen Mitglied gegenüber wirksam, das an der Versammlung wegen seiner späteren Aufnahme nicht teilnehmen konnte. 284
Die Ablehnung eines Aufnahmegesuchs braucht nicht begründet zu werden (vgl. aber Rz. 299 ff.). Die Satzung kann für den Fall der Ablehnung eines Aufnahmegesuchs einen vereinsinternen Rechtsbehelf vorsehen. Die Entscheidung über einen derartigen Einspruch des Bewerbers und damit über seine Aufnahme kann der – zeitlich nächsten – Mitgliederversammlung, einem Ältestenrat, Ehrenausschuss oder einem sonstigen Gremium – auch dem Vorstand des dem Ortsverein übergeordneten Landesverbandes zugewiesen sein.3 Das gilt auch, wenn für den Verein eine Aufnahmeverpflichtung (Rz. 299) besteht. Vor einem ordentlichen Gericht kann dann auf Aufnahme erst geklagt werden, wenn die vereinsinterne Entscheidung über den Einspruch herbeigeführt ist. Das Gericht entscheidet dann aber unmittelbar über die Aufnahme und verweist nicht etwa an die Vereinsgremien zurück.4 e) Fehler des Aufnahmevertrags
285
Ein durch Beitritt und Aufnahme formell vollzogener Vereinsbeitritt begründet die Mitgliedschaft auch bei Satzungsverstoß. So z.B., wenn der Aufgenommene nicht zu dem Kreis der Personen gehört, die nach einer Sollvorschrift oder nach verbindlicher Bestimmung der Satzung Vereinsmitglied werden können (Rz. 239). § 134 BGB gilt
1 Hinweisbeschluss BGH v. 3.2.2015 – II ZR 242/13. 2 Zulässig durch Satzungsregelung, KG v. 19.8.2010 – 1 W 232/10, NotBZ 2010, 408 = Rpfleger 2011, 90. 3 RG 106, 120. 4 BGH v. 10.12.1984, BGH v. 10.12.1984 – II ZR 91/84, BGHZ 93, 151–158 = MDR 1985, 385–386.
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3. Eintritt der Mitglieder | Rz. 289 IX.
für den Satzungsverstoß nicht. Der Vorstand, der die unzulässige Aufnahme erklärt hat, hat jedoch seine Geschäftsführungspflicht verletzt.1 Die Aufnahme einer nicht natürlichen Person in eine politische Partei wäre hingegen als Gesetzesverstoß nichtig (§ 2 Abs. 1 S. 2 PartG mit § 134 BGB).
286
Willensmängel können nach den allgemeinen Regeln geltend gemacht werden, die Anfechtung hat aber (abgesehen vom Fall der arglistigen Täuschung) nur Wirkung ex nunc, also die gleichen Folgen wie ein fristloser Austritt2 bzw. fristloser Ausschluss. Mitgliedsbeiträge können nach Anfechtung daher nicht zurückgefordert werden.3
287
f) Geschäftsunfähige, Minderjährige, Betreute aa) Ein Geschäftsunfähiger (§ 104 BGB) kann wirksam keine Willenserklärung abgeben (§ 105 Abs. 1 BGB), also einem Verein selbst nicht beitreten. Für ihn hat der gesetzliche Vertreter die Beitrittserklärung abzugeben.
288
bb) Ein Minderjähriger (vom 7. bis 18. Lebensjahr) bedarf der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters (§ 107 BGB). Das gilt auch für den Beitritt zu einem religiösen Verein.4 Stehen Kinder unter elterlicher Sorge von Vater und Mutter (dazu mit Einzelheiten §§ 1626 ff. BGB), bedürfen sie grundsätzlich der Einwilligung beider Elternteile (§ 1629 Abs. 1 BGB). Die Begründung der Vereinsmitgliedschaft kann nach den Verhältnissen der Familie üblich sein, um die Versorgung der Ehegatten und Kinder sicherzustellen. Sie wird insoweit auch als Geschäft zur Deckung des Lebensbedarfs angesehen, womit ein Sorgeberechtigter allein handeln kann (§ 1357 BGB).5 Die Einwilligung kann vor oder – als Genehmigung – nach der Beitrittserklärung abgegeben werden (§ 108 BGB). Die gezielte Überlassung der zur Beitragszahlung erforderlichen Mittel an den Minderjährigen kann als konkludente Einwilligung in den Vereinsbeitritt gesehen werden (§ 107 BGB). Eine Wirksamkeit des vom Minderjährigen erklärten Beitritts nach § 110 BGB („Taschengeld“) kommt dagegen nicht in Betracht, da es sich nicht um einen gegenseitigen Vertrag handelt.6 Außerdem sind die durch den Aufnahmevertrag übernommenen (auch nicht finanziellen) Pflichten in al-
289
1 Gemäß BGH v. 29.7.2014 – II ZR 243/13, BGHZ 202, 202 = MDR 2014, 1334 = NJW 2014, 3239 kommt nach denselben Grundsätzen ein wirksamer konkludenter Beitritt auch in Betracht, wenn die Satzung Schriftform vorsieht (Auslegungsfrage). 2 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 75; eingeschränkt auch Hadding in Soergel, § 38 Rz. 10 (außer die bisherigen Auswirkungen der Mitgliedschaft können ohne weiteres rückgängig gemacht werden). A.A. Steffen in BGB-RGRK, 1982, § 38 Rz. 7. 3 S. auch LG Wiesbaden NJW 1975, 1033 mit Anm. Walter, jedoch aus anderem Grund für den Verein, der wirtschaftliche Interessen seiner Mitglieder vertritt, und für eine unwirksame Beitrittserklärung. 4 Anders Reichert/Schörnig, Kap. 2/Rz. 6252, der sich dabei wohl auf das BVerfG berufen kann (vgl. Rz. 272). 5 AG Ahlen v. 21.12.2017 – 30 C 244/17, juris; Randel in jurisPK/BGB, 2020, § 1357 BGB Rz. 18. 6 Hofmann, Rpfleger 1986, 5 (6 f.); Weick in Staudinger [2005] § 35 Rz. 26; anders jetzt Schwennicke in Staudinger, § 38 Rz. 99.
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IX. Rz. 289 | Die Vereinsmitglieder
ler Regel nicht vollständig durch Erfüllung der für zurückliegende Zeiträume fälligen Beiträge zu „bewirken.“1 Nach anderer Ansicht wird die Mitgliedschaft mit Beitragszahlung aus Mitteln nach § 110 BGB wirksam.2 Ist der Minderjährige zum selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts (§ 112 BGB) oder zur Eingehung eines Dienstoder Arbeitsverhältnisses (§ 113 BGB) ermächtigt und für die damit zusammenhängenden Rechtsgeschäfte voll handlungsfähig, so ist ihm allein auch der mit dem Geschäft oder Dienst- bzw. Arbeitsverhältnis in Zusammenhang stehende Vereinsbeitritt möglich. Beispiel: Eintritt in eine Gewerkschaft oder in einen Berufsverband.
290
Die Satzung kann die Aufnahme Minderjähriger davon abhängig machen, dass ein gesetzlicher Vertreter die Haftung für die Mitgliedsbeiträge übernimmt (s. Rz. 434). Zum Stimmrecht des Minderjährigen s. Rz. 1033 ff.
291
cc) Ein Betreuter kann den Vereinsbeitritt erklären. Bedarf er für rechtsgeschäftliche Willenserklärungen der Einwilligung des Betreuers (Einwilligungsvorbehalt, § 1903 Abs. 1 BGB), dann gilt das auch für Vereinsbeitritt (Rz. 290). Der Beitritt ist kein Geschäft des täglichen Lebens i.S.d. § 105a BGB. Bei Geschäftsunfähigkeit des Betreuten hindern § 104 Nr. 2, § 105 Abs. 1 BGB. Der Betreuer vertritt in seinem Aufgabenkreis den Betreuten gerichtlich und außergerichtlich (§ 1902 BGB), kann für den Betreuten somit als dessen Vertreter im Aufgabenkreis auch den Vereinsbeitritt erklären. g) Juristische Personen, Handelsgesellschaften
292
Für eine juristische Person des Privatrechts hat deren gesetzlicher (organschaftlicher) Vertreter den Beitritt zu erklären, somit für eine Aktiengesellschaft der Vorstand (auch Stellvertreter, § 94 AktG) in vertretungsberechtigter Zahl oder auch in Gemeinschaft mit einem Prokuristen (§ 78 AktG), für eine Aktienkommanditgesellschaft der (oder die) persönlich haftende Gesellschafter (§ 278 Abs. 2 AktG), für eine Gesellschaft mbH der oder die Geschäftsführer (auch Stellvertreter, § 44 GmbHG) in vertretungsberechtigter Zahl (§ 35 GmbHG) oder auch in Gemeinschaft mit einem Prokuristen, für eine Genossenschaft der Vorstand (auch Stellvertreter, § 35 GenG) in vertretungsberechtigter Zahl (§ 25 GenG) oder auch in Gemeinschaft mit einem Prokuristen, für einen Versicherungsverein a.G. der Vorstand (auch Stellvertreter) in vertretungsberechtigter Zahl oder auch in Gemeinschaft mit einem Prokuristen (§ 34 VAG mit §§ 78, 94 AktG) sowie für einen (anderen) rechtsfähigen Verein dessen Vorstand in vertretungsberechtigter Zahl (§ 26 BGB). Für eine Gesellschaft des Handelsrechts (Offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft, auch GmbH & Co 1 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 10 will dagegen § 110 BGB zulassen, wenn nur ein einmaliger Beitrag gefordert und dieser bezahlt ist. Differenzierend Schöpflin in Münchener Handbuch Gesellschaftsrecht, Band 5, 3. Aufl. 2009, § 32 Rz. 35 f. 2 Pulte, Rpfleger 1982, 262 (264) (jeweils für den zurückliegenden Zeitraum, aber auch nur für diesen); Hadding in Soergel, § 38 Rz. 8 neigt wohl sogar einer Art „ex ante“ Betrachtung zu, wenn er danach fragt, ob ein „geringer Beitrag“ laufend aus Taschengeldmitteln bewirkt werden kann. Beachte auch die §§ 1822 Nr. 5, 1643 BGB.
178 | Stöber/Otto
3. Eintritt der Mitglieder | Rz. 295 IX.
KG) hat den Beitritt der vertretende Gesellschafter (mehrere nach näherer Regelung im Gesellschaftsvertrag oder auch in Gemeinschaft mit einem Prokuristen, § 125 mit § 161 Abs. 2 HGB) zu erklären. Der Prokurist hat Vertretungsmacht für die Handelsgesellschaft (§ 49 HGB oder Genossenschaft (§ 42 Abs. 1 GenG); er kann damit für diese auch den Beitritt zu einem Verein erklären. Eine Partnerschaft wird durch jeden Gesellschafter einzeln (wenn er nicht nach dem Partnerschaftsvertrag von der Vertretung ausgeschlossen ist) oder von allen zusammen nach Regelung des Partnerschaftsvertrags vertreten (§ 7 Abs. 3 PartGG mit § 125 Abs. 1 und 2 HGB), eine Europ. wirtschaftliche Interessenvereinigung durch den Geschäftsführer, wenn es mehrere sind, einzeln oder nach anderer Regelung im Gründungsvertrag (VO EWG Nr. 2137/85, ABl L 199/1, Art. 20). Der nicht rechtsfähige Verein (auch als politische Partei) wird durch seinen Vorstand vertreten (Rz. 1775). Für eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts müssen alle Gesellschafter (§§ 714, 709 BGB) oder der (die) nach abweichender Regelung im Gesellschaftsvertrag vertretungsbefugte(n) Gesellschafter handeln. Satzungsregelungen zur Wahrnehmung des Stimmrechts sind zu empfehlen (Rz. 1039 f.). h) Einzelmitgliedschaft in einem Verband Wer die Mitgliedschaft in einem verbandsangehörigen Verein (Verbandsverein) erwirbt, wird damit nicht ohne weiteres auch Mitglied des Verbandes (Begriff Rz. 17). Die Einzelmitgliedschaft in einem Verband wird durch den Eintritt in einen dem Verband angehörenden Verein von dem Vereinsmitglied vielmehr nur dann automatisch erworben, wenn dies die Satzung des Vereins bestimmt und die Verbandssatzung die Mitglieder der Verbandsvereine ihrerseits als Einzelmitglieder des Verbandes anerkennt.1
293
Fehlen solche Satzungsbestimmungen, dann kann ein Vereinsmitglied eine nach der Verbandssatzung mögliche Einzelmitgliedschaft nur durch gesonderten Beitritt zu dem Verband erwerben. Im Übrigen s. unten Rz. 1404 ff.
294
i) Politische Parteien Über die Aufnahme von Mitgliedern (nur natürliche Personen) in eine Partei entscheidet nach näherer Bestimmung der Satzung das zuständige Parteiorgan frei (§ 10 Abs. 1 S. 1 PartG). Ein allgemeiner Aufnahmeanspruch besteht nicht.2 Nicht Mitglied kann eine Person werden, die infolge Richterspruchs die Wählbarkeit oder das Wahlrecht nicht besitzt (§ 10 Abs. 1 S. 4 PartG); bei Verstoß ist die Aufnahme unwirksam (§ 134 BGB). Die Ablehnung eines Aufnahmeantrags durch die Partei braucht nicht
1 BGHZ 28, 131 = NJW 1958, 1867 und 1959, 379 mit Anm. Bauernfeind = LM Nr. 2 zu § 25 BGB) (LS) mit Anm. Fischer = MDR 1958, 395; BGH v. 24.10.1988 – II ZR 311/87, MDR 1989, 328 = NJW 1989, 1724 (hier mit Einschränkung bei Pflichtmitgliedschaft in genossenschaftlichem Prüfungsverband); LG Frankenthal v. 24.6.2003 – 1 T 118/03, Rpfleger 2003, 591. 2 BGH v. 29.6.1987 – II ZR 295/86, BGHZ 101, 193 = MDR 1987, 1000; Hesselberger in FS Boujong, S. 251.
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295
IX. Rz. 295 | Die Vereinsmitglieder
begründet zu werden (§ 10 Abs. 1 S. 2 PartG). Allgemeine, auch befristete Aufnahmesperren sind jedoch nicht zulässig.
4. Anspruch auf Aufnahme a) Vereinigungsfreiheit 296
Einem Verein steht es grundsätzlich schon nach Art. 9 Abs. 1 GG frei, den Vereinszweck und auch seinen Mitgliederkreis festzulegen und ein Beitrittsgesuch zurückzuweisen („Aufnahmefreiheit“). Wer dem Verein beitreten kann (z.B. jede natürliche Person, nur juristische Personen, nicht eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts), soll die Satzung bestimmen. Sie kann die Voraussetzungen für den Erwerb der Mitgliedschaft grundsätzlich frei festlegen1 (Grundsatz der Vereinsautonomie, Rz. 39). Zu solchen Voraussetzungen (z.B. auch Beschränkung auf ein bestimmtes Geschlecht) s. Rz. 239 (materiell) und Rz. 280 (Aufnahmeverfahren).
297
Über die Bestimmungen der eigenen Satzung hinaus sind dem Verein bei der Entscheidung über die Aufnahme neuer Mitglieder keine Ermessensgrenzen gestellt.2 Er kann selbst bei Erfüllung der satzungsgemäßen Voraussetzungen einer Aufnahme (Rz. 238 f., 280) frei über ein Aufnahmegesuch entscheiden3, somit auch dann, wenn die Satzung Erfordernisse für die Aufnahme wie Alter, Zugehörigkeit zu einem Beruf, Betriebsangehörigkeit, Wohnort, Geschlecht usw. näher regelt. Nur wenn die Satzung das ausdrücklich anordnet, ist aufzunehmen, wer die Aufnahmebestimmungen erfüllt. Sonst gilt in diesem Fall allein ein Willkürverbot. Die Gerichte prüfen nur das Vorliegen eines aus der Sicht des Vereins sachlichen Grundes der Ablehnung, nicht dessen inhaltliche Berechtigung.4 Die Satzung kann auch die Mitgliederzahl generell begrenzen; dann besteht eine Aufnahmesperre, solange diese Zahl vorhanden ist.
298
Ein den Mitgliedschaftsbewerber benachteiligender Satzungsverstoß bei der Behandlung seines Aufnahmeantrags begründet für ihn als außenstehendem Dritten grundsätzlich keinen mit Klage verfolgbaren Anspruch.5 Die Satzung kann einem abgelehnten Bewerber aber das Recht einräumen, einen benachteiligenden Satzungsverstoß gerichtlich geltend zu machen.6 Das ist z.B. der Fall, wenn sich der Verein in der Satzung zur Aufnahme bei Erfüllung der satzungsgemäßen Voraussetzungen ausdrücklich verpflichtet hat. Eine Verpflichtung, unbekannte Dritte ohne weiteres aufzuneh1 BVerfG FamRZ 1989, 1047; BGH v. 26.10.1989 – I ZR 242/87, BGHZ 109, 153 = MDR 1990, 313 (160). 2 KG NJW 1962, 1917. 3 BGH v. 29.6.1987 – II ZR 295/86, BGHZ 101, 193 (207) = MDR 1987, 1000; BGH v. 23.11.1998 – II ZR 54/98, MDR 1999, 344 = NJW 1999, 1326 = EWiR § 25 BGB 1/99, 1097 (Kirberger) = VersR 1999, 1502. 4 Zum Vereinsausschluss (für den grds. höhere Anforderungen gelten) LG Bremen v. 31.1.2013 – 7 O 24/12, NJW-RR 2013, 1125. 5 BGH v. 29.6.1987 – II ZR 295/86, BGHZ 101, 193 (207) = MDR 1987, 1000. 6 BGH v. 29.6.1987 – II ZR 295/86, BGHZ 101, 193 (207) = MDR 1987, 1000.
180 | Stöber/Otto
4. Anspruch auf Aufnahme | Rz. 300 IX.
men, ist jedoch so ungewöhnlich, dass sich dafür aus der Satzung gesicherte Anhaltspunkte ergeben müssen; im Zweifel ist ein Rechtsanspruch auf Aufnahme nicht gewollt.1 b) Aufnahmeanspruch gegenüber bestimmten Vereinen Der Verein kann auch durch gesetzliche Vorschrift zur Aufnahme verpflichtet sein.2 Dann ist Voraussetzung des Aufnahmeanspruchs die Erfüllung der förmlichen und sachlichen Bedingungen, von denen die Satzung oder das Gesetz die Aufnahme abhängig macht.3
299
Ein Anspruch auf Aufnahme als Vereinsmitglied besteht nach §§ 826, 249 BGB, wenn dem Bewerber die Ablehnung seines Aufnahmegesuchs in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zufügen würde.4 Dem Aufnahmeanspruch steht dann auch eine Satzungsbestimmung, die eine Aufnahmebeschränkung vorsieht, nicht entgegen.5 So dürfen Berufsvereine mit Monopolstellung einen Aufnahmeantrag nicht ohne triftigen Grund ablehnen, wenn die satzungsmäßigen (und für sich genommen sachgerechten) Voraussetzungen der Mitgliedschaft erfüllt sind.6
300
1 BGH v. 1.10.1984 – II ZR 292/83, JZ 1985, 532 mit Anm. Reuter = MDR 1985, 385 = NJW 1985, 1214; BGH v. 29.6.1987 – II ZR 295/86, BGHZ 101, 193 (200). 2 Überblick: K. Schmidt, JuS 1999, 1018. 3 RG 106, 120 (127); OLG Frankfurt BB 1967, 978; s. auch Galperin, Vereinsautonomie und Kontrahierungszwang im Koalitionsrecht, Betrieb 1969, 704; ferner BGH v. 1.10.1984 – II ZR 292/83, JZ 1985, 532 mit Anm. Reuter = MDR 1985, 385 = NJW 1985, 1214 (Vorinstanz: OLG Frankfurt v. 23.11.1983 – 9 U 89/82, ZIP 1984, 61): Auch bei Aufnahmezwang kann aus sachlich gerechtfertigten Gründen die Ablehnung der Aufnahme bestimmter Personen zulässig sein. Daher besteht nicht ohne weiteres ein Aufnahmeanspruch oppositioneller Arbeitnehmer in eine Gewerkschaft, die eine monopolartige Stellung innehat; dazu auch BGH v. 10.12.1984 – II ZR 91/84, BGHZ 93, 151 = MDR 1985, 385. 4 Weitergehend Nicklisch, JZ 1976, 105 (112), der einen Aufnahmeanspruch in der Regel dann bejaht, wenn die Ablehnung – unter Abwägung der berechtigten Interessen des Vereins und des Bewerbers – zu einer unbilligen Benachteiligung des Bewerbers führt. Vgl. auch Steinbeck, WuW 1996, 91, die für den Anspruch eines Sportvereins auf Aufnahme in einen Dachverband vornehmlich § 27 Abs. 1 GWB für einschlägig ansieht. Staudinger/ Oechsler, Bearb. 2013, § 826 Rz. 269 erwägt einen Aufnahmeanspruch unter dem Gesichtspunkt, dass die Verweigerung dem Vereinszweck zuwider laufen kann. Kritisch zu jedem Anspruch auf Aufnahme Hesselberger in FS Boujong, S. 251 (257). 5 Hierzu z.B. LG München I v. 9.9.1992 – 9 O 5192/92, NJW-RR 1993, 890: Verpflichtung der Bergwacht im Bayer. Roten Kreuz auf Grund ihrer Monopolstellung, auch Frauen bei Eignung aufzunehmen, obwohl nach der Dienstordnung nur Männer Bergwachtmitglied werden können. 6 BGH BB 1959, 1272 = Betrieb 1959, 1396 = MDR 1960, 109; KG NJW 1962, 1917.
Stöber/Otto | 181
IX. Rz. 301 | Die Vereinsmitglieder 301
Im Bereich der Wirtschafts- und Berufsvereinigungen lässt sich der Aufnahmeanspruch auch kartellrechtlich aus § 20 Abs. 5 GWB1 herleiten.2 Wenn der Verein selbst unternehmerisch tätig ist, gilt außerdem eine allgemeine Missbrauchskontrolle.3 Der quasinegatorische Beseitigungsanspruch nach §§ 826, 1004 Abs. 2 BGB, § 33 GWB wirkt insofern als Aufnahmeanspruch4. Ebenso führt es zum Aufnahmeanspruch, wenn die Verweigerung der Aufnahme eines Unternehmens in einen Wirtschaftsverband5 unlauter wäre. Dabei genügt die Verletzung eines Kartellverbots nicht, wohl aber eine gezielte Behinderung des Mitbewerbers durch die Aufnahmeverweigerung (§ 4 Nr. 10 UWG).6 Für Vereine der Arbeitgeber oder Beschäftigten bestimmter Berufsgruppen7 und Vereine mit Monopolstellung sowohl deren Dachverbände folgt der Aufnahmeanspruch heute auch aus § 18 i.V.m. § 7 Abs. 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG).8
1 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) idF. v. 26.6.2013, BGBl. I 1750. Die hier interessierende Bestimmung lautet im Auszug: „§ 20 Diskriminierungsverbot, Verbot unbilliger Behinderung. (5) Wirtschafts- und Berufsvereinigungen sowie Gütezeichengemeinschaften dürfen die Aufnahme eines Unternehmens nicht ablehnen, wenn die Ablehnung eine sachlich nicht gerechtfertigte ungleiche Behandlung darstellen und zu einer unbilligen Benachteiligung des Unternehmens im Wettbewerb führen würde.“ 2 Aus jüngerer Zeit z.B. OLG Düsseldorf v. 23.1.2013 – VI-U 5/12 Kart, BB 2013, 848 (Branchenverband der Fachgroßhändler für Haustechnik). 3 Alexander, ZStV 2014, 121. 4 Schöpflin in Münchener Handbuch, 3. Aufl., § 32 Rz. 14. 5 Es reicht die satzungsmäßige Förderung der wettbewerblichen Interessen der Mitglieder, dazu BGH v. 25.6.1992 – I ZR 60/91, MDR 1993, 228 (Anzeigenkampagne eines Verbands). 6 Ausf. Alexander, ZStV 2014, 121 (125). 7 Mitglieder anderer Berufsgruppen müssen gerade ausgeschlossen sein, vgl. PWW/Lingemann, § 18 AGG Rz. 2. 8 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) v. 14.8.2006, BGBl. I 1897, BGBl. III 402–40, zuletzt geändert durch Gesetz v. 3.4.2013, BGBl. I 2013, 610, die hier interessierenden Bestimmungen lauten im Auszug:§ 18 Mitgliedschaft in Vereinigungen. (1) Die Vorschriften dieses Abschnitts gelten entsprechend für die Mitgliedschaft oder die Mitwirkung in einer 1. Tarifvertragspartei, 2. Vereinigung, deren Mitglieder einer bestimmten Berufsgruppe angehören oder die eine überragende Machtstellung im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich innehat, wenn ein grundlegendes Interesse am Erwerb der Mitgliedschaft besteht, sowie deren jeweiligen Zusammenschlüssen. (2) Wenn die Ablehnung einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 darstellt, besteht ein Anspruch auf Mitgliedschaft oder Mitwirkung in den in Abs. 1 genannten Vereinigungen.§ 7 Benachteiligungsverbot. (1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.§ 1 Ziel des Gesetzes. Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.
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4. Anspruch auf Aufnahme | Rz. 302 IX.
Der gesetzliche Aufnahmeanspruch ist auf Ausnahmefälle beschränkt. Er kann in Betracht kommen gegenüber einem Verein, der eine dem Monopol nahekommende1 überragende Machtstellung erlangt hat.2 Eine dominante Stellung des Vereins im gesellschaftlichen Verkehr gilt dabei als weniger wichtig als eine bestimmende politische Repräsentanz und/oder monopolartiger Einfluss im sportlichen3 oder ökonomischen Bereich.4 Ein nach dem „Ein-Platz-Prinzip“ organisierter internationaler Sportverband ist hinsichtlich der Zulassung von Athleten zu den von ihm organisierten Wettbewerben marktbeherrschend, das hat Ausstrahlung auf die mit den Sportlern getroffenen Vereinbarungen auch außerhalb einer Mitgliedschaft.5 Auch ein Verein ohne Monopol kann zur Aufnahme verpflichtet sein, wenn er eine erhebliche soziale und wirtschaftliche Machtstellung besitzt und der Bewerber zur Wahrung wesentlicher eigener Interessen auf die Mitgliedschaft angewiesen ist.6 Zwar gibt es zur Pannenhilfe durch den ADAC durchaus Alternativen, aber aufgrund seiner schieren Marktmacht wird er in der Literatur als Beispiel (heute für § 18 Abs. 1 Nr. 2 AGG) genannt.7 Obwohl die solchermaßen privilegierten Dachverbände an einer Hand abzuzählen sind, wurde in der Rechtsprechung ein Aufnahmezwang verneint für die Gewerkschaften, Journalisten- bzw. Verlegerverbände, welche gemäß einer Vereinbarung mit dem Bundesminister des Inneren die bundeseinheitlichen Presseausweise ausgeben dürfen.8
1 Die über Regionalverbände vermittelte Mitgliedschaft von 60 % aller Bestattungsunternehmen genügt dem LG Düsseldorf (v. 12.8.2014 – 1 O 307/13, juris) zur Bejahung eines sozialmächtigen Dachverbands dieser Branche noch nicht. 2 BGHZ 29, 344 (347) = NJW 1959, 880 (Landesverband für sanitären Fachhandel); BGH LM Nr. 5 zu § 38 BGB = MDR 1969, 119 = NJW 1969, 316 (Landessportverband); BGHZ 63, 282 = NJW 1975, 771 (Dachorganisation der Turn- und Sportverbände auf Bundesebene); BGH v. 10.12.1984 – II ZR 91/84, BB 1985, 397 = Betrieb 1985, 586 = JZ 1985, 276 mit Anm. Reuter = MDR 1985, 385 = NJW 1985, 1216 (Industriegewerkschaft Metall); BGH v. 10.12.1985 – KZR 2/85, MDR 1986, 646 = NJW-RR 1986, 583 (Sportfachverband/ Landessportbund); BGH v. 29.6.1987 – II ZR 295/86, BGHZ 101, 193 (200; allgemein); OLG Düsseldorf v. 27.11.1986 – 10 U 46/86, NJW-RR 1987, 503 (Sportverein/Landessportbund); KG v. 5.5.1992 – 19 U 6735/91, NJW-RR 1993, 183 (Sportdachverband); LG Heidelberg v. 12.1.1990 – 5 O 149/89, MDR 1990, 625 = NJW 1991, 927 (Aufnahme des nicht rechtsfähigen Vereins „Schwule Jugendgruppe“ in Stadtjugendring). 3 Verneint für den Fußballverein „Werder Bremen“ durch LG Bremen, v. 31.1.2013 – 7 O 24/12, NJW-RR 2013, 1125. Bejaht für den regionalen Ligaverband, wenn der einzelne Fußballverein nur als dessen Mitglied in der Bezirksliga spielen kann, durch LG Freiburg (Breisgau) v. 15.5.2012 – 14 O 46/12, SpuRt 2012, 212. 4 Grunewald, AcP 182, 181, 213. 5 BGH 7.6.2016 – KZR 6/15, BGHZ 210, 292, 301; Podszun, JZ 2017, 201. 6 BGH v. 26.6.1979 – KZR 25/78, LM Nr. 7 zu § 38 BGB. 7 MünchKomm/BGB/Leuschner, § 38 Rz. 43 diskutiert einen Aufnahmeanspruch aus § 19 Abs. 1 AGG angesichts des Massengeschäfts des ADAC. 8 KG v. 22.2.2005 – 5 U 226/04, AuR 2005, 153 (154).
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302
IX. Rz. 303 | Die Vereinsmitglieder 303
Ein regionales Monopol kann nach der Rechtsprechung genügen (örtlicher Sportverband).1 Ein Jugendverband kann demnach einen Anspruch auf Aufnahme in den Stadtjugendring haben, wenn dieser monopolartig im Jugendhilfeausschuss (§ 71 SGB VIII) die Interessen der in der Jugendpflege tätigen Vereine wahrnimmt und von der Kommunalverwaltung in Fragen der Verteilung von Fördermitteln und Verwaltung von Räumlichkeiten beteiligt wird.2
304
Ohne die Mitgliedschaft im allgemeinen Sportverband der jeweiligen regionalen Ebene kann der Sportverein einer einzelnen Fachgruppe häufig keine staatliche oder kommunale Förderung erringen. Durch die Nichtaufnahme ist der Fachverband auch darin gehindert, sich in die weitere allgemeine nationale Organisation des Sportes in Deutschland einzugliedern. Der Charakter insbesondere der Landessportverbände als Monopolverband ist daher anerkannt.3 Das sog. Ein-Platz-Prinzip im Aufbau von Sportverbänden kann mit dem Aufnahmeanspruch eines Vereins in den Dachverband kollidieren.4 Hier ist eine Abwägungsentscheidung zu treffen, bei der die Interessen des Dachverbands an der Konzentration auf regional überschneidungsfreie Untergliederungen gegenüber dem Interesse auf Aufnahme zurücktreten kann.5 Der Spartenverband, der einen bestimmten Sport vertritt, muss sich nicht auf den zwischengeschalteten Zusammenschluss mit einem anderen Verband verweisen lassen6 Ein „milderes“, dem Ein-Platz-Prinzip gerecht werdendes und auch dem bereits aufgenommenen Mitglied zumutbares Mittel kann darin bestehen, den sich neu bewerbenden Fachverband aufzunehmen, ihn und den sportartgleichen Verband aber zu verpflichten, ihre Mitgliedschaftsrechte nur einheitlich durch ein dazu bestelltes Vertreterorgan auszuüben.7
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Bei „normalen Vereinen“ greifen diese Grundsätze nur selten.8 Eine Vereinigung, die nur (oder vorwiegend) die Förderung der Geselligkeit ihrer Mitglieder zum Ziele hat, untersteht nicht dem Aufnahmezwang, mag sie auch (örtlich oder sachlich) die einzige ihrer Art sein und die Mitgliedschaft ein gewisses Geltungsbedürfnis befriedi-
1 BGH v. 23.11.1998 – II ZR 54/98, NJW 1999, 1326 mit zust. Anm. Elert, JR 2000, 105 und Kirberger, EWiR 1999, 1097; OLG Stuttgart v. 29.1.1998 – 19 U 19/97, OLGR Stuttgart 1998, 189; LG Karlsruhe v. 11.8.2000 – 2 O 243/00, NJW-RR 2002, 111 (Badischer Sängerbund). 2 LG Heidelberg v. 12.1.1990 – 5 O 149/89, MDR 1990, 625 – NJW 1991, 927 (928). 3 BGH v. 23.11.1998 – II ZR 54/98, BGHZ 140, 74. 4 Zur Bedeutung des Prinzips für den einzelnen Athleten BGH 7.6.2016 – KZR 6/15, BGHZ 210, 292, 301; Podszun, JZ 2017, 201. 5 Aus jüngerer Zeit OLG Dresden v. 19.8.2015 – 13 U 271/15, NJW-RR 2017, 291; LG München I v. 25.4.2018 – 37 O 7111/17, SpuRt 2019, 81 = npoR 2019, 64 mit Anm. Krüger/ Saberzadeh. 6 OLG München v. 20.6.2013 – U 3431/12 Kart, SpuRt 2014, 110; OLG München v. 25.6.2009 -5327/08, SpuRt 2009, 251; OLG Stuttgart, Urt. v. 22.8.2000 – 12 U 33/00, SpuRt 2001, 71; OLG Dresden v. 19.8.2015 – 13 U 271/15, NJW-RR 2017, 291. 7 OLG Dresden v. 19.8.2015 – 13 U 271/15, NJW-RR 2017, 291 m.w.N. 8 Schöpflin, ZStV 2014, 166 (167).
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4. Anspruch auf Aufnahme | Rz. 306 IX.
gen.1 Beim Sportverein wird man auch danach zu differenzieren haben, ob es um die aktive Ausübung eines faktisch nur innerhalb der (Wettkampf-)Strukturen des Vereins auszuübenden Sports geht oder um die Vorzüge der Mitgliedschaft für den Fan eines Profispielervereins.2 Kein Aufnahmezwang besteht für einen (örtlichen) Anwaltsverein.3 Berufs- und standespolitische Interessen könne der Bewerber auch über die Rechtsanwaltskammer verfolgen, wirtschaftliche Vergünstigungen seien durch die Pflicht zur Beitragszahlung aufgewogen oder doch geringfügig.4 Auch ein örtlicher Mieterverein besitzt keine Monopolstellung, die einen Aufnahmeanspruch begründen könnte.5 Wirtschafts- und Berufsvereinigungen sowie Gütezeichengemeinschaften dürfen die Aufnahme eines Unternehmens nicht ablehnen, wenn die Ablehnung eine sachlich nicht gerechtfertigte ungleiche Behandlung darstellen und zu einer unbilligen Benachteiligung6 des Unternehmens im Wettbewerb führen würde (§ 20 Abs. 6 GWB). Auch der Verein mit Aufnahmezwang kann im Einzelfall Bewerber zurückweisen.7 So, wenn der Bewerber zugleich einer gegenüber den Zielen des Vereins eindeutig feindlich eingestellten Organisation angehört.8 Allgemeine Ablehnungsgründe müssen satzungsmäßig fixiert sein.9 Zulässige sachliche Zwecke einer Ablehnung bilden die Selbstbewahrung des Vereins, Schutz des Verbandszwecks10 und seiner grundlegenden politisch-gesellschaftlichen Ausrichtung („Existenzschutz-ZweckschutzTendenzschutz“).11
1 BGH GRUR 1979, 789 mit Anm. Gaedertz = MDR 1979, 998 = BVerwG v. 7.2.1980 – 6 CB 101/78, NJW 1980, 186 mit Anm. Redeker und BGH v. 24.1.1980 – II ZR 26/78, NJW 1980, 1844 (Ls.) mit Anm. Scharf. 2 Vgl. für „Werder Bremen“ LG Bremen v. 31.1.2013 – 7 O 24/12, NJW-RR 2013, 1125. 3 BGH v. 7.2.1980 – 6 CB 101/78, NJW 1980, 186. 4 BGH v. 26.6.1979 – KZR 25/78, LM Nr. 7 zu § 38 BGB. 5 LG Münster MDR 1974, 309 mit zust. Anm. Weimar; zum Verein „Landespressekonferenz“ s. OLG Stuttgart NJW 1972, 877. 6 Dazu BGH v. 1.12.1985 – KVR 2/84, NJW-RR 1986, 339 m.w.N. (Züchterverband). 7 BGH v. 2.12.1974 – II ZR 78/72, BGHZ 63, 282–295. 8 OLG Frankfurt v. 23.11.1983 – 9 U 89/82, ZIP 1984, 61–65 (Gewerkschaft). Die Betriebsratskandidatur auf einer gewerkschaftsfremden Liste genügt aber für sich genommen nicht für einen Ausschluss, BGH v. 19.10.1987 – II ZR 43/87, BGHZ 102, 265 (280) = MDR 1988, 206. 9 Bartodziej, ZGR 1991, 517–546, 538; vgl. auch BGH v. 2.12.1974 – II ZR 78/72, BGHZ 63, 282–295. 10 Vgl. BGH v. 2.12.1974 – II ZR 78/72, BGHZ 63, 282 (295): Der deutsche Sportbund hat ein grundsätzlich anerkennenswertes Interesse, als Mitglied jeweils nur einen Verband jeder Sparte des Sports aufzunehmen, um durch eine ausgewogene Zusammensetzung und erleichterte Meinungsfindung im inneren das Spektrum der Sportarten optimal vertreten zu können. Wegen der beherrschenden Stellung besteht aber grds. Aufnahmezwang und es muss ein für den Bewerber milderes Mittel gesucht werden, um den Vereinszweck vergleichbar effektiv zu verfolgen. 11 Bartodziej, ZGR 1991, 517 (539 ff. m.N.).
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IX. Rz. 307 | Die Vereinsmitglieder 307
In Hinblick auf den Vereinszweck zulässige (also nicht diskriminierende1) persönliche Aufnahmevoraussetzungen (Rz. 239, 280) muss der Bewerber grundsätzlich erfüllen.2 Ein Branchenverband darf etwa Versandhändler ausschließen.3 Ein Landessportbund kann sich darauf berufen, nur Vereine aufzunehmen, die sowohl Leistungsals auch Breitensport fördern.4 Dabei kommt es in einer Abwägung jeweils auch darauf an, dass die Einhaltung der Aufnahmebedingungen dem Aspiranten möglich und zumutbar ist.5 Ein (zu ca. 1/7) staatlich subventionierter Rettungsverein darf weiblichen Bewerbern nicht deshalb die Aufnahme versagen, weil die Satzung ohne sachlich rechtfertigenden Grund nur männliche Mitglieder zulässt.6 Darauf, dass der Verein bei einem anderen Bewerber von den – zulässigen – Aufnahmebeschränkungen der Satzung abgewichen ist, kann sich der Bewerber jedenfalls dann nicht berufen, wenn es sich dabei um einen Einzelfall gehandelt hat.7
308
Der auf Abgabe der Aufnahmeerklärung des Vereins lautende Anspruch wird mit der Leistungsklage geltend gemacht, mit einem stattgebenden Urteil ist die Aufnahme erklärt (§ 894 ZPO).8 Der Aufnahmeanspruch kann in einem dringenden Fall vorläufig mit einstweiliger Verfügung geltend gemacht werden. So wurde einem Sportverein ein im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzbarer Anspruch auf eine in der Satzung des Landessportverbandes vorgesehene vorläufige Mitgliedschaft (Vorabbestätigung der Aufnahme durch die Geschäftsstelle) zugestanden, weil Mitglieder des Sportvereins nur dann an Wettkämpfen teilnehmen konnten und bei der Ausübung des Sports versichert waren, wenn der Sportverein Mitglied des Landessportverbandes ist und unbehebbare Hindernisse für eine Mitgliedschaft nicht bestanden.9
309
Bei politischen Parteien ist ein Aufnahmezwang der beschriebenen Art generell ausgeschlossen.10
1 Birk, JZ 1972, 343 (349). Zum Verhältnis von Vereinszweck und Mitgliederauswahl MünchKomm/BGB/Leuschner, § 38 Rz. 18. Zur Differenzierung nach dem Glaubensbekenntnis FG Baden-Württemberg v. 5.3.2018 – 10 K 3622/18; nach Geschlecht: Weitemeyer/Wrede, npoR 2018, 4. 2 Bartodziej, ZGR 1991, 517 (545 f.). Vgl. BGH v. 2.12.1974 – II ZR 78/72, BGHZ 63, 282 ff. 3 OLG Düsseldorf v. 23.1.2013 – VI-U 5/12 Kart, BB 2013, 848; vgl. auch Alexander, ZStV 2014, 121 (127) (Vorhandensein eines bestimmten Warensortiments, Erbringen bestimmter Leistungen als zulässiges Aufnahmeerfordernis). 4 LG Duisburg v. 3.11.2010 – 2 O 418/09, SpuRt 2011, 202–204. 5 Hauptmann/Theißen, SpuRt 2012, 181–185. 6 LG München I v. 9.9.1992 – 9 O 5192/92, NJW-RR 1993, 890. 7 BGH v. 2.12.1974 – II ZR 78/72, BGHZ 63, 282 ff. 8 Hadding in Soergel, § 38 Rz. 13. Je nach Sachlage kommt auch Feststellungsurteil in Betracht, vgl. BGH v. 23.11.1998 – II ZR 54/98, BGHZ 140, 74 = NJW 1999, 1326. 9 OLG Düsseldorf v. 26.9.1997 – 22 U 52/97, NJW-RR 1998, 328. 10 BGH v. 29.6.1987 – II ZR 295/86, BGHZ 101, 193 (207) = MDR 1987, 1000.
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4. Anspruch auf Aufnahme | Rz. 310 IX.
c) Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) S bereits oben Rz. 240. Abgesehen von der speziellen Regelung in § 18 Abs. 2 AGG (dazu Rz. 301) ist fraglich, inwieweit dieses Gesetz einen Anspruch auf Aufnahme begründen kann.1 Als Anknüpfungspunkt kommt § 19 AGG in Betracht.2 Man wird sich allerdings fragen, ob die Vereinsmitgliedschaft überhaupt ein dieser Vorschrift unterliegendes Schuldverhältnis sein kann, wenn doch § 18 Abs. 2 AGG für wenige bestimmte Vereinigungen einen speziellen Aufnahmeanspruch gewährt und nach § 19 Abs. 2, § 2 Abs. 1 Nr. 5 AGG Regelungsgegenstand des Gesetzes nur Benachteiligungen hinsichtlich der Mitgliedschaft in Beschäftigten-, Arbeitgeber- und Berufsvereinigungen sind. Das Mitgliedschaftsverhältnis setzt jedenfalls bei kleineren Vereinen regelmäßig auf ein besonderes Nähe- und Vertrauensverhältnis, so dass auch die Ausnahme des § 19 Abs. 5 AGG greift.3 Lediglich für Vereine, die im Massengeschäft Dienstleistungsangebote machen, ohne dass es auf die Person des Mitgliedschaftsaspiranten ankäme (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 AGG) mag etwas anderes gelten.4 Ein Beispiel dafür ist der ADAC.5 Besonders große Vereine, deren Tätigkeit sich praktisch auf die Mittelansammlung für bestimmte Zwecke konzentriert und in denen eine Interaktion der
1 Ausführlich und mit bejahender Tendenz Schöpflin in Münchener Handbuch, 3. Aufl., § 32 Rz. 21–24. 2 S. zunächst die Fn. zu Rz. 259. §§ 19, 20 AGG lauten:§ 19 Zivilrechtliches Benachteiligungsverbot (1) Eine Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, wegen des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität bei der Begründung, Durchführung und Beendigung zivilrechtlicher Schuldverhältnisse, die 1. typischerweise ohne Ansehen der Person zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen (Massengeschäfte) oder bei denen das Ansehen der Person nach der Art des Schuldverhältnisses eine nachrangige Bedeutung hat und die zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen oder 2. eine privatrechtliche Versicherung zum Gegenstand haben, ist unzulässig. (2) Eine Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft ist darüber hinaus auch bei der Begründung, Durchführung und Beendigung sonstiger zivilrechtlicher Schuldverhältnisse i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 5 bis 8 unzulässig. … (5) Die Vorschriften dieses Abschnitts finden keine Anwendung auf zivilrechtliche Schuldverhältnisse, bei denen ein besonderes Nähe- oder Vertrauensverhältnis der Parteien oder ihrer Angehörigen begründet wird. … § 20 Zulässige unterschiedliche Behandlung (1) Eine Verletzung des Benachteiligungsverbots ist nicht gegeben, wenn für eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion, einer Behinderung, des Alters, der sexuellen Identität oder des Geschlechts ein sachlicher Grund vorliegt.(2) Das kann insbesondere der Fall sein, wenn die unterschiedliche Behandlung 1. der Vermeidung von Gefahren, der Verhütung von Schäden oder anderen Zwecken vergleichbarer Art dient, 2. dem Bedürfnis nach Schutz der Intimsphäre oder der persönlichen Sicherheit Rechnung trägt, 3. besondere Vorteile gewährt und ein Interesse an der Durchsetzung der Gleichbehandlung fehlt, 4. an die Religion eines Menschen anknüpft und … . 3 Für eine solche Analogie Reuter in FS Adomeit (2008), S. 595. Wie hier auch Weitemeyer/ Wrede, npoR 2018, 4 mit Verweis auf Erwägungsgrund Nr. 7 der Richtlinie 2002/73/EG v. 23.9.2002. 4 PWW/Schöpflin, § 25 Rz. 12. 5 Schöpflin in Münchener Handbuch, 3. Aufl., § 32 Rz. 22. Im Fall des ADAC bereits für Anwendung des § 18 Abs. 1 Nr. 2 AGG Reuter in MünchKomm/BGB, 7.A. vor § 21 Rz. 111.
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IX. Rz. 310 | Die Vereinsmitglieder
Mitglieder praktisch nicht vorkommt, werden kaum je einen Beitragszahler ablehnen dürfen.1 311
Eine aus dem Vereinszweck hergeleitete Aufnahmevoraussetzung2 ist hingegen stets als sachlicher Grund und damit Rechtfertigung einer unterschiedlichen Behandlung i.S.d. § 20 Abs. 1 AGG hinsichtlich der Religion, einer Behinderung, des Alters, der sexuellen Identität oder des Geschlechts anzuerkennen. Art. 9 Abs. 1 GG gestattet weitergehend und über § 20 AGG hinaus, dass ein Verein eine Mitgliederauswahl nach Herkunft vornimmt3, wenn sein erlaubter Zweck4 gerade diese Zusammensetzung der Mitgliedschaft erfordert.5
5. Austritt der Mitglieder (§ 39 BGB) a) Das Recht auf Austritt 312
Die Mitglieder sind zum Austritt aus dem Verein berechtigt (§ 39 Abs. 1 BGB). Das ist zwingend (§ 40 BGB); das Austrittsrecht kann durch die Satzung (oder durch einen Vertrag mit dem Mitglied6) also nicht ausgeschlossen werden.7 Das ergibt schon 1 Schöpflin, ZStV 2014, 166 (168). 2 So wohl auch Alexander, ZStV 2014, 121 (127). 3 Beispiel angelehnt an Schöpflin in Münchener Handbuch, 3. Aufl., § 32 Rz. 22: Ein Verein zur Interessenvertretung chinesischer Staatsbürger in Deutschland dürfte die Aufnahme von Deutschen oder Russen ablehnen. 4 Ein Verein, der sich (auch getarnt) Rassenhass oder Diskriminierung zum Programm macht, wäre mit diesem Zweck unzulässig, ohne dass es noch auf eine diskriminierende Aufnahmepraxis ankommt. Im Übrigen ausf. zum Verhältnis von Vereinszweck und Mitgliederauswahl MünchKomm/Reuter, 7. Aufl. vor §§ 21 ff. Rz. 111. 5 Umso wirkungsmächtiger der Verein ist, umso enger wird man diese Voraussetzung ziehen. Widmet sich in einer Abwandlung obigen Beispiels der genannte Verein „zur Interessenvertretung der Chinesen“ vorrangig dem chinesisch-deutschen Wirtschaftsverkehr, tritt der Aspekt einer Vertretung gerade der chinesischen Staatsangehörigen in Deutschland zurück und es müssten bei einer monopolartigen Stellung unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit auch andere Unternehmer mit diesem Schwerpunkt zugelassen werden. Nur eingeschränkt gültig ist daher das Beispiel PWW/Schöpflin, § 25 Rz. 11: Ein türkischer Kulturverein dürfe die Aufnahme von Deutschen ablehnen. Bildet ein solcher Verein ein exponiertes kulturelles Zentrum eines Stadtviertels, wird er die Aufnahme von Deutschen, die an der türkischen Kultur interessiert sind, allein wegen deren Herkunft oder Staatsangehörigkeit nicht ohne weiteres ablehnen dürfen. Ebenso wenig darf ein Verein zur fränkischen Brauchtumspflege Ausländern (Altbayern) die Aufnahme aufgrund ihrer Geburtsherkunft verweigern (auf den Wohnsitz hingegen und eine durch gewisse Dauer der Ansässigkeit dokumentierte Ernsthaftigkeit des Interesses wird er bestehen können). 6 RG 71, 388 (390). 7 Zu einem seltenen Ausnahmefall (Berufung auf das Austrittsrecht wäre jedenfalls treuwidrig) gelangt der BGH in einem Hinweisbeschluss v. 17.9.2013 – II ZR 120/12, juris. Die satzungsmäßig nicht kündbare Mitgliedschaft in einem Verein der Grundeigentümer einer Wohnsiedlung, bei der dem Verein die Verwaltung und Pflege der Gemeinschaftsflächen übertragen ist, habe in diesem ungeachtet der Rechtsform stark personalistisch ausgerichteten, an die Eigentümerstellung geknüpfte Mitgliederkreis eine Funktion, die ein Mitglied ohne Vor-
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5. Austritt der Mitglieder (§ 39 BGB) | Rz. 316 IX.
die negative Komponente der Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG). § 39 Abs. 2 BGB lässt denn auch nur ein Hinausschieben der Folgen des Austritts in zeitlicher Hinsicht zu. Außerdem bleibt das Recht zum sofortigen Austritt aus wichtigem Grund unbeeinträchtigt. Es folgt aus dem Charakter der Mitgliedschaft als Dauerschuldverhältnis1 und besteht, auch wenn die Satzung es nicht vorsieht.2 Eine Satzungsbestimmung, die eine langjährige (auch auf Lebenszeit angelegte oder vererbliche) Mitgliedschaft vorsieht, steht dem jederzeitigen Austritt des Mitglieds aus dem Verein somit nicht entgegen.3 Die Satzung kann den Austritt auch nicht erschweren4 oder beschränken und seine Begründung nicht verlangen. Zulässig ist nur die Festlegung einer Austritts- oder Kündigungsfrist (Rz. 320). Eine Satzungsbestimmung, die zur Wirksamkeit des Austritts seine Begründung verlangt oder sonst Erschwerungen trifft (z.B. Genehmigung durch den Verein5, Beitragsnachzahlung, Zahlung eines Austrittsgeldes,6 Zahlungspflicht für kostenlos gewährte Mitgliederleistungen7), ist unwirksam. Als Austrittsbeschränkung unzulässig ist auch das Verbot des Austritts während eines Ehrengerichtsverfahrens zur Verhinderung eines Ausschlusses.8 Keine Austrittserschwerung ist jedoch der Wegfall einer nichtmitgliedsrechtlichen Vergünstigung (z.B. Fälligkeit eines dem Austretenden vom Verein gewährten Darlehens).
313
Der Austritt ist auch nach Auflösung des Vereins noch möglich, solange die Liquidation nicht beendet ist.9
314
Das Mitglied einer politischen Partei ist jederzeit zum sofortigen Austritt berechtigt (§ 10 Abs. 2 S. 3 PartG).
315
b) Die Austrittserklärung Der Austritt ist empfangsbedürftige Willenserklärung des Mitglieds. Die Erklärung wird rechtlich mit Zugang (§ 130 Abs. 1 BGB) an den zur Vertretung des Vereins
1 2 3 4 5 6 7 8 9
liegen eines wichtigen Grundes am Austritt hindere. Das LG Hamburg v. 7.3.2012 – 320 S 92/11 als Vorinstanz ging von einer Mischform zwischen GbR und eingetragenem Verein aus, für die § 723 statt § 39 BGB anzuwenden sei (angesichts § 40 BGB sehr fraglich). LG Ulm v. 24.4.2013 – 1 S 161/12, SpuRt 2013, 169. Krit. zu der konkreten Entscheidung (fristloses Austrittsrecht bei Verhängung nichtiger Vereinsstrafen) Röcken, npoR 2014, 116. OLG Oldenburg v. 18.12.2008 – 8 U 182/08, NZG 2009, 917 (LS) = OLGR 2009, 612 m.w.N. = ZIP 2009, 917 (LS). LG Stuttgart v. 30.5.1994 – 9 O 680/93, NJW-RR 1995, 1009 (für Timesharing-Verein). OLG Stuttgart Recht 1911 Nr. 2498 = SeuffBl 76, 288. KG LZ 1930, 994. Dieselbe (unzulässige) Wirkung kann es faktisch auch haben, wenn ein besonders hohes Eintrittsgeld (Aufnahmegebühr) vollständig verfallen soll, Wickert, Rz. 223 m.w.N. LG München I v. 4.3.1986 – 6 O 22072/84, NJW 1987, 847; eine Religionsgemeinschaft, die den Austritt in solcher Weise erschwert, verstößt damit auch gegen das Recht der Glaubensfreiheit (Art. 4 GG). RG 108, 160; 143, 1 (3). Für Satzungsregelungen, die dem Mitglied den Austritt während eines Ordungsstrafverfahren verbieten sollen, hingegen Wagner, npoR 2020, 186 (191). Hadding in Soergel, § 39 Rz. 2.
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IX. Rz. 316 | Die Vereinsmitglieder
berufenen Vorstand (§ 26 BGB; bei mehrgliedrigem Vorstand an eines seiner Mitglieder, § 28 Abs. 2 BGB) wirksam. Durch die Satzung kann bestimmt werden, dass der Austritt nur persönlich, nicht aber durch einen Vertreter, erklärt werden kann1 Wenn die Satzung eine Kündigungsfrist (Rz. 320) nicht vorsieht, wird die Austrittserklärung sofort mit Zugang an den Verein (Vorstand) wirksam. 317
Grundsätzlich genügt die formfreie, auch schlüssige Erklärung.2 Die Satzung des eingetragenen Vereins soll nähere Bestimmungen darüber enthalten (§ 58 Nr. 1 BGB). Sieht die Satzung für den Austritt besondere Formerfordernisse wie Zustellung mit Einschreiben vor, so kommt es auf deren Einhaltung aber nicht an, sobald feststeht, dass wenigstens eine schriftliche Erklärung den Verein erreicht hat.3 Es handelt sich um eine gewillkürte Schriftform, auf die der heutige § 127 Abs. 2 BGB anwendbar ist.4 Der vereinsrechtlichen Schriftform für den Austritt genügt daher (wenn satzungsmäßig nichts anderes bestimmt ist) auch die telekommunikative Übermittlung,5 typischerweise Telefax (Fernkopie) oder (einfache) E-Mail (nicht aber fernmündliche Erklärung). Nach einer neuen Entscheidung des BGH6 kann ein durch schlüssiges Handeln gestellter Aufnahmeantrag selbst dann gelten, wenn die Satzung den schriftlichen Antrag verlangt. Solche Bestimmungen der Satzung seien im Einzelfall daraufhin auszulegen, ob es sich um echte Wirksamkeitsvoraussetzungen des Aufnahmegesuchs oder allein um – nur intern wirksame – Zuständigkeitsbegrenzungen des Vorstands handeln soll. Generell dürfen die Formvorschriften der Satzung nicht zu einer unzumutbaren Erschwerung des Austritts führen, als solche wurde es teilweise bereits angesehen, wenn notarielle Unterschriftsbeglaubigung gefordert ist.7 Ist über zwei Jahre hinweg kein Vorstand mehr vorhanden, kann das Einstellen der Beitragszahlung als Austrittserklärung gelten.8
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Da das Mitglied im Streitfall den Zugang der Erklärung nachweisen muss, ist diesem zu empfehlen, auch ohne entsprechende Satzungsregelung die Erklärung auf jeden Fall in einer Form abzugeben, die den Nachweis ermöglicht. Üblich und empfehlenswert ist stets Schriftform (mit eingeschriebenem Brief oder gegen Empfangsbestätigung).
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BGH v. 29.1.1993 – V ZB 24/92, MDR 1993, 442 = NJW 1993, 1329. BGH v. 29.7.2014 – I ZR 243/13, BGH v. 29.7.2014 – II ZR 243/13, MDR 2014, 1334. BGH v. 22.4.1996 – II ZR 65/95, NJW-RR 1996, 866 (867). Die Auslegung der Satzung muss für die gegenüber dem Verein abzugebende Erklärung hinsichtlich der Vermutung des § 127 Abs. 2 BGB zu einem anderen Ergebnis führen als bei Ladungsvorschriften o.Ä., bei denen die Erwartung der Mitglieder zu schützen ist. Telefax bereits nach § 127 BGB a.F.: BGH v. 22.4.1996 – II ZR 65/95, NJW-RR 1996, 866 (867). BGH v. 29.7.2014 – I ZR 243/13, BGH v. 29.7.2014 – II ZR 243/13, MDR 2014, 1334. Vgl. 9. Aufl., Rz. 194. Abgesehen von kleinsten Vereinen (Vorstand und Mitglied kennen sich persönlich) dürfte ein solches Beglaubigungserfordernis als Richtigkeitsgewähr aber zuzulassen sein. LG Berlin v. 12.12.2003 – 81 T 320/03, Rpfleger 2004, 359.
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5. Austritt der Mitglieder (§ 39 BGB) | Rz. 321 IX.
Zurückgenommen werden kann die Austrittserklärung nur mit Zustimmung des Vereins1 und nur während einer noch laufenden Kündigungsfrist (Austrittsfrist). Bei sofortigem Austritt oder nach Wirksamwerden des Austritts durch Ablauf der Kündigungsfrist können die Wirkungen des Vereinsaustritts nicht rückgängig gemacht2 sondern nur durch Neuaufnahme3 des ausgeschiedenen Mitglieds ausgeräumt werden.
319
c) Zeitliche Beschränkung Letztlich zum Schutz der Planungssicherheit im Verein erlaubt § 39 Abs. 2 BGB eine – keiner erweiternden Auslegung zugängliche4 – zeitliche Verschiebung der Austrittsfolgen. Die Satzung kann vorsehen, dass der Austritt nur am Schlusse eines Geschäftsjahres5 oder zum Ablauf einer Austritts- oder Kündigungsfrist zulässig ist (§ 39 Abs. 2 BGB). Auch können die beiden Austrittseinschränkungen zusammen festgelegt werden (Austritt nach einer Kündigungsfrist nur zum Schluss eines Geschäftsjahres).6 Die Verweildauer, die sich in der Kombination von Frist und Stichtag ergibt, darf insgesamt höchstens zwei Jahre vom Zeitpunkt des Zugangs der Erklärung an den Verein an betragen (§ 39 Abs. 2 BGB). Wenn die auf zwei Jahre begrenzte Mitgliedsdauer nicht überschritten wird, kann die Satzung auch anordnen, dass die Kündigung eine bestimmte Zeit nach der Aufnahme nicht zulässig ist.7
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Hat der Verein eine unzulässig lange Frist vorgesehen, entfällt sie nicht ersatzlos, sondern es gilt die Zweijahresfrist.8 In Sonderfällen kann dem austrittswilligen Mitglied auch nur eine gegenüber der Zweijahresfrist reduzierte Verweildauer im Verein zumutbar sein. Generell zu beachten ist der jederzeit sofort mögliche Austritt aus einer politischen Partei (§ 10 Abs. 2 S. 3 PartG). Der BGH hält eine Verweildauer in einer Gewerkschaft von höchstens sechs Monaten für mit der negativen Koalitionsfreiheit
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1 Zuständig insoweit ist das Organ, das über die Neuaufnahme zu entscheiden hätte, KG v. 20.3.2012 – v. 29.3.2012 – 25 W 102/11, Rpfleger 2012, 634. 2 OLG Hamm v. 27.7.1999 – 12 UF 79/99, NJW 2000, 524. 3 Im Einzelfall mag eine Wiederaufnahme darin zu erblicken sein, dass der Verein (seine Organe) den Ausgetretenen über längere Zeit mit seinem Einverständnis weiterhin als Mitglied behandeln (s. OLG Hamm v. 14.7.1999 – 8 U 22/98, NJW 2000, 523 [524]); davon wird aber nur im besonderen Einzelfall aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) auszugehen haben. 4 Hadding in Soergel, § 39 Rz. 4. 5 Wenn der Austritt nur zu einem bestimmten Termin (z.B. zum Ende des Geschäftsjahres) zulässig, eine Kündigungsfrist aber nicht vorgesehen ist, kann er auch noch am letzten Tag selbst (so am 31.12.; Zugang an Verein an diesem Tag ist jedoch erforderlich) erklärt werden, Reichert, Rz. 1088; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 82. Ist dieser Tag ein Sonnabend, Sonn- oder Feiertag, kann der Austritt nicht auch noch am nächsten Werktag erklärt werden (kein Fall des § 193 BGB). 6 RG 90, 306 (311). 7 Dabei macht eine unzulässig lang gewählte Mindestverweildauer nicht den Beitritt unwirksam, OLG Hamm v. 14.2.2007 – 8 U 110/06, juris. 8 BGH v. 29.7.2014 – I ZR 243/13, BGH v. 29.7.2014 – II ZR 243/13, MDR 2014, 1334; MünchKomm/BGB/Leuschner, § 39 Rz. 4; a.A. Bamberger/Roth/Schöpflin, § 39 Rz. 4.
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IX. Rz. 321 | Die Vereinsmitglieder
(Art. 9 Abs. 3 GG) vereinbar und wendet diese Frist auch auf den Austritt aus einem Arbeitnehmerverband an.1 322
Zur Einhaltung einer Kündigungsfrist ist rechtzeitiger Zugang (nicht Absendung) der Austrittserklärung erforderlich. Für ein Mitglied, das (auch nach Beschlussfassung) vor Eintragung einer Satzungsänderung über die Verlängerung der Kündigungsfrist in das Vereinsregister (s. § 71 Abs. 1 BGB) wirksam aufgekündigt hat, verlängert sich die Frist nicht mehr. Wenn nach Abgabe der Austrittserklärung die Frist verkürzt wird, bestimmt sich der Austrittstermin nach der neuen Frist, wenn sich für den Fall der Kündigung im Zeitpunkt der Eintragung der Satzungsänderung in das Vereinsregister ein früherer Beendigungszeitpunkt ergibt.2 d) Sofortiger Austritt bei wichtigem Grund
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Bei wichtigem Grund ist sofortiger – fristloser – Austritt auch möglich, wenn die Satzung eine Kündigungsfrist vorsieht.3 Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn ein Verbleiben im Verein bis zum Ablauf der satzungsmäßigen Kündigungsfrist eine unerträgliche Belastung des Mitglieds bedeuten würde. Bei der Bewertung, ob der Grund den sofortigen Austritt rechtfertigt, oder ob dem Mitglied eine Einhaltung der Kündigungsfrist zumutbar ist, sind alle Umstände des Einzelfalls heranzuziehen.4
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Diese Voraussetzung liegt nur in besonderen Ausnahmefällen vor. Im Allgemeinen ist das Mitglied auf die satzungsgemäße Kündigungsfrist verwiesen, der es sich mit Vereinsbeitritt unterworfen hat. Meinungsverschiedenheiten oder vereinsinterne Streitigkeiten allein (so z.B. auch die Beschlussfassung über eine vom Mitglied abgelehnte Satzungsänderung) rechtfertigen ohne Hinzutreten ganz besonderer weiterer Umstände den Austritt aus wichtigem Grunde keinesfalls. Ein Grund, den das Mitglied allein oder doch wesentlich (mit)verschuldet hat, ist nicht wichtig im Sinne der Anforderung, die eine fristlose Kündigung stellt.5 Der Umstand, dass ein Mieter wiederholt vergeblich auf dem Büro seines Mietvereins gewesen ist und dort wegen des starken Andrangs nicht abgefertigt werden konnte, ist nicht so schwerwiegend und rechtfertigt keine fristlose Kündigung der Mitgliedschaft.6 Einem Vereinsmitglied, das mit in
1 BGH v. 22.9.1980 – II ZR 34/80, MDR 1981, 291; BGH v. 29.7.2014 – II ZR 243/13, MDR 2014, 1334. Henssler, EWiR 2014, 767 weist darauf hin, dass in atypischen Konstellationen längere Fristen möglich bleiben. Eine Übertragung dieser Rechtsprechung auf den genossenschaftlichen Prüfungsverband wurde abgelehnt, BGH v. 31.7.2017 – II ZR 10/15, NJWRR 2017, 1249. 2 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 82. 3 BAG v. 21.3.2017 – 3 AZR 619/15, NZA 2017, 990; RG 130, 375 (378); BGH 9, 162 und BB 1954, 329 (Ls.) = NJW 1954, 953 (Ls.); OLG Oldenburg v. 18.12.2008 – 8 U 182/08, NZG 2009, 917(Ls.). 4 RG 130, 375 (378); LG Itzehoe v. 15.6.1989 – 4 S 46/89, NJW-RR 1989, 1531. Zu wichtigem Grund für fristlose Kündigung der Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft AG Köln v. 18.7.1986 – 130 C 208/86, NJW 1987, 2450. 5 RG 130, 375 (378). 6 AG Münster WM 1963, 8 = ZMR 1965, 43.
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5. Austritt der Mitglieder (§ 39 BGB) | Rz. 326 IX.
mehrfacher Hinsicht unzulässigen Vereinsstrafen belegt wurde, kann der Verbleib im Verein unzumutbar sein.1 Eine unter Beachtung der Satzungsbestimmungen beschlossene Beitragserhöhung (oder Erhebung einer Umlage) gibt einem mit der Erhöhung nicht einverstandenen Mitglied somit nicht ohne weiteres das Recht zur fristlosen Kündigung.2 Daher soll auch eine Beitragserhöhung von 83 % nicht zum fristlosen Austritt berechtigen, wenn die Erhöhung von vornherein nur zeitlich begrenzt gelten soll und Leistungen des Vereins von einigem Wert gegenüberstehen.3 Anders bewertet wurde eine Änderung der Beitragsstaffel, die für das betreffende Mitglied zu einer Erhöhung um über 300 % führte, und die durch den Verein rechtzeitig genug im Voraus hätte angekündigt werden können, um die Einhaltung der ordentlichen Frist zu erlauben.4 Soll die zusätzliche Belastung zeitlich rückwirkend gelten, kann das für ihre Unzumutbarkeit sprechen. Sie gibt dann aber keinen Kündigungsgrund, sondern ist in dieser Höhe unwirksam.5 Ist eine Umlage trotz fehlender Satzungsgrundlage aus zwingenden Gründen einmal unabweisbar, hat das einzelne Mitglied ein zeitlich begrenztes Austrittsrecht (s auch Rz. 419).6
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Kein Recht zur fristlosen Kündigung besteht, wenn das Mitglied mit Veränderung seiner persönlichen Verhältnisse Vorteilsrechte (Rz. 403), insbesondere Vereinseinrichtungen und Dienste des Vereins, nicht mehr weiter in Anspruch nehmen kann. Das Mitglied eines Sportvereins ist daher nicht zum sofortigen Austritt berechtigt, wenn es infolge plötzlicher Erkrankung (eines Unfalls) sich auf Dauer am Sportbetrieb nicht mehr beteiligen und Sportstätten des Vereins nicht mehr nutzen kann; das Mitglied eines Mieterschutzvereins nicht, weil es nach Erwerb von Wohnungseigentum ein bisheriges Mietverhältnis beendet hat und nach der Vereinssatzung die Rechte aus der Mitgliedschaft nur von Mietern in Anspruch genommen werden kön-
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1 LG Ulm v. 24.4.193013 – 1 S 161/12, SpuRt 2013, 169. 2 AG Essen DWW 1961, 119; LG Aurich v. 22.10.1986 – 1 S 279/86, Rpfleger 1987, 115 (116; anders bei nicht zuzumutender, unerträglicher Belastung); Müller, MDR 1992, 923 (925), auch zu Ausnahmen; anders LG Hamburg v. 29.4.1999 – 302 S 128/98, NJW-RR 1999, 1708 für Beitragserhöhung um mehr als 100 %. Ähnlich AG Nürnberg v. 4.9.1987 – 20 C 2367/87, Rpfleger 1988, 109: wichtiger Grund bei plötzlicher Beitragserhöhung um 25 v.H., wenn die von dem (für die Beitragserhöhung zuständigen) Vorstand gegebene Begründung inhaltsleer und nicht nachvollziehbar ist. § 242 BGB sollte indes bewirken, dass die überraschende und unzumutbare Beitragserhöhung dem Mitglied gegenüber bis zur möglichen ordentlichen Beendigung der Mitgliedschaft keine Wirksamkeit äußert. 3 LG Aurich v. 22.10.1986 – 1 S 279/86, Rpfleger 1987, 115 (116) (Tennisverein). 4 LG Hamburg v. 29.4.1999 – 302 S 128/98, NJW-RR 1999, 1708 (1709). 5 Für ein Austrittsrecht nach dem unwirksamen Beschluss einer Umlage AG Erfurt v. 26.3.2007 – 11 C 894/07 (m.E. widersprüchlich, denn wenn das Mitglied die Umlage nicht zahlen muss, besteht kein dringender Grund zu sofortigem Austritt). 6 BGH v. 9.1.2008 – XII ZR 184/05, FamRZ 2008, 602 = MDR 2008, 390 = OLG Brandenburg v. 19.6.2007 – 3 Wx 4/07, NotBZ 2007, 410 = NJW-RR 2008, 390 = DNotZ 2008, 390. Diesen Sonderfall verallgemeinert Burhoff, Rz. 92: Austrittsrecht, wenn rückwirkende Erhöhung nicht in der Satzung vorgesehen war.
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IX. Rz. 326 | Die Vereinsmitglieder
nen.1 Ein Verbleiben im Verein bis zum Ablauf der satzungsmäßigen Kündigungsfrist kann für das Mitglied, dem mit allen Mitgliederrechten in zurückliegender Zeit Vorteilsrechte zugestanden haben, in derartigen Fällen keine unerträgliche Belastung darstellen. Etwas anderes kann gelten, wenn eine geänderte persönliche (materielle oder Glaubens-/Gewissens-)Situation die Mitgliedschaft zu einer unzumutbaren Belastung werden lässt.2 Generell können in der persönlichen Sphäre des Austrittswilligen liegende Gründe den sofortigen Austritt nur ausnahmsweise, etwa bei Störung eines besonderen engen Vertrauensverhältnisses rechtfertigen.3 Können Vereinsleistungen – zB aufgrund öffentlich-rechtlicher Infektionsschutzbestimmungen bzw. Hygieneanforderungen in der Pandemie-Situation – ganz oder teilweise nicht erbracht werden, rechtfertigt das weder eine Zurückhaltung von Mitgliedsbeiträgen seitens des Mitglieds (Rz. 435) noch eine außerordentliche Kündigung. Etwas anderes kommt nur in Betracht, wenn der Verein das einzelne Mitglied willkürlich von seinem aufgrund der Vorgaben eingeschränkten Angebot ausschließt und andere Mitglieder nicht. e) Folgen des Austritts 327
Soweit eine Austrittserklärung nicht sofort die Mitgliedschaft beendet, bestehen bis zum Zeitpunkt der Beendigung der Mitgliedschaft die Mitgliedsrechte und -pflichten fort. Als unzulässige Beschränkungen des Austrittsrechts sind insbesondere Satzungsregelungen nicht möglich, die das Mitglied nach einer Kündigung in seinen Rechten dem Verein gegenüber beschränken.4 Die Tatsache, dass das Mitglied bereits gekündigt hat, schließt es nicht aus, während der Mitgliedschaft noch Vereinsstrafen, u.U. auch einen sofortigen Ausschluss zu verhängen. Derartige Maßnahmen dürfen aber in keinem Fall an den Austritt anknüpfen.
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Ein Mitglied ist also nach Kündigung, aber vor Ablauf der Kündigungsfrist beitragspflichtig, stimmberechtigt usw. Die bis zur Kündigung entstandenen und auch die in der Kündigungszeit fällig werdenden Beiträge (auch die in dieser Zeit erhöhten Beiträge und satzungsmäßig zulässige Umlagen5) kann der Verein nach dem Aus-
1 A.A. AG Wiesbaden v. 22.6.1999 – 93 C 6308/98-15, NJW-RR 1999, 1242 (1243), sehr fraglich, schon da der Rollenwechsel allein auf der freien Entscheidung des Mitglieds beruht. Wenzel, NZM 1999, 981 (982) weist zudem auf die verbleibenden Leistungen der Mietervereine auch für Nichtmieter hin. Eine vierteljährliche Kündigungsfrist zum Jahresende hat in einem solchen Fall jedoch das AG Bochum NZM 1999, 776 = mitgeteilt in Anm. der Schriftleitung BayObLG v. 22.4.1999 – 2Z BR 41/99, NJW-RR 1999, 1243 für angemessen gehalten. 2 JurisPK-BGB/Otto, § 39 Rz. 12. Vgl. auch AG Köln v. 18.7.1986 – 130 C 208/86, NJW 1987, 2450: Sofortiges Austrittsrecht, weil eine nach ihrer Satzung parteipolitisch neutrale Gewerkschaft in der Öffentlichkeit den Eindruck enger Zusammenarbeit mit der DKP erweckte. 3 OLG Oldenburg v. 18.12.2008 – 8 U 182/08, NZG 2009, 917(LS) = OLGR 2009, 612 m.w.N.; vgl. auch BGH v. 19.7.2010 – II ZR 23/09, NJW 2010, 3521 = MDR 2010, 3521. 4 Hadding in Soergel, § 39 Rz. 8. 5 Auch eine einmalige Sonderleistung, die vor Kündigung entstanden ist, bleibt vom Mitglied geschuldet, AG Grevenbroich v. 25.6.1990 – 11 C 79/90, MDR 1991, 345 = NJW 1991, 2646.
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5. Austritt der Mitglieder (§ 39 BGB) | Rz. 330 IX.
scheiden des Mitglieds in der regelmäßigen Verjährungsfrist (§§ 195, 199 BGB) noch geltend machen.1 Etwas anderes kann ausnahmsweise gelten, wenn gerade die satzungsmäßig nicht vorgesehene, für das Mitglied unzumutbar hohe Beitragserhöhung oder Umlage den Grund für eine Kündigung bildete.2 Der Verein kann ein ausgeschiedenes Mitglied nicht mehr zur Leistung solcher Beiträge (Umlagen) heranziehen, die die Mitgliederversammlung zwar während der Zugehörigkeit des Mitglieds zum Verein für ein vor dem Ausscheiden liegendes Geschäftsjahr festgesetzt, aber erst zu einem Zeitpunkt fällig gestellt hat, in dem das Mitglied bereits ausgeschieden sein wird.3 Werden jedoch von dem Verein für seine Mitglieder getätigte Aufwendungen regelmäßig erst mit zeitlichem Abstand umgelegt, dann können bei entsprechender Satzungsregelung die ausgeschiedenen Mitglieder auch für Beträge herangezogen werden, die erst Jahre nach ihrem Ausscheiden fällig werden. Änderungen im Abrechnungsmodus sind dabei hinzunehmen, wenn sie sich im Rahmen der bei Ausscheiden geltenden Grenzen der Satzung halten.4
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Mit Wirksamwerden des Austritts5 (ebenso: Ausschlusses oder sonstiger Beendigung der Mitgliedschaft) sind sodann alle Mitgliedsrechte und Mitgliedspflichten erloschen. Vereinsvermögen, das dem Mitglied zur Nutzung zu Vereinszwecken überlassen war, ist herauszugeben.6 Nachwirkende Treuepflichten wie z.B. eine Schweigepflicht wirken grundsätzlich fort7, Vereinsstrafen sind aber nicht mehr möglich. Die Mitgliedschaft lebt nicht nachträglich wieder auf, wenn die Kündigung oder der Ausschluss zurückgenommen wird; sie kann nur durch Beitritt neu begründet werden.8 Für Vereinsschulden haftet der Ausgeschiedene auch dann nicht, wenn die Satzung – unzulässig – eine fortdauernde Haftung vorsieht.
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Gegen das Grundrecht der Vereinigungsfreiheit verstößt diese Zahlungspflicht nicht (BVerfG v. 19.10.1990 – 1 BvR 892/90, 1 BvR 917/90, MDR 1991, 318 = NJW 1991, 2626). OLG Stuttgart v. 15.12.2011 – 3 U 149/11, NZG 2012, 317–319. BGH v. 24.9.2007 – II ZR 91/06, MDR 2008, 93 = NJW-RR 2008, 194. Hierzu jurisPK/ BGB/Otto, § 39 Rz. 9. BGHZ 48, 207 = MDR 1967, 909 = NJW 1967, 2303; Schl.-Holst. OLG v. 6.2.2003 – 11 U 83/01, NJW-RR 2004, 609 (auch keine Verpflichtung zur Zahlung der Umlage, wenn damit Aufgaben oder Schulden aus der zurückliegenden Zeit der Mitgliedschaft gedeckt werden sollen). Anders für während der Mitgliedszeit begründete Sonderumlagepflichten im kommunalen Schadensausgleich OLG Naumburg v. 24.3.2011 – 2 U 88/10, juris. OLG Naumburg v. 14.2.2018 – 4 U 32/17, VersR 2019, 671. Im Streit kann es auf den Zugang der Kündigung ankommen, vgl. OLG Stuttgart v. 15.12.2011 – 3 U 149/11, NZG 2012, 317–319. OLG Köln v. 23.4.2018 – 18 U 110/17, JurBüro 2018, 611 (auch zu Inventarpflicht und Beweislastfragen). Hadding in Soergel, § 39 Rz. 8. Im besonderen Einzelfall (aus Treu und Glauben, § 242 BGB) mag eine Wiederaufnahme darin zu erblicken sein, dass der Verein (seine Organe) den Ausgetretenen über längere Zeit mit seinem Einverständnis weiterhin als Mitglied behandeln (s. OLG Hamm v. 14.7.1999 – 8 U 22/98, NJW 2000, 523 [524]).
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IX. Rz. 330 | Die Vereinsmitglieder
Anspruch auf Zahlung eines „anteiligen Werts“ des dem Verein als juristische Person gehörenden Vermögens hat das ausgeschiedene Mitglied nicht (s. auch Rz. 1788 für den nicht eingetragenen Idealverein). Ein beim Eintritt fälliger Einmalbeitrag muss beim Austritt nicht, auch nicht zeitanteilig, zurückerstattet werden.1 Die Satzung kann aber Zahlungsansprüche bei Ausscheiden bis zu einem gewissen Grade begründen.2 Trifft sie keine Regelung, dann fallen auch Beitragsleistungen zu einem Sonderfonds (z.B. Unterstützungsfonds) in das Vereinsvermögen. Anspruch auf einen seinen Einzahlungen entsprechenden Anteil hat das ausgeschiedene Vereinsmitglied dann nicht.3
6. Ausschluss aus dem Verein a) Begriff 331
Durch Ausschluss endet die Mitgliedschaft auf Veranlassung des Vereins und gegen den Willen des Mitglieds. Der im Gesetz nicht vorgesehene Begriff des Vereinsausschlusses beschreibt dabei zwei unterschiedliche Instrumente: Kündigung der Mitgliedschaft durch den Verein einerseits, Ausschluss als Ergebnis eines Vereinsstrafverfahrens andererseits.4 Der Ausschluss ist somit zum einen das durch den Verein durch Gestaltungserklärung ausgeübte Kündigungsrecht (Rz. 344), zum anderen Vereinsstrafe (zu dieser Rz. 349). Nichtmitglieder können nicht ausgeschlossen werden; ihr Ausschluss ist sinnlos und satzungswidrig.5 Unwirksam ist daher auch ein Ausschluss, wenn die Mitgliedschaft bereits anderweitig, z.B. durch Austritt, erloschen ist. Ein unwirksamer Ausschluss verletzt das Mitglied in einem sonstigen Recht i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB und kann daher grundsätzlich Schadenersatzpflichten auslösen (Rz. 742).
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Einen Gruppenausschluss (= gleichzeitige Beschlussfassung über den Ausschluss mehrerer Personen) gibt es rechtlich nicht. Auch die Satzung kann das nicht vorsehen.6 Das hindert aber nicht den Ausschluss eines Vereins aus einem anderen Verein, wenn dadurch automatisch satzungsmäßig zwingend vorgesehene Doppelmitgliedschaften weiterer Mitglieder enden.
1 Bdb. OLG v. 7.12.2004 – 6 U 72/04, MDR 2005, 640 (641). 2 Bdb. OLG v. 7.12.2004 – 6 U 72/04, MDR 2005, 640 (641). Ausf. Ballerstedt, Mitgliedschaft und Vermögen beim rechtsfähigen Verein, in FS Knur (1972), S. 1 (15 ff.). 3 OLG Hamburg v. 12.12.1978 – 7 U 110/78, BB 1980, 122 mit Anm. Meinert. 4 Zu der für den Überprüfungsumfang durch das staatliche Gericht maßgeblichen Unterscheidung zwischen Ausschluss (als Vereinsstrafe) und Kündigung aus wichtigem Grund (i.d.R. gleichfalls Ausschluss genannt) vgl. auch Reuter, NJW 1987, 2401–2406 (2404); OLG Frankfurt v. 12.9.2018 – 4 U 234/17, Rz. 28 bei juris. 5 RG 51, 66; 122, 266; BGHZ 28, 131 (133) = NJW 1958, 1867. 6 BayObLG v. 24.5.1988 – BReg 3 Z 53/88, DNotZ 1989, 311 = Rpfleger 1988, 416.
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6. Ausschluss aus dem Verein | Rz. 335 IX.
b) Zuständigkeit Zuständig für den Vereinsausschluss ist mangels anderer Satzungsbestimmung die Mitgliederversammlung (§ 32 BGB)1 In dringenden Fällen kann der Vorstand im Rahmen seiner Geschäftsführungskompetenz eine vorläufige Suspendierung (Ruhen der Mitgliedschaft, Rz. 350) aussprechen.2 Ansonsten kann der Vorstand nur entscheiden, wenn die Satzung ihm diese Kompetenz zuordnet. Bedenken gegen eine solche Kompetenzübertragung auf den Vorstand bestehen, wenn der Vorstand nicht der Wahl und Kontrolle der Mitgliederversammlung unterliegt.3 Die Übertragung auf ein internes Schiedsorgan hingegen ist möglich und üblich.4
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Der nach der Satzung allgemein zur Ausschließung zuständige Vorstand des Vereins soll ein anderes Vorstandsmitglied nicht als Mitglied des Vereins ausschließen können.5 Begründet wird das damit, dass der Vorstand im Falle einer derartigen Befugnis sich leicht jedes, insbesondere ihm missliebigen, Vorstandsmitglieds entledigen und damit jedes Vorstandsmitglied in eine mit seiner Stellung unvereinbare Abhängigkeit von der Vorstandsmehrheit gelangen könnte. Zudem würde ein derartiges Recht der Vorstandsmehrheit eine Zuständigkeit einräumen, die mit derjenigen der Mitgliederversammlung als dem höchsten Organ des Vereins nicht vereinbar sei.6
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Dem ist so allgemein nicht zuzustimmen. Ist das Vorstandsamt nicht an die Vereinsmitgliedschaft gebunden (Rz. 473), ergibt sich gar kein Kompetenzkonflikt. Das ausgeschlossene Mitglied bleibt im Vorstand. Für die anderen Fälle ist wenigstens die ausdrückliche Zuweisung der Ausschlussentscheidung weg von der Mitgliederversammlung zuzulassen.7 Dass Bestellung des Vorstands und der Widerruf dieser Bestellung durch die Mitgliederversammlung zu erfolgen haben, ist nicht zwingendes Recht (§ 27 Abs. 1 mit § 40 BGB). Die gesetzliche Stellung der Mitgliederversammlung ist hier schwächer als etwa die der Generalversammlung einer Genossenschaft (zwingende Zuständigkeitszuweisungen8 gem. § 36 Abs. 3 GenG). Dass die Abberufung des Vorstands einem anderen als dem Berufungsorgan zugewiesen sein kann, wird weit-
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1 BGH 9, 157 (162); OLG Frankfurt v. 19.12.1990 – 7 U 155/90, NJW-RR 1991, 1276; OLG München v. 26.7.2017 – 20 U 5009/16, juris. 2 jurisPK/BGB/Otto, § 39 Rz. 21. 3 OLG Dresden v. 31.5.2002 – 2 U 141/02. 4 OLG Düsseldorf v. 11.10.2017 – VI U (Kart) 9/17. 5 BGH v. 6.2.1984 – II ZR 119/83, BGHZ 90, 92 = MDR 1984, 735 (für Vorsitzenden des Vorstands); BayObLG v. 21.10.1993 – 3Z BR 174/93, NJW-RR 1994, 832; OLG Düsseldorf v. 19.1.1988 – 23 U 222/87, NJW-RR 1988, 1271 (1273) (für Mitglied des „Gesamtvorstands“); OLG Köln v. 4.2.2009 – 2 Wx 56/08, FGPrax 2009, 82; Schl.-Holst. OLG v. 14.8.2008 – 14 U 95/07, juris; MünchKomm/BGB/Leuschner, § 38 Rz. 38; Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2925. 6 Das OLG Köln FGPrax 2009, 82 verlangt daher jedenfalls eine Zustimmung des für die Abberufung zuständigen Organs zu dem Ausschließungsbeschluss des für diesen vorgesehenen Organs. 7 Anders LG Freiburg v. 22.3.1989 – 8 O 477/88, NJW-RR 1989, 1021. 8 Richtig daher BGHZ 31, 192 = MDR 1960, 112 = NJW 1960, 193 zur Unzulässigkeit des Ausschlusses eines Aufsichtsratsmitglieds einer Genossenschaft durch den Vorstand.
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IX. Rz. 335 | Die Vereinsmitglieder
gehend anerkannt.1 Insbesondere das für Vereinsstrafen zuständige Organ kann in der Satzung bei Vorliegen von Ausschlussgründen für den (in der Regel mit einem Vereinsausschluss verbundenen) Widerruf der Vorstandsbestellung zuständig erklärt werden.2 Das kann dann aber auch der Vorstand selbst sein. Zumeist wird die Satzung keine ausdrückliche Kompetenzzuweisung für den Ausschluss gerade der Vorstandsmitglieder enthalten. Es ist dann Auslegungsfrage, ob sie den Ausschluss von Funktionsträgern umfassen soll. Häufig wird sich ergeben, dass eine so weit reichende Übertragung nicht gemeint ist.3 Insbesondere bei großen, mitgliederstarken überregionalen Vereinen, deren Versammlung nur in größeren Zeitabständen erfolgen kann und hohe Kosten verursacht, wären bei Alleinzuständigkeit der Mitgliederversammlung für das Bestrafungsverfahren gegen Vorstandsmitglieder diese der Ordnungsstrafgewalt des Vereins jedoch weitgehend entzogen.4 Durch die gerichtlicher Kontrolle des Vereinsausschlusses (Rz. 1210 ff., 1240) ist hinreichender Verfahrensschutz gewährleistet. Schließlich mag man danach differenzieren, ob dem Vorstandsmitglied die Verletzung allgemeiner Mitgliederpflichten vorgeworfen wird oder die von spezifischen Vorstandspflichten (dann ausschließliche Zuständigkeit des Abberufungsorgans).5 336
In welcher Zusammensetzung das Ausschlussorgan entscheidet, kann der Verein nach eigenem Ermessen in der Satzung regeln. Die Regelung muss nicht vorsehen, dass das Ausschlussorgan stets nur in voller Besetzung verhandeln und entscheiden kann. Es kann vielmehr auch bestimmt werden, dass das zuständige Organ auch dann verhandlungs- und entscheidungsbefugt ist, wenn einige Mitglieder fehlen. Wenn die Satzung darüber nichts enthält, ist die Beschlussfähigkeit Auslegungsfrage. Bei großer Mitgliederzahl ist das Erfordernis der Anwesenheit aller Mitglieder ungewöhnlich und unpraktikabel. Bei Satzungsauslegung wird daher einem nicht voll besetzten großen Gremium die Verhandlungs- und Entscheidungsfähigkeit nicht abgesprochen werden können.6
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Am Ausschlussverfahren und an der Entscheidung über die Ausschließung können auch Vereinsmitglieder teilnehmen, die den Ausschlussantrag gestellt haben. Der aus dem Strafverfahren bekannte Grundsatz, niemand könne zugleich Ankläger und Richter sein, ist auf das vereinsrechtliche Ausschließungsverfahren nicht übertragbar. Daher kann auch dem Ausschlussorgan selbst die Befugnis eingeräumt sein, von sich aus das Verfahren gegen ein Mitglied einzuleiten und dann darüber zu entscheiden7 (s. auch Rz. 1190). Ein für die Entscheidung über den Ausschluss zuständiger Einzel-
1 Burhoff, Rz. 593 m.N., dort auch zu Einschränkungen. 2 Anders – und damit in diesem Verständnis konsequent – Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2925. 3 KG OLGZ 1978, 272 = MDR 1978, 576 = MittRhNotK 1978, 109 = Rpfleger 1978, 133; OLG Köln FGPrax 2009, 82. 4 Anders OLG Frankfurt v. 16.9.2011 – 10 U 247/10, juris: Kompetenzzuweisung für die Ausschließung an den übergeordneten Vorstand greift nicht für den von der Untergliederung gewählten Ortsverbandsvorsitzenden. 5 Vgl. Burhoff, Rz. 157. 6 BGH NJW 1967, 1657 (1659). 7 BGH NJW 1967, 1657.
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6. Ausschluss aus dem Verein | Rz. 339 IX.
vorstand kann jedoch in Angelegenheiten, die ihn selbst berühren, nicht tätig werden; er ist als befangen anzusehen, wenn über den Ausschluss eines Vereinsmitglieds zu entscheiden ist, mit dem er erhebliche persönliche Differenzen hat.1 Ein Mitglied des Vorstands oder eines anderen Organs des Vereins, das durch das auszuschließende Vereinsmitglied persönlich verletzt wurde oder dies behauptet, kann an dem Ausschlussverfahren nicht mitwirken (Rz. 1187). Es kann nicht nur an der Abstimmung nicht teilnehmen, sondern auch das Ausschlussverfahren nicht als Versammlungsleiter führen.2 Zum rechtlichen Gehör im Ausschließungsverfahren s. Rz. 1192. Ob das Mitglied, das ausgeschlossen werden soll, in der Mitgliederversammlung (bzw. einem Beschlussorgan, dem es angehört) mitstimmen darf, ist streitig.3 Sobald das Vorliegen eines wichtigen in der Person des Mitglieds liegenden Grundes festzustellen bzw. der Ausschluss als Vereinsstrafe auszusprechen ist, wäre der Betroffene Richter in eigener Sache – er ist ausgeschlossen (hat aber i.d.R. in diesen Fällen die Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung). Es empfiehlt sich eine ausdrückliche Regelung in der Satzung.4
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c) Ausschließungsbeschluss Der Ausschließungsbeschluss muss begründet werden.5 Die Begründung hat eine zuverlässige Unterrichtung des Mitglieds über die Ausschließungsgründe sicherzustellen und die Nachprüfbarkeit im gerichtlichen Verfahren (Rz. 1204 ff.) zu ermöglichen.6 Daher werden an die Begründung auch strenge Anforderungen gestellt.7 Eine nähere Begründung des Ausschließungsbeschlusses erübrigt sich ausnahmsweise, wenn die Gründe der Ausschließung dem Mitglied bekannt sind, und hinsichtlich der Tatsachen, die außer Streit stehen.8 Von dem Erfordernis, dass die Umstände, aus denen sich die Unzumutbarkeit der Fortführung des Mitgliedschaftsverhältnisses im Einzelfall ergeben sollen, bereits im Ausschließungsverfahren eindeutig und konkret bezeichnet werden und in gerichtlich nachprüfbarer Weise festgestellt sein müssen, 1 OLG Hamm BB 1976, 1191. 2 OLG Karlsruhe v. 15.12.1995 – 3 U 26/95, NJW-RR 1996, 1503. 3 Dafür hier bis 9. Aufl. Rz. 707 unter Hinweis auf OLG Köln MDR 1968, 665 = NJW 1968, 992; LG Itzehoe v. 15.6.1989 – 4 S 46/89, NJW-RR 1989, 1531 (1532); KG v. 3.3.2014 – 12 W 73/13, Rpfleger 2014, 381 = ZStV 2014, 146 m. abl. Anm. Röcken Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 202; a.A. (kann nicht mit abstimmen) Erman/Westermann, § 34 Rz. 1; jurisPK/ BGB/Otto, § 34 Rz. 5; Hadding in Soergel, § 25 Rz. 46; Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2921. Von seinem Ausgangspunkt (freies Ausschließungsrecht durch Mehrheitsentscheid) zutreffend differenzierend Schwennicke in Staudinger, § 34 Rz. 14. 4 Burhoff, Rz. 99. 5 BGH v. 10.7.1989 – II ZR 30/89, MDR 1990, 27 = NJW 1990, 40 (41); OLG Düsseldorf v. 19.5.1981 – 21 U 208/80, MDR 1981, 843. 6 OLG Karlsruhe v. 3.9.1997 – 1 U 126/97, GmbHR 1997, 1068 = NJW-RR 1998, 684. 7 S. OLG Düsseldorf v. 19.5.1981 – 21 U 208/80, MDR 1981, 843; zu den Anforderungen an die konkrete Bezeichnung der Ausschließungsgründe bei Fehlen einer eigenen Begründung des Ausschließungsbeschlusses s. BGH v. 10.7.1989 – II ZR 30/89, MDR 1990, 27 = NJW 1990, 40. 8 RG 147, 11 (13); RG HRR 1942 Nr. 799; Steffen in BGB-RGRK, § 25 Rz. 19.
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IX. Rz. 339 | Die Vereinsmitglieder
entbindet nicht, dass sich der Vereinsausschluss nicht auf einen in der Satzung namentlich benannten Ausschließungstatbestand, sondern auf den allgemeinen Grundsatz der Zulässigkeit der Lösung von Dauerrechtsverhältnissen bei Vorliegen eines wichtigen Grundes stützt.1 340
Wenn die Satzung nur den Ausschluss vorsieht, kann (sofern die Voraussetzungen des Ausschlusses gegeben sind, nicht aber im Zweifelsfall oder bis zur vollständigen Klärung des Sachverhalts) auf Ausschluss auf Zeit als mildere Maßregel erkannt werden (vgl. demgegenüber zum Ruhen von Mitgliedsrechten bei Fortbestehen der Mitgliedspflichten Rz. 350).2 Zum Ausschluss durch Streichung von Mitgliederliste s. Rz. 357.
341
Der Ausschluss kann unter einer klar bestimmten aufschiebenden Bedingung erklärt werden, wenn über deren Eintritt kein Zweifel aufkommen kann.3 Ein Ausschluss unter der Maßgabe „wenn er sich nicht binnen vier Wochen [bei einem Dritten] schriftlich entschuldigt“ ist dagegen bereits zu unbestimmt und unwirksam.4 Derartige Beschlüsse sind eher als Appell an die Beteiligten zu verstehen, nochmals eine Einigung zu versuchen, bevor über den Ausschluss endgültig entschieden wird.5
342
Wirksam wird ein Ausschluss mit Bekanntgabe an den Betroffenen (§ 130 Abs. 1 BGB). Muss der Ausschließungsbeschluss satzungsgemäß dem Vereinsmitglied vom Vorstandsvorsitzenden bekannt gegeben werden, so hat dieser die Bekanntmachung anzuordnen, kann aber mit der Durchführung auch ein anderes Mitglied des Vorstands beauftragen.6 Wenn die Satzung nichts anderes bestimmt, kann der Ausschluss von dem zuständigen Organ über die eigene oder eine Vereinsgeschäftsstelle formlos zugestellt werden.7 Die Satzung kann vorsehen, dass die Wirkungen des Ausschlusses (Rz. 330) schon mit der Beschlussfassung eintreten.
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Sieht die Satzung ein vereinsinternes Rechtsmittelverfahren vor, so kommt darin im Zweifel zum Ausdruck, dass bei Anrufung der übergeordneten Vereinsinstanz bis zu deren Entscheidung die Ausschließung noch keine Wirksamkeit äußert (aufschiebende Wirkung des vereinsinternen Rechtsbehelfs).8 Die Satzung kann dem vereinsinternen Rechtsbehelf die aufschiebende Wirkung versagen; sie muss dies ausdrücklich
1 BGH v. 10.7.1989 – II ZR 30/89, MDR 1990, 27 = NJW 1990, 40. 2 OLG Frankfurt NJW 1975, 189; Hadding in Soergel, § 38 Rz. 13; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 352. A.A. z.B. Schlosser, Vereins- und Verbandsgerichtsbarkeit, § 2 II 1b, S. 57. Jedoch handelt es sich beim zeitweiligen Ausschluss um keine von der satzungsgemäß zulässigen Ausschließung wesensverschiedene Strafmaßnahme. 3 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2928. 4 A.A. Linnenbrink, SpuRt 1995, 266. Die Unklarheit über den materiellen Inhalt eines als „Entschuldigung“ betitelten Schreibens lässt sich allenfalls dadurch vermeiden, dass der Verein auf den fristgerechten Eingang einer Bestätigung des Beleidigten oder sonst Verletzten über die ausreichende Abbitteleistung abstellt. 5 JurisPK-BGB/Otto, § 39 Rz. 22. 6 OLG München MDR 1973, 405. 7 OLG Düsseldorf v. 11.10.2017 – VI U (Kart) 9/17 juris-Rz. 65. 8 BayObLG v. 24.5.1988 – BReg 3 Z 53/88, DNotZ 1989, 311 = Rpfleger 1988, 416.
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6. Ausschluss aus dem Verein | Rz. 345 IX.
anordnen.1 Sie kann auch anordnen, dass die Mitgliedsrechte bis zur Entscheidung ruhen. Enthält die Satzung keine Bestimmungen, so wird der Ausschluss erst mit Ablauf der für das vereinsinterne Rechtsmittelverfahren bestimmten Frist oder mit Entscheidung durch das zweitinstanzliche Vereinsorgan wirksam. d) Ausschluss als Kündigung Mangels anderer Satzungsbestimmung kann zwar angenommen werden, dass die ordentliche Kündigung der Mitgliedschaft durch den Verein regelmäßig konkludent ausgeschlossen ist. Es bleibt aber stets die Lösung des in der Mitgliedschaft liegenden Dauerschuldverhältnisses aus wichtigem Grund.2 Unter den Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung (§ 314 BGB) ist der Vereinsausschluss auch dann möglich, wenn die Satzung die Ausschließung von Mitgliedern nicht regelt3, ebenso der sofortige Ausschluss, wenn dem Verein das Abwarten einer satzungsmäßigen Kündigungsfrist nicht zumutbar ist.4 Das Vorliegen des wichtigen Grundes ist voll justiziabel.5 In der Person oder im Verhalten des Mitglieds liegende Gründe müssen dem Verein die Fortsetzung der Mitgliedschaft unzumutbar machen. Es spricht gegen eine solche Unzumutbarkeit, wenn der Verein bis zum Ausschluss viel Zeit verstreichen lässt (§ 314 Abs. 3 BGB).6 Dazu ist die gesamte Zeitspanne bis zur Bekanntgabe des Ausschlusses zu betrachten.7
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Die Satzung kann darüber hinaus Ausschluss- oder Kündigungsgründe definieren, die nicht die Qualität eines wichtigen Grundes (i.S.d. § 314 BGB) erreichen müssen.8 Damit definiert der Verein selbst (und stets abstrakt im Voraus), unter welchen Voraussetzungen ihm die Fortsetzung der Mitgliedschaft unzumutbar ist. „Wiederholte Verstöße gegen die Satzung oder die Hausordnung“ sind als Ausschlussgrund bestimmt genug,9 „besondere Fälle“10 hingegen nicht. Es gibt kein freies Ausschlie-
345
1 BayObLG v. 24.5.1988 – BReg 3 Z 53/88, DNotZ 1989, 311 = Rpfleger 1988, 416; OLG Stuttgart NJW 1955, 833 (834). 2 Zu den allgemeinen Wurzeln dieses Kündigungsgrundes für das Gesellschaftsrecht s. Grunewald, Der Ausschluss aus Gesellschaft und Verein, 1987, S. 39, 57 ff., 60 ff. 3 OLG Hamm v. 25.4.2001 – 8 U 139/00, NJW-RR 2001, 1480 (1482). 4 OLG Frankfurt v. 12.9.2018 – 4 U 234/17. 5 OLG Frankfurt v. 19.12.1990 – 7 U 155/90, NJW-RR 1991, 1276 (1277); offen gelassen in BGH v. 10.7.1989 – II ZR 30/89, MDR 1990, 27, LM Nr. 28 zu § 25 BGB. 6 OLG Frankfurt v. 12.9.2018 – 4 U 234/17, juris-Rz. 31: Die einzuhaltende Frist darf die Zeit nicht wesentlich überschreiten, die zur Abklärung der Kündigungsmöglichkeit und zur Vorbereitung der Entscheidung über die Beendigung des Schuldverhältnisses durch die Kündigung erforderlich ist. Dabei kann sich der Verein nicht darauf berufen, er habe zunächst ein gesteigertes Medieninteresse verstreichen lassen wollen. 7 OLG Frankfurt v. 12.9.2018 – 4 U 234/17. 8 Benecke, WM 2000, 1173 (1182). 9 Vgl. LG Duisburg v. 5.3.2015 – 8 O 211/14, juris. 10 OLG Frankfurt v. 12.9.2018 – 4 U 234/17, juris.
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IX. Rz. 345 | Die Vereinsmitglieder
ßungsrecht.1 Einen willkürlichen Ausschluss verbieten schon die allgemeine Treuepflicht2 und das vereinsrechtliche Gebot der Mitgliedergleichbehandlung.3 Die Ausschließungsgründe der Satzung müssen also durch sachliche Überlegungen gerechtfertigt sein.4 Dabei kann jedoch eine im Verein gebildete, von allgemeinen gesellschaftlichen Wertvorstellungen abweichende „Sondermoral“ (in den Grenzen der Strafgesetze) zu respektieren sein.5 Unter diesem Blickwinkel können auch Diskriminierungen vor der Verfassung standhalten.6 Wiederholte Verstöße gegen eine vom Verein beschlossene Kleiderordnung können sanktioniert werden.7 Der Verein darf Äußerungen von Mitgliedern sanktionieren, auch wenn sie vom Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt sind.8 Die Vereinssatzung kann für einen im Alltag unpolitischen (Sport-)Verein vorsehen, dass auszuschließen ist, wer gegen eine demokratische und auf Völkerverständigung ausgerichtete Grundhaltung verstößt.9 Anhänger gewaltbereiter oder als verfassungswidrig beobachteter extremistischer Gruppen können auch ohne ausdrückliche Satzungsbestimmung bereits nach der allgemeinen Regel ausgeschlossen werden.10 Besonders bei Vereinen mit Tendenzschutz (Parteien, Fraktionen, Tarifpartner) kommt ein weitergehender Ausschluss aus politisch-inhaltlichen Gründen in Frage.11 Erhöhte Anforderungen gelten andererseits für den Verein mit Aufnahmezwang (Rz. 299 ff.). 346
Privates Verhalten des Mitglieds kann zum Ausschluss aus wichtigem Grund führen, wenn es geeignet ist, das Ansehen des Vereins in der Öffentlichkeit oder bei anderen
1 Daher kann auch die Satzung den Rechtsweg nicht ausschließen, allenfalls ein vereinsinternes Rechtsbehelfsverfahren vorschalten, OLG Celle v. 5.10.1987 – 1 U 69/86, WM 1988, 495 mit zust. Anm. Grunewald; Van Look, WuB II L § 38 BGB 2.88. Zur Gegenmeinung mit beachtlichen Gründen Schwennicke in Staudinger, § 38 Rz. 148. 2 Vgl. Schwennicke in Staudinger, § 38 Rz. 148: Unberechtigt wäre zB auch bei Zulassung eines freien Ausschlussrechts der anlasslose Ausschluss eines langjährig vereinstreuen Mitglieds; ebenso, wenn das Mitgliedschaftsrecht erhebliche wirtschaftliche Bedeutung hat, etwa weil für die Mitgliedschaft erhebliche Vorleistungen erbracht wurden, sowie wenn das Ausschlussrecht als Mittel der vereinsinternen Auseinandersetzung missbraucht wird. 3 Reuter, NJW 1987, 2401 (2405); differenzierter Reichert/Wagner, Rz. 2891; letztlich führt er wie Schwennicke in Staudinger, § 38 Rz. 148 über eine Willkürkontrolle aber doch das Erfordernis sachlich nachvollziehbarer Kündigungsgründe ein. 4 Hadding in Soergel, § 39 Rz. 11. 5 Zu einem Adelsverein OLG Celle v. 13.6.1988 – 1 U 13/88, FamRZ 1989, 50, NJW-RR 1989, 313 ff. 6 BVerfG FamRZ 1989, 1047. 7 LG Duisburg v. 5.3.2015 – 8 O 211/14, juris. 8 OLG Koblenz v. 26.6.2003 – 5 U 1621/02, OLGR 2003, 361. 9 Ausschluss eines NPD-Mitglieds aus einem Fußballligaverein; LG Bremen v. 31.1.2013 – 7 O 24/12, NJW-RR 2013, 1125. 10 Vorsichtiger Röcken, ZStV 2013, 146 mit dem vorsorglichen Rat an die Satzungsgestaltung, dass (sinngemäß) ein Verein stets in der Satzung seine demokratische und auf Völkerverständigung ausgerichtete Grundhaltung zum Ausdruck bringen sollte samt ausdrücklicher Ausschlussmöglichkeit von abweichenden Mitgliedern, um Mitglieder extremistischer Gruppen fernhalten zu können. 11 Ullrich, JZ 2014, 1084.
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6. Ausschluss aus dem Verein | Rz. 349 IX.
Vereinen der gleichen Sparte herabzusetzen.1 Insofern kann es schon vereinsschädigend sein, wenn sich ein Mitglied in Vereinskluft an den von rivalisierenden Fangruppen vereinbarten Ort einer Schlägerei (sog. „Drittplatz-Auseinandersetzung“) begibt und nicht aktiv schlichtend eingreift. Denn damit verstärkt er für die Öffentlichkeit den zahlenmäßigen Eindruck gewaltbereiter Fans seines Vereins. Auf den Nachweis, dass er sich selbst an körperlicher Auseinandersetzung beteiligt hat, kommt es insofern nicht an.2 Fehlende Wiederholungsgefahr kann gegen den Ausschluss sprechen.3 Über § 314 BGB hinausgehende Ausschlussgründe müssen in der Satzung hinreichend klar bestimmt sein. Gleiches gilt für das beim Ausschluss auf dieser Grundlage zu beachtende Verfahren.
347
Der Ausschluss aus einem in der Satzung genau definierten wichtigem Grund – also nicht ohne Satzungsgrundlage und nicht als Vereinsstrafe – kann wie der Ausschluss als außerordentliche Kündigung i.S.d. § 314 BGB kann von einem Verschulden unabhängig sein.4 (zum „automatischen“ Erlöschen der Mitgliedschaft unten Rz. 360 ff.).
348
e) Ausschluss als Vereinsstrafe Ausschluss ist daneben die stärkste Form der Vereinsstrafe.5 Aufgrund ihrer Bindung an die Satzung unterliegen die Mitglieder einer in dieser vorgesehenen Vereinsstrafgewalt. Ist ein Vereinsstrafverfahren wirksam eingeführt, reduziert sich die gerichtliche Überprüfung auf Verletzung des Gesetzes (Rz. 1210 ff.). Wenigstens beim Ausschluss ohne Verschulden ist nicht von einer Vereinsstrafe, sondern von einer Kündigung aus wichtigem Grund – also außerordentlicher Beendigung der Mitgliedschaft auszugehen6 – mit der Konsequenz voller gerichtlicher Kontrolle.7 Zum Vereinsausschluss im Rahmen des Vereinsstrafrechts ausführlich unten Rz. 1190 ff.
1 Vgl. das Beispiel von Linnenbrink, SpuRt 1995, 266 (267): Vorstand des Golfvereins spielt häufig unter betrügerischer Nichtentrichtung der Platzgebühr bei anderen Clubs. 2 Anders AG Hannover v. 14.2.2019 – 554 C 1620/18, SpuRt 2019, 87. 3 OLG Frankfurt v. 19.12.1990 – 7 U 155/90, NJW-RR 1991, 1276 f. 4 Zu den Grenzen etwa BGH v. 13.7.1972 – II ZR 55/70, LM Nr. 11 zu § 25 BGB; Saarl. OLG v. 4.6.1993 – 4 U 166/92, NJW-RR 1994, 251–252: Jeweils unbillige Sanktion für das Verhalten von Angehörigen. 5 Zum Verhältnis von Straf- und Kündigungsausschluss zueinander, wenn eine exakte Abgrenzung im Einzelfall nur schwer oder nicht möglich ist, s. Reuter, NJW 1987, 2401 (2402, 2406). 6 Ellenberger in Palandt, § 25 Rz. 15. 7 MünchKomm/BGB/Leuschner, § 38 Rz. 33.
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IX. Rz. 350 | Die Vereinsmitglieder
7. Sonstiges Erlöschen der Mitgliedschaft a) Ruhen der Mitgliedschaft (§§ 25, 38, 39, 40 BGB) 350
Das Ruhen der Mitgliedschaft bedeutet kein Erlöschen. Die Mitgliedschaft ist vielmehr suspendiert. Mitgliedschaftsrechte und -pflichten werden ausgesetzt.1 Die Ruhensanordnung kann sich auch auf einzelne Rechte aus der Mitgliedschaft beschränken. Das Ruhen der Mitgliedschaft ist damit vom Ausschluss aus dem Verein in den Auswirkungen wesensverschieden.2 Es kann nur durch Satzungsbestimmung vorgesehen werden und ist nicht (als ein „Minus“) in der Ausschlussmöglichkeit mitenthalten.
351
Eingeführt werden kann das Ruhen der Mitgliedschaft als Sanktion für ein vereinswidriges Verhalten. Beispiel: Bei Beitragsrückstand trotz schriftlicher Abmahnung kann das Ruhen der Mitgliedschaft angeordnet werden (s. auch bei Rz. 1002).
Dann ist das Ruhen der Mitgliedschaft Vereinsstrafe (zur Ordnungsstrafgewalt des Vereins Rz. 1190 ff.). Insbesondere muss sich das Mitglied durch den Nachweis fehlenden Verschuldens entlasten können.3 352
Das Ruhen der Mitgliedschaft kann aber – ebenso wie ihr Erlöschen – auch durch Erfüllung eines objektiven Tatbestands bedingt werden. Solche Voraussetzungen für das Ruhen der Mitgliedschaft muss die Satzung bestimmt darstellen. Beispiel: Ruhen der Mitgliedschaft für die Zeit des Beitragsrückstands, Dauer der Abwesenheit während des Studiums, während einer auswärtigen Ausbildung, zur Ableistung des Wehrdienstes, für die Zeit einer hauptberuflichen Anstellung bei dem Verein4; Ruhen der Spielerlaubnis bei fehlendem Sozialversicherungsnachweis.5
353
Die Satzungsbestimmung, dass eine Mitgliedschaft ruht, solange ein Mitglied „gegen den Landesverband bzw. dessen Organe Klage führt oder das Schiedsgerichtsverfahren läuft“, wurde als zulässig angesehen.6 Wenn damit der Zweck verfolgt wird, Streitigkeiten nicht weiter in den Verein, insbesondere in die Mitgliederversammlung hineinzutragen, kann eine solche Satzungsbestimmung hingenommen werden. Im Einzelfall kann eine so weitgehende satzungsgemäße Folge jedoch die Mitgliederrechte grob und unbillig beschränken und das Mitglied auch dazu veranlassen, von der Geltendmachung eines für berechtigt angesehenen Anspruchs abzusehen; dann ist sie als 1 BayObLG v. 12.10.1979 – BReg 2 Z 37/79, Rpfleger 1980, 15 (16). 2 RG JW 1929, 847 (848). 3 OLG Hamm v. 1.4.2008 – 27 U 133/07, OLGR 2008, 710 mit Beispiel zur Abgrenzung der beiden Ausprägungen Vereinsstrafe und „Automatismus“. 4 Dies zur Vermeidung von Interessenkonflikten, Röcken, Vereinssatzungen, Rz. 72. 5 OLG Hamm v. 1.4.2008 – 27 U 133/07, OLGR 2008, 710. 6 BayObLG 1979, 351. Der „Ausschluss auf Zeit“ kann hingegen nicht genutzt werden, um das Vorliegen der Ausschlussgründe zu prüfen, dazu Burhoff, Rz. 159.
204 | Stöber/Otto
7. Sonstiges Erlöschen der Mitgliedschaft | Rz. 357 IX.
sittenwidrig nichtig1 Wenn das Ruhen der Mitgliedschaft satzungsgemäß die automatische Folge eines bestimmten Verhaltens eines Mitglieds ist und hiervon mehrere Mitglieder betroffen werden, bei denen – zufällig oder von ihnen absichtlich herbeigeführt – gleichzeitig diese Voraussetzung eintritt, sind von der Rechtsfolge stets nur die individuellen Mitgliedschaftsverhältnisse betroffen, so dass darin kein unzulässiger Gruppenausschluss (Rz. 332) liegt.2 In der Zeit, in der die Mitgliedschaft ruht, können Mitgliedschaftsrechte nicht wahrgenommen werden und Mitgliedspflichten nicht bestehen. Ob nur Mitgliedschaftsrechte – ganz oder teilweise – nicht ausgeübt werden können3 oder ob das Mitglied auch den Pflichten (z.B. zur Beitragszahlung) nicht unterliegt, hat die Satzung zu ergeben. Wenn sie nichts bestimmt, ist davon auszugehen, dass das Mitglied auch von den Mitgliedspflichten befreit ist.4 Das Mitglied kann den Austritt aus dem Verein auch in der Zeit erklären, in der die Mitgliedsrechte ruhen.
354
Wenn das Mitglied den Eintritt der Voraussetzungen für das Ruhen seiner Mitgliedschaft bestreitet, steht ihm der in der Satzung vorgesehene Rechtsweg (Schiedsgerichtsverfahren)5 und der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten6 offen. In der Zeit, in der eine Mitgliedschaft ruht, kann das damit von der Abstimmung ausgeschlossene Vereinsmitglied die Unwirksamkeit von Satzungsbestimmungen sowie von Beschlüssen der Mitgliederversammlung gerichtlich geltend machen.7
355
Mit Ablauf der (in einem Vereinsstrafverfahren festgesetzten) Frist oder mit Wegfall der Voraussetzungen (welche die Satzung für die Suspendierung bestimmt) erlangt das betroffene Mitglied automatisch wieder alle Mitgliederrechte und -pflichten. Weil die Mitgliedschaft nicht (zeitweilig) erloschen war, muss (und kann) das Mitglied nicht neu aufgenommen werden.
356
b) Streichung der Mitgliedschaft Die Streichung von der Mitgliederliste wird überwiegend als ein vereinfachtes und abgekürztes Ausschließungsverfahren verstanden.8 Die Satzung muss die Voraussetzungen (längere Nichtzahlung von Beiträgen trotz Mahnung, nicht mitgeteilte Wohnsitzverlegung usw.) bestimmt regeln und das zuständige Organ (Vorstand, Kassierer)
1 Zu dieser Frage näher auch BayObLG v. 12.10.1979 – BReg 2 Z 37/79, Rpfleger 1980, 15 (16). 2 BayObLG v. 12.10.1979 – BReg 2 Z 37/79, Rpfleger 1980, 15 (16). 3 Vgl. etwa RG JW 1929, 847 (848). 4 BayObLG v. 12.10.1979 – BReg 2 Z 37/79, Rpfleger 1980, 15 (16). 5 BayObLG v. 12.10.1979 – BReg 2 Z 37/79, Rpfleger 1980, 15 (16). 6 OLG Celle BB 1973, 1190; dieses auch zur einstweiligen Anordnung. 7 BayObLG 1979, 351; LG Hamburg NJW 1993, 440. 8 OLGR Hamm 2001, 389. Vgl. aber auch Risse, NVwZ 1983, 529: Die Satzung definiert Tatbestände (z.B. bestimmte Beitragsrückstände), deren Verwirklichung als konkludente Austrittserklärung des Mitglieds zu verstehen sind.
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IX. Rz. 357 | Die Vereinsmitglieder
benennen. Anhörung1 des Mitglieds und Bekanntgabe der Streichung der Mitgliedschaft sind nicht erforderlich. Die Streichung der Mitgliedschaft hat sich als sehr zweckmäßige, praktisch einfach durchführbare formelle Beendigung der Mitgliedschaft für all die Fälle bewährt, in denen mit der Zeit oder durch veränderte Umstände jedes Interesse des Mitglieds am Verein – und umgekehrt – das Bewusstsein der Vereinszugehörigkeit völlig erloschen sind. 358
Derartige Verfahren sind nicht unbedenklich, wenn dem zuständigen Vereinsorgan ein Entschließungsermessen und Beurteilungsspielräume eingeräumt werden.2 Zur Vermeidung von Streitfällen sollten die zur Streichung führenden Tatbestände in der Satzung möglichst eng gewählt werden, um dem beschriebenen Anwendungsbereich gerecht zu werden. Es kann sich anbieten, in der Satzung ein (ex nunc) Wiederaufleben der Mitgliedschaft vorzusehen, sobald der Streichungsgrund wegfällt, also z.B. alle ausstehenden Beiträge nachgezahlt werden. Im Ergebnis war dann als „milderes“ Mittel ein – freilich nicht beitragsfrei gestelltes – Ruhen der Mitgliedschaft angeordnet.
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Bei politischen Parteien wird die Streichung eines Mitglieds ohne parteischiedsgerichtliches Verfahren als unzulässig angesehen, § 10 Abs. 5 PartG gilt als abschließend.3 M 12 Streichen von der Mitgliederliste Wer länger als drei Monate mit seinen Beiträgen im Rückstand ist, kann nach ergebnisloser Aufforderung zur Beitragszahlung an die letzte dem Verein mitgeteilte Adresse nach einem weiteren Monat von der Mitgliederliste gestrichen werden. Die nach dieser Regelung erstmalig gestrichene Mitgliedschaft lebt – ausschließlich – mit Wirkung für die Zukunft wieder auf, wenn alle bis dahin aufgelaufenen Rückstände nachgezahlt sind. Hat das Mitglied danach erneut Anlass zur Streichung gegeben, setzt das Wiederaufleben zusätzlich die Vorauszahlung eines Jahresbeitrags voraus.
c) Beendigungsautomatismus/Fehlen von Aufnahmevoraussetzungen 360
Auch das automatische Erlöschen der Mitgliedschaft kann die Satzung vorsehen.4 Die Mitgliedschaft endet dann mit dem Eintritt des in der Satzung bestimmten Er1 A.A. LG Bonn MDR 1975, 139, m.E. jedoch zu weitgehend, weil sich das Mitglied einem vereinfachten Verfahren unterworfen hat. 2 Ausf. jurisPK/BGB/Otto, § 39 Rz. 30 f. 3 Morlok, PartG § 10 Rz. 4; Lenski, PartG § 10 Rz. 80. Offener hingegen Risse, NVwZ 1983, 529 und wohl auch BGH v. 5.10.1978 – II ZR 177/76, NJW 1979, 1402. Tatsächlich sehen die Statuten mehrerer politischer Parteien die Streichung bei Beitragsrückstand vor (teilweise mit Definition der Nichtzahlung als konkludente Austrittserklärung, so etwa § 1 Abs. 10 der Beitragsordnung der SPD, Abruf 22.5.2020 unter https://www.spd.de/partei/organisa tion/gremien/). 4 Bdb. OLG v. 3.7.2012 – 11 U 174/07, juris; OLG Oldenburg v. 18.12.2008 – 8 U 182/08, ZIP 2009, 907 (LS) = OLGR 2009, 612 m.w.N. = NZG 2009, 917(Ls.). Soweit für das Genos-
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eignisses (Beendigungstatbestand). In dieser Fallgruppe vollzieht die „Streichung“ (Rz. 357) nur für die Buchführung des Vereins ein bereits eingetretenes Ereignis nach.1 Der Tatbestand, mit dem die Mitgliedschaft automatisch endet2, muss in der Satzung objektiv bestimmt (und auch für einen Nichtjuristen leicht nachvollziehbar)3 sein. Er darf nicht dazu dienen, die Willkürschranken eines Vereinsausschlusses oder einen Aufnahmeanspruch zu umgehen. Zu unbestimmt ist eine Satzungsbestimmung, welche die automatische Beendigung der Mitgliedschaft wegen eines „Verstoßes gegen Grundsätze und Ziele des Vereins“4 oder einer sonst auslegungsbedürftige Regelung vorsieht.
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Beispiele zulässiger Gestaltung: Die Mitgliedschaft endet ohne weiteres mit – Ausscheiden aus einer Untergliederung (ergänzend bleibt festzulegen: Tag der Austrittserklärung oder eines Ausschlusses oder Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Ausscheidens?). – Verlust eines (konkret bestimmten) Amtes (Wirksamwerden). – Aufgabe einer (bestimmten oder jeder) Erwerbstätigkeit (Wirksamwerden). – Beendigung eines bestimmten Arbeitsverhältnisses (Wirksamwerden). – Erreichen eines bestimmten Lebensalters. – Anordnung einer Betreuung (Wirksamwerden). – Löschung im Register (bei Vereinen und Gesellschaften). – Nichtzahlung des Beitrags trotz Mahnung nach Ablauf einer (bestimmten) Nachfrist (nicht aber bereits mit Weigerung der Beitragszahlung vor Ablauf der in der Satzung festgelegten Verzugsfrist). – Wohnsitzverlegung (außerhalb einer bestimmten Region). – Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw. rechtskräftige Abweisung der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels Masse. – Mitgliedschaft in einer extremistischen, rassistischen oderfremdenfeindlichen Organisation.
Macht der Verein die Aufnahme von bestimmten Voraussetzungen abhängig, die in der Person des Mitglieds gegeben sein müssen (Rz. 239), dann muss das nicht bedeuten, dass ein einmal aufgenommenes Mitglied sie dauerhaft erfüllen muss. Diese Frage ist bei Fehlen einer ausdrücklichen Regelung vielmehr durch Auslegung der Satzung zu entscheiden. Aber selbst wenn sich erweist, dass die Voraussetzung fortdauernd er-
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senschaftsrecht angenommen wird, dass in der Satzung Tatbestände für ein automatisches Ausscheiden des Mitglieds nicht möglich sind (LG Wuppertal v. 22.11.1996 – 10 S 269/96, NJW-RR 1997, 1191), schließt das zum einen die Mitgliedschaft auflösende Gestaltungen nicht generell aus (BGH v. 15.5.2018 – II ZR 2/16, ECLI:DE:BGH:2018:150518UIIZR2.16.0, MDR 2018, 873) und ist zum anderen nicht auf das Vereinsrecht übertragbar. Bei jurisPK/BGB/Otto, § 39 Rz. 33 ist das automatische Erlöschen als Untergruppe der Streichung behandelt. LG Braunschweig v. 19.5.1995 – 1 O 113/94, MDR 1995, 754. Instruktiv zur Abgrenzung von „automatischer“ Regelung und Vereinsstrafe OLG Hamm v. 1.4.2008 – 27 U 133/07, OLGR 2008, 710. Bdb. OLG v. 3.7.2012 – 11 U 174/07, juris. Vgl. auch BGH v. 15.5.2018 – II ZR 2/16, ECLI: DE:BGH:2018:150518UIIZR2.16.0, MDR 2018, 873 (zur Genossenschaft). LG Braunschweig v. 19.5.1995 – 1 O 113/94, MDR 1995, 754, auch zur gerichtlichen Nachprüfung des automatischen Ausschlusses.
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füllt sein muss, endet die Mitgliedschaft mit ihrem späteren Wegfall in der Regel nicht ohne weiteres.1 Es bedarf im Zweifel noch einer Kündigung durch Mitglied oder Verein. Eine außerordentliche (fristlose) Kündigung seitens des Mitglieds rechtfertigen die geänderten Umstände dann nicht, wenn ihr Eintritt auf eigenen Entscheidungen in der Sphäre des Mitglieds beruht.2 Eine andere Regelung muss in der Satzung eindeutig bestimmt sein. Vorsicht geboten ist insoweit schon mit der nur allgemeinen Bestimmung, dass die Mitgliedschaft mit dem „Wegfall satzungsgemäßer Beitrittsvoraussetzungen erlischt“, weil die Voraussetzungen nicht immer zweifelsfrei und auf einen bestimmten Zeitpunkt feststellbar sein werden. Außerdem muss für die Gestaltung einer derartigen Bestimmung bedacht werden, dass allein das Erfüllen formaler Aufnahmevoraussetzungen noch nicht zur Aufnahme führen muss. In der Vereinspraxis können sich weitere faktische Voraussetzungen herausgebildet haben, die ein Beendigungs-Automatismus nicht abbilden kann. Beispiele: Die Vereinssatzung lässt nur den Eintritt von selbständigen Freiberuflern zu. Ohne dass dies ausdrücklich geregelt wäre, wurde in der Vergangenheit niemand aufgenommen, der die freiberufliche Tätigkeit nur im Nebenberuf ausübt. Mitglied A wechselt in ein Anstellungsverhältnis (oder wird Rentner), daneben arbeitet sie stundenweise selbständig weiter. Ist nun geregelt, dass die Mitgliedschaft mit dem „Wegfall einer Beitrittsvoraussetzung erlischt“, dann – wäre nur durch Auslegung zu ermitteln, ob die Hauptberuflichkeit (ungeschriebene) Aufnahmevoraussetzung war und – selbst wenn dies der Fall war, bliebe zu klären, ob der Verein vielleicht eine spätere Veränderung bei dem Bestandsmitglied toleriert und für die Beendigung nur auf die ausdrücklichen Voraussetzungen abstellen will.
Auch wenn dem Wortlaut nach die Voraussetzungen des „Automatismus“ erfüllt sind, kann sein Anwendungsbereich eingeschränkt sein: Die Bestimmung der Satzung eines sog. Firmen-Unterstützungsvereins, dass die Mitgliedschaft mit dem Ausscheiden aus den Diensten der Firma erlischt, greift z.B. regelmäßig nicht ein, wenn bei einem Betriebsinhaberwechsel der Betriebsnachfolger mit Zustimmung der Arbeitnehmer in deren Arbeitsverträge eintritt.3 Entscheidend ist hier, welche dem Vereinszweck entsprechenden Ziele mit der Aufnahmevoraussetzung bzw. korrespondierend mit dem Beendigungsgrund verfolgt werden. 363
Eine Satzungsänderung, die erstmals das automatische Erlöschen der Mitgliedschaft bei Wegfall bestimmter Aufnahmevoraussetzungen bestimmt oder neue Voraussetzungen aufstellt, kann grundsätzlich auch gegenüber früher beigetretenen Mitgliedern gelten.4 Das darf aber nicht so weit gehen, dass es im Ergebnis zu einer Auswechslung des Mitgliedsbestands kommt.5 Eine derartig grundlegende Satzungsänderung be-
BGH v. 19.7.2010 – II ZR 23/09, MDR 2010, 1195 = NJW 2010, 3521. BGH v. 19.7.2010 – II ZR 23/09, MDR 2010, 1195 = NJW 2010, 3521. BayObLG 1971, 1978 = Rpfleger 1971, 311. BGH Betrieb 1978, 1973 = DNotZ 1978, 724 = MDR 1979, 32 = Rpfleger 1978, 362 für Verlust der Mitgliedschaft bei Gewerkschaft mit Ausscheiden aus dem Postdienst; Oldenburg OLGR 2009, 612 m.w.N. = ZIP 2009, 917 = NZG 2009, 917. 5 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1084. 1 2 3 4
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dürfte der Zustimmung der gesamten betroffen Mitgliederschaft.1 Bei weniger weit reichenden Maßnahmen ist an einen Bestandsschutz jedenfalls der Mitglieder zu denken, die nicht zugestimmt haben und bereits im Moment der Satzungsänderung die neuen Voraussetzungen nicht mehr erfüllen bzw. ausscheiden müssten.2 Bestandsschutz genießen sowohl die Mitglieder, die ein neu eingeführtes und für den Fortbestand der Mitgliedschaft als zwingend eingeführtes Kriterium nicht erfüllen, wie auch diejenigen, die ein schon zur Zeit ihres Eintritts geltendes Kriterium zwar bei Eintritt, aber später nicht mehr erfüllten, wenn an den Wegfall erst nachfolgend das automatische Erlöschen der Mitgliedschaft geknüpft werden soll.3 Einen rückwirkenden Verlust der Mitgliedschaft können die neuen Anforderungen nie bewirken (zu den Auswirkungen einer Satzungsänderung auf die Mitgliedschaft s. außerdem auch Rz. 1126 ff.). Wiederum anders sind die Fälle zu behandeln, in denen ein bestehendes materielles Aufnahmehindernis der Satzung zum Zeitpunkt des Beitritts nicht erkannt wurde. Die Satzung ist kein Gesetz i.S.d. § 134 BGB, so dass mangels anderer Satzungsregelung die Aufnahme wirksam bleibt.4 Der Verein kann die Aufnahmeentscheidung in diesem Fall wegen Irrtums (§ 119 BGB) anfechten. Hinsichtlich der Rechtsfolge wird § 142 Abs. 1 BGB teleologisch reduziert, weil ein Mitgliedschaftsverhältnis schwerlich befriedigend rückabgewickelt werden kann (Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft).5 Die Anfechtungserklärung wirkt also nicht zurück, sondern beendet die Mitgliedschaft für die Zukunft. Erfährt der Verein, dass das Mitglied Aufnahmevoraussetzungen nur vorgespielt oder Aufnahmehindernisse bewusst verschwiegen hat, bildet dies neben einem Anfechtungsgrund wegen arglistiger Täuschung (§ 123 BGB) auch einen wichtigen Grund zur Kündigung der Mitgliedschaft durch den Verein (Rz. 344). Sofern die Satzung keine speziellere Anordnung trifft, ist für die Kündigung allerdings eine Angemessenheitsprüfung vorzunehmen, welche insbesondere die Schwere der Täuschung, den Zweck der Aufnahmevoraussetzung sowie Dauer und Bewährung des Mitglieds und etwaige Härten berücksichtigen muss. Ähnliche Erwägungen wird der Verein auch vor dem Ausspruch einer Anfechtungserklärung wegen Irrtum oder Täuschung anstellen – insoweit schützt auch das anfechtbar aufgenommene Mitglied die vereinsrechtliche Treuepflicht. Die Satzung kann an dieser Stelle strenger sein und anordnen, dass die erschlichene Mitgliedschaft oder sogar jede Mitgliedschaft, deren Voraussetzungen nicht vorlagen,6 ohne weiteres zu strei1 BGH v. 14.7.1980 – II ZR 145/79, MDR 1981, 119 = NJW 1980, 2707. 2 So bereits 9. Aufl. in Rz. 641; jetzt OLG Frankfurt v. 10.1.2017 – 20 W 162/15, ZStV 2018, 103. A.A. jedoch BGH WM 1978, 1066 und Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1083. S. aber auch BGH v. 14.7.1980 – II ZR 145/79, MDR 1981, 119 = NJW 1980, 2707 (jedenfalls kein Beschluss nur der Delegiertenversammlung). 3 Für den zweiten Fall lässt das OLG Frankfurt v. 10.1.2017 – 20 W 162/15, ZStV 2018, 103, dies offen und vermeidet damit einen Widerspruch zu BGH v. 3.7.1978 – II ZR 210/77, WM 1978, 1066. 4 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 986. 5 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 982. 6 Schon bei der Satzungsgestaltung ist abzuwägen: Die automatische Sanktionierung auch unbewusster Fehler bei Antragstellung kann insbesondere nach längerer Mitgliedschaft un-
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IX. Rz. 364 | Die Vereinsmitglieder
chen ist.1 Der Rechtsklarheit dient es allerdings, nicht an die Voraussetzungen selbst, sondern an Feststellungen eines zuständigen Gremiums hierüber anzuknüpfen (Beispiel Rz. 365). Auch wenn die Satzung für solche Fälle vorsieht, die Mitgliedschaft als von Anfang an nicht wirksam begründet anzusehen, bleiben die unter Mitwirkung des Betreffenden gefassten Beschlüsse gültig. Ein Vermögensausgleich findet nicht statt. Dass das Scheinmitglied Vereinsleistungen zum „Mitgliedspreis“ in Anspruch nehmen konnte, bleibt in aller Regel also ebenso unberücksichtigt, wie es auch keine Beiträge zurückfordern kann und rückständige Beiträge noch nachleisten muss.2 365
Für die Mitgliedschaft in einer politischen Partei schränkt nach wohl h.M. § 10 des Parteiengesetzes die Beendigungsautomatik ein. Hier soll in allen Gestaltungen, die auf eine Beendigung der (faktischen) Mitgliedschaft gegen den Willen des Betroffenen hinauslaufen, stets allein ein Parteischiedsgericht entscheiden.3 Tatsächlich arbeiten aber auch die Parteisatzungen mit Automatismen.4 M 13 Täuschung bei Vereinsbeitritt 1. Verschweigt ein Bewerber bei seiner Aufnahme eine laufende oder ehemalige Mitgliedschaft in einer in § XX bezeichneten Organisation, gilt ein gleichwohl getroffener Aufnahmebeschluss als auflösend bedingt, mit der Maßgabe, dass der Wegfall der Mitgliedschaft erst ab Eintritt der Bedingung stattfindet. Auflösende Bedingung ist die Feststellung des Verschweigens durch Beschluss des zuständigen Landesvorstands oder des Bundesvorstands. 2. [zwingend nur im Parteienrecht:]Gegen den Beschluss kann der Betroffene binnen zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses Klage beim zuständigen Schiedsgericht erheben. Die Klage hat keine aufschiebende Wirkung.5
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angemessen sein, andererseits erspart die rigorose Regelung Nachweisprobleme zum subjektiven Moment der Täuschung. Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 981. Es gelten hier andere Regeln als bei Nichtigkeit des Beitritts aufgrund gesetzlichen Verbots oder Geschäftsunfähigkeit. Teilweise abweichend Hadding in Soergel, § 38 Rz. 10. Dazu BGH v. 5.10.1978 – II ZR 177/76, NJW 1979, 1402. Deutlich gegen jedes Verfahren, dass sich materiell wie ein Parteiausschluss außerhalb des Parteischiedsgerichtsverfahrens auswirken kann Morlok, PartG § 10 Rz. 4; Lenski, PartG § 10 Rz. 80. Offener hingegen Risse, NVwZ 1983, 529. Vgl. nur den Katalog von Beendigungsautomatismen in § 5 der Bundessatzung der FDP, Fassung 28.10.2019 (Abruf 22.5.2020 unter https://www.fdp.de/_bundessatzung-ge schaefts-und-beitragsordnung-datenschutzrichtlinie). Danach endet die Mitgliedschaft außer durch Tod oder Austritt u.a. auch durch den Beitritt zu einer anderen, mit der FDP oder einer FDP-Fraktion im Wettstreit stehenden Partei oder Wählergruppe, Verlust oder Aberkennung der Amtsfähigkeit, der Wählbarkeit oder des Wahlrechts und schuldhaft unterlassener Beitragszahlung, ohne dass in diesen Fällen eine Schiedsgerichtsentscheidung erforderlich wäre. Angelehnt an die Satzung der AfD, Bundessatzung vom 29.11.2015 in der Fassung vom 1.12.2019, letzter Abruf am 22.5.2020 unter https://www.afd.de/satzung/. Ob dies den parteienrechtlichen Anforderungen der dargestellten hL genügt, sei hier dahingestellt.
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7. Sonstiges Erlöschen der Mitgliedschaft | Rz. 371 IX.
d) Tod des Mitglieds Mit dem Tod des Mitglieds endet seine Mitgliedschaft. Wenn nicht ganz ausnahmsweise die Mitgliedschaft erblich gestellt ist (§ 38 S. 1 BGB), treten die Erben nicht in die Rechtsstellung eines verstorbenen Mitglieds ein (Rz. 385 ff.). Sofern kein anderer satzungsmäßiger Beendigungsgrund eingreift, besteht somit jede Mitgliedschaft „lebenslang“.1
366
e) Beendigung von Mitgliedsgesellschaften und juristischen Personen Dem Versterben der natürlichen Person als Mitglied entspricht die Vollbeendigung von Gesellschaften und juristischen Personen, die Mitglieder im Verein waren. Durch Satzungsbestimmung kann der Zeitpunkt vorverlagert sein (Insolvenzantrag; Liquidationsbeschluss …). Ebenso kann die Mitgliedschaft übertragbar gestaltet werden (Rz. 385).
367
Die unübertragbare (§ 38 S. 1 BGB) Mitgliedschaft endet, wenn ein Vereinsmitglied infolge einer gesellschaftsrechtlichen Umwandlung erlischt2 (Auflösung ohne Abwicklung, § 2 UmwG). Abweichende Satzungsgestaltung ist möglich, dazu Rz. 386. Mit Wirksamkeit der Verschmelzung (§ 20 Abs. 1 Nr. 2, § 36 Abs. 1, auch z.B. § 121 UmwG) erlischt ein Vereinsmitglied, wenn es bei einer Verschmelzung im Wege der Aufnahme oder Neugründung (§ 2 UmwG) übertragender Rechtsträger ist (Aktiengesellschaft, Aktienkommanditgesellschaft, Gesellschaft mbH, Offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft, auch GmbH & Co, usw.; zu den umwandlungsfähigen Rechtsträgern im Einzelnen § 3 UmwG).
368
Ebenso erlischt der übertragende Rechtsträger (im Einzelnen § 124 UmwG) mit Aufspaltung (§ 123 Abs. 1, § 131 Abs. 1 Nr. 2 UmwG; Auflösung ohne Abwicklung). Damit endet auch eine unübertragbare (§ 38 S. 1 BGB) Mitgliedschaft.
369
Bei Abspaltung (§ 123 Abs. 2 UmwG) und Ausgliederung (§ 123 Abs. 3 UmwG) bleibt der übertragende Rechtsträger bestehen. Seine Mitgliedschaft kann nicht übertragen werden (§ 38 S. 1 BGB), somit nicht auf den übernehmenden Rechtsträger übergehen. Der (übertragende) Rechtsträger bleibt sonach unverändert Vereinsmitglied (s. auch § 131 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 UmwG).3
370
Bei Formwechsel erhält eine Aktiengesellschaft, Gesellschaft mbH, Offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft usw. (zu den formwechslungsfähigen Rechtsträgern im Einzelnen § 191 UmwG) eine andere Rechtsform (§ 190 Abs. 1 UmwG). Der Rechtsträger besteht in der neuen Rechtsform weiter (§ 202 Abs. 1 Nr. 1 UmwG);
371
1 Richtig Segna/Lenz, ZStV 2018, 121. 2 LAG Baden-Württemberg v. 24.10.2000 – 10 TaBV 2/99, juris; OLG Hamm v. 6.9.2010 – 8 U 8/10, NJW-RR 2011, 472 mit zust.Anm. Schöpflin, ZStV 2011, 25; AG Kaiserslautern v. 3.9.2004 – 3 C 915/04, NZG 2005, 285. A.A. Hadding in Soergel, § 38 Rz. 6; Heckschen, GmbHR 2014, 626 (634), je mit Hinweis auf die umwandlungsrechtliche Gesamtrechtsnachfolge, die in § 38 gerade nicht angesprochen sei. 3 LAG Baden-Württemberg v. 24.10.2000 – 10 TaBV 2/99, juris.
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IX. Rz. 371 | Die Vereinsmitglieder
seine Mitgliedschaft in einem Verein wird von diesem (identitätswahrenden) Formwechsel somit nicht berührt. Das gilt ebenso bei Änderung der Rechtsform, die in anderen Gesetzen vorgesehen oder zugelassen ist (§ 190 Abs. 2 UmwG) und gleichermaßen bei Änderung nur der Haftungsform einer Personenhandelsgesellschaft (Offene Handelsgesellschaft wird durch Aufnahme eines Kommanditisten Kommanditgesellschaft oder Kommanditgesellschaft wird mit Ausscheiden aller Kommanditisten Offene Handelsgesellschaft), „Umwandlung“ einer BGB-Gesellschaft in eine Personenhandelsgesellschaft (und umgekehrt) sowie auch für die Mitgliedschaft einer Gründerorganisation (Vor-GmbH) nach Entstehen der juristischen Person (Eintragung der Gesellschaft mbH in das Handelsregister). 372
Die Mitgliedschaft einer aufgelösten Körperschaft des öffentlichen Rechts geht nicht ohne weiteres auf ihren Rechts- oder Funktionsnachfolger über.1 f) Ausscheiden bei Teilung des Vereins
373
In Sonderfällen kann sich der Verein geteilt haben, ein abgespaltener Mitgliederteil (auch eine Mehrheit) also aus dem Verein ausgeschieden sein. Wegen des sehr weitgehenden Eingriffs in die Mitgliederrechte und die Freiheit des Vereins, seine Verhältnisse autonom zu gestalten, wird eine solche Abspaltung nur in außergewöhnlichen Fällen anerkannt2 Der BGH3 hat sie akzeptiert, als einem Verein von außen her durch politischen Druck eine Zweckänderung aufgezwungen worden war, ein Teil der Mitglieder das hingenommen und sich ein anderer Teil dem nicht oder nur während der Dauer der Zwangslage gebeugt hatte.
374
Wird der Vereinszweck unter Verletzung der dafür satzungsmäßig bzw. in § 33 Abs. 1 S. 2 BGB vorgesehenen Bestimmungen geändert und verfolgt die Mehrheit trotz Widerspruch den neuen Zweck, so kann nach einer älteren Rechtsprechung darin ein Austritt der Mehrheit gesehen werden, das Vereinsvermögen fällt der verbleibenden Minderheit zu („Spaltverein“).4 Klaren Vorrang haben aber die (gerichtliche) Feststellung der Beschlussunwirksamkeit bzw. alle sonst in Gesetz und Satzung vorgesehenen Rechte zur Rückgängigmachung der satzungswidrigen Maßnahmen der Mehrheit.5 Die Minderheit kann in diesem Ausnahmefall dann wegen der gerichtlich festgestellten Satzungsverletzung das Recht haben, die zur Korrektur nicht bereite Mehrheit auszuschließen.6
1 BGH v. 30.6.1980 – II ZR 186/79, WM 1980, 1286 = MDR 1981, 27; OLG Hamm v. 6.9.2010 – 8 U 8/10, NJW-RR 2011, 472 mit Anm. Schöpflin, ZStV 2011, 25. 2 OLG Hamburg NJR-RR 1987, 1342. 3 BGHZ 16, 143 = NJW 1955, 457; BGHZ 23, 122 = NJW 1957, 497. 4 BGH v. 30.11.1967 – II ZR 3/66, BGHZ 49, 175 ff. = MDR 1968, 387 = NJW 1968, 545 m.N. 5 OLG Hamburg v. 15.4.1987 – 5 U 158/85, NJW-RR 1987, 1342 f. 6 In der betreffenden Mitgliederversammlung wäre die satzungswidrig handelnde Mehrheit nicht stimmberechtigt (MünchKomm/BGB/Leuschner, § 38 Rz. 31). Kritisch zur automatischen Abspaltung auch Hadding in Soergel, § 33 Rz. 15; Schwennicke in Staudinger, § 33 Rz. 55.
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7. Sonstiges Erlöschen der Mitgliedschaft | Rz. 377 IX.
g) Weitere Hinweise zum Erlöschen der Mitgliedschaft Die in Rz. 327 f. beschrieben Rechtsfolgen der Beendigung der Mitgliedschaft durch Austritt gelten für die anderen Erlöschensgründe entsprechend.
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Die Auflösung des Vereins (Rz. 1326) allein, ebenso die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Rz. 1370), führen noch nicht zum Erlöschen der Mitgliedschaft; mit Erlöschen des Vereins durch Beendigung der Liquidation (Rz. 1364) oder vollständiger Vermögensverteilung im Insolvenzverfahren ist auch die Mitgliedschaft beendet.
376
Zum Erlöschen der Mitgliedschaft durch Anfechtung des Vereinsbeitritts s. Rz. 29, 285 und 364. Eine nichtige Beitrittserklärung (z.B. der Beitritt eines Geschäftsunfähigen) begründet überhaupt keine Mitgliedschaft.
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X. Die Mitgliedschaft, Rechte und Pflichten 1. Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtliche Einordnung . . . . . . . . . . . b) Schutz der Mitgliedschaft . . . . . . . . . 2. Die Höchstpersönlichkeit der Mitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Persönliche Ausübung der Mitgliedsrechte (§ 38 S. 2, § 40 BGB) . . b) Übertragung und Vererbung der Mitgliedschaft (§ 38 S. 1, § 40 BGB) 3. Rechte und Pflichten aus der Mitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gleichbehandlung und Treuepflicht b) Mitverwaltungsrechte, Rechte im Verein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vorteilsrechte, Rechte an Vereinsleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
378 378 379 381 381 385 391 392 400 403
d) Vermögensrechte, Rechte am Vereinsvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . e) Mitgliederpflichten . . . . . . . . . . . . . . 4. Insbesondere die Beitragspflicht (§§ 25, 58 Nr. 2 BGB) . . . . . . . . . . . a) Vereinsbeitrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Umlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beitragsbestimmung . . . . . . . . . . . . . d) Beitragserhöhung . . . . . . . . . . . . . . . e) Beitragsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Beitragsstaffeln . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Fälligkeit und Einziehung . . . . . . . . h) Beendigung der Beitragspflicht . . . . i) Mitgliederdarlehen . . . . . . . . . . . . . . j) Mitgliedsbeitrag einer Partei . . . . . .
405 406 409 409 411 413 419 421 423 427 435 438 442
Literatur: Ballerstedt, Mitgliedschaft und Vermögen beim rechtsfähigen Verein, in FS Knur, 1972, S. 1; Bode, Der Rechtsrahmen bei der Finanzierung durch Mitgliederdarlehn in Genossenschaften und Vereinen, NZG 2018, 287; Dehesselles/Voß, Die Mediatisierung von Mitgliederrechten im Verein, 2014; Dreyer, Rechtsnachfolge in höchstpersönliche Rechte von Verbänden, JZ 2007, 606; Haas/Scholl, Informationsansprüche und -pflichten im Idealverein, in FS Hadding, 2004, S. 365; Habersack, Die Mitgliedschaft – subjektives und „sonstiges Recht“, 1996; Hadding/van Look, „Benutzungssperre“ gegen Vereinsmitglieder durch den Vermieter von Vereinseinrichtungen – Besprechung der Entscheidung BGH NJW-RR 1992, 507 = ZGR 1996, 326; Kirchhain, Mitgliedervergünstigungen aus vereins- und steuerrechtlicher Sicht, npoR 2019, 153; Lettl, Das Wertrecht der Mitgliedschaft beim Ideal-Verein, Diss. Augsburg 1999; Lettl, Der vermögensrechtliche Zuweisungsgehalt der Mitgliedschaft beim Idealverein, AcP 203 (2003), 149; Lutter, Theorie der Mitgliedschaft, AcP 180 (1980), 84; Meier, Mehr als zwei Geschlechter im Sport? NVwZ 2018, 1013; Müller, Die Erhebung von Umlagen, MDR 1992, 924; Schöpflin, Der Gleichbehandlungsgrundsatz im Vereinsrecht, ZStV 2014, 166; Schubert; Der außerordentliche Finanzbedarf des eingetragenen Vereins – Möglichkeiten und Grenzen seiner Finanzierung, WM 2007, 1197; Schulin, Der außerordentliche Finanzbedarf des eingetragenen Vereins, WM 2008, 1197; Weitermeyer/Wrede, Genderfragen in Non-Profit-Organisationen, npoR 2018, 1.
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X. Rz. 378 | Die Mitgliedschaft, Rechte und Pflichten
1. Rechtsnatur a) Rechtliche Einordnung 378
Die dogmatische Einordnung1 der Mitgliedschaft im Verein2 ist umstritten. Ein Teil der Literatur sieht sie als Rechtsverhältnis, nämlich die durch Gründung oder Beitrittsvertrag entstandene Sonderverbindung3, verselbständigtes Objekt der Rechtsordnung in ihrer grundsätzlich übertragbaren Zusammenfassung aller aktuellen und potentiellen Rechte und Pflichten des Mitglieds im betreffenden Verband4 und ebenso als subjektives Recht im Verband.5 Neben terminologischen Unterschieden6 erkennt ein rein vertraglicher Ansatz7 als Mitgliedschaft allein die Beteiligtenstellung des Mitglieds im Rechtsverhältnis zum Verein an. Sie ist danach die aktuelle und potentielle Inhaberschaft der Gesamtheit von Rechten und Pflichten aus dem Rechtsverhältnis zum Verein ohne Qualität als Objekt des Rechtsverkehrs oder subjektives Recht.8 Die Mitgliedschaft begründet Pflichten i.S.d. § 280 BGB Abs. 1 BGB und kann insoweit Unterlassungs- oder Schadenersatzansprüche auslösen.9 b) Schutz der Mitgliedschaft
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Praktisch wird der Unterschied im dogmatischen Ansatz vor allem bei einer Klärung der Frage, ob die Mitgliedschaft geschütztes sonstiges Recht i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB ist.10 Zum Schadenersatz bei unberechtigtem Vereinsausschluss Rz. 742. Für die überwiegende Ansicht, die sie nicht lediglich als Bündelung von mitgliedschaftlichen Rechten, sondern als Einheit11 und subjektives Recht verselbständigt ansieht, ist der Weg zur Anerkennung als absolutes Recht grundsätzlich gangbar.12 Dazu muss die Mitgliedschaft kein Herrschaftsrecht sein13, problematisch bleibt die Eingrenzung des Schutzbereichs. Der BGH hat die Mitgliedschaft als von § 823 Abs. 1 BGB geschützt angesehen.14 Das führt, anders als der bereits früher anerkannte Schutz der Mitglied1 Insgesamt: JurisPK-BGB/Otto, § 38 Rz. 4. 2 Zur rechtsformenübergreifenden Theorie der Mitgliedschaft Lutter, AcP 180, 84 ff. 3 Nach Lutter, AcP 180, 84 ff. (98), beim rechtsfähigen Verband mit vollendeter Gründung primär zwischen Körperschaft und Mitglied, daneben aber auch der Mitglieder untereinander. Allein die Beziehung zwischen Verein und Mitglied lassen gelten Hadding in Soergel, § 38 Rz. 2 ff. und Flume, BGB AT, Bd. 2, 4. Aufl., S. 258 ff. Vgl. dazu auch BGH v. 12.3.1990 – II ZR 179/89, juris Rz. 20 – BGHZ 110, 323 (335) = MDR 1990, 901. 4 Lutter, AcP 180, 84 ff. (99); Erman/Westermann, § 38 Rz. 1. 5 Lutter, AcP 180, 84 ff. (101 f., 130 ff.); MünchKomm/BGB/Leuschner, § 38 Rz. 4 ff.; Schmidt, JZ 1991, 157 ff. (158). 6 Vgl. Hadding in Soergel, § 38 Rz. 3; Schmidt, JZ 1991, 157 ff. (158). 7 S. insbesondere Hadding in FS Fischer, 1979, S. 165 ff. 8 Hadding in Soergel, § 38 Rz. 2 m.N. 9 LG Darmstadt SpuRt 2019, 230. 10 Zum Ganzen: JurisPK-BGB/Otto, § 38 Rz. 5. 11 Schmidt, JZ 1991, 157–162 (158). 12 Hadding in Soergel, § 38 Rz. 3c, untersucht an dieser Stelle stattdessen das konkret verletzte einzelne Recht aus der Mitgliedschaft. 13 Nach MünchKomm/BGB/Leuschner, § 38 Rz. 5 ist sie dies aber auch. 14 BGH v. 12.3.1990 – II ZR 179/89, BGHZ 110, 323 (335) = MDR 1990, 901 = juris Rz. 20.
216 | Stöber/Otto
1. Rechtsnatur | Rz. 380 X.
schaftsrechte1 vor Verletzung durch Vereins- bzw. Vorstandshandeln (Zurechnung nach § 31 BGB) „ähnlich einer positiven Vertragsverletzung“2 zur Eigenhaftung des handelnden Vorstandsmitglieds, soweit seine persönliche Verantwortung nicht durch bindende Beschlüsse und Weisungen der Mitgliederversammlung überlagert ist.3 Der BGH lässt offen, ob die deliktische Haftung bereits bei jeder schuldhaften Verletzung eintritt oder nur bei solchen Eingriffen, die sich unmittelbar gegen den Bestand der Mitgliedschaft oder mit einigem Gewicht gegen einzelne darin verkörperte Rechte und Betätigungsmöglichkeiten richten. Im entschiedenen Fall wurde der jedenfalls geschützte „Kernbereich“ relativ weit gefasst4 und maßgeblich am Vereinszweck festgemacht: Lehnt ein Verein, dessen Zweck die Förderung und Vertretung einer bestimmten Sportbootklasse und deren Eigner ist, zu Unrecht die Qualifizierung eines Bootes in diese Klasse ab und gibt daher Dritten falsche Auskunft zur Startberechtigung, soll das die Mitgliedschaft des betreffenden Bootseigners im Kern treffen. In der Literatur zeichnet sich eine dem Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs vergleichbare Eingrenzung auf mitgliedschaftsbezogene Eingriffe ab.5 In § 823 Abs. 1 BGB geschützt ist die Mitgliedschaft dann vor objektiv gegen ihren Bestand selbst gerichteten Eingriffen (Schutz der sog. Organschaftsrechte als Kernbereich der Mitgliedschaft)6, ferner bei unmittelbaren Eingriffen in andere wesentliche Ausformungen des Mitgliedschaftsrechts7, dazu sollen auch Teilnahmerechte zählen.8 Entgegen der Auffassung des BGH sah Reuter, da die Mitgliedschaft selbst aus der Rechtsbeziehung zum Verein definiert ist, den deliktischen Schutz mit guten Gründen allerdings nur außerhalb des Vereins, so dass durch Handeln in der Eigenschaft als Vorstand § 823 BGB nicht verletzt sein könne.9
1 Sicher zu Recht weist allerdings Schmidt, JZ 1991, 157–162 (160 f.), darauf hin, dass es hier eigentlich um die Verletzung von Schutzpflichten in einer Sonderrechtsbeziehung (§ 280 Abs. 1 BGB). Als Verletzung einer der in der Mitgliedschaft gebündelten Pflichten des Vereins anerkannt auch von Hadding in Soergel, § 38 Rz. 24. 2 BGH v. 6.2.1984 – II ZR 119/83, BGHZ 90, 92 (95) = MDR 1984, 735 = juris Rz. 12. 3 BGH v. 12.3.1990 – II ZR 179/89, BGHZ 110, 323 (335) = MDR 1990, 901 = NJW 1990, 2877 = juris Rz. 20. 4 Daher im Ergebnis für den Fall ablehnend Schmidt, JZ 1991, 157 ff. (159). 5 Deutsch, VersR 1991, 837 ff. (838 f.); für Schutz der Mitgliedschaft im Ganzen MünchKomm/BGB/Leuschner, § 38 Rz. 7 mit Kritik an der h.L. Rz. 5. 6 Deutsch, VersR 1991, 837 ff. (840). 7 Deutsch, VersR 1991, 837 ff. (840). 8 BGH v. 12.3.1990 – II ZR 179/89, BGHZ 110, 323 (335) = MDR 1990, 901 = NJW 1990, 2877. 9 Vergleich mit dem Schutz der Ehe, Reuter in MünchKomm/BGB, 7.A. § 38 Rz. 19 f. m.w.N. Ebenso jetzt MünchKomm/Leuschner, § 38 Rz. 7.
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X. Rz. 381 | Die Mitgliedschaft, Rechte und Pflichten
2. Die Höchstpersönlichkeit der Mitgliedschaft a) Persönliche Ausübung der Mitgliedsrechte (§ 38 S. 2, § 40 BGB) 381
Die Mitgliedschaft ist Personenrecht.1 Die Mitgliedsrechte (Rz. 400 ff.) können daher nur persönlich ausgeübt werden. Auch abweichende Satzungsregelungen sind nur begrenzt möglich.2
382
Das gilt vor allem für die Ausübung des Stimmrechts (zur Stimmrechtsübertragung vgl. Rz. 1004). Einem anderen (Bevollmächtigten) kann die Ausübung nur überlassen werden, wenn die Satzung dies (ausdrücklich) vorsieht (§ 38, 40 BGB).3
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Für ein minderjähriges Vereinsmitglied (Rz. 289 ff.) sowie für ein geschäftsunfähiges Mitglied des Vereins nimmt der gesetzliche Vertreter die Mitgliedsrechte wahr, soweit sich nicht aus der Satzung oder aus dem Vereinszweck etwas anderes ergibt. Demnach wird das Recht auf Benützung der Vereinseinrichtungen und auf Teilnahme am Vereinsleben regelmäßig allein vom Minderjährigen selbst wahrzunehmen sein. Zum Stimmrecht des Minderjährigen s. Rz. 1033. Für juristische Personen als Vereinsmitglieder kann die Satzung vorsehen, dass nur ein Vorstandsmitglied für das Mitglied teilnimmt, selbst wenn nach dessen Statuten Gesamtvertretung besteht.4 Sie kann die Vertretung durch andere Personen als die Vorstandsmitglieder (z.B. angestellte Geschäftsführer) von Mitgliedsverbänden ausschließen.5 Der teilnehmende gesetzliche Vertreter muss dann sein Vertretungsrecht durch Ermächtigung sicherstellen (beachte § 174 BGB). Umstritten ist, ob im anderen Fall mehrere Vertreter einer juristischen Person ein dieser zustehendes Mehrfachstimmrecht auch unterschiedlich abgegeben könnten.6 In jedem Fall ausgeschlossen ist eine Erhöhung des Zählwerts der Stimme.
384
Keine Übertragung des Mitgliedschaftsrechts ist die Bestellung eines Verfahrensbevollmächtigten für die Vertretung in einem gerichtlichen Verfahren (z.B. in dem Verfahren auf Berufung der Mitgliederversammlung, § 37 BGB, oder bei Stellung des Antrags auf Bestellung eines Vorstandes, § 29 BGB). b) Übertragung und Vererbung der Mitgliedschaft (§ 38 S. 1, § 40 BGB)
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Als höchstpersönliches Recht ist die Mitgliedschaft nicht übertragbar und nicht vererblich. Die Mitgliedschaft erlischt mit dem Tod der natürlichen Person als Mitglied bzw. mit Vollbeendigung der Gesellschaft oder juristischen Person (Rz. 367, zu den Umwandlungsfällen Rz. 368). Die Auflösung allein und ebenso Ablehnung des In-
1 RG 100, 1; 163, 200 (203). 2 OLG Stuttgart v. 19.3.2010 – 8 W 112/10, NotBZ 2010, 430 = Rpfleger 2010, 519 = DStR 2010, 1249: Keine Vervielfältigung von Stimmrechten durch Abspaltung. 3 LG Karlsruhe v. 31.7.2017 – LG Karlsruhe v. 21.7.2015 – 11 S 118/14, NJW-RR 2016, 208. Anders Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1422. 4 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1459. 5 LG Düsseldorf v. 12.8.2014 – 1O 307/13, juris. 6 Dagegen: 9. Aufl., Rz. 579; dafür: Ellenberger in Palandt, § 32 Rz. 8, je m.w.N. Zur geteilten Stimmabgabe durch ein Mitglied s MünchKomm/BGB/Leuschner, § 32 Rz. 38.
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2. Die Höchstpersönlichkeit der Mitgliedschaft | Rz. 387 X.
solvenzverfahrens mangels Masse führen noch nicht zum Erlöschen der Mitgliedschaft der juristischen Person oder Handelsgesellschaft usw. Die Unübertragbarkeit schließt die Unpfändbarkeit des Mitgliedsrechts ein (§ 851 ZPO). Die Satzung kann eine abweichende Regelung treffen (§ 40 BGB). Sie kann sowohl erlauben, dass ein beliebiger Dritter anstelle des bisherigen Mitglieds in den Verein einrückt, wie auch die Übertragung von der Erfüllung persönlicher Voraussetzungen des Nachfolgers oder von Bedingungen abhängig machen. In der Satzung sollte auch bestimmt werden, wie sich der Übergang vollzieht. Jedenfalls mit Zulassung in der Satzung ist ein Übergang ohne Beteiligung des Vereins durch Abtretung möglich.1 Ebenso möglich ist es, die Übertragung an die Zustimmung eines Vereinsorgans oder eines Dritten zu binden.2 Die Satzung kann auch bestimmen, dass die mit dem Besitz eines Geschäfts verbundene Mitgliedschaft bei Geschäftsveräußerung auf den Erwerber übergeht3, wenn dieser in den Vereinseintritt einwilligt (s. Rz. 275). Jedenfalls bei von vornherein unternehmensbezogenen Mitgliedschaften4 (in typischen Unternehmensund Wirtschaftsverbänden) kann sich aus Auslegung der Satzung ergeben, dass der Gesamtrechtsnachfolger nach Umwandlungsvorgängen (Rz. 368) in die Mitgliedschaft nachrückt.5 Allein aus der Zulassung juristischer Personen als Mitglied kann aber nicht darauf geschlossen werden, dass § 38 Satz 1 BGB abbedungen ist.6
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Den Übergang der Mitgliedschaft auf die Erben zuzulassen (Muster Rz. 248) wird sich nur ausnahmsweise empfehlen, so etwa dann, wenn ein besonders enger und persönlich verbundener Mitgliederkreis mit besonderer Bindung an ein Vereinsvermögen (z.B. eine Wanderhütte) besteht. Dabei ist unentschieden, ob die Mitgliedschaft automatisch auf den Erben übergeht7, oder ob bei Nichtmitgliedern als Erben nur ein Eintrittsrecht vorgesehen werden kann.8 Jedenfalls muss den Erben im ersten Fall ein sofortiges Austrittsrecht zugestanden werden.9 Entsprechend den Lösungen zu § 139 Abs. 1 HGB wird beim Vonselbsterwerb angenommen, dass nie die Erbenge-
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1 Vgl. Hadding in Soergel, § 38 Rz. 28. 2 Hadding in Soergel, § 38 Rz. 28. Schwennicke in Staudinger, § 38 Rz. 129 m.w.N. geht weitergehend davon aus, dass eine Mitwirkung des Vereins generell erforderlich ist, aber durch Satzungsanordnung dessen Zustimmung vorweggenommen sein kann. Es bleibt dann jedoch wenigstens eine Anzeigepflicht. 3 RG Warn 1918 Nr. 48; s. BGH Betrieb 1980, 2131 = MDR 1981, 27 = WM 1980, 1286: Durch die Satzung kann die Mitgliedschaft eines weggefallenen Mitglieds auf einen außenstehenden Dritten nicht rechtswirksam übertragen werden, auch wenn dieser Funktionsnachfolger dieses Mitglieds ist. Dem Dritten kann aber ein Eintrittsrecht gewährt werden. S. auch Reuter, ZHR 145 (1981) 273. 4 Heckschen, GmbHR 2014, 626 (635). 5 Weitergehend Heckschen, GmbHR 2014, 626 (635): § 38 Satz 1 BGB auf die gesellschaftsrechtliche Umwandlung generell nicht anwendbar. 6 AG Kaiserslautern v. 3.9.2004 – 3 C 915/04, NZG 2005, 285. 7 Hadding in Soergel, § 38 Rz. 32; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 114; MünchKomm/BGB/ Leuschner, § 38 Rz. 48; wohl auch 9. Aufl., Rz. 169. 8 Die Auffassung beruft sich letztlich auf die negative Vereinsfreiheit; vgl. Weick in Staudinger [2005] § 38 Rz. 3; anders jetzt Schwennicke in Staudinger, § 38 Rz. 126. 9 Hadding in Soergel, § 38 Rz. 32 hält dies nur je nach den Umständen für erforderlich.
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X. Rz. 387 | Die Mitgliedschaft, Rechte und Pflichten
meinschaft, sondern die einzelnen eintrittsberechtigten Erben unmittelbar die Mitgliedschaft erwerben.1 Das kollidiert aber mit dem Kopfprinzip im Stimmrecht, eine Stimmrechtsmehrung durch Erbfall muss ausgeschlossen bleiben. Auch insoweit gilt, dass eine Erbengemeinschaft nur in Ausnahmen mitgliedsfähig ist (zur Fortführung eines einzelkaufmännischen Unternehmens s. Rz. 26). Ungeklärt ist, ob die (vererblich gestellte) Mitgliedschaft vermächtnisweise zugewandt werden kann.2 388
Unzulässig ist eine Satzungsregelung, wonach mit Ausscheiden eines Mitglieds ohne weiteres ein Dritter zum Nachfolger werden soll.3 Die Möglichkeit, die Mitgliedschaft unmittelbar am Erbrecht vorbei einem Dritten zufallen zu lassen, besteht nur, wenn die Satzung die Mitgliedschaft ausnahmsweise übertragbar gestaltet hat. Ein in der Satzung vorgesehener Übergang auf den Funktionsnachfolger einer ohne Rechtsnachfolger weggefallenen Körperschaft soll jedoch zu dessen Gunsten ein den Verein bindendes Eintrittsrecht begründen.4
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Hinsichtlich der Übertragung einzelner Rechte und Pflichten aus der Mitgliedschaft ist zu unterscheiden: Geldwerte Ansprüche des Mitglieds, die es dem Verein gegenüber wie ein Dritter durch Vertrag oder sonstigen Anspruch erworben hat („Drittgläubigerrechte“), oder die zwar ursprünglich nur dem Mitglied erwachsen konnten (z.B. Anspruch auf ein Preisgeld, Prämien aller Art), die nach ihrer Entstehung aber als selbständige Forderung losgelöst von der Mitgliedschaft bestehen, sind, wenn sie im Erbfall oder bei Übertragung bereits entstanden waren, ohne weiteres übertragbar bzw. vererblich.5 Beispiele: Das Vereinsmitglied A hat dem Verein ein Darlehen i.H.v. 500 € gegeben. Der Rückzahlungsanspruch (§ 488 BGB) ist abtretbar, er geht mit dem Tod auf die Erben über (§ 1922 BGB). B. hat als Vereinsmitglied einen Rechtsanspruch auf Erstattung von Aufwendungen aus dem Vereinsvermögen erworben. Der Zahlungsanspruch geht mit dem Tod auf die Erben über.
Ebenso ist Übergang eines Gläubigerrechts des Mitglieds im Wege der Gesamtrechtsnachfolge bei Verschmelzung (§ 20 Abs. 1 Nr. 1, § 36 Abs. 1 UmwG), Aufspaltung und Ausgliederung (§ 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG) nicht ausgeschlossen. Im Übrigen schließt es die Höchstpersönlichkeit der Mitgliedschaft aber aus, einzelne Mitgliederrechte abzuspalten (vgl. § 717 BGB).6 1 2 3 4
Hadding in Soergel, § 38 Rz. 32. Anders MünchKomm/BGB/Leuschner, § 38 Rz. 48. Dagegen Hadding in Soergel, § 38 Rz. 32. Vgl. Reuter, ZHR 145, 273–285, 280 ff. BGH v. 30.6.1980 – II ZR 186/79, MDR 1981, 27 = LM Nr. 9 zu § 38 BGB. Die Konstruktion des satzungsmäßig (also in der Regel durch das Vereinsorgan Mitgliederversammlung, nicht durch Vertrag von Personengesellschaftern) begründeten Eintrittsrechts zugunsten des Dritten (§ 328 BGB analog, Erman/Westermann, § 38 Rz. 2) ist dogmatisch allerdings nicht bedenkenfrei. Jedenfalls verpflichtet das satzungsmäßige Eintrittsrecht aber den Vereinsvorstand binnenrechtlich zur Abgabe der Aufnahmeerklärung. 5 Hadding in Soergel, § 38 Rz. 33. 6 OLG Stuttgart v. 19.3.2010 – 8 W 112/10, NotBZ 2010, 430 = Rpfleger 2010, 519 = DStR 2010, 1249.
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3. Rechte und Pflichten aus der Mitgliedschaft | Rz. 393 X.
Vererblich sind umgekehrt auch alle vor dem Erbfall fällig gewordenen vermögensrechtlichen Ansprüche: Beispiel: Der Erbe des am 15.4. verstorbenen Mitglieds ist verpflichtet zur Zahlung des satzungsmäßig am 31.3. für das ganze laufende Kalenderjahr fällig gewesenen Beitrags. Auslegung der Beitragsordnung kann hier aber ergeben, dass der Beitrag für das laufende Jahr nur bis zum Todeszeitpunkt erhoben wird.
Die Übertragung anderer Pflichten bedürfte schon wegen den §§ 414, 415 BGB jedenfalls einer Mitwirkung durch den Verein. Soweit dem Mitglied im Verein bestimmte Tätigkeitspflichten auferlegt sind, dürfen sie im Zweifel auch nicht durch andere erfüllt werden.1
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3. Rechte und Pflichten aus der Mitgliedschaft Die Ausgestaltung der Rechte und Pflichten aus der Mitgliedschaft ist – in den Grenzen der zwingenden Gesetze einschließlich des auch als objektives Prinzip geltenden Grundsatzes der Mitgliedergleichbehandlung – vorrangig der jeweiligen Vereinssatzung zu entnehmen.2
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a) Gleichbehandlung und Treuepflicht Die Ausübung der wechselseitigen Rechte und Pflichten von Verein und Mitglied unterliegt den allgemeinen Grundsätzen der Mitgliedergleichbehandlung und der vereinsrechtlichen Treuepflicht (auch aktive und passive Förderpflicht; Loyalitätspflicht).
392
Soweit nicht für einzelne Mitglieder Sonderrechte (oder Sonderpflichten) vereinbart oder eigene Mitgliedsgruppen gebildet sind (vgl. dazu Rz. 249 ff.), haben sämtliche Mitglieder unter den gleichen Voraussetzungen einen subjektiven Anspruch auf Gleichstellung und Gleichbehandlung durch alle Vereinsorgane.3 Der Anspruch ist unentziehbar, die Schlechterstellung einzelner Mitglieder oder Mitgliedergruppen daher nur mit deren Zustimmung zulässig. Dem Grundsatz müssen als objektive Vorgabe grundsätzlich auch die Regelungen der Satzung genügen, dabei braucht das Regelwerk aber nicht jeden denkbaren Sonderfall vorwegzunehmen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz beschränkt die Organisationsgewalt des Vereins.4 Er verbietet besondere Bevorzugung oder Belastungen einzelner Mitglieder oder einer Gruppe von Mitgliedern gegenüber den anderen Mitgliedern in willkürlicher sachfremder Weise5
393
1 2 3 4 5
Hadding in Soergel, § 38 Rz. 29. S. insgesamt jurisPK/BGB/Otto, § 38 Rz. 40 ff. Vgl. § 53a AktG. BGH v. 19.7.2010 – II ZR 23/09, NJW 2010, 3521 = MDR 2010, 1195. BGH v. 24.3.1954 – II ZR 33/53, LM Nr. 2 zu § 39 BGB; LG Paderborn v. 6.3.1980 – 3 C 313/791, Fremdenverkehrsrechtliche Entscheidungen Vereinsrecht, Nr. 2.
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X. Rz. 393 | Die Mitgliedschaft, Rechte und Pflichten
und umgekehrt die willkürliche Nichtzulassung von Mitgliedern zu Vereinsleistungen, die anderen Mitgliedern gewährt werden.1 Beispiele für mögliche Differenzierungen:2 Einteilung des Spielbetriebs in Leistungsklassen; Vergabe der Spielplätze in der zeitlichen Reihenfolge der Meldungen; freier Eintritt zu Sportveranstaltungen für Angehörige der obersten Spielklasse; unentgeltliche Abgabe von Speisen und Getränken an Teilnehmer einer Mitgliederversammlung. Die Finalbeteiligung eines Ausländers kann die Ermittlung des besten Inländers (deutsche Meisterschaft) erschweren. Dennoch darf der Ausschluss eines EU-Ausländers, der langjährig Mitglied eines dem Ausrichter angeschlossenen Vereins ist, nicht unverhältnismäßig sein (Art. 21 AEUV).3
394
Bedenklich erscheint es insoweit, wenn der Verein ideell oder finanziell Untergliederungen besonders fördert, die nicht jedem Vereinsmitglied offen stehen, und diese Sonderstellung nicht bereits in der Satzung verankert ist.4 Allerdings genügt es, wenn die Satzung festlegt, dass im Einzelnen bestimmten Mitgliedergruppen besondere Rechte nach Maßgabe einer Nutzungsordnung o.Ä. eingeräumt sind, Einzelheiten können dieser Vereinsordnung überlassen werden.5 Solange den übrigen Mitgliedern ein wenigstens mittelbarer (Delegiertenwahlen) Mindesteinfluss auf die Geschicke des Vereins verbleibt6, kann die Satzung jedoch von vornherein nach sachlichen Gründen gestaffelte Mitgliederrechte vorsehen (vgl. Rz. 249). Eine derartige Regelung muss eindeutig formuliert werden7, im Zweifel ist die Satzung in Richtung einer Gleichberechtigung aller Mitglieder auszulegen.8
395
Die Bestimmung des Differenzierungsgrundes liegt jeweils zunächst in der Autonomie des Vereins, er muss sich aber einer Willkürkontrolle stellen (dazu bereits Rz. 250).9 Diese Kontrolle muss beim Verein mit Monopolstellung (Aufnahmezwang) (Rz. 299 ff.) schärfer als bei anderen Vereinen ausfallen. Die Differenzierung bedarf eines sachlichen, wenigstens mittelbar am Vereinszweck und aus den zu seiner Verwirklichung gewählten Mitteln ausgerichteten Grundes.
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Dabei wird der Grund, der zur Nichtaufnahme einer bestimmten Personengruppe berechtigen würde, im Zweifel nicht dazu führen, dass diese Gruppe – wenn doch 1 LG Darmstadt v. 24.1.1990 – 9 O 644/89. 2 Zur Regelung sportlicher Veranstaltungen und Wettbewerbe verschiedener Abteilungen eines Sportvereins durch Teilnahmebedingungen s. OLG Celle v. 5.10.1987 – 1 U 69/86, WM 1988, 495 mit Anm. Grunewald. 3 EuGH v. 13.6.2019 – C-22/18, SpuRt 2019, 169. 4 Zu dem Sonderfall, dass der Verein mit Annahme einer Erbschaft mit Vermächtnissen zugunsten bestimmter Personen oder Auflagen für bestimmte Zwecke beschwert sein kann, s. Werner, ZStV 2013, 86. 5 Beispiel bei Röcken, Rz. 87 zur Nutzung der Vereinsanlagen. 6 OLG Celle v. 18.10.1994 – 20 W 20/94, NJW-RR 1995, 1273 f.; vgl. aber auch BAG v. 22.3.1995 – 5 AZB 21/94, MDR 1996, 77 = NJW 1996, 143 (152) = juris Rz. 155. 7 BGH v. 3.3.1971 – KZR 5/70, BGHZ 55, 381–392. 8 Ellenberger in Palandt, § 38 Rz. 2. 9 LG Darmstadt v. 24.1.1990 – 9 O 644/89.
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3. Rechte und Pflichten aus der Mitgliedschaft | Rz. 398 X.
aufgenommen – schlechter gestellt werden darf.1 Der Gleichbehandlungsanspruch gilt innerhalb der Mitgliederschaft stärker als für Mitgliedschaftsaspiranten (Rz. 250, Rz. 399). Unterscheidungen, die sich unmittelbar aus dem Vereinszweck ergeben, wird man stets anerkennen: Lässt ein Männergesangverein auch Frauen zu, muss er sie dennoch nicht mitsingen lassen.2 Eigentliches Kriterium darf dann aber nicht mehr das Geschlecht, sondern die Stimmlage sein. Ein Schützenverein, der Frauen aufnimmt, darf sie nicht generell von allen Wettbewerben ausschließen.3 Nur mittelbare Beeinträchtigungen muss sich das Mitglied eher gefallen lassen als eine direkte Ungleichbehandlung: Eine Schützenbruderschaft, die generell sehr traditionell auftritt, muss den homosexuellen Partner des Schützenkönigs nicht zu denselben Repräsentationsaufgaben einladen wie er es bei der Ehefrau täte.4 Das Königsrecht selbst allein wegen einer anderen Religionszugehörigkeit oder wegen der sexuellen Orientierung zu verweigern verbietet sich hingegen, weil beides heute (von kirchlichen Vereinen abgesehen, dazu Rz. 44) kein anerkennungswürdiger Differenzierungsgrund für die Zulassung zu einem Vereinsamt mehr sein kann.5 Über Möglichkeiten der Gleichstellung anderer Geschlechter, als sie traditionelle Wettkampfregeln kennen, wird nachgedacht.6
397
Unter Beachtung dieser Grundsätze führt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zu keiner Erhöhung der Anforderungen an den Differenzierungsgrund (vgl. Rz. 310).7 Nichts anderes gilt auch für das Vereinshandeln gegenüber Nichtmitgliedern: Ein Verein, der sich die Förderung hilfsbedürftiger Kinder zum Ziel gesetzt hat, kann nicht durch das AGG (Abdruck in Fn zu Rz. 301) zur Unterstützung alter Men-
398
1 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 70. Anders wohl für Gruppenbildungen Schöpflin, ZStV 2014, 166 (167). Ein Männergesangsverein, der (ohne AGG-Verletzung) Frauen ganz ausschließen könnte, dürfe sie daher als Mitglieder z.B. hinsichtlich des Mitgliedsbeitrags auch ohne weiteres schlechter stellen. Das ist m.E. nur im Ergebnis richtig: Wenn die weiblichen Mitglieder bei öffentlichen Auftritten nicht mitwirken und daher nichts oder weniger zur Generierung von Einnahmen beitragen, ist ein höherer Beitrag gerechtfertigt. Wenn ein Nichttürkischstämmiger in den türkischen Kulturverein als vollwertiges Mitglied aufgenommen ist, dann wird man ihn nicht allein deshalb schlechter stellen dürfen, weil er nicht aufgenommen werden musste. 2 Vgl. zu einem Aufnahmeanspruch Schöpflin in Münchner Handbuch Gesellschaftsrecht, § 34 Rz. 28. 3 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 70. 4 Ob sich der Verein damit einen Gefallen tut, ist eine andere Frage. Zum Ganzen http:// www.lto.de/recht/hintergruende/h/schwule-im-schuetzenverein-den-partner-immer-hinterden-koenig/, Abruf 1.9.2020. 5 Die Wertung fällt anders aus, wenn der Verein aus Traditionsgründen generell nur verheiratete Schützenkönige zulässt. Dann wird man den Lebenspartner ohne weiteres einem Ehegatten gleichstellen, Ledige aber ausschließen. 6 Meier, NVwZ 2018, 1013. 7 Vgl. zum AG Schöpflin in Münchener Handbuch, § 34 Rz. 32. Dass der ADAC als Anbieter eines Massengeschäfts (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 AGG) seine Mitglieder grundsätzlich nicht nach Alter, Geschlecht etc. unterscheiden darf, ergibt sich schon aus dessen Zwecksetzung: Wahrnehmung und Förderung der Interessen des Kraftfahrwesens, des Motorsports und des Tourismus etc. und den dazu gewählten Mitteln (Massenangebot).
Stöber/Otto | 223
X. Rz. 398 | Die Mitgliedschaft, Rechte und Pflichten
schen gezwungen werden (das folgt zuletzt auch aus § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AGG).1 Ohne einen vom Vereinszweck her gedachten sachlichen Grund darf ein Verein, der seine Leistungen für die Allgemeinheit öffnet (Nutzung von Vereinsanlagen, Wettkampfteilnahme; öffentliche Festveranstaltungen etc.) einzelne Adressatengruppen jedoch nicht ausschließen. Die bloße Berufung auf den traditionellen Ausschluss zB von Frauen von einem Festumzug genügt nicht. 399
Mit der Mitgliedschaft entstehen zwischen Verein und Mitglied gegenüber den allgemeinen Grundsätzen des § 242 BGB2 gesteigerte Treuepflichten.3 Sie dienen der gemeinsamen Förderung des Vereinszwecks und sind daher primär an diesem und am Zuschnitt des jeweiligen Vereins ausgerichtet.4 Der Verein ist dem Mitglied gegenüber verpflichtet zur Einhaltung der Vereinsordnung und zur gleichberechtigten Wahrung der Mitgliederinteressen.5 Deshalb dürfte auch der Grundsatz der Gleichbehandlung gegenüber den Bestandsmitgliedern stärker zu gewichten sein als bei der Entscheidung über die Aufnahme weiterer Mitglieder. Wenn allerdings ein sehr breit ausgerichteter Sportverein eine Vereinssparte aufgibt, ist dadurch nach der Rechtsprechung des BGH noch nicht die vereinsrechtliche Treuepflicht gegenüber den Mitgliedern verletzt, die gerade in dieser Abteilung aktiv waren.6 b) Mitverwaltungsrechte, Rechte im Verein
400
Im Verein ist das Mitglied durch Mitverwaltungsrechte zu beteiligen (auch bezeichnet7 als Organschafts- oder Teilhaberechte). Sie richten sich auf die nicht zur Gänze entziehbare Mitwirkung bei der Willensbildung des Vereins8, insbesondere Sitz und Stimme in der Mitgliederversammlung (Rz. 878, zur Delegiertenversammlung Rz. 937 ff.), Rede- und Antragsrechte und das Minderheitenrecht nach § 37 BGB9. Im Bereich der Mitverwaltungsrechte gilt das Abspaltungsverbot: Auch durch Satzungsregelung können Mitgliedschaft und Organschaftsrecht nicht getrennt wer-
1 Beispiel von Reuter, Der Einfluss des AGG auf die Gründung und Tätigkeit von gemeinnützigen Stiftungen und Vereinen, in FS Adomeit, 2008, S. 595. 2 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 348. Kritisch insoweit Hadding in Soergel, § 38 Rz. 23 Fn. 178. 3 Krit. zu der nicht mit § 242 BGB zu verwechselnden Begriffsbildung Lutter, AcP 180, 84 ff. (103 f.). 4 Hadding in Soergel, § 38 Rz. 19, 23. Besondere Verantwortung erwächst aus beherrschender Stellung, vgl. Grunewald in FS Raiser, 2005, S. 99–109. 5 Im Einzelfall kommt auch eine Rücksichtnahmepflicht auf individuelle, „private“ Interessen in Betracht, vgl. Hadding in Soergel, § 38 Rz. 19. 6 BGH v. 19.2.2013 – II ZR 169/11, MDR 2013, 607 = NJW-RR 2013, 604 (Verkauf des Ruderhauses). Rechte der Abteilung selbst treten jedenfalls dann zurück, wenn sie selbst nicht Mitglied ist. Krit. zu der Ruderhaus-Entscheidung Krähe, SpuRt 2014, 185. 7 Zur Terminologie und den verbleibenden Unterschieden s. Hadding in Soergel, § 38 Rz. 16. 8 OLG Celle v. 18.10.1994 – 20 W 20/94, NJW-RR 1995, 1273 f.; BAG v. 22.3.1995 – 5 AZB 21/94, MDR 1996, 77 = NJW 1996, 143 ff. = juris Rz. 155. 9 Letzteres hat auch Schutzcharakter, dazu Dehesselles/Voß, S. 20.
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3. Rechte und Pflichten aus der Mitgliedschaft | Rz. 402 X.
den1 (zur Bevollmächtigung Rz. 881 ff.). Mitverwaltungsrechte Außenstehender sind die Ausnahme, dazu Rz. 42. Jedes Mitglied darf sich bewerben und ist grundsätzlich in alle Vereinsämter wählbar, dabei sind aber sachlich begründete Differenzierungen durch die Satzung zugelassen (zum passiven Wahlrecht vgl. Rz. 473 ff.).
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Weitere Einzelrechte dienen insbesondere der gleichberechtigten Vorbereitung auf die Ausübung des Stimmrechts (z.B. Einladung zu Versammlungen) oder folgen aus der Treuepflicht des Vereins. Ein Auskunftsrecht über laufende oder abgeschlossene Geschäftsvorfälle besteht primär innerhalb der Mitgliederversammlung (Rz. 577).2 Es erstreckt sich grundsätzlich auch auf die Verhältnisse einer vom Verein gegründeten und beherrschten Kapitalgesellschaft.3 Darüber hinaus hat jedes Mitglied ein Recht auf Einsicht in die Bücher und Urkunden des Vereins, wenn und soweit es ein berechtigtes Interesse4 darlegen kann, dem kein überwiegendes Geheimhaltungsinteresse des Vereins oder berechtigte Belange der anderen Vereinsmitglieder entgegenstehen.5 Eine ausdrückliche Satzungsanordnung über die Entgegennahme des Geschäftsberichts durch die Mitgliederversammlung beschränkt dieses individuelle Recht nicht.6 Bejaht wurde ein Einsichtsrecht der Mitglieder in laufende und vergangene Geschäftsberichte, wenn sie von einem wirtschaftlichen Verein finanziell abhängig sind und auch außerhalb der Mitgliedschaft durch langfristige Verträge an ihn gebunden sind.7 Jedes Mitglied hat Anspruch auf Aushändigung eines aktuellen Satzungstextes. Es muss sich nicht auf eine Registereinsicht verweisen lassen.8 Eine Mitgliederliste mit Namen und Anschriften kann nicht nur zur Vorbereitung von Minderheitsanträgen zur Einberufung einer Mitgliederversammlung (§ 37 BGB) herauszugegeben sein. Je nach Lage des Einzelfalls kann sie auch sonst für das Mitglied erforderlich sein, um sein Mitwirkungsrecht wirkungsvoll ausüben zu können.9 Das gilt erst recht, wenn das Begehren von einer Minderheit getragen wird, die auch eine außerordentliche Versammlung erzwingen könnte.10 Das Mitglied muss sich nicht darauf verweisen lassen, die übri-
1 OLG Stuttgart v. 19.3.2010 – 8 W 112/10, NotBZ 2010, 430 = Rpfleger 2010, 519 = DStR 2010, 1249. 2 Vgl. die gründliche Analyse von Haas in FS Hadding, 2005, S. 365–389. 3 BGH v. 11.11.2002 – II ZR 125/02, BGHZ 152, 339 = GmbHR 2003, 295 Vorrangige berechtigte Geheimhaltungsinteressen des Vereins und der Tochter bleiben aber zu beachten. 4 Ein allgemeines Vermögensinteresse des Mitglieds reicht dafür nicht, OLG Nürnberg v. 31.1.2011 – 4 U 1639/10, juris. Etwas anderes kann wiederum gelten, wenn das Mitglied (entschieden für Jagdgenossen) unmittelbare Leistungsansprüche aus der Mitgliedschaft verfolgen will, OVG Magdeburg v. 14.4.2011 – 2 L 118/09, juris. 5 BGH v. 21.6.2010 – II ZR 219/09, ZIP 2010, 2397. 6 OLG Hamm v. 30.7.2014 – 8 U 10/14, juris. 7 LG Mainz v. 17.1.1989 – 6 S 110/88, BB 1989, 812. 8 LG Karlsruhe v. 12.11.1986 – 1 S 113/86, Rpfleger 1987, 164. 9 OLG München v. 24.3.2016 – 23 U 3886/15, NJW-Spezial 2016, 272, OLG Hamm v. 30.7.2014 – 8 U 10/14, juris; a.A. AG Bremen v. 28.11.2005 – 1 C 61/05, juris. 10 AG Hannover v. 13.2.2019 – 435 C 10856/18, SpuRt 2019, 179 mit abl. Anm. Lambertz.
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X. Rz. 402 | Die Mitgliedschaft, Rechte und Pflichten
gen Mitglieder über das Vereinsblatt erreichen zu können1 Zur Wahrung des Datenschutzinteresses der anderen Mitglieder kann es dienlich sein, die Auskunft nur mittelbar an einen Treuhänder zu geben.2 Zwingend ist das aber nicht.3 Die Anforderungen brauchen nicht zu hoch gesetzt werden. Der Umstand, dass sich aus der Mitgliedschaft in einem Pensionssicherungsverein auf Gegenseitigkeit (VVaG) darauf schließen lässt, dass eine betriebliche Altersversorgung zugesagt oder gewährt wird, ist kein schützenswertes Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis im Sinn der speziellen Verschwiegenheitsanordnung des § 15 BetrAVG. Er steht auch unter Datenschutzaspekten einer Herausgabe der Mitgliederliste nicht entgegen.4 Generell führt das OLG München – insoweit vom BGH nachfolgend nicht aufgegriffen – aus: „Die Datenübermittlung ist nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BDSG gestattet, wenn sie für die Durchführung eines rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisses mit dem Betroffenen erforderlich ist. Dabei ist der Grundsatz der Erforderlichkeit nicht im Sinne einer absolut zwingenden Notwendigkeit zu verstehen; vielmehr geht es um ein bei vernünftiger Betrachtung Angewiesensein auf das in Frage stehende Mittel. Die Übermittlung von Namen und Anschriften der anderen Vereinsmitglieder dient dazu, dem Kläger zu ermöglichen, das sich aus seiner Mitgliedschaft ergebende Recht auf Mitwirkung an der Willensbildung im Verein wirkungsvoll ausüben zu können. Auf eine Einverständniserklärung der Mitglieder kommt es nicht an.“5 Bei elektronischer Mitgliederverwaltung kann auch ein Ausdruck oder die Übermittlung einer Datei verlangt werden.6 Bei elektronischer Bestandsverwaltung kann auch ein Ausdruck oder Dateiübermittlung verlangt werden7, jedenfalls bei umfangreichen Dokumenten muss sich das Mitglied nicht auf die bloße Einsicht verweisen lassen.8 Eine ständige Übung des Vereins kann sich zu einem Anspruch des Mitglieds verfestigen (z.B. jährliche Erstellung und vereinsöffentliche Verbreitung einer Mitgliederliste). Ein Interesse an der Einsicht von Mitgliedsunterlagen wird etwa dann angenommen werden können, wenn sie für Geltendmachung eines zu Tage getretenen Ersatzanspruchs wegen Ungleichbehandlung von Mitgliedern oder eines aussichtsreichen Vermögensrechts nötig ist oder wenn Aufschluss für Erfolg versprechende Beanstandung (nicht nur allgemeine Überprüfung ohne wesentlichen Anhalt) eines Mehrheitsbeschlusses
1 BGH v. 21.6.2010 – II ZR 219/09, ZIP 2010, 2397; Saarl. OLG v. 2.4.2008 – 1 U 450/07, NZG 2008, 677. § 67 Abs. 6 AktG ist danach nicht übertragbar. Der BGH betont insoweit zunehmend das Informationsinteresse, vgl. für die als GbR verbundenen Treugeber in einer Publikums-KG BGB v. 11.1.2011 – ZR II 187/09, BGH v. 11.1.2011 – II ZR 187/09, MDR 2011, 373 = BB 2011, 462, für die GbR BGH v. 21.9.2009 – II ZR 264/08, MDR 2010, 219 = NJW 2010, 439. 2 BGH v. 25.10.2010 – II ZR 219/09, ZIP 2010, 2399; OLG Hamburg v. 27.8.2009 – 6 U 38/ 08, NZG 2010, 317 = DStR 2010, 2614. 3 Siehe etwa OLG München v. 24.3.2016 – 23 U 3886/15, NJW-Spezial 2016, 272. Deutlich enger Weller, S. 34. 4 BGH v. 23.4.2013 – II ZR 161/11, MDR 2013, 989 m.w.N. 5 OLG München v. 24.3.2016 – 23 U 3886/15, NJW-Spezial 2016, 272. Nachfolgend BGH v. 8.11.2016 – II ZR 105/16 –, juris. 6 BGH v. 25.10.2010 – II ZR 219/09, ZIP 2010, 2399. 7 BGH v. 25.10.2010 – II ZR 219/09, ZIP 2010, 2399. 8 OLG Hamburg DStR 2010, 2614; OLG Hamburg v. 27.8.2009 – 6 U 38/08, NZG 2010, 317.
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3. Rechte und Pflichten aus der Mitgliedschaft | Rz. 404 X.
erforderlich erscheint. Generell begründet bloßer Argwohn hinsichtlich der Wirtschaftsführung noch kein berechtigtes Interesse.1 Über Bagatellen hinausgehende Kosten trägt das Vereinsmitglied (entsprechend § 811 Abs. 2 BGB).2 Kassenprüfer dürfen nur auf Veranlassung der Mitgliederversammlung oder des sonst für die Entlastung zuständigen Organs einem einzelnen Mitglied Auskünfte über die Prüfung geben, die über den der Mitgliederöffentlichkeit bekannt gemachten Revisionsbericht hinausgehen.3 c) Vorteilsrechte, Rechte an Vereinsleistungen Mit den Begriffen Vorteils-, Wert-, Genuss- oder Benutzungsrecht werden die Zugriffsmöglichkeiten beschrieben, die das Mitglied auf die Leistungen des Vereins und die Nutzung seiner Einrichtungen und Anlagen hat. Sie stehen ihm im Vergleich zum Nichtmitglied privilegiert, also unter erleichterten Bedingungen oder ausschließlich, zu. Ausgangspunkt ist das Recht des Mitglieds zur allgemeinen Teilnahme am Vereinsleben und an den einzelnen Veranstaltungen und Angeboten des Vereins. Im Einzelnen kommt es hier wiederum auf den Vereinszweck und die willkürfreie Gleichbehandlung4 der Mitglieder an. Umfasst sein kann die Inanspruchnahme5 von Sportoder Werkanlagen des Vereins einschließlich der Räume in einem Vereinsheim oder seiner technischen Ausstattungen, Trainerstunden oder sonstige Dienst- und Werkleistungen aller Art, die Teilnahme an Vereinsmeisterschaften6 ebenso wie der bevorzugte Bezug von Informationen einschließlich (gegenüber dem allgemeinen Publikum vergünstigter) Druckwerke. Hierhin gehört auch eine erlaubterweise ausgeübte Rechtsberatung durch den Verein.
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Die Satzung bestimmt, ob derartige Leistungen gesondert zu bezahlen sind. Die Inanspruchnahme der Leistungen kann von der Anerkennung eigener Nutzungsbedingungen abhängig gemacht werden. Selbst wenn sie textlich in einer Vereinsordnung/ Nutzungsordnung o.Ä. enthalten sind, gelten diese Bedingungen dann aufgrund vertraglicher Vereinbarung, nicht nur als Vereinsrecht. Die Unterscheidung hat Bedeutung u.a., wenn der Verein eine Begrenzung eigener Haftung einführen will (dazu Rz. 729). Weil es nicht um Vereinsrecht geht (vgl. die Bereichsausnahme in § 310 Abs. 4 BGB) sind die Restriktionen für formularmäßige Vereinbarungen zu beachten.7 In einer Vereinsordnung (Kleiderordnung) eines Sportvereins kann wirksam geregelt wer-
404
1 OLG Hamm v. 30.7.2014 – 8 U 10/14, juris. 2 Saarl. OLG v. 2.4.2008 – 1 U 450/07, NZG 2008, 677; OLG Hamm v. 30.7.2014 – 8 U 10/ 14, juris. 3 AG München v. 6.5.2009, 161 – C 33444/08, juris. 4 BGH v. 7.10.1991 – II ZR 51/91, NJW-RR 1992, 507: Sachlicher Grund, ein Mitglied von der Nutzung von Vereinseinrichtungen auszuschließen, kann es sein, dass deren Vermieter sich als eigenes Recht vorbehalten hat, einzelne Nutzer auszuschließen. Hierzu Grunewald, EWiR 1992, 231 und Hadding/van Look, ZGR 1996, 326. 5 Zu Haftungsfragen bei Beschädigung von Vereinseigentum KG v. 2.11.1984 – 4 U 3344/83, MDR 1985, 230. 6 Zur Durchsetzung von Teilnahmerechten Roth/Walther, SpuRt 2005, 195 ff. 7 Ausführlich zu formularmäßigen Haftungsbeschränkungen gegenüber Dritten und Mitgliedern (auch durch Aushang etc.) Küpperfahrenberg, S. 95 ff.
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X. Rz. 404 | Die Mitgliedschaft, Rechte und Pflichten
den, dass z.B. Muskel-Shirts und/oder ärmellosen Oberteile in den Vereinseinrichtungen nicht getragen werden dürfen. Ein mehrfacher Verstoß kann dann den Vereinsausschluss begründen.1 Nur durch Satzungsbestimmungen können einzelne Mitgliedergruppen ausgeschlossen oder umgekehrt privilegiert zugelassen werden.2 Zur steuerlichen Einordnung derartiger Vereinsangebote vgl. Rz. 1854. d) Vermögensrechte, Rechte am Vereinsvermögen 405
Vereinsleistungen (wie etwa die kostenfreie Mitgliederzeitschrift) können zwar einen Vermögenswert haben, Vermögensrechte des Mitglieds im Sinn einer Beteiligung am Vereinsvermögen bestehen aber generell nicht.3 Das Mitglied hat keinen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung oder eines Vermögensanteils bei Ausscheiden.4 Die Satzung kann begrenzt eine Rückgewähr geleisteter Beiträge vorsehen.5 Der gemeinnützige Verein muss hier aber § 55 Abs. 1 Nr. 2 AO beachten.6 Möglich ist auch eine Regelung, nach der die Mitglieder an Vermögenszuwächsen des Vereins durch Ausschüttungen beteiligt werden.7 Es besteht kein allgemeiner Grundsatz oder eine Vermutung dahin, dass der (Haupt-)Verein für Zwecke einer Untergliederung verwendetes Eigentum als deren Treuhänder hält.8 Abfindungszahlungen bei Ausscheiden aus dem Verein erfolgen in der Regel nicht (dazu Rz. 330). Zum Anfall des Vereinsvermögens bei Liquidation vgl. Rz. 1335 f. e) Mitgliederpflichten
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Die Pflichten der Mitglieder ergeben sich einerseits allgemein aus der Treuepflicht zum Verein bzw. einer auf den jeweiligen Vereinszweck bezogenen Förderpflicht.9 Das Mitglied hat sich – mit unterschiedlicher Intensität je nach seiner konkreten Stellung im Verein und nach dessen Öffentlichkeitsausrichtung – nach innen und außen loyal zum Verein zu verhalten. Es kann verpflichtet sein, auf satzungswidrige Beschlüsse rechtzeitig hinzuweisen und eine vereinsinterne Überprüfung einzuleiten, um (auch eigenen) Schaden zu vermeiden, der dem Verein drohen könnte oder für den der Ver-
1 LG Duisburg v. 5.3.2015 – 8 O 211/14, juris. 2 Van Look, WuB II L § 38 BGB 2.88; OLG Celle v. 5.10.1987 – 1 U 69/86, WM 1988, 495 mit Anm. Grunewald, die nach Einzelfall auch Beschluss der Mitgliederversammlung genügen lässt. 3 Dennoch können insbesondere die Nutzungsrechte am Vereinsvermögen im Einzelfall vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt haben, vgl. dazu Lettl, AcP 203 (2003), 149. Zurückhaltend demgegenüber Leuschner, Konzernrecht, z.B. S. 145, S. 164. 4 Bdb. OLG v. 7.12.2004 – 6 U 72/04, MDR 2005, 640. 5 Zu den Grenzen von Zahlungen an das Mitglied bei Ausscheiden vgl. Ballerstedt in Flume/ Hamm, FS Knur, 1972, S. 3, 6, 15 ff. 6 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 594. 7 Allerdings steht dann die Vermutung eines wirtschaftlichen Erwerbszwecks (§ 22 BGB) im Raum, vgl. Lettl, AcP 203 (2003), 149 (185). 8 BGH v. 2.7.2007 – II ZR 111/05, MDR 2007, 1446 = ZIP 2007, 1942–1949. 9 Grundlegend Lutter, AcP 180 (1980), 84 ff. (105 ff.).
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3. Rechte und Pflichten aus der Mitgliedschaft | Rz. 408 X.
ein ersatzpflichtig wäre.1 Die Treuepflicht kann das Mitglied zu einem bestimmten Stimmverhalten in Vorstand und Mitgliederversammlung verpflichten. Als Beispiel genannt wird die Verpflichtung, einer dem Mitglied nicht unzumutbaren Satzungsänderung zuzustimmen, die aufgrund geänderter rechtlicher oder tatsächlicher Umstände notwendig wird, um das bisher im Verein Geschaffene zu bewahren.2 Ein Verbot, als Mitglied vorzugsweise erworbene Eintrittskarten entgeltlich weiterzuveräußern, kann sich als Ausfluss der Treuepflicht schon aus der Mitgliedschaft selbst ergeben.3 Die Treuepflicht gilt im Rahmen der Vereinstätigkeit auch für die Mitglieder untereinander. Ihre Verletzung kann Schadenersatzansprüche begründen.4
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Leistungspflichten, insbesondere die Verpflichtung zur Beitragsleistung (dazu Rz. 409) durch Geldzahlung oder unentgeltliche Tätigkeit für den Verein, bedürfen einer Grundlage in der Satzung.5 Auch Mitverwaltungspflichten im Inneren, wie die Pflicht, an Versammlungen teilzunehmen, das Stimmrecht auszuüben oder gar ein Vereinsamt zu übernehmen, bestehen in der Regel nur bei ausdrücklicher Satzungsgrundlage.6 Sie können sich aber insbesondere beim stark personennahen Verein auch aus einer allgemeinen Verpflichtung ergeben, den Verein nicht handlungsunfähig werden zu lassen oder das Erreichen des Vereinszwecks zu gefährden.7 Je nach Charakter der Vereinstätigkeit kann sich die allgemeine Förderpflicht auch ohne ausdrückliche Satzungsanordnung in aktiven Handlungspflichten manifestieren.8 Allerdings haben hier Zumutbarkeit und Verhältnismäßigkeit im Einzelfall hohe Bedeutung. Sonderverpflichtungen einzelner Mitglieder können nur mit deren Zustimmung neu eingeführt werden (s. Rz. 1126). Pflichten gegenüber vereinsfremden Dritten, insbesondere eine Haftung für Verbindlichkeiten des Vereins, werden durch die Mitgliedschaft beim eingetragenen Verein generell nicht begründet (Rz. 725, zum nicht eingetragenen Verein aber Rz. 1795 ff.). Wenn von den Mitgliedern Arbeitsleistungen erwartet werden, sollte der Unfallversicherungsschutz geklärt sein. Soweit nicht einer der Fälle besonders begünstigter Ehrenamtlichkeit eingreift, ist die typische mitgliedschaftsbezogene Tätigkeit gerade nicht in der gesetzlichen Unfallversicherung pflichtversichert (Rz. 745). Die aus der Mitgliedschaft geschuldete Tätigkeit ist von einem Arbeitsverhältnis (Rz. 717) zu unterscheiden. Eine Vergütung für als Mitglied geleistete
408
1 Vgl. BGH v. 12.3.1990 – II ZR 179/89, BGHZ 110, 323 (335) = MDR 1990, 901 = juris Rz. 15. Zu Fragen der Haftung des Mitglieds bei beherrschender Stellung im Verein Grunewald in FS Raiser, 2005, S. 99 ff. 2 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 912 mit Verweis auf Rechtsprechung zur GmbH. 3 LG Darmstadt 2019, 230. Damit wird prozessual ein Unterlassungsanspruch gegen den Schwarzhändler eröffnet (§ 280 Abs. 1 BGB), ohne dass es auf die Bedingungen eines evtl bereits beendeten Abonnements ankommt. 4 Hadding/van Look, ZGR 1996, 326. 5 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 347. 6 Hadding in Soergel, § 38 Rz. 22; Weick in Staudinger, § 35 Rz. 9; auch Sauter/Schweyer/ Waldner, Rz. 347; wohl weitergehend Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 910. 7 Vgl. Lutter, AcP 180 (1980), 84 ff. (109). 8 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 910: Allseitige Mithilfe bei der Vorbereitung eines Vereinsfests o.Ä.
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X. Rz. 408 | Die Mitgliedschaft, Rechte und Pflichten
Tätigkeit kommt nur in Betracht, wenn die Satzung dies vorsieht (für Vorstandstätigkeit: § 27 Abs. 3 Satz 2 BGB).1 Das gilt auch für eine steuerliche „Ehrenamtspauschale“ (Rz. 1829).
4. Insbesondere die Beitragspflicht (§§ 25, 58 Nr. 2 BGB) a) Vereinsbeitrag 409
Durch die Beiträge sollen dem Verein finanzielle Mittel zur Verwirklichung des Vereinszwecks verschafft werden.2 Beiträge sind insbesondere die in Geld zu erbringenden wiederkehrenden Leistungen, (nur) im weiteren Sinne auch alle anderen Verpflichtungen3, die der Förderung des Vereinszwecks dienen. Beispiele: Arbeitsleistungen an Vereinseinrichtungen, Eintrittsgeld, Aufnahmegebühr, Platzgebühr, Verpflichtung zur Übernahme eines Amtes, Verpflichtung zur Gewährung eines unverzinslichen Darlehens, Umlagen.
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Die Anordnung einer Beitragspflicht ist der Satzung überlassen.4 Beitragsfrei ist die Mitgliedschaft, wenn die Satzung keine Bestimmung trifft5 und sich eine Beitragspflicht auch aus dem Wesen des Vereinszwecks nicht zwangsläufig ergibt.6 Weder der Vorstand noch die Mitgliederversammlung (deren Beschluss müsste als Satzungsänderung in das Vereinsregister eingetragen werden) können die Erhebung einer in der Satzung nicht vorgesehenen Form des Beitrags (z.B. Aufnahmegebühr) anordnen.7 Mit dem Begriff „Beitrag“ ist in der Satzung im Zweifel nur die periodische Geldzahlung gemeint.8 Daher erlaubt eine allgemein gehaltene Satzungsermächtigung zur Beitragserhebung weder das Einfordern einer Arbeitsleistung,9 einer einmaligen Aufnahmegebühr10, noch eines dreizehnten Monatsbeitrags im Jahr11, eines rückwirkenden
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7 8 9 10 11
BGH v. 3.12.2007 – II ZR 22/07, MDR 2008, 697 = WM 2008, 736. BGH v. 11.11.1985 – II ZR 37/85, MDR 1986, 646 = NJW 1986, 1604. Hierzu auch Müller, MDR 1992, 924. Hinweisbeschluss BGH v. 21.5.2019 – II ZR 157/18, juris. Hadding in Soergel, Rz. 3 zu § 58 (mit Einschränkung); Schwennicke in Staudinger, § 58 Rz. 12; a.A. Müller, MDR 1992, 924; Röcken, MDR 2018, 1097 (1099): Beitragsfreiheit muss die Satzung ausdrücklich bestimmen. Z.B. ein Vereinszweck „Erwerb und Unterhalt der Pflegestation“. Schwennicke in Staudinger, § 58 Rz. 12 geht davon aus, dass sich in derartigen Fällen aus der vereinsrechtlichen Förderpflicht eine Verpflichtung ergeben kann, für die Einführung einer Beitragsklausel in der Satzung zu stimmen. OLG Hamm Betrieb 1976, 93. Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 120. AG Ahlen v. 21.12.2017 – 30 C 244/17, juris. Burhoff, Rz. 122. OLG München v. 18.2.1998 – 3 U 4897/97, NJW-RR 1998, 966.
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4. Insbesondere die Beitragspflicht (§§ 25, 58 Nr. 2 BGB) | Rz. 411 X.
Beitrags1, eines zinsvergünstigten Darlehens2 oder einer Umlage („Sonderbeiträge“). Die Satzung kann einen Einmalbeitrag vorsehen, dessen Bezahlung das Mitglied dauerhaft von der regulären Beitragszahlung befreit („lebenslange Mitgliedschaft“). Eine spätere Heranziehung auch dieser Mitglieder zu Sonderumlagen schließt das nicht aus.3 b) Umlagen Umlagen4 können zur Deckung besonderer einmaliger Aufwendungen5 oder auch als Nachschüsse für Vereinsschulden nur auf Grund einer Satzungsermächtigung festgesetzt werden.6 Zum Schutz des Mitglieds vor schrankenloser Pflichtenmehrung muss sich der Höchstumfang einer Umlage (oder eines anderen Sonderbeitrags i.S.v. Rz. 410) aus der Satzung ableiten lassen.7 Allenfalls in Ausnahmesituationen (Unabweisbarkeit für den Fortbestand des Vereins und Zumutbarkeit im Einzelfall) kommt eine Umlage auch bei fehlender ausdrücklicher Grundlage in der Satzung in Frage.8 In solchen Fällen haben die Mitglieder ein außerordentliches Austrittsrecht.9 Der Austritt muss in nach Lage des Einzelfalls angemessener Frist erklärt werden.10 In Reaktion auf eine unwirksame, weil unzumutbare Umlage (ebenso Beitragserhö1 Ellenberger in Palandt, § 58 Rz. 2 m.N.; LG Hamburg v. 29.4.1999 – 302 S 128/98, NJWRR 1999, 1708 f. 2 BGH v. 2.6.2008 – II ZR 289/07, MDR 2008, 1108 = NJW-RR 2008, 1357. 3 AG Hamburg-Blankenese v. 3.5.2017 – 531 C 132/16, juris, zitiert in npoR 2018, 110. 4 Keine Umlage im Rahmen einer Beitragspflicht begründet das von einem Vereinsanhänger anlässlich der Generalversammlung eines Sportvereins der Mannschaft gegebene Versprechen einer Geldzuwendung für den Fall, dass diese in der Spielklasse verbleibt. Es handelt sich auch weder um eine Auslobung (§ 657 BGB) noch um einen entgeltlichen Vertrag besonderer Art, sondern um ein formbedürftiges belohnendes Schenkungsversprechen, OLG München v. 11.11.1982 – 24 U 114/82, NJW 1983, 759. 5 S. z.B. AG Grevenbroich v. 25.6.1990 – 11 C 79/90, MDR 1991, 345 = NJW 1991, 2646: Leistung von 20 Arbeitsstunden zur Errichtung des Klubhauses eines Tennisvereins, ersatzweise Zahlung von 15 DM je Stunde. 6 Die Satzungsbestimmung über die Möglichkeit, Sonderleistungen zu beschließen, verstößt nicht gegen das Grundrecht der Vereinigungsfreiheit, BVerfG v. 19.10.1990 – 1 BvR 892/ 90, 1 BvR 917/90, MDR 1991, 318 = NJW 1991, 2626. 7 BGH v. 21.5.2019 – II ZR 157/18, Rz. 17 bei juris; BGH v. 10.7.1995 – II ZR 102/94, BGHZ 130, 243 = MDR 1995, 1128 (genossenschaftl. Prüfungsverband); BGH v. 24.9.2007 – II ZR 91/06, NJW-RR 2008, 194 = MDR 2008, 93 (Sonderumlage im Verein); BGH v. 2.6.2008 – II ZR 289/07, MDR 2008, 1108 = NJW-RR 2008, 1357 (Sonderbeitrag bei Vereinseintritt). Aus Sicht des OLG Dresden v. 19.2.2009 – 4 U 1721/08, VersR 2009, 1260 reicht beim wirtschaftlichen Verein eine Ermächtigung in der Satzung nicht, wenn der Bemessungsmaßstab in der Satzung unklar ist (Transparenzgebot). 8 BGH v. 24.9.2007 – II ZR 91/06, NJW-RR 2008, 194 = MDR 2008, 93: Umlage in Höhe des sechsfachen Jahresbeitrags im Einzelfall zumutbar. Krit. dazu Schubert, WM 2008, 1197. 9 BGH v. 24.9.2007 – II ZR 91/06, NJW-RR 2008, 194 = MDR 2008, 93: Der Austritt musste im entschiedenen Fall dann aber binnen neun Monaten nach Beschlussfassung erklärt werden. 10 Schubert, WM 2008, 1197 (1203). Vgl. auch AG Hamburg-Blankenese v. 3.5.2017 – 531 C 132/16, juris.
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X. Rz. 411 | Die Mitgliedschaft, Rechte und Pflichten
hung) bedürfen sie dieses Rechtes dagegen nicht (anders z.T. die Rechtsprechung, s. Rz. 324). Erhoben werden kann eine Umlage nur, wenn sie (als Mitgliedsbeitrag i.w.S., Rz. 409) dem Verein Mittel zur Erfüllung des Vereinszwecks zuführen soll;1 für einen vereinsfremden Zweck kann sie nicht festgelegt werden. Beispiel:2 Keine Umlage gegen Aushändigung eines Verzehrbons, der in der verpachteten Vereinsgaststätte einzulösen wäre, wenn damit eine Zahlungspflicht zur Unterstützung des Pächters der Gaststätte begründet würde.
412
Eine ermächtigende Satzungsbestimmung, die Erhebung der Umlage und Festlegung der Höhe einem Mehrheitsbeschluss der Mitgliederversammlung oder der Bestimmung durch ein anderes Vereinsorgan überträgt, hat die Voraussetzungen für die Erhebung der Umlage jedenfalls hinreichend bestimmt zu regeln.3 Vorgesehen werden können Umlagen als Geldleistungen, aber auch als Sach- und Dienstleistungen.4 Bestimmt die Satzung Beitragsfreiheit, kann im Zweifel auch eine Umlage nicht erhoben werden. Auf Satzungsgrundlage kann eine Beitragspflicht der Mitglieder auch für Zahlungen in einen Sonderfonds (auf Sonderkonto angelegtes Vereinsvermögen) begründet werden.5 Nicht zulässig (unwirksam) wäre eine Satzungsbestimmung, dass die Mitglieder für Vereinsschulden unmittelbar den Gläubigern haften.6 Im Monopolverein (Verein mit Aufnahmezwang) ist die Frage der Angemessenheit einer Sonderumlage wie auch einer Beitragserhöhung besonders stark zu gewichten, weil hier den Mitgliedern die Reaktionsmöglichkeit des (auch außerordentlichen) Austritts nicht immer zumutbar ist.7 c) Beitragsbestimmung
413
Die Satzung muss ergeben, „ob“ und „welche“ Beiträge (i.w.S., Rz. 409) von den Mitgliedern (auch von Probemitgliedern;8 zu diesen Rz. 252) zu leisten sind (§ 58 Nr. 2 BGB), ob also Beiträge in Geld (periodisch oder nur einmalig) oder in Arbeitsleistungen u.a. zu erbringen sind. Die Höhe der Beiträge braucht die Satzung nicht ziffernmäßig festzulegen9 (zum Höchstumfang einer Umlage s. aber Rz. 411). Nach welchen Grundsätzen der periodische Beitrag ermittelt wird, ist schon keine in der Satzung zu treffende Grundentscheidung mehr. Das gilt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auch für die Erhebung eines variablen, auf den Vorjahresumsatz des Mitglieds bezoge1 OLG München v. 18.2.1998 – 3 U 4897/97, NJW-RR 1998, 966. 2 Fall des OLG München v. 18.2.1998 – 3 U 4897/97, NJW-RR 1998, 966. 3 OLG München v. 18.2.1998 – 3 U 4897/97, NJW-RR 1998, 966 mit etwas zu weitgehenden Anforderungen. 4 Müller, MDR 1992, 924. 5 OLG Hamburg v. 12.12.1978 – 7 U 110/78, BB 1980, 122 mit Anm. Meinert. 6 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 123. 7 AG Hamburg-Blankenese v. 3.5.2017 – 531 C 132/16, juris. 8 BayObLG v. 25.10.2000 – 3Z BR 298/00, NJW-RR 2001, 326 = Rpfleger 2001, 137. 9 BGH v. 21.5.2019 – II ZR 157/18, juris; BGH v. 24.10.1988 – II ZR 311/87, MDR 1989, 328 = NJW 1989, 1724 (Praktikabilitätserwägungen).
232 | Stöber/Otto
4. Insbesondere die Beitragspflicht (§§ 25, 58 Nr. 2 BGB) | Rz. 416 X.
nen Beitrags.1 Die Bestimmung der Beitragshöhe kann der Mitgliederversammlung, dem Vorstand oder einem anderen Vereinsorgan übertragen werden. Das für zuständig erklärte Organ erlässt dann eine Beitragsordnung ohne Satzungsqualität.2 Das ist üblich und auch sehr empfehlenswert. Beispiel für die Satzungsfassung: Es ist ein Mitgliedsbeitrag zu leisten. Seine Höhe bestimmt die Mitgliederversammlung, wobei für jugendliche Mitglieder, Volljährige und Juristische Personen jeweils unterschiedliche, sonst nur betragsmäßig gleiche Beiträge festgesetzt werden dürfen. Der Beitrag ist monatlich im Voraus zu zahlen.
Eine Festlegung auch der Beitragshöhe in der Satzung selbst ist unzweckmäßig, weil dann jede Veränderung eine Satzungsänderung erfordert (Beschluss, Registeranmeldung und -eintragung, dadurch Kosten, Zeitverlust usw.). Für den laufenden Beitrag muss die Satzung auch keine Höchstgrenze festsetzen.3 Die Satzung eines Vereins mit Untergliederungen (Abteilungen) kann vorsehen, dass die Beträge für jede Untergliederung selbständig festzulegen oder durch Beschluss der Mitglieder der jeweiligen Untergliederung in einer Abteilungsversammlung zu bestimmen sind. In Sonderfällen (bei Verpflichtung zu im Voraus ganz unübersehbaren Beitragsleistungen in Form von „Kapitaleinlagen“) können jedenfalls die Grundzüge der Beitragspflichten als das Vereinsleben bestimmende Grundentscheidungen in die Satzung aufzunehmen sein.4
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Die Satzung kann vorsehen, dass die Bestimmung des Beitrags dem Mitglied selbst überlassen bleibt; dann empfiehlt sich jedoch Festlegung eines Mindestbeitrages.
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Beispiel: Von den Mitgliedern ist ein Jahresbeitrag im Voraus zu leisten. Die Höhe des Beitrags bestimmt jedes Mitglied selbst. Der vom Vorstand festzusetzende Mindestbeitrag darf jedoch nicht unterschritten werden.
Die Leistung von Diensten in persönlicher Abhängigkeit kann in der Satzung als eine Form des Mitgliedsbeitrags vorsehen sein.5 Dazu muss die Leistungspflicht aber ausdrücklich in der Satzung als solche benannt werden.6 Zur (ausnahmsweisen) Dienstleistungspflicht als Ausfluss der allgemeinen Förderpflicht s. Rz. 408). Rechtsgrundlage für die Verpflichtung zur Dienstleistung ist dann die durch Vereinsmitgliedschaft begründete Mitgliederverpflichtung, nicht aber ein durch Arbeitsvertrag be1 BGH v. 19.7.2010 – II ZR 23/09, NJW 2010, 3521 = MDR 2010, 1195; zust. Vieweg/Werner, LMK 2011, 313895anders noch 9. Aufl., dort Rz. 217a. 2 Schwennicke in Staudinger, § 58 Rz. 9/10. 3 BGH v. 19.7.2010 – II ZR 23/09, NJW 2010, 3521 = MDR 2010, 1195. 4 BGH v. 24.10.1988 – II ZR 311/87, MDR 1989, 328 = NJW 1989, 1724 für Garantiefond eines Banken-Dachverbandes mit in der Höhe gänzlich unübersehbaren potentiellen Umlageverpflichtungen. 5 BAG BAGE 2, 289 = NJW 1956, 647; BAG BAGE 27, 163 = NJW 1976, 386 (Ls.; je RotKreuz-Schwesternschaft); BAG v. 22.3.1995 – 5 AZB 21/94, FamRZ 1995, 1142 = MDR 1996, 77 = NJW 1996, 143 (151); BAG v. 26.9.2002 – 5 AZB 19/01, NJW 2003, 161 (je Scientology-Mitglied). 6 AG Ahlen v. 21.12.2017 – 30 C 244/17, juris.
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416
X. Rz. 416 | Die Mitgliedschaft, Rechte und Pflichten
gründetes (schuldrechtliches) Arbeitsverhältnis1, und zwar auch dann, wenn der Verein Aufwendungen (pauschal) vergütet.2 Zwingende arbeitsrechtliche Schutzbestimmungen dürfen die vereinsrechtlichen Arbeitspflichten nicht umgehen (§§ 134, 138 BGB).3 417
Als Beitragspflicht kann die Satzung Beitragsleistungen aller Mitglieder, aber auch (nur oder zusätzlich zum allgemeinen Mitgliedsbeitrag) besondere Zahlungen derjenigen Mitglieder anordnen, die Leistungen des Vereins (z.B. Rechtsberatung) oder Vereinseinrichtungen (z.B. als Platzgeld) in Anspruch nehmen.4 Gesonderte Gebühren und Auslagen für Rechtsberatung können als Mitgliederleistungen daher nur erhoben werden, wenn auch diese Verpflichtung zur Beitragszahlung in der Satzung eine Grundlage hat.5 Derartige Beiträge sind außerdem abzugrenzen von Entgelten, die im Leistungsaustausch von den Mitgliedern nicht anders als an dem entsprechenden Markt bezahlt werden (insbesondere umsatzsteuerliche Konsequenzen, vgl. Rz. 1854).6
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Besondere einmalige Aufnahmebeiträge (Eintrittsgelder) sind bei Anordnung in der Satzung möglich und zunehmend üblich. Regelungen, die eine (auch teilweise) Rückerstattung z.B. bei erfolgreicher Anwerbung weiterer Mitglieder oder bei Erreichen einer Mindestmitgliederzahl (die z.B. zum wirtschaftlichen Betrieb einer Golfanlage durch den Verein erforderlich sein kann) vorsehen, sind unbedenklich, wenn sie sowohl klar gefasst wie auch nicht diskriminierend sind.7 Sie dürfen dem Mitglied das freie Austrittsrecht nicht abschneiden.8 d) Beitragserhöhung
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Eine rückwirkende Beitragserhöhung9 durch Beschluss der Mitgliederversammlung oder ein anderes Vereinsorgan muss nach den Rechtsverhältnissen des Vereins (der 1 BAG v. 26.9.2002 – 5 AZB 19/01, NJW 2003, 161. 2 BAG v. 26.9.2002 – 5 AZB 19/01, NJW 2003, 161. 3 BAG v. 22.3.1995 – 5 AZB 21/94, FamRZ 1995, 1142 = MDR 1996, 77 = NJW 1996, 143 (151); BAG v. 26.9.2002 – 5 AZB 19/01, NJW 2003, 161. 4 BGHZ 15, 315 (317) = NJW 1955, 422. 5 BSG v. 25.9.1990 – VII R 114/89, NJW 1992, 198. 6 Zur Abgrenzung „echter“ und „unechter“ Beiträge für die Zwecke der Umsatzsteuer s. z.B. Alvermann, Non Profit Yearbook 2008, 55. 7 Bdb. OLG v. 7.12.2004 – 6 U 72/04, MDR 2005, 640. 8 Wickert, Rz. 223 m.w.N. 9 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 857, hält eine rückwirkende Erhöhung über das laufende Geschäftsjahr (in dem der Beschluss gefasst wird) hinaus für zulässig, wenn die Satzung eine Ermächtigungsgrundlage gibt. Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 120 lassen rückwirkende Beitragserhöhung jedenfalls dann nicht zu, wenn eine etwa daraufhin ausgesprochene Kündigung die Beendigung der Mitgliedschaft erst zu einem späteren Zeitpunkt herbeiführen würde, als es bei einer Kündigung der Fall wäre, die in dem Zeitpunkt ausgesprochen worden wäre, auf den der Beschluss zurückwirkt. Die Frage der Wirksamkeit rückwirkender Beitragserhöhung kann aber nicht mit der (möglichen) Beendigung der Mitgliedschaft verbunden werden, sondern stellt sich auch für Mitglieder, die weiterhin dem Verein angehören wollen. Sie kann letztlich daher nur nach den Umständen des Einzelfalles beurteilt wer-
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4. Insbesondere die Beitragspflicht (§§ 25, 58 Nr. 2 BGB) | Rz. 420 X.
Satzungsbestimmung über die Beitragspflicht, § 25 BGB) zulässig sein. Wenn eine ausdrückliche Regelung fehlt, muss die Satzung im Wege der Auslegung1 (Rz. 54) die rückwirkende Beitragserhöhung erlauben, mit ihr nach den Verhältnissen des Vereins somit zu rechnen sein. Dafür müssen besondere Umstände sprechen. Als Vereinsobservanz anerkennen mag man hier etwa, wenn der Verein seit je her erst in der Mitgliederversammlung den Beitrag für das bereits laufende Kalenderjahr beschließt und dabei in einem üblichen Rahmen bleibt.2 Sonst ist die Beitragserhöhung nur von der Beschlussfassung oder einem in der Zukunft liegenden Zeitpunkt an zulässig, üblich und ratsam. Wenn die Beitragshöhe in der Satzung geregelt ist (selten der Fall), kann bei Satzungsänderung die Verpflichtung zur Einzahlung des höheren Beitrages auf einen vor der Registereintragung liegenden Zeitpunkt festgelegt werden; der Beschluss ist dann jedoch erst mit Wirksamwerden der Satzungsänderung durch Registereintragung durchführbar. M 14 Beschlussfassung über eine Beitragserhöhung (unterstellt wird hier, dass die Satzung der ersten Mitgliederversammlung im Geschäftsjahr die Kompetenz zuweist, den Beitrag für das laufende Jahr festzusetzen): a) § 10 Abs. 1 der Satzung (Mitgliedsbeitrag) wird wie folgt geändert: Der Mitgliedsbeitrag beträgt monatlich 20 Euro. b) Der durch diesen Beschluss erhöhte Beitrag ist vom 1. Januar des laufenden Jahres an zu zahlen.
Bei einer durch die Satzung nicht erlaubten rückwirkenden Beitragserhöhung einiger Höhe wird dem Mitglied teilweise ein außerordentliches Kündigungsrecht zugestanden.3 Das erscheint inkonsequent, die Beitragserhöhung ohne satzungsmäßige Grundlage ist unwirksam. Etwas anderes kommt nur in Frage, wenn in einer Ausnahmesituation in die Satzung eben doch eine ungeschriebene Ermächtigung „hineingelesen“ werden kann, die aus Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten dann aber nur den Mitgliedern zugemutet wird, die nicht in Reaktion auf diesen Beschluss zeitnah austreten.4
1 2 3 4
den. Burhoff, Rz. 113 gibt bei ungewöhnlicher hoher rückwirkender Beitragserhöhung ein außerordentliches Austrittsrecht. A.A. (ausdrückliche Satzungsermächtigung erforderlich) LG Hamburg v. 29.4.1999 – 302 S 128/98, NJW-RR 1999, 1708 (mit Einschränkung bei unvorhersehbarem Ereignis). Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 857. LG Hamburg v. 29.4.1999 – 302 S 128/98, NJW-RR 1999, 1708: 300 %; Burhoff, Rz. 122. Vgl. die Rechtsprechung zu einer in der Satzung nicht verankerten Sonderumlage, BGH v. 24.9.2007 – II ZR 91/06, MDR 2008, 93 = NJW-RR 2008, 194.
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420
X. Rz. 421 | Die Mitgliedschaft, Rechte und Pflichten
e) Beitragsfreiheit 421
Dass bestimmte Mitglieder (insbesondere Ehrenmitglieder) beitragsfrei sind, kann bei Vereinsgründung satzungsgemäß festgelegt werden (Sonderrecht, § 35 BGB; s. Rz. 253). Durch spätere Änderung der Satzung kann ohne Zustimmung aller beitragspflichtigen Mitglieder eine solche Regelung nicht eingeführt werden (Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, s. Rz. 391).
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Kein Sonderrecht einzelner Mitglieder (§ 35 BGB) begründet eine Satzungsbestimmung, dass die Mitgliedschaft im Verein generell beitragsfrei ist. Dann kann durch Satzungsänderung (mit der dafür erforderlichen Stimmenmehrheit und Eintragung in das Vereinsregister) später doch eine allgemeine Beitragspflicht vorgesehen werden. Es gibt auch keinen allgemeinen Vertrauensschutz dahin, dass ein Verein, der bisher auf die Erhebung von Mitgliedsbeiträgen verzichtete, dies dauerhaft so fortführt.1 Bei Satzungsänderung zur Einführung einer Beitragspflicht an Stelle der bisher beitragsfreien Mitgliedschaft kann sogleich auch (oder durch Beschluss einer weiteren Mitgliederversammlung vor Wirksamwerden der Änderung mit Eintragung in das Vereinsregister) der Ausführungsbeschluss über die Höhe des Mitgliedsbeitrags gefasst werden. Dieser Ausführungsbeschluss der nach der vorgesehenen Satzungsänderung zuständigen Mitgliederversammlung steht unter der aufschiebenden Bedingung, dass die Satzungsänderung durch Registereintragung wirksam wird2 (wie Rz. 1103). Rückwirkend kann dieser Beschluss die Beitragspflicht (auch in angemessenen Grenzen) jedoch nicht festlegen. Den Zeitpunkt, von dem an die Mitgliedschaft beitragspflichtig sein soll, hat die geänderte Satzungsbestimmung (ggf. im Wege der Auslegung, Rz. 54) zu ergeben. f) Beitragsstaffeln
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Ziffernmäßig („absolut“) gleich hohe Beiträge für jedes Mitglied fordert der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Vereinsmitglieder nicht.3 Notwendig ist jedoch, dass aller zu den Beiträgen auf einer gleichen Grundlage herangezogen werden und nicht ein einzelnes Mitglied oder eine Gruppe von Mitgliedern in einer willkürlichen und sachfremden Weise gegenüber den anderen Mitgliedern besonders belastet werden (Rz. 250).4 Daher können unterschiedliche Beiträge (auch Umlagen) bestimmt werden, z.B. zwischen Erwachsenen und Jugendlichen, aktiven und passiven Mitgliedern, fördernden Mitgliedern sowie Probemitgliedern. Zulässig ist es auch, dass sich ein Beitrag aus unterschiedlichen Komponenten zusammensetzt und damit unterschiedliche Vereinszwecke abdeckt, an denen Mitglieder unterschiedlich teilhaben.5 Bedenklich ist AG Hamburg-Blankenese v. 3.5.2017 – 531 C 132/16, juris. OLG München v. 18.2.1998 – 3 U 4897/97, NJW-RR 1998, 966. Ausf. Schöpflin, ZStV 2014, 166 (168 f.). BGH BB 1954, 329 = Betrieb 1954, 345 = LM Nr. 2 zu § 39 BGB = NJW 1954, 953 (Ls.). Zur Gleichbehandlung der Mitglieder bei Beitragspauschalierung und zur Möglichkeit, nach Betriebsumfang zu differenzieren, s. auch (für berufsständische Kammer) OVG Rheinland-Pfalz BB 1977, 1069. 5 Hinweisbeschluss des BGH v. 15.1.2013 – II ZR 189/11, NZG 2013, 671 zu Bdb. OLG v. 1.7.2011 – 3 U 147/09, juris. 1 2 3 4
236 | Stöber/Otto
4. Insbesondere die Beitragspflicht (§§ 25, 58 Nr. 2 BGB) | Rz. 425 X.
eine nachträgliche Abänderung des Verhältnisses der Beitragspflichten der Mitglieder zueinander.1 Eine derartige Änderung darf jedenfalls nicht nach sachfremden Erwägungen vorgenommen werden. Die Anknüpfung von Beitragsstaffeln an die finanziellen Verhältnisse der Mitglieder soll aus einem vereinsrechtlichen Solidargedanken gerechtfertigt sein und daher keiner Grundlage in der Satzung benötigen.2 So allgemein wird man das angesichts der Vielzahl unterschiedlichster Vereinszwecke wohl nicht sagen können.3 Für einen Dachverband verneint der BGH eine ungeschriebene Solidarpflicht in Form von Mehrbelastungen der stärkeren Regionalverbände zugunsten der Verbände in strukturschwachen Gebieten.4
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Die Beiträge können unter Zugrundelegung eines bestimmten Verhältnisschlüssels (z.B. des Umsatzes der Mitgliedsfirmen) variabel festgelegt werden. Ebenso möglich ist ein zusammengesetzter Beitrag aus festen und variablen Teilen.5 Der Gleichbehandlungsgrundsatz kann dabei im Einzelfall zu einer Korrektur der Beitragsstaffel zwingen.6 Wenigstens zweckmäßigerweise sollten die Grundsätze der Beitragsermittlung dann in der Satzung festgelegt sein.7 Ebenso sollte in der Satzung geregelt sein, wie und von wem8 die Höhe des Umsatzbeitrags festzustellen ist, d.h. insbesondere, wie der Verein Aufschluss über den Umsatz der Mitgliederfirmen für Bemessung des Beitrags erlangen kann. Wenn die Satzung das Verfahren zur Bestimmung der Höhe des Umsatzbeitrags nicht regelt, ist davon auszugehen, dass der Mitgliedschaft als Nebenpflicht eine Auskunftspflicht des Vereinsmitglieds entspringt. Diese verpflichtet das Mitglied zur Bekanntgabe des für die Bemessung des Beitrags maßgeblichen Umsatzes und Vorlage der diesen ausweisenden Unterlagen. Der Anspruch ist wie der Mitgliedsbeitrag selbst einklagbar; bei Verletzung der Mitgliederpflicht zur Erteilung der Auskunft kann auch eine Vereinsstrafe vorgesehen werden. Der Verein wird regel-
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1 BGH BB 1954, 329 = Betrieb 1954, 345 = LM Nr. 2 zu § 39 BGB = NJW 1954, 953 (LS). 2 Vieweg/Werner, LMK 2011, 313895, die sich dabei auf BGH v. 19.7.2010 – II ZR 23/09, MDR 2010, 1195 stützen können. Konkret ging es dort allerdings um einen die wirtschaftlichen Interessen der Mitglieder i.w.S. fördernden Verein. 3 Näher dazu jurisPK/Otto, BGB, § 58 Rz. 5. 4 Hinweisbeschluss des BGH v. 15.1.2013 – II ZR 189/11, NZG 2013, 671 zu Bdb. OLG v. 1.7.2011 – 3 U 147/09, juris. 5 OLG Stuttgart v. 15.12.2011 – 3 U 149/11, NZG 2012, 317–319, spricht von einer gespaltenen Beitragspflicht (s. dort auch zur Abgrenzung zur Sonderumlage). 6 So z.B. wenn die Beitragshöhe an Verhältnisse des Vorjahres anknüpft, diese sich beim Mitglied im Beitragsjahr aber grundlegend verändert haben, BGH v. 19.7.2010 – II ZR 23/09, NJW 2010, 3521 = MDR 2010, 1195. 7 Nach BGH v. 10.7.1995 – II ZR 102/94, BGHZ 130, 243, = MDR 1995, 1128BGH v. 19.7.2010 – II ZR 23/09, NJW 2010, 3521 = MDR 2010, 1195 ist eine Satzungsbestimmung für den periodischen Beitrag jedoch nicht zwingend (entgegen OLG Oldenburg v. 18.12.2008 – 8 U 182/08, OLGR Oldenburg 2009, 612 und Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 117). Engere Grenzen gelten beim Sonderbeitrag, vgl. OLG Dresden v. 19.2.2009 – 4 U 1721/08, VersR 2009, 1260. Zum Transparenzgebot OLG Stuttgart v. 15.12.2011 – 3 U 149/11, NZG 2012, 317–319. 8 OLG Stuttgart v. 15.11.2011 – OLG Stuttgart v. 15.12.2011 – 3 U 149/11, NZG 2012, 317– 319.
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X. Rz. 425 | Die Mitgliedschaft, Rechte und Pflichten
mäßig zur vertraulichen Behandlung der Angaben über den Umsatz verpflichtet sein (Mitgliederrecht; bei Verletzung Schadensersatzpflicht, Rz. 379). 426
Wie ein Sonderbeitrag wirkt die Verpflichtung, dass die vom Verein in besoldete Ämter entsandten Mitglieder ihre Tantiemen ganz oder teilweise abzuführen haben. Eine solche Regelung bedarf hinreichender Grundlage unmittelbar in der Satzung.1 g) Fälligkeit und Einziehung
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Die Satzung sollte auch die Fälligkeit der Beiträge (damit zugleich die Erfüllbarkeit) regeln. Trifft sie keine Bestimmung, so kann ein für Festlegung der Beitragshöhe zuständiges Vereinsorgan auch den Zahlungstermin bestimmen (die Zeit für die Leistung ist dann aus den Umständen zu entnehmen, § 271 Abs. 1 BGB). Ist auch Bestimmung über die Leistungszeit nicht getroffen, dann kann der Verein einen Beitrag sofort, somit bei Beginn der Mitgliedschaft, und sodann den nach Zeitabschnitten bemessenen (z.B. Jahres-)Beitrag zu Beginn des einzelnen Beitragszeitraums verlangen (§ 271 Abs. 1 BGB) oder dann, wenn der Beitrag jeweils nur für einen Zeitraum festgelegt wird (z.B. jährlich neu), dann, wenn diese Bestimmung getroffen ist. Für Umlagen, Nachschüsse und sonst einmalige Beitragsleistungen gilt das entsprechend. Für Arbeitsleistungen sollte aus den Umständen folgen (§ 271 Abs. 1 BGB), dass sie zu leisten und erfüllbar sind, wenn der Verstand (das sonst zuständige Vereinsorgan) sie einfordert, somit die Zeit der Arbeitsleistung bestimmt. Auf Geldzahlung gerichtete Beitragsansprüche des Vereins sind nach Fälligkeit einzufordern und beizutreiben nicht anders als andere Geldforderungen.
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Das weit verbreitete und für die Vereine bequeme Lastschrift-Einzugsverfahren ist seit 2014 durch das sog. SEPA-Lastschriftverfahren abgelöst. Abgesehen davon, dass Kontonummer und Bankleitzahl zwingend durch die IBAN ersetzt sind, gelten im Kern folgende Regelungen:2
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Um am SEPA-Lastschriftverfahren teilnehmen zu können, muss der Verein mit seiner Hausbank als „Inkassostelle“ darüber eine ausdrückliche Vereinbarung treffen. Als Zahlungsempfänger benötigt der Verein eine eigene Gläubiger-Identifikationsnummer. Hierbei handelt es sich um eine kontounabhängige und eindeutige Kennung, die den Zahlungsempfänger als Lastschrift-Einreicher zusätzlich identifiziert. Das von dem Vereinsmitglied erteilte SEPA-Lastschriftmandat ist dann die rechtliche Legitimation für den Einzug von SEPA-Lastschriften. Verbindliche Mandatstexte sind i.d.R. in den Bedingungen für den Lastschrifteinzug der Banken vorgegeben. Bestehende Einzugsermächtigungen können als SEPA-Lastschriftmandat weiter genutzt werden. Zu beachten ist, dass der Verein den Zahlungspflichtigen vor dem ersten SEPA-Basislastschrifteinzug über Verfahrenswechsel unter Angabe von Gläubiger-Identifikationsnummer und Mandatsreferenz in Textform zu unterrichten hatte. Die Mandatsreferenz (bis zu 35 alphanumerische Stellen) wiederum ist ein vom Verein individuell 1 BAG v. 21.5.2015 – 8 AZR 956/13, BB 2015, 2426. 2 Nach http://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Standardartikel/Aufgaben/Unbarer_Zah lungsverkehr/sepa_fuer_vereine.html – letzter Abruf 30.8.2015 – nicht mehr abrufbar.
238 | Stöber/Otto
4. Insbesondere die Beitragspflicht (§§ 25, 58 Nr. 2 BGB) | Rz. 431 X.
vergebenes Kennzeichen (z.B. Mitgliedsnummer) und bezeichnet in Verbindung mit der Gläubiger-Identifikationsnummer das jeweilige Mandat. Die Mandatsreferenz muss so gewählt werden, dass sie in Kombination mit der Gläubiger-Identifikationsnummer nur einmal vorkommt. Der Verein benötigt eine Verwaltung seiner SEPALastschriftmandate. Der bevorstehende Einzug muss nach Maßgabe der Inkassobedingungen des jeweiligen Kreditinstituts durch eine Vorabinformation („Pre-Notification“) des Vereins seinem Mitglied gegenüber vorangekündigt werden. Dafür ist grundsätzlich jede Form möglich, es müssen aber Fälligkeitsdatum und genauer Einzugsbetrag enthalten sein. Mehrere Lastschrifteinzüge können gemeinsam ankündigt werden. Die Vorabinformation muss dem Vereinsmitglied mindestens 14 Kalendertage vor Fälligkeit zugesandt worden sein, damit er sich auf die Kontobelastung einstellen und für entsprechende Deckung sorgen kann. Eine kürzere Frist kann mit dem Mitglied vereinbart werden. Auch dazu ergeben sich Einzelheiten aus den Vereinbarungen des Vereins mit seiner Bank. Eine SEPA-Basislastschrift kann innerhalb von acht Wochen ab dem Zeitpunkt der Belastungsbuchung auf dem Konto des Zahlers (z.B. Vereinsmitglied) an den Einreicher zurückgegeben werden. Ein Lastschrifteinzug ohne gültiges Mandat kann vom Vereinsmitglied weitergehend innerhalb von 13 Monaten nach der Kontobelastung zurückgegeben werden. Im Verhältnis zum Verein als Gläubiger (Zahlungsempfänger) ist der Widerspruch bei unberechtigtem Einzug berechtigt, sonst missbräuchlich.1 Eine gesetzliche Pflicht des Vereinsmitglieds, die Beiträge (auch Umlagen usw.) im Lastschriftverfahren von einem Konto abbuchen zu lassen, besteht nicht.2 Die Satzung kann einen Anspruch des Vereins an das Mitglied auf Erteilung einer Einzugsermächtigung begründen. Der Verein kann aber auch dann nicht unmittelbar auf Grund der Satzung Zahlungen von einem Konto des Mitglieds einziehen, sondern es bedarf des SEPA-Mandats, das standardmäßig schon zusammen mit der Beitrittserklärung abverlangt werden sollte. Ohne ausdrückliche Satzungsgrundlage kann keine Mitgliederpflicht zur Erteilung einer Einziehungsermächtigung eingeführt werden.3 Die Satzung – und nur diese – kann es auch erlauben, dass Mitglieder, die nicht am Einzugsverfahren teilnehmen, durch einen angemessen4 erhöhten Beitrag zur Deckung des Zusatzaufwands der Beitragseinhebung herangezogen werden.
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Durch Mahnung nach Fälligkeit (§ 286 Abs. 1 BGB) oder, wenn nach der Satzung die Leistungszeit kalendermäßig bestimmt ist (z.B. jährlich am 1. Juli oder jährlich spätestens bis 1. Juli), mit Zeitablauf (§ 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB) kommt das säumige Mitglied in Verzug.
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1 BGH v. 15.6.1987 – II ZR 301/86, MDR 1987, 910 = NJW 1987, 2370. 2 OLG Braunschweig WM 1979, 118; LG München I WM 1979, 143 (je für Lastschrift zur Mietzahlung). 3 Die Rechtsprechung zum WEG (Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung) ist nicht übertragbar (zum WEG Saarl. OLG FGPrax 1998, 18 = WuM 1998, 243 (247); OLG Hamburg v. 6.4.1998 – 2 Wx 97/97, MDR 1998, 706 = NJW-RR 1998, 1163; BayObLG v. 28.6.2002 – 2Z BR 41/02, NJW-RR 2002, 1665). 4 Vgl. BayObLG v. 19.10.1995 – 2Z BR 101/95, MDR 1996, 143 (zum WEG).
Stöber/Otto | 239
X. Rz. 432 | Die Mitgliedschaft, Rechte und Pflichten 432
Wenn das an die Zahlung erinnerte Mitglied fällige Beiträge nicht zahlt, kann der Verein den Anspruch im Mahnverfahren (§§ 688 ff. ZPO) oder mit Leistungsklage (§§ 253 ff. ZPO) gerichtlich geltend machen. Ausschließlich zuständig für das Mahnverfahren ist das für den Vereinssitz zuständige Mahngericht (§ 689 Abs. 2, § 17 Abs. 1 ZPO). Beim Gericht des Vereinssitzes (§ 22 ZPO) kann ebenso wie beim Gericht des Schuldnerwohnsitzes (§ 13 ZPO) die Zahlungsklage erhoben werden kann. Kosten, auch Rechtsanwaltskosten, die dem Verein durch die Rechtsverfolgung nach Verzug des Mitglieds entstehen, hat das säumige Mitglied zu ersetzen (§ 280 Abs. 1, 2 BGB). Verzugszinsen: § 288 BGB.
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Häufig wird das Stimmrecht in der Mitgliederversammlung von Erfüllung der Beitragspflicht abhängig gemacht. Durch Satzungsregelung ist das möglich (Rz. 1003, dort auch zu anderer Rechtsprechung des BGH für die Versammlung der Wohnungseigentümer). In Frage kommen sowohl eine generelle, unmittelbar eingreifende Bestimmung, wie auch die Ermächtigung des Vorstands oder anderer Organe, den Stimmrechtsausschluss als Sanktion des Beitragsrückstands strafweise zu verhängen (vgl. Rz. 1184).
434
cc) Eine Eintrittspflicht Dritter, so des gesetzlichen Vertreters eines minderjährigen Vereinsmitglieds (Rz. 288), einer juristischen Person oder Gesellschaft des Handelsrechts (Rz. 291) oder des „Bürgen“ für einen Mitgliedschaftsbewerber (Rz. 280), kann allein durch Bestimmung der Satzung nicht begründet werden (keine Mitgliederpflichten für Nichtmitglieder). Der Dritte kann im Einzelfall die Zahlungspflicht jedoch (gesondert) durch vertragliche Vereinbarung übernehmen (Schuldbeitritt, Bürgschaft). Zwar kann die Satzung eine (mithaftende) Zahlungspflicht des Nichtmitglieds (als Aufnahmebedingung) fordern und der gesetzliche Vertreter (andere Dritte) durch vertragliche Abrede seine Mithaft wegen der Mitgliederbeiträge des Minderjährigen (anderen Vereinsmitglieds) erklären.1 Dann setzt die rechtsgeschäftliche Haftungsübernahme durch das Nichtmitglied jedoch voraus, dass der gesetzliche Vertreter (andere Dritte) durch Gestaltung des Aufnahmeverfahrens Kenntnis davon erlangt, dass er mit Unterzeichnung der Aufnahmeerklärung zugleich seine Mithaft für die von dem Vereinsmitglied geschuldeten Mitgliedsbeiträge erklärt. Er muss sich der doppelten Bedeutung seiner Willenserklärung bewusst werden können.2 Wenn der gesetzliche Vertreter (andere Dritte) keine Kenntnis von dieser Bedeutung seiner Zustimmung zum Beitritt hat, begründet er keine rechtsgeschäftliche Eigenhaftung.3 h) Beendigung der Beitragspflicht
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Die Beitragszahlung kann nicht mit der Begründung verweigert werden, der Vorstand (ein anderes Vereinsorgan) habe seine Pflichten dem Mitglied gegenüber nicht erfüllt.4 Weil der Mitgliedsbeitrag nicht Gegenleistung für die Vereinsleistungen ist, wird die Beitragspflicht nicht dadurch geschmälert, dass der Verein zB in der Pandemie-Situa1 2 3 4
OLG Hamm v. 13.9.1999 – 15 W 195/99, NJW-RR 2000, 42. OLG Hamm v. 13.9.1999 – 15 W 195/99, NJW-RR 2000, 42. OLG Hamm v. 13.9.1999 – 15 W 195/99, NJW-RR 2000, 42. Bdb. OLG v. 1.7.2011 – 3 U 147/09, juris. Steffen in BGB-RGRK, § 38 Rz. 2.
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4. Insbesondere die Beitragspflicht (§§ 25, 58 Nr. 2 BGB) | Rz. 438 X.
tion seine Angebote einschränken oder einstellen muss (vgl auch Rz. 326). Es besteht auch kein Zurückbehaltungsrecht. Wegfallen können insoweit allenfalls nach der tatsächlichen Inanspruchnahme der Vereinsanlagen berechnete Sonderbeiträge und Umlagen. Wenn allerdings hinsichtlich der Inanspruchnahme von Vereinsleistungen außerhalb des Mitgliedschaftsverhältnisses vertragliche Entgelte vereinbart wurden, kommen für diese Vereinbarungen §§ 320 ff. BGB zur Anwendung. Zur Beendigung der Beitragspflicht bei Ausscheiden eines Mitglieds s. Rz. 328. Beiträge für die Zeit bis zum Austritt eines Mitglieds oder dem sonstigen Erlöschen der Mitgliedschaft (z.B. durch Tod, Ausschluss) müssen vom Mitglied (seinen Erben) auch nach Beendigung der Mitgliedschaft noch gezahlt werden. Periodisch fällige Beiträge bleiben, wenn die Satzung nichts anderes bestimmt, anteilig geschuldet (z.B. ein Jahresbeitrag mit dem Anteil vom 1.1.–31.3., wenn das Mitglied am 1.4. gestorben ist). Die Satzung kann eine Pauschalabgeltung von bereits in der Mitgliedszeit begründeten, aber noch nicht abgerechneten Umlagen nach Wahl des Mitglieds vorsehen.1 Regelmäßig endet die Beitragspflicht mit der Auflösung des Vereins, weil die Liquidation nur noch der Vermögensabwicklung dient. Die bis zur Auflösung rückständigen Beiträge haben die Liquidatoren als Forderungen des Vereins einzuziehen (Rz. 1357). Zur Erfüllung der Liquidationsaufgaben können die satzungsmäßigen Beiträge aber auch noch für die Zeit des Liquidationsverfahrens erhoben werden.2 Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vereinsvermögen endet die Beitragspflicht, wenn die Satzung nichts Abweichendes bestimmt.3 Die im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens rückständigen Mitgliederbeiträge fallen in die Insolvenzmasse.4
436
Ein rückständiger Vereinsbeitrag verjährt in 3 Jahren (§ 195 BGB) vom Schluss des Jahres an, in dem der Beitrag zu zahlen war (§ 199 Abs. 1 BGB). Das gilt auch für eine einmalige Beitragsleistung (Aufnahmegebühr, einmalige Umlage).
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i) Mitgliederdarlehen Wenn der Verein zur Finanzierung von Investitionen Darlehen seiner Mitglieder oder Dritter entgegennimmt, kann das Kreditwesengesetz (KWG) zu beachten sein.5 Es kann sich grds. um ein nach § 32 KWG erlaubnispflichtiges Einlagegeschäft i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG handeln, selbst wenn keine Verzinsung vereinbart wird. Aus1 OLG Naumburg v. 24.3.2011 – 2 U 80/10, juris (im konkreten Fall aber Verstoß gegen das Transparenzgebot). 2 RG HRR 1937 Nr. 429; Steffen in BGB-RGRK, Rz. 1 zu § 49; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 120. 3 BGH v. 11.11.1985 – II ZR 37/85, MDR 1986, 646 = NJW 1986, 1604. Für den wirtschaftlichen Verein BGH v. 23.4.2007 – II ZR 190/06, NJW-RR 2007, 542 = MDR 2007, 1267; LG Hannover v. 31.1.2006 – 18 S 49/05, juris. 4 BGH v. 11.11.1985 – II ZR 37/85, MDR 1986, 646 = NJW 1986, 1604; RG HRR 1937 Nr. 429. 5 Zum Ganzen: Bode, NZG 2018, 287.
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X. Rz. 438 | Die Mitgliedschaft, Rechte und Pflichten
genommen sind nicht gewerbsmäßige Geschäfte, die keinen eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordern. Von einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, geht die Bundesanstalt beim Einlagengeschäft in ständiger Verwaltungspraxis aus, wenn der Einlagenbestand bei mehr als fünf Einzelanlagen die Summe von 12.500 € überschreitet oder unabhängig von der Summe des Einlagenbestands mehr als 25 Einzeleinlagen bestehen. Hieraus folgt, dass – sofern nicht bereits Gewerbsmäßigkeit vorliegt – ein Einlagenvolumen von 12.500 € nur dann erlaubnisfrei überschritten werden darf, wenn es sich aus weniger als 6 Einzeleinlagen zusammensetzt.1 439
439a
Die Qualifikation der vom Mitglied entgegengenommenen Gelder als Einlagengeschäft ist unabhängig von der Bezeichnung als Darlehen. Sie steht und fällt vielmehr mit der Vereinbarung eines Rückzahlungsanspruchs und der „Unbedingtheit“ des Rückzahlungsanspruchs. Diese Unbedingtheit entfällt bei Vereinbarung einer sog. Nachrangabrede, die zusätzlich um eine insolvenzverhindernde Funktion aufgestockt sein muss (sog. qualifizierter Rangrücktritt). Nur der qualifizierte Rangrücktritt reicht aus, den Tatbestand des Einlagengeschäfts auszuschließen. Im bankenaufsichtlichen Verständnis bewirkt die Verwendung einer qualifizierten Rangrücktrittsklausel in einem Darlehensvertrag eine „Wesensänderung der Geldhingabe vom bankgeschäftstypischen Darlehen mit unbedingter Rückzahlungsverpflichtung hin zur unternehmerischen Beteiligung mit einer eigenkapitalähnlichen Haftungsfunktion“.2 Eine im Darlehensvertragsmuster eines Schulträgervereins vorgesehen Rangrücktrittsklausel hat der BGH als Allgemeine Geschäftsbedingung gelten lassen.3 M 15 Muster qualifizierter Rangrücktritt Das Mitglied tritt mit seiner Forderung aus diesem Darlehen (einschließlich Zinsen) hinter die in § 39 Abs. 1 Nr. 1–5 InsO bezeichneten Forderungen anderer Gläubiger zurück. Das gilt jederzeit, sowohl vor Eröffnung eines Insolvenzverfahrens als auch im Insolvenzverfahren. Für die Zeit vor Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Vereins gilt der Rangrücktritt mit der Maßgabe, dass das Mitglied Befriedigung nur verlangen kann, soweit der Verein zur Zahlung aus ungebundenem Vermögen (d. h. seinem sonstige Verbindlichkeiten übersteigenden Vermögen) oder aus einem etwaigen Liquidationsüberschuss nach Tilgung sämtlicher Verbindlichkeiten in der Lage ist. Diese Vereinbarung begründet einen Vertrag zugunsten der anderen Gläubiger des Vereins (§ 328 BGB); sie kann jedoch geändert oder aufgehoben werden, wenn und solange eine Überschuldung (§ 19 InsO) oder Zahlungsunfähigkeit weder vorliegt noch (auch als Folge der Befriedigung der B) einzutreten droht. Diese Vereinbarung begründet keinen Forderungsverzicht.4
1 BaFin, Merkblatt „Einlagengeschäft“, Ziffer V, https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffent lichungen/DE/, Abruf 20.4.2020. 2 BaFin, Merkblatt „Einlagengeschäft“, Ziff. I.5, https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffent lichungen/DE/. 3 BGH v. 20.2.2014 – IX ZR 137/13, MDR 2014, 683. Siehe aber auch BGH v. 6.12.2018 – IX ZR 143/17, BGHZ 220, 280 zu = MDR 2019, 508 einer intransparenten Formulierung. 4 Nach: Hoffmann-Becking/Gebele, Beck’sches Formularbuch Bürgerliches, Handels- und Wirtschaftsrecht, 13. Auflage 2019, Formular II.14.
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4. Insbesondere die Beitragspflicht (§§ 25, 58 Nr. 2 BGB) | Rz. 442 X.
Gleichen Rang haben hingegen alle Mitgliederdarlehen, die unter Verwendung der obigen Klausel dem Verein unter dem auch hier zugrundeliegenden Verwendungszweck „Anbau Umkleideraum“ gewährt wurden oder im Jahr 2020 noch gewährt werden.
Die BaFin erkennt außerdem in ständiger Verwaltungspraxis bestimmte Sicherheiten an, die unter Berücksichtigung des normativen Zwecks den Tatbestand des Einlagengeschäfts ausschließen können. Unter der Voraussetzung, dass die Sicherheiten so bestellt werden, dass sich der Anleger im Sicherungsfall aus diesen Sicherheiten unmittelbar, d.h. ohne die rechtsgeschäftliche Mitwirkung Dritter, befriedigen kann, kommen insoweit die Bürgschaft, die Garantie oder ein gleichwertiges Einstandsversprechen eines im Inland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Kreditinstituts oder die Versicherung eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Versicherungsunternehmens grundsätzlich in Betracht. Einer Bankbürgschaft insoweit gleichwertig sind Guthaben des Darlehensnehmers bei im Inland zum Geschäftsbetrieb berechtigten Kreditinstituten, die sich der Gläubiger der Einlage verpfänden oder anderweitig als Sicherheit geben lässt, so dass er sich im Sicherungsfall ohne rechtsgeschäftliche Mitwirkung Dritter aus dieser Sicherheit befriedigen kann. Die Bundesanstalt erkennt unter der Voraussetzung, dass die Sicherheiten so bestellt werden, dass sich der Anleger im Sicherungsfall aus diesen Sicherheiten unmittelbar, d.h. ohne die rechtsgeschäftliche Mitwirkung Dritter, befriedigen kann, darüber hinaus Grundpfandsicherheiten an, die an im Inland belegenen Immobilien bestellt werden.1
440
Ab einer Anlage von 100.000 € im Jahr kommen außerdem – auch für Nachrangdarlehen – Prospektpflichten in Betracht. Ausnahmen greifen u.a. für soziale oder gemeinnützige Projekte eines als gemeinnützig anerkannten Vereins.2
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j) Mitgliedsbeitrag einer Partei Die Satzung einer politischen Partei muss Bestimmung über die Pflichten der Mitglieder enthalten (§ 6 Abs. 2 Nr. 3 PartG), damit auch über deren Beitragspflicht. Die Ausgestaltung der Beitragspflicht ist somit auch bei einer Partei der Satzung überlassen. Für die Rechenschaftslegung der Partei sind Mitgliedsbeiträge nur solche regelmäßige Geldleistungen, die ein Mitglied auf Grund satzungsrechtlicher Vorschrift entrichtet (§ 27 Abs. 1 S. 1 PartG). Darüber hinausgehende Zahlungen sind für die Partei Spenden, insbesondere Aufnahmegebühren und Sonderumlagen (beide bedürfen als Mitgliederpflicht einer Satzungsgrundlage), Sammlungen sowie andere geldwerte Zuwendungen (§ 27 Abs. 1 S. 2 PartG mit Einzelheiten).
1 BaFin, Merkblatt „Einlagengeschäft“, Ziffer III, https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffent lichungen/DE/. 2 Bode, NZG 2018, 287 (289).
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XI. Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit 1. Das Amt des Vereinsvorstands (§§ 26, 58 Nr. 3 BGB) . . . . . . . . . . . a) Notwendiges Vertretungsorgan . . . . b) Regelmäßiges Geschäftsführungsorgan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Abgrenzung zum erweiterten Vorstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Aufgaben und Befugnisse . . . . . . . . . 2. Mehrere Personen als Vorstand (§§ 26, 58 Nr. 3 BGB) . . . . . . . . . . . a) Mehrgliedriger Vorstand . . . . . . . . . b) Personalunion . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verhinderungsfälle . . . . . . . . . . . . . . d) Keine alternative Bildung und kein alternatives Vertretungsrecht des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Ersatzmitglieder und Ersatzberufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Satzungsbestimmung über den Vorstand (§§ 26, 58 Nr. 3 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beispiele (auch zur Vertretungsregelung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Hinweise zur Vertretungsregelung . 4. Bestellung des Vorstands (§§ 27, 40 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . a) Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vorstandsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . c) Bestellungsakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Annahme der Wahl . . . . . . . . . . . . . . e) Bedingte Vorstandsbestellung . . . . . f) Vorstandsbestellung in der Satzung 5. Amtsdauer (§ 27 BGB) . . . . . . . . . . a) Beginn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beendigung durch Fristablauf . . . . . c) Abberufung des Vorstands . . . . . . . . d) Wahl des Nachfolgers . . . . . . . . . . . . e) Niederlegung des Amts . . . . . . . . . . f) Wegfall von persönlichen Wählbarkeitsvoraussetzungen . . . . . . . . .
443 443 444 446 448 451 451 455 457
461 463
465 465 468 469 472 472 473 480 486 490 493 494 494 495 504 510 511 518
g) Andere Beendigungsgründe . . . . . . h) Der Vorstand nach Ausscheiden einzelner Mitglieder . . . . . . . . . . . . . 6. Vertretungsmacht des Vorstands (§§ 26, 164 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsatz unbeschränkter Vertretungsmacht . . . . . . . . . . . . . . . b) Begrenzung aus der Organzuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Begrenzung aus dem Vereinszweck d) Verbot der In-sich-Geschäfte . . . . . . e) Kein Missbrauch der Vertretungsmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Beschränkung durch die Satzung . . g) Vertretung bei Empfang einer Willenserklärung und im Wissen . . h) Bindung an Weisungen . . . . . . . . . . i) Fassung der Satzung . . . . . . . . . . . . . 7. Die Geschäftsführung des Vorstands (§ 27 Abs. 3, §§ 32, 40, 664–670 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Recht und Pflicht zur Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Allzuständigkeit und Ressortbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Bindung an Weisungen . . . . . . . . . . d) Vereinsvermögensverwaltung . . . . . e) Kassenaufzeichnungen, Belegaufbewahrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Steuerliche Aufzeichnungspflichten g) Öffentlich-rechtliche Zahlungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Auskunftspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . i) Herausgabepflicht . . . . . . . . . . . . . . . j) Aufwendungsersatz . . . . . . . . . . . . . . k) Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Verantwortlichkeit des Vorstands, Entlastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verantwortlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . b) Entlastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Der Anstellungsvertrag des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
519 520 524 524 527 528 529 531 533 542 546 547
554 554 556 560 564 566 568 574 576 581 582 587 593 593 597 602
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XI. | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit 10. Der mehrgliedrige Vorstand (§ 28 Abs. 1, §§ 32, 34, 40 BGB) . . . 605 a) Der mehrgliederige Vorstand als Organ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 605 b) Verhältnis von Vertretung, Geschäftsführung, Beschlussverfahren . 606 c) Regelung der Aktivvertretung . . . . . . 611 d) Ausübung des Vertretungsrechts . . . 617 e) Geschäftsgang und Willensbildung . 621 11. Vorstandsbestellung durch das Amtsgericht (§ 29 BGB) . . . . . . . . . . 634 a) Fehlende Mitglieder des Vorstands . 634
b) Dringlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 637 c) Antrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 639 d) Verfahren und Entscheidung . . . . . . 642 e) Stellung und Aufgaben des Ernannten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 651 f) Beendigung des Amtes . . . . . . . . . . . 654 g) Liquidator, besonderer Vertreter und Geschäftsführungsaufgaben . . . 656 12. Der Vorstand einer politischen Partei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 657
Literatur: Arnold, Satzungsvorbehalt für die Vorstandsvergütung bei Vereinen und Stiftungen?, in FS Reuter, 2010, S. 3; Beuthien, welchen Rechtsschutz gibt es für und wider die Entlastung?, GmbHR 2014, 799; Brand/Reschke, Insolvenzverschleppung – künftig auch im eingetragenen Verein strafbar?, NJW 2009, 2343; Busch, Formen der gesetzlichen Vertretung durch den Vereinsvorstand, RPflStud 2015, 33; Cherkeh, Compliance-Strategien des Vereinsvorstands zur Haftungsvermeidung, npoR 2014, 101; Geibel, Die Beschränkung der Vertretungsmacht gegenüber Dritten bei Stiftung und GbR, ZjS 2009, 339; Grambow, Organe von Vereinen und Stiftungen, Organstellung und Anstellungsverhältnis, 2011; Hamdan, Finanzielle Zuwendungen an den Vorstand, MDR 2015, 374; Heermann, Haftung des Vereinsvorstands bei Ressortaufteilung sowie für unternehmerische Entscheidungen, NJW 2016, 1687–1692; Jansen/Fein, Überzogene Vergütung von Vereinsvertretern – Was ist angemessen? StuW 2019, 241–252; Keinert/Keinert-Kisin, „Implizite Zustimmungsvorbehalte der Mitgliederversammlung des Vereins? in FS Melnizky, 2013, S. 99; Koss, Das interne Kontrollsystem der Stiftung, ZStV 2014, 171; Lehmann, Der ehrenamtliche Vereinsvorstand, 2019; Lettl, Der vermögensrechtliche Zuweisungsgehalt der Mitgliedschaft beim Ideal-Verein, AcP 202 (2003), 149; Mittenzwei, Zur Vertretung eines mehrgliedrigen Vereinsvorstands im Verhinderungsfall, MDR 1991, 492; Muscheler, Der Notvorstand in Verein und Stiftung, in FS Reuter, 2010, S. 225; Muscheler, Fehlende Vertretungsmacht des Vereins- oder Stiftungsvorstands, Jahreshefte zum Stiftungswesen 2009, 151; Muscheler, Der stellvertretende Vorsitzende eines Vereins- oder Stiftungsvorstands, Jahreshefte zum Stiftungswesen 2009, 143; Oehlrich, Buchführungs-, Aufzeichnungs- und Rechenschaftpflichten im rechtsfähigen Verein, SpuRt 2020, 237–241; Pauli, Der Vorstand im Verein, ZStV 2011, 41; Plagemann/Plagemann/Hesse, Vereinsvorstände – sozialversicherungspflichtig „beschäftigt“?, NJW 2015, 439; Reuter, Zur Vereinsrechtsreform 2009, NZG 2009, 1368; Reuter, Änderungen des Vereins- und Stiftungsrechts durch das Ehrenamtsstärkungsgesetz, npoR 2013, 41; Richert, Zum Stellvertreter des Vereins-, Gesellschaftsund Genossenschaftsvorsitzenden für den Behinderungsfall, SchlHA 1956, 309; Richert, Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis des Vereins-, Gesellschafts- und Genossenschaftsvorstands nach Amtszeitablauf, NJW 1957, 1543; Richert, Vereinsmitglied und Vereinsvorstand im Verhältnis zueinander, Rpfleger 1957, 406; Richert, Zur Frage der Amtsniederlegung des Vereinsvorsitzenden, SchlHA 1956, 194; Richert, Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis des Vereins-, Gesellschafts- und Genossenschaftsvorstands nach Amtszeitablauf, NJW 1957, 1543; Röcken, Der Rücktritt des Vorstands, ZStV 2014, 236; Schmidt, Wie gut kehren alte Besen? Ist der Verein eine überholte Organisationsform für moderne Dienstleistungs-NPOs?, ZStV 2014, 233; Schöpflin, Neuerungen im Vereinsrecht, Rpfleger 2010, 349; Segna, Rechnungslegung und Prüfung von Vereinen – Reformbedarf im deutschen Recht, DStR 2006,
246 | Stöber/Otto
1. Das Amt des Vereinsvorstands (§§ 26, 58 Nr. 3 BGB) | Rz. 444 XI. 1568; Stöber, Der Vorstand des eingetragenen Vereins bei Anmeldung zum Vereinsregister und nach Ablauf seiner Amtszeit, Rpfleger 1967, 342; Terner, Vereinsrecht in der notariellen Praxis, Teil 2 (Gründung, Satzung, Vertretung), ZNotP 2009, 222; Werner, Zugang von Mitteilungen bei Stiftung und Verein, ZStV 2010, 18.
1. Das Amt des Vereinsvorstands (§§ 26, 58 Nr. 3 BGB) a) Notwendiges Vertretungsorgan Der Verein muss einen Vorstand haben. Der Vorstand ist notwendiges Organ des Vereins. Das betrifft vorrangig seine Stellung als Vertretungsorgan: Als juristische Person nimmt der Verein durch den Vorstand am Rechtsverkehr teil, erst durch den Vorstand wird der Verein handlungsfähig nach außen1. Soweit die Vertretung des Vereins sichergestellt ist, müssen richtigerweise auch bei Ersteintragung aber nicht alle Vorstandsämter besetzt sein.2 Der Vorstand hat die Stellung eines gesetzlichen Vertreters (§ 26 Abs. 1 BGB). Damit sind die §§ 164 ff. BGB jedenfalls entsprechend und unter Berücksichtigung der Besonderheiten seiner Organstellung anwendbar.3 Die Vertretungsmacht kann durch die Satzung eingeschränkt, aber nicht gänzlich entzogen werden (Rz. 533). Sie kann ergänzend einem sog. besonderen Vertreter zugewiesen sein (§ 30 BGB, dazu Rz. 693 ff.). Zur Entgegennahme von Willenserklärungen ist zwingend immer ein Vorstandsmitglied alleinzuständig (§§ 26 Abs. 2 S. 2, 40 BGB). Fehlt einem Verein der Vorstand, so kann er durch das Amtsgericht bestellt werden (§ 29 BGB, dazu Rz. 634 ff.).
443
b) Regelmäßiges Geschäftsführungsorgan Daneben ist der Vorstand auch regelmäßiges Geschäftsführungsorgan des Vereins: im Zweifel obliegt ihm die Erledigung aller laufenden Angelegenheiten. Die Geschäftsführung umfasst das gesamte Tätigwerden des Vereins zur Förderung des Vereinszwecks, sowohl in rechtsgeschäftlicher wie in tatsächlicher Hinsicht.4 Ausgenommen sind die zwingend der Mitgliederversammlung vorbehaltenen Grundlagengeschäfte (§§ 33 Abs. 1, 41 BGB). Rechtssetzungsaufgaben innerhalb des Vereins erhält der Vor1 Etwas anders jedenfalls für den nicht eingetragenen Verein neuerdings Waldner KG v. 6.1.2015 – 1 W 250-252/14, NotBZ 2015, 263–265: Alle Mitglieder gemeinsam können vertreten bzw. durch Satzungsdurchbrechung sich selbst zum Vorstand aufschwingen. 2 Diese Auffassung (vgl. zur Beschlussfähigkeit noch 9. Aufl., Fn. 175 zu Rz. 325; jurisPK/Otto, 5. Aufl., § 28 Rz. 5) wird durch die Neufassung der §§ 26, 28 BGB bestätigt: Für den Auftritt des Vereins im Rechtsverkehr genügt stets seine Vertretung. Ebenso zur Beschlussfähigkeit jetzt Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 345a, aA. aber für die Ersteintragung Rz. 15. Besetzung aller Vorstandsämter verlangt als Abschluss der Gründungsphase Burhoff, Rz. 33. Die Prüfliste von Krafka, Rz. 2158 sieht zu Recht bei Ersteintragung keine registergerichtliche Prüfung vor, ob alle Ämter besetzt sind. Ries/Bauer, Rz. 7.172 stellt auf eine Auslegung der Satzung ab. 3 Ellenberger in Palandt, § 26 Rz. 2. Zu den unterschiedlichen Ansätzen der Vertreter- und Organtheorie Klingbeil, ZfPW 2020, 150 (176 ff.) (182). 4 Hadding in Soergel, § 26 Rz. 10.
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444
XI. Rz. 444 | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit
stand nur durch ausdrückliche Satzungsbestimmung für ausschließlich redaktionelle Änderungen (Rz. 1135) oder für Bestimmungen im Rang unterhalb der Satzung (Geschäftsordnung, Rz. 1147 ff.). Kontrollaufgaben sowie die Streitentscheidung und Ausübung der Vereinsstraf- und Ordnungsgewalt wird man nur dann als Vorstandsaufgabe ansehen, wenn das die Satzung ausdrücklich vorsieht (ansonsten greift die Auffangzuständigkeit der Mitgliederversammlung, s Rz. 778). Weitergehend als die Vertretung nach außen1 kann die Geschäftsführung im engeren Sinn, also das Innenhandeln bzw. die interne Beschlussfassung des Vereins2 einschließlich der Vertretung nach innen (z.B. Beschluss über die Aufnahme von Mitgliedern, Beitragseinzug, Vollzug von Disziplinarstrafen) durch die Satzung einem anderen Organ zugewiesen sein.3 Je nach Zuschnitt des Vereins kann auch das Tagesgeschäft einem oder mehreren angestellten Geschäftsführern (Rz. 705 ff.) übertragen werden (mit Vertretungsrecht aufgrund Vollmacht oder durch Bestellung als Organ, § 30 BGB). 445
Zwingend beim Vorstand bleiben an die Vertretungsfunktion nach außen gebundene gesetzlichen Pflichten, so die in § 78 BGB genannten Pflichten, § 42 BGB, sozialversicherungsrechtliche Pflichten bei Wahrnehmung von Arbeitgeberfunktionen und die steuerrechtliche Verantwortung aus den §§ 34 Abs. 1, 140 AO. c) Abgrenzung zum erweiterten Vorstand
446
Die meisten Satzungsbestimmungen über den Vorstand gehen allerdings weiter als die gesetzlichen Vorschriften über den Vorstand erfordern. Sie regeln einen – größeren (erweiterten) – „Vorstand“, der einzelne Aufgaben der Geschäftsführung (Funktionen innerhalb des Vereins) wahrzunehmen, also das Vereinsleben zu gestalten, die Vereinsangelegenheiten zu besprechen und die Vereinsarbeiten zu besorgen hat, und benennen (nur) einzelne Mitglieder dieses erweiterten Vorstands als Vorstand im Sinne des § 26 BGB. Der gesetzliche Vorstand wird oft auch „geschäftsführender Vorstand“ oder auch „Präsidium“ genannt. Eine Satzungsbestimmung, nach der innerhalb eines (erweiterten) Vorstands (nur) die Inhaber näher bezeichneter Vereinsämter „Vorstand im Sinne des § 26 BGB sind“, ist zulässig und ausreichend.4 Wichtig ist dabei die klare Abgrenzung (Bezeichnung). Ein nach der Satzung gebildeter erweiterter Vorstand (auch „Vorstandschaft“ oder „Gesamtvorstand“ genannt) ist kein notwendi1 Auch Maßnahmen der Vertretung sind regelmäßig Geschäftsführungshandeln, vgl. Linnenbrink, SpuRt 1999, 224–228 (224). 2 BGH v. 19.9.1977 – II ZB 9/76, BGHZ 69, 250–254. 3 Gewisse Ausnahmen ergeben sich aus der notwendigen Vertretungsbefugnis des Vorstands: Sie erfordert, dass der Vorstand insofern auch an der inneren Willensbildung des Vereins teilhat (vgl. Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 250); er ist nicht gänzlich willenloses Exekutivinstrument. Das ist bei den Weisungsmöglichkeiten des Geschäftsführungsorgans an den Vorstand jedenfalls dann zu beachten, wenn keine Personalunionen bestehen. Hier bleibt auch nach der Entscheidung BGH v. 19.9.1977 – II ZB 9/76, BGHZ 69, 250 (254) einiges ungeklärt, vgl. Waldner, in 2. Erlanger FS Schwab, 2000, S. 155–172, 165 und Kirberger, NJW 1978, 415 (416). 4 BayObLG v. 26.10.1977, Rpfleger 1978, 127.
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1. Das Amt des Vereinsvorstands (§§ 26, 58 Nr. 3 BGB) | Rz. 449 XI.
ges Vereinsorgan und auch nicht Vertretungsorgan. Etwas anderes kann wiederum gelten, wenn Mitglieder eines erweiterten Vorstands oder eines fakultativen weiteren Vereinsorgans zugleich als besonderer Vertreter iSd. § 30 BGB berufen sind (zu diesem Rz. 693). Die weiteren Ausführungen in diesem Abschnitt XI betreffen nicht diesen erweiterten Vorstand, sondern nur den gesetzlichen Vorstand des § 26 BGB. Zum erweiterten Vorstand s. Rz. 658 ff.
447
d) Aufgaben und Befugnisse Aufgaben des Vorstands sind – nur teilweise durch die Satzung abänderbar – insbesondere
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– gerichtliche und außergerichtliche Vertretung des Vereins (§ 26 Abs. 1 S. 2 BGB; ihm gegenüber sind daher auch die für den Verein bestimmten Willenserklärungen abzugeben. Die Abgabe einer Erklärung gegenüber einem von mehreren Vorstandsmitgliedern genügt stets, § 26 Abs. 2 S. 2 BGB; ebenso genügt in Zivilprozessverfahren die Zustellung an einen Vorstand, § 170 Abs. 3 ZPO. Die Vertretungsbefugnis des Vorstands wird durch § 32 BGB (Beschlussfassung der Mitgliederversammlung) nicht berührt.1 Zweifel an der Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts des Vorstands können daher nicht durch genehmigenden Beschluss der Mitgliederversammlung ausgeräumt werden; ebenso kann ein unwirksames Geschäft nicht durch genehmigenden Beschluss der Mitgliederversammlung wirksam werden, sondern nur dadurch, dass es der Vorstand neu vornimmt. – Geschäftsführung (§ 27 Abs. 3 BGB), somit Besorgung der Vereinsangelegenheiten, soweit sie nicht durch Beschlussfassung in einer Versammlung der Mitglieder geordnet werden oder einem anderen Vereinsorgan übertragen sind (§ 32 Abs. 1 BGB; dazu Rz. 664 ff.), – Berufung der Mitgliederversammlung, wenn nicht die Satzung eine andere Regelung trifft (s. Rz. 798), – Durchführung der Liquidation nach Auflösung des Vereins (als Liquidator, § 48 Abs. 1 BGB), wenn nicht dafür andere Personen bestellt werden, – Anmeldung des Vereins zur Eintragung in das Vereinsregister (§ 59 Abs. 1 BGB), – Anmeldung jeder Änderung des Vorstands (§ 67 Abs. 1 BGB) und der Änderung der Satzung zur Eintragung in das Vereinsregister (§ 71 Abs. 1 BGB), – Einreichung einer Bescheinigung über die Zahl der Mitglieder beim Amtsgericht auf dessen Verlangen (§ 72 BGB). Der Vorstand übt seine Tätigkeit nach dem Regelmodell des § 27 Abs. 3 BGB unentgeltlich aus, die Vereinbarung einer Vergütung ist aber bei entsprechender Satzungsgrundlage möglich (Rz. 582). In Anlehnung an § 31a BGB kann bis zu einer jährlichen 1 OLG Frankfurt Rpfleger 1977, 103.
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XI. Rz. 449 | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit
Vergütung von 720 Euro von einer ehrenamtlichen (nicht aber von unentgeltlicher) Tätigkeit gesprochen werden (vgl. zur Vergütung auch Rz. 587 ff.; zur steuerlichen Wertung, s. Rz. 1829, Rz. 1868). 450
Der Vorstand nimmt die Aufgaben des Datenschutzes war, wenn kein eigener Datenschutzbeauftragter bestimmt ist oder bestimmt werden muss (§ 4g Abs. 2a Bundesdatenschutzgesetz).1 Zum Datenschutz Rz. 1887 ff.
2. Mehrere Personen als Vorstand (§§ 26, 58 Nr. 3 BGB) a) Mehrgliedriger Vorstand 451
Der Vorstand des Vereins kann aus nur einer Person, er kann aber auch aus mehreren Personen bestehen (sog. mehrgliedriger Vorstand). Gemeint ist hier die Etablierung mehrerer Vorstandsämter durch die Satzung. Unzulässig ist es dagegen, dass mehrere Personen gemeinschaftlich einen Vorstandsposten einnehmen (Rz. 482). Der mehrgliedrige Vorstand ist Beschlussorgan, d.h. die ihm obliegenden Vereinsangelegenheiten werden grundsätzlich (s. Rz. 622 ff.) durch Beschlussfassung in einer Vorstandssitzung geregelt. Zu Beschlussfassung, Verteilung der Geschäftsführungsbefugnisse und Vertretung beim mehrgliederigen Vorstand s. unten Rz. 605 ff.
452
Die Satzung kann eine bestimmte Zahl von Vorstandsmitgliedern bzw. Vorstandsämtern festlegen. Sie kann allgemein bestimmen, dass der Vorstand aus mehreren, der Zahl nach zu bezeichnenden Personen besteht. Sie kann aber auch verschiedene Vereinsämter (1. Vorsitzender, Schriftführer, Kassier) des aus mehreren Personen bestehenden Vorstands festlegen. Mitglieder des Vorstands kann die Satzung als „Stellvertreter des Vorsitzenden“ oder „Stellvertretender Vorstand“ bezeichnen; diese Bestimmung eines „stellvertretenden“ Vorstands bringt nur eine Differenzierung im Innenverhältnis zum Ausdruck, beeinträchtigt (gleich der Regelung in § 94 AktG, § 44 GmbHG, § 35 GenG) die satzungsgemäße Stellung als echtes Vorstandsmitglied jedoch nicht (Abgrenzung zur – unzulässigen – vertretungsweisen Mitgliedschaft Rz. 458, zum Ersatzmitglied im Vorstand Rz. 463, Rz. 490).2 Die Satzung kann sich auch darauf beschränken, lediglich eine Mindestzahl3 oder eine Höchstzahl der Vorstandsmitglieder oder beides bestimmen.4 Dann muss sie aber zwingend zahlenmäßig festlegen, wie viele Vorstandsmitglieder bei der Vertretung mitzuwirken haben, denn eine gemeinschaftliche Vertretung durch sämtliche Mitglieder des Vorstands oder Ermittlung einer Mehrheit (§ 26 Abs. 2 S. 1 BGB) wäre ohne Kenntnis dieser Größe nicht möglich. Die satzungsmäßige Mindestzahl muss immer für eine Vertretung genügen.5 Sache der Mitgliederversammlung oder des nach der Satzung sonst zuständigen Or1 Dazu ausf. Behn/Wellner, Datenschutz für Vereine, 2010, S. 84 ff. 2 BayObLG v. 18.4.2001 – 3Z BR 100/01, MDR 2001, 948 = NotBZ 2001, 267 mit Anm. Hüttinger = Rpfleger 2001, 431 = DNotZ 2001, 853. 3 A.A. OLG Celle v. 1.7.2010 – 20 W 10/10, NotBZ 2011, 42: Mindestzahl stets zwingend. 4 BayObLG 1969, 33 (36); KGJ 34 A 175 (179). 5 Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, 20. Aufl. 2016, Rz. 224a; Segna in BeckOGK-BGB/Segna, § 26 Rz. 12.1.
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2. Mehrere Personen als Vorstand (§§ 26, 58 Nr. 3 BGB) | Rz. 455 XI.
gans ist es dann, zu regeln, wie viele Vorstandsmitglieder bestellt werden sollen; die Mindestzahl muss dabei beachtet, die Höchstzahl darf nicht überschritten werden.1 Ressortzuständigkeiten innerhalb des Vorstands können entweder bereits mit den Vorstandsämtern in der Satzung verbunden oder durch die Wahlversammlung festgelegt werden. Soweit keine Bestimmung getroffen wurde, verteilen die Vorstandsmitglieder die funktionalen Zuständigkeiten unter sich durch Beschluss (Rz. 557). Die Zahl der Vorstandsmitglieder sollte nicht zu umfangreich gehalten werden. Insbesondere sollte dem Verein durch eine zu große Vorstandszahl kein schwerfällig arbeitender Vorstand gegeben werden. Das Zusammenwirken eines größeren mehrgliedrigen Vorstands bei Tätigwerden für den Verein im Rechtsverkehr bereitet fast immer Schwierigkeiten oder doch erhebliche Unannehmlichkeiten. Jede Änderung des Vorstands ist zudem zur Registereintragung anzumelden, sodass ein großer Vorstandskreis Zeitaufwand und Kosten verursacht. Fast immer sollen „überzählige“ Vorstandsmitglieder auch gar nicht Aufgaben des Vorstands als Organ (§ 26 BGB), sondern lediglich Funktionen im Innenverhältnis des Vereins übernehmen. Sie sind daher richtig der erweiterten (Gesamt-)Vorstandschaft oder einem Beirat zuzuordnen (vgl. Rz. 659).
453
Fällt bei dem mehrgliedrigen Vorstand innerhalb der Amtsperiode ein Vorstandsmitglied weg, kann auf sofortige Neuwahl verzichtet werden, solange der Verein noch satzungsgemäß vertreten und beschlussfähig ist (Rz. 520 ff.). Die verbleibenden Mitglieder bilden dann für die restliche Amtsdauer allein den Vorstand.2 Für die Geschäftsführungstätigkeit im Inneren können Satzung, Geschäftsordnung oder ständige Übung vorsehen, dass der Vorsitz im Vorstand auf einen stellvertretenden Vorsitzenden (das ergibt schon die Auslegung dieser Amtsbezeichnung)3, eine Ressortzuständigkeit „kommissarisch“ auf ein anderes Vorstandsmitglied übergeht. Eine Neubestimmung des Vertretungsrechts nach außen (Vorstandseigenschaft iSd. § 26 BGB und Regelungen zur alleinigen oder gemeinschaftlichen Vertretung) darf dadurch aber nicht, auch nicht vorübergehend bewirkt werden. Der „Stellvertreter“ muss also zuvor bereits Vorstand iSd. § 26 sein. Zur Wahl von Ersatzmitgliedern s Rz. 463 f. und Rz. 490. Gilt für die Außenvertretung das Mehrheitsprinzip, dann muss aus den verbliebenen Mitgliedern eine Mehrheit der satzungsmäßigen Zahl gebildet werden können.4
454
b) Personalunion Durch Vorstandsbeschluss können (ohne Satzungsgrundlage) mehrere Vorstandsämter nicht zusammengelegt und mit einer Person besetzt werden5 Unterschiedlich 1 S. auch LG Gießen v. 17.11.1983 – 7 T 412/83, MDR 1984, 312: Für hinzuzuwählende Beisitzer braucht die Satzung keine Mindest- oder Höchstzahl festzusetzen. 2 LG Frankenthal/Pfalz Rpfleger 1975, 354. A.A. Pauli, ZStV 2011, 41 (45). 3 S. aber auch BayObLG München v. 24.7.1972 – BReg 2 Z 40/72, BayObLGZ 1972, 257 ff.: insbesondere im Außenverhältnis kein Automatismus. 4 Ebenso Reichert/Wagner, Kap. 2/2407. 5 LG Frankenthal/Pfalz Rpfleger 1975, 354.
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XI. Rz. 455 | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit
beantwortet wird die Frage, ob die Mitgliederversammlung (oder das sonst zuständige Organ) ein und dieselbe Person in mehrere Vorstandsämter berufen und dadurch Ämter zusammenlegen kann. Sicherlich ausgeschlossen ist eine solche Personalunion, wenn die Satzung eine (Mindest-)Zahl von Vorstandsmitglieder festlegt und diese „Kopfzahl“ dadurch unterschritten wäre.1 Nach wohl überwiegender Ansicht soll sie aber – auch ohne ausdrückliche Zulassung durch die Satzung – möglich sein, wenn Einzelämter mit Zuständigkeitsbereichen („Vorstandsposten“) zu vergeben sind.2 Hier wird aus der Trennung von Amt und Person auf die Zulässigkeit geschlossen, solange die Satzung nicht die Personalunion verbietet.3 Da die Mitgliederversammlung Vorstandsämter auch unbesetzt lassen könnte, könne sie auch zwei Funktionen an eine Person vergeben.4 Entscheiden muss aber die sorgfältige Auslegung der Satzung in Verbindung mit der Übung des Vereins.5 Eine Satzung, die scheinbar Personalunionen zulässt, müsste auch die auftretenden praktischen Schwierigkeiten regeln (insbes. Stimmrechte innerhalb des Vorstands nach Kopf- oder Amtszahl, aber auch einen etwaigen Wechsel von Gesamt- zu Einzelvertretung6). Schweigt sie insoweit, spricht dies stark dafür, dass eine Personalunion als der in der Rechtswirklichkeit unübliche Sonderfall – und im praktischen Ergebnis Verkleinerung des Vorstands – von dieser Satzung nicht gewollt ist.7 456
Wenn die Verhältnisse des Vereins es zweckmäßig erscheinen lassen, bereits in der Satzung Vorstandsressorts einzurichten, trotzdem aber eine Wahrnehmung dieser Ressorts auch in Personalunion möglich sein soll, bietet es sich an, Ressort und Person in der Satzung ausdrücklich getrennt zu halten. Sehr häufig bleibt die Bildung von funktionsbezogenen Ressorts ohnehin dem Vorstand selbst überlassen (Rz. 557), sodass es auf der Ebene der satzungsmäßigen Vorstandsmitglieder zu keinen Personalunionen kommt. M 16 Satzung mit Regelung zu Personalunionen im Vorstand § 11 (1) Der Vorstand besteht aus mindestens drei, höchstens fünf Personen, von denen je zwei gemeinsam den Verein vertreten. (2) Die Mitgliederversammlung wählt jeweils in geheimer Einzelwahl eine(n) Vorsitzende(n) sowie die zuständigen Vorstandsmitglieder für
1 Burhoff, Rz. 443. 2 So hier bis 9. Aufl., Rz. 233; Ellenberger in Palandt, § 26 Rz. 5 (aA. Heinrichs bis 54. Aufl.); Hadding in Soergel, § 26 Rz. 7; Schwennicke in Staudinger, § 26 Rz. 33; aA. LG Darmstadt v. 4.7.1983 – 5 T 499/83, Rpfleger 1983, 445; Erman/Westermann, § 26 Rz. 4 (s. auch § 58 Rz. 3). 3 OLG Düsseldorf v. 8.3.1989 – 3 Wx 25/89, MDR 1989, 636 = NJW-RR 1989, 894 m.N.; OLG Hamm v. 30.11.2010 – 15 W 286/10, juris. 4 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 230 (a.A. bis 18. Aufl.). 5 JurisPK-BGB/Otto, § 26 Rz. 11. 6 OLG Düsseldorf v. 30.6.1982 – 3 W 196/82, Rpfleger 1982, 477 (478). 7 A.A. OLG Düsseldorf v. 8.3.1989 – 3 Wx 25/89, MDR 1989, 636, NJW-RR 1989, 894.
252 | Stöber/Otto
2. Mehrere Personen als Vorstand (§§ 26, 58 Nr. 3 BGB) | Rz. 457 XI.
– Finanzangelegenheiten – Wettkampfbetrieb – Mitgliederbetreuung – Öffentlichkeitsarbeit – Geschäftsstelle und Rechtsfragen. Außer als Vorsitzende/r kann dieselbe Person für ein oder zwei Ressorts gewählt werden. (3) Der Vorstand fasst seine Beschlüsse mit Mehrheit nach Köpfen. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden. (4) Ein Vorstandsmitglied, das für mehrere Ressorts gewählt ist, kann für jedes Ressort einzeln durch Mehrheitsbeschluss der Mitgliederversammlung abberufen werden. Es kann nur einheitlich für alle Ressorts zurücktreten, es sei denn der übrige Vorstand stimmt einer anderen Regelung zu. (5) Ist eine Funktion unbesetzt, beruft der Vorstand aus seinem Kreis oder dem erweiterten Vorstand unter Beachtung der Vorgaben des Abs. 1 für den Rest der Amtszeit einen Nachfolger.
c) Verhinderungsfälle Auch in den mehrgliedrigen Vorstand kann kein Mitglied berufen werden, dem die Vertretungsmacht voll entzogen ist1 oder welches sein Vertretungsrecht nur zeitlich limitiert ausüben können soll. Unzulässig ist damit eine Satzung, die bestimmt, dass der 1. Vorsitzende der Vorstand i.S.d. § 26 BGB ist, dieser aber im Falle der Verhinderung durch den 2. Vorsitzenden vertreten wird.2 Auch wenn der Fall der Verhinderung keines Nachweises bedarf, ist eine derartige „bedingte“ Bestellung des „2. Vorsitzenden“ zu unbestimmt.3 Zurückgewiesen wird vor diesem Hintergrund auch eine Satzungsbestimmung, wonach der Verein durch den stellvertretenden Vorsitzenden allein oder jeweils zusammen mit einem weiteren Vorstandsmitglied nur dann vertreten wird, „wenn der Vorsitzende an der Wahrnehmung seiner Aufgaben verhindert ist“.4 Wurde eine solche Vorstandsbildung dennoch in das Vereinsregister eingetragen, so ist sie von Amts wegen zu löschen5 (zum Amtslöschungsverfahren Rz. 1652 ff.). Abzugrenzen ist sie von – zulässigen – Ersatzberufungen und bedingten Berufungen in das Amt (Rz. 464, Rz. 465 und Rz. 490).
1 BayObLG 1972, 286 = Rpfleger 1972, 440; BayObLG v. 14.9.2001 – 3Z BR 290/01, MDR 2001, 1365 = NJW-RR 2002, 456. 2 BayObLG 1969, 33; BayObLG 1992, 16 und BayObLG v. 14.9.2001 – 3Z BR 290/01, MDR 2001, 1365 = NJW-RR 2002, 456 und Rpfleger 1972, 400; LG München I MittBayNot 1971, 349; Mittenzwei, MDR 1991, 492 (495). 3 LG Köln Rpfleger 1970, 240; Mittenzwei, MDR 1991, 492 (495). 4 LG Gießen v. 23.6.1998 – 7 T 278/98, Rpfleger 1998, 523. 5 BayObLG Rpfleger 1972, 400.
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XI. Rz. 458 | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit 458
Häufig ist gewollt, dass ein „stellvertretender Vorsitzender“ (auch: „zweiter Vorsitzender“) nur bei Verhinderung1 des (ersten) Vorsitzenden Einzelvertretungsbefugnis haben soll, oder dass bei einer an den „ersten Vorstand“ gebundenen Gesamtvertretung (erster Vorstand und ein weiteres Vorstandsmitglied) der stellvertretende Vorsitzende bei Verhinderung anstelle des ersten Vorstands tritt. In diesen Fällen (zu Nachfolgeregelungen Rz. 463 und Rz. 490) bleibt nur, die Handlungsbefugnis des sog. Stellvertreters allein im Innenverhältnis zu begrenzen, bei voller (Einzel-)Vertretungsmacht nach außen. Das mag sich oft im Wege der Satzungsauslegung als das Gemeinte ergeben2, beim eingetragenen Verein sollte aber das Registergericht auf eine eindeutige Fassung in diesem Sinne hinwirken.3
459
Wenn der – als Vorstand eingetragene – stellvertretende Vorstand sich nicht an diese Bestimmung hält, hat dies für das Außenverhältnis, d.h. für den Rechtsverkehr mit Dritten, keinerlei Wirkungen. Seine Handlungen sind für den Verein stets voll wirksam (Ausnahme Rz. 531). Das kann der Verein – und ein Dritter – nicht mit dem Hinweis darauf in Frage stellen, dass ein Fall der Verhinderung des Vorsitzenden nicht vorgelegen habe. Die Beschränkung des stellvertretenden oder zweiten Vorsitzenden im Innenverhältnis bewirkt lediglich, dass dieser aus unzulässigem – also nicht durch einen Verhinderungsfall gedecktem – Handeln dem Verein schadenersatzpflichtig sein kann und den Strafsanktionen des Vereinsrechts unterworfen ist. Um etwaige Schadensersatzansprüche des Vereins bei Überschreiten der internen Befugnisse zu sichern, sollte die interne Beschränkung in der Satzung ausgesprochen oder jedenfalls ausdrücklich der näheren Regelung durch Geschäftsordnungen o.Ä. zugewiesen werden. Der Verstoß allein gegen einen internen, in der Satzung nicht vorgesehenen abstrakten Vorstandsbeschluss über die Ausübung der Vertretungsrechte begründet nämlich für sich noch keine Pflichtwidrigkeit.4
460
M 17 Interne Beschränkung des Vertretungsrechts, Varianten (1) Erster Vorsitzender, Schatzmeister und Zweiter Vorsitzender bilden den Vorstand im Sinne des Gesetzes (§ 26 BGB). Es vertreten je zwei von ihnen gemeinsam. Im Innenverhältnis soll der Zweite Vorsitzende das Vertretungsrecht nur wahrnehmen, wenn einer der beiden anderen Vorstände aus dem Amt ausgeschieden5 oder offensichtlich verhindert ist oder ihm mitgeteilt hat, dass er verhindert sei. Der erweiterte Vorstand kann jederzeit Auskunft über Grund und Umfang der Verhinderungsfälle verlangen.
1 2 3 4
Generell zur Regelung von Verhinderungsfällen vgl. Mittenzwei, MDR 1991, 492–497. Burhoff, Rz. 440. BayObLG München v. 27.1.1992 – BReg 3 Z 199/91, NJW-RR 1992, 802. Vgl. BGH v. 12.10.1992 – II ZR 208/91, BGHZ 119, 379 (386) = AG 1993, 82 = MDR 1993, 186. 5 Es sollte auch ohne diese ausdrückliche Anordnung selbstverständlich sein, dass der für den Fall der „Verhinderung“ eingesetzte Vertreter des Vorstandsvorsitzenden, der selbst auch als Mitglied des Vorstands gewählt ist (zumindest bis zur Nachwahl) gerade auch dann gefragt ist, wenn der Vertretene zurückgetreten ist oder sonst vorfristig das Amt verloren hat. Die Frage gab aber immerhin doch Anlass zu einem Rechtsgutachten (Muscheler, Jahreshefte zum Stiftungswesen 2009, 143).
254 | Stöber/Otto
2. Mehrere Personen als Vorstand (§§ 26, 58 Nr. 3 BGB) | Rz. 462 XI.
(2) Den vertretungsberechtigten Vorstand (§ 26 BGB) bilden der Vorsitzende, sein Stellvertreter, der Schatzmeister, Protokollführer und die in § … genannten Beisitzer. Der Verein wird vertreten durch den Vorsitzenden gemeinsam mit einem anderen in Satz 1 genannten Vorstandsmitglied oder durch den stellvertretenden Vorsitzenden gemeinsam mit einem anderen in Satz 1 genannten Vorstandsmitglied. Im Innenverhältnis ist der stellvertretende Vorsitzende verpflichtet, nur dann mit einem anderen Mitglied als dem ersten Vorsitzenden zu zeichnen, wenn der Vorsitzende seine Verhinderung mitgeteilt oder die in Satz 1 genannten Vorstandsmitglieder den stellvertretenden Vorsitzenden mehrheitlich dazu aufgefordert haben.
d) Keine alternative Bildung und kein alternatives Vertretungsrecht des Vorstands Die Satzungsvorschrift über den Vorstand muss klar und bestimmt sein. Sie darf keine begründeten Zweifel darüber aufkommen lassen, welche Inhaber der in der Satzung bezeichneten Vereinsämter oder welche Mitglieder eines Vereinsorgans den Vorstand bilden.1 Sie darf daher den Vorstand nicht alternativ bestimmen, also nicht vorsehen, dass Vorstand entweder der Vorsitzende oder der stellvertretende Vorsitzende sein soll.2 Die Bestimmtheit fehlt auch einer Vereinssatzung, die einerseits vorsieht, dass der Vorstand aus drei Vorsitzenden und zwei weiteren Vorstandsmitgliedern besteht, und andererseits anordnet, dass der Verein gerichtlich und außergerichtlich durch drei Vorsitzende, und zwar durch jeden allein, vertreten wird.3 Solche unzulässige Satzungsbestimmungen können nicht in das Vereinsregister eingetragen werden.4 Bei einer unklaren Vertretungsregelung in der Satzung kann nicht einfach auf die gesetzliche Regelung verwiesen werden.5
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Für sich genommen unzureichend ist eine Satzungsvorschrift, die (alternativ) vorsieht, dass der Vorstand aus einer Person oder aus mehreren Personen besteht.6 Sie ist nur dann denkbar, wenn stets jedes Vorstandsmitglied als einzeln vertretungsberechtigt bestimmt wird. Gilt im Verein das gesetzliche Modell der Vertretung durch die Mehrheit, kann daher im Rechtsverkehr auch stets nur von der Mehrheit der nach der Satzung höchstmöglichen Vorstandszahl ausgegangen werden.7 Wer als Vorstand den
462
1 BayObLG München v. 27.1.1992 – BReg 3 Z 199/91, NJW-RR 1992, 802. 2 BayObLG München v. 27.1.1992 – BReg 3 Z 199/91, NJW-RR 1992, 802; OLG Celle NJW 1969, 326; Erman/Westermann, § 58 Rz. 3; Hadding in Soergel, § 26 Rz. 8; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 228; Mittenzwei, MDR 1991, 492 (496). 3 BayObLG 1971, 266 = DNotZ 1972, 79 m. abl. Anm. Wolfsteiner = Rpfleger 1971, 352; Danckelmann, NJW 1973, 737; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 124. 4 OLG Celle NJW 1969, 326. 5 OLG Celle v. 9.7.2010 – 20 W 9/10, Rpfleger 2010, 670 = FGPrax 2010, 303: Nicht eintragungsfähig ist ein vierköpfiger Vorstand, dessen Mitglieder „gegenseitig vertretungsbefugt“ sein sollen. 6 Anders Schwarz, Rpfleger 2003, 1 in den Beispielen zur Eintragung der Vertretungsmacht der Mitglieder des Vorstands. Wie hier u.a. Reichert/Wagner, Kap. 2/2406. 7 Reichert/Wagner, 2/2407 (zum nachträglichen Wegfall von Vorstandsmitgliedern innerhalb des Rahmens der Satzung, kann bei anfänglicher Wahl aber nicht anders gelten).
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XI. Rz. 462 | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit
Verein gerichtlich und außergerichtlich vertritt, wäre sonst von der Anzahl der im Einzelfall zur Zeit des Vertreterhandelns bestellten Vorstandsmitglieder abhängig und damit unbestimmt. Die Rechtslage mag hier anders sein als bei der GmbH. Das gebietet die negative Publizität des Vereinsregisters (§ 68 BGB; Rz. 1508), die (anders als die Aussage des Handelsregisters, § 15 Abs. 3 HGB, positive Publizität) dem Rechtsverkehr keine (sichere) Grundlage für das Vertrauen darauf gibt, ob der Verein nur eine Person oder mehrere Mitglieder als Vorstand hat.1 e) Ersatzmitglieder und Ersatzberufung 463
Von der – unzulässigen – alternativen Vorstandsbestellung und der Bindung der Vorstandsrechte an Bedingungen zu unterscheiden ist die Bestellung von Ersatzmitgliedern des Vorstands schon in der Wahlversammlung. Sie muss in der Satzung vorgesehen sein.2 Hier ist auf eine klare Festlegung zu achten, wer in welcher Reihenfolge und für welches Vereinsamt zum Zuge kommt.3 Eine Eintragung des Nachrückers („Interimsvorstand“) im Vereinsregister erfolgt regelmäßig erst bei Ausscheiden des Vorgängers. Seine Wahl muss durch das Protokoll der seinerzeitigen Versammlung nachgewiesen werden, die Eintragung kann frühestens zusammen mit dem Ausscheiden des Vorgängers beantragt werden. Fehlt dazu eine ausdrückliche Regelung der Satzung, so folgt ein stellvertretender („zweiter“) Vorsitzender nicht ohne weiteres in seiner Funktion nach außen dem Vorsitzenden nach.4 Eine hinreichend klare Satzungsbestimmung sollte das aber vorsehen können, insbesondere handelt es sich bei dem zur Eintragung angemeldeten Ausscheiden des Vorgängers um eine im Registerverfahren unschwer feststellbare Voraussetzung. Eine solche Bedingung ist zulässig.5 Von einem echten Nachrücken im Amt zu unterscheiden ist die in der Vereinspraxis weitverbreitete „kommissarische“ Wahrnehmung von Funktionen ausgefallener Amtsträger (Rz. 454), hier handelt es sich in den zulässigen Fällen (allein) um eine vorübergehende Neuverteilung der Aufgaben innerhalb des (Rest-)Vorstands (also keine Neuberufung von Vorständen), ohne dass Vertretungsrechte im Außenverhältnis geändert werden.
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Ersatzmitglieder können auch in der Weise berufen werden, dass die Satzung für die Fälle vorzeitiger Erledigung des Amtes ein Selbstergänzungsrecht des Vorstands vorsieht (Rz. 485). Dabei kann es auch zugelassen werden, dass Vorstandsfunktionen neu vergeben werden.6 Sind damit unterschiedliche Vertretungsrechte verbunden, bedarf es zwingend der Eintragung des Wechsels der Vorstandsämter im Vereinsregister. Die Amtszeit eines Ersatzmitglieds endet regelmäßig mit der Amtszeit des Mitglieds, für welches er nachgerückt ist. 1 2 3 4
Diese Restunsicherheit akzeptiert das Gutachten des DNotI in DNotI-Report 2019, 73. Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 249 u. 230. JurisPK-BGB/Otto, § 26 Rz. 16. Schwennicke in Staudinger, § 26 Rz. 46; BayObLG München v. 24.7.1972 – BReg 2 Z 40/72, BayObLGZ 1972, 257–259. 5 MünchKomm/BGB/Leuschner, § 26 Rz. 16. 6 Zur Neubestimmung des Vorstandsvorsitzenden aus dem Kreis der Vorstandsmitglieder ohne Rückgriff auf Ersatzmitglieder s. KG v. 9.1.2012 – 25 W 57/11, FGPrax 2012, 123.
256 | Stöber/Otto
3. Die Satzungsbestimmung über den Vorstand (§§ 26, 58 Nr. 3 BGB) | Rz. 465 XI.
M 18 Ersatzbestimmungen zum Vorstand, Interimsvorstand § 6 Der Vorstand (§ 26 BGB) besteht aus dem Vorsitzendem, seinem Stellvertreter und bis zu fünf weiteren Mitgliedern, die jeweils zu zweit vertreten … § 7 In höchstens gleicher Zahl, wie Vorstandsmitglieder bestellt sind, kann die Mitgliederversammlung auch Ersatzmitglieder wählen, deren Reihenfolge untereinander ebenfalls in der Mitgliederversammlung festzulegen ist. Bei Ausscheiden eines Mitglieds aus dem Vorstand rückt das jeweils zunächst gesetzte Ersatzmitglied, das das Amt anzunehmen bereit ist, für die restliche Amtszeit in den Vorstand nach. Die Funktion des Vorsitzenden übernimmt bei dessen Ausscheiden der stellvertretende Vorsitzende, im Übrigen entscheidet der Vorstand über die Neuverteilung der Ressorts durch Mehrheitsbeschluss. oder § 6 Das Präsidium (Präsident, Stellvertreter, Schatzmeister und Schriftführer) ist Vorstand im Sinne des § 26 BGB. Scheidet ein Präsidiumsmitglied aus, kann der erweiterte Vorstand (§ 5) aus dem Kreis seiner Mitglieder für die restliche Amtszeit durch einstimmige Wahl einen Nachfolger bestimmen und die Ämter innerhalb des Vorstands neu verteilen. Das Amt des Präsidenten kann dabei nur neu besetzt werden, wenn gerade dessen Nachfolge zu regeln ist. oder § 7 Im Falle des Ausscheidens des Vorsitzenden aus dem Amt rückt der stellvertretende Vorsitzende im Innen- und Außenverhältnis nach. Sein Amt beginnt nach außen frühestens mit der Eintragung des Ausscheidens des bisherigen Vorsitzenden im Vereinsregister. oder1 Der Vorstand kann sich bei Wegfall eines oder mehrerer Mitglieder für die Zeit bis zur Wahl in der nächsten Mitgliederversammlung selbst ergänzen. Fallen alle Vorstandsmitglieder weg, so bestimmt die Hausversammlung (oder: der Beirat, das Ehrenpräsidium etc.) zwei Mitglieder als neuen Vorstand, der sofort eine Mitgliederversammlung einberufen muss.
3. Die Satzungsbestimmung über den Vorstand (§§ 26, 58 Nr. 3 BGB) a) Grundsätze Die Satzung bestimmt die Bildung des Vorstands (§ 58 Nr. 3 BGB). Festzulegen ist, ob der Vorstand aus einer oder mehreren Personen besteht.2 Die Satzung muss regeln, wer Vorstand ist oder wie sich der Vorstand zusammensetzt, wenn er aus meh-
1 Nach OLG Köln FGPrax 2009, 82. 2 BayObLG 1969, 33 (36) = Rpfleger 1969, 130 und BayObLG 1971, 266 (269) = DNotZ 1972, 79 = Rpfleger 1971, 352; BayObLG v. 27.1.1992 – BReg 3 Z 199/91, NJW-RR 1992, 802; BayObLG MDR 2001, 1356; BayObLG v. 14.9.2001 – 3Z BR 290/01, MDR 2001, 1365 = NJW-RR 2002, 456 = NotBZ 2001, 424 = Rpfleger 2002, 82.
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XI. Rz. 465 | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit
reren Personen besteht, und wie die Berufung des Vorstands erfolgen soll. Soll dem Vorstand eine Vergütung gezahlt werden, muss das durch die Satzung ermöglicht sein (ausf. Rz. 584) 466
Das Gesetz verlangt für den Vorstand keine bestimmte Bezeichnung. Wenn klar ist, dass dem betreffenden Organ die Funktionen des Vorstands nach § 26 BGB zugewiesen sind, kann es auch als „Präsidium“, „engerer Vorstand“ oder mit Fantasiebezeichnungen bedacht sein.1 Auch die einzelnen Ämter innerhalb des Vorstands können durch die Satzung frei benannt werden, wenn ihre Zuordnung zum Vorstand hinreichend bestimmt und dem Vereinsregister zu entnehmen ist. Beispiele: Alleinvorstand, erster Vorstand, Vorsitzender, Vorstandsvorsitzender, Präsident, Geschäftsführer, Schützenmeister, Großzampano usw.
Das Vereinsrecht setzt kreativer Titelerfindung keine engeren Grenzen als es z.B. für sich international gerierende Junior Vice Presidents der Wirtschaft gilt, die im besten Fall eine Handlungsvollmacht haben mögen. In- oder ausländische Amts- oder Dienstbezeichnungen (auch Amtsbezeichnungen der Kirchen und anderer Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts) und ihnen zum Verwechseln ähnliche Bezeichnungen dürfen jedoch nicht verwendet werden (§ 134 BGB und § 132a StGB).2 467
Nicht zwingend ist sogar die Bestellung des „1. Vorsitzenden“ des Vereins zum Vorstand im Sinne des BGB. Wenn der 1. Vorsitzende nur Repräsentationsaufgaben übernehmen soll, wird das Vorstandsamt i.S.d. BGB vielfach anders benannt. Haftungsrechtlich problematisch ist es eher umgekehrt, wenn der letztlich nur für Repräsentationsaufgaben gedachte (ehrenamtliche) „1. Vorsitzende“ zum BGB-Vorstand erklärt wird, obwohl ein anders benanntes Vereinsorgan oder ein besonderer Vertreter (§ 30 BGB) tatsächlich unbeaufsichtigt die Geschäfte führt.3 Insbesondere beim „stellvertretenden Vorsitzenden“ muss klargestellt sein, ob es sich um ein Vorstandsmitglied (i.S.d. § 26 BGB) oder allein um ein Ersatzmitglied für den Vorsitzenden handelt, das vor Eintritt des Nachfolgefalls allenfalls interne Befugnisse hat. b) Beispiele (auch zur Vertretungsregelung)
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Eingliedriger Vorstand: Der Vorsitzende des Vereins ist Vorstand (§ 26 BGB).
1 A.A. Oestreich, Rpfleger 2002, 67 ff.: Zusammensetzungen mit „-vorstand“ nicht nur missverständlich, sondern außerhalb des Vorstands i.S.d. § 26 BGB unzulässig. Restriktiv auch Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2042: Ein „2. Vorsitzender“ muss Mitglied des BGB-Vorstands sein. 2 Zur Strafbarkeit des Führens der kirchlichen Amtsbezeichnung „Erzbischof“ durch den Funktionsträger einer als Verein organisierten Religionsgesellschaft s. OLG Köln NJW 2000, 1035. 3 Ausf. Brouwer, NZG 2019, 481 (485).
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3. Die Satzungsbestimmung über den Vorstand (§§ 26, 58 Nr. 3 BGB) | Rz. 469 XI.
Mehrgliedriger Vorstand mit Einzelvertretung: M 19 Einzelvertretungsrecht bei mehrgliedrigem Vorstand (1) Der Vorstand besteht aus dem 1. und dem 2. Vorsitzenden. Jeder vertritt allein (unzulässig wäre: Vorstand ist der 1. oder 2. Vorsitzende); oder (2) Der Vorstand besteht aus drei Personen. Jeder vertritt allein; oder (3) Der Vorstand besteht aus dem 1. Vorsitzenden, dem 2. Vorsitzenden und dem Kassier. Jeder vertritt allein. Im Innenverhältnis sind der 2. Vorsitzende und der Kassier dem Verein gegenüber verpflichtet, das Vorstandsamt nur bei Verhinderung des 1. Vorsitzenden (der Kassier weiter nur bei Verhinderung auch des 2. Vorsitzenden) auszuüben.
M 20 Gesamtvertretung bei mehrgliedrigem Vorstand Der Vorstand besteht aus dem 1. Vorsitzenden, dem Kassier und dem Schriftführer. Je zwei Vorstandsmitglieder vertreten gemeinsam.
Der Vorstand besteht aus dem 1. und dem 2. Vorsitzenden, die den Verein gemeinsam vertreten.
M 21 Erschwerte Gesamtvertretung bei mehrgliedrigem Vorstand Der Vorstand (§ 26 BGB) besteht aus dem Rechenmeister und seinen vier Helferlingen. Vertreten wird der Verein durch wenigstens drei Vorstandsmitglieder gemeinsam.
(der zweite Satz ist nicht erforderlich, folgt bei 5 Vorstandsmitgliedern aus dem Gesetz, s. Rz. 612). c) Hinweise zur Vertretungsregelung Zur Vertretungsregelung im mehrgliederigen Vorstand s. auch Rz. 611 ff. Vertreten die beiden einzigen Vorstandsmitglieder gemeinsam und scheidet eine Person als Mitglied des Vorstands aus, dann erweitert sich die Vertretungsbefugnis des verbleibenden Vorstandsmitglieds nicht zu einer Alleinvertretungsbefugnis.1 Auch eine Satzungsregelung, die dies bewirken soll, ist nicht unproblematisch (vgl. Rz. 462).
1 OLG Hamburg v. 11.9.1987 – 11 W 55/87, DNotZ 1988, 331 = GmbHR 1988, 67 = NJWRR 1988, 1182 (für GmbH-Geschäftsführer).
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XI. Rz. 469 | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit
Zulässig: M 22 Vertretungsrecht bei flexibler Anzahl von Vorständen Mehrere im Register eingetragene Vorstände vertreten je zu zweit. Ist nur ein Vorstand im Vereinsregister eingetragen, vertritt dieser allein.
Wenn hier die Situation eintritt, dass tatsächlich nur ein Vorstand amtiert, wird er tunlich für Löschung der fälschlich noch eingetragenen anderen Vorstände sorgen (Anregung der Löschung v. Amts wegen, Rz. 1654). Das Risiko im Rechtsverkehr, dass ein Vorstand zu Unrecht eingetragen ist, ist vom Gesetz gewollte Folge der nur negativen Registerpublizität und muss akzeptiert werden. Unzulässig dagegen (dazu Rz. 462):1 M 23 Unzulässige Regelung bei flexibler Anzahl von Vorständen Ist ein Vorstand bestellt, vertritt er allein, sind zwei Vorstände bestellt, vertreten sie gemeinsam.
Hier würde dem Rechtsverkehr das zusätzliche Risiko aufgebürdet, dass bei Eintragung nur eines Vorstands doch mehrere bestellt sind. 470
Es empfiehlt sich, mindestens zwei Personen mit Einzelvertretungsbefugnis zum Vorstand zu bestellen. Das gewährleistet, dass bei Verhinderung oder Wegfall einer Person ein handlungsfähiger Vorstand verbleibt und kein gerichtlich bestellter Vorstand (§ 29 BGB) eingesetzt werden muss. Intern kann man eine Vorrangregelung in der Art von Muster M 14 (3) vorsehen.
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Ob einer Person des Vorstands alleinige Handlungsfähigkeit eingeräumt werden soll oder ob mehrere Personen gemeinsam zum handlungsfähigen Vorstand bestimmt werden sollen, ist vielfach nicht nur eine Vertrauensangelegenheit, sondern auch eine Zweckmäßigkeitsfrage. Ein mehrgliedriger Vorstand gewährleistet stets eine größere Sicherheit, ist andererseits aber unbeweglicher und mag auch als Misstrauensausspruch verstanden werden. Im Einzelfall werden daher stets Größe und Bedeutung des Vereins sowie der Aufgabenkreis des Vorstands und die nach der Zusammensetzung der Mitglieder wahrscheinliche Geschäftsgewandtheit der möglichen Vorstandsmitglieder den Ausschlag geben.
1 JurisPK-BGB/Otto, § 26 Rz. 13; Reichert/Wagner,Kap. 2/Rz. 2406; anders Schwarz, Rpfleger 2003, 1; Gutachten DNotI-Report 2019, 73.
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4. Bestellung des Vorstands (§§ 27, 40 BGB) | Rz. 474 XI.
4. Bestellung des Vorstands (§§ 27, 40 BGB) a) Begriff Der Vorstand wird durch Bestellung in sein Amt eingesetzt, d.h. in die Organstellung berufen. Die Bestellung ist zu unterscheiden von einer etwaigen Anstellung des Vorstandsmitglieds (dazu Rz. 602). Die von dem zuständigen Organ vorgenommene Wahl (oder sonst ihm gegenüber ausgesprochene Bestellung) wird erst wirksam mit Annahme durch den Kandidaten. Das Erfordernis der Annahme gilt unabhängig von der Ausgestaltung des Bestellungsverfahrens, also auch bei Bestellung unmittelbar in der Satzung oder bei Bestellung kraft Sonderrechts eines Mitglieds.1 Bei unwirksamer Bestellung des Vorstands kann das Handeln des „faktischen“ Organs dennoch für und gegen den Verein wirken.2 Zur (Not-)Bestellung durch das Gericht Rz. 634 ff.
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b) Vorstandsfähigkeit Als Vorstand kann auch ein Nichtmitglied gewählt oder sonst bestellt werden3, wenn sich dies nicht durch Satzungsbestimmung, ständige Übung (Gewohnheitsrecht) oder nach der Struktur und Zielsetzung des Vereins verbietet4 (wie z.B. bei einem weltanschaulichen Verein oder einem ordensähnlichen Zusammenschluss). Eine Grenze bildet auch der Grundsatz der Vereinsautonomie, d.h. insbesondere in einem von Nichtmitgliedern geführten Verein dürfen sich die Mitglieder nicht ihrer wesentlichen Kontroll- und Abberufungsrechte begeben.5 Ein Nichtmitglied erwirbt durch die Bestellung zum Vorstand keine Mitgliedsrechte6, kann somit in der Mitgliederversammlung nicht abstimmen (abweichende Satzungsbestimmung ist möglich). Darf ein Vorstandsamt nur einem Vereinsmitglied zukommen, dann kann eine andere Person wirksam nur in den Vorstand gewählt werden, wenn sie gleichzeitig als Vereinsmitglied aufgenommen wird.
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Unvereinbar sind die gleichzeitige Mitgliedschaft im Vorstand und einem zu dessen Überwachung eingesetzten Kontrollorgan.7 Diese und andere Inkompatibilitätsregelungen greifen erst nach Annahme des Amtes, so dass ein Versammlungsdelegierter,
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1 Reichert/Wagner,Kap. 2/Rz. 1838. 2 Duldungsvollmacht, dazu Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2184. Vgl. aber auch OLG Bremen v. 12.5.2015 – 5 W 9/15, NJW-spezial 2015, 488: Jedenfalls nicht gegenüber dem Nachlassgericht. 3 OLG Köln v. 20.9.1991 – 2 Wx 64/91, NJW 1992, 1048 (1049); OLG Stuttgart Rpfleger 1964, 20; Steffen in BGB-RGRK, Rz. 2 zu § 26; Schwennicke in Staudinger, § 26 Rz. 35; Hadding in Soergel, Rz. 3 zu § 27; MünchKomm/BGB/Leuschner, § 27 Rz. 4; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 253; zweifelnd Erman/Westermann, § 26 Rz. 3; ablehnend für den Idealverein Reuter in MünchKomm/BGB, 7.A. § 26 Rz. 2. 4 OLG Düsseldorf v. 9.2.2016 – 3 Wx 4/16, npoR 2016, 215. 5 Dazu jurisPK/BGB/Otto, § 21 Rz. 25. 6 So auch Hadding in Soergel, Rz. 3 zu § 27. 7 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1137. Weick in Staudinger [2005] § 26 Rz. 4, will auch dies einer ausdrücklichen Regelung in der Satzung überlassen.
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XI. Rz. 474 | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit
der satzungsgemäß nicht zugleich Mitglied des Vorstands sein darf, bis zur Annahmeerklärung weiter mitstimmen kann.1 475
Die Satzung kann auch die Wählbarkeit an bestimmte Voraussetzungen knüpfen (z.B. Mindest- oder Höchstalter,2 Mitgliedschaftsdauer, Zustimmung eines Dritten, insbesondere einer Dachorganisation, Firma usw.). Eine Grenze solcher persönlicher Wählbarkeitsvoraussetzungen bilden das Diskriminierungsverbot (Rz. 401)3 bzw. der Gleichbehandlungsgrundsatz. Er lässt Differenzierungen nur zu, soweit sie dem Vereinszweck zu dienen geeignet sind. Es kann sich praktisch empfehlen, die Wählbarkeit nicht zwingend an bestimmte Voraussetzungen zu binden, sondern lediglich zu bestimmen, dass sie vorliegen „sollen“ – nicht „müssen“.4 Die Wahlversammlung erhält damit gewissermaßen nur eine Empfehlung, über die sie sich aber hinwegsetzen kann. Bei verbindlicher Bestimmung bleibt der Mitgliederversammlung nur ein satzungsdurchbrechender Beschluss mit entsprechendem Mehrheitserfordernis (Rz. 1140 ff.). Möglich ist es auch, zeitgleich mit Durchführung der Wahl eine förmliche generelle Satzungsänderung zu beschließen. Die Wahl des Kandidaten, der die Voraussetzungen der alten Satzung nicht erfüllte, wird dann mit Eintragung der Satzungsänderung wirksam.5
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Ein Ausländer kann zum Vorstand eines Vereins bestellt werden (davon geht schon § 14 Abs. 1 VereinsG aus), selbst wenn er nicht über einen Wohnsitz im Inland verfügt.6 In der Literatur7 wird unter Berufung auf entsprechende Rechtsprechung zur Gesellschaft mbH8 vertreten, das Vorstandsmitglied müsse zur Erfüllung seiner gesetzlichen Pflichten jederzeit einreisen können, so dass Nicht-EG-Ausländer ohne Aufenthaltserlaubnis – soweit eine solche erforderlich ist9 – nicht bestellt werden dürften. Diese Rechtsprechung ist klar auf dem Rückzug.10 Eine vermittelnde An1 SG Mainz v. 20.4.2005 – S 2 KA 588/04. 2 OLG München v. 19.3.2018 – 20 S 14891/17, ZStV 2019, 30. Sachverhalt in AG München v. 7.9.2017 -231 C 4507/17, juris. 3 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2029. 4 Für eine großzügige Satzungsauslegung insoweit Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 254. 5 Dasselbe gilt für zusätzlich geschaffene Vorstandsämter, jurisPK/BGB/Otto, § 27 Rz. 3. 6 So für GmbH-Geschäftsführer: OLG Düsseldorf DNotZ 1977, 759 = GmbHR 1978, 100; OLG Frankfurt DNotZ 1977, 426 = OLGZ 1977, 290 = NJW 1977, 1595; OLG Hamm v. 9.8.1999 – 15 W 181/99, GmbHR 1999, 1089 = NJW-RR 2000, 37 = DNotZ 2000, 235; OLG Köln v. 30.9.1998 – 2 Wx 22/98, GmbHR 1999, 182 = JMBl NW 1999, 94; OLG Köln v. 26.10.1998 – 2 Wx 29/98, NJW-RR 1999, 1637 = BayObLG v. 7.10.1998 – 3Z BR 177/98, Rpfleger 1999, 131; Melchior, Betrieb 1997, 413. 7 Hier bis 9. Aufl., Rz. 249a; Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2015. 8 OLG Hamm v. 9.8.1999 – 15 W 181/99, GmbHR 1999, 1089, NJW-RR 2000, 37 ff.; OLG Köln v. 30.9.1998 – 2 Wx 22/98, GmbHR 1999, 182, IPrax 2000, 130 f.; OLG Köln v. 26.10.1998 – 2 Wx 29/98, GmbHR 1999, 343, NJW-RR 1999, 1637 ff.; OLG Köln v. 30.9.1998 – 2 Wx 22/98, GmbHR 1999, 182, IPrax 2000, 130–131; Pfälz. OLG v. 13.3.2001 – 3 W 15/01, GmbHR 2001, 435, NJW-RR 2001, 1689 f. 9 OLG Frankfurt v. 22.2.2001 – 20 W 376/2000, 20 W 376/00, BB 2001, 852 ff. 10 Ausführlich und m.w.N. zum Stand der Diskussion im GmbH-Recht Wachter, NotBZ 2001, 233 ff. (235 ff.) u.a. unter Hinweis auf OLG Düsseldorf v. 20.7.1977 – 3 W 147/77, DB 1977, 1840: „nicht erforderlich, dass (der Geschäftsführer) das Gebiet der Bundesrepu-
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4. Bestellung des Vorstands (§§ 27, 40 BGB) | Rz. 478 XI.
sicht1 meinte für den Verein, dass wenigstens andere Vorstandsmitglieder in vertretungsberechtigter Zahl die genannten Kriterien erfüllen müssten2, damit z.B. die Entgegennahme von Zustellungen und die Abgabe von Versicherungen im Offenbarungsverfahren gegen den Verein gewährleistet sind. Diese Ansicht erschien insoweit inkonsequent, als die gesetzlichen Pflichten jeweils jedes Vorstandsmitglied persönlich treffen. Auf die Wahrung staatlicher Interessen, Vorstandsmitglieder persönlich vorzuladen, und Effizienzgesichtspunkte sollte es besser gar nicht ankommen.3 Ist aber im Inland keine unmittelbare Vertretung des Vereins durch Vorstandsmitglieder gewährleistet, weckt dies zumindest erhebliche Zweifel am Vorhandensein eines tatsächlichen inländischen Verwaltungssitzes (vgl. Rz. 188). Nur beim wirtschaftlichen Verein kommt schließlich in Betracht, dass die Vorstandstätigkeit als Umgehung eines ausländerrechtlichen Erwerbstätigkeitsverbots untersagt ist.4 Ein Geschäftsunfähiger (§ 104 BGB) kann nicht zum Vorstand bestellt werden, weil er den Verein nicht vertreten kann (vgl. §§ 105 Abs. 1, 165 BGB). Zulässig ist jedoch – sofern die Satzung nichts Abweichendes bestimmt – die Bestellung eines beschränkt gechäftsfähigen Minderjährigen; er kann das Amt – wie auch ein Vereinsamt außerhalb des BGB-Vorstands – aber nur mit Einwilligung des gesetzlichen Vertreters annehmen, weil ihm durch die Amtsübernahme und Vorstandstätigkeit auch Pflichten erwachsen (§ 107 BGB).5 Diese Einwilligung kann vor oder nach der Wahl erklärt werden. Sie kann (Auslegungsfrage, besser ausdrücklich im Beitrittsformular o.Ä. zu regeln) bereits mit der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters zum Vereinsbeitritt des Minderjährigen geäußert sein. Das wird meist für die Übernahme eines Vereinsamtes in einer Jugendabteilung zutreffen. Vergleichbares gilt für Betreute6 mit Einwilligungsvorbehalt (§ 1903 Abs. 1 BGB).
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Zum Vorstand kann auch eine juristische Person bestellt werden.7 Für den Verein handelt sie durch ihre Vertretungsorgane. Das war früher allerdings streitig (anders ausdrücklich § 76 Abs. 3 S. 1 AktG, § 6 Abs. 2 S. 1 GmbHG). Da aber eine juristische Person Vereinsmitglied sein kann und im Rechtsverkehr handlungsfähig ist, steht der
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1 2 3 4 5 6 7
blik betritt“; OLG Dresden v. 5.11.2002 – 2 U 1433/02, GmbHR 2003, 537 mit Anm. Wachter, NZG 2003, 628 ff.; OLG Düsseldorf v. 16.4.2009 – 3 Wx 85/09, GmbHR 2009, 776 = NotBZ 2009, 328 = ZIP 2009, 1074 f. Sauter/Schweyer/Waldner, 18. Aufl., Rz. 224; a.A. nunmehr in 19. Aufl. Für die GmbH explizit auch hiergegen OLG Hamm v. 9.8.1999 – 15 W 181/99, GmbHR 1999, 1089, NJW-RR 2000, 37 ff. Wachter, NotBZ 2001, 233 ff. (238 f.). GmbH: BayObLG v. 30.9.1983 – RReg. 4 St 100/83, BayObLG v. 30.9.1983 – RReg. 4 St 100/83, MDR 1984, 426 = BayObLGSt 1983, 140 ff. Insoweit nicht zutreffend LG Rostock v. 22.12.2003 – 5 T 9/03, NotBZ 2004, 117 = NJWRR 2004, 398; Kunz, Zentralblatt für Jugendrecht und Jugendwohlfahrt, 1978, 453 (460). Tritt die Betreuung während der Amtszeit des Vorstandes ein, empfiehlt Wüstenberg, BtPrax 2005, S. 138 ff. in Hinblick auf Haftungsrisiken des Betreuers die zügige Amtsniederlegung. LG München I MittBayNot 1975, 9; Steffen in BGB-RGRK, § 26 Rz. 2, MünchKomm/ BGB/Leuschner, § 27 Rz. 5; Hadding in Soergel, § 27 Rz. 5, Schwennicke in Staudinger, § 27 Rz. 40; Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2016; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 253.
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XI. Rz. 478 | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit
Zulässigkeit ihrer Bestellung nichts im Wege, wenn nicht die konkrete Interessenlage des Vereins ausnahmsweise etwas anderes ergibt. Die Bestellung juristischer Personen in den Vorstand begegnet nsbesondere bei Dachorganisationen und überregionalen Vereinigungen. Ein rechtsgeschäftlich bestellter Vertreter der juristischen Person (Prokurist, bevollmächtigter Abteilungsleiter oder Sachbearbeiter) kann deren Aufgaben als Vorstand nicht ausschließlich wahrnehmen, weil die Organstellung in der anderen juristischen Person nicht durch Vollmacht übertragbar ist. Vollmachten zur Ausübung von Teilaspekten des Vorstandsamts müssen also sachlich beschränkt sein (Einzelfall oder eine Gattung von Geschäften), die Vertretungsrechte des Vorstands der anderen juristischen Person dürfen nicht verdrängt werden. Sinnvoller kann es in derartigen Fällen sein, unmittelbar den Prokuristen, Dachverbandsgeschäftsführer o.Ä. in das Vorstandsamt des Vereins zu berufen, nicht die hinter ihm stehende Körperschaft. 479
Eine Personenhandelsgesellschaft (Offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft, auch GmbH & Co KG) kann nicht zum Vorstand bestellt werden.1 Obwohl der BGH die (Teil-)Rechtsfähigkeit der BGB-Außengesellschaft anerkennt2, hat er ihr die Fähigkeit abgesprochen, Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft zu sein.3 Die Gründe dafür sind auf das Vorstandsamt im Verein übertragbar.4 Nicht vorstandsfähig ist auch der Betriebsrat.5 c) Bestellungsakt
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Die Bestellung des Vorstands erfolgt durch Beschluss der Mitgliederversammlung (§ 27 Abs. 1 BGB). Die Satzung kann Einzelheiten regeln oder eine andere Art der Vorstandsbestellung vorsehen (§ 40 BGB), also die Bestellung und Abberufung des Vorstands der Mitgliederversammlung entziehen und einem anderen Organ oder einer anderen Stelle übertragen.6
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Die Vorstandswahl erfolgt in der Mitgliederversammlung durch Mehrheit der abgegebenen Stimmen (§ 32 Abs. 1 S. 3 BGB) oder mit der von der Satzung festgelegten sonstigen Stimmenmehrheit. Durch schriftliche Zustimmungserklärungen aller Mitglieder kann der Vorstand ohne Abhaltung einer Mitgliederversammlung bestellt werden.7 In der Wahl (Bestellung) zum Stellvertreter eines Vorstandsmitglieds (z.B. zum Stellvertreter des ersten Vorsitzenden) liegt nicht gleichzeitig die Bestellung zum Nachfolger dieses Vorstandsmitglieds. Mit dem Ausscheiden des ersten Vorsitzenden rückt
1 A.A. aber z.B. Hadding in Soergel, Rz. 5 zu § 27; Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2016; MünchKomm/BGB/Leuschner, § 27 Rz. 5. 2 BGH v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 ff. = MDR 2001, 459.; BGH v. 18.2.2002 – II ZR 331/00, NJW 2002, 1207 f. 3 BGH v. 26.1.2006 – V ZB 132/05, MDR 2006, 981, NotBZ 2006, 171 ff. 4 Anders (mit Einschränkungen) wohl MünchKomm/BGB/Leuschner, § 27 Rz. 4; Reichert/ Wagner, Kap. 2/Rz. 2016. 5 LG Augsburg v. 2.12.1974 – 5 T 63/74, Rpfleger 1975, 87. 6 KG Dt. Justiz 1936, 1948. 7 LG Ansbach MittBayNot 1971, 304 mit zust. Anm. Rapp.
264 | Stöber/Otto
4. Bestellung des Vorstands (§§ 27, 40 BGB) | Rz. 483 XI.
daher sein Stellvertreter nicht in dessen Amt ein.1 Die Satzung kann jedoch ausdrücklich eine andere Regelung treffen (Rz. 463). Bestellen kann die Mitgliederversammlung den Vorstand nur nach Bestimmung der Satzung über die Bildung des Vorstands (Rz. 465). Sie kann als Einpersonenvorstand daher nicht mehrere Personen bestimmen; für einen (satzungsgemäß) aus mehreren Personen bestehenden Vorstand kann sie somit nur die in der Satzung bestimmten Vorstandsämter besetzen, nicht aber (satzungswidrig) weitere Personen als Vorstand bestellen oder Personen in weitere Ämter als Vorstand berufen. Die Bestellung von Personen zum Vorstand ohne Satzungsgrundlage hat keine Wirkung; ein so durch die Versammlung der Mitglieder Bestellter gehört weder dem Vorstand als Vertretungsorgan noch dem erweiterten Vorstand an. Er ist daher auch zur Mitwirkung bei der Geschäftsführung nicht befugt; in Angelegenheit des Vorstands (oder der Vorstandschaft) hat er kein Stimmrecht. Das schließt es auch aus, ein Vorstandsamt, für das sich keine Einzelperson als Bewerber zur Übernahme der Tätigkeit findet, mit mehreren Personen als Ausschuss (als Gremium zur Arbeitsteilung) zu besetzen. Eine Änderung der Satzungsbestimmungen über die Zahl der Vorstandsmitglieder und die daran ausgerichtete Durchführung der Wahl zur Besetzung der zusätzlich geschaffenen Ämter können aber in einer Versammlung durchgeführt werden, beim eingetragenen Verein wird die Wahl wird dann mit Eintragung der Satzungsänderung wirksam.2
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Als andere Art der Vorstandsbestellung kann die Satzung die Berufung des Vorstands durch einen Dritten vorsehen3, z.B. die Kirchenbehörde, eine Dachorganisation, den Arbeitgeber, ein Unternehmen usw. Insbesondere ist es bei betrieblichen Unterstützungseinrichtungen in Form des eingetragenen Vereins zulässig und üblich, dass der Vorstand vom Unternehmen bestellt wird.4 Auch dann muss aber die Würdigung des Gesamtcharakters des Vereins ergeben, dass ihm als Personenverband noch eigene Bedeutung zukommt5 (s. dazu insb. auch Rz. 41). Ist das nicht mehr der Fall, erweist sich, dass der Verein praktisch nur noch als eine Sonderverwaltung des Dritten besteht, der den Vorstand bestellt, so verbietet sich die Eintragung der Vereinssatzung in das Vereinsregister; bei bereits eingetragenen Vereinen ist die Satzungsbestimmung über die Vorstandsbestellung durch einen Dritten unwirksam. Die notwendige Selbständigkeit des Vereins ist regelmäßig gewahrt, wenn der Verein den Vorstand aus wichtigem Grund abberufen kann. Dies gilt, wenn nach Abberufung der neue Vorstand wieder durch den Dritten bestellt wird, jedenfalls dann, wenn der Mitgliederversammlung satzungsgemäß die Möglichkeit bleibt, durch Satzungsände-
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1 BayObLG Rpfleger 1972, 400. 2 JurisPK-BGB/Otto, § 27 Rz. 3. 3 OLG Köln v. 20.9.1991 – 2 Wx 64/91, NJW 1992, 1048 (1049); KG Rpfleger 1974, 394; LG Hildesheim NJW 1965, 2400; LG Krefeld Rpfleger 1968, 17; LG Siegen Rpfleger 1964, 267. 4 BAG BAGE 17, 177 = BB 1965, 1028 = MDR 1965, 943 = JR 1967, 206. 5 LG Hildesheim NJW 1965, 2400, LG Krefeld Rpfleger 1968, 17 und LG Siegen Rpfleger 1964, 267; auch OLG Frankfurt v. 19.3.1981 – 20 W 658/80, OLGZ 1981, 391 = OLG Frankfurt Rpfleger 1981, 310. Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2035 lässt daher Bestellungs- oder Zustimmungsrechte Dritter nur zu, wenn ihre Mitwirkung den Vereinszweck fördert.
Stöber/Otto | 265
XI. Rz. 483 | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit
rung auch gegen den Willen der Vorstandsmitglieder oder des Dritten neue Bestimmungen über die Art der Vorstandsbestellung zu treffen.1 Die notwendige Selbständigkeit ist aber nicht gewahrt, wenn der Dritte, der den Vorstand bestellt, auch die Mitgliederversammlung beherrscht, z.B. deshalb, weil die Mehrheit der Vereinsmitglieder seiner Unternehmensleitung angehört.2 484
Als andere Art der Vorstandsbestellung kann ferner die Wahl durch einen von der Mitgliederversammlung zu bestellenden Ausschuss (Aufsichtsrat, Kuratorium usw.) vorgesehen werden.3 Zur Ersetzung der Mitgliederversammlung durch eine Vertreterversammlung s. Rz. 866 ff. Es kann auch festgelegt werden, dass nur ein Vorstandsmitglied gewählt wird, das die übrigen Vorstandsmitglieder zu berufen hat, oder einem Vorstand das Recht eingeräumt wird, seinen Nachfolger zu bestimmen. Schließlich kann das Amt des Vereinsvorstands auch dem jeweiligen Inhaber eines öffentlichen oder kirchlichen Amtes (z.B. dem jeweiligen Pfarrer der Kirchengemeinde) übertragen werden4, wobei Bestellungsrechte kirchlicher Behörden in religiösen Vereinen wegen deren besonderen verfassungsrechtlichen Stellung sehr weitgehend anerkannt werden.5 Möglich sind auch Erstvorschlagsrechte einzelner Mitglieder oder Vereinsabteilungen im Wahlverfahren. Hier bleibt die Handlungsfähigkeit des Vereins anders als beim Besetzungsrecht auch ohne Satzungsänderung gewahrt, wenn der Bevorrechtigte sein Recht nicht ausübt (wozu er jeweils nicht verpflichtet werden kann). Sonderrechte einzelner Mitglieder (§ 35 BGB) oder Rechte Außenstehender dürfen bei all dem jedoch nicht dazu führen, dass die übrigen Mitglieder praktisch vollständig von der Bestellung, Kontrolle und auch sonst von der Willensbildung im Verein ausgeschlossen werden.6
485
In der Satzung kann vorgesehen sein, dass der Vorstand fehlende Mitglieder selbst beruft (Kooptation). Auch hier muss sichergestellt sein, dass die Rechtsposition der anderen („einfachen“) Vereinsmitglieder nicht allein auf die Zahlung von Beiträgen reduziert wird.7 Daher sollte dieses Selbstergänzungsrecht auf einen (deutlich kleineren) zahlenmäßigen Anteil der Vorstandsmitglieder oder Ausfälle während laufender Amtszeit beschränkt sein oder auch der Mitgliederversammlung ein nicht zu stark beschränktes Abänderungsrecht bleiben.8
1 LG Krefeld Rpfleger 1968, 17; s. auch LG Siegen Rpfleger 1964, 267, sowie Flume in FS Coing, Band II, S. 97 (100). 2 LG Hildesheim NJW 1965, 2400. 3 BayObLG v. 20.1.1984 – BReg 2 Z 4/84, DNotZ 1984, 485 = MDR 1984, 489 = Rpfleger 1984, 150. 4 BayObLG OLG 15, 306; OLG Köln v. 20.9.1991 – 2 Wx 64/91, NJW 1992, 1048 (1049). 5 OLG Köln v. 20.9.1991 – 2 Wx 64/90, OLG Köln v. 20.9.1991 – 2 Wx 64/91, NJW 1992, 1048 ff.; ausf Schneider S. 225–228. mN. 6 OLG Celle v. 18.10.1994 – 20 W 20/94, NJW-RR 1995, 1273 ff. 7 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2029 geht daher davon aus, dass die Mitgliederversammlung die Bestellungsbefugnisse jederzeit an sich ziehen kann. Sie müsse außerdem die Befugnis behalten, den Vorstand außerordentlich abzuberufen. 8 Vgl. Waldner in 2. Erlanger FS Schwab, 2000, S. 155 ff. (165).
266 | Stöber/Otto
4. Bestellung des Vorstands (§§ 27, 40 BGB) | Rz. 488 XI.
d) Annahme der Wahl Die Bestellung bedarf (Rechtsbedingung) der Zustimmung des Berufenen, weil sie zur Ausübung des Amtes verpflichtet und alle mit dem Amt verbundenen Rechte und Pflichten begründet. Ohne Amtsannahme (Annahme der Wahl durch den Gewählten oder einer Bestellung durch den Ernannten) kann eine Bestellung zum Vorstand des Vereins nicht wirksam werden1, weil einer Person nicht einseitig Pflichten sowie eine entsprechende Haftung auferlegt werden können.2 Diese Zustimmung kann vor oder nach der Bestellung (insbesondere Wahl) erklärt werden. Soweit die Satzung nichts anderes bestimmt, ist die Annahme formfrei, insbesondere auch stillschweigend möglich. Spätestens in der Mitwirkung bei der Anmeldung der Vorstandsänderung zum Register liegt immer die konkludente Annahme.3
486
Die Satzung kann den Bestellten, auch wenn er sich selbst zur Wahl gestellt hatte, nicht zur Annahme verpflichten4, insofern unterscheidet sich die Wahl in private Vereinsämter vom Recht der öffentlich-rechtlichen Körperschaften.5 Schuldrechtlich kann eine Verpflichtung zur Annahme hingegen begründet werden.6 Die Annahme kann im Voraus erklärt werden, daher ist auch die schuldrechtliche Verpflichtung zum Antritt des Amtes zuzulassen.7 Umgekehrt ist aber die Dritten gegenüber eingegangene Verpflichtung nicht durchsetzbar, eine Bestellung nicht anzunehmen.8
487
Die §§ 147–150 BGB gelten entsprechend.9 Grundsätzlich muss sich der anwesende Gewählte sofort erklären, die Satzung kann auch eine Frist für die Annahme setzen. Eine Besonderheit gilt, wenn mehrere Ämter in getrennten Wahlgängen besetzt werden.10 Der zuerst Gewählte hat ein legitimes Interesse, vor der eigenen Annahme zu erfahren, wen die Versammlung an seine Seite stellt. Es mag auch sein, dass er selbst noch für später zur Abstimmung gestellte Positionen kandidieren will, wovon er als bereits amtierendes Vorstandsmitglied ausgeschlossen wäre. Sofern Satzung oder Wahlordnung zu der Frage schweigen, führt die Anwendung allgemeiner Geschäftsordnungsgrundsätze zu einem befriedigenden Ergebnis:11 In der Wahlversammlung
488
1 Wahl (bzw. anderer Bestellungsakt) und Annahme sind bei der Registeranmeldung nachzuweisen, KG v. 7.9.2010 – 1 W 198/10. 2 BayObLG v. 12.8.1981 – BReg 2 Z 94/80, MDR 1981, 1015 = DNotZ 1982, 115; Erman/ Westermann, § 27 Rz. 1; Hadding in Soergel, § 27 Rz. 9; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 251; Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2044; a.A. (Bestellungsakt ist abstrakt und wird in dem Zeitpunkt wirksam, in dem der Beschluss dem Berufenen zugeht) Richert, SchlHA 1956, 194. 3 BayObLG München v. 10.7.1996 – 3Z BR 78/96, NJW-RR 1997, 289 f. 4 Steffen in BGB-RGRK, 1982, § 27 Rz. 3; Schwennicke in Staudinger, § 27 Rz. 10. 5 Vgl. z.B. die gesetzlichen Regelungen in Art. 19 Abs. 2 GemO BY; Art. 13 Abs. 2 Lork BY; § 67 BRAO: jeweils nur begrenztes Ablehnungsrecht; anders im Bund: § 45 BWahlG. 6 Schwennicke in Staudinger, § 27 Rz. 10; jurisPK/BGB/Otto, § 27 Rz. 11. 7 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1838. 8 RG v. 16.3.1904 – I 491/03, RGZ 57, 205 ff.; eingeschränkt auch Hadding in Soergel, § 27 Rz. 9. 9 Hadding in Soergel, § 27 Rz. 9; jurisPK/BGB/Otto, § 27 Rz. 9. 10 Vgl. BSG v. 14.10.1992 – 14a/6 RdA 58/91, SozR 3-1500 § 55 Nr. 14 und SG Mainz v. 20.4.2005 – S 2 KA 588/04. 11 JurisPK-BGB/Otto, § 27 Rz. 9.
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XI. Rz. 488 | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit
erteilt der Versammlungsleiter das Wort. Solange dieser nicht ausdrücklich zu einer Erklärung über die Annahme der Wahl auffordert, wäre eine spontane Erklärung des Gewählten geschäftsordnungswidrig, sie wird vom Wahlgremium daher nicht erwartet. Somit setzt die Versammlung regelmäßig konkludent eine Bedenkzeit (§ 148 BGB). Will sich der Gewählte auch auf ausdrückliche Nachfrage des Versammlungsleiters nicht erklären, entscheidet dieser als Vertreter der Versammlung nach pflichtgemäßem Ermessen über eine etwaige Verlängerung der Annahmefrist. 489
Die Annahme ist bedingungsfeindlich, somit ist sie z.B. nicht wirksam erklärt, wenn der für drei Jahre Gewählte nur für 18 Monate annimmt. Die – mögliche – Ankündigung mit der unbedingten Wahlannahme, das Amt bereits früher niederzulegen, ist daher rechtlich unverbindlich und von den Mitgliedern allenfalls auf dem Weg des § 27 Abs. 2 S. 1 BGB als Abberufung durchzusetzen. Der Bestellte kann bei (unbefristeter) Amtsannahme seine alsbaldige Niederlegung oder Berufung einer Mitgliederversammlung zur Neuwahl (damit Widerruf seiner Bestellung, § 27 Abs. 2 S. 1 BGB) nur in Aussicht stellen. Die Ablehnung der Wahl führt nur dann zur Bestellung des Stimmennächsten, wenn dies in der Satzung so vorgesehen ist. Ein gezielter Verzicht zugunsten eines anderen ist daher grundsätzlich nicht möglich.1 e) Bedingte Vorstandsbestellung
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Schon die Möglichkeit der vorsorglichen Wahl von Nachrückern (Rz. 463) zeigt, dass das früher auch hier aufgestellte und in der vereinsrechtlichen Literatur weit vorherrschende Postulat, es gebe keine bedingte Mitgliedschaft im Vorstand,2 nicht missverstanden werden darf. Unzulässig ist die in Rz. 457 beschriebene „bedingte Vorstandseigenschaft“, also ein Vorstandsamt, das mit Außenwirkung nur unter bestimmten Voraussetzungen ausgeübt werden kann. Davon zu unterscheiden ist die Berufung des Vorstands unter einer Bedingung. Sie kann – stets aber nur auf Grundlage einer Satzung – ohne Gefährdung des Rechtsverkehrs zugelassen werden.3 Die Bestellung in das Vorstandsamt ist nicht bedingungsfeindlich.4 Es sollte also möglich sein, die Wahl für ein Amt unter einer Bedingung auszuschreiben, und mit dieser Maßgabe einen Kandidaten zu wählen, der das Amt in genau dieser bedingten Weise annimmt. Praktische Anwendungsfälle einer auflösenden Bedingung werden eher selten sein, denn sie können stets abstrakt besser als Formulierung der Vorstandsfähigkeit, Rz. 518) erfasst werden: Etwa, dass das Amt mit Erreichen eines bestimmten Lebensalters oder mit Antritt eines bestimmten anderen Amtes endet. Aufschiebende Bedingung kann insbesondere sein, dass ein anderes Mitglied vor dem nächsten regelmäßigen Neuwahltermin aus dem Vorstand ausgeschieden ist oder dass ein noch bestehendes entgeltli1 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 252. 2 BeckOK/BGB/Schöpflin, Edition 35, § 27 Rz. 5; Hadding in Soergel, § 27 Rz. 8; Reichert/ Wagner, Kap. 2/Rz. 2040; BayObLG v. 14.9.2001 – 3Z BR 290/01, MDR 2001, 1365 = NotBZ 2001, 424. Hier bis 10. Aufl. Rz. 384. 3 Zur bedingten Bestellung eines GmbH-Geschäftsführers BGH v. 24.10.2005 – II ZR 55/04, NotBZ 2006, 18 = Rpfleger 2006, 83 = MDR 2006, 405. 4 Vgl. zum GmbH-Geschäftsführer jurisPK/BGB/Armgardt, § 158 Rz. 24 m.N. auch der Gegenmeinungen.
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4. Bestellung des Vorstands (§§ 27, 40 BGB) | Rz. 491 XI.
ches Anstellungsverhältnis bei dem Verein beendet wird.1 (Nur) wenn die Satzung solche Wahlen ausdrücklich zulässt, ist denkbar auch die Wahl eines Vorstandsmitglieds unter der aufschiebenden Bedingung, dass es eine in der Satzung genau definierte Voraussetzung erfüllt (Erreichen eines Mindestalters; Erwerb einer Zusatzqualifikation). Im Vereinsregister sind die Bedingungen allerdings nicht eintragungsfähig. Der eingetragene, auflösend bedingt bestellte Vorstand kann also sehr weitgehend nach außen agieren, solange er eingetragen ist (§ 68 BGB). Rechtsgeschäfte mit aufschiebend bedingt bestellten Vorständen wird man Dritten hingegen erst empfehlen können, wenn diese (dann unbedingt) eingetragen sind. Sie können erst nach Bedingungseintritt eingetragen werden. Die Problematik konzentriert sich damit auf die Frage, wie im Eintragungsverfahren ein Bedingungseintritt nachzuweisen ist. Etwas einfacher ist es hier, wenn in anmeldeberechtigter Zahl von der Bedingung unberührte weitere Vorstandsmitglieder vorhanden sind und diese die Anmeldung vornehmen. Solange kein Betroffener widerspricht, kann das Registergericht mangels anderer Anhaltspunkte von der Erklärung der – selbst nicht direkt betroffenen – Anmeldenden ausgehen, dass die Bedingung eingetreten ist. Nur wenn ein bedingt Bestellter selbst anmeldet, müsste das Gericht dessen Vorstandseigenschaft weitergehend prüfen. Trotzdem sollten besser nur Bedingungen gewählt werden, deren Eintritt aus dem Register selbst heraus nachweisbar sind. Wenn der Bedingungseintritt in einem Registerverfahren schwer nachweisbar ist, sollte die eigentliche Bedingung durch das Vorliegen entsprechender Erklärungen eines Vereinsorgans ersetzt werden. Dabei ist allerdings zu beachten, dass Vereinsrecht nicht Feststellungen fingieren kann, die nur das Gericht selbst zu treffen hat. Grenzen folgen aus der fehlenden positiven Publizitätswirkung des Registereintrags. Beispiel: Die Mitglieder eines Vereins der Schnellkopfrechner wünschen sich, dass nur ihre Besten Vorstand sein dürfen. Denkbare Satzungsregelungen: (1) „Das Vorstandsamt endet, sobald der Betreffende im Verein nicht mehr zu den 50 % schnellsten Rechnern gehört“ – unbestimmt und vom Register nicht festzustellen. (2) „Das Vorstandsamt endet, sobald der Betreffende im Verein nicht mehr zu den 50 % schnellsten Rechnern gehört. Der erweiterte Vorstand stellt bindend fest, ob diese Bedingung eingetreten ist“ – die eigentliche Bedingung, auf die es aber nach wie vor ankommt, bleibt auch hier vom Register ebenso wenig wie im Rechtsverkehr feststellbar. (3) „Das Vorstandsamt endet, sobald der erweiterte Vorstand auf Antrag eines seiner Mitglieder feststellt, dass der Betreffende im Verein nicht mehr zu den 50 % schnellsten Rechner gehört“ – möglich (andere Bedingung), aber auch nicht empfehlenswert, weil im Ergebnis beinahe (je nach vereinsinternen Rechtsmitteln) freies Abberufungsrecht des erweiterten Vorstands.
1 Den umgekehrten Fall behandelt BGH v. 23.9.1996 – II ZR 126/95, AG 1997, 123 = MDR 1997, 152 = NJW 1997, 318 (320): Mit Ende des Anstellungsvertrags auflösend bedingte Bestellung in den Vorstand einer Genossenschaft.
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491
XI. Rz. 491 | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit (4) „Das Vorstandsamt endet mit Ablauf des Wettkampftages, wenn der Betreffende zu dem jährlichen Schnellrechner-Zentralwettkampf aus welchem Grund auch immer nicht antritt oder in diesem Wettbewerb in der Endwertung ein Punkteergebnis erreicht, das schlechter ist als das Endergebnis von 50 % der zu Beginn des Wettbewerbs angetretenen Mitglieder.“ – der klar definierte Bedingungseintritt ist durch Wettkampfprotokoll nachweisbar.
492
Eine soweit ersichtlich von keiner Seite als problematisch empfundene Variante aufschiebend bedingter Bestellung ist die rechtzeitig vor geplantem Amtsantritt durchgeführte, mithin aufschiebend befristete Bestellung. Auch hier ist der Registereintrag erst nach Amtsantritt möglich (Rz. 1568). f) Vorstandsbestellung in der Satzung
493
Die Vorstandsbestellung kann auch unmittelbar in der Satzung erfolgen (da § 27 Abs. 1 BGB durch die Satzung abdingbar ist). Als namentliche Benennung wird das praktisch allenfalls für den Gründungsvorstand (Rz. 28 zur Gründung unter Vermeidung einer Präsenzveranstaltung) vorkommen (häufig Sonderrecht i.S.d. § 35 BGB).1 Zu denken ist aber auch an die Bestellung juristischer Personen als Vorstandsmitglieder (Rz. 478) oder die satzungsmäßige Anordnung einer Personalunion mit den Vorstandsmitgliedern eines anderen Vereins. Die Satzung kann vorsehen, dass der jeweilige Inhaber eines privaten, öffentlichen oder kirchlichen Amtes kraft dieser Funktion Vorstandsmitglied ist (sog. „geborene Mitglieder“).2 Auch hier gelten zur Wahrung der Vereinsautonomie die oben dargestellten Grenzen (Rz. 483–485). Das Erfordernis der Annahme der Wahl gilt für das geborene Vorstandsmitglied unverändert. Beispiel: Auch hier handelt es sich letztlich um Varianten bedingter Vorstandsbestellung: „Vorbehaltlich seiner Annahme des Amtes ist der erste Vorsitzende des Orchestervorstands Mitglied im Vorstand des Vereins der Freunde des X-Orchesters. Die Mitgliedschaft dieses Vorstandsmitglieds endet, sobald ein neu gewählter erster Orchestervorstand dem erweiterten Vorstand seine Wahl nachweist und die Annahme des Amtes erklärt.“
5. Amtsdauer (§ 27 BGB) a) Beginn 494
Die Amtszeit des Vorstands beginnt mit der Bestellung, wenn der Gewählte (Berufene) die Annahme der Wahl (Berufung) erklärt hat, oder mit dem in der Satzung bestimmten anderen Zeitpunkt (z.B. Beginn des Geschäftsjahres, 1. Januar des folgenden Kalenderjahres). Auf die Eintragung des Vorstands im Vereinsregister (§§ 64 S. 1, 67 Abs. 1 BGB) kommt es nur ausnahmsweise an (wenn das konkrete Vorstandsamt erst mit einer zugleich einzutragenden Satzungsänderung geschaffen wurde). 1 Hadding in Soergel, § 27 Rz. 8. 2 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2030, der (wie auch für alle Besetzungsrechte oder sonstige Mitwirkungsrechte vereinsfremder Dritter) als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine innere Rechtfertigung aus dem Vereinszweck verlangt.
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5. Amtsdauer (§ 27 BGB) | Rz. 497 XI.
b) Beendigung durch Fristablauf Die Amtsdauer richtet sich regelmäßig nach der Satzung. Trifft sie keine Regelung, so gilt die Bestellung bis auf Widerruf (§ 27 Abs. 2 BGB).1
495
Die Amtszeit kann die Satzung nach Jahren, Geschäftsjahren, bis zur nächsten Mitgliederversammlung, aber auch auf Lebenszeit2 des Berufenen (Sonderrecht, s. Rz. 253), für die Dauer der Inhaberschaft eines bestimmten Amtes (z.B. der Pfarrstelle) festlegen. Eine in der Satzung bestimmte Amtszeit kann nur durch Satzungsänderung, nicht aber durch Anordnung der Mitgliederversammlung (oder des sonst zur Berufung zuständigen Organs) bei der Bestellung abgeändert (verkürzt oder verlängert) werden. Die Satzung kann aber auch eine Festlegung der Amtszeit (häufig: Konkretisierung des genauen Anfangs- und Endtermins) durch die Wahlversammlung oder ein anderes Organ vorsehen.
496
Eine Satzungsbestimmung über die Amtszeit des Vorstands bringt aber (wenn sie nicht ausnahmsweise ein Sonderrecht begründet) nur zum Ausdruck, dass die Bestellung des Vorstands turnusmäßig für die bestimmte Dauer erfolgt. Sie begründet keinen Anspruch des Bestellten auf Fortdauer der Organstellung bis zum Ablauf der bestimmten Zeit3 oder gar bis zum eigenen Rücktritt.4 Die Bestellung zum Vorstand ist vielmehr jederzeit widerruflich5 (§ 27 Abs. 2 S. 1 BGB). Das ist zwingend (§ 40 BGB). Die Satzung kann lediglich die Widerruflichkeit auf den Fall beschränken, dass ein wichtiger Grund vorliegt (§ 27 Abs. 2 S. 2 BGB). Das erfordert eine klare und eindeutige Regelung. Eine derartige Abweichung ist in der Bestimmung zu sehen, dass die Stellung des Vereinsvorstands dem jeweiligen Inhaber eines bestimmten Amtes übertragen ist (Rz. 484). Dadurch wird die Bindung der Amtszeit als Vorstand an die Dauer der anderen Rechtsstellung hinreichend deutlich. Allein eine Satzungsbestimmung über die Amtsdauer des Vorstands bringt eine Einschränkung der Widerruflichkeit nicht zum Ausdruck. Es kann daher auch die auf die Dauer von z.B. 3 Jahren vorgesehene Bestellung des Vorstands schon vor Ablauf dieser Zeit (damit z.B. nach einem Jahr) widerrufen werden. Auf Verlangen der dafür bestimmten Mitgliederzahl (Minderheitenrecht, Rz. 810) hat der Vorstand daher bereits vor Ablauf seiner Amtszeit eine Mitgliederversammlung mit dem Tagesordnungspunkt „Widerruf der Bestellung des (zu bezeichnenden) Vorstands“ oder „Neuwahl des (zu bezeichnenden) Vorstands“ zu berufen oder diesen Beschlussgegenstand als Tagesordnungspunkt einer Mitgliederversammlung aufzunehmen.
497
1 OLG Hamm v. 6.9.2007 – 15 W 129/07, NJW-RR 2008, 350 = Rpfleger 2008, 141 = FGPrax 2008, 36. 2 Krit. hierzu Reuter in MünchKomm/BGB, 7.A. § 27 Rz. 23 f. Wie die h.M. jetzt MünchKomm/BGB/Leuschner § 27 Rz. 21. 3 Weick in Staudinger, [2005] Rz. 14 zu § 27. 4 BGH v. 26.3.2018 – 4 StR 408/17, NJW 2018, 1486. 5 Hadding in Soergel, Rz. 18; Schwennicke in Staudinger, Rz. 51, je zu § 27; Sauter/Schweyer/ Waldner, Rz. 269.
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XI. Rz. 498 | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit 498
Mit Ablauf der in der Satzung festgesetzten Amtszeit erlischt das Amt des Vorstands;1 die Amtszeit verlängert sich nicht automatisch. Sie endet mit der für sie bestimmten Zeit auch dann, wenn ein neuer Vorstand – egal weshalb – nicht rechtzeitig berufen wurde. Der Verein ist mit Ablauf der Amtszeit des bestellten Vorstands ohne Vorstand. Der eingetragene Vorstand gilt zwar auch dann als zur Einberufung der Mitgliederversammlung befugt, wenn seine Amtszeit bereits abgelaufen ist (Rz. 803 ff.). Alle sonstigen Aufgaben des Vereinsvorstands kann er jedoch nicht mehr wahrnehmen. Diesem für den Verein sehr lästigen Zustand kann nur durch gerichtliche Vorstandsbestellung (§ 29 BGB, dazu Rz. 634 ff.) abgeholfen werden.
499
Covid-19 – Sonderbestimmung: Amtszeit des Vorstands „Ein Vorstandsmitglied eines Vereins oder einer Stiftung bleibt auch nach Ablauf seiner Amtszeit bis zu seiner Abberufung oder bis zur Bestellung seines Nachfolgers im Amt.“2 Die zunächst allein für die im Jahr 2020 ablaufenden Amtszeiten von Vereinsvorständen bestimmte Regelung wurde unterdessen auf das Jahr 2021 erweitert.3 Zugleich tritt das Gesetz im Ganzen mit Ablauf des 31.12.2021 außer Kraft.4 Das Zusammenspiel dieser beiden Zeitschranken wird man wie folgt zu verstehen haben: – Für die Neuwahl der Vorstände, deren Amtszeit im Jahr 2020 geendet hätte, hat der Verein Zeit bis zum Außerkrafttreten des Maßnahmegesetzes, also 31.12.2021. Bis dahin übt das Gesetz keinen zeitliche Druck auf die Durchführung der Neuwahlen aus. Auch wenn es dem Verein also rechtlich und praktisch möglich wäre, frühere Neuwahlen durchzuführen, zwingt ihn das Gesetz nicht dazu. – Auch die im Jahr 2021 endenden Amtszeiten laufen (zunächst) weiter. Sofern bis dahin aber nicht nochmals das Gesetz geändert wird, muss auch in den davon betroffenen Vereinen die (verschobene) Wahl doch innerhalb des Jahres 2021 erfolgen. Die betroffenen Vorstände amtieren mit allen Rechten weiter. Die Bestimmung lässt es allerdings ausdrücklich zu, dass ein aufgrund der Sonderbestimmung weiter amtierender Vorstand jederzeit abberufen bzw. ein Nachfolger gewählt werden kann. Auf die Frage, ob die Vereinssatzung die jederzeitige freie Vorstandsabberufung erlaubt (Regelfall) oder auf wichtige Gründe begrenzt, kommt es daher nicht an. Eine Mitgliederminderheit kann die Abstimmung über ein Abwahlverlangen zu den im Sondergesetz erleichterten Abstimmungsbedingungen durchsetzen (dazu Rn. 785, 792, 972). Sieht die Satzung ein anderes Organ als die Mitgliederversammlung als für die Abberufung zuständig vor und ist dies nicht handlungsfähig, tritt die Mitgliederversammlung ein (Rz. 508). Das Ausnahmegesetz gilt auch dann, wenn der Vorstand nicht durch die Mitgliederversammlung, sondern durch ein anderes Organ bestellt wird. Bei Vereinen mit zeitversetzten Amtszeiten kommt es nicht darauf an, ob auch bei Wegfall der Mitglieder, deren reguläre Amtszeit abläuft, der Vorstand noch handlungsfähig wäre.5 Kein „Ablauf der Amtszeit“ nach Wortlaut und Zweck der Bestimmung dürfte es hingegen sein, wenn das Amt aus anderem Grund als
1 RG 78, 52 (53, 54); Eichler, Rpfleger 2004, 196 (199). 2 Art. 2 § 5 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 27.3.2020 (BGBl. I, 569) – Abdruck im Anhang. 3 Art. 2 § 7 des Gesetzes in der Fassung vom 22.12.2020 (BGBl. I. S. 3328, 3332) – Abdruck im Anhang. 4 Art. 6 des Gesetzes. 5 Segna, npoR 2020, 148 (149): holzschnittartig-überschießender Charakter der Regelung.
272 | Stöber/Otto
5. Amtsdauer (§ 27 BGB) | Rz. 501 XI. dem Zeitablauf endet (Wegfall von Wählbarkeitsvoraussetzungen; Austritt).1 Dass der Verein aufgrund derartiger Ämterverluste sehr kurzfristig handlungsunfähig werden kann, ist auch sonst zu akzeptieren. Lösungen bieten die erleichterten Abstimmungsformen des Sondergesetzes (dazu Rz. 792, 972) und § 29 BGB. Zur Fortdauer anderer Vereinsämter als des Vorstands nach § 26 BGB s. Rz. 663.
Durch eine Satzungsbestimmung, dass der Vorstand über seine Amtszeit hinaus bis zur satzungsgemäßen Bestellung des nächsten Vorstands im Amt bleibt, kann verhindert werden, dass der Verein mit Ablauf einer zeitlich bestimmten Amtszeit seines Vorstands handlungsunfähig wird.2 Der aufgrund derartiger Regelung weiter amtierende Vorstand ist in seinen Befugnissen nicht geschmälert.3 Eine solche Satzungsbestimmung empfiehlt sich dringend, um von vornherein alle Schwierigkeiten auszuschalten, die sich für den Verein mit dem Erlöschen des Vorstandsamts durch Ablauf der Amtszeit seines Vorstands ergeben können. Mit Festlegung einer nach Jahren bestimmten Amtszeit will der Verein fast immer auch nur eine bestimmte Regelmäßigkeit der Vorstandswahl, nicht aber die Amtsperiode des Vorstands auf den Tag genau festlegen. Nur kommt dies nahezu in keiner Satzung zum Ausdruck. Vielmehr sehen die Satzungen häufig vor, dass die Amtszeit nach einer genau festliegenden Zeitspanne endet. Das empfiehlt sich nur dann, wenn zugleich der Termin des Amtsantritts bestimmt wird.
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Beispiel: Die Satzung bestimmt, dass die Amtszeit des Vorstands 3 Jahre beträgt. Der Vorstand wurde am 1.5.2013 gewählt. Sein Amt ist mit Ablauf des 30.4.2016 endgültig erloschen. Gewollt war aber sicher nicht, dass die jährliche Versammlung von diesem Vorstand zwingend bis 30.4.2016 abgehalten werden muss (der Zeitabstand von der letzten Versammlung würde sich stetig verkürzen, wenn nicht genau am letzten Tag der Frist gewählt wird). Eine volle 3-jährige Amtszeit bleibt auch gewahrt, wenn zB bestimmt wird, dass das Amt immer an dem auf die Wahl folgenden 1. Mai beginnt und nach Ablauf von 3 Jahren endet. Ein Vorstandsvakuum ist allerdings nur durch die ergänzende Regelung zu vermeiden, dass der Vorstand bis zur nächsten (wirksamen) Vorstandsbestellung im Amt bleibt.
Zur Vermeidung von Unklarheiten4, wenn die Wirksamkeit der Wahl des Nachfolgers bestritten ist, sollte am besten an die Eintragung des Vorstandswechsels im Register angeknüpft werden. Streitigkeiten werden dann vorab geklärt, denn die Eintragung wird bei Anfechtung der Wahl ausgesetzt. Verlängert der Vorstand bei entsprechender Satzungsregelung seine Amtszeit in unzulässiger Weise, indem er die Berufung der fälligen Wahlversammlung hinauszögert, so kann dem dadurch entgegengetreten werden, dass von den Mitgliedern die Berufung der Mitgliederversammlung betrieben wird (§ 37 BGB). Es kann auch in der Satzung vorgesehen werden, dass der Vorstand bis zur nächstfolgenden ordentlichen Mitgliederversammlung (Jahres-
1 Im Ergebnis ebenso Segna, npoR 2020, 148 (149). 2 Eine zeitliche Grenze (vgl. die Rechtsprechung zu 102 AktG) besteht für solche „Nachwirkung“ nicht, OLG Frankfurt v. 27.5.2010 – 20 W 175/10, ZStV 2010, 181 (Stiftung). 3 KG v. 9.3.2006 – 8 U 172/05, KGReport Berlin 2006, 615. 4 Vgl. Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2046.
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XI. Rz. 501 | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit
hauptversammlung), jedoch nur eine bestimmte Frist über seine Amtszeit hinaus (z.B. längstens weitere 6 Monate) im Amt bleibt. 501a
M 24 Regelungsvarianten zur Amtsdauer des Vorstands (1) Das Amt endet mit Annahme der Wahl durch den von der Jahreshauptversammlung gewählten Nachfolger, spätestens 52 Monate nach Amtsantritt. (hier wird eine vierjährige „Regelamtszeit“ mit angemessener flexibler Nachfrist unterstellt) oder (2) Das Amt endet nach Ablauf von 4 Jahren gerechnet vom Tag der Wahl. Es verlängert sich bis zur Eintragung des Amtsnachfolgers im Vereinsregister, wenn der Vorstand ordnungsgemäß zu einer Wahlversammlung eingeladen hat, die frühestens 44 Monate, spätestens 52 Monate nach der letzten Wahl stattzufinden hat. (Hier bleibt der Amtsträger wenigstens 4 Jahre im Amt, auch wenn der Nachfolger schon bis zu 4 Monate früher gewählt wird – kann zur Einarbeitung und Amtsübergabe sinnvoll sein) oder (3) Das Amt endet mit Eintragung des Amtsnachfolgers im Vereinsregister. Wurde nicht für einen Zeitpunkt wenigstens 44 und längstens 52 Monate seit der eigenen Wahl zu einer Neuwahl geladen, endet es mit Ablauf des 52. Kalendermonats. (Größte Flexibilität) oder (4) Der Vorstand wird in einer Mitgliederversammlung, die im letzten Kalendervierteljahr stattfinden soll, für eine zum nächsten Jahresanfang beginnende 4-jährige Amtsdauer gewählt. Endet das Amt eines Vorstandsmitglieds aus irgend einen Grund vor Ablauf der Amtsdauer, erfolgt unverzüglich eine Nachwahl für die restliche Amtszeit. Sind nach dieser Bestimmung mehr als 2 Vorstandsämter nachzuwählen, kann die Wahlversammlung statt dessen mit einfacher Mehrheit beschließen, dass der Vorstand insgesamt neu gewählt wird. Der auf diesen Beschluss hin gewählte Vorstand amtiert beginnend mit Annahme der Wahl bis zum Ablauf des vierten vollen Kalenderjahres seit seiner Wahl.
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In älteren Vereinssatzungen wird noch gelegentlich von der Festlegung einer bestimmten Amtszeit abgesehen. Das erklärt sich daraus, dass früher auch die Wiederbestellung nach Zeitablauf neu zum Vereinsregister angemeldet werden musste (§ 67 Abs. 1 BGB a.F.). Vereine haben daher oft bestimmt, dass der Vorstand bis zur Abberufung durch Wahl eines neuen – anderen – Vorstands im Amt bleibt und ggf. jährlich in der Mitgliederversammlung die Vertrauensfrage zu stellen hat.
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Die Amtszeit muss nicht für alle Vorstandsmitglieder in gleicher Weise befristet sein. Sie kann für jedes von mehreren Vorstandsmitgliedern gesondert bestimmt, für den Vorstand also uneinheitlich festgelegt werden. So kann die Satzung vorsehen, dass ein bestimmter Teil der Vorstandsmitglieder in den ungeraden Kalenderjahren, der 274 | Stöber/Otto
5. Amtsdauer (§ 27 BGB) | Rz. 504 XI.
andere Teil in den geraden Jahren neu zu wählen ist. Sie kann auch anordnen, dass der 1. Vorsitzende alle 5 Jahre, der 2. Vorsitzende alle 4 Jahre, der Kassier alle 3 Jahre, der Schriftführer alle 2 Jahre zu wählen ist, oder ähnliche Regelungen treffen. Solche „rollierenden Systeme1 „ haben den Vorteil, dass Erfahrung bewahrt, die Kontinuität der Vereinsleitung und Vereinsarbeit durch einen Vorstandswechsel nicht gestört wird; andererseits erschweren sie aber natürlich die Auswechslung des Vorstands bei Änderung der Mehrheitsverhältnisse im Verein. M 25 Rollierender Vorstand
503a
§ 14 (1) Der Vorstand besteht aus sechs Mitgliedern. Je zwei vertreten den Verein gemeinsam. (2) In jeder Jahreshauptversammlung werden drei Vorstandsmitglieder gewählt, deren Amtszeit mit Eröffnung der übernächsten Jahreshauptversammlung endet. Amtieren nach Eröffnung der Versammlung oder infolge einer in der Versammlung beschlossenen Abberufung weniger als drei Vorstandsmitglieder, werden in der auf drei fehlenden Zahl weitere Vorstandsmitglieder nachgewählt, deren Amtszeit mit Eröffnung der nächsten Jahreshauptversammlung endet. Wiederwahl ist, auch mehrfach, möglich. (3) Den Vorstandsvorsitzenden bestimmen die Mitglieder des Vorstands aus ihrem Kreis mit einfacher Mehrheit. Das Amt endet mit Eröffnung jeder Jahreshauptversammlung, die Funktion als Versammlungsleiter bleibt aber bis zum Ende der Versammlung bestehen. Wiederwahl ist, auch mehrfach, möglich. (4) Abweichend von Abs. 2 und 3 wählt die Gründungsversammlung in zwei Abteilungen zunächst drei Vorstandsmitglieder, die längstens bis zum Beginn der ersten Jahresversammlung amtieren sowie drei weitere, die längstens bis zum Beginn der zweiten Jahresversammlung amtieren. Wiederwahlen sind auch hier zulässig.
c) Abberufung des Vorstands Die Vorstandsbestellung ist jederzeit widerruflich (§ 27 Abs. 2 BGB). Abgesehen von Sonderfällen (Eingriff in Sonderrechte, § 35 BGB oder Rechtsmissbrauch bzw. Schikane, §§ 138, 226, 242 BGB) sind besondere Widerrufsgründe nicht erforderlich. Vor der Abberufung braucht der bisherige Vorstand in der Mitgliederversammlung nicht gehört zu werden.2 Wenn der Vorstand aus mehreren Personen besteht, kann sowohl die Bestellung des gesamten Vorstands (aller seiner Mitglieder) oder auch nur die Bestellung eines einzelnen (oder mehrerer) seiner Mitglieder widerrufen werden. Wenn dienstvertragliche Rechtsbeziehungen bestehen (zu diesen Rz. 602), lässt ein Widerruf der Vorstandsbestellung – auch wenn er aus wichtigem Grund erfolgt – dieses Vertragsverhältnis und damit auch einen Anspruch des Abberufenen auf seine vertragsgemäße Vergütung unberührt (§ 27 Abs. 2 S. 1 BGB). Es ist bei Widerruf der
1 Röcken, Vereinssatzungen, Rz. 137. 2 BGH MDR 1960, 998 = NJW 1960, 1861.
Stöber/Otto | 275
504
XI. Rz. 504 | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit
Vorstandsbestellung daher auch auf die parallele Kündigung (oder sonstige Aufhebung) des Dienstverhältnisses zu achten. 505
Die Widerruflichkeit der Vorstandsbestellung kann durch die Satzung beschränkt werden.1 Die Beschränkung des Abberufungsrechts auf den wichtigen Grund muss in der Satzung ausdrücklich ausgesprochen sein. Sie liegt nicht bereits in der Festschreibung einer bestimmten Amtsdauer2 und ist zu trennen von Vereinbarungen mit dem Amtsträger in einem etwaigen Anstellungsvertrag.3
506
Auch wenn die Widerruflichkeit durch die Satzung beschränkt ist, ist ein jederzeitiger Widerruf zulässig, wenn ein wichtiger Grund4 vorliegt. Einen wichtigen Grund stellt insbesondere die grobe Pflichtverletzung dar, auch die Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung oder die sonstige völlige Unzumutbarkeit der weiteren Tätigkeit des Vorstands für den Verein (z.B. falsche Buchführung, Unterschlagung, grobe Verletzung der Auskunftspflicht in der Mitgliederversammlung, eigenmächtiges Überschreiten von Weisungen für Ausübung der Vertretungsbefugnis). Unzureichend als wichtiger Grund ist die bloße Einschätzung, dass eine in Aussicht genommene andere Person besser zur Wahrnehmung der Vorstandsaufgaben geeignet wäre. Ein Fehlverhalten im privaten Bereich kann einen wichtigen Abberufungsgrund darstellen, wenn dadurch das Ansehen des Vereins nicht unerheblich gefährdet ist oder sich Rückschlüsse auf eine allgemeine charakterliche Unzuverlässigkeit aufdrängen.5 Der „wichtige Grund“ ist unabhängig von einem Verschuldensvorwurf.6 Er muss auch nicht in der Sphäre des Vorstandsmitglieds liegen. Eine Abberufung kann z.B. auch erforderlich werden, wenn der Verein eine vollständige Neustrukturierung der Vorstandsorganisation beschließt. Die Möglichkeit des Widerrufs aus wichtigem Grund kann auch durch ausdrückliche Satzungsbestimmung nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden (§ 40 BGB). Es kann nicht vorgesehen werden, dass ein Widerruf aus wichtigem Grund erst gültig werden soll, wenn bei Anfechtung des Beschlusses (innerhalb bestimmter Frist) über seine Gültigkeit rechtskräftig entschieden ist.7 Auch der auf Lebenszeit bestellte8 oder als Inhaber eines Amtes berufene Vorstand kann aus wichtigem Grund jederzeit abberufen werden (dann bis zum Wechsel des Amtsinhabers oder ggf. bis zur Änderung der Satzung und Berufung eines neuen Vorstands Bestellung eines Vorstands nach § 29 BGB). Unzulässig wäre auch die Beschränkung des Abberufungsrechts aus 1 Anders bei verängerter Amtszeit nach dem Covid-19-Sondergesetz (Rz. 499). 2 Hadding in Soergel, § 27 Rz. 18. 3 Die Rechtsprechung zur GmbH, vgl. Thür. OLG v. 20.12.2000 – 4 U 574/00, NZG 2001, 417 ist nicht übertragbar. 4 Ein von der Satzung für Amtsenthebung erforderter „triftiger Grund“ besteht nach OLG Karlsruhe v. 3.9.1997 – 1 U 126/97, GmbHR 1997, 1068 = NJW-RR 1998, 684, wenn er von einigem Gewicht ist und eine ordnungsgemäße, das Wohl des Vereins fördernde Amtsführung unmöglich macht oder wenigstens gefährdet. 5 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2206. 6 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2200. 7 So m.E. zutreffend – für WEG – KG Rpfleger 1978, 257. 8 LG Tübingen v. 8.8.1994 – 5 T 39/94, Rpfleger 1995, 258 (259 re. Sp.).
276 | Stöber/Otto
5. Amtsdauer (§ 27 BGB) | Rz. 508 XI.
wichtigem Grund durch faktische Hürden wie die Festsetzung einer hohen Entschädigungssumme1 oder eines erhöhten Mehrheitserfordernisses.2 Als milderes Mittel gegenüber der Abberufung bzw. als Interimslösung zur Klärung von Vorwürfen ist bei in Verhalten oder Person des Amtsträgers liegenden Gründen die vorläufige Amtsenthebung (Suspendierung) möglich. Sie ist als Änderung des Vorstands beim eingetragenen Verein anzumelden und einzutragen (§ 67 Abs. 1 BGB).3 Die Satzung kann auch ein (befristetes) Tätigkeitsverbot als Vereinsstrafe vorsehen.4
507
Die Abberufung erfolgt durch das für die Vorstandsbestellung zuständige Vereinsorgan.5 Die Satzung kann die Zuständigkeit für die Vorstandsbestellung und den Widerruf aber auch spalten (z.B. Bestellung durch die Mitgliederversammlung, Widerruf durch einen Ehrenausschuss, Ältestenrat oder Aufsichtsrat6). Obliegt das Widerrufsrecht nach der Satzung nicht der Mitgliederversammlung, so kann diese unter Ausschaltung des zuständigen Vereinsorgans das Widerrufsrecht (auch aus wichtigem Grund) nicht für den Einzelfall7, sondern allenfalls auf dem „Umweg“ einer Satzungsänderung an sich ziehen.8 Die Mitgliederversammlung sollte den Widerrufsbeschluss aus wichtigem Grund aber dann fassen können, wenn die Vorstandsbestellung einer nicht dem Verein angehörenden Person obliegt.9 Die Mitgliederversammlung hat darüber hinaus eine Auffangzuständigkeit, wenn das an sich zur Abberufung vorgesehene Organ bzw. der Dritte weggefallen oder handlungsunfähig ist.10 Der Abberufungsbeschluss kann für mehrere Vorstandsmitglieder in einer Abstimmung gefasst werden, soweit er auf ein von der Satzung nicht beschränktes freies Abberufungsrecht (Rz. 504) gestützt ist. Sobald allerdings eine durch Fehlverhalten begründete Abberufung in Rede steht, kann über sie nur individuell entschieden werden. Dass eine Abberufung aus wichtigem Grund beantragt ist, ist für sich genommen noch kein Grund zur Abweichung von den in der Satzung vorgesehenen Ladungsfristen.11
508
1 Burhoff, Rz. 595. 2 Anders soweit ersichtlich Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2230: Qualifizierte Mehrheit bis zu 2/3. 3 § 18 Abs. 1 S. 2 GenRegV analog; Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2254. 4 Vgl. insgesamt jurisPK/BGB/Otto, § 27 Rz. 26 m.N. 5 BayObLG OLG 32, 330. 6 Zur Zuständigkeitsabgrenzung, wenn die Satzung eine Notkompetenz einräumt, LG Hamburg v. 19.3.2007 – 302 O 122/07, SpuRt 2007, 167 mit Anm. Grau. 7 So aber Ellenberger in Palandt, § 27 Rz. 2; Weick in Staudinger [2005] § 27 Rz. 16; OLG Celle v. 12.12.2017 – 20 W 20/17 – ZStV 2018, 178, Rz. 70 bei juris. 8 Hadding in Soergel, Rz. 17 zu § 27; Schwennicke in Staudinger § 27 Rz. 49. Anders (schon keine Delegation an ein anderes Vereinsorgan) jetzt Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2215. 9 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 268; a.A. Hadding in Soergel, Rz. 17 zu § 27. 10 Hadding in Soergel, § 27 Rz. 17; Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2222. 11 OLG Nürnberg v. 23.2.2018 – 12 W 293/18, juris.
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XI. Rz. 509 | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit 509
Tritt der abberufene oder abgewählte Vorstand wider besseres Wissen noch als gesetzlicher Vertreter des Vereins auf, kann er dadurch das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Vereins verletzten.1 d) Wahl des Nachfolgers
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Neuwahl (Neubestellung) eines Vorstands ist zugleich Widerruf der Bestellung des bisherigen Vorstands, wenn die Satzung nicht ausdrücklich (so Rz. 501 [2]) etwas anderes vorsieht, also insbesondere den Amtsantritt des Nachfolgers aufschiebt. Maßgeblich ist der Beginn der Amtszeit des neuen Vorstands, also dessen Bestellung und Amtsannahme oder der in der Satzung bestimmte andere Zeitpunkt. Wenn über den Widerruf der Bestellung des bisherigen Vorstands (§ 27 Abs. 2 S. 1 BGB) und die Bestellung eines neuen Vorstands (Neuwahl, § 27 Abs. 1 BGB) in der Mitgliederversammlung gesonderte Beschlüsse gefasst werden, berührt die Nichtigkeit (dazu Rz. 1047 ff.) des Beschlusses über die Neubestellung die Wirksamkeit des selbständig gefassten Widerrufsbeschlusses nicht. Der Widerruf der Bestellung des bisherigen Vorstands bleibt in diesem Fall auch wirksam, wenn sich die Wahl des neuen Vorstands als nichtig erweist. Der Verein ist dann ohne Vorstand (Einberufung einer weiteren Wahlversammlung durch den im Vereinsregister eingetragenen Vorstand, vgl. Rz. 803, oder Notbestellung nach § 29 BGB). Ist umgekehrt der gesonderte (selbständige) Beschluss über den Widerruf der Bestellung des bisherigen Vorstands nichtig, dann ist dieser weiterhin im Amt; der (weitere) Beschluss über die Bestellung eines neuen Vorstands kann dann keine Bedeutung erlangen. Wird über den Widerruf der Vorstandsbestellung nicht ausdrücklich (gesondert) Beschluss gefasst, dann schließt die Wahl eines neuen Vorstands ohne weiteres den Widerruf der Bestellung des bisherigen Vorstands ein. Erweist sich dieser (einheitliche) Versammlungsbeschluss über die Wahl des Vorstands als nichtig, dann hat er auch das Amt des bisherigen Vorstands nicht beendet. Diesem können jedoch Rechte und Pflichten eines Vorstands nicht wieder erwachsen, wenn er im Vertrauen auf die Wirksamkeit des Versammlungsbeschlusses von der Bestellung eines neuen Vorstands und damit von der Beendigung seines Amtes ausgegangen ist und sich erst später herausstellt, dass die Vorstandswahl keine Wirksamkeit erlangt hat. Das Vorstandsamt muss dann wie bei Amtsniederlegung (Rz. 511) erloschen sein (dann Einberufung einer weiteren Wahlversammlung durch den im Vereinsregister eingetragenen Vorstand oder Notbestellung nach § 29 BGB). e) Niederlegung des Amts
511
Ein Vorstandsmitglied kann sein Amt jederzeit (nicht nur aus wichtigem Grund) niederlegen.2 Die Satzung darf die Möglichkeit der Amtsniederlegung weder ausschließen noch beschränken.3 Wenn die Satzung für den Vorstand Einstimmigkeit vorschreibt, ist allein dadurch noch nicht die einseitige Amtsniederlegung ausge1 Bdb. OLG v. 27.3.2009 – 6 W 35/07, RNotZ 2007, 343. 2 BGH v. 8.2.1993 – II ZR 58/92, BB 1993, 1749 Ls. mit Anm. Bauder = GmbHR 1993, 216 = MDR 1993, 430 = NJW 1993, 1198; Eckert, KTS 1990, 33 (für GmbH-Geschäftsführer). 3 Anders Röcken ZStV 2014, 236, 237 m.w.N.
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5. Amtsdauer (§ 27 BGB) | Rz. 513 XI.
schlossen.1 Eine Ausnahme ist hier nur zu machen bei offensichtlich rechtsmissbräuchlicher oder sittenwidriger Amtsniederlegung: Das Vorstandsmitglied darf sich nicht auf den Rücktritt berufen, der nur erfolgt ist, um der Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung (§ 807 ZPO) zu entgehen oder den Zugang von Vollstreckungsbescheiden zu vereiteln.2 Legt das einzige Vorstandsmitglied nach Ladung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung sein Amt nieder, ohne dass ein Ersatz gewählt ist, kommt es insoweit auch auf den Nachweis einer Missbrauchsabsicht oder die Zweckrichtung seines Vorgehens nicht an.3 Von der Wirksamkeit der Amtsniederlegung zu unterscheiden ist die Frage, ob der Rücktritt als Verletzung des Grundverhältnisses zu sanktionieren ist (Rz. 602). Die Amtsniederlegung kann, braucht aber nicht schriftlich erklärt zu werden; sie kann auch mündlich zum Ausdruck gebracht werden (zum erforderlichen Nachweis im Registerverfahren Rz. 1575).4 Wird sie in der Mitgliederversammlung mündlich erklärt, dann sollte sie in der Niederschrift beurkundet werden. Die Erklärung muss nicht mit einer Begründung versehen sein. Beim mehrgliedrigen Vorstand kann jedes Vorstandsmitglied nur jeweils das eigene Amt zur Verfügung stellen (niederlegen). Durch Mehrheitsbeschluss kann der Vorstand also nicht insgesamt sein Amt niederlegen. Ein solcher Beschluss bindet weder die unterlegene Minderheit, noch die Angehörigen der Abstimmungsmehrheit.5 Einen einstimmigen Rücktrittsbeschluss wird man dagegen (sofern alle Vorstände auch mitgestimmt haben) als einzelne und damit wirksame Erklärung jedes Vorstandsmitglieds auszulegen haben.
512
Zu erklären ist die Amtsniederlegung dem für die Vorstandsbestellung und -abberufung zuständigen Vereinsorgan6, also in der Mitgliederversammlung oder dem durch die Satzung (§ 40 BGB) bestimmten anderen Organ (Beirat, Ausschuss usw.). Außerhalb einer Mitgliederversammlung (Versammlung des speziell bestimmten Organs) kann die Amtsniederlegung gegenüber einem (anderen) Vorstandsmitglied erklärt werden7, nicht jedoch einem einzelnen Vereinsmitglied. Die Zuständigkeit eines (anderen) Vorstandsmitglieds folgt aus § 26 Abs. 2 S. 2 BGB. Einzelne Vereinsmitglieder
513
OLG Hamm v. 24.1.2002 – 15 W 8/02, GmbHR 2002, 428, ZIP 2002, 939–942. Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 274; zur GmbH m.w.N.: Schneider, MDR 1983, 724 (725 f.). BGH v. 28.9.2006 – I ZB 35/06, MDR 2007, 543, BGHReport 2007, 130. BGH v. 8.2.1993 – II ZR 58/92, MDR 1993, 430 = GmbHR 1993, 216 = BB 1993, 1749. Nur mündliche Erklärung wird aber jedenfalls bei Abgabe außerhalb einer Mitgliederversammlung (gegenüber nur einem anderen Vorstandsmitglied) nicht immer zuverlässig nachzuweisen sein; sie ist schon deshalb nicht ratsam. 5 OLG Königsberg OLG 41, 86; Hadding in Soergel, Rz. 7 zu § 28 (die aber annehmen, dass in der zustimmenden Stimmabgabe auch eine dem Vorstand gegenüber abzugebende persönliche Erklärung liegen kann; bedenklich); Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 274. 6 BGH v. 8.2.1993 – II ZR 58/92, AG 1993, 280 = MDR 1993, 430 = GmbHR 1993, 216 = BB 1993, 1749 (Amtsniederlegung durch GmbH-Geschäftsführer). 7 OLG Frankfurt Rpfleger 1978, 134. Im Ergebnis ebenso (Beschlussorgan oder übrige Vorstandsmitglieder) auch Steffen in BGB-RGRK, Rz. 6, MünchKomm/BGB/Leuschner, Rz. 28, Hadding in Soergel, Rz. 16, je zu § 27; nicht eindeutig Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 275.
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XI. Rz. 513 | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit
sind (anders als Gesellschafter einer Gesellschaft mbH1 infolge des § 46 Nr. 5 GmbHG) für die Mitgliederversammlung oder das sonstige Bestellungsorgan nicht vertretungsberechtigt. 514
Der alleinige Vorstand kann die Amtsniederlegung nicht an sich selbst als Vertreter des Vereins richten (§ 181 BGB)2, er muss sie einem gerichtlich zu bestellenden Vorstand (§ 29 BGB) erklären, wenn sie nicht in einer Mitgliederversammlung (oder gegenüber einem speziell zuständigen fakultativen Organ) erfolgt. Erklären im Zuge einer „Ringniederlegung“ alle Vorstandsmitglieder einander den Rücktritt, muss denklogisch jedenfalls für die letzte Rücktrittserklärung, wenn sie nicht gegenüber der Mitgliederversammlung erfolgt, ein Notvorstand bestellt werden.3 Wollen die Vorstandsmitglieder dieses Erfordernis gezielt dadurch umgehen, dass sie den Rücktritt einander auf einen späteren Zeitpunkt (die Eintragung ihres Ausscheidens im Register) erklären, so dient das ersichtlich der Umgehung dieses rechtlichen Mechanismus und würde dazu führen, dass mit Wirksamwerden aller Rücktritte der Verein handlungsunfähig wäre. In diesem Fall sind alle Rücktrittserklärungen unbeachtlich und gegebenenfalls in einer unverzüglich einzuberufenden Mitgliederversammlung neu zu erklären.4
515
Wirksam wird die Amtsniederlegung (als empfangsbedürftige Willenserklärung) mit Abgabe der Erklärung in der Mitgliederversammlung (Zusammenkunft des anderen Organs) oder Zugang an das Vorstandsmitglied. Die Amtsniederlegung beendet die Organstellung mit sofortiger Wirkung (Außenwirkung der Amtsniederlegung). Das gilt grundsätzlich auch, wenn die Amtsniederlegung nicht auf einen (angeblich) wichtigen Grund gestützt ist5 und ebenso, wenn Streit über die objektive Berechtigung geltend gemachter Gründe besteht.6 Grund: Rechtssicherheit im Rechtsverkehr. Die rechtsmissbräuchliche Erklärung der Amtsniederlegung zur Unzeit führt (anders als z.B. im Recht der GmbH)7 nur dann zu deren Unbeachtlichkeit, wenn der Verein dadurch handlungsunfähig würde und nicht, wie z.B. bei Erklärung in der Mitgliederversammlung, unverzüglich Ersatz gewählt werden kann.
1 BGH v. 17.9.2001 – II ZR 378/99, BGHZ 149, 28 = DNotZ 2002, 302 = MDR 2002, 161 = MittBayNot 2001, 577 = NotBZ 2002, 29. 2 So auch MünchKomm/BGB/Leuschner, § 27 Rz. 28; Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2260; a.A. Richert, SchlHA 1956, 195; wohl auch Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 275. 3 OLG München v. 6.4.2010 – 31 Wx 170/09, FGPrax 2010, 205. 4 OLG München v. 6.4.2010 – 31 Wx 170/09, FGPrax 2010, 205. 5 BGH v. 8.2.1993 – II ZR 58/92, AG 1993, 280 = MDR 1993, 430 = GmbHR 1993, 216 = BB 1993, 1749; OLG Frankfurt v. 16.6.1993 – 20 W 178/93, GmbHR 1993, 738 = NJW-RR 1994, 105; LG Frankenthal v. 23.4.1996 – 1 HK T 1/96, GmbHR 1996, 939 = LG Koblenz v. 7.11.1995 – 4 HT 2/95, Rpfleger 1996, 412. 6 BGH v. 14.7.1980 – II ZR 161/79, GmbHR 1980, 270 = MDR 1980, 999 = DNotZ 1981, 501 = NJW 1980, 2415. 7 BGH v. 8.2.1993 – II ZR 58/92, MDR 1993, 430 = GmbHR 1993, 216 = BB 1993, 1749 m.w.N.; BayObLG v. 15.6.1999 – 3Z BR 35/99, GmbHR 1999, 980 = Rpfleger 1999, 494.
280 | Stöber/Otto
5. Amtsdauer (§ 27 BGB) | Rz. 517 XI.
Es handelt sich um eine Gestaltungserklärung, die Zurücknahme der Amtsniederlegung ist daher nicht möglich.1 Wiedereinsetzung in das Vorstandsamt kann nur durch Neubestellung erfolgen. Widerruf der dem zuständigen Organ zugegangenen Erklärung ist auch dann nicht für zulässig zu erachten, wenn die Amtsniederlegung für einen späteren Zeitpunkt (z.B. dem folgenden Monatsersten, zum Jahresende) erklärt ist. Amtsniederlegung unter aufschiebender Bedingung („für den Fall“ des Eintritts eines zukünftigen ungewissen Ereignisses, s. § 158 Abs. 1 BGB) ist als Gestaltungserklärung nicht zulässig; sie bewirkt somit keine Beendigung der Organstellung. Zu einem Rücktritt, der erst mit Eintragung im Register wirksam sein soll, s. unten (Rz. 1572). Nur wenn kein andauernder Schwebezustand begründet wird wie dann, wenn die Erklärung für ihre Wirksamkeit (Amtsbeendigung) noch eine unmittelbar anstehende Willensbekundung der Vereins bedingt (ablehnende Beschlussfassung über einen vom Vorstand gestellten Antrag), wird man auch die „vorsorgliche“ Amtsniederlegung als wirksam ansehen können. Von einer Bedingung abzugrenzen und im Zweifel eher gemeint ist allerdings die bloße – unverbindliche – Ankündigung eines geplanten Rücktritts für den Fall der Abstimmungsniederlage o.Ä. (Auslegungsfrage). Es darf vereinsrechtlich nicht sanktioniert werden, wenn es sich der Ankündigende letztlich anders überlegt.2
516
In der Amtsniederlegung aus wichtigem Grund liegt in der Regel (Ausnahme bei ausdrücklichem Vorbehalt) auch die außerordentliche Kündigung eines Anstellungsvertrages3 (zu diesem Rz. 602). In diesem Innen- bzw. Grundverhältnis gilt zunächst, dass der Vorstand dem Verein und seinen Mitgliedern verpflichtet ist, die ihm übertragenen Vorstandspflichten wahrzunehmen. Wenn die Amtsniederlegung nicht in zulässiger Weise erfolgt ist, ist das Vorstandsmitglied dem Verein gegenüber nicht von seinen Dienstpflichten frei geworden. Der Vorstand kann somit bei Untätigkeit dem Verein gegenüber schadensersatzpflichtig werden.4 Dem ehrenamtlich Tätigen ist die Beendigung seiner Tätigkeit in analoger Anwendung des § 671 BGB grundsätzlich jederzeit möglich.5 Zur Unzeit darf er aber nur zurücktreten, wenn er dafür einen wichtigen Grund hat. Um einen Rücktritt zur Unzeit handelt es sich insbesondere dann, wenn der Verein durch den Rücktritt handlungsunfähig wird.6 Etwaige Schadenersatzansprüche kann der Vorstand vermeiden, indem er die Amtsniederlegung auf den nächstmöglichen Zeitpunkt einer Nachwahl befristet. Bei einem entgeltlichen Anstellungsverhältnis der Vorstandsmitglieder gelten für die ordentliche Kündigung § 621 BGB, für eine außerordentliche Kündigung die §§ 626–627 BGB (§ 675 BGB). Ein wichtiger Grund kann z.B. bei Vertrauensentzug durch die Mitgliederver-
517
1 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 276. 2 So wohl auch AG Düsseldorf v. 27.1.2009 – 52 C 10325/08, NJW-Spezial 2009, 449 mit Reminiszenz an den nicht vollzogenen Rücktritt des Bundeskanzlers Adenauer im Jahr 1959. 3 BayObLG v. 29.9.1999 – 2Z BR 29/99, NJW-RR 2000, 156 für fristlose Amtsniederlegung des WE-Verwalters als Verwaltervertragskündigung. 4 LAG Köln v. 29.8.2012 – 7 Ta 207/12, juris. 5 OLG Frankfurt v. 24.1.1978 – 20 W 853/77, Rpfleger 1978, 134–135. 6 So bei kollektiver Niederlegung aller Vorstandsmitglieder außerhalb der Mitgliederversammlung, OLG München v. 6.4.2010 – 31 Wx 170/09.
Stöber/Otto | 281
XI. Rz. 517 | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit
sammlung, aber auch bei schwerer Erkrankung, gegeben sein. Ein Anspruch auf Vergütung endet damit. f) Wegfall von persönlichen Wählbarkeitsvoraussetzungen 518
Ist die Bestellung in den Vorstand durch die Satzung an bestimmte persönliche Voraussetzungen gebunden (Rz. 475), wird die Auslegung der Satzung in der Regel ergeben, dass das Amt für den jeweiligen Inhaber mit Wegfall dieser Voraussetzungen endet.1 Ist die Mitgliedschaft im Verein zur Voraussetzung der Vorstandsfähigkeit erhoben (im Zweifel ist das der Fall), dann endet mit ihr auch das Amt.2 Maßgeblich ist der Endtermin, nicht der Zeitpunkt einer Austrittserklärung. Empfehlenswert ist eine klare Satzungsregelung: Beispiele: (1) „Wählbar ist nur, wer das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet hat“ – wer gewählt ist und später die Grenze erreicht, bleibt für die Amtsdauer im Vorstand. (2) „Vorstand kann nur sein, wer das 60. Lebensjahr noch nicht erreicht hat“ – hier endet im Zweifel auch innerhalb der satzungsmäßigen Amtsdauer das Amt am 60. Geburtstag.
g) Andere Beendigungsgründe 519
Das Vorstandsamt endet außerdem durch – Tod des Vorstands, – Austritt aus dem Verein (nicht aber schon mit der Austrittserklärung, wenn die Kündigungsfrist noch nicht abgelaufen ist), wenn das Amt satzungsgemäß (auch im Ergebnis der Satzungsauslegung unter Berücksichtigung der Vereinsübung) an die Vereinsmitgliedschaft geknüpft sein soll (Rz. 473).3 – Ausschluss aus dem Verein, wenn sich der Satzung nicht etwas Gegenteiliges entnehmen lässt4 Der BGH geht als Regelfall von einem Verlust des Vorstandsamts mit Ausschluss aus dem Verein aus5, allerdings soll dann abweichend von etwaigen Regelungen der Satzung zum Mitgliederausschluss immer das für die Abberufung des Vorstands zuständige Organ für den Ausschluss zuständig sein (Rz. 333).6 Gleiches soll für den Ausschluss einer juristischen Person aus dem Verein gelten, die durch eigene Repräsentanten im Vorstand vertreten ist.7 1 Hadding in Soergel, § 27 Rz. 15. 2 OLG Hamburg v. 21.7.1926 – 6. ZS Bf 256/26, OLGR 46, 298. 3 OLG Düsseldorf v. 9.2.2016 – 3 Wx 4/16, juris; KG v. 3.3.2014 – 12 W 73/13, Rpfleger 2014, 381 = ZStV 2014, 146 m.abl.Anm. Röcken sieht das als die Regel an. 4 OLG Celle v. 14.1.1980 – 1 U 33/79, MDR 1980, 576. 5 Wobei es darauf im entschiedenen Fall allerdings auch nicht ankam, BGH v. 6.2.1984 – II ZR 119/83, BGHZ 90, 92 = MDR 1984, 735 ff. = juris Rz. 11; ausdrücklich aber OLG Celle v. 14.1.1980 – 1 U 33/79, MDR 1980, 576 ff. juris Rz. 15: Wer als Mitglied nicht mehr tragbar ist, ist es regelmäßig auch nicht als Vorstand. 6 BGH v. 6.2.1984 – II ZR 119/83, BGHZ 90, 92, 95 = MDR 1984, 735. 7 OLG Düsseldorf v. 19.1.1988 – 23 U 222/87, NJW-RR 1988, 1271 ff.
282 | Stöber/Otto
5. Amtsdauer (§ 27 BGB) | Rz. 521 XI.
– Eintritt der Geschäftsunfähigkeit des Vorstands1 (zur Amtsunfähigkeit des Geschäftsunfähigen s. Rz. 477). Hat der Vorstand sein Amt verloren, weil er geschäftsunfähig geworden ist, lebt das Amt nicht von selbst wieder auf, wenn er die Geschäftsfähigkeit wieder erlangt; er kann dann nur durch erneute Bestellung neuerlich Vorstand werden2, – andere durch die Satzung festgelegte Ereignisse wie Beendigung des Anstellungsverhältnisses mit dem Vorstand (Rz. 490)3, – Ausscheiden aus dem Amt, dessen Inhaber nach der Satzung Vorstand ist, oder Auflösen dieses Amtes (Rz. 484, 497). h) Der Vorstand nach Ausscheiden einzelner Mitglieder Scheiden aus dem (mehrgliedrigen) Vorstand Mitglieder durch Niederlegung des Amtes, Tod oder aus anderen Gründen aus, dann wird immer wieder die Frage gestellt, wie die Aufgaben des Vorstands fortan wahrzunehmen sind. Das erlangt besondere Bedeutung, wenn die Satzung eine Amtszeit des Vorstands vorsieht und diese nach dem Ausscheiden eines oder mehrerer seiner Mitglieder noch längere Zeit andauert. Die Satzung kann Bestimmung für diesen Fall treffen. Vorsehen kann sie z.B., dass ein frei werdendes Vorstandsamt an ein anderes Vereinsmitglied fällt oder die übrigen Vorstandsmitglieder allein den Vorstand bilden oder dass der Vorstand fehlende Mitglieder selbst beruft (Rz. 464, 485).
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Trifft die Satzung keine Regelung, dann ist das Amt des ausgeschiedenen Mitglieds des Vorstands nicht besetzt. Der Verein bleibt dennoch handlungs- und beschlussfähig:
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– bei gänzlich fehlender Satzungsregelung, soweit wenigstens ein einzelvertretungsberechtigtes Vorstandsmitglied sein Amt wahrnimmt und ebenso – so lange Vorstände in vertretungsberechtigter Zahl vorhanden sind (s Rz. 454) und die in der Satzung vorgesehenes Beschlussanforderungen im Vorstand gewahrt werden können. Eine Satzungsbestimmung, nach der für die Beschlussfähigkeit z.B. die Anwesenheit von drei Vorstandsmitgliedern genügt, differenziert im Zweifel nicht danach, aus welchem Grund die übrigen Vorstandsmitglieder nicht anwesend sind oder ob diese Positionen gar unbesetzt sind.4 Die Aufgaben des Vorstands sind dann von den verbleibenden Mitgliedern des Vereinsorgans wahrzunehmen (Rz. 454). Sie bleiben zur Führung der Vereinsgeschäfte, 1 BGH v. 1.7.1991 – II ZR 292/90, GmbHR 1991, 358 = MDR 1991, 847 = NJW 1991, 2566; BayObLG v. 16.7.1982 – BReg 3 Z 74/82, GmbHR 1983, 152 = MDR 1982, 1022 = Rpfleger 1982, 428 (für GmbH-Geschäftsführer). 2 BayObLG v. 4.2.1993 – 3Z BR 6/93, GmbHR 1993, 223 = NJW-RR 1993, 612 (für GmbHGeschäftsführer). 3 BGH v. 23.9.1996 – II ZR 126/95, AG 1997, 123 = MDR 1997, 152 = NJW 1997, 318 (320). 4 BAG v. 1.6.2017 – 6 AZR 720/15) – MDR 2017, 1190, dazu Röcken, MDR 2018, 129–133. Für die Satzung einer Genossenschaft bereits BGH v. 15.12.1951 – II ZR 137/51, BGHZ 4, 224–229.
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XI. Rz. 521 | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit
damit auch zur Wahrnehmung der Aufgaben des ausgeschiedenen Mitglieds, berechtigt und verpflichtet. Sie können auch die Aufgabenverteilung regeln, somit festlegen, wer von ihnen die Aufgaben z.B. des ausgeschiedenen Kassierers oder Schriftführers wahrnimmt. Hierfür ist (wenn die Satzung keine andere Regelung trifft) der Vorstand auch nach Wegfall des ausgeschiedenen Mitglieds beschlussfähig. Die verbleibenden Vorstandsmitglieder können den Verein auch vertreten, wenn Vorstandsmitglieder noch in vertretungsberechtigter Zahl vorhanden sind. 522
Ob eine Mitgliederversammlung zur Neubestellung des ausgeschiedenen Vorstandsmitglieds zu berufen ist, bestimmt sich nach der Satzung, sonst nach dem Interesse des Vereins (§ 36 BGB). Das zur Einberufung zuständige Vereinsorgan hat zu beurteilen, ob das Vereinsinteresse eine vorzeitige Berufung der Mitgliederversammlung gebietet. Bleibt es untätig, können Vereinsmitglieder auf Grund ihres Minderheitenrechts (§ 37 BGB) eine Berufung der Mitgliederversammlung erwirken. Eine Mitgliederversammlung kann nicht nur das Amt des ausgeschiedenen Vorstandsmitglieds neu besetzen, sondern auch die Bestellung der verbliebenen Mitglieder des Vorstands widerrufen (§ 27 Abs. 2 S. 1 BGB), somit den gesamten Vorstand neu wählen. Ist der Widerruf satzungsmäßig auf den „wichtigen Grund“ beschränkt, ist es Frage des Einzelfalls, ob der teilweise Wegfall einzelner Vorstandsmitglieder insgesamt zu einer vereinspolitischen Neuausrichtung und damit zu vollständiger Neuwahl zwingt. Ein geplanter Widerruf der Bestellung der übrigen Vorstände muss als Gegenstand der Beschlussfassung mit der Einberufung (Tagesordnung) angekündigt sein.
523
Gerichtlich sind fehlende Vorstandsmitglieder (nur) zu bestellen, wenn der (mehrgliedrige) Vorstand (§ 26 BGB) durch fehlende Mitglieder handlungs- und/oder beschlussunfähig geworden ist (§ 29 BGB Rz. 634 ff.). Solange der Verein wirksam vertreten ist, kann er zur Nachbesetzung vakanter Vorstandsämter nicht verpflichtet werden.
6. Vertretungsmacht des Vorstands (§§ 26, 164 BGB) a) Grundsatz unbeschränkter Vertretungsmacht 524
Der Vorstand vertritt den Verein gerichtlich und außergerichtlich (§ 26 Abs. 1 S. 2 BGB; s. Rz. 443). Die Vertretungsmacht des Vorstands ist nach dem Gesetz grundsätzlich unbeschränkt. Eine Willenserklärung, die der Vorstand (der Einzelvorstand allein oder der mehrgliedrige Vorstand in je erforderlicher Zahl, dazu Rz. 611 ff.) im Namen des Vereins abgibt, wirkt daher unmittelbar für oder gegen den Verein. Aus Rechtsgeschäften des Vorstands für den Verein wird allein dieser berechtigt und verpflichtet. Nach der (zwingenden) Bestimmung des § 26 Abs. 2 S. 2 BGB ist stets ein Vorstandsmitglied allein zuständig zur Entgegennahme von Willenserklärungen gegenüber dem Verein. Beispiel: Der Vorstand mietet ein Geschäftslokal für den Verein, oder der Vorstand stellt für die Geschäftsstelle des Vereins einen Geschäftsführer an, oder der Vorstand nimmt für den Verein ein Bankdarlehen (Kredit) auf.
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6. Vertretungsmacht des Vorstands (§§ 26, 164 BGB) | Rz. 527 XI.
Berechtigt und verpflichtet aus dem Mietverhältnis, insbesondere zur Zahlung der vereinbarten Miete verpflichtet, wird allein der Verein (§§ 535 ff. BGB). Vertragspartner des Dienstvertrages (§§ 611 ff. BGB) sind gleichfalls allein der Geschäftsführer und der Verein, der insbesondere die vereinbarte Vergütung schuldet (§ 611 BGB). Die Rückzahlung des Darlehens (§ 488 BGB) wird von dem Verein geschuldet; der Vorstand haftet mit seinem Vermögen für die Forderung der Bank auf Darlehensrückzahlung nicht.
525
Der als Vorstand im Rahmen seiner Vertretungsmacht für den Verein Handelnde wird aus seinen Willenserklärungen persönlich weder berechtigt noch verpflichtet. Nur wenn der Handelnde nicht erkennbar werden lässt, dass er für den Verein als dessen Vorstand tätig werden will, gilt er selbst als Geschäftspartner (vgl. § 164 Abs. 2 BGB). Ohne Vertretungsmacht handelt, wer für einen nicht oder nicht mehr existenten Verein auftritt oder als Vorstand die ihm allgemein oder im Einzelfall gesetzten Grenzen der Vertretungsmacht überschreitet (zu diesen sogleich). Es gelten die allgemeinen Bestimmungen der §§ 177, 185 BGB einschließlich der Möglichkeit des Eingreifens von Rechtsscheintatbeständen (Anscheins- oder Duldungsvollmacht) zugunsten des Vertragspartners.1 Hat der Vorstand Geschäfte eines unwirksam gewählten, vermeintlichen Vorstands genehmigt, fehlt es an einem Schaden, der gegenüber dem vermeintlichen Vorstand im Rahmen des § 677 BGB geltend gemacht werden könnte.2
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b) Begrenzung aus der Organzuständigkeit Allgemein begrenzt ist das Vertretungsrechts des Vorstands durch die gesetzliche Zuständigkeitsordnung im Verein3 bzw. dessen Organisationsform.4 Der Vorstand ist daher nicht zuständig für Grundlagengeschäfte nach § 33 BGB oder die Auflösung des Vereins gem. § 41 BGB.5 Eine Dritten gegenüber geäußerte Verpflichtung des Vorstands z.B. zu einer Satzungsänderung des Vereins ist unwirksam6, sie kann aber vom zuständigen Vereinsorgan genehmigt und damit verbindlich werden.7 Die gleiche Grenze dürfte für den in der Satzung geregelten Vereinsnamen gelten, der Vorstand kann den Verein also nicht zu einer Namensänderung verpflichten.8 Praktisch
1 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2484 ff. Das gilt aber nicht für eine Erbausschlagung an das Nachlassgericht, dazu OLG Bremen v. 12.5.2015 – 5 W 9/15, NJW-spezial 2015, 488. 2 OLG Hamburg v. 17.10.1997 – 14 U 171/96, OLGR Hamburg 1998, 121 ff. 3 Hadding in Soergel, § 26 Rz. 20; LG Wuppertal v. 28.3.2017 – 16 S 50/15, juris. 4 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 233. 5 Entgegen Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2548 (mit Verweis auf Rechtsprechung zur GmbH) sollte der Kreis der Geschäfte aber nicht zu weit gezogen werden. Es muss dabei stark auf die konkreten Verhältnisse und berechtigte Erwartungshaltungen im einzelnen Verein abgestellt werden. 6 a.A. MünchKomm/BGB/Leuschner, § 26 Rz. 26 (aber ggf. Missbrauch der Vertretungsmacht). 7 BGH v. 30.3.1953 – IV ZR 176/52, LM Nr. 6 zu § 16 UWG. 8 A.A. jedenfalls für den Fall eines Prozessvergleichs OLG München v. 2.4.1981 – v. 2.4.1980 – 6 U 1312/81, ZIP 1981, 615, 616.
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XI. Rz. 527 | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit
relevant wird diese Schranke insbesondere für den Eintritt des Vereins in übergeordnete Verbände, wenn diese Anpassungen an ihre eigene Satzung verlangen.1 Die Veräußerung wesentlicher Teile des Vereinsvermögens gehört nicht hierher.2 Für eine entsprechende Anwendung des § 179a AktG3 fehlt es wegen des Weisungsrechts der Mitgliederversammlung und der – bei den Handelsgesellschaften nicht gegebenen – Gestaltungsmöglichkeit durch Satzung (Rz. 533 ff.) schon an einer Regelungslücke.4 Bei Vereinsmitgliedschaft treten Vermögensrechte zurück.5 Selbst wenn man von einer ungeschriebenen Zuständigkeit der Mitgliederversammlungen für alle sog. Strukturentscheidungen ausgeht,6 betrifft dies doch wiederum nur die Geschäftsführung im Inneren.7 Nur wenn Grundsatzfragen des Vereins oder Fragen, über die laut Satzung von der Mitgliederversammlung zu entscheiden ist, vom Vorstand oder von einem anderen Organ eigenmächtig durchgesetzt werden, kommt eine gegen den Verein gerichtete Klage des Mitglieds (actio pro socio) in Betracht.8 c) Begrenzung aus dem Vereinszweck 528
Der Vorstand kann den Verein nicht verpflichten, wenn ein Geschäft offensichtlich ganz außerhalb des Rahmens des Vereinszwecks liegt.9 Dem Handeln des Vorstands ist hier aus dem Wesen der Sache heraus eine Schranke gesetzt, ohne dass diese Begrenzung der Vertretungsmacht der Eintragung in das Vereinsregister bedürfte. Dabei kann es im Ergebnis dahinstehen, ob es sich dogmatisch um eine Beschränkung der Vertretungsmacht aus dem Vereinszweck handelt10, oder ob es um einen offen1 Hadding in Soergel, § 26 Rz. 20. Zur Satzungsanpassung nach einem Austritt aus dem Dachverband BGH v. 28.4.1980 – II ZR 193/79, MDR 1981, 26 = juris Rz. 10, LM Nr. 3 zu § 26 BGB und dazu jurisPK/BGB/Otto, § 26 Rz. 19 m.w.N. 2 Vgl. BGH v. 2.7.2007 – II ZR 111/05, MDR 2007, 1446 = NJW 2008, 69 mit Anm. Terner NJW 2008, 16 ff. 3 Völlig zu Recht findet § 179a BGB in den einschlägigen Entscheidungen des BGH v. 19.2.2013 – II ZR 169/11, MDR 2013, 607; BGH v. 2.7.2007 – II ZR 111/05, MDR 2007, 1446 = NJW 2008, 69 überhaupt keine Erwähnung. Mittlerweile hat der BGH (8.1.2019 – II ZR 364/18, NotBZ 2019, 337 = MDR 2019, 557) auch die Geltung für die GmbH abgelehnt und dabei § 179a AktG als schwerlich verallgemeinerungsfähig gekennzeichnet. 4 Lettl, AcP 203 (2003), 149, 199f; MünchKomm/AktG/Stein, § 179a Rz. 14 f. Anders: Stellmann/Stoeckle, WM 2011, 1983 (1984). 5 Leuschner, S. 107. 6 Keinert/Keinert-Kisin, in FS Melnitzky 2013, S. 99, 106; Terner, NJW 2008, 16 (20); Wickert, Rz. 495 f. (Anwendung der „Holzmüller“-Grundsätze bei Entscheidungen mit schwerwiegender Bedeutung). 7 Terner, NJW 2008, 16, 20; anders: NK-BGB/Heidel/Lochner, § 26 BGB Rz. 4. 8 OLG Celle v. 12.12.2017 – 20 W 20/17 – ZStV 2018, 178, Rz. 65 bei juris. 9 RG Recht 1907 Nr. 2497; RG 145, 311 (315); BGH BB 1953, 386 = JZ 1953, 474; BGH v. 30.3.1953 – IV ZR 176/52, LM Nr. 6 zu § 16 UWG (obiter); jetzt offen gelassen in BGH v. 28.4.1980 – II ZR 193/79, MDR 1981, 26, LM Nr. 3 zu § 26 BGB. Allgemein gegen jede Begrenzung aus dem Vereinszweck auch Bartodziej, Rz. 233; MünchKomm/BGB/Leuschner, § 27 Rz. 25. 10 Ellenberger in Palandt, § 26 Rz. 6; Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 8. Aufl. 1997, § 10 Rz. 75; Steffen in BGB-RGRK, 1982, § 26 Rz. 5 bei 2b).
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6. Vertretungsmacht des Vorstands (§§ 26, 164 BGB) | Rz. 529 XI.
sichtlichen Missbrauch der Vertretungsmacht geht, so dass sich der Vertragspartner auf sie nicht berufen darf.1 Abgrenzungsfragen, wie weit der Vereinszweck reicht, dürfen dem Vertragspartner dabei im Interesse der Verkehrssicherheit aber keinesfalls abverlangt werden.2 Der Vereinszweck wird bereits im Rahmen des § 33 Abs. 1 Satz 2 BGB eher weit ausgelegt (Rz. 1113 f.), das muss hier erst Recht gelten und dem Vorstand ein Einschätzungsspielraum eingeräumt werden. Schon die Entscheidung, ob ein Verein zur Unterstützung notleidender Künstler nicht ausnahmsweise auch Angehörige anderer Berufsgruppen unterstützen will, scheint nicht zweifelsfrei.3 Die Aufgabe einer im Vereinszweck nicht ausdrücklich genannten Vereinssparte – auch der gesamten Lizenzspielerabteilung eines Sportvereins – reicht nicht,4 auch nicht der drohende Verlust der Gemeinnützigkeit.5 Die Veräußerung wesentlicher Teile des Vereinsvermögens verstößt längst nicht ohne weiteres gegen den Vereinszweck.6 Eine Erkundigungspflicht des Vertragspartners kommt allenfalls in Betracht, wenn bereits deutliche Indizien für ein Abweichen vom Vereinszweck bestehen.7 Im Fall des „non liquet“ sollte immer zugunsten der Wirksamkeit des Vertretergeschäfts entschieden werden.8 d) Verbot der In-sich-Geschäfte Mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten kann ein Vorstand ein Rechtsgeschäft im Namen des Vereins nicht vornehmen.9 Ausnahme: wenn ihm ein anderes gestattet (Befreiung erteilt) ist oder das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht (§ 181 BGB).10 Zum Mitglied eines mehr1 Schwennicke in Staudinger, § 26 Rz. 113; Hadding in Soergel, § 26 Rz. 20. 2 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 233. 3 So aber das Beispiel von Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 8. Aufl. 1997; § 10 Rz. 75. 4 OLG Celle v. 12.12.2017 – 20 W 20/17 – ZStV 2018, 178, Rz. 51 bei juris. 5 OLG Celle v. 12.12.2017 – 20 W 20/17 – ZStV 2018, 178, Rz. 56 bei juris. 6 BGH v. 19.2.2013 – II ZR 169/11, MDR 2013, 607. Es reicht z.B. die abstrakte Möglichkeit, dass ein Ruderverein nach Veräußerung ein neues Grundstück zur Verfügung gestellt bekommt, vgl. BGH v. 2.7.2007 – II ZR 111/05, MDR 2007, 1446 = NJW 2008, 69. Fraglich daher NK-BGB/Heidel/Lochner, 2. Aufl., § 26 Rz. 4. Soweit sich diese auf Terner, NJW 2008, 16 ff. stützen, wird übersehen, dass dieser die sog. „Holzmüller-Grundsätze“ (BGH v. 25.2.1982 – II ZR 174/80, BGHZ 83, 122 = MDR 1982, 554) ebenso wie der BGH für Kapitalgesellschaften allein auf das Innenverhältnis zwischen den Vereinsorganen beziehen will. 7 Schwennicke in Staudinger, § 26 Rz. 119. 8 Flume, BGB AT, Bd. 2, 4. Aufl. 1992, S. 374. Anders kann man das dann sehen, wenn kein rechtlich schutzwürdiger Dritter vorhanden ist, so bei der Stiftungserrichtung durch einen Verein (Muscheler, Jahreshefte zum Stiftungswesen 2009, 151, 154). 9 Kritisch zur Anwendung des § 181 BGB auf organschaftliche Vertretung Hauschild, ZIP 2014, 955 (mit zahlreichen Fallvarianten zu doppelstöckigen und Mehrfachvertretungen – zahlreiche Fallgruppen dazu auch bei Suttmann, MittBayNot 2011, 1). Für eine Reduzierung auf das Innenverhältnis de lege ferenda Krafka/Willer, NZG 2006, 495. 10 § 181 BGB ist nicht anwendbar, wenn beim Vertragsschluss zwischen einem eingetragenen Verein und einer Gesellschaft mbH diese durch ihre Prokuristen und der Verein durch ein alleinvertretungsberechtigtes Vorstandsmitglied vertreten wird, das zugleich Geschäfts-
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XI. Rz. 529 | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit
gliedrigen Vorstands s. Rz. 618. Das Verbot, mit sich im eigenen Namen ein Rechtsgeschäft als Vertreter des Vereins abzuschließen, kann nicht dadurch umgangen werden, dass der (selbstkontrahierende) Vorstand für sich zur Vornahme des Rechtsgeschäfts einen Vertreter bestellt.1 Befreiung von dieser Beschränkung kann durch Satzungsbestimmung oder, wenn die Satzung dazu ermächtigt, durch Beschluss der Mitgliederversammlung (des sonst in der Satzung bestimmten Organs) gewährt werden. Die (generelle) Befreiung eines Vorstands oder Mitglieds des Vorstands von den Beschränkungen, Geschäfte des Vereins mit sich selbst oder als Vertreter eines Dritten abzuschließen, kann als Regelung des Umfangs der Vertretungsmacht des Vorstands in das Vereinsregister eingetragen werden (§ 64 BGB entspr.).2 530
Allein im Anstellungsvertrag,3 durch Beschluss der Mitgliederversammlung (oder des Bestellungsorgans) ohne dazu ermächtigende Grundlage in der Satzung kann ein Vorstand oder Mitglied des Vorstands nicht von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit werden.4 Das gilt auch für den Einzelfall. Die Vertretungsbefugnis bestimmt sich nach dem Gesetz (§ 26 Abs. 2 S. 1 BGB) oder der Vereinssatzung (§ 25 BGB). Durch zustimmenden Mehrheitsbeschluss der Mitgliederversammlung kann die Wirksamkeit eines dem Vorstand gesetzlich nicht erlaubten Rechtsgeschäfts weder vorweg noch nachträglich herbeigeführt werden.5 S. aber auch Rz. 1140 zur Möglichkeit satzungsdurchbrechender Beschlüsse. Ist wenigstens eine vertretungsberechtigte Anzahl mehrerer Vorstandsmitglieder nicht von § 81 BGB betroffen, kann diese ein vom ausgeschlossenen Teil schwebend unwirksames Geschäft genehmigen. e) Kein Missbrauch der Vertretungsmacht
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Die allgemeinen Grundsätze zum Missbrauch der Vertretungsmacht gelten auch für den Vereinsvorstand. Danach kann sich der Vertragspartner nicht auf die grundsätzlich vorhandene Vertretungsmacht berufen bei Kollusion (bewusstem Zusammenwirken von Vertreter und Vertragspartner zu Lasten des Vereins) und in den Evidenzfällen (Vorstand handelt bewusst außerhalb seiner internen Befugnisse und dem Dritten
1 2 3 4 5
führer der Gesellschaft mbH ist; BGH v. 13.6.1984 – VIII ZR 125/83, DNotZ 1985, 215 = GmbHR 1985, 79 = JR 1985, 232 mit Anm. Schneider = MDR 1984, 834 = NJW 1984, 2085 = Rpfleger 1984, 470. OLG Hamm v. 2.10.1980 – 15 W 117/80, MDR 1981, 140 = DNotZ 1981, 383. KG v. 16.12.1997 – 1 W 5694/97, NJW-RR 1999, 168. Weitergehend Krafka, Rz. 2144: Eintragungspflicht, sobald die Ermächtigung über einen Einzelfall hinausgehen soll. Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2449. Bdb. OLG v. 19.8.2011 – 7 Wx 20/11, NotBZ 2012, 35. Der abweichenden Ansicht des KG OLGR 2003, 26 und des LG Ravensburg v. 19.10.1989 – 1 T 256/89, Rpfleger 1990, 26 ist daher zu widersprechen. BGH NJW 1976, 1538 (1539) und die dort weiter genannten BGH-Entscheidungen (zum GmbH-Recht) rechtfertigen die abweichende Ansicht nicht. Anders als hier Hadding in Soergel, Rz. 22 zu § 26; Sauter/ Schweyer/Waldner, Rz. 239. Für eine Auffangzuständigkeit der Mitgliederversammlung auch Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2448.
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6. Vertretungsmacht des Vorstands (§§ 26, 164 BGB) | Rz. 533 XI.
drängt sich dies konkret1 auf). Der Dritte muss sich den Missbrauch der Vertretungsmacht entgegenhalten lassen, wenn er wusste oder sich ihm auf Grund der Umstände aufdrängen musste, dass der Vorstand die Grenzen missachtet, die seiner Vertretungsmacht im Innenverhältnis gezogen sind.2 Diese Grenzen können sich sowohl aus der Satzung oder Geschäftsordnung, wie auch aus einem Beschluss im Einzelfall ergeben. Dabei ist allerdings einschränkend zu beachten, dass nur ein wirksamer Beschluss der Mitgliederversammlung den Vorstand binden kann3 und der Dritte über die Beschlusswirksamkeit keine bessere Kenntnis haben kann als der Vorstand selbst. Mangelnde Kontrolle durch die übrigen Organmitglieder oder die anderen Vereinsorgane kann bei Eintritt von Schäden aus dem Vertretungsmissbrauch ein Mitverschulden entsprechend § 254 BGB begründen. Auch wenn die Voraussetzungen der Unwirksamkeit des Vertreterhandelns im Außenverhältnis nicht erreicht sind, kann ein Missbrauch der Vertretungsmacht zugleich Verletzung der Geschäftsführungsbefugnisse und damit eine Amtspflichtverletzung des Vorstands bedeuten. Bei schwerwiegenden Eingriffen in die Interessen der Mitglieder, z.B. wenn der Vereinsvorstand unbefugt ganz wesentliche Teile des Vereinsvermögens veräußert, kann man eine Schadensersatzpflicht auch dann annehmen, wenn die Satzung keine geschriebenen Beschränkungen der Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands enthält.4
532
f) Beschränkung durch die Satzung In der Satzung kann der Umfang der Vertretungsmacht des Vorstands mit Wirkung gegen Dritte beschränkt werden (§ 26 Abs. 1 S. 3 BGB). Die Beschränkung ist in das Vereinsregister einzutragen (§ 64 BGB). Sie wirkt im Rahmen des §§ 68, 70 BGB (Rz. 1508) gegen Dritte (§ 70 BGB).5 Sie ist bei der Satzungsgestaltung (dazu Rz. 547 f.) strikt zu trennen von einer ebenfalls möglichen, ausschließlich nach innen wirkenden Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis. Entscheidend ist allein die Satzung. Die Aufnahme in eine Vereinsordnung ohne Satzungsrang6, den Anstellungsvertrag des Vorstands oder ein einfacher Beschluss der Mitgliederversammlung würden z.B. nicht genügen.7 Eine zu Unrecht im Register eingetragene Beschränkung hat keine Wirkung.
1 Hier liegt der Unterschied zur o.g. Lehre zur Zweckverfehlung, für die es auf die allgemeine Erkennbarkeit für jedermann ankommen soll, vgl. Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 8. Aufl., § 10 Rz. 75. 2 BGH v. 8.1.2019 – II ZR 364/18, NotBZ 2019, 337 = MDR 2019, 557; BGH v. 5.12.1983 – II ZR 56/82, GmbHR 1984, 96 = MDR 1984, 646 = NJW 1984, 1461; BGH v. 14.3.1988 – II ZR 211/87, GmbHR 1988, 260 = MDR 1988, 754 = NJW 1988, 2241 (alle zur GmbH). 3 BGH v. 2.7.2007 – II ZR 111/05, MDR 2007, 1446 = NJW 2008, 69. 4 Terner, NJW 2008, 20; Burhoff, Rz. 483 zur Fallkonstellation in BGH v. 2.7.2007 – II ZR 111/05, MDR 2007, 1446 = NJW 2008, 69. 5 Zum Schutz Dritter bei der Stiftung, auf die § 26 gleichfalls anwendbar ist (aber fehlendes Register!) Geibel, ZjS 2009, 339. 6 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2383. 7 juris-PK/Otto, § 26 BGB Rz. 25.
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XI. Rz. 534 | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit 534
Wenn eine Satzungsbestimmung den Umfang der Vertretungsmacht des Vereinsvorstands nach außen beschränken soll, muss ihr dies eindeutig zu entnehmen sein. Die Umfangsbeschränkung muss konkret und für Dritte klar und unmissverständlich erkennbar sein.1 Es genügt nicht schon, dass in der Satzung eine den Handlungsspielraum des Vorstands einschränkende Regelung getroffen wird.2 Die Anforderungen der Rechtsprechung werden insofern zunehmend strenger.3 Im Interesse des Rechtsverkehrs hat eine Beschränkung im Zweifel nur vereinsinterne Bedeutung.4
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Anerkannt werden Einschränkungen letztlich nur in zwei Konstellationen: Die Regelung kann ausdrücklich5 als eine nach außen geltende Beschränkung der Vertretungsmacht in der Satzung benannt sein oder sie muss systematisch in der Satzung unverkennbar als Regelung zur „Vertretungsmacht des Vorstands“ eingeordnet sein.6 Es genügt nicht, wenn in einem Abschnitt „Schlussbestimmungen“ angeordnet wird, dass der Erwerb von Grundstücken etc. der Genehmigung einer anderen Stelle unterliege7 oder wenn die Entscheidung über bestimmte Geschäfte in einer Bestimmung zu den Zuständigkeiten der Mitgliederversammlung dieser zugewiesen wird, ohne ausdrücklich die Vertretung durch den Vorstand dabei zu beschränken. Beispiele: Wirksame Begrenzung: § 3 (Vorstand) Abs. 3 Satz 1 „Je zwei Vorstandsmitglieder vertreten gemeinsam.“ Satz 2 „Zu Veräußerung und Erwerb von Grundbesitz und grundstücksgleicher Rechte bedürfen sie zusätzlich der Genehmigung durch Beschluss der Mitgliederversammlung.“ Keine Wirkung nach außen: § 3 (Vorstand) Abs. 3 „Je zwei Vorstandsmitglieder vertreten gemeinsam.“ § 4 (Mitgliederversammlung) Abs. 2 „Die Mitgliederversammlung entscheidet über Veräußerung und Erwerb von Grundbesitz und grundstücksgleicher Rechte mit Mehrheit von wenigstens 60 % der abgegebenen gültigen Stimmen.“ Wirksame Begrenzung: § 3 (Vorstand) Abs. 3 „Je zwei Vorstandsmitglieder vertreten vorbehaltlich § 4 Abs. 2 gemeinsam.“ § 4 (Mitgliederversammlung) Abs. 2 „Die Veräußerung und der Erwerb von Grundbesitz und grundstücksgleicher Rechte bedarf der Genehmigung durch die Mitgliederversammlung mit Mehrheit von wenigstens 60 % der abgegebenen gültigen Stimmen.“
Als dritte Variante wird der Fall genannt,8 dass eine in der Satzung enthaltende Beschränkung ihrem Zweck nach zwingend eine Außenwirkung in Anspruch nehmen müsste, wenn der Verein sonst unwiderruflich präjudiziert wäre. Die Entscheidungen 1 Busch, RPflStud 2015, 33, 34 m.N. 2 BGH v. 28.4.1980 – II ZR 193/79, MDR 1981, 26 = NJW 1980, 2799 = WM 1980, 1170; OLG Nürnberg v. 20.5.2015 – 12 W 882/15, MDR 2015, 961–962 = DStR 2015, 1698. 3 Muscheler, Jahreshefte zum Stiftungswesen 2009, 151, 153 m.N. 4 OLG Nürnberg v. 20.5.2015 – 12 W 882/15, MDR 2015, 961–962 = DStR 2015, 1698, juris Rz. 38 f. 5 Muscheler, Jahreshefte zum Stiftungswesen 2009, 151, 153 m.N. 6 LG Bonn v. 10.10.2003 – 2 O 572/02, juris. 7 OLG Nürnberg v. 20.5.2015 – 12 W 882/15, MDR 2015, 961–962 = DStR 2015, 1698. Auf den Sonderfall, dass hier (bei kirchlichen Verein ausnahmsweise zulässig) die Genehmigung eines vereinsfremden Dritten verlangt wurde, kommt es insofern nicht an. 8 Muscheler, Jahreshefte zum Stiftungswesen 2009, 151, 153 m.N.
290 | Stöber/Otto
6. Vertretungsmacht des Vorstands (§§ 26, 164 BGB) | Rz. 537 XI.
des BGH, welche diese Variante offen halten, zeigen jedoch, dass von einer derartigen Notwendigkeit aus dem Zweck heraus kaum je auszugehen sein wird.1 Soweit Mitwirkungsrechte anderer Personen den Vorstand vor übereilten Entscheidungen abhalten sollen, genügt dafür eine (nach Auftragsrecht sanktionierte) interne Bindung.2 Durch die Satzung kann z.B. festgelegt sein, dass ein im Übrigen einzelvertretungsberechtigter erster Vorsitzender in konkret bestimmten Fällen der Mitwirkung eines weiteren Vorstandsmitglieds bedarf oder dass sogar der vollständige Vorstand zusammenwirken muss.3 Es kann auch bestimmt werden, dass zu Rechtsgeschäften, vornehmlich zur Verfügung über Grundstücke, Gebäudeeigentum, grundstücksgleiche Rechte oder Rechte an Grundstücken, zur Aufnahme von Geld oder Warenkredit, aber auch zu jeder Verpflichtung über mehr als einen bestimmten Betrag hinaus oder zum Beitritt in einen anderen Verein (auch Dachverband), die Zustimmung eines anderen Vereinsorgans (der Mitgliederversammlung, der erweiterten Vorstandschaft) oder eines einzelnen Aufgabenträgers (Kassierer, Geschäftsführer) erforderlich ist.4 Von der Zustimmung eines außenstehenden Dritten kann, weil dem Wesen des Vereinsrechts fremd (der Verein muss als Körperschaft durch seine Organe handlungsfähig sein), die Vertretungsmacht nicht abhängig gemacht werden.5 Ein religiöser (kirchlicher) Verein (zu diesem und zu seinen Besonderheiten s. Rz. 44) kann die Vertretungsmacht jedoch auch an die Mitwirkung einer kirchlichen Stelle oder eines kirchlichen Amtsträgers binden.6 Auch in diesem Fall muss aber aus der Satzung heraus objektiv eindeutig erkennbar sein, dass eine Einschränkung der Vertretungsmacht angeordnet ist.7 Die Beschränkung der Vertretungsmacht des Vorstands kann auch in der Weise angeordnet werden, dass für bestimmte Geschäfte eine andere Form zu wahren ist, so z.B. Schriftform für alle Geschäfte mit einem Vorstandsmitglied oder für Rechtsgeschäfte, die den Verein im Einzelfall über mehr als einen bestimmten Betrag verpflichten.
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Ist die Vertretungsmacht in der Weise beschränkt, dass zu bestimmten Rechtsgeschäften die Zustimmung der Mitgliederversammlung oder eines anderen Beschlussorgans erforderlich ist, kann die Zustimmung im Rechtsverkehr (in grundbuchmäßiger Form, § 29 GBO) durch Vorlage einer öffentlich beglaubigten Niederschrift über
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1 Die betreffenden Entscheidungen BGH v. 22.4.1996 – II ZR 65/95, NJW-RR 1996, 866– 867, juris Rz. 6; BGH v. 28.4.1980 – II ZR 193/79, MDR 1981, 26 = NJW 1980, 2799 = WM 1980, 1170, Rz. 10 bei juris, gehen selbst bei einer Gestaltungserklärung wie dem Austritt des Vereins aus einem anderen Verein noch nicht von einer Irreversibilität aus (es reicht, dass sich der Verein bei Wirksamkeit des Austritts um einen Wiedereintritt bemühen kann). 2 OLG Nürnberg v. 20.5.2015 – 12 W 882/15, MDR 2015, 961–962, juris Rz. 46. 3 Busch, RPflStud 2015, 33, 35. 4 OLG Hamm DNotZ 1978, 292 = MDR 1978, 224; OLG Köln v. 20.9.1991 – 2 Wx 64/91, NJW 1992, 1048 (1049). 5 Ist nicht geklärt; a.A. z.B. Kirberger, Rpfleger 1979, 48–53; Steffen in BGB-RGRK, 1982, § 26 Rz. 5 bei 2b): Zustimmung eines Vereinsangestellten. So wohl auch Burhoff, Rz. 442: Geschäftsführer. 6 OLG Köln v. 20.9.1991 – 2 Wx 64/91, NJW 1992, 1048 (1049). 7 OLG Nürnberg v. 20.5.2015 – 12 W 882/15, MDR 2015, 961–962.
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XI. Rz. 537 | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit
den Versammlungsbeschluss nachgewiesen werden1 Öffentlich beglaubigt sein müssen die Unterschriften der die Niederschrift „beurkundenden“ Personen, § 58 Nr. 4 BGB (Rz. 670). Zustimmung ist sowohl die vor Abschluss des Geschäfts erteilte Einwilligung wie auch die nachträgliche Genehmigung. Ein Nachweis, dass die Unterzeichner der Niederschrift für diese Beschlussbeurkundung zuständig waren, ist nicht zu erbringen.2 Für den Fall, dass infolge Beschränkung der Vertretungsmacht des Vorstands zu Grundbucherklärungen die Zustimmung eines Mitglieds eines Vereinsorgans (z.B. des Gesamt- oder Hauptvorstands) erforderlich ist, kann die Zugehörigkeit des (in der Form des § 29 GBO) Zustimmenden zu diesem Organ in grundbuchmäßiger Form durch Vorlage einer öffentlich beglaubigten Niederschrift über die Versammlung, in der die Wahl erfolgt ist, belegt werden.3 Wenn jedoch (wie vereinzelt bei kleinen Vereinen) einer Grundbucheintragung alle Vereinsmitglieder zustimmen müssen, kann der Nachweis dem Grundbuchamt gegenüber nicht durch eine öffentlich beglaubigte Versammlungsniederschrift, sondern nur durch die in öffentlich beglaubigter Form vorzulegenden einzelnen persönlichen Erklärungen geführt werden.4 Für Abgabe eines Gebots zur Ersteigerung eines Grundstücks (auch durch einen vom Vorstand bevollmächtigten Vertreter) muss die für Grundstückserwerb erforderliche Zustimmung der Mitgliederversammlung (des sonstigen Organs) bereits vorher erteilt sein und im Versteigerungstermin in öffentlich beglaubigter Form sofort nachgewiesen werden5 (§ 71 Abs. 2 ZVG). 538
Ausgeschlossen ist der vollständige Entzug der Vertretungsmacht des Vorstands oder einzelner Vorstandsmitglieder. Eine derartige „Entmachtung“ ist mit der gesetzlichen Stellung als Vertretungsorgan unvereinbar.6 Die Regelung darf auch nicht dazu führen, dass der Verein vollständig handlungsunfähig wird.7
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Möglich ist es hingegen, die Vertretungsmacht des Vorstands für genau bestimmte Rechtsgeschäfte ganz auszuschließen und durch die Zuständigkeit eines anderen Organs zu ersetzen. Die Bestimmung eines anderen Vereinsorgans (z.B. eines besonderen Vertreters, § 30 BGB) ist hier zwingend. Geschieht das nicht, dann wäre der Verein als juristische Person für den Bereich dieser Geschäfte nicht handlungsfähig. Die Beschränkung der Vertretungsbefugnis kann kein Vehikel sein, um dem Verein
1 BayObLG 1961, 392 = DNotZ 1962, 312 = MDR 1962, 307 = NJW 1962, 494; außerdem BayObLG 1964, 237 = DNotZ 1964, 722 mit zust. Anm. Diester = NJW 1964, 1962; diese Entscheidungen sind in Wohnungseigentumssachen ergangen; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl., Rz. 3650. 2 Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl., Rz. 3650; LG Lübeck v. 11.2.1991 – 7 T 70/91, Rpfleger 1991, 309 m.w.N. Enger OLG München v. 25.8.2010 – 34 Wx 40/10, juris. 3 Schwennicke in Staudinger, § 69 Rz. 10–11; LG Bochum v. 28.9.1979 – BReg 1 Z 58/79, MDR 1980, 143 = Rpfleger 1979, 462; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl. 2008, Rz. 3650. 4 BayObLG 1978, 377 = MittRhNotK 1979, 77 = Rpfleger 1979, 108 (für Eintragungsbewilligungen der Wohnungseigentümer); Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl., Rz. 3650. 5 OLG Hamm v. 7.8.1987 – 15 W 242/87, NJW 1988, 73 = OLGZ 1987, 452; Stöber, ZVG, Rz. 7.14 (f) zu § 71. 6 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 234. 7 Hadding in Soergel, § 26 Rz. 21a MünchKomm/BGB/Leuschner, § 26 Rz. 36.
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6. Vertretungsmacht des Vorstands (§§ 26, 164 BGB) | Rz. 543 XI.
bestimmte Geschäfte (z.B. Erwerb von Beteiligungen, die Mitgliedschaft bei anderen Vereinen) ganz zu verbieten.1 Soweit zwingendes Recht dem Vereinsvorstand bestimmte Pflichten zuweist, so Meldepflichten als Arbeitgeber, steuerliche Pflichten, Pflichten im Insolvenzverfahren und gegenüber dem Vereinsregister, sind satzungsmäßige Beschränkungen nicht möglich.2
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Keine Beschränkung der Vertretungsmacht des Vorstands ist angeordnet, wenn die Satzung bestimmt, dass er
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– die Geschäfte nach den Beschlüssen der Mitgliederversammlung (eines anderen Organs) zu führen hat;3 damit kommt lediglich zum Ausdruck, dass der Vorstand bei der Geschäftsführung nach § 27 Abs. 3, § 665 BGB weisungsgebunden ist; – im Schriftverkehr mit dem Namen des Vereins und mit seiner Namensunterschrift zu zeichnen hat.4 Damit ist lediglich bestimmt, wie der Vorstand beim Handeln als Vertreter des Vereins seine organschaftliche Vertretungsmacht darzustellen hat („Ordnungsvorschrift“).5 g) Vertretung bei Empfang einer Willenserklärung und im Wissen Wenn eine Willenserklärung dem Verein gegenüber abzugeben ist, so genügt die Abgabe gegenüber einem beliebigen Mitglied des Vorstands (§ 26 Abs. 2 S. 2 BGB). Die Bestimmung wird auf geschäftsähnliche Handlungen dem Verein gegenüber entsprechend angewandt (Fristsetzungen, Mahnungen).6 Jedes Vorstandsmitglied vertritt hier den Verein allein. Das gilt auch, wenn das Vorstandsmitglied die empfangene Mitteilung absichtlich unterschlägt.7 Allerdings gilt § 181 BGB, so dass bei verbotener Mehrfachvertretung ein anderes Vorstandsmitglied wenigstens den Empfang genehmigen muss.8 Vorstand ist auch hier nur das Vertretungsorgan des § 26 BGB, die Bestimmung gilt also nicht für Mitglieder des von der Außenvertretung ausgeschlossenen „erweiterten Vorstands“ (Rz. 658 ff.). Die Vorschrift ist zwingend, ihre Abänderung durch Satzung ausgeschlossen (§ 40 BGB). Sie greift somit auch für Geschäfte, für die der Vorstand als Organ oder das einzelne Vorstandsmitglied (aufgrund einer Ressortzuweisung) gar nicht zuständig ist. Den Empfänger trifft dann eine Pflicht zur unverzüglichen Weiterleitung. Im Prozess gilt mit gleichem Ergebnis § 170 Abs. 3 ZPO.
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Entsprechend angewendet wird die Bestimmung, wenn es rechtlich bedeutsam ist, ob der Verein (als Vertragspartner) eine Tatsache kennt und nur ein Mitglied des
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A.A. Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2387. Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2387. Ebenso Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 234. So auch Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 234; a.A. Reichert, Rz. 2440. Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 234 aE. Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2414. BGH v. 3.3.1956 – IV ZR 314/55, BGHZ 20, 149 ff. Hadding in Soergel, § 28 Rz. 11.
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XI. Rz. 543 | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit
Vorstands die Kenntnis hat.1 Als juristische Person muss sich der Verein demnach das Wissen all seiner vertretungsberechtigten Organmitglieder zurechnen lassen.2 Wenn die Mitglieder des Vorstands nur insgesamt zur Kündigung der „Angestellten“ des Vereins berechtigt sind, dann beginnt die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB für fristlose Kündigung aus wichtigem Grund entsprechend der Regelung des § 26 Abs. 2 S. 2 BGB mit dem Zeitpunkt, in dem ein Vorstandsmitglied von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat.3 Hat allerdings ein Vorstandsmitglied selbst einen Schaden verursacht, beginnt die Frist für die Verjährung von Ersatzansprüchen des Vereins nicht schon mit seiner eigenen Kenntnis.4 544
Wenn in der Satzung für bestimmte Erklärungen gegenüber dem Verein (Vereinsbeitritt) die Schriftform vorgesehen ist, der Vorstand faktisch aber schlüssiges Handeln genügen lässt, können diese Erklärungen wirksam sein.5
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Der vertretungsberechtigte Vorstand kann Dritten Empfangsvollmacht erteilen. Unterhält der Verein einen eigenen E-Mailaccount oder Telefaxgerät, muss er sich den Zugang mit Kenntnisnahme der Person zurechnen lassen, die er mit dem Abruf betraut hat.6 h) Bindung an Weisungen
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Die vereinsinterne Bindung des Vorstands an Weisungen – ohne Wirksamkeit gegen Dritte – ist von der Beschränkung der Vertretungsmacht des Vorstands im Außenverhältnis zu unterscheiden. Derartige Weisungen können allgemein in Satzung, Geschäftsordnung oder Anstellungsvertrag festgelegt sein, sie können aber auch in einem Mehrheitsbeschluss des Vorstands oder der Mitgliederversammlung bestehen. Schränken Beschlüsse der Mitgliederversammlung oder auch des Vorstandes allerdings die Geschäftsführungsbefugnis einzelner Vorstandsmitglieder abstrakt-generell ein, bedürfen sie einer ausreichenden Satzungsgrundlage.7 Ausgangspunkt ist die unbeschränkte Vertretungsmacht: Erweist sich ein Beschluss der Mitgliederversammlung als nichtig, der dem Vorstand eine Weisung erteilen sollte, kann der Vorstand 1 RG 57, 93 (94); BGHZ 41, 282 (287); BAG v. 20.9.1984 – 2 AZR 73/83, MDR 1985, 258 = ZIP 1985, 240 (244); Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 241; allg. Grigoleit, ZHR 181 (2017), 160. 2 BGH v. 8.12.1989 – V ZR 246/87, MDR 1990, 323 = NJW 1990, 975; BGH v. 17.5.1995 – VIII ZR 70/94, MDR 1995, 787 = GmbHR 1995, 523 = NJW 1995, 2159 (2160) (auch zur fortdauernden Wissenszurechnung nach Ausscheiden aus dem Amt oder Tod des Organmitglieds); BGH v. 2.2.1996 – V ZR 239/94, GmbHR 1996, 373 = MDR 1996, 1003 = DNotZ 1996, 986 = NJW 1996, 1339 (auch zu Verkehrsschutz und Organisationspflicht als Grundlage der Wissenszurechnung). 3 BAG v. 20.9.1984 – 2 AZR 73/83, MDR 1985, 258 = ZIP 1985, 240; Wiesner, BB 1981, 1533. 4 BGH v. 12.6.1989 – II ZR 334/87, AG 1989, 354 = GmbHR 1989, 365 = MDR 1989, 1082 = NJW-RR 1989, 1255; OLG Stuttgart v 27.9.2006 – 4 U 74/06. 5 BGH v. 29.7.2014 – II ZR 243/13, BGHZ 202, 202 = NJW 2014, 3239 = MDR 2014, 1334. 6 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2416 (Zuständigkeit für das Faxgerät). 7 BGH v. 12.10.1992 – II ZR 208/91, AG 1993, 82 = NJW 1993, 191 = MDR 1993, 186.
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6. Vertretungsmacht des Vorstands (§§ 26, 164 BGB) | Rz. 548 XI.
ungebunden handeln.1 Die Bindung verpflichtet den Vorstand dem Verein gegenüber, nur weisungsgemäß zu handeln, sie wirkt aber – abgesehen von den Fällen in Rz. 531 – nicht im Außenverhältnis gegen Dritte. Handelt der Vorstand der Weisung zuwider, so wird auch aus diesem Handeln des Vorstands der Verein voll berechtigt und uneingeschränkt verpflichtet. Der Dritte, dem der Vorstand im Rechtsverkehr für den Verein gegenübergetreten ist, hat also unbeschränkt Rechte und Pflichten im Verhältnis zu dem Verein erworben. Der Verstoß des Vorstands gegen die ihm erteilte Weisung ist im Rechtsverkehr Dritten gegenüber ohne jede Wirkung. Der Vorstand muss lediglich für sein Handeln dem Verein gegenüber einstehen, insbesondere diesem einen aus nicht genehmigtem Handeln entstandenen Schaden ersetzen und sich den Strafsanktionen des Vereins unterwerfen. i) Fassung der Satzung In Satzungen wird bei Fassung der Bestimmungen über die Handlungsfähigkeit des Vorstands vielfach nicht darauf geachtet, ob
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– der Umfang der Vertretungsmacht mit Wirkung gegen Dritte beschränkt sein soll (§ 26 Abs. 1 S. 3 BGB); das muss eindeutig zum Ausdruck gebracht werden (Rz. 533), oder ob – der Vorstand nur im Innenverhältnis (ohne Beschränkung seiner Vertretungsmacht nach außen) für bestimmte Maßnahmen an die Weisung eines anderen Vereinsorgans gebunden sein soll (Rz. 546). Davon ist im Zweifel auszugehen, wenn eine Beschränkung der Vertretungsmacht nicht zum Ausdruck kommt.2 Für die Satzungsgestaltung ist aber auch in diesem Fall eine ausdrückliche Regelung vorzugswürdig. Wenn eine echte Beschränkung des Vertretungsrechts gewollt ist, sollte außerdem klargestellt werden, wie in den betreffenden Fällen für den Verein gehandelt werden soll. Häufig ist die Anordnung dahin, dass der Vorstand für das bestimmte Geschäft zuständig bleibt, sein Handeln aber der Zustimmung (Einwilligung vorab, Genehmigung nachträglich) durch ein anderes Organ (zumeist: Mitgliederversammlung) bedarf. Dabei muss dann auch Regelungen bedacht werden, wie der Verein die erteilte Zustimmung hinreichend im Rechtsverkehr nachweisen kann (ausf. Kapitel XVI). Denkbar ist aber auch, das Vertretungsrecht des Vorstands in den bestimmten einzelnen Fällen vollständig durch die Kompetenz eines anderen Organs zu ersetzen (Aufsichtsrat, besonderer Vertreter etc. oder – allenfalls bei sehr kleinen Vereinen empfehlenswert: Mitgliederversammlung). Auch insoweit sollte die Satzungsgestaltung dann auch einen Blick darauf werfen, wie Zusammensetzung und Beschlussfassung dieser Organe nachgewiesen werden.
1 Vgl. BGH v. 2.7.2007 – II ZR 111/05, MDR 2007, 1446 = NJW 2008, 69: Unwirksamkeit einer „Ermächtigung“ zu einem Geschäftsabschluss nur in beschränkter Höhe führt dazu, dass der Vorstand (ganz ohne diese „Ermächtigung“) frei handeln kann. 2 BGH v. 28.4.1980 – II ZR 193/79, MDR 1981, 26 = NJW 1980, 2799; BGH v. 22.4.1996 – II ZR 65/95, NJW-RR 1996, 866; MünchKomm/BGB/Leuschner, § 26 Rz. 34.
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XI. Rz. 549 | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit 549
Satzungsgemäße Zustimmungserfordernisse zugunsten anderer Vereinsorgane begrenzen den Umfang der Vertretungsmacht des Vorstands gegenüber Dritten nur dann, wenn die Satzung diese Zielstellung eindeutig zum Ausdruck bringt (Rz. 533).1 Ist das nicht der Fall, dann hat die Regelung nur Innenwirkung und beschränkt die Vertretungsmacht nicht.2 Das gilt auch für die Vertretung des Vereins bei Erwerb und Beendigung der Mitgliedschaft in einem übergeordneten Dachverband, obgleich durch den Austritt als Gestaltungserklärung rechtlich nicht ohne weiteres revidierbare Fakten geschaffen werden.3 Soll solche Einschränkung die gesetzliche Vertretungsmacht des Vorstands beschränken, so könnte die Satzungsbestimmung z.B. lauten:
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M 26 Beschränkung der Vertretungsmacht des Vorstandes Die Vertretungsmacht des Vorstands wird mit Wirkung gegen Dritte in der Weise beschränkt (§ 26 Abs. 2 S. 2 BGB), dass über Grundstücke nur mit Zustimmung der Mitgliederversammlung verfügt werden darf. Die Zustimmung ist durch das vom Versammlungsleiter und einem personenverschiedenen Vorstandsmitglied unterschriebene Beschlosprotokoll nachgewiesen.
Soll jedoch die Vertretungsmacht des Vorstands uneingeschränkt bleiben und lediglich eine Regelung für das Innenverhältnis des Vorstands zum Verein getroffen werden, so könnte in der Satzung z.B. bestimmt werden: 551
M 27 Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis des Vorstandes Der Vorstand darf über Grundstücke nur mit Zustimmung der Mitgliederversammlung verfügen. Diese Bestimmung gilt nur für das Innenverhältnis; sie beschränkt die Vertretungsmacht des Vorstandes nicht.
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Die Beschränkung der Vertretungsmacht muss außerdem so klar und eindeutig gefasst sein, dass sie das Ausmaß der Einschränkung in der für den Rechtsverkehr notwendigen Weise bestimmt zum Ausdruck bringt. Nur allgemein gehaltene Formulierungen wie
1 BGH v. 22.4.1996 – II ZR 65/95, NJW-RR 1996, 866; BayObLG 1999, 237 = DNotZ 2000, 49 = MittRhNotK 1999, 307 = NJW-RR 1999, 544; hM., z.B. Erman/Westermann, § 26 Rz. 1 und einschränkend (für Geschäfte erkennbar völlig außerhalb des Vereinszwecks) Rz. 4; Hadding in Soergel, § 26 Rz. 21a; den Aspekt der Satzungsauslegung betont Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 234; vgl. auch BGH v. 2.7.2007 – II ZR 111/05, MDR 2007, 1446 = NJW 2008, 69 mit Anm. Terner NJW 2008, 16. 2 BGH v. 22.4.1996 – II ZR 65/95, NJW-RR 1996, 866. 3 BGH v. 22.4.1996 – II ZR 65/95, NJW-RR 1996, 866.
296 | Stöber/Otto
7. Geschäftsführung des Vorstands (§ 27 Abs. 3, §§ 32, 40, 664–670 BGB) | Rz. 554 XI.
M 28 Zu unbestimmte Beschränkung der Vertretungsmacht des Vorstandes Der Vorstand bedarf zu Verpflichtungen und Verfügungen, wenn sie im Kalenderjahr den Betrag von 3000 Euro übersteigen, der Zustimmung der Mitgliederversammlung
sind unzulässig; sie können nicht in das Vereinsregister eingetragen werden. Niemand, mit dem der Vorstand für den Verein ein Rechtsgeschäft abschließen möchte, kann feststellen, ob die Verfügung den festgelegten Jahresbetrag übersteigt. Auch solche Begrenzungen können jedoch im Innenverhältnis zwischen Vorstand und Verein getroffen werden; sie sind freilich auch hier unzweckmäßig. Entsprechendes gilt für die Formulierung1, dass M 29 Zu allgemeine Beschränkung der Vertretungsmacht des Vorstandes … die Vertretungsmacht des Vorstands in der Weise beschränkt ist, dass bei „Investitionsmaßnahmen über 5000 Euro“ die Zustimmung der Mitgliederversammlung erforderlich ist.
Damit ist jedenfalls die Vertretungsmacht des Vorstands für die Belastung eines dem Verein gehörenden Grundstücks (oder Erbbaurechts) mit einer Grundschuld nicht eingeschränkt.2 Diese nur allgemein gehaltene „Beschränkung“ der Vertretungsmacht kann darüber hinaus aber als unbestimmt auch nicht in das Vereinsregister eingetragen werden.3 Es kann niemand, der mit dem Verein einen Werk- oder Dienstvertrag (etwa über 3000 €) abschließt, beurteilen, ob dies im Rahmen einer Investitionsmaßnahme mit einem Gesamtumfang von weniger oder mehr als 5000 € geschieht.4
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7. Die Geschäftsführung des Vorstands (§ 27 Abs. 3, §§ 32, 40, 664–670 BGB) a) Recht und Pflicht zur Geschäftsführung Die Bestellung zum Vereinsvorstand begründet Recht und Pflicht zur eigenverantwortlichen Führung der Vereinsgeschäfte; beginnend mit Wirksamwerden der Bestellung.5 Das Rechtsverhältnis des Vorstands zum Verein und umgekehrt (Innenverhältnis) bestimmt sich nach den für den Auftrag geltenden §§ 664–670 BGB, wenn die Satzung keine abweichende Regelung trifft (§ 40 BGB). Von diesen gesetzlichen
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Fall des BayObLG 1999, 237. BayObLG 1999, 237. Offen gelassen von BayObLG 1999, 237. So zutreffend BayObLG 1999, 237. BGH v. 12.10.1992 – II ZR 208/91, MDR 1993, 186 = OLG Bremen v. 1.7.1992 – 2 W 26/ 92, NJW-RR 1993, 191 = VersR 1993, 116.
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XI. Rz. 554 | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit
Vorschriften abweichende Regelungen über die Geschäftsführung des Vorstands können vertraglich (insbesondere durch Anstellungsvertrag) getroffen sein (Rz. 602 ff.). 555
Der Vorstand hat die ihm übertragenen Geschäfte persönlich wahrzunehmen. Er darf – im Zweifel – die Ausführung der ihm übertragenen Aufgaben nicht einem Dritten übertragen (§ 664 Abs. 1 BGB). Ist die Übertragung durch die Satzung oder durch Beschluss der Mitgliederversammlung (oder eines nach der Satzung sonst zuständigen Organs) gestattet, so hat der Vorstand nur ein ihm bei der Übertragung (insbesondere bei der Auswahl der Person des Vertreters) zur Last fallendes Verschulden zu vertreten. Für das Verschulden eines Gehilfen ist er nach § 278 BGB verantwortlich (§ 664 Abs. 1 S. 2 und 3 BGB).1 Zur Bevollmächtigung s. Rz. 710 ff. Vertretungsregelungen für den Fall der „Verhinderung“ eines Ressortverantwortlichen umfassen im Zweifel auch die Konstellation, dass das zu vertretende Vorstandsmitglied nicht wirksam gewählt oder aus dem Amt ausgeschieden ist.2 b) Allzuständigkeit und Ressortbildung
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Mehrere Personen als Vorstand sind kraft ihrer Amtsstellung für alle Angelegenheiten des Vereins zuständig3 (Allzuständigkeit). Jedes Vorstandsmitglied trifft deshalb die Pflicht zur Geschäftsführung (§ 27 Abs. 3 BGB); jedem Mitglied des Vorstands obliegt die verantwortliche Leitung der Geschäfte in ihrer Gesamtheit.4 Durch Zuständigkeitsverteilung5 können sich die Mitglieder des Vorstands dieser umfassenden Verantwortung nicht gänzlich entziehen.6
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Einem praktischen Bedürfnis folgend wird dennoch zumeist eine Ressortverteilung vorgenommen. Sie hat primär durch die Satzung zu erfolgen, liegt teilweise schon in der Beschreibung der Vorstandsämter („Schatzmeister“)7 und beschränkt insoweit die Befugnisse und damit korrespondierend die Verantwortlichkeit des jeweiligen Amtsträgers im Verhältnis zum Verein.8 Ohne Grundlage in der Satzung kann der Vorstand in einer einstimmig erlassenen Geschäftsordnung eine interne Ressortaufteilung vornehmen. Jedes Vorstandsmitglied kann sich „im Allgemeinen“ darauf verlassen, dass 1 Ausf. zur Inanspruchnahme externer Berater (bei Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft) Witte/Indenhuck, BB 2014, 2563. 2 OLG Hamm v. 10.4.2019 – 8 U 98/18, BGH v. 6.11.2018 – II ZR 57/16, MDR 2019, 110 = ZIP 2019, 22 (zu einer Genossenschaft). 3 BGH v. 15.10.1996 – VI ZR 319/95, MDR 1997, 151 = NJW 1997, 130 für GmbH-Geschäftsführer. 4 BGH v. 15.10.1996 – VI ZR 319/95, MDR 1997, 151 = NJW 1997, 130. 5 Zu den Gestaltungsmöglichkeiten (Satzung oder bloße Geschäftsordnung) für eine Ressortverteilung im Vorstand einer Aktiengesellschaft s. Langer/Peters, BB 2012, 2576. 6 BGH v. 15.10.1996 – VI ZR 319/95, AG 1997, 37 = MDR 1997, 151 = NJW 1997, 130. Dazu Ehlers, NJW 2011, 2689, 2691. Ausf. zu Haftungsfragen bei Aufgabendelegation im Vorstand und auf besondere Vertreter Brouwer, NZG 2019, 481 (485 ff.). 7 Steffen in BGB-RGRK, 1982, § 28 Rz. 5 a.A. Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 277a; Reichert/ Wagner, Kap. 2/Rz. 2560: Abgrenzung zu unbestimmt. Zur Eintragung im Vereinsregister (nur bei Auswirkung auf das Vertretungsrecht) Schäfer, RNotZ 2005, 481 (482, 483). 8 Burgard/Heimann, ZStV 2019, 161 (163).
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7. Geschäftsführung des Vorstands (§ 27 Abs. 3, §§ 32, 40, 664–670 BGB) | Rz. 559 XI.
das zuständige Mitglied des gesamten Vorstands die ihm zugewiesenen Aufgaben ordnungsgemäß erledigt.1 Je ungenauer das Sachgebiet abgegrenzt ist, umso stärker bleiben die übrigen Vorstandsmitglieder aber in der Verantwortung. Eine vollständige Auslagerung der Ressortverantwortung kommt nur bei eindeutiger und von allen Vorständen getragenen (soweit nicht steuerrechtliche Pflichten betroffen sind, nicht zwingend schriftlicher2) Aufgabenfestlegung in Betracht.3 Nur bei genauer Zuweisung kann sie (haftungsrechtlich) Wirkung auch nach außen erlangen, insbesondere hinsichtlich der Erfüllung steuerlicher Pflichten (dazu Rz. 574, 773).4 Der Gesetzgeber schätzt das etwas großzügiger ein (Rz. 775). Auch dann bleiben die Ressortleiter zu wechselseitiger Information und grundsätzlich zur Überwachung der Aufgabenerfüllung der anderen Vorstandsmitglieder verpflichtet (der Umfang ist str.).5 Es wurde gefordert, dass der Einblick jedes einzelnen Vorstandsmitglieds auch in die fremde Ressortentwicklung jedenfalls so weit reichen müsse, dass es seiner Insolvenzantragspflicht gerecht werden kann.6 Einem GmbHGeschäftsführer verwehrt der BGH sogar dann die Berufung auf fehlende Erkennbarkeit einer Insolvenzreife, wenn ihm Informationen vorenthalten wurden und er seine Kontrolle im Wesentlichen auf regelmäßige Besprechungen mit dem Finanzzuständigen ohne eigene Plausibilitätsprüfung beschränkt hatte.7 Derart hohe Anforderungen sollte man an Vereinsvorstände allenfalls bei entgeltlicher Tätigkeit und kaufmännisch eingerichtetem Geschäftsbetrieb stellen. Die Überwachungspflichten dürfen auf keinen Fall soweit gezogen werden, dass die mit der Aufgabenteilung erstrebten Effizienzgewinne wieder verlorengehen.8
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Wenn ein externer Prüfer bereits auf Unregelmäßigkeiten hingewiesen hat, darf ein Mitvorstand aber nicht mehr ohne weiteres auf das ordnungsgemäße Handeln des Ressortverantwortlichen vertrauen.9 Es gilt ein System anlassbezogener abgestufter Kontrollpflichten.10 Wenn die Ressortverteilung zwischen den Vorständen selbst ver-
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1 BGH v. 15.10.1996 – VI ZR 319/95, AG 1997, 37 = MDR 1997, 151 = NJW 1997, 130, für GmbH-Geschäftsführer. 2 BGH v. 6.11.2018 – II ZR 11/17, MDR 2019, 298 = GmbHR 2019, 227 (zur GmbH). 3 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2560. 4 BFH v. 17.5.1988 – VII R 89/85; Schießl, SpuRt 2004, 53 (54, 55). Gegen eine Außenwirkung spricht auch die in der Praxis zunehmend nicht mehr vorgenommene Eintragung der Amtsbezeichnungen im Register (Schäfer, RNotZ 2005, 481 ff.). Ausführlich und in der Tendenz großzügiger als hier für Haftungsbeschränkungen Herrmann in FS Röhricht, 2005, S. 1191 ff. In der Tendenz enger wiederum Ehlers, NJW 2011, 2689 (2691). 5 Rüsken, BFH-PR 2003, 361 f.; Reichert, Rz. 2618; OLG Frankfurt v. 14.8.2002 – 7 U 175/ 01, OLGR Frankfurt 2003, 78 ff.; FG Münster v. 23.6.2004 – 7 K 5035/00 L, FG-Report 2005, 95 f.; vgl. auch (zur GmbH): BGH v. 15.10.1996 – VI ZR 319/95, BGHZ 133, 370 ff. = MDR 1997, 151. = GmbHR 1997, 25; a.A. Hadding in Soergel, § 27 Rz. 23 und (jedenfalls bei klarer Ressortabgrenzung) Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 250. 6 Haas, SpuRt 1999, 1 ff. (3). 7 BGH v. 6.11.2018 – II ZR 11/17, BGHZ 220, 162–178 = MDR 2019, 298 (zur GmbH). 8 Heermann, NJW 2016, 1687, 1688. 9 OLG Frankfurt v. 20.2.2006 – 23 U 150/05, OLGR 2006, 918 (zu § 34 GenG). 10 Heermann, NJW 2016, 1687, 1688 m.w.N.
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XI. Rz. 559 | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit
einbart ist, wird man höhere Anforderungen an die Sachgerechtigkeit und fachlich wie persönlich angemessene Aufgabenzuweisungen stellen können, als wenn eine Satzung oder die Bestimmung durch das Wahlorgan sie vorgibt.1 Im Streit kann das Gesamtgremium die Entscheidung an sich ziehen.2 Die Zuständigkeit des Gesamtorgans insbesondere für nicht delegierbare Angelegenheiten der Geschäftsführung muss bei der Ressortverteilung gewahrt bleiben3. c) Bindung an Weisungen 560
Der Vorstand ist dem Verein verpflichtet, seine Tätigkeit nach den Weisungen auszuüben, die ihm von einem zuständigen Vereinsorgan4 zulässigerweise erteilt sind. Zu Weisungen hinsichtlich der Ausübung des Vertretungsrechts s. auch Rz. 546. Weisungen kann insbesondere die Mitgliederversammlung (als oberstes Vereinsorgan) in allen Fragen der Vereinstätigkeit und -leitung jederzeit erteilen (vgl. § 32 BGB). Wenn in der Satzung einzelne Entscheidungen aber ausdrücklich dem Vorstand oder anderen Organen zugewiesen sind, kann sich die Mitgliederversammlung nur mit satzungsändernder Mehrheit darüber hinwegsetzen.5 Da die Mitgliederversammlung nicht laufend zusammentreten kann, sehen Vereinssatzungen vielfach vor, dass das Weisungsrecht zwischen den Versammlungen einem anderen Organ zusteht, so dem erweiterten Vorstand, dem Aufsichtsrat usw. Die Satzung kann die Beaufsichtigung des Vorstands und die Befugnis, ihm Weisungen zu erteilen, auch ganz einem anderen Organ übertragen, der Mitgliederversammlung sonach praktisch jeden unmittelbaren und entscheidenden Einfluss auf die Geschäftsführung und das Finanzgebaren des Vereins nehmen.6
561
Von derart erteilten Weisungen darf der Vorstand – nur – abweichen, wenn er den Umständen nach annehmen darf, dass der Auftraggeber auch bei Kenntnis der Sachlage die Abweichungen billigen würde. Vor der Abweichung hat er dem zuständigen Vereinsgremium Anzeige zu machen und dessen Entschließung abzuwarten, wenn nicht mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist (§ 665 BGB).
562
An eine Weisung, die nicht wirksam beschlossen ist7 oder die ein rechts- oder sittenwidriges Handeln erfordern würde, ist der Vorstand nicht gebunden. 1 2 3 4
Schockenhoff GmbHR 2019, 514, 518. Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2563. BGH v. 6.11.2018 – II ZR 11/17, BGHZ 220, 162–178 = MDR 2019, 298 (zur GmbH). Ein Vereinsmitglied kann nicht gegen eine als Vorstand tätige Person eine einstweilige Verfügung auf Unterlassung dieser Tätigkeit erwirken, OLG Düsseldorf v. 2.12.1982 – 18 U 220/82, MDR 1983, 488. Gegenüber einem außenstehenden Dritten besteht keine Verpflichtung des Vorstands (sonst eines Vereinsorgans oder des Inhabers eines Vereinsamts), satzungsgemäß (damit auch gemäß den Weisungen eines Vereinsorgans) zu handeln, BGH v. 29.6.1987 – II ZR 295/86, BGHZ 101, 193 (198). 5 OLG Celle v. 28.8.2017 – 20 W 18/17, NJW-RR 2017, 1186 mit Anm. Engel ZStV 2018, 148. Vgl: auch Burhoff, Rz. 279: Im Bereich der satzungsmäßigen Zuständigkeiten des Vorstands kann die Versammlung nur Empfehlungen geben, muss ihn ggf. abwählen. 6 KG Dt. Justiz 1936, 1948. 7 BGH v. 2.7.2007 – II ZR 111/05, MDR 2007, 1446 = NJW 2008, 69.
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7. Geschäftsführung des Vorstands (§ 27 Abs. 3, §§ 32, 40, 664–670 BGB) | Rz. 565 XI.
Das einzelne Mitglied anstelle der Mitgliederversammlung kann in aller Regel ein bestimmtes Vereins- oder Vorstandshandeln nicht gerichtlich einfordern. Etwas anderes gilt allenfalls beim Verein mit Aufnahmezwang, weil das Mitglied hier nicht mit Austritt reagieren kann.1
563
d) Vereinsvermögensverwaltung Die Geschäftsführungspflicht des Vorstands verpflichtet vor allem auch zur ordnungsgemäßen Vermögensverwaltung. Insbesondere muss der Vorstand für Erhaltung des Vereinsvermögens und rechtzeitige Befriedigung der Vereinsverbindlichkeiten Sorge tragen.
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Bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung des Vereins (Rz. 1235) hat der Vorstand die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen (§ 42 Abs. 2 S. 1 BGB). Wird die Stellung des Antrags verzögert, so sind die Vorstandsmitglieder, denen ein Verschulden zur Last fällt, den Gläubigern (bei schuldhafter Verletzung des Anstellungsverhältnisses u.U. auch dem Verein) für den daraus entstehenden Schaden – persönlich – verantwortlich.2 Mehrere haften als Gesamtschuldner (§ 42 Abs. 2 S. 2 BGB). Gläubigern, die ihre (vertragliche) Forderung nach dem Zeitpunkt erworben haben, zu dem der Vorstand Insolvenzantrag hätte stellen müssen (Neugläubiger), ist der Individualschaden (negatives Interesse; nicht der wegen der Insolvenz entwertete Erfüllungsanspruch) zu ersetzen, der entstanden ist, weil sie mit dem insolventen Verein (noch) in Rechtsbeziehungen getreten sind.3 Sie können diesen Schaden gegenüber dem Vorstand auch während des Insolvenzverfahrens des Vereins selbst geltend machen.4 Altgläubigern wird dagegen (nur) der Quotenschaden ersetzt, also die Differenz zwischen dem Betrag, den sie bei rechtzeitiger Antragstellung noch erhalten hätten, und der tatsächlich erzielten Quote.5 Eine Haftung des Vereinsvorstands für in der Krise geleistete Zahlungen analog §§ 92 Abs. 3 Nr. 6, 93 Abs. 3 AktG (und § 64 Abs. 2 GmbHG; § 92 Abs. 2 GenG) besteht hingegen nicht.6 Eine planwidrige Lücke des Ge-
565
1 OVG NW v. 12.4.2019 -16 A 1499/09 –, juris mit Anm. Kluth, NVwZ 2019, 1688. Soweit die Revision zugelassen wurde (BVerwG v. 22.10.2019 – 8 B 60/19 –, juris), betrifft dies nicht die hier angesprochene Frage. 2 Zur Haftung von Organträgern für Insolvenzverschleppungsschäden Windel, KTS 1991, 477. 3 BGH v. 8.3.1999 – II ZR 159/98, MDR 1999, 1011 = GmbHR 1999, 2182 = NJW 1999, 2182; BGH v. 6.6.1994 – II ZR 292/91, MDR 1994, 781 = NJW 1994, 2220; BGHZ 126, 181 = NJW 1994, 220 (je für Gesellschaft mbH); OLGR Hamm 2001, 265 (für Verein). 4 BGHZ 126, 181 = MDR 1994, 781 = NJW 1994, 220; BGH v. 6.6.1994 – II ZR 292/91, MDR 1994, 781 = GmbHR 1994, 538 = NJW 1994, 2220. 5 BGH v. 30.3.1998 – II ZR 146/96, GmbHR 1998, 594 = MDR 1998, 787 (GmbH); OLG Düsseldorf v. 20.6.1985 – 6 U 78/84, AG 1985, 276 = ZIP 1985, 876 ff. 6 Hinweis des BGH v. 8.2.2010 – II ZR 54/09, MDR 2010, 704 = FamRZ 2010, 1070 = DB 2010, 1055 f. in Bestätigung zu OLG Hamburg v. 5.2.2009 – 6 U 216/07, OLGR Hamburg 2009, 247 ff. Ebenso OLG Karlsruhe v. 19.6.2009 – 14 U 137/07, ZIP 2009, 1716. A.A. Wischemeyer, DZWiR 2005, 230 ff. und Passarge, ZInsO 2005, 176 ff. Die Analogie zu Recht ablehnend Koza, DZWiR 2008, 98 ff., s. auch Müller, Haftung des Stiftungsvorstands wegen Insolvenzverschleppung, ZIP 2010, 153 ff.
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XI. Rz. 565 | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit
setzes besteht nicht, denn der Gesetzgeber hat (zuletzt im Rahmen der Einfügung des § 31a BGB) seinen Willen bestätigt, die Haftung der Vereinsvorstände zu begrenzen. Auch eine Strafbarkeit wegen Insolvenzverschleppung (§ 15a Abs. 4 InsO) ist für den Vereinsvorstand zu verneinen.1 e) Kassenaufzeichnungen, Belegaufbewahrung 566
Einnahmen und Ausgaben hat der Vorstand geordnet und übersichtlich aufzuzeichnen (Buchführungspflicht). Die Zusammenstellung, somit Aufzeichnung der Geldbewegungen (Einnahmen und Ausgaben), ist Geschäftsführungspflicht des Vorstands; sie ergibt sich aus § 27 Abs. 3 mit § 666 BGB (Verpflichtung zur Auskunft und Rechenschaftslegung)2 sowie § 259 Abs. 1 BGB (Inhalt und Form der Rechenschaftspflicht). „Formelle Zusammenstellung“ der Einnahmen und Ausgaben (§ 259 Abs. 1 BGB) gebietet schriftliche Aufzeichnung der nachzuweisenden Geldbewegungen in übersichtlicher Gliederung. Die Kassenaufzeichnungen müssen so beschaffen sein, dass der Sollbestand jederzeit mit dem Istbestand der Vereinskasse verglichen werden kann (Kassensturzfähigkeit). Der Rechenschaftspflicht des Vorstands gegenüber der Mitgliederversammlung (Rz. 576 ff.) entspringt die Verpflichtung, die Aufzeichnungen nach Geschäftsjahren (wenn solche nicht gesondert bestimmt sind: nach Kalenderjahren) abzuschließen. Belege zu Aufzeichnungen (§ 259 Abs. 1 BGB) sind gesondert zu sammeln und aufzubewahren.
567
Dass der Vorstand jeweils zu Beginn eines Kalender- oder Wirtschaftsjahres oder für seine Wahlperiode einen Wirtschaftsplan (Haushaltsplan, Kostenvoranschlag) aufzustellen und der Mitgliederversammlung zur Genehmigung vorzulegen hat, ist gesetzlich nicht bestimmt. Aufstellung eines Wirtschaftsplans und genehmigende Beschlussfassung der Mitgliederversammlung kann dem Vorstand jedoch durch die Satzung aufgetragen3 oder in einer ihn als Weisung verpflichtenden Geschäftsordnung vorgesehen sein. Zweckmäßig ist eine Festlegung des Geschäftsjahrs in der Satzung, sonst ist Geschäftsjahr das Kalenderjahr.4 Die Mitgliederversammlung (oder ein anderes satzungsgemäß bestimmtes Organ) kann den Vorstand auch durch Mehrheitsbeschluss anweisen, einen Wirtschaftsplan vorzulegen (§ 27 Abs. 3 BGB). Der Vorstand kann überdies aus eigener Initiative der Mitgliederversammlung einen Wirtschaftsplan zur Beschlussfassung vorlegen. Die Genehmigung des Wirtschaftsplan durch die Mitgliederversammlung (Mehrheitsbeschluss) hat die Wirkung einer vereinsintern bindenden Weisung für die Geschäftsführung des Vorstands. Aber auch Vorlage eines durch die Mitgliederversammlung nicht zu genehmigenden Wirtschaftsplans kann als Selbstbindung des Vorstands gleichfalls zur Beachtung der Ansätze verpflichten. Eine Abweichung ist dem Vorstand dann nur ermöglicht, wenn die Ansätze des Wirtschaftsplans (bei denen es sich meist um geschätzte Beträge handeln wird) sich als unrichtig erweisen, durch neue Tatsachen überholt oder aus anderen Gründen hinfällig geworden sind. Außerdem muss es den Umständen nach an1 2 3 4
Brand/Reschke, NJW 2009, 2343. Aktuell zum Ganzen Oehlrich, SpuRt 2020, 237–241. Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2590. Burhoff, Rz. 194.
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7. Geschäftsführung des Vorstands (§ 27 Abs. 3, §§ 32, 40, 664–670 BGB) | Rz. 572 XI.
zunehmen sein, dass eine Mitgliederversammlung (das sonstige Weisungsorgan) bei Kenntnis der Sachlage die Abweichung billigen würde (§ 27 Abs. 3 mit § 665 BGB, entspr. Anwendung). f) Steuerliche Aufzeichnungspflichten § 34 Abs. 1 S. 1 AO sieht vor, dass der Vorstand als gesetzlicher Vertreter des Vereins dessen steuerliche Pflichten zu erfüllen hat.1
568
Ein wegen seines gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecks steuerbegünstigter Verein (Rz. 107 ff., 1818 ff.) hat dem Finanzamt den Nachweis, dass seine tatsächliche Geschäftsführung den Erfordernissen der Steuerbegünstigung entspricht, durch ordnungsgemäße Aufzeichnungen über seine Einnahmen und Ausgaben zu führen (§ 63 Abs. 3 AO). Deshalb hat nach § 140 AO der Vorstand des Vereins die Verpflichtung zur Aufzeichnung der Einnahmen und Ausgaben, die ihm bereits nach § 27 Abs. 3 mit § 666 und § 259 Abs. 1 BGB obliegt, zugleich auch für die Besteuerung zu erfüllen. Von Zuwendungsbestätigungen (Rz. 1880) ist ein Doppel aufzubewahren. Ihre zweckmäßige Verwendung muss der Verein nachweisen.
569
Der Vorstand eines nicht steuerbegünstigten (eingetragenen oder wirtschaftlichen) Vereins hat Aufzeichnungen für Steuerzwecke dann zu führen, wenn und soweit ihn andere Gesetze zur Aufzeichnung der Einnahmen und Ausgaben verpflichten (§ 140 AO). Ein Verein mit kaufmännischem Betrieb ist als Kaufmann (§ 33 HGB) nach §§ 238 ff. HGB zur Buchführung verpflichtet. Der Vorstand eines (eingetragenen oder wirtschaftlichen) Vereins hat darüber hinaus die weitergehenden Vorschriften der AO über die Führung von Büchern und Aufzeichnungen (§§ 140 ff. AO) zu beachten. Demnach begründet für Vereine als gewerbliche Unternehmer oder als Land- und Forstwirte § 141 AO ab bestimmten Umsatz- oder auch Gewinnzahlen eine Verpflichtung zur Buchführung und zu jährlichem Abschluss.
570
Die Verpflichtung ist vom Beginn des Wirtschaftsjahres an zu erfüllen, das auf die Bekanntgabe der Mitteilung folgt, durch die die Finanzbehörde auf den Beginn dieser Verpflichtung hingewiesen hat (§ 141 Abs. 2 S. 1 AO). Sie endet mit dem Ablauf des Wirtschaftsjahres, das auf das Wirtschaftsjahr folgt, in dem die Finanzbehörde feststellt, dass die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen (§ 141 Abs. 2 S. 2 AO). Weitere Einzelheiten regeln §§ 142–146 AO.
571
Als gewerblicher Unternehmer kann der Verein überdies zur gesonderten Aufzeichnung des Warenein- und Warenausgangs verpflichtet sein (§§ 143, 144 AO). Steuerliche Aufzeichnungspflichten kann der Verein weiter nach Einzelsteuergesetzen zu erfüllen haben. So hat ein körperschaftsteuerpflichtiger Verein mit wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb als (nicht buchführungspflichtiger) Gewerbebetrieb nach § 4 Abs. 3 EStG mit § 8 KStG eine Einnahmeüberschussrechnung zu erstellen, ein Verein als Arbeitgeber nach § 41 EStG ein Lohnkonto für jeden Arbeitnehmer zu führen, ein Verein als Unternehmer nach § 22 UStG zur Feststellung von Umsatzsteuer und 1 Ausf. Oehlrich, SpuRt 2020, 237–241.
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572
XI. Rz. 572 | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit
der Grundlagen ihrer Berechnung Aufzeichnungen zu machen usw. Hinsichtlich der Form der Steuerklärung kann kleinen Vereinen § 150 Abs. 8 AO helfen: Die Verpflichtung z.B. zur Abgabe elektronischer Erklärungen tritt zurück, wenn das nach den Verhältnissen des Vereins wirtschaftlich unangemessen wäre. 573
Als politische Partei hat ein Verein nach § 28 PartG Bücher zu führen. g) Öffentlich-rechtliche Zahlungspflichten
574
Öffentlich-rechtliche Pflichten hat der Vorstand für den Verein zu erfüllen.1 Insbesondere hat der Vorstand nach § 34 Abs. 1 S. 2 AO dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Geldern des Vereins entrichtet werden. Ebenso gehört die Abführung der Arbeitnehmeranteils für Sozialversicherungsbeiträge zu den dem Vorstand auferlegten öffentlich-rechtlichen Pflichten. Kommt er solchen Pflichten nicht nach, kann er im Einzelfall strafrechtlich und haftungsrechtlich verantwortlich sein. Für Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (Steueranspruch usw., § 37 AO) einschließlich Säumniszuschläge begründet § 69 AO eine Haftung des Vorstands, der die ihm auferlegten Pflichten vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt. Danach haftet auch der ehrenamtlich und unentgeltlich tätige Vereinsvorsitzende.2 In einem mehrgliedrigen Vorstand ist (grundsätzlich) jedes Vorstandsmitglied verantwortlich (Rz. 555 f.).3 Im Einzelfall kann sich dann jedoch die deliktische (straf- und haftungsrechtliche) Verantwortlichkeit des Vorstands beschränken.4 Verletzung steuerlicher Pflichten kann bei einem als gemeinnützig anerkannten Verein überdies die Gemeinnützigkeit in Frage stellen (§ 63 AO). Steuerliche Pflichten für den Zeitraum seiner Organstellung können den Vorstand auch noch nach dem Ausscheiden aus dem Amt treffen (§ 36 AO).
575
§ 31a BGB (Haftungsbeschränkung ehrenamtlicher Vereinsvorstände) betrifft nicht sozialversicherungs- und abgabenrechtlichen Pflichten der Vereinsvorstände.5 Zur Haftung für Steuerzahlungen und Sozialabgaben nochmals Rz. 773. h) Auskunftspflicht
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Der Vorstand hat dem Verein, d.h. dem nach der Satzung dafür zuständigen Vereinsorgan (Mitgliederversammlung, erweiterte Vorstandschaft, Revisoren, Rechnungsprüfer usw.) die erforderlichen Nachrichten zu geben, auf Verlangen über den Stand der
1 BGH v. 15.10.1996 – VI ZR 319/95, BGHZ 133, 370 = MDR 1997, 151 für Geschäftsführer der GmbH. 2 BFH v. 23.6.1998 – VII R 4/98, BStBl. II 1998, 761 = NJW 1998, 3374 (3375) für Vorsitzenden des Vereins, der sich als solcher wirtschaftlich betätigt und Arbeitnehmer beschäftigt = EWiR § 26 BGB S. 1063 m. insoweit krit. Anm. Kirberger. 3 BGH v. 15.10.1996 – VI ZR 319/95, BGHZ 133, 370 = MDR 1997, 151 (377) für GmbHGeschäftsführer; BFH 75, 206 = BStBl. III 1962 342 (344) = NJW 1962, 1620 (für GmbHGeschäftsführer); BFH 202, 22. 4 BGH v. 15.10.1996 – VI ZR 319/95, BGHZ 133, 370 = MDR 1997, 151 (377); BFH 186, 132; BFH 202, 22; dazu auch Plewka und Söffing, NJW 1999, 912 (914). 5 Vgl. BT-Drucks. 16/10120 v. 13.8.2008; Möllmann, DStR 2010, 2125 ff. (2131).
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7. Geschäftsführung des Vorstands (§ 27 Abs. 3, §§ 32, 40, 664–670 BGB) | Rz. 580 XI.
Geschäfte, d.h. der Vereinsangelegenheiten, Auskunft zu erteilen1 und satzungsgemäß Rechenschaft abzulegen (§ 27 Abs. 3, § 666 BGB). Zur Auskunft ist der Vorstand jeder Mitgliederversammlung, also nicht erst nach Beendigung seines Amtes, verpflichtet. Die Auskunftspflicht erstreckt sich auf die Information über alle wesentlichen Vorkommnisse im Berichtszeitraum. Dazu können auch die Angelegenheiten einer vom Verein (auch einem Dachverband) zur Auslagerung seines wirtschaftlichen Betriebs als Gesellschaft mbH gegründeten und betriebenen Tochtergesellschaft gehören, soweit sie auch für den Verein objektiv von erheblicher wirtschaftlicher oder rechtlicher Bedeutung sind.2
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Geltend gemacht werden kann der Auskunftsanspruch von jedem Mitglied3, vorausgesetzt, dass eine verlangte Auskunft zur Meinungsbildung (auch z.B. als Grundlage für die Willensbildung über die Entlastung der Vorstandschaft) erforderlich und der ordnungsgemäßen Erledigung der Tagesordnung dienlich ist.4 Auch über die Zwecke der Mitgliederversammlung im engeren Sinne hinaus hat jedes Mitglied ein Recht auf Einsicht in die Bücher und Urkunden des Vereins, wenn und soweit es ein berechtigtes Interesse darlegen kann, dem kein überwiegendes Geheimhaltungsinteresse des Vereins oder berechtigte Belange der anderen Vereinsmitglieder entgegenstehen.5 Zu diesem individuellen Auskunftsanspruch des einzelnen Mitglieds s. Rz. 402.
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Auskunft erteilt der Vorstand in der Mitgliederversammlung als Geschäfts- oder Rechenschaftsbericht, der den Kassenbericht einzuschließen hat. Zugang und Abgang von Mitgliedern hat der Bericht auszuweisen.6 Zum pflichtgemäßen Inhalt des Rechenschaftsberichts gehört es, die Vereinsmitglieder über alles zu unterrichten, was nach Verkehrsanschauung und vernünftigem Ermessen zur sachgemäßen Beurteilung der Geschäftsführung und der Entlastungsfrage durch die Mitgliederversammlung erforderlich ist.7
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Sachgemäße Fragen, die durch die Versammlung zum Rechenschaftsbericht (mit Kassenbericht) zugelassen werden, hat der Vorstand zu beantworten. Ob der schriftlich niederzulegende Kassenbericht jedem anwesenden Versammlungsteilnehmer (Vereinsmitglied) vorzulegen oder sein Inhalt nur mündlich vorzutragen und den Mitgliedern Gelegenheit zur Einsicht zu geben ist, bestimmt sich nach der Satzung, mangels Satzungsbestimmung nach Gewohnheitsrecht, also nach ständiger Übung im Verein.
580
1 BGH v. 11.11.2002 – II ZR 125/02, BGHZ 152, 339 = NJW-RR 2003, 830 (Auskunftsrecht der Landesverbände gegen den Vorstand ihres Dachverbandes auf dessen Vertreterversammlung). 2 BGH v. 11.11.2002 – II ZR 125/02, BGHZ 152, 339 = NJW-RR 2003, 830, auch zu den Grenzen dieses Informationsrechts bei (vorrangigem) berechtigtem Geheimhaltungsinteresse. 3 BGH v. 11.11.2002 – II ZR 125/02, BGHZ 152, 339 = NJW-RR 2003, 830; LG Stuttgart v. 17.2.2000 – 6 S 4/99, NJW-RR 2001, 1478. 4 LG Stuttgart v. 17.2.2000 – 6 S 4/99, NJW-RR 2001, 1478. 5 BGH v. 21.6.2010 – II ZR 219/09, ZIP 2010, 2397. 6 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 282. 7 BGH NJW-RR 1988, 745 (748 li. Sp.).
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XI. Rz. 580 | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit
Außerhalb der Mitgliederversammlung braucht der Vorstand einzelnen Mitgliedern keine Auskunft über den laufenden Geschäftsgang und Geschäftszahlen erteilen.1 i) Herausgabepflicht 581
Spätestens bei Beendigung seines Amtes hat der Vorstand dem Verein alles, was er zur Amtsführung erhalten oder erlangt hat, herauszugeben. Herauszugeben sind also insbesondere Geld, Urkunden, Schriftwechsel, Bankauszüge, sonstige Aufzeichnungen, Berichte, Protokolle2 usw. (§ 667 BGB). Auf die Vorstandstätigkeit bezogene Dateien sind dem Verein zur Verfügung zu stellen und dann auf dem privaten Rechner des vormaligen Amtsinhabers zu löschen (Rz. 1917). Zugangsrechte (Kennworte etc) zur Administration eines Vereinsauftritts in Online-Medien sind dem Verein auch dann zur Verfügung zu stellen, wenn das Angebot zunächst von einem privatem Account aus eingerichtet wurde.3 Zur weiteren Kostentragung kann der ehemalige Vorstand nicht verpflichtet werden. Bei einem substanziellen Privatanteil ist er nicht zur Abgabe seines Accounts verpflichtet, sondern muss bei der Übertragung der Vereinsinhalte auf eine neue Vereinsseite mitwirken. Hat der Vorstand – nach Erlaubnis –Geld des Vereins für sich verwendet, so hat er das herauszugebende Geld von der Zeit der Verwendung an zu verzinsen (§ 668 BGB). Für die Praxis empfiehlt sich dringend, jede Amtsübergabe mithilfe eines Inventarverzeichnisses nachzuvollziehen.4 Denn häufig ist im Verein nicht bekannt, wer welche Unterlagen verwaltet und eine Herausgabeklage ist auf dieser Basis schwer zu formulieren. Die Herausgabepflicht besteht auch, wenn dem Vorstand noch nicht Entlastung erteilt ist. j) Aufwendungsersatz
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Der Vorstand hat – auch ohne ausdrückliche Satzungsregelung5 – Anspruch auf Aufwendungsersatz (§ 27 Abs. 3, § 670 BGB). Aufwendungen sind alle Vermögensopfer mit Ausnahme der eigenen Arbeitszeit und Arbeitskraft,6 die der Vorstand zur Erfüllung seiner Aufgaben freiwillig, auf Weisung des zuständigen Vereinsorgans oder als notwendige Folge seiner Geschäftsführung erbringt.7 Dazu zählen alle Auslagen des Vorstands, insbesondere für Reisen, Post- und Telefonspesen, sowie zusätzliche Beher-
1 Lepke, NJW 1966, 2099; KG v. 17.12.1998 – Kart U 3669/98, NJW-RR 1999, 1486; BayObLG 1972, 161 = MDR 1972, 691 (Ls.) = NJW 1972, 1377, dieses für WEG. Zum Mitgliederanspruch auf Einsicht in den Geschäftsbericht eines wirtschaftlichen Vereins s. aber LG Mainz v. 17.1.1989 – 6 S 110/88, BB 1989, 812. Vgl. auch AG München v. 6.5.2009 – 161 C 33444/08, juris (Auskunftserteilung durch den Rechnungsprüfer an Mitglieder außerhalb der Mitgliederversammlung unzulässig). 2 S. BGH NJW 1957, 832 (833). 3 LG Frankfurt v. 24.7.2020 – 2-15 S 187/19, NZG 2020, 1278. 4 Röcken, ZStV 2014, 236 (240). 5 Hamdan, MDR 2015, 374. 6 BGH v. 3.12.2007 – II ZR 22/07, NJW-RR 2008, 842 = MDR 2008, 697; kein Aufwendungsersatz, sondern Vergütung ist daher auch die Bezahlung einer Ersatzkraft, BGH v. 14.12.1987 – II ZR 53/87, MDR 1988, 646 = NJW-RR 1988, 745 (747). 7 BGH v. 14.12.1987 – II ZR 53/87, MDR 1988, 646 = NJW-RR 1988, 745 (746 re. Sp.).
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7. Geschäftsführung des Vorstands (§ 27 Abs. 3, §§ 32, 40, 664–670 BGB) | Rz. 585 XI.
bergungs- und Verpflegungskosten.1 Erstattungsfähig sind Aufwendungen, soweit sie tatsächlich angefallen sind, für die Ausführung der Vorstandstätigkeit erforderlich waren und sich in einem angemessenen Rahmen halten2 (vgl. auch Rz. 1829). Die Aufwendungen sind zu belegen und im Streitfall nachzuweisen.3 Für seine zur Amtsführung erforderlichen Aufwendungen kann der Vorstand einen Vorschuss einfordern (§ 27 Abs. 3 mit § 669 BGB). Abweichende Regelungen einschließlich einer abweichenden Übung im jeweiligen Verein sind zu beachten, soweit sie Ansprüche des Vorstands begrenzen. Zulasten des Vereins sind sie – als (verdeckte) Vergütung – nur bei ausdrücklicher Satzungsgrundlage möglich (§ 40, § 27 Abs. 3 Satz 2 BGB). Der Anspruch auf Aufwendungsersatz des nur organschaftlich (ohne Anstellungsvertrag) tätigen Vorstands als reine Geldforderung unterliegt unbeschränkt der Pfändung (keine Zweckbindung nach § 851 Abs. 1 ZPO). Eine schuldvertraglich geschuldete Aufwandsentschädigung (Rz. 602) des Vorstands als Teil seines Arbeitseinkommens ist dagegen im Rahmen des Üblichen nach § 850a Nr. 3 ZPO unpfändbar.4 Der Verzicht auf Aufwendungsersatz kann als Spende steuerwirksam sein (Rz. 1877). Bei Inanspruchnahme vorgezogener Altersrenten und Renten wegen verminderter Erwerbsunfähigkeit können Aufwandsentschädigungen (systemwidrig) als Hinzuverdienst zu berücksichtigen sein.5
583
Ein pauschaler Aufwandsersatz ohne Einzelnachweis muss sich an dem Betrag der Kosten orientieren, die mit der Tätigkeit typischerweise und im konkreten Fall verbunden sind.6 Der pauschal ermittelte Ersatzbetrag muss den tatsächlich entstandenen Aufwand angemessen abbilden und nach den Verhältnissen des jeweiligen Vereins angemessen sein. Bei Pauschalen, die ohne diese Voraussetzungen oder darüber hinaus gezahlt werden, handelt es sich um verdeckte Vergütungen (Rz. 587). Sitzungs- oder Tagegelder sind grundsätzlich möglich zur pauschalen Abgeltung eines Verpflegungsmehraufwands oder der Kosten auswärtiger Unterbringung oder sonstiger Spesen. Sie sind hingegen Vergütung, wenn sie in Wahrheit (auch) den Zeit- oder Arbeitsaufwand abgelten sollen oder unangemessen überhöht sind oder wenn die wesentlichen für die Pauschalabgeltung eingerechneten Aufwandspositionen schon auf andere Weise abgedeckt sind7 (z.B. durch unentgeltliche Beherbergung oder Beköstigung; Stellen von Material und Zahlung von Übernachtungskosten direkt durch den Verein).
584
Pauschalen als echter Aufwendungsersatz können durch Beschluss der Mitgliederversammlung, aber auch durch eine Geschäftsordnung des Vorstands oder individuell im Anstellungsvertrag des Vorstands festgelegt werden. Seit Geltung des § 27 Abs. 3 Satz 2 BGB ab 1.1.2015 wird das in der Literatur kritischer gesehen und eine ausdrückliche
585
1 2 3 4 5 6 7
BGH v. 14.12.1987 – II ZR 53/87, MDR 1988, 646 = NJW-RR 1988, 745 (746 re. Sp.). BGH v. 14.12.1987 – II ZR 53/87, MDR 1988, 646 = NJW-RR 1988, 745 (746 re. Sp.). OLG Celle v. 9.3.1994 – 20 U 44/93, NJW-RR 1994, 1545 (1547). Stöber, Forderungspfändung, Rz. 993; auch Rz. 1579 für Geschäftsführer einer GbR. Vgl. Entschließungsantrag BR-Drucks. 628/16. BGH v. 14.12.1987 – II ZR 53/87, MDR 1988, 646 = NJW-RR 1988, 745 (746 re. Sp.). BGH v. 14.12.1987 – II ZR 53/87, MDR 1988, 646 = NJW-RR 1988, 745 (746 re. Sp.).
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XI. Rz. 585 | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit
Satzungsregelung empfohlen.1 Solange aber „offensichtlich“2 der Erstattungsbetrag „die wirklich angefallenen Aufwendungen“ nicht übersteigt, handelt es sich gerade nicht um Vergütung, so dass eine vorsorgliche Satzungsregelung zwar hilfreich, rechtlich aber nicht geboten ist.3 586
Für andere Organe des Vereins gelten diese Grundsätze dann entsprechend, wenn ihre Tätigkeit nach der Satzung ehrenamtlich ausgeübt werden soll.4 Andere Tätigkeiten, insbesondere solche der nicht als ehrenamtlich bezeichneten besonderen Vertreter, Geschäftsführer etc., können vergütet werden.5 Die Organtätigkeit, für die nur ein Auslagenersatz in Betracht kommt, wird als ehrenamtliche Tätigkeit bezeichnet.6 Im Allgemeinen schließen sich ehrenamtliche Tätigkeit und Zahlung einer Vergütung aus.7 In Satzungen sollte der Begriff allerdings näher erklärt werden. Das Ehrenamtsstärkungsgesetz beispielsweise legt es in § 30a, § 30b BGB nahe, auch eine Vergütung bis zu 720 € jährlich noch darunter zu fassen.8 Ähnlich kann man das Mindestlohngesetz (Rz. 719–723) verstehen (str.). Auch in öffentlich-rechtlichen Vorschriften ist der Begriff der Ehrenamtlichkeit teils weiter gefasst.9 Das Gemeinnützigkeitsrecht hingegen ist begrifflich strenger (Rz. 1829) k) Vergütung
587
Vergütung (auch: Tätigkeits- oder Arbeitsentgelt) sind alle Leistungen für Tätigkeit des Vorstands ohne Rücksicht darauf, ob sie als Entgelt offen oder verschleiert (verdeckt) erbracht werden. Verdeckte Vergütung sind insbesondere auch sämtliche Erstattungen, die keinen tatsächlich entstandenen und belegbaren Aufwand abdecken. Ein Geldersatz für die in Wahrnehmung der Vorstandsaufgaben eingesetzte Arbeitszeit und Arbeitskraft und das dadurch voraussehbar bedingte Vermögensopfer in Form anderweit entgangener Verdienstmöglichkeiten sind stets Vergütung, auch wenn sie als Aufwandsentschädigung bezeichnet werden.10 Vergütungen (Arbeitsentgelt) sind deshalb auch Beträge, die an den Inhaber eines Vereinsamtes dafür gezahlt werden, dass er durch die Übernahme seines Amtes zeitweise verhindert ist, seine Arbeitskraft im eigenen Beruf oder Unternehmen einzusetzen.
1 Burhoff, Rz. 557; Hamdan, MDR 2014, 374. 2 So die von Burhoff, Rz. 557, vorgeschlagene Satzungsbestimmung. 3 Zur steuerlichen Anerkennung pauschaler Erstattungen (sie dürfen v.a. die tatsächlichen Kosten offensichtlich nicht übersteigen) auch Ziff. 8 im BMF-Schreiben v. 21.11.2014 – Abdruck im Anhang C 13. Vgl. auch LStR 13 (zu § 3 Nr. 12 EStG). 4 Vgl. BGH v. 3.12.2007 – II ZR 22/07, MDR 2008, 697 = WM 2008, 736; BGH v. 14.12.1987 – II ZR 53/87, MDR 1988, 646 = NJW-RR 1988, 745 (747 li. Sp.). 5 Ebenso die steuerrechtliche Wertung; dazu Schleder, Rz. 494. 6 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1167. 7 OVG Schleswig-Holstein v. 21.3.2019 – 3 LB 1/17, juris. 8 Bamberger/Roth/Schöpflin, spricht in § 31a Rz. 6 insoweit von „Quasi-Ehrenamtlichkeit“. 9 Vgl. Sitzungsgelder für Gemeindevertreter nach den Kommunalordnungen und die §§ 40, 41 SGB IV. 10 BGH v. 14.12.1987 – II ZR 53/87, MDR 1988, 646 = NJW-RR 1988, 745 (746 re. Sp.).
308 | Stöber/Otto
7. Geschäftsführung des Vorstands (§ 27 Abs. 3, §§ 32, 40, 664–670 BGB) | Rz. 590 XI.
Die Mitglieder des Vorstands sind unentgeltlich tätig. Es besteht kein Anspruch auf Vergütung (§ 27 Abs. 3 S. 2 BGB.1 Abweichungen bedürfen einer förmlichen Satzungsregelung (§ 40 BGB). Dabei muss nicht die konkrete Vergütung selbst in der Satzung geregelt werden.2 Ausreichend und wegen der höheren Flexibilität sehr empfehlenswert ist vielmehr eine Öffnungsklausel in der Weise, dass die Mitgliederversammlung Vergütungen beschließen darf. Die Satzung kann die Festsetzung auch einem anderen Organ überantworten (Beirat, Ausschuss usw.). Wird sie dem Vorstand übertragen, ist das betroffene Vorstandsmitglied selbst ausgeschlossen (§ 34 BGB bzw. § 181 BGB). Außerdem sollten in diesem Fall jedenfalls ein Gesamtrahmen oder Bestimmungsgrundsätze der Vergütung einem anderen Organ vorbehalten bleiben. Die Gewährung einer evident unangemessen hohen Vergütung liegt außerhalb der Kompetenz des zuständigen Organs; sie ist satzungswidrig und damit unwirksam.3 Die Vergütung darf sich nicht als verdeckte Gewinnausschüttung darstellen, wenn von der Anerkennung als steuerlich gemeinnützig die Eintragungsfähigkeit eines erwerbswirtschaftlich tätigen Idealvereins abhängt.4 Insofern bildet die Vorstandsvergütung einen Teil der Verwaltungskosten, die beim gemeinnützigen Verein nicht unverhältnismäßig sein dürfen.5
588
Ohne Satzungsgrundlage kann kein Anstellungsvertrag mit einem Vorstandsmitglied (Rz. 602) geschlossen werden, der eine Vergütung enthält. Eine offensichtlich unbegründete oder unangemessen hohe Vergütung ist rechtsgrundlos gezahlt; sie ist vom Empfänger zurückzugewähren. Die Entgegennahme evident satzungswidriger Vergütungen durch den Vorstand stellt zudem eine Verletzung seiner Pflichten dar, die ihn ggf. schadensersatzpflichtig macht.6 Die Entnahme einer Vergütung aus dem Vereinsvermögen in Kenntnis, dass ein dazu vorgesehener Mitgliederbeschluss fehlt, kann strafrechtlich den Untreuevorwurf begründen (§ 266 StGB).7
589
Es bedarf eines besonderen Verpflichtungsgrundes, wenn Vorstandsmitglieder außerhalb ihrer Organtätigkeit für den Verein bezahlt tätig werden sollen.8 An der Vertre-
590
1 Fassung seit 1.1.2015. Die Regelung entspricht im Wesentlichen der vorher schon überwiegenden Meinung, die allerdings Abweichungen auch gewohnheitsrechtlich und nicht nur durch Satzungsbestimmung zuließ (dazu ausf. m.N. 11. Aufl. Rz. 490). 2 Ausdrücklich gegen eine Regelung in der Satzung Reuter, npoR 2013, 41 (42) (wäre Sonderrecht i.S.d. § 35 BGB für die Mitgliedergruppe „Vorstandsmitglied“). 3 BGH v. 14.12.1987 – II ZR 53/87, MDR 1988, 646 = NJW-RR 1988, 745 (746 und 747 je li. Sp.). Das Merkmal „angemessene Vergütung“ ist gerichtlich voll nachprüfbar, BGH ebd. 4 RiBGH Wöstmann, zit. nach Ewerding u.a., Tagungsbericht 4. Vereinsrechtstag, npoR 2019, 185 (188). 5 Jansen/Fein, StuW 2019, 241–252. Der Vergleichsmaßstab ist str, vgl. dazu FG Mecklenburg-Vorpommern (GF einer gGmbH) v. 21.12.2016 – 3 K 272/13 und das dazu anhängige Verfahren des BFH unter v. 12.3.2020 – V R 5/17. 6 BGH v. 14.12.1987 – II ZR 53/87, MDR 1988, 646 = NJW-RR 1988, 745. 7 LG Lübeck v. 5.2.2014 – 3 Ns 89/13, wistra 2014, 455 (auch zu einem Umgehungsversuch durch Scheinrechnungen eines Dritten). 8 ZB OLG Köln v. 18.10.1989 – 2 U 30/89, MDR 1990, 244 = OLGZ 1990, 233: Abschluss eines Werkvertrags (Architektenvertrags) zwischen Verein und Mitglied (im entschiedenen Fall nicht nachgewiesen).
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XI. Rz. 590 | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit
tung des Vereins sind die Betroffenen dabei gehindert (§ 181 BGB). Völlig ausgeschlossen ist die entgeltliche Übernahme von Tätigkeiten außerhalb der originären Vorstandspflichten jedoch nicht.1 591
Wenn der Verein zugunsten von Vorständen eine D&O-Versicherung abschließt, also eine Versicherung, die für die Haftpflicht eines Vorstandsmitglieds gegenüber dem Verein eintritt, dann sichert er sich damit einen solventen Schuldner im Haftpflichtfall. Insofern ist dies vorrangig eine allgemeine Geschäftsführungsmaßnahme. Dennoch hat dies für das Vorstandsmitglied auch Vergütungscharakter. Bevor die Frage gerichtlich geklärt ist, sollte deshalb jedenfalls vorsorglich auch eine Entscheidung außerhalb des Vorstands selbst, also in der Regel der Mitgliederversammlung herbeigeführt werden sollte.2 Alternativ kann der Abschluss solcher Versicherungen schon in der Satzung vorgesehen werden. Das sollte dann als Klarstellung genügen, dass § 34 BGB – oder auch ein Gebot der Unentgeltlichkeit – dem konkreten Vertragsschuss durch den Vorstand nicht entgegenstehen. Der – ungewöhnliche – umgekehrte Fall, dass also die Satzung ausdrücklich die Vereinsleitung nicht von persönlicher Haftung freihalten will (soweit § 31a BGB es zulässt), würde den Abschluss einer solchen Versicherung hingegen wohl ausschließen.3
592
Zur steuerrechtlichen Behandlung (mit Rückwirkung auf die Sozialversicherungspflicht,4 § 14 SGB IV) s. unten (Rz. 1868). Die Zahlung von Vergütungen ohne Satzungsgrundlagen gefährdet wie auch ein zu hohes Honorar5 die Anerkennung des Vereins als gemeinnützig.6 Die dem Vorstand nach einem (schuldrechtlichen) Anstellungsvertrag zu leistende Vergütung ist Arbeitseinkommen, das nur nach Maßgabe der §§ 850a-i ZPO gepfändet werden kann7 (§ 850 Abs. 1 ZPO).
8. Verantwortlichkeit des Vorstands, Entlastung a) Verantwortlichkeit 593
Der Vorstand führt und leitet den Verein in den Grenzen der ihm erteilten Weisungen (Rz. 546) eigenverantwortlich. Er hat seine Tätigkeit und Geschäftsführung dem Verein zu verantworten; er ist daher für schuldhaftes Handeln (Vorsatz, Fahrlässigkeit, § 276 BGB) dem Verein grundsätzlich haftbar. Ausführlich hierzu, auch zur Haftungsbegrenzung des ehrenamtlich tätigen Vorstands (§ 31a BGB) bei Rz. 746 ff., 756 ff. Zur Ressortverantwortlichkeit s. Rz. 555 ff.). Für die Verwendung der Vereinsmittel gilt § 667 BGB.8 1 Ebenso aus steuerrechtlicher Sicht Schleder, Rz. 495. 2 Kreutz, ZStV 2011, 46 m.w.N. Vgl. für die Kapitalgesellschaften Armbrüster, NJW 2016, 897 (900). Anders Dreher/Fritz, npoR 2020, 171 (175). 3 Dreher/Fritz, npoR 2020, 171 (175). 4 Dazu Plagemann/Plagemann/Hesse, NJW 2015, 439. 5 BFH v. 12.3.2020 – V R 5/17 = DStR 2020, 1837–1846. 6 Hoppe/Groffy, npoR 2019, 205, 207. 7 Stöber, Forderungspfändung, Rz. 886. 8 OLG Frankfurt v. 24.10.2008 – 25 U 87/07, juris.
310 | Stöber/Otto
8. Verantwortlichkeit des Vorstands, Entlastung | Rz. 597 XI.
Handeln (oder Unterlassen) unter Verstoß gegen bindende und daher verpflichtende Weisungen kann eine pflichtwidrige Geschäftsführung sein, die zu Schadensersatz verpflichtet. Umgekehrt ist aber ein satzungswidriges oder gesetzlich unerlaubtes Verhalten des Vorstands durch einen dazu veranlassenden Beschluss der Mitgliederversammlung nicht ohne weiteres entschuldigt. Auch durch eine ihm zulässigerweise erteilte Weisung wird der Vorstand nicht entlastet, wenn ihn ein Verschulden trifft. Das gilt auch bei vorsätzlich oder fahrlässig unzutreffender oder unvollständiger Unterrichtung des Beschluss- oder sonstigen Weisungsorgans. Zum Sorgfaltsmaßstab s. Rz. 748. Im Haftpflichtprozess kann sich der Vorstand durch den Einwand entlasten, dass eine pflichtwidrig nicht eingeholte Zustimmung der Mitgliederversammlung erteilt worden wäre.1
594
Der persönlichen Bindung des Vorstands an den Verein entspringen seine allgemeine Sorgfalts- und Treuepflicht und seine Schweigepflicht über vertrauliche Vorgänge. Im Einzelfall können die Grenzen angesichts der Vielfalt der Vereinstätigkeit und des Vereinslebens recht unterschiedlich sein. In Anlehnung an § 93 Abs. 1 AktG wird aber der allgemeine Grundsatz gelten müssen, dass jedes Vorstandsmitglied bei seiner Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden und über alle ihm durch die Tätigkeit im Vorstand bekannt gewordenen vertraulichen Angaben und Geheimnisse des Vereins Stillschweigen zu bewahren hat. Keine Pflichtverletzung, jedenfalls aber kein Verschulden liegt vor, wenn ein Vorstandsmitglied (oder sonstiges Organmitglied einschl. des besonderen Vertreters) vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln.2
595
Einzelne Mitglieder haben unmittelbar gegen einzelne Organmitglieder keinen Anspruch auf richtige Amtsführung.3 Für die Inanspruchnahme des pflichtwidrig handelnden Organs ist der Verein zuständig, nicht das Einzelmitglied.4
596
b) Entlastung Etwa bestehende Ersatzansprüche (auch Bereicherungsansprüche) des Vereins gegen den Vorstand bringt die Entlastung zum Erlöschen.5 Durch Erteilung der Entlastung spricht die Mitgliederversammlung dem Vorstand ihr verbindliches Einverständnis mit der Art und Weise seiner Geschäftsführung während des zurückliegenden Zeitraums (dazu kann auch ein nicht abgeschlossenes Geschäftsjahr gehören, für das kein schriftlicher Kassenbericht vorliegt und Rechnungsprüfung nicht erfolgt ist6) und bei weiterer Tätigkeit zugleich ihr Vertrauen für die künftige Geschäftsführung als Vor-
1 BGH v. 14.6.2018 – IX ZR 232/17, MDR 2018, 1148 DB 2018, 2422. 2 Sog. Business Judgement Rule (vgl. für unternehmerische Entscheidungen § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG). S. a. den Entwurf eines neuen § 31a Abs. 1 BGB im „Professorenentwurf zur Stiftungsrechtsreform“, Beilage ZIP 10/2020. 3 LG Frankfurt/M. v. 6.2.1997 – 2723 O 374/96, NJW-RR 1998, 396 (397 f.). 4 OLG Celle v. 12.12.2017 – 20 W 20/17. 5 RG DR 1941, 506; BGH NJW 1957, 832. 6 BGH v. 21.4.1986 – II ZR 165/85, GmbHR 1986, 260 = MDR 1986, 825 = NJW 1986, 2250.
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597
XI. Rz. 597 | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit
stand aus.1 Sie verzichtet darauf, den Vorstand wegen einzelner in diese Zeitspanne fallender Vorgänge nachträglich haftungsrechtlich zur Rechenschaft zu ziehen.2 Die Entlastung wirkt wie ein Verzicht3 oder negatives Schuldanerkenntnis.4 Sie erfasst alle Ansprüche und erstreckt sich auf alle Vorkommnisse, die bei der Beschlussfassung bekannt oder bei sorgfältiger Prüfung aller Vorlagen und erstatteten Berichte erkennbar waren.5 Ansprüche, die aus dem Rechenschaftsbericht des Vorstandes und den der Mitgliederversammlung bei der Rechnungslegung unterbreiteten Unterlagen nicht oder doch in wesentlichen Punkten nur so unvollständig erkennbar sind, dass die Vereinsmitglieder die Tragweite der ihnen abverlangten Entlastungsentscheidung bei Anlegung eines lebensnahen vernünftigen Maßstabes nicht zu überblicken vermögen, werden von der Verzichtserklärung nicht erfasst.6 Wenn ihm ein unvollständiger oder auch nur unzulänglicher Rechenschaftsbericht oder sonst unzureichende Informationserteilung des Vorstands zugrunde liegt, ist ein Entlastungsbeschluss daher nicht insgesamt nichtig, aber in seiner Reichweite begrenzt.7 Die nachträgliche Genehmigung eines vom Vorstand abgeschlossenen Rechtsgeschäfts kann auch dann als Entlastung zu werten sein, wenn weder der Beschluss noch die Tagesordnung das Wort „Entlastung“ ausdrücklich gebraucht haben.8 Von der Verzichtswirkung einer Entlastung nicht umfasst sind Ansprüche aus gesonderten Rechtsverhältnissen, z.B. Kaufverträgen zwischen Verein und Vorstand.9 598
Die Entlastung erfolgt durch Mehrheitsbeschluss der Mitgliederversammlung (§ 32 Abs. 1 BGB) oder des nach der Satzung sonst zuständigen Organs. Die Entscheidung über die Entlastung wird üblicherweise dem Betroffenen gegenüber nicht begründet und muss dies auch nicht.10 Der Mitgliederbeschluss muss die Entlastung eindeutig zum Ausdruck bringen; die Wiederwahl des Vorstands nach Ablauf seiner Amtszeit hat allein nicht diese Wirkung. Die Entlastung kann für jedes einzelne Vorstandsmit1 BGH v. 17.7.2003 – V ZB 11/03, MDR 2003, 1222 = NJW 2003, 3124 (3126). 2 BGH v. 20.5.1985 – II ZR 165/84, BGHZ 94, 324 = AG 1986, 21 = GmbHR 1985, 356 = MDR 1986, 125 = NJW 1986, 129; BGH v. 21.4.1986 – II ZR 165/85, BGHZ 97, 382 (387) = NJW 1986, 2250 (je für Entlastung des GmbH-Geschäftsführers). 3 RG 115, 246 (250). Abgrenzend zu Körperschaften mit Zwangsmitgliedschaft BGH v. 12.12.1988 – AnwZ 29/88, BGHZ 106, 199. 4 BGH v. 17.7.2003 – V ZB 11/03, MDR 2003, 1222 = NJW 2003, 3124 (3126). 5 RG 89, 396; BGH v. 21.4.1986 – II ZR 165/85, GmbHR 1986, 260 = MDR 1986, 825 = NJW 1986 2250 (für GmbH); BGH MDR 1988, 646 = NJW-RR 1988, 745 (748; für Vereinsvorstand); BGH v. 17.7.2003 – V ZB 11/03, MDR 2003, 1222 = NJW 2003, 3124 (3126, 3127); KG v. 30.11.1992 – 24 W 1188/92, NJW-RR 1993, 404 (je für Entlastung des Verwalters einer Wohnungseigentümergemeinschaft). 6 BGH MDR 1988, 646 = NJW-RR 1988, 745 mit Einzelheiten; BGH v. 3.12.2001 – II ZR 308/99, MDR 2002, 401. 7 LG Frankfurt NJW-RR 1999, 396. 8 RG 106, 258 (262); RG 115, 246 (250). 9 OLG Stuttgart v. 27.9.2006 – 4 U 74/06, juris. 10 Werden allerdings Gründe mitgeteilt und hält der Betroffene sie für sachlich unzutreffend, dann steht ihm der Weg zu einer Feststellungsklage offen, dass die Entlastung aus diesen Gründen nicht verweigert werden durfte und (2. Stufe) die Versammlung zu neuer Entscheidung zu verpflichten ist. Ausf. zum Ganzen Beuthien, GmbHR 2014, 799 (803).
312 | Stöber/Otto
8. Verantwortlichkeit des Vorstands, Entlastung | Rz. 599 XI.
glied gesondert beschlossen, einem Vorstandsmitglied also erteilt und dem anderen versagt werden1 oder allen Vorstandsmitgliedern einheitlich erteilt oder versagt werden. Über ein derartiges Sammelbeschlussverfahren vgl. Rz. 929)2, beschließt, wenn die Satzung keine Regelung trifft, die Mitgliederversammlung mit Mehrheit (§ 32 Abs. 1 BGB). Die Ankündigung der Beschlussfassung über die Entlastung des Vorstands deckt sowohl den Fall, dass der gesamte Vorstand als Organ entlastet oder verantwortlich gemacht wird, als auch den Fall, dass einzelne Vorstandsmitglieder unter Ausschluss der übrigen entlastet, die anderen jedoch zur Verantwortung gezogen werden.3 Entlastung kann für die ganze Amtsdauer oder nur für eine bestimmte Zeit, für die gesamte Amtstätigkeit oder nur für einzelne Geschäfte (Teilentlastung) beschlossen werden; sie kann auch in der Weise eingeschränkt werden, dass bestimmte Geschäfte oder ein bestimmter Zeitabschnitt ausgeklammert werden.4 Zum Stimmrechtsausschluss der Betroffenen s. Rz. 997. Gesetzlich besteht kein (mit einer Leistungsklage durchsetzbarer) Anspruch auf Entlastung.5 Die Satzung kann ihn begründen. Der Anspruch besteht dann bei einwandfreier Geschäftsführung und nach Erfüllung aller Pflichten.6 Allein daraus, dass die Satzung für ordentliche Mitgliederversammlungen den Tagesordnungspunkt „Entlastung des Vorstands“ vorsieht oder der Verein jahrelang stets über die Entlastung des Vorstands abgestimmt hat, kann ein Anspruch auf Entlastung nicht hergeleitet werden. Zum Beispiel in einer derartigen Konstellation kann aber der ehemalige Vorstand – wegen der impliziten Rufschädigung bzw. der Erschwernis einer Weiterarbeit durch Vertrauensverlust7 auch ehe konkrete Ersatzforderungen angemeldet werden – ein zur Klage berechtigendes Feststellungsinteresse haben, dass Ersatzansprüche nicht bestehen.8 Eine umfassende Billigung, dass es „nichts zu beanstanden gibt“, ist durch diese allein auf den Schadenersatz bezogene Form der „Entlastungsklage“ freilich nicht zu erreichen.9 Auch wenn die Praxis dies gelegentlich vermischt, ist die haftungsrechtliche Aussage der Entlastung von einer „vereinspolitischen Verantwortung“ für etwaige Fehlentscheidungen klar getrennt zu halten.
1 RG 65, 241; OLG Celle v. 9.3.1994 – 20 U 44/93, NJW-RR 1994, 1545. 2 Für die Aktiengesellschaft hat es eine (vergleichbare) Regelung (zusätzlich mit Minderheitenschutz) in § 120 Abs. 1 AktG gefunden. 3 RG 65, 244. 4 OLG Celle v. 9.3.1994 – 20 U 44/93, NJW-RR 1994, 1545. 5 BGH v. 20.5.1985 – II ZR 165/84, MDR 1985, 1869 = AG 1986, 21 = GmbHR 1985, 356 = NJW 1986, 129 (für GmbH-Geschäftsführer); OLG Celle v. 9.3.1994 – 20 U 44/93, NJWRR 1994, 1545 (für Vorstand des Vereins); OLG Köln v. 29.3.1996 – 16 W 20/96, NJW-RR 1997, 483 (für Vorstand des Vereins); OLG Düsseldorf v. 19.8.1996 – 3 Wx 581/94, NJWRR 1997, 525 (für WEG-Verwalter); a.A. Erman/Westermann, § 27 Rz. 9. Für einen Anspruch auf Beschlussfassung über die Entlastung Beuthien, GmbHR 2014, 799 (803). 6 RG 89, 396; BGHZ 24, 47 = NJW 1957, 832. 7 Die Verweigerung der Entlastung kann auch ein außerordentliches Kündigungsrecht begründen, wenn das betreffende Organmitglied angestellt ist, BGH v. 14.7.1980 – II ZR 161/79, BGHZ 78, 82 = MDR 1980, 999 (GmbH). 8 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 289 m.w.N. 9 Beuthien, GmbHR 2014, 799 (802).
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XI. Rz. 600 | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit 600
Ob über eine Entlastung des Vorstands in bestimmten Perioden (jährlich, alle 2 Jahre) oder erst nach seinem Ausscheiden aus dem Amt Beschluss zu fassen ist, bestimmt sich nach der Satzung, sonst nach der ständigen Übung des Vereins. Wenn die Mitgliederversammlung eine offen zu Tage liegende satzungswidrige Vermögensverwaltung über Jahre hinweg hinnimmt, kann auch ohne förmliche Entlastung ein Regressanspruch scheitern (Verwirkung).1
601
Solange eine Mitgliederversammlung über die Entlastung eines ausgeschiedenen Vorstands nicht beschlossen hat, hat der amtierende Vorstand darüber zu entscheiden, ob Regressansprüche erhoben und gerichtlich geltend gemacht werden sollen. Der amtierende Vorstand macht sich u.U. selbst ersatzpflichtig, wenn er aussichtsreiche Ansprüche nicht verfolgt.2 Die gerichtliche Geltendmachung der Ansprüche ist vor einer Beschlussfassung der Mitgliederversammlung über die Entlastung nicht eingeschränkt.3 Die Mitgliederversammlung kann aber auch dann, wenn der neue Vorstand fällige Ansprüche gerichtlich geltend gemacht hat, durch Entlastung noch beschließen, dass die Ansprüche nicht weiter verfolgt werden sollen.
9. Der Anstellungsvertrag des Vorstands 602
Die Bestellung des Vorstands ist vereinsrechtlicher Organisationsakt. Darüber hinaus und getrennt von der organschaftlichen Stellung4 können Verein und Vorstand vertraglich weitergehende schuldrechtliche Rechtsbeziehungen in einem Anstellungsvertrag (dann meist Dienstvertrag, § 611 BGB) begründen und regeln (vgl. auch § 27 Abs. 2 S. 1 aE. BGB. Üblich ist das nur bei größeren Vereinen. Erforderlich ist eine vertragliche Regelung, wenn die Rechtsbeziehungen abweichend vom Auftragsrecht geregelt werden sollen und dazu das Satzungsrecht des Vereins nicht hinreichend konkret ist. Einzelheiten der Vergütung können vertraglich vereinbart werden, wenn die Satzung grundsätzlich eine solche erlaubt (dazu ausf. Rz. 587). Für die Ausgestaltung des Anstellungsvertrags können Besonderheiten des Arbeitsrechts Bedeutung erlangen. Je nach dem Grad seiner Weisungsabhängigkeit kann der bezahlte Vereinsvorstand auch beitragspflichtig in der Sozialversicherung sein5 (ausf. Rz. 1865 und zur Unfallversicherung Rz. 745).6 Das Bundessozialgericht geht von Ehrenamtlichkeit der in organschaftlicher Stellung erbrachten Tätigkeit jedenfalls so lange aus, als finanzielle Zuwendungen an das Organmitglied allein konkreten oder pauschal berechneten
1 OLG Frankfurt v. 24.10.2008 – 25 U 86/07, juris. 2 Vgl. BGH v. 21.4.1997 – II ZR 175/95, BGHZ 135, 244 = MDR 1997, 663 = NJW 1997, 1926; LG München I v. 10.12.2013 – 5 HKO 1387/10, LG München v. 10.12.2013 – 5HK O 1387/10, ZIP 2014, 570 (für den Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft). 3 BGHZ 24, 47. 4 Vgl. BAG v. 28.9.1995 – 5 AZB 4/95, NJW 1996, 614 (615). 5 Ausf. Hoppe/Groffy, npoR 2019, 205, 207; vgl. auch Reincke, NJW 2018, 2081 und BSG v. 16.8.2017 – B 12 KR 14/16 R, BSGE 124, 37–47 (pauschale Aufwandsentschädigung von 6.600 €/J. unschädlich, wenn andere Merkmale für die Ehrenamtlichkeit sprechen). 6 Ausf. Plagemann/Plagemann/Hesse, NJW 2015, 439 (441 f.).
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9. Der Anstellungsvertrag des Vorstands | Rz. 604 XI.
Aufwand ersetzen.1 Bei Abschluss des Dienstvertrags mit einem (bisherigen) Arbeitnehmer des Vereins, der zum Vorstand bestellt wird, sollte auch klargestellt werden, ob durch einen Dienstvertrag mit höheren Bezügen das bisherige Arbeitsverhältnis aufgehoben wird2 Der Anstellungsvertrag kann formlos geschlossen werden. Zuständig für den Abschluss (auch die Lösung) des Anstellungsvertrages mit einem Vorstandsmitglied ist mangels besonderer Regelung in der Satzung das Vereinsorgan, das nach Satzung oder Gesetz zur Bestellung und Abberufung des Vorstands berufen ist.3 Das ist nach dem Gesetz die Mitgliederversammlung (§ 27 Abs. 1 BGB), wenn nicht die Satzung andere Bestimmung trifft4 (§ 40 BGB). Auch für die Vertretung in Rechtsstreitigkeiten aus dem (aktuellen oder beendeten) Anstellungsverhältnis des Vorstands ist aktiv wie passiv allein das Bestellungsorgan zuständig.5
603
Das (vertraglich geregelte) Dienstverhältnis des Vorstands endet nicht ohne weiteres mit dessen Organstellung (Rz. 504).6 Es besteht grundsätzlich bis zu seinem Zeitablauf oder bis zu seiner Beendigung nach Kündigung oder durch Aufhebungsvertrag fort. Die Beendigung des Dienstverhältnisses kann an den Widerruf (das sonstige Erlöschen) des Amts als Vorstand gekoppelt werden.7 Widerruf – auch wenn er aus wichtigem Grund erfolgt – oder sonstiges Erlöschen des Vorstandsamtes berühren den Anspruch auf die durch den nicht beendeten Dienstvertrag vereinbarte Vergütung des Vorstands nicht (§ 27 Abs. 2 S. 1 aE. BGB). Ob und für welche Zeit die vertragsmäßige Vergütung weiter geschuldet wird, bestimmt sich nach dem Anstellungsvertrag. Bei Abberufung eines gegen Vergütung angestellten Vorstandsmitglieds ist daher nicht nur die Vorstandsbestellung zu widerrufen (§ 27 Abs. 2 BGB), sondern auch der zwischen dem Verein und dem Abzuberufenden geschlossene Dienstvertrag zu kündigen (§§ 620 ff. BGB) oder sonst zu lösen. Auch das Dienstverhältnis kann aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden (§ 626 BGB). Im Widerruf wegen Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur Geschäftsführung wird vielfach (muss aber nicht stets) zugleich auch die Kündigung des Anstellungsverhältnisses aus wichtigem Grund zu erblicken sein. Der Widerruf der Vorstandsbestellung kann aber auch aus einem nicht in der Person des Vorstands liegenden wichtigen Grund oder – wenn die Satzung dies nicht ausschließt – ohne Grund erfolgen; dann
604
1 BSGE 124, 37. 2 Das ist nach der Rechtsprechung des BAG (BAG v. 28.9.1995 – 5 AZB 4/95, NJW 1996, 614) „in der Regel“ der Fall. 3 BGH v. 21.1.1991 – II ZR 144/90, AG 1991, 316 = JZ 1991, 1090 mit Anm. Hirte = MDR 1991, 608 = NJW 1991, 1727; BGH v. 3.7.2000 – II ZR 282/98, AG 2001, 44 = GmbHR 2000, 876 = NJW 2000, 2983; LG Bonn v. 26.6.2003 – 18 O 361/03, RBeistand 2004, 28. 4 BGH v. 21.1.1991 – II ZR 144/90, AG 1991, 316 = JZ 1991, 1090 mit Anm. Hirte = MDR 1991, 608 = NJW 1991, 1727; BGH v. 3.7.2000 – II ZR 282/98, AG 2001, 44 = GmbHR 2000, 876 = NJW 2000, 2983. 5 Pfälz. OLG v. 13.10.2004 – 1 U 19/04, OLGReport Zweibrücken 2005, 159–163. 6 BAG v. 28.9.1995 – 5 AZB 4/95, NJW 1996, 614 (615). 7 BGH v. 29.5.1989 – II ZR 220/88, AG 1989, 437 = GmbHR 1989, 415 = MDR 1990, 28 = NJW 1989, 2683; BGH v. 26.6.1995 – II ZR 109/94, GmbHR 1995, 653 = NJW 1995, 2850; BGH v. 23.9.1996 – II ZR 126/95, AG 1997, 123 = MDR 1997, 152 = NJW 1997, 318 (320).
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XI. Rz. 604 | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit
besteht der Vergütungsanspruch des Abberufenen bis zur vertragsmäßigen Beendigung des Anstellungsverhältnisses fort. Wird der Anstellungsvertrag durch Vertrag mit einem Vereinsorgan aufgehoben, das nicht zugleich für die Entlastung (Rz. 597) zuständig ist, ist darauf zu achten, dass eine „Generalbereinigung“ (Erledigungsklausel) gegenseitiger Ansprüche der Zustimmung des Entlastungsorgans bedarf, wenn sie auch den Verzicht auf Ansprüche des Vereins aus Verletzung von organschaftlichen Vorstandspflichten umfassen soll.1
10. Der mehrgliedrige Vorstand (§ 28 Abs. 1, §§ 32, 34, 40 BGB) a) Der mehrgliederige Vorstand als Organ 605
Zur Einsetzung eines mehrgliedrigen Vorstands durch die Satzung s. zunächst Rz. 452. Zu Konsequenzen des Wegfalls einzelner Vorstandsmitglieder für die Handlungsfähigkeit von Vorstand und Verein Rz. 520. Zu Zuständigkeitsverteilungen im mehrgliederigen Vorstand Rz. 556. b) Verhältnis von Vertretung, Geschäftsführung, Beschlussverfahren
606
Die Vertretungs- und Geschäftsführungsbefugnisse sind im Ausgangspunkt streng voneinander zu trennen. Wenn ein Vorstandsmitglied (bei Einzelvertretungsrecht) oder zwei Vorstandsmitglieder gemeinschaftlich (häufige Regelung) oder die Mehrheit der Vorstandsmitglieder gemeinschaftlich (so jetzt der gesetzliche Regelfall) wirksam nach außen für den Verein Geschäfte abschließen können, so heißt das noch nicht, dass sie es nach der internen Zuständigkeitsverteilung dem Verein gegenüber auch dürfen. In der Ausübung des Vertretungsrechts kann bei Überschreitung der Geschäftsführungskompetenz eine Pflichtverletzung liegen, aus der die Handelnden dem Verein schadenersatzpflichtig sind. Nur in engen Ausnahmen ist das abgeschlossene Geschäft unwirksam, s dazu Rz. 527–541.
607
Ob und wieweit sich Vertretungs- und Geschäftsführungskompetenzen tatsächlich unterscheiden, bestimmt die konkrete Vereinsverfassung. Verbreitet sind Satzungsbestimmungen, die z.B. das Außenhandeln eines Vorstandsmitglieds („Stellvertreter“, „2. Vorstand“) an den Fall der Verhinderung des nach interner Vorgabe primär zuständigen Vorstandsmitglieds binden (s Rz. 458), ebenso denkbar ist eine interne Ressortverteilung (Rz. 557), eine Bindung an betragsmäßige Höchstverpflichtungen oder lokal begrenzte Zuständigkeiten – jeweils bei nach außen unbeschränkter (durch die Mehrheit oder je nach Satzungsvorgabe einzeln oder gemeinsam wahrzunehmender) Vertretungsmacht (was in der Satzungsbestimmung klar zum Ausdruck kommen und von Begrenzungen der Vertretungsmacht – Rz. 533 ff. – deutlich abgegrenzt sein muss). Möglich ist es auch, die interne Beschlussfassung vom Vorstand weg auf ein weiteres Vereinsorgan, insbesondere den nach außen nicht vertretungsberechtigten 1 OLG Stuttgart v. 27.9.2006 – 4 U 74/06 mit Hinweis auf eine entsprechende Rechtsprechung des BGH im GmbH-Recht (BGH v. 8.12.1997 – II ZR 236/96, GmbHR 1998, 278 = MDR 1998, 424 = WM 1998, 387).
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10. Der mehrgliedrige Vorstand (§ 28 Abs. 1, §§ 32, 34, 40 BGB) | Rz. 609 XI.
„erweiterten Vorstand“ (Rz. 658) zu übertragen. Eine Satzungsbestimmung über die Regelung der Geschäftsführung beim mehrgliedrigen Vorstand oder über die Ermächtigung eines anderen Organs zur Abänderung der (gesetzlichen) Regeln über die Geschäftsführung hat bestimmt und eindeutig zu sein. Allein die Bestimmung, dass der Vorstand die Geschäftsverteilung mit Mehrheitsbeschluss regelt, sich eine Geschäftsordnung gibt, und ähnlich allgemein gehaltene Anordnungen geben keine Grundlage für eine abweichende Regelung der Geschäftsführungsbefugnis.1 Nur durch die Satzung oder aufgrund einer hinreichend klaren Ermächtigung in der Satzung können Vertretungsrecht und Geschäftsführungsbefugnis voneinander abweichend geregelt werden. Ein abstrakt-genereller Beschluss des Vorstands oder auch der Mitgliederversammlung genügen nicht. Für den Fall, dass der Satzung eine vom Gesetz abweichende Regelung zum Vertretungsrecht, nicht aber zur internen Beschlussfassung zu entnehmen ist, wurde für §§ 26, 28 BGB a.F. ein Gleichlauf angenommen. Der Bundesgerichtshof2 führte aus: „Mit dem Wirksamwerden der Bestellung entsteht für den Vereinsvorstand als gesetzlichem Vertretungs- und Geschäftsführungsorgan nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht zur eigenverantwortlichen Führung der Vereinsgeschäfte. Dabei entspricht bei mehrgliedrigem Vorstand, soweit die Satzung die Geschäftsführung nicht abweichend von der Vertretungsregelung gestaltet, der Umfang der Geschäftsführungsbefugnis grundsätzlich dem Umfang der Vertretungsmacht und umgekehrt.3 Räumt die Satzung mithin einem Vorstandsmitglied eine bestimmte Vertretungsmacht ein, so spricht sie ihm damit regelmäßig zugleich diejenige Geschäftsführungsbefugnis zu, die mit dieser Vertretung untrennbar verbunden ist. Dies gilt schon deshalb, weil jede Vertretungshandlung (Außenverhältnis) zugleich ohne weiteres eine entsprechende Geschäftsführungsmaßnahme (Innenverhältnis) darstellt. In Ermangelung abweichender Bestimmungen ist nicht anzunehmen, dass die Satzung einem Mitglied des Vorstandes im Innenverhältnis untersagen will, was sie ihm im Außenverhältnis ausdrücklich erlaubt.“ An der Geltung dieser Einschätzung dürfte auch das neue Recht (dazu sogleich) nichts geändert haben.
608
Das gesetzliche Regelmodell ist seit dem 30.9.2009 neu formuliert4 und trennt nun konsequent zwischen Vertretung (§ 26) und Geschäftsführung bzw. interner Beschlussfassung (§ 28 BGB). Zum alten Recht wurde angenommen, dass für die aktive Vertretung des nach § 26 a.F. vertretenen Vereins durch die Vorstandsmehrheit immer auch ein Vorstandsbeschluss vorliegen musste.5 In der Neufassung enthält § 26
609
1 BGH v. 12.10.1992 – II ZR 208/91, NJW 1993, 191 = MDR 1993, 186. 2 BGHZ 119, 379 = MDR 1993, 186 = BGH v. 12.10.1992 – II ZR 208/91, AG 1993, 82 = NJW 1993, 191 = MDR 1993, 186. 3 Vgl. statt aller Hadding in Soergel, BGB, 12. Aufl., § 26 Rz. 16 m.w.N. sowie § 27 Rz. 22a. 4 Gesetz zur Erleichterung elektronischer Anmeldungen zum Vereinsregister und anderer Vereinsrechtlicher Änderungen (VereinsRÄndG), BGBl. I 2009, 3145; Gesamtdarstellungen bei Reuter, NZG 2010, 1368 ff.; Terner, DNotZ 2010, 5 ff.; Wörle-Himmel, DStR 2010, 759 ff. 5 Zuletzt zunehmend streitig, vgl. die ausführlichen Darstellungen in der 9. Aufl., Rz. 331 und jurisPK/BGB/Otto, 4. Aufl. 2009, § 26 Rz. 32–33, je m.w.N.
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XI. Rz. 609 | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit
Abs. 2 S. 1 unmittelbar selbst das Mehrheitsprinzip. Vertretung und Beschlussfassung sind in allen Fällen voneinander unabhängig. Abgesehen von den Sonderfällen Rz. 527 ff. kommt es für die wirksame Vertretung ausschließlich auf das Vertretungsrecht an, sei es aus der Satzung oder aus dem Gesetz hergeleitet. 610
§ 26 Abs. 2 S. 2 BGB dürfte es allerdings erlauben, durch ausdrückliche Satzungsregelung (s. Rz. 533 ff.)1 eine Abhängigkeit von Vertreterhandeln und Beschlussfassung herzustellen. Die Vertretungsmacht ist dann generell beschränkt. Dies bedarf der Eintragung im Vereinsregister, §§ 64 und 70 BGB (zur Nachweisführung Rz. 537). c) Regelung der Aktivvertretung
611
Zur Passivvertretung, also zur Vertretung des Vereins bei Empfangnahme von Erklärungen s. Rz. 542.
612
Soweit die Satzung nichts anderes bestimmt, wird der Verein bei mehrgliedrigem Vorstand durch die Mehrheit der Vorstandsmitglieder aktiv vertreten. Die Neufassung des Gesetzes2 enthält insofern keine Neuerung.3 Klargestellt ist, dass die Vorstandsmehrheit unabhängig vom Vorliegen eines Beschlusses handeln kann (Rz. 609).4 Es gilt nicht wie bei GmbH (§ 35 Abs. 2 S. 2 GmbHG), Aktiengesellschaft (§ 78 Abs. 2 S. 1 AktG) und eingetragener Genossenschaft (§ 25 Abs. 1 GenG) das auch im Recht der öffentlich-rechtlichen Körperschaften5 anzutreffende Prinzip der Gesamtvertretung durch alle Vorstandsmitglieder.
613
Bei einem nur zweiköpfigen Vorstand erfordert § 26 Abs. 2 S. 1 im Ergebnis einstimmiges Handeln. Ausgangspunkt zur Bestimmung der Mehrheit ist die Zahl der Vorstandsmitglieder, wie sie in der Satzung bestimmt ist.6 Das war innerhalb der bisherigen hM. nicht einheitlich gesehen und ergibt sich auch jetzt nicht mit letzter Sicherheit aus dem Wortlaut des § 26 Abs. 2 S. 1 BGB. Der Geschäftspartner sollte sich im eigenen Interesse aber nicht die Prüfung zumuten, ob bei Vertragsschluss einzelne Vorstandsämter gerade unbesetzt sind. Er wird immer auf Mitunterzeichnung durch die Mehrheit der satzungsmäßigen Vorstandsmitglieder bestehen.
1 Vgl. auch den angepassten Wortlaut des § 70 BGB, dazu Terner, DNotZ 2010, 5 ff. (11). 2 Gesetz zur Erleichterung elektronischer Anmeldungen zum Vereinsregister und anderer Vereinsrechtlicher Änderungen (VereinsRÄndG), BGBl. I 2009, 3145; Gesamtdarstellungen bei Reuter, NZG 2010, 1368 ff.; Schöpflin, Rpfleger 2010, 349; Terner, DNotZ 2010, 5 ff.; Wörle-Himmel, DStR 2010, 759 ff. 3 Heute § 26 Abs. 2 S. 1, früher Herleitung des Mehrheitsprinzips über §§ 26, 28, 32 BGB. Den älteren abweichenden Auffassungen (Gesamtvertretung) trotz Neufassung des Gesetzes zugeneigt offenbar Pauli, ZStV 2011, 41 (42). 4 Ebenso die zuletzt herrschende Meinung nach altem Recht, vgl. Hadding in Soergel, § 26 Rz. 16. Nicht eindeutig, aber die hM. jedenfalls nicht ausschließend BGH v. 11.11.1985 – II ZB 5/85, BGHZ 96, 245 ff. = AG 1986, 164 = MDR 1986, 472. 5 Z.B. BGH v. 13.10.1983 – III ZR 158/82, MDR 1984, 294 – LM Nr. 42 zu § 125 BGB. 6 So die wohl hM. bereits zur alten Fassung, Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 8. Aufl., § 10 Rz. 71.
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10. Der mehrgliedrige Vorstand (§ 28 Abs. 1, §§ 32, 34, 40 BGB) | Rz. 616 XI.
Abweichend kann die Satzung für die Aktivvertretung bestimmen (die Regelung muss klar und eindeutig sein)1, dass nicht die Vorstandsmehrheit vertritt, sondern2
614
– dass nur alle Vorstandsmitglieder gemeinschaftlich vertreten (entsprechend dem gesetzlichen Modell der Kapitalgesellschaften) oder – dass jedes Mitglied des mehrgliedrigen Vorstands einzeln vertritt (Einzelvertretungsmacht) oder – dass einzelne von ihnen zusammen handeln können3 (z.B. „… je zwei Vorstandsmitglieder vertreten gemeinsam“). Letzteres kann auch in der Weise vorgesehen werden, dass stets ein bestimmtes Vorstandsmitglied bei der Vertretung mitzuwirken hat (z.B. „… es vertreten gemeinsam der 1. Vorsitzende und ein weiteres Mitglied des aus … Personen bestehenden Vorstands“). Nicht möglich ist hingegen Einzelvertretung im Falle, dass nur ein Vorstand bestellt ist, und im Übrigen mehrheitliche Vertretung (oder Vertretung durch je zwei) Vorstände.4 Vorstand kann auch sein, wer noch nicht im Register eingetragen ist, dann wäre einem solchen Registereintrag eine unzutreffende Vertretungsregel zu entnehmen. Aus demselben Grund muss, wenn die Satzung keine feste, sondern nur eine Mindestzahl an Vorständen bestimmt, die Mindestzahl stets vertretungsberechtigt sein (Rz. 452).5 Eine Satzungsbestimmung, nach der zu allen schriftlichen Erklärungen des Vereins mit mehrköpfigem Vorstand die Unterschrift von zwei Vorstandsmitgliedern erforderlich ist, erlaubt auch eine mündliche Auftragserteilung durch zwei Vorstandsmitglieder, verlangt dafür also nicht gemeinschaftliches Handeln sämtlicher Vorstandsmitglieder.6
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Dem Verein droht Handlungsunfähigkeit, wenn aus der Zahl der amtierenden Vorstandsmitglieder nicht mehr die Mehrheit der satzungsmäßigen Vorstandsmitglieder (bei fehlender Vertretungsregelung in der Satzung) bzw. die jeweilige in der Satzung vorgesehene Beteiligung erreicht werden kann. Aus dem Ausfall eines von zwei gesamtvertretungsberechtigten Vorstandsmitgliedern kann nicht auf ein Einzelvertretungsrecht des allein Verbleibenden geschlossen werden.7 Die Satzung kann für diesen Fall durch die Möglichkeit der Wahl von Ersatzmitgliedern oder Nachrückrege-
616
1 OLG Celle v. 9.7.2010 – 20 W 9/10, Rpfleger 2010, 670 = FGPrax 2010, 303. 2 Weitere Beispiele bei Busch, RPflStud 2015, 33. 3 BGH v. 19.9.1977 – II ZB 9/76, MDR 1978, 29 ff. = NJW 1977, 2310 und 1978, 415 (LS) mit Anm. Kirberger; s. auch Kirberger, Rpfleger 1979, 5 (7) m.w.N. 4 JurisPK-BGB/Otto, § 26 Rz. 18; Schwennicke in Staudinger, § 26 Rz. 33; Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2406; anders Schwarz, Rpfleger 2003, 1; Gutachten DNotI-Report 2019, 73; wohl auch Ries/Bauer, Rz. 7.188 (vgl. aber auch Rz. 7.322). 5 Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, 20. Aufl. 2016, Rz. 224a; Segna in BeckOGK/BGB/Segna, § 26 Rz. 12.1. 6 LG Wuppertal v. 28.3.2017 – 16 S 50/15, juris. 7 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 231 mit Verweis auf entsprechende Rechtsprechung zur GmbH: OLG Hamburg v. 11.9.1987 – 11 W 55/87, GmbHR 1988, 67 = NJW-RR 1988, 1182 ff.
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XI. Rz. 616 | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit
lungen vorsorgen (Rz. 463). Für Fälle vorübergehender Verhinderung ist eine derartige Gestaltung allerdings ausgeschlossen, sie würde (unzulässige) bedingte Vertretungsrechte begründen (Rz. 457). Zu ungeklärten Problemen führt die herrschende Ansicht zur Zulässigkeit von Personalunionen (vgl. Rz. 455), wenn der bisherige „Stellvertreter“ bei Ausfall in der laufenden Amtszeit zum „1. Vorstand“ nachrückt und die Vertretung an das Zusammenwirken von 1. Vorstand und Stellvertreter gebunden ist. Daneben besteht wenigstens für einen Teil der Geschäfte die Möglichkeit der Vollmachtserteilung (Rz. 710), denn der Ausfall oder Wechsel von Vorstandsmitgliedern berührt den Fortbestand der Vollmachten Dritter nicht.1 d) Ausübung des Vertretungsrechts 617
Soweit die Beteiligung mehrerer Vorstandsmitglieder erforderlich ist, genügen neben ihrer gemeinsamen einheitlichen Erklärung auch zeitlich oder textlich getrennte Teilerklärungen oder die vorab erteilte Einwilligung bzw. nachträgliche Genehmigung.2 Für Einwilligung und Genehmigung genügt die Zustimmung der dem Geschäft mit dem Dritten für eine ordnungsgemäße Vertretung noch fehlenden Zahl. Sie kann, muss aber nicht in einem Vorstandsbeschluss enthalten sein.3 Der Vorstand kann eines oder mehrere seiner Mitglieder auch zur Ausführung eines bestimmten Beschlusses oder einer ganzen Gruppe von Geschäften ermächtigen.4 Letzteres darf aber nicht zu einer unzulässigen Generalermächtigung (Übertragung von Organrechten) führen.5 Daher ist auch die vom Vorstand ausgesprochene Zuweisung eines ganzen Ressorts oder Aufgabenbereichs zur Außenvertretung oder „aller Geschäfte bis zum Wert X“ unzulässig6, sie würde die der Satzung vorbehaltene Bestimmung des Vertretungsrechts konterkarieren.7 Soweit sie nicht bereits verweigert war, kann auch ein erst nach der Vornahme des Geschäfts hinzugewähltes weiteres Vorstandsmitglied die Genehmigung zum Handeln des nicht allein Vertretungsberechtigten erteilten.
1 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 237 m.N. 2 Die Genehmigung kann auch für Prozesserklärungen genügen, LG Hagen v. 3.9.2014 – 8 O 75/14, juris. 3 A.A. die bis zur Neufassung v. 30.9.2009 wohl hM., etwa Hadding in Soergel, § 26 Rz. 18; Mittenzwei, MDR 1991, 492 ff. (494), je m.N., die für eine Genehmigung den Vorstandsbeschluss forderte. 4 Hadding in Soergel, § 26 Rz. 18. Wenigstens für die hier angesprochenen Fragen können „Vollmacht“ und „Ermächtigung“ gleichgesetzt werden (so z.B. bei Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 237 f.); vgl. Flume, BGB AT, Bd. 2, 4. Aufl. 1992, S. 361 ff. (auch zur Terminologie). Eine § 25 Abs. 3 GenG entsprechende Regelung fehlt beim Verein (dazu OLG Bamberg v. 2.4.2020 – 4 W 21/20 = GmbHR 2020, 902). 5 KG v. 13.7.2015 – 2 Ws 140/15, juris. Für die GmbH: BGH v. 18.7.2002 – III ZR 124/01, GmbHR 2002, 972 = MDR 2002, 1198 – LM GmbHG § 35 Nr. 39 (12/2002). 6 Anders wohl Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2562. 7 Unzulässig ist insbesondere die Generalvollmacht des einen von zwei satzungsmäßig gesamtvertretungsberechtigten Vorständen: OLG München v. 27.9.1989 – 7 U 2438/89, NJW-RR 1991, 893 f.
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10. Der mehrgliedrige Vorstand (§ 28 Abs. 1, §§ 32, 34, 40 BGB) | Rz. 620 XI.
Der Geschäftspartner wird im Fall der Ermächtigung zusätzlich die Zustimmung bzw. eine Vollmachtsbestätigung verlangen durch so viele und die Vorstandsmitglieder, wie sie im speziellen Fall zur Vertretung des Vereins erforderlich sind.1 Denn allein im Vertrauen auf eine vereinsinterne Ermächtigung wird er nicht geschützt.
618
Ein Vorstandsmitglied kann auch als Angehöriger eines gemeinschaftlich vertretenden mehrgliedrigen Vorstands Rechtsgeschäfte mit dem Verein im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten (§ 181 BGB) nicht vornehmen (hierzu Rz. 529). Sind weitere Vorstandsmitglieder in vertretungsberechtigter Zahl vorhanden, dann wird der Verein am besten durch diese bei einem Rechtsgeschäft mit dem ausgeschlossenen Vorstandsmitglied vertreten. Hat der Verein nur zwei Vorstandsmitglieder, die gemeinsam vertreten, dann ist auch beim Verein Einzelermächtigung eines Vorstandsmitglieds in entsprechender Anwendung von § 78 Abs. 4 AktG und § 125 Abs. 2 S. 2 HGB für zulässig zu erachten. Wenn einer von zwei gesamtvertretungsberechtigten Vorstandsmitgliedern mit dem Verein einen Vertrag schließen will, kann das auf § 181 BGB beruhende Vertretungshindernis demnach dadurch überwunden werden, dass das andere Vorstandsmitglied für dieses bestimmte Geschäft zur Alleinvertretung des Vereins ermächtigt wird.2 Hat aber ein Mitglied des mehrgliedrigen Vorstands bereits bei Abgabe einer Vertragserklärung für den Verein unter Verstoß gegen § 181 BGB gehandelt, kann seine Mitwirkung bei Vertretung des Vereins nicht in eine Ermächtigung des anderen Gesamtvertreters zur Alleinvertretung umgedeutet werden3 (§ 140 BGB). Nicht zulässig ist, dass das am Vertragsschluss im eigenen Namen und zugleich im Namen des Vereins gehinderte Vorstandsmitglied einen Unterbevollmächtigten bestellt, der dann ihm gegenüber als Vertreter des Vereins auftritt.4
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Je nach Ausgestaltung der Vertretungsmacht im Einzelfall kann es vorkommen, dass im Namen des Vereins mehrere sich einander widersprechende Erklärungen abgegeben werden.5 Gültig ist bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen die zuerst zugegangene, bei gleichzeitigem Zugang heben sie sich auf.6 Je nach Art des Rechtsgeschäfts bleibt aber zu prüfen, ob in der zweiten Erklärung ein wirksamer Widerruf (Anfechtung) der ersten liegen kann.7
620
1 Vgl. Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 237. 2 BGHZ 64, 72 = DNotZ 1975, 566 = GmbHR 1975, 131 = MDR 1975, 645 = NJW 1975, 1117 (für eine Kommanditgesellschaft); Reichert, Rz. 1427; s. auch BGH v. 8.10.1991 – XI ZR 64/90, GmbHR 1992, 107 = MDR 1992, 463 = NJW 1992, 618. 3 BGH v. 8.10.1991 – XI ZR 64/90, GmbHR 1992, 107 = MDR 1992, 463 = NJW 1992, 618. 4 BGHZ 64, 72 = DNotZ 1975, 566 = GmbHR 1975, 131 = MDR 1975, 645 = NJW 1975, 1117. 5 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2410 f. 6 Zur grundsätzlichen Pflicht zur Absprache innerhalb des Vorstands jurisPK/BGB/Otto, § 27 Rz. 51. 7 JurisPK-BGB/Otto, § 26 Rz. 36.
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XI. Rz. 621 | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit
e) Geschäftsgang und Willensbildung 621
Ohne entsprechende Satzungsgrundlage kann der Vorstand seinen einzelnen Mitgliedern keine verbindlichen Vorgaben machen, nach denen er sein Vertretungsrecht allgemein auszuüben hat (Rz. 607).1 Ist dagegen im Einzelfall zu fragen, ob ein Vorstand bei Ausübung seiner Vertretungsmacht seinen Pflichten gegenüber dem Verein gerecht wird, kommt es sehr wohl auf die Willensbildung in Verein und Vorstand an. An wirksam erteilte Weisungen (Rz. 546, 560 f.) über die Ausübung seines Amtes ist das Vorstandsmitglied grundsätzlich gebunden.
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Besteht der Vorstand aus mehreren Personen und trifft die Satzung keine abweichenden Bestimmungen über Vertretung oder Geschäftsführung, dann vollzieht sich die Willensbildung des Vorstands durch Beschlussfassung. Dies gilt sowohl für Geschäftsführungsmaßnahmen und sonstige nur vereinsinternen Angelegenheiten wie für Beschlüsse mit Außenwirkung. Um nur vereinsinterne Angelegenheiten handelt es sich bei allen das Vereinsleben und -geschehen betreffenden Vorgängen. Beschlüsse mit Außenwirkung werden gefasst, wenn der Verein im Rechtsverkehr Dritten oder einzelnen seiner Mitglieder als die durch den Vorstand vertretene Körperschaft gegenüberzutreten hat.
623
Die Beschlussfassung des Vorstands erfolgt nach den Vorschriften der § 32 und § 34 BGB (§ 28 BGB). Die Satzung oder eine auf sie aufbauende Geschäftsordnung (Rz. 1150, Rz. 1152) können die Willensbildung des Vorstands aber auch abweichend von dem gesetzlichen Modell regeln (§ 40 BGB). Zwingend ist das Stimmverbot (§ 34 BGB), wonach das betroffene Vorstandsmitglied über die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit sich selbst oder die Geltendmachung von Rechten des Vereins gegen sich nicht mitstimmen darf.2 Ausgeschlossen wäre eine Regelung, wonach sich ein Vorstandsmitglied bei der Beschlussfassung durch einen vorstandsfremden Dritten vertreten lassen kann.3 Wenn die Satzung für die Mitgliederversammlung die Bestimmungen des § 32 BGB modifiziert, ist durch Auslegung zu bestimmen, ob und inwieweit dadurch auch die Beschlussfassung und das Verfahren im Vorstand geändert sind. Dabei ist insbesondere das Erfordernis größerer Flexibilität des Vorstandshandelns zu berücksichtigen.4 Da in § 32 BGB nur Grundzüge des Beschlussverfahrens geregelt sind5, sind bloß ergänzende Ausführungsbestimmungen und vereinsinterne Regelungen über den Geschäftsgang des Organs auch ohne Eintragung beachtlich.6 Sie müssen
1 BGH v. 12.10.1992 – II ZR 208/91, AG 1993, 82 = NJW 1993, 191 = MDR 1993, 186. 2 Seit Neufassung des § 40 BGB zum 30.9.2009 eindeutig und vorher fast einhellige Auffassung der Literatur (Nachw. 10. Aufl.). 3 Ellenberger in Palandt, § 28 Rz. 2 m.N. 4 OLG Oldenburg v. 13.7.2017 – 12 W 92/17 –, juris (Ladungsbestimmungen); Sauter/ Schweyer/Waldner, Rz. 245c ff.; weitergehend Burhoff, Rz. 561: Satzungsbestimmungen über die Beschlussfassung in der Mitgliederversammlung gelten für die Beschlussfassung im Vorstand generell nicht. 5 Vgl. dazu die Zusammenstellung der Grundaussagen des § 32 BGB bei Sauter/Schweyer/ Waldner, Rz. 245 f. 6 S. aber auch Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2555.
322 | Stöber/Otto
10. Der mehrgliedrige Vorstand (§ 28 Abs. 1, §§ 32, 34, 40 BGB) | Rz. 624 XI.
nicht in der Satzung enthalten sein.1 Eine Geschäftsordnung in diesem Sinn kann der Vorstand sich auch ohne ausdrückliche Ermächtigung durch Satzung oder Mitgliederversammlung selbst geben, so z.B. Bestimmungen, in welcher Form innerhalb des Vorstands zu Sitzungen zu laden ist.2 Zudem können die nicht eingetragenen Usancen des Vereins eine Selbstbindung der Vorstandsmitglieder begründen, soweit die Satzung nicht ausdrücklich dagegen steht. Eine von der Mitgliederversammlung zulässig gesetzte Ordnung bindet jeden Vorstand und kann nur durch sie geändert werden. Vom Organ selbst beschlossene Verfahrensordnungen dagegen haben Geltung immer nur für die jeweilige Amtszeit und sind von einem neuen Vorstand ggf. zu bestätigen. Häufig greift hier aber auch Gewohnheitsrecht aus ständiger Übung, das der Vorstand nur durch ausdrücklichen Beschluss und nur für die Zukunft revidieren kann. Nach der dispositiven (durch Satzung abänderbaren) Regel des Gesetzes ist eine Berufung durch das zuständige Organ und weiter erforderlich, dass der Gegenstand der Beschlussfassung bei der Berufung bezeichnet wird (§ 32 Abs. 1 S. 2 BGB). Antragsberechtigt ist jedes Vorstandsmitglied.3 Beschlussfähig ist jede ordnungsgemäß berufene Vorstandssitzung. Die Anwesenheit einer bestimmten Mindestzahl von Vorstandsmitgliedern oder der Inhaber bestimmter Vorstandsämter (z.B. des 1. und 2. Vorsitzenden) ist (gesetzlich) nicht erforderlich. Zu laden sind alle dem Vorstand angehörigen Personen, also nicht mehr, wer bereits wirksam zurückgetreten ist. Sind nicht alle von der Satzung zahlenmäßig vorgegebenen Vorstandsämter besetzt, hindert das die Beschlussfähigkeit mangels anderer Satzungsbestimmung nicht. Erkennt man an, dass ein nicht vollständig besetzter Vorstand nach außen handlungsfähig ist, wenn nur die geltende Vertretungsregel beachtet werden kann, dann muss man ihn auch intern entscheidungsfähig sein lassen. Die Gegenauffassung4 setzt die für den Verein Handelnden dem Zwang aus, bewusst ohne internen Beschluss und ohne Rückhalt im eigenen Gremium zu agieren. Auch das Registergericht könnte nicht sehenden Auges die Eintragung von Vorständen vornehmen, die ersichtlich zu keiner eigenen Willensbildung imstande sind. S. dazu auch Rz. 454, 523, 627, 1447.5 Beispiel: Der Kassierer des aus 5 Mitgliedern bestehenden Vorstands hat sein Amt niedergelegt; der Vorstand, der nicht mehr die satzungsgemäße Zahl von Mitgliedern hat, ist gleichwohl beschlussfähig.
1 OLG Oldenburg v. 13.7.2017 – 12 W 92/17, NdsRpfl 2017, 308. 2 Das OLG Hamm v. 20.11.2019 – 27 W 76/19, juris lässt für den Vorstand (situationsbezogen) auch deutlich kürzere Ladungsfristen vor, als sie die Satzung für die Mitgliederversammlung vorsieht. Die Frist für die Vorstandsladung muss auch nicht mit Satzungsqualität bestimmt sein. 3 VG Karlsruhe v. 18.1.2018 – 7 K 14854/17, npoR 2018, 114. 4 Hüttemann/Rawert, ZIP 2020, 2545. 5 A.A. BayObLG 1985, 24 (29); BayObLG 1988, 170 (174); Hadding in Soergel, Rz. 4 zu § 28; wie hier seit 19. Aufl. Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 245a. Dass für Beschlussfähigkeit vollständige Besetzung nicht verlangt werden kann, ist dem Recht der Körperschaften nicht fremd (vgl. § 108 Abs. 2 S. 4 AktG, dessen entsprechende Anwendung auf den Vorstand des Vereins geboten ist).
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624
XI. Rz. 625 | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit 625
Für das Ergebnis irrelevante Verstöße gegen eine interne Verfahrensordnung berühren die Gültigkeit von Beschlüssen nicht.1 Bei Einberufung der Vorstandssitzung durch einen Unbefugten oder bei Nichteinladung auch nur eines Vorstandsmitglieds, das an der Sitzung nicht teilgenommen und auch keinen ausdrücklichen Ladungsverzicht erklärt hat, ist ein Vorstandsbeschluss jedoch ungültig. Unerheblich ist, ob die Stimmkraft des nicht geladenen Vorstandsmitglieds das Ergebnis der Beschlussfassung beeinflusst hätte oder hätte beeinflussen können.2 Es genügt, dass das Mitglied die Diskussion hätte beeinflussen können. Daher ist auch ergebnisrelevant, wenn einzelne Vorstände wegen Verletzung von Ladungsfristen eine zu geringe Vorbereitungszeit haben. Die in der (auch ungeschriebenen) Verfahrensordnung des Vorstands nicht vorgesehene Sitzungsteilnahme vorstandsfremder Personen kann einen Beratungsverlauf beeinflussen. Von anwesenden Vorstandsmitglieder kann bei derartigen Fehlern aber eine unmittelbare Rüge erwartet werden.
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Bei der Beschlussfassung entscheidet die Mehrheit der abstimmenden Vorstandsmitglieder (§ 32 Abs. 1 S. 3 BGB). Zur Stichentscheidung durch den Vorsitzenden s. Rz. 993, zur Mehrheitsberechnung Rz. 975 ff. Ein Vorstandsmitglied ist nicht stimmberechtigt, wenn die Beschlussfassung die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit ihm oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits zwischen ihm und dem Verein betrifft (§ 34 BGB).
627
Oft sehen Vereinssatzungen vor, dass zur Beschlussfassung des Vorstands die Hälfte oder ein anderer bestimmter Teil der Vorstandsmitglieder anwesend sein muss. Die Beschlussfähigkeit wird dann im Zweifel nach der Zahl der Personen berechnet, die satzungsgemäß den Vorstand bilden, nicht nach derjenigen Zahl der Vorstandsmitglieder, die dem Vorstand zur Zeit der Beschlussfassung gerade angehören. Wenn sich die Sollzahl der Mitglieder des Vorstands nach der Wahl verringert hat (z.B. durch Tod, Ausscheiden aus dem Vorstand, Ausschluss aus dem Verein), ist also nicht von der verringerten Zahl der Vorstandsmitglieder, sondern von der satzungsgemäß umfassenderen Zahl der Mitglieder des Vorstands auszugehen.3
628
Auch ohne Vorstandssitzung kommt ein Beschluss wirksam durch schriftliche Zustimmung aller Vorstandsmitglieder zustande (§ 32 Abs. 2 BGB), sofern nicht die Satzung etwas anderes bestimmt (§ 40 BGB). Die Schriftform kann durch die elektronische Form ersetzt werden (§ 126 Abs. 3 BGB); durch Regelung in der Satzung (§ 40 BGB; auch in einer Geschäftsordnung des Vorstands), bei Widerspruch eines Mitglieds des Vorstands (§ 108 Abs. 4 AktG analog) kann Zustimmung in elektronischer Form jedoch ausgeschlossen sein.
1 OLG Frankfurt v. 25.9.2018 – 5 U 130/18, NZG 2019, 22 (zu einem Stiftungsvorstand). 2 Schl.-Holst. OLG NJW 1960, 1862 = SchlHA 1960, 239. 3 BGH 4, 224 (228) = BB 1952, 96 = NJW 1952, 343 (für den Aufsichtsrat einer Genossenschaft); Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 245a.
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10. Der mehrgliedrige Vorstand (§ 28 Abs. 1, §§ 32, 34, 40 BGB) | Rz. 629 XI.
M 30 Erleichtertes Beschlussverfahren im Vorstand
629
Satzungsbestimmung:1 (1) Der Vorstand fasst seine Beschlüsse mit einfacher Mehrheit der an der Abstimmung Teilnehmenden. Enthaltungen werden als Neinstimme gezählt. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden, ersatzweise des amtierenden Stellvertreters. (2) Der jeweilige Abstimmungsleiter führt über den Inhalt der Beschlüsse Protokoll. Daraus sollen sich die Art der Abstimmung, die Beteiligung und das Stimmverhalten der einzelnen Vorstandsmitglieder ergeben. Das Protokoll wird unverzüglich allen Vorstandsmitgliedern zugesandt. Vorstandsmitglieder, die nicht mit einer Frist von einer Woche eingeladen bzw zur Stimmabgabe aufgefordert waren und auch nicht an der Abstimmung teilgenommen haben, können in einer Frist von einer Woche nach Absendung des Beschlussprotokolls eine Wiederholung der Abstimmung verlangen. (3) Abweichend von Abs. 1 ist eine Mehrheit der satzungsmäßigen Mitgliederzahl erforderlich für die Beschlüsse über – Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern. – Erwerb oder Veräußerung von Grundstücken oder Rechten an Grundstücken. – Abschluss und Kündigung von Dauerschuldverhältnissen. – Vorschläge an die Mitgliederversammlung zum Haushalt und zur Jahresabrechnung. (4) Einzelheiten über den Geschäftsgang und die Beschlussfassung im Vorstand regelt eine vom Vorstand einstimmig zu beschließende und nur mit 2/3 seiner satzungsmäßigen Mitgliederzahl oder durch einfachen Mehrheitsbeschluss der Mitgliederversammlung zu ändernde Geschäftsordnung. Sie kann insbesondere gegenüber dem Verfahren der Mitgliederversammlung eine vereinfachte Form der Ladung, verkürzte Ladungsfristen, Abstimmung in Telefon- und Videokonferenzen und auch andere als schriftliche Formen der Fernabstimmung vorsehen. Die Rechte der nicht in Wochenfrist geladenen Mitglieder nach Abs. 2 dürfen nur soweit eingeschränkt werden, als nach Festlegung eines jährlichen Sitzungsplans zu den planmäßigen Sitzungen keine separate Ladung erfolgen muss. (5) Der Text der jeweils gültigen Geschäftsordnung ist in der Mitgliederzeitschrift zu veröffentlichen.
Beschlussfassung mit Mehrheit im Umlaufverfahren kann die Satzung als abweichende Bestimmung (§ 40 BGB) vorsehen. Die Schriftform bei Stimmabgabe kann dann auch durch elektronische Form ersetzt werden. Streitanfällig ist es, wenn die Satzung Beschlussfassung mit Mehrheit im Umlaufverfahren nur als zulässig (oder auch möglich) vorsieht. Wenigstens eine Geschäftsordnung sollte dann auch das Verfahren näher regeln (Information mit angemessener Umlauffrist, Quorum, Majori1 Abweichungen von § 32 BGB bedürfen der Satzungsform (Satzung oder Verfahrensordnung [Nebenordnung] mit Satzungsrang, also auch Registeranmeldung. Es genügt aber eine hinreichend bestimmte Öffnungsklausel.
Stöber/Otto | 325
XI. Rz. 629 | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit
tät) und sollte Bestimmung treffen, ob Beschlussfassung in einer Sitzung stattzufinden hat, wenn ein Vorstandsmitglied (oder einzelne) die Beratung des Beschlussgegenstands verlangt. Ein Vorstandsmitglied, das keinen Willen bekundet, beteiligt sich auch dann aber nicht am Umlaufverfahren; Schweigen ist keine Stimmabgabe (daher kann auch die Satzung Zustimmung bei Stillschweigen nicht vorsehen). 630
Covid-19 – Sonderbestimmung: Beschlussverfahren „§ 5 (2) Abweichend von § 32 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs kann der Vorstand auch ohne Ermächtigung in der Satzung vorsehen, dass Vereinsmitglieder, 1. an der Mitgliederversammlung ohne Anwesenheit am Versammlungsort teilzunehmen und Mitgliederrechte im Wege der elektronischen Kommunikation ausüben können oder müssen 2. ohne Teilnahme an der Mitgliederversammlung ihre Stimmen vor der Durchführung der Mitgliederversammlung schriftlich abgeben können. (2a) Abweichend von § 36 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist der Vorstand nicht verpflichtet, die in der Satzung vorgesehene ordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen, solange sich die Mitglieder nicht an einem Ort versammeln dürfen und die Durchführung der Mitgliederversammlung im Wege der elektronischen Kommunikation für den Verein oder die Vereinsmitglieder nicht zumutbar ist. (3) Abweichend von § 32 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist ein Beschluss ohne Versammlung der Mitglieder gültig, wenn alle Mitglieder beteiligt wurden, bis zu dem vom Verein gesetzten Termin mindestens die Hälfte der Mitglieder ihre Stimmen in Textform abgegeben haben und der Beschluss mit der erforderlichen Mehrheit gefasst wurde.“1 (3a) Die Absätze 2 und 3 gelten auch für den Vorstand von Vereinen und Stiftungen sowie für andere Vereins- und Stiftungsorgane. § 5 Abs. 3a gilt erst ab 28.2.2021.2 Diese Klarstellung gibt aber nur eine auch für die vorige Fassung geltende Rechtlage wieder. Hier wird für die Mitgliederversammlung und die Beschlüsse der Mitglieder § 32 BGB durch ein Spezialgesetz temporär ergänzt, jedoch selbst nicht geändert oder gar außer Kraft gesetzt. Die im Einzelnen unter Rz. 792 und Rz. 972 dargestellten Verfahrenserleichterungen greifen für einen mehrköpfigen Vorstand oder andere Organe des Vereins somit nicht direkt über § 28 BGB. Enthält die Satzung Modifikationen des Beschlussverfahrens, dann gilt es als Auslegungsfrage, ob sie auch für den Vorstand und andere mehrköpfig besetzten Gremien eingreifen.3 Das wird man für eine Abweichung von § 32 BGB durch ein Gesetz erst Recht annehmen dürfen. Das Sondergesetz will bereits in seiner ersten Fassung die Handlungsfähigkeit des Vereins sichern, dafür ist eine Sicherung der Willensbildung im Vorstand nicht minder wichtig als das Verfahren der Mitgliederversammlung.4 Generell ist für den Geschäftsgang im Vorstand das Erfordernis höherer Flexibilität des Vorstandshandelns zu berücksichtigen.5 Solange nicht die Vereinssatzung oder eine ausdrücklich für das jeweilige Organ beschlossene Geschäftsordnung etwas anderes bestimmen, gelten die Erleichterungen also ohne weiteres auch für die Gremienentscheidungen. Da dies teilweise
1 Art. 2 § 5 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 27.3.2020 (BGBl. I, 569) – zusammenhängender Abdruck mit Auszug aus der Begründung im Anhang. 2 Art. 11, Art. 14 des Gesetzes vom 22.12.2020 (BGBl. I S. 3328, 3332). 3 Ellenberger in Palandt § 28 Rz. 2; BeckOK/BGB/Schöpflin, § 28 Rz. 2; Burhoff, Rz. 670. 4 Segna, NpoR 2020, 148 (152). 5 jurisPK/BGB/Otto, § 28 Rz. 2.
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10. Der mehrgliedrige Vorstand (§ 28 Abs. 1, §§ 32, 34, 40 BGB) | Rz. 630b XI. anders gesehen wurde,1 empfahl sich bis 28.2.2020 allerdings bei Einverständnis aller Vorstände höchst vorsorglich eine Allzustimmung (§ 32 Abs. 2 BGB)2 zu einem Umlauf- oder sonst erleichterten Verfahren einzuholen.3 Auch allseitige Selbstverpflichtungen zu formaler Zustimmung zu einem zunächst nur mehrheitlich gefassten Beschluss werden in einem späteren Streitfall nicht unbeachtlich sein. Eine Verpflichtung zur Abgabe derartiger Erklärungen dürfte allerdings nur in den seltensten Ausnahmen bestehen (unaufschiebbare Entscheidungen).
M 31 Muster: Abstimmungsbogen unter Beachtung der §§ 28, 32 Abs. 2 BGB
630a
1. Zustimmung Mit einer Abstimmung der nachfolgenden Punkte in eine schriftlichen Verfahren bin ich einverstanden. Ich stimme hiermit jeweils den Ergebnissen zu, die sich als Mehrheitsmeinung (Überwiegen der Ja- über die Neinstimmen) in den nachfolgenden Abstimmungsfragen ergeben. (…) JA (…) Nein (…) Enthaltung Hinweis der Geschäftsstelle: Wirksame Beschlussfassung erfordert die Zustimmung aller Vorstandsmitglieder. 2. Abstimmung Hinweis der Geschäftsstelle: Es handelt sich hier rechtlich lediglich um Vorabstimmungen, maßgeblich ist die allseitige Zustimmung gemäß Ziffer 1. Zur Erläuterung und Begründung der Beschlüsse siehe die beigefügte, als „Tagesordung“ überschriebene Anlage. a) TOP 1 (Erhöhung Hausmeistergehalt) (…) JA (…) Nein (…) Enthaltung b) TOP 2 (Antrag Fördermittel) (…)JA (…) Nein (…) Enthaltung … Um Rücksendung an die Vereinsgeschäftsstelle bis 30.4.2021 – Eingang – wird gebeten. Gehen zu diesem Zeitpunkt nicht schriftliche Zustimmungserklärungen aller Vorstände ein, verlieren die erklärten Zustimmungen ihre Wirkung und die Beschlussvorlagen sind insgesamt nicht beschlossen.
M 32 Muster: Selbstverpflichtung zur Zustimmung nach §§ 28, 32 Abs. 2 BGB Die Mitglieder des Vorstands haben sich telefonisch auf Durchführung der nächsten Vorstandssitzung als online-Videokonferenz unter Nutzung der Plattform „BOOM“ verständigt. Hiermit bestätige ich, dass ich die in der Konferenz mit Mehrheit der satzungsmäßen 1 https://www.vereinsrechtstag.de/aktuelles/, Abruf v. 5.4.2020; Horst, MDR 2020, 546; Schneider/Bischoff, ZStV 2020, 153 (155). 2 Letztlich bedarf es für alle Varianten der Fernkonferenz, der alle zustimmen und die eine ständige Beteiligung aller am kommunikativen Meinungsbildungsprozess erlaubt, wohl auch keines Rückgriffs auf § 32 Abs. 2 BGB (der aber für die Abstimmung in Einzelabfrage oder schriftlichem Umlauf relevant bleibt). Vgl. etwa zur Beratung in Kollegialgerichten Effer-Uhe, MDR 2020, 773. 3 Röcken, MDR 2020, 825 (827).
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630b
XI. Rz. 630b | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit Zahl von Vorstandsmitgliedern gefassten Beschlüsse hinsichtlich der Form der Abstimmung als verbindlich anerkennen werde. Ich verzichte auf ein etwaiges Rügerecht, soweit es sich aus dem von der Satzung abweichenden Beschlussverfahren ergeben könnte, und verpflichte mich, den in der Konferenz gefassten Beschlüssen nachfolgend schriftlich zuzustimmen. Meine Rechte zur Rüge und Anfechtung inhaltlich unzulässiger Beschlüsse bleiben unberührt. 631
Dem Verein sind die Mitglieder eines mehrgliedrigen Vorstands gleichermaßen verpflichtet, die Geschäftsführung nach zulässig erteilten Weisungen zu besorgen (Rz. 546, Rz. 560). Weisung kann, sofern die Satzung keine Einschränkungen trifft, dem Vorstand insgesamt ebenso wie jedem einzelnen seiner Mitglieder die Mitgliederversammlung (als oberstes Vereinsorgan) jederzeit erteilen.1
632
Wie Meinungsverschiedenheiten zwischen mehreren jeweils allein geschäftsführungs- und vertretungsberechtigten Mitgliedern eines Vorstands über die Zweckmäßigkeit bestimmter (konkreter) Geschäftsführungsmaßnahmen ausgeräumt werden können, kann durch die Satzung geregelt werden (§§ 25, 40 BGB). Besteht keine abweichende Satzungsregelung, dann hat eine Geschäftsführungsmaßnahme durch das Vorstandsmitglied bei Widerspruch anderer Vorstände (in vertretungsberechtigter Zahl) zu unterbleiben.2 Es kann auch vorab der Widerspruch gegen mehrere zusammengehörige künftige Geschäfte erklärt werden.
633
Eine verallgemeinernde Beschränkung eines allein geschäftsführenden Vorstandsmitglieds (oder der vertretungsberechtigten Vorstandszahl) durch vorbeugende Bindung an volles Einvernehmen oder zustimmenden Mehrheitsbeschluss der Vorstandsmitglieder für einen ganz bestimmten Kreis von Geschäften und damit planmäßig Ausschaltung durch generelle Bindung an das Einvernehmen mit anderen Vorstandsmitgliedern ist aber nur bei entsprechender Grundlage in der Satzung möglich.3 Die Satzung kann die Ausübung des einzelnen Amtes an weitergehende Vorgaben der Vorstandsmehrheit und sogar eines (erweiterten) anderen Geschäftsführungsorgans binden, Außenwirkung hat dies aber nur bei Eintragung (Rz. 614).
11. Vorstandsbestellung durch das Amtsgericht (§ 29 BGB) a) Fehlende Mitglieder des Vorstands 634
Gerichtlich bestellt werden können fehlende Mitglieder des Vorstands auf Antrag (§ 29 BGB). Für diesen vom Gericht eingesetzten Vorstand ist der Begriff „Notvorstand“ weit verbreitet. Zutreffender ist jedoch die Bezeichnung „gerichtlich bestellter Vorstand“. Erforderliche Mitglieder des Vorstands (§ 26 Abs. 1 BGB) fehlen, wenn sie aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen an der Wahrnehmung ihres Amtes 1 BGH v. 12.10.1992 – II ZR 208/91, AG 1993, 82 = NJW 1993, 191 = MDR 1993, 186. 2 Vgl. BGH v. 12.10.1992 – II ZR 208/91, AG 1993, 82 = NJW 1993, 191 = MDR 1993, 186. 3 BGH v. 12.10.1992 – II ZR 208/91, BGHZ 119, 379 = AG 1993, 82 = NJW 1993, 191 = MDR 1993, 186.
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11. Vorstandsbestellung durch das Amtsgericht (§ 29 BGB) | Rz. 635 XI.
dauernd oder in einem Einzelfall1 verhindert sind. Es kann der einzige Vorstand oder es können alle Vorstandsmitglieder eines Vereins weggefallen sein (insbesondere verstorben oder ausgeschieden sein, das Amt niedergelegt oder durch Ablauf der Amtszeit verloren haben) oder sonst dauernd oder auf Zeit (z.B. wegen schwerer Erkrankung, längerer Abwesenheit, insbesondere bei Auslandsaufenthalt2) oder in einem Einzelfall verhindert sein, für den Verein tätig zu werden (vgl. § 181 BGB; dazu Rz. 529). Auch wenn es sich als unmöglich erweist, die Vertretungsberechtigung des Vorstands dem Grundbuchamt in der notwendigen Form nachzuweisen3 oder wenn dem Verein nach Aussetzung der Anmeldung über die Eintragung neuer Vorstandsmitglieder aufgegeben wurde, durch Klageerhebung die Wirksamkeit der Wahl feststellen zu lassen4 ist der Verein insoweit handlungsunfähig. Keine Verhinderung des Vorstands liegt vor, wenn der rechtmäßige Vorstand in einer bestimmten Angelegenheit untätig bleibt, nicht sachgerecht handelt oder eine bestimmte Handlung als unzweckmäßig ablehnt.5 Insbesondere können Meinungsverschiedenheiten zwischen Vorstand und Vereinsmitgliedern oder Differenzen zwischen mehreren Vorstandsmitgliedern und Streit innerhalb verschiedener Gruppen des Vereins nicht durch Bestellung eines Vorstands entschieden werden.6 § 29 BGB bietet keine Handhabe dafür, einen ungeeigneten oder unwilligen Vorstand aus seinem Amt zu entfernen und durch einen anderen zu ersetzen.7 Dagegen fehlt der Vorstand, wenn er es grundsätzlich ablehnt, die Vereinsgeschäfte überhaupt zu führen8, wenn sein Untätigsein mithin einer Amtsniederlegung gleichsteht. Bei nichtiger Vorstandswahl fehlen die erforderlichen Mitglieder des Vorstands nur, wenn dennoch die Bestellung des bisherigen Vorstandes wirksam widerrufen oder sein Amt sonst bereits erloschen ist.9 Allein der Streit, ob ein wirksam gewählter Vorstand vorhanden ist, muss noch nicht zur Bestellung eines Notvorstands führen.10 Allerdings kann gerichtlich ein Vorstand zu bestellen sein, wenn sich die in verschiedenen Versammlungen
1 OLG Köln v. 22.7.2002 – 2 Wx 16/02, Rpfleger 2002, 569 (570). 2 Nicht aber bei nur vorübergehendem Auslandsaufenthalt, der jederzeit beendet werden kann, OLG Frankfurt v. 5.5.1986 – 20 W 387/85, GmbHR 1986, 432; LG Frankfurt OLG Frankfurt v. 7.11.1985 – 1 U 240/84, MDR 1986, 763. 3 S. v. Kalm, MDR 1956, 17. 4 Die Vorstandsmitglieder, deren Wahl im Streit ist, sind an der Vertretung gehindert, BayObLG 1989, 298 mit Einzelheiten. 5 OLG Frankfurt v. 5.5.1986 – 20 W 387/85, BB 1986, 1601 = GmbHR 1986, 432; OLG München v. 12.8.2010 – 31 Wx 139/10, NotBZ 2010, 423. 6 BayObLG 1985, 24 (30); BayObLG v. 27.10.1982 – BReg 2 Z 69/82, Rpfleger 1983, 74. 7 OLG Frankfurt NJW 1966, 504 sowie OLG Frankfurt v. 5.5.1986 – 20 W 387/85, GmbHR 1986, 432. 8 Steffen in BGB-RGRK, § 29 Rz. 1; Schl.-Holst. OLG v. 4.12.2012 – 2 W 49/12, FGPrax 2013, 127; Pfälz. OLG v. 4.7.2013 – 3 W 50/13, NJW-RR 2014, 725. 9 BayObLG München v. 14.9.1999 – 3Z BR 158/99, GmbHR 1999, 1292 mit Anm. Hohlfeld = NJW-RR 2000, 254. 10 OLG Jena v. 23.8.2013 – 9 W 134/13, juris – mit allerdings zu weit gehender Begründung (Wirkung einer Nichtigkeitsfeststellung der Wahl nur ex nunc).
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XI. Rz. 635 | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit
gewählten Prätendenten im Vorstand gegenseitig blockieren und die Außenvertretung des Vereins gegenüber seinen Gläubigern sichergestellt werden muss.1 636
Wenn der Vorstand aus mehreren Personen besteht (mehrgliedriger Vorstand), kommt gerichtliche Vorstandsbestellung in Betracht, wenn der Vorstand durch die fehlenden Mitglieder handlungs-2 oder beschlussunfähig geworden ist. Gerichtlich zu bestellen sind dann die fehlenden Vorstandsmitglieder, somit (nur) so viele Vorstandsmitglieder, wie nach den Bestimmungen der Satzung über die Zusammensetzung des Vorstands an der zur Vertretung oder (wenn erforderlich) Beschlussfassung nötigen Anzahl fehlen (vgl. auch Rz. 454, 523).3 Daher kommt die Bestellung eines alleinvertretungsberechtigten Notvorstands nicht in Betracht, wenn der Vertretungsmangel durch die Bestellung eines gesamtvertretungsberechtigten Vorstandmitglieds behoben werden kann, das den Verein zusammen mit einem noch handlungsfähigen gesamtvertretungsberechtigten Mitglied des Vereinsvorstands vertritt.4 Sind alle Mitglieder eines mehrköpfigen Vorstands weggefallen, so kann das Amtsgericht dem Verein auch eine Einzelperson zum Notvorstand bestellen. Die Einzelperson erlangt dann als gerichtlich bestellter Vorstand infolge der rechtsgestaltenden Wirkung der gerichtlichen Verfügung alleinige Vertretungsbefugnis, und zwar auch dann, wenn die Satzung Gesamtvertretung vorsieht.5 Nach anderer Auffassung sind so viele Vorstandsmitglieder zu bestellen, wie nach der Satzung zur Vertretung des Vereins erforderlich sind (Grundsatz der Satzungstreue).6 Wenn die Satzung das für den Vorstand erlaubt, kann auch das Gericht kann eine Befreiung vom Verbot des § 181 BGB aussprechen, also dem Verbot, als Vertreter beider Vertragsteile oder als Vertreter mit sich persönlich Verträge zu schließen.7 b) Dringlichkeit
637
Die gerichtliche Vorstandsbestellung erfolgt in dringenden Fällen. Ein solcher Fall liegt vor, wenn ohne Vorstandsbestellung alsbald zu besorgende Aufgaben des Ver1 OLG Köln v. 22.7.2002 – 2 Wx 16/02, ZInsO 2002, 834–836 = Rpfleger 2002, 569 (571). 2 S. auch LG Bonn v. 9.4.1987 – 5 T 24/87, Rpfleger 1987, 460: Vorstandsbestellung, wenn infolge von Amtsniederlegungen und Amtsenthebungen kein Vorstandsmitglied unangefochten zur Wahrnehmung der notwendigen Geschäftsführungsmaßnahmen fähig oder bereit ist. 3 OLG Köln v. 22.7.2002 – 2 Wx 16/02, ZInsO 2002, 834 ff. = Rpfleger 2002, 569 (571). 4 BayObLG 1989, 298. 5 OLG Köln v. 22.7.2002 – 2 Wx 16/02, ZInsO 2002, 834–836 = Rpfleger 2002, 569 (571); Ellenberger in Palandt, § 29 Rz. 7; Hadding in Soergel, § 29 Rz. 13; a.A. Sauter/Schweyer/ Waldner, Rz. 299; MünchKomm/BGB/Leuschner, § 29 Rz. 15. S. auch BGH GmbHR 1979, 251 = MDR 1979, 932 = NJW 1979, 1987, wonach rechtlich zwar die Bestellung zum Mitabwickler (für eine Offene Handelsgesellschaft) neben anderen Liquidatoren möglich, im Zweifel aber anzunehmen ist, dass der vom Gericht ernannte Liquidator nicht neben, sondern an die Stelle der bisherigen Liquidatoren treten soll. 6 Schl.-Holst. OLG v. 4.12.2012 – 2 W 49/12, FGPrax 2013, 127. Das OLG weist dazu allerdings einschränkend auf den Einzelfall bzw. die besondere Schwierigkeit der auf den Vorstand zukommenden Fragen hin, die nicht allein entschieden werden sollten. 7 Ellenberger in Palandt § 29 Rz. 7.
330 | Stöber/Otto
11. Vorstandsbestellung durch das Amtsgericht (§ 29 BGB) | Rz. 637 XI.
eins nicht wahrgenommen werden können oder dem Verein Schaden entstehen würde.1 Das wird z.B. bejaht, wenn kein Vorstand vorhanden ist, dem der Beschluss über eine Entziehung der Rechtsfähigkeit zugestellt werden kann.2 Kein dringender Fall ist gegeben, wenn das fehlende Vorstandsmitglied durch das zuständige Vereinsorgan noch rechtzeitig bestellt werden kann;3 das ist auch dann der Fall, wenn der noch im Vereinsregister eingetragene Vorstand eine Mitgliederversammlung mit der Tagesordnung „Neuwahl des Vorstandes“ einberufen kann4 und bis zum Versammlungstag keine unaufschiebbaren Handlungen für den Verein vorzunehmen sind.5 Kein Bedürfnis zu einer gerichtlichen Bestellung von Vorstandsmitgliedern besteht daher auch, wenn der Verein rechtlich von einem (dreiköpfigen) Vorstand vertreten wird, die Geschäftsführung aber einer erweiterten (aus 8 Personen bestehenden) „Vorstandschaft“ anvertraut ist und die Satzung bestimmt, dass nach Ablauf der Amtszeit (lediglich) der Vorstand bis zur Neuwahl vom Vorstand und Vorstandschaft im Amt bleibt.6 Das Amt des Vorsitzenden des Vorstands kann nicht durch das Gericht besetzt werden, wenn der verbleibende Vorstand bis zur regulären Neuwahl handlungsfähig ist.7 Wenn überzeugend dargetan ist, dass sich keine zur Übernahme des Vorstandsamts bereite Person findet, die durch das zuständige Vereinsorgan bestellt werden könnte, ist eine gerichtliche Vorstandsbestellung erforderlich.8 Gerichtliche Bestellung des Vorstands soll den handlungsunfähigen Verein vor Schaden bewahren; daher erfordert auch Unvermögen des zuständigen Vereinsorgans gerichtliche Abhilfe. Die Bestellung eines Notvorstands ist auch dann nicht dringlich, wenn dem Gericht andere, für den Verein schonendere rechtliche Möglichkeiten zu Gebote stehen, mit denen die Interessen des Antragstellers und des Vereins ebenso gut gewahrt werden können. Geht es allein um einen einzelnen Zahlungsanspruch und dessen gerichtliche Geltendmachung und drohen dem Verein im Übrigen keine Gefahren aus seiner temporären Handlungsunfähigkeit, dann genügt zur Wahrung der Interessen eines Vereinsgläubigers die Bestellung eines besonderen Vertreters nach § 57 Abs. 2 ZPO.9
1 OLG Köln v. 22.7.2002 – 2 Wx 16/02, ZInsO 2002, 834 (835, 836) = Rpfleger 2002, 569 (571). 2 Schl.-Holst. OLG v. 4.12.2012 – 2 W 49/12, FGPrax 2013, 127. 3 BayObLG v. 28.9.1995 – 3Z BR 225/95, GmbHR 1995, 896 = Betrieb 1995, 2364 = Rpfleger 1996, 114 (für Geschäftsführer einer GmbH). 4 Lehnt er es jedoch ab, die Einberufung der Versammlung vorzunehmen, kann „Verhinderung“ vorliegen. 5 So auch BayObLG 1985, 24 = Rpfleger 1985, 184; LG Düsseldorf v. 16.10.1986 – 25 T 833/ 86, Rpfleger 1987, 72. 6 BayObLG v. 22.5.1980 – 2 Z 5/80, Rpfleger 1980, 206. 7 Muscheler, Jahreshefte zum Stiftungswesen 2009, 143. 8 A.A. OLG Frankfurt v. 9.1.2001 – 20 W 421/00, GmbHR 2001, 436 mit Anm. Hohlfeld = Rpfleger 2001, 241 (242); für GmbH. 9 Schwennicke in Staudinger, § 29 Rz. 15; Saarl. OLG v. 24.2.2016 – 5 W 6/16, ZStV 2017, 22. Nach anderer Auffassung ist § 57 ZPO gegenüber § 29 BGB subsidiär, so noch Weick in Staudinger [2005], § 29 Rz. 7.
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XI. Rz. 638 | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit 638
Covid-19 – Sonderbestimmung: Amtszeit des Vorstands Wenn die reguläre Amtszeit des Vorstands im Jahr 2020 oder im Jahr 2021 endet, aber keine rechtzeitige Neuwahlversammlung durchgeführt werden kann, amtiert der Vorstand (längstens bis 31.12.2021) weiter (Rz. 499). Für eine gerichtliche Bestellung fehlt es in diesen Fällen an einer Dringlichkeit.
c) Antrag 639
Die Bestellung erfolgt nur auf Antrag eines Beteiligten (§ 23 Abs. 1, § 377 Abs. 1 FamFG). Als Beteiligter ist jeder antragsberechtigt, dessen Rechte und Pflichten durch die beantragte Regelung unmittelbar beeinflusst werden1, d.h. jeder, der durch das Fehlen der (oder eines der) Vorstandsmitglieder daran gehindert ist, ein Recht auszuüben oder eine Rechtspflicht zu erfüllen.2 Antragsberechtigt ist somit insbesondere der Vorstand selbst (z.B. vor einem längeren Auslandsaufenthalt), ein anderes (jedes) Vereinsmitglied3, aber auch ein Gläubiger, der gegen den Verein4 klagen oder vollstrecken will, und derjenige, der vom Verein verklagt ist5, ferner bei Auflösung des Vereins der Anfallberechtigte, nicht aber das Insolvenzgericht.6 Verneint wird das rechtliche Interesse, wenn der Antragsteller allein einen Ansprechpartner für ein Kaufangebot sucht.7 Ob die Voraussetzungen der Notvorstandsbestellung vom Antragsteller glaubhaft gemacht werden müssen, ist streitig8, praktisch wird man stets im Interesse eines zügigen Verfahrens möglichst weitgehende Erläuterungen geben.
640
Verliert der Antragsteller als Vereinsmitglied im Laufe des Bestellungsverfahrens seine Mitgliedschaft oder entfällt sonst die Antragsberechtigung (erlischt z.B. die Gläubigerforderung), so erledigt sich das Bestellungsverfahren; der Antrag, der dennoch aufrechterhalten wird, ist zurückzuweisen.9
1 BayObLG 1971, 178 = Rpfleger 1971, 311 und BayObLG 1976, 126 = Rpfleger 1976, 357; OLG Köln v. 22.7.2002 – 2 Wx 16/02, Rpfleger 2002, 569 (570). 2 BayObLG 1971, 178 und BayObLG 1976, 126. 3 BayObLG 1985, 24 (26); BayObLG 1989, 298 (302); BayObLG v. 21.10.1993 – 3Z BR 174/ 93, NJW-RR 1994, 832; OLG Köln v. 22.7.2002 – 2 Wx 16/02, Rpfleger 2002, 569 (570); LG Düsseldorf v. 16.10.1986 – 25 T 833/86, Rpfleger 1987, 72. 4 Saarl. OLG v. 24.2.2016 – 5 W 6/16, ZStV 2017, 22.; OLG Düsseldorf Rpfleger 1976, 358. Zum Antragsrecht der Staatsanwaltschaft OLG Frankfurt v. 16.1.2014 – 20 W 309/13, GmbHR 2014, 929. 5 BayObLG v. 21.10.1993 – 3Z BR 174/93, NJW-RR 1994, 832. 6 BayObLG 1950/51, 340. 7 Saarl. OLG v. 5.11.2018 –, OLG Saarbrücken v. 5.11.2018 – 5 W 74/18, NotBZ 2019, 143 = MDR 2019, 299 = ZIP 2019, 924. 8 Dafür die überwiegende Meinung, vgl. Hadding in Soergel, § 29 Rz. 9; Krafka, Registerrecht, 9. Aufl. 2013, Rz. 2266. 9 BayObLG v. 21.10.1993 – 3Z BR 174/93, NJW-RR 1994, 832.
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11. Vorstandsbestellung durch das Amtsgericht (§ 29 BGB) | Rz. 643 XI.
M 33 Antrag auf gerichtliche Bestellung eines Vorstands
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An das Amtsgericht … Betr.: Verein … e.V., Vereinsregister Nr. … Vorstand des Vereins war Herr … Er ist als alleiniger Vereinsvorstand im Vereinsregister eingetragen. Herr … ist am … verstorben. Sterbeurkunde fügen wir bei. Der Verein ist damit ohne Vorstand. Es kann deshalb insbesondere keine Mitgliederversammlung zur satzungsgemäßen Wahl eines neuen Vorstands einberufen werden. Als Mitglieder des Vereins schlagen wir daher vor, Herrn … gemäß § 29 BGB neu zum Vorstand zu bestellen. Der Vorgeschlagene – Mitunterzeichner dieses Antrages – ist zur Annahme des Amtes bereit. Der Vorgeschlagene ist Vereinsmitglied. Er hat aus dem Nachlass des verstorbenen bisherigen Vorstands bereits alle Unterlagen des Vereins (Mitgliederkartei, Kasse usw.) übernommen. Er wird nach gerichtlicher Bestellung zum Vorstand innerhalb 3 Monaten eine Mitgliederversammlung einberufen. Bis zu dieser Versammlung werden andere Aufgaben des Vorstands voraussichtlich nicht wahrzunehmen sein. Unterschriften
d) Verfahren und Entscheidung Die Bestellung erfolgt durch das Amtsgericht, in dessen Vereinsregister der Verein eingetragen ist (§ 29 BGB). Zuständig ist der Rechtspfleger (§ 3 Nr. 1a RpflG). Das Verfahren folgt den Bestimmungen des FamFG.1 Allein die Möglichkeit eines Verfahrens nach § 29 BGB begründet keine Ablehnung der gerichtlichen Bestellung eines Prozesspflegers nach § 57 Abs. 1 ZPO.2
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Wird allein die Einsetzung eines Notvorstands beantragt, dann ist das Gericht bei der Auswahl des zu bestellenden Vorstands frei;3 es entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen. Einen Vorschlag kann es (muss es aber nicht) berücksichtigen.4 Wird hingegen ausdrücklich die Bestellung einer bestimmten Person beantragt, kann das Gericht nur diese aussprechen oder – bei fehlender Eignung des Vorgeschlagenen, die auch aus Vorbehalten eines relevanten Teils der Mitgliedschaft resultieren kann – von der Bestellung absehen.5 Antragsteller und (Rest-)Vorstand sind vor der Ent-
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Keidel/Heinemann, 16. Aufl., FamFG § 375 Rz. 100. OLG Dresden v. 29.5.2020 – 8 W 350/20 = GmbHR 2020, 954. OLG Köln v. 22.7.2002 – 2 Wx 16/02, Rpfleger 2002, 569 (571). BayObLG v. 13.8.1991 – BReg 3 Z 91/91, Rpfleger 1992, 114. Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2124.
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XI. Rz. 643 | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit
scheidung zu hören. Der zu Bestellende braucht nicht Vereinsmitglied zu sein.1 Er muss nach dem Ermessen des Gerichts zur Geschäftsführung und Vertretung des Vereins befähigt sein. Eine in der Satzung vorgesehene besondere Qualifikation sollte der zu Bestellende nach Möglichkeit besitzen.2 Befähigung zur Amtsführung erfordert auch, dass ein möglicher Interessenwiderstreit tunlichst vermieden wird. Stehen sich im Verein zwei Mitgliedergruppen mit gegenläufigen Interessen zerstritten gegenüber, so wird es regelmäßig ermessensfehlerhaft sein, zum Vorstand einen besonders engagierten und exponierten Vertreter einer dieser Gruppen zu bestellen.3 Erforderliche Feststellungen sind von Amts wegen zu treffen (§ 26 FamFG). Dem Antragsteller kann daher nicht aufgegeben werden, die Einverständniserklärung eines Vorgeschlagenen beizubringen;4 deren Vorlage vermag freilich die Bestellung zumeist zu beschleunigen. Als Antragsgeschäft kann das Verfahren über den Bestellungsantrag von der Zahlung eines Kostenvorschusses abhängig gemacht werden (§ 12 GNotKG). 644
Die Aufgaben des Bestellten sind nicht weiter auszudehnen, als das nach Art und Dringlichkeit des geltend gemachten Bedürfnisses erforderlich ist.5 Die Rechtsprechung zieht das im Zweifel eher eng.6 Befugnisse und Vertretungsmacht des Bestellten können in der gerichtlichen Bestellungsverfügung auf einzelne oder einen bestimmten Kreis von Angelegenheiten beschränkt werden. So kann insbesondere angeordnet werden, dass der Bestellte lediglich die Aufgabe hat, eine Mitgliederversammlung zur satzungsgemäßen Neuwahl eines Vorstands zu berufen und zu leiten. Ob und inwieweit eine Beschränkung der Aufgaben des Bestellten geboten ist, ist vom Amtsgericht bei der Bestellung zu prüfen.7 Die Beschränkung des Aufgabenkreises des Bestellten hat Wirkung auch gegen Dritte (Außenwirkung), beschränkt somit nicht nur (mit Innenwirkung) in der Geschäftsführung.8 Nicht veranlasst wird eine Beschränkung der Befugnisse des bestellten Vorstands sein, wenn die Erledigung der ihm vordringlich
1 OLG Köln v. 22.7.2002 – 2 Wx 16/02, Rpfleger 2002, 569 (571). Für eine Gesamtvertretung durch (sachkundigen, neutralen) vereinsfremdem Dritten und (mit den Abläufen des Vereins vertrautes) Vereinsmitglied: Schl.-Holst. OLG v. 4.12.2012 – 2 W 49/12, FGPrax 2013, 127 (129). 2 Gilt jedenfalls bei unbegrenztem Aufgabenkreis; BayObLG v. 7.10.1980 – BReg 1 Z 24/80, GmbHR 1981, 243 = MDR 1981, 322 = NJW 1981, 995; BayObLG 1992, 114; KG v. 20.3.2012 – v. 29.3.2012 – 25 W 102/11. 3 BayObLG 1992, 114; KG v. 20.3.2012 – v. 29.3.2012 – 25 W 102/11, Rpfleger 2012, 634. 4 A.A. LG Essen v. 22.3.1991 – 46 T 1/91, GmbHR 1991, 368 (für Bestellung zum Notgeschäftsführer einer GmbH). 5 BayObLG 1976, 126 = Rpfleger 1976, 357 (358); BayObLG 1998, 179 (186) = NJW-RR 1999, 1259 (1261). 6 Vgl. OLG Frankfurt v. 6.2.2018 – 1 U 233/15. 7 BayObLG 1998, 179 (186) = NJW-RR 1999, 1259 (1261). 8 Wegen der im Vereinsrecht möglichen Beschränkung des Vorstands mit Wirkung gegen Dritte (§ 26 Abs. 1 S. 3 BGB) kommt der bei Kapitalgesellschaften (Gesellschaft mbH, Aktiengesellschaft) und Genossenschaften bestehenden anderen Rechtslage hier keine Bedeutung zu; BayObLG v. 6.12.1985 – BReg 3 Z 116/85, GmbHR 1986, 189 = NJW-RR 1986, 523.
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11. Vorstandsbestellung durch das Amtsgericht (§ 29 BGB) | Rz. 647 XI.
obliegenden Aufgaben voraussichtlich längere Zeit in Anspruch nehmen wird.1 Die Bestellung kann vom Amtsgericht auch befristet werden. M 34 Gerichtliche Verfügung bei Bestellung eines Vorstands gem. § 29 BGB
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Beschluss Dem Verein … e.V. Sitz … wird Herr … gem. § 29 BGB gerichtlich zum Vorstand bestellt. Die Bestellung wird auf die Berufung und Leitung einer Mitgliederversammlung zur Neuwahl eines Vorstandes (und ggf. mit folgenden weiteren Tagesordnungspunkten …) beschränkt und zeitlich bis … befristet. Gründe Der Verein ist seit dem Tod des im Vereinsregister eingetragenen bisherigen alleinigen Vorstands des Vereins, Herrn …, der am … verstorben ist, ohne Vorstand. Auf Antrag der Vereinsmitglieder … war dem Verein daher gem. § 29 BGB ein Vorstand gerichtlich zu bestellen. Der Bestellte hat die Fortführung der Vereinsgeschäfte schon nach dem Tod des bisherigen Vorstands übernommen. Er ist als langjähriges Vereinsmitglied mit allen Vereinsangelegenheiten vertraut und genießt das uneingeschränkte Vertrauen der Vereinsmitglieder. Zur Übernahme des Amtes hat er sich bereit erklärt. Da weitere Aufgaben des Vorstands in nächster Zeit voraussichtlich nicht wahrzunehmen sein werden und eine Mitgliederversammlung zur satzungsgemäßen Neuwahl des Vorstands innerhalb … Monaten abgehalten werden kann, waren Aufgabenkreis und Zeitdauer der Vorstandstätigkeit des Bestellten entsprechend einzuschränken. Verfügung 1. Bekanntgabe (Fall des § 41 Abs. 1 S. 1 FamFG) bzw. Zustellung (§ 41 Abs. 1 S. 2 FamFG) einer Beschlussausfertigung mit Rechtsbehelfsbelehrung (§ 39 FamFG) an Antragsteller … und Herrn … als bestelltem Vorstand, zusammen mit der Eintragungsmitteilung zu 2. 2. Eintragung in das Vereinsregister (§ 67 Abs. 2 BGB; Wortlaut s. Rz. 649).
Die amtsgerichtliche Bestellungsverfügung (ebenso der Beschluss, mit dem die beantragte Bestellung eines Vorstands abgelehnt wird) ist (wenn auch nur kurz) zu begründen. In der (wenn auch nur knappen) Begründung ist auch darzulegen, aus welchen Erwägungen ein bestimmter Vorstand gerichtlich bestellt und von einem Vorschlag abgewichen oder Einwendungen nicht Rechnung getragen wurde.2
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Wirksamkeit erlangt die Bestellungsverfügung, wenn sie dem Bestellten bekannt gemacht worden ist (§ 40 Abs. 1 FamFG). Außerdem ist sie dem Antragsteller bekannt
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1 BayObLG 1976, 126 = Rpfleger 1976, 357 (358). 2 BayObLG v. 7.10.1980 – BReg 1 Z 24/80, GmbHR 1981, 243 = MDR 1981, 322 = NJW 1981, 995.
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XI. Rz. 647 | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit
zu geben (§ 41 Abs. 1 FamFG). Eine Ablehnung wird dem Antragsteller bekannt gemacht. Die Bekanntgabe durch formlose Mitteilung ist als ausreichend zu erachten1, soweit dem Anliegen des Betroffenen entsprochen wird (sonst Zustellung, § 41 Abs. 1 S. 2 FamFG). 648
Die Bestellung bedarf wegen der mit dem Amt verbundenen Pflichten der Annahme durch den Ernannten. Dies kann schlüssig durch Aufnahme der Amtstätigkeit geschehen. Die dem Gericht gegenüber zu erklärende Ablehnung des Amtes bedarf keiner Begründung. Auch ein Vereinsmitglied kann nicht ohne seine Zustimmung gerichtlich zum Vorstand oder Vorstandsmitglied bestellt werden.2 Zweckmäßigerweise sollte die Annahme bereits im Verfahren vorweg entgegengenommen werden.
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Ein gerichtlich bestelltes Vorstandsmitglied wird nach Annahme des Amtes von Amts wegen in das Vereinsregister eingetragen (§ 67 Abs. 2 BGB). Eine Anmeldung ist also nicht erforderlich. M 35 Registereintragung des Notvorstands3 Sp. 3: b) … (Name usw.) Vorstand (gerichtlich bestellt, § 29 BGB): … Die Bestellung ist auf die Berufung und Leitung einer Mitgliederversammlung beschränkt und bis … befristet. Gemäß § 67 Abs. 2 BGB von Amts wegen eingetragen.
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Rechtsbehelf gegen die Verfügung des Amtsgerichts bei Bestellung eines Vorstands und bei Ablehnung des Antrags: Binnen Monatsfrist Beschwerde4 (§ 58 FamFG), über die das LG entscheidet. Beschwerdeberechtigt ist bei Zurückweisung des Antrags der Antragsteller (§ 59 FamFG), bei Bestellung eines Vorstands der Verein5 und jeder, dessen Recht durch die Verfügung beeinträchtigt ist, damit auch jedes Vereinsmitglied6, nicht aber der zum Vorstand Bestellte (er muss das Amt nicht annehmen).7 1 OLG Hamm v. 26.11.1986 – 14 W 78/85, GmbHR 1987, 432 = Rpfleger 1987, 251 lässt telefonische Bekanntgabe (an den Bestellten) genügen. 2 Schl.-Holst. OLG v. 4.12.2012 – 2 W 49/12, FGPrax 2013, 127 (129). 3 Der bestellte Vorstand vertritt nach der allgemeinen Vertretungsregelung in Spalte 3a allein. Bei einer von der in Spalte 3a eingetragenen abweichenden Vertretungsbefugnis (s. Rz. 352) ist die besondere Vertretungsbefugnis des bestellten Vorstands (von Amts wegen) in Spalte 3b mit einzutragen. 4 Hadding in Soergel, Rz. 12 zu § 29; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 303. 5 BayObLG v. 12.6.1996 – 3Z BR 90/96, GmbHR 1996, 859 = Rpfleger 1996, 514 (für GmbH). 6 Schl.-Holst. OLG v. 4.12.2012 – 2 W 49/12, FGPrax 2013, 127 (129); KG v. 20.3.2012 – v. 29.3.2012 – 25 W 102/11, Rpfleger 2012, 634 = FGPrax 2012, 207: Die Beschwerdebefugnis endet aber mit dem Austritt aus dem Verein. 7 OLG Düsseldorf v. 22.2.2016 – 3 35/16, OLG Düsseldorf v. 22.2.2016 – 3 Wx 35/16, MDR 2016, 907; BayObLG v. 12.6.1996 – 3Z BR 90/96, GmbHR 1996, 859 = Rpfleger 1996, 514. Er hat aber ein Beschwerderecht, wenn er zugleich Vorstandsmitglied ist, in dieser Eigenschaft.
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11. Vorstandsbestellung durch das Amtsgericht (§ 29 BGB) | Rz. 654 XI.
e) Stellung und Aufgaben des Ernannten Die Bestellung gibt dem Eingesetzten abgesehen etwaiger ausdrücklicher Grenzen in der Bestellungsverfügung (Rz. 644) alle Befugnis des fehlenden Vorstands oder Vorstandsmitglieds, für den oder das er berufen ist. Die Bestellung wirkt rechtsbegründend; sie ist daher auch bei Fehlen der angenommenen Voraussetzungen wirksam.1 Eine Aufsicht über die Geschäftsführung des Bestellten führt das Amtsgericht nicht. Der gerichtlich bestellte Vorstand ist wie der satzungsgemäß berufene Vorstand dem Verein und seinen Organen gegenüber verantwortlich.
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Der Bestellte hat keinen Vergütungsanspruch gegen den Staat oder den Antragsteller.2 Gegen den Verein hat er nur dann Anspruch auf eine angemessene – übliche – Vergütung, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist (§ 612 BGB). Das wird insbesondere dann der Fall sein, wenn auch das fehlende Vorstandsmitglied nur gegen eine Vergütung tätig war oder wenn ein Nichtmitglied bestellt ist, das regelmäßig nicht unentgeltlich arbeitet. Allein deshalb, weil der von den Mitgliedern berufene Vorstand unentgeltlich tätig ist oder auch nach Bestimmung der Satzung keine Vergütung erhalten soll (oder kann), ist nicht davon auszugehen, dass auch ein gerichtlich bestellter Vorstand ohne Vergütung zu arbeiten hat.3 Anspruch auf Auslagenersatz hat der bestellte Vorstand in gleicher Weise wie der ordentliche Vorstand (Rz. 582). Der Anspruch auf Vergütung und auf Ersatz der Auslagen ist im Zivilprozessweg geltend zu machen und kann nicht vom Registergericht festgesetzt werden.4
652
Das bestellte Vorstandsmitglied kann durch Anzeige an das Gericht, das die Bestellung verfügt hat, zurücktreten. Das Gericht muss nach Zugang der Rücktrittsanzeige unverzüglich – also ohne weiteren Antrag – einen neuen Vorstand gerichtlich bestellen.5
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f) Beendigung des Amtes Das gerichtlich bestellte Vorstandsmitglied verdrängt nicht die anderen Vorstandsmitglieder.6 Die Befugnisse des gerichtlich bestellten Vorstands enden, wenn mit dem Wegfall eines Hinderungsgrundes der weitere Vorstand wieder handlungsfähig ist. Sie enden außerdem mit einer sonstigen Behebung des Mangels, insbesondere also mit der satzungsgemäßen Neubestellung (Neuwahl) eines Vorstands.7 Nach Wegfall des
1 BGHZ 24, 51 = NJW 1957, 832; BayObLG 1980, 306 (310). 2 Schl.-Holst. OLG v. 4.12.2012 – 2 W 49/12, FGPrax 2013, 127 (129). 3 OLG Frankfurt v. 28.1.1993 – 20 W 31/93, OLGZ 1993, 319 (für Verwalter einer Wohnungseigentümergesellschaft). 4 BayObLG v. 28.7.1988 – BReg 3 Z 49/88, GmbHR 1988, 436 = NJW-RR 1988, 1500. 5 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 305; anders (Antrag ist verbraucht) Reichert/Wagner, Kap. 2/ Rz. 2159. 6 Schl.-Holst. OLG NJW 1960, 1862 = SchlHA 1960, 230; BayObLG 1998, 179 (186) = NJWRR 1999, 1259 (1261). 7 BayObLG v. 9.7.2001, NotBZ 2005, 80. Vgl. Schwennicke in Staudinger, § 29 Rz. 56.
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XI. Rz. 654 | Der Vorstand, seine Bildung und seine Tätigkeit
Hinderungsgrundes kann das Amtsgericht die Aufhebung der Bestellung klarstellend anordnen. 655
Das Amtsgericht kann, wenn das Interesse des Vereins es gebietet, die Bestellung aufheben, den Bestellten somit auch abberufen, und eine andere Person als Vorstand bestellen. Die Bestellungsverfügung ist zu ändern und der bestellte Vorstand abzuberufen, wenn sie sich nachträglich als ungerechtfertigt erweist, womit ein „wichtiger Grund“ vorliegt.1 Ein solcher ist gegeben, wenn die Änderung im Interesse des Vereins liegt, weil eine ordnungsgemäße, reibungslose und ungestörte Wahrnehmung der dem Bestellten obliegenden Aufgaben nicht mehr gewährleistet ist, insbesondere bei grober Pflichtverletzung und bei Unfähigkeit zur ordentlichen Wahrnehmung der Vorstandsaufgaben. Allein die lange Zeitdauer der Tätigkeit des bestellten Vorstands bildet keinen Grund für seine Abberufung.2 Antragsberechtigt sind die Mitglieder des Vereins; ihr Recht, eine gerichtliche Bestellung eines Vorstands zu verlangen, schließt das Recht ein, auch die Abberufung des bestellten Vorstands zu beantragen.3 Nicht antragsberechtigt sind Gläubiger oder Schuldner des Vereins.4 Es wird jedoch auch Abberufung des bestellten Vorstands von Amts wegen (damit auch auf Anregung nicht antragsberechtigter Beteiligter) für zulässig erachtet.5 Wenn das erforderliche Mitglied des Vorstands weiterhin fehlt und (noch) ein dringender Fall fortbesteht, bedingt die Abberufung gleichzeitige Neubestellung des Vorstands.6 Rechtsbehelf gegen Abberufung: Beschwerde7 (wie Rz. 650). g) Liquidator, besonderer Vertreter und Geschäftsführungsaufgaben
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Wenn sich der Verein in Liquidation befindet, werden fehlende Liquidatoren in dringenden Fällen gleichfalls durch das Amtsgericht nach § 29 BGB bestellt.8 Das Amtsgericht kann nach § 29 BGB keinen besonderen Vertreter (§ 30 BGB) bestellen (streitig) und kein Mitglied in andere Organe berufen, als für die Handlungsfähigkeit des Vereins nach außen erforderlich sind.9 Die gerichtliche Bestellung von Mitgliedern fakultativer Organe scheidet damit in aller Regel aus.10 Selbst wenn die Vertretungsmacht des Vorstands für ein anstehendes Geschäft wegen einer Einschränkung nach § 26 Abs. 1 Satz 3 BGB nicht genügt und deshalb dringender Bedarf an der Nachbesetzung eines fakultativen Organs besteht, kann der Vorstand für die Durchfüh1 OLG Düsseldorf v. 18.4.1997 – 3 Wx 584/96, GmbHR 1997, 549 = NJW-RR 1997, 1398. 2 OLG Düsseldorf v. 18.4.1997 – 3 Wx 584/96, GmbHR 1997, 549 = NJW-RR 1997, 1398. 3 BayObLG 1978, 243 (247); KG NJW 1967, 933 = OLGZ 1967, 97; OLG Düsseldorf v. 18.4.1997 – 3 Wx 584/96, GmbHR 1997, 549 = NJW-RR 1997, 1398 (für GmbH-Gesellschafter). 4 KG NJW 1967, 933. 5 KG NJW 1967, 933; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 306; Steffen in BGB-RGRK, Rz. 5 zu § 29; Bedenken bei Hadding in Soergel, Rz. 16 zu § 29; offen gelassen von OLG Düsseldorf v. 18.4.1997 – 3 Wx 584/96, GmbHR 1997, 549 = NJW-RR 1997, 1398. 6 OLG Düsseldorf v. 18.4.1997 – 3 Wx 584/96, GmbHR 1997, 549 = NJW-RR 1997, 1398. 7 BayObLG v. 14.9.1999 – 6 T 58/99, NJW-RR 2000, 54. 8 Vgl. BayObLG 1955, 291. 9 BayObLG v. 22.5.1980, zitiert bei Stanglmeier, Rpfleger 1980, 258 (260). 10 OLG Frankfurt v. 19.11.2013 – 20 W 335/13, GmbHR 2014, 477.
338 | Stöber/Otto
12. Der Vorstand einer politischen Partei | Rz. 657 XI.
rung der Besetzung des anderen Organs sorgen. Da es um die Handlungsfähigkeit des Vereins nach außen geht, erfolgt eine gerichtliche Bestellung zur Wiederherstellung einer internen Beschlussfähigkeit des Vorstands allenfalls dann, wenn sie in nach außen umschlägt.1
12. Der Vorstand einer politischen Partei Ein Vorstand ist notwendiges Organ einer Partei und ihrer Gebietsverbände (§ 8 Abs. 1 S. 1 PartG). Bestehen muss er aus mindestens 3 Mitgliedern (§ 11 Abs. 1 S. 2 PartG). Über Zusammensetzung und Befugnisse des Vorstands muss die Satzung Bestimmungen enthalten (§ 6 Abs. 2 Nr. 7 PartG). Verlangt die Satzung eine öffentliche Durchführung von Mitgliederversammlungen, muss auf Ort und Zeit der Veranstaltung angemessen hingewiesen werden.2 Gewählt wird der Vorstand mindestens in jedem zweiten Kalenderjahr (§ 11 Abs. 1 S. 1 PartG). Abgeordnete und andere Persönlichkeiten aus der Partei können dem Vorstand kraft Satzung angehören (§ 11 Abs. 2 PartG mit Einzelheiten). Einen Gebietsverband leitet der Vorstand; er führt dessen Geschäfte nach Gesetz und Satzung sowie den Beschlüssen der ihm übergeordneten Organe (§ 11 Abs. 3 S. 1 PartG). Er vertritt den Gebietsverband gerichtlich und außergerichtlich (§ 26 Abs. 3 S. 2 PartG), soweit nicht die Satzung eine abweichende Regelung trifft. Zuständig für die gerichtliche Bestellung des Vorstands (§ 29 BGB) einer politischen Partei ist gleichfalls das Amtsgericht, jedenfalls dann, wenn sie in der Rechtsform des eingetragenen Vereins besteht.3
1 Weiter MünchKomm/BGB/Leuschner, § 29 Rz. 9: in Situation der Entscheidungsunfähigkeit. 2 Vgl. LG Düsseldorf v. 28.2.2012 – 6 O 357/11 (unzulässige spontane Verlegung des Versammlungsorts). 3 Hierzu LG Berlin NJW 1970, 1047; Hadding in Soergel, Rz. 4, MünchKomm/BGB/Leuschner, Rz. 6, je zu § 29; a.A. (zuständig ist das Parteischiedsgericht) OLG Hamm v. 16.1.1989 – 8 U 5/88, NJW-RR 1989, 1532; Schwennicke in Staudinger, § 29 Rz. 60; Hahn, NJW 1973, 2013.
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657
XII. Fakultative Vereinsorgane und Hilfspersonen 1. Die Vorstandschaft (§§ 25, 40 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . a) Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Satzungsbestimmung . . . . . . . . . . . . 2. Andere fakultative Vereinsorgane a) Einsetzung und Aufgaben . . . . . . . . b) Bestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Amtsausübung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechnungsprüfer und Revision . . 4. Datenschutzbeauftragter . . . . . . . . 5. Straf- und Schiedsorgane . . . . . . . . 6. Besonderer Vertreter (§ 30 BGB) . a) Rechtsstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Selbständiger Geschäftskreis . . . . . .
658 658 661 664 664 667 671 674 683 692 693 693 697
c) Vertretungsmacht . . . . . . . . . . . . . . . d) Bestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Registereintrag bzw. Nachweis im Rechtsverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Geschäftsführer . . . . . . . . . . . . . . . . a) Maßgeblichkeit der Satzung . . . . . . b) Vertretungsmacht . . . . . . . . . . . . . . . 8. Vorstandsbevollmächtigte (§§ 164 ff. BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Hilfspersonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Verein als Arbeitgeber . . . . . . . b) Mindestlohn oder Ehrenamt? . . . . . c) Praktikanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
700 701 702 705 705 707 710 715 716 719 724
Literatur: Barfuß, Die Stellung besonderer Vertreter gem. § 30 BGB in der zivilprozessualen Beweisaufnahme, NJW 1977, 1273; Bayreuther, Der gesetzliche Mindestlohn, NZA 2014, 865; Brouwer, Organschaftliche Pflichtendelegation im Verein, NZG 2017, 481; Brouwer, Compliance in Verbänden in Hauschka/Moosmayer/Lösler, Corporate Compliance 3. Aufl. 2016; Brouwer, Rolle und Funktion der Wirtschaftsverbände in Pischel/Kopp, Compliance für Wirtschaftsverbände, 2017; Grambow, Organe von Vereinen und Stiftungen, Organstellung und Anstellungsverhältnis, 2011; Grambow, Die betriebsverfassungsrechtliche Behandlung von Vereinen, Stiftungen und gGmbHs, ZStV 2013, 161; Grambow, Mindestlohn für Vereine und Stiftungen, ZStV 2015, 81; Greiner, Mindestlohn und Ehrenamt, NZA 2015, 285; Hoppe/Groffy, Die Beschäftigung von Ehrenamtlichen: Einordnung und Gestaltungsmöglichkeiten, npoR 2019, 205–208; Mindestlohn Kelber, Der Kündigungsschutz des besonderen Vertreters nach § 30 BGB, NZA 2013, 988; Kirberger, Gemischte Gesamtvertretung und organschaftliches Prinzip, Rpfleger 1979, 5 und 48; Lochelfeldt, Der Kündigungsschutz des besonderen Vertreters eines Vereins 2019; Menke/Reissinger, Wer ist der Herr der Ringe? Ein Leitfaden für die sozialversicherungsrechtliche Statuseinordnung im Sport, SpuRt 2012, 9–14; Oestreich, Der Vorstand und die fakultativen Organe im Verein, Rpfleger 2002, 67; Plagemann/Plagemann/ Hesse, Vereinsvorstände – sozialversicherungspflichtig „beschäftigt“?, NJW 2015, 439; Rybak, Neuer Mindestlohn gilt auch im Fußball, WIR PROFIS 2014/H.4, S: 12; Scheffzek, Der Mindestlohn bedroht die Amateurvereine, www.lto.de 2015 (online-Abruf 19.1.2015); Segna, Vorstandskontrolle in Großvereinen, 2002; Urban-Crell, Profifußball und Arbeitsrecht – zwei Welten prallen aufeinander, Der Betrieb 2015, 2396–2398; v. Steinau-Steinrück, Zwei Abgrenzungsfragen zum Mindestlohn, NJW-spezial 2015, 178; Walker, Mindestlohn im Amateurfußball, SpuRt 2015, 94; Zieglmeier, Rechtliche Folgen für Vereinsvorstände bei Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen, SpuRt 2012, 134–137.
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XII. Rz. 658 | Fakultative Vereinsorgane und Hilfspersonen
1. Die Vorstandschaft (§§ 25, 40 BGB) a) Begriffe 658
Dem Vorstand des Vereins (§ 26 BGB Rz. 443 ff.) dürfen nur Personen angehören, denen die unentziehbaren gesetzlichen Vorstandsaufgaben obliegen. Vorstandsmitglieder müssen also insbesondere berechtigt sein, den Verein zu vertreten (Einzelheiten Rz. 443 ff., 524 ff., 538). Zur Vertretungsmacht des Vorstands gehört der Wille, rechtsgeschäftliche Erklärungen abzugeben; dem Vorstand kann daher die Befugnis zur rechtsgeschäftlichen Willensbildung durch die Satzung nicht gänzlich entzogen werden.1 Zum Ehrenmitglied, Ehrenvorsitzenden u.Ä. bereits oben Rz. 214. Der Verein ist allerdings nicht gehindert, den Vorstand – im Sinn des Gesetzes – für die eigenen Zwecke anders zu bezeichnen (Rz. 466).
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Die Besorgung anderer Vereinsangelegenheiten, insbesondere auch die Leitung des Vereins und Führung der laufenden Vereinsgeschäfte (Rz. 445, 554 ff.), gehört nicht zwingend zu diesen unentziehbaren Vorstandsaufgaben. Die Befugnisse des Vorstands zur Besorgung dieser Vereinsangelegenheiten können daher durch Satzungsbestimmung (§ 40 BGB) zugunsten eines anderen Vereinsorgans reduziert werden.2 Diese Schmälerung der Vorstandsbefugnisse wirkt, anders als eine Beschränkung der Vertretungsmacht nach § 26 Abs. 1 S. 3 BGB, nur intern. Sie wird durch Satzungsbestimmung in der Weise begründet, dass für einzelne Vereinsangelegenheiten oder für einen bestimmten Kreis von Vereinsaufgaben bestimmte andere Vereinsorgane allein oder gemeinsam mit dem Vorstand (des § 26 BGB) zuständig sein sollen. Ein Verein kann somit auch Vorstandsmitgliedern Einzelvertretungsmacht einräumen und in der Satzung die interne Beschlussfassung (Geschäftsführung) einem anderen Organ als dem Vorstand i.S.d. § 26 Abs. 1 BGB (so der erweiterten Vorstandschaft) übertragen.3 Einem solchen Vereinsorgan kann die Satzung auch Vereinsangelegenheiten zuweisen, die nach § 32 Abs. 1 BGB durch die Mitgliederversammlung zu regeln wären. Viele Vereinssatzungen machen von dieser Möglichkeit Gebrauch durch Schaffung der sog. erweiterten (oder inneren) Vorstandschaft, die oft auch Gesamtvorstand, geschäftsführender Vorstand, Vereinsleitung, Präsidium oder auch Hauptausschuss genannt wird (s. bereits Rz. 446).
660
Der so verstandene Gesamtvorstand ist nicht Vorstand im Sinne des Gesetzes (§ 26 BGB). Er hat lediglich die ihm nach der Satzung im Innenverhältnis übertragenen Funktionen wahrzunehmen. Dabei kann es sich um interne Führungsaufgaben4, um Beratungsfunktionen oder um Angelegenheiten handeln, die allgemein durch Beschlussfassung geregelt werden. Es kann aber auch vorgesehen werden, dass an Stelle der Mitgliederversammlung oder bis zu deren Entscheidung, wie insbesondere für alle im laufenden Vereinsjahr auftretenden Angelegenheiten, die sog. Vorstandschaft dem
1 BayObLG 1972, 286 = Rpfleger 1972, 440; Danckelmann, NJW 1973, 738. 2 KG OLG 42, 196; Klamroth, Betrieb 1972, 1953; Danckelmann, NJW 1973, 738. 3 BGH v. 19.9.1977 – II ZB 9/76, MDR 1978, 29 = NJW 1977, 2310 und 1978, 415 (LS) mit Anm. Kirberger; BayObLG Rpfleger 1978, 127. 4 Zur Verteilung von Compliance-Aufgaben im Verband Brouwer, CCZ 2009, 161.
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1. Die Vorstandschaft (§§ 25, 40 BGB) | Rz. 662 XII.
gesetzlichen Vorstand Weisungen über die Amtsführung erteilen kann (Rz. 560). Schließlich kann die Vertretungsmacht des Vorstands mit Wirkung gegen Dritte auch in der Weise beschränkt werden (§ 26 Abs. 1 S. 3 BGB), dass zu einem Rechtsgeschäft die Zustimmung der erweiterten Vorstandschaft erforderlich ist. Die Beschränkung wirkt dann in gleicher Weise wie eine Beschränkung der Vertretungsmacht durch Zustimmung der Mitgliederversammlung (s. Rz. 537 auch wegen des Nachweises und der Registereintragung). b) Satzungsbestimmung Weitere Organe im beschriebenen Sinn bestehen nur, wenn sie die Satzung ausdrücklich kreiert (daher auch „statuarisch“ genannt). Von Gesetz wegen sind sie nicht erforderlich (daher „fakultativ“ genannt). In der Satzung muss zwischen dem Vorstand als Organ i.S.d. § 26 BGB und anderen, fakultativ mit Geschäftsführungsaufgaben betrauten Organen streng unterschieden werden. Vielfach wird indes die sog. Vorstandschaft in der Satzung missverständlich bezeichnet. Zwar genügt es der gesetzlichen Anforderung des § 58 Nr. 3 BGB, wenn die Vereinssatzung bestimmt, dass die Inhaber mehrerer (z.B. von fünf) näher bezeichneter Vereinsämter den „Vorstand“, einige (z.B. zwei) von ihnen (die mit ihren Ämtern klar bezeichnet sein müssen) aber den Vorstand „im Sinne des § 26 BGB“ bilden.1 Es empfiehlt sich eher, für das mehrköpfige interne Vereinsorgan eine andere als die Bezeichnung „Vorstand“ zu wählen oder eben den „Vorstand iSd BGB“ deutlich anders zu benennen („Präsidium“ etc.).2 Auf seine Mitglieder finden die gesetzlichen Bestimmungen über den Vorstand keine Anwendung.
661
Der erweiterte Vorstand (Gesamtvorstand, Vorstandschaft) kann im Satzungsaufbau in der Weise gebildet werden, dass
662
– der gesetzliche Vorstand (§ 26 BGB) um weitere in der Satzung bestimmte Mitglieder erweitert wird oder – in der Satzung zuerst ein „Gesamtvorstand“ oder „erweiterter“ Vorstand bestimmt und aus ihm ein geschäftsführender Vorstand gebildet wird, der Vorstand i.S.d. § 26 BGB ist.3 Vorzugswürdig ist dabei die erste Variante: Der Vorstand als zwingendes Organ steht im Vordergrund, ihm ist das fakultative weitere Organ beizugeben. Die umgekehrte Vorgehensweise, also Ableitung eines „BGB-Vorstands“ aus einem anderen, in den Vordergrund der Satzungsgestaltung gerückten Organ, birgt die praktische Gefahr,
1 BayObLG DNotZ 1977, 604 (Ls.) = MittBayNot 1976, 210 = MittRhNotK 1976, 623 = Rpfleger 1977, 126 (hier nur Inhaltsangabe); so auch LG Wuppertal MittRhNotK 1975, 653. 2 So auch BayObLG DNotZ 1977, 604. Zu weitgehend aber Oestreich, Rpfleger 2002, 67, sofern er eine Benennung des (fakultativen) Vereinsorgans mit dem Wort (-bestandteil) „Vorstand“ generell für unzulässig hält. 3 OLG Düsseldorf DNotZ 1962, 645 LS; aus dem Blickwinkel der Haftungsverteilung Brouwer, NZG 2017, 481 (483).
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XII. Rz. 662 | Fakultative Vereinsorgane und Hilfspersonen
dass die Zuständigkeiten in der weiteren Satzungsgestaltung dann nicht durchgehalten werden. 663
Covid-19 – Sonderbestimmung: Amtszeit Die Sonderbestimmungen über die Amtszeit des Vorstands (Rz. 499) gelten für die fakultativen Organe des Vereins nach dem Wortlaut nicht unmittelbar. Eine Anwendung auf nicht vertretungsberechtigte Organe wird daher in der Literatur abgelehnt.1 Letztlich kommt es aber auf den Einzelfall an: Teilweise gilt für die Mitglieder eines erweiterten Vorstands, der „Vorstandschaft“ etc… ohnehin keine an eine Amtsperiode des BGBVorstands gebundene Amtszeit. Sind etwa der Ehrenvorsitzende, der örtliche Kantor, der Leiter Jugendabteilung, der Seniorenvertreter oder ein Aktivensprecher jeweils kraft Amtes („geborene“) Mitglieder, dann bedarf es für sie insoweit keiner Sonderregel. Soweit sie ihrerseits mit einer festen Amtszeit von ihrer jeweiligen Vereinssparte oder Mitgliedergruppe gewählt sind, gilt die Sonderbestimmung für sie in ihrer Eigenschaft als Abteilungsvorstand oder Gruppensprecher – wenn die Abteilung organisatorisch als (eingetragener oder nicht eingetragener) Verein verselbständigt ist, sogar unmittelbar (vgl. Rz. 1403). Andere Mitglieder eines erweiterten Vorstands können vom Vorstand berufen sein – die Berufung endet im Zweifel mit der Amtszeit des Vorstands – auch sie wird also im Zweifel mit verlängert. Im Vordergrund der Sonderbestimmung steht der Erhalt der Handlungsfähigkeit des Vereins nach außen.2 Sobald das Vertretungsrecht des Vorstands in einzelnen Fällen (§ 26 Abs. 1 Satz 3 BGB) an die Mitwirkung des fakultativen Organs gebunden ist, ergibt sich nach dem Zweck der Sonderbestimmung auch hier ihre entsprechende Anwendbarkeit. Hat ein erweiterter Vorstand eher die nicht-exekutiven Funktionen eines Beirats, gilt zwar das Sondergesetz nicht, die Praxis des Vereins wird es aber häufig erlauben, die Person, deren Amtszeit abgelaufen ist, als Gast weiter einzubeziehen. Fasst man die Zwecke des Sondergesetzes etwas weiter – es geht um Arbeitsfähigkeit des Vereins im Ganzen – dann kann man auch die Amtszeit eines Vereinsschiedsgerichts und weiterer Organe als einbezogen ansehen. Hier besteht allerdings starke Rechtsunsicherheit.3 Es empfiehlt sich die Durchführung der Neubestellung – bei Zuständigkeit der Mitgliederversammlung ggf. im erleichterten Verfahren (Rz. 785). Wäre ein drittes Organ zuständig, dieses aber selbst nicht handlungsfähig – greift die Auffangzuständigkeit der Mitgliederversammlung ein (Rz. 778).
2. Andere fakultative Vereinsorgane a) Einsetzung und Aufgaben 664
Ein fakultatives (statuarisches) Vereinsorgan kann auch unter Ausschluss des Vorstands (§ 26 BGB) gebildet, also in der Weise zusammengesetzt werden, dass ihm der Vorstand überhaupt nicht oder jedenfalls nicht kraft seines Amtes angehört. Dies empfiehlt sich, wenn das Organ nur eine Kontrollfunktion oder Aufgaben der Repräsentation (z.B. jährliche Preisverleihung) übernehmen soll. Das Organ wird dann meist Ausschuss, Kuratorium o.Ä. genannt. Ohne Beteiligung von Vorstandsmitgliedern wird vielfach auch das allein für Disziplinarmaßnahmen und andere stark per1 Segna, npoR 2020, 148 (149). 2 Segna, npoR 2020, 148 (149). 3 Der Gesetzgeber hat diese Frage anders als andere Streitpunkte im Änderungsgesetz vom 22.12.2020 (BGBl. I S. 3328, 3332) nicht aufgegriffen.
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2. Andere fakultative Vereinsorgane | Rz. 666 XII.
sönlichkeitsbezogene Entscheidungen (Mitgliederaufnahme, Ausschluss aus dem Verein) zuständige Organ zusammengesetzt (sog. Ehrenausschuss, Ältestenrat usw.). Verbreitet sind Ausschüsse mit vorbereitenden Aufgaben (Satzungsausschuss, Richtlinienausschuss), die der Mitgliederversammlung oder dem Vorstand zuarbeiten. Die Mitglieder solcher Ausschüsse können, müssen aber nicht selbst dem Entscheidungsgremium angehören. Mit der Einsetzung eines „Aufsichtsrates“ ist im Zweifel ein Kontrollorgan gemeint, das den Verein in einem etwaigen Streit mit dem Vorstand vertreten (§ 30 BGB) soll.1 Anders als der fakultative Aufsichtsrat der GmbH wird er als solcher nicht eingetragen.2 Die gleichzeitige Mitgliedschaft im Vorstand und einem gerade zu dessen Überwachung eingesetzten Kontrollorgan ist im Zweifel unzulässig.3 Das soll auch für den Datenschutzbeauftragten gelten.4 Es können Einzelpersonen (z.B. nur ein Kassenprüfer beim kleineren Verein, Beauftragte für einzelne Vereinssparten ohne Vorstandsamt) oder Kollegialorgane eingesetzt werden. Da solche durch Satzung geschaffene Organe gesetzlich nicht vorgesehen sind, müssen
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– ihre Zusammensetzung, – die Berufung der Mitglieder und deren Widerruf (ggf. auch die Amtsdauer der Mitglieder), – die dem Organ übertragenen Aufgaben, – ferner die Einberufung zu Sitzungen und – die Beurkundung der Beschlüsse sowie – ggf. auch die Beschlussfähigkeit des Gremiums in der Satzung genau und in den Einzelheiten bestimmt festgelegt sein. Drittorganschaftliche Befugnisse, also Zuständigkeitsverlagerungen weg von Mitgliederversammlung und vom gesetzlichen Vorstand, müssen für den Verein durch Änderung der Satzung rückholbar sein.5 Die weit gehende Organisationsfreiheit des Vereins bedingt es ansonsten, dass für eine genaue Aufgabenverteilung zwischen Vorstand, erweitertem Vorstand und weiteren freiwilligen Vereinsorganen wesentlich auf die Übung im jeweiligen Verein abzustellen ist. Soweit Regionalvorstände („Generaldirektion Süd“) oder Spartenleiter („Vorstand der Ruderabteilung, der Jugendgruppe“) eingesetzt sind, ist Frage der Satzungsauslegung und der gelebten Vereinsverfassung im Einzelfall, ob diese nur Vorstandsbeauftragte (des Hauptvereins) oder i.S.d. § 26 BGB echte Vorstände rechtlich selbständiger Untergliederungen sind (vgl. Rz. 1403). 1 LG Hamburg v. 19.3.2007 – 302 O 122/07, SpuRt 2007, 167 mit Anm. Grau. 2 Zur Abgrenzung von einem Beirat etc. Kögel, Rpfleger 2020, 57, 62. 3 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1137. Weick in Staudinger, [2005] § 26 Rz. 4, will dies bei ausdrücklicher Regelung in der Satzung zulassen. 4 Behn/Weller, Datenschutz für Vereine, 2010, S. 91 f. 5 Beuthien/Gätsch, ZHR 157, 483 ff. (491). Anders MünchKomm/BGB/Leuschner, § 27 Rz. 19 (grds. Ablehnung eines Prinzips der Verbandsautonomie in der geschilderten Art).
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XII. Rz. 667 | Fakultative Vereinsorgane und Hilfspersonen
b) Bestellung 667
Die Bestellung der Mitglieder solcher Organe kann (wie die Bestellung des Vorstands) durch Beschluss der Mitgliederversammlung (§ 27 Abs. 1 BGB, entsprechende Anwendung), mit Berufung durch ein anderes Vereinsorgan oder einen Dritten1 oder im Wege der Selbstergänzung vorgesehen werden; es kann auch bestimmt werden, dass der (oder die) Inhaber eines Amtes ohne weiteres Organmitglied ist (sind) (s. Rz. 483 ff.). Zu Mitgliedern können (ebenso wie in den Vorstand, s. Rz. 473) auch Nichtmitglieder berufen werden, wenn die Satzung oder die ständige Praxis des Vereins keine Einschränkung bringt.
668
Auch für die Wahl oder Berufung in ein solches Amt ist Amtsannahme erforderlich. Gerichtliche Bestellung (§ 29 BGB) in ein fakultatives Vereinsorgan ist in aller Regel ausgeschlossen, jedenfalls aber dann nicht zulässig (weil kein Bedürfnis besteht), wenn der Vorstand i.S.d. § 26 BGB im Amt und auch ohne das weitere Organ bis zu dessen Wiederbesetzung handlungsfähig ist.2 Die Bestellung der Mitglieder eines durch die Satzung geschaffenen Organs ist jederzeit widerruflich (§ 27 Abs. 2 BGB, entsprechende Anwendung). Die Satzung kann eine Amtszeit vorsehen oder auch ohne solche die Widerruflichkeit sonst beschränken. Auch wenn die Widerruflichkeit durch die Satzung beschränkt ist (ist nicht schon der Fall, wenn eine Dauer der Amtszeit festgelegt ist), ist ein jederzeitiger Widerruf zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt3 (§ 27 Abs. 2 S. 2 BGB, entsprechende Anwendung). Niederlegung des Amtes und andere Beendigungsgründe: wie Rz. 494 ff.
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Für die Zusammensetzung des Gesamtvorstands nach Ausscheiden eines oder mehrerer seiner Mitglieder und seine Tätigkeit gilt das in Rz. 520 Gesagte entsprechend. Beschlussfähig ist (wenn die Satzung keine andere Bestimmung trifft) der Gesamtvorstand auch nach Wegfall des ausgeschiedenen Mitglieds. Das Interesse des Vereins kann die Berufung der Mitgliederversammlung zur Neubestellung ausgeschiedener Vorstandsmitglieder insbesondere erfordern (§ 36 BGB), wenn mehrere (viele) Mitglieder eines größeren Gesamtvorstands ihr Amt niedergelegt haben (sonst ausgeschieden sind), das Vereinsorgan damit nicht mehr den Mitgliederwillen bekunden kann, der nach dem Wesen des Vereins und der Größe sowie Zusammensetzung des Organs Grundlage für Besorgung der Vereinsangelegenheiten und Beschlussfassung sein soll.
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Gelegentlich kann im Rechtsverkehr ein Nachweis über die Zusammensetzung des fakultativ eingerichteten Vereinsorgans erforderlich sein. So etwa, wenn die Vertretungsmacht für bestimmte Geschäfte mit Außenwirkung (§ 26 Abs. 1 Satz 3 BGB) an die Zustimmung eines Verwaltungsbeirats gebunden ist (Rz. 537). Der Nachweis erfolgt hier primär in der Form, welche die Satzung selbst für die Dokumentation des Bestellungsakts vorsieht. Auch für Grundbuchzwecke muss keine notarielle Beurkundung der Wahlversammlung erfolgen, in der die Mitglieder des zustimmungsberech-
1 Hierzu auch Flume in FS Coing, Band II, S. 97 (99). 2 Vgl. BayObLG v. 22.5.1980 – 2 Z 5/80, Rpfleger 1980, 260. 3 Flume in FS Coing, Band II, S. 97 (98).
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2. Andere fakultative Vereinsorgane | Rz. 672 XII.
tigten Organs bestellt wurden.1 Auf eine entsprechende Anwendung des § 39 Abs. 3 WEG kommt es nicht an.2 Es handelt sich hier – da kein eigener Aufgabenbereich zugewiesen wird – bei dem weiteren Organ nicht um besondere Vertreter i.S.d. § 30 BGB, die im Register eingetragen werden könnten. c) Amtsausübung Die Beschlussfassung der sog. Vorstandschaft oder des vom Verein sonst eingerichteten mehrköpfigen Organs erfolgt, wenn die Satzung keine nähere Regelung trifft, nach den für die Beschlussfassung eines mehrgliedrigen (gesetzlichen, § 26 BGB) Vorstands geltenden Grundsätzen. Es finden somit – mangels abweichender Satzungsbestimmung – die § 32 und § 34 BGB über die Mitgliederversammlung und den Stimmrechtsausschluss entsprechende Anwendung. Für eine ordnungsgemäße Beschlussfassung ist wirksame Einberufung unter Mitteilung der Tagesordnung und Zustandekommen des Mehrheitsbeschlusses erforderlich. Leitung der Sitzungen durch den Vorsitzenden des jeweiligen Gremiums: wie Rz. 888. Bestimmungen über die Beurkundung der Vorstandsbeschlüsse (diese wiederum im Zweifel abgeleitet aus den Vorschriften über die Beschlüsse der Mitgliederversammlung) gelten im Zweifel auch für die weiteren Gremien. Die Satzung kann aber auch insoweit eine abweichende Regelung treffen, also z.B. vorsehen, dass zur Beurkundung eines Ausschussbeschlusses eine Unterschrift genügt, auch wenn Versammlungsbeschlüsse von zwei Versammlungsteilnehmern unterzeichnet sein müssen. Eine abweichende Bestimmung der Satzung über die Beschlussfassung der fakultativen Organe wird nicht (nach § 64 BGB) in das Vereinsregister eingetragen (Voraussetzung: Organ hat keine Vertretungsmacht).
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Covid-19 – Sonderbestimmung: Beschlussverfahren Die Sonderbestimmungen über die virtuelle Versammlung und das Beschlussverfahren (Rz. 792; Rz. 972) gelten für die fakultativen Organe des Vereins nach dem Wortlaut des Gesetzes erst ab dem 28.2.20213 unmittelbar.
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Hinsichtlich des inneren Verfahrensgangs und der Beschlussfassung orientieren sich die fakultativen mehrköpfigen Vereinsorgane in der Praxis aber zumeist – nicht immer ausdrücklich geregelt – an den §§ 28 und 32 BGB bzw. an deren Modifikationen durch die Satzung. Modifikationen durch ein Sondergesetz sollten dann ebenso übertragbar sein.4 Vorsorgliche Allzustimmung bleibt bis zum Inkrafttreten der Klarstellung aber auch hier der sichere Weg (Rz. 630). Besteht für das weitere Organ allerdings eine eigene Verfahrensordnung, dann können die Erleichterungen dann nicht angewandt werden, wenn dadurch Mitwirkungsrechte Rechte Dritter berührt sein können. Das „echte“ Schiedsgericht ist kein Vereinsorgan und fällt schon deshalb nicht unter das Sonderrecht.
1 Schwennicke in Staudinger, § 69 Rz. 11; Otto, MittBayNot 2016, 543. Anders KG v. 3.5.2016 – 1 W 507/15, NJW 2016, 1133. 2 So aber KG v. 3.5.2016 – 1 W 507/15, NJW 2016, 1133 (verneinend). Ausf. Otto, MittBayNot 2016, 543. 3 Art. 11, Art. 14 des Gesetzes vom 22.12.2020 (BGBl. I. S. 2228, 2232) 4 Wohl ebenso Segna, npoR 2020, 148 (153).
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XII. Rz. 673 | Fakultative Vereinsorgane und Hilfspersonen 673
Für die Geschäftsführung der durch Satzung geschaffenen Vereinsorgane gelten die für den Vorstand maßgeblichen Grundsätze entsprechend (Rz. 554 ff.). Die Mitglieder eines satzungsgemäß eingerichteten Vereinsorgans haben daher die ihnen übertragenen Geschäfte persönlich wahrzunehmen (Rz. 558), sie unterliegen der allgemeinen Sorgfalts-, Treue- und Schweigepflicht über vertrauliche Vorgänge (Rz. 559), haben ihre Tätigkeit nach (zulässig) erteilten Weisungen auszuüben (Rz. 560), sind auskunfts- und rechenschaftspflichtig (Rz. 576), üben ihre Tätigkeit (im gesetzlichen Normalfall) ehrenamtlich aus (Einzelheiten Rz. 494) und haben Anspruch auf Aufwendungsersatz (Rz. 582). Auch Verantwortlichkeit und Entlastung bestimmen sich nach den für die Geschäftsführung des Vorstands geltenden Grundsätzen (Rz. 593 f.). Dabei sind je nach der Aufgabenstellung und konkreten Vereinsverfassung Modifikationen angebracht: Ein Ehrenpräsidium mit Repräsentativaufgaben bedarf z.B. regelmäßig keiner Entlastung.
3. Rechnungsprüfer und Revision 674
Häufig vorgesehenes freiwilliges Organ des Vereins ist ein oder sind die Rechnungsprüfer.1 Sie werden als Kontrollorgan zur turnusmäßigen und außerordentlichen Prüfung der Geldbewegungen, Aufzeichnungen und Rechnungslegung des Vorstands eingesetzt. Ihren Prüfungsauftrag und damit ihre Kompetenzen sollte die Satzung näher bestimmen. In der Praxis fehlen dort allerdings häufig Regelungen zu Gegenstand und Umfang der Prüfung. Der Vereinsobservanz (hier gleichgesetzt mit ständiger Übung) kommt dann besondere Bedeutung zu (Rz. 553 f.). Auch die Mitgliederversammlung kann den Rechnungsprüfern generell oder für den Einzelfall bestimmte Aufgaben und Kompetenzen zuweisen.
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Handelsrechtliche Buchführungs- und Jahresabschlusspflichten gelten nur für die Vereine mit Handelsgewerbe.2 Abgesehen von Spezialvorschriften3 unterliegen selbst größte Vereine im Übrigen keinen zwingenden Publizitäts- oder Rechnungslegungspflichten.4 Intern ergeben sich wenigstens aus § 27 Abs. 3 BGB mit dem Verweis auf das Auftragsrecht Berichts- und Rechenschaftspflichten des Vorstands gegenüber der Mitgliederversammlung (vgl. insbesondere § 666 und 259 Abs. 1 BGB). Häufig werden sie durch die Einsetzung von Rechnungsprüfern ergänzt und in Effekt gesetzt. Politische Parteien unterliegen einer öffentlichen Rechenschaftspflicht mit externer Prüfung durch den Bundestagspräsidenten (§§ 23–24 PartG).
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Praxishilfe: Lehmann, Arbeitsheft für Kassenprüfer, 3. Aufl. wohl 2018. Zu den allgemeinen Kriterien nach HGB: Kort, DB 2019, 771. Vgl. etwa §§ 21 ff. StBerG. Zu Recht kritisch Leuschner, npoR 2016, 99 (103); Segna, DStR 2006, 1568.
348 | Stöber/Otto
3. Rechnungsprüfer und Revision | Rz. 676 XII.
M 36 Satzungsregel zum Rechnungswesen und zur Rechnungsprüfung § 19 Rechnungswesen (1) Die Jahresmitgliederversammlung beschließt auf Vorschlag des Vorstands jeweils für das folgende Geschäftsjahr einen Haushaltsplan, der die geplanten Einnahmen und Ausgaben aufweist. Mehrausgaben, zu denen keine gesetzliche oder bei Beschluss des Haushalts schon bestehende vertragliche Verpflichtung besteht, soll der Vorstand nur nach Anhörung des Präsidiums vornehmen. (2) Der Vorstand führt die Bücher des Vereins. Er hat der Mitgliederversammlung über Einnahmen und Ausgaben wenigstens jährlich Rechnung zu legen und anhand eines Vermögensverzeichnisses über das Vermögen des Vereins zu berichten. Für den Verein nachteilige Abweichungen der Jahresrechnung vom Haushaltsplan sind zu begründen. (3) Soweit der Vorstand die laufende Buchhaltung Mitarbeitern der Geschäftsstelle überträgt, ist er gemeinschaftlich für eine sorgfältige Überwachung verantwortlich. Im Haushaltsplan nicht vorgesehene oder ihn überschreitende Ausgaben sind in jedem Fall vom Schatzmeister oder zwei anderen Vorstandsmitgliedern abzuzeichnen. (4) Die Mitgliederversammlung wählt auf die Dauer der Amtszeit des Vorstand zwei Kassenprüfer und bis zu zwei Ersatzprüfer nach den für die Wahl des Vorstands geltenden Voraussetzungen und Bestimmungen. Abweichend von § 12 ist eine Blockwahl zulässig, wenn nicht mehr Kandidaten zur Wahl stehen als Prüfer oder Ersatzprüfer zu wählen sind. Mitglieder das Vorstands und Präsidiums sowie angestellte Mitarbeiter des Vereins sind von der Wahl ausgeschlossen. Ein Kassenprüfer, der eine vollständige Amtszeit absolviert hat, ist anschließend für eine Amtszeit vom Amt des Kassenprüfers oder Ersatzprüfers ausgeschlossen. (5) Die Kassenprüfer prüfen die Konten- und Belegführung sowie den daraus abgeleiteten Jahresabschluss sowie die Vermögensaufstellung in sachlicher und rechnerischer Hinsicht. Sie sind darüber hinaus berechtigt, von den Entscheidungsträgern auch Auskunft über die Zweckmäßigkeit und Angemessenheit der Ausgaben zu verlangen. (6) Außer einer Regelprüfung im Zuge des Jahresabschlusses soll mindestens eine höchstens mit Wochenfrist angekündigte Zwischenprüfung an der Geschäftsstelle erfolgen, die sich auf die Barkasse oder einzelne Beleggruppen oder Konten beschränken kann. (7) Über das wesentliche Ergebnis der Regelprüfung berichten die Kassenprüfer der Mitgliederversammlung mündlich und schriftlich. Über das Ergebnis einer Zwischenprüfung berichten sie schriftlich dem Präsidium, es kann außerdem in die Regelprüfung einfließen. Die Prüfungsergebnisse sind jeweils vorab im Einzelnen mit dem Vorstand zu erörtern. Seine Stellungnahmen sind bei Erstellung der Schlussberichte zu berücksichtigen. (8) Soweit der Verein mit einem Teil seines Geschäftsbetriebs oder im Ganzen der Gewerbe- oder Körperschaftsteuer unterliegt, erfolgt die Prüfung durch einen auf Vorschlag der Kassenprüfer vom Vorstand beauftragten Wirtschaftsprüfer. Diese prüfen bei steuerlicher Gemeinnützigkeit auch die Abgrenzung zwischen dem ideellen Bereich, etwaigen Zweckbetrieben und dem wirtschaftlichen Bereich. Tätigkeit und Bericht der Kassenprüfer beschränken sich insoweit auf etwaige Stellungnahmen zum Bericht des Wirtschaftsprüfers, zum Geschäftsergebnis und zu Zweckmäßigkeit und Angemessenheit der Ausgaben.
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XII. Rz. 676 | Fakultative Vereinsorgane und Hilfspersonen (9) Feststellungen der Kassenprüfer zur (bloßen) Unzweckmäßigkeit oder Unangemessenheit von Ausgaben stehen einer haftungsrechtlichen Entlastung des Vorstands regelmäßig nicht entgegen.1 677
Auch dann, wenn für die Rechnungsprüfer die Bezeichnung als „Kassenprüfer“ gewählt wird, geht ihre Zuständigkeit regelmäßig über die bloße Kontrolle der Barkasse hinaus und umfasst heute selbstverständlich vor allem die Bankkonten des Vereins. Das Amt des „Rechnungs- oder Kassenprüfers“ soll im Gegensatz zum „Revisor“ mit geringeren Prüfungsrechten und -pflichten verbunden sein.2 Wichtiger als die Begrifflichkeit ist aber stets die Aufgabenbeschreibung in der Satzung, durch die Mitgliederversammlung oder ersatzweise eine Vereinsübung. Die Rechnungsprüfung umfasst den ordnungsgemäßen Abschluss und die Prüfung, ob die Mittel wirtschaftlich verwendet worden sind, ob die Ausgaben sachlich begründet, rechnerisch richtig und belegt sind und ob sie mit einem etwaigen Haushaltsplan übereinstimmen.3 Differenzen zwischen Voranschlägen im Haushaltsplan und Ausgaben sind (jedenfalls wenn sie nicht unerheblich sind) aufzuklären. Eine darüber hinausgehende Aufgabenstellung in rechtlichen Fragen wird Rechnungsprüfern üblicherweise nicht übertragen sein.4
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Die Rechnungsprüfer sind der Mitgliederversammlung (oder einem anderen dafür in der Satzung bestimmten Organ, das aber nicht der zu kontrollierende Vorstand sein kann, und auch nicht dem Einzelmitglied außerhalb der Versammlung) zum Bericht über das Ergebnis ihrer Prüfungstätigkeit verpflichtet. Mindestens erfolgt eine ordentliche Prüfung daher vor jeder Mitgliederversammlung, die dem Vorstand Entlastung erteilen soll (Rz. 566), in der Regel also vor Neuwahlen, häufig aber auch im Jahresturnus zusammen mit dem Jahresbericht des Vorstands. Während solche Abschlussprüfungen zweckmäßig nur dann durchgeführt werden können, wenn sie angekündigt sind, sollte jedenfalls der Verein mit einigem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb immer auch unangekündigte außerordentliche Prüfungen zulassen. Wenn die anlasslose außerordentliche Prüfung einmal etabliert ist, muss sie der Vorstand nicht als Ausdruck besonderen Argwohns empfinden.
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Die Einsetzung von Prüfern begründet denknotwendig zugleich Pflichten der zu Prüfenden. Wenn dazu in der Satzung nichts geregelt ist, gilt jedenfalls § 259 Abs. 1 BGB: „Wer verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen, hat dem Berechtigten eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen und, soweit Belege erteilt zu werden pflegen, Belege vorzulegen.“ Das zu prüfende Organ ist
1 Zum Entlastungsbeschluss Rz. 599. Alternativ kann es sich anbieten, Zweckmäßigkeitsfragen von vornherein aus der Zuständigkeit der Prüfer herauszulassen. 2 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 314 f.: nur Belegprüfung. Auch für Waldner sind aber letztlich die Bestimmung durch die Mitgliederversammlung und die Vereinsübung ausschlaggebend. 3 BGH NJW-RR 1988, 745 (749 li. Sp.). 4 BGH NJW-RR 1988, 745 (749 li. Sp.).
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3. Rechnungsprüfer und Revision | Rz. 682 XII.
also den Prüfern auskunftspflichtig und darf sich im Rahmen eines nach dem Innenrecht des jeweiligen Vereins zulässigen Prüfungsgegenstands nicht auf Schweigepflichten berufen. Im Rahmen etwaiger allgemeiner Vorgaben sind die Prüfer eigenverantwortlich tätig. Insbesondere kann sich die Kontrolle nach deren Ermessen auf Stichproben und im Übrigen auf eine Plausibilitätsprüfung beschränken. Führen die Stichproben allerdings gehäuft zu Beanstandungen, kann eine Vertiefung bis hin zur Vollprüfung notwendig werden.1 Ob das Ergebnis der Prüfung in der Mitgliederversammlung mündlich vorzutragen oder das Prüfungsergebnis schriftlich niederzulegen ist, bestimmt sich nach den Verhältnissen des einzelnen Vereins. Dabei genügt eine Zusammenfassung der wesentliche Ergebnisse. Einzelne für den Gesamteindruck unerhebliche Beanstandungen können allein mit dem Vorstand besprochen werden, der auch Gelegenheit zur Korrektur erhalten sollte. Auf Nachfrage in der Mitgliederversammlung sind jedoch auch alle Einzelfeststellungen offenzulegen, soweit nicht schutzwürdige Individualrechte überwiegen.
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Ein Rechnungsprüfer kann als Kontrollorgan nicht dem Vorstand angehören. Das gilt stets für den Vorstand i.S.d. § 26 BGB (Rz. 566), für die erweiterte Vorstandschaft und andere Gremien jedenfalls dann, wenn ihnen Geschäftsführungsaufgaben aus dem Bereich der Kassen- und Haushaltsführung des Vereins übertragen sind. Interne Kontrollmechanismen2 hingegen sind auch dem Vorstand anzuraten, vor allem wenn die laufenden Geschäfte einem angestellten Geschäftsführer bzw. einer Geschäftsstelle übertragen sind. Rückt ein Rechnungsprüfer durch Nachwahl in den Vorstand ein, so endet seine Aufgabe als Kontrollorgan für die zurückliegende Zeit damit nicht automatisch. Er bleibt daher zur Prüfung der Geldbewegungen, Aufzeichnungen und Rechnungslegung des Vorstands aus der Zeit vor Beginn seiner eigenen Vorstandstätigkeit berufen. Die Prüfung seiner eigenen Geschäftsführung als Vorstand oder Mitglied des Vorstands kann ein Rechnungsprüfer jedoch selbst nicht vornehmen. Aufgabe der Mitgliederversammlung (§ 32 Abs. 1 S. 1 BGB) ist es zu bestimmen, ob dann ein Rechnungsprüfer neu bestellt oder die Auskunft und Rechnungslegung des Vorstands über seine Geschäftsführung und die Geldbewegungen sowie Kassenlage ohne Nachprüfung hingenommen und Entlastung erteilt werden soll. Zeichnet sich ein derartiges „Nachrücken“ ab, sollte vorsorglich bei der Einladung zur Mitgliederversammlung an eine vollständige Ankündigung gedacht werden.
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M 37 Vorsorgliche Ankündigung einer weiteren Nachwahl
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… 4. Nachwahl eines Vorstandsmitglieds Infolge des Austritts von Frau Exempel ist ein nach den Bestimmungen der Satzung für die restliche Amtszeit des amtierenden Vorstands ein Vorstandsmitglied nachzuwählen. Wahlvorschläge sind bis zur Eröffnung des Wahlvorgangs möglich, auf das Erfordernis 1 Lehmann, Arbeitsheft für Kassenprüfer, 3. Aufl., S. 10. 2 Vgl. etwa Koss, ZStV 2014, 171.
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XII. Rz. 682 | Fakultative Vereinsorgane und Hilfspersonen des schriftlichen Vorschlags mit wenigstens drei Unterstützerunterschriften (einschließlich des Vorschlagenden) wird hingewiesen. Gemäß § 13 der Satzung werden die zum Zeitpunkt dieser Einladung bereits in der Geschäftsstelle schriftlich vorliegenden, von wenigstens drei Mitgliedern unterstützen Vorschläge wie folgt mitgeteilt: – Herr N.A. Primjer, Vorschlag unterschrieben von fünf Mitgliedern – Frau F. Instance, Vorschlag unterschrieben von acht Mitgliedern. 5. Vorsorglich: Nachwahl eines Kassenprüfers Frau Instance wurde von der Mitgliederversammlung für die bis zur Jahresversammlung 2022 dauernde Amtszeit zur Kassenprüferin gewählt. Im Fall ihrer Wahl wird für die restliche Amtszeit die Nachwahl einer Kassenprüferin oder eine Kassenprüfers erforderlich. Nach den Bestimmungen der Satzung kann dazu jedes Mitglied bis zur Eröffnung des Wahlvorgangs und auch mündlich Vorschläge machen.
4. Datenschutzbeauftragter 683
Der Verein hat einen Datenschutzbeauftragten zu bestellen, sobald er regelmäßig mindestens 20 Personen ständig mit der automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten beschäftigt (§ 38 Abs. 1 des Bundesdatenschutzgesetzes = BDSG).1 Das können die unmittelbare Beschäftigen des Vereins ebenso sein wie Mitarbeiter eines vom Verein extern beauftragten Dienstleisters (Auftragsdatenverarbeiter, dazu Rz. 1918), sie sind zusammenzuzählen. Auf Teil- oder Vollzeitbeschäftigung kommt es nicht an.2 Im datenschutzrechtlichen Verständnis ist auch zwischen ehrenamtlich Tätigen und angestellten Beschäftigten nicht zu differenzieren.3 Bei der Datenverarbeitung kann es sich sowohl um die eigene Mitgliederverwaltung handeln wie auch um die Daten der Beschäftigten des Vereins, von (potentiellen) Besuchern von Vereinsveranstaltungen und Kunden von Leistungen des Vereins oder bei einem historisch oder soziologisch forschenden Verein um die erhobenen Daten zum Forschungsgegenstand. Die 20 Personen müssen „ständig“ mit der Datenverarbeitung befasst sein. Der Begriff ist unbestimmt, man wird es jedenfalls noch nicht als „ständig“ ansehen müssen, wenn ein Trainer vor jeder Übungsstunde eine Anwesenheitsliste abhakt.4
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§ 38 Abs. 1 BDSG verlangt ferner stets die Bestellung eines Datenschutzbeauftragten bei Vereinen, die personenbezogene Daten geschäftsmäßig zum Zweck der Übermittlung, der anonymisierten Übermittlung oder für Zwecke der Markt- oder Meinungsforschung verarbeiten. Außerdem dann, wenn die Verarbeitung einer DatenschutzFolgenabschätzung nach Art. 35 der Datenschutz-Grundverordnung der EU (EU-
1 2 3 4
Mit Gesetz vom 20.11.2019 (BGBl. I 1626) wurde die Personenzahl verdoppelt. Freudenberg/Manz, npoR 2018, 145 (152). Ehmann/Kranig, S. 34; Müller, S. 25. Müller, S. 26. Möglicherweise enger Freudenberg/Manz, npoR 2018, 145 (152): Gewisse Regelmäßigkeit genügt.
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4. Datenschutzbeauftragter | Rz. 685 XII.
DSGVO)1 unterliegt (für die Vereine sehr seltene Fälle). Unmittelbar aus Art. 37 der EU-DSGVO2 folgt außerdem eine Bestellungspflicht, wenn die Kerntätigkeit des Vereins in der Durchführung von Verarbeitungsvorgängen besteht, welche aufgrund ihrer Art, ihres Umfangs und/oder ihrer Zwecke eine umfangreiche regelmäßige und systematische Überwachung von betroffenen Personen erforderlich machen, oder in der umfangreichen Verarbeitung besonderer Kategorien von Daten besteht (Daten, aus denen die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit hervorgehen, genetische Daten, biometrische Daten zur eindeutigen Identifizierung einer natürlichen Person, Gesundheitsdaten oder Daten zum Sexualleben oder der sexuellen Orientierung, Daten über strafrechtliche Verurteilungen und Straftaten). Ein relevanter Fall wäre es etwa, wenn eine Verein Selbsthilfegruppen bei bestimmten Erkrankungen organisiert und deren Entwicklung laufend auswertet. Die Selbsthilfegruppe als solche hingegen ist nicht im Kern mit Datenverarbeitungsvorgängen befasst, auch wenn sie z.B. bei der Aufnahme Krankheitsbilder erfasst. Der Datenschutzbeauftragte wirkt als Berater und Kontrolleur.3 Verantwortliche Stelle ist aber stets der Verein, dessen Vorstand sich hinsichtlich einzelner Maßnahmen stets auch gegen eine Empfehlung des Datenschutzbeauftragten entscheiden kann.4 Verantwortlich für die Beachtung des Datenschutzes ist der Verein5 bzw. der für ihn handelnde Vorstand.6 Die Aufgaben des Datenschutzbeauftragten bestimmt Art. 39 Abs. 1 der EU-DSGVO: – Unterrichtung und Beratung des Verantwortlichen oder des Auftragsverarbeiters und der Beschäftigten, die Verarbeitungen durchführen, hinsichtlich ihrer datenschutzrechtlichen Pflichten; – Überwachung von deren Einhaltung sowie der Strategien des Verantwortlichen oder des Auftragsverarbeiters für den Schutz personenbezogener Daten einschließlich der Zuweisung von Zuständigkeiten, der Sensibilisierung und Schulung der an den Verarbeitungsvorgängen beteiligten Mitarbeiter und der diesbezüglichen Überprüfungen; – Beratung – auf Anfrage – im Zusammenhang mit der Datenschutz-Folgenabschätzung und Überwachung ihrer Durchführung gem. Art. 35; – Zusammenarbeit mit der Aufsichtsbehörde. Der Datenschutzbeauftragte (nicht der somit entlastete Vorstand) ist Anlaufstelle für die Aufsichtsbehörde in mit der Verarbeitung zusammenhängenden Fragen und gegebenenfalls Beratung zu allen sonstigen datenschutzrechtlichen Fragen.
1 Vom 27.4.2016, ABl. Nr. L 119 v. 4.5.2016, 2016, S. 1–88, in Kraft seit 25.5.2018. 2 § 38 Abs. 1 BDSG enthält schon nach seinem Wortlaut nur eine die EU-DSGVO ergänzende Regelung. 3 Behn/Weller, Datenschutz für Vereine, 2010, S. 104 ff. 4 Nicht zuletzt nach wirtschaflticher Abwägung, vgl. auch Müller, S. 30. 5 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2701. 6 Vgl. Grambow, Organe von Vereinen und Stiftungen, 2011, Rz. 66, 68.
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XII. Rz. 686 | Fakultative Vereinsorgane und Hilfspersonen 686
Der Datenschutzbeauftragte trägt bei der Erfüllung seiner Aufgaben dem mit den Verarbeitungsvorgängen verbundenen Risiko gebührend Rechnung, wobei er die Art, den Umfang, die Umstände und die Zwecke der Verarbeitung berücksichtigt (Art. 39 Abs. 2 EU-DSGVO). Er ist zur Verschwiegenheit über die Identität der betroffenen Person sowie über Umstände, die Rückschlüsse auf die betroffene Person zulassen, verpflichtet, soweit er nicht davon durch die betroffene Person befreit wird (§ 38 Abs. 2, § 6 Abs. 5 S. 2 BDSG).
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Der Datenschutzbeauftragte kann nicht zugleich Mitglied des vertretungsberechtigten Vorstands1 oder Rechnungsprüfer2 sein. Möglich und durchaus üblich ist die Anstellung externer Datenschutzbeauftragter. Der Datenschutzbeauftragte muss also nicht Angestellter des Vereins und muss auch kein Vereinsmitglied sein. Für öffentliche Stellen wiederholt das Bundesdatenschutzgesetz (§ 5 Abs. 3 BDSG) eine Forderung des Art. 37 Abs. 5 EU-DSGVO. Dort ist bestimmt, dass der Datenschutzbeauftragte aufgrund seines Fachwissens benannt wird, das er auf dem Gebiet des Datenschutzrechts und der Datenschutzpraxis besitzt. § 38 BDSG verweist für die Datenschutzbeauftragten nicht öffentlicher Stellen hingegen nicht auf ein Fachkundeerfordernis. Für den Verein wird man das so verstehen dürfen, dass auch eine Person bestellt werden kann, die (noch) keinen Fachkundenachweis aufweist.3 Der Verein ist aber wohl im Rahmen seiner jeweiligen wirtschaftlichen Verhältnisse und abhängig von der Relevanz datenschutzrechtlicher Fragestellungen für die konkrete Vereinstätigkeit zu einer angemessenen Förderung der Ausbildung und laufenden Fortbildung seines Datenschutzbeauftragten verpflichtet (mindestens Finanzierung von Fachliteratur o.Ä.).
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Die Bestellung eines Datenschutzbeauftragten ist Geschäftsführungsaufgabe und fällt daher grundsätzlich in die Zuständigkeit des Vorstands.4 Wenn sie für den Verein obligatorisch ist, kann und muss er sie mangels anderer Satzungsbestimmung ohne Mitwirkung der Mitgliederversammlung vornehmen. Die Satzung kann wie sonst auch diese Geschäftsführungsaufgabe aber auch einem anderen Organ, insbesondere der Mitgliederversammlung zuweisen oder ihr Mitwirkungsrechte einräumen. Außerhalb einer gesetzlichen Verpflichtung kann der Verein fakultativ einen Datenschutzbeauftragten bestellen. Diese weitgehende Strukturentscheidung wird der Vorstand nicht ohne Rückkoppelung mit der Mitgliederversammlung treffen, selbst wenn die Satzung dazu nichts regelt. Bei der Bestellung ist darauf zu achten, dass eine Abberufung nur in entsprechender Anwendung des § 626 BGB, also mit wichtigem Grund zulässig ist. Ist der Datenschutzbeauftragte beim Verein angestellt, darf ihm nur aus
1 Enger Behn/Weller, Datenschutz für Vereine, 2010, S. 91 f.: Möglichst auch nicht Mitglied des erweiterten Vorstands. 2 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2708. Das bedeutet nicht, dass einem Vereinsrevisor von der MitgliederMitgliederversammlung nicht auch die Prüfung der Einhaltungf datenschutzrechtlicher Vorgaben zur Aufgabe gemacht werden kann. Lehmann, Arbeitsheft für Kassenprüfer, S. 28–44 (von gesamt 61), sieht dies offenbar sogar als eine Kernaufgabe der Kassenprüfung an. 3 Anders Müller, S. 28 und zum DSG a.F. Reichert/Wagner, Rz. 2/2705. 4 Ohne weitere Differenzierung so auch Reichert/Wagner, Rz. 2/2705.
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5. Straf- und Schiedsorgane | Rz. 692 XII.
wichtigem Grund gekündigt werden (§ 6 Abs. 4 BDSG). Aus diesem Grund wird regelmäßig empfohlen, die Bestellung eines Datenschutzbeauftragten zeitlich zu befristen. § 6 Abs. 4 BDSG gilt allerdings nur dann, wenn die Benennung aufgrund datenschutzrechtlicher Verpflichtung erfolgt ist. Die Bestellung eines Datenschutzbeauftragten ist mit dessen Kontaktdaten dem zuständigen Landesdatenschutzbeauftragten (Aufsichtsbehörde) anzuzeigen (Art. 37 Abs. 7 EU-DSGVO). Dabei erwartet die Behörde regelmäßig auch eine Angabe, ob der Datenschutzbeauftragte seine Funktion auf der Grundlage eines Dienstleistungsvertrages erfüllt, also ob ein externer Datenschutzbeauftragter bestellt wurde. Die Kontaktdaten muss der Verein auch veröffentlichen. Dazu muss der Name nicht bekannt gegeben werden, die persönliche Anschrift sollte es nie. Es genügt die Angabe einer EMail-Adresse, deren Eingänge (nur) der Datenschutzbeauftragte (regelmäßig) abruft.
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Der Datenschutzbeauftragte haftet Dritten gegenüber zivilrechtlich nicht für Datenschutzverletzungen (vgl. 82 Art. EU-DSGVO). Weil die Entscheidungshoheit über die Durchführung von Maßnahmen beim Vorstand verbleibt, wird der Verein einen Datenschutzbeauftragten nur in seltenen Fällen grober Falschauskünfte für etwaige Schadenersatzleistungen oder Bußgelder in Regress nehmen können.
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Wenn kein Datenschutzbeauftragter bestellt wird, ist der Vorstand unmittelbar für die Beachtung des Datenschutzes zuständig (Rz. 450). Dazu s im Übrigen Kapitel XXX.
691
5. Straf- und Schiedsorgane Wichtige Organe sind solche, die eigens zur Durchführung vereinsinterner Strafoder Schiedsverfahren eingerichtet werden. Auch wenn sie Vereinsorgane sind, müssen sie nicht zwingend allein aus Mitgliedern besetzt sein. Es ist auch möglich, dass eine Vereinssatzung auf die Zuständigkeit einer Schiedsstelle oder eines Vereinsgerichts des übergeordneten Verbands oder auf dritte sachverständige Personen verweist. Diese sind dann kein Vereinsorgan, die Verbindlichkeit ihrer Entscheidungen hängt von der Legitimationskette ihrer Einsetzung im Verhältnis der Streitparteien im Einzelfall ab. Vom Sonderfall des § 14 PartG abgesehen (Rz. 1227) liegt es in der Autonomie des Vereins, ob er Schiedsorgane oder Gerichte einführt und wie weit er deren Zuständigkeiten ausdehnt.1 Besonders im Streit um vermeintliche Pflichtverletzungen von Mitgliedern oder Organen wird mancher in der Öffentlichkeit aktive Verein die Diskretion, aber auch die spezielle Sachkunde eines Schiedsverfahrens schätzen.2 Soweit die Überprüfung der Rechtmäßigkeit von Vereinsmaßnahmen einem eigenen Organ zugewiesen ist, sind dessen Feststellungen für den Verein im Ver1 Haas/Neumayer, NZG 2017, 881 (882). 2 Dazu ausf. Leuering, NJW 2014, 657 (mit Fokus auf die Kapitalgesellschaften). Zur Motivation der Sportverbände zur Einsetzung von (echten) Schiedsgerichten Adolphsen in Adolphsen/Nolte/Lehner/Gerlinger, Sportrecht in der Praxis 2012, Rz. 1030 ff.; Pfister in Fritzweiler/Pfister/Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 3. Aufl. 2014, Rz. 371.
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692
XII. Rz. 692 | Fakultative Vereinsorgane und Hilfspersonen
hältnis zum Mitglied bindend.1 Der Charakter der vereinsinternen Schiedsorgane kann von einer eher autoritativen zu einem eher vermittelnden Ausrichtung changieren.2 Die vereinsinternen Schiedsorgane (Vereinsgerichte) sind strikt zu unterscheiden von (echten) Schiedsgerichten i.S.d. §§ 1025 ff. ZPO. Der in einer Vereinssatzung vorgesehene Ausschluss der staatlichen Gerichtsbarkeit ist nichtig, wenn an deren Stelle kein Schiedsgericht, sondern nur ein Vereinsgericht treten soll. Die Rechtsprechung lässt eine derartige Klausel auch nicht mit dem reduzierten Inhalt fortgelten, dass vor Anrufung des staatlichen Gerichts das Vereinsgericht anzurufen ist.3 S zum Ganzen im Kontext des Vereinsstrafrechts Rz. 1187 ff. und zur echten Schiedsgerichtsbarkeit Rz. 1247 ff.
6. Besonderer Vertreter (§ 30 BGB) a) Rechtsstellung 693
Als zusätzliches Organ mit begrenzter Zuständigkeit auch im Rahmen der Außenvertretung des Vereins kann die Satzung neben dem Vorstand einen „besonderen Vertreter“ vorsehen (§ 30 BGB).4 Die Satzung bestimmt Amt und grundsätzlichen Aufgabenbereich.5 Einzelheiten können in einer Vereinsordnung geregelt werden.6 Besonderer Vertreter kann sein der Leiter einer Untergliederung, eines Bezirks, aber z.B. auch der Kassier, soweit er nicht satzungsgemäß Vorstand ist. Das fakultative Organ „Aufsichtsrat“ ist besonderer Vertreter, wenn und soweit ihm die Vertretung des Vereins gegenüber dem Vorstand zugewiesen ist.7 Es genügt, wenn die Satzung nur festlegt, dass der Vorstand berechtigt ist, für gewisse Aufgaben (einzelne Projekte) besondere Vertreter zu bestellen.8 Dem Vorstand gehört der besondere Vertreter (als solcher, Personalunion ist hier möglich) nicht an.
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In dem ihm zugewiesenen Geschäftskreis hat der besondere Vertreter die Stellung eines gesetzlichen Vertreters des Vereins, der nach außen für den Verein handelt und im Innenverhältnis die Vereinsgeschäfte zu führen hat. Damit ist insbesondere großen – überregionalen oder mitgliederstarken – Vereinen die Möglichkeit gegeben, Vorstandsaufgaben für einen bestimmten – oder einzeln abgegrenzten – Geschäftskreis einem Sonderorgan als verantwortlichem Leiter zu übertragen. So kann der Ver-
1 BGH v. 23.4.2013 – II ZR 74/12, BGHZ 197, 162 = MDR 2013, 799. Zust. Anm. v. Look, EWiR 2013, 473. 2 Haas/Neumayer, NZG 2017, 881 (885). 3 KG Berlin v. 20.7.2020 – 22 W 10/20 = NZG 2020, 1113. Offen lassend: BayObLG v. 3.12.2020 – 101 Sch 104/20, juris. 4 Speziellere Aufgaben hat der hier nicht behandelte besondere Vertreter i.S.d. § 147 Abs. 2 AktG. 5 BayObLG v. 23.12.1998 – 3Z BR 257/98, Rpfleger 1999, 332. 6 Dazu und insgesamt zum Vereinsgeschäftsführer zusammenfassen Röcken, MDR 2020, 1221–1226. 7 LG Hamburg v. 19.3.2007 – 302 O 122/07, SpuRt 2007, 167 mit Anm. Grau. 8 BayObLG v. 23.12.1998 – 3Z BR 257/98, Rpfleger 1999, 332.
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6. Besonderer Vertreter (§ 30 BGB) | Rz. 695 XII.
einsvorstand von ihm gesetzlich obliegenden Aufgaben entlastet werden.1 Handelt der besondere Vertreter im Rahmen seiner Vertretungsmacht, so wird dadurch – wie durch Handlungen des Vorstands – der Verein unmittelbar berechtigt und verpflichtet. Nicht anders als beim Vorstandsmitglied sind beim besonderen Vertreter Organstellung und etwaiges Anstellungsverhältnis2 einerseits, Vertretungsaufgaben und Geschäftsführung andererseits zu unterscheiden. Die gesetzliche Anordnung unentgeltlicher Tätigkeit (§ 27 Abs. 3 Satz 2 BGB) spricht ausdrücklich nur von den Mitgliedern des Vorstands.3 Aber auch ohne die seit 1.1.2015 geltende Klarstellung ist die ehrenamtliche, unentgeltliche Tätigkeit der Vereinsorgane typisch für den eingetragenen Verein.4 Daher kann auch an besondere Vertreter u.Ä. eine Vergütung (Abgrenzung zum Aufwandsersatz Rz. 582) grundsätzlich nur bei satzungsmäßiger Grundlage gewährt werden.5 Ausnahmen sollten möglich sein, insbesondere legt die Einführung eines Geschäftsführerpostens neben dem Vorstand nahe, dass hier eine entgeltliche Position geschaffen wird. Der auf eindeutiger Grundlage6 in der Satzung hin bestellte, in seinem Aufgabenkreis allein vertretungsberechtigte besondere Vertreter ist gesetzlicher Vertreter i.S.d. § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG. Für das arbeitsgerichtliche Verfahren gilt er daher nicht als Arbeitnehmer.7 Das schließt noch nicht aus, seine Anstellung als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren.8 Dafür kommt es vielmehr auf die konkrete Ausgestaltung an.9 Kündigungsschutzrechtlich ist der auf eindeutiger Satzungsgrundlage bestellte besondere Vertreter gesetzlicher Vertreter i.S.d. § 14 Abs. 1 KSchG und damit Leitender Angestellter. Auf die Reichweite der Vertretungsmacht kommt es nicht an, sondern schon die mit der Aufgabenstellung verbundene Berechtigung, den Verein kraft Gesetzes bzw. Satzung wirksam zu vertreten, schließt die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes nach dieser Bestimmung weitgehend aus.10 Andere Kündigungsschutztatbestände wie etwa nach dem Schwerbehindertengesetz bleiben davon unberührt und greifen, wenn mit dem Verein eine Anstellung vereinbart ist.11 Illoyales Verhalten des angestellten Geschäftsführers gegenüber dem amtierenden Vorstand kann eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen.12
1 Ausf. zur Compliance-Haftung Brouwer in Hauschka/Moosmayer/Lösler, § 59 Rz. 67–68. 2 Zur Vertragsgestaltung Kelber, NZA 2013, 988 (990). 3 Auch der AEAO (Neubekanntmachung 30.1.2014) zu § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO verlangt eine Satzungsbestimmung nur für Vorstandsmitglieder. 4 Zur Rechtslage vor Einfügung des § 27 Abs. 3 Satz 2 BGB s. 10. Aufl., Rz. 487. 5 Burhoff, Rz. 624. 6 LAG Hamm v. 5.8.2018 – 2 Ta 451/17. 7 BAG v. 5.5.1997 – 5 AZB 35/96, NJW 1997, 3261; LAG Berlin v. 28.4.2006 – 6 Ta 702/06, MDR 2006, 1119. Differenziert Lochelfeld 2019, S. 66 ff. 8 LAG Magdeburg v. 30.12.2011 – 4 Ta 142/11, juris; Kelber, NZA 2013, 988 m.N. 9 LAG Hessen v. 11.11.1991 – 16 Sa 745/91, BB 1992, 159. 10 LAG Hamm v. 7.3.2013 – 8 Sa 1523/12, Rz. 43, juris. 11 LAG Hessen v. 11.11.1991 – 16 Sa 745/91, BB 1992, 159. Ausf. Lochelfeld 2019, S. 171 ff. 12 BAG v. 1.6.2017 – 6 AZR 720/15, MDR 2017, 1190. Zur Abberufung bei bloßem Verdacht des Vorleigens eines wichtigen Grundes vgl. die Ausführungen von Werner, GmbHR 2020, 1056–1061 (zum Geschäftsführer einer GmbH).
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XII. Rz. 696 | Fakultative Vereinsorgane und Hilfspersonen 696
Der besondere Vertreter fällt als „verfassungsgemäß berufener Vertreter“ unter die Haftungszuweisung des § 31 BGB. Für Schaden stiftende Handlungen des gesetzlichen (besonderen) Vertreters ist der Verein verantwortlich.1 „Haftungsvertreter“ ist aber (neben dem Vorstand) nicht nur der durch die Satzung bestellte Vertreter.2 Der haftungsrechtliche Begriff geht vielmehr darüber hinaus (s Rz. 732 ff.). b) Selbständiger Geschäftskreis
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Der besondere Vertreter muss über eine gewisse Selbständigkeit verfügen, d.h. einen eigenen Tätigkeits- und Verantwortungsbereich haben. Der Aufgabenkreis und damit die Verantwortlichkeit im Rechtsverkehr können örtlich (z.B. für eine Zweigstelle, einen Ortsverein) oder sachlich (z.B. für die Leitung einer Abteilung, einer Untergliederung, die Kassenführung) abgegrenzt sein. Die (erforderliche) Selbständigkeit nach außen wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der „Vertreter“ an Weisungen und Anordnungen eines anderen, im inneren Verhältnis übergeordneten Organs gebunden ist.3
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Der Geschäftskreis des besonderen Vertreters kann neben die Zuständigkeit des Vorstands treten, der dann von der Wahrnehmung der Aufgaben des besonderen Vertreters nicht ausgeschlossen ist. Die Zuständigkeit des besonderen Vertreters kann aber auch in einer den Vorstand ausschließenden Weise begründet werden (Grenze: Rz. 538); ist das auch für das Außenverhältnis angeordnet, so liegt dann eine Beschränkung der Vertretungsmacht des Vorstandes (§ 26 Abs. 1 S. 3 BGB), die bei Registereintragung nach § 64 BGB gem. §§ 68, 70 BGB (dazu Rz. 1508 ff.) gegen Dritte wirkt.
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Da die Bestellung nur für „gewisse Geschäfte“ vorgesehen werden kann, kann der Aufgabenkreis des besonderen Vertreters sich nicht auf alle Vorstandsgeschäfte, sondern stets nur auf einen Teil des Aufgabenkreises des Vorstands erstrecken.4 Über seinen Geschäftskreis (Tätigkeitsbereich) hinaus kann die Satzung einem besonderen Vertreter keine Vertretungsmacht einräumen.5 Ein allgemein für „alle laufenden Geschäfte“ bestellter Geschäftsführer ist daher kein besonderer Vertreter, wenn sich nicht wenigstens aus seinem Anstellungsvertrag6 oder aus einer Dienstanweisung7 eine nä-
1 Zur Eigenhaftung des besonderen Vertreters, auch in Abgrenzung zum Vorstand und bei Personalunion Brouwer, NZG 2017, 481 (484). 2 BGH v. 5.3.1998 – III ZR 183/96, MDR 1998, 638 = LM BGB § 167 Nr. 39 (8/1998); FG Kassel v. 28.4.2003 – 6 K 3750/99, EFG 2003, 1423 ff. 3 RG 157, 228 (236); BGH v. 12.7.1977 – VI ZR 159/75, LM Nr. 21 zu § 31 BGB. 4 Kirberger, Rpfleger 1979, 9. 5 Unrichtig daher jüngst KG Berlin, Beschluss vom 23. Juli 2020 – 22 W 1005/20 –, juris, soweit danach die „Vornahme von Anmeldungen zum Vereinsregister“ als einziger Geschäftskreis eintragungsfähig sein soll. 6 LG Chemnitz v. 5.2.2001 – 11 T 2375/00, NotBZ 2001, 427 f.; LAG Berlin v. 28.4.2006 – 6 Ta 702/06, MDR 2006, 1119. 7 OLG München v. 14.11.2012 – 31 Wx 429/12, MDR 2013, 46 = DNotZ 2013, 222.
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6. Besonderer Vertreter (§ 30 BGB) | Rz. 701 XII.
here Eingrenzung ergibt.1 Die ausschließliche Entscheidungshoheit des Vorstands für Grundsatzfragen o.Ä. reicht nicht.2 c) Vertretungsmacht Das Vereinsrecht kennt keinen „Prokuristen“ mit gesetzlich festgelegtem Zuständigkeitsbereich. Den Umfang der Vertretungsmacht des besonderen Vertreters muss die Satzung festlegen. § 181 BGB gilt und kann unter denselben Voraussetzungen ausgeschlossen werden wie beim Vorstand.3 Seine (organschaftliche) Vertretungsmacht erstreckt sich im Zweifel auf alle Rechtsgeschäfte, die der ihm zugewiesene Geschäftsbereich gewöhnlich mit sich bringt (§ 30 S. 2 BGB). Die Satzung kann diese Vertretungsmacht beschränken, mithin auch gegenüber Dritten mit Außenwirkung völlig ausschließen4, so dass der Vertreter gar nicht im Rechtsverkehr für den Verein auftreten kann, sondern nur in seinem Geschäftsbereich – im Innenverhältnis – die Geschäftsführung erledigt und im Rahmen seines Tätigkeits- und Verantwortungsbereichs den Verein gegenüber den Mitgliedern vertritt (Abteilungsleiter, evtl. auch Kassier). Die Außenvertretung des Vereins kann umgekehrt nicht generell von der Mitwirkung eines besonderen Vertreters abhängig gemacht werden.5
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d) Bestellung Bestellt wird der besondere Vertreter von der Mitgliederversammlung nach den Bestimmungen über die Berufung des Vorstands (§ 27 BGB), wenn die Satzung keine abweichende Regelung trifft. Diese kann auch vorsehen, dass der Vorstand den besonderen Vertreter ernennen kann.6 Ohne Satzungsbestimmung über die Einrichtung des besonderen Vertreters kann die Mitgliederversammlung einen solchen nicht berufen. Für nicht erforderlich wird es (vielfach im Hinblick auf die Haftung des Vereins nach § 31 BGB) gehalten, dass die Satzung die Bestellung des besonderen Vertreters ausdrücklich anordnet; es genügt demnach bereits, wenn sie den Geschäftskreis festlegt, der zu versehen ist, oder wenn sie eine Gliederung (insbesondere Außenstellen, eine Zweigniederlassung u.Ä.) vorsieht, die ohne weiteres die Bestellung eines besonderen Vertreters nahe legt macht.7 Deshalb werden als besondere Vertreter alle Personen angesehen, die nach ihrer selbständigen Stellung in der Lage 1 Deutlich großzügiger nunmehr Pfälz. OLG v. 17.12.2012 – 3 W 93/12, NZG 2013, 907. Zu Recht krit. zu der aus der Ausdehnung erwachsenden Rechtsunsicherheit Gräwe, ZStV 2013, 60 in seiner Anmerkung zu OLG München v. 14.11.2012. 2 Offen lassend OLG München v. 14.11.2012 – 31 Wx 429/12, MDR 2013, 46. Krit. gegenüber einer Ausdehnung Gräwe, ZStV 2013, 60. 3 Bdb. OLG v. 19.8.2011 – 7 Wx 20/11, NotBZ 2012, 35. 4 Dazu Kirberger, Rpfleger 1979, 9; Erman/Westermann, § 30 Rz. 3; Hadding in Soergel, § 31 Rz. 9, Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 313; jetzt auch Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2789; anders Schwennicke in Staudinger, § 30 Rz. 20/24. 5 OLG Hamm v. 10.10.1977 – 15 W 362/77, MDR 1978, 224 f., dazu Kirberger, Rpfleger 1979, 5 ff. 6 BayObLG MittBayNot 1999, 305. 7 RG 91, 1 (3); RG Warnm. 1915 Nr. 317; BGH Betrieb 1977, 2135 (2136) = NJW 1977, 2259 (2260) m.N.
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XII. Rz. 701 | Fakultative Vereinsorgane und Hilfspersonen
und ermächtigt sind, den Verein nach bestimmten Richtungen hin rechtsgeschäftlich zu vertreten, sofern ihre Bestellung in der Satzung eine rechtliche Unterlage hat.1 Satzungsbestimmungen haben jedoch klar und eindeutig zu sein (Rz. 59). Sie müssen die Organstellung und zur Sicherheit des Rechtsverkehrs die organschaftliche Vertretungsmacht des besonderen Vertreters (§ 30 S. 2 BGB) hinreichend bestimmt regeln. Daher ermöglicht die gesetzliche Vermutung des § 30 S. 2 BGB es nicht, ohne sichere Grundlage in der Satzung in jeder Aufgabenverteilung auch schon die Einrichtung eines besonderen Vertreters zu sehen. e) Registereintrag bzw. Nachweis im Rechtsverkehr 702
Rechtsprechung und Literatur lassen die Registereintragung eines aufgrund Satzungsbestimmung mit organschaftlicher Vertretungsmacht bestellten besonderen Vertreters zu Recht überwiegend zu.2 Dritten soll es genauso wie beim Vorstand möglich sein, die Vertretungsbefugnis des besonderen Vertreters durch Registereinsicht festzustellen, sonst wäre der besondere Vertreter praktisch nicht nach außen handlungsfähig.3 Auch § 3 Abs. 1 Nr. 3 VRV sieht die Eintragung „besonderer Vertretungsverhältnisse“ neben den Eintragungen zum Vorstand ausdrücklich vor (eher für das Gegenteil spricht jedoch der Wortlaut des § 64 BGB). Der Aufgabenbereich des besonderen Vertreters ist mit einzutragen und dabei eindeutig zu bestimmen.4 Falls die Rechte des Vorstands durch den besonderen Vertreter begrenzt werden, ist dies zusätzlich einzutragen.
703
Die Eintragung besonderer Vertreter verschiedenster Art (Kassierer, Leiter einer Untergliederung, Vorstand einer Ortsgruppe, Geschäftsführer einer Zweigstelle usw.) mit ihrer jeweiligen Vertretungsmacht und (jedenfalls bei großen Vereinen) in nicht geringer Zahl kann das Vereinsregister rasch unübersichtlich machen. Die Eintragung ist daher fakultativ (streitig). Außerdem ist sie streng auf den organschaftlichen Vertreter nach § 30 BGB beschränkt. Rechtsgeschäftliche Vertretung wird nicht eingetragen.5 Nicht einzutragen ist der bloße Haftungsvertreter (§ 31 BGB, dazu Rz. 732 f.)6 oder ein Amtsträger ohne jeden Wirkungskreis nach außen.
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Um die Rechtswirksamkeit des von einem besonderen Vertreter abgeschlossenen Geschäfts zu beurteilen, ist die Registereintragung (wenn sie wie m.E. unerlässlich auch den Umfang der Vertretungsmacht wiedergibt) ausreichend und im Rahmen der Registerpublizität verlässlich. Im Zweifel und stets bei fehlender Eintragung muss der 1 RG 91, 1 (5). 2 Pfälz. OLG v. 17.12.2012 – 3 W 93/12, NZG 2013, 907; BayObLG v. 23.12.1998 – 3Z BR 257/98, FGPrax 1999, 71 f.; BayObLG v. 11.3.1981 – BReg 2 Z 12/81, MDR 1981, 668 f.; OLG Köln v. 2.6.1986 – 2 Wx 11/86, MittRhNotK 1986, 225; Ellenberger in Palandt, § 64 Rz. 1; § 30 Rz. 6 (zwingende Eintragung); jetzt auch Erman/Westermann, § 30 Rz. 2. A.A. hier bis 9. Aufl., Rz. 386, Rz. 389 ff.; Hadding in Soergel, § 30 Rz. 14; Steffen in BGB-RGRK, 1982, § 64 Rz. 3. 3 Krafka, Rz. 2174a; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 313. 4 BayObLG München v. 23.12.1998 – 3Z BR 257/98, FGPrax 1999, 71 f.; Krafka, Rz. 2174a. 5 Erman/Westermann, § 64 Rz. 2. 6 Ellenberger in Palandt, § 30 Rz. 6, § 64 Rz. 1.
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7. Geschäftsführer | Rz. 706 XII.
widerrufene Bestellungsbeschluss vorgelegt werden. Er müsste auch über die satzungsmäßige Grundlage und deren Geltung Auskunft geben. Letztlich muss bei fehlender Registereintragung des besonderen Vertreters eine Bestätigung des Vertreterhandelns durch den Vorstand verlangt werden, da lückenlose andere Nachweisführung (etwa im Grundbuchverfahren mit Mitteln des § 29 GBO) kaum möglich ist.
7. Geschäftsführer a) Maßgeblichkeit der Satzung Ein „Geschäftsführer“1kann dem Vorstand angehören, besonderer Vertreter sein (Rz. 693), nur im Innenverhältnis Vereinsgeschäfte zu führen haben oder durch den Vorstand rechtsgeschäftlich zur Außenvertretung bevollmächtigt sein (Rz. 710 ff.). Zum arbeitsrechtlichen Status des Geschäftsführers, der als besonderer Vertreter bestellt ist, s. Rz. 695.2 Sozialversicherungsrechtlich wird man bei entgeltlicher Beschäftigung von einer nicht selbständigen Arbeit auszugehen haben (§ 7 Abs. 1 SGB IV).3
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Wenn die Satzung einen Geschäftsführer vorsieht, muss sie auch seine Stellung klar festlegen. Dass der Geschäftsführer Mitglied des (mehrgliedrigen) Vorstands oder etwa alleiniger Vorstand sein soll, muss in der Satzungsbestimmung über die Bildung des Vorstands (s. Rz. 465 ff.) dargestellt sein. Soll er nur geschäftsführendes Organ im Innenverhältnis sein, dann darf der Geschäftsführer in der Satzung dem (gesetzlichen) Vorstand gerade nicht zugeordnet werden. Wenn der Geschäftsführer als besonderer Vertreter Vertretungsmacht haben soll, hat die Satzung seinen Tätigkeitsund Verantwortungsbereich abzugrenzen.4 Die Satzungsbestimmung über den Geschäftsführer kann sich aber auch darauf beschränken, die Pflicht des Vorstands zur persönlichen Amtsführung (Rz. 558) dahin einzuschränken, dass für die Erledigung laufender Angelegenheiten ein Geschäftsführer bestellt werden kann. Die Organstellung des Vorstands berührt das nicht. Rechtsstellung und Aufgaben, damit auch Verantwortlichkeit des Vorstands, bleiben in mit der Ausnahme unberührt, dass die Verpflichtung zur persönlichen Wahrnehmung der Vereinsgeschäfte (§ 27 Abs. 3 mit § 664 Abs. 1 BGB) eingeschränkt ist.5 Ist der „Geschäftsführer“ auch Vorstandsmitglied, kann ihm nur dann eine Vergütung gezahlt werden, wenn § 27 Abs. 3 Satz 2
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1 Aktuelle Gesamtdarstellung von Röcken, MDR 2020, 1221–1226. 2 Soweit der angestellte Geschäftsführer Personalverantwortung, nicht aber den Status als besonderer Vertreter hat – z.B. wegen fehlender Grundlage in der Satzung – kommt als Ausnahme vom gesetzlichen Kündigungsschutz noch § 14 Abs. 2 KSchG in Betracht (Kohte/ Paschke, jurisPR-ArbR 1/2014 Nr. 3. 3 LSG Baden-Württemberg v. 21.1.2020 – L 11 BA 1596/19. Ebenso entscheidet das LSG Berlin-Brandenburg v. 28.3.2014 – L 1 KR 335/12, juris, für den Alleingeschäftsführer einer GmbH, deren Alleingesellschafter ein Verein ist, bei dem der Geschäftsführer nur einer von mehreren Vorständen ist. 4 Zu großzügig Pfälz. OLG v. 17.12.2012 – 3 W 93/12, NZG 2013, 907, wonach allein mit der Bezeichnung als „Geschäftsführer“ schon die Zuständigkeit für alle laufenden Geschäfte nach innen und außen bestimmt sei. 5 Vgl. Burgard/Heimann, ZStV 2019, 161 (163).
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XII. Rz. 706 | Fakultative Vereinsorgane und Hilfspersonen
BGB in der Satzung abbedungen ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob schon die Stellung eines Geschäftsführers in der Satzung mit der Vorstandsmitgliedschaft verknüpft ist oder ob sich dies im Einzelfall aus einer Wahl in Personalunion ergibt. b) Vertretungsmacht 707
Die Bevollmächtigung des Geschäftsführers darf nicht auf eine allgemeine Übertragung der Vertretungsmacht hinauslaufen. Eine Generalvollmacht für den Geschäftsführer wäre unwirksam; s. Rz. 713.1 Die Vertretungsmacht eines Einzelvorstands kann nicht an die Mitwirkung eines „Geschäftsführers“ gebunden werden. Sonst hätte der Geschäftsführer Vorstandsfunktion, so dass die Satzung über den Einzelvorstand als unrichtig oder unklar zu beanstanden wäre. Nicht ausgeschlossen ist die Beschränkung der Vertretungsmacht (§ 26 Abs. 1 S. 3 BGB) des Einzelvorstands dahin, dass zu bestimmten (einzelnen) Rechtsgeschäften die Zustimmung (Mitwirkung) des Geschäftsführers erforderlich ist.2
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Beim mehrgliedrigen Vereinsvorstand kann die Satzung die Vertretungsverhältnisse gleichfalls nicht so gestalten, dass zur Vertretung stets ein dem Vorstand nicht angehörender „Geschäftsführer“ mitzuwirken hat. Unzulässig ist sonach eine satzungsmäßige Regelung, die Vertretung durch sämtliche Vorstandsmitglieder gemeinsam (ohne Mitwirkung des vorstandsfremden Geschäftsführers) ausschließt.3
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Ob dann, wenn die Vertretungsbefugnis des Vorstands gewahrt bleibt, die Satzung (beim mehrgliedrigen Vorstand) neben Einzel- oder Gesamtvertretung auch als gemischte Gesamtvertretung4 vorsehen kann, dass ein Vorstandsmitglied (oder einzelne Vorstandsmitglieder zusammen) in Gemeinschaft mit einem Geschäftsführer, der nicht Mitglied des Vorstands ist, vertritt, ist streitig. Dies wird als Satzungsverstoß im Bereich der gesetzlichen Vertretung vom OLG Hamm5 verneint. Für zulässig hält demgegenüber Kirberger6 eine solche Regelung als zusätzliche alternative Vertretungsform, die jedoch nicht in das Vereinsregister einzutragen ist. Letzterem ist nicht zu folgen. Gemischte Gesamtvertretung sehen spezielle Vorschriften für handelsrechtliche Gesellschaften vor (§ 78 Abs. 3 AktG für die Aktiengesellschaft; die Bestimmung wird entsprechend auch für die GmbH. angewendet; § 125 Abs. 3 HGB für die Offene Handelsgesellschaft und i.V.m. § 161 Abs. 2 HGB auch für die Kommanditgesellschaft; § 25 Abs. 2 GenG für die Genossenschaft). Sie sind einer ausdehnenden Auslegung nicht zugänglich. Die Vertretungsmacht des Vereinsvorstands regelt § 26 BGB abschließend. Sie kann durch die Satzung beschränkt, nicht jedoch an organ- oder ver1 Vgl. OLG München v. 6.4.2010 – 31 Wx 170/09, FGPrax 2010, 205. 2 Dann ist diese Beschränkung der Vertretungsmacht des Vorstands (§ 64 BGB), nicht jedoch der Geschäftsführer, in das Vereinsregister einzutragen. 3 Kirberger, Rpfleger 1979, 7 und 48. 4 Die Gründe, die einen Verein (insbesondere einen Verband) mit hoher Mitgliederzahl und regional oder fachlich verzweigter Organisationsstruktur zu solcher Regelung veranlassen, zeigt Kirberger, Rpfleger 1979, 5 auf. 5 OLG Hamm OLGZ 1978, 21 = DNotZ 1978, 292 = MDR 1978, 224; ebenso Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 229. 6 Kirberger, Rpfleger 1979, 5 (insb. S. 48 ff.).
362 | Stöber/Otto
8. Vorstandsbevollmächtigte (§§ 164 ff. BGB) | Rz. 712 XII.
einsfremde Dritte überantwortet werden. Die Gestaltungsmöglichkeit im Rahmen der Satzungsautonomie findet ihre Grenze in dieser gesetzlichen Regelung. Dem entspricht es, dass die „Mitglieder des Vorstands“ und Satzungsbestimmungen, die den Umfang ihrer Vertretungsmacht beschränken, in das Vereinsregister einzutragen sind (§ 64 BGB). Dafür, dass organschaftliche, über einzelne Aufgabenbereiche hinausgehende Vertretung zulässig wäre, über die das Vereinsregister für den Rechtsverkehr keinen Aufschluss geben kann, lassen sich gesetzlich Anhaltspunkte nicht finden.
8. Vorstandsbevollmächtigte (§§ 164 ff. BGB) Der Vorstand eines Vereins kann sich, wie jede natürliche Person, im Rechtsverkehr durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Beim mehrgliedrigen Vorstand des Vereins können auch ein Vorstandsmitglied oder mehrere Vorstandsmitglieder – ebenso wie Dritte – vom Gesamtvorstand ermächtigt werden, den Verein zu vertreten.1 Erklärungen, die der Bevollmächtigte im Namen des Vereins abgibt, wirken unmittelbar für und gegen den Verein (§ 164 BGB).
710
Die Bevollmächtigung muss durch das gesetzliche Vertretungsorgan des Vereins erteilt werden2, beim mehrgliedrigen Vorstand haben daher die Mitglieder des Vorstands in vertretungsberechtigter Zahl die Vollmacht zu erklären. Zusätzlicher Nachweis eines Beschlusses ist dazu nicht erforderlich.3 Ein Vorstandsmitglied kann nicht bei Erteilung einer Vollmacht an sich selbst mitwirken (§ 181 BGB). Beim mehrgliedrigen Vorstand ist es auch zulässig, einen Bevollmächtigten für nur eines der Vorstandsmitglieder zu bestellen, wenn entweder das betroffene Mitglied damit einverstanden ist oder wenn dem Vertretungsorgan in der Satzung die Ermächtigung dazu erteilt ist.4 Der Bevollmächtigte kann dann zusammen mit den zur Vertretung berufenen anderen Vorstandsmitgliedern für den Verein handeln.
711
Beispiel: Dem mehrgliedrigen Vorstand gehören A und B an. B wird für längere Zeit ins Ausland verreisen. Daher bestellen A und B den C zum Bevollmächtigten für das Vorstandsmitglied B. Bei der Vertretung des Vereins handeln gemeinsam A als Vorstandsmitglied und C als Bevollmächtigter des abwesenden Vorstandsmitglieds B.
Zur Frage, ob ein Mitglied des nur gesamtvertretungsberechtigten Vorstands, das mit dem Verein einen Vertrag schließen will, die anderen Vorstandsmitglieder wirksam zur Alleinvertretung des Vereins ermächtigen kann, s. Rz. 618. Einem Vertragsschluss zwischen dem Verein und einer Gesellschaft mbH (Aktiengesellschaft, eingetragenen Genossenschaft) steht § 181 BGB nicht entgegen, wenn die Gesellschaft mbH durch
1 BAG AP Nr. 5 zu § 626 BGB = BB 1956, 79; BayObLG 1971, 266 (271) = Rpfleger 1971, 352 (353). 2 KG KGJ 32 A 187 (189); OLG Hamm OLGZ 1978, 26 = DNotZ 1978, 295 = MDR 1978, 224. 3 Geklärt mit Neufassung des § 26 BGB. 4 BayObLG 1969, 89 = Rpfleger 1969, 243.
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XII. Rz. 712 | Fakultative Vereinsorgane und Hilfspersonen
ihre(n) Prokuristen und der Verein durch ein alleinvertretungsberechtigtes Vorstandsmitglied vertreten wird, das zugleich Geschäftsführer der Gesellschaft mbH ist (s. dazu. Rz. 529). 713
Generalvollmacht als gegenständlich unbeschränkte Vollmacht zur Vertretung des Vereins in allen Angelegenheiten kann der Vorstand des Vereins (wie auch sonst das Organ einer juristischen Person) nicht erteilen1, auch nicht zeitlich begrenzt und widerruflich.2 Der Vorstand kann seine Vertretungsmacht nicht im Ganzen durch einen anderen ausüben lassen.3 Es kann ebenso ein Mitglied des nur zur Gesamtvertretung berufenen Vorstands auch nicht allgemein seine Vertretungsmacht auf ein anderes Vorstandsmitglied oder einen Dritten übertragen, diesen somit nicht allgemein (generell) ermächtigen, ihn in seiner Eigenschaft als Mitglied des gesamtvertretungsbefugten Vorstands zu vertreten.4
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Die Vollmacht für einen beschränkten Aufgabenkreis (zur Vornahme einer bestimmten Art von Geschäften, vergleichbar der kaufmännischen Art-Handlungsvollmacht) ist als sachlich beschränkte Vollmacht von der Generalvollmacht zu unterscheiden. Sie kann auch vom Vorstand eines Vereins erteilt werden5, darf jedoch nicht unwiderruflich sein.6
9. Hilfspersonen 715
Covid-19 – Sonderbestimmungen und Schutzpflichten Zu den Covid-19 – Sonderbestimmungen über die Entgeltaufstockung für Vereinsmitarbeiter in Kurzarbeit und zur steuerunschädlichen Fortzahlung einer Pauschale an ehrenamtlich Tätige auch bei pandemiebedingtem Ruhen der Tätigkeiten s. Rz. 1868.
1 BGH DNotZ 1976, 37 = NJW 1975, 1741; BGH DNotZ 1977, 119 = MDR 1977, 204 = NJW 1977, 199; BGH v. 16.11.1987 – II ZR 92/87, AG 1988, 167 = GmbHR 1988, 101 = MDR 1988, 380 = DNotZ 1988, 690 = NJW 1988, 1199; BGH v. 23.6.1988 – III ZR 84/87, MDR 1988, 1037 = NJW 1989, 164 (166); BGH v. 18.7.2002 – III ZR 124/01, GmbHR 2002, 972 = MDR 2002, 1198 = MittBayNot 2002, 406 = NJW-RR 2002, 1325 – jeweils für GmbH; OLG München v. 27.9.1989 – 7 U 2438/89, NJW-RR 1991, 893; Mittenzwei, MDR 1991, 492 (494); Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2464. 2 BGHZ 34, 27 = GmbHR 1961, 29 = MDR 1961, 208 = NJW 1961, 506; BGH DNotZ 1977, 119 = MDR 1977, 204 = NJW 1977, 199. 3 OLG München v. 6.4.2010 – 31 Wx 170/09, FGPrax 2010, 205. 4 BGHZ 34, 27 (30) = NJW 1961, 506; BGH DNotZ 1976, 37 = NJW 1975, 1741; BGH v. 16.11.1987 – II ZR 92/87, AG 1988, 167 = GmbHR 1988, 101 = MDR 1988, 380 = DNotZ 1988, 690 = NJW 1988, 1199; OLG München v. 27.9.1989 – 7 U 2438/89, NJW-RR 1991, 893; Hadding in Soergel, Rz. 18 zu § 26; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 238; Mittenzwei, MDR 1991, 492 (494). 5 BGH NJW-RR 2002, 1325; KG v. 11.6.1991 – 1 W 1581/91, GmbHR 1991, 579 = NJW-RR 1992, 34 (für GmbH als juristische Person); Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2460; enger (gegen Gattungsvollmacht) OLG Hamm OLGZ 1978, 26. 6 OLG München OLGZ 1965, 1.
364 | Stöber/Otto
9. Hilfspersonen | Rz. 717 XII. Auf die mannigfaltigen arbeitsrechtlichen Implikationen und Vorsorgeregelungen zum Schutz der Vereinsmitarbeiter kann an dieser Stelle nicht eingegangen werden. Insoweit gelten für den Verein im Vergleich zu anderen Arbeitgebern auch keine Besonderheiten. Einen Überblick gibt u.a. Stück, GmbHR 2020, 631.
a) Der Verein als Arbeitgeber Für den Verein als Arbeitgeber gelten grundsätzlich keine Besonderheiten.1 Die Regeln der Arbeitnehmerüberlassung2 sind ebenso anwendbar wie das Teilzeit- und Befristungsgesetz3 mit den dort verankerten Schranken für befristete und auflösend bedingte Anstellungsverhältnisse. Beschäftigte sind grundsätzlich sozialversicherungspflichtig.4 Erleichterung bringt insoweit § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 der Sozialversicherungsentgeltverordnung: steuerfreie Aufwandsentschädigungen und die in § 3 Nr. 26 und 26a des Einkommensteuergesetzes genannten steuerfreien Einnahmen sind dem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt (§ 14 SGB IV) nicht zuzurechnen (Rz. 1868).5 Die Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen kann als Sozialversicherungsbetrug bis hin zur Strafbarkeit führen.6 Zum Schutz in der gesetzlichen Unfallversicherung Rz. 744.
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Wegen denkbarer Interessenkonflikte wird vorgeschlagen, Arbeitnehmer des Vereins nicht als Mitglied aufzunehmen bzw. eine bestehende Mitgliedschaft bei Beginn des Anstellungsverhältnisses ruhen zu lassen.7 Das wird sehr auf die Bedürfnisse und Mitgliederstruktur des einzelnen Vereins ankommen. Die Verschränkung von hauptamtlicher Geschäftsleitung und ehrenamtlichem Vorstand bzw. Mitgliedschaft begegnet gerade bei gemeinnützigen Organisationen mit professionellem Anspruch nicht selten.8 Arbeitsleistungen, die in dem jeweiligen Verein aus der Mitgliedschaft geschuldet und erbracht werden, begründen kein Arbeitsverhältnis (Rz. 408, Rz. 1863). Die Vereinsautonomie lässt es zu, wenn Mitglieder auf der Grundlage der Satzung in auch unter1 Zum Betriebsverfassungsrecht in sog. Tendenzbetrieben (Politik, Religion) Grambow, ZStV 2013, 161. Zum Jugendarbeitsschutz im Profisport Heink, SpuRt 2011, 134–137. 2 Vgl. SG Kassel v. 4.9.2013 – S 12 KR 246/12, NZS 2013, 871–772 (Verein Werkstätte für Behinderte); ArbG Berlin v. 5.9.2013 – v. 4.9.2013 – 33 Ca 5347/13, ZStV 2014, 150 mit Anm. Fischer (Einsatz im Konferenzzentrum eines Vereins). 3 Vgl. etwa BAG v. 18.1.2018 – v. 16.1.2018 – 7 AZR 312/16 –, BAGE 161, 283–298 (Befristung bei einem Profifußballer aus sportlichen Gründen gerechtfertigt). 4 Zum Vorstand ausf. Plagemann/Plagemann/Hesse, NJW 2015, 439. Zu Berufssportlern Menke/Reissinger, SpuRt 2012, 9–14. 5 Die Regelung fand sich bislang unmittelbar in § 14 Abs. 1 S. 3 SGB IV (aufgehoben durch Gesetz vom 15.4.2015, BGBl. I 2015, 583). Inhaltliche Änderungen sind mit der Aufnahme in die Sozialversicherungsentgeltverordnung nicht gewollt (Gesetzesbegründung, BTDrucks. 18/3699, 31). 6 Die Folgen bei Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen schildert Zieglmeier, SpuRt 2012, 134–137. Zu Risiken aus einer fehlverstandenen Anwendung der § 3 Nr. 26 bzw. § 3 Nr. 26a EStG Bender, DStR 2015, 2257–2262 (2258). 7 Röcken, Vereinssatzungen, Rz. 72. 8 Schmidt, ZStV 2014, 233.
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XII. Rz. 717 | Fakultative Vereinsorgane und Hilfspersonen
schiedlichem Maß herangezogen werden bzw. Tätigkeitsentschädigungen erhalten1. Das gilt z.B. für mitgliederübliche saisonale oder sporadische Einsätze wie die Beteiligung am Saaldienst im Karneval oder der Mitwirkung am jährlichen Frühjahrsputz. Aber auch die regelmäßige Übernahme von Geschäftsstellendiensten oder z.B. die Tätigkeit von Geräte- oder Platzwarten2 kann je nach Ausgestaltung im Einzelnen als Mitgliederleistung außerhalb eines Arbeitsverhältnisses erfolgen.3 Anders als dies im Regelfall einem Dienstverpflichteten im Rahmen eines Dienstverhältnisses möglich ist, kann das Mitglied eines Vereins durch Ausübung der Mitgliedschaftsrechte auf die Leitung, die Organisation und die Entscheidungen des Vereins Einfluss nehmen.4 Die Begründung vereinsrechtlicher Arbeitspflichten darf trotzdem nicht zur Umgehung zwingender arbeitsrechtlicher Schutzbestimmungen führen.5 Für die Abgrenzung kann es darauf ankommen, ob der Verein gemeinnützige Zwecke verfolgt.6 Die Grenze zur Arbeitnehmereigenschaft ist jedenfalls dann überschritten, wenn Vertragssportler den Verein gerade des Geldes wegen wechseln.7 718
Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist.8 Für die Abgrenzung von einer selbständigen Tätigkeit aufgrund Auftrags (§ 662 BGB) oder aufgrund der Mitgliedschaft kommt es auf eine Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalls an.9 Viele der im und für den Verein ausgeübten Tätigkeiten bedürfen einer festen organisatorischen Einbindung (Dienstplan, Trainingsplan) und – schon wegen der Verantwortlichkeit des Vorstands für eine ordnungsgemäße Geschäftsführung – eines je nach Art der Tätigkeit unterschiedlichen Grades an Weisungsbindung, der dann noch nicht unbedingt zur Annahme eines Arbeitsverhältnisses führen muss.10 Allein die Funktionsbezeich1 BAG v. 6.7.1995 – 5 AZB 9/93, BAGE 80, 256 = MDR 1996, 75, juris-Rz. 19/26 m.w.N. 2 Zu einem Zeugwart mit vollständig freier Zeiteinteilung und Aufwandsentschädigung (Ersatz von Fahrtspesen) öOHG v. 25.9.2014 – 9 ObA 103/14h, SpuRt 2015, 115. 3 BAG v. 6.7.1995 – 5 AZB 9/93, BAGE 80, 256 = MDR 1996, 75, juris-Rz. 25. 4 BAG v. 26.9.2002 – 5 AZB 19/01, BAGE 103, 20 = NJW 2003, 161 (Missionstätigkeit für Scientology durch ein Mitglied gegen Taschengeld). 5 BAG v. 6.7.1995 – 5 AZB 9/93, BAGE 80, 256 = MDR 1996, 75, juris-Rz. 27 m.w.N. 6 BAG v. 6.7.1995 – 5 AZB 9/93, BAGE 80, 256 = MDR 1996, 75, juris-Rz. 29. Ein Ausschlusskriterium ist das jedoch nicht, vgl. dazu etwa LAG Kiel v. 14.8.2008 – 2 Ta 145/08, juris (vereinsmäßige Organisation der Kanalsteurer, wobei der Verein die Diensteinteilung und Abrechnung von Arbeitsverhältnissen der Mitglieder mit den Schiffseignern übernimmt, ohne dadurch selbst Arbeitgeber zu sein). 7 Walker, SpuRt 2015, 94, 95 mit Hinweis auf Kolb, cs 2015, 23 (26). Ausf. zum sozialversicherungsrechtlichen Status von Berufssportlern Menke/Reissinger, SpuRt 2012, 9–14. Vgl. auch FG Niedersachsen v. 25.4.2019 – 11 K 134/17 und das dzu anhängige Verfahren BFH XI R 11/19. 8 BAG v. 14.3.2007 – 5 AZR 499/0ß6, NZA-RR 2007, 424. 9 BAG v. 29.8.2012 – 10 AZR 499/11, BAGE 143, 77 = MDR 2013, 103. 10 Vgl. BAG v. 29.8.2012 – 10 AZR 499/11, BAGE 143, 77 = MDR 2013, 103: Feste Bindung an einen Dienstplan und Vorgaben zur Ausübung des Dienstes, monatliche Mindestdienstzeit, ansonsten aber freie monatliche Meldung der Dienstbereitschaft (Telefonseelsorge). Zu einem Mannschaftstrainer LAG Hamm v. 13.3.2012 – 2 Ta 680/11, SpuRt 2012, 216
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nung als „Trainerassistent“ weist z.B. noch nicht auf eine Arbeitnehmereigenschaft, auch wenn der Assistent Weisungen des hauptamtlich angestellten Trainers unterliegt.1 Zum entscheidenden praktischen Merkmal wird für die hier zu treffenden Abgrenzungen damit die – dem Verein bekannte und von ihm zugestandene – Entgelterwartung dessen, der für den Verein tätig werden soll. Auch wenn die Erwerbsabsicht keine notwendige Bedingung für die Arbeitnehmereigenschaft ist, spricht ihr Fehlen doch im Rahmen einer Gesamtwürdigung gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses. Denn typischerweise verfolgt ein Arbeitnehmer das Ziel, für seine Arbeit ein Entgelt zu erhalten.2 Dabei genügt es, dass zusätzliche Einkünfte generiert werden sollen, sie müssen nicht für den Lebensunterhalt gedacht oder dafür ausreichend sein. Dass neben diesem materiellen Interesse oftmals auch immaterielle Interessen eine Rolle spielen, schließt nicht aus, die Erwerbsabsicht als wesentliches Merkmal zur Abgrenzung von Tätigkeiten heranzuziehen, die vorwiegend auf ideellen Beweggründen beruhen.3 Ob und wieviel „Spaß“ die Tätigkeit macht, entscheidet aber längst nicht allein über die Arbeitnehmereigenschaft.4 b) Mindestlohn oder Ehrenamt? Die Abgrenzung von Vereinsleistung, Auftrag und Dienstvertrag sowie der Begriff der Ehrenamtlichkeit (Rz. 586) haben erhöhte Bedeutung u.a. wegen einer möglichen Anwendbarkeit des Mindestlohngesetzes.5 Arbeitnehmer haben ab dem 18. Lebensjahr6 einen nicht abdingbaren Anspruch auf den derzeit mit 9,35 € je Stunde festgelegten Mindestlohn.7 Umgerechnet auf den Monat bedeutet das bei einer z.B. im Amateursport wohl gängigen8 geringfügigen Beschäftigung (bis 450 € im Monat, § 8 Abs. 1 SGB IV), dass nicht mehr als 48 Stunden an Arbeitsleistung im Monat anfallen dürfen.9 Das ist nicht viel, wenn man berücksichtigt, dass z.B. auch Zeiten für das Umziehen, Anreisen zu Auswärtsspielen bis hin zur gesamten Zeit von Trainingslagern (soweit ohne selbstbestimmte Freizeit) als Arbeitszeiten gelten müssen.10 Arbeitgeber
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einerseits, LAG Mecklenburg-Vorpommern v. 7.7.2014 – 3 Ta 21/14, NZA-RR 2014, 492 andererseits. LAG Baden-Württemberg v. 5.9.2019 – 15 Ta 2/19, SpuRt 2019, 279 m. zust Anm Sura. BAG v. 29.8.2012 – 10 AZR 499/11, BAGE 143, 77 = MDR 2013, 103. BAG v. 29.8.2012 – 10 AZR 499/11, BAGE 143, 77 = MDR 2013, 103. Walker, SpuRt 2015, 94. Gesetz zur Regelung des allgemeinen Mindestlohns (Mindestlohngesetz) v. 11.8.2014 (BGBl. I 1348); regelmäßige Anpassung durch Rechtsverordnung, zuletzt zum 1.1.2020. Für Jugendliche unter 18 Lebensjahren gilt das Gesetz nur nach abgeschlossener Berufsausbildung (§ 22 Abs. 2 MindLohnG). Ausbildungsverhältnisse sind nach § 22 Abs. 3 des Gesetzes ausgenommen. Die Werkstattverhältnisse behinderter Menschen (§ 136 SGB IX) sind nicht ohne weiteres Arbeitsverhältnisse (LAG Kiel NZA-RR 2016, 291). Höhere Sätze gelten u.a. für Pflegekräfte, § 1 Abs. 3 MindLohnG i.V.m. § 11 AEntG und der PflegeArbbV. Walker, SpuRt 2015, 94. Walker, SpuRt 2015, 94. Wichtig dabei: Maßgeblich für die Berechnung des Mindestlohns je Monat ist die genaue Stundenzahl im konkreten Monat. Es wird kein Jahresdurchschnitt gebildet. Rybak, WIR PROFIS 2014/4, S. 12.
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mit geringfügig Beschäftigten müssen Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit dokumentieren und mindestens zwei Jahre für Kontrollen bereithalten. Verstöße gegen die Mindestlohnzahlungspflicht wie auch gegen die Dokumentationspflichten können als Ordnungswidrigkeiten mit Geldbußen geahndet werden. Zuständig ist die Zollverwaltung. Für die ersten sechs Monate der Tätigkeit keinen Anspruch auf den Mindestlohn haben Beschäftigte, die vorher langzeitarbeitslos waren, d.h. ein Jahr und länger (§ 18 Abs. 1 SGB III). 720
Im allgemeinen Sprachgebrach ehrenamtlich Tätige können unter bestimmten Umständen arbeits- und sozialversicherungsrechtlich als Arbeitnehmer zu klassifizieren sein.1 Das Mindestlohngesetz nimmt in § 22 Abs. 3 ehrenamtlich Tätige ausdrücklich aus seinem Anwendungsbereich heraus. In den Vereinen wurde befürchtet, dass der gesetzliche Mindestlohn schon dann gewährt werden muss, wenn ein Verein geringe, aber über den echten Aufwendungsersatz (Rz. 584) hinausgehende Aufwandspauschalen bezahlt. Mitgliedern, die im Verhältnis zu anderen besonders viel Zeit für den Verein aufwenden, soll mit solchen Pauschalen eine Anerkennung gezahlt werden, ohne dass von einem der Beteiligten ein Arbeitsverhältnis gewollt ist.2 Ohne selbst Mitglied zu sein, engagieren sich in vergleichbarer Weise z.B. Übungsleiter, Vortragende oder Dirigenten für die ideellen Zwecke der Vereine, ohne dafür ein vollwertiges Arbeitsentgelt zu erwarten. Der Begriff des Ehrenamts (Rz. 586) ist im Mindestlohngesetz nicht definiert. Jedenfalls kann § 22 Abs. 3 MiLoG aber entnommen werden, dass sich die Qualifizierung einer Tätigkeit als Arbeitsverhältnis bzw. Ehrenamt wechselseitig ausschließen.3 Teilweise wird eine enge Auslegung befürwortet, weil damit Umgehungsmöglichkeiten eingedämmt werden.4 Nach der strengsten Auffassung führte jede über eine Aufwandsentschädigung hinausgehende Vergütung zum Mindestlohn.5 Angelehnt an sozialversicherungsrechtliche Bestimmungen soll als ehrenamtlich Tätiger gelten, wer ein öffentliches Amt (im weiteren Sinne) innehat, Amtsträger einer privaten, meist gemeinnützigen Organisation ist, im Gesundheitswesen bzw. in der Wohlfahrtspflege tätig wird oder sonst eine Tätigkeit übernommen hat, die sich ihrem Gesamteindruck nach als Ausdruck eines bürgerschaftlichen Engagements erweist.6 Dabei darf nach der engeren Auffassung7 die betreffende Person nicht einem Arbeitnehmer vergleichbar weisungsgebunden sein, sondern muss selbstständig und regelmäßig unentgeltlich tätig werden. Nach anderer Auffassung sind Entgelte nicht generell schädlich und auch eine Weisungsgebundenheit – wohlverstanden als verbindliche Eingliederung in
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Ausf. Hoppe/Groffy, npoR 2019, 205, 206. Zum Beispiel des Hüttenwarts im Wanderverein etwa Creutzburg, FAZ v. 10.1.2015. Beyer, ZStV 2019, 172 (174). Bayreuther, NZA 2014, 865 (872). So wohl Grambow, ZStV 2015, 81 (82). Ausweislich seines Beispiels 1 soll eine pauschalierte, wohl auch eine geringfügige „unechte“ Aufwandsentschädigung (30 € bei 10 Std/Monat) aber unschädlich bleiben. 6 Bayreuther, NZA 2014, 865 (872) mit Hinweis auf §§ 73 SGB VIII und §§ 2 Abs. 1 Nr. 9, 10 und 6 S. 1 Nr. 3 SGB VII. 7 Bayreuther, NZA 2014, 865 (872).
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die Organisationsstrukturen des Vereins – ist möglich.1 Entscheiden soll eine typologische Gesamtbetrachtung.2 Die Tätigkeit muss sich demnach aus dem Blickwinkel des Tätigen wie auch nach ihrer Zweckrichtung für den Verein als Ausdruck eines nicht erwerbswirtschaftlich angelegten Engagements darstellen.3 Die steuerliche Betragsgrenze einer Vergütung von 3000 €/Jahr (§ 3 Nr. 26 EStG) ist in diesem Verständnis keine zwingende Obergrenze. Es muss sich danach auch nicht um einen gemeinnützigen Verein im steuerrechtlichen Sinn handeln, es genügt der nicht wirtschaftliche Vereinszweck i.S.d. § 21 BGB.4 Ehrenamt (im Sinn des Mindestlohngesetzes) und Arbeitsverhältnis schließen einander nach dieser Auffassung nicht aus.5 Das Mindestlohngesetz gilt bereits nach dessen § 1 (wiederholt in § 22 Abs. 1 S. 1) nur für Arbeitnehmer. Wer nicht als ein Arbeitnehmer Vergütung für seine Arbeitskraft erhält, ist damit ausgenommen. Keine Vergütung sind bloße („echte“) Aufwandsentschädigungen (Rz. 582). Die weitergehende persönliche Ausnahme für den ehrenamtlich Tätigen nach § 22 Abs. 3 muss folglich so zu verstehen sein, dass nicht jede Vergütung und auch nicht jedes dienstvertragliche Beschäftigungsverhältnis dem Ehrenamt entgegensteht.6 Unbedenklich ist deshalb das Jahresentgelt von bis zu 720 €, das der Gesetzgeber bei Änderung bzw. Einführung der §§ 31a, 31b unter der Überschrift „Stärkung des Ehrenamts“ einer unentgeltlichen Tätigkeit gleichgestellt hat.7 Bei Ausübung einer der in § 3 Nr. 26 EStG benannten Tätigkeiten: Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder vergleichbare nebenberufliche Tätigkeiten, nebenberufliche künstlerischen Tätigkeiten, die sämtlich im Dienst oder im Auftrag eines unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallenden gemeinnützigen Vereins ausgeführt werden müssen, dürften auch Vergütungen bis 2.400 € im Jahr noch nicht den Anwendungsbereich des Mindestlohngesetzes eröffnen.8 Wenigstens für einen Teil der in Vereinen gezahlten Vergütungen kann damit „Entwarnung“ gegeben werden.9
1 Greiner, NZA 2015, 285. 2 Vgl. Grzesick, ZRP 2014, 66 (68). 3 Greiner, NZA 2015, 285; im Anschluss daran ebenso v. Steinau-Steinrück, NJW-spezial 2015, 178. 4 Greiner, NZA 2015, 285. 5 Greiner, NZA 2015, 285; noch etwas weiter v. Steinau-Steinrück, NJW-spezial 2015, 178: Solange auf Seiten des Vereins keine primäre erwerbswirtschaftliche und auf Gewinnerzielung gerichtete Zwecksetzung vorliegt, kann von einer ehrenamtlichen Tätigkeit ausgegangen werden (Hervorhebung nur hier). 6 Anders allerdings Walker, SpuRt 2015, 94 und wohl auch Thüsing, NJW-aktuell 2017, 7, die § 22 Abs. 3 MindLG aus demselben Grund jede Bedeutung absprechen. 7 Gesetz zur Stärkung des Ehrenamts v. 28.3.2013 (BGBl. I, 556). Vgl. ebenso die allgemein so benannte „Ehrenamtspauschale“ in § 3 Nr. 26a EStG. Es muss allerdings daran erinnert werden, dass die in § 3 Nr. 26 bzw. Nr. 26a EStG genannten Freibeträge vom Nebenberuf, nicht primär von Ehrenamtlichkeit sprechen. Ausf. hierzu Bender, DStR 2015, 2257–2262. 8 Scheffzek, http://www.lto.de/recht/hintergruende – Abruf 19.1.2015. 9 Walker, SpuRt 2015, 94 hält die aus dem Haftungs- oder Steuerrecht hergeleiteten Betragsgrenzen jedoch sämtlich nicht für anwendbar. Er problematisiert allerdings nur die von ihm als für Vertragssportler üblich beobachteten Zahlungen zwischen 250 und 450 € im
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Die Intentionen des Gesetzgebers mögen eine weitere Auslegungshilfe bieten.1 Aus der Beratung wird berichtet:2 „Die Koalitionsfraktionen [also die Ausschussmehrheit] seien mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales darin einig, dass ehrenamtliche Übungsleiter und andere ehrenamtlich tätige Mitarbeiter in Sportvereinen nicht unter dieses Gesetz fielen. Von einer „ehrenamtlichen Tätigkeit“ i.S.d. § 22 Abs. 3 MiLoG sei immer dann auszugehen, wenn sie nicht von der Erwartung einer adäquaten finanziellen Gegenleistung, sondern von dem Willen geprägt sei, sich für das Gemeinwohl einzusetzen. Liege diese Voraussetzung vor, seien auch Aufwandsentschädigungen für mehrere ehrenamtliche Tätigkeiten, unabhängig von ihrer Höhe, unschädlich. Auch Amateurund Vertragssportler fielen nicht unter den Arbeitnehmerbegriff, wenn ihre ehrenamtliche sportliche Betätigung und nicht die finanzielle Gegenleistung für ihre Tätigkeit im Vordergrund stünde.“ Wenigstens letzteres ist aber auch im hohen Maße fraglich, weil Vertragssportler heute kaum primär um der ideellen Zwecke wegen für ihren Verein aktiv werden,3 sondern im Gegenteil nur durch Vertragsstrafen und Ablösezahlungen vom allein erwerbswirtschaftlich motivierten Wechsel abgehalten werden können.4 Vertreter des Profisports – gerade auch unterhalb z.B. der dritten Fußballliga – fordern den Mindestlohn ausdrücklich ein.5
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Sicherheit ist damit keineswegs geschaffen.6 Im Grunde ist eine Mindestlohnpflicht mit dem Begriff des Ehrenamts nicht zu vereinbaren.7 Verwaltung und Gerichte werden vor Anwendung des Mindestlohngesetzes die Bemühungen des Gesetzgebers um das Engagement im Verein zu achten haben. Sofern in den Vereinen schriftliche Vergütungsvereinbarungen getroffen werden, sollte es im Zweifel klargestellt werden, wenn ein Arbeitsverhältnis beiderseitig nicht gewollt ist.8
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Monat, was wohl bedeutet, dass er bei Beträgen darunter regelmäßig Ehrenamtlichkeit vermutet. Mehr sind sie allerdings nicht. Noch weniger gelten insoweit „beschwichtigende“ ministerielle Zusagen oder gar Absprachen mit Verbandsspitzen zur verwaltungsinternen Handhabung (dazu Greiner, NZA 2015, 285; Grambow, ZStV 2015, 81 [82]; ausf. auch Walker, SpuRt 2015, 94 [97]). Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss für Arbeit und Soziales, enthalten in BT-Drucks. 18/2010 (neu), S. 14 f. Walker, SpuRt 2015, 94 [95] m.w.N. Zur Ablöse vgl. jüngst etwa BAG v. 25.4.2013 – 8 AZR 453/12, NZA 2013, 1206. Rybak, WIR PROFIS 2014/4, S. 12. Eine Klarstellung im Gesetz besonders hinsichtlich der Vertragssportler fordert daher z.B. Hey, FAZ v. 18.3.2015, S. 16. Walker, SpuRt 2015, 94 (98) versteht dies als Änderungsanliegen, zeigt aber auch die rechtlichen wie praktischen Schwierigkeiten einer solchen Bereichsausnahme. Moll/Päßler/Reich, MDR 2015, 125 (126). Hoppe/Groffy, npoR 2019, 205, 206; Muster etwa von Osnabrügge in jurisF-ArbR („Vereinbarung über eine ehrenamtliche Tätigkeit bei Zahlung einer Aufwandsentschädigung“). Verbindlich können die Beteiligten hier freilich nicht über die rechtliche Einordnung disponieren.
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c) Praktikanten Nicht selten beschäftigen Vereine auch Praktikanten. Praktikant ist unabhängig von der Bezeichnung des Rechtsverhältnisses, wer sich nach der tatsächlichen Ausgestaltung und Durchführung des Vertragsverhältnisses für eine begrenzte Dauer zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Erfahrungen einer bestimmten betrieblichen Tätigkeit zur Vorbereitung auf eine berufliche Tätigkeit unterzieht, ohne dass es sich dabei um eine Berufsausbildung im Sinne des BBiG oder um eine damit vergleichbare praktische Ausbildung handelt (§ 22 Abs. 1 S. 3 MindLohnG). Abweichend vom allgemeinen Arbeitsrecht1 behandelt § 22 Abs. 1 S. 2 MindLohnG grundsätzlich alle Praktikumsverhältnisse als mindestlohnpflichtiges Arbeitsverhältnis.2 Ausnahmen gelten nur, wenn das Praktikum 1. verpflichtend auf Grund einer schulrechtlichen Bestimmung, einer Ausbildungsordnung, einer hochschulrechtlichen Bestimmung oder im Rahmen einer Ausbildung an einer gesetzlich geregelten Berufsakademie, 2. bis zu drei Monate zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums, 3. bis zu drei Monate begleitend zu einer Berufs- oder Hochschulausbildung leisten, ohne dass zuvor schon ein Praktikumsverhältnis mit demselben Ausbildenden bestanden hat, oder 4. im Rahmen einer Einstiegsqualifizierung nach § 54a des SGB III oder an einer Berufsausbildungsvorbereitung nach §§ 68 bis 70 des BBiG durchgeführt wird.
1 Vgl. § 26 BBiG. Maßgeblich ist stets die konkrete Ausgestaltung, nicht die Bezeichnung, BAG v. 13.3.2003 – 6 AZR 564/01, juris; BAG v. 30.10.1991 – 7 ABR 11/91, NZA 1992, 808. 2 Ausf. zu Praktikum und Mindestlohn Burkhard-Pötter/Sura, NJW 2015, 517–522. Die Autoren kritisieren die Regelung als zu weit gehend (521).
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XIII. Haftungsverfassung 1. Die Haftung des Vereins (§§ 21, 22, 31, 164 BGB) . . . . . . . . . a) Haftung der juristischen Person . . . b) Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Schadenshaftung des Vereins für Handlungen seiner Organe . . . a) Haftungszuweisung an den Verein . b) Haftungsvertreter . . . . . . . . . . . . . . . c) Betätigung als Repräsentant . . . . . . . d) Haftungsbegründung . . . . . . . . . . . . e) Anspruchsberechtigte . . . . . . . . . . . . f) Gesetzliche Unfallversicherung . . . . 3. Die Haftung der Handelnden . . . . a) Persönliche Haftung . . . . . . . . . . . . . b) Gesamtschuldnerausgleich . . . . . . . .
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4. Erleichterungen bei ehrenamtlicher Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . a) § 31a und § 31b BGB . . . . . . . . . . . . b) Begünstigte Personen und Tätigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Unentgeltlichkeit bzw. Entgeltgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Haftungserleichterung gegenüber dem Verein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Haftungserleichterung gegenüber anderen Mitgliedern . . . . . . . . . . . . . f) Freistellungsanspruch . . . . . . . . . . . . 5. Sozial- und steuerrechtliche Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Arnold, Die Organhaftung in Verein und Stiftung (unter besonderer Berücksichtigung des neuen § 31a BGB), Non Profit Law Yearbook 2009, 89; Balke, Ehrenamt und Schutz in der gesetzlichen Unfallversicherung, ZStV 2013, 168; Beck, Die Haftung des Vorstands und die D&O-Versicherung im Idealverein, VersR 2017, 855; Brouwer, Organschaftliche Pflichtendelegation im Verein, NZG 2017, 481–489; Brouwer, Compliance in Verbänden in Hauschka/ Moosmayer/Lösler, Corporate Compliance 3. Aufl. 2016; Brouwer, Compliance im Wirtschaftsverband, CCZ 2009, 161; Bruschke, Die Haftung des Vorstands im gemeinnützigen Verein, StB 2007, 296; Burgard, Das Gesetz zur Begrenzung der Haftung von ehrenamtlich tätigen Vereinsvorständen, ZIP 2010, 358; Burgard/Heimann, Haftungsrisiken von Vereins- und Stiftungsvorständen, ZStV 2019, 161–169; Cherkeh, Compliance-Strategien des Vereinsvorstands zur Haftungsvermeidung, npoR 2014, 101; Coing, Die Vertretungsordnung juristischer Personen und deren Haftung gem. § 31 BGB, in FS Fischer, 1979, S. 65; Discher, Die Mitgliederhaftung im Idealverein, 2013; Dreher/Fritz, Die Vorstandshaftung im Verein und die D&OVersicherung, npoR 2020, 171; Ehlers, Die persönliche Haftung von ehrenamtlichen Vereinsvorständen, NJW 2011, 2689; Eisele, Haftungsfreistellung von Vereinsmitgliedern und Vereinsorganen in nichtwirtschaftlichen Vereinen, 1998; Faber, Der Idealverein, Haftung und Vermögen, BWNotZ 1980, 81; Faßbender/Rodenhausen, Organhaftung im Verein, WM 2019, 951– 960; Fischer, Die Verjährung beim Gesamtschuldnerregress unter Organmitgliedern, ZIP 2014, 406; Ganzhorn, Medienwiedergabe im Verein – urheberrechtliche Fallstricke bei der Musikund Filmwiedergabe im Rahmen von Vereinsveranstaltungen, ZStV 2014, 53; Graewe/v. Harder, Die Exculpation von Vorstandsmitgliedern bei Einholung von Rechtsrat, npoR 2016, 148; Griep, Haftung ehrenamtlicher Vereins- und Stiftungsvorstände: Auswirkungen des Gesetzes v. 28.9.2009 auf gemeinnützige Wohlfahrtsorganisationen, Sozialrecht aktuell 2010, 161; Gruber, Haftungsbegrenzung für Vereins- und Stiftungsvorstände, jurisPR-HaGesR 10/2009 Nr. 1; Grunewald/Hennrichs, Haftungsrisiken für Vorstandsmitglieder insolvenzgefährdeter Vereine, in FS Hopt, 2010, S. 93; Hasselbach, Haftungsfreistellung für Vorstandsmitglieder [Aktiengesell-
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1. Die Haftung des Vereins (§§ 21, 22, 31, 164 BGB) | Rz. 726 XIII.
1. Die Haftung des Vereins (§§ 21, 22, 31, 164 BGB) a) Haftung der juristischen Person Der eingetragene Verein ist rechtsfähig. Er ist als juristische Person selbst Träger der Rechte und Pflichten (Rz. 13). Aus Rechtsgeschäften und geschäftsähnlichen Handlungen des Vorstands für den Verein wird allein der Verein berechtigt und verpflichtet. Auf verbraucherschützende Bestimmungen kann sich auch ein nichtwirtschaftlicher Verein nicht berufen.1 Für Schulden, die dadurch dem eingetragenen Verein erwachsen, haftet nur dieser selbst als juristische Person mit seinem Vermögen. Die dem Verein als Mitgliedern angehörenden Personen trifft aus Geschäften oder deliktischen Handlungen des Vereins oder aus seinen öffentlich-rechtlichen Zahlungspflichten keine persönliche Haftung.2
725
b) Ausnahmen Davon macht die Rechtsprechung für den – seltenen – Fall eine Ausnahme, dass die Ausnutzung der rechtlichen Verschiedenheit zwischen der juristischen Person und den hinter ihr stehenden natürlichen Personen einen Rechtsmissbrauch bedeuten würde. Für einen Rechtsmissbrauch müssen aber ganz besondere Umstände vorliegen, die es erfordern, dass einem treuwidrigen Verhalten der hinter der juristischen Person stehenden natürlichen Personen entgegengetreten wird (einen anschaulichen Fall hat der BGH durch das nachgenannte Urteil entschieden). Diese Voraussetzungen sind insbesondere gegeben, wenn sich die Inanspruchnahme der Mitglieder des eingetragenen Vereins für dessen Schulden (sog. Durchgriffshaftung) als notwendig erweist, um einem mit der (vermögenslosen oder leistungsunfähig gehaltenen) juristischen Person in Rechtsbeziehung getretenen Dritten zu der ihm nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) zukommenden Leistung zu verhelfen.3 Zu denken ist an Fälle der Vermögensvermischung4 und der sittenwidrigen Schädigung (§ 826 BGB), letztlich „Selbstbedienung“ von Mitgliedern aus dem zweckgebundenen Vereinsvermögen5. Etwaiges Organisationsverschulden des Vorstands rechtfertigt es nicht, ihm persönlich die Haftung für Schäden aus der deliktischen Veruntreuung öffentlicher Fördermittel
1 BGH v. 23.2.2010 – XI ZR 186/09, MDR 2010, 644 = NJW-RR 2010, 1712; BGH DNotZ 2017, 263. Kritisch Böhr, RNotZ 2003, 378 (282). 2 Das wird in der Praxis offenbar nach wie vor übersehen. Z.B. berichtet Richter, DStR 2014, 1835 (1836) vom Austritt zahlreicher Mitglieder eines Traditionsvereins aus Furcht vor eigener Inanspruchnahme wegen Lohnsteuer- und Sozialversicherungsbeitragsnachzahlungslasten des Vereins. 3 BGHZ 54, 222 = MDR 1970, 919 = NJW 1970, 2015 m.N.; RG 156, 271 (277); zum Durchgriff bei juristischen Personen s. auch Bauschke, BB 1975, 1322 und Hübner, JZ 1978, 703. 4 Offen gelassen in BGH v. 10.12.2007 – II ZR 239/05, BGHZ 175, 12 = MDR 2008, 396 = ZIP 2008, 364. 5 BGH v. 10.12.2007 – II ZR 239/05, BGHZ 175, 12 = MDR 2008, 396 = ZIP 2008, 364. Weitergehend für eine Anwendung der im Recht der Kapitalgesellschaften entwickelten Grundsätze der Existenzvernichtungshaftung in mehrgliedrigen Vereinsstrukturen Segna, ZIP 2020, 789 (798).
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XIII. Rz. 726 | Haftungsverfassung
durch einen Vereinsangestellten aufzuerlegen.1 Wirken umgekehrt der Dritte und der für den Verein Auftretende zu Lasten des Vereins zusammen, kann ausnahmsweise die wirksame Vertretung des Vereins zu verneinen sein (dazu Rz. 531 f.). Zur Haftungslage bei sog. Rechtsformverfehlung s. Rz. 229 u. 1396.
2. Die Schadenshaftung des Vereins für Handlungen seiner Organe a) Haftungszuweisung an den Verein 727
Der Verein ist Schuldner der durch sein Handeln verwirklichten Gebührentatbestände.2 Ihn trifft die Störerhaftung in einem Nachbarrechtsverhältnis.3 Er kann z.B. (auch ohne Störer zu sein) als Veranstalter von Großveranstaltungen für Gebühren herangezogen werden, die für die Bereithaltung verstärkter Polizeipräsenz erhoben werden.4 Der Verein ist ferner für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter (Rz. 732) durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt (§ 31 BGB).5 Durch § 31 BGB wird keine Haftung des Vereins begründet, es handelt sich vielmehr um eine haftungszuweisende Norm, die den vom Organmitglied erfüllten Haftungstatbestand voraussetzt.6 Die Haftungszurechnung bei dem Verein tritt ein, wenn sich der Repräsentant gegenüber dem geschädigten Dritten schadensersatzpflichtig gemacht hat.7 Man kann daraus ableiten, dass stets zunächst die Voraussetzungen einer persönlichen außervertraglichen Haftung des Vertreters erfüllt sein müssen. Nach der wohl überwiegenden Ansicht setzt die Zurechnung nach § 31 BGB aber gerade keine Eigenhaftung des Vertreters voraus.8 Aktuelle Bedeutung hat das für die Frage, ob der Verein dem eigenen Mitglied gegenüber auch dann haftet, wenn der Schädiger selbst nach § 31a Abs. 1 S. 2 BGB haftungsbefreit ist (Rz. 770).9
1 2 3 4 5 6 7 8
9
VG Bremen v. 22.3.2018 – 5 K 343/17, juris. BVerwG v. 29.3.2019 – 9 C 4/18, BVerwG v. 29.3.2019 – 9 C 4.18, NJW 2019, 3317. LG Hamburg v. 13.12.2017 – 321 S 65/16. BVerwG v. 29.3.2019 – 9 C 4/18, BVerwG v. 29.3.2019 – 9 C 4.18, NJW 2019, 3317. Zum zeitlichen Anwendungsbereich (Organe von früher in der DDR bestandenen Vereinen) s. Art. 231 § 4 EGBGB. BGH v. 13.1.1987 – VI ZR 303/85, juris Rz. 11 – BGHZ 99, 298 (303) = GmbHR 1987, 227 = MDR 1987, 486; Ellenberger in Palandt, § 31 Rz. 2. Schulze/Dörner, § 31 BGB Rz. 7. Vgl. etwa K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 14 V. 2 gegen Altmeppen, ZIP 1995, 888. Die Entscheidung BGH v. 24.6.2003 – VI ZR 434/01, MDR 2003, 1232 = NJW 2003, 2984 hält es für möglich, dass der Geschäftsherr nach § 31 BGB haftet, obwohl es (wegen § 106 SGB VII) an einer zur Ersatzpflicht führenden Handlung fehlt. Das Urteil hatte dabei aber auch auf Besonderheiten der Rechtsnatur der GbR einzugehen. Für eine Haftung des Vereins Leuschner, NZG 2014, 281 (283).
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2. Die Schadenshaftung des Vereins für Handlungen seiner Organe | Rz. 730 XIII.
Über die Vorschrift wird die unerlaubte Handlung der juristischen Person als Haftungsmasse zugerechnet.1 Gegenüber den eigenen Mitgliedern (vgl. auch Rz. 729, 742 f.) kann die mit der Mitgliedschaft begründete Sonderbeziehung zu berücksichtigen sein. Sie führt zwar nicht zu einem generellen Ausschluss deliktischer Haftung, ist aber z.B. bei Verletzung von Verkehrssicherungspflichten hinsichtlich der Risikoverteilung zwischen Verein und geschädigtem Mitglied beachtlich.2
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Als juristische Person nimmt der Verein am Rechtsverkehr durch seine Organe teil. Er muss daher für alle Handlungen seiner handelnden Organe einstehen.3 Der Verein haftet mit dem gesamten Vereinsvermögen unmittelbar dem geschädigten Dritten für den diesem entstandenen gesamten Schaden. Die Haftungszurechnung nach § 31 BGB kann durch die Satzung nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden (§ 40 BGB).4 Das gilt auch den eigenen Mitgliedern gegenüber und ist auch nicht durch andere vereinsrechtliche Regelungen, also eine Vereinsordnung o.Ä. möglich.5 Möglich und davon zu unterscheiden ist ein mit dem Dritten (auch dem eigenen Mitglied) vereinbarter vertraglicher Haftungsausschluss für fahrlässiges Handeln des Vereins und seiner Organe, nicht jedoch für vorsätzliche Verletzungen (vgl. dazu § 276 Abs. 3 BGB und für formularmäßige Haftungsbeschränkungen § 307, § 309 Nr. 7 BGB).6 Insbesondere sollte es möglich sein, dass der Verein die Nutzung von Vereinsanlagen von dem Anerkenntnis der Geltung einer Nutzungsordnung o.Ä. abhängig macht, welche (soweit formularmäßig möglich) die Haftungsbeschränkung einführen. Die Nutzungsordnung wirkt insofern auch dem eigenen Mitglied gegenüber nicht als Vereinsrecht (selbst wenn sie in dem Satzungstext enthalten ist), sondern als eigene schuldrechtliche Begleitvereinbarung zur Wahrnehmung des Mitgliedschaftsrechts (Rz. 403).7
729
Für unerlaubte Handlungen,8 die Organmitglieder vor Erlangung der Rechtsfähigkeit begangen haben, haftet der eingetragene Verein deliktsrechtlich nur dann, wenn sein Verhalten im Anschluss an diese Handlung ein neuerliches Delikt darstellt.9 Der Verein haftet entsprechend § 31 BGB, wenn er Organaufgaben unzutreffend lediglich einem Verrichtungsgehilfen (§ 831 BGB) übertragen hat und dieser schuldhaft Schä-
730
1 BGH v. 13.1.1987 – VI ZR 303/85, juris Rz. 14 – BGHZ 99, 298 (303) = GmbHR 1987, 227 = MDR 1987, 486; Hadding in Soergel, § 31 Rz. 1. 2 Schl.-Holst. OLG v. 5.1.2010 – 11 W 57/09, ZStV 2010, 61 mit Anm. Etzrodt: Streupflichten in einem Kleingartenverein. 3 Zu den unterschiedlichen dogmatischen Herleitungen des § 31 BGB (Vertreter vs. Organtheorie s. jurisPK/BGB/Otto, § 31 Rz. 2 ff. m.w.N. 4 Erman/Westermann, § 31 Rz. 1; Coing in FS Fischer, 1979, S. 65–78, 66; Küpperfahrenberg, S. 67 m.N. 5 Überzeugend und mit ausführlicher Analyse der Rechtsprechung Küpperfahrenberg, S. 68– 89. Anders insoweit Burhoff, Rz. 648; wohl auch Eisele, S. 109 ff., 137 ff., 166. 6 Hadding in Soergel, § 31 Rz. 1 (noch zum AGBG); instruktiv für die Haftung bei Sportunfällen Weber, JR 2005, 485–490. 7 Ausführlich zu formularmäßigen Haftungsbeschränkungen gegenüber Dritten und Mitgliedern (auch durch Aushang etc.) Küpperfahrenberg, S. 95 ff. 8 Zur strafrechtlichen Verantwortung von Organen und Vertretern Radtke, ZIP 2016, 1993. 9 BAG BB 1979, 1294.
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XIII. Rz. 730 | Haftungsverfassung
den verursacht. Die Entlastungsmöglichkeit nach § 831 BGB besteht in diesem Falle nicht. Nach § 30 Abs. 4 des Ordnungswidrigkeitengesetzes kann eine Verbandsgeldbuße auch dann ausgesprochen werden, wenn das Verfahren gegen den persönlich Verantwortlichen eingestellt ist.1 Soweit unmittelbar gegen juristische Personen Geldbußen2 ausgesprochen werden, ist für deren Bemessung von Bedeutung, ob der Verein ein effizientes Compliance-Management eingerichtet hatte, um den sanktionierten oder jedenfalls einen weiteren Rechtsverstoß zu vermeiden.3 731
Im Falle der Haftung aus Verletzung vertraglicher Pflichten (auch Verletzung von Nebenpflichten, insb. Schutzpflichten, und vorvertraglichen Pflichten aus Vertragsverhandlung) kommt neben § 31 BGB immer auch eine Zurechnung des Vertreterhandelns nach § 278 BGB in Betracht. Bei der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten (allgemeiner Organisationspflichten, auch Überwachungspflichten) durch den Verein wird eine unmittelbare Haftung des Vereins diskutiert, die nicht aus der Haftung eines Vertreters abgeleitet werden muss (vgl. auch Rz. 734, Rz. 740 f.).4 b) Haftungsvertreter
732
Die Zurechnung greift zunächst für die Mitglieder des Vorstands. Auch wenn Gesamtvertretung besteht (Rz. 396), können Delikte eines einzelnen Vertreters als solche des Vereins anzusehen sein.5 Das gilt auch bei rechtsgeschäftlicher Betätigung.6 Wenn ein Gesamtvertreter als alleinvertretungsberechtigtes Organ auftritt und die unerlaubte Handlung darin besteht, dass er die Verbindlichkeit einer von ihm allein abgegebenen Willenserklärung vortäuscht, ist daher § 31 BGB anzuwenden.7 Auch wenn ein Vorstandsmitglied die zur Vertretung des Vereins erforderliche zweite Unterschrift fälscht, ist das als unerlaubte Handlung dem Verein zuzurechnen.8
733
Verfassungsgemäß berufene Vertreter i.S.d. § 31 BGB sind nicht nur Personen, deren Tätigkeit in der Satzung unmittelbar vorgesehen ist. Sie brauchen nicht mit rechts-
1 Zu Voraussetzung und Verfahren Cordes/Reichling, NJW 2016, 3209. 2 Ausf. zu geplanten Erweiterungen (Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität bei wirtschaftlich tätigen Vereinen) Baur/Holle, Entwurf eines Verbandssanktionengesetzes – Eine erste Einordnung, ZRP 2019, 186; Grunert, Verbandssanktionengesetz und Compliance-Risikoanalyse, CCZ 2020, 71; Köllner, Entwurf eines Verbandssanktionengesetzes, NZI 2020, 60; Ott/Lüneborg: Das neue Verbandssanktionengesetz – Fragen und Auswirkungen für die Compliance-Praxis, NZG 2019, 1361; Weigend/Hoven: Der Kölner Entwurf eines Verbandssanktionengesetzes, ZRP 2018, 30. 3 BGH v. 9.5.2017 – 1 StR 265/16, ZIP 2017, 2205. 4 MünchKomm/BGB/Leuschner, § 31 Rz. 34. 5 RG 57, 93; 74, 250; 134, 375 (377) m.w.N.; BGH v. 8.7.1986 – VI ZR 47/85, BGHZ 98, 148 = MDR 1986, 1012 (für Genossenschaft); OLG München v. 29.1.1990 – 26 U 3603/89, NJWRR 1991, 672 (für Genossenschaft). 6 BGH v. 8.7.1986 – VI ZR 47/85, BGHZ 98, 148 = MDR 1986, 1012 (153 ff.) m.w.N. 7 OLG München v. 29.1.1990 – 26 U 3603/89, NJW-RR 1991, 672 (673). Dem Geschädigten, der die Vertretungsmacht nicht geprüft hat, kann ein Mitverschulden anzurechnen sein. 8 BGH v. 8.7.1986 – VI ZR 47/85, BGHZ 98, 148 = MDR 1986, 1012 (153) gegen RG 134, 375 (377) und in Abweichung von BGH BB 1967, 856 = Betrieb 1967, 1629.
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2. Die Schadenshaftung des Vereins für Handlungen seiner Organe | Rz. 735 XIII.
geschäftlicher Vertretungsmacht ausgestattet zu sein. Es muss sich auch nicht um einen Aufgabenbereich innerhalb der geschäftsführenden Verwaltung handeln. Es genügt vielmehr, dass dem Handelnden durch allgemeine Betriebsregelung und ständige Handhabung bedeutsame, wesensgleiche Funktionen eines Außenvertreters des Vereins zur selbständigen eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind, und dass er ihn auf diese Weise repräsentiert.1 Der Haftungsvertreter i.S.d. § 31 BGB ist damit nicht beschränkt auf den besonderen Vertreter nach § 30 BGB (Rz. 696). § 31 BGB erstreckt sich nach wohl hM.2 analog auf das Handeln anderer Organe wie etwa der Mitgliederversammlung, eines fakultativen Aufsichtsrates oder eines Disziplinarausschusses. In einer Schadenersatzklage gegen den Verein muss der Geschädigte die Organperson benennen, die für den Schaden verantwortlich sein soll. Das ist ausnahmsweise entbehrlich, wenn aufgrund der besonderen Umstände, d.h. aufgrund der Dauer und Auffälligkeit eines gefährdeten Zustands davon auszugehen ist, dass hier ein verfassungsgemäß berufener Vertreter die Gefährdung durch pflichtgemäßes Handeln hätte verhindern können (vgl. auch Rz. 731, Rz. 739 f.).3
734
c) Betätigung als Repräsentant Die Haftung des Vereins tritt ein, wenn ein Vereinsorgan „in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen“ die Schaden verursachende Handlung begangen hat. Das heißt, dass das Organ sich bei der Schaden verursachenden Handlung in seiner Eigenschaft für den Verein betätigt haben muss.4 Die Haftung des Vereins besteht auch für unerlaubte Handlungen, die das Vereinsorgan nicht im Rahmen seines Geschäftskreises vornimmt.5 Es muss aber ein innerer Zusammenhang zwischen der zur Haftung führenden Tätigkeit und dem allgemeinen Rahmen übertragenen Obliegenheiten erkennbar bleiben. Die Zurechnung scheidet aus, wenn der Vertreter nach dem Gesamtbild der Umstände nur „bei Gelegenheit“ der ihm zustehenden Verrichtungen gehandelt hat.6 Nicht entscheidend ist es, ob die vom Organ vorgenommene Handlung auch von einem Nichtorgan (z.B. Verrichtungsgehilfen nach § 831 BGB)7 hätte durchgeführt werden können.8
1 Schwennicke in Staudinger, § 31 Rz. 22; BGH v. 15.1.1985 – VI ZR 8/83, MDR 1985, 921 = NJW-RR 1986, 281 f.; BGH v. 5.3.1998 – III ZR 183/96, MDR 1998, 638 = LM BGB § 167 Nr. 39 (8/1998); OLG Karlsruhe v. 29.1.1998 – 6 W 98/97, GmbHR 1998, 1085, OLGR Karlsruhe 1998, 338. 2 Ellenberger in Palandt, § 31 Rz. 5; kritisch Schwennicke in Staudinger, § 31 Rz. 38 (nur Außenorgane). 3 Hadding in Soergel, § 31 Rz. 12. 4 BGH NJW 1952, 537. 5 RG 162, 129 (169). 6 RG 162, 129 (169); RG JW 1928, 2433; BGH v. 8.7.1986 – VI ZR 47/85, AG 1987, 16 = GmbHR 1986, 380 = MDR 1986, 1012 = NJW 1986, 2941 m.w.N. 7 Zur Unterscheidung der Zurechnungsnormen § 31 und § 831 BGB jurisPK/BGB/Otto, § 31 Rz. 21. 8 Ellenberger in Palandt, § 31 Rz. 10.
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XIII. Rz. 736 | Haftungsverfassung 736
Handelt ein Vorstand in seinen persönlichen geschäftlichen oder privaten Angelegenheiten, so trifft den Verein selbstverständlich keine Haftung. Eine Erkundigungspflicht für den geschädigten Dritten soll nur dann in Betracht kommen, wenn deutliche Anzeichen für ein Handeln im nur persönlichen Interesse oder „bei Gelegenheit“ der Tätigkeit für den Verein vorliegen. Im Zweifel ist von der Wirksamkeit des Vertretergeschäfts bzw. bestehendem Zusammenhang zum Aufgabenbereich im Verein auszugehen.1 d) Haftungsbegründung
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Zum Schadensersatz verpflichten insbesondere unerlaubte Handlungen (§§ 823 ff. BGB). Eine Schadensersatzpflicht begründet vornehmlich § 823 BGB(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
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Soweit die zum Schadensersatz verpflichtende Norm Verschulden voraussetzt, muss das betreffende Organmitglied schuldhaft gehandelt haben (vgl. die §§ 823–826; 992 BGB).2 Während für § 823 Abs. 1 BGB Fahrlässigkeit ausreichend ist, erfordert die Anwendung von § 826 BGB Vorsatz bezüglich des schädlichen Erfolges. § 826 BGB Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
739
§ 31 BGB findet keine direkte Anwendung in Fällen der Gefährdungshaftung aus dem Betrieb einer Gefahrenquelle (str.). Der Verein als Halter eines Kraftfahrzeuges oder Luftfahrzeuges haftet aber gem. § 7 StVG, § 33 LuftVG unmittelbar. Eine bestimmte Handlung oder Verschulden wird in solchen Fällen nicht vorausgesetzt (vgl. auch Rz. 731, Rz. 734).3 Sobald es allerdings auf ein („Ideal“-)Verhalten des Fahrers etc. ankommt, ist wieder auf den Haftungsvertreter abzustellen.
740
Schadenverursachende Handlung kann auch eine Unterlassung sein, z.B. die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht auf einem Vereinsgelände (die dem Verein obliegt4 und deren Erfüllung als Maßnahme der Vereinsgeschäftsführung nach § 27 1 2 3 4
Flume, BGB AT, Bd. 2, 4. Aufl. 1992, S. 374. Schwennicke in Staudinger, § 31 Rz. 48; Schulze/Dörner, § 31 BGB Rz. 7. Hadding in Soergel, § 31 Rz. 20. BGH v. 23.10.1990 – VI ZR 329/89, MDR 1991, 327 = NJW-RR 1991, 281 (Verkehrssicherungspflicht eines Flugsportvereins für Flugplatz zum Segelflugbetrieb); BGH v. 6.2.1991 – IV ZR 49/90, MDR 1991, 1145 = NJW-RR 1991, 668 (Verkehrssicherungspflicht eines Turnund Sportvereins für Sportplatz); OLG Köln v. 15.3.1989 – 13 U 252/88, VersR 1989, 815 (Verkehrssicherungspflicht bei Vereinsfest). Zahlreiche weitere Beispiele bei Burhoff, Rz. 643; Ehlers, NJW 2011, 2689.
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2. Die Schadenshaftung des Vereins für Handlungen seiner Organe | Rz. 742 XIII.
Abs. 3 BGB Sache des Vorstands ist1) oder die Verletzung einer Aufsichtspflicht. Zur Wissenzurechnung s Rz. 531.2 Ein zur Haftung des Vereins führender Organisationsmangel ist gegeben, wenn das zuständige Vereinsorgan es versäumt, den Betrieb ordnungsgemäß zu organisieren, bzw. wenn es seine allgemeine Aufsichtspflicht gegenüber unterstellten Personen verletzt.3 Eine gesteigerte Sorgfaltspflicht der Organisatoren und Vorstände besteht z.B. nach § 27 Abs. 5 StVO, wenn bei einem Radausflug des Vereins im Verband gefahren wird.4 Wenn Vereinsmitglieder andere aus Gefälligkeit zu den Vereinsveranstaltungen mitnehmen, begründet das aber noch keine Haftung des Vereins für die Folgen eines Verkehrsunfalls.5 Für urheberrechtliche Lizenzverletzungen (Wiedergabe in öffentlicher Veranstaltung) kann der Verein nach §§ 97 ff. UrhG in Anspruch genommen werden.6 Den Vereinsvorstand treffen Prüfpflichten, wenn die Gestaltung des Internetauftritts Dritten überlassen wird.7 Gemäß § 13 MindLohnG i.V.m. § 14 AEntG kann der Verein, wenn er selbst ausnahmsweise unternehmerisch tätig wird, für die Zahlung des Mindestlohns wie ein Bürge haften, wenn ein von ihm beauftragter Dienst- oder Werkvertragsnehmer den Mindestlohn nicht zahlt.8 e) Anspruchsberechtigte Der haftungsbegünstigte Dritte i.S.d. § 31 BGB ist im Regelfall eine außerhalb des Vereins stehende natürliche oder juristische Person oder sonstige Gemeinschaft. Anspruchsberechtigt aus Organhaftung nach § 31 BGB kann aber auch ein geschädigtes Mitglied des Vereins9 und ein Mitglied des (mehrgliedrigen) Vorstands sein, wenn es im Vorstand nicht selbst für das Schaden verursachende Ereignis verantwortlich war.10
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Auch das Mitgliedschaftsrecht (Rz. 378 f.) wird als sonstiges Recht nach § 823 Abs. 1 BGB angesehen. Es ist z.B. verletzt bei einer den geltenden vereinsrechtlichen Bestimmungen widersprechenden Behandlung, so durch die ungerechtfertigte Verweigerung der Teilnahme an den Vereinswettbewerben,11 durch einen rechtswidrigen Vereins-
742
1 BayObLG NJW-RR 1991, 668. 2 Zur Wissenszurechnung im Verband nach § 166 BGB und alternativen Ansichten Altmeppen, NJW 2020, 2833–2839; Armbrüster/Kosich, ZIP 2020,1494–1505; Seidel, ZIP 2020, 1506–1514. 3 Ausf. Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 3497; jurisPK/BGB/Otto, § 31 Rz. 40–33. 4 Dazu OLG Hamm v. 6.2.2014 – 6 U 80/13, MDR 2014, 776. Zu Recht überspannt das OLG die Anforderungen dabei aber nicht (Eigenverantwortlichkeit von „Nachzüglern“). 5 BGH v. 23.7.2015 – III ZR 346/14, MDR 2015, 1001 = NJW 2015, 2880. 6 Ausf. Ganzhorn, ZStV 2014, 53. 7 LG München I v. 10.12.2014 – 21 S 2269/14. 8 Richtigerweise meint § 13 MindLohnG allerdings nur den typischen Generalunternehmer, dazu Gola/Jaspers, RDV 2015, 113. Die Frage ist jedoch nicht geklärt. 9 BGH v. 23.10.1990 – VI ZR 329/89, MDR 1991, 327 = NJW-RR 1991, 281 (282 re. Sp.) m.w.N. 10 BGH MDR 1978, 907 = NJW 1978, 2390 = VersR 1978, 669. 11 BGH v. 12.3.1990 – II ZR 179/89, BGHZ 110, 323 (335) = MDR 1990, 901.
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XIII. Rz. 742 | Haftungsverfassung
ausschluss1 oder durch einen Beratungsfehler der Vereinsorgane.2 Die Verletzung des Mitgliedschaftsrechts durch Organe des Vereins kann Schadensersatzansprüche nach deliktischen Grundsätzen auslösen, für die nach § 31 BGB der Verein haftet.3 Für den Schadensersatzanspruch bei Verletzung von Mitgliedschaftsrechten durch den Vorstand werden auch die Grundsätze der positiven Vertragsverletzung (§ 280 BGB) rechtsähnlich zugrunde gelegt.4 Eine Form des Schadenersatzes besteht darin, dass der Verein die Unwirksamkeit des Ausschlusses in wenigstens gleicher Form und Breite (vereins-)öffentlich zu machen hat wie zuvor den Ausschluss und dessen Begründung.5 743
Beruht die Schädigung auf einer Pflichtverletzung eines i.S.d. § 31a BGB ehrenamtlichen Organmitglieds (dazu Rz. 761), ist zu Lasten eines anderen Vereinsmitglieds der Haftungsmaßstab auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit abgesenkt. Das muss nicht zwingend dazu führen, dass keine Haftungszurechnung nach § 31 BGB zu Lasten des Vereins erfolgt (vgl. Rz. 727).6 Der Unterschied zu der bisher hier vertretenen anderen Auffassung relativiert sich, wenn man bedenkt, dass einerseits dem eigenen Mitglied gegenüber ohnehin eine Sonderbeziehung mit eigenem Haftungsmaßstab bestehen kann (Nachw. Rz. 727) und dass andererseits – was häufig der Fall sein wird – der Verein bei der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten o.Ä. dem Mitglied unmittelbar aus weiterem Grund haftet (Rz. 731). f) Gesetzliche Unfallversicherung
744
Soweit die zu einem Unfall führende Tätigkeit in der gesetzlichen Unfallversicherung (auszugsweiser Abdruck des SGB VII im Anhang) versichert ist, kommen dem Verein die Haftungsprivilegien nach den §§ 104–110 SGB VII zugute.7 In Betracht kommen insbesondere Verletzungen durch einen anderen Versicherten, der auf demselben Platz
1 LG Arnsberg v. 27.3.2013 – 3 S 6/13, juris; Ellenberger in Palandt, § 31 Rz. 12. 2 OLG Celle v. 3.7.1996 – 20 U 70/95, OLGR Celle 1996, 229–231. 3 BGH v. 12.3.1990 – II ZR 179/89, MDR 1990, 901 = NJW 1990, 2877; OLG Celle v. 3.7.1996 – 20 U 70/95, OLGR Celle 1996, 229 (Haftung des Vereins, der nach seinem Zweck die Vermögensverwaltung seiner Mitglieder betreibt, für Beratungsfehler seiner Organe). 4 BGH v. 6.2.1984 – II ZR 119/83, BGHZ 90, 92 = MDR 1984, 735 (95) – Anwaltskosten bei unzulässigem Vereinsausschluss durch ein unzuständiges Organ; BGH v. 12.3.1990 – II ZR 179/89, BGHZ 110, 323 = MDR 1990, 901 (327) Nichtzulassung einer Regattajacht, Schärenkreuzer-Fall. 5 Vgl. LG Bonn v. 8.1.2013 – 18 O 63/12, juris. 6 Anders hier in 10. Aufl. Wie oben Leuschner, NZG 2014, 281 (283) m.N. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass die Ansprüche des geschädigten Mitglieds gegen den Verein in den Fällen des § 31a BGB erhalten bleiben (BT-Drucks. 17/5713, 7). 7 Hadding in Soergel, § 31 Rz. 1. Ausführliche Darstellung des gesetzlichen Unfallversicherungsschutzes im Zusammenhang mit der Vereinstätigkeit bei Reichert/Wagner, Kap. 2/ Rz. 3604 ff. Zu den einschlägigen Tatbeständen außerhalb eines klassischen Arbeitsunfalls vgl. auch Matz/Baumann NJW 2016, 673–679.
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2. Die Schadenshaftung des Vereins für Handlungen seiner Organe | Rz. 745 XIII.
aus demselben Anlass (gemeinsamer Einsatz mehrerer Rettungsverbände, vereinsübergreifender Wettkampf etc.) tätig ist (§ 106 Abs. 3 SGB VII).1 In einem Anstellungsverhältnis Beschäftige des Vereins sind als solche unfallversichert (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII). Gesetzlich unfallversichert sind außerdem bestimmte ehrenamtliche Tätigkeiten wie z.B. in Berufsverbänden der Landwirtschaft (§ 2 Abs. 1 Nr. 5e SGB VII) im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege (§ 2 Abs. 1 Nr. 9 SGB VII) oder für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts im Rahmen von deren Aufgabenerfüllung (§ 2 Abs. 1 Nr. 10a SGB VII)2, ebenso für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften. Die Satzungen der Unfallversicherungsträger können (dann obligatorisch) den Versicherungsschutz auf weitere ehrenamtlich tätige Personen ausdehnen (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 SGB VII).3 Soweit in solchen Bestimmungen eine Gemeinwohlorientierung gefordert wird, kommt es nicht auf die steuerrechtliche Einordnung, sondern auf die Handlungstendenz des Geschädigten an.4 Ehrenamtlich in diesem Sinn ist die Tätigkeit, wenn sie unentgeltlich ausgeübt wird,5 was eine Aufwandsentschädigung nicht ausschließt (vgl. Rz. 766, Rz. 1870).6 Ehrenamtlich Tätige in gemeinnützigen Organisationen7 können sich selbst freiwillig versichern (§ 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB VII).8 Der Verein kann die Versicherung auch ohne namentliche Bezeichnung der Versicherten für diese vornehmen (§ 6 Abs. 1 S. 2 SGB VII). Wichtig ist dabei, dass ein rückwirkender Eintritt nicht möglich ist und dass eine Neuanmeldung erst mit Zahlung des ersten Beitrags oder Beitragsvorschusses wirksam wird (§ 6 Abs. 2 SGB VII). Ansonsten kommt es bei Personenschäden eines Mitglieds, darauf an, ob dieses bei einer Tätigkeit wie ein Angestellter (§ 2 Abs. 2 SGB VII)9 verletzt wurde. Das wird verneint für alle Tätigkeiten im Vereinsinteresse, die der Verein gewöhnlich von seinen Mitgliedern erwartet und die das Mitglied auch
1 Die Entscheidung BGH v. 24.6.2003 – VI ZR 434/01, MDR 2003, 1232 = NJW 2003, 2984 hält allerdings für möglich, dass der Geschäftsherr nach § 31 BGB haftet, obwohl es (wegen § 106 SGB VII) an einer zur Ersatzpflicht führenden Handlung fehlt. 2 § 2 Abs. 1 Nr. 10a, 10b SGB VII i.d.F. v. 14.12.2004, BGBl. I 2004, 3299. Vgl. dazu Merten/ Ziegler, SGB 2005, 427 ff. 3 Das LSG Sachsen-Anhalt v. 24.9.2020 – S 23 U 67/18, juris, wirft allerdings (nicht entscheidungserheblich) die Frage auf, ob sozialversicherungsrechtlich bei bloßer Mitgliedschaft überhaupt von einem „Amt“ i.S.d. Voraussetzung der Ehrenamtlichkeit auszugehen sein kann. 4 Nach LSG Sachsen-Anhalt v. 24.9.2020 – S 23 U 67/18, juris (Revision zugelassen) steht bei einem Vereinschorsingen in der Regel die eigenwirtschaftliche Handlungstendenz im Vordergrund, auch wenn der Verein steuerlich als gemeinnützig anerkannt sein mag. Anders wohl Marburger, Zeitschrift für betriebliche Prävention und Unfallversicherung 2012, 244. 5 BSG v. 27.6.1991 – 2 RU 26/90, MDR 1992, 496 = NZA 1992, 239; BSG v. 7.9.2004 – B 2 U 45/03 R, juris. 6 JurisPK-SGB VII/Bieresborn, § 2 SGB VII Rz. 134. 7 Zu Parteien und Tarifverbänden s. § 6 Abs. 1 Nr. 5 bzw. Nr. 4 SGB VII. 8 Weiterführend Balke, ZStV 2013, 168, 171. 9 Zu den „wie“ ein Arbeitnehmer versicherten Ehrenamtlern Balke, ZStV 2013, 168, 170; Molkentin, BG 2006, 17.
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XIII. Rz. 745 | Haftungsverfassung
entsprechend dieser Erwartung verrichtet (vgl. Rz. 717).1 Dabei können gegenüber ehrenamtlichen Funktionären quantitativ wie qualitativ gesteigerte Erwartungen angelegt werden.2 Die Länder unterhalten Sammelunfallversicherungen zum Schutz für Bürger, die in öffentlichen oder karitativen Einrichtungen oder von diesen beauftragten Organisationen (Vereinen) ehrenamtlich tätig sind. Wenn die öffentliche (kirchliche) Einrichtung lediglich den Raum für eine Vereinstätigkeit bereitstellt, handelt es sich noch um keine Beauftragung in diesem Sinn.3
3. Die Haftung der Handelnden a) Persönliche Haftung 746
Für Verbindlichkeiten aus Rechtsgeschäften des Vereins einschließlich etwaiger Ersatzansprüche für Vertragsverletzungen durch den Verein haftet allein dieser. Der Repräsentant des Vereins haftet aber nach allgemeinem Zivilrecht persönlich neben dem Verein für deliktische Schäden, die auf seine schuldhafte (vorsätzliche oder fahrlässige) Pflichtverletzung zurückzuführen sind. Sind Dritte geschädigt, befreit eine etwaige Mithaftung des Vereins nicht von dieser persönlichen Verantwortlichkeit. Wenn die schadenverursachende Handlung den Handelnden als natürliche Person haftbar macht4 (vgl. insbesondere §§ 823 ff. BGB), besteht die persönliche Haftung neben einer etwaigen Organhaftung des Vereins.5 Auch in den Fällen von Organisationsverschulden wird eine persönliche Haftung bejaht, wobei die Garantenstellung aus der vereinsinternen Aufgabenübertragung geschlossen wird (str.).6 Es genügt, wenn das Organmitglied schuldhaft organisatorische Maßnahmen zur Schadensabwehr nicht getroffen hat, für die es zuständig war.7 Insbesondere im Bereich des Sports, aber bei Großveranstaltungen u.Ä. können DIN-Normen einschlägig sein.8 Der Vorstand kann sich nicht allgemein damit entlasten, dass er mit dem Amt überfordert gewesen sei.9 Wenn er erkennt, dass eine Insolvenzlage bestehen könnte, dies aber fachlich un1 Verneint wurde die Versicherung „wie“ ein Arbeitnehmer für Schießleiter (LSG BerlinBrandenburg v. 27.8.2015 – L 2 U 147/13, juris); Vereinsdirigenten (LSG NRW v. 9.11.2017 – L 15 U 131/16, juris); Ordnertätigkeit bei einem Festumzug (LSG Hamburg v. 27.6.2018 – L 2 U 28/17, juris); Arbeitseinsatz, auch wenn besondere Fachkunde gefragt ist (LSG Niedersachsen-Bremen v. 28.8.2019 – L 6 U 78/18, juris); Chorsänger (LSG Sachsen-Anhalt v. 24.9.2020 – S 23 U 67/18, juris). 2 BSG v. 10.10.2002 – B 2 U 14/02 R, juris; LSG Hessen v. 30.4.2013 – L 3 U 231/10, npoR 2014, 128. 3 LSG Sachsen-Anhalt v. 24.9.2020 – S 23 U 67/18, juris. 4 Zum möglichen Ausschluss der persönlichen Haftung (neben der Haftung des Vereins) bei Verletzung eines Mitgliedsrechts s. BGH v. 12.3.1990 – II ZR 179/89, BGHZ 110, 323 = MDR 1990, 901 (334, 335). 5 RG JW 1924, 1155. 6 Vgl. Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 292a; Lutter, ZHR 157, 464 ff. (476); Grunewald, ZHR 157, 451 ff. (456); Altmeppen, ZIP 1995, 881 (882); Bisson, GmbHR 2005, 1453 ff. 7 BGH v. 5.12.1989 – VI ZR 335/88, BGHZ 109, 297 = MDR 1990, 425 ff. 8 Röcken, MDR 2016, 1067 (1070). 9 Ehlers, NJW 2011, 2689 (2690) m.N.
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3. Die Haftung der Handelnden | Rz. 747 XIII.
zureichend einschätzen kann, muss er sich zeitnah Rat suchen.1 Das Maß der verlangten Sorgfalt bestimmt sich maßgeblich nach den jeweiligen Besonderheiten der Vorstandsaufgabe, diese wiederum u.a. nach Art und Größe des Vereins, dem Vereinszweck und etwaiger wirtschaftlicher Nebentätigkeit des Vereins.2 Man wird auch § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG mit heranziehen können (sog. Business Judgement Rule – BJR):3 „Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer [unternehmerischen]4 Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohl der Gesellschaft zu handeln.“ Die Verletzung von Pflichten eines Lohnsteuerhilfevereins führt nicht zur deliktischen Haftung des handelnden Vorstands (§ 26 StBerG ist kein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB):5 Die Inanspruchnahme eines ausreichend befähigten unabhängigen Beraters kann den Handelnden (Vorstand u.a.) entlasten (unverschuldeter Rechtsirrtum), wenn er dem Berater Zugang zu allen relevanten Informationen gewährt und das Ergebnis auf Plausibilität geprüft hat.6 Dabei ist es bei fehlender Fachkunde des Organmitglieds nicht erforderlich, dass dem Berater genau die Rechtsfrage gestellt wurde, in der sich der Handelnde letztlich rechtswidrig verhalten hat. Es genügt, wenn er dem Berater die beabsichtigte Handlungsweise aus seiner Sicht umfassend vorgestellt und etwaige Nachfragen beantwortet hat.7 Jedenfalls beim kleineren Verein oder einer im Wesentlichen ehrenamtlich organisierten Vereinstätigkeit dürfen auch hinsichtlich der Entscheidung, wann ein externer Berater zuzuziehen ist und wie dessen Ergebnisse nachvollzogen werden, keine zu hohen Anforderungen gestellt werden.8 Dem Aufsichtsratsmitglied einer Aktiengesellschaft, das über beruflich erworbene Spezialkenntnisse verfügt, legt der BGH einen erhöhten Sorgfaltsmaßstab auf, soweit sein Spezialgebiet betroffen ist.9 Das wird man nicht unbesehen auf jeden Verein übertragen können: Selbst wenn eine Vergütung oberhalb der Grenze des § 31a BGB geleistet wird, fehlen im typischen kleineren Verein – als unverhältnismäßig, und daher zu Recht – eine den Aktiengesellschaften vergleichbare interne Kontrollstruktur und ein entsprechender Mitarbeiterapparat, auf die der Spezialist aufbauen kann. Wenn er sein Know-how für die Vereinsarbeit zur Verfügung stellt und vielleicht gerade des1 Zum GmbH-Geschäftsführer BGH v. 27.3.2012 – II ZR 171/10, NotBZ 2012, 379 = MDR 2012, 786. 2 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 278. 3 Heermann, NJW 2016, 1687, 1689; Burgard/Heimann, ZStV 2019, 161 (164). De lege lata auch der Entwurf eines neuen § 31a Abs. 1 BGB im „Professorenentwurf zur Stiftungsrechtsreform“, Beilage ZIP 10/2020. 4 § 31a Abs. 1 i.d.F. des „Professorenentwurfs zur Stiftungsrechtsreform“, Beilage ZIP 10/ 2020 ersetzt an dieser Stelle auf die Verhältnisse von Verien und Stiftung gemünzt zu Recht „unternehmerisch“ durch „Entscheidung unter Unsicherheit“. 5 LG Leipzig v. 4.5.2016 – 03 O 1289/13, juris. 6 Zum Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft BGH v. 20.9.2011 – II ZR 234/09, NotBZ 2012, 32 = MDR 2012, 171; BGH v. 28.4.2015 – II ZR 63/14, MDR 2015, 780. 7 Vgl. BGH v. 28.4.2015 – II ZR 63/14, MDR 2015, 780. 8 Ausf. zur Übertragbarkeit der zur AG ergangenen Entscheidungen auf den Verein Graewe/ v.Harder npoR 2016, 148. 9 Zum Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft BGH v. 20.9.2011 – II ZR 234/09, NotBZ 2012, 32 = MDR 2012, 171.
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XIII. Rz. 747 | Haftungsverfassung
halb in den Vorstand gewählt wird,1 können bei tendentiell weniger professionellem Umfeld trotzdem keine professionellen Haftungsanforderungen gelten. Bei einer im Verhältnis eher untergeordneten Kapitalanlageentscheidung kann es den Vorstand entlasten, wenn er sich wegen der Risiken und Ertragschancen auf das Prüfungsergebnis eines namhaften sachkundigen Mitanlegers verlassen hat.2 748
Für den Fall, dass sich Mitglieder bei der Ausübung von Mitgliedschaftsrechten untereinander verletzen, kann der Verein einen Haftungsausschluss für die Fälle leichter und einfacher Fahrlässigkeit vorsehen.3 Relevant ist das insbesondere bei der gemeinsamen Teilnahme an Wettkampfveranstaltungen.4 Zur Haftungserleichterung des ehrenamtlich Tätigen auch im Verhältnis zu anderen Mitgliedern Rz. 770. Der Umstand, dass ein Übungsleiter ehrenamtlich eine dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit entfaltet, ist auch in strafrechtlicher Hinsicht bei der Bestimmung seiner Sorgfaltspflichten beachtlich. In Betracht genommen werden dazu auch die Verhaltensregeln des betroffenen Verbands, der geistig-sittliche Reifegrad der Übungs- oder Wettkampfteilnehmer ebenso wie die zeitlichen und örtlichen Gegebenheiten einer Vereinsveranstaltung.5 Zur Haftung im Zusammenhang mit der Insolvenzantragspflicht (§ 42 BGB) s. Rz. 1237.
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Schuldrechtliche Haftungsansprüche (§ 280 Abs. 1 BGB) des Vereins gegen den für den Verein Handelnden können aus der Verletzung oder dem Missbrauch von Organpflichten (§§ 27 Abs. 3, 664 ff. BGB) oder eines Anstellungsvertrags herrühren. Daneben kann eine deliktische Haftung treten (§ 823 Abs. 1; auch z.B. Veruntreuung §§ 823 Abs. 2, 266 StGB). Wer unbefugt den Schein erweckt, gesetzlicher Vertreter des Vereins zu sein, kann dadurch das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Vereins verletzten und dadurch einen Ersatzanspruch auslösen.6 Zur Haftung von Nichtmitgliedern gegenüber dem Verein Rz. 1169. b) Gesamtschuldnerausgleich
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Bei einer auch dem Verein zuzurechnenden unerlaubten Handlung (§ 31 BGB) haften der Verein und der Handelnde persönlich nach § 840 Abs. 1 BGB als Gesamtschuldner (§§ 421 ff. BGB). Der geschädigte Dritte kann die ihm gebührende einmalige Schadensersatzforderung daher nach seinem Belieben von dem Verein oder von dem handelnden Vorstandsmitglied oder sonstigen Vertreter fordern (§ 421 BGB).
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Bei Haftung aus unerlaubtem Handeln ist im Binnenverhältnis der Schädiger dem Verein im Zweifel erstattungspflichtig (§ 840 Abs. 2 BGB). Wenn er eine Garanten-
1 Vgl. BGH v. 20.9.2011 – II ZR 234/09, NotBZ 2012, 32 = MDR 2012, 171. 2 LG Bremen v. 12.7.2019 – 4 O 2083/16, Rz. 85–87 bei juris. 3 OLG Braunschweig v. 7.2.1990 – 3 U 145/89, NJW-RR 1990, 987; Ellenberger in Palandt, § 31 Rz. 12 m.w.N. 4 Hierzu Behrens/Rühle, NJW 2007, 2079; Pfister, SpuRt 2002, 45. 5 OLG Hamburg v. 28.4.2015 -1 Rev 13/15, juris. 6 Bdb. OLG v. 27.3.2009 – 6 W 35/07, RNotZ 2007, 343.
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3. Die Haftung der Handelnden | Rz. 753 XIII.
stellung innehatte, haftet der Haftungsvertreter dem Verein gegenüber auch für deliktisches Unterlassen, wenn er eine Garantenstellung innehatte. Etwas anderes gilt, wenn der Verein den Handelnden von der Haftung freizustellen hat. Ein Vereinsmitglied, das sich bei Durchführung einer ihm übertragenen Aufgabe des Vereins einem fremden Dritten (und z.T. auch einem anderen Vereinsmitglied) gegenüber schadensersatzpflichtig gemacht hat, kann gegen den Verein einen Ersatzoder Freistellungsanspruch nach § 31a Abs. 2, § 31b Abs. 2 (Rz. 772) oder in entsprechender Anwendung1 von § 670 (§ 27 Abs. 3) BGB haben. Das gilt nicht, wenn das Mitglied den Schadensfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat.2 Umgekehrt kann sich aus dem Anstellungsverhältnis oder aus § 27 Abs. 3 BGB aber auch ein Ersatzanspruch des Vereins an den Handelnden ergeben. Bei ehrenamtlicher Tätigkeit gelten Haftungserleichterungen (dazu sogleich). Die Frage der Haftungsverteilung zwischen Verein und persönlich Handelndem kann durch die Satzung oder individuelle Vereinbarung im Anstellungsvertrag des Organmitglieds geregelt sein3, auch konkludent durch Abschluss einer – grundsätzlich empfehlenswerten – Haftpflicht4bzw. D&O-Versicherung5 zugunsten des Vorstands (zur Abschlusszuständigkeit Rz. 591).6 Ansonsten muss der handelnde Repräsentant den Schaden so weit tragen, wie er bei unmittelbarer Schädigung des Vereins von diesem hätte in Anspruch genommen werden können.7 Der Verein muss mit seinem Ausgleichsverlangen pflichtwidriges und zu vertretendes Handeln der Organperson sowie die Schadenshöhe beweisen.8 Für den Ausgleich mehrerer verantwortlicher Vorstandsmitglieder untereinander („Binnenregress“) gilt § 426 Abs. 1 BGB.9
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Im Übrigen greift der Gedanke der Risikozurechnung an den, der in Verfolgung eigener Ziele einen anderen mit einer schadensgeneigten Aufgabe betraut.10 Gleiches muss für eine Schadensersatzpflicht gegenüber Dritten gelten.11 Setzt der Verein sei-
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1 Das gilt entsprechend auch bei ehrenamtlicher Tätigkeit für einen öffentlich-rechtlichen Zweckverband, so OVG Bautzen v. 15.2.2006 – 4 B 952/04. 2 BGH v. 5.12.1983 – II ZR 252/82, BGHZ 89, 153 = MDR 1984, 469 (160). 3 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 3474, Regelung auch durch ständige Übung möglich. Allerdings können im Bereich der ehrenamtlichen Tätigkeit § 31a Abs. 2 und § 31b Abs. 2 BGB nicht ausgeschlossen werden. 4 Zur besonderen Ausprägug einer Vermögenschadenhaftpflichtversicherung mit Deckung auch eigener Schäden des Vereins Dreher/Fritz, npoR 2020, 171 (179). 5 Ausf. hierzu Beck, VersR 2017, 855. 6 LG Bonn v. 10.4.1995 – 10 O 390/94, NJW-RR 1995, 1435. 7 Grunewald, ZHR 157, 451 ff. (462). 8 Hadding in Soergel, § 31 Rz. 28. 9 Zu Verjährungsfragen s. Fischer, ZIP 2014, 406. 10 Dazu BGH v. 5.12.1983 – II ZR 252/82, JZ 1984, 619 mit Anm. Löwisch und Arnold = MDR 1984, 469 = NJW 1984, 789 = VersR 1984, 281 für Ersatzanspruch des als Jugendführer für einen Pfadfinderverein ehrenamtlich tätigen Vereinsmitglieds bei Verletzung der Aufsichtspflicht während einer satzungsgemäßen Veranstaltung mit Jugendlichen; OLG Stuttgart v. 3.12.2002 – 12 U 124/01, OLGR Stuttgart 2003, 469. Zur Entwicklung der Rechtsprechung Pusch, npoR 2019, 199, 200). 11 Streitig, wie hier bereits 9. Aufl. Ebenso jurisPK/BGB/Otto, § 31 Rz. 52 m.N. der Gegenauffassungen.
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XIII. Rz. 753 | Haftungsverfassung
ne Mitglieder zur Durchführung schadensträchtiger Aufgaben ein, wäre es unangemessen, wenn er sich an der daraus erwachsenden Haftung nicht beteiligen würde. Das galt vorrangig in den jetzt von § 31a, § 31b BGB erfassten Fällen unentgeltlicher oder gering vergüteter Tätigkeit für den Verein. Die neuen Vorschriften (Rz. 756 ff.) verbieten es aber nicht, die allgemeinen Grundsätze auch sonst anzuwenden.1 Bei der außerhalb der 31a Abs. 2, § 31b Abs. 2 BGB verbleibenden Schadensteilung ist je nach Lage des Einzelfalls der Verschuldensanteil des Handelnden zu berücksichtigen, nicht aber seine Vermögenslage, eine freiwillig abgeschlossene Versicherung oder etwa der Umstand, dass seine Erben aufgrund einer Beschränkung der Haftung auf den Nachlass den Geschädigten gegenüber nicht weiter haften. Die Rechtsprechung2 gewährte diesen Freistellungsanspruch einem ehrenamtlich Tätigen auch dann, wenn der Verein für das Mitglied freiwillig eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hatte, der Schadensersatzanspruch aber die Versicherungssumme übersteigt.3 Allerdings betreffen die entschiedenen Fälle Tätigkeiten, die zu Gesundheits- oder Sachschäden führen können (Bergführer; Handwerkerarbeiten). Die Betreuung des Vereinsvermögens und zweckentsprechende Verwendung seiner Finanzmittel werden hingegen auch in neuer Rechtsprechung als „normale“ Vorstandspflicht angesehen, bei der keine Haftungserleichterung aus gefahrgeneigter Tätigkeit in Frage komme.4 754
Das in Anspruch genommene Organmitglied kann sich nicht auf eine Mitverantwortung (§ 254 BGB) eines anderen Organs5 oder auf ein Mitverschulden eines anderen Mitglieds des Kollegiums berufen. Es erhält aber einen Binnenausgleich durch § 426 Abs. 2 BGB: Soweit der Verein befriedigt wurde, geht der Anspruch gegen die Mithaftenden auf den Zahlenden über. Dennoch sollte der Verein von vornherein den Ressortverantwortlichen oder Vorsitzenden eher als weitere Vorstandsmitglieder, bezahlte Aufgabenträger eher als Ehrenamtliche in Regress nehmen.6
755
Wenn das pflichtwidrige Verhalten durch wirksame Weisung der Mitgliederversammlung oder eines sonstigen weisungsberechtigten Organs ausgelöst worden ist (Rz. 560 f.), ist das für die Feststellung eines Verschuldens beachtlich7, bis hin zu vollständiger Haftungsbefreiung des Handelnden im Innenverhältnis. Das gilt jedoch nicht für den Fall, dass das Organmitglied die maßgebliche Beschlussfassung der
1 Der Bundesratsentwurf (BT-Drucks. 16/10120, 10) versteht § 31a BGB – mit Nachweis des Meinungsstandes – als Klarstellung dahin, dass für die Haftung ehrenamtlicher Vereinsvorstände die Grundsätze über den innerbetrieblichen Schadensausgleich heranzuziehen sind. 2 BGH v. 13.12.2004 – II ZR 17/03, MDR 2005, 629 = NJW 2005, 981 f.; OLG Stuttgart v. 3.12.2002 – 12 U 124/01, OLGR Stuttgart 2003, 469 ff.; LG Bonn v. 10.4.1995 – 10 O 390/ 94, NJW-RR 1995, 1435. 3 Umgekehrt gilt das nicht, d.h. ein Freistellungsanspruch ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass das Mitglied selbst eine Haftpflichtversicherung unterhält, Schl.-Holst. OLG v. 24.9.2009 – 11 U 156/08, NJW-RR 2010, 957. 4 OLG Düsseldorf v. 26.3.2010 – 22 U 173/09, juris. 5 BGH v. 20.11.2014 – III ZR 509/13, MDR 2015, 87 = ZIP 2015, 166 = DStR 2015, 237; dazu Segna, ZIP 2015, 1561. 6 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 3662. 7 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 3654 ff.; 3475.
388 | Stöber/Otto
4. Erleichterungen bei ehrenamtlicher Tätigkeit | Rz. 758 XIII.
Mitgliederversammlung selbst erst durch unrichtige Berichterstattung über die Entscheidungsgrundlagen herbeigeführt hat.
4. Erleichterungen bei ehrenamtlicher Tätigkeit a) § 31a und § 31b BGB Durch die seit 3.10.2009 neu eingeführte Bestimmung § 31a BGB sollte die persönliche Haftung im Ehrenamt begrenzt und damit ein Anreiz zur Übernahme derartiger Aufgaben gegeben werden.1 „Wer sich ehrenamtlich im Verein engagiert, darf nicht dem vollen Haftungsrisiko ausgesetzt sein.“2 Dieser Gedanke wird rückwirkend seit 1.1.2013 mit einer Änderung des § 31a und in der neuen Vorschrift § 31b BGB fortgeführt.3 Begünstigt sind Organmitglieder und besondere Vertreter (§ 30a) sowie alle anderen Vereinsmitglieder (§ 31b) in ihrer unentgeltlichen oder mit nicht mehr als 720 € jährlich vergüteten Tätigkeit für den Verein. Für sie gilt bei Schäden, die sie in Wahrnehmung ihrer Funktion dem Verein oder anderen Mitglieder (Fälle des § 31a) oder in Wahrnehmung von Vereinsaufgaben dem Verein (Fall des § 31b) zufügen, eine Haftungsbegrenzung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit.
756
Anderen Geschädigten als dem Verein und anderen Mitgliedern (§ 31a) gegenüber bzw. im Fall des § 31b auch einem anderen Mitglied gegenüber bleibt die Haftung des Handelnden nach außen bestehen. Der Handelnde kann aber einen Freistellungsanspruch haben (jeweils Abs. 2). Das Privileg gilt bei Verein und Stiftung (§ 86 BGB)4, auf einen besonderen gemeinnützigen Zweck o.Ä. (vgl. § 3 Nr. 26a EStG) kommt es nicht an.5
757
Bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit greift keine Haftungserleichterung.6 Die Bestimmungen wirken insoweit stärker als der Rückgriff auf die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung (Rz. 752). Denn diese stellen den Schädiger unterhalb der Schwelle der groben Fahrlässigkeit nicht immer vollständig frei. Sie differenzieren zwischen
758
1 Gesamtdarstellungen Gruber, jurisPR-HaGesR 10/2009, Anm. 1; Orth, SpuRt 2010, 2 ff.; Roth, npoR 2010, 1 ff.; Sobotta/v. Cube, DB 2009, 2082; Terner, DNotZ 2010, 5 ff.; Unger, NJW 2009, 3269 ff.; Wörle-Himmel, DStR 2010, 759 ff. Für eine möglichst restriktive Auslegung der von ihm abgelehnten Norm Burghard, ZIP 2010, 358 ff.; ähnlich Reuter, NZG 2010, 1368 (1369): Systemwidrigkeit der Norm bedinge restriktive Auslegung. 2 Bundesministerium der Justiz, Pressemitteilung v. 12.2.2009. Vgl. auch die zusammenfassende Stellungnahme in der Beschlussempfehlung BT-Drucks. 16/13537. 3 Ehrenamtsstärkungsgesetz v. 21.3.2013 (BGBl. I, 556). 4 Eine entsprechende Anwendung auf die Organe anderer Organismen kommt nicht in Betracht (so bedauernd für den Verwaltungsbeirat einer WEG Hogenschurz, AnwZert MietR 7/2014, Nr. 1). 5 Reuter, NZG 2009, 1368 (1370). Kritisch de lege ferenda Pusch, SpuRt 2012, 13. 6 Das entspricht der Rechtslage auch vor Einfügung der §§ 31a, 31b BGB, etwa BGH v. 15.11.2011 – II ZR 304/09, MDR 2012, 149, dazu K. Schmidt, JuS 2012, 251. Erwägungen zur Einführung eines eigenen Haftungsmaßstabs – eigenübliche Sorgfalt – Piper, NJ 2012, 236 (239) (letztlich ablehnend).
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XIII. Rz. 758 | Haftungsverfassung
leichter und mittlerer Fahrlässigkeit, bei letzterer käme es danach zu einer Aufteilung des Schadens zwischen dem Schädiger und Verein.1 759
Die Beweislast dafür, dass Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit vorliegt, trifft den Verein (§ 31a Abs. 1 S. 3 n.F. bzw. § 31b Abs. 1 S. 2 BGB).2 Wird eine Person sowohl ehrenamtlich als auch gewerblich für den Verein tätig, obliegt dem Verein die Darlegung, weshalb der Schaden in den gewerblichen Tätigkeitsbereich fallen soll.3
760
Die Haftungserleichterungen der §§ 31 a, 31 b BGB im Verhältnis zum Verein können durch die Satzung nicht abbedungen werden. Eine weitergehende Entlastung des ehrenamtlich Tätigen durch Anhebung des Verschuldensmaßstabs hingegen wird durch sie nicht gesperrt (str.).4 Es ist also z.B. möglich, die Haftung dem Verein gegenüber auf Vorsatz zu begrenzen.5 Die Haftungserleichterung des Organmitglieds bei Schädigung eines anderen Mitglieds (§ 31a Abs. 1 Satz 2 BGB) kann gem. § 40 BGB in der Satzung aufgehoben werden. Wegen dieser Ausnahme können verfassungsrechtliche Bedenken gegen einen mit jeder Vereinsmitgliedschaft zwingend verbundenen Haftungsverzicht nicht aufkommen. Die Freiheit der Vereinigung und die Vereinsautonomie hingegen sind nicht m.E. nicht verletzt, weil das zwingende Vereinsrecht hier nur den eingetragenen Verein als eine Form möglicher Vereinigungen umreißt.6 b) Begünstigte Personen und Tätigkeiten
761
Dem Gesetzgeber ging es in § 31a von Anfang an um eine Haftungserleichterung von Personen, die „Leitungsfunktionen“7 übernehmen. Sofern in der ersten Fassung des Gesetzes vom „Vorstand“ gesprochen wurde, war das deshalb eher untechnisch weit zu verstehen.8 Nach dem seit 2013 aktualisierten Gesetzestext privilegiert § 31a nun ausdrücklich alle Organmitglieder und alle besonderen Vertreter (Rz. 693).9 Gemeint sind hier nicht nur das zwingende Organ Vorstand, sondern auch ein erweiterter Vorstand (Rz. 658) und alle sonstigen satzungsmäßig eingesetzten fakultativen Or-
1 Vgl. die Erläuterungen im Regierungsentwurf, BR-Drucks. 663/12, 24. 2 OLG Koblenz v. 3.1.2018 – 10 U 893/16, npoR 2018, 113. Das gilt wohl auch bereits für die Feststellung einer objektiven Pflichtenverletzung, s. Leuschner, NZG 2014, 281 (283). 3 LG Osnabrück v. 5.12.2018 – 3 O 1628/18, juris. 4 Für eine klarstellende Regelung der „Professorenentwurf zur Stiftungsrechtsreform“, Beilage ZIP 10/2020, dazu Weitemeyer, NZG 2020, 569, 572. 5 OLG Nürnberg v. 13.11.2015 – 12 W 1845/15, MDR 2016, 85 = NJW-RR 2016, 153 mit zust. Anm. Vossius, notar 2016, 426; Ellenberger in Palandt, § 30a Rz. 4; a.A. Heidel/Lochner in NK-BGB, § 31a Rz. 9; Beck, EWiR 2016, 165–166. 6 Anders (explizit ausschließlich für § 31a BGB) Pusch, npoR 2019, 199, 201 (Verletzung von Art. 9 Abs. 1 GG, evtl auch Art. 12 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG). Folgt man seiner Auffassung, dürrfte allerdings auch § 31b BGB nicht anders zu beurteilen sein. 7 So ausdrücklich die abschließende Beschlussempfehlung des zuständigen Bundestagsausschusses, BT-Drucks. 16/13537, 1. 8 Ausf. hierzu und zur Gegenmeinung in der 10. Aufl. 9 Für eine Ausnahme bei Großvereinen de lege lata 72. DJT 2018, Abteilung Zivil-, Wirtschafts- und Steuerrecht, Mehrheitsbeschluss zu 20.b.
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4. Erleichterungen bei ehrenamtlicher Tätigkeit | Rz. 764 XIII.
gane (Rz. 664).1 Vom Privileg erfasst sind nur Schädigungen bei Wahrnehmung spezifischer Organtätigkeiten. Eine Schädigung bloß „bei Gelegenheit“ genügt nicht.2 Die Grundsätze Rz. 735 f. sollten entsprechend gelten. Auch die Mitgliederversammlung ist stets Vereinsorgan. Der Versammlungsleiter (soweit nicht ohnehin Vorstand), Wahlhelfer, Protokollführer etc., aber auch weitergehend alle anwesenden Mitglieder fallen daher grundsätzlich unter § 31a BGB, jedoch nur, soweit sie gerade auf die Versammlung bezogene Pflichten ausüben.3 Für die Delegiertenversammlung gilt nichts anderes.4 Soweit das allgemeine Haftungsrecht die Zurechnungsnorm § 31 losgelöst vom Organbegriff zu einer allgemeinen Repräsentantenhaftung fortentwickelt hat, gilt dieser erweiterte Begriff für § 31a BGB nicht.5
762
§ 31b BGB setzt voraus, dass dem Mitglied durch Satzung, Vereinsordnung oder ein zuständiges Organ auf mitgliedschaftlicher Grundlage6 bestimmte, den Zwecken des Vereins dienende Aufgaben übertragen sind und es bei deren Ausführung zum Schaden kommt. Es muss sich nicht um eine ausdrücklich in der Satzung angeordnete Pflicht handeln, es genügt, dass es sich um eine Verrichtung im Rahmen des Vereinszwecks handelt.7 Schwer und nur nach dem Einzelfall abzugrenzen ist das von – nicht privilegierten – Tätigkeiten, bei denen das Mitglied vorrangig die vom Verein gebotenen Leistungen konsumiert.8 Nimmt das Mitglied Vereinsaufgaben ohne Wissen des Vereins wahr, kommt ihm das Haftungsprivileg aber nicht zugute.9 Dasselbe gilt, wenn das Mitglied im Rahmen seiner gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit auf vertraglicher Grundlage für den Verein tätig wird, da es dann nicht primär Vereins-, sondern eigene Erwerbszwecke verfolgt.10
763
Nicht anzuwenden ist das Privileg auf ehrenamtliche Helfer ohne Mitgliederstatus.11 Es mag zwar zutreffen, dass das Fordern einer Mitgliedschaft z.B. bei altruistisch motivierten spontanen Helfern in Einzelfällen wie eine Förmelei wirken kann. Das Ver-
764
1 Das galt entgegen der wohl überwiegenden Auffassungen bereits für die Altfassung des § 31a. 2 Roth, npoR 2010, 1–5, 3. 3 Abzugrenzen bleibt das von der Wahrnehmung primär eigener Rechte (so jedenfalls die Begründung des Regierungsentwurfs zu § 31b, BR-Drucks. 663/12, 24). Vollständig gegen eine Anwendung des § 31b bei Wahrnehmung von Mitgliederrechten in- und außerhalb der Mitgliederversammlung daher Bamberger/Roth/Schöpflin, § 31b Rz. 2. 4 Anders Leuschner, NZG 2014, 281 (285) (schon die Existenz des § 31b schließe Mitgliederund Delegiertenversammlung vom Organbegriff des § 31a aus). 5 Leuschner, NZG 2014, 281 (285). Die in 10. Aufl. dazu hier vertretene Gegenauffassung ist durch die Einführung des § 31b BGB überholt. 6 Reuter, npoR 2013, 41 (44). 7 Ellenberger in Palandt, § 31b Rz. 2. 8 Leuschner, NZG 2014, 281 (286). Die Gesetzesbegründung will hier nur die „längerfristigen“ Tätigkeiten begünstigt sehen (BT-Drucks. 17/11316, 17). 9 Bamberger/Roth/Schöpflin, § 31b Rz. 2; Ellenberger in Palandt, § 31b Rz. 4. 10 Saenger/Al-Wraikat, ZStV 2013, 128; Roth, SteuK 2013, 136 (139). Zur Abgrenzung, wenn beide Ttätigkeitsfelder betroffen sein können: LG Osnabrück v. 5.12.2018 – 3 O 1628/18, juris. 11 MünchKomm/BGB/Leuschner, § 31b Rz. 3. Anders Pusch, npoR 2019, 199, 204.
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XIII. Rz. 764 | Haftungsverfassung
einsrecht kann aber nur die Haftung der Vereinsmitglieder regeln. Uneigennütziger Einsatz für den Mitmenschen und die Gesellschaft muss hingegen auf anderer Ebene gefördert werden. Allein die durch Mitgliedschaft (oder Organeigenschaft) vermittelte Sonderbeziehung zum Verein rechtfertigt einen reduzierten Ersatzanspruch des Vereins. Dass der altruistisch im (vermeintlichen) Interesse des Geschädigten Handelnde allein gegenüber einem eingetragenen Verein, nicht aber anderen Geschädigten gegenüber privilegiert sein soll, ist hingegen auf dieser Basis nicht zu rechtfertigen.1 c) Unentgeltlichkeit bzw. Entgeltgrenze 765
Begünstigt ist der ehrenamtlich Handelnde. Unentgeltlichkeit und Ehrenamtlichkeit werden an dieser Stelle als Synonym angesehen.2 Ausgedehnt ist das Privileg auf Personen, die eine Vergütung von nicht über 720 € jährlich erhalten („Quasi-Ehrenamtliche“3). Die Erweiterung soll sicherstellen, dass Vereine und Organmitglieder die – seit 1.1.2021 allerdings auf 840 Euro angewachsene – Steuervergünstigung des § 3 Nr. 26a EStG ohne haftungsrechtliche Nachteile nutzen können. Beide Regelungen sollen die gesellschaftliche Anerkennung des Engagements der Bürger in Vereinen und Stiftungen zum Ausdruck zu bringen.4 Für die Anwendung der §§ 31a, § 31b BGB kommt es im Übrigen aber nicht auf sonstige steuerliche Voraussetzungen an. Abzustellen ist auf das Kalenderjahr, in dem die schädigende Handlung oder Unterlassung begangen wurde. Nachträgliche Vergütungsverzichte sind unbeachtlich.5 Für die haftungsrechtliche Einordnung wird es eher nicht darauf ankommen, dass der Verein überhaupt nur auf Grundlage der Satzung eine Vergütung gleich welcher Höhe an ein Vorstandsmitglied bezahlen darf (Rz. 588).
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Vergütung sind alle Geld- oder Sachleistungen einschließlich der Gewährung geldwerter Vorteile. Hierunter kann auch ein Beitragsrabatt fallen, wenn damit die Vorstandsarbeit entgolten werden soll.6 Der Ersatz tatsächlicher Aufwendungen (Rz. 582) ist keine Vergütung.7 Bei Überschreiten der Geringfügigkeitsschwelle8 und im Fall des § 31b für Schädigungen der Mitglieder untereinander bleiben die Grundsätze Rz. 7529 anwendbar. Im Verhältnis zum Verein und den Mitgliedern kann insbesondere eine § 31a BGB entsprechende Haftungsregelung für besser vergütete Organmitglieder durch Satzungsregelung hergestellt werden. Eine Aufspaltung in vergütete und nicht
1 2 3 4 5 6 7 8 9
So aber Pusch, npoR 2019, 199, 203, 204. BT-Drucks. 16/13537, 4. Bamberger/Roth/Schöpflin, § 31a Rz. 6. S. die Begründung des Regierungsentwurfs zum Ehrenamtsstärkungsgesetz, BR-Drucks. 663/12, 20. Burghard, ZIP 2010, 358 ff. (362). Saenger/Al-Wraikat, ZStV 2013, 128. Einen Hinweis auf mögliche Pauschalierungen gibt insoweit LStR 13 (zu § 3 Nr. 12 EStG). Vgl. auch Ziff. 8 im BMF-Schreiben v. 21.11.2014 – Abdruck im Anhang 13. Nach Hüttemann, Betrieb 2013, 774 (778) außerdem dann, wenn die Tätigkeit aus anderen Gründen nicht „ehrenamtlichen Charakter“ hat. S. auch Ellenberger in Palandt, § 27 Rz. 7 m.w.N.
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4. Erleichterungen bei ehrenamtlicher Tätigkeit | Rz. 768 XIII.
vergütete Tätigkeiten einer Person für denselben Verein wird zugelassen.1 Wenn jemand sowohl ehrenamtlich aufgrund der Mitgliedschaft wie auch gewerblich bzw. im Anstellungsverhältnis tätig werden soll, sollte vorab eine möglichst klare Abgrenzung vereinbart werden. Bei (teilweise) ehrenamtlicher Tätigkeit für mehrere formal selbständige Vereine im Dachverband oder Konzernverbund ist zu klären, ob die Ausübung des einen Amtes typischerweise mit dem anderen verbunden ist.2 Nur wenn eine Verknüpfung insbesondere auch hinsichtlich der Entgelterwartung festzustellen ist, erfolgt eine Zusammenrechnung.3 Treffen privilegierte und nicht privilegierte Schädiger zusammen, haftet bei Schädigung eines Dritten der nicht Privilegierte voll für den ungekürzten Anspruch des Geschädigten.4 Bei Schädigung des Vereins wird man nach den Regeln des sog. „gestörten Gesamtschuldnerausgleichs“ den gegen den nicht Privilegierten gerichteten Anspruch des Vereins kürzen.5
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d) Haftungserleichterung gegenüber dem Verein Die Verletzung von Organ- oder sonst übertragenen Pflichten kann eine Schadenersatzpflicht des Handelnden gegenüber dem Verein begründen (§ 280 Abs. 1, beim Vorstand mit § 27 Abs. 3 BGB).6 Unter den Voraussetzungen zu b) und c) haftet der Handelnde aber nur für Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit, soweit es um eine Schädigung des Vereins selbst geht (Abs. 1 S. 1). Zur Bestimmung, was grobe Fahrlässigkeit ist, gelten die allgemeinen Regeln.7 Für den Personenkreis der § 31a, § 31b BGB kann auch durch die Satzung keine verschärfte Haftung etabliert werden (Gegenschluss aus § 40 BGB).8
1 Piper, WM 2011, 2211 (2212). Die dagegen hier aus praktischen Erwägungen vorgebrachten Bedenken werden entschärft, wenn man mit LG Osnabrück v. 5.12.2018 – 3 O 1628/18, juris dem Verein im Zweifel die Nachweislast aufbürdet. 2 Beispiele bei NK-BGB/Heidel/Lochner, § 31a Rz. 20. 3 Tendenziell eher für Zusammenrechnung Piper, WM 2011, 2211 (2212); wohl auch Roth, npoR 2010, 1 (3). Stärker an formaler Trennung orientiert dagegen NK-BGB/Heidel/Lochner, § 31a Rz. 20. 4 NK-BGB/Heidel/Lochner, § 31a Rz. 29; Roth, npoR 2010, 4. Anders für die Fälle des § 31a Abs. 1 S. 2 BGB Leuschner, NZG 2014, 281, 287: der Verein muss dem nicht privilegierten Schädiger für den Verursachungsbeitrag des privilegierten Schädigers Ausgleich leisten. 5 Leuschner, NZG 2014, 281 (286); Roth, npoR 2010, 4; Segna, ZIP 2015, 1561. Anders NKBGB/Heidel/Lochner, § 31a Rz. 29. 6 Zur Haftung eines Stiftungsvorstands für (Überwachungs-)Fehler bei Kapitalanlagen s. BGH v. 20.11.2014 – III ZR 509/13, MDR 205, 87 = DSTR 2015, 237 und dazu bzw. zur Vorinstanz (OLG Oldenburg v. 8.11.2013 – 6 U 50/13) Weidlich/Foppe, ZStV 2014, 100; Graewe, ZStV 2014, 103, Graewe, BB 2014, 724; Zimmermann/Arnsperger, NJW 2015, 290; Hüttemann/Kampermann, npoR 2014, 143; Koss, ZStV 2014, 171. 7 Reuter, NZG 2009, 1368 ff. (1370). 8 Krit. dazu Burghard, ZIP 2010, 358 ff. (364).
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XIII. Rz. 769 | Haftungsverfassung 769
Soweit Vereine sog. D&O Versicherungen1 zugunsten der Vereinsaktiven geschlossen haben, geht solche Absicherung im persönlichen Anwendungsbereich der § 31a, § 31b BGB nun also unabweisbar2 ins Leere.3 Schädigungen des Vereins bestehen häufig darin, dass dieser für Schäden Dritter haftbar wird. Möglich und zunehmend zu empfehlen bleibt daher eine Versicherung des Vereins selbst wegen potentieller eigener Haftung und des Freistellungsanspruchs nach § 31a Abs. 2, § 31b Abs. 2 BGB. Die Versicherungswirtschaft bietet als Alternative zur D&O-Versicherung, die immer zunächst eine mögliche und auch tatsächlich erfolgende Inanspruchnahme des Handelnden voraussetzt, sog. erweiterte Vermögenschaden-Haftpflichtversicherungen an. Wenn sie auch Eigenschäden des Vereins absichern, kann dadurch die – häufig im Verhältnis zum Vorstand nicht angemessen empfundene – Inanspruchnahme des Handelnden persönlich vermieden werden.4 e) Haftungserleichterung gegenüber anderen Mitgliedern
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Die Haftungsbegrenzung der Organmitglieder und besonderen Vertreter gilt nach § 31a Abs. 1 S. 2 ebenso bei Schädigung anderer Vereinsmitglieder.5 Dabei ist eine Einschränkung zu machen: Nach Abs. 1 privilegiert sind ausschließlich schädigende Verhaltensweisen mit einem spezifischen Bezug zum Verein.6 Wenn das geschädigte Vereinsmitglied ebenso als Nichtmitglied zu Schaden gekommen wäre, behält es seinen Ersatzanspruch.7 § 31a Abs. 1 S. 2 ist durch andere Satzungsbestimmung abdingbar (§ 40 BGB). Anderen Vereinsmitgliedern gegenüber kann also der schärfere allgemeine Haftungsmaßstab festgelegt werden. Aus Gründen der Gleichbehandlung und zur Vermeidung von Zufälligkeiten bietet sich das besonders dann an, wenn der Verein an einzelne Aktive auch höhere Vergütungen gewährt und zugunsten dieser Versicherungen abschließt. Dann mag es (besonders bei nur geringen Unterschieden in Vergütung und Verantwortlichkeit der Tätigkeit) sinnvoller sein, alle Aktiven bei Ausschluss des § 31a Abs. 1 S. 2 BGB in den Versicherungsschutz hineinzunehmen.
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Eine Regelung, mit der auch für den Personenkreis des § 31b BGB ein reduzierter Haftungsmaßstab bei Schädigung anderer Mitglieder eingeführt wird, sollte möglich sein. § 31b Abs. 1 BGB verhält sich zur Haftung der Mitglieder untereinander gar nicht, wirkt also nicht wie eine nur nach § 40 BGB überwindbare „Sperre“.8 Gegen eine sol1 Zur Zweckmäßigkeit solcher Versicherungen jedenfalls bei großen Vereinen Kreutz, ZStV 2011, 46. Beck, VersR 2017, 855. 2 Wie hier nun auch Dreher/Fritz, npoR 2020, 171 (178) m.N. abweichender Auffassung. 3 Das geht zu Lasten der Vereine, ohne dass es den Ehrenamtlichen nutzt. Die ursprüngliche Position der Bundesregierung (vgl. BT-Drucks. 16/20120, 18) wurde insoweit durch den Gesetzgeber in ihr Gegenteil verkehrt. 4 Dreher/Fritz, npoR 2020, 171 (179). 5 Kritisch dazu (Regelung belastet das Mitglied und entlastet den Versicherer) Lepisus, JZ 2006, 998 (1001). Ebenso aus anderen Gründen (aus Sicht des Geschädigten) Piper, NJ 2012, 236 (239). 6 Roth, npoR 2010, 1 ff. (3). 7 Beispiele bei Roth, npoR 2010, 1 ff. (3 f.). 8 Anders möglicherweise (wenn auch im Ergebnis bedauernd) Saenger/Al-Wraikat, ZStV 2013, 128 (129) und Pusch, SpuRt 2012, 13.
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5. Sozial- und steuerrechtliche Haftung | Rz. 773 XIII.
che Regelung durch Satzungsrecht spricht allerdings, dass satzungsmäßige Haftungserleichterungen zugunsten des Vereins gerade nicht möglich sind (Rz. 729). Dem Regelungsziel der §§ 31, 40 BGB könnte es widersprechen, wenn man Haftungserleichterungen der Mitglieder untereinander durch Vereinsrecht zulässt. Auch sie sollten daher eher schuldrechtlich konzipiert werden (wie Rz. 729). f) Freistellungsanspruch Haben der nach § 31a Abs. 1 BGB privilegierte Funktionsträger einen vereinsfremden Dritten1 oder das nach § 31b Abs. 1 privilegiert haftende Mitglied einen Dritten oder ein anderes Mitglied geschädigt, bleibt deren Haftung dem Geschädigten gegenüber unberührt. Der Schädiger hat aber einen Anspruch auf Freistellung (bzw. nach erfolgter Ersatzleistung auf Erstattung) durch die Vereinskasse (§ 31a Abs. 2 bzw. § 31b Abs. 2 BGB). Die Grundsätze des § 840 Abs. 2 BGB (Rz. 751) werden also umgekehrt. Das gilt nicht, wenn der Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht wurde, was nach allgemeiner Beweislastverteilung (Ausnahme) im Streit der Verein zu beweisen hat. Letztlich bleibt bei dem ehrenamtlich Handelnden (nur) das Insolvenzrisiko des Vereins.2 Den Freistellungsanspruch hat nach § 31b Abs. 2 BGB auch das Mitglied, das (nur) fahrlässig ein anderes Mitglied geschädigt hat. Weder § 31a Abs. 2 noch § 31b Abs. 2 BGB können durch Satzungsrecht geändert werden (§ 40 BGB). Finanziell kann sich die mit der durch die Haftungsverlagerung beabsichtigten Stärkung des Ehrenamts insofern durchaus als eine Schwächung der Vereine erweisen.3
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5. Sozial- und steuerrechtliche Haftung Den Vorstand treffen nicht unerhebliche steuerliche Pflichten:4
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– Aufzeichnungs- und Buchführungspflichten nach §§ 135 ff. AO, – Auskunfts- und Vorlagepflichten nach §§ 93 und 97 AO, – Steuererklärungspflichten nach §§ 149 ff. AO, – Zahlungspflichten und die Einbehaltungs-/Abführungspflichten bei Abzugssteuern, – Berichtigungspflicht nach § 153 AO. 1 M.E. auch das andere Vereinsmitglied, wenn der vereinsspezifische Kontext fehlt. 2 Beispiele bei Roth, npoR 2010, 1 ff. (5); dort auch zum Gesamtschuldnerausgleich. Für eine DO-Versicherung insoweit Beck VersR 2017, 855. 3 Richter, npoR 2012, 186 plädiert vor diesem Hintergrund zu Recht für einen verstärkten Versicherungsschutz der Vereine. Vgl. aber auch Leuschner, NZG 2014, 281 (284), der den zwingenden Charakter der neuen Regelungen begrüßt, weil sie den Rechtslaien vor einem (überraschenden) anderen Satzungsinhalt schützen. 4 Aufzählung nach Ehlers, NJW 2011, 2689 (2691). Zum Sozialversicherungsrecht s. auch Reinecke, NJW 2018, 2081.
Stöber/Otto | 395
XIII. Rz. 774 | Haftungsverfassung 774
§§ 34, 69 AO lassen die Vereinsvorstände persönlich haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnisse infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Pflichtverletzung1 nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden. Das setzt ebenso wenig wie der Straftatbestand der Steuerhinterziehung voraus, dass der Handelnde selbst Nutznießer ist.2 Eine ursprünglich vom Bundesrat zusammen mit § 31a BGB vorgeschlagene Haftungserleichterung zugunsten der ehrenamtlichen Funktionäre wegen der dem jeweiligen Kollegialorgan obliegenden sozialabgabenrechtlichen3 und steuerlichen4 Pflichten wurde im Gesetzgebungsverfahren verworfen.5
775
Der Rechtsausschuss des Dt. Bundestages führte dazu unter Zusammenfassung der geltenden Rechtslage aus:6 „Die Vorstandsmitglieder eines Vereins haften für die Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen, die der Verein zu zahlen hat, nur nach § 823 Abs. 2 BGB iVm. den §§ 266a, 14 des Strafgesetzbuchs (StGB). Dies setzt immer zumindest bedingt vorsätzliches Handeln des Vorstandsmitglieds voraus. Es wäre nicht nachvollziehbar, wenn trotz strafrechtlicher Verantwortlichkeit und einer entsprechenden Verurteilung eines anderen Vorstandsmitglieds lediglich derjenige zivilrechtlich in Anspruch genommen werden könnte, der nach interner Aufgabenteilung alleine mit der Aufgabe ordnungsgemäßer Weiterleitung der Sozialabgaben betraut ist. Hinzu kommt, dass die Haftung des einzelnen Vorstandsmitglieds nach § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 266a StGB schon nach geltendem Recht durch eine interne Aufgabenverteilung des Vorstands begrenzt wird. Wird aufgrund einer solchen Aufgabenverteilung die Erfüllung der Pflichten des Vereins nach § 28e Abs. 1 S. 1 SGB IV einem Vorstandsmitglied oder mehreren Vorstandsmitgliedern übertragen, vermindert dies die Verantwortlichkeit der anderen Vorstandsmitglieder. Die anderen Vorstandsmitglieder treffen dann grundsätzlich nur noch Überwachungspflichten. Selbst müssen sie sich um die Erfüllung der Pflichten nach § 28e SGB IV nur dann kümmern, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Erfüllung der dem Verein obliegenden Pflichten durch die dafür zuständigen Vorstandsmitglieder nicht mehr gewährleistet ist7. Diese verbleibende Überwachungspflicht ist Ausdruck dafür, dass die Vorstandmitglieder gemeinsam die Verantwortung für die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Pflicht nach § 28e SGB IV tragen. Der Vorschlag, die Verantwortlichkeit einzelner Vorstandsmitglieder für die Erfüllung der Pflicht durch interne Zuständigkeitsverteilung ganz ausschließen zu können, ginge auch zu Lasten der nun allein verantwortlichen Vorstandsmitglieder, die häufig ihre Aufgaben ebenfalls
1 Allein schon die Pflichtverletzung kann auch bei einem ehrenamtlichen Vorstand grobe Fahrlässigkeit indizieren, BFH v. 13.3.2003 – VII R 46/02, NJW-RR 2003, 1117. 2 Über § 71 AO haften zivilrechtlich auch de Teilnehmer einer Steuerhinterziehung, dazu Pohl, npoR 2016, 209. 3 Zieglmeier, SpuRt 2012, 134–137. 4 Dazu jüngst ausf. Lorenz, ZStV 2013, 222. 5 Auch ein weiterer Vorstoß der Länder Baden-Württemberg und Saarland scheiterte bereits im Bundesrat (Beschluss in BR-Drucks. 41/11 v. 18.3.2011, s. Beschlussempfehlung BRDrucks. 41/1/11 v. 7.3.2011, S. 4). 6 BT-Drucks. 16/13537, 4. 7 BGH v. 15.10.1996 – VI ZR 319/95, GmbHR 1997, 25 = AG 1997, 37 = MDR 1997, 151 = NJW 1997, 130, 132.
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5. Sozial- und steuerrechtliche Haftung | Rz. 775 XIII.
ehrenamtlich und unentgeltlich wahrnehmen. Dasselbe gilt für die steuerrechtliche Haftung nach § 69 AO. Auch hier haften die Vorstandsmitglieder eines Vereins nur, wenn sie die steuerrechtlichen Pflichten des Vereins, zu deren Erfüllung sie nach § 34 AO verpflichtet sind, vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt haben. Ebenso wie bei der Haftung für nichtabgeführte Sozialversicherungsbeiträge kann die Verantwortlichkeit einzelner Vorstandsmitglieder schon nach geltendem Recht durch eine vorweg schriftlich getroffene eindeutige Geschäftsverteilung begrenzt werden1. Eine solche Geschäftsverteilung mindert nicht nur die Verantwortlichkeit, sondern ist von den Finanzbehörden auch bei der Frage zu berücksichtigen, in welchem Verhältnis mehrere nach § 69 AO haftende Vorstandsmitglieder für die Steuerschulden des Vereins in Anspruch genommen werden. Auch hier empfiehlt es sich daher nicht, die Haftung einzelner Vorstandsmitglieder ganz auszuschließen und damit den § 34 AO zugrundeliegenden Grundsatz der Gesamtverantwortung aller Vorstandsmitglieder für die Erfüllung steuerrechtlicher Pflichten des Vereins aufzugeben. Würde dieser Grundsatz aufgegeben, ginge dies vor allem auch zu Lasten der Vorstandsmitglieder, die dann allein für die Erfüllung der Pflichten verantwortlich wären. Es dürfte dann Vereinen noch schwerer fallen, Personen zu finden, die bereit sind, diese Vorstandsaufgaben ehrenamtlich und unentgeltlich wahrzunehmen. Die geltende Rechtslage sichert somit sämtlichen Vorstandsmitgliedern ein hohes Schutzniveau. Es besteht kein Anlass dafür, ungeachtet dieser hohen Schwellen die haftungsrechtliche Verantwortlichkeit von Vorstandsmitgliedern zulasten des nach der Aufgabenverteilung primär Verantwortlichen vollständig aufzuheben.“
1 BFH NJW 1998, 3373 (3375).
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XIV. Die Mitgliederversammlung 1. Grundsätzliches zur Mitgliederversammlung (§ 32 BGB) . . . . . . . . a) Stellung und Aufgaben . . . . . . . . . . . b) Satzungsregelungen . . . . . . . . . . . . . . c) Ersetzen der Versammlung . . . . . . . d) „Virtuelle“ bzw. Internet-Versammlung, Videokonferenz etc. . . . . . . . . . 2. Berufung der Mitgliederversammlung (§ 32 Abs. 1, §§ 36, 37, 58 Nr. 4 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einberufungsgründe . . . . . . . . . . . . . c) Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Absetzen der Versammlung . . . . . . . e) Muster für die Berufung einer Mitgliederversammlung . . . . . . . . . . 3. Berufung der Versammlung durch eine dazu ermächtigte Minderheit (§ 37 BGB) . . . . . . . . . . a) Antragsteller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einberufungsbegehren . . . . . . . . . . . c) Ermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Form der Berufung (§§ 32, 36, 58 Nr. 4 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Satzungsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . b) Eindeutigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Bekanntmachung . . . . . . . . . . . . . . . . d) Einberufungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . e) Einberufungsmängel . . . . . . . . . . . . . 5. Ort und Zeit der Versammlung . . a) Versammlungsort . . . . . . . . . . . . . . . b) Versammlungszeit . . . . . . . . . . . . . . . c) Jugendliche Veranstaltungsteilnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Weitere Versammlung . . . . . . . . . . . 6. Tagesordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bestimmtheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ankündigung von Satzungsänderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
776 776 780 783 786
793 793 795 798 808 809
810 810 811 815 830 830 834 842 845 848 850 850 852 855 856 858 858 861
d) Mitgliederanträge . . . . . . . . . . . . . . . 7. Teilnahmeberechtigung (§§ 32, 40 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . a) Mitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vertretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gäste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Abstimmungsteilnahme Nichtberechtigter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Leitung der Versammlung (§§ 32, 40 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . a) Versammlungsleiter . . . . . . . . . . . . . b) Ersatzbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . c) Abwahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Aufgaben und Befugnisse . . . . . . . . 9. Verlauf der Versammlung (§§ 32, 40 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . a) Entscheidungen im Versammlungsablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Eröffnung der Versammlung, Beschlussfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Tagesordnung . . . . . . . . . . . . . . . d) Dringlichkeits- und Initiativanträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Beratung, Wortmeldungen, Worterteilung, Reihenfolge der Redner . f) Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Verkündung der Beschlüsse . . . . . . . h) Schluss der Versammlung . . . . . . . . 10. Delegiertenversammlung (§§ 25, 32, 38, 40 BGB) . . . . . . . . . . a) Satzungsbestimmung . . . . . . . . . . . . b) Delegiertenschlüssel . . . . . . . . . . . . . c) Berufung auf Minderheitenantrag . d) Die Delegierten . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Verein mit Untergliederung . . . . . . . f) Versammlungsteilnahme der Vereinsmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . g) Änderung der Satzung . . . . . . . . . . . 11. Politische Parteien . . . . . . . . . . . . . .
875 878 878 881 885 886 888 888 890 893 894 898 898 906 908 913 919 926 931 935 937 937 940 942 943 949 950 951 956
866
Stöber/Otto | 399
XIV. Rz. 776 | Die Mitgliederversammlung Literatur: Albrecht, Zulässigkeit einer Mitgliederversammlung im virtuellen Raum, jurisPRITR 8/2012, Nr. 4; Beck, Aktuelles zur elektronischen Hauptversammlung, RNotZ 2014, 160; Deckert, Die Eventualeinberufung einer Wohnungseigentümerversammlung, NJW 1979, 2291; Dehesselles/Richter, Die virtuelle Mitgliederversammlung in Verbänden, npoR 2016, 246; Fisch, Gesetzliche Erleichterungen für die Arbeitsweise von Vereinen und Stiftungen in der CoronaKrise – Arbeitsweise mit eingeschränkter und ohne physische Präsens, NZG 2020, 512–513; Forschner, Die virtuelle Mitgliederversammlung beim Verein, NotBZ 2020, 445; Grziwotz, Vereinsversammlung – Einberufung durch E-Mail trotz satzungsmäßiger Anordnung der Schriftform, MDR 2012, 741; Horst, Corona-Pandemie und Vereinsrecht, Die Durchführung von Mitgliederversammlungen und Vorstandssitzungen, MDR 2020, 543–547; Kölsch, Die Form der Einberufung der Mitgliederversammlung eines eingetragenen Vereins, Rpfleger 1985, 137; Krüger, Fernabstimmung bei Vereinen – Zulässigkeit und Wege der Beteiligung ohne persönliche Anwesenheit, MMR 2012, 85; Lehmann, Die Mitgliederversammlung im Verein 2005, Mecking, Mitgliederversammlung 2.0: Zur Zulässigkeit der Willensbildung im Verein über elektronische Medien, ZStV 2011, 161; Noack, Mitgliederversammlung bei Großvereinen und digitale Teilhabe, NJW 2018, 1345; Otto, Coronavirus & Vereinsrecht: In gesunder Distanz https://www.juris. de/jportal/nav/juris_2015/aktuelles/magazin/coronavirus-vereinsrecht.jsp; Stand 8.4.2020, Abruf 20.5.2020; Pauli, Wesen und Aufgaben der Mitgliederversammlung eines Vereins, ZStV 2010, 167; Piper, Virtuelle Mitgliederversammlungen bei Vereinen, NZG 2012, 735; Röcken, Entwicklung des Vereinsrechts (mit Schwerpunkt Covid-19-Bestimmungen), MDR 2020, 825– 831; Roßnagel/Gitter/Opitz-Talidou, Telemedienwahlen in Vereinen, MMR 2009, 383; Schäfer, „Schriftliche Einladung“ zur Mitgliederversammlung eines eingetragenen Vereins auch per EMail? NJW 2012, 891; Scheffer, Vereinsrecht: Fallstricke bei der Einberufung und Durchführung von Mitgliederversammlungen, DStR 2011, 2053; Schneider/Bischoff, Virtuelle Mitgliederversammlungen in Zeiten der Corona-Pandemie, ZStV 2020, 153–157; Schwenn/Blacher, Virtuelle Mitgliederversammlungen und Gremiensitzungen von Vereinen und Stiftungen – ein Praxisleitfaden, npoR 2020, 154–160; Segna, Neuerungen für Vereine und Stiftungen durch das COVID-19-Pandemie-Gesetz 2020, npoR 2020, 148–153; Stefanik/Punte, Das Minderheitsverlangen auf Ergänzung der Tagesordnung im BGB-Vereinsrecht, NZG 2017, 1161–1166; Stöber, Der Vorstand des eingetragenen Vereins bei Anmeldung zum Vereinsregister und nach Ablauf seiner Amtszeit, Rpfleger 1967, 342; Stöber, Berufung einer zweiten, erleichtert beschlussfähigen Versammlung, Rpfleger 1978, 18; Wagner, Rechtsschutz- und Kostenfragen des Minderheitenschutzes bei der Amtsgericht und beim bürgerlich-rechtlichen Verein, ZZP 105 (1992) 294; Werner, Zugang von Mitteilungen bei Stiftung und Verein, ZStV 2010, 18; Wicke, Amtsbeendigung des Versammlungsleiters, NZG 2018, 161; Wilken, Die virtuelle Mitgliederversammlung, 2016; Winzer, Verstöße in der Vereinsarbeit gegen Gesetz und Satzung, ZStV 2010, 32; Wronka, Zulässigkeit von Teilnehmerverzeichnissen, RDV 2015, 185.
1. Grundsätzliches zur Mitgliederversammlung (§ 32 BGB) a) Stellung und Aufgaben 776
Die Mitgliederversammlung ist notwendiges und oberstes Organ des Vereins. Sie trifft durch Beschlussfassung Bestimmung in allen Angelegenheiten des Vereins, die nicht von dem Vorstand oder einem durch die Satzung eingerichteten anderen Vereinsorgan zu besorgen sind.
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Aufgaben der Mitgliederversammlung sind – vorbehaltlich anderer Regelung in der Satzung – insbesondere 400 | Stöber/Otto
1. Grundsätzliches zur Mitgliederversammlung (§ 32 BGB) | Rz. 779 XIV.
– Bestellung des Vorstands (§ 27 Abs. 1 BGB) und Widerruf der Vorstandsbestellung (s. Rz. 480, 504), – Bestimmung der Vergütung des Vorstandes, soweit die Satzung eine solche erlaubt (s. Rz. 588), – Satzungsänderungen (§ 33 BGB; Rz. 1094), – Beaufsichtigung und Entlastung der Vereinsorgane, insbesondere des Vorstands (Rz. 576, 597). – Das Registergericht überwacht und kontrolliert den Vorstand und andere Vereinsorgane nicht. Es hat nur in den Fällen der § 29 BGB (gerichtliche Vorstandsbestellung), § 37 BGB (Ermächtigung zur Berufung einer Mitgliederversammlung) und § 73 BGB (Entziehung der Rechtsfähigkeit) Aufgaben, die über die Führung des Vereinsregisters und Herbeiführung der Eintragungen (s. § 78 BGB) hinausgehen. – Erteilung von Weisungen an den Vorstand (§§ 32, 27 Abs. 3 i.V.m. § 665 BGB) und andere Organe des Vereins (Rz. 546, 560). Dazu gehört auch die Vorgabe von Leitlinien für die Geschäftsführung und die Aufstellung des Haushaltsvoranschlags (Wirtschaftsplans), – Entscheidung über wichtige Angelegenheiten, die der Vorstand zu seiner Absicherung der Mitgliederversammlung vorlegt1, – Beitragsfestsetzung bei Zuweisung durch die Satzung (Rz. 413), – Beschlussfassung über Verschmelzung, Spaltung und Formwechsel (Rz. 1261 ff.), – Auflösung des Vereins (§ 41 BGB; dazu Rz. 1329), – Bestellung und Abberufung von Liquidatoren (§ 48 Abs. 1 S. 2 BGB, dazu Rz. 1344). Aufgrund ihrer Auffangzuständigkeit in allen Geschäftsführungsangelegenheiten2 entscheidet die Mitgliederversammlung u.a. auch über die Beaufsichtigung und gegebenenfalls Entlastung anderer Organe und im Zweifel über die innere Ordnung des Vereins. Falls keine besondere Vereinsgerichtsbarkeit besteht, ist daher zunächst eine Entscheidung der Mitgliederversammlung herbeizuführen, wenn sich Vereinsorgane oder Organmitglieder untereinander über das satzungsgemäße Verhalten eines Organs streiten. Erst anschließend . kommt eine Feststellungsklage gegen den Verein in Betracht.3
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Die Mitgliederversammlung kann Angelegenheiten, die nach der Satzung oder nach dem Gesetz (vgl. § 42 Abs. 2, § 49 BGB) zulässigerweise einem anderen Organ (ins-
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1 Zur ausnahmsweisen Vorlagepflicht des Vorstands aufgrund Geltung des Auftragsrechts MünchKomm/BGB/Leuschner, § 32 Rz. 50. 2 Pauli, ZStV 2010, 167 m.w.N. 3 BGH v. 14.3.1968 – II ZR 52/66, BGHZ 49, 396 ff.
Stöber/Otto | 401
XIV. Rz. 779 | Die Mitgliederversammlung
besondere dem Vorstand) übertragen sind, nicht beliebig an sich ziehen.1 Sie hat aber in der Regel das Recht der Satzungsänderung und dadurch die Möglichkeit einer generellen Zuständigkeitsneuordnung (zum satzungsdurchbrechenden Beschluss Rz. 1140). Selbst nicht auszuüben vermag sie die dem Vorstand oder besonderen Organen (§ 30 BGB) vorbehaltene Vertretung des Vereins2 gegenüber vereinsfremden Dritten und einzelne notwendig dem Vorstand zugewiesene Geschäftsführungsaufgaben (Rz. 445). b) Satzungsregelungen 780
Die Satzung kann mit der Möglichkeit anderer Regelung (§ 40 BGB) die Rechte der Mitgliederversammlung einschränken, ihr gesetzlich obliegende Aufgaben somit einem anderen Vereinsorgan (z.B. einem Beirat, der Vorstandschaft) übertragen.3 Sie kann die Mitgliederversammlung als notwendiges Vereinsorgan (Rz. 16) aber nicht ganz beseitigen. Die Satzung kann daher auch die Zuständigkeit der Vereinsorgane nicht in der Weise festlegen, dass die Geschicke des Vereins praktisch nur noch von wenigen bestimmten Vereinsmitgliedern gestaltet werden, auf deren Bestellung und Kontrolle die übrigen Mitglieder keinen Einfluss haben4, wie z.B. nur noch von Mitgliedern eines Beirats, der aus den Gründungsmitgliedern und von diesen zur Selbstergänzung bestimmten einzelnen Vereinsangehörigen besteht. Ebenso kann die Satzung keine anderen Regelungen treffen, nach denen auch sonst irgendeine nennenswerte Mitwirkung der Vereinsmitglieder bei der Willensbildung des Vereins über die Mitgliederversammlung (auch Delegiertenversammlung) von vornherein ausgeschlossen ist.5 Weil es hier um ein Wesensmerkmal des Vereins geht, wie ihn insbesondere auch Art. 9 Abs. 1 GG versteht, sollte das auch für Vereine im religiösen Umfeld gelten (zur Rechtsprechung s. aber Rz. 46).
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Ohne Bedeutung für Zuständigkeit und Beschlussfassung über die ihr übertragenen Aufgaben ist die Benennung der Versammlung der Mitglieder als Mitgliederversammlung, Hauptversammlung, Generalversammlung, Tagung, Verbandstag, Konvent usw. Die Mitgliederversammlung kann – wie insbesondere bei großen und überregionalen Vereinen üblich – nach der Satzung als Vertreter-(Delegierten-)Versammlung abgehalten werden (dazu Rz. 937 ff.). Bei ganz kleinen Vereinen können alle Mitglieder dem Vorstand angehören; sie beschließen dann Angelegenheiten der Versammlung der Mitglieder nicht als Vorstand, sondern als Mitgliederversammlung. 1 RG Warnm. 1913 Nr. 392; KG Dt. Justiz 1936, 1948; OLG Celle v. 28.8.2017 – 20 W 18/17, NJW-RR 2017, 1186 mit Anm. Engel ZStV 2018, 148. Vgl: auch Burhoff, Rz. 279: Im Bereich der satzungsmäßigen Zuständigkeiten des Vorstands kann die Versammlung nur Empfehlungen geben, muss ihn ggf. abwählen. 2 Etwas anders jedenfalls für den nicht eingetragenen Verein jetzt Waldner in Anm zu KG v. 6.1.2015 – 1 W 250-252/14, NotBZ 2015, 263–265: Alle Mitglieder gemeinsam können vertreten. 3 OLG Celle v. 18.10.1994 – 20 W 20/94, NJW-RR 1995, 1273. 4 OLG Celle v. 18.10.1994 – 20 W 20/94, NJW-RR 1995, 1273. 5 OLG Celle v. 18.10.1994 – 20 W 20/94, NJW-RR 1995, 1273.
402 | Stöber/Otto
1. Grundsätzliches zur Mitgliederversammlung (§ 32 BGB) | Rz. 783 XIV.
Einen Unterschied zwischen ordentlicher und außerordentlicher Mitgliederversammlung sieht das Gesetz nicht vor. Die Satzung kann eine solche Unterscheidung treffen. Dabei ist aber zu bedenken, dass jede ordnungsgemäß einberufene Mitgliederversammlung Beschlüsse fassen kann und eine Versammlung der Mitglieder stets dann zu berufen ist, wenn das Interesse des Vereins es erfordert (§ 36 BGB). Daraus ergibt sich, dass auch dann, wenn die Satzung jährlich nur eine sog. ordentliche Mitgliederversammlung vorsieht, in gleicher Weise stets weitere voll beschlussfähige Versammlungen einberufen werden können.1 Die Unterscheidung zwischen ordentlicher und außerordentlicher Versammlung kann Auswirkungen daher nur auf den Gegenstand der Tagesordnung haben, die Voraussetzungen der Berufung und die Mitgliedsrechte auf Berufung (§ 37 BGB) für den voraussehbaren Verlauf des Vereinsjahres näher abgrenzen, nicht aber die Beschlussfähigkeit einer ordnungsgemäß berufenen Versammlung einschränken.
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M 38 Ordentliche und außerordentliche Mitgliederversammlung (1) Die Mitgliederversammlung findet jährlich an einem Samstagvormittag in der Zeit zwischen Ostern und Pfingsten statt (ordentliche Mitgliederversammlung). Die vorhergehende ordentliche Mitgliederversammlung beschließt jeweils den genauen Termin der nächsten ordentlichen Mitgliederversammlung. Er wird unverzüglich nach Beschlussfassung in der Vereinszeitung bekannt gemacht und bedarf dann keiner weiteren Ladung. (2) Darüber hinaus findet eine Mitgliederversammlung statt, wenn es wenigstens 10 vom Hundert der Mitglieder, zwei Abteilungsvorstände oder die Mehrheit der Mitglieder des Vorstands verlangen (außerordentliche Mitgliederversammlung). Der Präsident lädt in diesem Fall binnen einer Woche ab Zugang des Verlangens mit einer Frist von fünf Wochen auf einen Werktagsabend (ohne Samstag) oder Samstagvormittag durch E-Mail ein. (3) Der Präsident bestimmt die Tagesordnung der Mitgliederversammlung und teilt sie den Mitgliedern spätestens eine Woche vor der Versammlung mit. Anträge von Mitgliedern sind dabei zu berücksichtigen, wenn sie zwei Wochen vor der Versammlung in Textform in der Geschäftsstelle vorliegen. Später gestellte Anträge kann die Versammlung mit 2/3 Mehrheit der Abstimmenden zulassen.
c) Ersetzen der Versammlung Ohne Versammlung ist ein Beschluss der Mitglieder gültig, wenn alle für den jeweiligen Beschlussgegenstand stimmberechtigten2 Mitglieder ihre Zustimmung zu dem Beschluss schriftlich erklärt haben (einschließlich der elektronischen Form, §§ 126 Abs. 3, 126a BGB). Die Textform (§ 126b BGB), also vor allem die einfache E-Mail ohne Signatur i.S.d. § 126a BGB, ist hier ungenügend (in § 32 Abs. 2 BGB gesetzlich angeordnete Schriftform).3 Fernmündlich kann die Zustimmung zu einem Ver-
1 Die Versammlungen können auch auf denselben Tag berufen werden, LG Hamburg v. 3.1.2008 – 319 O 135/07, juris Rz. 31. 2 jurisPK/BGB/Otto, § 32 Rz. 13. 3 § 48 Abs. 2 GmbHG kann nicht in § 32 Abs. 2 BGB „hineingelesen“ werden.
Stöber/Otto | 403
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XIV. Rz. 783 | Die Mitgliederversammlung
sammlungsbeschluss nicht eingeholt werden.1 Durch Regelung in der Satzung (§ 40 BGB) kann die Beschlussmöglichkeit durch allseitige Zustimmung ganz ausgeschlossen werden. Praktisch wichtiger ist aber deren Erweiterung, indem z.B. auch die unsignierte E-Mail zugelassen wird. 784
Schon eine einzige Enthaltung behindert hier die Beschlussfassung. Der Beschlussvorschlag kann nicht vorsehen, dass die bis zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht eingehenden Antworten als Zustimmungen gewertet werden2 (Schweigen ist keine Stimmabgabe). Die Satzung könnte dies hingegen so regeln. Zur Delegiertenversammlung Rz. 937.
785
Covid-19 – Sonderbestimmung: Entscheidung ohne Versammlung durch Fernabstimmung § 5 (3) „Abweichend von § 32 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist ein Beschluss ohne Versammlung der Mitglieder gültig, wenn alle Mitglieder beteiligt wurden, bis zu dem vom Verein gesetzten Termin mindestens die Hälfte der Mitglieder ihre Stimmen in Textform abgegeben haben und der Beschluss mit der erforderlichen Mehrheit gefasst wurde.“ Das schon bei Vereinen mit einer mittleren Größe schwer praktikable Verfahren der schriftlichen Allzustimmung wird durch die Ausnahmebestimmung erheblich erleichtert. Während bisher ein außerhalb der Mitgliederversammlung gefasster Beschluss nur gültig war, wenn alle Mitglieder schriftlich zustimmten, genügt nunmehr eine Stimmabgabe der Hälfte der Mitglieder in Textform und unter ihnen die für die Art des Beschlusses jeweils erforderliche Mehrheit. Wirksamkeitsvoraussetzung der Beschlussfassung in diesem Verfahren ist es, dass alle Mitglieder beteiligt wurden. Dafür ist zu verlangen, dass ihnen allen im gleichen Umfang der zur Abstimmung stehende Antrag mitgeteilt und erläutert und die vorgesehenen für jedes Mitglied zumutbaren Zugangswege mitgeteilt und erläutert wurden.3 Dass sich (nur) die Hälfte der Mitglieder durch Stimmabgabe beteiligen muss, ändert nichts daran, dass die ausgebliebene oder unvollständige Einbeziehung von Mitgliedern zur absoluten Ungültigkeit der Beschlüsse führen kann – nicht anders als bei Präsenzversammlung ein Ladungsfehler (Rz. 1054). Der Gesetzeswortlaut macht für nicht stimmberechtigte Mitglieder keine Ausnahme. Zu einer Versammlung wären sie zwingend mit einzuladen. Jedoch besteht für sie anders als bei Beschlussfassung in einer Versammlung (in Präsenz wie auch virtuell) im rein schriftlichen Verfahren kein Rede- und Fragerecht, mit dem sie die Beschlussfassung beinflußen könnten. Fehlende Beteiligung nicht Stimmberechtigter im Verfahren nach § 5 Abs. 3 ist daher – wie im Beschlussverfahren nach § 32 Abs. 2 BGB – für die Wirksamkeit der Beschlüsse unerheblich.4 Dennoch haben diese Mitglieder Anspruch auf gleichberechtigte Information. Sie können verlangen, dass auch ihnen die im Umlaufverfahren als Entscheidungsgrundlagen übermittelten Dokumente kostenfrei zur Verfügung gestellt werden. Es gelten sodann zwei unterschiedliche Quoren: 1. Bis zu dem vom Verein festgesetzten Termin muss mindestens die Hälfte der Vereinsmitglieder im Umlaufverfahren ihre Stimme abgegeben haben. Das Gesetz spricht anders als in § 32 Abs. 1 BGB von der Zahl der Mitglieder und nicht von Stimmen. Auf etwaige Mehrfachstimmrechte dürfte es auf dieser Stufe daher wohl eher nicht ankommen. Allerdings wird
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Telegramm und Telefax genügen aber, Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 210. Vgl. OLG Hamburg 22, 113 (115). Segna, npoR 2020, 148 (152). Anders Röcken, MDR 2020, 825 (830).
404 | Stöber/Otto
1. Grundsätzliches zur Mitgliederversammlung (§ 32 BGB) | Rz. 785 XIV. vorausgesetzt, dass die Mitglieder eine Stimme abgeben konnten, Mitglieder ohne Stimmrecht sind also zur Ermittlung des Quorums nicht mitzuzählen.1 Auch an dieser Stelle wird man in der Konsequenz der h.M. (Rz. 983) Enthaltungen wie auch ungültige Stimmen als nicht abgegeben werten. Denn die ganz h.M. versteht eine Enthaltung nicht als „Abgabe“ der Stimme, darüber kommt man für die Auslegung des § 5 Abs. 3 kaum nicht hinweg (auch wenn das Hälfteerfordernis Parallelen zum Kriterium der „Beschlussfähigkeit“ einer Präsenzversammlung aufweist und diese zumeist vor der eigentlichen Abstimmung allein aus der Zahl der stimmberechtigten Anwesenden bestimmt wird). 2. Auf einer zweiten Stufe ist zu klären, ob sich aus den abgegebenen Stimmen die je nach Art des Beschlusses nach Gesetz und Satzung jeweils erforderliche Mehrheit ergibt. Das kann die sog. einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen sein (Normalfall, mehr „Ja“ als „Nein“ ohne Wertung von Enthaltungen und ungültigen Stimmen), aber auch ein anderes Quorum, auch mit anderer Ausgangsbasis: So bleibt es insbesondere dabei, dass eine Zweckänderung nur mit Zustimmung aller Mitglieder möglich ist (nicht etwa nur aller Abstimmenden).2 Zur Stimmabgabe genügt (anders als im Verfahren nach § 5 Abs. 2 Nr. 2 des Sondergesetzes) die Textform des § 126b BGB. Das verlangt eine Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, und die der Erklärungsempfänger lesen und so aufbewahren kann, dass er für einen ihrem Zweck angemessenen Zeitraum zu ihr Zugang hat und sie unverändert wiedergegeben kann.3 Das gilt für Brief, E-Mail, Messaging-Dienste4 und wohl auch für „Abstimmungswebsites“, bei denen der Initiator der Abfrage ein Abstimmungsergebnis jedenfalls bis zu einem Stichtag speichern und die Eingabemöglichkeiten der Teilnehmer so steuern kann, dass eine einmal getätigte Stimmabgabe nicht veränderbar ist.5 Das verwendete Medium muss beim Verein vorhanden sein. Der Vorstand ist nicht gezwungen, gerade an von einzelnen Mitgliedern verwendeten Internet-Foren teilzunehmen. Telefonisch oder im Videochat kann die Zustimmung zu einem Beschluss nach dieser Bestimmung mangels „Lesbarkeit“ auch dann nicht erteilt werden, wenn die Konferenz aufgezeichnet wird. Um kein Mitglied auszuschließen, mag es sich anbieten, für die Abstimmung des Mitglieds jede Art der Kommunikation in Textform zuzulassen, für die der Verein empfangsbereit ist. Anders als das Verfahren nach § 32 Abs. 2 BGB kann das Abstimmungsverfahren nach § 5 Abs. 3 des Ausnahmegesetzes niemals neben das Versammlungsergebnis treten, sondern es ersetzt die Versammlung. Wurde ein Versammlungsbeschluss mit unzureichender Beteiligung getroffen, genügt also eine auf dem Weg des § 5 Abs. 3 eingeholte nachträgliche Zustimmung der Fehlenden zum Erreichen des jeweiligen Quorums nicht. Es muss dann insgesamt nochmals abgestimmt werden. Wenn in der Versammlung alle Anwesenden und dann alle in der Versammlung nicht Anwesenden schriftlich zustimmen, ist der Beschluss nach der allgemeinen Regel des § 32 Abs. 2 BGB gefasst. Das Verfahren nach § 32 Abs. 2 BGB kann ohne Beteiligung des Vorstands von jedem Mitglied eingeleitet werden. Für das Umlaufverfahren nach Ausnahmerecht genügt dies nicht, weil nur der Vorstand namens des Vereins den erforderlichen Termin für die Stimmabgabe setzen kann.6 § 37 BGB gewährt primär Anspruch auf Durchführung einer Versammlung,
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Ebenso Röcken, MDR 2020, 825 (830). Vgl. die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 19/18110, 30. Staudinger/Hertel, 2017, § 126b Rz. 10; Gutachten DNotI-Report 2020, 89 (90). Fisch, NZG 2020, 512 (513) nennt „E-Mail, WhatsApp, SMS etc.“ Ausf. zu einer „Doodle-Umfrage“ Gutachten DNotI-Report 2020, 89 (90). Anders und aus der Zielrichtung des Sondergesetzes gut zu begründen Röcken, MDR 2020, 825 (829): Ist ein anderes Organ für die Ladung zuständig, dann soll das auch für das Ver-
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XIV. Rz. 785 | Die Mitgliederversammlung nur mittelbar auf Behandlung und Abstimmung bestimmter Gegenstände in dieser Versammlung, so dass insoweit auch eine gerichtliche Ermächtigung ausscheidet.1 Ein Verfahren zur Ergebnisfeststellung regelt das Gesetz nicht. Da der Vorstand in dieser Gestaltung Herr des Verfahrens ist, wird er auch die Auszählung vornehmen und das Ergebnis ermitteln. Die Mitglieder haben Anspruch auf zeitnahe Unterrichtung über das Abstimmungsergebnis. Eine Wirksamkeitsvoraussetzung ist das aber nur, wenn die Satzung vorausschauend derartige Regelungen für ein schriftliches Abstimmungsverfahren enthält.
d) „Virtuelle“ bzw. Internet-Versammlung, Videokonferenz etc. 786
Die im Gesetz vorgesehene „Versammlung der Mitglieder“ erfordert eine (räumliche) Zusammenkunft (Treffen der Mitglieder2). „Versammlung“ ist im Gesetz regelmäßig als physische Zusammenkunft gemeint.3 Die Beschlussfassung in einer Versammlung (§ 32 Abs. 1 S. 1 BGB) ist Willensäußerung der „erschienenen“ Mitglieder (so ausdrücklich § 32 Abs. 1 S. 3 BGB a.F., ohne dass der Gesetzgeber hier nach den Materialien etwas ändern wollte).4 Schriftlichen Meinungsaustausch und schriftliche Willensäußerung zur Teilnahme an einer Abstimmung für Zustandekommen eines Mehrheitsbeschlusses schließt das aus. Unter Kommunikationsaspekten können der Internet-Chat oder die Videokonferenz nicht als Untergruppe der Versammlung angesehen und daher dem Mitgliedertreffen gleichgestellt werden.5 Das Modell des Gesetzes erlaubt es auch nicht, dass einzelne (abwesende) Mitglieder für die Abstimmung telefonisch zugeschaltet werden6 oder ihre Stimmen in elektronischer Form abgeben. Die Mitgliederversammlung kann also nicht ohne weiteres unter „abwesenden“ Vereinsmitgliedern mit Nutzung moderner Informations- und Kommunikationstechnologie durchgeführt werden (Internet-Hauptversammlung, Online-Versammlung im Chat-Verfahren). Eine Ausnahme mag gelten, wenn – was wiederum
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fahren nach § 5 Abs. 3 gelten. Auf diesem Weg kann man auch zu einer Zuständigkeit der nach § 37 BGB ermächtigten Minderheit gelangen. Offen lassend Segna, npoR 2020, 148 (152). Vgl. zur GmbH Reichert/Knoche, GmbHR 2020, 461 (464). Insoweit gilt unverändert OLGR Hamm 2001, 389 (392): Versammlung beinhaltet bereits nach seinem Wortsinn die Anwesenheit am Ort. Fisch, NZG 2020, 512; Fleck, DNotZ 2008, 245; NK-BGB/Lochner, § 32 Rz. 28; Wilken, S. 159 ff. Nicht zuletzt bestätigt der Gesetzgeber des Covid-19-Gesetzes diese Sichtweise nachdrücklich, indem er die in § 5 Abs. 2 des Sondergesetzes eröffneten Möglichkeiten einer Versammlung auf Distanz als Ausnahme von der Regel einführt: „Mitgliederversammlungen sind nach § 32 Abs. 1 Satz 1 BGB, soweit in der Satzung nichts Abweichendes geregelt ist, an einem bestimmten Versammlungsort durchzuführen, an dem sich die Mitglieder zusammenfinden.“ (BT-Drucks. 19/18110, 30). Anders Piper, NZG 2012, 735 unter Hinweis auf eine nicht Gesetz gewordene Fassung eines § 48 BGB (Entwurf von 1888). Dafür aber Erdmann, MMR 2000, 526 ff. (533); Erman/Westermann, § 32 Rz. 3; Pieper, NZG 2012, 735; jetzt auch OLG Hamm v. 27.9.2011 – 27 W 106/11, MDR 2012, 420 und Burhoff, Rz. 271. Das ist zu weitgehend angesichts der Eigendynamik von Gruppenprozessen in der besonderen Atmosphäre einer persönlichen Versammlung. Ablehnend auch Schwennicke in Staudinger, § 32 Rz. 49 (durch Satzungsänderung nur Stimmabgabe auf elektronischem Weg, nicht aber rein virtuelle Versammlung); Albrecht, jurisPR-ITR 8/2012, Nr. 4. OLGR Hamm 2001, 389.
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1. Grundsätzliches zur Mitgliederversammlung (§ 32 BGB) | Rz. 788 XIV.
nur bei kleineren Vereinen praktikabel ist – alle Mitglieder positiv dem Verfahren vorab zustimmen (also nicht nur schweigen). Ob losgelöst von diesem rechtlichen Ausgangspunkt die Einführung „moderner“ – gemeint sind „digitaler“ – Verfahren für das Vereinsleben vorzugswürdig ist,1 dürfte wie vieles im Vereinsleben von der konkreten Prägung des Vereins abhängen. Auch wenn neuere und neueste Medien heute die öffentliche Wahrnehmung dominieren, ist selbst der E-Mail Account nicht für Jedermann selbstverständlich.2 Die Einführung einer wahlweisen Stimmabgabe im Internet bei den Wahlen zu den Vorständen der Anwaltskammern (§ 64 BRAO) soll im Vergleich zur Präsenzveranstaltung zwar die Wahlbeteiligung klar gesteigert haben, blieb aber dennoch hinter den dahingehenden Erwartungen zurück.3
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Das hier mit der – durch den Gesetzgeber wieder bestärkten4 – h.M. angenommene Grundmodell5 schließt nicht aus, dass die Satzung in hinreichend genauer Bestimmung kombinierte Abstimmungsformen (Rz. 970), Stimmabgabe in Textform (§ 126b BGB) oder auch Internet-Chat, Video- oder Telefonkonferenzen vorsieht.6 Das Konzept des Gesetzes ist zwar das (tatsächliche) Mitgliedertreffen (Präsenzversammlung) als notwendiges Vereinsorgan. Die Anerkennung der Delegiertenversammlung (Rz. 937) als ein die Mitgliederversammlung vollständig verdrängendes Organ (Rz. 953) wie auch die Möglichkeit der schriftlichen Beschlussfassung ohne Versammlung (§ 32 Abs. 2 BGB) zeigen, dass dieser Grundsatz aber nicht unerschütterlich ist.7 Im Großverein tritt der Aspekt des direkten Meinungsaustauschs in der Versammlung zurück gegenüber dem Ziel einer „informierten Entscheidungsfindung“.8 Die im Aktienrecht eingeräumten Möglichkeiten einer Teilnahme ohne Anwesenheit am Ort der Versammlung im Wege unmittelbarer elektronischer Kommunikation9 und Stimmabgabe (§ 118 Abs. 1 AktG) sind im Verein durch Satzungsbestimmung
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1 So Dehesselles/Richter, npoR 2016, 246. 2 Bezeichnend aus der Warte eines Praktikers etwa Weller, Datenschutz für Vereine, 2. Aufl. 2020, S. 55, wonach die Adressenverwaltung des Vereins ohne weiteres u.a. mit Name, Telefon- und Faxnummer (!) des Mitglieds arbeiten dürfe (passim: weil regelmäßig erforderlich), mit seiner E-Mail-Adresse aber nur bei zwingendem Satzungserfordernis oder gar nur mit ausdrücklicher Einwilligung (S. 27). Als heutzutage selbstverständlich wird dabei die Kommunikation per E-Mail nur für die Funktionsträger angenommen (S. 28). 3 Jahn, NJW-aktuell 31/2019, 18. 4 BT-Drucks. 19/18110, 30. 5 A.A. etwa auch BeckOK/BGB/Könen, § 36 Rz. 17; Noack, NJW 2018, 1345 (1349). 6 Insoweit im Ergebnis wie hier Burhoff, Rz. 272; Erdmann, MMR 2000, 526 ff. (527); Fleck, DNotZ 2008, 245 ff. mit Musterformulierung; Krüger, MMR 2012, 85 mit Gestaltungsempfehlungen; Mecking, ZStV 2011, 161. Zur technischen Funktionsweise und Sicherungsmechanismen bei einer Telemedienwahl s. Roßnagel/Gitter/Opitz-Talidou, MMR 2009, 383. 7 A.A. hier bis 9. Aufl., Rz. 409a; vgl. Hadding in Soergel, Rz. 2. 8 Referat Noack, Vereinsrechtstag 2018, npoR 2018, 136. 9 Die audiovisuelle Zuschaltung von Gesellschaftern in der GmbH-Gesellschafterversammlung soll nach Wertenbruch, GmbHR 2019, 149 ohne Satzungsregelung möglich sein; nicht hingegen die Kombination von Präsenzveranstaltung und zeitversetzter schriftlicher Beteiligung.
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XIV. Rz. 788 | Die Mitgliederversammlung
daher grundsätzlich ebenso abbildbar wie die Abstimmungsmöglichkeit ohne Teilnahme durch „Briefwahl“, wobei die Stimmabgabe in einem heutigen Begriffsverständnis sowohl postalisch wie auch auf elektronischen Weg übermittelt werden kann (vgl. § 118 Abs. 2 AktG). Wenn als Briefwahl allerdings durch Satzung oder Vereinsobservanz allein die Abstimmung auf dem Postweg etabliert ist (Schriftform), erlaubt das keinen Online-Stimmzettel.1 789
Bedenklich ist es allein, wenn solche Regelungen nicht bereits mit der Gründungssatzung, sondern erst später im Leben des Vereins eingeführt werden sollen.2 Es kann als Treuepflichtverletzung unwirksam sein, wenn Bestandsmitglieder auf diese Weise faktisch in ihrer Mitwirkungsmöglichkeit begrenzt werden.3 Auch wenn nur eine zusätzliche Option der Fernbeteiligung an einer grundsätzlich als Präsenzveranstaltung durchgeführten Versammlung eingeführt wird, hebt das die Bedenken nicht auf.4 Es wird ein Sondervorteil, nämlich eine erleichterte Mitbestimmungsmöglichkeit, geschaffen. Er gilt jedenfalls dann nur einem Teil der Mitgliederschaft, wenn erwartet werden muss, dass nicht alle Mitglieder ohne weiteres die vom Verein gesetzten technischen Anforderungen erfüllen können. Die Auswirkungen auf die Vereinskultur muss jeder Verein für sich bewerten – eine Abstimmung aus der Distanz wird den Einfluss sonst passiver Mitglieder stärken.5 Beispiel einer Satzungsregelung (Fall des OLG Hamm v. 27.9.2011 – 27 W 106/11, MDR 2012, 420): „Die Mitgliederversammlung erfolgt entweder real oder virtuell (Onlineverfahren) in einem nur für Mitglieder mit ihren Legitimationsdaten und einem gesonderten Zugangswort zugänglichen Chat-Raum (…) Im Onlineverfahren wird das jeweils nur für die aktuelle Versammlung gültige Zugangswort mit einer gesonderten Email unmittelbar vor der Versammlung, maximal 3 Stunden davor, bekannt gegeben. Ausreichend ist dabei die ordnungsgemäße Absendung der Email an die letzte dem Vorstand bekannt gegeben Email-Adresse des jeweiligen Mitglieds. Mitglieder, die über keine Email-Adresse verfügen, erhalten das Zugangswort per Post an die letzte dem Vorstand bekannt gegebene Adresse. Ausreichend ist die ordnungsgemäße Absendung des Briefes zwei Tage vor der Mitgliederversammlung. Sämtliche Mitglieder sind verpflichtet, ihre Legitimationsdaten und das Zugangswort keinem Dritten zugänglich zu machen und unter strengem Verschluss zu halten (…) Vorstandsversammlungen (…) können ebenfalls online oder in Schriftform erfolgen.“ 1 LAG Hamburg v. 15.2.2018 – 8 TaBV 5/17, ArbRB 2018, 203 (zu einer Betriebsratswahl). Abl. Thüsing, EWiR 2017, 575. 2 Diese Einschränkung fehlt in der Entscheidung des OLG Hamm v. 27.9.2011 – 27 W 106/ 11, MDR 2012, 420, das Mitglieder ohne eigenen Internetzugang auf öffentliche Zugänge verweist. Damit werden herkömmliche Erwartungen der Mitgliedschaft enttäuscht, „nicht technikaffine“ und möglicherweise auch sozial schwächere Bestandsmitglieder treuwidrig ausgegrenzt, vgl. dazu Albrecht, jurisPR-ITR 8/2012 Nr. 4. Ohne die Einschränkung auch Dehesselles/Richter, npoR 2016, 246; Noack, NJW 2018, 1345 (1349); Ellenberger in Palandt, § 32 Rz. 1. 3 Schöpflin in Bamberger/Roth, § 32 Rz. 45 sieht mit guten Gründen eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes. 4 So aber Krüger, MMR 2012, 85. 5 Selbstverständlich greifen solche Bedenken nicht, wenn das Vereinsleben im Übrigen ohnehin in neuen Medien oder virtuellen Welten spielt.
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1. Grundsätzliches zur Mitgliederversammlung (§ 32 BGB) | Rz. 791 XIV.
Eine solche Regelung lässt allerdings noch offen, auf welche Weise in der „Versammlung“ abgestimmt werden soll.1 Bei der Übertragung der Versammlung in Bild und Ton, aber ohne Rückkanal (und damit ohne faktische Verstärkung der Stimmmöglichkeit entsprechend ausgerüsteter Ortsabwesender) ist zu differenzieren: Häufig muss die Versammlung schon wegen ihrer Größe und aus anderen Zweckmäßigkeitserwägungen in Nebenräume, Raucherzonen oder Sanitärbereiche übertragen werden, ohne dass dadurch der zugelassene Teilnehmerkreis erweitert, die Einlasskontrolle aufgehoben oder unkontrolliert Bild- und Tonaufnahmen (dazu auch Rz. 1077) gemacht werden können. Dann handelt es sich insgesamt noch um einen einheitlichen Versammlungsbereich, allenfalls um eine Frage der Versammlungsleitung. Geht die Übertragung örtlich darüber hinaus, bleibt sie aber innerhalb der Mitgliederschaft und sonst Teilnahmeberechtigter in einem kontrolliert geschlossenen Empfängerkreis (z.B. Übertragung in auswärtige Räume mit Zugangskontrolle, etwa an den Sitzen von Zweigvereinen), ist das möglich, es bedarf wegen der Abweichung vom gesetzlichen Modell aber einer Grundlage in der Satzung. Die nachträgliche Einführung einer Satzungsbestimmung, die derart die passive Teilnahmemöglichkeit unter den Mitgliedern und anderen Teilnahmeberechtigten erweitert, wird bei sachlichem Grund in aller Regel etwaige Interessen widersprechender Mitglieder überwiegen und ist daher möglich. Mit einer unbeschränkten Übertragung (vgl. § 118 Abs. 4 AktG) z.B. über das Internet hingegen wäre – mangels Kontrollmöglichkeit der Weitergabe von Passwörtern und der gemeinsamen Nutzung mit Dritten – letztlich der Grundsatz der Mitgliederöffentlichkeit der Versammlung zugunsten einer allgemeinen Öffentlichkeit der Vereinsmitgliederversammlung aufgegeben und auch die vom BGH bei Widerspruch verwehrte Aufzeichnung von Wortbeiträgen (Rz. 1077) möglich. Die Eröffnung dieser Variante durch Satzungsänderung kann treuwidrig berechtigte Interessen von Mitgliedern verletzen, die ihren Auftritt in einer vereinsinternen Diskussion nicht in der Öffentlichkeit wissen wollen.2 Im Zweifel ist hier abzuwägen, wie stark die weitere Verfolgung des Vereinszwecks eine derartige Satzungsänderung gebietet – und inwieweit dem Mitglied gegebenenfalls der Austritt zuzumuten ist.
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In der Vereinswirklichkeit kommt es nicht selten vor, dass die Versammlung unterbrochen wird, damit sich z.B. Meinungsfraktionen oder der Vorstand über neue Vorschläge besprechen, die Versammlungsleitung über Verfahrensfragen beraten kann. Die gängigen Konferenzprogramme scheinen für solche separaten Beratungen noch keine Lösungen bereitzuhalten.3 Selbstverständlich ist es zwar möglich, online neue – zusätzliche – Konferenzen zu eröffnen, dann muss aber auf die korrekte Steuerung der Zugangsmöglichkeiten geachtet werden. Weder darf Unberechtigten der Zugang zu internen Gremienberatungen eröffnet werden, noch darf ein Berechtigter durch Einrichtung eines für ihn verdeckten „zweiten Kanals“ aus dem Beratungsgang ausgesperrt werden. Das schließt nicht aus, dass sich einzelne Teilnehmer in einer Sitzungspause oder sogar während der Sitzung informell z.B. auch telefonisch austau-
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1 Scheuch, ZStV 2012, 141. Zu Fragen der Beschlussfähigkeit s. Krüger, MMR 2012, 85 (88). 2 Anders Noack, NJW 2018, 1345, 1347. 3 Mantz/Spoenle, MDR 2020, 637 (640).
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XIV. Rz. 791 | Die Mitgliederversammlung
schen, wie sie es nicht anders in einer „Zigarettenpause“ am Rande der Präsenzversammlung täten. Bei der Auswahl des für eine Online-Versammlung eingesetzten Konferenzdienstes müssen nicht zuletzt auch die Vorgaben des Datenschutzes beachtet werden.1 792
Covid-19 – Sonderbestimmung: Virtuelle und gemischte Mitgliederversammlung § 5 (2) Abweichend von § 32 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs kann der Vorstand auch ohne Ermächtigung in der Satzung Vereinsmitgliedern ermöglichen, 1. an der Mitgliederversammlung ohne Anwesenheit am Versammlungsort teilnehmen, und Mitgliederrechte im Wege der elektronischen Kommunikation ausüben können oder müssen 2. ohne Teilnahme an der Mitgliederversammlung ihre Stimmen vor der Durchführung der Mitgliederversammlung schriftlich abgeben können. Fassung bis 27.2.2021: § 5 (2) Abweichend von § 32 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs kann der Vorstand auch ohne Ermächtigung in der Satzung Vereinsmitgliedern ermöglichen, 1. an der Mitgliederversammlung ohne Anwesenheit am Versammlungsort teilzunehmen und Mitgliederrechte im Wege der elektronischen Kommunikation auszuüben oder 2. ohne Teilnahme an der Mitgliederversammlung ihre Stimmen vor der Durchführung der Mitgliederversammlung schriftlich abzugeben. Mit dem Sondergesetz etabliert der Gesetzgeber eine bewusste2 Ausnahme vom vereinsrechtlichen Prinzip der Präsenzversammlung. Sämtliche oben als Regelungsmöglichkeiten der Gründungssatzung beschriebenen Varianten sind für den Geltungszeitraum des Sondergesetzes von Gesetz wegen möglich. Der damit erfolgte Eingriff in die Vereinsautonomie ist offensichtlich geboten, weil die Vereine sonst in Gefahr gerieten, aufgrund der auch für sie geltenden Bestimmungen allgemeiner Gesetze – Einschränkung der Reise- und Versammlungsmöglichkeiten und Abstandsregeln – die für das Vereinsleben als zentral empfundene Meinungsbildung der Mitglieder gar nicht oder nicht zu angemessenen Kosten durchführen zu können. Dass eine nicht Internet-affine Mitgliederschaft bei Eintritt nicht mit derartigen Bestimmungen rechnen konnte, musste in der Abwägung zurücktreten. Möglich ist die Ergänzung einer Präsenzversammlung durch optionale Online-Beteiligung oder schriftliche Vorab-Stimmabgaben ebenso wie der Ausschluss der Mitglieder und ihr zwingender Verweis auf eine solche Fernbeteiligung. Letzteres ergibt sich für den Geltungszeitraum bis 28.2.2021 zwar nicht aus dem Wortlaut des Gesetzes, wohl aber aus seinem Zweck.
1 Die Landesdatenschutzbeauftragten bieten hierzu ausführliche Online-Informationen an. Die Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen hat zB am 21.8.2020 unter https://lfd.niedersachsen.de/download/158091 detaillierte, teils auch auf andere Rechtsgebiete ausgreifende Hinweise zu verschiedenen datenschutzrechtlichen Aspekten von Videokonferenzdiensten veröffentlicht. Eine – in Einzelheiten wohl nicht unumstrittene – Anbieterübersicht mit Wertung aus Sicht des Datenschutzes gibt die Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit unter https://www.datenschutz-berlin.de/fileadmin/ user_upload/pdf/orientierungshilfen/2020-BlnBDI-Hinweise_Berliner_Verantwortliche_ zu_Anbietern_Videokonferenz-Dienste.pdf, Stand 3.7.2020 (Abruf 2.9.2020). Zu den Auftragsverarbeitungsverträgen Rz. 1919. 2 BT-Drucks. 19/18110, 30. Ebenso BMJV, Fragen und Antworten: Handlungsfähigkeit für Vereine und Stiftungen während der Corona-Krise, Frage 4, 13.3.2020, letzter Abruf über www.bmjv.de am 22.5.2020.
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1. Grundsätzliches zur Mitgliederversammlung (§ 32 BGB) | Rz. 792 XIV. Für den Verein wäre in der Pandemie-Situation nichts gewonnen, wenn er sich vorsorglich doch darauf einstellen müsste, dass alle Mitglieder physisch erscheinen. Satzungsregelungen, die (nur) eine freiwillige Online-Beteiligung vorsehen, treten aus demselben Grund zurück. Ob und wieweit der Vorstand von den erweiterten Möglichkeiten tatsächlich Gebrauch macht, oder ob er angesichts von Versammlungsverboten oder Erschwernissen die Versammlung ganz aussetzt (gfs ersetzt durch ein vollständig schriftliches Verfahren nach Rz. 785), liegt grds. in seinem Ermessen.1 Dabei wird er die Dringlichkeit anstehender Entscheidungen ebenso wie die konkreten technischen Gegebenheiten und die Interessen der Mitglieder abwägen. Beachtet der Vorstand die wesentlichen, nachfolgend behandelten Verfahrensgrundsätze, dann ist einzige Sanktion einer Fehlentscheidung die Abwahl bzw. Nicht-Wiederwahl. Denjenigen Mitgliedern, die ihre Beteiligungsrechte in einem ihnen unvertrauten Abstimmungsprozess zu sehr abgeschnitten sehen, bleibt der Austritt aus dem Verein. Etwas anders ist die Ausgangslage, wenn die Satzung ausdrücklich eine Versammlung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder in einem bestimmten Zeitintervall vorschreibt. Allein die allgemeinen Erschwernisse der Durchführung einer Präsenzversammlung rechtfertigen dann noch keinen Aufschub oder einen Ausfall der Mitgliederversammlung, weil das Sondergesetz gerade für diesen Fall die Onlineversammlung bzw. sehr flexible Lösungen erlaubt. Wenn die Durchführung einer virtuellen Mitgliederversammlung unverhältnismäßigen Aufwand bedingt, kann die Einberufungspflicht aber auch zurücktreten.2 Die aus den allgemeinen, nicht speziell auf den Verein bezogenen Gesetzen folgenden rechtlichen und praktischen Schwierigkeiten bei der Abhaltung von Präsenzversammlungen konnten die Satzungsgeber nicht vorhersehen (Gedanke des § 313 BGB). Gerade für die Fälle, in denen die Abhaltung einer virtuellen Versammlung zu aufwändig wäre, hat der Gesetzgeber mit § 5 Abs. 3 des Sondergesetzes die Möglichkeit einer rein in Textform durchgeführten Abstimmung ohne jede Versammlung eingeführt (Rz. 785).3 Insofern können Satzungsbestimmungen, die eine Entscheidung der Mitgliederversammlung verlangen, unter Geltung der Versammlungsbeschränkungen und alle größere Versammlungen praktisch erschwerenden Abstandregeln so gelesen werden, dass anstelle der Versammlung hilfsweise ein versammlungsloser Beschluss nach der Sonderregel § 5 Abs. 3 ausreicht. Einen Aufschub der Vorstandswahlen sieht das Gesetz ausdrücklich vor (Rz. 499). Das weist darauf hin, dass der Gesetzgeber auch einen ersatzlosen Ausfall von Mitgliederversammlungen akzeptiert. Er hat das mit der jüngsten Änderung des Sondergesetzes ausdrücklich bestätigt.4 Sind Mitglieder mit der Entscheidung des Vorstands nicht einverstanden, kann § 37 BGB helfen (dazu Rz. 829). Entschließt sich der Vorstand, die Mitgliederversammlung in kombinierter Form und dabei mit zahlenmäßig beschränkter Zulassung zur Präsenzversammlung durchzuführen, dann ist 1 Das LG München I v. 26.5.2020 – 5 HK O 6378/20 = ZIP 2020, 1241 hält Untersagung der Durchführung einer Hauptversammlung (§ 241 AktG) im rein virtuellen Verfahren bei einem sehr kleinen Aktionärskreis wegen Ermessensfehlgebrauch für möglich. 2 Vereinsrechtstag e.V., „Aussetzung der Pflicht zur Einberufung einer Mitgliederversammlung während der COVID-19-Pandemie?“, online-Stellungnahme vom 1.5.2020, letzter Abruf 22.5.2020 über www.vereinsrechtstag.de (Aktuelles). Ab 28.2.2021: § 5 Abs. 2a des Maßnahmengesetzes (Abdruck im Anhang). 3 Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) nennt die versammlungslose Beschlussfassung nach § 5 Abs. 3 ausdrücklich als Lösung für „kleine Vereine, die nicht über die technischen Mittel oder das technische Know-how verfügen, um Mitgliederversammlungen im Internet durchzuführen“ (BMJV, Fragen und Antworten: Handlungsfähigkeit für Vereine und Stiftungen während der Corona-Krise, Frage 5, 13.3.2020, letzter Abruf über www.bmjv.de am 22.5.2020. 4 § 5 Abs. 2a des Maßnahmengesetzes i.d.F. ab 28.2.2021 (Abdruck im Anhang).
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XIV. Rz. 792 | Die Mitgliederversammlung der Grundsatz der Mitgliedergleichbehandlung peinlich genau zu beachten. Bei Verstoß droht Unwirksamkeit aller Versammlungsbeschlüsse. Alle Mitglieder müssen die gleiche Chance physischer Teilnahme haben. Losverfahren und eine Zulassung nach Reihenfolge der Anmeldungen (die aber nur ab einem bestimmten, allen Mitgliedern vorab mitgeteilten Zeitpunkt entgegengenommen werden), bieten sich an. Allein auf die Reihenfolge des Erscheinens in der Versammlung darf nicht abgestellt werden, weil das diejenigen bevorzugt, die im Fall eines Zuspätkommens noch schnell genug zur Online-Variante wechseln können. Ausnahmen gelten für Funktionsträger, die Aufgaben in der Versammlung wahrzunehmen haben oder einer Berichtspflicht genügen müssen. Nur eine Satzungsregelung könnte es erlauben, bestimmte Mitgliedergruppen für die Präsenzversammlung zu bevorzugen, wie etwa behinderten Personen, für welche die Online-Teilnahme eine besondere Erschwernis darstellt, oder auch denjenigen Mitgliedern, die fristgerecht selbst Anträge zur Mitgliederversammlung gestellt haben, um diese mündlich zu begründen, oder auch vorab vorgeschlagenen Kandidaten für Wahlämter. Der Vorstand – nicht etwa ein möglicherweise abweichendes Einberufungsorgan1 – kann nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes den Mitgliedern die Teilnahme im Wege elektronischer Kommunikation eröffnen. Ankündigen muss er dies – nicht anders als Ort und Zeit der Versammlung – innerhalb der satzungsmäßigen Ladungsfrist. Eine nachträglich Änderung des Durchführungsmodus ist insofern nichts anderes zu behandeln als zB ein nachträglicher Ortswechsel (Rz. 808). Je nach Größe des Vereins ist dabei an die Zuschaltung der ortsabwesenden Mitglieder in Video- und/oder Telefonkonferenzen oder im Online-Chat zu denken. Die verwendete Software muss u.a. die Teilnahmerechte steuern lassen und – je nach Vorgabe der Satzung oder Geschäftsordnung – für alle Teilnehmer einsehbare wie auch geheime Abstimmung ermöglichen.2 Marktgängige Konferenzplattformen erlauben es dem Versammlungsleiter, (nur) für die Mitglieder, denen er das Wort erteilt, den Audioeingang freizuschalten. Zur Auswahl von Online-Konferenzdiensten unter datenschutzrechtlichen Aspekten s Rz. 791 und die dortige Fußnote. Für die Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft kann in einer Mischform vorgesehen werden, dass „die Aktionäre an der Hauptversammlung auch ohne Anwesenheit an deren Ort und ohne einen Bevollmächtigten teilnehmen und sämtliche oder einzelne ihrer Rechte ganz oder teilweise im Wege elektronischer Kommunikation ausüben können“ (§ 118 Abs. 1 Satz 2 AktG). Damit stellt sich die Frage, ob den Vereinsmitgliedern, die von außerhalb teilnehmen, in der Versammlung ebenfalls auch nur „einzelne“ Rechte bzw. diese auch nur „teilweise“ gewährt werden dürfen. Sicherlich müssen sie stets den Verlauf der Versammlung verfolgen, gegebenenfalls intervenieren und „jedenfalls abstimmen“3 können. Weitergehend erlaubt der Wortlaut des Sondergesetzes keine Differenzierung zwischen den Rechten der anwesenden und zugeschalteten Mitglieder.4 Andererseits zeigt der Gesetzgeber mit § 5 Abs. 2 Nr. 2, dass es für Abwesende auch genügen kann, wenn sie ganz ohne Diskussion abstimmen können. Das spricht dafür, dass Rede- und Fragerechte der Ortsabwesenden zwar nicht von vornherein ausgeschlossen sein dürfen, aber je nach den technischen Gegebenheiten beschränkt sein kön1 Wie hier Schwenn/Blacher, npoR 2020, 154 (155). Anders und nach der Zielsetzung des Gesetzes gut zu begründen Röcken, MDR 2020, 825 (829). 2 Ausführlich zu den diversen rechtlichen wie praktischen Erfordernissen Schwenn/Blacher, npoR 2020, 154–160 (auch mit einem Formulierungsvorschlag für das Einladungsschreiben). Vgl. zur praktischen Durchführung im Übrigen die zahlreichen, im Literaturverzeichnis genannten Aufsätze zur virtuellen Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft. 3 Noack, NJW 2018, 1345 (1349). 4 Segna, npoR 2020, 148 (150) verweist zudem auf die Gesetzesbegründung, die einheitlich auf die Mitgliederrechte abstellt.
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1. Grundsätzliches zur Mitgliederversammlung (§ 32 BGB) | Rz. 792 XIV. nen. Letztlich werden die Verhältnisse des jeweiligen Vereins entscheiden: Der Vorstand muss Kommunikationswege schaffen, deren Einrichtung nach den Verhältnissen des Vereins und der Bedeutung der anstehenden Entscheidungen finanziell angemessen und für die Mitgliederschaft auch technisch in vertretbarem Umfang zu leisten ist. Wenn auf eine Präsenzversammlung ganz verzichtet wird, gilt letztlich nichts anderes. Auch hier müssen die Vorgaben auf Gleichbehandlung der Mitglieder ausgerichtet sein. Zu hohe technische Anforderungen an das einzelne Mitglied können seine Rechte ebenso verletzen wie eine technisch begründete zu starke Reduktion seiner aktiven Beteiligungsmöglichkeit. Dafür kann der Vorstand eine allgemeine Abwägung vornehmen, er kann nicht die besonderen Verhältnisse weniger einzelner Mitglieder, „nach oben“ erst Recht nicht den technischen Standard einer Mitgliedergruppe zum Maßstab machen.1 Die aktuell am Markt vertretenen Online-Konferenzsysteme bieten zwar durchgängig eine Zwei-Wege-Direktkommunikation sowohl vom Moderator zu den Teilnehmern wie auch von jedem Teilnehmer zur Versammlung hin an, die tatsächlichen InternetBandbreiten reduzieren die Umsetzung aber erheblich. Eine Redezeitbegrenzung ist in der Präsenzversammlung üblich und kann bei Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes auch für die Online-Teilnehmer angewandt werden. Wird ein schriftliches „Chat-Verfahren“ für die Meldungen der Mitglieder genutzt, darf entsprechend der zulässige Zeichenumfang begrenzt werden, damit der Ablauf nicht durch die Pflicht zur Lektüre seitenlanger hineinkopierter Dokumente gestört wird. Das im einzelnen vorgesehene Verfahren muss den Mitgliedern umfassend erläutert werden. Wenn Mitglieder nicht über alle zugelassenen Kommunikationskanäle informiert waren und deshalb ihre Rechte nicht so weitgehend ausüben können wie andere, kann dies ein Unwirksamkeitsgrund gefasster Beschlüsse sein. Die Covid-19-Sonderbestimmungen zum Aktienrecht sehen ausdrücklich eine Reduzierung des Auskunftsrechts in der virtuellen Versammlung vor (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3). Für den Verein wurde keine entsprechende Regelung getroffen. Dabei sollte es auch bleiben.2 Der ortsabwesende Teilnehmer muss also nicht nur die Möglichkeit erhalten, Fragen zu stellen, sondern diese sind vom Vorstand und weiteren auskunftspflichtigen Organen auch innerhalb der Versammlung nach den allgemeinen Regeln zu beantworten. Frage und Antwort müssen allen Teilnehmern zur Kenntnis gegeben werden. Dabei kann nach den technischen Gegebenheiten aber ein unterschiedlicher Kommunikationsweg gewählt werden: Etwa Fragestellung schriftlich in einem Chatsystem, Antwort live in Bild und Ton; Frage nur auf dem Tonkanal hörbar (weil das Mitglied keine Kamera angeschlossen hat, aber auch, weil das eingesetzte System nicht so viele Videoteilnahmen zulässt), Antwort in Bild und Ton. Weil Meldungen zur Geschäftsordnung im Sitzungsverlauf in der Regel Vorrang haben, sollte – im Rahmen des dem Verein angemessenen technischen Aufwands – ein Verfahren vorgesehen werden, wie das Mitglied, das einen solchen Antrag stellen will, den Versammlungsleiter auf sich aufmerksam macht (etwa über ein separates Telefon des Sitzungsleiters oder E-Mail, idealerweise bietet die Konferenzplattform einen „Priority“-Button o.ä.). Das Mitglied nimmt über den Fernzugang wie ein Anwesender an der Versammlung teil, so dass es auch ohne ausdrückliche Anordnung (wie in § 1 Abs. 2 des Ausnahmegesetzes für die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft) genügt, dass allein ein Versammlungsleiter physisch am Versammlungsort anwesend ist.3 Wenn die Satzung einen bestimmten Versamm-
1 So dürfte etwa ein Breitensportverein nicht für alle Mitglieder die technische Versiertheit seiner eSport-Abteilung voraussetzen. 2 Segna, npoR 2020, 148 (151). 3 Kritisch zur Forderung des Gesetzes, überhaupt einen bestimmten Versammlungsort festzusetzen, Schwenn/Blacher, npoR 2020, 154 (155).
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XIV. Rz. 792 | Die Mitgliederversammlung lungsort nennt, sollte diese Bestimmung unter den Bedingungen des Sondergesetzes als bloße Förmelei jedenfalls dann zurücktreten, wenn nicht die Mischform, sondern gar keine physische Teilnahme weiterer Mitglieder vorgesehen ist.1 Es kann also ein Versammlungsort benannt werden, den der Versammlungsleiter möglichst unkompliziert erreicht. Es muss nicht der in der Satzung für die reguläre Präsenzversammlung vorgesehene Ort sein. Den virtuellen Zugang sollte man über den Wortlaut des Gesetzes hinaus auch genügen lassen, wenn die Satzung eine Teilnahme von Nichtmitgliedern, insbesondere leitenden Vereinsangestellten vorschreibt. Es muss nur sichergestellt sein, dass sie unmittelbar auf Fragen der Mitglieder antworten können. Eine Verkürzung der Ladungsfristen ist nicht vorgesehen. Man wird erwarten können, dass mit der Ladung und Tagesordnung nunmehr auch etwaige abweichende Zugangsmöglichkeiten anzukündigen sind. Das Gesetz trifft keine Aussage zum Umgang mit technischen Störungen. Sorgfältige Geschäftsführung gebietet, dass der Vorstand grundsätzlich funktionsfähige und für die Mitgliederschaft geeignete Verfahren wählt. Für einzelne Übermittlungsstörungen oder konkrete technische Zugangshindernisse einzelner Mitglieder ist er nicht verantwortlich.2 Verlangt die Satzung für die Beschlussfähigkeit einer Versammlung eine bestimmte Mindestanwesenheit, wird man dafür die Mitglieder zusammenrechnen, die vor Ort anwesend sind, tatsächlich bei in beide Richtungen funktionierenden Kanälen elektronisch zugeschaltet sind und die auf Anfrage des Vorstands hin vorab (§ 5 Abs. 2 Nr. 2) abgestimmt haben. Mitglieder, welche die Versammlung nur passiv verfolgen können und keine Möglichkeit zur eigenen Intervention haben (z.B. Antragstellung zur Geschäftsordnung über Chat, begleitende Mail o.Ä.), nehmen in diesem Sinn nicht teil und können allenfalls aufgrund ihrer vorherigen Stimmabgabe mitgerechnet werden. Zur Frage einer Vertretung von Mitgliedern nimmt das Sondergesetz nicht Stellung. Sie ist also nur zulässig, soweit sie die jeweilige Vereinsverfassung erlaubt. Aktienrechtliche Regeln zur Stimmabgabe über Intermediäre etc sind auch auf die mit der Covid-19-Gesetzgebung zugelassenen virtuellen Versammlung nicht übertragbar. Alternativ oder zusätzlich kann gem. § 5 Abs. 2 Nr. 2 als eine Mischform vom Vorstand zugelassen werden, dass Mitglieder schon vor der Versammlung ihre Stimme abgeben. Wenn die Satzung nichts anderes bestimmt, muss mit der Ladung allerdings allein der Beschlussgegenstand angekündigt sein. Nur große Versammlungen arbeiten regelmäßig mit fest vorformulierten Beschlussvorschlägen, weil die Abfassung von Beschlusstexten ad hoc in der Versammlung für sie nicht praktikabel ist. Das mag eine Erklärung dafür sein, dass im Ausnahmegesetz für die vorab abgegebene Stimme auf der Schriftform bestanden wird. Hier genügt die Textform (E-Mail, Doodle-Umfrage etc.) nach dem klaren Wortlaut des § 5 Abs. 2 Nr. 2 nicht.3 Es können nur Stimmen berücksichtigt werden, die eindeutig und ohne jede Abweichung für oder gegen einen bestimmten Vorschlag stimmen. Der geringste Zusatz oder Auslegungsbedarf muss solche Stimmabgaben ungültig machen, daher müssen sie schriftlich dokumentiert 1 Segna, npoR 2020, 148 (150). 2 vgl. zur Hauptversammlung der Aktiengesellschaft die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 19/18110, 18. Zum denkbaren Ausschluss einer Beschlussanfechtung bei technischer Störung o.Ä. s auch Segna, npoR 2020, 148 (151). 3 Otto, https://www.juris.de/jportal/nav/juris_2015/aktuelles/magazin/coronavirus-vereins recht.jsp; Röcken, MDR 2020, 825 (829); Segna, npoR 2020, 148 (151) jeweils mit Hinweis auf die diesbezüglich eindeutige Differenzierung der beiden Abstimmungsformen nach § 5 Abs. 2 Nr. 2 einerseits, § 5 Abs. 3 andererseits sowohl im Gesetzeswortlaut wie auch in der Begründung (BT-Drucks. 19/18110, 30). Anders (aber ohne Begründung) Fisch, NZG 2020, 512 (513); Schneider/Bischoff, ZStV 2020, 153 (155).
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2. Berufung der Versammlung (§ 32 Abs. 1, §§ 36, 37, 58 Nr. 4 BGB) | Rz. 793 XIV. sein. Mit diesen Vorgaben wird die Mischform für viele Verein, denen die Versammlung gerade zur Meinungsfindung dient, eher nicht in Betracht kommen. Anbieten mag sich das Verfahren für Wahlen, wenn diese ohne Aussprache zur Person stattfinden. Die schriftlichen Stimmen müssen eingehen, bevor die virtuelle Versammlung in die Abstimmung eintritt. Später zugestellte Stimmen sind ungültig.1 Die Möglichkeit einer vorab abgegebenen Stimme soll letztlich diejenigen Mitglieder „mitnehmen“, die keinen Internetzugang haben und daher per Briefpost abstimmen.2 Sie konterkariert aber die Vorzüge der Entscheidungsfindung in direkter Kommunikation, so dass man anstelle der Mischform auch ganz auf die Versammlung verzichten kann. So vor allem, wenn im konkreten Verein zu erwarten ist, dass das Gros der Mitglieder die schriftliche Abstimmung bevorzugt. Dies wird durch eine Ausnahmebestimmung zu § 32 Abs. 2 BGB erheblich erleichtert, insbesondere reicht dann die Textform (dazu Rz. 785). Soweit die Vereinssatzung bereits alternative Beschlussverfahren eingeführt hat, bleiben diese neben den Ausnahmeregelungen gültig. Die Ausnahmen sind nicht satzungsdispositiv gestaltet, lassen aber dem Vorstand weitgehende Entscheidungsfreiheit. Wenn eine Satzung z.B. bereits ein Abstimmungsverfahren mit unterschriebenen Stimmzettel kennt, kann es der Vorstand entweder dabei belassen oder nach § 5 Abs. 3 des Ausnahmegesetzes vorgehen. Eine in der Satzung vorgesehene Protokollpflicht gilt auch für die virtuelle oder gemischte Versammlung.3 Dasselbe gilt für Satzungsbestimmungen über die Ergebnisfeststellung und die Bekanntgabe der Abstimmungsergebnisse.
2. Berufung der Mitgliederversammlung (§ 32 Abs. 1, §§ 36, 37, 58 Nr. 4 BGB) a) Begriff Berufung ist Bekanntmachung von Zeit und Ort der Versammlung und des Versammlungszwecks. Sie sichert die Möglichkeit aller Mitglieder, an der Versammlung teilzunehmen und sich auf sie vorzubereiten. Bestimmungen zu Form und Frist der Einberufung sichern Mindeststandards auch zugunsten der Mitglieder, die weniger aktiv an der Vereinsverwaltung teilnehmen. Einzubeziehen sind alle an der Versammlung aufgrund eigenen Rechts Teilnahmeberechtigten.4 In der Mitgliederversammlung ist auch ein Mitglied ohne Stimmrecht zumeist teilnahmeberechtigt (Rz. 878 f.). Es kommt also nicht zwingend allein auf das Stimmrecht, aber auf die Zugehörigkeit zu dem jeweils tagenden Organ an. Bei einer Delegiertenversammlung sind das in der Regel nur die Delegierten. Ehrenmitglieder, denen nicht satzungsmäßig ein Teilnahmerecht zugesagt ist, und Mitglieder von Organen außerhalb der Mitgliederversammlung, die in der Regel nur mit Gaststatus anwesend sein dürfen, müssen im Zweifel nicht in satzungsmäßiger Frist und Form geladen werden.5
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Schneider/Bischoff, ZStV 2020, 153 (155), abweichende Satzungsbestimmung ist möglich. Schneider/Bischoff, ZStV 2020, 153 (155), dennoch E-Mail zulassend. Schwenn/Blacher, npoR 2020, 154 (159) mit weiterführenden Hinweisen. OLG Frankfurt v. 6.7.2018 – 3 U 22/17. Zu einem Ehrenrat Pfälz. OLG v. 8.5.2014 – 3 W 57/13, NotBZ 2014, 478 = NJW-RR 2014, 1128.
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793
XIV. Rz. 794 | Die Mitgliederversammlung 794
Die Satzung hat Bestimmungen zu enthalten (§ 58 Nr. 4 BGB) über die – Voraussetzungen, unter denen die Mitgliederversammlung zu berufen ist, – Form der Berufung. b) Einberufungsgründe
795
Einzuberufen ist die Mitgliederversammlung stets in den durch die Satzung bestimmten Fällen (§ 58 Nr. 4 BGB) sowie dann, wenn das Interesse des Vereins es erfordert (§ 36 BGB). Damit ist eine Verpflichtung des zur Berufung zuständigen Organs gegenüber dem Verein festgelegt. Das Vereinsinteresse verlangt die Einberufung, wenn eine Angelegenheit des Vereins zu regeln ist, die in die Zuständigkeit der Mitgliederversammlung fällt (Rz. 776) und keinen Aufschub duldet. Anliegen und Interessen nur einzelner Vereinsmitglieder rechtfertigen die Berufung nicht. Die Einberufungspflicht bei Vereinsinteresse kann durch die Satzung nicht abgemildert oder ausgeschlossen werden.
796
Zu berufen ist die Mitgliederversammlung außerdem auf Verlangen eines durch die Satzung bestimmten Teils, in Ermangelung einer Bestimmung des zehnten Teils der Mitglieder (§ 37 Abs. 1 BGB; Minderheitenrecht; dazu Rz. 809 ff.). Das gilt entsprechend, wenn statt einer Mitgliederversammlung eine Vertreter- oder Delegiertenversammlung vorgesehen ist (Rz. 941). Das Minderheitenrecht kann durch die Satzung nicht ausgeschlossen, auch nicht eingeschränkt werden (§ 40 BGB).
797
Die Satzung kann sonstige Berufungsgründe nach den individuellen Verhältnissen des Vereins festlegen. Sie kann insbesondere bestimmen, dass die Mitgliederversammlung in bestimmten Zeitabständen (Beispiel: alle zwei Jahre im ersten Quartal des Kalenderjahres) oder bei bestimmten Ereignissen (z.B. bei Ausscheiden eines Vorstandsmitglieds, vor der Versammlung der Dachorganisation, nach Abschluss der Sportwettkämpfe usw.) zu berufen ist (näher auch Rz. 852). c) Zuständigkeit
798
Die Einberufung hat durch das nach der Satzung zuständige Vereinsorgan, meist den Vorstand, zu erfolgen. Wenn die Satzung keine Regelung trifft, ist der Vorstand als das Organ zuständig, das den Verein gegenüber den Mitgliedern vertritt (§ 26 Abs. 2 BGB).1 Ist er zuständig, kann der wirksam bestellte Vorstand2 die Versammlung einberufen, auch wenn er (noch) nicht im Vereinsregister eingetragen ist (vgl. Rz. 494). Personen, die nicht diesem Vorstand, sondern dem sog. „erweiterten“ Vorstand oder
1 KG OLGZ 1978, 272 = MDR 1978, 576 = MittRhNotK 1978, 109 = Rpfleger 1978, 133; Hadding in Soergel, Rz. 8, Schwennicke in Staudinger, Rz. 29, je zu § 32. 2 Das Einberufungsrecht des Vorstands besteht auch während eines Ausschließungsverfahrens (BayObLG 1993, 348 [350] = BGH v. 20.10.1993 – X ZB 4/93, MDR 1994, 155 = NJW-RR 1994, 382); die dort verlangte Eintragung in das Vereinsregister ist unerheblich, wenn der Vorstand wirksam bestellt und sein Amt noch nicht mit Wirksamwerden des Ausschlusses erloschen ist.
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2. Berufung der Versammlung (§ 32 Abs. 1, §§ 36, 37, 58 Nr. 4 BGB) | Rz. 801 XIV.
Gesamtvorstand (Rz. 446) angehören und damit lediglich interne Geschäftsführungsaufgaben wahrnehmen, können (wenn die Satzung nichts Abweichendes regelt) eine Mitgliederversammlung nicht einberufen.1 Nach einer Auflösung treten die Liquidatoren anstelle des Vorstands.2 Ein mehrgliedriger Vorstand ohne Einzelvertretungsbefugnis hat in seiner Mehrheit einzuberufen. Wenn Mitglieder eines mehrgliedrigen Vorstands einzeln (oder auch mehrere von ihnen zusammen) vertreten (Rz. 611), ist, sofern die Satzung keine andere Regelung trifft, das Vertretungsorgan auch allein (bzw. in vertretungsberechtigter Zahl) zur Einberufung der Mitgliederversammlung legitimiert. Einen Vorstandsbeschluss setzt die Einberufung nicht voraus.3 Hat als zuständiger Vorstand der allein zur Vertretung befugte zweite (oder stellvertretende) Vorsitzende einberufen, so ist diese Einberufung auch dann wirksam, wenn damit gegen eine vereinsinterne Aufgabenabgrenzung verstoßen und gegen den Willen des demnach (intern) zuständigen Vorstandsmitglieds gehandelt wurde. Jedoch wurde in der Rechtsprechung4 ein Meinungsaustausch im Vorstand vor der Einberufung für zwingend erforderlich gehalten, damit z.B. eine vor der Versammlung erforderliche Kassenprüfung eingeleitet oder durch Mehrheitsentscheidung ein von den Einladenden vorgesehener Tagesordnungsvorschlag korrigiert werden kann. Ohne derartige Rücksprache soll die Versammlung nicht ordnungsgemäß geladen sein.5
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Die Satzung kann die Berufung auch einem Nichtmitglied übertragen6 (z.B. dem Inhaber eines Betriebs). Das satzungsgemäß zur Einberufung zuständige Vereinsorgan (die dafür zuständige Person) kann sein Einberufungsrecht nicht einem anderen übertragen, der Vorstand z.B. nicht dem Ältestenrat oder dem Leiter der Vereinsgeschäftsstelle (Geschäftsführer).
800
Die Einberufung durch ein unzuständiges Organ gegen den Willen des Zuständigen ist unwirksam7 (s. auch Rz. 1051). Unwirksamkeit begründet auch die Einberufung nur durch einzelne Mitglieder eines dafür nur insgesamt (unüblich) zuständigen Vereinsorgans. Ist ein Vorstandsmitglied verstorben und beruft der restliche, ohne den Verstorbenen nicht mehr vertretungsberechtigte Vorstand eine Nachwahlversammlung ein, dann soll die dann erfolgte Wahl aber auch ohne Bestellung eines Notvor-
801
1 KG OLGZ 1978, 272. 2 Pfälz. OLG v. 8.5.2006 – 3 W 197/05, Rpfleger 2006, 658 = FGPrax 2006, 229. 3 Ob zur Einberufung der Mitgliederversammlung ein Beschluss des Vorstandes erforderlich ist, hat BayObLG 1985, 24 (28) offen gelassen. Wie hier auch Eichler, Rpfleger 2004, 196; Hadding in Soergel, Rz. 8 zu § 32; Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1184; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 157. 4 OLG Düsseldorf v. 6.1.1994 – 5 U 186/93, juris Rz. 45 – OLGR Düsseldorf 1994, 169 ff. 5 M.E. zu weitgehend. Die Verletzung der Kollegialitätspflicht im Vorstand ist gegebenenfalls durch Haftungsansprüche zu sanktionieren: z.B. Ersatz der Mehrkosten einer zusätzlichen Versammlung, wenn im eingeladenen Termin wichtige Informationen aus einzelnen Vorstandsressorts noch nicht bereitgestellt werden können. Wie hier Burhoff, Rz. 282. 6 A.A. Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1178: keine Zuständigkeit einer außerhalb des Vereins stehenden Person, weil Organhandeln für den Verein gegeben ist. 7 BayObLG Recht 21 Nr. 4.
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XIV. Rz. 801 | Die Mitgliederversammlung
stands wirksam sein, wenn feststeht, dass die Versammlung auch durch diesen nicht anders berufen worden wäre.1 Hat der alleinvertretungsberechtigte Vorsitzende mit Zustimmung der übrigen Mitglieder des Vorstands oder der Aufsichtsrats-(Ausschuss-)Vorsitzende unter Zustimmung des Aufsichtsrats (Ausschusses) einzuberufen, so sollte bei der Berufung auf die Zustimmung hingewiesen werden; zwingendes Erfordernis der Einberufung ist das nicht. 802
Die Verletzung der Einberufungspflicht durch das zuständige Organ kann dem Verein gegenüber ebenso eine Schadensersatzpflicht begründen wie Einberufung durch einen rechtlich dazu Befugten unter Verstoß gegen vereinsinterne Aufgabenabgrenzung (gegen den Willen des danach „Zuständigen“).2
803
Nach Erlöschen seines Amtes mit Ablauf seiner Amtszeit kann ein Vorstand keine Vorstandsaufgaben mehr wahrnehmen und daher grundsätzlich auch keine Mitgliederversammlung mehr berufen. Beschlüsse, die in der von einem nicht mehr amtierenden Vorstand berufenen Versammlung gefasst werden, sind unwirksam. Dieser allgemeine Grundsatz erleidet jedoch eine sehr bedeutsame Ausnahme, wenn der Vorstand noch im Vereinsregister eingetragen ist und die Eintragung bis zur Berufung (nicht Abhaltung) der Versammlung fortbestanden hat. In Anlehnung an § 121 Abs. 2 S. 2 AktG und die ausdehnende Anwendung dieser Bestimmung auf die Vorstandsmitglieder einer Genossenschaft durch den BGH3 wird heute angenommen, dass die Mitgliederversammlung durch den im Vereinsregister eingetragenen Vorstand stets wirksam einberufen werden kann,4 auch wenn dieser sein Amt bereits niedergelegt hat oder wenn sonst feststeht, dass er nicht mehr Vorstand ist.5 Auch ein fehlerhaft bestellter oder sonst zu Unrecht in das Register gelangte Vorstand kann die Mitgliederversammlung einberufen, wenn – und so lange – er im Vereinsregister eingetragen ist.6
804
Das entsprechend § 121 Abs. 2 S. 2 AktG vermutete Berufungsrecht bietet letztlich eine pragmatische Hilfslösung, um rechtssicher zur wirksamen Berufung einer neuen Wahlversammlung und damit zu einem neuen Vorstand zu gelangen.7 Die durch 1 OLG Köln v. 10.1.1983 – 2 Wx 33/82, OLG Köln v. 4.7.1984 – 2 Wx 13/84, MDR 1984, 937 = Rpfleger 1984, 470, str., vgl. noch 9. Aufl., Rz. 418 Fn. 12. 2 Vgl. jurisPK/BGB/Otto, § 36 Rz. 4; Burhoff, Rz. 282. 3 BGH BB 1961, 1294. 4 Dazu Stöber, Rpfleger 1967, 342 (344); KG OLGZ 1971, 480 = MDR 1971, 1006 = Rpfleger 1971, 396; BayObLG 1972, 329 = MDR 1972, 134 = Rpfleger 1973, 20; KG OLGZ 1978, 272 = MDR 1978, 576 = MittRhNotK 1978, 109 = Rpfleger 1978, 133; BayObLG v. 15.12.1988 – BReg 3 Z 150/88, NJW-RR 1989, 765; Steffen in BGB-RGRK, § 29 Rz. 2; Eichler, Rpfleger 2004, 196; Hadding in Soergel, § 32 Rz. 8, Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 266; Krafka, Rz. 2145; Ries/Bauer, Rz. 7.212. 5 BayObLG 1985, 24 = Rpfleger 1985, 184. 6 BayObLG v. 11.5.1996 – 3Z BR 58/95, DNotZ 1996, 167 = MDR 1996, 312 = OLG Düsseldorf v. 26.1.1996 – 22 U 185/95, NJW-RR 1996, 921.; wohl auch Krafka(ohne Differenzierung nach der Art der Unrichtigkeit der Eintragung). Anders insoweit Steffen in BGBRGRK, § 26 Rz. 4. 7 JurisPK-BGB/Otto, § 36 Rz. 4; Bdb. OLG v. 11.9.2012 – 11 U 80/90, juris.
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2. Berufung der Versammlung (§ 32 Abs. 1, §§ 36, 37, 58 Nr. 4 BGB) | Rz. 808 XIV.
den eingetragenen Vorstand nach Amtszeitablauf oder sonstigem Ausscheiden aus dem Amt berufene Mitgliederversammlung kann aber über alle Tagesordnungspunkte wirksam Beschluss fassen, also nicht nur wirksam einen neuen Vorstand wählen, sondern z.B. auch eine Satzungsänderung beschließen.1 Auf die Kenntnis der Vereinsmitglieder davon, dass der Berufende nicht oder nicht mehr im Amt ist, kommt es nicht an.2
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Das allein noch aus der Eintragung begründete Einberufungsrecht wird verdrängt, wenn ein Restvorstand oder ein anderes für die Ladung zuständige Organ mit ausreichendem Vertretungsrecht vorhanden und zur Vornahme der Ladung imstande ist.3 Dasselbe gilt, wenn ein wirksam gewählter und funktionsfähiger Vorstand existiert (der eben nur [noch] nicht eingetragen ist).4 Genügt allerdings sein Vertretungsrecht nicht oder ist der (neue oder Rest-)Vorstand nicht handlungsfähig, kann anstelle der Bestellung eines ergänzenden Notvorstands (§ 29 BGB) auf die bestehende Eintragung zurückgegriffen werden.5 Ist also streitig, ob ein neuer Vorstand wirksam bestellt war, dieser deshalb nicht arbeitsfähig und soll dazu vorsorglich eine Wiederholungswahl erfolgen, sollte der eingetragene Vorstand, der sie ermöglichen will, als zuständig angesehen werden.
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Ist der durch Ablauf seiner Amtszeit oder auf andere Weise (z.B. durch Niederlegung) aus einem Amt ausgeschiedene Vorstand nicht (z.B. weil er früher die Anmeldung versäumt hat) oder nicht mehr (weil ihn das Registergericht bereits gelöscht hat) eingetragen, so verbietet sich eine Berufung der Versammlung durch ihn. Beschlüsse, die eine von ihm gleichwohl einberufene Versammlung fasst, sind unwirksam. Abhilfe kann in einem solchen Fall nur durch gerichtliche Vorstandsbestellung geschaffen werden (s. Rz. 634 ff.).
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d) Absetzen der Versammlung Widerrufen (abgesetzt) werden kann eine einberufene Versammlung von dem zuständigen Einberufungsorgan.6 Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn das Einberufungsorgan (nicht: die nach § 37 Abs. 2 BGB ermächtigte Minderheit selbst) die Versammlung auf begründetes Verlangen einer Minderheit gem. § 37 Abs. 1 BGB
1 Anders für die Entscheidung über einen Aufnahmeantrag, der in einer vom Restvorstand zuvor abgehaltenen Versammlung bereits einmal abgelehnt war, Bdb. OLG v. 11.9.2012 – 11 U 80/90, juris. Nach hier vertretender Ansicht konnte hier der eingetragene Vorstand schon keine Versammlung mehr einberufen. War aber die Einberufung wirksam, konnte grds. auch jeder frühere Beschluss revidiert werden. 2 Ries/Bauer, Rz. 7.212. 3 JurisPK-BGB/Otto, § 26 Rz. 4; letztlich offen lassend Bdb. OLG v. 11.9.2012 – 11 U 80/90, juris. Anders hier bis 9. Aufl. 4 Bdb. OLG v. 27.3.2007 – 6 W 35/07, RNotZ 2007, 343. Anders z.T. hier bis 9. Aufl. 5 Vgl. zu dem nur teilweise besetzten Vorstand hier bis 9. Aufl. mit Hinweis auf OLG Stuttgart v. 22.7.2003 – 8 W 220/03, Justiz 2003, 590 ff. 6 OLG Hamm v. 4.7.1980 – 15 W 177/79, MDR 1980, 1022 = OLGZ 1981, 24 (für WE-Versammlung).
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808
XIV. Rz. 808 | Die Mitgliederversammlung
(Rz. 810 ff.) hin berufen hatte.1 Diese Absage ist längstens möglich, bis sich Mitglieder zur angegebenen Zeit am angegebenen Ort eingefunden haben, auf eine (spätere) förmliche Eröffnung der Sitzung kommt es nicht an.2 Gleiches gilt für die Verlegung der Versammlung vor Beginn. Verlegung ist Berufung der Versammlung zu einem neuen Termin, verbunden mit dem Widerruf der alten Einberufungserklärung. Widerruf und Verlegung müssen eindeutig und (soweit noch möglich) in der für die Berufung vorgeschriebenen Form erfolgen; die Verlegung muss auch eine Frist für die Berufung der (neuen) Versammlung wahren. Eine Berufungsfrist (Rz. 845) ist nicht nur bei Erstberufung der Versammlung, sondern auch bei Verlegung einzuhalten.3 Gibt es für einen Widerruf oder die Verlegung keinen wichtigen Grund, kann das eine persönliche Haftung der Entscheidungsträger für die entstandenen Zusatzkosten begründen.4 Das gilt insbesondere, wenn wegen der Absetzung einer von der Vereinsminderheit geforderten Versammlung nunmehr ein gerichtliches Verfahren (§ 37 Abs. 2 BGB) eingeleitet werden. Nach Absetzung oder Verlegung der Versammlung können Mitglieder, die sich gleichwohl zu der aufgehobenen Mitgliederversammlung treffen, keine wirksamen Beschlüsse fassen. e) Muster für die Berufung einer Mitgliederversammlung 809
M 39 Einberufungsschreiben Mitgliederversammlung Concordia
Nürnberg, den …
Einladung zur Mitgliederversammlung Zur nächsten Mitgliederversammlung wird gem. § … der Satzung für Mittwoch, den … 2017, 20 Uhr eingeladen. Die Mitgliederversammlung findet im Nebenzimmer des Gasthauses zum Stothfänger in Nürnberg, Schwalbachstraße Nr. …, statt. Um zahlreiches und rechtzeitiges Erscheinen wird gebeten. Vorgeschlagene Tagesordnung: 1. Verlesung des Protokolls der letzten Mitgliederversammlung vom … 2. Änderung der Satzung in § 10 (Vorstand) und § 14 (Versammlungsniederschriften) 3. Geschäftsbericht des Vorstands
1 OLG Hamburg v. 18.4.1997 – 11 U 29/97, GmbHR 1997, 795 (für GmbH-Gesellschafterversammlung). 2 Vgl. zur Hauptversammlung der AG BGH v. 30.6.2016 – v. 30.6.2015 – II ZR 142/14, BGHZ 206, 143 = MDR 2015, 1249 = NotBZ 2015, 464 mit Anm. Vossius. 3 BGH v. 30.3.1987 – II ZR 180/86, GmbHR 1987, 424 = MDR 1987, 1004 = NJW 1987, 2580 (für GmbH-Gesellschafterversammlung). 4 VGl. zur Hauptversammlung der AG Leuering/Rubner, NJW-Spezial 2017, 591, 592.
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3. Berufung der Versammlung durch ermächtigte Minderheit (§ 37 BGB) | Rz. 810 XIV.
4. Bericht der Kassenprüfer 5. Beschlussfassung über die Entlastung des Vorstands 6. Neuwahl des Vorstands1 7. Beschlussfassung über den Ausschluss eines Mitglieds (§ 26 Abs. 5 der Satzung) 8. Verschiedenes. Der Vorstand (Unterschriften)
Zusatz, wenn es sich um eine weitere Mitgliederversammlung handelt, die (ausnahmsweise) unter erleichterten Voraussetzungen Beschluss fassen kann (vgl. Rz. 855): M 40 Hinweis auf erleichterte Beschlussfähigkeit Es wird darauf hingewiesen, dass die Mitgliederversammlung nach § … der Satzung ohne Rücksicht auf die Zahl der erscheinenden Mitglieder beschlussfähig sein wird. Die satzungsgemäßen Anforderungen an diese erleichterte Beschlussfähigkeit der Versammlung sind gegeben, weil in der mit gleicher Tagesordnung auf den … einberufen gewesenen Mitgliederversammlung nicht mindestens ein Drittel der Vereinsmitglieder erschienen waren und Beschlüsse nach § … Abs. … der Satzung daher nicht gefasst werden konnten.
3. Berufung der Versammlung durch eine dazu ermächtigte Minderheit (§ 37 BGB) a) Antragsteller Zu berufen ist die Mitgliederversammlung, wenn der durch die Satzung bestimmte Teil oder in Ermangelung einer Bestimmung der zehnte Teil der Mitglieder die Berufung verlangt (§ 37 Abs. 1 BGB). Der zehnte Teil der Mitglieder gilt damit nur dann, wenn die Satzung nichts anderes bestimmt.2 Sicherlich kann sie als Stärkung der Minderheit für das Einberufungsverlangen einen niedrigeren Anteil der Mitgliederzahl vorsehen. Die Rechtsprechung hat aber auch höhere Quoren zugelassen, so z.B. 20 v.H.3 oder 25 v.H.4 In jedem Fall muss ein „Minderheitenrecht“ verbleiben: Daher 1 Muster für die vorsorgliche Ankündigung einer Ersatzwahl (Nachrücker): Rz. 682. 2 BayObLG v. 18.4.2001 – 3Z BR 100/01, MDR 2001, 948 = MittBayNot 2001, 410 = NJWRR 2001, 1479 = NotBZ 2001, 267 mit Anm. Hüttinger = RNotZ 2001, 337 = Rpfleger 2001, 431. 3 BayObLG v. 18.4.2001 – 3Z BR 100/01, MDR 2001, 948 = MittBayNot 2001, 410 = NJWRR 2001, 1479 = NotBZ 2001, 267 mit Anm. Hüttinger = RNotZ 2001, 337 = Rpfleger 2001, 431. Kritisch gegenüber einer Erhöhung der Anforderungen wohl zu Recht Bartodziej, Rz. 200. 4 OLG Celle v. 20.12.2010 – 20 W 17/10, Rpfleger 2011, 278. Aus dem Vereinsregister des AG Charlottenburg wird berichtet, dass 49 % nicht beanstandet werden (Pietsch, npoR 2019, 164) (165).
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XIV. Rz. 810 | Die Mitgliederversammlung
darf die Satzung die erforderliche Mitgliederzahl nicht auf die Hälfte oder mehr festsetzen; auch eine einfache Mehrheit der Mitglieder kann somit nicht verlangt werden.1 Dem Minderheitenschutz muss die Satzung nicht nur nach den Verhältnissen bei Abfassung der Satzungsbestimmung, sondern auch für den Fall Rechnung tragen, dass sich die Mitgliederzahl verringert.2 Die notwendige Minderheit sollte daher nicht abstrakt zahlenmäßig (20 oder 50 Mitglieder), sondern nur anteilig (z.B. „ein Drittel der Mitglieder“) bezeichnet werden.3 Auch das Minderheitenrecht nicht stimmberechtigter Mitglieder kann die Satzung nicht beschränken oder ausschließen; sie kann daher nicht vorsehen, dass bestimmten Mitgliedern wie z.B. fördernden Mitgliedern oder Jugendlichen das Recht, Berufung der Versammlung zu verlangen, nicht zustehen soll.4 Zum Auskunftsrecht über den Mitgliederbestand und Mitgliederadressen in Vorbereitung eines Minderheitenantrags s. Rz. 402. b) Einberufungsbegehren 811
Zu richten ist das Berufungsbegehren an das zur Einberufung der Versammlung zuständige Vereinsorgan5 (Rz. 798). Ist das der Vorstand, so genügt Zugang an eines seiner Mitglieder (§ 26 Abs. 2 S. 2 BGB). Das Verlangen muss schriftlich gestellt, von den zu bezeichnenden Antragstellern somit eigenhändig unterschrieben sein (§ 37 Abs. 1, § 126 BGB). Elektronische Form kann die Schriftform ersetzen (§ 126 Abs. 3 BGB). Die Mitglieder können ihr Berufungsbegehren zum Gegenstand einer gemeinsamen Eingabe machen oder ihre Erklärungen in getrennten Schriftstücken (Anträgen) abgeben.6 Eine anonyme Eingabe genügt der Schriftform nicht, ist somit wirkungslos. Für eine nicht lesbare Unterschrift des auch sonst nicht feststellbaren Antragstellers gilt das ebenso. Eine Bevollmächtigung ist auf Erfordern nachzuweisen; die Vollmacht wird daher zweckmäßigerweise sogleich mit dem Berufungsbegehren eingereicht.
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Das Verlangen auf Berufung der Mitgliederversammlung muss deren Zweck, somit den bei Berufung zu bezeichnenden Beratungs- und Beschlussgegenstand und die Gründe angeben (§ 37 Abs. 1 BGB), die (nach § 36 BGB) zur Berufung der Versammlung Anlass geben sollen. Zeit und Ort der Versammlung können die Antragsteller nicht bestimmen. Sie können und sollten jedoch den Zeitraum bezeichnen, den sie
1 KG NJW 1962, 1917; so außerdem – für das WEG – BayObLG 1972, 314 = NJW 1973, 151; auch Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 159; Ellenberger in Palandt, § 37 Rz. 1. 2 OLG Stuttgart v. 27.1.1986 – 8 W 252/85, MDR 1986, 583 = NJW-RR 1986, 995 = OLGZ 1986, 257; LG Münster v. 20.3.1990 – 5 T 1146/89, Rpfleger 1990, 302. 3 LG Münster v. 20.3.1990 – 5 T 1146/89, Rpfleger 1990, 302 (für Genossenschaft). Für Auslegung in diesen Fällen Erman/Westermann, § 37 Rz. 1. 4 OLG Düsseldorf v. 28.5.2013 – 3 Wx 43/13, NotBZ 2013, 392; LG Bremen v. 13.2.1990 – 2 T 48/90, Rpfleger 1990, 262. 5 Steffen in BGB-RGRK, § 37 Rz. 2, Hadding in Soergel, § 37 Rz. 7; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 161; Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1215; a.A., Schwennicke in Staudinger, § 37 Rz. 11: stets der Verein (vertreten durch den Vorstand). Sauter/Schweyer/Waldner empfehlen, beiden Möglichkeiten Rechnung zu tragen. 6 OLG Frankfurt Rpfleger 1973, 400.
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3. Berufung der Versammlung durch ermächtigte Minderheit (§ 37 BGB) | Rz. 815 XIV.
für die Erledigung des Verlangens als angemessen erachten und nach dessen fruchtlosem Ablauf sie Ermächtigungsantrag beim Amtsgericht stellen wollen. Das Minderheitenrecht, Berufung der Mitgliederversammlung zu verlangen (§ 37 Abs. 1 BGB), schließt das Recht ein, eine Ergänzung der Tagesordnung über Beratungs- und Beschlussgegenstände einer bereits (ordnungsgemäß) berufenen Versammlung zu verlangen. Auch solche Verlangen muss schriftlich von der erforderlichen Mitgliederzahl gestellt sein und den Zweck sowie die Gründe bezeichnen.1
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Dem ordnungsgemäß gestellten Begehren auf Berufung der Versammlung oder Ergänzung der Tagesordnung muss das zuständige Vereinsorgan entsprechen; ein sachliches Prüfungsrecht dahin, ob das Interesse des Vereins die Berufung erfordert, besteht nicht.2 Nur wenn die Mitgliederversammlung für den Beratungs- und Beschlussgegenstand, die der Minderheitenantrag bezeichnet, nicht zuständig ist, und bei Rechtsmissbrauch3 (§ 242 BGB; s. auch Rz. 818) kann das Verlangen abgelehnt werden. Ist bereits oder wird sogleich durch das Berufungsorgan eine Mitgliederversammlung berufen, dann bedarf es der Einberufung einer besonderen Versammlung auf Minderheitenantrag nicht, sofern der verlangte Beratungs- und Beschlussgegenstand noch in die Tagesordnung aufgenommen ist oder unter Wahrung einer angemessenen Vorbereitungszeit (Rz. 876) noch aufgenommen werden kann.4 Das Begehren der Minderheit ist dann ggf. als Antrag auf Ergänzung der Tagesordnung (Rz. 813) zu behandeln. Zu Recht wird es als Rechtsmissbrauch angesehen, wenn die Antragsteller ausdrücklich eine weitere Versammlung nach dem nächsten ordentlichen Versammlungstermin fordern und eine noch mögliche Ergänzung der Tagesordnung der ordentlichen Sitzung nicht genügen lassen wollen.5 Die Kosten der auf Mitgliederbegehren von dem zuständigen Vereinsorgan berufenen Mitgliederversammlung trägt der Verein6 nicht anders als die Kosten einer ordentlichen Mitgliederversammlung.
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c) Ermächtigung Wird einem ordnungsgemäß gestellten, somit berechtigten Verlangen in angemessener Frist7 nicht entsprochen, so kann das Amtsgericht (zuständig ist der Rechtspfleger) die Mitglieder, die das Verlangen gestellt haben, zur Berufung der Versammlung 1 Ausf. zu dem im Gesetz nicht ausdrücklich geregelten Anspruch Stefanik/Punte, NZG 2017, 1161. 2 Wagner, ZZP 105 (1992) 294 (297). 3 Wagner, ZZP 105 (1992) 294 (297). Hadding in Soergel, Rz. 10 zu § 37; Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1222. Hadding in Soergel, Rz. 10 zu § 37; nennt als Beispiel u.a., dass Beschlussfassung über einen Gegenstand begehrt wird, über den die Mitgliederversammlung erst entschieden hat und sich die Verhältnisse nicht geändert haben. 4 AG Hannover v. 21.1.2019 – VR 2030, SpuRt 2019, 86. 5 OLG München v. 3.5.2019 – 31 Wx 216/19 –, MDR 2019, 947 (zu § 122 AktG). 6 Wagner, ZZP 105 (1992) 294 (298). 7 Aus allgemeiner Treuepflicht ist das angerufene Organ zur Bescheidung in angemessener Zeit verpflichtet. Bleibt es über diese Frist hinaus untätig, ist der Weg zum Gericht eröffnet, Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1224.
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XIV. Rz. 815 | Die Mitgliederversammlung
(oder Ergänzung der Tagesordnung) ermächtigen (§ 37 Abs. 2 S. 1 BGB). Örtlich zuständig ist das Amtsgericht, das für den Bezirk, in dem der Verein seinen Sitz hat, das Vereinsregister führt (§ 37 Abs. 2 S. 2 BGB). Nicht entsprochen ist einem Verlangen auch, wenn zwar Berufung einer Versammlung erfolgt, der von den Mitgliedern verlangte Beratungs- oder Beschlussgegenstand aber nicht (oder auch nicht vollständig) als Tagesordnungspunkt festgelegt ist. Die Mitglieder, die das Verlangen gestellt haben, kann das Amtsgericht dann zur Ergänzung der Tagesordnung oder – wenn das satzungsgemäß oder zeitlich nicht mehr möglich ist – zur Berufung einer weiteren Versammlung ermächtigen. Wenn zwar mit einer dem Wunsch der Antragsteller entsprechenden Tagesordnung geladen ist, kann das Gericht dennoch angerufen werden mit dem Antrag, für bestimmte Tagesordnungspunkte einen anderen als den bei Einberufung vorgesehenen oder üblichen Versammlungsleiter zu bestellen.1 Antrag oder schon ausgesprochene Ermächtigung sind nicht erledigt, wenn der Vorstand zu einer ersichtlich unpassenden Zeit oder an einen ungeeigneten Versammlungsort geladen hat.2 816
Das Amtsgericht entscheidet auf Antrag derjenigen Mitglieder, die vom Vorstand erfolglos Berufung der Versammlung (oder Ergänzung der Tagesordnung) verlangt haben; der Antrag eines dieses Verlangen rechtfertigenden Teiles dieser Mitglieder genügt.3 Spätere Unterstützer zählen jedoch nicht mit.4 Der Antrag hat den Zweck der Versammlung und die Gründe des Verlangens zu bezeichnen; er hat darzutun, dass dem an das Berufungsorgan gerichteten Verlangen nicht entsprochen wurde. Antragsgegner ist der Verein, nicht dessen Vorstand.5 Der Antrag ist schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle zu stellen (§ 25 Abs. 1 FamFG), Vertretung ist möglich (§ 10 FamFG, schriftliche Vollmacht: § 11 FamFG).
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M 41 Antrag auf Ermächtigung zur Berufung einer Mitgliederversammlung An das AG … Betr.: Verein … e.V., Vereinsregister Nr. … Von dem Vorstand des Vereins …, den Herren …, haben wir gem. § 37 Abs. 1 BGB am … schriftlich die Berufung einer Mitgliederversammlung mit der Tagesordnung „Neuwahl des Vorstands“ verlangt.
1 OLG Köln v. 16.6.2015 – 18 Wx 1/15, NJW-RR 2015, 1314 zur Parallelbestimmung § 122 Abs. 3 Satz 2 AktG. 2 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1286. 3 KG v. 19.5.1998 – 1 W 5678/97, NJW-RR 1999, 1488. Unklar BayObLG v. 23.7.1986 – BReg 3 Z 62/86, NJW-RR 1986, 1499; wie hier Hadding in Soergel, Rz. 13; Wagner, ZZP 105 (1992) 294 (298). 4 OLG Frankfurt Rpfleger 1973, 54. 5 BayObLG v. 23.7.1986 – BReg 3 Z 62/86, NJW-RR 1986, 1499; Hadding in Soergel, Rz. 12 zu § 37.
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3. Berufung der Versammlung durch ermächtigte Minderheit (§ 37 BGB) | Rz. 818 XIV.
Zweck und Gründe dieses Verlangens ergeben sich aus der beigefügten Ablichtung des an den Vorstand gerichteten Antrags. Unserem Verlangen hat der Vorstand des Vereins trotz Fristsetzung bis heute nicht entsprochen. Wir stellen daher gem. § 37 Abs. 2 BGB Antrag, uns zur Berufung der Mitgliederversammlung mit der Tagesordnung „Neuwahl des Vorstands“ zu ermächtigen. Zugleich bitten wir anzuordnen, dass Herr … den Vorsitz in der Versammlung zu führen hat. Der Verein hat nach unserer Kenntnis 100 Mitglieder. Da die Satzung keine besondere Regelung trifft, ist die Mitgliederversammlung nach § 37 Abs. 1 BGB auf Verlangen des zehnten Teils der Mitglieder, mithin jedenfalls auf Antrag der unterzeichneten … Mitglieder zu berufen. Die Berufung liegt auch im Interesse des Vereins. Die Amtszeit des Vorstands ist abgelaufen. Der bisherige Vorstand, der satzungsgemäß sein Amt bis zur Neuwahl fortzuführen hat, möchte gleichwohl die Versammlung erst in einem Jahr berufen. Er besitzt aber das Vertrauen der weitaus überwiegenden Mehrheit der Mitglieder schon seit langer Zeit nicht mehr. Zu unserer Vertretung in dem Verfahren über unseren Antrag, insbesondere auch bei Bekanntgabe der unserem Antrag stattgebenden Verfügung oder eines ablehnenden Beschlusses, bevollmächtigen wir Herrn … Unterschriften
Das Amtsgericht prüft die formalen Voraussetzungen der Antragsberechtigung (zur Feststellung der Mitgliederzahl nach § 72 BGB s. Rz. 1648). Aus inhaltlichen Gründen darf es nur Anträge zurückweisen, die evident rechtsmissbräuchlich sind, so wenn die Versammlung für den beantragten Beschluss unzuständig1 wäre, ein gesetzeswidriger Beschluss gefasst werden soll oder wenn kein schutzwürdiges Interesse2 verfolgt wird (str.). Letzteres kann z.B. der Fall sein, wenn eine Versammlung mit den beantragten Tagesordnungspunkten ohnehin kurz bevorsteht;3 u.E. auch dann, wenn – soweit dem Gericht bekannt – kurz vorher ein inhaltgleicher Antrag mit deutlicher Mehrheit abgelehnt wurde und keine Umstände vorgetragen werden, die an diesem Ergebnis etwas ändern könnten. Befindet sich der Verein in der Insolvenz, stellt das Gericht durch inhaltliche Prüfung sicher, dass die Einberufung zur Beratung insolvenzfreier Gegenstände erfolgt.4
1 Allerdings hat die Mitgliedsversammlung bei bloßer Satzungswidrigkeit die Möglichkeit der Satzungsänderung und (nach h.M.) Satzungsdurchbrechung, so dass satzungswidrige Beschlussgegenstände nicht per se unzulässig sind, vgl. Hadding in Soergel, § 37 Rz. 10. 2 Wie hier die wohl überwiegende Auffassung: Hadding in Soergel, § 37 Rz. 10; Ellenberger in Palandt, § 37 Rz. 3 (bei offensichtl Missbrauch); Steffen in BGB-RGRK, 1982, § 37 Rz. 2. Gegen jedes materielle Prüfungsrecht Weick in Staudinger, [2005] § 37 Rz. 5. 3 Burhoff, Rz. 297. 4 KG v. 12.3.2020 – 22 W 73/19 = FGPrax 2020, 120.
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XIV. Rz. 819 | Die Mitgliederversammlung 819
Vor der Entscheidung soll das Gericht den Vorstand des Vereins, außerdem auch ein zur Einberufung zuständiges anderes Vereinsorganhören; schriftliche Anhörung genügt. Die Anhörung unterbleibt, wenn sie nicht möglich ist (Beispiel: Der Vorstand ist mit unbekanntem Ziel auf längere Zeit verreist). Die Ermächtigung wird zumeist in der Weise befristet ausgesprochen, dass die Versammlung spätestens bis zu einem im Beschluss genannten Termin stattzufinden hat.
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Ermächtigt werden zur Berufung können die Antragsteller in ihrer Gesamtheit oder für sie einer von ihnen.1 Die Ermächtigung kann Versammlungszeit und -ort bereits festlegen oder doch zeitliche Grenzen setzen. Dann sollte aber auch klargestellt werden, ob bis zu dem angegebenen Zeitpunkt die Versammlung (ordnungsgemäß) zu berufen ist (erfordert bei entsprechender Satzungsbestimmung Fristwahrung, Rz. 845) oder stattgefunden haben muss. Die Ermächtigung kann die Bestimmung der Versammlungszeit und des Versammlungsorts auch den oder dem Ermächtigten überlassen. Sie hat den Zweck der Versammlung (Tagesordnung) zu bezeichnen. Bei der Anordnung über die Führung des Vorsitzes in der Versammlung hat das Amtsgericht ein Ermessen (§ 37 Abs. 2 S. 1 Halbs. 2 BGB). Mit dem Vorsitz braucht nicht ein Mitglied des Vorstands oder der Minderheit beauftragt zu werden; er kann auch einem anderen (zweckmäßig langjährigen oder in der Verhandlungsführung ausgewiesenen) Vereinsmitglied und in Ausnahmen auch einem Dritten übertragen werden. Die Einsetzung einer anderen Person als des satzungsmäßigen Versammlungsleiters – auch nur zur Behandlung bestimmter Tagesordnungspunkte – kommt insbesondere in Betracht, wenn die Antragsteller eine Besorgnis der Befangenheit der sonst zuständigen oder vom Vorstand für die Sitzungsleitung vorgesehenen Person besorgen.2 Das Amtsgericht kann auch sonstige Anordnungen treffen, die zur Ausübung der Berufungsermächtigung erforderlich sind, also z.B. anordnen, dass der Vorstand eine Aufstellung der Namen und Anschriften der einzuladenden Vereinsmitglieder herauszugeben hat. Vollstreckung solcher Anordnungen: § 35 FamFG. Kostenentscheidung: § 82 FamFG.
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M 42 Ermächtigungsbeschluss des Amtsgerichts (§ 37 Abs. 2 BGB) Beschluss: Die Vereinsmitglieder … (folgen die Namen) werden gem. § 37 Abs. 2 BGB zur Berufung einer Mitgliederversammlung mit der Tagesordnung „Neuwahl des Vorstands“ ermächtigt. Die Mitgliederversammlung ist bis … in ein von den ermächtigten Antragstellern zu bestimmendes Versammlungslokal am Ort des Vereinssitzes einzuberufen. Sie hat bis spätestens … stattzufinden.
1 Jansen, FGG, Bem. 2 zu § 160; Hadding in Soergel, Rz. 16 zu § 37 (erfordert Bevollmächtigung durch die übrigen Antragsteller). 2 OLG Köln v. 16.6.2015 – 18 Wx 1/15, NJW-RR 2015, 1314 zur Parallelbestimmung § 122 Abs. 3 Satz 2 AktG.
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3. Berufung der Versammlung durch ermächtigte Minderheit (§ 37 BGB) | Rz. 825 XIV.
Der Vorsitz in der Mitgliederversammlung wird dem Vereinsmitglied … übertragen. Gründe: … Rechtsbehelfsbelehrung: …
Die Entscheidung wird nach § 40 Abs. 1 FamFG wirksam mit Bekanntgabe an die Antragsteller. Die förmliche Zustellung ist kein Wirksamkeitserfordernis.1 Auch Rechtskraft ist nicht erforderlich.2 Die Entscheidung wird hinfällig, wenn bis zur Entscheidung alle Antragsteller den Verein verlassen haben3 oder eine im Beschluss genannte Frist für die Einberufung nicht beachtet wird.4
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Rechtsmittel ist die Beschwerde (§ 68 Abs. 1 FamFG). Wird dem Antrag ganz oder teilweise nicht entsprochen, so steht das Rechtsmittel nur der antragstellenden Minderheit gemeinsam zu.5 Beschwerdeberechtigt gegen den Ermächtigungsbeschluss ist der durch den Vorstand vertretene Verein. In der Praxis wird die Ermächtigung in Hinblick auf § 41 Abs. 1 S. 2 FGG daher stets förmlich an den Verein zu Händen des Vorstands sowie das etwa zur Einberufung satzungsgemäß zuständige andere Vereinsorgan (Rz. 798) zugestellt werden, eine (auch teilweise) Ablehnung den Antragstellern.
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Da die Verfügung bereits mit Bekanntgabe wirksam wird, kann die Versammlung schon vor Rechtskraft einberufen werden, wenn nicht das Beschwerdegericht durch Anordnung nach § 64 Abs. 3 Halbs. 1 FamFG die Ladung bzw. Abhaltung der Versammlung untersagt. Mit der gesetz- oder satzungsgemäßen Berufung der Versammlung ist die Ermächtigung verbraucht; eine Beschwerde ist nach diesem Zeitpunkt unzulässig.6 Eine gegen den Ermächtigungsbeschluss eingelegte Beschwerde wird auch dann unzulässig, wenn von der Ermächtigung bis zu dem in ihr bestimmten Zeitpunkt kein Gebrauch gemacht und eine Beschränkung des Rechtsmittels auf den Kostenpunkt nicht erfolgt ist.7
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Bei der Einberufung der Versammlung müssen die ermächtigten Mitglieder auf die Ermächtigung Bezug nehmen (§ 37 Abs. 2 S. 3 BGB). Die Berufung durch die ermächtigte Minderheit muss in der gleichen Form und auf dem gleichen Weg wie eine Berufung der Versammlung durch den Vorstand erfolgen (dazu Rz. 793). Die
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Ries/Bauer, Rz. 7.246. Die Rechtsprechung vor Geltung des FamFG ist insofern überholt. § 40 Abs. 3 FamFG ist nicht anwendbar, Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 166 m.N. BayObLG München v. 13.11.1986 – BReg 3 Z 137/86, BayObLGZ 1986, 459 ff. Ellenberger in Palandt, § 37 Rz. 4 m.N. Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1251. BayObLG Rpfleger 1978, 377. BayObLG 1971, 84; KG v. 2.3.2018 – v. 2.8.2018 – 22 W 30/18, Rpfleger 2019, 95.
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XIV. Rz. 825 | Die Mitgliederversammlung
durch die Berufung entstehenden Kosten treffen den Verein; er muss sie den ermächtigten Mitgliedern ersetzen1 (§ 670 BGB). 826
Hat die Minderheit die Versammlung fehlerhaft einberufen, so dass sie keine Beschlüsse fassen konnte, so erstreckt sich die gerichtliche Ermächtigung auch auf die ordnungsgemäße Einberufung einer weiteren Versammlung2, vorausgesetzt, dass sie nicht infolge Befristung erloschen ist. Dasselbe gilt, wenn die Versammlung nicht beschlussfähig war.
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Die Verfahrensregelung zur Durchsetzung des Minderheitenrechts in § 37 Abs. 2 BGB schließt Geltendmachung des Verlangens im Klageweg aus. Einer Klage vor dem Prozessgericht gegen den Vorstand auf Einberufung einer Mitgliederversammlung würde das Rechtsschutzinteresse fehlen.3 Ebenso wenig kann dem Vorstand durch einstweilige Verfügung (§ 935 ZPO) aufgegeben werden, eine Versammlung zu berufen oder bestimmte Tagesordnungspunkte aufzunehmen.4
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Die Ermächtigung nach § 37 Abs. 2 S. 1 BGB verdrängt nicht das Einberufungsrecht des nach der Satzung eigentlich zuständigen Organs. Erfolgt nach Ermächtigung der Mitgliedergruppe noch eine Einberufung durch das satzungsmäßig zuständige Organ mit wenigstens teilidentischer Tagesordnung, so gilt vorrangig die Einberufung, die zuerst bei den Mitgliedern eingeht.5 Bei gleichzeitigem Zugang und (teil-)identischer Tagesordnung sind beide Einladungen unwirksam6, ebenso bei gleichzeitigem Zugang und Ladung zum gleichen Termin an unterschiedliche Orte. Bei unterschiedlicher Tagesordnung können ansonsten beide Versammlungen stattfinden. Satzungsmäßige Ladungsfristen muss der Vorstand beachten, es begründet keine besondere Dringlichkeit, der Einberufung durch die Minderheit zuvorzukommen.7 Es kann jedoch ein Gebot der Sparsamkeit sein, dass der Vorstand, der bereits geladen hat, die von der Minderheit geforderten Tagesordnungspunkte noch nachträglich aufnimmt. Wenn dadurch satzungsmäßige Fristen nicht gewahrt werden können, mag abgewartet werden, ob ein Mitglied deshalb der Beschlussfassung widerspricht.8 Zur Vertagung oder Aufhebung einer auf Minderheitsverlangen nach § 37 Abs. 1 BGB einberufenen Versammlung s. Rz. 809 und zu Vertagungs- oder Nichtbefassungsbeschlüssen in der Versammlung Rz. 912.
1 Wagner, ZZP 105 (1992) 294 (305 ff.). 2 BayObLG Rpfleger 1978, 377; Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1264. 3 Steffen in BGB-RGRK, § 36 Rz. 3 und § 37 Rz. 3; Erman/Westermann, § 36 Rz. 1; Hadding in Soergel, § 37 Rz. 11. 4 OLG Hamm MDR 1973, 929. 5 OLG Stuttgart v. 22.7.2003 – 8 W 220/03, Justiz 2003, 590–592 = Rpfleger 2004, 106. Ausf. dazu jurisPK/BGB/Otto, § 37 Rz. 10. 6 „Verwirrung der Mitglieder“, OLG Stuttgart v. 22.7.2003 – 8 W 220/03, Justiz 2003, 590 ff. = Rpfleger 2004, 106; Burhoff, Rz. 301; a.A. Waldner, Rpfleger 2004, 104: stets der frühere Versammlungstermin. 7 BayObLG v. 16.7.2004 – 3Z BR 100/04, MDR 2004, 1246 = Rpfleger 2005, 29 = FGPrax 2004, 295. 8 Vgl. Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1267.
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4. Form der Berufung (§§ 32, 36, 58 Nr. 4 BGB) | Rz. 830 XIV. Covid-19 – Sonderbestimmung: Virtuelle und gemischte Mitgliederversammlung Das Covid-19-Sondergesetz weist die Entscheidungen über das ob und wie einer virtuellen oder gemischten Versammlung dem Vorstand zu. Damit Minderheitenrechte hier nicht unverhältnismäßig verlorengehen, wird man aber das Minderheitenrechts auf Einberufung einer Mitgliederversammlung in Ausweitung des Wortlauts von § 37 BGB nicht nur auf die Gestaltung der Tagesordnung (Rz. 813), sondern auch auf die Art der Versammlung und die eröffneten Kommunikationswege zu erweitern haben. Damit kann mittelbar auch das Amtsgericht die virtuelle Mitgliederversammlung einführen.
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4. Form der Berufung (§§ 32, 36, 58 Nr. 4 BGB) a) Satzungsregelung Die Form der Berufung hat die Satzung zu regeln. In der Auswahl ist der Verein durch keine gesetzliche Vorschrift eingeengt. Die Satzung kann daher anordnen, dass schriftlich, mündlich, fernmündlich, mittels Fernkopie (Telefax), durch eingeschriebenen Brief,1 Boten, Anzeige in einer bestimmten (mithin namentlich zu bezeichnenden2) Zeitung3, Veröffentlichung im Vereinsorgan, Anschlag im Vereinslokal4, an der Gemeindetafel, Bekanntgabe in der regelmäßigen Monatsversammlung, Kanzelverkündigung während des Gottesdienstes (nur bei einem örtlichen kirchlichen Verein) oder auf sonstige, nach den Verhältnissen des Vereins zweckmäßige Weise eingeladen wird. Im Einzelfall muss die Form der Berufung aber dem Teilnahmerecht aller Mitglieder (Rz. 400) Rechnung tragen. Die satzungsmäßig bestimmte Form muss daher sicherstellen, dass die Mitglieder unter gewöhnlichen (verkehrsüblichen) Umständen (unter normalen Verhältnissen) von der Berufung Kenntnis erlangen können. Das schließt Formen der Berufung aus, die den dem Verein nach seinem Zweck angehörenden Mitgliedern die Möglichkeit der Kenntnisnahme nicht (verkehrsüblich) gewährleisten: Keine Veröffentlichung in einer Zeitung mit nur regionaler Verbreitung bei überregionalem Mitgliederkreis;5 keine Bekanntgabe [nur] in einer turnusmäßi1 Bei fehlender Differenzierung genügt in der Regel das Einwurf-Einschreiben (vgl. zur GmbH BGH v. 27.9.2016 – II ZR 299715, BGH v. 27.9.2016 – II ZR 299/15, ECLI:DE: BGH:2016:270916UIIZR299.15.0, MDR 2017, 98 = DNotZ 2017, 286). Vorrang hat aber die (durch die Vereinsübung konkretisierte) Auslegung der Satzung. 2 LG Bremen v. 22.1.1992 – 2 T 833/91, Rpfleger 1992, 304. Nähere Bezeichnung kann geboten sein, wenn eine Zeitung mit unterschiedlichen Regionalausgaben erscheint (LG Köln MittRhNotK 1979, 191). 3 Hadding in Soergel, Rz. 9 zu § 32; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 171; a.A. Kölsch, Rpfleger 1985, 137 (138). Ob die wenigen regionalen Zeitungen heute noch das Informationsmedium der Wahl darstellen können, ist Frage des Einzelfalls (dazu nochmals bei Rz. 676) und vor allem eher der Zweckmäßigkeit als rechtlicher Zulässigkeit. Bekanntmachung der Berufung zu einer außerordentlichen Mitgliederversammlung in einer Tageszeitung hält das LG Bremen v. 22.1.1992 – 2 T 833/91, Rpfleger 1992, 304 für unzulässig (ebenso Burhoff, Rz. 308). 4 Auch dagegen erhebt Kölsch, Rpfleger 1985, 137 (139) (unbegründete) Bedenken. 5 Umgekehrt genügt Aushang „im Aushangkasten“ bei einem Verein mit regional begrenztem Tätigkeitsschwerpunkt, OLG Celle v. 9.7.2010 – 20 W 9/10, Rpfleger 2010, 670 = FGPrax 2010, 303.
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XIV. Rz. 830 | Die Mitgliederversammlung
gen Zusammenkunft und kein Anschlag im Vereinslokal bei einer Vielzahl von Mitgliedern [Großverein]; keine Übermittlung [nur] auf elektronischem Weg, wenn Mitglieder über Empfangseinrichtungen nicht zuverlässig verfügen oder damit nicht rechnen müssen).1 831
Mit Bestimmung der Form der Berufung regelt die Satzung zugleich, ob die Berufung wirksam wird mit Erklärung (Bekanntmachung in bestimmter Form), Übermittlung (Absendung des Schriftstücks) oder erst, wenn sie den Mitgliedern zugegangen ist. Zur Berufung gehört die Bekanntgabe der Zeit und des Ortes der Versammlung und des Gegenstandes der Beratung und Beschlussfassung, also die Mitteilung der Tagesordnung.
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Zwischen „ordentlicher“ und „außerordentlicher“ Mitgliederversammlung (Rz. 781) braucht die Satzungsbestimmung über die Form der Berufung nicht zu unterscheiden. Auch zu einer Versammlung außerhalb des üblichen Turnus kann also über ein in der Satzung konkret bezeichnetes Presseorgan zu laden sein.2 Nach anderer Ansicht kann zu einer nicht vorgesehenen, aus besonderem Anlass einzuberufenden Mitgliederversammlung (außerordentlichen Versammlung) nur in einer Form einberufen werden, die kein eigenes Bemühen der Mitglieder verlangt (mündlich, schriftlich usw., nicht aber durch Veröffentlichung, Aushang usw.).3 Nichts anderes gelte (regelmäßig) auch für die auf Verlangen einer Minderheit einzuberufenden Versammlung (§ 37 BGB). Das Einberufungsorgan müsse sich ggf. über eine andere Satzungsbestimmung hinwegsetzen.4 Schon weil das Gesetz keinen qualitativen Unterschied von ordentlicher und außerordentlicher Versammlung vorsieht, kann das so absolut nicht gelten.5 Im Einzelfall kann die übliche Ladungsfrist aber zu kurz sein, wenn der Termin von einem nach der Vereinsübung eng fixierten Sitzungsturnus abweicht (Treuepflichtverletzung des Ladenden). Die Ladung kann ganz entbehrlich sein, soweit Ort und Zeit der ordentlichen Versammlung in der Satzung oder durch ständige Übung fix oder aus in der Mitgliedschaft allgemein bekannten Daten unschwer ableitbar bestimmt sind („am Dreikönigstag nach der Morgenandacht im Gemeindehaus“; „18 Uhr am ersten Donnerstag nach Semesterbeginn im Vereinshaus“). Dann bleibt nur, die Form der durch derartige Bestimmung niemals ausgeschlossenen außerplanmäßigen Einladungen zu bestimmen.
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Wenn eine Satzungsbestimmung über die Form der Berufung fehlt, wenn die erforderliche Satzungsvorschrift nichtig ist oder wenn Einberufung in der durch die Sat1 Kölsch, Rpfleger 1985, 137 (138) hielt eine Satzungsbestimmung, die allein fernmündliche Einberufung vorsieht, für unzulässig, weil Mitgliedern damit zugemutet würde, auch tatsächlich einen Fernsprechanschluss zu unterhalten. Beim E-Mail-Versand wäre das nicht anders. Dem ist so allgemein nicht zu folgen. Eine derartige Regelung kann aber nicht nachträglich eingeführt werden, sie muss allen Mitgliedern bei Gründung bzw. Eintritt klar sein. 2 OLG Stuttgart v. 15.3.2017 – 8 W 103/16, Rpfleger 2017, 631. 3 Kölsch, Rpfleger 1985, 137 (141); ähnlich Burhoff, Rz. 308; LG Bremen v. 22.1.1992 – 2 T 833/91, Rpfleger 1992, 304. 4 Kölsch, Rpfleger 1985, 137 (141); ähnlich Burhoff, Rz. 308. 5 Wie hier nun auch Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1309 mit Verweis auf OLG Stuttgart v. 15.3.2017 – 8 W 103/16.
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4. Form der Berufung (§§ 32, 36, 58 Nr. 4 BGB) | Rz. 834 XIV.
zung bestimmten Form nicht mehr erfolgen kann, kann die Einberufung nach Bestimmung des zuständigen Organs in einer Form erfolgen, die Zugang an die Mitglieder (nachweisbar) gewährleistet (am besten schriftlich gegen Empfangsbekenntnis).1 Ist das zur Bekanntmachung vorgesehene Veröffentlichungsblatt weggefallen, tritt an dessen Stelle das allgemein von dem örtlichen Amtsgericht (also nicht unbedingt dem Registergericht, insbesondere bei Einrichtung zentraler Registergerichte) für seine Bekanntmachungen bestimmte Blatt (§ 50a BGB). Diese Ersatzregelung des Gesetzes hilft aber nicht, wenn die Satzung schon gar keine Einladung durch Bekanntmachung vorsieht. Ein Verein mit fehlender oder ungenügender Satzungsbestimmung über die Einladung oder eine Satzungsänderung, die eine beanstandungswürdige Einladungsform einführt, sollen nicht im Register eingetragen werden (§§ 60, 58 Nr. 4 BGB). Fehler rechtfertigen aber keine Löschung des einmal eingetragenen Vereins. b) Eindeutigkeit Die Form der Berufung muss in der Satzung bestimmt angeordnet sein. Unzulässig, weil dem Mitglied eine unzumutbare Anstrengung bei der Informationsbeschaffung abverlangt wäre, ist eine zu weite oder ungenaue Regelung („durch Presseveröffentlichung“2, „in der örtlichen Tagespresse“3, „durch ortsübliche Bekanntmachung“4, „durch Aushang“ [ohne Angabe des Orts, an dem der Aushang erfolgen soll]5) oder eine Satzungsbestimmung, die die Form der Berufung der Mitgliederversammlung der Wahl des zur Berufung zuständigen Vereinsorgans überlässt.6 Die Mitglieder müssen genau wissen, auf welchem Weg sie von der Einladung Kenntnis erlangen können. Die Bestimmungen „schriftlicher Ladung“ oder einer Einladung „in Textform“7 sind im Ausgangspunkt eindeutig genug, auch wenn wenigen Vereinsmitglieder die Unterschiede zwischen „schriftlich“ und „Schriftform“ immer geläufig sein werden.8 Nach allgemeiner Verkehrsanschauung (entsprechend §§ 126, 126b BGB) ist mit „schriftlich“ immer eine unmittelbare Benachrichtigung der Mitglieder gemeint, nicht ein Aushang o.Ä., obwohl auch dieser alltagssprachlich „schriftlich“ wäre.9 Beispiel für eine unzulässige Satzungsbestimmung: Die Berufung erfolgt durch Brief oder in sonst geeigneter Weise. 1 Ähnlich Kölsch, Rpfleger 1985, 137 (141). 2 OLG Hamm v. 23.11.2010 – 15 W 419/10, juris. 3 LG Köln MittRhNotK 1979, 191. Etwas anderes gilt, wenn im regionalen Tätigkeitsschwerpunkt des Vereins dafür praktisch nur eine Tageszeitung in Betracht kommt, OLG Celle v. 18.11.2011 – 20 W 21/11, MDR 2012, 294 = NotBZ 2012, 103 = NZG 2012, 149. 4 Pfälz. OLG v. 16.7.1984 – 3 W 87/84, MDR 1985, 230 = Rpfleger 1985, 31; Hadding in Soergel, Rz. 9 zu § 32. 5 S. Pfälz. OLG v. 16.7.1984 – 3 W 87/84, MDR 1985, 230 = Rpfleger 1985, 31. Das schließt aber eine Auslegung der Satzungsbestimmung nicht aus: Aushang „im Aushangkasten“ ist eindeutig, wenn der Verein (nur und genau) einen solchen im Vereinsheim unterhält, vgl. OLG Celle v. 9.7.2010 – 20 W 9/10, Rpfleger 2010, 670 = FGPrax 2010, 303. 6 OLG Hamm MDR 1966, 48 = OLGZ 1965, 65 = Rpfleger 1966, 177. 7 Schl.-Holst. OLG v. 25.1.2012 – 2 W 57/11, NJW 2012, 2524 = FGPrax 2012, 79. 8 Dazu Lützen, NJW 2012, 1627. 9 OLG Frankfurt v. 17.11.2009 – 20 W 326/09, juris.
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XIV. Rz. 835 | Die Mitgliederversammlung 835
Ob für die Form der Berufung wahlweise zwei oder mehrere Möglichkeiten der Bekanntmachung vorgesehen werden können, ist streitig.1 Beispiel: Die Berufung erfolgt schriftlich oder durch Anschlag an der Gemeindetafel.
Auch solche Alternativmöglichkeiten sind u.E. unzulässig.2 Mindestens ist von ihnen abzuraten, weil die Form der Berufung mit ihrer Häufung für die Mitglieder ganz unübersichtlich wird. Das dürfte auch dann gelten, wenn dem Mitglied keine besondere Mitwirkung (Gang zur Anschlagtafel etc.) abgefordert wird („die Einladung erfolgt mündlich, fernmündlich oder schriftlich“3). In der Rechtsprechung wurde als Satzungsbestimmung die Zulassung alternativer Formen akzeptiert, wenn diese alle auf eine unmittelbare Benachrichtigung des Mitglieds hinauslaufen,4 nicht aber, wenn eine Alternative dem Mitglied auch abverlangt, regelmäßig die Internetseite des Vereins abzurufen.5 836
Etwas anderes ist die zusätzliche Verständigung der Mitglieder über die zwingend notwendige Form der Berufung hinaus. Diese ist natürlich jederzeit zulässig und oft auch zweckmäßig. Sie kann in der Satzung als Sollbestimmung vorgesehen werden, deren Nichtbeachtung keine Folgen hat, Beispiel: Die Versammlung wird durch Anschlag an der Vereinstafel im Vereinslokal einberufen. Außerdem soll die Einladung in einem Rundschreiben an die Mitglieder bekannt gemacht werden.
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Mündliche und fernmündliche Berufung ist nur bei Vereinen mit kleiner Mitgliederzahl und besonders enger persönlicher Bindung der Vereinsangehörigen zweckmäßig, sonst aber nicht ratsam, weil im Streitfall der notwendige Nachweis nur schwer geführt werden kann. Nicht zweckmäßig ist oft auch Einberufung durch Anzeige in einer Tageszeitung, weil der Inhalt der gesamten Einladung (insbesondere also auch der Wortlaut der Tagesordnung) veröffentlicht werden muss. Empfehlenswert ist es, satzungsgemäß einen möglichst einfachen, dennoch aber sicheren Weg der Berufung (meist schriftlich und Absendung unter der letzten bekannten Anschrift, bei nicht zu
1 Unzulässig nach KG JFG 18, 358; ebenso Hornung, Rpfleger 1978, 46 (48); vgl. aber auch OLG Hamm MDR 1966, 48 = OLGZ 1965, 65 = Rpfleger 1966, 177; Pfälz. OLG v. 16.7.1984 – 3 W 87/84, MDR 1985, 230 = Rpfleger 1985, 31 (32); a.A. OLG Stuttgart v. 27.1.1986 – 8 W 252/85, MDR 1986, 583 = NJW-RR 1986, 995 = OLGZ 1986, 257; Hadding in Soergel, Rz. 9 zu § 32; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 171. Ellenberger in Palandt, § 32 Rz. 3 verlangt eindeutige Festlegung, die aber auch in der Bestimmung von Alternativen bestehen könne; ähnlich Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1310. Vgl. auch Scheuch, ZStV 2016, 45. 2 Ebenso wie z.B. das Statut einer Genossenschaft nicht wahlweise die Veröffentlichung in dem einen oder anderen bezeichneten Blatt vorsehen kann; s. OLG Stuttgart Rpfleger 1978, 57; Hornung, Rpfleger 1978, 46 (47). 3 OLG Stuttgart v. 27.1.1986 – 8 W 252/85, MDR 1986, 583 = NJW-RR 1986, 995 = OLGZ 1986, 257; Kölsch, Rpfleger 1985, 137 (139); Werner, ZStV 2010, 18, 20; wohl auch Burhoff, Rz. 308. 4 OLG Oldenburg v. 13.7.2017 – 12 W 92/17, NdsRpfl. 2017, 308. 5 OLG Köln v. 20.4.2016 – 2 Wx 54/16, juris.
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4. Form der Berufung (§§ 32, 36, 58 Nr. 4 BGB) | Rz. 839 XIV.
großen Vereinen auch Aushang im Vereinslokal oder Veröffentlichung in einem regelmäßig erscheinenden Vereinsorgan) als Form der Berufung festzulegen. Die Einhaltung dieser Form gewährleistet dann Wirksamkeit und damit Beschlussfähigkeit der Versammlung; dies ermöglicht es zugleich aber auch, die Versammlung noch auf anderen Wegen bekannt zu machen (z.B. zusätzliche vereinfachte Hinweise in der Presse, mündliche Bekanntgabe bei Übungsabenden). Schriftliche Berufung erfordert Bekanntmachung der vom zuständigen Vereinsorgan (Rz. 798) urkundlich abgefassten Einladung an alle (teilnahmeberechtigten, Rz. 878) Vereinsmitglieder. Veröffentlichung in einer Vereinszeitschrift (Verbandsorgan) genügt für eine satzungsmäßig verlangte schriftliche Berufung im Zweifel nicht.1 Das ist anders, wenn eine erkennbar aus Anlass der Einladung herausgegebene Sonderausgabe an prominenter Stelle das Einladungsschreiben abdruckt.2 Als Urkunde hat die schriftliche Einladung den Aussteller zu bezeichnen (erkennbar3 darzustellen). Dass die den Mitgliedern übersandten Ausfertigungen (Vervielfältigungsstücke) der Einladung vom Aussteller eigenhändig mit Namensunterschrift unterzeichnet sind, ist nicht verlangt.4 Der mit der Schriftform der Einladung verfolgte Zweck gebietet keine eigenhändige Namensunterschrift. Sie ist nach Verkehrsanschauung und Formvorstellung der Vereine und ihrer Mitglieder nicht gewollt.5 Eine stärkere Formbestimmung müsste in der Satzung eindeutig/ausdrücklich zum Ausdruck gebracht sein. Wenn für die Einladung die Veröffentlichung in der Vereinszeitschrift gefordert ist, tatsächlich aber per Brief geladen wird, sollte man differenzieren: Der individuell an alle Mitglieder gesandte, schon von außen als Anschreiben des Vereins bzw. Ladungsorgans erkennbare und nicht mit beliebiger Werbung verwechselbare Ladungsbrief ist gegenüber dem Abdruck in der Vereinszeitung letztlich ein „Mehr“ und kann diese daher ersetzen.6 Es kann nicht darauf ankommen, z.B. einen solchen Brief pro forma als „Sonderausgabe“ der Vereinszeitung zu titulieren.
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Die schriftliche Form kann (auch ohne Satzungsregelung)7 durch die elektronische Form i.S.d. § 126a BGB ersetzt werden (§ 126 Abs. 3 BGB). Sie verlangt allerdings die Bereithaltung einer Empfangseinrichtung für die Prüfung der elektronischen Signatur, was von den Mitgliedern im Regelfall nicht erwartet werden kann. Daher wird die elektronische Form (d.h. E-Mail mit Signatur i.S.d. § 126a BGB) nur selten in Frage
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AG Elmshorn v. 21.8.2000 – 52 C 79/00, NJW-RR 2001, 25. Pfälz. OLG v. 8.5.2014 – 3 W 57/13, NotBZ 2014, 478 = NJW-RR 2014, 1128. Angabe der Absenderanschrift ist nicht zwingend, dazu Burhoff, Rz. 307. OLG Hamm v. 24.9.2015 – 27 W 104/15; Pfälz. OLG v. 8.5.2014 – 3 W 57/13, NotBZ 2014, 478 = NJW-RR 2014, 1128 mit zust. Anm. Gierl in ZStV 2015, 11. Vorsichtiger Schäfer, NJW 2012, 891 (893) mit Hinweis auf LG Köln v. 7.1.2010 – 8 O 120/09, GWR 2010, 68, das bei vereinbarter Schriftform im Rahmen des § 127 Abs. 2 S. 1 BGB eine eingescannte Unterschrift erwartet. 5 Insoweit spricht das gegenüber den Vermutungen und Zweifelsregeln des § 127 BGB vorrangige Auslegungsergebnis für die Formerleichterung. 6 Die Entscheidung des OLG Hamm v. 18.12.2013 – 8 U 20/13, MDR 2014, 482, ist insofern richtig: Hier waren die Einladungen per Infopost versandt und der Absender nicht erkennbar. 7 Ausdrücklicher Ausschluss durch die Satzung wäre möglich. 1 2 3 4
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XIV. Rz. 839 | Die Mitgliederversammlung
kommen. Für die Praxis weit relevanter ist die Einladung mit „einfacher“ unsignierter E-Mail, sie ist möglich, wenn die Satzung diesen Weg oder allgemeiner die Textform1 (§ 126b BGB) zulässt.2 840
Nachträglich können solche und andere neue Kommunikationswege in der Satzung aber nur für verbindlich erklärt werden, soweit die Mitglieder für das jeweilige Medium über eine Adresse und Empfangseinrichtungen verfügen, die sie erkennbar für die Kommunikation mit dem Verein auch verwenden wollen (s. bereits Rz. 787). Die Mitglieder dokumentieren das dadurch, dass sie z.B. E-Mailadressen zur Verwendung des Vereins mitteilen.3 Es gibt individuelle Gründe genug, wenn sie das nicht tun wollen. Das reicht von technischen Anwendungsproblemen über Kosten bis zu dem Phänomen, das aufgrund der Vielzahl von Werbemails die Aufmerksamkeit für den eigenen E-Mail-Eingang herabgesetzt und das Risiko unbeabsichtigter Löschung erhöht sein dürfte. Zum Datenschutz Rz. 1904. Dass die Ladung per E-Mail wegen der Ortsunabhängigkeit des Empfangs für das Mitglied die bequemere Ladungsform sei,4 kann in dieser Allgemeinheit nicht gelten. Auf öffentliche Internetzugänge muss sich niemand verweisen lassen.5 Hat der Verein jahrelang allein über Briefpost eingeladen, ist damit das satzungsrechtliche Schriftformerfordernis durch die Vereinsübung konkretisiert.
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Die Rechtsprechung und weite Teile der Literatur sind hier deutlich großzügiger6 und schaffen durch eine unbegrenzte Anwendung des § 127 Abs. 1 BGB auch auf die älteren Satzungen eine Obliegenheit des Vereinsmitglieds zur vorsorglichen Verständigung des Ladungsorgans von jeder Änderung der eigenen E-Mail-Adresse.7 Das kann jedenfalls dann nicht gelten, wenn diese niemals ausdrücklich zur Verwendung in Ver-
1 OLG Frankfurt v. 17.11.2009 – 20 W 326/09, juris. 2 § 127 Abs. 2 BGB hilft hier nicht. Die Bestimmung mag zwar anwendbar sein (keine gesetzliche Schriftform wie in § 32 Abs. 2 oder § 33 Abs. 2 BGB). Die Auslegung der Satzung nach dem berechtigten Erwartungshorizont der Mitgliederschaft geht aber dieser Vermutung vor. Staudinger/Hertel, § 127 BGB Rz. 34 stellt für das allgemeine Vertragsrecht m.E. zutreffend fest, dass eine weite Auslegung der Formerleichterungen als Privileg allein bei elektronischer Datenübermittlung (anders auch die h.M. für das Unterschriftserfordernis bei Telefax) nicht dem typischen Parteiwillen entsprechen dürfte. Anders: Grziwotz, MDR 2012, 741; Schwennicke in Staudinger, § 32 Rz. 38. 3 Werner, ZStV 2010, 18, 19. Aus Sicht des Datenschutzes soll der Verein die E-Mail Adresse als Kommunikationsmittel nur von Funktionsträgern abfordern dürfen (Weller, S. 26, nochmals S. 27 – m.E. zu eng). 4 So Krüger/Saberzadeh, npoR 2016, 63, 64. 5 Schäfer, NJW 2012, 891 (892). 6 OLG Hamm v. 24.9.2015 – 27 W 104/15; OLG Hamburg v. 6.5.2013 – 2 W 35/13, Rpfleger 2013, 457 m.w.N.; Pfälz. OLG v. 4.3.2013 – 3 W 149/12, Rpfleger 2013, 537; offen lassend Bdb. OLG v. 3.1.2019 – 7 W 72/18, juris-Rz. 8; Grziwotz, MDR 2012, 741; Ries/Bauer, Rz. 7.218; Schäfer, NJW 2012, 891 (892); Schwennicke in Staudinger, § 32 Rz. 38. Zu Recht kritisch gegenüber einer Gleichsetzung von gewillkürter Schriftform und Textform Staudinger/Hertel, § 127 Rz. 34. 7 Zutreffend weist Albrecht, jurisPR-ITR 8/2012 Nr. 1 auf die hier immanente Benachteiligung weniger technikaffiner oder sozial schwächerer Mitglieder hin.
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4. Form der Berufung (§§ 32, 36, 58 Nr. 4 BGB) | Rz. 843 XIV.
einsangelegenheiten bekanntgegeben war.1 Richtigerweise kann durch spätere Satzungsänderung keine Pflicht begründet werden, an einem ausschließlichen E-Mail-Ladungsverfahren teilzunehmen.2 Die Darlegungs- und Beweislast für den Zugang einer E-Mail trägt allgemein der Absender.3 Wegen der damit verbundenen erheblichen Schwierigkeiten sollte die Satzung eine abweichende Regelung treffen. Beispiel einer Satzungsregelung (Fall des OLG Hamm v. 27.9.2011 – 27 W 106/11, MDR 2012, 420): … Der Vorstand lädt, unter Angabe der vorläufigen Tagesordnung, mit einer Frist von vier Wochen zu Mitgliederversammlung per E-Mail an die letzte vom Mitglied dem Vorstand mitgeteilte E-Mail-Adresse bzw. auf ausdrücklichen Wunsch des Mitglieds, das über keinen eigenen Internetzugang verfügt, per einfachem Brief postalisch. Für die ordnungsgemäße Einladung genügt jeweils die Absendung der Email bzw. des Briefes. …
c) Bekanntmachung Die Bekanntmachung kann mit Übersendung durch die Post, durch persönliche Übergabe, Zuleitung durch einen Boten (auch bei Einwurf in den Empfängerbriefkasten) oder auf sonstigem Übermittlungsweg (zur E-Mail Rz. 839) erfolgen. Wirksam ist die Bekanntmachung der Berufung, wenn die Mitteilung dem jeweiligen Mitglied zugegangen ist. Die Satzung kann abweichende Bestimmung treffen (§ 40 BGB); üblich und ratsam ist die Bestimmung, dass Versendung (sonstige Zuleitung) unter der letzten bekannten Anschrift genügt4 (s. auch Rz. 847) und dass die Einladung mit der Aufgabe zur Post als bewirkt anzusehen ist, selbst wenn die Sendung als unzustellbar zurückkommt.
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Dass die schriftliche Berufung an alle Vereinsmitglieder ergeht, hat der Verein (auch ein Großverein mit zahlreichen Mitgliedern) durch organisatorische Maßnahmen sicherzustellen5. Doch kann trotz Anwendung aller Sorgfalt Einladung jedes einzelnen Mitglieds nicht stets zuverlässig gewährleistet werden, wie z.B. dann, wenn eine Wohnsitzänderung nicht bekannt gegeben und nicht bekannt geworden ist, die Sendung auf dem Übermittlungsweg ohne Verschulden des Vereins verloren gegangen ist oder Ge-
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1 Allein die Versicherung des Ladungsorgans, dass alle nicht über E-Mail Anschluss verfügende Mitglieder anderweitig geladen wurden (OLG Hamburg v. 6.5.2013 – 2 W 35/13, Rpfleger 2013, 457), stellt nicht sicher, dass aktuelle Mailadressen verwendet wurden. Die nach § 127 BGB vorrangige Auslegung muss bei älteren Satzungen beachten, dass die Mitglieder mit diesem Risiko bei Eintritt mit dieser Bedeutung einer vielleicht zufälligen Bekanntgabe einer Mailadresse nicht rechnen mussten. 2 So wohl auch OLG Hamm v. 24.9.2015 – 27 W 104/15; Schäfer, NJW 2012, 891 (892). Vgl. auch Scheffer, DStR 2001, 2053 (2054). 3 LAG Berlin-Brandenburg v. 27.11.2012 – 15 Ta 2066/12, der Betrieb 2013, 407. 4 Zur Zulässigkeit dieser Bestimmung (in Gesellschaftsverträgen und Gemeinschaftsordnungen für Wohnungseigentümer) Basty, MittBayNot 1996, 421; LG Magdeburg v. 26.8.1996 – 3 T 481/96, Rpfleger 1997, 306 unter Aufgabe von LG Magdeburg v. 22.7.1996 – 3 T 117/ 96, NJW-RR 1997, 969 = Rpfleger 1997, 108 mit abl. Anm. Röll (auf die Vereinssatzung findet das AGB-Recht keine Anwendung, s. Rz. 35); Werner, ZStV 2010, 22. 5 OLG München v. 11.5.2015 – 31 Wx 123/15, juris.
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XIV. Rz. 843 | Die Mitgliederversammlung
schäftsunfähigkeit und gesetzlicher Vertreter eines Mitglieds dem Verein nicht zur Kenntnis gelangt sind. Solche vereinzelte Sonderfälle können nicht als Einberufungsmangel gelten. Die Satzungsbestimmung über die schriftliche Einladung aller Mitglieder kann vielmehr so verstanden werden (Auslegung, Rz. 54 f.), dass die Einladung erfolgt ist, wenn der Verein alle zumutbare und verkehrsübliche Sorgfalt auf die Mitteilung der Berufung zur Versammlung an seine Mitglieder gewahrt hat.1 844
Ein nur ein vereinzeltes Mitglied treffender, unbeabsichtigter wie zugleich unabwendbarer Einberufungsmangel wird überdies in der Regel keine Unwirksamkeit eines gefassten Beschlusses bewirken (dazu Rz. 1053). d) Einberufungsfrist
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Die Berufung muss unter Beachtung einer Frist erfolgen. Beispiel: Schriftlich, Absendung mindestens eine Woche vor dem Versammlungstag.
Zweck der Einberufungsfrist ist es, den Vereinsmitgliedern genügend Zeit zur Vorbereitung zu ermöglichen; sie sollen aber auch in die Lage versetzt werden, sich den Zeitpunkt der Versammlung von anderen Verpflichtungen freizuhalten und eine etwa erforderliche Anreise zum Ort der Versammlung rechtzeitig zu bewirken.2 Eine Einberufungsfrist gilt (wenn die Satzung keine abweichende Bestimmung trifft) für ordentliche und außerordentliche Mitgliederversammlungen gleichermaßen.3 846
Wenn die Satzung keine Frist vorgibt, ist die Mitgliederversammlung jedenfalls so rechtzeitig einzuberufen, dass sich die Mitglieder angemessen inhaltlich auf den Gegenstand der Beratungen und faktisch in ihrer Terminplanung (auch wegen etwaiger Anreisezeiten) darauf einstellen können.4 Das Gesetz setzt insoweit einen gewissen Rahmen: in § 123 AktG (Monatsfrist) einerseits, § 51 GmbHG (Wochenfrist) andererseits. Eine satzungsmäßige Einberufungsfrist der Mitgliederversammlung von zwei Wochen genügt auch dann, wenn in der Versammlung Zustimmungsbeschlüsse nach dem Umwandlungsgesetz zu treffen sind.5 Eine längere Frist (etwa dreißig Tage analog § 123 Abs. 1 AktG) kommt für diese besonderen Beschlussfassungen allenfalls in Betracht, wenn die Satzung gar keine Ladungsfrist bestimmt.6 Für die Entscheidung, welche satzungsmäßige Frist noch angemessen, haben die konkreten Gegebenheiten im
1 Für ausdrückliche Zugangsfiktionen in der Satzung Werner, ZStV 2010, 18, 22. 2 OLG Hamm v. 11.7.2017 – 27 W 144/16, juris; für die GmbH: BGH v. 30.3.1987 – II ZR 180/86, BGHZ 100, 264 = GmbHR 1987, 424 = MDR 1987, 1004. 3 LG Bremen v. 10.5.1990 – 2 T 240/90, Rpfleger 1990, 466; OLG Karlsruhe v. 3.9.1997 – 1 U 126/97, NJW-RR 1998, 684. 4 OLG Hamm v. 11.7.2017 – 27 W 144/16, juris. Vgl. BGH v. 13.2.2006 – II ZR 200/04, MDR 2006, 1001 = GmbHR 2006, 538 mit Anm. Stuppi = AG 2006, 415 – ZIP 2006, 707 f. (GmbH). 5 LG Frankental v. 9.5.2007 – 1 T 100/07, RNotZ 2007, 478. 6 Terner, RNotZ 2007, 480 m.w.N.
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4. Form der Berufung (§§ 32, 36, 58 Nr. 4 BGB) | Rz. 847 XIV.
einzelnen Verein besonderes Gewicht.1 Wird von einem (nach Satzung oder ständiger Praxis) üblichen, wenn auch nicht zwingenden Versammlungszeitraum abgewichen („in der Regel im zweiten Quartal“; „möglichst nicht in den Schulferien“), kann das eine Verlängerung der Ladungsfrist erforderlich machen (Rz. 837). Aus dem Sinn der Ladungsfrist ergibt sich, dass die Satzung eine Einladung ohne jede Frist nicht vorsehen kann2 (zum Sonderfall der hier abgelehnten Eventualberufung Rz. 856). Beispiel: „Die Mitgliederversammlung ist mit einer Frist von 4 Wochen einzuberufen. In dringenden Fällen kann von der Einhaltung der Frist abgesehen werden.“3 Das OLG Hamm hält einer derartige Satzungbestimmung zu Recht für zu unbestimmt und auch insoweit für zu kurz, als sie eine Ladung ohne jede Frist erlauben kann.
Die satzungsgemäße Frist beginnt (wenn nicht ausdrücklich anders geregelt) nicht schon mit der Absendung des Einladungsschreibens an die Mitglieder.4 Es ist vielmehr auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem bei normaler postalischer Beförderung mit dem Zugang bei allen Mitgliedern zu rechnen ist.5 Dabei ist auf Mitglieder mit Wohnsitz im Ausland Rücksicht zu nehmen.6 Auf den tatsächlichen Zugangszeitpunkt kommt es insofern (je nach Satzungsvorgabe aber u.U. für die Wirksamkeit der Einladung) nicht an.7 Bei Bestimmung des Beginns der Frist ist von dem Tag auszugehen, an dem die Postsendung (ggf. ein eingeschriebener Brief) bei normaler postalischer Beförderung den Empfänger erreicht;8 berechnet wird die Frist dann nach §§ 187, 188 BGB (§ 193 BGB findet keine Anwendung9). Da dies zu Unzuträglichkeiten führen kann, empfiehlt es sich, in der Satzung zu bestimmen, dass zur Fristwahrung rechtzeitige Aufgabe der Einladung bei der Post unter der letzten dem Verein mitgeteilten Mitgliederanschrift genügt (s. auch Rz. 837). Die Aufgabe (dann nicht der Zugang) muss aber im Streitfall vom Verein gleichfalls nachgewiesen werden.
1 Vgl. OLG Düsseldorf v. 12.8.2020 – 3 Wx 130/19, juris: Fünftägige Frist genügt bei einem Verein mit stark lokalem Bezug jedenfalls dann, wenn faktisch alljährlich um die gleiche Zeit geladen wird (mE auch ein Fall der Vereinsobservanz – die Ladung mit dieser kurzen Frist wäre unwirksam, wenn unvermittelt in einer anderen Jahreszeit geladen wird). 2 OLG Hamm v. 11.7.2017 – 27 W 144/16, juris. 3 Nach OLG Hamm v. 11.7.2017 – 27 W 144/16, juris. 4 A.A. noch RG 60, 145; Einladung gilt bereits mit der Aufgabe des eingeschriebenen Briefs bei der Post als bewirkt; dafür (zu § 51 Abs. 1 S. 2 GmbHG) auch Loritz, GmbHR 1992, 790. 5 BGH v. 30.3.1987 – II ZR 180/86, BGHZ 100, 264 ff. = GmbHR 1987, 424 = MDR 1987, 1004 (GmbH). 6 OLG München v. 11.5.2015 – 31 Wx 123/15, juris. Danach sind die unter www.deutsche post.de einsehbaren typischen Postlaufzeiten zu beachten (innerhalb D: nächster Werktag; Ungarn 2–4 Werktage). 7 OLG München v. 11.5.2015 – 31 Wx 123/15, juris. A.A. RG Recht 1912 Nr. 3257 = LZ 1912, 917; OLG Frankfurt NJW 1974, 189. 8 So BGH v. 30.3.1987 – II ZR 180/86, BGHZ 100, 264 ff. = GmbHR 1987, 424 = MDR 1987, 1004 für die einwöchige Einladungsfrist des § 51 Abs. 1 S. 2 GmbHG. 9 S. Loritz, GmbHR 1992, 790 (792).
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XIV. Rz. 847 | Die Mitgliederversammlung Vorsicht ist geboten, wenn kurz vor der Versammlung noch neue Mitglieder aufgenommen werden. Unterbleibt deren Ladung oder erfolgt sie zu spät, wird das in aller Regel zur Unwirksamkeit der Beschlüsse führen.1
e) Einberufungsmängel 848
Mängel der Form der Berufung sind geheilt, wenn alle Vereinsmitglieder erscheinen und einig sind, dass die Versammlung als richtig einberufene gelten soll2 oder durch Beschluss auf förmliche Ladung verzichtet wird.3 Gleiches muss gelten, wenn bei sonst ordnungsmäßiger Berufung ein nicht oder nicht richtig geladenes einzelnes Vereinsmitglied anwesend ist und (konkludent) auf die unterbliebene förmliche Einladung verzichtet.4 Für ein als minderjährig nicht stimmberechtigtes Vereinsmitglied (Rz. 1033) und für ein geschäftsunfähiges Vereinsmitglied (Rz. 1038) kann die Einverständniserklärung nur dessen gesetzlicher Vertreter abgeben.5 Ausgeschlossen ist die Heilung des Berufungsmangels, wenn alle Vereinsmitglieder zwar erschienen sind, ein Vereinsmitglied aber ausdrücklich widerspricht. Der Ladungsfehler führt zur Nichtigkeit aller Beschlüsse, wenn der Satzungsverstoß für die Beschlussfassung relevant war (ausf. dazu Rz. 1054 f.). Im Rahmen einer Gesamtwürdigung kann das Gericht insofern auch berücksichtigen, wie viele Mitglieder trotz des Fehlers teilgenommen haben6 und ob sich das nicht oder zu spät geladene Mitglied selbst gegen die gefassten Beschlüsse oder Wahlen wendet.7
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Die Nichtbeachtung der Ladungsfrist stellt ebenfalls einen Einberufungsmangel dar, der Nichtigkeit der Versammlungsbeschlüsse bewirken kann (Rz. 1050 mit Einschränkung nach Rz. 1056). Die Wahrung der Formalien ist kein Selbstzweck. Wenn z.B. eine Ladungsfrist von 14 Tagen um zwei Tage unterschritten wurde, kann von dem in der Versammlung anwesenden Mitglied erwartet werden, dass es dies spätestens in der Sitzung rügt. Nach Lage des Einzelfalls kann darüber hinaus sogar erwartet werden, dass der Einladende schon vor der Sitzung darauf hingewiesen wird, wenn die Frist nicht
1 OLG Hamm v. 20.11.2019 – 27 W 76/19. Wird allerdings die Ladungsfrist allein deshalb unterschritten, weil sie angesichts des Eintrittsdatums gar nicht mehr gewahrt werden konnte, sollte das Recht des neuen Mitglieds m.E. zurücktreten. 2 Steffen in BGB-RGRK, Rz. 8; Hadding in Soergel, Rz. 16, je zu § 32; Pfälz. OLG v. 8.5.2006 – 3 W 197/05, Rpfleger 2006, 658 = FGPrax 2006, 229. 3 OLG Köln v. 21.12.2001 – 2 Wx 59/01, GmbHR 2002, 492 = Rpfleger 2002, 318 für GmbH-Gesellschafterversammlung. 4 Anwesenheit des nicht oder nicht richtig geladenen Vereinsmitglieds allein heilt den Berufungsmangel nicht (anders und erwägenswert aber Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1304); ein ausdrücklicher oder (deutlicher) konkludenter Widerspruch kann erwartet werden, s. BGH v. 30.3.1987 – II ZR 180/86, BGHZ 100, 264 = MDR 1987, 1004 (269, 270) zu § 51 Abs. 3 GmbHG. 5 BayObLG v. 4.2.1993 – 3Z BR 6/93, GmbHR 1993, 223 = NJW-RR 1993, 612 (für GmbH); BGH v. 30.3.1987 – II ZR 180/86, BGHZ 100, 264 = GmbHR 1987, 424 = MDR 1987, 1004; OLG München v. 17.3.1993 – 7 U 5418/92, GmbHR 1994, 125 = NJW-RR 1994, 939 (je für GmbH). 6 OLG Hamm v. 18.12.2013 – 8 U 20/13, MDR 2014, 482. 7 OLG München v. 11.5.2015 – 31 Wx 123/15, juris.
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5. Ort und Zeit der Versammlung | Rz. 851 XIV.
gewahrt und daher für das widersprechende Mitglied die Vorbereitungsfrist aus dessen Sicht zu kurz ist.1 Wenn – in der Praxis die Ausnahme – die Satzung ausdrücklich öffentliche Mitgliederversammlungen vorsieht, müssen Ort und Zeit in angemessener Weise öffentlich bekannt gemacht sein, auf etwaige Verlegungen ist ebenso in geeigneter Form hinzuweisen.2
5. Ort und Zeit der Versammlung a) Versammlungsort Einen Ort der Versammlung schreibt das Gesetz nicht vor, insbesondere auch nicht am Vereinssitz.3 Die Satzung kann also eine Regelung treffen. Vorsehen kann sie etwa, dass die Versammlung an dem Ort, der Sitz des Vereins ist (Rz. 186)4 oder an dem die Verwaltung geführt wird oder an einem Ort im Bezirk des für die Führung des Vereinsregisters zuständigen Amtsgericht stattzufinden hat. Die Bestimmung des Versammlungsortes kann auch der jeweils vorhergehenden Mitgliederversammlung oder dem Vorstand überlassen werden. Bei fehlender Regelung entscheidet das Einberufungsorgan nach pflichtgemäßem Ermessen. Eine gewisse Vorgabe kann sich aus der ständigen Übung des Vereins oder aus dem Interesse der Vereinsmitglieder, z.B. deren mehrheitlichem Wohnsitz5 ergeben. An einen von der Bestimmung abweichenden Ort kann einberufen werden, wenn die Versammlung am vorausbestimmten Ort unmöglich ist oder ungewöhnliche Schwierigkeiten bereiten würde. Der Versammlungsort muss soweit verkehrsüblich und zumutbar sein, so dass grundsätzlich allen Mitgliedern die Teilnahme an den Beratungen und Abstimmungen möglich ist.6
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Der Versammlungsraum muss für eine ordnungsgemäße Durchführung der Mitgliederversammlung angemessen sein.7 Das Versammlungslokal darf also insbeson-
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1 Bdb. OLG v. 11.9.2012 – 11 U 80/09, juris. 2 LG Düsseldorf v. 28.2.2012 – 6 O 357/11, juris. 3 Vgl. BayObLG 30, 102 (104) = JW 1930, 2723. S. auch OLG Frankfurt v. 20.6.1984 – 20 W 602/83, OLGZ 1984, 333 dazu, dass eine (Wohnungseigentümer-)Versammlung nicht zwingend in der politischen Gemeinde durchgeführt werden muss, in der sich die Wohnanlage befindet. Dort ist auch ausgeführt, dass es für den Versammlungsort lediglich darauf ankommt, dass (dort: den Miteigentümern) eine Teilnahme nicht erschwert oder sonst unzumutbar ist. 4 Bei ganz fehlender Bestimmung wird man davon als Regel auszugehen haben, jurisPK/ BGB/Otto, § 36 Rz. 5. 5 Vgl. BayObLG NJW 1959, 485. 6 Also ohne jeden Ortsbezug keine Ladung nach Bali. Zu diesen und anderen Rahmenvorgaben bei der GmbH Wicke, GmbHR 2017, 777. 7 OLG Hamm v. 13.10.1989 – 15 W 314/89, MDR 1990, 342 = OLGZ 1990, 57 = JMBl NW 1990, 78: Versammlung (der Wohnungseigentümer) in normalem Bereich einer Gaststätte bei vollem Betrieb und störendem Lärm ab 20 Uhr gewährleistet (auch bei nur zehnminütiger Versammlungsdauer) keine sachgerechte Willensbildung; KG v. 30.4.1997 – 24 W 5809/96, NJW-RR 1997, 1171: Versammlung (der Wohnungseigentümer) zunächst in einem frei zu-
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XIV. Rz. 851 | Die Mitgliederversammlung
dere nicht zu klein sein. Eine Übertragung in Nebenbereiche wie z.B. Raucherecken ist auch dann entbehrlich, wenn dies zunächst angekündigt war.1 Unangemessene Anforderungen bei der Einlasskontrolle dürfen nicht die gleichberechtigte Teilnahme hindern. Bei Verstoß können Beschlüsse nichtig sein (Rz. 1050). b) Versammlungszeit 852
Sowohl hinsichtlich des zeitlichen Abstands zur letzten Versammlung wie auch für die konkrete Terminwahl für die Mitgliederversammlung kann die Satzung eigene Regelungen enthalten (Rz. 795–797). Im Übrigen ist auf die berechtigten Erwartungen und Interessen der konkreten Mitgliederschaft abzustellen. Im Zweifel wird man als Versammlungsturnus wenigstens eine Versammlung je Geschäftsjahr (Rz. 567) und dabei eine ungefähr gleich zeitliche Lage im jeweiligen Jahr erwarten können. Besser enthält die Satzung genauere Festlegungen. Die nicht abdingbare Bestimmung § 36 BGB verlangt eine Versammlung jedenfalls immer dann, wenn das Interesse des Vereins es erfordert. Klarstellend sollte die Möglichkeit weiterer Versammlungen auch im Satzungstext aufgenommen werden. Formulierungsbeispiele: Die Mitglieder sind jeweils im 2. Quartal jedes Kalenderjahres zu einer ordentlichen Versammlung einzuberufen. Auf Beschluss des Vorstands können weitere (außerordentliche) Versammlungen angesetzt werden. Oder: Die ordentliche Mitgliederversammlung tritt wenigstens jährlich einmal innerhalb eines Monats gerechnet ab dem letzten Öffnungstag der Leipziger Buchmesse zusammen.
Zeit (und Ort) des nächsten Treffens kann die Mitgliederversammlung auch selbst beschließen. Vorbehaltlich des Erfordernisses eines früheren Treffen (§ 36 BGB) bindet sie mit dieser Geschäftsführungsmaßnahme das Einberufungsorgan. Ansonsten ist diesem die Einberufung nach pflichtgemäßem Ermessen überlassen.2 Ruft das Einberufungsorgan pflichtwidrig zu früh oder zu spät zur nächsten Versammlung ein, kann das zu einer Schadenersatzpflicht führen. Derartige Fehler führen in der Regel aber nicht zur Unwirksamkeit der Beschlüsse, die auf der ansonsten ordnungsgemäß einberufenen Versammlung getroffen werden.3 Covid-19 – Sonderbestimmung: Ausfall der Präsenzversammlung Nach hier vertretender Auffassung liegt es im Ermessen des Vorstands, ob während der Pandemie-Zeit Präsenzveranstaltungen durch (kombinierte) virtuelle Versammlungen oder schriftliche Verfahren ersetzt werden oder ob sie ganz entfallen (oben Rz. 792). Eine Schadenersatzpflicht des Vorstands wegen Unterlassen der Herbeiführung einer dringlichen Abstimmung kann nur eingreifen, wenn das unaufschiebbare Erfordernis in einer Verhältnismäßigkeitsprüfung die Nachteile der Durchführung der Versammlung oder einer Fernabstimmung klar überwiegt. Allein der Umstand, dass von einem in der Satzung oder durch Vereinsübung vorgänglichen Gaststättenraum, später im Vorgarten, als Verfahrensfehler, der sich nicht auf die Beschlussfähigkeit ausgewirkt haben muss. 1 BGH v. 8.10.2013 – II ZR 329/12, WM 2013, 2225 (für die AG). Z.T.: kritisch dazu Beck, MittBayNot 2014, 546. 2 Vgl. zum Ganzen auch Burhoff, Rz. 313 f. 3 Burhoff, Rz. 313 f.; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 174.
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5. Ort und Zeit der Versammlung | Rz. 853 XIV. gegebenen Turnus oder Termin abgewichen wird, begründet keine schuldhafte Pflichtverletzung. Mitgliedern, die das Erfordernis einer Versammlung höher gewichten, bleibt der Weg des § 37 BGB.
Der konkrete Versammlungstermin muss, soweit die Satzung keine Anordnung trifft, jedenfalls verkehrsüblich und angemessen gewählt werden.1 Den Mitgliedern muss nach ihren Verhältnissen die Teilnahme an der Versammlung möglich und zumutbar sein. Daher kann bei einem Verein mit berufstätigen Mitgliedern der Versammlungsbeginn grundsätzlich nicht auf einen Vormittag festgelegt oder sonst während der allgemeinen Arbeits- und Geschäftszeit bestimmt werden. Nach der ständigen Übung des Vereins und dem Gesamtinteresse der Vereinsmitglieder richtet es sich, ob die Versammlung auf einen Sonntag oder (für den Versammlungsort) staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag anberaumt werden kann. Dabei ist zu bedenken, dass Vereinsaktivitäten im Ausgang dem Freizeitbereich zuzuordnen sind.2 Der rechtzeitig vorgetragene Wunsch einer nicht unerheblichen Zahl von Mitgliedern, sich am Sonntag nicht vor 11 Uhr zu versammeln, ist zu beachten3, an höchsten Feiertagen sollte man wenigstens bei zumutbaren Ausweichmöglichkeiten generell auf die Versammlung verzichten.4 Eine Versammlung in der Ferienzeit ist jedenfalls dann unzulässig, wenn ihr Gegenstand nicht dringlich ist und der Vereinsvorstand zugesagt hatte, sich grundsätzlich in den Schulferien nicht zu versammeln.5 Wird von einem seit Jahren üblichen Turnus (z.B. Treffen im ersten Quartal des Jahres) abgewichen, kann die Ankündigung mit 14 Tagen Vorlauf in der Hauptreisezeit zu knapp sein.6 Unzumutbar und damit möglicher Unwirksamkeitsgrund für die Beschlüsse der Versammlung kann es auch sein, wenn bei von vornherein absehbar längerer Verhandlungsdauer der Versammlungsbeginn so spät angesetzt wird, dass die werktätigen Mitglieder die Versammlung vor Beschlussfassung in den Nachtstunden wieder verlassen müssen.7 Eine Erstreckung der Versammlung über mehrere Tage muss durch die Einladung gedeckt sein.8
1 OLG Frankfurt v. 9.8.1982 – 20 W 403/82, OLGZ 1982, 418 = NJW 1983, 398 (nicht erfüllt bei Wiederholungsversammlung der Wohnungseigentümer an einem Werktag vormittags); OLG Hamm v. 12.12.2000 – 15 W 109/00, NJW-RR 2001, 516 (Wohnungseigentümerversammlung zwischen Weihnachten und Neujahr kann unangemessen sein); LG Lübeck v. 28.10.1985 – 7 T 556/85, NJW-RR 1986, 813 (Karfreitag unzumutbarer Zeitpunkt für Wohnungseigentümer-Versammlung); BayObLG v. 25.6.1987 – BReg 2 Z 68/86, MDR 1987, 937 = NJW-RR 1987, 1362 (Sonntagvormittag bis 11 Uhr ist von Eigentümerversammlung auf Wunsch einzelner Wohnungseigentümer freizuhalten); Schl.-Holst. OLG v. 6.4.1987 – 2 W 144/85, NJW-RR 1987, 1362 = SchlHA 1987, 115 (Wohnungseigentümerversammlung auch an einem gesetzlich geschützten kirchlichen Feiertag, wenn dadurch der Hauptgottesdienst nicht gestört wird); aufgehoben damit LG Lübeck NJW-RR 1986, 813. 2 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1296. 3 BayObLG v. 25.6.1987 – BReg 2 Z 68/86, MDR 1987, 937 = NJW-RR 1987, 1362 f. (WEG). 4 A.A. Schl.-Holst. OLG v. 6.4.1987 – 2 W 144/85, NJW-RR 1987, 1362 (WEG): Wohnungseigentümerversammlung am Nachmittag eines Karfreitag nicht unzumutbar. 5 BayObLG v. 16.7.2004 – 3Z BR 100/04, MDR 2004, 1246 = Rpfleger 2005, 29 = FGPrax 2004, 295. 6 Für WEG: LG Karlsruhe v. 25.10.2013 – 11 S 16/13, NJW-RR 2014, 197. 7 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1297. 8 A.A. Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 174.
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XIV. Rz. 853 | Die Mitgliederversammlung
Dasselbe gilt für eine Vertagung. Wenn ein Fortsetzungstermin – als Option – nicht schon mit der ersten Einladung bestimmt ist, muss zu ihm auch dann neu geladen werden, wenn die Vertagung in der Versammlung einstimmig beschlossen wurde.1 Etwas anderes könnte nur gelten, wenn alle Mitglieder anwesend waren und somit niemand von dem neuen Termin zu verständigen ist. 854
Die in einem nicht angemessenen Termin gefassten Beschlüsse sind im Grundsatz unwirksam.2 c) Jugendliche Veranstaltungsteilnehmer
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Für einen Verein, dessen Versammlungen Jugendliche (Personen, die 14, aber noch nicht 18 Jahre alt sind) oder auch Kinder (die noch nicht 14 Jahre alt sind) besuchen, kann das Gesetz zum Schutz der Jugend in der Öffentlichkeit (JuSchG) Bedeutung erlangen. Demnach ist der Aufenthalt in Gaststätten Personen unter 16 Jahren ohne Begleitung eines Personensorgeberechtigten oder einer erziehungsbeauftragten Person (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 JuSchG) nur zur Einnahme einer Mahlzeit (und auch dies nur vor 23 Uhr) gestattet (§ 4 Abs. 2 JuSchG). Jugendliche mit Alter ab 16 Jahren dürfen sich allein nach 24 Uhr (und vor 5 Uhr) nicht in Gaststätten aufhalten. Eine Ausnahme gilt, wenn Kinder oder Jugendliche an einer Veranstaltung eines anerkannten Trägers der Jugendhilfe teilnehmen oder sich auf Reisen befinden (§ 4 Abs. 2 JuSchG). Aufenthalt in Nachtbars, Nachtclubs, öffentlichen Spielhallen oder jugendgefährdenden Orten (§ 8 JuSchG) scheidet ganz aus. Die Abgabe und die Duldung des Genusses von alkoholischen Getränken oder Tabak wie auch eine etwaige Film- und Spielauswahl sind limitiert (§§ 8 ff. JuSchG). Den Vorstand des Vereins als Veranstalter kann hier eine bußgeldbewehrte Verantwortlichkeit treffen (§ 28 JuSchG). Ein Verein mit jugendlichen Mitgliedern hat diese allgemein durch ausreichende Beaufsichtigung davor zu schützen, dass sie nicht sich und andere durch Alkoholmissbrauch gefährden.3 d) Weitere Versammlung
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Die Eventualeinberufung einer weiteren Mitgliederversammlung mit geringeren Anforderungen an die Beschlussfähigkeit für den Fall, dass die Mitgliederversammlung nicht beschlussfähig ist (Rz. 962), kann bereits im Einladungsschreiben zur eigentlichen („ersten“) Versammlung enthalten sein, aber nur, wenn die Satzung das vorsieht.4 Jedenfalls bei fehlender ausdrücklicher Zulassung dieser Vorgehensweise in der Satzung erscheint aber sehr fraglich, ob die zweite Versammlung unmittelbar in 1 A.A. Ries/Bauer, Registerrecht Rz. 7.233. 2 Nach älterer Rechtsprechung eindeutig Nichtigkeit, sofern nicht die fehlende Ergebnisauswirkung nachgewiesen ist: BayObLG v. 16.7.2004 – 3Z BR 100/04, MDR 2004, 1246 = Rpfleger 2005, 29 = FGPrax 2004, 295. Zur großzügigeren neueren Rechtsprechung Rz. 1048 ff. 3 OLG Hamm v. 21.12.1995 – 6 U 78/95, MDR 1996, 800 = FamRZ 1996, 944 Ls. = VersR 1996, 1513 für einen Sportverein mit jugendlichen Mitgliedern und für Beaufsichtigung für die Dauer der Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft während eines auswärtigen Turniers. 4 BGH v. 10.10.1988 – II ZR 51/88, MDR 1989, 329 – LM Nr. 10 zu § 32 BGB; Beschlüsse einer nicht satzungsmäßig vorgesehenen Eventualversammlung sind unwirksam, BayObLG
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6. Tagesordnung | Rz. 858 XIV.
Anschluss an die erste – gescheiterte – angesetzt werden kann. In der Rechtsprechung wurde das allerdings bejaht mit dem Hinweis auf eine Vereinswirklichkeit, nach der die erfolglos zur ersten Versammlung erschienenen Mitglieder kein Interesse an nochmaligem Erscheinen hätten und die zweite Versammlung an einem anderen Tag somit noch schwächer besetzt wäre.1 Die Regelungen zur Beschlussfähigkeit der „ersten“ Versammlung wären damit aber jeder praktischen Wirkung beraubt. Wenn der Verein von solchem Desinteresse an der Mitgliederversammlung ausgeht, sollte er auf Einschränkungen der Beschlussfähigkeit schon für den ersten Termin überhaupt verzichten. Es besteht im Vereinsrecht keine Verpflichtung, besondere Mindestteilnehmerzahlen für die (erste) Mitgliederversammlung aufzustellen. Auch zu der zweiten Versammlung muss nach den Bestimmungen der Satzung ordnungsgemäß geladen werden: Entweder als Eventualeinberufung (sofern die Satzung diese Ladungsform für den Fall der Beschlussunfähigkeit im ersten Termin zulässt2) oder als separate Einberufung (die erst nach festgestellter Beschlussunfähigkeit ergeht). Die Einladung muss in beiden Fällen einen Hinweis darauf enthalten, wenn es sich um eine Versammlung mit geringeren Anforderungen an ihre Beschlussfähigkeit handelt.3 Ist der Hinweis auf die Beschlussfähigkeit der zweiten Versammlung unterblieben, dann ist die Wiederholungsversammlung als ordnungsgemäß berufen beschlussfähig, wenn die Beschlussfähigkeit für eine Erstversammlung erreicht wird.4
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6. Tagesordnung a) Bedeutung Die Bezeichnung des Gegenstandes der Beschlussfassung in der Berufung ist zwingendes Erfordernis der Gültigkeit eines Beschlusses (§ 32 Abs. 1 S. 2 BGB). Üblicherweise geschieht das durch Mitteilung eines Tagesordnungsvorschlags mit der Einladung. Sie erstellt der Einladende. Entsprechend § 37 BGB sind ein Minderheitenverlangen bzw. eine gerichtliche Entscheidung zur Aufnahme bestimmter Beschlussgegenstände zu beachten (Rz. 813)5. Mit Ankündigung des Beschlussgegenstandes in der Einladung wird den Vereinsmitgliedern bekannt gemacht, „worum es geht“; sie sollen dadurch Gelegenheit erhalten, sich über ihre Teilnahme an der Versammlung schlüssig zu werden und sich auf die Versammlung vorzubereiten; vor Überraschung sollen sie geschützt werden. Entscheidend ist die Angabe der Beschlussgegenstände, nicht der Vor-
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München v. 18.9.2002 – 3Z BR 148/02, NJW-RR 2002, 1612 (1613). Sie sind von Amts wegen zu löschen: OLG Köln v. 21.11.2008 – v. 24.11.2008 – 2 Wx 43/08, Rpfleger 2009, 237. LG Münster v. 30.6.1994 – 5 T 549/94, Rpfleger 1995, 23–24. Eine in der Satzung nicht vorgesehene Eventualeinberufung ist unwirksam, OLG Düsseldorf v. 23.9.2015 – 3 Wx 167/15, MDR 2015, 1312 m.zust.Anm. Krüger/Saberzadeh, npoR 2016, 23. BGH DNotZ 1962, 416 = MDR 1962, 282 = NJW 1962, 394. OLG Frankfurt v. 15.10.1982 – 20 W 626/82, OLGZ 1983, 29 = Rpfleger 1983, 22. OLG Frankfurt v. 24.3.2011 – 20 W 147/11, juris.
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XIV. Rz. 858 | Die Mitgliederversammlung
schlag einer Reihenfolge ihrer Behandlung. Über sie wird regelmäßig erst in der Sitzung entschieden. 859
Die Satzung kann eine von § 32 Abs. 1 S. 2 BGB abweichende Regelung treffen (§ 40 BGB).1 Sie kann insbesondere eine feststehende Tagesordnung vorsehen oder anordnen, dass diese in der Einladung nicht bezeichnet werden muss, oder bestimmen, dass (und wie) auch andere Gegenstände und Anträge zur Beschlussfassung gestellt oder zugelassen werden können (dazu Rz. 913). Selbst wenn die Satzung auf eine Mitteilung der Tagesordnung zugleich mit der Einladung verzichtet, sind im Zweifel beabsichtigte Satzungsänderungen den Mitgliedern dennoch rechtzeitig vor Beginn der Versammlung mitzuteilen, damit sie sich sachgerecht vorbereiten können.2 Grundsätzlich gilt das auch für eilbedürftige Satzungsangelegenheiten. Ein besonderes Quorum für die Zulassung von Dringlichkeitsanträgen in der Sitzung kompensiert diese Anforderung nicht3, da für die Satzungsänderung ohnehin erhöhte Mehrheitsanforderungen bestehen. Teils wird weitergehend gefolgert, dass auch für andere Beschlussgegenstände das Erfordernis der Vorankündigung nicht gänzlich abbedungen werden kann.4 Damit ist § 32 Abs. 1 S. 2 BGB für Satzungsänderungen nur eingeschränkt dispositiv.5 Eine fehlende, aber durch die Satzung nicht abbedungene Mitteilung wird nicht dadurch ersetzt, dass ein Mitglied zufällig Kenntnis von den Beschlussgegenständen erhält6, ein unter dieser Voraussetzung gefasster Beschluss kann aber ausnahmsweise wirksam sein, wenn feststeht, dass er bei richtiger Einladung nicht anders gefasst worden wäre.7
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Auch soweit den Anforderungen des § 32 Abs. 1 Satz 2 BGB meist durch schlagwortartige Bezeichnung der vorgesehenen Beschlussgegenstände Genüge getan ist, kann für bestimmte Versammlungsthemen eine weitergehende Informationspflicht des Vorstands in Vorbereitung der Mitgliederversammlung bestehen. Mit umfangreichen Unterlagen wie Wirtschaftsprüferberichten, Haushaltsplanerläuterungen etc. dürfen die Mitglieder nicht erst in der Sitzung überrascht werden.8 Grund ist die allgemeine Treuepflicht des Vereins gegenüber den Mitgliedern9 ebenso wie die Auskunftspflicht des Vorstands gegenüber dem Verein nach § 666 BGB.10 Es ist allerdings ausreichend, wenn die Unterlagen nach vereinsüblicher Ankündigung in angemessener
1 BayObLG MittBayNot 1979, 63 = Rpfleger 1979, 196. Die abändernde Bestimmung muss ausdrücklich getroffen sein, OLG Frankfurt v. 16.9.1983 – 2/2 O 573/82, ZIP 1983, 1336 (1339). 2 BGH v. 17.11.1986 – II ZR 304/85, BGHZ 99, 119 = MDR 1987, 473–474. 3 BGH v. 17.11.1986 – II ZR 304/85, BGHZ 99, 119 = MDR 1987, 473–474. 4 Erman/Westermann, § 32 Rz. 3 m.w.N. 5 Van Look, WuB II L § 32 BGB 1.87. 6 OLG Hamm v. 8.12.1992 – 15 W 218/91, OLG Hamm v. 8.12.1992 – 15 W 216/91, NJWRR 1993, 468 f. (zum WEG); OLG Frankfurt v. 19.12.1984 – 9 U 107/83, juris Rz. 85. 7 Vgl. z.B. BayObLG München v. 5.4.1990 – BReg 2 Z 14/90, NJW-RR 1990, 784 f. 8 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1347; Burhoff, Rz. 330. 9 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1327. 10 Diese allgemeinen Pflichten können hier über § 32 BGB und über die Ladungsbestimmungen der Satzung hinaus wirken, s. bereits zu Satzungsänderungsvorschlägen oben Rz. 699.
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6. Tagesordnung | Rz. 862 XIV.
Zeit vor der Versammlung zur Einsicht bereitgehalten werden. Auf derselben Grundlage kann es geboten sein, der Versammlung verständliche Übersichten (z.B. als Textsynopsen bei Satzungsänderungen)1 und schriftliche Hinweise zu Hintergrund und Tragweite der Beschlussvorschläge zur Verfügung zu stellen, ohne dass dies zwingend bereits in der Ladungsfrist geschehen muss. b) Bestimmtheit Wie genau der Gegenstand der Beratung und Beschlussfassung bei der Berufung zu bezeichnen ist, richtet sich nach den Erfordernissen des Einzelfalls.2 Die Tagesordnung hat nur die Aufgabe, die Mitglieder im Allgemeinen zu unterrichten, worüber verhandelt werden soll.3 Erforderlich, aber auch genügend, ist eine Ankündigung, die diesem Zweck gerecht wird.4 Der Gegenstand der Beratung und Beschlussfassung ist in der Einladung daher kurz sachlich zu benennen; Mitteilung des ganzen Antrages oder von Einzelheiten der beabsichtigten Beschlussfassung ist nicht notwendig.5 Stichwortartige Bezeichnung des Beschlussgegenstands (wenn sie im Einzelfall aussagekräftig ist) wird durchweg genügen. Die Bezeichnung muss jedenfalls so ausreichend sein, dass der Gegenstand der Beschlussfassung voll erkennbar ist, die Mitglieder sich also darauf einstellen und ihre Teilnahme an der Versammlung danach ausrichten können.6 Die Mitglieder sollen nicht auf Vermutungen über das Thema angewiesen sein. Als Konkretisierung einer zu allgemeinen Beschlussankündigung kann nicht ohne weiteres allein auf die Internetseite des Vereins verwiesen werden.7
861
„Abberufung (Neuwahl) eines Vorstandsmitglieds“ ist ausreichende Bezeichnung des Tagesordnungspunktes. Dass die Abberufung aus wichtigem Grund erfolgen und auf welche Vorkommnisse sie gestützt werden soll, braucht nicht angegeben werden.8 Die Ankündigung „Neuwahl des Vorstands“9 oder nur „Vorstandsangelegenheiten“10 oder „Beratung personeller Konsequenzen“11 schließt jedoch ohne zusätzliche Erläuterung die vorzeitige Abberufung des derzeitigen Vorstands oder eines seiner Mitglieder nicht ein. Die Einberufung für „Ergänzungswahlen zum Vorstand“ ermöglicht
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1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
Zu diesen vgl. auch Rz. 709 am Ende. Schl.-Holst. OLG v. 24.10.2001 – 2 W 144/01, NJW-RR 2002, 760. BGHZ 64, 304 = NJW 1975, 1559 (1560). BGHZ 64, 304 = NJW 1975, 1559 (1560); BayObLG MDR 1982, 939 (940) und BayObLG v. 13.12.1984 – BReg 2 Z 5/83, MDR 1985, 412; OLG Köln v. 4.7.1984 – 2 Wx 13/84, MDR 1984, 937 = OLGZ 1984, 401 = Rpfleger 1984, 470. BayObLG 1973, 68 = NJW 1973, 1086; BayObLG MDR 1982, 939 (940) und BayObLG v. 13.12.1984 – BReg 2 Z 5/83, MDR 1985, 412. BayObLG 1972, 33 = Rpfleger 1972, 132. OLG Hamm v. 28.7.2011 – 27 W 25/11 –, Rz. 6, juris. BGH BB 1962, 110 = MDR 1962, 199 = NJW 1962, 393 (für GmbH-Geschäftsführer). Hadding in Soergel, Rz. 13 zu § 32; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 178. BGH v. 29.5.2000 – II ZR 47/99, MDR 2000, 1141 = NJW-RR 2000, 1278 für fristlose Kündigung des Vorstandsmitglieds einer Sparkasse. OLG Naumburg v. 11.1.2001 – 2 U 27/00, NZG 2001, 901–904.
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XIV. Rz. 862 | Die Mitgliederversammlung
nicht eine Abwahl von Vorstandsmitgliedern und Vorstandsneuwahl.1 Eine Ankündigung als „Änderung des Vorstands“ kann für die Beschlussfassung über die Abberufung eines Vorstandsmitglieds nicht als ausreichend angesehen werden (dies könnte auch als Änderung der Satzungsbestimmung verstanden werden), kann aber auch nicht als Ankündigung für Vorstandsneuwahlen gelten. Wenn die Wahl in mehrere Vereinsämter je einzeln angekündigt und die Aufzählung mit „eventuell Ergänzungswahlen“ abgeschlossen wird, dürfte mangels weiterer Informationen ein verständiges Mitglied davon ausgehen, dass es hier um Nachbesetzungen geht, die dann erforderlich werden, wenn die aktuellen Amtsinhaber in eines der ausgeschriebenen anderen Ämter gewählt werden und daher das bisherige Amt nicht fortführen wollen oder dürfen. Eine derartige Ankündigung umfasst hingegen nicht die Abwahl bisheriger Amtsinhaber und auch nicht eine Vergrößerung des Vorstands. 863
Für die Beschlussfassung über den Ausschluss eines Mitglieds muss dieser Tagesordnungspunkt in der Einladung (ausdrücklich) bezeichnet sein;2 der Angabe des Namens des betroffenen Mitglieds in der Einladung bedarf es nicht.3 Genügend ist die Bezeichnung „Ausschluss (Bestrafung) eines Mitgliedes“. Unter einem anderen Tagesordnungspunkt, z.B. „Abwahl des Vorstands“, kann über den Mitgliederausschluss nicht wirksam beschlossen werden.4
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Ungenügend konkretisiert ist, wenn dem Verein mehrere Grundstücke gehören, die „Beschlussfassung über den Verkauf eines Grundstücks“, ausreichend dagegen „Beschlussfassung über den Verkauf des alten Sportplatzes an der …Straße“. Soll die Mitgliederversammlung einer bereits konkret ausgehandelten Grundstücksveräußerung zustimmen, genügt eine auf einen „Grundsatzbeschluss“ über die Veräußerungsbereitschaft hindeutende Ankündigung nicht.5 Der Tagesordnungspunkt „Auflösung der Sterbegeldrücklage – hierzu wird der Vorstand der Kammerversammlung alternative Vorschläge unterbreiten“ weist nicht ausreichend klar darauf hin, dass nicht nur über die Auflösung der Rücklage, sondern zugleich über die (ganz unterschiedliche) Verwendung der dadurch frei werdenden Mittel beschlossen werden soll.6
1 OLG Köln v. 4.7.1984 – 2 Wx 13/84, MDR 1984, 937 = OLGZ 1984, 401 = Rpfleger 1984, 470. Allerdings sollten sich im entschiedenen Fall die Ergänzungswahlen nach der Einladung ausdrücklich auf andere Positionen (zurückgetretener Vorstandsmitglieder) als die der dann Abberufenen beziehen. Anders wäre wohl zu urteilen, wenn z.B. „Nachwahl des Schriftführers“ angekündigt wird und damit zunächst Abwahl des Amtsinhabers gemeint ist. 2 Pfälz. OLG v. 19.12.2001 – 3 W 272/01, NJW-RR 2002, 829 (LS) = NotBZ 2002, 493 = Rpfleger 2002, 315. 3 RG JW 1908, 674; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 178; Vorbehalte bei Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1344. 4 Pfälz. OLG v. 19.12.2001 – 3 W 272/01, NJW-RR 2002, 829 (Ls.) = NotBZ 2002, 493 = Rpfleger 2002, 315. 5 BGH v. 2.7.2007 – II ZR 111/05, MDR 2007, 1446 = ZIP 2007, 1942 ff. 6 AGH Frankfurt/M. v. 14.9.2006 – 2 AGH 27/05, juris (LS auch BRAK 2007, 33).
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6. Tagesordnung | Rz. 868 XIV.
Unter dem Tagesordnungspunkt „Sonstiges“1 oder „Verschiedenes“2 kann nur über Angelegenheiten untergeordneter Bedeutung entschieden werden.3 Nichtssagend und für eine Beschlussfassung unzureichend ist die Bezeichnung „Anträge“. Es sei denn, die Satzung sieht vor, dass alle nach der Einladung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt (ggf. noch in der Versammlung) eingehenden Anträge von Mitgliedern in der Versammlung zu behandeln sind.
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Eine zweckmäßigere Formulierung ist dann: M 43 Ankündigung des Beschlussgegenstands über Mitgliederanträge Beschlussfassung über die nach § … der Satzung eingehenden Anträge sowie über Dringlichkeitsanträge nach § … der Satzung.
Bei Bezeichnung eines Beschlussgegenstands als „Entscheidung über den Wirtschaftsplan (Haushaltsplan o.Ä.)“ kann auch Beschluss über die Weitergeltung des Wirtschaftsplans (Haushaltsplans) über das Geschäftsjahr hinaus gefasst werden.4 Über die Erhöhung der Beiträge kann nicht entschieden werden, wenn nur „Feststellung des Kassenvoranschlags“ angekündigt ist.5 c) Ankündigung von Satzungsänderungen Wenn eine Satzungsänderung erfolgen soll, muss sie ausdrücklich angekündigt sein. Sollte sich der satzungsändernde Charakter eines Beschlussvorschlags6 erst im Verlauf der Sitzung herausstellen (z.B. im Zuge von Änderungsanträgen zum nicht als Satzungsänderung angekündigten Gegenstand, Rz. 877), kann die Versammlung nicht über die Satzungsänderung, sondern nur beschließen, dass der Vorschlag in die Tagesordnung der nächsten Versammlung aufzunehmen ist.
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Die allgemein gehaltene Bezeichnung „Satzungsänderung(en)“ ist ungenügend.7
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Darauf, ob Änderungen der Satzung eine mehr oder minder sachliche Bedeutung zukommt, kann nicht abgestellt werden. Die Ankündigung „formeller Änderungen“
868
1 OLG Hamm v. 8.12.1992 – 15 W 218/91, OLG Hamm v. 8.12.1992 – 15 W 216/91, NJWRR 1993, 468 f. (zum WEG). 2 BayObLG München v. 5.4.1990 – BReg 2 Z 14/90, NJW-RR 1990, 784 f. 3 VG Cottbus v. 1.10.2003 – 3 K 1492/00, Jagdrechtliche Entscheidungen IV Nr. 104. Noch enger Hadding in Soergel, § 32 Rz. 13, auch Ellenberger in Palandt, § 32 Rz. 4: nur Diskussion, nicht Beschlussfassung möglich. 4 KG v. 11.7.1990 – 24 W 3798/90, MDR 1990, 924 = NJW-RR 1990, 1298 (für Beschluss der Wohnungseigentümer); OLG Hamm NJW-RR 1993, 469 (für Wohnungseigentümer). 5 Hadding in Soergel, § 32 Rz. 13 m.N. 6 Fall des OLG Celle v. 23.8.2011 – 20 W 15/11, FGPrax 2012, 34. Der Beschluss ist allerdings gegenstandslos, OLG Celle v. 22.9.2011 – 20 W 15/11, juris. 7 KG JW 1934, 2161; BayObLG München v. 5.4.1990 – BReg 2 Z 14/90, NJW-RR 1990, 784 f.; OLG Hamm v. 28.7.2011 – 27 W 25/11. Juris; OLG Jena v. 17.12.2014 – 3 W 198/14, juris.
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XIV. Rz. 868 | Die Mitgliederversammlung
kann jedoch ausnahmsweise genügen, wenn Beanstandungen des Registergerichts durch Satzungsänderung zu beseitigen sind.1 869
Wie genau die Ankündigung im Übrigen sein muss, kann letztlich auch bei Satzungsänderungsvorschlägen nur der Einzelfall entscheiden. § 32 Abs. 1 Satz 2 BGB spricht sehr konkret vom „Gegenstand der Beschlussfassung“ und nicht von einer formalen Tagesordnung. Mit der Ladung wird also inhaltlich die Reichweite möglicher Beschlüsse umrissen. Entscheidend ist, dass den Mitgliedern eine sachgerechte Vorbereitung der Versammlung möglich ist.2
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Minimum bei Vorschlag der Änderung einer oder mehrerer einzelner Bestimmungen der Satzung ist die Angabe, welche Satzungsbestimmungen geändert werden sollen.3 Möglichst sollte das Thema (das „wie“) der Änderung daneben auch schlagwortartig angegeben werden.4 Zwingend erscheint das dann, wenn etwa die bloße Nennung eines sehr umfassenden Satzungsparagraphen das Thema der geplanten Änderung letztlich ganz im Nebel ließe. Ist allerdings eine Neufassung der Satzung im Ganzen vorgesehen, kann die Beifügung des vorgeschlagenen neuen Satzungstextes die Mitglieder sehr viel besser informieren als eine formale Auflistung aller geänderten Bestimmungen oder notwendig verkürzende Schlagworte.5
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§ 124 Abs. 2 Satz 3 AktG gilt nicht. Es besteht also keine Verpflichtung, den konkret vorgeschlagenen Wortlaut einer Satzungsänderung mitzuteilen.6 Im Gegenteil: Wenn (allein) ein ganz bestimmter ausformulierter Änderungsvorschlag zum Gegenstand der Tagesordnung gemacht werden müsste, wäre die Versammlung damit letztlich – sofern rechtzeitig zur Verbreitung innerhalb der Ladungsfrist keine Änderungsvorschläge eingehen – auf die bloße Zustimmung oder Ablehnung des Beschlussvorschlags beschränkt. Anders als in der notwendig streng formal ablaufenden Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft sollten in der Mitgliederversammlung des Vereins aber spontane Änderungen und Ergänzungen innerhalb des Beschlussgegenstands (Rz. 865, Rz. 877) möglich sein.7 Dazu darf der Beschlussgegenstand nicht zu eng gefasst werden. Soweit in der vereinsrechtlichen Literatur – im Ergebnis zu Recht –
1 BayObLG München v. 26.1.1972 – BReg 2 Z 135/71, BayObLGZ 1972, 29 ff. 2 BGH v. 2.7.2007 – II ZR 111/05, NJW 2008, 69 = MDR 2007, 1446. 3 Die h.M. lässt bloße Angabe des jeweiligen Paragraphen bzw. Benennung der Bestimmung der Satzung genügen: Bamberger/Roth/Schöpflin, BGB § 32 Rz. 16 mit Hinweis auf BayObLG Rpfleger 1979, 196 und KG JW 1934, 2161 Märkle/Alber, Der Verein im Zivil- und Steuerrecht, 12. Aufl., Rz. 69; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 178. Ebenso hier bis 10. Aufl. 4 Vgl. auch Burhoff, Rz. 325, „gegebenenfalls“ Beifügung des wesentlichen Inhalts der Satzungsänderung. 5 Anders möglicherweise Burhoff, Rz. 325. 6 Etwas anderes gilt naturgemäß, wenn ein schriftliches Abstimmungsverfahren vorgesehen ist, so insbesondere auch bei Anwendung von § 5 Abs. 3 oder § 5 Abs. 2 Nr. 2 des COVID-19-Sondergesetzes (dazu Rz. 785, Rz. 792). 7 Ebenso LG Düsseldorf v. 12.8.2014 – 1 O 307/13, juris: „Änderungsvorschläge sind einer Diskussion über Anträge immanent und müssen folglich berücksichtigungsfähig sein.“
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6. Tagesordnung | Rz. 873 XIV.
empfohlen wird, den vorgeschlagenen neuen Text vorab bekanntzugeben,1 sollte daher beachtet werden: Die Bekanntgabe konkreter Änderungsvorschläge ist nicht gleichzusetzen mit der Mitteilung des Beschlussgegenstands i.S.d. § 32 BGB, sondern sie dient dessen eingrenzender Illustration. Im Zweifel ist sie Auslegungshilfe zur Eingrenzung des Beschlussgegenstands, auf den sich die Mitglieder vorzubereiten hatten. Der mitgeteilte Vorschlag umreißt den Beschlussgegenstand nicht anders als der im Einzelfall ausreichende Hinweis in der Ladung auf bis dahin schon vereinsöffentlich geführte Satzungsdiskussion2 und kann wie diese genügen, einen für sich allein genommen zu unbestimmten Tagesordnungstext hinreichend zu konkretisieren. Die Angabe des Tagungsgegenstandes „Satzung“ genügt somit jedenfalls dann als Ankündigung einer Neufassung der Satzung, wenn der Ankündigung ein Entwurf des vorgesehenen neuen Satzungstextes beigefügt war. Den Mitgliedern kann zugemutet werden, aus dem Vergleich der Vorlage mit der bisherigen Satzung zu ermitteln, welche Bestimmungen im Einzelnen geändert werden sollen.3 Vom Textvorschlag abweichende Beschlüsse der Versammlung sind bei einer solchen Tagesordnung soweit möglich, als es um im Vorschlag inhaltlich geänderte Satzungsgegenstände geht. Gerade, wenn eine „Neufassung der Satzung“ angekündigt ist, sollte man den damit gemeinten Gegenstand nicht zu eng fassen. Oft bringt die neu zu fassende Satzung derart vielfältige Umstellungen und Abweichungen, dass eine kurze Benennung des Beschlussgegenstandes in der Einladung die Darstellung aller in Aussicht genommenen Änderungen und Abweichungen nicht leisten könnte. Die Tagesordnung muss – auch wenn sich solche Transparenz für das praktische Vereinsleben durchaus empfiehlt – auch nicht zwingend erkennbar machen, ob es sich bei der Neufassung bloß um redaktionelle Änderungen oder um sachliche Neuerungen handelt und worin Letztere bestehen.4
872
Die allgemeine Ankündigung einer Satzungsneufassung ist weitergehend u.E. auch dann zulässig, wenn mit der Ladung noch kein vollständiger neuer Vorschlag vorgelegt wird. In diesem Fall muss eben mit Änderung der Satzung in allen ihren Teilen durch Mehrheitsbeschluss der Mitglieder gerechnet werden. Der Zweck des § 32 Abs. 1 Satz 2 BGB, die Mitglieder vor Überraschungen zu schützen und ihnen die Möglichkeit zu geben, sich vorzubereiten, ist damit gewahrt.5
873
1 Burhoff, Rz. 325; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 178; Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1343. Ähnlich hier in 10. Aufl. Rz. 709. 2 Zur Ankündigung „Satzungsänderung entsprechend früherer Erörterungen“ s. LG Bremen v. 10.8.1988 – 2 T 365/88, LG Bremen v. 10.8.1988 – 2 T 366/88, Rpfleger 1988, 533 und jurisPK/BGB/Otto, § 32 Rz. 18; anders noch hier 9. Aufl. Rz. 454. Inoffizielle Informationen und Gerüchte über den Inhalt geplanter Änderungen im Vorfeld der Ankündigung genügen hingegen nicht, OLG Frankfurt v. 19.12.1984 – 9 U 107/83, juris Rz. 85. 3 Schl.-Holst. OLG v. 24.10.2001 – 2 W 144/01, NJW-RR 2002, 760; zustimmend etwa Erman/Westermann, BGB, 14. Aufl., § 32 Rz. 3; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 178. 4 Dahin aber wohl Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 178; Hadding in Soergel, Rz. 13 zu § 32. 5 jurisPK/BGB/Otto, § 32 Rz. 18. Die wohl h.M. verlangt bei einer angekündigten „Neufassung“ der Satzung einen Entwurf der Neufassung oder wenigstens Mitteilung, welche Vorschriften inhaltlich und/oder nur redaktionell verändert werden sollen.
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XIV. Rz. 874 | Die Mitgliederversammlung 874
Zweckmäßig wird es in der Regel allerdings durchaus sein, den Mitgliedern den Vorschlag der neu gestalteten Satzung in ihrem textlichen Zusammenhang noch rechtzeitig vor der Versammlung zur Kenntnis zu bringen (sie kann ausgelegt, mit der Einberufung versandt oder in sonstiger Weise bekannt gemacht werden). Eine geplante Zweckänderung des Vereins ist immer als solche anzukündigen. d) Mitgliederanträge
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Die Gegenstände der Beschlussfassung und ein Vorschlag für die Reihenfolge ihrer Behandlung werden durch das Organ festgesetzt, das die Versammlung einberuft.1 Einzelne Mitglieder können Anträge zur Tagesordnung zwar beim Vorstand einreichen; er muss einem solchen Begehren aber nur nachkommen, wenn es von der in § 37 Abs. 1 BGB bezeichneten Minderheit (Rz. 813) gestellt ist.2
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Die Satzung kann stärkere Mitgliederrechte gewähren.3 Sie kann auch vorsehen, dass einzelne Gegenstände noch nach der Einberufung auf die (ansonsten mitgeteilte) Tagesordnung gesetzt werden.4 Verbreitet ist die Trennung von Einberufung und Mitteilung der Tagesordnung mit der Möglichkeit für die Mitglieder, innerhalb einer mit Einberufung beginnenden Frist Anträge zur Behandlung in der Tagesordnung zu stellen.5 Es muss aber aus der Satzung ausdrücklich hervorgehen, wenn die Mitteilung solcher Beschlussgegenstände in der Einladung entbehrlich sein soll.6 Eine Ausnahme macht die Rechtsprechung bei Minderheitenanträgen i.S.d. § 37 BGB: War ein Minderheitenantrag rechtzeitig gestellt, wurde er aber bei der Ladung nicht beachtet, kann die Minderheit zur Aufnahme durch das Gericht auch noch nach Ablauf der Ladungsfrist ermächtigt werden. Voraussetzung ist aber die rechtzeitige Antragstellung bei Gericht.7 Außerdem muss die verbleibende Zeit den Mitgliedern eine angemessene Vorbereitung auf das neue Beschlussthema erlauben. Sieht die Satzung einer Anmeldung zur Mitgliederversammlung vor, ist es zu spät, wenn Ergänzungen der Tagesordnung den Mitgliedern erst am letzten Tag der Anmeldefrist übermittelt werden.8 Das nach § 37 BGB angerufene Gericht muss in diesem Fall entscheiden, ob zur Befassung mit dem Anliegen der ermächtigten Minderheit eine zusätzliche Versammlung einzuberufen ist oder ob die Befassung mit dem Thema bis zur nächsten regulären Versammlung aufschiebbar ist.
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KG NJW 1957, 1680. OLG Hamm MDR 1973, 929. BGH v. 3.11.2014 – AnwZ (Brfg) 68/13, NJW-RR 2015, 755. BGH v. 17.11.1986 – II ZR 304/85, BGHZ 99, 119 (125) = MDR 1987, 473. Zum Nachschieben von Tagesordnungspunkten in der Gesellschafterversammlung der GmbH (§ 51 GmbHG) OLG Jena v. 15.6.2018 – 2 U 16/18, GmbH-StB 2019, 10. Im Zweifel sind nach der Frist eingehende Anträge dann unzulässig, wenn sie nicht dringlich sind, Burhoff, Rz. 332. LG Frankfurt/M. v. 16.9.1983 – 2/2 O 573/82, ZIP 1983, 1336 f. OLG Frankfurt v. 24.3.2011 – 147/11, juris. Zur Aktiengesellschaft BGH v. 14.7.2020 – II ZR 255/18 = ZIP 2020, 1857 = DB 2020, 2061 m.Anm. zu Linden.
450 | Stöber/Otto
7. Teilnahmeberechtigung (§§ 32, 40 BGB) | Rz. 878 XIV.
Mit den oben behandelten Mitgliederanträgen wird initiativ ein neues Beschlussthema gesetzt. Davon zu unterscheiden sind Anträge von Mitgliedern, die diese im Rahmen der Beratung eines in der Tagesordnung angekündigten Gegenstands stellen. Innerhalb des vom Versammlungsleiter aufgerufenen Gegenstands kann jedes Mitglied in der Versammlung ergänzende oder abändernde Anträge stellen (Rz. 926). Soweit der sachliche Zusammenhang zum Beschlussgegenstand reicht, kann die Behandlung dieser Anträge nicht unter Hinweis auf die fehlende Ankündigung abgelehnt werden.1 Die Entscheidung über ihre Behandlung kann aber die Mitgliederversammlung als Geschäftsordnungsfrage an sich ziehen.
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7. Teilnahmeberechtigung (§§ 32, 40 BGB) a) Mitglieder Das Recht auf Teilnahme an den Mitgliederversammlungen ist Mitgliederrecht (Mitverwaltungsrecht, Rz. 400). Teilnahmeberechtigt sind auch nicht stimmberechtigte Mitglieder einschließlich der Ehrenmitglieder. Zu Minderjährigen Rz. 853, 1033 ff. Das Teilnahmerecht besteht auch bei Stimmrechtsausschluss in eigener Angelegenheit (Rz. 997). Die Satzung kann die Teilnahme von bestimmten Voraussetzungen abhängig machen, etwa dem Vorzeigen der Mitgliedskarte, dem Vorlegen der letzten Beitragsquittung, der Eintragung in eine Anwesenheitsliste und bei zugelassener Vertretung die Vorlage oder sogar vorherige Zusendung einer schriftlichen Vollmacht. Die Satzung kann die Teilnahme von einer vorherigen Anmeldung abhängig machen.2 Die Frist dafür darf gemessen an den damit verfolgten Zwecken des Vereins für das Mitglied nicht unangemessen lang sein, wenn eine Anmeldefrist eingeführt wird, gebietet der Gleichbehandlungsgrundsatz, von ihr auch nicht für einzelne doch erschienene Mitglieder abzuweichen.3 Alle derartigen Regelungen dürfen das Mitgliederrecht auf Teilnahme an der Versammlung in seinem Kern aber nicht ausschließen. Somit auch nicht für einzelne Mitgliedergruppen (Rz. 249) wie z.B. nur für fördernde4 oder „passive“ Mitglieder, zumal auch diese ihr (unentziehbares) Auskunftsrecht in der Mitgliederversammlung geltend machen können. Anders als das Stimmrecht ist das Teilnahmerecht nicht entziehbar. Schließt die Satzung „Mitglieder ehrenhalber“ oder „Fördermitglieder“ von der Versammlung aus, wird man nach den Gesamtumständen zu entscheiden haben, ob dieser Ausschluss nichtig ist oder in Wahrheit unter derartigen Bezeichnungen gar keine Mitgliedschaft im Rechtssinn begründet ist.5 Eine – zunehmend kritisch gesehene – Rechtsprechung macht Aus1 Burhoff, Rz. 355; Stefanik/Punte, NZG 2017, 1161, 1165. Vgl. auch LG Düsseldorf v. 12.8.2014 – 1 O 307/13, juris. 2 Zu Grenzen vgl. die Rechtsprechung zu § 123 Abs. 2 AktG; Kuthe, BB 2019, 776. 3 Zur AG-Hauptversammlung BGH v. 9.10.2018 – II ZR 78/17, BGHZ 220,36 = MDR 2019, 360. 4 LG Bremen v. 13.2.1990 – 2 T 48/90, Rpfleger 1990, 262; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 196. 5 Waldner, 2. Erlanger FS Schwab, S. 155, 170; Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 695, Rz. 1380. Ebenso OLG Frankfurt v. 22.5.1996 – 20 W 96/94, NJW-RR 1997, 482 (jedoch Ausnahme
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XIV. Rz. 878 | Die Mitgliederversammlung
nahmen bei religiösen Vereinen (Rz. 44)“1 Sofern die Satzung dies nicht ausdrücklich erlaubt, kann die Teilnahme an der Mitgliederversammlung nicht von einer vorherigen Anmeldung abhängig gemacht werden. Das gilt auch, wenn die Präsenz aus Infektionsschutzgründen klein gehalten werden soll. 879
Das Mitgliederrecht auf Teilnahme an der Willensbildung des Vereins schließt neben dem Anwesenheitsrecht auch für nicht stimmberechtigte Mitglieder das Recht zur Mitwirkung bei Beratungen (Mitberatung) ein, damit auch das Recht zur Wortmeldung, zu Redeausführungen und jedenfalls im Zweifel auch zur Antragstellung. Die Mitglieder müssen stets Gelegenheit finden, ihre Auffassung zu einem Gegenstand der Beschlussfassung vorzutragen und Zustimmung oder Bedenken vorzubringen sowie ihr Auskunftsrecht geltend zu machen. Etwas anderes kann und muss allerdings gelten, wenn die Funktionen der Mitgliederversammlung insgesamt einer Delegiertenversammlung überantwortet sind (Rz. 950 ff.). Weil die Teilnahme an einer Delegiertenversammlung beschränkt werden kann, sollte man die Grundsätze zum Teilnahmerecht stimmrechtsloser Mitglieder in der Mitgliederversammlung für Großvereine insgesamt überdenken.
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Im Falle der Fremdorganschaft, also wenn z.B. Vorstandsmitglieder oder Liquidatoren dem Verein nicht angehören, ist das Teilnahmerecht strittig.2 Der Vorstand hat in der Mitgliederversammlung Rechenschaft abzulegen.3 Schon deshalb kann er jedenfalls in wesentlichen Teilen der Versammlung nicht ausgeschlossen sein. Der Insolvenzverwalter über das Vereinsvermögen wird soweit teilnehmen können, als es um den wirtschaftlichen Rechenschaftsbericht und Fragen der Entlastung des Vorstands geht.4 b) Vertretung
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Als Mitgliederrecht ist das Recht auf Teilnahme an der Versammlung persönlich auszuüben. Die Entsendung eines rechtsgeschäftlichen Vertreters (Bevollmächtigten) ist damit (ebenso wie Stimmrechtsübertragung, Rz. 1004) grundsätzlich ausgeschlossen. Die Satzung kann jedoch eine abweichende Regelung vorsehen. Auf diese Weise kann auch die Vertretung durch Nichtmitglieder gestattet werden.5 Ein unwiderrufliche Vollmacht ist aber nicht zuzulassen.6 Sonst ist ein (vereinsfremder) Dritter in der Regel auch nicht als Beistand eines Mitglieds teilnahmeberechtigt, das zusammen mit ihm erscheint. Die Mitgliederversammlung ist nicht öffentlich. Damit ist
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beim religiösen Verein). Anders OLG Stuttgart v. 16.7.2018 – 8 W 428/15, MDR 2018, 1387 = NZG 2018, 1264. OLG Frankfurt Rpfleger 1996, 440. Dagegen (bei fehlender Satzungsbestimmung, § 118 Abs. 2 S. 1 AktG ist nicht übertragbar) Pfälz. OLG v. 8.5.2006 – 3 W 197/05, Rpfleger 2006, 658 = FGPrax 2006, 229; dafür Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2383. Pauli, ZStV 2010, 167, 169. Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1391. Bartodziej, Rz. 195. Kritisch Schwennicke in Staudinger § 32 Rz. 100. Schwennicke in Staudinger § 32 Rz. 100 (für Nichtmitglied).
452 | Stöber/Otto
7. Teilnahmeberechtigung (§§ 32, 40 BGB) | Rz. 883 XIV.
für das persönlich auszuübende Teilnahmerecht die Anwesenheit eines mit dem Mitglied erscheinenden Beraters nicht zu vereinbaren.1 Eine für eine bestimmte Versammlung erteilte Spezialvollmacht beschränkt sich im Zweifel auf die in der Einladung mitgeteilten Gegenstände. Der Bevollmächtigte kann dann nicht wirksam auf die Beachtung der Formvorschrift verzichten und einer Aufnahme weiterer Beschlussgegenstände zustimmen.2 Der von mehreren Mitgliedern Bevollmächtigte kann die betreffenden Stimmen unterschiedlich ausüben.3 Häufig ist vorgesehen, dass ein Teilnehmer nur eine begrenzte Anzahl von Stimmen vertreten darf. Die Möglichkeit zur Erteilung von Untervollmachten muss in der Satzung ausdrücklich geregelt sein. Bestimmungen über den formalen Nachweis der Vollmacht sind in der Regel keine materielle Wirksamkeitsvoraussetzung der Stimmrechtsvollmacht. Nicht möglich ist die sog. verdrängende Vollmacht, d.h. das Mitglied kann stets das Stimmrecht an sich ziehen.4
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Unter besonderen Umständen können auch die mit Mitgliederinteressen auf Unterstützung und Beratung durch eine Vertrauensperson abzuwägenden Belange des Vereins, Dritte von der nicht öffentlichen Versammlung fern zu halten, zurücktreten müssen. Dann hat das Mitglied Anspruch auf Zulassung des beratenden Beistands durch die Versammlung zumindest für die Dauer der Beratung und Beschlussfassung über den das Mitgliederinteresse betreffenden Gegenstand.5 Wird dem nicht entsprochen, kann ein dennoch gefasster Beschluss wie bei unangebrachter Ordnungsmaßnahme unwirksam sein. In einem nichtwirtschaftlichen Verein, der auch nicht Monopolverein ist, werden solche Besonderheiten nur ausnahmsweise Bedeutung erlangen können.
883
1 Vgl. BGH BB 1971, 449 (452). Im Grundsatz so auch Kirberger, BB 1978, 1390 (1393), der eine Ausnahme aber dann gelten lässt, wenn eine angemessene Wahrnehmung der Mitgliederrechte ansonsten nicht gewährleistet ist. Dann soll auch die Satzung die Zuziehung eines sachkundigen Beistands nicht ausschließen können. Für Wohnungseigentümer auch BGH v. 11.11.1986 – V ZB 1/86, JZ 1987, 463 mit Anm. Weitnauer = MDR 1987, 485 = MittBayNot 1987, 84 = NJW 1987, 650 und BGH v. 29.1.1993 – V ZB 24/92, MDR 1993, 442 = NJW 1993, 1329, hier auch zur Möglichkeit, bei berechtigtem Interesse einen beratenden Beistand hinzuzuziehen; BayObLG NJW-RR 2002, 1307. OLG Stuttgart v. 7.3.1997 – 20 W 1/97, GmbHR 1997, 1107 = MDR 1997, 1137: Zuziehung eines Rechtsberaters zu einer Gesellschafterversammlung, wenn dringender Beratungsbedarf zu besonders wichtigen Fragen besteht. Der Insolvenzverwalter über das Vermögen des Mitglieds wird nur in Ausnahmefällen teilnahmeberechtigt sein, s. hierzu Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1392. 2 OLG Hamm v. 8.12.1992 – 15 W 218/91, OLG Hamm v. 8.12.1992 – 15 W 216/91, NJWRR 1993, 468 f. (zum WEG). 3 MünchKomm/BGB/Leuschner, § 32 Rz. 38 (jedenfalls bei unterschiedlicher Stimmbindung). 4 Bartodziej, Rz. 195. 5 BGH v. 3.3.1971 – KZR 5/70, BGHZ 55, 381–392: Wenn sich ein Vereinsorgan zur Begründung eines Antrags in der Mitgliederversammlung anwaltlicher Hilfe bedient, muss für diesen Tagesordnungspunkt jedenfalls den Mitgliedern die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts gestattet werden, die bei Annahme dieses Antrags unmittelbar Rechte verlieren.
Stöber/Otto | 453
XIV. Rz. 884 | Die Mitgliederversammlung 884
Juristische Personen werden grundsätzlich durch ihr Vertretungsorgan vertreten. Die Satzung kann vorsehen, dass nur ein Vorstandsmitglied für das Mitglied teilnimmt1, selbst wenn nach dessen Statuten Gesamtvertretung besteht.2 Der teilnehmende gesetzliche Vertreter muss dann sein Vertretungsrecht durch Ermächtigung sicherstellen (beachte § 174 BGB). Bevollmächtigte können nach der bisher überwiegenden und vormals auch hier vertretenen Auffassung auch für juristische Personen nur auftreten, wenn die Satzung das ausdrücklich zulässt.3 In Konsequenz dieser Auffassung kann z.B. nur der Vorstand eine Aktiengesellschaft vertreten, nur der Bürgermeister persönlich die Gemeinde (zu Letzterem wohl bisher schon anders die hM.).4 Soweit ein bundesweit aktiver Großverein seinerseits Mitglied in regionalen Vereinen ist, kann ihn dort grds. nur der Bundesvorstand vertreten (man kann sich aber damit behelfen, dass der Vorstand einer rechtlich ansonsten unselbständigen Abteilung des Großvereins beschränkt auf seinen Wirkungskreis zum besonderen Vertreter nach § 30 BGB bestellt wird). Zu Teilnahme und Stimmrecht einer juristischen Person in der Wohnungseigentümergemeinschaft hat der BGH mittlerweile entschieden, dass sie auch bei fehlender Regelung in der Gemeinschaftsordnung durch einen mit den Angelegenheiten der Versammlung vertrauten Mitarbeiter (auch eines Konzernunternehmens) vertreten werden kann.5 Da von dem mit den Angelegenheiten des WEG-Verbands betrauten Mitarbeiter gemeinschaftsfremde Einwirkungen nicht zu erwarten sind, wäre es sachlich nicht zu rechtfertigen, wenn eine juristische Person nur durch ihren organschaftlichen Vertreter teilnehmen dürfte.6 Diese Überlegung scheint auf den Verein übertragbar und führt für die Praxis zu einem sinnvollen Ergebnis – gerade dann, wenn die Satzung bei Gesamtvertretung des Mitglieds nur einen Vertreter zulassen will, und weil sie stets nur einheitliche Stimmabgabe zulassen kann. Mangels entgegenstehender Satzungsbestimmung ist somit als Vertreter des korporativen Mitglieds außer dem gesetzlichen Vertreter auch Bevollmächtigung dessen zuzulassen, der im täglichen Geschäft den Kontakt zum Verein hält.
1 Umstritten ist, ob im anderen Fall mehrere Vertreter einer juristischen Person ein dieser zustehendes Mehrfachstimmrecht auch unterschiedlich abgegeben könnten. Dagegen noch 9. Aufl., Rz. 579; dafür Ellenberger in Palandt, § 32 Rz. 8, je m.w.N. Ausführliche Darstellung u.a. auch bei MünchKomm/BGB/Leuschner, § 32 Rz. 38 ff. 2 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1451, Rz. 1389. 3 OLG Hamm v. 8.2.1990 – 15 W 37/90, NJW-RR 1990, 532 ff.; Ries/Bauer, Registerrecht, Rz. 7.256 mit Fn. 175; hier Rz. 718 bis 11. Aufl; Staudinger/Schwennicke, § 32 Rz. 99; a.A. seit je Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 199. Vgl. auch LG Düsseldorf v. 12.8.2014 – 1 O 307/ 13, juris: Beschränkung der Vertretung eines Mitgliedsverbands auf ein gewähltes Vorstandsmitglied (nicht: angestellter Geschäftsführer). 4 Die Vertretung öffentlicher Körperschaften kraft Organisationsentscheidung wird auch ohne Satzungsregelung zugelassen von Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1449 (s. aber auch Rz. 1390: Bürgermeister muss selbst erscheinen, wenn die Vereinssatzung keine Vertretung zulässt); vgl. auch noch 9. Aufl., Rz. 578. 5 BGH v. 28.6.2019 – V ZR 250/18, NJW-RR 2019, 1354 = MDR 2019, 1305 = NotBZ 2020, 29–30. 6 BGH v. 28.6.2019 – V ZR 250/18, MDR 2019, 1305 = NotBZ 2020, 29 (Hueber) –, juris Rz. 10.
454 | Stöber/Otto
7. Teilnahmeberechtigung (§§ 32, 40 BGB) | Rz. 887 XIV.
c) Gäste Nichtmitgliedern kann im Übrigen als Gästen die Anwesenheit gestattet werden. Die Entscheidung trifft bei Fehlen einer Satzungsregelung die Mitgliederversammlung (§ 32 Abs. 1 BGB), die sie (auch stillschweigend) dem Versammlungsleiter überlassen kann. Ein Recht auf Anwesenheit haben Dritte (auch Presse, Rundfunk und Fernsehen) nicht. Ob der Vertreter einer übergeordneten Organisation (Dachorganisation) ein Zutrittsrecht hat, bestimmt sich nach den beiderseitigen Satzungen, ggf. auch nach langjähriger Übung. Die Teilnahme weiterer nicht stimmberechtigter Vertreter von Mitgliedsverbänden (Rz. 884) kann an die Zustimmung der Mitgliederversammlung gebunden werden. Es verstößt nicht gegen die vereinsrechtliche Treuepflicht oder den Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn (aus Kapazitätsgründen) dabei nur die hauptamtlichen Geschäftsführer der größten Verbände zugelassen werden.1
885
Die einem Gast erlaubte Anwesenheit ermächtigt nicht zur Teilnahme an den Abstimmungen (§ 32 Abs. 1 BGB). Ob sich der Gast zu Wort melden kann, bestimmt im Zweifel wiederum die Mitgliederversammlung, die dieses Bestimmungsrecht dem Versammlungsleiter überlassen kann. d) Abstimmungsteilnahme Nichtberechtigter Nehmen Nichtmitglieder an der Abstimmung teil, so begründet das keine Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit des Versammlungsbeschlusses, wenn ihre Stimmen für das Abstimmungsergebnis in keiner Weise ursächlich waren, weil die erforderliche Mehrheit auch ohne die Stimmen der Nichtmitglieder erreicht worden ist.2 Wenn die Satzungsmäßigkeit eines Beschlusses mit der Behauptung bestritten wird, das Abstimmungsergebnis sei durch die Teilnahme eines unberechtigten (nicht stimmberechtigten) Dritten beeinflusst worden, muss der Verein die Satzungsmäßigkeit des Beschlusses nachweisen. Er muss die Behauptung, unberechtigte Dritte hätten mit abgestimmt, also mit dem Beweis widerlegen, es habe kein Unberechtigter mitgestimmt oder der gefasste Beschluss beruhe nicht auf der Stimmabgabe nicht stimmberechtigter Versammlungsteilnehmer.3
886
Nur wenn der Mitgliederversammlung nach der Satzung jeweils die Niederschrift über die vorangegangene Versammlung zur Genehmigung vorzulegen ist, muss das Vereinsmitglied, das der Genehmigung nicht widersprochen hat und gleichwohl nachträglich die Nichtigkeit des Beschlusses geltend macht, beweisen, dass Dritte mitgestimmt und erst ihre Stimmen die erforderliche Mehrheit erbracht haben.4
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1 2 3 4
LG Düsseldorf v. 12.8.2014 – 1 O 307/13, juris. So auch – für WEG – LG Wuppertal Rpfleger 1972, 451. BGHZ 49, 209 = MDR 1968, 387 = NJW 1968, 543. BGHZ 49, 209 = MDR 1968, 387 = NJW 1968, 543.
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XIV. Rz. 888 | Die Mitgliederversammlung
8. Leitung der Versammlung (§§ 32, 40 BGB) a) Versammlungsleiter 888
Die Versammlung leitet die in der Satzung dafür vorgesehene Person. In der Praxis häufig, aber nicht regelmäßig ist das der Vorsitzende. Im Interesse der Rechtssicherheit wird es in der Rechtsprechung zugelassen, dass bei solcher Satzungsbestimmung der bereits zurückgetretene, im Vereinsregister aber noch eingetragene Vorsitzende die Versammlung leitet, wenn in der Sitzung niemand widerspricht.1
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Ist eine juristische Person Vorstand (Rz. 478) obliegt ihrem Vertretungsorgan die Leitung der Versammlung. Wird der satzungsgemäße Versammlungsleiter an der Wahrnehmung seines Rechts zur Führung des Vorsitzes gehindert, so liegt ein Verstoß gegen die Satzung vor. Er begründet die Unwirksamkeit der in der Versammlung gefassten Beschlüsse2, es sei denn, dass sich – wie wohl nur selten – jeder Zusammenhang zwischen der Verhandlungsführung des Vorsitzenden und dem Beschlussergebnis eindeutig ausschließen lässt. Die Versammlung kann den Vorsitz nicht durch Mehrheitsbeschluss abweichend von der Satzung regeln; sie kann auch nicht aus Zweckmäßigkeitserwägungen gegen eine Satzungsregelung einen Versammlungsleiter bestimmen.3 b) Ersatzbestimmung
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Im Einvernehmen mit dem satzungsgemäßen Versammlungsleiter, bei dessen tatsächlicher Abwesenheit, rechtlicher Verhinderung4 oder Wegfall (wie auch bei Amtszeitablauf des Vorstands5), bei dessen Ausscheiden während der Versammlung oder dann, wenn die Satzung keine Regelung enthält, kann die Versammlung selbst einen Versammlungsleiter bestimmen.6 Eine in der Satzung nicht verankerte Geschäftsordnung genügt zur Regelung dieses Falles nicht7, sollte aber ebenso wie eine ständige Übung des Vereins gelten, wenn sie die Teilnehmer stillschweigend akzeptieren. Nicht eindeutig ist, wer das Amt gegebenenfalls bis zu einer erforderlichen Wahl des Versammlungsleiters wahrnimmt.8 Praktisch wird auch hierüber eine Entscheidung
1 LG Aurich v. 22.10.1986 – 1 S 279/86, Rpfleger 1987, 115 f. 2 LG Bonn v. 18.1.1985 – 5 T 172/84, Rpfleger 1985, 198; offen gelassen von BayObLG 1989, 298 (305). 3 LG Bonn v. 18.1.1985 – 5 T 172/84, Rpfleger 1985, 198. 4 Zum Aktienrecht vgl. OLG Köln v. 16.6.2015 – 18 Wx 1/15, NJW-spezial 2015, 593: Gerichtliche Bestellung eines Versammlungsleiters, wenn über Schadensersatzansprüche gegen den satzungsmäßigen Tagungsleiters diskutiert werden soll. 5 BayObLG 1972, 329 = MDR 1972, 134 = Rpfleger 1973, 20. 6 Vgl. RG JW 1909, 411; Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1542; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 180. 7 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1544. 8 Der Einberufende (dafür 9. Aufl., Rz. 470) oder der Vorstand (Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 180).
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8. Leitung der Versammlung (§§ 32, 40 BGB) | Rz. 893 XIV.
der Versammlung herbeigeführt werden.1 Eine Verpflichtung, den Vorsitz zu übernehmen, besteht für einen gewählten Versammlungsteilnehmer nicht. Dass der durch die Satzung oder Mehrheitsbeschluss der Versammlung bestimmte Versammlungsleiter bei Abstimmung in eigener Angelegenheit (Rz. 997) und als Kandidat bei Wahl in ein Vereinsamt die Leitung der Versammlung (vorübergehend) abgibt, ist nicht zwingend vorgesehen.2 Gewährleistet sein muss nur, dass Beratungen und Abstimmungen unparteiisch durchgeführt werden, dass bei einer Wahl die Chancengleichheit der Bewerber gesichert und dass zuverlässige Feststellung des Abstimmungsergebnisses ermöglicht ist. Wenn der Versammlungsleiter selbst in größeren Diskussionen zur Sache das Wort ergreift oder sich zur Wahl stellt, entspricht eine vorübergehende Abgabe der Sitzungsleitung aber weitgehend anerkannten (parlamentarischen) Gepflogenheiten und ist auch ohne satzungsmäßige Regelung jedenfalls zulässig.3 Der eigentlich vorgesehene Versammlungsleiter ist dann aus persönlichen Gründen verhindert, eine Ersatzperson ist durch die Versammlung zu bestimmen. Bestimmung über diese Änderung der Versammlungsleitung hat die Mitgliederversammlung zu treffen; geschehen kann das auch durch einvernehmliche Hinnahme eines dahingehenden Vorschlags des noch amtierenden Versammlungsleiters.
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Nicht völlig unbedenklich erscheint es dagegen, wenn generell ohne satzungsmäßige Grundlage zur Leitung des Wahlverfahrens ein eigener Wahlvorstand, Wahlausschuss oder Wahlleiter bestimmt wird. Das mag weitverbreiteter Übung entsprechen.4 Jedenfalls, wenn der Wahlausschuss nicht nur Hilfsfunktionen5 für den in der Satzung vorgesehenen Versammlungsleiter wahrnimmt, würde hier jedoch unzulässig in dessen satzungsmäßige Rechte eingegriffen. In der Regel kann aber von einem (stillschweigenden) Einverständnis des Versammlungsleiters ausgegangen werden, so dass die Bestimmung einer anderen Versammlungsleitung für den Wahlvorgang wieder möglich wird.
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c) Abwahl Eine Abwahl des Versammlungsleiters6 kommt grundsätzlich nur bei dem in der Versammlung gewählten Tagungsleiter in Betracht. Nur bei gröbsten Verstößen der Verhandlungsführung7 gegen Gesetz, Vereinssatzung oder Geschäftsordnung kann eine 1 Zur Herbeiführung dieser Entscheidung, wie im Grunde überhaupt, bedarf die Vereinsmitgliederversammlung nicht zwingend einer Leitung, vgl. Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1540. 2 Burhoff, Rz. 340. 3 OLG Köln v. 31.7.1985 – 2 Wx 9/85, Rpfleger 1985, 447 = ZIP 1985, 1139. 4 OLG Köln v. 31.7.1985 – 2 Wx 9/85, ZIP 1985, 1139; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 258. 5 Allgemein zu Hilfspersonen des Versammlungsleiters Kocher/Feigen, NZG 2015, 620. 6 Die Frage wurde intensiv im Aktienrecht diskutiert, vgl. Rose, NZG 2007, 241; Butzke, ZIP 2005, 1164; Krieger, AG 2006, 355; v. Falkenhausen/Kocher, BB 2005, 1068. Ihre Ergebnisse sind auf den Verein nur begrenzt übertragbar, weil hier die Kategorie der „nur“ anfechtbaren Beschlüsse fehlt. 7 Grundsätzlich nicht: Vorwürfe aus Vorgängen außerhalb der Versammlung, die sich nicht auf die Versammlungsleitung auswirken, OLG Stuttgart v. 8.7.2015 – 20 U 2/14, NJW-spezial 2015, 592.
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893
XIV. Rz. 893 | Die Mitgliederversammlung
Abberufung des kraft Satzung oder nach gerichtlicher Ermächtigung1 eingesetzten Versammlungsleiters durch die Mehrheit der Anwesenden aus wichtigem Grund zuzulassen sein.2 Stellt der Versammlungsleiter allerdings den ihn selbst betreffenden Abwahlantrag zur Abstimmung3, wird man darin jedenfalls seine Absichtserklärung sehen dürfen, im Fall des Unterliegens zurückzutreten. Ansonsten dürfte er einen von ihm für unzulässig gehaltenen Antrag gar nicht zur Abstimmung stellen. Der Antrag geht dann nicht eigentlich auf Abwahl, sondern auf Feststellung eines Misstrauens. Mit der Feststellung des für ihn negativen Ergebnisses erklärt der Versammlungsleiter konkludent seinen Rücktritt. Die Beschlüsse, die unter einer neu gewählten Leitung anschließend gefasst werden, sind dann unabhängig von der Zulässigkeit des Abwahlverlangens wirksam. Da das Gesetz eine Abberufung der Versammlungsleitung nicht vorsieht, sind umgekehrt die unter einer vom Mehrheitswillen nicht getragenen, aber satzungsmäßig bestimmten Leitung getroffenen Vereinsbeschlüsse nicht deshalb ungültig, weil ein Abwahlantrag ignoriert wurde. Wichtige Gründe einer Abberufung (z.B. schwerwiegende Verfahrensverstöße) können aber per se Unwirksamkeitsgründe bilden. d) Aufgaben und Befugnisse 894
Der Versammlungsleiter eröffnet die Mitgliederversammlung. Er nimmt das Ordnungsrecht in der Versammlung und das Hausrecht des Vereins wahr.4 Der Versammlungsleiter kann Hilfspersonen zuziehen (Ordner, Stimmzähler, Vortragende, insb. zur Verlesung eines umfangreichen Antrags). Er hat die Versammlung mit dem Ziel zu leiten, die Tagesordnung ordnungsgemäß und zügig zu erledigen (s. auch Rz. 900 ff.). Er muss auf eine sachgemäße Erörterung der Gegenstände der Tagesordnung bedacht sein und die Anwesenden gehörig zu Wort kommen lassen.5 Die Verfahrensrechte der Minderheit muss der Versammlungsleiter gerade gegenüber einer starken Mehrheit schützen, umgekehrt muss er aber auch6 dafür sorgen, dass nicht eine Minderheit oder ein einzelnes Mitglied eine ordnungsgemäße Erledigung der Geschäfte durch zweckloses Reden unmöglich macht.7 Bei der Leitung des Verfahrensgangs wie auch in der Ausübung seiner Ordnungsfunktionen hat er die Pflicht zur gleichmäßigen Behandlung aller Mitglieder und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von in Rechte der Mitglieder eingreifenden Maßnahmen zu beachten.8
1 Wohl anders Reichert/Wagner, Rz. 2/1259: Keine Abwahl des durch das Gericht eingesetzten Versammlungsleiters. 2 Kritisch zur Rechtsprechung, die bei dem Leiter der Aktionärsversammlung eine Abberufung aus wichtigem Grund zulässt, von der Linden, DB 2017, 1371 ff. Zur Abberufung des Versammlungsleiters einer GmbH-Gesellschafterversammlung aus wichtigem Grund, wenn diese Position als Sonderrecht konstituiert ist, Lange, NJW 2015, 3190, 3194. 3 In der Abstimmung ist der Versammlungsleiter mit stimmberechtigt, vgl. BGH v. 21.7.2010 – v. 21.6.2010 – II ZR 230/08, NJW 2010, 3027 = MDR 2010, 1271 (für die GmbH). 4 MünchKomm/BGB/Leuschner, § 32 Rz. 25. 5 RG LZ 1920, 764. 6 Vgl. Pinner, JW 1916, 175. 7 RG LZ 1920, 764. 8 Hadding in Soergel, § 32 Rz. 20.
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8. Leitung der Versammlung (§§ 32, 40 BGB) | Rz. 897 XIV.
Ihm ist dabei die eigene Stellungnahme in der Sachdiskussion unbenommen.1 Der Versammlungsleiter ist in diesem Rahmen berechtigt, (längstens) bis zum Beginn einer Abstimmung durch eigenen Redebeitrag auf eine seinen Wünschen entsprechende Beschlussfassung hinzuwirken, auch wenn er damit gegen eine Gruppe von Versammlungsteilnehmern Partei nimmt.2 Er kann daher auch einen Wahlvorschlag einbringen. Im Rahmen der Vorgaben der Satzung sind sämtliche Zuständigkeiten des Versammlungsleiters durch eine umfassende Geschäftsführungszuständigkeit für ihre eigenen Angelegenheiten und ein Weisungsrecht der Mitgliederversammlung (§ 27 Abs. 3 BGB mit § 665 BGB analog) überlagert.3 Für die „Versammlungsleitung“ in einem weiteren Sinn sind beide zuständig. Die Versammlung kann daher alle Maßnahmen des Versammlungsleiters durch Verfahrensbeschluss korrigieren und ihn im Extremfall auch abberufen (Rz. 893). Der Versammlungsleiter ist deshalb verpflichtet, Anträge der Teilnehmer zur Tagesordnung oder zum Verfahrensgang („Geschäftsordnungsanträge“) stets zuzulassen. Ihre Behandlung hat im allgemeinen Vorrang vor weiteren Wortbeiträgen zur Sache.4 Ist unklar, ob ein Antrag zulässig ist, muss der Leiter ihn im Zweifel zur Abstimmung stellen.5
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Etwas anderes gilt allerdings wiederum, soweit die Satzung bestimmte Entscheidungen ausdrücklich dem Leiter der Versammlung zuweist. Dann ist der Versammlungsleiter auch auf Antrag nicht verpflichtet, seine Entscheidung zur Abstimmung zu stellen6, er darf dies aber.
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Eine Haftung des Versammlungsleiters kommt insofern in Betracht, als ihn der Verein (in den Grenzen des § 31a BGB) theoretisch in Regress nehmen kann für Kosten, die dem Verein aus von ihm verantworteten Verfahrensfehlern und dadurch anfallenden Mehrkosten entstehen (Rechtsstreitigkeiten, Wiederholung der Versammlungen).7 Praktisch wird das beim Idealverein nur in Betracht kommen, wenn der Leiter vorsätzlich das Letztentscheidungsrecht der Versammlung ignoriert, indem er zulässige Geschäftsordnungsanträge mutwillig nicht behandelt oder wenn er Entscheidungen der Versammlung zuwider handelt.
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1 Ellenberger in Palandt, § 32 Rz. 5. 2 KG NJW 1957, 1680; s. aber zu den Grenzen bei nicht mehr fairer Einwirkung auf die Willensbildung der Versammlung OLG Frankfurt v. 19.12.1984 – 9 U 107/83, ZIP 1985, 213 (225, 226). 3 Hadding in Soergel, § 32 Rz. 20. 4 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1609. A.A. Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 184. 5 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1709. 6 BGH v. 27.5.1982 – III ZR 157/80, juris Rz. 33 – BGHZ 84, 209 (222) = MDR 1982, 915. 7 Zu der wirtschaftliche deutlich relevanteren Haftung des Leiters einer Aktionärshauptversammlung Theusinger, BB 2015, 131 mit Beispielen zu Maßnahmen der Sitzungsleitung.
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XIV. Rz. 898 | Die Mitgliederversammlung
9. Verlauf der Versammlung (§§ 32, 40 BGB) a) Entscheidungen im Versammlungsablauf 898
Die Mitgliederversammlung regelt, sofern die Satzung (oder eine sie ergänzende Geschäftsordnung) keine zu beachtenden Bestimmungen enthält, selbst den Verlauf (= den äußeren Ablauf) der Versammlung (§ 32 Abs. 1, § 40 BGB). Die Mitgliederversammlung kann die Regelung dem Versammlungsleiter ausdrücklich übertragen oder stillschweigend überlassen. Es kann auch ein Tagungsgremium eingesetzt werden. Andere als Ordnungsmaßnahmen (Rz. 903) können durch Versammlungsbeschluss jedoch jederzeit abgeändert oder aufgehoben werden (§ 32 Abs. 1 BGB). In diesen Grenzen hat der Versammlungsleiter für einen geordneten Aufruf und eine planmäßige Beratung der Tagesordnung zu sorgen. Ein Geschäftsordnungsantrag, über den Versammlungsablauf abstimmen zu lassen, ist der Erörterung der Sachanträge im Ablauf vorzuziehen.1
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Das Recht der Mitgliederversammlung sowie des Versammlungsleiters zur Ordnung des Versammlungsablaufs schließen ein: – die Versammlung zu unterbrechen (Einhaltung einer Mittagspause, Einlegung einer Beratungspause, Einschaltung einer Pause zur Unterbrechung einer erhitzten, unsachlichen Aussprache, kurzzeitige Aussetzung zur Aussprache im Vorstand oder unter den Mitgliedern usw.), in einen anderen Raum zu verlegen2 oder zu fortgeschrittener Zeit bei Nichterledigung der Tagesordnung auf den folgenden Tag zu berufen.3 Die Fortsetzung muss in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang erfolgen. Unterbrechung auf mehrere Tage oder Verlegung (Vertagung) auf ein anderes Wochenende verbietet sich daher.4 Etwas anderes gilt, wenn die Vertagungsoption ausdrücklich oder bei entsprechender früherer Übung dieses Vereins auch nur indirekt bereits mit der Einladung angekündigt ist. Die Zeit der Fortsetzung der Versammlung ist spätestens mit Verkündung der Unterbrechung bekannt zu geben.5 Ist von vornherein ein Termin der Unterbrechung in der Einladung angekündigt, sollte eine spontane Verlängerung des laufenden Sitzungsteils nur bei Zustimmung aller Anwesenden zugelassen werden. Auf die Abwesenden muss nur dann Rücksicht genommen werden, wenn sie sich ganz ausnahmsweise (Rz. 911) gemäß der Ladung sicher darauf einstellen konnten, dass bestimmte Tagesordnungspunkte erst zum zweiten Versammlungstermin behandelt werden. Bei Fortsetzung der Versammlung können nicht anders als sonst in der laufenden Versammlung auch 1 OLG Köln v. 16.8.2000 – 16 Wx 87/00, MDR 2001, 326 = NJW-RR 2001, 88. Reichert, Rz. 1715. A.A. Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 184. 2 Auf einen Wechsel des Versammlungsorts ist mindestens am angekündigten Ort deutlich hinzuweisen, vgl. LG Düsseldorf v. 28.2.2012 – 6 O 357/11, juris. 3 Vgl. RG 81, 333. 4 A.A. Burhoff, Rz. 381: Anlehnung an die 10-Tagesfrist einer höchstzulässigen Unterbrechung in § 229 Abs. 1 StPO a.F. Schon dass hier auf eine ältere Fassung der Strafprozessordnung zurückgegriffen werden soll, zeigt die Willkürlichkeit einer derartigen festen Grenze. 5 Vgl. zur Eigentümerversammlung der WEG: BGH v. 8.7.2016 – V ZR 261/15, MDR 2016, 1441 –, juris Rz. 19.
460 | Stöber/Otto
9. Verlauf der Versammlung (§§ 32, 40 BGB) | Rz. 900 XIV.
Mitglieder teilnehmen, die zu Beginn noch nicht erschienen waren. Der Wunsch einzelner Mitglieder oder Mitgliedergruppen nach anwaltlicher Beratung rechtfertigt in der Regel keine Unterbrechung einer laufenden Versammlung.1 Für eine ordnungsgemäße Versammlungsleitung ist, wenn nicht von vornherein Berater unbeschränkt als Gäste zugelassen waren, insoweit zu bedenken, nicht die Mitglieder zu bevorteilen, deren Berater vor Ort oder kurzfristig erreichbar sind. – die Redezeit zu beschränken2, wenn dadurch kein Mitgliedsrecht auf Gleichbehandlung geschmälert wird. Gewährleistet muss daher insbesondere sein, dass die Redezeit allen Mitgliedern gegenüber gleich festgesetzt und ihnen gegenüber in gleicher Weise gehandhabt wird3 sowie, dass eine Minderheit oder Opposition angemessen zu Wort kommt. Angeordnet werden kann die Beschränkung der Redezeit nur, wenn dies zur sachgemäßen Durchführung der Hauptversammlung in angemessener Zeit (z.B. innerhalb eines Tages) notwendig ist.4 Das Ausmaß der Redezeitbeschränkung kann sich stets nur nach den Umständen und Besonderheiten des Einzelfalls bestimmen, damit auch nach der Bedeutung des Beschlussgegenstands,5 nach der Zahl der anwesenden Vereinsmitglieder, nach Inhalt und Vollständigkeit der Ausführungen früherer Redner zu einem Beratungsgegenstand, nach der Zahl der bereits vorliegenden Wortmeldungen und nach dem Umfang der noch abzuwickelnden Tagesordnung. Die Grenze für eine zulässige Redezeitbeschränkung kann mit 10 Minuten anzunehmen sein6, es mag auch eine Begrenzung zunächst auf 10 Minuten und später (wenn sich eine weitere Einschränkung als notwendig erweist) auf 5 Minuten verhältnismäßig sein.7 Eine derartige sukzessive Verkürzung der Redezeit im Verlauf der Debatte ist bedauerlich und sollte durch einen vorausschauenden rechtzeitigen Vorschlag vermieden wer-
1 BGH v. 8.7.2016 – V ZR 261/15, MDR 2016, 1441 –, juris Rz. 17 (Eigentümerversammlung der WEG). 2 LG Frankfurt/M. v. 22.2.1984 – 3/9 O 123/83, AG 1984, 192 = ZIP 1984, 321 (324); = OLG Stuttgart v. 30.4.1986 – 8 W 531/85, NJW-RR 1986, 1277; LG Stuttgart v. 27.4.1994 – 7 KfH O 122/93, AG 1994, 425 = NJW-RR 1994, 936 (für Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft als Recht des Versammlungsleiters behandelt; kann für die Vereinsmitgliederversammlung nicht in gleicher Weise gelten); Hadding in Soergel, Rz. 20 zu § 32; Sauter/ Schweyer/Waldner, Rz. 186. 3 Dazu LG Stuttgart v. 27.4.1994 – 7 KfH O 122/93, AG 1994, 425 = NJW-RR 1994, 936 (938 re. Sp.). 4 KG v. 23.12.2019 – 22 W 92/17; CDU-Bundesparteigericht v. 25.3.1981 – CDU-BPG 2/79, NVwZ 1982, 159; LG Stuttgart v. 27.4.1994 – 7 KfH O 122/93, AG 1994, 425 = NJW-RR 1994, 936. 5 Vgl. LG Frankfurt/M v. 5.6.2014 – 2-09 S 6/13, ZfIR 2014, 715 für eine Wohnungseigentümerversammlung: Keine generelle ausnahmslose Beschränkung der Redezeit auf drei Minuten für sämtliche Tagesordnungspunkte. 6 Für „etwa zehn Minuten“ auch Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1662. Etwa 10 Minuten sehen auch Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 186 als Faustregel bei einer kleineren Mitgliederversammlung an. Die anfängliche Festlegung auf nur eine Minute ist in jedem Fall zu kurz, auch wenn sie nicht vom Versammlungsleiter ausgeht, sondern von der Versammlung selbst beschlossen wurde, KG v. 23.12.2019 – 22 W 92/17, juris. 7 LG Stuttgart NJW 1994, 936.
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900
XIV. Rz. 900 | Die Mitgliederversammlung
den1, sie ist aber auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung grundsätzlich unbedenklich, weil sich mit zunehmender Dauer, die in der Regel ex ante nicht vorhersehbar ist, das Interesse an einer Verkürzung erhöht (und viele Argumente erfahrungsgemäß auch nur noch wiederholt werden). Häufig wird die Antragsbegründung (oder die Stellungnahme eines vorgeschalteten Ausschusses) von der Redezeitbegrenzung ausgenommen. Angeordnet werden kann die Beschränkung der Redezeit von vornherein, aber auch einem einzelnen Redner gegenüber, der schon zu lange gesprochen hat und durch Wiederholungen die sachgemäße Abwicklung der Versammlung aufhält.2 Denn die Redebefugnis findet ihre Grenze am Missbrauchsverbot. (Kurze) Erklärungen persönlicher Art oder persönliche Bemerkungen dürfen einem Vereinsmitglied auch durch Redezeitbeschränkung nicht unzulässig abgeschnitten werden. 901
– die Rednerliste (Wortmeldungen) zu schließen und damit die Zahl der weiteren Redner zum Schutz vor überlangen Diskussionen zu begrenzen.3 Die zum Zeitpunkt dieser Verfahrensentscheidung bereits angemeldeten Redner kommen noch zum Zuge. Gebräuchlich, aber nicht zwingend ist, dass der Versammlungsleiter noch Wortmeldungen entgegennimmt, bevor er den Verfahrensvorschlag auf Schluss der Rednerliste zur Abstimmung stellt, oder aber weitergehend – und der Versammlung vorbehalten: – Schluss der Debatte beschließen mit der Folge, dass ungeachtet weiterer inhaltlicher Wortmeldungen unmittelbar über die gestellten Anträge abgestimmt wird. Dabei entspricht es guter Übung, dass neben der Begründung jedes Sachantrags wenigstens eine Gegenrede gehört sein sollte,
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– Entscheidungen über Änderungen einer bereits in Gang gesetzten Tagesordnung (ausf. Rz. 908 ff.), insbesondere einzelne Tagesordnungspunkte abzusetzen, – die Versammlung vor Erledigung der Tagesordnung zu schließen oder ohne Festlegung einer neuen Versammlungszeit und eines Versammlungsorts zu vertagen. Zur weiteren Versammlung ist dann mit neuer Berufung durch das zuständige Organ wieder förmlich einzuladen. Anstelle der sofortigen Abstimmungen kann die Versammlung auch Vertagung der Entscheidung beschließen oder ein anderes Vereinsorgan durch „Verweisung“ zur Entscheidung ermächtigen.
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Vorrangig Aufgabe des Versammlungsleiters ist es – die Ordnung im Versammlungsraum zu gewährleisten, die dafür erforderlichen Anordnungen zu treffen und die notwendigen Ausführungsmaßnahmen zu veranlassen. Das schließt das Recht ein, nach rechtmäßigem Wortentzug einen Versammlungsteilnehmer zum Verlassen des Rednerpultes aufzufordern und seine zwangsweise Entfernung vom Rednerpult zu veranlassen4 sowie Störungen durch
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Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 186. LG Frankfurt/M. v. 22.2.1984 – 3/9 O 123/83, AG 1984, 192 = ZIP 1984, 321 (324). CDU-Bundesparteigericht v. 25.3.1981 – CDU-BPG 2/79, NVwZ 1982, 159, (160). LG Frankfurt/M. v. 22.2.1984 – 3/9 O 123/83, AG 1984, 192 = ZIP 1984, 321.
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9. Verlauf der Versammlung (§§ 32, 40 BGB) | Rz. 904 XIV.
Verweisung des Unruhestifters aus dem Versammlungsraum zu beseitigen und (wenn mit erneuten Störungen gerechnet werden muss) ihm den späteren Wiedereintritt zu verwehren1, wenn mit anderen Maßnahmen keine Abhilfe zu schaffen ist. Notwendigkeit und Zulässigkeit dieser Maßnahmen bestimmen sich bei Interessenabwägung nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zwischen dem Mitgliedsrecht auf Teilnahme an den Beratungen und Abstimmungen und dem Recht der anderen Versammlungsteilnehmer auf ungehinderten Versammlungsverlauf. Daher darf die Verweisung eines Mitglieds aus dem Versammlungsraum als besonders harte Maßnahme nur angewendet werden, wenn durch andere Maßnahmen der ordnungsgemäße Versammlungsverlauf nicht gewährleistet werden kann. Insbesondere darf daher bei Unruhe im Versammlungsraum die Mehrheit nicht ohne weiteres eine ihr lästige Opposition aus dem Raum verweisen und der Minderheit dadurch das Teilnahmerecht abschneiden. Verletzung oder Behinderung des Rechts auf Mitwirkung bei der Willensbildung, also Wortmeldung und Diskussion, und bei der Abstimmung durch unangebrachte (unverhältnismäßige) Ordnungsmaßnahmen können die Unwirksamkeit gefasster Beschlüsse zur Folge haben. Entscheidung der Versammlungsleitung im Rahmen ihrer Ordnungsgewalt können nicht von der Mitgliederversammlung in einer Abstimmung revidiert werden.2 Die Satzung oder eine aufgrund einer Ermächtigungsklausel der Satzung erlassene Geschäftsordnung kann dies anders regeln. – das Rauchen im Versammlungsraum zu gestatten oder zu untersagen. Nicht geklärt ist, ob von einzelnen Versammlungsteilnehmern oder von einer Minderheit verlangt werden kann, dass das Rauchen untersagt und eingestellt wird. Das ist m.E. jedenfalls dann zu verneinen, wenn es satzungsmäßiger Regelung oder allgemeiner Übung des Vereins entspricht, dass vom Versammlungsleiter oder – insbesondere auch bei Meinungsverschiedenheiten – von den versammelten Mitgliedern durch Mehrheitsbeschluss das Rauchen gestattet oder verboten wird. Die für jedes Mitglied mit dem Vereinsbeitritt bindend gewordene ausdrückliche Satzungsbestimmung (Rz. 39) oder mit gleicher Wirkung ausgestattete ständige Übung im Verein3 ermöglicht es einem Mitglied dann nicht, sich auf den allgemeinen Anspruch eines Nichtrauchers auf Rücksichtnahme und Abwendung vermeidbarer Belästigung4 zu berufen. Bei einem Verein mit Monopolstellung (Rz. 299) kann Abweichendes gelten. Die für den Aufnahmezwang maßgeblichen Gründe können einem Nichtraucher auch den Anspruch verleihen, durch Rauchverbot bei der 1 2 3 4
LG Frankfurt/M. v. 22.2.1984 – 3/9 O 123/83, AG 1984, 192 = ZIP 1984, 321 (324). Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1711. Steffen in BGB-RGRK, Rz. 1 a.E. zu § 25; s. auch Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 188b. Dazu BayVerfGH v. 30.4.1987 – Vf.21-VII/85, NJW 1987, 2921; OLG Stuttgart NJW 1974, 2014; VG Schleswig NJW 1975, 275; OVG Berlin DVBl. 1975, 732 = NJW 1975, 2261 mit Anm. Schievelbein = NJW 1976, 384 mit Anm. Martens; VG Freiburg MDR 1978, 1051 = NJW 1978, 2352; VG Köln MDR 1978, 604 = NJW 1978, 2354; VG Stade VG Stade v. 21.1.1988 – 1 A 145/87, NJW 1988, 790; VG Würzburg VG Würzburg v. 12.12.1979 – W 235 II/79, NJW 1981, 243; OVG NW OVG NW v. 22.5.1980 – 12 A 1415/78, NJW 1981, 244 und Betrieb 1982, 2389 = OVG NW v. 10.9.1982 – 15 A 1223/80, JZ 1983, 25 mit Anm. Wieschnath und VGH Bay. v. 30.4.1987 – 6 A 2578/84, NJW 1987, 2952; LSG Schleswig-Holstein LSG Schl.-Holst. v. 4.2.1987 – L 4 An 13/86, NJW 1987, 2958.
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XIV. Rz. 904 | Die Mitgliederversammlung
Ausübung des Mitgliedsrechts auf Teilnahme an den Aussprachen und Abstimmungen geschützt zu werden.1 Bei nicht zumutbarer Behinderung eines Nichtrauchers an der Teilnahme an der Versammlung können Vereinsbeschlüsse nichtig sein (s. Rz. 1050). Ein allgemeines staatliches Rauchverbot für den Versammlungsraum kann die Vereinsautonomie wirksam einschränken.2 905
– die Benutzung privater Tonbandgeräte durch einzelne Versammlungsteilnehmer zu gestatten.3 Der Schutz des Persönlichkeitsrechts stellt es dem Sprechenden jedoch frei zu bestimmen, ob und durch wen sein Wort auf Tonträger aufgenommen werden soll.4 Private Tonbandgeräte sind daher auszuschalten, wenn dies ein Redner für seine Ausführungen verlangt.5 Heimliche Tonbandaufnahmen darf kein Versammlungsteilnehmer fertigen.6 Wenn über die Versammlung ein Protokolltonband aufgenommen wird (Rz. 1077), steht es gleichfalls im Belieben des Sprechenden, anderen die Genehmigung zur (privaten) Tonbandaufzeichnung seiner Worte sowie zur Wiedergabe seiner im Protokolltonband aufgezeichneten Reden und Erklärungen zu versagen. b) Eröffnung der Versammlung, Beschlussfähigkeit
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Eröffnet wird die Mitgliederversammlung vom Versammlungsleiter.7 Dies soll pünktlich zu der in der Einberufung bestimmten Zeit geschehen. Ein zu früher, aber auch ein sehr später Versammlungsbeginn kann die Wirksamkeit gefasster Beschlüsse in
1 S. die vom OLG Stuttgart NJW 1974, 2014, VG Schleswig NJW 1975, 275 und OVG Berlin DVBl. 1975, 732 = NJW 1975, 2261 entwickelten Grundsätze. Zum Schutz des Nichtrauchers bei Gemeinschaftsveranstaltungen im Strafvollzug s. OLG Hamm v. 1.3.1982 – 7 Vollz (Ws) 225/81, MDR 1982, 779 = NJW 1983, 583. Zum Passivrauchen als Gesundheitsgefahr s. auch Schmidt, NJW 1976, 358; außerdem: Rechtsschutz des Passivrauchers, Möllers, JZ 1996, 1050; Rauchen am Arbeitsplatz, Heilmann, BAG v. 22.3.1994 – 1 AZR 622/93, BB 1994, 715 sowie Binz und Sorg, BB 1994, 1709; Passivrauchen am Arbeitsplatz, Ule, DVBl. 1977, 488; Das betriebliche Rauchverbot, Schmidt, BB 1977, 851; Verfassungsfragen zum Schutz des Nichtrauchers, Scholz, Betrieb 1979 Beilage 10; Zum Wesensgehalt der Raucherund Nichtraucherfreiheiten, Wieschnath, Betrieb 1980, 68. 2 BVerfG v. 24.9.2014 – 1 BvR 3017/11, NJW 2015, 612; BayVerfGH v. 19.2.2015 – Vf 76-VI14, juris. 3 BGH v. 19.9.1994 – II ZR 248/92, AG 1994, 559 = MDR 1994, 1193 = DNotZ 1995, 551 = NJW 1994, 3094. 4 OLG Köln DöD 1978, 138 = DVBl. 1979, 523 (für den entschiedenen Fall mit abl. Anm. Scheuer) = MDR 1978, 311 = NJW 1979, 661, dies für Tonbandaufnahme in einer öffentlichen Sitzung eines kommunalen Ausschusses. Für Tonbandaufnahme in einer öffentlichen Ratssitzung durch einen Journalisten a.A. OLG Celle v. 10.7.1985 – 13 U 13/85, NVwZ 1985, 861 = NJW 1986, 140 (LS). 5 BGH v. 19.9.1994 – II ZR 248/92, AG 1994, 559 = MDR 1994, 1193 = DNotZ 1995, 551 = NJW 1994, 3094; OLG Karlsruhe v. 18.12.1997 – 4 U 128/97, GmbHR 1998, 744 = MDR 1998, 548 = NJW-RR 1998, 1116 (für Wortbeiträge des Teilnehmers an der Gesellschafterversammlung einer Familiengesellschaft); Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 188a. 6 BGH v. 19.9.1994 – II ZR 248/92, AG 1994, 559 = MDR 1994, 1193 = DNotZ 1995, 551 = NJW 1994, 3094. 7 KG OLG 40, 202.
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9. Verlauf der Versammlung (§§ 32, 40 BGB) | Rz. 909 XIV.
Frage stellen, wenn dadurch Versammlungsteilnehmer gehindert werden, an den Beratungen und Beschlussfassungen mitzuwirken.1 Mitglieder, die sich verspäten, können nicht erwarten, dass der Versammlungsbeginn bis zu ihrem Eintreffen oder länger als eine gewisse Kulanzzeit (etwa eine halbe Stunde) zurückgestellt wird. Die ordnungsgemäße Einberufung und die Beschlussfähigkeit der Versammlung stellt der Versammlungsleiter nach Begrüßung der Erschienenen fest. Diese gesetzlich nicht vorgeschriebenen, aber üblichen Feststellungen geben den Anwesenden Gelegenheit, etwaige Einberufungsmängel zu rügen und Einwendungen gegen die Beschlussfähigkeit vorzutragen; sie sollten daher in allen Versammlungen erfolgen. Ein anwesendes Mitglied, dass trotz Kenntnis von Unrichtigkeitsgründen keinen Widerspruch gegen solche Feststellungen erklärt, hat bei späterer Geltendmachung der Unwirksamkeit eines Beschlusses infolge eines Einberufungsmangels oder wegen unzureichender Beschlussfähigkeit die dafür maßgebenden Tatsachen voll zu beweisen.2 Wenn zur Beschlussfähigkeit die Anwesenheit einer bestimmten Mitgliederzahl erforderlich ist (s. Rz. 958), ist diese festzustellen. Zur Kontrolle von Zahl und Teilnahmeberechtigung der Anwesenden ist die Führung einer Anwesenheitsliste üblich. Sie kann offen in der Versammlung ausgelegt werden, denn an Geheimhaltung der eigenen Teilnahme kann in einem demokratischen Prozess niemand Interesse haben. Aus Datenschutzgründen sollten die in der Liste erfassten Informationen aber sparsam bleiben.3
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c) Die Tagesordnung Beratung und Beschlussfassung der Versammlung über die Reihenfolge der Behandlung der Gegenstände auf der Tagesordnung fällt unter die Leitung der Versammlung und bedarf daher keiner Ankündigung in der Einladung.4 Ein eigener Beschlussvorschlag „Genehmigung oder Abänderung der Tagesordnung“ in der Ladung ist also entbehrlich.
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Die Reihenfolge der Beratungen und Beschlussfassungen bestimmt sich nach der Tagesordnung. Ihre Aufstellung der Tagesordnung gehört zur „Leitung der Versamm-
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1 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 181. 2 Weitergehend: BayObLG 1992, 79 = NJW-RR 1992, 911 (für Versammlung der Wohnungseigentümer), das eine Anfechtung des Beschlusses für rechtsmissbräuchlich hielt, wenn trotz Kenntnis vom Einberufungsmangel keine Einwendung gegen die Feststellung erhoben wurde, dass die Versammlung ordnungsgemäß berufen und beschlussfähig sei. Ähnlich Burhoff, Rz. 346. Dem kann m.E. jedenfalls für die Vereinsmitgliederversammlung nicht gefolgt werden. Es kann schon nicht davon ausgegangen werden, dass das Mitglied sogleich in der Versammlung die Rechtsfolge des Einberufungsmangels überschaut und daraus (abschließend) Schlüsse zieht. Das Schweigen (gleich aus welchem Grund) heilt den Einberufungsmangel nicht. Für sich allein bietet es aber auch keinen Anhalt für Rechtsmissbrauch unter Ausnutzung einer nur formalen Rechtsstellung. 3 Allgemein zu Teilnehmerverzeichnissen (bei Fortbildungen etc.) aus Sicht des Datenschutzes Wronka, RDV 2015, 185. 4 KG NJW 1957, 1680.
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XIV. Rz. 909 | Die Mitgliederversammlung
lung“.1 Die Tagesordnung wird daher, wenn sie nicht bereits durch Satzung geregelt ist und diese keine andere Zuständigkeit vorsieht, durch die Versammlung festgelegt, die auch dieses Recht (ausdrücklich durch Mehrheitsbeschluss oder mit „stillschweigendem“ Einvernehmen) dem Versammlungsleiter übertragen oder überlassen kann. 910
Zugrunde gelegt wird in der Praxis der „Vorschlag“ einer Tagesordnung, wie sie das Einladungsorgan mit der Einladung als Bekanntgabe der Beschlussgegenstände zu erstellen hatte. Denn eine Ergänzung der dort enthaltenen Gegenstände ist nur möglich, soweit die Satzung es zulässt. Versammlung oder Versammlungsleiter können aber frei die Reihenfolge der Beratung der in der Einberufung bezeichneten Beratungsgegenstände ändern.2 Über einen dahingehenden Antrag aus der Mitgliederschaft hat der Versammlungsleiter einen Beschluss der Mitgliederversammlung herbeizuführen.3
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Zur Klarstellung üblich – wenn auch nicht notwendig – ist Bestätigung der in der Einladung mitgeteilten oder entsprechend ergänzten Tagesordnung durch Beschluss (einfache Mehrheit) der Versammlung. Geschieht dies nicht, so kann die Tagesordnung mit Behandlung des ersten Punktes in der Versammlung als festgestellt gelten. Nach Feststellung der Tagesordnung ist der Versammlungsleiter – vorbehaltlich eines Versammlungsbeschlusses – daran gebunden; es darf dann die Reihenfolge der Beratungen nicht geändert werden, sofern nicht die Versammlung durch Mehrheitsbeschluss (oder das satzungsgemäß dafür etwa zuständige andere Organ) die Tagesordnung ändert. Die Versammlung kann die Reihenfolge der Beratungen auch abweichend von einem zur Tagesordnung bereits gefassten Beschluss ändern.4 Hinweis: Auch ohne einen ausdrücklichen Hinweis auf den Charakter als Vorschlag ist die mit der Ladung übersandte Tagesordnung hinsichtlich der zeitlichen Abfolge der Beratungen immer nur vorläufig und in der Versammlung abänderbar. Ein Mitglied, das in der Erwartung verspätet erscheint, ein ihn interessierender Tagesordnungspunkt werde ohnehin erst später behandelt, ist in dieser Spekulation nicht geschützt.
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Die Berechtigung der Versammlung, die Tagesordnung festzulegen und einen zur Tagesordnung gefassten Beschluss zu ändern, ermöglicht es ihr auch, mit einfacher Mehrheit Tagesordnungspunkte zu vertagen oder endgültig abzusetzen (Beschluss der Nichtbefassung). Hier muss man eine Ausnahme machen: Wenn aufgrund eines Minderheitenantrags gem. § 37 BGB bestimmte Punkte auf die Tagesordnung gelangt sind (Rz. 813), dürfen dadurch nicht die Rechte der Antragsteller verkürzt wer-
1 KG NJW 1957, 1680. 2 KG NJW 1957, 1680. 3 Abw. KG NJW 1957, 1680 (1681): Der Versammlungsleiter kann den Gang der Beratungen so gestalten, wie er ihn für sinnvoll hält, und daher auch einen Tagesordnungspunkt vorziehen oder zurückstellen, jedoch kann die Versammlung den Leiter durch Beschluss zur Reihenfolge binden. 4 KG NJW 1957, 1680.
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9. Verlauf der Versammlung (§§ 32, 40 BGB) | Rz. 913 XIV.
den.1 Das liegt insbesondere dann nahe, wenn der Vorstand eine Absetzung von der Tagesordnung ohne Diskussion beantragen und mehrheitlich durchsetzen könnte. Daher wurde bisher hier vertreten, solche Tagesordnungspunkte könnten nur mit Einverständnis der vom Gericht ermächtigten Mitglieder vertagt oder ganz abgesetzt werden.2 Ein so weit gehender Eingriff in die Verfahrenshoheit der Versammlung erscheint nicht geboten, zumal der Versammlungsverlauf damit auch von schwer einzuholenden Voten solcher Mitantragsteller abhinge, die selbst nicht an der Versammlung teilnehmen. Den Anforderungen an eine Rücknahme des Antrags vor gerichtliche Ermächtigung entsprechend könnte man es daher genügen lassen, wenn so viele Antragsteller zustimmen, dass die für das Minderheitenverlangen maßgebliche Schwelle unterschritten wird. Bei entsprechendem Interesse einer relevanten Minderheit würde das aber dazu führen, dass nach Vertagung sofort wieder neue Anträge auf Befassung gestellt werden. Weil Ladungsprobleme nicht bestehen, könnte diesem Verlangen vom Einladungsorgan theoretisch unmittelbar stattgegeben werden, unter Kostenaspekten kann dies sogar geboten sein. Dies vermeidend ist dem mit § 37 BGB verfolgten Zweck des Minderheitenschutzes am Besten gedient, wenn der Anzahl an Mitgliedern, die zur Durchsetzung einer neuen Versammlung genügen würde, ein Vetorecht hinsichtlich des Vertragungs- oder Nichtbefassungsbeschlusses eingeräumt wird. Praktisch heißt das, es dürfen zum Vertagungs- oder Nichtbefassungsbeschluss nicht mehr Neinstimmen abgegeben sein, als zahlenmäßig zur Ausübung der Rechte aus § 37 BGB genügen würden. d) Dringlichkeits- und Initiativanträge Ein neuer Gegenstand der Beschlussfassung kann als weiterer Tagesordnungspunkt durch Beschluss der Mitgliederversammlung oder durch den Versammlungsleiter nicht zur Abstimmung gestellt werden.3 Zur Gültigkeit eines Beschlusses ist Bezeichnung des Gegenstandes bei der Berufung erforderlich (§ 32 Abs. 1 S. 2 BGB; s. Rz. 861 ff.). Der neue Beschlussgegenstand muss, wenn die Zeit für Wahrung des Mitgliederschutzes nicht mehr ausreicht, in einer gesonderten Mitgliederversammlung beraten werden. Dass sie zusätzliche Kosten verursacht, muss mit Rücksicht auf den gebotenen Mitgliederschutz unberücksichtigt bleiben. Zu Anträgen innerhalb eines bereits angekündigten Themas s. hingegen Rz. 877.
1 Zur entsprechenden Diskussion zu den Minderheitenanträgen nach § 50 Abs. 2 GmbHG Altmeppen, GmbHR 2017, 788 m.N. 2 Stöber/Otto, 11. Aufl. Rz. 743. Im Ergebnis ebenso zu § 122 Abs. 2 AktG Kemmerer, BB 2011, 3018 (mit Darstellung des Meinungsstands im Aktienrecht). 3 LG Frankfurt/M. v. 16.9.1983 – 2/2 O 573/82, ZIP 1983, 1336 (1339). OLG Frankfurt v. 19.12.1984 – 9 U 107/83, ZIP 1985, 213 (223) zieht in Erwägung, ob (aus ökonomischen Gründen) Raum für einen Dringlichkeitsantrag wäre, wenn das Organ eines überregionalen Großvereins nur alle 3 Jahre zusammentritt und ein dringendes Regelungsbedürfnis kurz vor der Versammlung (plötzlich) auftritt. Abweichung vom Erfordernis des § 32 Abs. 1 S. 2 BGB rechtfertigt das indes nicht, zumal eine sichere Grundlage für klare Abgrenzung und Mitgliederschutz nicht gewährleistet wäre sowie dem Verein Vorsorge für solche Fälle durch ausreichende Satzungsregelung möglich ist.
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XIV. Rz. 914 | Die Mitgliederversammlung 914
Jedoch kann es die Vereinssatzung für zulässig erklären, dass Gegenstände zur Beschlussfassung noch nach Einberufung der Mitgliederversammlung auf die Tagesordnung gesetzt werden.1 Das gilt vor allem für sog. Dringlichkeitsanträge, bei denen die Eilbedürftigkeit der Angelegenheit noch Behandlung auf der bevorstehenden Mitgliederversammlung gebietet. Bei Initiativanträgen wird ganz auf die Darlegung einer (ohnehin schwer justiziablen) Dringlichkeit verzichtet und die Zulässigkeit in einem Vorschaltverfahren geklärt. Wenn die Satzung Dringlichkeits- oder Initiativanträge nicht vorsieht, kommt eine Behandlung nicht angekündigter Beschlussgegenstände allenfalls bei positivem, nicht durch Versammlungsbeschluss ersetzbarem Nachweis in Betracht, dass ein Aufschub nicht möglich ist.2 Dabei sind insbesondere auch vorläufige Regelungen bis zur Entscheidung einer ordnungsgemäß einberufenen weiteren Mitgliederversammlung zu erwägen.
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Das zur nachträglichen Aufnahme eines Beschlussgegenstandes in die Tagesordnung einzuhaltende Verfahren und Vorkehrung gegen überraschende Beschlüsse der Mitgliederversammlung hat die Satzung zu bestimmen;3 Regelung nur in einer Geschäftsordnung genügt nicht.4 Schutz der Mitglieder vor nicht angekündigten Beschlüssen muss nach dem Grundgedanken der in § 32 Abs. 1 S. 2 BGB zum Ausdruck gekommenen Wertentscheidung des Gesetzgebers angemessen gewährleistet sein.5 Diese Bestimmung bezweckt, die Vereinsmitglieder vor Überraschungen in der Mitgliederversammlung zu schützen und ihnen Gelegenheit zu geben, über die Notwendigkeit einer Teilnahme zu entscheiden und sich auf die zur Beratung anstehenden Themen (auch bei einfachem Beschlussgegenstand6) vorzubereiten. Daher sollte eine Satzungsänderung nach Möglichkeit überhaupt nicht im Dringlichkeitsverfahren behandelt werden.7 Für andere Beschlüsse von ähnlich einschneidender Bedeutung für den Verein und das Vereinsleben (Wahl, Entlastung, Beitragsfestsetzung, Darlehensaufnahme, Zustimmung zur Grundstücksveräußerung oder -belastung, Auflösung usw.) gilt das ebenso. Wenn die Satzung dennoch auch Dringlichkeitsanträge über neue Beschlussgegenstände zulässt, so erfordert es der Schutzgedanke des Gesetzes grundsätzlich, dass die geplante Satzungsänderung oder der sonst neue Tagesordnungspunkt den Mitgliedern noch so rechtzeitig vor dem Zusammentritt der Versammlung mitgeteilt wird, dass ihnen genügend Zeit bleibt, sich mit der durch die Dringlichkeit der Angelegenheit gebotenen Eile auf den neuen Beratungsgegenstand sachgerecht vorzubereiten.8 Welchen Mindestanforderungen dabei Rechnung getragen werden muss (auch für die Zeit der Vorbereitung), bemisst sich nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles.9 Einem Verband oder einem Verein mit Delegier1 BGH v. 17.11.1986 – II ZR 304/85, MDR 1987, 473 = NJW 1987, 1811; LG Frankfurt LG Frankfurt/M. v. 16.9.1983 – 2/2 O 573/82, ZIP 1983, 1336 (1339). 2 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 178. 3 BGH v. 17.11.1986 – II ZR 304/85, MDR 1987, 473 = NJW 1987, 1811. 4 OLG Frankfurt v. 19.12.1984 – 9 U 107/83, ZIP 1985, 213 (223). 5 BGH v. 17.11.1986 – II ZR 304/85, MDR 1987, 473 = NJW 1987, 1811. 6 OLG Frankfurt v. 19.12.1984 – 9 U 107/83, ZIP 1985, 213 (223). 7 BGH v. 17.11.1986 – II ZR 304/85, MDR 1987, 473 = NJW 1987, 1811. 8 BGH v. 17.11.1986 – II ZR 304/85, MDR 1987, 473 = NJW 1987, 1811. 9 BGH v. 17.11.1986 – II ZR 304/85, MDR 1987, 473 = NJW 1987, 1811.
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9. Verlauf der Versammlung (§§ 32, 40 BGB) | Rz. 919 XIV.
tenversammlung (die Delegierten müssen Gelegenheit und Zeit zur Meinungsbildung in ihren Abteilungen finden) stellen sich andere Anforderungen als einem Verein mit nur wenigen Mitgliedern in einem räumlich kleinen Bereich, für eine Satzungsänderung sind strengere Erfordernisse zu wahren als für einen minder bedeutsamen Beschlussgegenstand. Ist eine Angelegenheit so dringend, dass sie keinen Aufschub bis zu dem Zusammentritt einer neuen Mitgliederversammlung duldet, so ist an die Möglichkeit einer vorläufigen Regelung zu denken;1 dem Beschluss der ordnungsgemäß einberufenen späteren Mitgliederversammlung darf sie jedoch nicht endgültig vorgreifen.2 Dringend zu empfehlende Vorkehrung gegen eine Überrumpelung der Mitglieder ist wenigstens ein Vorschaltverfahren, mit dem unter einem bestimmten (oft erhöhten) Mehrheitsquorum die Versammlung vor der inhaltlichen Beratung zunächst über die Zulassung des Antrags in der Versammlung beschließt. Dieses Verfahren ist zumeist auch die einzige satzungsmäßige Hürde, wogegen das Vorliegen der „Dringlichkeit“ nicht weiter geprüft wird, so dass mit der Bezeichnung als „Dringlichkeitsantrag“ in der Satzung meist Initiativanträge gemeint sind.
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Beratung und Beschlussfassung über einen neuen Tagesordnungspunkt, insbesondere über einen Dringlichkeitsantrag, können auch von der Zulassung durch einen Ausschuss abhängig gemacht sein. Die Versammlung (der Ausschuss) entscheidet mit Mehrheit der Erschienenen;3 die Satzung kann eine andere – insbesondere größere – Mehrheit vorschreiben. Lehnt die Versammlung (der Ausschuss) die Zulassung ab, so verbietet sich die Beratung über den in der Einberufung nicht bezeichneten Gegenstand oder Antrag; lässt sie den weiteren Antrag zu, so muss er in die Tagesordnung aufgenommen werden.
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Zur bloßen Behandlung durch Vorstellung eines Vorschlags, Beratung und Aussprache hierüber kann ein Dringlichkeits- oder Initiativantrag auch dann zugelassen werden, wenn mangels ausreichender Ankündigung und bei fehlender Satzungsbestimmung die Beschlussfassung ausgeschlossen ist.
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e) Beratung, Wortmeldungen, Worterteilung, Reihenfolge der Redner Der Versammlungsleiter hat jeden Tagesordnungspunkt in der festgelegten Reihenfolge (Rz. 908) aufzurufen und zur Aussprache zu stellen, Wortmeldungen zu berücksichtigen, Diskussionsbeiträge zuzulassen und Rednern das Wort zu erteilen4, erforderlichenfalls auch zu entziehen sowie die Abstimmungen vornehmen zu lassen. 1 BGH v. 17.11.1986 – II ZR 304/85, MDR 1987, 473 = NJW 1987, 1811. 2 BGH v. 17.11.1986 – II ZR 304/85, MDR 1987, 473 = NJW 1987, 1811. 3 Gegenteiliges ergibt sich nicht aus BGH v. 17.11.1986 – II ZR 304/85, MDR 1987, 473 = NJW 1987, 1811. Dort ist lediglich ausgeführt, dass vorherige Mitteilung der noch vorgesehenen Beschlussfassung zur Satzungsänderung durch gesonderte Zulassung des Antrags nicht ersetzt werden konnte, weil Mitgliederschutz mit der Regelung nicht ausreichend gewährleistet war, dass für die Zulassung des Antrags die gleiche (keine größere) Mehrheit verlangt wurde als für die Satzungsänderung selbst. 4 CDU-Bundesparteigericht v. 25.3.1981 – CDU-BPG 2/79, NVwZ 1982, 159.
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XIV. Rz. 919 | Die Mitgliederversammlung
Allgemein gültige gesetzliche Regeln für den Ablauf der Versammlung gibt es nicht. Soweit die Satzung oder eine Geschäftsordnung (auch Tagungsordnung) keine Bestimmungen über Verlauf und Gestaltung der Versammlung enthält, hat der Versammlungsleiter im Rahmen der ihm von der Versammlung eingeräumten Befugnisse den äußeren Ablauf zu regeln; er hat Mehrheitsbeschlüsse der Versammlung zu beachten, an die er gebunden ist. In Streit- und Zweifelsfällen hat er zumeist einen Mitgliederbeschluss herbeizuführen (z.B. über die Zulassung eines Redners, über die Behandlung eines neuen Antrages). Im Einzelnen haben sich die folgenden Übungen entwickelt und als zweckmäßig erwiesen: 920
Als Redner können Mitglieder nur sprechen, wenn ihnen das Wort erteilt ist. Ob Wortmeldungen mündlich oder schriftlich, durch deutlich wahrnehmbare Zeichen, durch Eintragung in eine Rednerliste, beim Versammlungsleiter oder Schriftführer (usw.) erfolgen müssen, sollte vorweg klargestellt werden. Die Befugnis zur Worterteilung schließt die Bestimmung des Platzes des Redners ein (vom Sitzplatz aus, am Rednerpult, vom Saalmikrofon aus). Sie schließt weiter die Befugnis ein, ggf. eine Rededauer festzulegen. Die Befugnis eines Vereinsmitglieds, in der Hauptversammlung zu sprechen, gehört zu seinen Mitgliederrechten. Dementsprechend ist vor einer Beschlussfassung (auch Wahl) den Versammlungsteilnehmern Gelegenheit zu geben, Fragen zu stellen und die eigene Meinung zur anstehenden Entscheidung vorzutragen (Recht auf Auskunft und Gehör).1 Dieses Recht kann die Mehrheit Versammlungsmitgliedern nicht mit dem Beschluss entziehen, weder Fragen noch eine Aussprache zuzulassen.2 Keinem Mitglied kann vor Abschluss der Rednerliste die Worterteilung versagt werden. Etwas anderes gilt nur, wenn das Mitglied in der Redezeit bereits zur Sache gesprochen hat und sich erneut zu Wort meldet. Einen vom Verhandlungsgegenstand abschweifenden Redner – wie insbesondere auch ein Mitglied, das unsachliche oder beleidigende Ausführungen macht – kann der Versammlungsleiter zur Sache verweisen; er kann ihn bei (zumeist mehrfacher) Wiederholung durch Wortentziehung von der Fortführung der Aussprache ausschließen. Leistet das Mitglied dem Wortentzug keine Folge, dann hat der Versammlungsleiter durch Ordnungsmaßnahmen (Rz. 903), äußerstenfalls durch Saalverweisung, für den geordneten Fortgang der Versammlung Sorge zu tragen.
921
Die Worterteilungen erfolgen in der Reihenfolge der Wortmeldungen. Einem Antragsteller oder Berichterstatter (Vorstandsmitglied, Kassenprüfer usw.) wird das Wort zumeist vorweg erteilt. Diskussionsbeiträge des Versammlungsleiters oder eines Mitglieds des Vorstandes können u.U. vorgezogen werden. Nicht erforderlich ist, dass der Versammlungsleiter als Redner den Vorsitz abgibt, wenn dies mitunter auch aus Stilgründen geboten sein kann (Rz. 891). Kurze Zwischenfragen (auch Zusatzfragen) an den Redner oder prägnante Zwischenbemerkungen zum Tagesordnungspunkt können sogleich zugelassen werden. Hier sollte, muss aber nicht das Einvernehmen des Redners gegeben sein.
1 CDU-Bundesparteigericht v. 25.3.1981 – CDU-BPG 2/79, NVwZ 1982, 159. 2 CDU-Bundesparteigericht v. 25.3.1981 – CDU-BPG 2/79, NVwZ 1982, 159.
470 | Stöber/Otto
9. Verlauf der Versammlung (§§ 32, 40 BGB) | Rz. 925 XIV.
Wortmeldungen und Anträge zur Tages- und Geschäftsordnung sind ohne Ankündigung in der Tagesordnung zulässig;1 sie werden vor Weiterführung der Sacherörterungen aufgerufen und beraten. Es darf dann jedoch nicht zur Sache selbst, sondern nur kurz zum Verfahren (z.B. mit dem Antrag, einen Tagesordnungspunkt zurückzustellen, abzutrennen oder abzusetzen) oder zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung des anstehenden Tagesordnungspunktes (z.B. zur Einbringung eines Antrags auf Überweisung an einen Ausschuss, auf Verbindung mehrerer Tagesordnungspunkte, auf Festsetzung oder Verkürzung der Redezeit, auf Schluss der Rednerliste, auf Schluss der Debatte, auf Einschaltung einer Beratungspause) gesprochen und über einschlägige Anträge abgestimmt werden. Bei abschweifender Diskussion oder unzulänglicher Verhandlungsführung kann als Geschäftsordnungsantrag jederzeit Antrag auf Übergang zur Tagesordnung gestellt werden. Er versteht sich als Anregung an den Leiter auf sachgemäße oder eine zweckmäßigere Führung der Versammlung oder als Antrag an die Versammlung, Beschluss über den Fortgang und Ablauf der Versammlung zu fassen. Bei Widerspruch werden nur einzelne Redner (etwa ein widersprechender und ein zustimmender Redner) gehört; über den Antrag auf Übergang zur Tagesordnung ist sogleich abzustimmen.
922
Zu einer persönlichen Bemerkung kann einem Erschienenen das Wort sogleich erteilt werden. Er darf dann jedoch nicht zur Sache sprechen, sondern nur Äußerungen in Bezug auf seine Person klarstellen oder zurückweisen oder eigene Ausführungen kurz richtig stellen.
923
Geschlossen wird die Aussprache, wenn sich niemand mehr zu Wort meldet. Das schließt nicht aus, dass vor Abstimmung die Aussprache erforderlichenfalls wieder eröffnet wird. Nach einer Abstimmung kann in eine nochmalige Behandlung eines Tagesordnungspunktes durch Beschluss der Mitgliederversammlung nur eingetreten werden, wenn feststeht, dass noch kein Anwesender die Versammlung verlassen hat.2 Hierfür wird ein einstimmiger Versammlungsbeschluss zu fordern sein. S. jedoch wegen Wiederholung der Abstimmung bei Unklarheiten über die Stimmabgabe oder das Ergebnis Rz. 932.
924
Der Schluss der Debatte (Aussprache) kann vor Abschluss der Rednerliste (Ende der Wortmeldungen) durch Mehrheitsbeschluss der Versammlung, nicht aber durch den Versammlungsleiter angeordnet werden.3 Dann sollte jedoch eine sachgemäße Erörterung bereits erfolgt, der Gegenstand der Tagesordnung also ausdiskutiert und insbesondere eine Minderheit (Opposition) ausreichend zu Wort gekommen sein (s. Rz. 898). Schluss der Debatte ist mithin veranlasst, wenn von der weiteren Erörterung eines Tagesordnungspunktes neue Gesichtspunkte nicht mehr zu erwarten sind
925
1 OLG Köln v. 16.8.2000 – 16 Wx 87/00, MDR 2001, 326 = NJW-RR 2001, 88. 2 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 193. 3 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 189; z.T. a.A. Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1684 mit Verweis auf Literatur zum Aktienrecht: Entscheidung des Leiters.
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XIV. Rz. 926 | Die Mitgliederversammlung
f) Abstimmung 926
Abgestimmt wird jeweils nach Beendigung der Aussprache über einen Tagesordnungspunkt. Voraussetzung der Abstimmung ist, dass ein durch den Tagesordnungspunkt (Rz. 861, Rz. 877) gedeckter Antrag formuliert ist; der Antrag kann, wenn er nicht von einem Vereinsmitglied, dem Vorstand oder Ausschuss gestellt ist, vom Vorsitzenden durch Zusammenfassung des sachlichen Ergebnisses der Aussprache formuliert werden.
927
Gelegentlich herrscht in der Praxis zu Unrecht Scheu, von einem mit der Ladung mitgeteilten Vorschlagstext abzuweichen. Der Hinweis auf den mit der Ankündigung versandten Beschlussvorschlag und dessen vermeintliche Unveränderbarkeit kann dazu verleiten, wegen dieses angeblichen Zwangs auch die Diskussion über Details und Änderungswünsche abzukürzen. Richtig ist das Gegenteil: Gerade weil umfassend diskutiert werden soll, müssen im Rahmen des angekündigten Themas (Rz. 877) auch Änderungsanträge möglich sein (zur Satzungsänderung s auch Rz. 871).1 Wenn zu demselben Gegenstand mehrere Anträge gestellt sind, wird zunächst über den inhaltlich weitergehenden (welcher das ist, befindet die Versammlungsleitung), sonst über den zeitlich zuerst eingebrachten abgestimmt. Welcher Antrag der „weitergehende“ ist, bestimmt ein Effizienzgedanke: Über Anträge, die bei Annahme anderer (nämlich weitergehender) denklogisch nicht mehr sinnvoll sind, soll möglichst gar nicht mehr abgestimmt werden müssen. Abänderungsanträge zu einem Hauptantrag können vorzuziehen sein, wenn ihre Annahme die Ablehnung der Ursprungsfassung impliziert (dann gehen sie weiter); Ergänzungsanträge werden hingegen im Anschluss an den Hauptantrag behandelt, sie sind überhaupt nur bei dessen Annahme sinnvoll („für den Fall der Annahme des Hauptantrags auch vorzusehen, dass …“). Es kann auch die effiziente Abfolge sein, zunächst über die letztgültige Fassung eines Antrags durch Teilabstimmung über Einzelaspekte und Teilergänzungen Klarheit zu schaffen und ihn abschließend einer Gesamtabstimmung zu unterwerfen. Insbesondere bei einer Vielzahl komplexer Ergänzungs- und Änderungsvorschläge empfiehlt es sich, die nach Abarbeitung aller Anträge feststehende letzte Fassung zu einer Endabstimmung zu stellen. Diese Verfahrensweise muss aber angekündigt sein. Schließt sich der Antragsteller den in der Beratung herausgearbeiteten Abänderungen seines Antrags an, ist über den Ursprungsantrag nur noch abzustimmen, wenn andere Mitglieder ihn wieder stellen. Zur Abstimmung selbst: Rz. 958 ff.
928
Beendet ist die Abstimmung mit der Verkündung des Beschlusses durch den Versammlungsleiter oder mit der sonstigen Feststellung des Abstimmungsergebnisses.
929
Eine Blockabstimmung über mehrere zusammenhängende Sachfragen wird für die Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft jedenfalls dann als zulässig erachtet, wenn der Versammlungsleiter zuvor darauf hinweist, dass durch (mehrheitliche) Ablehnung der Beschlussvorlage eine Einzelabstimmung herbeigeführt werden kann, und kein Anwesender Einwände gegen diese Verfahrensweise erhebt (z.B. gleichzeiti-
1 LG Düsseldorf v. 12.8.2014 – 1 O 307/13, juris.
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9. Verlauf der Versammlung (§§ 32, 40 BGB) | Rz. 932 XIV.
ge Zustimmung zu mehreren Unternehmensverträgen).1 Das „Sammelbeschlussverfahren“ dient der Straffung des Verfahrens bei zusammengehörigen Beschlussgegenständen. Möglich ist z.B. eine Sammelabstimmung über die Entlastung mehrerer Mitglieder eines Vereinsorgans. Zulässig ist es auch bei Änderung der Vereinssatzung gleich an mehreren Stellen. Wenn dabei Vorabstimmungen zu Einzelfragen durchgeführt werden, muss vorab deutlich klargestellt sein, ob erst eine nachfolgende Gesamtabstimmung für sämtliche Änderungen verbindlich sein soll oder ob sie nur noch der redaktionellen Zusammenfassung dient (ausf. zur Neufassung der Satzung s. Rz. 1134). Ausgeschlossen ist es bei Abstimmung über verschiedene Beschlussgegenstände wie z.B. über Satzungsänderung und Bestellung eines (auch neu geschaffenen) Vorstandsmitglieds. Durch Versammlungsbeschluss ist ein Antrag angenommen, wenn nach dem tatsächlichen Abstimmungsergebnis die gültig abgegebenen Stimmen die für Annahme des Antrags erforderliche Mehrheit (Rz. 975 ff.) erreichen. Fehlt es demnach an einem zustimmenden Beschluss, dann ist ein gestellter Antrag, über den abgestimmt worden ist, abgelehnt.
930
g) Verkündung der Beschlüsse Versammlungsbeschlüsse soll der Versammlungsleiter verkünden. Voraussetzung der Rechtsgültigkeit eines Beschlusses ist seine Verkündung jedoch nicht.2 Die Verkündung des Versammlungsbeschlusses stellt mit Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses vielmehr die Beendigung der Abstimmung fest. Wenn die Satzung die Verkündung eines Beschlusses durch den Versammlungsleiter vorsieht, ist das im Zweifel nur eine Ordnungsvorschrift.3 Dann ist Verkündung nicht Wirksamkeitsvoraussetzung des Beschlusses. Die Satzung kann aber auch ausdrücklich bestimmen, dass die Verkündung (Feststellung) des Beschlussergebnisses Wirksamkeitserfordernis ist.4
931
In eine nochmalige Behandlung des erledigten Tagesordnungspunktes und in eine Wiederholung der Abstimmung kann nach Abstimmung regelmäßig nicht eingetreten werden.5 Wenn noch alle an der Versammlung teilnehmenden Mitglieder anwesend und ausnahmslos einverstanden sind, bestehen gegen eine Wiederholung der Abstimmung zwar keine Bedenken. Eine Neuabstimmung kann aber keinesfalls mehrheitlich beschlossen und auch nicht durchgeführt werden, wenn auch nur ein Mitglied
932
1 BGH v. 21.7.2003 – II ZR 109/02, MDR 2003, 1428 = AG 2003, 625 = NotBZ 2004, 32. 2 BGH NJW 1975, 2101; BGH v. 23.9.1996 – II ZR 126/95, AG 1997, 123 = MDR 1997, 152 = NJW 1997, 318 (320 re. Sp.); BGH v. 23.8.2001 – V ZB 10/01, MDR 2001, 1283 mit Anm. Riecke = NJW 2001, 3339 (mangels gesetzlicher Regelung wird eine konstitutive und verbindliche Feststellung und Bekanntgabe eines Beschlussergebnisses durch den Versammlungsleiter nur dann gefordert, wenn [wie bei Wohnungseigentümern, § 23 Abs. 4 WEG] ein mangelhafter Beschluss nur durch fristgebundene Anfechtung beseitigt werden kann). RG JW 1926, 1813; RG 125, 143 (149). 3 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1788; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 192. 4 Hadding in Soergel, Rz. 34 zu § 32. 5 LG Berlin JZ 1976, 603 (604) mit zust. Anm. Wesel.
Stöber/Otto | 473
XIV. Rz. 932 | Die Mitgliederversammlung
die Versammlung bereits verlassen hat.1 Jedoch kann der Versammlungsleiter vor Beendigung des Tagesordnungspunkts im Interesse der Rechtssicherheit die Stimmabgabe wiederholen lassen, wenn wegen Unklarheiten in der Stimmabgabe oder der Auswertung des Ergebnisses Zweifel bestehen. Das ist – unter Überprüfung der Stimmberechtigung – insbesondere geboten und üblich, wenn sich bei der Auszählung der Stimmen herausstellt, dass mehr Anwesende abgestimmt haben als stimmberechtigt sind2 und die Unstimmigkeit sich auf sonstige Weise nicht beheben lässt. Hinweis: Die geschilderte Rechtlage befördert leider ein aus der Praxis geschildertes Problem. Passive Mitglieder, die ohne sonstiges Interesse und Engagement im Verein mit ihrer Teilnahme an einer einzelnen Abstimmung Gruppen- oder Einzelinteressen verfolgen, verlassen die Versammlung ohne weiteres nach Behandlung „ihres“ Themas. Darauf, dass durch den „Auszug“ einer nur am einzigen Thema interessierten ganzen Mitgliedergruppe die Versammlung gestört wird, wird dabei wenig Rücksicht genommen. Letztlich ist diese Verhaltensweise Ausdruck schlechter Vereinskultur. Die Ursachen können vielschichtig sein und müssen auf anderer Ebene gelöst werden. Abhilfe am Symptom kann darin bestehen, dass sich die Versammlung (generell, dann in Satzungsform) oder durch ausdrücklichen Beschluss zu Beginn der Versammlung die Geschäftsordnungsregel gibt, dass ein Wiederaufgreifen sämtlicher inhaltlicher Beschlussgegenstände möglich bleiben soll, bis der Versammlungsleiter die gefassten Beschlüsse zusammenfassend am Ende der Veranstaltung verkündet hat.
933
Weicht der verkündete von dem tatsächlich gefassten Beschluss ab, dann ist im Genossenschaftsrecht der verkündete Beschluss maßgebend, der jedoch wegen Gesetzesverletzung angefochten werden kann.3 Dasselbe gilt im Aktienrecht und nach h.M. für die GmbH.4 Im Vereinsrecht kann gleiches nicht gelten, weil das Schicksal eines Beschlusses nicht von seiner Anfechtung abhängt (s. Rz. 1058), so dass sich seine Wirksamkeit allein nach seinem ordnungsgemäßen Zustandekommen bestimmt. Daher kann stets nur der wirklich gefasste Beschluss, nicht der vom Versammlungsleiter verkündete abweichende Beschlusswortlaut maßgebend sein.5 Die abweichende Verkündung und Protokollierung bewirkt – vorbehaltlich anderer Satzungsregel – nur, dass für die Behauptung, in Wirklichkeit sei der Beschluss anders gefasst worden, voller Beweis zu führen ist. Ist ein gültiger Beschluss nachweisbar überhaupt nicht zustande gekommen oder ist die Beschlussfassung nichtig, so kann die Verkündung und Protokollierung keinen wirksamen Beschluss schaffen.6
934
In Einzelfällen kann die Treuepflicht zum Verein Mitglieder auf ein bestimmtes Stimmverhalten verpflichten. Halten sie sich nicht daran, ist es nicht Sache des Versammlungsleiters, das Abstimmungsergebnis dahingehend zu korrigieren.7
KG v. 7.2.2011 – 24 U 156/10, GRURPrax 2011, 151. LG Berlin JZ 1976, 603 (604 li. Sp. unten) mit zust. Anm. Wesel. RG 125, 149 m.N. Altmeppen, GmbHR 2018, 225. kritsch Bunz, NZG 2017, 1366. BGH BB 1975, 1276 = MDR 1976, 28 = NJW 1975, 2101 für Wahlergebnis; Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1787 (mit Einschränkung für Beschlüsse i.R. § 14 Abs. 1 UmwG). 6 Zur Haftung des Versammlungsleiters: Werner, GmbHR 2020, 1168. 7 Vgl. LG Frankenthal v. 11.4.2010, juris.
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474 | Stöber/Otto
9. Verlauf der Versammlung (§§ 32, 40 BGB) | Rz. 936 XIV.
h) Schluss der Versammlung Geschlossen wird die Mitgliederversammlung nach Behandlung aller Tagesordnungspunkte vom Versammlungsleiter.1 Auf diese formelle Wirkung der Schlusserklärung des Vorsitzenden kann sich jeder Anwesende verlassen. Verlässt der Versammlungsleiter nach Behandlung aller Tagesordnungspunkte den Versammlungsort, ohne den Schluss der Versammlung ausdrücklich (eindeutig) erklärt zu haben, dann ist die Versammlung mit seinem Weggang geschlossen.2
935
Vor Behandlung aller Tagesordnungspunkte kann die (ordnungsgemäß) einberufene und zusammengetretene Mitgliederversammlung allein vom Versammlungsleiter nicht aufgelöst werden.3 Über eine vorzeitige Schließung (Abbruch) einer Versammlung, deren Fortführung nicht möglich oder nicht geboten erscheint (so bei erheblichen Meinungsverschiedenheiten und Differenzen zu einzelnen Tagesordnungspunkten, weil Unstimmigkeiten bei Auszählung der Stimmzettel oder über Stimmabgabe auch nicht befugter Personen zutage getreten sind), beschließen allein die stimmberechtigten Mitglieder (Rz. 902). Sie können daher einen Leiter zur Fortführung der Versammlung neu bestimmen, wenn der (bisherige) Versammlungsleiter die Versammlung aus irgendeinem Grunde nicht fortsetzt. Hat jedoch der Versammlungsleiter die Mitgliederversammlung bereits (auch vorzeitig) geschlossen, muss sich jeder Teilnehmer darauf verlassen können, dass die für beendet erklärte Mitgliederversammlung auch tatsächlich beendet ist, er sich also entfernen kann, ohne Gefahr zu laufen, dass in seiner Abwesenheit doch noch Beschlüsse gefasst werden.4 Nach der Schlusserklärung, auf deren formelle Wirkung sich jeder Anwesende verlassen kann, ist es einer mehr oder weniger großen Anzahl Widersprechender daher nicht möglich, sich zu einer neuen Versammlung zusammenzuschließen und in Fortsetzung der geschlossenen Versammlung wirksam Beschlüsse zu fassen.5 Nur wenn noch sämtliche Versammlungsteilnehmer anwesend sind und (einstimmigen) Beschluss fassen, wird die Wiedereröffnung einer bereits geschlossenen Versammlung für zulässig erachtet.6 Keine Bedeutung kann der Schließung der Mitgliederversammlung allein durch den Versammlungsleiter ausnahmsweise dann zukommen, wenn sie deutlich erkennbar aus persönlichen Gründen und damit eindeutig willkürlich den
936
1 KG OLG 40, 202. 2 BayObLG OLGR 1998, 74 (LS) (für Versammlung der Wohnungseigentümer). 3 KG v. 16.9.1988 – 24 W 3952/88, NJW-RR 1989, 16 = OLGZ 1989, 51 (52; Wohnungseigentümerversammlung); KG v. 8.6.1989 – 16 U 765/89, OLGZ 1990, 316 (318; Mitgliederversammlung einer Genossenschaft). 4 KG v. 16.9.1988 – 24 W 3952/88, NJW-RR 1989, 16 = OLGZ 1989, 51 (53); KG v. 8.6.1989 – 16 U 765/89, OLGZ 1990, 316 (318); KG OLG 40, 202 (203); s. auch BayObLG 1989, 298 (302). 5 KG OLG 40, 202 (203); auch KG v. 16.9.1988 – 24 W 3952/88, NJW-RR 1989, 16 = OLGZ 1989, 51 (52) sowie KG v. 8.6.1989 – 16 U 765/89, OLGZ 1990, 316. 6 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 193; s. auch KG v. 16.9.1988 – 24 W 3952/88, NJW-RR 1989, 16 = OLGZ 1989, 51 (53).
Stöber/Otto | 475
XIV. Rz. 936 | Die Mitgliederversammlung
Zwecken der Mitglieder entgegenstehend erfolgt.1 Versammlungsteilnehmer, die sich in einem solchen Fall entfernen, handeln auf eigenes Risiko.2
10. Delegiertenversammlung (§§ 25, 32, 38, 40 BGB) a) Satzungsbestimmung 937
Sämtliche Aufgaben der Mitgliederversammlung können durch die Satzung auch einer Delegiertenversammlung (Vertreterversammlung) übertragen werden (§ 40 mit § 32 BGB). Die Delegiertenversammlung wird nicht als zusätzliches fakultatives Vereinsorgan angesehen, sondern sie bildet nach h.M. eine besondere Ausgestaltung des Organs Mitgliederversammlung.3 Die Delegiertenversammlung muss daher wenigstens im Ausgangspunkt die Mitgliedschaft in ihrer Struktur abbilden.4 Sie darf die mittelbare Einflussnahmemöglichkeit des einzelnen Mitglieds auf die Geschicke des Vereins nicht vollständig beseitigen.5 Man kann von einem Sonderfall zulässiger und zugleich zwingender Stimmrechtsvertretung sprechen.6 Das Gesetz erkennt die Notwendigkeit, ab einer bestimmten Größe des Vereins eine Vertreterebene mit den Rechten der Mitgliederversammlung zu betrauen, z.B. in § 43a GenG; § 29 VAG oder §§ 13, 8 PartG ausdrücklich an.7 Bei großen, überregionalen Vereinen ist die Übertragung der Aufgaben der Mitgliederversammlung auf eine Delegiertenversammlung oft geboten; sie ist bei Vereinen mit Untergliederungen (Dachverbänden) vielfach unabweisbar.8 Grund ist einerseits der erhebliche Raumbedarf einer Mitgliederversammlung bei Großvereinen, andererseits die Gefahr, dass eine aktive Minderheit die aus irgendeinem Grund an der Teilnahme gehinderte (auch: weniger interessierte) Vereinsmehrheit dominiert.9 Jedoch besteht grundsätzlich kein Zwang zur Einfüh-
1 KG v. 8.6.1989 – 16 U 765/89, OLGZ 1990, 316 (319); auch KG v. 16.9.1988 – 24 W 3952/ 88, NJW-RR 1989, 16 = OLGZ 1989, 51 (52, 53) sowie KG OLG 40, 200 (202). 2 KG v. 16.9.1988 – 24 W 3952/88, NJW 1989, 16 ff. = OLGZ 1989, 51 (53). 3 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 5653; DNotI-Report 1996, 115 ff. (116). Für schwerwiegende Umstrukturierungen will Leuschner, ZIP 2015, 356, 365 allerdings eine Delegiertenversammlung nicht unbedingt ausreichen lassen. 4 „Gebot der Gleichbehandlung“, vgl. Hadding in Soergel, § 32 Rz. 3. Sollte es sich bestätigen, dass die Delegiertenversammlung des ADAC dessen Mitgliederschaft nicht hinreichend repräsentiert, dann ist schon das Organ falsch gebildet (dahin zum Satzungsstand des ADAC 2013 Dehesselles/Voß, S. 60 Fn. 196). Es wäre nicht (nur) für die von Leuschner, ZIP 2015, 356 (365) behandelten Strukturentscheidungen nicht zuständig. 5 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 5642. 6 Weick in Staudinger [2005] § 32 Rz. 6. 7 Eine ausdrückliche Regelung enthält das österreichische Recht in § 5 Abs. 2 österr. VerG. Für eine obligatorische Vertreterversammlung bei Großvereinen Reuter in MünchKomm/ BGB, 6.A.§ 32 Rz. 5. 8 Dehesselles/Voß, S. 66. 9 Vgl. das Referat von Noack, Bericht zum 3. Vereinsrechtstag, npoR 2018, 136, der hierauas jedoch ein Votum für die virtuelle Versammlung herleitet.
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10. Delegiertenversammlung (§§ 25, 32, 38, 40 BGB) | Rz. 939 XIV.
rung einer Delegiertenversammlung.1 Deren Bildung bereits in der Gründungssatzung erfordert aber auch keinen besonderen Grund (§ 32 BGB ist ohne Vorbehalt abdingbar, § 40 BGB), wie etwa Erschwernis der Willensbildung unter Beteiligung aller Mitglieder bei großer Mitgliederzahl (zur nachträglichen Einführung aber Rz. 1135). Soweit Rechte der Mitgliederversammlung einer Delegiertenversammlung übertragen sind, gelten im Zweifel hinsichtlich der Form der Einberufung, Mitteilung der Tagesordnung, Beschlussfassung etc. die satzungsmäßigen bzw. gesetzlichen Bestimmungen über die Mitgliederversammlung entsprechend.2 Will der Verein die Mitgliederversammlung als Delegiertenversammlung einrichten, dann muss die Satzung die Aufgaben der Mitgliederversammlung (Rz. 776) der Vertreterversammlung übertragen und (eindeutig) regeln, wie (aus welchen Personen) diese sich zusammensetzt und wie die Mitglieder die einzelnen Delegierten bestimmen.3 Es kann eine feste oder bestimmbare Zahl von Delegierten (z.B. je 100 zum Nikolaustag vorhandener Mitglieder ein Vertreter) festgelegt werden (dann muss beim Gesamt- und Hauptverein aber auch bestimmt sein, wie diese sich auf Untergliederungen oder Mitgliedsvereine verteilen) oder für Untergliederungen sowie Mitgliedsvereine eine bestimmte oder (z.B. durch die Zahl der Mitglieder) bestimmbare Delegiertenzahl vorgesehen werden. Bestimmung über die Voraussetzungen, unter denen die Versammlung zu berufen ist, und über die Form der Berufung sowie auch über die Beurkundung der Beschlüsse hat die Satzung auch in diesem Fall zu treffen (§ 58 Nr. 4 BGB). Eine absolute Mindestgröße der Delegiertenversammlung (vgl. § 43a GenG) besteht nicht. In der Rechtsprechung wurde die Mitgliederschaft eines aus ca. 70.000 Mitgliedern bestehenden Vereins durch 15 gewählte Vertreter noch als ausreichend repräsentiert angesehen.4
938
Covid-19 – Sonderbestimmung: Virtuelle Versammlung und Beschlussverfahren, Amtszeit der Delegierten Das Verständnis der Delegiertenversammlung als eine besondere Ausprägung der Mitgliederversammlung erlaubt es, die Covid-19-Sonderbestimmungen5 auf die Durchführung der Mitgliederversammlungen (Rz. 792). der Jahres 2020/2021 bzw. eine Beschlussfassung im Umlaufverfahren (Rz. 785) einschränkungslos auf die Delegiertenversammlung zu übertragen.6
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Eine Amtszeitverlängerung der Delegierten (Rz. 499) wird man hingegen nur dann annehmen können, wenn die Delegiertenversammlung für sich keine eigene „Legislaturperiode“ kennt und sich allein – als geborenen Mitgliedern – aus den jeweiligen Vorständen selbständiger Mit1 Für Analogie zu der bis 1993 geltenden Fassung des § 43a Abs. 1 S. 2 GenG MünchKomm/BGB/Arnold, 7. A. § 32 Rz. 4; anders nunmehr MünchKomm/BGB/Leuschner, § 32 Rz. 70. 2 LG Frankfurt/M. v. 16.9.1983 – 2/2 O 573/82, ZIP 1983, 1336 ff. 3 LG Frankfurt ZIP 1983, 1136 und (Berufungsurteil dazu) OLG Frankfurt v. 19.12.1984 – 9 U 107/83, ZIP 1985, 213 (215). 4 LG Frankental v. 9.5.2007 – 1 T 100/07, RNotZ 2007, 478 m. insoweit krit. Anm. von Terner, RNotZ 2007, 480. Vgl. auch BFH v. 23.3.1999 – VII R 19/98, BGH v. 5.7.1999 – II ZR 313/ 97, NJW-RR 1999, 1485, der ein Verhältnis von 1: 9000 bei einem Lohnsteuerhilfeverein (§ 14 StBerG) nur unter besonderen Umständen anerkennt. 5 Abdruck im Anhang. 6 Segna, npoR 2020, 148 (152).
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XIV. Rz. 939 | Die Mitgliederversammlung gliedsvereine oder Vereinsabteilungen zusammensetzt. Im Übrigen enden die Mandate der Delegierten mit Ablauf der Zeit, für die sie gewählt oder entsandt sind. Ist allein die Mitgliederversammlung zuständig für die Bestellung der Delegierten, kann sie diese im erleichterten Verfahren durchführen. Kommen Neuwahlen oder Entsendebeschlüsse jedoch nicht zustande, sind alle oder ist das betreffende Delegiertenmandat unbesetzt. Verliert die Versammlung danach ihre Beschlussfähigkeit, greift eine Auffangzuständigkeit der Mitgliederversammlung ein.
b) Delegiertenschlüssel 940
Bei Zusammensetzung der Delegiertenversammlung und Bestimmung der Vertreter ist zu unterscheiden zwischen – dem mitgliederstarken Verein mit (vornehmlich) natürlichen Personen als Vereinsmitgliedern. Sieht die Satzung hier eine Delegiertenversammlung vor, so hat sie (wie im Falle des § 43a Abs. 4 GenG) zu bestimmen, auf wie viele Vereinsmitglieder ein Vertreter entfällt sowie wie und für welche Amtszeit diese Vertreter gewählt werden; – dem Gesamtverein (Einzelverein) mit unselbständigen Untergliederungen (Abteilungen, Ortsgruppen usw.; dazu Rz. 1414). Bei ihm hat die Satzung zu bestimmen, wie viele Vertreter von den einzelnen Untergliederungen zu entsenden und wie diese Delegierten durch die Mitglieder der Untergliederungen zu wählen sind und ggf. auch, wie lange deren Amtszeit dauert; – dem Hauptverein (Spitzenorganisation, Dachverband; dazu Rz. 1403), bei dem das Stimmrecht der Mitgliedervereine nicht durch deren Vorstände als Vertretungsorgane, sondern durch Delegierte (Vertreter) aus dem Kreis der Vereinsmitglieder der einzelnen Mitgliedsvereine wahrgenommen wird. Das entspricht im Grunde der (nach Bestimmung der Satzung zulässigen, § 38 mit § 40 BGB) Übertragung des Stimmrechts als Mitgliederrecht des jeweiligen Einzelvereins an die Delegierten. Einzelregelung über die Zahl der Vertreter der Mitgliedsvereine, deren Wahl oder Bestellung und ggf. Amtsdauer hat die Satzung zu regeln.
941
Die Zahl der Delegierten hat beim Gesamtverein (Einzelverein) mit unselbständigen Untergliederungen und beim Hauptverein (Spitzenorganisation, Dachverband) dem Verhältnis der einzelnen Mitgliedergruppen Rechnung zu tragen (Delegiertenschlüssel).1 Diese Auffassung findet sich in mehreren Spezialnormen wie § 14 Abs. 2 Satz 1 StBerG, § 43a Abs. 4 GenG, § 13 Satz 2 PartG bestätigt.2 Es müssen beim Gesamtverein die Mitglieder der einzelnen Untergliederungen ebenso angemessen vertreten sein, wie beim Hauptverein auf ein rechtes Verhältnis zwischen der Zahl der Mitglieder der Einzelgliederungen und der Zahl der Delegierten zu achten ist. Haben Unteroder Einzelgliederungen des Vereins sehr unterschiedliche Mitgliederzahlen, so ist es nicht unbedenklich, wenn jede Unter- oder Einzelgliederung in der Delegiertenversammlung nur eine Stimme hat.3 Es sollte daher die Zahl der Delegierten oder die 1 Dazu s. auch OLG Frankfurt v. 19.12.1984 – 9 U 107/83, ZIP 1985, 213 (216, 217); auch Hadding in Soergel, Rz. 3 zu § 32. 2 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 5643. 3 LG Berlin RdJ 1969, 21; s. auch Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 216.
478 | Stöber/Otto
10. Delegiertenversammlung (§§ 25, 32, 38, 40 BGB) | Rz. 943 XIV.
Stimmzahl der Delegierten der Unter- oder Einzelgliederungen nach deren Größe (Zahl der Vereinsangehörigen; denkbar auch Beitragsaufkommen) zueinander festgelegt werden. Vielfach wird auf die Mitgliederzahlen der Unter- oder Einzelgliederungen zu einem bestimmten Stichtag (z.B. dem 1. Januar des Versammlungsjahres) abgestellt. Nicht erforderlich ist ein rechnerisch identischer Einfluss jedes Mitglieds auf die Vertreterwahl, solange im Rahmen der Verhältnismäßigkeit nach sachgerechten Gründen und Gruppenbildungen differenziert wird und die Delegiertenversammlung als repräsentativ für die Mitgliedschaft angesehen werden kann.1 Der für die in der Satzung vorgesehene Amtszeit gewählte Delegierte verliert das Amt nicht dadurch, dass sich nach seiner Wahl Bestimmungsgrößen ändern.2 Ganz erhebliche Proportionsverschiebungen z.B. zwischen Vereinssparten oder in der regionalen Verteilung, etwa im Zuge von Umwandlungsmaßnahmen, können aber die zusätzliche Berufung weiterer Delegierter in der laufenden Amtszeit begründen. c) Berufung auf Minderheitenantrag Das Minderheitenrecht, zusammen mit weiteren Vereinsmitgliedern die Berufung der Mitgliederversammlung zu verlangen und zu erzwingen (§ 37 BGB; Rz. 810 ff.) ist Mitgliederrecht auch dann, wenn die Aufgaben der Mitgliederversammlung einer Delegiertenversammlung (Vertreterversammlung) übertragen sind.3 Es steht nicht kraft Gesetzes dem zehnten Teil etwa bereits bestellter Vertreter zu.4 Der zehnte Teil der Minderheit nach § 37 Abs. 1 BGB bestimmt sich auch beim mitgliederstarken Verein und beim Gesamtverein (Einzelverein mit unselbständigen Untergliederungen), nach der Zahl der dem Verein angehörenden Einzelmitglieder, beim Hauptverein nach der Zahl seiner (durch ihre Vertretungsorgane handelnden) Mitgliedsvereine. Die Satzung kann eine abweichende Regelung, damit auch die Bestimmung treffen, dass die Berufung bereits auf Antrag einer Minderheit bestellter Vertreter zu erfolgen hat.5 Sie darf dann jedoch das Minderheitenrecht der Mitglieder nicht schmälern (Rz. 810), so dass eine Delegiertenversammlung (Vertreterversammlung) stets auch auf Antrag der Mitgliederminderheit zu berufen ist.
942
d) Die Delegierten Die Delegierten können nach Bestimmung der Satzung von den Mitgliedern des Vereins, den Angehörigen seiner Untergliederungen oder den Mitgliedern des Mitgliedsvereins zu wählen sein (sog. „gekorene“ Mitglieder). Daneben kann die Satzung vorsehen, dass Inhaber eines Vereinsamts (Abteilungsleiter, Vorstand eines Mitgliedsvereins) als „geborene Mitglieder“ mitwirken. In einem Mischsystem muss aber 1 Bartodziej, Rz. 226. 2 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 5644. 3 OLG Frankfurt OLGZ 1973, 137 = Rpfleger 1973, 54; KG HRR 1929 Nr. 2071 = JFG 7, 233 = JW 1930, 1224; KG NJW 1962, 1917; a.A. Reichert, Rz. 1341. 4 KG v. 19.5.1998 – 1 W 5678/97, NJW-RR 1999, 1488 (zu § 45 GenG); a.A. BGB/RGRK/Steffen, Rz. 1; Hadding in Soergel, Rz. 4; je zu § 37; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 170. 5 Zur Regelung der Antragsberechtigung in der Satzung auch OLG Frankfurt OLGZ 1973, 137 = Rpfleger 1973, 54.
Stöber/Otto | 479
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XIV. Rz. 943 | Die Mitgliederversammlung
sichergestellt sein, dass eine satzungsändernde Mehrheit auch gegen die Stimmen solcher geborener Mitglieder zustande kommen kann.1 Eine Bestimmung der Delegierten durch ein Vereinsorgan (z.B. den Vorstand, die Vorstandschaft) ist beim mitgliederstarken Verein mit natürlichen Personen als Einzelmitglieder und beim Gesamtverein mit unselbständigen Untergliederungen ist nicht zulässig (ein solches Verfahren würde den Vereinsmitgliedern eine angemessene Mitwirkung an wesentlichen Vereinsangelegenheiten nehmen, Rz. 937). Beim ausschließlich aus Vereinen bestehenden Vereinsverband gilt das nicht gleichermaßen. In seiner Mitgliederversammlung wird gesetzlich das Stimmrecht vom Vorstand jedes Mitgliedsvereins als Vereinsorgan ausgeübt; ein unmittelbares Stimmrecht natürlicher Personen besteht nicht, es wird somit auch dann nicht geschmälert, wenn (satzungsgemäß) die Delegierten durch den gesetzlichen Vorstand (oder ein anderes Organ) des Mitgliedsvereins bestimmt (entsandt) werden. 944
Mitglieder des Vorstands, ein Organ oder Mitglied eines Gremiums der Untergliederung können ebenso wie andere Vereinsmitglieder als Delegierte bestellt (gewählt) werden (anders z.B. § 43a Abs. 2 GenG). Die Bestellung eines Nichtmitglieds als Delegierter würde als Stimmrechtsübertragung (§ 38 BGB) jedoch eine (ausdrückliche) Satzungsgrundlage erfordern.
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Ein Delegierter (Vertreter) übernimmt sein Amt nach Wahl oder Bestellung mit Annahme des Amtes. Amtsannahme ist wegen der Verpflichtung zur Wahrnehmung der Aufgaben des Vertreters in der Delegiertenversammlung erforderlich. Eine Verpflichtung, die Wahl (Berufung) als Delegierter anzunehmen, besteht für kein Vereinsmitglied. Die Annahme des Amts des Delegierten verpflichtet zur (regelmäßig) persönlichen Wahrnehmung der Aufgaben (§ 664 Abs. 1 BGB), damit insbesondere auch zur Teilnahme an der Versammlung.2 Gewählte (bestimmte) Delegierte haben die Aufgaben des Vertreters nur für die nächste Delegiertenversammlung wahrzunehmen. Sollen sie länger im Amt bleiben, somit auch Aufgaben eines Delegierten in folgenden Versammlungen wahrzunehmen haben (und wahrnehmen können), so muss die Satzung das (ausdrücklich) vorsehen. Der Delegierte kann sein Amt jederzeit niederlegen (§ 671 Abs. 1 BGB; Schadensersatzpflicht jedoch bei grundloser Niederlegung zur Unzeit, § 671 Abs. 2 BGB), und zwar durch Erklärung gegenüber dem Vorsitzenden des Gremiums, das ihn gewählt (bestellt) hat.3
946
Das Stimmrecht nimmt der Delegierte in der Vertreterversammlung als entsandter Stimmrechtsträger selbständig nach freier Überzeugung wahr. Er ist daher (ohne Satzungsgrundlage) an Weisungen nicht gebunden.4 Weisungen können ihm als Vereinsmitglied bei seiner Wahl demnach nicht erteilt werden. Für mehrere Delegierte einer Untergliederung folgt aus ihrer Stellung als selbständige Stimmrechtsträger, dass sie in
1 OLG Frankfurt v. 19.12.1984 – 9 U 107/83, ZIP 1985, 213 (218); LG Berlin RdJ 1969, 24; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 217. 2 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 220. 3 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 220; auch RG 155, 21 (25). 4 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 220.
480 | Stöber/Otto
10. Delegiertenversammlung (§§ 25, 32, 38, 40 BGB) | Rz. 949 XIV.
der Delegiertenversammlung nicht einheitlich abstimmen müssen.1 Der einzelne Delegierte kann sein Stimmrecht jedoch nicht aufspalten, sondern nur insgesamt (einheitlich) ausüben. Zur Benachrichtigung seines Auftraggebers (seiner Abteilung, seines Vereins) ist der Delegierte nach § 666 BGB verpflichtet (Berichtspflicht). Seine Stimmabgabe hat er jedoch weder offen zu legen noch zu rechtfertigen. Ob die Verpflichtung zur Berichtspflicht nur – wie jedenfalls stets – gegenüber dem (Abteilungs-)Vorstand oder auch durch Bericht in einer Abteilungs- oder Mitgliederversammlung, mündlich oder schriftlich, zu geben ist, kann sich ebenso nur nach den Besonderheiten des Einzelfalls (damit auch nach steter Übung im Verein) richten wie die Frage, ob sich Einzelbericht des Delegierten erübrigt, wenn die Ergebnisse der Delegiertenversammlung den Mitgliedern oder Mitgliedsvereinen (durch Rundschreiben, Übersendung einer Protokollabschrift oder auf ähnliche Weise) bekannt gemacht werden. Anspruch des Delegierten auf Aufwandsersatz: § 670 BGB, auf Vorschuss § 669 BGB.
947
Ob für einen verhinderten Delegierten ein Ersatzmann in Betracht kommt und wer als Ersatzmann nachrückt, ist gleichfalls durch Satzung zu regeln. Ohne Satzungsgrundlage kann ein berufener Delegierter, der an der Versammlung nicht teilnimmt oder sich vorzeitig entfernt, sein Mandat einem anderen Vereinsmitglied nicht übertragen und auch einen anderen Delegierten nicht ermächtigen, seine Stimme mit auszuüben (§ 38 BGB analog).
948
e) Verein mit Untergliederung Zu unterscheiden ist zwischen der Teilnahme und Abstimmung von Delegierten aus Untergliederungen oder Mitgliedsvereinen in der Versammlung eines Gesamt- oder Hauptvereins und der (einheitlichen) Abstimmung einer juristischen Person oder Personengesellschaft als Vereinsmitglied durch ihr Vertretungsorgan (Rz. 1039). Durch die Delegierten wird nicht die Untergliederung als juristische Person oder Personengesellschaft selbst vertreten. Vielmehr setzt sich die Mitgliederversammlung des Gesamt- oder Hauptvereins als Delegiertenversammlung aus den einzelnen selbständigen Stimmrechtsträgern zusammen. Diese stimmen nicht für eine juristische Person oder Personengesellschaft, die Einzelmitglied ist, sondern aufgrund eigenen Rechts. Es besteht daher weder eine Stimmrechtsbindung noch eine Verpflichtung mehrerer Delegierter zu einheitlicher Abstimmung. Ein gänzlich anderes Regelungskonzept liegt zugrunde, wenn die Satzung des Hauptvereins vorsieht, dass in eine „Vertreterversammlung“ die Vorstände der Mitgliedsvereine jeweils eine – z.B. nach Größe der Mitgliedsvereine – unterschiedliche Vertreterzahl entsenden. Hier handelt es sich nicht um eine Delegiertenversammlung, sondern um eine reguläre Mitgliederversammlung des Hauptvereins mit unterschiedlich gewichtetem Stimmrecht der einzelnen Mitglieder. Die Teilnehmer agieren als organschaftliche oder bevollmächtigte Vertreter des jeweiligen Mitglieds (Vereins) und können von diesem Weisungen mitbekommen.
1 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 223.
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XIV. Rz. 950 | Die Mitgliederversammlung
f) Versammlungsteilnahme der Vereinsmitglieder 950
Die nicht zu Delegierten bestellten Vereinsmitglieder haben grds. kein Recht auf Teilnahme an einer Vertreterversammlung.1 Der mit der Einführung des Delegiertensystems angestrebte Effizienzgewinne bzw. Minderaufwand würde sonst konterkariert. Sie können jedoch als Gäste zugelassen werden (Rz. 885); dies wird vielfach bereits in der Satzung bestimmt. Das gilt auch für die Inhaber eines Amtes in einer unselbständigen Untergliederung des Gesamtvereins sowie für Mitglieder eines Organs (insbesondere Vorstandsmitglieder) des Mitgliedsvereins eines Hauptvereins. Die Mitglieder des Vorstands (nicht der erweiterten Vorstandschaft) des Vereins, der seine Mitgliederversammlung als Delegiertenversammlung abhält, sind als zur Berufung, Leitung, Berichtspflicht und Verpflichtung zur Rechenschaftslegung zuständige Organmitglieder auch ohne ausdrückliche Satzungsbestimmung (und ohne gesonderte Zulassung durch die Versammlung) zur Teilnahme an der Delegiertenversammlung berechtigt.2 g) Änderung der Satzung
951
Wenn ein Verein, der seine Angelegenheiten durch Beschlussfassung in einer Versammlung der Mitglieder ordnet (§ 32 Abs. 1 S. 1 BGB), neu eine Delegiertenversammlung einführen will, erfordert das eine Satzungsänderung (§ 33 BGB). Weil nicht ohne weiteres die Rechte der Bestandsmitglieder beschnitten werden können, muss ein nachvollziehbarer Grund vorliegen.3 Wenn der im Einzelnen gewählte Delegiertenschlüssel die Stimmwerte einzelner (z.B. regionaler) Mitgliedergruppen im Vergleich zu anderen entwertet, kann m.E. sogar deren Zustimmung erforderlich werden. Es müssen durch neue Satzungsbestimmung die Aufgaben der (bisherigen) Mitgliederversammlung einer Delegiertenversammlung übertragen (Rz. 937) und geregelt werden, wie diese sich zusammensetzt und wie die Mitglieder die einzelnen Delegierten bestimmen. Bestimmungen über die Voraussetzungen, unter denen die Versammlung zu berufen ist, und über die Form der Berufung sowie auch über die Beurkundung der Beschlüsse der Delegiertenversammlung müssen neu getroffen, die Satzungsbestimmungen über die bisherige Mitgliederversammlung müssen aufgehoben werden. Wirksam wird diese Satzungsänderung erst mit Eintragung in das Vereinsregister (§ 71 Abs. 1 S. 1 BGB).
952
Bis zur Wirksamkeit der Satzungsänderung über die Einführung der Delegiertenversammlung (Vertreterversammlung) mit Eintragung in das Vereinsregister bleibt die Mitgliederversammlung unverändert für die Beschlussfassung über alle Angelegenheiten des Vereins zuständig (§ 32 BGB), somit insbesondere auch für andere Satzungsänderungen, Vorstandswahl und Entlastung. Die Mitgliederversammlung ist
1 So auch Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 5656; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 222. 2 So auch Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 221. 3 Ebenso Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 5642: Einführung einer die Mitgliederversammlung verdrängenden Delegiertenversammlung nur bei sachlichen (wenn auch nicht „besonderen“) Gründen, z.B. Größe des Vereins, Kosten der Versammlung. Anders Schwennicke in Staudinger, § 32 Rz. 12 m.N.
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10. Delegiertenversammlung (§§ 25, 32, 38, 40 BGB) | Rz. 955 XIV.
nicht (wie früher nach Genossenschaftsrecht) nur noch zuständig für die im Zusammenhang mit der Einführung der Delegiertenversammlung erforderlichen Beschlüsse1, weil eine Vertreterversammlung weder nach dem Gesetz noch nach Gesetzesvorbehalt eingeführt werden muss. Eine Mitgliederversammlung kann mit satzungsändernder Mehrheit (§ 33 BGB) daher den Beschluss über die Einführung einer Delegiertenversammlung vor Eintragung in das Vereinsregister auch wieder aufheben. Die (mit Eintragung in das Vereinsregister wirksam gewordene) Satzungsbestimmung über die Delegiertenversammlung, insbesondere über Wählbarkeit und Wahl der Delegierten, kann nur durch satzungsändernden Beschluss abgeändert werden (Rz. 1093). Die Beschlussfassung obliegt der Delegiertenversammlung, die (alle) Aufgaben der Mitgliederversammlung wahrnimmt (§§ 32, 33 BGB). Wirksam wird diese Satzungsänderung erst mit Eintragung in das Vereinsregister (§ 71 Abs. 1 S. 1 BGB).
953
Wiedereinführung der Mitgliederversammlung (§ 32 BGB) erfordert ebenfalls Satzungsänderung. Es sind die Vorschriften über die Einrichtung der Delegiertenversammlung aufzuheben und Bestimmungen über die Voraussetzungen, unter denen die Mitgliederversammlung zu berufen ist, über die Form der Berufung und über die Beurkundung ihrer Beschlüsse (§ 58 Nr. 4 BGB) neu zu treffen. Zuständig für diese Beschlussfassung ist die Delegiertenversammlung als das (satzungsmäßige) Organ für Beschlussfassung über Satzungsänderungen (§§ 32, 33, 40 BGB). Wirksam wird auch diese Satzungsänderung erst mit der Eintragung in das Vereinsregister (§ 71 Abs. 1 S. 1 BGB). Bis dahin bleibt die Vertreterversammlung für die Beschlussfassung über Vereinsangelegenheiten unverändert zuständig (das Rz. 952 Gesagte gilt entsprechend). Außerhalb dieses Verfahrens kann die Mitgliederversammlung ihre Zuständigkeiten nur dann wieder aufnehmen, wenn eine ordnungsgemäße Wahl der Delegierten aus irgendeinem Grunde endgültig scheitert.2
954
Eine Satzungsbestimmung über die automatische Einführung einer Delegiertenversammlung (z.B. für den Fall, dass die Zahl der Vereinsmitglieder 2000 übersteigt) oder über die automatische Wiedereinführung der Mitgliederversammlung (z.B. für den Fall, dass die Zahl der Mitglieder absinkt) ist nicht eintragungsfähig (zu unbestimmt), weil die Mitgliederzahl im Register nicht eingetragen wird und damit aus der Eintragung nicht zu erkennen ist, welche Voraussetzungen für die Mitgliederversammlung gelten (vgl. § 58 Nr. 4 BGB). Zulässig ist hingegen eine Regelung, die z.B. bei Erreichen einer bestimmten Vereinsmitgliederzahl die Etablierung einer Delegiertenstruktur durch Satzungsänderung für zulässig erklärt. Damit entfällt für eine solche spätere Änderung das Zustimmungserfordernis der Bestandsmitglieder.
955
1 So aber Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 5642; wie hier auch Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 221. 2 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 5642.
Stöber/Otto | 483
XIV. Rz. 956 | Die Mitgliederversammlung
11. Politische Parteien 956
Die Mitgliederversammlung ist notwendiges Organ auch einer Partei und ihrer Gebietsverbände (§ 8 Abs. 1 S. 1 PartG). Eine Vertreterversammlung kann durch die Satzung an Stelle der Mitgliederversammlung eingerichtet werden (§ 8 Abs. 1 S. 2, 3 PartG mit Einzelheiten). Deren Zusammensetzung: § 13 PartG. Die Mitglieder- oder Vertreterversammlung (Parteitag, Hauptversammlung) ist oberstes Organ des jeweiligen Gebietsverbandes (§ 9 Abs. 1 S. 1 PartG). Sie führt bei Gebietsverbänden höherer Stufe die Bezeichnung „Parteitag“, bei Gebietsverbänden der untersten Stufe die Bezeichnung „Hauptversammlung“ (§ 9 Abs. 1 S. 2 PartG). Über die Voraussetzung, Form und Frist der Einberufung der Versammlung sowie die Beurkundung der Beschlüsse muss die Satzung Bestimmungen enthalten (§ 6 Abs. 2 Nr. 9 PartG). Parteitag und Hauptversammlung treten mindestens in jedem zweiten Kalenderjahr einmal zusammen (§ 9 Abs. 1 S. 3 PartG). Beschlussgegenstände: § 6 Abs. 2 Nr. 8 mit § 9 Abs. 3 und 4 PartG. Es haben die Mitglieder der Partei und die Vertreter in den Versammlungen gleiches Stimmrecht (§ 10 Abs. 2 S. 1 PartG). Die Ausübung kann nach näherer Bestimmung der Satzung davon abhängig sein, dass das Mitglied seine Beitragspflicht erfüllt hat (§ 10 Abs. 2 S. 3 PartG). Antragsrecht: § 15 Abs. 3 PartG. Einen Tätigkeitsbericht des Vorstands nimmt der Parteitag mindestens alle zwei Jahre entgegen; er fasst darüber Beschluss (§ 9 Abs. 5 PartG).
957
Eine Urabstimmung der (= aller) Mitglieder hat zu erfolgen, wenn der Parteitag (die Hauptversammlung) die Auflösung der Partei (des Gebietsverbandes) oder die Verschmelzung mit anderen Parteien beschlossen hat. Die Satzung hat über die Urabstimmung der Mitglieder und das Verfahren Bestimmung zu treffen (§ 6 Abs. 2 Nr. 11 PartG). Der Beschluss des Parteitags (der Mitgliederversammlung) gilt nach dem Ergebnis der Urabstimmung als bestätigt, geändert oder aufgehoben (§ 6 Abs. 2 Nr. 11 S. 2 PartG).
484 | Stöber/Otto
XV. Abstimmungen, Wahlen, Beschlüsse 1. Die Abstimmungen (§§ 32–35, 40, 41 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Beschlussfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussfassung und Stimmabgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Probeabstimmung . . . . . . . . . . . . . . d) Art der Abstimmung . . . . . . . . . . . e) Stimmabgabe Abwesender . . . . . . . f) Auszählung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Stimmenmehrheit . . . . . . . . . . . . . . h) Stimmrechtsausschluss . . . . . . . . . . i) Stimmrechtsübertragung und Vollmacht (§ 38 S. 2 BGB) . . . . . . . j) Stimmanfechtung . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Abstimmung bei Wahlen . . . a) Wahlvorschläge . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einzelwahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gesamtwahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zusammengefasste Wahl . . . . . . . . e) Andere durch die Satzung einzuführende Wahlverfahren . . . . . . . . .
958 958 964 966 967 970 973 977 997 1004 1008 1010 1010 1011 1017 1023 1028
f) Neue Abstimmung . . . . . . . . . . . . . 3. Stimmrechtsausübung in Sonderfällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Minderjährige . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Betreute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Der Geschäftsunfähige . . . . . . . . . . d) Juristische Personen des Privatrechts, Personengesellschaften . . . e) Bund, Länder, Gemeinden usw. . . f) Mehrfachstimmrecht . . . . . . . . . . . 4. Unwirksame (nichtige) Beschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Fälle der Nichtigkeit . . . . . . . . . . . . c) Einschränkung in besonderen Fällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Geltendmachung von Beschlussmängeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Nochmalige Abstimmung über den gleichen Gegenstand in einer späteren Versammlung . . .
1032 1033 1033 1037 1038 1039 1045 1046 1047 1047 1049 1052 1058
1064
Literatur: Braun, Mitwirkung Minderjähriger bei Vereinsbeschlüssen, NJW 1962, 92; Deckert, Die Eventualeinberufung einer Wohnungseigentümerversammlung, NJW 1979, 2291; Elzer, Die fehlerhafte Verkündung eines positiven Beschlusses, ZWE 2007, 165; Flesch, Gewählt ist gewählt, 2008; Fluck, Fehlerhafte Vereinsbeschlüsse, 2017; Fluck, Das Beschlussmängelrecht des Vereins, npoR 2018, 202; Fluck, Empfiehlt sich eine Reform des Beschlussmängelrechts im Vereinsrecht? npoR 2019, 146; Grigoleit, Reform des Beschlussmängelrechts: Normative Grundlagen, empirische Rahmenbedingungen, wesentliche Reformelemente, AG 2018, 645; Hamelbeck, Mitwirkung Minderjähriger bei Vereinsbeschlüssen, NJW 1962, 722; Keilbach, Mehrheit bei Beschlüssen und Wahlen in privatrechtlichen Personenverbänden, DNotZ 1997, 846; Keilbach, Das Erfordernis einfacher Mehrheit in Vereinssatzungen, DNotZ 1998, 597; Kirberger, Stimmrechtsbündelung zugunsten von Vereinsorganen und anderen Gruppen von Vereinsmitgliedern?, BB 1974, 1000; Nietsch, Stimmlosigkeit im Recht fehlerhafter Beschlüsse, WM 2007, 917; Pauli, Wesen und Aufgaben der Mitgliederversammlung eines Vereins, ZStV 2010, 167; Priester, Stimmrechtsauschlüsse und Satzungsregelungen, GmbHR 2013, 225; Rauschert, Zur Mitwirkung Minderjähriger bei Vereinsbeschlüssen, RdJ 1962, 263; Reuter, Zur Vereinsrechtsreform 2009, NZG 2009, 1368; Roßnagel/Gitter/Opitz-Talidou, Telemedienwahlen in Vereinen, MMR 2009, 383; Sennekamp, Zur Rechtswirksamkeit von Versammlungsbeschlüssen bei Nichtladung einzelner Vereinsmitglieder zur Mitgliederversammlung, JurBüro 1973, 905; Stallmann, Beschlussfehler in Stiftungsorganen: Fallstricke und Gestaltungsaufga-
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XV. Rz. 958 | Abstimmungen, Wahlen, Beschlüsse ben, ZEV 2017, 607; Stöber, Berufung einer zweiten, erleichtert beschlussfähigen Versammlung, Rpfleger 1978, 10; Terner, Vereinsrechtsreform(en), DNotZ 2010, 5; Trouet, Auswirkungen der BGH-Rechtsprechung auf die Stimmenmehrheit nach Vereinsrecht, NJW 1983, 2865; Werner R., Die Haftung des Versammlungsleiters bei der Beschlussfeststellung, GmbHR 2020, 1168; Winnefeld, Stimmrecht, Stimmabgabe und Beschluss, ihre Rechtsnatur und Behandlung, Betrieb 1972, 1053; Winzer, Verstöße in der Vereinsarbeit gegen Gesetz und Satzung, ZStV 2010, 32; Wörle-Himmel/Endres, Neue gesetzliche Regelungen im Vereinsrecht, DStR 2010, 759.
1. Die Abstimmungen (§§ 32–35, 40, 41 BGB) a) Beschlussfähigkeit 958
Beschlussfähig ist jede von dem zuständigen Organ (Rz. 798) in der vorgeschriebenen Form (Rz. 830 ff.), also ordnungsgemäß berufene Mitgliederversammlung. Die Anwesenheit einer bestimmten Mitgliederzahl ist (gesetzlich) nicht erforderlich.
959
Die Satzung kann für die Beschlussfähigkeit der Versammlung weitere Anforderungen vorsehen. Sie kann insbesondere bestimmen, dass eine Versammlung nur beschlussfähig ist, wenn eine bestimmte Zahl oder ein bestimmter Prozentsatz1 der Vereinsmitglieder oder ein bestimmter Teil der Vorstandsmitglieder anwesend ist (vgl. auch Rz. 906). Sie kann solche Anforderungen an die Anwesenheit für verschiedene Beschlüsse (z.B. Wahlen, Satzungsänderung, Auflösung) unterschiedlich hoch festlegen. Die Voraussetzungen der Beschlussfähigkeit müssen (wenn die Satzung nichts anderes bestimmt) im Zeitpunkt der einzelnen Abstimmungen (nicht nur bei Versammlungsbeginn) vorliegen.2 Wenn die Satzung nicht ausdrücklich anderes bestimmt, kommt es nur auf die Stimmberechtigten an. Die Versammlung kann ihre Beschlussfähigkeit somit dadurch verlieren, dass ein Teil der zunächst Anwesenden sie verlässt. Ein (in eigener Angelegenheit) nicht stimmberechtigtes Mitglied (Rz. 997) ist bei Feststellung der Beschlussfähigkeit (für diese einzelne Beschlussfassung) – wie abwesende Vereinsmitglieder – nicht mitzuzählen.3
1 Nichtig ist aber eine Bestimmung, wonach die Anwesenheit von mindestens 50 % der Mitglieder notwendig ist, um zum geschäftsführenden Vorstand andere Personen als den geschäftsführenden Vorstand eines anderen Vereins zu wählen, wenn von den zahlreichen Mitgliedern des Vereins stets nicht mehr als etwa 2 % zur Mitgliederversammlung erschienen sind, mithin die Personengleichheit des geschäftsführenden Vorstands mit demjenigen des anderen Vereins tatsächlich überhaupt nicht abänderbar ist; OLG Frankfurt v. 19.3.1981 – 20 W 658/80, OLGZ 1981, 391 = OLG Frankfurt Rpfleger 1981, 310. 2 BayObLG v. 27.2.1981 – BReg 2 Z 23/80, MDR 1981, 675; BayObLG v. 18.12.1986 – BReg 2 Z 81/85, MDR 1987, 410 = NJW-RR 1987, 595 (596). 3 BayObLG v. 18.12.1986 – BReg 2 Z 81/85, MDR 1987, 410 = NJW-RR 1987, 595; BayObLG v. 15.10.1992 – 2Z BR 75/92, MDR 1993, 344 = FamRZ 1993, 804 = NJW-RR 1993, 206; OLG Düsseldorf v. 24.7.1991 – 3 Wx 99/91, MDR 1992, 374; OLG Frankfurt v. 19.7.1989 – 20 W 190/89, OLGZ 1989, 429; a.A. KG OLGZ 1974, 149 = Rpfleger 1974, 438 und KG v. 16.9.1988 – 24 W 3200/88, NJW-RR 1989, 17 = OLGZ 1989, 38 (alle für Beschlussfassung der Wohnungseigentümer).
486 | Stöber/Otto
1. Die Abstimmungen (§§ 32–35, 40, 41 BGB) | Rz. 962 XV.
Eine Satzungsregelung zur Beschlussfähigkeit der Versammlung kann für den Verein sehr wichtig sein. Sie soll gewährleisten, dass insbesondere Beschlüsse von grundsätzlicher Bedeutung für den Verein, das künftige Vereinsleben oder auch für die Einzelmitglieder von grundsätzlicher Bedeutung sind, von einer Mehrheit der Vereinsmitglieder getragen werden. Eine anwesende, dann meist sehr aktive Minderheit soll nicht in Abwesenheit des Großteils der Vereinsmitglieder Versammlungsbeschlüsse fassen, die den Gesamtinteressen des Vereins und seiner Mitglieder nicht gerecht werden. Wenn auch ein echtes Interesse des Vereins an der Verhinderung solcher unerwünschter und oft auch zufälliger Minderheitsentscheidungen besteht, so sollte andererseits stets auch berücksichtigt werden, dass die Anforderungen an die Beschlussfähigkeit einer Versammlung nicht zu eng gezogen werden. Der Verein bereitet sich sonst vielfach Unannehmlichkeiten und mitunter kaum lösbare Schwierigkeiten, wenn es nur noch unter besonderen Anstrengungen oder überhaupt nicht mehr gelingt, eine beschlussfähige Versammlung zustande zu bringen. Das wird von Vereinen, die einen möglichst großen (breiten) Mitglieder-(Förderer-)Kreis anstreben, bei Gründung durch eine kleine Personenzahl oft nicht genügend bedacht. Bei kleiner Mitgliederzahl (z.B. nur 20 Vereinsmitgliedern) lässt sich eine Anwesenheit von mehr als 50 % oder auch 75 % der Mitglieder oft erreichen, zumal dann, wenn die Vereinsmitglieder in enger persönlicher Verbindung miteinander stehen. Bei einem Verein, dessen Mitgliederzahl rasch auf 100, 200 oder auch mehr Mitglieder angewachsen ist, werden sich zu einer Versammlung kaum einmal 50 % oder auch nur 33 % der Mitglieder einfinden, zumal dann, wenn ein Großteil von ihnen als fördernde Mitglieder an dem unmittelbaren aktiven Vereinsgeschehen gar nicht interessiert ist.
960
Fasst die Mitgliederversammlung Beschlüsse, obwohl zum Abstimmungszeitpunkt die satzungsgemäß erforderliche Mitgliederzahl nicht anwesend war, so sind diese nichtig.1
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Wenn die Satzung an die Beschlussfähigkeit einer Mitgliederversammlung besondere Anforderungen stellt, kann sie zugleich weiter festlegen, dass bei Beschlussunfähigkeit eine weitere Mitgliederversammlung mit derselben Tagesordnung unter erleichterten Voraussetzungen Beschluss fassen kann. Für diesen Fall hat die Satzung zu bestimmen, in welcher Frist die neue Versammlung einzuberufen ist oder stattzufinden hat (dazu Rz. 855). Die Satzung kann vorsehen, dass bereits mit der ersten Mitgliederversammlung für den Fall, dass sie nicht beschlussfähig sein sollte, zugleich die weitere Mitgliederversammlung einberufen wird.2 Allerdings empfiehlt sich eine solche Eventualberufung nicht, weil sie dem Zweck der Berufung einer zweiten Versammlung – den Mitgliedern eindringlich die Folgen ihres Wegbleibens zu zeigen – nicht mehr Rechnung trägt. Welche Bedeutung einer Eventualeinberufung der Wiederholungsversammlung sogleich im Anschluss an eine beschlussunfähige Versammlung oder doch am selben Tag zu späterer Stunde überhaupt noch zukommen soll, ist so wenig er-
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1 KG JW 1935, 715; Eichler, Rpfleger 2004, 196 (197); Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1581 ff.; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 203. 2 BGH v. 10.10.1988 – II ZR 51/88, MDR 1989, 329 = NJW-RR 1989, 376.
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XV. Rz. 962 | Abstimmungen, Wahlen, Beschlüsse
kennbar wie der Sinn einer (zulässigen1) Satzungsgestaltung, dass eine zunächst nicht beschlussfähige Versammlung nach Ablauf einer gewissen Wartezeit ohne Rücksicht auf die Zahl der erschienenen Mitglieder beschlussfähig werden soll. Schweigt die Satzung, so kann die zweite – erleichterte – Versammlung nicht zugleich mit der Einladung zur ersten Versammlung (z.B. mit dem Zusatz „Beginn eine Stunde später“ oder auch erst für einen späteren Versammlungstag) und auch nicht selbständig noch vor Abhaltung der Erstversammlung einberufen werden.2 Ebenso kann dann nicht vorweg sogleich zur weiteren, unter erleichterten Voraussetzungen beschlussfähigen Mitgliederversammlung für den Fall einberufen werden, dass im Laufe der zunächst stattfindenden und beschlussfähigen Versammlung (insbesondere gegen deren Ende) deren Beschlussfähigkeit entfällt. Verstöße hiergegen führen zur Nichtigkeit der Beschlüsse, es sei denn, es wird die für eine reguläre (erste) Versammlung geforderte Teilnehmerzahl erreicht (Rz. 856). 963
Erlaubt die Satzung die Einberufung einer zweiten Versammlung unter erleichterten Bedingungen für den Fall, dass eine Mindestteilnehmerzahl nicht erreicht war, dann gilt diese Erleichterung nicht auch dann, wenn die zunächst berufene Versammlung auch (oder nur) aus anderen Gründen nicht durchgeführt werden konnte, so z.B. deshalb, weil sie nicht ordnungsgemäß berufen war oder weil das Versammlungslokal nicht zur Verfügung stand oder weil die Versammlung vor Beschlussfassung abgebrochen wurde.3 Eine neuerliche Versammlung ist dann nur beschlussfähig, wenn die satzungsgemäßen Voraussetzungen für die Beschlussfähigkeit einer Erstversammlung gegeben sind. Das gilt gleichermaßen, soweit in einer Wiederholungsversammlung über seit der ersten Einladung neu aufgenommene Tagesordnungspunkte Beschluss gefasst werden soll.
1 LG Bremen Rpfleger 1999, 132 für den Fall der (sofortigen) Berufung einer neuen Wohnungseigentümerversammlung „ohne Fristsetzung“ bei Beschlussunfähigkeit. 2 BGH v. 10.10.1988 – II ZR 51/88, MDR 1989, 329 = NJW-RR 1989, 376; Stöber, Rpfleger 1978, 10 (hier auch w.N.) gegen LG Wuppertal BB 1979, 347 mit zust. Anm. Brych = Rpfleger 1978, 23; LG Bonn v. 28.10.1983 – 5 T 190/83, Rpfleger 1984, 240; LG Nürnberg v. 18.6.1990 – 13 T 4877/90, Rpfleger 1990, 427. Gleicher Ansicht wie hier: Sauter/Schweyer/ Waldner, Rz. 204; BayObLG v. 18.9.2002 – 3Z BR 148/02, NJW-RR 2002, 1612; OLG Bremen v. 25.3.1980 – 1 W 1/80, Rpfleger 1980, 295; OLG Celle NdsRpfl 1978, 59; OLG Frankfurt v. 5.7.1996 – 24 U 249/94, OLGR Frankfurt 1996, 185 (für Versammlung der GmbHGesellschafter); OLG Köln v. 23.8.1989 – 16 Wx 79/89, NJW-RR 1990, 26 (für Versammlung der Wohnungseigentümer); dagegen Deckert, NJW 1979, 2291. A.A. (für Vereins-Mitgliederversammlung) LG Münster v. 30.6.1994 – 5 T 549/94, Rpfleger 1995, 23, mit nicht nachvollziehbarer Begründung unter Berufung auf die Kenntnis der „heutigen Vereinspraxis“, aber ohne Begründung dafür, welche Bedeutung die Satzungsbestimmung über die Beschlussunfähigkeit der nur 20 Minuten vorausgehenden Versammlung dann überhaupt noch haben soll. Immer anzuraten ist eine Gestaltung der Satzung, die den individuellen Bedürfnissen des Vereins entspricht. 3 LG Köln v. 5.4.1991 – 90 O 245/90, GmbHR 1992, 809; so auch Thelen, GmbHR 1992, 796.
488 | Stöber/Otto
1. Die Abstimmungen (§§ 32–35, 40, 41 BGB) | Rz. 965 XV.
b) Beschlussfassung und Stimmabgabe Die Angelegenheiten des Vereins werden regelmäßig durch Beschlussfassung in der Mitgliederversammlung geordnet (§ 32 Abs. 1 S. 1 BGB). Beschluss ist die Form der Willensbildung der Mitgliederversammlung. Durch Beschlussfassung nehmen die Vereinsmitglieder ihre im Grundsatz unveräußerlichen Rechte auf Mitverwaltung und Mitgestaltung der vereinsrechtlichen Angelegenheiten (Rz. 400) wahr.1 Zustande kommt ein Mitgliederbeschluss, wenn durch Abstimmung in der Versammlung der Wille der Mitgliedermehrheit zum Ausdruck gebracht wird, einen Beschlussgegenstand verbindlich zu regeln2 oder eine verlangte Bestimmung nicht zu treffen (Negativbeschluss). Gefasst wird ein Versammlungsbeschluss mit Stimmenmehrheit (zu ihr Rz. 975 ff.); er ist Gesamtakt, der sich aus den abgegebenen positiven (bei Ablehnung: negativen) Stimmen zusammensetzt.3 Die Beschlussfassung folgt einem je nach Vereinsverfassung mehr oder weniger streng formalisierten Verfahren. Durch bloße Meinungsbildung und Meinungsäußerung einzelner Versammlungsmitgliedern kommt ein Beschluss regelmäßig nicht zustande.4
964
Die Mitglieder wirken durch Teilnahme an der Abstimmung an der Beschlussfassung mit.5 Die Stimmabgabe ist empfangsbedürftige und bedingungsfeindliche Willenserklärung.6 Ihre Wirksamkeit setzt voraus, dass der Versammlungsleiter bei Beschlussfassung von der Willensäußerung Kenntnis erlangt7 Nach ihrem Zugang bei dem Wahl- bzw. Abstimmungsleiter ist ein Widerruf der Stimmabgabe nicht mehr möglich (§ 130 Abs. 1 S. 2 BGB).8 Der Stimmberechtigte kann den zur Abstimmung stehenden Gegenstand (Beschlussantrag) billigen oder ablehnen. Auch die Stimmenthaltung ist nach richtiger Ansicht durchaus Teilnahme an der Willensbildung der Hauptversammlung, als Willensäußerung bei der Mehrheitsermittlung nach dem gesetzlichen Modell aber nicht zu berücksichtigen (ausf. Rz. 983). Förmliche Feststellung des Abstimmungsergebnisses durch den Versammlungsleiter ist üblich und als Abschluss des Abstimmungsverfahrens geboten (Rz. 931). Gesetzlich notwendig für das wirksame Zustandekommen des Beschlusses ist sie nicht.
965
1 In Anlehnung an BGHZ 52, 316 (318) = NJW 1970, 33 (dort für GmbH). 2 BayObLG v. 30.5.1990 – BReg 2 Z 36/90, NJW-RR 1990, 1104. 3 BayObLG 2001, 196 (201); auch BGH v. 10.9.1998 – V ZB 11/98, BGHZ 139, 288 = MDR 1999, 28 mit Anm. Riecke (297) = NJW 1988, 288 und BGH v. 19.9.2002 – V ZB 37/02, MDR 2003, 80 = NJW 2002, 3629 (3630) = Rpfleger 2003, 21. 4 BayObLG v. 30.5.1990 – BReg 2 Z 36/90, NJW-RR 1990, 1104 (1105). 5 BGHZ 48, 163 (173). 6 BGHZ 48, 163 (173); BayObLG v. 16.3.2000 – 2Z BR 168/99, NJW-RR 2000, 1036 f. sowie BGH v. 19.9.2002 – V ZB 37/02, MDR 2003, 80 = NJW 2002, 3629 (3630) = Rpfleger 2003, 21. 7 BayObLG v. 19.9.2002 – V ZB 37/02, MDR 2003, 80 = NJW 2002, 3629 (3630). 8 BGH v. 13.7.2012 – V ZR 254/11, MDR 2012, 1218 (zur WEG-Versammlung): Es muss einen Zeitpunkt geben, zu dem der Leiter mit der verbindlichen Auszählung beginnen kann. Nach anderen Auffassungen ist Widerruf bis zur Abgabe der letzten Einzelstimme (Erman/Grziwotz, § 23 WEG Rz. 2) oder sogar bis zur Beschlussverkündung (Jennißen/Elzer, WEG, vor §§ 23 bis 25 Rz. 47) beachtlich.
Stöber/Otto | 489
XV. Rz. 966 | Abstimmungen, Wahlen, Beschlüsse
c) Probeabstimmung 966
Soll nur eine Probeabstimmung vorgenommen werden, so hat dies der Versammlungsleiter vor Aufforderung zur Meinungsäußerung festzustellen. Eine Probeabstimmung ist rechtlich folgenlos.1 Sie dient lediglich der Erkundung des Meinungsstandes der Anwesenden;2 damit soll sie die Chance oder Aussichtslosigkeit eines Beschlussantrags offen legen. Kein Vereinsmitglied und auch nicht der Verein selbst kann aus der Probeabstimmung Rechte herleiten oder durch sie verpflichtet werden. Unverbindlich ist die Probeabstimmung auch, wenn das Abstimmungsergebnis zahlenmäßig festgehalten und in der Versammlungsniederschrift festgestellt wird. Sie soll nur zeigen, ob weiterer Diskussionsbedarf besteht; dann kann die Versammlung wieder in die Beratung eintreten. Sie kann aber auch dem Antragsteller Anlass geben, einen chancenlosen Beschlussantrag zurückzuziehen. Im Übrigen entscheidet die Versammlung, ob über den Tagesordnungspunkt sofort (nunmehr verbindlich) abgestimmt, weiter beraten oder der Punkt auch zurückgestellt wird (Änderung der Tagesordnung). Durch die Probeabstimmung wird kein Mitglied verpflichtet, bei späterer Abstimmung zur Beschlussfassung in gleicher Weise wie bei der vorläufigen Meinungsbildung zu stimmen. Die Beteiligung an einer Probeabstimmung ist niemals Voraussetzung für eine Stimmabgabe bei der nachfolgenden verbindlichen Beschlussfassung. Zur Vorabstimmung über einzelne Passagen und Gesamtabstimmung mehrerer Satzungsänderungen s. Rz. 1134. d) Art der Abstimmung
967
Wahlen und Abstimmungen erfolgen unter den Anwesenden in einer Präsenzversammlung, die Satzung kann grundsätzlich auch anderes bestimmen (Rz. 969, 1028).3 Die Art der Abstimmung, auch Festlegung der Reihenfolge der Abstimmungsfragen (Zustimmung, Gegenstimmen, Enthaltungen4), gehört zu den von der Versammlung mit Stimmenmehrheit selbst zu regelnden Vereinsangelegenheiten (§ 32 BGB). Macht sie davon keinen Gebrauch, entscheidet der Versammlungsleiter in den vom Gesetz und Satzung oder einer Vereinsordnung gezogenen Grenzen über den Abstimmungsmodus.5 Das Verfahren muss sicherstellen, dass sich die Willensbildung möglich ungehindert vollziehen und ausdrücken kann. Das Ergebnis der Abstimmung sollte klar feststellbar sein.6 Wenn Stimmzettel abzugeben sind oder eine Abstimmung durch öffentliches Handaufheben im Saal erfolgt, gilt dies auch für den Abstimmungsleiter selbst, die Mitglieder einer Zählkommission u.Ä. Ohne dies nur bei der Ergebnisermittlung als eigenes Votum „hinzugezählte“ Stimmen sind ungültig.7
KG v. 18.3.1992 – 24 W 6007/91, OLGZ 1993, 52. KG v. 18.3.1992 – 24 W 6007/91, OLGZ 1993, 52. Z.B. Telemedienwahl, dazu Roßnagel/Gitter/Opitz-Talidou, MMR 2009, 383. KG v. 28.11.1984 – 24 W 3678/84, MDR 1985, 412 (auch Wechsel der Reihenfolge der Abstimmungsfragen ist zulässig, wenn es deutlich gemacht wird). 5 KG v. 28.11.1984 – 24 W 3678/84, MDR 1985, 412. 6 KG v. 28.11.1984 – 24 W 3678/84, MDR 1985, 412. 7 Häufig aber wohl keine Ergebnisrelevanz, vgl. OLG Frankfurt v. 6.7.2018 – 3 U 22/17, Rz. 131–132 bei juris. 1 2 3 4
490 | Stöber/Otto
1. Die Abstimmungen (§§ 32–35, 40, 41 BGB) | Rz. 969 XV.
Ein allgemeiner Grundsatz, dass Wahlen schriftlich, geheim und etwa für jeden Kandidaten einzeln (Rz. 1011) geschehen müssten, besteht nicht.1 Grundsätzlich gleichwertig sind offene und geheime Abstimmung ebenso wie Abstimmung durch Zuruf (Akklamation) oder Handheben.2 Eine schriftliche (geheime) Abstimmung muss daher an sich (ohne Mehrheitsbeschluss) auch dann nicht erfolgen, wenn ein Mitglied oder mehrere dies beantragen.3 Häufig ist das jedoch in der Satzung oder einer Geschäftsordnung so vorgesehen oder wird in ständiger guter Übung so praktiziert. Die Verweigerung einer geheimen Abstimmung kann fehlerhaft sein, wenn die Offenlegung der Person des Abstimmenden und seines Abstimmungsverhaltens das Mitglied an der unbeeinflussten Stimmabgabe hindern kann. Dabei kann nicht jede potentielle Beeinträchtigung der freien Willensbildung durch die Entscheidung für eine offene Abstimmung als unzulässig angesehen werden. Dem Willensbildungsprozess der Mitgliederversammlung ist es vielmehr immanent, dass die einzelnen Mitglieder sich Druck und Einflussnahmen anderer Mitglieder und, je nach Zuschnitt des Vereins, auch der Öffentlichkeit ausgesetzt sehen und damit umgehen müssen. Nicht jede Taktik und Einflussnahme muss als unzulässig angesehen werden, dies bedarf vielmehr einer wertenden Betrachtung.4
968
Ist das bei der Abstimmung einzuhaltenden Verfahren verbindlich in der Satzung geregelt (§ 40 BGB), dann kann weder durch Bestimmung des Versammlungsleiters, noch durch Mehrheitsbeschluss davon abgewichen werden (anders bei bloßer Sollvorschrift und anders bei Bestimmung ohne Satzungsrang).5 Es kann mündliche (Akklamation, Zuruf), schriftliche, geheime Abstimmung oder Stimmabgabe durch Zeichen (Handerheben, Vorzeigen einer Stimmkarte mit Farbzeichen für Zustimmung, Ablehnung oder Enthaltung, durch Aufstehen) oder auch durch Stillschweigen auf die Frage nach Gegenstimmen6 vorgesehen werden. Üblich und zweckmäßig ist die Festlegung, dass über Satzungsänderungen und Wahlen (wenigstens in wesentliche Vereinsämter) schriftlich und geheim, sonst durch Zuruf (oder Handaufheben) abgestimmt wird, wenn nicht auch hier ein bestimmter Teil (etwa ein Fünftel) der Anwesenden schriftliche Abstimmung verlangt. Wenn geheime Abstimmung (Wahl) durch Satzung (oder Geschäftsordnung) bestimmt ist, aber durch Nummerierung von Stimmzetteln und Anwesenheitsliste die Person des Abstimmenden und sein Abstimmungsverhalten aufgedeckt werden kann, ist die Abstimmung ungültig.7 Stimmzettel, die für Wahlen ausgegeben werden, müssen die Chancengleichheit der Bewerber gewährleisten. Wenn vorgedruckte Stimmzettel abweichende Wahlentscheidungen nicht in vollem Umfang gewährleisten, verbietet sich ihre Verwendung, auch wenn kein Versammlungsteilnehmer widerspricht. Die Verwendung von Stimmzetteln mit eingedruckten
969
1 2 3 4 5
BGH MDR 1970, 46 = NJW 1970, 46. Auch: Abgabe nur der Neinstimmen und Enthaltungen. Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 209; Röcken, MDR 2019, 1105, 1110. OLG Frankfurt v. 6.7.2018 – 3 U 22/17, juris mit Verweis auf KG, NJW 1957, 1680, 1681. S. BGH v. 16.10.2000 – v. 31.5.2010 – AnwZ (B) 63/99, BRAK 2001, 40 = NJW-RR 2001, 995. 6 KG v. 28.11.1984 – 24w 3678/84, MDR 1985, 412. 7 BGH v. 16.10.2000 – v. 31.5.2010 – AnwZ (B) 63/99, BRAK 2001, 40 = NJW-RR 2001, 995.
Stöber/Otto | 491
XV. Rz. 969 | Abstimmungen, Wahlen, Beschlüsse
Kandidatennamen soll sogar dann bedenklich sein, wenn sie Raum für die Eintragung eines anderen Kandidaten bieten.1 e) Stimmabgabe Abwesender 970
Schriftliche Stimmabgaben abwesender Mitglieder bleiben im gesetzlichen Modell (Präsenzversammlung) bis auf die Sonderfälle § 32 Abs. 2, § 33 Abs. 1 S. 2 BGB immer außer Betracht. Die Satzung kann das anders regeln, sie kann auch eine sog. kombinierte Abstimmung vorsehen, bei der neben den Stimmen der in der Versammlung anwesenden Mitglieder die schriftlichen Erklärungen der nicht erschienenen Mitglieder zu zählen sind oder – praktischer – die Textform (also auch E-Mail und InternetEingabemaske in eine Ergebnisdatenbank) genügt. Ein solches Abstimmungsverfahren (vgl. auch die in § 118 Abs. 1 und Abs. 2 AktG für die Aktionärshauptversammlung eingeräumten Möglichkeiten) mag zweckmäßig sein bei großem Mitgliederkreis mit weit verstreuten Wohnsitzen der Mitglieder, wenn also mit einer relativ kleinen Anwesenheitszahl in der Präsenzversammlung zu rechnen ist. Zulässigkeit und Wirksamkeit sind grundsätzlich von der klaren Regelung des Abstimmungsverfahrens (Art der Stimmabgabe, Zeitpunkt, bis zu dem eingehende Stimmen berücksichtigt werden, Sicherheitskontrollen usw.) und des Mehrheitsverhältnisses in der Satzung abhängig.
971
Auch außerhalb der Mitgliederversammlung kann die Satzung eine Beschlussfassung der Mitglieder mit Mehrheit durch schriftliche Erklärung sowie im Umlaufverfahren durch Unterzeichnung eines Beschlussentwurfs (Ersetzung durch elektronische Form § 126 Abs. 3 BGB; s. Rz. 839) vorsehen. § 32 Abs. 1 BGB ist abdingbar, § 40 BGB. Die Möglichkeit der Berufung einer Mitgliederversammlung als Präsenzversammlung auf Verlangen einer Minderheit (§ 37 BGB) kann durch Einführung schriftlicher Abstimmungen jedoch nicht ausgeschlossen werden (§ 40 BGB). Lässt die Satzung eine schriftliche Abstimmung zu, dann muss sie auch das Verfahren näher und eindeutig regeln (Information, Quorum, Majorität). Sie kann dann die schriftlich mögliche Beschlussfassung auch auf bestimmte einzelne Gegenstände beschränken. Schon aus Gründen der Klarstellung sollte unbedingt bei Einführung eines schriftlichen Verfahrens ausdrücklich geregelt werden, ob und welche Formen der telekommunikativen Übermittlung neben der Briefpost zugelassen sind.2 Das betrifft insbesondere die Zulassung der Abstimmung per E-Mail oder im geschlossen InternetChatroom u.Ä. Zur Ersetzung der Mitgliederversammlung durch Internet-Chat bzw. eine Telefon- oder Videokonferenz s. bereits oben Rz. 789. Wer die schriftlich abgegebenen Stimmen auszuzählen hat und wie das schriftliche Abstimmungsergebnis den Mitgliedern mitzuteilen ist, muss die Satzung in diesen Fällen zwar nicht regeln,3 1 OLG Frankfurt v. 19.12.1984 – 9 U 107/83, ZIP 1985, 213 (225). 2 Es mag zwar § 127 Abs. 2 BGB anwendbar sein (keine gesetzliche Schriftform wie in § 32 Abs. 2 oder § 33 Abs. 2 BGB). Die Auslegung der Satzung nach dem berechtigten Erwartungshorizont der Mitgliederschaft geht aber dieser Zweifelsregel vor, so dass hier ohne ausdrückliche Regelung immer Streitpotential verbliebe. Berechtigte Bedenken wegen der fehlenden Identitätsprüfung (Unterschrift) gegen eine E-Mail Abstimmung äußert Burhoff, Rz. 394. 3 OLG Köln v. 12.7.1993 – 2 Wx 20/93, NJW-RR 1994, 1547.
492 | Stöber/Otto
1. Die Abstimmungen (§§ 32–35, 40, 41 BGB) | Rz. 974 XV.
zu empfehlen ist dies aber. Dass Schweigen im schriftlichen Beschlussverfahren als Zustimmung gilt, kann die Satzung nicht vorsehen (Widerspruch zu der allgemeingültigen Wertung, die der Stimmabgabe in § 32 Abs. 1 BGB zugrunde liegt). Covid-19 – Sonderbestimmung: Virtuelle Versammlung und Fernabstimmungsverfahren Die Covid-19-Sonderbestimmungen1 erlauben abweichend von den allgemeinen Regeln auch ohne entsprechende Satzungsbestimmungen: – Gemischte Verfahren, bei denen neben den Teilnehmern einer in Präsenz, virtuell oder auch in Mischform durchgeführten Versammlung auch weitere Mitglieder mitstimmen. Sie müssen ihre Stimme bereits vor der Abstimmung und schriflich abgeben (§ 5 Abs. 2 Nr. 2 des Sondergesetzes). Dazu Rz. 792.
972
Oder – Die ausschließliche Fernabstimmung. Bei ihr genügt die Textform. Im Übrigen dazu Rz. 785.
f) Auszählung Die Art der Auszählung bestimmt im Rahmen der Vorgaben von Satzung und Geschäftsordnung der Versammlungsleiter2, wenn nicht die Versammlung selbst ein Verfahren beschließt (wie Rz. 967). Bei schriftlicher (geheimer) Abstimmung darf zur einwandfreien Willensfeststellung die Stimmenauszählung nicht hinter verschlossenen Türen vorgenommen werden. Sie muss jedenfalls dann unter Kontrolle erfolgen, wenn dies verlangt wird. Welches Mindestmaß an Kontrolle den Umständen nach geboten ist, bestimmt sich, wenn eine Satzungsregelung fehlt, nach dem Einzelfall. So kann auch bei Auszählung durch einen Wahlausschuss auf Verlangen eine angemessene Überprüfung durch Zulassung eines Beobachters einer nicht im Vorstand (im Tagungsgremium oder Wahlausschuss) vertretenen Gruppe oder einer Minderheit geboten sein.
973
Stimmenzählung nach der Subtraktionsmethode3 kann in der Satzung, einer Nebenordnung oder als Geschäftsordnungsfrage im Zuge der Versammlung vorgesehen werden. Sie wird aber – wenn überhaupt – nur für Großvereine Bedeutung erlangen, in deren Versammlungen sehr viele stimmberechtigte Mitglieder anwesend sind. Dabei wird das Ergebnis einer Abstimmung in der Weise festgelegt, dass bereits nach der Abstimmung über zwei von drei – auf Zustimmung, Ablehnung und Enthaltung gerichteten – Abstimmungsfragen die Zahl der noch nicht abgegebenen Stimmen als Ergebnis der dritten Abstimmung gewertet werden (Schweigen, dem ausnahmsweise Erklärungswert als Stimmabgabe zukommt). Das setzt allerdings voraus, dass für den Zeitpunkt jeder Abstimmung die Anzahl der anwesenden Vereinsmitglieder – und bei mehrfachem Stimmrecht (Rz. 976) oder bei Stimmrechtsübertragung (Rz. 1005) auch
974
1 Abdruck im Anhang. 2 BGH v. 19.9.2002 – V ZB 37/02, MDR 2003, 80 = NJW 2002, 3629 = Rpfleger 2003, 21. 3 BGH v. 19.9.2002 – V ZB 37/02, MDR 2003, 80 = NJW 2002, 3629 = Rpfleger 2003, 21 (für Versammlung der Wohnungseigentümer); BayObLG 2002, 221 (Vorlagebeschluss); OLG Hamm v. 27.5.2003 – 27 U 106/02, AG 2004, 38 = NJW-RR 2003, 1397; a.A. vordem OLG Düsseldorf v. 3.4.2000 – 3 Wx 465/99, NJW-RR 2001, 11.
Stöber/Otto | 493
XV. Rz. 974 | Abstimmungen, Wahlen, Beschlüsse
deren Stimmkraft – sicher festgestellt ist. Dieses rechnerische Verfahren zur (zumeist wohl nur vermeintlichen) Erleichterung der Stimmenauszählung erfordert somit erhebliche organisatorische Maßnahmen zur exakten Feststellung der Anwesenheit für jede einzelne Abstimmung wie z.B. durch Führung und sorgfältige Kontrolle eines Teilnehmerverzeichnisses und dessen ständige Fortschreibung zu den einzelnen Abstimmungen.1 Bei knappen Mehrheitsverhältnissen sind genaue Feststellungen zu den jeweils anwesenden Mitgliedern unumgänglich, bei klaren Mehrheiten kann vielleicht großzügiger verfahren werden.2 Lässt sich im Streitfall die Zahl der anwesenden Mitglieder (und deren Stimmkraft) nicht mehr aufklären und verbleiben dadurch Zweifel an den Mehrheitsverhältnissen, so ist davon auszugehen, dass der Versammlungsleiter die Zahl der Zustimmungen zu Unrecht festgestellt hat.3 Schon deshalb scheidet die Subtraktionsmethode aus, wenn die exakte Feststellung der Gesamtzahl der anwesenden Vereinsmitglieder (und ihrer Stimmkraft) nicht sichergestellt werden können. 975
Lässt das Regelwerk des Vereins unterschiedliche Beschlussverfahren vor, muss der Versammlungsleiter eine Entscheidung herbeiführen bzw. bei eigener Kompetenz den Abstimmenden gegenüber klarstellen, welches Verfahren zur Anwendung kommt. Wenn das Subtraktionsverfahren gilt, ist eine ausdrückliche Erläuterung zu dessen Bedeutung, dass also Schweigen auf die beiden vorweg gestellten Abstimmungsfragen als Stimmabgabe für die dritte Abstimmungsfrage gewertet wird, ratsam, nicht aber Wirksamkeitsvoraussetzung der Abstimmung.4
976
Unzulässig dürfte es auch nach dem gesetzlichen Modell der Mehrheitsermittlung (Enthaltungen zählen nicht) sein, allein nach Neinstimmen zu fragen, den Rest (also auch potentielle ungültige Stimmen einschließlich der Enthaltungen) somit den Jastimmen zuzuschlagen. g) Stimmenmehrheit
977
Bei der Beschlussfassung entscheidet die Mehrheit der wirksam abgegebenen Stimmen (§ 32 Abs. 1 S. 3 BGB). Besondere Mehrheitserfordernisse gelten für den Auflösungsbeschluss, Zweckänderung und teilweise bei Umwandlungsbeschlüssen (vgl. § 275 UmwG). Wahlen sind nicht anders zu behandeln als Beschlüsse, sofern nicht die Satzung für sie etwas anderes vorsieht.5
978
Grundsätzlich hat jedes Mitglied eine Stimme (Grundsatz der Gleichstellung der Mitglieder, Rz. 392). Das gilt auch für juristische Personen (Rz. 1039) oder Personenhandelsgesellschaften, Partnerschaften etc. Ein erhöhtes (mehrfaches) Stimmrecht für alle oder einzelne Angelegenheiten (z.B. für Auflösung des Vereins) kann nur als Sonderrecht (Rz. 253; z.B. für Gründungsmitglieder) begründet sein. Die mehreren Stim1 BGH v. 19.9.2002 – V ZB 37/02, MDR 2003, 80 = NJW 2002, 3629 = Rpfleger 2003, 21; OLG Hamm v. 27.5.2003 – 27 U 106/02, AG 2004, 38 = NJW-RR 2003, 1397. 2 BGH v. 19.9.2002 – V ZB 37/02, MDR 2003, 80 = NJW 2002, 3629 = Rpfleger 2003, 21. 3 BGH v. 19.9.2002 – V ZB 37/02, MDR 2003, 80 = NJW 2002, 3629 = Rpfleger 2003, 21; OLG Köln OLGR Köln 2002, 137. 4 BGH v. 19.9.2002 – V ZB 37/02, MDR 2003, 80 = NJW 2002, 3629 = Rpfleger 2003, 21. 5 KG v. 23.5.2020 – 22 W 61/19, NotBZ 2020, .
494 | Stöber/Otto
1. Die Abstimmungen (§§ 32–35, 40, 41 BGB) | Rz. 982 XV.
men kann das Mitglied dann nur einheitlich abgeben; es kann nicht teilweise für, teils gegen einen Antrag oder Wahlvorschlag stimmen (s. aber auch Rz. 1046).1 Eine Stimmrechtsaufteilung in der Weise, dass den Mitgliedern eines bestimmten Gremiums (insbesondere dem Vorstand) oder einer anderen geschlossenen Gruppe von Vereinsmitgliedern (etwa einer Fach- oder Ortsgruppe, einer Abteilung) ein genau festgelegter, prozentualer Anteil des Gesamtstimmrechts eigenständig abgesichert wird (z.B. 20 % gegenüber dem verbleibenden 80%igen Stimmanteil der Vereinsmitglieder oder Delegierten, sog. Stimmrechtsbündelung), kann als mit den Grundlagen des Vereinsrechts unvereinbar satzungsgemäß nicht vorgesehen werden.2 Davon zu unterscheiden ist jedoch das – zulässige, da nicht prozentuale – eigene Stimmrecht von Vorstandsmitgliedern in einer Delegiertenversammlung. Die nach § 34 BGB in eigener Sache und die nach einer wirksamen Satzungsbestimmung nicht stimmberechtigten Mitglieder (s. Rz. 997). geben zu der betreffen Beschlussfrage keine gültige Stimme ab, sie zählen bei Feststellung des Ergebnisses nicht mit. Ein Geschäftsunfähiger kann (selbst) nicht wirksam abstimmen, zählt mithin gleichfalls nicht mit. Für ihn kann jedoch sein gesetzlicher Vertreter die Mitgliedsrechte und daher auch das Abstimmungsrecht wahrnehmen. Zum Stimmrecht Minderjähriger s. Rz. 1033.
979
Der Mehrheit sind nur die unbedingt erklärten Zustimmungen zuzurechnen. Stimmabgabe unter einer (auflösenden oder aufschiebenden) Bedingung (§ 158 BGB) ist unzulässig. Eine bedingt abgegebene Stimme ist daher nicht gültig.3
980
Beispiel: B stimmt der Wahl des A zum Vorsitzenden nur unter der Bedingung zu, dass er (B) selbst zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt wird. Die Zustimmung ist unwirksam, wenn mit ihr nicht nur die Erwartung der eigenen Wahl zum Ausdruck gebracht wird, sondern eine echte Bedingung verknüpft werden soll.
Mit Mehrheit ist ein Beschluss auch gefasst, wenn bei der Stimmenauszählung zwar Fehler gemacht wurden, dennoch aber zweifelsfrei feststeht, dass sich auch ohne Berücksichtigung fehlerhaft gezählter Stimmen die erforderliche Mehrheit ergibt.4
981
Durch die Mehrheit der Stimmen ist nach § 32 Abs. 1 S. 3 BGB Beschluss gefasst, wenn die Mehrheit zustimmt, wenn mithin mehr Stimmen als die der Hälfte (auch Bruchteilsmehrheit) zustimmend abgegeben werden – sog. einfache Mehrheit5 –.
982
1 Ebenso Hadding in Soergel, § 32 Rz. 24, Schwennicke in Staudinger, § 32 Rz. 98 (satzungsdispositiv); Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 200. 2 So m.E. zutreffend Kirberger, BB 1974, 1000. 3 BayObLG v. 8.12.1994 – 2Z BR 116/94, MDR 1995, 569 = WM 1995, 227; OLG Düsseldorf NJW-RR 2002, 1383; Hadding in Soergel, Rz. 25, Schwennicke in Staudinger Rz. 89, je zu § 32; Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1734. 4 BayObLG v. 5.12.1989 – BReg 2 Z 113/89, MDR 1990, 449 für Beschluss der Wohnungseigentümer. 5 Zu den unterschiedlichen Mehrheitsbegriffen auch jurisPK/BGB/Otto, § 32 Rz. 64 ff.
Stöber/Otto | 495
XV. Rz. 982 | Abstimmungen, Wahlen, Beschlüsse Beispiel: – 50 zu wertende Stimmen; Mehrheit bei 26 Zustimmungen; – 45 zu wertende Stimmen; Mehrheit bei 23 Zustimmungen. Bei Stimmengleichheit ist ein Beschluss nicht zustande gekommen.
983
Zu berechnen ist die Mehrheit nach dem Standpunkt des BGH1 nur nach der Zahl der abgegebenen Ja- und Nein-Stimmen; Enthaltungen sind demnach nicht mitzuzählen. Ohne dass dies im neuen Wortlaut des Gesetzes wirklich deutlich würde, wollte der Gesetzgeber diese Sichtweise mit Neufassung des § 32 BGB wohl bestätigen.2 Beispiel: Erschienen sind acht Mitglieder. Bei der Wahl stimmen zwei Mitglieder für A und drei für R; drei Mitglieder enthalten sich der Stimme. R ist bei Geltung der gesetzlichen Regelung nach Auslegung der hM. gewählt.
984
Bis zu der seit 30.9.2009 geltenden Neufassung des § 32 Abs. 2 S. 3 war für die Mehrheitsermittlung nicht auf die abgegebenen Stimmen, sondern auf die Mehrheit der Anwesenden3 abzustellen. Für die Frage, wie sich Enthaltungen auswirken, bringt die Neufassung in Wahrheit aber keine Klärung. Fraglich ist, ob die Enthaltung (wie eine ungültig gemachte Stimme oder nach altem Recht die Stimme dessen, der bei der Abstimmung abwesend war) gar nicht zählt oder eben doch bei der Ausgangsgröße zur Mehrheitsbestimmung beachtlich ist. Beispiel: Erschienen sind neun Mitglieder. Bei der Abstimmung stimmen drei Mitglieder für den Vorschlag A und zwei dagegen; ein Mitglied verlässt den Saal vor der Abstimmung, ein Mitglied macht den Stimmzettel ungültig, zwei Mitglieder enthalten sich ausdrücklich der Stimme. § 32 n.F. und Lesart der Rechtsprechung: Vorschlag A ist angenommen (Mehrheit erreicht bei 3 v 5 gewerteten Stimmen). § 32 a.F. und Lesart der Rechtsprechung: Vorschlag A ist angenommen (Mehrheit erreicht bei 3 v 5 Anwesenden mit gewerteter Stimme). § 32 n.F. und Wertung der Enthaltung als Stimme: Vorschlag A hat keine Mehrheit (ist damit abgelehnt – Mehrheit wäre bei 4 von 7 gültig abgegebenen Stimmen). § 32 a.F. und Wertung der Enthaltung als Stimme: Vorschlag A hat keine Mehrheit (ist damit abgelehnt – Mehrheit wäre bei 4 von 8 Anwesenden).
1 BGH v. 25.1.1982 – II ZR 164/81, DNotZ 1982, 631 = MDR 1982, 551 = NJW 1982, 1585 = Rpfleger 1982, 291 mit krit. Anm. Pulte; krit. im Hinblick auf die starke Abweichung dieses Urteils vom damaligen Gesetzeswortlaut Trouet, NJW 1983, 2865; zustimmend: OLG Köln v. 12.7.1993 – 2 Wx 20/93, Rpfleger 1994, 114 (115); BSchiedsG-FDP BSchG v. 30.3.1995 – B-6-1/III-95, NVwZ 1995, 832; Löwisch, BB 1996, 1006 (für § 33 Abs. 1 S. 1 BetrVG). Demgegenüber hatten Stimmenthaltungen bisher berücksichtigt Steffen in BGB-RGRK, Rz. 14 zu § 32; Fischer, NJW 1966, 480 (483 unter 5); OLG Frankfurt NJW 1954, 802 mit abl. Anm. Meulenbergh; OLG Hamburg HRR 1930 Nr. 1044 (s. auch RGZ 80, 189 [194]). 2 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 16/12813, 11. 3 So aktuell noch § 9 Abs. 3 BJagdG.
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1. Die Abstimmungen (§§ 32–35, 40, 41 BGB) | Rz. 986 XV.
Wenn jetzt angeordnet ist, dass zur Mehrheitsermittlung allein auf die abgegebenen gültigen Stimmen abzustellen ist, ist somit in Wahrheit nichts im Sinne der Rechtsprechung entschieden.1 Die vereinsrechtliche Praxis hat sich dennoch auf die folgende Lesart des § 32 BGB einzustellen haben: Wer sich enthält, will ebenso wie derjenige, der sich entfernt, bewusst nicht mitstimmt oder eine ungültige Stimme abgibt, auf das Beschlussergebnis keinen Einfluss nehmen. Es ist also z.B. bei schriftlicher Abstimmung gleichbedeutend, ob ein leerer, ein ungültig gemachter oder gar kein Stimmzettel abgegeben wird. Auch wer sich enthält, will nach dieser Meinung seine Unentschiedenheit in der Weise kundtun, dass er auf das Ergebnis keinen Einfluss nimmt.2 Ist das Mitglied der Auffassung, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht entschieden werden kann, muss es Vertagung beantragen.3 Das entspricht dem Verständnis des Stimmrechts als „dialektisches Recht“, das ausschließlich Bejahung oder Verneinung einer feststehenden Beschlussvorlage erlaubt.4 §§ 133 Abs. 1 AktG, 47 GmbH, 43 GenG stellen schon immer auf die „abgegebenen Stimmen“ ab und werden von einer ganz herrschenden Meinung ebenso verstanden.
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Abweichende Satzungsregelungen5 bleiben möglich. Insbesondere im parlamentarischen Betrieb und in den Parteien überwiegen andere Zählweisen.6 Schon zur Klar-
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1 Anders die herrschende Ansicht, vgl. nur Ellenberger in Palandt, § 32 Rz. 7: „Klarstellung übernimmt die h.M. zur a.F.“ Eine deutliche Abgrenzung von „relativer“ und „absoluter“ Mehrheit im Gesetz vermisst Terner, DNotZ 2010, 5 (18). 2 BGH v. 25.1.1982 – II ZR 164/81, BGHZ 83, 35 = MDR 1982, 551 f. 3 BGH v. 8.12.1988 – V ZB 3/88, BGHZ 106, 179 ff. gegen Pulte, Rpfleger 1982, 292 (zum WEG). 4 Winnefeld, DB 1972, 1053–1056. 5 BGH v. 12.1.1987 – II ZR 152/86, MDR 1987, 737, NJW 1987, 2430 f.; OLG Düsseldorf v. 21.6.1994 – 7 U 142/93, OLGR Düsseldorf 1995, 63; s. auch BayObLG v. 11.4.1991 – BReg 2 Z 28/91, NJW-RR 1992, 83 (Wohnungseigentümer). 6 Vgl. als Beispiele § 7 (1) der Wahlordnung der SPD – Internet-Veröffentlichung des Landesverbands Berlin mit Stand Jan 2014 (Abruf 2.2.2015): „Ist ein Kandidat oder eine Kandidatin oder sind mehrere Kandidaten und Kandidatinnen für eine Funktion aufgestellt, so ist gewählt, wer die Mehrheit der gültigen Stimmen erhalten hat. Stimmenthaltungen sind gültige Stimmen.“ Ähnlich § 5 Abs. 2 der Wahlordnung des FDP- Landesverbands Hamburg, Stand 22.11.2012 (Internet-Abruf 2.2.2015): „(2) Soweit nicht Abweichendes bestimmt ist, entscheidet bei Wahlen die absolute Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen. Stimmenthaltungen (unveränderte oder als Stimmenthaltung gekennzeichnete Stimmzettel) werden bei der Feststellung der Mehrheit mitgezählt.“ Gegenbeispiele: Satzung der CDU – Landesverband Hessen, Stand 17.5.2008 (Internet-Abruf 2.2.2015), § 64 (2): „Gewählt ist, wer die absolute Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen erhält. Eine Enthaltung gilt als nicht abgegebene Stimme.“ Ähnlich Satzung der CSU v. 13.12.2014 (Internet-Abruf 2.2.2015), § 55 (5): „Ungültige Stimmen sind bei allen Wahlen Stimmenthaltungen sowie Stimmen, die auf Personen entfallen, die nach den wahlrechtlichen Vorschriften nicht wählbar sind oder ihr Einverständnis mit einer Kandidatur verweigert oder nur bedingt erklärt haben. Auf Nein lautende Stimmen sind nur bei Sammelabstimmungen und Stichwahlen ungültig.“, ferner § 56: „Bei einer Einzelabstimmung nach § 54 Abs. 1 ist gewählt, wer die absolute Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen auf sich vereint. Bei allen übrigen Einzelabstimmungen genügt die relative Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen; wer mehr Nein- als Ja-Stimmen erhält, ist nicht gewählt“. Eine Abstufung zwischen erstem und weiteren Wahlgängen enthält die Satzung
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XV. Rz. 986 | Abstimmungen, Wahlen, Beschlüsse
stellung dürften Satzungsanordnungen weiterhin dringend erforderlich sein.1 Sie sollten ausdrücklich und klar in der Satzung ausgesprochen werden:2 Die Rechtsprechung stellt hohe Anforderungen an die Eindeutigkeit einer von der Interpretation des BGH abweichenden Satzungsanordnung zur Stimmenwertung.3 987
Stöber4 hat die Gegenposition und mit seiner Ablehnung der Rechtsprechung zugleich gute Gründe für eine abweichende Satzungsregelung formuliert: Wer sich der Stimme enthält, bringt mit seinem Abstimmungsverhalten zum Ausdruck, dass er nicht mit den abgegebenen Stimmen für oder gegen einen Antrag ist. Dass sich das Abstimmungsverhalten eines erschienenen Mitglieds bei Stimmenthaltung nach der Verkehrsanschauung so auswirken müsse, als wenn das Mitglied nicht mitgestimmt hätte, kann dagegen nicht angenommen werden. Ein Vereinsmitglied, das sich trotz Anwesenheit bei Beschlussfassung wie ein nicht erschienenes Mitglied verhalten, auf das Abstimmungsergebnis somit durch Stimmabgabe überhaupt nicht Einfluss nehmen will, kann und wird ausdrücklich erklären oder durch sein Verhalten bekunden, dass es nicht an der Abstimmung teilnimmt. Ein erschienenes Vereinsmitglied, das an der Abstimmung teilnimmt, bringt mit Stimmenthaltung hingegen zum Ausdruck, dass es Berücksichtigung auch seines Votums bei der Mehrheitsberechnung erwartet und wünscht, den Beschlussantrag (Wahlvorschlag) jedoch nicht zustimmend unterstützt.
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Die Mehrheit der erschienenen Mitglieder (§ 32 Abs. 1 S. 3 BGB a.F.) – und für die Mehrheit der „abgegebenen Stimmen“ nach n.F. gilt nichts anderes – kann sich dann aber nur so bestimmen, dass auch dieses erschienene und (eben auch:) abstimmende Mitglied mitzuzählen ist. Abstimmungsverhalten erschienener Mitglieder braucht sich nicht in der ausdrücklichen Entschließung für oder gegen einen Antrag erschöp-
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der Grünen – Landesverband Thüringen, Stand 13.11.2010 (Abruf 2.2.2015), § 14: „(2) … In jedem Wahlgang sind Ja und Nein-Stimmen sowie Enthaltungen zugelassen. Es dürfen höchstens so viele Bewerber eine Ja-Stimme erhalten, wie Plätze zu besetzen sind; zu allen anderen Bewerbern können Enthaltungen oder Nein-Stimmen abgegeben werden. Wenn auf einem ansonsten gültigen Wahlzettel zu einzelnen Bewerbern keine Stimme abgegeben wurde, gilt dies als Enthaltung zu diesen BewerbeRz. (3) … Muss eine Reihenfolge mehrerer gleichzeitig zu wählender Bewerber festgestellt werden, so geschieht das anhand der Zahl der JaStimmen, bei deren Gleichheit anhand der Zahl der Nein-Stimmen. Gibt es auch hier Gleichheit, entscheidet das Los. (4) Im ersten Wahlgang ist gewählt, wer die meisten Ja-Stimmen, aber mindestens mehr als die Hälfte der abgegebenen gültigen Stimmen erhält … (5) Im zweiten, dritten oder vierten Wahlgang ist gewählt, wer die meisten Ja-Stimmen erhält, sofern diese die Nein-Stimmen überwiegen und mehr als ein Drittel der abgegebenen gültigen Stimmen umfassen (Quorum).“ Vgl. Terner, DNotZ 2010, 5 ff. (18); zur GmbH-Satzung Bacher/v.Blumenthal, GmbHR 2019, 261 mit Beispielen zu verbleibenden Rechtsunsicherheiten bei Anwendung der BGH-Rechtsprechung. Burhoff, Rz. 403. Vgl. etwa OLG Frankfurt v. 6.7.2018 – 3 U 22/17, Rz. 109–11 bei juris. Ausf. 9. Aufl., Rz. 528.
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1. Die Abstimmungen (§§ 32–35, 40, 41 BGB) | Rz. 990 XV.
fen; Vereinsrecht lässt auch kritischer Teilnahme an der Beschlussfassung Raum.1 Einem erschienenen und an der Abstimmung teilnehmenden Vereinsmitglied wird damit ermöglicht, sein mit dem Beschlussantrag (Wahlvorschlag) nicht übereinstimmendes Verhalten in der milderen Form der Stimmenthaltung zu bekunden und dadurch zum Ausdruck zu bringen, dass es Zustandekommen des Beschlusses durch Abstimmung der erschienenen Mitglieder nicht wünscht, sich dennoch aber nicht mit der Mitgliedergruppe und ihren Argumenten identifizieren möchte, die rundweg mit Nein stimmt. Die Stimmenthaltung sollte nicht in der Weise ungewichtet bleiben, dass die Zahl der Abstimmenden faktisch verkürzt wird. Nach der hier abgelehnten hM. würde überdies bei Stimmenthaltung durch eine größere Zahl der anwesenden Mitglieder Beschlussfassung nicht mehr durch die Mehrheit der erschienenen Mitglieder erfolgen müssen, sondern ein Beschluss ohne weiteres auch mit Ja-Stimmen der Minderheit der erschienenen Mitglieder zustande kommen können. Weiteres Beispiel: Von ursprünglich 50 anwesenden Vereinsmitgliedern stimmen 15 für einen Antrag; 15 verlassen vor Abstimmung demonstrativ den Saal, die übrigen 20 enthalten sich der Zustimmung (geben leere Zettel ab).
Auf die Unterscheidung von § 32 BGB alter und neuer Fassung kommt es wieder nicht an: Unter Zugrundelegung der Rechtsprechung setzt sich stets der Antrag der 15 von 50 durch. Beschlussfassung auch durch eine zustimmende Minderheit der abstimmenden Vereinsmitglieder lässt sich aber mit den Grundsätzen der Willensbestimmung der Mitglieder durch Teilnahme an der Versammlung und Abstimmung nur schwer vereinbaren. Stimmenthaltungen sollten daher (anders als vom BGH für das gesetzliche Modell angenommen) wenigstens kraft Satzung als Stimmabgaben (Willensäußerungen) der erschienenen Mitglieder und damit für Feststellung der Mehrheit der erschienenen Mitglieder zu berücksichtigen sein.
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Ungültig abgegebene Stimmen sind im Ausgangspunkt etwas anderes als Enthaltungen und werden in Satzungen zu Recht auch teilweise anders behandelt.2 Abgesehen von offenbar ungültigen Stimmen (§ 34 BGB, abstimmende Nichtmitglieder – auch solche Stimmen lassen sich aber nur bei offener Abgabe „herausfiltern“) bleibt bei Schweigen der Satzung hierzu aber das Problem, gezielte Enthaltung von einer gewollt oder versehentlich ungültig abgegebenen Stimme zu unterscheiden. Folgt man der BGH-Entscheidung, stellt es sich nicht, denn beides wird nicht gewertet. Auch der „objektive Erklärungswert“ einer bei (schriftlicher und geheimer) Abstimmung (gewollt oder eben doch versehentlich?) ungültig abgegebenen Stimme sollte aber im Zweifelsfall nicht so gewertet werden, dass das erschienene Mitglied für die Beschlussfassung, an der es ja gerade gewollt teilgenommen hat, einem nicht Abstimmenden gleichbehandelt werden will. Die Satzung sollte also, wenn eine Abgrenzung zwischen ungültig abgegebener Stimme und Enthaltung zu kompliziert erscheint, eher beiden
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1 So zutreffend Pulte, Rpfleger 1982, 292, der auch darauf hinweist, dass das Vereinsmitglied, welches sich der Stimme enthält, z.B. zum Ausdruck bringen will, dass seines Erachtens der Abstimmungsgegenstand noch nicht genügend ausdiskutiert wurde. 2 Vgl. die Zitate in Fn. 6 zu Rz. 984.
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XV. Rz. 990 | Abstimmungen, Wahlen, Beschlüsse
Kategorien Stimmwert zubilligen, um das Meinungsbild möglichst wenig zu verfälschen. 991
Bei schriftlichen Abstimmungen und insbesondere bei Wahlen (Rz. 1010 ff.) lässt sich aber auch zwischen Stimmenthaltung und ungültiger Stimme praktisch unterscheiden. Dann bietet es sich nach dem Aussagewert des unterschiedlichen Stimmverhaltens an, die Enthaltung als Stimme (also mit Ergebnisauswirkung, Abweichung von der Rechtsprechung), die ungültige „Stimme“ hingegen nicht bei der Ermittlung erforderlicher Stimmenmehrheiten mitzuzählen.
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Ein Vereinsmitglied, das sich vor einer Abstimmung entfernt hat, stimmt nicht ab, zählt somit nicht bei der Ermittlung einer Mehrheit. Das gilt ebenso, wenn ein anwesendes Vereinsmitglied sich an einer schriftlichen Stimmabgabe nicht beteiligt (Vorsicht aber bei Subtraktionsverfahren!) oder dem Versammlungsleiter während der mündlichen oder Abstimmung durch Handzeichen ausdrücklich erklärt, dass es nicht an einer Abstimmung teilnimmt. Das ist aber etwas anderes als die bewusste Enthaltung. Variante des Beispiels: Von ursprünglich 50 anwesenden Vereinsmitgliedern stimmen 15 für einen Antrag; 15 zerreißen den Stimmzettel demonstrativ, die übrigen 20 enthalten sich der Zustimmung (geben leere Zettel ab). § 32 a.F. bei wörtlicher Auslegung: Antrag abgelehnt (keine Mehrheit der Anwesenden). § 32 n.F. je nach Wertung der Enthaltungen: Annahme mit 15 von 15 bzw. Unterliegen mit 15 v. 35.
Allein bei diesem Beispiel wirkt sich die Neufassung des Gesetzes aus: Es wurde klargestellt, dass die nicht mit abstimmenden, wenn auch im Saal Anwesenden nicht anders zu behandeln sind als die Hinausgegangenen. Das wurde aber auch nach dem alten Wortlaut zumeist schon so verstanden (Auslegung). 993
Die Satzung kann regeln, wie das Zustandekommen eines Versammlungsbeschlusses zu ermitteln ist (§ 32 Abs. 1 mit § 40 BGB). Sie kann und sollte insbesondere festlegen, wie Stimmenthaltungen und ungültig abgegebene Stimmen für die Feststellung der Beschlussmehrheit zu zählen sind.1 Sie kann regeln, ob und wie erschienene Mitglieder zu berücksichtigen sind, die sich bei einer Abstimmung gerade nicht im Versammlungsraum aufhalten (zwingender Regelungsbedarf bei Subtraktionsverfahren). Beispiel: Erschienene Mitglieder bleiben bei der Beschlussfassung nur dann unberücksichtigt, wenn sie dem Versammlungsleiter angezeigt haben, dass sie sich vorzeitig (oder auch nur vorübergehend) entfernen oder nicht an der Abstimmung teilnehmen. Wenn Anzeige nicht erfolgt ist, wird die Stimme des Mitglieds, das an einer Abstimmung nicht teilnimmt, mit den NeinStimmen gezählt.
1 Bei nicht ganz eindeutiger Satzungsbestimmung gilt die Zählweise der Rechtsprechung, OLG Frankfurt v. 6.7.2018 – 3 U 22/17, Rz. 109–111 bei juris.
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1. Die Abstimmungen (§§ 32–35, 40, 41 BGB) | Rz. 995 XV.
Andere Mehrheiten sind gesetzlich erforderlich:
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– Zu einem Beschluss, der eine Änderung der Satzung enthält. Gesetzlich ist eine Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen notwendig (§ 33 Abs. 1 S. 1 BGB). Auch hier stellt sich die durch Neufassung auch des § 33 BGB nicht gelöste Frage, wie Stimmenthaltungen und anderes Stimmverhalten bei Feststellung der Zahl der „erschienenen“ Mitglieder zu werten sind. Das in Rz. 981 ff. Gesagte gilt entsprechend. Die Satzung kann eine andere Regelung treffen (§ 40 BGB); dafür muss jedoch der Wille, dass das gesetzliche Mehrheitserfordernis geändert und durch eine andere (insbesondere eine geringere) Stimmenmehrheit ersetzt werden soll, in der Satzung eindeutig zum Ausdruck kommen1. – Zur Auflösung des Vereins; erforderlich ist eine Mehrheit von drei Vierteln der Stimmen oder die nach der Satzung sonst vorgesehene Mehrheit (§ 41 BGB). – Zu einem Verschmelzungs-, Spaltungs- oder Formwechselbeschluss; erforderlich ist eine Mehrheit von drei Vierteln der Stimmen oder eine nach der Satzung vorgesehene größere Mehrheit (§§ 103, 125 S. 1, § 275 Abs. 2 UmwG, auch zur u.U. weitergehenden Mehrheit bei Formwechsel). – Zur Änderung des Zwecks des Vereins; erforderlich ist die Zustimmung aller Mitglieder. Die Zustimmung der nicht erschienenen Mitglieder muss schriftlich erfolgen (§ 33 Abs. 1 S. 2 BGB). Eine Stimmenthaltung oder nichtige Stimme verhindert bereits das wirksame Zustandekommen eines einstimmigen Beschlusses.2 Die Satzung kann eine geringere Mehrheit vorsehen (§ 40 BGB). – Zur Beeinträchtigung eines Sonderrechts; erforderlich ist die Zustimmung des betroffenen Mitglieds (§ 35 BGB). Die Satzung kann für Abstimmungen ein anderes Stimmenverhältnis festlegen (§ 40 BGB). Dazu gehören neben dem erforderlichen Quorum auch zusätzliche Erfordernisse, etwa dass in jeder Vereinsabteilung eine bestimme Mindeststimmenzahlen erreicht sein muss oder dass ein Beschluss in derselben Versammlung3 oder auch in einer Folgeversammlung oder in einer schriftlichen oder elektronisch durchgeführten Abstimmung aller Mitglieder bestätigt werden muss. Wichtig ist dabei, in der Satzung eindeutig zu bestimmen, für welche Beschlüsse dies gelten soll. Die Satzung kann vorsehen, dass bei Stimmengleichheit das Los oder die Stimme des Vorsitzenden entscheidet. Ohne Satzungsregelung kann von dem Mehrheitserfordernis des § 32 Abs. 1 S. 3 BGB (ebenso wie von einem anderen gesetzlichen Mehrheitserfordernis) nicht abge1 BGH v. 29.6.1987 – II ZR 242/86, AG 1987, 348 = DNotZ 1988, 187 = MDR 1988, 120 = NJW 1988, 260. Den sog. Bestimmtheitsgrundsatz für das Personengesellschaftsrecht hat der BGH allerdings unterdessen aufgeben, BGH v. 21.10.2014 – II ZR 84/13, NotBZ 2015, 99 mit Anm. Vossius = MDR 2015, 42 = NJW 2015, 859. Es gibt keinen Grundsatz, dass eine allgemeine Klausel, die das Einstimmigkeitsprinzip der Personengesellschaft aufhebt, restriktiv auszulegen ist oder dass sie Beschlussgegenstände, die die Grundlagen der Gesellschaft betreffen oder ungewöhnliche Geschäfte beinhalten, regelmäßig nicht erfasst. 2 BayObLG v. 8.12.1994 – 2Z BR 116/94, MDR 1995, 569 = WM 1995, 227; OLG Celle v. 16.5.1991 – 4 W 199/91, NJW-RR 1992, 86 = OLGZ 1991, 431 (432). 3 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1771.
Stöber/Otto | 501
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XV. Rz. 995 | Abstimmungen, Wahlen, Beschlüsse
wichen werden.1 Ein Stichentscheid durch Los oder auf sonstige Weise ist daher ohne Satzungsregelung nicht zulässig und kann von der Versammlungsmehrheit nicht spontan eingeführt werden. Eine Änderung der Satzungsbestimmung über die Abstimmungsmehrheit und ebenso Abänderung der gesetzlichen Abstimmungsmehrheit des § 32 Abs. 1 S. 3 BGB (oder einer anderen Vorschrift) durch Satzungsänderung erlangen Wirksamkeit erst mit Eintragung in das Vereinsregister (§ 71 Abs. 1 S. 1 BGB). Eine Versammlungs- oder Wahlordnung kann nur vereinsinterne Ausführungsbestimmungen regeln (Rz. 1147). Die Mehrheitsverhältnisse bei Abstimmungen (auch bei Wahlen) kann sie nicht abweichend von den gesetzlichen Vorschriften oder gegen die Satzung treffen. Die Satzung kann die Festlegung des für einen Versammlungsbeschluss erforderlichen Abstimmungsergebnisses nicht einer Geschäftsordnung überlassen. Eine solche Regelung wäre unwirksam mit der Folge, dass für Zustandekommen eines Versammlungsbeschlusses die Stimmenmehrheit des § 32 Abs. 1 S. 3 BGB (oder nach anderer Vorschrift) maßgeblich bleibt. Erläutert der Abstimmungsleiter vor Eintritt in die Stimmabgabe (wissentlich oder unwissentlich) einen Zählmodus, der von der Satzung abweicht, führt das nicht zur Ungültigkeit, wenn die geforderte Stimmenmehrheit nach jedem in Frage kommenden Verfahren zustandegekommen ist. Dasselbe kann gelten, wenn sich alle Abstimmenden über die angewandte Stimmenwertung im Klaren waren und danach handeln konnten2 Naheliegender ist allerdings jedenfalls bei einer größeren Versammlung, dass nicht jeder Anwesender die in der Erläuterung des Leiters liegende Abweichung verstanden hat bzw. dass sich ein Teil der Abstimmenden auf eine satzungsgemäße Handhabung verlässt, selbst wenn der Versammlungsleiter sich versprochen haben mag. 996
Die Satzung sollte Anforderungen und Berechnung der „Mehrheit“ möglichst genau selbst regeln. Wegen kaum zu vermeidender Missverständnisse im juristischen und täglichen Sprachgebrauch sind dabei weniger die – auch nachfolgend verwendeten – begrifflichen Benennungen3, als vielmehr inhaltliche Festlegungen und Umschreibungen zu wählen.4 Die Geschichte kennt zahllose Verfahren der Beschlussfeststellung und Mehrheitsermittlung.5 Heute gebräuchlich sind u.a. folgende, vom gesetzlichen Modell teils abweichende Verfahren (s. auch Rz. 1028):
1 BGH NJW 1974, 183 (185); BGH v. 28.11.1988 – II ZR 96/88, BGHZ 106, 67 = MDR 1989, 327 (72); BayObLG v. 19.1.1996 – 3Z BR 233/95, FGPrax 1996, 74 (keine Wahl mit relativer Mehrheit, bei der nur Ja-Stimmen zählen und Bewerber mit den meisten Stimmen gewählt sind) ohne klare Bestimmung in der Satzung. 2 OLG Frankfurt v. 6.7.2018 – 3 U 22/17, Rz. 113–118 bei juris. 3 Vgl. auch – in Details abweichend – jurisPK/BGB/Otto, § 32 Rz. 64 ff. 4 Keilbach, DNotZ 1998, 597 ff. (601). 5 Zu Kompromisswahlen des Mittelalters und klösterlichen Scrutinalwahlen, polnischen Zustimmungswahlen etc. lesenswert etwa Felsch, S. 59 ff., S. 88 ff. S. aber dort auch zu aktuellen wahlmathematischen Fragestellungen wie der Auswirkung von Mindestquoren bei Vertreterwahlen („5 % Klausel“), Präferenzwahlen u.Ä. (S. 208 ff.).
502 | Stöber/Otto
1. Die Abstimmungen (§§ 32–35, 40, 41 BGB) | Rz. 996 XV.
– einfache Stimmenmehrheit, d.s. mehr Stimmen als die (rechnerische) Hälfte der gültig abgegebenen Stimmen1 (s. den Begriff „einfache Stimmenmehrheit“ in § 43 Abs. 2 GenG, § 133 Abs. 1 AktG, § 47 Abs. 1 GmbHG). Beispiel: 43 abgegebene Stimmen 22 = „einfache“ Stimmenmehrheit.
Stimmengleichheit ist nicht „Mehrheit der abgegebenen Stimmen“. Ein Antrag ist bei Stimmengleichheit also abgelehnt, ein Bewerber nicht gewählt. Für diesen Fall kann (nur) die Satzung eine nähere Regelung treffen (Losentscheid, Entscheidung durch die Stimme des Vorsitzenden o.Ä.), – qualifizierte Mehrheit, also die durch Satzung vorgesehene besondere Mehrheit, wie z.B. drei Viertel der Erschienenen, zwei Drittel der Abstimmenden, die Hälfte aller (also der anwesenden und abwesenden) Vereinsmitglieder. Für eine qualifizierte Mehrheit der Erschienenen ist eine entsprechende Zahl von Ja-Stimmen erforderlich.2 Stimmenthaltungen und ungültige Stimmen sollten nicht unberücksichtigt gelassen werden. Es ist aber auch möglich, nur Ja oder Nein-Stimmen zuzulassen. Es reicht dann die (qualifizierte) Mehrheit nur der (gültig) abgegebenen Ja-Stimmen über die Nein-Stimmen, – relative Stimmenmehrheit. Sie besteht in der größten Stimmenzahl (nur Ja-Stimmen [Zustimmungen zu einem der Vorschläge] zählen) bei Stimmverteilung auf mehr als zwei Vorschläge. Eine pragmatische Rechtsprechung neigt dazu, abweichend von § 32 BGB die relative Mehrheit auch ohne ausdrückliche Satzungsbestimmung genügen zu lassen, wenn mehr als eine Beschlussvariante in einem Abstimmungsvorgang zugelassen wird und die Satzung weder ausdrücklich die einfache Mehrheit verlangt noch einen Stichentscheid für den Fall vorsieht, dass keine Variante die einfache Mehrheit erhält.3 Beispiel: Die Satzung bestimmt, dass der Bewerber mit den meisten abgegebenen Stimmen gewählt ist. A erhält 30, B 20, C 15 Stimmen. A ist mit „relativer“ Stimmenmehrheit gewählt. Erlaubt die Satzung keine Abstimmung mit relativer Mehrheit, so ist kein Bewerber gewählt, weil keiner die gesetzlich (§ 32 Abs. 1 S. 3 BGB) notwendige Mehrheit der Stimmen erhalten hat. Nimmt A die Wahl nicht an, so ist nicht etwa B gewählt, weil er nicht die meisten abgegeben en Stimmen erhalten hat; die Wahl ist dann vielmehr zu wiederholen.
– absolute Mehrheit4, die lediglich im Gegensatz zur relativen Mehrheit eine einfache Stimmenmehrheit bezeichnet (Erfordernis: mehr als die (rechnerische) Hälf-
1 So auch Keilbach, DNotZ 1997, 846 (863). 2 OLG Celle v. 16.5.1991 – 4 W 199/91, NJW-RR 1992, 86 = OLGZ 1991, 431. 3 KG v. 23.5.2020 – 22 W 61/19, NotBZ 2020,; OLG München v. 19.5.2010 – 20 U 1695/10 –, Rz. 13 bei juris. 4 Der Begriff wird im Schrifttum nicht einheitlich verwendet (näher Keilbach, DNotZ 1997, 846 [859]). Klarstellung durch die Satzung sollte daher erfolgen.
Stöber/Otto | 503
XV. Rz. 996 | Abstimmungen, Wahlen, Beschlüsse
te der zu zählenden Stimmen1), jedoch Klarstellung durch die Satzung erfordert, ob diese Mehrheit sich berechnet (1) nach der Zahl der erschienenen Mitglieder (ist gesetzliche Regel, § 32 Abs. 1 S. 3 BGB; zur ratsamen Regelung, wie Stimmenthaltungen und ungültig abgegebene Stimmen zu zählen sind, s. bereits Rz. 984), oder (2) nach der Mehrheit der (= aller) Vereinsmitglieder. h) Stimmrechtsausschluss 997
Ein Mitglied ist nicht stimmberechtigt, wenn die Beschlussfassung die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit ihm oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits (auch eines selbständigen Beweisverfahrens2) zwischen ihm und dem Verein betrifft (§ 34 BGB).3 Darunter fallen nicht nur ein zwischen dem Verein und dem Mitglied in Aussicht genommener Vertrag4 (z.B. Grundstückskauf, Pacht über die Vereinskantine, Anstellung als Geschäftsführer oder Platzwart) und einseitige Rechtsgeschäfte (z.B. eine Kündigung, Mahnung, Anfechtung, der Rücktritt von einem Vertrag), sondern auch der Entlastungsbeschluss.5 Bei Vorstandsentlastung en bloc schließt das den gesamten Vorstand von der Teilnahme an der Abstimmung aus.6 Wird über die Entlastung der einzelnen Mitglieder des Vorstands jeweils gesondert abgestimmt, dann unterliegen die jeweils anderen Mitglieder des Vorstands keinem Stimmrechtsausschluss. Nicht stimmberechtigt ist ein Mitglied auch bei Beschlussfassung, ob es wegen einer Pflichtverletzung zur Rechenschaft zu ziehen ist oder nicht.7 Wenn darüber abgestimmt wird, ob ein Ersatzanspruch geltend gemacht werden soll, der dem Verein gegen ein Mitglied zusteht, so ist nicht nur der unmittelbar Betroffene, sondern auch ein Vereinsmitglied von der Abstimmung ausgeschlossen, das mit ihm gemeinsam die Pflichtverletzung begangen hat.8 Etwas anderes gilt insoweit für den 1 Auch bei Bruchteilsmehrheit (51 von 101); Keilbach, DNotZ 1997, 846 (859, 860). 2 BayObLG v. 9.10.1997 – 2Z BR 84/97, NJW-RR 1998, 231 (232). 3 Ausf. zu Grund, Wirkung und Gestaltung von Stimmrechtsausschlüssen, allerdings mit Fokus auf § 47 Abs. 4 GmbH Priester, GmbHR 2013, 225. Zur Anwendung dieser Bestimmung auf die Publikums-KG OLG München v. 18.7.2018 – 7 U 4225/17, MDR 2018, 1260. 4 Dem Stimmrechtsausschluss unterfällt auch die Ermächtigung zum Abschluss eines hinderlichen Vertrags, BGHZ 68, 107 = MDR 1977, 649 = BGH v. 10.2.1977 – II ZR 81/76, NJW 1977, 850; OLG Stuttgart v. 24.7.1990 – 12 U 234/89, GmbHR 1992, 48. 5 Soweit man hier nicht auf den rechtsgeschäftlichen Verzichtscharakter der Entlastung abstellt, für das „Verbot des Richtens in eigener Sache“ zu demselben Ergebnis, so bei Reichert 2/Rz. 1519. 6 Es sind alle dem Vorstand (oder sonstigem Vereinsorgan) angehörenden Mitglieder bei der Abstimmung über dessen Entlastung ausgeschlossen (die Amtstätigkeit des gesamten Vorstands oder sonstigen Vereinsorgans, über dessen Entlastung entschieden wird, kann nur einheitlich beurteilt [gebilligt oder missbilligt] werden). Ausnahme: Wenn es sich um eine bestimmte Einzelmaßnahme eines Vorstandsmitglieds (oder Mitglieds des sonstigen Vereinsorgans) handelt; s. hierzu BGH v. 12.6.1989 – II ZR 246/88, FamRZ 1989, 963 = GmbHR 1989, 329 = MDR 1989, 887 = NJW 1989, 2694. 7 BGH v. 20.1.1986 – II ZR 73/85, BGHZ 97, 28 = MDR 1986, 562 (32; für GmbH). 8 BGH v. 20.1.1986 – II ZR 73/85, BGHZ 97, 28 = MDR 1986, 562 (für GmbH).
504 | Stöber/Otto
1. Die Abstimmungen (§§ 32–35, 40, 41 BGB) | Rz. 999 XV.
allgemeinen, nicht auf einen konkretisierten Ersatzanspruch bezogenen Entlastungsbeschluss.1 Der Stimmrechtsausschluss besteht auch, wenn ein Mitglied an einem Vertrag auf der Gegenseite nur mittelbar beteiligt ist, z.B. durch Einschaltung eines Treuhänders.2 Wenn über Geschäfte mit einer juristischen Person zu beschließen ist, ist das Stimmrecht eines Vereinsmitglieds nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil es auch Mitglied dieser juristischen Person ist. Eine Ausnahme wird gemacht, wenn das Vereinsmitglied mit der juristischen Person, die Vertragspartner werden soll, wirtschaftlich identisch ist oder sie beherrscht (Fall der Einmann-GmbH).3 Für Geschäfte mit nahen Angehörigen des Mitglieds ist dessen Stimmrecht nicht ausgeschlossen.4 Die Begünstigung nahestehender Personen kann im Einzelfall aber treuwidrig sein.5
998
Zwar verbietet § 34 BGB nur die Teilnahme an der Beschlussfassung über die Vornahme eines Rechtsgeschäfts. Zutreffend erkennt der BGH allerdings allgemein für die Organe von Körperschaften ein „Verbot des Richtens in eigener Sache“.6 Das gilt nicht nur wörtlich im Vereinsstrafverfahren, sondern kommt immer zum Tragen, wenn die durch Beschluss zu treffende Entscheidung zwingend an die zugleich vorzunehmende Feststellung eines vereinsschädigenden Verhaltens des Betroffenen anknüpft.7 Der Grundsatz der Unzulässigkeit eines „Richtens in eigener Sache“ gilt auch für den Ausschluss aus einer Gemeinderatsfraktion.8 Er betrifft nicht nur denjenigen, über dessen Bestrafung zu entscheiden ist, sondern z.B. bei einer vereinsschädigenden Äußerung auch die unmittelbar von einer Nachrede persönlich Betroffenen.9 Ein allgemeiner Rechtsgrundsatz, dass bei jedweder Interessenkollision das Stimmrecht aus-
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1 Ein Angestellter (Mitarbeiter, Beauftragter) eines zu entlastenden Vorstandsmitglieds ist bei der Beschlussfassung über dessen Entlastung als Vereinsmitglied vom Stimmrecht nicht ausgeschlossen, selbst wenn er intern z.B. die Jahresabrechnung erstellt hat; s. LG Frankfurt LG Frankfurt/M. v. 30.10.1987 – 2/9 T 1014/87, NJW-RR 1988, 596 (für WEG). 2 BGH Betrieb 1971, 910 = Rpfleger 1971, 210. 3 BGH Betrieb 1971, 910 = Rpfleger 1971, 210 m.N. 4 BGH Betrieb 1971, 910 = Rpfleger 1971, 210. 5 JurisPK/Otto, § 34 Rz. 3. 6 BGH v. 20.1.1986 – II ZR 73/85, BGHZ 97, 28, 33 = MDR 1986, 562; BGH v. 7.2.2012 – II ZR 230/09, MDR 2012, 660 = NotBZ 2012, 268 mit Anm. Vossius, WM; 2012, 895; Leuschner in MünchKomm/BGB, § 34 Rz. 2. Zurückhaltend Schwennicke in Staudinger, § 34 Rz. 24. 7 Weiter Leuschner in MünchKomm/BGB, § 34 Rz. 7 und Reichert 2/Rz. 1518: Sobald es um die Billigung oder Missbilligung des eigenen Verhaltens geht. M.E. muss aber unterschieden werden, ob ein Verhalten als unzweckmäßig, „vereinspolitisch“ falsch missbilligt wird (bei solchen Wertungsfragen stimmt das Mitglied mit ab – nicht anders als bei der eigenen Wahl) oder ob über die Sanktion einer (vermeintlichen) Pflichtverletzung zu entscheiden ist. Wiederum anders Schwennicke in Staudinger § 34 Rz. 26: Stimmverbot nur, wenn der wichtige Grund tatsächlich vorliegt (also nicht nur von den Jastimmen vorausgesetzt wird) – was für die Praxis kaum handhabbar ist. Dasselbe gilt für die Auffassung von Ensenbach, GmbHR 2016, 8: (Nur) dann kein Stimmrecht, wenn der wichtige Grund in der Person des Betroffenen selbst vorliegt („objektive Lösung“). 8 VGH Bay. v. 19.4.2018 – 4 CE 17.2450, DVBl. 2019, 54. 9 VGH Bay. v. 19.4.2018 – 4 CE 17.2450, DVBl. 2019, 54.
Stöber/Otto | 505
XV. Rz. 999 | Abstimmungen, Wahlen, Beschlüsse
geschlossen wäre, besteht aber nicht.1 Der BGH schließt einen Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH dann nicht von der Abstimmung über die eigene Abberufung aus, wenn der objektive Grund sich nicht auch objektiv bei einer gerichtlichen Prüfung bestätigt.2 1000
Der Betroffene kann somit mit abstimmen: – bei seiner Wahl in ein Vereinsamt.3 Vielfach ist es nicht üblich, sich mit der eigenen Stimme selbst zu wählen. Die Stimmenthaltung beruht aber in einem solchen Fall – sofern die Satzung nicht ausdrücklich etwas anderes vorsieht – allein auf der Selbstbeschränkung des zur Wahl für ein Vereinsamt vorgeschlagenen Mitglieds. – bei der Beschlussfassung über einen Widerruf seiner Bestellung in ein Vereinsamt allein auf Grund des Mehrheitswillens (Fälle der Abwahl, die zur Wirksamkeit nicht auf einen bestimmten Grund gestützt sein muss). – bei der Beschlussfassung über einen Widerruf seiner Bestellung in ein Vereinsamt aus wichtigem Grund, wenn dieser Grund (rechtlich) ganz unabhängig vom eigenen Verhalten verortet ist:4 Umstrukturierung der Organe des Vereins;5 Abschaffung des innegehaltenen Vorstandsamtes;6 Rücktritt anderer Vorstandsmitglieder und Entscheidung der zuständigen Wahlorgans, dies zum Anlass einer vollständigen Neuwahl aller Vorstandsmitglieder zu nehmen … – bei der Beschlussfassung über seinen Ausschluss aus dem Verein, wenn dieser nicht auf einen wichtigen Grund gestützt wird.7 – bei der Beschlussfassung über Satzungsänderungen, bei deren Umsetzung er die Fähigkeit zur Mitgliedschaft, einzelne Mitgliedschaftsrechte oder ein Sonderrecht verliert oder die andere Mitglieder ihm gegenüber privilegieren (Rz. 1126 f.).
1 Vgl. BGH v. 29.3.1973 – II ZR 139/70, NJW 1973, 1039 f (GmbH); BGH v. 6.12.2013 – V ZR 85/13, MDR 2014, 399 = NZG 2014, 417 (WEG). 2 BGH v. 4.4.2017 – II ZR 77/16, MDR 2017, 774. Generell für die objektive Sichtweise Bayer GmbHR 2017, 665; anders Schmidt, GmbHR 2017, 670, jeweils m.w.N. 3 RG 60, 172; 74, 276; OLG Hamm Rpfleger 1978, 182 (für Wahl zum Verwalter von Wohnungseigentum). 4 M.E. wird diese Fallgruppe von der h.M. zu Unrecht ignoriert, wenn allgemein bei Abberufung aus wichtigem Grund ein Stimmverbot postuliert wird, so etwa von Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1520; Leuschner in MünchKomm/BGB, § 34 Rz. 7. 5 Vgl. Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, Rz. 273: Eine Reduzierung der Zahl der Vorstandsmitglieder kann zwingender Grund der Abberufung aus dem amtierenden Vorstand heraus sein. 6 M.E. ist in derartigen Fällen allerdings vorrangig davon auszugehen, dass die einschlägige Satzungsänderung erst für die nächste Wahlperiode gilt (explizit anders Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2276 mit Berufung auf Genossenschaftsrecht). Bei zeitlich unbegrenzter oder doch sehr lang andauernder Bestellung kann aber auch die außerordentliche Abberufung gerechtfertigt sein. Ähnlich letztlich auch Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, Rz. 273: Auslegungsfrage. 7 Zum Streit, ob der wichtige Grund objektiv gegeben sein muss, BGH v. 4.4.2017 – II ZR 77/16, MDR 2017, 774.
506 | Stöber/Otto
1. Die Abstimmungen (§§ 32–35, 40, 41 BGB) | Rz. 1001 XV.
– bei Verschmelzungsbeschlüssen, die wegen seiner Mitgliedschaft in beiden betroffenen Vereinen für das Mitglied den Verlust einer Mitgliedschaft zur Folge haben. – beim Beschluss über die Auflösung des Vereins, auch wenn er Anfallberechtigter ist.1 – bei der Entlastung anderer Vorstandsmitglied, wenn nicht zugleich über seine Amtstätigkeit befunden wird. Der Betroffene ist vom Stimmrecht ausgeschlossen:
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– bei der Festlegung der Konditionen eines an seine Wahl anknüpfenden Anstellungsvertrags, insbesondere der Höhe der eigenen Bezüge (wegen § 34 BGB).2 – bei der Beschlussfassung über einen Widerruf seiner Bestellung in ein Vereinsamt aus wichtigem Grund,3 wenn dieser an eine ihm vorgeworfene,4 der gerichtlichen Nachprüfung unterliegenden Pflichtverletzung anknüpft:5 Untreue, Verletzung des Gesetzes, seiner satzungsmäßigen Pflichten oder sonstigen Vereinsrechts … – bei der Beschlussfassung über seinen Ausschluss aus dem Verein aus wichtigem Grund. Insoweit kommen (anders als bei der Abberufung von Organen) stets nur Gründe in Betracht, die an das Verhalten des Mitglieds anknüpfen. – bei einem Entlastungsbeschluss der (auch) seine eigene Amtsführung betrifft. – hinsichtlich der Mitwirkung an einer auf die Abwahl folgenden Kündigung seines Anstellungsvertrags (§ 34 BGB).6 Die Mitwirkung des Betroffenen auf der Richterbank eines internen Vereinsgerichts verbietet sich ebenso wie bei dem echten Schiedsgericht (§ 1029 ZPO) (Rz. 1188). Darüber hinaus sollte er aber auch vom Stimmrecht ausgeschlossen sein, wenn im Vorstand oder in der Mitgliederversammlung über die Verhängung einer an ein persönliches Fehlverhalten anknüpfenden Vereinsstrafe abgestimmt wird (sehr str.).7 Das setzt allerdings voraus, dass das betroffene Mitglied umgekehrt verfahrensrechtlich in die 1 Schwennicke in Staudinger, § 34 Rz. 14 m.N. 2 Erman/Westermann, § 34 Rz. 3; jurisPK/Otto § 34 Rz. 4; anders Schwennicke in Staudinger, § 34 Rz. 14 unter Berufung auf BGH v. 9.12.1968 – II ZR 57/67, BGHZ 51, 209 (Bezüge des GF einer GmbH). 3 Siehe bereits RG 104, 182 (186) m.N.; BGH v. 19.9.2002 – V ZB 30/02, MDR 2002, 1424 = NJW 2002, 3704 (für WE-Verwalter). 4 Der BGH lässt den Ausschluss allerdings nur gelten, wenn sich der wichtige Grund als objektiv gegeben erweist, BGH v. 4.4.2017 – II ZR 77/16, MDR 2017, 774. Das führt zu einer für die Praxis schwer handhaberen Überprüfung ex post. Zu Recht lässt Schmidt, GmbHR 2017, 670, m.w.N. genügen, dass in der Abstimmungssituation der wichtige Grund substantiiert behauptet wird. 5 Letztlich die Fälle des § 712 BGB, s Schwennicke in Staudinger, § 34 Rz. 14. 6 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 202 m.w.N.; OLG Köln MDR 1968, 665. 7 In der 11. Aufl. offen gelassen. Überzeugend Leuschner in MünchKomm/BGB, § 34 Rz. 7; Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1520; anders die wohl h.M., etwa Ellenberger in Palandt, § 34 Rz. 3; Sauer/Schweyer/Waldner, Rz. 202a; KG v. 3.3.2014 – 12 W 73/13 m.w.N. Es ist nicht einzusehen, weshalb das „Verbot der Richtens in eigener Sache“ (so man es für den Verein
Stöber/Otto | 507
XV. Rz. 1001 | Abstimmungen, Wahlen, Beschlüsse
Lage versetzt wird, auch den Ausschluss der Mitglieder von der Abstimmung zu bewirken, über deren vermeintliche persönliche Verletzung durch ihn verhandelt werden soll.1 Nicht nur der Schädiger, sondern auch der Verletzte darf weder an der Festsetzung einer Vereinsstrafe noch an der Entscheidung über ihre vereinsinterne Überprüfung teilnehmen.2 1002
Für die Auszählung des Abstimmungsergebnisses zählt der nicht Stimmberechtigte nicht mit. Der Ausschluss bei der Abstimmung schmälert das Mitgliedsrecht auf Teilnahme an der Versammlung und Aussprache nicht.3 Der bei der Abstimmung Ausgeschlossene kann sich also zu Wort melden und Erklärungen abgeben (s. bereits Rz. 879). Der Stimmrechtsausschluss erfordert auch nicht, dass das betroffene Mitglied für die Zeit der Abstimmung den Versammlungsraum verlässt. Wurde die von einem nicht Stimmberechtigten abgegebene Stimme mitgezählt, dann ist der Beschluss nur dann nichtig, wenn die Stimmabgabe nachweislich Einfluss auf das Abstimmungsergebnis hatte.4 Weil es um eine einzige Stimme geht, kann man für die Praxis zu der Empfehlung gelangen, im Zweifel das Mitglied mit abstimmen zu lassen: Es kann die eigene Mitwirkung selbst ohnehin nicht rügen, Vertreter einer ihn überstimmenden Mehrheit werden es nicht tun.5
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Die Satzung kann die Ausschlussgründe nur erweitern, nicht § 34 BGB zurücknehmen.6 Sie kann – bei Gleichbehandlung der Mitglieder – das Stimmrecht in weiteren Fällen einschränken oder ausschließen7, z.B. für ein Mitglied, das als Betreuter bei der Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten ganz oder teilweise einem Einwilligungsvorbehalt (§ 1903 BGB) unterliegt (dann kann der Betreuer das Stimmrecht dieses Mitglieds nicht ausüben). Stark verbreitet ist die Regelung, dass ein Mitglied an Abstimmungen nicht teilnehmen kann, wenn es (bestimmte) Beitragsrückstände hat.8 Allein durch Vereinsobservanz kann dies aber nicht begründet wer-
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wenigstens z.T. anerkennt), ausgerechnet bei Verhängung von Ordnungsmitteln oder Strafen nicht gelten soll (dahingehend aber Schwennicke in Staudinger, § 34 Rz. 25). OLG Karlsruhe v. 15.12.1995 – 3 U 26/95, NJW-RR 1996, 1503 (1504). Weitere Differenzierung in jurisPK/Otto § 34 Rz. 5. Schwennicke in Staudinger, § 38 Rz. 243. So auch für den Gesellschafter einer GmbH: BGH MDR 1971, 992 = NJW 1971, 2225. Ellenberger in Palandt § 34 Rz. 2; Schwennicke in Staudinger, § 34 Rz. 28 m.w.N. JurisPK/Otto, § 34 Rz. 5. Burhoff, Rz. 416. Vgl. auch KG NJW 1962, 1917. Der BGH erkennt einen Stimmrechtsausschluss für Wohnungseigentümer, die mit der Zahlung von Beiträgen in Verzug sind, für die Versammlung der Wohnungseigentümer nicht an (BGH v. 10.12.2010 – V ZR 60/10, MDR 2011, 414 = NJW 2011, 679). Soweit er einen „versammlungsspezifischen Bezug“ des Stimm- bzw. Teilnahmeausschlusses einfordert, müsste das auch für die Mitgliederversammlung des Vereins gelten. Dennoch wird die Abwägung im privaten Vereinsrecht anders ausfallen: Die Eigentümer sind durch ihr Miteigentum in den personenrechtlichen Verband gefasst und können sich ihm nicht ohne weiteres entziehen. Das Vereinsmitglied kann sich sehr viel einfacher durch Austritt lösen, wenn die Versammlung seinem Willen nicht entsprechende Beschlüsse fasst (Ausnahmen mag es wiederum bei den sozialmächtigen Vereinen mit Aufnahmezwang geben). Die vereinsrechtliche
508 | Stöber/Otto
1. Die Abstimmungen (§§ 32–35, 40, 41 BGB) | Rz. 1006 XV.
den.1 Das Stimmrecht kann davon abhängig gemacht werden, dass das Mitglied bereits eine Mindestverweildauer im Verein aufweist. Damit können insbesondere taktisch motivierte Kurzzeitmitgliedschaften abgewehrt werden.2 i) Stimmrechtsübertragung und Vollmacht (§ 38 S. 2 BGB) Teilnahme an Abstimmungen ist Ausübung des Mitgliederrechts (Rz. 400). Da die Ausübung eines Mitgliedschaftsrechts grundsätzlich einem anderen nicht übertragen werden kann, kann ein Mitglied nur persönlich abstimmen. Eine Stimmrechtsübertragung (oder Abstimmung durch einen bevollmächtigten Vertreter) ist bei fehlender Satzungsregelung unzulässig (s. bereits Rz. 881). Zum Sonderfall der Vertretung juristischer Personen Rz. 884.
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Die Satzung kann jedoch eine abweichende Regelung vorsehen, also Stimmrechtsübertragung und Abstimmung durch einen Vertreter ermöglichen. Sie kann umgekehrt die – hier angenommene – erweiterte Vertretungsmöglichkeit korporativer Mitglieder einschränken. Sie kann Einzelheiten regeln, mithin vorsehen, dass Stimmrechtsübertragung nur auf ein Vereinsmitglied zulässig ist oder dass auch ein dem Verein nicht angehörender Vertreter bei der Abstimmung (und auch bei der Aussprache) mitwirken kann.3 Die Satzung kann außerdem bestimmen, dass ein Vertreter nur eine zahlenmäßig festgelegte Stimmenzahl auf sich vereinigen darf und wie die Stimmübertragung nachzuweisen ist. Bei der Abstimmung braucht ein Vereinsmitglied sein eigenes Stimmrecht und das Stimmrecht seines Vollmachtgebers, ein Vertreter auch die ihm übertragenen Stimmrechte mehrerer Vereinsmitglieder, nicht einheitlich auszuüben.4 Ein Vereinsmitglied kann daher mit seiner eigenen Stimme für einen Antrag, mit dem ihm übertragenen Stimmrecht gegen den Antrag stimmen oder Stimmenthaltung erklären. Ebenso kann ein von mehreren Vereinsmitgliedern bevollmächtigter Stimmrechtsträger die einzelnen Stimmen verschieden abgeben. Gesetzliche Vertreter eines Mitglieds können für dieses hingegen nur einheitlich abstimmen. Der gesetzliche Vertreter z.B. eines minderjährigen Vereinsmitglieds, der zugleich auch in eigener Person abstimmt, kann aber die Stimmen unterschiedlich abgeben. Dies gilt jedoch stets nur, wenn die Satzung (§ 40 BGB) keine andere Regelung vorsieht.
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Dem in eigener Angelegenheit von der Abstimmung ausgeschlossenen Vereinsmitglied (§ 34 BGB; Rz. 997) ist die Stimmrechtsübertragung versagt; auch sein Vertreter kann an der Abstimmung nicht teilnehmen. Der Stimmrechtsausschluss erfasst auch
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Literatur lässt den Stimmrechtsausschluss bei Beitragsrückstand soweit ersichtlich einhellig zu, etwa Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 122; Burhoff, Rz. 418. OLG Frankfurt v. 6.5.2018 – 1 U 233/15. Insoweit zutreffen OLG Stuttgart v. 16.7.2018 – 8 W 428/15, MDR 2018, 1387 = NZG 2018, 1264, Rz. 36 bei juris. RG HRR 1928 Nr. 244; Sauter/Schweyer, Rz. 199; Hadding in Soergel, Rz. 20 zu § 38; a.A. Burhoff, Rz. 251, Rz. 411: Satzung kann keine Vertretung durch Nichtmitglieder erlauben; kritisch auch Steffen in BGB-RGRK, Rz. 1 zu § 38. Eingeschränkt Schwennicke in Staudinger, § 32 Rz. 100: Jedenfalls keine unwiderrufliche Vollmacht für Dritte. Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1481.
Stöber/Otto | 509
XV. Rz. 1006 | Abstimmungen, Wahlen, Beschlüsse
die Ausübung (zulässig) übertragener Stimmrechte anderer Mitglieder durch das von der Abstimmung ausgeschlossen Mitglied.1 1007
Die weitere Übertragung des Stimmrechts eines Vertreters auf eine andere Person (sog. Unterbevollmächtigung) ist nur zulässig, wenn die Satzung dies ausdrücklich erlaubt (§ 38 S. 2 BGB muss auch hierfür abbedungen sein). Ohne Satzungsgrundlage kann daher auch ein Stimmrechtsbevollmächtigter, der sich vom Versammlungsort entfernt, die ihm zustehenden Stimmen nicht einem anderen Versammlungsteilnehmer überlassen. j) Stimmanfechtung
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Stimmabgabe ist Willenserklärung (Rz. 965). Als solche kann sie von dem Vereinsmitglied nach den allgemeinen Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Anfechtbarkeit einer Willenserklärung (§§ 119 ff. BGB), insbesondere damit wegen Irrtums, angefochten werden.2 Die Anfechtung kann allerdings in Vereinssachen wenig Bedeutung erlangen. Nach Willensbildung der Mitgliederversammlung (körperschaftlicher Gesamtakt, Rz. 964) werden Einzelstimmen bestimmten Mitgliedern vielfach nicht zuzuordnen sein. Denn es reicht und ist üblich, allenfalls das zahlenmäßige Abstimmungsergebnis festzuhalten (s. Rz. 1072). Wenn sich die Stimmabgabe einmal ausnahmsweise feststellen lässt, wird sich oft der Nachweis des Anfechtungsgrundes nicht erbringen und dieser von geändertem Stimmverhalten nicht immer sicher abgrenzen lassen (die Irrtumsanfechtung kann kein Reuerecht gewähren). Eine Anfechtung der Stimmabgabe muss unverzüglich erfolgen (vgl. § 121 BGB). Wenn der Anfechtungsgrund noch während der Versammlung erkannt wird, muss die Anfechtung daher sogleich in der Versammlung gegenüber dem Versammlungsleiter erklärt werden. Wird der Anfechtungsgrund erst später erkannt, so ist die Anfechtung unverzüglich dem Vorstand zu erklären; Zugang an ein Vorstandsmitglied genügt (§ 26 Abs. 2 S. 2 BGB).
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Eine begründete Anfechtung der Abstimmungserklärung bewirkt, dass die Stimme ungültig wird.3 Das berührt die Wirksamkeit des Versammlungsbeschlusses jedoch nicht, wenn er nicht auf dieser Stimme beruht, somit trotz Wegfall der angefochtenen Stimme die erforderliche Stimmenmehrheit noch gegeben ist.4 Eine Änderung 1 KG v. 12.9.1988 – 24 W 5887/87, NJW-RR 1989, 144; Pfälz. OLG v. 11.3.2002 – 3 W 184/ 01, NJW-RR 2002, 735 (je für Wohnungseigentümer). Das gilt auch dann, wenn der Vertretene konkrete Weisung für die Stimmrechtsausübung erteilt hat, LG Frankfurt LG Frankfurt/M. v. 30.10.1987 – 2/9 T 1014/87, NJW-RR 1988, 596. 2 BGH v. 19.9.2002 – V ZB 37/02, MDR 2003, 80 = NJW 2002, 3629 = Rpfleger 2003, 21; BayObLG v. 16.3.2000 – 2Z BR 168/99, NJW-RR 2000, 1036 und BGH v. 21.9.2000 – III ZR 325/99, NJW-RR 2001, 196 (201); je für Wohnungseigentümer. 3 BGHZ 14, 264 (267) für GmbH-Gesellschafterbeschluss; BGH v. 19.9.2002 – V ZB 37/02, MDR 2003, 80 = NJW 2002, 3629 = Rpfleger 2003, 21; für Beschluss der Wohnungseigentümer); RG 115, 378 (385) für Beschluss einer Aktiengesellschaft; Hadding in Soergel, Rz. 39 zu § 32 behandelt die nichtige Stimmabgabe wie eine Stimmenthaltung. 4 BGHZ 14, 264 (267) und RG 115, 378 (385); Hadding in Soergel, Rz. 39, Schwennicke in Staudinger, Rz. 92, je zu § 32; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 205.
510 | Stöber/Otto
2. Die Abstimmung bei Wahlen | Rz. 1011 XV.
des Zählwerts1 der (wirksam) angefochtenen Abstimmungserklärung macht den Versammlungsbeschluss nicht ungeschehen. Allein aufgrund der Anfechtung einer Stimmabgabe muss die Abstimmung nicht wiederholt werden. Mit der Anfechtungserklärung kann aber eine erneute Abstimmung beantragt werden, dazu Rz. 932 und Rz. 1064. Bei schriftlicher Abstimmung mit einem Stimmzettel, der dem Mitglied (sicher) zugeordnet werden kann, bewirkt die (wirksame) Anfechtung, dass die Stimmabgabe bis zum Abschluss der Auszählung aller Stimmzettel durch den Versammlungsleiter wiederholt werden kann.2
2. Die Abstimmung bei Wahlen a) Wahlvorschläge Wahlvorschläge kann (wenn die Satzung nichts anderes bestimmt) jeder Wahlberechtigte und auch jedes Vereinsorgan, mithin auch der Versammlungsleiter (Wahlleiter, auch eine Wahlkommission), mündlich oder schriftlich unterbreiten. Bestimmung einer Mindestzahl von Unterschriften für einen gültigen Wahlvorschlag kann durch die Satzung vorgesehen, nicht aber durch den Versammlungsleiter angeordnet oder durch Versammlungsbeschluss bestimmt und ohne Satzungsgrundlage auch nicht durch eine Wahlordnung vorgesehen werden.
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b) Einzelwahl Einzelwahl erfolgt, wenn die Satzung keine andere Bestimmung trifft und auch die Mitgliederversammlung3 mehrheitlich kein anderes (zulässiges) Wahlverfahren beschließt. Bei Einzelwahl finden mindestens so viele Wahlgänge statt, wie Mitglieder des Vorstands oder eines anderen Vereinsorgans zu bestellen, sonstige Vereinsämter zu besetzen oder Delegierte zu wählen sind. Bei jedem einzelnen Wahlgang kann jedes Vereinsmitglied seine Stimme (Rz. 976) nur einem der Bewerber geben oder sich der Stimme enthalten. Nach diesem Wahlmodus ist für Wahlen die Beachtung anerkannter demokratischer Grundsätze am besten gesichert.4 Bei Einzelwahl erfolgt Abstimmung mündlich oder Stimmabgabe durch Zeichen (insbesondere per Handaufheben oder durch Vorzeigen einer Stimmkarte) für jedes zu besetzende Vereinsamt in jeweils einem gesonderten Wahlgang und für jeden Kandidaten einzeln.5 Bei Abstimmung
1 So Hadding in Soergel, Rz. 39 zu § 32. 2 BayObLG v. 16.3.2000 – 2Z BR 168/99, NJW-RR 2000, 1036. 3 Nach Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 257 soll der Versammlungsleiter Gesamt- oder Einzelabstimmung anordnen können, wenn nicht die Satzung ein bestimmtes Wahlverfahren vorsieht. Dem ist nicht zu folgen. Es handelt sich um eine Angelegenheit des Vereins, so dass die gegenüber der Einzelwahl speziellere Gesamtabstimmung durch Beschluss der Versammlung der Mitglieder zu regeln ist (§ 32 Abs. 1 S. 1 BGB). 4 BGHZ 52, 297 (300) = NJW 1970, 46; BGH v. 13.4.1992 – v. 31.5.2010 – AnwZ (B) 2/92, BRAK 1992, 108 = MDR 1992, 908 = NJW 1992, 1262. 5 BGH v. 13.4.1992 – v. 31.5.2010 – AnwZ (B) 2/92, BRAK 1992, 108 = MDR 1992, 908 = NJW 1992, 1262.
Stöber/Otto | 511
1011
XV. Rz. 1011 | Abstimmungen, Wahlen, Beschlüsse
mittels Stimmzettel ist gleichermaßen zu verfahren.1 Weil jedes Mitglied eine Stimme hat, sind Stimmzettel, auf denen mehr als ein Bewerber angekreuzt oder eingetragen ist, ungültig. Abgabe eines Stimmzettels, auf dem kein Bewerber angekreuzt (oder eingetragen) ist, gilt als Stimmenthaltung. 1012
M 44 Information des Wahlleiters zur Einzelwahl: Ich rufe auf zur Wahl des ersten Vorsitzenden. Als Bewerber sind vorgeschlagen: – Amann Anna, Angestellte in Adorf – Bemann Bernd, Buchhalter in Bstadt – Celine Constanze, Chorleiterin in Cheim – … Jedes Mitglied hat eine Stimme. Ein Stimmzettel, auf dem mehr als ein Bewerber angekreuzt sind, ist ungültig. Als Stimmenthaltung gilt die Abgabe eines Stimmzettels, auf dem keiner der Bewerber angekreuzt und/oder kein anderer Name eines zu Wählenden eingetragen und angekreuzt ist.
1013
Die Abstimmung bei Wahlen ist Versammlungsbeschluss.2 Es entscheidet die Mehrheit der Stimmen (§ 32 Abs. 1 S. 3 BGB) oder die in der Satzung sonst vorgesehene Mehrheit. Das gesetzliche Modell erwartet eine „einfache“ Mehrheit (Rz. 981). Sie ist nicht erreicht, wenn sich die Stimmen auf 3 und mehr Bewerber verteilen und keiner von ihnen über 50 % (über die Hälfte) der Stimmen erhält. Für die Ergebnisermittlung zählen im gesetzlichen Modell allerdings nur die positiv für einen Kandidaten abgegeben und die Nein-Stimmen. Sofern die Satzung nichts anderes anordnet, ist es im Übrigen nach der hM. gleichbedeutend, ob ein Mitglied sich enthält, ungültig oder von vornherein gar nicht abstimmt (Rz. 981). Beispiele: Wahl des 1. Vorsitzenden. Wahlvorschläge (Bewerber) A, B C. 50 Vereinsmitglieder sind anwesend. Jedes Vereinsmitglied hat für die Wahl des 1. Vorsitzenden eine Stimme. Bei Abstimmung durch Vorzeigen einer Stimmkarte entfallen auf A 25 Stimmen B 15 Stimmen C 7 Stimmen.
1 BGH v. 13.4.1992 – v. 31.5.2010 – AnwZ (B) 2/92, BRAK 1992, 108 = MDR 1992, 908 = NJW 1992, 1262. 2 BGH v. 28.11.1988 – II ZR 96/88, BGHZ 106, 67 = MDR 1989, 327 (72).
512 | Stöber/Otto
2. Die Abstimmung bei Wahlen | Rz. 1013 XV. Stimmenthaltungen: 3 (1) Zusammen: 47 zu zählende Stimmen, die Mehrheit ist mit 24 Stimmen erreicht. Gewählt ist mit Stimmenmehrheit (§ 32 Abs. 1 S. 3 BGB) somit A. (2) Sieht die Satzung oder ihre Auslegung in ständiger Übung dagegen eine Berücksichtigung der Enthaltungen vor1, so ergibt sich: 50 abgegebene Stimmen, die Mehrheit ist mit 26 Stimmen erreicht. Es ist kein Kandidat gewählt (s. aber auch Rz. 1028).
Werden Enthaltungen nicht gewertet (Lösung [1] und hM. bei fehlender Satzungsregelung), müssen sie bei offener Abstimmung nicht abgefragt werden. Ob sich ein Abstimmender ausdrücklich enthält, oder ob der nicht mitstimmt, bleibt gleich. Anders bei Wertung der Enthaltungen [2]. Abwandlung zu obigem Beispiel: Bei Abstimmung durch Vorzeigen einer Stimmkarte entfallen auf A 25 Stimmen B 15 Stimmen C 7 Stimmen. Stimmenthaltungen: 1 (2 Anwesende haben somit die Stimmkarte gar nicht gehoben). Auch bei Berücksichtigung der Enthaltung ist A jetzt gewählt (Mehrheit bei 25 von 49 abgegebenen Stimmen).
Für die schriftliche Wahl muss bei einer derartigen Satzungslösung allerdings eindeutig definiert werden, was Enthaltung, was ungültige Stimme ist.2 1 Vgl. z.B. § 7 (1) der Wahlordnung der SPD, Landesverband Berlin mit Stand 26.6.2010 (Internet-Abruf): „Ist ein Kandidat oder eine Kandidatin oder sind mehrere Kandidaten und Kandidatinnen für eine Funktion aufgestellt, so ist gewählt, wer die Mehrheit der gültigen Stimmen erhalten hat. Stimmenthaltungen sind gültige Stimmen.“ Ähnlich § 5 Abs. 2 der Wahlordnung des FDP-Landesverbands Hamburg mit Stand 20.11.2010 (Internet-Abruf): „(2) Soweit nicht Abweichendes bestimmt ist, entscheidet bei Wahlen die absolute Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen. Stimmenthaltungen (unveränderte oder als Stimmenthaltung gekennzeichnete Stimmzettel) werden bei der Feststellung der Mehrheit mitgezählt.“ Gestaffelt ist folgende Regelung, die erst im zweiten Wahlgang die Enthaltungen entwertet: Wahlordnung der Grünen Jugend, Bundesverband mit Stand 23.5.2010 (Internet-Abruf zuletzt 1.2.2015): § 4: „(1) Gibt es für ein Amt nur eine Bewerberin/einen Bewerber, so ist mit Ja, Nein oder Enthaltung zu dieser Person abzustimmen. (2) Im ersten Wahlgang ist gewählt, wer die absolute Mehrheit, also mehr als die Hälfte der gültigen abgegebenen Stimmen erhält. Ist dies nicht der Fall wird ein zweiter Wahlgang durchgeführt. Am zweiten Wahlgang dürfen nur BewerberInnen teilnehmen, die auch an dem ersten Wahlgang teilgenommen haben. (3) Die Person ist im zweiten Wahlgang gewählt, wenn mehr Ja- als Neinstimmen abgegeben werden“. 2 Z.B. Wahlordnung der Partei DIE LINKE, Bundesverband mit Stand 16.7.2007 (InternetAbruf): § 9 „(2): Die Wahlkommission hat Stimmzettel für ungültig zu erklären, wenn auf ihnen der Wille der oder des Wählenden nicht gemäß dieser Wahlordnung erkennbar ist, wenn auf ihnen mehr Ja-Stimmen als zulässig abgegeben wurden oder wenn sie das Prinzip der geheimen Wahl verletzen.“ und dazu § 10 (1): „(1) Gewählt sind in einem Wahlgang diejenigen, bei denen die Zahl der gültigen Ja-Stimmen größer ist, als die zusammengefasste Zahl der gültigen Nein-Stimmen und der gültigen Enthaltungen (absolute Mehrheit). Durch
Stöber/Otto | 513
XV. Rz. 1014 | Abstimmungen, Wahlen, Beschlüsse 1014
Nicht richtig wäre Stimmabgabe aller anwesenden Vereinsmitglieder einzeln nach Aufruf jedes der Kandidaten wie folgt:
A B C
Ja
Nein
Enthaltungen
30 10 7
20 37 40
3 3
Zusammen 50 Zusammen 50 Zusammen 50
Bei solcher Stimmabgabe hätte für die Wahl zum 1. Vorsitzenden jedes Vereinsmitglied 3 Stimmen abgegeben. 1015
Der ergebnislose Ausgang einer Einzelwahl bei mehreren Kandidaten, von denen keiner die einfache Mehrheit erreicht (Rz. 1013), ist für die Praxis unbefriedigend und kann nur ein Zwischenergebnis sein. Das Problem lässt sich unterschiedlich lösen: (a) Wiederholung des Wahlvorgangs so lange, bis einer der Kandidaten die einfache Mehrheit hat – Dies dürfte das gesetzliche Ergebnis sein, wenn die Satzung für eine andere Lösung nichts hergibt. Wenn ein Satzungsgestalter diese Variante ausdrücklich einführen will, sollte er an korrespondierende Regelungen über das Vorschlagsrecht denken: Eine Satzungsregel, die nur bis zu einem bestimmten früheren Zeitpunkt vorgeschlagene Bewerber zulässt, wäre für die Einigung auf einen „frischen Kompromisskandidaten“ hinderlich. (b) Durchführung einer Stichwahl zwischen den beiden (oder mehreren, jedenfalls nicht allen) Bestplatzierten Kandidaten – Häufig die zweckmäßigste Lösung, sie bedarf aber zwingend einer Einführung in der Satzung (wegen des Eingriffs in die Rechte der Unterlegenen). (c) Es genügt bereits im ersten Wahlgang die relative Mehrheit. Auch dies sollte in der Satzung ausdrücklich angeordnet werden. Die Rechtsprechung hilft mit einer großzügigen Auslegung in Richtung „relativer Mehrheit“, wenn die Satzung zum Mehrheitserfordernis schweigt und keine Stichwahl vorsieht.1
1016
Maßgeblich ist das tatsächliche Abstimmungsergebnis, nicht die Feststellung und Verkündung eines abweichenden Ergebnisses durch den Versammlungsleiter (Rz. 931). Bei unzureichender Stimmenzahl ist ein Kandidat nicht gewählt, auch wenn – aus welchen Gründen auch immer – vom Versammlungsleiter (Wahlleiter)
Satzung oder durch Versammlungsbeschluss kann für bestimmte Ämter auch ein höheres Quorum bestimmt werden.“ Eindeutige („gültige“) Enthaltungen haben also anders als ungültige Stimmzettel eine Ergebnisauswirkung. Eine Definition „gültiger“ Enthaltungen enthält auch § 5(2) der Wahlordnung des FDP-Landesverbands Hamburg mit Stand 20.11.2010 (Internet-Abruf): „Soweit nicht Abweichendes bestimmt ist, entscheidet bei Wahlen die absolute Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen. Stimmenthaltungen (unveränderte oder als Stimmenthaltung gekennzeichnete Stimmzettel) werden bei der Feststellung der Mehrheit mitgezählt.“. 1 KG v. 23.5.2020 – 22 W 61/19, NotBZ 2020; OLG München v. 19.5.2010 – 20 U 1695/10 – Rz. 13 bei juris.
514 | Stöber/Otto
2. Die Abstimmung bei Wahlen | Rz. 1017 XV.
ein falsches Wahlergebnis verkündet und der Kandidat zu Unrecht als gewählt bezeichnet ist. Die Feststellung und Verkündung des Wahlergebnisses durch den Versammlungsleiter hat beim Verein – im Gegensatz zur Aktiengesellschaft – nicht die Wirkung eines konstitutiven, das Wahlergebnis fixierenden Aktes.1 Auch durch (bloßes) Einvernehmen der Versammlungsteilnehmer kann eine (unwirksame) Wahl nicht Wirksamkeit erlangen. Damit liegt das Risiko der Interpretation und Bewertung der Abstimmungsergebnisse bei den einzelnen Mitgliedern, was ihnen erhebliche Rechtskenntnisse und insbesondere den in der Versammlung abwesenden Mitgliedern teilweise Unmögliches abverlangt.2 Die Satzung sollte hier dringend für Rechtssicherheit sorgen und die Wirksamkeit der Beschlussfassung von ihrer Verkündung (u.U. auch Protokollierung, dazu Rz. 1067 ff.) abhängig machen. In diesem Fall ist ein unrichtig verkündetes bzw. protokolliertes Ergebnis vorläufig verbindlich, bis durch rechtskräftiges Feststellungsurteil das wahre Ergebnis festgestellt wird.3 Eine derartige Regelung muss eindeutig sein, denn die allgemein gehaltene Anordnung, dass Beschlüsse (einschließlich Wahlergebnissen) vom Versammlungsleiter bekannt zu geben sind, wird lediglich als Ordnungsvorschrift ohne Ergebnisauswirkung aufgefasst.4 c) Gesamtwahl Gesamtwahl kann bei Abstimmung mittels Stimmzettels nach mehrheitlicher Bestimmung der Mitgliederversammlung erfolgen.5 Bei ihr werden verschiedene nach Mehrheitswahlrecht erfolgende Einzelwahlen für gleichrangige Vereinsämter oder sonstige Funktionen (z.B. drei gleichberechtigte Vorsitzende, zehn Delegierte) zur Verfahrensvereinfachung und -beschleunigung in einem Wahlgang zusammengefasst.6 Jedem Vereinsmitglied muss dabei freigestellt bleiben, ob es von den ihm insgesamt zur Verfügung stehenden Stimmen Gebrauch machen will. Es muss also möglich sein, 1 BGH MDR 1976, 28 = NJW 1975, 2101. 2 BGH v. 23.8.2001 – V ZB 10/01, juris Rz. 21, MDR 2001, 1283 (zum WEG). Die Tatsache, dass beim Verein grundsätzlich keine Anfechtungsfrist läuft, bedeutet zwar eine Erleichterung für alle, die dem Beschluss kritisch gegenüberstehen. Sie verschärft aber die Rechtsunsicherheit für alle, die inhaltlich zu dem Beschluss stehen. 3 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1788. 4 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 192. 5 Zu beachten ist aber auch OLG Bremen v. 1.6.2011 – 2 W 27/11, NZG 2011, 1192: Eine von der Satzung nicht vorgesehene Beschlussfassung über die Wahl des Vorstandes in Form der Blockwahl leidet an einem Einladungsmangel, wenn die Absicht, die Vorstandswahl abweichend vom satzungsmäßigen Verfahren durchzuführen, nicht in der Einladung zur Mitgliederversammlung angekündigt wird. Dieser Einladungsmangel führt regelmäßig zur Nichtigkeit des Beschlusses. Das OLG Rostock v. 25.6.2012 –, juris, lässt eine Blockwahl (Gesamtabstimmung über eine unveränderliche Liste) nur bei Grundlage in der Satzung zu, erkennt den Fehler aber als nicht relevant an, wenn alle Anwesenden zugestimmt haben und die Liste nicht von der Versammlungsleitung vorgefertigt, sondern in der Versammlung zusammengestellt wurde. Ganz ähnlich: OLG Bremen v. 12.10.2015 – 2 W 68/15 – NZG 2016, 1192. 6 BVerfG v. 20.10.1993 – 2 BvC 2/91, NJW 1994, 922 (926 re. Sp.) = NVwZ 1994, 573 Ls.; BGH v. 28.11.1988 – II ZR 96/88, BGHZ 106, 67 = MDR 1989, 327 (75).
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1017
XV. Rz. 1017 | Abstimmungen, Wahlen, Beschlüsse
auch weniger Stimmen abzugeben, ohne dass hierdurch die Gültigkeit der Stimmabgabe in Frage gestellt ist.1 Jedes Vereinsmitglied hat damit die Möglichkeit, diejenigen Kandidaten anzukreuzen, aufzuschreiben etc., die es auch bei einer Einzelwahl gewählt hätte.2 Jede Stimme hat auch hier den gleichen Zählwert. Die Vereinsmitglieder können bei diesem Wahlverfahren (müssen aber nicht) mit je einer Stimme für jede Einzelwahl (aber keine Stimmenhäufung ohne Satzungsgrundlage) so viele Bewerber wählen, wie gleichrangige Funktionen zu besetzen sind. Sie haben (im Gegensatz zur strikten Blockwahl) selbst dann eine freie Auswahlmöglichkeit, wenn der Stimmzettel nicht mehr Bewerber ausweist, als gleichrangige Funktionen zu besetzen sind. 1018
M 45 Information des Wahlleiters vor Gesamtwahl Ich rufe auf den nächsten Tagesordnungspunkt, das ist die Wahl der drei gleichberechtigten Vorsitzenden des Vereins. Als Bewerber sind vorgeschlagen – Demann, Daniel, Direktor in Dhof – Emann, Eduard, Einzelhändler in Ehaus – Freimann, Frieder, Finanzbeamter in Fstadt – Grohmann, Gerhard, Gastwirt in Ghof – Hamann, Hans, Holzhändler in Hheim – Imann, Isodor, Ingenieur in Istadt – … Jedes Mitglied hat eine Stimme für jeden der zu wählenden drei Vorsitzenden. Auf den vorgedruckten Stimmzetteln angekreuzt werden können daher drei der Bewerber. Ein Stimmzettel, auf dem mehr als drei Bewerber angekreuzt sind, ist ungültig. Vereinigung der Einzelstimmen für jeden Wahlgang auf einen der Bewerber ist nicht zulässig. Ein Stimmzettel, auf dem bei einem Bewerber zwei oder drei Stimmen eingetragen sind, ist daher nur mit einer Stimme für diesen Bewerber zu zählen. Abgabe eines Stimmzettels, auf dem kein Bewerber angekreuzt ist, gilt als Stimmenthaltung für alle Einzelwahlen. Abgabe eines Stimmzettels, auf dem weniger als die zu wählenden (drei) Bewerber angekreuzt sind, gilt als Stimmenthaltung für die demnach nicht belegte Einzelwahl(en).
1 BGH v. 12.12.1988 – AnwZ (B) 45/88, BGHZ 106, 193 = MDR 1989, 449. Auch BayObLG FGPrax 1976, 74: „… auf die vorbereiteten Stimmzettel bis zu … (= Zahl der zu Wählenden) Bewerber setzen.“. 2 BGH v. 28.11.1988 – II ZR 96/88, MDR 1989, 327 = NJW 1989, 1212.
516 | Stöber/Otto
2. Die Abstimmung bei Wahlen | Rz. 1022 XV.
Weil bei der Gesamtwahl jedes Mitglied nur eine Stimme für jede der in dem einen Wahlgang zusammengefassten Einzelwahlen hat, sind Stimmzettel ungültig, auf denen mehr Bewerber angekreuzt (oder eingetragen) sind als nach der Summe der Einzelwahlen gleichrangige Funktionen zu besetzen sind.1 Ist ein Kreuz jedoch wieder (eindeutig) gestrichen, dann ist das Votum beseitigt2, eine Stimme für diesen Bewerber damit nicht abgegeben. Stimmzettel, auf denen mehr als eine Stimme für einen Kandidaten abgegeben worden sind, sind für diesen Bewerber als nur eine Stimme zu zählen.3 Abgabe eines Stimmzettels, auf dem kein Bewerber angekreuzt (oder eingetragen) ist, gilt als Stimmenthaltung für alle Einzelwahlen, Abgabe eines Stimmzettels, auf dem weniger als die zu wählenden Bewerber angekreuzt (oder eingetragen) sind, gilt als Stimmenthaltung für die demnach nicht belegten Einzelwahlen.
1019
Möglich ist die Gesamtwahl auch in Form der Gesamt-Listenwahl, bei der nur ein Wahlvorschlag vorliegt, der nicht mehr Bewerber ausweist, als gleichrangige Funktionen zu besetzen sind (Liste mit nur 10 Namen für 10 zu wählende Delegierte). Dann kann für die Abgabe der 10 Einzelstimmen vorgesehen sein, dass bei Zustimmung nur die Liste insgesamt angekreuzt wird. Es muss aber auch hier möglich sein, nicht alle Stimmen zu vergeben. Das kann dadurch geschehen, dass entweder anstelle des Listenkreuzes auch das Ankreuzten nur einzelner Bewerber vorgesehen ist. Ansonsten muss die Streichung einzelner Bewerbernamen anerkannt werden. Die Streichung einzelner Bewerbernamen führt in diesem Wahlverfahren also nicht zur Ungültigkeit der Stimmabgabe. Zur strikten Blockwahl s. dagegen Rz. 1030.
1020
Nicht für zulässig zu erachten ist einheitliche Gesamtwahl in der Weise4, dass dann, wenn nicht mehr Kandidaten vorhanden sind, als gleichrangige Ämter zu besetzen sind (damit auch dann, wenn für jedes der verschiedenartigen Vorstandsämter nur je ein Bewerber zur Verfügung steht), der Versammlungsleiter zunächst über die Wahl aller Kandidaten in einem Wahlgang gleichzeitig abstimmen lässt mit der Aufforderung an diejenigen Mitglieder, die auch nur einen Kandidaten nicht wählen wollen, mit „Nein“ zu stimmen oder ihren Willen durch Handzeichen kundzutun. Es sollen alle Kandidaten gewählt, die Vorstandswahl damit beendet sein, wenn hierbei die erforderliche Mehrheit erreicht wird. Dagegen soll sodann über jeden Kandidaten einzeln abgestimmt werden müssen, wenn – infolge der Neinstimmen – die erforderliche Mehrheit nicht erreicht wird. Dieses Verfahren verstößt gegen den Grundsatz, dass auch bei der Gesamtwahl die freie Auswahlmöglichkeit zu gewährleisten bleibt. Dem entspricht es nicht, wenn vom Abstimmenden verlangt wird, aus Verfahrensgründen zunächst auch solche Listenbewerber abzulehnen, denen er seine Stimme geben möchte.
1021
Mündliche Abstimmung oder Abstimmung durch Zeichen scheiden bei der Gesamtwahl naturgemäß aus (anders geschlossene Listen- oder Blockwahl, dazu Rz. 1030).
1022
1 2 3 4
BGH v. 28.11.1988 – II ZR 96/88, MDR 1989, 327 = NJW 1989, 1212. BGH v. 28.11.1988 – II ZR 96/88, MDR 1989, 327 = NJW 1989, 1212. BGH v. 28.11.1988 – II ZR 96/88, MDR 1989, 327 = NJW 1989, 1212. So nun auch Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 257; a.A. Obermüller, Betrieb 1969, 2025.
Stöber/Otto | 517
XV. Rz. 1023 | Abstimmungen, Wahlen, Beschlüsse
d) Zusammengefasste Wahl 1023
Nach Mehrheitsbeschluss der Mitgliederversammlung kann die Wahl auch zusammengefasst auf einem Stimmzettel erfolgen. Dabei werden die Abstimmungen für Einzelwahlen (Mehrheitswahl) für verschiedenartige Vereinsämter (z.B. 1. Vorsitzender, Stellvertreter sowie Kassierer oder sonstige Funktionen) in einem Wahlgang nur äußerlich auf einem Stimmzettel zusammengefasst. Jedes Vereinsmitglied hat bei jedem Wahlgang zu einem der auf dem Stimmzettel zusammengefassten Einzelwahlen (jeweils) eine Stimme.
1024
Beispiel für Stimmzettel der zusammengefassten Wahl 1. Wahl des ersten Vorsitzenden Als Bewerber sind vorgeschlagen – Amann, Anna, Angestellte in Adorf – Bemann, Bernd, Buchhalter in Bstadt – Celine, Constanze, Chorleiterin in Cheim – … 2. Gleichzeitige Wahl des zweiten Vorsitzenden Als Bewerber sind vorgeschlagen – Demann, Daniel, Direktor in Dhof – Ermann, Eduard, Einzelhändler in Ehaus – Freimann, Frieder, Finanzbeamter in Fstadt – … 3. Gleichzeitige Wahl des Kassierers Als Bewerber sind vorgeschlagen – Gromann, Gerhard, Gastronom in Ghof – Hamann, Hans, Holzhändler in Hheim – Imann, Isidor, Ingenieur in Istadt – …
1025
Es erfolgt Einzelwahl des ersten Vorsitzenden, des zweiten Vorsitzenden und des Kassierers. Die drei Einzelwahlen sind in einem Wahlgang zusammengefasst. Jedes Mitglied hat eine Stimme für jede der zusammengefassten drei Einzelwahlen. Ein Stimmzettel, auf dem für die Wahl zum ersten Vorsitzenden, für die Wahl zum zweiten Vorsitzenden oder für die Wahl zum Kassierer mehr als ein Bewerber angekreuzt sind, ist für diese (jeweilige) Einzelwahl ungültig.
1026
Als Stimmenthaltung für eine Einzelwahl gilt ein Stimmzettel, auf dem zur Wahl für eines der Vereinsämter kein Bewerber angekreuzt ist und/oder kein anderer Name eines zu Wählenden eingetragen ist.
1027
Die zusammengefasste Wahl bietet sich praktisch nur an, wenn die Bewerber für die eine Position vorab erklären, dass sie nur für diese und nicht auch für andere im gleichen Wahlgang aufgerufene Ämter zur Verfügung stehen. e) Andere durch die Satzung einzuführende Wahlverfahren
1028
Die Ergebnisauswirkung des jeweiligen Wahlverfahrens sollte keinesfalls unterschätzt werden. Wird z.B. für die Wahl des ersten Vorsitzenden stets einfache Mehrheit (also über 50 % der Stimmen) gefordert und für den Fall, dass diese in einem ersten (evtl. 518 | Stöber/Otto
2. Die Abstimmung bei Wahlen | Rz. 1030 XV.
auch im zweiten) Wahlgang nicht erreicht wird, angeordnet, dass nur noch die beiden bestplatzierten Bewerber am nächsten Wahlgang teilnehmen (1), kann das zu ganz anderen Ergebnissen führen, als wenn für die Folgewahlgänge bei Zulassung aller Kandidaten eine relative Mehrheit genügen soll (2). Beispiel: Es steht eine „Richtungswahl“ an. A führt einen in sich geschlossenen Vereinsflügel, der sich strikt gegen die bisherige Vereinspolitik richtet und auf der Versammlung durch 20 Anwesende von 50 repräsentiert ist. B und C stehen beide für den eher gemäßigten bisherigen „Mehrheitskurs“, der weniger stark mobilisieren konnte, aber doch mit gesamt 30 Anwesenden auf der Versammlung die Mehrheit stellt. Im ersten Wahlgang erzielen: A: 20, B: 17, C: 13 Stimmen, keiner ist gewählt. Fortgang bei Satzungsregelung wie oben (1): Im nächsten Wahlgang stehen nur A und B zur Wahl. Naheliegendes Ergebnis: A: kaum mehr als 20, B: bis zu 30 Stimmen, hohe Wahrscheinlichkeit einer Wahl des B. Fortgang bei Satzungsregelung wie oben (2): Im nächsten Wahlgang stehen wieder A, B und C zur Wahl. Kann sich die von B/C repräsentierte Mehrheitsrichtung (z.B. aufgrund persönlicher Eitelkeiten) jetzt nicht durch Rücktritt eines ihrer Kandidaten auf einen Bewerber konzentrieren, dürfte die Vereinsminderheit mit A künftig den Vorsitzenden stellen (Ergebnis wie in Wahlgang 1, jetzt aber für A ausreichend).
Taktisches Stimmverhalten ermöglicht insbesondere auch die Gesamtwahl (besonders wenn auf das Erfordernis einer absoluten Mehrheit für jeden einzelnen Kandidaten verzichtet wird): Wer z.B. bewusst nur eine seiner zehn Stimmen abgibt, stärkt „seinen“ Kandidaten im Verhältnis zu den andere unverhältnismäßig. Diverse Alternativverfahren wollen mittels mathematischer Modelle durch Berücksichtigung von gestuften Mitgliederpräferenzen die Entscheidung unter mehreren Kandidaten mutmaßlich gerechter abbilden.1 Für den ganz überwiegenden Teil aller Vereine dürften derartige Verfahren allerdings zu aufwendig, aber auch nicht erforderlich sein.
1029
Nur bei ausdrücklicher satzungsmäßiger Grundlage, nicht allein aufgrund Mehrheitsbeschluss in der Versammlung und erst Recht nicht allein auf Entscheidung der Versammlungsleitung, können die nachfolgend aufgelisteten Verfahren verwandt werden (zu den Begriffen auch Rz. 994).2
1030
– Listenwahl mit relativem Mehrheitserfordernis3 als Zusammenfassung der Wahl in mehrere Vereinsämter (wie z.B. von drei gleichberechtigten Vorsitzenden, von Delegierten), bei der bei Stimmenverteilung auf mehr als zwei Bewerber nicht die Mehrheit der Stimmen (§ 32 Abs. 1 S. 3 BGB), sondern die größte Stimmenzahl entscheidet (Rz. 994), somit die Bewerber mit den meisten Stimmen auch dann gewählt sein sollen, wenn sie nicht über 50 % der Abstimmenden erzielen;
1 Vgl. die Gegenüberstellung diverser Verfahren bei Flesch, 2008, S. 231 ff. 2 BayObLG v. 13.12.2000 – 3Z BR 340/00, NJW-RR 2001, 537 = Rpfleger 2001, 242;OLG Rostock v. 25.6.2012 – 1 W 16/12, juris. 3 BGH v. 28.11.1988 – II ZR 96/88, MDR 1989, 327 = NJW 1989, 1212.
Stöber/Otto | 519
XV. Rz. 1030 | Abstimmungen, Wahlen, Beschlüsse
– eine in spezifischer Weise ausgestattete Mehrheitswahl, wie Listen-Mehrheitswahl1 für mehrere Ämter in einem Wahlgang, bei der die Vereinsmitglieder sich für eine geschlossene Liste (mit ja oder nein) entscheiden müssen, somit weder für noch gegen einzelne Bewerber einer der Listen stimmen können; – Blockwahl, bei der von jedem (abstimmenden) Vereinsmitglied für die Gesamtwahl zu mehreren gleichrangigen Vereinsämtern oder sonstigen Funktionen so viele Bewerber gewählt werden müssen, wie Ämter zu besetzen sind (Zwang zur vollen Stimmausnutzung) und eine (unzulässige) Stimmabgabe für weniger Kandidaten (teilweise Stimmenthaltung) zur Ungültigkeit des Stimmzettels überhaupt führt.2 Das gilt ebenso für die gemäßigte Blockwahl, bei der die Stimmabgabe nur ungültig ist, wenn nicht eine bestimmte Mindestzahl der Bewerber angekreuzt ist (würde damit im Übrigen – somit eingeschränkt – Stimmenthaltung ermöglichen), – strikte Blockwahl für mehrere Ämter in einem Wahlgang bei nur einem zugelassenen Wahlvorschlag, dem nur im Ganzen zugestimmt und der nur im Ganzen abgelehnt werden kann bzw. Enthaltung nur insgesamt zulässt3, – Wahl en bloc für mehrere gleichartige Vereinsämter (drei gleichberechtigte Vorsitzende, mehrere Delegierte, es stehen so viele Kandidaten zur Verfügung wie auch Ämter zu besetzen sind) in einem Wahlgang mit mündlicher Abstimmung oder Stimmabgabe durch Zeichen4 (es besteht keine freie Auswahlmöglichkeit), – Stimmhäufung (Kumulieren)5, somit mehrfaches Ankreuzen desselben Bewerbers zur Konzentration aller oder mehrerer Stimmen eines Vereinsmitglieds bei gleichzeitiger Wahl mehrere Bewerber auf nur einen dieser Kandidaten, – Entscheidung durch Los bei Stimmengleichheit, – Bindung an Wahlvorschläge, insbesondere wenn sie bis zu einem bestimmten Zeitpunkt vorgelegt sein müssen, die es ausschließt, andere Personen als die vorgeschlagenen Bewerber zu wählen. 1031
Fehlt es bei derartigen Wahlmodi an einer Grundlage in der Satzung, können die Wahlhandlungen dennoch gültig sein, wenn ausgeschlossen ist, dass das Verfahren sich nachteilig auf die Rechte eines Mitglieds ausgewirkt hat. Bei geschlossener Listenwahl (strikte Blockwahl, Wahl en bloc) ist das z.B. anzunehmen, wenn keiner der Anwesenden dem Verfahren widersprochen hat, die Vorschlagsliste in der Sitzung er-
1 OLG Frankfurt v. 16.4.1984 – 20 W 861/83, Rpfleger 1984, 360; zur Unzulässigkeit der Listen-Mehrheitswahl für die Vertreterversammlung einer Genossenschaft s. BGH v. 22.3.1982 – II ZR 219/81, JZ 1982, 511 = MDR 1982, 647 gegen OLG Nürnberg Betrieb 1982, 166. 2 BGH v. 17.12.1973 – II ZR 47/71, MDR 1974, 382 = NJW 1974, 183 und 848 mit Anm. Hahn; Linck, DÖV 1974, 276. 3 BGH v. 13.4.1992 – AnwZ (B) 2/92, BGHZ 118, 121 = MDR 1992, 908 (124). 4 BGH v. 13.4.1992 – AnwZ (B) 2/92, BGHZ 118, 121 = MDR 1992, 908 (124); BayObLG v. 13.12.2000 – 3Z BR 340/00, NJW-RR 2001, 537; Pfälz. OLG v. 26.6.2013 – 3 W 41/13, FGPrax 2013, 276 = NotBZ 2014, 73 = Rpfleger 2014, 209. 5 BGH v. 28.11.1988 – II ZR 96/88, MDR 1989, 327 = NJW 1989, 1212.
520 | Stöber/Otto
2. Die Abstimmung bei Wahlen | Rz. 1032 XV.
arbeitet wurde und zu der Liste ohne Enthaltung alle mit Ja stimmten.1 Im Registerverfahren (s. Rz. 1482–1484) muss das Gericht nicht das Vorliegen einer derartigen Ausnahme erforschen, sollte aber dem Vorstand Gelegenheit zur Begründung des Ausnahmefalls geben.2 Hinweis: Die verbreitete „Blockwahl“ birgt Wirksamkeitsrisiken und sollte deshalb bei fehlender Satzungsgrundlage besser vermieden werden. Von der noblen Grundhaltung, sich selbst nicht wählen zu wollen, sollten Vorstandskandidaten auch nach der hier vertretenen großzügigeren Auffassung unbedingt Abstand nehmen. Schon eine Enthaltung gefährdet die Wirksamkeit einer von allen Anwesenden unterstützten, in der Satzung aber nicht vorgesehenen Blockwahl.3
f) Neue Abstimmung Ergibt sich bei einer Wahl keine Mehrheit, so findet die Abstimmung neu statt; hierfür können mangels anderer Satzungsbestimmung neue Bewerber vorgeschlagen werden. Die Satzung kann auch Wiederholungswahlgänge mit besonderen Bestimmungen, insbesondere gemilderten Mehrheitserfordernissen4 vorsehen. Sie sollte dazu möglichst genau regeln, wie viele weitere Wahlgänge vorgesehen und welche Kandidaten dafür zugelassen werden. Das können alle bisherigen, die beiden oder eine andere Zahl der nach dem bisherigen Ergebnis aussichtsreichsten oder auch alle bisherigen mit Ausnahme des stimmenschwächsten Kandidaten sein. Verschiedenste Kombinationen sind grundsätzlich möglich und je nach Struktur und Größe des Vereins unterschiedlich sinnvoll, so auch die Wiedereröffnung der Vorschlagsliste (nur) dann, wenn die sonst für den nächsten Wahlgang zugelassenen Kandidaten zusammen (oder der einzige Bewerber) nicht wenigstens einen bestimmten Stimmenanteil erreicht haben. Eine Stichwahl, die nur einzelne der bereits zuvor angetretenen Kandidaten zulässt, ist nur wirksam, wenn die Satzung dieses Verfahren ausdrücklich erlaubt.5 Statt weiterer Wahlgänge (oder für den Fall, dass auch sie zu keinem Ergebnis führen) kann 1 OLG Jena v. v. 8.1.2018 – 3 W 366/17, unveröff.; OLG Rostock v. 25.6.2012 – 1 W 16/12, juris. Anders u.U. bei einer vom Vorstand oder anderem Gremium vorgefertigten Liste, dazu OLG Bremen v. 1.6.2011 – 2 W 27/11, NJW-RR 2011, 1487. Generell ablehnend Pfälz. OLG v. 26.6.2013 – 3 W 41/13, FGPrax 2013, 276 = NotBZ 2014, 73. 2 Anders Pfälz. OLG v. 26.6.2013 – 3 W 41/13, FGPrax 2013, 276 = NotBZ 2014, 73: Blockwahl als unbehebbarer und daher der Zwischenverfügung nicht zugänglicher Mangel. 3 OLG Rostock v. 25.6.2012 – 1 W 16/12, juris: Pfälz. OLG v. 26.6.2013 – 3 W 41/13, FGPrax 2013, 276 = NotBZ 2014, 73. 4 Vgl. z.B. Einschränkung des Kandidatenkreises und relative Mehrheit im zweiten Wahlgang: Wahlordnung der Grünen Jugend Bundesverband mit Stand 23.5.2010 (Internet-Abruf): § 4 „(1) Gibt es für ein Amt nur eine Bewerberin/einen Bewerber, so ist mit Ja, Nein oder Enthaltung zu dieser Person abzustimmen. (2) Im ersten Wahlgang ist gewählt, wer die absolute Mehrheit, also mehr als die Hälfte der gültigen abgegebenen Stimmen erhält. Ist dies nicht der Fall wird ein zweiter Wahlgang durchgeführt. Am zweiten Wahlgang dürfen nur BewerberInnen teilnehmen, die auch an dem ersten Wahlgang teilgenommen haben. (3) Die Person ist im zweiten Wahlgang gewählt, wenn mehr Ja- als Neinstimmen abgegeben werden.“ 5 Schl.-Holst. OLG v. 12.1.2005 – 2 W 308/04, NotBZ 2006, 326 = OLGR Schleswig 2005, 209 f. Der Umstand, dass die schlechter platzierten Bewerber von sich aus nicht mehr angetreten sind, müsste aus dem Protokoll oder sonst belegt sein.
Stöber/Otto | 521
1032
XV. Rz. 1032 | Abstimmungen, Wahlen, Beschlüsse
die Satzung auch anordnen, dass das Los oder die Stimme des Vorsitzenden, das Lebensalter der Bewerber usw. entscheidet (s. Rz. 993).
3. Stimmrechtsausübung in Sonderfällen a) Minderjährige 1033
Ein beschränkt geschäftsfähiger Minderjähriger bedarf zur Stimmabgabe in einer Mitgliederversammlung der Einwilligung (vorherigen Zustimmung, § 183 BGB) seines gesetzlichen Vertreters1 (§ 107 BGB). „Nur rechtlich vorteilhaft“ (§ 107 BGB) wird die Stimmabgabe nie sein. Denn in eigener Angelegenheit ist der Minderjährige ohnehin nicht stimmberechtigt (§ 34 BGB); dass aber sonst ein Versammlungsbeschluss Mitgliederrechte oder die Rechtsstellung des Minderjährigen lediglich verbessern könnte oder doch für ihn absolut folgenlos wäre, wird kaum einmal angenommen werden können.
1034
Stimmt der Minderjährige mit Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters ab, so ist die Stimmabgabe wirksam, wenn er die Einwilligung in schriftlicher Form vorlegt oder der Leiter der Versammlung die Stimmabgabe nicht sofort (wirksam) zurückweist (§ 111 S. 2 BGB, entspr. Anwendung). Unwirksam ist die Stimmabgabe des Minderjährigen ohne die erforderliche Einwilligung des gesetzlichen Vertreters2 (§ 111 S. 1 BGB, entspr. Anwendung), ebenso seine Stimmabgabe mit Einwilligung des gesetzlichen Vertreters, wenn diese Einwilligung nicht in schriftlicher Form vorgelegt wird und der Leiter der Versammlung die Stimmabgabe aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist.3 Die Zurückweisung wiederum ist ausgeschlossen, wenn der gesetzliche Vertreter den Verein vorher von der Einwilligung in Kenntnis gesetzt hatte (§ 111 S. 3 BGB, entspr. Anwendung); Nachricht an ein Mitglied des Vorstands genügt (§ 26 Abs. 2 BGB). In der Regel wird in der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters zum Vereinsbeitritt auch die im Voraus erklärte Einwilligung zu allen Handlungen liegen, die der Minderjährige in Ausübung der Mitgliedsrechte vornimmt4 (gesetzliche Regelung für Betrieb eines Erwerbsgeschäfts in § 112 BGB und für ein Dienst- oder Arbeitsverhältnis in § 113 BGB). Der Minderjährige kann dann an den Abstimmungen in Mitgliederversammlungen persönlich teilnehmen. Ausdrückliche Vorbehalte und – erst ab ihrer Bekanntgabe an den Verein wirkende – spätere Einschränkungen sind möglich.5
1 2 3 4
Hadding in Soergel, Rz. 26, je zu § 32; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 345. Ebenso Hadding in Soergel, Rz. 26 zu § 32. Ebenso Hadding in Soergel, Rz. 26 zu § 32. KG OLG 15, 324; MünchKomm/BGB/Leuschner, Rz. 40; Hadding in Soergel, Rz. 26, je zu § 32; Schwennicke in Staudinger, Rz. 88 zu § 32 und Rz. 99 zu § 38; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 345; Rauschert, RdJ 1962, 263; noch weitergehend Reichert, RdJ 1971, 234; mit Einschränkung auch Steffen in BGB-RGRK, Rz. 10 zu § 32; Hamelbeck, NJW 1962, 723; a.A. Braun, NJW 1962, 92. 5 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1386; Steffen in BGB-RGRK, Rz. 10 zu § 3.
522 | Stöber/Otto
3. Stimmrechtsausübung in Sonderfällen | Rz. 1037 XV.
Der gesetzliche Vertreter des Minderjährigen kann dessen Mitgliederrechte selbst wahrnehmen, für den Minderjährigen daher bei der Beschlussfassung (Abstimmung) auch selbst mitwirken.1 Unerheblich hierfür ist, ob der Minderjährige selbst stimmberechtigt wäre oder nicht. In der Teilnahme des gesetzlichen Vertreters liegt dann zugleich der Entzug seiner Einwilligung in die Wahrnehmung des Rechts durch den Minderjährigen selbst. Dieser kann dann nur noch teilnehmen, soweit Gäste zugelassen sind.
1035
Die Satzung kann das Stimmrecht des Minderjährigen – desgleichen auch sein und seines gesetzlichen Vertreters Recht auf Versammlungsteilnahme – abweichend regeln (§ 40 BGB). Das empfiehlt sich zur Klarstellung und Schaffung leicht feststellbarer Mitgliederrechte des Minderjährigen und gewährleistet dem Verein mit minderjährigen Mitgliedern Rechtssicherheit bei seiner Beschlussfassung. Denkbar ist ein Teilnahmerecht für Minderjährige ohne Stimmrecht, kombiniert mit stimmberechtigter Teilnahme eines gesetzlichen Vertreters, oder ein Teilnahme- und Stimmrecht nur des Vertreters oder nur des Minderjährigen, wozu die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters vorliegen muss. Die Satzung kann aber auch die Stimmberechtigung an sonstige bestimmte Voraussetzungen knüpfen und anordnen, dass das Stimmrecht jedem Mitglied von einem bestimmten Lebensalter (z.B. vom 16. Lebensjahr) an zusteht. Zu einer solchen Regelung muss der gesetzliche Vertreter zustimmen. Da in der Regel bei Elternteile gemeinsam gesetzlich vertreten, ist eine (wohl in der Praxis oft stillschweigende) Vereinbarung schon anlässlich des Beitritts sinnvoll, dass die Zustimmung eines gesetzlichen Vertreters genügen soll (gegenseitige Bevollmächtigung der gesetzlichen Vertreter bzw. Blankozustimmung des in der Versammlung Abwesenden).
1036
Satzungsregelung zur Stimmausübung des minderjährigen Mitglieds „Mit der Anmeldung des Minderjährigen zur Mitgliederversammlung geben die gesetzlichen Vertreter an, ob in dessen Stimmabgabe in der Versammlung vorab eingewilligt wird. Alternativ bestimmen sie einen von sich als Stimmrechtsvertreter. Minderjährige, für die bis Eröffnung der Versammlung keine derartige Erklärung vorliegt, haben kein Stimmrecht. b) Der Betreute Ein Betreuter (Rz. 27, 289 ff.), der nicht nach § 104 Nr. 2 BGB geschäftsunfähig ist, kann seine Mitgliedsrechte wahrnehmen, also selbst abstimmen. Bedarf er zur Stimmabgabe als Willenserklärung der Einwilligung des Betreuers (Einwilligungsvorbehalt, § 1903 Abs. 1 BGB), so gilt u.a. § 111 BGB entsprechend (§ 1903 Abs. 1 S. 2 BGB); sein Stimmrecht ist damit ebenso wie das des Minderjährigen eingeschränkt (wie Rz. 1033 ff.). 1 Ebenso Hadding in Soergel, Rz. 26 zu § 32; Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1386 (sofern die Satzung das nicht untersagt); Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 345. A.A. Steffen in BGB-RGRK, Rz. 10 zu § 32: Abstimmung durch gesetzlichen Vertreter, der dem Verein nicht selbst angehört, nur, wenn die Satzung dies ausdrücklich zulässt oder seine Teilnahme von allen Vereinsmitgliedern geduldet wird.
Stöber/Otto | 523
1037
XV. Rz. 1038 | Abstimmungen, Wahlen, Beschlüsse
c) Der Geschäftsunfähige 1038
Ein Geschäftsunfähiger (§ 104 BGB) kann selbst nicht abstimmen. Stimmabgabe durch ihn ist nichtig. Wenn sein Stimmrecht nach der Satzung nicht ausgeschlossen ist, wird es von seinem gesetzlichen Vertreter wahrgenommen. d) Juristische Personen des Privatrechts, Personengesellschaften
1039
Eine juristische Person (Rz. 292) übt ihre Mitgliederrechte durch ihr Vertretungsorgan aus1, eine Personengesellschaft nimmt ihre Mitgliederrechte durch ihre vertretenden Gesellschafter wahr.2
1040
Die gesetzliche Vertretungsregeln sind für: – Offene Handelsgesellschaft § 125 Abs. 1 HGB. Es vertritt jeder Gesellschafter (einzeln), sofern er nicht durch den Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen ist. Der Gesellschaftsvertrag kann abweichende Regelung (insbes. Gesamtvertretung) vorsehen (§ 125 Abs. 2, 3 HGB). Schutz des Vertrauens auf die in das Handelsregister eingetragenen Vertretungsverhältnisse (§ 125 Abs. 4 HGB) gewährleistet § 15 HGB; – Kommanditgesellschaft (auch GmbH & Co KG) § 161 mit § 125 und § 170 HGB. Es vertritt jeder persönlich haftende Gesellschafter (einzeln oder nach anderer Bestimmung des Gesellschaftsvertrags). Kommanditisten sind von der Vertretung ausgeschlossen; – Partnerschaft § 7 Abs. 3 PartGG mit § 125 Abs. 1 und 2 HGB. Es vertritt jeder Partner (einzeln), sofern er nicht durch den Partnerschaftsvertrag ausgeschlossen ist. Der Partnerschaftsvertrag kann abweichende Regelung (insbesondere Gesamtvertretung) vorsehen (§ 7 Abs. 3 PartGG mit § 125 Abs. 2 HGB). Schutz des Vertrauens auf die in das Partnerschaftsregister eingetragenen Vertretungsverhältnisse: § 5 Abs. 2 PartGG mit § 15 HGB; – Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) Art. 20 EWG-VO, Amtsblatt der Europ. Gemeinschaften Nr. L 199 v. 31.7.1985, S. 1. Vertreten wird die EWIV durch den Geschäftsführer, wenn es mehrere sind (und der Gründungsvertrag keine abweichende Bestimmung trifft), durch einen jeden der Geschäftsführer; – BGB-Gesellschaft § 714 mit §§ 709, 710 BGB. Es vertreten die Gesellschafter gemeinschaftlich oder nach anderer Bestimmung im Gesellschaftsvertrag; – nicht eingetragener Verein s. Rz. 1775; – Aktiengesellschaft § 78 Abs. 1 AktG (ebenso SE). Es vertritt der Vorstand (auch Stellvertreter, § 94 AktG), mehrere Vorstandsmitglieder vertreten nach Bestimmung der Satzung oder gemeinschaftlich (§ 78 Abs. 2 und 3 AktG);
1 OLG Hamm v. 8.2.1990 – 15 W 37/90, NJW-RR 1990, 532 = OLGZ 1990, 257 (260). 2 OLG Hamm v. 8.2.1990 – 15 W 37/90, NJW-RR 1990, 532 = OLGZ 1990, 257 (260).
524 | Stöber/Otto
3. Stimmrechtsausübung in Sonderfällen | Rz. 1043 XV.
– Aktienkommanditgesellschaft § 278 Abs. 2 AktG. Vertretung erfolgt durch jeden persönlich haftenden Gesellschafter einzeln. Abweichende Regelung kann der Gesellschaftsvertrag nach § 125 Abs. 2, 3 HGB bestimmen; – Gesellschaft mbH § 35 Abs. 1 GmbHG. Es vertreten Geschäftsführer (auch Stellvertreter, § 44 GmbHG) nach Bestimmung der Satzung (oder mehrere gemeinschaftlich) (§ 35 Abs. 1, 2 GmbHG); – Genossenschaft § 24 Abs. 1 GenG. Es vertritt der Vorstand (auch Stellvertreter, § 35 GenG); mehrere Vorstandsmitglieder vertreten nach Bestimmung der Satzung oder gemeinschaftlich; – Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit § 34 Abs. 1 VAG mit § 78 AktG. Es vertritt der Vorstand, mehrere Vorstandsmitglieder vertreten nach Bestimmung der Satzung oder gemeinschaftlich; – (privatrechtliche) Stiftung § 86 mit § 26 BGB. Es vertritt der Vorstand. Gesellschaftsvertrag oder Satzung können eine organschaftliche Vertretung durch ein Mitglied des Vorstands (von mehreren) bzw. einen Geschäftsführer bzw. persönlich haftenden Gesellschafter (von mehreren) zusammen mit einem Prokuristen bestimmen.1 Abgesehen von diesem Fall der unechten Gesamtvertretung ist der Prokurist rechtsgeschäftlich bevollmächtigt (§ 48 HGB). Er ist daher Dritter im Sinne des § 38 Satz 22 und kann den Verein nur vertreten, wenn die Satzung Bevollmächtigte zulässt. Der Prokurist hat Vertretungsmacht bei allen Arten von Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb des Handelsgewerbes mit sich bringt. Dazu gehört bei den Handelsgesellschaften regelmäßig die Wahrnehmung ihrer Rechte aus einer Vereinsmitgliedschaft. Beim Einzelkaufmann hingegen kann es auf die Zielsetzung und Tätigkeit des konkreten Vereins, vorsorglich sollte hier immer mit einer Vollmacht gearbeitet werden.
1041
Nach Auflösung sind die Liquidatoren (Abwickler) gesetzliche Vertreter der Handelsgesellschaften oder Genossenschaft. Die Wahrnehmung der Mitgliedschaftsrechte wird man regelmäßig als Teil ihrer Abwicklungsaufgabe ansehen.
1042
Eine Übertragung des Stimmrechts auf eine andere, gesetzlich nicht zur Vertretung zuständige Person (Abstimmung durch einen bevollmächtigten Vertreter) wurde in der Vergangenheit zumeist als Stimmrechtsübertragung nach § 38 S. 2 BGB ausgeschlossen angesehen.3 Heute wird man das richtigerweise anders sehen (Rz. 884). Klarer ist es allerdings, wenn die Vereinssatzung die Vertretung durch andere Personen als die Vorstandsmitglieder (bzw. das Vertretungsorgan der jeweiligen Juristischen Person) ausdrücklich regelt.4
1043
1 BGHZ 13, 61 (64); BGHZ 62, 166 (170). 2 OLG Hamm v. 8.2.1990 – 15 W 37/90, NJW-RR 1990, 532 = OLGZ 1990, 257 (260). 3 OLG Hamm v. 8.2.1990 – 15 W 37/90, NJW-RR 1990, 532 = OLGZ 1990, 257 (260); a.A. Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 199. 4 LG Düsseldorf v. 12.8.2014 – 1O 307/13, juris.
Stöber/Otto | 525
XV. Rz. 1044 | Abstimmungen, Wahlen, Beschlüsse 1044
Die Satzung kann vorsehen, dass nur ein Vorstandsmitglied (bzw. Mitglied des Vertretungsorgans) für das Mitglied teilnimmt, selbst wenn nach dessen Statuten Gesamtvertretung besteht.1 Der teilnehmende gesetzliche Vertreter muss dann sein Vertretungsrecht durch Ermächtigung sicherstellen (beachte § 174 BGB). e) Bund, Länder, Gemeinden usw.
1045
Die Vertretung des Bundes, eines Landes, eines Landkreises, einer Gemeinde oder einer sonstigen Körperschaft des öffentlichen Rechts bestimmt sich nach vielfältigen bundes- und landesrechtlichen Einzelvorschriften.2 Mitgliedsrechte in Vereinen werden für Körperschaften des Bundes oder eines Landes und andere Körperschaften des öffentlichen Rechts oft jedoch nicht unmittelbar von dem gesetzlichen Vertretungsorgan, sondern durch einen beauftragten Behördenvertreter wahrgenommen. Die Bestellung dieses im Auftrag des Vertretungsorgans handelnden Behördenvertreters wird häufig als Organisationsmaßnahme der Behörde gewertet, die keine Stimmrechtsübertragung (Rz. 1043) darstellen soll.3 Fehlt eine ausdrückliche Regelung der Stimmrechtsübertragung in der Satzung, mag man das in großzügiger Auslegung der Satzung und mit Rücksicht auf die Vereinsübung für zulässig erachten – z.B. wenn schon an der Vereinsgründung die Beauftragten teilgenommen haben.4 Zur – mE übertragbaren – neueren Rechtsentwicklung zur Vertretung juristischer Personen in der Eigentümerversammlung nach Wohnungseigentumsgesetz Rz. 884. f) Mehrfachstimmrecht
1046
Ob eine juristische Person oder Personengesellschaft, der als Mitglied mehrere Stimmen zustehen, durch einen oder verschiedene Vertreter nur einheitlich abstimmen kann oder ob ihre Stimmabgabe uneinheitlich (teils Zustimmung, teils Ablehnung, teils Enthaltung) erfolgen kann, ist streitig.5 Da auch eine juristische Person oder Personenhandelsgesellschaft nur einheitlich vertreten werden kann, ist daran festzuhalten, dass sie nicht mit einem Teil der Stimmen für und mit einem Teil der Stimmen gegen einen Antrag stimmen kann (vgl. auch Rz. 976). Abweichendes kann nur gelten, wenn die Satzung eine andere Regelung (ausdrücklich) trifft (§§ 32, 40 BGB).
1 2 3 4 5
Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1459. S. hierzu Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rz. 3656–3679. Vgl. noch 9. Aufl., Rz. 578. Wohl enger Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1389/1390. Für einheitliche Stimmabgabe: Hadding in Soergel, Rz. 24; Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1451 (anders bei unterschiedlichen Vollmachtgebern, Rz. 1481); Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 200; a.A. Steffen in BGB-RGRK, § 32 Rz. 11 („aus besonderen Gründen“); Ellenberger in Palandt, § 32 Rz. 8; s. außerdem RG 118, 67; 137, 305; 157, 57.
526 | Stöber/Otto
4. Unwirksame (nichtige) Beschlüsse | Rz. 1048 XV.
4. Unwirksame (nichtige) Beschlüsse a) Grundsatz Es gibt im Vereinsrecht nach einem apodiktischen Satz der Rechtsprechung nur gültige oder ungültige, aber keine anfechtbaren Beschlüsse.1 Der BGH begründet dies mit einer Rücksichtnahme auf die geringeren Förmlichkeiten des Vereinsrechts, das gerade nicht zwischen rechtsgestaltender Beschlussanfechtung und deklaratorischer Feststellung der Nichtigkeit unterscheidet.2 Die Differenzierung insbesondere des Aktienrechts gilt als primär erforderlich zum Schutz Dritter, der für den Verein als weniger maßgeblich angesehen wird.3 Die §§ 241 ff. AktG oder § 51 GenG sollen daher nach der Rechtsprechung auch analog nicht zur Anwendung kommen.4 Der Gesetzgeber5 hatte den Verein mit insgesamt überschaubaren Verhältnissen und geringem Vermögen im Auge, weshalb der Rechtsschutz bei fehlerhaften Beschlüssen vorrangig unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der Vereinsminderheit gesehen wurde. Insofern wäre ungeachtet der Art des Fehlers jeder Beschluss ungültig, der gegen Verfahrensvorschriften oder materielle Bestimmungen des Gesetzes oder gegenüber dem Beschluss höherrangige Vereinsregelungen verstößt. Die Literatur streitet hingegen seit Längerem für eine analoge Anwendung der §§ 241 ff AktG.6
1047
Dieses für die Rechtssicherheit problematische Ergebnis – unter anderem kann die Nichtigkeit noch nach Jahren festgestellt werden7 –wird in der Praxis abgeschwächt bzw. durchbrochen:
1048
– Dienen (Verfahrens-)Bestimmungen dem individuellen Schutz einzelner Mitglieder oder Mitgliedergruppen und rügen sie den Beschluss nicht in angemessener Zeit nach Kenntnisnahme (man kann hier die für eine Klage angenommenen Fristen heranziehen, dazu Rz. 1060), kann von einer Genehmigung der Beschlussfas1 BGH v. 26.5.1975 – II ZR 34/74, LM Nr. 6 zu § 32 BGB m.w.N. Kritisch insbesondere Schmidt, AG 1977, 243, 250 f. Anders das im Jahr 2002 reformierte Vereinsrecht in Österreich (§ 7 österr. VerG). Insgesamt auch zum Nachfolgenden: jurisPK-BGB/Otto, § 32 Rz. 80 ff. 2 BGH v. 2.7.2007 – II ZR 111/05, MDR 2007, 1446 = NJW 2008, 69 = Rpfleger 2008, 79 = WM 2007, 1932 = ZIP 2007, 1942. 3 Schmidt, AG 1977, 205, 209. 4 BGHZ 59, 369 = NJW 1973, 235; BGH MDR 1976, 28 = NJW 1975, 2101; BGH v. 1.7.1994 – BLw 17/94, BGHZ 126, 335 (338) = NJW 1994, 349; BayObLG v. 13.12.2000 – 3Z BR 340/00, NJW-RR 2001, 537 (538); KG MDR 1971, 1006 = OLGZ 1971, 480 = Rpfleger 1971, 396; OLG Hamm v. 10.6.1996 – 8 U 150/95, NJW-RR 1997, 989; LG Frankfurt LG Frankfurt/M. v. 6.2.1997 – 2723 O 374/96, NJW-RR 1998, 396. 5 Morgenroth, ZStV 2014, 180 weist zur Ablehnung einer Analogie zu §§ 241 ff. AktG darauf hin, dass der Gesetzgeber der kleinen Vereinsrechtsreform vom 24.9.2009 (BGBl. I, S. 3145) das Thema gerade nicht aufgegriffen hat. Für die analoge Anwendung der §§ 241 ff AktG u.a. MünchKommBGB/Leuschner, § 32, 64. 6 Koch, Gutachten F 72 DJT, 2018, Seite 93 f.; MünchKomm/Leuschner § 32 Rz. 58–65; Segna NZG 2002, 1048, 1053; abl. Mülbert, NJW 2018, 2771, weitere Nachweise zum Meinungsstand bei Fluck, fehlerhafte Vereinsbeschlüsse S. 55 ff. 7 Vgl. etwa zur „Spengkraft“ in zeitlicher Hinsicht Stallmann ZEV 2017, 607, 609.
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XV. Rz. 1048 | Abstimmungen, Wahlen, Beschlüsse
sung ausgegangen werden. Es muss um Bestimmungen gehen, die über den Schutz des betroffenen Mitglieds hinaus gerade kein übergeordnetes Interesse verfolgen. Insbesondere die einwandfreie Willensbildung der Mitgliederversammlung liegt in diesem Sinne jedoch nicht nur im Interesse eines einzelnen fehlerhaft geladenen oder in seinem Rederecht beschnittenen1 Mitglieds. – Verfahrensfehler bleiben unbeachtlich, wenn sie für die gefassten Beschlüsse nicht relevant waren. Das lässt noch weitere Ausnahmen zu als das früher angenommene Kriterium der Kausalität des Fehlers für das Abstimmungsergebnis. Es ist demnach für die Beschlusswirksamkeit zu fragen, ob ein objektiv urteilendes Mitglied bei richtiger Handhabung zu einer anderen Entscheidung (bei einem Ladungsfehler auch über seine Versammlungsteilnahme) gelangt sein könnte,2 bei Fehlern im Wahlverfahren, ob die korrekte Durchführung zu einem anderen Ergebnis führen konnte.3 Das geht allerdings nicht so weit, dass etwa die Teilnehmer über den hypothetischen Verlauf einer Versammlung anzuhören wären, wenn die Rederechte unzulässig verkürzt waren.4 Nach einer in der Literatur vertretenen neueren Systematik soll die Nichtigkeit als Fehlerfolge auf Beschlussmängel beschränkt sein, die eine Verletzung überindividueller Interessen oder allgemeiner Grundsätze der Rechtsgeschäftslehre bzw. von § 32 Abs. 1 Satz 2 BGB darstellen.5 Alle anderen Beschlussmängel werden ausschließlich als Verletzung von Vereinsbinnenrecht behandelt und führen als Pflichtverletzung im Mitgliedschaftsverhältnis (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 249 Abs. 1 BGB) bzw. Verletzung des Mitgliedschaftsrechts (§§ 823 Abs. 1, 249 BGB, §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB) zu einem Beseitigungs- (Aufhebungs-) Anspruch gegen den Verein, der auch in einem Anspruch gegen den Vorstand zum Ausdruck komme, nicht nur die Ausführung fehlerhafter Beschlüsse zu unterlassen, sondern als Geschäftsführungsorgan auch den Versammlungsbeschluss zu korrigieren, mithin einen „Rechtschein aus fehlerhafter Beschlussfeststellung“ zu beseitigen“.6 Das Konzept führt hinsichtlich der Fehlerfolgen im praktischen Ergebnis zu relativ ähnlichen Ergebnissen wie die Rechtsprechung (Einführung von Fristen, Rügeobliegenheit etc), ohne Abgrenzungsprobleme ganz aufzulösen. So sind mit der Verstärkung des § 32 Abs. 1 Satz 2 BGB wohl gemeint, dass Kernanforderungen an Ladung und Ankündigung der Beschlussthemen absolut gelten sollen. Genau deren Reichweite ergibt sich aber erst nach Auslegung und Verstöße können im Einzelfall (fehlende Rüge) weniger bedeutsam sein. Hinsichtlich des Verfahrens entspricht es zwar allgemeinem Verständnis, dass der Vorstand erkannt unwirksame Beschlüsse nicht ausführen darf. Ihm fehlt aber die Kompetenz, dies generell mit Wirkung für alle Mitglieder festzustellen. Vorrangigkeit eines Schiedsverfahrens. 1 Dazu jüngst KG Berlin v. 23.12.2019 – 22 W 92/17. 2 BGH v. 2.7.2007 – II ZR 111/05, MDR 2007, 1446 = ZIP 2007, 1942 ff.; etwas enger OLG Hamm v. 18.12.2013 – 8 U 20/13, MDR 2014, 482 = ZStV 2014, 179 m. abl. Anm. Morgenroth. 3 OLG Rostock v. 25.6.2012 – 1 W 16/12, juris. 4 KG Berlin v. 23.12.2019 – 22 W 92/17, juris. 5 Fluck, npoR 2018, 202, 205. 6 Fluck, npoR 2018, 202, 207; zu § 823 Abs. 1 BGB Fluck, fehlerhafte Vereinsbeschlüsse, 2017, 100 ff.
528 | Stöber/Otto
4. Unwirksame (nichtige) Beschlüsse | Rz. 1051 XV.
b) Fälle der Nichtigkeit Eine wirksame Beschlussfassung setzt die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften und die Beachtung der Satzungsbestimmungen des Vereins voraus. Beschlüsse, die unter Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften oder zwingende Satzungsbestimmungen gefasst sind, sind im Ausgangspunkt nichtig. Als Beschluss nichtig sein kann auch die Ablehnung eines Beschlussantrags mit Mehrheit oder infolge Stimmengleichheit.1
1049
Die Nichtigkeit kann sich aus dem Verstoß gegen eine Bestimmung ergeben, die das Zustandekommen des Beschlusses regelt (Verfahrensvorschrift, Einberufungsmangel, Festlegung des Abstimmungsergebnisses); es kann aber auch der Inhalt des Beschlusses unzulässig sein (Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, gegen die guten Sitten usw., §§ 134, 138 BGB). Der bewusste Regelverstoß ist im Zweifel weniger zu halten als ein unabsichtlicher Verfahrensfehler.2
1050
Als nichtig angesehen wurden Vereinsbeschlüsse beispielsweise, wenn
1051
– die Versammlung durch einen Unbefugten einberufen worden ist3, – nicht alle Versammlungsmitglieder ordnungsgemäß, d.h. in der nach der Satzung bestimmten Form4 und Frist, geladen worden sind5, das gilt mit Rücksicht auf die Abwesenden auch dann, wenn alle Anwesenden einstimmig abgestimmt oder gewählt haben,6 – in der Einladung der Gegenstand der Beschlussfassung nicht7 oder nicht ausreichend bezeichnet war8, – die Versammlung nach der Satzung nicht beschlussfähig war9 (Rz. 959), – sie in einer Mitgliederversammlung gefasst wurden, die auf Grund einer nicht durch die Satzung zugelassenen Eventualeinberufung stattfand10 (s. Rz. 962 f.), – bei Einberufung einer weiteren Versammlung nicht darauf hingewiesen worden ist, dass es sich um eine Versammlung mit geringeren Anforderungen an ihre Beschlussfähigkeit handelt (Rz. 855). Wenn bei der Wiederholungsversammlung die 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
BGH v. 20.1.1986 – II ZR 73/85, BGHZ 97, 28 = MDR 1986, 562 (30). Burhoff, Rz. 234. BGHZ 18, 334 = NJW 1995, 1917; BayObLG 1989, 298 (305) m.w.N. AG Elmshorn v. 21.8.2000 – 52 C 79/00, NJW-RR 2001, 25. BayObLG 1988, 170 (177); BayObLG v. 10.7.1996 – 3Z BR 78/96, NJW-RR 1997, 289; OLG Hamm Rpfleger 1966, 177; Schl.-Holst. OLG NJW 1960, 1862; auch BayObLG v. 18.9.2002 – 3Z BR 148/02, NJW-RR 2002, 1612 (1613) = Rpfleger 2003, 90. LG Düsseldorf v. 28.2.2012 – 6 O 357/11 (unwirksame Wahl zum Bundesvorsitzenden der Zentrumspartei). Pfälz. OLG v. 19.12.2001 – 3 W 272/01, NJW-RR 2002, 829 (LS) = NotBZ 2002, 343 = Rpfleger 2002, 315 (Mitgliederausschluss); LG Frankfurt LG Frankfurt/M. v. 16.9.1983 – 2/2 O 573/82, ZIP 1983, 1336. KG JW 1934, 2126. BGH v. 1.7.1994 – BLw 17/94, BGHZ 126, 335 = MDR 1995, 429 (338) = NJW 1994, 349. BayObLG v. 18.9.2002 – 3Z BR 148/02, NJW-RR 2002, 1612 (1613) = Rpfleger 2003, 90.
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XV. Rz. 1051 | Abstimmungen, Wahlen, Beschlüsse
Beschlussfähigkeit für eine Erstversammlung erreicht ist, begründet der unterbliebene Hinweis jedoch keinen Einberufungsmangel, der Ungültigkeit des Beschlusses zur Folge haben könnte1, – ein Teil der Mitglieder an der Versammlung nicht teilnehmen konnte, wie bei Wahl eines zu kleinen Versammlungsraums (vgl. Rz. 851)2, unangebrachten Ordnungsmaßnahmen (Rz. 903) oder unbegründeter Abweisung bei Einlasskontrolle, – die Redezeit schon anfänglich auf nur eine Minute begrenzt wurde,3 – sie dem Grundsatz der Gleichbehandlung (vgl. Rz. 897) widersprechen, – sie gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB), die guten Sitten (§ 138 BGB) oder sonst gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) verstoßen, – sie ein unentziehbares Sonderrecht (§ 35 BGB) beeinträchtigen4, – eine Delegiertenversammlung beschlossen hat, deren Aufgaben und Zusammensetzung nicht ordnungsgemäß in der Satzung geregelt sind.5 c) Einschränkung in besonderen Fällen 1052
Die Unwirksamkeit eines Beschlusses kann aus besonderen Gründen entfallen (Rz. 1017). Denn die Willensbildung und -betätigung innerhalb des Vereins, aber auch dessen Rechtsbeziehungen nach außen, wären mit unerträglichen Unsicherheiten belastet, wenn jedes Vereinsmitglied und sogar jeder Fremde wegen irgendeines Gesetzes- oder Satzungsverstoßes ohne Rücksicht auf dessen Schwere und die Bedeutung der Angelegenheit die Nichtigkeit eines Beschlusses ausnahmslos und zeitlich unbegrenzt geltend machen könnte. Im Einzelfall müssen daher Einwendungen, denen kein echtes Schutzbedürfnis zugrunde liegt, hinter das beachtliche Interesse der Mitgliedergesamtheit zurücktreten, das für ein geordnetes Vereinsleben unerlässliche grundsätzliche Vertrauen auf den Bestand von Versammlungsbeschlüssen nicht unnötig gestört zu sehen.6
1053
Als gültig anzusehen sein kann im Einzelfall ein Beschluss trotz Mitwirkung nicht stimmberechtigter Personen, wenn der Verein zur Überzeugung des Gerichts darlegt, dass der Beschluss nicht auf der unberechtigten Stimmabgabe beruht. Ein Satzungsverstoß bei Abstimmung kann ebenso als unerheblich zu behandeln sein, wenn klar zutage liegt (bewiesen ist), dass der Beschluss auch ohne den Verstoß in gleicher Weise zustande gekommen wäre, wenn somit bei vernünftiger Beurteilung unter keinen
1 OLG Frankfurt v. 15.10.1982 – 20 W 626/82, OLGZ 1983, 29 = Rpfleger 1983, 22 (für WEVersammlung). 2 Schwennicke in Staudinger, Rz. 47 zu § 32. 3 KG v. 23.12.2019 – 22 W 92/17, juris. 4 Vgl. – für Genossenschaft – BGHZ 15, 177 = LM Nr. 2 zu § 51 GenG (LS) mit Anm. Fischer = NJW 1955, 178. 5 LG Frankfurt/M. v. 16.9.1983 – 2/2 O 573/82, ZIP 1983, 1336. 6 BGHZ 59, 369.
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4. Unwirksame (nichtige) Beschlüsse | Rz. 1055 XV.
Umständen in Betracht kommt, dass der Mangel das Ergebnis beeinflussen konnte.1 Bei Verstoß gegen bloße Schutzvorschriften zugunsten von Mitgliedern kann der Beschlussmangel als geheilt zu betrachten sein, wenn sich kein Mitglied auf die verletzte Bestimmung beruft oder wenn ein betroffenes Mitglied nicht alsbald (s. Rz. 1060) nach Kenntnis der Gültigkeit der gefassten Beschlüsse und Wahlen widerspricht.2 Einwendungen sind gegenüber dem Vereinsvorstand zu erklären; sie können aber auch gegenüber dem Registergericht ausgesprochen werden.3 Nichteinladung stimmberechtigter Mitglieder zu einer Versammlung bedeutet einen besonders schwerwiegenden Verstoß gegen tragende Grundsätze des Vereinsrechts, der in der Regel zur Nichtigkeit des Beschlusses (der Wahl) führt.4 Etwas anderes gilt, wenn tatsächlich alle Mitglieder erschienen sind und der Durchführung der Versammlung nicht widersprochen haben5, ebenso dann, wenn ein nicht eingeladenes Mitglied erschienen ist und sich ausdrücklich oder stillschweigend (z.B. durch widerspruchslose Teilnahme an den Abstimmungen) mit der Beschlussfassung einverstanden erklärt hat.6 Bei einem großen Verein mit zahlreichen Mitgliedern kann es hinzunehmen sein, wenn die satzungsmäßig vorgesehene schriftliche Einladung versehentlich wenigen einzelnen Mitgliedern nicht zugesandt wurde (s. Rz. 843). Auch nicht stimmberechtigte Mitglieder sind in aller Regel teilnahmeberechtigt (s. Rz. 878) und dann auch zu laden.7
1054
Trotz Nichteinladung von Mitgliedern und bei sonstigen Einberufungsmängeln kann ein Vereinsbeschluss (eine Wahl) wirksam sein, wenn der Verein belegt, dass der Be-
1055
1 BayObLG v. 13.12.2000 – 3Z BR 340/00, NJW-RR 2001, 537 (538) m.N. 2 Hadding in Soergel, Rz. 18 zu § 32; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 213, 214; OLG München v. 11.5.2015 – 31 Wx 123/15, juris; OLG Hamburg v. 27.8.2009 – 6 U 38/08, juris Rz. 54; s. auch KG Rpfleger 1971, 396 f. 3 KG OLGZ 1971, 480 = MDR 1971, 1006 = Rpfleger 1971, 396 f. 4 OLG Hamm v. 20.11.2019 – 27 W 76/19, juris; BGHZ 59, 369; BayObLG v. 3.1.2000 – 20 T 50/99, NJW-RR 2000, 1308 (für Versammlung der Wohnungseigentümer); LG Düsseldorf v. 16.10.1986 – 25 T 833/86, Rpfleger 1987, 72; auch (für GmbH-Gesellschafterversammlung) BayObLG v. 28.8.1997 – 3Z BR 1/97, GmbHR 1997, 1002 = NJW-RR 1998, 1254. 5 BGHZ 59, 369. Dem dürfte Nichteinladung nur eines einzelnen Mitglieds gleichzustellen sein, wenn dieses Mitglied die Beschlussfassung unverzüglich genehmigt. S. als vergleichbaren Fall aus dem GmbH-Recht OLG Frankfurt v. 26.8.1983 – 20 W 528/83, GmbHR 1984, 99 = OLGZ 1984, 11 = MDR 1984, 236 = MittRhNotK 1984, 21 = Rpfleger 1984, 21. Noch weiter gehend (im Anschluss an BGHZ 59, 369 vertritt der BGH in BGH v. 10.10.1983 – II ZR 213/82, MDR 1984, 379 = DNotZ 1985, 85 = GmbHR 1984, 201 (202) für die – ähnlich wie ein Verein – auf eine unbegrenzte Vielzahl von Mitgliedern angelegte Publikumsgesellschaft (Kommanditgesellschaft) die Ansicht, dass eine Abstimmung nicht wirkungslos ist, wenn zwar ein Gesellschafter versehentlich nicht eingeladen worden ist, aber feststeht, dass dieser Fehler das Abstimmungsergebnis unter keinen Umständen beeinflusst haben kann. 6 S. OLG Karlsruhe v. 3.9.1997 – 1 U 126/97, GmbHR 1997, 1068 = NJW-RR 1998, 684; Fluck, fehlerhafte Vereinsbeschlüsse, S. 36. 7 Die Anforderungen an die Feststellung, dass die Nichtladung keine Ergebnisrelevanz hatte, sind hier aber reduziert, vgl. Roecken, MDR 2018, 1097 (1108).
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XV. Rz. 1055 | Abstimmungen, Wahlen, Beschlüsse
schluss nicht auf dem Mangel beruhen kann1, der Beschluss sonach auch ohne den Verstoß in gleicher Weise zustande gekommen wäre.2 Allein auf das zahlenmäßige Abstimmungsergebnis kann hier aber nicht abgestellt werden; auch die bloße Wahrscheinlichkeit des gleichen Ergebnisses genügt nicht. Es muss auch ausgeschlossen sein, dass bei ordnungsgemäßer Berufung die Willensbildung und das Abstimmungsverhalten der Mitglieder zu einem anderen Ergebnis geführt hätte, somit nicht (ordnungsgemäß) geladene Mitglieder mit Wortmeldungen und Beiträgen auf den Diskussionsverlauf und die Abstimmung einen Einfluss genommen hätten.3 Das ist unter Anlegung eines strengen Maßstabes zu würdigen.4 Wenn sich im Einzelfall nicht ausschließen lässt, dass nicht oder nicht ordnungsgemäß eingeladene Mitglieder, wären sie erschienen, die Stimmabgabe auch der anderen Mitglieder in einer dem tatsächlichen Ergebnis entgegengesetzten Richtung wesentlich beeinflusst hätten, ist Ursächlichkeit des Mangels für das Beschlussergebnis anzunehmen.5 Oft werden Feststellungen dazu nachträglich nicht mehr hinreichend getroffen werden können; dann ist im Regelfall davon auszugehen, dass Nichtladung eines Mitglieds, aber auch sonst nicht ordnungsgemäße Berufung den Versammlungsablauf so wesentlich berührt hat, dass sich der Fehler auf die Beschlussfassung ausgewirkt hat.6 Gleiches muss gelten, wenn ein Mitglied durch unbegründete Ordnungsmaßnahme (Rz. 894) von der Teilnahme an der Versammlung (insbesondere an einer Abstimmung) ausgeschlossen wurde.7 Für die Mitgliederversammlung einer politischen Partei, bei der Wahlkandidaten aufgestellt oder Delegierte gewählt werden, sieht das BVerfG8 nicht in jeder unterlassenen Einladung teilnahmeberechtigter Mitglieder schon einen wahlrechtlich relevanten Gesetzesverstoß. Es nimmt vielmehr einen die Gültigkeit der Wahl berührenden Verstoß (gegen Erfordernisse des BWahlG) nur an, wenn die Partei rechtlich mögliche und ihr zumutbare organisatorische Maßnahmen unterlassen hat, um teilnahmeberechtigte Mitglieder einzuladen, und wenn nach der Lebenserfahrung und nach den Umständen des Falles nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Verstoß Auswirkungen auf das Wahlergebnis hatte. 1056
Die Nichteinhaltung der Einberufungsfrist (Rz. 845) ist nur in besonderen Fällen unbeachtlich. Beschlussfähig ist grundsätzlich nur eine ordnungsgemäß berufene Mitgliederversammlung; das erfordert auch Wahrung der Einberufungsfrist.9 Ver1 BGHZ 59, 369; BayObLG v. 16.9.1996 – 9 W 110/96, NJW-RR 1997, 290; OLG Karlsruhe v. 3.9.1997 – 1 U 126/97, GmbHR 1997, 1068 = NJW-RR 1998, 684; s. auch BayObLG 1988, 170 (179) sowie (für Versammlung der Wohnungseigentümer) BayObLG NJW-RR 1990, 784 und 2002, 1308; teilw. noch a.A. RG JW 1912, 741; SeuffArch. 77 Nr. 53. 2 OLG Köln v. 16.8.2000 – 16 Wx 87/00, MDR 2001, 326 = NJW-RR 2001, 88 (89) für Versammlung der Wohnungseigentümer. 3 OLG Köln v. 16.8.2000 – 16 Wx 87/00, MDR 2001, 326 = NJW-RR 2001, 88. 4 OLG Köln v. 16.8.2000 – 16 Wx 87/00, MDR 2001, 326 = NJW-RR 2001, 88. 5 BGHZ 59, 369 = NJW 1973, 235; vgl. auch RG 110, 194 (196 ff.); 103, 6. 6 OLG Hamm v. 20.11.2019 – 27 W 76/19, juris; OLG Köln v. 16.8.2000 – 16 Wx 87/00, MDR 2001, 326 = NJW-RR 2001, 88; Pfälz. OLG v. 19.12.2001 – 3 W 272/01, NotBZ 2002, 343 = Rpfleger 2002, 315 (316). 7 BayObLG NJW-RR 2002, 1308. 8 BVerfG v. 20.10.1993 – 2 BvC 2/91, NJW 1994, 922. 9 KG Rpfleger 1971, 396.
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4. Unwirksame (nichtige) Beschlüsse | Rz. 1058 XV.
einsmitglieder können grundsätzlich erwarten, dass eine satzungsgemäß bestimmte und vom Berufungsorgan ohne Erschwernisse wahrnehmbare Frist, die ihnen Einstellung auf die Versammlungszeit und Vorbereitung auf den Versammlungsgegenstand ermöglichen soll, gewahrt wird. Zur Gültigkeit reicht nicht, dass die Einberufungsfrist nur geringfügig unterschritten wurde; es kann auch nicht bereits genügen, dass die Mitglieder nicht alsbald nach Kenntnis widersprochen haben. Allgemein gültige Kriterien lassen sich wegen der Verschiedenartigkeit der Vereine und unterschiedlichster Zusammensetzung ihres Mitgliederbestandes schwer bilden. Entscheidend ist, dass der Verein zur Überzeugung des Gerichts darlegt, dass der Beschluss nicht auf dem Mangel beruhen kann.1 Trotz Tendenzen in Rechtsprechung2 und Schrifttum3 sollte über die Einhaltung der Ladungsfrist nicht als minder wichtige Verfahrensvorschrift hinweggegangen werden. Wenn bei rechtzeitiger Berufung der Versammlung lediglich einem Mitglied4 oder nur einzelnen gegenüber die Frist nicht gewahrt wurde (verspäteter Zugang des Einladungsschreibens), kann der Berufungsmangel als geheilt angesehen werden, wenn keine Rüge erfolgt (wie Rz. 1053) oder eine Auswirkung auf die Mehrheitsverhältnisse auszuschließen ist.5 Behandelt die Mitgliederversammlung einen früher gefassten, unwirksamen Beschluss als gültig, wird er dadurch oder durch die Genehmigung eines Ergebnisprotokolls nicht geheilt. Erforderlich ist vielmehr eine wiederholte ordnungsgemäße Beschlussfassung.6 Wirksam werden kann ein Beschluss aber dadurch, dass er jahrelang widerspruchslos hingenommen und dem Leben des Vereins zugrunde gelegt wird. Denn hierin liegt eine stillschweigende Billigung.7 Dies gilt für einen (fehlerhaft zustande gekommenen) Satzungsänderungsbeschluss jedoch nur bei seiner Eintragung in das Vereinsregister (s. § 71 BGB).
1057
d) Geltendmachung von Beschlussmängeln Die Nichtigkeit eines fehlerhaften Versammlungsbeschlusses eines Vereins ist (mit den genannten Ausnahmen) kraft Gesetzes gegeben; sie muss nicht erst durch Anfechtung und Anfechtungsurteil geltend gemacht und festgestellt werden. Die Rechtsprechung und die folgende h.L. schränken das allerdings dahin ein, dass solche Verfahrensfehler nicht zur Nichtigkeit führen, die für das Ergebnis der Wahl oder Abstimmung nicht relevant waren. Auf die Nichtigkeit kann sich der Verein, jedes Ver-
1 OLG Karlsruhe v. 3.9.1997 – 1 U 126/97, GmbHR 1997, 1068 = NJW-RR 1998, 684; OLG München v. 11.5.2015 – 31 Wx 123/15, juris. 2 LG Bremen v. 10.5.1990 – 2 T 240/90, Rpfleger 1990, 466; LG Gießen v. 23.6.1998 – 7 T 278/98, Rpfleger 1998, 523. 3 Hadding in Soergel, Rz. 18 zu § 32; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 214. 4 In dem vom KG Rpfleger 1971, 396 entschiedenen Fall hatte das nicht rechtzeitig eingeladene Mitglied den Beschluss angefochten. 5 OLG München v. 11.5.2015 – 31 Wx 123/15, juris. 6 BGH v. 18.12.1967 – II ZR 211/65, BGHZ 49, 209–213. 7 BGHZ 16, 143 (150, 151); BGHZ 23, 122 (129); BGHZ 25, 311 (316) = NJW 1957, 1800 = LM Nr. 1 zu § 741 BGB (Ls.) mit Anm. Fischer.
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XV. Rz. 1058 | Abstimmungen, Wahlen, Beschlüsse
einsmitglied und jeder Beteiligte grundsätzlich jederzeit berufen. Die Nichtigkeit des Beschlusses einer Delegiertenversammlung kann von jedem (betroffenen) Vereinsmitglied geltend gemacht werden, nicht nur von einem der Delegierten1 (diese sind Stimmrechtsträger für Teilnahme an der Versammlung, nicht aber Vertreter der Vereinsmitglieder für Wahrnehmung der Mitgliederrechte). 1059
Die Nichtigkeit kann nach der h.M. mit Feststellungsklage nach § 256 ZPO2 gegen den Verein3 gerichtlich geltend gemacht werden.4 Eine Feststellungsklage gegen einzelne Vereinsmitglieder oder Organe hingegen wäre unzulässig.5 Das erforderliche Feststellungsinteresse wird allen Mitglieder und Organen des Vereins schon deshalb zugesprochen, weil ihnen bei Aufkommen ernstlicher Bedenken an einer Klärung des Vereinsrechts gelegen sein muss.6 Nichtmitgliedern fehlt es in aller Regel.7 Etwas anderes mag gelten, wenn ein Beschluss ausnahmsweise unmittelbare (Außen-)Wirkung hat. Das ist nicht der Fall, wenn ein Beschluss erst noch der Umsetzung durch das Vertretungsorgan bedarf.8 Selbständige Untergliederungen des Vereins können Beschlüsse der übergeordneten Einheit nicht beanstanden, wenn sie nicht deren Mitglieder sind.9 Die Mitgliedschaft muss zum Zeitpunkt der Beschlussfassung und bis zur Entscheidung des Gerichts bestehen (bzw. vom Kläger behauptet sein, wenn es
1 Enger Hadding in Soergel, Rz. 3 zu § 32; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 222 unter Hinweis auf RG 155, 21 (24). Eine dem § 51 GenG vergleichbare Bestimmung gibt es jedoch für den Verein nicht. Nichtigkeit eines Vereinsbeschlusses erfordert Anfechtung mit Klage nicht (so aber § 51 Abs. 1 GenG) und kann auch stets, mithin nicht nur unter den bestimmten Voraussetzungen des § 51 Abs. 2 GenG (wie z.B. nur durch jeden in der Generalversammlung erschienenen Genossen) geltend gemacht werden. Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1956 gibt dem Mitglied, das nicht Delegierter ist, nur dann ein Widerspruchsrecht, wenn es die Verletzung elementarer Rechtsgrundsätze rügt. 2 RG 85, 313. 3 LG Frankfurt/M. v. 6.2.1997 – 2723 O 374/96, NJW-RR 1998, 396; s. auch KG v. 30.10.1987 – 13 U 1111/87, NJW 1988, 3159. 4 Für Leistungsklage z.B. Leuschner in MünchKomm/BGB, § 32; Rz. 60 u.a. mit Verweis darauf, dass einige Einschränkungen und Folgerungen der h.M. mit einem Feststellungsurteil gerade nicht vereinbar sind. 5 LG Wuppertal v. 4.11.2009 – 8 S 44/09, juris Rz. 10: Bei unklaren Vertretungsverhältnissen muss dann ein Prozesspfleger bestellt werden. 6 Hier und an weiteren Stellen weicht die h.M. von allgemein strengeren Anforderungen an eine Feststellungsklage ab. Kritisch dazu etwa Flucks, npoR 2018, 202, 205 m.N.; MünchKomm/BGB/Leuschner, § 32 Rz. 60 erläutert, weshalb es sich nach Voraussetzungen und Urteilswirkung in Wahrheit um eine Leistungsklage handelt. 7 BGH v. 26.5.1975 – II ZR 34/74, WM 1975, 1041. Möglicherweise anders Roecken, MDR 2018, 1097 (1099). 8 Vgl. dazu den Fall BGH v. 2.7.2007 – II ZR 111/05, MDR 2007, 1446 = NJW 2008, 69 = Rpfleger 2008, 79 = WM 2007, 1932 = ZIP 2007, 1942: Kein Feststellungsinteresse des Nichtmitglieds hinsichtlich einer Beschlusswirksamkeit, auch wenn von dieser – Fall des § 26 Abs. 1 S. 1 BGB – die Wirksamkeit eines Vorstandsgeschäfts abhängen kann. 9 BGH v. 2.7.2007 – II ZR 111/05, MDR 2007, 1446 = NJW 2008, 69 = Rpfleger 2008, 79 = WM 2007, 1932 = ZIP 2007, 1942; dazu Terner, NJW 2008, 16 und Oschütz, SpuRt 2008, 97.
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4. Unwirksame (nichtige) Beschlüsse | Rz. 1062 XV.
um die Wirksamkeit eines ihn ausschließenden Beschlusses geht). Tritt der Kläger zwischenzeitlich aus, ist der Rechtsstreit erledigt.1 Festgestellt werden die Rechtsverhältnisse im Verein. Abgesehen von dem Sonderfall, dass die Satzung eine Beschlussfixierung2 als Wirksamkeitsvoraussetzung vorgibt, kommt es also bei Abweichungen auf den Beschluss an, wie er gefasst wurde und nicht auf den Wortlaut seiner Verkündung (Rz. 931). Die Feststellungsklage ist grundsätzlich an keine Frist gebunden, die Treuepflicht des Mitglieds gebietet es aber, eine beabsichtigte Klage mit zumutbarer Beschleunigung zu erheben, das Klagerecht kann sonst verwirkt sein.3 Wenn das Mitglied einen Beschluss schon in der Sitzung beanstandet und einstweiliger Rechtsschutz angestrebt hat, ist eine Klage nach sechs Monaten nicht treuwidrig.4
1060
Die Satzung kann die Treuepflicht konkretisieren und eine Frist für die Erhebung der Feststellungsklage bestimmen. Diese wird nicht kürzer als die aktienrechtliche Frist von einem Monat (§ 246 Abs. 1 AktG) sein dürfen.5 In Rechtsprechung und Literatur ungeklärt ist, ob darüber hinaus generell eine entsprechende Geltung der §§ 241 ff. AktG. bei Beschlussmängeln in der Vereinssatzung eingeführt werden darf.6 Dafür spricht die Satzungsautonomie bzw. der Umstand, dass § 40 BGB solche Modifizierungen nicht ausschließt.7 Zu satzungsmäßigen Klagefristen des Betroffenen gegen Vereinsmaßnahmen Rz. 1218.
1061
Wird gerichtlich die Ungültigkeit des Beschlusses festgestellt, ist das Urteil allgemein verbindlich und gilt nicht etwa nur zwischen Verein und klagendem Mitglied.8 Umgekehrt wirkt aber die Abweisung der Klage auf Feststellung einer Ungültigkeit nur zwischen den Klageparteien. Jüngere Rechtsprechung entscheidet bei unzulässigen Satzungsbestimmungen nicht mehr zwingend auf Nichtigkeit, sondern wendet z.B. bei zu hohen Anforderungen an die Änderung der Satzung den praktisch nicht undurchführbaren Teil der Regelung nicht an, wenn und soweit derjenige, der die Satzungsänderung betrieben hat, alles Zumutbare unternommen hat.9
1062
1 BGH v. 2.7.2007 – II ZR 111/05, MDR 2007, 1446 = NJW 2008, 69 = Rpfleger 2008, 79 = WM 2007, 1932 = ZIP 2007, 1942. 2 Zu deren Bedeutung bei Zulassung einer Anfechtungsklage Flucks, npoR 2019, 146 (150). 3 Schl.-Holst. OLG NJW 1960, 1862 = SchlHA 1960, 239 (knapp 7 Monate nicht unangemessen spät); enger Saarl. OLG v. 2.4.2008 – 1 U 450/07, NZG 2008, 677 (Regelfrist von einem Monat bzw. 4 Wochen). Das AG Göttingen v. 30.4.2015 – 27 C 69/14, npoR 2016, 24 hält jedenfalls 4 Monate Zuwarten für zu lang. 4 KG v. 4’3.3.2014 – 12 W 73/13, Rpfleger 2014, 381. Anders, wenn eine längst angekündigte Klage zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem mit ihr nicht mehr zu rechnen war, OLG Hamm v. 10.6.1996 – 8 U 150/95, NJW-RR 1997, 989. 5 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 215a. 6 Für analoge Anwendung der aktienrechtlichen Regelungen schon nach dem dispositiven Gesetzesrecht MünchKomm/BGB/Leuschner, § 32 Rz. 58–65. 7 PWW/Schöpflin, § 32 Rz. 13; Terner, NJW 2008, 16 Fn. 41. 8 BGH v. 25.5.1992 – II ZR 23/92, MDR 1993, 183 = NJW-RR 1992, 1209. 9 OLG München v. 30.1.2020 – 31 Wx 371/19, MDR 2020, 807.
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XV. Rz. 1062 | Abstimmungen, Wahlen, Beschlüsse
Der Vorstand darf nichtige Beschlüsse nicht ausführen; er haftet dem Verein sonst nach § 31 BGB.1 Zur Frage, ob das Registergericht die Unbeachtlichkeit eines Beschlusses zu prüfen und wieweit es Ermittlungen anzustellen hat, s. Rz. 1482 ff. 1063
Die Vorwegnahme eines Feststellungsurteils durch einstweilige Verfügung ist zwar nicht möglich, es kann aber zulässiges Ziel einer einstweiligen Regelungsverfügung (§ 940 ZPO) sein, dem Verein die Ausführung eines nichtigen Beschlusses zu untersagen, wenn dem klagenden Mitglied ein Warten auf den Ausgang des Hauptprozesses nicht zugemutet werden kann.2 Der Beschlussfeststellungsklage kann nach den Bestimmungen der Satzung ein vereinsinternes Überprüfungsverfahren vorgeschaltet werden. In der Rechtsprechung wird für poltische Parteien das Erfordernis interner Kontrolle vor Anrufung eines staatlichen Gerichts aus § 14 PartG hergeleitet.3
5. Nochmalige Abstimmung über den gleichen Gegenstand in einer späteren Versammlung 1064
Die Vereinsmitglieder können nach Beschlussfassung in einer späteren Mitgliederversammlung über eine schon geregelte Angelegenheit oder über einen abgelehnten Beschlussgegenstand erneut beschließen (zur Wiederholung der Abstimmung in derselben Versammlung Rz. 932).4 Unerheblich ist, aus welchem Grund sie eine nochmalige Beschlussfassung für angebracht halten.5 Das Recht der Vereinsmitglieder, eine getroffene Regelung jederzeit durch einen neuen Beschluss zu ändern, folgt aus dem Grundsatz der Vereinsautonomie (Rz. 39) und dem Wesen der körperschaftlichen Organisation, das Regelung der Angelegenheiten durch Beschlussfassung der Mitglieder nach dem Mehrheitsprinzip gebietet.6
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Wirksamkeitsvoraussetzung eines neuen Beschlusses ist, dass der Beschlussgegenstand nach ordnungsgemäßer Einladung in der neuen Versammlung wiederum als Tagesordnungspunkt Gegenstand der Beratung und Beschlussfassung sein kann. Der neue Beschluss kann also nicht in derselben Sitzung folgen, sobald das Ergebnis zum Tagesordnungspunkt festgestellt war (Rz. 932). Mitglieder, welche die Sitzung verlassen, müssen darauf vertrauen können, dass der entschiedene Gegenstand nicht ohne Ankündigung wieder aufgerollt wird.7 Der spätere (neue) Versammlungsbeschluss kann den früheren Beschluss mit gleichem Inhalt bestätigen; er kann Unsicherheit oder Ungewissheit über das Ergebnis der vorausgehenden Beschlussfassung ausräumen (damit Klarheit und Sicherheit schaffen); er kann aber auch den schon gültig zu-
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Schwennicke in Staudinger, § 27 Rz. 73. KG v. 7.2.2011 – 24 U 156/10, GRURPrax 2011, 151. Saarl. OLG v. 12.7.2017 – 1 U 80/17, juris. Hierzu (für Wohnungseigentümer) BGH v. 20.12.1990 – V ZB 8/90, MDR 1991, 517 = NJW 1991, 979; BayObLG 1985, 57 (61) = MDR 1985, 587. 5 BGH v. 20.12.1990 – V ZB 8/90, MDR 1991, 517 = NJW 1991, 979. 6 S. BayObLG 1985, 57 (61). 7 JurisPK-BGB/Otto, § 32 Rz. 57; KG v. 7.2.2011 – 24 U 156/10, GRURPrax 2011, 151.
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5. Nochmalige Abstimmung in einer späteren Versammlung | Rz. 1066 XV.
stande gekommenen Beschluss mit abweichendem Ergebnis außer Kraft setzen.1 Unabänderlich ist ein Versammlungsbeschluss nur, soweit er bereits Wirkungen erlangt hat, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Dann kann über diese Vereinsangelegenheit nicht nochmals beschlossen werden. Ein dennoch über den gleichen Gegenstand gefasster Beschluss wäre als gegenstandslos unwirksam. Wenn z.B. dem Vorstand Entlastung erteilt ist, bestehen keine Ersatzansprüche mehr (Rz. 597). Der Vorstand kann daher nicht durch Aufhebung des Beschlusses zur Rechenschaft gezogen werden. Oder: Mit (wirksamem) Ausschluss aus dem Verein durch Mitgliederbeschluss ist die Mitgliedschaft erloschen. Sie kann daher nicht durch Aufhebung des Beschlusses fortgesetzt werden (wohl aber hindert der Ausschluss nicht eine Wiederaufnahme des Mitglieds). Beschlüsse, die vom Vorstand bereits umgesetzt wurden, können nur mit Wirkung für die Zukunft wieder geändert werden. Ist eine Satzungsänderung bereits zum Register angemeldet, ist bei einem abweichenden Folgebeschluss die Rücknahme der Anmeldung durch den Vorstand veranlasst, vorsorglich verbunden mit Anmeldung der neuerlichen Änderung (u.U. zurück zur alten Satzungslage).2 Ist der (neue) Beschluss nichtig, dann bleibt es bei der durch den vorangegangenen (nicht außer Kraft gesetzten) Beschluss getroffenen Regelung. Jeder neue Beschluss einer Regelung enthält implizit als Negativkomponente die Abwendung vom alten Beschluss. Erweist sich die neu beschlossene Regelung als unzulässig, hat das aber im Zweifel stets die Gesamtnichtigkeit des Beschlusses zur Folge, so dass er auch nicht (allein) zur Aufhebung des (bestandskräftigen) Erstbeschlusses führen konnte.3 Nur wenn die zweite Beschlussfassung eindeutig zweigeteilt erfolgte: 1. Aufhebung der alten Beschlusslage, 2. Neuregelung, mag man ausnahmsweise einmal (nur) zur Unwirksamkeit von Teil 2 gelangen. Die Mitgliederversammlung ist dann zu der Abstimmungsfrage ohne Beschluss und es gilt je nach Einzelfall die Vorgabe des Gesetzes, eine noch ältere/allgemeinere Beschlusslage, oder auch bis zu nochmaliger neuer Beschlussfassung die Geschäftsführungshoheit des Vorstands.
1 BGH v. 20.12.1990 – V ZB 8/90, MDR 1991, 517 = NJW 1991, 979. 2 Zum Zweitbeschluss bei noch nicht wirksam gewordenen Beschlüssen s. auch Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1777. 3 BGH v. 16.9.1994 – V ZB 2/93, BGHZ 127, 99 = MDR 1995, 792 (101) = NJW 1994, 3220 (auch zur möglichen Besonderheit, wenn der neue Beschluss eine unklare Rechtslage bestätigen sollte).
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1066
XVI. Beurkundung der Beschlüsse 1. Bedeutung und Form der Niederschrift (§§ 25, 58 Nr. 4 BGB) . . . . . 2. Der Inhalt der Niederschrift . . . . . 3. Zeit und Art der Anfertigung . . . . 4. Muster einer Versammlungsniederschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Genehmigung durch eine spätere Versammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1067 1072 1078 1081
6. Beweiskraft der Niederschrift . . . . 7. Berichtigung einer Niederschrift . 8. Strafbarkeit bei Falschbeurkundung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Einsicht durch Mitglieder, Erteilung einer Abschrift . . . . . . . .
1083 1086 1088 1089
1082
Literatur: Wie XV. (Rz. 958).
1. Bedeutung und Form der Niederschrift (§§ 25, 58 Nr. 4 BGB) Beschlüsse, die in der Versammlung der Mitglieder gefasst werden, sollten zum Nachweis im Rechtsverkehr in einer Niederschrift (Protokoll) festgehalten werden. Ausreichend ist ein Ergebnisprotokoll.1 Es genügt also, wenn die wesentlichen Ergebnisse, insbesondere alle Beschlüsse festgehalten werden. Der Ablauf der Versammlung muss nicht dokumentiert sein. Ausdrückliche Widersprüche zu Beschlüssen oder Ergebnisfeststellungen sollten aber aufgenommen sein. Der äußerlich ordnungsgemäß und in der satzungsmäßig vorgeschriebenen Form beurkundete Inhalt der Niederschrift erbringt den vollen Beweis für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Beurkundeten; vorbehalten bleibt der Beweis des Gegenteils2 (vgl. Rz. 1083). Im Registerverfahren kann und soll das Gericht den Feststellungen des satzungsgemäß errichteten Protokolls grundsätzlich vertrauen. Es ist aber nur Privaturkunde und hat damit nicht die Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde. Somit kann das Registergericht schon bei begründeten Zweifeln weitere Nachweise protokollierter Vorgänge von Amts wegen verlangen. Anlass zu solchen Zweifeln kann insbesondere bestehen, wenn das Protokoll erst auf Beanstandungen im Eintragungsverfahren hin ergänzt wurde.3
1067
Die Satzung des eingetragenen Vereins hat die Beurkundung der Beschlüsse zu regeln. Gemeint ist die private Niederschrift, nur in Ausnahmen besteht eine Pflicht
1068
1 Allerdings kann das reine Ergebnisprotokoll, anders als das Verlaufsprotokoll Mängel des Beschlussverfahrens verdecken und dadurch in seinem Beweiswert geschmälert sein, Winzer, ZStV 2010, 32. 2 RG 125, 143 (147). 3 Schl.-Holst. OLG v. 12.1.2005 – 2 W 308/04, NotBZ 2006, 326, OLGR Schleswig 2005, 209 (210).
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XVI. Rz. 1068 | Beurkundung der Beschlüsse
zur Beurkundung i.S.d. § 129 BGB. Wie die Regelung erfolgt, stellt § 58 Nr. 4 BGB frei. Aus Gründen der Nachweisführung sollte von einer Beschlussniederschrift aber nicht ganz abgesehen werden.1 Bei Beschlüssen, auf denen erforderliche Registereintragungen beruhen sollen, ist sie praktisch, wenn auch nicht rechtlich zwingend.2 Denn ohne geeigneten Nachweis ist eine Eintragung in das Vereinsregister nicht möglich (§ 67 Abs. 1 S. 2, § 71 Abs. 1 S. 1, § 74 Abs. 2 S. 2 BGB) und wird auch eine Konzessionsbehörde keine Genehmigung erteilen. Es genügt, wenn eine Satzungsbestimmung regelt, dass eine Niederschrift zu fertigen ist und wer sie zu unterzeichnen hat.3 Er übernimmt damit verantwortlich eine Garantenstellung für ihre Richtigkeit und Vollständigkeit.4 Dabei kann einer einzelnen Person (Vorsitzender, Schriftführer oder ganz allgemein Versammlungsleiter) die Beurkundung der Beschlüsse übertragen werden. Üblicher ist es, zwei Personen gemeinsam (Vorsitzende bzw. Versammlungsleiter und Schriftführer) für die Unterschrift zuständig zu erklären. Bei großen Vereinen können weitere Zeichnungen angebracht sein (Beispiel in Anlehnung an § 24 Abs. 6 WEG: Unterzeichnung durch ein Vereinsmitglied, das an der Versammlung teilgenommen hat). M 46 Satzungsbestimmung über das Versammlungsprotokoll: Über die in der Versammlung gefassten Beschlüsse ist eine Niederschrift aufzunehmen. Die Niederschrift ist von dem Vorsitzenden der Versammlung zu unterschreiben. Wenn mehrere Versammlungsleiter tätig werden, unterzeichnet der letzte Versammlungsleiter die ganze Niederschrift. Jedes Vereinsmitglied ist berechtigt, die Niederschrift einzusehen. 1069
Die zur Beurkundung der Beschlüsse bestimmte Person ist dafür verantwortlich, dass die Niederschrift angefertigt wird. Durch ihre Unterschrift übernimmt die Urkundsperson die Verantwortung für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Niederschrift. Das erfordert zugleich, dass sie selbst in der Mitgliederversammlung anwesend war und ihre Wahrnehmungen eigenverantwortlich beurkundet; auch beurkundete Abstimmungsergebnisse haben sich daher auf eigene Wahrnehmungen der Urkundsperson zu stützen.5 Hat der Versammlungsleiter das Ergebnis einer Abstimmung selbst festgestellt oder die Auszählung der Stimmen durch Hilfspersonen (oder technische 1 Rechtlich zwingend ist das aber nicht in jedem Fall, ausf. jurisPK/BGB/Otto, § 58 Rz. 10; im Ergebnis ebenso Ellenberger in Palandt, § 58 Rz. 4; Hadding in Soergel, § 58 Rz. 7; MünchKomm/BGB/Leuschner, § 58 Rz. 7. Steffen in BGB-RGRK, Rz. 2. A.A. 9. Aufl., Rz. 593 unter Hinweis auf LG Lübeck v. 22.4.1986 – 7 T 384/86, Rpfleger 1986, 263; Burhoff, Rz. 146. 2 Vgl. Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1854. 3 Ist eine Niederschrift vorgesehen, fehlt aber eine Bestimmung zum Unterzeichner, so ist von der allgemeinen Geschäftsführungszuständigkeit des Vorstands auszugehen. A.A. noch 9. Aufl., Rz. 593. Strenger auch OLG München v. 25.8.2010 – 34 Wx 40/10, juris: satzungsmäßige Zuständigkeit zur Protokollfeststellung muss feststehen. 4 LG Lübeck v. 22.4.1986 – 7 T 384/86, Rpfleger 1986, 263; OLG München v. 25.8.2010 – 34 Wx 40/10, juris. 5 Im Vereinsrecht gibt es keine Funktionsteilung zwischen Versammlungsleiter, der das Abstimmungsergebnis zu ermitteln, und Urkundspersonen (Notar, § 130 AktG), die das fest-
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2. Der Inhalt der Niederschrift | Rz. 1072 XVI.
Hilfsmittel) vornehmen lassen, die zur Beurkundung bestimmte Person eigene Feststellungen zur Bestimmung des Abstimmungsergebnisses selbst aber nicht getroffen (wird wohl selten der Fall sein), so ist das anzugeben. Ist die Urkundsperson (z.B. der Schriftführer) nicht erschienen, kann die Versammlung mit Mehrheitsbeschluss eine Ersatzperson bestellen. Wenn die Urkundsperson in der Versammlung wechselt (Wechsel des Versammlungsleiters, Neuwahl des Vorsitzenden oder Schriftführers), ist (sofern die Satzung für diesen Fall keine andere Bestimmung trifft) jede Person für die Fertigung des jeweiligen Teils der Niederschrift verantwortlich (nicht somit bloß der zuletzt Zuständige für die gesamte Niederschrift), hat somit jeder seinen Teil der Niederschrift zu unterzeichnen. Eine Bezeichnung der Funktion der Urkundsperson („Vorsitzender“, „Schriftführer“) in der Niederschrift ist weder Wirksamkeitserfordernis noch für ihren Beweiswert als Privaturkunde (§ 416 ZPO) geboten.1 Der Nachweis, dass die nach der Satzungsbestimmung über die Form der Beurkundung zuständige Person unterzeichnet hat, kann daher erforderlichenfalls mit allen Beweismitteln geführt werden. Lediglich für den Nachweis gegenüber dem Amtsgericht zur Eintragung in das Vereinsregister wird eine Angabe verlangt, in welcher (satzungsgemäß vorgesehenen) Funktion die Urkundsperson das Protokoll unterzeichnet hat (Rz. 1484). Das kann sich daraus ergeben, dass die Unterschrift die Urkundsperson als den für die Beurkundung zuständigen 1. Vorsitzenden oder im Protokoll genannten Versammlungsleiter ausweist, aber auch daraus, dass die Urkundsperson durch einen Zusatz bei ihrer Unterschrift (z.B. „als Protokollführer“) bezeichnet ist. Im Hinblick darauf ist Bezeichnung der Urkundsperson in der Niederschrift durchaus ratsam und allgemein üblich.
1070
Eine Satzungsbestimmung, dass die Niederschrift in ein Protokollbuch aufzunehmen ist, regelt nur die Art der Aufbewahrung der Niederschrift, nicht jedoch die Form der Beurkundung. Ein Versammlungsbeschluss ist daher auch dann ordnungsgemäß niedergeschrieben und dem Registergericht zureichend nachgewiesen, wenn er außerhalb des Niederschriftenbuches in der satzungsgemäßen Form festgehalten ist. Die getrennte Führung eines Beschlussbuchs2 bzw. einer Beschlusssammlung (vgl. § 24 Abs. 7 WEG) neben der Sammlung der Niederschriften kann der schnelleren Information dienen. Eine Satzungsregelung hierüber ist nicht zwingend.
1071
2. Der Inhalt der Niederschrift Nähere Einzelheiten über Inhalt der Niederschrift braucht die Satzung nicht zu regeln. Zur Beurkundung der Versammlungsbeschlüsse hat die Niederschrift in jedem Fall jedoch anzugeben3 gestellte Abstimmungsergebnis zu beurkunden hat; zu dieser aktienrechtlichen Besonderheit OLG Düsseldorf DNotZ 2003, 775. 1 Möglicherweise anders Palandt § 58 Rz. 4. 2 Röcken, Vereinssatzungen, Rz. 228. 3 Zur Hauptversammlung der AG vgl. BGH v. 10.10.2017 – II ZR 375/15 –, BGHZ 216, 110–136 = NotBZ 2018, 41; Selter, ZIP 2018, 1161.
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1072
XVI. Rz. 1072 | Beurkundung der Beschlüsse
– den Ort und den Tag der Versammlung, – die Bezeichnung des Versammlungsleiters und des Protokollführers (Angabe bei der Unterschrift genügt), – die Zahl der erschienenen Mitglieder, – den Wortlaut der gefassten Beschlüsse und das Ergebnis von Wahlen. Dazu gehört auch die vollständige Bezeichnung der Gewählten nach Vor- und Familienname, Stand und Wohnort. Beispiel: Unzureichend sind zu allgemeine Angaben wie „zum Schützenmeister wurde unser aktives Vereinsmitglied Mayer gewählt“; richtig: „Gewählt zum Schützenmeister Mayer, Hans, Kaufmann in Herrsching, Talstraße 16, bei eigener Stimmenthaltung einstimmig.“
– das Abstimmungsergebnis; es ist nach Möglichkeit zahlenmäßig anzuführen. Beispiel: 20 Zustimmungen, 5 Gegenstimmen, 3 Enthaltungen; oder: Einstimmig bei Enthaltung des Gewählten.
Allgemeine Formulierungen wie „mit Mehrheit“, „mit überwiegender Zustimmung“, „mit großer Mehrheit“ oder „nahezu einstimmig“ sind nicht zu empfehlen. Solche unzweckmäßige Formulierungen sind vielfach nicht beweiskräftig, vermögen also im Streit das ordnungsgemäße Zustandekommen des niedergeschriebenen Versammlungsbeschlusses nicht nachzuweisen,1 – (möglichst auch) die Art der Abstimmungen. Wenn Stimmenzählung nach der Subtraktionsmethode (Rz. 971) erfolgt ist, hat die Niederschrift auch die Gesamtzahl der bei jeder Abstimmung anwesenden Mitglieder (und ihre Stimmkraft) zu dokumentieren und anzugeben, wie diese Feststellung sichergestellt war (wie z.B.2 durch Feststellung auch der Veränderungen in der Anwesenheit mit Zeitangabe und Abfolge der Darstellung für die einzelnen Abstimmungen), – die Erklärung des Gewählten über die Annahme des Amtes. 1073
Üblicherweise werden in der Niederschrift weiter festgestellt: – die Tagesordnung, – die satzungsgemäße Berufung der Versammlung,
1 Zu § 130 Abs. 2 AktG vgl. BGH v. 10.10.2017 – II ZR 375/15 –, BGHZ 216, 110–136 = NotBZ 2018, 41, juris Rz. 62; Selter, ZIP 2018, 1161. 2 Beispiel BGH v. 19.9.2002 – V ZB 37/02, MDR 2003, 80 = Rpfleger 2003, 21.
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2. Der Inhalt der Niederschrift | Rz. 1076 XVI.
– die Beschlussfähigkeit der Versammlung, insbesondere, wenn die Satzung besondere Anforderungen stellt, – die gestellten Anträge, – der sonstige Verlauf der Versammlung allgemein. Wenn Widerspruch gegen das Zustandekommen eines Beschlusses oder Einwendungen gegen den verkündeten Beschluss erhoben werden oder wenn Bedenken gegen Wirksamkeit eines Beschlusses vorgetragen werden, ist das Vorbringen in der Niederschrift festzuhalten. Sind mehrere für die Aufnahme der Niederschrift zuständige Personen verschiedener Ansicht über das Wahrgenommene, sollte Lösung der Unstimmigkeit durch nochmalige nähere Feststellung und Verständigung der Beteiligten versucht werden. Gelingt das nicht, sind in der Niederschrift die unterschiedlichen Auffassungen unter Bezeichnung der einzelnen Personen festzustellen; Abweichungen oder Unstimmigkeiten bei Stimmauszählung und Feststellung des Beschlussergebnisses (vgl. Rz. 1016) sind besonders zu erläutern.
1074
Einzelne Erklärungen, die Begründung von Anträgen und der wesentliche Inhalt der Aussprache brauchen in der Niederschrift nicht festgehalten zu werden. Je nach Zielsetzung und Größe des Vereins, Zusammensetzung des Mitgliederbestandes sowie der Art seiner Tätigkeit, der Bedeutung der Versammlung für das Vereinsleben und ggf. die Öffentlichkeit kann es aber zweckmäßig und geboten sein, den Verlauf der Versammlung im allgemeinen eingehender darzustellen und insbesondere Wortmeldungen sowie grundlegende Diskussionsbeiträge in groben Umrissen festzuhalten. Diese inhaltliche Gestaltung eines sog. Ablaufprotokolls unterliegt grundsätzlich freier Ermessensausübung des nach der Satzung für Beurkundung der Beschlüsse Zuständigen.1 Vereinsmitglieder haben keinen (gerichtlich durchsetzbaren) Anspruch auf Wiedergabe ihrer sämtlichen Diskussionsbeiträge in dem Ablaufprotokoll.2
1075
Die Niederschrift des wesentlichen Inhalts wichtiger Ausführungen kann später insbesondere auch dem Verständnis und ggf. der Auslegung gefasster Beschlüsse dienlich sein. Auch werden eingehender gefasste Versammlungsniederschriften vielfach zu einer ergiebigen – oft der nahezu einzigen – Quelle für die Vereinsgeschichte, deren Bedeutung meist erst nach Jahren und einer späteren Generation erkennbar wird. Von allgemeinen Kleinigkeiten, unwesentlichem Tagesgeschehen und Wiederholungen sollte die Niederschrift aber auf jeden Fall freigehalten werden. Unwichtigkeiten sollten nicht festgehalten, Nebensächlichkeiten nicht wichtig genommen und aufgebauscht werden. Eine knappe, klare Niederschrift ist stets übersichtlich und besser als ein mit Unwichtigkeiten überfülltes Protokoll, das schon nach kurzer Zeit niemand mehr liest. Die dem Wesen des Vereins gemäße, der Bedeutung der Versamm-
1076
1 OLG Hamm v. 25.4.1989 – 15 W 353/87, MDR 1989, 914 = OLGZ 1989, 314 für das Ablaufprotokoll des Verwalters einer Wohnungseigentümergemeinschaft. 2 OLG Hamm v. 25.4.1989 – 15 W 353/87, MDR 1989, 914 = OLGZ 1989, 314; dieses auch dazu, dass ein Berichtigungsanspruch nur bei einem eindeutigen Ermessensfehlgebrauch in Betracht kommt.
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XVI. Rz. 1076 | Beurkundung der Beschlüsse
lung entsprechende und die Förmlichkeiten zutreffend erfassende Gestaltung einer Versammlungsniederschrift erfordert viel Geschicklichkeit, Fingerspitzengefühl und Erfahrung; vielleicht ist das der Grund, warum es vielen Vereinen so schwer fällt, gute Schriftführer zu finden, die das Amt gerne übernehmen. 1077
Zur wörtlichen Aufnahme von Reden und Diskussionen mit einem Tonträger muss der Versammlungsleiter die Einschaltung des Geräts bekannt geben und die Versammlungsteilnehmer darauf hinweisen, dass jeder für die Dauer seines Redebeitrags die Unterbrechung der Aufnahme verlangen kann1 (Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, Art. 2 Abs. 1 mit Art. 1 Abs. 1 GG). Das Gerät ist auszuschalten, wenn dies die Versammlung mit (einfacher) Mehrheit beschließt oder ein Redner für seine Ausführungen verlangt. Wenn allerdings die Satzung eine Aufzeichnung der in der Versammlung gehaltenen Reden mit Tonband als Beurkundungsform (ausdrücklich) vorsieht (vgl. § 58 Nr. 4 BGB), ist die Bestimmung für jedes Mitglied bindend. Dann darf das Protokolltonband ohne Genehmigung des Sprechenden jedoch Dritten zur Wiedergabe und/oder Verwertung (auch Auswertung) nicht zur Verfügung gestellt werden (vgl. Rz. 905). Die Erweiterung der Mitgliederöffentlichkeit in Richtung einer allgemeinen Öffentlichkeit lässt sich bei einer online-Übertragung der Versammlung im Internet kaum ausschließen und stellt daher besondere Anforderungen (Rz. 790).
3. Zeit und Art der Anfertigung 1078
Die Niederschrift muss nicht sogleich in der Versammlung hergestellt werden. Praktisch erfolgt die Beurkundung stets nach der Versammlung auf Grund der Aufzeichnungen, die in der Versammlung gemacht wurden. Auch dann muss jedoch die Niederschrift den Verlauf der Versammlung und den Wortlaut der Beschlüsse richtig wiedergeben. Das erfordert eine zuverlässige Aufzeichnung des Wortlauts der Beschlüsse und der Abstimmungsergebnisse in der Versammlung und insbesondere auch Anfertigung der Niederschrift in angemessener Zeit nach der Zusammenkunft. Bei zu großem Zeitabstand von der Versammlung kann die Niederschrift ihre Beweiskraft verlieren. Die vorläufigen Aufzeichnungen können in Langschrift, in einer gebräuchlichen Kurzschrift, mit einer Kurzschriftmaschine, mit einem Tonaufnahmegerät2 oder durch verständliche Abkürzungen festgehalten werden Dass die vorläufigen Aufzeichnungen aufzubewahren sind, ist nicht vorgesehen; ihre – zumindest zeitweilige – Aufbewahrung empfiehlt sich jedoch zur Erleichterung eines etwaigen Nachweises. Der Niederschrift anzufügen sind die Aufzeichnungen nur, wenn die Satzung dies bestimmt.
1 BGH v. 19.9.1994 – II ZR 248/92, AG 1994, 559 = DNotZ 1995, 551 = MDR 1994, 1193 = NJW 1994, 3094. Ablehnend Noack, NJW 2018, 1345, 1347. 2 Zustimmung der Teilnehmer erforderlich Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1872. Jedenfalls müssen alle Anwesenden zu Beginn der Versammlung darauf hingewiesen werden, dass die Aufnahme eigener Redebeiträge unterbleibt, wenn das spätestens zu Anfang des Beitrags gewünscht wird.
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4. Muster einer Versammlungsniederschrift | Rz. 1081 XVI.
Die Niederschrift kann in ein Protokollbuch eingetragen oder auf einzelne Blätter niedergeschrieben werden. Sie kann handschriftlich oder in Maschinenschrift angefertigt, aber auch in Druck, mittels Vervielfältigungsverfahrens oder auf ähnliche Weise hergestellt werden. Die Unterzeichnung muss eigenhändig und mit vollem Namenszug erfolgen; Faksimilestempel oder Unterzeichnung nur mit eine Paraphe sind unzureichend.
1079
Teile der Niederschrift, insbesondere der Wortlaut von Beschlüssen, Erklärungen und Anträgen, können in einer (oder mehreren) Anlage(n) zu dem Protokoll festgehalten werden. Auf das der Niederschrift als Anlage beigefügte Schriftstück muss aber in der Niederschrift verwiesen werden. Es ist zweckmäßig, auch auf dem Schriftstück selbst noch seine Zugehörigkeit zur Niederschrift zu vermerken.
1080
Beispiel: Anlage 1 zur Niederschrift über die Hauptversammlung vom …
4. Muster einer Versammlungsniederschrift Ein Versammlungsprotokoll kam z.B. so formuliert sein: M 47 Versammlungsprotokoll
1081
Niederschrift über die Mitgliederversammlung des Vereins Concordia, e.V., Sitz: Nürnberg Versammlungszeit: Versammlungsort:
Mittwoch, den … Nürnberg, …straße Nr. …
Gasthaus zur Sonne, Nebenzimmer Anwesend: 60 Mitglieder (s. die als Anlage 1 beigefügte Anwesenheitsliste) Versammlungsleiter: Erster Vorsitzender Johann Neumann. Der Vorsitzende Johann Neumann eröffnete um 20.05 Uhr die Mitgliederversammlung. Er begrüßte die Erschienenen; er stellte fest, dass die Versammlung ordnungsgemäß durch am …. Fristgerecht abgesandte Briefe an alle Mitglieder berufen wurde. Da andere Anforderungen nicht bestehen, ist die Versammlung damit beschlussfähig ist. Sodann machte der Vorsitzende die nach der Einladung für die Mitgliederversammlung vorgesehene Tagesordnung bekannt: 1. Verlesung des Protokolls der letzten Mitgliederversammlung vom … 2. Änderung der Satzung in § 10 (Vorstand) und § 14 (Versammlungsniederschriften) 3. Geschäftsbericht des Vorstands 4. Bericht der Kassenprüfer 5. Beschlussfassung über die Entlastung des Vorstands
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XVI. Rz. 1081 | Beurkundung der Beschlüsse 6. Neuwahl des Vorstands 7. Beschlussfassung über den Ausschluss eines Mitglieds (§ 26 Abs. 5 der Satzung) 8. Verschiedenes. Anträge zur Tagesordnung wurden nicht gestellt. Zu Punkt 1: Die Schriftführerin Inge Müller verlas die über die letzte Mitgliederversammlung vom … aufgenommene Niederschrift. Der Inhalt wurde von allen Anwesenden genehmigt. Zu Punkt 2: Der Vorsitzende Johann Neumann machte sodann bekannt, dass zwei Bestimmungen der geltenden Vereinssatzung, nämlich § 10 über den Vorstand und § 14 über Versammlungsniederschriften, geändert werden sollen. Er erläuterte die Gründe, die diese Änderungen notwendig machen. Er verlas den Wortlaut der bisherigen Fassung und der vorgesehenen künftigen Fassung beider Bestimmungen und wies dazu auf die einzelnen Abweichungen und deren Bedeutung hin. Auf drei Anfragen der Anwesenden wurden weitere Erläuterungen gegeben. Andere Wortmeldungen erfolgten nicht. Der Vorsitzende schlug sodann vor, § 10 der Satzung (Vorstand) künftig wie folgt zu fassen: … (folgt neuer Wortlaut der Satzungsbestimmung). Abgestimmt wurde durch Handzeichen. Abstimmungsergebnis: 57 Mitglieder für die Änderung, 3 Enthaltungen, keine Gegenstimmen. Der Vorsitzende schlug weiter vor, § 14 der Satzung (Versammlungsniederschriften) künftig wie folgt zu fassen: … (Folgt neuer Wortlaut der Satzungsbestimmung). Abgestimmt wurde durch Handzeichen. Abstimmungsergebnis: 59 Mitglieder für die Änderung, keine Enthaltung, 1 Gegenstimme. Der Vorsitzende machte hierauf bekannt, dass demgemäß beide Satzungsänderungen mit der nach § … der Vereinssatzung notwendigen Mehrheit beschlossen und daher alsbald zur Eintragung in das Vereinsregister anzumelden sind, damit sie Wirksamkeit erlangen. Zu Punkt 3: Den Geschäftsbericht des Vorstands erstattete der Vorsitzende Johann Neumann. Der Bericht ist schriftlich niedergelegt. Er ist dieser Niederschrift als Anlage 2 beigefügt. Das Wort wurde nicht gewünscht. Zu Punkt 4: Der Revisor Fritz Bauer berichtete, dass die Kasse am … außerordentlich und vor der heutigen Versammlung am … ordentlich geprüft worden ist. Er stellte dar, dass sich die Prüfung auf alle in der Zeit seit dem … angefallenen Einnahmen und Ausgaben und den für die heutige Versammlung nach dem Stichtag vom … aufgestellten Kassenbericht erstreckt hat. Der Revisor erläuterte, dass sämtliche Belege vorgelegt und durchgesehen wurden und der gesamte Kassenbestand ordnungsgemäß ausgewiesen worden ist. Der Revisor stellte insbesondere die gewissenhafte Verwaltung der Kassengeschäfte heraus, die zu keinerlei Bemerkungen Anlass gegeben habe. Wortmeldungen erfolgten nicht. Durch Zurufe wurde nun der in der Satzung für Wahlen vorgesehene Wahlausschuss bestellt. Er besteht aus den Herrn Karl Horn (als Vorsitzender), Fritz Schiller und Robert Mager. Zu Punkt 5: Der Wahlausschussvorsitzende stellte, da Wortmeldungen nicht eingingen, den Vorschlag zur Abstimmung, dem gesamten Vorstand en bloc Entlastung zu erteilen. Auf Frage des Mitglieds Jana Jaks bestätigte Herr Horn, dass die Satzung Abstimmungen 546 | Stöber/Otto
5. Genehmigung durch eine spätere Versammlung | Rz. 1082 XVI.
en bloc erlaubt. Abgestimmt wurde durch Handzeichen. Abstimmungsergebnis: 57 Zustimmungen, keine Gegenstimme, Enthaltung der 3 Vorstandsmitglieder Johann Neumann, Inge Müller und Egon Reich. Zu Punkt 6: Abgestimmt wurde auf Anregung aus Kreisen der Versammlungsteilnehmer nach einstimmigem Versammlungsbeschluss schriftlich. Die Abstimmung hatte folgendes Ergebnis: 1. Vorsitzender:
Neumann, Johann, Kaufmann in Nürnberg, …straße Nr. … (Wiederwahl) mit 45 Stimmen bei 14 Enthaltungen und einer Gegenstimme.
Schriftführer:
Summer, Marianne, Hausfrau in Nürnberg, …straße Nr. … mit 35 Stimmen bei 5 Enthaltungen. 20 Stimmen erhielt die bisherige Schriftführerin Inge Müller.
Kassierer:
Reich, Egon, Gastwirt in Nürnberg, …straße Nr. … mit 55 Stimmen bei 5 Enthaltungen.
Die Gewählten nahmen die Wahl an und bedankten sich für das in sie gesetzte Vertrauen. Die Leitung der Versammlung übernahm nunmehr wieder der Vorsitzende Johann Neumann. Er dankte der ausgeschiedenen Schriftführerin Inge Müller für ihre 3-jährige vorbildliche Tätigkeit und rege Mitarbeit im Vorstand. Die Versammlung unterstrich mit lebhaftem Beifall die Worte des Vorsitzenden. Zu Punkt 7 und 8: … Der Vorsitzende Johann Neumann fragte hierauf, ob noch jemand das Wort ergreifen wolle. Da dies nicht der Fall war, wurde die Versammlung um 22.30 Uhr geschlossen. Widersprüche gegen einen in der heutigen Sitzung gefassten Beschluss wurden bis Schluss der Versammlung nicht vorgebracht. Johann Neumann
Inge Müller
Marianne Summer
5. Genehmigung durch eine spätere Versammlung Nicht notwendig ist es, die Versammlungsniederschrift durch die nächste Mitgliederversammlung genehmigen zu lassen. Die Satzungen zahlreicher Vereine sehen eine Genehmigung durch die nächste Mitgliederversammlung jedoch vor. Das hat den Sinn, den Mitgliedern Gelegenheit zu geben, die in der Niederschrift enthaltenen Tatsachen zu berichtigen, zu ergänzen oder Widerspruch gegen ihre Richtigkeit zu erheben, damit der Verein rechtliche Bedenken gegen die gefassten Beschlüsse ausräumen und den Vereinsorganen eine möglichst sichere Grundlage für künftige Maßnahmen geben kann.1 Das schließt zwar nicht aus, dass Mitglieder, die nicht widersprochen
1 BGHZ 49, 209 (211) = MDR 1968, 387 = NJW 1968, 543.
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1082
XVI. Rz. 1082 | Beurkundung der Beschlüsse
haben, sich auch später noch auf Abstimmungsmängel oder sonstige Mängel eines Beschlusses berufen. Der Genehmigung der Niederschrift kommt aber die rechtliche Bedeutung zu, dass Mitglieder, die keinen Widerspruch angemeldet haben, die Vermutung gegen sich gelten lassen müssen, die in der Niederschrift festgestellten Abstimmungen und Beschlüsse seien satzungsgemäß zustande gekommen. Daher muss das Mitglied bei späterem Einwand, der Beschluss sei unwirksam, die dafür maßgebenden Tatsachen voll beweisen. Das gilt nur für solche Mängel nicht, die sich aus der Niederschrift selbst ergeben.1
6. Beweiskraft der Niederschrift 1083
Die satzungsgemäß unterschriebene Niederschrift begründet als Privaturkunde den vollen Beweis (nur) dafür, dass die Erklärung von den Unterzeichnern stammt. Dennoch wird allgemein angenommen, dass insbesondere das Registergericht den Feststellungen des zuständigen Protokollführers vertrauen darf.2 Die ordnungsgemäß erstellte Niederschrift bildet für den Verein, seine Organe und Mitglieder eine gesicherte Grundlage dafür, was nach Auffassung der Unterzeichner und der nicht widersprechenden Anwesenden tatsächlich beschlossen worden ist.3 Die Feststellungen der Niederschrift gelten für die Innenverhältnisse des Vereins, solange kein Vereinsorgan oder Mitglied begründeten Zweifel darlegt. Die Unterzeichner übernehmen allen bestimmungsgemäßen Empfängern der Niederschrift gegenüber eine „Garantenstellung“ für die inhaltliche Richtigkeit.4
1084
Begründeten Zweifeln hat das Registergericht im Eintragungsverfahren nach § 26 FamFG nachzugehen, ein Fälschungsnachweis ist dafür nicht erforderlich. Im Streitverfahren kann die Vermutung der Richtigkeit der Feststellungen des Protokolls von der Partei erschüttert werden, die sich auf eine Unrichtigkeit beruft. Inwieweit Durchstreichungen, Radierungen, Einschaltungen oder sonstige äußere Mängel die Beweiskraft ganz oder teilweise aufheben oder mindern, entscheidet bei Anlass das Gericht (Amtsgericht des Vereinsregisters, im Rechtsstreit das Prozessgericht) nach freier Überzeugung. Verstoß gegen die Satzungsbestimmung über die Beurkundung der Beschlüsse, insbesondere fehlende oder fehlerhafte Unterschrift unter das Protokoll, schmälert die Richtigkeitsvermutung der im Protokoll festgehaltenen Beschlüsse.5 Die Aufnahme in das Protokoll ist in der Regel keine Geltungsvoraussetzung für einen wirksam gefassten Beschluss. Die Satzung kann jedoch vorgesehen, dass zur Gültigkeit 1 2 3 4
BGHZ 49, 209 (211) = MDR 1968, 387 = NJW 1968, 543. Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1857 m.w.N. Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1858 m.w.N. Den Begriff verwendet das OLG München v. 25.8.2010 – 34 Wx 40/10, NZM 2011, 158 m.w.N. zur Nachweisführung hinsichtlich der Vertretungsberechtigten einer nicht eingetragenen altrechtlichen Körperschaft gegenüber dem Grundbuchamt. 5 Hierzu BGH v. 3.7.1997 – V ZB 2/97, DNotZ 1997, 954 = MDR 1997, 919 = JZ 1998, 415 mit Anm. Lüke = MDR 1997, 919 = NJW-RR 1997, 2956 (für Beschlüsse der Wohnungseigentümer und für Verstoß gegen die gesetzliche Regelung über die Aufnahme der Niederschrift).
548 | Stöber/Otto
7. Berichtigung einer Niederschrift | Rz. 1086 XVI.
eines Beschlusses die Protokollierung (und Unterzeichnung durch bestimmte Personen) zwingend erforderlich ist.1 Der Nachweis von nicht registerpflichtigen Beschlüssen und Wahlen gegenüber Dritten, auch Behörden und Gerichten, erfolgt gleichfalls in der Form, welche die Satzung selbst für die Dokumentation der Beschlüsse und Wahlen vorsieht.2 Man muss dabei bedenken, dass auch für die Eintragung des Vorstands im Vereinsregister kein stärkerer Nachweis verlangt ist als das nach den eigenen Bestimmungen des Vereins gefertigte Versammlungsprotokoll.3 Wenn z.B. die Vertretungsmacht des Vorstands für bestimmte Geschäfte mit Außenwirkung (§ 26 Abs. 1 Satz 3 BGB) an die Zustimmung der Mitgliederversammlung gebunden ist, dann muss auch für Grundbuchzwecke keine notarielle Beurkundung der Versammlung erfolgen. Den Anforderungen des § 29 GBO ist Genüge getan, wenn die von der Satzung vorgesehenen Protokollunterschriften beglaubigt werden.4
1085
7. Berichtigung einer Niederschrift Offenbare Unrichtigkeiten, die bei Anfertigung einer Niederschrift unterlaufen sind, können berichtigt werden (vgl. § 164 Abs. 1, auch § 319 ZPO). Insbesondere können Schreibversehen und Rechenfehler richtig gestellt werden. Auch können im Wege der Berichtigung überhaupt nicht oder nicht zutreffend niedergeschriebene Beschlüsse dem Protokollinhalt nachgetragen werden. Die Richtigstellung kann aber nur wahrheitsgemäß, also nur dann erfolgen, wenn das Versehen eindeutig bei Anfertigung der Niederschrift unterlaufen ist und keine Unklarheiten über Ablauf und Ergebnis der Mitgliederversammlung bestehen. Unklarheiten im Abstimmungsergebnis, im Wortlaut gefasster Beschlüsse usw. können nicht im Wege der Berichtigung ausgeräumt werden. Formulierungen im Protokoll, die den Redner oder Dritte schon durch ihre unsachliche Fassung diffamieren oder bloßstellen, können ungeachtet etwaiger inhaltlicher Richtigkeit zu berichtigen sein.5 Im Übrigen haben die Vereinsmitglieder auch im Fall des Ablaufprotokolls keinen (gerichtlich durchsetzbaren) Anspruch auf vollständige und richtige Wiedergabe ihrer sämtlichen Wortbeiträge.6 Jeder Versammlungsteilnehmer hat aber das Recht, eigene Erklärungen zum Protokoll beizufügen.7 1 BGH v. 3.7.1997 – V ZB 2/97, DNotZ 1997, 954 = MDR 1997, 919 für Protokollierung des Beschlusses der Wohnungseigentümer. 2 Schwennicke in Staudinger, § 69 Rz. 11; Otto, MittBayNot 2016, 543. Anders KG v. 3.5.2016 – 1 W 507/15, NJW 2016, 1133. 3 Groß, BWNotZ 1984, 163. 4 BeckOK/GBO/Otto, § 29 Rz. 125 m.w.N. 5 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1871 m.w.N. 6 OLG Hamm v. 25.4.1989 – 15 W 353/87, MDR 1989, 914 = OLGZ 1989, 314; dieses auch dazu, dass ein Berichtigungsanspruch nur bei einem eindeutigen Ermessensfehlgebrauch in Betracht kommt. 7 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1869 für den Fall unterschiedlicher Sachverhaltsinterpretationen durch mehrere Protokollführer. U.E. zur Wahrung ihres Persönlichkeitsrechts auf alle Versammlungsteilnehmer zu erweiteRz.
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1086
XVI. Rz. 1086 | Beurkundung der Beschlüsse
Dabei kann es nicht darauf ankommen, ob der von Protokollführer und Teilnehmer (oder Versammlungsleiter) unterschiedlich festgehaltene Verlauf tatsächlich Auswirkung auf die Beschlussergebnisse oder deren künftige Auslegung haben konnte.1 1087
Die Berichtigung erfolgt durch einen auf das Protokoll zu setzenden oder mit ihm zu verbindenden Vermerk. Er ist von den Personen zu unterschreiben, die das Protokoll satzungsgemäß unterzeichnet haben. Ist eine dieser Personen verhindert, so genügt die Unterschrift der anderen; der Grund der Verhinderung soll dann aber im Vermerk angegeben werden. Nicht erforderlich ist, dass ein Zuständiger noch das Amt der Urkundsperson (z.B. als Vorsitzender, Schriftführer) bekleidet; wer nicht mehr Vereinsmitglied ist, kann an einer Protokollberichtigung aber nicht mitwirken. Ein Nachfolger im Amt (z.B. ein später neu gewählter Schriftführer) kann eine Berichtigung des Protokolls nicht vornehmen. Nicht gekennzeichnete Einschaltungen nach Fertigstellung (und Unterzeichnung) des Protokolls sind unerlaubt. Der ordnungsgemäßen Berichtigung kommt die gleiche Beweiskraft wie dem Protokoll selbst zu.
8. Strafbarkeit bei Falschbeurkundung 1088
Die Versammlungsniederschrift ist (Privat-)Urkunde. Wer eine solche Urkunde zur Täuschung im Rechtsverkehr unecht herstellt, eine echte Niederschrift verfälscht oder unechte oder verfälschte Urkunden gebraucht, wird wegen Urkundenfälschung bestraft (§ 267 Abs. 1 StGB). Der Versuch ist strafbar (§ 267 Abs. 2 StGB). Veranlasst ein Vorstandsmitglied oder Geschäftsführer bewusst die Fertigung einer in wesentlichen Punkten unrichtigen Niederschrift, kann das ein Grund für eine Abberufung aus wichtigem Grund und Kündigung eines Anstellungsvertrags sein.2
9. Einsicht durch Mitglieder, Erteilung einer Abschrift 1089
Einsicht in das Versammlungsprotokoll hat der Verein jedem Mitglied zu gewähren.3 Das folgt aus dem Mitgliedschaftsverhältnis und der Treuepflicht des Vereins. Es kommt nicht darauf an, ob das Mitglied an der Versammlung teilgenommen hat. Das Einsichtsrecht betrifft ausschließlich die nach den Vorgaben der Satzung erstellte Niederschrift, die häufig ein reines Ergebnisprotokoll sein wird. Es erstreckt sich daher
1 So aber Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1871: Berichtigungsanspruch für Erklärungen des Versammlungsleiters nur, wenn sie für die Auslegung der Beschlüsse Bedeutung haben können. 2 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1858 m.w.N. 3 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 128. Ein berechtigtes Interesse (Forderung angedeutet von Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 1883 und hier bis 10. Aufl) dürfte stets gegeben sein. Sofern für die Bestimmung von Ort und Zeit der Einsicht (beim kleineren Verein häufig in der Privatwohnung eines Vorstands) eine Interessenabwägung vorzunehmen ist, fällt aber ins Gewicht, dass das Mitglied das Protokoll weitgehend ebenso gut nach § 79 BGB beim Gericht einsehen kann.
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9. Einsicht durch Mitglieder, Erteilung einer Abschrift | Rz. 1090 XVI.
nicht auf Notizen, die der Protokollant vorbereitend gemacht hat1 und grundsätzlich nicht auf eine stenographische Mitschrift oder Tonbandaufnahme (Rz. 905) des gesamten Sitzungsverlaufs. Ein Versammlungsteilnehmer kann aber verlangen, dass ihm (unter Kontrolle) Einsicht in die stenografischen Aufzeichnungen – nur – seines Redebeitrags gewährt bzw. das Abhören der Tonbandaufzeichnung – nur – seiner Ausführungen ermöglicht wird.2 Einsicht in die zum Vereinsregister mit Anmeldungen eingereichten Protokollabschriften (§ 67 Abs. 1 S. 2, § 71 Abs. 1 S. 3, § 74 Abs. 2 S. 2, § 76 Abs. 2 S. 2 BGB) können die Vereinsmitglieder außerdem nach § 79 BGB nehmen. Aushändigung einer vollständigen oder auszugsweisen Abschrift der Versammlungsniederschrift können Vereinsmitglieder hingegen nicht verlangen.3 Die Satzung kann abweichende Bestimmung treffen. Wurde der Verlauf der Versammlung zusätzlich durch eine Tonbandaufnahme (oder ein stenografisches Wortprotokoll) aufgezeichnet, kann das Mitglied gegen Erstattung der Selbstkosten eine Abschrift ausschließlich der Aufzeichnung bzw. der Teile verlangen, die seine eigenen Fragen und Redebeiträge sowie die von den Mitgliedern des Vorstands darauf erteilten Antworten und dazu abgegebenen Stellungnahmen umfasst4 (folgt aus dem Mitgliedschaftsverhältnis und der Treuepflicht des Vereins).
1 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 128 mit Hinweis auf eine Entscheidung zum WEG. 2 BGH v. 19.9.1994 – II ZR 248/92, AG 1994, 559 = MDR 1994, 1193 = NJW 1994, 3094. 3 BGH v. 19.9.1994 – II ZR 248/92, AG 1994, 559 = MDR 1994, 1193 = NJW 1994, 3094; auch OLG München MittBayNot 1993, 98 = OLG München v. 23.9.1992 – 7 U 3015/92, AG 1993, 186 = NJW-RR 1993, 745. 4 BGH v. 19.9.1994 – II ZR 248/92, AG 1994, 559 = MDR 1994, 1193 = NJW 1994, 3094.
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1090
XVII. Satzungsänderungen 1. Zulässigkeit (§§ 33, 40, 71 Abs. 1 S. 1 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verfahren (§§ 32, 33, 40 BGB) . . 3. Wirksamwerden der Satzungsänderung (§ 71 Abs. 1 BGB) . . . . 4. Aufhebung der Satzungsänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Die einzelnen Satzungsänderungen (§§ 33, 35, 40 BGB) . . . . . . . . a) Abgrenzung der Satzungsänderung zum einfachen Beschluss . . . b) Änderung im Gründungsstadium
1091 1094 1102 1106 1107 1107 1109
c) Änderung des Vereinszwecks . . . . d) Name des Vereins . . . . . . . . . . . . . . e) Der Sitz des Vereins . . . . . . . . . . . . f) Änderung von Mitgliederrechten . 6. Neufassung der gesamten Satzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Redaktionelle Anpassung . . . . . . . . d) Vereinsregister . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Satzungsdurchbrechung . . . . . . . .
1111 1123 1124 1126 1129 1129 1131 1135 1138 1140
Literatur: Stöber, Änderung des Zwecks des Vereins mit der für allgemeine Satzungsänderungen vorgesehenen Stimmenmehrheit?, Rpfleger 1976, 377; Beuthien, Mehrheitsprinzip und Minderheitenschutz im Vereinsrecht, BB 1987, 6; Häuser/van Look, Zur Änderung des Zwecks beim eingetragenen Verein, ZIP 1986, 749; Peterseim, Zur (Un-)Zulässigkeit der „Satzungsdurchbrechung“, NZG 2019, 1255; K. Schmidt, Der Vereinszweck nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch, BB 1987, 556.
1. Zulässigkeit (§§ 33, 40, 71 Abs. 1 S. 1 BGB) Die Regelung der Vereinsverfassung durch Satzung (§ 25 BGB) hat Dauerwirkung. Durch Satzungsänderung kann jedoch geänderten Verhältnissen, gewandelten Vorstellungen einer Mehrheit der Vereinsmitglieder und neuen Anforderungen, die an den Verein gestellt werden, Rechnung getragen werden. Die Möglichkeit der Satzungsänderung gründet sich auf das Recht des Vereins und seiner jeweiligen Mitglieder, alle Vereinsangelegenheiten im Wege der Rechtsetzung und Selbstverwaltung zu jeder Zeit eigenständig zu regeln.
1091
Satzungsänderung ist jede Änderung des Wortlauts der Satzung. Gegenstand der Änderung kann sein eine
1092
– inhaltliche Änderung der Rechtsverhältnisse des Vereins. Dazu gehören auch jede sachliche Ergänzung des Satzungswortlauts und die Aufhebung überholter, überflüssiger oder ungültiger Satzungsbestandteile, – redaktionelle Änderung von Satzungsbestimmungen zur sprachlich überarbeiteten Darstellung der (unveränderten) Rechtsverhältnisse des Vereins. Stöber/Otto | 553
XVII. Rz. 1092 | Satzungsänderungen
Auch die Änderung (nur) der Schreibweise und Zeichensetzung, z.B. zur Anpassung an die neuen Regeln der Rechtschreibung ist Satzungsänderung. 1093
Die Vereinsautonomie (Rz. 40) ermöglicht es grundsätzlich, alle Satzungsbestimmungen zu ändern. Eine Satzungsänderung darf jedoch nicht gegen zwingende Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über das Vereinsrecht (vgl. § 40 BGB) verstoßen. Auch der Anfallberechtigte bei Auflösung des Vereins (§ 45 Abs. 1 BGB) kann durch Satzungsänderung jederzeit (mithin auch noch nach der Auflösung) anderweitig bestimmt werden.1 Durch Änderung dürfen in die Satzung jedoch keine Bestimmungen aufgenommen werden, die gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) oder gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) verstoßen. Ein Versammlungsbeschluss, der eine sonach unzulässige Satzungsänderung anordnet, ist unwirksam. Er darf vom Vorstand nicht zur Eintragung in das Vereinsregister angemeldet und vom Amtsgericht nicht in das Vereinsregister eingetragen werden.
2. Verfahren (§§ 32, 33, 40 BGB) 1094
Satzungsänderungen fallen in die Zuständigkeit der Mitgliederversammlung, wenn nicht die Satzung eine andere Zuständigkeit festlegt (dazu Rz. 776, zu den Grenzen Rz. 780).
1095
Die Mitgliederversammlung muss den in der Ladung ordnungsgemäß angekündigten (Rz. 866 ff.) Beschluss (Rz. 958 ff.) über die Änderung der Satzung mit einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen fassen (§ 33 Abs. 1 S. 1 BGB). Enthaltungen und ungültige Stimmen zählen nach der ganz h.M. wiederum nicht mit (Rz. 983) Die Satzung kann grundsätzlich eine andere (= größere oder geringere, auch auf anderer Basis berechnete) Mehrheit vorsehen (§ 40 BGB). Eine Bestimmung jedoch, wonach die Personengleichheit des Vereinsvorstands mit demjenigen eines anderen Vereins nur bei Anwesenheit von mindestens 50 v.H. der Vereinsmitglieder abgeändert werden kann, kann bei einem etwas größeren Verein praktisch bewirken, dass die Bestimmung über die Zusammensetzung des Vorstands gar nicht abänderbar ist. Sie ist dann unwirksam2 oder wenigstens nicht anwendbar.3 Covid-19 – Sonderbestimmung: Fernabstimmungsverfahren Siehe zunächst Rz. 785, 792. Die aus Gesetz und Satzung folgenden geforderten Mehrheitserfordernisse für eine Satzungsänderung ändern sich bei Anwendung der Covid-19-Sonderbestimmungen nicht:
1 RG 169, 65 (82). 2 OLG Frankfurt DNotZ 1979, 620 = OLGZ 1979, 5 = Rpfleger 1979, 60. 3 OLG München v. 30.1.2020 – 31 Wx 371/19, MDR 2020, 807 = FGPrax 2020, 125: Der undurchführbaren Teil der Regelung ist nicht anwendbar, wenn und soweit derjenige, der die Satzungsänderung betrieben hat, alles Zumutbare zur Erfüllung der Satzungsanforderungen unternommen hat.
554 | Stöber/Otto
2. Verfahren (§§ 32, 33, 40 BGB) | Rz. 1096 XVII. – Wird die Präsenzversammlung durch eine virtuelle Variante ergänzt oder auch vollständig ersetzt (§ 5 Abs. 2 Nr. 1)1, dann errechnet sich die ¾-Mehrheit als Quotient der Summe der in der Versammlung (online oder präsent) wirksam abgegebenen „Ja“-Stimmen und der Summe in der Versammlung wirksam abgegebenen „Ja“-und „Nein“-Stimmen. Hat der Vorstand zusätzlich die Möglichkeit der vorherigen Stimmabgabe eröffnet (§ 5 Abs. 2 Nr. 2), kommen jeweils die auf diesem Weg wirksam (vorher und in Schriftform!) abgegebenen „Ja“- und „Nein“-Stimmen hinzu. Enthaltungen und ungültige Stimmen zählen für das gesetzliche Quorum in keinem der Fälle mit. Bestimmt die Satzung ein anderes Quorum oder eine andere Basis (z.B. 2/3 aller Mitglieder; ¾ aller abgegebenen Stimmen inklusive der Enthaltungen ….), dann gilt dies. – Erfolgt die Beschlussfassung ausschließlich durch Fernabstimmung, dann muss zunächst eine Mindestbeteiligung von mehr als der Hälfte (> 50 %) der Mitglieder erreicht werden. Dabei zählen wieder nur die wirksamen (in diesem Fall reicht Textform) bis zum gesetzten Termin abgegebenen „Ja“- und „Nein“-Stimmen. Die Satzungsänderungsmehrheit ist dann erreicht, wenn außerdem der Quotient aus wirksamen „Ja“-Stimmen und der Summe der wirksamen „Ja“- und „Nein“-Stimmen“ ¾ erreicht. Verlangt die Satzung für eine Satzungsänderung andere Mehrheiten, dann gilt dies erst und nur auf der zweiten Stufe. Beispiele: 1. Für Satzungsänderungen gelten die gesetzlichen Bestimmungen. In einer ausschließlich über Brief und E-Mail durchgeführten Abstimmung melden sich von 190 Mitgliedern 120 Mitglieder zurück. a. Es stimmen mit Ja 85, Nein 9 und 26 enthalten sich. – Es hat nicht die vom Gesetz geforderte Hälfte der Mitglieder im Sinn der ganz h.M. eine Stimme „abgegeben“ (nämlich nur 94). – Auf die hohe Zustimmung im Übrigen kommt es nicht mehr an, es wurde keine Satzungsänderung beschlossen. b. Es stimmen mit Ja 85, Nein 10 und 25 enthalten sich. – Es haben wenigstens die Hälfte der Mitglieder abgestimmt – Die Zustimmung beträgt 85/95, die Satzungsänderung ist beschlossen. 2. Die Satzung fordert für die Satzungsänderung eine Mehrheit von 3/4 der abgegebenen gültigen Stimmen, wobei mit Ja, Nein oder Enthaltung gestimmt werden darf. In einer ausschließlich über Brief und E-Mail durchgeführten Abstimmung melden sich von 190 Mitgliedern 120 Mitglieder zurück. a. Es stimmen mit Ja 85, Nein 9 und 26 enthalten sich. – Es hat nicht die vom Gesetz geforderte Hälfte der Mitglieder im Sinn der ganz h.M. eine Stimme „abgegeben“ (nämlich nur 94). – Auf die hohe Zustimmung im Übrigen kommt es nicht mehr an, es wurde keine Satzungsänderung beschlossen. b. Es stimmen mit Ja 85, Nein 10 und 25 enthalten sich. – Es haben wenigstens die Hälfte der Mitglieder abgestimmt – Die Zustimmung beträgt 85/120, die Satzungsänderung ist nicht beschlossen.
Durch Satzungsänderung kann auch eine Satzungsbestimmung aufgehoben oder abgemildert werden, die für bestimmte Beschlüsse der Mitgliederversammlung strengere Abstimmungsvoraussetzungen und höhere Stimmenmehrheiten als für Satzungsänderungen (allgemein) vorschreibt oder vorsieht, dass eine Satzungsbestimmung unabänderlich ist. Eine satzungsgemäße Erschwerung (z.B. Erfordernis einer größeren Mehrheit, Zustimmung einer externen Stelle beim kirchlichen Verein) kann durch Sat1 Abdruck im Anhang.
Stöber/Otto | 555
1096
XVII. Rz. 1096 | Satzungsänderungen
zungsänderung nur in der erschwerten Form beseitigt werden.1 Wenn die Satzung anordnet, dass zu bestimmten Beschlüssen die Zustimmung aller Mitglieder erforderlich ist, kann auch diese Satzungsbestimmung nur mit Zustimmung aller Mitglieder geändert werden, nicht durch Änderungsbeschluss mit einer Dreiviertelmehrheit oder in einer sonst erschwerten Form.2 Zur Mehrheit bei Änderung des Vereinszwecks s. Rz. 1111. 1097
Zur Möglichkeit, die abschließende redaktionelle Fassung einer Satzungsänderung einem Ausschuss, Beirat oder dem Vorstand zu übertragen, s. Rz. 1135 (bereits eingetragener Verein) und Rz. 1209 (Satzung vor Eintragung).
1098
Die Satzung kann (nach § 40 BGB) das Zustandekommen einer Satzungsänderung von der Zustimmung eines Vereinsmitglieds (Sonderrecht, Rz. 253) oder eines anderen Vereinsorgans (z.B. der Vorstandschaft, eines Ältestenbeirats) oder auch der Bestätigung in einer Folgeversammlung3 abhängig machen (s oben Rz. 995).4 Unzulässig ist nur eine so weitgehende Einschränkung der Gesamtheit der Vereinsmitglieder, dass dem Verein als Personenverband keine eigene Bedeutung mehr zukommt (dazu Rz. 40). Zustimmung oder Genehmigung eines (außenstehenden) Dritten zu dem Vereinsbeschluss über eine Satzungsänderung kann – als dem Vereinsrecht wesensfremd – nicht vorgesehen werden.5 Nur für den einer Religionsgemeinschaft zuzuordnenden Verein folgt eine Einschränkung aus Art. 140 GG mit Art. 137 Abs. 3 der Weimarer Reichsverfassung (Rz. 45). Sie begründet die Möglichkeit, die Wirksamkeit des Satzungsänderungsbeschlusses (ebenso wie die Vereinsauflösung) von der Zustimmung (Genehmigung) einer kirchlichen Stelle (z.B. des Diözesan-Bischofs) abhängig zu machen.6 Auch im Gesamtverein (Rz. 1414) wird man Ausnahmen zulassen.
1099
Als andere Zuständigkeit (§ 32 Abs. 1 S. 1 mit § 40 BGB) kann die Satzungsänderung durch Beschlussfassung des Vorstands, eines Satzungsausschusses oder eines sonstigen Organs des Vereins7 vorgesehen, nicht aber die eigene (selbständige) Willensbildung des Vereins völlig ausgeschlossen werden. Mindestens muss der Mitgliederversammlung die Möglichkeit verbleiben, die Kompetenz zur Satzungsgebung zu1 OLG Düsseldorf v. 5.12.2008 – 3 Wx 84/08, Rpfleger 2009, 239 = DNotZ 2009, 472, dazu Wolff, NZG 2009, 1217; LG Stuttgart Justiz 1971, 144 (145); Stöber, Rpfleger 1976, 380 Fn. 34 m.w.N. 2 RG LZ 1932, 949; OLG München v. 30.1.2020 – 31 Wx 371/19, MDR 2020, 807. 3 Wagner/Reichert, Kap. 2/Rz. 1758. 4 BayObLG 1975, 435 (439) = Rpfleger 1976, 56. 5 LG Siegen Rpfleger 1964, 268; LG Hildesheim NJW 1965, 2400; a.A. jedoch KG MDR 1975, 140 = OLGZ 1974, 395 = Rpfleger 1974, 394; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 136; auch LG Aachen DVBl. 1976, 914; Hadding in Soergel, Rz. 7 zu § 33; Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 567. Anders Schwennicke in Staudinger, § 3 Rz. 21 m.w.N. In jedem Fall müsste sich ein derartiges Recht ausdrücklich aus der Satzung ergeben, Pfälz. OLG v. 27.6.2013 – 3 W 19/13, NZG 2013, 1271. 6 OLG Köln v. 20.9.1991 – 2 Wx 64/91, NJW 1992, 1048 = Rpfleger 1992, 112. Hierzu auch Flume in FS Coing, Band II, S. 97 (98–110). Anders Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 567. 7 Bedenken gegen Übertragung der Zuständigkeit für Satzungsänderung an ein anderes Organ des Vereins bei Flume in FS Coing, Band II, S. 97 (102).
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3. Wirksamwerden der Satzungsänderung (§ 71 Abs. 1 BGB) | Rz. 1103 XVII.
rückzuholen (Kompetenzkompetenz).1 Nicht zulässig ist eine Satzungsbestimmung, die vorsieht, dass Änderung der Vereinssatzung ausschließlich durch einen vereinsfremden Dritten erfolgen kann2, wie durch Rechtsverordnung einer Kirchengemeinschaft3, durch einen Dachverband, eine Körperschaft oder ein Unternehmen (auch wenn diese den Verein mit den für seine Tätigkeit notwendigen Mitteln ausstatten). Üblich und zulässig ist es, (nur) die Zuständigkeit für den Erlass einzelner Nebenordnungen4 auf andere Organe zu verlagern. Soll die Nebenordnung Satzungsrang haben, muss diese Kompetenzverlagerung in der formellen Satzung geregelt sein. Durch Staatsakt kann die Satzung eines Vereins – ohne besondere gesetzliche Grundlage – nicht geändert werden.5
1100
Der Vorstand kann nicht gegenüber einem Dritten (z.B. dem Vorstand eines anderen Vereins) mit Wirkung für den Verein die Verpflichtung eingehen, die Vereinssatzung in einer bestimmten Weise zu ändern (vgl. auch Rz. 527).6 Eine von dem Vorstand eingegangene Verpflichtung zur Satzungsänderung kann aber von der Mitgliederversammlung oder dem sonst für Satzungsänderungen zuständigen Vereinsorgan genehmigt und damit für den Verein verbindlich werden.7
1101
3. Wirksamwerden der Satzungsänderung (§ 71 Abs. 1 BGB) Jede Änderung der Satzung eines eingetragenen Vereins bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Eintragung in das Vereinsregister (§ 71 Abs. 1 S. 1 BGB). Das ist nicht durch andere Satzungsbestimmung abdingbar.8 Wer aus Eintragung oder Genehmigungsverfahren Schwerfälligkeiten befürchtet, wird weniger Wesentliches in Geschäftsführungsrichtlinien o.Ä. auslagern (s. insgesamt oben bei Ziff. III.).
1102
Allein durch einen Satzungsänderungsbeschluss der Mitgliederversammlung wird eine Satzungsänderung noch nicht wirksam. Eine zwar beschlossene, aber nicht in das Vereinsregister eingetragene Satzungsänderung hat noch keinerlei Wirkung; sie ist sowohl für das Außenverhältnis (die Rechtsbeziehungen des Vereins zu Dritten) wie
1103
1 Schwennicke in Staudinger, § 3 Rz. 23. 2 Steffen in BGB-RGRK, Rz. 2, Hadding in Soergel, Rz. 7, je zu § 33; wohl auch Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 567; hierzu auch Flume in FS Coing, Band II, S. 97 (102); Steinbeck, Vereinsautonomie und Dritteinfluss (1999) S. 84 ff. 3 OLG Frankfurt v. 9.3.1982 – 20 W 577/81, DNotZ 1982, 632 = OLGZ 1982, 309 = NJW 1983, 2576. 4 Z.B. Mitwirkungsrechte eines Mäzens hinsichtlich der Vergaberichtlinien für Vereinsstipendien oder Leistungsrichtlinien eines vom Arbeitgeber finanzierten Betriebsvereins (Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 567). 5 BGHZ 19, 51 = NJW 1956, 138. 6 BGH BB 1953, 368 = JZ 1953, 474 = LM Nr. 6 zu § 16 UWG; Flume in FS Coing, Band II, S. 97 (107). 7 BGH BB 1953, 368; a.A. Flume in FS Coing, Band II, S. 97 (107). 8 Muscheler, Jahreshefte zum Stiftungswesen 2009, S. 157.
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XVII. Rz. 1103 | Satzungsänderungen
für das Innenleben des Vereins ohne Wirkung.1 Eine allgemeine (hinweisende) Bezeichnung des Inkrafttretens im Änderungsbeschluss oder in der geänderten Bestimmung (oft: Diese Änderung tritt am … – gelegentlich: Tag der Versammlung – in Kraft) hat daher keine Bedeutung (s. auch Rz. 1605). Der Satzungsänderungsbeschluss kann sich wegen der konstitutiven Wirkung der Eintragung keine Rückwirkung beimessen (Rz. 1607).2 1104
Möglich ist aber, dass der Verein zugleich mit einer Satzungsänderung die zur Ausführung der Satzungsänderung notwendigen Beschlüsse fasst. Solche Ausführungsbeschlüsse erlangen dann nicht sogleich Wirksamkeit. Diese sog. Vorratsbeschlüsse stehen vielmehr unter der aufschiebenden Bedingung, dass die Satzungsänderung durch Registereintragung wirksam wird (§ 158 BGB); ihre Wirksamkeit tritt erst mit dem Eintritt dieser Bedingung ein3 (s. auch Rz. 482). Beispiel: Der Verein beschließt die Satzungsänderung, dass der Vorstand (§ 26 BGB) um einen dritten Vorsitzenden erweitert werden soll. Zugleich wählt die Versammlung den neu geschaffenen dritten Vorsitzenden. Der Gewählte gehört erst von dem Augenblick an zum Vorstand, in dem die Satzungsänderung durch Registereintragung Wirksamkeit erlangt. Bis dahin gehört ein dritter Vorsitzender nicht zum Vorstand. Beispiel: Der Verein beschließt die Satzungsänderung, dass dem Vorstand (§ 26 BGB) neben einem Präsidenten statt bisher drei künftig vier weitere Mitglieder angehören. Weil das die Satzung so vorsieht, werden nach einer Einzelwahl des Präsidenten die einzigen vier weiteren Kandidaten im Block/in Listenwahl ohne Einzelabstimmung gewählt. Derzeit ist keines der weiteren Mitglieder gewählt, weil nicht festgestellt werden kann, wer die drei weiteren Vorstandsmitglieder nach geltender Satzung sind. Dieses problematische Resultat sollte im Wahlverfahren unbedingt vermieden werden, vor allem wenn der neu gewählte Präsident allein die Vorstands- und Satzungsänderung nicht anmelden kann.
1105
Die Änderung der Satzung eines wirtschaftlichen Vereins (§ 22 BGB) wird erst mit staatlicher Genehmigung wirksam (§ 33 Abs. 2 BGB).4 Zuständig ist für den wirtschaftlichen Verein das Bundesland, in dessen Gebiet der Verein seinen Sitz hat. Die für Genehmigung zuständigen Behörden sind durch das Landesrecht bestimmt (s. die Übersicht Anhang B.2). Zum ausländischen Verein nach § 25 a.F. BGB s. Art. 229 § 24 EGBGB).
1 BGHZ 23, 122 = LM Nr. 4 zu § 33 BGB (Ls.) mit Anm. Fischer = NJW 1957, 497; RG Recht 1924 Nr. 589; Warnm. 1925 Nr. 13; HRR 1933 Nr. 1635 = Warnm. 1933 Nr. 90; OLG Köln NJW 1964, 1575. 2 OLG Hamm v. 7.12.2006 – 15 W 279/06, NotBZ 2007, 260 = DNotZ 2007, 317. 3 Vgl. OLG Bremen NJW 1955, 1925; OLG München v. 18.2.1998 – 3 U 4897/97, NJW-RR 1998, 966. 4 Das kann auch für altrechtliche Vereine gelten, wenn das Landesrecht für sie das Konzessionssystem vorsieht, KG v. 26.2.2004 – 1 W 549/01, Rpfleger 2004, 497.
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5. Die einzelnen Satzungsänderungen (§§ 33, 35, 40 BGB) | Rz. 1108 XVII.
4. Aufhebung der Satzungsänderung Sogleich wieder aufgehoben werden kann die Satzungsänderung bis zum Wirksamwerden mit Registereintragung oder staatlicher Genehmigung. Es entscheidet das für die Satzungsänderung zuständige Organ mit der für satzungsändernde Beschlüsse notwendigen Mehrheit. War für den Änderungsbeschluss eine satzungsmäßige Erschwerung (z.B. Erfordernis einer größeren Stimmenmehrheit) zu wahren, so kann auch der Aufhebungsbeschluss nur in der erschwerten Form zustande kommen. Die Registeranmeldung muss dann zurückgenommen werden (Rz. 1460 ff.). Wenn die Satzungsänderung bereits eingetragen (oder staatlich genehmigt) ist, kann die frühere oder eine andere Fassung der Satzung nur durch neuerliche Satzungsänderung (Versammlungsbeschluss und Registereintragung oder staatliche Genehmigung) wieder hergestellt werden.
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5. Die einzelnen Satzungsänderungen (§§ 33, 35, 40 BGB) a) Abgrenzung der Satzungsänderung zum einfachen Beschluss Maßgeblich für die Entscheidung, ob die Mehrheitserfordernisse einer Satzungsänderung und beim eingetragene Verein eine Eintragungspflicht greifen, ist zunächst der formelle Satzungsbegriff. § 33 Abs. 1 BGB findet daher Anwendung auf jede Änderung im Wortlaut der Satzungsurkunde einschließlich bloß redaktioneller1 Fassungsänderungen.2 Wesentlicher Grund dafür, nicht auf die materielle Vereinsverfassung in einem engeren Sinn abzustellen, ist die Überlegung, dass jede nicht zwingend in Satzungsform zu regelnde Bestimmung von dem jeweiligen Verein bewusst in den Rang einer Satzung gehoben sein kann.3 Dazu kommt die praktisch nicht zu leistende Abgrenzung zwischen inhaltlicher und nur redaktioneller Änderung, da es für Auslegungsfragen regelmäßig auf den Wortlaut der Satzung ankommt.4 Eine Ausnahme bilden hier allenfalls offensichtliche Fremdkörper im Satzungstext (Rz. 38.)
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Zur formalen Satzung zählen ungeachtet ihres materiellen Inhalts auch Vereinsordnungen (Rz. 1147 ff.), wenn sie formell zum Satzungsbestandteil erklärt wurden.5 Die Änderung von Nebenordnungen, wenn sie weder förmlich als Satzung beschlossen sind, noch materiell Satzungsrecht enthalten, unterliegt nicht § 33 BGB.6
1108
1 Nur insoweit a.A. Steffen in BGB-RGRK, 1982, § 33 Rz. 1. 2 H.M., so Ellenberger in Palandt, § 33 Rz. 1; 9. Aufl., Rz. 613; Schwennicke in Staudinger, § 33 Rz. 6. A.A. Hadding in Soergel, § 32 Rz. 3. 3 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 133. 4 MünchKomm/BGB/Leuschner, § 33 Rz. 4. 5 Reichert, SpuRt 2008, 7 gegen eine dort besprochene, nicht näher bezeichnete Entscheidung des OLG Stuttgart; Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 537. 6 Hadding in Soergel, § 33 Rz. 4.
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XVII. Rz. 1109 | Satzungsänderungen
b) Änderung im Gründungsstadium 1109
Besonderheiten gelten nach älterer Rechtsprechung1 für die Änderung der Satzung eines Vereins, der die Eintragung im Register anstrebt, vor erfolgter Vereinsregistereintragung. Gefordert wird ein einstimmiger neuer Beschluss der wiederaufzunehmenden Gründungsversammlung. Dabei müssten die Teilnehmer aber nicht mit der ersten Versammlung personengleich sein.2
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Nach richtiger Ansicht kann dagegen der Vorverein als nichtrechtsfähiger Verein seine Satzung mit der für Satzungsänderungen vorgesehenen Mehrheit ändern.3 Zu Änderungen im Anmeldungsverfahren s. auch Rz. 1536. c) Änderung des Vereinszwecks
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Zur Änderung des Zwecks des Vereins (Rz. 61 ff.) ist die Zustimmung aller Mitglieder erforderlich;4 die Zustimmung der nicht erschienenen Mitglieder kann schriftlich erfolgen (§ 33 Abs. 1 S. 2 BGB); durch elektronische Form (Signatur!) kann nach § 126 Abs. 3 BGB die Schriftform ersetzt werden. Die hier erlaubte nachträgliche schriftliche Zustimmung ermöglicht es auch, dass Mitglieder, die zunächst gegen die Änderung des Vereinszwecks gestimmt haben, später doch noch schriftlich ihre Zustimmung erteilen. Auf andere Weise kann ausnahmsweise (seltener Fall) eine nachträgliche Zustimmung erklärt werden. So können das bloße Verbleiben im Verein und die weitere Teilnahme am Vereinsleben als Zustimmung zu werten sein. Das gilt aber dann nicht, wenn dem einzelnen Mitglied die Erhebung eines Widerspruchs nicht zuzumuten ist.5 Covid-19 – Sonderbestimmung: Fernabstimmungsverfahren Siehe zunächst Rz. 785 und Rz. 792. Die Covid-19-Sonderbestimmungen6 ändern das Erfordernis der Allzustimmung (oder einer anderen in der Satzung bestimmten Mehrheit) für die Zweckänderung nicht. Beispiele: 1. Für Zweckänderungen gelten die gesetzlichen Bestimmungen. In einer ausschließlich über Brief und E-Mail durchgeführten Abstimmung melden sich von 190 Mitgliedern 189 Mitglieder zurück und stimmen zu. – Es hat die vom Gesetz geforderte Hälfte der Mitglieder eine Stimme „abgegeben“. – Es haben nicht alle Mitglieder zugestimmt, es wurde keine Zweckänderung beschlossen. 2. Die Satzung verlangt für die Zweckänderung eine Mehrheit von 75 % der abgegebenen Stimmen. Enthaltungen und ungültige Stimmen zählen nicht. In einer über Brief und E-Mail durchgeführten Abstimmung melden sich von 1901 Mitgliedern 1.050 Mitglieder zurück.
1 BayObLG München v. 26.1.1972 – BReg 2 Z 135/71, BayObLGZ 1972, 29–38; ebenso noch Weick in Staudinger, § 33 Rz. 18. Anders nunmehr Schwennicke in Staudinger, § 33 Rz. 3. 2 BayObLG München v. 26.1.1972 – BReg 2 Z 135/71, BayObLGZ 1972, 29–38. 3 Hadding in Soergel, vor § 21 Rz. 66; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 18; Knof in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 5, 3. Aufl., § 15 Rz. 51. 4 Zum Grund hierfür s. Stöber, Rpfleger 1976, 377. 5 BGHZ 23, 122 (129) = LM Nr. 4 zu § 33 BGB (LS) mit Anm. Fischer = NJW 1957, 497. 6 Abdruck im Anhang.
560 | Stöber/Otto
5. Die einzelnen Satzungsänderungen (§§ 33, 35, 40 BGB) | Rz. 1112 XVII. a. Es stimmen mit Ja 850, Nein 100 und 100 enthalten sich. – Es hat nicht die vom Gesetz geforderte Hälfte der Mitglieder eine Stimme „abgegeben“ – Es wurde keine Zweckänderung beschlossen. b. Es stimmen mit Ja 800, Nein 200 und 50 enthalten sich. – Es haben wenigstens die Hälfte der Mitglieder abgestimmt – Die Zustimmung beträgt 80/100, die Satzungsänderung ist beschlossen. 3. Die Satzung erlaubt schon immer eine Abstimmung im schriftlichen Verfahren und verlangt für die Zweckänderung eine Mehrheit von 75 % der abgegebenen Stimmen. Enthaltungen und ungültige Stimmen zählen nicht. In einer ausschließlich über Postbrief durchgeführten Abstimmung melden sich von 1.901 Mitgliedern 1.050 Mitglieder zurück. Es stimmen mit Ja 850, Nein 100 und 100 enthalten sich. – Es hat nicht die von § 5 Abs. 3 des Sondergesetzes geforderte Hälfte der Mitglieder eine Stimme „abgegeben“ – Es wurde aber das von der Satzung vorgesehene schriftliche Verfahren eingehalten. Solche Verfahren werden von den COvid-19-Sonderbestimmungen nicht verdrängt. – Die Zustimmung beträgt 85/95 = 89 %. Die Satzungsänderung ist beschlossen.
Die Zustimmung aller Mitglieder lässt sich bei größerem Mitgliederkreis nur schwer erzielen. Daher kann es sich empfehlen, bereits bei Vereinsgründung die Anforderungen an die Änderung des Vereinszwecks in der Satzung zu mildern (§ 40 BGB). In einer allgemeinen Bestimmung über die zur Satzungsänderung erforderliche Mehrheit liegt jedoch nur eine Regelung für „gewöhnliche“ Satzungsänderungen (§ 33 Abs. 1 S. 1 BGB), nicht bereits eine Abweichung von der zur Abänderung des Vereinszwecks erforderlichen Einstimmigkeit (§ 33 Abs. 1 S. 2 BGB).1 Auch eine Satzungsbestimmung über eine zur Auflösung des Vereins erforderliche Stimmenmehrheit mindert die für Zweckänderung erforderliche Zustimmung aller Mitglieder nicht.2 Die Befugnis zur Änderung des Vereinszwecks kann der Mitgliederversammlung auch ganz entzogen und einem anderen Organ, nicht aber einem (vereinsfremden) Dritten, übertragen werden.3 In der Rechtsprechung wird erwogen, bei besonders großen Vereinen vom Erfordernis der Allzustimmung abzusehen, wenn eine Änderung dringlich und die Rückmeldung aller Mitglieder trotz gebotener Anstrengung nicht zu erlangen ist. Das scheidet aber aus, sobald feststeht, dass wenigstens ein Mitglied dagegen stimmt.4
1 BGH v. 11.11.1985 – II ZB 5/85, AG 1986, 164 = DNotZ 1986, 276 = MDR 1986, 472 = MittBayNot 1986, 66 = MittRhNotK 1986, 116 = NJW 1986, 1033; Stöber, Rpfleger 1976, 377 (mit eingehender Begründung); Hadding in Soergel, Rz. 12 zu § 33; Reichert, Rz. 427; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 146; OLG Hamm (Vorlagebeschluss) OLG Hamm v. 14.4.1980 – 15 W 61/79, OLGZ 1980, 326 = BayObLG v. 13.3.1980 – RReg. 1 St 25/79, MDR 1980, 780 = NJW 1980, 1592 (LS) = Rpfleger 1980, 417; KG (Vorlagebeschluss) v. 23.4.1985 – 1 W 2922/83, NJW 1985, 2608 (LS); OLG Köln v. 29.11.1994 – 24 U 101/94, NJW-RR 1996, 1180; LG Nürnberg v. 23.10.1987 – 13 T 6954/87, Rpfleger 1988, 151; a.A. OLG Karlsruhe Rpfleger 1976, 396, dessen Ansicht jedoch abzulehnen ist. 2 OLG Köln v. 29.11.1994 – 24 U 101/94, NJW-RR 1996, 1180. 3 KG Dt. Justiz 1936, 1948. 4 OLG München v. 30.1.2020 – 31 Wx 371/19, MDR 2020, 807 = FGPrax 2020, 125.
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XVII. Rz. 1113 | Satzungsänderungen 1113
Vereinszweck ist das die Mitglieder verbindende Interesse (Rz. 68). Nur ein Austausch der Leitidee ist Änderung des Vereinszwecks.1 Bloße Zweckergänzungen, -erweiterungen oder -begrenzungen, die den Charakter des Vereins nicht wandeln, unterliegen noch nicht § 33 Abs. 1 S. 2 BGB.2 Zu berücksichtigen ist, dass ein Verein auf Dauer angelegt ist, mit angemessenen zukünftigen Anpassungen muss also beim Eintritt gerechnet werden.3 Ist der in der Satzung genannte engere Zweck erreicht, liegt seine zeitgemäße Fortschreibung besonders nahe.4 Beispiele5 für Zweckänderung: a) Förderung kleingärtnerischer Interessen; nach Veräußerung des Geländes in Einzelflächen an Vereinsmitglieder verfolgt der Verein die Aufgaben einer Siedlergemeinschaft.6 b) Förderung und Unterstützung des Musikgeschehens ohne Hervorhebung einer bestimmten Art der Musik oder einer besonderen Gruppe der Musikinteressierten; künftig soll der Verein danach trachten, hauptsächlich die musikalischen Neigungen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu fördern und der zeitgenössische Pop- und Rockmusik zu einer gleichberechtigten Stellung neben der sog. ernsten Musik zu verhelfen.7
Nach der Rechtsprechung noch keine Zweckänderung:8 a) Ein Förderverein zur Innenrestaurierung der historischen Pfarrkirche widmet sich nach Abschluss der Restaurierung der „Förderung der Pfarrkirche … mit dem gesamten Pfarrzentrum.“9 b) Ein breit aufgestellter Sportverein gibt durch Veräußerung des Ruderhauses im praktischen Ergebnis die Ruderabteilung auf (ohne dass davon der Satzungswortlaut betroffen ist).10 c) Ein Förderverein fasst seinen Satzungszweck neu von „Förderung von Sport-, Ausbildungs- und Freizeitmaßnahmen, die vom Behindertensportverband X e.V. durchgeführt und unterstützt werden“ zu „ideelle und finanzielle Förderung des Behinderten- und Rehabilitationsportverbandes X e.V., seiner Mitgliedsvereine und weiterer Organisationen, die den Behindertensport … fördern.“11 d) Ein Verein zur Förderung des Schieß- und Bogensports reduziert den satzungsmäßigen Zweck auf das Bogenschießen.12 Man sollte das nicht verallgemeinern. 1 BayObLG v. 25.1.2001 – 3Z BR 319/00, NJW-RR 2001, 1260 (1261) = Rpfleger 2001, 307. 2 LG Frankenthal v. 24.6.2003 – 1 T 118/03, Rpfleger 2003, 591; LG Hamburg v. 3.1.2008 – 319 O 135/07, juris Rz. 42. 3 BayObLG v. 25.1.2001 – 3Z BR 319/00, NJW-RR 2001, 1260 (1261) = Rpfleger 2001, 307. 4 Pfälz. OLG v. 4.7.2013 – 3 W 68/13, juris. 5 S. auch den Fall (genossenschaftlicher Prüfungsverband) und die Ausführungen von OLG Hamm v. 14.4.1980 – 15 W 61/79, OLGZ 1980, 326. 6 BGH v. 30.11.1967 – II ZR 3/66, MDR 1968, 387 = NJW 1968, 545. 7 LG Nürnberg v. 23.10.1987 – 13 T 6954/87, Rpfleger 1988, 151. 8 Weitere Beispiel bei jurisPK/BGB/Otto, § 33 Rz. 17+18. 9 Nach Pfälz. OLG v. 4.7.2013 – 3 W 68/13, juris bleibt hier die „Stoßrichtung“ der Fördertätigkeit erhalten. 10 BGH v. 19.2.2013 – II ZR 169/11, MDR 2013, 607. 11 Pfälz. OLG v. 17.12.2012 – 3 W 93/12, NZG 2013, 907. 12 OLG Nürnberg v. 17.11.2015 – 12 W 2249/15, Rpfleger 2016, 159.
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5. Die einzelnen Satzungsänderungen (§§ 33, 35, 40 BGB) | Rz. 1114 XVII.
Im entschiedenen Fall dürfte ausschlaggebend sein, dass andere Schießsportarten als das Bogenschießen schon seit längerer Zeit von keinem Mitglied mehr aktiv betrieben wurden. Damit hatte sich der gelebte Vereinszweck längst vom Satzungszweck entfernt und war kein durch das Einstimmigkeitserfordernis zu schützendes Minderheiteninteresse vorhanden. e) Verschmelzung zweier Arbeitgeberverbände derselben Berufssparte, beide mit Zweckrichtung der Wahrung und Förderung der gemeinsamen wirtschaftlichen, sozial- und arbeitsrechtlichen Interessen und der Vertretung der Mitgliedsunternehmen in diesen Angelegenheiten, wobei sich allerdings der aufgehende Verband bislang anders als der aufnehmende nicht auch auf Tarifvermittlung (Tarifbindung) richtete.1 Zu unterscheiden von der Satzungsbestimmung über den Zweck des Vereins (§ 57 Abs. 1 BGB), die nur mit Zustimmung aller Mitglieder geändert werden kann (§ 33 Abs. 1 S. 2 BGB), ist der (weitergehende) Satzungsinhalt (Satzungswortlaut), der die Aufgaben des Vereins näher darstellt und die einzuschlagenden Wege bezeichnet, sonach die Mittel,2 mit denen der Verein seine Aufgabe erfüllt.3 Eine Änderung dieses Satzungswortlauts innerhalb des gleich bleibenden Vereinszwecks ist keine die Zustimmung aller Vereinsmitglieder erfordernde Zweckänderung.4 Eine Änderung dieses weitergehenden Satzungswortlauts mit der für Satzungsänderung allgemein erforderlichen Stimmenmehrheit der erschienenen Mitglieder (§ 33 Abs. 1 S. 1 BGB) ermöglicht es dem Verein, sich auf geänderte Forderungen, die an ihn herantreten, und auf unvorhergesehene Schwierigkeiten, die sich auftun, in praktischer Weise einzustellen und ohne Aufgabe der prinzipiellen Zielrichtung (des Zwecks) das Vereinsleben entsprechend abzuwandeln.5 Keine Änderung des Vereinszwecks ist deshalb auch darin zu sehen, wenn nur der Wirkungskreis des Vereins zur besseren Erreichung des vorausbestimmten Zwecks geänderten Anforderungen angepasst wird6 und daher auch eine Erweiterung (oder Reduzierung) erfährt.7 Beispiel: Vereinszweck: Körperertüchtigung durch Ausübung von Breitensport. Vereinstätigkeit: Leichtathletik und Fußball. Künftig soll dem Verein eine Schwimmabteilung angegliedert werden. Diese Satzungsänderung ist keine Änderung des Vereinszwecks. 1 OLG Hamm v. 19.9.2012 – 8 AktG 2/12 – NZG 2013, 388. Letztlich aber nicht entscheidungserheblich, da das OLG § 33 BGB (m.E. unzutreffend) durch das Umwandlungsrecht verdrängt sieht, vgl. Otto, OLG Stuttgart v. 23.5.2011 – 8 W 294/10, NotBZ 2012, 98 m.w.N. 2 Blosse Änderung der Mittel etwa im aktuellen Fall OLG Düsseldorf v. 28.2.2020 – 3 Wx 214/19 –, juris. 3 BGH v. 11.11.1985 – II ZB 5/85, AG 1986, 164 = DNotZ 1986, 276 = MDR 1986, 472. 4 BGH v. 11.11.1985 – II ZB 5/85, AG 1986, 164 = DNotZ 1986, 276 = MDR 1986, 472; zur Abgrenzung auch K. Schmidt, BB 1987, 556 und Häuser und van Look, ZIP 1986, 749; außerdem Hadding in Soergel, Rz. 9 zu § 33. 5 BGH v. 11.11.1985 – II ZB 5/85, AG 1986, 164 = DNotZ 1986, 276 = MDR 1986, 472; BayObLG v. 25.1.2001 – 3Z BR 319/00, NJW-RR 2001, 1260 (1261) = Rpfleger 2001, 307. 6 LG Bremen v. 12.7.1989 – 2 T 375/89, Rpfleger 1989, 415. 7 Steffen in BGB-RGRK, Rz. 6 zu § 33.
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XVII. Rz. 1114 | Satzungsänderungen Beispiel: Vereinszweck: Körperertüchtigung durch Ausübung von Breitensport. Vereinstätigkeit: Leichtathletik, Fußball, Schwimmen. Verkauf der Schwimmhalle ist selbst dann keine Änderung des Vereinszwecks, wenn es weit und breit kein Ersatzbecken für die Vereinsschwimmer gibt.1
1115
Aufgabe der Gemeinnützigkeit erfordert als Änderung des Vereinszwecks Zustimmung aller Mitglieder (§ 33 Abs. 1 S. 2 BGB), wenn der steuerbegünstigte Satzungszweck (§ 51 AO, abgedruckt Anhang C) abweichend gefasst wird und sodann die satzungsgemäßen Voraussetzungen für die Steuervergünstigung nicht mehr gegeben sind (§ 60 AO, dazu Rz. 136 ff.). Beispiel: Ein Sportverein, dessen satzungsgemäßer gemeinnütziger Zweck Förderung der Allgemeinheit ist (§ 52 Abs. 2 Nr. 2 AO), bestimmt als Vereinszweck nur noch die Förderung eines eng begrenzten Personenkreises wie der Belegschaft eines Unternehmens oder der Angehörigen einer Familie (§ 52 AO).
1116
Hingegen stellt es keine Änderung des „Zwecks des Vereins“ dar, wenn der Satzungswortlaut gestrichen wird, dass „der Verein ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne des Abschnitts ‚Steuerbegünstigte Zwecke‘ der Abgabenordnung verfolgt“ (Mustersatzung für Steuerbegünstigung, Anhang A 2, s. auch Rz. 136), weil die tatsächliche Geschäftsführung nicht mehr den Anforderungen für Erfüllung des steuerbegünstigten Zwecks entspricht (§ 63 AO, abgedruckt im Anhang C 8) und deshalb Gemeinnützigkeit nicht mehr besteht.2
1117
Eine Abänderung nur des Wortlauts der Satzungsbestimmung über den Vereinszweck ist keine Änderung des Vereinszwecks, wenn dadurch – wie bei nur sprachlicher Verbesserung des Satzungswortlauts – das die Mitglieder verbindende Interesse nicht berührt wird. Das gilt insbesondere dann, wenn nur der den Zweck des Vereins darstellende Satzungswortlaut sprachlich abgewandelt wird, wenn somit der unverändert fortgeltende materielle Vereinszweck lediglich eine zeitgemäß ausgeführte und dem gewandelten Sprachgebrauch angepasste Beschreibung erhält3 oder wenn nur die Vereinstätigkeit innerhalb des gleich bleibenden Vereinszwecks inhaltlich neu dargestellt wird.
1118
Ob in der Änderung der Satzungsbestimmung über den Vereinszweck tatsächlich eine Änderung des in der Satzung enthaltenen „Zwecks des Vereins“ liegt, wird oft Auslegungsfrage4 und nur anhand aller Besonderheiten des Einzelfalls zu entscheiden sein. Dass die Satzung seit Jahrzehnten allein Männer zur Mitgliedschaft zulässt, macht diese Bestimmung noch nicht zum Vereinszweck.5 1 Analog die Ruderhaus-Entscheidung, BGH v. 19.2.2013 – II ZR 169/11, MDR 2013, 607. Anders wäre zu entscheiden, wenn (auch) das Rudern ausdrücklicher Vereinszweck ist. 2 OLG Frankfurt OLGR Frankfurt 1999, 165; nimmt klarstellende Berichtigung (Anpassung) der Satzung an. 3 LG Lübeck SchlHA 1982, 26; Hadding in Soergel, Rz. 9 zu § 33. 4 BGH v. 11.11.1985 – II ZB 5/85, AG 1986, 164 = DNotZ 1986, 276 = MDR 1986, 472; RG LZ 1929, 831; OLG Hamm v. 14.4.1980 – 15 W 61/79, OLGZ 1980, 326 (328). 5 OLG Frankfurt v. 6.7.2018 – 3 U 22/17, Rz. 104–108 bei juris.
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5. Die einzelnen Satzungsänderungen (§§ 33, 35, 40 BGB) | Rz. 1123 XVII.
Übergang von der korporativen Mitgliedschaft (von Bezirks-, Orts- usw. -Verbänden) zur Einzelmitgliedschaft ändert als solche den Vereinszweck nicht.1 Ebenso bewirkt die Änderung der Satzung eines Haupt- oder Mitgliedervereins über die (automatische) Mitgliedschaft im Dachverein den Vereinszweck nicht.2
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In das Vereinsregister kann ohne nachfolgende Löschung des Vereins keine Satzungsänderung eingetragen werden, aus der sich ergibt, dass der Vereinszweck nunmehr auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (Rz. 68 ff.) gerichtet ist (dazu Rz. 230).3
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Eine Satzungsänderung des Inhalts, dass es zur Änderung des Zwecks des Vereins in Abweichung von § 33 Abs. 1 S. 2 BGB nicht der Zustimmung aller Mitglieder bedürfe, steht einer Änderung des Zwecks des Vereins gleich und kann daher nicht mit der für gewöhnliche Satzungsänderungen erforderlichen Mehrheit (§ 33 Abs. 1 S. 1 BGB), sondern nur mit Zustimmung aller Vereinsmitglieder beschlossen werden.4 Gleiches gilt für Abänderung der Satzungsbestimmung, die eine Änderung des Vereinszwecks ausschließt.
1121
Eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse und die sich daraus ergebende Unmöglichkeit, den satzungsgemäßen Vereinszweck durchzuführen, hat nicht automatisch die Entstehung eines neuen, an die gewandelten Verhältnisse angepassten Vereinszwecks zur Folge; sie führt auch nicht zur Auflösung (Rz. 1326) des Vereins. In einem solchen Fall ist vielmehr der Vereinszweck auf die ihm noch unterzuordnenden Restaufgaben, insbesondere die Verwaltung des Vereinsvermögens, zusammengeschrumpft.5 Ebenso wie geänderte Verhältnisse einen neuen Vereinszweck nicht begründen können, können sie auch die Beschlussfassung über die Änderung des in der Satzung festgelegten Vereinszwecks nicht erleichtern. Es steht stets in der freien, auf ihre Zweckmäßigkeit von den Gerichten nicht nachprüfbaren Entscheidung der Mitglieder, ob sie den Vereinszweck den geänderten Verhältnissen durch Satzungsänderung mit der notwendigen Mehrheit anpassen wollen oder nicht6 und ob sie einer solchen Satzungsänderung zustimmen wollen.
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d) Name des Vereins Den Namen des Vereins legt die Satzung fest (Rz. 159). Die Änderung des Vereinsnamens7 ist daher Satzungsänderung. Namensänderung erfordert Änderung der Satzungsbestimmung über den Vereinsnamen.
1 2 3 4 5 6 7
BGH v. 14.7.1980 – II ZR 145/79, MDR 1981, 119 = NJW 1980, 2707. LG Frankenthal v. 24.6.2003 – 1 T 118/03, Rpfleger 2003, 591. OLG Stuttgart OLGZ 1971, 465. RG HRR 1932 Nr. 1639; KG JW 1934, 2161; KG Dt. Justiz 1936, 1949. BGH v. 30.11.1967 – II ZR 3/66, MDR 1968, 387 = NJW 1968, 545. BGH v. 30.11.1967 – II ZR 3/66, MDR 1968, 387 = NJW 1968, 545. Zu einem Prozessvergleich, in dem sich ein Verein zur Änderung seines Namens verpflichtet, s. OLG München v. 2.4.1980 – 6 U 1312/81, ZIP 1981, 615.
Stöber/Otto | 565
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XVII. Rz. 1123 | Satzungsänderungen Beispiel für den Änderungsbeschluss: Die erschienenen Mitglieder beschlossen einstimmig, § 1 Abs. 1 der Satzung (Name des Vereins) wird geändert und erhält nun folgende Fassung: (1) Der Verein führt den Namen …
e) Der Sitz des Vereins 1124
Vereinssitz ist der durch die Satzung bestimmte Ort (§ 57 Abs. 1 BGB; Rz. 186 ff.). Daher ist Verlegung des Vereinssitzes an einen anderen Ort (nicht aber Verlegung des Orts der Verwaltung) eine Satzungsänderung. Beispiel für den Änderungsbeschluss: Die erschienenen Mitglieder beschlossen mit 20 Zustimmungen bei 1 Enthaltung ohne Gegenstimmen, den Vereinssitz von Nürnberg nach Rothenburg o.T. zu verlegen und daher § 3 der Satzung (Sitz des Vereins) wie folgt zu ändern: § 3 (Sitz): Der Verein hat seinen Sitz in Rothenburg o.T.
Zur Zuständigkeit für die Registereintragung bei Sitzverlegung s. Rz. 1612. 1125
Die Namensänderung einer Gemeinde im Zuge einer Gebietsreform erfordert keine Satzungsänderung durch Bezeichnung des Vereinssitzes mit dem neuen Gemeindenamen, wenn der nach dem früheren Namen der Gemeinde bezeichnete Sitz weiterhin zulässig (dazu Rz. 180) verwendet werden kann.1 Wo das (ausnahmsweise) nicht der Fall ist oder wenn der geänderte Gemeindenamen in die Satzung aufgenommen werden soll, wird der neue Name des Orts des Vereinssitzes nach Anmeldung einer redaktionellen Änderung (Rz. 1135) der Satzungsbestimmung über den Sitz in das Vereinsregister eingetragen. f) Änderung von Mitgliederrechten
1126
Mitgliederrechte und -pflichten kann die Satzung bei Vereinsgründung differenzieren (Rz. 249); sie kann auch verschiedene Mitgliedergruppen einrichten. Die Vereinssatzung wird jedoch nicht immer sogleich alle denkbaren gleichwertigen Fälle erfassen, die im Verein auftreten können. Dann kann es zulässig sein, dass der Verein die Satzung später anpasst, sobald er erkennt, dass weitere Fälle in derselben Weise regelungsbedürftig sind. Die zulässige Beschlussfassung über eine solche Änderung der Vereinssatzung verstößt nicht gegen das Verbot der Ungleichbehandlung der Mitglieder. Ein Verein kann daher, wenn das durch den Wandel der tatsächlichen Verhältnisse notwendig geworden ist, durch satzungsändernden Beschluss die objektiven Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Mitgliedergruppe (z.B. zu den ordentlichen Mitgliedern oder das passive Wahlrecht2) verschärfen und zugleich bestimmen, dass Mitglieder, die den geänderten Merkmalen dieser Gruppe nicht mehr entsprechen, in eine solche minderer Rechte (z.B. zu außerordentlichen Mitgliedern) herabgestuft werden. Der zuvor im Verein erworbenen Rechtspositionen solcher Mit1 Dazu OLG Hamm (15. ZS, Rechtsgutachten) Rpfleger 1977, 275 (insb. III 4, S. 279). 2 OLG München v. 19.3.2018 – 20 S 14891/17, ZStV 2019, 30. Sachverhalt in AG München v. 7.9.2017 -231 C 4507/17, juris.
566 | Stöber/Otto
6. Neufassung der gesamten Satzung | Rz. 1130 XVII.
glieder kommt dann kein Bestandsschutz zu, wenn das am Vereinszweck zu messende Interesse des Vereins an einer solchen Regelung den Vorzug verdient.1 Das Interesse des Vereins an der neuen Bestimmung, mit welchen Mitgliedern er künftig seine satzungsmäßigen Ziele verfolgen will, kann z.B. stärker wiegen als das Mitgliederinteresse an der Beibehaltung einer Rechtsposition und daher eine Änderung der objektiven Merkmale der Zugehörigkeit zu Mitgliedergruppen ermöglichen, wenn eine bisher selbständige Mitgliederfirma von einem Unternehmen wirtschaftlich abhängig wird, gegen dessen Interessen im Wirtschaftsleben sich die Vereinstätigkeit richtet. Ohne solchen Wandel der tatsächlichen Verhältnisse bzw. einen das Bestandsinteresse eindeutig überwiegenden Grund können die Mitgliedschaftsmerkmale jedoch nur mit Wirksamkeit für die nach der Satzungsänderung eintretenden neuen Mitglieder geändert werden. Den bereits dem Verein angehörenden Mitgliedern können die erworbenen Mitgliedschaftsrechte nicht deshalb ganz oder teilweise automatisch entzogen werden, weil sie die persönliche Voraussetzung der geänderten Satzung nicht mehr erfüllen.2 Bei Satzungsänderung ist klarzustellen, dass neue Anforderungen an die Mitgliedschaft keine rückwirkende Bedeutung erlangen. Etwas anderes gilt bei Zustimmung der betroffenen Mitglieder.3 Ohne sie ist ein Eingriff in das Mitgliederrecht schwebend unwirksam4 Ein Mitgliederwechsel (Auswechslung sämtlicher Vereinsmitglieder, Ersetzung von Mitgliedsverbänden durch Einzelmitglieder) kann allein durch satzungsändernden Beschluss ohne Zustimmung aller bisherigen Mitglieder nicht wirksam herbeigeführt werden.5
1127
Anders verhält es sich bei der nachträglichen Einführung von Ausschlussgründen (Rz. 345). Sie können auch mit Wirkung für alle Bestandsmitglieder nachträglich eingeführt werden. Das zuständige Organ berücksichtigt das Bestandsinteresse des Mitglieds im Rahmen des individuellen Ausschließungsverfahrens.
1128
6. Neufassung der gesamten Satzung a) Bedeutung Neufassung der Satzung ist Satzungsänderung. Die Neufassung der Satzung dient vor allem der Klarheit und Übersichtlichkeit. Sie empfiehlt sich, wenn der Satzungswortlaut zahlreiche Änderungen erfahren soll oder auch, wenn eine in der zurückliegenden Zeit bereits vielfach geänderte und dadurch unübersichtlich gewordene Satzung neuerlich geändert oder auch nur redaktionell überarbeitet werden soll.
1129
Eine Satzungsänderung liegt auch vor, soweit lediglich die äußere Form, d.h. der urkundliche Text der Satzung geändert wird, diese also nur eine sog. redaktionelle Än-
1130
1 BGHZ 55, 381 = NJW 1971, 879. 2 Hierzu BGHZ 55, 381 = NJW 1971, 879 und BGH DNotZ 1978, 724 = MDR 1979, 32 = Rpfleger 1978, 362. 3 Reichert/Wagner Rz. 560. 4 Reichert/Wagner Rz. 560. 5 BGH v. 14.7.1980 – II ZR 145/79, MDR 1981, 119 = NJW 1980, 2707.
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XVII. Rz. 1130 | Satzungsänderungen
derung erfährt.1 Im Zuge einer Satzungsneufassung kann die ausdrückliche Bestimmung der Gründungssatzung geändert werden, dass der Verein eingetragen werden soll. Die Neufassung darf aber nicht den Eindruck erwecken, dass nunmehr auf die Eintragung verzichtet wird (Rz. 210). b) Verfahren 1131
Die Neufassung der Satzung erfolgt durch den Beschluss der Mitgliederversammlung, dass eine vorliegende neu gefasste und geschriebene Satzung an die Stelle der bisherigen Vereinssatzung treten soll. In dem Beschluss müssen die einzelnen Abweichungen des Satzungswortlauts, also die verschiedenen mit der Neufassung der Satzung verbundenen Änderungen, nicht einzeln und wörtlich aufgeführt werden. Notwendig ist lediglich, dass den Mitgliedern (Abstimmungsteilnehmern) der neue Satzungswortlaut vorgelegt oder sonst bekannt gemacht wird. Dies kann in der verschiedensten Weise geschehen. So kann den Mitgliedern ein Exemplar der neu gefassten und geschriebenen Satzung ausgehändigt werden; der Wortlaut kann auch vorgelesen werden; schließlich kann die neue Satzung zur Einsicht für alle Versammlungsteilnehmer aufgelegt werden.
1132
Der Beschluss über die Neufassung der Satzung muss mit der Mehrheit gefasst werden, die zu einem Beschluss über die in der neuen Satzung enthaltenen Änderungen der bisherigen Satzung erforderlich ist. Erforderlich ist daher eine Mehrheit von drei Vierteln der Stimmen (§ 33 Abs. 1 BGB) oder eine sonst notwendige satzungsgemäße andere Mehrheit. Wenn die neue Fassung der Satzung auch eine Änderung des Vereinszwecks enthält, ist hierfür die Zustimmung aller Mitglieder erforderlich (§ 33 Abs. 1 S. 2 BGB)2, in Sonderrechte i.S.d. § 35 BGB darf inhaltlich nur mit Zustimmung der Betroffenen eingegriffen werden.
1133
Beispiel für den Versammlungsbeschluss bei der Neufassung der Satzung: Der Vorsitzende machte die neu gefasste und geschriebene Satzung zum Gegenstand der Versammlung. Er fragte die Erschienenen, ob das Wort zur Erörterung der jedem Anwesenden ausgehändigten und vorliegenden neuen Fassung der Satzung gewünscht werde. Wortmeldungen erfolgten nicht. Daraufhin stellte der Vorsitzende die Neufassung der Satzung zur Abstimmung. Beschlossen wurde einstimmig: Die vorliegende Neufassung der Satzung wird angenommen. Diese heute errichtete Satzung ist diesem Protokoll als Anlage 1 angefügt. Mit dem Wirksamwerden der neuen Satzung durch Eintragung in das Vereinsregister ist die bei Gründung des Vereins am … errichtete und zuletzt am … geänderte bisherige Satzung außer Kraft getreten.
1134
Bei einer vollständigen Neufassung der Satzung wird es sich oft anbieten, über möglicherweise streitige Regelungskomplexe oder auch generell z.B. paragraphenweise
1 BayObLG 1975, 435 (438) = Rpfleger 1976, 56. 2 OLG München v. 4.2.2020 – 31 Wx 371/19, juris.
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6. Neufassung der gesamten Satzung | Rz. 1136 XVII.
vorab einzeln abzustimmen. Die aus den Ergebnissen der Einzelabstimmungen zusammengestellte neue Satzung wird dann anschließend zur Gesamtabstimmung gestellt. Nur diese Gesamtabstimmung ist rechtlich maßgeblich, nur sie muss die Anforderungen an einen Satzungsänderungsbeschluss erfüllen. Gilt bei diesem Verfahren auch nur für eine der einzelnen Änderungen eine erhöhte Anforderung (z.B. Bestätigung in schriftlicher Abstimmung oder gar Einstimmigkeit), muss sie in der Gesamtabstimmung erfüllt sein.1 Zulässig ist es aber auch, die einzelnen Bestimmungen und Änderungen der Satzung nacheinander einzeln zu beschließen. Dann gelten erhöhte Beschlussanforderungen nur für die davon betroffenen Abstimmungen. Wenn dann anschließend nochmals eine Endabstimmung stattfindet, muss man differenzieren: Entweder stehen alle einzelnen Änderungen von vornherein unter der Bedingung der Annahme der abschließenden Gesamtfassung oder aber über die Gesamtfassung wird letztlich nur deshalb nochmals abgestimmt, weil in ihr bereits aus den Einzelbeschlüssen folgende redaktionelle Anpassungen nachvollzogen werden (Neunummerierung von Bestimmungen, Korrektur von Verweisen etc.). Hier kann dann m.E. die geringste für eine Satzungsänderung erforderliche Mehrheit reichen, wenn die Regelungen mit höherer Anforderung nicht nochmals geändert werden. Im Register werden dann die Einzeländerungen und zugleich – logisch nachfolgend – die textliche Neufassung im Ganzen angemeldet und eingetragen. Welche Vorgehensweise gilt, muss vor Eintritt in die Abstimmungen klargestellt sein (vgl. Rz. 929). Im Zweifel zählt nach dem Gedanken des § 139 BGB die Endabstimmung.2 c) Redaktionelle Anpassung Die redaktionelle Zusammenstellung und damit Feststellung des Wortlauts der beschlossenen neuen Satzung kann einem Ausschuss, Beirat oder dem Vorstand übertragen werden, wenn sich bei der Beschlussfassung über einzelne Bestimmungen textliche Änderungen und Abweichungen von einem vorliegenden Fassungsvorschlag ergeben haben. Dies muss von der Mitgliederversammlung jedoch mit Dreiviertelmehrheit (oder der sonst für Satzungsänderung nötigen Mehrheit) beschlossen werden. Besser wird ein solches Verfahren aber in der Satzung niedergelegt.
1135
Beispiel für Übertragung der Satzungsfassung auf einen Redaktionsausschuss: Die anwesenden Vereinsmitglieder beschlossen einstimmig, dass der Wortlaut der nach Einarbeitung der heute beschlossenen Änderungen angenommenen neuen Fassung der Satzung durch einen Redaktionsausschuss endgültig festgestellt werden soll und dass dieser Ausschuss zu Fassungsänderungen ermächtigt ist, die bei Zusammenstellung des neuen Satzungswortlauts erforderlich werden. In den Redaktionsausschuss wurden einstimmig berufen die Mitglieder …; diese nahmen die Berufung an.
Der Redaktionsausschuss kann über die sprachliche Zusammenstellung der beschlossenen Satzungsänderung(en) und reine Gliederungsfragen (Neunummerierung der Absätze o.Ä.) hinaus eine Inhaltsänderung der Satzung jedoch nicht vornehmen. Dazu kann er auch von der Mitgliederversammlung nicht ermächtigt werden. Ein Be-
1 OLG München v. 30.1.2020 – 31 Wx 371/19, Rz. 29, MDR 2020, 807 bei juris. 2 OLG München v. 30.1.2020 – 31 Wx 371/19, Rz. 29, MDR 2020, 807 bei juris.
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XVII. Rz. 1136 | Satzungsänderungen
schluss, der gleichwohl ohne Satzungsgrundlage den Redaktionsausschuss zu sachlichen Änderungen ermächtigen würde, wäre wegen Verstoßes gegen § 33 BGB nichtig. Fassungsänderungen durch einen Redaktionsausschuss sind durch die analoge Anwendung des § 179 Abs. 1 S. 2 AktG gedeckt.1 Wenn eine unklare, nicht eindeutige Formulierung mit dem Ziel nachgebessert wird, den sachlichen Inhalt der auslegungsbedürftigen Regelung verbindlich festzulegen, liegt eine dem Redaktionsausschuss nicht übertragene Fassungsänderung vor.2 Bei Anmeldung der von einem Redaktionsausschuss formulierten Satzungsänderung hat das Registergericht Inhaltsänderungen zu beanstanden, die der Redaktionsausschuss vorgenommen hat. Die Vorgaben sind für den bereits eingetragenen Verein an dieser Stelle enger als für Änderungen der Satzung im Verfahren der Ersteintragung des Vereins (dazu. Rz. 1536). Das liegt daran, dass die mit einer über eindeutige Redaktionsfragen hinausgehende Kompetenzübertragung bei dem schon eingetragenen Verein als Satzungsänderung eingetragen sein muss, während man sie beim Vorverein ohne Eintragung gilt oder sogar weitergehend als Bevollmächtigung der Gründer verstanden werden kann. 1137
Aus praktischen Erfordernissen verständlich sind vor allem bei großen Vereinen anzutreffende Bestimmungen wie etwa in § 51 Abs. 3 der Satzung der DLRG: „Das Präsidium wird ermächtigt, Satzungsänderungen, die von dem Registergericht oder von dem Finanzamt aus Rechtsgründen für erforderlich gehalten werden, selbst zu beschließen und anzumelden.“3 So unscheinbar und auf bloß redaktionelle Fragen beschränkt, wie derartige Regelungen auf das unbefangene Vereinsmitglied wirken, sollten sie auch ausgelegt werden: Sie erlauben ausschließlich Änderungen, die Gericht oder Finanzamt zur rechtlich korrekten Fassung des vom Satzungsgeber ganz offensichtlich Gemeinten vorgeschlagen haben. Derartige Fälle werden in Wahrheit selten sein, nur in eindeutigen Fällen dürften sich Gericht und Behörde so eindeutig positionieren. Häufiger lassen sich rechtliche Widersprüche oder Unklarheiten in der Formulierung der Satzung unterschiedlich auflösen, bloße Zweckmäßigkeitserwägungen darf das Registergericht dazu nicht anstellen. Wenn einzelne Bestimmungen steuerschädlich sind, kann es trotzdem sein, dass es einem Teil der Mitglieder auf sie mehr ankommt als auf den Verlust von Steuervorteilen. Eine vom Finanzamt aufgestellte Forderung ist dann nicht „alternativlos“. Sofern mit derartigen Klauseln in Wahrheit eine weitergehende Kompetenzverlagerung von der Mitgliederversammlung weg gemeint ist, was nicht per se ausgeschlossen ist, dann gebietet die wechselseitige Treuepflicht im Verein, dies auch durch entsprechende Formulierung der Satzung offen zu legen und idealerweise durch Mitgliederschutzbestimmungen zu flankieren (vgl. für die Situation der Ersteintragung Muster in Rz. 1536).
1 Für analoge Anwendung im Genossenschaftswesen wegen des rechtsähnlichen Tatbestands Hornung, Rpfleger 1978, 46 (47). 2 Hornung, Rpfleger 1978, 46 (47). 3 https://www.dlrg.de/fileadmin/user_upload/DLRG.de/Ak-Layout2013/Ueberuns/61408100 _Satzung2015web.pdf; Abruf 1.2.2020.
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7. Satzungsdurchbrechung | Rz. 1140 XVII.
d) Vereinsregister Wird eine Satzung als vollständig neugefasst neu angemeldet, unterliegt sie ihrem gesamten urkundlichen Inhalt nach der rechtlichen Prüfung durch das Registergericht, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob und inwieweit Bestimmungen der neuen Satzung bereits in der bisherigen Satzung enthalten sind.1 Der Gegenstand der Satzungsprüfung ist also der gleiche wie bei der ersten Anmeldung des Vereins zur Eintragung in das Vereinsregister.2 Erweist sich auch nur eine von mehreren Änderungen der Satzung als unwirksam (z.B. weil es sich um eine Zweckänderung handelt, für die keine Einstimmigkeit erreicht wurde), dann kann die Satzungsneufassung insgesamt nicht eingetragen werden.3 Einzelne (unbedenkliche) Änderungen können in diesem Fall zwar grundsätzlich aufgrund einer je einzelnen Anmeldung eingetragen werden. Das setzt aber voraus, das über sie in der Versammlung auch abschließend einzeln und nicht allein im „Paket“ der Satzungsneufassung im Ganzen abgestimmt wurde.
1138
Die für den Verein verbindliche Satzung ist allein die im Vereinsregister eingetragene Fassung der Satzung (vgl. § 59 Abs. 2 S. 1, §§ 64, 71 Abs. 1 BGB). Wenn diese Satzung im Laufe der Jahre durch zahlreiche Beschlüsse abgeändert worden ist oder neuerlich an vielen Stellen abgeändert werden soll, empfiehlt es sich, es nicht bei der Einschaltung der nochmaligen Änderungen zu belassen, sondern die Satzung insgesamt neu zu fassen und zu beschließen. Durch die völlige Neufassung der gesamten Satzung entstehen für die Anmeldung bei Notar und Registergericht keine zusätzlichen oder höheren Kosten.
1139
7. Satzungsdurchbrechung Unter dem Stichwort der Satzungsdurchbrechung4 werden Beschlüsse angesprochen, deren Inhalt die Satzung verletzt, und die von dem für eine Satzungsänderung zuständigen Organ5 mit einer Mehrheit gefasst sind, die zur Änderung der Satzung in dem betreffenden Punkt genügen würde. Die Satzungsdurchbrechung lässt sich verstehen als die grundsätzlich mögliche Außerkraftsetzung der Satzung für den jeweils entschiedenen Einzelfall.6 Keine Satzungsdurchbrechung liegt vor, soweit von einer in der Satzung angelegten Gestaltungsfreiheit Gebrauch gemacht wird. Solche Öffnungsklauseln müssen die Grenzen zulässiger Kompetenzübertragung beachten und 1 OLG Düsseldorf v. 12.8.2020 – 3 Wx 130/19, juris; BayObLG 1975, 435; BayObLG 1984, 293 (295). 2 BayObLG 1975, 435. 3 OLG München v. 30.1.2020 – 31 Wx 371/19, MDR 2020, 807 = FGPrax 2020, 125. 4 Zum Streitstand s. Priester, ZHR 151, 40–58, 45 ff.; Peterseim, NZG 2019, 1255. Zur Rechtlage bei GmbH und Aktiengesellschaft Leitzen, RNotZ 2010, 566 in Auswertung von BGH v. 15.3.2010 – II ZR 4/09, GmbHR 2010, 980 mit Anm. Podewils = NotBZ 2011, 37 mit Anm. Suppliet = NJW 2010, 3718 = MDR 2010, 1127. 5 BayObLG München v. 13.12.2000 – 3Z BR 340/00, NJW-RR 2001, 537 f. = Rpfleger 2001, 242. 6 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 134.
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1140
XVII. Rz. 1140 | Satzungsänderungen
in der Umsetzung für die Mitglieder hinreichend transparent bleiben. Unter dieser Voraussetzung bestehen gegen sie keine Bedenken (Beispiele Rz. 1146). 1141
Problematisch sind die Wahrung der Ladungsvorschriften und beim eingetragenen Verein die konstitutive Eintragung von Satzungsänderungen im Register (§ 71 BGB). Die Wirksamkeit satzungsdurchbrechender Beschlüsse wird teilweise generell abgelehnt1, teils bei Registereintragung („Frau X ist entgegen § 3 der Satzung [Mindestalter 21 Jahre] zum Vorstand gewählt worden“),2 teils unter Beachtung einer Anfechtungsfrist3 für zulässig erachtet. Verbreitet ist die Auffassung, dass die Satzungsdurchbrechung nur dann alle Erfordernisse einer Satzungsänderung wahren muss, wenn sie einen Dauerzustand4 begründen soll. Punktuelle Satzungsdurchbrechungen sollen demgegenüber im Vereinsrecht ganz ohne Registereintragung möglich sein5 oder jedenfalls dann, wenn es um eine Abweichung vom Regelungsgegenständen der Satzung geht, die materiell nicht zwingend als Satzung gefasst sein müssten.6 Im Vereinsrecht, das die Kategorie der nur anfechtbaren fehlerhaften Beschlüsse nach h.M. nicht kennt, kommt eine weitere Auffassung, welche die unbewusst-ungewollte Abweichung von der Satzung wirksam sein lässt, bis sie angefochten wird, eher nicht in Betracht.7 Der BGH lässt die Satzungsdurchbrechung trotz satzungsändernder Mehrheit bei der GmbH jedenfalls dann nicht genügen, wenn nicht sämtliche Formvorschriften einer Satzungsänderung beachtet sind und damit auf Dauer ein von der Satzung abweichender rechtlicher Zustand geschaffen werden soll.8 Nach einer neueren Auffassung soll es genügen, wenn die Versammlung über die Abweichung vom satzungsmäßigen Verfahren zunächst diskutiert hat und die Abweichung dann einstimmig genehmigt.9
1142
Man wird zu unterscheiden haben: Abweichungen von der Satzung, die Dauerwirkung entfalten, können nur mit Satzungsänderung herbeigeführt werden.10 Wirksam 1 So insbesondere auch noch 9. Aufl., Rz. 654 ff. (Unübersichtlichkeit der geltenden Satzung im Rechtsverkehr). Ebenso Ellenberger in Palandt, § 33 Rz. 1. 2 Vgl. Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 134. Ablehnend Weick in Staudinger [2005] Rz. 9 zu § 33; Wagner in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 5, 3. Aufl. 2009, § 23 Rz. 42. 3 § 243 Abs. 1 AktG analog, MünchKomm/BGB/Leuschner, § 33 Rz. 20 (es bleibt aber beim Erfordernis einer satzungsändernden Mehrheit und ordnungsgemäßer Ankündigung). 4 Beispiele bei Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 646 ff. 5 MünchKomm/BGB/Arnold, 7.A. § 33 Rz. 10; wohl auch Schwennicke in Staudinger, § 33 Rz. 60. 6 MünchKomm/BGB/Leuschner, § 33 Rz. 22. 7 Vgl. Habersack ZGR 1994, 354, 368. 8 BGH v. 7.6.1993 – II ZR 81/92, BGHZ 123, 15 ff. = DNotZ 1994, 313 = GmbHR 1993, 497 = MDR 1993, 959 = NJW 1993, 2246: Amtszeitverlängerung (eines Aufsichtsrats) um ein Jahr. 9 Burhoff, Rz. 425 mit Hinweis auf eine soweit ersichtlich unveröffentlichte Entscheidung des OLG Rostock v. 26.6.2012 – 1 W 161/12: Vgl. auch OLG Rostock v. 25.6.2012 – 1 W 16/12, juris, das Problem wird dort aber eher unter dem Aspekt der Unbeachtlichkeit eines Verfahrensfehlers behandelt. 10 Ausf. 9. Aufl., Rz. 654 ff. im Anschluss an BGH v. 7.6.1993 – II ZR 81/92, BGHZ 123, 15 = MDR 1993, 959 (19).
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7. Satzungsdurchbrechung | Rz. 1144 XVII.
werden sie erst mit Eintragung in das Vereinsregister (§ 71 Abs. 1 S. 1 BGB) oder staatlicher Genehmigung (§ 33 Abs. 2 BGB). Das betrifft z.B. Wahlen zum Vorstand,1 aber auch die Amtszeitverlängerung eines einzutragenden Organmitglieds durch Beschluss hat eine derartige Dauerwirkung.2 Bei punktuellen Regelungen, deren Bedeutung sich im einmaligen Vollzug des satzungswidrigen Beschlusses oder satzungswidrigen Wahl erschöpft, kommt es zunächst darauf an, ob das Beschlussgremium auch insoweit wirksam entscheiden konnte, als die Satzungsdurchbrechung hinreichend angekündigt war. Ankündigung der Beschlussgegenstände zählt zu den zwingenden Voraussetzungen wirksamer Beschlussfassung (Rz. 861).3 Zum einen müssen die Mitglieder aufgrund der Einladung entscheiden können, ob für sie wichtige Entscheidungen anstehen, zum anderen muss sich auch die Versammlung im Abstimmungsverfahren ausreichend bewusst werden, dass sie von der Satzung abweicht4. Sind diese Voraussetzungen gewahrt – was der seltenere Fall bleiben wird – wäre es aber eine übertrieben Formalie, für die Einzelfallentscheidung eine ausformulierte Satzungsänderung mit Eintragung zu verlangen.
1143
Beispiel: Bereits in der Einladung zur Mitgliederversammlung ist angekündigt, dass (1) Frau Herta Maier Interesse am Amt des 2. Vorstands bekundet habe und der Vorstand beabsichtige, für die anstehende Nachwahl Frau Maier zur Wahl zu empfehlen. Das geschehe ausdrücklich, obwohl § 3 S. 1 der Satzung für die Wählbarkeit eine Mindestmitgliedschaft von 1 Jahr vorschreibt, Frau Maier ist erst 8 Monate im Verein. (2) vorgeschlagen werde, entgegen § 4 Abs. 2 der Satzung (strenge Unentgeltlichkeit der Vorstandstätigkeit) den Beisitzern Schulz und Heinz über die Aufwandspauschale hinaus eine Vergütung von einmalig je 300 € zu gewähren für ihren ungewöhnlichen Zeitaufwand zur Renovierung der Geschäftsstelle. Die Versammlung beschließt wie angeregt und mit satzungsändernder Mehrheit. Nach strenger Ansicht müsste ungefähr beschlossen, angemeldet und eingetragen werden: § 3 (Wählbarkeit zum Vorstand) wurde geändert durch Anfügung eines neuen Satzes 3 mit folgendem Wortlaut: „Frau Herta Maier ist auf der Sitzung am 10.2.2020 wählbar, ohne bereits nach Satz 1 wenigstens 1 Jahr Mitglied zu sein“ § 4 (Ehrenamtlichkeit) wurde geändert durch Anfügung eines neuen Satzes 4 an Abs. 2 mit folgendem Wortlaut: „Abweichend von Abs. 2 Satz 1–3 kann Schulz und Heinz durch Versammlungsbeschluss am 10.2.2020 einmalig eine Vergütung je bis zu 300 Euro gezahlt werden.“
Was hier beschlossen wurde, kommt unter Wahrung aller Schutzinteressen des Rechtsverkehrs ebenso zum Ausdruck, wenn im Beispiel 1 Frau Maier in der Versammlung vom 10.2.2020 mit satzungsändernder Mehrheit und im Bewusstsein der Abstimmenden gewählt wird, dass damit für sie auf eine Mindestzugehörigkeit als
1 Pfälz. OLG v. 26.6.2013 – 3 W 41/13, FGPrax 2013, 1236 = NotBZ 2014, 73. 2 Vgl. den Fall BGH v. 7.6.1993 – II ZR 81/92, BGHZ 123, 15 ff. = DNotZ 1994, 313 = GmbHR 1993, 497 = MDR 1993, 959 = NJW 1993, 2246. 3 Vgl. in anderem Kontext Fluck, npoR 2018, 202, 205 m.N. 4 Auf dieses subjektive Moment verzichtet MünchKomm/BGB/Leuschner, § 33 Rz. 20.
Stöber/Otto | 573
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XVII. Rz. 1144 | Satzungsänderungen
Wählbarkeitsvoraussetzung verzichtet wird. Es genügt dann, zur Satzungsbestimmung über die Wählbarkeit (§ 3) gar nichts im Register einzutragen und bei Eintragung von Frau Maier als Vorstand zu vermerken, dass sie abweichend von § 3 Satz 1 mit satzungsändernder Mehrheit gewählt wurde.1 Der Beschluss über eine Abweichung von § 4 des Beispiels 2 ist mit Sitzungsende verbraucht, so dass insoweit eine Eintragung gar nicht erforderlich ist. Im Hinblick auf spätere Rechnungsprüfungen und zum Nachweis ordnungsgemäßen Wirtschaftens ist die Beschlussfassung hier allerdings besonders sorgfältig zu dokumentieren. 1145
Wäre hingegen die Satzungsdurchbrechung als Beschlussgegenstand nicht ausreichend angekündigt gewesen – das wird die in der Praxis wichtigere Hürde sein – könnte ihr auch eine stärker formalisierte Nachzeichnung im Register nicht zur Wirksamkeit verhelfen.
1146
Situationen wie die in den beiden Beispielen geschildert dürften und weitere dürften in der Praxis nicht selten vorkommen. Für die Satzungsgestaltung empfiehlt sich die vorsorgliche Aufnahme von Öffnungsklauseln.2 M 48 Öffnungsklauseln zur Vermeidung etwaiger Satzungsdurchbrechung § 23 Wählbar zum Gesamtvorstand sind nur Delegierte der Gesamtversammlung oder Vorstandsmitglieder einer anerkannten Abteilung des Vereins. Die Wahlversammlung kann mit einer Mehrheit von wenigstens 50 % der Anwesenden beschließen, dass auch andere Mitglieder zur Wahl zugelassen werden. Darüber ist vor Schluss der Vorschlagsliste zu entscheiden. § 37 Außer Ersatz nachgewiesener Auslagen werden Vergütungen an Mitglieder des Vorstands nicht gezahlt und können auch für deren berufliches oder gewerbliches Tätigwerden für den Verein nicht vereinbart werden. Ausnahmen kann die Mitgliederversammlung mit einer Mehrheit von wenigstens 2/3 der Anwesenden zulassen. § 50 Für die Beschlussfassung im Vorstand gelten die für die Mitgliederversammlung vorgesehenen Ladungsfristen und sonstigen Verfahrensbestimmungen der § 13–15 entsprechend. Durch einstimmigen Beschluss aller seiner gewählten Mitglieder kann sich der Vorstand eine Geschäftsordnung geben, die davon abweichende Fristen und Verfahrenserleichterungen zulässt, insbesondere auch ein schriftliches, fernmündliches oder elektronisches Abstimmungsverfahren. Eine solche Geschäftsordnung tritt spätestens mit Ablauf der regulären Amtszeit des Vorstands außer Kraft.
1 Entspricht Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 134. 2 Nicht anders zur GmbH Peterseim, NZG 2019, 1255.
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XVIII. Geschäftsordnungen, Nebenordnungen, Vereinsordnungen 1. Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Abgrenzung zur Satzung . . . . . . . . b) Regelwerke im Rang unter der Satzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Materielle Satzungsqualität . . . . . . d) Regelungsgegenstände einer Vereinsordnung . . . . . . . . . . . . . . . .
1147 1148 1148 1148
2. Aufstellung und Änderung einer Vereinsordnung . . . . . . . . . . . . . . . 1151 3. Keine Eintragung/Mitgliedertransparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1154
1150
Literatur: Kirberger, Die Nebenordnungen im Vereins- und Verbandsrecht (Dissertation Marburg), 1981; Reichert, Zur Satzungsqualität von Spielordnungen und sonstigen Vereinsordnungen, SpuRt 2008, 7.
1. Abgrenzung Neben dem eigentlichen Satzungstext bestehen im Verein häufig diverse Regelwerke unterschiedlicher Rechtsqualität. Ihre Bezeichnung ist nicht einheitlich. Für die Rechtswirksamkeit und die Reichweite der mit ihnen getroffenen Anordnungen ist dies auch nicht entscheidend. Maßgeblich ist vielmehr die Abgrenzung nach folgenden Merkmalen: a) Abgrenzung zur Satzung – Das Regelwerk kann Satzungsqualität haben. Wenn Teilbereiche der Satzung formal aus dem Text der (Haupt-) Satzung augelagert sind (ausf. Rz. 52 ff.), wird man von einer Nebensatzung bzw. je nach dem Regelungsgehalt von der „Schiedssatzung“, „Haushaltssatzung“, „Beitragssatzung“ etc. sprechen. Aber auch zB hinter den gebräuchlichen Begriffen „Wahlordnung“ oder „Beitragssatzung“ kann sich materiell ein Teil der Satzung verbergen. Für solche Nebensatzungen gelten alle formalen Wirksamkeitsvoraussetzungen der Satzung, insbesondere bedürfen Begründung und Änderung beim eV zwingend der Eintragung im Register (bzw beim wirtschaftlichen Verein Vorlage an die Genehmigungsbehörde). Aus diesem Grund sollten die Nebensatzungen nicht unnötig detailliert abgefasst sein, damit Aktualisierungen zu den weniger zentralen Fragen leichter möglich bleiben. Anders als das zwingende Eintragungs- bzw. Vorlageerfordernis kann die Zuständigkeit für Beschluss und Änderung einer Nebensatzung – zu den Grenzen Rz. 780 – abweichend zu der entsprechenden Kompetenz hinsichtlich der (Haupt-) Satzung geregelt werden. Eine derartige Kompetenzverlagerung erfolgt zweckmäßigerweise innerhalb der (Haupt-) Satzung. Stöber/Otto | 575
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XVIII. Rz. 1147 | Geschäftsordnungen, Nebenordnungen, Vereinsordnungen Beispiel § 17 Der Verein erhebt Beiträge nach einer Beitragssatzung, die Teil der Vereinssatzung ist. Abweichend von § 14 (Mitgliederversammlung) ist für Erlass und Änderung der Beitragssatzung der erweiterte Vorstand (§ 15) zuständig.
– Durch Änderung der (Haupt-) Satzung kann sich die Mitgliederversammlung die übertragene Zuständigkeit jederzeit zurückholen. Wenn der Verein für ein Regelwerk die Qualifizierung als Satzung gewählt hat, dann bleibt es für spätere Änderungen dabei, auch wenn und soweit die Inhalte der (Neben-) Satzung nicht zwingend in dieser Form geregelt sein müssen. – Das Gegenstück bilden (einfache) Vereinsordnungen ohne Satzungsqualität (bis 11. Aufl. hier auch unter dem Oberbegriff „Geschäftsordnung“ zusammengefasst). b) Regelwerke im Rang unter der Satzung Innerhalb der Vereinsordnungen kann man weiter differenzieren: – Zur Ausfüllung von Detailfragen des Vereinslebens, d.h. zur näheren Ausgestaltung und Erläuterung der in der Satzung angelegten Grundentscheidungen kann die Satzung einem Vereinsorgan (oder auch einer Vereinsabteilung) den Erlass einer Vereinsordnung im engeren Sinn bzw. Nebenordnung zuweisen. Solche Nebenordnungen sind innerhalb des Vereins verbindlich, soweit sie sich in den Grenzen ihrer Kompetenzbegründung halten und nicht höherrangigem Vereinsrecht (also Satzung und Nebensatzung) oder dem Gesetz widersprechen.1 In der Regel enthält die Satzungsbestimmung, mit der die jeweilige Erlasskompetenz festgelegt wird, auch eine Grenzziehung. Wenn Regelungsgegenstände betroffen sind, die zwingend der Satzung zugewiesen sind, muss sie einen solchen Rahmen setzen. Die Beitragspflicht als solche und die Grundsätze eines nach Mitgliedergruppen differenzierten Beitrags müssen in Satzungsform festgelegt sein. Beispiel: § 17 Der Verein erhebt monatlich zu zahlende Beiträge nach einer Beitragsordnung. Die Beitragsordnung wird von der Mitgliederversammlung jeweils für das nächstfolgende Wirtschaftsjahr mit einfacher Mehrheit beschlossen. In der Beitragsordnung kann nach Altersgruppen differenziert werden, wobei der Beitrag eines Minderjährigen nie mehr als 25 % des Beitrags eines volljährigen Mitglieds und der Beitrag einer juristischen Person stets mindestens das Doppelte des Beitrags eines volljährigen Mitglieds betragen soll. Ehrenmitglieder sind von der Beitragspflicht befreit.
– Von einer Geschäftsordnung soll hier schließlich gesprochen werden, wenn sich ein Organ für den eigenen Geschäftsgang allgemeine Verfahrensgrundsätze gibt. Dazu bedarf es nicht in jedem Fall einer Kompetenzzuweisung in der Satzung („organinterne Geschäftsordnung“2). In einer Geschäftsordnung können aber auch allgemeine Weisungen zusammengefasst sein, die der Vereinsverwaltung von der jeweils zuständigen Stelle aufgegeben werden („externe Geschäftsordnung“, zB eine
1 Hadding in Soergel, Rz. 8; Schwennicke in Staudinger, Rz. 72, je zu § 25. 2 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 429.
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1. Abgrenzung | Rz. 1148 XVIII.
von der Mitgliederversammlung erlassene Geschäftsordnung für die Vorstandsarbeit ebenso wie eine vom Vorstand erlassene Geschäftsordnung für die Geschäftsstelle). Es handelt sich bei den Geschäftsordnungen um allgemeine Anweisungen und Durchführungsbestimmungen im Sinn einer einheitlichen und zweckmäßigen Führung der Vereinsgeschäfte. Auch sie dürfen höherrangigem Recht nicht widersprechen. Dabei steht im Zweifel die Geschäftsordnung einer Vereinsordnung nach, deren Erlass auf die Satzung zurückzuführen ist. Nicht unüblich ist es auch, dass eine Geschäftsordnung die Inhalte einer Vereinsordnung näher ausführt. – Insbesondere Fragen der Geschäftsordnung, aber auch die typischerweise in Nebenordnungen erfassten Gegenstände können auch durch Vereinsobservanz (Rz. 55) geregelt sein. c) Materielle Satzungsqualität Zwingend Satzungsinhalt sind als Vereinsverfassung (§ 25 BGB) Vorschriften, welche die Rechtsverhältnisse des Vereins regeln1 (Rz. 37). Nur in einer Satzung als Grundordnung festzulegen sind die Leitprinzipien, auf die sich der Verein gründet, seine körperschaftliche Organisation, somit Aufbau und Organe des Vereins, und sein Verhältnis zu den Mitgliedern. Die Satzung muss Bestimmungen enthalten über alle Gegenstände, die ihrem Inhalt nach kraft zwingender gesetzlicher Vorschrift (insb. §§ 57, 58 BGB) notwendig Satzungsinhalt zu sein haben; weitergehender Inhalt der Satzung einer politischen Partei: § 6 PartG. Sie kann (beliebige) Bestimmungen über weitergehende Rechtsverhältnisse des Vereins treffen (§ 25 BGB; Ausfluss der Vereinsautonomie; zu dieser Rz. 39). Dazu gehören alle Regelungen, auf die sich die körperschaftliche Organisation des Vereins als juristische Person und seine Organe gründen, und die das Vereinsleben bestimmenden Grundentscheidungen.2 Nur in der Satzung als Vereinsverfassung und nicht in eine untergeordnete Vereinsordnung aufzunehmen sind daher z.B. Regelungen über die Bestellung eines anderen Vereinsorgans (§ 32 Abs. 1 S. 1 BGB Rz. 658 ff.), auch eines besonderen Vertreters (§ 30 BGB Rz. 694), über ein Sonderrecht (§ 35 BGB Rz. 253 ff.), über Rechte und Pflichten der Mitglieder (damit auch für Ausgestaltung der Mitgliederrechte auf Nutzung der Vereinseinrichtungen und Vereinsveranstaltungen, Spiel-, Wettkampf- und Wettspielordnung usw., Rz. 400 ff.)3, bei einer anerkannten Züchtervereinigung auch Zuchtprogramm, Zuchtziele und die Voraussetzungen für den Anspruch auf Eintragung eines Zuchttieres in das Zuchtbuch4, bei Einrichtung eines Garantiefonds durch einen Ban1 RG 73, 187 (193). 2 BGH v. 24.10.1988 – II ZR 311/87, MDR 1989, 328 = NJW 1989, 1724 m. zahlr. N. 3 S. auch Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 487: Zulassungsregelungen und Sanktionsdrohungen müssen Satzungsbestandteil sein, Spielordnungen und sportlich-technische Regelungen können in nachrangigen Vereinsordnungen getroffen werden. 4 BGH v. 11.7.1983 – II ZR 92/82, LM BGB § 25 Nr. 22 = MDR 1984, 119. Grundlage staatlicher Maßnahmen mit grundrechtsbeschränkender Wirkung kann die Eintragung in das Zuchtbuch als private Regelung nur sein, wenn sie den rechtsstaatlichen Anforderungen, die an staatliche Normen zu stellen sind, namentlich dem Bestimmtheitsgrundsatz, entspricht, BVerfG 88, 366 = NJW 1993, 2599; BVerfG v. 30.12.1993 – 1 BvR 1368/90, NJWRR 1994, 663. Zur Beurteilung eines Wettbewerbsnachteils eines Dritten durch Einrichtung
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XVIII. Rz. 1148 | Geschäftsordnungen, Nebenordnungen, Vereinsordnungen
ken-Dachverband die das Sicherungssystem bestimmenden Grundentscheidungen unter Einschluss der Grundzüge der Beitragspflichten.1 Alle Regelungen, mit denen der Verein vom gesetzlichen Grundmodell abweichen will, sind nur als Satzung möglich (§ 40 BGB). Zum Satzungszwang der Regelungen zum Vereinsstrafrecht s. Rz. 1173. 1149
Materiell Satzungsinhalt sind somit im Einzelfall die von Gründern (Rz. 23) oder durch Änderungsbeschluss (Rz. 1091 mit Einzelheiten) der Mitgliederversammlung (des sonst zuständigen Organs) und Eintragung in das Vereinsregister (§ 71 Abs. 1 S. 1 BGB) festgelegten körperschaftlichen Rechtsvorschriften, welche die Gestaltung der Rechtsverhältnisse des Vereins als Organisation (juristische Person), seiner Organe und Mitglieder zum Gegenstand haben. Die mit diesem Inhalt schriftlich niedergelegte Satzung ist der Anmeldung des Vereins zur Eintragung in das Vereinsregister beizufügen (§ 59 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Wenn die Vereinssatzung nicht in einer Urkunde zusammengefasst, sondern Satzungsbestandteile (Bestimmungen der Vereinsverfassung) in Sonderordnungen für bestimmte Angelegenheiten geregelt sind (Rz. 51), sind auch diese Nebenordnungen Teil der mit Anmeldung des Vereins einzureichenden Satzung. Der Tag der Errichtung dieser Satzung wird bei Eintragung des Vereins im Vereinsregister angegeben (§ 64 BGB). Abänderung dieser Rechtsverhältnisse des Vereins ist Satzungsänderung (§ 33 BGB), die erst mit Eintragung in das Vereinsregister wirksam wird (§ 71 Abs. 1 S. 1 BGB). d) Regelungsgegenstände einer Vereinsordnung
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Eine nicht in Satzungsform beschlossene und nicht im Register eingetragene (bzw. der Genehmigungsbehörde vorgelegte) Vereinsordnung kann als nur vereinsinterne Regelung (Rz. 1147) Durchführungsbestimmungen, Richtlinien und Allgemeine Anordnungen treffen.2 Normen des Vereinsrechts (der Satzung vorbehalten) kann sie nicht enthalten.3 Sie kann in den Grenzen von Gesetz und Satzung den ordnungsgemäßen Vereinsbetrieb näher bestimmen4 oder mit der Ordnung des Geschäftsgangs den rein geschäftsordnungsmäßigen Verfahrensablauf als Weisung für die Vereinsorgane (Vorstand, Ausschuss, Mitgliederversammlung) festlegen. Eine Vereinsord-
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einer höherwertigen Abteilung im amtlichen Zuchtbuch entsprechend der Vereinssatzung BVerfG v. 12.10.1995 – 1 BvR 1938/93, NJW 1996, 1203 und BGH NJW-RR 1999, 1490; zu Schadensersatzanspruch wegen verweigerter Eintragung in ein Zuchtbuch BGH v. 6.12.1999 – II ZR 169/98, NJW-RR 2000, 750 = VersR 2001, 991. BGHZ 105, 306 = MDR 1989, 328 (313) = BGH v. 24.10.1988 – II ZR 311/87, MDR 1989, 328 = NJW 1989, 1724. Zu Vereins- bzw. Nebenordnungen näher auch Steffen in BGB-RGRK, Rz. 4; Hadding in Soergel, Rz. 7; Schwennicke in Staudinger, Rz. 68 ff., je zu § 25; Reichert/Wagner, Kap. 2/ Rz. 402 ff.; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 151 ff. Steffen in BGB-RGRK, Rz. 4 zu § 25; OLG Frankfurt v. 19.12.1984 – 9 U 107/83, ZIP 1985, 213 (223). Vgl. RG Recht 1915 Nr. 2420; auch BGHZ 64, 327 f.
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2. Aufstellung und Änderung einer Vereinsordnung | Rz. 1151 XVIII.
nung hat keine Wirkung gegenüber Dritten (Außenwirkung). Mitgliederpflichten kann sie nicht schaffen,1 wohl aber konkretisieren.2 In einer nicht im Vereinsregister eingetragenen Datenschutzordnung konkretisiert der Verein auch im Verhältnis zum Mitglied, welche Mitgliederdaten der Verein in Verfolgung seines satzungsmäßigen Zwecks regelmäßig verarbeiten darf (str., dazu Rz. 1942).
Mitgliederrechte kann sie nicht über die in der Satzung angelegten Vorgaben hinaus begründen oder beschränken. Jedoch führt die Bindung des Vorstands (oder eines anderen Organs) an Weisungen (§ 27 Abs. 3 mit § 665 BGB) oder (wenn das Organ seine Geschäftsordnung selbst erlassen hat) eine Selbstbindung dazu, dass jedes Mitglied unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung Anspruch auf Beachtung und Einhaltung des in einer Geschäftsordnung geregelten Geschäfts- und Verfahrensgangs hat.3 Da in § 32 BGB nur Grundzüge des Beschlussverfahrens geregelt sind,4 sind bloß ergänzende Ausführungsbestimmungen und vereinsinterne Regelungen über den Geschäftsgang der Organe des Vereins auch ohne Eintragung beachtlich und müssen nicht in einer Satzung enthalten sein.5 Zum Geschäftsgang im Vorstand auch oben Rz. 621 ff.
2. Aufstellung und Änderung einer Vereinsordnung Eine Vereinsordnung als nur konkretisierende oder erläuternde Ergänzung der Satzung bzw. als nur vereinsinterne Regelung kann von dem durch die Satzung hierzu ausdrücklich ermächtigten Vereinsorgan aufgestellt werden. Wenn die Satzung keine Regelung trifft, kann eine Geschäftsordnung auch von jedem Vereinsorgan für das von ihm zu beachtende Verfahren erlassen werden.6 Wohl zu Recht wird der auf eine unmittelbare Verankerung in der Satzung zurückzuführenden Nebenordnung eine stärkere Legitimationswirkung zugeschrieben als der Geschäftsordnung. Die Verarbeitung von Mitgliederdaten im Verein gilt als aus dem Mitgliedschaftsverhältnis heraus begründet (bedarf also darüber hinaus keiner Einwilligung oder einer Interessenabwägung), wenn sie in der Satzung oder wenigstens in einer auf die Satzung zurückzuführenden Datenschutzordnung vorgesehen ist (str., dazu Rz. 1905 und das Muster im Anhang C 1. § 21).
1 RG Recht 1915 Nr. 2420. 2 So etwa, wenn eine Datenschutzordnung die Grundlagen der Datenverarbeitung näher bestimmt und sowohl Mitgliederpflichten zur Duldung der Datenverarbeitung wie auch Geschäftsführungspflichten zum Umgang mit den Mitgliederdaten festlegt. 3 BGHZ 47, 172 (177). 4 Vgl. dazu die Zusammenstellung der Grundaussagen des § 32 BGB bei Sauter/Schweyer/ Waldner, Rz. 245 f. 5 OLG Oldenburg v. 13.7.2017 – 12 W 92/17, NdsRpfl 2017, 308. Vgl. auch OLG Hamm v. 20.11.2019 – 27 W 76/19, juris: Der Vorstand kann für seine Sitzungen eine (deutlich) kürzere Ladungsfrist einführen als sie in der Satzung für die Mitgliederversammlung bestimmt ist. Vgl. aber auch Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 2555. 6 BGHZ 47, 172 (177) und wohl ganz hM. Kritisch hingegen Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 428.
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XVIII. Rz. 1152 | Geschäftsordnungen, Nebenordnungen, Vereinsordnungen 1152
Vereinsordnungen sind insbesondere zulässig und üblich als – Versammlungsordnung, die (ausschließlich) Durchführungsbestimmungen für den Ablauf der Mitgliederversammlung regelt (die Eingrenzung von Mitgliederrechten müsste aber mit Satzungsrang geregelt sein, auch eine bindende Ladungsfrist o.Ä.), – Wahlordnung zur näheren Regelung des Verfahrens bei Wahlen in Mitgliederversammlungen (sie kann über die in Gesetz und Satzung vorgesehenen Möglichkeiten hinaus keine Bestimmung über die Art der Abstimmung und Mehrheitserfordernisse treffen, auch keine zusätzlichen Voraussetzungen des aktiven oder passiven Wahlrechts einführen)1, – Vereinsrichtlinie als Arbeitsordnung für die Geschäftsführung des Vorstands (Rz. 621) (nicht: Regelung der Stimmrechte im Vorstand o.Ä.); sie kann auch Geschäftsbereiche bestimmen, die von den Vorstandsmitgliedern intern bearbeitet werden. (Beachte: Hat – nur – bei Erlass durch die Mitgliederversammlung den Charakter einer Weisung nach § 27 Abs. 3, 665 BGB), – Ehrenordnung für das Verfahren bei Ehrung von Vereinsmitgliedern und Verhängung von Vereinsstrafen (zu Letzterem Rz. 845 ff.). Nicht zur Geschäftsordnung, sondern zum Satzungsinhalt gehört jedoch die Regelung der Grundlagen des Vereinsstrafverfahrens, damit auch die Anordnung, dass ein Ausschließungsbeschluss im Mitteilungsblatt des Vereins zu veröffentlichen ist und das ausgeschlossene Mitglied die Kosten des Ausschließungsverfahrens zu tragen hat2, – Finanz- und Haushaltsordnung, die Einzelheiten der Kassenführung und die Aufstellung eines für die Vereinsleitung verbindlichen Wirtschaftsplans regelt, – Platzordnung zur Einteilung der Spielzeiten der Vereinsmitglieder und Vereinsmannschaften, – Heimordnung (Hausordnung, Hüttenordnung, Gartenordnung) zur Regelung des Verhaltens in vereinseigenen Gebäuden und auf Grundstücken.
1153
Änderung einer Vereinsordnung in den beschrieben Grenzen ist keine Satzungsänderung. Sie kann von dem für ihren Erlass zuständigen Organ mit der für seine Beschlüsse notwendigen (oder hierfür in der Satzung ausdrücklich festgelegten anderen) Mehrheit geändert werden. § 33 BGB findet keine Anwendung.3 War die Geschäftsordnung (vorsorglich) als Teil der (formellen) Satzung erlassen, folgen allerdings auch deren Änderung oder die Aufhebung den für die Satzung geltenden Bestimmungen (Rz. 1091 ff.). Das gleiche gilt, wenn eine Änderung der bisher (bloßen) Vereinsordnung materiell zwingend zur Satzung gehörige Bestimmungen (Rz. 50) neu einführt.
1 Vgl. BAG v. 7.8.1990 – 1 AZR 372/89, BAGE 65, 311 = NJW 1991, 514. 2 BGHZ 47, 172 (178). 3 BGHZ 47, 172 (177).
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3. Keine Eintragung/Mitgliedertransparenz | Rz. 1157 XVIII.
3. Keine Eintragung/Mitgliedertransparenz Eine bloße Vereinsordnung im beschriebenen Sinn kann nicht in das Vereinsregister eingetragen werden. Überflüssige Eintragungen können in ein öffentliches Register nicht aufgenommen werden. Die Eintragung der Geschäftsordnung und ihrer Änderungen wird auch nicht deshalb notwendig und zulässig, weil sie Bestimmungen der Satzung wiederholt.1 Wird eine derartige Satzungsregel später geändert, kommt es allein auf die Satzung an, die Geschäftsordnung kann (ohne eigene Änderung) dann nur insoweit fortgelten, als sie nicht in Widerspruch zum neuen Satzungstext tritt.
1154
Trifft die (nicht im Vereinsregister eingetragene) Ordnung Bestimmungen, die ihrem Wesen nach zur Vereinsverfassung gehören und daher in der Vereinssatzung geregelt werden müssen, dort aber nicht enthalten sind, so sind solche Bestimmungen nichtig.2 Das hat aber nicht ohne weiteres die Nichtigkeit der gesamten Vereinsordnung zur Folge. Wenn sie auch ohne die nichtigen Bestimmungen den Zwecken und Belangen des Vereins gerecht wird und eine in sich sinnvolle Regelung gibt, sind nur die fehlerhaften Bestimmungen nichtig3 (s. auch Rz. 60).
1155
Zweifel darüber, ob eine Geschäftsordnung nicht doch als Vereinsordnung in das Vereinsregister eingetragen werden kann oder gar muss, treten in der Praxis der Amtsgerichte auch deshalb auf, weil immer wieder zwischen der die Verfassung des Vereins regelnden Satzung und der bloß ausführenden Vereinsordnung äußerlich nicht eindeutig unterschieden wird. In oft umfangreichen Ordnungen werden immer wieder auch einzelne Bestimmungen oder begrenzte Bereiche (z.B. über den Eintritt der Mitglieder, § 58 Nr. 1 BGB) der Vereinsverfassung geregelt.
1156
Beispiel: Eine Versammlungsordnung, die nur den Geschäftsgang regelt, bestimmt auch „die Beurkundung der Beschlüsse“, deren Form die Satzung nicht regelt (Erfordernis nach 58 Nr. 4 BGB).
Die Eintragung einer solchen „gemischten“ Geschäftsordnung in das Vereinsregister4, auch die Eintragung jeder Änderung, würde somit einem praktischen Bedürfnis folgen. Sie ist jedoch so nicht möglich.5 Zumeist wird dem Organ, dass ein solches Regelwerk erlassen hat, schon die Kompetenz für eine Satzungsänderung fehlen. Mit der Einstellung in eine „Geschäftsordnung“ ist im Zweifel von dem erlassenden Organ selbst bereits zum Ausdruck gebracht, dass die Bestimmung nicht als Satzung gemeint ist. Kommt man hingegen im Einzelfall zu dem Ergebnis, dass das als Vereinsordnung bezeichnete Regelwerk wirksam als Satzung beschlossen und angemeldet ist, dann ist es damit im Ganzen zum Satzungsrecht erhoben und den § 33 BGB, § 71 Abs. 1 BGB unterstellt. 1 2 3 4
BGHZ 47, 172 (177). BGHZ 47, 172 (178). BGHZ 47, 172 (180). Für „freiwillige“ Aufnahme einer Vereinsordnung in die Satzung Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 154. Der Eintragung in das Vereinsregister zuneigend Hadding in Soergel, Rz. 8b zu § 25. 5 S. auch ausführlich noch 9. Aufl., Rz. 665 f.
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XVIII. Rz. 1158 | Geschäftsordnungen, Nebenordnungen, Vereinsordnungen 1158
Die fehlende Registereintragung bedingt, dass Existenz und Inhalt von Vereinsordnungen den Mitgliedern in anderer Weise zur Kenntnis gebracht werden müssen. Das kann die Übergabe eines Abdrucks zum Eintritt, mindestens der deutliche Hinweis auf eine Einsichtsmöglichkeit sein (Geschäftsstelle/Internet-Homepage). Auf Änderungen muss wiederum in geeigneter Weise hingewiesen werden. Verzichtbar ist das für Geschäftsordnungen, die allein den internen Geschäftsgang regeln („die Vorstände wechseln sich in der Protokollführung der Vorstandssitzungen ab“; „der Vorstand trifft sich immer zum Monatsersten“). Dies gilt allerdings nicht für jede Geschäftsordnung: Eine Ressortverteilung ist zB auch bei nur interner Geschäftsordnung regelmäßig für die Mitglieder von erheblichem Interesse. Wenn der Vorstand öffentlich tagt, gilt das sogar für die eben erwähnte Terminbestimmung.
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XIX. Das Vereinsstrafrecht 1. Die „Vereinsstrafe“ als Vereinsverfassung (§§ 25, 40 BGB) . . . . . a) Vereinsstrafgewalt . . . . . . . . . . . . . . b) Geltungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vereinsverband . . . . . . . . . . . . . . . . d) Einbeziehung von Nichtmitgliedern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Satzungszwang . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Einhebung einer Vereinsstrafe . . . . 2. Satzungsbestimmung über die Ordnungsstrafgewalt . . . . . . . . . . . a) Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zulässige Regelungen . . . . . . . . . . . c) Verschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Rückwirkungsverbot . . . . . . . . . . . . e) Sanktionsformen . . . . . . . . . . . . . . . f) Regelungsgrenzen . . . . . . . . . . . . . . 3. Das vereinsrechtliche Bestrafungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1159 1159 1161 1164 1168 1173 1176 1178 1178 1179 1180 1182 1183 1185
b) Verfahrensgrundsätze . . . . . . . . . . . c) Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Interne Rechtsmittel . . . . . . . . . . . . e) Ausübungsgrenzen . . . . . . . . . . . . . f) Ausschluss als Vereinsstrafe (§§ 25, 32, 40, 58 Nr. 1 BGB) . . . . . 4. Gerichtliche Nachprüfung . . . . . . a) Prüfungsumfang . . . . . . . . . . . . . . . b) Insbesondere der Vereinsausschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Monopolverein . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zulässigkeit eines staatlichen Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Entscheidungsmöglichkeiten . . . . . f) Überprüfung einer Kündigung . . . 5. Politische Parteien . . . . . . . . . . . . . a) Anforderungen an die Satzung . . . b) Parteischiedsgericht . . . . . . . . . . . .
1191 1194 1196 1198 1200 1204 1204 1210 1213 1215 1220 1224 1225 1225 1227
1187 1187
Literatur: Baecker, Zur Nachprüfung von Vereinsstrafen, NJW 1984, 906; Benecke, Der Ausschluss aus dem Verein, WM 2000, 1173; Beuthien, Die richterliche Kontrolle von Vereinsstrafen und Vertragsstrafen, BB Beilage 12/1969; Bleistein/Degenhart, Sportschiedsgerichtsbarkeit und Verfassungsrecht, NJW 2015, 1353; Bruder, Keine Vereinsstrafgewalt des Deutschen Fußballbundes über Lizenzspieler (Bundesligaspieler)?, MDR 1973, 897; Duve, Der Fall Pechstein: BGH stützt Sportschiedsgerichtsbarkeit, Reformbedarf bleibt, BB 2016, I; Ernst, Die Vereinsgewalt, Diss. Köln 1969; Flume, Die Vereinsstrafe, in FS Bötticher, 1969, S. 101; Galperin, Vereinsautonomie und Kontrahierungszwang im Koalitionsrecht, Betrieb 1969, 704; Gehrlein, Die BGH-Rechtsprechung zur Überprüfung von Vereins- und Parteiausschlüssen, ZIP 1994, 852; Gehrlein, Gerichtlicher Prüfungsmaßstab für die Wirksamkeit von Vereinsausschlüssen, ZIP 1997, 1912; Haas/Adolphsen, Verbandsmaßnahmen gegenüber Sportlern, NJW 1995, 2146; Haas/Adolphsen, Sanktionen der Sportverbände vor ordentlichen Gerichten, NJW 1996, 2351; Haas/Neumayer, Die Tätigkeit von Vereinsschiedsgerichten – Rechtsprechung zwischen materiellem und Prozessrecht, NZG 2017, 881; Habscheid, Vereinsautonomie, Vereinsgerichtsbarkeit und ordentliche Gerichtsbarkeit, in Sport und Recht (1972) S. 158; Hadding und van Look, Zur Ausschließung aus Vereinen des bürgerlichen Rechts (zugleich Besprechung von BGH v. 19.10.1987) ZGR 1988, 1; Heermann, Zukunft der Sportschiedsgerichtsbarkeit sowie entsprechender Schiedsvereinbarungen im Lichte des Pechstein-Verfahrens sowie des § 11 RegEAntiDopG, SchiedsVZ 2015, 78; Hilpert, Organisation und Tätigkeit von Verbandsgerichten, BayVBl 1988, 161; Hübner, Verbandsregeln mit Außenwirkung – die Causa Friedek, NZG
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XIX. | Das Vereinsstrafrecht 2016, 50; Kindermann, Aufbau, Aufgaben und Verfahren der Sportgerichte und des Kontrollausschusses des Deutschen Fußball-Bundes, in Sport und Recht (1972) S. 195; Kirberger, Die Vereinsstrafe gegenüber Mitgliedern auf Grund vereinswidrigen Verhaltens Dritter, NJW 1973, 1732; Kröll, „Schiedsklauseln“ in Satzungen – zur Abgrenzung von Vereinsgericht und Schiedsgericht, ZIP 2005, 13; Larenz, Zur Rechtmäßigkeit einer „Vereinsstrafe“, in Gedächtnisschrift Dietz, 1973, S. 45; Lenski, Parteiordnungsmaßnahmen in der Mediendemokratie. Überlegungen zum Verhältnis von Parteimitgliedschaft und Privatsphäre am Beispiel des Falls Edathy, NVwZ 2015, 1730; Leuering, Organhaftung und Schiedsverfahren, NJW 2014, 657; Lohbeck, Das Recht der Sportverbände, Diss. Marburg 1971; Lukes, Erstreckung der Vereinsgewalt auf Nichtmitglieder durch Rechtsgeschäft, in FS Westermann (1974), S. 325; Maihold, Strategien und Instrumente zivil- und verbandsrechtlicher Dopingverfahren in Deutschland, SpuRt 2013, 95–99; Martens, Verbandsstrafen für Fußballfans, NJW 2016, 3691–3694; Meier/ Lenze, Die Haftung „störender“ Zuschauer für Verbandsstrafen gegen Fußballvereine, MDR 2017, 6–10; Meyer-Cording, Die Vereinsstrafe in der Rechtsprechung des BGH, JZ 1959, 649; Meyer-Cording, Betriebsstrafe und Vereinsstrafe im Rechtsstaat, NJW 1966, 225; Meyer-Cording; Die Vereinsstrafe, Tübingen 1957; Nicklisch, Verbandsmacht und einstweiliger Rechtsschutz, 1974; Morgenroth, Die Behandlung der Regeln sportlicher Fairness durch die Rechtsorgane von Sportvereinen, ZStV 2013, 132; Morgenroth, Aktuelle Entwicklungen im Verhältnis des Vereinsrechts zum staatlichen Recht, ZStV 2014, 129; Preis, Die Sportgerichtsbarkeit des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) und die „Bestechungsfälle“ in der Bundesliga (Zugleich ein Beitrag zur Problematik der privaten „Gerichtsbarkeit“), Betrieb 1971, 1570; Reinicke, Die Zulassung von Rechtsanwälten in vereinsgerichtlichen Ausschlussverfahren, NJW 1975, 2048; Reiss, Die Strafgewalt der Vereine, Diss. Köln 1968; Reuter, Grenzen der Verbandsstrafgewalt, ZGR 1980, 101; Reuter, Der Ausschluss aus dem Verein, NJW 1987, 2401; Risse/Leiser, Die Haftung von Schiedsorganisationen, NJW 2015, 2839–2845; Röcken, Entwicklung des Vereinsrechts, MDR 2014, 879; Rückert, Die Rechtsgrundlage der Sportgerichtsbarkeit des Deutschen Fußball-Bundes, in Sport und Recht (1972) S. 175; Schlosser, Prozessuale Fragen um den privatrechtlichen Vereinsverwaltungsakt (Eine Studie unter besonderer Berücksichtigung des Rechts der Sportverbände), MDR 1967, 884 und 961; Schlosser, Vereins- und Verbandsgerichtsbarkeit, 1972; Schopp, Die Bedeutung der Vereinsverfassung beim Zusammenschluss zu Verbänden, insbesondere im Hinblick auf Maßnahmen des Verbandes gegen den Einzelnen, Rpfleger 1959, 335; Schrammel, Bemerkungen zur vereinsinternen Streitbeilegung, in FS Melnizky 2013, S. 227; Schulze, Mitgliedsausschluss aus einem wirtschaftlichen Verein am Beispiel der GEMA, NJW 1991, 3265; Vieweg, Die gerichtliche Nachprüfung von Vereinsstrafen und -entscheidungen, JZ 1984, 167; Vieweg, Doping und Verbandsrecht, NJW 1991, 1511; Vieweg, Doping und Verbandsrecht, NJW 1992, 2539; Vieweg, Disziplinargewalt und Inhaltskontrolle, SpuRt 1995, 97; Vollkommer, Zum Rechtsschutz von Lizenzspielern und Lizenzvereinen durch staatliche Gerichte gegenüber der sog. Sportgerichtsbarkeit des Deutschen Fußball-Bundes, RdA 1982, 16; Walker, verschuldensunabhängige Verbandssanktionen gegen Sportvereine für Zuschauerausschreitungen, NJW 2014, 119; Weller/Benz/Wolf, Vereinshaftung, Verbandsstrafen und Regress bei Zuschauerfehlverhalten; JZ 2017, 237; Weitnauer, Vereinsstrafe, Vertragsstrafe und Betriebsstrafe, in FS Reinhardt, 1972, S. 179; Westermann, Die Verbandsstrafgewalt und das allgemeine Recht, 1972; Westermann, Zur Legalität der Verbandsgerichtsbarkeit, JZ 1972, 537; Wiedemann, Richterliche Kontrolle privater Vereinsmacht, JZ 1968, 219; Zinken, Bestimmungen über den Ausschluss eines Mitglieds in der Satzung eines Vereins, MittRhNotK 1976, 67.
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1. Die „Vereinsstrafe“ als Vereinsverfassung (§§ 25, 40 BGB) | Rz. 1161 XIX.
1. Die „Vereinsstrafe“ als Vereinsverfassung (§§ 25, 40 BGB) a) Vereinsstrafgewalt Der Verein kann für den Fall der Verletzung von Mitgliedspflichten Vereinsstrafen vorsehen; er kann Vereinsgerichte einsetzen. Die Androhung von Vereinsstrafen dient dem Zweck, die Einhaltung der mitgliedschaftlichen Pflichten zu sichern. Die Vereins“Strafe“ steht unabhängig neben einer öffentlichen Strafe, es kann aber auch an ein Verhalten anknüpfen, das mit öffentlicher Strafe bedroht ist1, oder (vergleichbar den disziplinarischen Folgen strafrechtlicher Verurteilungen im Beamtenverhältnis) gerade an die Verhängung einer öffentlichen Strafe anschließen.
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Beispiel einer Satzungsbestimmung: Aus dem Verein der Straßenbahnfreunde ausgeschlossen werden kann, … – wer wegen rechtskräftig wegen Erschleichens von Leistungen (§ 265a) StGB verurteil ist.
Die Ordnungsstrafgewalt des Vereins über seine Mitglieder gründet sich auf das Recht zur vereinsmäßigen Betätigung (Rz. 3) und auf Vereinsautonomie (Rz. 40). Mit den Rechtsverhältnissen des Vereins kann die Vereinssatzung daher auch die Vereinsstrafgewalt regeln. Sie kann vorsehen, dass Organe des Vereins Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Vereinsordnung und Vereinsdisziplin treffen können.2 Der Verein kann kraft seines Rechts zur Selbstverwaltung Vereinsgerichte zur Verhängung von Vereinsstrafen (Disziplinarmaßnahmen) für die Verletzung von Mitgliederpflichten einsetzen.3
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b) Geltungsbereich Mitglieder unterliegen dieser Vereinsstrafgewalt infolge der mit dem Beitritt zum Verein eingetretenen privatautonomen Bindung an die Satzung.4 Die Vereinsstrafe ist keine Vertragsstrafe.5 Weil sich der Verein aber nur wegen der Verletzung von Mitgliederpflichten eigene Strafgewalt zulegen kann, ist eine Bestrafung von Nichtmitgliedern unzulässig.6 Die Bestrafung eines Nichtmitglieds wäre nichtig. Mit Beendigung der Mitgliedschaft (Rz. 312 ff.) endet daher auch die Ordnungsstrafgewalt des Vereins.7 1 Burhoff, Rz. 184; Wagner, npoR 2020, 186 (190). 2 BGHZ 29, 352 (355) = MDR 1959, 67 = NJW 1959, 982. 3 RG 125, 338 (340); BGHZ 21, 370 (375) = NJW 1956, 1793; BGHZ 29, 352 (355) = MDR 1959, 67 = NJW 1959, 982. 4 BGHZ 13, 5 (11) = NJW 1954, 833; BGHZ 21, 370 (375) = NJW 1956, 1793; RG JW 1929, 847 (848); Schlosser, Vereins- und Verbandsgerichtsbarkeit, § 1 II, S. 43. 5 BGH DNotZ 2003, 369 (370, 371) = BGH v. 2.12.2002 – II ZR 1/02, MDR 2003, 402. Für Beurteilung der Vereinsstrafe als Vertragsstrafe infolge des durch den Beitritt (die Beteiligung an der Gründung) erklärten rechtsgeschäftlichen Einverständnisses des Mitglieds mit der Satzung hingegen Hadding in Soergel, Rz. 38 zu § 25. 6 BGHZ 28, 131 (133) = NJW 1958, 1867 und BGHZ 29, 352 (355) = MDR 1959, 67 = NJW 1959, 982; Erman/Westermann, § 25 Rz. 7, dort auch zu Ausnahmen bei Organpersonen, die dem Verein selbst nicht angehören. 7 BGH DNotZ 2003, 369; Schwennicke in Staudinger, Rz. 203 zu § 35. Kritisch dazu und differenziert: Schlosser, Vereins- und Verbandsgerichtsbarkeit, § 4 II 3, S. 82: Strafe auch nach
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XIX. Rz. 1162 | Das Vereinsstrafrecht 1162
Durch Annahme nur der Ehrenmitgliedschaft unterwirft sich eine dem Verein noch nicht angehörende Person im Allgemeinen nicht der Strafgewalt des Vereins.1 Dies kann nach Lage des Falles auch anders sein. Die Berechtigung, eine Ehrenmitgliedschaft aus „wichtigem Grund“ abzuerkennen, steht aber dem Verein unter den Voraussetzungen Rz. 1200 ff. zu. Bei Nutzung von Vereinseinrichtungen soll der Verein (beschränkt auf die Beendigung der Nutzung) Disziplinargewalt wie gegenüber den Mitgliedern haben.2 Dem ist zuzustimmen, soweit es um die Ausübung des Hausrechts oder des Vereinsbesitzes geht, sonst nur im Rahmen vertraglicher Vereinbarung.
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Eine juristische Person oder rechtsfähige Gesellschaft unterliegt als Mitglied eines Vereins dessen Vereins- und Strafgewalt wie eine natürliche Person.3 Sie kann daher als solche wie eine natürliche Person mit den auch für sie geltenden Vereinsstrafen belegt werden. Ein Vereinsverband kann deshalb in seiner Vereinsverfassung seine Vereinsstrafgewalt über seine Mitgliedsvereine regeln. In einem gegen eine juristische Person oder ein gesellschaftliches Unternehmen als Mitglied gerichteten Vereinsstrafverfahren kann auch deren Vertretungsorgan oder vertretungsberechtigten Gesellschaftern (auch einem Prokuristen) insgesamt oder auch einzeln die Fähigkeit aberkannt werden, infolge der Funktion im Mitgliedsverein (oder -unternehmen) satzungsgemäß ein Vereinsamt wahrzunehmen.4 c) Vereinsverband
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Mit dem Beitritt zu einem rechtsfähigen oder nicht rechtsfähigen (Einzel-)Verein, der als Mitgliedsverein einem Verband (Hauptverein) angehört, wird nur die Mitgliedschaft bei dem verbandsangehörigen selbständigen Verein erworben. Für den Beigetretenen ist daher nur die Satzung seines Vereins bindend; er ist somit auch nur der Ordnungsstrafgewalt des selbständigen (verbandsangehörigen) Vereins unterworfen, bei dem er Mitglied geworden ist. Seiner Ordnungsstrafgewalt kann der selbständige (rechtsfähige oder nicht rechtsfähige) verbandsangehörige Mitgliedsverein als Pflichtverletzung seiner Mitglieder auch verbandsschädigendes Verhalten unterworfen haben. Mit dem Verhältnis des Verbandes als Hauptverein zu den einzelnen Mitgliedsvereinen kann der Verband bei satzungsmäßiger Grundlage zudem den Mitgliedsverein anhalten, dass er ein Vereinsmitglied, das nicht Einzelmitglied des Verbandes ist, bestrafe oder ausschließe.
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Der Vereinsverband (Hauptverein) kann die in seiner Vereinsverfassung geregelte Vereinsstrafgewalt nur über seine eigenen Mitglieder, mithin nur über seine Mit-
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Beendigung der Mitgliedschaft noch für einen bereits davor erfüllten Straftatbestand. Dem möchte ich nicht folgen, Ausschluss nach Beendigung der Mitgliedschaft ist nicht möglich; andere Strafmaßnahmen bleiben ebenso ausgeschlossen. Für Satzungsregelungen, die einen Austritt zum Strafentzug ausschließen Wagner, npoR 2020, 186 (191). BGHZ 28, 131 (133) = NJW 1958, 1867; RG Recht 1917 Nr. 755. Erman/Westermann, BGB, 14. Aufl., § 25 Rz. 7. BGHZ 29, 352 (355) = MDR 1959, 67 = NJW 1959, 982. BGHZ 29, 352 (355) = MDR 1959, 67 = NJW 1959, 982.
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1. Die „Vereinsstrafe“ als Vereinsverfassung (§§ 25, 40 BGB) | Rz. 1168 XIX.
gliedsvereine (und seine etwaigen sonstigen Einzelmitglieder) ausüben, nicht auch über die nur den Mitgliedsvereinen angehörenden Einzelmitglieder. Diese würden von der Strafgewalt des Vereinsverbandes (Hauptvereins) unzulässig als Nichtmitglieder betroffen. Durch Satzungsbestimmung des Einzelvereins können seine Mitglieder, die Verbandseinrichtungen in Anspruch nehmen oder an Verbandsveranstaltungen teilnehmen, der Vereinsstrafgewalt des Verbandes jedoch (ebenso wie Nichtmitglieder) unterstellt werden. Dann unterwirft sich der dem selbständigen Verbandsverein Beitretende, obwohl er nicht Einzelmitglied des Verbandes wird, infolge der für ihn als Vereinsmitglied mit dem Beitritt bindend gewordenen Satzung des Einzelvereins der Ordnungsstrafgewalt des Verbandes.1 Unmittelbare Rechtsbeziehungen zwischen Verband und den Mitgliedern seiner selbständigen Einzelvereine werden in diesem Fall durch die Satzungen hergestellt.2 Die nur den selbständigen Verbandsvereinen angehörenden Einzelmitglieder unterliegen sonach der Verbandsstrafgewalt, „wenn sie durch eine satzungsmäßige Grundlage im Verein und im Verband abgedeckt ist, wenn also insbesondere der Verein in seiner Satzung seine Mitglieder der Verbandsstrafgewalt einer übergeordneten Einheit unterwirft“.3
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Die Verbandsstrafgewalt kann jedoch nur Einhaltung der Pflichten bei Inanspruchnahme der Einrichtungen des Verbandes sichern und Vereinsstrafen nur zur Aufrechterhaltung der Ordnung des Verbandes und der Verbandsdisziplin verhängen. Auf die Rechtsstellung des Mitglieds als Angehöriger seines Vereins kann sich die Verbandsstrafgewalt nicht erstrecken. Eine Verbandsstrafe kann Mitgliederrechte und -pflichten des Mitglieds bei seinem Verein daher nicht beeinträchtigen. Deshalb kann ein Straforgan des Verbandes z.B. die Mitgliedschaft bei dem Verein nicht durch Ausschluss beenden.4
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d) Einbeziehung von Nichtmitgliedern Die sog. „Strafgewalt“ des Vereins erstreckt sich ausschließlich auf Mitglieder und diejenigen, die wirksam die individuelle Geltung der Vereinsstrafordnung vereinbart haben.5 In dieser Weise unterstellt sich z.B. ein Sportler als dessen Nichtmitglied dem Regelwerk eines übergeordneten Verbands („Athletenvereinbarung“), indem er sich bei einem unter dessen Hoheit stehenden Wettbewerb anmeldet6 oder ein Verein, der 1 Dazu Schlosser, Vereins- und Verbandsgerichtsbarkeit, § 4 I, S. 74; s. auch RG JW 1906, 416 und BGHZ 28, 131 (133) = NJW 1958, 1867. 2 RG JW 1906, 416 (417). 3 So Schlosser, Vereins- und Verbandsgerichtsbarkeit, § 4 I 2c, S. 80. 4 A.A. LG Heilbronn v. 16.7.1998 – 3 S 124/98, NJW-RR 1999, 764. 5 BGH v. 28.11.1994 – II ZR 11/94, BGHZ 128, 93 ff. = MDR 1995, 862.; OLG Hamm v. 16.12.2002 – 8 U 31/02, OLGR Hamm 2003, 100. 6 BGH 7.6.2016 – KZR 6/15, BGHZ 210, 292, 301, dazu Adolphsen/Orth, DRiZ 2016, 254; Heermann, NJW 2016, 2224; Longrée/Putzier, MDR 2019, 391; Podszun, JZ 2017, 201; Summerer, SpuRt 2018, 197; BGH v. 28.11.1994 – II ZR 11/94, BGHZ 128, 93 ff. = MDR 1995, 862.; OLG Hamm v. 16.12.2002 – 8 U 31/02, OLGR Hamm 2003, 100; zum Problem vgl. bereits Lukes in FS Westermann, 1974, S. 325–345; zur Durchsetzung von Teilnahme-
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XIX. Rz. 1168 | Das Vereinsstrafrecht
eine geschützte Lizenz des Sportverbands mit entsprechender Klausel erwirbt1 oder die Teilnahmebedingungen der Liga für Aufstiegsspiele anerkennt.2 Das kann auch für die Trainingsphasen (laufende Dopingkontrollen) gelten3 und schlüssig durch die Nutzung von Vereinseinrichtungen vereinbart werden.4 Die Verknüpfung von Teilnahmeberechtigung und Abschluss einer Schiedsvereinbarung wird in § 11 des Gesetzes gegen Doping im Sport5 ausdrücklich anerkannt. Bei solchen vertraglichen Geltungsvereinbarungen z.B. mit einem Wettkampfteilnehmer (Mitglied oder Nichtmitglied) kommt es nicht auf die Satzungsförmigkeit der anerkannten Bestimmungen an, vereinsrechtliche Bedenken gegen eine dynamische Verweisung bestehen daher in diesem Fall nicht.6 Jedoch ist das vertraglich anerkannte Vereinsrecht gegenständlich auf den Bereich begrenzt, auf den es bei der jeweiligen Vereinbarung ankam.7 Es gelten die allgemeinen zivilrechtlichen Regeln zum Vertragsschluss8. Wenn in den Anmeldeunterlagen zu einem Wettbewerb jeder Hinweis auf die dafür vorgesehene Dopingordnung fehlt, kann nicht ohne weiteres von ihrer konkludenten Anerkennung ausgegangen werden.9 Die nachträgliche Erweiterung des Kreises der Antragsberechtigten ist jedenfalls durch eine intransparente Verweisung nicht gedeckt.10 1169
Für Nichtmitglieder begründen die Vereinsverfassung und vereinsrechtliche Nebenordnungen keine Mitgliederrechte und -pflichten. Deshalb kann es einem wegen Ausschreitungen von Fans mit einer Vereinsbuße belegten Mitgliedsverband11 schwerfallen, diese an die eigentlichen Störer „durchzureichen“.12 Ein Nichtmitglied kann sich jedoch durch vertragliche Vereinbarung der Satzung und den sonstigen autonomen
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rechten Roth/Walther, SpuRt 2005, 195–198. Zur fehlenden Freiwilligkeit einer solchen Vereinbarung EGMR v. 4.10.2018 – 40575/10, 67474/10 SpuRt 2018, 253 (allerdings mit Anerkennung der vom Schiedsgericht ergangenen Entscheidung aus anderen Gründen). Friedrich, DStR 1996, 750–753, (752 f.). LG Frankfurt v. 20.3.2019 – 2-06 O 420/18 – SpuRt 2019, 137. OLG München v. 28.3.1996 – U (K) 3424/95, OLGR München 1996, 89–93; Adolphsen/ Haas, NJW 1996, 2351–2353. OLG Düsseldorf v. 30.3.1989 – U (Kart) 30/88, SpuRt 1995, 171–174. v. 10.12.2018, BGBl. I 2210. Haas/Prokop, SpuRt 1998, 15–18, 17; kritisch Adolphsen/Haas, NJW 1995, 2146–2148, 2148. Welche Regeln im Einzelnen vereinbart sind, ist insoweit nach allgemeinem Vertragsrecht zu bestimmen. OLG Düsseldorf v. 30.3.1989 – U (Kart) 30/88, SpuRt 1995, 171–174; Lukes in FS Westermann, 1974, S. 325–345, 339. Die vertragliche Einbeziehung unterliegt anders als die unmittelbar aus einem Mitgliedschaftsverhältnis rührende Strafgewalt der Kontrolle nach AGB-Recht und nicht nur § 138 BGB, zum Meinungsstand Schwennicke in Staudinger, § 38 Rz. 208. LG Kiel v. 18.10.2016 – 9 O 283/13, SpuRt 2017, 35. BGH v. 19.4.2018 – I ZB 52/17, MDR 2018, 1338. Der sanktionierte Verein kann indes aufgrund seiner Unterwerfung unter die Vereinsstrafgewalt des übergeordneten Verbands auch ohne Verschulden als Gefährder haften, vgl. etwa OLG Frankfurt/M v. 23.6.2020 – 26 Sch 1/20 = MDR 2020, 1060 (Pyrotechnik im Fanblock). Walker, NJW 2014, 119 (124). Kritisch zur Haftung des Vereins für Regelverstöße seiner Fans Morgenroth, ZStV 2013, 212. Martens, NJW 2016, 3691, hält jedenfalls die vom DFB ausgesprochenen Strafen für den Zuschauern gegenüber unverhältnismäßig.
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1. Die „Vereinsstrafe“ als Vereinsverfassung (§§ 25, 40 BGB) | Rz. 1170 XIX.
Ordnungen eines Vereins (Verbandes) und damit insbesondere auch dessen Vereinsstrafgewalt unterstellen.1 Das kann in einem Stadionbesuchsvertrag (Zuschauervertrag) geschehen. Wer als Stadionbesucher die Hausordnung verletzt, haftet auch für Strafen, die sich der Verein wegen dieser Störung einhandelt.2 Auch eine vordergründig den Gastverein treffende Buße kann übergeleitet werden.3 Auch ohne unmittelbare eigene Mitgliedschaft im Verband kann ein Sportler dessen Regelwerk als für sich geltend vereinbaren, indem er sich z.B. bei einem unter dessen Hoheit stehenden Wettbewerb anmeldet4 oder eine geschützte Lizenz des Sportverbands mit entsprechender Klausel erwirbt.5 Das kann auch für die Trainingsphasen (laufende Dopingkontrollen) gelten6 und schlüssig durch die Nutzung von Vereinseinrichtungen vereinbart sein.7 Die Unterwerfung eines Nichtmitgliedes unter vereinsrechtliche Normen kann durch ausdrückliche Erklärung ebenso erfolgen wie schlüssig durch Teilnahme an einem nach den Regeln (wie Sport- und Wettkampfordnung) des Vereins (Verbandes) veranstalteten Wettbewerb, und ebenso durch Erwerb einer generellen Start- oder Spielerlaubnis des Vereins (Verbandes) (Sportler- bzw. Spielerausweis, Lizenz o.Ä.).8 Für Anerkennung des Regelwerks des Vereins (Verbandes) in solchen Fällen wird erfordert, dass das Nichtmitglied eine zumutbare Möglichkeit der Kenntnisnahme von dem Inhalt des vereinsrechtlichen Regelwerkes hat.9 Hierauf beruhen die Rechtsbeziehungen zwischen dem Deutschen Fußballbund (DFB) und Spielern (sowie Vereinen) der Bundesliga: Ohne formelle Mitgliedschaft werden vertraglich (mit Lizenzvertrag) Nichtmitglieder als Benutzer der Vereinsrichtung „Bundesliga“ den von ihrem Träger (DFB) aufgestellten Ordnungen und seiner Verbandsgewalt unterstellt.10 Gleiches gilt für die von anderen Spitzenverbänden des 1 BGH v. 28.11.1994 – II ZR 11/94, MDR 1995, 862 = JZ 1995, 461 mit Anm. Pfister = NJW 1995, 583; OLG Frankfurt v. 18.5.2000 – 13 W 29/00, NJW-RR 2000, 1117; BGHRGRK/Steffen, Rz. 7, 13, 18; Hadding in Soergel, Rz. 35 zu § 25. 2 BGH v. 22.9.2016 – VII ZR 14/16, BGHZ 211, 375; Weller/Benz/Wolf, JZ 2017, 237; Meier/Lenze, MDR 2017, 6; zur Verteilung einer Gesamtstrafe: BGH v. 9.11.2017 – VII ZR 62/17, MDR 2018, 146 mit Anm. Heermann BGH v. 12.10.2017 – IX ZR 50/15, NJW 2018, 396; Pommerening, SpuRt 2012, 187. 3 Meier/Lenze, MDR 2017, 6. 4 BGH v. 28.11.1994 – II ZR 11/94, BGHZ 128, 93 ff. = MDR 1995, 862.; OLG Hamm v. 16.12.2002 – 8 U 31/02, OLGR Hamm 2003, 100; zum Problem vgl. bereits Lukes in FS Westermann, 1974, S. 325–345; zur Durchsetzung von Teilnahmerechten Roth/Walther, SpuRt 2005, 195 ff. 5 Friedrich, DStR 1996, 750 ff. (752 f.). Zur landesrechtlichen Anordnung einer Gebührenschuldnerschaft eines Vereins als Nutznießer verstärkter Polizeipräsenz, ohne dass dieser Störer ist, BVerwG 2019, 231. 6 OLG München v. 28.3.1996 – U (K) 3424/95, OLGR München 1996, 89 ff.; Adolphsen/ Haas, NJW 1996, 2351 ff. 7 OLG Düsseldorf v. 30.3.1989 – U (Kart) 30/88, SpuRt 1995, 171 ff. 8 BGH v. 28.11.1994 – II ZR 11/94, MDR 1995, 862 = JZ 1995, 461. Zur Bindung an Vereins/Verbandsbestimmungen, die (auch) Sachverhalte außerhalb des Sportbetriebs und Wettbewerbs regeln, s. Haas und Adolphsen, NJW 1995, 2146. 9 BGH v. 28.11.1994 – II ZR 11/94, BGHZ 128, 93 = MDR 1995, 862 (105). 10 Westermann, Die Verbandsstrafgewalt und das allgemeine Recht, § 2 (S. 26 ff.); Buchner, NJW 1976, 2242 und RdA 1982, 1; Rückert, Sport und Recht, S. 175 ff.; Kindermann, Sport
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XIX. Rz. 1170 | Das Vereinsstrafrecht
Sports festgelegten Sport- und Wettkampfordnungen und die Zulassung von Teilnehmern an sportlichen Wettkämpfen.1 Die Wirksamkeit des neben dem Lizenzvertrag von Spielern zu unterzeichnenden Schiedsgerichtsvertrags des DFB ist unter arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten problematisch.2 1171
Der Inhaltskontrolle nach § 242 BGB unterliegen auch im Verhältnis zu Nichtmitgliedern Vereinsverfassung und vereinsrechtliche Regelwerke.3 Auch für die Beziehungen zu Nichtmitgliedern erfolgt damit gerichtliche Überprüfung vereinsrechtlicher Regelwerke, vornehmlich vereinsrechtlicher Normen über die Ordnungsstrafgewalt, auf ihre inhaltliche Angemessenheit unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben.4 Es gelten die Grundsätze und Maßstäbe, die für Überprüfung entsprechender Maßnahmen gegen Mitglieder Anwendung finden. Allgemeine Geschäftsbedingungen (§§ 305 ff. BGB) sind die vereinsrechtlichen Regelwerke auch im Verhältnis zu Nichtmitgliedern wohl nicht.5 Kartellrechtlich stellt das Verlangen einer Schiedsvereinbarung durch den Ausrichter internationaler Sportwettkämpfe nicht schlechthin einen Missbrauch von Marktmacht dar.6 Wird sie von einem Monopolist aufgezwungen7 bzw. ist der Sportler auf die Leistung des Verbands angewiesen, kann die Schiedsvereinbarung zwar auch wegen Verletzung des Justizgewährungsanspruchs (Art. 101 Abs. 1 GG) unwirksam sein (§ 134 bzw. § 138 BGB),8 dabei sind aber die Interessen des Betroffenen, des Verbands und aller anderen Athleten abzuwägen, denen an einer einheitlichen Anwendung der Wettkampfregeln z.B. durch ein internationales Sportschiedsgericht gelegen ist.9 Dabei nimmt der BGH – anders als der EGMR10 – auch eine „Fremdbestimmung“ des Athleten hin, der seinen Beruf nur unter Anerkennung der Wettkampfbedingungen ausüben kann.11
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und Recht, S. 195 ff.; Elten, Rechtsschutz von Lizenzspielern und Lizenzvereinen durch staatliche Gerichte gegenüber der sog. Sportgerichtsbarkeit des Deutschen Fußballbundes, SchlHA 1985, 33; Vollkommer (s. bei Literatur), RdA 1982, 16; Spielersperre als Vertragsstrafe: BAG (v. 17.1.1979) NJW 1980, 470 (re. Sp.). Zu den DOSB-Nominierungsrichtlinien BGH v. 13.10.2015 – II ZR 23, 14, juris. Dazu Buchner, NJW 1976, 2242 (2244). BGH v. 28.11.1994 – II ZR 11/94, MDR 1995, 862 = JZ 1995, 461; BGH MDR 1973, 34. BGH v. 28.11.1994 – II ZR 11/94, MDR 1995, 862 = JZ 1995, 461. Bleistein/Degenhart, NJW 2015, 1353. BGH v. 28.11.1994 – II ZR 11/94, MDR 1995, 862 = JZ 1995, 461. BGH 7.6.2016 – KZR 6/15, BGHZ 210, 292, 301, dazu Adolphsen/Orth, DRiZ 2016, 254; Heermann, NJW 2016, 2224; Podszun, JZ 2017, 201; Summerer, SpuRt 2018, 197. Longrée/Putzier, MDR 2019, 391 (394). Maihold, SpuRt 2013, 95 (96) unter Berufung auf Steiner, SchiedsVZ 2013, 15 (17); Heermann, SchiedsVZ 2015, 78 (80). Eine mutmaßlich übereinstimmende Interessenlage von Verband und Sportler betonen hingegen Duve/Rösch, SchiedsVZ 2014, 216 (222). BGH 7.6.2016 – KZR 6/15, BGHZ 210, 292, 301, dazu Adolphsen/Orth, DRiZ 2016, 254; Longrée/Putzier, MDR 2019, 391; Podszun, JZ 2017, 201; Summerer, SpuRt 2018, 197. EGMR v. 4.10.2018 – 40575/10, 67474/10 SpuRt 2018, 253 – wobei der EGMR im Ergebnis die Entscheidungen des Lausanner Court of Arbitration for Sports (CAS) jedoch als solche eines gesetzlichen Gerichts i.S.d. Art. 6 Abs. 1 EMRK gelten lässt (da vom Schweizer Bundesgericht in die staatlichen Gerichtsinstanzen eingeordnet). Kritisch dazu u.a. Heermann, NJW 2019, 1560 (1561); Heermann, NJW 2016, 2224 (2225).
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1. Die „Vereinsstrafe“ als Vereinsverfassung (§§ 25, 40 BGB) | Rz. 1174 XIX.
Die Schiedsvereinbarung (§ 1029 ZPO) zwischen Verein und einem Nichtmitglied, dass nur ein aus Vereinsmitgliedern zu bildendes Schiedsgericht über Streitigkeiten zwischen Vereinsmitgliedern und Nichtmitgliedern zu entscheiden habe, hält der BGH1 für unwirksam. Ebenso wenig kann ein allein aus der Mitgliederschaft des Vereins heraus gewähltes Gremium im Streit eines Wettkampfteilnehmers mit dem Verein das staatliche Gericht ersetzen.2
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e) Satzungszwang Das Vereinsstrafrecht ist Teil der Vereinsverfassung, die Mitgliederpflichten begründet. Das Vereinsstrafrecht ist daher in der Vereinssatzung (§ 40 BGB) zu regeln. Das sanktionierte Verhalten (der Tatbestand) muss unmittelbar in der Satzung hinreichend bestimmt sein (Rz. 1178). Aus der Satzung muss sich ergeben, ob und welcher Grad von Verschulden erforderlich ist (Rz. 1178). Die Strafe muss nach ihrer Art und zumindest im Rahmen bestimmt sein, ebenso die Möglichkeit des Ausspruchs etwaiger Nebenstrafen (Rz. 1183, Rz. 1185). Ohne Satzungsbestimmung kann auf eine Vereinsstrafe nicht erkannt werden. Eine Vereinsordnung (Rz. 1147 ff.) kann keine Vereinsstrafe einführen. Trifft sie gleichwohl Bestimmungen des Vereinsstrafrechts, die zur Vereinsverfassung gehören, so sind solche Bestimmungen nichtig. Nur das Verfahren, das von dem satzungsmäßig zuständigen Vereinsorgan bei Verhängungen einer Vereinsstrafe einzuhalten ist, kann außerhalb der Satzung in einer Geschäftsordnung geregelt werden.3 Jedoch sollten jedenfalls die Grundzüge des Bestrafungsverfahrens in der Satzung festgelegt sein.4 Zur (rechnerischen) Ermittlung der Grundlagen eines Strafausspruchs kann auf Regelwerke unterhalb der Satzung zurückgegriffen werden, wenn die Vereinsstrafe selbst in ihren Grundzügen und ein Höchstbetrag einer Geldstrafe in der Satzung selbst enthalten sind.5 Ferner ist es zulässig, in einer Vereinsordnung die in der Satzung festgelegten Tatbestände näher zu konkretisieren und den von der Satzung gesetzen Strafrahmen danach aufzufächern. Dabei darf die Strafnorm der Satzung aber nicht zur unbestimmten Generalklausel werden.
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Das Ausmaß seiner Ordnungsstrafgewalt kann der Verein infolge seines Selbstverwaltungsrechts in der Satzung frei regeln. Eine der Vereinsstrafgewalt satzungsgemäß unterworfene Pflichtverletzung kann die inneren Vereinsbeziehungen betreffen oder in einem vereinsschädlichen Verhalten nach außen bestehen.6 Der Verein kann auch die Einhaltung eines mit öffentlicher Strafe belegten Gesetzes seinen Mitgliedern zur
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1 BGHZ 51, 255 = MDR 1969, 386 = NJW 1969, 750. A.A. OLG Hamburg MDR 1975, 409; Bettermann, MDR 1975, 410. 2 OLG München v. 28.1.2015 – 34 SchH 16/14, juris. 3 BGHZ 47, 172 = MDR 1967, 564. 4 Grundentscheidungen müssen aber die Satzungsform waren, dazu BGH v. 20.2.1984 – II ZR 228/83 = WM 1984, 552; Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 406. 5 BGH v. 27.6.2017 – II ZR 5/16, MDR 2017, 1376 im Hinweisbeschluss zu LG Verden v. 17.12.2015 – 2 S 49/15. 6 BGHZ 29, 352 (355) = MDR 1959, 67 = NJW 1959, 982.
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XIX. Rz. 1174 | Das Vereinsstrafrecht
Pflicht machen und die Verletzung dieser Vereinspflicht mit Geldstrafe bedrohen.1 Ein sachlicher Bezug des zu ahndenden Handelns zum Verein (zu Vereinszweck, -ordnung und -leben) muss aber vorhanden sein.2 Die Strafe darf nicht gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB), insbesondere nicht gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) oder Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen. Sie muss daher in einem vertretbaren Verhältnis zum Fehlverhalten des Mitglieds stehen. 1175
Die Vereinsstrafe ist privatrechtliche Sanktion, die bloß im satzungsmäßigen Rahmen und nur deshalb zulässig ist, weil sich die Mitglieder durch ihren Beitritt aus freiem Willen der Strafgewalt des Vereins unterworfen haben.3 Mit einer Vereinsstrafe wird daher keine diskriminierende Strafe verhängt. Ein Übergriff in die öffentliche Strafgewalt des Staates liegt deshalb in der Ausübung der Vereinsstrafgewalt nicht.4 Gegen das Grundgesetz verstößt Vereinsstrafrecht bei Einhaltung der gezeigten Grundsätze nicht.5 Den Bereich des Privatrechts verlässt die Vereinsstrafe auch dann nicht, wenn mit ihr außerhalb der Mitgliederbeziehungen liegende Nachteile verbunden sind wie insbesondere nachteilige Auswirkungen auf die wirtschaftliche Betätigung der Mitgliedsfirma einer Organisation, die geschäftliche Interessen wahrnimmt.6 Außergewöhnliche Umstände können eine andere Beurteilung erfordern;7 dafür reicht eine im Einzelfall harte, aber nicht offenbar unbillige Vereinsstrafe ebenso wenig aus wie eine Strafhäufung.8 f) Einhebung einer Vereinsstrafe
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Eine im Vereinsstrafverfahren festgesetzte Geldstrafe ist an den Verein (in die Vereinskasse) oder an den nach der Satzung sonst Berechtigten zu zahlen.
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Ein Verein kann eine von ihm verhängte Geldstrafe und satzungsgemäß für das Vereinsstrafverfahren festgesetzte Kosten nicht mit eigener Gewalt verwirklichen. Er bedarf hierzu der Mitwirkung der ordentliche Gerichte, muss seinen Anspruch also im Mahnverfahren (mit Mahnbescheid) oder mit Forderungsklage geltend machen. Ein ordentliches Gericht, bei dem der Verein die Geldstrafe und Kosten gegen das bestrafte Mitglied geltend macht, hat ein Nachprüfungsrecht nur in dem gleichen Umfang wie in dem von einen Vereinsmitglied eingeleiteten Verfahren auf Überprüfung der Berechtigung der Vereinsstrafe.9
1 BGHZ 21, 370 (375) = NJW 1956, 1793; BGHZ 29, 352 (355) = MDR 1959, 67 = NJW 1959, 982. 2 S. Steffen in BGB-RGRK, Rz. 14 zu § 25; Schlosser, Vereins- und Verbandsgerichtsbarkeit, § 2 II 2c, S. 67; auch Hadding in Soergel, Rz. 44 zu § 25. 3 BGHZ 13, 5 (11) = NJW 1954, 833; BGHZ 21, 370 (375) = NJW 1956, 1793. 4 BGHZ 21, 370 (375) = NJW 1956, 1793; BGHZ 29, 352 (355) = MDR 1959, 67 = NJW 1959, 982. 5 BGHZ 36, 105 (109) = NJW 1962, 247 und 391 (LS) mit Anm. Gleiss und Hootz. 6 BGHZ 29, 352 (355) = MDR 1959, 67 = NJW 1959, 982. 7 BGHZ 21, 370 (375) = NJW 1956, 1793. 8 BGHZ 29, 352 (355) = MDR 1959, 67 = NJW 1959, 982. 9 BGHZ 29, 352 (355) = MDR 1959, 67 = NJW 1959, 982.
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2. Satzungsbestimmung über die Ordnungsstrafgewalt | Rz. 1179 XIX.
2. Satzungsbestimmung über die Ordnungsstrafgewalt a) Tatbestand Das der Ordnungsgewalt des Vereins unterstellte Verhalten muss nicht in jedem Fall in einem strafrechtlichen Maßstäben entsprechenden Maß bestimmt (tatbestandsmäßig) bezeichnet sein. Die Satzung kann den der Vereinsstrafgewalt unterliegenden Tatbestand auch nur allgemein darstellen. Fraglich ist, ob rundweg Bestrafung aus „wichtigem Grund“ vorgesehen oder die Vereinsstrafe „in das pflichtgemäße Ermessen“ eines Vereinsorgans gestellt werden kann.1 Hierfür ist zu erwägen, dass die Vereinsstrafgewalt Satzungsgrundlage haben und daher zumindest durch Satzungsauslegung (Rz. 54) konkret gedeckt sein muss. Das ist nicht der Fall, wenn nur noch auf das „pflichtgemäße Ermessen“ eines Vereinsorgans abgestellt wird.2 Genügen muss es jedoch, wenn sich die Ordnungsgewalt aus den Verhältnissen und Beziehungen des einzelnen Vereins (seinem Mitgliederkreis, seinen Aufgaben und Gewohnheiten und damit auch nach den Grundsätzen seines Oberverbandes, die er akzeptiert) konkretisieren lässt.3 Daher kann die Satzungsbestimmung, dass eine Vereinsstrafe „aus wichtigem Grund“ festgelegt werden kann, als ausreichend angesehen werden.
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b) Zulässige Regelungen Als zulässig kann demnach eine Satzungsbestimmung gelten, die
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– Ordnungsmaßnahmen vorsieht für „Handlungen der Vereinsmitglieder, die die Ehre des Standes, des Vereins oder eines Vereinsmitglieds verletzen können“4, – vorsieht, dass Mitglieder, die die Berufsehre verletzen, das Ansehen des …gewerbes schädigen oder den Anspruch auf kaufmännisches Vertrauen verwirken, zur Verantwortung zu ziehen und gegen sie (bezeichnete) Strafen zu verhängen sind5, – anordnet, „bei Meidung von Vereinsstrafen ein sauberes Geschäftsgebaren zu beobachten“6, – bestimmt, dass „ein Mitglied ausgeschlossen werden kann, wenn es durch sein Verhalten den Verein7 schädigt oder zu schädigen versucht“8, oder die eine Strafbestimmung bei „Schädigung des Ansehens des Vereins vorsieht“9,
1 S. Schlosser, Vereins- und Verbandsgerichtsbarkeit, § 2 II mit Einzelheiten. 2 So auch Steffen in BGB-RGRK, Rz. 16 zu § 25; hierzu auch Schlosser, Vereins- und Verbandsgerichtsbarkeit, § 2 II 1c, S. 58. 3 Steffen in BGB-RGRK, Rz. 16 zu § 25. 4 RG 125, 338 (340 f.). 5 S. BGHZ 29, 352 (355) = MDR 1959, 67 = NJW 1959, 982. 6 S. BGHZ 36, 105 (113) = NJW 1962, 247. 7 Entschieden für Genossenschaft. 8 RG 163, 200 (204). 9 BGHZ 36, 105 (114) = NJW 1962, 247.
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XIX. Rz. 1179 | Das Vereinsstrafrecht
– den Ausschluss vorsieht, wenn das Mitglied „gegen das Interesse“ des Vereins handelt, seinen dem Verein „gegenüber eingegangenen Verpflichtungen nicht nachkommt oder gegen die Gesellschaftsordnung verstößt“1, – den Ausschluss aus wichtigem Grund ermöglicht, insbesondere bei satzungswidrigem und gegen Beschlüsse der Mitgliederversammlung verstoßendem Verhalten2, – den Ausschluss vorsieht, wenn das Mitglied „durch unsportliches oder unwürdiges Verhalten das Ansehen des Klubs gefährdet oder das Klubleben stört“3, – bestimmt, dass Mitglieder ausgeschlossen werden können, welche die Belange des ärztlichen Vereins oder Standes in schwerer Weise schädigen oder Beschlüsse der Mitgliederversammlung nicht befolgen.4 – Zu möglichen Ausschlussgründen s. auch bereits oben Rz. 345–347. c) Verschulden 1180
Ob nur ein Verschulden des Mitglieds oder auch ein unverschuldetes Handeln (Unterlassen) eine Vereinsstrafe ermöglichen soll, muss die Satzung ergeben.5 Dem Grundsatz nach ist ein Verschulden nicht unbedingt erforderlich.6 Es kommt aber auch auf den Zweck der Strafe an.7 Innerverbandliche Ordnungsmaßnahmen ohne Außenwirkung, Maßnahmen zur Abwehr einer Störung und präventive Maßnahmen der Gefahrenabwehr sollte man ohne Verschulden zulassen.8 Vereinsschädigend kann bereits ein bewusstes Verhalten sein, dass den Eindruck der Gewaltbereitschaft erweckt, ohne dass eine Beteiligung an körperlichen Auseinandersetzungen oder gar Vorsatz nachgewiesen sein muss.9 Eine Verbandsregel, nach der ein Mitgliedsverein für Regelverletzungen seiner Fans haften kann, auch ohne dass dem Verein Verschulden nachgewiesen ist, wird weithin anerkannt.10 Bei bloß objektiver Verletzung der Mitgliederpflichten können jedenfalls kleinere Vereinsstrafen verhängt und Personenvereinigungen (die Vereinsmitglieder sind) zuzurechnende Zuwiderhandlungen 1 2 3 4 5 6
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S. RG 148, 225 (234) – für Genossenschaft; ähnlich RG JW 1929, 847. BGH v. 9.6.1997 – II ZR 303/95, MDR 1997, 954 = NJW 1997, 3368. BGHZ 47, 381 (384) = MDR 1967, 908 = NJW 1967, 1657. RG 147, 11 (13). RG 163, 200 (206). BGHZ 29, 352 = MDR 1959, 67 = NJW 1959, 982 m.w.N.; Burhoff, Rz. 184; a.A. Ellenberger in Palandt, § 25 Rz. 15; PWW/Schöpflin, § 25 Rz. 16; Hadding in Soergel, Rz. 50 zu § 25; Meyer-Cording, JZ 1959, 61; OLG Frankfurt v. 18.5.2000 – 13 W 29/00, KG v. 7.11.2000 – 1 W 1770/00, NJW-RR 2001, 1117 (für einen „sozialmächtigen“ Verband, hier ein Spitzenverband des Sports). Relativ eng insoweit Walker, NJW 2014, 119 (124), der bei Störung von Wettbewerben durch vermeintliche Fans die generalpräventive Wirkung von Geldbußen nicht genügen lässt, wohl aber die Sperre des betroffenen Mitgliedsverbands von einzelnen Spielen, einem ganzen Wettbewerb oder die Anordnung von „Geisterspielen“. Schwennicke in Staudinger, § 35 Rz. 228–230. Anders AG Hannover v. 14.2.2019 – 554 C 1620/18, SpuRt 2019, 87. Räker, SpuRt 2013, 46; kritisch hingegen Morgenroth, ZStV 2013, 212 (beide zu § 9a der Rechts- und Verfahrensordnung des Deutschen Fußballbunds).
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2. Satzungsbestimmung über die Ordnungsstrafgewalt | Rz. 1182 XIX.
geahndet werden.1 Jedoch darf eine Mitgliedsfirma deswegen nicht willkürlich wegen irgendeiner vereinswidrigen Verfehlung eines ihrer Angestellten in Vereinsstrafe genommen werden.2 Stets gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Satzungsbestimmungen über das mit Ordnungsmaßnahmen zu ahndende Mitgliederverhalten sind indes zumeist außerordentlich weit formuliert. Dann kann die Satzung nur so verstanden werden, dass nur schuldhafte Verstöße und Pflichtverletzungen der Vereinsstrafgewalt unterliegen.3 Wenn nach der Satzung eine Ausschließung erfolgen kann, wenn das Mitglied durch sein Verhalten den Verein schädigt oder zu schädigen versucht, ist dafür im Zweifel dessen schuldhaftes Handeln weitere ungeschriebene Voraussetzung.4 Als Schädigung kann in diesem Fall jedoch nicht nur der Eintritt eines Vermögensschadens anzusehen sein, sondern jede Handlung, die das Ansehen des Vereins in den zu ihm in Beziehung tretenden Kreisen und bei den Mitgliedern beeinträchtigt.5 Wenn Verhängung einer Vereinsstrafe Verschulden erfordert, genügt bereits (jede) Fahrlässigkeit6, sofern die Satzung nicht ergibt, dass nur auf Vorsatz abgestellt ist. Ein Sportverein darf in der Satzung den Ausschluss eines Mitglieds unabhängig von einem Verschulden für den Fall vorsehen, dass es ihm und seinen Mitgliedern unzumutbar ist, mit dem Mitglied die Sportkameradschaft aufrechtzuerhalten.7 Das vereinswidrige Verhalten eines Dritten, dessen sich ein Mitglied zulässigerweise bei einer Vereinsveranstaltung bedient, wird ohne Satzungsgrundlage, dass ihm das Verhalten des Dritten zugerechnet werden darf, den Ausschluss regelmäßig nicht rechtfertigen.8 Der Ausschluss ist wegen offenbarer Unbilligkeit unwirksam, wenn er allein darauf beruht, dass Angehörige des Mitglieds in erheblichem Umfang gegen die Vereinsstrafordnung verstoßen haben.9
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d) Rückwirkungsverbot Der Vereinsstrafgewalt kann das Verhalten eines Mitglieds als Satzungsverstoß nur dann unterliegen, wenn es zur Zeit der Vornahme (Unterlassung) der Handlung von der Satzung mit Strafe bedroht war.10 Dass das Mitglied im Einzelfall von der anzuwendenden Satzungsbestimmung über die Vereinsstrafgewalt Kenntnis hat, ist nicht erforderlich.11 Ein vergangenes Verhalten kann durch Satzungsänderung nachträglich
1 Vgl. BGHZ 29, 352 (355) = MDR 1959, 67 = NJW 1959, 982. Zweifelnd Schwennicke in Staudinger, § 35 Rz. 231. 2 BGHZ 29, 352 (361) = MDR 1959, 67 = NJW 1959, 982. 3 RG 148, 225 (234); 163, 200 (206). 4 RG 163, 200 (206). 5 RG 163, 200 (206). 6 S. den Fall RG 163, 200 (206). 7 BGH JR 1973, 193 mit krit. Anm. Westermann = MDR 1973, 33 = NJW 1972, 1892. 8 BGH NJW 1972, 1892 = MDR 1973, 33. 9 BGH NJW 1972, 1892 = MDR 1973, 33. 10 RG 125, 338 (340); Schwennicke in Staudinger, § 35 Rz. 202. 11 RG 75, 158; BGHZ 47, 172 (175).
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1182
XIX. Rz. 1182 | Das Vereinsstrafrecht
nicht unter Zwangsmaßnahmen gestellt1 oder mit einer härteren Vereinsstrafe belegt werden. Setzt ein Vereinsmitglied ein Verhalten, das von der Satzung nicht mit Strafe bedroht ist, nach Änderung der Satzung (Wirksamwerden mit Eintragung, § 71 Abs. 1 S. 1 BGB), die nun eine Strafbarkeit vorsieht, fort, so ist es wegen der Handlungen nach Satzungsänderung der Vereinsstrafgewalt unterworfen; wegen der früheren Handlungen kann es dann nicht mehr bestraft werden.2 e) Sanktionsformen 1183
Es dürfen nur Straf- und Ordnungsmaßnahmen verhängt werden, die in der Satzung vorgesehen sind.3 Zum Ausspruch einer in der Satzung nicht angeordneten Strafe darf das Verfahren nicht führen. So kann ohne satzungsmäßige Grundlage nicht auf das Ruhen von Mitgliedschaftsrechten (bei Fortbestand aller Pflichten!) an Stelle eines Ausschlusses erkannt4 (zum Ausschluss auf Zeit s. Rz. 1202) oder angeordnet werden, ein Ausschließungsbeschluss sei im Mitteilungsblatt des Vereins zu veröffentlichen5 und das ausgeschlossene Mitglied habe die Kosten des Ausschließungsverfahrens zu tragen.6 Eine Straf- oder Ordnungsmaßnahme, die satzungsgemäß nicht vorgesehen ist, wird insbesondere nicht deshalb zulässig, weil die Satzung eine andere, schärfere Maßnahme bestimmt.7 Lediglich „Rüge“, „Verwarnung“ oder „Abmahnung“ dürften als echtes Minus ohne ausdrückliche Regelung hingegen immer möglich sein, wenn die Satzung z.B. den Ausschluss vorsieht. Beispiel: Eine Geldstrafe kann nicht verhängt werden, wenn die Satzung nur den Ausschluss vorsieht.
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Die Art der Vereinsstrafe kann durch die Vereinssatzung (ebenso wie deren Ausmaß) frei geregelt werden. Die Strafe darf jedoch nicht gesetzlich verboten sein. Vorgesehen werden können als Vereinsstrafe insbesondere – Ermahnung oder Verwarnung, – Geldstrafe (Reuegeld, Geldbuße), – zeitweiliger Ausschluss von der Benützung der Vereinseinrichtungen8 und von der Teilnahme an Vereinsveranstaltungen (Sperre, Platzverbot, Verlust der Spielberechtigung u.Ä.), 1 2 3 4
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RG 125, 338 (350); BGH BB 1971, 449 (451). RG 125, 338 (341 f.). RG JW 1915, 1424; RG JW 1929, 847 (848); RG 125, 338 (340); RG JW 1928, 2208 u. 2209. RG JW 1929, 847 (848). In diesem Fall war das Mitglied während der Suspension von Mitgliedspflichten nicht befreit, so dass die in der Satzung nicht vorgesehene einseitige Entziehung von Mitgliederrechten wesensverschieden von der in der Satzung allein enthaltenen Ausschließung war. BGHZ 47, 381 = MDR 1967, 908 = NJW 1967, 1657. Zur Veröffentlichung differenzierter Schlosser, Vereins- und Verbandsgerichtsbarkeit, § 2 II 2a, S. 64. BGHZ 47, 381 = MDR 1967, 908 = NJW 1967, 1657. Schlosser, Vereins- und Verbandsgerichtsbarkeit, § 2 II 1b, S. 57. Vorläufige (zeitweilige) Entziehung des Rechts zur Benutzung eines Gütezeichens durch eine Gütegemeinschaft (Rz. 75): OLG Frankfurt NJW-RR 1986, 134.
596 | Stöber/Otto
2. Satzungsbestimmung über die Ordnungsstrafgewalt | Rz. 1186 XIX.
– Verlust eines Vereinsamts, – Aberkennung eines Ehrenamtes, – zeitweilige (auch dauernde) Nichtwählbarkeit für ein Vereinsamt, – zeitweiliger (oder dauernder) Entzug des Stimmrechts, – das Ruhen der Mitgliedschaft (s. Rz. 350 ff.), – Ausschluss aus dem Verein. Die Satzung kann aber nicht bestimmen, dass ein Mitglied von selbst aus dem Verein ausscheidet, wenn es in einer Vereinsangelegenheit ein ordentliches Gericht anruft.1 f) Regelungsgrenzen Die Satzungsbestimmung über Art der Strafe und Strafrahmen unterliegt nicht dem Bestimmtheitsgrundsatz.2 Sie braucht daher weder die Ordnungsmaßnahme einzeln zu bezeichnen noch einen bestimmten Strafrahmen vorzusehen.3 Trifft die Satzung keine näheren Bestimmungen, dann ist die Ordnungsmaßnahme (Vereinsstrafe) durch das für die Straffestsetzung zuständige Vereinsorgan im Einzelfall nach billigem Ermessen zu bestimmen.4 Gegen eine missbräuchliche Ausnutzung des unbegrenzten Strafrahmens und eine willkürlich hohe Straffestsetzung sind die Mitglieder durch richterliche Nachprüfung (Rz. 1204 ff.) geschützt.5
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Die Satzungsbestimmung über die Ordnungsgewalt des Vereins hat dem Grundsatz von Gleichstellung und damit Gleichbehandlung aller Vereinsmitglieder (Rz. 392) Rechnung zu tragen. Es gilt das Verbot der Doppelbestrafung (ne bis in idem).6 Die Satzung kann dazu Einzelheiten bis hin zu ausdrücklichen Ausnahmen regeln. Keine unzulässige Doppelbestrafung ist es, wenn unterschiedliche Sachverhalte gewürdigt werden (zweimaliger Rechtsbruch in der Eigenschaft als Halter und als Reiter eines Pferdes).7
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1 KG NJW 1962, 1918. 2 A.A. Schlosser, Vereins- und Verbandsgerichtsbarkeit, § 2 II 1b, S. 55: nicht mehr zulässig sind inhaltsleere Begriffe wie etwa „Auflagen“, „Sühnemaßnahmen“ oder „Erziehungsmaßnahmen“, Ermächtigung des Ehrenrats, „weiteren Beschluss zu fassen“, „Beschränkung der Mitgliedschaft zeitlich oder inhaltlich“. Enger auch Hadding in Soergel, Rz. 40 zu § 25: Maßnahmen müssen sich eindeutig aus der Satzung ergeben. 3 Im Fall BGHZ 21, 370 (375) war die als „Reuegeld“ vorgesehene Vereinsstrafe der Höhe nach nicht begrenzt. 4 Ausf. zur Berücksichtigung eines ungeschriebenen Gebots sportlicher Fairness Morgenroth, ZStV 2013, 132. 5 BGHZ 21, 370 (375). 6 DFB Bundesgericht v. 27.2.2018 – 2/2017/2018, SpuRt 2018, 178. 7 Schiedsgericht Traberzucht v. 27.4.2018 – Sch01/2017, SpuRt 2019, 45.
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XIX. Rz. 1187 | Das Vereinsstrafrecht
3. Das vereinsrechtliche Bestrafungsverfahren a) Zuständigkeit 1187
Das für das vereinsrechtliche Bestrafungsverfahren zuständige vereinsinterne Organ muss in der Satzung bestimmt sein (Selbstverwaltungsrecht des Vereins). Die vereinsrechtliche Ordnungsstrafgewalt kann dem Vorstand, der Mitgliederversammlung oder einem gesonderten Organ (Ehrenausschuss, Schiedsausschuss, Ältestenrat usw.) übertragen werden. Ein verbandsinternes Organ, dem in Ausübung der autonomen Verbänden zustehenden Befugnis zur inneren Selbstorganisation die Zuständigkeit zur Entscheidung über die Verhängung von Ordnungsmaßnahmen gegen die der Verbandsstrafgewalt unterworfenen Personen zugewiesen worden ist, ist kein Schiedsgericht im Sinne der ZPO (§ 1029 ZPO).1 Die Bestimmung, dass ein Nichtmitglied dem zur Straffestsetzung zuständigen Organ angehören kann, ist zulässig.2 Nach Bestimmung der Satzung richtet sich auch die Frage, in welcher Zusammensetzung das Vereinsorgan im Bestrafungsverfahren zu entscheiden hat. Wenn die Satzung keine Regelung trifft, entscheidet die Mitgliederversammlung. Ob das Mitglied, gegen das die Vereinsstrafe verhängt werden soll, selbst stimmberechtigt ist, ist streitig und sollte stets in der Satzung geregelt werden (Rz. 1002). Ein nach der Satzung nicht zuständiges Organ kann eine Vereinsstrafe nicht verhängen. Bei satzungsmäßiger Zuständigkeit eines anderen Organs kann daher auch die Mitgliederversammlung die Entscheidung nicht an sich ziehen. Soweit die Überprüfung der Rechtmäßigkeit von Vereinsmaßnahmen einem eigenen Organ zugewiesen ist, sind dessen Feststellungen für den Verein im Verhältnis zum Mitglied auch dann bindend, wenn es sich um kein „echtes“ Schiedsgericht handelt.3 Wenn der Vorstand die getroffene Entscheidung für unrechtmäßig und sich dadurch in eigenen Rechten verletzt hält, kann er dies nach Erschöpfung des vereinsinternen Rechtswegs nur in einem Feststellungsverfahren gegen den Verein zur Überprüfung stellen, nicht unmittelbar im Verfahren gegen das Mitglied.
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Die Zusammensetzung des zuständigen Organs darf nicht gegen grundlegende Rechtsüberzeugungen die Gefahr einer allzu subjektiven und unsachlichen Beurteilung begründen. Mitglieder des für eine Ordnungsmaßnahme zuständigen Vereinsorgans dürfen an dem Verfahren deshalb nicht mitwirken, wenn sie selbst durch das Verhalten verletzt worden sind, das Gegenstand des Ordnungsverfahrens ist.4 Ausgeschlossen ist ein Vorstandsmitglied, wenn dem Verfahren der Vorwurf zugrunde
1 BGH v. 28.11.1994 – II ZR 11/94, MDR 1995, 862 = JZ 1995, 461 mit Anm. Pfister = NJW 1995, 583. 2 Hadding in Soergel, Rz. 45 zu § 25; a.A. RG DR 1942, 1327. 3 BGH v. 23.4.2013 – II ZR 74/12, BGHZ 197, 162 = MDR 2013, 799. Zust. Anm. v. Look, EWiR 2013, 473. 4 BGH v. 27.10.1980 – II ZR 62/80, BGH v. 22.9.1980 – II ZR 34/80, MDR 1981, 291 = NJW 1981, 744; OLG Düsseldorf v. 19.5.1981 – 21 U 208/80, MDR 1981, 843; OLG Karlsruhe v. 15.12.1995 – 3 U 26/95, NJW-RR 1996, 1503 = VersR 1997, 67; LG Freiburg v. 22.3.1989 – 8 O 477/88, NJW-RR 1989, 1021.
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3. Das vereinsrechtliche Bestrafungsverfahren | Rz. 1191 XIX.
liegt, der Betroffene habe dieses Vorstandsmitglied beleidigt;1 unerheblich hierfür ist, ob dieser Vorwurf, der Gegenstand des Verfahrens ist, sachlich gerechtfertigt ist.2 Das gilt auch, wenn der Verein in der Satzung keine Vorsorge getroffen hat, welches Organ im Verhinderungsfall zur Durchführung des Ordnungsverfahrens berufen sein soll.3 Ob und unter welchen Voraussetzungen ein Mitglied des für Ordnungsmaßnahmen zuständigen Organs von der Mitwirkung an einem Ordnungsverfahren sonst ausgeschlossen sein soll, kann die Satzung näher bestimmen. Trifft sie keine oder keine hinreichende Regelung, dann gelten nicht ohne weiteres die hohen Standards des gerichtlichen Strafverfahrens. Dies gilt insbesondere für die Prinzipien der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit.4 Ein Minimum ist aber zu achten, sonst kann keine unvoreingenommene Sachverhaltsprüfung stattfinden.5 Die Möglichkeit der (formalisierten) Ablehnung eines Mitglieds des für das Bestrafungsverfahren zuständigen Organs, ein gesondertes Ablehnungsverfahren und ein zur Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch berufenes weiteres Organ brauchen für das vereinsrechtliche Bestrafungsverfahren satzungsgemäß (notwendig) nicht vorgesehen zu werden. Die Beschäftigung von Hilfspersonen mit vorbereitenden Arbeiten durch das für Bestrafung zuständige Organ berührt die Rechtmäßigkeit des Bestrafungsverfahrens nicht.
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Ein vereinsinternes Rechtsmittelverfahren kann die Satzung gleichermaßen vorsehen.
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b) Verfahrensgrundsätze Das Bestrafungsverfahren kann die Satzung mit der Vereinsgewalt ebenso frei regeln. Den für staatliche gerichtliche Verfahren geltenden Richtlinien braucht das Bestrafungsverfahren (auch ein Ausschließungsverfahren) nicht angepasst sein.6 Verlangt wird jedoch, dass das Bestrafungsverfahren gewisse allgemein gültige Verfahrensgrundsätze beachtet, damit das Verfahren, das zum Ausspruch einer Vereinsstrafe führt, nicht zum Willkürakt7 wird und sich das betroffene Mitglied sachgerecht verteidigen kann.8 Einhaltung des Beibringungsgrundsatzes gehört nicht zu den allgemein gültigen Verfahrensgrundsätzen, auch nicht Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen einem antragstellenden (anklagenden) und einem entscheidenden Organ sowie Bestimmung, dass einer Vereinsstrafe nur solche Tatsachen zugrunde gelegt werden dürfen, die bereits in der Sachverhaltsschilderung eines antragstellenden Organs auf1 OLG Köln v. 23.3.1993 – 19 W 59/92, OLGZ 1994, 252 (Ls.). 2 OLG Karlsruhe v. 15.12.1995 – 3 U 26/95, NJW-RR 1996, 1503 (1504). 3 BGH v. 27.10.1980 – II ZR 62/80, NJW 1981, 744 = BGH v. 22.9.1980 – II ZR 34/80, MDR 1981, 291. 4 BGH v. 27.10.1980 – II ZR 62/80, NJW 1981, 744 = BGH v. 22.9.1980 – II ZR 34/80, MDR 1981, 291. 5 LG Bonn v. 8.1.2013 – 18 O 63/12, juris. 6 BGH v. 19.10.1987 – II ZR 43/87, MDR 1988, 206 = NJW 1988, 522. 7 BGH NJW 1967, 1657; BGH v. 27.10.1980 – II ZR 62/80, NJW 1981, 744; BGH v. 19.10.1987 – II ZR 43/87, BGHZ 102, 265 = MDR 1988, 206 (269). 8 BGH v. 19.10.1987 – II ZR 43/87, BGHZ 102, 265 = MDR 1988, 206 (269).
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XIX. Rz. 1191 | Das Vereinsstrafrecht
geführt sind.1 Zulässig ist daher Bestrafung auch in einem von dem zuständigen Organ selbst eingeleiteten Verfahren (auf „Antrag aus seiner Mitte“) und aus Gründen, für die von einem antragstellenden Organ Tatsachen nicht aufbereitet sind, sofern nur dem Mitglied Gelegenheit gegeben ist, sich auf die Verteidigung gegen die Vorwürfe ausreichend einzurichten.2 1192
Gleiche verfahrensrechtliche Anforderungen wie bei staatlichen Gerichten werden an das vereinsrechtliche Ordnungsverfahren nicht gestellt.3 Verlangt wird vom Verein jedoch, dass seine Organe, die Ordnungsverfahren gegen Mitglieder durchführen, allgemeine Verfahrensgrundsätze beachten. Daraufhin kann das Bestrafungsverfahren im Rechtsstreit überprüft werden (Rz. 1204). Im Bestrafungsverfahren hat das für Ordnungsmaßnahmen zuständige Vereinsorgan selbst für Einhaltung der allgemeinen Verfahrensgrundsätze Sorge zu tragen. Es hat die Grundlagen für Verhängung der Vereinsstrafe zu ermitteln.4 Das beschuldigte Vereinsmitglied hat keine Mitwirkungspflicht, insbesondere keine Informationspflicht, um dem Vereinsorgan die Verhängung der Vereinsstrafe zu ermöglichen oder auch nur zu erleichtern.5
1193
Das betroffene Mitglied muss sich sachgerecht verteidigen6, somit zu erhobenen Vorwürfen jedenfalls schriftlich7 Stellung nehmen können. Ihm muss also „rechtliches Gehör“ gewährt8, d.h. eine Bestrafungs-, insbesondere Ausschließungsabsicht und der Grund mitgeteilt und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden. Dass dem Mitglied nur allgemein gehaltene Formulierungen zur Kenntnis gebracht werden, die nicht erkennen lassen, welche konkreten Verhaltensweisen ihm vorgehalten werden, genügt nicht.9 Zur Stellungnahme muss ausreichend Zeit gelassen werden.10 Mündliche Anhörung wird nicht für erforderlich erachtet; es genügt, dass Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme gegeben wird.11 Anspruch auf rechtliches Gehör hat das Mitglied auch ohne dahin gehende Satzungsbestimmung.12 Es schließt die 1 BGH v. 19.10.1987 – II ZR 43/87, BGHZ 102, 265 = MDR 1988, 206 (268 f.). 2 BGH v. 19.10.1987 – II ZR 43/87, BGHZ 102, 265 = MDR 1988, 206 (268 ff.). 3 BGH v. 27.10.1980 – II ZR 62/80, NJW 1981, 744; OLG Karlsruhe v. 15.12.1995 – 3 U 26/ 95, NJW-RR 1996, 1503 (1504). 4 BGH DNotZ 2003, 369 (370, 371) = BGH v. 24.1.2003 – V ZR 248/02, BGHReport 2003, 369 = MDR 2003, 402. 5 BGH DNotZ 2003, 369 (370 f.) = MDR 2003, 402. 6 BGH NJW 1967, 1657; BGH v. 27.10.1980 – II ZR 62/80, NJW 1981, 744; BGH v. 19.10.1987 – II ZR 43/87, BGHZ 102, 265 = MDR 1988, 206 (269). 7 OLG München MDR 1973, 405. 8 BGHZ 29, 352 (355); BGH NJW 1960, 1861 = MDR 1960, 988 m.N.; BGHZ 55, 381 = MDR 1971, 460 = NJW 1971, 879; BGH Betrieb 1975, 46 = NJW 1975, 160; OLG Hamm Betrieb 1976, 910 = BB 1976, 663; LG Bonn MDR 1975, 139; LG Gießen v. 22.2.1995 – 1 S 403/94, NJW-RR 1995, 828; Reinicke, NJW 1975, 2048. 9 OLG Köln v. 23.3.1993 – 19 W 59/92, OLGZ 1994, 252 (Ls.) für den Fall, dass in der Satzung vorgesehen ist, dass dem Mitglied die Vorwürfe in ihren wesentlichen Punkten mitgeteilt werden müssen. Vgl. auch AG Bochum v. 14.8.2014 – 40 C 328/14, CaS 2014, 381. 10 LG Freiburg v. 22.3.1989 – 8 O 477/88, NJW-RR 1989, 1021. 11 BGH v. 2.7.1979 – II ZR 206/77, MDR 1980, 205 = JZ 1980, 106 = NJW 1980, 443; OLG Hamm NJW 1975, 2048. 12 BGH NJW 1960, 1861; OLG Düsseldorf v. 8.1.1986 – 15 U 48/85, NJW-RR 1986, 675.
600 | Stöber/Otto
3. Das vereinsrechtliche Bestrafungsverfahren | Rz. 1194 XIX.
Verpflichtungen des Bestrafungsorgans ein, eine Stellungnahme des beschuldigten Mitglieds zur Kenntnis zu nehmen und bei der Entscheidung in Erwägung zu ziehen.1 Wenn sich die Vereinsorgane, die das Bestrafungsverfahren (insbesondere einen Vereinsausschuss) betreiben, zur Vertretung ihres Antrags eines Rechtsanwalts bedienen, kann auch dem Mitglied, und zwar auch in der Mitgliederversammlung (vgl. auch Rz. 882), die ein Vereinsstrafverfahren entscheidet, die Hinzuziehung eines Anwalts seines Vertrauens nicht untersagt werden.2 Der Kreis der als Beistand zuzulassenden Rechtsanwälte kann nicht durch Satzung auf Vereinsmitglieder beschränkt werden.3 Jedoch verletzt das Ausschließungsorgan (und damit ebenso das für ein anderes Bestrafungsverfahren zuständige Vereinsorgan) dadurch, dass es sonst dem Mitglied die Zuziehung eines Rechtsanwalts nicht gestattet, das Gebot des rechtlichen Gehörs jedenfalls dann nicht, wenn es um einfache Vorgänge des Vereinslebens geht und sich das Mitglied deshalb selbst interessengemäß gegen die Vorwürfe verteidigen kann. Die Tatsache allein, dass der Vorsitzende des Ausschließungsorgans Volljurist ist, ist kein zwingender Grund, die Vertretung des Mitglieds durch einen Rechtsanwalt zuzulassen.4 Wenn ein mit einem Disziplinarverfahren überzogenes Mitglied einen vereinsangehörigen Anwalt mit der Verteidigung beauftragt, liegt weder in der Übertragung noch in der Übernahme dieses Mandats ein gegen die Interessen des Vereins verstoßendes Verhalten.5 Es gilt das Gebot der Selbstablehnung eines Richters bei Befangenheit (§ 48 ZPO).6 c) Entscheidung Die Vereinsstrafe muss begründet und dem Mitglied bekannt gemacht werden. Die Begründung muss für das Mitglied erkennbar machen, auf Grund welcher tatsächlichen Feststellungen und unter welchen Überlegungen die Vereinsstrafe verhängt wurde.7 In einfachen Fällen und bei nicht schwerwiegender Strafe (etwa Verwarnung) kann, wenn die Erwägungen auf der Hand liegen, im Einzelfall die Begründung kurz gehalten (oder auch nur mündlich eröffnet) werden. Sie darf sich jedoch nicht in nur verallgemeinernden Floskeln erschöpfen, die nicht mehr erkennbar machen, auf welchen Erwägungen die Vereinsstrafe beruht.
1 OLG Köln v. 17.12.1992 – 3 U 158/92, NJW-RR 1993, 891 (LS). 2 BGHZ 55, 381; s. auch BGH v. 6.2.1984 – II ZR 119/83, DNotZ 1984, 484 = MDR 1984, 735 = NJW 1984, 1884 = Rpfleger 1984, 239. 3 Kirberger, BB 1978, 1390 (1394). 4 BGH Betrieb 1975, 46; a.A. Reinicke, NJW 1975, 2048; auch Kirberger, BB 1978, 1390 (1393): Im Vereinsausschlussverfahren ist die Zuziehung eines Rechtsanwalts stets zuzulassen. Durch Satzungsbestimmung kann das Recht auf juristischen Beistand nicht ausgeschlossen werden; eine entgegenstehende Satzungsbestimmung ist nichtig. Es wird aber auf den Einzelfall abzustellen, insbesondere nach der Art des Vereins, dem Kreis seiner Mitglieder und die Bedeutung der Vorgänge zu differenzieren sein. 5 OLG Hamm AnwBl. 1973, 110. 6 OLG Düsseldorf v. 15.11.2017 – VI U (Kart) 8/17; OLG Düsseldorf v. 11.10.2017 – VI U (Kart) 9/17. 7 OLG Köln v. 17.12.1992 – 3 U 158/92, NJW-RR 1993, 891 (Ls.). AG Bochum v. 14.8.2014 – 40 C 328/14, CaS 2014, 381.
Stöber/Otto | 601
1194
XIX. Rz. 1195 | Das Vereinsstrafrecht 1195
Die wahre Tatsache einer wirksam verhängten Vereinsstrafe darf in Publikationen des betreffenden Vereins ohne Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts veröffentlicht werden.1 d) Interne Rechtsmittel
1196
Ist ein vereinsinternes Rechtsmittelverfahren vorgesehen, so genügt es zu dessen Einleitung, wenn das betroffene Mitglied fristgemäß an den Vorstand ein Schreiben richtet, in dem der Wille zum Ausdruck kommt, dass die Angelegenheit im Falle der Nichtabhilfe seitens des Vorstandes der nächsten, höheren Instanz zur Entscheidung unterbreitet werden soll.2 Die Verweigerung der Annahme ist rechtlich unerheblich.3 Eine Rechtsmittelfrist ist mit Einreichung des Rechtsbehelfs bei der (satzungsgemäß) zuständigen Empfangsstelle des Vereins gewahrt, wenn keine Bestimmung getroffen ist mit Eingang beim Vorstand (als Vertretungsorgan). Die Satzungsbestimmung, dass das Rechtsmittel als Einschreibesendung bei der Post aufzugeben ist, dient lediglich Beweiszwecken; Aufgabe als Einschreibesendung des fristgerecht beim Empfänger eingegangenen Schriftstücks ist somit nicht Wirksamkeitsvoraussetzung.4 Wenn bestimmt ist, dass es für Fristwahrung auf die Aufgabe der Einschreibesendung ankommt, kann die Frist auch in dieser Weise gewahrt werden (beweispflichtig ist dann aber das Mitglied). Eine vereinsinterne Rechtsmittelinstanz darf im Interesse einer zügigen Abwicklung eines Bestrafungsverfahrens auch neue, im erstinstanzlichen Verfahren noch nicht behandelte Tatsachen berücksichtigen. Sie darf die Entscheidung auf die neuen Tatsachen stützen, wenn dem Mitglied Gelegenheit gegeben worden ist, sich auf die Verteidigung gegen den neuen Vorwurf ausreichend einzurichten.5 Neue Tatsachen darf das zweitinstanzliche Bestrafungs-(Ausschluss-)organ nur dann nicht behandeln, wenn die Satzung das ausdrücklich untersagt.6 Die Entscheidung der Rechtsmittelinstanz kann auf Aufhebung oder Bestätigung der Bestrafungsmaßnahme lauten. Sie kann aber (auch wenn die Satzung keine ausdrückliche Regelung trifft) die Sache an das Vereinsorgan, dessen Entscheidung angefochten wurde, zur Nachholung einer verfahrensfehlerfreien Entscheidung zurückverweisen.7
1197
Bei vereinsinternem Rechtsbehelfsverfahren äußert die Vereinsstrafe bis zur Entscheidung der übergeordneten Vereinsinstanz keine Wirkung. Die Satzung kann abweichende Bestimmung treffen. Jedoch widerspricht es rechtsstaatlichen Verfahrensgrundsätzen, wenn der sofortige Vollzug nicht auf solche Fälle beschränkt wird, in denen besondere Umstände dies rechtfertigen.8
1 2 3 4 5 6 7 8
OLG Hamm v. 8.8.2016 – 3 W 41/15 – SpuRt 2017, 32. Saarl. OLG JBlSaar 1967, 11. BayObLG 1988, 170 (175). A.A. AG Duisburg v. 8.5.2001 – 51 C 781/01, MDR 2002, 652, dem keineswegs gefolgt werden kann. BGH NJW 1967, 1657 (1659); BayObLG 1988, 170 (175). BGH NJW 1967, 1657 (1659). BGH v. 19.10.1987 – II ZR 43/87, BGHZ 102, 265 = MDR 1988, 206 (270, 271). OLG Köln v. 17.12.1992 – 3 U 158/92, NJW-RR 1993, 891 (Ls.).
602 | Stöber/Otto
3. Das vereinsrechtliche Bestrafungsverfahren | Rz. 1201 XIX.
e) Ausübungsgrenzen Ob der Verein im Einzelfall von einer nach der Satzung gegebenen Bestrafungsbefugnis Gebrauch machen will oder nicht, steht in seinem freien Ermessen. Er darf nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung (Rz. 392) aller Vereinsmitglieder verstoßen. Ein Mitglied hat daher Anspruch darauf, in gleichliegenden Fällen nicht schlechter behandelt zu werden als andere Mitglieder. Verstößt ein Verein gegen diesen Grundsatz, dann ist die Vereinsstrafe offenbar unbillig und rechtlich unwirksam.1 Bei Ausschlussmaßnahmen gegen Jugendliche aus einem Sportverein ist zu berücksichtigen, dass die Heranführung zu einem „fair play“ immer auch Aufgabe des Vereins sein sollte.2 Offenbar unbillig kann eine Vereinsstrafe, insbesondere auch ein Ausschluss, dann sein, wenn das Mitglied – wie z.B. mit Behauptungen oder in einem Rechtsstreit – in Wahrnehmung berechtigter Interessen gehandelt oder irrtümlich angenommen hat, Behauptungen zur Wahrnehmung seiner Rechte und Interessen vorbringen zu dürfen.3
1198
Jedes Vereinsmitglied hat Anspruch darauf, dass das für das Bestrafungsverfahren zuständige Organ seine Mitgliedschaftsrechte nicht verletzt. Geschieht das, können Schadensersatzpflichten des Vereins aus § 31 BGB folgen. Dem Mitglied kann daher gegen den Verein Anspruch auf Aufwendungsersatz (auch Ersatz von Anwaltskosten4) zustehen, wenn das Vereinsorgan Mitgliedschaftsrechte dadurch verletzt, dass es trotz fehlender Zuständigkeit ein Bestrafungsverfahren durchführt5 oder auch eine Vereinsstrafe ohne Satzungsgrundlage verhängt.
1199
f) Ausschluss als Vereinsstrafe (§§ 25, 32, 40, 58 Nr. 1 BGB) Die Mitgliedschaft bei einem Verein endet durch Ausschluss (s. bereits Rz. 331 ff.). Der gesetzlich nicht vorgesehene Ausschluss kann Vereinsstrafe sein (zuständiges Vereinsorgan: Rz. 1187 f.) oder sich auf das Recht des Vereins gründen, bei wichtigem Grund die Mitgliedschaft zu beenden (dazu oben Rz. 344). Zu gemeinsamen Verfahrensgrundsätzen s. bereits oben Rz. 339 ff.
1200
Als Vereinsstrafe müssen Zulässigkeit und Voraussetzungen des Ausschlusses durch die Satzung geregelt sein. Die Bestimmung muss eindeutig (klar und zweifelsfrei) sein; analoge Anwendung auf andere Fälle ermöglicht sie nicht. Das betroffene Mitglied muss wie bei jeder anderen Vertragsstrafe damit rechnen können, dass sein Verhalten in dieser Weise sanktioniert werden wird.6 Definiert die Satzung als Ausschluss-
1201
1 BGHZ 47, 381 = MDR 1967, 908 = NJW 1967, 1657; BGH v. 9.6.1997 – II ZR 303/95, MDR 1997, 954 = NJW 1997, 3368 (3369); auch bereits RG 107, 386 (388). 2 Burhoff, Rz. 154 mit Hinweis auf AG Germersheim v. 21.2.1991 – 2 C 866/90, SpuRt 1995, 221. 3 BGHZ 47, 381 (386). 4 BGH v. 6.2.1984 – II ZR 119/83, BGHZ 90, 92 = MDR 1984, 735. 5 BGH v. 6.2.1984 – II ZR 119/83, BGHZ 90, 92 = MDR 1984, 735. 6 AG Karlsruhe v. 21.5.2007 – 12 C 75/07, mitgeteilt von Pfister, SpuRt 2008, 83.
Stöber/Otto | 603
XIX. Rz. 1201 | Das Vereinsstrafrecht
gründe „Nichtzahlung des Beitrags“ (trotz Mahnung) und „schwere Schädigung des Ansehens und der Belange des Vereins“, erlaubt das keinen Ausschluss bei Zahlungsrückstand mit anderen Verpflichtungen oder bei Nichtzahlung der von einem minderjährigen Kind, das selbst Vereinsmitglied ist, dem Verein geschuldeten Forderung.1 Ein Ausschluss kann billigerweise auch nicht auf Umstände gestützt werden, die den Organen des Vereins bekannt waren und die gleichwohl längere Zeit geduldet worden waren.2 1202
Wenn die Satzung nur den Ausschluss vorsieht, kann (sofern die Voraussetzungen des Ausschlusses gegeben sind, nicht aber im Zweifelsfall oder bis zur vollständigen Klärung des Sachverhalts) auf Ausschluss auf Zeit als mildere Maßregel erkannt werden3 (vgl. demgegenüber zum Ruhen von Mitgliedsrechten bei Fortbestehen von Mitgliedspflichten Rz. 350). Zum Ausschluss durch Streichung von Mitgliederliste s. Rz. 357. Der Ausschluss kann unter einer klar bestimmten aufschiebenden Bedingung erklärt werden, wenn über deren Eintritt kein Zweifel aufkommen kann (Rz. 341).
1203
Zur Zusammensetzung das Ausschlussorgans s. bereits Rz. 333 ff.
4. Gerichtliche Nachprüfung a) Prüfungsumfang 1204
In einem Bestrafungsverfahren verfolgt der Verein die ihm gesetzten Aufgaben auf Satzungsgrundlage selbständig. Von einem ordentlichen Gericht kann eine Vereinsstrafe im Rechtsstreit nur bei Gesetzesverstoß (einschl. § 138 BGB) beanstandet werden.4 Die staatlichen Gerichte können Maßnahmen oder Entscheidungen der Vereinsoder Verbandsorgane weder aufheben noch abändern, sondern lediglich im Verhältnis zwischen Organisation und Mitglied feststellen, ob eine Maßnahme oder Entscheidung der Organisation dem Mitglied gegenüber wirksam oder unwirksam ist.5 Ist durch individuelle Schiedsvereinbarung oder die Satzung ein echtes Schiedsgericht (Rz. 1247 ff.) eingesetzt, entscheidet dieses.
1205
Die Feststellung des Sachverhalts und die Anwendung der Satzungsbestimmungen über Vereinsstrafen gehören zu den Maßnahmen, die ein Verein in Ausübung seiner Vereinsgewalt eigenverantwortlich wahrnimmt. Bestrafungsverfahren, Strafausspruch
1 Saarl. OLG v. 4.6.1993 – 4 U 166/92, NJW-RR 1994, 251. 2 Schl.-Holst. OLG v. 18.4.2008 – 14 U 95/07. 3 OLG Frankfurt NJW 1975, 189; Hadding in Soergel, Rz. 13 zu § 38; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 352. Anders z.B. Schlosser, Vereins- und Verbandsgerichtsbarkeit, § 2 II 1b, S. 57. Jedoch handelt es sich beim zeitweiligen Ausschluss um keine von der satzungsgemäß zulässigen Ausschließung wesensverschiedene Strafmaßnahme. 4 Anders, wenn die Strafgewalt allein durch vertragliche Regelung begründet wurde, zum Meinungsstand Schwennicke in Staudinger, § 38 Rz. 208. 5 BayObLG v. 3.12.2020 – 101 Sch 104/20, juris m.w.N.
604 | Stöber/Otto
4. Gerichtliche Nachprüfung | Rz. 1206 XIX.
und Strafmaß unterliegen nur beschränkter gerichtlicher Kontrolle.1 Sie erstreckt und beschränkt sich darauf, ob2 – der Strafbeschluss in der Satzung eine Stütze findet (= eine rechtliche Grundlage hat)3, – das zuständige Organ entschieden hat, – das Verfahren mit der Satzung in Einklang steht4, – die Strafvorschrift nicht gesetz- oder sittenwidrig ist5, die Bestrafung nicht offenbar unbillig6 oder willkürlich7 ist.8 Dazu gehört auch, dass sich das zuständige Organ nicht schon vor Abschluss des Verfahrens sein Urteil gebildet hat.9 Es muss klar sein, welche vermeintlichen Verfehlungen das zuständige Organ geprüft und welche es letztlich sanktioniert hat.10 Die Entscheidung muss erkennen lassen, dass nicht schematisch sondern nach den Umständen des Einzelfalls geurteilt wurde.11 Bei dem Verein mit wirtschaftlicher oder sozialer Monopolstellung (Verein mit Aufnahmezwang, dazu Rz. 302 ff.) ist die Billigkeits- bzw. Willkürprüfung insofern etwas 1 Aus jüngster Zeit bestätigt etwa in OLG Frankfurt v. 20.5.2020 – 19 W 22/20, juris. 2 BGHZ 21, 370 (373); BGHZ 29, 352 (354); BGHZ 36, 105 (109); BGH NJW 1972, 1892; BGH v. 2.7.1979 – II ZR 206/77, MDR 1980, 205 = NJW 1980, 443; BGH v. 27.10.1980 – II ZR 62/80, NJW 1981, 744; BGH v. 30.5.1983 – II ZR 138/82, MDR 1983, 997 = NJW 1984, 918; BGH v. 28.11.1994 – II ZR 11/94, BGHZ 128, 93 (110); BGH v. 9.6.1997 – II ZR 303/95, MDR 1997, 954 = NJW 1997, 3368; OLG Düsseldorf v. 19.1.1988 – 23 U 222/ 87, NJW-RR 1988, 1271 (1272); OLG Frankfurt v. 18.5.2000 – 13 W 29/00, NJW-RR 2000, 1117; OLG Hamm v. 25.4.2001 – 8 U 139/00, NJW-RR 2001, 1480; OLG Köln v. 23.3.1993 – 19 W 59/92, OLGZ 1994, 252 (LS); Saarl. OLG v. 4.6.1993 – 4 U 166/92, NJW-RR 1994, 251 (252). Kritisch dazu und differenziert Schlosser, Vereins- und Verbandsgerichtsbarkeit, § 6 I 1, S. 94, und I, S. 99. Volle Überprüfung der Vereinsstrafen durch Gerichte wird gefordert von Habscheid, Sport und Recht, S. 158 ff. (167 ff.) und Gehrlein, ZIP 1997, 1912. 3 Es gilt der Satz von „nulla poena sine lege“, AG Karlsruhe v. 21.5.2007 – 12 C 75/07, SpuRt 2008, 82 mit Anm. Pfister. Vgl. bereits RG JW 1928, 2208 und 2209; RG JW 1929, 847 (848). 4 BGHZ 47, 172 (176); RG 147, 11 (12). 5 BGHZ 13, 5 (11); RG 107, 386 (388 f.). Gesetzesverstoß auch bei Verstoß gegen § 25 Abs. 1 GWB (BGHZ 36, 105, 114. 6 RG 107, 386; 140, 23 m.N.; 147, 11 (14); RG JW 1928, 2208; BGHZ 13, 5 (11); BGHZ 47, 381 (385); OLG Düsseldorf v. 30.3.1989 – U (Kart) 30/88, SpuRt 1995, 171; a.A. Benecke, WM 2000, 1173 (1179–1182: umfassende Kontrolle, die Interessen aller Betroffenen berücksichtigt und gleichrangig abwägt. 7 Wie bei Verstoß gegen den Gleichheitssatz, BGH v. 9.6.1997 – II ZR 303/95, MDR 1997, 954 = NJW 1997, 3368 (3369). 8 Auch Unverhältnismäßigkeit im Einzelfall, OLG Karlsruhe v. 8.11.2012 – 9 U 97/12, SpuRt 2013, 31. 9 LG Bonn v. 8.1.2013 – 18 O 63/12, juris (Besorgnis der Befangenheit). 10 LG Detmold v. 31.10.2018 – 3 S 69/18, NZG 2019, 548. 11 OLG Düsseldorf v. 15.11.2017 – VI U (Kart) 8/17 SpuRt 2018, 73 (Berücksichtigung des Alters eines Profisportlers beim Strafmaß – Dauer einer Sperre).
Stöber/Otto | 605
1206
XIX. Rz. 1206 | Das Vereinsstrafrecht
ausgeweitet, als hier eine Sanktion das Mitglied regelmäßig stärker treffen wird und deshalb auch der Ermessens- oder Beurteilungsspielraum der Straforgane des Vereins reduziert ist.1 Auch dann bleiben aber Zweckmäßigkeitserwägungen der zuständigen Vereinsorgane beachtlich.2 1207
Wenigstens einer eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung unterliegt auch die Tatsachenermittlung im vereinsrechtlichen Disziplinar-(Bestrafungs-)Verfahren.3 Dadurch wird gewährleistet, dass Vereine ihren Disziplinarmaßnahmen nicht Sachverhalte zugrunde legen, die sich bei objektiver, an rechtsstaatlichen Grundsätzen ausgerichteter Tatsachenermittlung nicht feststellen lassen.4 Bei nur vager Verdachtslage darf daher kein Vereinsausschluss ausgesprochen werden.5 Unzulässig sind eine nachträgliche Klärung des Sachverhalts noch im Zivilprozess mit dem Ziel des Beweises von Bestrafungstatsachen, die im Vereinsstrafverfahren nicht festgestellt worden sind6, und eine Klage auf Widerruf von Erklärungen, die in einem vereinsrechtlichen Ordnungsstrafverfahren abgegeben wurden.7 Eine Vereinsstrafordnung, die für bestimmte anders schwer nachweisbare Tatbestände den Anscheinsbeweis genügen lässt, verletzt nicht das Rechtsstaatsgebot.8 Neue Tatsachen, die im vereinsinternen Verfahren nicht festgestellt wurden und auf die sich die Bestrafung deshalb nicht gründen kann, können im Zivilprozess als neue Bestrafungsgründe zur Rechtfertigung der Vereinsstrafe nicht nachgeschoben werden.9 Die tatsächliche Feststellung des Vereinsgerichts, wie wettbewerbsrechtliche Angaben bei den Werbeadressaten auf Grund der Lebens- und Berufserfahrung verstanden werden, gehört nicht zu diesem Tatsachenstoff; sie erfordert mit Subsumtion von Tatsachen Wertung und Würdigung, die zum Kernbereich der Vereins-/Verbandsautonomie gehört und daher nur in demselben eingeschränkten Umfang wie die rechtliche Subsumtion eines Sachverhalts unter der anzuwendenden Norm nachgeprüft werden kann.10 Die vereinsinterne Zuständigkeitsordnung ist von dem ordentlichen Gericht zu beachten. Wenn also das insoweit zuständige (auch unechte) Schiedsgericht eine Maßnahme des Vorstands
1 LG Freiburg (Breisgau) v. 15.5.2012 – 14 O 46/12, SpuRt 2012, 212. 2 LG Freiburg (Breisgau) v. 15.5.2012 – 14 O 46/12, SpuRt 2012, 212. 3 BGH v. 30.5.1983 – II ZR 138/82, MDR 1983, 997 = NJW 1984, 918; BGH v. 9.6.1997 – II ZR 303/95, MDR 1997, 954 = NJW 1997, 3368; OLG Hamm v. 25.4.2001 – 8 U 139/00, NJW-RR 2001, 1480 und OLG Hamm v. 19.9.2001 – 8 U 193/00, NJW-RR 2002, 389; Schl.-Holst. OLG v. 18.4.2008 – 14 U 95/07, juris; OLG Koblenz v. 26.6.2003 – 5 U 1621/ 02, OLG-Rep. 2003, 361: LG Detmold v. 31.10.2018 – 3 S 69/18, NZG 2019, 548. 4 BGH v. 30.5.1983 – II ZR 138/82, BGHZ 87, 337 = MDR 1983, 997 (345). 5 Schl.-Holst. OLG v. 18.4.2008 – 14 U 95/07, juris. 6 BGH v. 19.10.1987 – II ZR 43/87, BGHZ 102, 265 = MDR 1988, 206 (273); LG Detmold v. 31.10.2018 – 3 S 69/18, SpuRt 2019, 42. 7 LG Karlsruhe v. 10.10.2002 – 5 S 7/02, NJW-RR 2003, 39: Keine Klage gegen einen Schiedsrichter auf Widerruf von (nur) im Schiedsrichterbericht enthaltenen (ehrenrührigen) Tatsachenbehauptungen. 8 LG Berlin v. 19.3.2016 – 26 S 11/18, juris. 9 BGH v. 19.10.1987 – II ZR 43/87, BGHZ 102, 265 = MDR 1988, 206 (237, 274); BGH v. 10.7.1989 – II ZR 30/89, MDR 1990, 27 = NJW 1990, 40 (41). 10 OLG Düsseldorf v. 5.12.1985 – 2 U 18/85, NJW-RR 1987, 697.
606 | Stöber/Otto
4. Gerichtliche Nachprüfung | Rz. 1211 XIX.
wirksam aufgehoben hat, steht der Wegfall dieser Maßnahme in einem vom Vorstand angestrebten Feststellungsverfahren gegenüber dem Mitglied fest.1 Ein Vereinsstrafbeschluss, der aus solchen Gründen nicht beanstandet werden kann, kann im gerichtlichen Verfahren nicht auf seine sachliche Richtigkeit und nicht unter dem Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit überprüft werden. Satzungsbestimmungen über die Vereinsstrafgewalt sind bei Überprüfung im gerichtlichen Verfahren frei auszulegen2 (s. Rz. 54).
1208
Der Ausschluss eines Mitglieds aus einem religiösen Verein (Rz. 44) wird seinem inneren Bereich, nämlich der religiösen Bedeutung der Mitgliedschaft zugeordnet. Als interne Angelegenheit der Religionsgemeinschaft sollen Ausschlussgründe und -verfahren daher der gerichtlichen Nachprüfung entzogen sein (fraglich).3
1209
b) Insbesondere der Vereinsausschluss Auch bei Ausschluss aus dem Verein ist gerichtliche Überprüfung der Ausschlussentscheidung auf Gesetzwidrigkeit, grobe Unbilligkeit oder Willkür nach dem oben Gesagten beschränkt, wenn der Verein keiner Aufnahmepflicht (Rz. 299 ff.) unterliegt.4 Einem Verein, der die Voraussetzungen für die Aufnahme eines Mitgliedes eigenverantwortlich bestimmen kann, steht grundsätzlich auch das Recht zu, selbst zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen jemand nicht Mitglied bleiben kann.5 Dieses Selbstbestimmungsrecht des Vereins setzt der gerichtlichen Überprüfung einer Ausschlussentscheidung Grenzen.
1210
Offenbar unbillig kann ein Ausschluss umso eher sein, je wichtiger für das betroffene Mitglied die Zugehörigkeit zum Verein ist.6 Abzuwägen7 sind das satzungswidrige Verhalten des Mitglieds und seine Bedeutung für den Verein sowie die sich für das Mitglied aus dem Ausschluss ergebenden Folgen. Bedeutsam kann daher auch die wirtschaftliche Abhängigkeit des Mitglieds vom Verein, aber auch die Frage sein, ob die Vereinsinteressen mit weniger strengen Mitteln gewahrt werden können.8 Überschreiten zulässiger Kritik an der Vereinsführung kann auch dann ein Ausschließungsgrund sein; das ist vor allem anzunehmen, wenn dem Verein dadurch ein materieller Schaden oder eine erhebliche Schädigung seines Ansehens entstanden ist. Wenn nach der Satzung ein formeller Ausschließungsgrund vorliegt, ist ein Ausschluss stets dann
1211
1 BGH v. 23.4.2013 – II ZR 74/12, BGHZ 197, 162 = MDR 2013, 799. Zust. Anm. v. Look, EWiR 2013, 473. 2 BGHZ 21, 370 (374); BGH v. 2.7.1979 – II ZR 206/77, BGHZ 75, 158 = MDR 1980, 205. 3 LG Frankfurt/M. v. 20.2.2003 – 2–7 O 198/02, NJW-RR 2003, 1436 (für Ahmadiyya-Bewegung) mit Hinweisen auf ältere Rechtsprechung in Anm. der Schriftleitung. 4 BGH v. 19.10.1987 – II ZR 43/87, BGHZ 102, 265 = MDR 1988, 206 (276); krit. Würdigung dieser Entscheidung: Hadding/van Look, ZGR 1988, 1. 5 BGH v. 19.10.1987 – II ZR 43/87, BGHZ 102, 265 = MDR 1988, 206 (276). 6 BGHZ 47, 381 (385). Zur Beurteilung der Frage, wann ein Ausschluss offenbar unbillig ist, s. auch BGHZ 13, 5 (12). 7 RG 107, 386 (388); 147, 11 (16). 8 RG 107, 386 (388); 169, 330 (334); BGHZ 16, 317 (323) = NJW 1955, 667.
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XIX. Rz. 1211 | Das Vereinsstrafrecht
nicht gerechtfertigt, wenn die Verfehlung so leicht wiegt oder auch ihre Folgen so unbedeutend sind, dass der Ausschluss ein Rechtsmissbrauch wäre, der den allgemeinen Grundsätzen von Treu und Glauben widerspricht.1 Die Frage, ob der Ausschluss eines Vereinsmitglieds offenbar unbillig und deshalb unwirksam ist, haben die Gerichte bei jeder Art von Vereinen zu prüfen; insofern kommt es nicht darauf an, ob der Verein in der sozialen Ordnung eine besondere Bedeutung hat.2 1212
Bei der gerichtlichen Auseinandersetzung über die Frage, ob die Ausschließung grob unbillig ist, können Mitglied und Verein neue, im Ausschließungsverfahren nicht behandelte Tatsachen vorbringen. Der Grundsatz, dass ein Verein den Ausschluss im Rechtsstreit über dessen Wirksamkeit nicht auf neue tatsächliche Grundlagen stellen kann, wird hiervon nicht betroffen. Dieser Grundsatz3 besagt nur, dass der Verein insoweit keine neuen Tatsachen in den Prozess einführen kann, als er damit die Ausschließung auf eine neue tatsächliche Grundlage stellen und sich auf einen neuen Ausschließungsgrund berufen würde, der nach der Satzung zunächst Gegenstand des vereinsinternen Verfahrens sein müsste.4 c) Monopolverein
1213
Bei Ausschluss aus einem Verein, der als Monopolverband sowie Vereinigung mit einer überragenden Machtstellung im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich einem Aufnahmezwang unterliegt, kann gerichtliche Nachprüfung einer Ausschließungsentscheidung in gleich umfassender Weise erfolgen wie die Ablehnung eines Aufnahmeantrags5 (dazu Rz. 299). Dem Beurteilungs- und Ermessensspielraum des Vereins für die Wertung des Ausschließungstatbestandes sind daher in diesem Fall engere Grenzen gesetzt.6 Gerichtliche Nachprüfung des Ausschlusses erstreckt sich auch darauf, ob der Ausschluss nicht unbillig, somit durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist.7
1214
Zu beweisen hat im gerichtlichen Streitverfahren der Verein die Berechtigung eines Straf- und (insbesondere) Ausschließungsbeschlusses und damit regelmäßig auch persönliche Tatbestandsmerkmale (Verschulden, Fahrlässigkeit).
1 RG 163, 200 (207); OLG Hamburg BB 1951, 430. 2 BGHZ 47, 381. 3 Vgl. BGHZ 45, 314 (321); BGH v. 19.10.1987 – II ZR 43/87, BGHZ 102, 265 = MDR 1988, 206 (273); BGH v. 10.7.1989 – II ZR 30/89, MDR 1990, 27 = NJW 1990, 40 (41). 4 RG 147, 11 (16); 163, 200 (210); BGHZ 47, 381. 5 BGH v. 19.10.1987 – II ZR 43/87, BGHZ 102, 265 = MDR 1988, 206 (267, 277); BGH v. 9.6.1997 – II ZR 303/95, MDR 1997, 954 = NJW 1997, 3368 (3370); OLG Frankfurt v. 12.9.2018 – 4 U 234/17, juris. 6 BGH v. 19.10.1987 – II ZR 43/87, BGHZ 102, 265 = MDR 1988, 206 (277); BGH v. 15.10.1990 – II ZR 255/89, MDR 1991, 411 = NJW 1991, 485; BGH v. 27.9.1993 – II ZR 25/93, MDR 1994, 105 = NJW 1994, 43; OLG Koblenz v. 26.6.2003 – 5 U 1621/02, OLGRep. 2003, 361. 7 BGH v. 19.10.1987 – II ZR 43/87, BGHZ 102, 265 = MDR 1988, 206 (277).
608 | Stöber/Otto
4. Gerichtliche Nachprüfung | Rz. 1217 XIX.
d) Zulässigkeit eines staatlichen Verfahrens Für die Austragung vereinsrechtlicher Streitigkeiten ist der ordentliche Rechtsweg eröffnet. Mit Verfassungsbeschwerde sind Entscheidungen der für vereinsrechtliche Bestrafungsverfahren zuständigen Organe (auch Entscheidungen von Parteigerichten) nicht anfechtbar.1 Erst die im Zivilrechtsweg ergehenden gerichtlichen Entscheidungen stellen Maßnahmen der öffentlichen Gewalt dar, gegen die (bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen) die Verfassungsbeschwerde gegeben ist.2
1215
Die Satzung kann den Rechtsweg (die gerichtliche Nachprüfung) nicht wirksam ausschließen.3 Eine Satzungsbestimmung, die eine gerichtliche Nachprüfung des Ausschlusses aus dem Verein verbietet, ist unwirksam.4 Die Satzung kann daher auch nicht zulässig bestimmen, dass ein Mitglied von selbst ausscheidet, wenn es ein ordentliches Gericht anruft.5 Durch Schiedsvereinbarung (§ 1029 ZPO) kann jedoch statt Entscheidung durch ein ordentliches Gericht die Entscheidung durch Schiedsrichter bestimmt werden (oben a und Rz. 1247).
1216
Zulässig ist die gerichtliche Nachprüfung einer vereinsrechtlichen Strafe, insbesondere eines Ausschließungsbeschlusses, grundsätzlich nur, wenn das Mitglied die satzungsmäßigen – vereinsinternen – Rechtsmittel ausgeschöpft hat.6 Dadurch soll vermieden werden, dass die Gerichte unnötig aufgerufen werden und dass sie in die Selbstverwaltung des Vereins eingreifen, solange keine abschließende Entscheidung der zuständigen Vereinsorgane zustande gekommen ist.7 Dies gilt auch, wenn die nach der Satzung vorgesehenen Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung haben.8 Auf das vereinsinterne Rechtsmittelverfahren ist das Mitglied nur dann nicht verwiesen, wenn es ihm im Einzelfall aus besonderen Gründen nicht zuzumuten ist.9 Das ist auch dann der Fall, wenn die Entscheidung über das in der Satzung vorgesehene Rechtsmittel ungebührlich verzögert wird10 (zum Eilverfahren Rz. 1222). Setzt sich eine nach der Satzung untergeordnete Instanz über die ihm von dem übergeordneten Verbandsgericht
1217
1 BVerfG v. 27.9.1988 – 2 BvR 753/88, NJW 1988, 3260. 2 BVerfG v. 27.9.1988 – 2 BvR 753/88, NJW 1988, 3260. 3 RG 140, 23 (25); 147, 11 (15); BGHZ 36, 105 (109); KG NJW 1962, 1918; OLG Düsseldorf v. 19.1.1988 – 23 U 222/87, NJW-RR 1988, 1271 (1272); OLG Frankfurt v. 18.5.2000 – 13 W 29/00, NJW-RR 2000, 1117 (1118 re. Sp.); OLG Stuttgart NJW 1955, 833; Schlosser, Vereins- und Verbandsgerichtsbarkeit, § 7, S. 113. 4 BGHZ 21, 370 (375); BGHZ 29, 352 (354); BGH v. 28.11.1994 – II ZR 11/94, BGHZ 128, 93 = MDR 1995, 862 (109). 5 KG NJW 1962, 1918. 6 Haas/Neumayer, NZG 2017, 881 (886 ff.), s dort auch zu Zwischenentscheiden. 7 BGHZ 12, 5 (12) = NJW 1954, 833; BGHZ 36, 105 (109); BGHZ 47, 172 (174); RG JW 1929, 847; OLG Stuttgart NJW 1955, 833. 8 OLG Stuttgart NJW 1955, 833. 9 RG JW 1915, 1424; RG JW 1932, 1197; BGHZ 47, 172. 10 OLG Frankfurt v. 20.5.2020 – 19 W 22/20, juris; OLG Stuttgart NJW 1955, 833; LG Hamburg v. 18.1.1991 – 328 O 432/90, NJW 1992, 440 (für Streit über Gültigkeit einer Wahl bei einer politischen Partei); anders noch für den Fall, dass ein Schiedsgericht als satzungsmäßig bestimmtes Vereinsorgan nicht gebildet werden kann, RG 151, 229. Zur Frage näher Schlosser, Vereins- und Verbandsgerichtsbarkeit, § 7 III 2, S. 126.
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XIX. Rz. 1217 | Das Vereinsstrafrecht
bei Aufhebung seiner Entscheidung zur Beachtung aufgegebene Rechtsansicht hinweg, kann dieser Verfahrensmangel zur Feststellung der Unwirksamkeit durch das ordentliche Gericht führen.1 Aus dem Erfordernis, dass vereinsinterne Rechtsmittel ausgeschöpft werden müssen, folgt zugleich, dass bei mehreren Vereinsinstanzen nur solche Verfahrensverstöße gerichtlich nachgeprüft werden können, die Einfluss auf die letztinstanzliche Entscheidung innerhalb des Vereins gehabt haben können.2 Ein Nichtmitglied, gegen das unzulässig auf eine Vereinsstrafe erkannt ist, kann nicht auf das vereinsinterne Rechtsmittelverfahren verwiesen werden. 1218
Wenn der Ablauf der nicht genützten Rechtsmittelfrist mit der Rechtsfolge verbunden sein soll, dass die Vereinsstrafe endgültig und bei Ausschluss die Mitgliedschaft endgültig beendet sein und damit eine Nachprüfung des Vereinsstrafbeschlusses durch die ordentlichen Gerichte ausgeschlossen sein soll, muss diese Rechtsfolge in der Satzung ausdrücklich angeordnet sein.3 Eine Klage gegen den Straf-, insbesondere einen Ausschließungsbeschluss ist dann regelmäßig unbegründet. Der Betroffene kann die Entscheidung der Gerichte dann praktisch nur mit der Begründung anrufen, die Satzungsbestimmung sei für seinen Fall aus besonderen Gründen nicht anzuwenden.
1219
Wenn der Satzungswortlaut weiter nichts sagt, als dass ein Straf-, insbesondere Ausschließungsbeschluss mit einem fristgebundenen vereinsinternen Rechtsmittel anfechtbar ist, unterwirft sich ein Mitglied nicht bereits mit Versäumung der Anfechtungsfrist dem Straf- oder Ausschließungsbeschluss. Nach Fristablauf ist daher auf Feststellungsklage (§ 256 ZPO) eine gerichtliche Nachprüfung stets auch dann noch zulässig, wenn das Mitglied von dem vereinsinternen Rechtsmittel keinen Gebrauch gemacht hat.4 Unter besonderen Umständen kann das Mitglied aber damit, dass es die Anfechtungsfrist ablaufen lässt, durch schlüssige Erklärung zu erkennen geben, dass es den Ausschließungsbeschluss hinnimmt; das Recht auf gerichtliche Nachprüfung entfällt damit.5 Die Feststellungsklage gegen eine Vereinsmaßnahme ist (dem Grundsatz nach) fristungebunden. Das Klagerecht kann (im Einzelfall) jedoch verwirkt sein, wenn davon nicht in angemessener Zeit Gebrauch gemacht wird6 (s. auch Rz. 1060). e) Entscheidungsmöglichkeiten
1220
Die gerichtliche Feststellung der Unwirksamkeit eines von der vereinsinternen zweiten Instanz gefassten Ausschließungsbeschlusses erfasst nicht notwendigerweise auch den in der ersten Vereinsinstanz ergangenen Ausschließungsbeschluss.7 Der Verein 1 LG Köln v. 28.6.2018 – 2 O 298/17, SpuRt 2018, 220. 2 OLG Hamm BB 1967, 663 = Betrieb 1976, 910. 3 BGHZ 47, 172. Nach Auffassung des LG München I v. 24.9.1990 – 17 HKT 15680/90, Rpfleger 1991, 24 kann eine solche Bestimmung (im Statut einer Genossenschaft) nicht getroffen werden. 4 BGHZ 47, 172 abw. von RG 85, 355. 5 BGHZ 47, 172 (176). 6 OLG Hamm v. 10.6.1996 – 8 U 150/95, NJW-RR 1997, 989. 7 BGHZ 13, 5 (13) = NJW 1954, 833.
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4. Gerichtliche Nachprüfung | Rz. 1223 XIX.
braucht daher das Ausschließungsverfahren nicht wieder in der ersten Instanz aufzunehmen, sondern kann ihm in der zweiten Instanz seinen Fortgang geben. Das kann Bedeutung erlangen, wenn nur das zweitinstanzliche Verfahren unter formellen Mängeln leidet oder wenn die sachliche Begründung der in den beiden Vereinsinstanzen ergangenen Ausschließungsbeschlüsse sich nicht deckt. Das ordentliche Gericht kann aber bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen neben der Unwirksamkeit eines zweitinstanzlichen Ausschließungsbeschlusses zugleich die Unwirksamkeit des erstinstanzlichen Ausschließungsbeschlusses auch dann feststellen, wenn die beiden Ausschließungsbeschlüsse auf verschiedenen Gründen beruhen.1 Da eine Vereinsstrafe keine Vertragsstrafe ist, unterliegt sie nicht dem richterlichen Ermäßigungsrecht des § 343 BGB.2 Ausnahmsweise können Vereinsmitglieder eigene Vertragspflichten übernommen haben, deren Erfüllung durch Vertragsstrafe gesichert ist.3
1221
Das Gericht stellt die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der Vereinsmaßnahme fest.4 Nur ausnahmsweise spricht es die Folgen der Unwirksamerklärung einer Vereinsentscheidung aus, wenn sie sich unmittelbar aus Gesetz und Satzung ergeben.5 Einstweilige Regelungen im Vereinsstrafverfahren (so die Anordnung, dass die Mitgliedschaft ruht) können, wenn sie offenbar unbillig erscheinen, ggf. auch mit einstweiliger Verfügung außer Kraft gesetzt werden.6 Vorläufige Sicherung des Mitgliederrechts auf Benutzung der Vereinseinrichtungen und Teilnahme an dem Vereinsleben (Rz. 400) kann bei glaubhaft gemachter Gefährdung mit Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung (§ 935 ZPO) verfolgt werden7, ohne dass das Mitglied vorrangig auf ein vereinsinternes Bestrafungsverfahren verwiesen wäre.
1222
Besteht zwischen Verein und Mitglied Streit oder Ungewissheit über die Wirksamkeit einer Vereinsstrafe, insbesondere eines Ausschlusses, so kann auch der Verein Klage auf Feststellung (§ 256 ZPO) erheben, dass die Vereinsstrafe wirksam, insbesondere eine Mitgliedschaft durch Ausschluss beendet ist.
1223
1 2 3 4 5
BGHZ 13, 5 (13) = NJW 1954, 833. BGHZ 21, 370 (372) = NJW 1956, 1793 m.N. Dazu BGHZ 21, 370 (372) = NJW 1956, 1793. BayObLG v. 3.12.2020 – 101 Sch 104/20, juris. OLG Karlsruhe v. 8.11.2012 – 9 U 97/12, SpuRt 2013, 31 unter Bestätigung von LG Freiburg (Breisgau) v. 15.5.2012 – 14 O 46/12, SpuRt 2012, 212: Klarstellung, dass und wie ein Ligaspiel zu werten ist, nachdem der Ausspruch eines Punktabzugs als unwirksam festgestellt wurde. 6 OLG Celle BB 1973, 1190. 7 OLG Köln v. 23.3.1993 – 19 W 59/92, OLG Hamburg v. 17.12.1992 – 3 U 158/92, NJW-RR 1993, 891 (LS) = OLGZ 1994, 252 (LS) für den Anspruch des Mitglieds eines Hundevereins, ihm die durch Vereinsstrafe für die Dauer von drei Monaten untersagte Nutzung des Übungsgeländes zu gestatten; OLG Frankfurt v. 18.5.2000 – 13 W 29/00, NJW-RR 2000, 1117 (Aufhebung einer vorläufigen Wettkampfsperre).
Stöber/Otto | 611
XIX. Rz. 1224 | Das Vereinsstrafrecht
f) Überprüfung einer Kündigung 1224
Wenn der Ausschluss nicht Vereinsstrafe ist, sondern auf Satzungsgrundlage kündigungsweise erfolgt (Rz. 344), ergeben sich für gerichtliche Nachprüfung keine Besonderheiten (s. aber Rz. 349). Auch die Kündigung in Ausübung der Vereinstätigkeit auf Satzungsgrundlage obliegt zunächst dem durch sein Organ handelnden Verein eigenverantwortlich. Die gerichtliche Nachprüfung dieses Vereinsausschlusses ist daher nur unter den gleichen Voraussetzungen und in den Grenzen zulässig, die für den Ausschluss in einem Bestrafungsverfahren gelten1 Bei Ausschluss aus wichtigem Grund ohne Satzungsbestimmung (Rz. 344) hat jedoch eine vollständige gerichtliche Überprüfung zu erfolgen. Dasselbe gilt, wenn die Satzungsregel sich als zu unbestimmt erweist.2 In jedem Fall wendet sich das ausgeschlossene Mitglieder an das ordentliche Gericht mit einem Feststellungsantrag.
5. Politische Parteien a) Anforderungen an die Satzung 1225
Die Satzung einer politischen Partei muss Bestimmungen über zulässige Ordnungsmaßnahmen gegen Mitglieder und ihren Ausschluss enthalten (§ 6 Abs. 2 Nr. 4 mit § 10 Abs. 3 Nr. 1 PartG). Sie hat Bestimmungen zu treffen über die Gründe, die zu Ordnungsmaßnahmen berechtigen, und über die Parteiorgane, die Ordnungsmaßnahmen anordnen können (§ 10 Abs. 3 Nr. 2 und 3 PartG). Ausgeschlossen werden kann ein Mitglied nur dann aus der Partei, wenn es vorsätzlich gegen die Satzung oder erheblich gegen Grundsätze der Ordnung der Partei verstoßen hat und ihr damit schweren Schaden zufügt3 (§ 10 Abs. 4 PartG). Über den Ausschluss entscheidet das nach der Schiedsgerichtsordnung zuständige Schiedsgericht (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 PartG). Dieses ist Vereinsorgan, nicht Schiedsgericht nach § 1029 ZPO.4 Die Entscheidung ist schriftlich zu begründen (§ 10 Abs. 5 S. 3 PartG). Zu begründen ist der Beschluss des Parteiorgans außerdem im Falle der Enthebung von Parteiämtern oder der Aberkennung der Fähigkeit zu ihrer Bekleidung, § 10 Abs. 3 S. 2 PartG). Bei Ausschluss ist Berufung an ein Schiedsgericht höherer Stufe zu Gewähr leisten (§ 10 Abs. 5 S. 2 PartG). In dringenden und schwerwiegenden Fällen, die sofortiges Eingreifen erfordern, kann der Vorstand der Partei oder eines Gebietsverbandes ein Mitglied von der Ausübung seiner Rechte bis zur Entscheidung des Schiedsgerichts ausschließen (§ 10 Abs. 5 S. 4 PartG). Die im Bestrafungsverfahren gegen ein Mitglied einer Partei ergangene Entscheidung unterliegt einer Kontrolle durch ein ordentliches Gericht nur bei Gesetzesverstoß. Diese eingeschränkte Kontrolle der Entschei-
1 S. auch Erman/Westermann, § 25 Rz. 10: Bewertungsvorrecht der Vereinsorgane bei in der Satzung genannten Ausschlussgründen. 2 OLG Frankfurt v. 12.9.2018 – 4 U 234/17, Rz. 28 bei juris. 3 Dazu Hesselberg in FS Boujong, S. 251 (258). 4 OLG Köln v. 19.12.1990 – 24 U 51/90, NJW 1992, 122 (LS) = NVwZ 1991, 1116.
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5. Politische Parteien | Rz. 1227 XIX.
dungen von Parteischiedsgerichten genügt dem verfassungsrechtlichen Justizgewährleistungsanspruch.1 Die Satzung einer politischen Partei muss außerdem Bestimmung über zulässige Ordnungsmaßnahmen gegen Gebietsverbände enthalten (§ 6 Abs. 2 Nr. 5 PartG). Sie hat zu regeln, aus welchen Gründen die Maßnahmen zulässig sind sowie welcher übergeordneter Gebietsverband und welches Organ sie treffen kann (§ 16 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 PartG). Die Auflösung und der Ausschluss nachgeordneter Gebietsverbände sowie die Amtsenthebung ganzer Organe derselben sind nur wegen schwerwiegender Verstöße gegen die Grundsätze oder die Ordnung der Partei zulässig (§ 16 Abs. 1 S. 1 PartG). Andere Einzelheiten: Nr. 14 PartG.
1226
b) Parteischiedsgericht Parteischiedsgerichte sind zur Schlichtung und Entscheidung von Streitigkeiten zu bilden. Einzelheiten: § 14 PartG. Eine Schiedsgerichtsordnung ist für die Tätigkeit des Schiedsgerichtes zu erlassen; sie hat den Beteiligten rechtliches Gehör, ein gerechtes Verfahren und die Ablehnung eines Mitglieds des Schiedsgerichts wegen Befangenheit zu gewährleisten (§ 14 Abs. 4 PartG). Wegen der von Art. 21 GG vorausgesetzten Staatsfreiheit der politischen Parteien ist der Kontrollmaßstab gegenüber Entscheidungen eines Parteischiedsgerichts auch dann zumindest reduziert, wenn es nicht als „echtes“ Schiedsgericht i.S.v. § 1066 ZPO etabliert ist.2 Eine Verpflichtung zur Einführung eines solchen echten Schiedsgerichts besteht nicht.3
1 BVerfG v. 28.3.2002 – 2 BvR 307/01, NJW 2002, 2227; Vorinstanzen: LG Bonn v. 9.7.1997 – 7 O 55/97, NJW 1997, 2958 und OLG Köln v. 21.4.1998 – 22 U 190/97, NJW 1998, 3721. 2 Saarl. OLG v. 12.7.2027 – 1 U 80/17, juris. 3 Haas/Neumayer, NZG 2017, 881 (882).
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1227
XX. Der Verein im Prozess, in der Zwangsvollstreckung und in der Insolvenz 1. Partei- und Prozessfähigkeit (§ 50 ZPO; §§ 21, 22 BGB) . . . . . . a) Der Verein als Partei im Rechtsstreit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zwangsvollstreckung (§§ 704 ff. ZPO) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vertretung durch den Vorstand (§ 51 ZPO, § 26 BGB) . . . . . . . . . . . 2. Insolvenzverfahren (§ 42 BGB; § 11 InsO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Insolvenzgründe . . . . . . . . . . . . . . . b) Insolvenzantrag . . . . . . . . . . . . . . . . c) Antragspflicht (§ 42 BGB) . . . . . . .
1228 1228 1230 1231 1234 1234 1235 1236
3. Klagen von Mitgliedern und Organen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtsweg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Innere Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . 4. Schiedsrichterliches Verfahren (§ 25 BGB, §§ 1025 ff. ZPO) . . . . a) Schiedsgericht (§§ 1066, 1025 ZPO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schiedsvereinbarung durch Satzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Entscheidungskompetenz . . . . . . . d) Schiedsgerichtsverfahren . . . . . . . . e) Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1240 1240 1243 1247 1247 1251 1253 1255 1259
Literatur: Behr, Abgabe der Offenbarungsversicherung bei einer Mehrheit von gesetzlichen Vertretern, Rpfleger 1978, 41; Brand/Reschke, Insolvenzverschleppung künftig auch im eingetragenen Verein strafbar?, NJW 2009, 2343–2347; Dütz, Gerichtsstand der Mitgliedschaft für Großverbände, Betrieb 1977, 2217; Gottwald/Haas, Insolvenzrechtshandbuch, 6. Aufl. 2020 (Kap. § 93 Verein und Stiftung bearbeitet von Mock);Grunewald/Hennrichs, Haftungsrisiken für Vorstandsmitglieder insolvenzgefährdeter Vereine, in FS Hopt, 2010, S. 93; Hörnig/Knauth, Die Insolvenzantragspflicht von Stiftungen und Vereinen, NZI 2017, 785; Kreutz, Der Idealverein in der Insolvenz – zur Auswirkung von § 31a im Vereinsinsolvenzrecht, DZWiR 2013, 497– 505; Lenger/Finsterer, Die Insolvenzantragspflicht von Vereinen und Stiftungen – Schlechterstellung durch Privilegierung?, NZI 2016, 571; Müller, Haftung des Stiftungsvorstands wegen Insolvenzverschleppung, ZIP 2010, 153; Müller-Guntrum/Plugge, Der Gerichtsstand für Beitragsstreitigkeiten zwischen überregionalen Vereinen (Gewerkschaften) und ihren Mitgliedern, NJW 1977, 1809; Neuhoff, NZI 2004, 486; Petersen, Das Satzungsrecht von Körperschaften gegenüber Externen, NVwZ 2013, 8141; Poertzgen, (K)Eine „neue“ Insolvenzverschleppungshaftung für Vereinsvorstände?, ZInsO 2012, 1697; Schrader, Gewerkschaften und Gerichtsstand, MDR 1976, 725; Roth, Der vereinsrechtliche Sonderweg in der Insolvenz oder zur Analogiefähigkeit des Zahlungsverbots, npoR 2009, 46; Roth/Knof, die Stiftung in Krise und Insolvenz, KTS 2009, 173–198; Rugulis, Die Insolvenzgründe des Vereins, DZWiR 2008, 404; Rugulis, Die Insolvenzantragspflicht beim Verein – Eine Interpretation des § 42 Abs. 2 BGB, NZI 2007, 323.
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XX. Rz. 1228 | Der Verein im Prozess, in der Zwangsvollstreckung und in der Insolvenz
1. Partei- und Prozessfähigkeit (§ 50 ZPO; §§ 21, 22 BGB) a) Der Verein als Partei im Rechtsstreit 1228
Die Rechtsfähigkeit des Vereins (Rz. 13) begründet seine Parteifähigkeit (§ 50 Abs. 1 ZPO). In gerichtlichen Verfahren kann der eingetragene (ebenso der rechtsfähige wirtschaftliche) Verein daher als Kläger oder Beklagter (Antragsteller oder Antragsgegner, Streithelfer) auftreten. Der Verein kann Prozesshandlungen vornehmen und einen Prozessbevollmächtigten bestellen (§§ 78 ff. ZPO). Zur Entscheidung über eine Prozesskostenhilfe allerdings soll die Leistungsfähigkeit der Mitglieder mit herangezogen werden, sofern nicht deren auch nur mittelbares Eigeninteresse am Ausgang des Rechtsstreits ausgeschlossen ist (die Mitglieder gelten als wirtschaftlich Beteiligte i.S.d. § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO).1 Das von einem eingetragenen Verein als Kläger oder das gegen ihn als Beklagter erwirkte Urteil wirkt bei Rechtskraft für oder gegen den Verein. Zum Erlöschen des Vereins während eines Rechtsstreits s. Rz. 1365.
1229
Der Gerichtsstand für Klagen gegen den Verein wird durch den Vereinssitz bestimmt (§ 17 Abs. 1 ZPO). Das nach diesem Gerichtsstand zu bestimmende Gericht ist auch für Klagen des Vereins gegen seine Mitglieder aus dem Rechtsverhältnis der Mitgliedschaft (z.B. auf Beitragszahlung) sowie für Klagen der Mitglieder in dieser Eigenschaft gegeneinander zuständig (§ 22 ZPO). Dieser besondere Gerichtsstand der Mitgliedschaft gilt für alle Vereine2, mithin auch für mitgliederstarke überregionale Vereine (wie eine Industriegewerkschaft3, einen großen Automobilklub usw.); er gilt auch für ausgeschiedene Mitglieder. b) Zwangsvollstreckung (§§ 704 ff. ZPO)
1230
In der Zwangsvollstreckung kann der Verein Schuldner sein. Die Zwangsvollstreckung erfolgt in das Vereinsvermögen. Ein Zugriff auf das Vermögen der Mitglieder oder des Vorstands mit einem gegen den eingetragenen Verein erwirkten Vollstreckungstitel ist ausgeschlossen. c) Vertretung durch den Vorstand (§ 51 ZPO, § 26 BGB)
1231
In gerichtlichen Verfahren und in der Zwangsvollstreckung wird der Verein durch seinen Vorstand vertreten. Bei mehrköpfigem Vorstand gelten keine Besonderheiten (Rz. 611 ff.). Zustellungen an einen von mehreren gemeinschaftlich vertretungsberechtigten Vorständen genügen.4
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Wird eine Klage oder ein Verfahrensantrag als unzulässig abgewiesen (oder auch deswegen zurückgenommen), weil der als Vereinsvorstand aufgetretene Vertreter als solcher nicht oder nicht wirksam bestellt oder nicht mehr im Amt war, so trägt die Ver1 OVG Bautzen v. 2.2.2015 – 5 D 20/14, juris Rz. 4 m.w.N; s auch OLG Frankfurt v. 5.4.2016 – 8 W 19/16, MDR 2016, 670. 2 RG JW 1905, 206; Vollkommer in Zöller, § 22 ZPO Rz. 2. 3 BGH MDR 1980, 203 = NJW 1980, 343. 4 LG Hagen v. 3.9.2014 – 8 O 75/14, juris.
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2. Insolvenzverfahren (§ 42 BGB; § 11 InsO) | Rz. 1234 XX.
fahrenskosten derjenige, der den nutzlosen Verfahrensaufwand veranlasst hat (sog. Veranlasserprinzip)1, der als falscher Vertreter Aufgetretene somit (wenn er den Mangel seiner Vertretungsmacht gekannt hat) nicht der Verein, der durch ihn geklagt oder Antrag gestellt hat. Persönlich als Kostenschuldner verpflichtet wurden daher auch Personen, die als „Vorstandsmitglieder“ eines Vereins einen Rechtsstreit geführt hatten, obgleich ihre Wahl wegen nicht ordnungsgemäßer Einladung zur Mitgliederversammlung ungültig war.2 Die Abnahme der Vermögensauskunft (§ 802c ZPO) erfolgt beim Vorstand. Offenbarungspflichtig ist der Vorstand im Zeitpunkt der Abgabe, bei Vorstandswechsel zwischen Antragstellung und Termin also der neue Vorstand.3 Hat der Verein einen mehrgliedrigen Vorstand, so trifft die Verpflichtung jedes einzelne Vorstandsmitglied.4 Die Abgabe kann nacheinander erfolgen.5 Die Verpflichtung ist für den Verein erfüllt, wenn so viele Vorstandsmitglieder die Erklärung abgegeben haben, wie zur gesetzlichen Vertretung des Vereins handeln müssen.6
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2. Insolvenzverfahren (§ 42 BGB; § 11 InsO) a) Insolvenzgründe Das Insolvenzverfahren (zu Registerfragen s Rz. 1671 ff.) über das Vereinsvermögen findet außer bei Zahlungsunfähigkeit im Falle der Überschuldung statt (§§ 17, 19 InsO). Nach Vereinsauflösung (Rz. 1326) ist die Eröffnung des Insolvenzverfahrens so lange zulässig, bis die Verteilung des Vermögens ganz vollzogen ist. Zahlungsunfähig ist der Verein, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen (§ 17 Abs. 2 S. 1 InsO). Das ist in der Regel anzunehmen, wenn der Verein seine Zahlungen eingestellt hat (§ 17 Abs. 2 S. 2 InsO). Die drohende Zahlungsunfähigkeit ist (bereits) Eröffnungsgrund, wenn der Verein selbst (vertreten durch den Vorstand oder die Liquidatoren) den Eröffnungsantrag stellt (§ 18 InsO mit Einzelheiten). Überschuldung7 liegt vor, wenn das Vermögen des Vereins die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt (rechnerische Überschuldung, § 19 Abs. 2 S. 1 InsO) und die Finanzkraft des Vereins nach überwiegender Wahrscheinlichkeit mittelfristig 1 Hierzu BGH v. 4.3.1993 – V ZB 5/93, BGHZ 121, 397 = MDR 1993, 1249 (400); Vollkommer in Zöller, § 88 ZPO Rz. 11 m.w.N. und Einzelheiten. 2 LG Göttingen v. 3.11.1987 – 6 T 188/87, NJW-RR 1988, 1273. 3 OLG Rostock OLG 24, 157; LG Köln Rpfleger 1970, 406; Schweyer, Rpfleger 1970, 406 m.N. 4 LG Köln Rpfleger 1970, 406. 5 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 243. 6 OLG Frankfurt v. 19.10.1987 – 14 W 118/87, GmbHR 1988, 68 = MDR 1988, 153 = NJWRR 1988, 807; Stöber in Zöller, § 807 ZPO Rz. 10; Hadding in Soergel, Rz. 14 zu § 26; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 243; Keller, Die eidesstattliche Versicherung, Rz. 88; a.A. Behr, Rpfleger 1978, 41; LG Köln Rpfleger 1970, 406. 7 Rokas, ZInsO 2009, 18; BGH v. 13.7.1992 – II ZR 269/91, BGHZ 119, 201 = MDR 1992, 1135 = NJW 1992, 2891; OLG Hamm v. 25.1.1993 – 8 U 250/91, GmbHR 1993, 584 = NJW-RR 1993, 1445 und OLGR 2001, 265 (266).
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XX. Rz. 1234 | Der Verein im Prozess, in der Zwangsvollstreckung und in der Insolvenz
nicht zur Fortführung des Vereins ausreicht (Überlebens- oder Fortführungsprognose, § 19 Abs. 2 S. 2 InsO). Die Insolvenzgründe sind beim eingetragenen und nicht eingetragenen Verein identisch.1 b) Insolvenzantrag 1235
Die Insolvenzeröffnung erfolgt auf Antrag eines Gläubigers (§ 15 Abs. 1 InsO) oder der Mitglieder des Vertretungsorgans des Vereins (also Vorstand2 oder Liquidatoren, nicht aber Mitglieder als solche), § 15 Abs. 1 InsO. Die Organmitglieder sind grundsätzlich3 auch einzeln antragsberechtigt (und verpflichtet), § 15 Abs. 2 InsO. Bei Antragstellung durch das Vertretungsorgan ist nach Maßgabe von § 18 Abs. 3 InsO Insolvenzgrund auch die drohende Zahlungsunfähigkeit. Der nicht von allen Mitgliedern des Vorstands (bzw. nicht von allen Liquidatoren) gestellte Antrag wird zugelassen, wenn die Zahlungsunfähigkeit oder die Überschuldung glaubhaft gemacht ist (§ 19 Abs. 2 S. 1 InsO).4 Die übrigen Mitglieder des Vorstands oder Liquidatoren werden dann nach Maßgabe des § 15 Abs. 2 S. 2 InsO gehört. c) Antragspflicht (§ 42 BGB)
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Der Vorstand ist (Liquidatoren sind) im Falle der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung verpflichtet, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen (§ 42 Abs. 2 S. 1 BGB). Adressat der Insolvenzantragspflicht ist bei mehreren Vorstandsmitgliedern jeder einzelne von ihnen, und zwar ungeachtet einer etwaigen Ressortverteilung oder Aufgabendelegation im Verein.5 Korrespondierend kann jedes Vorstandsmitglied auch bei abweichender Regelung der Vertretungsbefugnisse im Übrigen den Insolvenzantrag allein stellen (§ 15 Abs. 1 InsO, vgl. auch § 15 Abs. 2 InsO). Ist die Insolvenz während der laufenden vereinsrechtlichen Liquidation anzumelden, sind der oder die Liquidatoren entsprechend zuständig.6 Covid-19 – Sonderbestimmung: Aussetzung der Insolvenzantragspflicht Durch das Covid-19-Insolvenzaussetzungsgesetz7 wurde die Antragspflicht zunächst unter bestimmten Voraussetzungen bis zum 30.9.2020 ausgesetzt. Nur hinsichtlich des Insolvenzgrundes der Überschuldung wurde die Frist mittlerweile bis zum 31.12.2020 verlängert. Die Möglichkeit einer weiteren Fristverlängerung durch Rechtsverordnung wurde hingegen gestrichen.8
1 Rugulis, Die Insolvenzgründe des Vereins, DZWiR 2008, 404 ff. 2 Auch der faktische (nicht wirksam gewählte) Vorstand oder (noch im Register eingetragene) Altvorstand, und ein Notvorstand i.S.d. § 29 BGB, Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 3839. 3 Erforderlich ist insbesondere Glaubhaftmachung des Insolvenzgrundes. 4 AG Göttingen v. 7.12.2011 – 74 IN 204/11, NZI 2012, 144, lässt weitergehend nach Amtsniederlegung aller gewählten Vorstandsmitglieder auch die Antragstellung eines faktischen Geschäftsführers zu. 5 Haas, SpuRt 1999, 1 ff. (2). 6 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 3839. 7 Abdruck im Anhang D.2. 8 Covid-19-Insolvenzaussetzungsgesetz in der Fassung der Änderung durch Art. 1 des Gesetzes vom 25.9.2020 (BGBl. I S. 2016). Kritisch zu diesem Änderungsgesetz Bitter, GmbHR 2020, R292-R294.
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2. Insolvenzverfahren (§ 42 BGB; § 11 InsO) | Rz. 1237 XX. Eine Karenzfrist gilt, wenn staatliche Hilfeleistungen zur Abmilderung der Pandemiefolgen beantragt sind.1 Der für die Überschuldungsprüfung maßgebliche Prognosezeitraum (§ 19 Abs. 2 InsO) wurde verkürzt und eine gesetzliche Vermutungsregel eingeführt, wann eine Überschuldung auf die Folgen der Pandemie zurückzuführen ist.2
Schuldhafte Verzögerung der Antragstellung begründet eine Schadensersatzpflicht (§ 42 Abs. 2 S. 2, § 53 BGB).3 Unkenntnis eines Vorstandsmitglieds wegen fehlenden Einblicks in die Geschäftsführung anderer Ressorts befreit dabei grundsätzlich nicht4, bei bewussten Verdeckungshandlungen des Ressortverantwortlichen wird man Ausnahmen machen müssen. Zur Haftung verpflichtet „schuldhaftes Zögern“. Dem Vorstand ist daher eine je nach dem Einzelfall zu bemessende Überlegungsfrist als Zeit für Sanierungsbemühungen einzuräumen.5 Eine allgemeine Drei-Wochenfrist nach Eintritt der Insolvenzantragspflicht gilt nicht beim Verein.6 § 15a Abs. 6 InsO in der seit 2014 geltenden Fassung nimmt Verein und Stiftung ausdrücklich aus.7 Der Unterschied zu den anderen Gesellschaftsformen rechtfertigt sich teilweise dadurch, dass erst die eingetretene Zahlungsunfähigkeit zum Antrag verpflichtet, nicht schon ihr Drohen.8 Aber auch der Sorgfaltsmaßstab muss beim Idealverein anders eingeschätzt werden als bei Kapitalgesellschaften. Anders als bei den Wirtschaftsunternehmen sind die Interessen der Gläubiger eines Idealvereins „eingehegt“ durch eine gesellschaftspolitisch gewollte Privilegierung ehrenamtlichen Engagements.9 Das belegen die Einfügung von § 31a BGB (s Rz. 756 ff.)10 und das Ehrenamtsstärkungsgesetz. Beantragt der Vorstand die Insolvenzeröffnung zu früh, ohne erfolgversprechende Alternativen geprüft zu haben, kommt allenfalls eine Haftung gegenüber dem Verein (vgl. § 27 Abs. 3 BGB, § 31a BGB greift), nicht gegenüber den Gläubigern in Betracht.11 Weisungen der Mitgliederversammlung oder des Kollegialorgans, den Antrag nicht zu stellen, darf das Vorstandsmitglied nicht beachten.12 Besonders geregelt ist die Beweislast hinsichtlich Pflichtverletzung und Verschulden für den Sonderfall des § 26 Abs. 1 S. 2 InsO. 1 § 1 Abs. 3 Covid-19-Insolvenzaussetzungsgesetz in der Fassung der Änderung durch Art. 10 des Gesetzes vom 22.12.2020 (BGBl. I S. 3256, 3292). 2 § 4 Covid-19-Insolvenzaussetzungsgesetz in der Fassung der Änderung durch Art. 10 des Gesetzes vom 22.12.2020 (BGBl. I S. 3256, 3292). 3 Zum Ganzen jurisPK/BGB/Otto, § 42 Rz. 15 ff. 4 Organisationsmangel des Vorstands, vgl. Haas, SpuRt 1999, 1 ff. (3). Zu den Exculpationsmöglichkeiten Hörnig/Knauth, NZI 2017, 785. 5 Haas, SpuRt 1999, 1 ff. (3). 6 Ausführlich bereits Rugullis, NZI 2007, 323 ff. 7 Dazu Poertzgen, ZinsO 2012, 1697; Ehlers, NJW 2011, 2689. Kritisch, weil hier eine Privilegierung in eine Schlechterstellung umschlagen kann, Lenger/Finsterer, NZI 2016, 571. 8 Der Vorstand hatte also bereits Gelegenheit zur Überlegung, während sich die Zahlungsunfähigkeit noch abzeichnete. 9 Kreutz, DZWiR 2013, 497 (504). 10 Die Anwendung des § 31a BGB in diesem Bereich ist str, vgl. Grunewald/Hennrichs in FS Hopt, 2010, S. 93. Jedenfalls aber geht ein Freistellungsanspruch gegenüber dem insolventen Verein regelmäßig ins Leere, dazu Ehlers, NJW 2011, 2689 (2693). 11 Haas, SpuRt 1999, 1 ff.(3). 12 Haas, SpuRt 1999, 1 ff. (2).
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XX. Rz. 1238 | Der Verein im Prozess, in der Zwangsvollstreckung und in der Insolvenz 1238
Ersetzt wird Altgläubigern der Quotenschaden, also die Differenz zwischen dem Betrag, den sie bei rechtzeitiger Antragstellung noch erhalten hätten, und der tatsächlich erzielten Quote.1 Ihren Schaden macht der Insolvenzverwalter geltend. § 92 InsO schließt für die Altgläubiger auch die Einzelrechtsverfolgung in Form einer Feststellungsklage aus.2 Neugläubiger werden dagegen so gestellt, als hätten sie die Insolvenzlage gekannt und daher nie mit dem Verein kontrahiert3 (negatives Interesse).4 Das setzt Schutzwürdigkeit voraus, d.h. wer in Kenntnis des finanziellen Risikos kontrahiert hat, bleibt ohne Anspruch.5 Auch § 254 BGB kommt insoweit zur Anwendung, es besteht jedoch keine generelle Pflicht, sich über die finanziellen Verhältnisse des Vereins zu erkundigen.6 Soweit noch möglich, sind erhaltene Leistungen den Neugläubigern zurückzugewähren.7 Den individuell und nicht als einheitliche Quotendifferenz zu berechnenden Schaden kann der Insolvenzverwalter nicht geltend machen.8 Die Neugläubiger müssen ihn selbst einfordern (Prinzip der Außenhaftung).9 Ungeklärt ist, inwieweit sich die Haftung auch auf Leistungen erstreckt, die nach Eintritt der Antragspflicht im Rahmen von früher begründeten Dauerschuldverhältnissen ausgeführt wurden.10 Über § 42 BGB hinaus besteht keine Haftung des Vorstands für in der Krise geleistete Zahlungen (vgl. § 92 Abs. 2 AktG, § 64 GmbHG u.a.).11 Dennoch bleibt in Hinblick auf die teils in erheblichem Umfang wirtschaftlich
1 BGH v. 30.3.1998 – II ZR 146/96, BGHZ 138, 211 = GmbHR 1998, 594 = MDR 1998, 787–224 (GmbH); OLG Düsseldorf v. 20.6.1985 – 6 U 78/84, AG 1985, 276, ZIP 1985, 876–888 (AG) mit Rechenbeispiel. 2 BGH v. 22.4.2004 – IX ZR 128/03, MDR 2004, 1260 = NJW-RR 2004, 1425 f. 3 BGH v. 6.6.1994 – II ZR 292/91, BGHZ 126, 181 ff. m. = MDR 1994, 781 umfangreichen N. Vgl. auch BGH v. 5.2.2007 – II ZR 51/06, MDR 2007, 1145. Aus dem Vereinsrecht OLG Hamm v. 10.1.2000 – 13 U 114/99. 4 Haas, SpuRt 1999, 1 ff. (5); der Vorstand hat ggf. die fehlende Kausalität zu beweisen. 5 OLG Hamm v. 10.1.2000 – 13 U 114/99; Ellenberger in Palandt, § 42 Rz. 4. 6 Dafür AG Bergisch Gladbach v. 10.3.2000 – 61 C 365/98, AG Bergisch Gladbach v. 10.3.2000 – 2 C 1107/00 (22), NJW-RR 2001, 400 ff. 7 Für die Stiftung Müller, Haftung des Stiftungsvorstands wegen Insolvenzverschleppung, ZIP 2010, 153 ff. 8 BGH v. 30.3.1998 – II ZR 146/96, BGHZ 138, 211 ff. = GmbHR 1998, 594 = MDR 1998, 787 ff. 9 Poertzgen, ZinsO 2012, 1697. 10 Dafür AG Bergisch Gladbach v. 10.3.2000 – 61 C 365/98, AG Bergisch Gladbach v. 10.3.2000 – 2 C 1107/00 (22), NJW-RR 2001, 400–402. 11 Hinweis des BGH v. 8.2.2010 – II ZR 54/09, MDR 2010, 704 = FamRZ 2010, 1070 = DB 2010, 1055 f. in Bestätigung zu OLG Hamburg v. 5.2.2009 – 6 U 216/07, OLGR Hamburg 2009, 247 ff. Ebenso BGH v. 8.2.2010 – II ZR 156/09, NJW-RR 2010, 978 und dazu OLG Karlsruhe v. 19.6.2009 – 14 U 137/07, ZIP 2009, 1716; OLG Düsseldorf v. 26.3.2010 – 22 U 173/09, juris; Koza, DZWiR 2008, 98–100. A.A. Wischemeyer, DZWiR 2005, 230–234 und Passarge, ZInsO 2005, 176–180: §§ 92 Abs. 3 Nr. 6, 93 Abs. 3 AktG, § 64 Abs. 2 GmbHG, § 92 Abs. 2 GenG analog. Ablehnend gegenüber der BGH-Entscheidung Reuter, NZG 2010, 808, zu OLG Hamburg bereits Roth, npoR 2009, 46. Zum Ganzen s. auch Müller, Haftung des Stiftungsvorstands wegen Insolvenzverschleppung, ZIP 2010, 153 ff. Auch an dieser Stelle erscheint das „Nebenzweckprivileg“ (hier Profifootballmannschaft) nur bedingt nachvollziehbar.
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3. Klagen von Mitgliedern und Organen | Rz. 1241 XX.
tätigen Großvereine ein ungutes Gefühl.1 Strafbarkeit wegen Insolvenzverschleppung (§ 15a Abs. 4 InsO) besteht für die Vereinsvorstände nicht, die BGB-Bestimmung galt schon vor Einfügung des § 15a Abs. 6 InsO als lex specialis.2 Solange auf der Grundlage des in der Rechtsprechung weit verstandenen Nebenzweckprivileg (Rz. 85 ff.) ganz erhebliche wirtschaftliche Tätigkeit im Idealverein entfaltet werden kann, ist das kein völlig befriedigendes Ergebnis.3 Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens wie auch mit Rechtskraft des Beschlusses, der die Eröffnung mangels Masse ablehnt, wird der Verein aufgelöst (§ 42 Abs. 1 S. 1 BGB). S. hierzu Rz. 1370 ff.
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3. Klagen von Mitgliedern und Organen a) Rechtsweg Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist auch für den Streit zwischen einem (mehreren) Mitglied(ern) und dem Verein zulässig. Um einen solchen Streit handelt es sich, wenn geltend gemacht wird, der Verein selbst habe durch ein verfassungsmäßiges Organ gesetzliche oder satzungsmäßige Rechte eines Mitglieds verletzt, dass ein Beschluss (nicht) wirksam gefasst sei, eine Wahl (un)wirksam sei. In jedem Fall handelt es sich um Feststellungsklagen (§ 256 ZPO).4 Die Satzung kann vorsehen, dass vor der Anrufung ordentlicher Gerichte ein vereinsinternes Beanstandungsverfahren (Schlichtungsverfahren) zu durchlaufen ist. Der einstweilige Rechtsschutz in Eilfällen wird dadurch nicht ausgeschlossen.5 Der Streit um die Wirksamkeit eines Vereinsausschlusses ist beim Idealverein in der Regel nicht vermögensrechtlicher Art.6
1240
Zur gerichtlichen Nachprüfung einer Vereinsstrafe s. auch Rz. 1204 ff. und wegen der gerichtlichen Geltendmachung der Nichtigkeit eines Beschlusses Rz. 1058 f. Die Satzung kann den ordentlichen Rechtsweg für den Streit zwischen dem Verein und einem seiner Mitglieder (die gerichtliche Nachprüfung vereinsrechtlicher Maßnahmen, z.B. eines Mitgliederbeschlusses) nicht ausschließen.7 Rechtliche Wirkung hat nur die Festlegung eines schiedsrichterlichen Verfahrens (Rz. 1247 ff.). Nichtig ist daher (wenn nicht ein schiedsrichterliches Verfahren vorgesehen ist) auch eine Sat1 Kliebisch, ZStV 2010, 48, 50 macht denn auch das „ADAC“-Urteil als Ursprung der Probleme aus. 2 Brand/Reschke, Insolvenzverschleppung künftig auch im eingetragenen Verein strafbar?, NJW 2009, 2343 ff.; Müller, Haftung des Stiftungsvorstands wegen Insolvenzverschleppung, ZIP 2010, 153 ff. (154); Roth/Knof, Die Stiftung in Krise und Insolvenz, KTS 2009, 163 (169). Zur Einfügung des Abs. 6 Poertzgen, ZinsO 2012, 1697. 3 Kreutz, DZWiR 2013, 497 (504) weist jedoch sehr fundiert darauf hin, dass der Gläubigerschutz bei unternehmerischer Tätigkeit eines Vereins durch eine konsequentere Besinnung auf § 22 BGB bzw. das Instrumentarium der §§ 43 f. BGB zu leisten ist. 4 Vgl. jüngst BayObLG v. 3.12.2020 – 101 Sch 104/20. 5 OLG Celle v. 7.8.2018 – 20 W 18/18, SpuRt 2018, 267. 6 Zur Streitwertbestimmung BGH v. 17.11.2015 – II ZB 8/14, WM 2016, 96. 7 OLG Celle v. 5.10.1987 – 1 U 69/86, WM 1988, 495 mit Anm. Grunewald.
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1241
XX. Rz. 1241 | Der Verein im Prozess, in der Zwangsvollstreckung und in der Insolvenz
zungsbestimmung, die für Klage vor dem ordentlichen Gericht „Sondergenehmigung“ eines satzungsgemäß hierfür zuständigen Vereinsorgans bedingt.1 1242
Innerhalb ihrer satzungsmäßigen Zuständigkeit sind auch die Organe des Vereins dem Verein, anderen Organen oder anderen Mitgliedern desselben Organs gegenüber zu Klagen befugt.2 b) Innere Ordnung
1243
Von der Verletzung eines Mitgliederrechts zu unterscheiden sind die Streitfragen im Vorfeld interner, vereinsrechtlich noch unverbindlicher Auseinandersetzungen. Um solche handelt es sich – bei einem Streit zwischen zwei Vereins- oder Ausschussmitgliedern über die Frage, ob sich die Willensbildung in einem Vereinsorgan satzungsmäßig vollzieht3, – bei einem Streit auf Feststellung der Ehrenratszugehörigkeit mit einem in den Ehrenrat gewählten Mitglied, dessen Wahl der Vereinsvorstand nicht anerkennen will;4 Entsprechendes gilt für die Wahl in andere Vereinsorgane. Solche Fragen der inneren Vereinsordnung muss nach dem Grundsatz der Selbstverwaltung des Vereins zunächst das hierfür zuständige Vereinsorgan regeln. Dieses – wenn eine Satzungsregelung fehlt, die Mitgliederversammlung – muss daher zunächst einen verbindlichen Beschluss über die streitige Frage fassen. Erst wenn das geschehen ist, ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten zulässig.
1244
Wenn kein Sonder- oder Gläubigerrecht eines Vereinsmitglieds verletzt ist, kann der Beschluss des zuständigen Vereinsorgans in einer inneren Angelegenheit des Vereins vom Gericht in sachlicher Hinsicht nur unter dem Gesichtspunkt nachgeprüft werden, ob eine gesetzwidrige, satzungswidrige, sittenwidrige oder offenbar unbillige Maßnahme vorliegt.5
1245
Allein die Mitgliederversammlung, nicht das Einzelmitglied entscheidet, ob bei einer gegen den Verein (die Kompetenz anderer Organe) gerichteten Pflichtverletzung des Vorstands oder anderer Organe ein Anspruch durchgesetzt werden soll.6 Allenfalls in Ausnahmen kann das Einzelmitglied einen Handlungs- bzw. Unterlassungsanspruch gegen den Verein geltend machen kann. Ausgangspunkt ist insoweit die für die GbR entwickelte actio pro socio, die es dem Gesellschafter entsprechend § 744 Abs. 2 BGB ermöglicht, einen Anspruch der Gesellschaft geltend zu machen. Diese Klageart ist Ausfluss des Mitgliedschaftsrechts7 Sie ist nur zulässig, wenn eine Klage der Ge1 OLG Celle v. 5.10.1987 – 1 U 69/86, WM 1988, 495 mit Anm. Grunewald. 2 OLG Frankfurt v. 25.9.2018 – 5 U 130/18, NZG 2019, 22 (zur Stiftung). 3 BGHZ 49, 396 = LM Nr. 8 zu § 25 (LS) mit Anm. Fischer = MDR 1968, 563 = NJW 1968, 1131. 4 RG 79, 409. 5 BGH BB 1956, 481 (LS) = Betrieb 1956, 473 = LM Nr. 2 zu § 35 BGB. 6 Vgl. Grunewald, ZIP 1989, 962 ff., 966. 7 BGH v. 26.4.2010 – II ZR 69/09, MDR 2010, 940, juris-Rz. 3.
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4. Schiedsrichterliches Verfahren (§ 25 BGB, §§ 1025 ff. ZPO) | XX.
sellschaft undurchführbar, durch den Schädiger selbst vereitelt worden oder infolge der Machtverhältnisse so erschwert ist, dass es für den Betroffenen ein unzumutbarer Weg wäre, müsste er die Gesellschaft erst zur Haftungsklage zwingen.1 Aufgrund der Unterschiede zwischen Verein und GbR – insbesondere haftet das Vereinsmitglied nicht persönlich – wird die actio pro socio für den Verein teilweise ganz abgelehnt und das Vereinsmitglied auf seine Austrittsmöglichkeit verwiesen. In außerordentlichen Ausnahmefällen sollte man einen direkten Eingriff des einzelnen Mitglieds als Ersatzoder Notzuständigkeit für die Geltendmachung von Rechten der Mitgliederversammlung aber nicht ausschließen.2 So etwa, wenn sich Vorstand oder andere Organe bei grundlegenden Entscheidungen eigenmächtig über Zuständigkeiten der Mitgliederversammlung hinwegsetzen. Vorrangig zu nutzen bleibt aber auch dann die Möglichkeit, eine Entscheidung des Vereins, also der Mitgliederversammlung herbeizuführen.3 Letztlich ist für den Einzelfall zu entscheiden, ob die Maßnahme auch eine direkte Verletzung des Mitgliedschaftsrechts bedeutet.4 Schließlich ist bei Streitigkeiten zwischen Mitgliedern und Verein zu beachten, dass aus einer Rechtsverletzung (etwa einer unwirksamer Sanktion) nicht immer ein ersatzfähiger Schaden feststellbar sein wird. So etwa, wenn ein vom Dachverband zu Unrecht mit Zwangsabstieg sanktionierter Sportverband nicht widerlegen kann, dass er auch aus sportlichen Gründen abgestiegen wäre.5
4. Schiedsrichterliches Verfahren (§ 25 BGB, §§ 1025 ff. ZPO) Literatur: Bleistein/Degenhart, Sportgerichtsbarkeit und Verfassungsrecht, NJW 2015, 1353; Deutsch, Sondergerichtsbarkeit im Sport?, VersR 1990, 2; Haas/Neumayer, Die Tätigkeit von Vereinsgerichten – Rechtsprechung zwischen materiellem und Prozessrecht, NZG 2017, 881; Heermann, Zukunft der Sportschiedsgerichtsbarkeit sowie entsprechender Schiedsvereinbarungen im Lichte des Pechstein-Verfahrens sowie des § 11 RegE-AntiDopG, SchiedsVZ 2015, 78; Heermann, Sportschiedsgerichtsbarkeit 2019 – Eine Standortbestimmung, NJW 2019, 1560; Kornblum, Die Vereinbarkeit von gesetzlicher (Mit-)Vertretung einer Verfahrenspartei und Schiedsrichteramt, BB 1977, 675; Kröll, Die Entwicklung des Schiedsrechts 2013 bis 29014, NJW 2015, 833; Longrée/Putzier, Schiedsgerichtsbarkeit im Sport, Die Einordnung als Verbands- bzw. Schiedsgericht und ihre Bedeutung für die Praxis, MDR 2019, 391; Nicklisch, Schiedsgerichtsklauseln und Gerichtsstandvereinbarungen in Verbandssatzungen und Allgemeinen Geschäftsbedingungen, BB 1972, 1285; Preis, Schiedsverträge innerhalb von sozialen Gewaltverhältnissen, dargestellt am Beispiel des zwischen dem Deutschen Fußball-Bund und den Lizenzspielern abgeschlossenen Schiedsvertrages, Betrieb 1972, 1723; Karsten Schmidt, Statutarische Schiedsklauseln zwischen prozessualer und verbandsrechtlicher Legitimation, JZ 1989, 1077; Stancke, Pechstein und der aktuelle Stand des Sportkartellrechts, SpuRt 2015, 46; 1 2 3 4 5
OLG Düsseldorf v. 10.3.2016 – 6 U 89/15, juris-Rz. 19. Lutter, AcP 180, 85 ff., 132f; Sörgel/Hadding, § 54 Rz. 11; Grunewald, ZIP, 962 ff., 965 f. OLG Celle v. 12.12.2017 – 20 W 20/17 – ZStV 2018, 178, juris. Wagner, NZG 2019, 46. BGH v. 24.4.2020 – II ZR 417/18, juris. Zum Sachverhalt LG Bremen v. 25.4.2018 – 9 O 664/17, SpuRt 2018, 118.
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XX. Rz. 1247 | Der Verein im Prozess, in der Zwangsvollstreckung und in der Insolvenz Vollkommer, Zum Lizenzerteilungsstreit im Bundesligafußball, NJW 1983, 726; Vollkommer, Zum Rechtsschutz von Lizenzspielern und Lizenzvereinen durch staatliche Gerichte gegenüber der sog. Sportgerichtsbarkeit des Deutschen Fußball-Bundes, RdA 1982, 16; Vollkommer, Sind die „Schiedsgerichte“ der politischen Parteien nach dem Parteiengesetz echte Schiedsgerichte im Sinne der Zivilprozessordnung?, in FS Nagel, 1987, S. 474.
a) Schiedsgericht (§§ 1066, 1025 ZPO) 1247
Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten kann durch Vereinbarung, dass die Entscheidung einer Rechtsstreitigkeit durch Schiedsrichter erfolgen soll, ausgeschaltet werden (§§ 1066, 1025 ZPO).1 Den einstweiligen Rechtsschutz durch ein ordentliches Gericht schließt ein satzungsgemäß angeordnetes Schiedsgerichtsverfahren aber nicht aus2 (§§ 1033, 1066, auch § 1041 ZPO). Das gilt auch im Verhältnis der ordentlichen Gerichtsbarkeit zu einem Parteischiedsgericht.3 Mit der Schiedsvereinbarung verbunden ist regelmäßig die Anerkennung der Verfahrensordnung des Schiedsgerichts. Sie kann grundsätzlich auch noch nach Abschluss der Schiedsvereinbarung fortentwickelt werden. Für eine spätere Änderung der Schiedsverfahrensordnung, mit der eine an der Schiedsvereinbarung nicht beteiligte dritte Partei eine eigene Klagebefugnis erhalten soll, gilt dies jedoch nicht.4
1248
Als Gremium zur Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten ist das Schiedsgericht kein Vereinsorgan.5 Kein Schiedsgericht i.S.d. §§ 1029 ff. BGB ist daher ein Vereinsorgan, das die Vereinsstrafgewalt ausübt (Ehrenausschuss, Disziplinarausschuss). Sind dem Schiedsgericht auch typische vereinsinterne Verwaltungskompetenzen zugewiesen – z.B. die Streitentscheidung zwischen Vereinsorganen – spricht das gegen seine Ausgestaltung als unabhängiges „echtes“ Schiedsgericht. Im Zweifel will der BGH von einfacher Vereins- oder Verbandsgerichtsbarkeit ausgehen.6 Satzungsbestimmungen, die den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ausschließen, ohne zugleich ein echtes Schiedsgericht nach den dargelegten Mindestvorgaben einzuführen, sind unwirksam.7
1 Zu Abgrenzungsfragen, auch kritisch gegenüber der nachfolgend dargestellten Rechtsprechung: Kröll, ZIP 2005, 13 ff.; Haas/Neumayer, NZG 2017, 881 (882 ff.). Zur Motivation der Sportverbände zur Einsetzung von (echten) Schiedsgerichten Adolphsen in Adolphsen/ Nolte/Lehner/Gerlinger, Sportrecht in der Praxis 2012, Rz. 1030 ff.; Pfister in Fritzweiler/ Pfister/Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 3. Aufl. 2014, Rz. 371. 2 S. z.B. OLG Koblenz v. 17.6.1999 – 2 Sch 2/99, NJW-RR 2000, 1365; OLG München v. 26.10.2000 – U (K) 3208/00, NJW-RR 2001, 711 (soll auch nicht ausdrücklich nach § 1042 Abs. 1 ZPO ausgeschlossen werden können); Vollkommer in Zöller, vor § 916 ZPO Rz. 4 (abw. Geimer in Zöller, § 1033 ZPO Rz. 6). 3 Saarl. OLG v. 12.7.2027 – 1 U 80/17, juris. 4 BGH v. 19.4.2018 – I ZB 52/17, MDR 2018, 1338 = NJW-RR 2018, 1331 = npoR 2019, 61 mit Anm. Krüger/Saberzadeh. 5 BGH v. 7.6.2016 – KZR 6/15, BGHZ 210, 292, 301. 6 BGH v. 27.5.2004 – III ZB 53/03, MDR 2004, 1315 = NJW 2004, 2226 ff. 7 KG Berlin v. 20.7.2020 – 22 W 10/20 = NZG 2020, 1113; Erman/Westermann, § 25 Rz. 6.
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4. Schiedsrichterliches Verfahren (§ 25 BGB, §§ 1025 ff. ZPO) | Rz. 1250 XX.
Nur die Entscheidungen eines „echten“ Schiedsgerichts können vollstreckbar erklärt werden (§ 1060 ZPO), begründen die Einrede des § 1032 Abs. 1 ZPO1 und sind auf die Aufhebungsgründe des § 1059 ZPO2 beschränkt. Wegen der erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten, vor denen der Beschwerte steht, wird in der Literatur bei Unzuständigkeit analog § 281 ZPO, § 17a GVG die Verweisung von Amts wegen gefordert.3 Unterschiede bestehen auch hinsichtlich der Tätigkeitsvergütung für einen Rechtsanwalt: Beim echten Schiedsgericht gelten Teil 3 Abschnitt 1 und 2 RVG-VV, handelt es sich um eine Verhandlung vor dem Vereinsorgan, ist eine außergerichtliche Tätigkeit nach Teil 2 RVG-VV (z.B. Vertretung des auszuschließenden Mitglieds Nr. 2300 RVG) zu vergüten.4 Weitaus entscheidender als die Wahl des richtigen Rechtswegs bleibt für den Betroffenen aber der unterschiedliche Kontrollmaßstab. Nur das echte Schiedsgericht spricht von der staatlichen Gerichtsbarkeit (bis auf § 1059 ZPO) nicht hinterfragtes Recht.
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Der BGH5 hat für das echte Schiedsgericht folgende, nicht abschließend gefasste Mindestvoraussetzungen aufgestellt: Es muss organisatorisch unabhängig und seine Unparteilichkeit gesichert sein (§ 1029 Abs. 1 ZPO).6 Die Streitparteien müssen dazu gleichberechtigten Einfluss auf die personelle Besetzung des Schiedsgerichts nehmen können.7 Das wird in der Praxis häufig verkannt.8 Es handelt sich um kein Schiedsgericht, wenn die Organe des Vereins maßgeblichen Einfluss auf die Besetzung aus-
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1 Zum einstweiligen Rechtsschutz vgl. LG Düsseldorf v. 13.12.1989 – 2 O 534/89, NJW-RR 1990, 832. 2 Auch die Verfassungsbeschwerde gegen die Entscheidung des Schiedsgerichts kommt (auch bei einem Parteischiedsgericht) dann nicht in Betracht, BVerfG v. 27.9.1988 – 2 BvR 753/ 88, NJW 1988, 3260. 3 Meyer, SpuRt 2005, 97 ff. („Meistbegünstigung“). 4 Burhoff, Rz. 176. 5 BGH v. 27.5.2004 – III ZB 53/03, MDR 2004, 1315 = NJW 2004, 2226 ff.; vgl. auch OLG Frankfurt v. 5.4.2001 – 24 Sch 1/01, NJW-RR 2001, 1078 ff. und Reichert, SpuRt 2004, 50 ff. 6 Die Mindeststandards überwiegen gegenüber der Vereinsautonomie, denn das Mitglied oder der sonst dem Schiedsgericht Unterworfene verzichtet auf verfassungsmäßige Rechte, dazu Bleistein/Degenhart, NJW 2015, 1353 (1354 f.). 7 Aus kartellrechtlicher Sicht vgl. zum Lausanner Court of Arbitration for Sports (CAS) BGH 7.6.2016 – KZR 6/15, BGHZ 210, 292, 301 (Voraussetzungen noch gewahrt), dazu Adolphsen/Orth, DRiZ 2016, 254; Heermann, NJW 2016, 2224; Longrée/Putzier, MDR 2019, 391; Podszun, JZ 2017, 201; Summerer, SpuRt 2018, 197. Kritischer die Vorinstanz wegen eines strukturellen Übergewicht der Verbände im CAS: OLG München v. 15.1.2015 – U 1110/14 Kart, JZ 2015, 355 = SpuRt 2015, 78, dazu Bleistein/Degenhart, NJW 2015, 1353. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte wiederum sieht den CAS im Anschluss an diesbezügliche Judikatur des Schweizer Bundesgerichts als ein in den Schweizer staatlichen Instanzenzug eingeordnetes gesetzliches Gericht (EGMR v. 4.10.2018 – 40575/10, 67474/10 SpuRt 2018, 253). Dabei werden aus Art. 6 Abs. 1 EMRK im Ergebnis für den CAS geringere Anforderungen an die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Richter gestellt, als dies wohl für ein deutsches echtes Schiedsgericht gelten würde (kritisch daher u.a. Heermann, NJW 2019, 1560 (1562), zu Defiziten der CAS-Verfahren vgl. auch Summerer SpuRt 2018, 197). 8 Vgl. jüngst BayObLG v. 3.12.2020 – 101 Sch 104/20, juris.
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XX. Rz. 1250 | Der Verein im Prozess, in der Zwangsvollstreckung und in der Insolvenz
üben, während das streitbetroffene Mitglied weder direkt noch zumindest mittelbar nennenswerten Einfluss nehmen kann. Es genügt nicht, dass er als Teilnehmer der Mitgliederversammlung bei einer losgelöst von seinem Fall erfolgten allgemeinen Wahl der Schiedspersonen mitgewirkt oder sogar für diese gestimmt hat. Die Satzung muss gewährleisten, dass das Vereinsgericht bei einer Streitigkeit zwischen dem Verein und einem Vereinsmitglied den Beteiligten als neutraler Dritter gegenübersteht. Das gilt auch für die Besetzung von Verbandsgerichten, die in Streitigkeiten zwischen dem Verband und seinen Mitgliedsvereinen entscheiden.1 Ein faires Verfahren2, wie auch eine an Recht und Gesetz – oder zumindest dem Grundsatz der Billigkeit – orientierte Entscheidung müssen bereits in der satzungsmäßigen Einsetzung des Gerichts gewährleistet sein.3 Für untergeordnete Verfahrensfragen wird man allerdings dabei bleiben können, dass die Regelung in einer Vereinsordnung genügt, § 1042 Abs. 3 ZPO.4 Schiedsgerichte zeichnen sich durch ihre Neutralität gegenüber den Parteien aus; sie stehen diesen als Dritter gegenüber. Deshalb kommt nicht in Betracht, dass der gesamte Schriftverkehr über den Vereinsvorstand abgewickelt wird, und nur das Vereinsgremium, dessen Entscheidungen angegriffen sind, nicht aber die anrufende Partei selbst unmittelbaren Kontakt zu dem Schiedsgremium hat.5 b) Schiedsvereinbarung durch Satzung 1251
Das schiedsgerichtliche Verfahren6 kann durch die Satzung des Vereins für Streitigkeiten aus dem Mitgliedschaftsverhältnis (Rz. 1167 f.) zwingend vorgeschrieben werden.7 Auf eine derart eingesetzte Schiedsgerichtsbarkeit findet § 1066 ZPO Anwendung; damit ist § 1031 ZPO über die Form des Schiedsvertrags ausgeschlossen.8 Durch Satzungsänderung können die Mitglieder des Vereins einer neu eingeführten Schiedsgerichtsklausel unterworfen werden, die der Satzungsänderung zugestimmt haben.9 Mitgliedern, die der Satzungsänderung nicht zugestimmt haben, kann eine nach ihrem Beitritt in die Satzung aufgenommene Schiedsgerichtsklausel nicht entgegengehalten werden.10 Mit ihnen wäre dann eine individuelle Vereinbarung zu tref1 2 3 4 5 6
7 8
9 10
BGH v. 9.5.2018 – I ZB 53/17, MDR 2018, 1269. Vgl. auch Buchberger, SpuRt 1996, 157 ff. BGH v. 27.5.2004 – III ZB 53/03, MDR 2004, 1315 = NJW 2004, 2226 ff. Hadding in Soergel, § 25 Rz. 56. OLG München v. 28.1.2015 – 34 SchH 16/14, juris. Keine Schiedsvereinbarung (§ 1029 ZPO) und keine satzungsgemäße Schiedsgerichtsbarkeit (§ 1066 ZPO) bei Errichtung eines Schiedsgerichts durch Satzung, wenn der ordentliche Rechtsweg nach Durchführung des vereins-/verbandsinternen Schiedsverfahrens nicht ausgeschlossen ist; OLG Koblenz v. 17.6.1999 – 2 Sch 2/99, NJW-RR 2000, 1365. RG 153, 267 (270). BGHZ 48, 35 (43); BGH NJW 1967, 2057 (2059); BGH v. 11.10.1979 – III ZR 184/78, AG 1980, 138 = MDR 1980, 210 = NJW 1980, 1049; BGHZ 144, 146 = DNotZ 2000, 690 = BGH v. 3.4.2000 – II ZR 373/98, MDR 2000, 777 = NJW 2000, 1713; K. Schmidt, JZ 1989, 1077; Schmitz, RNotZ 2003, 591 (609); s. aber auch Geimer in Zöller, § 1066 ZPO Rz. 2. BGH v. 3.4.2000 – II ZR 373/98, BGHZ 144, 146 = MDR 2000, 777 (149). BGH v. 3.4.2000 – II ZR 373/98, BGHZ 144, 146 = MDR 2000, 777 jedenfalls für den Fall, dass das Mitglied auf die Zugehörigkeit zum Verein angewiesen ist, nicht geklärt aber für den Fall, dass die Mitgliedschaft aufrechterhalten wird, obwohl das Mitglied sich durch
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4. Schiedsrichterliches Verfahren (§ 25 BGB, §§ 1025 ff. ZPO) | Rz. 1253 XX.
fen, wie sie auch mit Nichtmitgliedern geschlossen wird, wenn sie z.B. an Vereinswettkämpfen teilnehmen wollen (Rz. 1168 ff.).1 Nicht wirksam wäre die Anordnung eines schiedsrichterlichen Verfahrens in einer Vereinsordnung (Geschäftsordnung) ohne Satzungsrang.2 Das alles gilt auch für die Schiedsabrede in der schriftlichen Satzung eines nicht rechtsfähigen Vereins.3 Unterstellt sich (nur) der Verein der Schiedsgerichtsordnung eines (übergeordneten) Dachverbandes, dann hat diese für Streitigkeiten zwischen dem Verein und seinen Mitgliedern keine Gültigkeit.4 Gelegentlich bedarf es der Auslegung, ob die Satzung ein internes Schlichtungsverfahren oder ein die ordentliche Gerichtsbarkeit verdrängendes Schiedsgericht einführen will. Wenn ein Verbandsgericht „vor Anrufung der ordentlichen Gerichtsbarkeit“ einbezogen werden soll, spricht das gegen eine Schiedsgerichtsbestimmung i.S.d. ZPO. Ebenso, wenn gegen die Entscheidung des Vereinsgerichts keine internen Rechtsmittel zugelassen werden. Allein der Verweis auf Verfahrensbestimmungen der ZPO weist noch nicht auf ein echtes Schiedsgericht.5 Die satzungsmäßige Schiedsgerichtsbestimmung ist bei Verstoß gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) nichtig. Nichtigkeit kann z.B. dann gegeben sein, wenn der Verein bei der Auswahl (Bestellung) der Schiedsrichter das Übergewicht hat (§ 1034 Abs. 2 ZPO)6 oder wenn der Rechtsschutz des Vereinsmitglieds übermäßig eingeschränkt ist.7
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c) Entscheidungskompetenz Dem Schiedsgericht kann die Entscheidung einzelner bestimmter oder aller Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Verein und seinen Mitgliedern über die Rechte und Pflichten aus der Mitgliedschaft oder der auf der Mitgliedschaft beruhenden Streitigkeiten zwischen den Vereinsmitgliedern untereinander übertragen werden. Die Kompetenzzuweisung muss hinreichend bestimmt (transparent) sein. Auf Streitigkeiten mit Dritten, die nicht Vereinsmitglieder sind (auch Angestellte des Vereins), kann sich eine (allein) durch Satzung eingeführte Schiedsgerichtsbarkeit nicht beziehen. Gleiches gilt für Streitigkeiten mit einem Vereinsmitglied, die nicht aus der Mitgliedschaft herrühren.
1 2 3 4 5 6 7
Austritt aus dem Verein (ohne weiteres) der Unterwerfung unter die Schiedsgerichtsbarkeit entziehen könnte. Ohne diese Einschränkung, somit ganz wie hier Burhoff, Rz. 175. Vgl. etwa BGH 7.6.2016 – KZR 6/15, BGHZ 210, 292, 301. OLG München BB 1977, 865. RG 165, 140 (143); BGH v. 11.10.1979 – III ZR 184/78, AG 1980, 138 = MDR 1980, 210 = NJW 1980, 1049; weitgehend a.A. jedoch KG NJW 1977, 57. OLG Hamm v. 13.1.1993 – 8 U 150/92, NJW-RR 1993, 1535. Wagner, NZG 2019, 46,49 m.N. Vgl. BGH 7.6.2016 – KZR 6/15, BGHZ 210, 292, 301 (für den CAS im Ergebnis verneinend). Hierwegen s. (allgemein) BGH v. 26.1.1989 – X ZR 23/87, MDR 1989, 633 = NJW 1989, 1477.
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XX. Rz. 1253 | Der Verein im Prozess, in der Zwangsvollstreckung und in der Insolvenz Beispiel: Das Mitglied X hat dem Verein 1000 l Heizöl geliefert. Die Höhe des Kaufpreises ist streitig. Für diese Streitigkeit müsste ein Schiedsvertrag individuell nach Maßgabe der §§ 1029 ff. ZPO vereinbart worden sein.
Möglich ist die Geltungsvereinbarung (Rz. 1168 ff.) mit Dritten (z.B. als „Athletenvereinbarung“). An die Neutralität des Schiedsgerichts sind dann aber besondere Anforderungen zu stellen (Rz. 1168 ff.). Soweit eine Monopolstellung des Vereins faktisch zum Abschluss der Schiedsvereinbarung zwingt, kommt eine Unwirksamkeit nach § 134 BGB, § 19 GWB in Betracht. Dabei sind jedoch die Rechtsschutzinteressen des Betroffenen mit dem Interesse des Vereins, z.B. an einer regionenübergreifenden einheitlichen Interpretation seines Regelwerks abzuwägen.1 Das führt in der Regel dazu, dass eine Schiedsvereinbarung, welche die skizzierten Grundsätze eines rechtsstaatlichen neutralen Verfahrens wahrt, auch beim Monopolverein greift.2 1254
Ausgeschiedene Mitglieder sind der satzungsgemäßen Schiedsgerichtsbarkeit nur für Rechtsstreitigkeiten aus dem vor dem Ausscheiden begründeten Rechtsverhältnis unterworfen.3 Mit dem Ausscheiden endet im Hinblick auf § 39 Abs. 2 BGB die Bindung des Mitglieds an die Schiedsgerichtsbestimmung der Satzung.4 d) Schiedsgerichtsverfahren
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Satzungsmäßige Schiedsgerichtsbestimmung erfordert auch Regelung der wesentlichen Einzelheiten des Schiedsgerichtsverfahrens.5 Dazu gehört Regelung, wer als Schiedsrichter zur Entscheidung der Vereinsrechtsstreitigkeiten berufen ist und in welcher Form die Auswahl unter mehreren Schiedsrichtern getroffen werden soll.6 Wenn nicht die Satzung selbst die Zusammensetzung des Schiedsgerichts und die Regeln über die Auswahl und Bestellung der Schiedsrichter festlegt, ist die Schiedsklausel nichtig; einer Schiedsordnung (Vereinsordnung), die nicht Bestandteil der Satzung ist, können solche Grundsatzregelungen als Satzungsrecht nicht überlassen werden.7
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Das Schiedsgericht entscheidet an Stelle der staatlichen Gerichte. Dem Schiedsgericht können daher die Parteien einer Rechtsstreitigkeit oder ihre Vertreter nicht angehören. Mitglieder des Vereinsvorstandes (§ 26 BGB) können nicht zum Schiedsrichter er-
1 BayObLG v. 23.10.2020 – 101 SchH 129/20. 2 Vgl. nur BGH v. 7.6.2016 – KZR 6/15, BGHZ 210, 292–320. Jüngst BayObLG v. 23.10.2020 – 101 SchH 129/20, juris. 3 RG 113, 321 (323). 4 RG 88, 395. 5 OLG Hamm v. 13.1.1993 – 8 U 150/92, NJW-RR 1993, 1535. 6 BGHZ 88, 314 = MDR 1984, 377 = BGH v. 22.11.1983 – KZR 22/82, MDR 1984, 378 = BGH v. 25.10.1983 – KZR 27/82, MDR 1984, 377 = NJW 1984, 1355; OLG Hamm v. 13.1.1993 – 8 U 150/92, NJW-RR 1993, 1535. Zur Besetzung des Schiedsgerichts (Besetzungsparität bei im Voraus festgelegter Besetzung eines „ständigen Schiedsgerichts“) auch LG Frankfurt LG Frankfurt/M. v. 26.7.1982 – 2/8 O 180/82, NJW 1983, 761 und Vollkommer, NJW 1983, 726 (727). 7 BGH v. 22.11.1983 – v. 25.10.1983 – KZR 27/82, MDR 1984, 377 = NJW 1984, 1355.
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4. Schiedsrichterliches Verfahren (§ 25 BGB, §§ 1025 ff. ZPO) | Rz. 1258 XX.
nannt oder bestellt werden.1 Andere Vereinsmitglieder (auch Minderjährige2) sind als solche grundsätzlich nicht als Schiedsrichter ausgeschlossen. Das gilt auch, wenn sie einem Vereinsorgan angehören, das keine Vertretungsbefugnis hat und nicht, wie z.B. bei einer Vereinsstrafe der Ehrenausschuss, bei einer angefochtenen Maßnahme des Vereins mitgewirkt haben. Jedoch kann in solchen Fällen eine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit begründet sein. Zum schiedsgerichtlichen Verfahren s. §§ 1042 ff. ZPO. Abgelehnt werden kann ein Schiedsrichter, wenn Umstände vorliegen, die berechtigten Zweifel an seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit aufkommen lassen, oder wenn er die zwischen den Parteien vereinbarten Voraussetzungen nicht erfüllt (§ 1036 Abs. 2 ZPO). Untätigkeit oder Unmöglichkeit der Aufgabenerfüllung: § 1038 ZPO. Der Schiedsspruch, der unter Mitwirkung eines erfolgreich abgelehnten Schiedsrichter zustande gekommen ist, ist auf Antrag durch die ordentliche Gerichtsbarkeit aufzuheben.3
1257
Der Schiedsspruch hat unter den Parteien die Wirkungen eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils (§ 1055 ZPO).4
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§ 1062 ZPO enthält eine spezielle Zuständigkeitszuweisung für die Entscheidung über Anträge, welche die Bestellung oder Ablehnung von Schiedsrichtern, die Feststellung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines schiedsgerichtlichen Verfahren (§ 1032 ZPO), vorläufige oder sichernde Maßnahmen des Schiedsgerichts (§ 1041 ZPO) und die Aufhebung oder Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs betreffen. Zuständig ist in der Regel das für den Ort des Schiedsgerichts, ansonsten den Vereinssitz zuständige OLG, in Bayern das BayObLG.
1 RG 93, 288. Zur Besetzung des Schiedsgerichts im Hinblick auf das Gebot unparteilicher Rechtspflege s. BGH 7.6.2016 – KZR 6/15, BGHZ 210, 292, 301 und BGHZ 65, 59 = MDR 1976, 125 = NJW 1976, 109. Im letztgenannten Urteil hat der BGH für einen nach Entstehung des konkreten Streitfalls zur Entscheidung dieses Streits geschlossenen Schiedsvertrag Bestellung eines lediglich mit unterzeichnungsberechtigten Organvertreters einer am Schiedsgerichtsverfahren als Partei beteiligten juristischen Person durch beide Parteien gemeinsam für zulässig gehalten (ablehnend jedoch Kornblum, BB 1977, 675). Für den Schiedsvertrag über künftige Rechtsstreitigkeiten und damit auch das in der Satzung eines Vereins vorgesehene schiedsrichterliche Verfahren sind jedoch andere Maßstäbe anzulegen. 2 Kunz, Zentralblatt für Jugendrecht und Jugendwohlfahrt, 1978, 453 (460). 3 BGH v. 11.12.2014 – I ZB 23/14, MDR 2015, 670 = NJW-RR 2015, 1087 (gilt auch dann, wenn über die Ablehnung erst nach Erlass des Schiedsspruchs entschieden wurde). 4 Das gilt natürlich nur für das nach den gezeigten Grundsätzen wirksam vereinbarte und ordnungsgemäß ergangene Schiedsurteil. Auch nach internationalem Prozessrecht ist ein Spruch nicht anzuerkennen, der wesentliche Verfahrensgrundsätze verletzt oder wenn z.B. die Zuständigkeit gegen Treu und Glauben oder das kartellrechtliche Missbrauchsverbot vereinbart wurde. Vgl. etwa (im Ergebnis wirksame Vereinbarung internationaler Dopingregeln und einer Zuständigkeit des CAS im Rahmen der mit einer Eisschnellläuferin vereinbarten Wettkampfbedingungen) BGH 7.6.2016 – KZR 6/15, BGHZ 210, 292, 301, dazu Adolphsen/Orth, DRiZ 2016, 254; Heermann, NJW 2016, 2224; Longrée/Putzier, MDR 2019, 391; Podszun, JZ 2017, 201; Summerer, SpuRt 2018, 197.
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XX. Rz. 1259 | Der Verein im Prozess, in der Zwangsvollstreckung und in der Insolvenz
e) Muster 1259
Das schiedsrichterliche Verfahren der §§ 1029 ff. ZPO birgt viele Besonderheiten und bei nicht ordnungsgemäßer Durchführung die Gefahr der Unwirksamkeit in sich. Es ist deshalb nur für große Vereine zu empfehlen. Kleine und mittlere Vereine sollten ein schiedsrichterliches Verfahren nicht einrichten.
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M 49 Satzungsbestimmung über die Schiedsgerichtsbarkeit: §1 (1) Alle Streitigkeiten zwischen dem Verein und seinen Mitgliedern über die Rechte und Pflichten aus der Mitgliedschaft und alle auf der Mitgliedschaft beruhenden Streitigkeiten zwischen Vereinsmitgliedern untereinander werden im schiedsgerichtlichen Verfahren entschieden. (2) Das Schiedsgericht entscheidet endgültig unter Ausschluss des Rechtswegs zu den staatlichen Gerichten. §2 (1) Das Schiedsgericht besteht aus einem Vorsitzenden und zwei Beisitzern. (2) Der Vorsitzende wird vom Leiter des Sportamts der Stadt … auf die Dauer von jeweils zwei Jahren berufen. (3) Jede Partei ernennt einen Besitzer. (4) Die Schiedsrichter erhalten für ihre Tätigkeit keine Vergütung. Ihre baren Auslagen (Reisekosten, Tagegeld) werden ersetzt. §3 Wenn ein von den Parteien ernannter Schiedsrichter stirbt oder sein Amt aus einem anderen Grund endet, hat die Partei, die ihn ernannt hat, auf Aufforderung des Gegners binnen einer Monatsfrist einen Ersatzschiedsrichter zu bestellen. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist wird auf Antrag der betreibenden Partei der Schiedsrichter von dem zuständigen Gericht ernannt. §4 (1) Die Klage und alle Anträge – Letztere soweit sie nicht in mündlicher Verhandlung gestellt werden – sind schriftlich einzureichen. (2) Der Vorsitzende setzt den Termin zur mündlichen Verhandlung an und lädt die Beteiligten. Die Ladung erfolgt mit eingeschriebener Sendung gegen Rückschein oder gegen schriftliches Empfangsbekenntnis. (3) Über die mündliche Verhandlung wird ein Protokoll geführt. Den Protokollführer bestimmt das Schiedsgericht. Das Protokoll wird vom Vorsitzenden und dem Protokollführer unterzeichnet. (4) Den am Verfahren Beteiligten ist rechtliches Gehör zu gewähren. Die Einlassungsfrist auf die Klage und die Ladungsfrist zu Terminen beträgt je zwei Wochen. Auf Einhaltung dieser Fristen kann verzichtet werden.
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4. Schiedsrichterliches Verfahren (§ 25 BGB, §§ 1025 ff. ZPO) | Rz. 1260 XX.
(5) Bei Säumnis einer Partei entscheidet das Schiedsgericht nach Aktenlage, nachdem es die erschienene andere Partei gehört hat. (6) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten zurückgenommen werden. §5 (1) Das Schiedsgericht entscheidet mit Stimmenmehrheit. (2) Das Schiedsgericht entscheidet auch über die Verpflichtung, die Verfahrenskosten zu tragen. Der Betrag der zu erstattenden Verfahrenskosten wird durch den Vorsitzenden festgesetzt. §6 (1) Der Schiedsspruch wird mit Gründen versehen; er ist unter Angabe des Tages der Abfassung vom Vorsitzenden zu unterzeichnen. (2) Den Parteien ist eine von dem Vorsitzenden unterschriebene Ausfertigung zuzustellen. §7 Der Schiedsspruch hat unter den Parteien die Wirkungen eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils.
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XXI. Umwandlung unter Beteiligung eines Vereins 1. Arten der Umwandlung . . . . . . . . 2. Verschmelzung durch Aufnahme (§§ 4–35, §§ 99–104a UmwG) . . . a) Die Verschmelzung durch Aufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Durchführung der Verschmelzung c) Wirkung der Verschmelzung . . . . . 3. Verschmelzung durch Neugründung (§§ 36–38 mit §§ 99–104a UmwG) . . . . . . . . . . . . a) Die Verschmelzung durch Neugründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Durchführung der Verschmelzung c) Wirkung der Verschmelzung durch Neugründung . . . . . . . . . . . . 4. Spaltung (§§ 123–173 UmwG) . .
1261 1263 1263 1268 1285
1292 1292 1293 1299 1300
a) Möglichkeiten und Arten der Spaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Durchführung der Spaltung (bis zur Mitgliederversammlung) . c) Beschluss der Mitgliederversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Wirkungen der Spaltung . . . . . . . . 5. Formwechsel (§§ 190–304 UmwG) . . . . . . . . . . . 6. Politische Parteien . . . . . . . . . . . . . 7. Umwandlung alter juristischer Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Vereinsfusion mit Einzelnachfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1300 1305 1308 1313 1315 1320 1321 1322
Literatur: Balzer, Die Umwandlung von Vereinen der Fußball-Bundeligen in Kapitalgesellschaften, ZIP 2001, 175; Böhringer, Die Fusion von Vereinen aus rechtlicher Sicht, BWNotZ 1990, 5; Bund, Beschlüsse, Verschmelzung und Anmeldung von Vereinen, JurBüro 2003, 578; Burghardt, Die Ausgliederung und die 50+1 Regel: Ein System mit Zukunft? SpuRt 2013, 142; Hadding/Hennrichs, Zur Verschmelzung unter Beteiligung rechtsfähiger Vereine nach dem neuen Umwandlungsgesetz, Festschrift Boujong (1996), S. 203; Hager, Die Verschmelzung von eingetragenen Vereinen miteinander aus notarieller Sicht, RNotZ 2011, 565; Heckschen, Inhalt und Umfang der Gesamtrechtsnachfolge – sog. Vertrauensstellungen und Mitgliedschaften, GmbHR 2014, 626; Heinze, Umstrukturierungen bei gemeinnützigen Vereinen und Stiftungen, notar 2019, 399; Heinze/Vogelbusch in Winheller/Geibel/Jachmann-Michel, Gesamtes Gemeinnützigkeitsrecht, Teil 2/Kap. 7: Umwandlungsrecht unter Beteiligung gemeinnütziger Rechtsträger; Katschinski, Die Verschmelzung von Vereinen, 1990; Kindler, Möglichkeiten und Grenzen der Umwandlung eines gemeinnützigen Vereins in einen „steuerpflichtigen Gewerbebetrieb“, FR 2011, 411; Lettl, Wirtschaftliche Betätigung und Umstrukturierung von Idealvereinen, DB 2000, 1449; Lutz, Formwechsel eines eingetragenen Vereins in eine GmbH, BWNotZ 2013, 106; Oetker, Der Wandel vom Ideal- zum Wirtschaftsverein, NJW 1991, 385; SalawHanslmaier, Nachfolgeprobleme beim ehrenamtlichen Vereinsvorstand – Die gemeinnützige GmbH als Alternative zur Trägerschaft von Kindergärten durch Vereine, ZStV 2012, 72; Salzberger/Schröder, Ausgleiderung von steuerbegünstigen Betrieben und Vermögensausstattung einer steuerbegünstigten Körperschaft, DStR 2015, 1665; Schneider/May, Wege des Zusammenschlusses von (Sport)Vereinen, SpuRt 2013, 99–103, 149–152; Die Vereinsverschmelzung; Schwenn, Praxisleitfaden zum Formwechsel eines eingetragene Vereins in eine gemeinnützige GmbH, npoR 2017, 192; Segna, Bundesligaverein und Börse, ZIP 1997, 1902; Siebold/Rieble, Die Vereinsverschmelzung, JZ 1991, 658; Voigt de Olivieira/Becker, Können Vereine stiften gehen? Ein Beitrag zur Umstrukturierung eines eingetragenen Vereins in eine rechtsfähige Stif-
Stöber/Otto | 633
XXI. Rz. 1261 | Umwandlung unter Beteiligung eines Vereins tung des bürgerlichen Rechts, DStR 2013, 2554; Wagner, Bundesliga going public, NZG 1999, 469; Werner, Von der nichtrechtsfähigen zur rechtsfähigen Stiftung, ZErb 2018, 164.
1. Arten der Umwandlung 1261
Ein Verein (mit Sitz im Inland) kann nach dem Umwandlungsgesetz umgewandelt werden (dazu § 1 UmwG) durch – Verschmelzung unter Auflösung ohne Abwicklung im Wege der Aufnahme oder Neugründung je gegen Gewährung von Mitgliedschaften des übernehmenden oder neuen Vereins (anderen Rechtsträgers) an die Mitglieder des übertragenden Vereins, – Spaltung (Aufspaltung, Abspaltung und Ausgliederung), – Formwechsel. Eine Vermögensübertragung von einem oder an einen Verein ist nicht vorgesehen (§ 175 UmwG).
1262
Zu den Möglichkeiten des Rechtsformwechsels innerhalb der Vereinstypen (Verzicht auf Eintragung oder Konzession, Wechsel des Idealvereins zu einem wirtschaftlichen Vereinszweck und umgekehrt) s. bereits Rz. 230 ff., 233 ff. Zu der außerhalb des Umwandlungsgesetzes möglich gebliebenen Auflösung mit Übertragung in Einzelrechtsnachfolge (mit dem Ergebnis wie bei der Verschmelzung) Rz. 1322 ff.
2. Verschmelzung durch Aufnahme (§§ 4–35, §§ 99–104a UmwG) a) Die Verschmelzung durch Aufnahme 1263
Verschmelzung im Wege der Aufnahme erfolgt durch Übertragung des Vermögens eines Vereins oder mehrerer Vereine als Ganzes auf einen anderen bereits bestehenden Verein oder Rechtsträger anderer Rechtsform (z.B. GmbH, AktG, KGaA, eG, ausgeschlossen ist die Stiftung) als übernehmender Rechtsträger (Zielrechtsträger) gegen Gewährung von Mitgliedschaften des übernehmenden Vereins (Anteilen des anderen Rechtsträgers) an die Mitglieder des übertragenden Vereins (§ 2 UmwG). Die Wirkungen der Verschmelzung auf den übertragenden Verein (§ 21 UmwG) gleichen weitgehend denjenigen einer Auflösung. Dennoch handelt es sich hier gerade nicht um eine Auflösung i.S.d. §§ 41 ff. BGB.1
1264
Aufnehmen kann ein eingetragener Verein (§ 21 BGB) im Wege der Verschmelzung nur einen anderen eingetragenen Verein (auch mehrere, § 99 Abs. 2 UmwG). Als übertragender Verein kann ein eingetragener Verein auch bei Verschmelzung mit anderen Rechtsträgern beteiligt sein. Ein wirtschaftlicher Verein (§ 22 BGB) kann bei Verschmelzung nur als übertragender Rechtsträger beteiligt sein (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 UmwG); 1 Anders OLG Stuttgart v. 23.5.2011 – 8 W 294/10, NotBZ 2012, 98 m.abl. Anm. Otto.
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2. Verschmelzung durch Aufnahme | Rz. 1265 XXI.
er kann andere Rechtsträger (auch einen eingetragenen Verein) nicht durch Verschmelzung aufnehmen. Ein bereits aufgelöster Verein kann als übertragender Rechtsträger beteiligt sein, wenn seine Fortsetzung beschlossen werden könnte (§ 3 Abs. 3 UmwG; zur möglichen Fortsetzung Rz. 1322). Nach Auflösung mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 42 Abs. 1 S. 1 BGB) kann die Fortsetzung des Vereins nur ausnahmsweise beschlossen werden (§ 42 Abs. 1 BGB), der Verein damit in einem solchen Fall als übertragender Rechtsträger an einer Verschmelzung beteiligt sein. Als übernehmender Rechtsträger kann ein aufgelöster Verein an einer Verschmelzung nicht beteiligt sein, somit auch nicht, wenn er seine Fortsetzung beschließen könnte.1 Hat er allerdings bereits vor der Verschmelzung die Auflösung (wirksam) rückgängig gemacht (d.h. die Fortsetzung beschlossen), dann kann er als wieder aktiver Verein verschmelzen. Ein Verein, dem die Rechtsfähigkeit entzogen ist, ist nicht verschmelzungsfähig (§ 3 Abs. 3 UmwG); bei Vermögensanfall an den Fiskus ist er bereits erloschen (Rz. 1322), bei Liquidation hindert die gerichtliche oder behördliche Verfügung eine Fortsetzung. Ein nicht eingetragener und nicht konzessionierter Verein ist nicht verschmelzungsfähig (abschließender Katalog des § 3 UmwG). Nicht verschmelzungsfähig sind damit (hierzu § 3 UmwG) ebenso die Gründervereinigung (Rz. 30) und der Vorverein (Rz. 33). Besondere Bestimmungen gelten für einen genossenschaftlichen Prüfverband (§§ 105 ff. UmwG) und den Versicherungsverein aG (§ 109 ff. UmwG). Beteiligen kann sich ein Verein an einer Verschmelzung nur, wenn seine Satzung oder Vorschriften des Landesrechts2 nicht entgegenstehen (§ 99 Abs. 1 UmwG). Die Satzung kann die Verschmelzung (ausdrücklich) untersagen; es kann aber auch eine Satzungsbestimmung hinderlich sein, weil sie den Erfordernissen nicht genügt, die sich mit den Wirkungen der Verschmelzung ergeben.3 Beispiel: Die Satzung des übernehmenden Vereins bestimmt, dass nur juristische Personen die Mitgliedschaft erwerben können. Mitglieder des übertragenden Vereins, die mit Verschmelzung Mitglieder des übernehmenden Vereins werden (§ 20 Abs. 1 Nr. 3 UmwG) sind natürliche Personen.
Eine entgegenstehende Satzung muss, bevor die Verschmelzung möglich ist, (wirksam) geändert werden. Das erfordert beim eingetragenen Verein Eintragung der Satzungsänderung in das Vereinsregister (§ 71 Abs. 1 S. 1 BGB), beim wirtschaftlichen Verein staatliche Genehmigung (§ 33 Abs. 2 BGB). Es reicht, wenn in derselben Mitgliederversammlung des eingetragenen Vereins zuerst die Satzungsänderung und dann die Zustimmung zur Verschmelzung beschlossen wird. Beides kann zusammen
1 Streitig; s. hierzu KG MittBayNot 1999, 396 m.N.; wie hier z.B. OLG Naumburg NJW-RR 1998, 178, dazu Bayer EWiR 1997, 807 (je für GmbH); anders Heckschen, DB 1998, 1385 (1387). 2 Betrifft den wirtschaftlichen Verein (§ 22 BGB), für den Art. 82 EGBGB landesgesetzliche Bestimmungen ermöglicht; so auch Hadding und Hennrichs in FS Boujong, S. 208. 3 Katschinski, Die Verschmelzung von Vereinen, 5. Teil A II (S. 32); OLG Düsseldprf npoR 2019, 170.
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1265
XXI. Rz. 1265 | Umwandlung unter Beteiligung eines Vereins
angemeldet und eingetragen werden,1 weil die Satzungsänderung des übertragenden Vereins mit Eintragung vor der Verschmelzung (§ 19 Abs. 1 UmwG), die des übernehmenden Vereins mit Eintragung bei Verschmelzung wirksam wird. 1266
Die Vermögensbindung eines gemeinnützigen Vereins bei Auflösung (Selbstlosigkeit, § 55 Abs. 1 Nr. 4, §§ 59, 61 AO [abgedruckt im Anhang C.8]) ist keine hindernde Satzungsvorschrift.2 Der Vermögensübergang, der bei Verschmelzung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG) eintritt, führt nämlich gerade nicht zum Anfall des Vereinsvermögens mit Auflösung (§ 45 BGB).3 Infolge der Verschmelzung kann eine gegenüber dem aufnehmenden Verein abweichende Bestimmung des Anfallberechtigten praktisch nicht mehr zum Zuge kommen, deshalb steht sie der Verschmelzung aber nicht entgegen. Aus seiner Benennung als anfallberechtigt erwächst dem Genannten keine vor Verlust zu schützende Anwartschaft. Die vereins- bzw. umwandlungsrechtlichen Voraussetzungen stehen unabhängig neben dem Steuerecht: Es mag also sein, dass eine steuerlich nicht ausreichende Vermögensbindung im Fall der Verschmelzung den (rückwirkenden) Wegfall der Steuerbegünstigung bewirkt. Steuerliche Aspekte können somit zu der Empfehlung führen, die Satzungen (u.a. hinsichtlich des Anfallberechtigten) noch vor Zustimmung zur Verschmelzung einander anzupassen. Die (mögliche) Auswirkung hinsichtlich der Steuerveranlagung hindert die Wirksamkeit der Gestaltung der Rechtsverhältnisse des Vereins jedoch nicht, so dass die Verschmelzung auch ohne Anpassung des Anfallberechtigten eintragungsfähig ist.4 Die Frage wird allerdings kontrovers beurteilt. Nach der Gegenauffassung wird eine vorherige Satzungsänderung auch zivilrechtlich erforderlich, wenn die Anfallberechtigten nicht identisch sind. Teilweise soll ausreichen, wenn sie beide taugliche Berechtigte im Sinn des steuerlichen Gemeinnützigkeitsrechts sind und festgestellt werden kann, dass die Auswahl des Anfallberechtigten allein dem Zweck diente, steuerliche Vorgaben zu beachten.5 Wenn es sich aber bei Benennung unterschiedlicher Anfallberechtigter entgegen der hier vertretenen Auffassung um eine der Verschmelzung entgegenstehende Satzungsbestimmung handelt, dann kann es nicht darauf ankommen, wie sie möglicherweise in der Vergangenheit einmal motiviert war. Ein Vortrag, dass die Satzungsbestimmung des Anfallberechtigten von vornherein eher beliebig, mithin nicht ernsthaft gemeint war, könnte unerfreuliche steuerliche Konsequenzen auslösen.
1267
Die Verschmelzung selbst bedarf keiner staatlichen Genehmigung beim (eingetragenen oder wirtschaftlichen) Verein.
1 Katschinski, Die Verschmelzung von Vereinen, 5. Teil A II 1 (S. 32); auch Sauter/Schweyer/ Waldner, Rz. 397. 2 Lutter/Heinrichs, UmwG, 5. Aufl. 2014, § 99 Rz. 11; Heinze/Vogelbusch in NK-Gemeinnützigkeitsrecht, Kap. 7, Rz. 65. A.A. Katschinski, Die Verschmelzung von Vereinen, 5. Teil A II (S. 31); OLG Düsseldorf v. 29.1.2019 – 25 Wx 53/18, ZIP 2020, 27 m.w.N. 3 A.A. OLG Düsseldorf v. 29.1.2019 – 25 Wx 53/18, ZIP 2020, 27 m.w.N. 4 Vossus in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 99 UmwG Rz. 26. 5 OLG Düsseldorf v. 29.1.2019 – 25 Wx 53/18, ZIP 2020, 27 m.w.N.
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2. Verschmelzung durch Aufnahme | Rz. 1271 XXI.
b) Durchführung der Verschmelzung Verschmelzung eingetragener Vereine1 durch Aufnahme erfordert:
1268
aa) Abschluss eines Verschmelzungsvertrags durch die Vorstände der beteiligten Vereine (§ 4 Abs. 1 UmwG) je in vertretungsberechtigter Zahl. Soll der Vertrag erst nach einem der Beschlüsse der Mitgliederversammlungen geschlossen werden, so ist vorher ein schriftlicher (vollständiger) Entwurf des Vertrags aufzustellen (§ 4 Abs. 2 UmwG). Inhalt des Vertrags oder seines Entwurfs: § 5 UmwG (Abfindungsangebot: § 29 mit Einschränkung in § 104a UmwG; dazu Rz. 1288). Der Verschmelzungsvertrag (nicht der Entwurf) muss notariell2 beurkundet werden (§ 6 UmwG). bb) Ausführliche schriftliche Verschmelzungsberichte der Vorstände (in vertretungsberechtigter Zahl) jedes an der Verschmelzung beteiligten Vereins3 nach § 8 UmwG (der Verzicht bedarf einer notariell beurkundeten Erklärung jedes Vereinsmitglieds). Sie dienen der ausführlichen Information der Mitglieder jedes Vereins.
1269
cc) Prüfung des Verschmelzungsvertrags oder seines Entwurfs durch einen oder mehrere sachverständige Prüfer (Verschmelzungsprüfer)4 nach § 9 UmwG (Einschränkung in § 9 Abs. 2 und 3 mit § 8 Abs. 3 dürfte keine Bedeutung erlangen; zum Prüfungsbericht § 12 UmwG), und zwar nach § 100 UmwG
1270
– beim eingetragenen Verein (§ 21 BGB) nur, wenn mindestens zehn vom Hundert der Mitglieder sie (bis zur Beschlussfassung über die Verschmelzung5) schriftlich (elektronische Form: § 126 Abs. 3 BGB) verlangen (Minderheitenrecht), – bei einem wirtschaftlichen Verein (§ 22 BGB) stets. Die Prüfung soll Sicherung (vornehmlich wirtschaftlicher) Interessen der Vereinsmitglieder gewährleisten. dd) Verschmelzungsbeschluss der Mitgliederversammlung jedes der beteiligten Vereine (§ 13 Abs. 1 UmwG). Erforderliche Stimmenmehrheit: Drei Viertel der abgegebenen Stimmen oder eine satzungsgemäße größere (nicht geringere) Mehrheit (§ 103 UmwG). Jeder Verschmelzungsbeschluss muss notariell beurkundet werden (§ 13 Abs. 3 S. 1 UmwG). Jedem Beschluss ist der Vertrag oder sein Entwurf als Anlage beizufügen (§ 13 Abs. 3 S. 1 UmwG). Die Satzung kann weitere Erfordernisse bestimmen
1 Die Verschmelzung mit einem übernehmenden Rechtsträger anderer Rechtsform bringt Besonderheiten, die hier in ihren vielfältigen Auswirkungen nicht gesondert besprochen sind. 2 Erfordert Beurkundung durch einen deutschen Notar. Eine Auslandsbeurkundung erfüllt das Erfordernis nicht, LG Augsburg v. 4.6.1996 – 2 HKT 2093/96, MDR 1996, 1025 = NJW-RR 1997, 420 = ZIP 1996, 1872 (betr. Schweizer Notar); a.A. LG Kiel = NotBZ 1997, 139 (betr. Österreichischen Notar). 3 OLG Bamberg v. 18.6.2012 – 6 W 26/12, FGPrax 2012, 209 mit Anm. Terner, EWiR 2012, 807. 4 Kosten trägt der Verein, Hadding und Hennrichs in FS Boujong, S. 222. 5 Hadding und Hennrichs in FS Boujong, S. 220, diese auch zur Fristsetzung vor der Versammlung.
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1271
XXI. Rz. 1271 | Umwandlung unter Beteiligung eines Vereins
(§ 103 S. 2 UmwG). Die Mitgliederversammlung jedes Vereins muss gesondert stattfinden; in einer gemeinsamen Versammlung der Vereine kann ein Verschmelzungsbeschluss nicht gefasst werden. In die Tagesordnung jeder zur Beschlussfassung über die Verschmelzung berufenen Mitgliederversammlung können als Beschlussgegenstände auch weitere Angelegenheiten des (jeweiligen) Vereins aufgenommen werden (möglich, nicht aber notwendig, z.B. Entlastung des Vorstands). Die Mitgliederversammlung ist als Organ des Vereins für die Beschlussfassung über solche Gegenstände bis zur Wirksamkeit der Verschmelzung (Rz. 1285) zuständig. 1272
Covid-19 – Sonderbestimmung: Präsenzlose Mitgliederversammlung Die in § 5 Abs. 2 des Sondergesetzes1 vorgesehenen Erleichterungen zur Durchführung einer Mitgliederversammlung in (auch) „virtueller“ Form (ausf. Rz. 692) gelten auch für die in § 13 des Umwandlungsgesetzes vorgesehene Mitgliederversammlung. Diese Rechtsmeinung ist zum Redaktionsschluss allerdings nicht gesichert.2 Denn die Sonderbestimmungen zum Umwandlungsrecht (§ 4 des Sondergesetzes) befassen sich nicht mit der Möglichkeit einer virtuellen Vereinsmitgliederversammlung nach § 13 UmwG.3 Das mussten sie aber auch nicht, weil § 13 UmwG allein einen Beschluss einer Mitgliederversammlung vorsieht und für das Verfahren eine notarielle Beurkundung anordnet. Alles übrige bleibt dem auch sonst für die Mitgliederversammlung geltenden Recht überlassen. Es gelten dieselben Überlegungen, mit denen eine ganz h.M. die Beschlussfassungen nach § 13 UmwG durch eine Delegiertenversammlung zulässt, soweit die Satzung die Zuständigkeit verlagert hat (Rz. 1279). Wenn man hingegen § 13 UmwG ein unmittelbares Gebot der Präsenzversammlung entnimmt, dürfte § 5 Abs. 2 des Sondergesetzes jedenfalls analog auch als Einschränkung von § 13 UmwG auszulegen sein.4 Die nach Umwandlungsrecht vorgesehenen Informations- und Auslagepflichten müssen in der virtuellen Versammlung durch möglichst barrierefreie Ersatzmedien abgebildet werden. Das Verfahren der Beurkundung (teilweise) präsenzlos durchgeführter Versammlungen ist den Notaren aus dem Aktienrecht (§ 118 AktG) vertraut, dieses Erfordernis entfällt nicht. Nicht möglich ist ein Rückgriff auf das Beschlussverfahren nach § 5 Abs. 3 des Sondergesetzes. Hier würde nicht eine besonders organisierte Versammlung, sondern unter Verletzung von § 13 UmwG keine Versammlung durchgeführt.5
1273
ee) Die Mitgliederversammlung eines (jeden) fusionswilligen Vereins bedarf nach § 101 UmwG zusätzlich zu den im jeweiligen Verein geltenden Form- und Fristbestimmungen einer besonderen Vorbereitung. Den Mitgliedern sollen vorab alle Unterlagen zur Verfügung gestellt werden, die für ihre Willensbildung von Bedeutung sein können. Demnach sind von der Einberufung jeder Mitgliederversammlung an in den
1 Art. 2 § 5 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 27.3.2020 (BGBl. I, 569) – Abdruck im Anhang. 2 Anders als hier etwa Lieder, ZIP 2020, 837 (842). 3 Die Begründung zum Umwandlungsrecht nimmt sogar ausdrücklich nur auf die virtuellen Versammlungen der anderen Gesellschaftsformen Bezug (s. Abdruck im Anhang). Andererseits sollen aber durch das Gesetz Umwandlungsmaßnahmen insgesamt erleichtert werden (Gutachten, DNotI-Rep. 2020, 73 (75)). 4 Dahin wohl Gutachten, DNotI-Report 2020, 73 (75). 5 Im Ergebnis ebenso Gutachten, DNotI-Report 2020, 73 (74).
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2. Verschmelzung durch Aufnahme | Rz. 1275 XXI.
Geschäftsräumen des Vereins zur Einsicht der Mitglieder auszulegen (§ 101 Abs. 1 mit § 63 Abs. 1 Nr. 1–4 UmwG) – der Verschmelzungsvertrag oder sein Entwurf, – die Jahresabschlüsse und die Lageberichte der an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger für die letzten drei Geschäftsjahre; – falls sich der letzte Jahresabschluss auf ein Geschäftsjahr bezieht, das mehr als sechs Monate vor dem Abschluss des Verschmelzungsvertrags oder der Aufstellung des Entwurfs abgelaufen ist, eine Bilanz auf einen Stichtag, der nicht vor dem ersten Tag des dritten Monats liegt, der dem Abschluss oder der Aufstellung vorausgeht (Zwischenbilanz). Erforderliche Zwischenbilanzen sind gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1 bis 4 UmwG aufzustellen.t, – die nach § 8 UmwG erstatteten Verschmelzungsberichte, – Prüfungsberichte der Verschmelzungsprüfer (§ 12 UmwG), soweit nach § 100 UmwG erforderlich bzw. verlangt (Rz. 1270). Das Gesetz (§ 101 UmwG) verweist hier für den Verein auf zunächst für eine Aktiengesellschaft bestimmte Regelungen. Problematisch dabei ist, dass zahlreiche Vereine mangels entsprechender gesetzlicher Verpflichtung keine kaufmännischen „Jahresabschlüsse“ (§ 242 HGB) erstellen. Ebenso fehlt ein „Lagebericht“, wie er bei Kapitalgesellschaften als Anlage zu einem Jahresabschluss vorzulegen ist (§ 264 mit § 289 HGB). Soweit Vereine einen bilanzierungspflichtigen Geschäftsbetrieb unterhalten, gelten die Rechnungslegungspflichten nur für diesen Teilbereich (Rz. 98, Rz. 675). Nach zutreffender Auffassung begründen die Vorschriften des Umwandlungsrechts keine eigenständige Pflicht zur Erstellung von Bilanzen und Lageberichten, wenn der Verein nicht aus anderem Grund dazu verpflichtet ist.1 Auszulegen sind daher nur die im jeweiligen Verein üblichen Rechnungsunterlagen des Vereins.2 Häufig wird der Verein neben seinen Kassenaufzeichnungen jedenfalls über eine Einnahme-Überschussrechnung sowie ein Verzeichnis des Anlagevermögens verfügen (§ 8 Abs. 1 KStG mit § 4 Abs. 3 EStG). Diese Unterlagen sind dann ebenso wie die Abschlüsse etwaiger wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe für die letzten drei Jahre vorzulegen. Sie treten an die Stelle nicht vorhandener Bilanzen, Lageberichte und einer Zwischenbilanz. Zur Parallelproblematik bei § 17 Abs. 2 UmwG s Rz. 1622.
1274
ff) Diese Unterlagen sind auch in der Mitgliederversammlung auszulegen (§ 102 S. 1 UmwG). Der Vorstand hat den Verschmelzungsvertrag oder seinen Entwurf zu Beginn der Mitgliederversammlung mündlich zu erläutern (§ 64 Abs. 1 S. 2 mit § 102 UmwG). Jedem Mitglied ist auf Verlangen in der Mitgliederversammlung Auskunft über alle für die Verschmelzung wesentlichen Angelegenheiten des anderen beteiligten Vereins zu geben (§ 64 Abs. 2 mit § 102 UmwG).
1275
1 Hadding/Hennrichs in FS Boujong 1996, S. 223; Katschinski, 9. Teil B II 1 (S. 140). 2 Hadding/Hennrichs in FS Boujong 1996, S. 223; auch Katschinski, 9. Teil D I 2 (S. 145); Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 4415.
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XXI. Rz. 1276 | Umwandlung unter Beteiligung eines Vereins 1276
gg) Eine Mitarbeitervertretung ist einzubeziehen (§ 5 Abs. 3 UmwG). Nur in ungewöhnlichen Sonderfällen: Zustimmung einzelner Mitglieder des übertragenden Vereins, von deren Genehmigung die durch Satzung (entgegen § 38 BGB als nachgiebiges Recht) ermöglichte Abtretung der Mitgliedschaft abhängig ist (§ 13 Abs. 2 UmwG; keine Beeinträchtigung dieses Sonderrechts), in notariell beurkundeter Form (§ 13 Abs. 3 UmwG). Das Mitglied der übertragbaren Mitgliedschaft selbst hat deren Abtretung nicht (gesondert) zu genehmigen, somit dem Verschmelzungsvertrag nicht nach § 13 Abs. 2 UmwG eigens zuzustimmen.
1277
hh) Zustimmung des Mitglieds, das Inhaber eines Sonderrechts ist, wenn sich mit der Verschmelzung eine Beeinträchtigung dieses Sonderrechts (insbesondere eine beeinträchtigende Satzungsänderung) verbindet (§ 35 BGB).
1278
ii) Anmeldung der Verschmelzung zur Eintragung in das Vereinsregister und Eintragung sowie Bekanntmachung der Verschmelzung (dazu Rz. 1619 ff.).
1279
kk) Zum Verschmelzungsbeschluss der Mitgliederversammlung ergeben sich Zweifelsfragen: (1) Kann er von einer Delegiertenversammlung (Vertreterversammlung; zu dieser Rz. 937) gefasst werden? Das ist der Fall.1 Die Delegiertenversammlung nimmt die Aufgaben der Mitgliederversammlung wahr, wenn sie durch Satzung eingerichtet ist (§ 32 mit § 40 BGB). Es finden dann die gesetzlichen Vorschriften über die Mitgliederversammlung entsprechende Anwendung; zuständig ist die Delegiertenversammlung damit für die Beschlussfassung über alle Angelegenheiten des Vereins, die gesetzlich der Mitgliederversammlung übertragen sind, auch für Satzungsänderung (§ 33 BGB) und Auflösung des Vereins (§ 41 BGB). Sie ist daher auch zuständig für die Beschlussfassung über eine Verschmelzung2 (eine Spaltung oder einen Formwechsel; die dafür erforderlichen Abstimmungsmehrheiten entsprechen denen für Satzungsänderung und Auflösung3). Dem steht nicht entgegen, dass nach § 1 Abs. 3 UmwG von den Vorschriften dieses Gesetzes nicht abgewichen werden kann4 und § 13 Abs. 1 UmwG einen Beschluss der Anteilsinhaber der beteiligten Rechtsträger in einer Versammlung verlangt. Zwingend sind damit für Rechtsträger aller Rechtsformen die Versammlung der Anteilsinhaber, für den Verein somit die Mitgliederversammlung (§§ 101–103 UmwG), und (im Wesentlichen5) deren Mehrheitserfordernisse bestimmt. Die Vereinsautonomie, also die Möglichkeit des Vereins zur Regelung der eigenen Rechtsverhältnisse durch Satzung in den Grenzen der zwingenden Vorschriften des Bürgerlichen Rechts (§ 40 BGB) wird damit nicht eingeschränkt. Daher berühren § 1 Abs. 3 und § 13 mit §§ 101–103 1 LG Frankental v. 9.5.2007 – 1 T 100/07, RNotZ 2007, 478; Baumann/Weiß, § 13 Rz. 81; Hager, RNotZ 2011, 565 (579); Katschinski, S. 134; Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 4414, 4421. 2 Für einen Großverein ab 1500 Mitgliedern (in Anlehnung an § 43a GenG) so auch Gutachten DNotI-Report 1996, 112 mit Ausnahme für den Fall, dass der Beschluss zugleich zu einer Änderung des Vereinszwecks führt (wegen § 33 Abs. 1 S. 2 BGB). 3 Begründung des Gesetzentwurfs BT-Drucks. 12/6699, 112. 4 A.A. Gutachten DNotI-Report 1996, 115. 5 Begründung zu § 1 Abs. 3 UmwG, BT-Drucks. 12/6699, 3.
640 | Stöber/Otto
2. Verschmelzung durch Aufnahme | Rz. 1282 XXI.
UmwG auch nicht die satzungsgemäße Ausgestaltung einer Mitgliederversammlung (Versammlung der „Anteilsinhaber“) als Delegiertenversammlung. Ausgeschlossen ist durch die zwingenden Vorschriften des Umwandlungsgesetzes nur, dass die Beschlussfassung über die Verschmelzung der Versammlung der Mitglieder entzogen und einem anderen Organ übertragen wird, nicht jedoch, in welcher Weise die Versammlung der Mitglieder stattzufinden hat. Etwas anderes mag allerdings gelten, wenn die Satzung aus der Vielzahl der Zuständigkeiten der Mitgliederversammlung nur einen abgeschlossen Katalog auf die Delegiertenversammlung überträgt und die Umwandlung nicht einbezieht (Auslegungsfrage).1 (2) Bedarf es der Mehrheit, welche die Satzung für eine Auflösung vorsieht?
1280
(3) Kann die Mehrheit von drei Vierteln genügen, wenn der Verschmelzungsbeschluss zugleich zu einer Änderung des Zwecks des Vereins führt? Beispiele: a) Verschmelzung des örtlichen Obst- und Gartenbauvereins, dessen Satzung eine Auflösung nur bei Jastimmen von zwei Dritteln aller Anwesenden zulässt, auf den Dorfgemeinschaftsverein, der eine eigene Hauptabteilung „Obst- und Gartenbau“ einrichtet.2 b) Verschmelzung zweier Arbeitgeberverbände derselben Berufssparte, beide mit Zweckrichtung der Wahrung und Förderung der gemeinsamen wirtschaftlichen, sozial- und arbeitsrechtlichen Interessen und der Vertretung der Mitgliedsunternehmen in diesen Angelegenheiten, wobei sich allerdings der aufgehende Verband bislang anders als der aufnehmende nicht auch auf Tarifvermittlung (Tarifbindung) richtete.3 c) Verschmelzung eines Sportvereins mit einem Kleintierzuchtverein, welchen beiden die Aktiven ausgegangen sind, zu einem geselligen Bürgerverein.
Ob Klauseln in der Satzung des übertragenden Vereins, die höhere Beschlussanforderungen für dessen Auflösung vorgesehen, auch für den Zustimmungsbeschluss gelten, ist streitig.4 Begründet wird ein Gleichlauf mit der Überlegung, dass die Verschmelzung eine Auflösung ersetzt. Damit ist aber gerade ausgesagt, dass die Verschmelzung eine andere Qualität hat und in ihrer Bedeutung für das einzelne Mitglied anders zu werten sein kann als die Auflösung. Wenn der Verein für Satzungsänderungen erleichternd von der ¾-Mehrheit abweicht, gilt das nicht für das Quorum aus § 103 UmwG.5
1281
Richtigerweise kommt es auf den Vergleich mit der Auflösung nicht an, sondern es ist vielmehr entscheidend, ob der Vereinszweck noch fortgeführt werden kann. § 103 UmwG bestimmt die Mehrheitserfordernisse nur für den Verschmelzungsbeschluss,
1282
1 2 3 4
Dazu Baumann/Weiß, § 12 Rz. 81 m.N. Fall des OLG Stuttgart v. 23.5.2011 – 8 W 294/10, NotBZ 2012, 98. Fall des OLG Hamm v. 19.9.2012 – 8 AktG 2/12, NZG 2013, 388 = RNotZ 2013, 186. Dafür Bayer, ZIP 1997, 1613 (1622); Hager, RNotZ 2011, 565 (585); Katschinski, 9. Teil D I 2 (S. 145); Vossius in Widmann/Mayer, UmwG§ 103 Rz. 20; OLG Stuttgart v. 23.5.2011 – 8 W 294/10, NotBZ 2012, 98 m. abl. Anm. Otto. Anders bzw. wie hier: Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 397. Für Auslegung im Einzelfall Lutter/Henrichs, UmwG, 2. Aufl., § 103 Rz. 3. 5 Insofern wird anerkannt, dass die Verschmelzung potentiell einen stärkeren Eingriff in die Mitgliedschaft darstellt als eine Satzungsänderung. Das fordert aber noch nicht die Auflösungsmehrheit (anders Hager, RNotZ 2011, 565 (585).
Stöber/Otto | 641
XXI. Rz. 1282 | Umwandlung unter Beteiligung eines Vereins
nicht aber abweichend von § 33 Abs. 1 S. 2 BGB für die gleichzeitige Änderung des Vereinszwecks. 1283
Wie die unterschiedlichen Quoren in § 41 und § 33 Abs. 1 S. 2 BGB zeigen, hält das Gesetz die Zweckänderung für schwerer wiegend als eine Auflösung des Vereins.1 Der Einzelne muss sich überstimmen lassen, wenn es um die Aufgabe einer kollektiven Zweckverfolgung geht, er braucht sich aber keinen von ihm nicht mitgetragenen geänderten Zweck aufdrängen lassen. Unter dem Gesichtspunkt der Vereinigungsfreiheit ist das konsequent und sollte auch im Rahmen des § 103 UmwG beachtet werden.2 Die Verschmelzung auf einen anderen Verein kann mit einer Zweckänderung (Rz. 1111 ff.) einhergehen.3 Sie bedarf dann der Zustimmung aller Mitglieder,4 es sei denn, die Satzung sieht Erleichterungen zu § 33 Abs. 1 S. 2 BGB vor.5 Nach anderer Ansicht ist § 33 Abs. 1 Satz 2 BGB stets durch §§ 103, 275 UmwG verdrängt.6
1284
Im Fall a) wird der Obst- und Gartenbauverein seinen Zweck als Hauptabteilung im Rahmen des Dorfgemeinschaftsvereins weiterführen können. Er geht in einer erweiterten Zweckbestimmung auf.7 Das sollte man im Rahmen eines Umwandlungsvorgangs, der notwendig immer erhebliche Veränderungen für das Vereinsleben mit sich bringt, jedenfalls dann genügen lassen, wenn der bisherige Zweck – wie hier zu erwarten – mit gewisser Eigenständigkeit verfolgt werden kann und im aufnehmenden Verein nicht ganz randständig wird.8 Es bleibt bei dem Quorum aus § 103 UmwG.9 Aus Sicht des Dorfgemeinschaftsvereins wiederum handelt es lediglich um eine einfache Satzungsänderung im Rahmen des fortgeltenden weiter gefassten Vereinszwecks. Da 1 Röcken, Vereinssatzungen, S. 34: Der Zweck des Vereins ist stärker geschützt als sein Bestand. 2 Otto, OLG Stuttgart v. 23.5.2011 – 8 W 294/10, NotBZ 2012, 98. 3 Hager, RNotZ 2011, 565 (568); Krähe, SpuRt 2005, 237–239. 4 So auch Gutachten DNotI-Report 1996, 115 (116) unter Annahme einer Gesetzeslücke; Katschinski, Die Verschmelzung von Vereinen, 9. Teil D 2b (S. 145 ff.), analog § 275 Abs. 1 UmwG; Heinze/Vogelbusch in NK-Gemeinnützigkeitsrecht, Kap. 7, Rz. 66; Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 4421; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 397. 5 Für eine unmittelbare Anwendung von § 275 Abs. 1 UmwG (betrifft wie auch § 284 UmwG den Formwechsel), was die Satzungsdispositivität nach § 40 BGB verdrängen würde, besteht kein Anlass. Anders insoweit Hager, RNotZ 2011, 565 (585). 6 OLG Hamm v. 19.9.2012 – 8 AktG 2/12, NZG 2013, 388, das obiter (insofern zu Recht) im entschiedenen Fall aber auch die Zweckänderung verneint. 7 Geht es um eine echte Satzungsänderung, wird allerdings die wesentliche Zweckerweiterung in der Rechtsprechung als eine Zweckänderung angesehen, vgl. OLG Hamm v. 16.8.2011 – 15 W 546/10, Rpfleger 2012, 86. 8 Vgl. auch Schneider/May, SpuRt 2013, 99–103 (103): Aufnahme „verwandter“ Sportarten in den Satzungszweck eines Sportvereins bleibt als Zweckergänzung außerhalb der Schwelle zur Zweckänderung. Aus Vorsichtsgründen empfehlen die Autoren aber auch für diesen Fall das Einholen allseitiger Zustimmungen. 9 Anders für den a) vergleichbaren Fall OLG Stuttgart v. 23.5.2011 – 8 W 294/10, NotBZ 2012, 98. Das OLG Stuttgart verlangt die in diesem Fall über § 103 UmwG hinausgehende satzungsmäßige Auflösungsmehrheit, nicht jedoch Zustimmung aller. Auf die Frage einer Zweckänderung geht es nicht ein.
642 | Stöber/Otto
2. Verschmelzung durch Aufnahme | Rz. 1286 XXI.
der Vereinszweck allgemein weit ausgelegt wird (Rz. 1113 ff.), ist er im Fall b) für beide beteiligten Vereine gewahrt. Im Beispielsfall c) ist das nicht der Fall. Hier ist die Zustimmung aller Mitglieder verlangt, und zwar in beiden Vereinen. c) Wirkung der Verschmelzung aa) Die Verschmelzung durch Aufnahme hat mit Eintragung in das Vereinsregister des übernehmenden Vereins folgende Wirkungen
1285
– das Vermögen des übertragenden Vereins geht einschließlich der Verbindlichkeiten auf den übernehmenden Verein über (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG), – das schließt die laufenden Vertragsverhältnisse, insbesondere auch Arbeitsverhältnisse ein – ebenso Mitgliedschaften (sofern die Eignung zur Mitgliedschaft fortbesteht).1 Waren beide Vereine Mitglied in einem gemeinsamen Dachverband, bleibt nur eine Mitgliedschaft bestehen.2 Wird der Verein auf einen Dachverband verschmolzen, erlischt die Mitgliedschaft in dieser vormals übergeordneten Struktur.3 – der übertragende Verein erlischt; besondere Löschung im Vereinsregister ist hierfür nicht erforderlich (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG), – die Mitglieder des übertragenden Vereins werden Mitglieder des übernehmenden Vereins (§ 20 Abs. 1 Nr. 3 UmwG mit Einzelheiten), – ein Mangel der notariellen Beurkundung des Verschmelzungsvertrags wird geheilt (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 UmwG). Ein (auch sonstiger4) Mangel der Verschmelzung kann nicht mehr mit dem Ziel geltend gemacht werden, die Eintragung im Vereinsregister zu löschen;5 ebenso ist Löschung von Amts wegen (§§ 395, 398 FamFG) ausgeschlossen (Rz. 1652). Die Verschmelzung kann auch nicht mehr durch Beschlüsse der beteiligten Rechtsträger aufgehoben werden.6 bb) Einzelheiten zum Erwerb der Mitgliedschaft beim übernehmenden Verein regelt der Verschmelzungsvertrag (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 UmwG). Die vereinsrechtlich gebotene Gleichbehandlung und Gleichstellung der Vereinsmitglieder dürfen nicht verletzt werden. Bestehen beim übertragenden Verein verschiedene Mitgliedergruppen (ordentliche, außerordentliche, aktive, passive, fördernde Mitglieder, Vollmitglieder und jugendliche Mitglieder sowie Ehrenmitglieder), so liegt es nahe, deren Mitgliederrechte auch für die Mitgliedschaft beim übernehmenden Verein zu wahren. Eine Änderung wird nur für zulässig angesehen werden können, wenn das am Vereinszweck zu messende Interesse des Vereins an einer Änderung stärker wiegt als das Mitglieder1 Anders Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 4384 (nicht übertragbare Mitgliedschaft ist von einer Gesamtrechtsnachfolge ausgeschlossen), vgl. dann aber auch Kap. 2/Rz. 4458. 2 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 4458. 3 Heinze/Vogelbusch in NK-Gemeinnützigkeitsrecht, Kap. 7 Rz. 89. 4 Mayer, MittBayNot 2000, 122 (Anm.). 5 BayObLG DNotZ 2000, 232 = MittBayNot 2000, 121 mit Anm. Mayer. 6 OLG Frankfurt RNotZ 2003, 196.
Stöber/Otto | 643
1286
XXI. Rz. 1286 | Umwandlung unter Beteiligung eines Vereins
interesse an einem Bestandsschutz (dazu Rz. 1126). Geltendmachung mit Klage durch Mitglieder des übertragenden Vereins schließt jedoch § 14 Abs. 2 UmwG aus. 1287
cc) Für ein Mitglied des übertragenden Vereins, das bereits Mitglied des übernehmenden Vereins ist, bringt die Verschmelzung keine Erweiterung der Rechtsstellung als Vereinsmitglied; es entsteht keine doppelte Mitgliedschaft; ein zweifaches Stimmrecht wird nicht begründet.1
1288
dd) Ungeachtet der Zustimmungserfordernisse der Mitgliederversammlung ist der Schutz des Einzelmitglieds gegen Verwässerung seiner Mitgliedschaftsrechte durch Umwandlungsvorgänge im Vergleich zum Recht der Handelsgesellschaften relativ gering ausgestaltet.2 Bei Verschmelzung im Wege der Aufnahme kann ein Mitglied des übertragenden Vereins den Austritt aus dem neuen Rechtsträger erklären, – wenn im Verschmelzungsvertrag ein Abfindungsangebot nach § 29 UmwG (Einzelheiten dort) zu erfolgen hatte, insbesondere damit bei Verschmelzung von zwei Vereinen, wenn (bei Fehlen einer abweichenden Satzungsbestimmung nach § 40 BGB) gesetzlich (§ 38 BGB) die Mitgliedschaft in dem übernehmenden Verein nicht übertragbar ist (§ 29 Abs. 1 S. 2 UmwG), – das Mitglied gegen den Verschmelzungsbeschluss des übertragenden Vereins Widerspruch zur Niederschrift erklärt hat, – das Mitglied das Angebot angenommen hat (§ 31 UmwG).
1289
Das gilt nicht, wenn der übertragende Verein ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken gedient hat (§§ 51–68 AO) und daher von der Körperschaftsteuer nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG befreit ist (§ 104a UmwG), stets somit insbesondere dann, wenn ein Austrittsrecht gegen Abfindung (§§ 29 ff. UmwG) nicht besteht. Mitglieder sind dann nach § 39 BGB austrittsberechtigt; der Austritt kann in diesem Fall aber durch satzungsgemäße Erschwernisse (§ 39 Abs. 2 BGB) behindert sein. Ein außerordentliches Recht zum Austritt (das keiner satzungsgemäßen Beschränkung nach § 39 Abs. 2 BGB unterliegt) begründet Verschmelzung nicht; eine Ausnahme wird angenommen, wenn sich durch die Verschmelzung die Rechtsposition des Mitglieds erheblich verschlechtert.3
1290
ee) Der Verschmelzungsbeschluss kann als Versammlungsbeschluss nichtig sein. Geltend zu machen ist das beim übertragenden und ebenso beim übernehmenden Verein mit Klage gegen die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses; diese kann
1 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 397; Heinze/Vogelbusch in NK-Gemeinnützigkeitsrecht, Kap. 7 Rz. 89. Für Erweiterung des Umfangs der Mitgliedschaftsrechte und -pflichten als Inhalt der (neuen) Mitgliedschaft Hadding in Soergel, Rz. 28 zu § 38. Für (praktisch kaum möglichen) Ausgleich für den Verlust der Mitgliedschaft im übertragenden Verein Katschinski, 7. Teil C I 3a (2) (S. 86). 2 Ausführlich: Lettl, AcP 203 (2003), 149–209. 3 Katschinski, Die Verschmelzung von Vereinen, 7. Teil C 10a (3) (S. 105) und C 10f (1) (S. 113); Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 397 (Austrittsrecht bereits für ein Mitglied des übertragenden Vereins, das der Verschmelzung nicht zugestimmt hat).
644 | Stöber/Otto
3. Verschmelzung durch Neugründung | Rz. 1293 XXI.
nur binnen eines Monats nach der Beschlussfassung erhoben werden (§ 14 Abs. 1 UmwG1). Jedoch kann eine Klage gegen die Wirksamkeit des Versammlungsbeschlusses eines übertragenden Vereins nicht darauf gestützt werden, dass die Mitgliedschaft bei dem übernehmenden Verein kein ausreichender Gegenwert für die Mitgliedschaft bei dem übertragenden Verein ist (§ 14 Abs. 2 UmwG). Die daher mit der Klage ausgeschlossenen Mitglieder sind auf das Spruchverfahren (§ 15 mit §§ 305 ff. UmwG) und auf Schadensersatz verwiesen. Registersperre bei Klage: § 16 UmwG. ff) Mängel der Verschmelzung lassen die Wirkungen der Eintragung unberührt (§ 20 Abs. 2 UmwG). Wirkung auf gegenseitige Verträge: § 21 UmwG. Gläubigerschutz: § 22 UmwG. Andere Einzel- und Besonderheiten: §§ 23–35 UmwG, für den von der Körperschaftsteuer befreiten Verein jedoch mit Einschränkung in § 104a.
1291
3. Verschmelzung durch Neugründung (§§ 36–38 mit §§ 99–104a UmwG) a) Die Verschmelzung durch Neugründung Verschmelzung im Wege der Neugründung erfolgt durch Übertragung des Vermögens zweier oder mehrerer Vereine2 als übertragende Vereine jeweils als Ganzes auf einen neuen, von ihnen dadurch gegründeten Verein oder Rechtsträger anderer Rechtsform gegen Gewährung von Mitgliedschaften des neuen Vereins oder Anteilen des anderen Rechtsträgers an die Mitglieder des übertragenden Vereins (§ 2 Nr. 2 UmwG). Ein eingetragener Verein (§ 21 BGB) kann im Wege der Verschmelzung jedoch nur mit einem anderen eingetragenen Verein einen (neuen) eingetragenen Verein oder einen Rechtsträger anderer Rechtsform neu gründen (§ 99 Abs. 2 UmwG). Ein wirtschaftlicher Verein (§ 22 BGB) kann sich an der Verschmelzung nur als übertragender Rechtsträger beteiligen (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 UmwG); neuer Rechtsträger kann er nicht sein. Beteiligen kann sich ein Verein an einer Verschmelzung durch Neugründung nur, wenn seine Satzung oder Vorschriften des Landesrechts nicht entgegenstehen (§ 99 Abs. 1 UmwG; dazu Rz. 1265).
1292
b) Durchführung der Verschmelzung aa) Die Verschmelzung eingetragener Vereine zur Neugründung eines neuen eingetragenen Vereins3 erfolgt in Anlehnung an die dargestellten Bestimmungen des UmwG über die Verschmelzung durch Aufnahme (Rz. 1268 ff.). Die Vorschriften des zweiten Abschnitts des UmwG über „Verschmelzung durch Aufnahme“ (§§ 4–35),
1 § 14 Abs. 1 UmwG gilt auch für die Klage gegen die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses eines Vereins, Begründung BT-Drucks. 12/6699, 87. 2 Keine Verschmelzung genossenschaftlicher Prüfungsverbände in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins zur Neugründung, § 105 UmwG. 3 Bei Verschmelzung unter Beteiligung eines anderen Rechtsträgers sowie zur Neugründung eines anderen Rechtsträgers bringt dessen Rechtsform Besonderheiten, die hier in ihrer vielfältigen Ausgestaltung nicht gesondert besprochen werden.
Stöber/Otto | 645
1293
XXI. Rz. 1293 | Umwandlung unter Beteiligung eines Vereins
ausgenommen § 16 Abs. 1 über die Anmeldung zum Vereinsregister jedes übertragenden Vereins, und § 27 (betrifft Schadensersatzpflicht), sind nach Maßgabe der Sonderbestimmungen über die Verschmelzung unter Beteiligung rechtsfähiger Vereine (§§ 99–104a UmwG) entsprechend anzuwenden (§ 36 Abs. 1 S. 1 UmwG). An die Stelle des übernehmenden Vereins tritt der neue Verein, an die Stelle der Eintragung der Verschmelzung in das Register des Sitzes des übernehmenden Vereins tritt die Eintragung des neuen Vereins in das Vereinsregister (§ 36 Abs. 1 S. 2 UmwG). 1294
bb) Die Gründung des neuen Vereins erfolgt durch die übertragenden Vereine (§ 36 Abs. 2 S. 2 UmwG) nach den für Vereinsgründung geltenden Grundsätzen mit Abschluss des Verschmelzungsvertrags (§ 4 mit § 36 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 UmwG). Die Satzung des neuen Vereins muss im Verschmelzungsvertrag enthalten sein oder festgestellt werden (§ 37 UmwG). Zum Abschluss des Verschmelzungsvertrags im Übrigen Rz. 1268. Der Verschmelzungsvertrag (samt Satzung des neuen Vereins, § 37 UmwG) muss notariell beurkundet werden (§ 6 mit § 36 Abs. 1 S. 1 UmwG). Der Vorstand des neuen Vereins wird von den an der Verschmelzung beteiligten Vereinen mit Zustimmung der Mitgliederversammlungen bestellt; dies geschieht somit am besten im Verschmelzungsvertrag.
1295
cc) Verschmelzungsbericht und Prüfung: wie Rz. 1269 (entsprechende Anwendung der Vorschriften nach § 36 Abs. 1 S. 1 UmwG).
1296
dd) Der Verschmelzungsbeschluss der Mitgliederversammlungen jedes der beteiligten Vereine (§ 13 Abs. 1 mit § 36 Abs. 1 S. 1 UmwG; s. Rz. 1271) erfordert eine Stimmenmehrheit von drei Viertel der jeweils erschienenen Mitglieder oder eine satzungsgemäße größere Mehrheit (§ 103 UmwG). Jeder Verschmelzungsbeschluss muss notariell beurkundet werden (§ 13 Abs. 3 S. 1 mit § 36 Abs. 1 S. 1 UmwG). Jedem Beschluss ist der Vertrag (damit auch die Satzung des neuen Vereins, Rz. 1294) oder sein Entwurf als Anlage beizufügen (§ 13 Abs. 3 S. 2 mit § 36 Abs. 1 S. 1 UmwG). Die Satzung kann weitere Erfordernisse bestimmen (§ 103 S. 2 UmwG). Vorbereitung der Versammlung durch Auslegung des Verschmelzungsvertrags und weiterer Unterlagen: wie Rz. 1273. Auslegung der Unterlagen in den Versammlungen, Erläuterung des Verschmelzungsvertrags und Auskünfte über wesentliche Angelegenheiten in den Versammlungen: wie Rz. 1275. Zur Delegiertenversammlung und zur Mehrheit bei gleichzeitiger Änderung des Vereinszwecks s. Rz. 1077 f.
1297
ee) Beteiligung einer Mitarbeitervertretung; nur in Sonderfällen: Zustimmung einzelner Mitglieder und des Mitglieds, das Inhaber eines Sonderrechts ist, wie Rz. 1275 f.
1298
ff) Anmeldung der Verschmelzung zur Eintragung in das Vereinsregister und Eintragung sowie Bekanntmachung der Verschmelzung; wie Rz. 1278.
646 | Stöber/Otto
4. Spaltung (§§ 123–173 UmwG) | Rz. 1301 XXI.
c) Wirkung der Verschmelzung durch Neugründung – der neu gegründete Verein entsteht als rechtsfähiger Verein (§ 21 BGB),
1299
– das Vermögen der übertragenden Vereine geht einschließlich der Verbindlichkeiten auf den übernehmenden neu gegründeten Verein über (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 mit § 36 Abs. 1 S. 1 UmwG), – die übertragenden Vereine erlöschen; besondere Löschung im Vereinsregister ist hierfür nicht erforderlich (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 mit § 36 Abs. 1 S. 2 UmwG), – die Mitglieder der übertragenden Vereine werden Mitglieder des übernehmenden neu gegründeten Vereins (§ 20 Abs. 1 Nr. 3 mit § 36 Abs. 1 S. 1 UmwG; dazu auch Rz. 1286), – ein Mangel der notariellen Beurkundung des Verschmelzungsvertrags wird geheilt (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 mit § 36 Abs. 1 S. 1 UmwG). Mängel der Verschmelzung lassen diese Wirkungen der Eintragung unberührt (§ 20 Abs. 2 mit § 36 Abs. 1 S. 1 UmwG). Wirkungen der Verschmelzung im Übrigen: wie Rz. 1285.
4. Spaltung (§§ 123–173 UmwG) a) Möglichkeiten und Arten der Spaltung aa) Durch Spaltung kann ein Verein (mit Sitz im Inland) umgewandelt werden im Wege der Aufspaltung, Abspaltung oder Ausgliederung (§ 1 Nr. 2 UmwG). Es kann
1300
– ein eingetragener Verein (§ 21 BGB) als übernehmender Rechtsträger im Wege der Spaltung nur andere eingetragene Vereine aufnehmen oder mit ihnen einen eingetragenen Verein gründen (§ 149 Abs. 2 UmwG). Möglich hingegen ist Spaltung eines eingetragenen Vereins zur Aufnahme durch Rechtsträger oder Neugründung von Rechtsträgern anderer Rechtsform, sofern nicht für diese Einschränkungen vorgesehen sind, – ein wirtschaftlicher Verein (§ 22 BGB) an einer Spaltung nur als übertragender Rechtsträger beteiligt sein (§ 124 Abs. 1 UmwG); Vergrößerung oder Entstehung eines wirtschaftlichen Vereins kann durch einen Spaltungsvorgang somit nicht erfolgen. Beteiligen kann sich ein Verein an einer Spaltung nur, wenn seine Satzung oder Vorschriften des Landesrechts nicht entgegenstehen (§ 149 Abs. 1 UmwG; hierzu s. Rz. 1265). bb) Mit Aufspaltung kann der (übertragende) Verein unter Auflösung ohne Abwicklung sein Vermögen aufspalten (§ 123 Abs. 1 UmwG) – zur Aufnahme durch gleichzeitige Übertragung der Vermögensteile jeweils als Gesamtheit auf andere bestehende (= übernehmende) Vereine (Rechtsträger) oder
Stöber/Otto | 647
1301
XXI. Rz. 1301 | Umwandlung unter Beteiligung eines Vereins
– zur Neugründung durch gleichzeitige Übertragung der Vermögensteile jeweils als Gesamtheit auf andere, von ihm dadurch gegründete neue Vereine (Rechtsträger) – gegen Gewährung von Mitgliedschaften (Anteilen) dieser Vereine (Rechtsträger) an die Mitglieder des übertragenden Vereins. 1302
cc) Mit Abspaltung kann der (übertragende) Verein, der bestehen bleibt, von seinem Vermögen einen Teil (also insbesondere eine Vereinssparte)1 oder mehrere Teile abspalten (§ 123 Abs. 2 UmwG) – zur Aufnahme durch Übertragung dieses Teils oder dieser Teile jeweils als Gesamtheit auf einen bestehenden oder mehrere bestehende (= übernehmende) Vereine (oder andere Rechtsträger) oder – zur Neugründung durch Übertragung dieses Teils oder dieser Teile jeweils als Gesamtheit auf einen oder mehrere, von ihm dadurch gegründeten neuen oder gegründete neue Vereine (oder andere Rechtsträger) – gegen Gewährung von Mitgliedschaften (Anteilen) dieser Vereine (oder anderen Rechtsträger) an die Mitglieder des Vereins.
1303
dd) Mit Ausgliederung kann der (übertragende) Verein aus seinem Vermögen einen Teil (also insbesondere eine Vereinssparte)2 oder mehrere3 Teile ausgliedern (§ 123 Abs. 3 UmwG) – zur Aufnahme durch Übertragung dieses Teils oder dieser Teile jeweils als Gesamtheit auf einen bestehenden oder mehrere bestehende (übernehmende) Vereine (oder andere Rechtsträger) oder – zur Neugründung durch Übertragung dieses Teils oder dieser Teile jeweils als Gesamtheit auf einen oder mehrere von ihm dadurch gegründete neuen oder gegründete neue Rechtsträger – gegen Gewährung von Mitgliedschaften (Anteilen) dieses Vereins (Rechtsträgers) an den übertragenden Verein (Rechtsträger). Die Ausgliederung seiner wirtschaftlichen Aktivitäten auf eine Kapitalgesellschaft ist jedenfalls nach dem überwiegenden Stand der Diskussion der Weg, auf dem ein eingetragener Verein seinen Charakter als Idealverein bewahren kann, ohne das Nebenzweckprivileg zu verletzten (dazu oben Rz. 101–104).4
1 Ausf. zu Verfahren und Motivlage des Vereins Schneider/May, SpuRt 2013, 149–152 (150). Zur Ausgliederung bei steuerlicher Begünstigung Salzberger/Schröder, DStR 2015, 1665. 2 Ausf. zu Verfahren und Motivlage des Vereins Schneider/May, SpuRt 2013, 149–152 (150); Witterheim, SpuRt 2020, 221–226; Wolf, SpuRt 2020, 226–230. 3 Der Verein, der die Spaltung oder Aufgliederung vornimmt, kann das für mehrere Abteilungen gemeinsam tun. Soll allerdings ein (neugegründeter) Verein gleichgerichtete Abteilungen mehrerer Vereine aufnehmen, erfordert das mehrere aufeinander abgestimmte Spaltungsvorgänge (Schneider/May, SpuRt 2013, 149–152 [150] m.w.N.). 4 Witterheim, SpuRt 2020, 221–226; Wolf, SpuRt 2020, 226–230. Kritisch dazu Burghardt, SpuRt 2013, 142 (144).
648 | Stöber/Otto
4. Spaltung (§§ 123–173 UmwG) | Rz. 1307 XXI.
ee) Eine Spaltung kann auch durch gleichzeitige Übertragung sowohl auf bestehende als auch auf neue Vereine (Rechtsträger) erfolgen (§ 123 Abs. 4 UmwG).
1304
b) Durchführung der Spaltung (bis zur Mitgliederversammlung) aa) Die Vorschriften des Zweiten Buches des UmwG über die „Verschmelzung“ (§§ 2– 122, dazu Rz. 1268 ff.) finden (mit Einschränkung) entsprechende Anwendung (§ 125 und § 135 UmwG mit Einzelheiten und Besonderheiten in §§ 126–134, §§ 136, 137 und §§ 138–173 UmwG).
1305
bb) Bei Spaltung eines eingetragenen Vereins (§ 21 BGB) zur Aufnahme durch Vermögensübertragung auf einen anderen eingetragenen Verein1 haben die Vorstände der beteiligten Vereine in vertretungsberechtigter Zahl einen Spaltungs- und Übernahmevertrag zu schließen. Zum Inhalt: § 126 UmwG. Der Vertrag (nicht der Entwurf) muss notariell beurkundet werden (§ 6 mit § 125 S. 1 UmwG). Bei Spaltung eines eingetragenen Vereins (§ 21 BGB) zur Neugründung eines eingetragenen Vereins hat der Vorstand des übertragenden Vereins in vertretungsberechtigter Zahl einen Spaltungsplan aufzustellen (§ 136 UmwG); für dessen Inhalt gilt § 126 UmwG entsprechend (§ 135 Abs. 1 S. 1 und § 136 S. 2 UmwG). Der Spaltungsplan muss notariell beurkundet werden (§ 6 mit § 125 S. 1 und § 135 Abs. 1 S. 1 UmwG). Die Gründung des neuen Vereins erfolgt durch den übertragenden Verein nach den für die Vereinsgründung geltenden Grundsätzen, dabei hat der übertragende Verein die Stellung eines Gründers. Eine Mindestzahl an Gründern muss auch für die Eintragung (§ 56 BGB) nicht erreicht werden, § 135 Abs. 2 UmwG. Die Satzung des neuen Vereins muss im Spaltungsplan enthalten sein oder festgestellt werden (§ 37 mit § 125 S. 1, § 135 Abs. 1 S. 1 UmwG).
1306
cc) Entsprechende Anwendung der Vorschriften des Zweiten Buchs des UmwG (§ 125 S. 1 und § 135 Abs. 1 S. 1 UmwG) schließt ein die Bestimmungen über
1307
– Aufstellung zunächst nur eines schriftlichen Entwurfs des Spaltungs- und Übernahmevertrags (nicht jedoch eines Spaltungsplans, § 135 S. 1 UmwG), wenn dieser selbst erst nach dem Beschluss der Mitgliederversammlung beurkundet werden soll (§ 4 Abs. 2 UmwG), – Erstattung eines ausführlichen schriftlichen Aufspaltungs-, Abspaltungs- oder Ausgliederungsberichts nach § 8 und § 127 UmwG (s. Rz. 1269), – Prüfung des Spaltungs- und Übernahmevertrags oder seines Entwurfs sowie des Spaltungsplans durch einen oder mehrere sachverständige Prüfer bei Aufspaltung und Abspaltung (Spaltungsprüfung) nach § 9 UmwG, jedoch (beim eingetragenen Verein) nur, wenn mindestens zehn vom Hundert der Mitglieder sie schriftlich ver-
1 Bei Spaltung unter Beteiligung eines anderen Rechtsträgers und damit auch bei Spaltung eines wirtschaftlichen Vereins (er kann an einer Spaltung nur als übertragender Rechtsträger beteiligt sein) bringt dessen Rechtsform Besonderheiten, die hier in ihren vielfältigen Ausgestaltungen nicht gesondert besprochen sind.
Stöber/Otto | 649
XXI. Rz. 1307 | Umwandlung unter Beteiligung eines Vereins
langen (§ 100 S. 2 UmwG). Bei Ausgliederung findet eine Prüfung i.S.d. §§ 9–12 UmwG nicht statt (§ 125 S. 2 UmwG). c) Beschluss der Mitgliederversammlung 1308
aa) Dem Spaltungs- und Übernahmevertrag für eine Spaltung zur Aufnahme müssen die Mitgliederversammlungen des übertragenden und des (oder der) übernehmenden Vereins durch Beschluss (Spaltungsbeschluss) zustimmen (§ 13 Abs. 1 mit § 125 S. 1 UmwG; zur Delegiertenversammlung Rz. 1279). Erforderliche Stimmenmehrheit: Drei Viertel oder eine satzungsgemäße größere Mehrheit (§ 103 mit § 125 S. 1 UmwG; zur Besonderheit bei Satzungsänderung des Vereins Rz. 1280). Jeder Spaltungs- bzw. Übernahmebeschluss muss notariell beurkundet werden (§ 13 Abs. 3 S. 1 mit § 125 S. 1 UmwG). Jedem Beschluss ist der Vertrag oder sein Entwurf als Anlage beizufügen (§ 13 Abs. 3 S. 2 mit § 125 S. 1 UmwG). Die Satzung kann weitere Erfordernisse bestimmen (§ 103 S. 2 mit § 125 S. 1 UmwG).
1309
bb) Es sind von der Einberufung jeder Mitgliederversammlung an in dem Geschäftsraum des jeweiligen Vereins zur Einsicht der Mitglieder auszulegen (§ 125 S. 1, § 101 mit § 63 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 und Abs. 2, § 125 S. 1 UmwG, dazu bereits Rz. 1273) der Spaltungs- und Übernahmevertrag oder sein Entwurf, die Rechnungsunterlagen sowie die Spaltungs- und Übernahmeberichte und die Prüfungsberichte (soweit erforderlich, Rz. 1307).
1310
cc) Diese Unterlagen sind auch in jeder Mitgliederversammlung auszulegen (§ 102 S. 1 mit § 125 UmwG). Der Vorstand hat den Spaltungs- und Übernahmevertrag oder seinen Entwurf zu Beginn der Mitgliederversammlung mündlich zu erläutern (§ 64 Abs. 1 S. 2 mit § 102 und § 125 S. 1 UmwG). Jedem Mitglied ist auf Verlangen in der Mitgliederversammlung Auskunft auch über alle für die Spaltung zur Aufnahme wesentlichen Angelegenheiten des anderen beteiligten Vereins zu geben (§ 64 Abs. 2 mit § 102 und § 125 S. 1 UmwG).
1311
dd) Dem Spaltungsplan für Spaltung zur Neugründung muss die Mitgliederversammlung des übertragenden Vereins durch Beschluss zustimmen (§ 13 Abs. 1 mit § 125 S. 1 UmwG: zur Delegiertenversammlung Rz. 1279). Erforderliche Stimmenmehrheit: Drei Viertel der erschienenen Mitglieder oder eine satzungsgemäße größere Mehrheit (§ 103 mit § 125 S. 1 UmwG). Der Beschluss muss notariell beurkundet werden (§ 13 Abs. 3 S. 1 mit § 125 S. 1 UmwG). Einzelheiten sonst: wie Rz. 1309 f.
1312
ee) Anmeldung der Spaltung (auch des neuen Vereins) zur Eintragung in das Vereinsregister und Eintragung sowie Bekanntmachung der Spaltung wie Rz. 1278. d) Wirkungen der Spaltung
1313
Die Spaltung hat mit Eintragung in das Vereinsregister des übernehmenden Vereins folgende Wirkungen: – bei Spaltung zur Neugründung entsteht der neu gegründete Verein als rechtsfähiger Verein (§ 21 BGB), 650 | Stöber/Otto
5. Formwechsel (§§ 190–304 UmwG) | Rz. 1316 XXI.
– das Vermögen des übertragenden Vereins, bei Abspaltung und Ausgliederung der abgespaltene oder ausgegliederte Teil des Vermögens einschließlich der Verbindlichkeiten, geht entsprechend der im Spaltungs- und Übernahmevertrag oder Spaltungsplan vorgesehenen Aufteilung als Gesamtheit auf den übernehmenden oder neuen Verein über (§ 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG mit Besonderheit für Gegenstände, die nicht durch Rechtsgeschäft übertragen werden können), – bei Aufspaltung erlischt der übertragende Verein. Einer besonderen Löschung bedarf es nicht, – mit Aufspaltung, Abspaltung und Ausgliederung werden die Mitglieder des übertragenden Vereins Mitglieder des übernehmenden oder neuen Vereins (§ 131 Abs. 1 Nr. 3 UmwG mit Einzelheiten), – ein Mangel der notariellen Beurkundung des Spaltungs- und Übernahmevertrags oder des Spaltungsplans wird geheilt (§ 131 Abs. 1 Nr. 4 UmwG). Mängel der Spaltung lassen diese Wirkungen der Eintragung unberührt (§ 131 Abs. 2 UmwG). Besonderheit für einen Gegenstand, der bei einer Aufspaltung keinem der übernehmenden Vereine zugeteilt worden ist: § 131 Abs. 3 UmwG. Gläubigerschutz: §§ 133, 134 UmwG. Sonst wie Rz. 1291.
1314
5. Formwechsel (§§ 190–304 UmwG) a) Durch Formwechsel kann ein eingetragener (§ 21 BGB) oder wirtschaftlicher (§ 22 BGB) Verein nur die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft (AktG, GmbH, KGaA) oder einer eingetragenen Genossenschaft erlangen (§ 272 Abs. 1 UmwG; zum Typenwechsel oben Rz. 230 f.). Wechseln kann ein Verein die Rechtsform nur, wenn seine Satzung oder Vorschriften des Landesrechts nicht entgegenstehen (§ 272 Abs. 2 UmwG; dazu Rz. 1265). Der Formwechsel kommt etwa in Betracht, wenn die wirtschaftlichen Aktivitäten des Vereins zunehmen.1 Öffentliche Förderung, insbesondere die Vorteile der steuerlichen Anerkennung als gemeinnützig, kann eine nicht auf Gewinn ausgerichtete Organisation z.B. auch als gGmbh erlangen.2 Die direkte Umwandlung eines eingetragenen Vereins in eine Personengesellschaft lässt das UmwG ebenso wenig zu wie in eine Stiftung (s Rz. 1323).3
1315
b) Der Formwechsel erfordert einen Umwandlungsbeschluss (Versammlungsbeschluss) der Vereinsmitglieder (§ 193 UmwG; zur Delegiertenversammlung Rz. 1279). Er muss notariell beurkundet werden (§ 193 Abs. 3 S. 1 UmwG). Sein Inhalt folgt § 194 UmwG. Die erforderliche Stimmenmehrheit, wenn sich der Formwechsel darauf beschränkt, den bisherigen Vereinszweck durch den neuen Rechtsträger in anderer
1316
1 Salaw-Hanslmaier, ZStV 2012, 72. 2 Winheller, DStR 2012, 1562. 3 Eine Gesetzesänderung fordern für letztere etwa Weitemeyer, NZG 2012, 1001 und Jakob, npoR 2013, 1. Zu Gestaltungsmöglichkeiten mit dem Ziel der Wandlung in eine Stiftung Voigt de Oliviera/Becker, DStR 2013, 2554.
Stöber/Otto | 651
XXI. Rz. 1316 | Umwandlung unter Beteiligung eines Vereins
Rechtsform (und auch mit anderen Mitteln) zu verwirklichen: Drei Viertel der erschienenen Mitglieder (§ 275 Abs. 2 S. 1 und § 284 S. 2 UmwG). Bei Änderung des Vereinszwecks gilt das Einstimmigkeitserfordernis (§ 275 Abs. 1, § 284 S. 1 UmwG). Beispiel: Verwirklichung des ideellen Vereinszwecks des eingetragenen Vereins fortan durch eine GmbH.1
1317
Eine Mehrheit von neun Zehnteln der erschienenen Mitglieder ist bei Widerspruch einer qualifizierten Mehrheit schon vor der Beschlussfassung erforderlich (§ 275 Abs. 2 S. 2 UmwG mit Einzelheiten). Die Satzung kann eine größere Mehrheit, aber auch weitere Erfordernisse bestimmen (§ 275 Abs. 2 S. 3 UmwG). Für einen Formwechsel, mit dem sich aus dem neuen Gesellschaftsvertrag oder der neuen Satzung auch eine Änderung des Unternehmenszwecks (vgl. § 33 Abs. 1 S. 2 BGB) oder eine Nachschusspflicht von Genossen ergibt, ist die Zustimmung aller anwesenden Mitglieder erforderlich; die nicht erschienenen Mitglieder müssen (schriftlich) zustimmen (§ 275 Abs. 1, § 284 S. 1 UmwG – von § 33 BGB abweichende erleichternde Anforderungen der Satzung greifen hier nicht). Beispiel: Umwandlung eines eingetragenen Vereins (hat keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb) in eine Gesellschaft mbH, deren Unternehmensgegenstand in dem Betrieb eines Handelsgewerbes bestehen soll.
1318
c) Wirkung des Formwechsels: Der Verein besteht in der im Umwandlungsbeschluss bestimmten Rechtsform weiter (§ 202 Abs. 1 Nr. 1 UmwG; identitätswahrender Charakter des Formwechsels). Die bisherigen Mitgliedschaften der Vereinsmitglieder werden zu Anteilen an der Gesellschaft neuer Rechtsform und zu Teilrechten (§ 280 UmwG). Er ist bei dem jetzt zuständigen Register zur Eintragung anzumelden.2
1319
d) Zu Einzelheiten bei Formwechsel §§ 190–213 (= allgemeine Vorschriften) und §§ 272–290 (= besondere Vorschriften) für Formwechsel rechtsfähiger Vereine.
6. Politische Parteien 1320
Über die Verschmelzung einer Partei (ihres Gebietsverbandes) beschließt der Parteitag (§ 9 Abs. 3 PartG), bei einem nachgeordneten Gebietsverband die Hauptversammlung (§ 9 Abs. 1 PartG). Verschmelzungsfähiger Rechtsträger für eine Verschmelzung nach den Vorschriften des UmwG ist eine politische Partei jedoch nur als rechtsfähiger Verein (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 UmwG). In der Rechtsform des nicht rechtsfähigen Vereins ist eine Partei nicht verschmelzungsfähig.3 Das Umwandlungsgesetz macht hier keine 1 Ausf. mit Mustern Lutz, BWNotZ 2013, 106. 2 Insgesamt zum Ablauf ab Beispiel der Umwandlung in eine GmbH Schwenn, npoR 2017, 192. 3 A.A. Katschinski, 5. Teil B III 2 (S. 41–43).
652 | Stöber/Otto
8. Vereinsfusion mit Einzelnachfolge | Rz. 1323 XXI.
Ausnahmen und dem Parteiengesetz ist (durch die Regelung spezieller Erfordernisse in §§ 6 Abs. 2, 9 Abs. 3 PartG) nur eine Beschränkung auf die Verschmelzung mit anderen Parteien zu entnehmen. Der nicht im Register eingetragenen Partei steht für Verschmelzung nur die Fusion mit Einzelrechtsnachfolge zur Verfügung (Rz. 1322).
7. Umwandlung alter juristischer Personen Die Umwandlung eines Vereins aus der Zeit vor dem 1.1.1900 (s. Art. 163 EGBGB) ermöglicht § 317 UmwG: Er kann nach den für wirtschaftliche Vereine geltenden Vorschriften umgewandelt werden. Hat die altrechtliche Körperschaft keine Mitglieder, so kann sie nach den für Stiftungen geltenden Vorschriften des Umwandlungsgesetzes umgewandelt werden.
1321
8. Vereinsfusion mit Einzelnachfolge a) Die Zusammenführung zweier (mehrerer) Vereine zu einem Verein durch Verschmelzung mit Gesamtrechtsnachfolge nach den Vorschriften des UmwG ist aufwendig. Vornehmlich kleinen Vereinen bietet die Fusion durch Auflösung nach Einzelübertragung des Vermögens1 sowie Mitgliederaufnahme noch immer eine teilweise flexiblere2 und einfachere3 Möglichkeit der Verschmelzung. Sie war, weil Umwandlungsvorschriften nicht bestanden, bis zum Inkrafttreten des UmwG der (allen) Vereinen allein ermöglichte Weg der Vereinigung.4 Das UmwG hat diese Möglichkeit der Verschmelzung nicht ausgeschlossen. Konstruktiv ähnlich angelegt wie die Fusion sind auch Gestaltungsvarianten zum Wechsel in eine Personengesellschaft oder Stiftung als Zielrechtsträger, also in den Fällen, für die das UmwG den unmittelbaren Formwechsel eines eingetragenen Vereins nicht zulässt.
1322
b) Erfolgen kann die Zusammenführung von Vereinen mit Fusion durch
1323
– Auflösung eines Vereins, dessen Mitglieder in den anderen Verein aufgenommen werden. Dabei muss entweder das Vereinsvermögen im Einzelnen („Asset Deal“) vor der Auflösung in rechtsgültiger Form (bei Grundstücken Auflassung und Grundbucheintragung, §§ 873, 925 BGB, bei beweglichen Sachen Einigung und Übergabe, §§ 929 ff. BGB, bei Forderungen Abtretung) auf den neuen Verein übertragen oder dieser durch Satzungsänderung rechtzeitig (bei Vermögensanfall an 1 Zur übertragenden Sanierung unter Berücksichtigung der Übertragung einer Ligasport-Lizenz May, SpuRt 2020, 230–232. 2 Schneider/May, SpuRt 2013, 149–152 (151). 3 Hager, RNotZ 2011, 565 (568) weist allerdings richtig darauf hin, dass notarielle Beurkundung erforderlich ist (§ 311b Abs. 3 BGB), wenn die beteiligten Vorstände verbindlich die Einzelheiten der Fusion regeln. Auch die Fusion steht also für viele Vereine erhöhte Anforderungen. 4 Zur Einzelrechtsnachfolge als einziger Möglichkeit des Formwechsels von der nichtrechtsfähigen zur rechtsfähigen Stiftung Werner, ZErb 2018, 164.
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XXI. Rz. 1323 | Umwandlung unter Beteiligung eines Vereins
den Fiskus Registereintragung vor dem Auflösungsbeschluss, vgl. §§ 46, 71 BGB) zum Anfallberechtigten des Vereinsvermögens bestimmt werden.1 – Auflösung beider Vereine und neue Vereinsgründung durch Mitglieder beider Vereine, Aufnahme der nicht bei Vereinsgründung mitwirkenden Mitglieder beider Vereine in den neuen Verein sowie Übertragung des Vermögens beider Vereine auf den neuen Verein oder Bestimmung des neuen Vereins zum Anfallberechtigten (s. vorstehend) des Vermögens beider Vereine. 1324
Es bedarf der Vermögensübertragung durch Einzelübertragung aller Vermögenswerte („Asset Deal“), sie kann nicht durch eine Satzungsänderung bewirkt werden.2 Das gilt auch, wenn der aufzunehmende Verein im neuen Verein als (unselbständige) Untergliederung (Rz. 1416) fortbestehen soll. Da eine Fusion durch Vereinsauflösung erfolgen muss, kann sie immer nur unter Beachtung der Satzungsbestimmung über die Auflösung des Vereins zustande kommen. Die Fusion kann nicht in einer gemeinsamen Mitgliederversammlung der beiden (mehreren) Vereine beschlossen werden. Einzelheiten regeln allerdings die beteiligten Vorstände miteinander.3
1325
c) Die Überführung der Mitglieder des aufzulösenden in den aufnehmenden Verein oder der Mitglieder der beiden aufzulösenden Vereine in den zu gründenden neuen Verein bereitet bei Vereinen mit größerer Mitgliederzahl meist Schwierigkeiten. Da die Mitglieder in den neuen Verein aufgenommen werden müssen, müsste an sich jedes einzelne Mitglied in den neuen Verein eintreten. Dem kann aber durch die Fassung der Satzung des aufnehmenden oder neuen Vereins (Wirksamkeit der Satzungsänderung des aufnehmenden Vereins erst durch Registereintragung, § 71 Abs. 1 BGB) dahingehend Rechnung getragen werden, dass es für diese Mitgliederaufnahme keiner Beitrittserklärung bedarf, sondern die Mitglieder des bisherigen Vereins mit ihrer Zustimmung durch den neuen Verein berufen werden.4 Diese Berufung zum Mitglied des neuen Vereins muss den Mitgliedern des bisherigen Vereins mitgeteilt werden; ihr zur Berufung notwendiges Einvernehmen wird bei Schweigen nach angemessener Zeit als stillschweigend erklärt angesehen werden können.5 Lehnt ein Ernannter die Mitgliedschaft im neuen Verein ausdrücklich ab, so ist er nicht dessen Mitglied geworden.
1 Konstruktiv ebenso: Errichtung einer Stiftung durch den Verein, die Stiftung wird von dem dann aufgelösten Verein als allein anfallberechtigt bestimmt, ausf. dazu Voigt de Oliviera/Becker, DStR 2013, 2554. 2 OLG Hamburg 22, 113 und MDR 1972, 236; a.A. Rieble, JZ 1991, 658. 3 Zu diesem Fusionsvertrag ausf. Böhringer, BWNotZ 1990, 5. 4 Für eine Aufnahmevereinbarung im Fusionsvertrag Schneider/May, SpuRt 2013, 149 (151). 5 Zum schlüssigen Beitritt, wenn („über Jahre hinweg“) durch Wahrnehmung aller Mitgliederrechte und -pflichten der Wille, Mitglied zu sein, eindeutig und nachhaltig bestätigt wurde, s. BGH v. 24.10.1988 – II ZR 311/87, BGHZ 105, 306 = MDR 1989, 328 (313).
654 | Stöber/Otto
XXII. Auflösung und sonstiges Erlöschen des Vereins 1. Auflösung (§ 41 BGB) . . . . . . . . . . a) Ende des Vereins . . . . . . . . . . . . . . . b) Auflösung durch die Mitglieder . . c) Widerruf des Auflösungsbeschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Fortsetzungsbeschluss in anderen Auflösungsfällen . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vermögensanfall (§§ 45, 46 BGB) a) Anfallberechtiger . . . . . . . . . . . . . . . b) Gesamtrechtsnachfolge durch den Landesfiskus . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Liquidation (§§ 47–52 BGB) a) Erforderlichkeit und Zweck . . . . . . b) Liquidatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Durchführung der Liquidation . . . d) Insbesondere die Versilberung des Vermögens . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Gläubigeraufforderung und Vermögensauskehr . . . . . . . . . . . . . f) Nachtragsliquidation . . . . . . . . . . . g) Politische Parteien . . . . . . . . . . . . . .
1326 1326 1329 1333 1334 1335 1335 1337 1340 1340 1344 1350 1357 1360 1366 1369
4. Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 42 BGB; § 11 InsO) . . . . . a) Auflösung des Vereins . . . . . . . . . . b) Fortbestand des eingetragenen Vereins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Fortbestand als nicht eingetragener Verein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Vermögensloser Verein . . . . . . . . . . 5. Andere Beendigungsgründe . . . . a) Entziehung der Rechtsfähigkeit bei Zweckverfehlung des wirtschaftlichen Vereins (§§ 43, 44 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zeitablauf und Zweckerreichung . c) Verbot des Vereins . . . . . . . . . . . . . . d) Registerlöschung, insbesondere bei Zweckverfehlung des eingetragenen Vereins . . . . . . . . . . . . . . . e) Wegfall aller Mitglieder, Interesselosigkeit, Absinken der Mitgliederzahl unter drei . . . . . . . . . . . . . . f) Sitzverlegung ins Ausland . . . . . . .
1370 1370 1380 1383 1386 1387
1387 1389 1391
1392
1397 1401
Literatur: Baudewin, Das Vereinsverbot, NVwZ 2013, 1049; Beitzke, Mitgliedlose Vereine, in FS Wilburg, 1969, S. 19; Böttcher, Die Beendigung des rechtsfähigen Vereins, Rpfleger 1988, 169; Laschinki/Kührt, Die Planinsolvenz als Sanierungsoption für Fußbballvereine in der Corona-Krise, Spurt 2020, 232–236; Lieder, Der mitgliederlose Verein, ZStV 2005, 16; Plottek, Vermögensanfall bei Verein und Stiftung, 2013; Schick, Die Vereinsliquidation in ertragsteuerlicher Sicht, Betrieb 1983, 1733; K. Schmidt, Liquidationszweck und Vertretungsmacht der Liquidatoren, AcP 174, 55; K. Schmidt, Zur Gläubigerversicherung im Liquidationsrecht der Kapitalgesellschaften, Genossenschaften und Vereine, ZIP 1981, 1; K. Schmidt, Erlöschen eines eingetragenen Vereins durch Fortfall aller Mitglieder?, JZ 1987, 394; K. Schmidt, Entziehung der Rechtsfähigkeit bei unrechtmäßig eingetragenen Wirtschaftsvereinen, NJW 1998, 1124.
1. Auflösung (§ 41 BGB) a) Ende des Vereins Auflösung ist Einstellung (Beendigung) des dem Vereinszweck dienenden Vereinslebens. Die Auflösung führt das Ende des Vereins unmittelbar noch nicht herbei; dieStöber/Otto | 655
1326
XXII. Rz. 1326 | Auflösung und sonstiges Erlöschen des Vereins
ser besteht bis zur Abwicklung seiner Vermögensangelegenheiten als Liquidationsverein (§ 49 Abs. 2 BGB). Der satzungsmäßige Vereinszweck ist damit durch den Abwicklungszweck überlagert1, ohne dass dazu eine förmliche Satzungsänderung erforderlich wäre.2 Der Verein besteht als identisches Rechtssubjekt fort.3 Der bis zum Abschluss der Liquidation fortbestehende Liquidationsverein erlischt auch nicht, wenn nach der Auflösung sämtliche Vereinsmitglieder wegfallen.4 Die Auflösung des eingetragenen Vereins ist (deklaratorisch) zur Eintragung anzumelden und der Finanzbehörde nach § 137 AO anzuzeigen. 1327
Erloschen ist der Verein erst, wenn mit der Verteilung des Vereinsvermögens die Abwicklung beendet ist. Bücher und Schriften des Vereins sind kein verteilbares Vermögen; ihr Vorhandensein hindert die Beendigung der Abwicklung daher nicht.5 Zur Nachtragsliquidation s. Rz. 1366. Als Regelfall dargestellt wird hier zunächst der Ablauf bei Auflösung durch Beschluss der Mitgliederversammlung. Anschließend sind weitere Auflösungs- bzw. Beendigungsgründe angesprochen, der Umwandlung ist ein eigenes Kapitel XXI gewidmet.
1328
Im Liquidationsstadium kann der aufgelöste Verein durch einen Fortsetzungsbeschluss „reaktiviert“ werden. Diese Möglichkeit ist für den Insolvenzfall in § 42 BGB anerkannt und speziell geregelt. Sie besteht genauso immer dann, wenn und solange sich der Verein in Abwicklung befindet, also nicht bei Erlöschen ohne Liquidation oder Gesamtrechtsnachfolge. Bei Vermögensanfall an den Fiskus (Rz. 1337) findet auch keine Liquidation statt (§§ 46, 47 BGB). Der Verein ist in diesem Fall mit Auflösung erloschen. Ein Fortsetzungsbeschluss kann daher jetzt nicht mehr gefasst werden.6 b) Auflösung durch die Mitglieder
1329
Aufgelöst werden kann der Verein durch Beschluss der Mitgliederversammlung (§ 41 S. 1 BGB). Die Auflösung beruht – ebenso wie die Vereinsgründung – auf dem freien Willen der Vereinsmitglieder. Die Versammlung muss ordnungsgemäß geladen sein, insbesondere ist die Vereinsauflösung als Gegenstand der Beratung und Beschlussfassung unzweideutig anzukündigen. Zu dem Beschluss ist eine Mehrheit von drei Vierteln der gewerteten Stimmen (dazu Rz. 981 ff.) erforderlich. Eine bestimmte Anwesenheitszahl ist gesetzlich nicht verlangt. Die Satzung kann eine andere Mehrheit (auch Einstimmigkeit) vorsehen (§ 41 S. 2 BGB), für die Beschlussfähigkeit die Anwesenheitszahl vorschreiben oder die Zustimmung aller Vereinsmitglieder fordern. Eine für Auflösung erforderliche andere Mehrheit muss die Satzung klar (eindeutig) bestimmen. Mit der allgemeinen Formulierung der Satzung, dass Beschlüsse mit ein1 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., S. 321 f. 2 Reichert, Rz. 3997 (Ausnahme: Vorverlegung eines in der Satzung bestimmten Auflösungstermins). 3 Plottek, S. 87 m.N. 4 KG OLGZ 1968, 200. 5 OLG Düsseldorf NJW 1966, 1035. 6 Erman/Westermann, § 41 Rz. 7.
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1. Auflösung (§ 41 BGB) | Rz. 1331 XXII.
facher Mehrheit gefasst werden, ist die Auflösungsmehrheit noch nicht herabgesetzt.1 Die Satzung kann auch anordnen, dass bei Beschlussfassung über die Auflösung eine zweite Mitgliederversammlung (zu deren Einladung s. Rz. 855) stets beschlussfähig ist und mit nur einfacher Mehrheit entscheidet, wenn in der ersten Versammlung die für die Beschlussfähigkeit notwendige Anwesenheitszahl und die Dreiviertelmehrheit (oder die sonst satzungsgemäß vorgeschriebene Mehrheit) nicht erreicht ist. Stets kann der Auflösungsbeschluss mit schriftlicher (vgl. Rz. 1111) Zustimmung aller Mitglieder gefasst werden (§ 32 Abs. 2 BGB).2 Die Wirkungen der Auflösung treten mit dem Zustandekommen des Auflösungsbeschlusses oder dem (künftigen) Zeitpunkt ein, den der Beschluss festsetzt. Eine Delegiertenversammlung (Vertreterversammlung, Rz. 937) nimmt Aufgaben der Mitgliederversammlung wahr, wenn sie wirksam durch Satzung eingerichtet ist (§ 32 mit § 40 BGB). Zuständig ist die Delegiertenversammlung daher auch für die Beschlussfassung über die Auflösung des Vereins (§ 41 BGB). Die gesetzlichen Vorschriften über die Mitgliederversammlung gelten entsprechend.
1330
Das Recht zur Vereinsauflösung ist wesentlicher Teil der Vereinigungsfreiheit (Rz. 2); es gehört zu den unentziehbaren Mitgliederrechten; durch Satzung kann es den Mitgliedern daher nicht genommen werden.3 Eine Satzungsbestimmung, nach der die Auflösung ausgeschlossen sein soll, ist so zu verstehen, dass sie einstimmig von allen Mitgliedern beschlossen werden muss (§ 41 S. 2 BGB).4 Die Auflösung kann zwar von der Zustimmung eines satzungsgemäß sonderberechtigten Mitglieds (§ 35 BGB), nicht jedoch von der Zustimmung eines (außerhalb des Vereins stehenden) Dritten abhängig gemacht werden.5 Wird einem (außenstehenden) Dritten ein Auflösungsrecht eingeräumt, ist zusätzlich stets wenigstens ein Beschluss der Mehrheit der Mitgliederversammlung erforderlich.6 Das Auflösungsrecht kann einem Dritten durch die Satzung selbst dann nicht eingeräumt werden, wenn daneben die Befugnis der Mitglieder zur Vereinsauflösung erhalten bleibt.7 Eingriffsbefugnisse kirchlicher Aufsichtsbehörden in Ausübung ihres kirchlichen oder religiösen Lehramts bis hin zur Vereinsauf-
1331
1 OLG Hamm v. 8.2.1990 – 15 W 37/90, NJW-RR 1990, 532 = OLGZ 1990, 257 (261). 2 KG Dt. Justiz 1936, 1949; Böttcher, Rpfleger 1988, 169 ff. (171); Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 390; nunmehr auch Schwennicke in Staudinger, § 41 Rz. 8; MünchKomm/BGB/Leuschner, § 41 Rz. 6; a.A. Reichert, 2/Rz. 3952. 3 BayObLG 1979, 303 = NJW 1980, 1756; Flume in FS Coing, Band II, S. 97 (106); Steinbeck, Vereinsautonomie und Dritteinfluss (1999), S. 119. 4 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 3964. 5 LG Leipzig DRiZ 1935 Beil. Nr. 499; Steffen in BGB-RGRK, Rz. 2, Hadding in Soergel, Rz. 3, Reichert, 2/Rz. 3956 (letzterer differenziert bei von Drittem finanziertem Verein); a.A. OLG Karlsruhe JW 1936, 3266; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 391. 6 OLG Stuttgart v. 27.1.1986 – 8 W 252/85, MDR 1986, 583 = NJW-RR 1986, 995; a.A. KG Dt. Justiz 1936, 1949; OLG Karlsruhe JW 1936, 3266; MünchKomm/BGB/Leuschner, § 41 Rz. 5. 7 A.A. Schwennicke in Staudinger, Rz. 18 zu § 41; KG Dt. Justiz 1936, 1949. Für eine Alleinentscheidungsbefugnis auch eines einzelnen Mitglieds Böttcher, Rpfleger 1988, 169–175, 171 m.N.
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XXII. Rz. 1331 | Auflösung und sonstiges Erlöschen des Vereins
lösung gegen den Willen der Mitglieder werden allerdings weitgehend anerkannt.1 Ob und gegebenenfalls welche Folgerungen sich aus einer Verfassungsgerichtsentscheidung von 19912 für die Auslegung der Vereinsauflösungsfreiheit über den Bereich der religiösen Vereine hinaus ergeben, ist fraglich.3 Unwirksam ist ein Auflösungsbeschluss, der auf äußerem, staatlich-politischen Druck beruht.4 Er wird aber nachträglich gültig5, wenn die Vereinsmitglieder nicht alsbald nach Wegfall der äußeren Zwangslage den Vereinszweck in der Tradition des „stillgelegten Vereins“6 wieder verfolgen.7 1332
Der Beschluss kann den Auflösungstermin auf einen genau bestimmten späteren Zeitpunkt festlegen. Unzulässig ist aber eine Auflösung unter einer Bedingung, ein solcher Beschluss wäre unwirksam.8 c) Widerruf des Auflösungsbeschlusses
1333
Der Auflösungsbeschluss kann, solange die Liquidation noch nicht beendet ist (Rz. 1328), rückgängig gemacht werden.9 Das erfordert einen Beschluss der Mitgliederversammlung, dass der aufgelöste Verein wieder die aktive satzungsmäßige Tätigkeit aufnimmt.10 Für die Ladung zu einer solchen Versammlung zuständig ist anstelle des Vorstands der Liquidator oder das sonst nach der Satzung zuständige Organ. Weil auch die Auflösung selbst nicht als Zweckänderung verstanden wird (obwohl damit der Liquidationszweck vor den satzungsmäßigen Zweck des Vereins tritt), bedarf die Fortsetzungsentscheidung nicht der Einstimmigkeit einer Zweckänderung. Wohl überwiegend wird der Fortsetzungsbeschluss aber als actus contrarius zum Auflösungsbeschluss angesehen, so dass die für den Auflösungsbeschluss selbst vorgeschriebene Mehrheit erforderlich sei.11 Teils wird auch § 274 Abs. 1 Satz 2 AktG, § 79a Abs. 1 Satz 1 GenG (3/4-Mehrheit) analog angewandt.12 Für eine andere als die einfache Beschlussmehrheit besteht aber keine Veranlassung. Der Verein, der entgegen einem früheren Auflösungsbeschluss die Wiederaufnahme der Vereinstätigkeit beschließt, kehrt schlicht zur Satzungslage zurück, ohne dass Schutzhürden zuguns1 BayObLG 1979, 303 = NJW 1980, 1756; OLG Köln v. 20.9.1991 – 2 Wx 64/91, NJW 1992, 1048 (Zustimmung der Bischofskonferenz); s. bereits LG Aachen DVBl. 1976, 914. 2 BVerfG v. 5.2.1991 – 2 BvR 263/86, NJW 1991, 2623 ff. 3 Vgl. Flume, JZ 1992, 238 ff.; Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 3968; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 392. Ausführlich dazu Waldner in 2. Erlanger FS Schwab, 2000, S. 155 ff. 4 BGH v. 17.11.1955 – II ZR 172/54, BGHZ 19, 51–69 (NS-Zeit). 5 Bzw. ist als Rechtstatsache hinzunehmen, BGH v. 17.11.1955 – II ZR 172/54, BGHZ 19, 51 ff. 6 Hadding in Soergel, § 41 Rz. 3. 7 OLG Jena v. 27.9.1993 – OLG Jena v. 21.9.1993 – 6 W 33/93, KirchE 31, 391 ff. (1997). 8 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 3973. 9 KG JW 1935, 3636; Erman/Westermann, § 41 Rz. 7; Hadding in Soergel, Rz. 22–24 vor §§ 41–53 und Rz. 1 zu § 47; Reichert, Rz. 2224–2226; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 394. 10 LG Frankenthal Rpfleger 1955, 106. 11 LG Frankenthal Rpfleger 1955, 106; a.A. Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 4995; Burhoff, Rz. 696. 12 Dafür aber MünchKomm/BGB/Leuschner, vor § 41 Rz. 22.
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2. Vermögensanfall (§§ 45, 46 BGB) | Rz. 1335 XXII.
ten einer Vereinsminderheit geboten wären. Für den Fortsetzungsbeschluss ist daher grundsätzlich nur die einfache Mehrheit der erschienenen Mitglieder erforderlich (§ 32 Abs. 1 S. 3 BGB). Etwas anderes gilt selbstverständlich, wenn die Fortsetzung mit Satzungs- oder gar Zweckänderungen verbunden wird. Wegen der Anmeldung zum Vereinsregister s. Rz. 1637 ff. d) Fortsetzungsbeschluss in anderen Auflösungsfällen Eine satzungsändernde Mehrheit muss für die Fortsetzung erreicht werden, wenn die Auflösung unmittelbar aufgrund einer Satzungsbestimmung (Endtermin oder auflösendes Ereignis) eingetreten ist.1
1334
Gänzlich verbietet sich ein Beschluss über die Zurückverwandlung des Liquidationsvereins in einen wieder aktiven Verein, wenn ein zwingender gesetzlicher Auflösungsgrund vorliegt.2 Zum Sonderfall des wegen Rechtsformverfehlung gelöschten und in das Liquidationsstadium eingetretenen Vereins s. Rz. 1393. Zur Fortsetzung in der Insolvenz Rz. 1380 ff. In allen Fällen scheidet die Fortsetzung aus, sobald die Liquidation bereits abgeschlossen oder der Verein liquidationslos beendet wurde (Rz. 1328).
2. Vermögensanfall (§§ 45, 46 BGB) a) Anfallberechtiger Mit der Auflösung fällt das Vermögen an die in der Satzung bestimmten Personen.3 Der Vermögensanfall vollzieht sich ohne weiteres, wenn nach §§ 46, 1964 BGB der Fiskus eintritt. Ansonsten handelt es sich um einen nach Durchführung des Liquidationsverfahrens inkl. Einhaltung eines Sperrjahres zu erfüllenden Anspruch.4 Es gilt die Regelverjährung ausgehend vom Abschluss der Liquidation, abweichende Satzungsbestimmung ist möglich.5 Durch die Satzung kann vorgeschrieben sein, dass die Anfallberechtigten durch Beschluss der Mitgliederversammlung oder eines anderen Vereinsorgans bestimmt werden (§ 45 Abs. 2 BGB). Beim Idealverein (§ 21 BGB) kann die Mitgliederversammlung auch ohne eine solche Vorschrift das Vermögen einer „öffentlichen Stiftung oder Anstalt“ zuweisen (§ 45 Abs. 2 BGB). Die Literatur fasst diese Begriffe weit, so dass auch Gebietskörperschaften6 und juristische Personen in privater Rechtsform darunter fallen, wenn sie öffentliche Aufgaben erfüllen.7 Satzungsmäßige Vermögensbindung ist beim steuerbegünstigten (gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienenden) Verein zwingendes Erfordernis (§ 55 Abs. 1 Nr. 4, § 61 AO); Verstoß (auch noch bei Liquidation) bewirkt rückwir-
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LG Frankenthal Rpfleger 1955, 106; a.A. Erman/Westermann, § 41 Rz. 7. LG Frankenthal Rpfleger 1955, 106. Übersichtsschema zur Ermittlung des Anfallberechtigten in jurisPK/BGB/Otto, § 45 Rz. 16. Zur historischen Konzeption Plottek, S. 72 f. Reichert/Schörnig, Kap. 2/Rz. 4268. Zweifel dazu bei MünchKomm/BGB/Leuschner, § 46 Rz. 11. Hadding in Soergel, § 45 Rz. 6; a.A. Schwennicke in Staudinger, § 45 Rz. 22.
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XXII. Rz. 1335 | Auflösung und sonstiges Erlöschen des Vereins
kende Steuerfestsetzung (s. Rz. 1822). Bis zur Beendigung der Liquidation kann der Verein die Fortsetzung des Vereins oder eine Änderung der Satzungsbestimmung über den Anfallberechtigten beschließen. Von einem Anwartschaftsrecht des Begünstigten kann man also allenfalls dann sprechen, wenn ihm (als Sonderrecht) ein Mitwirkungsrecht für die betreffenden Beschlüsse eingeräumt ist.1 1336
Fehlt es überhaupt an einer Bestimmung des Anfallberechtigten, so fällt das Vermögen, wenn der Verein nach der Satzung ausschließlich den Interessen seiner Mitglieder diente, an die zur Zeit der Auflösung oder der Entziehung der Rechtsfähigkeit vorhandenen Mitglieder zu gleichen Teilen (zur Aufforderung, wenn die Mitglieder teilweise unbekannt sind, Rz. 1361). Selbstnützig in diesem Sinn ist regelmäßig der wirtschaftliche Verein (§ 22 BGB), aber auch ein anderer Verein, der allein Zwecke im Interesse der Mitglieder verfolgt. Praktisch handelt es sich in der Regel um solche Vereine, die keine steuerbegünstigten Zwecke (§§ 51–68 AO) haben.2 Dabei ist allerdings zu beachten, dass das Vermögen den Mitgliedern nur dann anfällt, wenn ausschließlich selbstnützige Zwecke verfolgt werden, was mit den für die Gemeinnützigkeitsanerkennung zugelassenen Ausnahmen nicht übereinstimmen muss. Ansonsten fällt das Vermögen an den Fiskus des Bundeslandes, in dessen Gebiet der Verein seinen Sitz hat (§ 45 Abs. 3, § 46 BGB). Nach Landesrecht kann das Vereinsvermögen an Stelle des Fiskus einer Körperschaft, Stiftung oder Anstalt des öffentlichen Rechts anfallen (§ 85 EGBGB). Der Fiskus hat das Vermögen tunlichst in einer den Zwecken des Vereins entsprechenden Weise zu verwenden (§ 46 S. 2 BGB). Wegen der unbestimmten Fassung dieser Vorschrift versagt die herrschende Meinung einen klagbaren Individualanspruch3, nach anderer Ansicht ist jedenfalls die ermessensfehlerfreie Verwendung im Verwaltungsrechtsweg überprüfbar.4 b) Gesamtrechtsnachfolge durch den Landesfiskus
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Der Vermögensanfall an den Fiskus erfolgt nach den Vorschriften über eine dem Fiskus als gesetzlicher Erbe anfallende Erbschaft (§ 46 S. 1 BGB). Das Vermögen geht also ohne Liquidation5 im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (§ 1922 BGB) und unter Haftung für die Vereinsverbindlichkeiten mit dem Vereinsvermögen über. Der Fiskus kann nicht ausschlagen (§ 1942 Abs. 2 BGB), aber seine Haftung im Ergebnis auf das Vereinsvermögen beschränken (§§ 2011, 1994 Abs. 1 BGB; § 780 Abs. 2 ZPO). Die Feststellung des Vermögensanfalls an den Fiskus erfolgt durch das Nachlassgericht (§ 1964 BGB). Dem Staatsfiskus kann ein Erbschien erteilt werden. Ist das Erlöschen im Vereinsregister eingetragen, prüft das Nachlassgericht nur noch, ob der vormalige Verein in anderer Rechtsform fortbesteht.6 § 1965 BGB gilt nicht.7 Auf Antrag wird 1 Hadding in Soergel, § 45 Rz. 10; generell ablehnend Plottek, S. 78 f. 2 Hadding in Soergel, § 45 Rz. 7. 3 Nur Rechtsreflex, Hadding in Soergel, § 46 Rz. 3; Ellenberger in Palandt, § 46 Rz. 1; Erman/Westermann, § 46 Rz. 2; gegen Durchsetzbarkeit auch Reichert, Rz. 4121. 4 MünchKomm/BGB/Leuschner, §§ 47 Rz. 5. 5 KG v. 26.2.2004 – 1 W 549/01, OLG-NL 2004, 101 ff. 6 KG v. 31.5.2011 – 1 W 119/08, ZErb 2011, 251. 7 KG v. 31.5.2011 – 1 W 119/08, ZErb 2011, 251.
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3. Die Liquidation (§§ 47–52 BGB) | Rz. 1341 XXII.
dem Fiskus ein Zeugnis (Erbschein) über den Vermögensanfall erteilt (§ 46 S. 1, § 2353 BGB). Zuständig als Nachlassgericht ist das Amtsgericht; die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach dem Vereinssitz bei Auflösung (§ 343 FamFG). Dass die Funktionen eines nicht mehr bestehenden Vereins weiterhin von einem neuen oder anderen Verein wahrgenommen werden, begründet keinen Anspruch auf das Vermögen der erloschenen juristischen Person.1 Ein allgemeiner Gesamtrechtsnachfolgetatbestand der Funktions- oder Verbandsnachfolge lässt sich aus §§ 46, 45 Abs. 3 BGB und anderen gesetzlichen Bestimmungen nicht herleiten.2 Nicht ganz außergewöhnlich dürfte die Konstellation sein, dass ein (vermeintlich gänzlich vermögensloser) Verein nach Auflösung ohne Liquidation im Register gelöscht wurde. Erst wenn dann doch Vermögen auftaucht, wird die Frage des Anfallberechtigten praktisch relevant. Solange ungeklärt ist, ob das Vereinsvermögen dem Landesfiskus angefallen ist, kann das Betreuungsgericht eine Pflegschaft für unbekannte Beteiligte anordnen (§ 1913 BGB, § 340 Nr. 1 FamFG).3
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Höchstpersönliche Rechte des Vereins, also z.B. solche aus der Mitgliedschaft in einem anderen Verein, gehen in der Regel (Ausnahmen Rz. 368) unter.4
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3. Die Liquidation (§§ 47–52 BGB) a) Erforderlichkeit und Zweck Fällt das Vereinsvermögen nicht an den Fiskus, erlangt der Anfallberechtigte nur einen Anspruch auf Ausantwortung des Vereinsvermögens. Deshalb muss eine Liquidation stattfinden, sobald bei dem Verein Vermögenswerte auch nur zu vermuten sind. Etwas anderes gilt, wenn der Verein zweifelsfrei kein geldwertes Vermögen hat. Dann kann die Liquidation auch vor Ablauf einer Sperrfrist enden5 bzw. der Verein kann ggf. gänzlich ohne Liquidation vollbeendet sein.6 In diesem Fall ist der Verein nicht mehr existent, es kann jetzt insbesondere kein Fortsetzungsbeschluss mehr gefasst werden.7
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Die Liquidation ist nicht schon entbehrlich, wenn keine Verbindlichkeiten vorhanden sind.8 In diesem Fall kommt als Erleichterung nur in Betracht, unter Verzicht
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1 KG v. 31.5.2011 – 1 W 119/08, ZErb 2011, 251. 2 KG MDR 1969, 480 = NJW 1969, 752 = OLGZ 1969, 224. 3 Saarl. OLG v. 5.11.2018 – 5 W 74/18, MDR 2019, 299 = NotBZ 2019, 143 mit Anm. Otto. Anders Eckardt in NK/BGB, § 46 Rz. 3: Nachlasspfleger (§§ 1960, 46 BGB). 4 Differenzierungen bei Dreyer, JZ 2007, 606 ff. 5 BGH v. 5.4.1979 – II ZR 73/78, BGHZ 74, 212 ff. 6 Reichert/Schörnig, Kap. 2/Rz. 4087. Auflösung und Beendigung können in diesem Fall gleichzeitig angemeldet und eingetragen werden, OLG Düsseldorf v. 21.8.2013 – 3 Wx 165/12, Rpfleger 2014, 25. 7 BGH v. 5.4.1979 – II ZR 73/78, BGHZ 74, 212 ff. 8 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 408; BayObLG v. 11.5.1982 – BReg 3 Z 39/82, GmbHR 1983, 152 = WM 1982, 1288–1291 (GmbH); Grziwotz, DStR 1992, 1404–1408 (1404).
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XXII. Rz. 1341 | Auflösung und sonstiges Erlöschen des Vereins
auf die Jahresfrist des § 51 BGB unmittelbar mit der Eintragung der Liquidatoren auch den Verein zu löschen. Dabei trifft das Vereinsregister eine erhöhte Aufklärungspflicht.1 Die Liquidatoren haben in diesem Fall unter der Versicherung, dass kein Vermögen vorhanden ist,2 sowohl die Liquidation als auch die Beendigung anzumelden.3 Dadurch sind die Liquidatoren in der Verantwortung (§ 53 BGB), wenn doch Gläubiger übergangen werden, außerdem erfolgt dann eine Nachtragsliquidation (Rz. 1366).4 Verfügt der Verein über kein (aktives) Vermögen, bestehen jedoch Verbindlichkeiten, haben die Bestimmungen über die Insolvenz des Vereins Vorrang (§ 42 BGB, ggf. i.V.m. § 48 Abs. 2 BGB). 1342
Die Liquidation (Abwicklung) dient der Verwertung und Verteilung des Vereinsvermögens. Sie erfordert – Beendigung der laufenden Geschäfte und – Befriedigung der Gläubiger sowie – Ausantwortung des übrig bleibenden Vereinsvermögens an den Anfallberechtigten (vgl. § 49 BGB). Bis zur Beendigung der Liquidation kann durch Änderung der Satzungsbestimmung über den Vermögensanfall oder durch Rückgängigmachung der Auflösung (Rz. 1333) der Anspruch des Anfallberechtigten auf das Vereinsvermögen vernichtet werden.
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Die Liquidation verändert nicht bestehende Rechtsverhältnisse des Vereins zu Dritten.5 Die Liquidatoren haben daher alle ausstehenden Leistungen zu erfüllen und Dauerschuldverhältnisse zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu kündigen bzw. sonst (vergleichsweise) zu beenden. Bis ein vollständiger Abschluss der Geschäfte möglich ist, kann die (teilweise) Fortführung der Geschäftstätigkeit erforderlich sein, dazu dürfen auch „neue Geschäfte“ eingegangen werden (§ 49 Abs. 1 S. 2 BGB). Es sind grundsätzlich auch „materiell“ neue Geschäfte möglich.6 Der Kreis der möglichen Erledigungen ist weit zu fassen7 und auszurichten am doppelgesichtigen, nicht immer gleichgerichteten Ziel einer sachgerechten zügigen Abwicklung bei bestmöglicher Wahrung der Vermögensinteressen des Vereins. Vollständig neue Aktivitäten oder Unternehmungen ohne (mittelbaren)8 Zusammenhang zu den Erfordernissen der Be-
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Reichert/Schörnig, Kap. 2/Rz. 4319. Reichert/Schörnig, Kap. 2/Rz. 4226. Reichert/Schörnig, Kap. 2/Rz. 4156. OLG Düsseldorf v. 23.1.2004 – 3 Wx 102/02, Rpfleger 2004, 293. Anders für die Fortgeltung der Pflichten aus einem Tarifvertrag BAG v. 11.11.1970 – 4 AZR 522/69, DB 1971, 483. Die Entscheidung wird weitgehend kritisch gesehen, vgl. Blomeyer, SAE 1972, 109 ff.; Hadding in Soergel, § 49 Rz. 3. Vgl. auch BAG v. 13.11.1996 – 4 AZR 289/95, ZTR 1997, 175 ff. zum normativen Teil des Tarifvertrags. 6 Schwennicke in Staudinger, § 49 Rz. 6. 7 Hadding in Soergel, § 49 Rz. 3. 8 Die mittelbare Verfolgung des Liquidationszwecks genügt, Ellenberger in Palandt, § 49 Rz. 1.
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3. Die Liquidation (§§ 47–52 BGB) | Rz. 1345 XXII.
endigung sollen nicht anzuerkennen sein.1 Je nach Größe des Vereins mag es sich ergeben, dass eine möglichst verlustbegrenzende Vermögensverwertung die zeitweise Fortführung eines Geschäftsbetriebs erfordert.2 Unzulässig sind jedenfalls neue Geschäfte, die ohne zeitliche Beschränkung auf eine unbegrenzte Fortführung des (ehemaligen) Vereinszwecks gerichtet sind3, oder die Aufnahme neuer Mitglieder.4 Denn schon die Rechtsfähigkeit des Vereins gilt teilweise als durch den Liquidationszweck beschränkt (Wortlaut des § 49 Abs. 2 BGB).5 b) Liquidatoren Die Abwicklung haben die Liquidatoren durchzuführen. Zum Liquidator ist der Vorstand im Zeitpunkt des Auflösungsbeschlusses berufen (§ 48 Abs. 1 BGB). Die Satzung kann von vornherein eine oder mehrere Personen als Liquidatoren bestimmen; sie kann die Bestimmung der Liquidatoren auch Dritten überlassen. Auch nach Beginn der Liquidation kann eine andere Person zum Liquidator bestimmt werden (§ 48 Abs. 1 S. 2 BGB).6 Liquidator kann auch eine juristische Person sein (z.B. Treuhandverband, Kirchengemeinde, Stadtgemeinde oder sonstige Körperschaft des öffentlichen Rechts).7 Die Abberufung (auch Amtsniederlegung und ihre Zulässigkeit) und Neubestellung von Liquidatoren bestimmt sich nach den für die Bestellung des Vorstands geltenden Vorschriften (§ 48 Abs. 1 BGB, dazu Rz. 480 ff.), wenn die Satzung keine gesonderte Regelung trifft. In einem dringenden Fall kann durch das Amtsgericht ein Liquidator bestellt werden (§ 29 BGB; s. Rz. 634 ff.).8 Sind die Vorstandsmitglieder Liquidatoren, dann gehört die Durchführung der Liquidation gehört zu den Geschäftsführungsaufgaben als Vorstand, denen sie sich nur durch eine (in dieser Situation nicht ohne weiteres zulässige, Rz. 512 ff.) Amtsniederlegung entziehen können.9
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Die Liquidatoren haben die rechtliche Stellung des Vorstands, soweit sich nicht aus dem Zwecke der Liquidation ein anderes ergibt (§ 48 Abs. 2 BGB). Sie vertreten also den Verein im Liquidationsstadium gerichtlich und außergerichtlich (§ 26 Abs. 2 BGB). Die Vertretungsmacht ist jedoch im Ausgangspunkt auf die Liquidationsauf-
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Schwennicke in Staudinger, § 49 Rz. 5. Reichert/Schörnig, Kap. 2/Rz. 4201. Vgl. Reichert/Schörnig, Kap. 2/Rz. 4201. BGH v. 26.6.1995 – II ZR 282/93, MDR 1996, 589 = juris Rz. 13 = LM VAG § 20 Nr. 2 (11/ 1995). Ellenberger in Palandt, § 49 Rz. 2 unter Berufung auf BGH v. 22.3.2001 – IX ZR 373/98, NJW-RR 2001, 1552 = ZIP 2001, 889 (Rechtsträgerschaft kann bezüglich künftig erworbener Rechte in Frage stehen); a.A. die wohl h.M., etwa Schwennicke in Staudinger, § 49 Rz. 28, weitere Nachweise bei jurisPK/BGB/Otto, § 49 Rz. 13. Anders als u.U. sonst beim Vorstand bedarf es also für eine Abberufung keines wichtigen Grundes, Hadding in Soergel, § 48 Rz. 3. BGH-RGRK/Steffen, Rz. 1, MünchKomm/BGB/Leuschner, Rz. 3, Hadding in Soergel, Rz. 3, je zu § 48. BayObLG München v. 27.1.1987 – BReg 3 Z 186/86, GmbHR 1987, 306 = Rpfleger 1987, 250 (251). MünchKomm/BGB/Leuschner, § 48 Rz. 3.
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XXII. Rz. 1345 | Auflösung und sonstiges Erlöschen des Vereins
gabe beschränkt.1 Zwar ist der Liquidationsverein nämlich umfassend rechtsfähig2, aber man wird den in § 49 Abs. 2 BGB dem Satzungszweck vorgeschobenen Liquidationszweck und die in § 49 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB reduzierten Aufgaben des Vorstands wegen der Eintragung der Liquidatoren im Register als im Rechtsverkehr ausreichend klare Begrenzung der Vertretungsmacht anzuerkennen haben.3 Diese Beschränkung der Vertretungsmacht ist nicht derart eng, dass alle Geschäfte, die nicht gegenständlich den in § 49 BGB bezeichneten Liquidationsangelegenheiten entsprechen, schon außerhalb der Vertretungsbefugnis liegen würden. Zu berücksichtigen ist vielmehr, dass von Vertragsgegnern oft nicht zu erkennen ist, ob ein neues Geschäft i.S.v. § 49 BGB wirklich zur Beendigung schwebender Geschäfte dient. Die im Verkehr erforderliche Sorgfalt gibt in der Regel keinen Anlass, irgendwelche Erkundungen dazu einzuziehen. Den Belangen des redlichen Geschäftsverkehrs wird durch eine enge Fassung des Begriffs des neuen Geschäfts, für das keine Vertretungsmacht der Liquidatoren besteht, und durch weite Fassung der der Vertretungsbefugnis der Liquidatoren zuzurechnenden schwebenden Geschäfte Rechnung getragen. Als schwebendes Geschäft wird daher jedes Geschäft angesehen, das in den Rahmen der in § 49 BGB bezeichneten Geschäfte fallen kann.4 Letztlich gelten Beschränkungen nur, soweit die Vertragspartner sie bei sorgfältiger Prüfung erkennen konnten.5 Da die Liquidatoren auch neue Geschäfte eingehen können6, wird das praktisch nur in Evidenzfällen anzunehmen sein.7 Die Bestellung einer Grundschuld zur Sicherung einer Forderung gegen den Liquidationsverein wurde als Abwicklungsgeschäft dem Aufgabenkreis der Liquidatoren zugerechnet.8 Die gerichtliche Durchsetzung vermeintlicher Forderungen des Vereins gehört in jedem Fall zum Kern der Liquidationsaufgabe.9 1346
Mehrere Liquidatoren vertreten gemeinsam10 (§ 48 Abs. 3 BGB). Für ihre Beschlüsse (wie Rz. 622 ff.) ist Übereinstimmung aller erforderlich, sofern nicht ein anderes bestimmt ist (§ 48 Abs. 3 BGB; Registereintragung nach § 76 Abs. 1 S. 2 BGB). Vor Neufassung des § 48 BGB zum 30.9.2009 konnte man annehmen, dass eine Satzungsbestimmung über die Einzelvertretungsbefugnis des Vorstands (oder andere Rege1 Steffen in BGB-RGRK, § 49 Rz. 3; Ellenberger in Palandt, § 48 Rz. 2; RGZ 146, 376; Erman/ Westermann, § 48 Rz. 2. A.A. MünchKomm/BGB/Leuschner, § 48 Rz. 12 (konsequent), Hadding in Soergel, § 49 Rz. 12, 13, Schwennicke in Staudinger, § 49 Rz. 27–30; Plottek, Vermögensanfalls bei Verein und Stiftung, 2014, S. 88 f.; Reichert/Schörnig, Kap. 2/Rz. 4147. 2 H.M., etwa MünchKomm/BGB/Leuschner, § 49 Rz. 17. 3 Zum Meinungsstand auch jurisPK/BGB/Otto, § 48 Rz. 5 und ausf. Plottek, Vermögensanfalls bei Verein und Stiftung, 2014, S. 88 f. 4 RG 146, 376 (378). 5 Grziwotz, DStR 1992, 1404–1408 (1405). 6 § 49 Abs. 1 S. 2 BGB, die innere Begrenzung ist für Fremde in der Regel nicht erkennbar. 7 Hier treffen sich im Ergebnis die verschiedenen Auffassungen, vgl. Hadding in Soergel, § 49 Rz. 13. 8 OLG Frankfurt v. 19.11.1979 – 20 W 708/79, Rpfleger 1980, 62 (dies für GmbH & Co. KG i.L.). 9 OVG Mainz v. 18.7.2014 – 6 A 10976/13, DVBl. 2014, 1339. 10 Steffen in BGB-RGRK, Rz. 2, MünchKomm/BGB/Leuschner, Rz. 11, Hadding in Soergel, Rz. 6, je zu § 48.
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3. Die Liquidation (§§ 47–52 BGB) | Rz. 1348 XXII.
lung), auch für die Liquidatoren galt.1 Die Rechtsprechung bewertete das jedoch schon immer anders.2 Jedenfalls für eine dem Vorstand erteilte Befreiung von § 181 BGB ist von einer herrschenden Ansicht auszugehen, die die Befreiung nicht ohne weiteres auf die Liquidatoren erstreckt.3 Mit § 48 Abs. 3 BGB n.F. entfernt sich das gesetzliche Modell zur Vertretung durch mehrere Liquidatoren (gemeinschaftlich) deutlich von dem des mehrgliedrigen Vorstands in § 26 Abs. 2 BGB n.F. (mehrheitlich). Das spricht dafür, dass die Vertretung je unterschiedliche Qualität haben soll und auch Satzungsbestimmungen zum Vorstand nicht ohne weiteres auf die Liquidatoren übertragen werden dürfen.4 Bei der Passivvertretung besteht Einzelvertretungsmacht (§§ 48 Abs. 2, 26 Abs. 2 S. 2 BGB). Die Satzung sollte also möglichst eine eindeutige Regelung treffen. Weil allerdings die Möglichkeit anderer Bestimmung unmittelbar aus § 48 Abs. 3 BGB und nicht allein aus der Satzungsdispositivität (§ 40 BGB) folgt, genügt auch ein Beschluss der Mitgliederversammlung.5 Außerdem verlangt § 76 Abs. 2 S. 4 BGB für die Anmeldung einer abweichenden Vertretungsmacht der Liquidatoren von einer vorzulegenden „Urkunde“ über die abweichende Bestimmung spricht, das kann ein Protokoll und muss nicht die Satzung sein.
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Die Auflösung des Vereins und die Liquidatoren und dabei insbesondere Art und Umfang ihres Vertretungsrechts – auch wenn vom gesetzlichen Modell nicht abgewichen wird – sind gem. § 76 Abs. 1–2 BGB im Vereinsregister einzutragen. Anmeldepflichtig ist bei Erstanmeldung der Vorstand (§ 76 Abs. 2 BGB), bei Änderungen sind es die Liquidatoren. Gerichtlich bestellte Liquidatoren (§ 29 BGB) werden von Amts wegen eingetragen (§ 76 Abs. 3 BGB). Enthält der Auflösungsbeschluss eine Satzungsänderung, so ist diese stets von den bisherigen Vorstandsmitgliedern anzumelden (§ 71 Abs. 1 BGB). Zur Anmeldung des Erlöschens des Vereins bei Beendigung der Liquidation Rz. 1642.
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1 So u.a. noch 9. Aufl., Rz. 834; bis 18. Aufl. wohl auch Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 411. Enger Reichert, Rz. 2139: Bisherige Vertretungsordnung wirkt für Vorstandsmitglieder weiter, die unter Wahrung der Kontinuität ihres Amtes Liquidatoren werden; für neu bestellte Liquidatoren gilt Gesamtvertretung, falls nicht die Satzung (oder ein Bestellungsbeschluss) etwas anderes besagt. S. auch BayObLG v. 24.10.1996 – 3Z BR 262/96, GmbHR 1997, 176 = MDR 1997, 249 = MittBayNot 1997, 49 = Rpfleger 1997, 170 für die in der Satzung niedergelegte „stete“ Einzelvertretungsbefugnis des GmbH-Geschäftsführers im Gegensatz zu der auf Satzungsgrundlage von den Gesellschaftern erteilte Vertretungsbefugnis. 2 OLG Hamburg v. 2.9.1997 – 2 U 24/96, OLGR Hamburg 1998, 109–111. Differenzierend (nur für die geborenen Liquidatoren gilt die Vertretungsordnung weiter) Reichert, Rz. 4184. 3 Hadding in Soergel, § 48 Rz. 5 m.N.; Schwennicke in Staudinger, § 48 Rz. 23; Reichert/Schörnig, Kap. 2/Rz. 4150. 4 Dafür aber Reichert/Schörnig, Kap. 2/Rz. 4143: Bisherige Vertretungsordnung wirkt für Vorstandsmitglieder weiter, die unter Wahrung der Kontinuität ihres Amtes Liquidatoren werden; für neu bestellte Liquidatoren gilt Gesamtvertretung, falls nicht die Satzung (oder ein Bestellungsbeschluss) etwas anderes besagen. 5 Reichert/Schörnig, Kap. 2/Rz. 4143; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 411; Schwennicke in Staudinger, § 48 Rz. 21. A.A. hier bis 9. Aufl., Rz. 834; MünchKomm/BGB/Arnold, 7.A. § 48 Rz. 6.
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XXII. Rz. 1349 | Auflösung und sonstiges Erlöschen des Vereins 1349
Mit Beendigung der Liquidation endet das Amt der Liquidatoren von selbst, damit endet die Vertretungsmacht der Liquidatoren ohne zusätzlichen Registereintrag (Rz. 1365). Angemeldet wird lediglich, dass die Liquidation beendet und der Verein erloschen ist (Rz. 1642). c) Durchführung der Liquidation
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Die Liquidatoren haben folgende Aufgaben (§ 49 BGB): – Beendigung der laufenden Geschäfte. Zur Beendigung schwebender Geschäfte können die Liquidatoren auch neue Geschäfte eingehen, – Umsetzung des Vereinsvermögens in Geld („Versilbern“), – Befriedigung der Gläubiger,1 – Ausantwortung des verbleibenden Vereinsvermögens an den Anfallberechtigten. Bei Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit des Vereins sind Liquidatoren (ebenso wie sonst der Vorstand, Rz. 1236) verpflichtet, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen (§ 42 Abs. 2 mit § 48 Abs. 2 und § 53 BGB).
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Die Einziehung der Forderungen sowie die Umsetzung des Vereinsvermögens in Geld darf unterbleiben, soweit diese Maßregeln nicht zur Befriedigung der Gläubiger oder zur Verteilung des Überschusses unter die Anfallberechtigten erforderlich sind (§ 49 Abs. 1 S. 1 BGB). Nicht eingezogene Vereinsforderungen sind dem Anfallberechtigten auszuantworten, d.h. abzutreten (§ 398 BGB). Nach Auflösung eines Vereins, der zugleich Tarifvertragspartei ist, gehört die Fortführung des Tarifvertrages nicht zu den Aufgaben des Liquidationsverfahrens.2
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Die Liquidationsgeschäfte führen die Liquidatoren nach Maßgabe des Gesetzes (§§ 49–53 BGB) selbständig. Diese Geschäftsführung ist unentziehbar; nur für die durch gesetzliche Vorschriften nicht bestimmte Art der Geschäftsführung sind die Liquidatoren wie der Vorstand (Rz. 560) an die Weisung der zuständigen Vereinsorgane gebunden. Anfallberechtigter und Gläubiger sind nicht weisungsbefugt. Rechenschaft erstatten der Liquidator wie der Vorstand dem zuständigen Vereinsorgan (meist der Mitgliederversammlung), das auch Entlastung erteilt. Bei kleinen Vereinen mit geringem Vermögen wird allerdings im Auflösungsbeschluss oft zugleich der Verzicht auf nochmalige Berufung einer Versammlung und Rechenschaftsbericht erblickt werden können.
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Liquidatoren haben (wie der Vorstand, Rz. 582 ff.) Anspruch auf Aufwendungsersatz (§ 27 Abs. 3 mit § 48 Abs. 2, § 670 BGB). Ihre Tätigkeit ist (wie die des Vorstands) ehrenamtlich; Anspruch auf Vergütung besteht damit nicht (Ausnahme bei Satzungsregelung oder besonderem Verpflichtungsgrund).
1 Niemeyer/König MDR 2014, 749. 2 BAG BB 1971, 566 = Betrieb 1971, 483 = BGH v. 1.3.1971 – II ZR 53/69, NJW 1971, 822.
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3. Die Liquidation (§§ 47–52 BGB) | Rz. 1357 XXII.
Der Name des Vereins ändert sich mit Liquidation nicht. Es ist gesetzlich auch nicht vorgesehen (wie z.B. in § 269 Abs. 5 AktG, § 68 Abs. 2 GmbHG, § 85 Abs. 3 GenG), dass die Abwickler dem Namen des Vereins nunmehr einen die Liquidation bezeichnenden Zusatz anzufügen haben. Daher ist Handeln unter dem Namen des Vereins Handeln im Namen des vertretenen Liquidationsvereins (§ 164 BGB). Für Abgabe einer Willenserklärung gegenüber dem Verein genügt daher auch Abgabe gegenüber einem von mehreren Abwicklern (§ 28 Abs. 2 mit § 48 Abs. 2 BGB); ebenso genügt die Zustellung an einen Liquidator (§ 170 Abs. 3 ZPO). Bezeichnung des Vereins mit einem Liquidationsnamen („in Liquidation“; „i.L.“) ist gleichwohl zulässig und üblich. Für den Umfang ihrer Vertretungsmacht (Rz. 1345) haben Abwickler jedenfalls ihre rechtliche Stellung als Liquidatoren offen zu legen. Wird das Liquidationsstadium des Vereins einem Vertragspartner nicht offenbart, so kann das (ebenso wie bei Handeln für eine Liquidationsgesellschaft1) zur Schadenshaftung der Abwickler führen.
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Zur Abwicklung gehört auch die Fortführung laufender Rechtsstreitigkeiten.2 Etwas anderes kommt allerdings in Frage für Verfahren, die allein der Sicherung künftiger werbender Vereinstätigkeit dienen könnten.3 Darlegungs- und Beweislast für ein Überschreiten der Abwicklungsbefugnisse treffen denjenigen, der eine Grenzüberschreitung behauptet.
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Dem Anfallberechtigten haben die Liquidatoren ein Verzeichnis des herauszugebenden Vermögensbestandes vorzulegen (§ 260 Abs. 1 BGB). Besteht Grund zur Annahme, dass das Verzeichnis nicht mit der erforderlichen Sorgfalt aufgestellt ist, so haben die Liquidatoren als Verpflichtete die eidesstattliche Versicherung des § 260 Abs. 2 BGB abzugeben. Letzteres gilt nicht in Angelegenheiten von geringer Bedeutung (§ 260 Abs. 3 i.V.m. § 259 Abs. 3 BGB).
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d) Insbesondere die Versilberung des Vermögens Forderungen des Vereins – einschließlich fälliger Beiträge4 – sind einzuziehen oder (insbesondere bei erst später fälligen Ansprüchen) durch Verkauf zu Geld zu machen. Erscheint der Geldeinzug wegen Zahlungsschwierigkeiten oder Weigerung des Schuldners wirtschaftlich aussichtslos, entscheiden die Liquidatoren nach pflichtgemäßem Ermessen, ob sie gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen.5 Das übrige Aktivvermögen des Vereins ist zu realisieren durch Veräußerung der Vermögensgegen-
1 Für GmbH z.B. OLG Frankfurt v. 18.9.1991 – 21 U 10/90, GmbHR 1992, 537. 2 Bei Personenverschiedenheit zwischen Vorstand und Liquidator im laufenden Prozess sind §§ 241, 246 ZPO zu beachten. 3 Z.B. Klagen des Vereins auf Unterlassung von Wettbewerb. Vgl. Hadding in Soergel, § 49 Rz. 4. 4 Die Beitragspflicht endet in der Regel mit Auflösung, BGH v. 11.11.1985 – II ZR 37/85, MDR 1986, 646. 5 Vgl. Reichert/Schörnig, Kap. 2/Rz. 4209.
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XXII. Rz. 1357 | Auflösung und sonstiges Erlöschen des Vereins
stände des Vereins, dabei ist auch Verkauf im Ganzen ohne Zustimmung der Mitgliederversammlung möglich (str.).1 1358
Geldwerte immaterielle Rechte, die mit dem Vermögen in Zusammenhang stehen (z.B. Urheberrechte) unterliegen der Verwertung. Persönlichkeitsrechte des Vereins fallen aber nicht in jedem Fall unter die Liquidation, je nach Einzelfall können sie mit Vollbeendigung des Vereins untergehen oder an der Liquidation vorbei bei dem nichtrechtsfähig fortgesetzten Verein verbleiben.2
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§ 49 Abs. 1 S. 3 BGB begrenzt die Pflicht zur „Versilberung“ des Vermögens. Sie ist nicht erforderlich, wenn die Vereinsgläubiger auch so befriedigt werden können. Das kann z.B. in der Weise erfolgen, dass sich die Gläubiger mit der Übernahme von Vermögensgegenständen des Vereins an Erfüllung statt (§ 364 BGB) bereitfinden. Die Anfallberechtigten können den Überschuss „in Natur“3 übernehmen.4 Auf die Bereitschaft des Anfallberechtigten soll es nicht ankommen, wenn die Mitgliederversammlung – soweit sie die Person des Anfallberechtigten auch ändern könnte – die unmittelbare Übertragung des Überschusses anordnet.5 e) Gläubigeraufforderung und Vermögensauskehr
1360
Die Auflösung des Vereins (oder die Entziehung der Rechtsfähigkeit) ist durch die Liquidatoren öffentlich bekannt zu machen (§ 50 Abs. 1 S. 1 BGB). Die Bekanntmachung hat auch zu erfolgen, wenn die Liquidatoren annehmen, Gläubiger seien nicht vorhanden oder alle Vereinsgläubiger seien bekannt. Das Gesetz sieht nur eine einmalige Bekanntmachung vor; die Liquidatoren können aber nach ihrem Ermessen – insbesondere bei größerem Vereinsvermögen – eine mehrmalige Bekanntmachung vornehmen. In der Bekanntmachung sind die Gläubiger zur Anmeldung ihrer Ansprüche aufzufordern (§ 50 Abs. 1 S. 2 BGB). Die Bekanntmachung erfolgt durch das in der Satzung für Veröffentlichungen bestimmte Blatt. Ein nicht öffentliches Vereinsblatt genügt an dieser Stelle jedoch nicht.6 Ist kein geeignetes Medium bestimmt, erfolgt die Veröffentlichung in dem Blatt, welches für Bekanntmachungen des Amtsgerichts (nicht des Registergerichts nach § 11 HGB) bestimmt ist, in dessen Bezirk der Verein seinen Sitz hatte (§ 50a BGB). Bei einem zentralen Vereinsregister ist also nicht das Blatt des Amtsgerichts maßgeblich, das das Vereinsregister führt.7 Diese Regelung geht davon aus, dass die Bekanntmachung im Blatt des Amtsgerichts des Vereinssitzes den Vereinsgläubigern am wahrscheinlichsten zur Kenntnis gelangen wird. Die Bekanntmachung gilt mit dem Ablauf des zweiten Tages nach der Einrückung oder der ersten Einrückung als bewirkt. Die Bekanntmachung ist auch dann 1 Erman/Westermann, § 49 Rz. 1;Schwennicke in Staudinger, § 49 Rz. 12; a.A. noch Weick in Staudinger, § 49 Rz. 7. Ausführlich Lettl, AcP 203 (2003), 149 ff. 2 Hadding in Soergel, § 45 Rz. 4. Für Verbleib des Namens ausschließlich beim fortgesetzten Verein Reuter in MünchKomm/BGB, 6.A. §§ 45–47 Rz. 2. 3 Hadding in Soergel, § 49 Rz. 6. 4 MünchKomm/BGB/Leuschner, § 49 Rz. 8. 5 Hadding in Soergel, § 49 Rz. 6. 6 Schwennicke in Staudinger, § 50 Rz. 9. 7 Hadding in Soergel, Rz. 2 zu § 50; Reichert, Rz. 2154; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 413.
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3. Die Liquidation (§§ 47–52 BGB) | Rz. 1364 XXII.
erforderlich, wenn die Liquidatoren davon ausgehen, dass keine Verbindlichkeiten bestehen oder alle Gläubiger bereits bekannt sind. M 50 Bekanntmachung der Auflösung und Gläubigeraufforderung Der Verein … ist aufgelöst. Seine Gläubiger werden aufgefordert, ihre Ansprüche bei dem Liquidator (Anschrift: …) anzumelden. …, den … Name des Liquidators
Bekannte Gläubiger sind durch besondere Mitteilung zur Anmeldung aufzufordern (§ 50 Abs. 2 BGB), also direkt anzuschreiben. Fällt das Vereinsvermögen den Mitgliedern an (Rz. 1336) und ist die Mitgliederzahl zur Zeit der Auflösung oder Entziehung der Rechtsfähigkeit unbekannt, so sind die Mitglieder in entsprechender Anwendung des § 50 BGB zur Anmeldung öffentlich aufzufordern; nach Ablauf der Sperrfrist ist das Vermögen an die Mitglieder auszukehren, die sich bis dahin gemeldet haben.1
1361
Das Vermögen darf dem oder den Anfallberechtigten nicht vor dem Ablauf eines Jahres nach der Bekanntmachung der Auflösung des Vereins (oder der Entziehung der Rechtsfähigkeit) ausgeantwortet werden (sog. Sperrjahr, § 51 BGB). Bekannte Gläubiger müssen auch nach Ablauf des Sperrjahres noch befriedigt werden. Meldet sich ein bekannter Gläubiger nicht, so ist der geschuldete Betrag, wenn die Berechtigung zur Hinterlegung vorhanden ist (dazu §§ 372 ff. BGB), für diesen Gläubiger zu hinterlegen (§ 52 Abs. 1 BGB). Die Hinterlegung hat bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgericht zu erfolgen. Ist die Berichtigung einer Verbindlichkeit zurzeit nicht ausführbar oder ist eine Verbindlichkeit streitig, so darf das Vermögen den Anfallberechtigten nur ausgeantwortet werden, wenn dem Gläubiger Sicherheit geleistet ist (§ 52 Abs. 2 BGB). Unbekannte Gläubiger, die sich erst nach Ablauf des Sperrjahres und Herausgabe des Vereinsvermögens an den Anfallberechtigten melden, haben keinen Anspruch mehr an den erloschenen Verein; sie können auch keine Ansprüche auf das Vereinsvermögen gegen den Anfallberechtigten erheben.2
1362
Liquidatoren, welche die ihnen obliegenden Verpflichtungen verletzen oder vor der Befriedigung (bzw. Sicherstellung) der Gläubiger Vermögen den Anfallberechtigten ausantworten, sind, wenn ihnen ein Verschulden zur Last fällt, den Gläubigern für den daraus entstehenden Schaden verantwortlich (§ 53 BGB). Mehrere Liquidatoren haften als Gesamtschuldner, d.h. jeder ist bis zur einmaligen Befriedigung des Gläubigers zur vollen Leistung verpflichtet (§ 421 BGB).
1363
Der Anfallberechtigte, dem vorzeitig bereits während des Sperrjahres Vermögen überlassen wurde, haftet aus ungerechtfertigter Bereicherung nach § 812 BGB.3 Der Bereicherungsanspruch steht nur dem Verein, nicht aber unmittelbar dem Gläubiger
1364
1 LG Berlin MDR 1958, 768 = NJW 1958, 1874 und 1959, 58 mit abl. Anm. Kubisch. 2 Deshalb muss über das Sperrjahr hinaus in aller Regel keine Rückstellung gebildet werden, s. dazu Niemeyer/König, MDR 2014, 749. 3 Generell zur causa des Vermögensanfalls Plottek, S. 78 ff.
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XXII. Rz. 1364 | Auflösung und sonstiges Erlöschen des Vereins
zu. Der Gläubiger kann den Anspruch des Vereins an den Anfallberechtigten aber pfänden und dann nach Überweisung (§ 835 ZPO) selbst geltend machen. Die Haftung der Liquidatoren tritt auch ein, wenn sie dem Anfallberechtigten das Vereinsvermögen vorzeitig überlassen und mit ihm vereinbaren, dass er die Vereinspflichten übernimmt. Solche Vereinbarungen sind jedoch wirksam. Sie ermöglichen bei Zuverlässigkeit und sicheren Vermögensverhältnissen des Anfallberechtigten sowie nur geringem Vereinsvermögen und überschaubaren oder nicht vorhandenen Verbindlichkeiten den praktisch oft erwünschten Abschluss der Liquidation vor Ablauf des Sperrjahres. 1365
Für die Verteilung zwischen mehreren Anfallberechtigten sind die Liquidatoren nicht zuständig.1 Mit der Beendigung der Liquidation ist die Vertretungsmacht der Liquidatoren erloschen. Beendet ist die Liquidation, wenn keine Liquidationsmasse (kein zu verteilendes Vereinsvermögen) mehr vorhanden ist. Der erloschene und im Vereinsregister gelöschte Verein kann in gerichtlichen Verfahren nicht mehr handeln, also nicht mehr klagen oder verklagt werden und keine Rechtsmittel mehr einlegen.2 Erlischt der Verein während eines Rechtsstreits mit Beendigung der Liquidation, so ist die gegen ihn gerichtete Klage als unzulässig abzuweisen.3 f) Nachtragsliquidation
1366
Stellt sich nach Beendigung der Liquidation heraus, dass noch verteilbares Vereinsvermögen vorhanden ist oder sonst Abwicklungsmaßnahmen erforderlich werden, so wird die Liquidation wieder aufgenommen (sog. Nachtragsliquidation).4 Das gilt auch, wenn beim Verein zwar materiell keine Vermögenswerte mehr vorhanden sind, aber eine Mitwirkung des Vereins zur Beseitigung formaler Rechtspositionen erforderlich ist.5
1367
Für die Nachtragsliquidation gilt der Verein auch dann als fortbestehend, wenn er im Vereinsregister bereits gelöscht ist. Ist der Verein im Vereinsregister noch nicht gelöscht, so wird die Nachtragsliquidation von den noch eingetragenen bisherigen Li-
1 Grziwotz, DStR 1992, 1404 ff. (1405). 2 OLG Düsseldorf NJW 1966, 1035. Liquidationsmasse kann auch der Bereicherungsanspruch an den Anfallberechtigten sein. Daher keine Beendigung der Liquidation, wenn diesem Vermögen vorzeitig übergeben wurde, ohne dass Gläubiger vorab befriedigt worden sind; OLG Düsseldorf v. 23.1.2004 – 3 Wx 102/02, OLGR 2004, 167 = Rpfleger 2004, 293. 3 BGHZ 74, 212 = JZ 1979, 566 mit Anm. Theil = MDR 1979, 822 = NJW 1979, 1592. Besonderheit: Wenn nicht Zahlung verlangt wird, sondern ein Klagebegehren vorliegt, für das ein schutzwertes Interesse auch dann besteht, wenn davon ausgegangen wird, dass die juristische Person vermögenslos ist (Zeugnisanspruch; Kündigungsrechtsstreit zur Feststellung, dass die außerordentliche Kündigung eines Arbeitnehmers wegen Vertragsverletzung unwirksam ist); BAG NJW 1982, 1831 (zugleich mit krit. Stellungnahme zu BGHZ 74, 212 und m.w.N.). 4 RG HRR 1930 Nr. 734; RG 77, 387 (391), OLG Düsseldorf NJW 1966, 1035. 5 Z.B. Grundbuchlöschungen, Entgegennahme von Zustellungen; vgl. Hadding in Soergel, § 49 Rz. 15. Formale Gläubigerstellung aus Grundbucheintrag genügt, Saarl. OLG v. 14.1.2019 – 5 W 87/18, NotBZ 2020, 115 =FGPrax 2019, 125.
670 | Stöber/Otto
4. Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 42 BGB; § 11 InsO) | Rz. 1370 XXII.
quidatoren durchgeführt, wenn sie ihr Amt nicht schon niedergelegt haben. Ist der Verein nach Beendigung der Liquidation im Vereinsregister gelöscht worden, so lebt für später notwendige weitere Abwicklungsmaßnahmen die Vertretungsbefugnis der früheren Abwickler nicht wieder auf.1 Das Gericht hat vielmehr auf Antrag gem. § 29 BGB Notliquidatoren zu bestellen. Das können die bisherigen, aber auch oder andere Abwickler sein. Wer behauptet, als Gläubiger im Verteilungsverfahren übergangen zu sein, ist antragsberechtigt. Ein rechtliches Interesse kann auch haben, wessen Grundstück durch formale Rechtspositionen des Vereins belastet ist, ebenso ein ehemaliger Arbeitnehmer des Vereins wegen seines Zeugnisanspruchs. Kein rechtliches Interesse wird aber Kaufinteressenten eines Grundstücks zugesprochen, für das noch der Verein im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist.2 Der Wirkungskreis der bestellten Liquidatoren kann auf bestimmte Einzelmaßnahmen festgelegt werden. Das wird stets geboten sein; von Amts wegen bei Bestellung zu prüfen ist, ob die Beschränkung der Aufgaben anzuordnen ist. Die Beschränkung des Aufgabenkreises der bestellten Abwickler bestimmt auch den Umfang ihrer Vertretungsmacht.3 Die gerichtlich bestellten Nachtragsliquidatoren (und ihre Vertretungsmacht) sind von Amts wegen in das Vereinsregister einzutragen (§ 67 Abs. 2 BGB). Aus wichtigem Grund kann der Nachtragsliquidator (auf Antrag oder von Amts wegen) abberufen und ein neuer Liquidator bestellt werden. Rechtsbehelf gegen die Entscheidung über die Bestellung und Abberufung: Beschwerde.
1368
g) Politische Parteien Über die Auflösung einer Partei (ihres Gebietsverbandes) beschließt der Parteitag (§ 9 Abs. 3 PartG), bei einem nachgeordneten Gebietsverband dessen Hauptversammlung (§ 9 Abs. 1 PartG). Unter bestimmten Umständen kann auch der Parteitag oder die Hauptversammlung der übergeordneten Gliederung einen angeschlossenen Gebietsverband auflösen (§§ 9 Abs. 3, 16 PartG). Überdies muss eine Urabstimmung der Mitglieder stattzufinden, wenn der Parteitag die Auflösung der Partei oder eines Gebietsverbandes beschlossen hat (§ 6 Abs. 2 Nr. 11 PartG).
1369
4. Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 42 BGB; § 11 InsO) a) Auflösung des Vereins Aufgelöst (Rz. 1326) wird der Verein auch durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 42 Abs. 1 S. 1 BGB). Im Falle der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschul-
1 BGHZ 53, 264 = LM GmbHG § 74 Nr. 2 mit Anm. Fleck = MDR 1970, 572 = NJW 1970, 1044; a.A. Ellenberger in Palandt, § 49 Rz. 3; s.a. (wegen abweichender Ansicht für Personenhandelsgesellschaft) BGH BB 1979, 1211 = MDR 1979, 932 = NJW 1979, 1987. 2 Saarl. OLG v. 5.11.2018 – 5 W 74/18, BGH v. 19.10.2017 – IX ZR 79/16, MDR 2018, 622 = NotBZ 2018, 143 mit Anm. Otto. 3 KG v. 7.7.1998 – 1 W 6250/96, AG 1999, 123 = Rpfleger 1998, 520 (für Aktiengesellschaft).
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1370
XXII. Rz. 1370 | Auflösung und sonstiges Erlöschen des Vereins
dung hat der Vorstand (haben die Liquidatoren) die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen. Dazu und zur Haftung s. Rz. 1236. 1371
Seit der Neufassung zum 30.9.2009 führt ferner der rechtskräftige Beschluss des Insolvenzgerichts zur Auflösung, mit dem die Insolvenzeröffnung mangels Masse abgelehnt wird. Der Verein besteht damit auch im Insolvenzverfahren als rechtsfähig fort (§ 49 Abs. 2 BGB). Erloschen ist er erst, wenn die Verteilung des Vermögens im Insolvenzverfahren beendet ist, damit bei Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach Schlussverteilung (§ 200 InsO; vorbehaltlich einer Nachtragsverteilung, § 203 InsO) sowie (vorbehaltlich einer Nachtragsverteilung) nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit (§ 211 InsO).
1372
Für das Insolvenzverfahren besteht der Verein als rechtsfähiger Verein fort (Rz. 1370). Bedeutsam ist, dass auch Vermögen, das der Verein während des Insolvenzverfahrens erwirbt, zur Insolvenzmasse gehört (§ 35 InsO).
1373
Die Verwertung der Masse erfolgt durch den Insolvenzverwalter in der Abwicklungsprozedur der InsO.1 Für eine Liquidation nach vereinsrechtlichen Regeln (§ 47 BGB Rz. 1350 ff.) ist erst nach Verfahrenseinstellung mangels Masse (§ 207 Abs. 1 InsO), Anzeige der Masseunzulänglichkeit (§ 211 InsO) oder dann Raum, wenn schon die Verfahrenseröffnung mangels Masse abgelehnt war. Wegen des insolvenzfreien Vermögens wird sie teilweise auch für alle anderen Fälle für erforderlich gehalten.2
1374
Das Verwaltungs- und Verfügungsrecht wird durch den Insolvenzverwalter ausgeübt (§ 80 Abs. 1 InsO). Der Verein als Insolvenzschuldner verliert mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Befugnis, über sein zur Insolvenzmasse gehörendes Vermögen (zu diesem §§ 35, 36 InsO) zu verfügen. Über § 80 InsO hinaus werden die Organe des Vereins durch die Zuständigkeit des Insolvenzverwalters nicht verdrängt. Soweit das Insolvenzrecht nichts anderes verlangt, besteht die Organisationsverfassung des Vereins fort. Nicht der Insolvenzverwalter, sondern allein das satzungsgebende Organ bleibt z.B. zuständig für eine Änderung des Vereinsnamens.3
1375
Vertreten wird der Verein als Insolvenzschuldner im Insolvenzverfahren durch seinen Vorstand4 (§ 26 Abs. 2 BGB) oder (bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach Auflösung, § 11 Abs. 3 InsO) durch Liquidatoren (§ 48 BGB).
1376
Die Vereinsmitgliedschaft in dem als fortbestehend geltenden Verein endet mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht;5 sie dauert über die Verfahrenseröffnung hinaus an. Dem Verein können Mitglieder weiterhin beitreten, wenn der Verein nicht
1 Schmidt, ZGR 1998, 633–671 (634). 2 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 400. Nach der Fassung des § 47 BGB erscheint das m.E. nicht zwingend. 3 Vgl. zur GmbH: BGH v. 26.11.2019 – II ZB 21/17, MDR 2020, 296 = NotBZ 2020, 189 (Vossius) = ZIP 2020, 266. 4 OLG Köln Rpfleger 2002, 570 (571). 5 BGH v. 11.11.1985 – II ZR 37/85, MDR 1986, 646 = NJW 1986, 1604; OLG Köln Rpfleger 2002, 570 (571).
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4. Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 42 BGB; § 11 InsO) | Rz. 1381 XXII.
rechtsfähig fortbesteht. Vereinsmitglieder sind auch zum Austritt berechtigt (§ 39 BGB). Beitragspflicht nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens s. Rz. 436. Die Mitgliederversammlung ist als Organ des Vereins auch während des Insolvenzverfahrens für Angelegenheiten beschlussfähig, die nicht vom Insolvenzverwalter zu besorgen oder im Insolvenzverfahren abzuwickeln sind. Sie kann daher auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch einen Vorstand wählen oder abberufen, den Vorstand entlasten, eine Änderung der Satzung beschließen, z.B. hinsichtlich des Anfallberechtigten für das nach Abschluss des Insolvenzverfahrens übrig bleibende Vermögen (§ 45 BGB). Auch im laufenden Insolvenzverfahren ist noch eine Satzungsänderung dahin möglich, dass der Verein als nicht rechtsfähiger Verein fortbestehen soll (§ 42 Abs. 1 S. 3 BGB) . Wirkung hat sie erst nach Aufhebung oder Einstellung des Insolvenzverfahrens.
1377
Die Satzungen von Dachverbänden sehen häufig vor, dass die Mitgliedschaft korporierter Mitglieder bei deren Insolvenz endet.1. Sonderprobleme stellen sich für die Teilnahmeberechtigung von Mitgliedern des insolventen Sportvereins am Wettkampfbetrieb.2
1378
Wird der Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf Beschwerde (§ 34 Abs. 2 InsO) aufgehoben, gilt die Auflösung des Vereins als nicht eingetreten.
1379
b) Fortbestand des eingetragenen Vereins Die Fortsetzung des (rechtsfähigen) Vereins kann die Mitgliederversammlung beschließen, wenn
1380
– das Insolvenzverfahren auf Antrag des Vereins als Insolvenzschuldner eingestellt worden ist, oder – das Insolvenzverfahren nach Bestätigung des Insolvenzplans3, der den Fortbestand des Vereins vorsieht, aufgehoben ist (§ 42 Abs. 1 S. 2 BGB).4 Eingestellt wird das Insolvenzverfahren auf Antrag wegen Wegfalls des Eröffnungsgrundes (§ 212 InsO) oder mit Zustimmung der Gläubiger (§ 213 InsO). Fortsetzung des Vereins ist dagegen nicht möglich, wenn das Insolvenzverfahren mangels Masse (§ 207 InsO) oder nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit (§ 211 InsO) eingestellt worden ist. Für den Fortsetzungsbeschluss ist die einfache Mehrheit der erschienenen Mitglieder (oder eine in der Satzung vorgesehene andere Mehrheit) erforderlich (§ 32 Abs. 1 S. 3 BGB; Rz. 992). Einen Fortsetzungsbeschluss kann die Mitgliederversamm1 Soweit noch von „Konkurs“ die Rede ist, ist das nicht immer gleichbedeutend. Dazu Pfister, SpuRt 2002, 103 (104). 2 Dazu Haas, NZI 2003, 177–184. Zum Schicksal von Spiellizenzen König/Vries, SpuRt 2006, 96–101; Fröhlich/Fröhlich, SpuRt 2013, 192–196. 3 Der Insolvenzplan selbst bedarf keiner Zustimmung durch die Mitgliederversammlung, LG Potsdam v. 14.11.2013 – 2 T 62/13, ZIP 2013, 641. 4 Ausf. zur Planinsolvenz als Sanierungsplan eines Profisportvereins Laschinski/Kührt, SpuRt 2020, 232 ff.
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1381
XXII. Rz. 1381 | Auflösung und sonstiges Erlöschen des Vereins
lung fassen, wenn der Beschluss, durch den das Insolvenzverfahren eingestellt (§ 214 Abs. 2 InsO) oder aufgehoben (§ 258 Abs. 1 InsO) wird, wirksam geworden ist (§ 9 Abs. 1 S. 3 InsO). Ein vor diesem Zeitpunkt gefasster Fortsetzungsbeschluss könnte keine Wirkungen äußern. Einberufung der Mitgliederversammlung vor Wirksamwerden des Beschlusses auf einen danach stattfindenden Versammlungstag ist jedoch als zulässig zu erachten. In die Tagesordnung der zur Beschlussfassung über die Fortsetzung des Vereins berufenen Mitgliederversammlung können als Beschlussgegenstände auch weitere Angelegenheiten des Vereins aufgenommen werden; als Organ des Vereins ist die Mitgliederversammlung unverändert zuständig (Rz. 1377). 1382
Die Beitragspflicht lebt mit Fortsetzung des Vereins wieder auf. Für überstimmte Vereinsmitglieder kann die (gesetzlich mögliche) Fortsetzung des Vereins keinen wichtigen Grund für Austritt ohne Bindung an eine satzungsgemäße Kündigungsfrist (§ 39 Abs. 2 BGB) begründen. Neubestellung des Vorstands gebietet die Fortsetzung des Vereins nicht (der satzungsmäßig bestellte Vorstand vertritt den Verein weiter, Rz. 1375), wird aber vielfach zweckmäßig sein. c) Fortbestand als nicht eingetragener Verein
1383
Schon nicht zur Auflösung, sondern unmittelbar zum Fortbestand als nichtrechtsfähiger Verein (i.S.d. § 54 BGB) führen Verfahrenseröffnung bzw. Ablehnung mangels Masse, wenn die Satzung das ausdrücklich vorsieht (§ 42 Abs. 1 S. 3 BGB).1 Ein einfacher Beschluss der Mitgliederversammlung genügt hierfür nicht. Der Verein kann sich damit stets (somit auch in den Fällen, in denen Abs. 1 S. 2 des § 42 BGB Fortsetzungsbeschluss nicht ermöglicht) den Fortbestand als (angesichts der Rechtsprechung2 nur noch sog.) „nicht rechtsfähiger“ Verein sichern, damit die Vereinstradition aufrechterhalten und die Vereinsziele in der Rechtsform des § 54 BGB weiter verfolgen.
1384
Fortbestand des Vereins nach dieser Regelung bewirkt automatisch auch Änderung der Satzung; die nach § 57 Abs. 1 BGB notwendige Bestimmung, „dass der Verein eingetragen werden soll“, und der Namenszusatz „eingetragener Verein“ (§ 65 BGB) entfallen. Der Satzungswortlaut sollte durch Änderungsbeschluss der Mitgliederversammlung des nicht rechtsfähigen Vereins alsbald angeglichen werden.
1385
Auch wenn die Satzung im Falle des Insolvenzverfahrens Fortbestand als nicht rechtsfähiger Verein bestimmt, kann Fortsetzung als eingetragener Verein (jedoch nur) unter den Rz. 1380 bezeichneten Voraussetzungen beschlossen werden (§ 42 Abs. 1 S. 3 Halbs. 2 BGB). Der Verein, der zunächst als Verein nach § 54 BGB fortbesteht, kann nach Abschluss des Insolvenzverfahrens Rechtsfähigkeit außerdem mit Satzungsänderung und Eintragung in das Vereinsregister wieder erlangen.
1 Einerseits ist daher für die Praxis Durchsicht und ggf. Änderung bestehender Satzungen zu empfehlen (Hadding in Soergel, § 42 Rz. 10c), andererseits bleibt die Fortsetzung als nicht eingetragener Verein wegen der grundsätzlich persönlichen Haftung wohl ein Ausnahmefall (Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 400). 2 BGH v. 2.7.2007 – II ZR 111/05, NJW 2008, 69 = MDR 2007, 1446.
674 | Stöber/Otto
5. Andere Beendigungsgründe | Rz. 1390 XXII.
d) Vermögensloser Verein Die Löschung eines vermögenslosen Vereins von Amts wegen oder auf Antrag der Steuerbehörde ist nicht vorgesehen; § 394 FamFG ist nicht entsprechend anwendbar. Die Abweisung des Insolvenzantrags mangels Masse (§ 26 Abs. 1 InsO) ist dagegen Auflösungsgrund.1
1386
5. Andere Beendigungsgründe a) Entziehung der Rechtsfähigkeit bei Zweckverfehlung des wirtschaftlichen Vereins (§§ 43, 44 BGB) Die Rechtsfähigkeit kann dem konzessionierten (wirtschaftlichen) Verein entzogen werden, wenn er einen anderen als den in der Satzung bestimmten Zweck verfolgt.2 Zuständigkeit (s. Anhang C.2) und Verfahren bestimmen sich nach dem Landesrecht des Vereinssitzes (§§ 43, 44 BGB). Mit Entzug der Rechtsfähigkeit ist der Verein nicht beseitigt, er tritt vielmehr in die Liquidation ein und kann grundsätzlich auch als Verein i.S.d. § 54 BGB (nichtwirtschaftlich), GbR oder Personenhandelsgesellschaft (wirtschaftlicher Vereinszweck) fortbestehen.
1387
Die Behörde „kann“ den Entzug aussprechen. Inwieweit damit eine Ermessensausübung verlangt wird, ist umstritten, ein Teil der Literatur sieht darin nur die Zuständigkeitszuweisung an die Behörde.3 Auf eine pflichtgemäße Ermessensausübung kann wohl nicht verzichtet werden.4 Die Bestimmung regelt den Fall einer von Anfang an bestehenden Zweckverfehlung nicht abschließend, es kommt auch ein Widerruf der Konzession nach § 49 Abs. 2 VwVfG in Betracht.5
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b) Zeitablauf und Zweckerreichung Auflösung kann auch erfolgen durch Ablauf der für die Dauer des Vereins in der Satzung bestimmten Zeit (vgl. § 74 Abs. 2 BGB) oder Eintritt eines anderen Ereignisses, das die Satzung als Auflösungsgrund bestimmt (praktisch weitgehend bedeutungslos). Vorgesehen sein kann z.B. Auflösung mit Aufgabe oder Verlust der Eigenschaft als Mitgliedsverein (wie Landesgruppe) einer Organisation.6
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Ist ein in der Satzung bestimmter Zweck erreicht, könnte man an eine automatische Auflösung des Vereins denken. Ebenso, wenn der Zweck endgültig nicht erfüllbar wird (Bedingungsausfall). Weil der Vereinszweck immer einer gewissen Anpassung durch Zeitlauf unterliegt,7 wäre ein solcher Automatismus ein zu starker Eingriff in die Ver-
1390
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Anders § 42 BGB a.F. (bis 29.9.2009). Zum Ganzen jurisPK/BGB/Otto, § 43 Rz. 2 ff. Vgl. Schmidt, NJW 1998, 1124–1126. Hadding in Soergel, § 43 Rz. 6; Sauter/Schweyer/Waldner, bis 18. Aufl., Rz. 403. Ellenberger in Palandt, § 43 Rz. 1. Fall von LG Bremen v. 19.9.1995 – 2 T 516/95, Rpfleger 1996, 72. BayObLG v. 25.1.2001 – 3Z BR 319/00, NJW-RR 2001, 1260.
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XXII. Rz. 1390 | Auflösung und sonstiges Erlöschen des Vereins
einsautonomie. Es ist also auch in diesen Fällen ein Auflösungsbeschluss der Mitgliederversammlung erforderlich. Beispiel:1 Fassung der Gründungssatzung 2004: „Zweck des Vereins ist die Aufbringung von Geldmitteln für die Innenrestaurierung der im Jahre 1747 erbauten Pfarrkirche St. … in H“. Im Jahr 2013 ist die Innenrestaurierung abgeschlossen. Da man weiter ein erhebliches Interesse an einer Förderung des historischen Ensembles sehe, wird die folgende Neufassung vorgeschlagen und beschlossen: „Zweck des Vereins ist die Förderung der Pfarrkirche H… mit dem gesamten Pfarrzentrum …“. Obwohl das OLG Zweibrücken unmissverständlich ausspricht, dass der ursprüngliche Vereinszweck bereits erfüllt ist, sieht er die neue Fassung der Satzungsbestimmung nicht als Zweckänderung, sondern als Änderung der Satzung. Dass der Verein bereits beendet sein könnte, wird in der Entscheidung im Ergebnis zu Recht nicht behandelt. Die Möglichkeit, den Vereinszweck hier konsequent zu erweitern, wäre dem Verein sonst abgeschnitten.2
c) Verbot des Vereins 1391
Ein Verbot des Vereins nach öffentlichem Vereinsrecht (Art. 9 Abs. 2 GG) regeln § 3 und §§ 4–9 VereinsG.3 Voraussetzung ist die (auch vorläufige) behördliche Feststellung, dass seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder dass er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet. Strafgerichtliche Ermittlungsverfahren oder gar Verurteilungen sind nicht Voraussetzung.4 Das Gebot der Verhältnismäßigkeit ist zu achten. Ist der Verbotstatbestand des Art. 9 Abs. 2 GG festgestellt, muss eine Vereinigung verboten werden; stehen aber Maßnahmen zur Verfügung, um die in Art. 9 Abs. 2 GG benannten Rechtsgüter gleich wirksam zu schützen, gehen sie als mildere Mittel vor.5 Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann Betätigungsverbote (Sonderfall des Ausländervereins) oder ein Vereinsverbot aussprechen.6 Der Bundesminister des Inneren7 ist zuständig, wenn sich Organisation oder Tätigkeit des Vereins über das Gebiet eines Landes erstrecken.8 Im Vereinsregister werden die Entscheidungen lediglich rechtsbekundend nachvollzogen (§ 7 Abs. 2 VereinsG). Mit Bestandskraft eines 1 Pfälz. OLG v. 7.7.2013 – 3 W 68/13, juris. 2 Weiteres Beispiel bei Burhoff, Rz. 699. 3 Zu Voraussetzungen des Verbots eines Ausländervereins s. BVerwG MDR 1978, 958 = NJW 1978, 2164; zu den Voraussetzungen, unter denen Zwecke oder Tätigkeiten einer Vereinigung den Strafgesetzen zuwiderlaufen, s. BVerfG v. 18.10.1988 – 1 A 89/83, NJW 1989, 993. Aktuelle Darstellung zum Vereinsverbotsverfahren: Baudewin, NVwZ 2013, 1049. 4 BVerwG v. 20.4.2015 – 1 B 1/15, juris. 5 BVerfG v. 13.7.2018 – 1 BvR 1474/12, BVerfGE 149, 160–221. 6 Baudewin, NVwZ 2013, 1049 (1051) zählt mit Stand März 2013 im Ganzen 150 von den Ländern/Kommunen ausgesprochene Vereinsverbote auf. 7 Baudewin, NVwZ 2013, 1049 (1051) zählt mit Stand März 2013 im Ganzen 40 durch den Bund ausgesprochene Vereinsverbote auf. 8 Aktivitäten im Internet genügen jedenfalls dann, wenn dadurch zu Aktionen im Bundesgebiet oder Ausland aufgerufen wird, BVerwG v. 14.4.2014 – 6 A 3/13, NVwZ 2014, 1573 mit Anm. Huber; Neumann, jurisPR-BVerwG 20/2014 Nr. 3.
676 | Stöber/Otto
5. Andere Beendigungsgründe | Rz. 1392 XXII.
Vereinsverbots und daran anschließender Vermögenseinziehung zugunsten des Bundes samt Abwicklung (§§ 11–13 VereinsG) ist der Verein erloschen (§ 11 Abs. 2 S. 3 VereinsG) und das Vereinsregisterblatt ist zu schließen (§ 4 Abs. 2 VRV). Im Zuge der Vermögenseinziehung sind Durchsuchungen und Beschlagnahmen bei Mitgliedern und Dritten grds möglich.1 Die Verbotsbehörde kann auch von der Vermögenseinziehung absehen (§ 11 Abs. 4 VereinsG). An die Stelle der Abwicklung nach § 13 VereinsG tritt dann die Liquidation nach §§ 47 ff. BGB mit der Besonderheit, dass die Behörde den Liquidator bestellen kann. Einer Gemeinwohlgefährdung durch den Verein konnte die nach § 44 BGB zuständige Behörde daneben bis zum 30.9.2009 (§ 43 Abs. 1 BGB a.F.) auch durch Entziehung der Rechtsfähigkeit begegnen, was als Gefahrenabwehr wenig tauglich war.2 Beispiele:3 Als verfassungsmäßig bestätigt wurden in jüngerer Zeit u.a. die Verbote – eines Vereins, der wissentlich Spenden an Dritte weiterleitet, die den Terrorismus fördern – eines Vereins, der Strafgefangene in ihrer rechtsradikalen Haltung bestärkt – eines Vereins von Motorradfahrern, der die Mitglieder und Dritte zur Begehung von Straftaten verleitet.
d) Registerlöschung, insbesondere bei Zweckverfehlung des eingetragenen Vereins Der eingetragene Verein verfolgt definitionsgemäß keinen wirtschaftlichen Zweck. Unschädlich ist die nachträgliche Aufnahme erwerbswirtschaftlicher Tätigkeiten als Nebentätigkeit [„Nebenzweckprivileg“, Rz. 85–86] oder die Zweckänderung innerhalb der zugelassenen nichtwirtschaftlichen Zwecke.4 Der Eintragung eines Vereins mit wirtschaftlichem (Haupt-) Zweck im Vereinsregister fehlt eine wesentliche Voraussetzung zur Eintragung. Das gilt auch, wenn sich der Zweck eines eingetragenen, ursprünglich nicht wirtschaftlichen Vereins später geändert hat. Die Eintragung ist daher nach § 395 FamFG zu löschen, zuständig ist das Registergericht.5 Zu Voraussetzungen und Verfahren insoweit unten Rz. 1655. Von einer „offenen Rechtsformverfehlung“ spricht man dabei, wenn der Mangel schon nach dem in der Satzung niedergelegten Zweck besteht. Bei der „verdeckten Rechtsformverfehlung „ handelt es sich um die Fälle, in denen sich der tatsächlich wirtschaftliche Zweck nicht bereits aus dem Satzungstext, aber aus der gelebten Vereinspraxis ergibt (Rz. 68).
1 Beispiel: VGH Kassel v. 21.12.2018 – 8 E 545/18, NJW-RR 2019, 235. 2 JurisPK-BGB/Otto, § 43 Rz. 7. A.A. Korte in Münchener Handbuch, § 63 Rz. 7 (Tatbestände des VereinsG unzureichend). 3 BVerfG v. 13.7.2018 – 1 BvR 1474/12; 1 BvR 57/14; 1 BvR 670/13; NVwZ 2018, 1788. 4 Zum Ganzen: jurisPK/BGB/Otto, § 43 Rz. 9. 5 Zu der bis 30.9.2009 gespaltenen Zuständigkeit zwischen Gericht und Verwaltungsbehörde (§ 43 Abs. 2 BGB a.F.) s. hier in der Vorauflage und Schmidt, NJW 1993, 1225 (1228); Oetker, NJW 1991, 385, 389.
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1392
XXII. Rz. 1393 | Auflösung und sonstiges Erlöschen des Vereins 1393
Die Löschung dieses (von vornherein wie auch infolge einer faktischen späteren Zweckänderung) unzulässig eingetragenen Vereins durch das Registergericht (§ 395 FamFG, vgl. Rz. 1652) beseitigt zunächst nur die Wirkungen der Eintragung.1 Sie lässt den Verein grundsätzlich als nicht eingetragen fortbestehen.2 Mit diesem Ergebnis lebt der Verein allerdings in einem satzungswidrigen Zustand, denn nach obligatorischer Satzungsbestimmung (Rz. 209) war ja einmal die Eintragung gewollt. Der Widerspruch ist nur dadurch zu lösen, dass der Verein, weil sein Zweck in der gewollten Rechtsform nicht mehr erreichbar ist, als in Auflösung begriffen wird. Es kommt also im Zweifel3 doch zur Liquidation.4 In einer unverzüglich5 einzuberufenden Mitgliederversammlung kann allerdings auch die Fortsetzung als nicht eingetragener Verein beschlossen werden (Rz. 1333). Bei Fortsetzung gilt dann eine grundsätzlich unbeschränkte Haftung aller Mitglieder. Der Beschluss, einen wegen Rechtsformverfehlung gelöschten und in das Liquidationsstadium eingetretenen Verein als nicht eingetragen fortzuführen, hat in Hinblick auf § 65 und § 57 Abs. 1 BGB mindestens satzungsändernde Qualität. Bei verdeckter Rechtsformverfehlung kann weitergehend eine formale Zweckänderung erforderlich werden, um einen permanenten Widerspruch von Satzungstext und tatsächlichem Vereinszweck zu berichtigen. Von einer Zweckänderung ist hier jedenfalls dann auszugehen, wenn der materiell gelebte Zweck in dem geschriebenen Satzungstext nicht wenigstens angedeutet war.
1394
Eine erwerbswirtschaftliche Betätigung einer Religionsgemeinschaft und damit eines religiösen Vereins (Rz. 44) zur Aufbringung der Mittel für Gestaltung der Finanzverhältnisse rechtfertigt für sich genommen (auch wenn sie in erheblichem Umfang erfolgt) die Entziehung der Rechtsfähigkeit (Löschung) nicht.6 Geschützt durch das Grundrecht der Religions- und Weltanschauungsfreiheit ist die Gemeinschaft jedoch nicht, wenn ihre religiösen oder weltanschaulichen Lehren nur als Vorwand für die Verfolgung wirtschaftlicher Zwecke dienen.7 Daher können Leistungen, die ein Verein in Verwirklichung seines nichtwirtschaftlichen Zweckes seinen Mitgliedern entgeltlich erbringt, einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb begründen, wenn diese Leistungen unabhängig von mitgliedschaftlichen Beziehungen üblicherweise auch von anderen angeboten werden.8
1 Vgl. jurisPK-BGB/Otto, § 41 Rz. 41. 2 K. Schmidt, JR 1987, 177 (179). A.A. (Verlust der Rechtsfähigkeit) die wohl h.M., etwa Krafka, Rz. 2261; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 450. 3 Andere Auslegung der Satzung bleibt aber eröffnet. 4 So im Ergebnis auch die h.M., etwa Krafka, Rz. 2261; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 450 (jeweils Liquidation als unmittelbare Folge der Entziehung der Rechtsfähigkeit). 5 OLG Frankfurt v. 8.3.2018 – 6 U 221/16, ECLI:DE:OLGHE:2018:0308.6U221.16.00, GRURRR 2018, 345. Eine Nichtzulassungsbeschwerde vor dem BGH (I ZR 59/18) ist zurückgenommen worden. 6 BVerwG v. 27.3.1992 – 7 C 21/90, NJW 1992, 2496; VGH Mannheim VGH BW v. 2.8.1995 – 1 S 438/94, MDR 1996, 107 = NJW 1996, 3358. 7 BVerwG 90, 112; VGH Mannheim VGH BW v. 2.8.1995 – 1 S 438/94, MDR 1996, 107 = NJW 1996, 3358 (aufgehoben durch BVerwG 105, 313); VG Hamburg v. 8.11.1995 – 12 VG 3068/94, NJW 1996, 3363 (3365). 8 BVerwG v. 6.11.1997 – 1 C 18/95, NJW 1998, 1166; dazu K. Schmidt, NJW 1998, 1124.
678 | Stöber/Otto
5. Andere Beendigungsgründe | Rz. 1397 XXII.
Erkennt die Vereinsführung1, dass sich der Zweck in Richtung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs wandelt und ist die Konzessionserteilung möglich, sollte sie selbst frühzeitig die Genehmigung anstreben, um es nicht zur amtswegigen Löschung kommen zu lassen und dem Verein einen liquidationslosen Übergang zu ermöglichen (zum Typenwechsel s. Rz. 230).2
1395
Eine sofortige Durchgriffshaftung auf die Mitglieder kommt als alternative Sanktion zur Registerlöschung (bzw. früher zum Entzug der Rechtsfähigkeit) nicht in Frage (zur möglichen Haftung bei Fortsetzung der Vereinstätigkeit s. aber Rz. 228). Zutreffend erkannte der BGH das Sanktionssystem der §§ 159, 142 FFG bzw. § 43 Abs. 2 BGB a.F. insoweit als abschließend.3 Das dürfte sich durch die Zuständigkeitsverlagerung allein ins Amtslöschungsverfahren nicht geändert haben.4
1396
e) Wegfall aller Mitglieder, Interesselosigkeit, Absinken der Mitgliederzahl unter drei Verliert der Verein durch Tod, Austritt oder andere Gründe alle seine Mitglieder, wirkt das wie eine Auflösung („untergegangener Verein“5). Nach wohl herrschender Ansicht ist er darüber hinaus ohne Liquidation vollbeendigt und das Vermögen geht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge an den Anfallberechtigten.6 Das Gleiche soll gelten, wenn der Verein sich über einen längeren Zeitraum aus Interesselosigkeit der Mitglieder nicht mehr betätigt oder den Vereinszweck tatsächlich aufgegeben hat.7 Die Abwicklung des vorhandenen Vermögens obliegt dann nicht einem (ggf. nach § 29 BGB bestellten) Liquidator, sondern es soll dazu vom Gericht ein Pfleger bestellt werden.8 Er handelt für die an der Vermögensabwicklung Beteiligten, nicht als Vertreter des
1 Zu haftungs- und strafrechtlichen Fragen Brand/Sperling, JA 2009, 473. 2 Oetker, NJW 1991, 385–392 (391) (str.). 3 BGH v. 10.12.2007 – II ZR 239/05, BGHZ 175, 12 = MDR 2008, 396 = ZIP 2008, 364. Zust. u.a. bei Reuter, NZG 2008, 650; kritisch Wolf, JZ 2008, 517 (522). Im Ergebnis zustimmend Segna, Non Profit Law Yearbook 2008, 39 m.w.N. Analyse vor dem Hintergrund der seither fortgeschrittenen Diskussion bei Segna, ZIP 2020, 789 (794). 4 Anders nunmehr Könen, ZGR 2018, 632 (646). 5 Schwennicke in Staudinger, § 41 Rz. 44; OLG Köln v. 19.9.1997 – 16 Wx 215/97, NJW-RR 1999, 336 ff.; KG v. 26.2.2004 – 1 W 549/01, OLG-NL 2004, 101 ff. A.A. Lieder, ZSt 2005, 16; Reichert/Schörnig, Kap. 2/Rz. 3994. 6 Hadding in Soergel, vor § 41 Rz. 11. Ebenso – jedenfalls wenn der Fiskus anfallberechtigt ist – KG v. 26.2.2004 – 1 W 549/01, OLG-NL 2004, 101 ff. Neuerdings zweifelnd Sauter/ Schweyer/Waldner, Rz. 398. A.A. (Auflösungsgrund) K. Schmidt, JZ 1987, 394; Schwennicke in Staudinger, § 41 Rz. 44. 7 BGH v. 8.4.1976 – II ZR 212/74, WM 1976, 686 f.; BGH v. 26.6.1995 – II ZR 282/93, MDR 1996, 589 = LM VAG § 20 Nr. 2 (11/1995). Anders (nur Auflösungsgrund) Leuschner in MünchKomm/BGB, vor § 41 BGB Rz. 8. 8 OLG Köln v. 11.4.1995 – 2 Wx 9/95, NJW-RR 1996, 989; BAG v. 13.4.1967 – 5 AZR 426/ 66, NJW 1967, 1437; Ries/Bauer, Rz. 7.510. Anders Reichert/Schörnig, Kap. 2/Rz. 3995; MünchKomm/BGB/Leuschner, vor § 41 Rz. 32 (§ 29 BGB).
Stöber/Otto | 679
1397
XXII. Rz. 1397 | Auflösung und sonstiges Erlöschen des Vereins
Vereins.1 Eine Fortsetzung des Vereins ist nicht möglich.2 Zur Löschung des mitgliederlosen Vereins s. Rz. 1670. 1398
Diese Beendigung „uno actu“ bei Wegfall aller Mitglieder wird in der Literatur heftig angezweifelt.3 Auch der Gesetzgeber scheint in § 317 S. 2 UmwG von der Möglichkeit des Fortbestands mitgliederloser Vereinigungen auszugehen:4 altrechtliche juristische Personen, wohl auch Vereine (Art. 163 EGBGB), können nach den Bestimmungen über die rechtsfähige Stiftung umgewandelt werden, wenn sie keine Mitglieder haben. Andererseits schreibt der Verordnungsgeber in § 4 Abs. 2 Nr. 1 VRV die herrschende Ansicht für die Praxis fort.5 Keinesfalls als beendet ansehen wird man den mitgliederloser Verein, wenn er noch über Organe verfügt, die jederzeit neue Mitglieder aufnehmen könnten.6
1399
Der Verein bleibt existent, solange wenigstens ein Mitglied an der Mitgliedschaft festhält.7 Daher erfolgt auch keine Löschung, wenn sich aus den eingereichten Unterlagen und eigenen Ermittlungen des Registergerichts nicht sicher ergibt, dass sämtliche Mitgliedschaften beendet sind. Verliert der Verein die letzten Mitglieder erst während der laufenden Liquidation, so geht auch die herrschende Meinung von einem Fortbestand des Vereins aus. Da die Existenz des Liquidationsvereins auf dem Gesetz beruht (§ 49 Abs. 2 BGB), hängt sie nicht von einem Mitgliederbestand ab.8
1400
Bei Herabsinken der Mitgliederzahl unter 3 kann dem Verein außerdem die Eintragung entzogen werden (§ 73 BGB; dazu Rz. 1655).9 f) Sitzverlegung ins Ausland
1401
Im Vereinsregister wird eine Sitzverlegung des eingetragenen Vereins in das Ausland als Auflösung behandelt (§ 6 Abs. 3 VRV). Diese formelle Handhabung ändert nichts daran, dass der Verein trotz seines Wegzugs identitätswahrend fortbestehen kann, wenn auch nicht als eingetragener Verein deutschen Rechts. Hierzu ausf. Rz. 203, 1617.
1 BAG v. 13.4.1967 – 5 AZR 426/66, NJW 1967, 1437. 2 Felix, LG Düsseldorf v. 18.7.1990 – III 26/89, BB 1990, 1673 f.; Hadding in Soergel, vor § 41 Rz. 12. 3 Schmidt, Zur Vollbeendigung juristischer Personen, 1989, S. 25 ff. mit ausführlicher Darstellung des Meinungsstandes; Erman/Westermann, § 41 Rz. 7. 4 Reichert/Schörnig, Kap. 2/Rz. 3995. 5 Der Wortlaut der Verordnung lässt zwar offen, ob das Erlöschen in jedem Fall anzunehmen ist, die Praxis wird sich aber an die insoweit eindeutige Begründung halten, vgl. BR-Drucks. 982/98, zu § 4. 6 Schwennicke in Staudinger, § 41 Rz. 44. 7 BGH v. 30.9.1965 – II ZR 79/63, LM Nr. 2 zu § 21 BGB. 8 Ellenberger in Palandt, § 49 Rz. 4 m.N.; Ries/Bauer, Rz. 7.511. 9 Zu § 73 BGB insgesamt auch jurisPK/BGB/Otto, § 73 Rz. 1 ff.
680 | Stöber/Otto
XXIII. Spitzenorganisation, Untergliederungen 1. Organisationsformen . . . . . . . . . . . 1402 2. Hauptverein und Vereinsverband . 1406
3. Gesamtverein . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1416 4. Änderung der Organisationsform 1421
Literatur: Beuthien, Zweitmitgliedschaft wider Willen? – Mitgliedschaftsvermittlungsklauseln im Vereinsrecht, ZGR 1989, 255; Brouwer, Compliance in Verbänden in Hauschka/Moosmayer/Lösler, Corporate Compliance 3. Aufl. 2016; Brouwer, Rolle und Funktion der Wirtschaftsund Berufsverbände in Pischel/Kopp, Compliance für Wirtschaftsverbände; Brouwer, Steuerung und Haftung von Gesamtvereinen, ZStV 2017, 201; Brouwer, Compliance im Wirtschaftsverband, CCZ 2009, 161; Dehesselles/Voß, Die Mediatisierung von Mitgliederrechten im Verein, 2014; Fischer, Die Autonomie der Sportverbände: Mehr Rechtssicherheit durch zweckorientierte Inhaltskontrolle, SpuRt 2019, 99–107; Hübner, Verbandsregeln mit Außenwirkung – die Causa Friedek, NZG 2016, 50; König, Der Verein im Vereine, 1992; Krejci, Kann der Hauptverein den Zweigverein zur Auflösung zwingen, statt ihn austreten zu lassen oder auszuschließen?, in FS Melnizky, 2013, 135; Leuschner, Das Konzernrecht des Vereins 2011; Oschütz, Zur Rechtsstellung der Vereinssparte, SpuRt 2008, 97; Reuter, Der Verein im Verein, in FS Hopt, 2010, S. 195; Reuter, Konzernrecht des Vereins?, npoR 2012, 101; Schaible, Der Gesamtverein und seine vereinsmäßig organisierte Untergliederung, 1992; K. Schmidt, Anfechtung von Beschlüssen in gegliederten Vereinen, in FS Reuter, 2010, S. 345; Schockenhoff, Compliance im Verein, NZG 2019, 281–291; Segna, Der gemeinnützige Unternehmensverbund: Eine besondere Herausforderung für den Gläubigerschutz? ZIP 2020, 789; Wagner, Organisationsform Gesamtverein, npoR 2020, 186–192.
1. Organisationsformen Spitzenorganisationen (Dachverbände), deren Einzelmitglieder andere Vereine sind, und Massenorganisationen als Einzelvereine mit großen Mitgliederzahlen können die an sie herantretenden vielfältigen Anforderungen und ihre oft weit verzweigten Aufgaben zumeist nur durch organisatorische Aufgabenteilung erfüllen. Die Gliederungsformen sind vielfältig, am jeweiligen Vereinszweck ausgerichtet und häufig historisch gewachsen. Häufig begegnen Regionalverbände (auch mehrstufig als Orts-, Bezirks-, Landesverband usw.), Fachsparten oder alters- oder geschlechtsspezifische Untergliederungen. Der Zweck der Gefahrenabwehr bedingt für das öffentlich-rechtliche Vereinsrecht eigene Zurechnungsvoraussetzungen bei verbundenen Organisationen.1
1402
Die Untergliederungen können rechtlich unselbständig konstruiert sein („Abteilung“) oder eigene Rechtspersönlichkeit haben. Für letztere kommen rechtsfähige Vereine oder andere nicht rechtsfähige Vereine, aber auch sonstige Körperschaften und
1403
1 Hierzu etwa BVerwG v. 14.5.2014 – 6 A 3/13, NVwZ 2014, 1573 mit Anm. Huber.
Stöber/Otto | 681
XXIII. Rz. 1403 | Spitzenorganisation, Untergliederungen
Personengesellschaften in Betracht. Maßgeblich für die Abgrenzung zwischen eigenständigem Mitgliedsverein und unselbständiger Abteilung ist insbesondere, dass in einem Verein stets Raum für eigene autonome Willensbildung verbleiben muss.1 Als eigenständiger Verein muss die Untergliederung eine körperschaftliche Verfassung besitzen, einen Gesamtnamen führen, vom Wechsel ihrer Mitglieder unabhängig sein und neben ihrer unselbständigen Tätigkeit für den Hauptverein Aufgaben auch eigenständig wahrnehmen.2 Soweit die Satzung der übergeordneten Einheit keine Regelungen enthält, unter welchen Voraussetzungen Neugründungen von Untergliederungen als Teil des Vereins anerkannt werden, darf die Neugründung jedenfalls nicht den Zweck der übergeordneten Einheit gefährden. Das kann schon dann der Fall sein, wenn ohne besonderes Bedürfnis eine Zersplitterung droht.3 Das die selbständigen Gliederungen verbindende Interesse bestimmt sich aus dem Vereinszweck der übergeordneten Einheit. Den Untergliederungen obliegen als selbständigen Organisationen neben eigenen Angelegenheiten vielfach auch Aufgaben des übergeordneten Vereins. Die Abgrenzung u.a. der Vermögenssphären von Verein und rechtlich selbständiger Untergliederung sollte sich aus den jeweiligen Satzungen oder einer Vereinbarung ergeben.4 1404
Ob die Untergliederung eines Vereins (wie ein „Landesverband“, eine Ortsgruppe) unselbständiger Teil des Gesamtvereins ist oder in der Rechtsform eines nicht rechtsfähigen Vereins besteht, bestimmt sich nach der in der Satzung festgelegten Organisation.5 Die Rechtsform eines nicht rechtsfähigen Vereins (Rz. 1749) hat die Untergliederung, wenn sie dem Hauptverein als körperschaftlich organisierte Personenvereinigung angehört, somit auf Dauer Aufgaben nach außen im eigenen Namen6 durch eine eigene, dafür handlungsfähige Organisation (eigenen Vorstand und Mitgliederversammlung) wahrnimmt. Gibt die Satzung des eingetragenen Vereins einzelnen vom Wechsel ihrer Mitglieder unabhängigen Vereinsabteilungen eigene handlungsfähige Organe, einen eigenen Namen und spricht sie ihnen mit Außenwirkung eigenständige Aufgaben zu, so können diese Untergliederungen als nicht eingetragene Vereine selbst rechtsfähig sein.7 Nicht erforderlich ist in diesem Fall, dass Zweck und Organisation der Untergliederung in einer von dieser beschlossenen Sat-
1 Vgl. die Rechtsprechung zum strafrechtlichen Vereinigungsbegriff in §§ 129, 129a StGB, BGH v. 28.10.2010 – 3 StR 179/10, NJW 2011, 542. 2 BGH v. 2.7.2007 – II ZR 111/05, MDR 2007, 1446 = NJW 2008, 69 = Rpfleger 2008, 79 = WM 2007, 1932 = ZIP 2007, 1942; dazu Terner, NJW 2008, 16 und Oschütz, SpuRt 2008, 97; OLG Karlsruhe v. 17.1.2012 – 14 Wx 21/11, FGPrax 2012, 210. 3 Röcken, MDR 2019, 1105, 1107 mit Hinweis auf AG Duisburg v. 24.4.2019 – 52 C 3753/17. 4 LG Köln v. 27.6.2017 – 8 O 151/15, bestätigt mit OLG Köln v. 23.4.2018 – 18 U 110/17, JurBüro 2018, 611. 5 Zur Abgrenzung RG 118, 196 (198), BGH v. 5.10.1978 – II ZR 177/76, NJW 1979, 1402; BGH v. 19.3.1984 – II ZR 168/83, MDR 1984, 737 = NJW 1984, 2223; s. auch BGH v. 5.12.1983 – II ZR 252/82, MDR 1984, 469 = JZ 1984, 619 mit Anm. Löwisch und Arnold = NJW 1984, 789; LG Berlin JZ 1976, 602; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 328 ff. 6 Nicht also nur Aufgaben des Gesamtvereins. 7 BGH v. 2.7.2007 – II ZR 111/05, MDR 2007, 1446, ZIP 2007, 1942 ff.
682 | Stöber/Otto
2. Vereinsverband (Dachverband, Hauptverein) | Rz. 1409 XXIII.
zung festgelegt sind; sie können sich auch aus der Satzung des Hauptvereins ergeben.1 Vereine, die arbeitsteilig in selbständige Einheiten gegliedert sind, seien hier als Hauptverein oder Vereinsverband angesprochen. Abgegrenzt werden sie vom Gesamtverein mit im Rechtsverkehr nur unselbständigen Untergliederungen. Entscheidend für die Einordnung und alle daraus abgeleitete Rechtsfolgen sind aber regelmäßig nicht die gewählten Bezeichnungen, sondern die tatsächliche und rechtliche Struktur.2
1405
2. Hauptverein und Vereinsverband Die in einem Hauptverein (Verein mit rechtlich verselbständigten Abteilungen3) zur Verfolgung gemeinsamer und übergeordneter Interessen zusammengeschlossenen eingetragenen und nicht eingetragenen Einzelvereine (bzw. andere rechtliche Organismen) sind ihm gegenüber rechtlich selbständig. Für ihr Verhältnis zu einem Vereinsverband (Dachverband, Spitzenverband) gilt nichts anderes.
1406
Typischerweise ist die Untergliederung Mitglied im Vereinsverband, eine daneben bestehende Einzelmitgliedschaft natürlicher Personen im Verband eher die Ausnahme (zB bei fehlender Regionalzuordnung für Mitglieder mit Auslandswohnsitz). Beim Hauptverein ist es zumeist umgekehrt: Ist die Untergliederung ein Verein, so gehören seine Mitglieder in der Regel zugleich unmittelbar dem Hauptverein an, die Untergliederung selbst hat zumeist keinen Mitgliedsstatus im Hauptverein. Gesteuert wird das durch die jeweiligen Satzungen, bei hinreichender Bestimmtheit sind alle Mischformen denkbar.
1407
Bei Zulassung einer Doppelmitgliedschaft in Untergliederung und Hauptverein oder Verband ist zu regeln, wie sie erworben wird und wie sich der Verlust der Mitgliedschaft in dem einen Verein auf die Mitgliedschaft im anderen auswirkt. Für eine vollständige Abhängigkeit der Mitgliedschaft in der Untergliederung von der Mitgliedschaft im Hauptverein spricht, wenn der Verein sich selbst als Untergliederung bezeichnet und die Selbständigkeit seines Vereinslebens praktisch unter einem Zustimmungsvorbehalt des Hauptvereins steht.4
1408
Im Verhältnis der jeweiligen Mitglieder zum Hauptverein oder Verband gelten im Vergleich zum sonstigen Verhältnis zwischen Mitglied und Verein grds keine Beson-
1409
1 BGH v. 19.3.1984 – II ZR 168/83, MDR 1984, 737 = NJW 1984, 2223. 2 Die hier als Hauptverein angesprochene Konstruktion behandelt etwa Reichert/Wagner, Kap. 1/Rz. 42–44 als Mehrspartenverein, wobei auch unselbständige Abteilungen in Betracht kommen. Im Hauptverein sollen nach Wagner hingegen ortsverschiedene Vereine vertreten oder auch Konzernstrukturen abgebildet sein. 3 BGH v. 19.2.2013 – II ZR 169/11, MDR 2013, 607. 4 OLG Frankfurt v. 27.2.2014 – 15 U 94/13, juris.
Stöber/Otto | 683
XXIII. Rz. 1409 | Spitzenorganisation, Untergliederungen
derheiten.1 Die rechtsfähigen oder nicht rechtsfähigen Einzelvereine werden korporative Mitglieder des Verbands durch Teilnahme an dessen Gründung oder durch späteren Eintritt. Insbesondere im Bereich des Sports nimmt der Dachverband häufig eine Monopolstellung ein, die nach den oben Rz. 299 ff. geschilderten Grundsätzen zum Aufnahmeanspruch eines Einzelvereins führen kann. Der Vereinsverband kann in seiner Satzung vorsehen, dass nur rechtsfähige Vereine aufgenommen werden. Dann hat ein nicht rechtsfähiger Verein, der es ablehnt, Rechtsfähigkeit zu erlangen, auch in Ausnahmefällen keinen gesetzlichen Aufnahmeanspruch (Rz. 300 ff.). Unzulässig ist es, das Stimmrecht des Mitgliedsvereins auf dessen weitere Untergliederungen oder seine Einzelmitglieder aufzuspalten und ihm dadurch letztlich ein Mehrfachstimmrecht im Verband zu verschaffen.2 Erteilt der übergeordnete Verein Auskünfte zum eigenen Regelwerk, darf der angeschlossene Verein sich darauf grundsätzlich verlassen, wenn nicht bereits abweichende Entscheidungen veröffentlicht sind.3 1410
Möglich und nicht unüblich sind auch mehrfach gestufte Verbandsstrukturen: Ortsvereine als Mitglieder eines Landesverbands, dieser des Bundesverbands, der Bundesverband kann dann Mitglied eines europäischen und/oder weltweiten Spitzenorganisation sein. Allein die an der vielfältigen Vereinswirklichkeit auszurichtende Gestaltung der jeweiligen Satzungen entscheidet über deren Verzahnung. Das betrifft auch hier die Frage, ob die jeweils zentrale Organisation nur die unmittelbar nachgeordneten Regionalvereine oder auch unmittelbare Einzelmitgliedschaften zulässt. Sofern die Satzungen das nicht ausdrücklich anders regeln, werden die Mitglieder einer (örtlichen) Vereins mit dessen Aufnahme in einen Bezirksverband ebenso wenig selbst unmittelbare Mitglieder des Bezirksverbands, wie auch der örtliche Verein nicht unmittelbar Mitglied des dem Bezirksverband übergeordneten Landesverbands wird.4
1411
Zur Verzahnung der Satzungswerke von Untergliederung (Mitgliedsverein) und Hauptverein bzw. Vereinsverband siehe zunächst Rz. 53. Sie verdient besondere Beachtung bei späteren Satzungsänderungen: Ändert der Verband seine Satzung, nach der Mitglieder bisher nur rechtsfähige Vereine (andere Körperschaften) sein konnten, dahin, dass Verbandsmitglieder fortan unmittelbar auch die Mitglieder seiner Mitgliedsvereine sein sollen, dann begründet das noch keine automatischen Einzelmitgliedschaften. Erforderlich ist vielmehr noch eine Willenserklärung (Beitritt) der Einzelmitglieder, wobei konkludentes Handeln genügt. Der Beitritt kann auch durch eine korrespondierende Satzungsbestimmung des Mitgliedsvereins vorweggenommen sein. Zu einem Sonderfall (Auswechslung sämtlicher korporativen Mitglieder durch Einzelmitglieder) s. Rz. 1128. 1 OLG München v. 26.7.2017 – 20 U 5009/16, juris (Zuständigkeit der Bundes-Mitgliederversammlung und nicht des Bundesvorstands für den Ausschluss eines bundesunmittelbaren Verbandsmitglieds). 2 OLG Stuttgart v. 19.3.2010 – 8 W 112/10, NotBZ 2010, 430 = Rpfleger 2010, 519 = DStR 2010, 1249 mit zust. Anm. Büch in EWiR 2010, 811. 3 Bundesschiedsgericht des Deutschen Handballbundes v. 16.6.2019 – BG 2-2019, SpuRt 2019, 187. 4 OLG Celle v. 20.6.2016 – 20 U 37/15, zit. nach beck-aktuell v. 4.7.2016, beck-online (letzter Abruf 2.5.2020).
684 | Stöber/Otto
2. Vereinsverband (Dachverband, Hauptverein) | Rz. 1412 XXIII.
Ändert der Hauptverein seine Satzung, nach der bisher Einzelmitglieder bei ihm auch die Mitglieder seiner Mitgliedsvereine waren, dahin, dass Mitglieder fortan nur noch [rechtsfähige] Vereine (andere Körperschaften) sein können, dann kann allein eine anders lautende Satzungsbestimmung einer Untergliederung keine Einzelmitgliedschaft bei ihm mehr vermitteln. Für Bestandsmitglieder der Mitgliedsvereine, die vor der Satzungsänderung dem Hauptverein als Einzelmitglied angehören, hätte diese Satzungsänderung das zwangsweise Ausscheiden zur Folge. Dies haben sie nicht ohne Weiteres hinzunehmen. Sie scheiden als Einzelmitglieder des Hauptvereins nur aus, wenn sie der Satzungsänderung zugestimmt haben.1 Ändert der Mitgliedsverein seine Satzung dahin, dass seine Mitglieder fortan auch Einzelmitglieder des Hauptvereins sein sollen, so begründet der Eintritt in diesen Mitgliederverein nur dann unmittelbar die Mitgliedschaft in dem Hauptverein, wenn auch dieser es so vorsieht. Auch die Altmitglieder der Mitgliedsvereine werden mit einer derartigen Satzungsänderung ohne weiteres Einzelmitglieder des Hauptvereins.2 Weil sie insoweit den Bestimmungen der Satzung des Mitgliedsvereins unterworfen sind, ist ein eigener Beitrittsakt entbehrlich. Ändert der Mitgliedsverein seine Satzung dahin, dass sie fortan eine Einzelmitgliedschaft beim Hauptverein nicht mehr vermitteln kann, dann endet für Altmitglieder dieses Mitgliedsvereins die Einzelmitgliedschaft beim Hauptverein, wenn dessen Satzung die Mitgliedschaft allein aus der Mitgliedschaft im Mitgliedsverein herleitet. Konstruktiv ist eine auflösende Bedingung der Mitgliedschaft im Hauptverein eingetreten, der nur solche Einzelmitglieder zulassen will, für die der Mitgliedsverein eine Doppelmitgliedschaft anstrebt. Mit dem Austritt eines Mitgliedsvereins erlöschen dessen Mitgliederrechte und -pflichten beim Hauptverein. Das berührt den Bestand des Mitgliedsvereins in seiner Organisationsform (als rechtsfähigen oder als nicht rechtsfähigen Verein) nicht. Das Schicksal etwaiger Einzelmitgliedschaften bestimmt sich nach der Satzung des Hauptvereins. War die Einzelmitgliedschaft im Hauptverein direkt auf die Mitgliedschaft im Mitgliedsverein gestützt, ist eine Voraussetzung der Mitgliedschaft entfallen. Der Anschluss an einen Hauptverein (Vereinsverband) berührt nicht die rechtliche Selbständigkeit und eigenständige Vereinsautonomie der einzelnen Mitgliedsvereine.3 Ein Mitgliedsverein, der zulässigerweise einen Namensbestandteil des Hauptvereins in seinen Namen aufnehmen will, muss daher seine Satzung ändern. Mit dem Eintritt in den Hauptverein unterwerfen sich die Mitgliedsvereine dessen Satzung, bleiben aber in ihrer Organisationsform unverändert. Das Verhältnis des Hauptvereins zu den einzelnen Mitgliedsvereinen bestimmt sich allein nach den satzungsmäßigen und gesetzlichen Rechten und Pflichten der Mitglieder beim Hauptverein. Soweit die Satzung des Mitgliedsvereins der Erfüllung von Vorgaben der Hauptvereinssat1 OLG Frankfurt v. 10.1.2017 – 20 W 162/15, ZStV 2018, 103. Siehe auch BGH v. 14.7.1980 – II ZR 145/79, MDR 1981, 119 = NJW 1980, 2707 (dort Auswechslung sämtlicher Vereinsmitglieder). 2 A.A. LG Frankenthal v. 24.6.2003 – 1 T 118/03, Rpfleger 2003, 591. 3 S. hierzu z.B. LG Bremen v. 11.1.1989 – 2 T 818/88, Rpfleger 1989, 202.
Stöber/Otto | 685
1412
XXIII. Rz. 1412 | Spitzenorganisation, Untergliederungen
zung entgegensteht, ist das aus Sicht des Hauptvereins ein Beitrittshindernis. Vor Aufnahme ist der Mitgliedsverein zur Änderung zu verpflichten. Als Beitragspflicht der Mitgliedsvereine kann die Satzung des Hauptvereins die Abführung eines Anteils des Beitragsaufkommens der Mitgliedsvereine (also der Beiträge, die die Mitgliedsvereine von ihren Einzelmitgliedern erheben) vorsehen. Dabei kann auch ein differenzierter Beitragsschlüssel angewandt werden, z.B. je nachdem wie die einzelnen Vereinszwecke in Anspruch genommen werden.1 Eine ungeschriebene Solidarpflicht in Richtung einer finanziellen Begünstigung von Landesverbänden in strukturschwachen Gebieten wurde vom BGH verneint.2 Haftungsrechtlich kann bei Vermögensvermischung eine Haftung der Mitgliedsvereine für Verbindlichkeiten des Hauptvereins in Frage kommen, die praktisch möglicherweise relevantere umgekehrte Konstellation – im Gesellschaftsrecht als „umgekehrter Durchgriff“ diskutiert – soll gleichfalls in Betracht kommen, wenn der Hauptverein die finanziellen Dispositionen seiner Mitglieder unmittelbar steuert („Lenkungsverband“).3 Durch Ausgestaltung eines Vereinsstrafverfahrens in seiner Vereinsverfassung kann die Stellung des Hauptvereins den Mitgliedsvereinen gegenüber und deren Bindung an den Hauptverein gestärkt werden. Wird der Hauptverein, nicht aber die Untergruppierung, vereinsrechtlich verboten, ist die Untergliederung hiergegen nicht klagebefugt. Dasselbe gilt für das mit dem Vereinsverbot verbundene Verbot, die Kennzeichen des Hauptvereins in der Öffentlichkeit zu verwenden, auch wenn dadurch mittelbar die Untergliederung und ihre Mitglieder betroffen sind,4 welche dieselben Kennzeichen verwendet haben.5 1413
Auch gegenüber dem Hauptverein handelt der Vorstand eines Mitgliedsvereins mit der ihm als dessen Organ nach seinen Rechtsverhältnissen zukommenden Vertretungsmacht. Mangels anderer Satzungsbestimmung des Mitgliedsvereins handelt dessen Vorstand daher grundsätzlich ohne Beschränkung für ihn bei Teilnahme an der Gründungsversammlung eines Hauptvereins, bei Erklärung des Beitritts oder des Austritts und bei Abgabe aller rechtsgeschäftlichen oder im Rahmen der Geschäftsführung erforderlichen Erklärungen. Der Vorstand bedarf keiner Zustimmung der Mitgliederversammlung oder eines anderen Organs des Mitgliedsvereins. Ein Mitglied des Mitgliedvereins, das ein Auseinandergehen der Ziele von Hauptverein und Mitgliedsverein besorgt, muss für sein Anliegen (zB Austritt aus dem Hauptverein) im Mitgliedsverein eine Mehrheit suchen. Eine gerichtliche Überprüfung mit dem Ziel, den Mitgliederverein zum Austritt zu verpflichten, kommt nur dann in Betracht,
1 Hinweisbeschluss des BGH v. 15.1.2013 – II ZR 189/11, NZG 2013, 671 zu Bdb. OLG v. 1.7.2011 – 3 U 147/09, juris. 2 Hinweisbeschluss des BGH v. 15.1.2013 – II ZR 189/11, NZG 2013, 671 zu Bdb. OLG v. 1.7.2011 – 3 U 147/09, juris. 3 Ausf. zum Ganzen Segna, ZIP 2020, 789 (795 f.). 4 Zur Strafbarkeit bei Verwendung der Kennzeichen innerhalb einer nicht verbotenen Untergliederung BGH v. 9.7.2015 – 3 StR 33/15, BGHSt 61, 1. 5 BVerwG v. 10.1.2018 – 1 VR 14/17, npoR 2019, 63 mit Anm. Krüger/Saberzadeh.
686 | Stöber/Otto
3. Gesamtverein | Rz. 1416 XXIII.
wenn die Mitgliedschaft im Hauptverein von den Zwecken des Mitgliedsvereins nicht gedeckt ist.1 Die Mitgliederversammlung des Hauptvereins ist für ihn notwendiges Organ. In dieser Versammlung werden die Mitgliedsvereine durch ihren jeweiligen Vorstand vertreten (§§ 26, 32 BGB). Jedoch kann die Satzung des Hauptvereins eine abweichende Regelung vorsehen und insbesondere eine Delegiertenversammlung einrichten.
1414
Die Umsetzung einer vom Hauptverein (Dachverband) ausgesprochenen Disziplinarmaßnahme gegenüber dem Mitglieds eines nachgeordneten Vereins, das selbst nicht dem Dachverband angehört, bedarf entweder einer Grundlage in der Satzung des Mitgliedsvereins oder einer sonstigen Anerkennung dieser Möglichkeit durch das Mitglied.2 Ein „dynamischer“ Verweis der Satzung auf das Regelwerk eines anderen Verbandsglieds oder des Hauptvereins ist unzureichend (ausf. Rz. 52 ff.), auch wenn dies in der Praxis vor allem internationaler Spitzenorganisationen beschwerlich sein mag.3 Ein Verein, der dem Dachverband nicht angehört, kann vertraglich die Geltung einzelner Regelungen für sich vereinbaren, so etwa bei Anerkenntnis der Teilnahmebedingungen des Ligaverbands für Aufstiegsspiele durch den sportlich qualifizierten Verein.4 Auch dadurch wird noch kein unmittelbarer Durchgriff von Dachverbandsanordnungen auf das Einzelmitglied möglich. Durch die Anwendung von Richtlinien des Dachverbands auf den eigenen Spielbetrieb kann der Mitgliedsverein aber umgekehrt eine Selbstbindung eingehen, die er im Fall eines Monopols dann z.B. hinsichtlich der Bedingungen für eine Nominierung zu Wettkämpfen auch Nichtmitgliedern gegenüber zu beachten hat.5
1415
3. Gesamtverein Unselbständige Untergliederungen bestehen nur als unselbständige Teile des Vereins, den man bei gewisser Größe und Bedeutung der Gliederungen dann auch als Gesamtverein ansprechen mag. Untergliederungen können nach sachlichen Erfordernissen (Abteilungen eines Sportvereins) oder gebietsweise (Ortsverwaltungen, Bezirksgruppen usw.) eingerichtet werden. Nach der Rechtsprechung kann auch die unselbständige Abteilung eigene Rechte gegenüber dem Verein haben.6 Da sie aber
1 BVerwG v. 23.3.2016 – 10 C 4.15; ZIP 2016, 1289; OVG NW v. 16.5.2014 – 16 A 1499/09, DVBl. 2014, 1411, wobei die untere Ebene hier allerdings eine Körperschaft mit Zwangsmitgliedschaft bildete (IHK). Die zulässigen Betätigungen des Zwangsverbands sind generell enger. Der Aspkt kann aber auch beim Monopolverein oder gemeinnützigem Verein beachtlich werden, der in seiner Mittelverwendung gebunden ist. 2 BGH v. 20.9.2016 – II ZR 25/15, BGHZ 212, 70 m. = MDR 2016, 1393 zust. Anm. Jungmann, npoR 2017, 20; Wagner,BGH v. 7.11.2016 – AnwZ (Brfg) 47/15, MDR 2017, 58 = NJW 2017, 407. 3 Nachweise und ausf. Erörterung bei Heermann, ZIP 2017, 253–258. 4 LG Frankfurt v. 20.3.2019 – 2-06 O 420/18 – SpuRt 2019, 137. 5 Ausf. zum sog. Nominierungsvertrag Hübner, NZG 2016, 50. 6 BGH v. 19.2.2013 – II ZR 169/11, MDR 2013, 607.
Stöber/Otto | 687
1416
XXIII. Rz. 1416 | Spitzenorganisation, Untergliederungen
nicht selbst Mitglied ist, sind die Treuepflichten des Gesamtvorstands gegenüber der Mitgliedschaft stärker als gegenüber der einzelnen Abteilung.1 Körperschaftlich organisiert ist (nach hier verwandter Begrifflichkeit) nur der Gesamtverein; nur er hat Vereinsmitglieder, die in Gruppen nach Untergliederungen zusammengefasst sind. Aus dem Verein können nur seine Einzelmitglieder austreten. Eine Untergliederung (deren Mitgliederversammlung oder Organe) kann nicht für die in ihr organisierten Mitglieder des Gesamtvereins einen Vereinsaustritt vollziehen. Eine Untergliederung und deren Organe können auch ihre vom Verein errichtete Organisationsform nicht auflösen. 1417
Die Rechtsverhältnisse der unselbständigen Untergliederungen regelt die Satzung des Gesamtvereins verbindlich. Eine Änderung ist nur auf dem für die Änderung der Satzung des Gesamtvereins vorgesehenen Weg möglich. Eine eigene Satzung kann für die unselbständige Untergliederung nicht errichtet werden, weil sie lediglich Teil der Gesamtorganisation ist. Als bloß ausführende Vereinsordnung kann jedoch für jede Untergliederung eine Geschäftsordnung unter den allgemeinen Voraussetzungen geschaffen werden. Der Vorstand eines Gesamtvereins kann mangels anderer Satzungsregelung auch im Verhältnis zu teilrechtsfähigen Untergliederungen vollständig über das Vereinsvermögen disponieren.2
1418
Unselbständige Untergliederungen nehmen Teilaufgaben des Gesamtvereins, nicht jedoch eigenständige Aufgaben wahr. Damit liegt auch nahe, dass der Gesamtverein für ihre Verbindlichkeiten im Grundsatz unmittelbar haftet.3 Ihr Aufbau, ihre Aufgaben und ihre Organe im Rahmen des Gesamtvereins bestimmen sich nach dessen Satzung. Diese kann Organen einer Untergliederung für deren Bereich Vereinsgeschäfte in eigener Zuständigkeit zuweisen (z.B. Aufnahme und Ausschluss von Mitgliedern mit Wirkung für den Gesamtverein, Beitragserhebung) und zur eigenen Beschlussfassung (z.B. Regelung des Spielbetriebs, Bestellung eigener Organe, nicht aber Satzungsänderung) überlassen. Beschlüsse einer Untergliederung binden aber nur deren Angehörige, sofern nicht die Vereinssatzung Bindungswirkung für den Gesamtverein vorsieht.
1419
Die Organe der Untergliederungen, die mangels anderer Satzungsbestimmung vom Hauptverein bestellt werden, können die Stellung eines besonderen Vertreters haben (Rz. 693 ff.), sind als solche aber nicht Vorstand des Vereins. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben können der Untergliederung auch durch die Satzung des Gesamtvereins oder durch dessen Organe Vereinsmittel zur selbständigen Kassenführung überlassen werden (z.B. ein Prozentanteil der Beitragseinnahmen der in der Untergliederung zusammengefassten Mitglieder). Soweit Organe der Untergliederungen demnach vom Gesamtverein verliehene Vertretungsmacht haben (seit es nach § 30 BGB oder aufgrund einzelner Vollmachten), berechtigen und verpflichten sie durch Rechtsgeschäfte und Handlungen den Gesamtverein, nicht die unselbständige Untergliederung und auch nicht deren Mitglieder persönlich. Handeln sie außerhalb der ihnen vom 1 BGH v. 19.2.2013 – II ZR 169/11, MDR 2013, 607. 2 BGH v. 19.2.2013 – II ZR 169/11, MDR 2013, 607. 3 Ausf. und differenziert Segna, ZIP 2020, 789 (795 f.).
688 | Stöber/Otto
4. Änderung der Organisationsform | Rz. 1423 XXIII.
Gesamtverein zugesprochenen Vertretungsrechte, geraten sie allerdings in Gefahr persönlicher Haftung (Vertreter ohne Vertretungsmacht bei Handeln im Namen des Vereins bzw. Eigenhaftung bei Auftreten für eine nicht existente Person). Der Gesamtverein kann infolge des seiner Vereinsautonomie entspringenden Organisationsrechts seine Untergliederung auflösen oder mit anderen zusammenfassen. Hierfür ist dann eine Satzungsänderung erforderlich, wenn die Untergliederung auf Satzungsgrundlage besteht. Gelegentlich sehen die Vereinssatzungen vor, dass eine Änderung der Spartenzuordnung der Zustimmung der Mitglieder der betroffenen Untergliederung bedarf. Für diese Mitglieder besteht dann insoweit eine nach § 35 BGB zu behandelnde Sonderberechtigung (Rz. 253).
1420
4. Änderung der Organisationsform a) Die unselbständige Untergliederung eines Vereins (Abteilung, Ortsgruppe usw.) kann nicht durch Mehrheitsbeschluss ihrer Mitglieder in einen rechtsfähigen oder nicht rechtsfähigen Einzelverein umgewandelt werden. Das gilt unabhängig davon, ob sich die Untergliederung anschließend völlig loslösen oder in einer Verbandskonstruktion dem bisherigen Gesamtverein verbunden bleiben will. Die Organisation der Mitglieder der (bisher) unselbständigen Untergliederung eines Vereins in der Rechtsform eines (neuen) rechtsfähigen oder nicht rechtsfähigen Vereins erfordert vielmehr eine neue Vereinsgründung. Sie kann nicht durch Mehrheitsbeschluss in einer Mitgliederversammlung (weder der Abteilung noch des Gesamtvereins) erfolgen, sondern nur durch Einigung der Gründer der neuen vereinsrechtlichen Organisation. Wenn eine Verbands- bzw- Hauptvereinskonstruktion gewünscht ist, tritt der neue Verein sodann dem vormaligen Gesamtverein als (nunmehr) Verband oder Hauptverein bei. Mit vollzogener Neugründung erlischt die Mitgliedschaft der Gründer des neuen Vereins bei dem (rechtlich selbständigen) bisherigen Gesamtverein nicht, dazu bedarf es noch des Austritts oder (in Konkurrenzsituationen denkbar) Ausschlusses. Wenn gewollt ist, dass eine Doppelmitgliedschaft fortbesteht, werden dennoch häufig Anpassungen seiner Satzung erforderlich. Abteilungsmitglieder, die dem neuen Verein nicht beitreten, verbleiben allein beim (vormaligen) Gesamtverein.
1421
b) Der einem Hauptverein als Mitglied angehörende, rechtlich selbständige (rechtsfähige oder nicht rechtsfähige) Mitgliederverein kann nicht durch (bloßen) Mehrheitsbeschluss seiner Mitglieder (auch nicht durch Änderung der Satzung des Hauptvereins) in eine unselbständige Untergliederung des Gesamtvereins umgewandelt werden. Nichts anderes gilt für die Überführung eines Vereins in einen dritten Verein, bei dem er künftig als unselbständige Untergliederung fortbestehen soll.
1422
Dieses Ziel kann nicht durch einfache Satzungsänderung, sondern nur als Verschmelzung zur Aufnahme durch den (künftigen) Gesamtverein (Rz. 1263) bzw. Vereinsfusion mit Einzelnachfolge (Rz. 1322) umgesetzt werden.1
1423
1 S. LG Berlin JZ 1976, 603 mit Anm. Wesel.
Stöber/Otto | 689
XXIV. Das Vereinsregister 1. Führung des Vereinsregisters (§§ 21, 55–79 BGB) . . . . . . . . . . . . a) Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Einrichtung und Führung des Registers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Eintragungen . . . . . . . . . . . . . . a) Eintragungen auf Anmeldung . . . . b) Eintragungen von Amts wegen . . . 3. Die Anmeldung zur Registereintragung (§§ 59, 67, 71, 74, 76 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zuständigkeit für die Anmeldung . b) Beteiligtenstellung im Registerverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Mehrgliedriger Vorstand . . . . . . . . d) Form der Anmeldung (§§ 77, 129 Abs. 1 BGB; § 40 Abs. 1 BeurkG) und notarielle Vorprüfung (§ 378 Abs. 3 FamFG) . . . . . . . . . . . 4. Zurücknahme und Einschränkung einer Anmeldung . . . . . . . . . a) Antragsrücknahme . . . . . . . . . . . . . b) Beschränkungen der Anmeldung . c) Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Die Prüfungspflicht des Registergerichts (§§ 55–60 BGB) . . . . . . . . a) Prüfung der Anmeldung . . . . . . . . b) Prüfung der Satzung . . . . . . . . . . . .
1424 1424 1425 1426 1432 1432 1433
1434 1434 1437 1440
1451 1460 1460 1463 1465 1466 1466 1473
c) Prüfung eines Versammlungsbeschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Genehmigung des Vereinszwecks . 6. Eintragungsverfügung, Eintragung, Zwischenverfügung, Zurückweisung . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ordnungsgemäße Anmeldung im Zeitpunkt der Eintragung . . . . . . . b) Vereinsregister in Papierform . . . . c) Vereinsregister in elektronischer Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Bekanntmachung der Eintragung e) Zwischenverfügung bei Beanstandungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Zurückweisung . . . . . . . . . . . . . . . . g) Aussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Rechtsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zwischenverfügung . . . . . . . . . . . . . b) Zurückweisung einer Anmeldung c) Erfolgte Eintragung . . . . . . . . . . . . . 8. Die Wirkungen der Registereintragungen (§§ 21, 64, 68–71 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtsgestaltende und deklaratorische Eintragungen . . . . . . . . . . b) Verkehrsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Einsicht, Auskunft und Registerzeugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1482 1486
1488 1488 1489 1491 1492 1495 1497 1498 1499 1499 1500 1503
1506 1506 1508 1517
Literatur: Busch, Überblick über die Neuerungen im Bereich des Vereinsrechts und Vereinsregisters, RpflStud 2012, 141; Fleck, Die Inhaltskontrolle von Vereinssatzungen. Der Prüfungsumfang des Register- und des Prozessgerichts, Rpfleger 2009, 58; Lissner, Die Erstanmeldung des eingetragenen Vereins, MDR 2012, 1209; Lissner, Die registerrechtlichen Anforderungen im Vereinswesen, notar 2013, 415; Pietsch, Innenansichten eines Vereinsregisters, npoR 2019, 164; Reuter, Zur Vereinsrechtsreform 2009, NZG 2009, 1368; Röcken, Gebühren im Vereinsrecht – Auswirkungen des 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes, ZStV 2014, 25; Stöber, Der Vorstand des eingetragenen Vereins bei Anmeldung zum Vereinsregister und nach Ablauf seiner Amtszeit, Rpfleger 1967, 342; Schöpflin, Neuerungen im Vereinsrecht, Rpfleger 2010, 349; Sengl, Kommentierte Synopse zu den geänderten vereinsrechtlichen Bestimmungen des BGB, RpflStud 2010, 105; Terner, Vereinsrecht in der notariellen Praxis, ZNotP 2009, 132/222; Terner,
Stöber/Otto | 691
XXIV. Rz. 1424 | Das Vereinsregister Vereinsrechtsreform(en), DNotZ 2010, 5; Willer/Krafka, Besonderheiten der elektronischen Registerführung, Rpfleger 2002, 411.
1. Führung des Vereinsregisters (§§ 21, 55–79 BGB) a) Funktion 1424
Das Vereinsregister hat als öffentliches Register die Rechtsverhältnisse der rechtsfähigen Vereine, die für den Rechtsverkehr von besonderer Bedeutung sind, den Mitgliedern und Dritten gegenüber in zuverlässiger Weise darzustellen. Es dient damit der Verkehrssicherheit. Nach ganz einhelliger Ansicht kann nur der Idealverein in das Vereinsregister eingetragen werden, obwohl der Wortlaut der §§ 21, 55 BGB das nicht zwingend vorgibt. (Rz. 68). Zu Kostenfragen Rz. 1702 ff. b) Zuständigkeit
1425
Das Vereinsregister wird bei dem Amtsgericht geführt. Örtlich zuständig ist grundsätzlich das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Verein seinen Sitz hat (§ 55 Abs. 1 BGB). § 23d GVG gibt den Landesjustizverwaltungen die Möglichkeit, die Vereinssachen einem Amtsgericht für die Bezirke mehrerer Amtsgerichte zuzuweisen. Davon wurde weitgehend Gebrauch gemacht (Übersicht im Anhang Teil B.1).1 Die Aufgaben in Vereinssachen sind überwiegend dem Rechtspfleger übertragen (§ 3 Nr. 1a RPflG).2 c) Einrichtung und Führung des Registers
1426
Einrichtung und Führung des Vereinsregisters regelt die Vereinsregisterverordnung (VRV). Diese auf der Grundlage von § 387 Abs. 4 FamFG erlassene Rechtsverordnung des Bundes ist im Anhang C. abgedruckt, auf sie kann hier weitgehend verwiesen werden. Die VRV enthält eine Vereinheitlichung der bisher landesrechtlich bestimmten Verfahrensvorschriften über die Einrichtung und Führung des Vereinsregisters (§§ 1– 17 VRV) und Verfahrensregelungen zum elektronischen (= „maschinell geführten“) Register (§§ 18–39 VRV).3
1427
Jeder Verein erhält ein Registerblatt (§ 2 Abs. 1 VRV). Es wird geführt – in Papierform (§ 2 Abs. 2 VRV), oder – ganz oder in Teilen in maschineller Form als automatisierte Datei nach landesrechtlicher Rechtsverordnung (§ 55a Abs. 1 BGB; § 2 Abs. 2 VRV). Von der Er-
1 So führt die Konzentration für Berlin zu rund 26.000 Vereinsregistereintragungen allein beim AG Charlottenburg (Pietsch, npoR 2019, 164). 2 Richterzuständigkeiten in § 4 Abs. 2 Nr. 1, 3, Abs. 3, §§ 5, 6, 7, 10 RPflG. Daneben wird auch der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle nach Maßgabe der Vereinsregisterverordnung tätig (§ 1 Abs. 4 VRV). 3 Zu letzteren Krafka/Willer, Rpfleger 2002, 411 ff.
692 | Stöber/Otto
1. Führung des Vereinsregisters (§§ 21, 55–79 BGB) | Rz. 1429 XXIV.
mächtigung zur maschinellen Registerführung haben mittlerweile alle Bundesländer Gebrauch gemacht.1 Nach näherer Maßgabe des Landesrechts wird das Vereinsregister digitalisiert und zur elektronischen Auskunft über www.handelsregister.de bereitgestellt. Im Zuge der elektronischen Registerführung wird das Papierregister/die Registerkartei aufgegeben. Verfahrensentscheidungen des Registergerichts, die nicht in eine Eintragung münden, werden in aller Regel nicht veröffentlicht.2
1428
Im Anschluss an die für die elektronische Aktenführung im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit und für den elektronischen Rechtsverkehr mit den Registergerichten grundlegenden Normen §§ 14, 387 Abs. 1, 4 und 5 FamFG regeln Landesvorschriften den elektronischen Zugang zum Registergericht einschließlich der Registereinsicht auch bei anderen Amtsgericht als dem örtlich zuständigen. Während die maschinelle (= elektronische) Registerführung recht weitgehend umgesetzt ist, ist die elektronische Kommunikation mit dem Vereinsregister (insbesondere als elektronische Vereinsregisteranmeldung) zumeist noch nicht Standard. Praktisch ermöglicht wurde eine effektive Einführung der elektronischen Anmeldung zum 30.9.2009 durch den Verzicht auf Einreichung von Urschriften und original unterschriebener Papierdokumente.3 Sämtliche derzeitigen Regelungen sehen die elektronische Vereinsregisteranmeldung
1429
1 Baden-Württemberg: VO über die maschinelle Führung des Handels-, Genossenschafts-, Partnerschafts- und Vereinsregisters v 7.6.2005 (GBl 4919); Bayern: VO über das maschinell geführte Handels-, Genossenschafts-, Partnerschafts- und Vereinsregister v 29.11.2000 (GVBl. 841, geändert GVBl. 2002, 351); Berlin: VO über die maschinelle Führung des Handels-, Partnerschafts-, Genossenschafts- und Vereinsregisters v 2.10.2003 (GVBl. 510); Brandenburg: VO über die maschinelle Führung des Handels-, Partnerschafts-, Genossenschaftsund Vereinsregisters (RegAutV) v 10.1.2005 (GVBl. II/05 [Nr. 02] 44) geändert durch Art. 1 VO v 31.5.2006 (GVBl. II/06 [Nr. 14] 215); Bremen: VO über den elektronischen Rechtsverkehr v 18.12.2006 (Brem GBl 548); Hamburg: VO über die maschinelle Führung des Handels-, Partnerschafts-, Genossenschafts- und Vereinsregisters v 22.10.2001 (GVBl. 425); Hessen: VO über die Führung des Vereinsregisters v 16.7.2005 (GVBl. I 553); Mecklenburg-Vorpommern: VO über den elektronischen Rechtsverkehr v 18.12.2008 (GVOBl M-V 2009, 53); Niedersachsen: VO über den elektronischen Rechtsverkehr in der Justiz (Nds ERVVO-Justiz) v 21.10.2011 (Nds GVBl. 2011, 367); NRW: VO über die Registerkonzentration und die maschinelle Führung der Register v 10.4.2003 (GVBl. 234); Rheinland-Pfalz: VO über das maschinell geführte Handels-, Genossenschafts-, Partnerschafts- und Vereinsregister v 4.5.2005 (GVBl. 179); Saarland: VO über die maschinelle Führung der Register v 29.7.2003 (ABl 2238, 2625); Sachsen: VO über Einführung und Führung des maschinell geführten Handels-, Genossenschafts-, Partnerschafts- und Vereinsregisters v 7.1.2002 (GVBl. 76); Sachsen-Anhalt: VO über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften v 1.10.2007 (GVBl. LSA 2007, 330); Schleswig-Holstein: VO über die Führung des Handels-, Genossenschafts-, Partnerschafts- und Vereinsregisters v 2.3.2004 (GVOBl 76); Thüringen: Thüringer Gerichtsorganisationsgesetz v 16.8.1993 (GVBl. 554). 2 Kritisch dazu Wachter, GMbHR 2016, R18. Die Veröffentlichung der Entscheidung des AG München v. 15.9.2016 in der Registersache VR 2463 (FC Bayern München eV) z.B. in juris stellt eine seltene Ausnahme dar. 3 Gesetz zur Erleichterung elektronischer Anmeldungen zum Vereinsregister und anderer vereinsrechtlicher Änderungen v. 24.9.2009 (BGBl. I 3145).
Stöber/Otto | 693
XXIV. Rz. 1429 | Das Vereinsregister
allenfalls optional vor, die herkömmliche Anmeldung durch Private ist überall nach wie vor möglich.1 Für die praktische Aktenführung ist der Medienbruch nicht unproblematisch.2 Zur Führung einer durchgängigen Papierakte können elektronisch eingereichte Dokumente ausgedruckt werden (Vermerk nach § 14 Abs. 2 S. 2 FamFG i.V.m. § 298 Abs. 3 ZPO). 1430
Gestaltung und Benutzung des Registerblatts regelt § 3 VRV. Das Registerblatt hat demnach fünf Spalten (§ 3 S. 1 VRV mit Muster in Anlage 1). Zum Inhalt dieser Spalten s. § 3 S. 3 VRV in Nrn. 1–5. Zu unterschreiben sind die Eintragungen in den Spalten 1 bis 4 in der dafür bestimmten Spalte 5 (§ 3 S. 4 VRV).
1431
Eine Registerakte wird für jedes Registerblatt geführt (§ 7 Abs. 1, § 26 S. 1 VRV). Ein Handblatt ist für jedes Registerblatt in Papierform (sonst § 26 Abs. 1 S. 2 VRV) zu führen. Gestaltung des Handblatts und Eintragungen entsprechen wörtlich dem Inhalt des Registers (§ 7 Abs. 4 VRV). Das in Papierform geführte Vereinsregister umfasst auch ein alphabetisches Namensverzeichnis. Es kann elektronisch geführt sein (§ 8 VRV). Bei maschineller Registerführung wird kein eigenes Namensverzeichnis geführt (§ 26 Abs. 1 S. 2 VRV).3
2. Die Eintragungen a) Eintragungen auf Anmeldung 1432
Die Eintragung des Vereins erfolgt auf Anmeldung des Vorstands (§ 59 Abs. 1 BGB). Form der Anmeldung: Rz. 1451. Nach Eintragung des Vereins sind zur Eintragung in das Vereinsregister anzumelden: – jede Änderung des Vorstands (§ 67 Abs. 1 BGB), – Änderungen der Satzung (§ 71 Abs. 1 BGB), – eine Verschmelzung, eine Spaltung sowie ein Formwechsel nach den Vorschriften des UmwG, – die Auflösung des Vereins durch Beschluss der Mitgliederversammlung oder durch Zeitablauf (§ 74 Abs. 2 BGB),
1 Vgl. hierzu aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 16/12813, 9: „Die Länder sollen Vereinsregister und alle Registerakten weiterhin auch in Papierform führen können. Unabhängig davon, ob das Vereinsregister in Papierform oder in maschineller Form geführt wird, sollen alle Anmeldungen zum Register und Erklärungen gegenüber dem Registergericht weiterhin auch in Papierform möglich sein. Für viele kleine Vereine wird diese Art der Anmeldung noch lange Zeit einfacher sein als eine elektronische Anmeldung, für die sie nicht über die notwendigen technischen Mittel verfügen. Allerdings können, vor allem wenn Notare von den Vereinen mit Anmeldungen beauftragt werden, elektronische Anmeldungen einfacher, schneller und effizienter sein als Anmeldungen in Papierform.“. 2 Krafka, Registerrecht, Rz. 2110. 3 Vgl. BT-Drucks. 16/12813, 12.
694 | Stöber/Otto
3. Anmeldung zur Registereintragung (§§ 59, 67, 71, 74, 76 BGB) | Rz. 1434 XXIV.
– der Verzicht auf die Rechtsfähigkeit (Rz. 221), – die Liquidatoren unter Angabe des Umfangs ihrer Vertretungsmacht und jede spätere Änderung der Person eines Liquidators (§ 76 Abs. 1 BGB), – die Beendigung der Liquidation sowohl bei Fortsetzung des Vereins (§ 74 BGB analog) wie auch bei Erlöschen des Vereins (§ 76 Abs. 1 BGB), – die Fortsetzung des Vereins nach Einstellung oder Aufhebung des Insolvenzverfahrens (§ 75 Abs. 2 BGB). b) Eintragungen von Amts wegen Von Amts wegen (ohne Anmeldung) oder auf Ersuchen der zuständigen Behörde werden eingetragen
1433
– gerichtlich bestellte Vorstandsmitglieder (§§ 29, 67 Abs. 2 BGB), – gerichtlich bestellte Liquidatoren (§§ 29, 76 Abs. 3 BGB), – die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und die Vereinsauflösung im Fall des § 42 Abs. 2 S. 1 BGB (§ 75 Abs. 1 S. 1 BGB), – die Aufhebung des Eröffnungsbeschlusses (§ 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB), – weitere nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens für den Rechtsverkehr mit dem insolventen Verein bedeutsame Tatsachen (§ 75 Abs. 1 S. 2 Nr. 2–5 BGB) – vgl. Rz. 1674, – die Entziehung der Rechtsfähigkeit (§§ 73, 74 Abs. 1 BGB), – bei Verbot des Vereins nach dem VereinsG gem. § 7 Abs. 2 VereinsG – die Beschlagnahme des Vereinsvermögens und ihre Aufhebung, – die Bestellung und Abberufung von Verwaltern, – die Auflösung des Vereins, nachdem das Verbot unanfechtbar geworden ist, – das Erlöschen des Vereins. § 37 Abs. 2 FamFG gilt. Wenn eine Eintragung also Rechte eines Beteiligten beeinträchtigt, darf sich das Gericht nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse stützen, zu denen dieser Beteiligte sich äußern konnte.1 Zu den von Amts wegen vorzunehmenden Löschungen bei falscher Eintragung Rz. 1652 ff.
3. Die Anmeldung zur Registereintragung (§§ 59, 67, 71, 74, 76 BGB) a) Zuständigkeit für die Anmeldung Die Eintragung des Vereins und die Eintragung der Änderung des Vorstands sowie der Satzungsänderung sind vom Vorstand anzumelden. Der Vorstand hat auch die 1 OLG Köln v. 17.3.2011 – 2 Wx 27/11, NotBZ 2011, 296 = Rpfleger 2011, 443.
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1434
XXIV. Rz. 1434 | Das Vereinsregister
Auflösung des Vereins durch Beschluss der Mitgliederversammlung oder durch Zeitablauf (§ 74 Abs. 2 S. 1 BGB) und die ersten Liquidatoren (§ 76 Abs. 2 S. 1 BGB) anzumelden, wenn durch ihn die Liquidation erfolgt (§ 48 Abs. 1 S. 1 BGB). Sind zu Liquidatoren sogleich andere Personen bestellt (§ 48 Abs. 1 S. 2 BGB), so haben diese anzumelden1, nicht mehr (wie auch angenommen wird2) der frühere Vorstand, wenn dessen Amt bereits mit Auflösung durch Mitgliederbeschluss oder Zeitablauf und Bestellung anderer Personen zu Liquidatoren erloschen ist. Das folgt angesichts eines ungenauen Wortlautes des § 76 BGB aus dem Registerverfahrensgrundsatz, dass anmeldeberechtigt und -verpflichtet stets die jeweiligen gesetzlichen Vertreter sind. Die Änderung des § 76 BGB zum 30.9.2009 (BGB. I S. 3145) brachte insoweit keine Veränderung.3 Zwar ließe sich auch die Neufassung des § 77 S. 1 BGB so verstehen, dass dort die Liquidatoren als stets zur eigenen Anmeldung berechtigt erklärt werden, der Gesetzgeber wollte mit der neuen und wiederum unklaren Fassung des § 77 BGB aber eine gänzlich andere Frage regeln (dazu Rz. 1442). 1435
Die Vertretung ds Vereins im Registerverfahren kann zum Aufgabenkreis eines besonderen Vertreters gehören, muss dann aber auch Ausfluss entsprechender Geschäftsführungsbefugnisse sein.4 Dass ein nicht mehr im Amt befindlicher Vorstand noch eine Anmeldung zum Register tätigen könne, entspricht nicht dem Gesetz. Wenn die Vorstandsmitglieder abweichend vom Regelfall nicht die ersten Liquidatoren sind, müssen daher die zu Liquidatoren bestellten anderen Personen als die nunmehr zur Vertretung des Vereins berufenen Personen sich selbst anmelden. Das ergibt sich auch aus § 48 Abs. 2 BGB, wonach die Liquidatoren die rechtliche Stellung des Vorstands haben, der nach dem Wortlaut des § 76 Abs. 2 BGB anzumelden hat. Demgemäß haben die mit dem Vorstand nicht personengleichen Liquidatoren auch die Auflösung selbst (§ 74 Abs. 2 BGB) zur Eintragung in das Vereinsregister anzumelden. Nur wenn der Auflösungsbeschluss zugleich eine Satzungsänderung beinhaltet, die Eintragung somit konstitutiv wirkt (so bei Verkürzung der Zeitdauer des Vereins, § 74 Abs. 2 BGB, bei Herabsetzung der satzungsgemäßen Mehrheit für den Auflösungsbeschluss vor dessen Zustandekommen), hat sie noch der bisherige Vorstand anzumelden.5 Nach wieder anderer Ansicht6 soll der Vorstand Auflösung und erste Liquidatoren stets anzumelden haben (die Anmeldung soll ihm als nachwirkende Pflicht aus dem Vorstandsamt obliegen); dann aber, wenn der Vereinsvorstand 1 So auch BayObLG v. 31.3.1994 – 3Z BR 23/94, GmbHR 1994, 478 = MDR 1994, 566 (für GmbH); LG Bielefeld v. 13.5.1986 – 14 T 20/86, GmbHR 1987, 194 = NJW 1987, 1089 (für GmbH); Eichler, Rpfleger 2004, 196 (198); Krafka, Rz. 2206; Ries/Bauer, Rz. 7.446; Schwennicke in Staudinger, § 76 Rz. 7. 2 Für Anmeldung noch durch den früheren Vorstand aber OLG Hamm v. 8.2.1990 – 15 W 37/90, OLGZ 1990, 257 = NJW-RR 1990, 532 = Rpfleger 1990, 369 und 1991, 24 (LS) mit Anm. Buchberger; Reichert/Schörnig, Kap. 2/Rz. 4152; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 410 und 434; auch Steffen in BGB-RGRK, § 76 Rz. 21; Hadding in Soergel, § 76 Rz. 2;. 3 Anders Gutachten DNotI, DNotI-Report 2012, 181; wie hier Ries/Bauer, Rz. 7.444. 4 Zu weit daher KG Berlin v. 23.7.2020 – 22 W 1005/20, juris. 5 BayObLG MittBayNot 1994, 348; Krafka, Registerrecht, Rz. 2206. 6 OLG Hamm v. 8.2.1990 – 15 W 37/90, OLGZ 1990, 257; Erman/Westermann, § 76 Rz. 1; Reichert/Schörnig, Kap. 2/Rz. 4152.
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3. Anmeldung zur Registereintragung (§§ 59, 67, 71, 74, 76 BGB) | Rz. 1439 XXIV.
schon vor Auflösung aus dem Vereinsamt ausgeschieden ist (im entschiedenen Fall durch Amtszeitablauf, aber auch durch Amtsniederlegung usw.), soll die Anmeldepflicht der erste Liquidator erfüllen können (oder zu erfüllen haben), ein Vorstand gerichtlich (§ 29 BGB) somit nicht zu bestellen sein.1 Diese Auffassung wirkt widersprüchlich. Wenn schon § 74 Abs. 2 S. 1 und § 76 Abs. 2 S. 1 BGB Anmeldung nur durch den letzten Vorstand (entgegen hier vertretener Auffassung) verbindlich vorsehen würde und ein mit diesem Vorstand nicht personengleicher Liquidator nicht zur Anmeldung für berechtigt zu halten wäre, kann dem Liquidator bei Fehlen (vorzeitigem Ausscheiden) des Vorstands die (mit Zwangsgeld durchsetzbare, § 78 BGB) Anmeldepflicht nicht doch wieder obliegen. Spätere Änderungen in der Person der Liquidatoren haben diese anzumelden (§ 76 Abs. 2 S. 3 BGB). Die Beendigung der Liquidation und das Erlöschen des Vereins werden auf Anmeldung der (letzten) Liquidatoren eingetragen.
1436
b) Beteiligtenstellung im Registerverfahren Die Anmeldung ist als Eintragungsantrag Verfahrenshandlung. Sie enthält das an das Gericht gerichtete Begehren auf Eintragung.2
1437
Beteiligt im Registerverfahren ist stets der (Vor-)Verein selbst (§ 7 Abs. 1 FamFG), die Anmeldenden handeln bei der Antragstellung für ihn.3 Dennoch gelten auch die handelnden Vorstandsmitglieder selbst (nicht jedoch die nicht mitwirkenden) als Antragsteller (§ 7 Abs. 1 FamFG) als beteiligt.4 Bedeutung hat das für die erforderlichen Bekanntgaben (Eintragungsbeschluss: § 383 Abs. 1 FamFG; Zwischenverfügung und Ablehnung: §§ 382 Abs. 3 und 4, 41 FamFG) und die Beschwerdeberechtigung (Rz. 1500).
1438
Der Notar, der die Anmeldung beurkundet oder beglaubigt hat, gilt als ermächtigt, die Eintragung im Namen des zur Anmeldung Verpflichteten ausdrücklich zu beantragen (§ 378 FamFG). Das gilt bei zwingenden wie freiwillig gestellten Anträgen5 wie bei Erstanmeldung des Vereins und Anmeldung der Satzungsänderung. Der Notar ist auch ermächtigt zur Antragsrücknahme, § 24 Abs. 3 BNotO. Stellt der Notar den Eintragungsantrag, so liegt ein Antrag eines Beteiligten, gestellt durch den Notar als Vertreter, vor. Daneben ist der in der Anmeldung enthaltene Eintragungsantrag des Beteiligten nicht als selbständiger Eintragungsantrag Verfahrensgrundlage. Eine Antragstellung durch den Notar ist vielmehr Übernahme der Vertretung des Beteiligten durch den Notar mit der Folge, dass der Verfahrensvertreter nunmehr für den Be-
1439
1 Für gerichtliche Vorstandsbestellung aber Steffen in BGB-RGRK, Rz. 2, Hadding in Soergel, Rz. 4, alle zu § 74. 2 OLG Celle v. 28.6.1999 – 9 W 72/99, NJW-RR 2000, 702; OLG Hamm v. 20.12.2001 – 15 W 378/01, GmbHR 2002, 495 = MittBayNot 2002, 408 = NJW-RR 2002, 761; Krafka, Registerrecht, Rz. 75. 3 Heinemann, FamFG für Notare, 2009, Rz. 447. 4 Krafka, Rz. 143. 5 Klargestellt durch Neufassung der Ermächtigungsregelung in § 378 FamFG. Zur vorherigen Rechtslage s. noch 9. Aufl., Rz. 1015 m.w.N.
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XXIV. Rz. 1439 | Das Vereinsregister
teiligten das Verfahren betreibt, nicht etwa beide nebeneinander. Der Notar sollte allerdings immer klarstellen, ob er als Vertreter auftritt oder nur als Bote die Anmeldung weitergibt. Zur Mitteilung, wenn der Notar von seinem Antragsrecht Gebrauch macht, s. Rz. 1492. c) Mehrgliedriger Vorstand 1440
Anmeldung durch Vorstandsmitglieder in vertretungsberechtigter Zahl ist erforderlich und ausreichend.
1441
Die Frage, ob nicht stets der Vorstand insgesamt anmelden müsse, oder ob das nicht wenigstens für die Erstanmeldung so zu sein hat, war lange Zeit heftig umstritten.1 Das „Gesetz zur Erleichterung elektronischer Anmeldungen und zum Vereinsregister und anderer vereinsrechtlicher Änderungen“ soll mit der Neufassung des § 77 S. 1 BGB zum 30.9.2009 dieses jahrzehnte-, wenn nicht gar ein Jahrhundert alte Problem des Vereinsrechts im Sinne der jüngeren Auffassung geklärt haben.2 Nach ihr3 genügt es stets, wenn ein nach der Satzung allein vertretungsberechtigtes Vorstandsmitglied oder wenn nach der Satzung gemeinschaftlich vertretungsberechtigte Vorstandsmitglieder in je vertretungsberechtigter Zahl anmelden. Zu einem eindeutigen Wortlaut konnte der Gesetzgeber sich allerdings nicht entschließen.4
1442
Nur unter Rückgriff auf die Materialien erschließt sich mit der angesichts des bekannten Meinungsstreits wünschenswerten Klarheit, dass sich der Relativsatz nicht nur auf die Liquidatoren (was wegen der oben Rz. 1434 geschilderten Ungewissheit auch seinen Sinn hätte) beziehen soll. Weniger noch wird im Kontext klar, dass dieser „soweitSatz“ nicht ein besonderes Vertretungsrecht „von Mitgliedern des Vorstands“ (also auch stets eines einzigen?) anordnet, sondern die allgemein für den jeweiligen Verein geltenden Vertretungsregeln – und zwar auch bei Erstanmeldung – angewandt wissen will.
1443
Bei diesem unklaren Wortlautbefund bleiben die bisherigen systematischen Überlegungen ausschlaggebend.5 Sie stimmen im Ergebnis mit dem nach den Materialien Gewollten überein.6 Man kann also den erklärten Willen des Gesetzgebers hier gelten lassen, auch wenn man einer subjektiven Auslegungsmethode nicht folgt.
1 S. hierzu die Darstellung und N. in der 9. Aufl., Rz. 1016 ff. 2 Krafka, Rz. 2150; Ellenberger in Palandt, § 77 Rz. 1. 3 BayObLG v. 29.1.1991 – BReg 3 Z 137/90, NJW-RR 1991, 958 ff. Im Übrigen s. 9. Aufl., Rz. 1016 ff. 4 Der Bundesrat (BT-Drucks. 16/12813, 19 f.) hatte im Gesetzgebungsverfahren eine ausdrückliche Regelung in § 59 BGB verlangt, die inhaltlich zustimmende Bundesregierung sah sie in § 77 S. 1 BGB hinreichend klar ausgedrückt (BT-Drucks. 16/12813, 22 f.). 5 Zur Begründung der hier schon immer vertretenen Auffassung Stöber, Rpfleger 1967, 324 und Rpfleger 1980, 369, und 9. Aufl., Rz. 1019. S. auch BT-Drucks. 16/12813, 14. 6 S. insb. die Gegenäußerung der Bundesregierung in BT-Drucks. 16/12813, 22, die vom Parlament unwidersprochen blieb.
698 | Stöber/Otto
3. Anmeldung zur Registereintragung (§§ 59, 67, 71, 74, 76 BGB) | Rz. 1448 XXIV.
Zwischen Erst- und Folgeanmeldungen wird anders als bei den Kapitalgesellschaften nicht differenziert.1 Richtigerweise war das schon bisher so2, nach dem Willen des Gesetzgebers sollte das durch die Neufassung des § 77 BGB klargestellt sein.3
1444
Fehlt eine Regelung in der Satzung, ist somit eine Mehrheit der Mitglieder des Vorstands zur Anmeldung erforderlich und genügend. Sieht die Satzung überhaupt nur ein Vorstandsmitglied vor, meldet es allein an. Sind allerdings noch nicht so viele Vorstandsmitglieder gewählt, wie zum Erreichen einer Mehrheit ihrer satzungsmäßigen Zahl erforderlich ist, ist die Anmeldung noch nicht möglich. Fallen zwischenzeitlich zur Mehrheit erforderliche Vorstandsmitglieder weg, ist Nachmeldung der Nachrücker zu fordern.4
1445
Bei Vertretungsregelung in der Satzung muss die Anmeldung von so vielen der mehreren Vorstandsmitglieder vorgenommen werden, wie zur gemeinsamen Vertretung zu handeln haben. Anmeldung durch nur ein Vorstandsmitglied ist ausreichend, wenn im Vereinsregister mehrere Personen als Vorstand so eingetragen (bei Erstanmeldung so einzutragen) sind, dass jeder für sich allein vertretungsberechtigt ist.
1446
Auch nicht für die Ersteintragung zu fordern ist ein Nachweis, dass sämtliche Vorstandsämter besetzt sind.5 Es genügt, dass die zur Vertretung berechtigende Zahl erreicht wird.6 Die Gegenansicht weist darauf hin, dass erst mit Bildung aller Organe der Verein bestehe.7 Spätestens die Neufassung der § 28 BGB seit 30.9.2009 zeigt aber, dass das Organ „Vorstand“ schon vor Wahl aller seiner Mitglieder beschluss- und handlungsfähig sein kann (hierzu bereits Rz. 520, 624).8
1447
Ein ausgeschiedener Vorstand kann eine Registereintragung nicht mehr anmelden und bei Anmeldung nicht mehr mitwirken. Der ausgeschiedene Vorstand ist daher auch nicht befugt, die Eintragung seines Ausscheidens anzumelden (s. Rz. 1572). Er kann sich jedoch an das Registergericht mit der Anregung wenden, den anmeldepflichtigen (jetzigen) Vorstand im Zwangsgeldverfahren (Rz. 1680 ff.) zur Anmeldung anzuhalten.
1448
1 Für letztere war der Streit entschieden mit BGH v. 11.11.1985 – II ZB 5/85, BGHZ 96, 245 ff. = AG 1986, 164 = MDR 1986, 472; BayObLG v. 29.1.1991 – BReg 3 Z 137/90, NJWRR 1991, 958 ff.; LG Schwerin v. 19.12.1996 – 5 T 154/96, Rpfleger 1997, 264. 2 Stöber, Rpfleger 1980, 369 ff.; Kirberger, ZIP 1986, 346 ff. (349). 3 Krafka, Rz. 2150; Bamberger/Roth/Schöpflin, BGB, § 59 Rz. 3; jurisPK/Otto, § 59 Rz. 2; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 433. Im Ergebnis ebenso Reuter, NZG 2009, 1368 (1372). 4 Krafka, Rz. 2149. 5 Die Checkliste von Krafka, Registerrecht, Rz. 2158, sieht gleichfalls für den Ersteintragungsantrag keine registergerichtliche Prüfung vor, ob alle Vorstandsämter besetzt sind. 6 A.A. Knof in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Rz. 29 mit nicht zwingendem Verweis auf das Recht der GmbH. 7 Burhoff, Rz. 33; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 15. Ries/Bauer, RRz. 7.172 stellt auf eine Auslegung der Satzung ab. 8 Ebenso zur Beschlussfähigkeit des Vorstands Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 345a.
Stöber/Otto | 699
XXIV. Rz. 1449 | Das Vereinsregister 1449
Dass nur Mitglieder des Vorstands i.S.d. § 26 BGB zur Registeranmeldung berechtigt und verpflichtet sind, nicht aber auch Angehörige der sog. erweiterten (oder inneren) Vorstandschaft1, ergibt sich bereits aus dem allgemeinen Vertretungsrecht.
1450
Was für den Vorstand gilt, gilt in gleicher Weise für die den Liquidatoren aufgetragenen Anmeldungen. Hier ist allerdings die Gesamtvertretung durch alle Liquidatoren die gesetzliche Regel, andere Bestimmung ist möglich (Rz. 1346) und gilt dann auch für die Anmeldungen. d) Form der Anmeldung (§§ 77, 129 Abs. 1 BGB; § 40 Abs. 1 BeurkG) und notarielle Vorprüfung (§ 378 Abs. 3 FamFG)
1451
Die Anmeldung muss mittels öffentlich beglaubigter Erklärung bewirkt werden. Die Erklärung muss somit schriftlich abgefasst, die Unterschrift des (oder der) Erklärenden muss von einem Notar beglaubigt werden (§ 129 Abs. 1 BGB). In einzelnen Bundesländern bestehen daneben Beglaubigungszuständigkeiten des Ratsschreibers2, Ortsgerichtsvorstehers3, von Ortsbürgermeistern, Ortsvorstehern, Stadt- und Landkreisverwaltungen.4 Die landesrechtlichen Bestimmungen sehen dazu jeweils vor, dass Unterschriftsbeglaubigungen nur bei örtlichem Bezug vorgenommen werden, erfolgte Beglaubigungen sind aber bundesweit gültig. Die amtliche Beglaubigung durch eine Behörde zu ausschließlich internen Verwaltungszwecken („Behördenbeglaubigung“, § 65 BeurkG) ist unzureichend.5 Eine Beglaubigungszuständigkeit der Amtsgerichte besteht nicht und könnte ohne Änderung von Bundesrecht auch nicht eingeführt werden.6 In der Sache brächte die Übertragung auch keinen Gewinn.7 Der Notar beglaubigt die Unterschrift, wenn sie in seiner Gegenwart vollzogen oder anerkannt ist (§ 40 Abs. 1 BeurkG). Die Erklärung (= der Wortlaut der Anmeldung) braucht also nicht von dem Notar abgefasst werden, sondern kann von dem Anmeldenden selbst niedergeschrieben werden. Der Entwurf des zu beglaubigenden Textes oder die vollständige Aufnahme (Beurkundung) der Anmeldung können aber auch dem Notar übertragen werden; diesem steht dann für seine Tätigkeit 1 So auch BGH v. 11.11.1985 – II ZB 5/85, BGHZ 96, 245 = MDR 1986, 472 (247); BayObLG 1991, 71 (75); OLG Karlsruhe Justiz 1978, 140; LG Lüneburg DNotZ 1964, 691; LG Mannheim MDR 1962, 302. 2 Baden-Württemberg: Beglaubigung von Unterschriften und Abschriften gem. § 32 LandesFGG v. 12.2.1975, GBl. 1975, 116, zuletzt geändert durch Gesetz v. 29.7.2010 (GBl. 555). 3 Hessen: Beglaubigung von Unterschriften und Abschriften gem. § 13 Ortsgerichtsgesetz v. 2.4.1980, GVBl. I 114, zuletzt geändert durch Gesetzes v. 26.3.2010 (GVBl. I 114). 4 Rheinland-Pfalz: Beglaubigung von Unterschriften und Abschriften gem. § 2 des Landesgesetzes über die Beglaubigungsbefugnis v. 21.7.1978, GVBl. 1978, 1. 5 Pfälz. OLG v. 8.5.2014 – 3 W 57/13, NotBZ 2014, 478 = NJW-RR 2014, 1128. 6 Die Öffnungsklausel des § 63 BeurkG ist durch die in § 62 BeurkG speziell geregelten Zuständigkeitsreste der Amtsgerichte gesperrt. 7 A.A. Gesetzentwurf der Länder Baden-Württemberg und Saarland v. 1.2.2011, BR-Drucks. 41/11 mit dem Antrag, § 62 BeurkG um eine Beglaubigungszuständigkeit der Amtsgerichte für die Unterschriftsbeglaubigung in Vereinsregistersachen zu erweitern. In Anbetracht zunehmender örtlicher Konzentration der Vereinsregister (Rz. 1210 und Anhang B.1) ist die von den Entwurfsverfassern damit angestrebte Bürgernähe nicht zu erreichen.
700 | Stöber/Otto
3. Anmeldung zur Registereintragung (§§ 59, 67, 71, 74, 76 BGB) | Rz. 1453 XXIV.
jedoch eine erhöhte Gebühr zu (Rz. 1712). Zur Feststellung und Bezeichnung der Beteiligten (auch mit Geburtstag) durch den Notar bei der Unterschriftsbeglaubigung s. § 25 DONot. Seit dem 9.6.20171 sind Anmeldungen – u.a. in Vereinsregistersachen – vor ihrer Einreichung für das Registergericht von einem Notar auf Eintragungsfähigkeit zu prüfen, sofern die Beglaubigung nicht durch eine der oben genannten nach Landesrecht zuständigen Stellen vorgenommen wurde (§§ 378 Abs. 3, 486 Abs. 3 FamFG).2 Die Entlastung der Gerichte von schon ihrem Wortlaut nach unklaren oder unzulässigen Anträgen war zuvor allein ein Reflex der beurkundungsrechtlichen Pflichten des Notars. Sie wurde nun im Registerverfahrensrecht unmittelbar festgeschrieben. Die notarielle Vorprüfung ist für die Beteiligten kostenfrei bzw. in den (dafür nicht erhöhten) Gebühren der Beglaubigung enthalten, wenn sie vom Beglaubigungsnotar vorgenommen wird. Wird allerdings ausnahmsweise ein Notar befasst, der weder den Text entworfen hat oder ihn weitergehend prüfen soll (dann Entwurfsgebühr), noch Unterschriften darunter beglaubigt hat, noch den Antrag bei dem Gericht einreichen wird (und dafür eine Gebühr erhält), so entsteht eine Prüfungsgebühr von 20 € (KV 22124 GNotKG).
1452
Die notarielle Prüfung ist Verfahrensvoraussetzung.3 Hat eine Prüfung nicht stattgefunden bzw. ist sie nicht nachgewiesen, führt das somit zwingend zu einer Zwischenverfügung.4 Die sog. Konzentrationsmaxime, also der Grundsatz, dass das Gericht in einer Zwischenverfügung sogleich alle Eintragungshindernisse aufzuzeigen hat, ist für diesen Fall einzuschränken. Denn wenn das Gericht doch vor Erlass einer Zwischenverfügung alle Aspekte des Antrags zu prüfen hätte, wäre die notarielle Vorprüfung bloße Förmelei und könnte die erstrebte Entlastung der Gerichte nicht erreichen.5
1453
Auf das Ergebnis der Prüfung kommt es hingegen nicht an.6 Das Registergericht hat also (eigenständig) auch solche Anmeldungen zu bearbeiten, denen ein Notar Untauglichkeit bescheinigt hat. Die Erwartung des Gesetzgebers ist dabei allerdings, dass die Beteiligten solche Anmeldungen nicht weiter verfolgen und vom Notar verbessern lassen (was dann allerdings Entwurfsgebühren auslöst). Eine Eintragung, die versehentlich ohne notarielle Vorprüfung des Antrags erfolgt ist, wird aus diesem Grunde nicht unrichtig.
1 § 378 Abs. 3 S. 1 FamFG i.d.F. v. 1.6.2017, BGBl. I 1396. 2 Ausf. zum Ganzen Otto in BeckOK/FamFG, § 378 Rz. 22–83. 3 Zur Parallelvorschrift § 15 GBO s. OLG Celle FGPrax 2018, 5 mit Anm. Eickelberg = OLG Celle v. 13.11.2017 – 18 W 57/17, NotBZ 2018, 63 mit Anm. Otto; OLG Schleswig. v. 28.7.2017 – 2 Wx 50/17, DNotZ 2017, 862; Eickelberg/Böttcher FGPrax 2017,145; anders Krafka/Heinemann Rpfleger 2017, 661; Kahlfeld, BWNotZ 2017,158. 4 Anders MünchKomm/FamFG/Krafka § 378 Rz. 18; Keidel/Heinemann § 378 Rz. 36. 5 Otto, OLG Celle v. 13.11.2017 – 18 W 57/17, NotBZ 2018, 63; Bedenken bei Buchner, ZfIR 2018,136. 6 Diehn/Rachlitz, DNotZ 2017, 487.
Stöber/Otto | 701
XXIV. Rz. 1454 | Das Vereinsregister 1454
Der Notar prüft – wenn er ansonsten nur mit der Unterschriftsbeglaubigung beauftragt ist und den Text der Anmeldung nicht selbst entwirft – lediglich den Text der Anmeldung auf Tauglichkeit zur Eintragung. Er hinterfragt nicht, ob die Anmeldung den Interessen der Unterzeichner entspricht. Andere Unterlagen (insbesondere Satzung und Versammlungsprotokolle) oder Register sieht er nicht ein. Es soll sichergestellt werden, dass nur eindeutig gefasste Anträge gestellt werden. Zentrum und zugleich einziger Gegenstand der inhaltlichen Prüfung ist daher der Text, den die Anmeldenden für ihren Antrag auf Registereintragung vorgesehen haben. Die Prüfung durch den Notar geht dahin zu klären, ob die ihm vorgelegte Anmeldung isoliert für sich betrachtet inhaltlich ihre Funktion im Eintragungsverfahren erfüllen kann. Aber auch mit der (bloßen) Prüfung auf Eintragungsfähigkeit kann schon eine nicht unbedeutende inhaltliche Komponente verbunden sein. Denn soweit die Voraussetzungen der Registerfähigkeit sich unmittelbar aus dem Text der Anmeldung erschließen, müssen sie mit geprüft werden. Beispiele offensichtlich und weniger offensichtlich unzulässiger Anmeldungen1 – Ein Verein zur „Ausbeutung und wirtschaftlichen Nutzung der Kupfervorkommen im Erzgebirge e.V.“ wäre schon mit dieser Namenswahl und ohne Rückgriff auf den Satzungstext offensichtlich wirtschaftlich und daher nicht als Idealverein eintragungsfähig. – Ein „Verein zum gemeinnützigen Betrieb von Kindertagesstätten gegen kostendeckendes Entgelt e.V.“ wird hingegen umfangreiche rechtliche Recherche auslösen.
Das Prüfungsprogramm ist nach dem Normzweck im Zweifel eher eng gefasst. Es genügt, wenn die Anmeldung jedenfalls nach Auslegung aus sich heraus zu einem eintragungsfähigen Inhalt führen kann. Dabei darf der Notar unterstellen, dass die von ihm nicht einzusehenden beigefügten Dokumente und etwaige Voreintragungen im Register zur Begründung der Eintragung genügen werden. Jede weitergehende inhaltliche Prüfung bleibt dem Registergericht überlassen. 1455
Das Ergebnis der Vorprüfung lautet nur positiv oder negativ, wobei sich der negative Prüfungsausgang auch auf die Feststellung nicht allein aus dem Text heraus auszuräumender Zweifel beschränken kann. Der Notar fertigt keine gutachterliche Stellungnahme und muss nicht danach differenzieren, ob vielleicht einzelne der in einem Text zusammengefassten Anmeldungen möglich sind und andere nicht. Eine umfassende Beratung, Neufassung oder Änderung des Entwurfs wird der Notar nur auf Antrag gegen Gebühr vornehmen. Um die erfolgte Prüfung und ihr Ergebnis für das Registergericht zu dokumentieren, fertigt der Notar einen Vermerk für das Gericht. Das gilt sowohl bei positivem wie negativem Prüfergebnis.
1456
Soweit das Landesrecht (dazu Rz. 1428) auch die elektronische Anmeldung zulässt (§ 14 Abs. 4 FamFG), kann mit ihr naturgemäß keine Urschrift der unterschriftsbeglaubigten Anmeldung eingereicht werden. Es genügt die gem. § 39a BeurkG durch den Notar elektronisch beglaubigte Abschrift einer unterschriftsbeglaubigten Privaturkunde (§ 77 S. 2 BGB).2 Der Notar beglaubigt also sowohl (nach einer Identitätsprü1 Otto in BeckOK/FamFG, § 378 Rz. 47.1. 2 Beurkundungsrechtlich wäre die Vorlage einer (elektronisch) beglaubigten Abschrift auch ohne ausdrückliche Einfügung des Satzes 2 gleichwertig möglich gewesen, § 14 Abs. 4
702 | Stöber/Otto
4. Zurücknahme und Einschränkung einer Anmeldung | Rz. 1460 XXIV.
fung) die Unterschrift unter der Anmeldung, als auch die Übereinstimmung des Textes der Anmeldung samt beglaubigter Unterschrift mit seiner elektronischer Transformation. Eine von mehreren Vorstandsmitgliedern vorzunehmende Anmeldung muss nicht bei gleichzeitiger Anwesenheit vor dem Notar erklärt werden. Die Vorstandsmitglieder können die Unterschriften auch zu verschiedenen Zeiten bei dem Notar leisten. Durch Zeichnung oder Beurkundung der Anmeldung zu verschiedenen Zeiten durch mehrere Vorstandsmitglieder nacheinander entstehen Kosten jedoch mehrfach.
1457
Bei der Anmeldung kann jedes Vorstandsmitglied durch einen Bevollmächtigten vertreten werden.1 Die Vollmacht unterliegt jedoch der Form des § 77 BGB, muss also öffentlich beglaubigt sein.2 Dem Amtsgericht kann eine (gegebenenfalls auch elektronisch) beglaubigte Abschrift der öffentlich beglaubigten Vollmacht eingereicht werden. Die von einem Mitglied des Vorstands erteilte Vollmacht zur Anmeldung berechtigt nur zur Vertretung des Vollmachtgebers bei der Anmeldung, ermöglicht Anmeldung (oder Mitwirkung bei der Anmeldung) daher nicht mehr, wenn der Vollmachtgeber dem Vorstand nicht mehr angehört. Weil die Verpflichtung zur Anmeldung den Mitgliedern des Vorstands für den Verein persönlich obliegt (Rz. 1219), kann die Vollmacht keine Wirksamkeit mehr erlangen (behalten), wenn mit dem Ausscheiden des Vollmachtgebers aus dem Vorstand seine Anmeldepflicht nicht mehr besteht. Die Vollmacht gilt somit, auch wenn sie von allen Mitgliedern des Vorstands erteilt worden ist, nicht über das Ausscheiden des Vollmachtgebers hinaus so lange weiter, bis sie wirksam widerrufen worden ist.3
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Die eingereichten Unterlagen gelangen zur Registerakte (§ 66 Abs. 2 BGB). Da seit 30.9.2009 keine Urschriften mehr eingereicht werden, ist ihre Rückgabe entfallen.
1459
4. Zurücknahme und Einschränkung einer Anmeldung a) Antragsrücknahme Bestimmungen über die Zurücknahme oder Einschränkung einer Anmeldung zum Vereinsregister (§ 77 BGB) enthalten weder das BGB noch das FamFG. Als Eintragungsantrag (Rz. 1437) kann die Anmeldung jedoch nach allgemeinen Verfahrensgrundsätzen bis zum Vollzug der Eintragung (= Unterzeichnung im Papier-Vereinsregister oder wirksame Abspeicherung) zurückgenommen werden. Die Rücknahme bewirkt, dass die Anmeldung nicht erklärt ist, die Registereintragung also nicht mehr vollzogen werden kann.
FamFG erweist sich hier aber wohl als enger (Terner, Vereinsrechtsreform[en]), DNotZ 2010, 5 [7]). 1 KG Berlin, Beschluss vom 23. Juli 2020 – 22 W 1005/20, juris. 2 KGJ 26 A 232. 3 A.A. LG Stuttgart Betrieb 1982, 638.
Stöber/Otto | 703
1460
XXIV. Rz. 1461 | Das Vereinsregister 1461
Durch die Zurücknahme der Anmeldung einer Vorstands- oder Satzungsänderung – oder einer sonst anmeldepflichtigen (registerpflichtigen) Tatsache – wird die Verpflichtung des Vorstands zur Anmeldung (§§ 67, 71 BGB u.a.) nicht berührt. Lässt die Zurücknahme eine bestehende Anmeldepflicht erkennen, so hat das Registergericht die Wiederholung der Anmeldung im Zwangsgeldverfahren zu betreiben (§ 78 BGB).
1462
Der Notar kann als Antragsteller (Rz. 1439) seinen Eintragungsantrag gleichfalls zurücknehmen (§ 24 Abs. 3 S. 1 BNotO). Die Rücknahmeerklärung ist wirksam, wenn sie mit der Unterschrift und dem Amtssiegel des Notars versehen ist (§ 24 Abs. 3 S. 2 BNotO). b) Beschränkungen der Anmeldung
1463
Eine Anmeldung kann (von vornherein oder nachträglich) auf einen Teil der in der Versammlung jeweils gesondert (selbständig) gefassten Beschlüsse beschränkt werden (vgl. Rz. 1600). Die Beschränkung kann allerdings vom Vorstand nicht willkürlich getroffen werden, weil er damit seine Amtspflicht verletzen und das Zwangsgeldverfahren (§ 78 BGB) auslösen würde. Es kann aber sein, dass für einen Teil der Versammlungsbeschlüsse eine Anmeldepflicht nicht besteht, weil sie nichtig sind und daher vom Vorstand nicht ausgeführt werden dürfen (Rz. 1049 ff.). In solchen Fällen kann durch die Beschränkung der Anmeldung nur der zweifelsfrei wirksam gefasste Teil der Versammlungsbeschlüsse zur Registereintragung gebracht werden. Beispiel: Bei Neubestellung des Vorstands sind zwei Vorstandsmitglieder wirksam gewählt worden, während die Wahl eines dritten Vorstandsmitglieds unwirksam ist. Die Anmeldung kann auf die Eintragung der beiden wirksam gewählten Vorstandsmitglieder beschränkt werden. Ist das eingetragene dritte Vorstandsmitglied nicht mehr im Amt, so muss dies jedoch mit angemeldet werden (und damit, dass dieses Amt zurzeit nicht besetzt ist).
1464
Beschränkung der Erstanmeldung des Vereins, der Neufassung der Satzung oder von mehreren Satzungsänderungen, die in einem Beschluss gefasst wurden, durch Ausnahme einzelner Satzungsvorschriften (so wenn gegen deren Wirksamkeit Bedenken besteht), desgleichen Teilzurücknahme der Anmeldung nur hinsichtlich der Miteintragung einzelner Satzungsbestimmungen, ist (ebenso wie Teilvollzug, s. Rz. 1538 und 1600) nicht für zulässig zu erachten. Eine Prüfung durch das Registergericht, ob diese Beschränkung oder Teilzurücknahme der Anmeldung wirksam ist, würde die Prüfung entweder in Anwendung des § 139 BGB oder nach allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Erwägungen gebieten, ob der angemeldete verbleibende Satzungsinhalt noch geeignet ist, die Rechtsverhältnisse des Vereins sinnvoll zu ordnen (s. Rz. 60). Solche Prüfung hat aber im Registerverfahren nicht zu erfolgen.1 Es kann auf Zwischenverfügung dem Eintragungshindernis durch andere Satzungsgestaltung Rech-
1 OLG München v. 30.1.2020 – 31 Wx 371/19, MDR 2020, 807.
704 | Stöber/Otto
5. Die Prüfungspflicht des Registergerichts (§§ 55–60 BGB) | Rz. 1466 XXIV.
nung getragen oder Klärung der Begründetheit der Beanstandung durch das Rechtsmittelgericht betrieben werden.1 c) Form Rücknahme und nachträgliche Beschränkung bedürfen nicht der für die Anmeldung vorgeschriebenen Form (also: keine öffentliche Beglaubigung, § 77 BGB), sie können in einfacher Schriftform eingereicht werden. Sie müssen jedoch von dem zur Anmeldung Befugten, also vom Vorstand erklärt sein (bei Vorstandswechsel zwischen Anmeldung und Erklärung: vom neuen Vorstand). Nimmt nur einer von mehreren Vorstandsmitgliedern seine Anmeldung zurück, so ist die Anmeldung der übrigen Vorstandsmitglieder zu vollziehen, wenn durch sie noch eine vom Vorstand in vertretungsberechtigter Zahl erklärte Anmeldung (Rz. 1440) vorliegt. Liegt nach Zurücknahme der Anmeldung durch ein Vorstandsmitglied in der von den verbleibenden Vorständen erklärten Anmeldung eine Anmeldung durch den gesamten zur Vertretung berufenen Vorstand (= durch Vorstandsmitglieder in vertretungsberechtigter Zahl) nicht mehr vor, so kann bereits nach Teilrücknahme die verlangte Eintragung nicht mehr vollzogen werden. Die nicht mehr vollziehbare, unvollständige Anmeldung ist dann zurückzuweisen.
1465
5. Die Prüfungspflicht des Registergerichts (§§ 55–60 BGB) a) Prüfung der Anmeldung Vor jeder Eintragung hat das Gericht (in der Regel der Rechtspfleger, § 3 Abs. 1 Nr. 1 RpflG) eine Rechtmäßigkeitskontrolle durchzuführen.2 Die Prüfung des Registergerichts ist in der Regel auf die für die jeweiligen Eintragungen geforderten Erklärungen und eingereichten Unterlagen beschränkt.3 Darüber hinausgehende Ermittlungen sind erst und nur dann angezeigt, wenn sich aus den vorgelegten Informationen oder sonstigen Umständen – auch Eingaben Dritter – begründete Zweifel an der materiellen Richtigkeit der Eintragung ergeben.4 Die Anmeldung wirkt insoweit als eine „Garantieerklärung“, die sich aber bei sachlich begründetem, konkretem Zweifel einer Prüfung stellen muss.5 Den Verein trifft die Mitwirkungslast (§ 27 Abs. 1 FamFG).6
1 BayObLG v. 5.3.1987 – BReg 3 Z 29/87, GmbHR 1987, 391 = DNotZ 1988, 50 = NJW-RR 1987, 927. 2 Reichert/Wagner, Kap. 2/Rz. 135. Zur Amtshaftung Reichert/Schörnig, Kap. 2/Rz. 4776– 4781. 3 Hadding in Soergel, § 60 Rz. 2. 4 Hadding in Soergel, § 60 Rz. 2. 5 Keilbach, MittRhNotK 2000, 365, 367; zur weitergehenden Inhaltskontrolle im Prozess Fleck, Rpfleger 2009, 58. 6 KG v. 23.6.2014 – 12 W 66/12, Rpfleger 2014, 683.
Stöber/Otto | 705
1466
XXIV. Rz. 1467 | Das Vereinsregister 1467
Das Amtsgericht prüft nach Eingang der Anmeldung – seine örtliche Zuständigkeit, – die Einhaltung der Form der Anmeldung (§ 77 BGB) – fehlt es hier an einer notariellen Vorprüfung (§ 378 Abs. 3 FamFG) und ist sie nicht ausnahmsweise entbehrlich, dann ergeht bereits an diesem Punkt und ohne weitere Prüfung eine Zwischenverfügung (Rz. 1451) – ob die Anmeldung durch die dazu verpflichteten (oder berechtigten) Personen erfolgt ist, – ob die erforderlichen Urkunden vorgelegt sind.
1468
Es prüft sodann bei Erstanmeldung des Vereins, ob er ordnungsgemäß gegründet ist, somit – der Vereinszweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (Rz. 68 ff.) gerichtet ist (§ 21 BGB). Einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb darf der Vereinszweck weder nach dem in der Satzung bezeichneten Zweck (§ 57 BGB) noch nach einer von dieser satzungsgemäßen Zweckbestimmung abweichenden tatsächlich ausgeübten oder beabsichtigten Vereinstätigkeit zum Gegenstand haben.1 Ein Verein, der lediglich nach dem Wortlaut seiner Satzung einen nichtwirtschaftlichen Zweck verfolgt, dessen Zweck in Wahrheit aber auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, darf nicht in das Vereinsregister eingetragen werden.2 Dazu trifft das Gericht eigene Feststellungen. Es ist Sache der Antragsteller, diese ggf. zu widerlegen.3 Berufsständische Organisationen können m.E. im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 26 FamFG, s. auch § 9 Abs. 2 VRV) zur Einordnung der Vereinstätigkeit in die Vereinsklassen gehört werden, auch wenn für das Vereinsregisterverfahren deren Beteiligung in § 380 FamFG nicht genannt ist. – der Vereinszweck erlaubt ist (Rz. 62, auch 1486), – die Satzung die nach §§ 57, 58 BGB notwendigen Bestimmungen enthält und der Satzungsinhalt rechtswirksam ist (Rz. 1473 ff.), – die Urschrift der Satzung von mindestens sieben Mitgliedern ordnungsgemäß (Rz. 1529) unterzeichnet ist und die Angabe des Tages der Errichtung enthält (§ 59 Abs. 3 BGB). Nicht verlangt ist ein Nachweis, dass alle Vorstandsämter besetzt sind (zur Gegenmeinung Rz. 1447)
1 BayObLG v. 24.2.1983 – BReg 2 Z 1/83, Rpfleger 1983, 282 mit Anm. Prelinger; BayObLG v. 6.8.1985 – BReg 2 Z 116/84, Rpfleger 1985, 495; BayObLG v. 6.4.1989 – BReg 3 Z 10/89, DNotZ 1990, 103 = MittBayNot 1989, 204 = Rpfleger 1989, 398; OLG Hamm v. 4.8.1992 – 15 W 202/92, OLGZ 1993, 24 = Rpfleger 1993, 249. 2 OLG Hamm v. 4.8.1992 – 15 W 202/92, OLGZ 1993, 24 (27) = Rpfleger 1993, 249 (250). 3 Vgl. etwa Schl.-Holst. OLG v. 18.4.2012 – 2 W 28/12, Rpfleger 2012, 693.
706 | Stöber/Otto
5. Die Prüfungspflicht des Registergerichts (§§ 55–60 BGB) | Rz. 1472 XXIV.
Obwohl eine Urschrift nicht mehr verlangt wird, gehört dies nach § 60 BGB unverändert zum Prüfungsumfang und ist so zu verstehen, dass das Vorhandensein der Unterschriften aus der Abschrift nachvollziehbar zu ersehen sein muss. Es genügt also, wenn z.B. eine maschinell erstellte Abschrift die Unterschrift durch den Vermerk „gez. Kaiser“ erkennen lässt.1
1469
– der Name des Vereins unterscheidbar ist (§ 57 Abs. 2 BGB); bei späteren Anmeldungen, ob
1470
– die angemeldete Eintragung zulässig ist, – bei Änderung des Vereinszwecks dieser den Rz. 1468 dargestellten Erfordernissen genügt ist, – eine Satzungsänderung die vollständige Regelung der nach §§ 57, 58 BGB notwendigen Satzungsbestimmungen wahrt und gesetzesgemäß ist, – der Beschluss der Mitgliederversammlung über die angemeldete Änderung des Vorstands oder der Satzung, die Auflösung des Vereins oder Bestellung der Liquidatoren sowie die Fortsetzung des Vereins nach der vorgelegten Urkunde rechtswirksam gefasst ist (Rz. 1482), – ein neu angemeldetes Mitglied des Vorstands die Wahl (Bestellung) angenommen hat (Rz. 487). Das Registergericht kann und muss zunächst von der Richtigkeit des Protokolls und der gefassten Beschlüsse ausgehen.2 Erst wenn der Inhalt der vorgelegten Urkunden die nachgesuchte Eintragung nicht rechtfertigt oder Bedenken erweckt, wird das Registergericht nach dem Amtsermittlungsgrundsatz tätig.3
1471
Berechtigte Zweifel kann auslösen, wenn erst auf eine Beanstandung des Gerichts hin ein korrigiertes Protokoll vorgelegt wird.4 Grundsätzlich ist eine Protokollberichtigung aber möglich (Rz. 1086 f.).
1472
1 Krafka, Rz. 2155. 2 Zu eng daher Schl.-Holst. OLG v. 17.3.2004 – 2 W 37/04, NotBZ 2006, 327, FGPrax 2005, 82 ff., hierzu jurisPK/Otto, § 67 Rz. 5. Zutreffend OLG Düsseldorf v. 22.8.2008 – 3 Wx 182/08, NotBZ 2009, 235, OLG Zweibrücken v. 13.11.2007 – 3 W 198/07, Rpfleger 2008, 261 = OLG Düsseldorf v. 22.8.2008 – 3 Wx 182/08, NotBZ 2009, 235. 3 Beispiel: Die Niederschrift lässt darauf schließen, das in der Versammlung erstmals zu der unter erleichterten Anforderungen an die Beschlussfähigkeit stehenden zweiten Versammlung geladen wurde, OLG Düsseldorf v. 30.11.2009 – 3 W 232/09, Rpfleger 2010, 271 = FGPrax 2010, 43. Zum Prüfungsumfang s. auch Ries in Jansen, FGG, 3. Aufl., § 159 Rz. 12 ff. 4 Schl.-Holst. OLG v. 12.1.2005 – 2 W 308/04, NotBZ 2006, 326 = OLGR Schleswig 2005, 209 f.
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XXIV. Rz. 1473 | Das Vereinsregister
b) Prüfung der Satzung 1473
Die Satzung prüft das Registergericht bei Erstanmeldung des Vereins daraufhin, ob – sie den nach §§ 57, 58 BGB notwendigen Satzungsinhalt vollständig1 und mit der erforderlichen Bestimmtheit2 regelt, – diese Satzungsbestimmungen und der zulässige weitere Satzungsinhalt rechtswirksam sind (zur Prüfung des Namens Rz. 174).
1474
Bei Anmeldung einer Satzungsänderung prüft das Registergericht den Änderungsbeschluss daraufhin, ob – er nach der vorgelegten Beschlussniederschrift (§ 71 Abs. 1 S. 3 BGB) wirksam gefasst ist (§ 33 Abs. 1, ggf. mit § 40 BGB; Rz. 1094 ff., 1482), ggf. zusammen mit weiteren urkundlichen Nachweisen, wenn Zustimmung eines Vereinsorgans oder -mitglieds erforderlich oder andere Wirksamkeitsvoraussetzungen nachzuweisen sind (s. Rz. 1098). – die geänderte Satzungsbestimmung materiell gültig ist, dabei auch, ob die Satzung weiterhin den §§ 57, 58 BGB notwendigen Satzungsinhalt vollständig regelt3 – Bei vollständiger Neufassung der Satzung ist diese im Ganzen zu prüfen (ausf. Rz. 1138).4
1475
Es prüft ferner, ob eine neue vollständige Textfassung der Satzung eingereicht ist und ob diese den nach Vollzug des Eintragungsantrags in allen Teilen aktuellen Satzungstext wiedergibt (dazu Rz. 1615 f.).
1476
Im Rahmen der Prüfung der Rechtswirksamkeit des Satzungsinhalts oder eines Änderungsbeschlusses hat das Registergericht ein materielles Prüfungsrecht.5 Es hat sicherzustellen, dass Bestimmungen der Satzung oder der nach dem Änderungsbeschluss an ihre Stelle tretende Satzungsinhalt nicht wegen Verstoßes gegen gesetzliche Vorschriften6 (§ 134 BGB), gegen die guten Sitten (s. Rz. 58), gegen ein Strafgesetz7 oder gegen allgemeine Grundsätze des Vereinsrechts nichtig sind. Dabei kann 1 BayObLG v. 14.9.2001 – 3Z BR 290/01, MDR 2001, 1365 = NJW-RR 2002, 456 = NotBZ 2001, 424 = Rpfleger 2002, 82. 2 OLG Hamm v. 11.7.2017 – 27 W 144/16, juris. 3 BayObLG v. 25.10.2000 – 3Z BR 298/00, NJW-RR 2001, 326 = Rpfleger 2001, 137. 4 OLG Düsseldorf v. 12.8.2020 – 3 Wx 130/19, juris. 5 KG Berlin v. 20.7.2020 – 22 W 10/20 = NZG 2020, 1113; enger: OLG Köln v. 12.7.1993 – 2 Wx 20/93, NJW-RR 1994, 1547. 6 Zur Prüfungskompetenz des Registergerichts in solchen Fällen LG Bonn v. 29.11.1994 – 4 T 742/94, NJW-RR 1995, 1515 (1516). 7 Das Verbot des Vereins, wenn seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen, hat nach § 3 Abs. 1 VereinsG durch die Verwaltungsbehörde zu erfolgen. Das schließt eine Prüfung des Registergerichts hinsichtlich der Eintragung und damit bei Verstoß gegen ein Strafgesetz eine Ablehnung der Eintragung nicht aus; BayObLG v. 20.8.1981 – BReg 2 Z 56/81, MDR 1982, 51 = NStZ 1982, 84 mit krit. Anm. Seebode = Rpfleger 1981, 488; Hadding in Soergel, Rz. 3, Schwennicke in Staudinger, Rz. 6, je zu § 60; enger LG Ham-
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5. Die Prüfungspflicht des Registergerichts (§§ 55–60 BGB) | Rz. 1478 XXIV.
jede Verletzung zwingenden öffentlichen oder privaten Vereinsrechts zu einer Zurückweisung führen.1 Nach einer Gegenauffassung sollen nur Mindestanforderungen an die körperschaftliche Organisation, den Zweck des Vereins und die Einhaltung der in den BGB §§ 56 bis 59 genannten formellen Eintragungsvoraussetzungen zu prüfen sein.2 Auf die spezielle Regelung in § 9c Abs. 2 GmbHG, wonach die Erstanmeldung einer GmbH nur bei bestimmten Rechtsverstößen zurückzuweisen ist, lässt sich eine Einschränkung des Prüfungsrechts für den Verein nicht stützen.3 Bei Gründung und Satzungsänderung eines Vereins fehlt die durch § 2 Abs. 1, § 53 Abs. 2 GmbHG gewährleistete Rechtsberatung, sodass der Rechtspfleger insoweit verstärkt gefordert ist. Die Klarstellung mehrdeutiger oder aus sonstigen Gründen missverständlicher Satzungsbestandteile muss veranlasst werden.4 Widersprüche zwischen einzelnen Satzungsteilen, bei Satzungsänderung zwischen geänderten und stehen gebliebenen Regelungen, müssen gerügt werden, und zwar auch dann, wenn sie nur die inneren Beziehungen der Vereinsmitglieder zueinander regeln5, und auch dann, wenn die geänderte Satzung schon vor ihrer Änderung ähnliche Widersprüche aufwies.
1477
Dass Sinn und Zweck unklarer und auch widersprüchlicher Satzungsvorschriften durch Auslegung ermittelt werden könnten (Rz. 54), steht der Beanstandung mit Zwischenverfügung nicht entgegen. Im Eintragungsverfahren, in dem noch eine Klarstellung möglich ist, muss darauf gedrungen werden, dass die Satzung eine dem Sinn der Bestimmung entsprechende klare und eindeutige Fassung erhält.6
1478
1 2 3 4
5
6
burg v. 26.6.1991 – 2 U 171/90, NJW-RR 1992, 892: Zurückweisung (gegen die Stellungnahme der Verwaltungsbehörde) nur bei evidenter Verletzung von Strafgesetzen.). KG Berlin v. 20.7.2020 – 22 W 10/20 = NZG 2020, 1113; OLG Düsseldorf v. 28.5.2013 – I-3 Wx 43/13 = NotBZ 2013, 392; OLG Nürnberg v. 20.5.2015 – 12 W 882/15 = MDR 2015, 961. OLG Köln v. 12.7.1993 – 2 Wx 20/93 = Rpfleger 1994, 114, wobei die Entscheidung im Ergebnis zutrifft, weil sich das Registergericht vorwiegend auf Zweckmäßigkeitserwägungen gestützt hatte. Dafür aber MünchKomm/BGB/Leuschner, Rz. 5 zu § 60. Die Bestimmung soll die Gründung von GmbH beschleunigen, gilt schon nihct für spätere Satzungsänderungen und ist nicht verallgemeinerungsfähig (KG Berlin v. 20.7.2020 – 22 W 10/20 = NZG 2020, 1113). OLG Stuttgart v. 23.5.1980 – 8 W 193/80, Rpfleger 1980, 388; BayObLG v. 14.9.2001 – 3Z BR 290/01, MDR 2001, 1365 = NJW-RR 2002, 456 (457); a.A. mit beachtlichen Argumenten (Prüfung nur auf zwingenden Inhalt und rechtliche Wirksamkeit, nicht aber auch auf die Klarheit und Auslegungsfähigkeit einzelner Bestimmungen) OLG Köln v. 1.7.1981 – 2 Wx 31/81, GmbHR 1982, 187 = MittBayNot 1982, 40 = MittRhNotK 1981, 262 = Rpfleger 1981, 405. A.A. auch BayObLG v. 8.2.1985 – BReg 3 Z 12/85, DNotZ 1986, 50 = MDR 1985, 587 = MittBayNot 1985, 83 = Rpfleger 1985, 197: Registergericht ist nicht berechtigt, unklare oder missverständliche neue Satzungsbestandteile (eines GmbH-Gesellschaftsvertrags) zu beanstanden, die nur gesellschaftsinterne Bedeutung haben. Enger BayObLG 1992, 318 (323) (für GmbH-Satzung); mit beachtlichen Argumenten auch OLG Hamm v. 12.8.2010 – 15 W 377/09, NotBZ 2010, 413: Keine Überprüfung von Bestimmungen der Vereinssatzung, die nur interne Bedeutung haben. Ebenso Sauter/Schweyer/ Waldner, 19. Aufl., Rz. 17a; Reichert, Rz. 199 f. Für diese Sichtweise spricht, dass grundsätzlich keine Behörde ohne weiteres aufgerufen (und berechtigt) ist, Individualinteressen für die betroffenen Rechtssubjekte wahrzunehmen (Fleck, Rpfleger 2009, 58 [67]). BayObLG 1992, 318 (322); OLG Hamm v. 11.7.2017 – 27 W 144/16, juris.
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XXIV. Rz. 1479 | Das Vereinsregister 1479
Verletzt die Satzung keine zwingenden Rechtsvorschriften und ist sie auch nicht missverständlich1, so ist das Registergericht nicht befugt, eine Anmeldung deshalb zu beanstanden, weil es eine statutarische Bestimmung für unzweckmäßig oder bedenklich oder redaktionell überarbeitungsbedürftig hält2, oder weil die Regelung einen möglichen Konflikt nicht interessengerecht zu lösen imstande sein wird. Eine Zweckmäßigkeitskontrolle statutarischer Bestimmungen findet nicht statt;3 dies gebietet und garantiert die durch Art. 9 Abs. 1 GG gewährleistete Vereinigungsfreiheit. Halten einzelne Mitglieder die zur Eintragung angemeldete Satzung oder deren Änderung an Stellen für unwirksam, die nicht zwingende Vorschriften und allein das Binnenverhältnis betreffen, sind sie auf den Prozessweg zu verweisen (Beschlussanfechtung).4 Es erfolgt auch keine Prüfung auf Verletzung von Rechten Dritter, so dass auch deren Namensrecht allein nach den Kriterien des § 57 Abs. 2 BGB beachtet wird (Rz. 183).5 Ergibt sich ein Eintragungshindernis (wie die unzulässige Beschränkung von Mitgliedsrechten, s. Rz. 41) nicht schon aus einer einzigen Vorschrift der Satzung, sondern erst aus dem Zusammenhang mehrerer Satzungsbestimmungen, dann darf das Registergericht nicht die Änderung einer bestimmten einzelnen Vorschrift verlangen. Vielmehr ist es den Beteiligten überlassen, welche Änderungen an der Satzung vorzunehmen sind, um den Satzungsverstoß auszuräumen (Mitglieder beispielsweise an den wesentlichen Vereinsangelegenheiten angemessen zu beteiligen).6 Zum Umfang der Prüfung bei Neufassung der Satzung s. Rz. 1138.
1480
Zum Zweck der Prüfung, ob der Verein ordnungsgemäß errichtet und eintragungsfähig ist sowie, ob eine Satzungsänderung rechtswirksam (materiell gültig) und wirksam gefasst ist, obliegt es dem Vorstand, zur Anmeldung die für die Eintragung erforderlichen Unterlagen einzureichen (Beibringungsgrundsatz). Man spricht auch von der Informationslast des anmeldenden Vorstands. Das Registergericht ist weder berechtigt noch verpflichtet, Eintragungsunterlagen zu beschaffen. Wenn erforderliche Urkunden nicht eingereicht werden, ist die Anmeldung zurückzuweisen. Bedenken, die sich bei Prüfung der Eintragungsunterlagen ergeben, hat das Registergericht von Amts wegen (§ 26 FamFG) nachzugehen (Rz. 1482).
1 Nach OLG Hamm v. 12.8.2010 – 15 W 377/09, NotBZ 2010, 413, erfolgt bei nur internen Regelungen auch keine Kontrolle auf Missverständlichkeit; ebenso Sauter/Schweyer/Waldner, 19. Aufl., Rz. 17a; Fleck, Rpfleger 2009, 58 (67). 2 KG Berlin v. 20.7.2020 – 22 W 10/20 = NZG 2020, 1113; BayObLG v. 25.10.2000 – 3Z BR 298/00, NJW-RR 2001, 326; OLG Celle v. 18.10.1994 – 20 W 20/94, NJW-RR 1995, 1273; OLG Hamm v. 13.9.1999 – 15 W 195/99, NJW-RR 2000, 42 (43); OLG Jena v. 21.9.1993 – 6 W 33/93, NJW-RR 1994, 698 (699) = OLG-NL 1994, 42; OLG Stuttgart Justiz 1980, 354 (355); OLG Köln v. 1.7.1981 – 2 Wx 31/81, GmbHR 1982, 187 = WM 1981, 1263 und OLG Köln v. 15.8.1994 – 2 Wx 14/94, Rpfleger 1995, 163 (165); Schwennicke in Staudinger, § 60 Rz. 17. 3 BayObLG 1982, 368 (373) und 1992, 318 (322); OLG Köln MittRhNotK 1981, 262, je für GmbH-Satzung. 4 Fleck, Rpfleger 2009, 58 (67). 5 Schwennicke in Staudinger, § 60 Rz. 18. 6 BayObLG 1975, 435 = MittBayNot 1976, 123 = Rpfleger 1976, 56.
710 | Stöber/Otto
5. Die Prüfungspflicht des Registergerichts (§§ 55–60 BGB) | Rz. 1483 XXIV.
Eine Informationslast trifft den anmeldenden Vorstand für die ideelle Zielrichtung und nichtwirtschaftliche Betätigung des Vereins, soweit neben der Satzung tatsächliche Umstände (wie die Art der künftigen Tätigkeit) bedeutsam sind.1 Zur Prüfung der Frage, ob es sich um einen (eintragungsfähigen) Idealverein oder um einen (nicht eintragungsfähigen) wirtschaftlichen Verein handelt, kann das Registergericht im Zweifelsfall eine Stellungnahme der für die Verleihung der Rechtsfähigkeit nach § 22 BGB zuständigen Behörde (s. Anhang B.2), der Industrie- und Handelskammer oder einer anderen geeigneten Stelle einholen (§ 9 Abs. 2 S. 2 VRV). Dieser Behörde oder Stelle teilt das Registergericht seine Entscheidung dann auch mit, wenn sie darum gebeten hat (§ 9 Abs. 2 S. 3 VRV, vgl. auch § 380 FamFG. Zum Beschwerderecht des berufsständischen Organs s. Rz. 1657).
1481
c) Prüfung eines Versammlungsbeschlusses Einen Beschluss der Mitgliederversammlung als Grundlage einer angemeldeten (konstitutiven und ebenso deklaratorischen2) Eintragung hat das Registergericht anhand der eingereichten Urkunde zu prüfen (§ 67 Abs. 1 BGB: Abschrift des Wahlprotokolls; § 71 Abs. 1 BGB: Niederschrift des Satzungsänderungsbeschlusses in Abschrift; § 74 Abs. 2 BGB: Abschrift des Auflösungsbeschlusses; § 76 Abs. 2 BGB: Abschrift des Beschlusses über die Bestellung der Liquidatoren). Die über den Beschluss erstellte Niederschrift (Rz. 1067 ff.) muss das Vorliegen der notwendigen Stimmenmehrheit ausweisen. Einen aus der Urkunde erkennbaren Nichtigkeitsgrund wie insbesondere einen Verstoß gegen die Satzung, der den Beschluss nichtig macht, hat das Registergericht zu beachten.3 Bedenken, die sich bei Würdigung des Inhalts der Niederschrift über den Versammlungsbeschluss ergeben, ist von Amts wegen (§ 26 FamFG) nachzugehen.4 Die Prüfung aller zur Wirksamkeit des Versammlungsbeschlusses wesentlichen Erfordernisse, die nicht als Vorgang bei Beschlussfassung beurkundet werden, bestimmt sich nach den allgemeinen Grundsätzen des Registerverfahrens. Danach kann und hat das Registergericht davon auszugehen, dass die Beteiligten nur solche Tatsachen und Rechtsverhältnisse anmelden, die der Rechtswirklichkeit entsprechen5, der beurkundete Beschluss sonach wirksam zustande gekommen ist.
1482
Weitergehende Untersuchungen sind daher nicht angezeigt. Nicht zu ermitteln ist mithin, ob die Mitgliederversammlung ordnungsgemäß einberufen und bei der Abstimmung formell richtig verfahren wurde.6 Unrichtige Eintragungen hat das Regis-
1483
1 OLG Düsseldorf v. 24.1.1996 – 3 Wx 484/95, NJW-RR 1996, 989. Röcken, Vereinssatzungen, Rz. 41. 2 OLG Hamm v. 10.7.2001 – 15 W 81/01, GmbHR 2001, 920 = Rpfleger 2002, 32. 3 OLG Köln v. 10.1.1983 – 2 Wx 33/82, OLGZ 1983, 269 (270) = Rpfleger 1983, 158; OLG Köln v. 4.7.1984 – 2 Wx 13/84, MDR 1984, 937 = Rpfleger 1984, 470. 4 OLG Düsseldorf v. 30.11.2009 – 3 W 232/09, Rpfleger 2010, 271 = FGPrax 2010, 43. 5 S. BayObLG 1982, 198 (202); auch BayObLG 1977, 76 (78, 79) = DNotZ 1977, 683 (684); Müller, Rpfleger 1970, 380. 6 Das wird vielfach in Anmeldungen noch ausdrücklich versichert.
Stöber/Otto | 711
XXIV. Rz. 1483 | Das Vereinsregister
tergericht jedoch zum Schutz des Rechtsverkehrs möglichst zu vermeiden.1 Wenn das Registergericht hinreichende Anhaltspunkte dafür hat, dass ein Beschluss (auch eine Wahl) wegen unrichtiger Berufung der Versammlung oder aus anderen anhand der Niederschrift nicht nachprüfbaren Gründen nichtig ist, so hat es daher auch solchen Bedenken von Amts wegen nachzugehen.2 Dabei kann auch dem Anmeldenden aufgegeben werden, zur Prüfung erforderliche, leicht beschaffbare Nachweise vorzulegen.3 Zweifel, die solche Ermittlung erfordern, können sich aus Feststellungen in der vorgelegten Niederschrift oder aus anderen Unterlagen ergeben, die zu den Vereinsakten gelangt sind (vielfach Abdruck der Berufung mit unwirksamer Tagesordnung, die als Anlage zu der Niederschrift genommen oder sonst zu den Registerakten vorgelegt ist); in dieser Weise zu würdigen sind aber auch Hinweise und Eingaben einzelner Vereinsmitglieder. 1484
Weist ein mit der Anmeldung vorgelegter Vereinsbeschluss (§ 67 Abs. 1, § 71 Abs. 1 BGB) oder eine sonstige dem Registergericht mit der Anmeldung eingereichte oder vorliegende Unterlage aus, dass einem Beschluss (einer Wahl) ein Mangel anhaftet, der allgemein Unwirksamkeit bewirkt, dann hat das Registergericht keine Ermittlungen über Gegengründe anzustellen. Es ermittelt also nicht von Amts wegen, ob aus besonderen Gründen die Unwirksamkeit entfallen sein kann (s. Rz. 1052). Für den Fall der Nichteinladung einzelner Mitglieder wird mitunter eine abweichende Ansicht vertreten.4 Der Vorstand ist aber vor Ablehnung der Eintragung zu hören. Er hat für den Verein darzutun, dass und warum der Beschluss nicht auf dem Mangel (z.B. nicht auf unberechtigter Stimmabgabe, nicht auf der Nichteinladung stimmberechtigter Mitglieder, dazu Rz. 1054, ausnahmsweise zulässige Blockwahl, dazu Rz. 1030) beruht.5 Nur wenn solcher Tatsachenvortrag (er ist dem Anmeldenden durch Zwischenverfügung aufzugeben) einwandfrei zeigt, dass der Mangel belanglos sein kann, hat das Registergericht durch Amtsermittlung (§ 26 FamFG) die für seine Überzeugungsbildung notwendigen weiteren Feststellungen zu treffen. Wenn sich dann nach dem Ergebnis der Ermittlungen die Unbeachtlichkeit des Mangels nicht feststellen lässt, ist die auf dem Versammlungsbeschluss beruhende Anmeldung abzulehnen; u.U. kann das Eintragungsverfahren nach §§ 388, 21 FamFG ausgesetzt werden.
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Die Urkunde über einen Versammlungsbeschluss muss ausweisen, dass er satzungsgemäß beurkundet, d.h. insbesondere von der oder den zuständigen Personen unterzeichnet ist (§ 58 Nr. 4 BGB; dazu Rz. 1068). Unterschriften haben eine Identifi-
1 BayObLG 1981, 266 (269); BGH v. 22.3.1982 – II ZR 114/81, BGHZ 83, 222 = MDR 1982, 644 = Rpfleger 1983, 382; BayObLG v. 18.9.2002 – 3Z BR 148/02, NJW-RR 2002, 1612 = Rpfleger 2003, 90 (Einberufungsmangel). 2 BayObLG 1963, 15 (17); OLG Hamm v. 8.2.1990 – 15 W 37/90, NJW-RR 1990, 532 = OLGZ 1990, 257 (259); Pfälz. OLG v. 19.12.2001 – 3 W 272/01, Rpfleger 2002, 315 (316); Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 141. 3 Müller, Rpfleger 1970, 380; OLG Düsseldorf v. 30.11.2009 – 3 W 232/09, Rpfleger 2010, 271 = FGPrax 2010, 43. 4 Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 176; eingeschränkt BayObLG 1988, 170 (179). 5 S. insoweit zur Amtsermittlung im Antragsverfahren allgemein Jansen, FGG, Rz. 6 zu § 12.
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6. Eintragungsverf., Eintragung, Zwischenverf., Zurückweisung | Rz. 1488 XXIV.
zierung der Unterzeichnenden zu ermöglichen (sie müssen also hinreichend lesbar zu sein). Soweit das im Protokoll nicht bereits gesondert festgestellt ist und sich auch sonst nicht ohne weiteres ergibt, muss erkennbar sein, in welcher Eigenschaft (z.B. „Protokollführer“) die Unterzeichnung verantwortlich erfolgt ist1 (Rz. 1070). Originalunterschriften auf der dem Gericht vorgelegten Protokollabschrift oder deren Beglaubigung sind allenfalls erforderlich, wenn sich Zweifel an der Authentizität ergeben.2 d) Genehmigung des Vereinszwecks Für die Anerkennung als Lohnsteuerhilfeverein ist der Finanzbehörde der Erwerb der Rechtsfähigkeit nachzuweisen (§ 2 Nr. 1 DVLStHV). Die Anerkennungsurkunde kann daher für die Eintragung nicht verlangt werden; wird sie aber später nicht nachgebracht, so ist die Eintragung von Amts wegen zu löschen. Die Eintragung ist abzulehnen, wenn Vereinszweck die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen ist und wegen eines Satzungsverstoßes gegen das Steuerberatungsgesetz oder gegen ein gesetzliches Verbot (Rz. 62) eine Anerkennung nicht zu erwarten ist.
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Bedarf sonst der Vereinszweck einer Genehmigung, dann kann Eintragung nur erfolgen, wenn die Genehmigungsurkunde mit der Anmeldung vorgelegt ist. Das gilt z.B., wenn Vereinszweck eine genehmigungspflichtige Rechtsberatung3 ist, für die Erlaubnis zur Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten (§ 1 RBerG). Ebenso für Verleihung des Prüfungsrechts an einen genossenschaftlichen Prüfungsverband (§§ 63, 63a, 63b Abs. 1 GenG). Erforderlich ist Vorlage der Genehmigung (Erlaubnis) als Eintragungsgrundlage, weil eigene Prüfung und Entscheidung dieser dem öffentlichen Recht angehörenden Frage nicht zu den Aufgaben des Vereinsregisters gehört.4
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6. Eintragungsverfügung, Eintragung, Zwischenverfügung, Zurückweisung a) Ordnungsgemäße Anmeldung im Zeitpunkt der Eintragung Sämtliche Eintragungsvoraussetzungen müssen im Zeitpunkt der Eintragung (ihres Wirksamwerdens mit Unterzeichnung oder Speicherung) vorliegen.5 Bis dahin kann eine inhaltlich oder formell mangelhafte Anmeldung berichtigt und ebenso eine un1 OLG Hamm v. 14.5.1996 – 15 W 476/95, NJW-RR 1997, 484. 2 KG v. 31.7.2015 – 22 W 12/15, MDR 2015, 1191, juris. 3 Keiner Erlaubnis bedarf es, wenn auf berufsständischer oder ähnlicher Grundlage gebildete Vereinigungen im Rahmen ihres Aufgabenbereichs ihren Mitgliedern Rat und Hilfe in Rechtsangelegenheiten gewähren (§ 7 RBerG); hierzu s. OLG Karlsruhe v. 1.6.1989 – 4 U 19/88, NJW-RR 1990, 685 m.w.N. (dieses Gericht für Verein, der den Schutz von Grundeigentum im Ausland bezweckt). 4 Vgl. hierzu BGH v. 9.11.1987 – II ZB 49/87, GmbHR 1988, 135 = MDR 1988, 475 = DNotZ 1988, 506 = NJW 1988, 1087 für Genehmigung nach § 8 Nr. 6 GmbHG. 5 OLG Hamm v. 20.12.2001 – 15 W 378/01, GmbHR 2002, 495 = MittBayNot 2002, 408 = NJW-RR 2002, 761.
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XXIV. Rz. 1488 | Das Vereinsregister
vollständige Anmeldung ergänzt werden. Unterlagen, die der Anmeldung beizufügen sind (Satzung, Urkunde über die Bestellung des Vorstands oder über eine Vorstandsänderung, Versammlungsbeschluss über eine Satzungsänderung) können ebenso bis zur Eintragung vom Vorstand in der anmeldepflichtigen Zahl1 (wie Rz. 1434) nachgebracht werden2 (Zwischenverfügung zur Behebung des Hindernisses Rz. 1499). Voraussetzungen der angemeldeten Eintragung können auch erst nach der Anmeldung geschaffen werden.3 Daher kann ein Beurkundungsmangel durch (ordnungsgemäße) Unterzeichnung oder Berichtigung (Rz. 1086) der Niederschrift über die Mitgliederversammlung auch noch nach der Anmeldung behoben werden. Ob ein nichtiger oder unwirksamer Mitgliederbeschluss (wirksam) wiederholt4 und bis zur Entscheidung über den Antrag nachgereicht werden kann, ist aber nicht sicher geklärt. Für zulässig zu erachten ist die Nachreichung, wenn eine Satzungsänderung (konstitutive Eintragung, Rz. 1506) angemeldet ist. Weil sie erst mit Eintragung wirksam wird, kann die Beschlussgrundlage auch erst nach der Anmeldung noch (wirksam) geschaffen werden.5 Bedenken bestehen hingegen, wenn die Eintragung einer deklaratorischen Tatsache (Rz. 1507) angemeldet ist. Anmeldung einer zukünftigen Tatsache wie einer erst in Zukunft liegenden Bestellung, Abberufung oder sonstigen Änderung des Vorstands wird nicht für zulässig erachtet (Rz. 1568); das hindert auch Korrektur eines nichtigen oder unwirksamen Mitgliederbeschlusses6 (die angemeldeten Rechtsverhältnisse bestehen rechtswirksam nicht) durch neuen Beschluss nach Anmeldung. Bilden nachgereichte Eintragungsunterlagen die Grundlage (nur oder auch) für Eintragung einer anderen als der angemeldeten Tatsache, so erfordert diese Eintragung neue Anmeldung; die durch die nachgereichten Unterlagen ergänzte Anmeldung ermöglicht eine Eintragung weiterer Registertatsachen nicht (Anmeldung und Eintragungsunterlagen müssen sich decken). b) Vereinsregister in Papierform 1489
Dem Eintragungsantrag wird nicht durch Beschluss, sondern durch Vornahme der Eintragung stattgegeben (§ 382 Abs. 1 S. 1 FamFG).
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Die Eintragungen in das in Papierform geführte Vereinsregister erfolgen auf Grund einer Verfügung des Rechtspflegers (§ 9 Abs. 1 VRV). Diese Verfügung hat den Eintragungswortlaut festzustellen (§ 9 Abs. 1 VRV). Die Fassung des Wortlauts der Eintragung bestimmt der Rechtspfleger. Er ist an den Fassungsvorschlag eines Beteiligten nicht gebunden.7 Als innerdienstliche Anordnung (Eintragungsanweisung an den Re-
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So auch Krafka, MittBayNot 2002, 365 (367). OLG Hamm v. 20.12.2001 – 15 W 378/01, GmbHR 2002, 495 = NJW-RR 2002, 761. OLG Hamm v. 20.12.2001 – 15 W 378/01, GmbHR 2002, 495 = NJW-RR 2002, 761 (762). So OLG Hamm v. 20.12.2001 – 15 W 378/01, GmbHR 2002, 495 = NJW-RR 2002, 761. Krafka, MittBayNot 2002, 365 (mit Einschränkung für Umwandlungsvorgänge). Krafka, MittBayNot 2002, 365 (366), (für Änderung der GmbH-Geschäftsführer). OLG Düsseldorf v. 2.7.1997 – 3 Wx 94/97, GmbHR 1997, 903 = NJW-RR 1998, 245 (für Handelsregister); BayObLG v. 6.4.1995 – 2Z BR 132/94, DNotZ 1996, 24 (26) (für Grundbuch).
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6. Eintragungsverf., Eintragung, Zwischenverf., Zurückweisung | Rz. 1494 XXIV.
gisterführer) ist die Eintragungsverfügung nicht anfechtbar;1 unanfechtbar ist sie auch dann, wenn sie dem Anmeldenden bekannt gemacht wurde.2 Die Eintragung wird unter Angabe des Tages (§ 382 FamFG, § 3 S. 3 Nr. 5 VRV) vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle als Registerführer unterzeichnet (§ 382 FamFG, § 3 S. 4 VRV). Ausdrücklich geregelt ist die Zuständigkeit des Urkundsbeamten für Unterzeichnung der Eintragung nicht;3 die VRV wollte aber grundsätzlich „die bisherige Arbeitsteilung zwischen dem Rechtspfleger einerseits und Urkundsbeamten andererseits beibehalten“.4 Nur beim elektronisch geführten Vereinsregister soll der Rechtspfleger „abweichend von § 9 Abs. 1“ VRV die Eintragung auch selbst vornehmen können.5 Unterzeichnet gleichwohl der Rechtspfleger eine Eintragung, so ist diese ebenso wirksam (§ 8 Abs. 5 RPflG). c) Vereinsregister in elektronischer Form Es bedarf keiner Eintragungsverfügung, wenn die Eintragung von dem Rechtspfleger selbst vorgenommen wird (§ 27 Abs. 1 VRV). Der Rechtspfleger, bei Vornahme der (nach § 27 Abs. 2 S. 2 mit § 9 Abs. 1 VRV verfügten) Eintragung durch den Urkundsbeamten dieser, hat der Eintragung seinen Nachnamen hinzuzusetzen und beides elektronisch zu signieren (§ 382 FamFG, § 28 VRV, § 75 GBV).
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d) Bekanntmachung der Eintragung Die Eintragung wird den Beteiligten (Rz. 1437 f.) bekannt gemacht (§ 383 Abs. 1 FamFG). Auf die Bekanntmachung kann verzichtet werden (§ 883 Abs. 1 HS 2 FamFG); ratsam ist dieser Verzicht für den Verein nicht, für die einzelnen anmeldenden Vorstandsmitglieder mag er sich aus Kostengründen anbieten. Weitere Bestimmung über die Bekanntmachung trifft § 13 VRV.
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Hat der Notar die Eintragung beantragt (§ 378 FamFG, Rz. 1439), so wird ihm anstelle der Vorstandsmitglieder die Eintragung mitgeteilt. Hat der Notar von seinem Antragsrecht keinen Gebrauch gemacht, sondern sich darauf beschränkt, lediglich als „Bote“ die Anmeldung dem Registergericht weiterzugeben (= vorzulegen), so bleibt die Eintragung den Anmeldenden (nicht auch dem Notar) mitzuteilen. Haben mehrere Vorstandsmitglieder angemeldet, so erhält jeder Beteiligte eine Mitteilung. Die Mitglieder eines mehrgliedrigen Vorstands, die bei der Anmeldung nicht mitgewirkt haben, werden nicht benachrichtigt.
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Die Ersteintragung wird außerdem veröffentlicht. Hierzu Rz. 1563.
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1 OLG Hamm NJW 1963, 1554; LG Bremen v. 20.12.1991 – 2 T 712/91, Rpfleger 1992, 98; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rz. 477 m.w.N. (auch für Handelsregister). 2 OLG Stuttgart OLGZ 1970, 419 = Rpfleger 1970, 283 und OLGZ 1974, 340 (341) sowie Rpfleger 1975, 97; LG Bremen v. 20.12.1991 – 2 T 712/91, Rpfleger 1992, 98; LG Lübeck v. 27.6.1995 – 7 T 296/95, NJW-RR 1995, 1420. 3 Ausf. dazu hier in 10. Aufl. 4 Begründung zu § 27 Abs. 1 VRV, BR-Drucks. 982/98, 67. 5 Begründung zu § 27 Abs. 1 VRV, BR-Drucks. 982/98, 67.
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XXIV. Rz. 1495 | Das Vereinsregister
e) Zwischenverfügung bei Beanstandungen 1495
Ist eine Anmeldung unvollständig oder steht der Eintragung ein Hindernis entgegen (z.B. wenn Klarstellung von Satzungsbestimmungen erforderlich ist, s. Rz. 1477), so ist zur Behebung des Hindernisses mit Zwischenverfügung eine Frist zu setzen (§ 382 Abs. 4 FamFG; s. Rz. 1537 und 1599). Die Zwischenverfügung soll dem Eintragungsbegehren zum Erfolg verhelfen; sie darf daher nur ergehen, wenn der Mangel behebbar ist.1 Außerdem soll sie in der Regel alle Beanstandungen in einem aufzeigen, sie dem Antragsteller also nicht „häppchenweise“ präsentieren (sog. Konzentrationsmaxime). Eine zu unbestimmte Bezeichnung des Vereinszwecks kann grundsätzlich noch korrigiert werden.2 Wenn die Anmeldung nicht vollziehbar ist, ist sie zurückzuweisen; es darf daher mit Zwischenverfügung nicht aufgegeben werden, die (nicht vollziehbare) Anmeldung zurückzunehmen. Zur Zwischenverfügung bei fehlender Vorprüfung durch einen Notar s. Rz. 1453.
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Durch Beschluss entschieden wird allein über die Eintragung oder deren Zurückweisung. Für eine gesonderte Entscheidung über die im Rahmen des Eintragungsverfahrens vorgebrachten Einwendungen eines Beteiligten ist kein Raum.3 f) Zurückweisung
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Zurückzuweisen ist die Anmeldung unter Angabe der Gründe (§§ 38 Abs. 3, 382 Abs. 3 FamFG), wenn sie überhaupt nicht vollziehbar ist oder ein Eintragungshindernis nicht behoben wird (§ 60 BGB). Die Zurückweisung ist sämtlichen Anmeldern und dem Verein durch Zustellung bekanntzumachen (§ 41 Abs. 1 FamFG). Steht nur einer von mehreren angemeldeten selbständigen Eintragungen (selbständig registerfähigen Tatsachen) Beispiel: Neubestellung eines Mitglieds des Vorstands und Satzungsänderung
ein Hindernis entgegen, so ist zu dessen Behebung Frist zu setzen oder der Antrag insoweit zurückzuweisen; die angemeldete weitere (selbständige) Eintragung ist mit Eintragungsverfügung anzuordnen.4). Die teilweise Zurückweisung kommt aber dann nicht in Betracht, wenn über die einzutragenden Umstände in einem einheitlichen Beschluss entschieden war, wie etwa bei der zusammengefassten Abstimmung über mehrere Satzungsänderungsanträge. Zur Meidung der Kosten eines erneuten (inhaltlich reduzierten) Antrags bleibt dem Antragsteller in diesen Fällen nur, auf Zwischenverfügung hin seinen Antrag teilweise zurückzunehmen. Rechtsbehelfe: Rz. 1499 ff.
1 BayObLG 1987, 449 (450); BayObLG 1997, 285; OLG Hamm v. 20.12.2001 – 15 W 378/01, GmbHR 2002, 495 = MittBayNot 2002, 408 = NJW-RR 2002, 761. 2 OLG Düsseldorf v. 15.9.2017 – 3 Wx 14/16, NotBZ 2018, 146 mit Anm. Otto; Engel, NZG 2018, 25. 3 OLG München v. 12.8.2010 – 31 Wx 139/10, NotBZ 2010, 423. 4 BayObLG 1970, 235 (238).
716 | Stöber/Otto
7. Rechtsmittel | Rz. 1500 XXIV.
g) Aussetzung Wenn das Ergebnis der Prüfung von der Beurteilung eines streitigen Rechtsverhältnisses abhängig ist (z.B. wenn über die Nichtigkeit eines satzungsändernden Versammlungsbeschlusses Unklarheit besteht oder wenn über die Gültigkeit einer Vorstandswahl bereits ein Rechtsstreit anhängig ist (§ 21 Abs. 1 FamFG)1), kann das Amtsgericht die Verfügung über die Anmeldung aussetzen, bis über das Verhältnis im Wege des Rechtsstreits entschieden ist. Es kann, wenn der Rechtsstreit nicht anhängig ist, einem der Beteiligten eine Frist zur Erhebung der Klage bestimmen (§ 381 FamFG). Einhaltung der Frist setzt die Erhebung einer Klage voraus, die geeignet ist, eine Klärung des streitigen Rechtsverhältnisses herbeizuführen.2 Wenn die nach § 381 S. 2 FamFG gesetzte Frist fruchtlos verstrichen ist, endet die Aussetzung; dann ist das Verfahren von Amts wegen fortzusetzen, somit über den Eintragungsantrag zu entscheiden.3
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7. Rechtsmittel a) Zwischenverfügung Gegen eine Zwischenverfügung (Rz. 1495) findet die Beschwerde statt (§ 382 Abs. 4 S. 2 FamFG). Keine als Zwischenverfügung anfechtbare beschwerdefähige Entscheidung sind die nur formlose Beanstandung (Rz. 1537) und die nur unverbindliche Meinungsäußerung des Amtsgerichts4, insbesondere die Empfehlung, einen Antrag zurückzunehmen, verbundene Wiedergabe einer Rechtsansicht5 oder die Empfehlung, eine Anmeldung zur Vermeidung ihrer Abweisung zurückzunehmen.6 Beschwerdeberechtigung: Wie nachfolgend b).
1499
b) Zurückweisung einer Anmeldung Gegen die zurückweisende Verfügung des Amtsgerichts ist die Beschwerde zulässig (§§ 382 Abs. 3, 58 FamFG). Diese steht dem (Vor-)Verein selbst zu7, in dessen Na1 KG v. 3.3.2014 – 12 W 73/13, Rpfleger 2014, 381 (die Klagen dürfen dabei nicht offensichtlich aussichtslos sein); BayObLG v. 27.10.1982 – BReg 2 Z 69/82, Rpfleger 1983, 74. 2 Pfälz. OLG v. 24.10.1989 – 3 W 27/89, Rpfleger 1990, 77. 3 Pfälz. OLG v. 24.10.1989 – 3 W 27/89, Rpfleger 1990, 77. 4 OLG Köln v. 16.3.1988 – 2 Wx 14/88, NJW 1989, 173. 5 Schl.-Holst. OLG v. 18.4.2012 – 2 W 28/12, Rpfleger 2012, 693: Stellt das Gericht einen tatsächlich wirtschaftlichen Vereinszweck fest, ist dieses Eintragungshindernis auch nicht durch Satzungsänderung auszuräumen. 6 Hierzu näher Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rz. 473. 7 BGH v. 24.10.1988 – II ZB 7/88, AG 1989, 91 = GmbHR 1989, 25 = MDR 1989, 234 = NJW 1988, 295 (für GmbH und deren Geschäftsführer); BGH v. 16.3.1992 – II ZB 17/91, AG 1992, 227 = MDR 1992, 654 = NJW 1992, 1824 (für Aktiengesellschaft und deren Vorstand). Aus neuerer Zeit etwa OLG Hamm v. 13.9.1999 – 15 W 195/99, NJW-RR 2000, 42 (43); OLG Jena v. 21.9.1993 – 6 W 33/93, NJW-RR 1994, 698 = OLG-NL 1994, 42; KG v. 26.10.2004 – 1 W 269/04, NJW-RR 2005, 339–341; KG v. 1.2.2005 – 1 W 528/01, KGReport Berlin 2005, 477–479; OLG Karlsruhe v. 30.8.2011 – 14 Wx 51/11, MDR 2012, 173 (für Zu-
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1500
XXIV. Rz. 1500 | Das Vereinsregister
men die Anmeldung erfolgt ist. Die Beschwerdeberechtigung folgt hier aus § 59 Abs. 2 FamFG mit § 38 Abs. 1 S. 2 FamFG. Obwohl auch den Anmeldenden persönlich zuzustellen ist (vgl. § 41 Abs. 1 S. 2 FamFG)1, wird eine persönliche Beschwerdeberechtigung der Vorstandsmitglieder, die den Verein oder eine Satzungsänderung angemeldet haben, verneint.2 Ein Beschwerdewert muss nicht erreicht werden (§ 61 Abs. 1 FamFG).3 1501
Einzelne Vereinsmitglieder können in dieser Eigenschaft keine Beschwerde gegen die Zwischenverfügung oder den Zurückweisungsbeschluss erheben.4 Etwas anderes gilt nur, wenn es gerade um eine den Beschwerdeführer (der dann auch nicht der Anmelder gewesen sein muss) selbst betreffende Eintragung (auch Löschung) oder sein Sonderrecht geht.5 Vertreten wird der Verein im Beschwerdeverfahren durch seinen Vorstand in vertretungsberechtigter Zahl (Rz. 614); dabei kann der Verein bei Einlegung der Beschwerde auch durch ein Vorstandsmitglied vertreten werden, das bei Anmeldung nicht mitgewirkt hat. Einzulegen ist die sofortige Beschwerde binnen einer Frist von einem Monat (§ 63 FamFG). Die Frist beginnt (§ 63 Abs. 3 FamFG) mit dem Zeitpunkt, in welchem die Verfügung einem der Mitglieder des Vorstands, die angemeldet haben bekannt gemacht worden ist (genügt für Bekanntmachung an den Verein, s. § 170 Abs. 3 ZPO, auch § 26 Abs. 2 S. 2 BGB).
1502
Die Beschwerde ist bei dem Registergericht einzureichen (§ 64 Abs. 1 FamFG). Es kann ihr abhelfen (§ 68 Abs. 1 FamFG)6, ansonsten entscheidet das OLG als Beschwerdegericht (§ 119 GVG). Eine Rechtsbeschwerde zum BGH als nächste Instanz erfolgt nur auf Zulassung (§ 70 FamFG). Sofern nicht eine Änderung der Sachlage hinzutritt, ist es rechtsmissbräuchlich und daher unzulässig, eine Anmeldung erneut vorzunehmen, die auf die Tatsachen der zurückgewiesenen früheren Anmeldung gestützt wird.7
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rückweisung der Ersteintragung des Vereins). Das FamFG hat daran nichts geändert, vgl. Krafka, Rz. 143/Rz. 2178; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 19. Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 19. OLG Karlsruhe v. 17.1.2012 – 14 Wx 21/11, FGPrax 2012, 210 (inhaltlich bestätigt durch BGH v. 21.7.2020 – II ZB 26/19 = MDR 2020, 1132); Krafka, Registerrecht, 9. Aufl., Rz. 2178; a.A. Jurgeleit/Edenharter, Freiwillige Gerichtsbarkeit 2010, § 19 Rz. 24: Die die Anmeldung vornehmenden Personen und die Gesellschaft. OLG Nürnberg v. 26.9.2014 – 12 W 2015/14, MDR 2014, 1400. OLG Hamm v. 20.11.2019 – 27 W 76/19, juris. KG Berlin v. 17.7.2020 – 22 W 8/20, juris; OLG Hamm v. 20.11.2019 – 27 W 76/19, juris. Die Nichtabhilfeentscheidung erfolgt durch Beschluss, sie ist zu begründen und dem Beteiligten bekannt zu geben, § 68 Abs. 1 S. 1, 41 Abs. 1 S. 1, 38 Abs. 3 S. 1 FamFG, so OLG Düsseldorf v. 30.11.2009 – 3 W 232/09, Rpfleger 2010, 271 = FGPrax 2010, 43 mit Hinweis auf Keidel/Sternal, FamFG, 16. Aufl., § 68 Rz. 12. Ebenso OLG Celle v. 20.12.2010 – 20 W 17/10, Rpfleger 2011, 278. KG v. 1.2.2005 – 1 W 528/01, FGPrax 2005, 477.
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8. Die Wirkungen der Registereintragungen (§§ 21, 64, 68–71 BGB) | Rz. 1507 XXIV.
c) Erfolgte Eintragung Gegen die Eintragung (auch gegen jede spätere Eintragung auf dem Registerblatt des Vereins) ist die Beschwerde ausgeschlossen (§ 383 Abs. 3 FamFG).1 Eine gegen eine Eintragung gerichtete (unzulässige) Beschwerde ist jedoch dahin umzudeuten, dass nunmehr Verfahrensziel die Einleitung eines Amtslöschungsverfahrens ist (Rz. 1652 ff.), damit die vollzogene Eintragung durch Amtslöschung wieder rückgängig gemacht wird.2
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Durch § 383 Abs. 3 FamFG nicht ausgeschlossen ist die Fassungsbeschwerde3, mit der auf Richtigstellung unklar gefasster Eintragungen oder fehlerhaft übernommener Angaben hingewirkt werden kann.
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Zu Rechtsmitteln im Amtslöschungsverfahren Rz. 1655 ff.
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8. Die Wirkungen der Registereintragungen (§§ 21, 64, 68–71 BGB) a) Rechtsgestaltende und deklaratorische Eintragungen Rechtsgestaltend (konstitutiv) wirken
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– die Eintragung des Vereins für den Erwerb der Rechtsfähigkeit (§ 21 BGB), – die Eintragung der Satzungsänderungen für deren Wirksamwerden (§ 71 BGB). Diese Rechtsverhältnisse (Rechtsfähigkeit, Satzungsänderung) entstehen mit der Eintragung. Die Eintragungen wirken auch dann rechtsgestaltend, wenn sie zu Unrecht erfolgt sind;4 eine unzulässige Eintragung kann nur durch Löschung nach § 395 FamFG (Rz. 1652 ff.) beseitigt werden. Bis zur Löschung hat die Eintragung im Rechtsverkehr Bestand. Zum Wirksamwerden einer Verschmelzung s. Rz. 1619. Die übrigen Eintragungen wirken nur deklaratorisch (rechtsbekundend, rechtsbezeugend). Durch sie werden die Rechtsverhältnisse des Vereins offen gelegt. Die Rechtsverhältnisse selbst bestehen rechtswirksam unabhängig von der Eintragung.5 Wenn die Registereintragung die wahre Rechtslage nicht richtig ausweist, ist daher Letztere maßgebend. Beispiel: Der neu gewählte Vorstand ist mit der Wahl und der Annahmeerklärung in sein Amt eingesetzt. Durch die Registereintragung wird das für den Rechtsverkehr bekannt gemacht. Der Gewählte ist aber auch dann Vereinsvorstand, wenn die Eintragung unterblieben ist. Umge-
1 OLG München v. 12.8.2010 – 31 Wx 139/10, NotBZ 2010, 423. 2 BayObLG v. 14.1.1993 – 3Z BR 5/93, NJW-RR 1993, 698; OLG Düsseldorf v. 14.12.1998 – 3 Wx 483/98, GmbHR 1999, 236 = Rpfleger 1999, 228. 3 Ausf. Holzer, ZNotP 2008, 138. 4 RG 81, 206. 5 Müller, Rpfleger 1970, 376; OLG Frankfurt Rpfleger 1978, 134 (für Eintragung der Vorstandsmitglieder).
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XXIV. Rz. 1507 | Das Vereinsregister kehrt ist ein nicht (= unwirksam) Gewählter nicht Vereinsvorstand, auch wenn er in das Vereinsregister eingetragen worden ist.
b) Verkehrsschutz 1508
Verkehrsschutz gewährleistet das Vereinsregister nach § 68 und § 70 BGB nur beschränkt mit negativer Publizität. Der Rechtsverkehr mit Vereinen kann deshalb mit ganz erheblicher Unsicherheit belastet sein. Angesichts der Größe und Bedeutung vieler Vereine und der Aufgaben, die sie im staatlichen und gesellschaftlichen Leben erfüllen, ist diese längst nicht mehr zeitgemäße gesetzliche Regelung befremdlich.
1509
Schutz gewährleistet das Vereinsregister im Rechtsverkehr nach § 68 BGB in der Weise, dass die Änderung des bisherigen (tatsächlich berufen gewesenen, nicht des unrichtig eingetragenen) Vorstands einem Dritten nicht entgegengesetzt werden kann, wenn sie zur Zeit der Vornahme des Rechtsgeschäfts im Vereinsregister nicht eingetragen und auch dem Dritten nicht bekannt war. Die nicht eingetragene Änderung des Vorstands hat somit gegenüber jedem Dritten, der sie nicht kennt (Kennenmüssen genügt nicht), keine Wirkung. Der Dritte darf unter dieser Voraussetzung darauf vertrauen, dass der bisherige Vorstand (dessen wirksame Bestellung feststehen, dessen Eintragung in das Vereinsregister aber nicht erfolgt sein muss, zur Eintragung der Beendigung des Amts eines nicht eingetragenen Vorstands vgl. Rz. 1582) noch im Amt ist1, seine Vertretungsmacht als Vorstand somit noch besteht. Beweispflichtig dafür, dass dem Dritten bei Vornahme des Rechtsgeschäfts die Änderung bekannt war, ist der Verein.2 Jedoch gewährt die Registereintragung bei Geschäftsunfähigkeit des Vorstands (Amt ist damit erloschen, Rz. 477) keinen Verkehrsschutz in die Wirksamkeit seiner (nach § 105 Abs. 1 BGB nichtigen) Willenserklärungen.3 Dann kann es dem Verein unter dem Gesichtspunkt der Rechtsscheinhaftung jedoch ausnahmsweise verwehrt sein, sich auf die Nichtigkeit der Willenserklärung des Eingetragenen zu berufen.4
1510
Ist die Änderung des Vorstands eingetragen, so braucht der Dritte sie dennoch nicht gegen sich gelten zu lassen, wenn er sie nicht kennt und seine Unkenntnis auch nicht auf Fahrlässigkeit beruht (§ 68 S. 2 BGB). Beweispflichtig dafür ist der Dritte, nicht der Verein. Fahrlässigkeit fällt dem Dritten zur Last, wenn er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs. 1 S. 2 BGB). Unterlassen vorheriger Registereinsicht wird regelmäßig Fahrlässigkeit begründen.5 Etwas anderes kann gelten, wenn Registereinsicht kurze Zeit vor Vornahme des Rechtsgeschäfts erfolgt ist und in der Zwischenzeit noch eine Vorstandsänderung eingetragen wurde. Die Zeitspanne kann je nach Bedeutung des Rechtsgeschäfts zu bemessen sein; bei besonders wichtigen Rechtsgeschäften wird nur Registereinsicht noch am gleichen Tag (allenfalls 1 Steffen in BGB-RGRK, Rz. 1 zu § 68. 2 Schwennicke in Staudinger, § 68 Rz. 14. 3 BGH v. 1.7.1991 – II ZR 292/90, AG 1991, 354 (355) = GmbHR 1991, 358 = MDR 1981, 847 = NJW 1991, 2566. 4 Dazu näher BGH v. 1.7.1991 – II ZR 292/90, BGHZ 115, 78 = MDR 1991, 847 (für GmbH-Geschäftsführer). 5 Steffen in BGB-RGRK, Rz. 1 zu § 68.
720 | Stöber/Otto
8. Die Wirkungen der Registereintragungen (§§ 21, 64, 68–71 BGB) | Rz. 1512 XXIV.
am Vortag) Fahrlässigkeit ausschließen. Hat der Dritte sich eine – grundsätzlich nur für den Behördenverkehr bestimmte – Registerbescheinigung (§ 69 BGB) vorlegen lassen, kann das zumindest vom Vorwurf der Fahrlässigkeit entlasten, wenn das Zeugnis ähnlich aktuell war.1 Als Dritter nach § 68 BGB gegen nicht aus dem Register zu ersehende Änderungen des Vorstands geschützt kann auch ein Vereinsmitglied sein. Schutz für Vereinsmitglieder besteht nach § 68 BGB ohne weiteres für Rechtsgeschäfte, bei denen sie dem Verein wie Dritte gegenüberstehen.
1511
Beispiel: Verkauf einer Sache; Vermietung eines Raums.
Grundsätzlich schützt § 68 BGB auch das Mitglied, das von einem noch eingetragenen, tatsächlich aber abgewählten Vorstand aufgenommen wird.2 Nach ihrem Schutzzweck findet die Bestimmung auch auf Rechtsgeschäfte Anwendung, die das Vereinsmitglied in dieser Eigenschaft mit seinem Verein über Ansprüche und Verpflichtungen vornimmt, die der Mitgliedschaft entspringen.3 Beispiel: Das Mitglied zahlt an einen nicht mehr amtierenden Schatzmeister den Beitrag.4
Anwendung findet die Schutzbestimmung über ihren Wortlaut hinaus auf Rechtshandlungen, die nicht Rechtsgeschäfte sind, aber direkt dem Dritten gegenüber wirken sollen.5 Ferner gilt § 68 BGB nicht nur im geschäftlichen Verkehr mit dem Verein, sondern auch zugunsten eines Prozessgegners für den Prozessverkehr. Jedenfalls für die nach der ZPO erforderlichen Zustellungen im Erkenntnisverfahren und für den Beginn der Zwangsvollstreckung ist der Prozessgegner durch § 68 BGB geschützt.6 Der Verein muss daher die Zustellungen an ein im Vereinsregister eingetragenes Vorstandsmitglied gegen sich gelten lassen, wenn die Gegenpartei, die diese Zustellung betrieben hat, nicht positiv wusste, dass das Amt des Vorstandsmitglieds bereits erloschen war.7 Die Geltung der Bestimmung auch im Prozessverkehr bedeutet nach Auffassung des Kammergerichts8 aber nicht, dass schon wegen der Prozessfähigkeit auf den Rechtsschein des Registers abgestellt werden dürfte.
1 JurisPK/Otto, BGB, § 68 Rz. 6. 2 Wohl zu Recht erlegt das Bdb. OLG v. 11.9.2012 – 11 U 80/09, juris, dem Mitgliedschaftsaspiranten dabei gesteigerte Sorgfaltspflichten auf. 3 Hadding in Soergel, Rz. 7; MünchKomm/BGB/Leuschner, Rz. 3 zu § 68. 4 H.M., Schwennicke in Staudinger, § 68 Rz. 11; Hadding in Soergel, § 68 Rz. 7; Ellenberger in Palandt, § 68 Rz. 2; jetzt auch MünchKomm/BGB/Leuschner, § 68 Rz. 3. 5 Das ist nicht der Fall bei Beschlüssen der (unwirksam geladenen) Mitgliederversammlung, die erst der Umsetzung bedürfen, jurisPK/BGB/Otto, § 68 Rz. 5. 6 BGH NJW-RR 1986, 281 (282); dort auch dazu, dass § 68 BGB nicht im deliktischen Bereich gilt. 7 OLG Frankfurt Rpfleger 1978, 134 m.N. 8 KG v. 9.3.2006 – 8 U 172/05, OLGR 2006, 615.
Stöber/Otto | 721
1512
XXIV. Rz. 1513 | Das Vereinsregister 1513
Für Bestimmungen der Vereinssatzung, die den Umfang der Vertretungsmacht des Vorstands beschränken (§ 26 Abs. 1 S. 2 BGB) oder die Beschlussfassung des Vorstands abweichend von der Vorschrift des § 26 Abs. 2 Satz 1 BGB regeln, hat die Registereintragung gleiche Bedeutung (§ 70 BGB). Eine Änderung dieser Rechtsverhältnisse kann einem Dritten daher (weitergehend jedoch nach S. 2 des § 68 BGB) nur entgegengehalten werden, wenn sie eingetragen ist (Wirksamkeit besteht vorher ohnedies nicht, § 71 Abs. 1 S. 1 BGB). Ebenso kann einem Dritten eine in der ursprünglichen Satzung enthaltene Bestimmung über die Beschränkung der Vertretungsmacht des Vorstands oder seine Beschlussfassung nicht entgegengehalten werden, wenn sie nicht im Vereinsregister eingetragen und unbekannt war (Schutz des Vertrauens auf die gesetzliche Regelung1).
1514
Für die Liquidatoren, die die rechtliche Stellung des Vorstands haben (§ 48 Abs. 2 BGB), gewährleistet die Vereinsregister-Eintragung Verkehrsschutz mit negativer Publizität (§§ 68, 70 BGB) in gleicher Weise.2
1515
Nicht geschützt ist das Vertrauen Dritter auf die Richtigkeit der Eintragung des Vorstands (eines jeden Mitglieds des mehrgliedrigen Vorstands). Niemand kann sich somit darauf verlassen, dass der Eingetragene tatsächlich Vorstand des Vereins ist.3 Wenn der Vorstand unrichtig eingetragen ist, kann sich ein Dritter im Rechtsverkehr dem Verein gegenüber daher nicht auf diese Eintragung berufen (keine positive Publizität wie im Falle des § 15 Abs. 3 HGB). Ist der Eingetragene überhaupt nicht oder nicht wirksam zum Vorstand bestellt, dann begründet auch seine Eintragung in das Vereinsregister keine Vertretungsmacht für den Verein. Das kann im Rechtsverkehr jedem Dritten auch dann entgegengehalten werden, wenn er von der Richtigkeit der Eintragung ausging; Vertrauensschutz besteht nicht (Besonderheit nur Rz. 1516). Der im Vereinsregister unrichtig als Vorstand Eingetragene, der tatsächlich nicht oder nicht wirksam zum Vorstand bestellt worden ist, handelt für den Verein stets als Vertreter ohne Vertretungsmacht.4 Die Wirksamkeit eines Vertrages hängt daher von der Genehmigung des Vereins (durch seinen wirksam bestellten Vorstand) ab (§ 177 BGB); zum einseitigen Rechtsgeschäft § 180 BGB; Haftung des Vertreters § 179 BGB.
1516
Auch eine Rechtsscheinhaftung des Vereins wird weitgehend abgelehnt. Rechtsscheinhaftung kraft Veranlassung kann in den von der Rechtsprechung entwickelten engen Grenzen nach dem Grundsatz von Treu und Glauben aber nicht ganz ausgeschlossen sein.5 Demnach hat sich der Verein unter ganz besonderen Umständen die unrichtige Eintragung eines (überhaupt nicht oder nicht wirksam bestellten) Vorstands zurechnen zu lassen, wenn sich ein gutgläubig darauf vertrauender Dritter zu seinem Schutz darauf beruft. Voraussetzung ist, dass der Verein in zurechenbarer
1 Schwennicke in Staudinger, § 70 Rz. 1. 2 Steffen in BGB-RGRK, Rz. 1, Hadding in Soergel, Rz. 3, je zu § 76. 3 Dass er als Vorstand rechtgültig bestellt worden ist; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 429; Hadding in Soergel, Rz. 5 zu § 68. 4 Zur Vertretung des Vereins im Prozess KG v. 9.3.2006 – 8 U 172/05, KGReport Berlin 2006, 615. 5 Schwennicke in Staudinger, § 68 Rz. 18.
722 | Stöber/Otto
9. Einsicht, Auskunft und Registerzeugnis | Rz. 1519 XXIV.
Weise, somit insbesondere auch durch ein ordnungsgemäß bestelltes, handlungsfähiges Organ, mit der unrichtigen Registereintragung die Rechtsscheingrundlage geschaffen hat oder fortbestehen lässt und der gutgläubige Dritte in seinem Verhalten sich von diesem Anschein hat bestimmen lassen.
9. Einsicht, Auskunft und Registerzeugnis Die Einsicht des Vereinsregisters sowie der von dem Verein bei dem Amtsgericht eingereichten Dokumente (Schriftstücke und elektronische Dokumente) ist jedem gestattet (§ 79 Abs. 1 S. 1 BGB). Gewährt wird Einsicht in das in Papierform geführte Register auf der Geschäftsstelle des Amtsgerichts während der Dienststunden (§ 16 VRV mit Einzelheiten). Bei der Einsicht können Aufzeichnungen (Notizen, Abschriften) angefertigt werden. Einsicht in das elektronische Register erfolgt unmittelbar über ein Datensichtgerät oder durch Einsicht in einen Ausdruck (§ 31 VRV). Nicht vom freien Einsichtsrecht umfasst sind allerdings der allgemeine Schriftverkehr und die im Hauptband abgelegten nicht vollzogenen Anmeldungen und Zwischenverfügungen enthält. Hier setzt die Einsichtnahme die Glaubhaftmachung eines berechtigten Interesses voraus (§ 13 Abs. 2 FamFG).1
1517
Von den Registereintragungen kann bei Registerführung in Papierform eine Abschrift gefordert werden, die das Amtsgericht auf Verlangen beglaubigt (§ 79 Abs. 1 S. 2 BGB). Form der Abschriften: § 17 Abs. 1 VRV. Bei maschineller Registerführung tritt an die Stelle der Abschrift ein Ausdruck, an die Stelle der beglaubigten Abschrift ein amtlicher Ausdruck (§ 79 Abs. 1 S. 3, § 32 VRV). Abdruck wie Ausdruck sind kostenpflichtig (KV Nr. 17000/Nr. 17001 GNotKG: je Ausdruck oder Kopie 10 € – einfach – bzw. 20 € – beglaubigt bzw. amtlicher Ausdruck).2 Wiedergegeben wird der letzte Stand aller noch nicht gegenstandslos gewordenen Eintragungen (aktueller Ausdruck). Auf ausdrücklichen Antrag wird auch ein vollständiger Ausdruck erteilt, in dem alle – d.h. auch die gelöschten – Eintragungen des Registerblatts enthalten sind (chronologischer Ausdruck, § 32 Abs. 3 S. 1 VRV). Mit der Umstellung auf die elektronische Registerführung wurde ein dezentraler elektronischer Datenabruf eingeführt (zentrales Internet-Portal der Länder: www.handelsregister.de). Die automatisiert bereitgestellten Daten dürfen nur zu Informationszwecken genutzt werden3, insbesondere bei Abruf zu Werbezwecken liegt ein Missbrauch der Daten vor.4
1518
Eine (ggf. beglaubigte) Abschrift (zu dieser § 17 Abs. 2 VRV) der eingereichten Schriftstücke bzw. sonstiger Unterlagen im Hauptband kann nur verlangt werden,
1519
1 Krafka, Registerrecht, Rz. 2117. 2 Das Registergericht kann (und muss) auf eine schriftliche Anfrage nach einer Registerlöschung kostenpflichtigen Ausdruck versenden, auch wenn nur um „Auskunft“ gebeten war, AG Köln v. 28.1.2009 – VR 106/05, NZG 2009, 1317. 3 BGH v. 12.7.1989 – IVa ARZ (VZ) 9/88, BGHZ 108, 32 = GmbHR 1989, 369 = MDR 1989, 1086 = CR 1989, 984; OLG Köln NJW-RR 2001, 1255. 4 Ellenberger in Palandt, § 79 Rz. 3.
Stöber/Otto | 723
XXIV. Rz. 1519 | Das Vereinsregister
wenn ein berechtigtes Interesse glaubhaft gemacht wird (§ 13 Abs. 2, 3 FamFG, bei elektronischer Registerführung auch § 14 Abs. 5 FamFG). 1520
Der Nachweis, dass der Vorstand aus den im Vereinsregister eingetragenen Personen besteht, wird Behörden gegenüber durch ein Zeugnis1 des Amtsgerichts über die Eintragung (Form: § 17 Abs. 3 VRV) geführt (§ 69 BGB). Diese Regelung dient der Verkehrserleichterung. Sie gilt auch für das Grundbuchverfahren. Auch Nachweis der Liquidatoren Behörden gegenüber erfolgt durch ein Zeugnis des Registergerichts über die Eintragung (§ 69 mit § 48 Abs. 2 BGB). Andere Positivbescheinigungen, d.h. Zeugnisse über erfolgte Eintragungen im Vereinsregister, werden vom Vereinsregister nicht erteilt. Die Notare können hingegen nach § 21 Abs. 1 BNotO weitergehende Bescheinigungen über den Registerinhalt erteilen.
1521
Möglich ist eine Negativbescheinigung des Registergerichts darüber, dass bezüglich des Gegenstandes einer Eintragung weitere Eintragungen in das Vereinsregister nicht erfolgt sind (§ 386 FamFG). Form: § 17 Abs. 3 VRV.
1522
Der Notar kann Bescheinigungen über eine Vertretungsberechtigung sowie über das Bestehen und/oder den Sitz sowie sonstige rechtserhebliche Umstände erteilen, wenn sich diese Umstände aus dem Vereinsregister ergeben (§ 21 BNotO, § 39 BeurkG), und zwar auch dann, wenn die Bescheinigung nicht für einen Beurkundungsvorgang benötigt wird. Eine Bescheinigung des Notars hat die gleiche Beweiskraft wie ein Zeugnis des Registergerichts (§ 21 Abs. 1 S. 2 BNotO).
1 Es muss (ebenso wie die Notarbescheinigung, Rz. 1299) aus neuerer Zeit stammen. Ein genauer Zeitraum, für den das Zeugnis (die Notarbescheinigung) als beweiskräftig angesehen wird, ist nicht bestimmt. Zu dieser Frage Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rz. 3637, 3638 m.N.
724 | Stöber/Otto
XXV. Ausgewählte Registeranmeldungen und Eintragungen 1. Erstanmeldung und -eintragung des Vereins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Muster einer Anmeldung . . . . . . . . b) Eintragungsantrag . . . . . . . . . . . . . . c) Beizufügende Unterlagen . . . . . . . . d) Satzungsänderung während des Eintragungsverfahrens . . . . . . . . . . e) Das Verfahren beim Amtsgericht . f) Die Eintragung . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Bekanntmachung . . . . . . . . . . . . . . . h) Veröffentlichung . . . . . . . . . . . . . . . 2. Änderung des Vorstands . . . . . . . a) Anmeldung der Vorstandsänderung (§ 67 Abs. 1 BGB) . . . . . . . . . b) Die Eintragung . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Satzungsänderungen (§ 71 BGB) a) Anmeldung der Satzungsänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beizufügende Dokumente . . . . . . . c) Prüfung, Zwischenverfügung, Zurückweisung . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die Eintragung . . . . . . . . . . . . . . . . .
1523 1523 1524 1527 1534 1537 1541 1561 1563 1568 1568 1580 1587 1587 1592
4. Sitzverlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anmeldung und Unterlagen . . . . . b) Registerverfahren . . . . . . . . . . . . . . c) Sitzverlegung in das Ausland . . . . . 5. Verschmelzung durch Aufnahme eines anderen eingetragenen Vereins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anmeldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beizufügende Dokumente . . . . . . . c) Registerverfahren, Eintragungen und Bekanntmachungen . . . . . . . . 6. Vereinsauflösung, Liquidation und Fortsetzungsbeschluss (§ 74 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Muster für Anmeldungen . . . . . . . b) Eintragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Beendigung der Liquidation und Erlöschen des Vereins . . . . . . 8. Registerblatt mit Eintragungsbeispielen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1612 1612 1613 1617
1619 1619 1621 1626
1637 1637 1641 1642 1647
1599 1602
1. Erstanmeldung und -eintragung des Vereins a) Muster einer Anmeldung Mit dem Verein wird stets der erste Vorstand angemeldet. Zu Kostenfragen Rz. 1702 ff. M 51 Neueintragung mit Eintragung des ersten Vorstands An das Amtsgericht Nürnberg Betr.: Neueintragung eines Vereins in das Vereinsregister Zur Eintragung in das Vereinsregister melden wir an:
Stöber/Otto | 725
1523
XXV. Rz. 1523 | Ausgewählte Registeranmeldungen und Eintragungen a) den neu gegründeten Verein Freunde der Grundschule an der Siedlerstraße, dessen Satzung am 3.3.2019 errichtet wurde; b) als Vorstand dieses Vereins (1) den ersten Vorsitzenden Müller, Max, geb. am 17.1.1952, wohnh. in Nürnberg, …straße Nr. … (2) den stellvertretenden Vorsitzenden Rauch, Karl, geb. am 9.5.1957, wohnh. in Nürnberg, …straße Nr. … Jedes Vorstandsmitglied vertritt nach § 7 der Satzung einzeln. Der Anmeldung sind beigefügt: 1. die am 3.3.2019 errichtete Satzung in Abschrift; 2. eine Abschrift der Versammlungsniederschrift vom 3.3.2019 über die Vereinsgründung und Vorstandsbestellung. Vereinsanschrift ist die Adresse des 1. Vorsitzenden. Max Müller
Karl Rauch
Unterschriftsbeglaubigung durch einen Notar
b) Eintragungsantrag 1524
Den Verein hat der Vorstand (zum mehrköpfige Vorstand oben Rz. 1440–1449) zur Eintragung anzumelden (§ 59 Abs. 1 BGB). Die Anmeldung hat als Eintragungsantrag die verlangte Eintragung zu bezeichnen, somit den einzutragenden Verein mit seinem Namen und Sitz sowie den Tag der Errichtung der (in Abschrift beizufügenden) Satzung. Üblich ist weiter Bezeichnung der Mitglieder des Vorstands und ihrer Vertretungsmacht. Zwingendes Inhaltserfordernis der Anmeldung ist das nicht.1 § 59 BGB sieht dies anders als z.B. § 37 Abs. 3 AktG, § 8 Abs. 4 GmbHG, § 11 Abs. 3 GenG nicht vor. Dem Amtsgericht werden die einzutragenden Angaben (§ 64 BGB) vielmehr mit Vorlage der Satzung und abschriftlicher Urkunde über die Bestellung des Vorstands zur Kenntnis gebracht. Können aus ihnen nicht alle erforderlichen Angaben entnommen werden (wie z.B. Wohnort oder Geburtsdatum2 eines Vertretungsberech1 Möglicherweise enger (wenn auch nur „sollte entsprechen“) Krafka, Rz. 2153. Folgerichtig müsste nach dieser Ansicht bei Abänderung oder Ergänzung der Satzungsbestimmung über die Vertretungsmacht der Mitglieder des Vorstands ebenso Abänderung oder Ergänzung der Anmeldung in der Form des § 77 BGB verlangt werden. Auch Krafka lässt in Rz. 2159 aber ausnahmslos Einreichung der geänderten Satzung durch den Vorstand genügen. 2 Ist als Inhalt der Anmeldung (anders als in § 24 Abs. 1 HRV) nicht vorgeschrieben, muss sich daher aus ihr (anders als in Handelssachen, s. OLG Celle v. 28.6.1999 – 9 W 72/99, NJW-RR 2000, 702) nicht notwendig ergeben.
726 | Stöber/Otto
1. Erstanmeldung und -eintragung des Vereins | Rz. 1527 XXV.
tigten, § 3 S. 3 Nr. 3 VRV), sind sie in der Anmeldung anzugeben; auch Bezeichnung im Beglaubigungsvermerk des Notars muss dafür genügen. In Hinblick auf § 15 VRV sollte von vornherein eine ladungsfähige Anschrift des Vereins mitgeteilt werden. Die in § 3 VRV für die Registereintragung angelegte Unterscheidung von „abstrakter“ Regelung der Vertretung einschließlich etwaiger allgemeiner Verfügungsbeschränkungen von der „konkreten“ Eintragung des einzelnen Vorstandsmitglieds mit seiner Vertretungsmacht muss wie ausgeführt nicht schon in der Anmeldung vorgezeichnet sein. Dennoch ist es zweckmäßig, wenn sich die Anmeldung bereits an der beantragten Eintragung ausrichtet. Eingetragen werden Familienname, Vorname, Geburtsdatum und Wohnort des Vorstandsmitglieds. Die Eintragung einer bestimmten Vorstandsfunktion („Schatzmeister“, „Erster Vorsitzender“) ist vorzunehmen, wenn sie zweckmäßig ist (§ 3 S. 3 Nr. 3 VRV). Das ist im Ausgangspunkt nur dann der Fall, wenn eine Vertretungsregelung an die Stellung im Vorstand anknüpft (s. aber sogleich Rz. 1556).1
1525
Beispiel:
1526
M 52 Anmeldung des Vorstands a) Der Verein wird vertreten durch zwei Vorstandsmitglieder gemeinsam. Grundstücksgeschäfte, Miet- oder Leasingverträge und Anstellungsverträge bedürfen stets der Mitwirkung des ersten Vorsitzenden oder des Schatzmeisters b) Meier, Martin, 6.6.1966, wohnhaft in Nürnberg Nolting, Norbert, 7.7.1977, wohnhaft in Fürth, Erster Vorsitzender Otto, Oswald, 8.8.1988, wohnhaft in Erlangen, Schatzmeister Pichel, Petra, 5.5.1955, wohnhaft in Kulmbach. Meier, Nolting, Otto und Pichel vertreten den Verein je zu zweit gemeinsam, bei Grundstücksgeschäften, Miet- oder Leasingverträgen und Anstellungsverträgen vertreten nur 1. Nolting und Otto, Meier oder Pichel oder 2. Otto und Meier oder Pichel.
c) Beizufügende Unterlagen Mit der Anmeldung ist stets eine Abschrift der Satzung einzureichen. Die Einführung einer gesetzlichen Mustersatzung wurde in Hinblick auf die vielfältigen Wahlmöglichkeiten zu Recht abgelehnt.2 Mit Rücksicht auf den elektronischen Rechtsverkehr wurde die bis 2009 geltende Verpflichtung zur Vorlage von Satzung und Protokollen im
1 Krafka, Rz. 2164. 2 Stellungnahme der Bundesregierung zur Entschließung des Bundesrats (Prüfung der Einführung einer Mustersatzung), Anlage 2 zu BT-Drucks. 17/5713.
Stöber/Otto | 727
1527
XXV. Rz. 1527 | Ausgewählte Registeranmeldungen und Eintragungen
Original abgeschafft.1 Sobald das Landesrecht die elektronische Antragstellung erlaubt (Rz. 1428), genügt eine elektronische Abschrift. Es genügt die einfache Abschrift, auch eine (elektronische) Beglaubigung wird nicht verlangt. 1528
Der damit verbundene Authentizitätsverlust kann das öffentliche Register schwächen, er hätte ohne wesentlichen Mehraufwand vermieden werden können.2 Erste Parallelprobleme aus dem Verzicht auf eine neutrale Beglaubigungsinstanz zeichnen sich bereits ab, und zwar hinsichtlich der Überprüfung des vom Verein nach Änderungen einzureichenden neuen Satzungstextes (Rz. 1597).
1529
Das vorgelegte Dokument muss erkennen lassen, dass die zugrunde liegende Originalurkunde die Vorgaben der §§ 57 und 58 BGB sowie des § 59 Abs. 3 beachtet, also u.a. von wenigstens sieben Gründern unterschrieben ist (zum Prüfungsumfang des Gerichts Rz. 1468). Die Urschrift hat von mindestens sieben Vereinsmitgliedern unterzeichnet zu sein (die nicht notwendig Gründungsmitglieder sein müssen)3 und die Angabe des Tages der Errichtung zu enthalten (§ 59 Abs. 3 BGB). Die Datumsangabe auf der Satzung ist entbehrlich, wenn sich das Errichtungsdatum eindeutig aus einem beigefügten Gründungsprotokoll ergibt.4 Die Unterschriften sollen die Identifizierung der Unterzeichner ermöglichen. Wird eine Kopie als Abschrift eingereicht, sollten daher die Namen und Anschriften der Unterzeichner auch in Schreibmaschinenschrift oder sonst lesbar (Druckschrift o.Ä.) angegeben sein. Soweit bei der Gründung auf eine schriftliche Satzung verzichtet wurde, was ohne weiteres zulässig ist (dazu Rz. 51)5, ist sie jetzt deklaratorisch als Urkunde niederzulegen.6 Die „Satzung“ kann aus mehreren Teilurkunden bestehen, wenn z.B. eine Spielordnung materiell mit Satzungsrang beschlossen, aber im Abdruck getrennt gehalten werden soll. Erforderlich für eine derartige Gestaltung bereits bei der Gründung ist, dass jedenfalls die Haupturkunde auf das Vorhandensein weiterer Satzungsbestimmungen hinweist. Ferner müssen die Unterschriften alle Satzungsteile decken.7 Zu den Anforderungen an den Satzungstext s. im Übrigen bereits Rz. 52.
1530
Die der Anmeldung beigefügte Satzung muss in deutscher Sprache abgefasst sein (§ 184 GVG).8 Sie darf nicht in einer Mundart gehalten sein, die nicht als allgemein verständliche deutsche Schriftsprache angesehen wird.9 Eine Besonderheit gilt für einen Verein, dessen Mitglieder Bürger sorbischer Volkszugehörigkeit sind. Ihr Recht, in den Heimatkreisen der sorbischen Bevölkerung vor Gericht sorbisch zu sprechen,
1 Gesetz zur Erleichterung elektronischer Anmeldungen zum Vereinsregister und anderer vereinsrechtlicher Änderungen v. 24.9.2009 (BGBl. I 3145). 2 Terner, Vereinsrechtsreform(en), DNotZ 2010, 5–23 (8). 3 Orth, ZStV 2016, 228; Ries/Bauer, Rz. 7.116. 4 OLG Hamm v. 11.7.2017 – 27 W 144/16, Rz. 17 bei juris. 5 Hadding in Soergel, § 59 Rz. 4. 6 Spitzenberg, Rpfleger 1971, 242 ff. 7 JurisPK/Otto, § 59 Rz. 5. 8 LG Osnabrück Rpfleger 1965, 304 mit Anm. Schweyer. 9 Burhoff, Rz. 22; für Plattdeutsch: Schweyer, Rpfleger 1965, 304 gegen LG Osnabrück.
728 | Stöber/Otto
1. Erstanmeldung und -eintragung des Vereins | Rz. 1533 XXV.
wird durch § 184 GVG nicht berührt (Einigungsvertrag Anlage I Kap. III Sachgebiet A Abschn. III Nr. 1r).1 Gleichfalls in (einfacher) Abschrift vorzulegen sind Urkunden über die Bestellung des Vorstands, d.h. zumeist das Protokolls über die Wahl in der gemäß Satzung dafür vorgesehenen Form, der Vorstand kann ausnahmsweise aber auch in der Satzung bestellt sein. Beruft ein anderes Organ als die Mitgliederversammlung den Vorstand, sind auch dessen Berechtigung hierzu und seine Zusammensetzung zu belegen.2 Das Protokoll sollte auch eine Feststellung dazu enthalten, dass die Wahl angenommen wurde (Rz. 487). Ansonsten ist darüber ein separater Nachweis beizufügen. Ein besonderes „Gründungsprotokoll“ ist darüber hinaus im Registerverfahren nicht erforderlich3, wenn auch für das weitere Vereinsleben sinnvoll (Rz. 36). Ein Nachweis, dass sämtliche Organe des Vereins besetzt sind, ist nicht vorgesehen (zur Gegenmeinung Rz. 1447).
1531
Von der Mindestzahl von sieben Mitgliedern als Unterzeichnern ist auch bei einem Dachverband nicht abzuweichen, dem (nur) andere juristische Personen als Mitglieder angehören.4 Das Registergericht hat § 56 BGB als Sollvorschrift stets zu beachten. Dabei ist allein auf die Organisation abzustellen, die zur Eintragung ansteht, nicht auf die Mitgliederzahl ihr möglicherweise angehörender anderer Körperschaften. Der Zusammenschluss von weniger als sieben Mitgliedsvereinen zur Verfolgung gemeinsamer übergeordneter Interessen entspricht nicht den Vorstellungen, die sich mit einem rechtsfähigen Hauptverein verbinden (dazu Rz. 1404). Ihm steht nach § 56 BGB die Organisationsform des eingetragenen Vereins daher so wenig offen wie einer Personenvereinigung mit weniger als sieben Einzelmitgliedern. Für die Eintragung in das Vereinsregister stellt das Gesetz auf eine einfache und klare Abgrenzung hinsichtlich der Mitgliederzahl ab, von der keine Ausnahmen zu machen sind. Diese Klarheit wird wiederum aufgeweicht, wenn teilweise gefordert wird, dass juristische Personen, die von natürlichen Personen beherrscht und repräsentiert werden, nicht mitzählen, wenn die natürlichen Personen selbst Mitglied sind.5
1532
Auch die Satzung eines religiösen (kirchlichen) Vereins (Rz. 44), damit auch die Satzung der Dachorganisation religiöser Vereine, hat von mindestens sieben Mitgliedern
1533
1 § 9 des Gesetzes über die Rechte der Sorben im Freistaat Sachsen (Sächsisches Sorbengesetz – SächsSorbG) v. 31.3.1999, Sächs. GVBl. S. 161. 2 BayObLG v. 20.1.1984 – BReg 2 Z 4/84, MDR 1984, 489 ff. 3 Eichler, Rpfleger 2004, 196–202 (196). 4 Ebenso LG Hamburg v. 27.11.1979 – 71 T 84/79, Rpfleger 1981, 198; OLG Stuttgart v. 5.4.1983 – 8 W 442/82, OLG Stuttgart v. 5.4.1983 – 8 W 332/82, MDR 1983, 840; KG v. 29.5.2001 – 1 W 2657/00, Rpfleger 2001, 554 (LS) = VIZ 2002, 596 = OLG-NL 2001, 205; Eichler, Rpfleger 2004, 196; Erman/Westermann, § 56 Rz. 1; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 323; a.A. Staudinger/Schwennicke, § 56 Rz. 4; LG Mainz MDR 1978, 312 = MittRhNotK 1978, 97. Zu einem Ausnahmefall (es gibt nach Vereinszweck überhaupt nur fünf potentielle Mitglieder) OLG Hamm v. 8.4.1997 – 15 W 11/97, NJW-RR 1997, 1397. 5 Für eine derartige konzernrechtliche Zuordnung Ries/Bauer, Rz. 7.116; OLG Stuttgart v. 5.4.1983 – 8 W 442/82, OLG Stuttgart v. 5.4.1983 – 8 W 332/82, MDR 1983, 840.
Stöber/Otto | 729
XXV. Rz. 1533 | Ausgewählte Registeranmeldungen und Eintragungen
unterzeichnet zu sein.1 § 59 Abs. 3 BGB bezieht sich nicht auf „innerkirchliche Angelegenheiten“, für die Bindung des kirchlichen Vereins an vereinsrechtliche Vorschriften nicht besteht, sondern regelt als vereinsrechtliche (registerrechtliche) Ordnungsvorschrift die Voraussetzungen für Aufnahme des Vereins in das Vereinsregister. d) Satzungsänderung während des Eintragungsverfahrens 1534
Ist die Vereinssatzung vor der Eintragung des Vereins auf Beanstandung des Amtsgerichts abzuändern oder zu ergänzen, so sind erforderlich – einstimmiger Beschluss aller Gründer2, wenn nach der Vereinsgründung die Zielsetzung des Vereins lediglich auf den Erwerb der Rechtsfähigkeit gerichtet, die Vereinstätigkeit noch nicht aufgenommen ist und daher auch noch kein Mitgliederwechsel stattgefunden hat (vgl. Rz. 1109) oder – Satzungsänderungsbeschluss der Mitgliederversammlung mit ¾ Stimmenmehrheit (§§ 32, 33 BGB; Zustimmung aller Mitglieder jedoch zur Änderung des Zwecks nach § 33 Abs. 1 S. 2 BGB), wenn nach Vereinsgründung von der Vereinigung zunächst in der Rechtsform des nicht rechtsfähigen Vereins die Vereinstätigkeit bereits aufgenommen wurde3 und daher schon ein Mitgliederwechsel stattgefunden hat oder doch möglich war, oder wenn ein bisher nicht rechtsfähiger Verein Rechtsfähigkeit durch Registereintragung anstrebt (anders, jedoch nicht überzeugend, BayObLG4, das einstimmigen Beschluss der wieder aufgenommenen Gründerversammlung verlangt, an der aber nicht sämtliche Personen teilzunehmen haben, die an der ersten Gründerversammlung beteiligt waren). Für die Einberufung der Versammlung ist die Tagesordnungsangabe „Satzungsänderungen“ jedenfalls ausreichend, wenn ergänzend darauf hingewiesen ist, dass „formelle Änderungen“ wegen Beanstandungen des Registergerichts notwendig sind.5
1535
Die Änderung der Gründungssatzung oder Änderung der Satzung des noch nicht rechtsfähigen Vereins bedarf keiner weiteren förmlichen Anmeldung durch den Vorstand; denn anzumelden ist (s. § 59 BGB) der Verein, nicht seine Satzung. § 71 BGB (Anmeldung der Satzungsänderung eines bereits eingetragenen Vereins) findet noch keine Anwendung. Es genügt daher Einreichung der geänderten Satzung.6 Die geänderte Satzung (oder die Änderung einzelner Bestimmungen) hat jedoch wiederum
1 A.A. OLG Hamm v. 8.4.1997 – 15 W 11/97 NJW-RR 1997, 1397 für den Landesverband der fünf Diözesanverbände katholischer Religionslehrer in Nordrhein-Westfalen. 2 So allgemein auch LG Bonn v. 29.11.1994 – 4 T 742/94, NJW-RR 1995, 1515 (1516). 3 So Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 18; s. auch Priester, ZIP 1987, 280, wonach auf Satzungsänderungen vor Eintragung der Gesellschaft mbH in das Handelsregister Beschlussverfahren und Mehrheitsprinzip (§§ 53 ff. GmbHG) bereits Anwendung finden. 4 BayObLG 1972, 29 = MDR 1972, 513 = Rpfleger 1972, 132. 5 BayObLG 1972, 29 = MDR 1972, 513 = Rpfleger 1972, 132. 6 BayObLG 1972, 29 = MDR 1972, 513 = Rpfleger 1972, 132; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 18; BayObLG (v. 28.9.1966 – 2 Z 46/66) sowie Rpfleger 1978, 143 und Pfälz. OLG v. 12.9.2000 – 3 W 178/00, GmbHR 2000, 1204 = NJW-RR 2001, 31 = Rpfleger 2001, 34, je für GmbHRecht.
730 | Stöber/Otto
1. Erstanmeldung und -eintragung des Vereins | Rz. 1536 XXV.
von 7 Mitgliedern unterzeichnet zu sein1 und den Tag der Abänderung anzugeben (§ 59 Abs. 3 BGB). Dem Amtsgericht ist die geänderte Fassung der Satzung einzureichen (s. § 59 Abs. 2 BGB); sie ist also vom Vorstand in der anmeldepflichtigen Zahl2 (Rz. 1440 f.) vorzulegen.3 Einsendung durch nur eines von mehreren anmeldepflichtigen Vorstandsmitgliedern oder durch einen Dritten macht m.E. die geänderte Satzungsfassung nicht zum Gegenstand der Anmeldung in dem von § 59 Abs. 2 BGB vorgesehenen Sinn. Änderungen und Ergänzungen der Vereinssatzung, die auf Beanstandung des Amtsgerichts erforderlich werden, lassen sich am einfachsten durch entsprechende Ermächtigung des Vorstands oder eines Satzungsausschusses umsetzen. Der (vorbeugende) Beschluss könnte etwa lauten: M 53 Reparaturklausel Der Vorsitzende wird ermächtigt, Änderungen und Ergänzungen der Gründungssatzung vorzunehmen, wie sie das Registergericht für die Eintragung in das Vereinsregister verlangt. Ausgenommen sind die Bestimmungen über den Zweck des Vereins, die zur Beschlussfassung notwendigen Abstimmungsmehrheiten und den Anfall des Vereinsvermögens bei Auflösung. Problematisch hingegen: Der Vorstand kann redaktionelle Änderungen der Satzung oder solche, die aufgrund von Vorgaben von Gerichten oder Behörden erforderlich sind, selbst vornehmen.4
M 54 Ermächtigung zu materiellen Änderungen im Eintragungsverfahren Weitreichender als eine bloße Reparaturklausel (materielle Kompetenzübertragung): Der Vorstand kann von dem Registergericht beanstandete Bestimmungen der Gründungssatzung durch einstimmigen Beschluss seiner Mitglieder ändern. Das schließt auch Folgeänderungen von zunächst nicht beanstandeten Bestimmungen ein, die der Vorstand für zweckmäßig erklärt. Die Mitglieder sind zeitnah nach der Eintragung über die erfolgten Änderungen in gleicher Weise zu unterrichten, wie zu Mitgliederversammlungen eingeladen wird. Binnen einer Frist von 1 Monat ab Versand der Mitteilung hat jedes vor Eintragung der geänderten Satzung eingetretene Mitglied das Recht zum fristlosen Austritt. Das somit ausgetretene Mitglied schuldet keine Beiträge oder sonstige Leistungen an den Verein, die über das in der bei Vereinsgründung ursprünglich beschlossene Maß hinausgehen.
1 LG Bonn v. 29.11.1994 – 4 T 742/94, NJW-RR 1995, 1515 (1516). 2 Für die Vorstandsmitglieder kann ein bevollmächtigter Dritter, insbesondere der Notar handeln. 3 Ebenso für GmbH-Ersteintragung BayObLG Rpfleger 1978, 143; Pfälz. OLG v. 12.9.2000 – 3 W 178/00, GmbHR 2000, 1204 = NJW-RR 2001, 31. 4 Nach OLG Hamm v. 11.7.2017 – 27 W 144/16, Rz. 13 bei juris.
Stöber/Otto | 731
1536
XXV. Rz. 1536 | Ausgewählte Registeranmeldungen und Eintragungen
Das OLG Hamm lässt eine Regelung nach dem zweiten Muster als zu unbestimmt nicht zu, wenn die Satzung an anderer Stelle allein die Mitgliederversammlung für die Änderung der Satzung für zuständig erklärt.1 Generell fällt bei den gebräuchlichen „Reparaturklauseln“ gelegentlich die Bestimmung schwer, was noch „redaktionelle Änderung“ ist. Im ersten Muster wird daher eine Eingrenzung zum einen auf der zeitlichen Ebene gewählt: Es geht allein um die Gründungssatzung. Nach erfolgter Eintragung entfällt dann die Änderungskompetenz des Vorstands bzw. Vorsitzenden. Zum anderen kann das Gericht selbst zweifelsfrei feststellen, welche Änderungen es angeregt hat. Dabei ist die Klausel so zu verstehen, dass nur konkrete vom Gericht angeregte Änderungen vorgenommen werden können. Solche Hinweise wird das Gericht nur dann geben, wenn das mit der Satzung Gemeinte offenkundig und nur noch rechtlich richtig zu formulieren ist. Beanstandet das Gericht hingegen lediglich eine bestimmte Regelung als unzulässig oder weist es auf einen Widerspruch hin, der so oder so in sich stimmig aufgelöst werden kann, bedarf der Vorstand (oder das sonstige dafür bestimmte Gremium) nicht nur der Kompetenz zu einer formalen Änderung, sondern er müsste materiell in den Satzungsinhalt eingreifen. Auch das ist durch Bestimmung in der Gründungssatzung möglich, geht aber über die erste Klausel hinaus und sollte m.E. wie in dem dritten Muster mit flankierenden Regelungen zum Schutz der Mitglieder verbunden werden, die mit der Zuständigkeit für Satzungsänderungen eine zentrale Kompetenz der Mitgliederversammlung einem anderen Gremium überlassen (zur Kompetenzübertragung s. Rz. 1099). e) Das Verfahren beim Amtsgericht 1537
Die Anmeldung eines Vereins (§ 59 Abs. 1 BGB), die den Erfordernissen nicht genügt oder mit der eine nicht zureichende Satzung vorgelegt ist, wird vom Amtsgericht unter Angabe der Gründe zurückgewiesen (§ 60 BGB).2 Vorweg ist jedoch durch Zwischenverfügung (Rz. 1495) Gelegenheit zu geben, eine ordnungsgemäße Anmeldung vorzulegen, eine entsprechende Ergänzung der Satzung herbeizuführen3 oder ein sonstiges Eintragungshindernis zu beheben. Die Zwischenverfügung hat das (behebbare) Eintragungshindernis darzustellen, das Mittel oder den Weg zur Beseitigung des Vollzugshindernisses anzugeben4 und eine angemessene Frist zur Behebung des Hindernisses zu bestimmen.5 Ein Weg zur Beseitigung des Hindernisses ist oft die klarstellende Neufassung des Satzungstextes.6 Eine sachliche Beanstandung zur Beseitigung eines Hindernisses nimmt der gerichtlichen Verfügung aber nicht allein deshalb den Charakter einer Zwischenverfügung, weil sie keine Frist zur Behebung
1 OLG Hamm v. 11.7.2017 – 27 W 144/16, Rz. 13 bei juris. 2 Checkliste bei Lissner, MDR 2012, 1209. 3 BayObLG 1969, 33 (35, 36) = MDR 1969, 391 = Rpfleger 1969, 130 und BayObLG 1972, 115 = NJW 1972, 1323; OLG Karlsruhe Justiz 1978, 140 (Ls.). 4 OLG Hamm v. 13.9.1999 – 15 W 195/99, NJW-RR 2000, 42. 5 Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rz. 448. 6 OLG Düsseldorf v. 15.9.2017 – 3 Wx 14/16 – NZG 2017, 1314. Otto, NotBZ 2018, 146.
732 | Stöber/Otto
1. Erstanmeldung und -eintragung des Vereins | Rz. 1539 XXV.
des Eintragungshindernisses setzt.1 Zwischenverfügung und Zurückweisungsbeschluss sind allen Vorstandsmitgliedern, die angemeldet haben, zuzustellen (§ 41 FamFG). Wenn der Notar den Eintragungsantrag gestellt hat (Rz. 1439), müssen ihm Zwischenverfügung2 und Zurückweisungsbeschluss zugestellt werden. In einfach gelagerten Fällen (bei eindeutigem, leicht behebbarem Hindernis, bei entsprechendem Interesse des Anmeldenden an Förderung seines Anliegens) kann auch eine nur formlose Beanstandung der Anmeldung verfahrensdienlich sein; sie ist zulässig.3 Teilvollzug der Erstanmeldung des Vereins kann nicht erfolgen.4 Wenn nur einzelne Bestimmungen der Satzung unwirksam sind, die nicht zu beanstandenden Satzungsvorschriften die Rechtsverhältnisse des Vereins aber noch immer zutreffend regeln und (nach §§ 21, 57, 58 BGB) vollständig ausweisen, kann daher nicht teilweise Ablehnung der Anmeldung und Eintragung des Vereins mit den unbedenklich und sinnvoll geregelten (s. Rz. 60) Rechtsverhältnissen erfolgen. Als Teilvollzug unzulässig ist daher auch eine von der Anmeldung abweichende Eintragung der Vertretungsbefugnis der Vorstandsmitglieder.5 Bedenken gegen nur einen Teil der angemeldeten Rechtsverhältnisse kann mit Abänderung der Satzung vor Eintragung (s. Rz. 1534, 1109) Rechnung getragen werden.
1538
Eine Mitteilung der Anmeldung nach Zulassung an die Verwaltungsbehörde erfolgt nicht mehr; ein Einspruchsrecht der Verwaltungsbehörde besteht nicht mehr (Aufhebung der §§ 61–63 BGB durch Art. 11 Justizmitteilungsgesetz, BGBl. 1997 I 1430 [1436]). Die Frage, ob die Satzung eines Vereins gegen das öffentliche Vereinsrecht verstößt, wird jedoch auch weiterhin vom Amtsgericht geprüft6 (Rz. 1254; Nichtigkeit bei Gesetzesverstoß, § 134 BGB). Die Verbotsgründe nach Art. 9 Abs.: 2 GG haben dabei besonderes Gewicht.7 Ein (ohnedies seltener) Verstoß wird sich aber nicht schon aus dem Wortlaut der Satzung, sondern erst (nach Eintragung) mit einem von der Satzung abweichenden tatsächlichen Verhalten des Vereins ergeben. Dem Amtsgericht obliegt noch die Verpflichtung, die Eintragung der zuständigen Verwaltungsbehörde mitzuteilen, wenn Anhaltspunkte bestehen, dass es sich um einen Ausländerverein oder eine organisatorische Einrichtung eines ausländischen Vereins gem.
1539
1 MittBayNot 1993, 39 = BayObLG v. 29.10.1992 – 3Z BR 38/92, GmbHR 1993, 167 = NJWRR 1993, 494; OLG Celle v. 12.7.1993 – 2 Wx 20/93, NJW-RR 1994, 1547 (1548); OLG Hamm v. 13.9.1999 – 15 W 195/99, NJW-RR 2000, 42; LG Bonn v. 6.3.2001 – 4 T 104/01, Rpfleger 2001, 432. 2 Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rz. 454. 3 OLG Hamm v. 20.12.2001 – 15 W 378/01, GmbHR 2002, 495 = MittBayNot 2002, 408 = NJW-RR 2002, 761 (re. Sp.); Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rz. 445. 4 OLG München v. 30.1.2020 – 31 Wx 371/19, MDR 2020, 807. 5 BayObLG v. 7.7.1988 – BReg 3 Z 76/88, Rpfleger 1988, 472; BayObLG v. 5.3.1987 – BReg 3 Z 29/87, AG 1988, 18 = GmbHR 1987, 391 = DNotZ 1988, 50 = MittBayNot 1987, 161 = NJW-RR 1987, 927 (unter Abgrenzung und Einschränkung zu BayObLG 1969, 33) und BayObLG v. 21.5.1987 – BReg 3 Z 81/87, NJW-RR 1987, 1178. 6 Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drucks. 13/4709, 48. 7 Das OLG Jena v. 9.4.2013 – 9 W 140/13, juris. weist allerdings auf die begrenzten eigenen Ermittlungsmöglichkeiten des Registergerichts hin. In der Regel wird es sich auf die Zuarbeit der auch für ein Vereinsverbot zuständigen Behörden stützen müssen.
Stöber/Otto | 733
XXV. Rz. 1539 | Ausgewählte Registeranmeldungen und Eintragungen
§§ 14 und 15 VereinsG handelt (§ 400 FamFG.). Ermittlungen muss das Amtsgericht zur Erfüllung der Mitteilungspflicht nicht anstellen.1 Eine Mitteilungspflicht für den Fall, dass Anhalt für das Vereinsverbot nach § 9 Abs. 2 GG mit § 3 VereinsG (Verstoß gegen Strafgesetze, Vereinstätigkeit gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung) besteht, ist nicht vorgesehen.2 1540
Die eingereichten Dokumente werden nach Eintragung zu den Registerakten genommen (§ 66 Abs. 2 BGB). Mit Wegfall der Verpflichtung zur Einreichung einer Satzungsurschrift3 sind die früher vorgesehene Beglaubigung der Registerabschrift und eine Eintragungsbescheinigung bei Rückgabe der Urschrift weggefallen.4 Für die Registerführung gilt § 7 VRV. Ein Sonderband (§ 7 Abs. 1 S. 2 VRV) wird für die eingereichten und daher nach § 79 BGB der unbeschränkten Einsicht unterliegenden Schriftstücke geführt (insbesondere Anmeldungen und beigefügte Schriftstücke wie Satzung, Urkunde über die Bestellung des Vorstands, Satzungsänderung) geführt. Bei elektronischer Registerführung entfällt ein zusätzliches Handblatt (§ 26 Abs. 2 VRV). f) Die Eintragung
1541
S. zunächst Rz. 1489 f. und zu Kostenfragen Rz. 1710 ff. In das Vereinsregister eingetragen wird der Verein mit – dem Namen (Rz. 1542) und dem Sitz (Rz. 1544), – dem Tag der Errichtung der Satzung (Rz. 1544) sowie mit – den Mitgliedern des Vorstands und ihrer Vertretungsmacht (Rz. 1545 ff., Rz. 1279 zur allgemeinen Vertretungsregelung). Gestaltung der Eintragung in den fünf Spalten des Registerblatts (mit Unterteilung der Spalte 3):5 § 3 VRV. Eintragungsbeispiel: Rz. 1646.
1542
Der Name des Vereins ist in Spalte 2 unter Buchstabe a (§ 3 S. 3 Nr. 2 VRV) nach den Regeln der deutschen Rechtschreibung übereinstimmend mit seiner vollen Be-
1 Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drucks. 13/4709, 49. 2 Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drucks. 13/4709, 49. 3 Gesetz zur Erleichterung elektronischer Anmeldungen zum Vereinsregister und anderer Vereinsrechtlicher Änderungen v. 24.9.2009 (BGBl. I 3145). 4 § 66 Abs. 2 BGB a.F., hierzu noch 9. Aufl., Rz. 1088 f. 5 Die Unterteilung der Spalte 3 des Vereinsregisters in Buchstaben a und b ist in Anlehnung an die gleiche Unterteilung des Blattmusters B des Handelsregisters erfolgt (BR-Drucks. 982/98, 3). Unter Buchstabe a wird die allgemeine Vertretungsregelung und unter Buchstabe b werden die Vertretungsberechtigten (der Vorstand und etwaige Liquidatoren) und besondere Vertretungsbefugnisse (Rz. 1328) sowie die Änderung dieser Eintragungen aufgenommen. Das nach landesrechtlichen Vorschriften eingerichtet gewesene Vereinsregister hat Eintragung nur des Vorstands und der Liquidatoren in Spalte 3 vorgesehen; Spalte 4 war für Eintragung aller Rechtsverhältnisse, damit auch der Vertretungsregelungen bestimmt. Übergangsweise können für das in Papierform geführte Vereinsregister diese bisherigen Muster weiter verwendet werden (§ 39 Abs. 1 S. 1 VRV); die nachfolgend dargestellten Registereintragungen beruhen auf der Gestaltung des Registerblatts, die § 3 VRV bestimmt.
734 | Stöber/Otto
1. Erstanmeldung und -eintragung des Vereins | Rz. 1545 XXV.
zeichnung in der Satzung (wie dort ausgeschrieben oder teilweise abgekürzt, mit Zusätzen usw.) einzutragen. Wenn die Satzung in sorbischer Sprache abgefasst ist (Rz. 1524), ist auch der Name des Vereins in dieser Sprache (oder in deutscher und in sorbischer Sprache) einzutragen. Anspruch darauf, dass der Name in einem bestimmten Schriftbild (nur mit großen Buchstaben, in Kleinschreibweise, in Sperroder Schrägschrift, in sonst besonderem Schriftbild) in das Vereinsregister eingetragen wird, besteht nicht.1 Das Amtsgericht kann jedoch bestimmte Schriftarten (z.B. für Namensteile nur große Buchstaben) in Übereinstimmung mit der Darstellung des Namens in der Satzung verwenden. Als Namensbestandteil ist auch der Namenszusatz „eingetragener Verein“ oder (bei entsprechender Satzungsbestimmung) „e.V.“ (§ 65 BGB Rz. 177) in das Vereinsregister einzutragen. Diese Eintragung wird mitunter zwar für überflüssig gehalten, weil die Führung dieses Namenszusatzes gesetzliche Folge der Eintragung des Vereins ist. Der Verein ist aber in das Register mit seinem Namen so einzutragen, wie dieser geführt werden muss. Daher ist auch der Namenszusatz des § 65 BGB in das Vereinsregister aufzunehmen.
1543
Sitz des Vereins: Rz. 184 ff. Eingetragen wird er in Spalte 2 unter Buchstabe b (§ 3 S. 3 Nr. 2 VRV).
1544
Tag der Errichtung der Satzung, der in Spalte 4 unter Buchstabe a einzutragen ist (§ 3 S. 3 Nr. 4a VRV), ist der Tag der Vereinsgründung mit Festsetzung der Satzung (Rz. 23). Wenn die Satzung schon vor Eintragung in das Vereinsregister abgeändert wurde (Rz. 1110), ist auch der Tag des Änderungsbeschlusses anzugeben. Soll ein bisher nicht eingetragener werbender Verein eingetragen werden (Rz. 233), dann ist ebenso der Tag der Errichtung (oder Neufassung) der Satzung mit dem Tag des Änderungsbeschlusses einzutragen, dabei der Tag des Beschlusses, dass Rechtsfähigkeit mit Eintragung erlangt werden soll. Die Mitglieder des Vorstands sind in Spalte 3 unter Buchstabe b mit Familien- und Vornamen, Wohnort und Geburtsdatum einzutragen (§ 3 S. 3 Nr. 3 VRV). Eintragung auch des Berufs ist nicht vorgesehen und sollte nach dem Grundsatz der Datensparsamkeit auch wegfallen, begegnet aber nach wie vor in älteren Registerblättern. Als Familienname ist der Geburts- oder Ehename (mit vorangestelltem oder angefügtem Begleitnamen usw.) einzutragen, der im Verkehr mit Behörden zu führen ist, nicht somit ein Künstlername oder anderer Deckname (Pseudonym). Dem Familiennamen kann ein auf einen früheren Namen hinweisender Zusatz beigefügt werden („geborene“, „verwitwete“; Allgemeines Persönlichkeitsrecht). Eintragung eines Vornamens des Vorstandsmitglieds genügt; es kann aber auch Bezeichnung mit mehreren (amtlichen) Vornamen erfolgen (aber keine Unterstreichung des Rufnamens). 1 BayObLG 1967, 272 = GmbHR 1968, 50 = MDR 1967, 1015 = NJW 1968, 364; BayObLG Rpfleger 1971, 257 (258); KG v. 23.5.2000 – 1 W 247/99, GmbHR 2000, 1101 = MittBayNot 2001, 220 = MittRhNotK 2000, 396 = NJW-RR 2001, 173 = NotBZ 2000, 417; OLG Karlsruhe DNotZ 1970, 702 (alle für Handelsregister); a.A. LG Berlin v. 17.2.1998 – 98 T 113/ 97, GmbHR 1998, 692: Eintragung eines Firmenbestandteils in Großbuchstaben kann nur bei Täuschung oder mangelnder Unterscheidbarkeit versagt werden.
Stöber/Otto | 735
1545
XXV. Rz. 1545 | Ausgewählte Registeranmeldungen und Eintragungen
Als ausreichend anzusehen (wenn auch nicht ratsam) ist Bezeichnung mit einer (im Verkehr gebräuchlichen) Kurzform des Vornamens1 (Sepp für Josef usw.), wenn keine Zweifel an der Identität des damit Genannten aufkommen können. Abkürzung nur noch mit dem Anfangsbuchstaben des Vornamens (J. für Josef) ist unzureichend. Ein akademischer Grad (Doktor; Doktor h.c., Diplomgrade) ist zur Bezeichnung der Person bzw. gewohnheitsrechtlich2 mit einzutragen, wenn er geführt wird, nicht aber gegen den Willen des Genannten (allgemeines Persönlichkeitsrecht). Eine juristische Person als Vorstand (Rz. 478) wird mit ihrer Firma (ihrem Namen) und dem Ort der Niederlassung (des Sitzes) eingetragen. Nicht (mit) eingetragen wird ihr Vertretungsorgan, durch das sie als Vorstand für den Verein handelt; es wird durch Eintragung in das für die geführte Register (die juristische Person des öffentlichen Rechts in der für sie gesetzlich bestimmten Weise) legitimiert. 1546
Die Vertretungsmacht des Vorstands (der Mitglieder des Vorstands, § 64 BGB) ist in Spalte 3 einzutragen, und zwar – unter Buchstabe a die allgemeine Vertretungsregelung (Rz. 1547 ff.), – unter Buchstabe b besondere Vertretungsbefugnisse (Rz. 1552).
1547
Als allgemeine Vertretungsregelung ist unter Buchstabe a (abstrakt) einzutragen, welche Vertretungsbefugnis der Vorstand nach gesetzlicher Regelung (§ 26 Abs. 2 S. 1 BGB) oder Bestimmung der Satzung (generell) hat. Einzutragen ist damit auch, dass (gesetzlich) ein Einzelvorstand allein, ein mehrgliedriger Vorstand mehrheitlich den Verein vertritt. Mit Eintragung auch der gesetzlichen Vertretungsmacht wurde der Informationsgehalt des Vereinsregisters (in Übereinstimmung mit dem Handelsregister) verbessert und auch für den ausländischen Nutzer verständlich gestaltet. Das Vereinsregister gibt damit im Einzelfall sogleich Kenntnis über die Vertretungsverhältnisse. Wer Einsicht nimmt, ist nicht auf die (im grenzüberschreitenden Verkehr zumeist aufwendige) Feststellung der gesetzlichen Bestimmungen angewiesen.
1548
Als allgemeine Regelung der Vertretungsbefugnis einzutragen ist auch die satzungsgemäße Bestimmung einer Alleinvertretung, die neben Gesamtvertretung durch zwei Vorstandsmitglieder (z.B. Präsident und Geschäftsführer) bei Vereinigung ihrer Ämter3 in einer Person besteht.
1549
Einzutragen als allgemeine Vertretungsregelung ist auch eine (generelle) Beschränkung der Vertretungsmacht des Vorstands, somit die durch Satzung (eindeutig) bestimmte Beschränkung des Umfangs der Vertretungsmacht mit Wirkung gegen Dritte (§ 26 Abs. 2 S. 2 BGB Rz. 536). Einzutragen sind Tatsache und Art (Umfang) der Beschränkung.
1 Näher dazu Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rz. 232. 2 BGH v. 4.4.2017 – II ZB 10/16, MDR 2017, 711 Rpfleger 2017, 463 (zum Handels- und Partnerschaftsregister). 3 So auch OLG Düsseldorf v. 30.6.1982 – 3 W 196/82, Rpfleger 1982, 477 mit Anm. Heinen und Sigloch.
736 | Stöber/Otto
1. Erstanmeldung und -eintragung des Vereins | Rz. 1553 XXV. Beispiel: Die Vertretungsmacht des Vorstands ist in der Weise beschränkt, dass über Grundstücke nur mit Zustimmung der Mitgliederversammlung verfügt werden darf.
Die gesetzliche Beschränkung des § 181 BGB (Verbot des Selbstkontrahierens; dazu Rz. 529) wird nicht eingetragen. Befreiung davon durch Satzung (nicht durch Mehrheitsbeschluss der Mitgliederversammlung) kann (wie bei der GmbH) eingetragen werden, und zwar die für den Vorstand allgemein gewährte Befreiung in Spalte 3a, die nur für einzelne Personen des Vorstands (somit konkret) erteilte Befreiung in Spalte 3b (Rz. 1552). Die Angabe der Vertretungsmacht erfordert, gebietet und ermöglicht nicht auch eine negative Eintragung, etwa in der Weise, dass die Vertretungsmacht des Vorstands nicht beschränkt ist.1 Den Verein vertritt der Vorstand gerichtlich und außergerichtlich (§ 26 Abs. 2 S. 1 BGB). Die Eintragung, dass der Einzelvorstand allein, ein mehrgliedriger Vorstand zusammen vertritt, stellt diese nicht beschränkte Vertretungsmacht eindeutig und klar dar. Eine weitergehende Fassung gebietet und erfordert der Publizitätszweck des Vereinsregisters nicht.
1550
Ebenfalls wird nicht eingetragen, dass für die Abgabe einer Willenserklärung dem Verein gegenüber die Abgabe gegenüber einem Mitglied des (mehrgliedrigen) Vorstands (§ 26 Abs. 2 S. 2 BGB) genügt, bzw. für die Zustellung die Zustellung an einen von ihnen (§ 170 Abs. 3 ZPO).
1551
Als besonders Vertretungsbefugnis unter Buchstabe b einzutragen ist die im Einzelfall für in diese Spalte einzutragenden Personen als Vorstand (Mitglieder des mehrgliedrigen Vorstands) von der allgemeinen Vertretungsregelung (den Angaben unter Buchstabe a) abweichende Vertretungsbefugnis.
1552
Beispiel: Befreiung nur einzelner Personen des Vorstands von dem Verbot des Selbstkontrahierens. Nach der Begründung2 soll damit Eintragung einer besonderen Vertretungsbefugnis nach § 30 BGB oder aus anderem Grund ermöglicht sein.3
Die Stellung der Vertretungsberechtigten im Vorstand wie z.B. Vorsitzender, Stellvertretender Vorsitzender, Geschäftsführer, Schriftführer, Kassier, ist einzutragen „soweit zweckmäßig“ (§ 3 S. 3 Nr. 3 VRV). Eintragung der genauen Stellung im Vorstand ist daher dann möglich und zugleich erforderlich, wenn die Vertretungsregelung an bestimmte Vorstandsämter gebunden ist.4
1 2 3 4
Krafka, Rz. 2169; a.A. Schwarz, NZG 2002, 1033 (1037). Begründung zu § 3 VRV, BR-Drucks. 982/98, 36. Zur Gegenauffassung vgl. noch 9. Aufl., Rz. 1080. Begründung zu § 3 VRV, BR-Drucks. 982/98, 36. Wohl enger Krafka, Registerrecht, Rz. 2164; Ries/Bauer, Registerecht, Rz. 7.191.
Stöber/Otto | 737
1553
XXV. Rz. 1553 | Ausgewählte Registeranmeldungen und Eintragungen
Beispiele: M 55 Eintragungsantrag zur Vertretungsmacht (1) Der Vorstand besteht aus drei Personen. Der Verein wird durch den ersten Vorsitzenden und ein weiteres Vorstandsmitglied gemeinsam vertreten. oder (2) Es vertreten zwei Vorstandsmitglieder gemeinsam, darunter der erste Vorsitzende oder sein Stellvertreter. 1554
Zu erfolgen hat demzufolge: (1) im ersten Fall Eintragung der Stellung im Vorstand als erster Vorsitzender, (2) im zweiten Fall Eintragung der Stellung im Vorstand als erster Vorsitzender oder Stellvertreter, weil sie für den Rechtsverkehr bei Ausübung der satzungsmäßig geregelten Vertretungsmacht des mehrgliedrigen Vorstands bedeutsam ist, somit der Konkretisierung der in Spalte 3 unter Buchstabe a eingetragenen allgemeinen Vertretungsregelung dient.
1555
Wenn der Vorstand nur aus einer Person besteht, vertritt diese gesetzlich den Verein allein (§ 26 Abs. 2 S. 1 BGB). Die Bezeichnung dieses gesetzlichen Vorstands durch den Verein, auch als Mitglied des Gesamtvorstands, als Erster Vorsitzender usw. erlangt damit für den Rechtsverkehr keine Bedeutung und wird nicht eingetragen.
1556
Ob die Stellung im Vorstand, damit die satzungsgemäße Bezeichnung der Ämter jedes Vorstandsmitglieds, auch eingetragen werden kann, wenn der Vorstand aus mehreren Personen besteht und jedes Vorstandsmitglied allein, mehrere (gleichberechtigt) gemeinsam oder nur alle Mitglieder des Vorstands zusammen vertreten, lassen Wortlaut des § 3 S. 3 Nr. 3 VGV und die dazu gegebene Begründung nicht erkennen. Für die Vertretung des Vereins ist eine Eintragung der Stellung im Vorstand in diesem Fall nicht erforderlich. Gleichwohl sollte sie als „zweckmäßig“ zugelassen werden.1 Mit Nennung der Ämter im Vorstand wird nachvollziehbar, ob und wieweit der Vorstand vollständig gebildet ist. Die Angabe, wer z.B. „Schriftführer“ ist, kann ohne Bedeutung für sein Vertretungsrecht, aber sehr wohl wichtig für die Entscheidung über eine ordnungsgemäße Beschlussniederschrift sein. Das ist zu unterscheiden von einer (unzulässigen) Eintragung der Verteilung der Geschäfte (Arbeitsgebiete) unter den Vorstandsmitgliedern. Die Angabe des wahrgenommenen Vorstandsamtes im Register entspricht wohl nach wie vor verbreiteter Praxis und der Verkehrsanschauung;2 Anhalt dafür, dass die VRVabweichende Bestimmung treffen wollte, gibt es nicht.
1 A.A. Krafka, Rz. 2164. 2 A.A. Schäfer, RNotZ 2005, 481 ff.
738 | Stöber/Otto
1. Erstanmeldung und -eintragung des Vereins | Rz. 1562 XXV.
Die Stellung als „Stellvertreter“ von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft (§ 94 AktG) oder von Geschäftsführern einer Gesellschaft mbH (§ 44 GmbHG) kann in das Handelsregister nicht eingetragen werden.1 Deren Vertretungsbefugnis kann nicht beschränkt werden (§ 82 Abs. 1 mit § 94 AktG sowie § 37 Abs. 2 S. 1 mit § 44 GmbHG). Ist ein „stellvertretender Vorsitzender“ Mitglied des Vereinsvorstands im Sinn des BGB (zur bedingten Vorstandszugehörigkeit Rz. 457 ff.), kann seine „Vertreterstellung“ im Vorstand für die Ausübung der satzungsgemäß geregelten Vertretungsmacht jedoch bedeutsam sein (Rz. 1553).
1557
Angaben zur Satzung sind in Spalte 4 unter Buchstabe a einzutragen (§ 3 S. 3 Nr. 4 Buchst. a VRV). Bei Ersteintragung ist die Rechtsform „Eingetragener Verein“ zu bezeichnen2 und das Datum der Errichtung der Satzung anzugeben (Rz. 1544). Angaben zur Rechtsfähigkeit in Spalte 4 Buchstabe b erlangen bei Ersteintragung noch keine Bedeutung, sind vielmehr erst durch Änderung der Rechtsfähigkeit bedingt.
1558
Eine Satzungsbestimmung über abweichende Regelung der Beschlussfassung des (mehrgliedrigen) Vorstands (§ 28, § 40 BGB) regelt nichts zur Vertretung, sondern allgemein „Rechtsverhältnisse“ des Vereins. Sie ist somit mit den „Angaben zur Satzung“ in Spalte 4 unter Buchstabe a einzutragen (§ 3 S. 3 Nr. 4 Buchst. a VRV).
1559
Als Bemerkungen in Spalte 5b einzutragen sind Verweisungen auf Blattzahlen im Registerakt.
1560
g) Bekanntmachung Die Eintragung wird den Beteiligten bekannt gemacht. S. hierzu Rz. 1491.
1561
Hat der Notar die Eintragung beantragt (§ 378 FamFG), so wird ihm anstelle der Vorstandsmitglieder die Eintragung mitgeteilt. Hat der Notar von seinem Antragsrecht keinen Gebrauch gemacht, sondern sich darauf beschränkt, lediglich als „Bote“ die Anmeldung dem Registergericht weiterzugeben (= vorzulegen), so bleibt die Eintragung den Anmeldenden (nicht auch dem Notar) mitzuteilen. Haben mehrere Vorstandsmitglieder angemeldet, so erhält jeder Beteiligte eine Mitteilung. Die Mitglieder eines mehrgliedrigen Vorstands, die bei der Anmeldung nicht mitgewirkt haben, werden nicht benachrichtigt.
1562
1 BayObLG v. 14.9.2001 – 3Z BR 290/01, MDR 2001, 1365 = NJW-RR 2002, 456 = NotBZ 2001, 424 = Rpfleger 2002, 82 m.N.; BayObLG v. 18.4.2001 – 3Z BR 100/01, MDR 2001, 948 = NJW-RR 2001, 1479 (1480) = Rpfleger 2001, 431 (432). Darauf stützt Krafka, Rz. 2167, die Ansicht, dass Eintragung eines Vermerks über die Stellung als „stellvertretendes Vorstandsmitglied“ zu unterbleiben hat. 2 Angabe auch der Rechtsform war nach vormaligen (landesrechtlichen) Registerverfügungen nicht vorgesehen. Die Änderung erklärt sich (wohl nur) mit der Gestaltung des Registerblatts in Anlehnung an das Blattmuster B des Handelsregisters.
Stöber/Otto | 739
XXV. Rz. 1563 | Ausgewählte Registeranmeldungen und Eintragungen
h) Veröffentlichung 1563
Es erfolgt heute nur noch eine Veröffentlichung in dem von der Landesjustizverwaltung dafür bestimmten elektronischen Informations- und Kommunikationssystem.1 Die insoweit erlassenen Bestimmungen des Landesrechts (Rz. 1428) führen zum gemeinsamen Registerportal der Länder (www.handelsregister.de). Die Veröffentlichung soll unverzüglich erfolgen (§ 14 VRV), ist aber nicht Wirksamkeitserfordernis der Eintragung. Die Veröffentlichung hat Namen und Sitz des Vereins und die Tatsache der Eintragung zu nennen; sie hat die Registernummer anzugeben und Gericht sowie Tag der Eintragung zu bezeichnen (§ 14 VRV). Die Namen der Vorstandsmitglieder und ihre Vertretungsmacht sowie Bestimmungen über die Beschlussfassung des Vorstands werden nicht bekannt gemacht.
1564
Für die Erlangung der Rechtsfähigkeit (sie wird bereits durch Eintragung begründet) haben Bekanntmachung und Veröffentlichung keine Bedeutung. Die Nichtveröffentlichung kann jedoch im Rahmen des § 68 BGB (Rz. 1508) dafür Bedeutung erlangen, ob ein Dritter gutgläubig war. Insofern kann sie auch zu Schadensersatzpflichten (§ 839 BGB) führen.
1565
Muster für die Veröffentlichung: M 56 Veröffentlichung der Eintragung In das Vereinsregister wurde am … eingetragen: VR … Freunde der Grundschule an der Siedlerstraße e.V., Sitz: Nürnberg (…straße Nr. …). Amtsgericht Nürnberg
1566
Mitzuteilen ist die Eintragung des Vereins der (landesrechtlich) zuständigen Verwaltungsbehörde, wenn Anhaltspunkte bestehen, dass es sich um einen Ausländerverein (§ 14 VereinsG, Rz. 242) oder eine organisatorische Einheit eines ausländischen Vereins (§ 15 VereinsG, Rz. 206) handelt (§ 400 FamFG).2 Grund: Die Information über die Gründung einer solchen Vereinigung soll es der Verwaltungsbehörde ermöglichen, die Mitteilungspflichten nach § 19 und § 21 der Verordnung zur Durchführung des VereinsG zu überwachen und erforderlichenfalls durchzusetzen.3 Ermittlungen zur Erfüllung der Mitteilungspflichten müssen nicht angestellt werden.4
1 Neufassung des § 66 BGB durch das Gesetz zur Erleichterung elektronischer Anmeldungen zum Vereinsregister und anderer Vereinsrechtlicher Änderungen v. 24.9.2009 (BGBl. I 3145). 2 Kritisch aus rechtspolitischer Sicht Krafka in MünchKomm/ZPO, 2010, § 400 FamFG Rz. 1. 3 Stellungnahme des Bundesrates zum Regierungsentwurf des Justizmitteilungsgesetzes, BTDrucks. 13/4709, 49. 4 Stellungnahme des Bundesrates zum Regierungsentwurf des Justizmitteilungsgesetzes, BTDrucks. 13/4709, 49.
740 | Stöber/Otto
2. Änderung des Vorstands | Rz. 1569 XXV.
Die Prüfung, ob der Verein tatsächlich Ausländerverein oder organisatorische Einrichtung eines ausländischen Vereins ist, obliegt der Verwaltungsbehörde.
1567
2. Änderung des Vorstands a) Anmeldung der Vorstandsänderung (§ 67 Abs. 1 BGB) Jede Änderung des Vorstands ist von dem Vorstand zur Eintragung in das Vereinsregister anzumelden (§ 67 Abs. 1 S. 1 BGB). Anzumelden ist somit
1568
– die Änderung des gesamten – eingetragenen – Vorstands, oder – die Änderung in nur einem Amt des aus mehreren – nur gesamt- oder alleinvertretungsberechtigten – Personen bestehenden Vorstands. Anzumelden ist demzufolge auch der Übergang eines frei werdenden Vorstandsamtes auf ein anderes Vorstandsmitglied oder die allgemeine satzungsgemäße Verkleinerung des Vorstands durch Wegfall eines Vorstandsmitglieds während der Amtszeit1 (s. Rz. 519). – die Änderung von Namen und Wohnort eines eingetragenen Vorstands,2 – die Änderung des vom eingetragenen Vorstandsmitglied innegehaltenen Vorstandsamts, wenn das bisherige eingetragen war oder wenn (weil davon Vertretungsrechte abhängen) das neue Amt mit einzutragen ist. Bei der Vorstandsänderung sind in der Regel sowohl das Ausscheiden des bisherigen Vorstands wie auch der neue Vorstand anzumelden und einzutragen. Es dürfen aber keine bei Eintragung unrichtige Tatsachen eingetragen werden, so dass in der Konstellation, dass vor Eintragung mehrere Nachfolgen in einem Amt stattgefunden haben, nur das aktuell amtierende Vorstandsmitglied einzutragen ist. Der Amtsantritt zwischenzeitlicher Vorgänger gelangt nicht nachträglich ins Register. Für sie sind aber jeweils Tatsache, Datum und Grund ihres Ausscheidens aus dem Vorstand einzutragen. Anzumeldende und eintragungsfähige Änderung des Vorstands ist nur die Vorstandsänderung, die bereits erfolgt ist. Ausgeschlossen sind daher die Anmeldung3 und Eintragung einer erst in Zukunft liegenden Bestellung, Abberufung oder sonstigen Ände1 LG Frankenthal/Pfalz Rpfleger 1975, 354. 2 Ries/Bauer, Registerrecht, Rz. 7.387; wohl ebenso Reichert/Wagner, Rz. 2/2294 (ausdrücklich nur zum Namen, aber mit Hinweis auf § 3 S. 3 Nr. 3 VRV im Ganzen). Das wird insbesondere bei Wohnortwechsel in der Praxis nicht immer beachtet, gewinnt aber wegen § 20 GwG an Bedeutung (dazu Rz. 1743). Die gesetzlich vorgesehene Form der Anmeldung ist auch zu beachten, wenn es (nur) um eine Namensänderung geht (OLG Düsseldorf v. 26.8.2020 – 3 Wx 134/20). 3 OLG Düsseldorf v. 15.12.1999 – 3 Wx 354/99, GmbHR 2000, 232 = NJW-RR 2000, 702 = Rpfleger 2000, 218 = DNotZ 2000, 529. Nach abweichender Ansicht kann die Anmeldung (des GmbH-Geschäftsführers von diesem) vor (Wirksamkeit) seiner Organbestellung unterzeichnet und vom Notar beglaubigt werden, wenn nur bei Absendung an das Registergericht alle Wirksamkeitsvoraussetzungen vorliegen; hierzu Auer, DNotZ 2000, 498; Böcker, MittRhNotK 2000, 17; Britz, MittRhNotK 2000, 197; Kallrath, DNotZ 2000, 533; Krafka, MittBayNot 2000, 365.
Stöber/Otto | 741
1569
XXV. Rz. 1569 | Ausgewählte Registeranmeldungen und Eintragungen
rung des Vorstands – Rechtsverhältnisse können nicht schon vor dem Zeitpunkt, von dem an sie bestehen sollen, in das Vereinsregister aufgenommen werden (s. auch Rz. 1607). 1570
Die Anmeldung hat die aus dem Vorstand ausscheidenden und die in das Vereinsregister neu einzutragenden Vorstandsmitglieder zu bezeichnen, letztere mit Familiennamen, Vornamen, Wohnort und Geburtsdatum. Mit diesen Angaben sind die Mitglieder des Vorstands in das Vereinsregister einzutragen (§ 3 S. 3 Nr. 3 VRV). Diese Angaben gehören daher notwendig zur Bezeichnung des Vorstands, dessen Änderung nach § 67 Abs. 1 S. 1 BGB anzumelden ist. Wenn auch die Stellung im Vorstand einzutragen ist (Rz. 1553 f.), ist auch diese in der Anmeldung anzugeben. Die aus dem Vorstand ausscheidenden und die neu dem Vorstand angehörenden Personen hat die Anmeldung selbst namentlich (bestimmt) zu bezeichnen;1 sie hat ebenso ggf. auch deren Stellung im Vorstand anzugeben. Als Verfahrensantrag muss die Anmeldung die beantragte Eintragung inhaltlich bestimmt darstellen. Eine bloße Verweisung auf die (in Abschrift) beigefügte Urkunde, mithin nur noch Anmeldung, „dass die aus der beigefügten Urkunde2 ersichtliche Änderung des Vorstands erfolgt ist“, genügt daher nicht. Die Verpflichtung des Registergerichts, die Richtigkeit der angemeldeten Änderung jedenfalls daraufhin zu prüfen, ob sie durch die (in Abschrift) eingereichte Urkunde über die Vorstandsänderung zutreffend ausgewiesen ist, hat nicht zur Folge, dass das Registergericht festzustellen hat, was überhaupt angemeldet (beantragt) sein soll.3 Wenn die Anmeldung die einzutragende Änderung, mithin auch die Änderung der Person des Vorstands, bestimmt bezeichnet, kann sie wegen der näheren Angaben (Wohnort, Geburtsdatum und Stellung im Vorstand, wenn keine Zweifel aufkommen können auch für Vornamen) auch auf die einzureichende Urkunde Bezug nehmen (empfehlenswert ist auch das freilich nicht). Insofern ist die Anmeldung auslegungsfähig. Bei Anmeldung der Änderung des gesamten Vorstands unter Bezeichnung aller neuen Vorstandsmitglieder ist die Anmeldung daher ohne weiteres auch dahin auszulegen, dass alle bisher eingetragenen Mitglieder des Vorstands ausgeschieden sind.4 Ebenso ist die Anmeldung, dass ein mit der Stellung im Vorstand (mit seinem Vorstandsamt, z.B. stellvertretender Vorsitzender) bezeichneter Vertretungsberechtigter neu gewählt wurde, dahin auszulegen, dass das mit dem Vorstandsamt bisher eingetragene Mitglied des Vorstands ausgeschieden ist. Ist nur noch allgemein die Bestellung eines namentlich bezeichneten „weiteren“ Vorstandsmitglieds angemeldet und weist die Versammlungsniederschrift das dafür ausgeschiedene Mitglied des Vorstands „ohne weiteres“ aus, so soll mit Auslegung der Anmeldung auch von der Bezeichnung des ausgeschiedenen Vorstandsmitglieds abgesehen werden können.5 Das er1 A.A. wohl LG Köln MittRhNotK 1981, 241 (zu weitgehend). 2 Sie ist nicht Bestandteil der öffentlich beglaubigten Anmeldung (§ 77 BGB), nimmt somit an deren Richtigkeitsgewähr nicht teil und könnte bei Vorlage der beglaubigten Anmeldung an das Amtsgericht beliebig zugefügt werden. 3 Notwendiger Inhalt der Anmeldung ist damit nicht, wie das LG Köln MittRhNotK 1981, 241 anzunehmen scheint, bloßer Formalismus, sondern selbstverständliches Antragserfordernis. 4 So scheint der vom LG Köln MittRhNotK 1981, 241 entschiedene Fall gelegen zu haben. 5 LG Duisburg MittRhNotK 1998, 290.
742 | Stöber/Otto
2. Änderung des Vorstands | Rz. 1573 XXV.
scheint jedoch bedenklich, weil das Ausscheiden als Änderung des Vorstands anzumelden ist und die Anmeldung inhaltlich bestimmt und aus sich heraus verständlich zu sein hat. Eine Anmeldung ist selbstverständlich nur bei Änderung des im Vereinsregister eingetragenen Vorstands i.S.d. § 26 BGB, nicht bei Änderung des internen sog. erweiterten Vorstands (Gesamtvorstand) notwendig und möglich. Gerichtlich bestellte Vorstandsmitglieder (Rz. 634 ff.) werden von Amts wegen eingetragen (§ 67 Abs. 2 BGB). Enden mit Wegfall des Hinderungsgrundes die Befugnisse eines gerichtlich bestellten Vorstands (Rz. 654), dann ist er im Register von Amts wegen zu löschen.1 Dass sein Vorstandsamt mit gültiger Wahl (satzungsmäßiger Neubestellung) eines Vorstands beendet ist, braucht bei Anmeldung der Neubestellung des Gewählten daher nicht (im registertechnischen Sinn) mit angemeldet werden.2
1571
Die Anmeldung erfolgt mittels öffentlich beglaubigter Erklärung (§ 77 BGB Rz. 1451).3 Anzumelden hat der Vorstand (auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, vgl. Rz. 1673) in vertretungsberechtigter Zahl (Rz. 1440 ff.). Zur Anmeldung verpflichtet (und berechtigt) ist der Vorstand, der im Zeitpunkt der Anmeldung im Amt ist. Nach Änderung des Vorstands kann also nur der Vorstand in seiner neuen Zusammensetzung anmelden, nicht der noch eingetragene bisherige Vorstand. Ein Vorstand oder ein Mitglied des (mehrgliedrigen) Vorstands, der oder das (bereits) abberufen ist oder sein Amt schon vor der Anmeldung niedergelegt hat, kann sein Ausscheiden als Vorstand (die Änderung nach § 67 Abs. 1 S. 1 BGB) daher nicht mehr anmelden.4 Der bisherige Vorstand kann auch nicht (isoliert) nur seine eigene Löschung erreichen. Er kann beim Registergericht nur Einleitung eines Zwangsgeldverfahrens (§ 78 BGB) gegen den neuen Vorstand zur Herbeiführung der Anmeldung anregen.
1572
Die Satzung kann ausnahmsweise vorsehen, dass das Amt erst mit eigener Löschung (und/oder Eintragung des Nachfolgers) endet. In diesem Sonderfall sollten alter und (mit der juristischen Sekunde der Eintragung) neuer Vorstand vorsorglich stets gemeinsam anmelden, ansonsten kommt es ganz auf die exakte Regelung der Satzung zum Zeitpunkt des Amtswechsels an.5 Weil das Registergericht nicht richtiger Adres-
1573
1 2 3 4
BayObLG 1988, 170 (177). BayObLG 1988, 170 (177). OLG Düsseldorf v. 26.8.2020 – 3 Wx 134/20. Allg. Ansicht; vgl. BayObLG v. 10.7.1981 – BReg 1 Z 44/81, GmbHR 1982, 214 = Rpfleger 1981, 406; OLG Frankfurt v. 31.5.1983 – 20 W 120/83, DNotZ 1983, 771 = OLGZ 1983, 385 = Rpfleger 1983, 404 und OLG Hamm v. 21.6.1988 – 15 W 81/88, GmbHR 1989, 35 = OLGZ 1988, 411 (413). A.A. nur LG Berlin v. 22.7.1992 – 98 T 25/92, Rpfleger 1993, 202 und LG Berlin, GmbHR 1998, 183 = MittRhNotK 1998, 288 (für GmbH-Geschäftsführer). Diesem zustimmend Commichau, MittBayNot 1996, 17. Beiläufig unter Hinweis auf Commichau auch BGH v. 21.11.2002 – V ZB 29/02, MDR 2003, 355 = MittBayNot 2003, 235 = NJW-RR 2003, 1149 (1151 li. Sp.) = NotBZ 2003, 62 mit Anm. Lappe = RNotZ 2003, 147 = Rpfleger 2003, 266 mit Anm. Waldner. 5 Vgl. etwa BayObLG v. 10.7.1981 – BReg 1 Z 44/81, Rpfleger 1981, 406; OLG Frankfurt v. 31.5.1983 – 20 W 120/83, DNotZ 1983, 771 = OLGZ 1983, 385 = Rpfleger 1983, 404 und
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XXV. Rz. 1573 | Ausgewählte Registeranmeldungen und Eintragungen
sat einer Rücktrittserklärung ist und die Rücktrittserklärung dem Verein gegenüber nicht von einer in der Willkür des Erklärenden selbst liegenden Bedingung abhängig gemacht sein darf, kann der Vorstand nicht in der Weise Niederlegung des Amtes erklären, dass diese erst mit der von ihm selbst angemeldeten Anmeldung seines Ausscheidens aus dem Vorstand wirksam sein soll.1 1574
Der Anmeldung ist eine Abschrift der Urkunde über die Änderung beizufügen (§ 67 Abs. 1 S. 2 BGB). In der Regel ist das die Versammlungsniederschrift über die Vorstandswahl; sie weist zugleich die Beendigung des Amtes des ausgeschiedenen Vorstands (Vorstandsmitglieds) aus. Wenn die Niederschrift über eine Wahl das betreffende Vereinsamt nach den Begriffen der Satzung unrichtig bezeichnet, das Gemeinte aber unzweideutig ist, ist dies unschädlich.2 Die Abschrift braucht nicht beglaubigt zu sein. Wenn die Wahl des Vorstands in der Satzung einem besonderen Vereinsorgan (z.B. einem Kuratorium) übertragen ist, ist der Anmeldung auch die Urkunde über die Bestellung dieses Vereinsorgans in Abschrift beizufügen.3 Ist eine Versammlungsniederschrift umfangreich, so genügt Vorlage einer auszugsweisen Abschrift, die wenigstens die in Rz. 1072 dargestellten notwendigen Teile der Niederschrift enthalten und ersehen lassen muss, von wem die Urschrift der Niederschrift unterschrieben ist. Die Teile der Niederschrift, die den Versammlungsverlauf zu den nicht die Vorstandswahl betreffenden Tagesordnungspunkten betreffen, brauchen in die Abschrift nicht aufgenommen werden. Haben die Vereinsmitglieder ohne Versammlung schriftlich Beschluss gefasst (Rz. 784), dann bilden die Zustimmungserklärungen aller Mitglieder die „Urkunde über die Änderung“; Abschriften dieser Erklärungen sind somit der Anmeldung beizufügen. Bei Ernennung des Vorstands durch einen Dritten ist beizufügende Urkunde das Schriftstück, in dem die Ernennung ausgesprochen ist. Der Vorstand kraft Amtes (Rz. 493) hat eine Abschrift der sein Amt ausweisenden Urkunde einzureichen. Vorlage dieser Urkunde erübrigt sich, wenn die Berufung in das Amt offenkundig ist.
1575
Die Annahme der Wahl (Bestellung) durch ein neu angemeldetes Vorstandsmitglied (dazu Rz. 487) ist noch gesondert nachzuweisen, wenn sie sich nicht bereits aus der vorgelegten Versammlungsniederschrift ergibt und auch nicht schon durch MitwirGmbHR 1993, 738 = OLG Frankfurt v. 16.6.1993 – 20 W 178/93, NJW-RR 1994, 105; OLG Hamm v. 21.6.1988 – 15 W 81/88, OLGZ 1988, 411 (413), LG München I MittBayNot 1980, 81; LG Frankenthal v. 23.4.1996 – 1 HK T 1/96, GmbHR 1996, 939 (940) = Rpfleger 1996, 411 (412) (je für GmbH-Geschäftsführer). 1 Vgl. Gröger, Rpfleger 1976, 285 (für GmbH-Geschäftsführer). Das OLG Frankfurt v. 19.3.2015 – 20 W 327/14, juris – Rz. 37 – hält bei einer derart bedingten Amtsniederlegung hingegen die Anmeldung durch den Zurücktretenden selbst für unzulässig, erwartet dann aber eine Bestätigungserklärung des zuständigen Vereinsorgans über den Zugang der Rücktrittserklärung. Anders auch das Muster von Baumann/Sikora, Hand- und Formularbuch des Vereinsrechts, § 8 Rz. 144, wo eine auf die Eintragung im Register erklärte Rücktrittserklärung empfohlen wird. Richtig hingegen Reichert/Wagner, Kap. 2/2264: Aufschiebend befristeter Rücktritt möglich. 2 Pfälz. OLG v. 4.3.2013 – 3 W 149/12, Rpfleger 2013, 537. 3 BayObLG v. 20.1.1984 – BReg 2 Z 4/84, DNotZ 1984, 485 = MDR 1984, 489 = Rpfleger 1984, 150; Ries/Bauer, Registerrecht, Rz. 7.405.
744 | Stöber/Otto
2. Änderung des Vorstands | Rz. 1577 XXV.
kung des neuen Vorstandsmitglieds bei der Anmeldung belegt ist.1 Auch hierfür genügt Vorlage einer „Abschrift der Urkunde über die Änderung“ (§ 67 Abs. 1 S. 2 BGB), somit insbesondere Nachweis durch schriftliche Erklärung des neuen Vorstandsmitglieds. Wird (nur) angemeldet, dass ein Mitglied des (mehrgliedrigen) Vorstands ausgeschieden ist, nicht aber auch, dass an seine Stelle eine andere Person in den Vorstand eingetreten ist, so ist der Anmeldung die Urkunde über die Amtsbeendigung beizufügen, so z.B. die Sterbeurkunde (deren Vorlage erübrigt sich, wenn der Sterbefall offenkundig ist) oder die Niederschrift mit dem Versammlungsbeschluss über die Abberufung des Vorstandsmitglieds. Bei Amtsniederlegung ist (beizufügende) Urkunde über die Änderung die Niederschrift über die Mitgliederversammlung, in der die Amtsniederlegung beurkundet ist, oder die schriftliche Erklärung über die Amtsniederlegung (Rz. 511 ff.). Eine Urkunde darüber, dass die schriftliche Erklärung dem zuständigen Vereinsorgan zugegangen ist, ist darüber hinaus nicht gesondert einzureichen; diese Tatsache ergibt sich bereits daraus, dass sich die Urkunde im Besitz des Vorstands befindet. Ist die Amtsniederlegung nur mündlich zum Ausdruck gebracht, eine Urkunde somit nicht vorhanden, muss stattdessen gefordert werden, dass die Wirksamkeit der Amtsniederlegung in der Anmeldung durch Tatsachenvortrag (Zeit der Erklärung, Erklärungsempfänger) oder besser ein schriftliches Protokoll des Organs, das die Niederlegungserklärung entgegengenommen hat, schlüssig dargelegt wird.2
1576
Die „erneute Bestellung eines Vorstandsmitglieds“, also die Wiederwahl oder Wiederernennung nach Ablauf der Amtszeit, ist nicht anzumelden.3 Die Neubestellung eines Vorstandsmitglieds bei Ablauf seiner nach der Satzung befristeten Amtszeit (Rz. 494 ff.) ist jedoch zu den Vereinsakten des Registergerichts formlos mitzuteilen (Anzeige durch einfaches Schreiben oder durch Übersendung einer – unbeglaubigten – Abschrift der Niederschrift über die Wahlversammlung). Diese Anzeige ermöglicht dem Registergericht die nach Amtszeitablauf notwendige, von Amts wegen (§ 26 FamFG) vorzunehmende Prüfung, ob eine erneute Bestellung des Vorstandes stattgefunden hat oder die Anmeldung eines neu bestellten Vorstands herbeizuführen ist.4 Bleibt dem Registergericht die Wiederwahl eines Vorstands unbekannt, so kann es unter Umständen die Amtslöschung des eingetragenen Vorstands herbeiführen.5 Dadurch können dem Verein Unannehmlichkeiten, Nachteile und Kosten erwachsen.
1577
1 KG v. 7.9.2010 – 1 W 198/10, juris; BayObLG 1981, 270 (277). 2 OLG Frankfurt v. 19.3.2015 – 20 W 327/14, juris – Rz. 36, Rz. 38 – verlangt weitergehend eine schriftliche Bestätigung des Zurückgetretenen jedenfalls dann, wenn diese ohne besondere Schwierigkeit zu erhalten ist. 3 A.A. die Rechtslage bis zur Änderung des § 67 BGB durch das VereinsG v. 5.8.1964 (BGBl. I, 593). 4 Stöber, Rpfleger 1967, 346. 5 Stöber, Rpfleger 1967, 346; a.A.: Dem Verein ist von Amts wegen ein Notvorstand zu bestellen, der das Ausscheiden der eingetragenen Vorstandsmitglieder anmelden kann. Für ein Amtslöschungsverfahren besteht daher kein Rechtsschutzbedürfnis; BayObLG v. 15.12.1988 – BReg 3 Z 150/88, NJW-RR 1989, 765.
Stöber/Otto | 745
XXV. Rz. 1578 | Ausgewählte Registeranmeldungen und Eintragungen
1578
M 57 Anmeldung Vorstandsänderung (Gesamtvorstand) An das Amtsgericht Nürnberg Betr.:
Freunde der Grundschule an der Siedlerstraße e.V. VR …; hier: Vorstandsänderung
Zur Eintragung in das Vereinsregister melden wir an: In der Mitgliederversammlung vom 1.6.2019 wurde der Vorstand (§ 26 BGB) wie folgt neu gewählt: Erster Vorsitzender: Lacher, Sammy, geb. am 21.2.1980, wohnh. in Nürnberg, …straße Nr. … Stellv. Vorsitzender: Burkert, Michi, geb. am 2.10.1972, wohnh. in Nürnberg, …straße Nr. … Max Müller und Karl Rauch sind damit aus dem Vorstand ausgeschieden. Wir versichern, dass die Versammlung satzungsgemäß unter Angabe der Tagesordnung einberufen wurde und beschlussfähig war und dass die gefassten Beschlüsse ordnungsgemäß zustande gekommen sind. Die Vereinsanschrift hat sich geändert; sie lautet nun …1 Abschrift der Versammlungsniederschrift vom 1.6.2019 ist beigefügt. Sammy Lacher
Michi Burkert
[Unterschriftsbeglaubigung durch einen Notar]
1579
M 58 Anmeldung Vorstandsänderung (nur ein Mitglied) An das Amtsgericht Nürnberg Betr.:
Freunde der Grundschule an der Siedlerstraße e.V. VR …; hier: Vorstandsänderung
1 Mitteilung der ladungsfähigen Vereinsanschrift, die Erreichbarkeit des Vereins gewährleistet, sieht § 15 VRV vor.
746 | Stöber/Otto
2. Änderung des Vorstands | Rz. 1582 XXV.
Zur Eintragung in das Vereinsregister melden wir an: In der Mitgliederversammlung vom 1.6.2019 wurde in den Vorstand zum ersten Vorsitzenden des Vereins neu gewählt Stradtner, Doris geb. am 15.9.1968, wohnh. in Nürnberg, …straße … Der bisherige erste Vorsitzende Max Müller, Kaufmann in Nürnberg, ist damit aus dem Vorstand ausgeschieden. Wir versichern, dass die Versammlung ordnungsgemäß unter Angabe der Tagesordnung einberufen wurde und beschlussfähig war und dass der gefasste Beschluss ordnungsgemäß zustande gekommen ist. Abschrift der Versammlungsniederschrift vom 1.6.2019 ist beigefügt. Der stellv. Vorsitzende Karl Rauch wurde für zwei Jahre wieder gewählt.
b) Die Eintragung Die Eintragung erfolgt nur auf Anmeldung (§ 67 Abs. 1 BGB). Zur Herbeiführung der Anmeldung im Zwangsgeldverfahren s. Rz. 1680. Die Änderungen des Vorstands werden eingetragen durch
1580
– Eintragung der neuen Vorstandsmitglieder unter einer neuen laufenden Nummer in Spalte 3 unter Buchstabe b unter (kurzer) Angabe des Änderungsgrundes (§ 3 S. 3 Nr. 3 VRV), – Rötung der Eintragung des (der) ausgeschiedenen Mitglieds (Mitglieder) des Vorstands in Spalte 3 unter Buchstabe b und des Vermerks über die Löschung (§ 11 Abs. 1 VRV). Die Eintragung der Änderung des Vorstands wird dem Antragsteller und dem Verein bekannt gemacht (§§ 383 Abs. 1, 7 Abs. 1, Abs. 2 FamFG). Sie wird nicht veröffentlicht. Beispiel für Registereintragung s. Rz. 1647.
1581
Die Bestellung eines Vorstands oder eines Mitglieds des mehrgliedrigen Vorstands (ebenso jede andere Vorstandsbestellung) ist zur Eintragung nicht mehr anzumelden und in das Vereinsregister nicht mehr einzutragen, wenn bereits Widerruf der Bestellung erfolgt oder die Amtszeit abgelaufen1 ist oder das Vorstandsamt sonst geendet hat. Frühere Rechtsverhältnisse des Vereins können nicht mehr nachträglich in das Vereinsregister aufgenommen werden. Der mit negativer Publizität begründete Verkehrsschutz (§ 68 BGB; Rz. 1508) erfordert jedoch auch in diesen Fällen die Eintragung des Ausscheidens dieses Vorstandsmitglieds.2
1582
1 BayObLG (v. 10.10.1985, mitgeteilt) Rpfleger 1986, 295; Schwennicke in Staudinger, § 67 Rz. 7; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 259; a.A. Hadding in Soergel, Rz. 4 zu § 67. 2 Schwennicke in Staudinger, § 67 Rz. 7; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 259.
Stöber/Otto | 747
XXV. Rz. 1582 | Ausgewählte Registeranmeldungen und Eintragungen Eintragungsbeispiel: Aus dem Vorstand ausgeschieden ist (der im Vereinsregister nicht eingetragene) Keller Konrad, geb. am …, wohnh. in Karlsruhe.
1583
Ist noch ein Vorstand (Mitglied des Vorstands) eingetragen, dessen Amt schon früher mit Bestellung des bereits wieder aus dem Amt ausgeschiedenen nicht eingetragenen Vorstands (Mitglied des Vorstands) erloschen ist, dann ist auch diese Änderung des Vorstands anmelde- und eintragungspflichtig (§ 67 Abs. 1 BGB). Eintragungsbeispiel: Aus dem Vorstand ausgeschieden sind Kohler Karl und (der im Vereinsregister nicht eingetragene) Keller Konrad, geb. am …, wohnh. in Karlsruhe.
1584
Ein Datum der Amtsbeendigung wird (wie auch sonst bei Eintragung einer Änderung des Vorstands) nicht eingetragen.
1585
Das Registergericht prüft die ordnungsgemäße Wahl (zu ihr Rz. 1482 ff.).1 Es erlässt eine Zwischenverfügung (oder auch formlose Beanstandung) bei nicht ordnungsgemäßer Anmeldung, oder wenn der Eintragung sonst ein Hindernis entgegensteht (Rz. 1265). Wenn das Hindernis nicht behoben wird, ist die Eintragung (unter Bezeichnung der Gründe) abzulehnen. Rechtsbehelf gegen die Zwischenverfügung und auch gegen die zurückweisende Verfügung: Beschwerde (Rz. 1500 ff.). Die Beschwerde steht dem Verein als Antragsteller und dem Mitglied des Vorstands zu, das sich zur Eintragung in das Vereinsregister angemeldet hat.2
1586
Bis 14.12.2001 wurde die gesetzliche Vertretungsmacht nicht im Register eingetragen (Rz. 1547).3 Das Registergericht kann nicht verlangen, dass eine bisher nicht eingetragene gesetzliche Vertretungsregelung nun noch zur Eintragung in das Vereinsregister angemeldet wird. Anmeldung und Eintragung der gesetzlichen Vertretungsregelung erfolgen, sobald die Satzungsbestimmung über die bisher eingetragene (abweichende) Vertretungsregelung in die gesetzliche Vertretungsregelung abgeändert wird oder wenn – neu – Liquidatoren bestellt sind (§ 76 Abs. 2 S. 2 BGB). Im Übrigen kann und hat Eintragung der gesetzlichen Vertretungsregelung in den Altfällen durch das Registergericht von Amts wegen (Art. 52 S. 2 EGHGB, entspr. Anwendung) zu erfolgen4, sobald das Registergericht – z.B. aus Anlass anderweitiger Eintragungen – von der fehlenden Eintragung Kenntnis erhält. Eine (ausdrückliche) Anmeldung ist in diesen Fällen als Anregung zur Amtseintragung zu werten. Das Vereinsregister ist vom Registergericht nicht daraufhin durchzusehen, ob stets auch die gesetzliche Vertretungsregelung eingetragen ist. Soweit im Register auch heute noch keine Vertretungsregelung eingetragen ist, ist auf die jeweilige gesetzliche Regel abzustellen. Seit 30.9.2009 gilt für solche Vereine also die Vertretung nach § 26 BGB n.F. (Mehrheits1 OLG Dresden v. 14.9.2016 – 17 W 877/16, ZStV 2018, 62. 2 BayObLG v. 10.11.1999 – 3Z BR 253/99, GmbHR 2000, 87 = NJW-RR 2000, 414 (für GmbH-Geschäftsführer). 3 Änderung des § 64 BGB durch das Gesetz über elektronische Register und Justizkosten für Telekommunikation v. 10.12.2001, BGBl. I 3422. 4 Krafka, Rz. 2170.
748 | Stöber/Otto
3. Satzungsänderungen (§ 71 BGB) | Rz. 1588 XXV.
prinzip) als eingetragen. Ergibt sich aus einem Abgleich mit der im Register eingetragenen Satzung, dass dies nicht der Vereinsverfassung entspricht, kann von Amts wegen keine Eintragung zur Vertretung erfolgen, es ist vielmehr der Vorstand zur Anmeldung anzuhalten.
3. Satzungsänderungen (§ 71 BGB) a) Anmeldung der Satzungsänderung Jede Satzungsänderung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Eintragung in das Vereinsregister (§ 71 Abs. 1 S. 1 BGB). Die Änderung ist vom Vorstand zur Eintragung anzumelden. Die Anmeldung hat als Eintragungsantrag die geänderten Satzungsbestimmungen zu bezeichnen, der geänderte Wortlaut (Inhalt) braucht nicht dargestellt werden. Es genügt mithin Anmeldung unter Benennung (schlagwortartiger Kennzeichnung)1 der geänderten Bestimmungen und Bezugnahme auf das beigefügte Protokoll über den Änderungsbeschluss. Anmeldung lediglich der „aus dem angefügten Versammlungsbeschluss (Beschlussprotokoll) ersichtlichen Änderungen“, die es dem Amtsgericht überlässt, die geänderten Satzungsbestimmungen selbst festzustellen, ist aber unzureichend.2 § 3 Nr. 4a VRV verlangt für die Eintragung die Bezeichnung des geänderten Satzungsteils auch dann, wenn es nicht um nach § 64 BGB eintragungspflichtige Umstände geht. Die Eintragung aber folgt dem Antrag.3
1587
Wenn die Änderung Angaben betrifft, die nach § 64 BGB als solche in das Vereinsregister einzutragen sind (vgl. Rz. 1603), sind die geänderten Satzungsbestandteile in der Anmeldung schlagwortartig auch inhaltlich4 hervorzuheben (zu bezeichnen5). Es genügt dann nicht, dass bei der Anmeldung lediglich die Tatsache der Änderung dargelegt wird.6 Im Wortlaut muss die Änderung auch in diesem Fall nicht in der Anmeldung enthalten sein.7
1588
1 Zu großzügig (nur bei eintragungspflichtigen Umständen i.S.d. §§ 71 Abs. 2, 64 BGB) OLG Nürnberg v. 15.8.2012 – 12 W 1474/12, NotBZ 2012, 477; OLG Nürnberg v. 26.9.2014 – 12 W 2015/14, MDR 2014, 1400. 2 LG Düsseldorf MittRhNotK 1981, 173. 3 Anders OLG Nürnberg v. 15.8.2012 – 12 W 1474/12, NotBZ 2012, 477; OLG Nürnberg v. 26.9.2014 – 12 W 2015/14, MDR 2014, 1400. 4 Großzügiger auch insoweit OLG Nürnberg v. 26.9.2014 – 12 W 2015/14, MDR 2014, 1400: Bezeichnung des geänderten Satzungsparagraphen nach Ziffer und Überschrift genügt. 5 BGH v. 16.2.1987 – II ZB 12/86, AG 1988, 74 = DNotZ 1988, 182 = GmbHR 1987, 423 = MDR 1988, 121 = MittBayNot 1987, 259 = MittRhNotK 1987, 264 = NJW 1987, 3191 (für GmbH); OLG Frankfurt v. 23.7.2003 – 20 W 46/03, GmbHR 2003, 1273 = Rpfleger 2003, 667 (für GmbH); Krafka, Rz. 2187. 6 OLG Düsseldorf DNotZ 1978, 564 = GmbHR 1979, 155 = OLGZ 1978, 313 = Rpfleger 1978, 253 (für GmbH) sowie MittRhNotK 1981, 172 (für GmbH); LG Düsseldorf MittRhNotK 1981, 173 (für Verein); a.A. OLG Nürnberg v. 26.9.2014 – 12 W 2015/14, MDR 2014, 1400. 7 OLG Düsseldorf v. 17.7.1992 – 3 Wx 242/92, GmbHR 1993, 169 = MittRhNotK 1992, 223.
Stöber/Otto | 749
XXV. Rz. 1589 | Ausgewählte Registeranmeldungen und Eintragungen 1589
Auch bei Neufassung der Satzung (Rz. 1606) hat die Anmeldung die Abänderung des nach § 64 BGB in das Vereinsregister einzutragenden Satzungsinhalts konkret schlagwortartig zu bezeichnen.1 Als Bezeichnung der sonstigen geänderten Satzungsbestimmungen genügt die Anmeldung, dass die Satzung nach der beigefügten Abschrift des Änderungsbeschlusses (der beigefügten neuen Satzung) vollständig neu gefasst ist.
1590
Die Anmeldung erfolgt mittels öffentlich beglaubigter Erklärung (§ 77 BGB; Rz. 1451).
1591
Anzumelden hat der Vorstand in vertretungsberechtigter Zahl (Rz. 1441). Zur Anmeldung verpflichtet (und berechtigt) ist der Vorstand, der nach der bei Anmeldung wirksamen Satzung im Amt ist. Die Änderung der Satzungsbestimmung über den Vorstand hat somit der nach Maßgabe der (noch) eingetragenen Satzung gebildete Vorstand anzumelden. Ist durch Beschluss der Mitgliederversammlung die Satzungsbestimmung über die Zusammensetzung (= Bildung) des Vorstands geändert und anschließend bereits der nach der geänderten Satzung zu bestellende Vorstand neu gewählt worden (Rz. 1104), so kann die Anmeldung nur durch Vorstandsmitglieder erfolgen, die bereits nach der alten – eingetragenen – Satzung zum Vorstand gehören2 und nach der alten Satzung ordnungsgemäß in den Vorstand gewählt sind.3 Ein neuer Vorstand kann die Satzungsänderung daher nur dann zur Eintragung anmelden, wenn er in ordnungsgemäßer Weise nach den Vorschriften der alten Satzung in den Vorstand gewählt ist.4 Die nach der geänderten Satzung neu in den Vorstand aufgenommenen oder zum Vorstand bestellten Personen können bei der Anmeldung noch nicht mitwirken. Ist ein Vorstand in der durch die noch eingetragene Satzung maßgeblichen Zusammensetzung nicht mehr im Amt, so kann dem Verein für die Anmeldung ein Vorstand gerichtlich bestellt werden.5 Beispiel: Der mehrgliedrige Vereinsvorstand (kraft Satzung gemeinschaftlich vertretungsbefugt) besteht aus 3 Personen, nämlich dem 1. Vorsitzenden, dem stellvertr. Vorsitzenden und einem zweiten Stellvertreter. Der Verein ändert die Satzung dahin, dass der Vorstand künftig nur noch aus 2 Personen, nämlich dem 1. und 2. Vorsitzenden besteht. Ein drittes Vorstandsmitglied wurde für den ausgeschiedenen bisherigen Amtsinhaber nicht mehr gewählt. Die Anmeldung kann nach Satzungslage nur durch den bisherigen dreiköpfigen Vorstand erfolgen. Für den fehlenden 3. Vorsitzenden muss dem Verein zur Mitwirkung bei der Anmeldung ein Vorstandsmitglied gerichtlich bestellt werden.
1 BayObLG v. 22.2.1985 – BReg 3 Z 16/85, DNotZ 1986, 52 mit abl. Anm. Hoffmann = GmbHR 1985, 262 = MittBayNot 1985, 84 = MittRhNotK 1985, 107 = Rpfleger 1985, 241; OLG Hamm v. 12.7.2001 – 15 W 136/01, GmbHR 2002, 64 = NJW-RR 2002, 37 = RNotZ 2002, 55 für GmbH; s. auch Schl.-Holst. OLG DNotZ 1973, 482: Die geänderten Bestimmungen sind einzeln zu bezeichnen; für die nach § 10 GmbHG einzutragenden Angaben ist der Inhalt der Änderungen anzugeben. 2 OLG Bremen NJW 1955, 1925; LG Münster JW 1937, 3180. 3 LG Münster JW 1937, 3180. 4 LG Münster JW 1937, 3180. 5 OLG Bremen NJW 1955, 1925; Eichler, Rpfleger 2004, 196 (197).
750 | Stöber/Otto
3. Satzungsänderungen (§ 71 BGB) | Rz. 1593 XXV.
b) Beizufügende Dokumente Der Anmeldung ist der die Änderung enthaltende Beschluss in Abschrift (ab Zulassung durch das Landesrecht – Rz. 1428 – auch als elektronisches Dokument) beizufügen (§ 71 Abs. 1 S. 3 BGB). In Vorbereitung des elektronischen Rechtsverkehrs wird seit 30.9.2009 auf Einreichung einer Urschrift verzichtet (vgl. Rz. 1527).1 Wenn die Satzung Beschlussfassung über die Satzungsänderung in einer Versammlung und Bestätigung in einer späteren Versammlung (zwingend) vorschreibt, müssen die beiden Beschlüsse vorgelegt werden.2 Haben die Mitglieder ohne Versammlung schriftlich Beschluss gefasst (Rz. 783), dann sind Änderungsbeschluss die Zustimmungserklärungen aller Mitglieder; diese sind daher der Anmeldung nach § 71 Abs. 1 S. 3 BGB abschriftlich beizufügen.
1592
Der Beschluss muss „die Änderung enthalten“ (§ 71 Abs. 1 S 3 BGB). Er muss daher so klar gefasst sein, dass er über den neuen Text der Satzung keinen Interpretationsspielraum zulässt. Weder der Anmeldetext noch die Beschlussniederschrift müssen den Wortlaut der Bestimmungen enthalten, wie sie neu gelten soll.3
1593
Beispiel:4 § 9 Abs. 1 der Satzung lautet: „Die Einladung zur Mitgliederversammlung erfolgt durch fristgerechte Veröffentlichung in der X-Zeitung und in der Y-Zeitung.“ Die Zeitung „X“ soll nach dem Willen der Mitgliederversammlung herausgenommen werden, da sie nicht mehr im gesamten Vereinsgebiet erscheint. Hier kann die Anmeldung wie folgt gefasst sein: „Die Mitgliederversammlung hat eine Änderung von § 9 der Satzung (Ladung zur Mitgliederversammlung) beschlossen, die hiermit zur Eintragung angemeldet wird. Beigefügt ist hierüber auszugsweise Abschrift des Protokolls der Sitzung vom 28.2.2011. Es wird versichert, dass die Versammlung ordnungsgemäß geladen war und der Beschluss ordnungsgemäß zustande gekommen ist.“ Als Text in der (beizufügenden) Beschlussniederschrift genügt dann [nach Angaben zu Ort und Zeit der Versammlung, möglichst auch Feststellungen des Versammlungsleiters zur ordnungsgemäßen Einberufung]: „In § 9 Abs. 1 wird die „X-Zeitung“ gestrichen.“ Genauso möglich: „§ 9 wird im ersten Absatz vollständig neu gefasst und lautet künftig: Die Einladung zur Mitgliederversammlung erfolgt durch fristgerechte Veröffentlichung in der YZeitung. Unzureichend wäre als Beschlussniederschrift: „Die Mitgliederversammlung hält die Ladung in einer Zeitung mit zu geringem Verbreitungsgrad für falsch und beschließt deshalb, die Satzung entsprechend zu ändern.“
1 Gesetz zur Erleichterung elektronischer Anmeldungen zum Vereinsregister und anderer Vereinsrechtlicher Änderungen v. 24.9.2009 (BGBl. I 3145). 2 BayObLG v. 19.10.1988 – BReg 1a Z 24/88, Rpfleger 1989, 97. 3 OLG Hamm v. 16.11.2010 – 15 W 214/10, juris. 4 Angelehnt an OLG Hamm v. 16.11.2010 – 15 W 214/10, juris.
Stöber/Otto | 751
XXV. Rz. 1594 | Ausgewählte Registeranmeldungen und Eintragungen 1594
Die genau textliche Fassung der geänderten Satzung ergibt sich aus dem vom Verein mit einzureichenden Satzungsexemplar (§ 71 Abs. 1 BGB). Dabei darf der Ersteller des Satzungstextes nicht über den Beschluss hinausgehen oder ihn interpretieren. Eine Konkretisierung des von dem satzungsändernden Organ entschiedenen Beschlusswortlauts durch ein anderes Organ kommt nur dann in Betracht, wenn es zu einer redaktionellen Fassung ausnahmsweise ermächtigt wurde.
1595
Änderungsbeschluss (Versammlungsniederschrift) und Anmeldung können auch in einer (öffentlich beglaubigten oder notariellen) Urkunde zusammengefasst werden.1 Ein Auszug aus der Beschlussniederschrift genügt, wenn wahrheitsgemäß versichert werden kann, dass zur betreffenden Anmeldung nichts weiter im Protokoll enthalten ist.
1596
Als Lesehilfe konnte das Registergericht unter bestimmten Voraussetzungen schon immer einen fortlaufend lesbaren Text der Satzung einfordern.2 Seit der Neufassung des § 71 Abs. 1 BGB ist die Beifügung einer Textfassung der Satzung regelmäßig gefordert. Sie hat den vollständigen Wortlaut der Satzung wiederzugeben, wie sie nach Eintragung der angemeldeten und aller früher schon eingetragenen Änderungen gelten soll. Anders als nach dem früheren § 9 Abs. 4 VRV brauchen die Änderungen nicht optisch hervorgehoben sein.3
1597
Nach der Gesetzesbegründung soll der Satzungstext aus zwei Gründen eingereicht werden:4 zum einen sei dem Gericht die Prüfung der Anmeldung von Satzungsänderungen zu erleichtern; zum anderen soll ein das Register einsehender Dritter sich den geltenden Satzungstext nicht mehr mühsam aus den angemeldeten Änderungsbeschlüssen herleiten müssen. Dies spricht dafür, dass die nach neuem Recht einzureichende Satzung nicht bloß eine für den gerichtlichen Geschäftsgang hilfreiche Arbeitsunterlage ist (so die frühere „Lesefassung“ nach VRV), sondern für Gericht und Einsichtnehmende eine verlässliche Grundlage sein soll.5 Diese Funktion kann der eingereichte Text aber nicht ohne weiteres erfüllen, denn bei etwaigen Fehlern ist auf ihn kein Verlass.6 Es sei denn, das Gericht hat eine Prüfungspflicht. Eine Gewährleistungserklärung der Anmeldenden7 oder der einzelnen Vorstandsmitglieder kann vom Registergericht jedenfalls nicht verlangt werden und hätte auch keine stärkere
1 BayObLG v. 27.7.1993 – 3Z BR 126/93, GmbHR 1994, 62 = Rpfleger 1994, 27 (für GmbH). 2 § 9 Abs. 4 a.F. Kritisch dazu noch 9. Aufl., Rz. 1123. 3 OLG Hamm v. 16.11.2010 – 15 W 214/10, juris. 4 Zum Ganzen jurisPK/Otto, § 71 Rz. 4. 5 OLG Düsseldorf v. 6.5.2010 – 3 Wx 35/10, FGPrax 2010, 247 = RNotZ 2010, 477 mit Anm. Terner; Ries/Bauer, 3. Aufl., Rz. 7.292; anders (nach wie vor nur Lesehilfe) Krafka, Rz. 2189. 6 S. dazu das in der 9. Aufl., Rz. 1123 dazu Gesagte. 7 Der Vorstand erklärt die Übereinstimmung bereits konkludent mit Einreichung. Nochmalige Erklärungen, Versicherungen oder Bescheinigungen darüber hinaus sind überflüssig (Ries/Bauer, 3. Aufl., Rz. 7.291 m.w.N.).
752 | Stöber/Otto
3. Satzungsänderungen (§ 71 BGB) | Rz. 1598 XXV.
Rechtswirkung als die Einreichung selbst.1 Der Satzungsabdruck muss also nicht unterschrieben sein.2 Aber auch der Notar, der die Unterschriften unter der Anmeldung beglaubigt, prüft die Richtigkeit der zusammengestellten Satzung nicht (anders als in den Fällen der § 54 GmbHG, § 181 AktG). Das Registergericht darf kann und muss daher überprüfen, ob der eingereichte Text den Anforderungen des § 71 BGB genügt.3 Ist das nicht der Fall, ist dem Verein durch Zwischenverfügung eine Korrektur aufzugeben.4 Stellt das Registergericht Textabweichungen fest und korrigiert es diese auf der Grundlage des eingereichten Beschlusses selbst, dann muss keine Zwischenverfügung ergehen.5 Verlassen sich Dritte auf den eingereichten (und künftig elektronisch einsehbaren) Text, ist dieser fehlerhaft und führt genau das Vertrauen auf ihn zu schadensbringenden Dispositionen, steht ausgehend von der Zielsetzung des Gesetzgebers – Dritte sollen sich die Durchsicht der einzelnen Anmeldungen ersparen können – eine Amtshaftung (§ 839 BGB) zumindest im Raum. M 59 Satzungsänderung: Vollständiges Anmeldungsmuster
1598
An das Amtsgericht Nürnberg Betr.:
Freunde der Grundschule an der Siedlerstraße e.V. VR …; hier: Satzungsänderung
Abschrift der Versammlungsniederschrift vom 28.6.2019 ist beigefügt. Es wird versichert, dass die Versammlung satzungsgemäß unter Angabe der Tagesordnung einberufen wurde und beschlussfähig war und dass die gefassten Beschlüsse ordnungsgemäß zustande gekommen sind. Zur Eintragung in das Vereinsregister melde(n) ich (wir) an: Die Mitgliederversammlung vom 28.6.2019 hat die Änderung des § 5 der Satzung (Eintritt und Austritt der Mitglieder) beschlossen. Die Mitgliederversammlung vom 28.6.2019 hat die Änderung des § 1 der Satzung (Vereinsname) beschlossen. Der Name des Vereins soll künftig lauten: Freundes- und Förderkreis der Grundschule an der Siedler- und Viatisstraße. 1 OLG Düsseldorf v. 6.5.2010 – 3 Wx 35/10, FGPrax 2010, 247. Zust. Terner, RNotZ 2010, 477. 2 OLG Hamm v. 2.8.2010 – 15 W 170/10, NJW-RR 2010, 1627 ff. = NotBZ 2010, 414 = Rpfleger 2011, 88 mit Anm. Terner. Anders offenabr die Praxis des AG Charlottenburg, dazu Pietsch, npoR 2019, 164 (166). 3 OLG München v. 15.9.2011 – 31 Wx 363/11, NotBZ 2012, 60; Terner, RNotZ 2010, 477 (480); a.A. Krafka, Rz. 2189. Offen lassend OLG Düsseldorf v. 6.5.2010 – 3 Wx 35/10, FGPrax 2010, 247. 4 OLG Hamm v. 2.8.2010 – 15 W 170/10, NJW-RR 2010, 1627 ff. = NotBZ 2010, 414 = Rpfleger 2011, 88 mit Anm. Terner. 5 „Informelle Handhabung“, OLG Düsseldorf v. 12.8.2020 – 3 Wx 130/19, juris.
Stöber/Otto | 753
XXV. Rz. 1598 | Ausgewählte Registeranmeldungen und Eintragungen Die Mitgliederversammlung vom 28.6.2019 hat die Änderung des § 8 der Satzung (Mitgliedsbeitrag) und die Einfügung eines § 10a (Vertretungsmacht des Vorstands) als neue Satzungsbestimmung beschlossen. Der Vorstand kann Grundstücke nur auf Grund eines Beschlusses der Mitgliederversammlung veräußern und belasten. Die Mitgliederversammlung vom 28.6.2019 hat die Änderung des § 14 der Satzung (Vorstand) beschlossen. Je zwei Vorstandsmitglieder vertreten nun gemeinsam. Zum neuen Vorstandsmitglied wurde als Schriftführer gewählt: Müller, Paul, geb. am 17.6.1967, wohnh. in Göttingen, …straße Nr. … [zur Vertretung bei dieser Anmeldung berechtigt sind die Vorstandsmitglieder nach der bisher geltenden Vertretungsregelung]. oder Die Mitgliederversammlung vom 28.6.2019 hat die Neufassung der Vereinssatzung beschlossen. Der Umfang der Vertretungsmacht des Vorstands für Erwerb sowie Veräußerung und Belastung von Grundstücken und für Aufnahme von Darlehen über 5000 € ist nach § … der neuen Satzung beschränkt. Als Mitglieder des neuen Vorstands wurden gewählt …
c) Prüfung, Zwischenverfügung, Zurückweisung 1599
Zur Prüfung der Anmeldung s. zunächst Rz. 1466 ff. Zwischenverfügung zur Beanstandung eines Eintragungsmangels (auch Rechtsbehelf dagegen) und formlose Beanstandung: wie Rz. 1495, 1500 ff. Zurückgewiesen durch begründeten Beschluss wird die Anmeldung einer Satzungsänderung, wenn sie den gesetzlichen Erfordernissen nicht genügt (§ 71 Abs. 2, § 60 BGB). Zurückgewiesen wird auch eine Satzungsänderung, die ergibt, dass der Vereinszweck nunmehr auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (Rz. 65 ff.) gerichtet ist.1 Rechtsbehelf: Beschwerde; dazu Rz. 1500 ff.
1600
Prüfungsgegenstand ist der Gesamtinhalt der Satzung – also auch der unverändert gebliebene Teil.2
1601
Wenn ein Eintragungshindernis vorliegt, ist die gesamte Anmeldung mit Zwischenverfügung zu beanstanden oder zurückzuweisen3 (vgl. außerdem Rz. 1268). Es darf nicht der Anmeldung nur teilweise stattgegeben und für ihren weitergehenden Gegenstand der Eintragungsantrag zurückgewiesen werden. Das gilt insbesondere, wenn sich der Verein im Ganzen eine neue Satzung gegeben hat und dies anmeldet. Sind dagegen gesonderte (selbständige) Beschlüsse über einzelne Satzungsänderungen gefasst worden oder liegen gar Beschlüsse aus mehreren zeitlich aufeinander folgenden Mit1 OLG Stuttgart OLGZ 1971, 465. 2 OLG Nürnberg v. 26.9.2014 – 12 W 2015/14, MDR 2014, 1400. 3 BayObLG v. 5.3.1987 – BReg 3 Z 29/87, AG 1988, 18 = GmbHR 1987, 391 = DNotZ 1988, 50 = MittBayNot 1987, 161 = NJW-RR 1987, 927 (unter Abgrenzung und Einschränkung zu BayObLG 1969, 33); s. auch bereits BayObLG 1969, 33 (38): Teilweiser Vollzug einer Satzungsbestimmung ist grundsätzlich nicht angebracht.
754 | Stöber/Otto
3. Satzungsänderungen (§ 71 BGB) | Rz. 1605 XXV.
gliederversammlungen zur Eintragung vor, kann ein äußerlich einheitlicher Anmeldetext auch so gemeint sein, dass selbständig vollziehbare registerfähige Tatsachen je für sich angemeldet sind (vgl. Rz. 1463 f.). d) Die Eintragung Eingetragen wird die Satzungsänderung in Spalte 4 unter Buchstabe a (§ 3 S. 3 Nr. 4 Buchst. a VRV); in Spalte 5 wird unter Buchstabe b auf den satzungsändernden Beschluss (bei Neufassung auch auf die neue Satzung) durch Angabe der Blattzahl der Registerakten hingewiesen. Eintragungsbeispiele Rz. 1647.
1602
Betrifft die Satzungsänderung Gegenstände, die zu ihrer Wirksamkeit in das Vereinsregister einzutragen sind (§ 64 BGB), so muss auch der Inhalt der Änderung ausdrücklich in das Vereinsregister eingetragen werden. Das gilt für die Änderung
1603
– des Namens des Vereins; er ist in Spalte 2 unter a neu einzutragen (§ 3 S. 3 Nr. 2 VRV), – des Sitzes des Vereins; er ist in Spalte 2 unter b neu einzutragen (§ 3 S. 3 Nr. 2 VRV), – und insbesondere für Einführung oder Änderung von Bestimmungen über die Vertretungsmacht der Mitglieder des Vorstands. Eine Eintragung, die solche registerpflichtige Tatsachen nicht unmittelbar ergibt, sondern nur zum Ausdruck bringt, dass die Satzung nach Maßgabe des über den Änderungsbeschluss aufgenommenen Protokolls geändert sei, genügt nicht1, führt also die Wirksamkeit dieser Satzungsänderung nicht herbei.
1604
In allen anderen Fällen wird die Satzungsänderung wirksam, wenn in der Eintragung der volle Inhalt der Änderung wiedergegeben wird.2 Solche Eintragungen sind jedoch unzweckmäßig und daher unüblich, weil sie das Register mit umfangreichem Wortlaut belasten und unübersichtlich machen. Praktisch wird daher nach der Ansicht verfahren, dass für eine wirksame Eintragung der übrigen Satzungsänderungen die allgemeine Bezeichnung des Gegenstands der Änderung ausreichend3, also unter Bezeichnung des Datums des Änderungsbeschlusses anzugeben ist, welche Satzungsbestimmung geändert worden ist.4 Die VRV (§ 3 S. 3 Nr. 4 Buchst. a) verlangt Eintragung der Änderungen daher auch nur unter Beschränkung auf die geänderten Vorschriften der Satzung und den Gegenstand ihrer Änderung.
1605
1 BGHZ 18, 303 = DNotZ 1956, 54 = NJW 1955, 1916; OLG München MDR 1955, 160. 2 RG WarnRspr. 1933 Nr. 90 = DRZ 1933 Nr. 368 = Recht 1933 Nr. 369 = HRR 1933 Nr. 1639. 3 Vgl. BGHZ 18, 303 = DNotZ 1956, 54 = NJW 1955, 1916. 4 RG WarnRspr. 1933 Nr. 90 = DRZ 1933 Nr. 368 = Recht 1933 Nr. 369 = HRR 1933 Nr. 1639.
Stöber/Otto | 755
XXV. Rz. 1606 | Ausgewählte Registeranmeldungen und Eintragungen 1606
Gleiches gilt bei Neufassung der Satzung.1 Auch hier sind die mit der Satzungsneufassung verbundenen Änderungen, die nach § 64 BGB Inhalt der Eintragung sein müssen, unmittelbar in das Vereinsregister einzutragen. Im Übrigen ist, wenn der Verein unter Aufhebung der bisherigen Satzung sich im Ganzen eine völlig neue Satzung gegeben hat, die allgemeine Bezeichnung des Gegenstands der Änderung dahin einzutragen, dass die gesamte Satzung neu errichtet (oder neu gefasst) worden ist. Das RG2 hatte es zunächst noch offen gelassen, ob die Eintragung, die Satzung sei neu gefasst, ausreichend sei. Das wird heute jedoch nicht mehr in Zweifel gezogen. Sind nur einzelne Teile der Satzung geändert worden, während die Satzung im Übrigen unverändert geblieben ist, ist eine Aufhebung der bisherigen Satzung im Ganzen mithin nicht erfolgt, so ist mit dem Vermerk, die Satzung sei neu gefasst worden, eine Satzungsänderung allerdings nicht ausreichend in das Vereinsregister eingetragen.3
1607
Die Satzungsänderung wird mit Eintragung in das Vereinsregister wirksam (§ 71 Abs. 1 BGB). Das schließt die Eintragung einer Satzungsänderung unter einer aufschiebenden oder auflösenden Bedingung aus, ebenso die Eintragung, dass eine Satzungsänderung erst später (zu einem bestimmten Zeitpunkt) oder rückwirkend in Kraft trete. Daher ist Eintragung einer nach Bestimmung der Mitgliederversammlung erst später in Kraft tretenden Satzungsänderung in das Vereinsregister vor dem damit bestimmten Änderungszeitpunkt nicht zulässig.4 Rechtsverhältnisse des Vereins können nicht schon vor dem Zeitpunkt, von dem an sie bestehen (gelten) sollen, in das Vereinsregister aufgenommen (in ihm offen gelegt) werden. Das gilt für Satzungsbestimmungen über Namen, Zweck und Sitz des Vereins, Bildung des Vorstands sowie seine Vertretungsmacht und deren Beschränkung, Ein- und Austritt der Mitglieder sowie für Mehrheitserfordernisse für Beschlussfassung gleichermaßen.
1608
Teilweise handelt es sich hier aber auch um eine Gestaltungsaufgabe für den Satzungsgeber. Nicht ausgeschlossen ist es nämlich, wenn die Satzung Mitgliederrechte und -pflichten für verschiedene Zeiträume unterschiedlich regelt. Eintragungsfähig ist z.B. eine mit Registereintragung nach § 71 Abs. 1 BGB wirksam werdende Satzungsänderung der Bestimmung über die Beitragspflicht dahin, dass die Mitgliedschaft noch bis 31. Dezember des laufenden Jahres nach Maßgabe der bisherigen Satzung beitragsfrei und dann ab 1. Januar des folgenden Jahres beitragspflichtig ist (zur rückwirkenden Beitragserhöhung vgl. auch Rz. 419), oder auch, dass der Verein
1 Vgl. OLG München MDR 1955, 160. 2 RG WarnRspr. 1933 Nr. 90 = DRZ 1933 Nr. 368 = Recht 1933 Nr. 369 = HRR 1933 Nr. 1639. 3 RG WarnRspr. 1933 Nr. 90 = DRZ 1933 Nr. 368 = Recht 1933 Nr. 369 = HRR 1933 Nr. 1639. 4 OLG Hamm v. 7.12.2006 – 15 W 279/06, NotBZ 2007, 260 = DNotZ 2007, 317; LG Bonn v. 4.11.1983 – 5 T 200/83, Rpfleger 1984, 192 mit abl. Anm. Ziegler, Rpfleger 1984, 320, der befristete Satzungsänderungen und deren (für Dritte eindeutig herauszustellende) Voreintragung für möglich hält, wenn die Zeit des Inkrafttretens „nicht in zu weiter Zukunft“ liegt (etwa bis zu sechs Monate). Für aufschiebend befristete Satzungsänderung Erman/Westermann, § 71 Rz. 3.
756 | Stöber/Otto
4. Sitzverlegung | Rz. 1613 XXV.
Ordnungsstrafbestimmungen gegen Mitglieder erst von einem bestimmten Zeitpunkt an anwendet. Für zurückliegendes Verhalten können aber durch Satzungsänderung Zwangsmaßnahmen nicht eingeführt werden, s. Rz. 1182. Beispiel: Ausschlusstatbestand für bestimmtes Verhalten ab 1. Januar des dem Wirksamwerden der Änderung folgenden Jahres.
Schließlich ist noch zu unterscheiden, was genau unter eine Bedingung gestellt sein soll: Der Eintragungsantrag oder die einzutragende Tatsache.1 Wenn im Zeitpunkt der Entscheidung über die Eintragung die wegen der einzutragenden Tatsache gesetzte Befristung bereits erfüllt ist, kann die Eintragung erfolgen.2 Die Eintragung einer Satzungsänderung wird dem Antragsteller bekannt gemacht; sie wird nicht veröffentlicht. Veröffentlichung erfolgt auch nicht, wenn durch Änderung der Satzung Name oder Sitz des Vereins geändert werden.
1609
Eintragungsbescheinigungen werden (wie auch für die Ursprungsfassung der Satzung) nicht mehr erteilt.
1610
Mitzuteilen ist die Eintragung der Satzungsänderung der (landesrechtlich) zuständigen Verwaltungsbehörde, wenn Anhaltspunkte bestehen, dass es sich um einen Ausländerverein (§ 14 VereinsG) oder eine organisatorische Einheit eines ausländischen Vereins (§ 15 VereinsG) handelt (§ 400 FamFG). Zu dieser Mitteilungspflicht s. Rz. 1566.
1611
4. Sitzverlegung a) Anmeldung und Unterlagen Anzumelden ist die Sitzverlegung zur Eintragung in das Vereinsregister als Satzungsänderung vom Vorstand beim Gericht des bisherigen Sitzes (§ 71 Abs. 1 S. 2 BGB). Die Sitzverlegung ist wie jede andere Satzungsänderung durch Beschlussabschrift zu dokumentieren. Weder das bisher zuständige Gericht und die Vereinsregisternummer noch das für den neuen Sitz zuständige Gericht müssen in der Satzung oder im Verlegungsbeschluss bezeichnet werden.3
1612
b) Registerverfahren Das Amtsgericht hat, wenn der Sitz innerhalb seines Bezirks (bei Zuständigkeit für die Bezirke mehrerer Amtsgerichte nach § 55 Abs. 2 BGB: innerhalb seines Registerbezirks) verlegt wird, nach erfolgreich durchlaufener Prüfung die Sitzverlegung als Satzungsänderung einzutragen (vgl. § 45 Abs. 3 AktG). 1 Kögel, Rpfleger 2019, 309. 2 Kögel, Rpfleger 2019, 309 mit Verweis auf OLG Jena v. 15.3.2017 – 2 W 26/17, NotBZ 2017, 276 = GmbHR 2017, 1047. 3 OLG Karlsruhe v. 16.10.2013 – 11 Wx 39/13, NZG 2014, 109.
Stöber/Otto | 757
1613
XXV. Rz. 1614 | Ausgewählte Registeranmeldungen und Eintragungen 1614
Wird der Sitz aus dem Bezirk des für den bisherigen Sitz registerführenden Gerichts verlegt, hat das für den bisherigen Sitz zuständige Registergericht lediglich die formelle Ordnungsmäßigkeit der Anmeldung zu prüfen1, somit Anmeldung durch die dazu verpflichteten Personen sowie die Form der Anmeldung (§ 77 BGB) und die Vorlage der erforderlichen Urkunden. Es hat auch Beanstandungen in diesem Bereich zu treffen und Abhilfe zu veranlassen oder, wenn ein Mangel nicht ausgeräumt wird, die Anmeldung zurückzuweisen.2 Den weiteren Verfahrensgang gibt § 6 Abs. 1 bis 3 VRV3 vor: Nach formell ordnungsgemäßer Anmeldung hat das Amtsgericht des bisherigen Sitzes (unverzüglich) von Amts wegen die Verlegung dem Amtsgericht des neuen Sitzes mitzuteilen (§ 6 Abs. 1 S. 1 VRV). Der Mitteilung sind die Anmeldung, die Eintragungen für den bisherigen Sitz (amtlicher Ausdruck bzw. beglaubigte Vereinsregisterblattabschrift) sowie die aufbewahrten Urkunden (Vereinsregisterakten) beizufügen (§ 6 Abs. 1 S. 2 VRV). Das Amtsgericht des neuen Sitzes4 hat sodann zu prüfen, ob der Sitz ordnungsgemäß verlegt ist, somit insbesondere, ob der Beschluss der Mitgliederversammlung über die Änderung der Satzung rechtswirksam gefasst ist, und festzustellen, ob – bezogen auf den neuen Sitz – keine Namensgleichheit nach § 57 Abs. 2 BGB besteht (§ 6 Abs. 1 S. 3 VRV).5 Es hat Beanstandungen in diesem Bereich zu treffen und Abhilfe zu veranlassen oder, wenn ein Mangel nicht behoben wird, die Anmeldung zurückzuweisen. Sonst hat das Amtsgericht des neuen Sitzes die Sitzverlegung einzutragen; es hat dabei die ihm mitgeteilten Rechtsverhältnisse ohne weitere Nachprüfung in sein Vereinsregister zu übernehmen (§ 6 Abs. 1 S. 4 VRV). Die Eintragung ist zu veröffentlichen (§ 66 Abs. 1 BGB).6 Sie ist dem Gericht des bisherigen Sitzes mitzuteilen. Dieses hat die Sitzverlegung von Amts wegen in sein Vereinsregister einzutragen und das bisherige Registerblatt zu schließen (§ 6 Abs. 1 S. 6 VRV). Veröffentlichung erfolgt nicht mehr.
1615
Trägt (unrichtig) das bisher zuständige Registergericht die Sitzverlegung ein, ist dies wirksam (§ 2 Abs. 3 FamFG).7
1616
Wenn zusammen mit der Sitzverlegung weitere eintragungsbedürftige Vorgänge zur Eintragung in das Vereinsregister angemeldet werden, können sind sämtliche Anträge vom Registergericht des neuen Sitzes zu bearbeiten (§ 6 Abs. 2 VRV).
1 OLG Frankfurt NJW-RR 2002, 1395 = RNotZ 2000, 515 = BayObLG v. 29.6.2000 – 3Z BR 51/00, MDR 2000, 1135 = Rpfleger 2000, 455 (für GmbH). 2 OLG Frankfurt NJW-RR 2002, 1395 = RNotZ 2000, 515 = BayObLG v. 29.6.2000 – 3Z BR 51/00, MDR 2000, 1135 = Rpfleger 2000, 455 (für GmbH). 3 Das Verfahren entspricht im Wesentlichen § 13h Abs. 2 HGB, § 45 Abs. 1, 2 AktG. 4 Die Zuständigkeit für Eintragung der Sitzverletzung war lange Zeit umstritten. Die Regelung der VRV entspricht der hier seit jeher vertretenen Auffassung. Ausf. N. dazu zuletzt in 8. Aufl., Rz. 1126, 1127. 5 Unter Geltung der VRV sollte auch das jetzt unbestritten sein. Zur älteren Rechtsprechung s. noch 9. Aufl., Fn. zu Rz. 1125. 6 Anders Ries/Bauer, Registerrecht, Rz. 7.66. 7 Vgl. BayObLG v. 5.3.1996 – 3Z AR 13/96, NJW-RR 1996, 938.
758 | Stöber/Otto
5. Verschmelzung durch Aufnahme eines anderen e.V. | Rz. 1619 XXV.
c) Sitzverlegung in das Ausland Mit einer Sitzverlegung in das Ausland endet die (sachliche und örtliche) Zuständigkeit des (deutschen) Amtsgerichts (§ 55 Abs. 1 BGB). Insbesondere die Verlegung des Sitzes in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union muss die Rechtsfähigkeit des Vereins nicht in jedem Fall berühren. Zumindest kann jeder Verein nach grenzüberschreitender Sitzverlegung als Träger von Vermögen existent bleiben und muss nicht zwingend zu liquidieren sein (ausführlich zum Ganzen Rz. 203). Dennoch behandelt § 6 Abs. 3 VRV jede Sitzverlagerung in das Ausland als Auflösung. Das ist unproblematisch1, solange man für einen solchen Fall der „Auflösung“ (ebenso wie bei Verzicht auf die Registereintragung – dazu Rz. 221) nicht zwingend die Liquidation fordert.
1617
Vorzugswürdig, weil deutlich klarer ist, die angemeldete Satzungsänderung (Sitzverlegung) einzutragen2 und dann in Spalte 4 unter Buchst. b z.B. wie folgt die Löschung vorzunehmen:
1618
M 60 Eintragung Sitzverlegung in das Ausland mit Löschung Der Verein hat mit Beschluss der Mitgliederversammlung vom … seinen Sitz nach … (… [Land]) verlegt. Die Zuständigkeit der Registergerichte der Bundesrepublik besteht damit nicht mehr. Der Verein wird deshalb infolge der grenzüberschreitenden Sitzverlegung in das Hoheitsgebiet des Staates … hier gelöscht.
5. Verschmelzung durch Aufnahme eines anderen eingetragenen Vereins a) Anmeldung Die Verschmelzung durch Aufnahme eines anderen eingetragenen Vereins3 (§ 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 1 mit § 99 Abs. 2 UmwG; Rz. 1261 ff.) ist in das Vereinsregister des übernehmenden und in das Vereinsregister des übertragenden Vereins einzutragen (§ 16 Abs. 1 S. 1 UmwG). Wirksam wird die Verschmelzung mit Eintragung in das Vereinsregister des übernehmenden Vereins (§ 20 Abs. 1 UmwG; Rz. 1285).
1 A.A. Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 399. Vgl. auch noch 9. Aufl., Rz. 1130: § 6 Abs. 3 VRV ist überholt. 2 Zu eng BayObLG v. 11.2.2004 – 3Z BR 175/03, NotBZ 2004, 195 = GmbHR 2004, 490: keine Eintragung der Sitzverlegung. 3 Auf die ebenso mögliche Verschmelzung mit mehreren übertragenden anderen Vereinen ist nicht jeweils besonders hingewiesen. Die Verschmelzung eines (übertragenden) eingetragenen oder wirtschaftlichen Vereins mit einem Rechtsträger anderer Rechtsform ist nicht gesondert dargestellt. Ebenso ist das Registerverfahren für die seltenen Fälle der Verschmelzung im Wege der Neugründung sowie für Spaltung und Formwechsel im Rahmen dieses Vereinsrechtlichen Handbuchs nicht eigens behandelt.
Stöber/Otto | 759
1619
XXV. Rz. 1620 | Ausgewählte Registeranmeldungen und Eintragungen 1620
Anzumelden ist die Verschmelzung zur Eintragung in das Vereinsregister des übertragenden und in das Vereinsregister des übernehmenden Vereins von dem jeweiligen Vorstand des Vereins in vertretungsberechtigter Zahl1 (§ 16 Abs. 1 S. 1 UmwG). Der Vorstand des übernehmenden Vereins ist berechtigt, (in vertretungsberechtigter Zahl) auch die Verschmelzung zur Eintragung in das Register des übertragenden Vereins anzumelden (§ 16 Abs. 1 S. 2 UmwG); Grund:2 Berücksichtigung des Interesses dieses Vertretungsorgans daran, dass die Verschmelzung so schnell wie möglich eingetragen und damit wirksam wird. Zu erklären haben die anmeldenden Mitglieder des (jeweiligen) Vorstands (Grund: Registersperre nach § 16 Abs. 2 UmwG), dass eine Klage gegen die Wirksamkeit eines der (beiden oder mehreren) Verschmelzungsbeschlüsse nicht oder nicht fristgemäß erhoben oder eine solche Klage rechtskräftig abgewiesen oder zurückgenommen worden ist (sog. Negativerklärung). Dazu mit Einzelheiten § 16 Abs. 2 UmwG. Rechtskräftige Feststellung des für die Klage zuständigen Prozessgerichts, dass die Erhebung einer Klage der Eintragung nicht entgegensteht, steht dieser Erklärung gleich; dazu mit Einzelheiten § 16 Abs. 3 UmwG. Die Frist für Erhebung der Klage gegen die Wirksamkeit eines Verschmelzungsbeschlusses beträgt einen Monat (§ 14 Abs. 1 UmwG). Die Anmeldung kann daher praktisch erst einen Monat nach der letzten Beschlussfassung erfolgen; eine Negativerklärung in einer früheren Anmeldung hebt die Registersperre nicht auf. Jede Anmeldung hat in öffentlich beglaubigter Form zu erfolgen (§ 77 BGB); diese Form gilt auch für die Negativerklärung, wenn sie gesondert beigebracht, insbesondere nachgebracht wird. Die Anmeldungen zu beiden Vereinsregistern können auch in einem Schriftstück zusammengefasst werden. Durch Festsetzung von Zwangsgeld (§ 78 Abs. 1 BGB) kann der Vorstand nicht zur Anmeldung angehalten werden. b) Beizufügende Dokumente
1621
Beizufügen sind jeder Anmeldung (§ 17 Abs. 1 UmwG) – der Verschmelzungsvertrag (Rz. 1268)3 in Ausfertigung oder öffentlich beglaubigter Abschrift, wenn bei Beschlussfassung lediglich ein Entwurf vorgelegen hat, auch dieser in Urschrift oder Abschrift (ist bereits Anlage der Versammlungsniederschriften, § 13 Abs. 3 S. 1 UmwG), – die Niederschriften der (beiden) Verschmelzungsbeschlüsse (Rz. 1271) in Ausfertigung oder öffentlich beglaubigter Abschrift, – etwaige Zustimmungserklärungen einzelner Vereinsmitglieder (Rz. 1275 f.), – der (jeweilige) Verschmelzungsbericht (Rz. 1269) oder Verzichte in der Form des § 8 Abs. 3 UmwG in Urschrift oder Abschrift, – der (jeweilige) Prüfungsbericht (soweit erforderlich, § 100 S. 2 UmwG, Rz. 1270) in Urschrift oder Abschrift, 1 So auch Katschinski, Die Verschmelzung von Vereinen, 9. Teil Abschn. E (S. 165). 2 BT-Drucks. 12/6699, 88. 3 Unterschriften der zuständigen Organe in vertretungsberechtigter Zahl genügen, OLG Stuttgart v. 23.5.2011 – 8 W 294/10, NotBZ 2012, 98 mit Anm. Otto.
760 | Stöber/Otto
5. Verschmelzung durch Aufnahme eines anderen e.V. | Rz. 1624 XXV.
– ein Nachweis über die rechtzeitige Zuleitung des Verschmelzungsvertrages oder seines Entwurfs an den zuständigen Betriebsrat, – wenn die Verschmelzung der staatlichen Genehmigung bedarf, die Genehmigungsurkunde. Gemäß § 17 Abs. 2 UmwG ist der Anmeldung zum Register des Sitzes jedes übertragenden Vereins ferner eine Bilanz dieses Vereins beizufügen (Schlussbilanz). Das Registergericht darf die Verschmelzung nur eintragen, wenn die Bilanz auf einen höchstens acht Monate vor der Anmeldung liegenden Stichtag aufgestellt worden ist. Hier stellt sich eine vergleichbare Problematik wie bei Anwendung der § 102, § 63 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 UmwG (Rz. 1274). Nach ganz überwiegender Meinung der Literatur begründet § 17 Abs. 2 UmwG keine originäre Pflicht zur Erstellung einer entsprechenden Schlussbilanz. Ebenso wie § 63 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 oder § 24 UmwG geht die Bestimmung vielmehr von einer an anderer Stelle begründeten Bilanzierungspflicht aus. Für den Verein besteht eine solche aber in der Regel nicht oder nur für Teilbetriebe (Rz. 1274). Es muss daher genügen, wenn der Verein der Anmeldung zum Register seine sonstigen Rechnungsunterlagen (Einnahmen-Ausgaben-Aufzeichnung, „Anlagengitter“) beifügt.1 Wenn der Zielrechtsträger allerdings bilanziert und die Buchwerte fortführen will, bedarf es zur Anwendung des § 24 UmwG der Erstellung einer Schlussbilanz.2 Die Achtmonats-Frist wird man entsprechend anwenden, d.h. auch der Stichtag einer zu Steuerzwecken oder auch nur zum vereinsinternen Bericht erstellten Einnahmen-Überschussrechnung und Vermögensaufstellung oder sonstige Rechnungsunterlage darf nicht länger zurückliegen.
1622
Covid-19 – Sonderbestimmung: Verschobener Bilanzstichtag/Einreichungsfrist. Mit § 4 des Sondergesetzes3 wird – derzeit befristet bis 31.12.2021 – die Achtmonatsfrist des § 17 Abs. 2 S. 4 UmwG auf 12 Monate erweitert. Das ermöglicht es insbesondere, die Mitgliederversammlungen, welche sonst zur Zustimmung von Umwandlungsbeschlüssen bei Geschäftsjahr = Kalenderjahr immer rechtzeitig vor dem Ablauf des Monats August zusammentreten mussten, in der zweiten Jahreshälfte nachzuholen.
1623
Wenn die Vereinsregister des übernehmenden und des übertragenden Vereins beim gleichen Amtsgericht geführt werden, muss es genügen, wenn Unterlagen einer der Anmeldungen beigefügt werden; in der weiteren Anmeldung kann auf die damit eingereichten Anlagen für die Anmeldung verwiesen werden.
1624
1 Hadding/Hennrichs in FS-Boujong, 1996, S. 203 (227); Heinze/Vogelbusch in NK-Gemeinnützigkeitsrecht, Kap. 7 Rn. 84; Schmitt/Hörtnagl, UmwG, 9. Aufl. 2020, § 17 Rn. 17; Katschinski, Die Verschmelzung von Vereinen, 9. Teil Abschn. E III 2 (S. 171–177); Lutter/Decher, UmwG, 6. Aufl. 2019, § 17 Rz. 9. Anders Vossius in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Stand 181 Lfg. 1.7.2017, Rz. 118 ff. und neuerdings ein erstes Votum der Rechtsprechung: OLG Köln v. 10.2.2020 – I 2 Wx 28/20 = ZIP 2020, 72 = BB 2020, 2096 m.abl.Anm. Fischer = NotBZ 2020, 476 m.abl.Anm. Heinze. 2 Heinze/Vogelbusch in NK-Gemeinnützigkeitsrecht, Kap. 7 Rn. 84 m.w.N. 3 Art. 2 § 4 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 27.3.2020 (BGBl. I, 569) – Abdruck im Anhang.
Stöber/Otto | 761
XXV. Rz. 1625 | Ausgewählte Registeranmeldungen und Eintragungen
1625
M 61 Anmeldung Vereinsverschmelzung An das Amtsgericht Nürnberg Betr.:
Verein … VR …
Zur Eintragung in das Vereinsregister melden wir an, dass der Verein verschmolzen ist als übernehmender Verein im Wege der Aufnahme durch Übertragung des Vermögens des im Vereinsregister des Amtsgerichts … unter Nr. … eingetragenen übertragenden Vereins … gegen Gewährung von Mitgliedschaften unseres übernehmenden Vereins an die Mitglieder des übertragenden Vereins. Wir erklären gem. § 16 Abs. 2 UmwG, dass eine Klage gegen die Wirksamkeit eines der beiden Verschmelzungsbeschlüsse nicht erhoben worden ist. Der Anmeldung fügen wir bei: … (Anführung der in Rz. 1621 bezeichneten Anlagen …) Die Anmeldung zur Eintragung in das Vereinsregister des übertragenden Vereins ist durch dessen Vorstand heute gesondert erfolgt. … (Unterschriften der Mitglieder des Vorstands des Vereins in vertretungsberechtigter Zahl)
c) Registerverfahren, Eintragungen und Bekanntmachungen 1626
Jedes Amtsgericht prüft für die Eintragung in sein Vereinsregister – seine örtliche Zuständigkeit, – ob die Anmeldung ordnungsgemäß durch die dazu berechtigten Personen erfolgt ist, – die Wahrung der Form der Anmeldung (§ 77 BGB), – ob die erforderlichen Urkunden in der vorgeschriebenen Form vollständig vorgelegt sind, dann weiter, ob – die Beschlüsse der Mitgliederversammlungen der beiden Vereine nach den vorgelegten Niederschriften rechtswirksam (ordnungsgemäß) gefasst sind, – der Verschmelzungsvertrag ordnungsgemäß abgeschlossen ist (Rz. 1268); wenn bei Beschlussfassung nur ein Entwurf vorgelegen hat, ist außerdem zu prüfen, ob der Inhalt des Verschmelzungsvertrags mit diesem Entwurf übereinstimmt,
762 | Stöber/Otto
5. Verschmelzung durch Aufnahme eines anderen e.V. | Rz. 1629 XXV.
– die Anmeldung die Negativerklärung nach § 16 Abs. 2 UmwG enthält oder ein sie ersetzender rechtskräftiger Beschluss des für die Klage zuständigen Prozessgerichts vorgelegt ist (§ 16 Abs. 3 UmwG), – die Anlagen zur Anmeldung die nachzuweisenden Vorgänge (Zustimmungserklärungen, Verschmelzungsberichte, etwaige Prüfungen des Verschmelzungsvertrags usw.) ordnungsgemäß ausweisen. Das Amtsgericht des übertragenden Vereins prüft außerdem, ob der Rechnungsabschluss (so vorhanden Bilanz) für den letzten Berichtszeitraum in der Frist des § 17 Abs. 2 S. 4 UmwG aufgestellt ist. Einzutragen ist die Verschmelzung zunächst in das Vereinsregister des übertragenden Vereins (§ 19 Abs. 1 S. 1 UmwG). Diese Eintragung ist mit dem Vermerk1 zu versehen, dass die Verschmelzung erst mit der Eintragung in das Vereinsregister des übernehmenden Vereins wirksam wird (§ 19 Abs. 1 S. 2 UmwG). Die Eintragung erfolgt in Spalte 4 unter Buchstabe b (sonstige Rechtsverhältnisse, § 6 Abs. 4 VRV); in Spalte 5 unter b wird auf die Blattnummer der Vereinsakten mit dem Verschmelzungsvertrag und -beschluss hingewiesen.
1627
Beispiel für diese Eintragung (nur Spalte 4 Buchstabe b): b) Der Verein ist verschmolzen durch Aufnahme mit dem (übernehmenden) Verein … e.V. in … (Registerblatt: AG … VR …) auf Grund des Verschmelzungsvertrags vom … und des Beschlusses seiner Mitgliederversammlung vom … sowie des Beschlusses der Mitgliederversammlung des übernehmenden Vereins vom … Die Verschmelzung wird erst mit der Eintragung in das Vereinsregister des übernehmenden Vereins wirksam.
Mitzuteilen ist die Eintragung
1628
– den Mitgliedern des Vorstands des Vereins, die angemeldet haben, als Antragsteller, – dem Amtsgericht, das das Vereinsregister für den übernehmenden Verein führt. Zu veröffentlichen (bekannt zu machen) ist die Eintragung ihrem ganzen Inhalt nach von Amts wegen in dem von der Landesjustizverwaltung bestimmten elektronischen Informations- und Kommunikationssystem (www.handelsregister.de), § 19 Abs. 3 S. 1 UmwG mit § 66 Abs. 1 BGB. In den Bekanntmachungen ist auf das Gläubigerschutzrecht hinzuweisen (§ 22 Abs. 1 S. 3 UmwG). Der Hinweis kann wie folgt gefasst werden:
1 Der Vermerk hat nur deklaratorische Bedeutung. Der sachlich richtige Vermerk kann bei verfahrensfehlerhafter Eintragung daher nicht von Amts wegen nach (den damaligen) § 142 mit § 395 FGG gelöscht werden; s. OLG Düsseldorf v. 14.12.1998 – 3 Wx 483/98, GmbHR 1999, 236 = Rpfleger 1999, 228.
Stöber/Otto | 763
1629
XXV. Rz. 1629 | Ausgewählte Registeranmeldungen und Eintragungen
M 62 Zusatzhinweis bei Bekanntmachung der Verschmelzung Nicht eingetragen: Den Gläubigern des Vereins ist, wenn sie binnen sechs Monaten nach dem Tag, an dem die Eintragung der Verschmelzung in das Vereinsregister nach § 19 Abs. 3 UmwG als bekannt gemacht gilt, ihren Anspruch nach Grund und Höhe schriftlich anmelden, Sicherheit zu leisten, soweit sie nicht Befriedigung verlangen können. Dieses Recht steht den Gläubigern jedoch nur zu, wenn sie glaubhaft machen, dass durch die Verschmelzung die Erfüllung ihrer Forderung gefährdet wird. 1630
Eintragung in das Vereinsregister des übernehmenden Vereins darf erst erfolgen, nachdem die Verschmelzung im Register des übertragenden Vereins eingetragen worden ist (§ 19 Abs. 1 S. 1 UmwG). Die Eintragung erfolgt in Spalte 4 Buchstabe b (sonstige Rechtsverhältnisse); in Spalte 5 unter b wird auf die Blattnummer der Vereinsakten mit dem Verschmelzungsvertrag und -beschluss hingewiesen. Beispiel für diese Eintragung (nur Spalte 4 Buchstabe b): b) Dieser Verein ist verschmolzen im Wege der Aufnahme durch Übertragung des Vermögens des (übertragenden) Vereins … e.V. in … (Registerblatt: AG … VR …) auf Grund des Verschmelzungsvertrages vom … und des Beschlusses seiner Mitgliederversammlung vom … sowie des Beschlusses der Mitgliederversammlung des übertragenden Vereins vom …
1631
Mitzuteilen ist diese Eintragung – den Mitgliedern des Vorstands des Vereins, die angemeldet haben, als Antragsteller, – dem Amtsgericht, das das Vereinsregister für den übertragenden Verein führt (§ 19 Abs. 2 S. 1 UmwG). – dem für die Grunderwerbsteuer am Sitz des erwerbenden Vereins zuständigen Finanzamt (§ 13 Abs. 1 Nr. 4 EGGVG; § 18 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, S. 2 und Abs. 2 S. 1 GrEStG).
1632
Zu veröffentlichen (bekanntzumachen) ist die Eintragung ihrem ganzen Inhalt nach von Amts wegen in dem von der Landesjustizverwaltung bestimmten elektronischen Informations- und Kommunikationssystem (www.handelsregister.de), § 19 Abs. 3 S. 1 UmwG mit § 66 Abs. 1 BGB. In den Bekanntmachungen ist auf das Gläubigerschutzrecht hinzuweisen (§ 22 Abs. 1 S. 3 UmwG; hierzu Rz. 1348).
1633
Das Amtsgericht des Sitzes des übertragenden Vereins hat in dessen Vereinsregister nach Eingang der Mitteilung über die Eintragung in das Vereinsregister des übernehmenden Vereins von Amts wegen den Tag der Eintragung der Verschmelzung zu vermerken (§ 19 Abs. 2 S. 2 UmwG). Die Eintragung erfolgt in Spalte 4 (Rechtsverhältnisse).
764 | Stöber/Otto
5. Verschmelzung durch Aufnahme eines anderen e.V. | Rz. 1636 XXV. Beispiel für diese Eintragung (nur Spalte 4 Buchstabe b): b) Die Verschmelzung durch Aufnahme mit dem Verein … e.V. … wurde am … in das Vereinsregister dieses aufnehmenden Vereins (AG … VR …) eingetragen. Hier von Amts wegen eingetragen gem. § 19 Abs. 2 S. 2 UmwG. Dieser Verein ist erloschen.1
Es wird sodann das Registerblatt geschlossen (§ 6 Abs. 4 S. 2 VRV); dafür werden sämtliche Seiten des Registerblatts rot durchkreuzt (§ 4 Abs. 1 VRV). Die Eintragung des Vermerks wird den Mitgliedern des Vorstands des Vereins mitgeteilt. Sie wird (mit Hinweis auf das Gläubigerschutzrecht, § 22 Abs. 1 S. 3 UmwG, wie Rz. 1628) ebenfalls veröffentlicht. Diese Vorschrift entspricht dem für Handelsgesellschaften geltenden § 10 HGB; dessen Regel ist auch auf Vereine ausgedehnt;2 wie § 10 HGB Bekanntmachung der (aller) Eintragungen gebietet, deren Veröffentlichung nicht ausgeschlossen ist, erfordert die Bestimmung daher auch Bekanntmachung des Vermerks über den Tag der Eintragung der Verschmelzung des Vereins. Werden die Vereinsregister beider Vereine vom gleichen Amtsgericht geführt und die Verschmelzung gleichzeitig in das Vereinsregister des übertragenden und in das Vereinsregister des übernehmenden Vereins eingetragen, so kann der Vermerk über den Tag der Eintragung der Verschmelzung in das Vereinsregister des übertragenden Vereins zusammen mit der Verschmelzung (unter einer laufenden Nummer) eingetragen werden und damit auch die Bekanntmachung (Veröffentlichung) gleichzeitig (zusammengefasst) erfolgen.
1634
Das Amtsgericht des Sitzes des übertragenden Vereins hat sodann die bei ihm aufbewahrten Urkunden und anderen Schriftstücke (somit seine Vereinsregisterakten) dem Gericht des Sitzes des übernehmenden Vereins zur Aufbewahrung zu übersenden (§ 19 Abs. 2 S. 2 UmwG).
1635
Eine Besonderheit für Bekanntmachung der Verschmelzung (an Stelle der Registereintragung) sieht § 104 UmwG nur für die Verschmelzung eines wirtschaftlichen Vereins vor und nur für den übertragenden Verein. Er ist im Vereinsregister nicht eingetragen; ist er auch im Handelsregister nicht eingetragen, so ist seine bevorstehende Verschmelzung von seinem Vorstand durch den Bundesanzeiger und durch mindestens ein anderes Blatt bekannt zu machen. Da Verschmelzung eines eingetragenen Vereins (übernehmender Verein) mit einem wirtschaftlichen Verein (übertragender Verein) nicht vorgesehen ist, erlangt diese Besonderheit hier keine Bedeutung.
1636
1 Dieser Satz ist nicht notwendig. Er ist jedoch zulässig und zweckmäßig. 2 Begründung BT-Drucks. 12/6699, 91.
Stöber/Otto | 765
XXV. Rz. 1637 | Ausgewählte Registeranmeldungen und Eintragungen
6. Vereinsauflösung, Liquidation und Fortsetzungsbeschluss (§ 74 BGB) a) Muster für Anmeldungen 1637
Anmeldung der Auflösung M 63 Anmeldung Liquidation des Vereins An das Amtsgericht Nürnberg Betr.:
Freundes- und Förderkreis der Grundschule an der Siedlerstraße VR …; hier Anmeldung der Auflösung
Zur Eintragung in das Vereinsregister melde(n) ich (wir) an: Die Mitgliederversammlung vom 1.2.2015 hat die Auflösung des Vereins beschlossen. Die Liquidation erfolgt nach § 23 der Satzung durch den letzten Vorstand; andere Personen sind nicht bestellt; als Liquidatoren werden demgemäß angemeldet: 1. Stein, Stefan geb. am 26.5.1940, wohnh. in Nürnberg, …straße Nr. … 2. Fichte, Franz geb. am 3.7.1970, wohnh. in Nürnberg, …straße Nr. … 3. Heimerl, Hans geb. am 25.8.1975, wohnh. in Nürnberg, …straße Nr. … Je zwei Liquidatoren vertreten gemeinsam. Es wird versichert, dass die Versammlung satzungsgemäß unter Angabe der Tagesordnung einberufen wurde und beschlussfähig war und dass der gefasste Beschluss ordnungsgemäß zustande gekommen ist. Eine Abschrift des Auflösungsbeschlusses ist beigefügt. Nürnberg, den 2.2.2015 (Unterschrift: Liquidatoren = Vorstände in vertretungsberechtigter Zahl)
766 | Stöber/Otto
7. Beendigung der Liquidation und Erlöschen des Vereins | Rz. 1642 XXV.
M 64 Anmeldung Wechsel des Liquidators
1638
Die Mitgliederversammlung vom 20.3.2015 hat Hans Heimerl als Abwickler abberufen und dafür neu zum weiteren Liquidator bestellt: Schuster, Herbert geb. am 14.1.1965, wohnh. in Nürnberg, …straße Nr. … Eine Abschrift des Beschlusses vom 20.3.2015 ist beigefügt. (Unterschrift: Liquidatoren in vertretungsberechtigter Zahl)
M 65 Anmeldung Fortsetzung des Vereins
1639
Die Mitgliederversammlung vom 20.4.2015 hat die Auflösung rückgängig gemacht und dadurch den aufgelösten Verein wieder in einen aktiven Verein zurückverwandelt. Zugleich wurden neu als Vorstandsmitglieder gewählt: … (Unterschrift: neu gewählter Vorstand in vertretungsberechtigter Zahl, sofern das Amt bereits angetreten wurde. Sonst: Liquidatoren)
Der Beschluss, auf die Eintragung zu verzichten, ist Änderung der Satzung (Rz. 221). Anmeldung: Rz. 225. Nach Eintragung dieser Satzungsänderung ist das Registerblatt zu schließen (§ 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 VRV).
1640
b) Eintragung Wenn der Verein aufgelöst ist, sind die allgemeine Vertretungsregelung des Vorstands und alle Vorstandsmitglieder zu röten. Einzutragen sind in Spalte 3 Buchstabe a die (anzumeldende, § 76 Abs. 2 S. 2 BGB) allgemeine Vertretungsregelung für die Liquidatoren und unter Buchstabe b die Liquidatoren (§ 3 S. 3 Nr. 3 VRV). Wenn die Liquidation durch den Vorstand erfolgt (§ 48 Abs. 1 S. 1 BGB), sind die bisherigen Vorstandsmitglieder neu in Spalte 3 unter Buchstabe b als Liquidatoren (Abwickler) einzutragen.
1641
7. Beendigung der Liquidation und Erlöschen des Vereins Damit nicht der Eindruck entsteht, dass ein längst beendeter Liquidationsverein noch fortbesteht, waren Anmeldung und Eintragung der Beendigung schon immer möglich und zweckmäßig.1 § 76 BGB in der seit 30.9.2009 geltenden Fassung sieht die Eintragung der Beendigung des Vereins nach der Liquidation nunmehr ausdrücklich vor. Sie erfolgt auf Anmeldung der – letzten – Liquidatoren.
1 N. in der 9. Aufl., Rz. 1148.
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1642
XXV. Rz. 1642 | Ausgewählte Registeranmeldungen und Eintragungen
Muster für Anmeldung: M 66 Anmeldung Beendigung Es sind alle Liquidationsgeschäfte beendet. Das nach Gläubigerbefriedigung verbliebene Vereinsvermögen ist dem Anfallberechtigten ausgeantwortet. Ein Vereinsvermögen ist nicht mehr vorhanden; unsere Tätigkeit ist endgültig beendet. Wir melden daher zur Eintragung in das Vereinsregister an: Die Liquidation ist beendet. Der Verein ist erloschen. (Unterschrift: Liquidatoren in vertretungsberechtigter Zahl) 1643
Die Liquidation endet tatsächlich mit der Vermögensverteilung. Vom Ablauf des Sperrjahres des § 51 BGB sind Anmeldung und Eintragung, dass die Liquidation beendet und der Verein erloschen ist, nicht zwingend abhängig.1 Wenn Vereinsvermögen zur Liquidation überhaupt nicht mehr vorhanden oder dem Anfallberechtigten vor Ablauf des Sperrjahres ausgeantwortet und damit die Vertretungsmacht der Liquidatoren beendet und der Verein erloschen ist, kann das Abwarten des Sperrjahres unverhältnismäßig sein. Es ist weitgehend anerkannt, dass dann auch eine frühere Löschung erfolgen kann. Fraglich ist allerdings, welche Anforderungen an eine Überzeugungsbildung durch das Registergericht zu stellen sind. Richtigerweise können grundsätzlich keine anderen Anforderungen als an die Nachprüfung sonstiger Anmeldungen gestellt werden. Es darf daher auch vor Ablauf des Sperrjahres von der Richtigkeit einer Anmeldung ausgegangen werden, in der die Liquidatoren wenigstens implizit erklären, dass das Vermögen bereits verteilt und die Liquidation beendet sind.2 Das stimmt auch mit der Lebenserfahrung überein. Bei Liquidation eines typischen Vereins ohne jede Art von wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb i.w.S. ist vielfach überhaupt kein oder nur ein geringes Vermögen vorhanden; die Verbindlichkeiten sind oft überschaubar. In diesen Fällen bereitet die Liquidation keine Schwierigkeiten; mit ihrem Aufschub wäre keinem Beteiligten gedient. Wenn die Liquidatoren überschaubaren und eindeutigen Vermögensverhältnissen des Vereins die Vermögensverteilung schon vor Ablauf des Sperrjahres beenden, erlischt auch der Verein vor Jahresablauf mit Abschluss der Liquidation. Bei gänzlicher Vermögenslosigkeit können die Liquidatoren Auflösung und Beendigung sogar zugleich ohne Liquidati1 OLG Naumburg v. 27.5.2002 – 7 Wx 1/02, GmbHR 2002, 858 = RNotZ 2002, 462 (für GmbH). A.A. (erst nach Ablauf des Sperrjahres des § 51 BGB kann Eintragung der Beendigung der Liquidation erfolgen) LG Düsseldorf MittRhNotK 1982, 118. S. auch BayObLG v. 11.5.1982 – BReg 3 Z 39/82, GmbHR 1983, 152 = Rpfleger 1982, 429 = Betrieb 1982, 429; in diesem Fall waren jedoch noch „nicht ganz unwesentliche Barmittel“ vorhanden, die angemeldete Beendigung der Liquidation somit noch nicht erfolgt. S. auch Sauter/Schweyer/ Waldner, Rz. 383. 2 Etwas weitergehend wird teilweise eine Versicherung der (anmeldenden) Liquidatoren unter (kurzer) Darstellung der tatsächlichen Verhältnisse in der Anmeldung (in öffentlich beglaubigter Form) verlangt, so z.B. OLG Naumburg v. 27.5.2002 – 7 Wx 1/02, GmbHR 2002, 858 = RNotZ 2002, 462 (für GmbH); Ries/Bauer, Registerrecht, Rz. 7.486.
768 | Stöber/Otto
7. Beendigung der Liquidation und Erlöschen des Vereins | Rz. 1643 XXV.
on anmelden.1 Der Registereintragung steht eine bloß theoretische Möglichkeit, dass später vielleicht doch noch Vereinsvermögen aufgefunden wird, so wenig entgegen wie der Eintragung des Erlöschens nach Ablauf des Sperrjahres. Eine weitere Prüfung des Amtsgerichts ist geboten, sobald ihm Umstände bekannt werden, welche die Richtigkeit der Angaben erschüttern (Rz. 1482). Es besteht kein Anspruch auf sofortige Löschung ohne jede Liquidation.2 M 67 Anmeldung Auflösung mit sofortiger Beendigung I. Erklärungen Die Mitgliederversammlung vom 1.4.2015 hat die Auflösung des Vereins beschlossen. Die Liquidation erfolgt nach § 23 der Satzung durch den letzten Vorstand; andere Personen sind nicht bestellt. Es wird versichert, dass die Versammlung satzungsgemäß unter Angabe der Tagesordnung einberufen wurde und beschlussfähig war und dass der gefasste Beschluss ordnungsgemäß zustande gekommen ist. Eine Abschrift des Auflösungsbeschlusses ist beigefügt. Der Verein hat keinerlei verteilungsfähiges Vermögen. Der Restbestand der Vereinskasse wurde für den Einladungsversand zur Mitgliederversammlung aufgebraucht, wozu ein Teilbetrag schon vom Vorstand durch Verzicht auf Aufwandsersatz zugeschossen werden musste. Liquidationsgeschäfte fallen nicht mehr an. Unsere Tätigkeit ist endgültig beendet. II. Anmeldung Wir melden daher zur Eintragung in das Vereinsregister an: 1. Die Auflösung des Vereins 2. Die Liquidatoren: 1. … 2. … 3. … Je zwei Liquidatoren vertreten gemeinsam. Sodann melden wir an: 3. Die Liquidation ist beendet. Der Verein ist erloschen. Nürnberg, 1.5.2015 (Unterschrift: Vorstände = Liquidatoren in vertretungsberechtigter Zahl)
1 OLG Düsseldorf v. 21.8.2013 – 3 Wx 165/12, Rpfleger 2014, 25: Pietsch, npoR 2019, 164 (166); Ries/Bauer, Registerrecht, Rz. 7.486. 2 Im rechtlichen Ausgangspunkt gilt nichts anderes als bei den Kapitalgesellschaften, zur GmbH: OLG Celle NotBZ 2018, 141 m.zust.Anm. Vossius, s.auch Otto in BeckOK/FamFG, 34. Edition 1.1.2020, § 394 Rz. 19a.1 m.N. der Gegenauffassung.
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XXV. Rz. 1644 | Ausgewählte Registeranmeldungen und Eintragungen 1644
Eintragung des Erlöschens des Vereins erfordert Eintragung der Auflösung (§ 74 Abs. 1 S. 1 BGB). Deren Anmeldung kann im Wege der Auslegung in einer Anmeldung des Erlöschens erblickt werden, Abschrift des Auflösungsbeschlusses muss jedoch vorliegen (§ 74 Abs. 2 BGB). Eintragung der Liquidatoren (§ 76 Abs. 1 S. 1 BGB)1 erfolgt nach beendeter Liquidation nicht mehr, Eintragung des Erlöschens ist nicht erforderlich.2 Geboten ist Eintragung des Erlöschens des Vereins in Spalte 4 unter Buchstabe b (sonstige Rechtsverhältnisse; § 3 S. 3 Nr. 4 VRV). Das Registerblatt wird sodann geschlossen (§ 4 Abs. 2 S. 1 und 2 Nr. 2 VRV).
1645
Zur Nachtragsliquidation, wenn sich nach Eintragung der Beendigung der Liquidation noch Vereinsvermögen findet oder sonst Abwicklungsmaßnahmen erforderlich werden, s. Rz. 1366. Eine Amtslöschung der Eintragung, dass die Liquidation beendet und der Verein erloschen ist, mit dem Ziel der Wiedereintragung des Liquidationsvereins mit seinen früheren Vertretungsverhältnissen kann nicht erfolgen.3
1646
Schließung des Registerblatts des aufgelösten Vereins, wenn Beendigung der Liquidation und Erlöschen des Vereins nicht angemeldet werden: § 4 Abs. 2 S. 3 VRV.
8. Registerblatt mit Eintragungsbeispielen4 1647
Nummer der Eintragung5
1 1300, 1318 ff.
a) Name b) Sitz des Vereins
2
a) Allgemeine Vertretungsregelung b) Vertretungsberechtigte und besondere Vertretungsbefugnis 3
a) Freunde der a) Jedes Vorstandsmitglied Grundschule vertritt einzeln. an der Sied- b) Erster Vorsitzender: lerstraße einErster, Max, geb. am getragener 17.1.1952, Verein wohnh. Nürnberg b) Nürnberg Stellvertretender Vorsitzender: Rauch, Karl, geb. am 9.5.1957, wohnh. Nürnberg
a) Satzung b) Sonstige Rechtsverhältnisse
4 a) Eingetragener Verein. Die Satzung ist am 3.3.2004 errichtet.
a) Tag der Eintragung b) Bemerkungen 5 a) 26.3.2004 b) Satzung Bl. 2 ff. Unterschrift
1 S. (für GmbH) LG Wuppertal MittRhNotK 1981, 143. 2 S. (für Personenhandelsgesellschaft) BayObLG v. 7.3.2001 – 3Z BR 68/01, GmbHR 2001, 522 = NJW-RR 2001, 1482. 3 OLG Hamm v. 8.5.2001 – 15 W 43/01, GmbHR 2001, 819 = NJW-RR 2002, 324. 4 Eine Eintragung, die durch eine spätere Eintragung ihre Bedeutung verloren hat, und der Vermerk über ihre Löschung sind rot zu unterstreichen (§ 11 Abs. 1 VRV). Hier sind diese Rötungen nicht eingetragen. 5 Hier: Bezugnahme auf die Randziffern im Text oben mit Erläuterungen zu den jeweiligen Anmeldungen.
770 | Stöber/Otto
8. Registerblatt mit Eintragungsbeispielen | Rz. 1647 XXV. Nummer der Eintragung
1
a) Name b) Sitz des Vereins
2
a) Allgemeine Vertretungsregelung b) Vertretungsberechtigte und besondere Vertretungsbefugnis 3
a) Satzung b) Sonstige Rechtsverhältnisse
a) Tag der Eintragung b) Bemerkungen
4
5
1351
b) Erster Vorsitzender: Lacher, Sammy, geb. am 21.2.1980, wohnh. Nürnberg Stellvertretender Vorsitzender: Burkert, Michi, geb. am 2.10.1972, wohnh. Nürnberg Vorstand neu bestellt. Müller, Max und Rauch, Karl sind aus dem Vorstand ausgeschieden.
a) 12.6.2011 Unterschrift
1352 (alternativ)
b) Erster Vorsitzender: Stradtner, Doris, geb. am 15.9.1968, wohnh. Nürnberg Erster Vorsitzender neu bestellt. Müller Max ist aus dem Vorstand ausgeschieden.
a) 12.6.2011 Unterschrift
1113
1110
1111
a) § 5 der Satzung (Einund Austritt der Mitglieder) wurde durch Beschluss der Mitgliederversammlung vom 28.6.2011 geändert. a) Freundesund Förderkreis der Grundschule an der Singerstraße
a) 6.7.2011 b) Ändg. Beschl. Bl. 20 Unterschrift
a) § 1 Abs. 1 der Satzung a) 6.7.2011 (Vereinsname) wurde b) Ändg. durch Beschluss der Beschl. Bl. 20 MitgliederversammUnterschrift lung vom 28.6.2011 geändert. a) Der Vorstand kann Grundstücke nur auf Grund eines Beschlusses der Mitgliederversammlung veräußern und belasten.
a) § 8 der Satzung (Mitgliedsbeitrag) wurde geändert § 10a (Vertretungsmacht des Vorstands) wurde neu in die Satzung aufgenommen. je durch Beschluss der Mitgliederversammlung vom 28.6.2011
a) 6.7.2011 b) Ändg. Beschl. Bl. 20 Unterschrift
Stöber/Otto | 771
XXV. Rz. 1647 | Ausgewählte Registeranmeldungen und Eintragungen Nummer der Eintragung
1
a) Name b) Sitz des Vereins
2
a) Allgemeine Vertretungsregelung b) Vertretungsberechtigte und besondere Vertretungsbefugnis 3
a) Satzung b) Sonstige Rechtsverhältnisse
4
1112
a) Je zwei Vorstandsmitglieder vertreten gemeinsam. b) Schriftführer: Müller, Paul, geb. am 17.6.1967, wohnh. Göttingen als (weiterer) Vorstand bestellt.
1370
a) Je 2 Vorstandsmitglieder a) Die Satzung wurde vertreten gemeinsam. durch Beschluss der Die Vertretungsmacht Mitgliederversammdes Vorstands ist wie lung vom 28.6.2011 folgt beschränkt: Zum neu gefasst. Erwerb sowie zur VerDer Vorstand besteht äußerung und Belastung aus dem 1. Vorsitzenvon Grundstücken ist den, dem Kassier und ein zustimmender Bedem Schriftführer. schluss der Mitgliederversammlung erforderlich. Darlehen über 5000 € können nur mit zustimmendem Beschluss der nach § 18 der Satzung gebildeten Gesamtvorstandschaft aufgenommen werden. b) Erster Vorsitzender: Stein, Stefan, geb. am 26.5.1940, wohnh. Nürnberg Kassierer: Fichte, Franz, geb. am 3.7.1970, wohnh. Nürnberg Schriftführer: Heimerl, Hans, geb. am 25.8.1975, wohnh. Nürnberg Vorstand neu bestellt. Kohler, Karl, Huber, Oskar und Müller, Fritz sind aus dem Vorstand ausgeschieden.
772 | Stöber/Otto
a) Tag der Eintragung b) Bemerkungen 5
a) § 14 der Satzung (Vor- a) 6.7.2011 stand) wurde durch Be- b) Ändg. schluss der MitgliederBeschl. Bl. 20 versammlung vom Unterschrift 28.6.2011 geändert. Der Vorstand besteht nun aus drei Mitgliedern.
a) 6.7.2011 b) Ändg. Beschl. Bl. 20 Neue Satzung Bl. 28 Unterschrift
8. Registerblatt mit Eintragungsbeispielen | Rz. 1647 XXV. Nummer der Eintragung
1
a) Name b) Sitz des Vereins
2
a) Allgemeine Vertretungsregelung b) Vertretungsberechtigte und besondere Vertretungsbefugnis 3
a) Satzung b) Sonstige Rechtsverhältnisse
a) Tag der Eintragung b) Bemerkungen
4
5
1403
a) Je zwei Liquidatoren vertreten gemeinsam. b) Liquidatoren a) Stein, Stefan, geb. am 26.5.1940, wohnh. Nürnberg b) Fichte, Franz, geb. am 3.7.1970, wohnh. Nürnberg c) Heimerl, Hans, geb. am 25.8.1975, wohnh. Nürnberg
b) Der Verein ist durch Be- a) 8.8.2011 schluss der Mitglieder- b) Beschluss versammlung vom Bl. 80 1.8.2011 aufgelöst. Unterschrift
1404
b) Liquidator: Schuster, Herbert, geb. am 14.1.1965, wohnh. Nürnberg als (weiterer) Liquidator bestellt. Heimerl, Hans ist als Abwickler ausgeschieden.
a) 29.8.2011 Unterschrift
1405
hier: die allgemeine Vertretungsregelung und den neuen Vorstand eintragen
b) Die Auflösung des Ver- a) 10.10.2011 eins ist durch Beschluss b) Beschluss der MitgliederverBl. 102 sammlung vom Unterschrift 20.9.2011 rückgängig gemacht worden. Der Verein ist damit wieder in einen aktiven Verein zurückverwandelt.
1408
b) Die Liquidation ist beendet. Der Verein ist erloschen.
a) 8.10.2012 Unterschrift
Stöber/Otto | 773
XXVI. Weitere Registerverfahren und Kosten 1. Prüfung der Mitgliederzahl (§ 72 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Löschung unzulässiger Eintragungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anwendungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . b) Verfahren, insbesondere Ermessensausübung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Löschung des Vereins bei Absinken der Mitgliederzahl . . . . . . . . . a) Entziehung der Rechtsfähigkeit durch das Amtsgericht (§ 73 BGB) b) Löschung des mitgliederlosen Vereins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Eintragungen bei einem Insolvenzverfahren (§ 75 BGB) . . . . . . a) Verfahrenseröffnung bzw. Masselosigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vorstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Weitere Eintragungen . . . . . . . . . . . 5. Zwangsgeldverfahren . . . . . . . . . . a) Die Zwangsgeldbewehrten Pflichten und die Adressaten eines Zwangsgelds . . . . . . . . . . . . . .
1648 1652 1652 1655 1665 1665 1670 1671 1671 1673 1674 1680
b) Einleitung des Zwangsgeldverfahrens (§ 388 FamFG) . . . . . . . . . c) Festsetzung des Zwangsgeldes (§ 389 FamFG) . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Kosten des Zwangsgeldverfahrens 6. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . b) Gebührenbefreiungen und Ermäßigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Geschäftswert . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Erstanmeldung und Eintragung des Vereins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Spätere Anmeldungen und Eintragungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Umwandlungsfälle . . . . . . . . . . . . . g) Rechtsmittel in den Anmeldeverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Andere Verfahren des Amtsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i) Registereinsicht, Abschriften, Bescheinigungen . . . . . . . . . . . . . . .
1686 1691 1693 1699 1702 1702 1703 1705 1712 1716 1723 1726 1728 1730
1680
Literatur: Bassenge, Tatsachenermittlung, Rechtsprüfung und Ermessensausübung in den registergerichtlichen Verfahren nach §§ 132 bis 144 FGG, Rpfleger 1974, 173; Böttcher, Die Beendigung des rechtsfähigen Vereins, Rpfleger 1988, 169; Bund, Beschlüsse, Verschmelzung und Anmeldungen der Vereine, JurBüro 2003, 578; Holzer, Widerspruch und Einspruch in Verfahren der frewilligen Gerichtsbarkeit, NotBZ 2018, 251; Ländernotarkasse, Gründung eines Idealvereins mit Wahl des Vorstandes (Notarkostenrecht), NotBZ 2015, 340; Röcken, Gebühren im Vereinsrecht – Auswirkungen des 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes, ZStV 2014, 25; Karsten Schmidt, Zur Löschung unrechtmäßig eingetragener Vereine, JR 1987, 177; Wentzel, Auswirkungen des Insolvenzverfahrens auf das Vereinsregister, Rpfleger 2001, 334.
1. Prüfung der Mitgliederzahl (§ 72 BGB) Der Vorstand hat dem Amtsgericht auf dessen Verlangen jederzeit eine Bescheinigung über die Zahl der Vereinsmitglieder einzureichen. Das Amtsgericht benötigt die Bescheinigung vor allem zur Prüfung, ob das Verlangen auf Berufung der MitgliederverStöber/Otto | 775
1648
XXVI. Rz. 1648 | Weitere Registerverfahren und Kosten
sammlung von der erforderlichen Zahl der Vereinsmitglieder gestellt ist (§ 37 BGB Rz. 810 ff.), ob Beschlüsse oder Wahlen mit einer satzungsmäßigen Mehrheit gefasst sind, ob eine Versammlung durch Anwesenheit der erforderlichen Mitgliederzahl beschlussfähig war und ob dem Verein noch 3 Mitglieder (vgl. § 73 BGB) angehören. Die Einreichung der Bescheinigung ist dem Vorstand als öffentlich-rechtliche Pflicht auferlegt. Die Erfüllung dieser Verpflichtung kann das Amtsgericht im Zwangsgeldverfahren erzwingen (§ 78 BGB). 1649
Seit 30.9.2009 genügt – in Vorbereitung des elektronischen Rechtsverkehrs – die „schriftliche“ anstelle der von der bis dahin geltenden Gesetzesfassung verlangten unterschriftlich vollzogenen Bescheinigung.1 Sie ist „Dokument“ i.S.d. § 14 Abs. 2 S. 2 FamFG. Soll ein elektronisches Dokument eingereicht werden, ist eine qualifizierte elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz erforderlich (§ 130a Abs. 1 Sätze 1 und 2 ZPO). Auch nach der Neufassung sollte es dabei bleiben, dass die Bescheinigung von Vorstandsmitgliedern in vertretungsberechtigter Zahl unterzeichnet sein muss.2 Der Begriff „Bescheinigung“ verlangt insoweit einen verantwortlichen Aussteller (anders als die bloße „Abschrift“ in § 71 BGB n.F.).3 Bei der elektronischen Übermittlung kann das praktisch durch Einreichung einer elektronisch beglaubigten Abschrift der originalunterschriebenen Erklärung geschehen.
1650
Die Bescheinigung muss nur die aktuelle Mitgliederzahl mitteilen. Sie braucht nicht als Verzeichnis der Mitglieder eingereicht werden. Sie muss nicht die Namen, erst Recht nicht weitere Daten wie z.B. die Anschriften der Mitglieder angeben. Auch datenschutzrechtlich unbedenklich sollte es aber sein, wenn der Vorstand seiner Verpflichtung durch Vorlage eines namentlichen Mitgliederverzeichnisses nachkommt.
1651
Muster für die Erklärung: M 68 Bescheinigung aktuelle Mitgliederzahl Auf Verlangen des Amtsgerichts … vom … wird gem. § 72 BGB bescheinigt, dass dem Verein … (= Zahl) Mitglieder angehören. oder: … wird bescheinigt, dass dem Verein die in dem angefügten Verzeichnis namentlich aufgeführten … (= Zahl) Mitglieder angehören.
1 Gesetz zur Erleichterung elektronischer Anmeldungen zum Vereinsregister und anderer Vereinsrechtlicher Änderungen v. 24.9.2009 (BGBl. I 3145). 2 Ellenberger in Palandt, § 72 Rz. 1; jurisPK/Otto, § 72 Rz. 4. 3 Anders Ries/Bauer, Registerrecht, Rz. 7.79: Keine Unterschrift erforderlich.
776 | Stöber/Otto
2. Löschung unzulässiger Eintragungen | Rz. 1654 XXVI.
2. Löschung unzulässiger Eintragungen a) Anwendungsfälle Wenn eine Eintragung in das Vereinsregister bewirkt ist, obgleich sie im Zeitpunkt ihrer Vornahme wegen Mangels einer wesentlichen Voraussetzung unzulässig war oder wenn sie nachträglich unzulässig geworden ist, kann das Amtsgericht sie von Amts wegen löschen (§ 395 FamFG). Der „Mangel einer wesentlichen Voraussetzung“ kann materiell-rechtlicher oder verfahrensrechtlicher Art sein. Er kann schon bei Eintragung vorgelegen, er kann sich aber auch nachträglich erwiesen haben. Maßgeblich ist insofern der Zeitpunkt der Löschung.1 Mängel einer Verschmelzung berühren nach Eintragung in das Vereinsregister des übernehmenden Rechtsträgers deren Bestandskraft nicht (§ 20 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2, § 36 UmwG). Amtslöschung der Eintragung der Verschmelzung kommt daher nicht in Betracht.2 Entsprechendes gilt für Spaltung (§ 125 mit § 20 UmwG) und Formwechsel (§ 202 UmwG).
1652
Gelöscht wird
1653
– bei unzulässiger Eintragung des Vereins (§§ 21, 55 BGB) die Gesamteintragung des Vereins im Vereinsregister. Rechtsfolge: Rz. 1393, – bei unzulässiger Eintragung einer Satzungsbestimmung, wie insbesondere dann, wenn die Satzung oder einzelne ihrer Bestimmungen wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) oder gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) nichtig sind3, die unzulässig eingetragene Satzungsvorschrift, damit auch ein unzulässiger Vereinsname.4 Die Satzungsbestimmung über den Vereinsnamen5 ist zu löschen, wenn dieser zur Täuschung Anlass gibt (Rz. 175), dafür reicht aber nicht unbedingt, wenn er fremde Namensrechte verletzt6 oder gegen die Sollvorschrift des § 57 Abs. 2 BGB (Unterscheidung von anderen Vereinen) verstößt.7 Ein unzulässiger Vereinsname kann nicht teilweise mit der Folge gelöscht werden, dass der verbleibende Teil als Vereinsname zu gelten habe8, – bei unzulässiger Eintragung des Vorstands oder eines einzelnen Mitglieds des Vorstands der unzulässig eingetragene Vorstand9, – die sonst unzulässig erfolgte Eintragung. Als unzulässig wird die Eintragung wegen Mangels einer wesentlichen Voraussetzung insbesondere gelöscht, wenn 1 2 3 4 5 6 7 8 9
Krafka in MünchKomm/ZPO, § 395 FGG Rz. 7. OLG Frankfurt v. 26.5.2003 – 20 W 61/03, GmbHR 2003, 1276 = Rpfleger 2003, 512. RG 165, 140 (144); KG NJW 1962, 1917. OLG Frankfurt v. 16.6.1981 – 15 W 201/80, OLGZ 1981, 433 (434). Die Löschung des Vereinsnamens hat nicht den Verlust der Rechtsfähigkeit zur Folge, BGH v. 9.6.1983 – I ZR 73/81, MDR 1984, 118 = NJW 1984, 668. Ellenberger in Palandt, § 57 Rz. 2. BayObLG 1971, 329 = NJW 1972, 957; Krafka, Rz. 2256, 2259. BayObLG 1971, 329 = NJW 1972, 957; OLG Karlsruhe Justiz 1982, 263. OLG Hamm Rpfleger 1978, 132.
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1654
XXVI. Rz. 1654 | Weitere Registerverfahren und Kosten
– der Verein eingetragen wurde, obwohl sein satzungsmäßiger Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist (vgl. §§ 21, 22 BGB).1 Ein öffentliches Interesse an der Beseitigung der Eintragung liegt stets vor2, wenn der als Idealverein in das Vereinsregister eingetragene Verein in Wirklichkeit nach seiner Satzung3 ein wirtschaftlicher Verein ist (hierzu auch Rz. 68 ff.). Seit Neufassung des § 43 Abs. 2 BGB4 gilt das auch, wenn der Zweck des Vereins nach der Satzung nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, der Verein jedoch tatsächlich einen solchen Zweck verfolgt (Rz. 1392 f.)5, – die Unwirksamkeit der Gründung festgestellt wird6, – die Eintragung ohne Anmeldung erfolgt ist und die Anmeldung nicht nachgeholt wird, – wesentliche Eintragungsvoraussetzungen fehlen7, – ein eingetragener Beschluss (Wahl, Satzungsänderung, Auflösungsbeschluss) nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist (z.B. deshalb, weil die Mitgliederversammlung nicht einberufen war;8 zur Nichteinladung einzelner stimmberechtigter Mitglieder s. aber auch Rz. 1054) oder eine Unwirksamkeit sonst erkennbar wird, – die Eintragung des Vorstands mit Ablauf seiner Amtszeit, wenn nach dem Ergebnis der Ermittlungen des Gerichts (§ 26 FamFG) eine Wiederwahl nicht erfolgt ist.9 Nach anderer Auffassung kommt eine Amtslöschung nicht in Betracht, weil die Mittel fehlen, eine doch erfolgte Wiederwahl sicher auszuschließen.10 … ist nicht mehr Vorstand. Von Amts wegen gem. § 395 Abs. 1 FamFG eingetragen. Keine wesentlichen Voraussetzung ist die Wahrung bloßer Sollbestimmungen (wie §§ 56, 57 Abs. 2, 58 BGB) und von Formvorschriften der Anmeldung wie § 77 BGB.11
1 BayObLG 1978, 87 (89) = MDR 1978, 843 = Rpfleger 1978, 249; OLG Celle NdsRpfl 1995, 164 = NJW 1996, 1502; KG JFG 3, 259; OLG Hamm v. 4.8.1992 – 15 W 202/92, Rpfleger 1993, 249; KG v. 17.7.1992 – 1 W 6555/90, FamRZ 1993, 443 = MDR 1993, 79 = NJW-RR 1993, 187; dazu K. Schmidt, JR 1987 177 und NJW 1993, 1225; Böttcher, Rpfleger 1988, 169 (170). 2 A.A. BezG Chemnitz DtZ 1994, 158 = Rpfleger 1993, 162 mit abl. Anm. Petters. 3 Zur Auslegung der Satzung im Löschungsverfahren OLG Hamm v. 4.8.1992 – 15 W 202/ 92, Rpfleger 1993, 249. 4 Fassung seit 30.9.2009, Gesetz zur Erleichterung elektronischer Anmeldungen zum Vereinsregister und anderer Vereinsrechtlicher Änderungen v. 24.9.2009 (BGBl. I 3145). 5 OLG Frankfurt v. 28.10.2010 – 20 W 254/10, juris Rz. 19. 6 KG OLG 36, 188. 7 KG HRR 1928 Nr. 1958. 8 Krafka, Registerrecht, 11. Aufl., Rz. 2258 m.N. 9 Dazu Stöber, Rpfleger 1967, 346 f.; Pfälz. OLG v. 18.9.2003 – 3 W 151/03, NJW-RR 2004, 34 (35, 36). 10 Ries/Bauer, Registerecht, Rz. 7.393. Eine weitere Ansicht lehnt hier bereits jede Amtsermittlung ab (Krafka, Registerrecht, Rz. 2185a. 11 Krafka, Registerrecht, 11. Aufl., Rz. 2259.
778 | Stöber/Otto
2. Löschung unzulässiger Eintragungen | Rz. 1656 XXVI.
b) Verfahren, insbesondere Ermessensausübung Zuständig ist auch hier der Rechtspfleger. Das Amtslöschungsverfahren ist nur einzuleiten, wenn die Unzulässigkeit der Eintragung nach Überprüfung aller maßgeblichen Umstände ohne vernünftige Zweifel zu bejahen1, der Mangel wesentlich (vgl. § 395 Abs. 1 FamFG) und die Löschung nach dem pflichtgemäßen Ermessen (str.)2 des Gerichts geboten ist. Letzteres ist der Fall, wenn ein schutzwürdiges Interesse Dritter oder öffentliche Interessen die Löschung nötig machen.3 Wenn die Löschung niemandem nützt, aber schwere wirtschaftliche Nachteile für den betroffenen Verein mit sich bringt, kann sie unterbleiben4, so bei einer (kleineren) „Wassergenossenschaft“, die nahezu 38 Jahre im Vereinsregister eingetragen ist, wenn keine Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass die Rechtsformverfehlung schutzwürdige Interessen der Vereinsmitglieder oder Dritter beeinträchtigt.5 In der vormals teilweise parallel zuständigen Verwaltungsgerichtsbarkeit wurde entsprechend ein schützenswerter „Rechtsformbesitzstand“ anerkannt.6 Zu weit geht die Auffassung des OLG Brandenburg, wonach das das öffentliche Interesse an einer Löschung wegen Rechtsformverfehlung 18 Jahre nach – fälschlicherweise erfolgter – Eintragung zurücktritt, wenn tatsächliche Beeinträchtigungen der Interessen der Mitglieder oder von Dritten in diesem Zeitraum nicht erkennbar waren und der Verein dem Gericht bisher keinen besonderen Bearbeitungsaufwand gemacht hat.7 Richtigerweise darf es darum nicht gehen. Der Rechtsformzwang bei wirtschaftlichem Zweck dient gerade dem präventiven Schutz des Rechtsverkehrs. Die Vergangenheit ist hier allenfalls Indiz, der Arbeitsaufwand des Gerichts niemals Kriterium.8
1655
Bei Satzungsänderung ist ein Mangel wesentlich, wenn die neue Bestimmung gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstößt. Das dem Amtsgericht eingeräumte Ermessen, ob ein Amtslöschungsverfahren durchzuführen ist, kann es im Einzelfall auch rechtfertigen, von der Erhebung von Beweisen abzusehen, die wenig Aussicht
1656
1 BayObLG 1971, 329 = NJW 1972, 957; OLG Hamm MDR 1978, 575 = Rpfleger 1978, 132. 2 Für eine Ermessenausübung i.R. § 395 FamFG Leuschner, ZIP 2015, 356, 366 m.w.N., Krafka, Rz. 2260 (allerdings mit Hinweis auf die Rechtsprechung vor Neufassung des § 43 BGB). Zu den früheren Normen §§ 159, 142 FGG (Löschung durch das Register bei anfänglicher Zweckverfehlung): BayObLG 1958, 16 (21); BayObLG v. 12.10.1979 – BReg 2 Z 37/79, Rpfleger 1980, 15; Schl.-Holst. OLG v. 13.11.1989 – 2 W 62/89, Rpfleger 1990, 303 = SchlHA 1990, 139; Pfälz. OLG v. 18.9.2003 – 3 W 151/03, NJW-RR 2004, 34. Für eine grundsätzlich gebundene Entscheidung im Rahmen des § 43 Abs. 2 BGB a.F. (Rechtsfähigkeitsentzug durch die Behörde bei nachträglicher Zweckverfehlung) hingegen BVerwG v. 6.11.1997 – 1 C 18/95, BVerwGE 105, 313. 3 OLG Hamm MDR 1978, 575 = Rpfleger 1978, 232; KG JFG 11, 143 (148); BayObLG 1978, 87 (93); auch BayObLG 1975, 332 = Rpfleger 1975, 400 und BayObLG v. 19.6.2001 – 3Z BR 48/01, GmbHR 2001, 776 = Rpfleger 2001, 599. 4 KG Recht 1928 Nr. 1412; OLG Hamm Rpfleger 1969, 350. 5 BayObLG 1978, 87 (93). 6 Discher, S. 88 m.N. 7 Bdb. OLG v. 4.8.2014 – 7 W 83/14, juris; Bdb. OLG v. 8.7.2014 – 7 W 124/13, juris. Zustimmend Röcken, npoR 2015, 17, 18. 8 Zutreffend Ries/Bauer, 7.75: Es kann nicht darauf ankommen, wie „brav“ der Verein gegenüber dem Gericht ist. Anders Röcken, npoR 2015, 17 (18).
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XXVI. Rz. 1656 | Weitere Registerverfahren und Kosten
auf Erfolg versprechen oder (soweit der Sachverhalt bereits in gewissem Umfang aufgeklärt ist) unverhältnismäßig großen Aufwand erfordern.1 1657
Jedermann kann die Einleitung des von Amts wegen durchzuführenden Verfahrens anregen (§ 24 Abs. 1 FamFG).2 § 37 Abs. 2 FamFG gilt. Wenn die Löschung Rechte eines Beteiligten beeinträchtigt, darf sich das Gericht nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse stützen, zu denen er sich äußern konnte (§ 37 Abs. 2 FamFG).3 Wenn eine Eintragung nicht zweifelsfrei unzulässig ist, ist ein die Löschung anregendes Vereinsmitglied (oder bei anzunehmendem rechtlichen Interesse auch ein anregender Dritter) davon zu unterrichten, wenn der Anregung nicht gefolgt wird (§ 24 Abs. 2 FamFG) und damit zur Klärung vorhandener Zweifelsfragen auf den Rechtsweg (Prozessweg) zu verweisen.4 Wenn damit über ein von dem Gericht eingeleitetes Prüfungsverfahren abschließend entschieden sein soll, ist die Beschwerde statthaft. Der BGH hat klargestellt, dass § 24 Abs. 2 FamFG (als andere Bestimmung i.S.d. § 58 FamFG) sie nicht ausschließt.5 Beschwerdeberechtigt (§ 59 Abs. 1 FamFG) ist aber das Vereinsmitglied oder der Dritte nur bei einer unmittelbaren Beeinträchtigung in eigenen Rechten.6 Diese ist schlüssig vorzutragen. Eine Verletzung eigener Rechte des Mitglieds wurde angenommen, wenn das Gericht die Anregung ablehnt, eine Eintragung zu löschen, die auf Grund eines Beschlusses der Mitgliederversammlung zustande gekommen ist, den das Mitglied wegen Verstoßes gegen Gesetz oder Satzung auch mit der Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit anfechten könnte.7 Ebenso, wenn ein Mitglied des Vorstands geltend macht, zu Unrecht im Register gelöscht worden zu sein.8 Das Gericht ist im Amtslöschungsverfahren aber nicht zur Aufklärung verwickelter Rechtsverhältnisse verpflichtet.9 Die tatsächlichen Grundlagen der Rechtsbeeinträchtigung sind sowohl für die Zulässigkeit als auch für die Begründetheit der Beschwerde entscheidend („doppelrelevante Tatsachen“) und von dem Beschwerdeführer schlüssig vorzutragen.10 1 2 3 4 5 6
7
8 9 10
BayObLG 1989, 187. Für ein Antragsrecht Dritter de lege ferenda Kögel, Rpfleger 2014, 569. OLG Köln v. 17.3.2011 – 2 Wx 27/11, NotBZ 2011, 296 = Rpfleger 2011, 443. BayObLG v. 12.10.1979 – BReg 2 Z 37/79, Rpfleger 1980, 15; Pfälz. OLG v. 18.9.2003 – 3 W 151/03, NJW-RR 2004, 34. BGH v. 24.4.2012 – II ZB 8/10, Rpfleger 2012, 445 gegen OLG Düsseldorf v. 10.2.2010 – 3 Wx 11/10, FGPrax 2010, 105. Von fehlender Beschwerdefähigkeit ausgehend noch Discher, 85 f. Für eine Untätigkeitsbeschwerde in diesen Fällen Leuschner, S. 181. BGH v. 24.4.2012 – II ZB 8/10, Rpfleger 2012, 445; OLG Stuttgart v. 30.1.2014 – 8 W 32/ 14, Rpfleger 2014, 436. Unter der Voraussetzung des § 59 Abs. 1 FamFG wird ein Beschwerderecht soweit ersichtlich allgemein angenommen, obwohl der Rechtspfleger über eine Nichtbefolgung der Anregung nicht durch Beschluss entscheidet. Vor Inkrafttreten des § 24 Abs. 2 FamFG: BayObLG 1988, 170 (174) m.w.N.; BayObLG 1989, 187 (190); Pfälz. OLG v. 19.12.2001 – 3 W 272/01, NotBZ 2002, 343 = Rpfleger 2002, 315. Das gilt auch unter dem Regime der §§ 24 Abs. 2, 58 FamFG fort, BGH v. 24.4.2012 – II ZB 8/10, Rpfleger 2012, 445. BayObLG v. 14.1.1993 – 3Z BR 5/93, NJW-RR 1993, 698; OLG Hamm DNotZ 1971, 247 = MDR 1971, 223 = OLGZ 1971, 226; Pfälz. OLG NotBZ 2002, 343. BGH v. 24.4.2012 – II ZB 8/10, Rpfleger 2012, 445. BGH v. 24.4.2012 – II ZB 8/10, Rpfleger 2012, 445.
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2. Löschung unzulässiger Eintragungen | Rz. 1661 XXVI.
Eine Beschwerdebefugnis des einzelnen Mitglieds bei Ablehnung der Löschung wegen Rechtsformverfehlung (auch: Überschreiten des Nebenzweckprivilegs) wird in der Literatur verneint.1 Weil es bei der Vereinsklassenabgrenzung letztlich um den abstrakten Schutz des Rechtsverkehrs gehe, sind auch einzelne Gläubiger2 und auch Konkurrenten3 nicht beschwerdeberechtigt. Stets beschwerdeberechtigt ist in diesem Fall ein berufsständisches Organ i.S.d. § 380 FamFG,4 das eine Amtslöschung wegen wirtschaftlicher Haupttätigkeit anstrebt.5
1658
Wenn die Löschung einer unzulässigen Eintragung beabsichtigt ist, hat das Gericht den Beteiligten von der beabsichtigten Löschung zu benachrichtigen und ihm zugleich eine angemessene Frist zur Geltendmachung eines Widerspruchs zu bestimmen (§ 395 Abs. 2 S. 1 FamFG). Beteiligt ist der Verein, vertreten durch seinen Vorstand, wenn beabsichtigt ist, die Eintragung eines Vereinsorgans (Vorstand, Liquidator) zu löschen, zusätzlich (formell) dieses.6 Wird Widerspruch erhoben, so entscheidet darüber das Gericht.
1659
Beschwerde findet gegen die Einleitung eines Amtslöschungsverfahrens nicht statt (Rechtsbehelf ist Widerspruch). Das gilt auch dann, wenn das Verfahren durch Beschwerdeentscheidung über die Ablehnung einer Amtslöschung in Gang gesetzt war.7 Über den Widerspruch wird durch Beschluss entschieden, dieser Beschluss ist dann beschwerdefähig (§§ 395 Abs. 3, 393 Abs. 3 FamFG). In eigenen Rechten verletzt (§ 59 Abs. 1 FamFG) ist nicht ein anderer Verein.8 Die Löschung darf erst erfolgen, wenn Widerspruch nicht erhoben oder wenn die den Widerspruch zurückweisende Verfügung rechtskräftig geworden ist (§§ 395 Abs. 3, 393 Abs. 3 FamFG). Dazu ist Ablauf der einmonatigen Beschwerdefrist erforderlich, die durch Bekanntgabe an die Beteiligten ausgelöst wird (§§ 45, 63 Abs. 1, Abs. 3 FamFG). Beteiligt sind stets zumindest der Widerspruchsführer und der Verein. Kann eine schriftliche Bekanntgabe nicht bewirkt werden, beginnt die Frist mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass (§ 63 Abs. 3 FamFG).
1660
Die Löschung geschieht durch Eintragung eines Vermerks (§ 395 Abs. 1 S. 2 FamFG, § 11 Abs. 3 VRV) in der für Eintragung einer Änderung bestimmten Spalte, somit
1661
– in Spalte 3 unter Buchstabe a oder b bei Löschung einer Eintragung der allgemeinen Vertretungsregelung oder eines Vertretungsberechtigten,
1 Zumeist wegen § 24 Abs. 2 FamFG (dazu jetzt aber BGH v. 24.4.2012 – II ZB 8/10, Rpfleger 2012, 445) bzw. davon ausgehend, dass die Vereinsklassenabgrenzung allein dem Gläubigerschutz diene (Leuschner, S. 181 f.). 2 Leuschner, S. 188. 3 OLG Stuttgart v. 30.1.2014 – 8 W 32/14, Rpfleger 2014, 436. 4 Für eine generelle Erweiterung auf Vereinsmitglieder bzw. Gläubiger des Vereins Kögel, Rpfleger 2014, 569; Discher, 277. 5 OLG Frankfurt v. 28.10.2010 – 20 W 254/10, SpuRt 2011, 125. 6 BayObLG v. 15.12.1988 – BReg 3 Z 150/88, NJW-RR 1989, 765. 7 BayObLG v. 14.1.1993 – 3Z BR 5/93, NJW-RR 1993, 698. 8 OLG Köln v. 15.8.1994 – 2 Wx 14/94, Rpfleger 1995, 163.
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XXVI. Rz. 1661 | Weitere Registerverfahren und Kosten
– in Spalte 4 unter Buchstabe a bei Löschung einer Angabe zur Satzung (damit auch des in Spalte 2 zu rötenden Namens oder Sitzes), insbesondere damit auch einer Satzungsänderung, – in Spalte 4 Buchstabe b bei Löschung einer Angabe zu den sonstigen Rechtsverhältnissen. M 69 Löschung von Amts wegen Die Eintragung der am … beschlossenen Satzungsänderung unter lfd. Nr. … wird gem. § 395 Abs. 1 FamFG von Amts wegen gelöscht.
Die Eintragung ist dem Vorstand des Vereins mitzuteilen (§ 41 Abs. 1 FamFG entspr.); öffentliche Bekanntmachung erfolgt nicht. 1662
Das Amtslöschungsverfahren erledigt sich in der Hauptsache, wenn mit Veränderung der Sach- und Rechtslage der Mangel entfällt, insbesondere wenn er durch eine eingetragene Satzungsänderung ausgeräumt ist1, oder sonst nicht mehr besteht.2 Die Löschung der Eintragung ist dann nicht mehr zulässig.3
1663
Eine von Amts wegen vorzunehmende Löschung kann dazu führen, dass weitere Eintragungen unrichtig werden. Das ist bei diesen zu vermerken (§ 384 Abs. 2 FamFG).
1664
Bei offensichtlichen Unrichtigkeiten (Schreibversehen) muss kein Löschungsverfahren durchgeführt werden, sie können nach § 12 Abs. 2 VRV korrigiert werden.
3. Löschung des Vereins bei Absinken der Mitgliederzahl a) Entziehung der Rechtsfähigkeit durch das Amtsgericht (§ 73 BGB) 1665
Der Verein besteht fort, solange auch nur ein Mitglied an seiner Mitgliedschaft festhält (Rz. 1399). Rechtsfähig bleibt der Verein daher auch, wenn die Zahl der Mitglieder unter die für die Ersteintragung erforderliche Mindestzahl von sieben (§ 56 BGB) herabsinkt. Für einen Verein, der keine drei Mitglieder mehr hat, besteht aber kein weiteres Bedürfnis für die Eintragung im Vereinsregister und die ihm dadurch zukommende Rechtsfähigkeit. § 73 BGB sieht daher vor, dass das Amtsgericht dem Verein die Rechtsfähigkeit zu entziehen hat, wenn die Zahl der Vereinsmitglieder unter drei herabgesunken ist. Für den Verein, der seine Aktivitäten eingestellt hat, ist das Verfahren nach § 73 BGB keineswegs kostengünstiger als die Anmeldung von Auf-
1 OLG Hamm Rpfleger 1978, 132. 2 Beispiel: Nachträgliche Bestellung (Wahl) zunächst unzutreffend eingetragener Mitglieder des Vorstands, BayObLG v. 11.5.1996 – 3Z BR 58/95, MDR 1996, 312 = DNotZ 1996, 167 = NJW-RR 1996, 991. 3 BayObLG v. 11.5.1995 – 3Z BR 58/95, MDR 1996, 312 = NJW-RR 1996, 991.
782 | Stöber/Otto
3. Löschung des Vereins bei Absinken der Mitgliederzahl | Rz. 1668 XXVI.
lösung und Beendigung:1 Es entstehen vielmehr eigene Verfahrenskosten (Rz. 1728), ohne dass die Liquidation und Anmeldung der Beendigung entbehrlich würden. Diese Entziehung der Rechtsfähigkeit wird auf Antrag des Vorstands ausgesprochen. Stellt der Vorstand den Antrag nicht binnen 3 Monaten (die Frist rechnet von dem Zeitpunkt an, in dem das Gericht den Vorstand zur Antragstellung aufgefordert, er von seiner Antragspflicht nach Herabsinken der Mitgliederzahl unter drei also zuverlässig Kenntnis erlangt hat), hat das Amtsgericht dem Verein von Amts wegen nach Anhörung des Vorstands (§ 37 Abs. 2 FamFG) die Rechtsfähigkeit zu entziehen. Wenn glaubhaft gemacht wird, dass alsbald weitere Mitglieder zum Verein kommen werden, kann das Gericht das Verfahren zurückstellen. Der Verein kann durch Beschlussfassung über den Verzicht auf die Eintragung (Rz. 221) der Entziehung der Rechtsfähigkeit nach § 73 BGB entgehen. Existiert kein Vorstand, so kann das Gericht für die Anhörung und Vertretung im Verfahren auch ohne Antrag einen Notvorstand bestellen (§ 29 BGB).2
1666
Die Beschluss (§ 401 FamFG) durch die dem Verein die Rechtsfähigkeit nach § 73 BGB entzogen wird, wird dem Vorstand zugestellt (§ 41 Abs. 1 S. 2 FamFG). Gegenüber Vorstandsmitgliedern, deren Einverständnis zu erwarten ist, genügt auch einfache Bekanntgabe. Gegen den Beschluss findet die Beschwerde statt (§ 58 FamFG). Wirksam wird der Beschluss erst mit Rechtskraft (§ 401 FamFG). Auch insofern kann, um die Beschwerdefrist in Gang zu setzen (§ 63 Abs. 3 FamFG), von Amts wegen ein Notvorstand bestellt werden, dem der Beschluss zugestellt werden kann.3 Den einzelnen Vereinsmitgliedern muss der Beschluss nicht zugestellt werden, sie sind nicht beschwerdeberechtigt.4
1667
Die Entziehung der Rechtsfähigkeit (als Tatsache, nicht damit der zugrunde liegende Anlass) wird nach Rechtskraft der Verfügung von Amts wegen in das Vereinsregister eingetragen (§ 74 Abs. 1 BGB). Die Eintragung erfolgt in Spalte 4 unter Buchstabe b (§ 3 S. 3 Nr. 4 VRV); sie kann lauten:
1668
M 70 Eintragung Entzug der Rechtsfähigkeit Dem Verein ist durch Beschluss des Amtsgerichts … vom … die Rechtsfähigkeit entzogen. Von Amts wegen gem. § 74 Abs. 1 BGB eingetragen.
1 Pietsch, npoR 2019, 164 (166). 2 BayObLG v. 15.12.1988 – BReg 3 Z 150/88, NJW-RR 1989, 765; Steffen in BGB-RGRK, § 73 Rz. 2; Erman/Westermann, § 73 Rz. 1; Hadding in Soergel, § 73 Rz. 5; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 404; Eichler, Rpfleger 2004, 196 (202); anders Schwennicke in Staudinger, § 73 Rz. 11 (bei fehlendem Vorstand genügt Anhörung der verbliebenen Mitglieder). 3 BayObLG v. 15.12.1988 – BReg 3 Z 150/88, NJW-RR 1989, 765 f.; Hadding in Soergel, § 73 Rz. 5. Anders Schwennicke in Staudinger, § 73 Rz. 11. 4 Krafka, Rz. 2279.
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XXVI. Rz. 1669 | Weitere Registerverfahren und Kosten 1669
Das Registerblatt ist zu schließen (§ 4 Abs. 1 und 2 VRV). Die Eintragung ist dem Vorstand des Vereins mitzuteilen (§ 41 Abs. 1 FamFG); öffentliche Bekanntmachung erfolgt nicht. Die Entscheidung nach § 73 BGB schließt nicht aus, dass der Verein ohne Liquidation als nichteingetragener Verein fortbesteht.1 Nach neuer Auffassung höchstrichterlicher Rechtsprechung2 ist auch der nicht eingetragene Verein im Ergebnis rechtsfähig, so dass er entgegen dem Wortlaut der Norm nur die Eintragung und daraus resultierende Rechtswirkungen verliert (vgl. Rz. 1755 ff.). b) Löschung des mitgliederlosen Vereins
1670
Mit dem Wegfall sämtlicher Mitglieder ist der Verein ohne Liquidation erloschen, da es einen mitgliederlosen Verein nicht gibt (Rz. 1397).3 Ist nach den Ermittlungen des Amtsgerichts, die von Amts wegen vorzunehmen sind4 (§ 26 FamFG), sicher5 anzunehmen, dass der Verein in solcher Weise erloschen ist, so ist er auch im Vereinsregister zu löschen. Für diese Löschung kommt dem Vorhandensein von Vereinsvermögen keine Bedeutung zu, weil der Verein auch durch sein Vermögen nicht am Leben bleibt. Der Verein ist nach Wegfall der Mitglieder daher auch zu löschen, wenn er noch Vermögen hat.6 Zur Vermögensabwicklung hat das Vormundschaftsgericht erforderlichenfalls einen Pfleger zu bestellen (§ 1913 BGB).7 Gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Löschung mitgliederloser Vereine treten die Interessen vermeintlich noch vorhandener, aber unwirksam beigetretener Mitglieder jedenfalls dann zurück, wenn der ursprüngliche Vereinszweck von ihnen nicht mehr verfolgt wurde.8 Die Löschung erfolgt durch Eintragung eines Löschungsvermerks in Spalte 4 unter Buchstabe b (§ 3 S. 3 Nr. 4 VRV). Dieser kann lauten: M 71 Eintrag Erlöschen mangels Mitgliedern Der Verein ist durch Wegfall sämtlicher Mitglieder erloschen. Von Amts wegen eingetragen.
1 Böttcher, Rpfleger 1988, 169 ff. (174); Schwennicke in Staudinger, § 73 Rz. 14; je m.w.N.; Bayer, Die liquidationslose Fortsetzung rechtsfähiger Idealvereine, 1984, S. 181 ff., 220 ff. Zu einer in diesem Sinne sehr fortschrittlichen Auffassung bereits v. Tuhrs; vgl. Flume, BGB AT, Bd. 2, 4. Aufl., S. 182. 2 BGH v. 2.7.2007 – II ZR 111/05, MDR 2007, 1446 = NJW 2008, 69 = Rpfleger 2008, 79 = WM 2007, 1932 = ZIP 2007, 1942; dazu Terner, NJW 2008, 16 und Oschütz, SpuRt 2008, 97. 3 Etwas anderes gilt nur, wenn der Verein bereits im Liquidationsstadium ist. Hier wird die Liquidation fortgesetzt, Ries/Bauer, Registerrecht, Rz. 7.511. 4 OLG Frankfurt v. 24.7.1991 – 20 W 315/90, Rpfleger 1992, 28. 5 OLG Frankfurt v. 24.7.1991 – 20 W 315/90, Rpfleger 1992, 28. 6 Sauter, Rpfleger 1954, 290; Eichler, Rpfleger 2004, 196 (202); Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 398; a.A. Vötsch, Rpfleger 1954, 290. 7 Ries/Bauer, Registerrecht, Rz. 7.510. 8 KG v. 26.2.2004 – 1 W 549/01, Rpfleger 2004, 497.
784 | Stöber/Otto
4. Eintragungen bei einem Insolvenzverfahren (§ 75 BGB) | Rz. 1673 XXVI.
Das Registerblatt ist zu schließen (§ 4 Abs. 1 und 2 VRV). Mitteilung und öffentliche Bekanntmachung erfolgen nicht. Ist in dieser Weise die Löschung des Vereins eingetragen worden und stellt sich dann heraus, dass der Verein doch noch besteht, kann der Löschungsvermerk gem. § 395 Abs. 1 FamFG von Amts wegen aufgehoben und die alte Eintragung wieder hergestellt werden.
4. Eintragungen bei einem Insolvenzverfahren (§ 75 BGB) a) Verfahrenseröffnung bzw. Masselosigkeit Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vereinsvermögen (Rz. 1234; Wirkung Rz. 1370) wird von Amts wegen in das Vereinsregister eingetragen. Seit Neufassung des Gesetzes1 wird in gleicher Weise der Beschluss eingetragen, mit dem die Verfahrenseröffnung mangels Masse rechtskräftig abgewiesen worden ist (§ 75 Abs. 1 BGB). Kenntnis erlangt das Amtsgericht durch Mitteilung einer Ausfertigung des Eröffnungsbeschlusses bzw. des ablehnenden Beschlusses durch die Geschäftsstelle des Insolvenzgerichts (§ 31 Nr. 1, Nr. 2 InsO). Die Eintragung erfolgt in Spalte 4 unter Buchstabe b (§ 3 S. 3 Nr. 4 VRV); sie kann lauten:
1671
M 72 Eintrag Eröffnung Insolvenzverfahren Das Insolvenzverfahren ist durch Beschluss des Amtsgerichts … vom … eröffnet.
Dass diese Eintragung von Amts wegen erfolgt und Hinweis auf die gesetzliche Grundlage werden nicht angegeben (§ 10 Abs. 4 S. 4 VRV). Die Eintragung ist dem Vorstand des Vereins mitzuteilen; öffentliche Bekanntmachung erfolgt nicht. Eintragung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat auch zu erfolgen, wenn bereits die Auflösung des Vereins (§ 74 Abs. 1 S. 1 BGB) eingetragen ist (Eröffnung nach Auflösung § 11 Abs. 3 InsO). Die Auflösung des Vereins als Folge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird nicht gesondert eingetragen (§ 74 Abs. 1 S. 2 BGB).
1672
b) Vorstand Das Amt des Vorstands erlischt mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht. Der Vorstand (in vertretungsberechtigter Zahl, Rz. 1441), nicht aber die Insolvenzverwalter, ist daher berechtigt und verpflichtet, Änderungen des Vorstands zur Eintragung in das Vereinsregister anzumelden2 (§ 67 BGB). Anmeldung und Eintragung eines
1 Gesetz zur Erleichterung elektronischer Anmeldungen zum Vereinsregister und anderer Vereinsrechtlicher Änderungen v. 24.9.2009 (BGBl. I 3145). 2 OLG Köln v. 11.7.2001 – 2 Wx 13/01, GmbHR 2001, 923 = NJW-RR 2001, 1417 = NZI 2001, 470 = RNotZ 2001, 593 = Rpfleger 2001, 552 (für GmbH-Geschäftsführer).
Stöber/Otto | 785
1673
XXVI. Rz. 1673 | Weitere Registerverfahren und Kosten
Liquidators sowie auch Rötung des in Spalte 3 eingetragenen Vorstands erfolgen nicht. c) Weitere Eintragungen 1674
Für den Rechtsverkehr mit dem insolventen Verein sind weitere Tatsachen von Bedeutung. Eintragung von Amts wegen bestimmt § 75 Abs. 1 S. 2 BGB daher auch für – die Aufhebung des Eröffnungsbeschlusses auf sofortige Beschwerde des Schuldners nach Rechtskraft (§ 34 Abs. 2 und 3 InsO). Die Eintragung in Spalte 4 Buchstabe b kann lauten: M 73 Aufhebung Eröffnungsbeschluss (Insolvenz) Der Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist aufgehoben.
– die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters im Eröffnungsverfahren, sofern zusätzlich dem Verein ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt oder angeordnet ist, dass Verfügungen des Vereins nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters zulässig sind (§ 21 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 InsO) und die Aufhebung einer derartigen Sicherungsmaßnahme. Grund: Schutz des Rechtsverkehrs mit dem insolventen Verein. Der Name des vorläufigen Insolvenzverwalters wird (wie sodann der Name des Insolvenzverwalters) nicht eingetragen. Die Eintragung in Spalte 4 unter Buchstabe b (§ 3 S. 3 Nr. 4b VRV) kann daher lauten: M 74 Eintrag vorläufige Insolvenzverwaltung Es ist ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt und dem Verein ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt (und/oder: angeordnet, dass Verfügungen des Vereins nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind).
– die Anordnung der Eigenverwaltung durch den Verein (§ 270 InsO) und deren Aufhebung (§ 272 InsO) sowie die Anordnung der Zustimmungsbedürftigkeit bestimmter Rechtsgeschäfte des Vereins (§ 277 InsO), – die Einstellung (§§ 207, 211, 212 und 213 InsO) und die Aufhebung des Insolvenzverfahrens, – die Überwachung der Erfüllung eines Insolvenzplans (§ 260 InsO) und die Aufhebung der Überwachung (§ 268 InsO). 1675
Kenntnis erlangt das Amtsgericht durch Mitteilung einer Ausfertigung des jeweiligen Beschlusses des Insolvenzgerichts durch dessen Geschäftsstelle (z.B. § 220 Abs. 2 S. 3, § 267 Abs. 3 S. 1 InsO). Die Eintragungen erfolgen in Spalte 4 Buchstabe b (§ 3 S. 3 Nr. 4 Buchst. b InsO). Dass die jeweilige Eintragung von Amts wegen erfolgt und ein
786 | Stöber/Otto
4. Eintragungen bei einem Insolvenzverfahren (§ 75 BGB) | Rz. 1679 XXVI.
Hinweis auf die gesetzliche Grundlage werden auch in diesen Fällen nicht angegeben (§ 10 Abs. 4 S. 4 VRV). Die Eintragung ist jeweils dem Vorstand des Vereins oder den bereits bestellten Liquidatoren mitzuteilen (§§ 384 Abs. 1, 383 Abs. 1 FamFG); öffentliche Bekanntmachung erfolgt nicht.
1676
Eintragung, dass der Verein mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach Schlussverteilung (§ 200 InsO), Einstellung mangels Masse (§ 207 Abs. 1 InsO) oder nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit (§ 211 InsO) erloschen ist (Rz. 1357 ff.), ist nicht bestimmt, hat daher auch nicht zu erfolgen. Der Verein besteht nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur noch bis zu dessen Beendigung (nicht aber darüber hinaus) rechtsfähig fort (§ 49 Abs. 2 BGB). Das wird im Register durch Eintragung der Eröffnung sowie der Einstellung oder Aufhebung des Verfahrens dargestellt. Das Vereinsregister kann daher nicht den Eindruck erwecken, dass der Verein auch nach Abschluss des Insolvenzverfahrens noch fortbestehe. Nicht vorgesehene ausdrückliche (weitere) Eintragung (von Amts wegen), dass der Verein nun erloschen sei1, schließt das aus. Geschlossen werden kann das Registerblatt nach § 4 Abs. 2 VRV. Gleiches gilt, wenn das Insolvenzverfahren auf Antrag des Vereins infolge Wegfalls des Eröffnungsgrundes (§ 212 Abs. 1 InsO) oder mit Zustimmung der Gläubiger (§ 213 InsO) eingestellt wird und die Mitgliederversammlung die Fortsetzung (§ 42 Abs. 1 S. 2 BGB) nicht beschlossen hat.2
1677
§ 75 Abs. 2 BGB n.F.3 fordert nun ausdrücklich Anmeldung und Eintragung, dass die Mitgliederversammlung des insolventen Vereins die Fortsetzung beschlossen hat (dazu Rz. 1380).4 Die Anmeldung erfolgt durch den Vorstand in vertretungsberechtigter Zahl. Der Beschluss ist in Abschrift beizufügen (wie Rz. 1592). Ein Zwangsverfahren ermöglicht § 78 Abs. 1 BGB.
1678
Anmeldung und Eintragung (in Spalte 4 unter Buchstabe b):
1679
M 75 Anmeldung Fortsetzung des aufgelösten Vereins Die Mitgliederversammlung vom … hat die Fortsetzung des durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelösten Vereins beschlossen.
1 So aber Wentzel, Rpfleger 2001, 334 (336). Wie hier Ries/Bauer, Registerrecht, Rz. 7.429. 2 Auch für diesen Fall a.A. Wentzel, ebd., der nach angemessener Frist die Möglichkeit, über die Fortsetzung zu beschließen, als verwirkt ansieht. 3 Gesetz zur Erleichterung elektronischer Anmeldungen zum Vereinsregister und anderer Vereinsrechtlicher Änderungen v. 24.9.2009 (BGBl. I 3145). 4 Das ergab sich bereits nach altem Recht aus § 71 Abs. 1 BGB, s. dazu noch 9. Aufl., Rz. 1181b. Das war freilich nicht unbestritten.
Stöber/Otto | 787
XXVI. Rz. 1680 | Weitere Registerverfahren und Kosten
5. Zwangsgeldverfahren a) Die Zwangsgeldbewehrten Pflichten und die Adressaten eines Zwangsgelds 1680
Durch Festsetzung von Zwangsgeld kann das Amtsgericht die Mitglieder des Vorstands zur Befolgung der folgenden Verpflichtungen anhalten (§ 78 Abs. 1 BGB; § 388 Abs. 2 FamFG): – Anmeldung der Änderung des Vorstands unter Vorlage einer Abschrift der Urkunde über die Änderung, § 67 Abs. 1 BGB, – Anmeldung der Änderung der Satzung unter Vorlage des die Änderung enthaltenen Beschlusses in Abschrift und eines aktuellen fortlaufenden Satzungstextes, § 71 Abs. 1 BGB, – Einreichung der verlangten Bescheinigung über die Zahl der Vereinsmitglieder, § 72 BGB, – Anmeldung der Auflösung des Vereins, ggf. unter Vorlage des Auflösungsbeschlusses der Mitgliederversammlung, § 74 Abs. 2 BGB, – Anmeldung der Liquidatoren (ggf. unter Beifügung einer Abschrift des Bestellungsbeschlusses der Mitgliederversammlung) und der Bestimmungen, welche die Beschlussfassung der Liquidatoren abweichend von § 48 Abs. 3 BGB regeln, unter Vorlage einer Abschrift der die Bestimmungen enthaltenden Urkunde, § 76 BGB. Die Bestimmungen über das Zwangsgeldverfahren gelten nach § 392 FamFG auch für das Ordnungsgeld zur Durchsetzung des Gebots, einen nach § 37 HGB unzulässigen Firmengebrauch zu unterlassen. Auch hier richtet sich die Zahlungspflicht persönlich gegen diejenigen, die für den Verein handeln. Das Ordnungsgeldverfahren soll allerdings anders als das Zwangsgeld auch repressiven Charakter haben soll, sodass als weitere Voraussetzung Verschulden zu fordern ist.1 Wenn der Verein mit der von ihm im Geschäftsverkehr unbefugt verwendeten Firma im Register eingetragen ist, kann das Verfahren neben einem Amtslöschungsverfahren (§ 395 FamFG) eingeleitet werden.
1681
In gleicher Weise sind die Liquidatoren zur Vornahme der ihnen nach § 76 BGB obliegenden Anmeldepflicht (spätere Änderungen der Liquidatoren oder der Bestimmungen über die abweichende Beschlussfassung) anzuhalten, § 78 Abs. 2 BGB. Ist eine juristische Person zum Liquidator bestellt, so richtet sich das Verfahren gegen die Mitglieder ihres Vertretungsorgans (Geschäftsführer der GmbH usw.; Zwangsgeld kann nur gegen eine natürliche Person angedroht und festgesetzt werden); mitbetroffen und selbst zum Einspruch sowie zur Beschwerde berechtigt ist dann aber auch die „verpflichtete“ juristische Person.2
1682
Die Anmeldung des Vereins selbst (§ 59 Abs. 1 BGB) wird durch Festsetzung von Zwangsgeld nicht betrieben. Der Vereinsvorstand kann auch nicht unter Androhung 1 MüKoFamFG/Krafka § 392 Rn. 3. 2 BayObLG 1987, 399 (402) m.w.N.
788 | Stöber/Otto
5. Zwangsgeldverfahren | Rz. 1685 XXVI.
von Zwangsgeld dazu angehalten werden, einen Beschluss der Mitgliederversammlung über eine Satzungsänderung herbeizuführen.1 Das Zwangsgeldverfahren richtet sich gegen die anmeldepflichtigen Personen (§ 388 Abs. 2 FamFG), denen Zwangsgeld und Kosten persönlich auferlegt werden, nicht gegen den Verein als juristische Person und nicht gegen den Vorstand als solchen (als Vereinsorgan).2 Der Verein selbst ist daher am Verfahren zur Festsetzung von Zwangsgeld zunächst nicht beteiligt.3 Beim mehrgliedrigen Vorstand trifft die Anmeldepflicht alle Vorstandsmitglieder; die Anmeldung (die Einreichung der Bescheinigung nach § 72 BGB) wird daher durch Festsetzung von Zwangsgeld gegen alle Mitglieder des Vorstands erzwungen. Die Anmeldepflicht kann aber auch noch nach Einleitung des Zwangsgeldverfahrens durch Vorstandsmitglieder in vertretungsberechtigter Zahl erfüllt werden. Das Amtsgericht kann – und hat – also im Zwangsgeldverfahren gegen alle Vorstandsmitglieder vorzugehen, wenn und solange überhaupt nicht angemeldet wird; das gesamte Verfahren zur Festsetzung von Zwangsgeld endet aber schon dann, wenn die einzureichende Anmeldung vom Vorstand in vertretungsberechtigter Zahl vorgenommen wird.4 Wenn von mehreren anmeldepflichtigen Vorstandsmitgliedern ein Teil seiner Pflicht zur Anmeldung genügt hat, sind nur die noch säumigen Anmeldepflichtigen im Zwangsgeldverfahren zur Anmeldung anzuhalten.5
1683
Das Zwangsgeld beträgt für jede einzelne Maßnahme 5 € bis 1000 € (Art. 6 Abs. 1 EGStGB). Die Beitreibung des Zwangsgelds erfolgt nach dem Justizbeitreibungsgesetz (§ 1 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 JBeitrG).
1684
Die Festsetzung von Zwangsgeld ist Zwangsmittel. Es wird zur Herbeiführung der vorzunehmenden Anmeldung (bzw. Mitgliederbescheinigung nach § 72 BGB) angedroht und festgesetzt, nicht zur nachträglichen Bestrafung einer unterlassenen oder verspäteten Anmeldung. Mit Vornahme der Handlung – auch nach Fristablauf, aber vor Zwangsgeldfestsetzung – ist das Verfahren daher beendet. Einer Aufhebung der Verfügung über die Androhung von Zwangsgeld bedarf es dann nicht.6 Dasselbe gilt, wenn vor Festsetzung des Zwangsgeld dem Adressaten der Androhung die Erfüllung der Pflicht unmöglich wird.7 Wird zB ein Vorstand während eines laufenden Verfahrens mit sofortiger Wirkung abgewählt, kann er nicht mehr dem Zwangsgeld unterliegen. Wurde mit einer einheitlichen Androhungsverfügung die Erfüllung mehrerer voneinander selbständiger Pflichten aufgegeben, von denen einzelne vollständig erfüllt wurden, kann auch im Übrigen das angedrohte Zwangsgeld nicht festgesetzt wer-
1685
1 LG Hof DNotZ 1974, 609 (LS) = MittBayNot 1973, 341. 2 OLG Jena v. 16.3.2015 – 3 W 579/14, juris; LG Lübeck SchlHA 1984, 115. 3 In einem anschließenden Einspruchs- oder Beschwerdeverfahren kommt allerdings auch der Verein selbst als Beteiligter in Frage, da seine Rechtsverhältnisse typischerweise durch die zu erzwingende Pflicht unmittelbar iSd § 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG betroffen sind (BeckOK FamFG/Schlögel § 388 Rn. 25). 4 Stöber, Rpfleger 1967, 344. 5 BayObLG Rpfleger 1978, 254 und 450. 6 Keidel, Rpfleger 1955, 242. 7 BeckOK FamFG/Schlögel, § 389 Rn. 8.
Stöber/Otto | 789
XXVI. Rz. 1685 | Weitere Registerverfahren und Kosten
den, sondern es ist eine neue Androhungsverfügung zu erlassen.1 Das Registergericht darf sich allerdings nicht mit der Behauptung begnügen, die Pflicht sei erfüllt. Auch eine unzureichende oder teilweise Erledigung reicht nicht. Wenn zB eine Anmeldung zurückzuweisen ist oder zu einer Zwischenverfügung Anlass gibt, dann ist die Anmeldepflicht nicht erfüllt und nach Ablauf der Frist das Zwangsgeld festzusetzen. b) Einleitung des Zwangsgeldverfahrens (§ 388 FamFG) 1686
Ohne Anhaltspunkt hat das Registergericht nicht von sich aus nach etwaigen anmeldepflichtigen Tatsachen zu forschen. Das Verfahren zur Verhängung von Zwangsgeld wird von Amts wegen eingeleitet, sobald das Gericht von einem sein Einschreiten rechtfertigenden und erfordernden Sachverhalt Kenntnis erhält (§ 388 FamFG). Auf Einleitung eines Zwangsgeldverfahrens gerichtete Anträge sind lediglich eine Anregung iSd § 24 FamFG. Wenn das Gericht durch eine derartige Anregung oder auf andere Weise Tatsachen erfährt, die sein Einschreiten nötig machen könnten, hat es nach § 26 FamFG von Amts wegen die erforderlichen Ermittlungen vorzunehmen und geeignet erscheinende Beweise aufzunehmen. Das Gericht hat hier kein Ermessen, darf also insbesondere nicht einfach abwarten.2 Eine volle Aufklärung ist nicht erforderlich; glaubhafte Kenntnis des Registergerichts (vgl. § 31 FamFG) vom Sachverhalt genügt. Der volle Nachweis des wirklichen Sachverhalts und die endgültige Entscheidung sind dem Einspruchsverfahren vorzubehalten.3 Rechtsfragen, von denen die zu treffende Verfügung abhängt, hat das Registergericht selbst zu prüfen und zu entscheiden.4
1687
Beispiel: Es kommt für die Anmeldepflicht darauf an, ob die von der Mitgliederversammlung beschlossene Satzungsänderung gesetzlich wirksam ist.
Ist dem Registergericht mit der Anregung einzelner Vereinsmitglieder glaubhaft dargelegt, dass eine Satzungsänderung beschlossen wurde, dann schließen bloße Zweifel daran, ob diese Satzungsänderung wirksam beschlossen ist, die Einleitung eines Zwangsgeldverfahrens zur Herbeiführung der Anmeldung nicht aus.5 Beispiel: Über die Wirksamkeit der Abberufung des bisherigen und der Wahl eines neuen Vorstands besteht Streit.
Wenn die Anmeldung von der Beurteilung eines streitigen Rechtsverhältnisses abhängig ist, kann das Amtsgericht die Verfügung aussetzen, bis über das Verhältnis im Wege des Rechtsstreits entschieden ist (§ 21 FamFG). Es kann dem Beteiligten eine Frist zur Erhebung der Klage bestimmen (§ 381 FamFG). Macht er davon keinen Gebrauch, ist das Verfahren wieder aufzunehmen, nicht etwa die Klage zu erzwingen.
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BeckOK FamFG/Schlögel, § 389 Rn. 5. BeckOK FamFG/Schlögel, § 388 Rn. 18. Krafka, Rz. 2362 m.N. OLG Frankfurt DNotZ 1979, 620. OLG Frankfurt DNotZ 1979, 620.
790 | Stöber/Otto
5. Zwangsgeldverfahren | Rz. 1689 XXVI.
Leitet das Registergericht das Verfahren zur Verhängung von Zwangsgeld ein, so gibt es dem anmeldepflichtigen Beteiligten (mehreren je gesondert) unter Androhung eines Zwangsgeldes auf, innerhalb einer bestimmten Frist seiner gesetzlichen Verpflichtung nachzukommen oder die Unterlassung mittels Einspruchs gegen die Verfügung zu rechtfertigen (§ 388 FamFG). Die Frist muss angemessen sein. Eine noch laufende Frist kann auf Antrag oder von Amts wegen verlängert werden (§ 16 Abs. 2 FamFG). In der Verfügung muss das Zwangsgeld betragsmäßig angedroht werden.1 Die als Zwangsgeld angedrohte Geldsumme bezeichnet die Obergrenze, die dann bei Verhängung des Zwangsgeldes nicht über-, wohl aber unterschritten werden darf.2 Das kann dadurch erkennbar gemacht werden, dass Zwangsgeld mit einem festen Geldbetrag angedroht und dieser mit den Worten „bis zu“ als Obergrenze des in Aussicht genommenen Zwangsgeldes bezeichnet wird.3 Die Androhung muss jedoch zutreffend sein, mithin das tatsächlich konkret in Aussicht genommene Zwangsgeld angeben. Eine pauschale Androhung des gesetzlichen Höchstbetrags „bis zu 1000 Euro“ ist danach ausgeschlossen.4 Es wird empfohlen, das Zwangsgeld oberhalb von 600 Euro anzudrohen, um den Beschwerdewert nach § 61 Abs. 1 FamFG zu erreichen.5 Die Verfügung wird zumeist durch Zustellung bekanntgegeben, zwingend ist das nicht mehr (§ 15 Abs. 2 FamFG). Auf die Möglichkeit des Einspruchs muss hingewiesen werden.
1688
M 76 Verfügung mit Zwangsgeldandrohung
1689
… (Bezeichnung der Beteiligten und der Vereinsregisterangelegenheit) Als Vorstand des Vereins wird Ihnen gem. §§ 78 BGB, 388 Abs. 2 FamFG unter Androhung eines Zwangsgeldes von … Euro aufgegeben, innerhalb einer Frist von 2 Wochen ab Zustellung dieser Verfügung die in der Mitgliederversammlung vom … erfolgte Änderung des Vorstands, nämlich – das Ausscheiden des bisherigen Vorstands Hans Meyer – und Ihre Bestellung zum neuen Vorstand des Vereins gem. § 67 Abs. 1 BGB unter Vorlage einer Abschrift der Urkunde über die Änderung mittels öffentlich beglaubigter Erklärung (§ 77 BGB) zur Eintragung in das Vereinsregister anzumelden oder in dieser Frist die Unterlassung mittels Einspruch gegen diese Verfügung zu rechtfertigen. Einen Einspruch können Sie schriftlich [Adresse des zuständigen Gerichts] oder zu Protokoll der Geschäftsstelle erheben.
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BGH FamRZ 1973, 622 = MDR 1974, 33 = NJW 1973, 2288. BGH NJW 1973, 2288. BGH NJW 1973, 2288. BGH NJW 1973, 2288. Krafka, Registerrecht, Rn. 2367. Teilweise werden für den Beschwerdewert allerdings auch die Gerichtskosten für die Festsetzung hinzugerechnet (str.).
Stöber/Otto | 791
XXVI. Rz. 1689 | Weitere Registerverfahren und Kosten Das angedrohte Zwangsgeld wird festgesetzt, wenn innerhalb der bestimmten Frist weder die bezeichnete Anmeldung eingereicht noch Einspruch gegen diese Verfügung erhoben wird. Zugleich wird dann diese Verfügung unter Androhung eines erneuten Zwangsgeldes wiederholt werden. 1690
Die Überprüfung der Verfügung kann nur mit Einspruch verlangt werden; erst gegen dessen Verwerfung ist eine Beschwerde zulässig (§ 391 Abs. 1 FamFG). c) Festsetzung des Zwangsgeldes (§ 389 FamFG)
1691
Das angedrohte Zwangsgeld wird festgesetzt, wenn innerhalb der bestimmten Frist (bzw. bis zur Festsetzung des Zwangsgeldes) weder der gesetzlichen Verpflichtung genügt noch Einspruch erhoben wird. Zugleich wird die frühere Verfügung unter Androhung eines erneuten Zwangsgeldes wiederholt. In der erneuten Verfügung kann ein anderes, insbesondere also auch ein höheres Zwangsgeld angedroht werden. In gleicher Weise wird fortgefahren, bis der gesetzlichen Verpflichtung genügt oder Einspruch erhoben wird. Eine Höchstgrenze für die Summe der Einzelbeträge der Zwangsgelder besteht nicht.
1692
Mit der Festsetzung sind dem Beteiligten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen (§ 389 Abs. 2 FamFG). d) Rechtsschutz
1693
Gegen die Androhung eines Zwangsgeld ist ausschließlich im Wege des Einspruchs (§ 390 FamFG) vorzugehen.1 Das gilt auch für die zusammen mit der Zwangsgeldfestsetzung gemäß § 389 Abs. 1 HS2 FamFG ausgesprochene Androhung eines erneuten Zwangsgelds. Umgekehrt kann das Gericht auf einen derartigen Einspruch gegen das erneute Zwangsgeld hin allerdings auch ein früher festgesetztes Zwangsgeld aufheben oder reduzieren (§ 390 Abs. 6 FamFG). Die Beschwerde (§ 391 FamFG) ist statthaft gegen die Festsetzung des Zwangsgeld nach unterlassenem (auch verspäteten) Einspruch (darf in diesem Fall aber grds nicht mehr darauf gestützt werden, dass die Androhung nicht gerechtfertigt war, § 391 Abs. 2 FamFG) sowie gegen die Entscheidungen im Einspruchsverfahren, mit denen der Einspruch verworfen und ein Zwangsgeld festgesetzt wurde. Der Beschwerdewert (mehr als 600 Euro) muss erreicht werden, dazu kommt es ungeachtet der Rechtsnatur der durchzusetzenden Handlung allein auf die Höhe des Zwangsgelds an, § 61 Abs. 1 FamFG (str).2
1694
Der Einspruch gegen die Zwangsgeldandrohung kann schriftlich oder mündlich zu Protokoll des Amtsgerichts erklärt werden. Der Einspruch muss an sich nicht be-
1 OLG Köln v. 26.5.2010 – 2 Wx 53/10 = FGPrax 2010, 203. 2 OLG Brandenburg v. 21.1.2020 – 7 W 4/20 = FGPrax 2020, 34; OLG Rostock v. 28.1.2016 – 1 W 65/14, juris. Anders mit guten Gründen (die Beschwerde ist durch § 391 FamFG unbeschränkt zugelassen) MüKoFamFG/Krafka FamFG § 391 Rn. 6.
792 | Stöber/Otto
5. Zwangsgeldverfahren | Rz. 1697 XXVI.
gründet werden; Angabe von Gründen ist empfehlenswert. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei einer Fristversäumnis bestimmt sich analog § 17–19 FamFG1. Wird rechtzeitig Einspruch erhoben und ist der Einspruch ohne weiteres begründet, so hebt das Gericht die Verfügung über die Androhung des Zwangsgeldes unter Benachrichtigung des Beteiligten auf. In allen anderen Fällen lädt das Gericht zur Erörterung der Sache den Beteiligten zu einem Termin. Auf die Anhörung im Termin („soll“) ist allenfalls dann zu verzichten, wenn dem Einspruchsführer anderweitig rechtliches Gehör gewährt war und der Einspruch offensichtlich unter allen denkbaren Gesichtspunkten unbegründet ist oder der Einspruchsführer darauf verzichtet hat. Es darf auch keine Aussicht bestehen, ihn im Erörterungstermin zur Pflichterfüllung zu bewegen.2 Wenn der Beteiligte nicht erscheint, kann nach Lage der Sache entschieden werden (§ 390 Abs. 2 FamFG).
1695
Das Gericht entscheidet über den Einspruch schließlich nach seiner freien, aus dem gesamten Verfahren gewonnenen Überzeugung (§ 37 Abs. 1 FamFG). Es ist also nicht auf die im Erörterungstermin verhandelten Umstände beschränkt und es kommt auch nicht darauf an, ob der Einspruch rechtzeitig erfolgt war. Maßgeblich ist die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung, das Zwangsgeld entfällt also auch jetzt noch bei Erfüllung der Pflicht. Wird der Einspruch für begründet erachtet, so wird die erlassene Verfügung aufgehoben. Andernfalls verwirft das Gericht den Einspruch und setzt das angedrohte Zwangsgeld fest. Mit der Verwerfung des Einspruchs wird zugleich eine erneute Verfügung erlassen. Die in dieser Verfügung bestimmte Frist beginnt mit dem Eintritt der Rechtskraft der Einspruchsverwerfung. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Gericht auch bei Verwerfung des Einspruchs von der Festsetzung eines Zwangsgeldes absehen oder ein geringeres als das angedrohte Zwangsgeld festsetzen (§ 390 Abs. 4 FamFG). Darüber entscheidet das Gericht in einem eigenständigen Beschluss nach Ermessen. Es wird darauf ankommen, ob der Beteiligte Uneinsichtigkeit oder grobe Nachlässigkeit erkennen lässt oder ob er verständlichen Anlass hatte, eine Entscheidung des Gerichts herbeizuführen.3 Hat der Beteiligte zur Klärung einer Rechtsfrage Wert auf eine gerichtliche Entscheidung gelegt und kann davon ausgegangen werden, dass nach Verwerfung des Einspruchs die verlangte Anmeldung erfolgen wird, so wird regelmäßig von der Festsetzung eines Zwangsgeldes abgesehen werden können.4
1696
Eine Beschwerde ist beim Registergericht (§ 64 Abs. 1 FamFG) schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle innerhalb der nach § 63 FamFG einmonatigen Beschwerdefrist einzulegen. Sie soll begründet werden, neue Tatsachen und Beweismittel sind zugelassen (§ 65 FamFG). Hält das Registergericht die Beschwerde für begründet, hat es ihr abzuhelfen; anderenfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen, das zunächst die Zulässigkeit prüft (§ 68 Abs. 1, Abs. 2 FamFG). Beschwerdeberechtigt ist stets der adressierte Handlungspflichtige. Der Verein selbst
1697
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Keidel/Heinemann, FamFG § 390 Rn. 12. Anders Holzer, NotBZ 2018, 251 (256). BeckOK FamFG/Schlögel § 390 Rn. 13. BayObLG Rpfleger 1971, 109. BayObLG Rpfleger 1971, 109.
Stöber/Otto | 793
XXVI. Rz. 1697 | Weitere Registerverfahren und Kosten
ist beschwerdeberechtigt, soweit es noch um das Vorliegen der anmeldepflichtigen Tatsachen geht (also gegen die Entscheidung, die den Einspruch verwirft, ebenso gegen eine Zwangsgeldfestetzung unter Übergehung des Einspruchsrechts).1 Eine Beschwerdeberechtigung besteht auch dann, wenn das angedrohte Zwangsgeld bereits bezahlt wurde.2 1698
Die ursprüngliche Verpflichtung, der Androhungsverfügung nachzukommen, kann nur im Einspruchsverfahren und in einem Beschwerdeverfahren über die Verwerfung des Einspruchs bestritten werden. Gemäß § 391 Abs. 2 FamFG bleibt die Beschwerde gegen eine verfahrensfehlerfrei zustande gekommene Zwangsgeldfestsetzung selbst dann erfolglos, wenn das Beschwerdegericht erkennt, dass die vom Registergericht getroffene Verfügung ungerechtfertigt war, aber kein Einspruch erhoben wurde oder gegen die Verwerfung des Einspruchs nicht vorgegangen wurde. Etwas anderes gilt nur, wenn das Zwangs- oder Ordnungsgeldverfahren nach Art der zu erzwingenden Handlung gar nicht zulässig war.3 Der Vortrag, die durchzusetzende Pflicht bereits erfüllt zu haben, ist ebenso wie die Unmöglichkeit der Erfüllung allerdings im Verfahren gegen die Zwangsgeldfestsetzung zu berücksichtigen. Die Entscheidung im Einspruchsverfahren, von der Zwangsgeldfestsetzung abzusehen oder ein geringeres als das angedrohte Zwangsgeld festzusetzen (§ 390 Abs. 4 Satz 2 FamFG) ist von dem Beschwerdegericht in jedem Fall selbständig zu prüfen. e) Kosten des Zwangsgeldverfahrens
1699
Ein Festbetrag von 100 € wird erhoben für – jede einzelne Festsetzung eines Zwangsgeldes (KV Nr. 13310 GNotKG), – die Verwerfung des Einspruchs gegen die Zwangsgeldfestsetzung (KV Nr. 13311 GNotKG).
1700
Ist ein Einspruch verworfen und ein Zwangsgeld festgesetzt, fallen beide Gebühren an. Wenn nach Festsetzung von Zwangsgeld das Verfahren zur Verhängung von Zwangsgeld wiederholt wird, entstehen jeweils neue Gebühren. Ebenso in einem weiteren Rechtszug.
1701
Keine Gebühr wird erhoben für die Androhung von Zwangsgeld, für die Anordnung einer Beweisaufnahme und dann, wenn es nicht zur Festsetzung eines Zwangsgeldes kommt oder wenn das festgesetzte Zwangsgeld vom Beschwerdegericht wieder aufgehoben wird. Die Gebühr entfällt auch mit Aufhebung des früher festgesetzten Zwangsgeldes in der Entscheidung über den Einspruch gegen die wiederholte Verfügung. Kostenschuldner ist der Adressat der Zwangsgeldfestsetzung (§ 389 Abs. 2 FamFG), also das Vorstandsmitglied persönlich, nicht der Verein. Mehrere am Verfahren zur Verhängung von Zwangsgeld beteiligte Vorstandsmitglieder müssen gesonder-
1 BeckOK FamFG/Schlögel § 391 Rn. 13. 2 Keidel/Heinemann FamFG § 391 Rn. 6c. 3 Dann eröffnet § 58 FamFG unmittelbar die Beschwerde, BeckOK FamFG/Schlögel § 391 Rn. 7.
794 | Stöber/Otto
6. Kosten | Rz. 1703 XXVI.
te Gebühren aus den gegen den einzelnen jeweils festgesetzten Beträgen des Zwangsgeldes zahlen. Jeder einzelne mit einem Zwangsgeld Belegte haftet der Staatskasse nur für die aus dem Betrag seines Zwangsgeldes berechnete Gebühr.
6. Kosten a) Rechtsgrundlage Kosten (Gebühren und Auslagen) entstehen für
1702
– alle Anmeldungen beim Notar und – die einzelnen Registereintragungen bei Gericht. Für Notar und Gericht bestimmen sich die Kosten nach dem Notar- und Gerichtskostengesetz (GNotKG). Dabei gilt bei dem Notar die (günstigere) Tabelle B (Anhang zu § 34 GNotKG), für Gerichtsgebühren (für die allerdings häufig Festbeträge angeordnet sind) die Tabelle A. Kosten fallen bei der ersten Eintragung des Vereins und bei allen späteren Eintragungen an. Neben den Kosten der Eintragungsverfahren und bestimmter anderer Verfahren (Rz. 1728 f.) entstehen keine Gerichtsgebühren. Insbesondere wird vom eingetragenen Verein keine laufende Gebühr (Jahresgebühr für das „Eingetragensein“; periodische Durchsicht durch den Registerführer usw.) erhoben. b) Gebührenbefreiungen und Ermäßigungen Für Vereine, die gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken im Sinne des Steuerrechts dienen (s. Rz. 107 ff.), sehen in mehreren Bundesländern die Landesjustizkostengesetze oder eigene Gebührenbefreiungsgesetze eine (persönliche) Befreiung von Eintragungsgebühren und von den übrigen bei den Gerichten entstehenden Gebühren – zumeist aber nicht von Auslagen – vor (§ 2 Abs. 2 GNotKG). Die Voraussetzungen im Einzelnen sind unterschiedlich.1 Soweit es auf die steuerliche Anerkennung als gemeinnützig2 oder mildtätig ankommt, wird zumeist3 als Nachweis auf eine Bescheinigung des Finanzamts abgestellt (vgl. § 60a AO4 und dazu Rz. 1844). Schädlich ist in der Regel ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (Rz. 1832–1839). In
1 Einzelauflistung z.B. in Korintenberg/K. Otto, § 2 GNotKG Rz. 14–31. 2 Teilweise werden aus dem Katalog des § 52 Abs. 2 AO nur einzelne gemeinnützige Zwecke anerkannt, so in Art. 9 des Bayer. Landesjustizkostengesetzes v. 19.5.2005 (GVBl. 159): „mildtätige oder wissenschaftliche Zwecke im Sinne des Steuerrechts“ (gilt aber ohnehin nur für Geschäfte aus Anlass einer unentgeltlichen Zuwendung, damit in Bayern keine Befreiung in Registerverfahren). 3 Eigene Anerkennungserklärung in Thüringen gem. 6 Abs. 1 Nr. 5 des Thüringer Justizkostengesetzes v. 28.10.2013 (GVBl. 295). 4 Neben dem Bescheid nach § 60a AO kommt auch ein Freistellungsbescheid zur Körperschafts- und Gewerbesteuer in Betracht (so etwa § 69 SächsJG in der Fassung v. 3.5.2019, SächsGVBl. 2019, 315: nicht älter als 3 Jahre).
Stöber/Otto | 795
1703
XXVI. Rz. 1703 | Weitere Registerverfahren und Kosten
Beschwerdeverfahren wird die Befreiung erst im Kostenfestsetzungsverfahren geprüft.1 1704
Die Gebühren des Notars ermäßigen sich bei einem Geschäftswert von mehr als 25.000 €, wenn der Verein ausschließlich und unmittelbar mildtätige (§ 53 AO) oder kirchliche Zwecke (§ 54 AO) im Sinne des Steuerrechts (s. Rz. 107 ff.) verfolgt. Diese Voraussetzung muss durch einen Freistellungs- oder Körperschaftssteuerbescheid oder durch einen Feststellungsbescheid des Finanzamts nachgewiesen werden. Zusätzlich ist darzulegen, dass die Angelegenheit nicht einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (Rz. 1832–1839) betrifft (§ 91 Abs. 2 Nr. 3 GNotKG). Gemeinnützige Vereine im (engeren) Sinn des § 52 Abgabenordnung sind nicht begünstigt.2 Schon ein Verein, der sowohl kirchliche wie auch gemeinnützige Zwecke (nach einem der Katalogzwecke in § 52 AO) verfolgt, verliert das Privileg.3 Da die Unterscheidung der einzelnen als gemeinnützig im weiteren Sinne steuerbegünstigten Zwecke (§§ 52–54 AO) ihre steuerrechtliche Bedeutung weitgehend verloren hat, erweisen sich die Bescheinigungen für kostenrechtliche Zwecke allerdings häufig als unzuverlässig. Entgegen dem Wortlaut von § 91 Abs. 2 Nr. 2 GNotKG sollte der Notar daher auch die Satzung (die Zweckbestimmung) selbst prüfen dürfen. Die steuerliche Bescheinigung bindet ihn nicht.4 Wenn die Satzung weiter gefasst ist, genügt es nicht, dass sich der Verein tatsächlich auf begünstigte Zwecke beschränkt.5 c) Geschäftswert
1705
Die Notargebühren sind Wertgebühren. Der Betrag der geschuldeten Gebühr wird nach dem für das jeweilige Verfahren bestimmten Gebührensatz und abhängig von einem Geschäftswert (§ 3 GNotKG) aus der Gebührentabelle B zum GNotKG abgelesen. Die Gerichtsgebühren in Vereinssachen sind im GNotKG weitgehend Festgebühren, Wertgebühren bestimmen sich nach Tabelle A.
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Eine für das Gericht geltende spezielle Geschäftswertbestimmung enthält § 67 Abs. 1 Nr. 3 GNotKG. In einem Verfahren in Vereinssachen beträgt der Geschäftswert 5000 €. Ein höherer oder niedrigere Wert kann festgesetzt werden, wenn dieser Betrag nach den besonderen Umständen des Falls unbillig wäre (§ 67 Abs. 3 GNotKG). Die Festsetzung gilt aber ausschließlich dann, wenn das Verfahren die Ernennung oder Abberufung von Personen betrifft. Dafür kommen nur die folgenden Verfahren in Betracht: – Notbestellung (und Wiederabberufung) von Vorstandsmitgliedern oder Liquidatoren (§ 29 BGB, § 48 BGB)
1 OLG Frankfurt v. 19.3.2015 – 20 W 327/14, juris Rz. 46. 2 Das ist verfassungsrechtlich unbedenklich, so BGH v. 19.6.2013 – V ZB 130/12, MDR 2013, 1135 = BGH v. 6.12.2012 – IX ZR 3/12, NJW 2013, 940. 3 BGH v. 19.6.2013 – V B 130/12; Leipziger-GNotKG/Heinze, § 91 Rz. 38. 4 Leipziger-GNotKG/Heinze, § 91 Rz. 38. Anders: Korintenberg/Hellstab, Anhang 2 zum Stichwort „Milde Stiftungen“. 5 LG Bremen v. 9.1.2018 – 4 T 139/17.
796 | Stöber/Otto
6. Kosten | Rz. 1708 XXVI.
– Bestellung von Prüfern nach Publizitätsgesetz (§ 2 Abs. 3, § 12 Abs. 3 PublG),1 soweit der Verein überhaupt als Unternehmen darunter fallen kann. Bei § 36 Abs. 1 GNotKG verbleibt es dagegen: – Bei Ermächtigung von Mitgliedern zum Einberufen der Mitgliederversammlung, da hier niemand in ein Amt berufen wird. Anordnungen über die Führung des Vorsitzes in einer von einer dazu ermächtigten Minderheit einberufenen Mitgliederversammlung (§ 37 BGB) fallen hingegen unter § 67. Vorbem. 1.3.5 KV GNotKG bestimmt allerdings, dass die Gebühr dafür in der Gebühr für das Ermächtigungsverfahren aufgeht. – Bei Eintragung des Vorstands oder eines Vorstandswechsels, da dafür Festgebühren angeordnet sind. Vereinsangelegenheiten betreffen nach überwiegender Ansicht2 im Kostensinn vermögensrechtliche Angelegenheiten.3 Nach § 36 Abs. 1 GNotKG erfolgt, weil neben § 67 GNotKG keine weitere spezielle Norm besteht, die Geschäftswertbestimmung in allen weiteren Fällen nach billigem Ermessen.4 Dazu wird auf Bedeutung (auch Zweck) und Größe des Vereins, seine Vermögenslage5 (unter Einschluss der Höhe der Mitgliedsbeiträge) und auf die Bedeutung der Eintragung(en) abgestellt.6
1707
Wenn sich bei Vereinsgründung die Mitglieder zu Einlagen verpflichten, steht der Wert zumeist mit deren Summe fest. Notariell beurkundet werden im Normalfall weder Vereinsgründung (Rz. 51) noch Versammlungsprotokolle. Ist das doch einmal der Fall, ist der Mindestgeschäftswert von 30.000 € zu beachten (§§ 97 Abs. 1, 36 Abs. 1, 107 Abs. 1 GNotKG).7 Zur Vorgängerregelung § 29, § 30 Abs. 2 KostO wurde angenommen, dass der Wert nicht regelmäßig aus einem Vomhundertsatz des Vereinsvermögens und auch nicht allgemein nach irgendwie auffindbaren Beziehungen zu Vermögenswerten zu bestim-
1 Korintenberg/Klüsener, § 67 Rz. 11. 2 Fackelmann/Heinemann, § 36 GNotKG Rz. 31; Leipziger-GNotKG/Hüttinger, § 36 Rz. 57; Leipziger Kostenspiegel, Rz. 109. Anders: Diehn in Bormann/Diehn/Sommerfeld, § 36 Rz. 46. 3 Eine nichtvermögensrechtliche Angelegenheit nimmt die h.A. nur an, wenn sie sich überhaupt nicht auf vermögensrechtliche Beziehungen zurückführen lässt (vgl. BeckOKGNotKG/Soutier, § 36 Rz. 29). 4 Leipziger-GNotKG/Hüttinger, § 36 Rz. 57. 5 Diehn in Bormann/Diehn/Sommerfeld wendet auf den Verein § 36 Abs. 2 GNotKG an, so dass es auf seine allgemeinen Bedenken hinsichtlich der Vermögensberücksichtigung bei § 36 Abs. 1 GNotKG (§ 36 Rz. 13) hier nicht ankommt. 6 Weitere Beispiele für einen gegenüber dem Hilfswert von 5000 € höheren Geschäftswertansatz (Leipziger Kostenspiegel, Teil 21 Rz. 109): Größeres Vereinsvermögen; hohe Mitgliederzahl; aufgefächerte Organisationsstruktur. 7 Zur beurkundeten Vereinsgründung Ländernotarkasse, BGH v. 25.3.2015 – VIII ZR 243/ 13, MDR 2015, 575 = NotBZ 2015, 340.
Stöber/Otto | 797
1708
XXVI. Rz. 1708 | Weitere Registerverfahren und Kosten
men sei.1 Eine schematische Behandlung im erstgenannten Sinn bleibt auch nach dem neuen Recht unzulässig (das wäre kein Ermessensgebrauch). Der Wortlaut des § 36 Abs. 1 GNotKG und sein Verhältnis zu § 36 Abs. 3 GNotKG weisen hingegen darauf hin, dass ein Bezug zum Vermögenswert heute regelmäßig zu suchen ist. Anders als der früher in § 30 Abs. 2 KostO genannte Wert (3000 €) ist der Wert von 5000 € nach § 36 Abs. 3 GNotKG nur ein Hilfswert.2 Er soll nur im Ausnahmefall3 eingreifen und ist gerade kein Regelsatz.4 1709
Nur dann, wenn tatsächlich keine Anhaltspunkte für die Wertfindung vorliegen, ist hilfsweise von einem Wert von 5.000 € auszugehen (§ 36 Abs. 3 GNotKG).5 Der Wert kann nach der Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch für Registeranmeldungen nicht über 1.000.000 € angenommen werden (§ 106 GNotKG).6
1710
Stets wird z.B. eine höhere Bewertung als zum Betrag nach Abs. 3 vorzunehmen sein, wenn der Verein Vermögensinteressen seiner Mitglieder fördert (z.B. Berufsverbände).7 Wenn der aufgelöste Verein kein liquidationsfähiges Vermögen hat, spricht dies umgekehrt dafür, den Wert mit dem Minimum anzunehmen.8 Eine weit überdurchschnittliche Vermögenslage z.B. eines großstädtischen Sportvereins muss in Anwendung von § 36 Abs. 1 GNotKG zu einer über 5.000 € hinausgehenden Bemessung des Geschäftswerts führen, ebenso besonders große Mitgliederzahl und überdurchschnittlich hohes Beitragsaufkommen.9 Bei einem Verein, der 235.000 DM Beitragsaufkommen und einen Haushalt von 680.000 DM hatte, wurde unter Geltung der KostO der (damalige) zehnfache Regelwert (30.000 DM) nicht beanstandet.10 Bei sehr großen Organisationen kann auch der Höchstwert auszuschöpfen sein. Wenn der Verein in einem bilanzierenden wirtschaftlichen Betrieb Rz. 78) Betriebsvermögen hält, ist dessen Aktivvermögen ein guter Anhalt für die Geschäftswertbestimmung (Schuldenabzugsverbot, § 38 GNotKG, für Beteiligungen vgl. aber auch § 54 GNotKG).
1711
Allerdings zeigt etwa § 67 GNotKG, dass der Kostengesetzgeber aus gesellschaftspolitischen Gründen die Vereine nicht ebenso stark mit Gebühren in Anspruch nehmen 1 BayObLG v. 13.7.1979 – BReg 3 Z 32/79, BayObLGZ 1979, 223 = MittBayNot 1979, 193 = Rpfleger 1979, 398. 2 Fackelmann/Heinemann, § 36 GNotKG Rz. 10, 18 ff.; Korintenberg/Bormann, § 36 Rz. 3, Rz. 22; Leipziger-GNotKG/Hüttinger, § 36 Rz. 14; Leipziger Kostenspiegel, Teil 21 Rz. 109. 3 Fackelmann/Heinemann, § 36 GNotKG Rz. 18. 4 So aber Röcken, ZStV 2014, 25; Waldner in Rohs/Wedewer, § 36 Rz. 57. 5 Zum Verein: Leipziger-GNotKG/Hüttinger, § 36 Rz. 57. 6 Wegen der Mindestgebühren spielt eine Abweichung nach unten dabei praktisch keine Rolle; Korintenberg/Bormann, § 36 GNotKG Rz. 24. 7 Korintenberg/Lappe, 18. Aufl., § 80 KostO Rz. 21. 8 Zur KostO (bis 1000 € anstelle des damaligen Regelwertes 3000 €) OLG Düsseldorf v. 21.8.2013 – 3 Wx 165/12, juris. 9 Anders nach altem Recht (und m.E. schon damals fraglich) BayObLG v. 13.7.1979 – BReg 3 Z 32/79, BayObLGZ 1979, 223 = MittBayNot 1979, 193 = Rpfleger 1979, 398. 10 BayObLG v. 13.7.1979 – BReg 3 Z 32/79, BayObLGZ 1979, 223 = MittBayNot 1979, 193 = Rpfleger 1979, 398.
798 | Stöber/Otto
6. Kosten | Rz. 1712 XXVI.
will wie die Wirtschaftsunternehmen der meisten anderer Rechtsformen.1 Beim gemeinnützigen Verein kann beachtlich sein, dass er mit zunehmender Größe seine gemeinwohlfördernden Zwecke umso besser verwirklichen kann. Sein nach Verkehrswerten hohes Vermögen kann aufgrund der Zweckbindung faktisch nicht liquidierbar sein.2 Nach dem GNotKG erfolgt die Bewertung von Unternehmen und Gesellschaftsanteilen strikt ausgehend von Aktivvermögen und Bilanz, beim Verein ist das so nicht angeordnet. Das haben auch Gericht und Notar zu beachten. In einer billigen Ermessensentscheidung können also weitere Gesichtspunkte einfließen. Eine relativ zur Bewertung anderer Gesellschaftsvermögen niedrige Festsetzung des Geschäftswertes ist vor allem bei einem (in erweitertem Sinn) gemeinnützigen Vereinszweck gerechtfertigt.3 d) Erstanmeldung und Eintragung des Vereins Es fallen als Beglaubigungsgebühr bei dem Notar an:
1712
1. Fertigung des Anmeldetextes durch den Notar und Beglaubigung einer Unterschrift darunter. Wert (zu bestimmen nach § 36 Abs. 1 GNotKG) hier unterstellt mit 5000 € 0,5-Gebühr, KV Nr. 24102, 21201 Nr. 5, § 92 Abs. 2 GNotKG = 22,50 €, aber Mindestgebühr (folgt aus KV Nr. 24102): zzgl. 19 % Umsatzsteuer4 (§ 151a UStG bzw. KV Nr. 32014 GNotKG)) zusammen Etwaige Auslagen (für Abschriften; auch Porto/Telefon) zzgl. USt kommen hinzu. Rechtstechnisch entsteht die Gebühr für die Entwurfsfertigung, die (erste) Beglaubigung durch denselben Notar ist dann gebührenfrei. Unterschreiben allerdings mehrere Anmeldende zu unterschiedlichen Zeitpunkten und muss der Notar daher mehrerer Unterschriftsbeglaubigungen vornehmen, fallen zusätzliche Beglaubigungsgebühren an (0,2 Gebühr, KV Nr. 25100 GNotKG, mind. 20 €). Die Entwurfsgebühr entsteht auch dann, wenn der Notar den mitgebrachten Text der Anmeldung auftragsgemäß überprüft oder inhaltlich ergänzt. Bei Entwurfsfertigung durch den Notar ist eine eigene Vorprüfung auf Eintragungsfähigkeit nach § 378 Abs. 3 BGB entbehrlich (Rz. 1452).
1 2 3 4
30 € 5,70 € 35,70 €.
Fackelmann/Heinemann/Teubel, § 68 Rz. 10. Waldner in Rohs/Wedewer, § 36 Rz. 57. Zur KostO: BayObLG 1960, 1 = Rpfleger 1960, 187; auch KG DNotZ 1941, 19 (LS). Soweit die Steuer temporär abgesenkt ist (§ 28 UStG), kommt es auf den zum Zeitpunkt der vollständigen Leistungserbringung geltenden Steuersatz an.
Stöber/Otto | 799
XXVI. Rz. 1712 | Weitere Registerverfahren und Kosten
2. Beglaubigung der Unterschrift unter dem mitgebrachten, vom Notar nicht überprüften Text der Erstanmeldung des Vereins. Wert (zu bestimmen nach § 121, § 36 Abs. 1 GNotKG) hier unterstellt mit 5000 € 0,2-Gebühr, KV Nr. 25100 GNotKG, Mindestgebühr (folgt aus KV Nr. 25100): zzgl. 19 % Umsatzsteuer1 (§ 151a UStG bzw. KV Nr. 32014 GNotKG)) zusammen Etwaige Auslagen (für Abschriften; auch Porto/Telefon) zzgl. USt kommen hinzu.
20 € 3,80 € 23,80 €
Der Notar hat den mitgebrachten Anmeldetext gemäß § 378 Abs. 3 FamFG auf Eintragungsfähigkeit zu prüfen (Rz. 1452). Gemäß Anm. 22124 (2) KV GNotKG entsteht dafür neben der Begleubigungsgebühr keine weitere Gebühr. Wenn (ganz ausnahmsweise) ein anderer als der Notar, der die Anmeldung entworfen oder unterschriftbeglaubigt hat, die Vorprüfung vornimmt, fallen dafür 20 € an (Nr. 22124 Nr. 2 GNotKG). Hinzu kommt eine weitere Gebühr, wenn das Vereinsregister in elektronischer Form geführt wird und der Notar die Anmeldedaten unter Erzeugung strukturierter Daten („Extensible Markup Language“ – XML, oder vergleichbar) elektronisch an das Registergericht übergibt. Sie beträgt:2 – Bei vorherigem Entwurf durch denselben Notar (oben 1): 0,3 Gebühr aus dem Wert der Anmeldung gemäß KV Nr. 22114 GNotKG (somit die Mindestgebühr: 15 € bei Wert 5000 €). – Bei bloßer Beglaubigung (oben 2.) oder Erledigung durch einen anderen Notar: 0,6 Gebühr aus dem Wert der Anmeldung gemäß KV Nr. 22115 GNotKG (somit 27 € bei Wert 5000 €). Im Bereich des Vereinsregisters ist die elektronische Einreichung nicht verbindlich und aktuell auch noch unüblich. Die Anmeldenden können die Unterlagen nach Beglaubigung persönlich abgeben oder postalisch dem Gericht zusenden. Die Höchstgebühr für eine Beglaubigung – ohne Entwurf oder Entwurfsprüfung – beträgt 70 €, die Mindestgebühr 20 € (KV Nr. 25100 GNotKG). 1713
Für die Ersteintragung fällt bei dem Gericht eine Festgebühr von 75 € an (KV Nr. 13100 GNotKG).3 Damit ist das gesamte Verfahren abgegolten. Auch Zwischen1 Soweit die Steuer temporär abgesenkt ist (§ 28 UStG), kommt es auf den zum Zeitpunkt der vollständigen Leistungserbringung geltenden Steuersatz an. 2 Beachte auch die geplante Herabsetzung der Gebühren KV Nr. 22114 und 22115 GNotKG gem. Art. 4 des Entwurfs eines Kostenrechtsänderungsgesetzes 2021 (RegE in BR-Drucks. 565/20 vom 25.9.2020). 3 Kritisch dazu Waldner in Rohs/Wedewer, § 36 Rz. 57: keine sachgerechte Gebührenfestsetzung möglich.
800 | Stöber/Otto
6. Kosten | Rz. 1717 XXVI.
verfügungen lösen keine besonderen Gebühren aus. Die Gebühr entsteht aber ungekürzt auch dann, wenn die Eintragung aus irgendeinem Grund am Ende unterbleibt. Es gibt keine eigene Zurückweisungsgebühr. Dazu kommen Auslagen, auch für die elektronische Bekanntmachung (vgl. § 66 Abs. 1 BGB). Kostenschuldner für Notar wie Gericht ist als Antragsteller der Verein (§ 22 Abs. 1 GNotKG). Kommt es allerdings nicht zur Eintragung, bleibt Kostenschuldner die Vorgesellschaft, wobei deren Gesellschafter mit haften (§ 27 Nr. 3 GNotKG).1
1714
Die Anmeldung zur Neueintragung eines Vereins führt zur Eintragung des Vereins mit dem nach § 64 BGB notwendigen Registerinhalt (Name, Sitz, Satzung, Vorstandsmitglieder usw.). Anmeldung und Eintragung betreffen damit als einheitlichen Gegenstand den Verein und seine vollständige Neueintragung. Der Geschäftswert für die Beglaubigung der Anmeldeurkunde erhöht sich nicht etwa mit der Überlegung, dass mit dem Verein zugleich sein Vorstand zur Ersteintragung in das Vereinsregister „angemeldet“ (vgl. insoweit § 59 Abs. 2 Nr. 2 BGB) wird. Etwas anderes gilt allerdings für sämtliche nach der Ersteintragung folgenden neuen Anträge.
1715
e) Spätere Anmeldungen und Eintragungen Für die Beglaubigungsgebühr des Notars ist nicht anders als bei der Erstanmeldung danach zu differenzieren, ob der Notar nur eine Unterschrift beglaubigt oder einen Anmeldetext zugleich prüft oder diesen selbst entwirft und dann die Unterschrift des Anmeldenden beglaubigt (wie Rz. 1712). Zu beachten ist allerdings, dass eine Urkunde häufig mehrere Anmeldungen enthält. Jede Anmeldung stellt nach Anordnung des § 111 Nr. 3 GNotKG einen besonderen Gegenstand dar. Die einzeln festzustellenden Geschäftswerte (Rz. 1707) dieser Gegenstände werden zusammengerechnet; die Beurkundungs- oder Beglaubigungsgebühr des Notars wird aus dem so festgestellten summierten Geschäftswert dann einmal erhoben. Jeweils eigene Anmeldungen sind insofern z.B. die Anmeldung einer Satzungsänderung neben einem neuen Vorstand, aber auch die gleichzeitige Anmeldung des Ausscheidens mehrerer Vorstandsmitglieder, des Eintritts mehrerer neuer Vorstandsmitglieder sowie der Abberufung und der Neubestellung von Vorstandsmitgliedern.2
1716
Beispiele: – Angemeldet werden eine Satzungs- und eine Vorstandsänderung. Der Notar fertigt den Textentwurf und beglaubigt die Unterschriften. Wertannahme hier 5.000 €. Zusammenrechnung, weil es sich um mehrere Anmeldungen handelt (§ 35 Abs. 1, § 111 GNotKG), daher Geschäftswert 10.000 €. 0,5 Entwurfsgebühr nach KV Nr. 24102, 21201 Nr. 5, § 92 Abs. 2 GNotKG = 37,50 € zzgl. Umsatzsteuer.
1717
1 Leipziger-GNotKG/Seifert, KV Nr. 13101 GNotKG Rz. 6. 2 OLG Hamm v. 19.5.2009 – 15 Wx 46/09, FGPrax 2009, 185 = RNotZ 2009, 554 (noch zu § 44 KostO). Zur vergleichbaren Frage bei Anmeldung und Abmeldung von GmbH-Geschäftsführern BGH v. 21.11.2002 – V ZB 29/02, MDR 2003, 355 = NJW-RR 2003, 1149 = NotBZ 2003, 62 mit Anm. Lappe = Rpfleger 2003, 266 m.N.
Stöber/Otto | 801
XXVI. Rz. 1717 | Weitere Registerverfahren und Kosten – Angemeldet werden das Ausscheiden von fünf Vorstandsmitgliedern und die Bestellung von drei neuen Vorstandsmitgliedern.1 Der Notar beglaubigt die Unterschriften unter einem mitgebrachten Text, den er nicht vertieft prüft (nur „Vorprüfung“ iSd § 278 Abs. 3 FamFG) und nicht ergänzen muss. Zusammenrechnung, Geschäftswert: 5.000 × 8 = 40.000 €. 0,2 Beglaubigungsgebühr nach KV Nr. 25100 GNotKG = 29 € zzgl. Umsatzsteuer.
1718
Nur eine Anmeldung bilden die gemeinsame Erstanmeldung von Verein und Vorstand (Rz. 1714), die Anmeldung der Auflösung und der (ersten) Liquidatoren sowie die Anmeldung von Satzungsänderungen in mehreren Einzelpunkten (z.B. bei Änderung des Vereinsnamens, des Sitzes und anderer Satzungsbestimmungen), die Anmeldung einer Neufassung der Satzung, aber auch die gemeinsame Anmeldung satzungsändernder Beschlüsse, die in zeitlich auseinander liegenden Versammlungen gefasst wurden. In einer Einheit mit dem Vorstandsmitglied wird stets dessen Vertretungsmacht angemeldet.2 Das gilt auch, wenn eine Beschränkung der Vertretungsmacht (§ 26 Abs. 1 S. 2 BGB) zugleich mit einem Vorstand zur Eintragung angemeldet wird.
1719
Vertreten mehrere Vorstände gemeinsam und erscheinen sie gemeinsam beim Notar, fällt die Beglaubigungsgebühr nur einmal an. Die Vorstandsmitglieder können aber auch zeitversetzt nacheinander unterzeichnen bzw. ihre bereits geleistete Unterschrift vor dem Notar anerkennen. Sind dadurch mehrere Beglaubigungsvermerke erforderlich, sind sie gesondert zu berechnen.
1720
Bei Gericht fällt für alle späteren Eintragungen (auch Änderungen und Ergänzungen oder Löschungen) grundsätzlich eine Festgebühr von je 50 € an (KV Nr. 13101 GNotKG). Auch hier handelt es sich um eine Verfahrensgebühr (Rz. 1713) mit der Folge, dass sie etwaige Zwischenverfügungen mit abgilt, aber auch bei unterbleibender Eintragung anfällt.
1721
Es gelten folgende Besonderheiten (gesetzliche Anmerkung zu KV Nr. 13101 GNotKG): (1) Bei einer Sitzverlegung in den Bezirk eines anderen Registergerichts wird die Gebühr für eine spätere Eintragung nur durch das Gericht erhoben, in dessen Bezirk der Sitz verlegt worden ist. (2) Die Gebühr wird für mehrere Eintragungen nur einmal erhoben, wenn die Anmeldungen am selben Tag beim Registergericht eingegangen sind und denselben Verein betreffen. (3) Für die Eintragung 1. des Erlöschens des Vereins, 2. der Beendigung der Liquidation des Vereins, 3. der Fortführung als nichtrechtsfähiger Verein,
1 Nach OLG Hamm v. 19.5.2009 – 15 Wx 46/09, FGPrax 2009, 185 = RNotZ 2009, 554. 2 Leipziger-GNotKG/Heinze, § 105 Rz. 65.
802 | Stöber/Otto
6. Kosten | Rz. 1725 XXVI.
4. des Verzichts auf die Rechtsfähigkeit oder 5. der Entziehung der Rechtsfähigkeit und für die Schließung des Registerblatts wird keine Gebühr erhoben. Dabei ist die Eintragung von dem zugrunde liegenden Verfahren zu unterscheiden. Zu diesen – soweit das Gericht zuständig ist – Rz. 1728. Außerdem sind gebührenfrei:
1722
– Die Löschung (inhaltlich unzulässiger) Eintragungen nach § 395 FamFG (Vorbem. 1.3 Abs. 2 Nr. 2 KV GNotKG). Eine 1,0 Gebühr entsteht allerdings im Verfahren über den Widerspruch gegen eine angekündigte Löschung (KV Nr. 13400). – Eintragungen aus Anlass eines Insolvenzverfahrens (Vorbem. 1.3 Abs. 2 Nr. 1 KV GNotKG). – Eintragungen nach § 7 Abs. 2 VereinsG (Auflösung und Erlöschen des Vereins, nachdem ein behördliches Verbot unanfechtbar geworden ist). f) Umwandlungsfälle Verschmelzung durch Neugründung erfordert Anmeldung und Eintragung
1723
– des neuen Vereins (§ 38 Abs. 2 UmwG), – der Verschmelzung in das Vereinsregister des Sitzes des (bei mehreren: aller) übertragenden Vereins (§ 38 Abs. 1 UmwG). Es handelt sich um zwei selbständige Registerangelegenheiten. Die Neueintragung ist Ersteintragung. Die Eintragung in das Register des übertragenden Vereins ist spätere Eintragung. Verschmelzung durch Aufnahme erfordert Anmeldung und Eintragung in das Vereinsregister (§ 16 Abs. 1 UmwG)
1724
– des übernehmenden Vereins, – des (bei mehreren: aller) übertragenden Vereins. Es handelt sich um zwei selbständige Registerangelegenheiten. Die Eintragungen in die Vereinsregister beider Vereine sind spätere Eintragungen. Die Eintragung des Tages der Verschmelzung in das Register des (bei mehreren: aller) übertragenden Vereins erfolgt von Amts wegen (§ 19 Abs. 2 UmwG). Eine gesonderte Gebühr dafür ist nicht vorgesehen (Nebengeschäft). Beurkundung des Verschmelzungsvertrags (§§ 6 und 36 UmwG): 2,0 Gebühr des Notars, mindestens 120 €. Die Beurkundung der Verschmelzungsbeschlüsse eines jeden der Vereine ist Beurkundung eines Versammlungsbeschlusses. Dafür fällt eine weitere Gebühr von 2,0 an.
Stöber/Otto | 803
1725
XXVI. Rz. 1726 | Weitere Registerverfahren und Kosten
g) Rechtsmittel in den Anmeldeverfahren 1726
Der erfolgreiche Rechtsmittelführer schuldet keine Gebühr (§ 25 Abs. 1 GNotKG). Im „gegnerlosen“ Verfahren erhält aber auch keinen Ersatz seiner Auslagen.1 Im Beschwerdeverfahren wird eine Gebühr von 60 € erhoben, wenn die Beschwerde verworfen oder zurückgewiesen wird (KV Nr. 19116 GNotKG) Das Gericht kann die Gebühr bei teilweisem Erfolg der Beschwerde um 50 % ermäßigen oder von der Erhebung ganz absehen (Anm. zu KV Nr. 19116 GNotKG).
1727
Im Rechtsbeschwerdeverfahren werden grundsätzlich 120 € erhoben, wenn es ohne Erfolg bleibt. Bei Rücknahme vor Endentscheidung reduziert sich die Gebühr auf 60 € (KV Nr. 19128, 19129 GNotKG). Auch hier gelten Ermäßigungs- und Erlassmöglichkeit bei teilweisem Erfolg. Wird eine Sprungrechtsbeschwerde abgelehnt, fallen 60 € an (KV Nr. 19129 GNotKG). h) Andere Verfahren des Amtsgerichts
1728
Es gilt jeweils die Kostentabelle A des GNotKG für die Verfahren (grundsätzlich unabhängig vom Ausgang) über – die gerichtliche Bestellung von Vorstandsmitgliedern oder Liquidatoren (§ 29 BGB). Zum Verfahren: Rz. 642. Geschäftswert: 5000 € (§ 67 Abs. 1 Nr. 3 GNotKG). Ein höherer oder auch ermäßigter Geschäftswertansatz ist aus Billigkeitsgründen im Einzelfall möglich.2 Gebühr: 2,0 nach Vorbem. 1.3.5 (4b) mit KV Nr. 13500 GNotKG; bei Beendigung ohne Endentscheidung/durch Antragsrücknahme 0,5 Gebühr nach KV Nr. 13504 GNotKG. Kostenschuldner: Antragsteller (§ 22 Abs. 1 GNotKG). Noch nicht entschieden ist, ob für die Eintragung im Register eine Gebühr nach KV Nr. 13101 GNotKG anfällt oder ob diese spätere Eintragung als Nebengeschäft mit abgegolten ist.3 – die Ermächtigung zur Berufung der Mitgliederversammlung (§ 37 Abs. 2 BGB). Geschäftswert: nach § 36 Abs. 1 (aA: 5000 € nach § 67 Abs. 1 Nr. 3 GNotKG, Rz. 1706); Gebühr: 2,0 nach Vorbem. 1.3.5 (4b) mit KV Nr. 13500 GNotKG; bei Beendigung ohne Endentscheidung/durch Antragsrücknahme 0,5 Gebühr nach KV Nr. 13504 GNotKG). Für die Ernennung des Versammlungsleiters entsteht in demselben Verfahren keine eigene Gebühr (Vorbem. 1.3.5 KV GNotKG). Kostenschuldner: Antragsteller (§ 22 Abs. 1 GNotKG). – die Entziehung der Rechtsfähigkeit des Vereins, der keine drei Mitglieder mehr hat (§ 73 BGB; § 401 FamFG). Geschäftswert: § 36 Abs. 1 GNotKG, (nur) bei feh-
1 Ausf. Waldner, MDR 2016, 983. 2 Als Beispiel wird die Bestellung eines Liquidators für den Kleingartenverein mit sehr geringem Vereinsvermögen genannt, so von Leipziger-GNotKG/Zschach, § 68 Rz. 10. 3 Für Nebengeschäft BeckOK-GNotKG/Lauktien, KV Nr. 13101 Rz. 14; ohne Begründung unbewertet auch bei Röcken, ZStV 2014, 25, 28; anders Fackelmann/Heinemann, KV Nr. 13101 Rz. 18 (der das im Ergebnis aber wiederum für unverhältnismäßig ansieht).
804 | Stöber/Otto
6. Kosten | Rz. 1731 XXVI.
lenden anderen Anhaltspunkten somit 5000 €, § 36 Abs. 3 GNotKG (Rz. 1711). Gebühr: 1,0 nach KV Nr. 13400 Nr. 3 GNotKG, also 146 € bei einem Wert von 5.000 €. Kostenschuldner: der Verein (§ 23 Nr. 7 GNotKG). – den Widerspruchs gegen eine angedrohte Löschung von Amts wegen (§ 395 FamFG). Geschäftswert: § 36 Abs. 1 GNotKG, (nur) bei fehlenden anderen Anhaltspunkten somit 5000 €, § 36 Abs. 3 GNotKG (Rz. 1711). Gebühr: 1,0 nach KV Nr. 13400 Nr. 1 GNotKG. Kostenschuldner: der Widerspruchsführer (§ 22 Nr. 1 GNotKG) oder nach Entscheidung des Gerichts (§ 27 Nr. 1 GNotKG). Der Ausgang des Verfahrens ist für die Höhe der Gebühr unerheblich.1 Zu Zwangsgeldverfahren s. bereits oben Rz. 1699 ff. Beschwerdeverfahren in den nach KV Nr. 13400 bis 13504 GNotKG berechneten Angelegenheiten lösen eine 3,0 Gebühr aus (KV Nr. 13610 GNotKG). Zurücknahme vor Eingang der Begründung ermäßigt auf 0,5; Beendigung ohne Endentscheidung ermäßigt im Übrigen auf 1, 0 (KV Nr. 13611, 13612 GNotKG). Der Wert wird gemäß dem Wert des Antrags des Rechtsmittelführers bestimmt, eine Obergrenze bildet grundsätzlich der der Geschäftswert des ersten Rechtszugs (§ 61 GNotKG). Den Wert einer Beschwerde eines Konkurrenzunternehmens gegen die Ablehnung der Löschung eines angeblichen Wirtschaftsvereins von Amts wegen wurde jüngst nach billigem Ermessen mit 10.000 € geschätzt.2 Für die Rechtsbeschwerde in diesen Fällen gelten entsprechend Gebührensätze von 4,0, 1,0 oder 2,0 (KV Nr. 13620–13622 GNotKG), bei abgelehnter Sprungrechtsbeschwerde 1,0 (KV Nr. 13630 GNotKG).
1729
i) Registereinsicht, Abschriften, Bescheinigungen Für die Einsicht des Vereinsregisters werden Gebühren nicht erhoben (§ 1 GNotKG: Kein Gebührentatbestand angeordnet).
1730
Für die Erteilung einer unbeglaubigten oder beglaubigten Abschrift sowie eines Ausdrucks oder amtlichen Ausdrucks aus dem Vereinsregister wird eine Gebühr von 10 bzw. 20 € erhoben KV Nr. 17000, Nr. 17001 GNotKG). Für eine gerichtliche Bescheinigung aus dem Register wird die Gebühr von 20 € erhoben (KV Nr. 17004 Nr. 2). Wird anstelle eines Ausdrucks die elektronische Übermittlung einer Datei beantragt, werden für eine unbeglaubigte Datei 5 € und für eine beglaubigte Datei 10 € erhoben (KV Nr. 17002, Nr. 17003 GNotKG). Das Registergericht kann (und muss) auf eine schriftliche Anfrage nach einer Registerlöschung einen kostenpflichtigen Ausdruck versenden, auch wenn nur um „Auskunft“ gebeten war. Es besteht kein Anspruch auf kostenfreie Auskunft über den Registerinhalt.3
1731
Nach Anmeldung kann jedermann auch das Abrufverfahren aus dem elektronischen Vereinsregister (Zugang über: www.handelsregister.de) nutzen. Die Gebühren betra-
1 Leipziger-GNotKG/Seifert, KV Nr. 13400 Rz. 5. 2 OLG Stuttgart v. 30.1.2014 – 8 W 32/14, Rpfleger 2014, 436. 3 AG Köln v. 28.1.2009 – VR 106/05, NZG 2009, 1317.
Stöber/Otto | 805
XXVI. Rz. 1731 | Weitere Registerverfahren und Kosten
gen nach § 1 Abs. 2 JVKostG (Nr. 1140/1141 des dazugehörigen Kostenverzeichnisses) für jeden Abruf von Daten 4,50 € je Registerblattes bzw. für den Abruf von Dokumenten 1,50 € für jede abgerufene Datei. Die Gebühren für den Abruf sind von demjenigen zu zahlen, der den Abruf tätigt (§ 15 JVKostG) und werden am 15. Tag des auf den Abruf folgenden Monats fällig, sofern sie nicht über ein elektronisches Bezahlsystem sofort beglichen werden.
806 | Stöber/Otto
XXVII. Transparenzregister 1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1732 2. Geltung für Vereine . . . . . . . . . . . . . 1737 3. Ermittlung wirtschaftlich Berechtigter im Verein . . . . . . . . . . . . . . . . 1738
4. Entbehrlichkeit der Meldung . . . . 1742 5. Meldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1745 6. Gebühren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1748
Literatur: BeckOK-GwG/Frey/Pelz, 2. Edition, 1.2.2020; Blaurock/Pordzik, Der wirtschaftlich Berechtigte im Sinne des Transparenzregisters – Offenlegungspflichten für stille Beteiligungsstrukturen? NZG 2019, 413; Bundesverwaltungsamt, Transparenzregister – Fragen und Antworten, online über www.transparenzregister.de, Stand 20.2.2020, Abruf 2.4.2020; Elsing, Überblick über das Transparenzregister, notar 2018, 71; Fisch, Das neue Transparenzregister und seine Auswirkungen auf die Praxis, NZG 2017, 408; Goette, Das Transparenzregister – Aktuelle Fragen der Praxis unter besonderer Berücksichtigung der erweiterten FAQs des Bundesverwaltungsamts zur GmbH & Co. KG und der Umgang mit drohenden Bußgeldern, DStR 2020,453; Herzog/Bearbeiter, Geldwäschegesetz, Kommentar, 3. Aufl. 2018; Kotzenberg/Lorenz, Das Transparenzregister kommt, NJW 2017, 2433; Kotzenberg/Lorenz, Bedeutung des Transparenzregisters für Stiftungen – Ein Zwischenbericht ZStV 2020, 29; Longrée/Pesch, Das neue Transparenzregister in der Praxis, NZG 2017, 1081; Nadwornik, Praxishinweise zum Transparenzregister für gemeinnützige Stiftungen, npoR 2017, 233; Reuter S., Neues vom Transparenzregister, NZG 2020, 178; Rieg, Prüfungs- und Handlungsbedarf aufgrund der Einführung des Transparenzregisters, BB 2017, 2310; Sitter, Das Transparenzregister – eine Bestandsaufnahme, ZNotP 2019, 411–431; Schaub: Das neue Transparenzregister naht – Überblick über die Regelungen und praktische Auswirkungen für Personenvereinigungen, DStR 2017, 1438; Wickert, Vereine und das Transparenzregister? Nwb-Expertenblog 12.10.2017, https://www.nwbexperten-blog.de/vereine-und-das-transparenzregister/, letzter Abruf 2.4.2020. Rechtliche Hinweise und praktische Erläuterungen der registerführenden Stelle zum Meldeverfahren finden sich laufend aktualisiert online über www.transparenzregister.de.
1. Grundlagen Seit 2017 besteht für juristische Personen des Privatrechts und eingetragene Personengesellschaften die Pflicht zur Eintragung in das in §§ 18–26 des Geldwäschegesetzes (GwG) geregelte Transparenzregister.1 Es wird ausschließlich elektronisch geführt. Als registerführende Stelle beliehen ist die Bundesanzeiger Verlag GmbH. Das Transparenzregister ist als Auffang- und Verknüpfungsregister konzipiert. Durch elektronische Verknüpfung werden u.a. Eintragungen im Vereinsregister zugänglich gemacht. Einsichtnahmen in das Transparenzregister sind nur nach einem gestaffelten
1 Geldwäschegesetz v. 23.6.2017 (BGBl. I 1822), zuletzt geändert durch VO v. 19.6.2020 (BGBl. I 1328).
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1732
XXVII. Rz. 1732 | Transparenzregister
Einsichtnahmekonzept möglich, abhängig von der Funktion des Einsichtnehmenden. Zielsetzung ist dabei die Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung, von Geldwäsche und Steuerflucht. Dazu sollen von den vorgenannten meldepflichtigen Einheiten und sog. Trusts jeweils die „wirtschaftlich Berechtigten“ mit Name, Adresse, Geburtsdatum, Wohnort und Staatsangehörigkeit sowie Art und Umfang des von ihnen gehaltenen wirtschaftlichen Interesses erfasst werden (§ 19 Abs. 1 GwG). 1733
Wirtschaftlich Berechtigte sind immer eine oder mehrere natürliche Personen, so dass bei Holdings bzw. Beteiligungsstrukturen alle Ebenen bis zu diesen nachgehalten werden müssen. Bei juristischen Personen mit Ausnahme der Stiftungen1 zählt nach § 3 Abs. 2 S. 1 GwG zu den wirtschaftlich Berechtigten jede natürliche Person, die unmittelbar oder mittelbar mehr als 25 Prozent der Kapitalanteile hält oder – naturgemäß kann nur dies für den Verein relevant werden: – mehr als 25 Prozent der Stimmrechte kontrolliert oder – auf vergleichbare Weise Kontrolle ausübt.
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Mittelbare Kontrolle liegt insbesondere vor, wenn entsprechende Anteile von einer oder mehreren Juristischen Personen des Privatrechts oder eingetragenen Personengesellschaften gehalten werden, die von einer natürlichen Person kontrolliert werden. Die genannten Schwellenwertregelungen gelten ausschließlich auf der Ebene der Vereinsmitglieder zum Verein selbst. Andere Kriterien gelten, um festzustellen, ob das Vereinsmitglied seinerseits im Rahmen mehrstufiger Beteiligungsstrukturen und Konzernverflechtungen von einer natürlichen Person kontrolliert wird. Kontrolle liegt insbesondere vor, wenn die natürliche Person unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss (vgl. § 290 Abs. 1 bis 4 HGB) ausüben kann (§ 3 Abs. 2 S. 2–3 GwG). § 290 Abs. 2 HGB bestimmt, wann ein beherrschender Einfluss eines Mutterunternehmens besteht. Ein solcher ist stets anzunehmen, wenn dem Mutterunternehmen bei einem anderen die Mehrheit der Stimmrechte der Gesellschafter oder das Recht zusteht, die Mehrheit der Mitglieder des die Finanz- und Geschäftspolitik bestimmenden Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans zu bestellen oder abzuberufen, und es gleichzeitig Gesellschafter ist. Der beherrschende Einfluss kann sich auch aus einem Beherrschungsvertrag oder aus Satzungsbestimmungen der beherrschten Einheit ergeben oder wenn die Mutter bei wirtschaftlicher Betrachtung die Mehrheit der Risiken und Chancen eines Tochterunternehmens trägt, das zur Erreichung eines eng begrenzten und genau definierten Ziels dient (Zweckgesellschaft). Soweit sich die Beherrschung nicht aus anderen Umständen ergibt, indiziert also regelmäßig das Halten von mehr als 50 % der Kapital-, oder Stimmrechtsanteile eine beherrschende Stellung.2 Neben der gesellschaftsrechtlich über Kapital- oder Stimmrechtsanteile vermittelten Beherrschungsmöglichkeit können grundsätzlich auch andere Faktoren eine faktische Beherrschung indizieren. Bestehen Hinweise auf eine faktische Beherrschung durch einen Dritten, haben die Verpflichteten diesen ungeachtet der tatsächlichen Beteiligungsverhältnisse nachzugehen.3 Die Geschäftsfüh1 Für sie gilt § 3 Abs. 3 GwG, dazu etwa Kotzenberg/Lorenz, ZStV 2020, 29. 2 Herzog/Figura, 3. Aufl. 2018, GwG § 3 Rz. 10. 3 Herzog/Figura, 3. Aufl. 2018, GwG § 3 Rz. 10.
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2. Geltung für Vereine | Rz. 1737 XXVII.
rung (der Vereinsvorstand) als solche übt kraft ihrer Funktion noch keine Kontrolle im skizzierten Sinne aus.1 Eine rein faktische Kontrolle mehrerer Stimmen (z.B. durch ein „Familienoberhaupt“) genügt nicht, kann aber Indiz für eine Absprache sein.2 Weder eine gewillkürte noch die gesetzliche Vertretungsmacht begründen für den Bevollmächtigten oder gesetzlichen Vertreter eine Rechtsstellung, die ihn neben oder an Stelle des Vertretenen als wirtschaftlich Berechtigten i.S.d. § 3 GwG qualifiziert. Etwas anderes würde nur gelten, wenn eine Vollmacht so atypisch mit Kontrollmacht ausgestaltet ist, dass sie der dinglichen Treuhand ähnelt. Besondere Vertreter nach § 30 BGB sind daher als solche nicht wirtschaftlich Berechtigte, Vorstandsmitglieder nur als sog. fiktiv wirtschaftlich Berechtigte.
1735
Wichtig für den Verein ist § 3 Abs. 2 S. 5 GwG. Dort werden die fiktiv wirtschaftlich Berechtigten definiert. Wenn nach den genannten Bestimmungen kein wirtschaftlich Berechtigter ermittelt werden kann, gilt (mit hier nicht interessierenden Ausnahmen) als wirtschaftlich Berechtigter je nach Rechtsform der gesetzliche Vertreter, der geschäftsführende Gesellschafter oder der Partner. Beim Verein sind dies sämtliche Mitglieder des Vorstands.
1736
2. Geltung für Vereine Vereine sind von den in § 20 GWG geregelten Melde- bzw. Transparenzpflichten somit unterschiedlich betroffen: – Nicht eingetragene und nicht konzessionierte Vereine sind nach dem vorherrschenden Begriffsverständnis ungeachtet ihrer weit reichenden Rechtsfähigkeit keine Juristische Personen. Sie sind (jedenfalls nach der bei Drucklegung geltenden Rechtslage, vgl. Rz. 11) auch in keinem Gesellschaftsregister eingetragen. Daher wird zu Recht von der ganz überwiegenden Meinung angenommen, dass sie von vornherein nicht im Transparenzregister zu erfassen sind.3 – Nach § 22 BGB konzessionierte Vereine unterliegen als Juristische Personen des Privatrechts hingegen den Transparenzpflichten nach § 20 ff. GWG. Sie sind meldepflichtig. Die Meldepflicht gilt allerdings als erfüllt, wenn der Verein mit seinem Handelsgewerbe zugleich im Handelsregister eingetragen ist und sich alle geforderten Informationen bereits aus diesem Register (§ 20 Abs. 2 Nr. 1, § 22 Nr. 5 GwG) bzw. bei Kontrollketten ggf. auch aus anderen in § 20 Abs. 2, § 22 GwG genannten Eintragungen und Dokumenten ergeben. 1 Herzog/Figura, 3. Aufl. 2018, GwG § 3 Rz. 10. 2 Schaub, DStR 2017, 1438 (1439), a.A. Fisch, NZG 2017, 408 (409). 3 Herzog/Figura, 3. Aufl. 2018, GwG § 20 Rz. 4. Vgl. insbesondere auch die Ausführungen in der Gesetzesbegründung, wo ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass die rechtsfähige BGB-Außengesellschaft ausgeklammert bleibt, weil die Transparenzregisterpflicht an eine (andere) Registereintragung anknüpft (BT-Drucks. 18/11555, 127). Für den nicht eV kann nichts anderes gelten. Anders Wickert, nwb-Expertenblog 12.10.2017, https://www.nwb-ex perten-blog.de/vereine-und-das-transparenzregister/, letzter Abruf 2.5.2020.
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1737
XXVII. Rz. 1737 | Transparenzregister
– Eingetragene Vereine werden von den Transparenzpflichten des GWG erfasst. Damit ist aber noch nicht entschieden, ob sie selbst melden müssen. Auch hier kann die Meldepflicht als erfüllt gelten, wenn sich nämlich alle Informationen zum wirtschaftlichen Berechtigten bereits aus dem Vereinsregister ergeben (§ 20 Abs. 2 Nr. 4 GwG) – Für gemeinnützige Vereine gelten (auch hinsichtlich der Gebühren) keine Besonderheiten oder Ausnahmen.
3. Ermittlung wirtschaftlich Berechtigter im Verein 1738
Für den Vorstand eines konzessionierten oder eingetragenen Vereins besteht eine Meldepflicht somit dann, wenn sich der oder die wirtschaftlich Berechtige(n) nicht aus dem Handelsregister oder Vereinsregister (bzw. den weiteren qualifizierten Registern und Dokumenten) entnehmen lassen. Jeder Verein muss klären, ob und welche wirtschaftlich Berechtigten es in seiner Struktur gibt. Meldepflichtig ist immer die „kontrollierte Einheit“, d.h. wenn der Verein seinerseits eine Kapitalgesellschaft, einen anderen Verein etc. beherrscht, obliegt dieser Tochtergesellschaft die Meldung (es gibt keine Konzernmeldung). Kontrolliert ein Vereinsmitglied mehr als 25 Prozent der Stimmrechte, hat es den Vorstand zur Erfüllung seiner Meldepflichten allerdings dadurch zu unterstützen, dass es ihm die notwendigen Angaben zum wirtschaftlich Berechtigten und jede Änderung dieser Angaben unverzüglich mitteilt (§ 20 Abs. 3 S. 1 u. 3, Abs. 3 b GwG). Dazu zählen auch die Informationen, aus denen sich eine Kontrolle dieses Mitglieds durch eine andere natürliche Person ergibt (§ 20 Abs. 3 S. 1 GwG). Der Verein kann ggf. zur Auskunft auffordern (§ 20 Abs. 3 a GwG).
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Weil es bei einem Verein keine kapitalmäßige Beteiligung der Mitglieder gibt, ist für die Bestimmung der wirtschaftlich Berechtigten regelmäßig entscheidend, ob es natürliche Personen gibt, die einzeln mehr als ein Viertel der Stimmrechte innehaben oder über Beteiligungsstrukturen kontrollieren oder in vergleichbarer Weise Kontrolle ausüben. Ausgehend vom Regelfall der Kopfstimme käme eine Stimmrechtskontrolle danach nur in Betracht, wenn der Verein nicht mehr als drei Mitglieder hat. In diesem seltenen Fall wäre jedes Vereinsmitglied als wirtschaftlich Berechtigter der registerführenden Stelle zur Eintragung in das Transparenzregister mitzuteilen. Im Gros der Fälle scheidet eine durch die Vereinsmitgliedschaft begründete Kontrolle aus. Ausnahmen sind jedoch denkbar und vom Vorstand zu prüfen. In Betracht kommen Mehrfachstimmrechten einzelner Mitglieder oder Mitgliedergruppen (Rz. 978), Sonderrechte von Mitgliedern (Rz. 254), Stimmrechtsbündelung (Rz. 248) und in Ausnahmen auch Kontrollrechte vereinsfremder Dritter1 (Rz. 1098). (Nur) wenn das Stimmrecht übertragbar gestaltet ist, können auch Stimmbindungsverträge bestehen. Der Vorstand hat sie für die Meldung zu beachten, wenn er Hinweise darauf hat. Ent-
1 Widerspruchs- (Vetorechte) gegenüber den Beschlüssen des Mitgliederversammlung bewirken eine Kontrolle auf sonstige Weise i.S.d. § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 GwG (Bundesverwaltungsamt, Fragen und Antworten, Stand 20.2.2020, Frage II. 23).
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3. Ermittlung wirtschaftlich Berechtiger im Verein | Rz. 1741 XXVII.
scheidend ist immer, welche natürliche Person „letztlich“ (§ 3 Abs. 1 GwG) die Kontrolle hat. Das führt dazu, dass die Struktur so weit als möglich nachzuverfolgen ist. Beispiel zur Nachverfolgungskette zum wirtschaftlich Berechtigten In einem Wirtschaftsverband e.V., bei dem sich die Stimmrechte aus dem Umsatz der Mitgliedsunternehmen errechnen, hat Einzelkaufmann A 25,5 % der Stimmen. Außerdem haben das Mitglied B GmbH und das Mitglied C GmbH je 15 % der Stimmen. Die übrigen Stimmen verteilen sich auf mehrere umsatzschwächere unverbundene Unternehmen. Kaufmann E ist zu 60 % am Kapital der B GmbH beteiligt und hält 90 % der Aktien der D AG, die ihrerseits durch einen Beherrschungsvertrag die C GmbH kontrolliert. F hält 30 % des Kapitals der B GmbH und 5 % der Aktien der D AG. Ergebnis: Wirtschaftlich Berechtigte des e.V. sind A und E.
Mittelbare Kontrollrechte i.S.d. § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GwG können nach dem klaren Wortlaut der § 3 Abs. 2 S. 2 u. 3 GwG nur über ihrerseits dem Transparenzregister unterliegende Rechtsträger i.S.d. § 20 Abs. 1 GwG ausgeübt werden.
1740
Beispiel zum Fehlen eines wirtschaftlich Berechtigten trotz Stimmrechten über 25 % In einem regionalen Tourismusverband e.V. hat die Stadt A als Mitglied 30 % der Stimmen. Die als nicht eingetragener Verein organisierte Arbeitsgemeinschaft zehn ortsansässiger Hoteliers hat 25,5 % der Stimmen. In der Arbeitsgemeinschaft sind alle Mitglieder gleichberechtigt. Sie sind nicht über weitere Beteiligungsstrukturen miteinander verbunden. Die anderen Verbandsmitglieder haben jeweils weniger als 25 % der Stimmen und keine gemeinsame Spitze. Ergebnis: Der Verband hat keinen wirtschaftlich Berechtigten. Eintragungspflichtig sind als fiktive wirtschaftlich Berechtigte die Vorstandsmitglieder.
Soweit es im Beispiel um die Stadt, allgemeiner um staatliche, kommunale und andere öffentliche Beteiligungen geht, folgt das Ergebnis abgesehen von der Beschränkung der § 3 Abs. 2 S. 2 u. 3 GwG auf Rechtsträger nach § 20 Abs. 1 GwG1 schon daraus, dass nur das private Eigentum im Fokus des GwG steht.2 Hinsichtlich des nicht-eV des Beispiels ist allerdings fraglich, ob man bei diesem Ergebnis immer stehen bleiben kann. Findet sich in der Kette ein selbst nicht eintragungspflichtiger Rechtsträger, ist eher noch ergänzend zu prüfen, ob eine Privatperson über diesen „in vergleichbarer Weise“ (§ 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 GwG) Kontrolle ausübt (so im Beispiel, wenn in der „Arbeitsgemeinschaft“ nicht das Kopfprinzip gälte, sondern eine Privatperson beherrschenden Einfluss hat). Existiert hiernach kein wirtschaftlicher Berechtigter oder ist er jedenfalls durch den Vorstand nicht feststellbar, dann gilt der gesetzliche Vertreter als (fiktiv) wirtschaftlich Berechtigter. Dies ist bei dem konzessionierten ebenso wie bei dem eingetragenen Verein der Vorstand. Hier kommt es wieder auf den Blick von der meldepflichtigen Einheit aus an.3 Hat also eine andere Einheit zwar mehr als 25 % der Stimmen, wird sie aber von keiner natürlichen Person kontrolliert, dann bleibt fiktiv berechtigt der gesetzliche Vertreter des mitteilungspflichtigen Rechtsträgers. 1 Das Bundesverwaltungsamt, Fragen und Antworten, Stand 20.2.2020, Frage II. 17, stützt sich für die Beteiligung einer Gemeinde allein auf diesen Aspekt. 2 BeckOK-GwG/Frey, 2. Ed. 1.2.2020, GwG § 3 Rz. 61. 3 Schaub, DStR 2017, 1438 (1439).
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1741
XXVII. Rz. 1741 | Transparenzregister Beispiele zum fiktiven wirtschaftlichen Berechtigten In einem Bundesverband e.V. mit 16 Landesverbänden (e.V.) als Mitgliedern, deren Stimmrecht sich nach der Zahl ihrer eigenen Mitglieder richtet, haben die Landesverbände Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg aufgrund ihrer Mitgliederzahl jeweils über mehr als 25 % der Stimmen. Ergebnis: Vorausgesetzt, dass die Landesverbände selbst von keiner natürlichen Person kontrolliert werden, hat der Bundesverband keinen („echten“) wirtschaftlich Berechtigten. Fiktiv berechtigt sind die Mitglieder des Bundesvorstands (nicht etwa die der beiden Landesvorstände).1
4. Entbehrlichkeit der Meldung 1742
Die Pflicht zur Mitteilung an das Transparenzregister nach § 20 Abs. 1 GwG gilt dann als erfüllt, wenn sich die von § 19 Abs. 1 GwG geforderten Angaben zum wirtschaftlich Berechtigten (Rz. 1732) aus der Eintragung im Vereinsregister (oder bei Eintragung eines Handelsbetriebs des Vereins auch aus dem Handelsregister, Einzelheiten §§ 20 Abs. 1, 22 GwG) ergeben und diese elektronisch abrufbar sind. Eintragungen im Transparenzregister (zu einem anderen Rechtsträger in Konzernstrukturen) können diese Fiktionswirkung nicht auslösen.
1743
Sind – wie im Regelfall – die Vorstandsmitglieder eines eV als die fiktiv wirtschaftlich Berechtigten einzutragen, so greift für sie die Meldefiktion, wenn Namen, Vornamen, Wohnorte und Geburtsdaten aller Vorstandsmitglieder elektronisch abrufbar sind. Die gem. § 3 S. 3 Nr. 3 VRV zum Vorstand vorzunehmenden Eintragungen im Vereinsregister entsprechen insoweit den Anforderungen aus § 20 Abs. 2 GwG, § 19 Abs. 1 Nr. 1–3 GwG. Ihre Stellung als wirtschaftliche Berechtigte (§ 19 Abs. 1 Nr. 4 GwG) ergibt sich aus der Vorstandseigenschaft. Dass sich die Staatsangehörigkeit (§ 19 Abs. 1 Nr. 5) regelmäßig nicht aus dem Vereinsregister ergibt, hebt die Fiktionswirkung nicht auf und ist daher unschädlich.2 Mit Eintragungen sind im Übrigen ausschließlich die Registerangaben gemeint, die über den aktuellen bzw. chronologischen Abdruck abrufbar sind.
1744
Die Mitteilungsfiktion greift jedoch nicht, wenn die Registereintragung nicht aktuell, unvollständig oder nicht elektronisch abrufbar ist. Die elektronischen Abrufmöglichkeit des Vereinsregisters ist heute für alle Bundesländer eingeführt (Rz. 1427). Dem Verein bleibt somit nur, dafür Sorge zu tragen, dass der Registereintrag regelmäßig
1 Das hier vertretene Ergebnis folgt Schaub, DStR 2017, 1438 (1439). Möglicherweise anders, mindestens missverständlich allerdings das Bundesverwaltungsamt, Fragen und Antworten, Stand 20.2.2020, Frage II. 17, wo offenbar davon ausgegangen wird, der Bürgermeister einer Gemeinde, die eine GmbH kontrolliert, wäre fiktiv wirtschaftlich Berechtigter dieser GmbH, wenn nicht § 20 GwG juristische Personen des öffentlichen Rechts ausnähme. Wie hier – und zwar unter Berufung auf die unklare Äußerung des Bundesverwaltungsamt – Goette, DStR 2020, 453, 457. 2 Bundesverwaltungsamt, Fragen und Antworten, Stand 20.2.2020, Frage II. 26; Goette, DStR 2020, 453, 454.
812 | Stöber/Otto
6. Gebühren | Rz. 1748 XXVII.
aktualisiert wird.1 Hinsichtlich etwaiger Veränderungen im Vorstand sollte das hinsichtlich seiner sanktionsbewehrten Anmeldepflichten nach §§ 67, 78 BGB eigentlich selbstverständlich sein. In der Praxis werden allerdings bloße Wohnortwechsel der Vorstände häufig weniger konsequent nachgehalten (Rz. 1568). Insoweit kann nunmehr in geldwäscherechtlicher Hinsicht Handlungsbedarf für die Vereinsvorstände bestehen. Zweckmäßigerweise werden die Änderungen zum Vereinsregister angemeldet (und von dort aus automatisch verknüpft), so dass auch insofern kein unmittelbarer Kontakt zum Transparenzregister erforderlich wird.
5. Meldung Hat der Verein unmittelbare Meldungen zum Transparenzregister vorzunehmen, muss er sich für das elektronische Meldeverfahren registrieren. Die registerführende Stelle informiert online über das Verfahren und hält Anleitungen bereit (www.trans parenzregister.de).2
1745
Sind andere Personen als der Vorstand als wirtschaftliche Berechtigte einzutragen, dann sind außer Namen, Vornamen, Wohnorte, Geburtsdaten und Staatsangehörigkeit der wirtschaftlich Berechtigten auch Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses anzugeben.
1746
In anderen Fällen als dem des Vorstands eines eingetragenen Verein als fiktiv wirtschaftlich berechtigt führen die Erleichterungen aus gesetzlichen Fiktionen für Vereine nicht weiter. Zwar kann sich der wirtschaftlich Berechtigte grundsätzlich aus einer Zusammenschau von Eintragungen und Dokumenten i.S.v. §§ 20 Abs. 2, 22 Abs. 1 GwG ergeben. Jahresabschlüsse, Satzungen, Protokolle gelten jedoch nicht als Dokumente nach § 22 Abs. 1 GwG und sind folglich nicht geeignet, Mitteilungen nach § 20 Abs. 2 GwG zu fingieren.3 Es genügt also z.B. nicht, wenn sich der aufgrund eines Mehrfachstimmrechts (von über 25 %) wirtschaftliche Berechtigte aus der zum Vereinsregister eingereichten Satzung des Vereins ergibt.
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6. Gebühren Das Einreichen bzw. Melden der Daten zum Transparenzregister ist nicht gebührenpflichtig. Die Rechtsträger, die von den Fiktionswirkungen nicht profitieren und melden müssen, sollen nicht zusätzlich mit Gebühren belastet werden. Stattdessen fällt für die Führung des Transparenzregisters eine jährlich von jedem transparenzregisterpflichtigen Rechtsträger zu entrichtende Gebühr von derzeit 2,50 € zzgl. USt an (§ 24 Abs. 1 GwG i.V.m. § 1 Transparenzregistergebührenverordnung und Nr. 1 zu deren Anlage). Die Gebühren werden unabhängig davon erhoben, 1 Bundesverwaltungsamt, Fragen und Antworten, Stand 20.2.2020, Frage II. 9. 2 Einführung mit Abdruck der Internet-Formulare bei Sitter, ZNotP 2019, 411–431 (421 ff.). 3 Bundesverwaltungsamt, Fragen und Antworten, Stand 20.2.2020, Frage II. 7.
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1748
XXVII. Rz. 1748 | Transparenzregister
ob den Transparenzpflichten tatsächlich nachgekommen wurde. Für das Entstehen der Gebühr genügt es, wenn der Verein durch die Eintragung in das Vereinsregister (oder Handelsregisters) als gemeldet gilt.
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XXVIII. Der nicht eingetragene Verein 1. Die Rechtsform des nicht eingetragenen Vereins (§§ 54, 705 ff. BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Begriff und Abgrenzung . . . . . . . . . b) Anzuwendendes Recht . . . . . . . . . . 2. Die Vereinsverfassung . . . . . . . . . . a) Satzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vereinsname . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vereinszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Sitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Vereinsstrafen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Vereinsmitglieder . . . . . . . . . . 4. Der Vorstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Mitgliederversammlung . . . . . . . . 6. Satzungsänderungen . . . . . . . . . . . 7. Das Vereinsvermögen . . . . . . . . . . a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1749 1749 1755 1762 1762 1764 1765 1766 1767 1768 1773 1778 1783 1785 1785
b) Grundvermögen . . . . . . . . . . . . . . . 8. Haftung für Vereinsschulden . . . a) Haftung des Vereins . . . . . . . . . . . . b) Haftung der Mitglieder eines Idealvereins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Haftung der Mitglieder eines wirtschaftlichen Vereins . . . . . . . . . d) Haftung der Mitglieder eines Vorvereins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Haftung des Handelnden (Vorstands usw.) . . . . . . . . . . . . . . . f) Politische Partei und Fraktionen . 9. Rechtsstreite, Insolvenzverfahren (§ 50 Abs. 2, §§ 171, 735 ZPO) . . 10. Auflösung und Beendigung . . . . . 11. Wann ist die Eintragung in das Vereinsregister anzustreben? . . .
1789 1795 1795 1796 1799 1800 1801 1807 1808 1813 1816
Literatur: Arnold, Die geplante Vereinsrechtsreform – Fortschritt oder Irrweg?, DB 2004, 2143; Ballerstedt, Mitgliedschaft und Vermögen beim eingetragenen Verein, in FS Knur, 1972, S. 1; Becker, der nicht rechtsfähige Verein als Offene Handelsgesellschaft, Diss. 1904; Bergmann, Ein Plädoyer für § 54 Satz 1 BGB, ZGR 2005, 654; Beuthien, Gibt es doch die herkömmliche GbR, noch dazu auf vielerlei Art? Zum Verhältnis von Gesamthand, Bruchteilsgemeinschaft und Rechtsfähigkeit, NZG 2019, 41; Beuthien, Künftig alles klar beim eingetragenen Verein?, NZG 2005, 493; Beuthien, Setzt die Rechtsfähigkeit der GbR besondere Organisationselemente voraus?, ZIP 2011, 1589; Beuthien, Warum eigentlich keine GbR mbH? – Zum Haftungssystem der nichteingetragenen Vereinigungen, WM 2012, 1; Beuthien, Wer sind die Handelnden? Warum und wie lange müssen sie haften?, MDR 2013, 1; Discher, Die Mitgliederhaftung im Idealverein, 2013; Flume, Der nicht rechtsfähige Verein, ZHR 148 (1984) 503; Habscheid, Der nicht rechtsfähige Verein zwischen juristischer Person und Gesellschaft, AcP 155, 375; Hadding, Zu einer geplanten Änderung des Vereinsrechts, ZGR 2006, 137; Hientzsch, Die politische Partei in der Insolvenz, NVwZ 2009, 1135; Kempfler, Nicht rechtsfähige Vereine aktiv parteifähig?, NZG 2002, 411; Kempfler, Politische Parteien und Grundbuch, NJW 2000, 3763; Jung, Zur Partei- und Grundbuchfähigkeit nicht rechtsfähiger Vereine, NJW 1986, 157; Meyer, Haftungsprivilegien bei Idealverbänden ohne Rechtspersönlichkeit?, ZGR 2008, 702; Möllenkamp, Vereinsrechtsreform stutzt Nebenzweckprivileg der Vereine, DB 2004, 2737; Morlok/Schulte-Trux, Staatstragend, aber nicht grundbuchfähig?, NJW 1992, 2058; Neumann, Verbot einer islamistischen Vereinigung, Anm. zu BVerwG 14.5.2014, jurisPR-BVerwG 20/2014, Nr. 3; Oschütz, Zur Rechtsstellung der Vereinssparte, SpuRt 2008, 97; Prütting, Der nicht rechtsfähige Verein im Zivilprozess, in der Zwangsvollstreckung sowie im Grundbuch, FS Reuter, 2010, S. 263; Pulte, Dauerschuldverhältnisse mit min-
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XXVIII. Rz. 1749 | Der nicht eingetragene Verein derjährigen Mitgliedern nicht rechtsfähiger Idealvereine, Rpfleger 1982, 262; Reffken, Die Rechts-, Partei- und Grundbuchfähigkeit politischer Parteien, NVwZ 2009, 1131; Reuter, Zur Abgrenzung von Vereins- und Gesellschaftsrecht, ZGR 1981, 364; Reuter, Die Reform des Vereinsrechts, NZG 2005, 738; Reuter, Der Verein im Verein, in FS Hopt, 2010, S. 195; Roth, Vertretungsbescheinigungen für Stiftungsorgane und Verkehrsschutz, in Non Profit Law Yearbook 2009, S. 65; Schöpflin, Der nichtrechtsfähige Verein, 2003; K. Schmidt, Neuregelung des Rechts der Personengesellschaften? ZHR 177 (2013), 712; K. Schmidt, Die Partei- und Grundbuchunfähigkeit nicht rechtsfähiger Vereine, NJW 1984, 2249; Schulz, Die Parteifähigkeit nicht rechtsfähiger Vereine, NJW 1990, 1893; Schumann, Zur Haftung des nicht rechtsfähigen Vereins, Köln, 1956; Spilker, Nicht eingetragene Vereine und unselbständige Stiftungen als juristische Personen im Sinne des UStG, ZStV 2010, 127; Stoltenberg, Rechtsfähigkeit nicht rechtsfähiger Vereine; Terner, Vereinsrechtsreform(en), DNotZ 2010, 5; Terner, Vereinsrecht in der notariellen Praxis, Teil 1 (Grundlagen, Vereinsklassen), ZNotP 2009, 132.
1. Die Rechtsform des nicht eingetragenen Vereins (§§ 54, 705 ff. BGB) a) Begriff und Abgrenzung 1749
Ein in das Vereinsregister nicht eingetragener Idealverein (§ 21 BGB) und ein wirtschaftlicher Verein, dem die Rechtsfähigkeit staatlich nicht verliehen ist (§ 22 BGB), sind nach immer noch geltender Terminologie1 nicht rechtsfähig. Der Verein nach § 54 BGB ist aber seit langem anerkannt als Personenverband mit körperschaftlicher Verfassung (Rz. 7). Im Zuge eines neueren Verständnisses der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) kann er als solcher unterdessen auch wie eine Rechtspersönlichkeit im Verkehr auftreten.2 Die früher an dieser Stelle aus guten Gründen vertretene Auffassung3 musste aufgegeben werden, nachdem der BGH seine verfestigte Rechtsprechung ausdrücklich auf den nicht eingetragenen Verein angewandt hat.4 1 Auch in jüngerer Zeit geändertes Recht behält das bei, vgl. nur § 73 BGB i.d.F. seit 30.9.2009: Statt von Löschung im Register wird nach wie vor von Entzug der Rechtsfähigkeit gesprochen. § 54 BGB i.d.F. eines Referentenentwurfs (BMJ) v. 25.8.2004 setzt die alte Terminologie fort, ohne dass klar wird, ob damit ausdrücklich die jüngere Rechtsprechung zur Rechtsfähigkeit der GbR für den Verein negiert werden soll (vgl. Hadding, ZGR 2006, 137, 144). Nach dem Stand der Diskussion könnte solches nur der Gesetzgeber unternehmen, die Rechtsprechung erscheint als festgelegt. 2 Der BGH spricht in der Abgrenzung eines eingetragenen Vereins zu seiner als nicht eingetragener Verein konstituierten Untergliederung eindeutig von (prozessualer) „Personenverschiedenheit“, BGH v. 2.7.2007 – II ZR 111/05, MDR 2007, 1446 = NJW 2008, 69 = Rpfleger 2008, 79 = WM 2007, 1932 = ZIP 2007, 1942; dazu Terner, NJW 2008, 16 und Oschütz, SpuRt 2008, 97. 3 Vgl. noch 9. Aufl., Rz. 1238, 1269; s. auch Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl. 2008, Rz. 246. 4 Der BGH hatte über die aktive Parteifähigkeit zu entscheiden, lässt aber keinen Zweifel, dass der nicht eingetragene Verein auch Träger von Vermögen sein kann. Dabei spricht auch der BGH nach wie vor vom „nicht rechtsfähigen Verein“, BGH v. 2.7.2007 – II ZR 111/05, MDR 2007, 1446 = NJW 2008, 69 = Rpfleger 2008, 79 = WM 2007, 1932 = ZIP 2007, 1942. Für nicht auf das Grundbuch übertragbar hält diese Entscheidung aber KG v. 6.1.2015 – 1 W 252/14, KG v. 6.1.2015 – 1 W 250-252/14, NotBZ 2015, 263 mit Anm. Waldner = ZIP 2015, 168.
816 | Stöber/Otto
1. Die Rechtsform des nicht eingetragenen Vereins (§§ 54, 705 ff. BGB) | Rz. 1750 XXVIII.
Für die Idealvereine (hier gleichgesetzt mit nicht wirtschaftlichen Vereinen, vgl. dazu Rz. 9) ist heute somit nach eingetragenen und nicht eingetragenen Vereinen zu differenzieren.1 Die §§ 21 und 22 BGB beschreiben nicht mehr abschließend, wie ein Verein Rechtsfähigkeit erlangen kann.2 Für wirtschaftliche Vereine fällt die Benennung eines Gegenparts zu den staatlich zugelassenen Vereinen schwerer. Richtigerweise sind sie Gesellschaft.3 Das ist in § 22 BGB angelegt: Ihre Genehmigung als wirtschaftlicher Verein ist nur möglich, wenn keine andere Rechtsform passt bzw. wenn Spezialgesetze – Rz. 136 ff. – den Verein als Rechtsform vorsehen. Es kommt also zu einer direkten Anwendung der §§ 705 ff. BGB bzw. bei Betrieb eines Handelsgewerbes4 gilt § 105 Abs. 1 HGB (sehr str.).5 Im Übrigen sind die Konsequenzen der vom BGH6 zur (Teil-)Rechtsfähigkeit der sog. Außen-GbR getroffenen Grundentscheidung längst nicht in allen Facetten ausgeleuchtet, geschweige denn befriedigend geklärt. Der BGH selbst lässt die Frage offen, ob der nicht eingetragene Verein rechtsfähig ist.7
1 Arnold, DB 2004, 2143, 2146; Hadding, ZGR 2006, 137 (145); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 25 II 1a. A.A. Schöpflin, der nichtrechtsfähige Verein, 2003, S. 2015, 168. Arnold, DB 2004, 2143, 2146; Hadding, ZGR 2006, 137 (145); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 25 II 1a. A.A. Schöpflin, der nichtrechtsfähige Verein, 2003, S. 13. 2 Es bleibt ein unauflösbarer Widerspruch zum Text des § 54 BGB (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl., Rz. 246). § 54 BGB hat aber durch den Verweis auf das Gesellschaftsrecht, dessen Anschauung sich gewandelt hat, nicht mehr im Wortsinn einen „nicht rechtsfähigen Verein“ zum Gegenstand. In der Literatur wird der „nichtrechtsfähige“ Verein zunehmend als rechtfähig angesprochen (etwa Bartodziej, Rz. 306). Rettungsversuche („Rechtsverkehrsfähigkeit“) finden sich nach wie vor, u.a. bei Schöpflin, der nichtrechtsfähige Verein, 2003, 83 ff. Für die Zwecke dieses Handbuchs soll der höchstrichterlichen Rechtsprechung gefolgt werden. 3 Gummert in Münchener Handbuch, 3. Aufl., § 8 Rz. 10; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 25 I 2b. (Nur) im Ergebnis ebenso Flume, BGB AT, Bd. 1/1, 1977, § 7 I, 88; Flume, ZHR 148, 503, 517; Bergmann in JurisPK-BGB, § 54 Rz. 19. A.A. wohl Hadding, ZGR 2006, 137, 157, vgl. auch Arnold, DB 2004, 2143 (2146). 4 Zu den Kriterien dafür: Kort, DB 2019, 771. 5 Wie hier KG v. 6.1.2015 – 1 W 252/14, KG v. 6.1.2015 – 1 W 250-252/14, NotBZ 2015, 263 mit Anm. Waldner = ZIP 2015, 168. Auf den Vorverein eines wirtschaftlichen Vereins mit Handelsgewerbe wendet auch PWW/Schöpflin, § 22 Rz. 3 selbstverständlich das Recht der offenen Handelsgesellschaft (Haftung nach § 128 HGB) an, sonst die §§ 705 ff. Das kann aber nicht nur für die Vorstufe gelten, sondern trifft auch dann zu, wenn der Vorverein keine Genehmigung nach § 22 BGB erhält. Die Diskussion ist alt: Ein nicht eingetragener Verein, der ein Handelsgewerbe i.S.d. § 1 Abs. 2 HGB betreibt, ist oHG (Becker, der nicht rechtsfähige Verein als Offene Handelsgesellschaft, Diss. Heidelberg 1904 (Nachdruck www. kessinger.net). 6 BGH v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 = MDR 2001, 459 = NJW 2001, 1056 = Rpfleger 2001, 246; BGH v. 15.1.2003 – XII ZR 300/99, NJW 2003, 1043 = MDR 2003, 591; BGH v. 25.1.2008 – V ZR 63/07, NotBZ 2008, 156 = MDR 2008, 514 = NJW 2008, 1378 = Rpfleger 2008, 365; BGH v. 22.10.2010 – v. 22.10.2009 – III ZR 295/08, MDR 2010, 167. 7 BGH v. 21.1.2016 – V ZB 19/15, MDR 2016, 704 = NotBZ 2016, 384 mit Anm. Waldner = FGPrax 2016, 97, Rz. 13 bei juris; Schmidt-Räntsch, ZNotP 2016, 294, 301.
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1750
XXVIII. Rz. 1751 | Der nicht eingetragene Verein 1751
Von der Gesellschaft der §§ 705 ff. BGB (GbR) unterscheidet sich der nicht rechtsfähige Verein insbesondere1 durch – die körperschaftliche, durch Satzung geregelte Verfassung, für die insbesondere das Vorhandensein der Vereinsorgane – Vorstand, Mitgliederversammlung – wesenseigen ist,2 – die auf Dauer bestimmte Personenvereinigung,3 – die Unabhängigkeit vom Wechsel der Mitglieder, also die Veränderlichkeit des Mitgliederkreises (= wesentliches Merkmal des nicht rechtsfähigen Vereins).4 Daran fehlt es nicht schon dann, wenn nur ein eng begrenzter Personenkreis Mitglied werden kann, wohl aber dann, wenn die an einer Bruchteilsgemeinschaft Beteiligten automatisch und unlösbar Mitglieder des Zusammenschlusses sind5, – (heute nicht mehr generell, nachdem auch die GbR unter ihren Namen im Rechtsverkehr auftritt): den Gesamtnamen.
1752
Ob sich eine Mehrheit von Personen unter Umständen zusammengefunden hat, die den Voraussetzungen für einen Verein als körperschaftlich organisierte Personenvereinigung genügen, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beantworten und im Rechtsstreit Sache der tatrichterlichen Würdigung.6
1753
Dem Verein steht wie für die bürgerlich-rechtliche Gesellschaft erheblicher Freiraum zur beliebigen Gestaltung seiner Rechtsverhältnisse im Inneren offen. Es sind daher Vereinigungen mit sowohl körperschaftlichen als auch mit personalistischen Elementen und mit fließenden Übergängen von mehr vereinsmäßigen zu mehr gesellschaftsähnlichen Formen möglich.7 Bei solcher Mischform ist im Einzelfall und nach den verschiedenen Regelungsbereichen zu prüfen, ob Normen des Vereinsrechts oder solche des Gesellschaftsrechts besser passen. Im Zweifel ist die Binnenstruktur gewählt, die den Bedürfnissen der Organisation sowie den schützenswerten Interessen ihrer Mitglieder am besten gerecht wird.8 Die „Werbegemeinschaft“ der Gewerbetreiben1 Vgl. RG 60, 94 (96); 74, 371; 82, 295; 95, 192 (193); 97, 122 (123); 113, 125 (127); 143, 212 (213); 165, 140 (143); BGHZ 13, 6 (11). 2 Zum teilweise weiteren Vereinsbegriff des Vereinsgesetzes BVerwG v. 14.5.2014 – 6 A 3/13, NVwZ 2014, 1573 mit Anm. Huber. Zu Mindestanforderungen an den Organisationsgrad z.B. VG Freiburg v. 23.9.2016 – 4 K 2257/15. 3 Zur Gelegenheitsgesellschaft (GbR) z.B. LG Detmold v. 8.7.2015 – 10 S 27/15, NJW 2015, 3176 (Abiturjahrgang). 4 Die über 14 Jahre ständig wechselnde Besetzung eines Kammerorchesters spricht z.B. für seinen Charakter als Verein, nicht GbR, OLG Nürnberg v. 31.1.2011 – 4 U 1639/10, juris. 5 BGHZ 25, 311 (313) = NJW 1957, 1800. 6 BGH WM 1978, 115. Entgeltliche Mitgliedschaft in einem Klub für Wochenendaktivitäten allein stehender Menschen unterfällt dem Dienstvertragsrecht, OLG Frankfurt v. 1.11.1983 – 11 U 4/83, MDR 1984, 228 = NJW 1984, 180, auch LG Frankfurt LG Frankfurt/M. v. 16.11.1982 – 2/16 S 123/82, NJW 1983, 396. 7 BGH v. 2.4.1979 – II ZR 141/78, MDR 1980, 122 = NJW 1979, 2304; krit. dazu Reuter, ZGR 1981, 364. 8 BGH v. 2.4.1979 – II ZR 141/78, MDR 1980, 122 = NJW 1979, 2304.
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1. Die Rechtsform des nicht eingetragenen Vereins (§§ 54, 705 ff. BGB) | Rz. 1757 XXVIII.
den eines Gebäudekomplexes hat der BGH1 als Mischform behandelt, deren wesentliche Merkmale einem Verein entsprochen haben, die in mancher Hinsicht aber auch einer Gesellschaft ähnlich war (so hinsichtlich Vermögensgemeinschaft mit Auseinandersetzungsanspruch bei Ausscheiden, jährlicher Abrechnungsgutschrift, Nachschusspflicht für Fehlbeträge, Kündigungsbeschränkung). Im Bereich der zwingenden Bestimmungen (§ 40 BGB) klar abzulehnen ist umgekehrt eine entsprechende Anwendung der §§ 705 ff. BGB auf den eingetragenen Verein.2 Die Darstellung in diesem Abschnitt bezieht sich auf die Personenvereinigung, die vereinsrechtlichen Charakter i.S.d. Rz. 1751 Gesagten hat und im Fall der Mischform allein auf deren körperschaftliche Elemente.
1754
b) Anzuwendendes Recht Für den nicht eingetragenen und nicht wirtschaftlichen3 Verein gilt jedenfalls im Ergebnis weitgehend das Vereinsrecht des BGB, soweit es nicht gerade auf die Registereintragung ankommt.4 Wesentliche Besonderheiten ergeben sich daneben aus der in § 54 S. 2 BGB angeordneten persönlichen Haftung der für diesen Verein Handelnden.
1755
Nach dem Wortlaut des § 54 S. 1 BGB finden auf den nicht rechtsfähigen Verein die Vorschriften über die Gesellschaft (§§ 705 ff. BGB) Anwendung. Diese Regelung galt aber von Anfang an als nicht glücklich.5 Sie beruht wesentlich darauf, dass der Gesetzgeber die Bildung von Korporationen mit politischer, sozialpolitischer oder religiöser Zwecksetzung unter staatliche Kontrolle bringen oder erschweren wollte. Indem der Gesetzgeber die nicht rechtsfähigen Vereine – auch solche mit idealer Zielsetzung – dem für diese unpassenden Gesellschaftsrecht unterstellte, wollte er einen Druck auf die Korporationen ausüben, sich ins Vereinsregister eintragen zu lassen und damit eine staatliche Beobachtung möglich zu machen.6 Diese Erwartung des Gesetzgebers aus der Zeit vor 1900, er könne so auf die soziale Wirklichkeit Einfluss nehmen, hat sich aber nicht erfüllt.7
1756
Heute lässt sich aus der Verweisung des § 54 BGB auf das Gesellschaftsrecht des BGB – auch im Hinblick auf Art. 9 Abs. 1 GG – keine scharfe Trennung mehr ableiten. Da der eingetragene Verein keine BGB-Gesellschaft, sondern eine körperschaftlich orga-
1757
1 BGH v. 2.4.1979 – II ZR 141/78, MDR 1980, 122 = NJW 1979, 2304. 2 Die Entscheidung BGH v. 17.9.2013 – II ZR 120/12, juris, bleibt an dieser Stelle leider bemerkenswert unklar. 3 Das Nebenzweckprivileg wird auch auf den Verein nach § 54 BGB angewandt, vgl. nur Meyer, ZGR 2008, 702. 4 BGH v. 21.5.2019 – II ZR 157/18, Rz. 16 bei juris. Bergmann in JurisPK-BGB, 5. Aufl., § 54 Rz. 25. 5 Für eine Neuorientierung insoweit Bergmann, ZGR 2005, 654 m.N. der herkömmlichen Ansicht. 6 Vgl. dazu BGHZ 42, 210 (215 f.) = NJW 1965, 29 (31) und BGHZ 50, 325 (328 f.) = NJW 1968, 1830. 7 BGHZ 42, 210 (215 f.) = NJW 1965, 29 (31).
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XXVIII. Rz. 1757 | Der nicht eingetragene Verein
nisierte Vereinigung ist, kommt der Verweisung auf das Gesellschaftsrecht nur noch wenig Bedeutung zu.1 1758
Regelmäßig ist davon auszugehen, dass die Vorschriften des Gesellschaftsrechts, die für den Verein nicht passen, durch die Satzung stillschweigend ausgeschlossen sind.2 Es wird daher nicht für notwendig erachtet, dass die Satzung etwa das Recht der gemeinschaftlichen Geschäftsführung und das Zustimmungserfordernis der Einstimmigkeit (vgl. § 709 BGB) jeweils gesondert ausschließt. Vielmehr ergibt sich – mangels anderer Anhaltspunkte – schon durch die Existenz des nicht rechtsfähigen Vereins und seiner Organe als gewollt, dass die Bestimmungen des eingetragenen Vereins über Befugnisse und Pflichten des Vorstands und der Mitgliederversammlung und über die Abstimmung in Versammlungen entsprechend gelten sollen.
1759
Der Verein i.S.d. § 54 BGB kann seinerseits selbständige oder unselbständige Untergliederungen (z.B. Ortsgruppen) haben.3
1760
Der BGH spricht der GbR eigene Rechtsfähigkeit zu, soweit sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet.4 Dass muss für den nicht eingetragenen Idealverein erst Recht gelten.5 Wenn er auch nicht wie der eingetragene Verein als juristische Person bezeichnet wird6, ist diese (Teil-)Rechtsfähigkeit7 des nicht eingetragenen Vereins sehr weitgehend zu verstehen. Er ist aktiv und passiv parteifähig vor Gericht (so – ausdrücklich anknüpfend an die Rechtsprechung8 – § 50 Abs. 2 ZPO n.F.).
1 BGHZ 42, 210 (215 f.) = NJW 1965, 29 (31); OLG Frankfurt v. 19.12.1984 – 9 U 107/83, ZIP 1985, 213 (215). 2 RG 113, 125 (135); 143, 212 (213). 3 BGH WM 1978, 115. 4 BGH v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 = MDR 2001, 459 = NJW 2001, 1056 = Rpfleger 2001, 246; BGH v. 15.1.2003 – XII ZR 300/99, NJW 2003, 1043 = MDR 2003, 591; BGH v. 25.1.2008 – V ZR 63/07, NotBZ 2008, 156 = MDR 2008, 514 = NJW 2008, 1378 = Rpfleger 2008, 365; BGH v. 22.10.2010 – v. 22.10.2009 – III ZR 295/08, MDR 2010, 167. 5 Jetzt wohl ganz h.A., vgl. nur Gummert in Münchener Handbuch, § 9 Rz. 1 m.w.N.; Ellenberger in Palandt, § 54 Rz. 2; Fischer/Helios, Rz. 8; Sauter/Schweyer/Waldner, Rz. 294; K. Schmidt, NJW 2001, 1002. A.A. Schöpflin, Der nichtrechtsfähige Verein, 2003, 83 ff.; mit Hinweis auf den Gesetzeswortlaut auch noch hier 9. Aufl., Rz. 1238 (dazu in Fn. zu Rz. 1493). 6 BGH v. 2.7.2007 – II ZR 111/05, MDR 2007, 1446 = NJW 2008, 69 = Rpfleger 2008, 79 = WM 2007, 1932 = ZIP 2007, 1942; dazu Terner, NJW 2008, 16 und Oschütz, SpuRt 2008, 97. Einen Abgrenzungsversuch unternimmt z.B. Beuthien, ZIP 2011, 1589. Gerade das von ihm zentral angeführte Kriterium zur Abgrenzung von Juristischer Person und sonst rechtsfähigen Einheiten – Haftungszuweisung nur an eine Person – hilft bei dem nicht eingetragenen Verein nicht unbedingt weiter: Eher Juristische Person (wegen fehlender Verpflichtung der Mitglieder) oder wegen der Handelndenhaftung doch nicht? 7 Zu Recht krit. gegenüber dem vom BGH wiederholt verwandten Begriff Beuthien, ZIP 2011, 1589 (1594 f.) m.w.N. Er spricht von „strukturell anderer Rechtsfähigkeit.“ 8 BT-Drucks. 16/12813, 15.
820 | Stöber/Otto
2. Die Vereinsverfassung | Rz. 1764 XXVIII.
Der nicht rechtsfähige Verein kann Erbe sein.1 Für die Eingehung einer Wechseloder Scheckverpflichtung kommt es auf die Rechtsfähigkeit ohnehin nicht an2, mit Anerkennung der Scheckfähigkeit der GbR3 dürfte die Frage auch für den Verein geklärt sein. Der Unterzeichner haftet neben dem Verein persönlich. Zulässigkeit des Insolvenzverfahrens: § 11 Abs. 1 S. 2 InsO. Die Zwangsvollstreckung in das haftende Vereinsvermögen erfordert ein Urteil gegen den Verein (§ 735 ZPO).
1761
2. Die Vereinsverfassung a) Satzung Die Verfassung des nicht eingetragenen Vereins wird – wie die des rechtsfähigen Vereins – durch seine Satzung und die auf ihn übertragbaren gesetzlichen Vorschriften des Vereinsrechts geregelt. S. daher zur Vereinsgründung Rz. 23 ff. und zum Satzungsinhalt Rz. 37 ff. In einzelnen Beziehungen (Rz. 1751 ff.) kann Gesellschaftsrecht des BGB gelten.
1762
Einer besonderen Form bedarf die Satzung beim nicht rechtsfähigen Verein an sich nicht. Dieser Verein kann daher auch durch mündliches Übereinkommen und damit auch durch „stillschweigendes“ Einvernehmen gegründet werden. In solchen Fällen sind aber das Zustandekommen des Vereins und vor allem der Satzungsinhalt oft nur schwer nachweisbar. Vornehmlich bei kleineren Personenvereinigungen ist die Abgrenzung des Vereins von der BGB-Gesellschaft ohnehin schwer zu treffen, so dass auch die anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen schwer festzustellen sind. Es empfiehlt sich daher, auch die Satzung des nicht rechtsfähigen Vereins schriftlich niederzulegen.
1763
b) Vereinsname Vornehmlich sollte auch der Vereinsname in der Satzung schriftlich verankert werden. Es genügt, wenn die Vereinigung sich bei ihrem Auftreten nach außen tatsächlich eines die Gesamtheit der Mitglieder bezeichnenden Namens bedient („Gesamtname“).4 Missverständnisse und Unklarheiten bleiben ausgeschlossen, wenn der Vereinsname durch Satzung schriftlich niedergelegt ist. Das kann insbesondere bei Geltendmachung des Namensschutzes die Beweisführung erleichtern. Denn Namensschutz (§ 12 BGB) genießt der nicht rechtsfähige Verein wie der rechtsfähige Verein (dazu Rz. 181 f.).
1 Gummert in Handbuch, 3. Aufl., § 10 Rz. 18, dort auch Darstellung und N. der zumeist älteren Gegenauffassungen. 2 Anders noch RG 74, 118; 78, 101; 112, 124. 3 BGH v. 15.7.1997 – XI ZR 154/96, BGHZ 136, 254 = NJW 1997, 2754 = MDR 1997, 952. 4 RG 60, 94 (99).
Stöber/Otto | 821
1764
XXVIII. Rz. 1765 | Der nicht eingetragene Verein
c) Vereinszweck 1765
Vereinszweck kann nach hier vertretener Auffassung (s. bereits oben Rz. 228 f.) nur ein idealer sein, wobei das so genannte Nebenzweckprivileg (Rz. 86) auch für den nicht eingetragenen Verein gilt. Der Verein kann sich als regionale oder sachliche Sparte eines anderen Vereins definieren und seinen Zweck darauf beschränken1, ebenso den Vereinszweck auf einen Ausschnitt der Aufgabenerfüllung einer anderen Körperschaft oder deren Ergänzung begrenzen.2 Er verliert aber den Charakter als eigenständiges Gebilde, wenn er sich völlig dem Willen der übergeordneten Einheit unterstellt (Rz. 41). d) Sitz
1766
Sitz des nicht rechtsfähigen Vereins ist der durch die Satzung bestimmte Ort oder – wenn die Satzung schweigt – der Ort, an welchem die Verwaltung geführt wird (§ 24 BGB). Zur Verlegung des in der Satzung nicht geregelten Sitzes durch Verlegung der Verwaltung an einen anderen Ort bedarf es keines Satzungsänderungsbeschlusses der Mitgliederversammlung nach § 33 BGB. e) Vereinsstrafen
1767
Über ein körperschaftliches Selbstverwaltungsrecht verfügt der nicht rechtsfähige Verein ebenso wie der eingetragene Verein. Das schließt bei Regelung durch die Satzung die Vereinsstrafgewalt ein (Rz. 1159 ff.). Auch die Mitglieder eines nicht eingetragenen Vereins unterwerfen sich mit dem Vereinsbeitritt den satzungsgemäß vorgesehenen Vereinsstrafen.3 Aus wichtigem Grund (vgl. Rz. 345) kann ein Mitglied auch aus einem nicht eingetragenen Verein ohne ausdrückliche Satzungsregelung ausgeschlossen werden. Bei einem Ausschluss gelten dieselben Grundsätze wie für die sachliche Nachprüfung einer Ausschließung aus einem eingetragenen oder konzessionierten Verein durch die ordentlichen Gerichte.4 Der vom RG5 entwickelte Grundsatz, dass die Ausschließung eines Vereinsmitglieds in sachlicher Hinsicht nur unter dem Gesichtspunkt nachgeprüft werden kann, ob die Ausschließung eine gesetzwidrige, sittenwidrige oder offenbar unbillige Maßnahme darstellt, gilt auch beim nicht eingetragenen Verein.6
1 Vgl. BGH v. 2.7.2007 – II ZR 111/05, MDR 2007, 1446 = NJW 2008, 69 = Rpfleger 2008, 79 = WM 2007, 1932 = ZIP 2007, 1942; Oschütz, SpuRt 2008, 97. 2 So wenn die Mitglieder einer im Kommunalrecht begründeten freiwilligen Feuerwehr eine Löschgruppe als Verein konstituieren, vgl. BFH v. 18.12.1996 – I R 16/96, BFHE 182, 195 = FR 1997, 385. Eine wirtschaftliche Tätigkeit anlässlich von deren Veranstaltungen (Feuerwehrfest) kann, wenn sie über gemeindliches Sondervermögen abgewickelt wird, nach landesrechtlicher Bestimmung aber auch der Gemeinde als Veranstalter zuzurechnen sein. 3 BGHZ 13, 5 (11); 21, 370 (373) = NJW 1956, 1793. 4 RG 140, 23; 147, 11; HHR 1942 Nr. 779. 5 RG 147, 11. 6 BGHZ 13, 5 = LM Nr. 1 zu § 39 BGB (LS) mit Anm. Fischer = NJW 1954, 833.
822 | Stöber/Otto
4. Der Vorstand | Rz. 1773 XXVIII.
3. Die Vereinsmitglieder Mitglieder des nicht eingetragenen Idealvereins können – ebenso wie Gründer dieses Vereins – natürliche Personen oder juristische Personen des Privatrechts oder des öffentlichen Rechts, damit auch eine (rechtsfähige) Stiftung des bürgerlichen oder des öffentlichen Rechts, und Gesellschaften des Handelsrechts, Partnerschaften sowie Europ. Wirtschaftliche Interessenvereinigungen, aber auch andere nicht eingetragene Vereine sein. Auch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann Vereinsmitglied werden. Der Erwerb und der Verlust der Mitgliedschaft vollzieht sich wie beim eingetragenen Verein durch Ein- und Austritt (Rz. 265 ff.).
1768
Der Grundsatz der Gleichstellung und Gleichbehandlung der Mitglieder (Rz. 392) gilt auch für den nicht eingetragenen Verein.
1769
Die Beitragspflicht (Rz. 409 ff.) besteht als die aus der Mitgliedschaft folgende Zahlungsverpflichtung beim nicht eingetragenen Verein in gleicher Weise wie beim eingetragenen Verein.
1770
Die Mitglieder des nicht rechtsfähigen Vereins sind zum Austritt berechtigt (§ 39 Abs. 1 BGB). Die Satzung kann den Austritt nur nach Maßgabe des § 39 Abs. 2 BGB (dazu Rz. 321) erschweren. Unter besonderen Umständen kann nach dem Vereinszweck eine länger befristete Mitgliedschaft gewollt und zulässig sein; dann ist die Mitgliedsdauer an § 723 BGB zu messen.1
1771
Aus der körperschaftlichen Verfassung des Vereins und einer auf Dauer angelegten Personenverbindung folgt, dass einzelne Mitglieder beim Ausscheiden in der Regel keinen Anspruch auf das Vereinsvermögen haben. Das Vereinsvermögen verbleibt vielmehr ungeschmälert den übrigen Vereinsmitgliedern.
1772
4. Der Vorstand Als körperschaftlich organisierte Vereinigung muss der nicht eingetragene Verein einen Vorstand haben. Dieser kann – insbesondere bei kleiner Personenzahl – aber auch durch alle Mitglieder gemeinsam gebildet werden. In Ermangelung eines Registers muss ein Mindestmaß der Erkennbarkeit der Vorstandseigenschaft bzw. der Vertretungsrechte nach außen erwartet werden.2
1 BGH v. 2.4.1979 – II ZR 141/78, MDR 1980, 122 = NJW 1979, 2304. In einem Hinweisbeschluss v. 17.9.2013 – II ZR 120/12, juris, hält der BGH die Anwendung des § 723 anstelle § 39 BGB auch für einen eingetragenen Verein mit stark personalistischer Ausrichtung für möglich (Verein der Grundeigentümer einer Wohnsiedlung, bei der dem Verein die Verwaltung und Pflege der Gemeinschaftsflächen übertragen ist). Das LG Hamburg v. 7.3.2012 – 320 S 92/11 als Vorinstanz ging von einer Mischform zwischen GbR und eingetragenem Verein aus, für die § 723 statt § 39 BGB anzuwenden sei (angesichts § 40 BGB beides sehr fraglich). 2 BVerwG v. 7.7.2015 – 1 B 18/15, BeckRS 2015, 49106.
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1773
XXVIII. Rz. 1774 | Der nicht eingetragene Verein 1774
Die Bestellung und Abberufung des Vorstands erfolgt wie beim eingetragenen Verein durch die Mitgliederversammlung oder in der satzungsgemäß sonst vorgesehenen Weise. Zur Kündigung aus wichtigem Grund s. auch § 712 BGB. Ein fehlender Vorstand kann unten den Voraussetzungen des § 29 BGB gerichtlich bestellt werden (str.).1 Nach neuerdings vertretener Ansicht sollen die Mitglieder durch gemeinschaftliches Handeln das Vertretungsrecht aber auch anstelle des Vorstands an sich ziehen können.2
1775
Der Vorstand ist ermächtigt, den Verein3 Dritten gegenüber zu vertreten (vgl. auch § 714 BGB). Diese Vertretungsmacht ist jedoch (durchweg) darauf beschränkt, nur das Vereinsvermögen, nicht die Mitglieder eines Idealvereins persönlich zu verpflichten (Rz. 1796). Ist die Vertretungsmacht durch Satzung geregelt, so kann sie auch gegen den Widerspruch einzelner Mitglieder ausgeübt werden.4 Ein mehrgliedriger Vorstand vertritt gemeinsam (§ 709 BGB). Hier besteht eine Abweichung von § 26 Abs. 1 BGB.5 Der Verein kann sich das dort vorgesehene Mehrheitsprinzip oder andere Vertretungsregelungen durch die Satzung zu Eigen machen (vgl. § 711 BGB). Bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung ist auch der Vorstand des nicht eingetragenen Vereins verpflichtet, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen6 (§ 42 Abs. 2 S. 1 BGB mit Haftung nach S. 2).
1776
Die Geschäftsführung des Vorstands bestimmt sich – wie beim eingetragenen Verein – nach §§ 664–670 BGB. Der Vorstand des nicht eingetragenen Vereins untersteht deshalb ebenfalls den Weisungen der Mitgliederversammlung oder des satzungsgemäß sonst zuständigen Organs.
1777
Der Vorstand einer politischen Partei in der Rechtsform eines nicht rechtsfähigen Vereins vertritt den jeweiligen Gebietsverband gerichtlich und außergerichtlich gem. § 26 BGB, soweit nicht die Satzung eine abweichende Regelung trifft (§ 11 Abs. 3 S. 2 PartG).
1 LG Berlin NJW 1970, 1047; Habscheid, MDR 1952, 653 und MDR 1953, 728 mit eingehender Begründung; Hahn, NJW 1973, 2012; Steffen in BGB-RGRK, § 29 Rz. 1; Hadding in Soergel, § 29 Rz. 2; Schwennicke in Staudinger, § 29 Rz. 3 (nur bei dem nicht eingetragenen Idealverein; Erman/Westermann, § 54 Rz. 5; a.A. OLG Braunschweig Recht 1903 Nr. 420; Krönig, MDR 1953, 217. Für die GbR gilt § 29 BGB nicht (Selbstorganschaft), BGH v. 23.9.2014 – II ZB 4/14, NotBZ 2014, 3779 = MDR 2014, 1457. 2 Waldner, KG v. 6.1.2015 – 1 W 250-252/14, NotBZ 2015, 263–265. 3 BAG v. 19.1.2000 – 7 ABR 69/98, NZA 2001, 984; BGH v. 2.7.2007 – II ZR 111/05, MDR 2007, 1446 = NJW 2008, 69 = Rpfleger 2008, 79 = WM 2007, 1932 = ZIP 2007, 1942. 4 RG 82, 93; Schwennicke in Staudinger, § 54 Rz. 39. 5 Spezifische Verhältnisse der Körperschaft sprechen weder für das eine noch für das andere Vertretungsregime, so dass nicht ohne weiteres von Geltung des erst neuerlich eingeführten Mehrheitsprinzips des § 26 BBGB ausgegangen werden kann. 6 Hadding in Soergel, Rz. 12, je zu § 42; Uhlenbruck in FS Merz, 1992, S. 581 (594).
824 | Stöber/Otto
5. Mitgliederversammlung | Rz. 1781 XXVIII.
5. Mitgliederversammlung Für die Abstimmung in der Mitgliederversammlung gilt auch für den nicht eingetragenen Verein das Mehrheitsprinzip. Wie beim eingetragenen Verein kommt ein Beschluss der Mitgliederversammlung des nicht rechtsfähigen Vereins durch Zustimmung der Mehrheit der abgegebenen Stimmen zustande (§ 32 Abs. 1 S. 3 BGB). Da der nicht eingetragene Verein keiner geschriebenen (oder gar eingetragenen) Satzung bedarf, kommt aber auch in Betracht, dass die von ihm vor Geltung des § 32 BGB n.F. übernommene alte gesetzliche Regelung gilt (Mehrheit der Anwesenden). Praktisch führt das wegen der herkömmlichen Auslegung des § 32 BGB a.F. zu kaum relevanten Unterschieden (Rz. 981).
1778
Durch schriftliche Zustimmung aller Mitglieder kommt ein Beschluss auch ohne Versammlung zustande (§ 32 Abs. 2 BGB). Zur Satzungsänderung ist die Mehrheit von drei Vierteln der Mitglieder (§ 33 Abs. 1 S. 1 BGB), zur Änderung des Zwecks des Vereins die Zustimmung aller Mitglieder (§ 33 Abs. 1 S. 2 BGB), zur Auflösung eine Mehrheit von drei Vierteln der Mitglieder (§ 41 S. 2 BGB) erforderlich, soweit die Satzung keine anderen Bestimmungen trifft. Auslegung der Satzung kann auch insoweit ergeben, dass es (wie §§ 32, 33, 41 BGB a.F.) auf die Zahl der erschienenen Mitglieder ankommt. Beurkundung der Beschlüsse ist aus Beweisgründen zweckmäßig, aber nicht gefordert.
1779
Zur Gültigkeit eines Vereinsbeschlusses ist auch beim nicht eingetragenen Verein ordnungsgemäße Berufung erforderlich.1 Dazu gehört die Bezeichnung des Gegenstandes der Versammlung in der Berufung.2 Berufen wird auch die Mitgliederversammlung des nicht rechtsfähigen Vereins durch den Vorstand3 oder das nach der Satzung zuständige sonstige Organ.
1780
Mit der Anwendung des Vereinsrechts (Rz. 1755) gilt für den nicht rechtsfähigen Verein gleichfalls § 38 BGB. Eine Stimmrechtsübertragung ist daher nur nach Regelung in der Satzung möglich.4 Dabei gilt wie an anderer Stelle auch die Erleichterung (zugleich Erschwernis des Rechtsverkehrs), dass der nicht eingetragene Verein seine Satzung grundsätzlich auch stillschweigend ändern oder ergänzen kann. Die Satzung kann statt der Mitgliederversammlung auch eine Delegiertenversammlung vorsehen (§ 38 BGB ist dispositiv, § 40 BGB5).
1781
1 RG SeuffA 77 Nr. 33. 2 Schwennicke in Staudinger, § 54 Rz. 54; BAG AP Nr. 4 zu § 54 BGB mit zust. Anm. Stahlhacke; OLG Frankfurt v. 19.12.1984 – 9 U 107/83, ZIP 1985, 213 (219). 3 Habscheid, MDR 1952, 653. 4 Für Geltung des Abspaltungsverbots bei GbR und nicht eingetragenem Verein auch Büch, EWiR 2010, 811 in Anm. zu OLG Stuttgart v. 19.3.2010 – 8 W 112/10, NotBZ 2010, 430 = Rpfleger 2010, 519 = DStR 2010, 1249. 5 OLG Frankfurt v. 19.12.1984 – 9 U 107/83, ZIP 1985, 213 (215).
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XXVIII. Rz. 1782 | Der nicht eingetragene Verein 1782
Auf Minderheitenantrag kann nach § 37 Abs. 2 BGB auch zur Berufung der Versammlung des nicht eingetragenen Vereins ermächtigt werden.1 Zuständig ist das Amtsgericht des Vereinssitzes. Eine Klage der Minderheit auf Einberufung der Versammlung ist unzulässig.2
6. Satzungsänderungen 1783
Die Satzungsänderung erfolgt auch beim nicht rechtsfähigen Verein durch Beschluss einer Mitgliederversammlung. Der Beschluss ist mit der Dreiviertel-Mehrheit des § 33 Abs. 1 BGB oder der nach der Satzung erforderlichen anderen Mehrheit zu fassen. Allerdings ist Auslegungsfrage, ob eine formlose Satzung geringere Anforderungen stellt, auch Änderung des Mehrheitserfordernisses mit geringerer Mehrheit erlaubt (anders beim eingetragenen Verein). Zur Änderung des Vereinszwecks ist die Zustimmung aller Mitglieder erforderlich (§ 33 Abs. 1 S. 2 BGB). Die Satzungsänderung wird nicht in das Vereinsregister eingetragen; sie wird daher mit dem Zustandekommen des Beschlusses oder mit dem im Beschluss festgelegten Zeitpunkt ihres Inkrafttretens wirksam.
1784
Eine Satzungsänderung des nicht rechtsfähigen Vereins, die nicht wirksam zustande gekommen ist, kann (mit Ausnahme der Zweckänderung, § 33 BGB) auch dadurch wirksam geworden sein, dass sie von den Mitgliedern hingenommen und dem Leben des Vereins zugrunde gelegt wurde.3 Darin liegt eine stillschweigende Billigung, die hier ausreichend sein kann, weil die Satzungsänderung des nicht rechtsfähigen Vereins nicht in das Vereinsregister eingetragen wird.
7. Das Vereinsvermögen a) Grundsatz 1785
Nach heute kaum noch zu bestreitender Anschauung kann der nicht rechtsfähige Verein Träger von Rechten sein (Rz. 1760). Er kann Vermögen halten und kann Ansprüche erwerben.4
1 LG Heidelberg NJW 1975, 1661; Steffen in BGB-RGRK, § 54 Rz. 5; Hadding in Soergel, § 37 Rz. 3; Schwennicke in Staudinger, § 54 Rz. 55; a.A. zu § 37 Abs. 2 RG JW 1935, 3636. 2 LG Heidelberg NJW 1975, 1661. 3 BGHZ 16, 143 (150); BGHZ 23, 122 (129); 25; 311 (316). 4 S. nur Ellenberger in Palandt, § 54 Rz. 7. Anders mit Recht die langjährig herrschende, an den Gesetzestext angelehnte Auffassung, z.B. RG 127, 309 (311); 143, 213. Das wird nach wie vor vertreten und sogar noch vom BGH als Teilrechtsfähigkeit offen gelassen, wenn es auf sie nicht ankommt, BGH v. 21.1.2016 – V ZB 19/15, MDR 2016, 704 = NotBZ 2016, 384 mit Anm. Waldner –, Rpfleger 2016, 470. Für eine (bloße) Rechtsverkehrsfähigkeit, Schöpflin, Der nichtrechtsfähige Verein, 2003, S. 313 ff.
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7. Das Vereinsvermögen | Rz. 1789 XXVIII.
Ein vereinzeltes Vereinsmitglied kann über seinen Anteil am Vereinsvermögen und den einzelnen dazu gehörenden Gegenständen nicht verfügen und eine Teilung nicht verlangen (vgl. § 719 BGB).
1786
Zum Vereinsvermögen gehören
1787
– die geleisteten Mitgliedsbeiträge1, – die Ansprüche des Vereins auf noch zu zahlende Mitgliedsbeiträge2, – das durch die Geschäftsführung und Handlungen des Vorstands erworbene Vermögen, – Schadensersatzansprüche der Mitgliedergesamtheit, insbesondere als Ersatz für Zerstörung, Beschädigung und Entziehung eines zum Vereinsvermögen gehörenden Gegenstandes. Durch den Eintritt oder das Ausscheiden von Vereinsmitgliedern wird der Verein als die auf wechselnden Mitgliederbestand gerichtete Organisation nicht berührt. Dem Wesen des Vereins entsprechend gilt daher, dass auch der Bestand des Vereinsvermögens von einem Mitgliederwechsel nicht betroffen wird. Die Bestimmung des § 738 BGB über den Auseinandersetzungsanspruch eines ausscheidenden Gesellschafters gilt beim Verein, dessen Vermögen dem Vereinszweck dauernd erhalten bleiben soll, als stillschweigend ausgeschlossen.3 Das Vereinsvermögen steht somit immer zur Erfüllung des Vereinszwecks zur Verfügung. Sonderrechte auf das Vereinsvermögen oder dessen Nutzung müssen satzungsmäßig verankert sein und können nur in den durch § 35 BGB gesetzten Grenzen eingeführt werden.
1788
b) Grundvermögen Spätestens im Zuge der Rechtsentwicklungen bei der GbR4 konnte auch dem nicht eingetragenen Verein der Erwerb von Grundeigentum nicht generell verwehrt bleiben.5 Eine mit Rücksicht auf die Verlässlichkeit des Grundbuchsystems auch von Verfechtern einer freien Körperschaftsbildung seit je gemachte Einschränkung6 wurde damit aufgegeben.
1 2 3 4
RG 54, 297 (299, 300). RG 54, 297 (299, 300). RG 113, 125 (135). BGH v. 4.12.2008 – V ZB 74/08, BGHZ 179, 102 = MDR 2009, 274–114 = NotBZ 2009, 98 = NJW 2009, 594: Eintragung der GbR (allein) mit ihrem unterscheidungsfähigen Namen. Jetzt allerdings § 47 GBO: Miteintragung der Gesellschafter. 5 Nachweise auch zur Gegenansicht in 11. Aufl. Rz. 1533. 6 Aufschlussreich hierzu die Untersuchung von Vormbaum, Die Rechtsfähigkeit der Vereine im 19. Jahrhundert, (Diss. Münster) 1976, mit Hinweisen u.a. auf den Antrag Sohm (64. Sitzung der 2. Kommission am 30.11.1891) und Gierke, Beitrag zum 19. DJT Band II, S. 230. Ebenso m.N. Rosenberg, Das Vereinsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs und die Gewerkschaftsbewegung, 1903, S. 10, S. 41.
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1789
XXVIII. Rz. 1790 | Der nicht eingetragene Verein 1790
Soweit noch fraglich war, wie die Eintragung erfolgt, hat der BGH1 jedenfalls für alle Grundbucheintragungen nach dem 18.8.20092 gegen eine Eintragung allein mit dem Namen des Vereins entschieden.3 Verneine man nach wie vor die Rechtsfähigkeit des nichtrechtsfähigen Vereins, müssen die Vereinsmitglieder eingetragen werden, da sie in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit und nicht die Vereinigung als solche Träger des Vereinsvermögens wären. Aber auch bei Annahme der Rechtsfähigkeit – die der Senat an dieser Stelle dahinstehen ließ4 ist die Eintragung der Mitglieder unter ihrem Vereins-Sammelnamen mit dem das Grundbuchverfahren beherrschenden Grundsatz der Bestimmtheit und Klarheit unvereinbar. Würden die Mitglieder allein unter dem Vereinsnamen zusammengefasst, wäre der Inhalt der Eintragung nicht dauerhaft klar und bestimmt, sondern wechselte je nach dem Ein- und Austritt von Mitgliedern. Da es dem nichtrechtsfähigen Verein an jedweder Publizität hinsichtlich der Existenz, des jeweiligen Mitgliederbestandes und seiner jeweiligen Satzung fehlt, kann sich der Rechtsverkehr bei Eintragung nur des Vereinsnamens von seiner Existenz und Identität nicht zuverlässig überzeugen.5 Die vom Gesetzgeber dafür mit § 47 Abs. 2 GBO6 gefundene Lösung sieht für die GbR Eintragung der Gesellschaft und ihrer Gesellschafter vor. Grund sind die an die Eintragung anknüpfenden Richtigkeitsvermutungen, die sich auch auf die eingetragenen Gesellschafter erstrecken (§ 899a BGB). Der BGH hat dafür entschieden, die Bestimmung auf den nicht eingetragenen Verein entsprechend anzuwenden.7 Das gilt für den nicht eingetragenen Idealverein nicht anders als für den nicht konzessionierten wirtschaftlichen Verein. 1 BGH v. 21.1.2016 – V ZB 19/15, MDR 2016, 704 –, Rpfleger 2016, 470; kritAnm Prütting, EWiR 2016, 361; mit zust. Anm. K. Schmidt, JuS 2016, 64; zustAnm Waldner, NotBZ 2016, 384; zust. Bergmann in JurisPK-BGB, § 54 Rz. 55. 2 Nach den Entscheidungen zur Teilrechtsfähigkeit der GbR und bis zur Einführung des § 47 Abs. 2 GBO galt der h.M. die Eintragung einer GbR nur mit ihrem Namen als möglich, vgl. KG v. 29.11.2016 – 1 W 442/16, MDR 2017, 219 = NotBZ 2017, 147 mit Anm. Waldner = Rpfleger 2017, 143 mit Anm. Bestelmeyer. 3 Zur Begründugn der vom BGH nunmehr verworfenen Lösung hier 11. Aufl. Rz. 1537 m.N. 4 Kritisch insbesondere auch dazu Prütting, EWiR 2016, 361. Tatsächlich kann man die Rechtsentwicklung heute kaum noch anders als eine Anerkennung der Rechtsfähigkeit verstehen – sei es auch bedauernd (ausf. hier bis 11. Aufl. Rz. 1529 ff.). Der BGH-Entscheidung wiederum ist zuzugestehen, dass sie dem Grundbuchamt eine Entscheidung über die Rechtsfähigkeit erspart (Waldner, BGH v. 21.1.2016 – V ZB 19/15, MDR 2016, 704 = NotBZ 2016, 384). 5 BGH v. 21.1.2016 – V ZB 19/15, MDR 2016, 704 = NotBZ 2016, 384 mit Anm. Waldner –, Rpfleger 2016, 470. 6 Gesetz zur Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Akte im Grundbuchverfahren sowie zur Änderung weiterer grundbuch-, register- und kostenrechtlicher Vorschriften v. 11.8.2009, BGBl. I 2713. 7 BGH v. 21.1.2016 – V ZB 19/15, MDR 2016, 704 = Rpfleger 2016, 470; zust Waldner NotBZ 2016, 384. Dafür zuvor bereits KG v. 29.11.2016 – 1 W 442/16, MDR 2017, 219 = NotBZ 2017, 147; Bergmann in JurisPK-BGB, § 54 Rz. 55; Gummert in Münchener Handbuch, 3. Aufl., § 10 Rz. 37; Hügel/Kral, GBO, 24. Edition, GesR Rz. 48 mit Eintragungsbeispiel; Waldner, KG v. 6.1.2015 – 1 W 250-252/14, NotBZ 2015, 263–265; anders wohl Burhoff, Rz. 789: „Beifügen“ der Namen aller Mitglieder. Generell ablehnend Bamberger/Roth/Schöpflin, § 54 Rz. 28: Eintragung der Mitglieder, nicht des Vereins als solchen; KG v. 6.1.2015 – 1 W 252/
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7. Das Vereinsvermögen | Rz. 1792 XXVIII.
Im Anwendungsbereich des § 47 Abs. 2 GBO genügt für die Grundbucheintragung der erwerbenden GbR die Bezeichnung der Gesellschaft und ihrer Gesellschafter in der Auflassungsurkunde verbunden mit deren Erklärung, dass sie die einzigen Gesellschafter sind. Weitere Nachweise über Existenz, Identität und Vertretungsverhältnisse werden nicht verlangt, § 29 GBO soll insofern verdrängt sein.1 Trotz dieser Grundsatzentscheidung bleiben zahlreiche weitere Probleme des Grundbuchverfahrens ungelöst.2 Durch die auf Wechsel der Mitgliedschaft geradezu angelegte Struktur des Vereins sind bei ihm sämtliche Probleme noch verschärft. Von der Eintragung des nicht eingetragenen Vereins im Grundbuch bleibt (vielleicht bis auf kleinste, insbesondere Familienvereine) auch im Verfahren des derzeitigen § 47 Abs. 2 GBO dringend abzuraten. Unabhängig davon, welche Anforderungen die Rechtsprechung für die dabei erforderlichen Nachweise im Einzelnen noch festlegen mag, ist doch jeder Mitgliederwechsel im Grundbuch einzutragen.3 Der Verein, der die (vermeintlichen) Beschwernisse einer Registereintragung gerade scheut, muss sich dann einem noch viel intensiveren (Grundbuch-)Registerverkehr stellen. Nur in einer der Mischformen von Verein und GbR ist überhaupt denkbar, dass alle Mitglieder gemeinsam den Verein vertreten (s. Rz. 1753).4 Diese – für den Verein ganz untypische – Gleichstellung von Gesellschafterstellung und Vertretungsmacht ist maßgebliche Voraussetzung für die durch den BGH eröffnete Nachweiserleichterung zur Frage, wie zu belegen ist, wer die Gesellschaft vertritt.5
1791
Der Wunsch der Praxis nach einem GbR-Register besteht auch nach der Neufassung des § 47 Abs. 2 BGB Jahres 2009 unverändert.6 Er kann im Rahmen der Modernisierung des Personengesellschaftsrechts im Fall der Umsetzung des „Mauracher Entwurfs“7 voraussichtlich nunmehr Gehör finden. Durch eine weitere Änderung soll § 47 GBO für das Grundbuchverfahren dann nur noch Eintragung solcher Gesell-
1792
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14, NotBZ 2015, 263 mit Anm. Waldner = ZIP 2015, 168. An der Eintragung aller Mitglieder zur gesamten Hand halten fest u.a. Schöner/Stöber, 15. Aufl., Rz. 246. BGH v. 28.4.2011 – V ZB 194/10, MDR 2011, 781 = NotBZ 2011, 257 mit Anm. Zimmer = NotBZ 2011, 219 = ZIP 2011, 1003 im Anschluss an Reymann, ZNotP 2011, 84 (103 ff.) und gegen eine – bei erheblichen Abweichungen im Einzelnen – hinsichtlich der grundsätzlichen Anwendbarkeit des § 29 GBO bislang einhellige OLG-Rechtsprechung (hierzu Bestelmeyer, ZfIR 2011, 395 [404] m.N.). Problemabriss zu den unterschiedlichen Konstellationen bei der GbR z.B. bei Hügel/Otto, GBO, 30. Edition, § 29 Rz. 111. Vollmachtslösungen (wie von der Publikums-KG bekannt) erleichtern die Abwicklung, ändern aber nichts am permanenten Aktualisierungsbedarf im Grundbuch. Anders Waldner, KG v. 6.1.2015 – 1 W 250-252/14, NotBZ 2015, 263–265: Wenigstens im Wege einer Satzungsdurchbrechung könnten sämtliche Mitglieder gemeinsam das Vertretungsrecht an sich ziehen. BGH v. 28.4.2011 – V ZB 194/10, MDR 2011, 781 = NotBZ 2011, 257 mit Anm. Zimmer = NotBZ 2011, 219 = ZIP 2011, 1003. Heckschen, EWiR 2011, 347. Gesetzesentwurf einer beim Bundesjustizministerium der Justiz und für Verbraucherschutz eingerichteten Expertenkommission zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts; „Mauracher Entwurf“, https://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/News/PM/ 042020_Entwurf_Mopeg.pdf?__blob=publicationFile&v=3, Abruf 15.5.2020. Oben Rz. 11.
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XXVIII. Rz. 1792 | Der nicht eingetragene Verein
schaften (gemeint sind diejenigen nach §§ 705 ff., also GbR) im Grundbuch möglich sein, die in dem neu einzuführenden Gesellschaftsregister eingetragen sind. Für einen Verein, der gerade nicht eingetragen sein will, wird ein solches Register allerdings kaum attraktiver sein als das Vereinsregister. Die neue Lösung bleibt damit nur für den (nicht im Vereinsregister, nach dem „Mauracher Entwurf“ aber künftig wohl im Gesellschaftsregister eintragungsfähigen) nicht konzessionierten wirtschaftlichen Verein interessant, hier handelt es sich aber aufgrund der – im Gesetzesentwurf bestätigten – s. bereits Rz. 1750 – strengen persönlichen Haftung aller Mitglieder um eine Rechtsform, die nur für eine allein aus Kapitalgesellschaften oder (eingetragenen oder konzessionierten) Vereinen zusammengesetzte Mitgliederschaft in Frage kommen sollte.1 1793
Von den nachfolgend genannten Ausnahmen abgesehen wird man daher für den nicht eingetragenen Verein auch heute nicht über die Erkenntnis von Gierke hinauskönnen, also eines der profiliertesten Vertreter des Systems freier Körperschaftsbildung: Man darf und muss verlangen, dass „ein Verein, der die vom Staate gebotenen öffentlichen Bücher benutzen will, … auch für seine gehörige öffentliche Legitimation sorgt und deshalb seine Eintragung im [Vereins-] Register erwirkt“.2 Ein Verein, der Grundstückseigentum erwerben möchte, sollte daher vor Grundbucheintragung vorzugsweise stets die Registereintragung anstreben.3 Alternativen sind Treuhandlösungen oder Gründung einer Kapitalgesellschaft als Tochter des Vereins.4 Entsprechendes gilt für die im Grundbuch einzutragenden Rechte (Hypothek, Grundschuld, Dienstbarkeit usw.). Gerade mitgliederstarke Vereine sind ohne eigene Registereintragung vom unmittelbaren Grundstücksverkehr faktisch ausgeschlossen und auf Treuhandmodelle angewiesen.5
1794
Bereits seit längerem werden die politischen Parteien (wegen Art. 21 GG, § 3 PartG) als grundbuchfähig angesehen, auch wenn sie nicht im Vereinsregister eingetragen sind.6 Für den Landesverbänden nachgeordnete Gebietsverbände (z.B. Kreis- oder
1 Der nicht eingetragene nicht konzessionierte wirtschaftliche Verein, der ein Handelsgewerbe i.S.d. § 1 HGB betreibt, ist OHG, als solche im Handelsregister eintragungspflichtig und dann auch im Grundbuch nach dem Handelsregistereintrag einzutragen (K. Schmidt, JuS 2016, 646). Daran wird sich nach dem Gesetzesentwurf (Stand April 2020) nicht ändern. 2 Gierke, Beitrag zum 19. DJT Band II, S. 230, zit. nach Vormbaum, Die Rechtsfähigkeit der Vereine im 19. Jahrhundert, 1976, S. 151. Vgl. auch Gierke, Der Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs und das Deutsche Recht, 1889, S. 144 ff. und Rosenberg, Das Vereinsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs und die Gewerkschaftsbewegung, 1903, S. 10. 3 So bereits die Quintessenz der 9. Aufl., Rz. 1269. 4 Hügel/Reetz, GBO, 4. Aufl. 2020, § 13 Rz. 91 m.w.N. 5 Bergmann in JurisPK-BGB, § 54 Rz. 55. 6 LG Berlin v. 13.11.2002 – 86 T 628/02, Rpfleger 2003, 291; Pfälz. OLG v. 17.9.1999 – 3 W 138/99, NJW-RR 2000, 749; Reffken, NVwZ 2009, 1131; ablehnend Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rz. 247; Hügel/Holzer, GBO, 4. Aufl. 2020, § 1 Rz. 55. Der BGH akzeptiert – obiter – in seiner Entscheidung zur Grundbucheintragung des nicht-eV die Sonderstellung der politischen Parteien (BGH v. 21.1.2016 – V ZB 19/15 = FGPrax 2016, 97 = NotBZ 2016, 384).
830 | Stöber/Otto
8. Haftung für Vereinsschulden | Rz. 1796 XXVIII.
Ortsverein) wurde das aber bisher auch anders entschieden.1 Infolge der Rechtsprechung zur Rechtsfähigkeit des nicht eingetragenen Vereins (und seiner organisatorisch hinreichend selbständigen Untergliederungen) kommt es auch hier nur noch auf die Nachweisfragen an. Existenz und Identität einer Partei sind aus den tatsächlichen Verhältnissen erkennbar, ohne dass es eines sichernden Publizitätsaktes etwa in Form einer Registereintragung bedürfte.2 Auch die Vorstandseigenschaft dürfte zumeist durch Presseveröffentlichungen etc. offenkundig sein (§ 29 Abs. 1 Satz 2 GBO). Jedenfalls wird das Grundbuchrecht nicht stärkeren Nachweis fordern können als das öffentliche Wahlrecht (vgl. etwa § 18 Abs. 2 BWahlG) für den Nachweis ordnungsgemäßer Vertretung der Parteien und Wahlvereinigungen bei Einreichung von Vorschlagslisten. Eine Vereinigung kommunaler Träger hat keine vergleichbare Publizität.3
8. Haftung für Vereinsschulden a) Haftung des Vereins Das Vereinsvermögen haftet für alle Verbindlichkeiten des nicht rechtsfähigen Vereins. Es haftet für Ansprüche, die der Verein aus Rechtsgeschäften schuldet und für die vom Verein aus unerlaubten Handlungen seiner Organe (dazu Rz. 1801) geschuldeten Forderungen.
1795
b) Haftung der Mitglieder eines Idealvereins Bei Anwendung des § 714 BGB (s. § 54 S. 1 BGB) würde der Vorstand des nicht eingetragenen Vereins auch die Vereinsmitglieder Dritten gegenüber vertreten und persönlich verpflichten. Der Umfang dieser Vertretungsmacht des Vorstands kann durch die Mitglieder aber beschränkt werden. Insbesondere kann der Umfang der Vertretungsmacht des Vorstands auch insoweit verbindlich eingeschränkt werden, als es sich um die persönliche Haftung aus den Geschäften des Vorstands für den Verein mit einem Dritten handelt. Heute wird sehr weitgehend, wenn auch mit unterschiedlicher Begründung, ein Ausschluss der persönlichen Haftung der Mitglieder des nicht eingetragenen Idealvereins und damit die Beschränkung der Haftung der Vereinsmitglieder auf das Vereinsvermögen angenommen.4 Aus der körperschaftlichen Struktur wird geschlossen, dass eine persönliche Haftung der Vereinsmitglieder beim Idealverein nicht in Betracht kommt.5 Dies entspricht der Erwartung des Rechtsver-
1 OLG Celle v. 28.1.2004 – 4 W 12/04, NJW 2004, 1743. 2 K. Schmidt, NJW 1984, 2249; LG Berlin v. 13.11.2002 – 86 T 628/02, Rpfleger 2003, 291. Die besondere Publizität poltischer Parteien hebt hervor auch BGH v. 21.1.2016 – V ZB 19/15 = FGPrax 2016, 97 = NotBZ 2016, 384. 3 BGH v. 21.1.2016 – V ZB 19/15 = FGPrax 2016, 97 = NotBZ 2016, 384; KG v. 6.1.2015 – 1 W 250-252/14, NotBZ 2015, 263 mit Anm. Waldner = ZIP 2015, 168. 4 Ausf dazu etwa Schwennicke in Staudinger, § 54 Rz. 99 ff. 5 BGH v. 30.6.2003 – II ZR 153/02, MDR 2003, 1241 = NJW-RR 2003, 1265.
Stöber/Otto | 831
1796
XXVIII. Rz. 1796 | Der nicht eingetragene Verein
kehrs.1 Es kann sich dennoch empfehlen, die Beschränkung der Vertretungsmacht für Handlungen des Vorstands auf das Vereinsvermögen satzungsgemäß zu verankern.2 M 77 Haftungsregel in der Satzung eines nicht eingetragenen Vereins3 Der Verein haftet nur mit seinem Vermögen, die Mitglieder haften nur in Höhe der in dieser Satzung bestimmten Beiträge. Der Vorstand, dessen Vertretungsrecht insofern beschränkt ist4, ist verpflichtet, diese Haftungsbeschränkung zum Inhalt aller für den Verein abzuschließenden Verträge zu machen. 1797
Auf das Vereinsvermögen ist die Haftung aus der Mitgliedschaft auch für Verbindlichkeiten beschränkt, die aus deliktischer Haftung (Haftung aus unerlaubter Handlung, vgl. Rz. 727) bestehen.5 Für Verschulden (einschl. Fahrlässigkeit) des Vorstands haftet der nicht eingetragene Verein aber nicht nach § 31 BGB, sondern nach § 278 BGB6 und nach § 831 BGB.7 § 277 und § 708 BGB finden (als durch die Satzung zumindest stillschweigend ausgeschlossen) keine Anwendung.8 Der Handelnde haftet persönlich deliktisch wie bei einem eingetragenen Verein (Rz. 610), aber wohl ohne den Schutz des § 31a BGB.
1798
Die Mitglieder des Idealvereins haften somit im praktischen Ergebnis nicht mit ihrem privaten Vermögen für Vereinsschulden.9 Eine ganz wesentliche Ausnahme – und gewissermaßen die Begründung dafür, weshalb die Mitglieder als solche aus der Haftung entlassen bleiben können10 – birgt jedoch § 54 S. 2 BGB für die persönliche Haftung des für den Verein Handelnden (dazu Rz. 1545).
1 BGH v. 2.4.1979 – II ZR 141/78, MDR 1980, 122 = NJW 1979, 2304 (2306); RG 63, 62 sowie Beuthien, JZ 2003, 969 und Beuthin, WM 2012, 1 (2). Letztlich ergibt sich das heute schon aus dem Verständnis des nicht eingetragenen Vereins als eigenem Rechtsträger, s. Bergmann in JurisPK-BGB, 9. Aufl. 2020, § 54 Rz. 63. Krit. zu diesem Ergebnis Meyer, ZGR 2008, 702 (719 f.). 2 Zur Zulässigkeit solcher Regelungen RG 63, 62 (65); Faber, BWNotZ 1980, 81 (82). 3 Angelehnt an Krauß in Kersten/Bühling, § 122M 6. 4 § 26 Abs. 1 S. 2 BGB entsprechend. 5 Vgl. aber auch RG 143, 212 (215 f.): Die Haftung der Vereinsmitglieder für die Vereinsschulden ist nicht ohne weiteres auf das Vereinsvermögen beschränkt. 6 RG 143, 212 (214 f.). 7 Schl.-Holst. OLG SchlHA 1953, 200; Faber, BWNotZ 1980, 81 (82). 8 RG 143, 212 (214 f.). 9 BGH v. 30.6.2003 – II ZR 153/02, MDR 2003, 1241 = NJW-RR 2003, 1265. Bedenkenswert hiergegen Meyer, ZGR 2008, 702, 719 f.: Gläubigerschutzaspekte müssen unabhängig vom Vereinszweck gelten, zumal das Nebenzweckprivileg in seiner Ausformung durch die Rechtsprechung („ADAC-Urteil“, BGH v. 29.9.1982 – I ZR 88/80, BGHZ 85, 84) den nicht wirtschaftlichen sehr weit von einem ideellen Vereinszweck entfernt hat. Das Ergebnis der ganz h.M. führt auch zu Wertungswidersprüchen gegenüber der GbR (Meyer, ZGR 2008, 702 [719 f.]). 10 Beuthien, WM 2012, 1 (6). Ausf. zu den Schutzgründen der Handelndenhaftung auch Beuthien, MDR 2013, 1.
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8. Haftung für Vereinsschulden | Rz. 1801 XXVIII.
c) Haftung der Mitglieder eines wirtschaftlichen Vereins Beim nicht eingetragenen „Verein“ (Rz. 1750) mit wirtschaftlichem Zweck (Rz. 68 ff.), der keine Konzession erlangt hat, haften neben dem Vereinsvermögen stets auch alle Mitglieder persönlich, und zwar für den rechtsgeschäftlichen ebenso wie für den deliktischen Bereich.1 Es gilt § 128 HGB (direkt oder analog). Diese Haftung kann nur für Rechtsgeschäfte durch ausdrückliche Vereinbarung mit dem Vertragspartner ausgeschlossen werden (Beispiel für eine Satzungsregelung Rz. 1796).2 Wirtschaftliche Tätigkeit soll zum Schutz der Gläubiger eben nur in den dafür vorgesehenen Rechtsformen stattfinden, eine Haftungsbeschränkung nicht durch deren Umgehung erreicht werden.3 Solange eine Haftungsbefreiung nicht durch Eintragung oder Genehmigung verdient wurde, haftet grundsätzlich jedes Mitglied eines wirtschaftlichen nicht eingetragenen Verbandes unbeschränkt mit seinem gesamten Vermögen (unabhängig davon, ob es sich um einen nicht eingetragenen Verein oder um eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts handelt).4 Der nicht eingetragene Verein bleibt Idealverein, wenn die wirtschaftliche Betätigung nur im Nebenzweck erfolgt5. Bei Überschreiten des Nebenzweckprivilegs (Rz. 85–98) kommt es jedoch zur Durchgriffshaftung (anders beim eingetragenen Verein, s. Rz. 1396).6 Die Mitglieder haften untereinander und mit dem Verein als Gesamtschuldner (§ 427 BGB).
1799
d) Haftung der Mitglieder eines Vorvereins S. dazu Rz. 33.
1800
e) Haftung des Handelnden (Vorstands usw.) Wer für einen nicht eingetragenen und nicht konzessionierten Verein handelt, haftet aus einem Rechtsgeschäft persönlich, das im Namen des Vereins Dritten gegenüber vorgenommen wird7 (§ 54 S. 2 BGB). Der Handelnde haftet unabhängig davon, ob er Vorstandsmitglied oder ob er überhaupt Vereinsmitglied ist, und auch unabhängig
1 Schwennicke in Staudinger, § 54 Rz. 109; LSG Berlin-Brandenburg v. 11.3.2016 – L 1 KR 377/14 – NZG 2016, 1190–1191. Ausdrücklich § 54 i.d.F. des „Mauracher Entwurfs“ (Rz. 11). Vgl. zur Reform bereits K. Schmidt, ZHR 177 (2013), 712 (736). 2 Hadding in Soergel, § 54 Rz. 25. 3 Flume, ZHR 148, 503, 517. 4 Der BGH (v. 18.12.2000 – II ZR 385/98, BGHZ 146, 190) wendet § 128 HGB auf die GbR entsprechend an. Für den nicht eingetragenen wirtschaftlichen Verein kann (unmittelbar oder gleichfalls über § 54 BGB entsprechend) nichts anderes gelten, s. hierzu Bergmann in JurisPK-BGB, 5. Aufl., § 54 Rz. 64. 5 Schwennicke in Staudinger § 54 Rz. 112. 6 Zur Erklärung dieser Unterscheidung überzeugend Reuter, NZG 2008, 650 (653). Anders Schwennicke in Staudinger § 54 Rz. 112 (nur bei eindeutiger und den Mitgliedern bekannter Überschreitung). 7 Keine Haftung des (handelnden) Vorstandsmitglieds für die (Gerichts-)Kosten eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (Klage gegen Vereinsverbot), weil Gerichtskosten nicht auf ein Rechtsgeschäft zurückzuführen, sondern durch Prozesshandlungen verursacht sind, BVerwG NVwZ-RR 2000, 60; a.A. vordem VGH BW JurBüro 1999, 205.
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1801
XXVIII. Rz. 1801 | Der nicht eingetragene Verein
davon, ob er zur Vertretung des Vereins berechtigt gewesen ist.1 Handelnder mit der Haftungsfolge des § 54 S. 2 BGB ist – jedenfalls beim Idealverein – aber nicht, wer einem Geschäft als Vereinsmitglied oder auch als Vorstandsmitglied lediglich im Innenverhältnis des Vereins zugestimmt hat.2 Für den Verein handelt auch, wer „im Namen des Vorstands“ handelt.3 Dritter, dem der Handelnde haftet, kann auch ein Vereinsmitglied sein.4 Das gilt aber nur beim sog. Drittgeschäft.5 Das Rechtsgeschäft muss ohne unmittelbaren Bezug zur mitgliedschaftsrechtlichen Beziehung zu dem Verein und Stellung des Mitglieds im Verein abgeschlossen worden sein. 1802
Mehrere Handelnde haften als Gesamtschuldner persönlich (§ 54 S. 2 Halbs. 2 BGB).
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Die Haftung des Handelnden steht neben der Haftung des Vereins mit seinem Vermögen. Sie umfasst nicht nur den Erfüllungsanspruch, sondern auch alle in Betracht kommenden Schadensersatzansprüche einschließlich des Anspruchs aus Verschulden bei Vertragsabschluss.6 Sie endet nicht mit Austritt aus dem Verein.7
1804
Eine weitergehende Regelung, nach der der Gesamtvorstand oder auch nur das allein geschäftsführende Vorstandsmitglied allgemein für die vertraglichen Verpflichtungen des Vereins haften würde, gibt es nicht.8 Die Haftungsbestimmung des § 54 S. 2 BGB ist kein zwingendes Recht; sie kann daher im Einzelfall gegenüber dem Vertragspartner vertraglich ausgeschlossen werden.9 Ein stillschweigender Ausschluss ist aber nicht ohne weiteres zu unterstellen.10 Deshalb haftet, wer als Obmann einer selbständigen, aber nicht eingetragenen Vereinsabteilung für diese Bestellungen aufgibt.11 Zu vermeiden ist das, indem der Gesamtverein den Abteilungsobmann zum besonderen Vertreter (§ 30 BGB) bestellt. Insbesondere hängt die Haftung des Handelnden
1 BGH NJW 1957, 1186 = LM Nr. 11 zu § 31 BGB; BGH NJW-RR 2003, 1265; RG 82, 296 f. Anders für den vollmachtlosen Vertreter und bei angemaßter Organstellung Beuthien, MDR 2013, 1 (8f) – Anwendung allein des § 179 Abs. 1 BGB. 2 BGH NJW 1957, 1186. 3 RG 82, 294 (297); BGH v. 30.6.2003 – II ZR 153/02, MDR 2003, 1241 = NJW-RR 2003, 1265. Enger Beuthien, MDR 2013, 1. 4 So auch Hadding in Soergel, § 54 Rz. 27; Erman/Westermann, § 54 Rz. 14; letztlich offen gelassen von BGH v. 30.6.2003 – II ZR 153/02, MDR 2003, 1241 = NJW-RR 2003, 1265 = ZIP 2003, 2023. 5 BGH v. 30.6.2003 – II ZR 153/02, MDR 2003, 1241 = NJW-RR 2003, 1265. 6 BGH v. 30.6.2003 – II ZR 153/02, MDR 2003, 1241 = NJW-RR 2003, 1265. Eingehend zur weiteren Diskussion einer Ausdehnung auf gesetzliche Verbindlichkeiten Erman/Westermann, BGB, 14. Aufl., Rz. 14a. 7 AG Charlottenburg v. 10.10.2011 – 213 C 98/11, Grundeigentum 2013, 126. 8 BGH v. 30.6.2003 – II ZR 153/02, MDR 2003, 1241 = NJW-RR 2003, 1265. 9 BGH v. 30.6.2003 – II ZR 153/02, MDR 2003, 1241 = NJW-RR 2003, 1265; Schwennicke in Staudinger, § 54 Rz. 138. 10 RG 82, 294 (299); Schwennicke in Staudinger, Rz. 138; MünchKomm/BGB/Leuschner, Rz. 62, je zu § 54; a.A. Hadding in Soergel, Rz. 30, je zu § 54. 11 BGH v. 5.2.2013 – VIII ZR 276/12, NZG 2013, 672 (Hinweisbeschluss zu AG Moers v. 27.3.2012 – 563 C 237/11 bzw. LG Kleve v. 20.7.2012 – 5 S 50/12, juris).
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8. Haftung für Vereinsschulden | Rz. 1807 XXVIII.
nicht davon ab, ob er in die sich aus seinem Tun kraft Gesetzes ergebenden Verpflichtungen positiv einwilligt.1 Die zuvor begründete Haftung des nach § 54 S. 2 BGB Verpflichteten bleibt bestehen, auch wenn der Verein später Rechtsfähigkeit erlangt.2 Wenn bei Vornahme des Rechtsgeschäfts der Verein Rechtsfähigkeit anstrebt, die satzungsmäßigen Voraussetzungen dafür geschaffen hat und es zur Erlangung der Rechtsfähigkeit nur noch der Registereintragung bedarf (auch wenn Anmeldung zum Vereinsregister noch nicht erfolgt ist), müssen jedoch die für das Erlöschen der Haftung des für eine VorGmbH und ebenso für den Vorverein Handelnden geltenden Grundsätze zur Anwendung kommen3 (hierzu Rz. 33). Die Haftung des Handelnden endet nur, wenn dem Gläubiger diese Rechtsverhältnisse des Vereins bekannt waren. Er erhält dann mit dem rechtsfähigen Verein den Schuldner, mit dem er von Anfang an das Rechtsgeschäft abschließen wollte. Der Anspruch gegen den nach § 54 S. 2 BGB persönlich Haftenden verjährt in der gleichen Zeit, in der er im Verhältnis zum vertretenden nicht rechtsfähigen Verein verjähren würde.4
1805
Für die deliktische Haftung gilt § 31 BGB. Unabhängig von § 54 S. 2 BGB kann der für den Verein Auftretende auch durch deliktisches Handeln originär haftpflichtig werden und neben diesem haften (wie Rz. 746). Für einen nicht eingetragenen Idealverein mag man die Haftungserleichterungen nach § 31a und § 31b BGB (Rz. 756– 772) gelten lassen, weil sie vereinsfremden Dritten gegenüber nicht unmittelbar wirken.5 Allerdings wird schon durch den Verlust eigener Regressmöglichkeiten des Vereins dessen Haftungsmasse zu Lasten weiterer Gläubiger geschmälert.6 Aus denselben Gründen, die oben für die Haftung seiner Mitglieder angeführt wurden (Rz. 1799), sollte die Haftungserleichterung deshalb wenigstens zugunsten der Organe bzw. Mitglieder eines nicht eingetragenen und nicht konzessionierten wirtschaftlichen Vereins keine Anwendung finden.7
1806
f) Politische Partei und Fraktionen Bei der politischen Partei in der Rechtsform des nicht rechtsfähigen Vereins wird § 54 S. 2 BGB nicht angewandt (§ 37 PartG). Die persönliche Haftung des Handelnden aus einem Rechtsgeschäft ist damit ausgeschlossen. Für Parlaments- und Ratsfraktionen gilt § 37 PartG entsprechend.8 Die nach einer Gemeinderatswahl in NRW gegründete Fraktion wird wegen des Grundsatzes der Diskontinuität nicht als Rechtsnachfolgerin der gleichnamigen Rechtsvorgängerin angesehen und haftet im Zweifel nicht für deren Verbindlichkeiten.9 Für die Fraktionen der Landtage und den 1 2 3 4 5 6 7 8 9
RG 82, 294 (298). OLG Düsseldorf v. 10.2.1984 – 22 U 177/83, MDR 1984, 489 = VersR 1984, 1093 (Ls.). S. OLG Düsseldorf v. 10.2.1984 – 22 U 177/83, MDR 1984, 489. LG Frankfurt Betrieb 1976, 2058. Bamberger/Roth/Schöpflin, § 31a Rz. 2. Schöpflin, Rpfleger 2010, 349 (353). Bamberger/Roth/Schöpflin, § 31a Rz. 2. LAG Hamm v. 12.12.2002 – 1 (11) Sa 1813/01, NZA-RR 2003, 487. LG Bonn v. 7.12.2011 – 2 O 248/11, juris.
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1807
XXVIII. Rz. 1807 | Der nicht eingetragene Verein
deutschen Bundestag sehen Landesbestimmungen bzw. § 54 Abs. 7 Abgeordnetengesetz Regelungen zur Rechtsnachfolge vor.
9. Rechtsstreite, Insolvenzverfahren (§ 50 Abs. 2, §§ 171, 735 ZPO) 1808
Der nicht eingetragene Verein i.S.d. § 54 BGB kann – unter seinem Namen – klagen und verklagt werden. Im Rechtsstreit wird er wie ein eingetragener Verein behandelt (§ 50 Abs. 2 ZPO). Wie der rechtsfähige Verein wird auch der nicht eingetragene Verein im Prozess durch seinen Vorstand vertreten;1 an ihn erfolgen die Zustellungen für den Verein (§ 170 Abs. 1 ZPO), bei mehreren Vorstandsmitgliedern genügt die Zustellung an einen von ihnen (§ 170 Abs. 3 ZPO). Wenn in einem Vereinsverbotsverfahren schon streitig ist, ob es sich überhaupt um einen Verein handelt, vertreten diejenigen gemeinschaftlich, an die sich eine Verbotsverfügung als Repräsentanten richtet.2 Der Verein kann Mahnbescheide erwirken und Gegner eines solchen sein.
1809
Die Zwangsvollstreckung kann mit dem gegen den Verein ergangenen Urteil in das Vermögen des nicht eingetragenen und nicht konzessionierten Vereins (§ 735 ZPO), nicht aber in das Privatvermögen der einzelnen Mitglieder durchgeführt werden.3 Die Mitglieder können – ihre Haftung vorausgesetzt – nur auf Grund eines gegen sie gerichteten Titels persönlich belangt werden.4
1810
Für die Aktivlegitimation einer politischen Partei enthält § 3 PartG eine Sonderregelung. Die Partei kann unter ihrem Namen klagen und verklagt werden. Das Gleiche gilt für ihre Gebietsverbände der jeweils höchsten Stufe, sofern die Satzung der Partei nichts anderes bestimmt. Eine Gewerkschaft ist im Zivilprozess seit jeher allgemein aktiv parteifähig.5 In arbeitsgerichtlichen Verfahren sind Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände – ohne Rücksicht auf die Rechtsfähigkeit – stets parteifähig (§ 10 ArbGG).
1811
Das Insolvenzverfahren findet über das Vermögen des nicht rechtsfähigen Vereins wie über das Vermögen des rechtsfähigen Vereins statt (§ 11 Abs. 1 S. 2 InsO).6
1812
Verschmelzungsfähig nach den Bestimmungen des Umwandlungsgesetzes ist der Verein i.S.d. § 54 BGB nicht (Rz. 1264). Zusammenführung durch Fusion (Rz. 1323) kann erfolgen.
1 2 3 4 5
RG 57, 90 (92). BVerwG v. 14.5.2014 – 6 A 3/13, NVwZ 2014, 1573. RG 143, 212 (216); Stöber in Zöller, § 735 ZPO Rz. 1. RG 143, 212 (216). BGHZ 50, 325 = NJW 1968, 1830 = Rpfleger 1968, 319; auch BGH v. 6.10.1989 – V ZR 152/88, BGHZ 109, 15 = MDR 1990, 141 (17); dazu Vollkommer in Zöller, § 50 ZPO Rz. 23a und 39. 6 Zur Insolvenz einer als nicht eingetragener Verein konstituierten politischen Partei Hientzsch, NVwZ 2009, 1135.
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11. Wann ist die Eintragung in das Vereinsregister anzustreben? | Rz. 1816 XXVIII.
10. Auflösung und Beendigung Auflösung und Beendigung des nicht rechtsfähigen Vereins erfolgen nach den gleichen Grundsätzen wie beim eingetragenen Verein (Rz. 1326 ff.).
1813
Nach Auflösung hat (wenn nicht das Vereinsvermögen an den Fiskus fällt) eine Liquidation gem. § 47 ff. BGB stattzufinden1, nach anderer Ansicht soll in Ansehung des Vereinsvermögens unter den Vereinsmitgliedern im Zeitpunkt der Auflösung eine Auseinandersetzung erfolgen (§§ 730 ff. BGB). Diese kann durch die Satzung jedoch ausgeschlossen werden.
1814
M 78 Satzungsklausel Vereinsvermögen bei Auflösung
1815
Bei Auflösung des Vereins haben die Mitglieder keinen Anspruch auf das Vereinsvermögen. Nach Befriedigung der Gläubiger fällt das Vereinsvermögen an … Die Liquidation erfolgt durch den Vorstand nach Maßgabe der §§ 47 ff. BGB.
11. Wann ist die Eintragung in das Vereinsregister anzustreben? Heute besteht zwischen dem eingetragenen Verein und dem nicht eingetragenen Idealverein kein großer Unterschied mehr.2 Vor allem kann die Satzung des Vereins so gestaltet werden, dass auch für ihn auch ohne Eintragung nahezu alle Vorschriften des BGB über das Vereinsrecht gelten. Es ergeben sich jedoch stets folgende wesentliche Unterschiede: – Vorstandsmitglieder oder sonst für den Verein handelnde Personen haften aus jedem Rechtsgeschäft, das für den Verein einem Dritten gegenüber vorgenommen wird, persönlich (Rz. 1801). – Bei wirtschaftlichem Zweck (wichtig z.B. bei Überschreiten des Nebenzweckprivilegs, es erweist sich also entgegen der Erwartung der Mitglieder ein wirtschaftlicher Zweck) haften alle Vereinsmitglieder für die Schulden des Vereins persönlich. Eine Eintragung schließt hingegen den Durchgriff auch bei Rechtsformverfehlung bis zu ihrer etwaigen Löschung weitgehend aus (Rz. 1396). – Der nicht rechtsfähige Verein kann nur erschwert, aufgrund verfahrensrechtlicher Hemmnisse (§ 29 GBO, dazu Rz. 1790) möglicherweise auch gar nicht als Eigentümer oder Gläubiger in das Grundbuch eingetragen werden. Selbst wenn er als Inhaber dinglicher Rechte eingetragen ist, erfordert (bei Geltung des § 47 Abs. 2 GBO n.F., so die Auffassung des BGH) jeder Mitgliederwechsel eine klarstellende Berichtigung des Grundbuchs. 1 BGHZ 50, 325 = NJW 1968, 1830; Hadding in Soergel, Rz. 9, Schwennicke in Staudinger, Rz. 146, je zu § 54; Habscheid, AcP 155, 411. 2 Das LG Neuruppin v. 9.12.2014 – 5 O 199/14, juris, verneint sogar jede Bedeutung der Eintragung für Dritte, die an Vereinsleistungen interessiert sind.
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1816
XXVIII. Rz. 1816 | Der nicht eingetragene Verein
– Organe des Vereins können ihre Vertretungsbefugnis und die Rechtsverhältnisse des Vereins nicht durch Vorlage einer Vereinsregisterblattabschrift ausweisen. Dadurch können dem Verein im Rechtsverkehr (z.B. bei Errichtung eines Bankkontos, besonders auch im Grundbuchverkehr) Schwierigkeiten erwachsen. – Die Vereinssatzung wird nicht in das Vereinsregister eingetragen, sie kann grundsätzlich auch formlos (mündlich) geändert werden. Daraus resultieren erhebliche Nachweisprobleme, in welcher Fassung die Satzung aktuell gilt. Soweit das Registergericht Grundinhalte der Satzung im Eintragungsverfahren prüft (Rz. 1476), findet dies beim nicht eingetragenen Verein nicht statt. So können unzulässige Bestimmungen Eingang in die Satzung finden oder andere Satzungsfehler entstehen, die zu Unklarheiten, Erschwernissen oder allgemein zu Schwierigkeiten für den Verein führen. 1817
Diese Unterschiede zeigen zugleich, in welchen Fällen für einen Verein Erlangung der Rechtsfähigkeit erstrebenswert ist. Die Rechtsfähigkeit durch Eintragung in das Vereinsregister (ggf. staatliche Verleihung, § 22 BGB) wird ein Verein vor allem dann erstreben, wenn für ihn die aus der Rechtspersönlichkeit einer juristischen Person zukommenden Vorteile eine Bedeutung erlangen. Das ist insbesondere der Fall, wenn der Verein Grundstücke oder Grundstücksrechte erwerben möchte. Ebenso sollte ein Verein zum Schutze seiner Organe, insbesondere der Vorstandsmitglieder, die Rechtsfähigkeit erwerben, wenn die Vereinstätigkeit und die für den Verein zu schließenden Geschäfte ein solches Ausmaß annehmen, dass die persönliche Haftung des Handelnden für die Organe des Vereins zu einer unerwünschten, insbesondere unüberschaubaren Gefährdung werden kann. Bei wirtschaftlichem Vereinszweck ist, wenn die Konzession nach § 22 BGB nicht erreicht werden kann, stets Eintragung in einer der haftungsbeschränkten Gesellschaftsformen (Kapitalgesellschaften, Genossenschaft) anzustreben, wenn allein aus der Mitgliedschaft nicht gehaftet werden soll (findet sich wenigstens ein Vollhafter: auch Kommanditgesellschaft, KGaA.). Allgemein wird der Verein außerdem die Eintragung anstreben, wenn sich für ihn die Notwendigkeit ergibt, seine Rechtsverhältnisse und die Vertretungsbefugnis seiner Organe im Rechtsverkehr zuverlässig auszuweisen.
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IXXX. Steuerrechtliche Hinweise 1. Steuervergünstigungen für gemeinnützige Vereine . . . . . . . . . a) Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . b) Besteuerung der gemeinnützigen Körperschaft (i.w.S.) . . . . . . . . . . . . c) Mittelverwendung . . . . . . . . . . . . . . d) Vermögensverwaltung . . . . . . . . . . e) Zweckbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Leistungen an die Mitglieder . . . . . h) Anerkennung der Steuerbegünstigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Mitgliedsbeitrag im Steuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Körperschaftssteuer . . . . . . . . . . . . . b) Umsatzsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1818 1818 1820 1822 1831 1832 1835 1841 1844 1849 1849 1854
c) Beitragszahlungen als Betriebsausgaben und Werbungskosten . . . . . 3. Zahlungen an im Verein Tätige . a) Lohnsteuerpflicht und Haftung des Arbeitgebers . . . . . . . . . . . . . . . b) Arbeitgeber- und Arbeitnehmereigenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Fehlende Arbeitnehmereigenschaft, Aufwandsentschädigung . . d) Ehrenamtliche Tätigkeit . . . . . . . . . e) Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher usw. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Spendenabzug bei Zuwendungen an Vereine . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Mitgliedsbeiträge und Spenden an politische Parteien und Wählervereinigungen . . . . . . . . . .
1859 1860 1860 1861 1863 1868 1871 1873
1884
Literatur: Handbücher/Monografien/Spezialkommentare: Alber, Gemeinnützigkeit im Ertragsteuerrecht, Kommentar zu § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG und zu Umstrukturierungen bei steuerbegünstigten Körperschaften, 2018; Brinkmeier, Vereinsbesteuerung. Steuervorteile durch Gemeinnützigkeit, 2008; Dauber, Umsatzsteuer für Vereine, 2018; Dauber/Schneider, Vereinsbesteuerung kompakt, 12. Aufl. 2020; Fischer/Helios, Die Vereinsbesteuerung in der Praxis, 2008; Goetze, Umsatzsteuer im Verein, 2019; Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 4. Aufl. 2018; Lehmann, Arbeitsheft für Kassenprüfer, 3. Aufl. 2018; Märkle/Alber, Der Verein im Zivil- und Steuerrecht, 12. Aufl. 2008, S. 129–490; Sauer/Luger, Vereine und Steuern, 6. Aufl. 2010; Schauhoff, Handbuch der Gemeinnützigkeit, 3. Aufl. 2010; Weitemeyer/ Schahoff/Aschatzt, Umsatzsteuerrecht für den Nonprofitsektor 2019; Winheller/Geibel/Jachmann-Michel, Gesamtes Gemeinnützigkeitsrecht, Kommentar, 2016; Schleder (Bearb. Myßen/ Feierabend/Kerst/Emser), Steuerrecht der Vereine, 12. Aufl. 2018. Grundlegend: Hüttemann, Die Neuregelung des Spendenrechts, NJW 2000, 638; Sauer, Das Vereinsförderungsgesetz, NJW 1990, 1028. Aufsätze aus jüngerer Zeit: Alvermann, Umsatzsteuer auf Vereinsbeiträge?, SpuRt 2011, 108; Armbrüster/Hohendorf, Die Privilegierung privatnützigen Handelns im Privatrecht, JZ 2017, 221; Bartmuss, Zur Gemeinnützigkeit von Forschungsvereinen, ZStV 2010, 109; Bartmuss/ Pauls, Zur steuerlichen Behandlung von Vereinsbeiträgen, ZStV 2013, 8, 46, 121; v. Bechtholsheim, Sponsoringeinnahmen gemeinnütziger Einrichtungen, NJOZ 2009, 2550; Becker, Der Wegfall des gemeinnützigkeitsrechtlichen Status – Eine Bestandsaufnahme und Hilfestellung für die Praxis, DStR 2010, 953; Bender, Die Nebenberuflichkeit nach § 3 Nr. 26 und § 3 Nr. 26a EStG, DStR 2015, 2257–2262; Bertling/Roth, (Achtung Liebhaberei), SpuRt 2019, 146 (150); Beyer, Rechtsbegriff und Rechtsverhältnis der ehrenamtlichen Tätigkeit, ZStV 2019, 172; Bley/
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IXXX. | Steuerrechtliche Hinweise Caro, Der Ball ist rund – die gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnungen auch? DStR 2017, 1512; Brete/Thomsen, Praxisrelevante Hinweise für Amateurfußballvereine zum Gemeinnützigkeitsrecht, SpuRt 2008 11; Bruschke, Förderung der Allgemeinheit im Gemeinnützigkeitsrecht, DStR 2017, 2416; Dehesselles, Das Ende des Zweckbetriebs?, DStR 2012, 2309; Dehesselles/Katzer/Zayoz, Die Aufwandsentschädigung des ehrenamtlichen Vereinsvorstands, 2017; Erdbrügger, Aktuelle Rechtsprechung zur Umsatzbesteiuerung von Vereinen und mögliche Auswirkung auf deren Ertragsbesteuerung, npoR 2019, 7; Emser, Änderung der Voraussetzungen für eine steuerliche Anerkennung sog. „Aufwandsspenden“, DStR 2015, 1960; Fein, Gemeinnützigkeit der Sportvereine und Sportverbände – ein Überblick, ZStV 2017, 48; Fischer, Gemeinnützigkeit und Zeitgeist, DStR 2018, 1394; Fischer, Zur Besteuerung des nicht steuerbegünstigten eingetragenen Vereins, npoR 2018, 156; Fischer, Zur Gemeinnützigkeit des eSports – game over? npoR 2020, 61; Gotthardt/Schütze, Die umsatzsteuerliche Behandlung von Vereinsmitgliedsbeiträgen in Deutschland, NZG 2010, 1406; Hamdan, Finanzielle Zuwendungen an den Vorstand, MDR 2015, 374; Hörmann, Spende oder Sponsoring – Abgrenzung aus ertrag- und umsatzsteuerlicher Sicht, npoR 2016, 153; v.Holt/Hörmann, Umfassende Änderungen des Anwendungserlasses zum Gemeinnützigkeitsrecht, npoR 2019, 193; Hornung/ Vielwerth, Wie viel Politik verträgt das Gemeinnützigkeitsrecht? DStR 2019, 1497; Hüttemann, Anmerkungen zum geänderten Anwendungserlass zur Gemeinnützigkeit, DB 2016, 1338; Hüttemann, Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements und seine Auswirkungen auf das Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, DB 2007, 2053; Hüttemann, Der neue Anwendungserlass zum Abschnitt „steuerbegünstigte Zwecke“ Der Betrieb 2012, 250; Hüttemann, Steuerliche Gemeinnützigkeit und politische Betätigung, DB 2015, 821; Hüttemann, Rechtsfragen der sozialen Verantwortung von Vereinen und Stiftungen, DB 2016, 429; Hüttemann/Schauhoff/Kirchhain, Fördertätigkeiten gemeinnütziger Körperschaften und Konzerne, DStR 2016, 633; Jochum, Die Besteuerung gemeinnütziger Einrichtungen in Europa, npoR 2012, 177; Kindler, Möglichkeiten und Grenzen der Umwandlung eines gemeinnützigen Vereins in einen „steuerpflichtigen Gewerbebetrieb“, FR 2011, 411; Kirchhain, Der neue Anwendungserlass zur AO: neue Herausforderungen für gemeinnützige Körperschaften, DStR 2016, 505; Kirchhain, Mitgliedsbeiträge umsatzsteuerfrei? Vorsteuerabzug in Gefahr! SpuRt 2019, 107; Kirchhain, Neue Verwaltungsrichtlinien für NPOs, DStR 2014, 289; Kirchhain, Mitgliedervergünstigungen aus vereins- und steuerrechtlicher Sicht, npoR 2019, 153; Kolbe, Die ertragsteuerliche Behandlung von Auslagenersatz, Aufwandsersatz und Vergütungen an Vorstandsmitglieder eines gemeinnützigen Vereins, DStR 2009, 2465; Kraus/Mehren, Gesellschaftsbeteiligungen bei gemeinnützigen Körperschaften – wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb oder Vermögensverwaltung? DStR 2020, 1593- 1598; Krebbers, Stärkt das Ehrenamtsstärkungsgesetz das Ehrenamt? Steuerliche Änderungen im Gemeinnützigkeits- und Zuwendungsrecht, BB 2013, 2071; Kubiciel, Entwicklung des eSports und Schutz seiner Inegrität, ZRP 2019, 200; Lassmann, Gefährdung der Gemeinnützigkeit – auch ein Fall für den Staatsanwalt?, ZStV 2010, 141; Leisner-Egensperger, Politische Betätigung auf dem Minenfeld des Gemeinnützigkeitsrechts, NJW 2019, 964; Lüdecke, Finanzierung gemeinnütziger Sportvereine durch Verwertung von Rechten gemeinsam mit unternehmerischen Wirtschaftspartnern, SpuRt 2007, 45 und 94; v.Maydell, Steuerliche Einordnung des Sponsorings beim gemeinnützigen Empfänger, npoR 2019,250; Nolte, Die gemeinnützige Körperschaft zwischen Umsatzsteuer und Gemeinnützigkeitsrecht, DStR 2016, 19; Pauli, Die Ehrenamtspauschale als Vergütung für Mitglieder von Vereinsvorständen, ZStV 2011, 8; Pauls/Eismann, Anerkennung der Gemeinnützigkeit nach dem JStG 2009 nur bei örtlicher Übernahme der Mustersatzung?, ZStV 2010, 120; Podolski, Studie zur Anerkennung der Gemeinnützigkeit: Turnierbridge unproblematisch, Menschenrechte schwierig, lto v. 23.3.2018 https://www.lto.de/persisntent/ a_id/277705, Abruf 6.7.2018; Pusch, Trennt „eSport“ und Sport nur ein Vokal? npoR 2019, 53; Pohl, Haftung des Vorstands wegen Steuerhinterziehung nach § 71 AO, npoR 2016, 209; Rausch/Meirich, Spenden durch Verzicht auf einen vertraglichen Anspruch, DStR 2017, 2769; Reuter, Das Verhältnis der Vereinsklassenabgrenzung zu den Grenzen wirtschaftlicher Betäti-
840 | Stöber/Otto
1. Steuervergünstigungen für gemeinnützige Vereine | Rz. 1819 IXXX. gung nach Gemeinnützigkeitsrecht, NZG 2008, 881; Röcken, Entwicklung des Vereinsrechts, MDR 2014, 879; Roth, Umsatzsteuerpflicht von Organvergütungen, npoR 2020, 232–239; Sachse, Die Satzung auf dem Prüfstand – das neue Feststellungsverfahren, ZStV 2014, 106; Schauhoff/Kirchhain, Was bringt der neue AO-Anwendungserlass für gemeinnützige Körperschaften? DStR 2012, 261; Schienke-Ohletz/Kühn, Leistungsbeziehungen zwischen gemeinnützigen Körperschaften und Servicegesellschaften, DStR 2018, 2117; Schütz, Über zeitnahe Mittelverwendung, Federung des Umweltschutzes und die Grenzen politischer Betätigung, npoR 2018, 153; Schütz/Runte, Das Ehrenamtsstärkungsgesetz – neue Impulse für den Non-ProfitBereich? DStR 2013, 1261; Schütz/Zydowitz, Voraussetzungen für die Vergütung von Organen gemeinnütziger Körperschaften, npoR 2010, 37; Schunk, Das Unmittelbarkeitsgebot nach § 57 AO, npoR 2016, 53; Spilker, Nicht eingetragene Vereine und unselbständige Stiftungen als juristische Personen im Sinne des UStG, ZStV 2010, 127; Spitaler/Schröder, Neuerungen bei der zeitnahen Mittelverwendung und Rücklagenbildung (2 Teile), DStR 2014, 2144, 2194; Steiner, Die „sportliche Veranstaltung“ im Umsatzsteuerrecht, SpuRt 2011, 144; Strachwitz, Was ist gemeinnützig? Überlegungen zu einer Novellierung des § 52 AO, npoR 2014, 306; Tiedtke/ Möllmann, Reform des Spenden- und Gemeinnützigkeitsrechts, NJW 2007, 3321; Ullrich, Praxisfragen der gesetzlichen Mustersatzung für gemeinnützige Körperschaften, DStR 2009, 2471; Volland, Auswirkungen des Ehrenamtsstärkungsgesetzes auf Stiftungen und (andere) gemeinnützige Organisationen ZEV 2013, 320; Wäger, Sportvereine in der Umsatzsteuer, DStR 2014, 1517; Wallenhorst/Wallenhorst, Zur gemeinnützigen Mittelverwendung: Das Ende der „Geldscheintheorie“, DStR 2018, 851; Weitemeyer/Kamp, Zulässigkeit politischer Betätigung durch Gemeinnützige, ZRP 2015, 72; Weitemeyer/Kamp, Zulässigkeit politischer Betätigungen durch gemeinnützige Organisationen, DStR 2016, 2623; Weitemeyer/Klene, Notwendige Weiterentwicklung des Gemeinnützigkeitsrechts, DStR 2016, 937; Winheller/Vielwerth, Politische Betätigungen durch Gemeinnützige: Was ist zulässig, was nicht? DStR 2017, 2588.
1. Steuervergünstigungen für gemeinnützige Vereine a) Ausgangspunkt Das Steuerrecht für Vereine ist längst ein Sondergebiet. Dazu können hier nur erste Hinweise gegeben werden, im Übrigen sei auf die umfangreiche, oben ausschnittsweise mitgeteilte Spezialliteratur verwiesen. Die wesentlichen nachfolgend behandelten Normen und Erlasse sind im Anhang C abgedruckt.
1818
Ein einheitliches Gesetz über die Steuerpflicht der Vereine existiert nicht. Wesentliche Schaltstelle sind allerdings die Bestimmungen der Abgabenordnung über die – nicht allein den Vereinen vorbehaltene – Anerkennung als gemeinnützig (§§ 51–68 AO). In den einzelnen Steuergesetzen sind vielfach perönliche oder sachliche Steuervergünstigungen angeordnet, welche die Gemeinnützigkeit voraussetzen. Steuerbefreiung oder Steuervergünstigungen für gemeinnützige Vereine sind vorgesehen z.B. in § 5 Körperschaftsteuergesetz (KStG), § 4 Umsatzsteuergesetz (UStG), § 13 Erbschaftund Schenkungsteuergesetz (ErbStG). Die grundsätzlich anerkennungsfähigen Zwecke und Anforderungen an die Satzungsgestaltung steuerbegünstigter Vereine sind mit dem Zweck des Vereins bereits in Abschn. V. (Rz. 107 ff.) dargestellt.
1819
Für Wirtschaftsvereine und Idealvereine ohne Gemeinnützigkeitsanerkennung gelten allenfalls die rechtsformunabhängigen allgemeine Steuervergünstigungen für bestimmte Einkunftsarten bzw. Leistungen. Die Besteuerung ist dann nicht anders als Stöber/Otto | 841
IXXX. Rz. 1819 | Steuerrechtliche Hinweise
unten für den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb eines gemeinnützigen Vereins dargestellt (Rz. 1835). b) Besteuerung der gemeinnützigen Körperschaft (i.w.S.) 1820
Für die steuerliche Begünstigung genügt es nicht, dass sich aus der Satzung ergibt, welchen Zweck der Verein verfolgt, dass dieser Zweck den Anforderungen der §§ 52 bis 55 AO1 entspricht und dass er ausschließlich und unmittelbar verfolgt werden soll. Vielmehr muss auch die tatsächliche Geschäftsführung diesen Satzungsbestimmungen entsprechen (§§ 59 aE., 63 AO). Nur in begrenztem Umfang ist den steuerbegünstigten Körperschaften ein nicht unmittelbar begünstigter wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb erlaubt. Für die Besteuerung sind vier Tätigkeitsbereiche zu unterscheiden:
1821
Tätigkeit für steuerbegünstigten Zweck
§ 51 AO Gemeinnützig (§ 52 AO) Mildtätig (§ 53 AO) Kirchlich (§ 54 AO) Einzelheiten: §§ 55–61, 63 AO (Rz. 108 ff., 1822)
VermögensVerwaltung
§ 14 AO Kein „wirtschaftlicher“ Geschäftsbetrieb (Rz. 1831)
Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen (§ 14 AO) – darf nicht zum Haupt- oder Nebenzweck werden (sonst generell Wegfall der Begünstigung, Rz. 1835) Zweckbetrieb
Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb allgemein (= ohne 3)
§§ 65–68 AO Förderung des steuerbegünstigten Zwecks, daher steuerunschädlicher Geschäftsbetrieb (§ 64 Abs. 1 AO) (Rz. 1832 ff.)
(Nach Aufteilung:) Keine Steuervergünstigung. Besonderheit: Bei Einnahmen unter 45.000 € jährlich keine Körperschaft- und Gewerbesteuer (§ 64 Abs. 3 AO) (Rz. 1836 ff.)
c) Mittelverwendung Mittel des Vereins sind ausschließlich und unmittelbar für den begünstigten Zweck zu verwenden. Der Begriff bezeichnet nicht nur Einkünfte im technischen Sinn (Beiträge, Mieteinnahmen, Gewinne2 aus Betrieben), sondern auch Spenden. Nur für satzungsmäßige Zwecke verwendet werden dürfen als Mittel i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO auch der Gewinn aus Zweckbetrieben und grundsätzlich3 auch aus dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb4 (§ 64 Abs. 2 AO) sowie ein Überschuss aus der Vermögensverwaltung (AEAO Nr. 2 zu § 55). Ein Verstoß führt zum Verlust der 1 Auszugsweiser Abdruck der Abgabenordnung mit Anwendungserlass in Anhang C 8/9. 2 Zum Gewinn gemeinnütziger Unternehmen Kirchhain, DB 2014, 1831. 3 Im wirtschaftlichen Betrieb können die kaufmännisch üblichen Rücklagen (§ 272 HGB) gebildet werden, nur der ausgeschüttete Gewinn unterliegt der zeitnahen Mittelverwendungspflicht, vgl. Spitaler/Schröder, DStR 2014, 2144 (2145). 4 BFH 186, 546 = NJW 1999, 312 (LS).
842 | Stöber/Otto
1. Steuervergünstigungen für gemeinnützige Vereine | Rz. 1824 IXXX.
Steuerbefreiung. § 56 AO verlangt die ausschließliche Verfolgung des steuerbegünstigten und satzungsmäßigen Zwecks. Ausnahmen (= steuerlich unschädliche Betätigungen) sieht § 58 AO vor. Unmittelbarkeit (§ 57 AO) liegt nur vor, wenn der Verein seine steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke selbst oder unter den weiteren Voraussetzungen durch Hilfspersonen (AEAO Nr. 2 zu § 57) verwirklicht. Auch insoweit enthält § 58 AO Ausnahmen. Ein Verstoß der tatsächlichen Geschäftsführung gegen die Vermögensbindung führt zur Nachversteuerung (§ 63 Abs. 2 AO). Die Geschäftsführung verstößt auch bei missbräuchlicher Ausstellung steuerlicher Zuwendungsbestätigungen (Gefälligkeitsbescheinigungen) gegen den förderungswürdigen Zweck. Nachweis ist zu führen durch ordnungsmäßige Aufzeichnungen über Einnahmen und Ausgaben (§§ 140 ff. AO).
1822
Zulässige Nebenzwecke (§ 58 AO) verfolgen insbesondere Fördervereine und Spendensammelvereine (§ 58 Nr. 1 AO).1 Wesentlich: Die Beschaffung der Mittel für andere muss satzungsgemäß Vereinszweck sein.2 Bei einem Verein zur Förderung der Denkmalspflege kann Unmittelbarkeit auch dann gegeben sein, wenn sich seine Tätigkeit auf die Vergabe von Zuschüssen für die Pflege von Objekten fremder Eigentümer beschränkt.3
1823
Die folgenden Vereinstätigkeiten4 sind (auch) ohne Satzungsregelung steuerlich unschädlich:
1824
– Zuwendung an eine andere steuerbegünstigte Körperschaft (§ 58 Nr. 2 AO): Die zuwendende Körperschaft muss die Berechtigung der Empfängerin prüfen, eine Spendenbescheinigung ist aber nicht erforderlich.5 Es darf nur ein Teil des im Veranlagungszeitraums eingesetzten Vermögens zugewendet werden (AEAO zu § 58 Nr. 2).6 – Ausstattung einer anderen, zweckkongruenten Körperschaft mit einem Anfangsvermögen („Endowment“) nach näherer Maßgabe des § 58 Nr. 3 AO.7 – Zurverfügungstellen von Arbeitskräften (§ 58 Nr. 4 AO) oder Räumen (§ 58 Nr. 5 AO) an bestimmte andere Personen für deren steuerbegünstigte Zwecke. Das darf aber nicht entgeltlich erfolgen und kann nicht überwiegender Vereinszweck sein.8
1 Ausf. zu Fördertätigkeiten innerhalb einer Holding Hüttemann/Schauhoff/Kirchhain, DStR 2016, 633. 2 Zu der Frage, wieweit die Zielsetzungen von Förderverein und Zielverein übereinstimmen müssen, BFH v. 25.6.2014 – I R 41/12, DB 2015, 521; FG Wiesbaden v. 26.4.2012 – 4 K 2239/09, DStRE 2013, 434. 3 OFD Köln Vfg. v. 23.2.1984, Betrieb 1984, 1440. 4 S. a. Hüttemann, Rechtsfragen der sozialen Verantwortung von Vereinen und Stiftungen, DB 2016, 429 (mit Fokus auf die Flüchtlingshilfe). 5 Fischer/Helios, Vereinsbesteuerung in der Praxis, 2008, Rz. 223. 6 Kritisch zum Anwendungserlass an dieser Stelle Hüttemann, DB 2014, 442, 444 (Abgrenzung zu § 58 Nr. 1 AO). 7 Ausf. Kirchhain, DStR 2014, 289 (290); Volland, ZEV 2013, 320 (321). 8 Fischer/Helios, Vereinsbesteuerung in der Praxis, 2008, Rz. 225.
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IXXX. Rz. 1824 | Steuerrechtliche Hinweise
Steuerlich unschädlich ist es auch, wenn nicht nur Arbeitskräfte, sondern zugleich auch Arbeitsmittel (z.B. Krankenwagen) zur Verfügung gestellt werden. Räume sind auch Sportstätten, Sportanlagen und Freibäder. 1825
Die Mittel des Vereins sind grundsätzlich zeitnah zu verwenden. Die Verwendung ist im Allgemeinen noch als zeitnah anzusehen, wenn die in einem Geschäftsjahr eingenommenen Mittel im Laufe der zwei auf den Zufluss folgenden Kalender- oder Wirtschaftsjahre tatsächlich für die satzungsmäßigen Ziele verwendet werden (§ 55 Abs. 1 Nr. 5 AO). Zur Verhinderung einer übermäßigen Mittelansammlung genügt es, auf den Saldo der Mittelzugänge und Abflüsse abzustellen.1
1826
Als Verwendung in diesem Sinn möglich sind auch die zweckgebundene Rücklagenbildung2 und beschränkt auch die Bildung einer freien Rücklage (Einzelheiten: § 62 AO). Es geht dabei jeweils um die Ansammlung von Liquidität.3 Bei Zweckerreichung oder Erledigung freiwerdende Mittel sind in der Zweijahresfrist zu verwenden. Das gilt auch für den Veräußerungserlös aus vormals zweckgebundenen Vermögensgegenständen. Covid-19 – Sonderbestimmung: Steuerliche Erleichterungen Gemeinnützige Körperschaften dürfen ihre zweckbestimmten Rücklagen (z.B. Wiederbeschaffungsrücklage) stattdessen zum Ausgleich coronabedingter finanzieller Engpässe verwenden.4
1827
Bestimmte Zuwendungen, die ausdrücklich zur Ausstattung des Vermögens bestimmt sind, Sachspenden zum Vermögen und vor allem Erbschaften kann der Verein unbegrenzt dem Vermögen zuführen (§ 62 Abs. 3 AO). Die Aufzeichnung des Rücklagenbestandes, der jährlichen Zuführungen und der jährlichen Entnahmen aus der jeweiligen Rücklage hat getrennt von den laufenden Mitteln zu erfolgen.5
1828
– Für gesellige Zusammenkünfte darf der Verein nur in untergeordnetem Umfang Mittel aufwenden (§ 58 Abs. 1 Nr. 7 AO). Derartige Veranstaltungen sind abzugrenzen von Zweckbetrieben (Rz. 1832): so z.B., wenn ein Verein der Wohlfahrtspflege gesellige Veranstaltungen für alte Menschen durchführt6, und anderseits vom steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (Rz. 1836), so z.B. bei Erhebung von Eintrittsgeldern.
1 BFH v. 20.3.2017 – X R 13/15, BStBl. II 2017, 1110; dazu Schütz, npoR 2018, 153; Wallenhorst/Wallenhorst, DStR 2018, 851. 2 Zur Wahrung des Thesaurierungsverbots bei Förderung der Tochter innerhalb einer Holdingsstruktur durch Zurverfügungstellung von Sachmitteln durch den gemeinnützige Mutterverein Hüttemann/Schauhoff/Kirchhain, DStR 2016, 633. 3 Ausf. Spitaler/Schäfer, DStR 2014, 2144 (2145 ff.); Kirchhain, DStR 2014, 289 (294 f.); Hüttemann, DB 2014, 442 (446 f.); Volland, ZEV 2013, 320 (322). 4 BMF, FAQ „Corona“, Tz. X.9, Stand 24.9.2020, online über https://www.bundesfinanzminis terium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Steuern/2020-04-01-FAQ_Corona_Steu ern.html, Abruf 3.10.2020. 5 Zur Mittelverwendungsrechnung Spitaler/Schäfer, DStR 2014, 2144 (2149 f.), nochmals DStR 2014, 2194 ff. 6 Fischer/Helios, Vereinsbesteuerung in der Praxis, 2008, Rz. 249.
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1. Steuervergünstigungen für gemeinnützige Vereine | Rz. 1830 IXXX.
– Sportler dürfen im Rahmen des § 67a Abs. 1 AO aus Mitteln des zweckgebundenen Vereinsvermögens bezahlt werden, im Fall des § 67a Abs. 3 darüber hinaus. Die Förderung des Amateursports muss aber stets Hauptzweck bleiben. Verwendung der Vereinsmittel für den satzungsmäßigen Zweck ist auch Erstattung eines nachgewiesenen Aufwands (Rz. 582) an Mitglieder (Porto- und Telefonkostenerstattung, km-Geld usw.). Der Verein kann auch Mitglieder als Arbeitnehmer beschäftigen und ihnen Vergütung zahlen, z.B. Übungsleitern, Hilfskräften bei Vereinsveranstaltungen; die Entgelte müssen jedoch angemessen und üblich sein.1 Dem Anstand geschuldete kleinere Zuwendungen an Vereinsmitglieder werden durch eine Nichtbeanstandungsgrenze geschont.2
1829
Ohne Grundlage in der Satzung darf an den Vorstand keine Vergütung gezahlt werden3 (zivilrechtlich: § 27 Abs. 3 S. 2, dazu Rz. 588). Das gilt auch für Tätigkeitsvergütungen im Rahmen der Ehrenamtspauschale des § 3 Nr. 26a EStG. Ein gemeinnütziger Verein darf also steuerunschädlich nur dann die Vorstandsvergütung bis 840 € jährlich gewähren, wenn dies auch in der Satzung gestattet ist. Mitglieder können steuerunschädlich für besondere Leistungen bei Jubiläen oder bei einem Familienereignis angemessen geehrt werden (Geschenke bei Jubiläen, Zuwendungen, auch als Bewirtung, bei Vereinsfeiern). Die Verwendung der Mittel kann gegen das Gebot der Selbstlosigkeit verstoßen, wenn sie nicht überwiegend für satzungsmäßige steuerbegünstigte Zwecke, sondern zur Deckung der Verwaltungskosten und für die Spendenwerbung durch einen Verein ausgegeben wird, auch wenn er sich weitgehend durch Geldspenden finanziert.4 Gesetzlich ist eine Obergrenze für die Verwaltungskosten und die Aufwendungen für Spendenwerbung aber nicht festgelegt. Abgestellt wird darauf, ob nach den Umständen des Einzelfalls das Ausgabeverhalten des Vereins angemessen, somit wirtschaftlich sinnvoll ist und dazu beiträgt, einen möglichst hohen Anteil der Mittel unmittelbar und effektiv dem steuerbegünstigten Zweck zuzuführen.5 Großzügiger kann zu urteilen sein, wenn der Verein sich noch in der Ausbauphase befindet, in der er unvermeidbar einen sehr hohen Anteil der Mittel für
1830
1 BFH v. 12.3.2020 – V R 5/17 = DStR 2020, 1837: Wegfall der Gemeinnützigkeit bei unverhältnismäßig hohem Geschäftsführergehalt. 2 Nach Winheller Rechtsanwälte, ZStV 2019/5, S. III gilt insoweit seit 2019 in allen Bundesländern eine Jahresfreigrenze von 60 €. 3 BFH v. 8.8.2001 – I B 40/01, DStRE 2001, 1301 = BFH/NV 2001, 1536. S. auch AEAO Nr. 23 zu § 55 mit Hinweis für den Übergangszeitraum 14.10.2009 bis 31.12.2010. Aus dem hinausgeschobenen Inkrafttreten des § 27 Abs. 3 S. 2 BGB erst zum 1.1.2015 (Art. 12 Abs. 3 des Ehrenamtsstärkungsgesetzes vom 28.3.2013, BGBl. I, 556) wird allerdings gefolgert, dass der Gesetzgeber eine abweichende Praxis bis 31.12.2104 nicht sanktioniert wissen will, so Reuter npoR 2013, 41; ebenso Kirchhain, DStR 2014, 289, 295. Dennoch wurde der Anwendungserlass insoweit nicht aktualisiert (krit. dazu Hüttemann, DB 2014, 442 [443]). 4 BFH v. 23.9.1998 – I B 82/98, BFHE 186, 433 = FR 1998, 1033 mit Anm. Kempermann = NJW 1999, 310. 5 BFH v. 23.9.1998 – I B 82/98, BFHE 186, 433 = FR 1998, 1033 mit Anm. Kempermann = NJW 1999, 310.
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IXXX. Rz. 1830 | Steuerrechtliche Hinweise
die Verwaltung und die Spendenwerbung verwenden muss.1 Zu Einzelheiten auch AEAO Nr. 17 ff. zu § 55. Zur verdeckten Gewinnausschüttung Rz. 1841. d) Vermögensverwaltung 1831
In § 62 AO (vgl. auch §§ 14 S. 3 und 64 AO) kommt zum Ausdruck, dass die Verwaltung des eigenen Vermögens nicht gegen das Ausschließlichkeitsgebot verstößt.2 Eine Vermögensverwaltung liegt in der Regel vor, wenn Vermögen genutzt, z.B. Kapitalvermögen verzinslich angelegt oder unbewegliches Vermögen vermietet oder verpachtet wird (§ 14 S. 3 AO). Einnahmen aus der Verpachtung der Vereinsgaststätte an einen Dritten sind also unschädlich. Einnahme aus Vermögensverwaltung kann es auch sein, wenn Werbeflächen in Vereinsanlagen oder der Anzeigenteil der Vereinszeitung an einen Generalübernehmer verpachtet werden.3 Vermietung und Verpachtung eigenen Grundbesitzes des Vereins im Rahmen der Vermögensverwaltung wird nicht dadurch Teil eines (einheitlichen) wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, dass daneben auch der Kirche gehörender Grundbesitz verwaltet wird4 (§ 54 Abs. 2 AO). Die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, die zu Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG) führt, ist (regelmäßig) Vermögensverwaltung (§ 14 S. 3 AO).5 Gegenbeispiele (also wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, evtl. aber unschädlich als Zweckbetrieb): Verein greift selbst in direkt in die Geschäftsführung ein, Sportverein unterhält Vereinsgaststätte, wirbt für ein Wirtschaftsunternehmen6 oder verkauft Sportartikel, vermietet das Vereinsgrundstück an eine von ihm selbst beherrschte GmbH (Betriebsaufspaltung);7 Anlegerclub hält Aktien nicht als Vermögensanlage, sondern schichtet wie ein Wertpapierhandelsunternehmen planmäßig ständig um;8 Verein beteiligt sich an gewerblich tätiger Personengesellschaft;9 Verein vermietet Gelände nicht dauerhaft, sondern ständig wechselnd z.B. an Vereinsmitglieder zur privaten Nutzung.10
1 BFH v. 23.9.1998 – I B 82/98, BFHE 186, 433 = FR 1998, 1033 mit Anm. Kempermann = NJW 1999, 310. 2 BFH v. 23.10.1991 – I R 19/91, BStBl. II 1992 62 = BB 1992, 842 = Betrieb 1992, 186. 3 Zur schwierigen Abgrenzung von Sponsorenzahlungen BFH v. 7.11.2007 – I R 42/06, BFHE 219, 558 = FR 2008, 638 = DStR 2008, 505. 4 BFH BB 1961, 2181. 5 Zu Ausnahmen s. jedoch BFH BStBl. II 1971 753 = Betrieb 1971, 2143; AEAO Nr. 3 zu § 64. Zur Betriebsaufspaltung BFH v. 25.8.2010 – I R 97/09, GmbHR 2011, 263. Ausf. Kraus/Mehren, DStR 2020, 1593. 6 S. auch zur Werbung auf Internet-Seiten des Vereins Erlass des Bayer. Finanzministers v. 11.2.2000 – 33 S 183–12/14, 59 239, DStR 2000, 594. 7 BFH v. 25.8.2010 – I R 97/09, GmbHR 2011, 263. 8 BFH v. 30.7.2003 – X R 7/99, BStBl. II 2004, 408 = DStR 2004, 598. 9 BFH v. 27.3.2001 – I R 78/99, BStBl. II 2001, 449 = FR 2001, 836 mit Anm. Pezzer; DB 2001, 1231. 10 Burhoff, Rz. 480. Anders, wenn dadurch zeitweiser Leerstand der durch den Verein selbst genutzten Räume vermieden wird: Fischer/Helios, Vereinsbesteuerung in der Praxis, Rz. 370 mit Verweis auf BFH v. 17.12.1954 – I 182/55, DB 1958, 241.
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1. Steuervergünstigungen für gemeinnützige Vereine | Rz. 1833 IXXX.
e) Zweckbetrieb Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist nach § 14 AO eine selbständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgehen. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, ist nicht erforderlich. Ebenso muss keine Wettbewerbssituation bestehen.1 Nachhaltig ist die Tätigkeit, wenn sie auf Wiederholung angelegt ist2 (AEAO Nr. 2 zu § 64).
1832
Wenn eine wirtschaftliche Betätigung der unmittelbaren3 Verwirklichung der gemeinnützigen Satzungszwecke dient und die wirtschaftliche Betätigung für die Zweckverwirklichung unentbehrlich ist, dann ist der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb nach § 65 AO als sog. Zweckbetrieb steuerbegünstigt. Einkünfte und Vermögen des Zweckbetriebs bleiben steuerfrei; seine Umsätze unterliegen nur dem ermäßigten Steuersatz. Steuerfrei sind z.B. die Einnahmen aus dem Verkauf einer Vereinszeitschrift, die zu den Vereinsaktivitäten einlädt. Der Verein darf dazu nicht mehr als unbedingt notwendig in Wettbewerb4 mit anderen Steuerpflichtigen treten.5 Die Begünstigung entfällt, wenn z.B. bei der grundsätzlich begünstigten Altkleidersammlung die Verkaufstätigkeit in den Vordergrund rückt.6 Das von einem Verein zur Förderung umweltschonenden Verhaltens betriebene Car-Sharing ist kein Zweckbetrieb.7 Die Veranstaltung von Vorträgen und Kursen wissenschaftlicher oder belehrender Art eine Vereines zur Förderung der Open-Source-Software kann hingegen einen Zweckbetrieb darstellen.8 In §§ 66 bis 68 AO sind diverse Tätigkeiten benannt, die der Gesetzgeber als Zweckbetrieb eingeordnet wissen will. Das betrifft z.B. Krankentransporte im Rettungswagen9, Krankenhäuser, Kindergärten sowie kulturelle Einrichtungen (Museen, Theater) und einzelne kulturelle Veranstaltungen gemeinnütziger Vereine (Konzerte und Ausstellungen), aber auch Lotterien. Als kulturelle Veranstaltung wird es auch angesehen, wenn der Verein in Erfüllung seines Satzungszwecks im Rahmen einer Veranstaltung einer anderen Person oder Körperschaft eine kulturelle Darbietung erbringt. Nicht jede Party eines Karnevalvereins dient aber der Brauchtumspflege.10 Die Veranstaltung, bei der die kulturelle Darbietung präsentiert wird, braucht keine steuerbegünstigte Veranstaltung zu sein.11 Ein-
1833
1 BFH v. 24.6.2015 – I R 13/13 –, BFHE 250, 312 = BStBl. II 2016, 971. 2 BFH v. 21.8.1985 – I R 60/80, BStBl. II 1986 88 = Betrieb 1986, 1370 mit Einzelheiten. 3 Zu Kooperationen vgl. BFH v. 27.11.2013 – I R 17/12, DStR 2014, 944; Wackerbeck, ZStV 2014, 218. 4 Potentieller Wettbewerb genügt, s. AEAO Nr. 4 zu § 65 u. die dort zit. Rechtsprechung. 5 BFH v. 13.6.2012 – I R 71/11, juris. 6 BFH v. 26.2.1979 – v. 26.2.1992 – I R 149/90, BFHE 167, 147 = NJW 1992, 3319. Vgl. auch FG Münster v. 18.6.2019 – 15 K 1952/15, DStRK 2019, 285. 7 BFH v. 12.6.2008 – V R 33/05, BFHE 221, 536 = UR 2008, 706 = DStR 2008, 1688. 8 BFH v. 21.6.2017 – V R 34/16 BStBl. II 2018, 55 = DStR 2017, 2211; Bott. BFH v. 9.2.2017 – V R 69/14, BB 2018, 279. 9 AEAO Nr. 6 zu § 66. 10 BFH v. 30.11.2016 – V R 53/15, BStBl. II 2017, 1224. 11 Hierzu AEAO Nr. 12 zu § 68 mit folgendem Beispiel: Ein steuerbegünstigter Musikverein, der der Förderung der volkstümlichen Musik dient, bietet gegen Entgelt im Festzelt einer
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IXXX. Rz. 1833 | Steuerrechtliche Hinweise
nahmen aus Werbung und dem Verkauf von Speisen und Getränken sind aber auch dann von der Begünstigung ausgenommen, wenn sie im Rahmen einer im Übrigen als Zweckbetrieb anerkannten Veranstaltung erfolgen (vgl. §§ 67a Abs. 1 S. 2, 68 Nr. 7 AO). Ein einheitlicher Eintrittspreis ist (erforderlichenfalls im Wege der Schätzung) in einen Entgeltanteil für den Besuch der Veranstaltung und für die Bewirtungsleistungen aufzuteilen. Verkaufsstätten von Werkstätten behinderter Menschen (§ 219 SGB IX) sind nur Zweckbetrieb, soweit durch solche hergestellte Produkte verkauft werden (Einzelheiten in AEAO Nr. 5 zu § 68). Zu den Zweckbetrieben gehören auch die von den Trägern der Werkstätten für behinderte Menschen betriebenen Kantinen, weil die besondere Situation der behinderten Menschen auch während der Mahlzeiten eine Betreuung erfordert. Kleiderkammern sind Zweckbetriebe, wenn wenigstens 2/3 der Leistungen Hilfebedürftigen zukommen (AEAO Nr. 9 zu § 66). Zu Inklusionsbetrieben (auch „Integrationsprojekten“) (§ 215 SGB IX) s. AEAO Nr. 6 u. 7 zu § 68.1 Selbstversorgungseinrichtungen (§ 68 Nr. 2 AO) dürfen nicht planmäßig Überkapazitäten aufbauen (AEAO Nr. 4 zu § 68). 1834
Besonderheiten gelten für Sportveranstaltungen (§ 67a AO). Übersteigen die Einnahmen eines Sportvereins aus seinen sportlichen Veranstaltungen einschließlich Umsatzsteuer insgesamt nicht 35.000 € im Jahr, werden sie im Ganzen als Zweckbetrieb behandelt. Als „Veranstaltung“ eines Sportvereins bezeichnet § 67a Abs. 3 AO für alle Sportarten die einzelnen Wettbewerbe, die in engem zeitlichem und örtlichem Zusammenhang durchgeführt werden, bei einer Mannschaftssportart somit nicht die gesamte Meisterschaftsrunde, sondern jedes einzelne Meisterschaftsspiel (AEAO Nr. 24 zu § 67a; dort auch zur Beurteilung eines Turniers). Wird die Grenze überschritten, gelten sie als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb.2 Der Verein kann (mindestens auf 5 Jahre) auf diese Regelung verzichten, dann sind nur Amateursportveranstaltungen3 (genauer bestimmt in § 67a Abs. 3 AO) Zweckbetrieb. Für steuerbegünstigte Bereiche gebundene Mittel (Beiträge, Spenden) dürfen für den bezahlten Sport nicht verwendet werden, wohl aber darf solche Bezahlung aus dem wirtschaftlichen Betriebsvermögen oder direkt durch Dritte bezahlt werden (§ 67a Abs. 3 S. 3 AO). Schwarzgeldzahlungen können zum Verlust der Gemeinnützigkeit führen.4 Die entgeltliche Übertragung des Rechts zur Nutzung von Werbeflächen in Sportstätten sowie von Lautsprecheranlagen an Werbeunternehmer ist (regelmäßig) steuerfreie Vermögensverwaltung (§ 14 S. 3 AO); die entgeltliche Übertragung des
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Brauerei ein volkstümliches Musikkonzert dar. Der Auftritt des Musikvereins gehört als kulturelle Veranstaltung zum Zweckbetrieb. Kritisch wegen der Vorgabe einer Quote schwerbehinderter Beschäftigter, die grds dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen (also nicht etwa verrentet sind) v.Holt/Hörmann npoR 2019, 193, 198. Zu diversen Besonderheiten der Begünstigung von Sportveranstaltungen sieh z.B. Brete/ Thomsen, SpuRt 2008, 11. Einen pauschalierten, steuerunschädlichen Aufwandsersatz an Amateursportler des eigenen Vereins sieht der AEAO Nr. 32 zu § 67a vor. Er gilt nicht für Zahlungen an Sportler anderer Vereine. BFH v. 27.9.2001 – V R 17/99, BFHE 197, 314 = UR 2002, 138 = DB 2002, 305.
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1. Steuervergünstigungen für gemeinnützige Vereine | Rz. 1836 IXXX.
Rechts zur Nutzung von Werbeflächen auf der Sportkleidung und auf Sportgeräten ist stets steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (AEAO Nr. 9 zu § 67a mit Einzelheiten). Die Unterhaltung von Klub-Häusern, Kantinen, Vereinsheimen oder Vereinsgaststätten sind keine „sportliche Veranstaltungen“, auch wenn diese Einrichtungen ihr Angebot nur an Mitglieder richten (AEAO Nr. 10 zu § 67a vgl. aber zur Vermietung von Sportstätten dort Nr. 11). Zu den unterschiedlichen Angeboten von Schwimmvereinen s. AEAO Nr. 13 zu § 57a. f) Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb Die Unterhaltung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs (Rz. 1832) steht der Gemeinnützigkeit einer Körperschaft entgegen, wenn sie in der Gesamtschau zum Selbstzweck wird und in diesem Sinne neben die Verfolgung des gemeinnützigen Zwecks der Körperschaft tritt.1 Sie ist mithin aus der Sicht des Gemeinnützigkeitsrechts nur dann unschädlich, wenn sie um des gemeinnützigen Zwecks willen erfolgt, indem sie z.B. der Beschaffung von Mitteln zur Erfüllung der gemeinnützigen Aufgabe dient. Auf die Höhe der Gewinne kommt nicht an, wenn sie nur für den ideellen Zweck verwendet werden.2 Zum Sonderfall des reinen Mittelbeschaffungsvereins s. AEAO Nr. 1 zu § 56. Ist der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb dagegen nicht dem gemeinnützigen Zweck untergeordnet, sondern ein davon losgelöster Zweck oder gar der Hauptzweck der Betätigung der Körperschaft, so scheitert deren Gemeinnützigkeit an § 56 AO. Die Körperschaft ist dann insgesamt steuerpflichtig.3 Als eingetragener Verein kann ein Verein mit wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb als Hauptzweck nicht bestehen (Löschung nach §§ 395 FamFG, 22 BGB).4
1835
Ansonsten kann die Betätigung der Körperschaft ertragsteuerrechtlich in einen steuerfreien und einen steuerpflichtigen Teil aufgeteilt werden. Wenn der (insgesamt untergeordnete) wirtschaftliche Geschäftsbetrieb die Voraussetzungen einer Steuerbegünstigung nicht (auch nicht als Zweckbetrieb) erfüllt, folgt hieraus unmittelbar nur, dass speziell die Einkünfte aus dieser Tätigkeit nicht von der Körperschaftsteuer befreit sind (partielle Steuerpflicht). Die auf diese Weise tätige Einrichtung kann im Übrigen gleichwohl z.B. nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG steuerbefreit sein.5 Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb darf dazu nicht als eigenständiger Zweck neben den begünstigten Zweck treten, dann wäre das Ausschließlichkeitsgebot (§ 56 AO) verletzt.6
1836
1 BFH v. 4.4.2007 – I R 76/05, BFHE 217, 1 = FR 2007, 963 = DStR 2007, 1121. 2 Teilweise anders die mit dem AEAO 2012 aufgegebene „Geprägetheorie“. Zu verbleibenden Unsicherheiten Hüttemann, Der Betrieb 2012, 250 (251). 3 BFH v. 20.12.1978 – I R 21/76, BFHE 127, 360 = BStBl. II 1979, 496; BFH v. 28.11.1990 – I R 38/86, BFH/NV 1992, 90 und jetzt auch AEAO Nr. 1 zu § 56. 4 Deutlich jetzt BFH v. 15.1.2015 – I R 48/13, DStR 2015, 821: Bürgerlich-rechtlich kann der eingetragene Verein nur bestehen, wenn der ideelle Zweck im Vordergrund steht. Er hat daher immer (auch) eine außersteuerliche Sphäre. 5 BFH v. 7.8.2002 – I R 84/01, BFHE 200, 191 = FR 2003, 294 = GmbHR 2003, 366. 6 BFH v. 4.4.2007 – I R 76/05, BFHE 217, 1 = FR 2007, 963 = DStR 2007, 1121; vgl. auch AEAO Nr. 1 zu § 56.
Stöber/Otto | 849
IXXX. Rz. 1837 | Steuerrechtliche Hinweise 1837
Die Gewinne aus steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben unterliegen der Körperschafts- und der Gewerbesteuer.1 Allerdings zahlt ein begünstigter Verein keine derartigen Steuern, wenn seine Einnahmen einen Jahresbetrag von (derzeit) 45.000 € nicht übersteigen. Als Vereinfachungsmaßnahme soll die Besteuerungsgrenze bewirken, dass die weitaus überwiegende Zahl der Vereine mit nicht hohen Bruttoeinnahmen ihre Überschüsse aus wirtschaftlichen Betätigungen (auch geselligen Veranstaltungen) für Besteuerungszwecke nicht zu ermitteln brauchen.
1838
Bei der Ermittlung der Besteuerungsgrenze wird eine vereinnahmte Umsatzsteuer mitgezählt. Verschiedene Geschäftsbetriebe werden zusammengerechnet, Einnahmen der Zweckbetriebe und des ideellen Sektors (z.B. Mitgliedsbeiträge, Rz. 1849) zählen nicht dazu. Es handelt sich um eine Freigrenze, d.h. schon die geringfügigste Überschreitung führt zur vollen Steuerpflicht. Zur Berechnung der Steuer ist der Überschuss aus Einnahmen und Ausgaben festzustellen. Bilanzen sind nur bei großen Vereinen aufzustellen. Für die Frage, ob die Grenzen für die Buchführungspflicht überschritten sind, kommt es auf die Werte (Einnahmen, Überschuss, Vermögen) dem Gesamtbetrieb an.
1839
Verluste aus den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben dürfen jedenfalls nicht auf längere Zeit aus steuerbefreiten Mitteln gedeckt werden (Verstoß gegen den Grundsatz der Selbstlosigkeit). Verrechnung der Überschüsse und der Verluste aus mehreren steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben des Vereins untereinander ist dagegen möglich (§ 64 Abs. 2 AO).2 Der Grundsatz des § 55 AO, dass Überschüsse aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben für die gemeinnützigen Vereinszwecke verwendet werden müssen, bezieht sich damit nicht auf jeden einzelnen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Das hat auch zur Folge, dass nur die steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe insgesamt zumindest kostendeckend arbeiten müssen, weil ein Ausgleich von Verlusten aus den für gemeinnützige Zwecke gebundenen Mitteln (Beiträge, Spenden, Vereinsvermögen usw.) nicht zulässig ist. Das sog. Aufteilungsverbot hat der BFH auch an dieser Stelle3 aufgeweicht.4 Nach diesem Grundsatz konnten Aufwendungen, die durch den außersteuerlichen Bereich mitveranlasst sind, für den steuerpflichtigen Geschäftsbetrieb insgesamt nicht berücksichtigt werden. Jetzt kommt eine Aufteilung in Betracht, es müssen aber objektivierbare zeitliche oder quantitative Kriterien für die Abgrenzung der Veranlassungszusammenhänge dargelegt sein. Wichtig ist das insbesondere für die Gemeinkosten des Vereins. Auch Schätzung ist möglich.5
1840
Beispiel: S. AEAO Nr. 19 zu § 64.
1 Zur Besteuerung eines Profifußballclubs Bley/Caro, DStR 2017, 1512. 2 Zum Ausgleich von Verlusten s. auch BMF-Schreiben v. 19.10.1998, BStBl. I 1423 = NJW 1999, 771. 3 Vgl. zur Aufteilung privat und beruflicher veranlasster Reisekosten BFH v. 21.9.2009 – GrS 1/06, NJW 2010, 891 = DStR 2010, 101. 4 BFH v. 15.1.2015 – I R 48/13, DStR 2015, 821. 5 BFH v. 15.1.2015 – I R 48/13, DStR 2015, 821.
850 | Stöber/Otto
1. Steuervergünstigungen für gemeinnützige Vereine | Rz. 1844 IXXX.
g) Leistungen an die Mitglieder Unter einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) sind eine Vermögensminderung oder der Verzicht auf eine Vermögensmehrung zu verstehen, die durch das Mitgliedschaftsverhältnis veranlasst sind, die sich auf die Höhe des Einkommens auswirken und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung stehen.1 Eine vGA steht der Anerkennung als gemeinnützig entgegen (mit möglichen Folgen für die Eintragungsfähigkeit als Idealverein, Rz. 94, 96). Im Übrigen mindert eine vGA das Einkommen nicht (§ 8 Abs. 3 KStG), diese Beträge sind also voll körperschaftsteuerpflichtig. Bei einem Verein liegt eine vGA vor, wenn die Vorteilsgewährung an ein Mitglied mit dem Gebahren eines ordentlichen und gewissenhaften Vereinsvorstands nicht im Einklang steht.2 Die einschlägige Rechtsprechung wurde dahingehend analysiert, dass eine Veranlassung einer Vermögensminderung durch das Mitgliedschaftsverhältnis dann angenommen wird, wenn der Verein dem Mittglied einen Vermögensvorteil zuwendet, den er bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Vorstands einem Nichtmitglied nicht gewährt hätte.3
1841
Umsatzsteuerlich können kostenfreie Leistungen an Mitglieder beachtlich werden. Hier ist zu fragen, ob Nichtmitgliedern die gleiche Leistung kostenfrei gewährt wird. Wenn die Dritten nicht kostenfrei gewährte Leistung nicht zu einer Umqualifizierung des Mitgliedsbeitrags führt Rz. 1854, unterliegt sie als sog. unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzsteuer.
1842
Covid-19 – Sonderbestimmung: Steuerliche Erleichterungen Es wird gemeinnützigkeitsrechtlich nicht beanstandet, wenn Ehrenamts- oder Übungsleiterpauschalen weiterhin geleistet werden, obwohl eine Ausübung der Tätigkeit aufgrund der Corona-Krise (zumindest zeitweise) nicht mehr möglich ist.
1843
Gehaltszahlungen an Vereinsmitarbeiter in Kurzarbeit können ohne Verstoß gegen des Gemeinnützigkeitsrecht bis 80 % des bisherigen Entgelts, mit Begründung auch darüber hinaus aufgestockt werden. Die Aufstockung muss einheitlich für alle Arbeitnehmer erfolgen.4
h) Anerkennung der Steuerbegünstigung Erst seit 2013 kennt die Abgabenordnung mit § 60a ein eigenes Verfahren zur Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit.5 Bis dahin
BFH v. 14.3.1990 – I R 6/89 –, BFHE 160, 459 = BStBl. II 1990, 795. Fischer, npoR 2018, 156 (158). Fischer, npoR 2018, 156 (158). Einzelheiten und weitere Voraussetzungen in BMF-Schreiben (Abdruck im Anhang Teil D 3). 5 Ehrenamtsstärkungsgesetz v. 21.3.2013 (BGBl. I, 556) mit Wirkung v. 29.3.2013. Zur Neuregelung Hüttemann, DB 2014, 442; Schütz/Runte, DStR 2013, 1261; Sachse, ZStV 2014, 106. Für die Einführung eines weitergehenden Grundlagenbescheids durch eine die Steuerarten übergreifende Zentralstelle beim FA der 72. DJT 2018, Abteilung Zivil-, Wirtschaftsund Steuerrecht, Beschlüsse 24/25. 1 2 3 4
Stöber/Otto | 851
1844
IXXX. Rz. 1844 | Steuerrechtliche Hinweise
wurden lediglich vorläufige Bescheinigungen erteilt, die das Finanzamt im nachfolgenden Verfahren nicht binden konnten.1 1845
Die Feststellung, dass die Satzung die Voraussetzungen nach den §§ 51, 59, 60 und 61 AO (Rz. 108 ff.) einhält, ergeht auf Antrag (frühestens nach Beschluss der Satzung; bei Aufnahme körperschaftsteuerpflichtiger Tätigkeiten bereits vor Registereintragung) oder als deren Annex spätestens mit der Veranlagung zur Körperschaftsteuer. Sie ist bindend für die Besteuerung der Körperschaft und der Steuerpflichtigen, die Zuwendungen in Form von Spenden und Mitgliedsbeiträgen an die Körperschaft erbringen. Spendenbescheinigungen darf der Verein allerdings nicht mehr ausstellen, wenn kein Freistellungsbescheid vorliegt und der letzte Feststellungsbescheid älter als drei Jahre oder die Anlagen zum Körperschaftsteuerbescheid älter als 5 Jahre sind (AEAO Nr. 3 zu § 63 AO).2 Überprüft werden vorrangig die Bestimmungen der Satzung.3 Nach § 60 a Abs. 6 AO n.F. (zuvor schon Verwaltungsauffassung) sind aber auch Erkenntnisse des Finanzamts zu berücksichtigen, die es im Zeitpunkt der Entscheidung hat und die darauf hinweisen, dass die tatsächliche Geschäftsführung nicht § 51 AO entsprechen wird (AEAO Nr. 2 zu § 60a AO).4 Spätere Änderungen der Satzung erlauben die Aufhebung des Feststellungsbescheids, wenn gemeinnützigkeitsrechtlich relevante Bestimmungen betroffen sind.5 Bevor eine gemeinnützigkeitsschädliche Satzungsänderung im Register eingetragen (und damit wirksam) ist, darf nicht ohne weiteres unterstellt werden, dass der Verein schon vorher der neuen Satzung folgend tatsächlich gemeinnützigkeitswidrig agiert.6 Der Verein kann vorsorglich auch solche Änderungen zur erneuten Feststellung vorlegen, dann wird die ältere Feststellung aber nicht aufgehoben.
1846
Stellt das Finanzamt nach Bekanntgabe einer Feststellung nach § 60a AO, eines Freistellungsbescheids oder einer Anlage zum Körperschaftsteuerbescheid fest, dass auf Grund der tatsächlichen Geschäftsführung der Körperschaft die Steuerbegünstigung voraussichtlich nicht gewährt werden kann, kann eine Steuerfestsetzung (ggf. mit 0 €) erfolgen (AEAO Nr. 4 zu § 63 AO). Dies kann durch einen Vorauszahlungsbescheid oder einen Körperschaftsteuerbescheid geschehen, in dem jeweils von der vollen Steuerpflicht ausgegangen wird. Dies hat zur Folge, dass die Körperschaft nicht mehr berechtigt ist, Zuwendungsbestätigungen auszustellen (Haftungsfolge nach § 10b Abs. 4 EStG).
1847
Das Finanzamt sieht erfahrungsgemäß schon einen Satzungsentwurf sowie den Entwurf einer in Aussicht genommenen einschlägigen Satzungsänderung auf den steu1 Die Verwaltung gewährte aber Vertrauensschutz. Dieser gilt in Altfällen fort nach AEAO Nr. 4 zu § 59 AO. 2 Darüber hinaus hält Sachse, ZStV 2014, 106 (107) eine jährliche Überprüfung für möglich. Eine feste Gültigkeitsdauer enthält der Feststellungsbescheid anders als die frühere vorläufige Bescheinigung nicht. 3 Weil es zur Satzung (solange sie nicht geändert wird) keine neuen Erkenntnisse geben kann, ergeht die Feststellung regelmäßig ohne den Vorbehalt der Nachprüfung. 4 Kritisch dazu Hüttemann, DB 2014, 442 (445). Ab 2021: § 60 a Abs. 6 AO. 5 Anders (Aufhebung bei jedweder Änderung) Röcken, MDR 2019, 1105. 6 BFH v. 23.7.2020 – V R 40/18, DStR 2020, 2420.
852 | Stöber/Otto
2. Der Mitgliedsbeitrag im Steuerrecht | Rz. 1849 IXXX.
erlichen Inhalt unverbindlich durch. Es empfiehlt sich dringend, durch Rückfrage beim Finanzamt Satzungsunstimmigkeiten schon vor Beschlussfassung durch die Gründungs- oder Mitgliederversammlung auszuräumen.1 Wird die förmliche Feststellung abgelehnt und hatte der Verein seine Tätigkeit nach außen schon aufgenommen (Mittel verwendet), kann die Steuerbegünstigung erst im nächsten Veranlagungszeitraum aufgrund einer nach Satzungsänderung ergangenen Feststellung in Anspruch genommen werden.2 Satzung und tatsächliche Geschäftsführung müssen die steuerbegünstigenden Erfordernisse erfüllen
1848
– für die Körperschaft- und Gewerbesteuer während des ganzen Veranlagungs- oder Erhebungszeitraums (vom Beginn bis zum Ende dieses Zeitraums), – für die Grundsteuer zum Jahresbeginn, – für die Umsatzsteuer am Ende des Voranmeldungszeitraums, – für die Erbschaftsteuer im Zeitpunkt der Zuwendung.
2. Der Mitgliedsbeitrag im Steuerrecht a) Körperschaftssteuer Vereine mit bestimmten gemeinnützigen Zwecksetzungen sind generell von der Körperschaftsteuer befreit bzw. nur mit ihrem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb steuerpflichtig (§ 5 Abs. 1 KStG). Unabhängig von einer Gemeinnützigkeit zählen die vereinnahmten Mitgliedsbeiträge nicht zu dem zu versteuernden Einkommen, aus dem von (rechtsfähigen und nicht rechtsfähigen3) Vereinen die Körperschaftsteuer erhoben wird (§ 8 Abs. 5 KStG). Das gilt allerdings nur für „echte“4 Mitgliedsbeiträge, das sind Beiträge, die auf Grund der Satzung von den Mitgliedern lediglich in ihrer Eigenschaft als Mitglieder erhoben werden. Dazu gehören laufende Beitragszahlungen und einmalige Leistungen (z.B. eine Aufnahmegebühr), wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist: – die Satzung bestimmt Art und Höhe der Mitgliedsbeiträge, – die Satzung sieht einen bestimmten Berechnungsmaßstab vor, – die Satzung bezeichnet ein Organ, das die Beiträge der Höhe nach erkennbar festsetzt.5 1 2 3 4
Gilt auch im neuen Verfahren nach § 60a AO: Schütz/Runte, DStR 2013, 1261. Sachse, ZStV 2014, 106. BFHE 182, 195 („Tag der offenen Tür“ einer Freiwilligen Feuerwehr). Zum Begriff FG München v. 19.7.2010 – 7 K 472/08, EFG 2010, 1921, s. aber für die Umsatzsteuer auch FG München v. 26.11.2009 – 14 K 4217/06, juris und zu einer möglichen Ausstrahlung der Rechtsentwicklung im Umsatzsteuerrecht auf die Ertragsbesteuerung eines Mitgliedsbeitrags Erdbrügger, npoR 2019, 7. 5 RFH RStBl. 1940, 611 und 1941, 69.
Stöber/Otto | 853
1849
IXXX. Rz. 1850 | Steuerrechtliche Hinweise 1850
(Sonder-)Entgelte der Mitglieder für Leistungen des Vereins, insbesondere für die Wahrnehmung besonderer geschäftlicher Interessen der Mitglieder, zählen nicht dazu.1 Nicht steuerfrei ist daher der Mitgliedsbeitrag bei einem Verein zur Hilfeleistung in Steuersachen.2 Ein Verein, der als Berufsverband die Befreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG beansprucht, kann einen auf die Erbringung entgeltlicher Leistungen an die Mitglieder ausgerichteten Geschäftsbetrieb allenfalls als Nebentätigkeit außerhalb des Verbandszwecks unterhalten.3
1851
Dient ein Verein auch der wirtschaftlichen Förderung der Einzelmitglieder, so sind die Beiträge keine Mitgliederbeiträge i.S.v. § 8 Abs. 5 KStG, sondern pauschalierte Gegenleistungen für die Förderung, und zwar auch dann, wenn der Verein keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ausübt (Abschn. 38 Abs. 3 S. 1 KStR). In diesem Fall sind die Mitgliederbeiträge im Wege der Schätzung in einen steuerfreien Teil (reine Mitgliederbeiträge) und in einen steuerpflichtigen Teil (pauschalierte Gegenleistung) aufzuteilen4 (Abschn. 38 Abs. 3 S. 2 KStR). Ausgaben des Vereins, die mit den eigenen Beitragseinnahmen und den daneben erhobenen besonderen Entgelten in unmittelbarem Zusammenhang stehen, sind gleichfalls anteilig zu verrechnen (Abschn. 39 Abs. 1 Nr. 2 KStR). Dies gilt für Mitgliederbeiträge der – Haus- und Grundeigentümervereine sowie Mietervereine. Sie enthalten in der Regel Entgelte für die Gewährung besonderer wirtschaftlicher Vorteile, z.B. für Rechtsberatung und Prozessvertretung. Die Abgrenzung der steuerfreien Mitgliederbeiträge von den steuerpflichtigen Beträgen regelt Abschn. 39 Abs. 1 KStR näher; – Obst- und Gartenbauvereine (Abschn. 40 Abs. 1 KStR); – Tierzuchtverbände oder Vatertierhaltungsvereine, die nicht steuerbegünstigt (somit in vollem Umfang steuerpflichtig) sind (Abschn. 40 Abs. 3 KStR mit Einzelheiten für Abgrenzung). Verbände und Vereine der Pelztierzüchter zählen nicht hierher (Abschn. 40 Abs. 4 KStR); – Vereine zur Förderung des Fremdenverkehrs (hierzu mit Einzelheiten Abschn. 40 Nr. 5 KStR).
1852
Die pauschalierten Entgelte für Vereinsleistungen können im Einzelfall abweichend von den Sätzen der KStR festzulegen sein. Sie stellen Pauschalsätze für steuerpflichtige Einnahmen dar, so dass Ausgaben von ihnen abzuziehen sind.
1853
Die von den Kleingärtner- und Siedlervereinen erhobenen Beiträge enthalten in der Regel keine Entgelte für die Gewährung besonderer wirtschaftlicher Vorteile. Mitglie-
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BFH 110, 405 = BStBl. II 1974 60; Fischer, npoR 2018, 156 (158). BFH 110, 405 = BStBl. II 1974 60. BFH v. 13.12.2018 – V R 45/17, npoR 2019, 224. BFH 57, 553 = BStBl. III 1953 212; BFH 60, 32 = BStBl. III 1955 12 (Getreidebörse); BFH BStBl. III 1955 271; BFH 82, 132 = BStBl. III 1965 294; BFH 86, 639 = BStBl. III 1966 632 (Warenzeichenverband). FG München v. 19.7.2010 – 7 K 472/08, EFG 2010, 1921 („Netzwerk für Frauen in IT-Berufen“).
854 | Stöber/Otto
2. Der Mitgliedsbeitrag im Steuerrecht | Rz. 1855 IXXX.
derbeiträge solcher Vereine werden durchweg ungeprüft als Mitgliederbeiträge i.S.v. § 8 Abs. 6 KStG angesehen (Abschn. 40 Abs. 2 KStR). b) Umsatzsteuer Mitgliedsbeiträge, die ein Verein erhebt, um seine satzungsgemäße Vereinstätigkeit verfolgen zu können, sind nach herkömmlicher Ansicht umsatzsteuerlich keine Entgelte für bestimmte Gegenleistungen. Sie begründen keine unternehmerische Tätigkeit und keinen für ein Unternehmen notwendigen Leistungsaustausch (§ 1 UStG). Für die Steuerbarkeit in der Umsatzsteuer kommt es allein auf diesen an, nicht auf einen steuerbegünstigten Vereinszweck.1 Die Wahrnehmung der allgemeinen Interessen der Mitglieder eines Vereins ist keine der Mehrwertsteuer unterliegende Tätigkeit.2 Das gilt bei dem eingetragenen Verein auch dann, wenn die Verfolgung der Vereinsziele mittelbar einem wirtschaftlichen Interesse des Mitglieds dient,3 nicht jedoch für wirtschaftliche Vereine.4 In Wahrnehmung der durch Mitgliedsbeiträge ermöglichten Vereinstätigkeit sind Vereine daher nicht Unternehmer. Sobald Mitgliedsbeiträge jedoch (auch) Entgelte für Leistungen des Vereins enthalten, die den Sonderbelangen der einzelnen Mitglieder dienen, mithin als pauschalierte Gegenleistungen erhoben werden („unechte Beiträge“), sind sie als Unternehmensentgelt umsatzsteuerpflichtig.5
1854
Beispiele: Beitragszahlungen der Mitglieder eines Lohnsteuerhilfevereins6 als Entgelt für die Dienste der Interessenvereinigung; Umlagen, die eine Werbegemeinschaft für Werbemaßnahmen gestaffelt nach Laden- und Verkaufsflächen zur Unkostendeckung erhebt. Umsatzsteuerpflichtig ist die entgeltliche Werbung für einzelne Mitglieder, die gesondert abgerechnet wird (durch getrennte Zeitungsanzeigen usw.). Zu den Mitgliedsbeiträgen s. Abschn. 4 UStR.
Die geschilderte Einordnung ist seit Jahren im Umbruch. Maßgeblich ist die Auslegung der Mehrwertsteuersystemrichtlinie. Ungeachtet der Rechtsform des Leistungserbringers können aufgrund von Mitgliedsbeiträgen erbrachte Vereinsleistungen der Umsatzsteuer unterliegen, selbst wenn die Beiträge als solche ganz unabhängig von
1 Wäger, DStR 2014, 1517. 2 BFH v. 24.9.2014 – V R 54/13, DStR 2015, 425. Das gilt ebenso europarechtlich: EuGH v. 12.2.2009 – C-515/07, ECLI:EU:C:2009:88, DStR 2009, 369 Rz. 34. Zu einem Berufsverband BFH v. 13.12.2018 – V R 45/17, npoR 2019, 224. 3 BFH v. 24.9.2014 – V R 54/13, DStR 2015, 425; BFH v. 13.12.2018 – V R 45/17, DStR 2019, 691. 4 BFH v. 18.6.2009 – V R 77/07, BFHE 226, 187. 5 So die Aufnahmegebühr und Mitgliedsbeiträge in einem Golf-Club, BFH v. 11.10.2007 – V R 69/06, BFHE 219, 287 = UR 2008, 153 = UR 2008, 186 mit Anm. Stadie. EuGH v. 21.3.2002 – C-174/00, ECLI:EU:C:2002:200, DStRE 2002, 642 Rz. 40 ff. 6 Zur Grenzen der Beitragsbemessung BFH v. 26.10.2010 – VII R 23/09, BFHE 231, 473 = BStBl. II 2011, 188.
Stöber/Otto | 855
1855
IXXX. Rz. 1855 | Steuerrechtliche Hinweise
der tatsächlichen Inanspruchnahme von Leistungen erhoben werden.1 Auf die Abgrenzung zwischen „echten“ und „unechten Beiträgen“ kommt es danach nicht mehr an.2 Die Rechtsprechung beginnt sich umzustellen3 und entscheidet teils unmittelbar auf unionsrechtlicher Grundlage, denn das deutsche Umsatzsteuerrecht wurde noch nicht angepasst. Die Finanzverwaltung will nachziehen.4 1856
Steuerbefreit sind Teilnahmegebühren bei Sportveranstaltungen eines gemeinnützigen Vereins (§ 4 Nr. 22b UStG).5 Der BFH ließ es darüber hinaus zu, dass sich gemeinnützige Sportvereine unmittelbar auf die weitgehende Umsatzsteuerbefreiung aus Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (RL 2006/112/EG des Rates v. 28.11.2006) berufen.6 Insbesondere hinsichtlich der Überlassung von Vereinsanlagen ist sie deutlich großzügiger als das nationale Recht. Anstelle einer formalen Gemeinnützigkeit genügt fehlendes Gewinnstreben.7 Bis zur Überführung der Richtlinie in nationales Recht (oder einer Änderung der Verwaltungspraxis) konnte sich hier für den Verein – der aus dem bei Umsatzsteuerpflicht eröffneten Vorsteuerabzug ja auch Vorteile hat – eine Wahlmöglichkeit eröffnen.8 Der BFH schränkte die Vorteile aus dieser Wahl ein.9 Soweit es zur Umsatzbesteuerung kommt, gilt für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (anders: Zweckbetrieb) eines Sportvereins der Regelsteuersatz und keine unionsrechtliche Befreiung oder Ermäßigung (etwa Vermögensverwaltung).10 Unterdessen hat der EuGH die unmittelbaren Anwendbarkeit der Mehrwertsteuersystemrichtlinie hinsichtl. Buchst. m verneint.11 Bei Leistungen zu unangemessen niedrigen Entgelten kann eine Mindestbemessungsgrundlage (in der Regel die tatsächlichen Kosten) zum Ansatz kommen (§ 10 Abs. 5 UStG). Zahlung Dritter (Zuschüsse) können als Drittentgelt i.S.d. § 10 Abs. 1 1 EuGH v. 21.3.2002 – C-174/00, ECLI:EU:C:2002:200, EuGHE I 2002, 3293 ff. = DStRE 2002, 642 Rz. 40 ff.; dazu Sender/Weilbach/Weilbach, BB 2003, 2597. Zur Einordnung der Problematik vgl. auch Heuermann, DStR 2018, 1612. 2 FG München v. 26.11.2009 – 14 K 4217/06, DStRE 2011, 625; Gotthardt/Schütze, NZG 2010, 1406 (1408); Wäger, DStR 2014, 1517 (1519). 3 Etwa FG Berlin-Brandenburg v. 13.9.2017 – 2 K 2164/15; dazu Erdbrügger, npoR 2019, 7. 4 BMF-Schreiben v. 4.2.2019 – III C 3-S 7180/17/10001, BStBl. I 2019, 115. Kritisch hierzu Kirchhain, SpuRt 2019, 107. 5 Die bloße Bereitstellung von Sportgeräten genügt dafür nicht, BFH v. 9.8.2007 – V R 27/ 04, BFHE 217, 314; wohl auch nicht ein Einzeltraining (Wäger, DStR 2014, 1517 [1519] m.N.). Ausf. zum Begriff der „sportlichen Veranstaltung“ Steiner, SpuRt 2011, 144–146. 6 BFH v. 3.4.2008 – V R 74/07, DStR 2008, 1481; BFH v. 2.3.2011 – XI R 21/09, BFHE 233, 269. 7 Der Begriff ist autonom aus dem Unionsrecht auszulegen, EuGH v. 10.12.2020 – C-488/ 18, DStR 2020, 2869. 8 „Rosinenpicken“, so Alvermann, SpuRt 2011, 108; vgl. auch Bartmuss/Pauls, ZStV 2013, 121 (126) und Gotthardt/Schütze, NZG 2010, 1406 (1409). Das FG München DStRE 2011, 625 hingegen wendet die Richtlinie auch gegen den Willen des Vereins an. 9 BFH v. 24.9.2014 – V R 54/13, DStR 2015, 425. 10 BFH v. 20.3.2014 – V R 4/13, DStR 2014, 1539 mit Anm. Heu. 11 EuGH v. 10.12.2020 – C-488/18, DStR 2020, 2869 auf Vorlage des BFH v. 21.6.2018 – V R 20/17, DStR 2018, 1609 mit Anm. Heuermann. Vorinstanz FG München v. 29.3.2017 – 3 K 855/15, DStR 2018, 663.
856 | Stöber/Otto
2. Der Mitgliedsbeitrag im Steuerrecht | Rz. 1859 IXXX.
S. 3 UStG mitzuversteuern sein, wenn die Mitgliedsbeiträge allein nicht kostendeckend für die dem Mitglied zur Verfügung gestellten Leistungen ist.1 Unmittelbar aus Unionsrecht (Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuerrichtlinie) steuerbefreit können auch die von den Mitgliedern eines Vereins erbrachten Pflegedienstleistungen sein. Der BFH anerkennt insoweit ein hohes Gemeinwohlinteresse an der Erbringung steuerfreier Pflegeleistungen.2 Ein in das Vereinsregister als nichtwirtschaftlicher Verein eingetragener Verein, der nicht als gemeinnützig anerkannt ist, kann im Sinne des europäischen Mehrwertsteuerrechts sowohl unternehmerische (wirtschaftliche) Zwecke als auch nichtunternehmerische (nichtwirtschaftliche) Zwecke verfolgen.3 Allein aus der Anerkennung als gemeinnützig ergibt sich umgekehrt aber auch nicht, dass der Verein nicht auch im Sinn des Umsatzsteuerrechts wirtschaftlich tätig ist.4 Bei sowohl wirtschaftlicher wie nicht wirtschaftlicher Betätigung des Vereins kommt es für einen Vorsteuerabzug vorrangig auf den direkten und unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Eingangsleistung und einzelnen nicht steuerbaren, steuerfreien oder steuerpflichtigen Tätigkeitsbereichen an.5 Erst in zweiter Linie lässt der BGH bei direktem und unmittelbarem Zusammenhang mit mehreren Bereichen unter der Voraussetzung des § 162 Abs. 2 AO eine Schätzung des zum Vorsteuerabzug berechtigenden Anteils durch das Finanzamt nach Umsatzanteilen unter Einrechnung zweckgebundener Zuschüsse und der Mitgliedsbeiträge zu.6
1857
Mitbewerber, die steuerpflichtig Leistungen erbringen, die denjenigen eines zu Unrecht steuerbefreiten Vereins gleichen, können diesen Fehler im Wege der sog. Konkurrentenklage geltend machen.7 Vorbereitend steht grds. eine Auskunftsklage zur Verfügung.8
1858
c) Beitragszahlungen als Betriebsausgaben und Werbungskosten Mitgliedsbeiträge zu einem Verein (auch Aufnahmegebühren und Mitgliederumlagen) sind bei Veranlagung des Vereinsmitglieds zur Einkommensteuer (Körperschaftsteuer) abziehbar
1 BFH v. 20.3.2014 – V R 4/13, DStR 2014, 1539 mit Anm. Heu. 2 BFH v. 18.8.2015 – V R 13/14, juris. 3 FG München v. 18.9.2013 – 3 K 2796/11, DStRE 2014, 1383; BFH v. 24.9.2014 – V R 54/ 13, DStR 2015, 425. 4 BFH v. 24.9.2014 – V R 54/13, DStR 2015, 425. 5 BFH v. 13.12.2018 – V R 45/17, npoR 2019, 224. 6 BFH v. 24.9.2014 – V R 54/13, DStR 2015, 425. Kritisch zu den vom BFH akzeptierten Schätzgrundlagen wegen der quotalen Berücksichtigung auch echter Zuschüsse bzw. des Dokumentationsaufwands Küffner/Fietz, DStR 2015, 428. 7 Vgl. FG Münster v. 7.12.2010 – 15 K 3614/07 U, DStR 2011, 172 (Transport von Blutkonserven zu ermäßigtem Steuersatz) und ausf. Bartmuss/Pauls, ZStV 2013, 121 (125). 8 BFH v. 26.1.2012 – VII R 4/11, BFHE 236, 481; ausf. Bartmuss/Pauls, ZStV 2013, 121 (125 f.).
Stöber/Otto | 857
1859
IXXX. Rz. 1859 | Steuerrechtliche Hinweise
– als Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG zur Feststellung des Gewinns für Besteuerung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb, selbständiger Arbeit sowie Landund Forstwirtschaft (§ 2 Abs. 1 Nrn. 1–3, Abs. 2 Nr. 1 EStG). Entsprechendes gilt für Ermittlung des Einkommens zur Bemessung der Körperschaftsteuer (§§ 7, 8 Abs. 1 KStG). Mitgliedsbeiträge sind aber nur dann Betriebsausgaben, wenn sie objektiv mit dem Betrieb (der Tätigkeit) zusammenhängen und subjektiv dem Betrieb zu dienen bestimmt sind. Das trifft zu für Beitragszahlungen an einen Verein, der als „Berufsverband ohne öffentlich-rechtlichen Charakter“ nach § 5 Abs. 1 KStG von der Körperschaftsteuer befreit ist, wenn seine Ziele geeignet sind, den Betrieb der Beitragszahlenden zu erhalten und zu fördern.1 – als Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 EStG zur Erstellung des Überschusses für Besteuerung der Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 mit § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG) und anderer Einkunftsarten (§ 2 Abs. 1, 2 EStG), wenn Beitragszahlung an einen Berufsstand oder sonstigen Berufsverband erfolgt, dessen Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist. Entsprechendes gilt für den Freibetrag bei Lohnsteuerabzug. Mitgliedsbeiträge können überdies als Ausgaben zur Vereinsförderung nach § 10b EStG, § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG absetzbar sein. Mitgliedsbeiträge an politische Parteien s. Rz. 1884.
3. Zahlungen an im Verein Tätige a) Lohnsteuerpflicht und Haftung des Arbeitgebers 1860
Als Arbeitgeber hat ein Verein von gezahltem Arbeitslohn Lohnsteuer (ggf. auch Kirchenlohnsteuer) für Rechnung des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung einzubehalten (§ 38 Abs. 1 u. 3 EStG) und an das Betriebsstättenfinanzamt abzuführen (§ 41a EStG). Für Lohnsteuer, die einzubehalten und abzuführen ist, haftet der Verein als Arbeitgeber (§ 42d EStG). b) Arbeitgeber- und Arbeitnehmereigenschaft
1861
Arbeitnehmer sind alle Personen, die der Verein in einem privaten Dienstverhältnis angestellt hat oder beschäftigt und die daraus Arbeitslohn beziehen (§ 1 Abs. 1 LStDV). Ein Dienstverhältnis liegt immer vor, wenn der Angestellte (Beschäftigte) dem Arbeitgeber (Verein) seine Arbeitskraft schuldet (§ 1 Abs. 2 LStDV). Bezeichnung und vertragliche Form des Beschäftigungsverhältnisses sind nicht von Bedeutung. Für die rechtliche Qualifizierung einer Tätigkeit kommt es nicht auf die Benennung der Geldleistung, sondern nur auf den mit ihr verfolgten Zweck an. Ein Dienstverhältnis kommt auch durch nur vorübergehende oder zeitweilige entgeltli-
1 BFH v. 18.9.1984 – VIII R 324/82, BStBl. II 1985, 92 = FR 1985, 82 = NJW 1985, 1976; BFH v. 7.6.1988 – VIII R 76/85, FR 1989, 50 = BB 1989, 50 = Betrieb 1989, 155; Stehe, Betrieb 1982, 1485 (1489).
858 | Stöber/Otto
3. Zahlungen an im Verein Tätige | Rz. 1862 IXXX.
che Beschäftigung eines Arbeitnehmers zustande, besteht mithin auch bei Aushilfsund Nebentätigkeit. Beispiel: Arbeitnehmer sind oder können mithin sein: Angestellter Geschäftsführer, Beschäftigte in Wirtschaftsbetrieben, Vereinsheimen, -kantinen, -gaststätten usw., Hausmeister, Platzwart, Platzkassierer, Trainer,1 Übungsleiter, auch (gegen Entgelt arbeitende)2 Sportler, bei einem Verband angestellter Schiedsrichter.3 Selbständig (und daher u.U. gewerbesteuerpflichtig4) können sein: Schiedsrichter im internationalen Tennis5 und Profifußball6 im Honorareinsatz für mehrere Verbände.
Eine weisungsgebundene Eingliederung i.S. eines Arbeitsverhältnisses ist z.B. bei einem Fußballspieler („Vertragsamateur“)7 gegeben, wenn sich dieser gegenüber dem Sportverein zur Erbringung fußballsportlicher Tätigkeiten nach Weisungen des Vereins verpflichtet, typischerweise gegen Zahlung eines Arbeitsentgelts (§ 14 SGB IV). Keine Beschäftigung begründen lediglich mitgliedschaftliche Bindungen zwischen Sportler und Sportverein.8 Eine Beschäftigung liegt nach dieser Rechtsprechung des BSG nicht schon deshalb vor, weil Spielorte vorgegeben sind und die Fußballspieler die Anordnungen des Trainers zu befolgen haben. Diese Umstände sind typisch für Mitglieder einer Fußballmannschaft, unabhängig davon, ob sie in einem Beschäftigungs- oder lediglich in einem Mitgliedschaftsverhältnis zum Verein stehen. Das gilt selbst dann, wenn der Trainer befugt ist, nicht genehmigte Abwesenheiten zu sanktionieren. Es kommt darauf an, ob Zahlungen (im vom BSG entschiedenen Fall 350 DM monatlich) eine wirtschaftliche Gegenleistung für die fußballerischen Tätigkeiten sind. Materielle Anreize zur Förderung der sportlichen Leistungsbereitschaft und zur Erreichung sportlicher Erfolge lassen nicht zwingend auf ein Arbeitsentgelt schließen.9 Aus Zahlungen Dritter haftet der Verein nur dann für die Abführung der Lohnsteuer (§ 42d, § 38 Abs. 1, Abs. 3 EStG), wenn sich die entgoltenen Leistungen als aus dem Arbeitsverhältnis zum Verein geschuldet und in dessen Interesse erbracht darstellen.10
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Zum arbeitsrechtl. Beschäftigungsanspruch Lenz SpuRt 2019, 161. BAG v. 10.5.1990 – 5 AZR 607/89, DStR 1991, 290. Zur Eishockeyliga Bertling/Roth SpuRt 2019, 146 (149). Es handelt sich hier nicht um eine: selbständige (freiberufliche) Tätigkeit i.S.d. § 18 Abs. 1 EStG (BFH v. 20.12.2017 – I R 9815, NZA-RR 2018, 333. Nds. FG v. 24.11.2004 – 9 K 147/00 –, DStRE 2005, 498. BFH v. 20.12.2017 – I R 9815, NZA-RR 2018, 333. Zur Gewerbesteuer Bertling/Roth SpuRt 2019, 146. Ausf. zum Ganzen LSG Celle v. 12.11.2013 – L 4 KR 383/13, juris. Die Entscheidung bespricht Richter, DStR 2014, 135 (1838). BSG v. 27.10.2009 – B 2 U 26/08, SpuRt 2010, 172. BSG v. 27.10.2009 – B 2 U 26/08, SpuRt 2010, 172; LSG Celle v. 12.11.2013 – L 4 KR 383/ 13, juris. FG Münster v. 25.3.2015 – 7 K 3010/12 L (Entgelte für Länderspieleinsätze). Az. des Revisionsverfahrens: VI R 26/15.
Stöber/Otto | 859
1862
IXXX. Rz. 1863 | Steuerrechtliche Hinweise
c) Fehlende Arbeitnehmereigenschaft, Aufwandsentschädigung 1863
Hilfeleistungen und Gefälligkeiten, die Vereinsmitglieder (aber auch Dritte) nicht zu Erwerbszwecken gelegentlich erbringen (z.B. zur Vorbereitung einer Sportveranstaltung oder eines Vereinsfestes, Reparatur eines Sportgegenstandes, aber auch Mitarbeit bei Erstellung einer Sportstätte), begründen kein Dienstverhältnis (s. bereits Rz. 717). Ebenso besteht bei unentgeltlicher Übernahme eines Vereinsamtes (Vorsitzender, Vorstand, Kassierer, Schriftführer, Abteilungsleiter) kein steuerliches Dienstverhältnis. Entscheidend ist, dass allein mitgliedschaftliche Vereinspflichten erfüllt werden.1 Wenn der Verein solchen Personen Aufwendungsersatz leistet (Fahrt- und Reisekostenersatz, Vergütung für Verpflegungsmehraufwendung, Porto- und Telefonkostenersatz), erstattet er tatsächlich entstandene Unkosten (zum Anspruch darauf Rz. 582), zahlt aber keinen Arbeitslohn. Zahlung der Ersatzbeträge für Unkosten begründet für den Verein daher nicht die Stellung eines Arbeitgebers. Nach diesen Grundsätzen ist längst nicht jeder Vertragsamateur Arbeitnehmer.2
1864
Zahlungen, die als Aufwandsentschädigung bezeichnet werden, in Wirklichkeit jedoch den Aufwand an Zeit und Arbeitsleistung abgelten oder Entschädigung für Verdienstausfall darstellen, sind Arbeitsentgelt. Als Arbeitslohn aus einer Dienstleistung für den Verein sind solche Bezüge steuerpflichtig und sie unterliegen der Sozialversicherungspflicht. Für die Abgrenzung des echten Aufwandersatzes von pauschaliertem Entgelt für Dienstleistung bietet die steuerliche Behandlung der Reisekostenvergütungen, die an Arbeitnehmer der Privatwirtschaft gezahlt werden, einen Anhalt. Danach sind Reisekostenpauschalen Unkostenersatz jedenfalls bis zur Höhe der steuerlichen Werbungskosten. Steuerfreie Auslagenerstattung sind jedenfalls bei Auswärtstätigkeit (also nicht: Weg von der Wohnung zum Verein): – als Fahrtkosten die Kosten der öffentlichen Verkehrsmittel in nachgewiesener Höhe (Fahrpreis einschl. etwaiger Zuschläge) oder Kraftwagenkosten, bei diesen ein nach Fahrtkostenanteil bestimmter Teilbetrag der jährlichen Gesamtkosten oder ein ermittelter Kilometersatz ohne Einzelnachweis der tatsächlich ermittelten Gesamtkosten ein pauschaler Kilometersatz, der je Fahrtkilometer nicht überschreiten darf – bei einem Kraftwagen 0,30 €, – bei einem Motorrad oder einem Motorroller 0,13 €, – bei einem Moped oder Mofa 0,08 €, – bei einem Fahrrad 0,05 €, – als Verpflegungsmehraufwendungen bei Inlandsreisen pauschal (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 EStG, R 9.6 LStR) für jeden Kalendertag – bei einer Abwesenheit von 24 Stunden 28 €, 1 BSG v. 27.10.2009 – B 2 U 26/08, SpuRt 2010, 172. 2 BFH v. 23.10.1992 – VI R 59/91, SpuRt 1996, 207. Ausf. und übergreifend zur Einordnung der arbeitsgerichtlichen, sozialgerichtlichen und der Finanzrechtsprechung LSG Celle v. 12.11.2013 – L 4 KR 383/13, juris. Aktuell: FG Hannover v. 25.4.2019 – 11 K 134/17, ZStV 2020, 229, Az des BFH: XI R 11/19.
860 | Stöber/Otto
3. Zahlungen an im Verein Tätige | Rz. 1865 IXXX.
– für den Anreise- und Abreisetag vor und nach einer Übernachtung 14 € – bei einer Abwesenheit mindestens 8 Stunden 14 €. – Übernachtungskosten in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen (ohne Frühstück § 4 Abs. 5 Nr. 5 EStG, R 9.4 bis R 9.8 LStR 2008), als Pauschbetrag dafür 20 € für jede Übernachtung, – Nebenkosten (Kosten der Gepäckbeförderung, Parkplatzgebühr, Telefonkosten, Straßenbahn- oder Taxikosten) in nachgewiesener oder glaubhaft gemachter Höhe R 9.4 bis R 9.8 LStR 2008. Weitere Einzelheiten: § 3 Nr. 16, Nr. 50 EStG. Insbesondere sind die Verpflegungsmehraufwandspauschelen zu kürzen, wenn der Verein (oder diesem zuzurechnende Dritte) dem Berechtigten unentgeltlich Mahlzeiten anbieten. Hinsichtlich der Anwendung des reduzierten Umsatzsteuersatzes auf Leistungen Gemeinnütziger (§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG) wird neuerdings die Vereinfachungsregel aus Nr. 32 zu § 67a AEAO zur pauschalen Abgrenzung der Aufwandsentschädigung von Arbeitslohn angenommen. Danach wäre ein Einzelnachweis des Aufwandcharakters nur für Zahlungen des Vereines z.B. an Amateursportler erforderlich, wenn diese 400 € monatlich überschreiten.1 Die echte Aufwandsentschädigung ist kein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt.2 Aufgaben und Tätigkeiten, die Ausfluss der organschaftlichen Stellung einer ein Ehrenamt ausübenden Person und nicht auch für jedermann frei zugänglich seien, führen regelmäßig nicht zu der für ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis (§ 7 Abs. 1 SGB IV) verlangten persönlichen Abhängigkeit. Etwas anderes gilt wiederum, wenn der für den Verein Tätige (auch ein Vorsitzender) den Bereich des Ehrenamtes verlässt und eine darüber hinaus gehende Beschäftigung für den Verein ausübt. Dies wäre nach der hier und im Folgenden zitierten Entscheidung des BSG3 z.B. dann der Fall, wenn er die Aufgaben des Geschäftsführers4 mit übernimmt. Die Ausübung satzungsmäßiger Repräsentations- und organschaftlicher Verwaltungsaufgaben ist aber noch kein Ausdruck von Weisungsgebundenheit oder Eingliederung. Insbesondere stellen Beschlüsse der Mitgliederversammlung einer Kreishandwerkerschaft, auch wenn sie den Vorstand binden, keine Weisungen i.S.d. § 7 Abs. 1 SGB IV dar.5 Gegen die Annahme einer Beschäftigung spricht es zudem, wenn der Widerruf der Vorstandsbestellung nur bei Vorliegen eines wichtigen Grun1 FG Nds. v. 25.4.2019 – 11 K 134/17, npoR 2019, 212. Die Revision ist eingelegt unter XI R 11/19. 2 § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 16 der Sozialversicherungsentgeltverordnung i.d.F. ab 1.1.2016 (vorher und inhaltlich ebenso: § 14 Abs. 1 S. 3 SGB IV). 3 BSG v. 16.8.2017 – B 12 KR 14/16, BSGE 124, 37 = BSG v. 16.8.2017 – B 12 KR 14/16 R, DStR 2018, 144 = npoR 2018, 35 mit Anm Lenz. 4 Zum bezahlten Vereinsgeschäftsführer als abhängig beschäftigt LSG Baden-Württemberg v. 21.1.2020 – L 11 BA 1596/19. 5 Anders für den BGB-Verein jetzt LSG NRW v. 13.2.2019 – L 8 BA 52/18, NZS 2019, 639, wobei die in der Entscheidung behauptete unterschiedliche Qualität der Weisungen der Mitgliederversammlungen unbegründet bleibt.
Stöber/Otto | 861
1865
IXXX. Rz. 1865 | Steuerrechtliche Hinweise
des möglich ist. Fehlende Entgeltlichkeit und Erwerbsabsicht der Tätigkeit können in Fällen, in denen die Arbeitsleistung nicht auf der Grundlage eines gegenseitigen Vertrages, sondern auf sonstiger Rechtsgrundlage, z.B. einer Vereinsmitgliedschaft, beruht, erhebliches Gewicht gegen die Annahme einer Beschäftigung haben. Finanzielle Zuwendungen bleiben unschädlich, wenn sie in Form von Aufwendungsersatz konkrete oder pauschal berechnete Aufwände abdeckten bzw. Ausfall für Zeitversäumnis oder Verdienstausfall enthalten. Dabei muss die Verrichtung von Tätigkeiten zur Verfolgung eines ideellen Zwecks ohne Erwerbsabsicht objektiv erkennbar vorliegen. Die gewährte Aufwandsentschädigung darf sich nicht als verdeckte Entlohnung einer Erwerbsarbeit darstellen.1 1866
Die zitierten Rechtsprechungsgrundsätze sind teilweise wenig konkret. Bei Unsicherheit sollte daher eine Entscheidung der Einzugsstelle (Krankenkasse) über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung eingeholt werden (§ 28h SGB IV). Im Statusverfahren (§ 7a SGB IV mit Zuständigkeit der Deutschen Rentenversicherung Bund) wird festgestellt, ob ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt – hier richtet sich der Fokus allerdings stärker auf die Abgrenzung selbständiger von angestellter Tätigkeit.
1867
Wer Leistungen innerhalb einer von ihm selbständig ausgeübten beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit gegen Entgelt ausführt, ist nicht Arbeitnehmer (§ 1 Abs. 3 LStDV). Beispiel: Pächter des Sportheims.
Selbständig kann auch eine Nebentätigkeit oder Aushilfstätigkeit ausgeübt werden. Dazu R 19.2 LStR 2008. d) Ehrenamtliche Tätigkeit 1868
Mit § 3 Nr. 26a EStG besteht seit 20072 ein erwerbsteuerlicher Freibetrag für Einnahmen aus nebenberuflicher Tätigkeit für eine gemeinnützige Organisation. Die Tätigkeit muss im Dienst oder Auftrag einer Körperschaft des öffentlichen Rechts oder gemeinnützigen Körperschaft3 erfolgen. Der Freibetrag von 840 € im Kalenderjahr gilt grundsätzlich für alle Tätigkeiten im gemeinnützigen Bereich. Er gilt also für den satzungsmäßig bezahlten Vorstand ebenso wie für Reinigungskräfte, Platzwarte oder Schiedsrichter im Amateursport.4 Die Tätigkeit kann in einem Zweckbetrieb des gemeinnützigen Auftraggebers (Arbeitgebers) ausgeübt werden. Nicht begünstigt
1 BSG v. 16.8.2017 – B 12 KR 14/16, BSGE 124, 37 = BSG v. 16.8.2017 – B 12 KR 14/16 R, DStR 2018, 144 = npoR 2018, 35 mit Anm Lenz. 2 Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements v. 10.10.2007, BGBl. I 2007, 2332, mit Rückwirkung v. 1.1.2007. 3 Nicht: Parteien, Gewerkschaften. 4 BMF-Schreiben zu § 3 Nr. 26a und 26b EStG v. 21.11.2014 – IV C 4, Betrieb 2015, 27.
862 | Stöber/Otto
3. Zahlungen an im Verein Tätige | Rz. 1869 IXXX.
ist aber die Tätigkeit des bezahlten (Amateur-)Sportlers.1 Als nebenberuflich gilt eine Tätigkeit, die auf das Kalenderjahr bezogen nicht mehr als ein Drittel der Arbeitszeit im Vollerwerb in Anspruch nimmt.2 Auf die tatsächliche Ausübung eines Hauptberufs daneben kommt es nicht an.3 Auf Entgelte, die als Aufwandsentschädigung oder nach § 3 Nr. 26 oder § 3 Nr. 26a EStG steuerfrei sind, fallen auch keine Sozialabgaben4 an.5 Der Betrag kann nicht auf andere Einkunftsarten angerechnet werden. Wenn für die Einnahmen aus derselben Tätigkeit auch der Übungsleiterfreibetrag (Rz. 1871) oder Steuerfreiheit einer steuerfreien Aufwandspauschale für Zahlungen aus öffentlichen Kassen (§ 3 Nr. 12 EStG) gewährt wird oder gewährt werden könnte, kann der Freibetrag nach § 3 Nr. 26a EStG nicht in Anspruch genommen werden. Der Freibetrag wird als Jahresbetrag nur einmal gewährt, auch wenn mehrere berechtigte Tätigkeiten ausgeübt werden. Er wird nicht zeitanteilig aufgeteilt. Ein lohnsteuerpflichtiger Arbeitnehmer muss aber dem Arbeitgeber eine schriftliche Erklärung darüber abgeben, dass die Steuerbefreiung im betreffenden Kalenderjahr nicht bereits in einem anderen Dienst- oder Auftragsverhältnis berücksichtigt worden ist. Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben kann der ehrenamtlich Tätige nur ansetzen, wenn Einnahmen und Ausgaben aus der betreffenden Tätigkeit den Freibetrag übersteigen.6 Zum Erhalt der Gemeinnützigkeit muss auch eine Vergütung an Vorstandsmitglieder in Höhe der Steuerpauschale in der Satzung begründet sein (Rz. 1829). Tatsächlich entstandene Aufwendungen können daneben steuerfrei erstattet werden. Neben einem Einzelnachweis kommt dafür grundsätzlich auch die pauschale Abgeltung in Betracht. Als Aufwendungsersatz anerkannt wird die Pauschale aber nur, wenn sie die tatsächlichen Aufwendungen offensichtlich nicht übersteigt. Sie darf auch nicht anteilig eine Abgeltung von Arbeits- und Zeitaufwand enthalten.7 Ist die Pauschale nach diesen Vorgaben kein Aufwendungsersatz, muss sie als Vergütung berücksichtigt werden und dazu auch die vereinsrechtlichen Voraussetzungen (Rz. 582 ff.)
1 BMF-Schreiben zu § 3 Nr. 26a und 26b EStG v. 21.11.2014 – IV C 4, Betrieb 2015, 27. 2 BMF-Schreiben zu § 3 Nr. 26a und 26b EStG v. 21.11.2014 – IV C 4, Betrieb 2015, 27. Kritisch hierzu Bender, DStR 2015, 2257–2262 (2260): Ehrenamtlichen ist schwer zu vermitteln, weshalb ihr aus Altruismus besonders hoher Zeiteinsatz mit Steuern und Abgaben bestraft wird, selbst wenn ihre Einkünfte daraus unter dem Freibetrag bleiben. 3 Wer keine sonstigen Einkünfte hat, kann zusätzlich auch die Freigrenze des § 22 Nr. 3 EStG nutzen. Der hier maßgebliche Betrag der Einkünfte errechnet sich nach Ansatz des Freibetrags aus § 3 Nr. 26a EStG. 4 Zu diesen ausf. Plagemann/Plagemann/Hesse, NJW 2015, 439. 5 Die insoweit bislang maßgebliche Bestimmung § 14 Abs. 1 S. 3 SGB IV ist mit Wirkung vom 1.1.2016 aufgehoben (Gesetz vom 15.4.2015, BGBl. I 2015, 583). Sie wurde aber inhaltsgleich in die Sozialversicherungsentgeltverordnung aufgenommen. § 1 Abs. 1 S. 1 der Verordnung vom 21.12.2006 (BGBl. I 2006, 3385) lautet ab 1.1.2016: „Dem Arbeitsentgelt sind nicht zuzurechnen: … Nr. 16. steuerfreie Aufwandsentschädigungen und die in § 3 Nr. 26 und 26a des Einkommensteuergesetzes genannten steuerfreien Einnahmen.“ 6 Wer sonst keine Erwerbseinkünfte hat, kann aber die volle Arbeitnehmerpauschale nutzen, dazu ausdrücklich BMF-Schreiben zu § 3 Nr. 26a und 26b EStG v. 21.11.2014 – IV C 4, Betrieb 2015, 27. 7 BMF-Schreiben v. 21.11.2014 – im Anhang C 13.
Stöber/Otto | 863
1869
IXXX. Rz. 1869 | Steuerrechtliche Hinweise
erfüllen. Ihre Verletzung kann insbesondere die Anerkennung als gemeinnützig gefährden.1 1870
Auslagenersatz und angemessene Entschädigung für selbständige ehrenamtliche Tätigkeit können nach § 4 Nr. 26b UStG von der Umsatzsteuer befreit sein.2 Die Bestimmung definiert den Begriff der ehrenamtlichen Tätigkeit nicht. Nach der Rechtsprechung des BFH werden ehrenamtlich jene Tätigkeiten ausgeübt, die in einem anderen Gesetz als dem UStG ausdrücklich als solche genannt werden, die man im allgemeinen Sprachgebrauch herkömmlicherweise als ehrenamtlich bezeichnet oder die vom materiellen Begriff der Ehrenamtlichkeit umfasst werden. Satzungsrecht genügt nicht.3 Der materielle Begriff der Ehrenamtlichkeit setzt das Fehlen eines eigennützigen Erwerbsstrebens und die fehlende Hauptberuflichkeit des jeweils Tätigen sowie dessen Einsatz für eine fremdnützig bestimmte Einrichtung voraus. In einem Vertrag, Gremienbeschluss oder in der Satzung muss festgehalten sein, wie viele Stunden der Ehrenamtliche durchschnittlich pro Woche oder Monat tätig ist. Aus der Höhe der Pauschale und dem voraussichtlichen Zeitaufwand muss sich ergeben, dass nicht mehr als 50 € pro Stunde bzw. 17.500 € pro Jahr gezahlt werden.4 Es ist nicht erforderlich, dass die Einrichtung gemeinnützige Zwecke verfolgt.5 Der BFH stellt neuerdings den Charakter der Tätigkeit von Aufsichtsratsmitgliedern o.ä. als selbständige und damit umsatzsteuerpflichtige Leistung generell in Frage.6 Unabhängig von der Höhe der gezahlten Entschädigung kann sozialversicherungspflichtig sein, wer wie ein Arbeitnehmer für den Verein tätig ist. Dabei wird die Ausübung von typischen Verwaltungsaufgaben in der Rechtsprechung teilweise dem Arbeitnehmerstatus zugeordnet. Das Bundessozialgericht hat jedoch zu Recht klargestellt, dass ehrenamtliche Tätigkeit nicht ausschließlich auf repräsentative Aufgaben beschränkt sein muss.7 Bei Unsicherheit kann eine Entscheidung der Einzugsstelle (Krankenkasse) über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung erwirkt werden (§ 28h SGB IV). Im Statusverfahren (§ 7a SGB IV mit Zuständigkeit der Deutschen Rentenversicherung Bund) wird festgestellt, ob ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt.
1 Hoppe/Groffy, npoR 2019, 205, 207. 2 BFH v. 25.1.2011 – V B 144/09, juris. 3 BFH v. 17.12.2015 – V R 45/14, BStBl. II 2017, 658. BMF-Schreiben v. 8.6.2017 – III C 3 S 7185/09/10001-06, npoR 2017, 222. 4 BMF-Schreiben v. 29.8.2014 – IV D 3-S7185/09/10001-04, 2014/0762143. 5 BFH v. 4.5.1994 – XI R 86/92, BFHE 174, 573 = UR 1994, 469 = BB 1994, 773; BFH v. 25.1.2011 – V B 144/09, juris. 6 BFH v. 27.11.2019 – V R 23/19 (V R 62/17) = DStR 2020, 279. Ausf. Besprechung mit Fokus auf gemeinnützige Rechtsträger Roth, npoR 2020, 232–239. 7 BSG v. 16.8.2017 – B 12 KR 14/16 R, BSGE 124, 37 = npoR 2018, 35 mit Anm. Lenz.
864 | Stöber/Otto
4. Spendenabzug bei Zuwendungen an Vereine | Rz. 1874 IXXX.
e) Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher usw. Ein nebenberuflich1 tätiger Übungsleiter (z.B. Trainer, Dirigent), Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder eine Person mit einer vergleichbaren nebenberuflichen Tätigkeit sowie wer nebenberuflich künstlerisch oder in der Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen tätig ist, kann Vergütungen für die genannten Tätigkeiten bis zur Höhe von 3000 € (bis 31.12.2020: 2400 €) im Kalenderjahrsteuerfrei erhalten (§ 3 Nr. 26 EStG).2 Die Schiedsrichtertätigkeit gilt als nicht vergleichbar.3 Die Steuerbefreiung wird auch für eine Tätigkeit in einem Zweckbetrieb gewährt. Werden mit Einkünfteerzielungsabsicht Einnahmen unterhalb des Freibetrags erzielt, können in Höhe der Differenz die die damit zusammenhängenden höheren Aufwendungen als Verlust geltend gemacht werden.4
1871
Auf den einmaligen Jahresbetrag begrenzt sind auch Einnahmen in einem Jahr für eine in mehreren Jahren ausgeübte Tätigkeit.5 Einnahmen oberhalb der Grenze sind je nach Tätigkeit als Einnahmen aus freiberuflicher Tätigkeit oder aus nicht selbständiger Arbeit zu versteuern. Der einmalige Jahresbetrag gilt auch für Einnahmen aus mehreren nebenberuflichen Tätigkeiten, z.B. Tätigkeit für verschiedene gemeinnützige Organisationen. Auf Entgelte, die nach § 3 Nr. 26 EStG steuerfrei sind, fallen keine Sozialabgaben an (wie Rz. 1868).
1872
4. Spendenabzug bei Zuwendungen an Vereine Nach § 10b EStG sind Zuwendungen (Spenden und Mitgliedsbeiträge) zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke i.S.d. §§ 52 bis 54 AO (dazu Rz. 107 ff.) in bestimmten Umfang als Sonderausgaben abziehbar. Abzugsfähig sind bis zu 20 vom Hundert des Gesamtbetrags der Einkünfte des Steuerpflichtigen oder 4 Promille der Umsatzzahl zzgl. Lohn- und Gehaltssumme.
1873
Der Empfänger muss eine juristische Person oder Dienststelle im Bereich der EU oder eine nach Maßgabe des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG steuerbefreite Körperschaft sein (außerdem Körperschaften in EU-Staaten gem. § 10b Abs. 1 Nr. 3 EStG). Voraussetzung für die steuerliche Abziehbarkeit ist die Vorlage einer förmlichen, Zuwendungsbzw. Spendenbestätigung (Muster im Anhang E). Ausstellen darf sie ein Verein nur, wenn seine Gemeinnützigkeit (vorläufig) festgestellt ist.6 Die Zuwendungsbestätigung
1874
1 Zu den Fallstricken insoweit: Bender, DStR 2015, 2257–2262. 2 Zum Abzug von den Freibetrag überschießenden Betriebs- oder Werbungskosten FG Brandenburg, Urt. v. 5.12.2007 – 7 K 3121/05, FG Berlin-Bdb. v. 5.12.2007 – 7 K 3121/05 B, EFG 2008, 1535. 3 FG Nürnberg v. 15.4.2015 – 5 K 1723/12, EFG 2015, 1425. 4 § 3c Abs. 1 EStG greift nicht nur bei Einnahmen über dem Freibetrag; BFH v. 20.11.2018 – VIII R 17/16, DStR 2019, 972; BFH v. 20.12.2017 – III R 23/15, DStR 2018, 1630. 5 BFH 154, 81 = BFH v. 23.6.1988 – IV R 21/86, BStBl. II 1988 890; BFH BStBl. III 1990 686 = BB 1990, 1548. 6 Zur Neuregelung des Feststellungsverfahrens durch § 60a AO und mögliche Probleme vor Eintragung des Vereins Schütz/Runte, DStR 2013, 1261.
Stöber/Otto | 865
IXXX. Rz. 1874 | Steuerrechtliche Hinweise
kann dem Spender auch elektronisch übermittelt werden, wenn das Dokument schreibgeschützt ist.1 In Ausnahmen (Spenden zur Linderung der Not in Katastrophenfällen oder bei einer 300 € (bis 31.12.2020: 200 €) nicht übersteigenden Spende) kann unter bestimmten Voraussetzungen als Nachweis ein Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung eines Kreditinstituts als Spendennachweis genügen. Der BFH2 hat jüngst die den Sonderausgabenabzug eröffnenden Zuwendungsbestätigungen wie folgt charakterisiert: – Gemäß § 50 Abs. 1 EStDV dürfen Zuwendungen i.S.d. §§ 10b und 34g EStG grundsätzlich nur abgezogen werden, wenn sie durch eine Zuwendungsbestätigung nachgewiesen werden, die der Empfänger nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck ausgestellt hat. Eine Zuwendungsbestätigung stellt daher nicht lediglich ein bloßes Mittel der Glaubhaftmachung einer einkommensteuerrechtlichen Abzugsposition dar, sondern ist eine unverzichtbare materiell-rechtliche Voraussetzung für den Sonderausgabenabzug von Zuwendungen. – Inhaltlich muss die Zuwendungsbestätigung Angaben enthalten, die für den Abzug wesentlich sind, insbesondere also die Höhe des zugewendeten Betrags, den beabsichtigten Verwendungszweck und den steuerbegünstigten Status der spendenempfangenden Körperschaft3 – Für den Spendenabzug ist ferner der Zeitpunkt der Zuwendung rechtserheblich. Ausgaben sind für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind (§ 11 Abs. 2 EStG). Wenn dieser Zeitpunkt unstreitig ist, kann dahinstehen, ob die Angabe des genauen Zeitpunkts der Zuwendung in der Spendenbestätigung unverzichtbare sachliche Voraussetzung für den Spendenabzug ist oder ob der Steuerpflichtige sämtliche anderen Beweismittel zum Nachweis der Tatsache und des Zeitpunkts der Zuwendung bemühen kann.4 – Die Angabe des korrekten Datums der Ausstellung in der Zuwendungsbestätigung ist hingegen keine unabdingbare Voraussetzung für den Spendenabzug. Das Ausstellungsdatum der Zuwendungsbestätigung ist für den Spendenabzug jedoch unter folgendem Gesichtspunkt rechtserheblich: Der Zuwendungsempfänger muss in dem Zeitpunkt, in dem er die Zuwendungsbestätigung ausstellt, hierzu berechtigt sein. Eine Zuwendungsbestätigung, die von einer Körperschaft ausgestellt wird, die im – insoweit maßgeblichen- Zeitpunkt der Ausstellung bereits dem Grunde nach zu einer solchen Handlung nicht befugt ist, kann nicht Grundlage für die Erlangung des Sonderausgabenabzugs sein. Demnach ist es unschädlich, wenn die auf den 24.11.2008 datierte Bestätigung einer am 24.12.2008 erhaltenen Zuwendung auf die erst am 16.1.2009 erteilte vorläufige Bescheinigung der Ge-
1 BMF-Schreiben v. 6.2.2017 – IV C 4 - S 2223/07/012, DOK 2016/1033014, DStR 2017, 330. Zum Verfahren siehe die Einkommensteuerrichtlinien, R 10 b.1 (4). 2 BFH v. 12.12.2017 – X R 46/16, juris Rz. 27–30. 3 Zu unrichtigen Bestätigungen BFH v. 12.8.1999 – XI R 65/98, BFHE 190, 144 = BStBl. II 2000, 65, v. 24.4.2002 – XI R 123/96, BFHE 199, 162 = BStBl. II 2003, 128. 4 Dafür FG München v. 14.8.2006 – 15 K 1701/04.
866 | Stöber/Otto
4. Spendenabzug bei Zuwendungen an Vereine | Rz. 1876 IXXX.
meinnützigkeit für das Veranlagungsjahr 2008 verweist, also offensichtlich rückdatiert wurde. – Bei mehreren Spenden im Lauf eines Jahres können sowohl jeweils einzelne Bescheinigungen wie auch eine Sammelbescheinigung für das gesamte Kalenderjahr erteilt werden. Abzugsfähige Zuwendungen sind Spenden und Mitgliedsbeiträge. Spenden können Geld- und Sachwertzuwendungen sein (Zuwendung von Wirtschaftsgütern, § 10b Abs. 3, S. 1 EStG, § 9 Abs. 2 S. 2 KStG). Bei Sachspenden kann zur Wertbestimmungen eine etwaige Steuerverstrickung zu beachten sein.1 Eine abzugsfähige Spende liegt nicht vor, wenn aus Anlass des Beitritts zu einem Verein ein Darlehen geleistet und zugleich auf dessen Rückzahlung verzichtet wurde.2 Ebenso, wenn es sich tatsächlich mangels Freiwilligkeit nicht um eine Spende handelt, sondern um eine versteckte Aufnahmegebühr.3 Nicht abzugsfähig sind Leistungen ohne Wertabgabe aus dem geldwerten Vermögen des Zuwendenden (z.B. unentgeltliche Dienst- oder Arbeitsleistungen) und Nutzungen (z.B. Überlassung eines Grundstücks, auch eines Saales oder Platzes zur unentgeltlichen Nutzung) und nicht Leistungen auf Grund gegenseitiger Verträge (z.B. Schulgeld, das Eltern an den Trägerverein einer Privatschule zahlen4). Ausgeschlossen vom Spendenabzug sind die einem Steuerpflichtigen in einem Strafverfahren, insbesondere bei Strafaussetzung zur Bewährung, auferlegte Geldleistung5 sowie der als Auflage für Einstellung des Verfahrens gezahlte Geldbetrag (§ 153a Abs. 1 Nr. 2 StPO).6 Bei den Mitgliedsbeiträgen kommt es auf den Vereinszweck an: Mitgliedsbeiträge an Körperschaften, die den Sport (§ 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 21 AO), kulturelle Betätigungen, die in erster Linie der Freizeitgestaltung dienen, die Heimatpflege und Heimatkunde (§ 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 22 AO) oder Zwecke i.S.d. § 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 23 AO fördern, sind nicht abzugsfähig.
1875
Crowdfunding (Schwarmfinanzierung) ist nicht gleichzusetzen mit Spenden, denn Crowdfunding-Beiträge zielen in der Regel auf den Erhalt einer Gegenleistung ab. Organisation und Abwicklung der einzelnen Akquisemethoden können aber sehr unterschiedlich gestaltet sein. Die Finanzverwaltung erkennt an, dass Crowdfunding
1876
1 Zur Spende von Wertpapieren Müller/Tolksdorf, DStR 2015, 2116. 2 FG Düsseldorf v. 19.4.1994 – 16 K 293/09, FG Düsseldorf v. 19.4.1994 – 16 K 293/90 E, EFG 1995, 710 (Golfclub). 3 BFH v. 2.8.2006 – XI R 6/03, BFHE 214, 378 = FR 2007, 145 = NJW 2007, 145. 4 BFH 67, 165 = BStBl. III 1958 335; BFH 70, 621 = BStBl. III 1960 231; BFH v. 25.8.1987 – IX R 24/85, FR 1987, 622 = FamRZ 1988, 163 = BB 1988, 42 = Betrieb 1987, 2616 = BStBl. II 1987 850. Es ist auch nicht teilweise als Spende abziehbar, BFH BB 1988, 42 = Betrieb 1987, 2616 = BStBl. II 1987 (50; Erlass des FinMin. NW v. 22.6.1988, Betrieb 1988, 1355. Einzelheiten über die Behandlung der Mitgliedsbeiträge und sonstigen Zuwendungen an Schulvereine (Privatschulen) im Erlass des FinMin. Niedersachsen v. 15.2.1990 – S 2223-20-352, Betrieb 1990, 763. Zur Spendenfähigkeit von Elternleistungen an gemeinnützige Schulvereine (Schulen in freier Trägerschaft) außerdem BMF-Schreiben v. 4.1.1991, Betrieb 1991, 256 = BStBl. I 1992 266. 5 BFH 79, 277 = BStBl. III 1964 333. 6 BFH v. 19.12.1990 – X R 40/86, FR 1991, 201 = BB 1991, 601 = Betrieb 1991, 996 = BStBl. II 1991 234 = NJW 1991, 1320.
Stöber/Otto | 867
IXXX. Rz. 1876 | Steuerrechtliche Hinweise
auch in der Form einer anlassbezogenen Spendensammlung erfolgt, die in der Regel ein festes Sammlungsziel hat. Nur bei Erreichen des Sammlungsziels in der vorgegebenen Höhe und Zeit leitet das Crowdfunding-Portal die eingesammelten Mittel an die jeweiligen Projektveranstalter weiter. Wenn der Empfänger der Finanzierungsmittel aus dem Crowdfunding eine nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG i.V.m. den §§ 51 ff. AO steuerbegünstigte Körperschaft oder juristische Person des öffentlichen Rechts ist, ist diese nach den allgemeinen gemeinnützigkeits- und spendenrechtlichen Regelungen berechtigt, für die erhaltenen Mittel Zuwendungsbestätigungen nach § 50 Abs. 1 EStDV auszustellen.1 Crowdfunding als Form der Darlehensacquise ist hingegen unter bankenrechtlichen Aspekten zu bewerten (oben Rz. 438 ff.). 1877
Eine Geldspende kann auch der Verzicht auf den Ersatz von Aufwendungen gegenüber dem Verein sein, wenn er zum Empfang steuerlich abzugsfähiger Zuwendungen berechtigt ist.2 Vorausgesetzt ist jedoch, dass zunächst ein echter Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen entstanden ist, aber auf die Erstattung verzichtet worden ist (§ 10b Abs. 3 S. 5 EStG) und dass der Anspruch nicht unter der Bedingung des Verzichts eingeräumt worden ist (§ 10b Abs. 3 S. 6 EStG). Bei der Beurteilung, ob die Entschädigung ernsthaft vereinbart ist, kann es auch auf deren Höhe im Verhältnis zu Vermögen und Einnahmen des Vereins ankommen.3 Die Aufwendungen müssen fremdnützig sein, d.h. sie dürfen nicht (auch) der Wahrnehmung eigener Mitgliederrechte geschuldet sein.4 Beispiele: Anerkennungsfähig: Verzicht auf Erstattung der Aufwendungen, die ein Übungsleiter oder Bootsobmann der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft für die Fahrten von der Wohnung zu den Freibädern und Hallenbädern verlangen kann.5 Nicht anerkennungsfähig: Verzicht auf Kostenerstattung durch ein Mitglied (oder dessen Eltern) zur Teilnahme (als aktiver Sportler oder als Zuschauer) an einem Wettkampf oder Training, und zwar auch dann, wenn in Fahrgemeinschaft andere Mitglieder mittransportiert werden.6
1878
Grundsätzliche Überlegungen hat das FG München wie folgt zusammengefasst: „Bei der Beurteilung des Verzichts auf die Erstattung von Aufwendungen ist zu berücksichtigen, dass es die Beteiligten in der Hand haben, ob sie unentgeltlich, ob sie entgeltlich oder ob sie unentgeltlich, aber zumindest gegen Ersatz ihrer Aufwendungen tätig werden wollen. Dabei werden die Beteiligten auch Überlegungen anstellen, wie die Situation für alle Beteiligten am günstigsten gestaltet werden kann. Bietet das Steuergesetz bestimmte Wege, so können diese Wege von den Steuerpflichtigen be1 BMF-Schreiben (koordinierter Ländererlass) v. 15.12.2017 – IV C 4-S-2223/17/10001, BStBl. I S. 2018, 246. 2 Näher zur steuerlichen Anerkennung sog. Aufwandsspenden s. BMF-Schreiben v. 7.6.1999, BStBl. I 591 = NJW 2000, 195. Aktualisierung mit BMF-Schreiben v. 25.11.2014 (IV C – 4 S 223/07/0010:005), ZStV 2015, 46; dazu Emser, DStR 2015, 1960. 3 FG Berlin-Brandenburg v. 4.3.2014 – 6 K 9244/11, DStRE 2014, 1480. 4 FG Berlin-Brandenburg v. 4.3.2014 – 6 K 9244/11, DStRE 2014, 1480. 5 BFH 125, 170 = BB 1978, 1045. 6 FG Berlin-Brandenburg v. 4.3.2014 – 6 K 9244/11, DStRE 2014, 1480.
868 | Stöber/Otto
4. Spendenabzug bei Zuwendungen an Vereine | Rz. 1881 IXXX.
schritten werden, ohne dass ihnen missbräuchliches Verhalten vorgehalten werden kann. Im Rahmen des Spendenabzugs sieht § 10b Abs. 3 Satz 4 EStG die Möglichkeit des Verzichts auf einen Aufwendungsersatzanspruch ausdrücklich vor. Es ist daher prinzipiell nicht zu beanstanden, wenn die Steuerpflichtigen diese Gestaltung wählen. Allerdings ist im Hinblick auf die gleich gelagerten Interessen von Spender und Empfänger in Fällen dieser Art darauf zu achten, dass die Beteiligten ernstlich gewollte, klare, eindeutige und widerspruchsfreie Abmachungen getroffen haben und dass die einzelnen Verträge und Willenserklärungen ihrem Inhalt entsprechend durchgeführt worden sind; die Vereinbarungen müssen insoweit einem „Fremdvergleich“ standhalten.“1 Bei der Körperschaftsteuer ist als Besonderheit zu berücksichtigen, dass steuerpflichtig der Verein (die Körperschaft), nicht sein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist. Die Zuwendung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs an „seinen“ Verein ist deshalb keine Ausgabe, die einer anderen Rechtspersönlichkeit geleistet wird, sondern Gewinnverwendung. Die Einkünfte des Vereins aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb darf eine solche Vermögensumschichtung daher nicht mindern; eine solche Ausgabe ist steuerlich nicht abzugsfähig (Abschn. 42 Abs. 8 KStR). Spenden, die gemeinnützige Vereine aus ihrem der Besteuerung unterliegenden Einkommen aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben anderen zuwenden, die als Empfänger die Voraussetzungen des § 48 EStDV (Rz. 1874) erfüllen, die insbesondere Körperschaft nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG sind, sind auch abziehbar, wenn die Empfänger der Spenden gleichartige gemeinnützige Zwecke wie die Spenderin verfolgen (Abschn. 42 Abs. 9 KStR).
1879
Als Zuwendungsempfänger haben (berechtigte) Vereine (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG; § 49 Nr. 2 EStDV) die Vereinnahmung der Spenden (Zuwendungen) und ihre zweckentsprechende Verwendung ordnungsgemäß aufzuzeichnen; sie haben ein Doppel der Zuwendungsbestätigung aufzubewahren (§ 50 Abs. 4 EStDV). Aus den Aufzeichnungen muss sich bei Sachzuwendungen2 und beim Verzicht auf Erstattung von Aufwand auch die Grundlage für den vom Empfänger bestätigten Wert der Zuwendung ergeben (§ 50 Abs. 4 S. 2 EStDV). Das amtliche Muster der Zuwendungsbestätigungen sieht ausdrücklich eine Erklärung darüber vor, ob es sich um eine Aufwandsspende im Sinn des BMF-Schreibens v. 7.11.20133 handelt. Bei der Rückspende verzichtet der Spender auf einen ihm vom Verein vertraglich geschuldeten Werk- oder Dienstlohn oder sonstigen Zahlungsanspruch. Dieser Anspruchsverzicht ist begrifflich keine Aufwandsspende, ist aber vergleichbar zu behandeln und sollte auf einer Zuwendungsbestätigung auch offengelegt werden.4
1880
Unrichtig ist eine Spendenbestätigung z.B. dann, wenn sie Zuwendungen zu Unrecht als solche ausweist.5 Als Aussteller haftet grundsätzlich der Verein für den mit 30 %
1881
1 2 3 4 5
FG München v. 7.7.2009 – 6 K 3583/07, juris. Zu Bewertungsrisiken Müller/Tolksdorf, DStR 2015, 2116. IV C – S 2223/07/0018: 005, BStBl. I 2013, 1333. Ausf. Rausch/Meirich, DStR 2017, 2269. BFH v. 12.8.1999 – XI R 65/98, BFHE 190, 144 = NJW 2000, 1063 (verdecktes Schulgeld).
Stöber/Otto | 869
IXXX. Rz. 1881 | Steuerrechtliche Hinweise
des zugewendeten Betrages geschätzten Steuerausfall (§ 10b Abs. 4 Satz 2, Satz 3 EStG).1 Auch wenn Bescheinigungen vorsätzlich oder grob fahrlässig für ein falsches Kalenderjahr ausgestellt wurden, liegt ein wesentlicher Fehler vor, der Grundlage für eine Haftungsinanspruchnahme gem. § 10b Abs. 4 Satz 2 EStG i.V.m. § 191 Abs. 1 AO sein kann.2 1882
Das früher sehr gebräuchliche Durchlaufspendenverfahren gilt nach wie vor als zulässig3, findet aber nur mehr wenig Anwendung. S. hierzu zuletzt ausführlich in 7. Aufl., Rz. 1661.
1883
Zuwendungen an nicht steuerbegünstige Vereine unterliegen grundsätzlich der Schenkungsteuer. Überlässt also ein Dritter von ihm angestellte und entlohnte Arbeitnehmer einem Verein und verzichtet er auf die Geltendmachung eines Vergütungsersatzanspruchs, liegt in dem Verzicht eine steuerbare freigebige Zuwendung des Dritten an den Verein.4 Eine solche kann auch anfallen, wenn außerordentliche, nicht satzungsgemäße Mitgliederleistungen erbracht werden, ohne dass ihnen eine Gegenleistung des Vereins gegenübersteht.5
5. Mitgliedsbeiträge und Spenden an politische Parteien und Wählervereinigungen 1884
Bei Mitgliedsbeiträgen und Spenden an politische Parteien (§ 2 PartG) und eingetragene oder nicht rechtsfähige Vereine ohne Parteicharakter mit dem ausschließlichen Zweck, an Wahlen mit eigenen Wahlvorschlägen teilzunehmen (unabhängige Wählervereinigungen; Einzelheiten § 34g S. 1 EStG) vermindert sich die tarifliche Einkommensteuer nach § 34g EStG. Die Ermäßigung beträgt 50 v.H. der Ausgaben, höchstens jeweils 825 € für Ausgaben an politische Parteien und an Vereine ohne Parteicharakter, bei Zusammenveranlagung von Ehegatten höchstens jeweils 1650 €. Zahlungsnachweis für Mitgliedsbeiträge an politische Parteien: Bareinzahlungsbelege, Buchungsbestätigungen oder Beitragsquittungen (§ 50 Abs. 3 EStDV). Vgl. auch Muster für Zuwendungen an Wählervereinigungen in Anhang D.
1885
Soweit eine Steuerermäßigung nach § 34g EStG nicht gewährt wird (wenn die Zuwendungen die nach § 34g EStG berücksichtigungsfähigen Ausgaben übersteigen),
1 Der Unterzeichner persönlich haftet nur im Ausnahmefall, vgl. BFH v. 24.4.2002 – XI R 123/96, BFHE 199, 162 = FR 2002, 1195 mit Anm. Starke = NVwZ 2003, 378. S. auch Schießl, SpuRt 2004, 53; Müller/Tolksdorf, DStR 2015, 2116. 2 FG München v. 7.7.2009 – 6 K 3583/07, juris. 3 Hüttemann, NJW 2000, 638 (639) unter Hinweis auf BR-Drucks. 418/99, 10. 4 BFH v. 30.8.2017 – II R 46/15, ECLI:DE:BFH:2017:U.300817.IIR46.15.0, BStBl. II 2019, 38 = NJW 2018, 813 m krit. Anm Knittel.+ SpuRt 2018, 41,. 5 Problem des Sponsoring, s. BFH v. 15.3.2007 – II R 5/04, FR 2007, 851 = BB 2007, 1087 mit Anm. Mückl = ZEV 2007, 285 mit Anm. Viskorf; vMaydell, npoR 2019, 250. Zum Crowdfunding BMF-Schreiben v. 15.12.2017 – IV C 4 - S 2223/17/10001, BStBl. I S. 2018, 246.
870 | Stöber/Otto
5. Politische Parteien und Wählervereinigungen | Rz. 1886 IXXX.
können Mitgliedsbeiträge und Spenden an politische Parteien (§ 2 PartG) bei Veranlagung zur Einkommensteuer als Sonderausgaben bis zur Höhe von (weiteren) insgesamt 1650 €, im Falle der Zusammenveranlagung von Ehegatten bis zur Höhe von (weiteren) 3300 € im Kalenderjahr abgezogen werden (§ 10b Abs. 2 EStG). Das Körperschaftsteuergesetz sieht einen Abzug von Mitgliedsbeiträgen (weil Mitglieder nur natürliche Personen sein können, § 2 Abs. 1 S. 2 PartG) und Spenden an politische Parteien und Wählervereinigungen (wegen verfassungsrechtlicher Bedenken1) nicht vor.
1 BVerfG 85, 264 = BVerfG v. 9.4.1992 – 2 BvE 2/89, MDR 1992, 525 = NJW 1992, 2545.
Stöber/Otto | 871
1886
XXX. Hinweise zum Datenschutz 1. Geltung der EU-DSGVO und des BDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verantwortlicher . . . . . . . . . . . . . . 3. Verarbeitung personenbezogener Daten im Verein . . . . . . . . . . . a) Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtmäßigkeit der Verarbeitung . c) Grundsätze der Datenverarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1887 1893 1899 1899 1902
4. Auftragsverarbeitung . . . . . . . . . . 5. Informationspflichten . . . . . . . . . 6. Betroffenenrechte . . . . . . . . . . . . . 7. Umgang mit Datenschutzverletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Dokumentationen und Regelwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1918 1921 1924 1931 1935
1913
Literatur Behn/Weller, Datenschutz für Vereine, 2010; Börding/Schönefeld, Big Data im Leistungssport – Datenschutzrechtliche Anforderungen an die Vereine, SpuRt 2016, 19; Eggers, Quick Guide Bildrechte. Rechtssichere Bildnutzung für Unternehmen, Vereine, Behörden, 2, Aufl. 2019; Ehmann/Kranig, Bayer. Landesamt für Datenschutzaufsicht: Erste Hilfe zur Datenschutz-Grundverordnung, 2018; Freudenberg/Manz. Rechtliche Auswirkungen er Europäischen Datenschutz-Grundverordnung auf den Non-Profit-Bereich und praktischer Handlungsbedarf, npoR 2018, 145–152; Herbst, Was sind personenbezogene Daten? NVwZ 2016, 902–906; Hessischer Beauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit, Datenschutz im Verein, online über www.datenschutz.hessen.de, Stand 13.06.2018, Abruf 20.5.2020; Hoeren, Kirchlicher Datenschutz nach der Datenschutzgrundverordnung, NVwZ 2018, 373; Hoeren/Baur/Röttgen, Musterdatenschutzerklärung für Websitebetreiber nach den Vorgaben der DSGVO, online über https://www.uni-muenster.de/Jura.itm/hoeren/lehre/materialien/muster datenschutzerklaerung, Abruf 20.5.2020; Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen, Datenschutz im Verein, Stand Dezember 2019, online unter https://lfd.niedersachsen.de/ startseite/themen/vereine/datenschutz-im-verein-56043.html, Abruf 20.5.2020; Landesbeauftragter für den Datenschutz im Land Baden-Württemberg, Datenschutz im Verein nach der DS-GVU, Stand 23.7.2019, online über www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de, Abruf 20.5.2020; Lehmann, Arbeitsheft für Kassenprüfer (mit Hinweisen zum Datenschutz S. 28–44 von insges. 60 Seiten). 2018; v.d.Linden, Hauptversammlungen – neue Herausforderungen durch die DSGVO, BB 2019, 75–79; Müller, Datenschutz im Verein, 2020; Reich, Überblick über die Betroffenenrechte nach der DSGVO und dem BDSG (neu), VuR 2018, 293; Schulte, Datenschutzgrundverordnung – ein pragmatischer Lösungsansatz für kleine und mittlere Unternehmen und größere Vereine, 2019; Winter, Leistungsdaten im Kontext des Datenschutzrechts, SpuRt 2020, 168; Weller, Datenschutz für Vereine, 2. Aufl. 2020. Mehrere Landesdatenschutzbeauftragte bieten online fortlaufend aktualisierte Hinweisblätter, Vorlagen und Checklisten an.
1. Geltung der EU-DSGVO und des BDSG Als nicht öffentliche Stellen i.S.d. § 2 Abs. 4 BDSG sind auch die Vereine zum Datenschutz verpflichtet. Für Kirchen und religiöse Vereinigungen oder Gemeinschaften Stöber/Otto | 873
1887
XXX. Rz. 1887 | Hinweise zum Datenschutz
enthält Art. 91 EU-DSGVO eine Sonderbestimmung. In Deutschland gehen die beiden großen Kirchen nach eigenen Datenschutzgesetzen vor.1 1888
Der Begriff der Datenverarbeitung reicht sehr weit. Er umfasst „das Erheben, das Erfassen, die Organisation, das Ordnen, die Speicherung, die Anpassung oder Veränderung, das Auslesen, das Abfragen, die Verwendung, die Offenlegung durch Übermittlung, Verbreitung oder eine andere Form der Bereitstellung, den Abgleich oder die Verknüpfung, die Einschränkung, das Löschen oder die Vernichtung von personenbezogenen Daten“. Das können mit, aber auch ohne Zuhilfenahme automatisierter Verfahren ausgeführte Vorgänge sein (Art. 4 Nr. 2 EU-DSGVO). Auch sofern Vereine eine Mitgliederverwaltung noch per „Papierkladde“ bewältigen, befreit der Verzicht auf eine EDV-Unterstützung keineswegs von der Beachtung des Datenschutzes. Daten werden genutzt für die Verwaltung und Betreuung der Vereinsmitglieder ebenso wie für die Organisation von Vereinsveranstaltungen mit externen Gästen oder sonstigen Leistungsbeziehern. Auch die Weitergabe von Daten an Dritte zur Bearbeitung wie z.B. den Steuerberater oder den Dachverband o.ä. und Veröffentlichungen im Internet bedürfen datenschutzrechtlicher Betrachtung.
1889
Die Datenschutz-Grundverordnung der EU (EU-DSGVO)2 gilt für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie für die nichtautomatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem3 gespeichert sind oder gespeichert werden sollen. Sie gilt u.a. nicht für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch natürliche Personen zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten (Art. 2 Abs. 1 EU-DSGVO). Das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)4 fokussiert sich auf öffentliche Stellen des Bundes, gilt aber auch für nichtöffentliche Stellen für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie die nicht automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen. Es gilt nicht, wenn die Verarbeitung durch natürliche Personen zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten erfolgt (§ 1 Abs. 1 S. 2 BDSG). Schon an diesen beiden Bestimmungen zeigt sich, dass die Anwendungsbereiche von EU-DSGVO und BDSG gerade für die Tätigkeit nichtöffentlicher Stellen in weiten Teilen nebeneinander stehen. Soweit eine datenschutzrechtliche Frage unmittelbar in der EU-DSGVO geregelt ist, findet das BDSG keine Anwendung (§ 1 Abs. 5 BDSG). Daher empfiehlt sich, zunächst die Vorschriften der EU-DSGVO zu prüfen und lediglich für den Fall, dass dort Konkretisierungsmöglichkeiten vor-
1 Überblick Hoeren, NVwZ 2018, 373. 2 Vom 27.4.2016, ABl. Nr. L 119 v. 4.5.2016, 2016, S. 1–88, in Kraft seit 25.5.2018. Auf einen Abdruck wurde verzichtet. 3 Ein Dateisystem ist jede strukturierte Sammlung personenbezogener Daten, die nach bestimmten Kriterien zugänglich sind, unabhängig davon, ob die Sammlung zentral, dezentral oder nach funktionalen oder geografischen Kriterien geordnet wird (Art. 4 Nr. 6 EUDSGVO) – also auch der Karteikasten! 4 Bundesdatenschutzgesetz v. 30.6.2017 (BGBl. I 2097), zuletzt geändert durch Gesetz v 20.11.2019 (BGBl. I 1626). Auf einen Abdruck wurde verzichtet.
874 | Stöber/Otto
1. Geltung der EU-DSGVO und des BDSG | Rz. 1891 XXX.
gesehen sind, das BDSG heranzuziehen.1 Die dem Text der EU-DSGVO vorangestellten „Erwägungsgründe“ geben eine dem nationalen Recht in dieser Form fremde amtliche Auslegungshilfe.2 Die Landesdatenschutzgesetze wiederum kommen in Betracht, wenn eine öffentliche Stelle eines Landes Daten verarbeitet oder als Auftraggeber handelt – sie können hier außer Acht bleiben. Wo die Datenverarbeitung erfolgt, ist für die Anwendung der Normen nicht relevant. Sie greifen also auch dann, wenn ein in Deutschland eingetragener Verein personenbezogene Daten im Ausland außerhalb der EU verarbeiten lässt (vgl. Art. 3 EU-DSGVO). Sie schützen auch die Daten von Nicht-EU-Ausländern. Soweit beide Rechtsgrundlagen für die „persönlichen und familiären“ Tätigkeiten eine Ausnahme machen, entlastet dies die Vereine nicht. Denn selbst wenn nur der eigene Familienverbund Mitglied ist, ist der Verein als Normadressat selbst keine natürliche Person. Der Freizeitcharakter einer Vereinstätigkeit und ihre Zuschreibung zur privaten Sphäre der Mitglieder ändern also nichts an der Geltung von EUDSGVO und BDSG.
1890
Das gesamte Datenschutzrecht dient als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dem Schutz der Informationellen Selbstbestimmung des Menschen,3 auch in Form eines Grundrechts auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme.4 Das bedeutet einerseits, dass jeder Eingriff – im Ergebnis auch durch den privaten Verein – einer positiven Begründung bedarf (Art. 6 Abs. 1 EU-DSGVO). Es beschränkt andererseits den Schutz auf „personenbezogene Daten“. Damit gemeint sind „alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen; als identifizierbar wird sie angesehen, wenn sie direkt oder indirekt, insbesondere mittels Zuordnung zu einer Kennung wie einem Namen, zu einer Kennnummer, zu Standortdaten, zu einer Online-Kennung oder zu einem oder mehreren besonderen Merkmalen, die Ausdruck der physischen, physiologischen, genetischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität dieser natürlichen Person sind, identifiziert werden kann (Art. 4 Nr. 1 EU-DSGVO).5 Andere Mitglieder oder Geschäftskontakte des Vereins als na-
1891
1 Kühling, NJW 2017, 1985 (1986). 2 Vgl. auch die Leitlinien des Europäischen Datenschutzausschusses (Art. 70 Abs. 1 e EUDSGVO) zur Verarbeitung personenbezogener Daten gemäß Art. 6 Abs. 1 b DSGVO im Zusammenhang mit der Bereitstellung von Online-Diensten für betroffene Personen, Abruf. 20.5.2020 mit Stand Version 2.0, 8. Oktober 2019, unter https://edpb.europa.eu/ourwork-tools/our-documents/leitlinien/guidelines-22019-processing-personal-data-under-arti cle-61b_en. 3 Vgl. bereits BVerfG v. 15.12.1983 – 1 BvR 209/83 u.a., BVerfG v. 15.12.1983 – 1 BvR 209/ 83, 1 BvR 269/83, 1 BvR 362/83, 1 BvR 420/83, 1 BvR 440/83, 1 BvR 484/83, BVerfGE 65, 1–71 („Volkszählungsurteil“). 4 BVerfG v. 27.2.2008 – 1 BvR 370/07 u.a., BVerfG v. 27.2.2008 – 1 BvR 370/07, 1 BvR 595/ 07, BVerfGE 120, 274–350. 5 Die Auslegung des Merkmals Identifizierbarkeit ist hoch streitig: Reicht es, wenn irgendjemand die Verknüpfung zur Person herstellen könnte oder kommt es auf Kenntnisse und Equipment der verarbeitenden Stelle an? Ausf. hierzu Herbst, NVwZ 2016, 902–906.
Stöber/Otto | 875
XXX. Rz. 1891 | Hinweise zum Datenschutz
türliche Personen sind also mit ihren Daten als solche nicht geschützt. Aber auch in diesem Bereich können Datenschutzregeln eingreifen, sobald auch die persönlichen Daten der jeweiligen (gesetzlichen oder gewillkürten) Vertreter erfasst werden.1 1892
Die EU-DSGVO gilt seit 25. Mai 2018. Hinsichtlich der Mitglieder, die damals schon erfasst waren, bestehen aufgrund einer Übergangsregel keine (nachträglichen) Informationspflichten über die Verarbeitung ihrer Daten iSd Art. 12–14 EU-DSGVO (Rz. 1921 ff.). Hierbei ist aber daran zu denken, dass sich die Art und Weise der Datenverwaltung und insbesondere auch die Medien etwaiger Veröffentlichungen mit der Zeit ändern. Soweit hier neue Formen hinzukommen, bedarf es auch für die Bestandsmitglieder einer neuen Datenschutzinformation.
2. Verantwortlicher 1893
Die Datenschutzbestimmungen richten sich zumeist an den „Verantwortlichen“. Das ist die natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, die allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet (Art. 4 Nr. 7 EU-DSGVO). Soweit es um die Datenverarbeitung innerhalb eines Vereins geht, ist der Verein als juristische Person selbst auch die verantwortliche Stelle.2 Für ihn handelt in der Regel der Vorstand. Der Vorstand ist aufgrund seiner Geschäftsführungszuständigkeit jedenfalls im Regelmodell des § 27 BGB derjenige, der die Entscheidungsgewalt über Zwecke und Mittel der Datenverarbeitung innehat. Soweit den Vorstandsmitgliedern als den natürlichen Personen, die hinter dem Handeln des Vereins stehen, eine persönliche Verantwortung zugeschrieben wird,3 betrifft dies vorrangig ihr Verhältnis zum Verein und einen möglichen Regress des Vereins, wenn dieser von Dritten für Datenschutzverletzungen in Anspruch genommen wird oder Bußgelder zu zahlen hat. Insofern gelten die allgemeinen Regeln, insbesondere auch § 31a BGB.
1894
Das Handeln von Beschäftigten (wieder einschließlich ehrenamtlich tätiger Vereinsmitglieder, s. dazu bereits Rz. 684) wird dem Verantwortlichen (dem Verein) zugerechnet, wenn sie die relevanten datenschutzrechtlichen Verarbeitungstätigkeiten unter der unmittelbaren Verantwortung des Verantwortlichen vornehmen und in den Organisationsbereich des Verantwortlichen eingegliedert, somit weder Auftragsdatenverarbeiter (Rz. 1918 ff.) noch Dritte sind (Umkehrschluss aus Art. 4 Nr. 8, Nr. 10 EU-DSGVO). Eine Konzernverantwortlichkeit kennt die EU-DSGVO ebenso wenig wie das BDSG. Wird aber z.B. in einem Dachverband die Mitgliederverwaltung über eine gemeinsame Software abgewickelt, welche die Datenbestände nicht vollständig
1 Heckmann/Scheurer in Heckmann, jurisPK-Internetrecht, 6. Aufl. (Stand: 07.07.2020), Kap. 9 Rz. 101. 2 Schulte, S. 18. 3 Heckmann/Scheurer in Heckmann, jurisPK-Internetrecht, 6. Aufl. (Stand: 7.7.2020), Kap. 9 Rz. 202.
876 | Stöber/Otto
2. Verantwortlicher | Rz. 1898 XXX.
trennt,1 kann eine gemeinsame Verantwortlichkeit (Art. 4 Nr. 7, Art. 26 EU-DSGVO) bestehen.2 Der Verantwortliche setzt unter Berücksichtigung der Art, des Umfangs, der Umstände und der Zwecke der Verarbeitung sowie der unterschiedlichen Eintrittswahrscheinlichkeit und Schwere der Risiken für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen geeignete technische und organisatorische Maßnahmen um. Ziel ist sicherzustellen und den Nachweis dafür zu erbringen, dass die Verarbeitung datenschutzkonform erfolgt. Diese Maßnahmen werden erforderlichenfalls überprüft und aktualisiert. Sofern es in einem angemessenen Verhältnis zu den Verarbeitungstätigkeiten steht, müssen diese Maßnahmen auch die Anwendung geeigneter Datenschutzvorkehrungen durch den Verantwortlichen umfassen (Art. 24 EU-DSGVO). Datenschutz ist also immer auch eine Frage der Datensicherheit – und im Rahmen dessen zu lösen, was nach den Verhältnissen des jeweiligen Vereins angemessen ist.
1895
Wenn ein interner oder externer Datenschutzbeauftragter bestellt ist, unterstützt er den Verantwortlichen. Die Bestellung ändert aber nichts an der Verantwortung des Vereins selbst bzw. des geschäftsführenden Organs. Ausführlich zum Datenschutzbeauftragten bereits oben Rz. 683 ff.
1896
Verantwortlichkeit bedingt bei Pflichtverletzung Sanktion. „Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein“ (Art. 84 Abs. 1 EU-DSGVO). Im Vorfeld des Inkrafttretens der EU-DSGVO wurde dazu in der Öffentlichkeit insbesondere das Moment der Abschreckung stark diskutiert – häufig mit abschreckender Wirkung auf das Publikum, und zwar gegenüber den Zielen und Inhalten der Datenschutzgesetzgebung im Ganzen. Tatsächlich zeichnet sich der originäre deliktsrechtliche Schadenersatzanspruch nach Art. 82 EU-DSGVO für alle Arten von Datenschutzverletzungen durch einen recht umfassenden Schadensbegriff aus und soll dadurch möglichst effektiv wirken.3 Anspruchsberechtigt ist „jede Person“, der durch einen Verstoß gegen die EU-DSGVO ein Schaden entstanden ist. Hierzu zählen insbesondere sämtliche unmittelbar betroffenen Personen i.S.v. Art. 4 Nr. 1 EUDSGVO, aber auch z.B. deren Familienmitglieder als Dritte, sofern sie infolge eines Datenschutzverstoßes einen entsprechenden Nachteil erleiden.4 Mögliche Verstöße bilden insbesondere solche gegen die Bestimmungen zur rechtskonformen Verarbeitung von Daten, zur Gewährleistung der Datensicherheit (Art. 32 EU-DSGVO) oder gegen Informations- und Mitteilungspflichten (Art. 12 ff. EU-DSGVO bzw. §§ 32–33 BDSG).
1897
Die Aufsichtsbehörden können Verwarnungen aussprechen und dem Verantwortlichen oder einem Auftragsdatenverarbeiter Weisungen erteilen (Art. 58 EU-DSGVO).
1898
1 Schulte, S. 19. 2 Im Zweifel zivilrechtlich gesamtschuldnerische Haftung für Schäden Dritter, Art. 82 Abs. 4 EU-DSGVO. 3 Heckmann/Scheurer in Heckmann, jurisPK-Internetrecht, 6. Aufl. (Stand: 7.7.2020), Kap. 9 Rz. 525/528. 4 Heckmann/Scheurer in Heckmann, jurisPK-Internetrecht, 6. Aufl. (Stand: 7.7.2020), Kap. 9 Rz. 529.
Stöber/Otto | 877
XXX. Rz. 1898 | Hinweise zum Datenschutz
Bußgeldvorschriften enthalten Art. 83 EU-DSGVO (mit Verfahrensbestimmung in § 41 BDSG) und – für den Verein kaum relevant – § 43 BDSG. Dabei können praktisch alle Verletzungen der EU-DSGVO Bußgelder auslösen, es hat aber eine umfassende Abwägung des Einzelfalls stattzufinden (Kriterien in Art. 83 Abs. 2 a) bis k)). Strafbewehrt sind die wissentliche gewerbliche Zugänglichmachung privater Daten an eine große Zahl von Personen sowie die unberechtigte Verarbeitung nicht allgemein zugänglicher persönlicher Daten gegen Entgelt oder mit Bereicherungsabsicht (§ 42 BDSG).
3. Verarbeitung personenbezogener Daten im Verein a) Begriffe 1899
Zum – weiten – Begriff der Datenverarbeitung s. bereits oben Rz. 1888 und einführend zu den „personenbezogene Daten“ Rz. 1889. Personenbezogene Daten liegen nur vor, wenn es sich um Informationen zu wenigstens identifizierbaren natürlichen Personen handelt. Verstorbene sollen nicht darunter fallen.1 Daraus wird geschlossen, dass ein Verein datenschutzrechtlich unbedenklich Nachrufe oder Sterbelisten veröffentlichen dürfe.2 Das ist nicht unbedenklich mindestens in Hinblick auf etwaige mitberührte Daten der Hinterbliebenen (Angabe einer „Traueradresse“, Daten der Familie im Nachruf …). Bei der Verbreitung von Bildern lebender oder verstorbener Personen ist außerdem § 23 Abs. 2 des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie (KunstUrhG) zu beachten. Keine Informationen sind grundsätzlich Angaben über Personengruppen ohne die Möglichkeit der Identifizierung einzelner und ohne, dass das Auswertungsergebnis auf einzelne Gruppenzugehörige Rückwirkung hat.3
1900
Die Daten können in jeder Art, also in Schrift, Bild oder Ton verkörpert sein. Im Einzelnen kommen vor allem in Betracht: – Persönliche Daten: Name, Anschrift und Geburtsdatum, Familienstand, Zahl der Kinder, Nationalität, Religionszugehörigkeit, Behinderungen, … – Sachliche Daten: Beruf, Telefonnummer, E-Mail-Adresse, Anschrift, persönliche Interessen, Mitglied in Organisationen, Datum des Vereinsbeitritts, Wettkampfklasse, Turnierergebnisse …
1 Heckmann/Scheurer in Heckmann, jurisPK-Internetrecht, 6. Aufl. (Stand: 7.7.2020), Kap. 9 Rz. 96. 2 Müller, S. 17 mit Verweis auf Erwägungsgrund 27 zur EU-DSGVO. Das BDSG macht von einer Öffnungsklausel keinen Gebrauch. 3 Beispiele von Heckmann/Scheurer in Heckmann, jurisPK-Internetrecht, 6. Aufl. (Stand: 7.7.2020), Kap. 9 Rz. 105: Das Ergebnis anonymer Zählung, wie oft von einem Download Gebrauch gemacht wurde, ist ohne Personenbezug und kann weiter verarbeitet werden. Das Ergebnis einer (innerhalb der Gruppe anonymen) Auswertung der Leistung einer Gruppe hat hingegen Personenbezug, wenn daraus Konsequenzen auf die Stellung (z.B. das leistungsbezogene Gehalt) der Gruppenzugehörigen abgeleitet werden sollen.
878 | Stöber/Otto
3. Verarbeitung personenbezogener Daten im Verein | Rz. 1902 XXX.
Die Abgrenzung ist dabei unerheblich. Entscheidend ist, dass der Begriff weit zu verstehen und im Zweifel stets von Personenbezug auszugehen ist. Auch triviale und unbedeutend erscheinende Daten sind geschützt.1 „Besondere Kategorien personenbezogener Daten“ bilden nach Art. 9 Abs. 1 EUDSGVO personenbezogene Daten, aus denen die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit hervorgehen, genetische Daten, biometrischen Daten zur eindeutigen Identifizierung einer natürlichen Person, Gesundheitsdaten oder Daten zum Sexualleben oder der sexuellen Orientierung einer natürlichen Person. Die Verarbeitung ist nur unter gesteigerten Voraussetzungen zulässig (dazu Art. 9 Abs. 2–4 EU-DSGVO, § 26–28 BDSG) und unterliegt stets besonderer Sorgfalt.2 Eine weitere Sonderstellung haben Informationen über Straftaten (Art. 10 EU-DSGVO).
1901
b) Rechtmäßigkeit der Verarbeitung Der Umgang mit personenbezogenen Daten ist nach Art. 6 Abs. 1 EU-DSGVO3 nur rechtmäßig, wenn (1) eine Einwilligung vorliegt oder (2) die Verarbeitung – für die Erfüllung eines Vertrags, dessen Vertragspartei die betroffene Person ist, oder zur Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen erforderlich ist, die auf Anfrage der betroffenen Person erfolgen, – zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich ist, der der Verantwortliche unterliegt, – erforderlich ist, um lebenswichtige Interessen der betroffenen Person oder einer anderen natürlichen Person zu schützen; – für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich ist, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde oder 1 Heckmann/Scheurer in Heckmann, jurisPK-Internetrecht, 6. Aufl. (Stand: 7.7.2020), Kap. 9 Rz. 105 mit Verweis auf BVerfG v. 15.12.1983 – 1 BvR 209/83 u.a., BVerfG v. 15.12.1983 – 1 BvR 209/83, 1 BvR 269/83, 1 BvR 362/83, 1 BvR 420/83, 1 BvR 440/83, 1 BvR 484/83, BVerfGE 65, 1–71 und EuGH, Gutachten 1/15 des Gerichtshofs (Große Kammer) v. 26.7.2017 – 1/15 – ECLI:EU:C:2017:592. 2 Zu Art. 9 Abs. 2 kann hier nicht vertieft ausgeführt werden. Hinzuweisen ist wenigstens auf Art. 9 Abs. 2 lit. d): Zulässig ist danach die Verarbeitung auf der Grundlage geeigneter Garantien durch eine politisch, weltanschaulich, religiös oder gewerkschaftlich ausgerichtete Stiftung, Vereinigung oder sonstige Organisation ohne Gewinnerzielungsabsicht im Rahmen ihrer rechtmäßigen Tätigkeiten. Die Verarbeitung darf sich ausschließlich auf die Mitglieder beziehen oder auf ehemalige Mitglieder oder Personen, die im Zusammenhang mit deren Tätigkeitszweck regelmäßige Kontakte mit der Organisation unterhalten. Auch dann dürfen die personenbezogenen Daten nicht ohne Einwilligung der betroffenen Personen nach außen offengelegt werden. Zu Vereinen mit wissenschaftlichen oder historischen Forschungszwecken, Archiven und statistischen Zwecken s auch §§ 27, 28 BDSG. 3 S erläuternd dazu auch die Erwägungsgründe 40–47 zur EU-DSGVO.
Stöber/Otto | 879
1902
XXX. Rz. 1902 | Hinweise zum Datenschutz
– zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen, insbesondere dann, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt. 1903
Für den Verein sind diese Aspekte unterschiedlich relevant:1 – Die Einwilligung.2 Sie kann zwar jede Datenverarbeitung abdecken, ist allerdings zumeist nicht „Mittel der Wahl“. Denn sie unterliegt einigen Anforderungen an Formulierung (obwohl sie grundsätzlich sogar formfrei möglich ist, darf sie u.a. nicht intransparent in AGB „versteckt“ sein)3 und Nachweis (Einzelheiten: Art. 7 EU-DSGVO). Vor allem aber ist sie jederzeit frei widerruflich (worüber der Einwilligende vorab informiert sein muss, Grundsatz der „informierten Einwilligung“). Der Widerruf lässt zwar eine bis zu seiner Erklärung erfolgte Datenverarbeitung unberührt, wirkt aber ab sofort und kann daher ganz erheblich in laufende Verarbeitungsprozesse eingreifen. Von einer Verwendung der Einwilligung als „Allheilmittel“ ist auch vor dem Hintergrund abzuraten, dass nach einem Widerruf nach der h.M. wohl nicht beliebig auf der Grundlage eines anderen einschlägigen Erlaubnistatbestands weitergearbeitet werden kann. Aus einer datenschutzrechtlichen Transparenzpflicht des Verantwortlichen sei zu schließen, dass Einwilligung einerseits und Erlaubnis im Zuge der Erfüllung eines Vertrags andererseits nicht alternativ als Rechtfertigung einer Datenverarbeitung angeführt werden können. Es handele sich vielmehr um verschiedene Konzepte mit nicht nur unterschiedlichen Voraussetzungen, sondern auch unterschiedlichen Rechtsfolgen.4 Die Rechtsgrundlage müsse zu Beginn der Verarbeitung 1 Zu den wesentlichen Erlaubnisgründen einer Datenverarbeitung siehe etwa die FAQ des Bayer Landesamts für Datenschutzaufsicht zum Stichwort „Was muss ein Verein im Zusammenhang mit der Erstellung und Veröffentlichung von Bildern beachten?“ https://www. lda.bayern.de/media/veroeffentlichungen/FAQ_Bilder_und_Verein.pdf; Abruf 20.4.2020. Danach ergibt sich die Berechtigung zur Erstellung und Veröffentlichung von Bildern aus einem Vertrag, wie z. B. der Satzung oder einer Datenschutzordnung eines Vereins (Art. 6 Abs. 1 b DS-GVO), als Ergebnis einer Abwägung der berechtigten Interessen des Vereins mit den Interessen der betroffenen Personen, die fotografiert werden sollen (Art. 6 Abs. 1 f DS-GVO), oder aus einer Einwilligung der betroffenen Person, die fotografiert werden soll (Art. 6 Abs. 1 a DS-GVO). Kritisch zur Legitimation durch Satzung (und wohl erst Recht durch eine Datenschutzordnung) Weller, S. 56 f. 2 Im Internet haben nicht zuletzt die Aufsichtsbehörden kostenfrei zugängliche Muster für Einwilligungen veröffentlicht. Siehe etwa das Beispiel des Thüringer Landesbeauftragten für Datenschutz und Datensicherheit, https://www.tlfdi.de/mam/tlfdi/themen/anwendungs beispiel_einwilligung_.pdf (letzter Abruf 20.5.2020). 3 Einverständnis durch bloße Untätigkeit, Stillschweigen oder auch Bestätigung eines bereits angekreuzten Kästchens im Rahmen einer längeren Erklärung ist unzureichend, EuGH v. 11.11.2020 – C-61/19, DB 2020, 2685. 4 Leitlinien des Europäischen Datenschutzausschusses, Rn. 20, Abruf. 20.5.2020 mit Stand Version 2.0, 8. Oktober 2019, unter https://edpb.europa.eu/our-work-tools/our-documents/ leitlinien/guidelines-22019-processing-personal-data-under-article-61b_en.
880 | Stöber/Otto
3. Verarbeitung personenbezogener Daten im Verein | Rz. 1904 XXX.
bestimmt und in der Datenschutzinformation zutreffend mitgeteilt werden. Die Leitlinien der Artikel-29-Datenschutzgruppe formulieren dazu ausdrücklich: „Wenn ein für die Verarbeitung Verantwortlicher personenbezogene Daten verarbeiten möchte, die tatsächlich für die Erfüllung eines Vertrags erforderlich sind, ist die Einwilligung nicht die geeignete Rechtsgrundlage.“1 – Die Vertragserfüllung. Das durch den Vereinsbeitritt begründete Mitgliedschaftsverhältnis wird soweit ersichtlich ganz unproblematisch als Art. 6 Abs. 1 lit. b) EUDSGVO genügendes Vertragsverhältnis angesehen.2 Zumeist wird sich der Verein im Verhältnis zu seinen Mitgliedern hierauf stützen. Schon mit der Interessensbekundung an einer Mitgliedschaft sind demnach vorvertragliche Maßnahmen einzuleiten.3 Eingrenzend wirkt jedoch die „Erforderlichkeit“. Erfasst sind davon alle Daten, die zur Mitgliederverwaltung und Mitgliederbetreuung benötigt werden. Beabsichtigt der Verein Datenverarbeitungen durchzuführen, die über die in der Satzung festgehaltenen Ziele hinausgehen, benötigt er dafür eine gesonderte Rechtsgrundlage.4 Beispiele für personenbezogene Daten, die im Rahmen und aufgrund der Mitgliedschaft verarbeitet werden dürfen: Sicherlich sind dies Name, Anschrift5, in der Regel auch Geburtsdatum6 und Bankverbindung (jedenfalls nach Erteilung eines Sepa-Mandats)7. Weitere Daten8 können je nach dem Vereinszweck erforderlich sein, was sich auch aus speziellen Anforderungen der Satzung an die Mitgliedschaft ergeben kann: Wenn die Habilitation Aufnahmevoraussetzung in einem Zivilrechtslehrerverein ist, muss er diese Tatsache samt Eckdaten (Datum, Betreuer, Universität) 1 Leitlinien des Europäischen Datenschutzausschusses, Rn. 19, Abruf. 20.5.2020 mit Stand Version 2.0, 8. Oktober 2019, unter https://edpb.europa.eu/our-work-tools/our-documents/ leitlinien/guidelines-22019-processing-personal-data-under-article-61b_en. 2 Landesbeauftragter für den Datenschutz im Land Baden-Württemberg, Datenschutz im Verein nach der DS-GVU, Stand 23.7.2019, Ziff. 2.1. 3 Müller, S. 67. 4 Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen, Datenschutz im Verein, Stand Dezember 2019, online unter https://lfd.niedersachsen.de/startseite/themen/vereine/daten schutz-im-verein-56043.html, Abruf 20.5.2020, S.4. Daraus erschließt sich zwanglos im Umkehrschluss, das eine zur Verwirklichung der satzungsmäßigen Vereinstätigkeit erforderliche Datenverarbeitung zulässig ist. 5 Ob eine E-Mail Adresse heute bereits standardmäßig dazu zählt, wird man nach den Verhältnissen des jeweiligen Vereins entscheiden. Enger Weller, S. 55: nur bei Funktionsträgern als Kommunikationsmittel erforderlich; die Angabe einer Telefon und Telefax-Nr. soll hingegen bei allen Mitgliedern selbstverständlich sein. 6 So ausdrücklich Landesbeauftragter für den Datenschutz im Land Baden-Württemberg, Datenschutz im Verein nach der DS-GVU, Stand 23.7.2019, Ziff. 2.1. Enger Weller, S. 28: Nur wenn Satzungsbestimmungen daran anknüpfen. M.E. ist der Geburtstag schon als eindeutiges Identifizierungsmerkmal erforderlich. 7 Zu eng ist die strenge Auffassung von Weller, S. 27: Das Mitglied müsse vor Erteilung des Einzugsauftrags darauf hingewiesen worden sein, dass dies keine zwingende Voraussetzung seiner Mitgliedschaft ist. 8 Ein empfehlenswertes plastisches Beispiel gibt Lehmann, Arbeitsheft für Kassenprüfer, S. 32 mit tabellenartiger Auflistung einzelner personenbezogener Daten – Zweck ihrer Verwendung – Berechtigungsgrund der Verarbeitung.
Stöber/Otto | 881
1904
XXX. Rz. 1904 | Hinweise zum Datenschutz auch aufzeichnen können. Ein Verein, in dem nur aktive Sportler vorstandsfähig sind, muss Aufzeichnungen führen, wer wann am Trainiung teilgenommen hat etc. Wenn die Veranstaltung sportlicher Wettkämpfe Vereinszweck ist, gehört dazu, die Mitgliedschaft und ggf. auch (wegen einer Qualifizierung u.Ä.) die nächste Verbandsebene über die Ergebnisse zu informieren. Handelt es sich um Profisportler, geht allerdings die „Durchführung eines Beschäftigungsverhältnisses“ (§ 26 Abs. 1 S. 1 BDSG) als die speziellere Rechtsgrundlage vor.1 Bei einer öffentlichen Veranstaltung darf auch die Presse informiert werden.2 Vom Vereinszweck gedeckt ist die Übermittlung von Daten an einen Versicherer, wenn der Verein für sich selbst oder zugunsten der Mitglieder Versicherungsverträge (Haftpflicht, Unfallschutz …) eingeht.3
1905
Die Erforderlichkeit ist nicht streng als Teil einer Verhältnismäßigkeitsprüfung anzusehen. Sie kann vielmehr schon gegeben sein, wenn die Verarbeitung als objektiv sinnvoll und für den Vertragszweck (Vereinszweck) förderlich angesehen werden kann.4 Eigene Mitglieder darf der Verein stets um Spenden bitten und dazu die Mitgliederdatenbank nutzen.5 Soweit sich das Erfordernis der Erhebung und weiteren Verarbeitung nicht unmittelbar aus der Satzung ergibt, sollte es in einer Vereinsordnung konkretisiert werden (Rz. 1942). Allerdings können weder Vereinsordnung (Datenschutzordnung) noch die Satzung eine Datenverarbeitung einführen, der jeder Bezug zum Vereinszweck fehlt.6 Hier bleibt nur das Instrument der Einwilligung. Die Nutzung von Mitgliederdaten für die vereinsfremder Werbung Dritter ist zB ohne Einwilligung der Mitglieder nicht zulässig und könnte auch durch Satzungsbestimmung in der Regel nicht verpflichtend gemacht werden. Letztlich ist auch immer der Kontext des Einzelfalls maßgeblich.7 Das gilt auch bei vertraglichen Kontakten außerhalb der Mitgliedschaft: Die Daten eines barzahlenden Gastes in der
1 Winter, SpuRt 2020, 168–174 (170 f.). Dort v.a. zur Zulässigkeit der Verarbeitung von Trainingsdaten des Profisportlers. 2 Vgl zum Ganzen die Erläuterung des Hessischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit, S. 3 f.: „Vereine und deren Mitglieder möchten ihre Ergebnisse gerne in Schrift und Bild veröffentlichen. Dabei sind die Interessen der betroffenen Personen zu berücksichtigen. Haben die betroffenen Personen in die Veröffentlichung von Text und Bildern eingewilligt, ist diese zulässig. Eine Einwilligung kann in Teilnahmeanträgen oder Spielerpässen enthalten sein. Die Einwilligungen müssen allerdings freiwillig erteilt werden. Über Veranstaltungen darf auch ohne ausdrückliche Einwilligung textlich und bildlich berichtet werden, wenn dabei die Veranstaltung im Vordergrund steht und Einzelpersonen nicht abgebildet werden. Ergebnisse von öffentlichen Wettkämpfen dürfen in der Regel auch ohne die ausdrückliche Zustimmung der Teilnehmer veröffentlicht werden. Eine Einwilligung ist nur für die Anmeldung zur Wettkampfteilnahme erforderlich. Im Einzelfall kann ein Teilnehmer begründen, welches besondere schutzwürdige Interesse einer Veröffentlichung seiner personenbezogenen Daten entgegenstehen könnte.“ Dem sollte dann gefolgt werden. 3 Landesbeauftragter für den Datenschutz im Land Baden-Württemberg, Datenschutz im Verein nach der DS-GVU, Stand 23.7.2019, Ziff. 2.1. 4 Heckmann/Scheurer in Heckmann, jurisPK-Internetrecht, 6. Aufl. (Stand: 7.7.2020), Kap. 9 Rz. 314. 5 Lehmann, Arbeitsheft für Kassenprüfer, S. 35. 6 Vgl. Lehmann, Arbeitsheft für Kassenprüfer, S. 30: Die Satzung kann Datenschutz-Grundrechte nicht aushebeln. 7 Müller, S. 47.
882 | Stöber/Otto
3. Verarbeitung personenbezogener Daten im Verein | Rz. 1909 XXX.
Vereinsgaststätte sind z.B. in aller Regel für die Bewirtung nicht erforderlich. Für die Datenverarbeitung im Rahmen eins Arbeitsverhältnisses gelten teils besondere Bedingungen (§ 26 BDSG, erlaubt zur Erfüllung von Arbeitgeberpflichten auch die Verarbeitung einzelner der „besonderen Kategorien personenbezogener Daten“). Wenn der Verein nachträglich die Vereinstätigkeit oder seine Veröffentlichungspraxis erweitert, dann gilt der darüber wirksam gefasste Vereinsbeschluss – von wenigen Sonderfällen wie Sonderrechten abgesehen – natürlich auch für diejenigen Mitglieder, die nicht oder dagegen gestimmt haben. Ihre Rechte und Pflichten im Mitgliedschaftsverhältnis können dadurch verändert werden, über eine zusätzliche Datenverarbeitung sind sie zu informieren.1 – Rechtliche Pflichten des Verantwortlichen. Möglich sind hier handels- und steuerrechtliche Aufzeichnungspflichten, nicht zuletzt aus einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb des Vereins. Als Arbeitgeber hat der Verein neben der Beachtung lohnsteuerrechtlicher Pflichten zahlreiche sozialversicherungsrechlich relevante Mitarbeiterdaten zu erfassen und weiterzumelden. In Ausnahmezeiten (Infektionsschutz) kann aber auch der oben genannte Vereinsgaststättenbesuch mit Kontaktdaten zu erfassen sein.
1906
– Lebenswichtige Interessen. In Ausnahmefällen mag das relevant werden: Wenn z.B. ein Rettungsdienst eV das Einsatzziel erfasst oder umgekehrt ein beliebiger Verein wegen eines Unfalls eines Mitglieds dessen Daten an den Rettungsdienst weitergibt.
1907
– Öffentliche Interessen können ganz ausnahmsweise eingreifen, wenn der Verein mit öffentlichen (hoheitlichen) Aufgaben beliehen ist. Aus § 27 BDSG (wo die Bearbeitung besonders geschützter Daten erlaubt wird) lässt sich folgern, dass hierunter wohl auch wissenschaftliche, historische Forschungszwecke und statistische Zwecke fallen können (ggf. nach Folgenabschätzung).
1908
– Interessenabwägung. Sie muss auf die konkreten Verarbeitungskonstellation bezogen sein. Allgemeine abstrakte, erst Recht spekulative Erwägungen genügen also nicht. Auf Seiten des Vereins können sowohl wirtschaftliche wie ideelle Aspekte für die Verarbeitungsmöglichkeit sprechen. Der Betroffene seinerseits kann entgegenstehende Interessen aller Art vorbringen.2 In der Abwägungsentscheidung sind die Interessen zu gewichten. Die Art der betroffenen Daten und die „vernünftigen Erwartungen“ des Betroffenen bezüglich der Verarbeitung seiner Daten sind zu berücksichtigen.3 Schwierig für den Verein kann bei diesem Berechtigungsgrund – wie auch beim „öffentlichen Interesse“ – ein in Art. 21 EU-DSGVetabliertes Widerspruchsrecht des Betroffenen werden. Er hat bei diesen beiden Berechtigungsgründen das Recht, aus Gründen, die sich aus seiner besonderen Situation ergeben, jederzeit gegen die Verarbeitung der ihn betreffenden personenbezogener Daten Widerspruch einzulegen. Der Verein muss die Verarbeitung dann einstellen, es sei
1909
1 Anders bei Einwilligung: Sie müsste ausdrücklich individuell erweitert werden. 2 Nach Müller, S. 76 bringt sogar schon der unbegründete Widerspruch den Verein in erhöhten Begründungszwang. 3 Erwägungsgrund 47 S. 1 Halbs. 2 zur EU-DSGVO.
Stöber/Otto | 883
XXX. Rz. 1909 | Hinweise zum Datenschutz
denn, er kann zwingende schutzwürdige Gründe für die Verarbeitung nachweisen, die die Interessen, Rechte und Freiheiten der betroffenen Person überwiegen, oder die Verarbeitung dient der Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen. Da der Betroffene zudem schon in der ersten Kommunikation auf dieses Widerspruchsrecht hingewiesen werden muss, ist diese Variante für den Verein häufig nicht viel tauglicher als das Instrument der Einwilligung. 1910
Beispiele zur Interessenabwägung (1) Ein Anwendungsfall ist etwa die Nutzung Daten Dritter, die dem Verein bekannt sind, so von Personen, die regelmäßig Eintrittskarten für Spiele beziehen.1 Sie darf der Verein auch ohne ausdrückliche Einwilligung für eigene Werbezwecke nutzen, soweit er ein Interesse an dieser Art der Werbung und direkten Ansprache seiner Gäste hat. Er muss sie aber über die Datenverarbeitung informieren (vorzugsweise beim ersten Kartenkauf). Sobald ein Betroffener widerspricht, muss er aus der Werbekartei genommen werden. Eines Grundes auf Seiten des Betroffenen bedarf es hier nicht, weil das Werbeinteresse des Vereins nicht besonders hoch gewichtet werden kann (anders allenfalls in zeitlicher Hinsicht, wenn eine laufende Kampagne faktisch nur mit unverhältnismäßigem Aufwand bzw. für einen einzelnen Betroffenen gar nicht gestoppt werden kann). (2) Fotos von Mitarbeitern, Vereinsmitgliedern oder Dritten dürfen nach Auffassung des Bayer Landesamts für Datenschutzaufsicht auf einer Vereinswebsite veröffentlicht werden. Dies sei in der Regel nach entsprechender Interessenabwägung2 auch ohne Einwilligung zulässig. Im Zweifel, insbesondere bei Kindern, Jugendlichen sowie anderen Schutzbedürftigen sollte jedoch vorab eine Einwilligung eingeholt werden. Denn wenn die Fotos erst einmal veröffentlicht sind, gibt es im Internet keine 100%ige Löschung. Außerdem sollten die abgebildeten Personen vorab über die Veröffentlichung informiert werden.3
1911
Jede Phase einer Datenverarbeitung bedarf eines eigenen Ermächtigungsgrunds. Ausnahmsweise kann es aber nach Art. 6 Abs. 4 zulässig sein, ein Datum, das zu dem einen Zweck rechtmäßig erhoben wurde, zu einem anderen Zweck weiter zu verarbeiten (oder wenigstens nicht gleich zu löschen): „Beruht die Verarbeitung zu einem anderen Zweck als zu demjenigen, zu dem die personenbezogenen Daten erhoben wurden, nicht auf der Einwilligung der betroffenen Person …, so berücksichtigt der Verantwortliche – um festzustellen, ob die Verarbeitung zu einem anderen Zweck mit demjenigen, zu dem die personenbezogenen Daten ursprünglich erhoben wurden, vereinbar ist – unter anderem a) jede Verbindung zwischen den Zwecken, für die die personenbezogenen Daten erhoben wurden, und den Zwecken der beabsichtigten Weiterverarbeitung, b) den Zusammenhang, in dem die personenbezogenen Daten erhoben wurden, insbesondere hinsichtlich des Verhältnisses zwischen den betroffenen Personen und dem Verantwortlichen,
1 Landesbeauftragter für den Datenschutz im Land Baden-Württemberg, Datenschutz im Verein nach der DS-GVU, Stand 23.7.2019, Ziff. 4.3. 2 Zu beachten ist auch § 23 Abs. 2 KunstUrhG. 3 Bayer Landesamts für Datenschutzaufsicht zum Stichwort „Internet – Dürfen Fotos von Mitarbeitern, Vereinsmitgliedern oder Dritten auf der Website veröffentlicht werden?“ https://www.lda.bayern.de/de/beratung.html; Abruf 20.5.2020.
884 | Stöber/Otto
3. Verarbeitung personenbezogener Daten im Verein | Rz. 1913 XXX.
c) die Art der personenbezogenen Daten, insbesondere ob besondere Kategorien personenbezogener Daten … verarbeitet werden, d) die möglichen Folgen der beabsichtigten Weiterverarbeitung für die betroffenen Personen, e) das Vorhandensein geeigneter Garantien, wozu Verschlüsselung oder Pseudonymisierung gehören kann.“ In besonderen Fällen kann vor der Datenverarbeitung die Erstellung einer Datenschutz-Folgenabschätzung geboten sein (Art. 35 EU-DSGVO), so zum Beispiel, wenn ein öffentlich zugänglicher Bereich videoüberwacht werden soll (Art. 35 Abs. 3 c EUDSGVO) oder vor der umfangreichen Verarbeitung besonderer Kategorien von personenbezogenen Daten (Art. 35 Abs. 3 b, Ar. 9 Abs. 1 EU-DSGVO).
1912
c) Grundsätze der Datenverarbeitung Den Umgang mit personenbezogenen Daten bestimmt Art. 5 EU-DSGVO: (1) Personenbezogene Daten müssen a) auf rechtmäßige Weise, nach Treu und Glauben und in einer für die betroffene Person nachvollziehbaren Weise verarbeitet werden („Rechtmäßigkeit, Verarbeitung nach Treu und Glauben, Transparenz“); b) für festgelegte, eindeutige und legitime Zwecke erhoben werden und dürfen nicht in einer mit diesen Zwecken nicht zu vereinbarenden Weise weiterverarbeitet werden; eine Weiterverarbeitung für im öffentlichen Interesse liegende Archivzwecke, für wissenschaftliche oder historische Forschungszwecke oder für statistische Zwecke gilt gem. Art. 89 Abs. 1 nicht als unvereinbar mit den ursprünglichen Zwecken („Zweckbindung“); c) dem Zweck angemessen und erheblich sowie auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt sein („Datenminimierung“); d) sachlich richtig und erforderlichenfalls auf dem neuesten Stand sein; es sind alle angemessenen Maßnahmen zu treffen, damit personenbezogene Daten, die im Hinblick auf die Zwecke ihrer Verarbeitung unrichtig sind, unverzüglich gelöscht oder berichtigt werden („Richtigkeit“); e) in einer Form gespeichert werden, die die Identifizierung der betroffenen Personen nur so lange ermöglicht, wie es für die Zwecke, für die sie verarbeitet werden, erforderlich ist; personenbezogene Daten dürfen länger gespeichert werden, soweit die personenbezogenen Daten vorbehaltlich der Durchführung geeigneter technischer und organisatorischer Maßnahmen, die von dieser Verordnung zum Schutz der Rechte und Freiheiten der betroffenen Person gefordert werden, ausschließlich für im öffentlichen Interesse liegende Archivzwecke oder für wissenschaftliche und historische Forschungszwecke oder für statistische Zwecke gem. Art. 89 Abs. 1 verarbeitet werden („Speicherbegrenzung“);
Stöber/Otto | 885
1913
XXX. Rz. 1913 | Hinweise zum Datenschutz
f) in einer Weise verarbeitet werden, die eine angemessene Sicherheit der personenbezogenen Daten gewährleistet, einschließlich Schutz vor unbefugter oder unrechtmäßiger Verarbeitung und vor unbeabsichtigtem Verlust, unbeabsichtigter Zerstörung oder unbeabsichtigter Schädigung durch geeignete technische und organisatorische Maßnahmen („Integrität und Vertraulichkeit“); (2) Der Verantwortliche ist für die Einhaltung des Abs. 1 verantwortlich und muss dessen Einhaltung nachweisen können („Rechenschaftspflicht“). 1914
Der Grundsatz der Datenminimierung verlangt, dass jeder im Verein nur die für die Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Mitgliederdaten erfahren und verarbeiten oder nutzen darf. So darf etwa der Vorstand auf alle Mitgliederdaten zugreifen, wenn er diese zur Aufgabenerledigung benötigt. Auch müssen der Vereinsgeschäftsstelle alle Mitgliederdaten regelmäßig für die Mitgliederverwaltung und -betreuung zur Verfügung stehen, während es in der Regel für den Kassierer genügt, wenn er die für den Einzug der Mitgliedsbeiträge relevanten Angaben (Name, Anschrift und Bankverbindung) kennt.1 Soweit Veröffentlichungen als Ausfluss der Mitgliedschaft oder in Konsequenz der Anmeldung zu einem Wettbewerb zulässig sind, müssen sie doch auf die zur Zweckerfüllung erforderlichen Daten begrenzt sein: Das Geburtsland des im Pokalkampf eines Ortsvereins erstplatzierten Läufers tut nichts zur Sache.
1915
Durch Datentrennung ist soweit als nach den Verhältnissen des jeweiligen Vereins möglich und zumutbar sicherzustellen, dass nur derjenige die Daten lesen und bearbeiten kann, der mit den mit diesen Daten verfolgten Zwecken betraut ist. Das schließt aber nicht aus, dass verschiedene Abteilungen der Vereinsgeschäftsführung untereinander Informationen weitergeben, wenn sie jeweils – z.B. im Rahmen des Mitgliedschaftsverhältnisses – diese Daten berechtigt halten. So kann sich die Wettkampfabteilung selbstverständlich bei der Mitgliederverwaltung erkundigen, wann ein Mitglied die nächste Altersklasse erreicht. In kleinen bis mittelgroßen Organisationen wird es darüber hinaus oft wirtschaftlich gar nicht anders möglich sein, als dass alle Vorstände und Vereinsmitarbeiter auf denselben Datenbestand zugreifen, weil der Aufwand einer technischen Trennung unverhältnismäßig wäre. Bei Personenidentität der in mehreren Funktionen handelnden Personen schließlich wäre eine technische Trennung bloße Förmelei. Der Grundsatz der Datentrennung gebietet dann vor allem Sensibilität bei der Herausgabe von Listen und Auswertungen nach Außen oder an Vereinsgremien, die für konkrete Beratungen oder Entscheidungen nicht alle Informationen benötigen.
1916
Die personenbezogenen Daten dürfen nur so lange gespeichert werden, wie ihre Kenntnis für die Erfüllung des Verarbeitungszwecks noch erforderlich ist. Werden sie aus Gründen der Dokumentation (insbesondere auch gesetzliche Aufbewahrungsfristen für Unterlagen der Buchhaltung) nicht sofort gelöscht, sind sie zu sperren. Nach Fristablauf sind sie zu löschen. Ist das Unterhalten eines Vereinsarchivs in der Satzung vorgesehen, kann die unbegrenzte Aufbewahrung von Informationen in diesem Archiv berechtigt sein.2 1 Lehmann, Arbeitsheft für Kassenprüfer, S. 34. 2 Müller, S. 70.
886 | Stöber/Otto
4. Auftragsverarbeitung | Rz. 1919 XXX.
Bei Ausscheiden von Vorstandsmitgliedern oder anderen für den Verein tätigen Personen ist sicherzustellen, dass sie den Zugriff auf die Daten verlieren, mit deren Bearbeitung sie nichts mehr zu tun haben. Insofern sollte sich der Verein (der neue Vorstand) im Rahmen der Übergabe der Vereinsunterlagen auch bestätigen lassen, dass alle personenbezogenen Daten aus der Vereinstätigkeit entweder samt Datenträger ausgehändigt oder auf allen beim Ausgeschiedenen verbleibenden Geräten, Datenträgern und seinem Zugriff unterliegenden Netzspeichern (Cloud) gelöscht sind.
1917
4. Auftragsverarbeitung Besondere Bestimmungen gelten, wenn der Verein die Datenverarbeitung einem externen Dienstleister überlässt. Solche „Auftragsverarbeiter“ (Art. 28 EU-DSGVO) können z.B. in eigenen Rechenzentren Buchhaltungsaufgaben ausführen, mit der Fernwartung des IT-Systems betraut sein, das „Schreddern“ von Akten übernehmen, Speicherplatz in der „Datencloud“ bereithalten oder den Datenstrom einer Onlinekonferenz organisieren. Der Datenverarbeiter wird in der Sphäre des „Verantwortlichen“ angesiedelt und ist wie dieser Adressat bußgeldbewehrter datenschutzrechtlicher Pflichten. Der Auftragsverarbeiter handelt auf gebundene Weisung des Verantwortlichen. Externe Betriebsärzte, Steuerberater (str. für reine Buchhaltungsaufgaben), Rechtsanwälte, Inkassounternehmen (jedenfalls bei Einzug auf eigene Rechnung) und andere, die zwar auf Auftrag tätig werden, im Übrigen aber in der Art der Erledigung frei sind, fallen nicht hierunter. Sie verarbeiten die vom Auftraggeber überlassenen Daten aus eigenem Recht und sind dabei häufig speziellen Berufsgeheimnissen unterworfen. Keine Auftragsverarbeiter, sondern „Datentreuhänder“ werden in der Praxis als unabhängige Einrichtungen eingesetzt, z.B. in Gestalt eines Notars, die etwa im Bereich der Forschung personenbezogene Daten in anonymisierter oder zumindest pseudonymisierter Form aufbewahren, die ihrerseits wiederum für die Verknüpfung von Daten aus verschiedenen Quellen benötigt werden.1
1918
Der Auftragsverarbeiter muss hinreichend Garantie dafür bieten, dass geeignete technische und organisatorische Maßnahmen so durchgeführt werden, dass die Verarbeitung im Einklang mit den datenschutzrechtlichen Anforderungen erfolgt und den Schutz der Rechte der betroffenen Person gewährleistet.2 Den Verantwortlichen trifft damit eine „Auswahlverantwortung“.3
1919
1 Heckmann/Scheurer in Heckmann, jurisPK-Internetrecht, 6. Aufl. (Stand: 7.7.2020), Kap. 9 Rz. 216. 2 Vgl. speziell für die Anbieter von Videokonferenz-Plattformen den Kriterienkatalog der Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationssicherheit unter https://www.daten schutz-berlin.de/fileadmin/user_upload/pdf/orientierungshilfen/2020-BlnBDI-Empfehlun gen_Pruefung_Auftragsverarbeitungsvertraege_Videokonferenz-Dienste.pdf, Stand 3.7.2020 (Abruf 2.9.2020). 3 Heckmann/Scheurer in Heckmann, jurisPK-Internetrecht, 6. Aufl. (Stand: 7.7.2020), Kap. 9 Rz. 229.
Stöber/Otto | 887
XXX. Rz. 1920 | Hinweise zum Datenschutz 1920
Der Verantwortliche hat mit jedem Auftragsverarbeiter mindestens in Textform eine Vereinbarung zu treffen. Zu den notwendigen Vertragsbestandteilen gehören „Gegenstand und Dauer der Verarbeitung, Art und Zweck der Verarbeitung, die Art der personenbezogenen Daten, die Kategorien betroffener Personen und die Pflichten und Rechte des Verantwortlichen“ (Art. 28 Abs. 3 S. 1 EU-DSGVO). Art. 28 Abs. 3 S. 2 EU-DSGVO enthält einen ganzen Katalog weiterer Anforderungen.1 Zu regeln sind (vgl. § 62 Abs. 5 Satz 2 BDSG ): – Der Auftragsverarbeiter darf nur auf dokumentierte Weisung des Verantwortlichen handeln und hat ihn zu informieren, wenn er eine Weisung für rechtswidrig erachtet. – Eine Verpflichtung des Auftragsverarbeiters, die zur Verarbeitung der personenbezogenen Daten befugten Personen zur Vertraulichkeit zu verpflichten, soweit sie keiner angemessenen gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegen. – Unterstützung des Verantwortlichen, die Einhaltung der Bestimmungen über die Rechte der betroffenen Person zu gewährleisten, – Rückgabe oder Löschung aller personenbezogenen Daten nach Abschluss der Erbringung der Verarbeitungsleistungen nach Wahl des Verantwortlichen. Vernichtung bestehender Kopien, wenn nicht nach einer Rechtsvorschrift eine Verpflichtung zur Speicherung der Daten besteht – Informations- und Überprüfungsrechte des Verantwortlichen und seiner Beauftragten, insbesondere damit dieser eigene Dokumentationspflichten erfüllen kann. – Regelungen zur Begründung von Unterauftragsverhältnissen (solche sind regelmäßig unzulässig, soweit nicht schriftlich genehmigt), – Unterstützungspflichten, unter anderem auch bei Datenschutzverletzungen.
5. Informationspflichten 1921
Art. 12 Abs. 1 S. 1 EU-DSGVO verpflichtet den Verantwortlichen, die geeigneten Maßnahmen zu treffen, um der betroffenen Person alle erforderlichen Informationen und alle Mitteilungen im Sinne der DSGVO zu übermitteln. Die Informationen sind unentgeltlich in präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache bereitzustellen. In keinem Fall müssen Daten nur zu dem Zweck erhoben werden, um Informationspflichten nach der EU-DSGVO erfüllen zu können, also um einen Betroffenen z.B. überhaupt per Post oder E-Mail zu erreichen (Art. 10 EU-DSGVO).
1922
Informationspflichten des Verantwortlichen ergeben sich aus den Art. 13 und 14 der EU-DSGVO. Diese Benachrichtigungspflichten setzen voraus, dass personenbezogene Daten bei der betroffenen Person erhoben werden (Art. 13) bzw. die Daten1 Formulierungshilfe des Bayerischen Landesamts für Datenschutzaufsicht abrufbar über https://www.lda.bayeRz.de/media/formulierungshilfe_av.pdf (letzter Abruf 2.4.2020).
888 | Stöber/Otto
5. Informationspflichten | Rz. 1923 XXX.
erhebung auf andere Weise erfolgt (Art. 14). §§ 32 und 33 BDSG enthalten Ausnahmen. Mit der Bereitstellung eines Internetangebots werden – wenn auch kurzzeitig – über die IP-Adresse in der Regel personenbezogen Informationen des Nutzers gespeichert. Schon für diese Datenerhebung bedarf es einer Datenschutzerklärung.1 Zum Einsatz von Online-Konferenzdiensten s. Rz. 791. Art. 13 EU-DSGVO
1923
(1) Werden personenbezogene Daten bei der betroffenen Person erhoben, so teilt der Verantwortliche der betroffenen Person zum Zeitpunkt der Erhebung dieser Daten Folgendes mit: a) den Namen und die Kontaktdaten des Verantwortlichen sowie gegebenenfalls seines Vertreters; b) gegebenenfalls die Kontaktdaten des Datenschutzbeauftragten; c) die Zwecke, für die die personenbezogenen Daten verarbeitet werden sollen, sowie die Rechtsgrundlage für die Verarbeitung; d) wenn die Verarbeitung auf Art. 6 Abs. 1 Buchstabe f beruht, die berechtigten Interessen, die von dem Verantwortlichen oder einem Dritten verfolgt werden; e) gegebenenfalls die Empfänger oder Kategorien von Empfängern der personenbezogenen Daten und f) gegebenenfalls die Absicht des Verantwortlichen, die personenbezogenen Daten an ein Drittland oder eine internationale Organisation zu übermitteln, sowie das Vorhandensein oder das Fehlen eines Angemessenheitsbeschlusses der Kommission oder im Falle von Übermittlungen gem. Art. 46 oder Art. 47 oder Art. 49 Abs. 1 Unterabs. 2 einen Verweis auf die geeigneten oder angemessenen Garantien und die Möglichkeit, wie eine Kopie von ihnen zu erhalten ist, oder wo sie verfügbar sind. (2) Zusätzlich zu den Informationen gem. Abs. 1 stellt der Verantwortliche der betroffenen Person zum Zeitpunkt der Erhebung dieser Daten folgende weitere Informationen zur Verfügung, die notwendig sind, um eine faire und transparente Verarbeitung zu gewährleisten: a) die Dauer, für die die personenbezogenen Daten gespeichert werden oder, falls dies nicht möglich ist, die Kriterien für die Festlegung dieser Dauer; b) das Bestehen eines Rechts auf Auskunft seitens des Verantwortlichen über die betreffenden personenbezogenen Daten sowie auf Berichtigung oder Löschung oder auf Einschränkung der Verarbeitung oder eines Widerspruchsrechts gegen die Verarbeitung sowie des Rechts auf Datenübertragbarkeit; 1 Neben diversen kommerziellen „Datenschutz-Generatoren“ empfiehlt sich die Erarbeitung einer individuellen Datenschutzerklärung zB entlang des Musters von Hoeren/Baur/Röttgen, https://www.uni-muenster.de/Jura.itm/hoeren/lehre/materialien/musterdatenschutzerklae rung, Abruf 20.5.2020. Ohne Hinzuziehung eines versierten IT-Betreuers wird dies allerdings nicht zu bewältigen sein.
Stöber/Otto | 889
XXX. Rz. 1923 | Hinweise zum Datenschutz
c) wenn die Verarbeitung auf Art. 6 Abs. 1 Buchstabe a oder Art. 9 Abs. 2 Buchstabe a beruht, das Bestehen eines Rechts, die Einwilligung jederzeit zu widerrufen, ohne dass die Rechtmäßigkeit der aufgrund der Einwilligung bis zum Widerruf erfolgten Verarbeitung berührt wird; d) das Bestehen eines Beschwerderechts bei einer Aufsichtsbehörde; e) ob die Bereitstellung der personenbezogenen Daten gesetzlich oder vertraglich vorgeschrieben oder für einen Vertragsabschluss erforderlich ist, ob die betroffene Person verpflichtet ist, die personenbezogenen Daten bereitzustellen, und welche mögliche Folgen die Nichtbereitstellung hätte und f) das Bestehen einer automatisierten Entscheidungsfindung einschließlich Profiling gem. Art. 22 Abs. 1 und 4 und – zumindest in diesen Fällen – aussagekräftige Informationen über die involvierte Logik sowie die Tragweite und die angestrebten Auswirkungen einer derartigen Verarbeitung für die betroffene Person. (3) Beabsichtigt der Verantwortliche, die personenbezogenen Daten für einen anderen Zweck weiterzuverarbeiten als den, für den die personenbezogenen Daten erhoben wurden, so stellt er der betroffenen Person vor dieser Weiterverarbeitung Informationen über diesen anderen Zweck und alle anderen maßgeblichen Informationen gem. Abs. 2 zur Verfügung. (4) Die Abs. 1, 2 und 3 finden keine Anwendung, wenn und soweit die betroffene Person bereits über die Informationen verfügt.
6. Betroffenenrechte 1924
Art. 15 EU-DSGVO gewährt ein praktisch voraussetzungsloses Auskunftsrecht potentiell Betroffener. Der Auskunftsanspruch geht zunächst dahin zu erfahren, ob überhaupt den Anfragenden betreffende persönliche Daten verarbeitet werden. Ist das der Fall, dann ist der Verein verpflichtet zur Auskunft über die Verarbeitungszwecke, die Kategorie der personenbezogenen Daten, die geplante Speicherdauer, das Bestehen eines Rechts auf Berichtigung, Löschung, Einschränkung der Verarbeitung oder Widerspruch, das Bestehen eines Beschwerderechts und die Herkunft der Daten (sofern diese nicht vom Verein erhoben wurden).1 Auf Antrag stellt der Verantwortliche dem Betroffenen eine Kopie der personenbezogenen Daten zur Verfügung, die Gegenstand der Verarbeitung sind. Stellt die betroffene Person den Antrag elektronisch, so sind die Informationen in einem gängigen elektronischen Format zur Verfügung zu stellen, sofern sie nichts anderes angibt. Nur für weiteren Kopien, die die betroffene Person beantragt, kann ein angemessenes Entgelt auf der Grundlage der Verwaltungskosten gefordert werden (Art. 15 Abs. 3 EU-DSGVO).
1 Ein Muster des Bayer. Landesamt für Datenschutzaufsicht für eine Auskunft ist online frei zugänglich unter https://www.lda.bayeRz.de/media/muster/muster_auskunftserteilung. docx (letzter Abruf 2.4.2020).
890 | Stöber/Otto
6. Betroffenenrechte | Rz. 1929 XXX.
§ 34 BDSG schränkt das Auskunftsrecht für bestimmte Fälle ein. Es besteht u.a. dann nicht, wenn die Daten nur deshalb gespeichert sind, weil sie aufgrund gesetzlicher oder satzungsmäßiger Aufbewahrungsvorschriften nicht gelöscht werden dürfen oder ausschließlich Zwecken der Datensicherung oder der Datenschutzkontrolle dienen. Weitere Voraussetzung ist in beiden Fällen, dass die Auskunftserteilung einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde sowie eine Verarbeitung zu anderen Zwecken durch geeignete technische und organisatorische Maßnahmen ausgeschlossen ist. Die Gründe der Auskunftsverweigerung sind zu dokumentieren. Eigene personenbezogenen Daten, die sie dem Verein bereitgestellt haben, sind den Betroffenen nach näherer Maßgabe von Art. 20 EU-DSGVO in einem strukturierten, gängigen und maschinenlesbaren Format zu überlassen. Sie können auch verlangen, diese Daten einem anderen Verantwortlichen zu übermitteln
1925
Der Betroffene hat das Recht, von dem Verantwortlichen unverzüglich die Berichtigung ihn betreffender unrichtiger personenbezogener Daten zu verlangen. Unter Berücksichtigung der Zwecke der Verarbeitung hat die betroffene Person das Recht, die Vervollständigung unvollständiger personenbezogener Daten – auch mittels einer ergänzenden Erklärung – zu verlangen (Art. 16 EU-DSGVO).
1926
Art. 17 EU-DSGVO enthält ein Recht auf Löschung bzw. „Vergessenwerden.“ Betroffene können die Löschung der vom Verein gespeicherten personenbezogenen Daten u.a. verlangen, sobald die Verarbeitung für die Zwecke, für die sie erhoben waren, nicht mehr erforderlich sind. Ebenso, wenn eine Einwilligung widerrufen ist (zum Eingreifen einer anderen Berechtigung in diesem Fall Rz. 1903), ein Widerspruch erhoben wurde und erst Recht, wenn die Erhebung von vornherein rechtswidrig war. Der Verein ist nicht zur Löschung verpflichtet, soweit die Verarbeitung zur Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und Information, zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung, aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen erforderlich ist. In anderen Fällen als der unrechtmäßigen Verarbeitung entfällt die Löschungspflicht nach § 35 BDSG auch dann, wenn sie im Fall nicht automatisierter Datenverarbeitung wegen der besonderen Art der Speicherung nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich ist und das Interesse der betroffenen Person an der Löschung als gering anzusehen ist. In diesem Fall tritt an die Stelle einer Löschung die Einschränkung der Verarbeitung gem. Art. 18 EU-DSGVO.
1927
Unter den in Art. 18 EU-DSGVO genannten Voraussetzungen hat der Betroffene ein Recht auf Einschränkung der Verarbeitung („Sperrung“). Die betreffenden Daten dürfen dann ohne Einwilligung nur noch gespeichert und nicht auf andere Weise verarbeitet werden (eine Löschung wird man allerdings in den Fällen des § 35 BDSG immer vornehmen dürfen, sobald sie mit vertretbarem Aufwand möglich wird).
1928
Sind nach diesen Bestimmungen Korrekturen, Löschungen oder Sperrungen von Daten erfolgt, dann hat der Verantwortliche dies nach Art. 19 EU-DSGVO allen Empfängern, denen personenbezogenen Daten offengelegt wurden, mitzuteilen, es sei denn, dies erweist sich als unmöglich oder ist mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden. Auch hier gilt, dass allein zur Erfüllung der Mitteilungspflicht kei-
1929
Stöber/Otto | 891
XXX. Rz. 1929 | Hinweise zum Datenschutz
ne neuen Daten zu erheben sind (Art. 11 EU-DSGVO). Art. 77 EU-DSGVO regelt ein Beschwerderecht Betroffener bei den Aufsichtsbehörden. 1930
Für die praktische Arbeit äußerst hilfreich ist es, wenn der Verantwortliche zur Erledigung von Auskunftsanfragen auf ein gut geführtes aktuelles Verzeichnis der Verarbeitungstätigkeiten (Rz. 1935) zurückgreifen kann.
7. Umgang mit Datenschutzverletzungen 1931
Aufsichtsbehörde ist der für den Sitz des Vereins zuständige Landesdatenschutzbeauftragte (§ 40 BDSG).
1932
Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten (Datenschutzverletzung) ist „eine Verletzung der Sicherheit, die, ob unbeabsichtigt oder unrechtmäßig, zur Vernichtung, zum Verlust, zur Veränderung, oder zur unbefugten Offenlegung von beziehungsweise zum unbefugten Zugang zu personenbezogenen Daten führt, die übermittelt, gespeichert oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden“ (Art. 4 Nr. 12 EUDSGVO). Beispiele sind: – Ein mobiler Datenträger (USB-Stick, Telefon mit Speicher etc.) ist verloren gegangen, – Datenträger oder Papierdokumente wurden gestohlen oder gerieten an einem unsicheren Platz, – Postsendungen wurden versehentlich geöffnet oder sind verloren gegangen, – Hackerangriff auf den Datenbestand, – Akten oder Geräte mit Festplatten sind nicht datenschutzgerecht entsorgt worden. Im Falle einer Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten hat der Verantwortliche unverzüglich und möglichst binnen 72 Stunden, nachdem ihm die Verletzung bekannt wurde, diese gemäß der gem. Art. 33 EU-DSGVO der zuständigen Aufsichtsbehörde zu melden, es sei denn, dass die Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten voraussichtlich nicht zu einem Risiko für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen führt. Erfolgt die Meldung an die Aufsichtsbehörde nicht binnen 72 Stunden, so ist ihr eine Begründung für die Verzögerung beizufügen. Wenn einem Auftragsverarbeiter eine Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten bekannt wird, meldet er diese dem Verantwortlichen unverzüglich.
1933
Die Meldung an den Landesdatenschutzbeauftragten enthält zumindest folgende Informationen: a) eine Beschreibung der Art der Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten, soweit möglich mit Angabe der Kategorien und der ungefähren Zahl der betroffenen Personen, der betroffenen Kategorien und der ungefähren Zahl der betroffenen personenbezogenen Datensätze; 892 | Stöber/Otto
8. Dokumentationen und Regelwerke | Rz. 1935 XXX.
b) den Namen und die Kontaktdaten des Datenschutzbeauftragten oder einer sonstigen Anlaufstelle für weitere Informationen; c) eine Beschreibung der wahrscheinlichen Folgen der Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten; d) eine Beschreibung der von dem Verantwortlichen ergriffenen oder vorgeschlagenen Maßnahmen zur Behebung der Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten und gegebenenfalls Maßnahmen zur Abmilderung ihrer möglichen nachteiligen Auswirkungen. Wenn und soweit die Informationen nicht zur gleichen Zeit bereitgestellt werden können, kann der Verantwortliche diese Informationen ohne unangemessene weitere Verzögerung schrittweise zur Verfügung stellen. Der Verantwortliche dokumentiert Verletzungen des Schutzes personenbezogener Daten einschließlich aller im Zusammenhang mit der Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten stehenden Fakten, deren Auswirkungen und der ergriffenen Abhilfemaßnahmen. Diese Dokumentation muss der Aufsichtsbehörde die Überprüfung der Einhaltung der Bestimmungen des Art. 33 EU-DSGVO ermöglichen. Hat die Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten voraussichtlich ein hohes Risiko für die persönlichen Rechte und Freiheiten natürlicher Personen zur Folge, so benachrichtigt der Verantwortliche die betroffene Person nach näherer Maßgabe von Art. 34 EU-DSGVO unverzüglich von der Verletzung. In der Literatur wird hier von einer längeren Prüffrist als 72 Std. ausgegangen. Die Benachrichtigung ist nicht erforderlich, wenn eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist:
1934
a) der Verantwortliche hat geeignete technische und organisatorische Sicherheitsvorkehrungen getroffen und diese Vorkehrungen wurden auf die von der Verletzung betroffenen personenbezogenen Daten angewandt, insbesondere solche, durch die die personenbezogenen Daten für alle Personen, die nicht zum Zugang zu den personenbezogenen Daten befugt sind, unzugänglich gemacht werden, etwa durch Verschlüsselung; b) der Verantwortliche hat durch nachfolgende Maßnahmen sichergestellt, dass das hohe Risiko für die Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mehr besteht; c) dies mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wäre. In diesem Fall hat stattdessen eine öffentliche Bekanntmachung oder eine ähnliche Maßnahme zu erfolgen, durch die die betroffenen Personen vergleichbar wirksam informiert werden.
8. Dokumentationen und Regelwerke Jeder Verantwortliche führt ein schriftliches Verzeichnis aller Verarbeitungstätigkeiten, die seiner Zuständigkeit unterliegt. Dieses Verzeichnis enthält nach Art. 30
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1935
XXX. Rz. 1935 | Hinweise zum Datenschutz
Abs. 1 EU-DSGVO folgende Angaben (zum entsprechenden Verzeichnis der Auftragsverarbeiter s. Art. 30 Abs. 2 EU-DSGVO): a) den Namen und die Kontaktdaten des Verantwortlichen und gegebenenfalls des gemeinsam mit ihm Verantwortlichen, des Vertreters des Verantwortlichen (Vorstand) sowie eines etwaigen Datenschutzbeauftragten; b) die Zwecke der Verarbeitung; c) eine Beschreibung der Kategorien betroffener Personen und der Kategorien personenbezogener Daten; d) die Kategorien von Empfängern, gegenüber denen die personenbezogenen Daten offengelegt worden sind oder noch offengelegt werden, einschließlich Empfänger in Drittländern oder internationalen Organisationen; e) gegebenenfalls Übermittlungen von personenbezogenen Daten an ein Drittland oder an eine internationale Organisation, einschließlich der Angabe des betreffenden Drittlands oder der betreffenden internationalen Organisation, sowie bei den in Art. 49 Abs. 1 Unterabs. 2 genannten Datenübermittlungen die Dokumentierung geeigneter Garantien; f) wenn möglich, die vorgesehenen Fristen für die Löschung der verschiedenen Datenkategorien; g) wenn möglich, eine allgemeine Beschreibung der technischen und organisatorischen Maßnahmen (dazu Rz. 1938). 1936
Art. 30 EU-DSGVO konkretisiert die allgemeine Rechenschaftspflicht aus Art. 5 Abs. 2 EU-DSGVO.1 Weil selbst in kleinsten Vereinen die Verarbeitung zumindest der Mitgliederdaten mehr als gelegentlich erfolgt, sind sie kaum je vollständig befreit.2 Es ist aber davon auszugehen, dass sich die kleineren Unternehmen und Einrichtungen darauf beschränken können, nur die Verfahren in ein Verfahrensverzeichnis aufzunehmen, mit denen sie fortlaufend befasst sind.3 Werden also alle paar Jahre die Gäste eines Sommerfestes erfasst, muss der Prozess ihrer Anmeldung, Abrechnung ihrer Teilnahmegebühren etc. nicht zwingend in das Verfahrensverzeichnis aufgenommen werden. Unabhängig davon kann sich die Führung eines umfassenden Verfahrensverzeichnisses aber immer empfehlen, um organisatorisch auf datenschutzrechtliche Auskunftsanfragen vorbereitet zu sein.4 Nicht zuletzt begründet Art. 5 Abs. 2 1 Heckmann/Scheurer in Heckmann, jurisPK-Internetrecht, 6. Aufl. (Stand: 7.7.2020), Kap. 9 Rz. 442. 2 Nach Art. 30 Abs. 5 EU-DSGVO entfällt zwar die Verpflichtung bei Beschäftigung von weniger als 250 Mitarbeitern. Dies aber nur dann, wenn die von ihnen vorgenommene Verarbeitung nicht ein Risiko für die Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen birgt, die Verarbeitung nicht nur gelegentlich erfolgt oder nicht die Verarbeitung besonderer Datenkategorien gem. Art. 9 Abs. 1 bzw. die Verarbeitung von personenbezogenen Daten über strafrechtliche Verurteilungen und Straftaten i.S.d. Art. 10 einschließt. 3 So allgemein für alle kleineren Unternehmen und Einheiten Heckmann/Scheurer in Heckmann, jurisPK-Internetrecht, 6. Aufl. (Stand: 7.7.2020), Kap. 9 Rz. 444. 4 Müller, S. 36 ff.
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8. Dokumentationen und Regelwerke | Rz. 1939 XXX.
EU-DSGVO eine Art „Beweislastumkehr“1: Im Zweifel muss der Verantwortliche (Verein) nachweisen können, dass und wie er die Vorgaben des Datenschutzes umgesetzt hat. Hier können ein Verfahrensverzeichnis und die weiteren nachfolgend angesprochenen Dokumentationen wertvolle Hilfestellung bieten. Das Verfahrensverzeichnis enthält alle Verfahren, Verarbeitungen oder Prozesse, die sich im Verein mit personenbezogenen Daten befassen. Wie detailliert die einzelnen Prozesse aufgeschlüsselt werden, ist dabei grundsätzlich dem Verein überlassen.2 Letztlich muss den Aufsichtsbehörden eine Beurteilung der Rechtmäßigkeit der getroffenen Maßnahmen auf Grundlage des Verzeichnisses ermöglicht werden. Das „Verzeichnis“ mus nicht als fortlaufendes Dokument geführt werden. Es können auch – auch erweitert zu einem Datenschutz-Managementsystem – mehrere Listen/ Dokumente als einzelne Arbeitsblätter gehalten werden.3
1937
Die Beschreibung der technischen und organisatorischen Maßnahmen (TOM) stellt dar, wie der Verein die Sicherheit der Datenverarbeitung (Art. 32 EU-DSGVO) gewährleistet. Als Handlungsanweisung an die im Verein Tätigen umfasst die Beschreibung auch eine IT-Sicherheitsrichtlinie auffassen.4 Denn in weiten Teilen geht es hier um die Dokumentation sowohl der Einführung von Sicherheitsstandards wie auch ihrer internen Kontrolle. Weil Datenverarbeitung auch in der traditionellen Kartei und Akte erfolgt, gehen die TOM aber auch über Fragen der IT hinaus. Im Einzelnen umfasst die Sicherheit der Verarbeitung mehrere Schutzziele:5
1938
Um Schutz der Vertraulichkeit geht es bei Regelungen zu einer Einlasskontrolle, Zugriffssteuerung und Kontrolle der Zugriffe auf Rechner und Daten, Trennung der in unterschiedlichen Verfahren und mit unterschiedlichem Zweck erfassten Daten (samt getrennten Zugriffsrechten bei unterschiedlichen Bearbeitern), Pseudonymisierung und Verschlüsselung (wenn zur weiteren Bearbeitung der Personenbezug nicht erforderlich ist und soweit mit angemessenem Aufwand möglich). Die Integrität der Daten schützen Anordnungen, die ein unbefugtes Auslesen der Daten, Verändern, Kopieren oder Entfernen verhindern – insbesondere bei einer Weiterleitung der Daten (Verschlüsselung von E-Mail;6 Transportsicherung; VPN-Tunnel), Passwortschutz;
1939
1 Freudenberg/Manz, npoR 2018, 145 (148). 2 Das Bayer. Landesamt für Datenschutzaufsicht hat online auf https://www.lda.bayeRz.de/me dia/muster/muster_1_verein_verzeichnis.pdf ein eingängiges einfaches Muster für das Verfahrensverzeichnis eines Vereins veröffentlicht (letzter Abruf 2.4.2020). Einen alternativen Aufbau zeigt ein Muster des Landessportbunds NRW, abrufbar über https://www.vibss.de/ fileadmin/Vereinsmanagement/Download/Muster_und_Formulare/2018-04-03_Muster_Ver zeichnis_der_Verarbeitungstaetigkeiten_Artikel_30_DSGVO.docx (ABruf 2.4.2020). 3 Zur praktischen Organisation vgl. insbesondere Schulte, S. 30 ff. 4 Schulte, S. 46 ff. 5 Müller, S. 63 ff. 6 Ausf. dazu jüngst eine „Orientierungshilfe zu Maßnahmen zum Schutz personenbezogener Daten bei der Übermittlung per E-Mail“ der Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder, kostenfreier online-Abruf über https://www. tlfdi.de/mam/tlfdi/datenschutz/entschliessungen/top_07_orientierungshilfe_E-Mail-ver schlusselung.pdf, Stand 13.3.2020.
Stöber/Otto | 895
XXX. Rz. 1939 | Hinweise zum Datenschutz
außerdem Systeme, die protokollieren, ob und von wem personenbezogene Daten eingegeben, verändert oder entfernt worden sind. Die Verfügbarkeit, Belastbarkeit und Wiederherstellbarkeit der Daten sichern Notstromversorgung, Backup-Systeme, Firewalls und Virenschutz. Letztlich nur das Verbot privater Internet-Nutzung, der Installation von Software ohne Rücksprache mit dem IT-Verantwortlichen, der Datenspeicherung auf auch privat genutzten Rechnern oder Medien kann das unkontrollierte Eindringen von Schadsoftware verhindern. 1940
Ob und wie weit die Zielvorgaben im jeweiligen Verein umgesetzt werden, entscheidet der Verein unter Berücksichtigung des Stands der Technik, der Implementierungskosten und der Art, des Umfangs, der Umstände und der Zwecke der Verarbeitung sowie der unterschiedlichen Eintrittswahrscheinlichkeit und Schwere des Risikos für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen. Anzustreben ist ein dem Risiko angemessenes Schutzniveau (Art. 32 Abs. 1 EU-DSGVO).
1941
Ein Datenschutz-Managementsystem greift nochmals weiter aus als das Verfahrensverzeichnis samt Beschreibung der TOM. Als „Datenschutzhandbuch“1 finden sich darin zusammengestellt Verhaltensrichtlinien für Beschäftigte und Ehrenamtler zur Datenverarbeitung, zum Umgang mit Betroffenenanfragen, zur IT-Nutzung allgemein, zum Umgang mit Passwörtern und den jeweils zu verwendenden Speicherorten im Besonderen, zum Zugang externer Dienstleister, ein Verzeichnis der Auftragsverarbeitungsverträge, Verschwiegenheitserklärungen der Mitarbeiter, Richtlinien zum Verhalten bei Datenschutzverletzungen und zur Mitarbeiterschulung im Datenschutz … Das Datenschutz-Managementsystem ist nicht vorgeschrieben, dient aber maßgeblich der eigenen Ordnung und Selbstvergewisserung sowie im Zweifel dem Beleg der Beachtung des Datenschutzes.
1942
Häufig wird auch der Erlass einer eigenen Datenschutzordnung2 als Geschäftsordnung des Vereins (ohne Satzungsqualität) empfohlen.3 Mit ihr kann dreierlei erreicht werden: (1) Einerseits handelt es sich um eine Festlegung grundsätzlicher Regelungen des Vereins für den Umgang mit dem Datenschutz (einschließlich Aufbewahrungsfristen, Regelungen zu Kommunikationswegen, Veröffentlichungen, Zusammenarbeit im Dachverband).
1 Müller, S. 245, im Ergebnis ähnlich Schulte, S. 30 ff. 2 Der Landessportbund NRW stellt über https://www.vibss.de/fileadmin/Vereinsmanagement/ Download/Muster_und_Formulare/2018-05-02_Muster_Datenschutzordnung_im_Sportver ein.docx ein kostenfreies Muster zur Verfügung, das u.a. auch Regelungen zum E-Mailverkehr der Mitglieder enthält (letzter Abruf 2.4.2020). 3 Lehmann, Arbeitsheft für Kassenprüfer, S. 30 ff.; Müller, S. 144 ff. Der Landesbeauftragte für den Datenschutz im Land Baden-Württemberg, Datenschutz im Verein nach der DSGVU, Stand 23.7.2019, Ziff. 1.3.3 geht selbstverständlich von einer Pflicht zur Erstellung einer Datenschutzordnung aus, sofern die Grundlagen der Datenverarbeitung nicht unmittelbar in die Satzung aufgenommen werden.
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8. Dokumentationen und Regelwerke | Rz. 1942 XXX.
(2) Andererseits sind Regelungen darüber, welche Daten der Verein zu welchen Zwecken erhebt, eine Informationsquelle für alle Vereinsmitglieder. Insoweit kann ein Verweis auf die Datenschutzordnung eigene Informationsblätter (Art. 13 EU-DSGVO) weitgehend ersetzen (str)1. (3) Soweit sich die Datenschutzordnung als Erläuterung zu den für die Vereinstätigkeit erforderlichen Datenverarbeitungstätigkeiten versteht, konkretisiert sie schließlich die im Mitgliedschaftsverhältnis begründete Berechtigung des Vereins zur Verarbeitung dieser Daten (Rz. 1904) inkl. ihrer vereinsinternen Herausgabe (Rz. 402). Weil die Tauglichkeit einer bloßen Nebenordnung ohne Verankerung in der Satzung als Rechtfertigungsgrund einer Datenverarbeitung streitig ist, sollten das zuständige Organ und der Umstand, dass eine Datenschutzordnung zu beachten ist, direkt in die Satzung aufgenommen werden (Muster Anhang A I § 21).
1 Anderer Auffassung etwa Landessportverband Saarland; Häufige Fragen zur praktischen Umsetzung der DSGVO im Verein, Stand 29.3.2018, https://www.lsvs.de/nc/vereinsservice/ aktuelles/datenschutz.html, Abruf 20.5.2020). Richtig dabei ist, dass die Informationen dem Mitglied zugänglich gemacht werden müssen. Das kann aber durchaus durch Aushändigung der Datenschutzordnung erfolgen.
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Anhang A. Satzungsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . 1. Beispiel einer Vereinssatzung . . . . 2. Pflichtinhalte zur steuerlichen Anerkennung bei Gemeinnützigkeit . 3. Anlage 1 zu § 60 AO . . . . . . . . . . . . B. Zuständige Gerichte und Behörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Eingetragener Verein . . . . . . . . . . . 2. Wirtschaftlicher Verein . . . . . . . . . . C. Gesetzestexte und Steuervorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – Auszug (In der Fassung der Bekanntmachung vom 2.1.2002, zuletzt geändert durch Artikel 13 des Gesetzes vom 22. Dezember 2020 (BGBl. I, S. 3256)) . . . . . . . . . 2. Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) – Auszug (in der Fassung der Bekanntmachung v. 21.9.1994 – BGBl. I 2494, ber. 1997 I S. 1061, zuletzt geändert durch Artikel 10 des Gesetzes vom 22. Dezember 2020 (BGBl. I, S. 3328) . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gesetz über die politischen Parteien (Parteiengesetz) – Auszug in der Fassung der Bekanntmachung vom 31.1.1994 (BGBl. I, 149), zuletzt geändert durch Art. 13 V v. 19.6.2020 (BGBl. I, S. 1328) . . . . . . 4. Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) – Auszug (vom 17.12.2008 (BGBl. I, 2586), zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes v. 19.3.2020 (BGBl. I, 541)) . . . . . . 5. Vereinsregisterverordnung (VRV) v. 10.2.1999 (BGBl. I, 147), zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes v. 24.9.2009 (BGBl. I, 3145) . . . . . .
1943 1943 1944 1945 1946 1946 1947 1948
1948
1949
1950
1951
6. Gesetz zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts (Vereinsgesetz) v. 5.8.1964 (BGBl. I, 593), zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 30. November 2020 (BGBl. I, S. 2600) . . . . . . . . . . . . . . . 7. Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts (VereinsGDV) v. 28.7.1966 (BGBl. I, 457), zuletzt geändert durch Gesetz v. 22.8.2002 (BGBl. I 3390) . . . . . . . . 8. Abgabenordnung (AO) – Auszug in der Fassung der Bekanntmachung v. 1.10.2002 (BGBl. I 3866), zuletzt geändert durch Gesetz v. 21.12.2020 (BGBl. I 3096) . . . . . . . 9. Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) . . . . . . . . . . . . . . 10. Einkommensteuergesetz (EStG) – Auszug in der Fassung der Bekanntmachung v. 8.10.2009 (BGBl. I 3366, 3862), zuletzt geändert durch Gesetz v. 21.12.2020 (BGBl. I 3096) . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) – Auszug in der Fassung mit Änderungen durch Gesetz v. 21.12.2020 (BGBl. I 3096) . . . . . . . . . . . . . . . . . 12. Einkommensteuer-Richtlinien – Verwaltungsvorschrift nach Art. 108 Abs. 7 GG. Bekanntmachung v. 16.12.2005 (BStBl. I Sondernummer 1) i.d.F. der EStÄR 2012 v. 25.3.2013 (BStBl. I, 276) . . 13. BMF-Schreiben: Steuerfreie Einnahmen aus ehrenamtlicher Tätigkeit; Anwendungsschreiben zu § 3 Nr. 26a und 26b EStG . . . . . . . 14. Körperschaftsteuergesetz (KStG) – Auszug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1953
1954
1955 1956
1957
1958
1959
1960 1961
1952
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Anhang Rz. 1943 | A. Satzungsbeispiele 15. Umsatzsteuergesetz (UStG) – Auszug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1962 16. Umsatzsteuer-Anwendungserlass – Auszug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1963 17. Sozialgesetzbuch VII – gesetzliche Unfallversicherung – Auszug . . . . . 1964 D. Sonderrecht und Hinweisschreiben „Covid-19“ . . . . . . . . . . . . . . . . 1965 1. Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19Pandemie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1965
2. Gesetz zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und zur Begrenzung der Organhaftung bei einer durch die COVID19-Pandemie bedingten Insolvenz (COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz – COVInsAG) . . . . . . . . . . . . 1966 3. Steuerliche Maßnahmen zur Förderung der Hilfe für von der Corona-Krise Betroffene . . . . . . . . . . . 1967 4. Erleichterungen für Vereine als Veranstalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1968 E. Muster für Zuwendungsbestätigungen mit Hinweisen des BMF . . 1968
A. Satzungsbeispiele 1. Beispiel einer Vereinssatzung1 1943
Die Stichworte am Rand des Satzungswortlauts bezeichnen den nach §§ 57, 58 (vgl. Rz. 47 ff.) erforderlichen Satzungsinhalt. Zum weiteren Satzungsinhalt bei einem Verein mit gemeinnützigem, mildtätigem oder kirchlichem Zweck s. Rz. 132 und Anhang A.2. Name
§ 1 Name und Sitz
Rz. 159 ff.
(1) Der Verein führt den Namen „Concordia“.
Rz. 107
(2) Er führt nach Eintragung in das Vereinsregister den Namenszusatz „eingetragener Verein“ in der abgekürzten Form „e.V.“
Sitz Rz. 186 ff.
§ 2 Sitz Der Verein hat seinen Sitz in Nürnberg.
Zweck
§ 3 Zweck des Vereins
Rz. 61 ff.
Zweck des Vereins ist die Pflege des Gesangs und der Geselligkeit.
Rz. 61
Der Verein erfüllt seine Aufgabe durch Abhaltung von Gesangstunden und -veranstaltungen sowie durch Veranstaltung von Gesellschaftsabenden und gemeinschaftlichen Ausflügen.
§ 4 Vereinstätigkeit
Eintragung Rz. 208
§ 5 Eintragung in das Vereinsregister Der Verein soll in das Vereinsregister eingetragen werden.
1 Die Textziffern neben dem Satzungswortlaut verweisen auf die Darstellung in diesem Band.
900 | Stöber/Otto
1. Beispiel einer Vereinssatzung | Rz. 1943 Anhang Eintritt der Mitglieder Rz. 236 ff.
§ 6 Eintritt der Mitglieder (1) Mitglied des Vereins kann jede voll geschäftsfähige natürliche Person werden. (2) Juristische Personen, nicht rechtsfähige Vereine, Handelsgesellschaften und andere Personenvereinigungen (auch BGB-Gesellschaften), werden nicht als Mitglieder aufgenommen. (3) Die Mitgliedschaft entsteht durch Eintritt in den Verein. (4) Die Beitrittserklärung ist schriftlich vorzulegen. (5) Über die Aufnahme entscheidet der Vorstand. Der Eintritt wird mit Aushändigung einer schriftlichen Aufnahmeerklärung wirksam. (6) Die Ablehnung durch den Vorstand ist nicht anfechtbar. (7) Ein Aufnahmeanspruch besteht nicht.
Austritt der Mitglieder Rz. 312 ff.
§ 7 Austritt der Mitglieder (1) Die Mitglieder sind zum Austritt aus dem Verein berechtigt. (2) Der Austritt ist unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von vier Wochen nur zum Schluss eines Kalenderhalbjahres zulässig. (3) Der Austritt ist dem Vorstand schriftlich zu erklären. Zur Einhaltung der Kündigungsfrist (Abs. 2) ist rechtzeitiger Zugang der Austrittserklärung an ein Mitglied des Vorstands erforderlich. § 8 Ausschluss der Mitglieder
Rz. 331 ff.
(1) Die Mitgliedschaft endet außerdem durch Ausschluss. (2) Der Ausschluss aus dem Verein ist nur bei wichtigem Grund zulässig. (3) Über den Ausschluss entscheidet auf Antrag des Vorstands die Mitgliederversammlung. (4) Der Vorstand hat seinen Antrag dem auszuschließenden Mitglied mindestens zwei Wochen vor der Versammlung schriftlich mitzuteilen. (5) Eine schriftlich eingehende Stellungnahme des Mitglieds ist in der über den Ausschluss entscheidenden Versammlung zu verlesen. (6) Der Ausschluss eines Mitglieds wird sofort mit der Beschlussfassung wirksam. (7) Der Ausschluss soll dem Mitglied, wenn es bei Beschlussfassung nicht anwesend war, durch den Vorstand unverzüglich eingeschrieben bekannt gemacht werden. § 9 Streichung der Mitgliedschaft
Rz. 357
(1) Ein Mitglied scheidet außerdem mit Streichung der Mitgliedschaft aus dem Verein aus. (2) Die Streichung der Mitgliedschaft erfolgt, wenn das Mitglied mit 6 fortlaufenden Monatsbeiträgen im Rückstand ist und diesen Beitrag auch nach schriftlicher Mahnung durch den Vorstand nicht innerhalb von 3 Monaten von der Absendung der Mahnung an voll entrichtet. Die
Stöber/Otto | 901
Anhang Rz. 1943 | A. Satzungsbeispiele Mahnung muss mit eingeschriebenem Brief an die letzte dem Verein bekannte Anschrift des Mitglieds gerichtet sein. (3) In der Mahnung muss auf die bevorstehende Streichung der Mitgliedschaft hingewiesen werden. (4) Die Mahnung ist auch wirksam, wenn die Sendung als unzustellbar zurückkommt. (5) Die Streichung der Mitgliedschaft erfolgt durch Beschluss des Vorstands, der dem betroffenen Mitglied nicht bekannt gemacht wird. Mitgliedsbeitrag Rz. 409 ff.
§ 10 Mitgliedsbeitrag (1) Es ist ein Mitgliedsbeitrag zu leisten. (2) Seine Höhe bestimmt die Mitgliederversammlung. Erhöhungen gelten frühestens zum nächsten Quartalsbeginn nach Beschlussfassung. (3) Der Beitrag ist monatlich im Voraus zu zahlen und für den Eintrittsmonat voll zu entrichten. (4) Eine Aufnahmegebühr wird nicht erhoben. § 11 Organe des Vereins Organe des Vereins sind a) der Vorstand (§ 12 und § 13 der Satzung) b) die Mitgliederversammlung (§§ 14 bis 18 der Satzung).
Bildung des Vorstands Rz. 443 ff.
§ 12 Vorstand (1) Der Vorstand (§ 26 BGB) besteht aus dem 1. Vorsitzenden, dem Schriftführer und dem Kassier. (2) Je zwei Vorstandsmitglieder vertreten gemeinsam. (3) Der Vorstand wird durch Beschluss der Mitgliederversammlung auf die Dauer von 2 Jahren bestellt. Er bleibt bis zur satzungsgemäßen Bestellung des nächsten Vorstands im Amt. (4) Das Amt eines Mitglieds des Vorstands endet mit seinem Ausscheiden aus dem Verein. (5) Verschiedene Vorstandsämter können nicht in einer Person vereinigt werden. § 13 Beschränkung der Vertretungsmacht des Vorstands
Rz. 533
Die Vertretungsmacht des Vorstands ist mit Wirkung gegen Dritte in der Weise beschränkt (§ 26 Abs. 2 Satz 2 BGB), dass zum Erwerb oder Verkauf, zur Belastung von und zu allen sonstigen Verfügungen über Grundstücke (und grundstücksgleiche Rechte) sowie außerdem zur Aufnahme eines Kredits von mehr als 5.000 (m.W.: fünftausend) Euro in einer Summe die Zustimmung der Mitgliederversammlung erforderlich ist.
902 | Stöber/Otto
1. Beispiel einer Vereinssatzung | Rz. 1943 Anhang Voraussetzungen § 14 Berufung der Mitgliederversammlung der Berufung (1) Die Mitgliederversammlung ist zu berufen der Mitgliederversammlung a) wenn es das Interesse des Vereins erfordert, jedoch mindestens Rz. 793 ff.
b) jährlich einmal, möglichst in den ersten drei Monaten des Kalenderjahres c) bei Ausscheiden eines Mitglieds des Vorstands binnen 3 Monaten. (2) In dem Jahr, in dem keine Vorstandswahl stattfindet, hat der Vorstand der nach Abs. 1 Buchst. b zu berufenden Versammlung einen Jahresbericht und eine (schriftliche) Jahresabrechnung vorzulegen und die Versammlung über die Entlastung des Vorstands Beschluss zu fassen.
Form der Berufung Rz. 830 ff.
§ 15 Form der Berufung (1) Die Mitgliederversammlung ist vom Vorstand schriftlich unter Einhaltung einer Frist von 14 Kalendertagen zu berufen. Einladung mit unsignierter E-Mail genügt bei solchen Mitgliedern, die ihre E-Mailadresse ausdrücklich zu diesem Zweck mitgeteilt haben. Die Frist beginnt mit dem Tag der Absendung der Einladung an die letzte bekannte Mitgliederanschrift bzw. die mitgeteilte E-Mailadresse. (2) Die Berufung der Versammlung muss den Gegenstand der Beschlussfassung (= die Tagesordnung) bezeichnen. § 16 Beschlussfähigkeit
Rz. 958 ff.
(1) Beschlussfähig ist jede ordnungsgemäß berufene Mitgliederversammlung. (2) Zur Beschlussfassung über die Auflösung des Vereins (§ 41 BGB) ist die Anwesenheit von zwei Dritteln der Vereinsmitglieder erforderlich. (3) Ist eine zur Beschlussfassung über die Auflösung des Vereins einberufene Mitgliederversammlung nach Abs. 2 nicht beschlussfähig, so ist unverzüglich eine weitere Mitgliederversammlung mit derselben Tagesordnung einzuberufen. Für diese Versammlung gilt eine auf 7 Kalendertage verkürzte Ladungsfrist. Die weitere Versammlung hat spätestens 1 Monat nach der beschlussunfähigen Versammlung zu erfolgen.
Rz. 855
(4) Die Einladung zu der weiteren Versammlung hat einen Hinweis auf die erleichterte Beschlussfähigkeit (Abs. 5) zu enthalten. (5) Die neue Versammlung ist ohne Rücksicht auf die Zahl der erschienenen Vereinsmitglieder beschlussfähig. § 17 Beschlussfassung
Rz. 967, 975 ff.
(1) Es wird durch Handzeichen abgestimmt. Auf Antrag von mindestens 5 der Anwesenden ist schriftlich und geheim abzustimmen. (2) Bei der Beschlussfassung entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen. (3) Zu einem Beschluss, der eine Änderung der Satzung enthält, ist eine Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen erforderlich.
Stöber/Otto | 903
Anhang Rz. 1943 | A. Satzungsbeispiele (4) Zur Änderung des Zwecks des Vereins (§ 3 der Satzung) ist die Zustimmung aller Mitglieder erforderlich; die Zustimmung der nicht erschienenen Mitglieder muss schriftlich erfolgen. (5) Zur Beschlussfassung über die Auflösung des Vereins (§ 41 BGB) ist eine Mehrheit von vier Fünfteln der abgegeben Stimmen erforderlich. (6) Enthaltungen werden bei offener Abstimmung ausdrücklich abgefragt, bei schriftlicher Abstimmung gelten nur unveränderte oder ausdrücklich als Stimmenthaltung gekennzeichnete Stimmzettel als Enthaltung. Diese Stimmen werden bei der Feststellung der Mehrheit mitgezählt. Ungültige Stimmen gelten dagegen als nicht abgegeben. Beurkundung der Beschlüsse Rz. 1067 ff.
§ 18 Beurkundung der Versammlungsbeschlüsse (1) Über die in der Versammlung gefassten Beschlüsse ist eine Niederschrift aufzunehmen. (2) Die Niederschrift ist von dem Vorsitzenden der Versammlung zu unterschreiben. Wenn mehrere Vorsitzende tätig waren, unterzeichnet nur der letzte Versammlungsleiter die ganze Niederschrift. (3) Jedes Vereinsmitglied ist berechtigt, die Niederschrift einzusehen. § 19 Keine Umwandlung
Rz. 1261 ff.
Der Verein kann sich an einer Umwandlung durch Verschmelzung oder Spaltung (Aufspaltung, Abspaltung oder Ausgliederung) nicht beteiligen; ein Wechsel der Rechtsform nach dem Umwandlungsgesetz ist ebenso ausgeschlossen. Alternativ z.B.: Der Beschluss, durch den einer Verschmelzung zugestimmt oder eine Aufspaltung oder ein Rechtsformwechsel beschlossen wird, bedarf der für eine Zweckänderung des Vereins erforderlichen Mehrheit. § 20 Auflösung des Vereins
Rz. 1357 ff.
(1) Der Verein kann durch Beschluss der Mitgliederversammlung (vgl. § 17 Abs. 5 der Satzung) aufgelöst werden. (2) Die Liquidation erfolgt durch den Vorstand (§ 11 der Satzung). (3) Das Vereinsvermögen fällt an den bayerischen Sängerbund e.V., falls dieser nicht mehr besteht an die Stadt Nürnberg. § 21 Datenschutz
Rz. 1151
(1) Der Verein verarbeitet personenbezogene Daten seiner Mitglieder ausschließlich zur Erfüllung des Vereinszwecks und der zu seiner Verwirklichung unternommenen Vereinstätigkeiten und der daraus erwachsenden Aufgaben. Die Verarbeitung erfolgt auch automatisiert, so zB in der Beitragsverwaltung. (2) Einzelheiten regelt eine Datenschutzordnung. Sie wird durch den Vorstand mit einfacher Mehrheit beschlossen und geändert und ist nicht Teil dieser Satzung. Vor Erlass und Änderung der Datenschutzordnung soll der Vorstand die Spartenleiter anhören. Die Datenschutzord-
904 | Stöber/Otto
3. Anlage 1 zu § 60 AO | Rz. 1945 Anhang nung wird auf der Vereinshomepage veröffentlicht. Auf Änderungen hat der Vorstand in der n § 15 bestimmten Form hinzuweisen.
Rz. 1527
(3) Zuständig für die Bestellung eines Datenschutzbeauftragten ist der Vorstand. Der jeweilige Datenschutzbeauftragte hat in der Mitgliederversammlung ein Teilnahme- und Rederecht, auch wenn er nicht Vereinsmitglied ist. Die Versammlung kann ihn mit einfacher Mehrheit von einzelnen Themen der Tagesordnung ausschließen. Nürnberg, den … 7 Unterschriften
2. Pflichtinhalte zur steuerlichen Anerkennung bei Gemeinnützigkeit Hinweis Die Satzung eines gemeinnützigen Vereins muss nach § 60 Abs. 1 Satz 2 der Abgabenordnung (AO – Abdruck im Anhang C.8) die Regelungen enthalten, die sich aus der unten wiedergegebenen Mustersatzung ergeben. Zur Erläuterung der Musterbestimmungen s. Rz. 135.
1944
3. Anlage 1 zu § 60 AO Mustersatzung für Vereine, Stiftungen, Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, geistliche Genossenschaften und Kapitalgesellschaften (nur aus steuerlichen Gründen notwendige Bestimmungen)1 §1 Der – Die – … (Körperschaft) mit Sitz in … verfolgt ausschließlich und unmittelbar2 – gemeinnützige – mildtätige – kirchliche – Zwecke (nicht verfolgte Zwecke streichen) i.S.d. Abschnitts „Steuerbegünstigte Zwecke“ der Abgabenordnung. Zweck der Körperschaft ist … (z.B. die Förderung von Wissenschaft und Forschung, Jugend- und Altenhilfe, Erziehung, Volks- und Berufsbildung, Kunst und Kultur, Landschaftspflege, Umweltschutz, des öffentlichen Gesundheitswesens, des Sports, Unterstützung hilfsbedürftiger Personen). Der Satzungszweck wird verwirklicht insbesondere durch … (z.B. Durchführung wissenschaftlicher Veranstaltungen und Forschungsvorhaben, Vergabe von Forschungsaufträgen, Unterhaltung einer Schule, einer Erziehungsberatungsstelle, Pflege von Kunstsammlungen, Pflege des Liedgutes und des Chorgesanges, Errichtung von Naturschutzgebieten, Unterhaltung eines Kindergartens, Kinder-, Jugendheimes, Unterhaltung eines Altenheimes, eines Erholungsheimes, Bekämpfung des Drogenmissbrauchs, des Lärms, Förderung sportlicher Übungen und Leistungen). §2 Die Körperschaft ist selbstlos tätig; sie verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke.
1 Derselbe Aufbau und dieselbe Reihenfolge der Bestimmungen wie in der Mustersatzung werden nicht verlangt (Nr. 2 Satz 3 des AEAO zu § 60). 2 Ausnahmen beim Mittelbeschaffungsverein, dazu Rz. 1835 und Nr. 2a des AEAO zu § 60.
Stöber/Otto | 905
1945
Anhang Rz. 1945 | A. Satzungsbeispiele §3 Mittel der Körperschaft dürfen nur für die satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden. Die Mitglieder erhalten keine Zuwendungen aus Mitteln der Körperschaft. §4 Es darf keine Person durch Ausgaben, die dem Zweck der Körperschaft fremd sind, oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigt werden. §5 Bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall steuerbegünstigter Zwecke fällt das Vermögen der Körperschaft 1. an – den – die – das – … (Bezeichnung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einer anderen steuerbegünstigten Körperschaft), – der – die – das – es unmittelbar und ausschließlich für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke zu verwenden hat oder 2. an eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder eine andere steuerbegünstigte Körperschaft zwecks Verwendung für … (Angabe eines bestimmten gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecks, z.B. Förderung von Wissenschaft und Forschung, Erziehung, Volks- und Berufsbildung, der Unterstützung von Personen, die i.S.v. § 53 der Abgabenordnung wegen … bedürftig sind, Unterhaltung des Gotteshauses in …).
Weitere Hinweise: Bei Betrieben gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, bei den von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts verwalteten unselbständigen Stiftungen und bei geistlichen Genossenschaften (Orden, Kongregationen) ist folgende Bestimmung aufzunehmen: § 3 Abs. 2: Der – die – das … erhält bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall steuerbegünstigter Zwecke nicht mehr als – seine – ihre – eingezahlten Kapitalanteile und den gemeinen Wert seiner – ihrer – geleisteten Sacheinlagen zurück. Bei Stiftungen ist diese Bestimmung nur erforderlich, wenn die Satzung dem Stifter einen Anspruch auf Rückgewähr von Vermögen einräumt. Fehlt die Regelung, wird das eingebrachte Vermögen wie das übrige Vermögen behandelt. Bei Kapitalgesellschaften sind folgende ergänzende Bestimmungen in die Satzung aufzunehmen: 1. § 3 Abs. 1 Satz 2: „Die Gesellschafter dürfen keine Gewinnanteile und auch keine sonstigen Zuwendungen aus Mitteln der Körperschaft erhalten.“ 2. § 3 Abs. 2: „Sie erhalten bei ihrem Ausscheiden oder bei Auflösung der Körperschaft oder bei Wegfall steuerbegünstigter Zwecke nicht mehr als ihre eingezahlten Kapitalanteile und den gemeinen Wert ihrer geleisteten Sacheinlagen zurück.“ 3. § 5: „Bei Auflösung der Körperschaft oder bei Wegfall steuerbegünstigter Zwecke fällt das Vermögen der Körperschaft, soweit es die eingezahlten Kapitalanteile der Gesellschafter und den gemeinen Wert der von den Gesellschaftern geleisteten Sacheinlagen übersteigt, …“. § 3 Abs. 2 und der Satzteil „soweit es die eingezahlten Kapitalanteile der Gesellschafter und den gemeinen Wert der von den Gesellschaftern geleisteten Sacheinlagen 906 | Stöber/Otto
1. Eingetragener Verein | Rz. 1946 Anhang
übersteigt,“ in § 5 sind nur erforderlich, wenn die Satzung einen Anspruch auf Rückgewähr von Vermögen einräumt.
B. Zuständige Gerichte und Behörden 1. Eingetragener Verein Die örtliche Zuständigkeit des Registergerichts bestimmt sich nach dem satzungsmäßigen Sitz des Vereins (Rz. 186). Verfügungen des örtlich unzuständigen Gerichts sind wirksam.1 Auf Grundlage von § 23d GVG (früher § 55 Abs. 2 BGB a.F.) ist die Zuständigkeit für mehrere Amtsgerichtsbezirke mittlerweile in den meisten Bundesländern einem oder mehreren zentralen Registergerichten zugewiesen. Diese werden nach dem Stand September 2020 nachfolgend dargestellt. Weitere Zentralisierungen und eine technische Aufgabenverlagerung auf externe Stellen für die elektronische Registerführung erlaubt § 387 Abs. 5 FamFG (früher § 55a Abs. 6 BGB). Die Zentralisierung, auch z.B. die Zuständigkeit des Amtsgericht Berlin-Charlottenburg für ganz Berlin, ändert nicht Vereinssitz und Gerichtsstand.2 Bundesland
Regelung
Registergerichte
BadenWürttemberg
ZuständigkeitskonAG Freiburg i.B. zentration auf die – Bezirke der AGe Bad SäckinAmtsgerichte Freigen, Breisach am Rhein, Doburg im Breisgau, naueschingen, Emmendingen, Mannheim, Stuttgart Ettenheim, Freiburg im Breisund Ulm. gau, Gengenbach, Kehl, Kenzingen, Konstanz, Lahr/ Schwarzwald, Lörrach, Müllheim, Oberkirch, Offenburg, Radolfzell am Bodensee, Schönau im Schwarzwald, Schopfheim, Singen (Hohentwiel), St. Blasien, Staufen im Breisgau, Stockach, Titisee-Neustadt, Überlingen, Villingen-Schwenningen, Waldkirch, WaldshutTiengen und Wolfach;
Rechtsgrundlage § 6a (Zuständigkeitsverordnung Justiz – ZuVOJu) v. 20.11.1998 (GBl. S. 680), zuletzt geändert durch VO vom 9.10.2019 (GBl. S. 426).
AG Mannheim – für die Bezirke der AG Achern, Adelsheim, Baden-Baden, Buchen (Odw), Bretten, Bruchsal, Bühl, Ettlingen, Gernsbach, Heidelberg, Karlsruhe, Karlsruhe-Durlach, Mannheim,
1 BayObLG München v. 5.3.1996 – 3Z AR 13/96, NJW-RR 1996, 938 f. 2 KG v. 11.10.2007 – 2 AR 41/07, OLGReport 2008, 310 ff.
Stöber/Otto | 907
1946
Anhang Rz. 1946 | B. Zuständige Gerichte und Behörden Bundesland
Regelung
Registergerichte
Rechtsgrundlage
Maulbronn, Mosbach, Pforzheim, Philippsburg, Rastatt, Schwetzingen, Sinsheim, Tauberbischofsheim, Wiesloch, Weinheim und Wertheim; AG Stuttgart – Bezirke der AG Albstadt, Bad Urach, Backnang, Balingen, Besigheim, Böblingen, Brackenheim, Calw, Esslingen a. N., Freudenstadt, Hechingen, Heilbronn, Horb a.N., Kirchheim u.T., Künzelsau, Leonberg, Ludwigsburg, Marbach am Neckar, Münsingen, Nagold, Nürtingen, Oberndorf am Neckar, Öhringen, Reutlingen, Rottenburg am Neckar, Rottweil, Schorndorf, Schwäbisch Hall, Spaichingen, Stuttgart, Stuttgart-Bad Cannstatt, Tübingen, Tuttlingen, Vaihingen a.d. Enz und Waiblingen; AG Ulm – Bezirke der AG Aalen, Bad Mergentheim, Bad Saulgau, Bad Waldsee, Biberach an der Riß, Crailsheim, Ehingen (Donau), Ellwangen (Jgst), Geislingen a.d. Steige, Göppingen, Heidenheim a.d. Brenz, Langenburg, Leutkirch i.Allgäu, Neresheim, Ravensburg, Riedlingen, Schwäbisch-Gmünd, Sigmaringen, Tettnang, Ulm und Wangen i. Allgäu. Bayern
Die Führung der Vereinsregister wird den Amtsgerichten übertragen, die gem. § 376 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 374 Nr. 1 FamFG und § 9 BAY GZVJu für die Führung der Handelsregister zuständig sind.
908 | Stöber/Otto
Grds alle Amtsgerichte am Sitz eines LG (§ 376 FamFG).
§§ 11 Gerichtliche Zuständigkeitsverordnung Justiz – BAY GZVJu) i.d.F. Das sind: Amberg, Ansbach, 11.7.2012, zuletzt geändert Aschaffenburg, Augsburg, Bamdurch VO 6.4.2020 (GVBl. berg, Bayreuth, Coburg, DeggenS. 205) dorf, Hof, Ingolstadt, Kempten, Landshut, Memmingen, München, Nürnberg-Fürth, Passau, Regensburg, Schweinfurt, Traunstein, Weiden i. d. Opf., Würzburg.
1. Eingetragener Verein | Rz. 1946 Anhang Bundesland
Regelung
Registergerichte
Rechtsgrundlage
Abweichend davon ist die Führung des Handelsregisters übertragen für die Amtsgerichtsbezirke Erding und Freising dem AG München, für die Amtsgerichtsbezirke Erlangen, Fürth und Neustadt a.d. Aisch dem AG Fürth, für den Amtsgerichtsbezirk Straubing dem AG Straubing. Berlin
Zentrale Zuständigkeit des AG Charlottenburg für den Bezirk des Kammergerichts
§ 6 Verordnung über die Zuweisung amtsgerichtlicher Zuständigkeiten (Zuweisungsverordnung – ZuwV) v. 8.5.2008, zuletzt geändert mit VO v. 16.9.2019 (GVBl. S. 627).
Brandenburg
Die Amtsgerichte am AG Cottbus, Frankfurt/O., Neuruppin und Potsdam Sitz der LG führen das Vereinsregister für den gesamten Landgerichtsbezirk.
§ 4 Verordnung über gerichtliche Zuständigkeiten und Zuständigkeitskonzentrationen (Gerichtszuständigkeitsverordnung – GerZV) v. 2.9.2014 (GVBl.II/ 14, [Nr. 62]) zuletzt geändert durch VO v. 26.11.2018 (GVBl.II/18 [Nr. 89])
Bremen
Dem Amtsgericht Bremen werden für die Amtsgerichtsbezirke Bremen-Blumenthal und Bremerhaven zugewiesen:
AG Bremen
… 2. die Vereinsregistersachen Hamburg
AG Hamburg für alle Amtsgerichtsbezirke in Hamburg
§ 1 der Verordnung über Zuständigkeiten von AG v. 1.10.2012 (Brem.GBl. S. 429), vom 18.12.2018 (Brem.GBl. 2019, 1), zuletzt geändert durch VO v. 18.5.2020 (Brem.GBl. S. 373) § 1 Nr. 10 Verordnung über die Zuständigkeit des AG Hamburg in Zivil- und Handelssachen sowie für die Erledigung inländischer Rechtshilfeersuchen v. 1.9.1987 (HmbGVBl. 1987, S. 172), zuletzt geändert durch VO v. 14.4.2020 (HmbGVBl. S. 214)
Stöber/Otto | 909
Anhang Rz. 1946 | B. Zuständige Gerichte und Behörden Bundesland
Regelung
Registergerichte
Rechtsgrundlage
Hessen
Die Führung des Vereinsregisters wird über den eigenen § 31 Justizzuständigkeitsverordnung (JuZuV) v. Bezirk hinaus 3.6.2013 (GVBl. S. 386), zu1. im Bezirk des LG Darmstadt letzt geändert durch VO v. a) dem AG Darmstadt für die Bezirke der AGe Bens- 5.9.2019 (GVBl. S. 235) heim, Dieburg, Fürth, Groß-Gerau, Lampertheim, Michelstadt und Rüsselsheim, b) dem AG Offenbach am Main für die Bezirke der AGe Langen (Hessen) und Seligenstadt, 2. im Bezirk des LG Fulda dem AG Fulda für den Bezirk des AG Hünfeld, 3. im Bezirk des LG Gießen a) dem AG Gießen für den Bezirk des AG Alsfeld, b) dem AG Friedberg (Hessen) für den Bezirk des AG Büdingen, 4. dem AG Hanau für den gesamten Bezirk des LG Hanau, 5. im Bezirk des LG Kassel dem AG Fritzlar für den Bezirk des AG Melsungen, 6. im Bezirk des LG Limburg an der Lahn a) dem AG Limburg an der Lahn für den Bezirk des AG Weilburg, b) dem AG Wetzlar für den Bezirk des AG Dillenburg, 7. dem AG Marburg für den gesamten Bezirk des LG Marburg, 8. dem AG Wiesbaden für den gesamten Bezirk des LG Wiesbaden zugewiesen. (2) Zuständige Stelle für die Durchführung des automatisierten Abrufverfahrens aus dem maschinell geführten Vereinsregister ist abweichend von § BGB § 79 Abs. BGB § 79 Abs. 5 Satz 1 des BGB das OLG Frankfurt
Mecklenburg-Vorpommern
Für die Führung der Handels-, Genossenschafts- und Partnerschaftsregister sind die Amtsgerichte am Sitz der Landgerichte für den jeweiligen Landgerichtsbezirk zuständig. (LG Neubrandenburg, Rostock, Schwerin, Stralsund).
910 | Stöber/Otto
§ 1 Konzentrationsverordnung i.d.F. der VO v. 22.2.2018 (GVOBl. M-V S. 59)
1. Eingetragener Verein | Rz. 1946 Anhang Bundesland
Regelung
Registergerichte
Niedersachsen
Aurich
Aurich, Emden, Leer (Ostfriesland), Norden, Wittmund
Braunschweig
Göttingen
Rechtsgrundlage
§ 16 VO zur Regelung von Zuständigkeiten in der GeBad Gandersheim, Braunschweig, richtsbarkeit und der Justizverwaltung (ZustVO-JusClausthal-Zellerfeld, Goslar, tiz) v. 18.12.2009 (GVBl. Helmstedt, Salzgitter, Seesen, S. 506), berichtigt am Wolfenbüttel, Wolfsburg 1.7.2010 (GVBl. S. 283) und Duderstadt, Einbeck, Göttingen, zuletzt geändert Hann. Münden, Herzberg am 18.11.2019 (GVBl. S. 351). Harz, Northeim, Osterode am Harz
Hannover
Burgwedel, Hameln, Hannover, Neustadt am Rübenberge, Springe, Wennigsen (Deister)
Hildesheim
Alfeld (Leine), Burgdorf, Elze, Gifhorn, Hildesheim, Holzminden, Lehrte, Peine
Lüneburg
Celle, Dannenberg (Elbe), Lüneburg, Soltau, Uelzen, Winsen (Luhe)
Oldenburg (Oldenburg)
Brake (Unterweser), Cloppenburg, Delmenhorst, Jever, Nordenham, Oldenburg (Oldenburg), Varel, Vechta, Westerstede, Wildeshausen, Wilhelmshaven
Osnabrück
Bad Iburg, Bersenbrück, Lingen (Ems), Meppen, Nordhorn, Osnabrück, Papenburg
Stadthagen
Bückeburg, Rinteln, Stadthagen
Tostedt
Bremervörde, Buxtehude, Cuxhaven, Langen, Otterndorf, Stade, Tostedt, Zeven
Walsrode
Achim, Diepholz, Nienburg (Weser), Osterholz-Scharmbeck, Rotenburg (Wümme), Stolzenau, Sulingen, Syke, Verden (Aller), Walsrode
§ 1 und Anlage zu § 1 Abs. 1 der Verordnung über die elektronische ReAG Düsseldorf für die AG-Bezirke Düsseldorf, Langenfeld gisterführung und die Zu(Rhld.) und Ratingen ständigkeit der AG in Nordrhein-Westfalen in AG Neuss für den AG-Bezirk Neuss Registersachen LG-Bezirk Duisburg (Registerverordnung AG – AG Duisburg für die AG-Bezirke Dinslaken, Duisburg, RegisterVO) v. 8.5.2013 (GV Duisburg-Hamborn, Duisburg-Ruhrort, Mülheim an der S. 248), zuletzt geändert Ruhr, Oberhausen und Wesel durch VO v. 30.11.2018 (GV. NRW. S. 665).
Nordrhein- Oberlandesgerichtsbezirk Düsseldorf Westfalen LG-Bezirk Düsseldorf
Stöber/Otto | 911
Anhang Rz. 1946 | B. Zuständige Gerichte und Behörden Bundesland
Regelung
Registergerichte
LG-Bezirk Kleve AG Kleve für die AG-Bezirke Emmerich am Rhein, Geldern, Kleve, Moers und Rheinberg LG-Bezirk Krefeld AG Krefeld für die AG-Bezirke Kempen, Krefeld und Nettetal LG-Bezirk Mönchengladbach AG Mönchengladbach für die AG-Bezirke Erkelenz, Grevenbroich, Mönchengladbach, MönchengladbachRheydt und Viersen
Rechtsgrundlage § 4 Elektronische Führung der Register Das Handels-, das Genossenschafts-,das Vereinsund das Partnerschaftsregister sowie die zu ihrer Führung erforderlichen Verzeichnisse werden elektronisch geführt. § 10 Abrufverfahren
Die Durchführung und Abwicklung des elektronischen Abrufverfahrens AG Wuppertal für die AG-Bezirke Mettmann, Remscheid, aus den elektronisch geSolingen, Velbert und Wuppertal führten Registern einschließlich der Erhebung Oberlandesgerichtsbezirk Hamm von Gebühren und EntgelLG-Bezirk Arnsberg ten für die Teilnahme am Abrufverfahren werden dem AG Arnsberg für die AG-Bezirke Arnsberg, Brilon, dem AG Hagen zugewieMarsberg, Medebach, Menden (Sauerland), Meschede, sen. Schmallenberg, Soest, Warstein und Werl LG-Bezirk Wuppertal
LG-Bezirk Bielefeld dem AG Bielefeld für den AG-Bezirk Bielefeld dem AG Gütersloh für die AG-Bezirke Gütersloh, Halle (Westf.) und Rheda-Wiedenbrück dem AG Bad Oeynhausen für die AG-Bezirke Bad Oeynhausen, Bünde, Herford, Lübbecke, Minden und Rahden LG-Bezirk Bochum dem AG Bochum für die AG-Bezirke Bochum, Herne, Herne-Wanne und Witten AG Recklinghausen für den AG-Bezirk Recklinghausen LG-Bezirk Detmold AG Lemgo für die AG-Bezirke Blomberg, Detmold und Lemgo LG-Bezirk Dortmund AG Dortmund für die AG-Bezirke Castrop-Rauxel, Dortmund und Lünen AG Hamm für die AG-Bezirke Hamm, Kamen und Unna LG-Bezirk Essen AG Essen für die AG-Bezirke Essen, Essen-Borbeck, EssenSteele und Hattingen AG Gelsenkirchen für die AG-Bezirke Bottrop, Dorsten, Gelsenkirchen, Gladbeck und Marl LG-Bezirk Hagen AG Hagen für die AG-Bezirke Hagen, Schwelm, Schwerte und Wetter AG Iserlohn für die AG-Bezirke Altena, Iserlohn, Lüdenscheid, Meinerzhagen und Plettenberg
912 | Stöber/Otto
1. Eingetragener Verein | Rz. 1946 Anhang Bundesland
Regelung
Registergerichte
Rechtsgrundlage
LG-Bezirk Münster AG Coesfeld für die AG-Bezirke Ahaus, Bocholt, Borken, Coesfeld, Dülmen, Gronau (Westf.) und Lüdinghausen AG Münster für die AG-Bezirke Ahlen, Beckum, Münster und Warendorf AG Steinfurt für die AG-Bezirke Ibbenbüren, Rheine, Steinfurt und Tecklenburg LG-Bezirk Paderborn AG Paderborn für die AG-Bezirke Brakel, Delbrück, Höxter, Lippstadt, Paderborn und Warburg LG-Bezirk Siegen AG Siegen für die AG-Bezirke Bad Berleburg, Lennestadt, Olpe und Siegen Oberlandesgerichtsbezirk Köln LG-Bezirk Aachen AG Aachen für die AG-Bezirke Aachen, Eschweiler, Geilenkirchen, Heinsberg und Monschau AG Düren für die AG-Bezirke Düren, Jülich und Schleiden LG-Bezirk Bonn AG Bonn für die AG-Bezirke Bonn, Euskirchen und Rheinbach AG Siegburg für die AG-Bezirke Königswinter, Siegburg und Waldbröl LG-Bezirk Köln AG Köln für die AG-Bezirke Bergheim, Bergisch-Gladbach, Brühl, Gummersbach, Kerpen, Köln, Leverkusen, Wermelskirchen und Wipperfürth § 3 Abs. 2 VO über die gerichtliche Zuständigkeit in Zivilsachen und Angele1. im LG-Bezirk Bad Kreuznach genheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit v. dem AG Bad Kreuznach für die Bezirke der AGe Bad Kreuznach, Bad Sobernheim, Idar-Oberstein und Sim- 22.11.1985 (GVBl. S. 267), zuletzt geändert durch VO mern/Hunsrück, v. 27.11.2019 (GVBl. S. 345) 2. im LG-Bezirk Koblenz
Rheinland- Die Vereinsregistersachen werden folgenden AG zugePfalz wiesen:
a) dem AG Koblenz für die Bezirke der AGe Andernach, Bad Neuenahr-Ahrweiler, Cochem, Koblenz, Lahnstein, Mayen, Sankt Goar und Sinzig, b) dem AG Montabaur für die Bezirke der AGe Altenkirchen (Westerwald), Betzdorf, Diez, Linz am Rhein, Montabaur, Neuwied und Westerburg,
Stöber/Otto | 913
Anhang Rz. 1946 | B. Zuständige Gerichte und Behörden Bundesland
Regelung
Registergerichte
Rechtsgrundlage
3. im LG-Bezirk Mainz dem AG Mainz für die Bezirke der AGe Alzey, Bingen am Rhein, Mainz und Worms, 4. im LG-Bezirk Trier dem AG Wittlich für die Bezirke der AGe BernkastelKues, Bitburg, Daun, Hermeskeil, Prüm, Saarburg, Trier und Wittlich, 5. im LG-Bezirk Frankenthal (Pfalz) dem AG Ludwigshafen am Rhein für die Bezirke der AGe Bad Dürkheim, Frankenthal (Pfalz), Grünstadt, Ludwigshafen am Rhein, Neustadt an der Weinstraße und Speyer, 6. im LG-Bezirk Kaiserslautern dem AG Kaiserslautern für die Bezirke der AGe Kaiserslautern, Kusel und Rockenhausen, 7. im LG-Bezirk Landau in der Pfalz dem AG Landau in der Pfalz für die Bezirke der AGe Germersheim, Kandel und Landau in der Pfalz, 8. im LG-Bezirk Zweibrücken dem AG Zweibrücken für die Bezirke der AGe Landstuhl, Pirmasens und Zweibrücken. Saarland
Jedes Amtsgericht
§ 55 BGB, § 377 FamFG
Sachsen
Für die Führung des Vereins-, Handels-, des Partnerschafts- und des Genossenschaftsregisters sowie der unternehmensrechtlichen Verfahren nach § 375 Nr. 1, 3 bis 14 und 16 FamFG in der jeweils geltenden Fassung sind zuständig:
§ 9 Sächsische Justizorganisationsverordnung – SächsJOrgVO) v. 14.12.2007 (SächsGVBl. S. 600), zuletzt geändert durch VO v. 2.12.2019 (GVBl. 2020 S. 17)
1. das Amtsgericht Chemnitz für die Bezirke der LG Chemnitz und Zwickau; 2. das Amtsgericht Dresden für die Bezirke der LG Dresden und Görlitz; 3. das Amtsgericht Leipzig für den Bezirk des LG Leipzig. SachsenAnhalt
Für die Führung des Handels-, Genossenschafts-, Partnerschafts- und Vereinsregisters sowie der unternehmensrechtlichen Verfahren nach § 375 Nrn. 1, 3 bis 16 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist das Amtsgericht Stendal zuständig.
914 | Stöber/Otto
§ 14 Grundbuch- und Register-Verordnung (GBRegVO) v. 13.12.2004, zuletzt geändert durch VO v. 25.8.2011 (GVBl. LSA S. 645)
2. Wirtschaftlicher Verein | Rz. 1947 Anhang Bundesland
Regelung
Registergerichte
SchleswigHolstein
Für die Führung des Handels-, Genossenschafts- und Vereinsregisters ist zuständig 1. im Bezirk des Landgerichts Kiel das Amtsgericht Kiel, 2. im Bezirk des Landgerichts Flensburg das Amtsgericht Flensburg, 3. im Bezirk des Landgerichts Lübeck das Amtsgericht Lübeck, 4. im Bezirk des Landgerichts Itzehoe das Amtsgericht Pinneberg.
Rechtsgrundlage § 1 Landesverordnung über die Führung des Handels-, Genossenschafts-, Partnerschafts- und Vereinsregisters (Registerverordnung – RegVO) v. 3.8.2009 (GVBl. S. 565), zuletzt geändert 15.11.2019 (GVOBl. S. 546) (1) Bei dem Amtsgericht Kiel werden das … Vereinsregister einschließlich der zu ihrer Führung erforderlichen Verzeichnisse in maschineller Form als automatisierte Datei geführt. (2) Bei den Amtsgericht Flensburg, Lübeck und Pinneberg werden das … Vereinsregister einschließlich der zu ihrer Führung erforderlichen Verzeichnisse in maschineller Form als automatisierte Datei geführt. (3) Die Anlegung beginnt, sobald die technischen und organisatorischen Voraussetzungen hierfür vorliegen.
Thüringen
Jedes Amtsgericht
§ 55 BGB, § 377 FamFG
2. Wirtschaftlicher Verein Die nach Landesrecht zuständigen Behörden für
1947
– Verleihung der Rechtsfähigkeit bei wirtschaftlichem Verein (§ 22 S. 2 BGB), – Genehmigung der Satzungsänderung bei wirtschaftlichem Verein (§ 33 Abs. 2 BGB), – Entziehung der Rechtsfähigkeit nach § 44 BGB, – Mitteilungen über Ausländervereine nach § 400 FamFG sind nachfolgend dargestellt. Besonderheiten sind vielfach noch bestimmt für – Forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse und – Erzeugergemeinschaften nach dem MarktStrG.
Stöber/Otto | 915
Anhang Rz. 1947 | B. Zuständige Gerichte und Behörden § 44 BGB Entziehung der Rechtsfähigkeit
Bundesland
§ 22 S. 2 BGB Verleihung der Rechtsfähigkeit
§ 33 Abs. 2 BGB Genehmigung der Satzungsänderung
BadenWürttemberg
Regierungspräsidium.
Regierungspräsidium
Besonderheit für forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse
Weitere Hinweise
Rechtsgrundlage
Bekanntmachung von Verleihung und Entziehung im Staatsanzeiger.
§§ 1–3 Ausführungsgesetz zum BGB (AGBGB) vom 26.11.1974 (GBl 498), zuletzt geändert durch G v 10.2.2015 (GBl. S. 89, 94)
Mitteilungen nach § 400 FamFG an die untere Verwaltungsbehörde Die Aufsichtsbehörde ist zuständig, eine Bescheinigung über die Vertretungsberechtigung einer juristischen Person auszustellen, sofern sich die Vertretungsberechtigung nicht aus einem öffentlichen Register ergibt. Aufsichtsbehörde ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, bei Vereinen die Verleihungsbehörde.
Bayern
Regierung von Schwaben, soweit nichts anderes bestimmt ist
Kreisverwaltungsbehörde
Regelungen über altrechtliche Vereine in Art. 3, 4
Art. 2 Ausführungsgesetz zum BGB (AGBGB) (BayRS 400-1-3) i.d.F. v. 24.12.2002 (GVBl. 975), zuletzt geändert durch G v. 26.3.2019 (GVBl. S. 98).
Berlin
Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung
Abschn. VI Nr. 6 (§ 43 Abs. 1 BGB) des Geschäftsverteilungsplans ist gegenstandslos
§ 4 Allgemeines Zuständigkeitsgesetz (AZG) i.d.F. vom 22.7.1996 (GVBl. 302, 472), zuletzt geänd. G v. 11.6.2020 (GVBl. S. 276)) mit Nr. 3 Abs. 12 des Zuständigkeitskatalogs sowie Geschäftsverteilung des Senats, zuletzt v. 14.7.2017 Abschn. VIII Nr. 19
Die für Verleihung der Rechtsfähigkeit zuständige Behörde (mit Ausnahmen)
Auch Zuständigkeit für die Erteilung von Vertretungsbescheinigungen
916 | Stöber/Otto
2. Wirtschaftlicher Verein | Rz. 1947 Anhang Bundesland
§ 22 S. 2 BGB Verleihung der Rechtsfähigkeit
§ 33 Abs. 2 BGB Genehmigung der Satzungsänderung
Brandenburg
Ministerium des Innern
§ 44 BGB Entziehung der Rechtsfähigkeit
Ausnahme: § 8 AGBGB: Erzeugergemeinschaften nach dem MarktstrG und forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse nach dem Bundeswaldgesetz: das für Landund Forstwirtschaft zuständige Ministerium.
Weitere Hinweise
Rechtsgrundlage
Das Ministerium des Inneren führt eine Liste der nach § 22 anerkannten Vereine, in die jedermann einsehen darf (§§ 2, 4 AGBGB). Bekanntmachungen im Amtsblatt. Vertretungsbescheinigungen nach § 5.
Abschn. 1 §§ 1, 7 Ausführungsgesetz zum BGB (AGBGB) v. 28.7.2000 (GVBl. I 114), zuletzt geändert durch G. v. 8.5.2018 (GVBl. I/18 Nr. 8)
Zuständig für den Einspruch gegen die Eintragung eines Vereins ist das Ordnungsamt.
§ 2, § 3 Ausführungsgesetz zum BGB vom 18.7.1899 (Slg. BremR Nr. 400a-1), zuletzt geändert durch G v. 14.3.2017 (GVBl. 121).
Abschn. 1 enthält ausführliche Regelungen zum Register der Vereine nach § 22 BGB, Anforde§ 10: Verlegt ein rungen an die SatVerein, dessen Rechtsfähigkeit auf zung des Vereins nach § 22 BGB sostaatlicher Verleiwie Mitteilungshung beruht, seinen Sitz in ein an- pflichten des Verderes Bundesland eins. oder aus einem Eintragungen im anderen BundesHandelsregister, die land in das Land den Verein betrefBrandenburg, so fen, sind dem Minisführt dies zum Verterium unverzüglich lust der Rechtsanzuzeigen. fähigkeit. Verlegt ein konzessionier- Altrechtliche Vereine: § 12 ter altrechtlicher Verein mit Zustimmung der zuständigen Verleihungsbehörden seinen Sitz aus einem anderen Bundesland in das Land Brandenburg, so bleibt die Rechtsfähigkeit unberührt. Bremen
Senator für Inneres und Sport
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Anhang Rz. 1947 | B. Zuständige Gerichte und Behörden Bundesland
§ 22 S. 2 BGB Verleihung der Rechtsfähigkeit
§ 33 Abs. 2 BGB Genehmigung der Satzungsänderung
§ 44 BGB Entziehung der Rechtsfähigkeit
Weitere Hinweise
Hamburg
Die Justizbehörde
Regelungen über altrechtliche Vereine in § 5 AGBGB v. 1.7.1958.
Hessen
Magistrat in kreisfreien Städten und in kreisangehörigen Gemeinden mit mehr als 50 000 Einwohnern, im Übrigen der Kreisausschuss
Wirksamwerden der Konzession mit Bekanntmachung im Staatsanzeiger. Jedermann hat Einsichtsrecht in Satzung und Akten. Von der Satzung kann jeder auf seine Kosten eine Abschrift fordern; die Abschrift ist auf Verlangen zu beglaubigen.
MecklenburgVorpommern
Innenminister
Niedersachsen
Landkreise und kreisfreie Städte, nicht: selbständige Gemeinden.
Ziff. II der Anordnung zur Durchführung des BGB und des Hamb. AGBGB vom 23.6.1970 Gebührenordnung (Amtl. Anz. 1073 = v. 10.12.2002 BS 0-400-1) zuletzt (GVBl. S. 323). geändert durch Anordnung vom 27.11.2018 (Amtl. Anz. S. 2617)
Zuständig für die Anerkennung von Erzeugergemeinschaften und ihren Vereinigungen ist das für Landwirtschaft zuständige Ministerium MecklenburgVorpommern (AmtsBl. M-V 2005 S. 127)
918 | Stöber/Otto
§ 1, § 2 Ausführungsgesetz zum BGB (AGBGB) vom 18.12.1984 (GVBl. I 344) mit Änderung vom 17.12.1998 (GVBl. I 562) zuletzt geändert durch Art. 12 Hess. Ausländer-TeilhabeG Kommunalpolitik v. 7.5.2020 (GVBl. I S. 318) § 1 Landesverordnung zur Bestimmung der zuständigen Behörden auf dem Gebiet des bürgerlichen Vereinsrechts vom 26.4.1991 (GVBl. 148), zuletzt geändert durch Gesetz v. 25.10.2005 (GVOBl. S. 535)
Ausnahme:
Ausnahme für forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse
Rechtsgrundlage
Ortsübliche Bekanntmachung der Verleihung der Rechtsfähigkeit.
§ 1 Ausführungsgesetz zum BGB (AGBGB) vom 4.3.1971 (GVBl. 73), zuletzt geänd. durch G. v. 17.3.2011 (GVBl. S. 89)
2. Wirtschaftlicher Verein | Rz. 1947 Anhang Bundesland
§ 22 S. 2 BGB Verleihung der Rechtsfähigkeit
§ 33 Abs. 2 BGB Genehmigung der Satzungsänderung
§ 44 BGB Entziehung der Rechtsfähigkeit
Weitere Hinweise
Nordrhein- Bezirksregierung, soweit die Zuständigkeit Westfalen nicht besonders geregelt ist
Rheinland- Aufsichts- und DienstleisPfalz tungsdirektion
Kreisverwaltung, in kreisfreien Städten die Stadtverwaltung (Auftragsangelegenheit)
Rechtsgrundlage
§ 1 Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten auf dem Gebiete des Vereinswesens vom 28.4.1970 (GVBl. 325, zuletzt geänd. durch VO v. 9.7.2013 (GV S. 455) Regelungen über altrechtliche Vereine in § 25 AGBGB. § 2 der VO (re Sp.) ist gegenstandslos
§§ 1, 3 Landesverordnung über die Zuständigkeiten nach dem BGB auf den Gebieten des Vereinsrechts und der Vollziehung von Auflagen v. 20.12.1976 (GVBl. 319 = BS 400-2).
Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Rheinland-Pfalz gibt ausf. Hinweise zur Konzessionierung von Dorfgemeinschaftsläden und Erzeugerorganisationen auf http://www.add.rlp.de/Kommunale-und-hoheitliche-Aufgaben,-Soziales/Ordnungswe sen,-Hoheitsangelegenheiten/Wirtschaftliche-Vereine/ (Abruf. 2.3.2015) Saarland
Ministerium für Inneres und Europaangelegenheiten.
Sachsen
Landesdirektion Sachsen. Die Befugnisse der für die Verleihung der Rechtsfähigkeit nach § 22 BGB an forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse zuständigen Behörde bleiben unberührt
SachsenAnhalt
Landesverwaltungsamt
§§ 1, 2 AGJusG v. 5.2.1997 (Abl 1997, 258) zuletzt geändert durch Gesetz vom 13.3.2019 (ABl. I S. 420). Bekanntmachung im Amtsblatt
§ 55 Justizgesetz (SächsJG) vom 24.11.2000 (GVBl. 482), zuletzt geändert 11.5.2019 (GVBl. S. 358)
Das Landesverwaltungsamt veröffentlicht im Servicebereich seiner Homepage u.a. eine Anregung/ Muster für eine Neugründung von Forstbetriebsgemeinschaften oder deren Satzungsänderungen
Beschluss der Landesregierung zur Bestimmung zuständiger Behörden auf dem Gebiet des Bürgerlichen Vereinsrechts vom 11.2.1992 (MBl LSA 1992, S. 182) Zuletzt geändert durch Beschluss vom 19.7.2005 (MBl. LSA 2005, S. 450)
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Anhang Rz. 1947 | C. Gesetzestexte und Steuervorschriften Bundesland
§ 22 S. 2 BGB Verleihung der Rechtsfähigkeit
§ 33 Abs. 2 BGB Genehmigung der Satzungsänderung
SchleswigHolstein
Das Ministerium für Inneres, ländliche Räume und Integration. Das Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung ist zuständig nach § 33 Abs. 2 und 43 BGB bei Vereinen, denen er (sic!) die Rechtsfähigkeit nach § 22 BGB verliehen hat.
Thüringen
§ 44 BGB Entziehung der Rechtsfähigkeit Landräte und Bürgermeister der kreisfreien Städte Ausnahme: wie links
Das für das öffentliche Ver- Wie links, einswesen zuständige Mi- kann die Zuständigkeit nisterium (= Inneres) durch Rechtsverordnung auf eine nachgeordnete Behörde übertragen
Weitere Hinweise
Rechtsgrundlage
§§ 1, 2 Landesverordnung zur Bestimmung der zuständigen Behörden nach den §§ 22, 33, 43, 61 und 71 des BGB vom 17.12.1971 (GVOBl 480 = GS Schl.H 401-0-1), zuletzt geändert mit LVO v. 16.1.2019 (GVOBl. S. 30) §§ 1, 2 Ausführungsgesetz zum BGB (AGBGB) vom 3.12.2002 (GVBl. 424), zuletzt geändert durch G v. 25.11.2004 (GVBl. S. 853)
C. Gesetzestexte und Steuervorschriften 1. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – Auszug (In der Fassung der Bekanntmachung vom 2.1.2002, zuletzt geändert durch Artikel 13 des Gesetzes vom 22. Dezember 2020 (BGBl. I, S. 3256)) 1948
Titel 2 Juristische Personen Untertitel 1 Vereine Kapitel 1 Allgemeine Vorschriften § 21 Nicht wirtschaftlicher Verein Ein Verein, dessen Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, erlangt Rechtsfähigkeit durch Eintragung in das Vereinsregister des zuständigen Amtsgerichts. § 22 Wirtschaftlicher Verein Ein Verein, dessen Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, erlangt in Ermangelung besonderer bundesgesetzlicher Vorschriften Rechtsfähigkeit 920 | Stöber/Otto
1. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – Auszug | Rz. 1948 Anhang
durch staatliche Verleihung. Die Verleihung steht dem Land zu, in dessen Gebiet der Verein seinen Sitz hat. § 23 – weggefallen § 24 Sitz Als Sitz eines Vereins gilt, wenn nicht ein anderes bestimmt ist, der Ort, an welchem die Verwaltung geführt wird. § 25 Verfassung Die Verfassung eines rechtsfähigen Vereins wird, soweit sie nicht auf den nachfolgenden Vorschriften beruht, durch die Vereinssatzung bestimmt. § 26 Vorstand und Vertretung (1) Der Verein muss einen Vorstand haben. Der Vorstand vertritt den Verein gerichtlich und außergerichtlich; er hat die Stellung eines gesetzlichen Vertreters. Der Umfang der Vertretungsmacht kann durch die Satzung mit Wirkung gegen Dritte beschränkt werden. (2) Besteht der Vorstand aus mehreren Personen, so wird der Verein durch die Mehrheit der Vorstandsmitglieder vertreten. Ist eine Willenserklärung gegenüber einem Verein abzugeben, so genügt die Abgabe gegenüber einem Mitglied des Vorstands. § 27 Bestellung und Geschäftsführung des Vorstands (1) Die Bestellung des Vorstands erfolgt durch Beschluss der Mitgliederversammlung. (2) Die Bestellung ist jederzeit widerruflich, unbeschadet des Anspruchs auf die vertragsmäßige Vergütung. Die Widerruflichkeit kann durch die Satzung auf den Fall beschränkt werden, dass ein wichtiger Grund für den Widerruf vorliegt; ein solcher Grund ist insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung. (3) Auf die Geschäftsführung des Vorstands finden die für den Auftrag geltenden Vorschriften der §§ 664 bis 670 entsprechende Anwendung. Die Mitglieder des Vorstands sind unentgeltlich tätig. § 28 Beschlussfassung des Vorstands Bei einem Vorstand, der aus mehreren Personen besteht, erfolgt die Beschlussfassung nach den für die Beschlüsse der Mitglieder des Vereins geltenden Vorschriften der §§ 32 und 34. § 29 Notbestellung durch Amtsgericht Soweit die erforderlichen Mitglieder des Vorstands fehlen, sind sie in dringenden Fällen für die Zeit bis zur Behebung des Mangels auf Antrag eines Beteiligten von dem Stöber/Otto | 921
Anhang Rz. 1948 | C. Gesetzestexte und Steuervorschriften
Amtsgericht zu bestellen, das für den Bezirk, in dem der Verein seinen Sitz hat, das Vereinsregister führt. § 30 Besondere Vertreter Durch die Satzung kann bestimmt werden, dass neben dem Vorstand für gewisse Geschäfte besondere Vertreter zu bestellen sind. Die Vertretungsmacht eines solchen Vertreters erstreckt sich im Zweifel auf alle Rechtsgeschäfte, die der ihm zugewiesene Geschäftskreis gewöhnlich mit sich bringt. § 31 Haftung des Vereins für Organe Der Verein ist für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt. § 31a Haftung von Organmitgliedern und besonderen Vertretern (1) Sind Organmitglieder oder besondere Vertreter unentgeltlich tätig oder erhalten sie für ihre Tätigkeit eine Vergütung, die 720 € jährlich nicht übersteigt, haften sie dem Verein für einen bei der Wahrnehmung ihrer Pflichten verursachten Schaden nur bei Vorliegen von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit. Satz 1 gilt auch für die Haftung gegenüber den Mitgliedern des Vereins. Ist streitig, ob ein Organmitglied oder ein besonderer Vertreter einen Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat, trägt der Verein oder das Vereinsmitglied die Beweislast. (2) Sind Organmitglieder oder besondere Vertreter nach Abs. 1 Satz 1 einem anderen zum Ersatz eines Schadens verpflichtet, den sie bei der Wahrnehmung ihrer Pflichten verursacht haben, so können sie von dem Verein die Befreiung von der Verbindlichkeit verlangen. Satz 1 gilt nicht, wenn der Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht wurde. § 31b Haftung von Vereinsmitgliedern (1) Sind Vereinsmitglieder unentgeltlich für den Verein tätig oder erhalten sie für ihre Tätigkeit eine Vergütung, die 720 € jährlich nicht übersteigt, haften sie dem Verein für einen Schaden, den sie bei der Wahrnehmung der ihnen übertragenen satzungsgemäßen Vereinsaufgaben verursachen, nur bei Vorliegen von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit. § 31a Abs. 1 Satz 3 ist entsprechend anzuwenden. (2) Sind Vereinsmitglieder nach Abs. 1 Satz 1 einem anderen zum Ersatz eines Schadens verpflichtet, den sie bei der Wahrnehmung der ihnen übertragenen satzungsgemäßen Vereinsaufgaben verursacht haben, so können sie von dem Verein die Befreiung von der Verbindlichkeit verlangen. Satz 1 gilt nicht, wenn die Vereinsmitglieder den Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht haben.
922 | Stöber/Otto
1. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – Auszug | Rz. 1948 Anhang
§ 32 Mitgliederversammlung; Beschlussfassung (1) Die Angelegenheiten des Vereins werden, soweit sie nicht von dem Vorstand oder einem anderen Vereinsorgan zu besorgen sind, durch Beschlussfassung in einer Versammlung der Mitglieder geordnet. Zur Gültigkeit des Beschlusses ist erforderlich, dass der Gegenstand bei der Berufung bezeichnet wird. Bei der Beschlussfassung entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen. (2) Auch ohne Versammlung der Mitglieder ist ein Beschluss gültig, wenn alle Mitglieder ihre Zustimmung zu dem Beschluss schriftlich erklären. § 33 Satzungsänderung (1) Zu einem Beschluss, der eine Änderung der Satzung enthält, ist eine Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen erforderlich. Zur Änderung des Zweckes des Vereins ist die Zustimmung aller Mitglieder erforderlich; die Zustimmung der nicht erschienenen Mitglieder muss schriftlich erfolgen. (2) Beruht die Rechtsfähigkeit des Vereins auf Verleihung, so ist zu jeder Änderung der Satzung die Genehmigung der zuständigen Behörde erforderlich. § 34 Ausschluss vom Stimmrecht Ein Mitglied ist nicht stimmberechtigt, wenn die Beschlussfassung die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit ihm oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits zwischen ihm und dem Verein betrifft. § 35 Sonderrechte Sonderrechte eines Mitglieds können nicht ohne dessen Zustimmung durch Beschluss der Mitgliederversammlung beeinträchtigt werden. § 36 Berufung der Mitgliederversammlung Die Mitgliederversammlung ist in den durch die Satzung bestimmten Fällen sowie dann zu berufen, wenn das Interesse des Vereins es erfordert. § 37 Berufung auf Verlangen einer Minderheit (1) Die Mitgliederversammlung ist zu berufen, wenn der durch die Satzung bestimmte Teil oder in Ermangelung einer Bestimmung der zehnte Teil der Mitglieder die Berufung schriftlich unter Angabe des Zweckes und der Gründe verlangt. (2) Wird dem Verlangen nicht entsprochen, so kann das Amtsgericht die Mitglieder, die das Verlangen gestellt haben, zur Berufung der Versammlung ermächtigen; es kann Anordnungen über die Führung des Vorsitzes in der Versammlung treffen. Zuständig ist das Amtsgericht, das für den Bezirk, in dem der Verein seinen Sitz hat, das Vereinsregister führt. Auf die Ermächtigung muss bei der Berufung der Versammlung Bezug genommen werden.
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Anhang Rz. 1948 | C. Gesetzestexte und Steuervorschriften
§ 38 Mitgliedschaft Die Mitgliedschaft ist nicht übertragbar und nicht vererblich. Die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte kann nicht einem anderen überlassen werden. § 39 Austritt aus dem Verein (1) Die Mitglieder sind zum Austritt aus dem Verein berechtigt. (2) Durch die Satzung kann bestimmt werden, dass der Austritt nur am Schluss eines Geschäftsjahrs oder erst nach dem Ablauf einer Kündigungsfrist zulässig ist; die Kündigungsfrist kann höchstens zwei Jahre betragen. § 40 Nachgiebige Vorschriften Die Vorschriften des § 26 Abs. 2 Satz 1, des § 27 Abs. 1 und 3, der §§ 28, 31a Abs. 1 Satz 2 sowie der §§ 32, 33 und 38 finden insoweit keine Anwendung als die Satzung ein anderes bestimmt. Von § 34 kann auch für die Beschlussfassung des Vorstands durch die Satzung nicht abgewichen werden. § 41 Auflösung des Vereins Der Verein kann durch Beschluss der Mitgliederversammlung aufgelöst werden. Zu dem Beschluss ist eine Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen erforderlich, wenn nicht die Satzung ein anderes bestimmt. § 42 Insolvenz (1) Der Verein wird durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und mit Rechtskraft des Beschlusses, durch den die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgewiesen worden ist, aufgelöst. Wird das Verfahren auf Antrag des Schuldners eingestellt oder nach der Bestätigung eines Insolvenzplans, der den Fortbestand des Vereins vorsieht, aufgehoben, so kann die Mitgliederversammlung die Fortsetzung des Vereins beschließen. Durch die Satzung kann bestimmt werden, dass der Verein im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens als nicht rechtsfähiger Verein fortbesteht; auch in diesem Falle kann unter den Voraussetzungen des Satzes 2 die Fortsetzung als rechtsfähiger Verein beschlossen werden. (2) Der Vorstand hat im Falle der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen. Wird die Stellung des Antrags verzögert, so sind die Vorstandsmitglieder, denen ein Verschulden zur Last fällt, den Gläubigern für den daraus entstehenden Schaden verantwortlich; sie haften als Gesamtschuldner. § 43 Entziehung der Rechtsfähigkeit Einem Verein, dessen Rechtsfähigkeit auf Verleihung beruht, kann die Rechtsfähigkeit entzogen werden, wenn er einen anderen als den in der Satzung bestimmten Zweck verfolgt.
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1. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – Auszug | Rz. 1948 Anhang
§ 44 Zuständigkeit und Verfahren Die Zuständigkeit und das Verfahren für die Entziehung der Rechtsfähigkeit nach § 43 bestimmen sich nach dem Recht des Landes, in dem der Verein seinen Sitz hat. § 45 Anfall des Vereinsvermögens (1) Mit der Auflösung des Vereins oder der Entziehung der Rechtsfähigkeit fällt das Vermögen an die in der Satzung bestimmten Personen. (2) Durch die Satzung kann vorgeschrieben werden, dass die Anfallberechtigten durch Beschluss der Mitgliederversammlung oder eines anderen Vereinsorgans bestimmt werden. Ist der Zweck des Vereins nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet, so kann die Mitgliederversammlung auch ohne eine solche Vorschrift das Vermögen einer öffentlichen Stiftung oder Anstalt zuweisen. (3) Fehlt es an einer Bestimmung der Anfallberechtigten, so fällt das Vermögen, wenn der Verein nach der Satzung ausschließlich den Interessen seiner Mitglieder diente, an die zur Zeit der Auflösung oder der Entziehung der Rechtsfähigkeit vorhandenen Mitglieder zu gleichen Teilen, anderenfalls an den Fiskus des Landes, in dessen Gebiet der Verein seinen Sitz hatte. § 46 Anfall an den Fiskus Fällt das Vereinsvermögen an den Fiskus, so finden die Vorschriften über eine dem Fiskus als gesetzlichem Erben anfallende Erbschaft entsprechende Anwendung. Der Fiskus hat das Vermögen tunlichst in einer den Zwecken des Vereins entsprechenden Weise zu verwenden. § 47 Liquidation Fällt das Vereinsvermögen nicht an den Fiskus, so muss eine Liquidation stattfinden, sofern nicht über das Vermögen des Vereins das Insolvenzverfahren eröffnet ist. § 48 Liquidatoren (1) Die Liquidation erfolgt durch den Vorstand. Zu Liquidatoren können auch andere Personen bestellt werden; für die Bestellung sind die für die Bestellung des Vorstands geltenden Vorschriften maßgebend. (2) Die Liquidatoren haben die rechtliche Stellung des Vorstands, soweit sich nicht aus dem Zwecke der Liquidation ein anderes ergibt. (3) Sind mehrere Liquidatoren vorhanden, so sind sie nur gemeinschaftlich zur Vertretung befugt und können Beschlüsse nur einstimmig fassen, sofern nicht ein anderes bestimmt ist. § 49 Aufgaben der Liquidatoren (1) Die Liquidatoren haben die laufenden Geschäfte zu beendigen, die Forderungen einzuziehen, das übrige Vermögen in Geld umzusetzen, die Gläubiger zu befriedigen Stöber/Otto | 925
Anhang Rz. 1948 | C. Gesetzestexte und Steuervorschriften
und den Überschuss den Anfallberechtigten auszuantworten. Zur Beendigung schwebender Geschäfte können die Liquidatoren auch neue Geschäfte eingehen. Die Einziehung der Forderungen sowie die Umsetzung des übrigen Vermögens in Geld darf unterbleiben, soweit diese Maßregeln nicht zur Befriedigung der Gläubiger oder zur Verteilung des Überschusses unter die Anfallberechtigten erforderlich sind. (2) Der Verein gilt bis zur Beendigung der Liquidation als fortbestehend, soweit der Zweck der Liquidation es erfordert. § 50 Bekanntmachung des Vereins in Liquidation (1) Die Auflösung des Vereins oder die Entziehung der Rechtsfähigkeit ist durch die Liquidatoren öffentlich bekannt zu machen. In der Bekanntmachung sind die Gläubiger zur Anmeldung ihrer Ansprüche aufzufordern. Die Bekanntmachung erfolgt durch das in der Satzung für Veröffentlichungen bestimmte Blatt. Die Bekanntmachung gilt mit dem Ablauf des zweiten Tages nach der Einrückung oder der ersten Einrückung als bewirkt. (2) Bekannte Gläubiger sind durch besondere Mitteilung zur Anmeldung aufzufordern. § 50a Bekanntmachungsblatt Hat ein Verein in der Satzung kein Blatt für Bekanntmachungen bestimmt oder hat das bestimmte Bekanntmachungsblatt sein Erscheinen eingestellt, sind Bekanntmachungen des Vereins in dem Blatt zu veröffentlichen, welches für Bekanntmachungen des Amtsgerichts bestimmt ist, in dessen Bezirk der Verein seinen Sitz hat. § 51 Sperrjahr Das Vermögen darf den Anfallberechtigten nicht vor dem Ablauf eines Jahres nach der Bekanntmachung der Auflösung des Vereins oder der Entziehung der Rechtsfähigkeit ausgeantwortet werden. § 52 Sicherung für Gläubiger (1) Meldet sich ein bekannter Gläubiger nicht, so ist der geschuldete Betrag, wenn die Berechtigung zur Hinterlegung vorhanden ist, für den Gläubiger zu hinterlegen. (2) Ist die Berichtigung einer Verbindlichkeit zur Zeit nicht ausführbar oder ist eine Verbindlichkeit streitig, so darf das Vermögen den Anfallberechtigten nur ausgeantwortet werden, wenn dem Gläubiger Sicherheit geleistet ist. § 53 Schadensersatzpflicht der Liquidatoren Liquidatoren, welche die ihnen nach dem § 42 Abs. 2 und den §§ 50, 51 und 52 obliegenden Verpflichtungen verletzen oder vor der Befriedigung der Gläubiger Vermögen den Anfallberechtigten ausantworten, sind, wenn ihnen ein Verschulden zur Last fällt, den Gläubigern für den daraus entstehenden Schaden verantwortlich; sie haften als Gesamtschuldner. 926 | Stöber/Otto
1. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – Auszug | Rz. 1948 Anhang
§ 54 Nicht rechtsfähige Vereine Auf Vereine, die nicht rechtsfähig sind, finden die Vorschriften über die Gesellschaft Anwendung. Aus einem Rechtsgeschäft, das im Namen eines solchen Vereins einem Dritten gegenüber vorgenommen wird, haftet der Handelnde persönlich; handeln mehrere, so haften sie als Gesamtschuldner. Kapitel 2 Eingetragene Vereine § 55 Zuständigkeit für die Registereintragung Die Eintragung eines Vereins der in § 21 bezeichneten Art in das Vereinsregister hat bei dem Amtsgericht zu geschehen, in dessen Bezirk der Verein seinen Sitz hat. § 55a Elektronisches Vereinsregister (1) Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung bestimmen, dass und in welchem Umfang das Vereinsregister in maschineller Form als automatisierte Datei geführt wird. Hierbei muss gewährleistet sein, dass 1. die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Datenverarbeitung eingehalten, insbesondere Vorkehrungen gegen einen Datenverlust getroffen sowie die erforderlichen Kopien der Datenbestände mindestens tagesaktuell gehalten und die originären Datenbestände sowie deren Kopien sicher aufbewahrt werden, 2. die vorzunehmenden Eintragungen alsbald in einen Datenspeicher aufgenommen und auf Dauer inhaltlich unverändert in lesbarer Form wiedergegeben werden können und 3. die nach den Art. 24, 25 und 32 der Verordnung (EU) 2016/679 erforderlichen Anforderungen erfüllt sind. Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung die Ermächtigung nach Satz 1 auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. (2) Das maschinell geführte Vereinsregister tritt für eine Seite des Registers an die Stelle des bisherigen Registers, sobald die Eintragungen dieser Seite in den für die Vereinsregistereintragungen bestimmten Datenspeicher aufgenommen und als Vereinsregister freigegeben worden sind. Die entsprechenden Seiten des bisherigen Vereinsregisters sind mit einem Schließungsvermerk zu versehen. (3) Eine Eintragung wird wirksam, sobald sie in den für die Registereintragungen bestimmten Datenspeicher aufgenommen ist und auf Dauer inhaltlich unverändert in lesbarer Form wiedergegeben werden kann. Durch eine Bestätigungsanzeige oder in anderer geeigneter Weise ist zu überprüfen, ob diese Voraussetzungen eingetreten sind. Jede Eintragung soll den Tag angeben, an dem sie wirksam geworden ist. § 56 Mindestmitgliederzahl des Vereins Die Eintragung soll nur erfolgen, wenn die Zahl der Mitglieder mindestens sieben beträgt. § 57 Mindesterfordernisse an die Vereinssatzung (1) Die Satzung muss den Zweck, den Namen und den Sitz des Vereins enthalten und ergeben, dass der Verein eingetragen werden soll. Stöber/Otto | 927
Anhang Rz. 1948 | C. Gesetzestexte und Steuervorschriften
(2) Der Name soll sich von den Namen der an demselben Orte oder in derselben Gemeinde bestehenden eingetragenen Vereine deutlich unterscheiden. § 58 Sollinhalt der Vereinssatzung Die Satzung soll Bestimmungen enthalten: 1. über den Eintritt und Austritt der Mitglieder, 2. darüber, ob und welche Beiträge von den Mitgliedern zu leisten sind, 3. über die Bildung des Vorstands, 4. über die Voraussetzungen, unter denen die Mitgliederversammlung zu berufen ist, über die Form der Berufung und über die Beurkundung der Beschlüsse. § 59 Anmeldung zur Eintragung (1) Der Vorstand hat den Verein zur Eintragung anzumelden. (2) Der Anmeldung sind Abschriften der Satzung und der Urkunden über die Bestellung des Vorstands beizufügen. (3) Die Satzung soll von mindestens sieben Mitgliedern unterzeichnet sein und die Angabe des Tages der Errichtung enthalten. § 60 Zurückweisung der Anmeldung Die Anmeldung ist, wenn den Erfordernissen der §§ 56 bis 59 nicht genügt ist, von dem Amtsgericht unter Angabe der Gründe zurückzuweisen. §§ 61 bis 63 (weggefallen) § 64 Inhalt der Vereinsregistereintragung Bei der Eintragung sind der Name und der Sitz des Vereins, der Tag der Errichtung der Satzung, die Mitglieder des Vorstands und ihre Vertretungsmacht anzugeben. § 65 Namenszusatz Mit der Eintragung erhält der Name des Vereins den Zusatz „eingetragener Verein“. § 66 Bekanntmachung der Eintragung und Aufbewahrung von Dokumenten (1) Das Amtsgericht hat die Eintragung des Vereins in das Vereinsregister durch Veröffentlichung in dem von der Landesjustizverwaltung bestimmten elektronischen Informations- und Kommunikationssystem bekannt zu machen. (2) Die mit der Anmeldung eingereichten Dokumente werden vom Amtsgericht aufbewahrt. § 67 Änderung des Vorstands (1) Jede Änderung des Vorstands ist von dem Vorstand zur Eintragung anzumelden. Der Anmeldung ist eine Abschrift der Urkunde über die Änderung beizufügen. 928 | Stöber/Otto
1. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – Auszug | Rz. 1948 Anhang
(2) Die Eintragung gerichtlich bestellter Vorstandsmitglieder erfolgt von Amts wegen. § 68 Vertrauensschutz durch Vereinsregister Wird zwischen den bisherigen Mitgliedern des Vorstands und einem Dritten ein Rechtsgeschäft vorgenommen, so kann die Änderung des Vorstands dem Dritten nur entgegengesetzt werden, wenn sie zur Zeit der Vornahme des Rechtsgeschäfts im Vereinsregister eingetragen oder dem Dritten bekannt ist. Ist die Änderung eingetragen, so braucht der Dritte sie nicht gegen sich gelten zu lassen, wenn er sie nicht kennt, seine Unkenntnis auch nicht auf Fahrlässigkeit beruht. § 69 Nachweis des Vereinsvorstands Der Nachweis, dass der Vorstand aus den im Register eingetragenen Personen besteht, wird Behörden gegenüber durch ein Zeugnis des Amtsgericht über die Eintragung geführt. § 70 Vertrauensschutz bei Eintragungen zur Vertretungsmacht Die Vorschriften des § 68 gelten auch für Bestimmungen, die den Umfang der Vertretungsmacht des Vorstands beschränken oder die Vertretungsmacht des Vorstands abweichend von der Vorschrift des § 26 Abs. 2 Satz 1 regeln. § 71 Änderungen der Satzung (1) Änderungen der Satzung bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Eintragung in das Vereinsregister. Die Änderung ist von dem Vorstand zur Eintragung anzumelden. Der Anmeldung sind eine Abschrift des die Änderung enthaltenden Beschlusses und der Wortlaut der Satzung beizufügen. In dem Wortlaut der Satzung müssen die geänderten Bestimmungen mit dem Beschluss über die Satzungsänderung, die unveränderten Bestimmungen mit dem zuletzt eingereichten vollständigen Wortlaut der Satzung und, wenn die Satzung geändert worden ist, ohne dass ein vollständiger Wortlaut der Satzung eingereicht wurde, auch mit den zuvor eingetragenen Änderungen übereinstimmen. (2) Die Vorschriften der §§ 60, 64 und des § 66 Abs. 2 finden entsprechende Anwendung. § 72 Bescheinigung der Mitgliederzahl Der Vorstand hat dem Amtsgericht auf dessen Verlangen jederzeit eine schriftliche Bescheinigung über die Zahl der Vereinsmitglieder einzureichen. § 73 Unterschreiten der Mindestmitgliederzahl Sinkt die Zahl der Vereinsmitglieder unter drei herab, so hat das Amtsgericht auf Antrag des Vorstands und, wenn der Antrag nicht binnen drei Monaten gestellt wird, von Amts wegen nach Anhörung des Vorstands dem Verein die Rechtsfähigkeit zu entziehen. Stöber/Otto | 929
Anhang Rz. 1948 | C. Gesetzestexte und Steuervorschriften
§ 74 Auflösung (1) Die Auflösung des Vereins sowie die Entziehung der Rechtsfähigkeit ist in das Vereinsregister einzutragen. (2) Wird der Verein durch Beschluss der Mitgliederversammlung oder durch den Ablauf der für die Dauer des Vereins bestimmten Zeit aufgelöst, so hat der Vorstand die Auflösung zur Eintragung anzumelden. Der Anmeldung ist im ersteren Falle eine Abschrift des Auflösungsbeschlusses beizufügen. (3) (weggefallen) § 75 Eintragungen bei Insolvenz (1) Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und der Beschluss, durch den die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse rechtskräftig abgewiesen worden ist, sowie die Auflösung des Vereins nach § 42 Abs. 2 Satz 1 sind von Amts wegen einzutragen. Von Amts wegen sind auch einzutragen 1. die Aufhebung des Eröffnungsbeschlusses, 2. die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters, wenn zusätzlich dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt oder angeordnet wird, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind, und die Aufhebung einer derartigen Sicherungsmaßnahme, 3. die Anordnung der Eigenverwaltung durch den Schuldner und deren Aufhebung sowie die Anordnung der Zustimmungsbedürftigkeit bestimmter Rechtsgeschäfte des Schuldners, 4. die Einstellung und die Aufhebung des Verfahrens und 5. die Überwachung der Erfüllung eines Insolvenzplans und die Aufhebung der Überwachung. (2) Wird der Verein durch Beschluss der Mitgliederversammlung nach § 42 Abs. 1 Satz 2 fortgesetzt, so hat der Vorstand die Fortsetzung zur Eintragung anzumelden. Der Anmeldung ist eine Abschrift des Beschlusses beizufügen. § 76 Eintragungen bei Liquidation (1) Bei der Liquidation des Vereins sind die Liquidatoren und ihre Vertretungsmacht in das Vereinsregister einzutragen. Das Gleiche gilt für die Beendigung des Vereins nach der Liquidation. (2) Die Anmeldung der Liquidatoren hat durch den Vorstand zu erfolgen. Bei der Anmeldung ist der Umfang der Vertretungsmacht der Liquidatoren anzugeben. Änderungen der Liquidatoren oder ihrer Vertretungsmacht sowie die Beendigung des Vereins sind von den Liquidatoren anzumelden. Der Anmeldung der durch Beschluss der Mitgliederversammlung bestellten Liquidatoren ist eine Abschrift des Bestellungsbeschlusses, der Anmeldung der Vertretungsmacht, die abweichend von § 48 Abs. 3 bestimmt wurde, ist eine Abschrift der diese Bestimmung enthaltenden Urkunde beizufügen. (3) Die Eintragung gerichtlich bestellter Liquidatoren geschieht von Amts wegen.
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1. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – Auszug | Rz. 1948 Anhang
§ 77 Anmeldepflichtige und Form der Anmeldungen Die Anmeldungen zum Vereinsregister sind von Mitgliedern des Vorstands sowie von den Liquidatoren, die insoweit zur Vertretung des Vereins berechtigt sind, mittels öffentlich beglaubigter Erklärung abzugeben. Die Erklärung kann in Urschrift oder in öffentlich beglaubigter Abschrift beim Gericht eingereicht werden. § 78 Festsetzung von Zwangsgeld (1) Das Amtsgericht kann die Mitglieder des Vorstands zur Befolgung der Vorschriften des § 67 Abs. 1, des § 71 Abs. 1, des § 72, des § 74 Abs. 2, des § 75 Abs. 2 und des § 76 durch Festsetzung von Zwangsgeld anhalten. (2) In gleicher Weise können die Liquidatoren zur Befolgung der Vorschriften des § 76 angehalten werden. § 79 Einsicht in das Vereinsregister (1) Die Einsicht des Vereinsregisters sowie der von dem Verein bei dem Amtsgericht eingereichten Dokumente ist jedem gestattet. Von den Eintragungen kann eine Abschrift verlangt werden; die Abschrift ist auf Verlangen zu beglaubigen. Wird das Vereinsregister maschinell geführt, tritt an die Stelle der Abschrift ein Ausdruck, an die der beglaubigten Abschrift ein amtlicher Ausdruck. (2) Die Einrichtung eines automatisierten Verfahrens, das die Übermittlung von Daten aus maschinell geführten Vereinsregistern durch Abruf ermöglicht, ist zulässig, wenn sichergestellt ist, dass 1. der Abruf von Daten die zulässige Einsicht nach Abs. 1 nicht überschreitet und 2. die Zulässigkeit der Abrufe auf der Grundlage einer Protokollierung kontrolliert werden kann. Die Länder können für das Verfahren ein länderübergreifendes elektronisches Informations- und Kommunikationssystem bestimmen. (3) Der Nutzer ist darauf hinzuweisen, dass er die übermittelten Daten nur zu Informationszwecken verwenden darf. Die zuständige Stelle hat (z.B. durch Stichproben) zu prüfen, ob sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die nach Satz 1 zulässige Einsicht überschritten oder übermittelte Daten missbraucht werden. (4) Die zuständige Stelle kann einen Nutzer, der die Funktionsfähigkeit der Abrufeinrichtung gefährdet, die nach Abs. 3 Satz 1 zulässige Einsicht überschreitet oder übermittelte Daten missbraucht, von der Teilnahme am automatisierten Abrufverfahren ausschließen; dasselbe gilt bei drohender Überschreitung oder drohendem Missbrauch. (5) Zuständige Stelle ist die Landesjustizverwaltung. Örtlich zuständig ist die Landesjustizverwaltung, in deren Zuständigkeitsbereich das betreffende Amtsgericht liegt. Die Zuständigkeit kann durch Rechtsverordnung der Landesregierung abweichend geregelt werden. Sie kann diese Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltung übertragen. Die Länder können auch die Übertragung der Zuständigkeit auf die zuständige Stelle eines anderen Landes vereinbaren.
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Anhang Rz. 1948 | C. Gesetzestexte und Steuervorschriften
§ 79a Anwendung der Verordnung (EU) 2016/679 im Registerverfahren (1) Die Rechte nach Art. 15 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.4.2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. Nr. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) werden nach § 79 und den dazu erlassenen Vorschriften der Vereinsregisterverordnung durch Einsicht in das Register oder den Abruf von Registerdaten über das länderübergreifende Informations- und Kommunikationssystem gewährt. Das Registergericht ist nicht verpflichtet, Personen, deren personenbezogene Daten im Vereinsregister oder in den Registerakten gespeichert sind, über die Offenlegung dieser Daten an Dritte Auskunft zu erteilen. (2) Das Recht auf Berichtigung nach Art. 16 der Verordnung (EU) 2016/679 kann für personenbezogene Daten, die im Vereinsregister oder in den Registerakten gespeichert sind, nur unter den Voraussetzungen und in dem Verfahren ausgeübt werden, die im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sowie der Vereinsregisterverordnung für eine Löschung oder Berichtigung von Eintragungen geregelt sind. (3) Das Widerspruchsrecht nach Art. 21 der Verordnung (EU) 2016/679 ist auf personenbezogene Daten, die im Vereinsregister und in den Registerakten gespeichert sind, nicht anzuwenden. 2. Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) – Auszug (in der Fassung der Bekanntmachung v. 21.9.1994 – BGBl. I 2494, ber. 1997 I S. 1061, zuletzt geändert durch Artikel 10 des Gesetzes vom 22. Dezember 2020 (BGBl. I, S. 3328) 1949
Art. 82 Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze über die Verfassung solcher Vereine, deren Rechtsfähigkeit auf staatlicher Verleihung beruht. Art. 83 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über Waldgenossenschaften. Art. 85 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen im Falle des § 45 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs das Vermögen des aufgelösten Vereins an Stelle des Fiskus einer Körperschaft, Stiftung oder Anstalt des öffentlichen Rechts anfällt. Art. 86 1
Vorschriften, die den Erwerb von Rechten durch Ausländer oder durch juristische Personen, die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptnie-
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2. EGBGB – Auszug | Rz. 1949 Anhang
derlassung nicht im Bundesgebiet haben (ausländische juristische Personen), beschränken oder von einer Genehmigung abhängig machen, finden vom 30.7.1998 an keine Anwendung mehr. 2Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates den Erwerb von Rechten durch Ausländer oder ausländische juristische Personen zu beschränken und von der Erteilung einer Genehmigung abhängig zu machen, wenn Deutsche und inländische juristische Personen in dem betreffenden Staat in dem Erwerb von Rechten eingeschränkt werden und außenpolitische Gründe, insbesondere das Retorsionsrecht, dies erfordern. 3 Satz 2 gilt nicht für Ausländer und ausländische juristische Personen aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Art. 144 Die Landesgesetze können bestimmen, dass das Jugendamt die Beistandschaft mit Zustimmung des Elternteils auf einen rechtsfähigen Verein übertragen kann, dem dazu eine Erlaubnis nach § 54 des Achten Buches Sozialgesetzbuch erteilt worden ist. Art. 163 Auf die zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehenden juristischen Personen finden von dieser Zeit an die Vorschriften der §§ 25 bis 53 und 85 bis 89 des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung, soweit sich nicht aus den Art. 164 bis 166 ein anderes ergibt. Art. 164 1In
Kraft bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehenden Realgemeinden und ähnlichen Verbände, deren Mitglieder als solche zu Nutzungen an land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken, an Mühlen, Brauhäusern und ähnlichen Anlagen berechtigt sind. 2Es macht keinen Unterschied, ob die Realgemeinden oder sonstigen Verbände juristische Personen sind oder nicht und ob die Berechtigung der Mitglieder an Grundbesitz geknüpft ist oder nicht. Art. 165 In Kraft bleiben die Vorschriften der bayerischen Gesetze, betreffend die privatrechtliche Stellung der Vereine sowie der Erwerbs- und Wirtschaftsgesellschaften, vom 29.4.1869 in Ansehung derjenigen Vereine und registrierten Gesellschaften, welche auf Grund dieser Gesetze zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehen. Art. 166 In Kraft bleiben die Vorschriften des sächsischen Gesetzes vom 15.6.1868, betreffend die juristischen Personen, in Ansehung derjenigen Personenvereine, welche zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Rechtsfähigkeit durch Eintragung in das Genossenschaftsregister erlangt haben.
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Anhang Rz. 1949 | C. Gesetzestexte und Steuervorschriften
Art. 229 § 24 Übergangsvorschrift zu dem Gesetz zur Erleichterung elektronischer Anmeldungen zum Vereinsregister und anderer vereinsrechtlicher Änderungen 1Ausländische
Vereine und Stiftungen, denen vor dem 30.9.2009 die Rechtsfähigkeit im Inland verliehen wurde, bleiben rechtsfähig. 2Auf die Vereine sind § 33 Abs. 2 und § 44 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der bis zum 29.9.2009 geltenden Fassung weiter anzuwenden.1 Art. 231 § 2 Vereine (1) 1Rechtsfähige Vereinigungen, die nach dem Gesetz über Vereinigungen – Vereinigungsgesetz – vom 21.2.1990 (GBl. I Nr. 10 S. 75), geändert durch das Gesetz vom 22.6.1990 (GBl. I Nr. 37 S. 470, Nr. 39 S. 546), vor dem Wirksamwerden des Beitritts entstanden sind, bestehen fort.2 (2) 1Auf sie sind ab dem Tag des Wirksamwerdens des Beitritts die §§ 21 bis 79 des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden. (3) 1Die in Abs. 1 genannten Vereinigungen führen ab dem Wirksamwerden des Beitritts die Bezeichnung „eingetragener Verein“. (4) 1Auf nicht rechtsfähige Vereinigungen im Sinn des Gesetzes über Vereinigungen – Vereinigungsgesetz – vom 21.2.1990 findet ab dem Tag des Wirksamwerdens des Beitritts § 54 des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung. 1 § 23 Ausländischer Verein (bis 30.9.2009): Einem Verein, der seinen Sitz nicht in einem Bundesstaate hat, kann in Ermangelung besonderer reichsgesetzlicher Vorschriften Rechtsfähigkeit durch Beschluss des Bundesrates verliehen werden. § 33 Satzungsänderung (bis 30.9.2009): (1) Zu einem Beschluss, der eine Änderung der Satzung enthält, ist eine Mehrheit von drei Vierteln der erschienenen Mitglieder erforderlich. Zur Änderung des Zweckes des Vereins ist die Zustimmung aller Mitglieder erforderlich; die Zustimmung der nicht erschienenen Mitglieder muss schriftlich erfolgen. (2) Beruht die Rechtsfähigkeit des Vereins auf Verleihung, so ist zu jeder Änderung der Satzung staatliche Genehmigung oder, falls die Verleihung durch den Bundesrat erfolgt ist, die Genehmigung des Bundesrates erforderlich. § 44 Zuständigkeit und Verfahren: (1) Die Zuständigkeit und das Verfahren bestimmen sich in den Fällen des § 43 nach dem Recht des Landes, in dem der Verein seinen Sitz hat. (2) Beruht die Rechtsfähigkeit auf Verleihung durch den Bundesrat, so erfolgt die Entziehung durch Beschluss des Bundesrats. 2 § 22 Vereinigungsgesetz: (1) Vereinigungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes auf Grund staatlicher Anerkennung oder des Erlasses von Rechtsvorschriften rechtsfähig sind, haben sich bei dem für den Sitz der Vereinigung zuständigen Kreisgericht innerhalb von 6 Monaten nach Inkrafttreten dieses Gesetzes registrieren zu lassen. Die Bestimmung des § 4 Abs. 2 gilt entsprechend. (2) Soweit sich Vereinigungen bis zum Ablauf der in Abs. 1 genannten Frist nicht registrieren lassen, erlischt deren Rechtsfähigkeit. (3) Das Ministerium für Innere Angelegenheiten sowie die Räte der Bezirke und Kreise übergeben die Unterlagen über staatlich anerkannte Vereinigungen innerhalb von 6 Wochen nach Inkrafttreten dieses Gesetzes an die zuständigen Kreisgerichte.
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3. Gesetz über die politischen Parteien (Parteiengesetz) – Auszug | Rz. 1950 Anhang
§ 4 Haftung juristischer Personen für ihre Organe Die §§ 31 und 89 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind nur auf solche Handlungen anzuwenden, die am Tag des Wirksamwerdens des Beitritts oder danach begangen werden. 3. Gesetz über die politischen Parteien (Parteiengesetz) – Auszug in der Fassung der Bekanntmachung vom 31.1.1994 (BGBl. I, 149), zuletzt geändert durch Art. 13 V v. 19.6.2020 (BGBl. I, S. 1328) Erster Abschnitt Allgemeine Bestimmungen
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§ 1 Verfassungsrechtliche Stellung und Aufgaben der Parteien (1) 1Die Parteien sind ein verfassungsrechtlich notwendiger Bestandteil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. 2Sie erfüllen mit ihrer freien, dauernden Mitwirkung an der politischen Willensbildung des Volkes eine ihnen nach dem Grundgesetz obliegende und von ihm verbürgte öffentliche Aufgabe. (2) Die Parteien wirken an der Bildung des politischen Willens des Volkes auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens mit, indem sie insbesondere auf die Gestaltung der öffentlichen Meinung Einfluss nehmen, die politische Bildung anregen und vertiefen, die aktive Teilnahme der Bürger am politischen Leben fördern, zur Übernahme öffentlicher Verantwortung befähigte Bürger heranbilden, sich durch Aufstellung von Bewerbern an den Wahlen in Bund, Ländern und Gemeinden beteiligen, auf die politische Entwicklung in Parlament und Regierung Einfluss nehmen, die von ihnen erarbeiteten politischen Ziele in den Prozess der staatlichen Willensbildung einführen und für eine ständige lebendige Verbindung zwischen dem Volk und den Staatsorganen sorgen. (3) Die Parteien legen ihre Ziele in politischen Programmen nieder. (4) Die Parteien verwenden ihre Mittel ausschließlich für die ihnen nach dem Grundgesetz und diesem Gesetz obliegenden Aufgaben. § 2 Begriff der Partei (1) 1Parteien sind Vereinigungen von Bürgern, die dauernd oder für längere Zeit für den Bereich des Bundes oder eines Landes auf die politische Willensbildung Einfluss nehmen und an der Vertretung des Volkes im Deutschen Bundestag oder einem Landtag mitwirken wollen, wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere nach Umfang und Festigkeit ihrer Organisation, nach der Zahl ihrer Mitglieder und nach ihrem Hervortreten in der Öffentlichkeit eine ausreichende Gewähr für die Ernsthaftigkeit dieser Zielsetzung bieten. 2Mitglieder einer Partei können nur natürliche Personen sein. (2) Eine Vereinigung verliert ihre Rechtsstellung als Partei, wenn sie sechs Jahre lang weder an einer Bundestagswahl noch an einer Landtagswahl mit eigenen Wahlvorschlägen teilgenommen hat.
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Anhang Rz. 1950 | C. Gesetzestexte und Steuervorschriften
(3) Politische Vereinigungen sind nicht Parteien, wenn 1. ihre Mitglieder oder die Mitglieder ihres Vorstandes in der Mehrheit Ausländer sind oder 2. ihr Sitz oder ihre Geschäftsleitung sich außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes befindet. § 3 Aktiv- und Passivlegitimation 1 Die Partei kann unter ihrem Namen klagen und verklagt werden. 2Das gleiche gilt für ihre Gebietsverbände der jeweils höchsten Stufe, sofern die Satzung der Partei nichts anderes bestimmt.
§ 4 Name (1) 1Der Name einer Partei muss sich von dem Namen einer bereits bestehenden Partei deutlich unterscheiden; das gleiche gilt für Kurzbezeichnungen. 2In der Wahlwerbung und im Wahlverfahren darf nur der satzungsmäßige Name oder dessen Kurzbezeichnung geführt werden; Zusatzbezeichnungen können weggelassen werden. (2) 1Gebietsverbände führen den Namen der Partei unter Zusatz ihrer Organisationsstellung. 2Der Zusatz für Gebietsverbände ist nur an nachfolgender Stelle zulässig. 3In der allgemeinen Werbung und in der Wahlwerbung kann der Zusatz weggelassen werden. (3) 1Gebietsverbände, die aus der Partei ausscheiden, verlieren das Recht, den Namen der Partei weiterzuführen. 2Ein neu gewählter Name darf nicht in einem bloßen Zusatz zu dem bisherigen Namen bestehen. 3Entsprechendes gilt für Kurzbezeichnungen. § 5 Gleichbehandlung (1) 1Wenn ein Träger öffentlicher Gewalt den Parteien Einrichtungen zur Verfügung stellt oder andere öffentliche Leistungen gewährt, sollen alle Parteien gleichbehandelt werden. 2Der Umfang der Gewährung kann nach der Bedeutung der Parteien bis zu dem für die Erreichung ihres Zweckes erforderlichen Mindestmaß abgestuft werden. 3 Die Bedeutung der Parteien bemisst sich insbesondere auch nach den Ergebnissen vorausgegangener Wahlen zu Volksvertretungen. 4Für eine Partei, die im Bundestag in Fraktionsstärke vertreten ist, muss der Umfang der Gewährung mindestens halb so groß wie für jede andere Partei sein. (2) Für die Gewährung öffentlicher Leistungen in Zusammenhang mit einer Wahl gilt Abs. 1 während der Dauer des Wahlkampfes nur für Parteien, die Wahlvorschläge eingereicht haben. (3) Öffentliche Leistungen nach Abs. 1 können an bestimmte sachliche, von allen Parteien zu erfüllende Voraussetzungen gebunden werden. (4) Der Vierte Abschnitt bleibt unberührt.
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3. Gesetz über die politischen Parteien (Parteiengesetz) – Auszug | Rz. 1950 Anhang
Zweiter Abschnitt Innere Ordnung § 6 Satzung und Programm (1) 1Die Partei muss eine schriftliche Satzung und ein schriftliches Programm haben. 2Die Gebietsverbände regeln ihre Angelegenheiten durch eigene Satzungen, soweit die Satzung des jeweils nächsthöheren Gebietsverbandes hierüber keine Vorschriften enthält. (2) Die Satzungen müssen Bestimmungen enthalten über 1. Namen sowie Kurzbezeichnung, sofern eine solche verwandt wird, Sitz und Tätigkeitsgebiet der Partei, 2. Aufnahme und Austritt der Mitglieder, 3. Rechte und Pflichten der Mitglieder, 4. zulässige Ordnungsmaßnahmen gegen Mitglieder und ihren Ausschluss (§ 10 Abs. 3 bis 5), 5. zulässige Ordnungsmaßnahmen gegen Gebietsverbände, 6. allgemeine Gliederung der Partei, 7. Zusammensetzung und Befugnisse des Vorstandes und der übrigen Organe, 8. der Beschlussfassung durch die Mitglieder- und Vertreterversammlungen nach § 9 vorbehaltene Angelegenheiten, 9. Voraussetzung, Form und Frist der Einberufung der Mitglieder- und Vertreterversammlungen sowie Beurkundung der Beschlüsse, 10. Gebietsverbände und Organe, die zur Einreichung (Unterzeichnung) von Wahlvorschlägen für Wahlen zu Volksvertretungen befugt sind, soweit hierüber keine gesetzlichen Vorschriften bestehen, 11. eine Urabstimmung der Mitglieder und das Verfahren, wenn der Parteitag die Auflösung der Partei oder des Gebietsverbandes oder die Verschmelzung mit anderen Parteien nach § 9 Abs. 3 beschlossen hat. Der Beschluss gilt nach dem Ergebnis der Urabstimmung als bestätigt, geändert oder aufgehoben, 12. Form und Inhalt einer Finanzordnung, die den Vorschriften des Fünften Abschnittes dieses Gesetzes genügt. (3) 1Der Vorstand hat dem Bundeswahlleiter 1. Satzung und Programm der Partei, 2. Namen der Vorstandsmitglieder der Partei und der Landesverbände mit Angabe ihrer Funktionen, 3. Auflösung der Partei oder eines Landesverbandes mitzuteilen. 2Änderungen zu Satz 1 Nr. 1 und 2 sind bis zum 31. Dezember des jeweiligen Kalenderjahres anzuzeigen. 3Die Unterlagen können beim Bundeswahlleiter Stöber/Otto | 937
Anhang Rz. 1950 | C. Gesetzestexte und Steuervorschriften
von jedermann eingesehen werden. 4Abschriften dieser Unterlagen sind auf Anforderung gebührenfrei zu erteilen. (4) Bei Parteien, deren Organisation sich auf das Gebiet eines Landes beschränkt (Landesparteien), gelten die in diesem Gesetz für die Partei getroffenen Regelungen für den Landesverband. § 7 Gliederung (1) 1Die Parteien gliedern sich in Gebietsverbände. 2Größe und Umfang der Gebietsverbände werden durch die Satzung festgelegt. 3Die gebietliche Gliederung muss so weit ausgebaut sein, dass den einzelnen Mitgliedern eine angemessene Mitwirkung an der Willensbildung der Partei möglich ist. 4Beschränkt sich die Organisation einer Partei auf das Gebiet eines Stadtstaates, braucht sie keine Gebietsverbände zu bilden; sie ist Partei im Sinne dieses Gesetzes. 5Organisatorische Zusammenschlüsse mehrerer Gebietsverbände, die den verbandsmäßigen Aufbau der Parteiorganisation nicht wesentlich beeinträchtigen, sind zulässig. (2) Soweit in einer Partei Landesverbände nicht bestehen, gelten die in diesem Gesetz für Landesverbände getroffenen Regelungen für die der Partei folgenden nächstniedrigen Gebietsverbände. § 8 Organe (1) 1Mitgliederversammlung und Vorstand sind notwendige Organe der Partei und der Gebietsverbände. 2Durch die Satzung kann bestimmt werden, dass in den überörtlichen Verbänden an die Stelle der Mitgliederversammlung eine Vertreterversammlung tritt, deren Mitglieder für höchstens zwei Jahre durch Mitglieder- oder Vertreterversammlungen der nachgeordneten Verbände gewählt werden. 3Landesparteien ohne Gebietsverbände (§ 7 Abs. 1 Satz 4) können die Mitgliederversammlung durch eine Vertreterversammlung ersetzen, wenn sie mehr als 250 Mitglieder haben. 4 Vertreterversammlungen können auch für Ortsverbände von mehr als 250 Mitgliedern oder mit großer räumlicher Ausdehnung gebildet werden. (2) 1Die Satzung kann weitere der Willensbildung des jeweiligen Gebietsverbandes dienende Einrichtungen (Organe) vorsehen. 2Sie sind in der Satzung ausdrücklich als solche zu bezeichnen. § 9 Mitglieder- und Vertreterversammlung (Parteitag, Hauptversammlung) (1) 1Die Mitglieder- oder Vertreterversammlung (Parteitag, Hauptversammlung) ist das oberste Organ des jeweiligen Gebietsverbandes. 2Sie führt bei Gebietsverbänden höherer Stufen die Bezeichnung „Parteitag“, bei Gebietsverbänden der untersten Stufe die Bezeichnung „Hauptversammlung“; die nachfolgenden Bestimmungen über den Parteitag gelten auch für die Hauptversammlung. 3Die Parteitage treten mindestens in jedem zweiten Kalenderjahr einmal zusammen. (2) Vorstandsmitglieder, Mitglieder anderer Organe des Gebietsverbandes sowie Angehörige des in § 11 Abs. 2 genannten Personenkreises können einer Vertreterversammlung kraft Satzung angehören, dürfen aber in diesem Fall nur bis zu einem 938 | Stöber/Otto
3. Gesetz über die politischen Parteien (Parteiengesetz) – Auszug | Rz. 1950 Anhang
Fünftel der satzungsmäßigen Gesamtzahl der Versammlungsmitglieder mit Stimmrecht ausgestattet sein. (3) Der Parteitag beschließt im Rahmen der Zuständigkeiten des Gebietsverbandes innerhalb der Partei über die Parteiprogramme, die Satzung, die Beitragsordnung, die Schiedsgerichtsordnung, die Auflösung sowie die Verschmelzung mit anderen Parteien. (4) Der Parteitag wählt den Vorsitzenden des Gebietsverbandes, seine Stellvertreter und die übrigen Mitglieder des Vorstandes, die Mitglieder etwaiger anderer Organe und die Vertreter in den Organen höherer Gebietsverbände, soweit in diesem Gesetz nichts anderes zugelassen ist. (5) 1Der Parteitag nimmt mindestens alle zwei Jahre einen Tätigkeitsbericht des Vorstandes entgegen und fasst über ihn Beschluss. 2Der finanzielle Teil des Berichts ist vor der Berichterstattung durch Rechnungsprüfer, die von dem Parteitag gewählt werden, zu überprüfen. § 10 Rechte der Mitglieder (1) 1Die zuständigen Organe der Partei entscheiden nach näherer Bestimmung der Satzung frei über die Aufnahme von Mitgliedern. 2Die Ablehnung eines Aufnahmeantrages braucht nicht begründet zu werden. 3Allgemeine, auch befristete Aufnahmesperren sind nicht zulässig. 4Personen, die infolge Richterspruchs die Wählbarkeit oder das Wahlrecht nicht besitzen, können nicht Mitglieder einer Partei sein. (2) 1Die Mitglieder der Partei und die Vertreter in den Parteiorganen haben gleiches Stimmrecht. 2Die Ausübung des Stimmrechts kann nach näherer Bestimmung der Satzung davon abhängig gemacht werden, dass das Mitglied seine Beitragspflicht erfüllt hat. 3Das Mitglied ist jederzeit zum sofortigen Austritt aus der Partei berechtigt. (3) 1In der Satzung sind Bestimmungen zu treffen über 1. die zulässigen Ordnungsmaßnahmen gegen Mitglieder, 2. die Gründe, die zu Ordnungsmaßnahmen berechtigen, 3. die Parteiorgane, die Ordnungsmaßnahmen anordnen können. 2Im
Falle der Enthebung von Parteiämtern oder der Aberkennung der Fähigkeit zu ihrer Bekleidung ist der Beschluss zu begründen. (4) Ein Mitglied kann nur dann aus der Partei ausgeschlossen werden, wenn es vorsätzlich gegen die Satzung oder erheblich gegen Grundsätze oder Ordnung der Partei verstößt und ihr damit schweren Schaden zufügt.
(5) 1Über den Ausschluss entscheidet das nach der Schiedsgerichtsordnung zuständige Schiedsgericht. 2Die Berufung an ein Schiedsgericht höherer Stufe ist zu gewährleisten. 3Die Entscheidungen sind schriftlich zu begründen. 4In dringenden und schwerwiegenden Fällen, die sofortiges Eingreifen erfordern, kann der Vorstand der Partei oder eines Gebietsverbandes ein Mitglied von der Ausübung seiner Rechte bis zur Entscheidung des Schiedsgerichts ausschließen. Stöber/Otto | 939
Anhang Rz. 1950 | C. Gesetzestexte und Steuervorschriften
§ 11 Vorstand (1) 1Der Vorstand wird mindestens in jedem zweiten Kalenderjahr gewählt. 2Er muss aus mindestens drei Mitgliedern bestehen. (2) 1Dem Vorstand können Abgeordnete und andere Persönlichkeiten aus der Partei kraft Satzung angehören, wenn sie ihr Amt oder ihr Mandat aus einer Wahl erhalten haben. 2Der Anteil der nicht nach § 9 Abs. 4 gewählten Mitglieder darf ein Fünftel der Gesamtzahl der Vorstandsmitglieder nicht übersteigen. 3Vorsitzender und Schatzmeister einer Partei dürfen nicht in einer der Partei nahestehenden politischen Stiftung vergleichbare Funktionen ausüben. (3) 1Der Vorstand leitet den Gebietsverband und führt dessen Geschäfte nach Gesetz und Satzung sowie den Beschlüssen der ihm übergeordneten Organe. 2Er vertritt den Gebietsverband gem. § 26 Abs. 1 Satz 2 und 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, soweit nicht die Satzung eine abweichende Regelung trifft. (4) 1Zur Durchführung der Beschlüsse des Vorstandes sowie zur Erledigung der laufenden und der besonders dringlichen Vorstandsgeschäfte kann aus der Mitte des Vorstandes ein geschäftsführender Vorstand (Präsidium) gebildet werden. 2Seine Mitglieder können auch vom Vorstand gewählt oder durch die Satzung bestimmt werden. § 12 Allgemeine Parteiausschüsse (1) Die Mitglieder von allgemeinen Parteiausschüssen und ähnlichen Einrichtungen, die nach der Satzung umfassende Zuständigkeiten für die Beratung oder Entscheidung politischer und organisatorischer Fragen der Partei besitzen, können auch von nachgeordneten Gebietsverbänden gewählt werden. (2) 1Der Vorstand und Angehörige des in § 11 Abs. 2 genannten Personenkreises können einem solchen Organ kraft Satzung angehören. 2 Der Anteil der nicht gewählten Mitglieder darf ein Drittel der Gesamtmitgliederzahl des Organs nicht übersteigen; er kann um weitere Mitglieder mit nur beratender Stimme erhöht werden, muss jedoch auch dann noch unter der Hälfte der Gesamtmitgliederzahl des Organs liegen. (3) Das Amt der gewählten Mitglieder der in Abs. 1 genannten Organe dauert höchstens zwei Jahre. § 13 Zusammensetzung der Vertreterversammlungen 1
Die Zusammensetzung einer Vertreterversammlung oder eines sonstigen Organs, das ganz oder zum Teil aus Vertretern von Gebietsverbänden besteht, ist in der Satzung festzulegen. 2Die Zahl der Vertreter des Gebietsverbandes ist in erster Linie nach der Zahl der vertretenen Mitglieder zu bemessen. 3Die Satzung kann bestimmen, dass die restliche Zahl der Vertreter, höchstens die Hälfte der Gesamtzahl, nach dem Verhältnis der im Bereich des Gebietsverbandes bei vorausgegangenen Wahlen zu Volksvertretungen erzielten Wählerstimmen auf die Gebietsverbände aufgeschlüsselt wird. 4Die Ausübung des Stimmrechts kann von der Erfüllung der Beitragspflicht des Gebietsverbandes abhängig gemacht werden. 940 | Stöber/Otto
3. Gesetz über die politischen Parteien (Parteiengesetz) – Auszug | Rz. 1950 Anhang
§ 14 Parteischiedsgerichte (1) 1Zur Schlichtung und Entscheidung von Streitigkeiten der Partei oder eines Gebietsverbandes mit einzelnen Mitgliedern und Streitigkeiten über Auslegung und Anwendung der Satzung sind zumindest bei der Partei und den Gebietsverbänden der jeweils höchsten Stufe Schiedsgerichte zu bilden. 2Für mehrere Gebietsverbände der Kreisstufe können gemeinsame Schiedsgerichte gebildet werden. (2) 1Die Mitglieder der Schiedsgerichte werden für höchstens vier Jahre gewählt. 2Sie dürfen nicht Mitglied eines Vorstandes der Partei oder eines Gebietsverbandes sein, in einem Dienstverhältnis zu der Partei oder einem Gebietsverband stehen oder von ihnen regelmäßige Einkünfte beziehen. 3Sie sind unabhängig und an Weisungen nicht gebunden. (3) Die Satzung kann vorsehen, dass die Schiedsgerichte allgemein oder im Einzelfall mit Beisitzern besetzt werden, die von den Streitteilen paritätisch benannt werden. (4) Für die Tätigkeit des Schiedsgerichts ist eine Schiedsgerichtsordnung zu erlassen, die den Beteiligten rechtliches Gehör, ein gerechtes Verfahren und die Ablehnung eines Mitglieds des Schiedsgerichts wegen Befangenheit gewährleistet. § 15 Willensbildung in den Organen (1) Die Organe fassen ihre Beschlüsse mit einfacher Stimmenmehrheit, soweit nicht durch Gesetz oder Satzung erhöhte Stimmenmehrheit vorgeschrieben ist. (2) 1Die Wahlen der Vorstandsmitglieder und der Vertreter zu Vertreterversammlungen und zu Organen höherer Gebietsverbände sind geheim. 2Bei den übrigen Wahlen kann offen abgestimmt werden, wenn sich auf Befragen kein Widerspruch erhebt. (3) 1Das Antragsrecht ist so zu gestalten, dass eine demokratische Willensbildung gewährleistet bleibt, insbesondere auch Minderheiten ihre Vorschläge ausreichend zur Erörterung bringen können. 2In den Versammlungen höherer Gebietsverbände ist mindestens den Vertretern der Gebietsverbände der beiden nächstniedrigen Stufen ein Antragsrecht einzuräumen. 3Bei Wahlen und Abstimmungen ist eine Bindung an Beschlüsse anderer Organe unzulässig. § 16 Maßnahmen gegen Gebietsverbände (1) 1Die Auflösung und der Ausschluss nachgeordneter Gebietsverbände sowie die Amtsenthebung ganzer Organe derselben sind nur wegen schwerwiegender Verstöße gegen die Grundsätze oder die Ordnung der Partei zulässig. 2In der Satzung ist zu bestimmen, 1. aus welchen Gründen die Maßnahmen zulässig sind, 2. welcher übergeordnete Gebietsverband und welches Organ dieses Verbandes sie treffen können. (2) 1Der Vorstand der Partei oder eines übergeordneten Gebietsverbandes bedarf für eine Maßnahme nach Abs. 1 der Bestätigung durch ein höheres Organ. 2Die Maß-
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nahme tritt außer Kraft, wenn die Bestätigung nicht auf dem nächsten Parteitag ausgesprochen wird. (3) Gegen Maßnahmen nach Abs. 1 ist die Anrufung eines Schiedsgerichts zuzulassen. Dritter Abschnitt Aufstellung von Wahlbewerbern § 17 Aufstellung von Wahlbewerbern 1Die
Aufstellung von Bewerbern für Wahlen zu Volksvertretungen muss in geheimer Abstimmung erfolgen. 2Die Aufstellung regeln die Wahlgesetze und die Satzungen der Parteien. Vierter Abschnitt Staatliche Finanzierung § 18 Grundsätze und Umfang der staatlichen Finanzierung (1) 1Die Parteien erhalten Mittel als Teilfinanzierung der allgemein ihnen nach dem Grundgesetz obliegenden Tätigkeit. 2Maßstäbe für die Verteilung der staatlichen Mittel bilden der Erfolg, den eine Partei bei den Wählern bei Europa-, Bundestags- und Landtagswahlen erzielt, die Summe ihrer Mitglieds- und Mandatsträgerbeiträge sowie der Umfang der von ihr eingeworbenen Spenden. (2) 1Das jährliche Gesamtvolumen staatlicher Mittel, das allen Parteien höchstens ausgezahlt werden darf, beträgt für die im Jahr 2019 vorzunehmende Festsetzung 190 Millionen Euro (absolute Obergrenze). 2Die absolute Obergrenze erhöht sich jährlich um den Prozentsatz, abgerundet auf ein Zehntel Prozent, um den sich der Preisindex der für eine Partei typischen Ausgaben im dem Anspruchsjahr vorangegangenen Jahr erhöht hat. 3Grundlage des Preisindexes ist zu einem Wägungsanteil von 70 Prozent der allgemeine Verbraucherpreisindex und von 30 Prozent der Index der tariflichen Monatsgehälter der Arbeiter und Angestellten bei Gebietskörperschaften. 4Der Präsident des Statistischen Bundesamtes legt dem Deutschen Bundestag hierzu bis spätestens 30. April jedes Jahres einen Bericht über die Entwicklung des Preisindexes bezogen auf das vorangegangene Jahr vor. 5Der Bundestagspräsident veröffentlicht bis spätestens 31. Mai jedes Jahres die sich aus der Steigerung ergebende Summe der absoluten Obergrenze, abgerundet auf volle Eurobeträge, als Bundestagsdrucksache. (3) 1Die Parteien erhalten jährlich im Rahmen der staatlichen Teilfinanzierung 1.0,83 € für jede für ihre jeweilige Liste abgegebene gültige Stimme oder 2.0,83 € für jede für sie in einem Wahl- oder Stimmkreis abgegebene gültige Stimme, wenn in einem Land eine Liste für diese Partei nicht zugelassen war, und 3.0,45 € für jeden Euro, den sie als Zuwendung (eingezahlter Mitglieds- oder Mandatsträgerbeitrag oder rechtmäßig erlangte Spende) erhalten haben; dabei werden nur Zuwendungen bis zu 3 300 € je natürliche Person berücksichtigt. 2Die
Parteien erhalten abweichend von den Nr. 1 und 2 für die von ihnen jeweils erzielten bis zu vier Millionen gültigen Stimmen 1 € je Stimme. 3Die in Satz 1 Nr. 1
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3. Gesetz über die politischen Parteien (Parteiengesetz) – Auszug | Rz. 1950 Anhang
und 2 sowie in Satz 2 genannten Beträge erhöhen sich ab dem Jahr 2017 entsprechend Abs. 2 Satz 2 bis 5. (4) 1Anspruch auf staatliche Mittel gem. Abs. 3 Nr. 1 und 3 haben Parteien, die nach dem endgültigen Wahlergebnis der jeweils letzten Europa- oder Bundestagswahl mindestens 0,5 vom Hundert oder einer Landtagswahl 1,0 vom Hundert der für die Listen abgegebenen gültigen Stimmen erreicht haben; für Zahlungen nach Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 muss die Partei diese Voraussetzungen bei der jeweiligen Wahl erfüllen. 2Anspruch auf die staatlichen Mittel gem. Abs. 3 Nr. 2 haben Parteien, die nach dem endgültigen Wahlergebnis 10 vom Hundert der in einem Wahl- oder Stimmkreis abgegebenen gültigen Stimmen erreicht haben. 3Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Parteien nationaler Minderheiten. (5) 1Die Höhe der staatlichen Teilfinanzierung darf bei einer Partei die Summe der Einnahmen nach § 24 Abs. 4 Nr. 1 bis 7 nicht überschreiten (relative Obergrenze). 2 Die Summe der Finanzierung aller Parteien darf die absolute Obergrenze nicht überschreiten. (6) Der Bundespräsident kann eine Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung berufen. (7) 1Löst sich eine Partei auf oder wird sie verboten, scheidet sie ab dem Zeitpunkt der Auflösung aus der staatlichen Teilfinanzierung aus. 2Gleiches gilt bei einer Feststellung des Bundesverfassungsgerichts nach § 46a des Bundesverfassungsgerichtsgesetz ab dem Zeitpunkt der Entscheidung. § 19 Antragstellung für die staatliche Teilfinanzierung (1) 1Die Festsetzung und die Auszahlung der staatlichen Mittel für das Anspruchsjahr im Sinne des Gesetzes sind von den Parteien schriftlich zum 30. September des Anspruchsjahres beim Präsidenten des Deutschen Bundestages zu beantragen. 2Der Antrag muss von einem für die Finanzen nach der Satzung zuständigen Vorstandsmitglied der Partei gestellt sein und die zustellungsfähige Anschrift sowie eine Bankverbindung enthalten. 3Ein einheitlicher Antrag des Bundesverbandes für die Gesamtpartei genügt. 4Teilanträge sind zulässig. 5Wurden staatliche Mittel zugunsten einer Partei bereits für das dem Anspruchsjahr vorausgehende Jahr festgesetzt, erfolgt die Festsetzung durch den Präsidenten des Deutschen Bundestages ohne weiteren Antrag. 6Änderungen, die das Festsetzungsverfahren betreffen, hat die Partei dem Präsidenten des Deutschen Bundestages unverzüglich mitzuteilen. 7Unterbleibt eine solche Mitteilung, haftet die Partei. (2) 1Der Antrag auf Abschlagszahlungen ist schriftlich bei dem Präsidenten des Deutschen Bundestages bis zum 15. des jeweils der nächsten Abschlagszahlung vorangehenden Monats zu stellen. 2Er kann für mehrere Abschläge des Jahres gleichzeitig gestellt werden. 3Abs. 1 Sätze 5 bis 7 gilt entsprechend. § 19a Festsetzungsverfahren (1) 1Der Präsident des Deutschen Bundestages setzt jährlich zum 15. Februar die Höhe der staatlichen Mittel für jede anspruchsberechtigte Partei für das vorangeganStöber/Otto | 943
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gene Jahr (Anspruchsjahr) fest. 2Er darf staatliche Mittel für eine Partei nach den §§ 18 und 19a nur auf Grund eines Rechenschaftsberichts festsetzen und auszahlen, der den Vorschriften des Fünften Abschnitts entspricht. 3Leitet der Präsident des Deutschen Bundestages bezüglich eines fristgerecht eingereichten Rechenschaftsberichts das Verfahren nach § 23a Abs. 2 vor der Festsetzung ein, setzt er die staatlichen Mittel für diese Partei auf der Grundlage ihres Rechenschaftsberichts nur vorläufig fest und zahlt sie gegen Sicherheitsleistung in Höhe möglicher Zahlungsverpflichtungen der Partei (§§ 31a bis 31c) aus. 4Nach Abschluss des Verfahrens trifft er eine endgültige Festsetzung. (2) 1Berechnungsgrundlage für die Festsetzung der Höhe der staatlichen Mittel sind die von den anspruchsberechtigten Parteien bis einschließlich 31. Dezember des Anspruchsjahres erzielten gültigen Stimmen bei der jeweils letzten Europa- und Bundestagswahl sowie der jeweils letzten Landtagswahl und die in den Rechenschaftsberichten veröffentlichten Zuwendungen (§ 18 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3) des jeweils vorangegangenen Jahres (Rechenschaftsjahr). 2Der Präsident des Deutschen Bundestages fasst die erzielten, nach § 18 Abs. 4 berücksichtigungsfähigen, gültigen Stimmen jeder Partei in einem Stimmenkonto zusammen und schreibt dieses fort. (3) 1Die Partei hat ihren Rechenschaftsbericht bis zum 30. September des dem Rechenschaftsjahr folgenden Jahres beim Präsidenten des Deutschen Bundestages einzureichen. 2Der Präsident des Deutschen Bundestages kann die Frist um bis zu drei Monate verlängern. 3Reicht eine Partei ihren Rechenschaftsbericht nicht fristgerecht ein, verliert sie endgültig den auf Zuwendungen bezogenen Anspruch auf staatliche Mittel (Verfall des Zuwendungsanteils). 4Hat eine Partei ihren Rechenschaftsbericht bis zum 31. Dezember des dem Anspruchsjahr folgenden Jahres nicht eingereicht, verliert sie endgültig den Anspruch auf staatliche Mittel für das Anspruchsjahr (Verfall des Wählerstimmenanteils). 5Die Fristen werden unabhängig von der inhaltlichen Richtigkeit gewahrt, wenn der Rechenschaftsbericht der in § 24 vorgegebenen Gliederung entspricht und den Prüfungsvermerk gem. § 30 Abs. 2 trägt. 6Die Festsetzungen und Zahlungen an die übrigen Parteien bleiben unverändert. (4) 1Der Berechnung der relativen Obergrenze (§ 18 Abs. 5) sind die in den Rechenschaftsberichten des Rechenschaftsjahres veröffentlichten Einnahmen nach § 24 Abs. 4 Nr. 1 bis 7 zugrunde zu legen. 2Dabei sind Einnahmen aus Unternehmenstätigkeit (§ 24 Abs. 4 Nr. 5) nur in Höhe des nach Abzug der Ausgaben (§ 24 Abs. 5 Nr. 2 Buchstabe f) verbleibenden Betrages zu berücksichtigen. (5) 1Bei der Festsetzung ist zunächst für jede Partei die relative Obergrenze (§ 18 Abs. 5) und sodann die absolute Obergrenze (§ 18 Abs. 2) einzuhalten. 2Überschreitet die Summe der errechneten staatlichen Mittel die absolute Obergrenze, besteht der Anspruch der Parteien auf staatliche Mittel nur in der Höhe, der ihrem Anteil an diesem Betrag entspricht. (6) 1Die Auszahlung der staatlichen Mittel für die bei Landtagswahlen erzielten gültigen Stimmen erfolgt an den jeweiligen Landesverband der Partei i.H.v. 0,50 € je Stimme; etwaige Kürzungen nach Abs. 5 bleiben außer Betracht, soweit diese bei den vom Bund zu leistenden Auszahlungen (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2) vorgenom-
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men werden können. 2Die Auszahlung der übrigen staatlichen Mittel erfolgt an den Bundesverband der Partei, bei Landesparteien an den Landesverband. § 20 Abschlagszahlungen (1) 1Den anspruchsberechtigten Parteien sind Abschlagszahlungen auf den vom Präsidenten des Deutschen Bundestages festzusetzenden Betrag zu gewähren. 2Berechnungsgrundlage sind die für das vorangegangene Jahr für jede Partei festgesetzten Mittel. 3Die Abschlagszahlungen sind zum 15. Februar, zum 15. Mai, zum 15. August und zum 15. November zu zahlen; sie dürfen jeweils 25 vom Hundert der Gesamtsumme der für das Vorjahr für die jeweilige Partei festgesetzten Mittel nicht überschreiten. 4Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass es zu einer Rückzahlungsverpflichtung kommen könnte, kann die Gewährung von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. (2) 1Die Abschlagszahlungen sind von den Parteien unverzüglich zurückzuzahlen, soweit sie den festgesetzten Betrag überschreiten oder ein Anspruch nicht entstanden ist. 2Ergibt sich aus der Festsetzung eine Überzahlung, stellt der Präsident des Deutschen Bundestages den Rückforderungsanspruch mit dem die Festsetzung umfassenden Verwaltungsakt fest und verrechnet diesen Betrag unmittelbar. (3) § 19a Abs. 6 gilt entsprechend. § 21 Bereitstellung von Bundesmitteln und Auszahlungsverfahren sowie Prüfung durch den Bundesrechnungshof (1) 1Die Mittel nach den §§ 18 und 20 werden im Falle des § 19a Abs. 6 Satz 1 von den Ländern, im übrigen vom Bund durch den Präsidenten des Deutschen Bundestages an die Parteien ausgezahlt. 2Der Präsident des Deutschen Bundestages teilt den Ländern die auf die Landesverbände der Parteien entfallenden Beträge verbindlich mit. (2) Der Bundesrechnungshof prüft, ob der Präsident des Deutschen Bundestages als mittelverwaltende Stelle die staatlichen Mittel entsprechend den Vorschriften dieses Abschnitts festgesetzt und ausgezahlt hat, sowie die ordnungsgemäße Durchführung der Verfahren gem. § 23a. § 22 Parteiinterner Finanzausgleich Die Bundesverbände der Parteien haben für einen angemessenen Finanzausgleich für ihre Landesverbände Sorge zu tragen. Fünfter Abschnitt Rechenschaftslegung § 23 Pflicht zur öffentlichen Rechenschaftslegung (1) 1Der Vorstand der Partei hat über die Herkunft und die Verwendung der Mittel sowie über das Vermögen der Partei zum Ende des Kalenderjahres (Rechnungsjahr) in einem Rechenschaftsbericht wahrheitsgemäß und nach bestem Wissen und Gewissen öffentlich Rechenschaft zu geben. 2Der Rechenschaftsbericht soll vor der ZuStöber/Otto | 945
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leitung an den Präsidenten des Deutschen Bundestages im Vorstand der Partei beraten werden. 3Der Bundesvorstand der Partei sowie die Vorstände der Landesverbände und die Vorstände der den Landesverbänden vergleichbaren Gebietsverbände sind jeweils für ihre Rechenschaftslegung verantwortlich. 4Ihre Rechenschaftsberichte werden vom Vorsitzenden und einem vom Parteitag gewählten für die Finanzangelegenheiten zuständigen Vorstandsmitglied oder von einem für die Finanzangelegenheiten nach der Satzung zuständigen Gremium gewählten Vorstandsmitglied unterzeichnet. 5 Diese für die Finanzangelegenheiten zuständigen Vorstandsmitglieder versichern mit ihrer Unterschrift, dass die Angaben in ihren Rechenschaftsberichten nach bestem Wissen und Gewissen wahrheitsgemäß gemacht worden sind. 6Der Rechenschaftsbericht der Gesamtpartei wird von einem vom Parteitag gewählten für die Finanzangelegenheiten zuständigen Vorstandsmitglied des Bundesvorstandes oder von einem für die Finanzangelegenheiten nach der Satzung zuständigen Gremium gewählten Mitglied des Bundesvorstandes zusammengefügt und unterzeichnet. (2) 1Der Rechenschaftsbericht muss von einem Wirtschaftsprüfer oder einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft nach den Vorschriften der §§ 29 bis 31 geprüft werden. 2Bei Parteien, die die Voraussetzungen des § 18 Abs. 4 Satz 1 erster Halbsatz nicht erfüllen, kann der Rechenschaftsbericht auch von einem vereidigten Buchprüfer oder einer Buchprüfungsgesellschaft geprüft werden. 3Er ist entsprechend der Frist nach § 19a Abs. 3 Satz 1 erster Halbsatz beim Präsidenten des Deutschen Bundestages einzureichen und von diesem als Bundestagsdrucksache zu verteilen. 4Erfüllt eine Partei die Voraussetzungen des § 18 Abs. 4 Satz 1 erster Halbsatz nicht und verfügt sie im Rechnungsjahr weder über Einnahmen noch über ein Vermögen von mehr als 5.000 €, kann sie bei dem Präsidenten des Deutschen Bundestages einen ungeprüften Rechenschaftsbericht einreichen. 5Der Präsident des Deutschen Bundestages kann untestiert eingereichte Rechenschaftsberichte veröffentlichen. 6Der Rechenschaftsbericht der Partei ist dem jeweils auf seine Veröffentlichung folgenden Bundesparteitag zur Erörterung vorzulegen. (3) 1Der Präsident des Deutschen Bundestages prüft gem. § 23a, ob der Rechenschaftsbericht den Vorschriften des Fünften Abschnitts entspricht. 2Das Ergebnis der Prüfung ist in dem Bericht nach Abs. 4 aufzunehmen. (4) 1Der Präsident des Deutschen Bundestages erstattet dem Deutschen Bundestag alle zwei Jahre über die Entwicklung der Parteienfinanzen sowie über die Rechenschaftsberichte der Parteien Bericht. 2Zusätzlich erstellt er vergleichende jährliche Kurzübersichten über die Einnahmen und Ausgaben sowie über die Vermögensverhältnisse der Parteien. 3Die Berichte werden als Bundestagsdrucksache verteilt. § 23a Prüfung des Rechenschaftsberichts (1) 1Der Präsident des Deutschen Bundestages prüft den vorgelegten Rechenschaftsbericht auf formale und inhaltliche Richtigkeit. 2Er stellt fest, ob der Rechenschaftsbericht den Vorschriften des Fünften Abschnitts entspricht. 3Eine erneute Prüfung ist nur vor Ablauf der in § 24 Abs. 2 bestimmten Frist zulässig. (2) 1Liegen dem Präsidenten des Deutschen Bundestages konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass im Rechenschaftsbericht einer Partei enthaltene Angaben unrichtig sind, 946 | Stöber/Otto
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gibt dieser der betroffenen Partei Gelegenheit zur Stellungnahme. 2Er kann von der Partei die Bestätigung der Richtigkeit ihrer Stellungnahme durch ihren Wirtschaftsprüfer oder ihre Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, ihren vereidigten Buchprüfer oder ihre Buchprüfungsgesellschaft verlangen. (3) 1Räumt die nach Abs. 2 verlangte Stellungnahme die dem Präsidenten des Deutschen Bundestages vorliegenden konkreten Anhaltspunkte für Unrichtigkeiten im Rechenschaftsbericht nicht aus, kann der Präsident des Deutschen Bundestages im Einvernehmen mit der Partei einen Wirtschaftsprüfer oder eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft seiner Wahl mit der Prüfung beauftragen, ob der Rechenschaftsbericht der Partei den Vorschriften des Fünften Abschnitts entspricht. 2Die Partei hat dem vom Präsidenten des Deutschen Bundestages bestellten Wirtschaftsprüfer Zugang und Einsicht in die zur Prüfung erforderlichen Unterlagen und Belege zu gewähren. 3Die Kosten dieses Verfahrens trägt der Präsident des Deutschen Bundestages. (4) 1Nach Abschluss des Verfahrens erlässt der Präsident des Deutschen Bundestages einen Bescheid, in dem er gegebenenfalls Unrichtigkeiten des Rechenschaftsberichts feststellt und die Höhe des den unrichtigen Angaben entsprechenden Betrages festsetzt. 2In dem Bescheid ist anzugeben, ob die Unrichtigkeit auf der Verletzung der Vorschriften über die Einnahme- und Ausgaberechnung, der Vermögensbilanz oder des Erläuterungsteils (§ 24 Abs. 7) beruht. (5) 1Eine Partei, in deren Rechenschaftsbericht unrichtige Angaben enthalten sind, hat den Rechenschaftsbericht zu berichtigen und nach Entscheidung des Präsidenten des Deutschen Bundestages teilweise oder ganz neu abzugeben. 2Dieser ist von einem Wirtschaftsprüfer oder einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einem vereidigten Buchprüfer oder einer Buchprüfungsgesellschaft durch einen Vermerk zu bestätigen. 3Übersteigt der zu berichtigende Betrag im Einzelfall nicht 10.000 € und im Rechnungsjahr je Partei nicht 50.000 €, kann abweichend von den Sätzen 1 und 2 die Berichtigung im Rechenschaftsbericht für das folgende Jahr vorgenommen werden. (6) Berichtigte Rechenschaftsberichte sind ganz oder teilweise als Bundestagsdrucksache zu veröffentlichen. (7) 1Die im Rahmen dieses Verfahrens gewonnenen Erkenntnisse, die nicht die Rechnungslegung der Partei selbst betreffen, dürfen nicht veröffentlicht oder anderen staatlichen Stellen der Bundesrepublik Deutschland zugeleitet werden. 2Sie müssen vom Präsidenten nach Beendigung der Prüfung unverzüglich vernichtet werden. § 23b Anzeigepflicht bei Unrichtigkeiten im Rechenschaftsbericht (1) Erlangt eine Partei Kenntnis von Unrichtigkeiten in ihrem bereits frist- und formgerecht beim Präsidenten des Deutschen Bundestages eingereichten Rechenschaftsbericht, hat sie diese unverzüglich dem Präsidenten des Deutschen Bundestages schriftlich anzuzeigen. (2) 1Bei einer von der Partei angezeigten Unrichtigkeit unterliegt die Partei nicht den Rechtsfolgen des § 31b oder des § 31c, wenn im Zeitpunkt des Eingangs der Anzeige konkrete Anhaltspunkte für diese unrichtigen Angaben öffentlich nicht bekannt waren oder weder dem Präsidenten des Deutschen Bundestages vorgelegen haben noch Stöber/Otto | 947
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in einem amtlichen Verfahren entdeckt waren und die Partei den Sachverhalt umfassend offen legt und korrigiert. 2Die zu Unrecht erlangten Finanzvorteile sind innerhalb einer vom Präsidenten des Deutschen Bundestages gesetzten Frist an diesen abzuführen. (3) § 23a Abs. 5 und 6 gilt entsprechend. § 24 Rechenschaftsbericht (1) 1Der Rechenschaftsbericht besteht aus einer Ergebnisrechnung auf der Grundlage einer den Vorschriften dieses Gesetzes entsprechenden Einnahmen- und Ausgabenrechnung, einer damit verbundenen Vermögensbilanz sowie einem Erläuterungsteil. 2 Er gibt unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung entsprechend den tatsächlichen Verhältnissen Auskunft über die Herkunft und Verwendung der Mittel sowie über das Vermögen der Partei. (2) 1Die für alle Kaufleute geltenden handelsrechtlichen Vorschriften über die Rechnungslegung, insbesondere zu Ansatz und Bewertung von Vermögensgegenständen, sind entsprechend anzuwenden, soweit dieses Gesetz nichts anderes vorschreibt. 2 Rechnungsunterlagen, Bücher, Bilanzen und Rechenschaftsberichte sind zehn Jahre aufzubewahren. 3Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit Ablauf des Rechnungsjahres. (3) 1In den Rechenschaftsbericht der Gesamtpartei sind die Rechenschaftsberichte jeweils getrennt nach Bundesverband und Landesverband sowie die Rechenschaftsberichte der nachgeordneten Gebietsverbände je Landesverband aufzunehmen. 2Die Landesverbände und die ihnen nachgeordneten Gebietsverbände haben ihren Rechenschaftsberichten eine lückenlose Aufstellung aller Zuwendungen je Zuwender mit Namen und Anschrift beizufügen. 3Der Bundesverband hat diese Aufstellungen zur Ermittlung der jährlichen Gesamthöhe der Zuwendungen je Zuwender zusammenzufassen. 4Die Landesverbände haben die Teilberichte der ihnen nachgeordneten Gebietsverbände gesammelt bei ihren Rechenschaftsunterlagen aufzubewahren. (4) Die Einnahmerechnung umfasst: 1. Mitgliedsbeiträge, 2. Mandatsträgerbeiträge und ähnliche regelmäßige Beiträge, 3. Spenden von natürlichen Personen, 4. Spenden von juristischen Personen, 5. Einnahmen aus Unternehmenstätigkeit, 5a. Einnahmen aus Beteiligungen, 6. Einnahmen aus sonstigem Vermögen, 7. Einnahmen aus Veranstaltungen, Vertrieb von Druckschriften und Veröffentlichungen und sonstiger mit Einnahmen verbundener Tätigkeit, 8. staatliche Mittel, 9. sonstige Einnahmen, 948 | Stöber/Otto
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10. Zuschüsse von Gliederungen und 11. Gesamteinnahmen nach den Nr. 1 bis 10. (5) Die Ausgaberechnung umfasst: 1. Personalausgaben, 2. Sachausgaben a) des laufenden Geschäftsbetriebes, b) für allgemeine politische Arbeit, c) für Wahlkämpfe, d) für die Vermögensverwaltung einschließlich sich hieraus ergebender Zinsen, e) sonstige Zinsen, f) Ausgaben im Rahmen einer Unternehmenstätigkeit, g) sonstige Ausgaben, 3. Zuschüsse an Gliederungen und 4. Gesamtausgaben nach den Nr. 1 bis 3. (6) Die Vermögensbilanz umfasst: 1. Besitzposten: A. Anlagevermögen: I. Sachanlagen: 1. Haus- und Grundvermögen, 2. Geschäftsstellenausstattung, II. Finanzanlagen: 1. Beteiligungen an Unternehmen, 2. sonstige Finanzanlagen; B. Umlaufvermögen: I.
Forderungen an Gliederungen,
II. Forderungen aus der staatlichen Teilfinanzierung, III. Geldbestände, IV. sonstige Vermögensgegenstände; C. Gesamtbesitzposten (Summe aus A und B); 2. Schuldposten: A. Rückstellungen: I.
Pensionsverpflichtungen, Stöber/Otto | 949
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II. sonstige Rückstellungen; B. Verbindlichkeiten: I.
Verbindlichkeiten gegenüber Gliederungen,
II. Rückzahlungsverpflichtungen aus der staatlichen Teilfinanzierung, III. Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten, IV. Verbindlichkeiten gegenüber sonstigen Darlehensgebern, V. sonstige Verbindlichkeiten; C. Gesamte Schuldposten (Summe von A und B); 3. Reinvermögen (positiv oder negativ). (7) Der Vermögensbilanz ist ein Erläuterungsteil hinzuzufügen, der insbesondere folgende Punkte umfassen muss: 1. Auflistung der Beteiligungen nach Abs. 6 Nr. 1 A II 1 sowie deren im Jahresabschluss aufgeführten unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen, jeweils mit Name und Sitz sowie unter Angabe des Anteils und der Höhe des Nominalkapitals; außerdem sind die Höhe des Anteils am Kapital, das Eigenkapital und das Ergebnis des letzten Geschäftsjahres dieser Unternehmen anzugeben, für das ein Jahresabschluss vorliegt. 2Die im Jahresabschluss dieser Unternehmen aufgeführten Beteiligungen sind mit den Angaben aus dem Jahresabschluss zu übernehmen. 3Beteiligungen im Sinne dieses Gesetzes sind Anteile gem. § 271 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs; 2. Benennung der Hauptprodukte von Medienunternehmen, soweit Beteiligungen an diesen bestehen; 3. im Abstand von fünf Jahren eine Bewertung des Haus- und Grundvermögens und der Beteiligungen an Unternehmen nach dem Bewertungsgesetz (Haus- und Grundvermögen nach §§ 145 ff. des Bewertungsgesetzes). (8) Im Rechenschaftsbericht sind die Summe der Zuwendungen natürlicher Personen bis zu 3 300 € je Person sowie die Summe der Zuwendungen natürlicher Personen, soweit sie den Betrag von 3 300 € übersteigen, gesondert auszuweisen. (9) 1Dem Rechenschaftsbericht ist eine Zusammenfassung voranzustellen: 1. Einnahmen der Gesamtpartei gem. Abs. 4 Nr. 1 bis 9 und deren Summe, 2. Ausgaben der Gesamtpartei gem. Abs. 5 Nr. 1 und 2 und deren Summe, 3. Überschuss- oder Defizitausweis, 4. Besitzposten der Gesamtpartei gem. Abs. 6 Nr. 1 A I und II und B II bis IV und deren Summe, 5. Schuldposten der Gesamtpartei gem. Abs. 6 Nr. 2 A I und II und B II bis V und deren Summe, 6. Reinvermögen der Gesamtpartei (positiv oder negativ), 950 | Stöber/Otto
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7. Gesamteinnahmen, Gesamtausgaben, Überschüsse oder Defizite sowie Reinvermögen der drei Gliederungsebenen Bundesverband, Landesverbände und der ihnen nachgeordneten Gebietsverbände. 2Neben
den absoluten Beträgen zu den Nr. 1 und 2 ist der Vomhundertsatz der Einnahmensumme nach Nr. 1 und der Ausgabensumme nach Nr. 2 auszuweisen. 3Zum Vergleich sind die Vorjahresbeträge anzugeben. (10) Die Anzahl der Mitglieder zum 31. Dezember des Rechnungsjahres ist zu verzeichnen. (11) Die Partei kann dem Rechenschaftsbericht zusätzliche Erläuterungen beifügen. (12) 1Öffentliche Zuschüsse, die den politischen Jugendorganisationen zweckgebunden zugewendet werden, bleiben bei der Ermittlung der absoluten Obergrenze unberücksichtigt. 2Sie sind im Rechenschaftsbericht der jeweiligen Partei nachrichtlich auszuweisen und bleiben bei der Einnahme- und Ausgaberechnung der Partei unberücksichtigt. § 25 Spenden (1) 1Parteien sind berechtigt, Spenden anzunehmen. 2Bis zu einem Betrag von 1000 € kann eine Spende mittels Bargeld erfolgen. 3Parteimitglieder, die Empfänger von Spenden an die Partei sind, haben diese unverzüglich an ein für Finanzangelegenheiten von der Partei satzungsmäßig bestimmtes Vorstandsmitglied weiterzuleiten. 4 Spenden sind von einer Partei erlangt, wenn sie in den Verfügungsbereich eines für die Finanzangelegenheiten zuständigen Vorstandsmitglieds oder eines hauptamtlichen Mitarbeiters der Partei gelangt sind; unverzüglich nach ihrem Eingang an den Spender zurückgeleitete Spenden gelten als nicht von der Partei erlangt. (2) Von der Befugnis der Parteien, Spenden anzunehmen ausgeschlossen sind: 1. Spenden von öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Parlamentsfraktionen und -gruppen sowie von Fraktionen und Gruppen von kommunalen Vertretungen; 2. Spenden von politischen Stiftungen, Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung); 3. Spenden von außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes, es sei denn, dass a) diese Spenden aus dem Vermögen eines Deutschen im Sinne des Grundgesetzes, eines Bürgers der Europäischen Union oder eines Wirtschaftsunternehmens, dessen Anteile sich zu mehr als 50 vom Hundert im Eigentum von Deutschen im Sinne des Grundgesetzes oder eines Bürgers der Europäischen Union befinden oder dessen Hauptsitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ist, unmittelbar einer Partei zufließen, b) es sich um Spenden an Parteien nationaler Minderheiten in ihrer angestammten Heimat handelt, die diesen aus Staaten zugewendet werden, die an die BunStöber/Otto | 951
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desrepublik Deutschland angrenzen und in denen Angehörige ihrer Volkszugehörigkeit leben oder c) es sich um eine Spende eines Ausländers von nicht mehr als 1000 € handelt; 4. Spenden von Berufsverbänden, die diesen mit der Maßgabe zugewandt wurden, sie an eine politische Partei weiterzuleiten; 5. Spenden von Unternehmen, die ganz oder teilweise im Eigentum der öffentlichen Hand stehen oder die von ihr verwaltet oder betrieben werden, sofern die direkte Beteiligung der öffentlichen Hand 25 vom Hundert übersteigt; 6. Spenden, soweit sie im Einzelfall mehr als 500 € betragen und deren Spender nicht feststellbar sind, oder bei denen es sich erkennbar um die Weiterleitung einer Spende eines nicht genannten Dritten handelt; 7. Spenden, die der Partei erkennbar in Erwartung oder als Gegenleistung eines bestimmten wirtschaftlichen oder politischen Vorteils gewährt werden; 8. Spenden, die von einem Dritten gegen ein von der Partei zu zahlendes Entgelt eingeworben werden, das 25 vom Hundert des Wertes der eingeworbenen Spende übersteigt. (3) 1Spenden und Mandatsträgerbeiträge an eine Partei oder einen oder mehrere ihrer Gebietsverbände, deren Gesamtwert in einem Kalenderjahr (Rechnungsjahr) 10 000 € übersteigt, sind unter Angabe des Namens und der Anschrift des Spenders sowie der Gesamthöhe der Spende im Rechenschaftsbericht zu verzeichnen. 2 Spenden, die im Einzelfall die Höhe von 50 000 € übersteigen, sind dem Präsidenten des Deutschen Bundestages unverzüglich anzuzeigen. 3Dieser veröffentlicht die Zuwendung unter Angabe des Zuwenders zeitnah als Bundestagsdrucksache. (4) Nach Abs. 2 unzulässige Spenden sind von der Partei unverzüglich, spätestens mit Einreichung des Rechenschaftsberichts für das betreffende Jahr (§ 19a Abs. 3) an den Präsidenten des Deutschen Bundestages weiterzuleiten. § 26 Begriff der Einnahme (1) 1Einnahme ist, soweit für einzelne Einnahmearten (§ 24 Abs. 4) nichts besonderes gilt, jede von der Partei erlangte Geld- oder geldwerte Leistung. 2Als Einnahmen gelten auch die Freistellung von üblicherweise entstehenden Verbindlichkeiten, die Übernahme von Veranstaltungen und Maßnahmen durch andere, mit denen ausdrücklich für eine Partei geworben wird, die Auflösung von Rückstellungen sowie Wertaufholungen im Anlagevermögen. (2) Alle Einnahmen sind mit ihrem vollen Betrag an der für sie vorgesehenen Stelle einzusetzen und in der Vermögensbilanz zu berücksichtigen. (3) Wirtschaftsgüter, die nicht in Geld bestehen, sind mit den im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für gleiche oder vergleichbare Leistungen üblicherweise zu zahlenden Preisen anzusetzen. (4) 1Die ehrenamtliche Mitarbeit in Parteien erfolgt grundsätzlich unentgeltlich. 2Sach-, Werk- und Dienstleistungen, die Parteien außerhalb eines Geschäftsbetriebes 952 | Stöber/Otto
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üblicherweise unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden, bleiben als Einnahmen unberücksichtigt. 3Ein Kostenersatz bleibt hiervon unberührt. (5) Beiträge und staatliche Mittel, die von vornherein für eine schlüsselmäßige Verteilung unter mehrere Gebietsverbände bestimmt sind, werden bei der Stelle ausgewiesen, bei der sie endgültig verbleiben. § 26a Begriff der Ausgabe (1) 1Ausgabe ist, soweit für einzelne Ausgabearten (§ 24 Abs. 5) nichts Besonderes gilt, auch jede von der Partei erbrachte Geldleistung oder geldwerte Leistung sowie die Nutzung von Einnahmen nach § 26 Abs. 1 Satz 2, die die Partei erlangt hat. 2Als Ausgabe gelten auch planmäßige und außerplanmäßige Abschreibungen auf Vermögensgegenstände und die Bildung von Rückstellungen. (2) § 26 Abs. 2 gilt entsprechend. (3) Vermögensgegenstände sind zum Zeitpunkt einer Veräußerung mit ihrem Buchwert als Ausgaben zu erfassen. (4) Ausgaben aus der internen Verrechnung zwischen Gliederungen sind bei der Gliederung zu erfassen, von der sie wirtschaftlich getragen werden. § 27 Einzelne Einnahmearten (1) 1Mitgliedsbeiträge sind nur solche regelmäßigen Geldleistungen, die ein Mitglied auf Grund satzungsrechtlicher Vorschriften entrichtet. 2Mandatsträgerbeiträge sind regelmäßige Geldleistungen, die ein Inhaber eines öffentlichen Wahlamtes (Mandatsträger) über seinen Mitgliedsbeitrag hinaus leistet. 3Spenden sind darüber hinausgehende Zahlungen. 4Dazu gehören auch Sonderumlagen und Sammlungen sowie geldwerte Zuwendungen aller Art, sofern sie nicht üblicherweise unentgeltlich Parteien außerhalb eines Geschäftsbetriebes zur Verfügung gestellt werden oder eine hierfür dennoch vereinbarte Vergütung an die Partei zurückgeleitet oder auf eine solche Vergütung verzichtet wird. (2) 1Sonstige Einnahmen nach § 24 Abs. 4 Nr. 9 sind aufzugliedern und zu erläutern, wenn sie bei einer der in § 24 Abs. 3 aufgeführten Gliederungen mehr als 2 vom Hundert der Summe der Einnahmen nach § 24 Abs. 4 Nr. 1 bis 6 ausmachen. 2Darüber hinaus sind Einnahmen, die im Einzelfall die Summe von 10.000 € übersteigen, offen zu legen. 3Erbschaften und Vermächtnisse sind unter Angabe ihrer Höhe, des Namens und der letzten Anschrift des Erblassers im Rechenschaftsbericht zu verzeichnen, soweit der Gesamtwert 10.000 € übersteigt. § 28 Vermögensbilanz (1) In der Vermögensbilanz sind Vermögensgegenstände mit einem Anschaffungswert von im Einzelfall mehr als 5.000 € (inklusive Umsatzsteuer) aufzuführen. (2) 1Vermögensgegenstände sind mit den Anschaffungs- und Herstellungskosten vermindert um planmäßige Abschreibungen anzusetzen. 2Im Bereich des Haus- und Grundvermögens erfolgen keine planmäßigen Abschreibungen. Stöber/Otto | 953
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(3) 1Gliederungen unterhalb der Landesverbände können Einnahmen und Ausgaben im Jahr des Zu- beziehungsweise Abflusses verbuchen, auch wenn die jeweiligen Forderungen beziehungsweise Verbindlichkeiten bereits im Vorjahr entstanden sind. 2Die §§ 249 bis 251 des Handelsgesetzbuchs können für die Aufstellung der Rechenschaftsberichte dieser Gliederungen unbeachtet bleiben. § 29 Prüfung des Rechenschaftsberichts (1) 1Die Prüfung nach § 23 Abs. 2 Satz 1 erstreckt sich auf die Bundespartei, ihre Landesverbände sowie nach Wahl des Prüfers auf mindestens zehn nachgeordnete Gebietsverbände. 2In die Prüfung ist die Buchführung einzubeziehen. 3Die Prüfung hat sich darauf zu erstrecken, ob die gesetzlichen Vorschriften beachtet worden sind. 4Die Prüfung ist so anzulegen, dass Unrichtigkeiten und Verstöße gegen die gesetzlichen Vorschriften bei gewissenhafter Berufsausübung erkannt werden. (2) 1Der Prüfer kann von den Vorständen und den von ihnen dazu ermächtigten Personen alle Aufklärungen und Nachweise verlangen, welche die sorgfältige Erfüllung seiner Prüfungspflicht erfordert. 2Es ist ihm insoweit auch zu gestatten, die Unterlagen für die Zusammenstellung des Rechenschaftsberichts, die Bücher und Schriftstücke sowie die Kassen- und Vermögensbestände zu prüfen. (3) 1Der Vorstand des zu prüfenden Gebietsverbandes hat dem Prüfer schriftlich zu versichern, dass in dem Rechenschaftsbericht alle rechenschaftspflichtigen Einnahmen, Ausgaben und Vermögenswerte erfasst sind. 2Auf die Versicherung der Vorstände nachgeordneter Gebietsverbände kann Bezug genommen werden. 3Es genügt die Versicherung des für die Finanzangelegenheiten zuständigen Vorstandsmitgliedes. § 30 Prüfungsbericht und Prüfungsvermerk (1) Das Ergebnis der Prüfung ist in einem schriftlichen Prüfungsbericht niederzulegen, der dem Vorstand der Partei und dem Vorstand des geprüften Gebietsverbandes zu übergeben ist. (2) 1Sind nach dem abschließenden Ergebnis der Prüfung keine Einwendungen zu erheben, so hat der Prüfer durch einen Vermerk zu bestätigen, dass nach pflichtgemäßer Prüfung auf Grund der Bücher und Schriften der Partei sowie der von den Vorständen erteilten Aufklärungen und Nachweise der Rechenschaftsbericht in dem geprüften Umfang (§ 29 Abs. 1) den Vorschriften dieses Gesetzes entspricht. 2Sind Einwendungen zu erheben, so hat der Prüfer in seinem Prüfungsvermerk die Bestätigung zu versagen oder einzuschränken. 3Die geprüften Gebietsverbände sind im Prüfungsvermerk namhaft zu machen. (3) Der Prüfungsvermerk ist auf dem einzureichenden Rechenschaftsbericht anzubringen und in vollem Wortlaut nach § 23 Abs. 2 Satz 3 mit zu veröffentlichen.
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3. Gesetz über die politischen Parteien (Parteiengesetz) – Auszug | Rz. 1950 Anhang
§ 31 Prüfer (1) Ein Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer darf nicht Prüfer sein, wenn er 1. ein Amt oder eine Funktion in der Partei oder für die Partei ausübt, oder in den letzten drei Jahren ausgeübt hat; 2. bei der Führung der Bücher oder der Aufstellung des zu prüfenden Rechenschaftsberichts über die Prüfungstätigkeit hinaus mitgewirkt hat; 3. gesetzlicher Vertreter, Arbeitnehmer, Mitglied des Aufsichtsrats oder Gesellschafter einer juristischen oder natürlichen Person oder einer Personengesellschaft oder Inhaber eines Unternehmens ist, sofern die juristische oder natürliche Person, die Personengesellschaft oder einer ihrer Gesellschafter oder das Einzelunternehmen nach Nr. 2 nicht Prüfer der Partei sein darf; 4. bei der Prüfung eine Person beschäftigt, die nach Nr. 1 bis 3 nicht Prüfer sein darf. (2) Eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft oder Buchprüfungsgesellschaft darf nicht Prüfer sein, wenn 1. sie nach Abs. 1 Nr. 3 als Gesellschafter einer juristischen Person oder einer Personengesellschaft oder nach Abs. 1 Nr. 2 oder 4 nicht Prüfer sein darf; 2. einer ihrer gesetzlichen Vertreter oder einer ihrer Gesellschafter nach Abs. 1 Nr. 2 oder 3 nicht Prüfer sein darf. (3) 1Die Prüfer, ihre Gehilfen und die bei der Prüfung mitwirkenden gesetzlichen Vertreter einer Prüfungsgesellschaft sind zu gewissenhafter und unparteiischer Wahrnehmung ihrer Aufgaben und zur Verschwiegenheit verpflichtet. 2§ 323 des Handelsgesetzbuchs gilt entsprechend. Sechster Abschnitt Verfahren bei unrichtigen Rechenschaftsberichten sowie Strafvorschriften § 31a Rückforderung der staatlichen Finanzierung (1) 1Soweit im Rechenschaftsbericht Zuwendungen (§ 18 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3) zu Unrecht ausgewiesen worden sind und dadurch der Betrag der der Partei zustehenden staatlichen Mittel unrichtig festgesetzt worden ist, nimmt der Präsident des Deutschen Bundestages die gem. § 19a Abs. 1 erfolgte Festsetzung der staatlichen Mittel zurück. 2Dies gilt nicht, wenn die Berichtigung im Rechenschaftsbericht für das folgende Jahr erfolgt (§ 23a Abs. 5 Satz 3). 3§ 48 Abs. 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes findet keine Anwendung. (2) Nach Ablauf der in § 24 Abs. 2 bestimmten Frist ist die Rücknahme ausgeschlossen. (3) 1Mit der Rücknahme setzt der Präsident des Deutschen Bundestages den von der Partei zu erstattenden Betrag durch Verwaltungsakt fest. 2Ergibt sich im Zuge der weiteren staatlichen Finanzierung eine Verrechnungslage, ist der Unterschiedsbetrag mit der nächsten Abschlagszahlung an die Partei zu verrechnen. Stöber/Otto | 955
Anhang Rz. 1950 | C. Gesetzestexte und Steuervorschriften
(4) Die Festsetzungen und Zahlungen an die übrigen Parteien bleiben unverändert. (5) Die Parteien sollen in die Satzungen Regelungen für den Fall aufnehmen, dass Maßnahmen nach Abs. 1 durch Landesverbände oder diesen nachgeordnete Gebietsverbände verursacht werden. § 31b Unrichtigkeit des Rechenschaftsberichts 1
Stellt der Präsident des Deutschen Bundestages im Rahmen seiner Prüfung nach § 23a Unrichtigkeiten im Rechenschaftsbericht fest, entsteht gegen die Partei ein Anspruch in Höhe des Zweifachen des den unrichtigen Angaben entsprechenden Betrages, soweit kein Fall des § 31c vorliegt. 2Betreffen Unrichtigkeiten in der Vermögensbilanz oder im Erläuterungsteil das Haus- und Grundvermögen oder Beteiligungen an Unternehmen, beträgt der Anspruch 10 vom Hundert der nicht aufgeführten oder der unrichtig angegebenen Vermögenswerte. 3Der Präsident stellt die Verpflichtung der Partei zur Zahlung des Betrages durch Verwaltungsakt fest. 4§ 31a Abs. 2 bis 5 gilt entsprechend. § 31c Rechtswidrig erlangte oder nicht veröffentlichte Spenden 1
Hat eine Partei Spenden unter Verstoß gegen § 25 Abs. 2 angenommen und nicht gem. § 25 Abs. 4 an den Präsidenten des Deutschen Bundestages weitergeleitet, entsteht gegen sie ein Anspruch in Höhe des Dreifachen des rechtswidrig erlangten Betrages; bereits abgeführte Spenden werden angerechnet. 2Hat eine Partei Spenden nicht den Vorschriften dieses Gesetzes entsprechend im Rechenschaftsbericht veröffentlicht (§ 25 Abs. 3), entsteht gegen sie ein Anspruch in Höhe des Zweifachen des nicht den Vorschriften dieses Gesetzes entsprechend veröffentlichten Betrages. 3Der Präsident stellt die Verpflichtung der Partei zur Zahlung des Betrages durch Verwaltungsakt fest. 4§ 31a Abs. 2 bis 5 gilt entsprechend. § 31d Strafvorschriften (1) 1Wer in der Absicht, die Herkunft oder die Verwendung der Mittel der Partei oder des Vermögens zu verschleiern oder die öffentliche Rechenschaftslegung zu umgehen, 1. unrichtige Angaben über die Einnahmen oder über das Vermögen der Partei in einem beim Präsidenten des Deutschen Bundestages eingereichten Rechenschaftsbericht bewirkt oder einen unrichtigen Rechenschaftsbericht beim Präsidenten des Deutschen Bundestages einreicht oder 2. als Empfänger eine Spende in Teilbeträge zerlegt und verbucht oder verbuchen lässt oder 3. entgegen § 25 Abs. 1 Satz 3 eine Spende nicht weiterleitet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. 2Nach Satz 1 wird nicht bestraft, wer unter den Voraussetzungen des § 23b Abs. 2 eine Selbstanzeige nach § 23b Abs. 1 für die Partei abgibt oder an der Abgabe mitwirkt.
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3. Gesetz über die politischen Parteien (Parteiengesetz) – Auszug | Rz. 1950 Anhang
(2) 1Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer als Prüfer oder Gehilfe eines Prüfers über das Ergebnis der Prüfung eines Rechenschaftsberichts unrichtig berichtet, im Prüfungsbericht erhebliche Umstände verschweigt oder einen inhaltlich unrichtigen Bestätigungsvermerk erteilt. 2Handelt der Täter gegen Entgelt oder in der Absicht, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe. Siebter Abschnitt Vollzug des Verbots verfassungswidriger Parteien § 32 Vollstreckung (1) 1Wird eine Partei oder eine Teilorganisation einer Partei nach Art. 21 Abs. 2 des Grundgesetzes für verfassungswidrig erklärt, so treffen die von den Landesregierungen bestimmten Behörden im Rahmen der Gesetze alle Maßnahmen, die zur Vollstreckung des Urteils und etwaiger zusätzlicher Vollstreckungsregelungen des Bundesverfassungsgerichts erforderlich sind. 2Die obersten Landesbehörden haben zu diesem Zweck unbeschränktes Weisungsrecht gegenüber den Behörden und Dienststellen des Landes, die für die Wahrung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zuständig sind. (2) Erstreckt sich die Organisation oder die Tätigkeit der Partei oder des für verfassungswidrig erklärten Teils der Partei über das Gebiet eines Landes hinaus, so trifft der Bundesminister des Innern die für eine einheitliche Vollstreckung erforderlichen Anordnungen. (3) Das Bundesverfassungsgericht kann die Vollstreckung nach § 35 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht abweichend von den Vorschriften der Abs. 1 und 2 regeln. (4) 1Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Vollstreckungsmaßnahmen haben keine aufschiebende Wirkung. 2Betrifft ein verwaltungsgerichtliches Verfahren eine Frage, die für die Vollstreckung des Urteils von grundsätzlicher Bedeutung ist, so ist das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen. 3 Das Bundesverfassungsgericht entscheidet auch über Einwendungen gegen die Art und Weise der Durchführung der von ihm angeordneten besonderen Vollstreckungsmaßnahmen. (5) 1Im Falle der Vermögenseinziehung werden die §§ 10 bis 13 des Vereinsgesetzes vom 5.8.1964 (BGBl. I, 593) entsprechend angewendet. 2Verbotsbehörde ist die oberste Landesbehörde, im Fall des Abs. 2 der Bundesminister des Innern. § 33 Verbot von Ersatzorganisationen (1) Es ist verboten, Organisationen zu bilden, die verfassungswidrige Bestrebungen einer nach Art. 21 Abs. 2 des Grundgesetzes i.V.m. § 46 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht verbotenen Partei an deren Stelle weiter verfolgen (Ersatzorganisation) oder bestehende Organisationen als Ersatzorganisationen fortzuführen.
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Anhang Rz. 1950 | C. Gesetzestexte und Steuervorschriften
(2) Ist die Ersatzorganisation eine Partei, die bereits vor dem Verbot der ursprünglichen Partei bestanden hat oder im Bundestag oder in einem Landtag vertreten ist, so stellt das Bundesverfassungsgericht fest, dass es sich um eine verbotene Ersatzorganisation handelt; die §§ 38, 41, 43, 44 und 46 Abs. 3 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht und § 32 dieses Gesetzes gelten entsprechend. (3) Auf andere Parteien und auf Vereine i.S.d. § 2 des Vereinsgesetzes, die Ersatzorganisationen einer verbotenen Partei sind, wird § 8 Abs. 2 des Vereinsgesetzes entsprechend angewandt. Achter Abschnitt Schlussbestimmungen § 37 Nichtanwendbarkeit einer Vorschrift des Bürgerlichen Gesetzbuchs § 54 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs wird bei Parteien nicht angewandt. 4. Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) – Auszug (vom 17.12.2008 (BGBl. I, 2586), zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes v. 19.3.2020 (BGBl. I, 541)) 1951
Buch 1 – Allgemeiner Teil Abschnitt 1 Allgemeine Vorschriften § 7 Beteiligte (1) In Antragsverfahren ist der Antragsteller Beteiligter. (2) Als Beteiligte sind hinzuzuziehen: 1. diejenigen, deren Recht durch das Verfahren unmittelbar betroffen wird, 2. diejenigen, die auf Grund dieses oder eines anderen Gesetzes von Amts wegen oder auf Antrag zu beteiligen sind. (3) Das Gericht kann von Amts wegen oder auf Antrag weitere Personen als Beteiligte hinzuziehen, soweit dies in diesem oder einem anderen Gesetz vorgesehen ist. (4) 1Diejenigen, die auf ihren Antrag als Beteiligte zu dem Verfahren hinzuzuziehen sind oder hinzugezogen werden können, sind von der Einleitung des Verfahrens zu benachrichtigen, soweit sie dem Gericht bekannt sind. 2Sie sind über ihr Antragsrecht zu belehren. (5) 1Das Gericht entscheidet durch Beschluss, wenn es einem Antrag auf Hinzuziehung gem. Abs. 2 oder Abs. 3 nicht entspricht. 2Der Beschluss ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572 der Zivilprozessordnung anfechtbar. (6) Wer anzuhören ist oder eine Auskunft zu erteilen hat, ohne dass die Voraussetzungen des Abs. 2 oder Abs. 3 vorliegen, wird dadurch nicht Beteiligter.
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4. FamFG – Auszug | Rz. 1951 Anhang
§ 8 Beteiligtenfähigkeit Beteiligtenfähig sind 1. natürliche und juristische Personen, 2. Vereinigungen, Personengruppen und Einrichtungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann, 3. Behörden. § 9 Verfahrensfähigkeit (3) Für Vereinigungen sowie für Behörden handeln ihre gesetzlichen Vertreter und Vorstände. (4) Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters steht dem Verschulden eines Beteiligten gleich. § 10 Bevollmächtigte (1) Soweit eine Vertretung durch Rechtsanwälte nicht geboten ist, können die Beteiligten das Verfahren selbst betreiben. (2) 1Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten vertreten lassen. 2Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte, soweit eine Vertretung durch Rechtsanwälte nicht geboten ist, vertretungsbefugt nur 1. Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen; 2. volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und die Beteiligten, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht; 3. Notare. (3) 1Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Abs. 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. 2Verfahrenshandlungen, die ein nicht vertretungsbefugter Bevollmächtigter bis zu seiner Zurückweisung vorgenommen hat, und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind wirksam. 3Das Gericht kann den in Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.
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Anhang Rz. 1951 | C. Gesetzestexte und Steuervorschriften
(4) 1Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Verfahren über die Ausschließung und Ablehnung von Gerichtspersonen und im Verfahren über die Verfahrenskostenhilfe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen. 2Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. 3Für die Beiordnung eines Notanwaltes gelten die §§ 78b und 78c der Zivilprozessordnung entsprechend. (5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. § 11 Verfahrensvollmacht 1Die
Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. 2Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. 3Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. 4Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt oder Notar auftritt. 5Im Übrigen gelten die §§ 81 bis 87 und 89 der Zivilprozessordnung entsprechend. § 13 Akteneinsicht (1) Die Beteiligten können die Gerichtsakten auf der Geschäftsstelle einsehen, soweit nicht schwerwiegende Interessen eines Beteiligten oder eines Dritten entgegenstehen. (2) 1Personen, die an dem Verfahren nicht beteiligt sind, kann Einsicht nur gestattet werden, soweit sie ein berechtigtes Interesse glaubhaft machen und schutzwürdige Interessen eines Beteiligten oder eines Dritten nicht entgegenstehen. 2Die Einsicht ist zu versagen, wenn ein Fall des § 1758 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegt. (3) 1Soweit Akteneinsicht gewährt wird, können die Berechtigten sich auf ihre Kosten durch die Geschäftsstelle Ausfertigungen, Auszüge und Abschriften erteilen lassen. 2 Die Abschrift ist auf Verlangen zu beglaubigen. (4) 1Einem Rechtsanwalt, einem Notar oder einer beteiligten Behörde kann das Gericht die Akten in die Amts- oder Geschäftsräume überlassen. 2Ein Recht auf Überlassung von Beweisstücken in die Amts- oder Geschäftsräume besteht nicht. 3Die Entscheidung nach Satz 1 ist nicht anfechtbar. (5) Werden die Gerichtsakten elektronisch geführt, gilt § 299 Abs. 3 der Zivilprozessordnung entsprechend. (6) Die Entwürfe zu Beschlüssen und Verfügungen, die zu ihrer Vorbereitung gelieferten Arbeiten sowie die Dokumente, die Abstimmungen betreffen, werden weder vorgelegt noch abschriftlich mitgeteilt.
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4. FamFG – Auszug | Rz. 1951 Anhang
(7) Über die Akteneinsicht entscheidet das Gericht, bei Kollegialgerichten der Vorsitzende. § 14 Elektronische Akte; elektronisches Dokument; Verordnungsermächtigung (1) 1Die Gerichtsakten können elektronisch geführt werden. 2§ 298a Abs. 2 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. (2) 1Anträge und Erklärungen der Beteiligten sowie schriftlich einzureichende Auskünfte, Aussagen, Gutachten, Übersetzungen und Erklärungen Dritter können als elektronisches Dokument übermittelt werden. 2Für das elektronische Dokument gelten § 130a der Zivilprozessordnung, auf dieser Grundlage erlassene Rechtsverordnungen sowie § 298 der Zivilprozessordnung entsprechend. (3) Für das gerichtliche elektronische Dokument gelten die §§ 130b und 298 der Zivilprozessordnung entsprechend. (4) 1Die Bundesregierung und die Landesregierungen bestimmen für ihren Bereich durch Rechtsverordnung den Zeitpunkt, von dem an elektronische Akten geführt werden können. 2Die Bundesregierung und die Landesregierungen bestimmen für ihren Bereich durch Rechtsverordnung die geltenden organisatorisch-technischen Rahmenbedingungen für die Bildung, Führung und Aufbewahrung der elektronischen Akten. 3Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die jeweils zuständige oberste Landesbehörde übertragen. 4Die Zulassung der elektronischen Akte kann auf einzelne Gerichte oder Verfahren beschränkt werden; wird von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, kann in der Rechtsverordnung bestimmt werden, dass durch Verwaltungsvorschrift, die öffentlich bekanntzumachen ist, geregelt wird, in welchen Verfahren die Akten elektronisch zu führen sind. 5Akten in Verfahren gem. § 151 Nr. 4 und § 271, die in Papierform angelegt wurden, können ab einem in der Rechtsverordnung bestimmten Zeitpunkt in elektronischer Form weitergeführt werden. (4a) 1Die Gerichtsakten werden ab dem 1.1.2026 elektronisch geführt. 2Die Bundesregierung und die Landesregierungen bestimmen jeweils für ihren Bereich durch Rechtsverordnung die organisatorischen und dem Stand der Technik entsprechenden technischen Rahmenbedingungen für die Bildung, Führung und Aufbewahrung der elektronischen Akten einschließlich der einzuhaltenden Anforderungen der Barrierefreiheit. 3Die Bundesregierung und die Landesregierungen können jeweils für ihren Bereich durch Rechtsverordnung bestimmen, dass Akten, die in Papierform angelegt wurden, in Papierform oder in Verfahren gem. § 151 Nr. 4 und § 271 ab einem bestimmten Stichtag in elektronischer Form weitergeführt werden. 4Die Landesregierungen können die Ermächtigungen nach den Sätzen 2 und 3 durch Rechtsverordnung auf die für die Zivilgerichtsbarkeit zuständigen obersten Landesbehörden übertragen. 5Die Rechtsverordnungen der Bundesregierung bedürfen nicht der Zustimmung des Bundesrates. (5) 1Sind die Gerichtsakten nach ordnungsgemäßen Grundsätzen zur Ersetzung der Urschrift auf einen Bild- oder anderen Datenträger übertragen worden und liegt der schriftliche Nachweis darüber vor, dass die Wiedergabe mit der Urschrift übereinStöber/Otto | 961
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stimmt, so können Ausfertigungen, Auszüge und Abschriften von dem Bild- oder dem Datenträger erteilt werden. 2Auf der Urschrift anzubringende Vermerke werden in diesem Fall bei dem Nachweis angebracht. Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit § 14a Formulare; Verordnungsermächtigung 1Das
Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates elektronische Formulare einführen. 2Die Rechtsverordnung kann bestimmen, dass die in den Formularen enthaltenen Angaben ganz oder teilweise in strukturierter maschinenlesbarer Form zu übermitteln sind. 3Die Formulare sind auf einer in der Rechtsverordnung zu bestimmenden Kommunikationsplattform im Internet zur Nutzung bereitzustellen. 4Die Rechtsverordnung kann bestimmen, dass eine Identifikation des Formularverwenders abweichend von § 130a Abs. 3 der Zivilprozessordnung auch durch Nutzung des elektronischen Identitätsnachweises nach § 18 des Personalausweisgesetzes, § 12 des eIDKarte-Gesetzes oder § 78 Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes erfolgen kann. § 14b Nutzungspflicht für Rechtsanwälte, Notare und Behörden1 1
Werden Anträge und Erklärungen durch einen Rechtsanwalt, einen Notar, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht, so sind sie als elektronisches Dokument zu übermitteln. 2Ist eine Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig. 3Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung ist ein elektronisches Dokument nachzureichen. § 15 Bekanntgabe; formlose Mitteilung (1) Dokumente, deren Inhalt eine Termins- oder Fristbestimmung enthält oder den Lauf einer Frist auslöst, sind den Beteiligten bekannt zu geben. (2) 1Die Bekanntgabe kann durch Zustellung nach den §§ 166 bis 195 der Zivilprozessordnung oder dadurch bewirkt werden, dass das Schriftstück unter der Anschrift des Adressaten zur Post gegeben wird. 2Soll die Bekanntgabe im Inland bewirkt werden, gilt das Schriftstück drei Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, wenn nicht der Beteiligte glaubhaft macht, dass ihm das Schriftstück nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. (3) Ist eine Bekanntgabe nicht geboten, können Dokumente den Beteiligten formlos mitgeteilt werden.
1 Geltung ab 1.1.2022, Gesetz v. 10.10.2013 (BGBl. I 3786).
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4. FamFG – Auszug | Rz. 1951 Anhang
Abschnitt 2 Verfahren im ersten Rechtsweg § 24 Anregung des Verfahrens (1) Soweit Verfahren von Amts wegen eingeleitet werden können, kann die Einleitung eines Verfahrens angeregt werden. (2) Folgt das Gericht der Anregung nach Abs. 1 nicht, hat es denjenigen, der die Einleitung angeregt hat, darüber zu unterrichten, soweit ein berechtigtes Interesse an der Unterrichtung ersichtlich ist. § 25 Anträge und Erklärungen zur Niederschrift der Geschäftsstelle (1) Die Beteiligten können Anträge und Erklärungen gegenüber dem zuständigen Gericht schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle abgeben, soweit eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht notwendig ist. (2) Anträge und Erklärungen, deren Abgabe vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zulässig ist, können vor der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts zur Niederschrift abgegeben werden. (3) 1Die Geschäftsstelle hat die Niederschrift unverzüglich an das Gericht zu übermitteln, an das der Antrag oder die Erklärung gerichtet ist. 2Die Wirkung einer Verfahrenshandlung tritt nicht ein, bevor die Niederschrift dort eingeht. § 26 Ermittlung von Amts wegen Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen. § 27 Mitwirkung der Beteiligten (1) Die Beteiligten sollen bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken. (2) Die Beteiligten haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. § 28 Verfahrensleitung (1) 1Das Gericht hat darauf hinzuwirken, dass die Beteiligten sich rechtzeitig über alle erheblichen Tatsachen erklären und ungenügende tatsächliche Angaben ergänzen. 2Es hat die Beteiligten auf einen rechtlichen Gesichtspunkt hinzuweisen, wenn es ihn anders beurteilt als die Beteiligten und seine Entscheidung darauf stützen will. (2) In Antragsverfahren hat das Gericht auch darauf hinzuwirken, dass Formfehler beseitigt und sachdienliche Anträge gestellt werden. (3) Hinweise nach dieser Vorschrift hat das Gericht so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. (4) 1Über Termine und persönliche Anhörungen hat das Gericht einen Vermerk zu fertigen; für die Niederschrift des Vermerks kann ein Urkundsbeamter der Geschäftsstelle hinzugezogen werden, wenn dies auf Grund des zu erwartenden Umfangs des Stöber/Otto | 963
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Vermerks, in Anbetracht der Schwierigkeit der Sache oder aus einem sonstigen wichtigen Grund erforderlich ist. 2In den Vermerk sind die wesentlichen Vorgänge des Termins und der persönlichen Anhörung aufzunehmen. 3Über den Versuch einer gütlichen Einigung vor einem Güterichter nach § 36 Abs. 5 wird ein Vermerk nur angefertigt, wenn alle Beteiligten sich einverstanden erklären. 4Die Herstellung durch Aufzeichnung auf Datenträger in der Form des § 14 Abs. 3 ist möglich. § 29 Beweiserhebung (1) 1Das Gericht erhebt die erforderlichen Beweise in geeigneter Form. 2Es ist hierbei an das Vorbringen der Beteiligten nicht gebunden. (2) Die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Vernehmung bei Amtsverschwiegenheit und das Recht zur Zeugnisverweigerung gelten für die Befragung von Auskunftspersonen entsprechend. (3) Das Gericht hat die Ergebnisse der Beweiserhebung aktenkundig zu machen. Abschnitt 3 Beschluss § 38 Entscheidung durch Beschluss (1) 1Das Gericht entscheidet durch Beschluss, soweit durch die Entscheidung der Verfahrensgegenstand ganz oder teilweise erledigt wird (Endentscheidung). 2Für Registersachen kann durch Gesetz Abweichendes bestimmt werden. (2) Der Beschluss enthält 1. die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten; 2. die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Gerichtspersonen, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben; 3. die Beschlussformel. (3) 1Der Beschluss ist zu begründen. 2Er ist zu unterschreiben. 3Das Datum der Übergabe des Beschlusses an die Geschäftsstelle oder der Bekanntgabe durch Verlesen der Beschlussformel (Erlass) ist auf dem Beschluss zu vermerken. (4) Einer Begründung bedarf es nicht, soweit 1. die Entscheidung auf Grund eines Anerkenntnisses oder Verzichts oder als Versäumnisentscheidung ergeht und entsprechend bezeichnet ist, 2. gleichgerichteten Anträgen der Beteiligten stattgegeben wird oder der Beschluss nicht dem erklärten Willen eines Beteiligten widerspricht oder 3. der Beschluss in Gegenwart aller Beteiligten mündlich bekannt gegeben wurde und alle Beteiligten auf Rechtsmittel verzichtet haben.
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§ 39 Rechtsbehelfsbelehrung Jeder Beschluss hat eine Belehrung über das statthafte Rechtsmittel, den Einspruch, den Widerspruch oder die Erinnerung sowie das Gericht, bei dem diese Rechtsbehelfe einzulegen sind, dessen Sitz und die einzuhaltende Form und Frist zu enthalten. Über die Sprungrechtsbeschwerde muss nicht belehrt werden. § 40 Wirksamwerden (1) Der Beschluss wird wirksam mit Bekanntgabe an den Beteiligten, für den er seinem wesentlichen Inhalt nach bestimmt ist. (2) 1Ein Beschluss, der die Genehmigung eines Rechtsgeschäfts zum Gegenstand hat, wird erst mit Rechtskraft wirksam. 2Dies ist mit der Entscheidung auszusprechen. (3) 1Ein Beschluss, durch den auf Antrag die Ermächtigung oder die Zustimmung eines anderen zu einem Rechtsgeschäft ersetzt oder die Beschränkung oder Ausschließung der Berechtigung des Ehegatten oder Lebenspartners, Geschäfte mit Wirkung für den anderen Ehegatten oder Lebenspartner zu besorgen (§ 1357 Abs. 2 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, auch i.V.m. § 8 Abs. 2 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), aufgehoben wird, wird erst mit Rechtskraft wirksam. 2Bei Gefahr im Verzug kann das Gericht die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses anordnen. 3Der Beschluss wird mit Bekanntgabe an den Antragsteller wirksam. § 41 Bekanntgabe des Beschlusses (1) 1Der Beschluss ist den Beteiligten bekannt zu geben. 2Ein anfechtbarer Beschluss ist demjenigen zuzustellen, dessen erklärtem Willen er nicht entspricht. (2) 1Anwesenden kann der Beschluss auch durch Verlesen der Beschlussformel bekannt gegeben werden. 2Dies ist in den Akten zu vermerken. 3In diesem Fall ist die Begründung des Beschlusses unverzüglich nachzuholen. 4Der Beschluss ist im Fall des Satzes 1 auch schriftlich bekannt zu geben. (3) Ein Beschluss, der die Genehmigung eines Rechtsgeschäfts zum Gegenstand hat, ist auch demjenigen, für den das Rechtsgeschäft genehmigt wird, bekannt zu geben. § 42 Berichtigung des Beschlusses (1) Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten im Beschluss sind jederzeit vom Gericht auch von Amts wegen zu berichtigen. (2) 1Der Beschluss, der die Berichtigung ausspricht, wird auf dem berichtigten Beschluss und auf den Ausfertigungen vermerkt. 2Erfolgt der Berichtigungsbeschluss in der Form des § 14 Abs. 3, ist er in einem gesonderten elektronischen Dokument festzuhalten. 3Das Dokument ist mit dem Beschluss untrennbar zu verbinden. (3) 1Der Beschluss, durch den der Antrag auf Berichtigung zurückgewiesen wird, ist nicht anfechtbar. 2Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572 der Zivilprozessordnung anfechtbar. Stöber/Otto | 965
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§ 43 Ergänzung des Beschlusses (1) Wenn ein Antrag, der nach den Verfahrensakten von einem Beteiligten gestellt wurde, ganz oder teilweise übergangen oder die Kostenentscheidung unterblieben ist, ist auf Antrag der Beschluss nachträglich zu ergänzen. (2) Die nachträgliche Entscheidung muss binnen einer zweiwöchigen Frist, die mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses beginnt, beantragt werden. § 44 Abhilfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (1) 1Auf die Rüge eines durch eine Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn 1. ein Rechtsmittel oder ein Rechtsbehelf gegen die Entscheidung oder eine andere Abänderungsmöglichkeit nicht gegeben ist und 2. das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. 2Gegen
eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht
statt. (2) 1Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. 2Nach Ablauf eines Jahres seit der Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung an diesen Beteiligten kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. 3Die Rüge ist schriftlich oder zur Niederschrift bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. 4Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen. (3) Den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. (4) 1Ist die Rüge nicht in der gesetzlichen Form oder Frist erhoben, ist sie als unzulässig zu verwerfen. 2Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. 3Die Entscheidung ergeht durch nicht anfechtbaren Beschluss. 4Der Beschluss soll kurz begründet werden. (5) Ist die Rüge begründet, hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Abschnitt 5 Rechtsmittel Unterabschnitt 1 Beschwerde § 58 Statthaftigkeit der Beschwerde (1) Die Beschwerde findet gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Endentscheidungen der Amtsgerichte undLandgerichte in Angelegenheiten nach diesem Gesetz statt, sofern durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.
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4. FamFG – Auszug | Rz. 1951 Anhang
(2) Der Beurteilung des Beschwerdegerichts unterliegen auch die nicht selbständig anfechtbaren Entscheidungen, die der Endentscheidung vorausgegangen sind. § 59 Beschwerdeberechtigte (1) Die Beschwerde steht demjenigen zu, der durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist. (2) Wenn ein Beschluss nur auf Antrag erlassen werden kann und der Antrag zurückgewiesen worden ist, steht die Beschwerde nur dem Antragsteller zu. (3) Die Beschwerdeberechtigung von Behörden bestimmt sich nach den besonderen Vorschriften dieses oder eines anderen Gesetzes. § 60 Beschwerderecht Minderjähriger 1Ein
Kind, für das die elterliche Sorge besteht, oder ein unter Vormundschaft stehender Mündel kann in allen seine Person betreffenden Angelegenheiten ohne Mitwirkung seines gesetzlichen Vertreters das Beschwerderecht ausüben. 2Das Gleiche gilt in sonstigen Angelegenheiten, in denen das Kind oder der Mündel vor einer Entscheidung des Gerichts gehört werden soll. 3Dies gilt nicht für Personen, die geschäftsunfähig sind oder bei Erlass der Entscheidung das 14. Lebensjahr nicht vollendet haben. § 61 Beschwerdewert; Zulassungsbeschwerde (1) In vermögensrechtlichen Angelegenheiten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 € übersteigt. (2) Übersteigt der Beschwerdegegenstand nicht den in Abs. 1 genannten Betrag, ist die Beschwerde zulässig, wenn das Gericht des ersten Rechtszugs die Beschwerde zugelassen hat. (3) 1Das Gericht des ersten Rechtszugs lässt die Beschwerde zu, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Beschwerdegerichts erfordert und 2. der Beteiligte durch den Beschluss mit nicht mehr als 600 € beschwert ist. 2Das
Beschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
§ 62 Statthaftigkeit der Beschwerde nach Erledigung der Hauptsache (…) § 63 Beschwerdefrist (1) Die Beschwerde ist, soweit gesetzlich keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Frist von einem Monat einzulegen.
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Anhang Rz. 1951 | C. Gesetzestexte und Steuervorschriften
(2) Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen, wenn sie sich gegen folgende Entscheidungen richtet: 1. Endentscheidungen im Verfahren der einstweiligen Anordnung oder 2. Entscheidungen über Anträge auf Genehmigung eines Rechtsgeschäfts. (3) 1Die Frist beginnt jeweils mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses an die Beteiligten. 2Kann die schriftliche Bekanntgabe an einen Beteiligten nicht bewirkt werden, beginnt die Frist spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses. § 64 Einlegung der Beschwerde (1) 1Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten wird. 2Anträge auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde sind bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten werden soll. (2) 1Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle eingelegt. 2Die Einlegung der Beschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle ist in Ehesachen und in Familienstreitsachen ausgeschlossen. 3Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. 4Sie ist von dem Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen. (3) Das Beschwerdegericht kann vor der Entscheidung eine einstweilige Anordnung erlassen; es kann insbesondere anordnen, dass die Vollziehung des angefochtenen Beschlusses auszusetzen ist. § 65 Beschwerdebegründung (1) Die Beschwerde soll begründet werden. (2) Das Beschwerdegericht oder der Vorsitzende kann dem Beschwerdeführer eine Frist zur Begründung der Beschwerde einräumen. (3) Die Beschwerde kann auf neue Tatsachen und Beweismittel gestützt werden. (4) Die Beschwerde kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszugs seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat. § 66 Anschlussbeschwerde 1Ein
Beteiligter kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist; die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Beschwerdeanschlussschrift bei dem Beschwerdegericht. 2 Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
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4. FamFG – Auszug | Rz. 1951 Anhang
§ 67 Verzicht auf die Beschwerde; Rücknahme der Beschwerde (1) Die Beschwerde ist unzulässig, wenn der Beschwerdeführer hierauf nach Bekanntgabe des Beschlusses durch Erklärung gegenüber dem Gericht verzichtet hat. (2) Die Anschlussbeschwerde ist unzulässig, wenn der Anschlussbeschwerdeführer hierauf nach Einlegung des Hauptrechtsmittels durch Erklärung gegenüber dem Gericht verzichtet hat. (3) Der gegenüber einem anderen Beteiligten erklärte Verzicht hat die Unzulässigkeit der Beschwerde nur dann zur Folge, wenn dieser sich darauf beruft. (4) Der Beschwerdeführer kann die Beschwerde bis zum Erlass der Beschwerdeentscheidung durch Erklärung gegenüber dem Gericht zurücknehmen. § 68 Gang des Beschwerdeverfahrens (1) 1Hält das Gericht, dessen Beschluss angefochten wird, die Beschwerde für begründet, hat es ihr abzuhelfen; anderenfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. 2Das Gericht ist zur Abhilfe nicht befugt, wenn die Beschwerde sich gegen eine Endentscheidung in einer Familiensache richtet. (2) 1Das Beschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. 2Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. (3) 1Das Beschwerdeverfahren bestimmt sich im Übrigen nach den Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug. 2Das Beschwerdegericht kann von der Durchführung eines Termins, einer mündlichen Verhandlung oder einzelner Verfahrenshandlungen absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurden und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind. (4) Das Beschwerdegericht kann die Beschwerde durch Beschluss einem seiner Mitglieder zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen; § 526 der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe entsprechend, dass eine Übertragung auf einen Richter auf Probe ausgeschlossen ist. § 69 Beschwerdeentscheidung (1) 1Das Beschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden. 2Es darf die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens nur dann an das Gericht des ersten Rechtszugs zurückverweisen, wenn dieses in der Sache noch nicht entschieden hat. 3Das Gleiche gilt, soweit das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und zur Entscheidung eine umfangreiche oder aufwendige Beweiserhebung notwendig wäre und ein Beteiligter die Zurückverweisung beantragt. 4Das Gericht des ersten Rechtszugs hat die rechtliche Beurteilung, die das Beschwerdegericht der Aufhebung zugrunde gelegt hat, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen. (2) Der Beschluss des Beschwerdegerichts ist zu begründen.
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Anhang Rz. 1951 | C. Gesetzestexte und Steuervorschriften
(3) Für die Beschwerdeentscheidung gelten im Übrigen die Vorschriften über den Beschluss im ersten Rechtszug entsprechend. Unterabschnitt 2 Rechtsbeschwerde § 70 Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde 1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat. (2) 1Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder 2. die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. 2Das
Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt. § 71 Frist und Form der Rechtsbeschwerde (1) 1Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. 2Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten: 1. die Bezeichnung des Beschlusses, gegen den die Rechtsbeschwerde gerichtet wird, und 2. die Erklärung, dass gegen diesen Beschluss Rechtsbeschwerde eingelegt werde. 3Die
Rechtsbeschwerdeschrift ist zu unterschreiben. 4Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Beschlusses vorgelegt werden. (2) 1Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. 2Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses. 3§ 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. (3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten: 1. die Erklärung, inwieweit der Beschluss angefochten und dessen Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge); 2. die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar a) die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt; 970 | Stöber/Otto
4. FamFG – Auszug | Rz. 1951 Anhang
b) soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben. (4) Die Rechtsbeschwerde- und die Begründungsschrift sind den anderen Beteiligten bekannt zu geben. § 72 Gründe der Rechtsbeschwerde (1) 1Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht. 2Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist. (2) Die Rechtsbeschwerde kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszugs seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat. (3) Die §§ 547, 556 und 560 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. § 73 Anschlussrechtsbeschwerde 1
Ein Beteiligter kann sich bis zum Ablauf einer Frist von einem Monat nach der Bekanntgabe der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen einer Anschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. 2Die Anschlussrechtsbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen und zu unterschreiben. 3Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen, als unzulässig verworfen oder nach § 74a Abs. 1 zurückgewiesen wird. § 74 Entscheidung über die Rechtsbeschwerde (1) 1Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. 2Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen. (2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen. (3) 1Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. 2Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. 3Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. 4Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. (4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.
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(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben. (6) 1Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. 2Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. 3Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. 4Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen. (7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen. § 74a Zurückweisungsbeschluss (1) Das Rechtsbeschwerdegericht weist die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde durch einstimmigen Beschluss ohne mündliche Verhandlung oder Erörterung im Termin zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht vorliegen und die Rechtsbeschwerde keine Aussicht auf Erfolg hat. (2) Das Rechtsbeschwerdegericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Beteiligten auf die beabsichtigte Zurückweisung der Rechtsbeschwerde und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Rechtsbeschwerdeführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. (3) Der Beschluss nach Abs. 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Abs. 2 enthalten sind. § 75 Sprungrechtsbeschwerde (1) 1Gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Beschlüsse, die ohne Zulassung der Beschwerde unterliegen, findet auf Antrag unter Übergehung der Beschwerdeinstanz unmittelbar die Rechtsbeschwerde (Sprungrechtsbeschwerde) statt, wenn 1. die Beteiligten in die Übergehung der Beschwerdeinstanz einwilligen und 2. das Rechtsbeschwerdegericht die Sprungrechtsbeschwerde zulässt. 2Der
Antrag auf Zulassung der Sprungrechtsbeschwerde und die Erklärung der Einwilligung gelten als Verzicht auf das Rechtsmittel der Beschwerde. (2) Die Sprungrechtsbeschwerde ist in der in § 63 bestimmten Frist einzulegen. Für das weitere Verfahren gilt § 566 Abs. 2 bis 8 der Zivilprozessordnung entsprechend.
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4. FamFG – Auszug | Rz. 1951 Anhang
Buch 5 Verfahren in Registersachen, unternehmensrechtliche Verfahren Abschnitt 1 Begriffsbestimmung § 374 Registersachen Registersachen sind 1. Handelsregistersachen, 2. Genossenschaftsregistersachen, 3. Partnerschaftsregistersachen, 4. Vereinsregistersachen, 5. Güterrechtsregistersachen. Abschnitt 2 Zuständigkeit § 377 Örtliche Zuständigkeit1 (1) Ausschließlich zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirk sich die Niederlassung des Einzelkaufmanns, der Sitz der Gesellschaft, des Versicherungsvereins, der Genossenschaft, der Partnerschaft oder des Vereins befindet, soweit sich aus den entsprechenden Gesetzen nichts anderes ergibt. Abschnitt 3 Registersachen Unterabschnitt 1 Verfahren § 378 Antragsrecht der Notare (1) 1Für Erklärungen gegenüber dem Register, die zu der Eintragung erforderlich sind und in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Form abgegeben werden, können sich die Beteiligten auch durch Personen vertreten lassen, die nicht nach § 10 Abs. 2 vertretungsberechtigt sind. 2Dies gilt auch für die Entgegennahme von Eintragungsmitteilungen und Verfügungen des Registers. (2) Ist die zu einer Eintragung erforderliche Erklärung von einem Notar beurkundet oder beglaubigt, gilt dieser als ermächtigt, im Namen des zur Anmeldung Berechtigten die Eintragung zu beantragen. (3) 1Anmeldungen in Registersachen mit Ausnahme der Genossenschafts- und Partnerschaftsregistersachen sind vor ihrer Einreichung für das Registergericht von einem Notar auf Eintragungsfähigkeit zu prüfen. 2In Handelsregistersachen sind sie zudem bei einem Notar zur Weiterleitung an die für die Eintragung zuständige Stelle einzureichen. (4) 1Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass Notare neben den elektronischen Anmeldungen bestimmte darin enthalte-
1 Zu abweichenden Regelungen in den Ländern s. die Übersicht oben bei Rz. 1946 f.
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ne Angaben in strukturierter maschinenlesbarer Form zu übermitteln haben, soweit nicht durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz nach § 387 Abs. 2 entsprechende Vorschriften erlassen werden. 2Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. § 379 Mitteilungspflichten der Behörden (1) Die Gerichte, die Staatsanwaltschaften, die Polizei- und Gemeindebehörden sowie die Notare haben die ihnen amtlich zur Kenntnis gelangenden Fälle einer unrichtigen, unvollständigen oder unterlassenen Anmeldung zum Handels-, Genossenschafts-, Vereins- oder Partnerschaftsregister dem Registergericht mitzuteilen. (2) 1Die Finanzbehörden haben den Registergerichten Auskunft über die steuerlichen Verhältnisse von Kaufleuten oder Unternehmen, insbesondere auf dem Gebiet der Gewerbe- und Umsatzsteuer, zu erteilen, soweit diese Auskunft zur Verhütung unrichtiger Eintragungen im Handels- oder Partnerschaftsregister sowie zur Berichtigung, Vervollständigung oder Löschung von Eintragungen im Register benötigt wird. 2 Die Auskünfte unterliegen nicht der Akteneinsicht (§ 13). § 380 Beteiligung der berufsständischen Organe; Beschwerderecht (1) Die Registergerichte werden bei der Vermeidung unrichtiger Eintragungen, der Berichtigung und Vervollständigung des Handels- und Partnerschaftsregisters, der Löschung von Eintragungen in diesen Registern und beim Einschreiten gegen unzulässigen Firmengebrauch oder unzulässigen Gebrauch eines Partnerschaftsnamens von 1. den Organen des Handelsstandes, 2. den Organen des Handwerksstandes, soweit es sich um die Eintragung von Handwerkern handelt, 3. den Organen des land- und forstwirtschaftlichen Berufsstandes, soweit es sich um die Eintragung von Land- oder Forstwirten handelt, 4. den berufsständischen Organen der freien Berufe, soweit es sich um die Eintragung von Angehörigen dieser Berufe handelt, (berufsständische Organe) unterstützt. (2) 1Das Gericht kann in zweifelhaften Fällen die berufsständischen Organe anhören, soweit dies zur Vornahme der gesetzlich vorgeschriebenen Eintragungen sowie zur Vermeidung unrichtiger Eintragungen in das Register erforderlich ist. 2Auf ihren Antrag sind die berufsständischen Organe als Beteiligte hinzuzuziehen. (3) In Genossenschaftsregistersachen beschränkt sich die Anhörung nach Abs. 2 auf die Frage der Zulässigkeit des Firmengebrauchs. (4) Soweit die berufsständischen Organe angehört wurden, ist ihnen die Entscheidung des Gerichts bekannt zu geben. (5) Gegen einen Beschluss steht den berufsständischen Organen die Beschwerde zu. 974 | Stöber/Otto
4. FamFG – Auszug | Rz. 1951 Anhang
§ 381 Aussetzung des Verfahrens 1Das
Registergericht kann, wenn die sonstigen Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 vorliegen, das Verfahren auch aussetzen, wenn ein Rechtsstreit nicht anhängig ist. 2Es hat in diesem Fall einem der Beteiligten eine Frist zur Erhebung der Klage zu bestimmen. § 382 Entscheidung über Eintragungsanträge
(1) 1Das Registergericht gibt einem Eintragungsantrag durch die Eintragung in das Register statt. 2Die Eintragung wird mit ihrem Vollzug im Register wirksam. (2) Die Eintragung soll den Tag, an welchem sie vollzogen worden ist, angeben; sie ist mit der Unterschrift oder der elektronischen Signatur des zuständigen Richters oder Beamten zu versehen. (3) Die einen Eintragungsantrag ablehnende Entscheidung ergeht durch Beschluss. (4) 1Ist eine Anmeldung zur Eintragung in die in § 374 Nr. 1 bis 4 genannten Register unvollständig oder steht der Eintragung ein anderes durch den Antragsteller behebbares Hindernis entgegen, hat das Registergericht dem Antragsteller eine angemessene Frist zur Beseitigung des Hindernisses zu bestimmen. 2Die Entscheidung ist mit der Beschwerde anfechtbar. § 383 Mitteilung; Anfechtbarkeit (1) Die Eintragung ist den Beteiligten formlos mitzuteilen; auf die Mitteilung kann verzichtet werden. (2) Die Vorschriften über die Veröffentlichung von Eintragungen in das Register bleiben unberührt. (3) Die Eintragung ist nicht anfechtbar. § 384 Von Amts wegen vorzunehmende Eintragungen (1) Auf Eintragungen von Amts wegen sind § 382 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 sowie § 383 entsprechend anwendbar. (2) Führt eine von Amts wegen einzutragende Tatsache zur Unrichtigkeit anderer in diesem Registerblatt eingetragener Tatsachen, ist dies von Amts wegen in geeigneter Weise kenntlich zu machen. § 385 Einsicht in die Register Die Einsicht in die in § 374 genannten Register sowie die zum jeweiligen Register eingereichten Dokumente bestimmt sich nach den besonderen registerrechtlichen Vorschriften sowie den auf Grund von § 387 erlassenen Rechtsverordnungen. § 386 Bescheinigungen Das Registergericht hat auf Verlangen eine Bescheinigung darüber zu erteilen, dass bezüglich des Gegenstands einer Eintragung weitere Eintragungen in das Register Stöber/Otto | 975
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nicht vorhanden sind oder dass eine bestimmte Eintragung in das Register nicht erfolgt ist. § 387 Ermächtigungen (1) 1Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass die Daten des bei einem Gericht geführten Handels-, Genossenschafts-, Partnerschafts- oder Vereinsregisters auch bei anderen Amtsgericht zur Einsicht und zur Erteilung von Ausdrucken zugänglich sind. 2Die Landesregierungen können diese Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. 3Mehrere Länder können auch vereinbaren, dass die bei den Gerichten eines Landes geführten Registerdaten auch bei den Amtsgerichten des anderen Landes zur Einsicht und zur Erteilung von Ausdrucken zugänglich sind. (2) 1Das Bundesministerium der Justiz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die näheren Bestimmungen über die Einrichtung und Führung des Handels-, Genossenschafts- und Partnerschaftsregisters, die Übermittlung der Daten an das Unternehmensregister und die Aktenführung in Beschwerdeverfahren, die Einsicht in das Register, die Einzelheiten der elektronischen Übermittlung nach § 9 des Handelsgesetzbuchs und das Verfahren bei Anmeldungen, Eintragungen und Bekanntmachungen zu treffen. 2Dabei kann auch vorgeschrieben werden, dass das Geburtsdatum von in das Register einzutragenden Personen zur Eintragung anzumelden sowie die Anschrift der einzutragenden Unternehmen und Zweigniederlassungen bei dem Gericht einzureichen ist; soweit in der Rechtsverordnung solche Angaben vorgeschrieben werden, ist § 14 des Handelsgesetzbuchs entsprechend anzuwenden. (3) 1Durch Rechtsverordnung nach Abs. 2 können auch die näheren Bestimmungen über die Mitwirkung der in § 380 bezeichneten Organe im Verfahren vor den Registergerichten getroffen werden. 2Dabei kann insbesondere auch bestimmt werden, dass diesen Organen laufend oder in regelmäßigen Abständen die zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben erforderlichen Daten aus dem Handels- oder Partnerschaftsregister und den zu diesen Registern eingereichten Dokumenten mitgeteilt werden. 3 Die mitzuteilenden Daten sind in der Rechtsverordnung festzulegen. 4Die Empfänger dürfen die übermittelten personenbezogenen Daten nur für den Zweck verwenden, zu dessen Erfüllung sie ihnen übermittelt worden sind. (4) Des Weiteren können durch Rechtsverordnung nach Abs. 2 nähere Bestimmungen über die Einrichtung und Führung des Vereinsregisters, insbesondere über das Verfahren bei Anmeldungen, Eintragungen und Bekanntmachungen sowie über die Einsicht in das Register, und über die Aktenführung im Beschwerdeverfahren erlassen werden. (5) Die elektronische Datenverarbeitung zur Führung des Handels-, Genossenschafts-, Partnerschafts- oder Vereinsregisters kann im Auftrag des zuständigen Gerichts auf den Anlagen einer anderen staatlichen Stelle oder auf den Anlagen eines Dritten vorgenommen werden, wenn die ordnungsgemäße Erledigung der Registersachen sichergestellt ist.
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4. FamFG – Auszug | Rz. 1951 Anhang
Unterabschnitt 2 Zwangsgeldverfahren § 388 Androhung (1) Sobald das Registergericht von einem Sachverhalt, der sein Einschreiten nach den §§ 14, 37a Abs. 4 und § 125a Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs, auch i.V.m. § 5 Abs. 2 des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes, den §§ 407 und 408 des Aktiengesetzes, § 79 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, § 316 des Umwandlungsgesetzes oder § 12 des EWIV-Ausführungsgesetzes rechtfertigt, glaubhafte Kenntnis erhält, hat es dem Beteiligten unter Androhung eines Zwangsgelds aufzugeben, innerhalb einer bestimmten Frist seiner gesetzlichen Verpflichtung nachzukommen oder die Unterlassung mittels Einspruchs zu rechtfertigen. (2) In gleicher Weise kann das Registergericht gegen die Mitglieder des Vorstands eines Vereins oder dessen Liquidatoren vorgehen, um sie zur Befolgung der in § 78 des Bürgerlichen Gesetzbuchs genannten Vorschriften anzuhalten. § 389 Festsetzung (1) Wird innerhalb der bestimmten Frist weder der gesetzlichen Verpflichtung genügt noch Einspruch erhoben, ist das angedrohte Zwangsgeld durch Beschluss festzusetzen und zugleich die Aufforderung nach § 388 unter Androhung eines erneuten Zwangsgelds zu wiederholen. (2) Mit der Festsetzung des Zwangsgelds sind dem Beteiligten zugleich die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. (3) In gleicher Weise ist fortzufahren, bis der gesetzlichen Verpflichtung genügt oder Einspruch erhoben wird. § 390 Verfahren bei Einspruch (1) Wird rechtzeitig Einspruch erhoben, soll das Gericht, wenn sich der Einspruch nicht ohne weiteres als begründet erweist, den Beteiligten zur Erörterung der Sache zu einem Termin laden. (2) Das Gericht kann, auch wenn der Beteiligte zum Termin nicht erscheint, in der Sache entscheiden. (3) Wird der Einspruch für begründet erachtet, ist die getroffene Entscheidung aufzuheben. (4) 1Andernfalls hat das Gericht den Einspruch durch Beschluss zu verwerfen und das angedrohte Zwangsgeld festzusetzen. 2Das Gericht kann, wenn die Umstände es rechtfertigen, von der Festsetzung eines Zwangsgelds absehen oder ein geringeres als das angedrohte Zwangsgeld festsetzen. (5) 1Im Fall der Verwerfung des Einspruchs hat das Gericht zugleich eine erneute Aufforderung nach § 388 zu erlassen. 2Die in dieser Entscheidung bestimmte Frist beginnt mit dem Eintritt der Rechtskraft der Verwerfung des Einspruchs. (6) Wird im Fall des § 389 gegen die wiederholte Androhung Einspruch erhoben und dieser für begründet erachtet, kann das Gericht, wenn die Umstände es rechtferStöber/Otto | 977
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tigen, zugleich ein früher festgesetztes Zwangsgeld aufheben oder an dessen Stelle ein geringeres Zwangsgeld festsetzen. § 391 Beschwerde (1) Der Beschluss, durch den das Zwangsgeld festgesetzt oder der Einspruch verworfen wird, ist mit der Beschwerde anfechtbar. (2) Ist das Zwangsgeld nach § 389 festgesetzt, kann die Beschwerde nicht darauf gestützt werden, dass die Androhung des Zwangsgelds nicht gerechtfertigt gewesen sei. § 392 Verfahren bei unbefugtem Firmengebrauch (1) Soll nach § 37 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs gegen eine Person eingeschritten werden, die eine ihr nicht zustehende Firma gebraucht, sind die §§ 388 bis 391 anzuwenden, wobei 1. dem Beteiligten unter Androhung eines Ordnungsgelds aufgegeben wird, sich des Gebrauchs der Firma zu enthalten oder binnen einer bestimmten Frist den Gebrauch der Firma mittels Einspruchs zu rechtfertigen; 2. das Ordnungsgeld festgesetzt wird, falls kein Einspruch erhoben oder der erhobene Einspruch rechtskräftig verworfen ist und der Beteiligte nach der Bekanntmachung des Beschlusses diesem zuwidergehandelt hat. (2) Abs. 1 gilt entsprechend im Fall des unbefugten Gebrauchs des Namens einer Partnerschaft. Unterabschnitt 3 Löschungs- und Auflösungsverfahren § 393 Löschung einer Firma (1) 1Das Erlöschen einer Firma ist gem. § 31 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs von Amts wegen oder auf Antrag der berufsständischen Organe in das Handelsregister einzutragen. 2Das Gericht hat den eingetragenen Inhaber der Firma oder dessen Rechtsnachfolger von der beabsichtigten Löschung zu benachrichtigen und ihm zugleich eine angemessene Frist zur Geltendmachung eines Widerspruchs zu bestimmen. (2) Sind die bezeichneten Personen oder deren Aufenthalt nicht bekannt, erfolgt die Benachrichtigung und die Bestimmung der Frist durch Bekanntmachung in dem für die Bekanntmachung der Eintragungen in das Handelsregister bestimmten elektronischen Informations- und Kommunikationssystem nach § 10 des Handelsgesetzbuchs. (3) 1Das Gericht entscheidet durch Beschluss, wenn es einem Antrag auf Einleitung des Löschungsverfahrens nicht entspricht oder Widerspruch gegen die Löschung erhoben wird. 2Der Beschluss ist mit der Beschwerde anfechtbar. (4) Mit der Zurückweisung eines Widerspruchs sind dem Beteiligten zugleich die Kosten des Widerspruchsverfahrens aufzuerlegen, soweit dies nicht unbillig ist. (5) Die Löschung darf nur erfolgen, wenn kein Widerspruch erhoben oder wenn der den Widerspruch zurückweisende Beschluss rechtskräftig geworden ist. 978 | Stöber/Otto
4. FamFG – Auszug | Rz. 1951 Anhang
(6) Die Abs. 1 bis 5 gelten entsprechend, wenn die Löschung des Namens einer Partnerschaft eingetragen werden soll. § 394 Löschung vermögensloser Gesellschaften und Genossenschaften (1) 1Eine Aktiengesellschaft, Kommanditgesellschaft auf Aktien, Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder Genossenschaft, die kein Vermögen besitzt, kann von Amts wegen oder auf Antrag der Finanzbehörde oder der berufsständischen Organe gelöscht werden. 2Sie ist von Amts wegen zu löschen, wenn das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft durchgeführt worden ist und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Gesellschaft noch Vermögen besitzt. (2) 1Das Gericht hat die Absicht der Löschung den gesetzlichen Vertretern der Gesellschaft oder Genossenschaft, soweit solche vorhanden sind und ihre Person und ihr inländischer Aufenthalt bekannt ist, bekannt zu machen und ihnen zugleich eine angemessene Frist zur Geltendmachung des Widerspruchs zu bestimmen. 2Auch wenn eine Pflicht zur Bekanntmachung und Fristbestimmung nach Satz 1 nicht besteht, kann das Gericht anordnen, dass die Bekanntmachung und die Bestimmung der Frist durch Bekanntmachung in dem für die Bekanntmachung der Eintragungen in das Handelsregister bestimmten elektronischen Informations- und Kommunikationssystem nach § 10 des Handelsgesetzbuchs erfolgt; in diesem Fall ist jeder zur Erhebung des Widerspruchs berechtigt, der an der Unterlassung der Löschung ein berechtigtes Interesse hat. 3Vor der Löschung sind die in § 380 bezeichneten Organe, im Fall einer Genossenschaft der Prüfungsverband, zu hören. (3) Für das weitere Verfahren gilt § 393 Abs. 3 bis 5 entsprechend. (4) 1Die Abs. 1 bis 3 sind entsprechend anzuwenden auf offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften, bei denen keiner der persönlich haftenden Gesellschafter eine natürliche Person ist. 2Eine solche Gesellschaft kann jedoch nur gelöscht werden, wenn die für die Vermögenslosigkeit geforderten Voraussetzungen sowohl bei der Gesellschaft als auch bei den persönlich haftenden Gesellschaftern vorliegen. 3 Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft gehört, bei der eine natürliche Person persönlich haftender Gesellschafter ist. § 395 Löschung unzulässiger Eintragungen (1) 1Ist eine Eintragung im Register wegen des Mangels einer wesentlichen Voraussetzung unzulässig, kann das Registergericht sie von Amts wegen oder auf Antrag der berufsständischen Organe löschen. 2Die Löschung geschieht durch Eintragung eines Vermerks. (2) 1Das Gericht hat den Beteiligten von der beabsichtigten Löschung zu benachrichtigen und ihm zugleich eine angemessene Frist zur Geltendmachung eines Widerspruchs zu bestimmen. 2§ 394 Abs. 2 Satz 1 und 2 gilt entsprechend. (3) Für das weitere Verfahren gilt § 393 Abs. 3 bis 5 entsprechend.
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Unterabschnitt 4 Ergänzende Vorschriften für das Vereinsregister § 400 Mitteilungspflichten Das Gericht hat die Eintragung eines Vereins oder einer Satzungsänderung der zuständigen Verwaltungsbehörde mitzuteilen, wenn Anhaltspunkte bestehen, dass es sich um einen Ausländerverein oder eine organisatorische Einrichtung eines ausländischen Vereins nach den §§ 14 und 15 des Vereinsgesetzes handelt. § 401 Entziehung der Rechtsfähigkeit Der Beschluss, durch den einem Verein nach § 73 des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Rechtsfähigkeit entzogen wird, wird erst mit Rechtskraft wirksam. 5. Vereinsregisterverordnung (VRV) v. 10.2.1999 (BGBl. I, 147), zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes v. 24.9.2009 (BGBl. I, 3145) 1952
Abschnitt 1 Zuständigkeit, Einrichtung des Vereinsregisters § 1 Zuständigkeit (1) Jedes Amtsgericht führt für seinen Bezirk ein Vereinsregister, soweit nicht die Landesjustizverwaltung gem. § 23d des Gerichtsverfassungsgesetzes die Führung des Vereinsregisters für die Bezirke mehrerer Amtsgerichte einem Amtsgericht zugewiesen hat. (2) Zu dem Vereinsregister wird ein alphabetisches Verzeichnis der Namen der Vereine geführt, die im Register eingetragen sind (Namensverzeichnis). (3) Wird die Zuständigkeit des Amtsgerichts durch die Landesjustizverwaltung geändert, gibt das bisher zuständige Amtsgericht das Vereinsregister einschließlich der geschlossenen Registerblätter, das dazu geführte Namensverzeichnis und die Registerakten an das künftig zuständige Amtsgericht ab. (4) Für die Erledigung der Geschäfte des Registergerichts ist der Rechtspfleger zuständig, soweit nicht nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch oder dieser Verordnung der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle zuständig ist. § 2 Aufbau des Vereinsregisters (1) Das Vereinsregister wird in Karteiform geführt. Es enthält für jeden dort einzutragenden Verein ein Registerblatt, das aus einem oder mehreren Blättern besteht. Die Registerblätter erhalten fortlaufende Nummern. Wenn ein Amtsgericht das Register für mehrere Amtsgerichtsbezirke führt, können auf Anordnung der Landesjustizverwaltung die fortlaufenden Nummern für einzelne Amtsgerichtsbezirke je gesondert geführt werden. In diesem Fall sind die fortlaufenden Nummern der jeweiligen Amtsgerichtsbezirke durch den Zusatz eines Ortskennzeichens unterscheidbar zu halten. Nähere Anordnungen hierüber trifft die Landesjustizverwaltung. Die Blätter eines Registerblatts sind durchzunumerieren; auf die Benutzung der Rückseite eines Registerblattes ist auf seiner Vorderseite hinzuweisen.
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5. Vereinsregisterverordnung (VRV) | Rz. 1952 Anhang
(2) Das Registerblatt wird in Papierform geführt, soweit nicht durch Rechtsverordnung nach § 55a Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs die maschinelle Führung als automatisierte Datei angeordnet wird. (3) (weggefallen) § 3 Gestaltung und Benutzung des Registerblatts Das Registerblatt hat fünf Spalten. Die Einzelheiten ergeben sich aus dem Muster in der Anlage 1 zu dieser Verordnung. Es sind einzutragen: 1. in Spalte 1: die laufende Nummer der Eintragung; 2. in Spalte 2: unter Buchstabe a der Name und unter Buchstabe b der Sitz; 3. in Spalte 3: unter Buchstabe a die allgemeine Vertretungsregelung und unter Buchstabe b die Vertretungsberechtigten (der Vorstand und etwaige Liquidatoren) mit Namen, Vornamen, Wohnort, Geburtsdatum und, soweit zweckmäßig, auch die Stellung im Vorstand sowie besondere Vertretungsbefugnisse sowie die Änderung dieser Eintragungen unter kurzer Angabe des Grundes; 4. in Spalte 4: a) unter Buchstabe a Angaben zur Satzung, namentlich die Rechtsform, das Datum der Errichtung der Satzung, ihre Änderungen unter Beschränkung auf die geänderten Vorschriften der Satzung und den Gegenstand ihrer Änderung, und b) unter Buchstabe b Angaben zu den sonstigen Rechtsverhältnissen, namentlich aa) Umwandlungen, bb) der Verzicht auf die Rechtsfähigkeit und die Entziehung der Rechtsfähigkeit, cc) der Beschluss, durch den die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels Masse rechtskräftig abgewiesen worden ist, die Eröffnung, Einstellung und Aufhebung eines Insolvenzverfahrens, die Aufhebung des Eröffnungsbeschlusses, die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters oder Treuhänders unter den Voraussetzungen des § 75 Abs. 1 Nr. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und die Aufhebung dieser Maßnahme, die Anordnung der Eigenverwaltung durch den Schuldner, deren Aufhebung und die Anordnung der Zustimmungsbedürftigkeit bestimmter Rechtsgeschäfte des Schuldners sowie die Überwachung der Erfüllung des Insolvenzplans und die Aufhebung der Überwachung, dd) die Auflösung und die Fortsetzung, ee) die Beendigung des Vereins nach der Liquidation und ff) das Erlöschen; 5. in Spalte 5: unter Buchstabe a das Datum einer Eintragung und unter Buchstabe b zum Verständnis der Eintragung notwendige Bemerkungen. Eintragungen in den Spalten 1 bis 4 sind in Spalte 5 zu unterschreiben. Stöber/Otto | 981
Anhang Rz. 1952 | C. Gesetzestexte und Steuervorschriften
§ 4 Schließung des Registerblatts (1) Ist das Registerblatt zu schließen, so sind sämtliche Seiten des Registerblatts rot zu durchkreuzen. (2) Das Registerblatt ist insbesondere zu schließen, wenn alle Eintragungen gegenstandslos geworden sind. Gegenstandslos sind alle Eintragungen eines Registerblatts namentlich, wenn 1. der Verein wegen Wegfalls sämtlicher Mitglieder oder durch bestandskräftiges Verbot erloschen und das Erlöschen eingetragen ist, 2. die Beendigung der Liquidation des Vereins, die Fortführung als nichtrechtsfähiger Verein oder der Verzicht auf die Rechtsfähigkeit eingetragen worden ist. Das Registerblatt eines aufgelösten Vereins kann geschlossen werden, wenn seit mindestens 1 Jahr von der Eintragung der Auflösung an keine weitere Eintragung erfolgt und eine schriftliche Anfrage des Registergerichts bei dem Verein unbeantwortet geblieben ist. (3) Ist ein Registerblatt zu Unrecht geschlossen worden, so wird die Schließung rückgängig gemacht. (4) Die geschlossenen Registerblätter können nach näherer Anordnung der Landesjustizverwaltung elektronisch aufbewahrt werden, wenn sichergestellt ist, dass die Daten innerhalb angemessener Zeit lesbar gemacht werden können. Sie können bei einer anderen Stelle aufbewahrt werden, wenn sie elektronisch auch beim Registergericht abrufbar sind. § 5 Neufassung des Registerblatts (1) Ist ein Registerblatt unübersichtlich geworden, so sind die noch gültigen Eintragungen unter Beibehaltung der bisherigen Blattnummer auf ein neues Registerblatt zu übertragen (Neufassung). Dabei kann auch von dem ursprünglichen Text der Eintragung abgewichen werden, soweit der Inhalt der Eintragung dadurch nicht verändert wird. Abweichend von Satz 1 können auch nicht mehr gültige Eintragungen übertragen werden, soweit dies im Einzelfall dazu dient, die Nachvollziehung von Eintragungen zu erleichtern. Auf dem neu gefassten Registerblatt ist die Neufassung unter Angabe des Datums zu vermerken. Nach der Eintragung der noch gültigen Eintragungen auf dem neuen Blatt wird das bisherige Registerblatt geschlossen. (2) Das Registerblatt kann neu gefasst werden, wenn es durch die Neufassung wesentlich vereinfacht wird. (3) Eine Benachrichtigung der Beteiligten von der Neufassung ist nicht notwendig. Bestehen Zweifel über die Art oder den Umfang der Neufassung, so sind die Beteiligten vorher zu hören. § 6 Sitzverlegung und Umwandlung von Vereinen (1) Wird der Sitz eines Vereins aus dem Bezirk des Registergerichts des bisherigen Sitzes verlegt, so hat dieses unverzüglich von Amts wegen die Verlegung dem Gericht 982 | Stöber/Otto
5. Vereinsregisterverordnung (VRV) | Rz. 1952 Anhang
des neuen Sitzes mitzuteilen. Der Mitteilung sind die Eintragungen für den bisherigen Sitz sowie die Registerakten beizufügen. Das Gericht des neuen Sitzes hat zu prüfen, ob der Sitz ordnungsgemäß verlegt und § 57 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs beachtet ist. Ist dies der Fall, so hat es die Verlegung einzutragen und dabei die ihm mitgeteilten Eintragungen ohne weitere Nachprüfung in sein Vereinsregister zu übernehmen. Die Eintragung ist dem Gericht des bisherigen Sitzes mitzuteilen. Nach Eingang dieser Mitteilung trägt das Gericht des bisherigen Sitzes die Sitzverlegung ein und schließt das bisherige Registerblatt. Auf dem bisherigen Registerblatt ist in der Spalte 5 unter „Bemerkungen“ auf das Registerblatt des neuen Registergerichts zu verweisen und umgekehrt. (2) Sind mit der Sitzverlegung weitere Eintragungen vorzunehmen, ist das Gericht des neuen Sitzes auch für die Vornahme dieser Eintragungen zuständig. (3) Die Verlegung des Vereinssitzes in das Ausland ist in den Spalten 2 und 4 des bestehenden Registerblatts als Auflösung einzutragen. (4) Die Umwandlung (Verschmelzung, Spaltung oder Formwechsel) von Vereinen ist in Spalte 4 unter Buchstabe b des Registerblatts aller beteiligten Vereine einzutragen. Bei einer Verschmelzung durch Aufnahme wird nach der Eintragung des Tages der Verschmelzung in das Registerblatt eines aufgenommenen Vereins dieses Registerblatt geschlossen. Dies gilt entsprechend bei einer Aufspaltung oder einem Formwechsel. Bei einer Verschmelzung durch Neugründung werden nach der Eintragung des Tages der Verschmelzung in die Registerblätter der beteiligten Vereine diese Registerblätter geschlossen. Für die aus der Verschmelzung oder Spaltung entstandenen Vereine sind neue Registerblätter anzulegen. Auf den Registerblättern der übertragenden oder formwechselnden Vereine ist in der Spalte 4 unter „b) Sonstige Rechtsverhältnisse“ auf das Registerblatt der übernehmenden, neu gegründeten Vereine oder Rechtsträger neuer Rechtsform zu verweisen und umgekehrt. Die vorstehenden Vorschriften gelten entsprechend, wenn Vereine in andere Rechtsträger aufgenommen werden oder aus ihnen andere Rechtsträger entstehen sollen. § 7 Registerakten, Handblatt (1) Für jedes Registerblatt wird eine Registerakte geführt. Die zum Vereinsregister eingereichten Dokumente können für jedes Registerblatt in einem besonderen Aktenband zusammengefasst werden. (2) Werden Urkunden, die zum Register einzureichen waren, zurückgegeben, so wird eine beglaubigte Abschrift zurückbehalten. Wird ein Dokument aus anderen Akten des Amtsgerichts für die Führung des Registers gebraucht, so ist eine beglaubigte Abschrift zu den Registerakten zu nehmen. In den Abschriften können die Teile des Dokuments, die für die Führung des Vereinsregisters ohne Bedeutung sind, weggelassen werden. Im Zweifel bestimmt der Rechtspfleger den Umfang der Abschrift, sonst der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle. (3) Für jedes Registerblatt des Vereinsregisters ist ein dem Inhalt des Registers wörtlich entsprechendes Handblatt zu führen; es ist unter dem Deckel des letzten Bandes
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der Registerakten zu verwahren und in einen Umschlag zu heften, wenn ein Bedürfnis hierfür besteht. § 8 Führung des Namensverzeichnisses Das Namensverzeichnis kann elektronisch geführt werden. Im Übrigen richtet sich die Führung des Namensverzeichnisses nach den Vorschriften über die Aktenführung. Abschnitt 2 Führung des Vereinsregisters § 9 Eintragungsverfügung (1) Die Eintragung erfolgt auf Grund einer Eintragungsverfügung, die den Wortlaut der Eintragung feststellt. (2) Das Registergericht hat dafür Sorge zu tragen, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Eintragungen in das Register erfolgen. Ist zweifelhaft, ob der Zweck eines angemeldeten Vereins auf einen nichtwirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, kann das Registergericht im Wege der Amtshilfe eine Stellungnahme der nach § 22 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zuständigen Stelle und der Industrie- und Handelskammer oder einer anderen geeigneten Stelle einholen. Das Registergericht teilt seine Entscheidung dieser Stelle mit, wenn sie darum gebeten hat. (3) (weggefallen) (4) (weggefallen) § 10 Form der Eintragungen (1) Die Eintragungen sind deutlich und in der Regel ohne Abkürzung herzustellen. In dem Register darf nichts radiert oder unleserlich gemacht werden. (2) Jede Eintragung ist mit einer laufenden Nummer zu versehen und mittels eines alle Spalten des Registerblatts durchschneidenden Querstrichs von der folgenden Eintragung zu trennen. Werden mehrere Eintragungen gleichzeitig vorgenommen, so erhalten sie nur eine laufende Nummer. (3) Bei jeder Eintragung ist der Tag der Eintragung anzugeben. Der Tag der Eintragung und ihre Stelle im Register sind in den Registerakten bei der gerichtlichen Verfügung zu vermerken. (4) Erfolgt eine Eintragung auf Grund einer rechtskräftigen oder vollstreckbaren Entscheidung des Prozessgerichts, so ist dies bei der Eintragung im Register unter Angabe des Prozessgerichts, des Datums und des Aktenzeichens der Entscheidung zu vermerken. Eine Aufhebung der Entscheidung ist in dieselbe Spalte des Registers einzutragen. Hat in sonstigen Fällen eine Eintragung von Amts wegen zu erfolgen, so muss sie den Hinweis auf die gesetzliche Grundlage und den Vermerk „Von Amts wegen eingetragen“ enthalten. Dies gilt nicht für die Eintragung der Vermerke über den Beschluss, durch den die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels Masse rechtskräftig abgewiesen worden ist, die Eröffnung, die Einstellung oder Aufhebung 984 | Stöber/Otto
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des Insolvenzverfahrens, die Aufhebung des Eröffnungsbeschlusses, die Anordnung der Eigenverwaltung durch den Schuldner und deren Aufhebung, die Anordnung der Zustimmungsbedürftigkeit bestimmter Rechtsgeschäfte des Schuldners nach § 277 der Insolvenzordnung sowie die sonstigen in § 75 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorgesehenen Vermerke. § 11 Änderung und Löschung von Eintragungen (1) Änderungen des Inhalts einer Eintragung sowie Löschungen sind unter einer neuen laufenden Nummer einzutragen. Eine Eintragung, die durch eine spätere Eintragung ihre Bedeutung verloren hat, ist rot zu unterstreichen. Die rote Unterstreichung kann dadurch ersetzt werden, dass über der ersten und unter der letzten Zeile der Eintragung oder des Vermerks ein waagerechter roter Strich gezogen wird und beide Striche durch einen von oben links nach unten rechts verlaufenden roten Schrägstrich verbunden werden; erstreckt sich eine Eintragung oder ein Vermerk auf mehr als eine Seite, so ist auf jeder Seite entsprechend zu verfahren. Mit der Eintragung selbst ist auch der Vermerk über ihre Löschung rot zu unterstreichen. (2) Ein Teil einer Eintragung darf nur rot unterstrichen oder durchkreuzt werden, wenn die Verständlichkeit der Eintragung und des aktuellen Ausdrucks nach § 32 Abs. 3 nicht beeinträchtigt wird. (3) Soll eine Eintragung von Amts wegen gelöscht werden, weil sie mangels einer wesentlichen Voraussetzung unzulässig war, so erfolgt die Löschung durch Eintragung des Vermerks „Von Amts wegen gelöscht“. § 12 Berichtigung von Eintragungen (1) Bei noch nicht unterschriebenen Eintragungen können Schreibfehler, die den Sinn der Eintragung nicht verändern, dadurch berichtigt werden, dass die fehlerhaften Worte, Buchstaben oder Zeichen durchgestrichen und, soweit erforderlich, in richtiger Schreibweise wiederholt werden. Die Berichtigung kann entweder unmittelbar bei der Streichung oder unter Verwendung von Einschaltezeichen an geeigneter Stelle außerhalb des Eintragungstextes erfolgen. Die unrichtig geschriebenen Worte, Buchstaben oder Zeichen müssen lesbar bleiben. (2) Sonstige Schreibversehen und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die in einer Eintragung vorkommen, sind an oder neben dieser Eintragung zu berichtigen. In Spalte 5 unter Buchstabe b ist ein Berichtigungsvermerk einzutragen. Berichtigungen können auch in Form einer neuen Eintragung vorgenommen werden. (3) Die Berichtigung wird von der für die Eintragung zuständigen Person angeordnet. Eine Berichtigung nach Abs. 2 ist den Beteiligten bekanntzugeben. (4) Eine versehentliche rote Unterstreichung ist dadurch zu beseitigen, dass der rote Strich durch kleine schwarze Striche durchkreuzt wird.
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§ 13 Bekanntgabe gegenüber den Beteiligten (1) Für die Bekanntgabe der Eintragung an die Beteiligten sollen Vordrucke verwendet werden. Die Benachrichtigungen zur Bekanntgabe der Eintragung sind zu unterschreiben. In geeigneten Fällen ist darauf hinzuweisen, dass auf die Bekanntgabe der Eintragung verzichtet werden kann. (2) Werden die Benachrichtigungen nach Abs. 1 maschinell erstellt, brauchen sie nicht unterschrieben werden. Anstelle der Unterschrift ist der Vermerk „Dieses Schreiben ist maschinell erstellt und auch ohne Unterschrift wirksam“ anzubringen. § 14 Öffentliche Bekanntmachung der Ersteintragung Die Veröffentlichung der Eintragung des Vereins ist unverzüglich zu veranlassen. In ihr sollen Name und Sitz des Vereins und die Registernummer angegeben werden. In den Veröffentlichungen ist das Gericht und der Tag der Eintragung zu bezeichnen, einer Unterschrift bedarf es nicht. § 13 Abs. 2 gilt entsprechend. Erfolgen mehrere Veröffentlichungen desselben Gerichts gleichzeitig, so sind sie möglichst zusammenzufassen. § 15 Erreichbarkeit des Vereins Bei der Benachrichtigung über die erstmalige Eintragung in das Register, bei der Eintragung nach § 6 Abs. 1 und in anderen Fällen, in denen dies zweckmäßig ist, um die Erreichbarkeit des Vereins sicherzustellen, kann das Registergericht den Verein auffordern, die Änderung der ladungsfähigen Vereinsanschrift unverzüglich mitzuteilen. § 16 Einsicht in das Vereinsregister Das Register, die von dem Verein zum Register eingereichten Dokumente und das Namensverzeichnis sind in der Geschäftsstelle des Registergerichts während der Dienststunden zur Einsicht vorzulegen. Werden die vom Verein zum Register eingereichten Dokumente oder geschlossene Registerblätter elektronisch aufbewahrt, wird die Einsicht nach § 31 Satz 2 gewährt. Dasselbe gilt für die Einsicht in ein elektronisch geführtes Namensverzeichnis. § 17 Abschriften, Bescheinigungen und Zeugnisse (1) Einfache Abschriften sind mit dem Vermerk: „Gefertigt am …“ abzuschließen. Der Vermerk ist nicht zu unterzeichnen. Die Beglaubigung einer Abschrift geschieht durch einen unter die Abschrift zu setzenden Vermerk, der die Übereinstimmung mit der Hauptschrift bezeugt. Der Beglaubigungsvermerk muss Ort und Tag der Ausstellung enthalten, von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle unterschrieben und mit Siegel oder Stempel versehen sein. (2) Wird eine beglaubigte Abschrift von einem zum Register eingereichten Dokument beantragt, so ist in dem Beglaubigungsvermerk ersichtlich zu machen, ob das Dokument eine Urschrift, eine Wiedergabe auf einem Bildträger oder anderen Datenträger nach § 55a Abs. 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der vor dem 30.9.2009 986 | Stöber/Otto
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geltenden Fassung, eine Ausfertigung oder eine einfache oder beglaubigte Abschrift ist. Ist das Dokument eine beglaubigte Abschrift, eine Ausfertigung oder eine Wiedergabe nach Satz 1, so ist der Ausfertigungsvermerk, der Beglaubigungsvermerk oder der Vermerk nach § 55a Abs. 5 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der vor dem 30.9.2009 geltenden Fassung in die beglaubigte Abschrift aufzunehmen. Auch Durchstreichungen, Änderungen, Einschaltungen, Radierungen oder andere Mängel des Dokuments sollen in dem Vermerk angegeben werden. (3) Ausfertigungen der Bescheinigungen und Zeugnisse sind unter Angabe des Ortes und Tages zu unterschreiben und mit dem Gerichtssiegel oder Stempel zu versehen. Abschnitt 3 Besondere Vorschriften für das maschinell geführte Vereinsregister Unterabschnitt 1 Einrichtung des maschinell geführten Vereinsregisters § 18 Grundsatz Wird das Vereinsregister auf Grund einer Bestimmung nach § 55a Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in maschineller Form als automatisierte Datei geführt, sind die Vorschriften der Abschnitte 1 und 2 entsprechend anzuwenden, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist. § 19 Begriff des maschinell geführten Vereinsregisters Bei dem maschinell geführten Vereinsregister ist der in den dafür bestimmten Datenspeicher aufgenommene und auf Dauer unverändert in lesbarer Form wiedergabefähige Inhalt des Registerblatts (§ 2 Abs. 1 Satz 2) das Vereinsregister. Die Bestimmung des Datenspeichers nach Satz 1 kann durch Verfügung der nach Landesrecht zuständigen Stelle geändert werden, wenn dies dazu dient, die Erhaltung und die Abrufbarkeit der Daten sicherzustellen oder zu verbessern, und die Daten dabei nicht verändert werden. Die Verfügung kann auch in allgemeiner Form und vor Eintritt eines Änderungsfalls getroffen werden. § 20 Anforderungen an Anlagen und Programme, Sicherung der Anlagen, Programme und Daten (1) Hinsichtlich der Anforderungen an die für das maschinell geführte Vereinsregister verwendeten Anlagen und Programme, deren Sicherung sowie der Sicherung der Daten gelten die §§ 64 bis 66 der Grundbuchverfügung entsprechend. (2) Das eingesetzte Datenverarbeitungssystem soll innerhalb eines jeden Landes einheitlich sein und mit den in den anderen Ländern eingesetzten Systemen verbunden werden können. § 21 Gestaltung des maschinell geführten Vereinsregisters Der Inhalt des maschinell geführten Vereinsregisters muss auf dem Bildschirm und in Ausdrucken entsprechend § 3 und dem Muster der Anlage 1 zu dieser Verordnung sichtbar gemacht werden können. Kopfzeile und Spaltenüberschrift müssen beim Stöber/Otto | 987
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Abruf der Registerdaten auf dem Bildschirm oder in einem Ausdruck stets sichtbar sein; eine Einteilung in Blätter (§ 2 Abs. 1 Satz 2) ist nicht erforderlich. Der letzte Stand aller noch nicht gegenstandslos gewordenen Eintragungen (aktueller Registerinhalt) darf statt in spaltenweiser Wiedergabe auch als fortlaufender Text nach dem Muster in Anlage 2 zu dieser Verordnung sichtbar gemacht werden. Unterabschnitt 2 Anlegung des maschinell geführten Registerblatts § 22 (weggefallen) § 23 Anlegung des maschinell geführten Registerblattes durch Umschreibung Ein bisher in Papierform geführtes Registerblatt ist für die maschinelle Führung umzuschreiben. Die Landesjustizverwaltung kann anordnen, dass für Registerblätter, die von anderen Registergerichten übernommen werden, bestimmte Nummern vergeben werden. Es können nicht mehr gültige Eintragungen übertragen werden, soweit dies im Einzelfall dazu dient, die Nachvollziehung von Eintragungen zu erleichtern. Der Tag der ersten Eintragung des Vereins in das Vereinsregister ist in dem maschinell geführten Registerblatt in Spalte 5 unter Buchstabe b zu vermerken. § 24 (weggefallen) § 25 Freigabe des maschinell geführten Registerblatts (1) Das nach § 23 angelegte maschinell geführte Registerblatt tritt mit seiner Freigabe an die Stelle des in Papierform geführten Registerblatts. Die Freigabe erfolgt, wenn die Vollständigkeit und Richtigkeit der Übertragung des angelegten maschinell geführten Registerblatts und seine Abrufbarkeit aus dem Datenspeicher gesichert sind. (2) In der Wiedergabe des Registerblatts auf dem Bildschirm oder bei Ausdrucken soll folgender Freigabevermerk erscheinen: „Dieses Blatt ist zur Fortführung auf EDV umgeschrieben worden und dabei an die Stelle des bisherigen Registerblatts getreten. Freigegeben am/zum … Name(n).“ (3) Die Umschreibung des Registerblattes einschließlich seiner Freigabe kann ganz oder teilweise dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle übertragen werden. Unterabschnitt 3 Maschinelle Führung des Vereinsregisters § 26 Registerakten, Namensverzeichnis und Handblatt (1) Nach Anlegung des maschinell geführten Vereinsregisters werden die Registerakten nach § 7 Absatz 1 und 2 weitergeführt. Ein Namensverzeichnis und Handblätter werden zu dem maschinell geführten Vereinsregister nicht geführt. Das Namensverzeichnis und die Handblätter zu dem in Papierform geführten Register werden geschlossen.
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(2) Die Handblätter können ausgesondert und vernichtet werden. Wird das Handblatt bei den Registerakten verwahrt, ist es deutlich als Handblatt des wegen Umschreibung geschlossenen Registers zu kennzeichnen. § 27 Eintragung in das maschinell geführte Vereinsregister (1) Einer Eintragungsverfügung bedarf es nicht, wenn die Eintragungen in das maschinell geführte Vereinsregister von dem Rechtspfleger selbst vorgenommen werden. (2) Bei der Überprüfung nach § 55a Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs soll die Eintragung auch auf ihre Richtigkeit, Vollständigkeit, Verständlichkeit und auf ihre Übereinstimmung mit der Eintragungsverfügung durchgesehen werden. § 28 Elektronische Registersignatur Bei dem maschinell geführten Vereinsregister soll eine Eintragung nur möglich sein, wenn die für die Eintragung zuständige Person der Eintragung ihren Nachnamen hinzusetzt und beides elektronisch signiert. Im übrigen gilt § 75 der Grundbuchverfügung entsprechend. § 29 Rötungen Bei dem maschinell geführten Vereinsregister können Eintragungen oder Vermerke, die rot zu unterstreichen oder rot zu durchkreuzen sind, statt durch Rötung auch auf andere eindeutige Weise als gegenstandslos kenntlich gemacht werden. Eine versehentlich vorgenommene Rötung oder Kenntlichmachung nach Satz 1 ist zu löschen oder auf andere eindeutige Weise zu beseitigen. Die Löschung oder sonstige Beseitigung ist zu vermerken. § 30 Behandlung der nach Neufassung geschlossenen Registerblätter Wird ein maschinell geführtes Registerblatt nach einer Neufassung entsprechend den §§ 4 und 5 geschlossen, soll es, als geschlossen erkennbar, weiterhin lesbar und auch in Form von Ausdrucken wiedergabefähig bleiben. Unterabschnitt 4 Einsicht in das maschinell geführte Vereinsregister § 31 Einsicht in das maschinell geführte Vereinsregister Die Einsicht in das maschinell geführte Vereinsregister ist über ein Datensichtgerät oder durch Einsicht in einen aktuellen oder chronologischen Ausdruck zu gewähren. Dem Einsichtnehmenden kann gestattet werden, das Registerblatt selbst am Datensichtgerät einzusehen, wenn sichergestellt ist, dass er die zulässige Einsicht nicht überschreitet und Veränderungen am Inhalt des Vereinsregisters nicht vorgenommen werden können. Für die Einsicht in die vom Verein eingereichten Dokumente, die elektronisch aufbewahrt werden, in ein elektronisch geführtes Namensverzeichnis oder elektronisch aufbewahrte geschlossene Registerblätter gilt Satz 1 entsprechend.
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§ 32 Ausdrucke (1) Ausdrucke aus dem maschinell geführten Vereinsregister sind mit der Aufschrift „Ausdruck“ oder „Amtlicher Ausdruck“, dem Datum der letzten Eintragung und dem Datum des Abrufs der Daten aus dem Vereinsregister zu versehen. Sie sind nicht zu unterschreiben. (2) Der amtliche Ausdruck ist darüber hinaus mit Ort und Tag der Ausstellung, dem Vermerk, dass der Ausdruck den Inhalt des Vereinsregisters bezeugt, sowie dem Namen des erstellenden Urkundsbeamten der Geschäftsstelle und mit einem Dienstsiegel zu versehen. Anstelle der Siegelung kann maschinell ein Abdruck des Dienstsiegels eingedruckt sein oder aufgedruckt werden; in beiden Fällen muss unter der Aufschrift „Amtlicher Ausdruck“ der Vermerk „Dieser Ausdruck wird nicht unterschrieben und gilt als beglaubigte Abschrift.“ aufgedruckt sein oder werden. (3) Auf Antrag ist anstelle eines Ausdrucks, der ausschließlich den letzten Stand aller noch nicht gegenstandslos gewordenen Eintragungen wiedergibt (aktueller Ausdruck), ein vollständiger Ausdruck zu erteilen, in dem alle Eintragungen enthalten sind (chronologischer Ausdruck). Aktuelle Ausdrucke können statt in spaltenweiser Wiedergabe auch als fortlaufender Text erstellt werden. (4) Ausdrucke und amtliche Ausdrucke können dem Antragsteller auch elektronisch übermittelt werden. Unterabschnitt 5 Automatisierter Abruf von Daten § 33 Umfang des automatisierten Datenabrufs Umfang und Voraussetzungen des Abrufs im automatisierten Verfahren richten sich nach § 79 Abs. 1 bis 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Die Fertigung von Abdrucken ist zulässig. Abdrucke stehen den Ausdrucken (§ 32) nicht gleich. § 34 (weggefallen) § 35 (weggefallen) § 36 Abrufprotokollierung (1) Die Rechtmäßigkeit der Abrufe durch einzelne Nutzer prüft das Gericht nur, wenn es dazu nach den konkreten Umständen Anlass hat. Für die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Abrufe, für die Sicherstellung der ordnungsgemäßen Datenverarbeitung und für die Erhebung der Kosten für die Abrufe durch die Justizverwaltung protokolliert das Registergericht alle Abrufe. Das Registergericht hält das Protokoll für Stichprobenverfahren durch die aufsichtsführenden Stellen bereit. Das Protokoll muss jeweils das Gericht, die Nummer des Registerblatts, die abrufende Person oder Stelle, deren Geschäfts- oder Aktenzeichen, den Zeitpunkt des Abrufs und die für die Durchführung des Abrufs verwendeten Daten ausweisen.
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(2) Die protokollierten Daten dürfen nur für die in Abs. 1 Satz 2 genannten Zwecke verwendet werden. Sie sind durch geeignete Vorkehrungen gegen zweckfremde Nutzung und gegen sonstigen Missbrauch zu schützen. (3) Nach Ablauf des auf die Erstellung der Protokolle nächstfolgenden Kalenderjahres werden die nach Abs. 1 Satz 2 gefertigten Protokolle vernichtet. Protokolle, die im Rahmen eines Stichprobenverfahrens den aufsichtsführenden Stellen zur Verfügung gestellt wurden, sind dort spätestens ein Jahr nach ihrem Eingang zu vernichten, sofern sie nicht für weitere bereits eingeleitete Prüfungen benötigt werden. Unterabschnitt 6 Schlussbestimmungen § 37 Datenverarbeitung im Auftrag (1) Die Vorschriften der Unterabschnitte 1 bis 5 gelten für die Verarbeitung von Vereinsregisterdaten im Auftrag des zuständigen Gerichts (§ 387 Abs. 1 und 5 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) sinngemäß. Hierbei soll sichergestellt sein, dass Eintragungen in das maschinell geführte Vereinsregister und der Abruf von Daten hieraus nur erfolgen, wenn dies von dem zuständigen Gericht verfügt worden oder sonst zulässig ist. (2) Die Verarbeitung von Registerdaten im Auftrag des zuständigen Gerichts ist auf Anlagen, die nicht im Eigentum des Auftragnehmers stehen, nur zulässig, wenn gewährleistet ist, dass die Daten dem uneingeschränkten Zugriff des Gerichts unterliegen und der Eigentümer der Anlage keinen Zugang zu den Daten hat. § 38 Ersatzregister (1) Ist die Vornahme von Eintragungen in das maschinell geführte Vereinsregister vorübergehend nicht möglich, so können auf Anordnung der nach Landesrecht zuständigen Stelle Eintragungen ohne Vergabe einer neuen Nummer in einem Ersatzregister in Papierform vorgenommen werden, sofern hiervon Verwirrung nicht zu besorgen ist. Sie sollen in das maschinell geführte Vereinsregister übernommen werden, sobald dies wieder möglich ist. Auf die erneute Übernahme sind die Vorschriften über die Anlegung des maschinell geführten Registerblatts sinngemäß anzuwenden. (2) Bestimmt die Landesregierung oder die von ihr ermächtigte Landesjustizverwaltung durch Rechtsverordnung auf der Grundlage des § 55a Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, dass ein maschinell geführtes Vereinsregister wieder in Papierform geführt wird, weil die Voraussetzungen nach § 55a Abs. 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht nur vorübergehend entfallen sind und in absehbarer Zeit nicht wieder hergestellt werden können, so sind die betroffenen maschinell geführten Registerblätter im Wege der Umschreibung oder der Neufassung auf Registerblätter in Papierform zu übertragen. (3) Für die Einrichtung und Führung der Ersatzregister nach Abs. 1 und der wieder in Papierform umgeschriebenen Registerblätter nach Abs. 2 gelten die Bestimmungen der Abschnitte 1 und 2. Stöber/Otto | 991
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§ 39 Übergangsregelung Für das in Papierform geführte Vereinsregister können die bisher zulässigen Muster weiterverwendet werden. Wird ein Registerblatt neu gefasst, ist für das neu gefasste Registerblatt das in § 2 und der Anlage 1 zu dieser Verordnung vorgesehene Muster zu verwenden. In diesem Falle erhalten die Beteiligten eine Eintragungsnachricht. Anlage 1 (zu § 2 Satz 2)1 Vereinsregister des Amtsgerichts Nummer der a) Name Eintragung b) Sitz
a) Allgemeine Vertretungsregelung b) Vertretungsberechtigte und besondere Vertretungsbefugnis
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Nummer des Vereins: VR a) Satzung a) Tag der b) Sonstige Rechtsverhältnisse
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b) Eintragung Bemerkungen
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Anlage 2 (zu § 21 Satz 3)2 Vereinsregister des Amtsgerichts
Wiedergabe des aktuellen Registerinhalts
1. Anzahl der bisherigen Eintragungen 2. a) Name b) Sitz 3. a) b)
Allgemeine Vertretungsregelung Vertretungsberechtigte und besondere Vertretungsbefugnis
4. a) b)
Satzung Sonstige Rechtsverhältnisse
5. Tag der letzten Eintragung
1 BGBl. I 1999, 154. 2 BGBl. I 1999, 154.
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Nummer des Vereins: VR
6. Vereinsgesetz | Rz. 1953 Anhang
6. Gesetz zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts (Vereinsgesetz) v. 5.8.1964 (BGBl. I, 593), zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 30. November 2020 (BGBl. I, S. 2600) Erster Abschnitt Allgemeine Vorschriften
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§ 1 Vereinsfreiheit (1) Die Bildung von Vereinen ist frei (Vereinsfreiheit). (2) Gegen Vereine, die die Vereinsfreiheit missbrauchen, kann zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung nur nach Maßgabe dieses Gesetzes eingeschritten werden. § 2 Begriff des Vereins (1) Verein im Sinne dieses Gesetzes ist ohne Rücksicht auf die Rechtsform jede Vereinigung, zu der sich eine Mehrheit natürlicher oder juristischer Personen für längere Zeit zu einem gemeinsamen Zweck freiwillig zusammengeschlossen und einer organisierten Willensbildung unterworfen hat. (2) Vereine im Sinne dieses Gesetzes sind nicht 1. politische Parteien i.S.d. Art. 21 des Grundgesetzes, 2. Fraktionen des Deutschen Bundestages und der Parlamente der Länder. Zweiter Abschnitt Verbot von Vereinen § 3 Verbot (1) 1Ein Verein darf erst dann als verboten (Art. 9 Abs. 2 des Grundgesetzes) behandelt werden, wenn durch Verfügung der Verbotsbehörde festgestellt ist, dass seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder dass er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet; in der Verfügung ist die Auflösung des Vereins anzuordnen (Verbot). 2Mit dem Verbot ist in der Regel die Beschlagnahme und die Einziehung 1. des Vereinsvermögens, 2. von Forderungen Dritter, soweit die Einziehung in § 12 Abs. 1 vorgesehen ist, und 3. von Sachen Dritter, soweit der Berechtigte durch die Überlassung der Sachen an den Verein dessen verfassungswidrige Bestrebungen vorsätzlich gefördert hat oder die Sachen zur Förderung dieser Bestrebungen bestimmt sind, zu verbinden. (2) 1Verbotsbehörde ist 1. die oberste Landesbehörde oder die nach Landesrecht zuständige Behörde für Vereine und Teilvereine, deren erkennbare Organisation und Tätigkeit sich auf das Gebiet eines Landes beschränken;
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Anhang Rz. 1953 | C. Gesetzestexte und Steuervorschriften
2. der Bundesminister des Innern für Vereine und Teilvereine, deren Organisation oder Tätigkeit sich über das Gebiet eines Landes hinaus erstreckt. 2Die
oberste Landesbehörde oder die nach Landesrecht zuständige Behörde entscheidet im Benehmen mit dem Bundesminister des Innern, wenn sich das Verbot gegen den Teilverein eines Vereins richtet, für dessen Verbot nach Satz 1 Nr. 2 der Bundesminister des Innern zuständig ist. 3Der Bundesminister des Innern entscheidet im Benehmen mit den Behörden, die nach Satz 1 Nr. 1 für das Verbot von Teilvereinen zuständig gewesen wären.
(3) 1Das Verbot erstreckt sich, wenn es nicht ausdrücklich beschränkt wird, auf alle Organisationen, die dem Verein derart eingegliedert sind, dass sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse als Gliederung dieses Vereins erscheinen (Teilorganisationen). 2Auf nichtgebietliche Teilorganisationen mit eigener Rechtspersönlichkeit erstreckt sich das Verbot nur, wenn sie in der Verbotsverfügung ausdrücklich benannt sind. (4) 1Das Verbot ist schriftlich oder elektronisch mit einer dauerhaft überprüfbaren Signatur nach § 37 Abs. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes abzufassen, zu begründen und dem Verein, im Falle des Abs. 3 Satz 2 auch den Teilorganisationen, zuzustellen. 2Der verfügende Teil des Verbots ist im Bundesanzeiger und danach im amtlichen Mitteilungsblatt des Landes bekanntzumachen, in dem der Verein oder, sofern sich das Verbot hierauf beschränkt, der Teilverein seinen Sitz hat; Verbote nach § 15 werden nur im Bundesanzeiger bekannt gemacht. 3Das Verbot wird mit der Zustellung, spätestens mit der Bekanntmachung im Bundesanzeiger, wirksam und vollziehbar; § 80 der Verwaltungsgerichtsordnung bleibt unberührt. (5) Die Verbotsbehörde kann das Verbot auch auf Handlungen von Mitgliedern des Vereins stützen, wenn 1. ein Zusammenhang zur Tätigkeit im Verein oder zu seiner Zielsetzung besteht, 2. die Handlungen auf einer organisierten Willensbildung beruhen und 3. nach den Umständen anzunehmen ist, dass sie vom Verein geduldet werden. § 4 Ermittlungen (1) 1Die Verbotsbehörde kann für ihre Ermittlungen die Hilfe der für die Wahrung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zuständigen Behörden und Dienststellen in Anspruch nehmen. 2Ermittlungsersuchen des Bundesministers des Innern sind an die zuständige oberste Landesbehörde zu richten. (2) 1Hält die Verbotsbehörde oder eine gem. Abs. 1 Satz 1 ersuchte Stelle eine richterliche Vernehmung von Zeugen, eine Beschlagnahme von Beweismitteln oder eine Durchsuchung für erforderlich, so stellt sie ihre Anträge bei dem Verwaltungsgericht, in dessen Bezirk die Handlung vorzunehmen ist. 2Die richterlichen Anordnungen oder Maßnahmen trifft der Vorsitzende oder ein von ihm bestimmtes Mitglied des Gerichts.
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(3) Für die richterliche Vernehmung von Zeugen gilt § 98 der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend. (4) 1Für die Beschlagnahme von Gegenständen, die als Beweismittel von Bedeutung sein können, gelten die §§ 94 bis 97, 98 Abs. 4 sowie die §§ 99 bis 101 der Strafprozessordnung entsprechend. 2Bestehen hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass eine Durchsuchung zur Auffindung solcher Beweismittel führen werde, so kann die Durchsuchung der Räume des Vereins sowie der Räume, der Sachen und der Person eines Mitglieds oder Hintermannes des Vereins angeordnet werden. 3Bei anderen Personen ist die Durchsuchung nur zur Beschlagnahme bestimmter Beweismittel und nur dann zulässig, wenn Tatsachen darauf schließen lassen, dass sich die gesuchte Sache in ihrem Gewahrsam befindet. 4Die §§ 104, 105 Abs. 2 bis 4, §§ 106 bis 110 der Strafprozessordnung gelten entsprechend. (5) 1Bei Gefahr im Verzug kann auch die Verbotsbehörde oder eine gem. Abs. 1 Satz 1 ersuchte Stelle eine Beschlagnahme, mit Ausnahme der Beschlagnahme nach § 99 der Strafprozessordnung, oder eine Durchsuchung anordnen. 2Die Vorschriften des Abs. 4 sowie § 98 Abs. 2 Satz 1 und 2 der Strafprozessordnung gelten entsprechend. § 5 Vollzug des Verbots (1) Soweit das Verbot nach diesem Gesetz nicht von der Verbotsbehörde selbst oder den von ihr gem. § 10 Abs. 3 und § 11 Abs. 3 beauftragten Stellen zu vollziehen ist, wird es von den von der Landesregierung bestimmten Behörden vollzogen. (2) Folgt dem Verbot eines Teilvereins, bevor es unanfechtbar geworden ist, ein den Teilverein einschließendes Verbot des Gesamtvereins, so ist von diesem Zeitpunkt an nur noch das Verbot des Gesamtvereins zu vollziehen. § 6 Anfechtung des Verbotsvollzugs (1) Wird eine Maßnahme zum Vollzug des Verbots angefochten und kommt es für die Entscheidung darauf an, ob das Verbot rechtmäßig ist, so hat das Verwaltungsgericht, wenn es die Rechtmäßigkeit des Verbots bezweifelt, das Verfahren auszusetzen, bis über das Verbot unanfechtbar entschieden ist, und dieses Ergebnis seiner Entscheidung zugrunde zu legen. (2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Maßnahmen zum Vollzug des Verbots haben keine aufschiebende Wirkung. § 7 Unanfechtbarkeit des Verbots, Eintragung in öffentliche Register (1) Ist das Verbot unanfechtbar geworden, so ist sein verfügender Teil nochmals unter Hinweis auf die Unanfechtbarkeit im Bundesanzeiger und in dem in § 3 Abs. 4 Satz 2 genannten Mitteilungsblatt zu veröffentlichen. (2) Ist der Verein oder eine Teilorganisation in ein öffentliches Register eingetragen, so sind auf Anzeige der Verbotsbehörde einzutragen die Beschlagnahme des Vereinsvermögens und ihre Aufhebung, die Bestellung und Abberufung von Verwaltern (§ 10
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Abs. 3), die Auflösung des Vereins, nachdem das Verbot unanfechtbar geworden ist, und das Erlöschen des Vereins. § 8 Verbot der Bildung von Ersatzorganisationen (1) Es ist verboten, Organisationen zu bilden, die verfassungswidrige Bestrebungen (Art. 9 Abs. 2 des Grundgesetzes) eines nach § 3 dieses Gesetzes verbotenen Vereins an dessen Stelle weiterverfolgen (Ersatzorganisationen) oder bestehende Organisationen als Ersatzorganisationen fortzuführen. (2) 1Gegen eine Ersatzorganisation, die Verein im Sinne dieses Gesetzes ist, kann zur verwaltungsmäßigen Durchführung des in Abs. 1 enthaltenen Verbots nur auf Grund einer besonderen Verfügung vorgegangen werden, in der festgestellt wird, dass sie Ersatzorganisation des verbotenen Vereins ist. 2Die §§ 3 bis 7 und 10 bis 13 gelten entsprechend. 3Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Verfügung haben keine aufschiebende Wirkung. 4Die für die Wahrung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zuständigen Behörden und Dienststellen sind bei Gefahr im Verzug zu vorläufigen Maßnahmen berechtigt, die außer Kraft treten, wenn die Verbotsbehörde nicht binnen zweier Wochen die in Satz 1 bestimmte Verfügung trifft. § 9 Kennzeichenverbot (1) 1Kennzeichen des verbotenen Vereins dürfen für die Dauer der Vollziehbarkeit des Verbots nicht mehr 1. öffentlich, in einer Versammlung oder 2. in Schriften, Ton- oder Bildträgern, Abbildungen oder Darstellungen, die verbreitet werden oder zur Verbreitung bestimmt sind, verwendet werden. 2Ausgenommen ist eine Verwendung von Kennzeichen im Rahmen der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen und ähnlicher Zwecke. (2) 1Kennzeichen i.S.d. Abs. 1 sind insbesondere Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen. 2Den in Satz 1 genannten Kennzeichen stehen solche gleich, die ihnen zum Verwechseln ähnlich sind. (3) 1Abs. 1 gilt entsprechend für Kennzeichen eines verbotenen Vereins, die in im Wesentlichen gleicher Form von anderen nicht verbotenen Teilorganisationen oder von selbständigen Vereinen verwendet werden. 2Ein Kennzeichen eines verbotenen Vereins wird insbesondere dann in im Wesentlichen gleicher Form verwendet, wenn bei ähnlichem äußerem Gesamterscheinungsbild das Kennzeichen des verbotenen Vereins oder Teile desselben mit einer anderen Orts- oder Regionalbezeichnung versehen wird. (4) Diese Vorschriften gelten auch für die Verwendung von Kennzeichen einer Ersatzorganisation für die Dauer der Vollziehbarkeit einer Verfügung nach § 8 Abs. 2 Satz 1.
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Dritter Abschnitt Beschlagnahme und Einziehung des Vermögens verbotener Vereine § 10 Vermögensbeschlagnahme (1) 1Die Beschlagnahme (§ 3 Abs. 1 Satz 2) hat die Wirkung eines Veräußerungsverbots. 2Rechtsgeschäfte, die gegen das Veräußerungsverbot verstoßen, sind nichtig, es sei denn, dass der andere Teil weder wusste noch wissen musste, dass der Gegenstand, auf den sich das Rechtsgeschäft bezieht, der Beschlagnahme unterliegt. 3Die Beschlagnahme erfasst auch die Gegenstände, die der Verein einem Dritten zu treuen Händen übertragen hat oder die ein Dritter als Treuhänder für den Verein erworben hat. 4In den Fällen des Satzes 3 sind die Vorschriften zugunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, entsprechend anzuwenden. (2) 1Auf Grund der Beschlagnahme können Sachen im Gewahrsam des Vereins und auf Grund besonderer Anordnung Sachen im Gewahrsam Dritter sichergestellt werden. 2Soweit es der Zweck der Sicherstellung erfordert, dürfen auch Räume betreten sowie verschlossene Türen und Behältnisse geöffnet werden. 3Die Anwendung unmittelbaren Zwanges ist ohne vorherige Androhung oder Fristsetzung zulässig, wenn sonst die Sicherstellung gefährdet wäre. 4Werden von der Beschlagnahme Gegenstände i.S.d. § 99 der Strafprozessordnung erfasst, gelten für die Sicherstellung die §§ 99, 100 und 101 Abs. 3 bis 8 der Strafprozessordnung entsprechend. 5Maßnahmen nach Satz 4 und die Durchsuchung von Wohnungen ordnet nur das Verwaltungsgericht an, in dessen Bezirk die Handlungen vorzunehmen sind. 6Anordnungen nach Satz 5 trifft der Vorsitzende oder ein von ihm bestimmtes Mitglied des Gerichts. (3) 1Die Verbotsbehörde kann für das beschlagnahmte Vermögen Verwalter bestellen und abberufen. 2Die Verwalter unterliegen den Weisungen der Verbotsbehörde. (4) 1Die Vorstandsmitglieder sind verpflichtet, Auskunft über den Bestand und Verbleib des Vereinsvermögens zu geben. 2Auf Verlangen der Verbotsbehörde haben sie ein Verzeichnis des Bestandes vorzulegen und zu beeiden. 3Der Eid ist mit dem in § 260 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Inhalt auf Ersuchen der Verbotsbehörde vor dem für den Wohnsitz des Eidespflichtigen zuständigen Amtsgericht zu leisten. (5) Die Aufhebung der Beschlagnahme sowie der Aufschub und die Wiederherstellung ihrer Vollziehbarkeit haben keine rückwirkende Kraft. § 11 Vermögenseinziehung (1) 1Die Einziehung (§ 3 Abs. 1 Satz 2) wird im Fall des § 3 Abs. 2 Nr. 1 zugunsten des Landes, im Fall des § 3 Abs. 2 Nr. 2 zugunsten des Bundes angeordnet. 2Die Einziehung erfasst auch die Gegenstände, auf die sich nach § 10 Abs. 1 Satz 3 die Beschlagnahme erstreckt, mit Ausnahme der vom Verein einem Dritten zur Sicherung übertragenen Gegenstände. (2) 1Mit Eintritt der Unanfechtbarkeit des Verbots und der Einziehungsanordnung erwirbt der Einziehungsbegünstigte das Vereinsvermögen und die nach Abs. 1 Satz 2 eingezogenen Gegenstände als besondere Vermögensmasse. 2Gegenstände, die einer Stöber/Otto | 997
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Teilorganisation in der Rechtsform eines Vereins, einer Gesellschaft oder einer Stiftung gehört haben, bilden eine eigene Vermögensmasse. 3Der Verein und die von der Einziehung betroffenen Teilorganisationen erlöschen. 4Ihre Rechtsverhältnisse sind im Einziehungsverfahren abzuwickeln. (3) 1Der Bundesminister des Innern als Verbotsbehörde kann mit der Durchführung der Einziehung und mit der Abwicklung (§ 13) das Bundesverwaltungsamt oder eine andere Bundesbehörde beauftragen (Einziehungsbehörde). 2§ 10 Abs. 3 gilt entsprechend. 3Die Beauftragung ist im Bundesanzeiger und in dem in § 3 Abs. 4 Satz 2 genannten Mitteilungsblatt zu veröffentlichen. (4) 1Die Verbotsbehörde kann von der Einziehung absehen, wenn keine Gefahr besteht, dass Vermögenswerte des Vereins von neuem zur Förderung von Handlungen oder Bestrebungen der in Art. 9 Abs. 2 des Grundgesetzes genannten Art verwendet werden oder dass die Vermögensauseinandersetzung dazu missbraucht wird, den organisatorischen Zusammenhalt des Vereins aufrechtzuerhalten, ferner, soweit es sich um Gegenstände von unerheblichem Wert handelt. 2Die Verbotsbehörde kann die Liquidatoren bestellen. 3§ 12 Abs. 1 Satz 1 gilt sinngemäß für den Anspruch auf den Liquidationserlös. § 12 Einziehung von Gegenständen Dritter (1) 1Die Verbotsbehörde oder die Einziehungsbehörde zieht Forderungen Dritter gegen den Verein ein, wenn 1. sie aus Beziehungen entstanden sind, die sich nach Art, Umfang oder Zweck als eine vorsätzliche Förderung der verfassungswidrigen Bestrebungen des Vereins darstellen, oder 2. sie begründet wurden, um Vermögenswerte des Vereins dem behördlichen Zugriff zu entziehen oder den Wert des Vereinsvermögens zu mindern. 2
Hat der Gläubiger eine solche Forderung durch Abtretung erworben, so kann sie nur eingezogen werden, wenn der Gläubiger die in Satz 1 bezeichneten Tatsachen bei dem Erwerb kannte. (2) Sachen Dritter werden eingezogen, wenn der Berechtigte durch die Überlassung der Sachen an den Verein dessen verfassungswidrige Bestrebungen vorsätzlich gefördert hat oder die Sachen zur Förderung dieser Bestrebungen bestimmt sind.
(3) 1Rechte Dritter an den nach § 11 Abs. 1 oder nach § 12 Abs. 1 oder 2 eingezogenen Gegenständen bleiben bestehen. 2Sie werden eingezogen, wenn sie unter den in Abs. 1 bezeichneten Voraussetzungen begründet oder erworben worden sind. (4) 1Die nach den Abs. 1 bis 3 eingezogenen Gegenstände gehen mit Eintritt der Unanfechtbarkeit des Verbots und der Einziehungsverfügung auf den Einziehungsbegünstigten über. 2Nicht vererbliche Rechte erlöschen. (5) 1Verfügungen des Vereins, die in den letzten sechs Monaten vor Erlass des Verbots in der dem anderen Teil bekannten Absicht vorgenommen wurden, Gegenstände des Vereinsvermögens beiseite zu schaffen, sind dem Einziehungsbegünstigten ge998 | Stöber/Otto
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genüber unwirksam. 2Ist zugunsten eines Vereinsmitglieds oder einer Person, die ihm i.S.d. § 138 Abs. 1 der Insolvenzordnung nahesteht, verfügt worden, so wird vermutet, dass diesen die in Satz 1 bezeichnete Absicht bekannt war. § 13 Abwicklung (1) 1Die Gläubiger, die ihre Forderungen innerhalb der von der Verbotsbehörde oder Einziehungsbehörde gesetzten Ausschlussfrist angemeldet haben, sind aus der besonderen Vermögensmasse zu befriedigen. 2Die Befriedigung von Gläubigern, die im Falle des Insolvenzverfahrens Insolvenzgläubiger wären, ist, soweit nicht eine Rechtsverordnung etwas anderes bestimmt, erst zulässig, wenn die Verwertung des eingezogenen Vermögens (§ 11 Abs. 1) eine zur Befriedigung aller Gläubiger ausreichende bare Masse ergeben hat. 3Forderungen, die innerhalb der Ausschlussfrist nicht angemeldet werden, erlöschen. (2) Zur Vermeidung unbilliger Härten kann die Verbotsbehörde oder die Einziehungsbehörde anordnen, dass ein nach § 11 Abs. 1 Satz 2 eintretender Rechtsverlust unterbleibt, oder von der Einziehung nach § 12 absehen. (3) 1Reicht das Vermögen nicht zur Befriedigung aller Ansprüche gegen die besondere Vermögensmasse aus, so findet auf Antrag der Verbotsbehörde oder der Einziehungsbehörde ein Insolvenzverfahren über die besondere Vermögensmasse statt. 2§ 12 bleibt unberührt. 3Die von der Beschlagnahme (§ 3 Abs. 1 Satz 2) ab entstandenen Verwaltungsaufwendungen und die dem Verein nach dem Verbot durch die Inanspruchnahme von Rechtsbehelfen entstandenen Prozesskosten sowie die Verwaltungsschulden gelten als Masseverbindlichkeiten. 4Der Insolvenzverwalter wird auf Vorschlag der Verbotsbehörde oder der Einziehungsbehörde vom Insolvenzgericht bestellt und entlassen. 5Die §§ 57, 67 bis 73, 101 der Insolvenzordnung sind nicht anzuwenden. (4) Das nach Befriedigung der gegen die besondere Vermögensmasse gerichteten Ansprüche verbleibende Vermögen und die nach § 12 eingezogenen Gegenstände sind vom Einziehungsbegünstigten für gemeinnützige Zwecke zu verwenden. Vierter Abschnitt Sondervorschriften § 14 Ausländervereine (1) 1Vereine, deren Mitglieder oder Leiter sämtlich oder überwiegend Ausländer sind (Ausländervereine), können über die in Art. 9 Abs. 2 des Grundgesetzes genannten Gründe hinaus unter den Voraussetzungen des Abs. 2 verboten werden. 2Vereine, deren Mitglieder oder Leiter sämtlich oder überwiegend ausländische Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union sind, gelten nicht als Ausländervereine. 3§ 3 Abs. 1 Satz 2 und § 12 Abs. 1 und 2 sind mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Beschlagnahme und die Einziehung von Forderungen und Sachen Dritter auch im Falle des Abs. 2 zulässig sind. (2) Ausländervereine können verboten werden, soweit ihr Zweck oder ihre Tätigkeit 1. die politische Willensbildung in der Bundesrepublik Deutschland oder das friedliche Zusammenleben von Deutschen und Ausländern oder von verschiedenen AusStöber/Otto | 999
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ländergruppen im Bundesgebiet, die öffentliche Sicherheit oder Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet, 2. den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland zuwiderläuft, 3. Bestrebungen außerhalb des Bundesgebiets fördert, deren Ziele oder Mittel mit den Grundwerten einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung unvereinbar sind, 4. Gewaltanwendung als Mittel zur Durchsetzung politischer, religiöser oder sonstiger Belange unterstützt, befürwortet oder hervorrufen soll oder 5. Vereinigungen innerhalb oder außerhalb des Bundesgebiets unterstützt, die Anschläge gegen Personen oder Sachen veranlassen, befürworten oder androhen. (3) 1Anstelle des Vereinsverbots kann die Verbotsbehörde gegenüber Ausländervereinen Betätigungsverbote erlassen, die sie auch auf bestimmte Handlungen oder bestimmte Personen beschränken kann. 2Im übrigen bleiben Ausländervereinen gegenüber die gesetzlichen Vorschriften zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung unberührt. § 15 Ausländische Vereine (1) 1Für Vereine mit Sitz im Ausland (ausländische Vereine), deren Organisation oder Tätigkeit sich auf den räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes erstreckt, gilt § 14 entsprechend. 2Zuständig für das Verbot ist der Bundesminister des Innern. (2) Ausländische Vereine und die einem ausländischen Verein eingegliederten Teilvereine, deren Mitglieder und Leiter sämtlich oder überwiegend Deutsche oder ausländische Unionsbürger sind, können nur aus den in Art. 9 Abs. 2 des Grundgesetzes genannten Gründen verboten oder in ein Verbot einbezogen werden. § 16 Arbeitnehmer- und Arbeitgebervereinigungen (1) 1Verbote nach § 3 Abs. 1 oder Verfügungen nach § 8 Abs. 2 Satz 1 gegen Vereinigungen, die den Schutz des Übereinkommens Nr. 87 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 9.7.1948 über die Vereinigungsfreiheit und den Schutz des Vereinigungsrechts (Bundesgesetzbl. 1956 II S. 2072) genießen, werden erst wirksam, wenn das Gericht ihre Rechtmäßigkeit bestätigt hat. 2§ 3 Abs. 4 und § 8 Abs. 2 Satz 3 und 4 sind nicht anzuwenden. (2) 1Die Verbotsbehörde legt dem nach § 48 Abs. 2 und 3, § 50 Abs. 1 Nr. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung zuständigen Gericht ihre schriftlich oder elektronisch mit einer dauerhaft überprüfbaren Signatur nach § 37 Abs. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes abgefasste und begründete Entscheidung vor. 2Das Gericht stellt sie der Vereinigung und ihren darin benannten nichtgebietlichen Teilorganisationen mit eigener Rechtspersönlichkeit (§ 3 Abs. 3 Satz 2) zu. 3Beteiligt am Verfahren sind die Verbotsbehörde, die Vereinigung und ihre in der Entscheidung benannten nichtgebietlichen
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Teilorganisationen mit eigener Rechtspersönlichkeit sowie die nach § 63 Nr. 3 und 4 der Verwaltungsgerichtsordnung Beteiligten. (3) Versagt das Gericht die Bestätigung, so hebt es in dem Urteil zugleich das Verbot oder die Verfügung auf. (4) 1Auf Antrag der Verbotsbehörde kann das Gericht die nötigen einstweiligen Anordnungen treffen, insbesondere die Beschlagnahme des Vereinsvermögens verfügen. 2Betätigungsverbote und Beschlagnahmeanordnungen hat das Gericht entsprechend § 3 Abs. 4 Satz 2 bekanntzumachen. § 17 Wirtschaftsvereinigungen Die Vorschriften dieses Gesetzes sind auf Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, konzessionierte Wirtschaftsvereine nach § 22 des Bürgerlichen Gesetzbuches, Europäische Gesellschaften, Genossenschaften, Europäische Genossenschaften und Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit nur anzuwenden, 1. wenn sie sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, oder 2. wenn ihre Zwecke oder ihre Tätigkeit den in § 74a Abs. 1 oder § 120 Abs. 1 und 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes genannten Strafgesetzen oder dem § 130 des Strafgesetzbuches zuwiderlaufen oder 3. wenn sie von einem Verbot, das aus einem der in Nr. 1 oder 2 genannten Gründe erlassen wurde, nach § 3 Abs. 3 als Teilorganisation erfasst werden, oder 4. wenn sie Ersatzorganisation eines Vereins sind, der aus einem der in Nr. 1 oder 2 genannten Gründe verboten wurde. § 18 Räumlicher Geltungsbereich von Vereinsverboten 1Verbote
von Vereinen, die ihren Sitz außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes, aber Teilorganisationen innerhalb dieses Bereichs haben, erstrecken sich nur auf die Teilorganisationen innerhalb dieses Bereichs. 2Hat der Verein im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes keine Organisation, so richtet sich das Verbot (§ 3 Abs. 1) gegen seine Tätigkeit in diesem Bereich. Fünfter Abschnitt Schlussbestimmungen § 19 Rechtsverordnungen Die Bundesregierung kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates 1. Bestimmungen über den Vollzug des Verbotes, insbesondere die Durchführung der Auflösung eines Vereins, die Durchführung und Aufhebung der Beschlagnahme sowie die Verwaltung des Vereinsvermögens während der Beschlagnahme erlassen,
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2. Bestimmungen über das Verfahren der Einziehung, die Ausschlussfrist (§ 13 Abs. 1 Satz 1), die vorzeitige Befriedigung von Gläubigern (§ 13 Abs. 1 Satz 2), die Anwendung des § 13 Abs. 2 oder die Berichtigung des Grundbuchs treffen und das Insolvenzverfahren über die besondere Vermögensmasse in Anpassung an die besonderen Gegebenheiten bei der Einziehung näher regeln, 3. nähere Vorschriften über die Verwendung des eingezogenen Vermögens treffen, 4. Ausländervereine und ausländische Vereine einer Anmelde- und Auskunftspflicht unterwerfen, Vorschriften über Inhalt, Form und Verfahren der Anmeldung erlassen und die Auskunftspflicht näher regeln. § 20 Zuwiderhandlungen gegen Verbote (1) 1Wer im räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes durch eine darin ausgeübte Tätigkeit 1. den organisatorischen Zusammenhalt eines Vereins entgegen einem vollziehbaren Verbot oder entgegen einer vollziehbaren Feststellung, dass er Ersatzorganisation eines verbotenen Vereins ist, aufrechterhält oder sich in einem solchen Verein als Mitglied betätigt, 2. den organisatorischen Zusammenhalt einer Partei oder eines Vereins entgegen einer vollziehbaren Feststellung, dass sie Ersatzorganisation einer verbotenen Partei sind (§ 33 Abs. 3 des Parteiengesetzes), aufrechterhält oder sich in einer solchen Partei oder in einem solchen Verein als Mitglied betätigt, 3. den organisatorischen Zusammenhalt eines Vereines oder einer Partei der in den Nr. 1 und 2 bezeichneten Art oder deren weitere Betätigung unterstützt, 4. einem vollziehbaren Verbot nach § 14 Abs. 3 Satz 1 oder § 18 Satz 2 zuwiderhandelt oder 5. Kennzeichen einer der in den Nr. 1 und 2 bezeichneten Vereine oder Parteien oder eines von einem Betätigungsverbot nach § 15 Abs. 1 i.V.m. § 14 Abs. 3 Satz 1 betroffenen Vereins während der Vollziehbarkeit des Verbots oder der Feststellung verbreitet oder öffentlich oder in einer Versammlung verwendet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in den §§ 84, 85, 86a oder den §§ 129 bis 129b des Strafgesetzbuches mit Strafe bedroht ist. 2In den Fällen der Nr. 5 gilt § 9 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 oder 3 entsprechend. (2) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach Abs. 1 absehen, wenn 1. bei Beteiligten die Schuld gering oder deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist oder 2. der Täter sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Fortbestehen der Partei oder des Vereins zu verhindern; erreicht er dieses Ziel oder wird es ohne sein Bemühen erreicht, so wird der Täter nicht bestraft.
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7. Vereinsgesetzdurchführungsverordnung | Rz. 1954 Anhang
(3) Kennzeichen, auf die sich eine Straftat nach Abs. 1 Nr. 5 bezieht, können eingezogen werden. § 21 Zuwiderhandlungen gegen Rechtsverordnungen (1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig einer Vorschrift einer nach § 19 Nr. 4 erlassenen Rechtsverordnung zuwiderhandelt, wenn die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist. (2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu zweitausend Deutsche Mark geahndet werden. §§ 22 bis 29 (Änderungsvorschriften) § 30 Aufhebung und Fortgeltung von Rechtsvorschriften (…) § 30a Zuständige Stelle zur Ausführung der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1141/2014 (…) § 31 Übergangsregelungen (…) § 32 Einschränkung von Grundrechten Die Grundrechte des Brief- und Postgeheimnisses (Art. 10 des Grundgesetzes) und der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 des Grundgesetzes) werden nach Maßgabe dieses Gesetzes eingeschränkt. 7. Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts (VereinsGDV) v. 28.7.1966 (BGBl. I, 457), zuletzt geändert durch Gesetz v. 22.8.2002 (BGBl. I 3390) § 1 Bekanntgabe des Verbots an Teilorganisationen
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(1) Nach Erlass eines Vereinsverbots geben die für seinen Vollzug zuständigen Landesbehörden (Vollzugsbehörden) das Verbot sämtlichen im Bereich des Landes bestehenden Teilorganisationen des verbotenen Vereins bekannt. (2) Bei der Bekanntgabe ist darauf hinzuweisen, dass 1. das Verbot dem Verein zugestellt und im Bundesanzeiger sowie im amtlichen Mitteilungsblatt des Landes veröffentlicht worden oder nach § 16 des Vereinsgesetzes wirksam geworden ist, 2. eine Zuwiderhandlung gegen das Verbot nach § 20 des Vereinsgesetzes mit Gefängnis bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft wird, sofern die Tat nicht nach Stöber/Otto | 1003
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den §§ 49b, 90a, 90b, 96a oder den §§ 129 bis 129b des Strafgesetzbuches, jeweils allein oder i.V.m. § 94 des Strafgesetzbuchs mit schwererer Strafe bedroht ist.1 § 2 Registereintragung (1) Nach Eintritt der Vollziehbarkeit ist die Beschlagnahme in das Grundbuch, das Schiffsregister und das Schiffsbauregister einzutragen 1. bei den Grundstücken, eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken, als deren Eigentümer der Verein oder eine Teilorganisation eingetragen ist, 2. bei den für den Verein oder eine Teilorganisation eingetragenen Rechten an Grundstücken, eingetragenen Schiffen oder Schiffsbauwerken oder an eingetragenen Rechten, 3. bei den nach § 10 Abs. 1 Satz 3 des Vereinsgesetzes von der Beschlagnahme erfassten Grundstücken, eingetragenen Schiffen oder Schiffsbauwerken sowie eingetragenen Rechten Dritter. (2) Die Eintragung erfolgt auf Ersuchen der Verbotsbehörde, der Vollzugsbehörde oder der Einziehungsbehörde. Sie erfolgt ferner auf Antrag des Verwalters (§ 10 Abs. 3 des Vereinsgesetzes); einer Bewilligung des von der Eintragung Betroffenen bedarf es nicht. Die Eintragung ist gebührenfrei. (3) Für die Löschung der Eintragung gilt Abs. 2 entsprechend. (4) Zu einer Eintragung nach den Abs. 1 bis 3 bei einer Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld, über die ein Brief erteilt ist, braucht der Brief nicht vorgelegt zu werden. § 3 Sicherstellung von Sachen Sachen und Sachgesamtheiten werden dadurch sichergestellt, dass die Vollzugsbehörde sie in Gewahrsam nimmt. Lässt die Eigenart der sicherzustellenden Sachen dies nicht zu, ist die Sicherstellung durch Anbringung von Siegelmarken oder auf andere Weise kenntlich zu machen. Die Sicherstellung soll dem Gewahrsamsinhaber angezeigt werden. § 4 Sicherstellung von Sachen im Gewahrsam Dritter Von der Beschlagnahme erfasste Sachen des Vereinsvermögens2 im Gewahrsam Dritter können nur auf Grund einer besonderen Anordnung der Vollzugsbehörde nach § 10 Abs. 2 Satz 1 des Vereinsgesetzes (Sicherstellungsbescheid) sichergestellt werden. Der Sicherstellungsbescheid ist schriftlich abzufassen und dem Gewahrsamsinhaber zuzustellen. In der schriftlichen Begründung ist auf das Vereinsverbot und auf die Beschlagnahme des Vereinsvermögens hinzuweisen sowie darzulegen, dass die sichergestellte Sache zum Vereinsvermögen gehört. 1 Textfassung hinsichtlich der genannten Strafe und der Normen des StGB veraltet. 2 Textfassung veraltet seit Änderung des § 10 Abs. 2 Satz 1 VereinsG (nicht nur Vereinsvermögen).
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7. Vereinsgesetzdurchführungsverordnung | Rz. 1954 Anhang
§ 5 Aufhebung der Sicherstellung Die Sicherstellung ist aufzuheben, wenn ihre Voraussetzungen weggefallen sind. Die Sicherstellung von Sachen, die im Gewahrsam des Vereins gestanden, ihm aber nicht gehört haben, ist aufzuheben, wenn die Sachen nicht innerhalb von sechs Monaten seit der Beschlagnahme nach § 12 Abs. 2 des Vereinsgesetzes eingezogen wurden. Die Frist endet nicht vor Ablauf eines Monats nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils in einem Rechtsstreit über das Eigentum. § 6 Beschlagnahme von Rechten (1) Die Vollzugsbehörde setzt die Schuldner des Vereins sowie die Gläubiger und Schuldner der nach § 10 Abs. 1 Satz 3 des Vereinsgesetzes von der Beschlagnahme erfassten Forderungen von der Beschlagnahme in Kenntnis. Gleichzeitig verbietet sie den Schuldnern, an den Verein oder an den Gläubiger zu leisten, und den Gläubigern, über die Forderung zu verfügen. (2) Für die Beschlagnahme anderer Vermögensrechte gilt Abs. 1 entsprechend. § 7 Beendigung der Beschlagnahme (1) Mit dem Eintritt der Rechtskraft des das Vereinsverbot aufhebenden Urteils endet auch die Beschlagnahme des Vereinsvermögens. (2) Die Verbotsbehörde hat die Beschlagnahme aufzuheben, wenn von einer Einziehung des Vereinsvermögens endgültig abgesehen worden ist oder wenn seit der Beschlagnahme sechs Monate vergangen sind, ohne dass die Einziehung des Vereinsvermögens angeordnet wurde. (3) Die Verbotsbehörde hat einzelne Gegenstände von der Beschlagnahme auszunehmen, auf die § 13 Abs. 2 des Vereinsgesetzes angewandt wurde. § 8 Bestellung und Abberufung von Verwaltern (1) Zum Verwalter ist eine geschäftskundige, vom Verein unabhängige Person zu bestellen. Für Teile des Vereinsvermögens, die eigene Vermögensmassen bilden, kann die Verbotsbehörde besondere Verwalter bestellen; jeder Verwalter ist in seiner Geschäftsführung selbständig. (2) Dem Verwalter ist eine Bestellungsurkunde auszuhändigen, die er bei Beendigung seines Amtes der Verbotsbehörde zurückzugeben hat. Eine Bestellung in elektronischer Form ist ausgeschlossen. Wird der Verwalter nur für einen Teil des Vereinsvermögens bestellt, ist dieser in der Urkunde zu bezeichnen. (3) Das Amt des Verwalters erlischt mit der Beendigung der Beschlagnahme des Vereinsvermögens, mit dem Erwerb des Vereinsvermögens durch den Einziehungsbegünstigten (§ 11 Abs. 2 Satz 1 des Vereinsgesetzes) oder mit der Abberufung durch die Verbotsbehörde. Die Abberufung kann jederzeit ohne Angabe von Gründen erfolgen.
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Anhang Rz. 1954 | C. Gesetzestexte und Steuervorschriften
§ 9 Rechte und Pflichten des Verwalters (1) Der Verwalter hat das beschlagnahmte Vermögen in Besitz zu nehmen und unbeschadet der Weisungsbefugnis der Verbotsbehörde alle Handlungen vorzunehmen, die erforderlich sind, um den wirtschaftlichen Wert des Vereinsvermögens zu erhalten. Er ist befugt, über Gegenstände des Vereinsvermögens zu verfügen und Verbindlichkeiten für den Verein einzugehen. (2) Der Verwalter ist der Verbotsbehörde gegenüber verpflichtet, folgende Handlungen nur mit ihrer Zustimmung vorzunehmen: 1. Weiterführung eines zum beschlagnahmten Vermögen gehörenden Geschäftsbetriebs, 2. Herausgabe und Veräußerung beschlagnahmter Gegenstände, 3. Anerkennung oder Erfüllung von Ansprüchen Dritter gegen den Verein. (3) Der Verwalter hat nach der Übernahme seines Amtes unverzüglich ein Verzeichnis der von der Beschlagnahme betroffenen Gegenstände und, wenn zu dem beschlagnahmten Vermögen ein Geschäftsbetrieb gehört, eine Bilanz aufzustellen und der Verbotsbehörde vorzulegen. (4) Der Verwalter nimmt als Partei kraft Amtes die Interessen des beschlagnahmten Vermögens in gerichtlichen Verfahren wahr. Im anhängigen gerichtlichen Verfahren geht die Befugnis zur Prozessführung mit der Beschlagnahme auf den Verwalter über. Die §§ 241, 246 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. § 10 Vergütung des Verwalters (1) Der Verwalter kann für seine Tätigkeit eine angemessene Vergütung beanspruchen. (2) Für die Berechnung der Höhe der Vergütung ist § 3 der Verordnung über die Vergütung des Konkursverwalters, des Vergleichsverwalters, der Mitglieder des Gläubigerausschusses und der Mitglieder des Gläubigerbeirats vom 25.5.1960 (BGBl. I, 329)1 anzuwenden mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Teilungsmasse das beschlagnahmte, dem Verwalter unterstellte Aktivvermögen tritt, die Vomhundertsätze jeweils um zwei Drittel vermindert werden und der Mindestsatz 150 Deutsche Mark beträgt. (3) Von den Sätzen des Abs. 2 kann die Verbotsbehörde im Einzelfall nach oben oder unten abweichen, wenn die Vergütung nach den Regelsätzen wegen der Besonderheit des Falls, insbesondere wegen der Dauer oder des Umfangs der Tätigkeit des Verwalters, nicht angemessen erscheint. (4) Mit der Vergütung sind die allgemeinen Geschäftsunkosten des Verwalters abgegolten. Daneben kann der Verwalter den Ersatz notwendiger Auslagen verlangen.
1 Die Verordnung ist aufgehoben. Vgl. jetzt die InsVV v. 19.8.1998 (BGBl. I 2205), zuletzt geändert 13.4.2013 (BGBl. I, 866).
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7. Vereinsgesetzdurchführungsverordnung | Rz. 1954 Anhang
(5) Vergütung und Auslagen werden auf Antrag des Verwalters von der Verbotsbehörde festgesetzt. Die Festsetzung erfolgt für Vergütung und Auslagen gesondert. In dem Antrag sind die Auslagen einzeln anzuführen und zu belegen. Der Verwalter kann die Zahlung eines angemessenen Vorschusses verlangen, wenn seine Tätigkeit zwei Monate gedauert hat und nicht zu erwarten ist, dass sie innerhalb eines weiteren Monats beendet sein wird. (6) Vermag der Verwalter die Vergütung oder den Ersatz der Auslagen nicht aus dem beschlagnahmten Vermögen zu erlangen, richtet sich sein Anspruch im Falle des § 3 Abs. 2 Nr. 1 des Vereinsgesetzes gegen das Land, im Falle des § 3 Abs. 2 Nr. 2 des Vereinsgesetzes gegen den Bund. § 11 Von der Einziehungsbehörde bestellte Verwalter Ein von der Einziehungsbehörde bestellter Verwalter (§ 11 Abs. 3 Satz 2 des Vereinsgesetzes) ist unbeschadet der Weisungsbefugnis der Einziehungsbehörde berechtigt, alle zur Durchführung der Einziehung und Abwicklung notwendigen Handlungen vorzunehmen, soweit diese nicht nach den §§ 11 bis 13 des Vereinsgesetzes der Verbotsbehörde oder der Einziehungsbehörde vorbehalten sind. Die §§ 8, 9 Abs. 1, 3, 4 und § 10 gelten entsprechend. § 12 Verwaltung durch die Vollzugsbehörde Ist kein Verwalter bestellt, hat die Vollzugsbehörde das beschlagnahmte Vermögen zu verwalten. Sie hat das beschlagnahmte Vermögen in Besitz zu nehmen und alle Handlungen vorzunehmen, die erforderlich sind, um den wirtschaftlichen Wert des Vereinsvermögens zu erhalten. § 9 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 und 4 gilt entsprechend. § 13 Mitteilung des Rechtsübergangs Die Verbotsbehörde oder die Einziehungsbehörde setzt von dem nach § 11 Abs. 2 Satz 1 des Vereinsgesetzes erfolgten Rechtsübergang in Kenntnis 1. die Schuldner des Vereins, 2. die Eigentümer von Sachen, die nach § 11 Abs. 2 des Vereinsgesetzes von der Einziehung erfasst werden, 3. die Gläubiger und die Schuldner von Forderungen, die nach § 11 Abs. 2 des Vereinsgesetzes von der Einziehung erfasst werden, 4. die Inhaber sonstiger Rechte, die nach § 11 Abs. 2 des Vereinsgesetzes von der Einziehung erfasst werden. § 14 Einziehungsverfügung Einziehungsverfügungen nach § 12 des Vereinsgesetzes sind schriftlich abzufassen und dem Inhaber des eingezogenen Gegenstands zuzustellen. Sie müssen den Gegenstand der Einziehung und dessen Inhaber bezeichnen. In der schriftlichen Begründung ist auf das Vereinsverbot und den Grund der Einziehung hinzuweisen.
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Anhang Rz. 1954 | C. Gesetzestexte und Steuervorschriften
§ 15 Anmeldung von Forderungen (1) Sind das Verbot und die Einziehung (§ 3 Abs. 1 Satz 2 des Vereinsgesetzes) unanfechtbar geworden, fordert die Verbotsbehörde oder die Einziehungsbehörde die Gläubiger des Vereins durch Veröffentlichung im Bundesanzeiger auf, 1. ihre Forderungen bis zum Ablauf eines bestimmten Tages schriftlich unter Angabe des Betrages und des Grundes bei der auffordernden Behörde anzumelden, 2. ein im Falle des Konkurses beanspruchtes Vorrecht1 anzugeben, soweit dieses Voraussetzung für eine vorzeitige Befriedigung nach § 16 Abs. 1 ist, 3. nach Möglichkeit urkundliche Beweisstücke oder Abschriften hiervon beizufügen. (2) In der Aufforderung weist die Behörde darauf hin, dass Forderungen, die innerhalb der Ausschlussfrist nach Abs. 1 Nr. 1 nicht angemeldet werden, nach § 13 Abs. 1 Satz 3 des Vereinsgesetzes erlöschen. (3) Die Ausschlussfrist nach Abs. 1 Nr. 1 muss mindestens drei Wochen betragen. Die Behörde soll die Aufforderung rechtzeitig vor dem Ablauf der Ausschlussfrist in den amtlichen Mitteilungsblättern der Länder nachrichtlich veröffentlichen. § 16 Vorzeitige Befriedigung von Forderungen (1) Forderungen, für die ein Vorrecht nach § 61 Nr. 1 der Konkursordnung bestehen würde, wenn im Zeitpunkt der Beschlagnahme des Vereinsvermögens der Konkurs über das Vermögen eröffnet worden wäre, können bei der Abwicklung nach § 13 Abs. 1 des Vereinsgesetzes vorzeitig befriedigt werden, wenn gesichert erscheint, dass alle derartigen Forderungen und alle Forderungen, die im Falle des Konkurses Massenansprüche i.S.d. §§ 58, 59 der Konkursordnung wären, in voller Höhe befriedigt werden können.2 (2) Andere Forderungen, die im Falle des Konkurses Konkursforderungen wären, können abweichend von § 13 Abs. 1 Satz 2 des Vereinsgesetzes auch dann vorzeitig befriedigt werden, wenn mit Sicherheit zu erwarten ist, dass die Verwertung des eingezogenen Vermögens eine zur Befriedigung aller Gläubiger ausreichende bare Masse ergeben wird. § 17 Härtefälle (1) Eine unbillige Härte i.S.d. § 13 Abs. 2 des Vereinsgesetzes liegt insbesondere vor, wenn das Interesse des Betroffenen an der Aufrechterhaltung des bestehenden Zustands das öffentliche Interesse an der Einziehung erheblich übersteigt. (2) Die Anordnung, dass ein nach § 11 Abs. 1 Satz 2 des Vereinsgesetzes eintretender Rechtsverlust unterbleibt oder von der Einziehung nach § 12 des Vereinsgesetzes ab-
1 Textfassung überholt, die InsO kennt kein derartiges Vorrecht mehr. 2 Textfassung überholt. Die Insolvenzordnung kennt kein Äquivalent zum früheren § 61 Nr. 1 KO.
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7. Vereinsgesetzdurchführungsverordnung | Rz. 1954 Anhang
gesehen wird, ergeht durch schriftlichen Bescheid an den Betroffenen. Ergeht die Anordnung nach Eintritt des Rechtsverlustes oder nach erfolgter Einziehung, so hebt sie diese auf. § 18 Berichtigung des Grundbuchs, des Schiffsregisters und des Schiffsbauregisters (1) Werden durch eine wirksam gewordene Einziehung nach § 11 oder § 12 des Vereinsgesetzes Grundstücke oder Rechte erfasst, die für den Verein, eine vom Verbot erfasste Teilorganisation desselben oder den in § 12 des Vereinsgesetzes bezeichneten Dritten im Grundbuch eingetragen sind, ersucht die Verbotsbehörde oder die Einziehungsbehörde das Grundbuchamt um Berichtigung des Grundbuchs. Der Eintragung für den Verein, die Teilorganisation oder den Dritten steht es gleich, wenn ein Fall des § 39 Abs. 2 oder des § 40 Abs. 1 der Grundbuchordnung vorliegt. Die §§ 41 bis 43 der Grundbuchordnung bleiben unberührt. (2) Bei einer Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld, über die ein Brief erteilt ist, kann die Verbotsbehörde oder die Einziehungsbehörde, solange die Berichtigung des Grundbuchs nach Abs. 1 nicht erfolgt ist, das Grundbuchamt um die Eintragung eines Widerspruchs gegen die Richtigkeit des Grundbuchs ersuchen; der Widerspruch hat die Wirkung eines nach § 899 des Bürgerlichen Gesetzbuchs eingetragenen Widerspruchs. Der Brief braucht nicht vorgelegt zu werden. Für die Löschung des Widerspruchs gelten diese Vorschriften entsprechend. (3) Abs. 1 gilt für die Berichtigung des Schiffsregisters und des Schiffsbauregisters entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des § 39 Abs. 2 und des § 40 Abs. 1 der Grundbuchordnung § 46 der Schiffsregisterordnung in der Fassung vom 26.5.1951 (Bundesgesetzbl. I S. 359) tritt. § 19 Anmeldepflicht für Ausländervereine (1) Ausländervereine, die ihren Sitz im Geltungsbereich des Vereinsgesetzes haben, sind innerhalb von zwei Wochen nach ihrer Gründung bei der für ihren Sitz zuständigen Behörde anzumelden. Zur Anmeldung verpflichtet sind der Vorstand oder, wenn der Verein keinen Vorstand hat, die zur Vertretung berechtigten Mitglieder. Ausländervereine, die bei Inkrafttreten dieser Verordnung bereits bestehen, haben die Anmeldung innerhalb eines Monats nach Inkrafttreten dieser Verordnung vorzunehmen. (2) Die Anmeldung hat zu enthalten 1. die Satzung oder, wenn der Verein keine Satzung hat, Angaben über Name, Sitz und Zweck des Vereins, 2. Namen und Anschriften der Vorstandsmitglieder oder der zur Vertretung berechtigten Personen, 3. Angaben, in welchen Ländern der Verein Teilorganisationen hat.
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Anhang Rz. 1954 | C. Gesetzestexte und Steuervorschriften
Die zur Anmeldung verpflichteten Personen haben der zuständigen Behörde jede Änderung der in Satz 1 genannten Angaben sowie die Auflösung des Vereins innerhalb von zwei Wochen mitzuteilen. (3) Ausländervereine, deren Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, sind zur Anmeldung nur verpflichtet, wenn sie von der nach Abs. 1 Satz 1 zuständigen Behörde dazu aufgefordert werden. (4) Anmeldungen und Mitteilungen nach den Abs. 1 bis 3 sind in deutscher Sprache zu erstatten. Die Behörde erteilt hierüber eine Bescheinigung, für die keine Gebühren und Auslagen erhoben werden. § 20 Auskunftspflicht für Ausländervereine (1) Ausländervereine mit Sitz im Geltungsbereich des Vereinsgesetzes haben der nach § 19 Abs. 1 Satz 1 zuständigen Behörde auf Verlangen Auskunft zu geben 1. über ihre Tätigkeit; 2. wenn sie sich politisch betätigen, a) über Namen und Anschrift ihrer Mitglieder, b) über Herkunft und Verwendung ihrer Mittel. (2) Die Auskunftspflicht obliegt den in § 19 Abs. 1 Satz 2 bezeichneten Personen. § 21 Anmelde- und Auskunftspflicht ausländischer Vereine (1) Für ausländische Vereine, die im Geltungsbereich des Vereinsgesetzes organisatorische Einrichtungen gründen oder unterhalten, gelten die §§ 19, 20 entsprechend. Die Anmelde- und Auskunftspflicht obliegt auch den Personen, die diese organisatorischen Einrichtungen leiten. Zuständig sind die Behörden der Länder, in denen sich organisatorische Einrichtungen des Vereins befinden. Besteht in einem Land der organisatorische Schwerpunkt, ist nur die Behörde dieses Landes zuständig. (2) Abs. 1 gilt entsprechend für Ausländervereine, die ihren Sitz in Deutschland, jedoch außerhalb des Geltungsbereichs des Vereinsgesetzes haben. § 22 Mitteilung an das Bundesverwaltungsamt Die zuständigen Behörden teilen die Angaben, die sie auf Grund der §§ 19 bis 21 erhalten, dem Bundesverwaltungsamt mit. § 23 Zuwiderhandlungen gegen Anmelde- und Auskunftspflichten Ordnungswidrig i.S.d. § 21 des Vereinsgesetzes handelt, wer den Anmelde- oder Auskunftspflichten nach den §§ 19 bis 21 zuwiderhandelt.
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8. Abgabenordnung (AO) – Auszug | Rz. 1955 Anhang
8. Abgabenordnung (AO) – Auszug in der Fassung der Bekanntmachung v. 1.10.2002 (BGBl. I 3866), zuletzt geändert durch Gesetz v. 21.12.2020 (BGBl. I 3096) Zweiter Abschnitt Steuerliche Begriffsbestimmungen
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§ 14 Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb 1Ein
wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist eine selbständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht. 2Die Absicht, Gewinn zu erzielen, ist nicht erforderlich. 3Eine Vermögensverwaltung liegt in der Regel vor, wenn Vermögen genutzt, z.B. Kapitalvermögen verzinslich angelegt oder unbewegliches Vermögen vermietet oder verpachtet wird. Dritter Abschnitt Steuerbegünstigte Zwecke § 51 Allgemeines (1) 1Gewährt das Gesetz eine Steuervergünstigung, weil eine Körperschaft ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke (steuerbegünstigte Zwecke) verfolgt, so gelten die folgenden Vorschriften. 2Unter Körperschaften sind die Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes zu verstehen. 3Funktionale Untergliederungen (Abteilungen) von Körperschaften gelten nicht als selbstständige Steuersubjekte. (2) Werden die steuerbegünstigten Zwecke im Ausland verwirklicht, setzt die Steuervergünstigung voraus, dass natürliche Personen, die ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes haben, gefördert werden oder die Tätigkeit der Körperschaft neben der Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke auch zum Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland beitragen kann. (3) 1Eine Steuervergünstigung setzt zudem voraus, dass die Körperschaft nach ihrer Satzung und bei ihrer tatsächlichen Geschäftsführung keine Bestrebungen i.S.d. § 4 des Bundesverfassungsschutzgesetzes fördert und dem Gedanken der Völkerverständigung nicht zuwiderhandelt. 2Bei Körperschaften, die im Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Landes als extremistische Organisation aufgeführt sind, ist widerlegbar davon auszugehen, dass die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht erfüllt sind. 3 Die Finanzbehörde teilt Tatsachen, die den Verdacht von Bestrebungen i.S.d. § 4 des Bundesverfassungsschutzgesetzes oder des Zuwiderhandelns gegen den Gedanken der Völkerverständigung begründen, der Verfassungsschutzbehörde mit. § 52 Gemeinnützige Zwecke (1) 1Eine Körperschaft verfolgt gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. 2Eine Förderung der Allgemeinheit ist nicht gegeben, wenn der Kreis der Personen, dem die Förderung zugute kommt, fest abgeschlossen ist, z.B. Zugehörigkeit zu einer Familie oder zur Belegschaft eines Unternehmens, oder infolStöber/Otto | 1011
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ge seiner Abgrenzung, insbesondere nach räumlichen oder beruflichen Merkmalen, dauernd nur klein sein kann. 3Eine Förderung der Allgemeinheit liegt nicht allein deswegen vor, weil eine Körperschaft ihre Mittel einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zuführt. (2) 1Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 sind als Förderung der Allgemeinheit anzuerkennen: 1. die Förderung von Wissenschaft und Forschung; 2. die Förderung der Religion; 3. die Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens und der öffentlichen Gesundheitspflege, insbesondere die Verhütung und Bekämpfung von übertragbaren Krankheiten, auch durch Krankenhäuser i.S.d. § 67, und von Tierseuchen; 4. die Förderung der Jugend- und Altenhilfe; 5. die Förderung von Kunst und Kultur; 6. die Förderung des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege; 7. die Förderung der Erziehung, Volks- und Berufsbildung einschließlich der Studentenhilfe; 8. die Förderung des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes und der Naturschutzgesetze der Länder, des Umweltschutzes einschließlich des Klimaschutzes, des Küstenschutzes und des Hochwasserschutzes; 9. die Förderung des Wohlfahrtswesens, insbesondere der Zwecke der amtlich anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege (§ 23 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung), ihrer Unterverbände und ihrer angeschlossenen Einrichtungen und Anstalten; 10. die Förderung der Hilfe für politisch, rassistisch oder religiös Verfolgte, für Flüchtlinge, Vertriebene, Aussiedler, Spätaussiedler, Kriegsopfer, Kriegshinterbliebene, Kriegsbeschädigte und Kriegsgefangene, Zivilbeschädigte und Behinderte sowie Hilfe für Opfer von Straftaten; Förderung des Andenkens an Verfolgte, Kriegsund Katastrophenopfer; Förderung des Suchdienstes für Vermisste; Förderung der Hilfe für Menschen, die auf Grund ihrer geschlechtlichen Identität oder ihrer geschlechtlichen Orientierung diskriminiert werden; 11. die Förderung der Rettung aus Lebensgefahr; 12. die Förderung des Feuer-, Arbeits-, Katastrophen- und Zivilschutzes sowie der Unfallverhütung; 13. die Förderung internationaler Gesinnung, der Toleranz auf allen Gebieten der Kultur und des Völkerverständigungsgedankens; 14. die Förderung des Tierschutzes; 15. die Förderung der Entwicklungszusammenarbeit;
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16. die Förderung von Verbraucherberatung und Verbraucherschutz; 17. die Förderung der Fürsorge für Strafgefangene und ehemalige Strafgefangene; 18. die Förderung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern; 19. die Förderung des Schutzes von Ehe und Familie; 20. die Förderung der Kriminalprävention; 21. die Förderung des Sports (Schach gilt als Sport); 22. die Förderung der Heimatpflege, Heimatkunde und der Ortsverschönerung; 23. die Förderung der Tierzucht, der Pflanzenzucht, der Kleingärtnerei, des traditionellen Brauchtums einschließlich des Karnevals, der Fastnacht und des Faschings, der Soldaten- und Reservistenbetreuung, des Amateurfunkens, des Freifunks, des Modellflugs und des Hundesports; 24. die allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens im Geltungsbereich dieses Gesetzes; hierzu gehören nicht Bestrebungen, die nur bestimmte Einzelinteressen staatsbürgerlicher Art verfolgen oder die auf den kommunalpolitischen Bereich beschränkt sind; 25. die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements zugunsten gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke; 26. die Förderung der Unterhaltung und Pflege von Friedhöfen und die Förderung der Unterhaltung von Gedenkstätten für nichtbestattungspflichtige Kinder und Föten. 2Sofern
der von der Körperschaft verfolgte Zweck nicht unter Satz 1 fällt, aber die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet entsprechend selbstlos gefördert wird, kann dieser Zweck für gemeinnützig erklärt werden. 3Die obersten Finanzbehörden der Länder haben jeweils eine Finanzbehörde im Sinne des Finanzverwaltungsgesetzes zu bestimmen, die für Entscheidungen nach Satz 2 zuständig ist. § 53 Mildtätige Zwecke Eine Körperschaft verfolgt mildtätige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, Personen selbstlos zu unterstützen, 1. die infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands auf die Hilfe anderer angewiesen sind oder 2. 1deren Bezüge nicht höher sind als das Vierfache des Regelsatzes der Sozialhilfe i.S.d. § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch; beim Alleinstehenden oder Alleinerziehenden tritt an die Stelle des Vierfachen das Fünffache des Regelsatzes. 2 Dies gilt nicht für Personen, deren Vermögen zur nachhaltigen Verbesserung ihres Unterhalts ausreicht und denen zugemutet werden kann, es dafür zu verwenden. 3Bei Personen, deren wirtschaftliche Lage aus besonderen Gründen zu einer Notlage geworden ist, dürfen die Bezüge oder das Vermögen die genannten Grenzen übersteigen. 4Bezüge im Sinne dieser Vorschrift sind Stöber/Otto | 1013
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a) Einkünfte i.S.d. § 2 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes und b) andere zur Bestreitung des Unterhalts bestimmte oder geeignete Bezüge aller Haushaltsangehörigen. 5Zu berücksichtigen sind auch gezahlte und empfangene Unterhaltsleistungen. 6Die wirtschaftliche Hilfebedürftigkeit im vorstehenden Sinne ist bei Empfängern von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch, des Wohngeldgesetzes, bei Empfängern von Leistungen nach § 27a des Bundesversorgungsgesetzes oder nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes als nachgewiesen anzusehen. 7Die Körperschaft kann den Nachweis mit Hilfe des jeweiligen Leistungsbescheids, der für den Unterstützungszeitraum maßgeblich ist, oder mit Hilfe der Bestätigung des Sozialleistungsträgers führen. 8Auf Antrag der Körperschaft kann auf einen Nachweis der wirtschaftlichen Hilfebedürftigkeit verzichtet werden, wenn auf Grund der besonderen Art der gewährten Unterstützungsleistung sichergestellt ist, dass nur wirtschaftlich hilfebedürftige Personen im vorstehenden Sinne unterstützt werden; für den Bescheid über den Nachweisverzicht gilt § 60a Abs. 3 bis 5 entsprechend. § 54 Kirchliche Zwecke (1) Eine Körperschaft verfolgt kirchliche Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, eine Religionsgemeinschaft, die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, selbstlos zu fördern. (2) Zu diesen Zwecken gehören insbesondere die Errichtung, Ausschmückung und Unterhaltung von Gotteshäusern und kirchlichen Gemeindehäusern, die Abhaltung von Gottesdiensten, die Ausbildung von Geistlichen, die Erteilung von Religionsunterricht, die Beerdigung und die Pflege des Andenkens der Toten, ferner die Verwaltung des Kirchenvermögens, die Besoldung der Geistlichen, Kirchenbeamten und Kirchendiener, die Alters- und Behindertenversorgung für diese Personen und die Versorgung ihrer Witwen und Waisen. § 55 Selbstlosigkeit (1) Eine Förderung oder Unterstützung geschieht selbstlos, wenn dadurch nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke – z.B. gewerbliche Zwecke oder sonstige Erwerbszwecke – verfolgt werden und wenn die folgenden Voraussetzungen gegeben sind: 1. 1Mittel der Körperschaft dürfen nur für die satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden. 2Die Mitglieder oder Gesellschafter (Mitglieder im Sinne dieser Vorschriften) dürfen keine Gewinnanteile und in ihrer Eigenschaft als Mitglieder auch keine sonstigen Zuwendungen aus Mitteln der Körperschaft erhalten. 3Die Körperschaft darf ihre Mittel weder für die unmittelbare noch für die mittelbare Unterstützung oder Förderung politischer Parteien verwenden. 2. Die Mitglieder dürfen bei ihrem Ausscheiden oder bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft nicht mehr als ihre eingezahlten Kapitalanteile und den gemeinen Wert ihrer geleisteten Sacheinlagen zurückerhalten.
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3. Die Körperschaft darf keine Person durch Ausgaben, die dem Zweck der Körperschaft fremd sind, oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigen. 4. 1Bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall ihres bisherigen Zwecks darf das Vermögen der Körperschaft, soweit es die eingezahlten Kapitalanteile der Mitglieder und den gemeinen Wert der von den Mitgliedern geleisteten Sacheinlagen übersteigt, nur für steuerbegünstigte Zwecke verwendet werden (Grundsatz der Vermögensbindung). 2Diese Voraussetzung ist auch erfüllt, wenn das Vermögen einer anderen steuerbegünstigten Körperschaft oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts für steuerbegünstigte Zwecke übertragen werden soll. 5. 1Die Körperschaft muss ihre Mittel vorbehaltlich des § 62 grundsätzlich zeitnah für ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwenden. 2Verwendung in diesem Sinne ist auch die Verwendung der Mittel für die Anschaffung oder Herstellung von Vermögensgegenständen, die satzungsmäßigen Zwecken dienen. 3Eine zeitnahe Mittelverwendung ist gegeben, wenn die Mittel spätestens in den auf den Zufluss folgenden zwei Kalender- oder Wirtschaftsjahren für die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden. 4Satz 1 gilt nicht für Körperschaften mit jährlichen Einnahmen von nicht mehr als 45.000 Euro. (2) Bei der Ermittlung des gemeinen Werts (Abs. 1 Nr. 2 und 4) kommt es auf die Verhältnisse zu dem Zeitpunkt an, in dem die Sacheinlagen geleistet worden sind. (3) Die Vorschriften, die die Mitglieder der Körperschaft betreffen (Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4), gelten bei Stiftungen für die Stifter und ihre Erben, bei Betrieben gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts für die Körperschaft sinngemäß, jedoch mit der Maßgabe, dass bei Wirtschaftsgütern, die nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes aus einem Betriebsvermögen zum Buchwert entnommen worden sind, an die Stelle des gemeinen Werts der Buchwert der Entnahme tritt. § 56 Ausschließlichkeit Ausschließlichkeit liegt vor, wenn eine Körperschaft nur ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verfolgt. § 57 Unmittelbarkeit (1) 1Eine Körperschaft verfolgt unmittelbar ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke, wenn sie selbst diese Zwecke verwirklicht. 2Das kann auch durch Hilfspersonen geschehen, wenn nach den Umständen des Falls, insbesondere nach den rechtlichen und tatsächlichen Beziehungen, die zwischen der Körperschaft und der Hilfsperson bestehen, das Wirken der Hilfsperson wie eigenes Wirken der Körperschaft anzusehen ist. (2) Eine Körperschaft, in der steuerbegünstigte Körperschaften zusammengefasst sind, wird einer Körperschaft, die unmittelbar steuerbegünstigte Zwecke verfolgt, gleichgestellt.
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Anhang Rz. 1955 | C. Gesetzestexte und Steuervorschriften
(3) Eine Körperschaft verfolgt ihre steuerbegünstigten Zwecke auch dann unmittelbar im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, wenn sie satzungsgemäß durch planmäßiges Zusammenwirken mit mindestens einer weiteren Körperschaft, die im Übrigen die Voraussetzungen der §§ 51 bis 68 erfüllt, einen steuerbegünstigten Zweck verwirklicht. Die §§ 14 sowie 65 bis 68 sind mit der Maßgabe anzuwenden, dass für das Vorliegen der Eigenschaft als Zweckbetrieb bei der jeweiligen Körperschaft die Tätigkeiten der nach Satz 1 zusammenwirkenden Körperschaften zusammenzufassen sind. (4) Eine Körperschaft verfolgt ihre steuerbegünstigten Zwecke auch dann unmittelbar im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, wenn sie ausschließlich Anteile an steuerbegünstigten Kapitalgesellschaften hält und verwaltet. § 58 Steuerlich unschädliche Betätigungen Die Steuervergünstigung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass 1. eine Körperschaft einer anderen Körperschaft oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts Mittel für die Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke zuwendet. Mittel sind sämtliche Vermögenswerte der Körperschaft. Die Zuwendung von Mitteln an eine beschränkt oder unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft des privaten Rechts setzt voraus, dass diese selbst steuerbegünstigt ist. Beabsichtigt die Körperschaft, als einzige Art der Zweckverwirklichung Mittel anderen Körperschaften oder juristischen Personen des öffentlichen Rechts zuzuwenden, ist die Mittelweitergabe als Art der Zweckverwirklichung in der Satzung zu benennen, 2. (aufgehoben) 3. 1eine Körperschaft ihre Überschüsse der Einnahmen über die Ausgaben aus der Vermögensverwaltung, ihre Gewinne aus den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben ganz oder teilweise und darüber hinaus höchstens 15 Prozent ihrer sonstigen nach § 55 Abs. 1 Nr. 5 zeitnah zu verwendenden Mittel einer anderen steuerbegünstigten Körperschaft oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts zur Vermögensausstattung zuwendet. 2Die aus den Vermögenserträgen zu verwirklichenden steuerbegünstigten Zwecke müssen den steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecken der zuwendenden Körperschaft entsprechen. 3Die nach dieser Nummer zugewandten Mittel und deren Erträge dürfen nicht für weitere Mittelweitergaben im Sinne des ersten Satzes verwendet werden, 4. eine Körperschaft ihre Arbeitskräfte anderen Personen, Unternehmen, Einrichtungen oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts für steuerbegünstigte Zwecke zur Verfügung stellt, 5. eine Körperschaft ihr gehörende Räume einer anderen, ebenfalls steuerbegünstigten Körperschaft oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts zur Nutzung zu steuerbegünstigten Zwecken überlässt, 6. eine Stiftung einen Teil, jedoch höchstens ein Drittel ihres Einkommens dazu verwendet, um in angemessener Weise den Stifter und seine nächsten Angehörigen zu unterhalten, ihre Gräber zu pflegen und ihr Andenken zu ehren, 1016 | Stöber/Otto
8. Abgabenordnung (AO) – Auszug | Rz. 1955 Anhang
7. eine Körperschaft gesellige Zusammenkünfte veranstaltet, die im Vergleich zu ihrer steuerbegünstigten Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung sind, 8. ein Sportverein neben dem unbezahlten auch den bezahlten Sport fördert, 9. eine von einer Gebietskörperschaft errichtete Stiftung zur Erfüllung ihrer steuerbegünstigten Zwecke Zuschüsse an Wirtschaftsunternehmen vergibt, 10. 1eine Körperschaft Mittel zum Erwerb von Gesellschaftsrechten zur Erhaltung der prozentualen Beteiligung an Kapitalgesellschaften im Jahr des Zuflusses verwendet. 2Dieser Erwerb mindert die Höhe der Rücklage nach § 62 Abs. 1 Nr. 3. § 58a Vertrauensschutz bei Mittelweitergaben (1) Wendet eine steuerbegünstigte Körperschaft Mittel einer anderen Körperschaft zu, darf sie unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 darauf vertrauen, dass die empfangende Körperschaft 1. nach § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes im Zeitpunkt der Zuwendung steuerbegünstigt ist und 2. die Zuwendung für steuerbegünstigte Zwecke verwendet. (2) Das Vertrauen der zuwendenden Körperschaft nach Absatz 1 ist nur schutzwürdig, wenn sich die zuwendende Körperschaft zum Zeitpunkt der Zuwendung die Steuerbegünstigung der empfangenden Körperschaft nach § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes hat nachweisen lassen durch eine Ausfertigung 1. der Anlage zum Körperschaftsteuerbescheid, deren Datum nicht länger als fünf Jahre zurückliegt oder 2. des Freistellungsbescheids, dessen Datum nicht länger als fünf Jahre zurückliegt oder 3. des Bescheids über die Feststellung der Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach § 60a Absatz 1, dessen Datum nicht länger als drei Jahre zurückliegt, wenn der empfangenden Körperschaft bisher kein Freistellungsbescheid oder keine Anlage zum Körperschaftsteuerbescheid erteilt wurde. (3) Absatz 1 ist nicht anzuwenden, wenn 1. der zuwendenden Körperschaft die Unrichtigkeit eines Verwaltungsakts nach Absatz 2 bekannt ist oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt war oder 2. die zuwendende Körperschaft eine Verwendung für nicht steuerbegünstigte Zwecke durch die empfangende Körperschaft veranlasst hat. § 59 Voraussetzung der Steuervergünstigung Die Steuervergünstigung wird gewährt, wenn sich aus der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung (Satzung im Sinne dieser Vorschriften) ergibt, welchen Zweck die Körperschaft verfolgt, dass dieser Zweck den Anforderungen der
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§§ 52 bis 55 entspricht und dass er ausschließlich und unmittelbar verfolgt wird; die tatsächliche Geschäftsführung muss diesen Satzungsbestimmungen entsprechen. § 60 Anforderungen an die Satzung1 (1) 1Die Satzungszwecke und die Art ihrer Verwirklichung müssen so genau bestimmt sein, dass auf Grund der Satzung geprüft werden kann, ob die satzungsmäßigen Voraussetzungen für Steuervergünstigungen gegeben sind. 2Die Satzung muss die in der Anlage 1 bezeichneten Festlegungen enthalten. (2) Die Satzung muss den vorgeschriebenen Erfordernissen bei der Körperschaftsteuer und bei der Gewerbesteuer während des ganzen Veranlagungs- oder Bemessungszeitraums, bei den anderen Steuern im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer entsprechen. § 60a Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen (1) 1Die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach den §§ 51, 59, 60 und 61 wird gesondert festgestellt. 2Die Feststellung der Satzungsmäßigkeit ist für die Besteuerung der Körperschaft und der Steuerpflichtigen, die Zuwendungen in Form von Spenden und Mitgliedsbeiträgen an die Körperschaft erbringen, bindend. (2) Die Feststellung der Satzungsmäßigkeit erfolgt 1. auf Antrag der Körperschaft oder 2. von Amts wegen bei der Veranlagung zur Körperschaftsteuer, wenn bisher noch keine Feststellung erfolgt ist. (3) Die Bindungswirkung der Feststellung entfällt ab dem Zeitpunkt, in dem die Rechtsvorschriften, auf denen die Feststellung beruht, aufgehoben oder geändert werden. (4) Tritt bei den für die Feststellung erheblichen Verhältnissen eine Änderung ein, ist die Feststellung mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben. (5) 1Materielle Fehler im Feststellungsbescheid über die Satzungsmäßigkeit können mit Wirkung ab dem Kalenderjahr beseitigt werden, das auf die Bekanntgabe der Aufhebung der Feststellung folgt. 2§ 176 gilt entsprechend, außer es sind Kalenderjahre zu ändern, die nach der Verkündung der maßgeblichen Entscheidung eines obersten Gerichtshofes des Bundes beginnen. (6) Liegen bis zum Zeitpunkt des Erlasses des erstmaligen Körperschaftsteuerbescheids oder Freistellungsbescheids bereits Erkenntnisse vor, dass die tatsächliche Geschäftsführung gegen die satzungsmäßigen Voraussetzungen verstößt, ist die Feststel-
1 Seit Ergänzung des § 60 AO im Jahressteuergesetz 2009 (Art. 10 Nr. 5 des Gesetzes v. 19.12.2008, BGBl. I 2794) sind die im Erlass zu § 60 in Bezug genommenen Musterformulierungen als Anlage zu § 60 Teil der Abgabenordnung und damit verbindlich. Siehe dazu Abdruck der Anlage mit weiteren Hinweisen im Hauptteil bei Rz. 135.
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lung der Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 abzulehnen. Satz 1 gilt entsprechend für die Aufhebung bestehender Feststellungen nach § 60a. § 61 Satzungsmäßige Vermögensbindung (1) Eine steuerlich ausreichende Vermögensbindung (§ 55 Abs. 1 Nr. 4) liegt vor, wenn der Zweck, für den das Vermögen bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall ihres bisherigen Zwecks verwendet werden soll, in der Satzung so genau bestimmt ist, dass auf Grund der Satzung geprüft werden kann, ob der Verwendungszweck steuerbegünstigt ist. (2) weggefallen (3) 1Wird die Bestimmung über die Vermögensbindung nachträglich so geändert, dass sie den Anforderungen des § 55 Abs. 1 Nr. 4 nicht mehr entspricht, so gilt sie von Anfang an als steuerlich nicht ausreichend. 2§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Steuerbescheide erlassen, aufgehoben oder geändert werden können, soweit sie Steuern betreffen, die innerhalb der letzten zehn Kalenderjahre vor der Änderung der Bestimmung über die Vermögensbindung entstanden sind. § 62 Rücklagen und Vermögensbildung1 (1) Körperschaften können ihre Mittel ganz oder teilweise 1. einer Rücklage zuführen, soweit dies erforderlich ist, um ihre steuerbegünstigten, satzungsmäßigen Zwecke nachhaltig zu erfüllen; 2. 1einer Rücklage für die beabsichtigte Wiederbeschaffung von Wirtschaftsgütern zuführen, die zur Verwirklichung der steuerbegünstigten, satzungsmäßigen Zwecke erforderlich sind (Rücklage für Wiederbeschaffung). 2Die Höhe der Zuführung bemisst sich nach der Höhe der regulären Absetzungen für Abnutzung eines zu ersetzenden Wirtschaftsguts. 3Die Voraussetzungen für eine höhere Zuführung sind nachzuweisen; 3. 1der freien Rücklage zuführen, jedoch höchstens ein Drittel des Überschusses aus der Vermögensverwaltung und darüber hinaus höchstens 10 Prozent der sonstigen nach § 55 Abs. 1 Nr. 5 zeitnah zu verwendenden Mittel. 2Ist der Höchstbetrag für die Bildung der freien Rücklage in einem Jahr nicht ausgeschöpft, kann diese unterbliebene Zuführung in den folgenden zwei Jahren nachgeholt werden; 4. einer Rücklage zum Erwerb von Gesellschaftsrechten zur Erhaltung der prozentualen Beteiligung an Kapitalgesellschaften zuführen, wobei die Höhe dieser Rücklage die Höhe der Rücklage nach Nr. 3 mindert. (2) 1Die Bildung von Rücklagen nach Abs. 1 hat innerhalb der Frist des § 55 Abs. 1 Nr. 5 Satz 3 zu erfolgen. 2Rücklagen nach Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 sind unverzüglich
1 I.d.F. des Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes v. 21.3.2013, BGBl. I, 556 mWv. 1.1.2014.
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aufzulösen, sobald der Grund für die Rücklagenbildung entfallen ist. 3Die freigewordenen Mittel sind innerhalb der Frist nach § 55 Abs. 1 Nr. 5 Satz 3 zu verwenden. (3) Die folgenden Mittelzuführungen unterliegen nicht der zeitnahen Mittelverwendung nach § 55 Abs. 1 Nr. 5: 1. Zuwendungen von Todes wegen, wenn der Erblasser keine Verwendung für den laufenden Aufwand der Körperschaft vorgeschrieben hat; 2. Zuwendungen, bei denen der Zuwendende ausdrücklich erklärt, dass diese zur Ausstattung der Körperschaft mit Vermögen oder zur Erhöhung des Vermögens bestimmt sind; 3. Zuwendungen auf Grund eines Spendenaufrufs der Körperschaft, wenn aus dem Spendenaufruf ersichtlich ist, dass Beträge zur Aufstockung des Vermögens erbeten werden; 4. Sachzuwendungen, die ihrer Natur nach zum Vermögen gehören. (4) Eine Stiftung kann im Jahr ihrer Errichtung und in den drei folgenden Kalenderjahren Überschüsse aus der Vermögensverwaltung und die Gewinne aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben nach § 14 ganz oder teilweise ihrem Vermögen zuführen. § 63 Anforderungen an die tatsächliche Geschäftsführung (1) Die tatsächliche Geschäftsführung der Körperschaft muss auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke gerichtet sein und den Bestimmungen entsprechen, die die Satzung über die Voraussetzungen für Steuervergünstigungen enthält. (2) Für die tatsächliche Geschäftsführung gilt sinngemäß § 60 Abs. 2, für eine Verletzung der Vorschrift über die Vermögensbindung § 61 Abs. 3. (3) Die Körperschaft hat den Nachweis, dass ihre tatsächliche Geschäftsführung den Erfordernissen des Abs. 1 entspricht, durch ordnungsmäßige Aufzeichnungen über ihre Einnahmen und Ausgaben zu führen. (4) Hat die Körperschaft ohne Vorliegen der Voraussetzungen Mittel angesammelt, kann das Finanzamt ihr eine angemessene Frist für die Verwendung der Mittel setzen. 2Die tatsächliche Geschäftsführung gilt als ordnungsgemäß i.S.d. Abs. 1, wenn die Körperschaft die Mittel innerhalb der Frist für steuerbegünstigte Zwecke verwendet. (5)1 1Körperschaften i.S.d. § 10b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes dürfen Zuwendungsbestätigungen i.S.d. § 50 Abs. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung nur ausstellen, wenn 1. das Datum der Anlage zum Körperschaftsteuerbescheid oder des Freistellungsbescheids nicht länger als fünf Jahre zurückliegt oder
1 Eingef. durch Art. 1 Nr. 7 Buchst. b des Gesetzes v. 21.3.2013, BGBl. I, 556 mWv. 29.3.2013.
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2. die Feststellung der Satzungsmäßigkeit nach § 60a Abs. 1 nicht länger als drei Kalenderjahre zurückliegt und bisher kein Freistellungsbescheid oder keine Anlage zum Körperschaftsteuerbescheid erteilt wurde. 2Die
Frist ist taggenau zu berechnen.
§ 64 Steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe (1) Schließt das Gesetz die Steuervergünstigung insoweit aus, als ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (§ 14) unterhalten wird, so verliert die Körperschaft die Steuervergünstigung für die dem Geschäftsbetrieb zuzuordnenden Besteuerungsgrundlagen (Einkünfte, Umsätze, Vermögen), soweit der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb kein Zweckbetrieb (§§ 65 bis 68) ist. (2) Unterhält die Körperschaft mehrere wirtschaftliche Geschäftsbetriebe, die keine Zweckbetriebe (§§ 65 bis 68) sind, werden diese als ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb behandelt. (3) Übersteigen die Einnahmen einschließlich Umsatzsteuer aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben, die keine Zweckbetriebe sind, insgesamt nicht 45 000 € im Jahr, so unterliegen die diesen Geschäftsbetrieben zuzuordnenden Besteuerungsgrundlagen nicht der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer. (4) Die Aufteilung einer Körperschaft in mehrere selbständige Körperschaften zum Zweck der mehrfachen Inanspruchnahme der Steuervergünstigung nach Abs. 3 gilt als Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten i.S.d. § 42. (5) Überschüsse aus der Verwertung unentgeltlich erworbenen Altmaterials außerhalb einer ständig dafür vorgehaltenen Verkaufsstelle, die der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer unterliegen, können in Höhe des branchenüblichen Reingewinns geschätzt werden. (6) Bei den folgenden steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben kann der Besteuerung ein Gewinn von 15 Prozent der Einnahmen zugrunde gelegt werden: 1. Werbung für Unternehmen, die im Zusammenhang mit der steuerbegünstigten Tätigkeit einschließlich Zweckbetrieben stattfindet, 2. Totalisatorbetriebe, 3. Zweite Fraktionierungsstufe der Blutspendedienste. § 65 Zweckbetrieb Ein Zweckbetrieb ist gegeben, wenn 1. der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen, 2. die Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können und
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3. der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist. § 66 Wohlfahrtspflege (1) Eine Einrichtung der Wohlfahrtspflege ist ein Zweckbetrieb, wenn sie in besonderem Maß den in § 53 genannten Personen dient. (2) 1Wohlfahrtspflege ist die planmäßige, zum Wohle der Allgemeinheit und nicht des Erwerbs wegen ausgeübte Sorge für notleidende oder gefährdete Mitmenschen. 2Die Sorge kann sich auf das gesundheitliche, sittliche, erzieherische oder wirtschaftliche Wohl erstrecken und Vorbeugung oder Abhilfe bezwecken. (3) 1Eine Einrichtung der Wohlfahrtspflege dient in besonderem Maße den in § 53 genannten Personen, wenn diesen mindestens zwei Drittel ihrer Leistungen zugute kommen. 2 Für Krankenhäuser gilt § 67. § 67 Krankenhäuser (1) Ein Krankenhaus, das in den Anwendungsbereich des Krankenhausentgeltgesetzes oder der Bundespflegesatzverordnung fällt, ist ein Zweckbetrieb, wenn mindestens 40 Prozent der jährlichen Belegungstage oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, bei denen nur Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen (§ 7 des Krankenhausentgeltgesetzes, § 10 der Bundespflegesatzverordnung) berechnet werden. (2) Ein Krankenhaus, das nicht in den Anwendungsbereich des Krankenhausentgeltgesetzes oder der Bundespflegesatzverordnung fällt, ist ein Zweckbetrieb, wenn mindestens 40 Prozent der jährlichen Belegungstage oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, bei denen für die Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt als nach Abs. 1 berechnet wird. § 67a Sportliche Veranstaltungen (1) 1Sportliche Veranstaltungen eines Sportvereins sind ein Zweckbetrieb, wenn die Einnahmen einschließlich Umsatzsteuer insgesamt 45 000 € im Jahr nicht übersteigen. 2Der Verkauf von Speisen und Getränken sowie die Werbung gehören nicht zu den sportlichen Veranstaltungen. (2) 1Der Sportverein kann dem Finanzamt bis zur Unanfechtbarkeit des Körperschaftsteuerbescheids erklären, dass er auf die Anwendung des Abs. 1 Satz 1 verzichtet. 2 Die Erklärung bindet den Sportverein für mindestens fünf Veranlagungszeiträume. (3) 1Wird auf die Anwendung des Abs. 1 Satz 1 verzichtet, sind sportliche Veranstaltungen eines Sportvereins ein Zweckbetrieb, wenn 1. kein Sportler des Vereins teilnimmt, der für seine sportliche Betätigung oder für die Benutzung seiner Person, seines Namens, seines Bildes oder seiner sportlichen Betätigung zu Werbezwecken von dem Verein oder einem Dritten über eine Aufwandsentschädigung hinaus Vergütungen oder andere Vorteile erhält und
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2. kein anderer Sportler teilnimmt, der für die Teilnahme an der Veranstaltung von dem Verein oder einem Dritten im Zusammenwirken mit dem Verein über eine Aufwandsentschädigung hinaus Vergütungen oder andere Vorteile erhält. 2Andere
sportliche Veranstaltungen sind ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb. 3Dieser schließt die Steuervergünstigung nicht aus, wenn die Vergütungen oder andere Vorteile ausschließlich aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben, die nicht Zweckbetriebe sind, oder von Dritten geleistet werden. § 68 Einzelne Zweckbetriebe Zweckbetriebe sind auch: 1. a) Alten-, Altenwohn- und Pflegeheime, Erholungsheime, Mahlzeitendienste, wenn sie in besonderem Maß den in § 53 genannten Personen dienen (§ 66 Abs. 3), b) Kindergärten, Kinder-, Jugend- und Studentenheime, Schullandheime und Jugendherbergen, c) Einrichtungen zur Versorgung, Verpflegung und Betreuung von Flüchtlingen. Die Voraussetzungen des § 66 Absatz 2 sind zu berücksichtigen, 2. a) landwirtschaftliche Betriebe und Gärtnereien, die der Selbstversorgung von Körperschaften dienen und dadurch die sachgemäße Ernährung und ausreichende Versorgung von Anstaltsangehörigen sichern, b) andere Einrichtungen, die für die Selbstversorgung von Körperschaften erforderlich sind, wie Tischlereien, Schlossereien, wenn die Lieferungen und sonstigen Leistungen dieser Einrichtungen an Außenstehende dem Wert nach 20 Prozent der gesamten Lieferungen und sonstigen Leistungen des Betriebs – einschließlich der an die Körperschaften selbst bewirkten – nicht übersteigen, 3. a) Werkstätten für behinderte Menschen, die nach den Vorschriften des Dritten Buches Sozialgesetzbuch förderungsfähig sind und Personen Arbeitsplätze bieten, die wegen ihrer Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, b) Einrichtungen für Beschäftigungs- und Arbeitstherapie, in denen behinderte Menschen aufgrund ärztlicher Indikationen außerhalb eines Beschäftigungsverhältnisses zum Träger der Therapieeinrichtung mit dem Ziel behandelt werden, körperliche oder psychische Grundfunktionen zum Zwecke der Wiedereingliederung in das Alltagsleben wiederherzustellen oder die besonderen Fähigkeiten und Fertigkeiten auszubilden, zu fördern und zu trainieren, die für eine Teilnahme am Arbeitsleben erforderlich sind, und c) Inklusionsbetriebe i.S.d. § 215 Abs. 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, wenn mindestens 40 Prozent der Beschäftigten besonders betroffene schwerbeStöber/Otto | 1023
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hinderte Menschen i.S.d. § 215 Abs. 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch sind; auf die Quote werden psychisch kranke Menschen i.S.d. § 215 Abs. 4 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch angerechnet, 4. Einrichtungen, die zur Durchführung der Fürsorge blinde Menschen, zur Durchführung der Fürsorge für körperbehinderte Menschen und zur Durchführung der Fürsorge für psychische und seelische Erkrankungen beziehungsweise Behinderungen unterhalten werden, 5. Einrichtungen über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder sonstige betreute Wohnformen, 6. von den zuständigen Behörden genehmigte Lotterien und Ausspielungen, wenn der Reinertrag unmittelbar und ausschließlich zur Förderung mildtätiger, kirchlicher oder gemeinnütziger Zwecke verwendet wird, 7. kulturelle Einrichtungen, wie Museen, Theater, und kulturelle Veranstaltungen, wie Konzerte, Kunstausstellungen; dazu gehört nicht der Verkauf von Speisen und Getränken, 8. Volkshochschulen und andere Einrichtungen, soweit sie selbst Vorträge, Kurse und andere Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art durchführen; dies gilt auch, soweit die Einrichtungen den Teilnehmern dieser Veranstaltungen selbst Beherbergung und Beköstigung gewähren, 9. Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen, deren Träger sich überwiegend aus Zuwendungen der öffentlichen Hand oder Dritter oder aus der Vermögensverwaltung finanziert. 2Der Wissenschaft und Forschung dient auch die Auftragsforschung. 3Nicht zum Zweckbetrieb gehören Tätigkeiten, die sich auf die Anwendung gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse beschränken, die Übernahme von Projektträgerschaften sowie wirtschaftliche Tätigkeiten ohne Forschungsbezug. 9. Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) 1956
I.d.F. der Bekanntmachung v. 31.1.2014 (BStBl. I, 290) zuletzt geändert durch BMFSchreiben v. 28.5.2020, Gz. IV A 4 -S 0316-a/20/10003:002 DOK 2020/0451857. Achtung: Seit Ergänzung des § 60 AO im Jahressteuergesetz 2009 (Art. 10 Nr. 5 des Gesetzes v. 19.12.2008, BGBl. I 2794) sind die vormals im Erlass zu § 60 in Bezug genommenen Musterformulierungen als Anlage zu § 60 Teil der Abgabenordnung und damit verbindlich. S. dazu Abdruck der Anlage mit weiteren Hinweisen im Hauptteil bei Rz. 132 ff. AEAO zu § 51 – Allgemeines: Zu § 51 Abs. 1 AO: 1. Unter Körperschaften i.S.d. § 51 AO, für die eine Steuervergünstigung in Betracht kommen kann, sind Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen i.S.d. KStG zu verstehen. Dazu gehören auch die juristischen Personen des öffent-
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lichen Rechts mit ihren Betrieben gewerblicher Art (§ 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 KStG), nicht aber die juristischen Personen des öffentlichen Rechts als solche. 2. Regionale Untergliederungen (Landes-, Bezirks-, Ortsverbände) von Großvereinen sind als nichtrechtsfähige Vereine (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG) selbständige Steuersubjekte i.S.d. Körperschaftsteuerrechts, wenn sie a) über eigene satzungsmäßige Organe (Vorstand, Mitgliederversammlung) verfügen und über diese auf Dauer nach außen im eigenen Namen auftreten und b) eine eigene Kassenführung haben. Die selbständigen regionalen Untergliederungen können nur dann als gemeinnützig behandelt werden, wenn sie eine eigene Satzung haben, die den gemeinnützigkeitsrechtlichen Anforderungen entspricht. Zweck, Aufgaben und Organisation der Untergliederungen können sich auch aus der Satzung des Hauptvereins ergeben. 3. Über die Befreiung von der Körperschaftsteuer nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG wegen Förderung steuerbegünstigter Zwecke ist stets für einen bestimmten Veranlagungszeitraum zu entscheiden (Grundsatz der Abschnittsbesteuerung). Eine Körperschaft kann nur dann nach dieser Vorschrift von der Körperschaftsteuer befreit werden, wenn sie in dem zu beurteilenden Veranlagungszeitraum alle Voraussetzungen für die Steuerbegünstigung erfüllt. Die spätere Erfüllung einer der Voraussetzungen für die Steuerbegünstigung kann nicht auf frühere, abgelaufene Veranlagungszeiträume zurückwirken. 4. Wird eine bisher steuerpflichtige Körperschaft nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftsteuer befreit, ist eine Schlussbesteuerung nach § 13 KStG durchzuführen. 5. Für die Steuerbegünstigung einer Körperschaft reichen Betätigungen aus, mit denen die Verwirklichung der steuerbegünstigten Satzungszwecke nur vorbereitet wird. Die Tätigkeiten müssen ernsthaft auf die Erfüllung eines steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecks gerichtet sein. Die bloße Absicht, zu einem ungewissen Zeitpunkt einen der Satzungszwecke zu verwirklichen, genügt nicht (BFH, Urt. v. 23.7.2003 – I R 29/02, BStBl. II S. 930). 6. Die Körperschaftsteuerbefreiung einer Körperschaft, die nach ihrer Satzung steuerbegünstigte Zwecke verfolgt, endet, wenn die eigentliche steuerbegünstigte Tätigkeit eingestellt und über das Vermögen der Körperschaft das Konkurs- oder Insolvenzverfahren eröffnet wird (BFH, Urt. v. 16.5.2007 – I R 14/06, BStBl. II S. 808). Zu § 51 Abs. 2 AO: 7. Verwirklicht die Körperschaft ihre förderungswürdigen Zwecke nur außerhalb von Deutschland, setzt die Steuerbegünstigung – neben den sonstigen Voraussetzungen der §§ 51 ff. AO – zusätzlich den sog. Inlandsbezug nach § 51 Abs. 2 AO i.d.F. des JStG 2009 vom 19.12.2008 (BGBl. I 2794) voraus. Dieser liegt zum einen vor, wenn natürliche Personen, die ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, gefördert werden. Auf die Staatsangehörigkeit der natürlichen Personen kommt es dabei nicht an. Stöber/Otto | 1025
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Falls durch die Tätigkeit im Ausland keine im Inland lebenden Personen gefördert werden, ist ein Inlandsbezug gegeben, wenn die Tätigkeit der Körperschaft neben der Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke auch zur Verbesserung des Ansehens Deutschlands im Ausland beitragen kann. Dabei bedarf es keiner spürbaren oder messbaren Auswirkung auf das Ansehen Deutschlands im Ausland. Bei im Inland ansässigen Körperschaften ist der mögliche Beitrag zum Ansehen Deutschlands im Ausland – ohne besonderen Nachweis – bereits dadurch erfüllt, dass sie sich personell, finanziell, planend, schöpferisch oder anderweitig an der Förderung gemeinnütziger und mildtätiger Zwecke im Ausland beteiligen (Indizwirkung). Der Feststellung der positiven Kenntnis aller im Ausland Begünstigten oder aller Mitwirkenden von der Beteiligung deutscher Organisationen bedarf es dabei nicht. Ausländische Körperschaften können den Inlandsbezug ebenfalls erfüllen, beispielsweise indem sie ihre steuerbegünstigten Zwecke zum Teil auch in Deutschland verwirklichen oder – soweit sie nur im Ausland tätig sind – auch im Inland lebende natürliche Personen fördern, selbst wenn die Personen sich zu diesem Zweck im Ausland aufhalten. Bei der Tatbestandsalternative des möglichen Ansehensbeitrags zugunsten Deutschlands entfällt zwar bei ausländischen Körperschaften die Indizwirkung, die Erfüllung dieser Tatbestandsalternative durch ausländische Einrichtungen ist aber nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Der nach § 51 Abs. 2 AO bei Auslandsaktivitäten zusätzlich geforderte Inlandsbezug wirkt sich nicht auf die Auslegung der weiteren, für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit notwendigen Voraussetzungen aus. Deren Vorliegen ist weiterhin unabhängig von der Frage, ob die Tätigkeit im In- oder Ausland ausgeübt wird, zu prüfen. Der Inlandsbezug hat somit insbesondere keine Auswirkung auf Inhalt und Umfang der in den §§ 52 bis 53AO beschriebenen förderungswürdigen Zwecke. Daher können beispielsweise kirchliche Zwecke weiterhin nur zugunsten inländischer Religionsgemeinschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, verfolgt werden; andererseits kann die Förderung der Religion nach § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO wie bisher auch im Ausland erfolgen; auch kann wie bisher z.B. eine hilflose Person im Ausland unterstützt werden (§ 53 Nr. 1 AO). Mit der Prüfung des Inlandsbezugs selbst ist keine zusätzliche inhaltliche Prüfung der Tätigkeit der Körperschaft verbunden. Das heißt, es ist weder ein weiteres Mal zu ermitteln, ob die Körperschaft gemeinnützige oder mildtätige Zwecke i.S.d. §§ 52 und 53AO fördert, noch kommt es darauf an, ob die Tätigkeit mit den im Ausland geltenden Wertvorstellungen übereinstimmt und somit nach ausländischen Maßstäben ein Beitrag zum Ansehen Deutschlands geleistet werden kann. Falls die Verfolgung der in den §§ 52 und 53AO genannten förderungswürdigen Zwecke zu bejahen ist, ist daher davon auszugehen, dass eine solche Tätigkeit dem Ansehen Deutschlands im Ausland nicht entgegensteht. Zu § 51 Abs. 3 AO: 8. Der Ausschluss sog. extremistischer Körperschaften von der Steuerbegünstigung ist in § 51 Abs. 3 AO gesetzlich geregelt.
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9. Die Ergänzung des § 51 AO soll klarstellen, dass eine Körperschaft nur dann als steuerbegünstigt behandelt werden kann, wenn sie weder nach ihrer Satzung und ihrer tatsächlichen Geschäftsführung Bestrebungen i.S.d. § 4 des BVerfSchG verfolgt noch dem Gedanken der Völkerverständigung zuwiderhandelt. § 4 BVerfSchG ist im Zusammenhang mit § 3 BVerfSchG zu lesen, der die Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder und die Voraussetzungen für ein Tätigwerden des Verfassungsschutzes festlegt. Die Aufgabe besteht in der Sammlung und Auswertung von Informationen über die in § 3 Abs. 1 BVerfSchG erwähnten verfassungsfeindlichen Bestrebungen, die § 4 BVerfSchG zum Teil definiert. So beinhaltet § 4 BVerfSchG im ersten Absatz eine Legaldefinition von Bestrebungen a) gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes; b) gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes; c) gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung. Im zweiten Absatz des § 4 BVerfSchG werden die grundlegenden Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung aufgeführt. Gemäß § 51 Abs. 3 Satz 1 AO ist eine Steuervergünstigung auch ausgeschlossen, wenn die Körperschaft dem Gedanken der Völkerverständigung zuwiderhandelt. Diese Regelung nimmt Bezug auf § 3 Abs. 1 Nr. 4 BVerfSchG, der wiederum auf Art. 9 Abs. 2 GG (gegen den Gedanken der Völkerverständigung gerichtete Bestrebungen) sowie Art. 26 Abs. 1 GG (Störung des friedlichen Zusammenlebens der Völker) verweist. Im Rahmen des § 51 Abs. 3 Satz 1 AO sind die Leistungen einer Körperschaft für das Gemeinwohl nicht im Wege einer Gesamtschau gegen Anhaltspunkte für eine verfassungsfeindliche tatsächliche Geschäftsführung abzuwägen (BFH, Urt. v. 14.3.2018 – V R 36/16, BStBl. II S. 422). 10. Der Tatbestand des § 51 Abs. 3 Satz 2 AO ist nur bei solchen Organisationen erfüllt, die im Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Landes für den zu beurteilenden Veranlagungszeitraum ausdrücklich als extremistisch eingestuft werden (BFH, Urt. v. 11.4.2012 – I R 11/11, BStBl. II 2013, 146). Die Widerlegung der Vermutung erfordert den vollen Beweis des Gegenteils; eine Erschütterung ist nicht ausreichend (BFH, Urt. v. 14.3.2018 – V R 36/16, BStBl. II S. 422). Hat das Finanzamt die Körperschaft bisher als steuerbegünstigt behandelt und wird später ein Verfassungsschutzbericht veröffentlicht, in dem die Körperschaft als extremistisch aufgeführt wird, kommt ggf. eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO in Betracht. 11. Bei Organisationen, die nicht unter § 51 Abs. 3 Satz 2 AO fallen, ist eine Prüfung nach § 51 Abs. 3 Satz 1 AO vorzunehmen (vgl. Nr. 9 des AEAO zu § 51). Insbesondere eine Erwähnung als „Verdachtsfall“ oder eine nur beiläufige Erwähnung im Verfassungsschutzbericht, aber auch sonstige Erkenntnisse bieten im Einzelfall Anlass zu weitergehenden Ermittlungen der Finanzbehörde, z.B. auch durch Nachfragen bei den Verfassungsschutzbehörden. 12. Die Finanzbehörden sind befugt und verpflichtet, den Verfassungsschutzbehörden Tatsachen i.S.d. § 51 Abs. 3 Satz 3 AO unabhängig davon mitzuteilen, welchen Besteuerungszeitraum diese Tatsachen betreffen. Stöber/Otto | 1027
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AEAO zu § 52 – Gemeinnützige Zwecke: Die Gemeinnützigkeit einer Körperschaft setzt voraus, dass ihre Tätigkeit der Allgemeinheit zugute kommt (§ 52 Abs. 1 Satz 1 AO). Dies ist nicht gegeben, wenn der Kreis der geförderten Personen infolge seiner Abgrenzung, insbesondere nach räumlichen oder beruflichen Merkmalen, dauernd nur klein sein kann (§ 52 Abs. 1 Satz 2 AO). Hierzu gilt Folgendes: 1.1 Allgemeines Ein Verein, dessen Tätigkeit in erster Linie seinen Mitgliedern zugute kommt (insbesondere Sportvereine und Vereine, die in § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 23 AO genannte Freizeitbetätigungen fördern), fördert nicht die Allgemeinheit, wenn er den Kreis der Mitglieder durch hohe Aufnahmegebühren oder Mitgliedsbeiträge (einschließlich Mitgliedsumlagen) klein hält. Bei einem Verein, dessen Tätigkeit in erster Linie seinen Mitgliedern zugute kommt, ist eine Förderung der Allgemeinheit i.S.d. § 52 Abs. 1 AO anzunehmen, wenn a) die Mitgliedsbeiträge und Mitgliedsumlagen zusammen im Durchschnitt 1.023 € je Mitglied und Jahr und b) die Aufnahmegebühren für die im Jahr aufgenommenen Mitglieder im Durchschnitt 1.534 € nicht übersteigen. 1.2 Investitionsumlage Es ist unschädlich für die Gemeinnützigkeit eines Vereins, dessen Tätigkeit in erster Linie seinen Mitgliedern zugute kommt, wenn der Verein neben den o. a. Aufnahmegebühren und Mitgliedsbeiträgen (einschließlich sonstiger Mitgliedsumlagen) zusätzlich eine Investitionsumlage nach folgender Maßgabe erhebt: Die Investitionsumlage darf höchstens 5.113 € innerhalb von zehn Jahren je Mitglied betragen. Die Mitglieder müssen die Möglichkeit haben, die Zahlung der Umlage auf bis zu zehn Jahresraten zu verteilen. Die Umlage darf nur für die Finanzierung konkreter Investitionsvorhaben verlangt werden. Unschädlich ist neben der zeitnahen Verwendung der Mittel für Investitionen auch die Ansparung für künftige Investitionsvorhaben im Rahmen von nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO zulässigen Rücklagen und die Verwendung für die Tilgung von Darlehen, die für die Finanzierung von Investitionen aufgenommen worden sind. Die Erhebung von Investitionsumlagen kann auf neu eintretende Mitglieder (und ggf. nachzahlende Jugendliche, vgl. Nr. 1.3.1.2 des AEAO zu § 52) beschränkt werden. Investitionsumlagen sind keine steuerlich abziehbaren Spenden. 1.3 Durchschnittsberechnung Der durchschnittliche Mitgliedsbeitrag und die durchschnittliche Aufnahmegebühr sind aus dem Verhältnis der zu berücksichtigenden Leistungen der Mitglieder zu der Zahl der zu berücksichtigenden Mitglieder zu errechnen.
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1.3.1 Zu berücksichtigende Leistungen der Mitglieder 1.3.1.1 Grundsatz Zu den maßgeblichen Aufnahmegebühren bzw. Mitgliedsbeiträgen gehören alle Geldund geldwerten Leistungen, die ein Bürger aufwenden muss, um in den Verein aufgenommen zu werden bzw. in ihm verbleiben zu können. Umlagen, die von den Mitgliedern erhoben werden, sind mit Ausnahme zulässiger Investitionsumlagen (vgl. Nr. 1.2 des AEAO zu § 52) bei der Berechnung der durchschnittlichen Aufnahmegebühren oder Mitgliedsbeiträge zu berücksichtigen. 1.3.1.2 Sonderentgelte und Nachzahlungen So genannte Spielgeldvorauszahlungen, die im Zusammenhang mit der Aufnahme in den Verein zu entrichten sind, gehören zu den maßgeblichen Aufnahmegebühren. Sonderumlagen und Zusatzentgelte, die Mitglieder z.B. unter der Bezeichnung Jahresplatzbenutzungsgebühren zahlen müssen, sind bei der Durchschnittsberechnung als zusätzliche Mitgliedsbeiträge zu berücksichtigen. Wenn jugendliche Mitglieder, die zunächst zu günstigeren Konditionen in den Verein aufgenommen worden sind, bei Erreichen einer Altersgrenze Aufnahmegebühren nachzuentrichten haben, sind diese im Jahr der Zahlung bei der Berechnung der durchschnittlichen Aufnahmegebühr zu erfassen. 1.3.1.3 Auswärtige Mitglieder Mitgliedsbeiträge und Aufnahmegebühren, die auswärtige Mitglieder an andere gleichartige Vereine entrichten, sind nicht in die Durchschnittsberechnungen einzubeziehen. Dies gilt auch dann, wenn die Mitgliedschaft in dem anderen Verein Voraussetzung für die Aufnahme als auswärtiges Mitglied oder die Spielberechtigung in der vereinseigenen Sportanlage ist. 1.3.1.4 Juristische Personen und Unternehmen in anderer Rechtsform Leistungen, die juristische Personen und Unternehmen in anderer Rechtsform für die Erlangung und den Erhalt der eigenen Mitgliedschaft in einem Verein aufwenden (sog. Firmenmitgliedschaften), sind bei den Durchschnittsberechnungen nicht zu berücksichtigen (vgl. Nr. 1.3.2 des AEAO zu § 52). 1.3.1.5 Darlehen Darlehen, die Mitglieder dem Verein im Zusammenhang mit ihrer Aufnahme in den Verein gewähren, sind nicht als zusätzliche Aufnahmegebühren zu erfassen. Wird das Darlehen zinslos oder zu einem günstigeren Zinssatz, als er auf dem Kapitalmarkt üblich ist, gewährt, ist der jährliche Zinsverzicht als zusätzlicher Mitgliedsbeitrag zu berücksichtigen. Dabei kann typisierend ein üblicher Zinssatz von 5,5 % angenommen werden (BFH, Urt. v. 13.11.1996 – I R 152/93, BStBl. II 1998, 711). Als zusätzlicher Mitgliedsbeitrag sind demnach pro Jahr bei einem zinslosen Darlehen 5,5 % des Darlehensbetrags und bei einem zinsgünstigen Darlehen der Betrag, den der Verein weniger als bei einer Verzinsung mit 5,5 % zu zahlen hat, anzusetzen. Diese Grundsätze gelten auch, wenn Mitgliedsbeiträge oder Mitgliedsumlagen (einschließlich Investitionsumlagen) als Darlehen geleistet werden. Stöber/Otto | 1029
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1.3.1.6 Beteiligung an Gesellschaften Kosten für den zur Erlangung der Spielberechtigung notwendigen Erwerb von Geschäftsanteilen an einer Gesellschaft, die neben dem Verein besteht und die die Sportanlagen errichtet oder betreibt, sind mit Ausnahme des Agios nicht als zusätzliche Aufnahmegebühren zu erfassen. Ein Sportverein kann aber mangels Unmittelbarkeit dann nicht als gemeinnützig behandelt werden, wenn die Mitglieder die Sportanlagen des Vereins nur bei Erwerb einer Nutzungsberechtigung von einer neben dem Verein bestehenden Gesellschaft nutzen dürfen. 1.3.1.7 Spenden Wenn Bürger im Zusammenhang mit der Aufnahme in einen Sportverein als Spenden bezeichnete Zahlungen an den Verein leisten, ist zu prüfen, ob es sich dabei um freiwillige unentgeltliche Zuwendungen, d.h. um Spenden, oder um Sonderzahlungen handelt, zu deren Leistung die neu eintretenden Mitglieder verpflichtet sind. Sonderzahlungen sind in die Berechnung der durchschnittlichen Aufnahmegebühr einzubeziehen. Dies gilt auch, wenn kein durch die Satzung oder durch Beschluss der Mitgliederversammlung festgelegter Rechtsanspruch des Vereins besteht, die Aufnahme in den Verein aber faktisch von der Leistung einer Sonderzahlung abhängt. Eine faktische Verpflichtung ist regelmäßig anzunehmen, wenn mehr als 75 % der neu eingetretenen Mitglieder neben der Aufnahmegebühr eine gleich oder ähnlich hohe Sonderzahlung leisten. Dabei bleiben passive oder fördernde, jugendliche und auswärtige Mitglieder sowie Firmenmitgliedschaften außer Betracht. Für die Beurteilung der Frage, ob die Sonderzahlungen der neu aufgenommenen Mitglieder gleich oder ähnlich hoch sind, sind die von dem Mitglied innerhalb von drei Jahren nach seinem Aufnahmeantrag oder, wenn zwischen dem Aufnahmeantrag und der Aufnahme in den Verein ein ungewöhnlich langer Zeitraum liegt, nach seiner Aufnahme geleisteten Sonderzahlungen, soweit es sich dabei nicht um von allen Mitgliedern erhobene Umlagen handelt, zusammenzurechnen. Die 75 %-Grenze ist eine widerlegbare Vermutung für das Vorliegen von Pflichtzahlungen. Maßgeblich sind die tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalls. Sonderzahlungen sind deshalb auch dann als zusätzliche Aufnahmegebühren zu behandeln, wenn sie zwar von weniger als 75 % der neu eingetretenen Mitglieder geleistet werden, diese Mitglieder aber nach den Umständen des Einzelfalls zu den Zahlungen nachweisbar verpflichtet sind. Die vorstehenden Grundsätze einschließlich der 75 %-Grenze gelten für die Abgrenzung zwischen echten Spenden und Mitgliedsumlagen entsprechend. Pflichtzahlungen sind in diesem Fall in die Berechnung des durchschnittlichen Mitgliedsbeitrags einzubeziehen. Nicht bei der Durchschnittsberechnung der Aufnahmegebühren und Mitgliedsbeiträge zu berücksichtigen sind Pflichteinzahlungen in eine zulässige Investitionsumlage (vgl. Nr. 1.2 des AEAO zu § 52).
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Für Leistungen, bei denen es sich um Pflichtzahlungen (z.B. Aufnahmegebühren, Mitgliedsbeiträge, Ablösezahlungen für Arbeitsleistungen und Umlagen einschließlich Investitionsumlagen) handelt, dürfen keine Zuwendungsbestätigungen i.S.d. § 50 EStDV ausgestellt werden. Die Grundsätze des BFH-Urteils vom 13.12.1978 – I R 39/ 78, BStBl. II 1979, 482 sind nicht anzuwenden, soweit sie mit den vorgenannten Grundsätzen nicht übereinstimmen. 1.3.2 Zu berücksichtigende Mitglieder Bei der Berechnung des durchschnittlichen Mitgliedsbeitrags ist als Divisor die Zahl der Personen anzusetzen, die im Veranlagungszeitraum (Kalenderjahr) Mitglieder des Vereins waren. Dabei sind auch die Mitglieder zu berücksichtigen, die im Laufe des Jahres aus dem Verein ausgetreten oder in ihn aufgenommen worden sind. Voraussetzung ist, dass eine Dauermitgliedschaft bestanden hat bzw. die Mitgliedschaft auf Dauer angelegt ist. Divisor bei der Berechnung der durchschnittlichen Aufnahmegebühr ist die Zahl der Personen, die in dem Veranlagungszeitraum auf Dauer neu in den Verein aufgenommen worden sind. Bei den Berechnungen sind grundsätzlich auch die fördernden oder passiven, jugendlichen und auswärtigen Mitglieder zu berücksichtigen. Unter auswärtigen Mitgliedern sind regelmäßig Mitglieder zu verstehen, die ihren Wohnsitz außerhalb des Einzugsgebiets des Vereins haben und/oder bereits ordentliches Mitglied in einem gleichartigen anderen Sportverein sind und die deshalb keine oder geringere Mitgliedsbeiträge oder Aufnahmegebühren zu zahlen haben. Nicht zu erfassen sind juristische Personen oder Firmen in anderer Rechtsform sowie die natürlichen Personen, die infolge der Mitgliedschaft dieser Organisationen Zugang zu dem Verein haben. Die nicht aktiven Mitglieder sind nicht zu berücksichtigen, wenn der Verein ihre Einbeziehung in die Durchschnittsberechnung missbräuchlich ausnutzt. Dies ist z.B. anzunehmen, wenn die Zahl der nicht aktiven Mitglieder ungewöhnlich hoch ist oder festgestellt wird, dass im Hinblick auf die Durchschnittsberechnung gezielt nicht aktive Mitglieder beitragsfrei oder gegen geringe Beiträge aufgenommen worden sind. Entsprechendes gilt für die Einbeziehung auswärtiger Mitglieder in die Durchschnittsberechnung. 2. Bei § 52 Abs. 2 AO handelt es sich grundsätzlich um eine abschließende Aufzählung gemeinnütziger Zwecke. Die Allgemeinheit kann allerdings auch durch die Verfolgung von Zwecken, die hinsichtlich der Merkmale, die ihre steuerrechtliche Förderung rechtfertigen, mit den in § 52 Abs. 2 AO aufgeführten Zwecken identisch sind, gefördert werden. 2.1 Jugendliche i.S.d. § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AO bzw. des § 68 Nr. 1 Buchstabe b AO sind alle Personen vor Vollendung des 27. Lebensjahres. 2.2 Die Förderung von Kunst und Kultur umfasst die Bereiche der Musik, der Literatur, der darstellenden und bildenden Kunst und schließt die Förderung von kulturellen Einrichtungen, wie Theater und Museen, sowie von kulturellen Veranstaltungen, wie Konzerte und Kunstausstellungen, ein. Zur Förderung von Kunst und Kultur gehört auch die Förderung der Pflege und Erhaltung von Kulturwerten. Kulturwerte Stöber/Otto | 1031
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sind Gegenstände von künstlerischer und sonstiger kultureller Bedeutung, Kunstsammlungen und künstlerische Nachlässe, Bibliotheken, Archive sowie andere vergleichbare Einrichtungen. Das Vorführen von Filmen allein ist noch keine gemeinnützige Tätigkeit. Die Gemeinnützigkeit kommunaler Kinos ist jedoch zu bejahen, wenn bestimmte zusätzliche Kriterien erfüllt sind. Hierzu zählt, ob ein kommunaler Kinoverein öffentliche Zuschüsse erhält, ob er in die gesamte Kulturarbeit der Kommune integriert ist, ob sich das Programm inhaltlich, konzeptionell und formal von etwa vorhandenen gewerblichen Kinos am Ort unterscheidet, ob die Filme in bestimmten Sachzusammenhängen gezeigt und ob sie inhaltlich aufbereitet werden, z.B. durch begleitende Vorträge. Dabei reicht es aus, wenn ein kommunaler Kinoverein einige der genannten Kriterien erfüllt. Auf die künstlerische Qualität der einzelnen gezeigten Filme kommt es nicht an. 2.3 Die Förderung der Denkmalpflege bezieht sich auf die Erhaltung und Wiederherstellung von Bau- und Bodendenkmälern, die nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften anerkannt sind. Die Anerkennung ist durch eine Bescheinigung der zuständigen Stelle nachzuweisen. 2.4 Vereine, deren satzungsmäßiger Zweck die Förderung der nichtgewerblichen Fischerei ist (Anglervereine), können unter dem Gesichtspunkt der Förderung des Naturschutzes und der Landschaftspflege als gemeinnützig i.S.d. § 52 AO anerkannt werden. Ihre Tätigkeit ist im Wesentlichen auf die einheitliche Ausrichtung und Vertretung der Mitgliederinteressen bei der Hege und Pflege des Fischbestandes in den Gewässern in Verbindung mit Maßnahmen zum Schutz und zur Reinhaltung dieser Gewässer, sowie die Erhaltung der Schönheit und Ursprünglichkeit der Gewässer i.S.d. Naturschutzes und der Landschaftspflege gerichtet. Wettfischveranstaltungen sind grundsätzlich als nicht mit dem Tierschutzgesetz und mit der Gemeinnützigkeit vereinbar anzusehen. Fischen und Angeln bedarf in jedem Fall einer besonderen Genehmigung, für private Gewässer der des Eigentümers, für öffentliche Gewässer der der zuständigen öffentlichen Körperschaft (z.B. Gemeinde). Der Verkauf von Angelkarten durch Vereine an Vereinsmitglieder wird im Rahmen eines steuerbegünstigten wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs (= Zweckbetrieb) durchgeführt. Der Verkauf von Angelkarten an Nichtmitglieder hingegen stellt einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dar. 2.5 Zur Förderung des Andenkens an Verfolgte, Kriegs- und Katastrophenopfer gehört auch die Errichtung von Ehrenmalen und Gedenkstätten. Zur Förderung der Tier- bzw. Pflanzenzucht gehört auch die Förderung der Erhaltung vom Aussterben bedrohter Nutztierrassen und Nutzpflanzen. Die Förderung des Einsatzes für nationale Minderheiten i.S.d. durch Deutschland ratifizierten Rahmenabkommens zum Schutz nationaler Minderheiten und die Förderung des Einsatzes für die gem. der von Deutschland ratifizierten Charta der Regional- und Minderheitensprachen geschützten Sprachen sind – je nach Betätigung im Einzelnen – Förderung von Kunst und Kultur, Förderung der Heimatpflege und Heimatkunde oder Förderung des traditionellen Brauchtums. Bei den nach der 1032 | Stöber/Otto
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Charta geschützten Sprachen handelt es sich um die Regionalsprache Niederdeutsch sowie die Minderheitensprachen Dänisch, Friesisch, Sorbisch und das Romanes der deutschen Sinti und Roma. Für die Gemeinnützigkeit eines Vertriebenenverbands ist es unschädlich, wenn er nach seiner Satzung allgemein – im Sinne einer Wiederherstellung der allgemeinen Gerechtigkeit – auch Zwecke wie „Wiedergutmachung des Vertreibungsunrechts“ oder „Rückgabe des konfiszierten Vermögens auf der Basis eines gerechten Ausgleichs“ fördert. Bei derartigen Formulierungen in der Satzung kann angenommen werden, dass sich der Verband bei seiner Betätigung im Rahmen des gemeinnützigen Zwecks „Fürsorge für Vertriebene“ hält und die Verfolgung individueller Rechtsansprüche der Mitglieder nicht Satzungszweck ist. Zu beanstanden sind jedoch Formulierungen, die nach Satzungszweck z.B. mit „Anspruch der Volksgruppen und der einzelnen Landsleute auf Rückerstattung des geraubten Vermögens und die sich daraus ergebenden Entschädigungsansprüche zu vertreten“ definieren. Vertriebenenverbände mit diesem oder einem ähnlich formulierten Satzungszweck können nicht als gemeinnützig behandelt werden, weil sie gegen die Gebote der Ausschließlichkeit (§ 56 AO) und der Selbstlosigkeit (§ 55 AO) verstoßen. Satzungszwecke wie „Wiedervereinigung mit den Vertreibungsgebieten“ oder „Eingliederung der Vertreibungsgebiete“ sind ebenfalls schädlich für die Gemeinnützigkeit eines Vertriebenenverbandes. Die Verfolgung dieser Ziele ist keine Förderung der Allgemeinheit, weil solche Bestrebungen im Widerspruch zu den völkerrechtlich verbindlichen Verträgen der Bundesrepublik Deutschland mit ihren östlichen Nachbarstaaten und zum Grundgesetz stehen (vgl. BFH, Beschl. v. 16.10.1991, I B 16/91, BFH/NV 1992, 505). 2.6 Unter dem Begriff „bürgerschaftliches Engagement“ versteht man eine freiwillige, nicht auf das Erzielen eines persönlichen materiellen Gewinns gerichtete, auf die Förderung der Allgemeinheit hin orientierte, kooperative Tätigkeit. Die Anerkennung der Förderung des bürgerschaftlichen Engagements zugunsten gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke dient der Hervorhebung der Bedeutung, die ehrenamtlicher Einsatz für unsere Gesellschaft hat. Eine Erweiterung der gemeinnützigen Zwecke ist damit nicht verbunden. 2.7 Durch § 52 Abs. 2 Satz 2 AO wird die Möglichkeit eröffnet, Zwecke auch dann als gemeinnützig anzuerkennen, wenn diese nicht unter den Katalog des § 52 Abs. 2 Satz 1 AO fallen. Die Anerkennung der Gemeinnützigkeit solcher gesellschaftlicher Zwecke wird bundeseinheitlich abgestimmt. Satz 2 gilt auch für den Fall, dass die zuständige Finanzbehörde den Antrag ablehnen möchte, es sei denn es ergibt sich aus anderen, nicht aus der Regelung des § 52 Abs. 2 Satz 2 AO resultierenden Gründen, dass der Antragsteller die Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit nicht erfüllt. 2.8 Folgende Zwecke wurden als vergleichbare Zwecke i.S.d. § 52 Abs. 2 Satz 2 AO anerkannt: Turnierbridge nach dem Regelwerk der World Bridge Federation (BFH, Urt. v. 9.2.2017 – V R 70/14, BStBl. II S. 1106). Stöber/Otto | 1033
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3. Internetvereine können wegen Förderung der Volksbildung als gemeinnützig anerkannt werden, sofern ihr Zweck nicht der Förderung der (privat betriebenen) Datenkommunikation durch Zurverfügungstellung von Zugängen zu Kommunikationsnetzwerken sowie durch den Aufbau, die Förderung und den Unterhalt entsprechender Netze zur privaten und geschäftlichen Nutzung durch die Mitglieder oder andere Personen dient. Freiwilligenagenturen sind Körperschaften, die Menschen für freiwilliges, unentgeltliches Engagement bei steuerbegünstigten Körperschaften oder Körperschaften des öffentlichen Rechts qualifizieren und ihnen die entsprechenden Tätigkeiten vermitteln. Sie treten auch unter anderen Bezeichnungen auf, z.B. Freiwilligenzentren oder Ehrenamtsbörsen. Freiwilligenagenturen können regelmäßig wegen der Förderung der Bildung (§ 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO) als gemeinnützig behandelt werden, weil das Schwergewicht ihrer Tätigkeit in der Aus- und Weiterbildung der Freiwilligen liegt. Die Vermittlung der Freiwilligen in das gewünschte Betätigungsfeld ist lediglich Endpunkt und Abschluss eines Qualifizierungsprozesses, nicht jedoch der vorrangige und überwiegende Tätigkeitsbereich. Erhält eine Freiwilligenagentur im Zusammenhang mit der Vermittlung von Freiwilligen ein Entgelt für ihre Leistungen, liegt ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb i.S.d. § 14 AO vor, der sowohl die Ausbildungsleistung als auch die Vermittlung umfasst. Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb ist als Zweckbetrieb (§ 65 AO) zu behandeln, weil das Entgelt für die Gesamtleistung – mit Schwergewicht bei der Ausbildung – gezahlt wird. 4. Erfinderclubs verfolgen in der Regel die Förderung von Bildung nach § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 AO. Eine Anerkennung der Gemeinnützigkeit wegen der Förderung der Forschung nach § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO ist nur dann möglich, wenn der Verein selbst forscht (Gebot der Unmittelbarkeit, § 57 AO). Nicht gemeinnützig ist die Förderung einer eigenen gewerblichen Tätigkeit oder die Förderung der gewerblichen Tätigkeit der Mitglieder. Es ist entscheidend, dass es sich bei dem Verein nicht lediglich um einen Zusammenschluss von Personen handelt, die durch Erfindungen, Patente und ihre Verwertung persönliche Einkünfte erzielen wollen. Die für die Gemeinnützigkeit geforderte Selbstlosigkeit eines Erfindervereins schließt zwar ein gewisses Eigeninteresse der Mitglieder an der Vereinstätigkeit nicht aus, allerdings verstößt die Verfolgung von vorwiegend eigenwirtschaftlichen Interessen gegen das Gebot der Selbstlosigkeit nach § 55 Abs. 1 AO. An der gebotenen Selbstlosigkeit fehlt es, wenn der Verein nach seiner Satzung die Patentierung und Verwertung von Erfindungen seiner Mitglieder fördert, sie also bei einer im Grundsatz gewerblichen Tätigkeit unterstützt. Dies gilt auch, wenn der Verein die Patente für seine Mitglieder anmeldet und hält. Unschädlich ist die allgemeine Information der Mitglieder, z.B. durch Lehrveranstaltungen oder Merkblätter zum Patentrecht. Bei einem Verein, der selbst forscht, ist es unschädlich für die Steuerbegünstigung, wenn er Forschungsergebnisse zum Patent anmeldet. Er muss die Forschungsergebnisse aber veröffentlichen und damit der Allgemeinheit zugänglich machen. Erlegt die Satzung den Mitgliedern eine Geheimhaltungsverpflichtung auf, ist dies ein Indiz
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dafür, dass nicht die Allgemeinheit, sondern (nur oder in erster Linie) die Mitglieder gefördert werden sollen. Eine gemeinnützigkeitskonforme Zweckverwirklichung kann beispielhaft durch folgende Maßnahmen erfolgen: – Förderung des Wissens über den Zusammenhang zwischen Erfindungen, Schutzrechten und Innovationen, – Förderung des Erfahrungsaustausches im Zusammenhang mit Erfindungen, Innovationen und Patenten sowie – Öffentlichkeitsarbeit; Durchführung von Veranstaltungen, Fortbildungsmaßnahmen, Vorhaben, Projekten, die den satzungsmäßigen Zwecken (und nicht nur Einzelnen) dienen. 5. Bei Körperschaften, die Privatschulen betreiben oder unterstützen, ist zwischen Ersatzschulen und Ergänzungsschulen zu unterscheiden. Die Förderung der Allgemeinheit ist bei Ersatzschulen stets anzunehmen, weil die zuständigen Landesbehörden die Errichtung und den Betrieb einer Ersatzschule nur dann genehmigen dürfen, wenn eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird (Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG und die Privatschulgesetze der Länder). Bei Ergänzungsschulen kann eine Förderung der Allgemeinheit dann angenommen werden, wenn in der Satzung der Körperschaft festgelegt ist, dass bei mindestens 25 % der Schüler keine Sonderung nach den Besitzverhältnissen der Eltern i.S.d. Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG und der Privatschulgesetze der Länder vorgenommen werden darf. 6. Nachbarschaftshilfevereine, Tauschringe und ähnliche Körperschaften, deren Mitglieder kleinere Dienstleistungen verschiedenster Art gegenüber anderen Vereinsmitgliedern erbringen (z.B. kleinere Reparaturen, Hausputz, Kochen, Kinderbetreuung, Nachhilfeunterricht, häusliche Pflege) sind grundsätzlich nicht gemeinnützig, weil regelmäßig durch die gegenseitige Unterstützung in erster Linie eigenwirtschaftliche Interessen ihrer Mitglieder gefördert werden und damit gegen den Grundsatz der Selbstlosigkeit (§ 55 Abs. 1 AO) verstoßen wird. Solche Körperschaften können jedoch gemeinnützig sein, wenn sich ihre Tätigkeit darauf beschränkt, alte und hilfebedürftige Menschen in Verrichtungen des täglichen Lebens zu unterstützen und damit die Altenhilfe gefördert bzw. mildtätige Zwecke (§ 53 AO) verfolgt werden. Soweit sich der Zweck der Körperschaften zusätzlich auf die Erteilung von Nachhilfeunterricht und Kinderbetreuung erstreckt, können sie auch wegen Förderung der Jugendhilfe anerkannt werden. Voraussetzung für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit solcher Körperschaften ist, dass die aktiven Mitglieder ihre Dienstleistungen als Hilfspersonen der Körperschaft (§ 57 Abs. 1 Satz 2 AO) ausüben. Vereine, deren Zweck die Förderung esoterischer Heilslehren ist, z.B. Reiki-Vereine, können nicht wegen Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens oder der öffentlichen Gesundheitspflege als gemeinnützig anerkannt werden. 7. Ein wesentliches Element des Sports (§ 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 21 AO) ist die körperliche Ertüchtigung. Motorsport fällt unter den Begriff des Sports (BFH, Urt. v. 29.10.1997 – I R 13/97, BStBl. II 1998, 9), ebenso Ballonfahren. Dagegen sind Skat Stöber/Otto | 1035
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(BFH, Urt. v. 17.2.2000 – I R 108, 109/98, BFH/NV S. 1071), Bridge, Gospiel, Gotcha, Paintball, IPSC-Schießen und Tipp-Kick kein Sport i.S.d. Gemeinnützigkeitsrechts. Dies gilt auch für Amateurfunk, Modellflug und Hundesport, die jedoch eigenständige gemeinnützige Zwecke sind (§ 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 23 AO). Schützenvereine können auch dann als gemeinnützig anerkannt werden, wenn sie nach ihrer Satzung neben dem Schießsport (als Hauptzweck) auch das Schützenbrauchtum (vgl. Nr. 12 des AEAO zu § 52) fördern. Die Durchführung von volksfestartigen Schützenfesten ist kein gemeinnütziger Zweck. 8. Die Förderung des bezahlten Sports ist kein gemeinnütziger Zweck, weil dadurch eigenwirtschaftliche Zwecke der bezahlten Sportler gefördert werden. Sie ist aber unter bestimmten Voraussetzungen unschädlich für die Gemeinnützigkeit eines Sportvereins (s. § 58 Nr. 8 AO und § 67a AO). 9. Eine steuerbegünstigte allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens ist nur dann gegeben, wenn sich die Körperschaft umfassend mit den demokratischen Grundprinzipien befasst und diese objektiv und neutral würdigt. Ist hingegen Zweck der Körperschaft die politische Bildung, der es auf der Grundlage der Normen und Vorstellungen einer rechtsstaatlichen Demokratie um die Schaffung und Förderung politischer Wahrnehmungsfähigkeit und politischen Verantwortungsbewusstseins geht, liegt Volksbildung vor. Diese muss nicht nur in theoretischer Unterweisung bestehen, sie kann auch durch den Aufruf zu konkreter Handlung ergänzt werden. Keine politische Bildung ist demgegenüber die einseitige Agitation, die unkritische Indoktrination oder die parteipolitisch motivierte Einflussnahme (BFH, Urt. v. 23.9.1999 – XI R 63/98, BStBl. II 2000, 200). 10. Die Förderung von Freizeitaktivitäten außerhalb des Bereichs des Sports ist nur dann als Förderung der Allgemeinheit anzuerkennen, wenn die Freizeitaktivitäten hinsichtlich der Merkmale, die ihre steuerrechtliche Förderung rechtfertigen, mit den im Katalog des § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 23 AO genannten Freizeitgestaltungen identisch sind. Es reicht nicht aus, dass die Freizeitgestaltung sinnvoll und einer der in § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 23 AO genannten ähnlich ist (BFH, Urt. v. 14.9.1994 – I R 153/93, BStBl. II 1995, 499). Die Förderung des Baus und Betriebs von Schiffs-, Auto-, Eisenbahn- und Drachenflugmodellen ist identisch im vorstehenden Sinne mit der Förderung des Modellflugs, die Förderung des CB-Funkens mit der Förderung des Amateurfunkens. Diese Zwecke sind deshalb als gemeinnützig anzuerkennen. Nicht identisch im vorstehenden Sinne mit den in § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 23 AO genannten Freizeitaktivitäten und deshalb nicht als eigenständige gemeinnützige Zwecke anzuerkennen sind z.B. die Förderung des Amateurfilmens und -fotografierens, des Kochens, von Brett- und Kartenspielen und des Sammelns von Gegenständen, wie Briefmarken, Münzen und Autogrammkarten, sowie die Tätigkeit von Reiseund Touristik-, Sauna-, Geselligkeits-, Kosmetik- und Oldtimer-Vereinen. Bei Vereinen, die das Amateurfilmen und -fotografieren fördern, und bei Oldtimer-Vereinen kann aber eine Steuerbegünstigung wegen der Förderung von Kunst oder (technischer) Kultur in Betracht kommen.
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11. Obst- und Gartenbauvereine fördern i.d.R. die Pflanzenzucht i.S.d. § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 23 AO. Die Förderung der Bonsaikunst ist Pflanzenzucht, die Förderung der Aquarien- und Terrarienkunde ist Tierzucht i.S.d. Vorschrift. 12. Historische Schützenbruderschaften können wegen der Förderung der Brauchtumspflege (vgl. Nr. 7 des AEAO zu § 52), Freizeitwinzervereine wegen der Förderung der Heimatpflege, die Teil der Brauchtumspflege ist, als gemeinnützig behandelt werden. Dies gilt auch für Junggesellen- und Burschenvereine, die das traditionelle Brauchtum einer bestimmten Region fördern, z.B. durch das Setzen von Maibäumen (Maiclubs). Die besondere Nennung des traditionellen Brauchtums als gemeinnütziger Zweck in § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 23 AO bedeutet jedoch keine allgemeine Ausweitung des Brauchtumsbegriffs i.S.d. Gemeinnützigkeitsrechts. Studentische Verbindungen, z.B. Burschenschaften, ähnliche Vereinigungen, z.B. Landjugendvereine, Country- und Westernvereine und Vereine, deren Hauptzweck die Veranstaltung von örtlichen Volksfesten (z.B. Kirmes, Kärwa, Schützenfest) ist, sind deshalb i.d.R. nicht gemeinnützig. 13. Bei Tier- und Pflanzenzuchtvereinen, Freizeitwinzervereinen sowie Junggesellenoder Burschenvereinen ist besonders auf die Selbstlosigkeit (§ 55 AO) und die Ausschließlichkeit (§ 56 AO) zu achten. Eine Körperschaft ist z.B. nicht selbstlos tätig, wenn sie in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke ihrer Mitglieder fördert. Sie verstößt z.B. gegen das Gebot der Ausschließlichkeit, wenn die Durchführung von Festveranstaltungen (z.B. Winzerfest, Maiball) Satzungszweck ist. Bei der Prüfung der tatsächlichen Geschäftsführung von Freizeitwinzer-, Junggesellen- und Burschenvereinen ist außerdem besonders darauf zu achten, dass die Förderung der Geselligkeit nicht im Vordergrund der Vereinstätigkeit steht. 14. Soldaten- und Reservistenvereine verfolgen i.d.R. gemeinnützige Zwecke i.S.d. § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 23 AO, wenn sie aktive und ehemalige Wehrdienstleistende, Zeit- und Berufssoldaten betreuen, z.B. über mit dem Soldatsein zusammenhängende Fragen beraten, Möglichkeiten zu sinnvoller Freizeitgestaltung bieten oder beim Übergang in das Zivilleben helfen. Die Pflege der Tradition durch Soldaten- und Reservistenvereine ist weder steuerbegünstigte Brauchtumspflege noch Betreuung von Soldaten und Reservisten i.S.d. § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 23 AO. Die Förderung der Kameradschaft kann neben einem steuerbegünstigten Zweck als Vereinszweck genannt werden, wenn sich aus der Satzung ergibt, dass damit lediglich eine Verbundenheit der Vereinsmitglieder angestrebt wird, die aus der gemeinnützigen Vereinstätigkeit folgt (BFH, Urt. v. 11.3.1999 – V R 57, 58/96, BStBl. II S. 331). 15. Einrichtungen, die mit ihrer Tätigkeit auf die Erholung arbeitender Menschen ausgerichtet sind (z.B. der Betrieb von Freizeiteinrichtungen wie Campingplätze oder Bootsverleihe), können nicht als gemeinnützig anerkannt werden, es sei denn, dass das Gewähren von Erholung einem besonders schutzwürdigen Personenkreis (z.B. Kranken oder der Jugend) zugute kommt oder in einer bestimmten Art und Weise (z.B. auf sportlicher Grundlage) vorgenommen wird (BFH, Urt. v. 22.11.1972 – I R 21/71, BStBl. II 1973, 251, und vom 30.9.1981 – III R 2/80, BStBl. II 1982, 148). Wegen Erholungsheimen wird auf § 68 Nr. 1 Buchstabe a AO hingewiesen.
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16. Politische Zwecke (Beeinflussung der politischen Meinungsbildung, Förderung politischer Parteien u. dgl.) zählen grundsätzlich nicht zu den gemeinnützigen Zwecken i.S.d. § 52 AO. Eine gewisse Beeinflussung der politischen Meinungsbildung schließt jedoch die Gemeinnützigkeit nicht aus (BFH, Urt. v. 29.8.1984 – I R 203/81, BStBl. II S. 844). Eine politische Tätigkeit ist danach unschädlich für die Gemeinnützigkeit, wenn eine gemeinnützige Tätigkeit nach den Verhältnissen im Einzelfall zwangsläufig mit einer politischen Zielsetzung verbunden ist und die unmittelbare Einwirkung auf die politischen Parteien und die staatliche Willensbildung gegenüber der Förderung des gemeinnützigen Zwecks weit in den Hintergrund tritt. Eine Körperschaft fördert deshalb auch dann ausschließlich ihren steuerbegünstigten Zweck, wenn sie gelegentlich zu tagespolitischen Themen im Rahmen ihres Satzungszwecks Stellung nimmt. Entscheidend ist, dass die Tagespolitik nicht Mittelpunkt der Tätigkeit der Körperschaft ist oder wird, sondern der Vermittlung der steuerbegünstigten Ziele der Körperschaft dient (BFH, Urt. v. 23.11.1988 – I R 11/88, BStBl. II 1989, 391). Dagegen ist die Gemeinnützigkeit zu versagen, wenn ein politischer Zweck als alleiniger oder überwiegender Zweck in der Satzung einer Körperschaft festgelegt ist oder die Körperschaft tatsächlich ausschließlich oder überwiegend einen politischen Zweck verfolgt. AEAO zu § 53 – Mildtätige Zwecke: 1. Der Begriff „mildtätige Zwecke“ umfasst auch die Unterstützung von Personen, die wegen ihres seelischen Zustands hilfebedürftig sind. Das hat beispielsweise für die Telefonseelsorge Bedeutung. 2. Völlige Unentgeltlichkeit der mildtätigen Zuwendung wird nicht verlangt. Die mildtätige Zuwendung darf nur nicht des Entgelts wegen erfolgen. 3. Eine Körperschaft, zu deren Satzungszwecken die Unterstützung von hilfebedürftigen Verwandten der Mitglieder, Gesellschafter, Genossen oder Stifter gehört, kann nicht als steuerbegünstigt anerkannt werden. Bei einer derartigen Körperschaft steht nicht die Förderung mildtätiger Zwecke, sondern die Förderung der Verwandtschaft im Vordergrund. Ihre Tätigkeit ist deshalb nicht, wie es § 53 AO verlangt, auf die selbstlose Unterstützung hilfebedürftiger Personen gerichtet. Dem steht bei Stiftungen § 58 Nr. 6 AO nicht entgegen. Diese Vorschrift ist lediglich eine Ausnahme von dem Gebot der Selbstlosigkeit (§ 55 AO), begründet aber keinen eigenständigen gemeinnützigen Zweck. Bei der tatsächlichen Geschäftsführung ist die Unterstützung von hilfebedürftigen Angehörigen grundsätzlich nicht schädlich für die Steuerbegünstigung. Die Verwandtschaft darf jedoch kein Kriterium für die Förderleistungen der Körperschaft sein. 4. Hilfen nach § 53 Nr. 1 AO (Unterstützung von Personen, die infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands auf die Hilfe anderer angewiesen sind) dürfen ohne Rücksicht auf die wirtschaftliche Unterstützungsbedürftigkeit gewährt werden. Bei der Beurteilung der Bedürftigkeit i.S.d. § 53 Nr. 1 AO kommt es nicht darauf an, dass die Hilfebedürftigkeit dauernd oder für längere Zeit besteht. Hilfeleis1038 | Stöber/Otto
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tungen wie beispielsweise „Essen auf Rädern“ können daher steuerbegünstigt durchgeführt werden. Bei Personen, die das 75. Lebensjahr vollendet haben, kann körperliche Hilfebedürftigkeit ohne weitere Nachprüfung angenommen werden. 5. § 53 Nr. 2 AO legt die Grenzen der wirtschaftlichen Hilfebedürftigkeit fest. Danach können ohne Verlust der Steuerbegünstigung Personen unterstützt werden, deren Bezüge das Vierfache, beim Alleinstehenden oder Alleinerziehenden das Fünffache des Regelsatzes der Sozialhilfe i.S.d. § 28 SGB XII (jeweilige Regelbedarfsstufe) nicht übersteigen. Etwaige Mehrbedarfszuschläge zum Regelsatz sind nicht zu berücksichtigen. Leistungen für die Unterkunft werden nicht gesondert berücksichtigt. Für die Begriffe „Einkünfte“ und „Bezüge“ sind die Ausführungen R 33a.1 EStR maßgeblich. 6. Zu den Bezügen i.S.d. § 53 Nr. 2 AO zählen neben den Einkünften i.S.d. § 2 Abs. 1 EStG auch alle anderen für die Bestreitung des Unterhalts bestimmten oder geeigneten Bezüge aller Haushaltsangehörigen. Hierunter fallen auch solche Einnahmen, die im Rahmen der steuerlichen Einkunftsermittlung nicht erfasst werden, also sowohl nicht steuerbare als auch für steuerfrei erklärte Einnahmen (BFH, Urt. v. 2.8.1974 – VI R 148/71, BStBl. II 1975, 139). Gezahlte und empfangene Unterhaltsleistungen sind bei der Einkommensberechnung zu berücksichtigen. Bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Hilfebedürftigkeit von unverheirateten minderjährigen Schwangeren und minderjährigen Müttern, die ihr leibliches Kind bis zur Vollendung seines 6. Lebensjahres betreuen, und die dem Haushalt ihrer Eltern oder eines Elternteils angehören, sind die Bezüge und das Vermögen der Eltern oder des Elternteils nicht zu berücksichtigen. 7. Bei Renten zählt der über den von § 53 Nr. 2 Satz 4 Buchstabe a AO erfassten Anteil hinausgehende Teil der Rente zu den Bezügen i.S.d. § 53 Nr. 2 Satz 4 Buchstabe b AO. 8. Bei der Feststellung der Bezüge i.S.d. § 53 Nr. 2 Satz 4 Buchstabe b AO sind aus Vereinfachungsgründen insgesamt 180 € im Kalenderjahr abzuziehen, wenn nicht höhere Aufwendungen, die in wirtschaftlichem Zusammenhang mit den entsprechenden Einnahmen stehen, nachgewiesen oder glaubhaft gemacht werden. 9. Als Vermögen, das zur nachhaltigen Verbesserung des Unterhalts ausreicht und dessen Verwendung für den Unterhalt zugemutet werden kann (§ 53 Nr. 2 Satz 2 AO), ist in der Regel ein Vermögen mit einem gemeinen Wert (Verkehrswert) von mehr als 15 500 € anzusehen. Dabei bleiben außer Ansatz: – Vermögensgegenstände, deren Veräußerung offensichtlich eine Verschleuderung bedeuten würde oder die einen besonderen Wert, z.B. Erinnerungswert, für die unterstützte Person haben oder zu ihrem Hausrat gehören, – ein angemessenes Hausgrundstück i.S.d. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII, das die unterstützte Person allein oder zusammen mit Angehörigen, denen es nach dem Tod der unterstützten Person weiter als Wohnraum dienen soll, bewohnt. Die Grenze bezieht sich auch bei einem Mehrpersonenhaushalt auf jede unterstützte Person. H 33a.1 (Geringes Vermögen – „Schonvermögen“) EStH gilt entsprechend.
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10. Erbringt eine Körperschaft ihre Leistungen an wirtschaftlich hilfebedürftige Personen, muss sie anhand ihrer Unterlagen nachweisen können, dass die Höhe der Einkünfte und Bezüge sowie das Vermögen der unterstützten Personen die Grenzen des § 53 Nr. 2 AO nicht übersteigen. Eine Erklärung, in der von der unterstützten Person nur das Unterschreiten der Grenzen des § 53 Nr. 2 AO mitgeteilt wird, reicht allein nicht aus. Eine Berechnung der maßgeblichen Einkünfte und Bezüge sowie eine Berechnung des Vermögens sind stets beizufügen. 11. Auf diesen Nachweis ist zu verzichten, wenn die Leistungsempfänger Leistungen nach dem SGB II, SGB XII, WoGG, § 27a BVG oder nach § 6a BKKG beziehen. Bei Beantragung dieser Sozialleistungen prüft die zuständige Sozialbehörde sowohl die Vermögens- als auch die Einkommensverhältnisse der antragstellenden Personen. Verfügen Sie über ausreichend finanzielle Mittel (Einkommen oder einzusetzendes Vermögen), dann werden die beantragten Leistungen nicht bewilligt. Es ist also ausreichend, wenn Empfänger der in § 53 Nr. 2 Satz 6 AO benannten Leistungen ihren für den Empfangszeitraum maßgeblichen Leistungsbescheid oder eine Bescheinigung des Sozialleistungsträgers über den Leistungsbezug bei der Körperschaft einreichen. Die Körperschaft hat eine Ablichtung des Bescheids oder der Bestätigung aufzubewahren. 12. Beantragt eine Körperschaft die Befreiung von der Nachweispflicht nach § 53 Nr. 2 Satz 8 AO, muss sie nachweisen, dass aufgrund ihrer besonderen Art der gewährten Unterstützungsleistung sichergestellt ist, dass nur wirtschaftlich hilfebedürftige Personen unterstützt werden. Auf die Nachweisführung kann verzichtet werden, wenn aufgrund der Art der Unterstützungsleistungen typischerweise davon auszugehen ist, dass nur bedürftige Menschen unterstützt werden. Hierbei sind die besonderen Gegebenheiten vor Ort sowie Inhalte und Bewerbungen des konkreten Leistungsangebotes zu berücksichtigen. Im Regelfall müssen Kleiderkammern, Suppenküchen, Obdachlosenasyle und die sog. Tafeln keine Nachweise erbringen. Dagegen reicht die pauschale Behauptung, dass die Leistungen sowieso nur von Hilfebedürftigen in Anspruch genommen werden, nicht aus. Werden z.B. bei einem Sozialkaufhaus Leistungen an jeden erbracht, der sie in Anspruch nehmen möchte, dann kommt eine Befreiung nicht in Betracht. Der Bescheid über den Nachweisverzicht kann befristet ergehen oder mit anderen Nebenbestimmungen (§ 120 AO) versehen werden. Treten Änderungen im rechtlichen oder tatsächlichen Bereich ein, dann gelten die Abs. 3 bis 5 des § 60a AO entsprechend. Dies gilt auch bei materiell-rechtlich fehlerhaften Bescheiden (vgl. Nrn. 6 bis 8 des AEAO zu § 60a). AEAO zu § 54 – Kirchliche Zwecke: Ein kirchlicher Zweck liegt nur vor, wenn die Tätigkeit darauf gerichtet ist, eine Religionsgemeinschaft des öffentlichen Rechts zu fördern. Bei Religionsgemeinschaften, die nicht Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, kann wegen Förderung der Religion eine Anerkennung als gemeinnützige Körperschaft in Betracht kommen. 1040 | Stöber/Otto
9. Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) | Rz. 1956 Anhang
AEAO zu § 55 – Selbstlosigkeit: Zu § 55 Abs. 1 Nr. 1: Zu § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO: 1. Eine Körperschaft handelt selbstlos, wenn sie weder selbst noch zugunsten ihrer Mitglieder eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt. Ist die Tätigkeit einer Körperschaft in erster Linie auf Mehrung ihres eigenen Vermögens gerichtet, so handelt sie nicht selbstlos. Eine Körperschaft verfolgt z.B. in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke, wenn sie ausschließlich durch Darlehen ihrer Gründungsmitglieder finanziert ist und dieses Fremdkapital satzungsgemäß tilgen und verzinsen muss (BFH, Urt. v. 13.12.1978 – I R 39/78, BStBl. II 1979, 482, vom 26.4.1989 – I R 209/85, BStBl. II S. 670, und vom 28.6.1989 – I R 86/85, BStBl. II 1990, 550). 2. Die zur Erfüllung von Pflichtaufgaben einer juristischen Person des öffentlichen Rechts eingesetzte Eigengesellschaft verfolgt keine in diesem Sinne vordergründig eigennützigen Interessen ihres Gesellschafters. Eine Steuerbegünstigung der Eigengesellschaft kommt grundsätzlich nur in Betracht, wenn die von ihr erbrachten Leistungen angemessen vergütet werden. Maßstab ist die Höhe des Entgelts, das von einem ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter auch mit einem Nichtgesellschafter als Auftraggeber vereinbart worden wäre. Dazu muss das Entgelt regelmäßig die Kosten ausgleichen und einen marktüblichen Gewinnaufschlag beinhalten (BFH, Urt. v. 27.11.2013 – I R 17/12, BStBl. II 2016, 68). Bei steuerbegünstigten Einrichtungen ist aufgrund der fehlenden Gewinnorientierung die Erhebung eines Gewinnaufschlags in der Regel nicht marktüblich. Dies gilt nicht für Leistungen der steuerbegünstigten Einrichtung aus einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 64 AO). 3. Nach § 55 Abs. 1 AO dürfen sämtliche Mittel der Körperschaft nur für die satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden (Ausnahmen s. § 58 AO). Auch der Gewinn aus dem Zweckbetrieb und aus dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 64 Abs. 2 AO) sowie der Überschuss aus der Vermögensverwaltung dürfen nur für die satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden. Dies schließt die Bildung von Rücklagen im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb und im Bereich der Vermögensverwaltung nicht aus. 4. Es ist grundsätzlich nicht zulässig, Mittel des ideellen Bereichs (insbesondere Mitgliedsbeiträge, Spenden, Zuschüsse, Rücklagen), Gewinne aus Zweckbetrieben, Erträge aus der Vermögensverwaltung und das entsprechende Vermögen für einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zu verwenden, z.B. zum Ausgleich eines Verlustes. Für das Vorliegen eines Verlustes ist das Ergebnis des einheitlichen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs (§ 64 Abs. 2 AO) maßgeblich. Eine Verwendung von Mitteln des ideellen Bereichs für den Ausgleich des Verlustes eines einzelnen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs liegt deshalb nicht vor, soweit der Verlust bereits im Entstehungsjahr mit Gewinnen anderer steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe verrechnet werden kann. Verbleibt danach ein Verlust, ist keine Verwendung von Mitteln des ideellen Bereichs für dessen Ausgleich anzunehmen, wenn dem ideellen Bereich in den sechs vorangegangenen Jahren Gewinne des einStöber/Otto | 1041
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heitlichen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs in mindestens gleicher Höhe zugeführt worden sind. Insoweit ist der Verlustausgleich im Entstehungsjahr als Rückgabe früherer, durch das Gemeinnützigkeitsrecht vorgeschriebener Gewinnabführungen anzusehen. 5. Ein nach ertragsteuerlichen Grundsätzen ermittelter Verlust eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ist unschädlich für die Steuerbegünstigung der Körperschaft, wenn er ausschließlich durch die Berücksichtigung von anteiligen Abschreibungen auf gemischt genutzte Wirtschaftsgüter entstanden ist und wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind: Das Wirtschaftsgut wurde für den ideellen Bereich angeschafft oder hergestellt und wird nur zur besseren Kapazitätsauslastung und Mittelbeschaffung teil- oder zeitweise für den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb genutzt. Die Körperschaft darf nicht schon im Hinblick auf eine zeit- oder teilweise Nutzung für den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ein größeres Wirtschaftsgut angeschafft oder hergestellt haben, als es für die ideelle Tätigkeit notwendig war. Die Körperschaft verlangt für die Leistungen des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs marktübliche Preise. Der steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetrieb bildet keinen eigenständigen Sektor eines Gebäudes (z.B. Gaststättenbetrieb in einer Sporthalle). Diese Grundsätze gelten entsprechend für die Berücksichtigung anderer gemischter Aufwendungen (z.B. zeitweiser Einsatz von Personal des ideellen Bereichs in einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb) bei der gemeinnützigkeitsrechtlichen Beurteilung von Verlusten. 6. Der Ausgleich des Verlustes eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs mit Mitteln des ideellen Bereichs ist außerdem unschädlich für die Steuerbegünstigung, wenn – der Verlust auf einer Fehlkalkulation beruht, – die Körperschaft innerhalb von zwölf Monaten nach Ende des Wirtschaftsjahres, in dem der Verlust entstanden ist, dem ideellen Tätigkeitsbereich wieder Mittel in entsprechender Höhe zuführt und – die zugeführten Mittel nicht aus Zweckbetrieben, aus dem Bereich der steuerbegünstigten Vermögensverwaltung, aus Beiträgen oder aus anderen Zuwendungen, die zur Förderung der steuerbegünstigten Zwecke der Körperschaft bestimmt sind, stammen (BFH, Urt. v. 13.11.1996 – I R 152/93, BStBl. II 1998, 711). Die Zuführungen zu dem ideellen Bereich können demnach aus dem Gewinn des (einheitlichen) steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, der in dem Wirtschaftsjahr nach der Entstehung des Verlustes erzielt wird, geleistet werden. Außerdem dürfen für den Ausgleich des Verlustes Umlagen und Zuschüsse, die dafür bestimmt sind, verwendet werden. Derartige Zuwendungen sind jedoch keine steuerbegünstigten Spenden.
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7. Eine für die Steuerbegünstigung schädliche Verwendung von Mitteln für den Ausgleich von Verlusten des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs liegt auch dann nicht vor, wenn dem Betrieb die erforderlichen Mittel durch die Aufnahme eines betrieblichen Darlehens zugeführt werden oder bereits in dem Betrieb verwendete ideelle Mittel mittels eines Darlehens, das dem Betrieb zugeordnet wird, innerhalb der Frist von zwölf Monaten nach dem Ende des Verlustentstehungsjahres an den ideellen Bereich der Körperschaft zurückgegeben werden. Voraussetzung für die Unschädlichkeit ist, dass Tilgung und Zinsen für das Darlehen ausschließlich aus Mitteln des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs geleistet werden. Die Belastung von Vermögen des ideellen Bereichs mit einer Sicherheit für ein betriebliches Darlehen (z.B. Grundschuld auf einer Sporthalle) führt grundsätzlich zu keiner anderen Beurteilung. Die Eintragung einer Grundschuld bedeutet noch keine Verwendung des belasteten Vermögens für den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. 8. Steuerbegünstigte Körperschaften unterhalten steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe regelmäßig nur, um dadurch zusätzliche Mittel für die Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke zu beschaffen. Es kann deshalb unterstellt werden, dass etwaige Verluste bei Betrieben, die schon längere Zeit bestehen, auf einer Fehlkalkulation beruhen. Bei dem Aufbau eines neuen Betriebs ist eine Verwendung von Mitteln des ideellen Bereichs für den Ausgleich von Verlusten auch dann unschädlich für die Steuerbegünstigung, wenn mit Anlaufverlusten zu rechnen war. Auch in diesem Fall muss die Körperschaft aber i.d.R. innerhalb von drei Jahren nach dem Ende des Entstehungsjahres des Verlustes dem ideellen Bereich wieder Mittel, die gemeinnützigkeitsunschädlich dafür verwendet werden dürfen, zuführen. 9. Die Regelungen in den Nrn. 4 bis 8 des AEAO zu § 55 gelten entsprechend für die Vermögensverwaltung. 10. Veräußert ein steuerpflichtiger Anteilseigner seine Anteile an einer steuerbegünstigten Kapitalgesellschaft an einen steuerbegünstigten Erwerber, liegt regelmäßig eine Mittelfehlverwendung i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO vor, wenn der Veräußerungspreis über dem Wert der eingezahlten Kapitalanteile und dem gemeinen Wert der Sacheinlagen der Anteile liegt (vgl. BFH, Beschl. v. 12.10.2010 – I R 59/09, BStBl. II 2012, 226). 11. Mitglieder dürfen keine Zuwendungen aus Mitteln der Körperschaft erhalten. Dies gilt nicht, soweit es sich um Annehmlichkeiten handelt, wie sie im Rahmen der Betreuung von Mitgliedern allgemein üblich und nach allgemeiner Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen sind. 12. Keine Zuwendung i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO liegt vor, wenn der Leistung der Körperschaft eine Gegenleistung des Empfängers gegenübersteht (z.B. bei Kauf-, Dienst- und Werkverträgen) und die Werte von Leistung und Gegenleistung nach wirtschaftlichen Grundsätzen gegeneinander abgewogen sind. 13. Ist einer Körperschaft zugewendetes Vermögen mit vor der Übertragung wirksam begründeten Ansprüchen (z.B. Nießbrauch, Grund- oder Rentenschulden, Vermächtnisse aufgrund testamentarischer Bestimmungen des Zuwendenden) belastet, Stöber/Otto | 1043
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deren Erfüllung durch die Körperschaft keine nach wirtschaftlichen Grundsätzen abgewogene Gegenleistung für die Übertragung des Vermögens darstellt, mindern die Ansprüche das übertragene Vermögen bereits im Zeitpunkt des Übergangs. Wirtschaftlich betrachtet wird der Körperschaft nur das nach der Erfüllung der Ansprüche verbleibende Vermögen zugewendet. Die Erfüllung der Ansprüche aus dem zugewendeten Vermögen ist deshalb keine Zuwendung i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO. Dies gilt auch, wenn die Körperschaft die Ansprüche aus ihrem anderen zulässigen Vermögen einschließlich der Rücklage nach § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO erfüllt. 14. Soweit die vorhandenen flüssigen Vermögensmittel nicht für die Erfüllung der Ansprüche ausreichen, darf die Körperschaft dafür auch Erträge verwenden. Ihr müssen jedoch ausreichende Mittel für die Verwirklichung ihrer steuerbegünstigten Zwecke verbleiben. Diese Voraussetzung ist als erfüllt anzusehen, wenn für die Erfüllung der Verbindlichkeiten höchstens ein Drittel des Einkommens der Körperschaft verwendet wird. Die Ein-Drittel-Grenze umfasst bei Rentenverpflichtungen nicht nur die über den Barwert hinausgehenden, sondern die gesamten Zahlungen. Sie bezieht sich auf den Veranlagungszeitraum. 15. § 58 Nr. 6 AO enthält eine Ausnahmeregelung zu § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO für Stiftungen. Diese ist nur anzuwenden, wenn eine Stiftung Leistungen erbringt, die dem Grunde nach gegen § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO verstoßen, also z.B. freiwillige Zuwendungen an den in § 58 Nr. 6 AO genannten Personenkreis leistet oder für die Erfüllung von Ansprüchen dieses Personenkreises aus der Übertragung von Vermögen nicht das belastete oder anderes zulässiges Vermögen, sondern Erträge einsetzt. Im Unterschied zu anderen Körperschaften kann eine Stiftung unter den Voraussetzungen des § 58 Nr. 6 AO auch dann einen Teil ihres Einkommens für die Erfüllung solcher Ansprüche verwenden, wenn ihr dafür ausreichende flüssige Vermögensmittel zur Verfügung stehen. Der Grundsatz, dass der wesentliche Teil des Einkommens für die Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke verbleiben muss, gilt aber auch für Stiftungen. Daraus folgt, dass eine Stiftung insgesamt höchstens ein Drittel ihres Einkommens für unter § 58 Nr. 6 AO fallende Leistungen und für die Erfüllung von anderen durch die Übertragung von belastetem Vermögen begründeten Ansprüchen verwenden darf. 16. Die Vergabe von Darlehen aus Mitteln, die zeitnah für die steuerbegünstigten Zwecke zu verwenden sind, ist unschädlich für die Gemeinnützigkeit, wenn die Körperschaft damit selbst unmittelbar ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwirklicht. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn die Körperschaft im Rahmen ihrer jeweiligen steuerbegünstigten Zwecke Darlehen im Zusammenhang mit einer Schuldnerberatung zur Ablösung von Bankschulden, Darlehen an Nachwuchskünstler für die Anschaffung von Instrumenten oder Stipendien für eine wissenschaftliche Ausbildung teilweise als Darlehen vergibt. Voraussetzung ist, dass sich die Darlehensvergabe von einer gewerbsmäßigen Kreditvergabe dadurch unterscheidet, dass sie zu günstigeren Bedingungen erfolgt als zu den allgemeinen Bedingungen am Kapitalmarkt (z.B. Zinslosigkeit, Zinsverbilligung). Die Vergabe von Darlehen aus zeitnah für die steuerbegünstigten Zwecke zu verwendenden Mitteln an andere steuerbegünstigte Körperschaften ist im Rahmen des § 58 1044 | Stöber/Otto
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Nrn. 1 und 2 AO zulässig (mittelbare Zweckverwirklichung), wenn die andere Körperschaft die darlehensweise erhaltenen Mittel unmittelbar für steuerbegünstigte Zwecke innerhalb der für eine zeitnahe Mittelverwendung vorgeschriebenen Frist verwendet. Darlehen, die zur unmittelbaren Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke vergeben werden, sind im Rechnungswesen entsprechend kenntlich zu machen. Es muss sichergestellt und für die Finanzbehörde nachprüfbar sein, dass die Rückflüsse, d.h. Tilgung und Zinsen, wieder zeitnah für die steuerbegünstigten Zwecke verwendet werden. 17. Aus Mitteln, die nicht dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung unterliegen (Vermögen einschließlich der zulässigen Zuführungen und der zulässig gebildeten Rücklagen), darf die Körperschaft Darlehen nach folgender Maßgabe vergeben: Die Zinsen müssen sich in dem auf dem Kapitalmarkt üblichen Rahmen halten, es sei denn, der Verzicht auf die üblichen Zinsen ist eine nach den Vorschriften des Gemeinnützigkeitsrechts und der Satzung der Körperschaft zulässige Zuwendung (z.B. Darlehen an eine ebenfalls steuerbegünstigte Mitgliedsorganisation oder eine hilfebedürftige Person). Bei Darlehen an Arbeitnehmer aus dem Vermögen kann der (teilweise) Verzicht auf eine übliche Verzinsung als Bestandteil des Arbeitslohns angesehen werden, wenn dieser insgesamt, also einschließlich des Zinsvorteils, angemessen ist und der Zinsverzicht auch von der Körperschaft als Arbeitslohn behandelt wird (z.B. Abführung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen). Maßnahmen, für die eine Rücklage nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO gebildet worden ist, dürfen sich durch die Gewährung von Darlehen nicht verzögern. 18. Die Vergabe von Darlehen ist als solche kein steuerbegünstigter Zweck. Sie darf deshalb nicht Satzungszweck einer steuerbegünstigten Körperschaft sein. Es ist jedoch unschädlich für die Steuerbegünstigung, wenn die Vergabe von zinsgünstigen oder zinslosen Darlehen nicht als Zweck, sondern als Mittel zur Verwirklichung des steuerbegünstigten Zwecks in der Satzung der Körperschaft aufgeführt ist. 19. Eine Körperschaft kann nicht als steuerbegünstigt behandelt werden, wenn ihre Ausgaben für die allgemeine Verwaltung einschließlich der Werbung um Spenden einen angemessenen Rahmen übersteigen (§ 55 Abs. 1 Nrn. 1 und 3 AO). Dieser Rahmen ist in jedem Fall überschritten, wenn eine Körperschaft, die sich weitgehend durch Geldspenden finanziert, diese – nach einer Aufbauphase – überwiegend zur Bestreitung von Ausgaben für Verwaltung und Spendenwerbung statt für die Verwirklichung der steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwendet (BFH, Beschl. v. 23.9.1998, I B 82/98, BStBl. II 2000, 320). Die Verwaltungsausgaben einschließlich Spendenwerbung sind bei der Ermittlung der Anteile ins Verhältnis zu den gesamten vereinnahmten Mitteln (Spenden, Mitgliedsbeiträge, Zuschüsse, Gewinne aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben usw.) zu setzen. Für die Frage der Angemessenheit der Verwaltungsausgaben kommt es entscheidend auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalls an. Eine für die Steuerbegünstigung schädliche Mittelverwendung kann deshalb auch schon dann vorliegen, wenn der
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prozentuale Anteil der Verwaltungsausgaben einschließlich der Spendenwerbung deutlich geringer als 50 % ist. 20. Während der Gründungs- oder Aufbauphase einer Körperschaft kann auch eine überwiegende Verwendung der Mittel für Verwaltungsausgaben und Spendenwerbung unschädlich für die Steuerbegünstigung sein. Die Dauer der Gründungs- oder Aufbauphase, während der dies möglich ist, hängt von den Verhältnissen des Einzelfalls ab. Der in dem BFH, Beschl. v. 23.9.1998, I B 82/98, BStBl. II 2000, 320 zugestandene Zeitraum von vier Jahren für die Aufbauphase, in der höhere anteilige Ausgaben für Verwaltung und Spendenwerbung zulässig sind, ist durch die Besonderheiten des entschiedenen Falles begründet (insbesondere zweite Aufbauphase nach Aberkennung der Steuerbegünstigung). Er ist deshalb als Obergrenze zu verstehen. I. d. R. ist von einer kürzeren Aufbauphase auszugehen. 21. Die Steuerbegünstigung ist auch dann zu versagen, wenn das Verhältnis der Verwaltungsausgaben zu den Ausgaben für die steuerbegünstigten Zwecke zwar insgesamt nicht zu beanstanden, eine einzelne Verwaltungsausgabe (z.B. das Gehalt des Geschäftsführers oder der Aufwand für die Mitglieder- und Spendenwerbung) aber nicht angemessen ist (§ 55 Abs. 1 Nr. 3 AO). 22. Bei den Kosten für die Beschäftigung eines Geschäftsführers handelt es sich grundsätzlich um Verwaltungsausgaben. Eine Zuordnung dieser Kosten zu der steuerbegünstigten Tätigkeit ist nur insoweit möglich, als der Geschäftsführer unmittelbar bei steuerbegünstigten Projekten mitarbeitet. Entsprechendes gilt für die Zuordnung von Reisekosten. 23. Eine Unternehmergesellschaft i.S.d. § 5a Abs. 1 GmbHG i.d.F. des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23.10.2008 (BGBl. I 2026) ist nach § 5a Abs. 3 GmbHG i.d.F. des MoMiG gesetzlich verpflichtet, von ihrem um einen Verlustvortrag aus dem Vorjahr geminderten Jahresüberschuss bis zum Erreichen des Stammkapitals von 25 000 € mindestens 25 % in eine gesetzliche Rücklage einzustellen. Mit der Bildung dieser Rücklage verstößt die Unternehmergesellschaft grundsätzlich nicht gegen das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung. Zu § 55 Abs. 1 Nr. 2 und 4 AO: 24. Die in § 55 Abs. 1 Nr. 2 und 4 AO genannten Sacheinlagen sind Einlagen i.S.d. Handelsrechts, für die dem Mitglied Gesellschaftsrechte eingeräumt worden sind. Insoweit sind also nur Kapitalgesellschaften, nicht aber Vereine angesprochen. Unentgeltlich zur Verfügung gestellte Vermögensgegenstände, für die keine Gesellschaftsrechte eingeräumt sind (Leihgaben, Sachspenden), fallen nicht unter § 55 Abs. 1 Nr. 2 und 4 AO. Soweit Kapitalanteile und Sacheinlagen von der Vermögensbindung ausgenommen werden, kann von dem Gesellschafter nicht die Spendenbegünstigung des § 10b EStG (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG) in Anspruch genommen werden. Eingezahlte Kapitalanteile i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 2 und 4 AO liegen nicht vor, soweit für die Kapitalerhöhung Gesellschaftsmittel verwendet wurden (z.B. nach § 57c GmbHG).
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Zu § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO: 25. Bei Vorstandsmitgliedern von Vereinen sind Tätigkeitsvergütungen gemeinnützigkeitsrechtlich nur zulässig, wenn eine entsprechende Satzungsregelung besteht. Zu Einzelheiten bei Zahlungen an den Vorstand steuerbegünstigter Vereine s. BMF, Schr. v. 21.11.2014, BStBl. I S. 1581. Diese Regelung gilt für Stiftungen entsprechend. Zu § 55 Abs. 1 Nr. 4 AO: 26. Eine wesentliche Voraussetzung für die Annahme der Selbstlosigkeit bildet der Grundsatz der Vermögensbindung für steuerbegünstigte Zwecke im Falle der Beendigung des Bestehens der Körperschaft oder des Wegfalles des bisherigen Zwecks (§ 55 Abs. 1 Nr. 4 AO). Hiermit soll verhindert werden, dass gemeinnützigkeitsrechtlich gebundenes Vermögen später zu nicht begünstigten Zwecken verwendet wird. Die satzungsmäßigen Anforderungen an die Vermögensbindung sind in § 61 AO geregelt. 27. Eine Körperschaft ist nur dann steuerbegünstigt i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 AO, wenn sie nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftsteuer befreit ist. Als Empfänger des Vermögens der Körperschaft kommen neben inländischen Körperschaften auch die in § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG aufgeführten Körperschaften in Betracht. Zu § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO: 28. Die Körperschaft muss ihre Mittel grundsätzlich zeitnah für ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwenden. Verwendung in diesem Sinne ist auch die Verwendung der Mittel für die Anschaffung oder Herstellung von Vermögensgegenständen, die satzungsmäßigen Zwecken dienen (z.B. Bau eines Altenheims, Kauf von Sportgeräten oder medizinischen Geräten). Die Bildung von Rücklagen ist nur unter den Voraussetzungen des § 62 AO zulässig. Davon unberührt bleiben Rücklagen in einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb und Rücklagen im Bereich der Vermögensverwaltung (vgl. Nr. 3 des AEAO zu § 55). 29. Eine zeitnahe Mittelverwendung ist gegeben, wenn die Mittel spätestens in den auf den Zufluss folgenden zwei Kalender- oder Wirtschaftsjahren für die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden. Am Ende des Kalenderoder Wirtschaftsjahrs noch vorhandene Mittel müssen in der Bilanz oder Vermögensaufstellung der Körperschaft zulässigerweise dem Vermögen oder einer zulässigen Rücklage zugeordnet oder als im zurückliegenden Jahr zugeflossene Mittel, die in den folgenden zwei Jahren für die steuerbegünstigten Zwecke zu verwenden sind, ausgewiesen sein. Soweit Mittel nicht schon im Jahr des Zuflusses für die steuerbegünstigten Zwecke verwendet oder zulässigerweise dem Vermögen zugeführt werden, ist ihre zeitnahe Verwendung nachzuweisen, zweckmäßigerweise durch eine Nebenrechnung (Mittelverwendungsrechnung). Der Zweck des Grundsatzes der zeitnahen Mittelverwendung gebietet es, dass bei der Nachprüfung der Mittelverwendung nicht auf die einzelne Zuwendung abzustellen ist, sondern auf die Gesamtheit aller zeitnah zu verwendenden Zuwendungen und sonstigen Einnahmen bzw. VerStöber/Otto | 1047
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mögenswerte der Körperschaft (Saldobetrachtung bzw. Globalbetrachtung; BFH, Urt. v. 20.3.2017 – X R 13/15, BStBl. II S. 1110). 30. Nicht dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung unterliegt das Vermögen der Körperschaften, auch soweit es durch Umschichtungen innerhalb des Bereichs der Vermögensverwaltung entstanden ist (z.B. Verkauf eines zum Vermögen gehörenden Grundstücks einschließlich des den Buchwert übersteigenden Teils des Preises). Außerdem kann eine Körperschaft die in § 62 Abs. 3 und 4 AO bezeichneten Mittel ohne für die Gemeinnützigkeit schädliche Folgen ihrem Vermögen zuführen. Werden Vermögensgegenstände veräußert, die satzungsmäßigen Zwecken dienen und aus zeitnah zu verwendenden Mitteln angeschafft worden sind, sind die Veräußerungserlöse zeitnah i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO zu verwenden. Werden derartige Vermögensgegenstände in den Bereich der Vermögensverwaltung oder in den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb überführt, lebt die Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung in Höhe des Verkehrswerts dieser Vermögensgegenstände wieder auf. Zu § 55 Abs. 2 AO: 31. Wertsteigerungen bleiben für steuerbegünstigte Zwecke gebunden. Bei der Rückgabe des Wirtschaftsguts selbst hat der Empfänger die Differenz in Geld auszugleichen. Zu § 55 Abs. 3 AO: 32. Die Regelung, nach der sich die Vermögensbindung nicht auf die eingezahlten Kapitalanteile der Mitglieder und den gemeinen Wert der von den Mitgliedern geleisteten Sacheinlagen erstreckt, gilt bei Stiftungen für die Stifter und ihre Erben sinngemäß (§ 55 Abs. 3 erster Halbsatz AO). Es ist also zulässig, das Stiftungskapital und die Zustiftungen von der Vermögensbindung auszunehmen und im Falle des Erlöschens der Stiftung an den Stifter oder seine Erben zurückfallen zu lassen. Für solche Stiftungen und Zustiftungen kann aber vom Stifter nicht die Spendenvergünstigung nach § 10b EStG (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG) in Anspruch genommen werden. 33. Die Vorschrift des § 55 Abs. 3 zweiter Halbsatz AO, die sich nur auf Stiftungen und Körperschaften des öffentlichen Rechts bezieht, berücksichtigt die Regelung im EStG, wonach die Entnahme eines Wirtschaftsgutes mit dem Buchwert angesetzt werden kann, wenn das Wirtschaftsgut den in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 EStG genannten Körperschaften unentgeltlich überlassen wird. Dies hat zur Folge, dass der Zuwendende bei der Aufhebung der Stiftung nicht den gemeinen Wert der Zuwendung, sondern nur den dem ursprünglichen Buchwert entsprechenden Betrag zurückerhält. Stille Reserven und Wertsteigerungen bleiben hiernach für steuerbegünstigte Zwecke gebunden. Bei Rückgabe des Wirtschaftsgutes selbst hat der Empfänger die Differenz in Geld auszugleichen. AEAO zu § 56 – Ausschließlichkeit: 1. Das Ausschließlichkeitsgebot des § 56 AO besagt, dass eine Körperschaft nicht steuerbegünstigt ist, wenn sie neben ihrer steuerbegünstigten Zielsetzung weitere 1048 | Stöber/Otto
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Zwecke verfolgt und diese Zwecke nicht steuerbegünstigt sind. Im Zusammenhang mit der Vermögensverwaltung und wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben, die NichtZweckbetriebe sind, folgt daraus, dass deren Unterhaltung der Steuerbegünstigung einer Körperschaft entgegensteht, wenn sie in der Gesamtschau zum Selbstzweck wird und in diesem Sinne neben die Verfolgung des steuerbegünstigten Zwecks der Körperschaft tritt. Die Vermögensverwaltung sowie die Unterhaltung eines NichtZweckbetriebs sind aus der Sicht des Gemeinnützigkeitsrechts nur dann unschädlich, wenn sie um des steuerbegünstigten Zwecks willen erfolgen, indem sie z.B. der Beschaffung von Mitteln zur Erfüllung der steuerbegünstigten Aufgabe dienen. Ist die Vermögensverwaltung bzw. der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb dagegen nicht dem steuerbegünstigten Zweck untergeordnet, sondern ein davon losgelöster Zweck oder gar Hauptzweck der Betätigung der Körperschaft, so scheitert deren Steuerbegünstigung an § 56 AO. In einem solchen Fall kann die Betätigung der Körperschaft nicht in einen steuerfreien und in einen steuerpflichtigen Teil aufgeteilt werden; vielmehr ist dann die Körperschaft insgesamt als steuerpflichtig zu behandeln. Bei steuerbegünstigten Körperschaften, insbesondere Mittelbeschaffungskörperschaften, die sich im Rahmen ihrer tatsächlichen Geschäftsführung an die in ihrer Satzung enthaltene Pflicht zur Verwendung sämtlicher Mittel für die satzungsmäßigen Zwecke halten, ist das Ausschließlichkeitsgebot selbst dann als erfüllt anzusehen, wenn sie sich vollständig aus Mitteln eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs oder aus der Vermögensverwaltung finanzieren. Auf das BFH, Urt. v. 4.4.2007 – I R 76/05, BStBl. II S. 631, wird hingewiesen. 2. Eine Körperschaft darf mehrere steuerbegünstigte Zwecke nebeneinander verfolgen, ohne dass dadurch die Ausschließlichkeit verletzt wird. Die verwirklichten steuerbegünstigten Zwecke müssen jedoch sämtlich satzungsmäßige Zwecke sein. Will demnach eine Körperschaft steuerbegünstigte Zwecke, die nicht in die Satzung aufgenommen sind, fördern, so ist eine Satzungsänderung erforderlich, die den Erfordernissen des § 60 AO entsprechen muss. AEAO zu § 57 – Unmittelbarkeit: 1. Die Vorschrift stellt in Abs. 1 klar, dass die Körperschaft die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke selbst verwirklichen muss, damit Unmittelbarkeit gegeben ist (wegen der Ausnahmen Hinweis auf § 58 AO). 2. Das Gebot der Unmittelbarkeit ist gem. § 57 Abs. 1 Satz 2 AO auch dann erfüllt, wenn sich die steuerbegünstigte Körperschaft einer Hilfsperson bedient. Hierfür ist es erforderlich, dass nach den Umständen des Falles, insbesondere nach den rechtlichen und tatsächlichen Beziehungen, die zwischen der Körperschaft und der Hilfsperson bestehen, das Wirken der Hilfsperson wie eigenes Wirken der Körperschaft anzusehen ist, d.h. die Hilfsperson nach den Weisungen der Körperschaft einen konkreten Auftrag ausführt. Hilfsperson kann eine natürliche Person, Personenvereinigung oder juristische Person sein. Die Körperschaft hat durch Vorlage entsprechender Vereinbarungen nachzuweisen, dass sie den Inhalt und den Umfang der Tätigkeit der Hilfsperson im Innenverhältnis bestimmen kann. Die Tätigkeit der Hilfsperson muss den Satzungsbestimmungen der Körperschaft entsprechen. Diese hat nach-
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zuweisen, dass sie die Hilfsperson überwacht. Die weisungsgemäße Verwendung der Mittel ist von ihr sicherzustellen. Die Steuerbegünstigung einer Körperschaft, die nur über eine Hilfsperson das Merkmal der Unmittelbarkeit erfüllt (§ 57 Abs. 1 Satz 2 AO), ist unabhängig davon zu gewähren, wie die Hilfsperson gemeinnützigkeitsrechtlich behandelt wird. Die Steuerbegünstigung einer Hilfsperson ist nicht ausgeschlossen, wenn die Körperschaft mit ihrer Hilfspersonentätigkeit nicht nur die steuerbegünstigte Tätigkeit einer anderen Körperschaft unterstützt, sondern zugleich eigene steuerbegünstigte Satzungszwecke verfolgt und ihren Beitrag im Außenverhältnis selbstständig und eigenverantwortlich erbringt. 3. Ein Zusammenschluss i.S.d. § 57 Abs. 2 AO ist gegeben, wenn die Einrichtung ausschließlich allgemeine, aus der Tätigkeit und Aufgabenstellung der Mitgliederkörperschaften erwachsene Interessen wahrnimmt. Nach § 57 Abs. 2 AO wird eine Körperschaft, in der steuerbegünstigte Körperschaften zusammengefasst sind, einer Körperschaft gleichgestellt, die unmittelbar steuerbegünstigte Zwecke verfolgt. Voraussetzung ist, dass jede der zusammengefassten Körperschaften sämtliche Voraussetzungen für die Steuerbegünstigung erfüllt. Verfolgt eine solche Körperschaft selbst unmittelbar steuerbegünstigte Zwecke, ist die bloße Mitgliedschaft einer nicht steuerbegünstigten Organisation für die Steuerbegünstigung unschädlich. Die Körperschaft darf die nicht steuerbegünstigte Organisation aber nicht mit Rat und Tat fördern (z.B. Zuweisung von Mitteln, Rechtsberatung). AEAO zu § 58 – Steuerlich unschädliche Betätigungen: Zu § 58 Nr. 1: 1. Diese Ausnahmeregelung ermöglicht es, Körperschaften als steuerbegünstigt anzuerkennen, die andere Körperschaften fördern und dafür Spenden sammeln oder auf andere Art Mittel beschaffen (Mittelbeschaffungskörperschaften). Die Beschaffung von Mitteln muss als Satzungszweck festgelegt sein. Ein steuerbegünstigter Zweck, für den Mittel beschafft werden sollen, muss in der Satzung angegeben sein. Es ist nicht erforderlich, die Körperschaften, für die Mittel beschafft werden sollen, in der Satzung aufzuführen. Die Körperschaft, für die Mittel beschafft werden, muss nur dann selbst steuerbegünstigt sein, wenn sie eine unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft des privaten Rechts ist. Werden Mittel für nicht unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften beschafft, muss die Verwendung der Mittel für die steuerbegünstigten Zwecke ausreichend nachgewiesen werden. Weitergabefähige Mittel i.S.d. § 58 Nr. 1 AO sind nicht nur solche, die bereits mit dem Ziel der Weitergabe beschafft wurden. Gemeinnützigkeitsunschädlich weitergegeben werden dürfen sämtliche Mittel, soweit die Satzung der hingebenden Körperschaft im Zeitpunkt der Weitergabe über eine entsprechende Satzungsbestimmung verfügt (Nr. 1 Satz 2 des AEAO zu § 58) und die Zwecke der hingebenden und empfangenden Körperschaft insoweit identisch sind.
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9. Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) | Rz. 1956 Anhang
Zu § 58 Nr. 2 AO: 2. Die teilweise (nicht überwiegende) Weitergabe eigener Mittel (auch Sachmittel) ist unschädlich. Für die Ermittlung der maximal zulässigen Höhe der Mittelweitergabe ist das Nettovermögen (Vermögenswerte abzgl. Verbindlichkeiten) der Körperschaft im jeweiligen Veranlagungszeitraum maßgebend. Auf die im jeweiligen Veranlagungszeitraum zeitnah zu verwendenden Mittel allein kommt es nicht an. Als Mittelempfänger kommen in Betracht: – inländische steuerbegünstigte Körperschaften, – die in § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG aufgeführten Körperschaften, – juristische Personen des öffentlichen Rechts. Ausschüttungen und sonstige Zuwendungen einer steuerbegünstigten Körperschaft sind unschädlich, wenn die Gesellschafter oder Mitglieder als Begünstigte ausschließlich steuerbegünstigte Körperschaften sind. Entsprechendes gilt für Ausschüttungen und sonstige Zuwendungen an juristische Personen des öffentlichen Rechts, die die Mittel für steuerbegünstigte Zwecke verwenden. Zwar ist bei einer Weiterleitung (auch in Form einer verhinderten Vermögensmehrung) an eine juristische Person des öffentlichen Rechts das Tatbestandsmerkmal „zur Verwendung zu steuerbegünstigten Zwecken“ nicht erfüllt, wenn die Mittel dem Gesamthaushalt der juristischen Person des öffentlichen Rechts zugutekommen und die juristische Person des öffentlichen Rechts neben den steuerbegünstigen Zwecken auch noch andere Zwecke verfolgt (BFH, Urt. v. 27.11.2013 – I R 17/12, BStBl. II 2016, 68). Dies ist jedoch unschädlich, wenn die Mittel nachweislich für steuerbegünstigte Zwecke verwendet werden. Die Verwendung der zugewendeten Mittel hat i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO zu erfolgen. Wird dagegen verstoßen, liegt eine Mittelfehlverwendung bei der Empfängerkörperschaft vor. Nicht zeitnah zu verwendende Mittel der Geberkörperschaft (z.B. freie Rücklage) unterliegen jedoch auch bei der Empfängerkörperschaft nicht dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung. Zu § 58 Nr. 3 AO: 3. Die Weitergabe der Gewinne aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben (einschließlich Zweckbetriebe), der Überschüsse aus der Vermögensverwaltung sowie höchstens 15 % der sonstigen zeitnah zu verwendenden Mittel zur Vermögensausstattung einer anderen Körperschaft ist unschädlich. Maßgebend für die Ermittlung dieser Grenzen sind die Verhältnisse des vorangegangenen Kalender- oder Wirtschaftsjahres. Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein: – Bei der Empfängerkörperschaft handelt es sich um eine steuerbegünstigte Körperschaft oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts. – Die aus den Vermögenserträgen zu verwirklichenden steuerbegünstigten Zwecke der Empfängerkörperschaft müssen übereinstimmen mit den steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecken der gebenden Körperschaft. Der mit den weitergegebeStöber/Otto | 1051
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nen Mitteln verfolgte Zweck muss sowohl von der Geber- als auch von der Empfängerkörperschaft gefördert werden. Beide Körperschaften können daneben aber auch noch weitere Zwecke fördern. – Die zugewandten Mittel und deren Erträge dürfen nicht für weitere Mittelweitergaben nach § 58 Nr. 3 AO zur Vermögensausstattung verwendet werden. – Die zugewandten Mittel und Erträge unterliegen bei der Empfängerkörperschaft der steuerbegünstigten Mittelverwendungspflicht. Erfolgt eine Verwendung für andere Zwecke, liegt eine Mittelfehlverwendung bei der Empfängerkörperschaft vor. In diesem Sinne ist auch die Vermögensausstattung einer steuerbegünstigten Kapitalgesellschaft (z.B. gGmbH), die denselben steuerbegünstigten Zweck verfolgt, durch die Hingabe von Kapital bei Neugründung oder im Rahmen einer Kapitalerhöhung erlaubt, nicht aber der Erwerb von Anteilen an einer bereits bestehenden Körperschaft. Zu § 58 Nr. 4 AO: 4. Eine steuerlich unschädliche Betätigung liegt auch dann vor, wenn nicht nur Arbeitskräfte, sondern zugleich Arbeitsmittel (z.B. Krankenwagen) zur Verfügung gestellt werden. Zu § 58 Nr. 5 AO: 5. Zu den „Räumen“ i.S.d. § 58 Nr. 5 AO gehören beispielsweise auch Sportstätten, Sportanlagen und Freibäder. Zu § 58 Nr. 6 AO: 6. Eine Stiftung darf einen Teil ihres Einkommens – höchstens ein Drittel – dazu verwenden, die Gräber des Stifters und seiner nächsten Angehörigen zu pflegen und deren Andenken zu ehren. In diesem Rahmen ist auch gestattet, dem Stifter und seinen nächsten Angehörigen Unterhalt zu gewähren. Unter Einkommen ist die Summe der Einkünfte aus den einzelnen Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 EStG zu verstehen, unabhängig davon, ob die Einkünfte steuerpflichtig sind oder nicht. Positive und negative Einkünfte sind zu saldieren. Die Verlustverrechnungsbeschränkungen des EStG sind dabei mit Ausnahme der des § 15a EStG unbeachtlich. Bei der Ermittlung der Einkünfte sind von den Einnahmen die damit zusammenhängenden Aufwendungen einschließlich der Abschreibungsbeträge abzuziehen. Zur steuerrechtlichen Beurteilung von Ausgaben für die Erfüllung von Verbindlichkeiten, die durch die Übertragung von belastetem Vermögen begründet worden sind, wird auf die Nrn. 12 bis 14 des AEAO zu § 55 hingewiesen. 7. Der Begriff des nächsten Angehörigen ist enger als der Begriff des Angehörigen nach § 15 AO. Er umfasst: – Ehegatten und Lebenspartner, – Eltern, Großeltern, Kinder, Enkel (auch falls durch Adoption verbunden), 1052 | Stöber/Otto
9. Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) | Rz. 1956 Anhang
– Geschwister, – Pflegeeltern, Pflegekinder. 8. Unterhalt, Grabpflege und Ehrung des Andenkens müssen sich in angemessenem Rahmen halten. Damit ist neben der relativen Grenze von einem Drittel des Einkommens eine gewisse absolute Grenze festgelegt. Maßstab für die Angemessenheit des Unterhalts ist der Lebensstandard des Zuwendungsempfängers. Leistungen mit Ausschüttungscharakter, z.B. in Höhe eines Prozentsatzes der Erträge, sind unzulässig. 9. § 58 Nr. 6 AO enthält lediglich eine Ausnahmeregelung zu § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO für Stiftungen (vgl. Nr. 14 des AEAO zu § 55), begründet jedoch keinen eigenständigen steuerbegünstigten Zweck. Eine Stiftung, zu deren Satzungszwecken die Unterstützung von hilfebedürftigen Verwandten des Stifters gehört, kann daher nicht unter Hinweis auf § 58 Nr. 6 AO als steuerbegünstigt behandelt werden. Zu § 58 Nr. 7 AO: 10. Gesellige Zusammenkünfte, die im Vergleich zur steuerbegünstigten Tätigkeit nicht von untergeordneter Bedeutung sind, schließen die Steuervergünstigung aus. Zu § 58 Nr. 9 AO: 11. Diese Ausnahmeregelung ermöglicht es den ausschließlich von einer oder mehreren Gebietskörperschaften errichteten rechtsfähigen und nichtrechtsfähigen Stiftungen, die Erfüllung ihrer steuerbegünstigten Zwecke mittelbar durch Zuschüsse an Wirtschaftsunternehmen zu verwirklichen. Diese mittelbare Zweckverwirklichung muss in der Satzung festgelegt sein. Die Verwendung der Zuschüsse für steuerbegünstigte Satzungszwecke muss nachgewiesen werden. Zu § 58 Nr. 10 AO: 12. Die Verwendung von Mitteln zum Erwerb von Gesellschaftsrechten zur Erhaltung der prozentualen Beteiligung an Kapitalgesellschaften schließt die Steuervergünstigungen nicht aus (§ 58 Nr. 10 AO). Die Herkunft der Mittel ist dabei ohne Bedeutung. § 58 Nr. 10 AO ist nicht auf den erstmaligen Erwerb von Anteilen an Kapitalgesellschaften anzuwenden. Hierfür können u.a. freie Rücklagen nach § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO eingesetzt werden. Die Höchstgrenze für die Zuführung zu der freien Rücklage vermindert sich um den Betrag, den die Körperschaft zum Erwerb von Gesellschaftsrechten zur Erhaltung der prozentualen Beteiligung an Kapitalgesellschaften ausgibt oder bereitstellt. Übersteigt der für die Erhaltung der Beteiligungsquote verwendete oder bereitgestellte Betrag die Höchstgrenze, ist auch in den Folgejahren eine Zuführung zu der freien Rücklage erst wieder möglich, wenn die für eine freie Rücklage verwendbaren Mittel insgesamt die für die Erhaltung der Beteiligungsquote verwendeten oder bereitgestellten Mittel übersteigen. Beispiel: Die Körperschaft erzielt im Jahr 01 folgende Überschüsse bzw. vereinnahmt folgende Mittel i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO:
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Anhang Rz. 1956 | C. Gesetzestexte und Steuervorschriften 21 000 € 30 000 €
Überschuss Vermögensverwaltung: Mittel i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO:
Im Jahr 01 werden 2 500 € für den Erwerb von Anteilen zum Erhalt der prozentualen Beteiligung eingesetzt. Ermittlung der freien Rücklage im Jahr 01 unter Beachtung des § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO Überschuss Vermögensverwaltung: Mittel i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO: Gesamt
21 000 € 30 000 €
Freie Rücklage 7 000 € 3 000 € 10 000 €
Der Höchstbetrag für die freie Rücklage im Jahr 01 i.H.v. 10 000 € ist um die Mittel zu kürzen, die für den Erwerb der Anteile zum Erhalt der prozentualen Beteiligung eingesetzt wurden. Im Jahr 01 kann eine freie Rücklage demnach nur i.H.v. 7 500 € gebildet werden.
Zu § 58 Nr. 2 bis 10 AO: 13. Die in § 58 Nr. 2 bis 8 AO genannten Ausnahmetatbestände können auch ohne entsprechende Satzungsbestimmung verwirklicht werden. Entgeltliche Tätigkeiten nach § 58 Nr. 4, 5 oder 7 AO begründen einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb oder Vermögensverwaltung (z.B. Raumüberlassung). Bei den Regelungen des § 58 Nr. 6 und 9 AO kommt es jeweils nicht auf die Bezeichnung der Körperschaft als Stiftung, sondern auf die tatsächliche Rechtsform an. Dabei ist es unmaßgeblich, ob es sich um eine rechtsfähige oder nichtrechtsfähige Stiftung handelt. AEAO zu § 59 – Voraussetzung der Steuervergünstigung: Die Vorschrift bestimmt u.a., dass die Steuervergünstigung nur gewährt wird, wenn ein steuerbegünstigter Zweck (§§ 52 bis 54AO), die Selbstlosigkeit (§ 55 AO) und die ausschließliche und unmittelbare Zweckverfolgung (§§ 56, 57AO) durch die Körperschaft aus der Satzung direkt hervorgehen. Eine weitere satzungsmäßige Voraussetzung in diesem Sinn ist die in § 61 AO geforderte Vermögensbindung. Das Unterhalten wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe (§ 14 Satz 1 und 2 AO und § 64 AO), die keine Zweckbetriebe (§§ 65 bis 68AO) sind, und die Vermögensverwaltung (§ 14 Satz 3 AO) dürfen nicht Satzungszweck sein. Die Erlaubnis zur Unterhaltung eines Nichtzweckbetriebs und die Vermögensverwaltung in der Satzung können zulässig sein (BFH, Urt. v. 18.12.2002 – I R 15/02, BStBl. II 2003, 384). Bei Körperschaften, die ausschließlich Mittel für andere Körperschaften oder juristische Personen des öffentlichen Rechts beschaffen (§ 58 Nr. 1 AO), kann in der Satzung auf das Gebot der Unmittelbarkeit verzichtet werden. 2. Bei mehreren Betrieben gewerblicher Art einer juristischen Person des öffentlichen Rechts ist für jeden Betrieb gewerblicher Art eine eigene Satzung erforderlich. 3. Ein besonderes Anerkennungsverfahren ist im steuerlichen Gemeinnützigkeitsrecht nicht vorgesehen. Ob eine Körperschaft steuerbegünstigt ist, entscheidet das Finanzamt im Veranlagungsverfahren durch Steuerbescheid (ggf. Freistellungsbe-
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9. Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) | Rz. 1956 Anhang
scheid). Die Steuerbefreiung soll spätestens alle drei Jahre überprüft werden. Dabei hat das Finanzamt von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Steuerpflicht und für die Bemessung der Steuer wesentlich sind. Eine Körperschaft, bei der nach dem Ergebnis dieser Prüfung die gesetzlichen Voraussetzungen für die steuerliche Behandlung als steuerbegünstigte Körperschaft vorliegen, muss deshalb auch als solche behandelt werden, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob ein entsprechender Antrag gestellt worden ist oder nicht. Ein Verzicht auf die Behandlung als steuerbegünstigte Körperschaft ist somit für das Steuerrecht unbeachtlich. 4. Wird bei einer Körperschaft, die bereits nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG steuerbefreit war, im Rahmen der Veranlagung festgestellt, dass die Satzung nicht den Anforderungen des Gemeinnützigkeitsrechts genügt, dürfen aus Vertrauensschutzgründen hieraus keine nachteiligen Folgerungen für die Vergangenheit gezogen werden. Die Körperschaft ist trotz der fehlerhaften Satzung für abgelaufene Veranlagungszeiträume und für das Kalenderjahr, in dem die Satzung beanstandet wird, als steuerbegünstigt zu behandeln. Dies gilt nicht, wenn bei der tatsächlichen Geschäftsführung gegen Vorschriften des Gemeinnützigkeitsrechts verstoßen wurde. Die Vertreter der Körperschaft sind aufzufordern, die zu beanstandenden Teile der Satzung so zu ändern, dass die Körperschaft die satzungsmäßigen Voraussetzungen für die Steuervergünstigung erfüllt. Hierfür ist eine angemessene Frist zu setzen. Vereinen soll dabei in der Regel eine Beschlussfassung in der nächsten ordentlichen Mitgliederversammlung ermöglicht werden. Wird die Satzung innerhalb der gesetzten Frist entsprechend den Vorgaben des Finanzamts geändert, ist die Steuervergünstigung für das der Beanstandung der Satzung folgende Kalenderjahr auch dann anzuerkennen, wenn zu Beginn des Kalenderjahres noch keine ausreichende Satzung vorgelegen hat. Die vorstehenden Grundsätze gelten nicht, wenn die Körperschaft die Satzung geändert hat und eine geänderte Satzungsvorschrift zu beanstanden ist. In diesen Fällen fehlt es an einer Grundlage für die Gewährung von Vertrauensschutz. AEAO zu § 60 – Anforderungen an die Satzung: Die Satzung muss so präzise gefasst sein, dass aus ihr unmittelbar entnommen werden kann, ob die Voraussetzungen der Steuerbegünstigung vorliegen (formelle Satzungsmäßigkeit). Die bloße Bezugnahme auf Satzungen oder andere Regelungen Dritter genügt nicht (BFH, Urt. v. 19.4.1989 – I R 3/88, BStBl. II S. 595). 2. Die Satzung muss die in der Mustersatzung bezeichneten Festlegungen enthalten, soweit sie für die jeweilige Körperschaft im Einzelfall einschlägig sind. Unter anderem sind in folgenden Fällen Abweichungen vom Wortlaut der Mustersatzung möglich: a) Bei Mittelbeschaffungskörperschaften (§ 58 Nr. 1 AO) kann entgegen § 1 der Mustersatzung auf das Gebot der Unmittelbarkeit verzichtet werden (vgl. Nr. 1 des AEAO zu § 59 AO).
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b) Insbesondere bei Stiftungen ist der in § 3 der Mustersatzung verwendete Begriff „Mitglieder“ durch eine andere geeignete Formulierung zu ersetzen (vgl. § 55 Abs. 3 AO). c) Körperschaften, deren Gesellschafter oder Mitglieder steuerbegünstigte Körperschaften sind und/oder juristische Personen des öffentlichen Rechts, die die Mittel für steuerbegünstigte Zwecke verwenden, können auf die Regelung in § 3 Satz 2 der Mustersatzung verzichten. d) § 5 der Mustersatzung kann in Satzungen von Vereinen ohne die Formulierung „Aufhebung“ verwendet werden. Derselbe Aufbau und dieselbe Reihenfolge der Bestimmungen wie in der Mustersatzung werden nicht verlangt. 3. Die Bestimmung, dass die Satzung die in der Mustersatzung bezeichneten Festlegungen enthalten muss (§ 60 Abs. 1 Satz 2 AO), gilt für Körperschaften, die nach dem 31.12.2008 gegründet werden oder die ihre Satzung mit Wirkung nach diesem Zeitpunkt ändern. Die Satzung einer Körperschaft, die bereits vor dem 1.1.2009 bestanden hat, braucht nicht allein zur Anpassung an die Festlegungen in der Mustersatzung geändert zu werden. 4. Eine Satzung braucht nicht allein deswegen geändert zu werden, weil in ihr auf Vorschriften des StAnpG oder der GemV verwiesen oder das Wort „selbstlos“ nicht verwandt wird. 5. Ordensgemeinschaften haben eine den Ordensstatuten entsprechende zusätzliche Erklärung nach dem Muster der Anlage zu Nr. 5 des AEAO zu § 60 abzugeben, die die zuständigen Organe der Orden bindet. 6. Die tatsächliche Geschäftsführung (vgl. § 63 AO) muss mit der Satzung übereinstimmen. 7. Die satzungsmäßigen Voraussetzungen für die Anerkennung der Steuerbegünstigung müssen – bei der Körperschaftsteuer vom Beginn bis zum Ende des Veranlagungszeitraums, – bei der Gewerbesteuer vom Beginn bis zum Ende des Erhebungszeitraums, – bei der Grundsteuer zum Beginn des Kalenderjahres, für das über die Steuerpflicht zu entscheiden ist (§ 9 Abs. 2 GrStG), – bei der Umsatzsteuer zu den sich aus § 13 Abs. 1 UStG ergebenden Zeitpunkten, – bei der Erbschaftsteuer zu den sich aus § 9 ErbStG ergebenden Zeitpunkten erfüllt sein. 8. Wird bei Neugründungsfällen die Feststellung nach § 60a AO abgelehnt und wird im gleichen Veranlagungszeitraum eine Satzung vorgelegt, die den gemeinnützigkeitsrechtlichen Bestimmungen genügt, kann die Steuerbegünstigung erst ab dem darauffolgenden Veranlagungszeitraum gewährt werden. Dies gilt nicht, wenn die Kör-
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9. Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) | Rz. 1956 Anhang
perschaft in der Zwischenzeit keine nach außen gerichteten Tätigkeiten entfaltet und keine Mittelverwendung stattgefunden hat. Bei Körperschaften, die bereits vor Beginn des laufenden Veranlagungszeitraums existierten und erstmalig die Steuerbegünstigung oder die Feststellung nach § 60a AO beantragen, kann die Steuerbegünstigung erst ab dem darauffolgenden Veranlagungszeitraum gewährt werden. AEAO zu § 60a – Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen: 1. Das Verfahren nach § 60a AO hat die sog. vorläufige Bescheinigung abgelöst. Die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen (§§ 179 ff. AO) hat nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) zu erfolgen. Zu § 60a Abs. 1 AO: 2. Hält die Satzung einer Körperschaft die satzungsmäßigen Voraussetzungen nach den §§ 51, 59, 60 und 61AO ein, wird dies durch einen Bescheid gesondert festgestellt. Diese Feststellung der Satzungsmäßigkeit ist für die Besteuerung der Körperschaft und der Steuerpflichtigen, die Zuwendungen in Form von Spenden und Mitgliedsbeiträgen an die Körperschaft erbringen, bindend. Die Voraussetzungen für die Feststellungen nach § 60a AO liegen auch dann vor, wenn die Körperschaft bereits vor dem 1.1.2009 bestand und daher eine Anpassung an die Mustersatzung (Anlage 1 zu § 60 AO) bisher nicht vornehmen musste (Art. 97 § 1f EGAO, s. auch Nr. 3 des AEAO zu § 60). Liegen im Zeitpunkt der Entscheidung über die gesonderte Feststellung bereits Erkenntnisse vor, dass die tatsächliche Geschäftsführung der Körperschaft den Anforderungen des § 51 AO nicht entsprechen wird, ist die Feststellung nach § 60a Abs. 1 AO abzulehnen. 3. Das Verfahren nach § 60a AO ist ein Annexverfahren zur Körperschaftsteuerveranlagung. Eine Feststellung nach § 60a AO ist für Körperschaften ausgeschlossen, die weder unbeschränkt i.S.d. § 1 KStG noch beschränkt i.S.d. § 2 KStG steuerpflichtig sind. 4. Die Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen kann bereits vor einer Registereintragung oder einer Anerkennung/Genehmigung der Körperschaft erfolgen, sofern zu diesem Zeitpunkt bereits eine Körperschaftsteuerpflicht besteht. Eine Feststellung darf erst nach einem wirksamen Organbeschluss, beispielsweise über die Satzung, erfolgen. Zu § 60a Abs. 2 AO: 5. Die Feststellung erfolgt auf Antrag der Körperschaft oder von Amts wegen bei der Veranlagung zur Körperschaftsteuer, wenn bisher noch keine Feststellung erfolgt ist. Zu § 60a Abs. 3 AO: 6. Werden die Vorschriften, auf denen die Feststellung beruht, aufgehoben oder geändert, dann entfällt die Bindungswirkung des Feststellungsbescheids ab diesem Zeitpunkt.
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Zu § 60a Abs. 4 AO: 7. Treten bei den Verhältnissen, die für die Feststellung erheblich waren, Änderungen ein, so ist diese Feststellung ab dem Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben. Für die Feststellung erheblich sind alle Bestimmungen, die für das Vorliegen der formellen Voraussetzungen gem. §§ 51, 59, 60 und 61AO von Bedeutung sind (gemeinnützigkeitsrechtliche Bestimmungen). Dies sind beispielsweise: – Änderungen der Zwecke, – Anpassung an die Mustersatzung, – Änderung der Vermögensbindung. Ändert eine Körperschaft gemeinnützigkeitsrechtlich relevante Bestimmungen ihrer Satzung, so ist die bisherige Feststellung mit Datum des Inkrafttretens der Satzungsänderung aufzuheben. Zivilrechtliche Änderungen ohne steuerliche Relevanz sind unerheblich. Wird auf Antrag der Körperschaft bei steuerlich nicht relevanten Satzungsänderungen eine Feststellung vorgenommen, scheidet eine Aufhebung der vorherigen Feststellung aus. Zu § 60a Abs. 5 AO: 8. Beruht die Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen auf einem materiellen Fehler, kann sie mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben werden. Die Feststellung wird dann ab dem Jahr aufgehoben, das auf die Bekanntgabe der Aufhebungsentscheidung folgt. Stellt sich also beispielsweise im Mai des Jahres 01 heraus, dass der Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen ein materieller Fehler zugrunde liegt, und ergeht der Bescheid zur Aufhebung der Feststellung nach § 60a AO im August 01, tritt die Aufhebung zum 1.1.2002 in Kraft. Die Regelung des § 176 AO ist dabei entsprechend anzuwenden. Dies gilt allerdings nicht für die Kalenderjahre, die nach der Verkündung der maßgeblichen Entscheidung eines obersten Gerichtshofes des Bundes beginnen. AEAO zu § 61 – Satzungsmäßige Vermögensbindung: 1. Die Vorschrift stellt klar, dass die zu den Voraussetzungen der Selbstlosigkeit zählende Bindung des Vermögens für steuerbegünstigte Zwecke vor allem im Falle der Auflösung der Körperschaft aus der Satzung genau hervorgehen muss (Mustersatzung, § 5). Als Empfänger des Vermögens kommen in Betracht: – inländische steuerbegünstigte Körperschaften, – die in § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG aufgeführten Körperschaften, – juristische Personen des öffentlichen Rechts. Die satzungsmäßige Vermögensbindung nach § 55 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 i.V.m. § 61 Abs. 1 AO ist auch erfüllt, wenn in der Satzung einer Körperschaft als Anfallsberechtigte eine in einem EU-/EWR-Staat ansässige juristische Person des öffentlichen Rechts aufgeführt wird.
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2. Wird die satzungsmäßige Vermögensbindung aufgehoben, gilt sie von Anfang an als steuerlich nicht ausreichend. Die Regelung greift auch ein, wenn die Bestimmung über die Vermögensbindung erst zu einem Zeitpunkt geändert wird, in dem die Körperschaft nicht mehr als steuerbegünstigt anerkannt ist. Die entsprechenden steuerlichen Folgerungen sind durch Steuerfestsetzung rückwirkend zu ziehen. 3. Bei Verstößen gegen den Grundsatz der Vermögensbindung bildet die Festsetzungsverjährung (§§ 169 ff. AO) keine Grenze. Vielmehr können nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO auch Steuerbescheide noch geändert werden, die Steuern betreffen, die innerhalb von zehn Jahren vor der erstmaligen Verletzung der Vermögensbindungsregelung entstanden sind. Es kann demnach auch dann noch zugegriffen werden, wenn zwischen dem steuerfreien Bezug der Erträge und dem Wegfall der Steuerbegünstigung ein Zeitraum von mehr als fünf Jahren liegt, selbst wenn in der Zwischenzeit keine Erträge mehr zugeflossen sind. Beispiel: Eine gemeinnützige Körperschaft hat in den Jahren 01 bis 11 steuerfreie Einnahmen aus einem Zweckbetrieb bezogen und diese teils für gemeinnützige Zwecke ausgegeben und zum Teil in eine Rücklage eingestellt. Eine in 11 vollzogene Satzungsänderung sieht jetzt vor, dass bei Auflösung des Vereins das Vermögen an die Mitglieder ausgekehrt wird. In diesem Fall muss das Finanzamt für die Veranlagungszeiträume 01 ff. Steuerbescheide erlassen, welche die Nachversteuerung aller genannten Einnahmen vorsehen, wobei es unerheblich ist, ob die Einnahmen noch im Vereinsvermögen vorhanden sind.
4. Verstöße gegen § 55 Abs. 1 bis 3 AO begründen die Möglichkeit einer Nachversteuerung im Rahmen der Festsetzungsfrist. 5. Die Nachversteuerung gem. § 61 Abs. 3 AO greift nicht nur bei gemeinnützigkeitsschädlichen Änderungen satzungsrechtlicher Bestimmungen über die Vermögensbindung ein, sondern erfasst auch die Fälle, in denen die tatsächliche Geschäftsführung gegen die von § 61 AO geforderte Vermögensbindung verstößt (§ 63 Abs. 2 AO). Beispiel: Eine gemeinnützige Körperschaft verwendet bei ihrer Auflösung oder bei Aufgabe ihres begünstigten Satzungszweckes ihr Vermögen entgegen der Vermögensbindungsbestimmung in der Satzung nicht für begünstigte Zwecke.
6. Verstöße der tatsächlichen Geschäftsführung gegen § 55 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 können so schwerwiegend sein, dass sie einer Verwendung des gesamten Vermögens für satzungsfremde Zwecke gleichkommen. Auch in diesen Fällen ist eine Nachversteuerung nach § 61 Abs. 3 möglich (vgl. auch BFH, Urt. v. 12.10.2010 – I R 59/09, BStBl. II 2012, 226). 7. Bei der nachträglichen Besteuerung ist so zu verfahren, als ob die Körperschaft von Anfang an uneingeschränkt steuerpflichtig gewesen wäre. § 13 Abs. 3 KStG ist nicht anwendbar. AEAO zu § 62 – Rücklagen und Vermögensbildung: 1. Im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb können Rücklagen durch Zuführung des Gewinns gebildet werden. Die Rücklagen müssen bei vernünftiger kaufmännischer BeStöber/Otto | 1059
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urteilung wirtschaftlich begründet sein (entsprechend § 14 Abs. 1 Nr. 4 KStG). Es muss ein konkreter Anlass gegeben sein, der auch aus objektiver unternehmerischer Sicht die Bildung der Rücklage im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb rechtfertigt (z.B. eine geplante Betriebsverlegung, Werkserneuerung oder Kapazitätsausweitung). Eine fast vollständige Zuführung des Gewinns zu einer Rücklage im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ist nur dann unschädlich für die Steuerbegünstigung, wenn die Körperschaft nachweist, dass die betriebliche Mittelverwendung zur Sicherung ihrer Existenz geboten war (BFH, Urt. v. 15.7.1998 – I R 156/94, BStBl. II 2002, 162). Im Bereich der Vermögensverwaltung können Rücklagen durch Zuführung der Überschüsse aus der Vermögensverwaltung nur für die Durchführung konkreter Reparatur- oder Erhaltungsmaßnahmen an Vermögensgegenständen i.S.d. § 21 EStG gebildet werden. Die Maßnahmen, für deren Durchführung die Rücklage gebildet wird, müssen notwendig sein, um den ordnungsgemäßen Zustand des Vermögensgegenstandes zu erhalten oder wiederherzustellen, und in einem angemessenen Zeitraum durchgeführt werden können (z.B. geplante Erneuerung eines undichten Daches). Zu § 62 Abs. 1 AO: 2. Die Bildung einer Rücklage kann nicht damit begründet werden, dass die Überlegungen zur Verwendung der Mittel noch nicht abgeschlossen sind. Zu § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO: 3. Bei der Bildung der Rücklage nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AO kommt es nicht auf die Herkunft der Mittel an. Der Rücklage dürfen also auch zeitnah zu verwendende Mittel wie z.B. Spenden zugeführt werden. 4. Voraussetzung für die Bildung einer Rücklage nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO ist in jedem Fall, dass diese erforderlich ist, um die steuerbegünstigten, satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft nachhaltig erfüllen zu können. Das Bestreben, ganz allgemein die Leistungsfähigkeit der Körperschaft zu erhalten, reicht für eine steuerlich unschädliche Rücklagenbildung nach dieser Vorschrift nicht aus (hierfür können nur freie Rücklagen nach § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO gebildet werden, vgl. Nrn. 13 bis 17 des AEAO zu § 62). Vielmehr müssen die Mittel für bestimmte – die steuerbegünstigten Satzungszwecke verwirklichende – Vorhaben angesammelt werden, für deren Durchführung bereits konkrete Zeitvorstellungen bestehen. Besteht noch keine konkrete Zeitvorstellung, ist eine Rücklagenbildung dann zulässig, wenn die Durchführung des Vorhabens glaubhaft und bei den finanziellen Verhältnissen der steuerbegünstigten Körperschaft in einem angemessenen Zeitraum möglich ist. Die Bildung von Rücklagen für periodisch wiederkehrende Ausgaben (z.B. Löhne, Gehälter, Mieten) in Höhe des Mittelbedarfs für eine angemessene Zeitperiode zur Sicherstellung der Liquidität ist zulässig (sog. Betriebsmittelrücklage). Ebenfalls unschädlich ist die vorsorgliche Bildung einer Rücklage zur Bezahlung von Steuern außerhalb eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, solange Unklarheit darüber besteht, ob die Körperschaft insoweit in Anspruch genommen wird. Eine beabsichtigte Vermögensausstattung nach § 58 Nr. 3 AO rechtfertigt keine Rücklagenbildung nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO.
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5. Die Rücklage nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO kann unabhängig von dem Vorhandensein und der Höhe einer Rücklage nach § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO (freie Rücklage) gebildet werden. Zu § 62 Abs. 1 Nr. 2 AO: 6. Eine Wiederbeschaffungsrücklage für Fahrzeuge und andere Wirtschaftsgüter, für deren Anschaffung die laufenden Einnahmen nicht ausreichen, ist nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 AO zulässig. Eine Wiederbeschaffungsabsicht liegt nur vor, wenn tatsächlich eine Neuanschaffung des einzelnen Wirtschaftsguts geplant und in einem angemessenen Zeitraum möglich ist. Im Regelfall ist als Nachweis für die Wiederbeschaffungsabsicht ausreichend, dass die Rücklage gebildet wurde. Diese Nachweiserleichterung gilt nicht für Immobilien. Reicht die Zuführung von Mitteln in Höhe der Abschreibungen für eine beabsichtigte Wiederbeschaffung nicht aus, dann können auch höhere Mittel der Rücklage zugeführt werden. Der Nachweis darüber ist durch die Körperschaft zu erbringen. 7. Die Regelungen in den vorstehenden Textziffern zu § 62 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AO gelten auch für Mittelbeschaffungskörperschaften i.S.d. § 58 Nr. 1 AO (BFH, Urt. v. 13.9.1989 – I R 19/85, BStBl. II 1990, 28). Voraussetzung ist jedoch, dass die Rücklagenbildung dem Zweck der Beschaffung von Mitteln für die steuerbegünstigten Zwecke einer anderen Körperschaft entspricht. Diese Voraussetzung ist z.B. erfüllt, wenn die Mittelbeschaffungskörperschaft wegen zeitlicher Verzögerung der von ihr zu finanzierenden steuerbegünstigten Maßnahmen angehalten ist, die beschafften Mittel zunächst zu thesaurieren. 8. Unterhält eine steuerbegünstigte Körperschaft einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, so können dessen Erträge der Rücklage erst nach Versteuerung zugeführt werden. Zu § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO: 9. Der freien Rücklage (§ 62 Abs. 1 Nr. 3 AO) darf jährlich höchstens ein Drittel des Überschusses der Einnahmen über die Ausgaben aus der Vermögensverwaltung zugeführt werden. Unter Ausgaben sind Aufwendungen zu verstehen, die dem Grunde nach Werbungskosten sind. 10. Darüber hinaus kann die Körperschaft höchstens 10 % ihrer sonstigen nach § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO zeitnah zu verwendenden Mittel einer freien Rücklage zuführen. Mittel i.S.d. Vorschrift sind die Überschüsse bzw. Gewinne aus steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben und Zweckbetrieben sowie die Bruttoeinnahmen aus dem ideellen Bereich. Bei Anwendung der Regelungen des § 64 Abs. 5 und 6 AO können in die Bemessungsgrundlage zur Ermittlung der Rücklage statt der geschätzten bzw. pauschal ermittelten Gewinne die tatsächlichen Gewinne einbezogen werden. Verluste aus Zweckbetrieben sind mit entsprechenden Überschüssen zu verrechnen; darüber hinausgehende Verluste mindern die Bemessungsgrundlage nicht. Das gilt entsprechend für Verluste aus dem einheitlichen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Ein Überschuss aus der Vermögensverwaltung ist – unabhängig davon, inwieweit er Stöber/Otto | 1061
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in eine Rücklage eingestellt wurde – nicht in die Bemessungsgrundlage für die Zuführung aus den sonstigen zeitnah zu verwendenden Mitteln einzubeziehen. Ein Verlust aus der Vermögensverwaltung mindert die Bemessungsgrundlage nicht. 11. Wird der jährliche Höchstbetrag der Mittel, die in die freie Rücklage hätten eingestellt werden können, in einem Jahr nicht ausgeschöpft, können Mittel in Höhe des nicht ausgeschöpften Betrages zusätzlich in den beiden Folgejahren in die freie Rücklage eingestellt werden. Eine Körperschaft hätte im Jahr 01 beispielsweise 30 000 € in die freie Rücklage einstellen können. Tatsächlich stellte sie aber nur 25 000 € ein. In den nächsten beiden Jahren kann die Körperschaft zusätzlich zu dem für das jeweilige Jahr zulässigen Betrag nach § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO noch weitere 5 000 € in die freie Rücklage des jeweiligen Jahres einstellen. Die Körperschaft kann diesen Betrag auf beide Jahre aufteilen (02: 3 000 €, 03: 2 000 €) oder den ganzen Betrag (entweder 02 oder 03) in die Rücklage einstellen. Die steuerbegünstigte Körperschaft muss die freie Rücklage während der Dauer ihres Bestehens nicht auflösen. Die in die Rücklage eingestellten Mittel können auch dem Vermögen zugeführt werden. Zu § 62 Abs. 1 Nr. 4 AO: 12. Die Ansammlung von Mitteln zum Erwerb von Gesellschaftsrechten zur Erhaltung der prozentualen Beteiligung an Kapitalgesellschaften ist zulässig (§ 62 Abs. 1 Nr. 4 AO). Die Herkunft der Mittel ist dabei ohne Bedeutung. § 62 Abs. 1 Nr. 4 AO ist nicht auf den erstmaligen Erwerb von Anteilen an Kapitalgesellschaften anzuwenden. Hierfür können u.a. freie Rücklagen nach § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO eingesetzt werden. 13. Die Höchstgrenze für die Zuführung zu der freien Rücklage mindert sich um den Betrag, den die Körperschaft zum Erwerb von Gesellschaftsrechten zur Erhaltung der prozentualen Beteiligung an Kapitalgesellschaften ausgibt oder in die Rücklage einstellt. Übersteigt der für die Erhaltung der Beteiligungsquote verwendete oder in eine Rücklage eingestellte Betrag die Höchstgrenze, ist auch in den Folgejahren eine Zuführung zu der freien Rücklage erst wieder möglich, wenn die für eine freie Rücklage verwendbaren Mittel insgesamt die für die Erhaltung der Beteiligungsquote verwendeten oder in die Rücklage eingestellten Mittel übersteigen. Die Zuführung von Mitteln zu Rücklagen nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AO berührt die Höchstgrenze für die Bildung freier Rücklagen dagegen nicht. Beispiel: Beispiel für eine Rücklagenbildung nach § 62 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 AO: [VZ 01] Spenden Einnahmen aus Vermögensverwaltung Ausgaben in der Vermögensverwaltung
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10 000 € 12 000 € 9 000 €
9. Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) | Rz. 1956 Anhang Gewinne aus Zweckbetrieben steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben → 10 % von (10 000 € + 2500 € + 3000 €) → 1/3 von (12 000 € – 9000 €) = Potential zur Rücklagenbildung nach § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO
2500 € 3000 € 1550 € 1000 € 2550 €
Tatsächliche Rücklagenbildung im VZ 01: nach § 62 Abs. 1 Nr. 4 AO: nach § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO: Überhang nach § 62 Abs. 1 Nr. 4 im Verhältnis zu Nr. 3 AO:
3000 € 0€ 450 €
[VZ 02] Spenden Einnahmen aus Vermögensverwaltung Ausgaben in der Vermögensverwaltung
20 000 € 16 000 € 10 000 €
Gewinne aus Zweckbetrieben steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben → 10 % von (20 000 € + 1000 € + 5000 €) = → 1/3 von (16 000 € – 10 000 €) = abzgl. Überhang nach § 62 Abs. 1 Nr. 4 im Verhältnis zu Nr. 3 AO Potential zur Rücklagenbildung nach § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO
1000 € 5000 € 2600 € 2000 € 450 € 4150 €
Tatsächliche Rücklagenbildung im VZ 02: nach § 62 Abs. 1 Nr. 4 AO: nach § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO:
1000 € 3150 €
Zu § 62 Abs. 2 AO: 14. Rücklagen sind in der Frist des § 55 Abs. 1 Nr. 5 Satz 3 AO zu bilden. Nur tatsächlich vorhandene Mittel können in eine Rücklage eingestellt werden. Ob die Voraussetzungen für die Bildung einer Rücklage vorliegen, hat die steuerbegünstigte Körperschaft dem zuständigen Finanzamt im Einzelnen darzulegen. Weiterhin muss sie die Rücklagen nach § 62 Abs. 1 AO in ihrer Rechnungslegung – ggf. in einer Nebenrechnung – gesondert ausweisen, damit eine Kontrolle jederzeit und ohne besonderen Aufwand möglich ist (BFH, Urt. v. 20.12.1978 – I R 21/76, BStBl. II 1979, 496). Entfällt der Grund für die Bildung einer Rücklage nach § 62 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 AO, so ist diese unverzüglich aufzulösen. Die dadurch freigewordenen Mittel sind innerhalb der Frist des § 55 Abs. 1 Nr. 5 Satz 3 AO zu verwenden. Die freigewordenen Mittel können auch in die Rücklagen nach § 62 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 AO eingestellt werden. Bei diesen Mitteln handelt es sich nicht um sonstige nach § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO zeitnah zu verwendende Mittel (§ 58 Nr. 3 AO, § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO). 15. Vorstehende Grundsätze gelten für Rücklagen im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb und für Rücklagen im Bereich der Vermögensverwaltung entsprechend.
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Zu § 62 Abs. 3 AO: 16. Die in § 62 Abs. 3 AO genannten Zuwendungen können dem Vermögen zugeführt werden. Die Aufzählung ist abschließend. Unter Sachzuwendungen, die ihrer Natur nach zum Vermögen gehören, sind Wirtschaftsgüter zu verstehen, die ihrer Art nach von der Körperschaft im ideellen Bereich, im Rahmen der Vermögensverwaltung oder im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb genutzt werden können. Werden Mittel nach dieser Vorschrift dem Vermögen zugeführt, sind sie aus der Bemessungsgrundlage für Zuführungen von sonstigen zeitnah zu verwendenden Mitteln nach § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO herauszurechnen. Zu § 62 Abs. 4 AO: 17. Stiftungen dürfen im Jahr ihrer Errichtung und in den drei folgenden Kalenderjahren Überschüsse und Gewinne aus der Vermögensverwaltung, aus Zweckbetrieb und aus steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben ganz oder teilweise ihrem Vermögen zuführen. Für sonstige Mittel, z.B. Zuwendungen und Zuschüsse, gilt diese Regelung dagegen nicht. Liegen in einem Kalenderjahr positive und negative Ergebnisse aus der Vermögensverwaltung, aus den Zweckbetrieben und dem einheitlichen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb vor, ist eine Zuführung zum Vermögen auf den positiven Betrag begrenzt, der nach der Verrechnung der Ergebnisse verbleibt. AEAO zu § 63 – Anforderungen an die tatsächliche Geschäftsführung: 1. Den Nachweis, dass die tatsächliche Geschäftsführung den notwendigen Erfordernissen entspricht, hat die Körperschaft durch ordnungsmäßige Aufzeichnungen (insbesondere Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben, Tätigkeitsbericht, Vermögensübersicht mit Nachweisen über die Bildung und Entwicklung der Rücklagen) zu führen. Die Vorschriften der AO über die Führung von Büchern und Aufzeichnungen (§§ 140 ff. AO) sind zu beachten. Die Vorschriften des Handelsrechts einschließlich der entsprechenden Buchführungsvorschriften gelten nur, sofern sich dies aus der Rechtsform der Körperschaft oder aus ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit ergibt. Bei der Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke im Ausland besteht eine erhöhte Nachweispflicht (§ 90 Abs. 2 AO). 2. Hat das Finanzamt eine Frist nach § 63 Abs. 4 AO gesetzt, gilt die tatsächliche Geschäftsführung als ordnungsgemäß, wenn die Körperschaft die Mittel innerhalb der gesetzten Frist für steuerbegünstigte Zwecke verwendet. 3. Die tatsächliche Geschäftsführung umfasst auch die Ausstellung steuerlicher Zuwendungsbestätigungen. Zuwendungsbestätigungen dürfen nur dann ausgestellt werden, wenn die Voraussetzungen des § 63 Abs. 5 AO vorliegen. Die Erlaubnis wird an die Erteilung eines Feststellungsbescheids nach § 60a Abs. 1 AO, eines Freistellungsbescheids oder eine Anlage zum Körperschaftsteuerbescheid geknüpft. Ist der Bescheid nach § 60a AO älter als drei Jahre oder ist der Freistellungsbescheid – beziehungsweise sind die Anlagen zum Körperschaftsteuerbescheid – älter als fünf Jahre, darf die Körperschaft keine Zuwendungsbestätigungen mehr ausstellen. 1064 | Stöber/Otto
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Bei Missbräuchen auf diesem Gebiet, z.B. durch die Ausstellung von Gefälligkeitsbestätigungen, ist die Steuerbegünstigung zu versagen. 4. Liegen neuere Erkenntnisse nach Bekanntgabe einer Feststellung nach § 60a AO, eines Freistellungsbescheids oder einer Anlage zum Körperschaftsteuerbescheid vor, dass auf Grund der tatsächlichen Geschäftsführung der Körperschaft die Steuerbegünstigung voraussichtlich nicht gewährt werden kann, kann eine Steuerfestsetzung (ggf. mit 0 €) erfolgen. Dies kann durch einen Vorauszahlungsbescheid oder einen Körperschaftsteuerbescheid geschehen, in dem jeweils von der vollen Steuerpflicht ausgegangen wird. Dies hat zur Folge, dass die Körperschaft nicht mehr berechtigt ist, Zuwendungsbestätigungen auszustellen. Die Körperschaft ist auf eine mögliche Haftungsinanspruchnahme nach § 10b Abs. 4 EStG hinzuweisen. 5. Die tatsächliche Geschäftsführung muss sich im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung halten, da die Rechtsordnung als selbstverständlich das gesetzestreue Verhalten aller Rechtsunterworfenen voraussetzt. Als Verstoß gegen die Rechtsordnung, der die Steuerbegünstigung ausschließt, kommt auch eine Steuerverkürzung in Betracht (BFH, Urt. v. 27.9.2001 – V R 17/99, BStBl. II 2002, 169). Die verfassungsmäßige Ordnung wird schon durch die Nichtbefolgung von polizeilichen Anordnungen durchbrochen (BFH, Urt. v. 29.8.1984 – I R 215/81, BStBl. II 1985, 106). Gewaltfreier Widerstand, z.B. Sitzblockaden, gegen geplante Maßnahmen des Staates verstößt grundsätzlich nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.1.1995, 1 BvR 718/89, 1 BvR 719/89, 1 BvR 722/89, 1 BvR 723/89, BVerfGE 92, 1 bis 25). AEAO zu § 64 – Steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe: 1. Als Gesetz, das die Steuervergünstigung teilweise, nämlich für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 14 Satz 1 und 2 AO), ausschließt, ist das jeweilige Steuergesetz zu verstehen, also § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG, § 3 Nr. 6 GewStG, § 12 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 UStG, § 3 Abs. 1 Nr. 3b GrStG i.V.m. A 12 Abs. 4 GrStR. 2. Wegen des Begriffs „Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb“ wird auf § 14 AO hingewiesen. Zum Begriff der „Nachhaltigkeit“ bei wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben s. BFH, Urt. v. 21.8.1985 – I R 60/80, BStBl. II 1986, 88. Danach ist eine Tätigkeit grundsätzlich nachhaltig, wenn sie auf Wiederholung angelegt ist. Es genügt, wenn bei der Tätigkeit der allgemeine Wille besteht, gleichartige oder ähnliche Handlungen bei sich bietender Gelegenheit zu wiederholen. Wiederholte Tätigkeiten liegen auch vor, wenn der Grund zum Tätigwerden auf einem einmaligen Entschluss beruht, die Erledigung aber mehrere (Einzel-)Tätigkeiten erfordert. Die Einnahmen aus der Verpachtung eines vorher selbst betriebenen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs unterliegen solange der Körperschaft- und Gewerbesteuer, bis die Körperschaft die Betriebsaufgabe erklärt (BFH, Urt. v. 4.4.2007 – I R 55/06, BStBl. II S. 725). 3. Ob eine an einer Personengesellschaft oder Gemeinschaft beteiligte steuerbegünstigte Körperschaft gewerbliche Einkünfte bezieht, wird im gesonderten und einheitliStöber/Otto | 1065
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chen Gewinnfeststellungsbescheid der Personengesellschaft bindend festgestellt (BFH, Urt. v. 27.7.1988 – I R 113/84, BStBl. II 1989, 134). Ob ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb oder ein Zweckbetrieb (§§ 65 bis 68AO) vorliegt, ist dagegen bei der Körperschaftsteuerveranlagung der steuerbegünstigten Körperschaft zu entscheiden. Die Beteiligung einer gemeinnützigen Körperschaft an einer gewerblich geprägten vermögensverwaltenden Personengesellschaft stellt keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dar (BFH, Urt. v. 25.5.2011 – I R 60/10, BStBl. II 2012, 858, und vom 18.2.2016 – V R 60/13, BStBl. II 2017, 251). Die Beteiligung einer steuerbegünstigten Körperschaft an einer Kapitalgesellschaft ist grundsätzlich Vermögensverwaltung (§ 14 Satz 3 AO). Sie stellt jedoch einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dar, wenn mit ihr tatsächlich ein entscheidender Einfluss auf die laufende Geschäftsführung der Kapitalgesellschaft ausgeübt wird oder ein Fall der Betriebsaufspaltung vorliegt (vgl. BFH, Urt. v. 30.6.1971 – I R 57/70, BStBl. II S. 753; H 15.7 (4) bis H 15.7 (6) EStH). Besteht die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, die selbst ausschließlich der Vermögensverwaltung dient, so liegt auch bei Einflussnahme auf die Geschäftsführung kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vor (vgl. R 4.1 Abs. 2 Satz 5 KStR 2015 i.V.m. R 5.7 Abs. 5 Satz 4 KStR 2015). Dies gilt auch bei Beteiligung an einer steuerbegünstigten Kapitalgesellschaft. Die Grundsätze der Betriebsaufspaltung sind nicht anzuwenden, wenn sowohl das Betriebs- als auch das Besitzunternehmen steuerbegünstigt sind. Dies gilt aber nur insoweit, als die überlassenen wesentlichen Betriebsgrundlagen bei dem Betriebsunternehmen nicht in einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb eingesetzt werden. 4. Bei der Ermittlung des Gewinns aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb sind die Betriebsausgaben zu berücksichtigen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Dazu gehören Ausgaben, die dem Betrieb unmittelbar zuzuordnen sind, weil sie ohne den Betrieb nicht oder zumindest nicht in dieser Höhe angefallen wären. 5. Bei sog. gemischt veranlassten Kosten, die sowohl durch die steuerfreie als auch durch die steuerpflichtige Tätigkeit veranlasst sind, scheidet eine Berücksichtigung als Betriebsausgaben des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs grundsätzlich aus, wenn sie ihren primären Anlass im steuerfreien Bereich haben. Werden z.B. Werbemaßnahmen bei sportlichen oder kulturellen Veranstaltungen durchgeführt, sind die Veranstaltungskosten, soweit sie auch ohne die Werbung entstanden wären, keine Betriebsausgaben des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs „Werbung“ (BFH, Urt. v. 27.3.1991 – I R 31/89, BStBl. II 1992, 103; zur pauschalen Gewinnermittlung bei Werbung im Zusammenhang mit der steuerbegünstigten Tätigkeit einschließlich Zweckbetrieben vgl. Nrn. 31 ff. des AEAO zu § 64). 6. Unabhängig von ihrer primären Veranlassung ist eine anteilige Berücksichtigung von gemischt veranlassten Aufwendungen (einschließlich Absetzung für Abnutzung) als Betriebsausgaben des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs dann zulässig, wenn ein objektiver Maßstab für die Aufteilung der Aufwendungen (z.B. nach zeitlichen Gesichtspunkten) auf den ideellen Bereich einschließlich der Zweckbetriebe und den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb besteht. Danach ist z.B. bei der Gewinnermittlung für den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb „Greenfee“ von steuerbegünstigten Golfvereinen wegen der Ab1066 | Stöber/Otto
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grenzbarkeit nach objektiven Maßstäben (z.B. im Verhältnis der Nutzung der Golfanlage durch vereinsfremde Spieler zu den Golf spielenden Vereinsmitgliedern im Kalenderjahr) trotz primärer Veranlassung durch den ideellen Bereich des Golfvereins ein anteiliger Betriebsausgabenabzug der Aufwendungen (z.B. für Golfplatz- und Personalkosten) zulässig (BFH, Urt. v. 15.1.2015 – I R 48/13, BStBl. II S. 713). Bei gemeinnützigen Musikvereinen sind Aufwendungen, die zu einem Teil mit Auftritten ihrer Musikgruppen bei eigenen steuerpflichtigen Festveranstaltungen zusammenhängen, anteilig als Betriebsausgaben des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs abzuziehen. Derartige Aufwendungen sind z.B. Kosten für Notenmaterial, Uniformen und Verstärkeranlagen, die sowohl bei Auftritten, die unentgeltlich erfolgen oder Zweckbetriebe sind, als auch bei Auftritten im Rahmen eines eigenen steuerpflichtigen Betriebs eingesetzt werden. Als Maßstab für die Aufteilung kommt die Zahl der Stunden, die einschließlich der Proben auf die jeweiligen Bereiche entfallen, in Betracht. Auch die Personal- und Sachkosten für die allgemeine Verwaltung können grundsätzlich im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb abgezogen werden, soweit sie bei einer Aufteilung nach objektiven Maßstäben teilweise darauf entfallen. Bei Kosten für die Errichtung und Unterhaltung von Vereinsheimen gibt es i.d.R. keinen objektiven Aufteilungsmaßstab. 7. Eine gemeinnützige Körperschaft ist bereits nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO verpflichtet, ihre Mittel ausschließlich zur Förderung gemeinnütziger Zwecke einzusetzen. Ein steuerlicher Abzug derartiger Aufwendungen als Betriebsausgaben scheidet aus. Nichtabziehbar sind nach § 10 Nr. 1 KStG auch Aufwendungen für die Erfüllung von Zwecken, die in der Satzung vorgeschrieben sind. Die Aufwendungen für gemeinnützige oder satzungsmäßige Zwecke können auch nicht aufgrund einer „Auflage“ als abziehbare Betriebsausgaben behandelt werden (Nichtanwendung des BFH-Urteils vom 5.6.2003 – I R 76/01, BStBl. II 2005, 305). 8. Unter Sponsoring wird üblicherweise die Gewährung von Geld oder geldwerten Vorteilen durch Unternehmen zur Förderung von Personen, Gruppen und/oder Organisationen in sportlichen, kulturellen, kirchlichen, wissenschaftlichen, sozialen, ökologischen oder ähnlich bedeutsamen gesellschaftspolitischen Bereichen verstanden, mit der regelmäßig auch eigene unternehmensbezogene Ziele der Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit verfolgt werden. Leistungen eines Sponsors beruhen häufig auf einer vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Sponsor und dem Empfänger der Leistungen (Sponsoring-Vertrag), in dem Art und Umfang der Leistungen des Sponsors und des Empfängers geregelt sind. 9. Die im Zusammenhang mit dem Sponsoring erhaltenen Leistungen können bei einer steuerbegünstigten Körperschaft steuerfreie Einnahmen im ideellen Bereich, steuerfreie Einnahmen aus der Vermögensverwaltung oder Einnahmen eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs sein. Die steuerliche Behandlung der Leistungen beim Empfänger hängt grundsätzlich nicht davon ab, wie die entsprechenden Aufwendungen beim leistenden Unternehmen behandelt werden. Für die Abgrenzung gelten die allgemeinen Grundsätze.
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10. Danach liegt kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vor, wenn die steuerbegünstigte Körperschaft dem Sponsor nur die Nutzung ihres Namens zu Werbezwecken in der Weise gestattet, dass der Sponsor selbst zu Werbezwecken oder zur Imagepflege auf seine Leistungen an die Körperschaft hinweist. Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb liegt auch dann nicht vor, wenn der Empfänger der Leistungen z.B. auf Plakaten, Veranstaltungshinweisen, in Ausstellungskatalogen oder in anderer Weise auf die Unterstützung durch einen Sponsor lediglich hinweist. Dieser Hinweis kann unter Verwendung des Namens, Emblems oder Logos des Sponsors, jedoch ohne besondere Hervorhebung, erfolgen. Entsprechende Sponsoringeinnahmen sind nicht als Einnahmen aus der Vermögensverwaltung anzusehen. Eine Zuführung zur freien Rücklage nach § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO ist daher lediglich i.H.v. 10 % der Einnahmen, nicht aber i.H.v. einem Drittel des daraus erzielten Überschusses möglich. 11. Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb liegt dagegen vor, wenn die Körperschaft an den Werbemaßnahmen mitwirkt. Dies ist z.B. der Fall, wenn die Körperschaft dem Sponsor das Recht einräumt, in einem von ihr herausgegebenen Publikationsorgan Werbeanzeigen zu schalten, einschlägige sponsorbezogene Themen darzustellen und bei Veranstaltungen der Körperschaft deren Mitglieder über diese Themen zu informieren und dafür zu werben (vgl. BFH, Urt. v. 7.11.2007 – I R 42/06, BStBl. II 2008, 949). Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb kann kein Zweckbetrieb (§§ 65 bis 68AO) sein. Soweit Sponsoringeinnahmen unmittelbar in einem aus anderen Gründen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb anfallen, sind sie diesem zuzurechnen. Zu § 64 Abs. 2 AO: 12. Die Sammlung und Verwertung von Zahngold durch eine steuerbegünstigte Körperschaft im eigenen Namen und auf eigene Rechnung bildet nach den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 26.2.1992 – I R 149/90, BStBl. II S. 693, einen einheitlichen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§§ 14, 64 AO). Erklären die Spender, dass das Zahngold von der steuerbegünstigten Körperschaft im Namen der Spender und für Rechnung der Spender verwertet werden soll (treuhänderische Verwertung) und wenden die Spender den Verwertungserlös der steuerbegünstigten Körperschaft zu, liegt kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vor, wenn das Mitwirken der steuerbegünstigten Körperschaft sich darauf beschränkt, das Zahngold lediglich in Vertretung des Spenders bei der Scheideanstalt einzureichen. Nehmen Spender anonym an der Zahngoldsammlung teil, begründet die steuerbegünstigte Körperschaft, die das Zahngold sammelt und verwerten lässt, damit einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. 13. Unter Beschäftigungsgesellschaften sind Körperschaften zu verstehen, die – gegebenenfalls unter Nutzung arbeitsförderungsrechtlicher Instrumente und sonstiger Förderungsmöglichkeiten – die Hilfe für früher arbeitslose und von Arbeitslosigkeit bedrohte Menschen insbesondere durch Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, berufliche Qualifizierungsmaßnahmen und Umschulungen zum Ziel haben.
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Beschäftigungsgesellschaften können in der Regel nicht als gemeinnützig behandelt werden, wenn sie Waren herstellen und vertreiben oder Leistungen an Dritte erbringen, da sie dann wie andere Unternehmen eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben. Dies ist kein gemeinnütziger Zweck. Dass durch die wirtschaftliche Tätigkeit Arbeitsplätze erhalten oder geschaffen werden, rechtfertigt nicht die Anerkennung der Gemeinnützigkeit. Die Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen ist mit jeder wirtschaftlichen Tätigkeit verbunden. Eine Beschäftigungsgesellschaft kann aber dann als gemeinnützig anerkannt werden, wenn das Schwergewicht ihrer Tätigkeit auf der beruflichen Qualifizierung, der Umschulung oder der sozialen Betreuung liegt. Werden dabei Waren hergestellt und vertrieben (z.B. im Rahmen einer Ausbildung angefertigte Sachen) oder Leistungen gegenüber Dritten erbracht, liegt insoweit ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (§ 14 Satz 1 und 2 AO) vor. Ist dieser steuerpflichtig, darf er weder Satzungszweck noch nach der tatsächlichen Geschäftsführung Selbst- oder Hauptzweck der Gesellschaft sein. Ob der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb steuerpflichtig oder ein steuerbegünstigter Zweckbetrieb ist, richtet sich nach den §§ 65 und 68 AO. Ein steuerbegünstigter Zweckbetrieb liegt insbesondere vor, wenn die Voraussetzungen des § 68 Nr. 3 AO erfüllt sind. Danach sind Werkstätten für behinderte Menschen, die nach den Vorschriften des Arbeitsförderungsgesetzes förderungsfähig sind und Personen Arbeitsplätze bieten, die wegen ihrer Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, sowie Einrichtungen für Beschäftigungsund Arbeitstherapie, die der Eingliederung von Behinderten dienen, als Zweckbetriebe zu behandeln. Die Voraussetzungen des § 65 AO für die Zweckbetriebseigenschaft einer wirtschaftlichen Betätigung sind regelmäßig erfüllt, wenn sich der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in einer aus- oder weiterbildenden Tätigkeit gegen Teilnehmergebühren erschöpft. Sie sind auch erfüllt, soweit als Ausfluss der beruflichen Qualifizierungsund Umschulungsmaßnahmen Waren hergestellt und veräußert oder Dienstleistungen gegenüber Dritten gegen Entgelt erbracht werden. Dagegen wird ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (§ 64 AO) begründet, wenn die Herstellung und Veräußerung von Waren oder die entgeltlichen Dienstleistungen den Umfang überschreiten, der zur Erfüllung der beruflichen Qualifizierungs- und Umschulungsmaßnahmen notwendig ist. Bei der gemeinnützigkeitsrechtlichen Behandlung von Körperschaften, die ähnliche Zwecke wie die Beschäftigungsgesellschaft fördern, ist nach den gleichen Grundsätzen zu verfahren. 14. Die Regelung, dass bei steuerbegünstigten Körperschaften mehrere steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe als ein Betrieb zu behandeln sind, gilt auch für die Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens der Körperschaft und für die Beurteilung der Buchführungspflicht nach § 141 Abs. 1 AO. Für die Frage, ob die Grenzen für die Buchführungspflicht überschritten sind, kommt es also auf die Werte (Einnahmen, Überschuss) des Gesamtbetriebs an.
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15. § 55 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 und Nr. 3 AO gilt auch für den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Das bedeutet u.a., dass Verluste und Gewinnminderungen in den einzelnen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben nicht durch Zuwendungen an Mitglieder oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen entstanden sein dürfen. 16. Die entgeltliche Übernahme von Verwaltungstätigkeiten durch Einsatzstellen, Zentralstellen und Träger i.S.d. §§ 6 und 7 Bundesfreiwilligendienstgesetz (BFDG) aufgrund von Verträgen nach § 16 BFDG begründet einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb nach § 64 AO (teilweise Nichtanwendung des BFH-Urteils vom 23.7.2009 – V R 93/07, BStBl. II 2015, 735). 17. Bei einer Körperschaft, die mehrere steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe unterhält, ist für die Frage, ob gemeinnützigkeitsschädliche Verluste vorliegen, nicht auf das Ergebnis des einzelnen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, sondern auf das zusammengefasste Ergebnis aller steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe abzustellen. Danach ist die Gemeinnützigkeit einer Körperschaft gefährdet, wenn die steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe insgesamt Verluste erwirtschaften (vgl. Nrn. 4 ff. des AEAO zu § 55). In den Fällen des § 64 Abs. 5 und 6 AO ist nicht der geschätzte bzw. pauschal ermittelte Gewinn, sondern das Ergebnis zu berücksichtigen, das sich bei einer Ermittlung nach den allgemeinen Regelungen ergeben würde (vgl. Nrn. 4 bis 6 des AEAO zu § 64). Zu § 64 Abs. 3 AO: 18. Die Höhe der Einnahmen aus den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben bestimmt sich nach den Grundsätzen der steuerlichen Gewinnermittlung. Bei steuerbegünstigten Körperschaften, die den Gewinn nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG ermitteln, kommt es deshalb nicht auf den Zufluss i.S.d. § 11 EStG an, so dass auch Forderungszugänge als Einnahmen zu erfassen sind. Bei anderen steuerbegünstigten Körperschaften sind die im Kalenderjahr zugeflossenen Einnahmen (§ 11 EStG) maßgeblich. Ob die Einnahmen die Besteuerungsgrenze übersteigen, ist für jedes Jahr gesondert zu prüfen. Nicht leistungsbezogene Einnahmen sind nicht den für die Besteuerungsgrenze maßgeblichen Einnahmen zuzurechnen (vgl. Nr. 20 des AEAO zu § 64). 19. Zu den Einnahmen i.S.d. § 64 Abs. 3 AO gehören leistungsbezogene Einnahmen einschließlich Umsatzsteuer aus dem laufenden Geschäft, wie Einnahmen aus dem Verkauf von Speisen und Getränken. Dazu zählen auch erhaltene Anzahlungen. 20. Zu den leistungsbezogenen Einnahmen i.S.d. Nr. 19 des AEAO zu § 64 gehören z.B. nicht – der Erlös aus der Veräußerung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs; – Betriebskostenzuschüsse sowie Zuschüsse für die Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs;
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– Investitionszulagen; – der Zufluss von Darlehen; – Entnahmen i.S.d. § 4 Abs. 1 EStG; – die Auflösung von Rücklagen; – erstattete Betriebsausgaben, z.B. Umsatzsteuer; – Versicherungsleistungen mit Ausnahme des Ersatzes von leistungsbezogenen Einnahmen. 21. Ist eine steuerbegünstigte Körperschaft an einer Personengesellschaft oder Gemeinschaft beteiligt, sind für die Beurteilung, ob die Besteuerungsgrenze überschritten wird, die anteiligen (Brutto-)Einnahmen aus der Beteiligung – nicht aber der Gewinnanteil – maßgeblich. Bei Beteiligung einer steuerbegünstigten Körperschaft an einer Kapitalgesellschaft sind die Bezüge i.S.d. § 8b Abs. 1 KStG und die Erlöse aus der Veräußerung von Anteilen i.S.d. § 8b Abs. 2 KStG als Einnahmen i.S.d. § 64 Abs. 3 AO zu erfassen, wenn die Beteiligung einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb darstellt (vgl. Nr. 3 des AEAO zu § 64) oder in einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gehalten wird. 22. In den Fällen des § 64 Abs. 5 und 6 AO sind für die Prüfung, ob die Besteuerungsgrenze i.S.d. § 64 Abs. 3 AO überschritten wird, die tatsächlichen Einnahmen anzusetzen. 23. Einnahmen aus sportlichen Veranstaltungen, die nach § 67a Abs. 1 Satz 1 AO oder – bei einer Option – nach § 67a Abs. 3 AO kein Zweckbetrieb sind, gehören zu den Einnahmen i.S.d. § 64 Abs. 3 AO. Beispiel: Ein Sportverein, der auf die Anwendung des § 67a Abs. 1 Satz 1 AO (Zweckbetriebsgrenze) verzichtet hat, erzielt im Jahr 01 folgende Einnahmen aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben: Sportliche Veranstaltungen, an denen kein bezahlter Sportler teilgenommen hat: 40 000 € Sportliche Veranstaltungen, an denen bezahlte Sportler des Vereins teilgenommen haben: 20 000 € Verkauf von Speisen und Getränken: 5 000 € Die Einnahmen aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben, die keine Zweckbetriebe sind, betragen 25 000 € (20 000 € + 5 000 €). Die Besteuerungsgrenze von 35 000 € wird nicht überschritten.
24. Eine wirtschaftliche Betätigung verliert durch das Unterschreiten der Besteuerungsgrenze nicht den Charakter des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs. Das bedeutet, dass kein Beginn einer teilweisen Steuerbefreiung i.S.d. § 13 Abs. 5 KStG vorliegt und dementsprechend keine Schlussbesteuerung durchzuführen Stöber/Otto | 1071
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ist, wenn Körperschaft- und Gewerbesteuer wegen § 64 Abs. 3 AO nicht mehr erhoben werden. 25. Bei Körperschaften mit einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr sind für die Frage, ob die Besteuerungsgrenze überschritten wird, die in dem Wirtschaftsjahr erzielten Einnahmen maßgeblich. 26. Der allgemeine Grundsatz des Gemeinnützigkeitsrechts, dass für die steuerbegünstigten Zwecke gebundene Mittel nicht für den Ausgleich von Verlusten aus steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben verwendet werden dürfen, wird durch § 64 Abs. 3 AO nicht aufgehoben. Unter diesem Gesichtspunkt braucht jedoch bei Unterschreiten der Besteuerungsgrenze der Frage der Mittelverwendung nicht nachgegangen zu werden, wenn bei überschlägiger Prüfung der Aufzeichnungen erkennbar ist, dass in dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 64 Abs. 2 AO) keine Verluste entstanden sind. 27. Verluste und Gewinne aus Jahren, in denen die maßgeblichen Einnahmen die Besteuerungsgrenze nicht übersteigen, bleiben bei dem Verlustabzug (§ 10d EStG) außer Ansatz. Ein rück- und vortragbarer Verlust kann danach nur in Jahren entstehen, in denen die Einnahmen die Besteuerungsgrenze übersteigen. Dieser Verlust wird nicht für Jahre verbraucht, in denen die Einnahmen die Besteuerungsgrenze von 35 000 € nicht übersteigen. Zu § 64 Abs. 4 AO: 28. § 64 Abs. 4 AO gilt nicht für regionale Untergliederungen (Landes-, Bezirks-, Ortsverbände) steuerbegünstigter Körperschaften. Zu § 64 Abs. 5 AO: 29. § 64 Abs. 5 AO gilt nur für Altmaterialsammlungen (Sammlung und Verwertung von Lumpen, gesammelten Kleidungsstücken, Altpapier, Schrott). Zahngold ist kein Altmaterial. Die Regelung gilt nicht für den Einzelverkauf gebrauchter Sachen (Gebrauchtwarenhandel). Basare und ähnliche Einrichtungen sind deshalb nicht begünstigt (vgl. BFH, Urt. v. 11.2.2009 – I R 73/08, BStBl. II S. 516). Zu Kleiderkammern s. Nr. 9 des AEAO zu § 66. 30. § 64 Abs. 5 AO ist nur anzuwenden, wenn die Körperschaft dies beantragt (Wahlrecht). 31. Der branchenübliche Reingewinn ist bei der Verwertung von Altpapier mit 5 % und bei der Verwertung von u.a. Altmaterial mit 20 % der Einnahmen anzusetzen. Zu § 64 Abs. 6 AO: 32. Bei den genannten steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben ist der Besteuerung auf Antrag der Körperschaft ein Gewinn von 15 % der Einnahmen zugrunde zu legen. Der Antrag gilt jeweils für alle gleichartigen Tätigkeiten in dem betreffenden Veranlagungszeitraum. Er entfaltet keine Bindungswirkung für folgende Veranlagungszeiträume. 33. Nach § 64 Abs. 6 Nr. 1 AO kann der Gewinn aus Werbemaßnahmen pauschal ermittelt werden, wenn sie im Zusammenhang mit der steuerbegünstigten Tätigkeit 1072 | Stöber/Otto
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einschließlich Zweckbetrieben stattfinden. Beispiele für derartige Werbemaßnahmen sind die Trikot- oder Bandenwerbung bei Sportveranstaltungen, die ein Zweckbetrieb sind, oder die aktive Werbung in Programmheften oder auf Plakaten bei kulturellen Veranstaltungen. Dies gilt auch für Sponsoring i.S.d. Nr. 10 des AEAO zu § 64. 34. Soweit Werbeeinnahmen nicht im Zusammenhang mit der ideellen steuerbegünstigten Tätigkeit oder einem Zweckbetrieb erzielt werden, z.B. Werbemaßnahmen bei einem Vereinsfest oder bei sportlichen Veranstaltungen, die wegen Überschreitens der Zweckbetriebsgrenze des § 67a Abs. 1 AO oder wegen des Einsatzes bezahlter Sportler ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb sind, ist § 64 Abs. 6 AO nicht anzuwenden. 35. Das Veranstalten von Trabrennen kann ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb nach § 64 AO sein, der mit dem Betrieb eines Totalisators einen einheitlichen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb bildet. Diesem Betrieb sind grundsätzlich sämtliche Einnahmen und Ausgaben zuzuordnen, die durch ihn veranlasst sind (BFH, Urt. v. 22.4.2009 – I R 15/07, BStBl. II 2011, 475). Nach § 64 Abs. 6 Nr. 2 AO kann auch der Gewinn aus dem Totalisatorbetrieb der Pferderennvereine allerdings mit 15 % der Einnahmen angesetzt werden. Die maßgeblichen Einnahmen ermitteln sich wie folgt: Wetteinnahmen abzgl. Rennwettsteuer (Totalisatorsteuer) abzgl. Auszahlungen an die Wetter. Zu § 64 Abs. 5 und 6 AO: 36. Wird in den Fällen des § 64 Abs. 5 oder 6 AO kein Antrag auf Schätzung des Überschusses oder auf pauschale Gewinnermittlung gestellt, ist der Gewinn nach den allgemeinen Regeln durch Gegenüberstellung der Betriebseinnahmen und der Betriebsausgaben zu ermitteln (vgl. Nrn. 4 bis 6 des AEAO zu § 64). 37. Wird der Überschuss nach § 64 Abs. 5 AO geschätzt oder nach § 64 Abs. 6 AO pauschal ermittelt, sind dadurch auch die damit zusammenhängenden tatsächlichen Aufwendungen der Körperschaft abgegolten; sie können nicht zusätzlich abgezogen werden. 38. Wird der Überschuss nach § 64 Abs. 5 AO geschätzt oder nach § 64 Abs. 6 AO pauschal ermittelt, muss die Körperschaft die mit diesen Einnahmen im Zusammenhang stehenden Einnahmen und Ausgaben gesondert aufzeichnen. Die genaue Höhe der Einnahmen wird zur Ermittlung des Gewinns nach § 64 Abs. 5 bzw. 6 AO benötigt. Die mit diesen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben zusammenhängenden Ausgaben dürfen das Ergebnis der anderen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe nicht mindern. 39. Die in den Bruttoeinnahmen ggf. enthaltene Umsatzsteuer gehört nicht zu den maßgeblichen Einnahmen i.S.d. § 64 Abs. 5 und 6 AO.
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AEAO zu § 65 – Zweckbetrieb: 1. Der Zweckbetrieb ist ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb i.S.v. § 14 AO. Jedoch wird ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich dem begünstigten Bereich der Körperschaft zugerechnet. 2. Ein Zweckbetrieb muss tatsächlich und unmittelbar satzungsmäßige Zwecke der Körperschaft verwirklichen, die ihn betreibt. Es genügt nicht, wenn er begünstigte Zwecke verfolgt, die nicht satzungsmäßige Zwecke der ihn tragenden Körperschaft sind. Ebenso wenig genügt es, wenn er der Verwirklichung begünstigter Zwecke nur mittelbar dient, z.B. durch Abführung seiner Erträge (BFH, Urt. v. 21.8.1985 – I R 60/80, BStBl. II 1986, 88). Ein Zweckbetrieb muss deshalb in seiner Gesamtrichtung mit den ihn begründenden Tätigkeiten und nicht nur mit den durch ihn erzielten Einnahmen den steuerbegünstigten Zwecken dienen (BFH, Urt. v. 26.4.1995 – I R 35/93, BStBl. II S. 767). 3. Weitere Voraussetzung eines Zweckbetriebes ist, dass die Zwecke der Körperschaft nur durch ihn erreicht werden können. Die Körperschaft muss den Zweckbetrieb zur Verwirklichung ihrer satzungsmäßigen Zwecke unbedingt und unmittelbar benötigen. Dies ist z.B. nicht der Fall beim Betrieb einer Beschaffungsstelle (zentraler Einund Verkauf von Ausrüstungsgegenständen, Auftragsbeschaffung etc.), da dieser weder unentbehrlich noch das einzige Mittel zur Erreichung des steuerbegünstigten Zwecks ist. 4. Der Wettbewerb eines Zweckbetriebs zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art muss auf das zur Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbare Maß begrenzt sein. Wettbewerb i.S.d. § 65 Nr. 3 AO setzt nicht voraus, dass die Körperschaft auf einem Gebiet tätig ist, in der sie tatsächlich in Konkurrenz zu steuerpflichtigen Betrieben derselben oder ähnlicher Art tritt. Der Sinn und Zweck des § 65 Nr. 3 AO liegt in einem umfänglichen Schutz des Wettbewerbs, der auch den potentiellen Wettbewerb umfasst (vgl. BFH, Urt. v. 27.10.1993 – I R 60/91, BStBl. II 1994, 573, und vom 29.1.2009 – V R 46/06, BStBl. II S. 560). Ein Zweckbetrieb ist daher – entgegen dem BFH, Urt. v. 30.3.2000 – V R 30/99, BStBl. II S. 705 – bereits dann nicht gegeben, wenn ein Wettbewerb mit steuerpflichtigen Unternehmen lediglich möglich wäre, ohne dass es auf die tatsächliche Wettbewerbssituation vor Ort ankommt. Unschädlich ist dagegen der uneingeschränkte Wettbewerb zwischen Zweckbetrieben, die demselben steuerbegünstigten Zweck dienen und ihn in der gleichen oder in ähnlicher Form verwirklichen. AEAO zu § 66 – Wohlfahrtspflege: 1. Die Bestimmung enthält eine Sonderregelung für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe, die sich mit der Wohlfahrtspflege befassen. 2. Die Wohlfahrtspflege darf nicht des Erwerbs wegen ausgeübt werden. Eine Einrichtung wird dann „des Erwerbs wegen“ betrieben, wenn damit Gewinne angestrebt werden, die den konkreten Finanzierungsbedarf des jeweiligen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs übersteigen, die Wohlfahrtspflege mithin in erster Linie auf Mehrung des eigenen Vermögens gerichtet ist. Dabei kann die Erzielung von Gewinnen in ge1074 | Stöber/Otto
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wissem Umfang – z.B. zum Inflationsausgleich oder zur Finanzierung von betrieblichen Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen – geboten sein, ohne in Konflikt mit dem Zweck der steuerlichen Begünstigung zu stehen (BFH, Urt. v. 27.11.2013 – I R 17/12, BStBl. II 2016, 68). Werden in drei aufeinanderfolgenden Veranlagungszeiträumen jeweils Gewinne erwirtschaftet, die den konkreten Finanzierungsbedarf der wohlfahrtspflegerischen Gesamtsphäre der Körperschaft übersteigen, ist widerlegbar (z.B. unbeabsichtigte Gewinne aufgrund von Marktschwankungen) von einer zweckbetriebsschädlichen Absicht der Körperschaft auszugehen, den Zweckbetrieb des Erwerbs wegen auszuüben. Gewinne aufgrund staatlich regulierter Preise (z.B. auf Grundlage einer Gebührenordnung nach Maßgabe des § 90 SGB XI) sind kein Indiz dafür, dass der Zweckbetrieb des Erwerbs wegen ausgeübt wird. Der konkrete Finanzierungsbedarf im Sinne des Satzes 4 umfasst die Erträge, die für den Betrieb und die Fortführung der Einrichtung(en) der Wohlfahrtspflege notwendig sind, und beinhaltet auch die zulässige Rücklagenbildung nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 und 2. Zur wohlfahrtspflegerischen Gesamtsphäre im Sinne des Satzes 4 gehören – Wohlfahrtspflegeeinrichtungen i.S.d. § 66 AO, – Zweckbetriebe im Sinne des 68 AO, soweit diese auch die Voraussetzungen des § 66 AO erfüllen, – Zweckbetriebe i.S.d. § 67 AO sowie – ideelle Tätigkeiten, für die die Voraussetzungen des § 66 AO vorlägen, wenn sie entgeltlich ausgeführt würden. 3. Die Tätigkeit muss auf die Sorge für notleidende oder gefährdete Menschen gerichtet sein. Notleidend bzw. gefährdet sind Menschen, die eine oder beide der in § 53 Nr. 1 und 2 AO genannten Voraussetzungen erfüllen. Auf die Vertragsbeziehung, die der Leistungserbringung zugrunde liegt, kommt es nicht an. Entscheidend ist, dass die Einrichtung der Wohlfahrtspflege zumindest faktisch unmittelbar gegenüber den in § 53 AO genannten Personen tätig wird. Bei Leistungen, die faktisch nicht gegenüber den in § 53 AO genannten Personen erbracht werden, fehlt es an der Unmittelbarkeit (BFH, Urt. v. 6.2.2013 – I R 59/11, BStBl. II S. 603). Es ist auch nicht erforderlich, dass die gesamte Tätigkeit auf die Förderung notleidender bzw. gefährdeter Menschen gerichtet ist. Es genügt, wenn zwei Drittel der Leistungen einer Einrichtung notleidenden bzw. gefährdeten Menschen zugutekommen. Auf das Zahlenverhältnis von gefährdeten bzw. notleidenden und übrigen geförderten Menschen kommt es nicht an. Werden neben Leistungen an die in § 53 AO genannten Personen noch andere Leistungen für einen Dritten erbracht, sind diese Leistungen, soweit sie nicht zur Organisation des eigentlichen Zweckbetriebes gehören, nicht dem Zweckbetrieb nach § 66 AO zuzurechnen. Wird also z.B. durch eine Körperschaft Personal zur Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke für einen Vertragspartner im Rahmen einer Pflegeeinrichtung zur Verfügung gestellt, so sind die bereitgestellten Pflegekräfte dem Zweckbetrieb nach § 66 AO zuzuordnen. Erbringt das bereitgestellte Personal z.B. nur Ver-
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waltungsleistungen, sind diese Leistungen nicht dem Zweckbetrieb nach § 66 AO zuzuordnen. 4. Eine Einrichtung der Wohlfahrtspflege liegt regelmäßig vor bei häuslichen Pflegeleistungen durch eine steuerbegünstigte Körperschaft i. R. d. SGB VII, SGB XI, SGB XII oder BVG. 5. Die Belieferung von Studentinnen und Studenten mit Speisen und Getränken in Mensa- und Cafeteria-Betrieben von Studentenwerken ist als Zweckbetrieb zu beurteilen. Der Verkauf von alkoholischen Getränken, Tabakwaren und sonstigen Handelswaren darf jedoch nicht mehr als 5 % des Gesamtumsatzes ausmachen. Auch bei anderen steuerbegünstigten Körperschaften kann entsprechend der Beurteilung bei den Studentenwerken der Betrieb einer Cafeteria für Studierende auf dem Campus ein Zweckbetrieb der Wohlfahrtspflege sein. Entsprechendes gilt für die Grundversorgung mit Speisen und Getränken von Schülerinnen und Schülern an Schulen bzw. Kindern in einer Kindertagesstätte. 6. Die bloße Beförderung von Personen, für die der Arzt eine Krankenfahrt (Beförderung in Pkws, Taxen oder Mietwagen) verordnet hat, erfüllt nicht die Kriterien nach § 66 Abs. 2 AO. 7. Werden die Leistungen unter gleichen Bedingungen sowohl gegenüber hilfebedürftigen als auch nicht hilfebedürftigen Personen erbracht, ist ein einheitlicher wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb „Einrichtung der Wohlfahrtspflege“ anzunehmen. Dieser ist als Zweckbetrieb zu behandeln, wenn die Zweidrittelgrenze des § 66 AO erfüllt wird. Die Einhaltung dieser Tatbestandsvoraussetzung ist nachzuweisen. Bei Kleiderkammern, Suppenküchen, Obdachlosenasylen und den sog. Tafeln kann auf den Nachweis der Zweidrittelgrenze verzichtet werden, wenn ein Bescheid nach § 53 Nr. 2 Satz 8 AO vorliegt. 8. Gesellige Veranstaltungen sind als steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe zu behandeln. Veranstaltungen, bei denen zwar auch die Geselligkeit gepflegt wird, die aber in erster Linie zur Betreuung behinderter Personen durchgeführt werden, können unter den Voraussetzungen der §§ 65 und 66 AO Zweckbetrieb sein. 9. Der Einzelverkauf gesammelter Kleidungsstücke in einer Kleiderkammer oder einer ähnlichen Einrichtung kann ein Zweckbetrieb i.S.d. § 66 AO sein. Dies setzt voraus, dass mindestens zwei Drittel der Leistungen der Einrichtung hilfebedürftigen Personen i.S.d. § 53 AO zugutekommen. AEAO zu § 67 – Krankenhäuser (…) AEAO zu § 67a – Sportliche Veranstaltungen: Allgemeines 1. Sportliche Veranstaltungen eines Sportvereins sind grundsätzlich ein Zweckbetrieb, wenn die Einnahmen einschließlich der Umsatzsteuer aus allen sportlichen Veranstaltungen des Vereins die Zweckbetriebsgrenze von 45 000 € im Jahr nicht überstei1076 | Stöber/Otto
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gen (§ 67a Abs. 1 Satz 1). Übersteigen die Einnahmen die Zweckbetriebsgrenze von 45 000 €, liegt grundsätzlich ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vor. Der Verein kann auf die Anwendung der Zweckbetriebsgrenze verzichten (§ 67a Abs. 2). Die steuerliche Behandlung seiner sportlichen Veranstaltungen richtet sich dann nach § 67a Abs. 3. 2. Unter Sportvereinen i.S.d. Vorschrift sind alle gemeinnützigen Körperschaften zu verstehen, bei denen die Förderung des Sports (§ 52 Abs. 2 Nr. 21) Satzungszweck ist; die tatsächliche Geschäftsführung muss diesem Satzungszweck entsprechen (§ 59). § 67a gilt also z.B. auch für Sportverbände. Sie gilt auch für Sportvereine, die Fußballveranstaltungen unter Einsatz ihrer Lizenzspieler nach der „Lizenzordnung Spieler“ der Organisation „Die Liga-Fußballverband e.V. – Ligaverband“ durchführen. 3. Als sportliche Veranstaltung ist die organisatorische Maßnahme eines Sportvereins anzusehen, die es aktiven Sportlern (die nicht Mitglieder des Vereins zu sein brauchen) ermöglicht, Sport zu treiben (BFH, Urt. v. 25.7.1996 – V R 7/95, BStBl. II 1997, S. 154). Eine sportliche Veranstaltung liegt auch dann vor, wenn ein Sportverein in Erfüllung seiner Satzungszwecke im Rahmen einer Veranstaltung einer anderen Person oder Körperschaft eine sportliche Darbietung erbringt. Die Veranstaltung, bei der die sportliche Darbietung präsentiert wird, braucht keine steuerbegünstigte Veranstaltung zu sein (BFH, Urt. v. 4.5.1994 – XI R 109/90, BStBl. II, 886). 4. Sportreisen sind als sportliche Veranstaltungen anzusehen, wenn die sportliche Betätigung wesentlicher und notwendiger Bestandteil der Reise ist (z.B. Reise zum Wettkampfort). Reisen, bei denen die Erholung der Teilnehmer im Vordergrund steht (Touristikreisen), zählen dagegen nicht zu den sportlichen Veranstaltungen, selbst wenn anlässlich der Reise auch Sport getrieben wird. 5. Die Ausbildung und Fortbildung in sportlichen Fertigkeiten gehört zu den typischen und wesentlichen Tätigkeiten eines Sportvereins. Sportkurse und Sportlehrgänge für Mitglieder und Nichtmitglieder von Sportvereinen (Sportunterricht) sind daher als „sportliche Veranstaltungen“ zu beurteilen. Es ist unschädlich für die Zweckbetriebseigenschaft, dass der Verein mit dem Sportunterricht in Konkurrenz zu gewerblichen Sportlehrern (z.B. Reitlehrer, Skilehrer, Tennislehrer, Schwimmlehrer) tritt, weil § 67a als die speziellere Vorschrift dem § 65 vorgeht. Die Beurteilung des Sportunterrichts als sportliche Veranstaltung hängt nicht davon ab, ob der Unterricht durch Beiträge, Sonderbeiträge oder Sonderentgelte abgegolten wird. 6. Der Verkauf von Speisen und Getränken – auch an Wettkampfteilnehmer, Schiedsrichter, Kampfrichter, Sanitäter usw. – und die Werbung gehören nicht zu den sportlichen Veranstaltungen. Diese Tätigkeiten sind gesonderte steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe. Nach § 64 Abs. 2 ist es jedoch möglich, Überschüsse aus diesen Betrieben mit Verlusten aus sportlichen Veranstaltungen, die steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe sind, zu verrechnen. 7. Wird für den Besuch einer sportlichen Veranstaltung, die Zweckbetrieb ist, mit Bewirtung ein einheitlicher Eintrittspreis bezahlt, so ist dieser – ggf. im Wege der Schät-
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zung – in einen Entgeltsanteil für den Besuch der sportlichen Veranstaltung und in einen Entgeltsanteil für die Bewirtungsleistungen aufzuteilen. 8. Zur Zulässigkeit einer pauschalen Gewinnermittlung beim steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb „Werbung“ wird auf Nrn. 32 bis 39 des AEAO zu § 64 hingewiesen. 9. Die entgeltliche Übertragung des Rechts zur Nutzung von Werbeflächen in vereinseigenen oder gemieteten Sportstätten (z.B. an der Bande) sowie von Lautsprecheranlagen an Werbeunternehmer ist als steuerfreie Vermögensverwaltung (§ 14 Satz 3) zu beurteilen. Voraussetzung ist jedoch, dass dem Pächter (Werbeunternehmer) ein angemessener Gewinn verbleibt. Es ist ohne Bedeutung, ob die sportlichen Veranstaltungen, bei denen der Werbeunternehmer das erworbene Recht nutzt, Zweckbetrieb oder wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb sind. Die entgeltliche Übertragung des Rechts zur Nutzung von Werbeflächen auf der Sportkleidung (z.B. auf Trikots, Sportschuhen, Helmen) und auf Sportgeräten ist stets als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zu behandeln. 10. Die Unterhaltung von Club-Häusern, Kantinen, Vereinsheimen oder Vereinsgaststätten ist keine „sportliche Veranstaltung“, auch wenn diese Einrichtungen ihr Angebot nur an Mitglieder richten. 11. Bei Vermietung von Sportstätten einschließlich der Betriebsvorrichtungen für sportliche Zwecke ist zwischen der Vermietung auf längere Dauer und der Vermietung auf kurze Dauer (z.B. stundenweise Vermietung, auch wenn die Stunden für einen längeren Zeitraum im Voraus festgelegt werden) zu unterscheiden. Zur Vermietung öffentlicher Schwimmbäder an Schwimmvereine und zur Nutzung durch Schulen für den Schwimmunterricht s. Nr. 13 zu § 67a. 12. Die Vermietung auf längere Dauer ist dem Bereich der steuerfreien Vermögensverwaltung zuzuordnen, so dass sich die Frage der Behandlung als „sportliche Veranstaltung“ i.S.d. § 67a dort nicht stellt. Die Vermietung von Sportstätten und Betriebsvorrichtungen auf kurze Dauer schafft lediglich die Voraussetzungen für sportliche Veranstaltungen. Sie ist jedoch selbst keine „sportliche Veranstaltung“, sondern ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb eigener Art. Dieser ist als Zweckbetrieb i.S.d. § 65 anzusehen, wenn es sich bei den Mietern um Mitglieder des Vereins handelt. Bei der Vermietung auf kurze Dauer an Nichtmitglieder tritt der Verein dagegen in größerem Umfang in Wettbewerb zu nicht begünstigten Vermietern, als es bei Erfüllung seiner steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist (§ 65 Nr. 3). Diese Art der Vermietung ist deshalb als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zu behandeln. Indizien für eine Mitgliedschaft, die lediglich darauf gerichtet ist die Nutzung der Sportstätten und Betriebsvorrichtungen eines Vereins zu ermöglichen, sind: – die Zeit der Mitgliedschaft, – die Höhe der Beiträge, die die Mitglieder zu entrichten haben, oder auch – zivilrechtlich eingeschränkte Rechte der Mitglieder. 1078 | Stöber/Otto
9. Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) | Rz. 1956 Anhang
Für die Zuordnung der entgeltlichen Überlassung der Sportstätten und Betriebsvorrichtungen an ein Gastmitglied zum Zweckbetrieb ist es daher nicht zu beanstanden, wenn die Gastmitgliedschaft wie eine Vollmitgliedschaft ausgestaltet ist und diese nicht nur für einen kurzen Zeitraum eingegangen wird. Dagegen ist die entgeltliche Überlassung der Sportstätten und Betriebsvorrichtungen an ein Gastmitglied dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnen, wenn das Gastmitglied per Satzung nur eingeschränkte Rechte eingeräumt bekommt oder die Mitgliedschaft lediglich für einen kurzen Zeitraum (weniger als sechs Monate) eingegangen wird. 13. Durch den Betrieb eines öffentlichen Schwimmbades werden gemeinnützige Zwecke (öffentliche Gesundheitspflege und Sport) unabhängig davon gefördert, ob das Schwimmbad von einem Verein oder von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts als Betrieb gewerblicher Art unterhalten wird. Die verschiedenen Tätigkeiten eines gemeinnützigen Schwimmvereins sind wie folgt zu beurteilen: a) Schulschwimmen Die Vermietung des Schwimmbads auf längere Dauer an die Träger der Schulen ist als Vermögensverwaltung anzusehen. Eine Vermietung auf längere Dauer ist in Anlehnung an Abschnitt 4.12.3 Abs. 2 UStAE bei stundenweiser Nutzungsmöglichkeit des Schwimmbads durch die Schulen anzunehmen, wenn die Nutzung mehr als ein Schulhalbjahr (mindestens sechs Monate) erfolgt. Unselbständige Nebenleistungen des Vereins, wie Reinigung des Schwimmbads, gehören mit zur Vermögensverwaltung. b) Vereinsschwimmen Das Vereinsschwimmen und die Durchführung von Schwimmkursen sind nach Maßgabe des § 67a Zweckbetriebe (sportliche Veranstaltungen). Dabei ist es ohne Bedeutung, ob die Teilnehmer an den Schwimmkursen Mitglieder des Vereins oder Vereinsfremde sind. c) Jedermannschwimmen Das Jedermannschwimmen ist insgesamt als Zweckbetrieb i.S.d. § 65 anzusehen, wenn die nicht unmittelbar dem Schwimmen dienenden Angebote (z.B. Sauna, Solarium) von untergeordneter Bedeutung sind. Schwimmbäder, die danach als Zweckbetriebe begünstigt sind, stehen in keinem schädlichen Wettbewerb zu steuerpflichtigen Schwimmbädern (§ 65 Nr. 3), weil sie i.d.R. anders strukturiert sind (sog. Spaßbäder) und sich ihre Angebote erheblich von dem im Wesentlichen auf das Schwimmen begrenzten Angebot der Vereinsschwimmbäder unterscheiden. 14. Werden im Zusammenhang mit der Vermietung von Sportstätten und Betriebsvorrichtungen auch bewegliche Gegenstände, z.B. Tennisschläger oder Golfschläger überlassen, stellt die entgeltliche Überlassung dieser Gegenstände ein Hilfsgeschäft dar, das das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilt (BFH, Urt. v. 30.3.2000 – V R 30/99, BStBl. II, 705). Bei der alleinigen Überlassung von Sportgeräten, z.B. eines Flugzeugs, bestimmt sich die Zweckbetriebseigenschaft danach, ob die Sportgeräte Mitgliedern oder Nichtmitgliedern des Vereins überlassen werden. Stöber/Otto | 1079
Anhang Rz. 1956 | C. Gesetzestexte und Steuervorschriften
15. § 3 Nr. 26 EStG gilt nicht für Einnahmen, die ein nebenberuflicher Übungsleiter etc. für eine Tätigkeit in einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb „sportliche Veranstaltungen“ erhält. 16. Werden sportliche Veranstaltungen, die im vorangegangenen Veranlagungszeitraum Zweckbetrieb waren, zu einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb oder umgekehrt, ist grundsätzlich § 13 Abs. 5 KStG anzuwenden. Zu § 67a Abs. 1 17. Allgemeines 1. Sportliche Veranstaltungen eines Sportvereins sind grundsätzlich ein Zweckbetrieb, wenn die Einnahmen einschließlich der Umsatzsteuer aus allen sportlichen Veranstaltungen des Vereins die Zweckbetriebsgrenze von 45 000 € im Jahr nicht übersteigen (§ 67a Abs. 1 Satz 1 AO). Übersteigen die Einnahmen die Zweckbetriebsgrenze von 45 000 €, liegt grundsätzlich ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vor. Der Verein kann auf die Anwendung der Zweckbetriebsgrenze verzichten (§ 67a Abs. 2 AO). Die steuerliche Behandlung seiner sportlichen Veranstaltungen richtet sich dann nach § 67a Abs. 3 AO. 2. Unter Sportvereinen i.S.d. Vorschrift sind alle gemeinnützigen Körperschaften zu verstehen, bei denen die Förderung des Sports (§ 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 21 AO) Satzungszweck ist; die tatsächliche Geschäftsführung muss diesem Satzungszweck entsprechen (§ 59 AO). § 67a AO gilt also z.B. auch für Sportverbände. Sie gilt auch für Sportvereine, die Fußballveranstaltungen unter Einsatz ihrer Lizenzspieler nach der „Lizenzordnung Spieler“ der Organisation „Die Liga-Fußballverband e.V. – Ligaverband“ durchführen. 3. Als sportliche Veranstaltung ist die organisatorische Maßnahme eines Sportvereins anzusehen, die es aktiven Sportlern (die nicht Mitglieder des Vereins zu sein brauchen) ermöglicht, Sport zu treiben (BFH, Urt. v. 25.7.1996 – V R 7/95, BStBl. II 1997, 154). Eine sportliche Veranstaltung liegt auch dann vor, wenn ein Sportverein in Erfüllung seiner Satzungszwecke im Rahmen einer Veranstaltung einer anderen Person oder Körperschaft eine sportliche Darbietung erbringt. Die Veranstaltung, bei der die sportliche Darbietung präsentiert wird, braucht keine steuerbegünstigte Veranstaltung zu sein (BFH, Urt. v. 4.5.1994 – XI R 109/90, BStBl. II S. 886). 4. Sportreisen sind als sportliche Veranstaltungen anzusehen, wenn die sportliche Betätigung wesentlicher und notwendiger Bestandteil der Reise ist (z.B. Reise zum Wettkampfort). Reisen, bei denen die Erholung der Teilnehmer im Vordergrund steht (Touristikreisen), zählen dagegen nicht zu den sportlichen Veranstaltungen, selbst wenn anlässlich der Reise auch Sport getrieben wird. 5. Die Ausbildung und Fortbildung in sportlichen Fertigkeiten gehört zu den typischen und wesentlichen Tätigkeiten eines Sportvereins. Sportkurse und Sportlehrgänge für Mitglieder und Nichtmitglieder von Sportvereinen (Sportunterricht) sind daher als „sportliche Veranstaltungen“ zu beurteilen. Es ist unschädlich für die Zweckbetriebseigenschaft, dass der Verein mit dem Sportunterricht in Konkurrenz zu ge1080 | Stöber/Otto
9. Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) | Rz. 1956 Anhang
werblichen Sportlehrern (z.B. Reitlehrer, Skilehrer, Tennislehrer, Schwimmlehrer) tritt, weil § 67a AO als die speziellere Vorschrift dem § 65 AO vorgeht. Die Beurteilung des Sportunterrichts als sportliche Veranstaltung hängt nicht davon ab, ob der Unterricht durch Beiträge, Sonderbeiträge oder Sonderentgelte abgegolten wird. 6. Der Verkauf von Speisen und Getränken – auch an Wettkampfteilnehmer, Schiedsrichter, Kampfrichter, Sanitäter usw. – und die Werbung gehören nicht zu den sportlichen Veranstaltungen. Diese Tätigkeiten sind gesonderte steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe. Nach § 64 Abs. 2 AO ist es jedoch möglich, Überschüsse aus diesen Betrieben mit Verlusten aus sportlichen Veranstaltungen, die steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe sind, zu verrechnen. 7. Wird für den Besuch einer sportlichen Veranstaltung, die Zweckbetrieb ist, mit Bewirtung ein einheitlicher Eintrittspreis bezahlt, so ist dieser – ggf. im Wege der Schätzung – in einen Entgeltsanteil für den Besuch der sportlichen Veranstaltung und in einen Entgeltsanteil für die Bewirtungsleistungen aufzuteilen. 8. Zur Zulässigkeit einer pauschalen Gewinnermittlung beim steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb „Werbung“ wird auf Nrn. 32 bis 39 des AEAO zu § 64 hingewiesen. 9. Die entgeltliche Übertragung des Rechts zur Nutzung von Werbeflächen in vereinseigenen oder gemieteten Sportstätten (z.B. an der Bande) sowie von Lautsprecheranlagen an Werbeunternehmer ist als steuerfreie Vermögensverwaltung (§ 14 Satz 3 AO) zu beurteilen. Voraussetzung ist jedoch, dass dem Pächter (Werbeunternehmer) ein angemessener Gewinn verbleibt. Es ist ohne Bedeutung, ob die sportlichen Veranstaltungen, bei denen der Werbeunternehmer das erworbene Recht nutzt, Zweckbetrieb oder wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb sind. Die entgeltliche Übertragung des Rechts zur Nutzung von Werbeflächen auf der Sportkleidung (z.B. auf Trikots, Sportschuhen, Helmen) und auf Sportgeräten ist stets als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zu behandeln. 10. Die Unterhaltung von Club-Häusern, Kantinen, Vereinsheimen oder Vereinsgaststätten ist keine „sportliche Veranstaltung“, auch wenn diese Einrichtungen ihr Angebot nur an Mitglieder richten. 11. Bei Vermietung von Sportstätten einschließlich der Betriebsvorrichtungen für sportliche Zwecke ist zwischen der Vermietung auf längere Dauer und der Vermietung auf kurze Dauer (z.B. stundenweise Vermietung, auch wenn die Stunden für einen längeren Zeitraum im Voraus festgelegt werden) zu unterscheiden. Zur Vermietung öffentlicher Schwimmbäder an Schwimmvereine und zur Nutzung durch Schulen für den Schwimmunterricht s. Nr. 13 des AEAO zu § 67a. 12. Die Vermietung auf längere Dauer ist dem Bereich der steuerfreien Vermögensverwaltung zuzuordnen, so dass sich die Frage der Behandlung als „sportliche Veranstaltung“ i.S.d. § 67a AO dort nicht stellt. Die Vermietung von Sportstätten und Betriebsvorrichtungen auf kurze Dauer schafft lediglich die Voraussetzungen für sportliche Veranstaltungen. Sie ist jedoch selbst keine „sportliche Veranstaltung“, sondern ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb eigeStöber/Otto | 1081
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ner Art. Dieser ist als Zweckbetrieb i.S.d. § 65 AO anzusehen, wenn es sich bei den Mietern um Mitglieder des Vereins handelt. Bei der Vermietung auf kurze Dauer an Nichtmitglieder tritt der Verein dagegen in größerem Umfang in Wettbewerb zu nicht begünstigten Vermietern, als es bei Erfüllung seiner steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist (§ 65 Nr. 3 AO). Diese Art der Vermietung ist deshalb als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zu behandeln. Indizien für eine Mitgliedschaft, die lediglich darauf gerichtet ist die Nutzung der Sportstätten und Betriebsvorrichtungen eines Vereins zu ermöglichen, sind: – die Zeit der Mitgliedschaft, – die Höhe der Beiträge, die die Mitglieder zu entrichten haben, oder auch – zivilrechtlich eingeschränkte Rechte der Mitglieder. Für die Zuordnung der entgeltlichen Überlassung der Sportstätten und Betriebsvorrichtungen an ein Gastmitglied zum Zweckbetrieb ist es daher nicht zu beanstanden, wenn die Gastmitgliedschaft wie eine Vollmitgliedschaft ausgestaltet ist und diese nicht nur für einen kurzen Zeitraum eingegangen wird. Dagegen ist die entgeltliche Überlassung der Sportstätten und Betriebsvorrichtungen an ein Gastmitglied dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnen, wenn das Gastmitglied per Satzung nur eingeschränkte Rechte eingeräumt bekommt oder die Mitgliedschaft lediglich für einen kurzen Zeitraum (weniger als sechs Monate) eingegangen wird. 13. Durch den Betrieb eines öffentlichen Schwimmbads werden gemeinnützige Zwecke (öffentliche Gesundheitspflege und Sport) unabhängig davon gefördert, ob das Schwimmbad von einem Verein oder von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts als Betrieb gewerblicher Art unterhalten wird. Die verschiedenen Tätigkeiten eines gemeinnützigen Schwimmvereins sind wie folgt zu beurteilen: – Schulschwimmen Die Vermietung des Schwimmbads auf längere Dauer an die Träger der Schulen ist als Vermögensverwaltung anzusehen. Eine Vermietung auf längere Dauer ist in Anlehnung an Abschnitt 4.12.3 Abs. 2 UStAE bei stundenweiser Nutzungsmöglichkeit des Schwimmbads durch die Schulen anzunehmen, wenn die Nutzung mehr als ein Schulhalbjahr (mindestens sechs Monate) erfolgt. Unselbständige Nebenleistungen des Vereins, wie Reinigung des Schwimmbads, gehören mit zur Vermögensverwaltung. – Vereinsschwimmen Das Vereinsschwimmen und die Durchführung von Schwimmkursen sind nach Maßgabe des § 67a AO Zweckbetriebe (sportliche Veranstaltungen). Dabei ist es ohne Bedeutung, ob die Teilnehmer an den Schwimmkursen Mitglieder des Vereins oder Vereinsfremde sind.
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9. Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) | Rz. 1956 Anhang
– Jedermannschwimmen Das Jedermannschwimmen ist insgesamt als Zweckbetrieb i.S.d. § 65 AO anzusehen, wenn die nicht unmittelbar dem Schwimmen dienenden Angebote (z.B. Sauna, Solarium) von untergeordneter Bedeutung sind. Schwimmbäder, die danach als Zweckbetriebe begünstigt sind, stehen in keinem schädlichen Wettbewerb zu steuerpflichtigen Schwimmbädern (§ 65 Nr. 3 AO), weil sie i.d.R. anders strukturiert sind (sog. Spaßbäder) und sich ihre Angebote erheblich von dem im Wesentlichen auf das Schwimmen begrenzten Angebot der Vereinsschwimmbäder unterscheiden. 14. Werden im Zusammenhang mit der Vermietung von Sportstätten und Betriebsvorrichtungen auch bewegliche Gegenstände, z.B. Tennisschläger oder Golfschläger überlassen, stellt die entgeltliche Überlassung dieser Gegenstände ein Hilfsgeschäft dar, das das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilt (BFH, Urt. v. 30.3.2000 – V R 30/99, BStBl. II S. 705). Bei der alleinigen Überlassung von Sportgeräten, z.B. eines Flugzeugs, bestimmt sich die Zweckbetriebseigenschaft danach, ob die Sportgeräte Mitgliedern oder Nichtmitgliedern des Vereins überlassen werden. 15. § 3 Nr. 26 EStG gilt nicht für Einnahmen, die ein nebenberuflicher Übungsleiter etc. für eine Tätigkeit in einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb „sportliche Veranstaltungen“ erhält. 16. Werden sportliche Veranstaltungen, die im vorangegangenen Veranlagungszeitraum Zweckbetrieb waren, zu einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb oder umgekehrt, ist grundsätzlich § 13 Abs. 5 KStG anzuwenden. Zu § 67a Abs. 1 AO: 17. Bei der Anwendung der Zweckbetriebsgrenze von 45 000 € sind alle Einnahmen der Veranstaltungen zusammenzurechnen, die in dem maßgeblichen Jahr nach den Regelungen der Nrn. 1 bis 15 des AEAO zu § 67a als sportliche Veranstaltungen anzusehen sind. Zu diesen Einnahmen gehören insbesondere Eintrittsgelder, Startgelder, Zahlungen für die Übertragung sportlicher Veranstaltungen in Rundfunk und Fernsehen, Lehrgangsgebühren und Ablösezahlungen. Zum allgemeinen Einnahmebegriff wird auf die Nrn. 18 und 19 des AEAO zu § 64 hingewiesen. 18. Die Bezahlung von Sportlern in einem Zweckbetrieb i.S.d. § 67a Abs. 1 Satz 1 AO ist zulässig (§ 58 Nr. 8 AO). Dabei ist die Herkunft der Mittel, mit denen die Sportler bezahlt werden, ohne Bedeutung. 19. Die Zahlung von Ablösesummen ist in einem Zweckbetrieb i.S.d. § 67a Abs. 1 Satz 1 AO uneingeschränkt zulässig. 20. Bei Spielgemeinschaften von Sportvereinen ist – unabhängig von der Qualifizierung der Einkünfte im Feststellungsbescheid für die Gemeinschaft – bei der Körperschaftsteuerveranlagung der beteiligten Sportvereine zu entscheiden, ob ein Zweckbetrieb oder ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb gegeben ist. Dabei ist für die Beurteilung der Frage, ob die Zweckbetriebsgrenze des § 67a Abs. 1 Satz 1 AO überschritten wird, die Höhe der anteiligen Einnahmen (nicht des anteiligen Gewinns) maßgeblich. Stöber/Otto | 1083
Anhang Rz. 1956 | C. Gesetzestexte und Steuervorschriften
Zu § 67a Abs. 2 AO: 21. Ein Verzicht auf die Anwendung des § 67a Abs. 1 Satz 1 AO ist auch dann möglich, wenn die Einnahmen aus den sportlichen Veranstaltungen die Zweckbetriebsgrenze von 45 000 € nicht übersteigen. 22. Die Option nach § 67a Abs. 2 AO kann bis zur Unanfechtbarkeit des Körperschaftsteuerbescheids widerrufen werden. Die Regelungen in Abschnitt 19.2 Abs. 2 und 6 UStAE sind entsprechend anzuwenden. Der Widerruf ist – auch nach Ablauf der Bindungsfrist – nur mit Wirkung ab dem Beginn eines Kalender- oder Wirtschaftsjahres zulässig. Zu § 67a Abs. 3 AO: 23. Verzichtet ein Sportverein gem. § 67a Abs. 2 AO auf die Anwendung der Zweckbetriebsgrenze (§ 67a Abs. 1 Satz 1 AO), sind sportliche Veranstaltungen ein Zweckbetrieb, wenn an ihnen kein bezahlter Sportler des Vereins teilnimmt und der Verein keinen vereinsfremden Sportler selbst oder im Zusammenwirken mit einem Dritten bezahlt. Auf die Höhe der Einnahmen oder Überschüsse dieser sportlichen Veranstaltungen kommt es bei Anwendung des § 67a Abs. 3 AO nicht an. Sportliche Veranstaltungen, an denen ein oder mehrere Sportler teilnehmen, die nach § 67a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 oder 2 AO als bezahlte Sportler anzusehen sind, sind steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe. Es kommt nach dem Gesetz nicht darauf an, ob ein Verein eine Veranstaltung von vornherein als steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb angesehen oder ob er – aus welchen Gründen auch immer – zunächst irrtümlich einen Zweckbetrieb angenommen hat. 24. Unter Veranstaltungen i.S.d. § 67a Abs. 3 AO sind bei allen Sportarten grundsätzlich die einzelnen Wettbewerbe zu verstehen, die in engem zeitlichen und örtlichen Zusammenhang durchgeführt werden. Bei einer Mannschaftssportart ist also nicht die gesamte Meisterschaftsrunde, sondern jedes einzelne Meisterschaftsspiel die zu beurteilende sportliche Veranstaltung. Bei einem Turnier hängt es von der Gestaltung im Einzelfall ab, ob das gesamte Turnier oder jedes einzelne Spiel als eine sportliche Veranstaltung anzusehen ist. Dabei ist von wesentlicher Bedeutung, ob für jedes Spiel gesondert Eintritt erhoben wird und ob die Einnahmen und Ausgaben für jedes Spiel gesondert ermittelt werden. 25. Sportkurse und Sportlehrgänge für Mitglieder und Nichtmitglieder von Sportvereinen sind bei Anwendung des § 67a Abs. 3 AO als Zweckbetrieb zu behandeln, wenn kein Sportler als Auszubildender teilnimmt, der wegen seiner Betätigung in dieser Sportart als bezahlter Sportler i.S.d. § 67a Abs. 3 AO anzusehen ist. Die Bezahlung von Ausbildern berührt die Zweckbetriebseigenschaft nicht. 26. Ist ein Sportler in einem Kalenderjahr als bezahlter Sportler anzusehen, sind alle in dem Kalenderjahr durchgeführten sportlichen Veranstaltungen des Vereins, an denen der Sportler teilnimmt, ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb. Bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ist das abweichende Wirtschaftsjahr zugrunde zu legen. Es kommt nicht darauf an, ob der Sportler die Merkmale des bezahlten Sportlers erst nach Beendigung der sportlichen Veranstaltung erfüllt. Die Teilnahme unbezahlter Sportler an einer Veranstaltung, an der auch 1084 | Stöber/Otto
9. Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) | Rz. 1956 Anhang
bezahlte Sportler teilnehmen, hat keinen Einfluss auf die Behandlung der Veranstaltung als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb. 27. Die Vergütungen oder anderen Vorteile müssen in vollem Umfang aus steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben oder von Dritten geleistet werden (§ 67a Abs. 3 Satz 3 AO). Eine Aufteilung der Vergütungen ist nicht zulässig. Es ist also z.B. steuerlich nicht zulässig, Vergütungen an bezahlte Sportler bis zu 450 € im Monat als Ausgaben des steuerbegünstigten Bereichs und nur die 400 € übersteigenden Vergütungen als Ausgaben des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs „sportliche Veranstaltungen“ zu behandeln. 28. Auch die anderen Kosten müssen aus dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb „sportliche Veranstaltungen“, anderen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben oder von Dritten geleistet werden. Dies gilt auch dann, wenn an der Veranstaltung neben bezahlten Sportlern auch unbezahlte Sportler teilnehmen. Die Kosten eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs „sportliche Veranstaltungen“ sind also nicht danach aufzuteilen, ob sie auf bezahlte oder auf unbezahlte Sportler entfallen. Etwaiger Aufwandsersatz an unbezahlte Sportler für die Teilnahme an einer Veranstaltung mit bezahlten Sportlern ist als eine Ausgabe dieser Veranstaltung zu behandeln. Aus Vereinfachungsgründen ist es aber nicht zu beanstanden, wenn die Aufwandspauschale (vgl. Nr. 32 des AEAO zu § 67a) an unbezahlte Sportler nicht als Betriebsausgabe des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs behandelt, sondern aus Mitteln des ideellen Bereichs abgedeckt wird. 29. Trainingskosten (z.B. Vergütungen an Trainer), die sowohl unbezahlte als auch bezahlte Sportler betreffen, sind nach den im Einzelfall gegebenen Abgrenzungsmöglichkeiten aufzuteilen. Als solche kommen beispielsweise in Betracht der jeweilige Zeitaufwand oder – bei gleichzeitigem Training unbezahlter und bezahlter Sportler – die Zahl der trainierten Sportler oder Mannschaften. Soweit eine Abgrenzung anders nicht möglich ist, sind die auf das Training unbezahlter und bezahlter Sportler entfallenden Kosten im Wege der Schätzung zu ermitteln. 30. Werden bezahlte und unbezahlte Sportler einer Mannschaft gleichzeitig für eine Veranstaltung trainiert, die als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zu beurteilen ist, sind die gesamten Trainingskosten dafür Ausgaben des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs. Die Vereinfachungsregelung in Nr. 28 letzter Satz des AEAO zu § 67a gilt entsprechend. 31. Sportler des Vereins i.S.d. § 67a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AO sind nicht nur die (aktiven) Mitglieder des Vereins, sondern alle Sportler, die für den Verein auftreten, z.B. in einer Mannschaft des Vereins mitwirken. Für Verbände gilt Nr. 38 des AEAO zu § 67a. 32. Zahlungen an einen Sportler des Vereins bis zu insgesamt 450 € je Monat im Jahresdurchschnitt sind für die Beurteilung der Zweckbetriebseigenschaft der sportlichen Veranstaltungen – nicht aber bei der Besteuerung des Sportlers – ohne Einzelnachweis als Aufwandsentschädigung anzusehen. Werden höhere Aufwendungen erstattet, sind die gesamten Aufwendungen im Einzelnen nachzuweisen. Dabei muss
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es sich um Aufwendungen persönlicher oder sachlicher Art handeln, die dem Grunde nach Werbungskosten oder Betriebsausgaben sein können. Die Regelung gilt für alle Sportarten. 33. Die Regelung über die Unschädlichkeit pauschaler Aufwandsentschädigungen bis zu 450 € je Monat im Jahresdurchschnitt gilt nur für Sportler des Vereins, nicht aber für Zahlungen an andere Sportler. Einem anderen Sportler, der in einem Jahr nur an einer Veranstaltung des Vereins teilnimmt, kann also nicht ein Betrag bis zu 5 400 € als pauschaler Aufwandsersatz dafür gezahlt werden. Vielmehr führt in den Fällen des § 67a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AO jede Zahlung an einen Sportler, die über eine Erstattung des tatsächlichen Aufwands hinausgeht, zum Verlust der Zweckbetriebseigenschaft der Veranstaltung. 34. Zuwendungen der Stiftung Deutsche Sporthilfe, Frankfurt, und vergleichbarer Einrichtungen der Sporthilfe an Spitzensportler sind i.d.R. als Ersatz von besonderen Aufwendungen der Spitzensportler für ihren Sport anzusehen. Sie sind deshalb nicht auf die zulässige Aufwandspauschale von 450 € je Monat im Jahresdurchschnitt anzurechnen. Weisen Sportler die tatsächlichen Aufwendungen nach, so muss sich der Nachweis auch auf die Aufwendungen erstrecken, die den Zuwendungen der Stiftung Deutsche Sporthilfe und vergleichbarer Einrichtungen gegenüber stehen. 35. Bei der Beurteilung der Zweckbetriebseigenschaft einer Sportveranstaltung nach § 67a Abs. 3 AO ist nicht zu unterscheiden, ob Vergütungen oder andere Vorteile an einen Sportler für die Teilnahme an sich oder für die erfolgreiche Teilnahme gewährt werden. Entscheidend ist, dass der Sportler aufgrund seiner Teilnahme Vorteile hat, die er ohne seine Teilnahme nicht erhalten hätte. Auch die Zahlung eines Preisgeldes, das über eine Aufwandsentschädigung hinausgeht, begründet demnach einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. 36. Bei einem sog. Spielertrainer ist zu unterscheiden, ob er für die Trainertätigkeit oder für die Ausübung des Sports Vergütungen erhält. Wird er nur für die Trainertätigkeit bezahlt oder erhält er für die Tätigkeit als Spieler nicht mehr als den Ersatz seiner Aufwendungen (vgl. Nr. 32 des AEAO zu § 67a), ist seine Teilnahme an sportlichen Veranstaltungen unschädlich für die Zweckbetriebseigenschaft. 37. Unbezahlte Sportler werden wegen der Teilnahme an Veranstaltungen mit bezahlten Sportlern nicht selbst zu bezahlten Sportlern. Die Ausbildung dieser Sportler gehört nach wie vor zu der steuerbegünstigten Tätigkeit eines Sportvereins, es sei denn, sie werden zusammen mit bezahlten Sportlern für eine Veranstaltung trainiert, die ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist (vgl. Nr. 30 des AEAO zu § 67a). 38. Sportler, die einem bestimmten Sportverein angehören und die nicht selbst unmittelbar Mitglieder eines Sportverbandes sind, werden bei der Beurteilung der Zweckbetriebseigenschaft von Veranstaltungen des Verbandes als andere Sportler i.S.d. § 67a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AO angesehen. Zahlungen der Vereine an Sportler im Zusammenhang mit sportlichen Veranstaltungen der Verbände (z.B. Länderwettkämpfe) sind in diesen Fällen als „Zahlungen von Dritten im Zusammenwirken mit dem Verein“ (hier: Verband) zu behandeln. 1086 | Stöber/Otto
9. Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) | Rz. 1956 Anhang
39. Ablösezahlungen, die einem steuerbegünstigten Sportverein für die Freigabe von Sportlern zufließen, beeinträchtigen seine Gemeinnützigkeit nicht. Die erhaltenen Beträge zählen zu den Einnahmen aus dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb „sportliche Veranstaltungen“, wenn der den Verein wechselnde Sportler in den letzten zwölf Monaten vor seiner Freigabe bezahlter Sportler i.S.d. § 67a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AO war. Ansonsten gehören sie zu den Einnahmen aus dem Zweckbetrieb „sportliche Veranstaltungen“. 40. Zahlungen eines steuerbegünstigten Sportvereins an einen anderen (abgebenden) Verein für die Übernahme eines Sportlers sind unschädlich für die Gemeinnützigkeit des zahlenden Vereins, wenn sie aus steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben für die Übernahme eines Sportlers gezahlt werden, der beim aufnehmenden Verein in den ersten zwölf Monaten nach dem Vereinswechsel als bezahlter Sportler i.S.d. § 67a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AO anzusehen ist. Zahlungen für einen Sportler, der beim aufnehmenden Verein nicht als bezahlter Sportler anzusehen ist, sind bei Anwendung des § 67a Abs. 3 AO nur dann unschädlich für die Gemeinnützigkeit des zahlenden Vereins, wenn lediglich die Ausbildungskosten für den den Verein wechselnden Sportler erstattet werden. Eine derartige Kostenerstattung kann bei Zahlungen bis zur Höhe von 2 557 € je Sportler ohne weiteres angenommen werden. Bei höheren Kostenerstattungen sind sämtliche Ausbildungskosten im Einzelfall nachzuweisen. Die Zahlungen mindern nicht den Überschuss des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs „sportliche Veranstaltungen“. Zur steuerlichen Behandlung von Ablösezahlungen bei Anwendung der Zweckbetriebsgrenze des § 67a Abs. 1 Satz 1 AO vgl. Nrn. 17 und 19 des AEAO zu § 67a. AEAO zu § 68 – Einzelne Zweckbetriebe: Allgemeines 1. § 68 AO enthält einen gesetzlichen Katalog einzelner Zweckbetriebe und geht als spezielle Norm der Regelung des § 65 AO vor (BFH, Urt. v. 4.6.2003 – I R 25/02, BStBl. II 2004, 660). Die beispielhafte Aufzählung von Betrieben, die ihrer Art nach Zweckbetriebe sein können, gibt wichtige Anhaltspunkte für die Auslegung der Begriffe Zweckbetrieb (§ 65 AO) im Allgemeinen und Einrichtungen der Wohlfahrtspflege (§ 66 AO) im Besonderen. Zu § 68 Nr. 1 AO: 2. Unter die Begriffe „Alten-, Altenwohn- und Pflegeheime“ fallen Einrichtungen, die gegenüber denen in § 53 Nr. 1 AO genannten Personen Leistungen der Pflege oder Betreuung sowie der Wohnraumüberlassung erbringen und bei denen die Verträge über die Überlassung von Wohnraum und über die Erbringung von Pflege- oder Betreuungsleistungen voneinander abhängig sind (s. §§ 1, 2 WBVG). Eine für die Allgemeinheit zugängliche Cafeteria ist ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb. Für Körperschaften, die nicht die Voraussetzungen des § 68 Nr. 1 Buchstabe a AO erfüllen, kommt eine Förderung unter den Voraussetzungen des § 66 AO in Betracht.
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3. Bei Kindergärten, Kinder-, Jugend- und Studentenheimen sowie bei Schullandheimen und Jugendherbergen müssen die geförderten Personen die Voraussetzungen nach § 53 AO nicht erfüllen. Leistungen, die von Jugendherbergen an allein reisende Erwachsene (= Personen nach Vollendung des 27. Lebensjahres) erbracht werden, begründen einen selbständigen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb nach §§ 14, 64 AO (BFH, Urt. v. 10.8.2016 – V R 11/15, BStBl. II 2018, 113). Zu § 68 Nr. 2 AO: 4. Von § 68 Nr. 2 Buchstabe b AO werden nur solche Selbstversorgungseinrichtungen umfasst, die den darin genannten Handwerksbetrieben vergleichbar sind. Werden auch Leistungen gegenüber Außenstehenden erbracht, sind nur solche Einrichtungen der steuerbegünstigten Körperschaft begünstigt, die nicht regelmäßig ausgelastet sind und deshalb gelegentlich auch Leistungen an Außenstehende erbringen, nicht aber solche, die über Jahre hinweg Leistungen an Außenstehende ausführen und hierfür auch personell entsprechend ausgestattet sind (vgl. BFH, Urt. v. 29.1.2009 – V R 46/06, BStBl. II S. 560 und BMF, Schr. v. 12.4.2011, BStBl. I S. 538). Außenstehende im Sinne dieser Regelung sind auch Arbeitnehmer der Körperschaft. Bei Lieferungen und Leistungen an Außenstehende tritt die Körperschaft mit Dritten in Leistungsbeziehung. Solange der Umfang dieser Geschäfte an Dritte, hierzu gehören auch Leistungsempfänger, die selbst eine steuerbegünstigte Körperschaft i.S.d. § 68 Nr. 2 AO sind (BFH, Urt. v. 18.10.1990 – V R 35/85, BStBl. II 1991, 157), nicht mehr als 20 % der gesamten Lieferungen und Leistungen der begünstigten Körperschaft ausmachen, bleibt die Zweckbetriebseigenschaft erhalten. Zu § 68 Nr. 3 AO: 5. Der Begriff „Werkstatt für behinderte Menschen“ bestimmt sich nach § 219 SGB IX. Werkstätten für behinderte Menschen bedürfen der förmlichen Anerkennung. Anerkennungsbehörde ist die Bundesagentur für Arbeit, die im Einvernehmen mit dem überörtlichen Träger der Sozialhilfe über die Anerkennung einer Einrichtung als Werkstatt für behinderte Menschen durch Anerkennungsbescheid entscheidet (§ 225 SGB IX). Läden oder Verkaufsstellen von Werkstätten für behinderte Menschen sind grundsätzlich als Zweckbetriebe zu behandeln, wenn dort Produkte verkauft werden, die von der – den Laden oder die Verkaufsstelle betreibenden – Werkstatt für behinderte Menschen oder einer anderen Werkstatt für behinderte Menschen i.S.d. § 68 Nr. 3 Buchstabe a AO hergestellt worden sind. Werden von dem Laden oder der Verkaufsstelle der Werkstatt für behinderte Menschen auch zugekaufte Waren, die nicht von ihr oder von anderen Werkstätten für behinderte Menschen hergestellt worden sind, weiterverkauft, liegt insoweit ein gesonderter steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vor. Zu den Zweckbetrieben gehören auch die von den Trägern der Werkstätten für behinderte Menschen betriebenen Kantinen, weil die besondere Situation der behinderten Menschen auch während der Mahlzeiten eine Betreuung erfordert. 6. Inklusionsbetriebe i.S.d. § 215 SGB IX sind rechtlich und wirtschaftlich selbständige Unternehmen oder unternehmensinterne oder von öffentlichen Arbeitgebern 1088 | Stöber/Otto
9. Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) | Rz. 1956 Anhang
i.S.d. § 154 Abs. 2 SGB IX geführte Betriebe oder Abteilungen zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen, deren Teilhabe an einer sonstigen Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aufgrund von Art oder Schwere der Behinderung oder wegen sonstiger Umstände voraussichtlich trotz Ausschöpfens aller Fördermöglichkeiten und des Einsatzes von Integrationsfachdiensten auf besondere Schwierigkeiten stößt. Inklusionsbetriebe i.S.d. § 215 SGB IX müssen mindestens 30 % und sollen in der Regel nicht mehr als 50 % der genannten Personengruppe beschäftigen, um sozialrechtlich als Inklusionsbetrieb anerkannt werden zu können. Für die steuerliche Eignung als Zweckbetrieb bedarf es insgesamt einer Beschäftigungsquote von mindestens 40 % der genannten Personengruppen. Auf diese Quoten wird auch die Anzahl der psychisch kranken beschäftigten Menschen angerechnet, die behindert oder von einer Behinderung bedroht sind und deren Teilhabe an einer sonstigen Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf Grund von Art und Schwere der Behinderung oder wegen sonstiger Umstände auf besondere Schwierigkeiten stößt. Für Inklusionsbetriebe wird anders als bei Werkstätten für behinderte Menschen kein förmliches Anerkennungsverfahren durchgeführt. Als Nachweis für die Eigenschaft als Inklusionsbetrieb dient in der Regel der Bescheid des zuständigen Integrationsamtes über erbrachte Leistungen nach § 217 SGB IX (Leistungsbescheid) sowie, im Falle einer Beschäftigung psychisch kranker Menschen, der Leistungsbescheid des zuständigen Rehabilitationsträgers. Bei der Ermittlung der Beschäftigungsquote von 40 % sind alle schwerbehinderten und psychisch kranken Menschen, für die das jeweils zuständige Integrationsamt bzw. der zuständige Rehabilitationsträger auch Leistungen der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben nach § 217 SGB IX erbringen kann, zu berücksichtigen. Dies ist bei Inklusionsbetrieben bei Beschäftigten mit einer wöchentlichen Arbeitszeit ab 12 Stunden möglich. Ein über diese Grenze hinausgehend Teilzeitbeschäftigter wird voll angerechnet. Für Altfälle bis einschließlich VZ 2018 wird nicht beanstandet, wenn die bisherige Fassung der Nr. 6 des AEAO zu § 68 Nr. 3 angewendet wird. 7. Zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten für (schwer-)behinderte Menschen schaffen Handelsbetriebe, die als wohnortnahe Einzelhandelsgeschäfte beispielsweise mit einem Lebensmittelvollsortiment und entsprechendem Einsatz von Fachpersonal betrieben werden. Mit dieser Beschäftigungsform soll behinderten Menschen eine Möglichkeit zur Teilhabe am Arbeitsleben auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auch außerhalb von Werkstätten für behinderte Menschen geboten werden. Handelsbetriebe, die keine Läden oder Verkaufsstellen von Werkstätten für behinderte Menschen i.S.d. Nr. 5 des AEAO zu § 68 darstellen, können als Inklusionsbetrieb (vgl. Nr. 6 des AEAO zu § 68) oder als zusätzlicher Arbeitsbereich, zusätzlicher Betriebsteil oder zusätzliche Betriebsstätte einer (anerkannten) Werkstatt für behinderte Menschen gegründet werden. Im letzteren Fall muss die Werkstatt für behinderte Menschen bei den Anerkennungsbehörden (§ 225 SGB IX) die Erweiterung der anerkannten Werkstatt um den zusätzlichen Arbeitsbereich, den Betriebsteil oder die zusätzliche Betriebsstätte „Handelsbetrieb“ anzeigen und um deren Einbeziehung in die Anerkennung nach § 225 SGB IX ersuchen. Die Anerkennungsbehörden prüfen, ob die anerkannte Werkstatt für behinderte Menschen auch mit einer solchen Erwei-
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terung insgesamt noch die Anerkennungsvoraussetzungen als Werkstatt für behinderte Menschen nach § 225 SGB IX erfüllt. Handelsbetriebe, die von den Sozialbehörden als Inklusionsbetriebe gefördert werden, stellen grundsätzlich einen steuerbegünstigten Zweckbetrieb nach § 68 Nr. 3 Buchstabe c AO dar, wenn die Beschäftigungsquote von 40 % der Personengruppe erreicht ist. Die von den Sozialbehörden vorgenommene sozialrechtliche Einordnung dieser Handelsbetriebe als Teil einer Werkstatt für behinderte Menschen (§ 68 Nr. 3 Buchstabe a AO) oder als Inklusionsbetrieb (§ 68 Nr. 3 Buchstabe c AO) soll von der zuständigen Finanzbehörde regelmäßig übernommen werden. Dem zuständigen Finanzamt obliegt aber die abschließende rechtsverbindliche Entscheidung im Einzelfall. Dabei kommt den Bescheiden der Sozialbehörden (Anerkennungsbescheid nach § 225 SGB IX bzw. Bescheid über erbrachte Leistungen nach § 217 SGB IX) grundsätzlich Tatbestandswirkung zu. Die Bescheide stellen aber keine Grundlagenbescheide i.S.d. § 171 Abs. 10 AO dar. 8. Einrichtungen für Beschäftigungs- und Arbeitstherapie, die der Eingliederung von behinderten Menschen dienen, sind besondere Einrichtungen, in denen eine Behandlung von behinderten Menschen aufgrund ärztlicher Indikationen erfolgt. Während eine Beschäftigungstherapie ganz allgemein das Ziel hat, körperliche oder psychische Grundfunktionen zum Zwecke der Wiedereingliederung in das Alltagsleben wiederherzustellen, zielt die Arbeitstherapie darauf ab, die besonderen Fähigkeiten und Fertigkeiten auszubilden, zu fördern und zu trainieren, die für eine Teilnahme am Arbeitsleben erforderlich sind. Beschäftigungs- und Arbeitstherapie sind vom medizinischen Behandlungszweck geprägt und erfolgen regelmäßig außerhalb eines Beschäftigungsverhältnisses zum Träger der Therapieeinrichtung. Ob eine entsprechende Einrichtung vorliegt, ergibt sich aufgrund der Vereinbarungen über Art und Umfang der Heilbehandlung und Rehabilitation zwischen dem Träger der Einrichtung und den Leistungsträgern. Zu § 68 Nr. 4 AO: 9. Begünstigte Einrichtungen sind insbesondere Werkstätten, die zur Fürsorge von blinden und körperbehinderten Menschen unterhalten werden. Zu § 68 Nr. 6 AO: 10. Lotterien und Ausspielungen sind ein Zweckbetrieb, wenn sie von den zuständigen Behörden genehmigt sind oder nach den jeweiligen landesrechtlichen Bestimmungen wegen des geringen Umfangs der Ausspielung oder Lotterieveranstaltung per Verwaltungserlass pauschal als genehmigt gelten. Die sachlichen Voraussetzungen und die Zuständigkeit für die Genehmigung bestimmen sich nach den lotterierechtlichen Verordnungen der Länder. Der Gesetzeswortlaut lässt es offen, in welchem Umfang solche Lotterien veranstaltet werden dürfen. Da eine besondere Einschränkung fehlt, ist auch eine umfangreiche Tätigkeit so lange unschädlich, als die allgemein durch das Gesetz gezogenen Grenzen nicht überschritten werden. Die jährliche Organisation einer Tombola durch eine Mittelbeschaffungskörperschaft ist im Rahmen der Gesamtbetrachtung selbst dann als steuerbegünstigter Zweckbetrieb 1090 | Stöber/Otto
9. Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) | Rz. 1956 Anhang
nach § 68 Nr. 6 AO zu beurteilen, wenn die Körperschaft die Mittel überwiegend aus der Ausrichtung der Tombola erzielt. 11. Zur Ermittlung des Reinertrags dürfen den Einnahmen aus der Lotterieveranstaltung oder Ausspielung nur die unmittelbar damit zusammenhängenden Ausgaben gegenübergestellt werden. Führt eine steuerbegünstigte Körperschaft eine Lotterieveranstaltung durch, die nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz nicht genehmigungsfähig ist, z.B. eine Ausspielung anlässlich einer geselligen Veranstaltung, handelt es sich insoweit nicht um einen Zweckbetrieb nach § 68 Nr. 6 AO. Zu § 68 Nr. 7 AO: 12. Wegen der Breite des Spektrums, die die Förderung von Kunst und Kultur umfasst, ist die im Gesetz enthaltene Aufzählung der kulturellen Einrichtungen nicht abschließend. 13. Kulturelle Einrichtungen und Veranstaltungen i.S.d. § 68 Nr. 7 AO können nur vorliegen, wenn die Förderung der Kultur Satzungszweck der Körperschaft ist. Sie sind stets als Zweckbetrieb zu behandeln. Das BFH, Urt. v. 4.5.1994 – XI R 109/90, BStBl. II S. 886 zu sportlichen Darbietungen eines Sportvereins (vgl. Nr. 3 des AEAO zu § 67a) gilt für kulturelle Darbietungen entsprechend. Demnach liegt auch dann eine kulturelle Veranstaltung der Körperschaft vor, wenn diese eine Darbietung kultureller Art im Rahmen einer Veranstaltung präsentiert, die nicht von der Körperschaft selbst organisiert wird und die ihrerseits keine kulturelle Veranstaltung i.S.d. § 68 Nr. 7 AO darstellt. Wenn z.B. ein steuerbegünstigter Musikverein, der der Förderung der volkstümlichen Musik dient, gegen Entgelt im Festzelt einer Brauerei ein volkstümliches Musikkonzert darbietet, gehört der Auftritt des Musikvereins als kulturelle Veranstaltung zum Zweckbetrieb. 14. Der Verkauf von Speisen und Getränken und die Werbung bei kulturellen Veranstaltungen gehören nicht zu dem Zweckbetrieb. Diese Tätigkeiten sind gesonderte wirtschaftliche Geschäftsbetriebe. Wird für den Besuch einer kulturellen Veranstaltung mit Bewirtung ein einheitliches Entgelt entrichtet, so ist dieses – ggf. im Wege der Schätzung – in einen Entgeltsanteil für den Besuch der Veranstaltung (Zweckbetrieb) und für die Bewirtungsleistungen (wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb) aufzuteilen. Zu § 68 Nr. 8 AO: 15. An Veranstaltungen belehrender Art i.S.d. § 68 Nr. 8 AO sind keine besonderen inhaltlichen Anforderungen zu stellen. Es genügt, dass bei den jeweiligen Veranstaltungen überwiegend Vorträge gehalten werden, die naturgemäß belehrenden Charakter haben (BFH, Urt. v. 21.6.2017 – V R 34/16, BStBl. II 2018, 55). Zu § 68 Nr. 9 AO: 16. Bei der Anwendung des § 68 Nr. 9 AO bestehen keine Unterschiede zwischen Wissenschaftseinrichtungen und Forschungseinrichtungen. Die nachfolgenden Erläuterungen zur steuerlichen Behandlung von Forschungseinrichtungen gelten deshalb auch für Wissenschaftseinrichtungen.
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Anhang Rz. 1956 | C. Gesetzestexte und Steuervorschriften
17.§ 68 Nr. 9 AO gilt nur für Körperschaften, deren satzungsmäßiger Zweck die Förderung von Wissenschaft und Forschung ist. Fördert die Körperschaft daneben nach ihrer Satzung auch andere steuerbegünstigte Zwecke, ist § 68 Nr. 9 AO nur anzuwenden, wenn die Forschungstätigkeit bei der tatsächlichen Geschäftsführung die Förderung der anderen steuerbegünstigten Zwecke überwiegt. Die Sonderregelung in § 68 Nr. 9 AO geht der allgemeinen Regelung über die Zweckbetriebseigenschaft wirtschaftlicher Betätigungen in § 65 AO vor. Die Zweckbetriebseigenschaft der Forschungstätigkeit von Forschungseinrichtungen, auf die § 68 Nr. 9 AO anzuwenden ist, richtet sich deshalb ausschließlich nach dieser Vorschrift. Darauf, ob die Forschungstätigkeit die Voraussetzungen des § 65 AO erfüllt, kommt es nicht an. Dies gilt auch dann, wenn die Forschungseinrichtung die Voraussetzungen des § 68 Nr. 9 AO für die Annahme eines Zweckbetriebs nicht erfüllt. Die gesamte Forschungstätigkeit ist in diesem Fall ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb. Die steuerliche Beurteilung der Zweckbetriebseigenschaft von wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben, die nicht unmittelbar der Forschung dienen, richtet sich nach den §§ 65 bis 68 Nrn. 1 bis 8 AO. Danach ist z.B. die teilweise Überlassung der Nutzung eines Rechenzentrums für Zwecke Dritter gegen Entgelt ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb. Zweckbetriebe kommen insbesondere bei der Förderung anderer steuerbegünstigter Zwecke in Betracht (z.B. Unterhaltung eines Museums durch den Träger einer Forschungseinrichtung – § 68 Nr. 7 AO). Betreibt eine steuerbegünstigte Körperschaft, auf die § 68 Nr. 9 AO nicht anzuwenden ist, auch Forschung, ist die Zweckbetriebseigenschaft der Forschungstätigkeit nach § 65 AO zu beurteilen. Hierbei sind die Grundsätze des BFH-Urteils vom 30.11.1995 – V R 29/91, BStBl. II 1997, 189, zu beachten. Danach ist die Auftragsforschung ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb. Falls sich die Auftragsforschung nicht von der Grundlagen- oder Eigenforschung abgrenzen lässt, liegt insgesamt ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vor. Eine Körperschaft ist nicht selbstlos tätig und kann deshalb nicht als gemeinnützig behandelt werden, wenn sie in erster Linie nicht steuerbegünstigte, sondern eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt (§ 55 Abs. 1 Satz 1 AO). Zweckbetriebe sind bei dieser Abgrenzung dem ideellen steuerbegünstigten Bereich zuzuordnen. Wenn eine Forschungseinrichtung nach § 68 Nr. 9 AO ein Zweckbetrieb ist, besteht deshalb die unwiderlegbare Vermutung, dass das Schwergewicht ihrer Tätigkeit im steuerbegünstigten Bereich liegt. Bei einer Forschungseinrichtung, auf die § 68 Nr. 9 AO anzuwenden ist, deren Träger die Finanzierungsvoraussetzungen der Vorschrift jedoch nicht erfüllt, kann nicht zwingend davon ausgegangen werden, dass sie in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt. Nach den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 4.4.2007 – I R 76/05, BStBl. II S. 631, ist unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls zu prüfen, ob sich die Auftragsforschung von der steuerbegünstigten Tätigkeit trennen lässt. Ist in diesem Fall die Auftragsforschung von untergeordneter Bedeutung, kann der Träger der Einrichtung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG gleichwohl steuerbefreit sein und die Auftragsforschung lediglich einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 64 AO) darstellen. Die Steuerbefreiung 1092 | Stöber/Otto
9. Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) | Rz. 1956 Anhang
nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG geht nur dann verloren, wenn die Auftragsforschung als eigenständiger Zweck neben die Eigenforschung (Grundlagenforschung) tritt und somit gegen das Gebot der Ausschließlichkeit des § 56 AO verstoßen wird. 18. Unter „Träger“ einer Forschungseinrichtung ist die Körperschaft (z.B. Verein, GmbH) zu verstehen, die die Einrichtung betreibt. Wie sich die Mitglieder oder Gesellschafter der Körperschaft finanzieren, ist ohne Bedeutung. 19. Die überwiegende Finanzierung des Trägers ergibt sich aus der Gegenüberstellung der Zuwendungen an den Träger von dritter Seite zzgl. der Einnahmen aus der Vermögensverwaltung einerseits und der übrigen Einnahmen des Trägers andererseits. Zuwendungen von dritter Seite sind nur unentgeltliche Leistungen. Dazu gehören z.B. die Projektförderung von Bund, Ländern und der Europäischen Union, Spenden und echte Mitgliedsbeiträge. Fördert die Körperschaft auch andere steuerbegünstigte Zwecke als die Wissenschaft und Forschung und geschieht dies durch einen Zweckbetrieb, sind die Einnahmen und Überschüsse aus diesem Zweckbetrieb bei der Beurteilung der Frage, aus welchen Mitteln sich der Träger der Forschungseinrichtung überwiegend finanziert, nicht zu berücksichtigen. Die Einnahmen und Überschüsse anderer Zweckbetriebe sind also weder als Zuwendungen noch als andere (schädliche) Mittelzuflüsse zu erfassen. In welchem Jahr die Einnahmen anzusetzen sind, bestimmt sich nach den Grundsätzen der steuerlichen Einkünfteermittlung. Bei Körperschaften, die den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 oder § 5 EStG) ermitteln, sind Forderungszugänge bereits als Einnahmen zu erfassen. Bei anderen Körperschaften sind die im Kalenderjahr zugeflossenen Einnahmen maßgeblich (§ 11 EStG). Der Beurteilung, ob der Träger einer Forschungseinrichtung sich überwiegend aus Zuwendungen und der Vermögensverwaltung finanziert, ist grundsätzlich ein Dreijahreszeitraum zugrunde zu legen. Dieser umfasst den zu beurteilenden und die beiden vorangegangenen Veranlagungszeiträume. Beispiel: Jahr
Zuwendungen und Vermögensverwaltung
Andere Finanzierung
Gesamtfinanzierung
€
€
€
01
1.000
1.100
2.100
02
1.400
1.000
2.400
03
1.200
1.300
2.500
Zusammen
3.600
3.400
7.000
Im Jahr 03 (zu beurteilender Veranlagungszeitraum) liegt ein Zweckbetrieb vor, weil sich der Träger der Forschungseinrichtung im maßgeblichen Beurteilungszeitraum (Jahre 01 bis 03) überwiegend aus Zuwendungen und der Vermögensverwaltung finanziert hat. Für die Beurteilung der Zweckbetriebseigenschaft im Jahr 04 ist die Finanzierung des Trägers der Forschungseinrichtung in den Jahren 02 bis 04 zugrunde zu legen.
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20. Die Anfertigung von Prototypen und die Nullserie gehören noch zur Forschungstätigkeit. Bei Routinemessungen, dem Routineeinsatz eines Ergebnisses und der Fertigung marktfähiger Produkte ist grundsätzlich anzunehmen, dass sich die Tätigkeit auf die Anwendung gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse beschränkt. Dies ist eine Vermutung, die im Einzelfall von der Forschungseinrichtung widerlegt werden kann. Bei der Anfertigung von Gutachten kommt es bei der Zuordnung auf Thema und Inhalt an. Gutachten, in denen lediglich gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse verwertet werden, gehören nicht zur Forschungstätigkeit. „Projektträgerschaften“ sind von der „Projektförderung“ zu unterscheiden. „Projektförderung“ ist die Vergabe von Zuwendungen für bestimmte, einzeln abgrenzbare Forschungs- und Entwicklungsvorhaben an Forschungseinrichtungen, z.B. durch Bund, Länder und Europäische Union. Bei der Forschungseinrichtung liegen hierbei Zuwendungen i.S.d. § 68 Nr. 9 Satz 1 AO vor. „Projektträgerschaft“ ist die fachliche und verwaltungsmäßige Betreuung und Abwicklung der Projektförderung durch Forschungseinrichtungen (Projektträger) im Auftrag des Bundes oder eines Landes. Zu den Aufgaben der Projektträger gehören u.a. die Prüfung und Beurteilung der Förderanträge der Forschungseinrichtungen, die eine Projektförderung beantragen, mit Entscheidungsvorschlag, Verwaltung der vom Zuwendungsgeber bereitgestellten Mittel, Kontrolle der Abwicklung des Vorhabens, Mitwirkung bei der Auswertung und Veröffentlichung der Arbeitsergebnisse. Die Projektträger erhalten vom Zuwendungsgeber ein Entgelt in Höhe der bei ihnen entstandenen Selbstkosten. Projektträgerschaften sind steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe. Bei der Beurteilung, wie sich die Forschungseinrichtung überwiegend finanziert, gehören die Einnahmen aus Projektträgerschaften zu den Einnahmen, die den Zuwendungen und den Einnahmen aus der Vermögensverwaltung gegenüber zu stellen sind. Eine Tätigkeit ohne Forschungsbezug ist z.B. der Betrieb einer Kantine. 10. Einkommensteuergesetz (EStG) – Auszug in der Fassung der Bekanntmachung v. 8.10.2009 (BGBl. I 3366, 3862), zuletzt geändert durch Gesetz v. 21.12.2020 (BGBl. I 3096) 1957
§3 Steuerfrei sind (…) 26. Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder vergleichbaren nebenberuflichen Tätigkeiten, aus nebenberuflichen künstlerischen Tätigkeiten oder der nebenberuflichen Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen im Dienst oder im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen 1094 | Stöber/Otto
10. Einkommensteuergesetz (EStG) – Auszug | Rz. 1957 Anhang
Wirtschaftsraum Anwendung findet, oder in der Schweiz belegen ist, oder einer unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung) bis zur Höhe von insgesamt 3 000 € im Jahr. 2Überschreiten die Einnahmen für die in Satz 1 bezeichneten Tätigkeiten den steuerfreien Betrag, dürfen die mit den nebenberuflichen Tätigkeiten in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben abweichend von § 3c nur insoweit als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen; 26a. Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten im Dienst oder Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, oder in der Schweiz belegen ist, oder einer unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung) bis zur Höhe von insgesamt 840 € im Jahr. 2Die Steuerbefreiung ist ausgeschlossen, wenn für die Einnahmen aus der Tätigkeit – ganz oder teilweise – eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 12, 26 oder 26b gewährt wird. 3Überschreiten die Einnahmen für die in Satz 1 bezeichneten Tätigkeiten den steuerfreien Betrag, dürfen die mit den nebenberuflichen Tätigkeiten in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben abweichend von § 3c nur insoweit als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen; 26b. Aufwandsentschädigungen nach § 1835a des Bürgerlichen Gesetzbuchs, soweit sie zusammen mit den steuerfreien Einnahmen im Sinne der Nr. 26 den Freibetrag nach Nr. 26 Satz 1 nicht überschreiten. 2Nr. 26 Satz 2 gilt entsprechend; § 10b Steuerbegünstigte Zwecke (1) 1Zuwendungen (Spenden und Mitgliedsbeiträge) zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke i.S.d. §§ 52 bis 54 der Abgabenordnung können insgesamt bis zu 1. 20 Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte oder 2. 4 Promille der Summe der gesamten Umsätze und der im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter als Sonderausgaben abgezogen werden. 2Voraussetzung für den Abzug ist, dass diese Zuwendungen 1. an eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder an eine öffentliche Dienststelle, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWRAbkommen) Anwendung findet, oder 2. an eine nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes steuerbefreite Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse oder
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Anhang Rz. 1957 | C. Gesetzestexte und Steuervorschriften
3. an eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) Anwendung findet, und die nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 2 zweiter Halbsatz des Körperschaftsteuergesetzes steuerbefreit wäre, wenn sie inländische Einkünfte erzielen würde, geleistet werden. 3Für nicht im Inland ansässige Zuwendungsempfänger nach Satz 2 ist weitere Voraussetzung, dass durch diese Staaten Amtshilfe und Unterstützung bei der Beitreibung geleistet werden. 4Amtshilfe ist der Auskunftsaustausch im Sinne oder entsprechend der Amtshilferichtlinie gem. § 2 Abs. 2 des EU-Amtshilfegesetzes. 5Beitreibung ist die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen im Sinne oder entsprechend der Beitreibungsrichtlinie einschließlich der in diesem Zusammenhang anzuwendenden Durchführungsbestimmungen in den für den jeweiligen Veranlagungszeitraum geltenden Fassungen oder eines entsprechenden Nachfolgerechtsaktes. 6Werden die steuerbegünstigten Zwecke des Zuwendungsempfängers im Sinne von Satz 2 Nr. 1 nur im Ausland verwirklicht, ist für den Sonderausgabenabzug Voraussetzung, dass natürliche Personen, die ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes haben, gefördert werden oder dass die Tätigkeit dieses Zuwendungsempfängers neben der Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke auch zum Ansehen der Bundesrepublik Deutschland beitragen kann. 7Abziehbar sind auch Mitgliedsbeiträge an Körperschaften, die Kunst und Kultur gem. § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 der Abgabenordnung fördern, soweit es sich nicht um Mitgliedsbeiträge nach Satz 8 Nr. 2 handelt, auch wenn den Mitgliedern Vergünstigungen gewährt werden. 8Nicht abziehbar sind Mitgliedsbeiträge an Körperschaften, 1. die den Sport (§ 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 21 der Abgabenordnung), 2. die kulturelle Betätigungen, die in erster Linie der Freizeitgestaltung dienen, 3. die Heimatpflege und Heimatkunde (§ 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 22 der Abgabenordnung), 4. die Zwecke i.S.d. § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 23 der Abgabenordnung fördern oder 5. deren Zweck nach § 52 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung für gemeinnützig erklärt worden ist, weil deren Zweck die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet entsprechend einem Zweck nach den Nr. 1 bis 4 fördert. 9Abziehbare
Zuwendungen, die die Höchstbeträge nach Satz 1 überschreiten oder die den um die Beträge nach § 10 Abs. 3 und 4, § 10c und § 10d verminderten Gesamtbetrag der Einkünfte übersteigen, sind im Rahmen der Höchstbeträge in den folgenden Veranlagungszeiträumen als Sonderausgaben abzuziehen. 10§ 10d Abs. 4 gilt entsprechend. (1a) 1Spenden zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke i.S.d. §§ 52 bis 54 der Abgabenordnung in das zu erhaltende Vermögen (Vermögensstock) einer Stiftung, welche
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10. Einkommensteuergesetz (EStG) – Auszug | Rz. 1957 Anhang
die Voraussetzungen des Abs. 1 Satz 2 bis 6 erfüllt, können auf Antrag des Steuerpflichtigen im Veranlagungszeitraum der Zuwendung und in den folgenden neun Veranlagungszeiträumen bis zu einem Gesamtbetrag von 1 Million Euro, bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen veranlagt werden, bis zu einem Gesamtbetrag von 2 Millionen Euro, zusätzlich zu den Höchstbeträgen nach Abs. 1 Satz 1 abgezogen werden. 2Nicht abzugsfähig nach Satz 1 sind Spenden in das verbrauchbare Vermögen einer Stiftung. 3Der besondere Abzugsbetrag nach Satz 1 bezieht sich auf den gesamten Zehnjahreszeitraum und kann der Höhe nach innerhalb dieses Zeitraums nur einmal in Anspruch genommen werden. 4§ 10d Abs. 4 gilt entsprechend. (2) 1Zuwendungen an politische Parteien i.S.d. § 2 des Parteiengesetzes sind, sofern die jeweilige Partei nicht gem. § 18 Abs. 7 des Parteiengesetzes von der staatlichen Teilfinanzierung ausgeschlossen ist, bis zur Höhe von insgesamt 1 650 € und im Fall der Zusammenveranlagung von Ehegatten bis zur Höhe von insgesamt 3 300 € im Kalenderjahr abzugsfähig.2Sie können nur insoweit als Sonderausgaben abgezogen werden, als für sie nicht eine Steuerermäßigung nach § 34g gewährt worden ist. (3) 1Als Zuwendung im Sinne dieser Vorschrift gilt auch die Zuwendung von Wirtschaftsgütern mit Ausnahme von Nutzungen und Leistungen. 2Ist das Wirtschaftsgut unmittelbar vor seiner Zuwendung einem Betriebsvermögen entnommen worden, so bemisst sich die Zuwendungshöhe nach dem Wert, der bei der Entnahme angesetzt wurde und nach der Umsatzsteuer, die auf die Entnahme entfällt. 3Ansonsten bestimmt sich die Höhe der Zuwendung nach dem gemeinen Wert des zugewendeten Wirtschaftsguts, wenn dessen Veräußerung im Zeitpunkt der Zuwendung keinen Besteuerungstatbestand erfüllen würde. 4In allen übrigen Fällen dürfen bei der Ermittlung der Zuwendungshöhe die fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten nur überschritten werden, soweit eine Gewinnrealisierung stattgefunden hat. 5Aufwendungen zugunsten einer Körperschaft, die zum Empfang steuerlich abziehbarer Zuwendungen berechtigt ist, können nur abgezogen werden, wenn ein Anspruch auf die Erstattung der Aufwendungen durch Vertrag oder Satzung eingeräumt und auf die Erstattung verzichtet worden ist. 6Der Anspruch darf nicht unter der Bedingung des Verzichts eingeräumt worden sein. (4) 1Der Steuerpflichtige darf auf die Richtigkeit der Bestätigung über Spenden und Mitgliedsbeiträge vertrauen, es sei denn, dass er die Bestätigung durch unlautere Mittel oder falsche Angaben erwirkt hat oder dass ihm die Unrichtigkeit der Bestätigung bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt war. 2Wer vorsätzlich oder grob fahrlässig eine unrichtige Bestätigung ausstellt oder veranlasst, dass Zuwendungen nicht zu den in der Bestätigung angegebenen steuerbegünstigten Zwecken verwendet werden, haftet für die entgangene Steuer. 3Diese ist mit 30 Prozent des zugewendeten Betrags anzusetzen. 4In den Fällen des Satzes 2 zweite Alternative (Veranlasserhaftung) ist vorrangig der Zuwendungsempfänger in Anspruch zu nehmen; die in diesen Fällen für den Zuwendungsempfänger handelnden natürlichen Personen sind nur in Anspruch zu nehmen, wenn die entgangene Steuer nicht nach § 47 der Abgabenordnung erloschen ist und Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Zuwendungsempfänger nicht erfolgreich sind. 5Die Festsetzungsfrist für Haftungsansprüche nach Satz 2 läuft nicht ab, solange die Festsetzungsfrist für von dem Emp-
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Anhang Rz. 1957 | C. Gesetzestexte und Steuervorschriften
fänger der Zuwendung geschuldete Körperschaftsteuer für den Veranlagungszeitraum nicht abgelaufen ist, in dem die unrichtige Bestätigung ausgestellt worden ist oder veranlasst wurde, dass die Zuwendung nicht zu den in der Bestätigung angegebenen steuerbegünstigten Zwecken verwendet worden ist; § 191 Abs. 5 der Abgabenordnung ist nicht anzuwenden. § 34g (1) 1Die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen mit Ausnahme des § 34 f. Abs. 3, ermäßigt sich bei Zuwendungen an 1. politische Parteien i.S.d. § 2 des Parteiengesetzes, sofern die jeweilige Partei nicht gem. § 18 Abs. 7 des Parteiengesetzes von der staatlichen Teilfinanzierung ausgeschlossen ist, und 2. Vereine ohne Parteiencharakter, wenn a) der Zweck des Vereins ausschließlich darauf gerichtet ist, durch Teilnahme mit eigenen Wahlvorschlägen an Wahlen auf Bundes-, Landes- oder Kommunalebene bei der politischen Willensbildung mitzuwirken, und b) der Verein auf Bundes-, Landes- oder Kommunalebene bei der jeweils letzten Wahl wenigstens ein Mandat errungen oder der zuständigen Wahlbehörde oder dem zuständigen Wahlorgan angezeigt hat, dass er mit eigenen Wahlvorschlägen auf Bundes-, Landes- oder Kommunalebene an der jeweils nächsten Wahl teilnehmen will. 2Nimmt
der Verein an der jeweils nächsten Wahl nicht teil, wird die Ermäßigung nur für die bis zum Wahltag an ihn geleisteten Beiträge und Spenden gewährt. 3Die Ermäßigung für Beiträge und Spenden an den Verein wird erst wieder gewährt, wenn er sich mit eigenen Wahlvorschlägen an einer Wahl beteiligt hat. 4Die Ermäßigung wird in diesem Fall nur für Beiträge und Spenden gewährt, die nach Beginn des Jahres, in dem die Wahl stattfindet, geleistet werden. Ermäßigung beträgt 50 Prozent der Ausgaben, höchstens jeweils 825 € für Ausgaben nach den Nr. 1 und 2, im Fall der Zusammenveranlagung von Ehegatten höchstens jeweils 1650 €. 6§ 10b Abs. 3 und 4 gilt entsprechend.
5Die
11. Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) – Auszug in der Fassung mit Änderungen durch Gesetz v. 21.12.2020 (BGBl. I 3096) 1958
§ 50 Zuwendungsnachweis (1) 1Zuwendungen i.S.d. §§ 10b und 34g des Gesetzes dürfen vorbehaltlich des Abs. 2 nur abgezogen werden, wenn der Zuwendende eine Zuwendungsbestätigung, die der Zuwendungsempfänger unter Berücksichtigung des § 63 Abs. 5 der Abgabenordnung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck ausgestellt hat, oder die in den Abs. 4 bis 6 bezeichneten Unterlagen erhalten hat. 2Dies gilt nicht für Zuwendungen an nicht im
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11. Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) – Auszug | Rz. 1958 Anhang
Inland ansässige Zuwendungsempfänger nach § 10b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 3 des Gesetzes.1 (2) 1Der Zuwendende kann den Zuwendungsempfänger bevollmächtigen, die Zuwendungsbestätigung der für seine Besteuerung nach dem Einkommen zuständigen Finanzbehörde nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung nach Maßgabe des § 93c der Abgabenordnung zu übermitteln. 2Der Zuwendende hat dem Zuwendungsempfänger zu diesem Zweck seine Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) mitzuteilen. 3Die Vollmacht kann nur mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden. 4Der Zuwendungsempfänger hat dem Zuwendenden die nach Satz 1 übermittelten Daten elektronisch oder auf dessen Wunsch als Ausdruck zur Verfügung zu stellen; in beiden Fällen ist darauf hinzuweisen, dass die Daten der Finanzbehörde übermittelt worden sind. 5§ 72a Abs. 4 der Abgabenordnung findet keine Anwendung. (3) 1In den Fällen des Abs. 2 ist für die Anwendung des § 93c Abs. 4 Satz 1 der Abgabenordnung das Finanzamt zuständig, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung (§ 10 der Abgabenordnung) des Zuwendungsempfängers im Inland befindet. 2Die nach Abs. 2 übermittelten Daten können durch dieses Finanzamt zum Zweck der Anwendung des § 93c Abs. 4 Satz 1 der Abgabenordnung bei den für die Besteuerung der Zuwendenden nach dem Einkommen zuständigen Finanzbehörden abgerufen und verwendet werden. (4) 1Statt einer Zuwendungsbestätigung genügt der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung eines Kreditinstituts, wenn – die Zuwendung zur Hilfe in Katastrophenfällen: a) innerhalb eines Zeitraums, den die obersten Finanzbehörden der Länder im Benehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen bestimmen, auf ein für den Katastrophenfall eingerichtetes Sonderkonto einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts, einer inländischen öffentlichen Dienststelle oder eines inländischen amtlich anerkannten Verbandes der freien Wohlfahrtspflege einschließlich seiner Mitgliedsorganisationen eingezahlt worden ist oder b) bis zur Einrichtung des Sonderkontos auf ein anderes Konto der genannten Zuwendungsempfänger eingezahlt wird; wird die Zuwendung über ein als Treuhandkonto geführtes Konto eines Dritten auf eines der genannten Sonderkonten eingezahlt, genügt der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung des Kreditinstituts des Zuwendenden zusammen mit einer Kopie des Barzahlungsbelegs oder der Buchungsbestätigung des Kreditinstituts des Dritten, oder
1 Satz 2 entfällt für die nach dem 31.12.2024 zufließenden Zuwendungen (§ 84 Abs. 2d EStDV i.d.F. ab 1.1.2024).
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Anhang Rz. 1958 | C. Gesetzestexte und Steuervorschriften
– die Zuwendung 300 €1 nicht übersteigt und a) der Empfänger eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts oder eine inländische öffentliche Dienststelle ist oder b) der Empfänger eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes ist, wenn der steuerbegünstigte Zweck, für den die Zuwendung verwendet wird, und die Angaben über die Freistellung des Empfängers von der Körperschaftsteuer auf einem von ihm hergestellten Beleg aufgedruckt sind und darauf angegeben ist, ob es sich bei der Zuwendung um eine Spende oder einen Mitgliedsbeitrag handelt, oder c) der Empfänger eine politische Partei i.S.d. § 2 des Parteiengesetzes ist, die nicht gem. § 18 Abs. 7 des Parteiengesetzes von der staatlichen Teilfinanzierung ausgeschlossen ist, und bei Spenden der Verwendungszweck auf dem vom Empfänger hergestellten Beleg aufgedruckt ist. 2Aus
der Buchungsbestätigung müssen der Name und die Kontonummer oder ein sonstiges Identifizierungsmerkmal des Auftraggebers und des Empfängers, der Betrag, der Buchungstag sowie die tatsächliche Durchführung der Zahlung ersichtlich sein. 3In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 Buchstabe b hat der Zuwendende zusätzlich den vom Zuwendungsempfänger hergestellten Beleg aufzubewahren. (5) Bei Zuwendungen zur Hilfe in Katastrophenfällen innerhalb eines Zeitraums, den die obersten Finanzbehörden der Länder im Benehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen bestimmen, die über ein Konto eines Dritten an eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts, an eine inländische öffentliche Dienststelle oder an eine nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes steuerbefreite Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse geleistet werden, genügt das Erhalten einer auf den jeweiligen Zuwendenden ausgestellten Zuwendungsbestätigung des Zuwendungsempfängers, wenn das Konto des Dritten als Treuhandkonto geführt wurde, die Zuwendung von dort an den Zuwendungsempfänger weitergeleitet wurde und diesem eine Liste mit den einzelnen Zuwendenden und ihrem jeweiligen Anteil an der Zuwendungssumme übergeben wurde. (6) Bei Zahlungen von Mitgliedsbeiträgen an politische Parteien i.S.d. § 2 des Parteiengesetzes genügen statt Zuwendungsbestätigungen Bareinzahlungsbelege, Buchungsbestätigungen oder Beitragsquittungen.
(7) 1Eine in § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes bezeichnete Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse hat die Vereinnahmung der Zuwendung und ihre zweckentsprechende Verwendung ordnungsgemäß aufzuzeichnen und ein Doppel der Zuwendungsbestätigung aufzubewahren. 2Diese Aufbewahrungspflicht entfällt in den Fällen des Abs. 2. 3Bei Sachzuwendungen und beim Verzicht auf die Erstattung von Aufwand müssen sich aus den Aufzeichnungen auch die Grundlagen für den vom Empfänger bestätigten Wert der Zuwendung ergeben.
1 Bis 31.12.2020: 200 €.
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12. Einkommensteuer-Richtlinien | Rz. 1959 Anhang
(8) 1Die in den Abs. 1, 4, 5 und 6 bezeichneten Unterlagen sind vom Zuwendenden auf Verlangen der Finanzbehörde vorzulegen. 2Soweit der Zuwendende sie nicht bereits auf Verlangen der Finanzbehörde vorgelegt hat, sind sie vom Zuwendenden bis zum Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe der Steuerfestsetzung aufzubewahren. 12. Einkommensteuer-Richtlinien – Verwaltungsvorschrift nach Art. 108 Abs. 7 GG. Bekanntmachung v. 16.12.2005 (BStBl. I Sondernummer 1) i.d.F. der EStÄR 2012 v. 25.3.2013 (BStBl. I, 276) R 10b.1 EStR 2005 – R 10b.1
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Ausgaben zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke i.S.d. § 10b Abs. 1 und 1a EStG Begünstigte Ausgaben (1) 1Mitgliedsbeiträge, sonstige Mitgliedsumlagen und Aufnahmegebühren sind nicht abziehbar, wenn die diese Beträge erhebende Einrichtung Zwecke bzw. auch Zwecke verfolgt, die in § 10b Abs. 1 Satz 8 EStG genannt sind. 2Zuwendungen, die mit der Auflage geleistet werden, sie an eine bestimmte natürliche Person weiterzugeben, sind nicht abziehbar. 3Zuwendungen können nur dann abgezogen werden, wenn der Zuwendende endgültig wirtschaftlich belastet ist. 4Bei Sachzuwendungen aus einem Betriebsvermögen darf zzgl. zu dem Entnahmewert i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG auch die bei der Entnahme angefallene Umsatzsteuer abgezogen werden. Durchlaufspenden (2) 1Das Durchlaufspendenverfahren ist keine Voraussetzung für die steuerliche Begünstigung von Zuwendungen. 2Inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts, die Gebietskörperschaften sind, und ihre Dienststellen sowie inländische kirchliche juristische Personen des öffentlichen Rechts können jedoch ihnen zugewendete Spenden – nicht aber Mitgliedsbeiträge, sonstige Mitgliedsumlagen und Aufnahmegebühren – an Zuwendungsempfänger i.S.d. § 10b Abs. 1 Satz 2 EStG weiterleiten. 3Die Durchlaufstelle muss die tatsächliche Verfügungsmacht über die Spendenmittel erhalten. 4Dies geschieht in der Regel (anders insbesondere bei Sachspenden) durch Buchung auf deren Konto. 5Die Durchlaufstelle muss die Vereinnahmung der Spenden und ihre Verwendung (Weiterleitung) getrennt und unter Beachtung der haushaltsrechtlichen Vorschriften nachweisen. 6Vor der Weiterleitung der Spenden an eine nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG steuerbefreite Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse muss sie prüfen, ob die Zuwendungsempfängerin wegen Verfolgung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG anerkannt oder vorläufig anerkannt worden ist und ob die Verwendung der Spenden für diese Zwecke sichergestellt ist. 7Die Zuwendungsbestätigung darf nur von der Durchlaufstelle ausgestellt werden. Nachweis der Zuwendungen (3) 1Zuwendungen nach den §§ 10b und 34g EStG sind grundsätzlich durch eine vom Empfänger nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck erstellte ZuwendungsbeStöber/Otto | 1101
Anhang Rz. 1959 | C. Gesetzestexte und Steuervorschriften
stätigung nachzuweisen. 2Die Zuwendungsbestätigung kann auch von einer durch Auftrag zur Entgegennahme von Zahlungen berechtigten Person unterschrieben werden. Maschinell erstellte Zuwendungsbestätigung (4) 1Als Nachweis reicht eine maschinell erstellte Zuwendungsbestätigung ohne eigenhändige Unterschrift einer zeichnungsberechtigten Person aus, wenn der Zuwendungsempfänger die Nutzung eines entsprechenden Verfahrens dem zuständigen Finanzamt angezeigt hat. 2Mit der Anzeige ist zu bestätigen, dass folgende Voraussetzungen erfüllt sind und eingehalten werden: 1. die Zuwendungsbestätigungen entsprechen dem amtlich vorgeschriebenen Vordruck, 2. die Zuwendungsbestätigungen enthalten die Angabe über die Anzeige an das Finanzamt, 3. eine rechtsverbindliche Unterschrift wird beim Druckvorgang als Faksimile eingeblendet oder es wird beim Druckvorgang eine solche Unterschrift in eingescannter Form verwendet, 4. das Verfahren ist gegen unbefugten Eingriff gesichert, 5. das Buchen der Zahlungen in der Finanzbuchhaltung und das Erstellen der Zuwendungsbestätigungen sind miteinander verbunden und die Summen können abgestimmt werden, und 6. Aufbau und Ablauf des bei der Zuwendungsbestätigung angewandten maschinellen Verfahrens sind für die Finanzbehörden innerhalb angemessener Zeit prüfbar (analog § 145 AO); dies setzt eine Dokumentation voraus, die den Anforderungen der Grundsätze ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme genügt. 3Die
Regelung gilt nicht für Sach- und Aufwandsspenden.
Prüfungen (5) 1Ist der Empfänger einer Zuwendung eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts, eine inländische öffentliche Dienststelle oder ein inländischer amtlich anerkannter Verband der freien Wohlfahrtspflege einschließlich seiner Mitgliedsorganisationen, kann im Allgemeinen davon ausgegangen werden, dass die Zuwendungen für steuerbegünstigte Zwecke verwendet werden. 2Das gilt auch dann, wenn der Verwendungszweck im Ausland verwirklicht wird. 13. BMF-Schreiben: Steuerfreie Einnahmen aus ehrenamtlicher Tätigkeit; Anwendungsschreiben zu § 3 Nr. 26a und 26b EStG 1960
IV C 4 - S 2121/07/0010; Dok 2014/0847902 v. 21.11.2014. Das Schreiben ersetzt die BMF-Schreiben v. 25.11.2008, BStBl. I, 985 und v. 14.10.2009, BStBl. I 1318.
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13. BMF: Steuerfreie Einnahmen aus ehrenamtlicher Tätigkeit | Rz. 1960 Anhang
1. Begünstigte Tätigkeiten i.S.d. § 3 Nr. 26a EStG § 3 Nr. 26a EStG sieht im Gegensatz zu § 3 Nr. 26 EStG keine Begrenzung auf bestimmte Tätigkeiten im gemeinnützigen Bereich vor. Begünstigt sind z.B. die Tätigkeiten der Mitglieder des Vorstands, des Kassierers, der Bürokräfte, des Reinigungspersonals, des Platzwartes, des Aufsichtspersonals oder des Schiedsrichters im Amateurbereich. Die Tätigkeit der Amateursportler ist nicht begünstigt. Eine Tätigkeit im Dienst oder Auftrag einer steuerbegünstigten Körperschaft muss für deren ideellen Bereich einschließlich ihrer Zweckbetriebe ausgeübt werden. Tätigkeiten in einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb und bei der Verwaltung des Vermögens sind nicht begünstigt. 2. Nebenberuflichkeit Eine Tätigkeit wird nebenberuflich ausgeübt, wenn sie – bezogen auf das Kalenderjahr – nicht mehr als ein Drittel der Arbeitszeit eines vergleichbaren Vollzeiterwerbs in Anspruch nimmt. Es können deshalb auch solche Personen nebenberuflich tätig sein, die im steuerrechtlichen Sinne keinen Hauptberuf ausüben, z.B. Hausfrauen, Vermieter, Studenten, Rentner oder Arbeitslose. Übt ein Steuerpflichtiger mehrere verschiedenartige Tätigkeiten i.S.d. § 3 Nr. 26 oder 26a EStG aus, ist die Nebenberuflichkeit für jede Tätigkeit getrennt zu beurteilen. Mehrere gleichartige Tätigkeiten sind zusammenzufassen, wenn sie sich nach der Verkehrsanschauung als Ausübung eines einheitlichen Hauptberufs darstellen, z.B. Erledigung der Buchführung oder Aufzeichnungen von jeweils weniger als dem dritten Teil des Pensums einer Bürokraft für mehrere gemeinnützige Körperschaften. Eine Tätigkeit wird nicht nebenberuflich ausgeübt, wenn sie als Teil der Haupttätigkeit anzusehen ist. Dies ist auch bei formaler Trennung von haupt- und nebenberuflicher selbständiger oder nichtselbständiger Tätigkeit für denselben Arbeitgeber anzunehmen, wenn beide Tätigkeiten gleichartig sind und die Nebentätigkeit unter ähnlichen organisatorischen Bedingungen wie die Haupttätigkeit ausgeübt wird oder der Steuerpflichtige mit der Nebentätigkeit eine ihm aus seinem Dienstverhältnis faktisch oder rechtlich obliegende Nebenpflicht erfüllt. 3. Auftraggeber/Arbeitgeber Der Freibetrag wird nur gewährt, wenn die Tätigkeit im Dienst oder im Auftrag einer der in § 3 Nr. 26a EStG genannten Personen erfolgt. Als juristische Personen des öffentlichen Rechts kommen beispielsweise in Betracht Bund, Länder, Gemeinden, Gemeindeverbände, Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, Rechtsanwaltskammern, Steuerberaterkammern, Wirtschaftsprüferkammern, Ärztekammern, Universitäten oder die Träger der Sozialversicherung. Zu den Einrichtungen i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) gehören Körperschaften, Personenvereinigungen, Stiftungen und Vermögensmassen, die nach der Satzung oder dem Stiftungsgeschäft und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen. Nicht zu den begünstigten Einrichtungen gehören beispielsweise Berufsverbände (Arbeitgeberverband, Gewerkschaft) oder Parteien. Fehlt es an einem begünstigten
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Anhang Rz. 1960 | C. Gesetzestexte und Steuervorschriften
Auftraggeber/Arbeitgeber, kann der Freibetrag nicht in Anspruch genommen werden. 4. Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke Die Begriffe der gemeinnützigen, mildtätigen und kirchlichen Zwecke ergeben sich aus den §§ 52 bis 54 der Abgabenordnung (AO). Eine Tätigkeit dient auch dann der selbstlosen Förderung begünstigter Zwecke, wenn sie diesen Zwecken nur mittelbar zugutekommt. Wird die Tätigkeit im Rahmen der Erfüllung der Satzungszwecke einer juristischen Person ausgeübt, die wegen Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke steuerbegünstigt ist, ist im Allgemeinen davon auszugehen, dass die Tätigkeit ebenfalls der Förderung dieser steuerbegünstigten Zwecke dient. Dies gilt auch dann, wenn die nebenberufliche Tätigkeit in einem sog. Zweckbetrieb i.S.d. §§ 65 bis 68 AO ausgeübt wird, z.B. als nebenberuflicher Kartenverkäufer in einem Museum, Theater oder Opernhaus nach § 68 Nr. 7 AO. Der Förderung begünstigter Zwecke kann auch eine Tätigkeit für eine juristische Person des öffentlichen Rechts dienen, z.B. nebenberufliche Aufsichtstätigkeit in einem Schwimmbad, nebenberuflicher Kirchenvorstand. Dem steht nicht entgegen, dass die Tätigkeit in den Hoheitsbereich der juristischen Person des öffentlichen Rechts fallen kann. 5. Nach § 3 Nr. 12, 26 oder 26b EStG begünstigte Tätigkeiten Der Freibetrag nach § 3 Nr. 26a EStG kann nicht in Anspruch genommen werden, wenn für die Einnahmen aus derselben Tätigkeit ganz oder teilweise eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 12 EStG (Aufwandsentschädigungen aus öffentlichen Kassen) gewährt wird oder eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 26 EStG (sog. Übungsleiterfreibetrag) gewährt wird oder gewährt werden könnte. Die Tätigkeit der Versichertenältesten fällt unter die schlichte Hoheitsverwaltung, so dass die Steuerbefreiungsvorschrift des § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG anwendbar ist. Für eine andere Tätigkeit, die neben einer nach § 3 Nr. 12 oder 26 EStG begünstigten Tätigkeit bei einer anderen oder derselben Körperschaft ausgeübt wird, kann die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 26a EStG nur dann in Anspruch genommen werden, wenn die Tätigkeit nebenberuflich ausgeübt wird (s. dazu 2.) und die Tätigkeiten voneinander trennbar sind, gesondert vergütet werden und die dazu getroffenen Vereinbarungen eindeutig sind und durchgeführt werden. Einsatz- und Bereitschaftsdienstzeiten der Rettungssanitäter und Ersthelfer sind als einheitliche Tätigkeit zu behandeln, die insgesamt nach § 3 Nr. 26 EStG begünstigt sein kann und für die deshalb auch nicht teilweise die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 26a EStG gewährt wird. Aufwandsentschädigungen nach § 1835a BGB an ehrenamtlich tätige Betreuer (§ 1896 Abs. 1 Satz 1, § 1908i Abs. 1 BGB), Vormünder (§ 1773 Abs. 1 Satz 1 BGB) und Pfleger (§§ 1909 ff., 1915 Abs. 1 Satz 1 BGB) fallen ab dem Veranlagungszeitraum 2011 ausschließlich unter die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 26b EStG. Eine Anwendung des § 3 Nr. 26a EStG ist ausgeschlossen (§ 3 Nr. 26a Satz 2 EStG). 1104 | Stöber/Otto
13. BMF: Steuerfreie Einnahmen aus ehrenamtlicher Tätigkeit | Rz. 1960 Anhang
6. Verschiedenartige Tätigkeiten Erzielt der Steuerpflichtige Einnahmen, die teils für eine Tätigkeit, die unter § 3 Nr. 26a EStG fällt, und teils für eine andere Tätigkeit, die nicht unter § 3 Nr. 12, 26 oder 26a EStG fällt, gezahlt werden, ist lediglich für den entsprechenden Anteil nach § 3 Nr. 26a EStG der Freibetrag zu gewähren. Die Steuerfreiheit von Bezügen nach anderen Vorschriften, z.B. nach § 3 Nr. 13, 16 EStG, bleibt unberührt; wenn auf bestimmte Bezüge sowohl § 3 Nr. 26a EStG als auch andere Steuerbefreiungsvorschriften anwendbar sind, sind die Vorschriften in der Reihenfolge anzuwenden, die für den Steuerpflichtigen am günstigsten ist. 7. Höchstbetrag Der Freibetrag nach § 3 Nr. 26a EStG ist ein Jahresbetrag. Dieser wird auch dann nur einmal gewährt, wenn mehrere begünstigte Tätigkeiten ausgeübt werden. Er ist nicht zeitanteilig aufzuteilen, wenn die begünstigte Tätigkeit lediglich wenige Monate ausgeübt wird. Die Steuerbefreiung ist auch bei Ehegatten oder Lebenspartnern stets personenbezogen vorzunehmen. Auch bei der Zusammenveranlagung kann der Freibetrag demnach von jedem Ehegatten oder Lebenspartner bis zur Höhe der Einnahmen, höchstens 720 €, die er für eine eigene begünstigte Tätigkeit erhält, in Anspruch genommen werden. Eine Übertragung des nicht ausgeschöpften Teils des Freibetrags eines Ehegatten oder Lebenspartners auf höhere Einnahmen des anderen Ehegatten oder Lebenspartners aus der begünstigten nebenberuflichen Tätigkeit ist nicht zulässig. 8. Ehrenamtlicher Vorstand Die Zahlung von pauschalen Vergütungen für Arbeits- oder Zeitaufwand (Tätigkeitsvergütungen) an den Vorstand ist nur dann zulässig, wenn dies durch bzw. aufgrund einer Satzungsregelung ausdrücklich zugelassen ist (vgl. auch § 27 Abs. 3 Satz 2 BGB in der Fassung des Ehrenamtsstärkungsgesetzes). Ein Verein, der nicht ausdrücklich die Bezahlung des Vorstands regelt und der dennoch Tätigkeitsvergütungen an Mitglieder des Vorstands zahlt, verstößt gegen das Gebot der Selbstlosigkeit. Die regelmäßig in den Satzungen enthaltene Aussage: „Es darf keine Person … durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigt werden“ (vgl. Anlage 1 zu § 60 AO; dort § 4 der Mustersatzung) ist keine satzungsmäßige Zulassung von Tätigkeitsvergütungen an Vorstandsmitglieder. Eine Vergütung ist auch dann anzunehmen, wenn sie nach der Auszahlung an den Verein zurückgespendet oder durch Verzicht auf die Auszahlung eines entstandenen Vergütungsanspruchs an den Verein gespendet wird. Der Ersatz tatsächlich entstandener Aufwendungen (z.B. Büromaterial, Telefon- und Fahrtkosten) ist auch ohne entsprechende Regelung in der Satzung zulässig. Der Einzelnachweis der Aufwendungen ist nicht erforderlich, wenn pauschale Zahlungen den tatsächlichen Aufwand offensichtlich nicht übersteigen; dies gilt nicht, wenn durch
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Anhang Rz. 1960 | C. Gesetzestexte und Steuervorschriften
die pauschalen Zahlungen auch Arbeits- oder Zeitaufwand abgedeckt werden soll. Die Zahlungen dürfen nicht unangemessen hoch sein (§ 55 Abs. 1 Nr. 3 AO). Falls ein gemeinnütziger Verein bis zum 31.12.2010 ohne ausdrückliche Erlaubnis dafür in seiner Satzung bereits Tätigkeitsvergütungen gezahlt hat, sind daraus unter den folgenden Voraussetzungen keine für die Gemeinnützigkeit des Vereins schädlichen Folgerungen zu ziehen: 1. Die Zahlungen dürfen nicht unangemessen hoch gewesen sein (§ 55 Abs. 1 Nr. 3 AO). 2. Die Mitgliederversammlung hat bis zum 31.12.2010 eine Satzungsänderung beschlossen, die Tätigkeitsvergütungen zulässt. An die Stelle einer Satzungsänderung kann ein Beschluss des Vorstands treten, künftig auf Tätigkeitsvergütungen zu verzichten. 9. Werbungskosten- oder Betriebsausgabenabzug Ein Abzug von Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben, die mit den steuerfreien Einnahmen nach § 3 Nr. 26a EStG in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, ist nur dann möglich, wenn die Einnahmen aus der Tätigkeit und gleichzeitig auch die jeweiligen Ausgaben den Freibetrag übersteigen. In Arbeitnehmerfällen ist in jedem Falle der Arbeitnehmer-Pauschbetrag anzusetzen, soweit er nicht bei anderen Dienstverhältnissen verbraucht ist. Beispiel: Ein Student, der keine anderen Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit erzielt, arbeitet nebenberuflich im Dienst der Stadt als Tierpfleger bei deren als gemeinnützig anerkanntem Tierheim. Dafür erhält er insgesamt 1200 € im Jahr. Von den Einnahmen sind der Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 1000 € (§ 9a Satz 1 Nr. 1 Buchstabe a EStG) und der Freibetrag nach § 3 Nr. 26a EStG bis zur Höhe der verbliebenen Einnahmen (200 €) abzuziehen. Die Einkünfte aus der nebenberuflichen Tätigkeit betragen 0 €.
10. Freigrenze des § 22 Nr. 3 EStG Gehören die Einnahmen des Steuerpflichtigen aus seiner nebenberuflichen Tätigkeit zu den sonstigen Einkünften (§ 22 Nr. 3 EStG), sind diese nicht einkommensteuerpflichtig, wenn sie weniger als 256 € im Kalenderjahr betragen haben. Der Freibetrag nach § 3 Nr. 26a EStG ist bei der Prüfung ob diese Freigrenze überschritten ist, zu berücksichtigen. Beispiel: Ein nebenberuflicher ehrenamtlicher Schiedsrichter im Amateurbereich erhält insgesamt 900 €. Nach Abzug des Freibetrags nach § 3 Nr. 26a EStG betragen die Einkünfte 180 €. Sie sind nicht einkommensteuerpflichtig, weil sie weniger als 256 € im Kalenderjahr betragen haben (§ 22 Nr. 3 Satz 2 EStG).
11. Lohnsteuerverfahren Beim Lohnsteuerabzug ist eine zeitanteilige Aufteilung des Freibetrags nicht erforderlich. Dies gilt auch dann, wenn feststeht, dass das Dienstverhältnis nicht bis zum 1106 | Stöber/Otto
14. Körperschaftsteuergesetz (KStG) – Auszug | Rz. 1961 Anhang
Ende des Kalenderjahres besteht. Der Arbeitnehmer hat dem Arbeitgeber jedoch schriftlich zu bestätigen, dass die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 26a EStG nicht bereits in einem anderen Dienst- oder Auftragsverhältnis berücksichtigt worden ist oder berücksichtigt wird. Diese Erklärung ist zum Lohnkonto zu nehmen. 12. Rückspende Die Rückspende einer steuerfrei ausgezahlten Aufwandsentschädigung oder Vergütung an die steuerbegünstigte Körperschaft ist grundsätzlich zulässig. Für den Spendenabzug sind die Grundsätze des BMF-Schreibens vom 7.6.1999 (BStBl. I S. 591) zur Anerkennung sog. Aufwandsspenden an gemeinnützige Vereine zu beachten. 14. Körperschaftsteuergesetz (KStG) – Auszug I.d.F. der Bekanntmachung v. 15.10.2002 (BGBl. I 4144), zuletzt geändert durch), zuletzt geändert durch Gesetz v. 21.12.2020 (BGBl. I 3096). § 5 Befreiungen (1) Von der Körperschaftsteuer sind befreit (…) 7. politische Parteien i.S.d. § 2 des Parteiengesetzes und ihre Gebietsverbände, sofern die jeweilige Partei nicht gemäß § 18 Absatz 7 des Parteiengesetzes von der staatlichen Teilfinanzierung ausgeschlossen ist, sowie kommunale Wählervereinigungen und ihre Dachverbände. 2Wird ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten, so ist die Steuerbefreiung insoweit ausgeschlossen; (…) 9. Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung). Wird ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten, ist die Steuerbefreiung insoweit ausgeschlossen. Satz 2 gilt nicht für selbstbewirtschaftete Forstbetriebe; 10. Genossenschaften sowie Vereine, soweit sie a) Wohnungen herstellen oder erwerben und sie den Mitgliedern auf Grund eines Mietvertrags oder auf Grund eines genossenschaftlichen Nutzungsvertrags zum Gebrauch überlassen; den Wohnungen stehen Räume in Wohnheimen i.S.d. § 15 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes gleich; b) im Zusammenhang mit einer Tätigkeit im Sinne des Buchstabens a Gemeinschaftsanlagen oder Folgeeinrichtungen herstellen oder erwerben und sie betreiben, wenn sie überwiegend für Mitglieder bestimmt sind und der Betrieb durch die Genossenschaft oder den Verein notwendig ist.
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Anhang Rz. 1961 | C. Gesetzestexte und Steuervorschriften 2Die
Steuerbefreiung ist ausgeschlossen, wenn die Einnahmen des Unternehmens aus den in Satz 1 nicht bezeichneten Tätigkeiten 10 Prozent der gesamten Einnahmen übersteigen. 3Erzielt das Unternehmen Einnahmen aus der Lieferung von Strom aus Anlagen, für den es unter den Voraussetzungen des § 21 Absatz 3 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes einen Anspruch auf Zahlung eines Mieterstromzuschlags hat, erhöht sich die Grenze des Satzes 2 für diese Einnahmen auf 20 Prozent, wenn die Grenze des Satzes 2 nur durch diese Einnahmen überschritten wird. 4Zu den Einnahmen nach Satz 3 gehören auch Einnahmen aus der zusätzlichen Stromlieferung im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 6 des Energiewirtschaftsgesetzes sowie Einnahmen aus der Einspeisung von Strom aus diesen Anlagen. 5Investierende Mitglieder im Sinne des § 8 Absatz 2 des Genossenschaftsgesetzes sind keine Mitglieder im Sinne des Satzes 1. 6Satz 1 ist auch auf Verträge zur vorübergehenden Unterbringung von Wohnungslosen anzuwenden, die mit juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die Mitglied sind, abgeschlossen werden. 7Eine Einweisungsverfügung nach den Ordnungsbehördengesetzen der Länder steht dem Abschluss eines Vertrags im Sinne des Satzes 6 gleich; (…) 14. Genossenschaften sowie Vereine, soweit sich ihr Geschäftsbetrieb beschränkt a) auf die gemeinschaftliche Benutzung land- und forstwirtschaftlicher Betriebseinrichtungen oder Betriebsgegenstände, b) auf Leistungen im Rahmen von Dienst- oder Werkverträgen für die Produktion land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse für die Betriebe der Mitglieder, wenn die Leistungen im Bereich der Land- und Forstwirtschaft liegen; dazu gehören auch Leistungen zur Erstellung und Unterhaltung von Betriebsvorrichtungen, Wirtschaftswegen und Bodenverbesserungen, c) auf die Bearbeitung oder die Verwertung der von den Mitgliedern selbst gewonnenen land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnisse, wenn die Bearbeitung oder die Verwertung im Bereich der Land- und Forstwirtschaft liegt, oder d) auf die Beratung für die Produktion oder Verwertung land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse der Betriebe der Mitglieder. 2
Die Steuerbefreiung ist ausgeschlossen, wenn die Einnahmen des Unternehmens aus den in Satz 1 nicht bezeichneten Tätigkeiten 10 Prozent der gesamten Einnahmen übersteigen. 3Bei Genossenschaften und Vereinen, deren Geschäftsbetrieb sich überwiegend auf die Durchführung von Milchqualitäts- und Milchleistungsprüfungen oder auf die Tierbesamung beschränkt, bleiben die auf diese Tätigkeiten gerichteten Zweckgeschäfte mit Nichtmitgliedern bei der Berechnung der 10-Prozentgrenze außer Ansatz;
(…)
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14. Körperschaftsteuergesetz (KStG) – Auszug | Rz. 1961 Anhang
(2) Die Befreiungen nach Abs. 1 und nach anderen Gesetzen als dem Körperschaftsteuergesetz gelten nicht 1. für inländische Einkünfte, die dem Steuerabzug vollständig oder teilweise unterliegen; Entsprechendes gilt für die in § 32 Abs. 3 Satz 1 zweiter Halbsatz genannten Einkünfte, 2. für beschränkt Steuerpflichtige i.S.d. § 2 Nr. 1, es sei denn … 3. soweit § 38 Abs. 2 anzuwenden ist. § 24 Freibetrag für bestimmte Körperschaften 1
Vom Einkommen der steuerpflichtigen Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen ist ein Freibetrag von 5 000 Euro, höchstens jedoch in Höhe des Einkommens, abzuziehen. 2Satz 1 gilt nicht
1. für Körperschaften und Personenvereinigungen, deren Leistungen bei den Empfängern zu den Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 des Einkommensteuergesetzes gehören, 2. für Vereine im Sinne des § 25, 3. für Investmentfonds im Sinne des § 1 des Investmentsteuergesetzes und SpezialInvestmentfonds im Sinne des § 26 des Investmentsteuergesetzes, deren Leistungen bei den Empfängern zu den Einnahmen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 3 oder 3a des Einkommensteuergesetzes gehören. § 25 Freibetrag für Genossenschaften sowie Vereine, die Land- und Forstwirtschaft betreiben (1) Vom Einkommen der steuerpflichtigen Genossenschaften sowie der steuerpflichtigen Vereine, deren Tätigkeit sich auf den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft beschränkt, ist ein Freibetrag i.H.v. 15 000 €, höchstens jedoch in Höhe des Einkommens, im Veranlagungszeitraum der Gründung und in den folgenden neun Veranlagungszeiträumen abzuziehen. Voraussetzung ist, dass 1. die Mitglieder der Genossenschaft oder dem Verein Flächen zur Nutzung oder für die Bewirtschaftung der Flächen erforderliche Gebäude überlassen und 2. a) bei Genossenschaften das Verhältnis der Summe der Werte der Geschäftsanteile des einzelnen Mitglieds zu der Summe der Werte aller Geschäftsanteile, b) bei Vereinen das Verhältnis des Werts des Anteils an dem Vereinsvermögen, der im Fall der Auflösung des Vereins an das einzelne Mitglied fallen würde, zu dem Wert des Vereinsvermögens nicht wesentlich von dem Verhältnis abweicht, in dem der Wert der von dem einzelnen Mitglied zur Nutzung überlassenen Flächen und Gebäude zu dem Wert der insgesamt zur Nutzung überlassenen Flächen und Gebäude steht.
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(2) Abs. 1 Satz 1 gilt auch für steuerpflichtige Genossenschaften sowie für steuerpflichtige Vereine, die eine gemeinschaftliche Tierhaltung i.S.d. § 51a des Bewertungsgesetzes betreiben. 15. Umsatzsteuergesetz (UStG) – Auszug 1962
I.d.F. der Bekanntmachung v. 21.2.2005 (BGBl. I, 386), zuletzt geändert durch Gesetz v. 21.12.2020 (BGBl. I 3096). § 4 Steuerbefreiungen bei Lieferungen und sonstigen Leistungen Von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei: 18. eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen, wenn diese Leistungen von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben, erbracht werden. Etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden. Für in anderen Nummern des § 4 bezeichnete Leistungen kommt die Steuerbefreiung nur unter den dort genannten Voraussetzungen in Betracht; 18a. die Leistungen zwischen den selbständigen Gliederungen einer politischen Partei, soweit diese Leistungen im Rahmen der satzungsgemäßen Aufgaben gegen Kostenerstattung ausgeführt werden, und sofern die jeweilige Partei nicht gemäß § 18 Absatz 7 des Parteiengesetzes von der staatlichen Teilfinanzierung ausgeschlossen ist; 20. a) die Umsätze folgender Einrichtungen des Bundes, der Länder, der Gemeinden oder der Gemeindeverbände: Theater, Orchester, Kammermusikensembles, Chöre, Museen, botanische Gärten, zoologische Gärten, Tierparks, Archive, Büchereien sowie Denkmäler der Bau- und Gartenbaukunst. 2Das Gleiche gilt für die Umsätze gleichartiger Einrichtungen anderer Unternehmer, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie die gleichen kulturellen Aufgaben wie die in Satz 1 bezeichneten Einrichtungen erfüllen. 3 Steuerfrei sind auch die Umsätze von Bühnenregisseuren und Bühnenchoreographen an Einrichtungen im Sinne der Sätze 1 und 2, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass deren künstlerische Leistungen diesen Einrichtungen unmittelbar dienen. 4Museen im Sinne dieser Vorschrift sind wissenschaftliche Sammlungen und Kunstsammlungen, b) die Veranstaltung von Theatervorführungen und Konzerten durch andere Unternehmer, wenn die Darbietungen von den unter Buchstabe a bezeichneten Theatern, Orchestern, Kammermusikensembles oder Chören erbracht werden, 21. a) die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen,
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15. Umsatzsteuergesetz (UStG) – Auszug | Rz. 1962 Anhang
aa) wenn sie als Ersatzschulen gem. Art. 7 Abs. 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind oder bb) wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten, b) die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Unterrichtsleistungen selbständiger Lehrer aa) an Hochschulen i.S.d. §§ 1 und 70 des Hochschulrahmengesetzes und öffentlichen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schulen oder bb) an privaten Schulen und anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen, soweit diese die Voraussetzungen des Buchstabens a erfüllen; 22. a) die Vorträge, Kurse und anderen Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, von Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, von Volkshochschulen oder von Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken oder dem Zweck eines Berufsverbandes dienen, durchgeführt werden, wenn die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden, b) andere kulturelle und sportliche Veranstaltungen, die von den in Buchstabe a genannten Unternehmern durchgeführt werden, soweit das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht; 23. a) die Erziehung von Kindern und Jugendlichen und damit eng verbundene Lieferungen und sonstige Leistungen, die durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder durch andere Einrichtungen erbracht werden, deren Zielsetzung mit der einer Einrichtung des öffentlichen Rechts vergleichbar ist und die keine systematische Gewinnerzielung anstreben; etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden, b) eng mit der Betreuung von Kindern und Jugendlichen verbundene Lieferungen und sonstige Leistungen, die durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder durch andere als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Einrichtungen, soweit sie aa) auf Grund gesetzlicher Regelungen im Bereich der sozialen Sicherheit tätig werden oder bb) Leistungen erbringen, die im vorangegangenen Kalenderjahr ganz oder zum überwiegenden Teil durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts vergütet wurden, c) Verpflegungsdienstleistungen gegenüber Studierenden und Schülern an Hochschulen im Sinne der Hochschulgesetze der Länder, an einer staatlichen Stöber/Otto | 1111
Anhang Rz. 1962 | C. Gesetzestexte und Steuervorschriften
oder staatlich anerkannten Berufsakademie, an öffentlichen Schulen und an Ersatzschulen, die gemäß Artikel 7 Absatz 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind, sowie an staatlich anerkannten Ergänzungsschulen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder durch andere Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben; etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden. Steuerfrei sind auch die Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen, die die Unternehmer den Personen, die bei der Erbringung der Leistungen nach Satz 1 Buchstabe a und b beteiligt sind, als Vergütung für die geleisteten Dienste gewähren. Kinder und Jugendliche im Sinne von Satz 1 Buchstabe a und b sind alle Personen, die noch nicht 27 Jahre alt sind. Für die in den Nummern 15b, 15c, 21, 24 und 25 bezeichneten Leistungen kommt die Steuerbefreiung nur unter den dort genannten Voraussetzungen in Betracht; 24. die Leistungen des Deutschen Jugendherbergswerkes, Hauptverband für Jugendwandern und Jugendherbergen e.V., einschließlich der diesem Verband angeschlossenen Untergliederungen, Einrichtungen und Jugendherbergen, soweit die Leistungen den Satzungszwecken unmittelbar dienen oder Personen, die bei diesen Leistungen tätig sind, Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen als Vergütung für die geleisteten Dienste gewährt werden. 2Das Gleiche gilt für die Leistungen anderer Vereinigungen, die gleiche Aufgaben unter denselben Voraussetzungen erfüllen; 25. Leistungen der Jugendhilfe nach § 2 Abs. 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch und die Inobhutnahme nach § 42 des Achten Buches Sozialgesetzbuch, wenn diese Leistungen von Trägern der öffentlichen Jugendhilfe oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. 2Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind a) von der zuständigen Jugendbehörde anerkannte Träger der freien Jugendhilfe, die Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts sowie die amtlich anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege, b) Einrichtungen, soweit sie aa) für ihre Leistungen eine im Achten Buch Sozialgesetzbuch geforderte Erlaubnis besitzen oder nach § 44 oder § 45 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch einer Erlaubnis nicht bedürfen, bb) Leistungen erbringen, die im vorangegangenen Kalenderjahr ganz oder zum überwiegenden Teil durch Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder Einrichtungen nach Buchstabe a vergütet wurden, cc) Leistungen der Kindertagespflege erbringen, für die sie nach § 23 Abs. 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch geeignet sind, oder
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15. Umsatzsteuergesetz (UStG) – Auszug | Rz. 1962 Anhang
dd) Leistungen der Adoptionsvermittlung erbringen, für die sie nach § 4 Absatz 1 des Adoptionsvermittlungsgesetzes anerkannt oder nach § 4 Absatz 2 des Adoptionsvermittlungsgesetzes zugelassen sind. 3Steuerfrei
sind auch
a) die Durchführung von kulturellen und sportlichen Veranstaltungen, wenn die Darbietungen von den von der Jugendhilfe begünstigten Personen selbst erbracht oder die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden und diese Leistungen in engem Zusammenhang mit den in Satz 1 bezeichneten Leistungen stehen, b) die Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen, die diese Einrichtungen den Empfängern der Jugendhilfeleistungen und Mitarbeitern in der Jugendhilfe sowie den bei den Leistungen nach Satz 1 tätigen Personen als Vergütung für die geleisteten Dienste gewähren, c) Leistungen, die von Einrichtungen erbracht werden, die als Vormünder nach § 1773 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder als Ergänzungspfleger nach § 1909 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden sind, sofern es sich nicht um Leistungen handelt, die nach § 1835 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vergütet werden; 26. die ehrenamtliche Tätigkeit, a) wenn sie für juristische Personen des öffentlichen Rechts ausgeübt wird oder b) wenn das Entgelt für diese Tätigkeit nur in Auslagenersatz und einer angemessenen Entschädigung für Zeitversäumnis besteht; 27. a) die Gestellung von Personal durch religiöse und weltanschauliche Einrichtungen für die in Nr. 14 Buchstabe b, in den Nr. 16, 18, 21, 22 Buchstabe a sowie in den Nr. 23 und 25 genannten Tätigkeiten und für Zwecke geistigen Beistands, (…) § 12 Steuersätze (…) (2) Die Steuer ermäßigt sich auf 7 Prozent für die folgenden Umsätze: 8. a) die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung). 2Das gilt nicht für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. 3Für Leistungen, die im Rahmen eines Zweckbetriebs ausgeführt werden, gilt Satz 1 nur, wenn der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden, oder wenn die Körperschaft mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 der Stöber/Otto | 1113
Anhang Rz. 1962 | C. Gesetzestexte und Steuervorschriften
Abgabenordnung bezeichneten Zweckbetriebe ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst verwirklicht, b) die Leistungen der nichtrechtsfähigen Personenvereinigungen und Gemeinschaften der in Buchstabe a Satz 1 bezeichneten Körperschaften, wenn diese Leistungen, falls die Körperschaften sie anteilig selbst ausführten, insgesamt nach Buchstabe a ermäßigt besteuert würden … 16. Umsatzsteuer-Anwendungserlass – Auszug 1963
Fassung v. 1.10.2010 (BStBl. I, 846), zuletzt geändert durch BMF-Schreiben v. 23.11.2020 – III C 2 -S 7107/19/10004:008 (2020/1212492). 4.22.1. Veranstaltung wissenschaftlicher und belehrender Art (3) 1Begünstigt sind nach § 4 Nr. 22a UStG nur Leistungen, die von den im Gesetz genannten Unternehmern erbracht werden und in Vorträgen, Kursen und anderen Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art bestehen. 2Es handelt sich hierbei um eine abschließende Aufzählung, die nicht im Auslegungswege erweitert werden kann. 3Vergleichbare Tätigkeiten der bei den begünstigten Unternehmern tätigen externen Dozenten fallen nicht hierunter (vgl. BFH, Beschl. v. 12.5.2005, V B 146/03, BStBl. II S. 714). 4Sie können unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 UStG steuerfrei sein (vgl. Abschnitt 4.21.3). 5Beherbergung und Beköstigung sind grundsätzlich nur unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 23 UStG steuerfrei (vgl. BFH, Urt. v. 7.10.2010 – V R 12/10, BStBl. II 2011, 303). (4) 1Zu den in § 4 Nr. 22 Buchstabe a UStG bezeichneten Veranstaltungen belehrender Art gehört auf dem Gebiet des Sports die Erteilung von Sportunterricht, z.B. die Erteilung von Schwimm-, Tennis-, Reit-, Segel- und Skiunterricht. 2Tanzkurse stellen nur dann Sportunterricht dar, wenn die Teilnehmer das Tanzen als Tanzsportler in erster Linie als Wettkampf zwischen Paaren bzw. Formationen im Rahmen des Vereins- bzw. Leistungssports betreiben (vgl. BFH, Urt. v. 27.4.2006 – V R 53/04, BStBl. II 2007, 16). 3Der Sportunterricht ist steuerfrei, soweit er von einem Sportverein im Rahmen eines Zweckbetriebes i.S.d. § 67a AO durchgeführt wird. 4Ein bestimmter Stunden- und Stoffplan sowie eine von den Teilnehmern abzulegende Prüfung sind nicht erforderlich. 5Die Steuerbefreiung gilt unabhängig davon, ob der Sportunterricht Mitgliedern des Vereins oder anderen Personen erteilt wird. 4.22.2. Andere kulturelle und sportliche Veranstaltungen (1) Als andere kulturelle Veranstaltungen (§ 4 Nr. 22b UStG) kommen z.B. Musikwettbewerbe und Trachtenfeste in Betracht. (2) 1Eine sportliche Veranstaltung ist die organisatorische Maßnahme einer begünstigten Einrichtung, die es aktiven Sportlern erlaubt, Sport zu treiben. 2Eine bestimmte Organisationsform oder -struktur ist für die Veranstaltung nicht notwendig (vgl. BFH, Urt. v. 25.7.1996 – V R 7/95, BStBl. II 1997, 154). 3Es ist auch nicht erforderlich, dass Publikum teilnimmt oder ausschließlich Mitglieder sich betätigen. 4Deshalb können schon das bloße Training, Sportkurse und Sportlehrgänge eine sportliche 1114 | Stöber/Otto
16. Umsatzsteuer-Anwendungserlass – Auszug | Rz. 1963 Anhang
Veranstaltung sein. 5Eine sportliche Veranstaltung liegt auch vor, wenn ein Sportverein im Rahmen einer anderen Veranstaltung eine sportliche Darbietung präsentiert. 6Die andere Veranstaltung braucht nicht notwendigerweise die sportliche Veranstaltung eines Sportvereins zu sein (BFH, Urt. v. 4.5.1994 – XI R 109/90, BStBl. II S. 886). 7Zu sportlichen Veranstaltungen, die gemeinnützige Sportvereine gegen Mitgliederbeiträge durchführen, vgl. BMF-Schreiben vom 4. 2.2019, BStBl I S. 115.1 (3) 1Sportreisen sind als sportliche Veranstaltung anzusehen, wenn die sportliche Betätigung wesentlicher und notwendiger Bestandteil der Reise ist (z.B. Reise zum Wettkampfort). 2Reisen, bei denen die Erholung der Teilnehmer im Vordergrund steht (Touristikreisen), zählen dagegen nicht zu den sportlichen Veranstaltungen, selbst wenn anlässlich der Reise auch Sport getrieben wird. (4) 1Eine sportliche Veranstaltung ist nicht gegeben, wenn sich die organisatorische Maßnahme auf Sonderleistungen für einzelne Personen beschränkt. 2Dies liegt vor, wenn die Maßnahme nur eine Nutzungsüberlassung von Sportgegenständen bzw. -anlagen oder bloße konkrete Dienstleistungen, wie z.B. die Beförderung zum Ort der sportlichen Betätigung oder ein spezielles Training für einzelne Sportler zum Gegenstand hat (BFH, Urt. v. 25.7.1996 – V R 7/95, BStBl. II 1997, 154). 3Auch die Genehmigung von Wettkampfveranstaltungen oder von Trikotwerbung sowie die Ausstellung oder Verlängerung von Sportausweisen durch einen Sportverband sind keine sportlichen Veranstaltungen i.S.d. § 4 Nr. 22 Buchstabe b UStG; wegen der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes vgl. Abschnitt 12.9 Abs. 4 Nr. 1. 4Die Verwaltung von Sporthallen sowie das Einziehen der Hallenmieten einschließlich des Mahnwesens und Vollstreckungswesens durch einen gemeinnützigen Verein gegen Entgelt einer Stadt ist ebenfalls keine sportliche Veranstaltung nach § 4 Nr. 22 Buchstabe b UStG (BFH, Urt. v. 5.8.2010 – V R 54/09, BStBl. II 2011, S. 191).
1 „Beruft sich eine Vereinigung unmittelbar auf die Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (sog. Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie, MwStSystRL) und behandelt die anfallenden Mitgliederbeiträge in der Folge abweichend von Abschnitt 1.4 Umsatzsteuer-Anwendungserlass als steuerbares Entgelt für die von ihr gegenüber den Mitgliedern erbrachten Leistungen, kommt die Anwendung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG grundsätzlich in Betracht … Die Anwendung der Befreiungsvorschrift zieht in der Folge systembedingt einen Ausschluss des Vorsteuerabzugs (z. B. aus Investitionen) nach sich. Dem kann auch nicht entgegen gehalten werden, dass nach Auffassung des BFH die Vorschrift des § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG (1999) weder die gemeinschaftsrechtliche Bestimmung des Artikels 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe m der Richtlinie 77/388/EWG (jetzt: Artikel 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL) hinreichend umsetzt noch der Begriff der „sportliche(n) Veranstaltung“ im Sinne der Richtlinie auslegbar ist. Denn auch nach Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe m der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Artikel 132 Abs. 1 Buchstabe m MwStSystRL wären die Entgelte, die eine Vereinigung ohne Gewinnstreben von ihren Mitgliedern für die Teilnahme an sportlichen Veranstaltungen erhält, steuerfrei mit der Folge des Vorsteuerausschlusses. Bei einer gemischten Nutzung (z. B. für sportliche Veranstaltungen und reine Nutzungsüberlassungen der Sportanlage) sind die Vorsteuerbeträge entsprechend § 15 Abs. 4 UStG sachgerecht aufzuteilen.“ Vgl. jüngst EuGH v. 10.12.2020 – C-488/18, DStR 2020, 2869.
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(5) 1Teilnehmergebühren sind Entgelte, die gezahlt werden, um an den Veranstaltungen aktiv teilnehmen zu können, z.B. Startgelder und Meldegelder. 2Soweit das Entgelt für die Veranstaltung in Eintrittsgeldern der Zuschauer besteht, ist die Befreiungsvorschrift nicht anzuwenden. 4.26.1. Ehrenamtliche Tätigkeit (1) 1Für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 26 Buchstabe a und Buchstabe b UStG ist das Vorliegen einer ehrenamtlichen Tätigkeit erforderlich (vgl. BFH-Urteil vom 17.12.2015, V R 45/14, BStBl 2017 II S. 658). 2Hierzu rechnen neben den in einem Gesetz ausdrücklich als solche genannten Tätigkeiten auch die, die man im allgemeinen Sprachgebrauch herkömmlicherweise als ehrenamtlich bezeichnet (vgl. BFH-Urteil vom 27.7.1972, V R 33/72, BStBl II S. 844) oder die dem materiellen Begriffsinhalt der Ehrenamtlichkeit entsprechen (vgl. BFH-Urteil vom 14.5.2008, XI R 70/07, BStBl II S. 912, und vom 20.8.2009, V R 32/08, BStBl 2010 II S. 88). 3Die Annahme der Ehrenamtlichkeit kraft gesetzlicher Regelung erfordert die Benennung in einem materiellen oder formellen Gesetz. 4Eine Ehrenamtlichkeit kraft gesetzlicher Regelung ist allerdings nicht anzunehmen, wenn es sich um eine Bestimmung in einer im Bereich der Selbstverwaltung erlassenen Satzung handelt (vgl. BFH-Urteil vom 17.12.2015, V R 45/14, a.a.O.). 5Die Tätigkeit im Aufsichtsrat einer Volksbank wird im allgemeinen Sprachgebrauch herkömmlicherweise nicht als ehrenamtlich bezeichnet (vgl. BFH-Urteil vom 20.8.2009, V R 32/08, a.a.O.). 6Ergibt sich die Bezeichnung „ehrenamtlich“ weder aus einem Gesetz noch lässt sich ein diesbezüglicher Sprachgebrauch ermitteln, bedarf es einer Bestimmung des materiellen Begriffsinhalts. 7Im öffentlich-rechtlichen Bereich ist darunter die unentgeltliche Mitwirkung natürlicher Personen bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben zu verstehen, die auf Grund behördlicher Bestellung außerhalb eines haupt- oder nebenamtlichen Dienstverhältnisses stattfindet und für die lediglich eine Entschädigung besonderer Art gezahlt wird (vgl. BFH-Urteil vom 16.12.1987, X R 7/82, BStBl 1988 II S. 384). 8Wenn eine Tätigkeit für den hoheitlichen Bereich einer juristischen Person des öffentlichen Rechts (vgl. Abschnitt 4.26.1 Abs. 2 Satz 1) in einem anderen Gesetz oder im allgemeinen Sprachgebrauch als ehrenamtlich bezeichnet wird, kann grundsätzlich vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen ausgegangen werden, es sei denn, die Anwendung des Begriffs der Ehrenamtlichkeit auf die Tätigkeit ist mit der gebotenen engen Auslegung des Begriffs der Ehrenamtlichkeit ausnahmsweise nicht mehr vereinbar, insbesondere wenn sie in einem Umfang ausgeführt wird, bei dem die Annahme einer beruflichen Ausübung nicht mehr ausgeschlossen werden kann. 9Für den nicht -öffentlichen Bereich kommt es nach dem materiellen Begriffsinhalt hingegen auf das Fehlen eines eigennützigen Erwerbsstrebens, die fehlende Hauptberuflichkeit und den Einsatz für eine fremdnützig bestimmte Einrichtung an. 10Danach kann sowohl die Tätigkeit eines Ratsmitgliedes im Aufsichtsrat einer kommunalen Eigengesellschaft (BFH-Urteil vom 4.5.1994, XI R 86/92, BStBl II S. 773) als auch die Tätigkeit in Gremien der berufsständischen Kammern und Verbände eine ehrenamtliche Tätigkeit im Sinne der Befreiungsvorschrift sein. 11Liegt ein eigennütziges Erwerbsstreben oder eine Hauptberuflichkeit vor bzw. wird der Einsatz nicht für eine fremdnützig bestimmte Einrichtung erbracht, kann unabhängig von der Höhe der Entschädigung nicht von einer ehrenamtlichen Tätigkeit ausgegangen werden. 12Das ist 1116 | Stöber/Otto
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insbesondere dann der Fall, wenn der Zeitaufwand der Tätigkeit auf eine hauptberufliche Teilzeit- oder sogar Vollzeitbeschäftigung hindeutet. 13Ein Entgelt, das nicht lediglich im Sinne einer Entschädigung für Zeitversäumnis oder eines Verdienstausfalls gezahlt wird, sondern sich an der Qualifikation des Tätigen und seiner Leistung orientiert, steht dem Begriff der ehrenamtlichen Tätigkeit entgegen. (2) 1Die ehrenamtlichen Tätigkeiten für juristische Personen des öffentlichen Rechts fallen nur dann unter § 4 Nr. 26 Buchstabe a UStG, wenn sie für deren nichtunternehmerischen Bereich ausgeführt werden. 2Es muss sich also um die Ausübung einer ehrenamtlichen Tätigkeit für den öffentlich-rechtlichen Bereich handeln. 3Wird die ehrenamtliche Tätigkeit für den Betrieb gewerblicher Art einer Körperschaft des öffentlichen Rechts ausgeübt, kann sie deshalb nur unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 26 Buchstabe b UStG steuerfrei belassen werden (BFH, Urt. v. 4.4.1974 – V R 70/ 73, BStBl. II, 528). (3) (…) (4) 1Geht in Fällen des § 4 Nr. 26 Buchstabe b UStG das Entgelt über einen Auslagenersatz und eine angemessene Entschädigung für Zeitversäumnis hinaus, besteht in vollem Umfang Steuerpflicht. 2Was als angemessene Entschädigung für Zeitversäumnis anzusehen ist, muss nach den Verhältnissen des Einzelfalls beurteilt werden; dabei ist eine Entschädigung in Höhe bis zu 50 € je Tätigkeitsstunde regelmäßig als angemessen anzusehen, sofern die Vergütung für die gesamten ehrenamtlichen Tätigkeiten im Sinne des § 4 Nr. 26 Buchstabe b UStG den Betrag von 17 500 € im Jahr nicht übersteigt. 3Zur Ermittlung der Grenze von 17 500 € ist auf die tatsächliche Höhe der Aufwandsentschädigung im Vorjahr sowie die voraussichtliche Höhe der Aufwandsentschädigung im laufenden Jahr abzustellen. 4Ein (echter) Auslagenersatz, der für die tatsächlich entstandenen und nachgewiesenen Aufwendungen der ehrenamtlichen Tätigkeit vergütet wird, bleibt bei der Berechnung der Betragsgrenzen unberücksichtigt. 5Als Auslagenersatz im Sinne des Satzes 4 werden beispielsweise auch ein Fahrtkostenersatz nach den pauschalen Kilometersätzen oder auch Verpflegungsmehraufwendungen anerkannt, sofern sie lohnsteuerlich ihrer Höhe nach als Reisekosten angesetzt werden könnten (vgl. R 9.4 LStR). (5) 1Eine vom tatsächlichen Zeitaufwand unabhängige z.B. laufend gezahlte pauschale bzw. monatliche oder jährlich laufend gezahlte pauschale Vergütung sowie ein gesondert gezahltes Urlaubs-, Weihnachts- bzw. Krankheitsgeld stehen dem Charakter einer Entschädigung für Zeitversäumnis entgegen und führen zur Nichtanwendbarkeit der Befreiungsvorschrift mit der Folge, dass sämtliche für diese Tätigkeit gezahlten Vergütungen – auch soweit sie daneben in Auslagenersatz oder einer Entschädigung für Zeitaufwand bestehen – der Umsatzsteuer unterliegen. 2Dies gilt für eine pauschal gezahlte Aufwandsentschädigung nicht, wenn der Vertrag, die Satzung oder der Beschluss eines laut Satzung hierzu befugten Gremiums zwar eine Pauschale vorsieht, aber zugleich festgehalten ist, dass der ehrenamtlich Tätige durchschnittlich eine bestimmte Anzahl an Stunden pro Woche/Monat/Jahr für die fremdnützig bestimmte Einrichtung tätig ist und die in Abs. 4 genannten Betragsgrenzen nicht überschritten werden. 3Der tatsächliche Zeitaufwand ist glaubhaft zu machen. 4Aus Vereinfachungsgründen kann die Steuerbefreiung auch ohne weitere Prüfung gewährt Stöber/Otto | 1117
Anhang Rz. 1963 | C. Gesetzestexte und Steuervorschriften
werden, wenn der Jahresgesamtbetrag der Entschädigungen den Freibetrag nach § 3 Nr. 26 EStG nicht übersteigt. 5In diesen Fällen bedarf es lediglich der Angabe der Tätigkeiten und zur Höhe der dabei enthaltenen Entschädigungen. Beispiel 1: 1 Ein ehrenamtlich Tätiger, der für seine Ehrenamtstätigkeit (1 Stunde/Woche) eine pauschale Entschädigung für Zeitversäumnis i.H.v. 120 € monatlich und zusätzlich für eine weitere ehrenamtliche Tätigkeit (ca. 20 Stunden/Jahr) eine jährliche Entschädigung für Zeitversäumnis i.H.v. 500 € erhält, kann die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 26 Buchstabe b UStG – auch ohne zusätzliche Nachweise – in Anspruch nehmen, da der Jahresgesamtbetrag seiner Entschädigungen (1940 €) den Freibetrag nach § 3 Nr. 26 EStG nicht übersteigt. 2Ein daneben gezahlter Auslagenersatz für tatsächlich entstandene Aufwendungen bleibt bei der Berechnung der Betragsgrenzen unberücksichtigt. Beispiel 2: Ein ehrenamtlich Tätiger, der für seine ehrenamtliche Tätigkeit (7 Stunden/Woche) eine pauschale monatliche Entschädigung für Zeitversäumnis i.H.v. 1200 € erhält und in acht Wochen im Jahr seine Tätigkeit auf Grund Urlaub/Krankheit nicht ausübt, hat einen durchschnittlichen Stundensatz i.H.v. rund 46 € (44 Wochen je 7 Stunden, Gesamtvergütung 14 400 €). 2 Eine weitere ehrenamtliche Tätigkeit wird durch ihn nicht ausgeübt. 3Die Steuerbefreiung kann gewährt werden, da die Vergütung nicht mehr als 50 € je Tätigkeitsstunde beträgt und die Grenze von 17 500 € nicht übersteigt. 1
12.9. Gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Einrichtungen (§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchstabe a UStG) Allgemeines (1) 1Begünstigt nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchstabe a UStG sind die Leistungen der Körperschaften, die gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke i.S.d. §§ 51 bis 68 AO verfolgen. 2Die abgabenrechtlichen Vorschriften gelten auch für Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts. 3Es ist nicht erforderlich, dass der gesamte unternehmerische Bereich einer juristischen Person des öffentlichen Rechts gemeinnützigen Zwecken dient. 4Wenn bereits für andere Steuern (vgl. z.B. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG) darüber entschieden ist, ob und gegebenenfalls in welchen Bereichen das Unternehmen steuerbegünstigte Zwecke verfolgt, ist von dieser Entscheidung im Allgemeinen auch für Zwecke der Umsatzsteuer auszugehen. 5 Ist diese Frage für andere Steuern nicht entschieden worden, sind die Voraussetzungen für die Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchstabe a UStG besonders zu prüfen. 6Der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchstabe a UStG kommt nicht nur für entgeltliche Leistungen der begünstigten Körperschaften in Betracht, sondern auch für unentgeltliche Wertabgaben an den eigenen nichtunternehmerischen Bereich, wenn diese aus Tätigkeitsbereichen erfolgen, die nicht nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchstabe a Sätze 2 und 3 UStG einer Besteuerung mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegen (vgl. Abschnitt 3.2 Abs. 2 Satz 3). (…)
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16. Umsatzsteuer-Anwendungserlass – Auszug | Rz. 1963 Anhang
Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb, Zweckbetrieb (3) 1Die Steuerermäßigung gilt nicht für die Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. 2Der Begriff des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ist in § 14 AO bestimmt. 3Nach § 64 AO bleibt die Steuervergünstigung für einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb jedoch bestehen, soweit es sich um einen Zweckbetrieb i.S.d. §§ 65 bis 68 AO handelt. 4Für die Annahme eines Zweckbetriebs ist nach § 65 AO vor allem erforderlich, dass der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu den nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlichen Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb treten darf, als es bei der Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist. 5Liegt nach den §§ 66 bis 68 AO ein Zweckbetrieb vor, müssen die allgemeinen Voraussetzungen des § 65 AO für die Annahme eines Zweckbetriebs nicht erfüllt sein (vgl. BFH, Urt. v. 18.1.1995 – V R 139–142/92, BStBl. II S. 446, und vom 25.7.1996 – V R 7/95, BStBl. II 1997, 154). 6Ist nach den Grundsätzen des § 14 AO lediglich Vermögensverwaltung gegeben, wird die Steuerermäßigung ebenfalls nicht ausgeschlossen. (4) Folgende Regelungen zur Abgrenzung von wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben und Zweckbetrieben sind zu beachten: 1. 1Die Tätigkeit der Landessportbünde im Rahmen der Verleihung des Deutschen Sportabzeichens und des Deutschen Jugendsportabzeichens stellt einen Zweckbetrieb i.S.d. § 65 AO dar. 2Entsprechendes gilt bei gemeinnützigen Sportverbänden für die Genehmigung von Wettkampfveranstaltungen der Sportvereine, die Genehmigung von Trikotwerbung sowie für die Ausstellung oder Verlängerung von Sportausweisen für Sportler. 2. (…) 3. 1Krankenfahrten (…) 4. 1Bei den Werkstätten für behinderte Menschen umfasst der Zweckbetrieb (§ 68 Nr. 3 Buchstabe a AO) auch den eigentlichen Werkstattbereich. 2Im Werkstattbereich werden in der Regel keine nach § 4 Nr. 18 UStG steuerfreien Umsätze ausgeführt. 3Die steuerpflichtigen Umsätze unterliegen nach Maßgabe der Abs. 8 bis 15 dem ermäßigten Steuersatz. 4Die den Werkstätten für behinderte Menschen in Rechnung gestellten Umsatzsteuerbeträge, die auf Leistungen entfallen, die andere Unternehmer für den Werkstattbetrieb ausgeführt haben, können deshalb nach § 15 Abs. 1 UStG in vollem Umfang als Vorsteuern abgezogen werden. 5Eine Aufteilung der Vorsteuerbeträge in einen abziehbaren und einen nicht abziehbaren Teil entfällt. 6Das gilt insbesondere auch insoweit, als Investitionen für den Werkstattbereich – z.B. Neubau oder Umbau, Anschaffung von Einrichtungsgegenständen oder Maschinen – vorgenommen werden. 5. 1Als Zweckbetrieb werden nach § 68 Nr. 6 AO die von den zuständigen Behörden genehmigten Lotterien und Ausspielungen steuerbegünstigter Körperschaften anerkannt, wenn der Reinertrag unmittelbar und ausschließlich zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke verwendet wird. 2 Eine nachhaltige Tätigkeit i.S.d. § 14 AO und des § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG liegt auch dann vor, wenn Lotterien oder Ausspielungen jedes Jahr nur einmal verStöber/Otto | 1119
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anstaltet werden. 3Deshalb ist auch in diesen Fällen grundsätzlich ein Zweckbetrieb gegeben, für dessen Umsätze der ermäßigte Steuersatz in Betracht kommt. 4Soweit öffentliche Lotterien und Ausspielungen von steuerbegünstigten Körperschaften der Lotteriesteuer unterliegen (vgl. §§ 17 und 18 RennwLottG), sind die daraus erzielten Umsätze nach § 4 Nr. 9 Buchstabe b UStG steuerfrei. 6. 1Mensa- und Cafeteria-Betriebe, die von gemeinnützigen Studentenwerken unterhalten werden, die einem Wohlfahrtsverband angeschlossen sind, werden als Zweckbetriebe angesehen. 2Speisen- und Getränkeumsätze, die in diesen Betrieben an Nichtstudierende ausgeführt werden, unterliegen deshalb nach Maßgabe der Abs. 8 bis 15 dem ermäßigten Steuersatz. 3Nichtstudierender ist, wer nach dem jeweiligen Landesstudentenwerks- bzw. Landeshochschulgesetz nicht unter den begünstigten Personenkreis des Studentenwerks fällt, insbesondere Hochschulbedienstete, z.B. Hochschullehrer, wissenschaftliche Räte, Assistenten und Schreibkräfte sowie Studentenwerksbedienstete und Gäste. 4Dies gilt z.B. auch für die Umsätze von alkoholischen Flüssigkeiten, sofern diese das Warenangebot des Mensa- und Cafeteria-Betriebs ergänzen und lediglich einen geringen Teil des Gesamtumsatzes ausmachen. 5Als geringer Anteil am Gesamtumsatz wird es angesehen, wenn diese Umsätze im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 5 % des Gesamtumsatzes betragen haben. 6Wegen der Steuerbefreiung für die Umsätze in Mensa- und Cafeteria-Betrieben vgl. Abschnitt 4.18.1 Abs. 9. 7. 1Die kurzfristige Vermietung von Wohnräumen und Schlafräumen an Nichtstudierende durch ein Studentenwerk … 8. Die entgeltliche Überlassung von Kfz durch einen „Carsharing“-Verein an seine Mitglieder ist kein Zweckbetrieb (vgl. BFH, Urt. v. 12.6.2008 – V R 33/05, BStBl. II 2009, 221). 9. Die nicht nur gelegentliche Erbringung von Geschäftsführungs- und Verwaltungsleistungen für einem Verein angeschlossene Mitgliedsvereine stellt keinen Zweckbetrieb dar (vgl. BFH, Urt. v. 29.1.2009 – V R 46/06, BStBl. II S. 560). 10. Die Verwaltung von Sporthallen sowie das Einziehen der Hallenmieten einschließlich des Mahn- und Vollstreckungswesens durch einen gemeinnützigen Verein gegen Entgelt im Namen und für Rechnung einer Stadt ist kein begünstigter Zweckbetrieb (vgl. BFH, Urt. v. 5.8.2010 – V R 54/09, BStBl. II 2011, 191). (5) 1Nach § 68 Nr. 7 AO sind kulturelle Einrichtungen und Veranstaltungen einer steuerbegünstigten Körperschaft unabhängig von einer Umsatz- oder Einkommensgrenze als Zweckbetrieb zu behandeln. 2Die Umsätze von Speisen und Getränken sowie die Werbung gehören nicht zum Zweckbetrieb. (6) 1Nach § 67a Abs. 1 AO sind sportliche Veranstaltungen eines Sportvereins ein Zweckbetrieb, wenn die Einnahmen einschließlich Umsatzsteuer 45 000 € im Jahr nicht übersteigen. 2Das gilt unabhängig davon, ob bezahlte Sportler i.S.d. § 67a Abs. 3 AO teilnehmen oder nicht. 3Die Umsätze von Speisen und Getränken sowie die Werbung anlässlich einer sportlichen Veranstaltung gehören nicht zum Zweckbetrieb. 4Ein nach § 67a Abs. 2 und 3 AO körperschaftsteuerrechtlich wirksamer Verzicht auf die Anwendung des § 67a Abs. 1 Satz 1 AO gilt auch für Zwecke der Umsatzsteuer. 1120 | Stöber/Otto
16. Umsatzsteuer-Anwendungserlass – Auszug | Rz. 1963 Anhang 5Wegen
weiterer Einzelheiten zur Behandlung sportlicher Veranstaltungen vgl. AEAO zu § 67a.
(7) 1Eine steuerbegünstigte sportliche oder kulturelle Veranstaltung i.S.d. §§ 67a, 68 Nr. 7 AO kann auch dann vorliegen, wenn ein Sport- oder Kulturverein in Erfüllung seiner Satzungszwecke im Rahmen einer Veranstaltung einer anderen Person oder Körperschaft eine sportliche oder kulturelle Darbietung erbringt. 2Die Veranstaltung, bei der die sportliche oder kulturelle Darbietung präsentiert wird, braucht keine steuerbegünstigte Veranstaltung zu sein (vgl. BFH, Urt. v. 4.5.1994 – XI R 109/90, BStBl. II, 886). Ermäßigter Steuersatz bei Leistungen der Zweckbetriebe steuerbegünstigter Körperschaften (8) 1Die umsatzsteuerliche Begünstigung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG kann auch dann gewährt werden, wenn sich die Auswirkungen auf den Wettbewerb, die von den Umsätzen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgehen, nicht auf das zur Erfüllung des steuerbegünstigten Zwecks unvermeidbare Maß beschränken. 2Voraussetzung ist jedoch, dass sich ein derartiger Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung als ein Zweckbetrieb darstellt, mit dem erkennbar darauf abgezielt wird, die satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen. 3Die Anwendung der Steuerermäßigungsvorschrift des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchstabe a UStG kann daher nicht lediglich von einer gesetzlichen Zugehörigkeitsfiktion zum begünstigten Bereich einer Körperschaft abhängig gemacht werden. 4 Vielmehr ist es erforderlich, dass auch die ausgeführten Leistungen von ihrer tatsächlichen Ausgestaltung her und in ihrer Gesamtrichtung dazu bestimmt sind, den in der Satzung bezeichneten steuerbegünstigten Zweck der Körperschaft selbst zu verwirklichen. 5Insoweit gilt allein der Betrieb eines steuerbegünstigten Zweckbetriebs selbst nicht als steuerbegünstigter Zweck. 6Die Regelung des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchstabe a Satz 3 UStG zielt darauf ab, Wettbewerbsverzerrungen durch die Inanspruchnahme des ermäßigten Steuersatzes auf den unionsrechtlich zulässigen Umfang zu beschränken und dadurch missbräuchlichen Gestaltungen zu begegnen: 7Nur soweit die Körperschaft mit den Leistungen ihrer in §§ 66 bis 68 AO bezeichneten Zweckbetriebe ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst verwirklicht, kommt der ermäßigte Steuersatz uneingeschränkt zur Anwendung. 8Für die übrigen Umsätze gilt dies nur, wenn der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden (vgl. BFH, Urt. v. 5.8.2010 – V R 54/09, BStBl. II 2011, S. 191); ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, unterliegen die übrigen Leistungen des Zweckbetriebs dem allgemeinen Steuersatz. Zweckbetriebe, die nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen dienen (9) 1Nach § 65 AO als Zweckbetriebe anerkannte wirtschaftliche Geschäftsbetriebe gewährleisten bereits, dass sie auch hinsichtlich der Umsätze, mit deren Ausführung selbst sie ausnahmsweise nicht auch ihre satzungsmäßigen Zwecke verwirklichen, zu Stöber/Otto | 1121
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nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb treten, als es zur Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist und sie damit nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dienen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden. 2Der ermäßigte Steuersatz ist daher auf Zweckbetriebe nach § 65 AO uneingeschränkt anwendbar. 3Gleiches gilt für folgende, als Zweckbetriebe anerkannte wirtschaftliche Geschäftsbetriebe: 1. Einrichtungen der Wohlfahrtspflege i.S.d. § 66 AO, denn diese dürfen nach Abs. 2 dieser Vorschrift nicht des Erwerbs wegen ausgeübt werden; 2. in § 68 Nr. 1 Buchstabe a AO aufgeführte Alten-, Altenwohn- und Pflegeheime, Erholungsheime oder Mahlzeitendienste, denn diese müssen mindestens zwei Drittel ihrer Leistungen gegenüber den in § 53 AO genannten Personen erbringen (§ 66 Abs. 3 AO), um Zweckbetrieb sein zu können; 3. Selbstversorgungseinrichtungen nach § 68 Nr. 2 AO, denn diese dürfen höchstens 20 % ihrer Leistungen an Außenstehende erbringen, um als Zweckbetrieb anerkannt zu werden. Leistungen, mit deren Ausführung selbst lediglich steuerbegünstigte Zwecke verwirklicht werden (10) 1Auch die satzungsmäßig erbrachten Leistungen der folgenden als KatalogZweckbetriebe anerkannten wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe unterliegen, sofern sie nicht bereits unter eine Steuerbefreiungsvorschrift fallen, weiterhin dem ermäßigten Steuersatz, weil mit ihrer Ausführung selbst die steuerbegünstigten Zwecke der Körperschaft unmittelbar verwirklicht werden: 1. 1Krankenhäuser (…) 2. 1Sportvereine. 2Die z.B. als Eintrittsgeld für die von den Vereinen durchgeführten sportlichen Veranstaltungen erhobenen Beträge sind Entgelte für Leistungen, mit deren Ausführung selbst die steuerbegünstigten Zwecke eines in § 67a AO bezeichneten Zweckbetriebs verwirklicht werden. 3Dies gilt nicht, wenn die Besteuerungsgrenze des § 67a Abs. 1 AO überschritten wurde und im Falle des Verzichts auf deren Anwendung hinsichtlich der in § 67a Abs. 3 Satz 2 AO genannten Veranstaltungen; 3. 1Kindergärten, Kinder-, Jugend- und Studenten- oder Schullandheime. 2Mit der Ausführung der Betreuungs- oder Beherbergungsumsätze selbst werden die steuerbegünstigten Zwecke der in § 68 Nr. 1 Buchstabe b AO bezeichneten Zweckbetriebe verwirklicht; 4. 1Einrichtungen für Beschäftigungs- und Arbeitstherapie. 2Mit der Ausführung der auf Grund ärztlicher Indikation außerhalb eines Beschäftigungsverhältnisses erbrachten Therapie-, Ausbildungs- oder Förderungsleistungen selbst wird der steuerbegünstigte Zweck eines in § 68 Nr. 3 Buchstabe b AO bezeichneten Zweckbetriebs verwirklicht; 1122 | Stöber/Otto
16. Umsatzsteuer-Anwendungserlass – Auszug | Rz. 1963 Anhang
5. 1Einrichtungen zur Durchführung der Blindenfürsorge, der Fürsorge für Körperbehinderte, der Fürsorgeerziehung und der freiwilligen Erziehungshilfe. 2Mit der Ausführung der gegenüber diesem Personenkreis erbrachten Leistungen auf dem Gebiet der Fürsorge selbst werden die steuerbegünstigten Zwecke der in § 68 Nr. 4 und 5 AO bezeichneten Zweckbetriebe verwirklicht; 6. 1Kulturelle Einrichtungen, wie Museen, Theater, Konzerte und Kunstausstellungen. 2Die z.B. als Eintrittsgeld erhobenen Beträge sind Entgelt für Leistungen, mit deren Ausführung selbst die steuerbegünstigten Zwecke eines in § 68 Nr. 7 AO bezeichneten Zweckbetriebs verwirklicht werden; 7. 1Volkshochschulen u.Ä. Einrichtungen. 2Mit der Durchführung von Lehrveranstaltungen selbst werden die steuerbegünstigten Zwecke der in § 68 Nr. 8 AO bezeichneten Zweckbetriebe verwirklicht; soweit dabei den Teilnehmern Beherbergungs- oder Beköstigungsleistungen erbracht werden, vgl. BFH, Urt. v. 8.3.2012 – V R 14/11, BStBl. II, 630, sowie die Ausführungen in Abs. 11; 8. 1Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen, deren Träger sich überwiegend aus Zuwendungen der öffentlichen Hand oder Dritter oder aus der Vermögensverwaltung finanzieren. 2Mit der Ausführung von Forschungsumsätzen selbst werden die steuerbegünstigten Zwecke der in § 68 Nr. 9 AO bezeichneten Forschungseinrichtungen verwirklicht. 3Dies gilt auch für die Auftragsforschung. 4Die Steuerermäßigung kann nicht in Anspruch genommen werden für Tätigkeiten, die sich auf die Anwendung gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse beschränken, für die Übernahme von Projekttätigkeiten sowie für wirtschaftliche Tätigkeiten ohne Forschungsbezug. 2
Sofern besondere Ausgestaltungsformen gemeinnütziger Zwecke nach den allgemeinen abgabenrechtlichen Regelungen ebenfalls bestimmten Katalogzweckbetrieben zugeordnet werden, besteht kein Anlass, hiervon umsatzsteuerrechtlich abzuweichen. 3So werden beispielsweise mit Leistungen wie „Betreutes Wohnen“, „Hausnotrufleistungen“, „Betreute Krankentransporte“ selbst die in § 66 AO bezeichneten steuerbegünstigten Zwecke verwirklicht. 4Werden derartige Leistungen von wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben, die nach §§ 66 oder 68 Nr. 1 AO als Zweckbetrieb anerkannt sind, satzungsmäßig ausgeführt, fallen auch sie in den Anwendungsbereich des ermäßigten Steuersatzes. 5Hinsichtlich der übrigen Umsätze der genannten Zweckbetriebe gelten die Ausführungen in Abs. 11. Leistungen, mit deren Ausführung selbst nicht steuerbegünstigte Zwecke verwirklicht werden (11) 1Vorbehaltlich der Regelungen der Absätze 12 bis 14 unterliegen von Zweckbetrieben ausgeführte Leistungen, mit deren Ausführung selbst nicht steuerbegünstigte Zwecke verwirklicht werden, nur dann dem ermäßigten Steuersatz, wenn der Zweckbetrieb insgesamt nicht in erster Linie der Erzielung von zusätzlichen Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden. 2Einnahmen aus derartigen Umsätzen werden zusätzlich erzielt, wenn die Umsätze nicht lediglich Hilfsumsätze (Abschnitt 19.3 Abs. 2 Sätze 4 und 5) Stöber/Otto | 1123
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sind (zusätzliche Einnahmen). 3Ein Zweckbetrieb dient in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen, wenn mehr als 50 % seiner gesamten steuerpflichtigen Umsätze durch derartige (zusätzliche und wettbewerbsrelevante) Leistungen erzielt werden. 4Leistungen sind dann nicht wettbewerbsrelevant, wenn sie auch bei allen anderen Unternehmern dem ermäßigten Steuersatz unterliegen (z.B. die Lieferungen von Speisen oder seit dem 1. 1. 2010 Beherbergungsleistungen). 5Umsatzsteuerfreie Umsätze sowie umsatzsteuerrechtlich als nicht steuerbare Zuschüsse zu beurteilende Zuwendungen sind – unabhängig von einer ertragsteuerrechtlichen Beurteilung als Betriebseinnahmen – keine zusätzlichen Einnahmen im Sinne des Satzes 3. 6Aus Vereinfachungsgründen kann davon ausgegangen werden, dass ein Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen dient, wenn der Gesamtumsatz im Sinne des § 19 Abs. 3 UStG des Zweckbetriebs die Besteuerungsgrenze des § 64 Abs. 3 AO insgesamt nicht übersteigt. 7Da sich bei Leistungen gegenüber in vollem Umfang zum Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmen kein Wettbewerbsvorteil ergibt, ist es nicht zu beanstanden, wenn diese Umsätze bei der betragsmäßigen Prüfung unberücksichtigt bleiben. Einzelfälle (12) 1Bei Werkstätten für behinderte Menschen … (13) 1Inklusionsbetriebe i.S.v. § 215 Abs. 1 SGB IX … (14) 1Behördlich genehmigte Lotterien und Ausspielungen … (15) 1Für die Anwendung der Abs. 8 ff. ist das Gesamtbild der Verhältnisse im Einzelfall maßgebend. 2Bei der Prüfung der betragsmäßigen Nichtaufgriffsgrenzen sowie bei der Gegenüberstellung der zusätzlichen Einnahmen zu den übrigen Einnahmen ist dabei auf die Verhältnisse des abgelaufenen Kalenderjahres sowie auf die voraussichtlichen Verhältnisse des laufenden Kalenderjahres abzustellen. 17. Sozialgesetzbuch VII – gesetzliche Unfallversicherung – Auszug1 1964
§ 2 Versicherung kraft Gesetzes (1) Kraft Gesetzes sind versichert 1. Beschäftigte, 9. Personen, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind, 10. Personen, die a) für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den Nr. 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Ge1 I.d.F. v. 7.8.1996, BGBl. I 1254, zuletzt geändert durch Art. 15 des Gesetzes v. 20.5.2020, BGBl. I 1055.
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17. Sozialgesetzbuch VII – Auszug | Rz. 1964 Anhang
nehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen, b) für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen, (1a) 1Versichert sind auch Personen, die nach Erfüllung der Schulpflicht auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung im Dienst eines geeigneten Trägers im Umfang von durchschnittlich mindestens acht Wochenstunden und für die Dauer von mindestens sechs Monaten als Freiwillige einen Freiwilligendienst aller Generationen unentgeltlich leisten. 2Als Träger des Freiwilligendienstes aller Generationen geeignet sind inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts oder unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallende Einrichtungen zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung), wenn sie die Haftpflichtversicherung und eine kontinuierliche Begleitung der Freiwilligen und deren Fort- und Weiterbildung im Umfang von mindestens durchschnittlich 60 Stunden je Jahr sicherstellen. 3Die Träger haben fortlaufende Aufzeichnungen zu führen über die bei ihnen nach Satz 1 tätigen Personen, die Art und den Umfang der Tätigkeiten und die Einsatzorte. 4Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren. (2) 1Ferner sind Personen versichert, die wie nach Abs. 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. 2Satz 1 gilt auch für Personen, die während einer aufgrund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder aufgrund einer strafrichterlichen, staatsanwaltlichen oder jugendbehördlichen Anordnung wie Beschäftigte tätig werden. § 3 Versicherung kraft Satzung (1) Die Satzung kann bestimmen, dass und unter welchen Voraussetzungen sich die Versicherung erstreckt auf 4. ehrenamtlich Tätige und bürgerschaftlich Engagierte, § 6 Freiwillige Versicherung (1) 1Auf schriftlichen Antrag können sich versichern 3. gewählte oder beauftragte Ehrenamtsträger in gemeinnützigen Organisationen, 4. Personen, die in Verbandsgremien und Kommissionen für Arbeitgeberorganisationen und Gewerkschaften sowie anderen selbständigen Arbeitnehmervereinigungen mit sozial- oder berufspolitischer Zielsetzung (sonstige Arbeitnehmervereinigungen) ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen, 5. Personen, die ehrenamtlich für Parteien im Sinne des Parteiengesetzes tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen.
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Anhang Rz. 1964 | D. Sonderrecht und Hinweisschreiben „Covid-19“ 2In
den Fällen des Satzes 1 Nr. 3 kann auch die Organisation, für die die Ehrenamtsträger tätig sind, oder ein Verband, in dem die Organisation Mitglied ist, den Antrag stellen; eine namentliche Bezeichnung der Versicherten ist in diesen Fällen nicht erforderlich. 3In den Fällen des Satzes 1 Nr. 4 und 5 gilt Satz 2 entsprechend.
(2) 1Die Versicherung beginnt mit dem Tag, der dem Eingang des Antrags folgt. 2Die Versicherung erlischt, wenn der Beitrag oder Beitragsvorschuss binnen zwei Monaten nach Fälligkeit nicht gezahlt worden ist. 3Eine Neuanmeldung bleibt so lange unwirksam, bis der rückständige Beitrag oder Beitragsvorschuss entrichtet worden ist.
D. Sonderrecht und Hinweisschreiben „Covid-19“ 1. Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie1 1965
Art. 2 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 27.3.2020 (BGBl. I, 569). Art. 2 tritt gem. Art. 6 dieses Gesetzes mit Ablauf des 31.12.2021 außer Kraft. § 4 Umwandlungsrecht Abweichend von § 17 Abs. 2 Satz 4 des Umwandlungsgesetzes genügt es für die Zulässigkeit der Eintragung, wenn die Bilanz auf einen höchstens zwölf Monate vor der Anmeldung liegenden Stichtag aufgestellt worden ist. § 5 Vereine, Parteien und Stiftungen2 (1) Ein Vorstandsmitglied eines Vereins oder einer Stiftung bleibt auch nach Ablauf seiner Amtszeit bis zu seiner Abberufung oder bis zur Bestellung seines Nachfolgers im Amt. (2) Abweichend von § 32 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs kann der Vorstand auch ohne Ermächtigung in der Satzung vorsehen, dass Vereinsmitglieder, 1. an der Mitgliederversammlung ohne Anwesenheit am Versammlungsort teilnehmen, und Mitgliederrechte im Wege der elektronischen Kommunikation ausüben können oder müssen 2. ohne Teilnahme an der Mitgliederversammlung ihre Stimmen vor der Durchführung der Mitgliederversammlung schriftlich abgeben können. (2a) Abweichend von § 36 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist der Vorstand nicht verpflichtet, die in der Satzung vorgesehene ordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen, solange sich die Mitglieder nicht an einem Ort versammeln dürfen und 1 Gesetz vom 27.3.2020 (BGBl. I S. 569) idF der Änderungen v. 28.10.2020 (BGBl. I S. 2264) und 22.12.2020 (BGBl. I S. 3328, 3332). 2 Fassung ab 28.2.2021.
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1. Maßnahmengesetz zur COVID-19-Pandemie | Rz. 1965 Anhang
die Durchführung der Mitgliederversammlung im Wege der elektronischen Kommunikation für den Verein oder die Vereinsmitglieder nicht zumutbar ist. (3) Abweichend von § 32 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist ein Beschluss ohne Versammlung der Mitglieder gültig, wenn alle Mitglieder beteiligt wurden, bis zu dem vom Verein gesetzten Termin mindestens die Hälfte der Mitglieder ihre Stimmen in Textform abgegeben haben und der Beschluss mit der erforderlichen Mehrheit gefasst wurde. (3a) Die Absätze 2 und 3 gelten auch für den Vorstand von Vereinen und Stiftungen sowie für andere Vereins- und Stiftungsorgane. (4) 1Absatz 1 gilt für Vorstandsmitglieder und Vertreter in den sonstigen Organen und Gliederungen der Parteien entsprechend. 2Absatz 2 Nummer 1 gilt für Mitglieder- und Vertreterversammlungen der Parteien und ihrer Gliederungen sowie ihrer sonstigen Organe entsprechend. 3Dies gilt nicht für die Beschlussfassung über die Satzung und die Schlussabstimmung bei Wahlen nach § 9 Absatz 4 des Parteiengesetzes. 4Die Wahrnehmung von Mitgliedschaftsrechten kann der Vorstand auch ohne Ermächtigung in der Satzung im Wege der Briefwahl oder auch zeitlich versetzt als Urnenwahl an verschiedenen Orten zulassen. 5§ 17 Satz 2 des Parteiengesetzes bleibt unberührt. § 7 Übergangsregelungen (4) § 4 ist nur auf Anmeldungen anzuwenden, die im Jahr 2020 vorgenommen werden. (5) § 5 ist nur auf im Jahr 2020 und im Jahr 2021 ablaufende Bestellungen von Vereins- oder Stiftungsvorständen und im Jahr 2020 und im Jahr 2021 stattfindende Mitgliederversammlungen von Vereinen anzuwenden. § 8 Verordnungsermächtigung Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Geltung der §§ 1 bis 5 gem. § 7 bis höchstens zum 31.12.2021 zu verlängern, wenn dies aufgrund fortbestehender Auswirkungen der COVID-19-Pandemie in der Bundesrepublik Deutschland geboten erscheint.1 Aus der Gesetzesbegründung Zu § 4 (Umwandlungsrecht)2 Mit der Vorschrift wird die in § 17 Abs. 2 Satz 4 UmwG geregelte, rückwärts zu berechnende Höchstfrist für den Stichtag der Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers von acht Monaten (Achtmonatsfrist) vor dem Tag der Anmeldung auf 12 Monate verlängert. Die Vorschrift betrifft Verschmelzungen und wegen der Verweisung 1 Durch Verordnung vom 20.10.2020 wurde die Geltung der §§ 1 bis 5 des Gesetzes bis zum 31.12.2021 verlängert (BGBl. I S. 2258). 2 Bundestags-Drucks. 19/18110 vom 24.3.2020, S. 29.
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Anhang Rz. 1965 | D. Sonderrecht und Hinweisschreiben „Covid-19“
in § 125 UmwG auch Spaltungen. Damit soll für Unternehmen, die solche Umwandlungen im laufenden Jahr vornehmen, die von der Achtmonatsfrist ausgehende zeitliche Begrenzung für die Vervollständigung aller für die Umwandlung erforderlichen Verfahrensschritte um vier Monate verschoben werden. Damit werden die Erleichterungen für die Durchführung „virtueller“ Versammlungen, die in den §§ 1 und 3 des Gesetzes vorgesehen sind, ergänzt. Die erforderliche Planung, technische und organisatorische Vorbereitung und Durchführung der für die Umwandlungsbeschlüsse erforderlichen Versammlungen wird in vielen Fällen zu Verzögerungen führen. Diese können die Einhaltung der Achtmonatsfrist, die bei dem Bilanzstichtag des übertragenden Rechtsträgers 31.12.2019 eine Anmeldung der Umwandlung zum Handelsregister bis spätestens 31.8.2020 erfordert, erschweren. Zur Erreichung dieses Zwecks ist die Verlängerung der Frist durch Gesetz erforderlich, weil es sich bei der Achtmonatsfrist um eine zwingende Frist handelt, die das Registergericht nicht verlängern kann. Wird sie nicht eingehalten, muss das Registergericht die Anmeldung zurückweisen. Zu § 5 (Vereine und Stiftungen)1 Zu Abs. 1 Die Amtszeit von Vorstandsmitgliedern von Vereinen und Stiftungen, die für eine bestimmte Zeit bestellt wurden, endet mit Zeitablauf. Wenn nicht rechtzeitig ein neues Vorstandmitglied bestellt werden kann, kann dies dazu führen, dass der Verein oder die Stiftung nicht mehr ordnungsgemäß vertreten werden kann, wenn die dafür notwenigen Vorstandsmitglieder fehlen. Viele, aber nicht alle Vereine und Stiftungen regeln in ihren Satzungen, dass Vorstandsmitglieder, deren Amtszeit zeitlich befristet ist, im Amt bleiben, bis ihr Nachfolger gewählt ist. Dies soll durch § 4 Abs. 1 nun gesetzlich geregelt werden, so dass es auch für die Vereine und Stiftungen gilt, die keine entsprechende Regelung in ihre Satzung aufgenommen haben. Damit bleiben die Vereine und Stiftungen handlungsfähig, auch wenn sie neue Vorstandsmitglieder aufgrund der Beschränkungen durch die COVID-19-Pandemie nicht bestellen können. Hiervon unberührt bleibt jedoch die Möglichkeit der Abberufung eines Vorstandsmitglieds. Zu Abs. 2 § 4 Abs. 2 schafft als Sonderregelung zu § 32 Abs. 1 Satz 1 BGB gesetzliche Voraussetzungen, um auch ohne ausdrückliche Ermächtigung in der Satzung, „virtuelle“ Mitgliederversammlungen durchzuführen und auch Mitgliedern, die nicht an der Mitgliederversammlung teilnehmen, zu ermöglichen, ihre Stimmrechte auszuüben. Zu Nr. 1 Mitgliederversammlungen sind nach § 32 Abs. 1 Satz 1 BGB, soweit in der Satzung nichts Abweichendes geregelt ist, an einem bestimmten Versammlungsort durchzuführen, an dem sich die Mitglieder zusammenfinden. Mit § 4 Abs. 2 Nr. 1 wird Vereinen ermöglicht, abweichend von § 32 Abs. 1 Satz 1 BGB auch „virtuelle Mitgliederversammlungen“ durchzuführen, an denen sich die Mitglieder im Wege elektro1 Bundestags-Drucks. 19/18110 vom 24.3.2020, S. 30.
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2. COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz – COVInsAG | Rz. 1966 Anhang
nischer Kommunikation zusammenfinden und ihre Mitgliedsrechte ausüben. Dabei ist auch möglich, dass ein Teil der Mitglieder oder Vorstandsmitglieder an einem bestimmten Ort zusammenkommt und andere Mitglieder an der Mitgliederversammlung im Wege elektronischer Kommunikation teilnehmen. Zu Nr. 2 § 4 Abs. 2 Nr. 2 gibt dem Verein die Möglichkeit, auch eine vorherige schriftliche Stimmabgabe für Mitglieder zuzulassen, ohne dass sie an der Mitgliederversammlung teilnehmen müssen. Die Mitglieder müssen ihre Stimme vor Beginn der Mitgliederversammlung gegenüber dem Verein abgegeben, damit sie bei der Beschlussfassung in der Mitgliederversammlung berücksichtigt werden können. Zu Abs. 3 § 4 Abs. 3 erleichtert als Sonderregelung die Beschlussfassung der Vereinsmitglieder im Umlaufverfahren. Abweichend von § 32 Abs. 2 BGB wird nicht mehr für alle Beschlüsse die Zustimmung aller Mitglieder gefordert. Im Umlaufverfahren können Beschlüsse mit der erforderlichen Mehrheit nach dem Gesetz oder der Satzung getroffen werden. Allerdings nur dann, wenn alle Mitglieder beteiligt wurden und bis zu dem vom Verein festgesetzten Termin mindestens die Hälfte der Vereinsmitglieder im Umlaufverfahren ihre Stimme abgegeben haben. Nicht geändert werden die im Gesetz oder der Satzung geregelten Mehrheitserfordernisse. Soweit in der Vereinssatzung nichts Abweichendes geregelt ist, ist für die Zweckänderung weiterhin nach § 33 Abs. 1 Satz 2 BGB die Zustimmung aller Mitglieder erforderlich, für Satzungsänderungen gilt die Drei-Viertel-Mehrheit nach § 33 Abs. 1 BGB, soweit in der Satzung keine andere Mehrheit geregelt ist. Die Stimmabgabe durch die Mitglieder muss nicht mehr schriftlich i.S.d. § 126 BGB erfolgen, sondern ist auch in Textform nach § 126b BGB möglich, das heißt anstelle einer eigenhändig unterschriebenen Erklärung, die dem Verein im Original zugehen muss, ist auch eine Stimmabgabe z.B. durch E-Mail und Telefax möglich. 2. Gesetz zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und zur Begrenzung der Organhaftung bei einer durch die COVID-19-Pandemie bedingten Insolvenz (COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz – COVInsAG) Art. 1 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 27.3.2020 (BGBl. I, 569) i.d.F. der Änderungen vom 25.9.2020 (BGBl. I S. 2016) und 22.12.2020 (BGBl. I S. 3256, 3292). § 1 Aussetzung der Insolvenzantragspflicht (1) Die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags nach § 15a der Insolvenzordnung und nach § 42 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist bis zum 30.9.2020 ausgesetzt. Dies gilt nicht, wenn die Insolvenzreife nicht auf den Folgen der Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus (COVID-19-Pandemie) beruht oder wenn keine Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. War der Schuldner am 31.12.2019 nicht zahlungsunfähig, wird vermutet, dass die Insolvenzreife auf den Stöber/Otto | 1129
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Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht und Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. Ist der Schuldner eine natürliche Person, so ist § 290 Abs. 1 Nr. 4 der Insolvenzordnung mit der Maßgabe anzuwenden, dass auf die Verzögerung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Zeitraum zwischen dem 1.3.2020 und dem 30.9.2020 keine Versagung der Restschuldbefreiung gestützt werden kann. Die Sätze 2 und 3 gelten entsprechend. (2) Vom 1.10.2020 bis zum 31.12.2020 ist allein die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags wegen Überschuldung nach Maßgabe des Absatzes 1 ausgesetzt. (3) Vom 1. Januar 2021 bis zum 31. Januar 2021 ist die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags nach Maßgabe des Absatzes 1 für die Geschäftsleiter solcher Schuldner ausgesetzt, die im Zeitraum vom 1. November 2020 bis zum 31. Dezember 2020 einen Antrag auf die Gewährung finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie gestellt haben. War eine Antragstellung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen innerhalb des Zeitraums nicht möglich, gilt Satz 1 auch für Schuldner, die nach den Bedingungen des staatlichen Hilfsprogramms in den Kreis der Antragsberechtigten fallen. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, wenn offensichtlich keine Aussicht auf Erlangung der Hilfeleistung besteht oder die erlangbare Hilfeleistung für die Beseitigung der Insolvenzreife unzureichend ist. § 2 Folgen der Aussetzung (1) Soweit nach § 1 Absatz 1 die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags ausgesetzt ist, 1. gelten Zahlungen, die im ordnungsgemäßen Geschäftsgang erfolgen, insbesondere solche Zahlungen, die der Aufrechterhaltung oder Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebes oder der Umsetzung eines Sanierungskonzepts dienen, als mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters i.S.d. § 64 Satz 2 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, des § 92 Abs. 2 Satz 2 des Aktiengesetzes, des § 130a Abs. 1 Satz 2, auch i.V.m. § 177a Satz 1, des Handelsgesetzbuchs und des § 99 Satz 2 des Genossenschaftsgesetzes vereinbar; 2. gilt die bis zum 30.9.2023 erfolgende Rückgewähr eines im Aussetzungszeitraum gewährten neuen Kredits sowie die im Aussetzungszeitraum erfolgte Bestellung von Sicherheiten zur Absicherung solcher Kredite als nicht gläubigerbenachteiligend; dies gilt auch für die Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen und Zahlungen auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen, nicht aber deren Besicherung; § 39 Abs. 1 Nr. 5 und § 44a der Insolvenzordnung finden insoweit in Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners, die bis zum 30.9.2023 beantragt wurden, keine Anwendung; 3. sind Kreditgewährungen und Besicherungen im Aussetzungszeitraum nicht als sittenwidriger Beitrag zur Insolvenzverschleppung anzusehen; 4. sind Rechtshandlungen, die dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht haben, die dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, in einem späteren Insolvenzverfahren nicht anfechtbar; dies gilt nicht, wenn dem an1130 | Stöber/Otto
2. COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz – COVInsAG | Rz. 1966 Anhang
deren Teil bekannt war, dass die Sanierungs- und Finanzierungsbemühungen des Schuldners nicht zur Beseitigung einer eingetretenen Zahlungsunfähigkeit geeignet gewesen sind. Entsprechendes gilt für a) Leistungen an Erfüllungs statt oder erfüllungshalber; b) Zahlungen durch einen Dritten auf Anweisung des Schuldners; c) die Bestellung einer anderen als der ursprünglich vereinbarten Sicherheit, wenn diese nicht werthaltiger ist; d) die Verkürzung von Zahlungszielen und e) die Gewährung von Zahlungserleichterungen. (2) Abs. 1 Nr. 2, 3 und 4 gilt auch für Unternehmen, die keiner Antragspflicht unterliegen, sowie für Schuldner, die weder zahlungsunfähig noch überschuldet sind. (3) Abs. 1 Nr. 2 und 3 gilt im Fall von Krediten, die von der Kreditanstalt für Wiederaufbau und ihren Finanzierungspartnern oder von anderen Institutionen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme anlässlich der Covid-19-Pandemie gewährt werden, auch dann, wenn der Kredit nach dem Ende des Aussetzungszeitraums gewährt oder besichert wird, und unbefristet für deren Rückgewähr. (4) Soweit nach § 1 Absatz 2 die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags ausgesetzt ist und keine Zahlungsunfähigkeit vorliegt, ist Absatz 1 anwendbar. Absatz 2 findet entsprechende Anwendung. Absatz 3 bleibt unberührt. 5) Ist die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags nach § 1 Absatz 3 ausgesetzt, gelten die Absätze 1 bis 3 entsprechend. § 3 Eröffnungsgrund bei Gläubigerinsolvenzanträgen Bei zwischen dem 28.3.2020 und dem 28.6.2020 gestellten Gläubigerinsolvenzanträgen setzt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens voraus, dass der Eröffnungsgrund bereits am 1.3.2020 vorlag. § 4 Prognosezeitraum für die Überschuldungsprüfung Abweichend von § 19 Absatz 2 Satz 1 der Insolvenzordnung ist zwischen dem 1. Januar 2021 und dem 31. Dezember 2021 anstelle des Zeitraums von zwölf Monaten ein Zeitraum von vier Monaten zugrunde zu legen, wenn die Überschuldung des Schuldners auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen ist. Dies wird vermutet, wenn 1. der Schuldner am 31. Dezember 2019 nicht zahlungsunfähig war, 2. der Schuldner in dem letzten, vor dem 1. Januar 2020 abgeschlossenen Geschäftsjahr ein positives Ergebnis aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit erwirtschaftet hat und 3. der Umsatz aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit im Kalenderjahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 30 Prozent eingebrochen ist. Stöber/Otto | 1131
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§ 5 Anwendung des bisherigen Rechts (1) Auf Eigenverwaltungsverfahren, die zwischen dem 1. Januar 2021 und dem 31. Dezember 2021 beantragt werden, sind, soweit in den folgenden Absätzen und § 6 nichts anderes bestimmt ist, die §§ 270 bis 285 der Insolvenzordnung in der bis zum 31. Dezember 2020 geltenden Fassung weiter anzuwenden, wenn die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung des Schuldners auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen ist. (2) Die Insolvenzreife gilt als auf die COVID-19-Pandemie zurückführbar, wenn der Schuldner eine von einem in Insolvenzsachen erfahrenen Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Rechtsanwalt oder einer Person mit vergleichbarer Qualifikation ausgestellte Bescheinigung vorlegt, aus der sich ergibt, dass 1. der Schuldner am 31. Dezember 2019 weder zahlungsunfähig noch überschuldet war, 2. der Schuldner in dem letzten vor dem 1. Januar 2020 abgeschlossenen Geschäftsjahr ein positives Ergebnis aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit erwirtschaftet hat und 3. der Umsatz aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit im Kalenderjahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 30 Prozent eingebrochen ist. Satz 1 gilt entsprechend, wenn die nach Satz 1 Nummer 2 und 3 zu bescheinigenden Voraussetzungen zwar nicht oder nicht vollständig vorliegen, aus der Bescheinigung jedoch hervorgeht, dass aufgrund von Besonderheiten, die im Schuldner oder in der Branche, der er angehört, begründet sind oder aufgrund sonstiger Umstände oder Verhältnisse, dennoch davon ausgegangen werden kann, dass die Insolvenzreife auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen ist. (3) Die Insolvenzreife gilt auch als auf die COVID-19-Pandemie zurückführbar, wenn der Schuldner im Eröffnungsantrag darlegt, dass keine Verbindlichkeiten bestehen, die am 31. Dezember 2019 bereits fällig und zu diesem Zeitpunkt noch nicht bestritten waren. Die Erklärung zur Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben nach § 13 Absatz 1 Satz 7 der Insolvenzordnung muss sich auch auf die Angaben nach Satz 1 beziehen. (4) Erlangt das Gericht Kenntnis davon, dass die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung des Schuldners nicht auf die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie zurückzuführen ist, kann es auch aus diesem Grund 1. anstelle des vorläufigen Sachwalters einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellen, 2. die Anordnung nach § 270b Absatz 1 der Insolvenzordnung in der bis zum 31. Dezember 2020 geltenden Fassung vor Ablauf der Frist aufheben, oder 3. die Anordnung der Eigenverwaltung aufheben.
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(5) Ordnet das Gericht die vorläufige Eigenverwaltung oder Eigenverwaltung an, kann es zugleich anordnen, dass Verfügungen des Schuldners der Zustimmung durch den vorläufigen Sachwalter oder den Sachwalter bedürfen. (6) Die Annahme von Nachteilen für die Gläubiger kann nicht allein darauf gestützt werden, dass der Schuldner keine Vorkehrungen zur Sicherstellung seiner Fähigkeit zur Erfüllung insolvenzrechtlicher Pflichten getroffen hat. (7) Ordnet das Gericht die vorläufige Eigenverwaltung oder Eigenverwaltung an, so ist die Insolvenzrechtliche Vergütungsverordnung in der bis zum 31. Dezember 2020 geltenden Fassung anzuwenden. Dies gilt auch, wenn die vorläufige Eigenverwaltung oder Eigenverwaltung aufgehoben wird. § 6 Erleichterter Zugang zum Schutzschirmverfahren Die Zahlungsunfähigkeit eines Schuldners steht der Anwendung des § 270b der Insolvenzordnung in der bis zum 31. Dezember 2020 geltenden Fassung bei einem zwischen dem 1. Januar 2021 und dem 31. Dezember 2021 gestellten Insolvenzantrag nicht entgegen, wenn in der Bescheinigung nach § 270b Absatz 1 Satz 3 der Insolvenzordnung in der bis zum 31. Dezember 2020 geltenden Fassung auch bestätigt wird, dass 1. der Schuldner zum 31. Dezember 2019 nicht zahlungsunfähig war, 2. der Schuldner in dem letzten, vor dem 1. Januar 2020 abgeschlossenen Geschäftsjahr ein positives Ergebnis aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit erwirtschaftet hat und 3. der Umsatz aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit im Kalenderjahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 30 Prozent eingebrochen ist. Satz 1 gilt entsprechend, wenn die nach Satz 1 Nummer 2 und 3 zu bescheinigenden Voraussetzungen zwar nicht oder nicht vollständig vorliegen, aus der Bescheinigung jedoch hervorgeht, dass aufgrund von Besonderheiten, die im Schuldner oder in der Branche, der er angehört, begründet sind oder aufgrund sonstiger Umstände oder Verhältnisse, dennoch davon ausgegangen werden kann, dass die Zahlungsunfähigkeit auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen ist. § 5 Absatz 7 gilt entsprechend. § 7 Sicherstellung der Gläubigergleichbehandlung bei Stützungsmaßnahmen anlässlich der COVID-19-Pandemie Der Umstand, dass Forderungen im Zusammenhang mit staatlichen Leistungen stehen, die im Rahmen von staatlichen Programmen zur Bewältigung der COVID-19Pandemie gewährt wurden, ist für sich allein kein geeignetes Kriterium für die Einbeziehung in den Restrukturierungsplan nach § 8 des Unternehmensstabilisierungsund -restrukturierungsgesetzes oder die Abgrenzung der Gruppen nach § 9 des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes oder § 222 der Insolvenzordnung. Staatliche Leistungen im Sinne von Satz 1 sind sämtliche Finanzhilfen einschließlich der Gewährung von Darlehen und die Übernahme einer Bürgschaft, Stöber/Otto | 1133
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einer Garantie oder eine sonstige Übernahme des Ausfallrisikos bezüglich von Forderungen Dritter, die durch öffentliche Anstalten, Körperschaften oder Rechtsträgern öffentlicher Sondervermögen sowie im Mehrheitsbesitz des Bundes, der Länder oder der Kommunen stehenden Rechtsträger gewährt werden. Soweit im Rahmen einer staatlichen Leistung das Ausfallrisiko übernommen worden ist, ist die besicherte Forderung als eine Forderung anzusehen, die nach Satz 1 im Zusammenhang mit staatlichen Leistungen steht. 3. Steuerliche Maßnahmen zur Förderung der Hilfe für von der Corona-Krise Betroffene 1967
BMF-Schreiben v. 9.4.2020 (GZ IV C 4 -S 2223/19/10003:003 DOK 2020/0308754) i.d.F. des BMF-Schreibens v. 26.5.2020 (b IV C 4 - S 0174/19/10002:008 DOK 2020/ 0464239). Die aufgrund der Corona-Krise verordneten Einschränkungen sind eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung. Sowohl Bürgerinnen und Bürger als auch Unternehmen engagieren sich für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, für die Eindämmung der Ausbreitung der Pandemie und für diejenigen, für die die Erledigungen des Alltags plötzlich mit zuvor nie dagewesenen Gefährdungen verbunden sind. Zur Förderung und Unterstützung dieses gesamtgesellschaftlichen Engagements bei der Hilfe der von der Corona-Krise Betroffenen werden im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder die nachfolgenden Verwaltungsregelungen getroffen. Sie gelten für die nachfolgenden Unterstützungsmaßnahmen, die vom 1.3.2020 bis längstens zum 31.12.2020 durchgeführt werden. I. Spenden Vereinfachter Zuwendungsnachweis Für alle Sonderkonten, die von inländischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, inländischen öffentlichen Dienststellen oder von einem amtlich anerkannten inländischen Verband der freien Wohlfahrtspflege einschließlich seiner Mitgliedsorganisationen für die in der Präambel dargestellten Zwecke eingerichtet wurden, gilt ohne betragsmäßige Beschränkung der vereinfachte Zuwendungsnachweis. Nach § 50 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe a EStDV genügt in diesen Fällen als Nachweis der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung eines Kreditinstituts (z.B. der Kontoauszug, Lastschrifteinzugsbeleg oder der PC-Ausdruck bei Online-Banking). Nach § 50 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b, Halbs. 1 EStDV gilt der vereinfachte Zuwendungsnachweis auch, soweit bis zur Errichtung eines Sonderkontos Zuwendungen auf ein anderes Konto der genannten Zuwendungsempfänger geleistet wurden. Wird die Zuwendung über ein als Treuhandkonto geführtes Konto eines Dritten auf eines der genannten Sonderkonten eingezahlt, genügt als Nachweis der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung des Kreditinstituts des Zuwendenden zusammen mit einer Kopie des Bareinzahlungsbelegs oder der Buchungsbestätigung des Kreditinstituts des Dritten (§ 50 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStDV).
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3. Steuerliche Maßnahmen für Corona-Betroffene | Rz. 1967 Anhang
Bei Zuwendungen zur Hilfe in der Corona-Krise, die über ein Konto eines Dritten an eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts, an eine inländische öffentliche Dienststelle oder an eine nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes steuerbefreite Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse geleistet werden, genügt als Nachweis eine auf den jeweiligen Zuwendenden ausgestellte Zuwendungsbestätigung des Zuwendungsempfängers, wenn das Konto des Dritten als Treuhandkonto geführt wurde, die Zuwendungen von dort an den Zuwendungsempfänger weitergeleitet wurden und diesem eine Liste mit den einzelnen Zuwendenden und ihrem jeweiligen Anteil an der Zuwendungssumme übergeben wurde (§ 50 Abs. 5 EStDV). Die für den Nachweis jeweils erforderlichen Unterlagen sind vom Zuwendenden auf Verlangen der Finanzbehörde vorzulegen und im Übrigen bis zum Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe der Steuerfestsetzung aufzubewahren (§ 50 Abs. 8 EStDV). II. Spendenaktionen von steuerbegünstigten Körperschaften zur Förderung der Hilfe für von der Corona-Krise Betroffene Einer gemeinnützigen Körperschaft ist es grundsätzlich nicht erlaubt, Mittel für steuerbegünstigte Zwecke zu verwenden, die sie nach ihrer Satzung nicht fördert (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 AO). Ruft eine gemeinnützige Körperschaft, die nach ihrer Satzung keine hier in Betracht kommenden Zwecke – wie insbesondere die Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens, des Wohlfahrtswesens oder die Förderung mildtätiger Zwecke – verfolgt (z.B. Sportverein, Musikverein, Kleingartenverein oder Brauchtumsverein), zu Spenden zur Hilfe für von der Corona-Krise Betroffene auf und kann sie die Spenden nicht zu Zwecken verwenden, die sie nach ihrer Satzung fördert, gilt Folgendes: Es ist unschädlich für die Steuerbegünstigung einer Körperschaft, die nach ihrer Satzung keine hier in Betracht kommenden Zwecke verfolgt oder regional gebunden ist, wenn sie Mittel, die sie im Rahmen einer Sonderaktion für die Hilfe für von der Corona-Krise Betroffene erhalten hat, ohne entsprechende Änderung ihrer Satzung für den angegebenen Zweck selbst verwendet. Die Körperschaft hat bei der Förderung mildtätiger Zwecke die Bedürftigkeit der unterstützen Person oder Einrichtung selbst zu prüfen und zu dokumentieren. Bei Maßnahmen, z.B. Einkaufshilfen, für Personen in häuslicher Quarantäne oder für Personen, die aufgrund ihres Alters, Vorerkrankungen o.Ä. zum besonders gefährdeten Personenkreis gehören, ist die körperliche Hilfsbedürftigkeit zu unterstellen. Gleiches gilt hinsichtlich des Vorliegens einer wirtschaftlichen Hilfsbedürftigkeit bei der kostenlosen Zurverfügungstellung von Lebensmitteln oder Einkaufsgutscheinen, die an die Stelle des Angebots der vielfach geschlossenen Tafeln getreten sind, oder Hilfen für Obdachlose. Bei finanziellen Hilfen ist die wirtschaftliche Hilfsbedürftigkeit der unterstützten Person glaubhaft zu machen. Unterstützungsleistungen außerhalb der Verwirklichung gemeinnütziger oder mildtätiger Zwecke, z.B. an von der Corona-Krise besonders betroffene Unternehmen, Selbständige oder an entsprechende Hilfsfonds der Kommunen sind insoweit nicht begünstigt.
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Es reicht aber auch aus, wenn die Spenden entweder an eine steuerbegünstigte Körperschaft, die z.B. mildtätige Zwecke verfolgt, oder an eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. eine inländische öffentliche Dienststelle zur Hilfe für von der Corona-Krise Betroffene weitergeleitet werden. Die gemeinnützige Einrichtung, die die Spenden gesammelt hat, muss entsprechende Zuwendungsbestätigungen für Spenden, die sie für die Hilfe für von der Corona-Krise Betroffene erhält und verwendet, bescheinigen. Auf die Sonderaktion ist in der Zuwendungsbestätigung hinzuweisen. III. Maßnahmen steuerbegünstigter Körperschaften zur Förderung der Hilfe für von der Corona-Krise Betroffene Neben der Verwendung der eingeforderten Spendenmittel (Abschnitt II) ist es ausnahmsweise auch unschädlich für die Steuerbegünstigung der Körperschaft, wenn sie sonstige bei ihr vorhandene Mittel, die keiner anderweitigen Bindungswirkung unterliegen, ohne Änderung der Satzung zur Unterstützung für von der Corona-Krise Betroffene einsetzt. Gleiches gilt für die Überlassung von Personal und von Räumlichkeiten. Einkaufsdienste oder vergleichbare Dienste für von der Corona-Krise Betroffene sind für die Steuerbegünstigung der Körperschaft unschädlich. Die Erstattung von Kosten für die Einkaufs- oder Botendienste an die Mitglieder der Körperschaft ist ebenfalls unschädlich. Werden vorhandene Mittel an andere steuerbegünstigte Körperschaften, die z.B. mildtätige Zwecke verfolgen, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Unterstützung für von der Corona-Krise Betroffene stehen, oder an eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. eine inländische öffentliche Dienststelle zu diesem Zweck weitergeleitet, ist dies nach § 58 Nr. 2 AO unschädlich für die Steuerbegünstigung der Körperschaft. IV. Steuerliche Behandlung von Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen 1. Zuwendung als Sponsoring-Maßnahme Die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für die in der Präambel dargestellten Zwecke sind nach den Maßgaben des BMF-Schreibens vom 18.2.1998 (BStBl. I Seite 212) zum Betriebsausgabenabzug zuzulassen. Aufwendungen des sponsernden Steuerpflichtigen sind danach Betriebsausgaben, wenn der Sponsor wirtschaftliche Vorteile, die in der Sicherung oder Erhöhung seines unternehmerischen Ansehens liegen können, für sein Unternehmen erstrebt. Diese wirtschaftlichen Vorteile sind u.a. dadurch erreichbar, dass der Sponsor öffentlichkeitswirksam (z.B. durch Berichterstattung in Zeitungen, Rundfunk, Fernsehen usw.) auf seine Leistungen aufmerksam macht. 2. Zuwendungen an Geschäftspartner Wendet der Steuerpflichtige seinen von der Corona-Krise unmittelbar und nicht unerheblich negativ betroffenen Geschäftspartnern zum Zwecke der Aufrechterhaltung der Geschäftsbeziehungen in angemessenem Umfang unentgeltlich Leistungen aus seinem Betriebsvermögen zu, sind die Aufwendungen in voller Höhe als Betriebsaus-
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3. Steuerliche Maßnahmen für Corona-Betroffene | Rz. 1967 Anhang
gaben abziehbar. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG ist insoweit aus Billigkeitsgründen nicht anzuwenden. 3. Sonstige Zuwendungen Erfüllt die Zuwendung des Steuerpflichtigen unter diesen Gesichtspunkten nicht die Voraussetzungen für den Betriebsausgabenabzug, so ist aus allgemeinen Billigkeitserwägungen die Zuwendung von Wirtschaftsgütern oder sonstigen betrieblichen Nutzungen und Leistungen (nicht hingegen Geld) des Steuerpflichtigen aus einem inländischen Betriebsvermögen an durch die Corona-Krise unmittelbar und nicht unerheblich geschädigte oder mit der Bewältigung der Corona-Krise befasste Unternehmen und Einrichtungen (z.B. Krankenhäuser) als Betriebsausgabe zu behandeln, die ohne Rücksicht auf § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG abgezogen werden darf. 4. Behandlung der Zuwendungen beim Empfänger In den Fällen der Nr. 1 bis 3 sind die Zuwendungen beim Empfänger gem. § 6 Abs. 4 EStG als Betriebseinnahme mit dem gemeinen Wert anzusetzen. V. Arbeitslohnspende Aus Billigkeits- und Vereinfachungsgründen gilt Folgendes: Verzichten Arbeitnehmer auf die Auszahlung von Teilen des Arbeitslohns oder auf Teile eines angesammelten Wertguthabens zugunsten einer Zahlung des Arbeitgebers auf ein Spendenkonto einer spendenempfangsberechtigten Einrichtung i.S.d. § 10b Abs. 1 Satz 2 EStG, bleiben diese Lohnteile bei der Feststellung des steuerpflichtigen Arbeitslohns außer Ansatz, wenn der Arbeitgeber die Verwendungsauflage erfüllt und dies dokumentiert. Der außer Ansatz bleibende Arbeitslohn ist im Lohnkonto aufzuzeichnen (§ 4 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 LStDV). Auf die Aufzeichnung kann verzichtet werden, wenn stattdessen der Arbeitnehmer seinen Verzicht schriftlich erklärt hat und diese Erklärung zum Lohnkonto genommen worden ist. Der außer Ansatz bleibende Arbeitslohn ist nicht in der Lohnsteuerbescheinigung (§ 41b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EStG) anzugeben. Die steuerfrei belassenen Lohnteile dürfen in der Einkommensteuerveranlagung nicht als Spende berücksichtigt werden VII. Hilfsleistungen zur Bewältigung der Corona-Krise Stellen steuerbegünstigte Körperschaften i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG entgeltlich Personal, Räumlichkeiten, Sachmittel oder andere Leistungen in Bereichen zur Verfügung, die für die Bewältigung von Auswirkungen der Corona-Krise notwendig sind (z.B. an Krankenhäuser, Alten- und Pflegeheime), dann wird es nicht beanstandet, wenn diese Betätigungen sowohl ertragsteuerlich als auch umsatzsteuerlich dem Zweckbetrieb i.S.d. § 65 AO zugeordnet werden. Dies gilt unabhängig davon, welchen steuerbegünstigten Zweck die jeweilige Körperschaft, die Personal, Räumlichkeiten, Sachmittel oder andere Leistungen zur Verfügung stellt, satzungsmäßig befolgt.
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Die umsatzsteuerbaren Überlassungen von Sachmitteln und Räumen sowie von Arbeitnehmern können unter den weiteren Voraussetzungen des § 4 Nr. 14, 16, 18, 23 und 25 UStG als eng verbundene Umsätze der steuerbegünstigten Einrichtungen untereinander umsatzsteuerfrei sein, wenn die überlassenen Leistungen insbesondere in Bereichen der Sozialfürsorge oder der sozialen Sicherheit, der Betreuung und Versorgung von Betroffenen der Corona-Krise dienen. Für Überlassungsleistungen von bzw. an andere Unternehmer greift die Umsatzsteuerbefreiung nicht. Bei der unentgeltlichen Bereitstellung von medizinischem Bedarf und unentgeltlichen Personalgestellungen für medizinische Zwecke durch Unternehmen an Einrichtungen, die einen unverzichtbaren Einsatz zur Bewältigung der Corona-Krise leisten, wie insbesondere Krankenhäuser, Kliniken, Arztpraxen, Rettungsdienste, Pflege- und Sozialdienste, Alters- und Pflegeheime sowie weitere öffentliche Institutionen wie Polizei und Feuerwehr, wird von der Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe im Billigkeitswege abgesehen. VIII. Mittelverwendung Aus Vereinfachungsgründen gilt Folgendes: 1. Verluste aus steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben i.S.d. § 64 AO und in der Vermögensverwaltung Der Ausgleich von Verlusten, die steuerbegünstigten Organisationen nachweislich aufgrund der Auswirkungen der Corona-Krise bis zum 31.12.2020 im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb oder in der Vermögensverwaltung entstehen, mit Mitteln des ideellen Bereichs, Gewinnen aus Zweckbetrieben, Erträgen aus der Vermögensverwaltung oder Gewinnen aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben ist für die Steuerbegünstigung der jeweiligen Körperschaft unschädlich. 2. Aufstockung von Kurzarbeitergeld und Fortsetzung der Zahlung von Übungsleiter- und Ehrenamtspauschale Stocken Organisationen, die nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG steuerbegünstigt sind, ihren eigenen Beschäftigten, die sich in Kurzarbeit befinden, das Kurzarbeitergeld aus eigenen Mitteln bis zu einer Höhe von insgesamt 80 % des bisherigen Entgelts auf, werden weder die Mittelverwendung für satzungsmäßige Zwecke noch die Marktüblichkeit und die Angemessenheit der Aufstockung geprüft, wenn die Aufstockung einheitlich für alle Arbeitnehmer erfolgt. Die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Nr. 1 und 3 AO gelten als erfüllt. Das „bisherige Entgelt“ ist dabei das in den drei Monaten vor Einführung der Kurzarbeit durchschnittlich ausgezahlte Nettomonatsgehalt. Bei einer Aufstockung auf über 80 % des bisherigen Entgelts bedarf es einer entsprechenden Begründung, insbesondere zur Marktüblichkeit und Angemessenheit der Aufstockung. Sehen kollektivrechtliche Vereinbarungen des Arbeitsrechts, wie z.B. Tarifverträge, eine Aufstockung des Kurzarbeitergeldes vor, reicht für den. Nachweis der „Marktüblichkeit und Angemessenheit“ die Vorlage dieser Vereinbarung. Übernehmen kollektivrechtlich nicht gebundene Unternehmen in individuellen Verträgen mit allen Mitarbeitern einheitlich die kollektivrechtlichen Vereinbarungen der Bran-
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4. Folgenabmilderung im Veranstaltungsvertragsrecht | Rz. 1967 Anhang
che zur Aufstockung des Kurzarbeitergeldes, dient ein Mustervertrag dem Nachweis der Marktüblichkeit und Angemessenheit. Zudem wird es gemeinnützigkeitsrechtlich nicht beanstandet, wenn die Ehrenamtsoder Übungsleiterpauschalen weiterhin geleistet werden, obwohl eine Ausübung der Tätigkeit aufgrund der Corona-Krise (zumindest zeitweise) nicht mehr möglich ist. IX. Schenkungsteuer Handelt es sich bei den Zuwendungen um Schenkungen, können bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen Steuerbefreiungen nach § 13 ErbStG gewährt werden. Hierunter fallen u.a. Zuwendungen an gemeinnützige Körperschaften nach § 13 Abs. 1 Nr. 16 ErbStG und Zuwendungen, die ausschließlich kirchlichen, gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken gewidmet sind, sofern deren Verwendung zu diesem Zweck gesichert ist (§ 13 Abs. 1 Nr. 17 ErbStG). X. Weitere steuerliche Erleichterungen für Betroffene Weitere Erleichterungen für unmittelbar und nicht nur unerheblich von der CoronaKrise Betroffene, wie z.B. zur Stundung von Steuern, im Zusammenhang mit Vollstreckungsmaßnahmen und zur Anpassung der Vorauszahlungen, ergeben sich aus dem BMF, Schr. v. 19.3.2020 - IV A 3 - S 0336/19/10007:002 (s. https://www.bundesfinanz ministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Weitere_Steuerthemen/ Abgabenordnung/2020-03-19-steuerliche-massnahmen-zur-beruecksichtigung-derauswirkungen-des-coronavirus.html) und den gleichlautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder vom 19.3.2020 (https://www.bundesfinanzministerium. de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Steuern/Steuerarten/Gewerbesteuer/202003-19-gewerbesteuerliche-maßnahmen-zur-beruecksichtigungder-auswirkungen-descoronavirus-anlage.pdf?__blob=publicationFile&v= 2). Weitere aktuelle Informationen sind unter www.bundesfinanzministerium.de/corona zu finden. 4. Erleichterungen für Vereine als Veranstalter Art. 240 § 5 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB) i.d.F. des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Veranstaltungsvertragsrecht und im Recht der Europäischen Gesellschaft (SE) und der Europäischen Genossenschaft (SCE) v. 15.5.2020 (BGBl. I S. 948). § 5 Gutschein für Freizeitveranstaltungen und Freizeiteinrichtungen (1) Wenn eine Musik-, Kultur-, Sport- oder sonstige Freizeitveranstaltung aufgrund der COVID-19-Pandemie nicht stattfinden konnte oder kann, ist der Veranstalter berechtigt, dem Inhaber einer vor dem 8. März 2020 erworbenen Eintrittskarte oder sonstigen Teilnahmeberechtigung anstelle einer Erstattung des Eintrittspreises oder sonstigen Entgelts einen Gutschein zu übergeben. Umfasst eine solche Eintrittskarte oder sonstige Berechtigung die Teilnahme an mehreren Freizeitveranstaltungen und konnte oder kann nur ein Teil dieser Veranstaltungen stattfinden, ist der Veranstalter berechtigt, dem Inhaber einen Gutschein in Höhe des Wertes des nicht genutzten Teils zu übergeben. Stöber/Otto | 1139
Anhang Rz. 1967 | E. Muster für Zuwendungsbestätigungen mit Hinweisen des BMF
(2) Soweit eine Musik-, Kultur-, Sport- oder sonstige Freizeiteinrichtung aufgrund der COVID-19-Pandemie zu schließen war oder ist, ist der Betreiber berechtigt, dem Inhaber einer vor dem 8. März 2020 erworbenen Nutzungsberechtigung anstelle einer Erstattung des Entgelts einen Gutschein zu übergeben. (3) Der Wert des Gutscheins muss den gesamten Eintrittspreis oder das gesamte sonstige Entgelt einschließlich etwaiger Vorverkaufsgebühren umfassen. Für die Ausstellung und Übersendung des Gutscheins dürfen keine Kosten in Rechnung gestellt werden. (4) Aus dem Gutschein muss sich ergeben, 1. dass dieser wegen der COVID-19-Pandemie ausgestellt wurde und 2. dass der Inhaber des Gutscheins die Auszahlung des Wertes des Gutscheins unter einer der in Absatz 5 genannten Voraussetzungen verlangen kann. (5) Der Inhaber eines nach den Absätzen 1 oder 2 ausgestellten Gutscheins kann von dem Veranstalter oder Betreiber die Auszahlung des Wertes des Gutscheins verlangen, wenn 1. der Verweis auf einen Gutschein für ihn angesichts seiner persönlichen Lebensumstände unzumutbar ist oder 2. er den Gutschein bis zum 31. Dezember 2021 nicht eingelöst hat.
E. Muster für Zuwendungsbestätigungen mit Hinweisen des BMF 1968
Zum Nachweis der Zuwendungen bei Steuerveranlagung verlangt § 50 Abs. 1 EStDV Zuwendungsbestätigung mit amtlich vorgeschriebenem Vordruck. Die Vordrucke sind zuletzt mit BMF, Schr. v. 7.11.2013 (IV C 4 - S 2223/07/0018 als Dok 2013/ 0239390 = BStBl. I 2013, 1333) veröffentlicht worden. Die nachfolgend abgedruckten Muster sind inhaltsgleich; lediglich Layoutdetails sind abweichend gestaltet. Nach Auffassung des BMF gilt für die Verwendung der Muster: 1. Die in der Anlage beigefügten Muster für Zuwendungsbestätigungen sind verbindliche Muster (vgl. § 50 Abs. 1 EStDV). Die Zuwendungsbestätigungen können weiterhin vom jeweiligen Zuwendungsempfänger anhand dieser Muster selbst hergestellt werden. In einer auf einen bestimmten Zuwendungsempfänger zugeschnittenen Zuwendungsbestätigung müssen nur die Angaben aus den veröffentlichten Mustern übernommen werden, die im Einzelfall einschlägig sind. Die in den Mustern vorgesehenen Hinweise zu den haftungsrechtlichen Folgen der Ausstellung einer unrichtigen Zuwendungsbestätigung und zur steuerlichen Anerkennung der Zuwendungsbestätigung sind stets in die Zuwendungsbestätigungen zu übernehmen. 2. Die Wortwahl und die Reihenfolge der vorgegebenen Textpassagen in den Mustern sind beizubehalten, Umformulierungen sind unzulässig. Auf der Zuwendungsbestätigung dürfen weder Danksagungen an den Zuwendenden noch Werbung für die Ziele der begünstigten Einrichtung angebracht werden. Entsprechende Texte sind jedoch auf der Rückseite zulässig. Die Zuwendungsbestätigung darf die Größe einer DIN A 4-Seite nicht überschreiten.
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E. Muster für Zuwendungsbestätigungen mit Hinweisen des BMF | Rz. 1968 Anhang
3. Gegen optische Hervorhebungen von Textpassagen beispielsweise durch Einrahmungen und/oder vorangestellte Ankreuzkästchen bestehen keine Bedenken. Ebenso ist es zulässig, den Namen des Zuwendenden und dessen Adresse so untereinander anzuordnen, dass die gleichzeitige Nutzung als Anschriftenfeld möglich ist. Fortlaufende alphanumerische Zeichen mit einer oder mehreren Reihen, die zur Identifizierung der Zuwendungsbestätigung geeignet sind, können vergeben werden; die Verwendung eines Briefpapiers mit einem Logo, Emblem oder Wasserzeichen der Einrichtung ist zulässig. 4. Es bestehen keine Bedenken, wenn der Zuwendungsempfänger in seinen Zuwendungsbestätigungen alle ihn betreffenden steuerbegünstigten Zwecke nennt. Aus steuerlichen Gründen bedarf es keiner Kenntlichmachung, für welchen konkreten steuerbegünstigten Zweck die Zuwendung erfolgt bzw. verwendet wird. 5. Der zugewendete Betrag ist sowohl in Ziffern als auch in Buchstaben zu benennen. Für die Benennung in Buchstaben ist es nicht zwingend erforderlich, dass der zugewendete Betrag in einem Wort genannt wird; ausreichend ist die Buchstabenbenennung der jeweiligen Ziffern. So kann z.B. ein Betrag i.H.v. 1322 € als „eintausenddreihundertzweiundzwanzig“ oder „eins-drei-zwei-zwei“ bezeichnet werden. In diesen Fällen sind allerdings die Leerräume vor der Nennung der ersten Ziffer und hinter der letzten Ziffer in geeigneter Weise (z.B. durch „X“) zu entwerten. 6. Handelt es sich um eine Sachspende, so sind in die Zuwendungsbestätigung genaue Angaben über den zugewendeten Gegenstand aufzunehmen (z.B. Alter, Zustand, historischer Kaufpreis, usw.). Für die Sachspende zutreffende Sätze sind in den entsprechenden Mustern anzukreuzen. Sachspende aus dem Betriebsvermögen: Stammt die Sachzuwendung nach den Angaben des Zuwendenden aus dessen Betriebsvermögen, bemisst sich die Zuwendungshöhe nach dem Wert, der bei der Entnahme angesetzt wurde und nach der Umsatzsteuer, die auf die Entnahme entfällt (§ 10b Abs. 3 Satz 2 EStG). In diesen Fällen braucht der Zuwendungsempfänger keine zusätzlichen Unterlagen in seine Buchführung aufzunehmen, ebenso sind Angaben über die Unterlagen, die zur Wertermittlung gedient haben, nicht erforderlich. Der Entnahmewert ist grundsätzlich der Teilwert. Der Entnahmewert kann auch der Buchwert sein, wenn das Wirtschaftsgut unmittelbar nach der Entnahme für steuerbegünstigte Zwecke gespendet wird (sog. Buchwertprivileg § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 und 5 EStG). Sachspende aus dem Privatvermögen: Handelt es sich um eine Sachspende aus dem Privatvermögen des Zuwendenden, ist der gemeine Wert des gespendeten Wirtschaftsguts maßgebend, wenn dessen Veräußerung im Zeitpunkt der Zuwendung keinen Besteuerungstatbestand erfüllen würde (§ 10b Abs. 3 Satz 3 EStG). Ansonsten sind die fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten als Wert der Zuwendung auszuweisen. Dies gilt insbesondere bei Veräußerungstatbeständen, die unter § 17 oder § 23 EStG fallen (z.B. Zuwendung einer mindestens 1%igen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft (§ 17 EStG), einer Immobilie, die sich weniger als zehn Jahre im Eigentum des Spenders befindet (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG), eines anderen Wirtschaftsguts i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Stöber/Otto | 1141
Anhang Rz. 1968 | E. Muster für Zuwendungsbestätigungen mit Hinweisen des BMF
EStG mit einer Eigentumsdauer von nicht mehr als einem Jahr). Der Zuwendungsempfänger hat anzugeben, welche Unterlagen er zur Ermittlung des angesetzten Wertes herangezogen hat. In Betracht kommt in diesem Zusammenhang z.B. ein Gutachten über den aktuellen Wert der zugewendeten Sache oder der sich aus der ursprünglichen Rechnung ergebende historische Kaufpreis unter Berücksichtigung einer Absetzung für Abnutzung. Diese Unterlagen hat der Zuwendungsempfänger zusammen mit der Zuwendungsbestätigung in seine Buchführung aufzunehmen. 7. Die Zeile: „Es handelt sich um den Verzicht auf die Erstattung von Aufwendungen & Ja & Nein“
ist stets in die Zuwendungsbestätigungen über Geldzuwendungen/Mitgliedsbeiträge zu übernehmen und entsprechend anzukreuzen. Dies gilt auch für Sammelbestätigungen und in den Fällen, in denen ein Zuwendungsempfänger grundsätzlich keine Zuwendungsbestätigungen für die Erstattung von Aufwendungen ausstellt. 8. Werden Zuwendungen an eine juristische Person des öffentlichen Rechts von dieser an andere juristische Personen des öffentlichen Rechts weitergeleitet und werden von diesen die steuerbegünstigten Zwecke verwirklicht, so hat der „Erstempfänger“ die in den amtlichen Vordrucken enthaltene Bestätigung wie folgt zu fassen: Die Zuwendung wird entsprechend den Angaben des Zuwendenden an [Name des Letztempfängers verbunden mit dem Hinweis auf dessen öffentlich-rechtliche Organisationsform] weitergeleitet. 9. Erfolgt der Nachweis in Form der Sammelbestätigung, so ist der bescheinigte Gesamtbetrag auf der zugehörigen Anlage in sämtliche Einzelzuwendungen aufzuschlüsseln. Es bestehen keine Bedenken, auf der Anlage zur Sammelbestätigung entweder den Namen des Zuwendenden oder ein fortlaufendes alphanumerisches Zeichen anzubringen, um eine sichere Identifikation zu gewährleisten. 10. Für maschinell erstellte Zuwendungsbestätigungen ist R 10b.1 Abs. 4 EStR zu beachten. 11. Nach § 50 Abs. 4 EStDV hat die steuerbegünstigte Körperschaft ein Doppel der Zuwendungsbestätigung aufzubewahren. Es ist in diesem Zusammenhang zulässig, das Doppel in elektronischer Form zu speichern. Die Grundsätze ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme (BMF, Schr. v. 7.11.1995, BStBl. I Seite 738) sind zu beachten. 12. Für Zuwendungen nach dem 31.12.1999 ist das Durchlaufspendenverfahren keine zwingende Voraussetzung mehr für die steuerliche Begünstigung von Spenden. Seit 1.1.2000 sind alle steuerbegünstigten Körperschaften i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG zum unmittelbaren Empfang und zur Bestätigung von Zuwendungen berechtigt. Dennoch dürfen juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentliche Dienst1142 | Stöber/Otto
E. Muster für Zuwendungsbestätigungen mit Hinweisen des BMF | Rz. 1968 Anhang
stellen auch weiterhin als Durchlaufstelle auftreten und Zuwendungsbestätigungen ausstellen (vgl. R 10b.1 Abs. 2 EStR). Sie unterliegen dann aber auch – wie bisher – der Haftung nach § 10b Abs. 4 EStG. Dach- und Spitzenorganisationen können für die ihnen angeschlossenen Vereine dagegen nicht mehr als Durchlaufstelle fungieren. 13. Mit dem Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes vom 21.3.2013 (BGBl. I Seite 556) wurde mit § 60a AO die Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen eingeführt. Nach § 60a AO wird die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen gesondert vom Finanzamt festgestellt. Dieses Verfahren löst die sog. vorläufige Bescheinigung ab. Übergangsweise bleiben die bislang ausgestellten vorläufigen Bescheinigungen weiterhin gültig und die betroffenen Körperschaften sind übergangsweise weiterhin zur Ausstellung von Zuwendungsbestätigungen berechtigt. Diese Körperschaften haben in ihren Zuwendungsbestätigungen anzugeben, dass sie durch vorläufige Bescheinigung den steuerbegünstigten Zwecken dienend anerkannt worden sind. Die Bestätigung ist wie folgt zu fassen: Wir sind wegen Förderung (Angabe des begünstigten Zwecks/der begünstigten Zwecke) durch vorläufige Bescheinigung des Finanzamtes (Name), StNr. (Angabe) vom (Datum) ab (Datum) als steuerbegünstigten Zwecken dienend anerkannt. Außerdem sind die Hinweise zu den haftungsrechtlichen Folgen der Ausstellung einer unrichtigen Zuwendungsbestätigung und zur steuerlichen Anerkennung der Zuwendungsbestätigung folgendermaßen zu fassen: – Wer vorsätzlich oder grob fahrlässig eine unrichtige Zuwendungsbestätigung erstellt oder veranlasst, dass Zuwendungen nicht zu den in der Zuwendungsbestätigung angegebenen steuerbegünstigten Zwecken verwendet werden, haftet für die entgangene Steuer (§ 10b Abs. 4 EStG, § 9 Abs. 3 KStG, § 9 Nr. 5 GewStG). Diese Bestätigung wird nicht als Nachweis für die steuerliche Berücksichtigung der Zuwendung anerkannt, wenn das Datum der vorläufigen Bescheinigung länger als 3 Jahre seit Ausstellung der Bestätigung zurückliegt (BMF vom 15.12.1994, BStBl. I Seite 884). In Fällen, in denen juristische Personen des öffentlichen Rechts oder Stiftungen des öffentlichen Rechts Zuwendungen an Körperschaften i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG weiterleiten, ist ebenfalls anzugeben, ob die Empfängerkörperschaft durch vorläufige Bescheinigung als steuerbegünstigten Zwecken dienend anerkannt worden ist. Diese Angabe ist hierbei in den Zuwendungsbestätigungen folgendermaßen zu fassen: – entsprechend den Angaben des Zuwendenden an (Name) weitergeleitet, die/der vom Finanzamt (Name) StNr. (Angabe) mit vorläufiger Bescheinigung (gültig ab: Datum) vom (Datum) als steuerbegünstigten Zwecken dienend anerkannt ist. Die Hinweise zu den haftungsrechtlichen Folgen der Ausstellung einer unrichtigen Zuwendungsbestätigung und zur steuerlichen Anerkennung der Zuwendungsbestätigung sind dann folgendermaßen zu fassen: – Wer vorsätzlich oder grob fahrlässig eine unrichtige Zuwendungsbestätigung erstellt oder veranlasst, dass Zuwendungen nicht zu den in der Zuwendungsbestätigung angegebenen steuerbegünstigten Zwecken verwendet werden, haftet für die Stöber/Otto | 1143
Anhang Rz. 1968 | E. Muster für Zuwendungsbestätigungen mit Hinweisen des BMF
entgangene Steuer (§ 10b Abs. 4 EStG, § 9 Abs. 3 KStG, § 9 Nr. 5 GewStG). Nur in den Fällen der Weiterleitung an steuerbegünstigte Körperschaften i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG: Diese Bestätigung wird nicht als Nachweis für die steuerliche Berücksichtigung der Zuwendung anerkannt, wenn das Datum der vorläufigen Bescheinigung länger als 3 Jahre seit Ausstellung der Bestätigung zurückliegt. 14. Ist der Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse bisher weder ein Freistellungsbescheid noch eine Anlage zum Körperschaftsteuerbescheid erteilt worden und sieht der Feststellungsbescheid nach § 60a AO die Steuerbefreiung erst für den nächsten Veranlagungszeitraum vor (§ 60 Abs. 2 AO), sind Zuwendungen erst ab diesem Zeitpunkt nach § 10b EStG abziehbar. Zuwendungen, die vor Beginn der Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG erfolgen, sind steuerlich nicht nach § 10b EStG begünstigt, da die Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse in diesem Zeitraum nicht die Voraussetzungen des § 10b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG erfüllt. Zuwendungsbestätigungen, die für Zeiträume vor der Steuerbefreiung ausgestellt werden, sind daher unrichtig und können – bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 10b Abs. 4 EStG – eine Haftung des Ausstellers auslösen. 15. Die neuen Muster für Zuwendungsbestätigungen werden als ausfüllbare Formulare unter https://www.formulare-bfinv.de zur Verfügung stehen. 16. Für den Abzug steuerbegünstigter Zuwendungen an nicht im Inland ansässige Empfänger wird auf das BMF, Schr. v. 16.5.2011 – IV C 4 - S 2223/07/0005:008, 2011/0381377, (BStBl. I Seite 559) hingewiesen. Das BMF-Schreiben enthält insgesamt 18 Vordrucke, von denen die für den Verein wichtigsten nachfolgend abgedruckt sind1: 1: Muster für Geldzuwendungen an inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts 2: Muster für Sachzuwendungen an inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts 3: Muster für Geldzuwendungen/Mitgliedsbeitrag an eine steuerbegünstigte Einrichtung 4: Muster für Sachzuwendungen an eine steuerbegünstigte Einrichtung 5: Muster für Geldzuwendungen/Mitgliedsbeitrag an eine Partei 6: Muster für Sachzuwendungen an eine Partei 7: Muster für Geldzuwendungen/Mitgliedsbeitrag an eine unabhängige Wählervereinigung 8: Muster für Sachzuwendungen an eine unabhängige Wählervereinigung 9: Muster für Geldzuwendungen an eine inländische Stiftung des öffentlichen Rechts 10: Muster für Sachzuwendungen an eine inländische Stiftung des öffentlichen Rechts
1 Zu den nachfolgend nicht abgedruckten Mustern s. http://www.formulare-bfinv.de.
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11: Muster für Geldzuwendungen an eine inländische Stiftung des privaten Rechts 12: Muster für Sachzuwendungen an eine inländische Stiftung des privaten Rechts 13: Sammelbestätigung für Geldzuwendungen an inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts 14: Sammelbestätigung für Geldzuwendungen/Mitgliedsbeiträge an eine steuerbegünstigte Einrichtung 15: Sammelbestätigung für Geldzuwendungen/Mitgliedsbeiträge an eine Partei 16: Sammelbestätigung für Geldzuwendungen/Mitgliedsbeiträge an eine unabhängige Wählervereinigung 17: Sammelbestätigung für Geldzuwendungen an eine inländische Stiftung des öffentlichen Rechts 18: Sammelbestätigung für Geldzuwendungen an eine inländische Stiftung des privaten Rechts
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Stichwortverzeichnis Die Zahlenangaben verweisen auf die Randziffern.
Abberufung des Vorstands
504, 655, 862 Abfallbeseitigungsverband 106 Abgeschlossene Geschäftsvorfälle – Auskunft 402 Abgrenzungskriterien – Kita- Rechtsprechung 75 Abkömmlinge – Satzungsregelung einer vererblichen Mitgliedschaft 26 Abkürzung – Namensschutz 180 Ablehnung der Aufnahme 283 Abmahnung – Rückstand 351 Abmahnverein 106 Abrechnungsstelle 106 Absage der Mitgliederversammlung 808 Abschriften – Kosten 1730 Absendung der Austrittserklärung 322, 330 Absolute Mehrheit 994 Abspaltung (UmwG) 1302 Abspaltung (Vereinsmehrheit) 373 Abspaltungsverbot 400 Abstimmung – Akklamation 967 – Änderungsantrag 926 – Anfechtung 1008 – Antragsreihenfolge 926 – Auszählungsverfahren 970 – Bedingung 978 – Besondere Mehrheitserfordernisse 992 – Blockabstimmung 928 – en bloc 997 – Enthaltung 1013 – Enthaltungen 984, 1069 – Geheime 967 – Gesamtabstimmung 926 – Handheben 967 – Kombinierte Abstimmung 995 – Kumulation 1030 – Losentscheid 1030 – Mehrheitsermittlung 982 – Offene Wahl 1022
– Probe 966 – Stichentscheid 993 – Stimmenkonzentration 1030 – Taktisches Wahlverhalten 1028 – Umlaufverfahren 996 – Ungültige Stimmen 986, 997 – Verkündungsfehler 933 – Wahlmathematik 994 – Wahlverfahren 1028 – Wiederholung 932 Abstimmungsfehler 886, 1047 – Ergebnisverkündung 933 Abteilung – Beitrag 413 ADAC 101, 302, 310 Aerobic 120 AfA 1825 Akademie 167 Akademischer Grad – Eintragung des Vorstands 1545 Akklamation 967, 969 Aktiengesellschaft – Vereinsgründung 25 Aktive Mitglieder 249 Aktive Parteifähigkeit 14 Aktivvertretung – Mehrgliedriger Vorstand 611 Alleinvertretungsbefugnis 469, 1548 Allgemeine Vertretungsregelung 1547 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz 310 Ältestenrat 1187 Altmitglieder – bei Satzungsänderung 1127, 1407 Altrechtliche Korporation 4, 6 – Umwandlung 1321 Altruismus 112 Amateursport 120 Amtlicher Ausdruck 1518 Amtsbezeichnung 466 Amtsdauer – Vorstand 494 Amtshaftung – Richtigkeit des Satzungstextes im Register 1597
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Stichwortverzeichnis Amtsniederlegung 511 Amtsverfahren 1433 Änderungsantrag 926 Anerkennung 216 Anfallberechtigter 1335, 1340, 1364 Anfechtung – Gründung 29 – Stimmabgabe 1008 Angestellte des Vereins 78, 444, 705, 710, 716 ff. Angestellter Geschäftsführer 444, 716 Anmeldung – Einschränkung 1463 – Elektronisches Verfahren 1429, 1456 – Form 1451 – Kosten 1712 ff. – Rücknahme 1460, 1713 – Teilvollzug 1538 Annahme der Wahl 363, 486 – Nachweis 1575 Anscheinsvollmacht 469, 526 Anschlagtafel – Ladung 830 Anstalt 167 Anstellungsvertrag 602 – Erledigungsklausel 604 Antennenverein 106 Anträge zur Mitgliederversammlung 875 Antragsbegründung 900 Anwaltskosten – Schiedsverfahren 1199 Apostolische Kirche 46 Arbeitgeberpflichten 445 Arbeitgeberverband 105 – Austritt 321 Arbeitskräfteleihe 1824 Arbeitsleistung als Vereinsbeitrag 410, 717 Arbeitsvertrag 718 Ärzteverein 105 Auflösung – Anmeldung 1637, 1716 – Beschlussmehrheit 992 – Termin 1332 Aufmerksamkeiten 264 Aufnahme – Verschmelzung durch 1263 – Zustimmungsrecht Dritter 271 Aufnahmeanspruch 299, 310 Aufnahmebeitrag 418 Aufnahmebeschluss 266 Aufnahmebeschränkung 239, 297, 310
1150
Aufnahmeentscheidung 297 Aufnahmeerklärung 271 Aufnahmegebühren 281 Aufnahmesperre 297 Aufnahmeverfahren 270, 277 Aufnahmevertrag 266 Aufschiebende Wirkung – Rechtsmittel 343 Aufsichtsrat 664, 693, 801 Auftragsforschung 119 Aufwandsersatz 582, 1353, 1829, 1864 – Vorschuss 588 Ausbilderfreibetrag 1871 Ausdruck 1518 – Kosten 1730 Ausgliederung 1303 Aushändigung der Satzung 282, 402 Auskehr des Vermögens 1340, 1360 Auskunftsanspruch 402, 576, 1089 ff. Auslagerung von Vereinsabteilungen 101 Ausland – Sitzverlegung 1401 Ausländer – Vorstand 473 Ausländerbehörde 1539, 1566, 1610 Ausländerverein 242 Ausländische Vereine 206 Auslegung – Satzung 54 Ausschließlichkeit der Verfolgung gemeinnütziger Zwecke 1822 Ausschluss – Aus satzungsmäßig definiertem Grund 345 – Begründung 339 – Eines Vorstandsmitglieds 334, 519 – Interne Rechtsmittel 343 – Kündigung aus wichtigem Grund 344 – Mildere Mittel 340 – Mitgliedergruppe 332 – Rechtsmittel 343 – Vereinsmitglied 331 – Verschulden 348 – Zuständigkeit 333 Ausschluss auf Zeit 340, 1202 Ausschlussantrag 337, 863 Ausschlussorgan – Zusammensetzung 336 Ausschlussverfahren 336 – Stimmrechtsverbot 338 Außergerichtliche Vertretung 448 Außerordentliche Mitgliedschaft 249
Stichwortverzeichnis Außerordentliche Versammlung 782, 832 Austritt – Außerordentlicher 323 – Einschreibebrief 318 – Form 316 – Frist 313, 320 – Nachweis 315 – Schlüssiges Handeln 317 – Wichtiger Grund 323 – Zurücknahme 319 Austrittsrecht 2, 59, 275, 312 Ausübung der Mitgliederrechte 246 Auszählung 970 Auszeichnung 262, 1829
Bagatellkosten 402 Bankauszüge 581 Bau von Wohnungen 105 Bauarbeiten 78 Beamtenverband 105 Bedingung – Beitritt 275 – Mitgliedschaft im Vorstand 490 – Stimmabgabe 978 – Vereinsausschluss 341 Befreiung von § 181 BGB 529 Beglaubigung 1451 – Kosten 1707 Behindertensport 105 Behinderungsverbot – Allgemeine Gleichbehandlung 302 Behörde – Vereinsgründung 25 Behörde (Konzession) – Zuständigkeit 219 Behördenvertreter – Handeln im Verein 1045 Beibringungsgrundsatz 1480 Beitrag 116, 267 – Dienstleistung 416 – Einkommensstaffel 423 – Einzug 427 ff. – Erhebungsverfahren 413 – Erhöhung 419, 865 – Fälligkeit 427 – Gespaltener B. 425 – Mahnung 431 – Nach Austritt 328 – Politische Partei 442 – Steuerliche Behandlung 1849 – Umsatzschlüssel 425
– Verjährung 437 – Zahlung durch Dritte 434 – Zusammengesetzter B. 425 Beitragserhöhung – Außerordentliches Kündigungsrecht 419 – Rückwirkung 419 Beitragsfreiheit 421 Beitragspflicht 1382 – Beendigung 328 Beitragsquittung 878 Beitragsrückstand 1003 – Abmahnung 351 – Stimmrecht 433 Beitragsstaffeln 423 Beitritt 266 – Ablehnung 284 – Anfechtung 29, 285 Beitrittserklärung 271, 273 – Bedingung 275 Beitrittsverfahren 270, 277 Bekanntmachung – Eintragung 1491, 1562, 1581, 1608, 1628, 1631, 1634 Bekenntnisfreiheit 44 Beklagtenfähigkeit 14 Beleidigung durch Namensgebung 161 Benutzungsrechte 245 Berichtigung der Niederschrift 1086 Berufssport 152 Berufsständische Organe 1481 Berufsverband 105 Berufsvereinigung 301 Berufung durch Dritte 41 Bescheinigung der Mitgliederzahl 1648 Beschluss – Nochmalige Beschlussfassung 1065 – Verkündung 931 Beschlussfähigkeit – Mitgliederversammlung 960 – Vorstand 624 Beschlussgegenstände – Ankündigung 858 Beschlussmangel – Fehlerkausaliät 1048 Beschlussmängel – Geltendmachung 1047, 1058 Beschränkung von Rechten nach Kündigung 327 Beschwerdeverfahren – Kosten 1725 Besetzung aller Vorstandsämter 443, 1445, 1447
1151
Stichwortverzeichnis Besondere Vertretungsbefugnis 1552 Besonderer Vertreter 446, 693 – Vereinsregister 702 – Vertretungsmacht 700 Beteiligte – Registerverfahren 1437 Betreuung – Stimmrecht 1037 – Vereinsgründung 27 Betriebliche Unterstützungseinrichtung 41 Betroffenenrechte – Recht auf Vergessenwerden 1927 Beurkundung der Satzung 51 Bevollmächtigung – Beitritt 274 Beweiskraft – Versammlungsniederschrift 1083 Bewirtungskosten 264, 1829 Bezirkspartei 19 BGB – Verein vor Inkrafttreten 6 BGB-Gesellschaft siehe GbR Billard 120 Blockabstimmung 928 – Stimmrechtsausschluss 997 Blockwahl 1030 Bootsverleih 124 Bote – Ladung 830 Brandenburg 6 Brauchtumspflege 123 Bruchteilsgemeinschaft 26 Buchhaltung 566 Buchhandlung 87 Bundesligen 152 Bundeswaldgesetz 141 Bundeszentrale 167 Bürgen 280
Campingplatz
124 Car-Sharing 105, 1833 Chronologischer Ausdruck 1518 Covid-19 Sonderrecht und Hinweisschreiben – Amtszeit des Vorstands 499, 638, 663 – Ausfall der Päsenzversammlung 852 – Beschlussverfahren 672 – Einreichungsfrist (Umwandlung) 1623 – Fernabstimmung 785, 972, 1095, 1111
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– Gesetz über Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid -19-Pandemie 1965 – Gesetz über vorübergehende Aussetzung der Insolvenzantragspflicht 1966 – Insolvenzantragspflicht, Aussetzung 1236 – Präsenzlose Mitgliederversammlung 1272 – Schutzpflichten ggü. Mitarbeitern 715 – Steuerliche Erleichterungen 1826 – Steuerliche Maßnahmen zur Förderung für Corona Betroffene 1967 – Steurtliche Erleichterungen 1843 – Verschobener Bilanzstichtag (Umwandlung) 1623 – Virtuelle und gemischte Mitgliederversammlung 792, 829 – Amtszeit der Delegierten 939
D&O Versicherung
752, 768, 777 Dachverband 1403, 1532 – Gründung 24 – Nebenzweck 88 – Satzung 53 Darlehen – Vererbung 389 Darlehensgewährung 410 Dart 120 Datenabruf 1518 Datenschutz 402, 450, 664, 683 – angemessene Schutzniveu 1940 – Auftragsverarbeitung 1918 – Auskunfsrecht 1924 – Betroffenenrechte 1924 – Dokumentationen 1935 – Geltung von Eu-DSVGO und BDSG 1887 ff. – Informationspflichten 1921 – Integrität der Daten 1939 – Managmentsystem 1941 – Rechenschaftspflicht 1936 – Sicherheitsfrage 1895 – Verantwortlicher 1893 – Verarbeitung der Daten 1888 – Verarbeitung personenbezogener Daten 1889 – Verletzung 1931 DDR (Vereinigungsgesetz) 6 Debatte – Schluss der 901, 925
Stichwortverzeichnis Definition des Vereins – Öffentliches Recht 8 – Zivilrecht 7 Deklaratorische Eintragung 1507 Delegiertenversammlung 937, 1051, 1330 Deliktischer Schutz der Mitgliedschaft 379 Demokratisches Staatswesen 121 Deutscher Verwaltungssitz 204 Dienstbezeichnung 466 Dispositives Recht 40 Disziplinarausschuss 664 Doktortitel – Eintragung des Vorstands 1545 Dopingkontrolle 1167 Doppelsitz 189 Dorfladen 106, 218 Dringlichkeit – Vorstandsbestellung 637 Dringlichkeitsantrag 913 Drittgläubigerrechte 389 Drohung – Vereinsgründung 29 Duldungsvollmacht 469, 526 Durchgriffshaftung 69 – Nicht eingetragener Verein 1799 – Rechtsformverfehlung 229 Durchlaufspende 1881 Dynamische Verweisung 53
Ehrenamt
449, 582, 719 ff., 1353, 1829, 1868 – Haftung 756 – Mindestlohn 720 – Unfallversicherungsschutz 743 Ehrenausschuss 1187 Ehrenmitglied 249, 258, 1162 Ehrenordnung 1152 Ehrenurkunde 259 Ehrung 258 – Widerruf 263 Eigenhaftung eines Organmitglieds 746 Einberufung – Mitgliederversammlung 793, 830 Einberufungsfrist 845 Einberufungsmangel 843, 848, 1054 Einberufungsverlangen 817 Einfache Mehrheit 994 Eingangsbestätigung – Austrittsschreiben 318 Eingetragener Verein 11
– Namenszusatz 176 – Zuständigkeit Gerichte und Behörden 1946 Einheitsbeitrag 413 Einigung der Gründer 23 Einkaufszentrale 106 Einpersonenvorstand 482 Einsicht – Register 1517 – Vereinsunterlagen 402, 1089 Einspruch – Beitritt 284 Einstweilige Verfügung bei Beschlussmangel 1063 Eintragung – auf Anmeldung 1432 – Aussetzung 1498 – Beanstandungen 1495 – Besonderer Vertreter 702 – Beteiligung 1481 – Verzicht 220 – von Amts wegen 1433 – Zurückweisung 1497 Eintragungsbescheinigung 1540 Eintragungskosten 1707 Eintragungsverfügung 1489 Eintritt siehe Beitritt Eintrittswille 273 Einwilligungsvorbehalt 477 Einzelfirma 26 – Vereinsgründung 26 Einzelmitglieder in der Verbandsorganisation 17, 293 Einzelwahl 1011 Einzugsermächtigung – Beitrag 428 Elektronische Form 783, 839, 1456 – Ladung 839 – Zustimmung zum Vorstandshandeln 628 Elektronisches Vereinsregister 1426, 1518, 1649 E-Mail 783, 839 – Ladung 839 Emblem 182 Empfangseinrichtung – Voraussetzung elektronischer Ladung 839 Empfangsvertreter 542 Endowment 1825 Entfernen von der Abstimmung 990 Entgeltgrenze 765
1153
Stichwortverzeichnis Enthaltung 784, 982, 1013, 1069 Entlastung 597 – des Vorstands bei Weisung 593 Erbengemeinschaft 26 – Vereinsgründung 26 Erbschaft 1825 Ergänzung des Vorstands 862 Ergänzungsantrag 926 Erholungseinrichtung 124 Erkrankung des Vorstands 634 Erledigungsklausel – Anstellungsvertrag des Vorstands 604 Erlöschen der Mitgliedschaft 360 Ermahnung 1184 Ernsthaftigkeit der Gründung 24 Eröffnungsbeschluss im Insolvenzverfahren 1674 Erreichbarkeit des Vereins 195 Ersatzdelegierter 948 Ersatzmitglied – Vorstand 464, 490 Erschwerung des Austritts 313 Erstanmeldung – Prüfumfang 1468 Erweiterter Vorstand 446, 658 Erzeugergemeinschaft 106, 136 Europäische Union, Staatsangehörige 242 Eventualversammlung 855, 962 Evidenz – Missbrauch der Vertretungsmacht 531 Existenzschutz 306 Extremistische Zielsetzungen 62, 121
Fabrikantenverband
105
Facebook-Gruppe 23 Fachgruppe 1403 Fähigkeit zur Vereinsgründung 25 Fakultative Organe des Vereins 661 Fälligkeit – Mitgliedsbeitrag 427 Falschbeurkundung 1088 Fälschung der Unterschrift 732 Fans, randalierende 1169 Fehlerhaft bestellter Vorstand 807 Fehlerhafter Beschluss – Fehlerkausaliät 1048 Feldenkrais 120 Ferienzeit – Mitgliederversammlung 852 Fernmündliche Ladung 837
1154
Feststellung – Beschlussmangel 1060 Firmensportverein 283 Fiskus 1337 Fitnesstraining 120 FKK 124 Folgeanmeldungen 1444 Folgeversammlung 962 Fördermitglieder 249 Förderpflicht 246, 392 Förderung der Allgemeinheit 115 Förderung der Religion 130 Förderverein 960, 1823 Formloser Austritt 317 Formwechsel – Umwandlungsgesetz 1315 Forschungsverein 119 Forstbetriebsgemeinschaften 141 Forstwirtschaftliche Vereinigungen 142 Forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse 140 Fortbestand nach Insolvenz 1380 Freistellungsanspruch 752, 772 Freistellungsbescheid 1844 Freizeitpark 124 Fremdenverkehr 117 Fremdorganschaft 880 Friedhofskultur 119 Fristablauf – Vorstandsamt 495 Fusion von Vereinen 1322 Fußball-Bundesliga 152
Garagenverein 106 Garagenverein (DDR) 6 Gast in der Mitgliederversammlung 885, 950 GbR – Abgrenzung vom Verein 11, 1751 – Teilrechtsfähigkeit 1760 Gebietskörperschaft – Vereinsgründung 25 Geborene Mitglieder 275 Gebühren 1702 ff. Gefährdungshaftung 739 Gefälligkeit 740 Gefriergemeinschaft 106 Geheime Abstimmung 967 Geldwerte Leistungen 80 Geltung für Vereine – eingetragene 1737 ff.
Stichwortverzeichnis – nicht konzessionierte 1737 ff. GEMA 218 Gemeindetafel – Ladung 830 Gemeinnütziger Zweck 107 Gemeinnützigkeit – Steuerliche Behandlung 1944 – Verlust 1822 Gemeinnützigkeit (Mustersatzung) 135 Gemeinnützigkeitsbescheinigung 1844 Gemeinnützigkeitsrecht 108 Gemischter Vereinszweck 152 Genehmigter Verein 11 Genehmigung – Niederschrift 1082 – Vereinszweck 1486 Genehmigung des Vorstandshandelns 617 Generaldirektion 666 Generalvollmacht 713 Genossenschaft 68, 80 Genossenschaftlicher Prüfungsverband 105, 144 Geprägetheorie 135, 1836 Gericht – Beanstandungen 869 – Einberufung Mitgliederversammlung 818 – Kosten 1702 – Materielles Prüfungsrecht 1476 – Prüfung Erstanmeldung 1468 – Vorstandsbestellung 523, 634 Gerichtliche Überprüfung – Vereinsstrafverfahren 1204 Gerichtliche Vertretung 448 Gerichtsstand 1229 Gesamtabstimmung 926 Gesamt-Listenwahl 1020 Gesamtnamen 7 Gesamtschuldner 750, 766, 772 Gesamtverein 1416 Gesamtvertretung 611 Gesamtwahl 1017 Geschäftsbetrieb 9, 78 Geschäftsfähigkeit – Vereinsgründung 27 Geschäftsführer – Bestellung 706 – Vertretung 707 Geschäftsführungsorgan 444 Geschäftskreis – Besonderer Vertreter 698
Geschäftsordnung 1150 – Beitritt 289 – Mischordnung 1152 – Vorstand 623 Geschäftsunfähigkeit – Vorstand 519 Geschäftswert 1711 Geschäftszeit – Mitgliederversammlung 852 Gesellige Zusammenkunft 1828 Geselliger Verein 117, 305, 1828 Gesellschaft bürgerlichen Rechts siehe GbR Gesetzestexte und Steuervorschriften – AEAO 1956 – AO 1955 – BGB 1948 – BMF-Schreiben: Steuerfreie Einnahmen 1960 – EGBGB 1949 – Einkommensteuer-Richtlinien 1959 – EStDV 1958 – EStG 1957 – FamFG 1951 – KStG 1961 – Parteiengesetz 1950 – Sozialgesetzbuch VII 1964 – Umsatzsteuer-Anwendungserlass 1963 – UStG 1962 – VereinsGDV 1954 – Vereinsgesetz 1953 – VRV 1952 Gesetzliche Vorstandspflichten 445 Gesetzlicher Vertreter 290, 1034, 1037 Gestaffelte Mitgliederrechte 247, 394 Getränkeverkauf 1833 Getrennte Wahlgänge 487 Gewährleistungserklärung – Satzungstext 1597 Gewerblicher Unternehmer 568 Gewerkschaft 321 – Austritt 321 Gewerkschaftsbeitritt 290 Gewinnerzielung 81 Gewohnheitsrecht 55 Glaubensfreiheit 44 Gläubigeraufforderung 1360 Gläubigermehrheit 26 Gläubigerrecht des Mitglieds – Vererbung 389 Gleichbehandlungsgrundsatz 39, 239, 247, 392
1155
Stichwortverzeichnis Glückwunsch 264 GmbH – Vereinsgründung 25 Großprojekte 118 Großverein 17 Grundbuchfähigkeit – Nicht eingetragener Verein 1789 – Politische Partei 22 Gründer des Vereins 23 Gründervereinigung 30, 31 Grundfreiheiten – Vereinssatzung 58 Grundrechte – Vereinssatzung 18, 58 Grundsätze – Trasnparenz 1913 Grundstücksgeschäfte – Vertretungsmacht 552 Gründung – Änderungen 32 – Aufgabe der Gründungsabsicht 35 – Betreute 27 – Gründerfähigkeit 25 – Gründerzahl 24 – Gründungsakt 23 – Mängel 29 – Minderjährige 27 – Mitgliederwechsel 32 Gründungsmitglieder 1529 Gründungsprotokoll 36, 1531 Gründungssatzung 208 Gründungsvorstand 28 Grundvermögen 1789; siehe Grundbuchfähigkeit Gruppenausschluss 332 Gruppenunterstützungskasse 105 Gute Sitten 62 – Mitgliederwerbung 237 – Verletzung 39 Gütegemeinschaft 79 Gütererzeugung 81 Gütezeichen 79
Hafenfest 105 Haftpflichtversicherung 752 Haftung – Ehrenamt 756 ff. – Eigenhaftung eines Organmitglieds 746 – Freistellungsanspruch 752 – Gesamtschuldnerausgleich 750 ff., 772 – Insolvenzantragspflicht 1237 1156
– Leitungsfunktion 756 – Nicht eingetragener Idealverein 1795 – Organ 732 – Persönliche 746 – Rechtsformmissbrauch 732 – Rechtsformverfehlung 229 – Repräsentant 735 – Ressortverteilung 754, 775 f. – Steuer 773 f. – Unterlassen 740 – Verkehrssicherungspflicht 740, 743 – Vertreter 735 – Vorverein 33 – Wettkampf 748 – Wirtschaftlicher Verein 1799 Haftungserleichterung im Ehrenamt 756 ff. Haftungsmasse – Vereinsvermögen 727 Haftungsvertreter 696, 732 Haftungszuweisung 727 ff. Handblatt 1540 Handelndenhaftung – Nicht eingetragener Verein 1801 Handelsgesellschaft 26 – Vereinsmitgliedschaft 292 Handelsgewerbe 11, 1750 Handheben – Abstimmung 967 Hauptausschuss 659 Hauptverein 1404 – Vereinsstrafe 1165 Hauptzweck des Vereins 85 Haus- und Grundbesitzerverein 105 Haushaltsordnung 1152 Hausrecht 894 Haustürgeschäft 267 Heimatpflege 117 Heimordnung 1152 Hilfsbedürftige 126 Hilfsgeschäfte 80 Hochdeutsch 51 Hochschule 167 Höchstzahl – Vorstandsmitglieder 452 Hundesport 124 Hüttenbetrieb 87
i.L. (Namenszusatz) 1354 Idealverein 9, 68 Immobiliengeschäfte 106
Stichwortverzeichnis Inanspruchnahme von Sportanlagen 403 Industrie- und Handelskammer – Beteiligung 1481 Informationsanspruch des Mitglieds 402 Informationslast – Registerverfahren 1481 Informationspflicht 557 Inhaltskontrolle – Satzung 58 Initiativantrag 913 Inkompatibilität 474 Innere Angelegenheiten eines religiösen Vereins 46 Innere Vereinsautonomie 39 Innerer Markt 80 In-Sich-Geschäft 529, 619 Insolvenz – Nicht eingetragener Verein 1808 – Registereintragungen 1671 Insolvenzantargspflicht – Aussetzung (Corona-Sonderecht) 1236 Insolvenzantrag 565, 1235 Insolvenzgründe 1234 Insolvenzverfahren 1370 Insolvenzverwalter 1373 Inspire Art 188 Integrationsprojekte 1833 Interesselosigkeit 1397 Interessenverband 105 Interimsvorstand 463 Internationales Privatrecht 188 Internet-Portal 1518 Internet-Preisvergleich 106 Internet-Verein 119 Internet-Versammlung 786 Irreführungsverbot 166
Jahreszahl 167 Jubiläum 264 Jugendhilfe 119, 145 Jugendliche 119, 249, 290 – Stimmrecht 381, 1033 ff. – Vereinsbeitritt 290 – Vereinsgründung 27 – Versammlungsteilnahme 853, 1033 ff. – Vorstand 473 Juristische Person – im Vorstand 473 – Stimmrecht 381, 1039 ff. – Vereinsmitgliedschaft 292 – Vertreter 884, 1039
Kameradschaft
123 Kantine 87 Kanzelverkündung – Ladung 830 Kapitalanlageverein 106 Karneval 123 Kassenführung 566 Kassenprüfer 566, 674 – Auskunftsrecht 402 Kausalität – Nichtiger Beschluss 1048 Kernbereich – Vereinsfreiheit 3 Kirchenbauverein 130 Kirchenvermögen 131 Kirchlicher Verein siehe religiöser Verein Kirchlicher Zweck 107 Klagefähigkeit 14, 17 Klarstellung der Satzung 1477 Kleingärtner 122, 125 Kleintierzucht 122 Kletterhalle 105 Koalitionsfreiheit 3 Kolping-Werk 229 Kombinierte Abstimmung 995 Kommanditgesellschaft – Vereinsgründung 25 Kommissarische Amtsführung 454, 463 Kommunale Aufgaben 81 Kompetenz-Kompetenz 779 Kompromisswahl 994 Konstitutive Eintragung 1506 Kontrollorgan 664 Konvent 781 Konzession 11, 34, 216, 233 – Verzicht 226 Kooperative 80 Kooptation 485 Körperschaftliche Organisation 7 Korporationen alten Rechts 4 Kostenermäßigung 1702 ff., 1703 f. Krankentransport 1833 Kreditkartenverein 105 Kreditreform 105 Kumulation 1030 Kündigung durch das Mitglied 313; siehe Austritt Kündigungsfrist – Unzumutbarkeit 324 Kündigungsrecht – Bei Beitragserhöhung 419 Kuratorium 16
1157
Stichwortverzeichnis
Ladung
– Entbehrlichkeit 832 – Telefon 837 – Unbestimmheit der Form 835 – Zusätzlicher Verständigungsweg 836 Landesarbeitsgemeinschaft 170 Landesfiskus 1337 Landespartei 21 Landesrecht 5 Landesring 169 Landkreis 26 Landwirtschaftsverein 105 Lastschrift 428 Laufende Geschäftsvorfälle – Auskunft 402 Laufendes Klageverfahren – Ruhen der Mitgliedschaft 353 Leichte Fahrlässigkeit 748 Lesbarkeit – Satzungstext 1529 Lesehilfe – Fortlaufender Satzungstext 1596 Liegewiese 124 Liquidation 1340, 1350 – Eintragung der Beendigung 1642 Liquidationsverein 1326 Liquidator – Bestellung durch das Gericht 656, 1344, 1514 – Registerverfahren 1450 – Vertretungsrechte 1346 Listenwahl 1020 Lizenzspieler 152, 1168 Lohnsteuerhilfeverein 146 Lohnsteuerpflicht 1860 Löschung des Namens 175 Löschung von Amts wegen 62, 1650 – Anregung 1657 – Verfahrenseinleitung 1655 – Widerspruch 1660 Löschungsverfahren 62 Löschungsvermerk 1661 Losentscheid 993, 1030 Lotteriesparen 106 Loyalitätspflicht 392
Mahnung – Beitrag 431 Mahnverein 105 Mahnverfahren – Beitrag 432 1158
Makler 106 Markenschutz 17 Marktstrukturgesetz 140 Maschinelle Registerführung siehe elektronisches Vereinregister Massenorganisation 17 Materielle Satzungsprüfung 1476 Mecklenburg-Vorpommern 6 Mehrfachstimmrecht 1046 Mehrfachvertetung 529 Mehrgliedriger Vorstand siehe Vorstand Mehrheit – Einfache 994 Mehrheitsprinzip 1778 – Vorstand 611 Meinungsbildung im mehrgliedrigen Vorstand 605 Meinungsunterschiede im Vorstand 620, 632 Meinungsverschiedenheiten – Austrittsgrund 324 Mieterverein 105 Mildtätiger Zweck 107 Minderheit – Einberufung Mitgliederversammlung 811 Minderheitenrechte 1782 – Delegierte 942 Minderheitenschutz 59 Minderjährige siehe Jugendliche Mindestinhalt – Satzung 47 Mindestlohn 719 ff. Mindestzahl – Vorstandsmitglieder 452 Mischverein 243 Missbrauch der Vertretungsmacht 531 Mitglieder – Eignung zur Mitgliedschaft 238 – Geeignete Rechtsformen 238 – Juristische Personen als 238 – Personenmehrheiten als 238 Mitgliederauswahl 241, 280, 299, 310 Mitgliederbestand 7 Mitgliedergleichbehandlung siehe Gleichbehandlungsgrundsatz Mitgliederklassen/Mitgliedergruppen 26, 247, 394 Mitgliederkreis – Einschränkung 239 – Förderung der Allgemeinheit 116 Mitgliederliste 402
Stichwortverzeichnis Mitgliederloser Verein 1670 Mitgliederpflichten 245 Mitgliederrechte – Ausübung 246 Mitgliederversammlung – Anträge 875 – Aufgaben 776 – Auflösung 936 – Begriff 776 – Beschlussfähigkeit 960 – Delegierte 937 – Einberufung 793 – Einberufungsfrist 845 – Einberufungsmangel 843, 848 – Eventualversammlung 855, 962 – Ferienzeit 852 – Form der Einberufung 830 – Gäste 885, 950 – Geschäftszeit 852 – Hausrecht 894 – Leitung 888 – Online-Chat 786 – Ort 850 – Rednerliste 900, 925 – Tagesordnung 813, 858, 908 – Teilnehmer 878 – Unterbrechung 899 – Vertagung 899 – Vertretung 381 – Zeitpunkt 852 – Zur Unzeit 852 Mitgliederwechsel – Gründungsstadium 32 Mitgliederwerbung 3, 237 Mitgliederzahl 236, 1397, 1648, 1665 Mitgliederzeitschrift 405 Mitgliedsbeitrag siehe Beitrag Mitgliedschaft – Automatisches Erlöschen 360 – Beendigung juristischer Personen und Handelsgesellschaften 367 – Ehrenmitglieder 258 – Geborene Mitglieder 275 – Handelsgesellschaften 292 – Insolvenz 1376 – Juristische Personen als 292 – Mitgliedergruppen 249 – Persönliche Ausübung 381, 1781 – Persönliche Voraussetzungen 239, 280, 307 – Ruhen 340, 350 – Streichung 357
– Verband 293 – Vererblichstellung 26 – Verschmelzung 1286 – Versterben 366, 385 Mitgliedschaftsrechte 244, 246 Mitgliedschaftstypische Leistungen 80 Mitgliedskarte 282 Mitgliedsverein (Vereinsverband) 1403 Mittelbare Ziele 79 Mittelbeschaffung 106 Mittelbeschaffungsverein 1835 Mittelverwendung 1825 Mitverwaltungspflicht 408 Mitverwaltungsrecht 245, 328, 400 Modellflug 124 Monopolverein 301 Mündliche Wahlabstimmung 1022 Muskelaufbau 120 Muster – Vereinsatztung 1945 – Zuwendungsbestätigungen mit Hinweisen des BMF 1968 Muster (hier nur größere Gesamtmuster) – Anmeldung Satzungsänderung 1599 – Auflösung 1637 – Berufung Mitgliederversammlung 809 – Einberufungsverlangen 817 – Erläuterte Vereinssatzung 1945 – Ermächtigung 821 – Gemeinnützigkeitsbestimmungen 135 – Schiedsgericht 1260 – Vereinsanmeldung 1523 – Vereinsgründung 36 – Versammlungsniederschrift 1081 – Zwangsgeldandrohung 1688 Mustersatzung (Gemeinnützigkeit) 135
Nachbarschaftsladen 106, 218 Nachbesetzung – Vorstand 463, 490, 523 Nachfolgeregelung 388 Nachschuss auf Vereinsschulden 411 Nachtragsliquidation 1366 – Nachrücker im Vorstand 463, 490 Nachtstunde – Mitgliederversammlung 853 Nachversteuerung 1822 – Nachwahl 522 Nahe Angehörige – Abstimmung 999 Name des Vereins siehe Vereinsname 1159
Stichwortverzeichnis Namensänderung 1123 Namensbestandteil 167 Namensschutz 179 – Altrechtlicher Verein 6 – Untergliederung 181 Namenszusatz 46, 176, 1354 Naturschutzverband 148 Nebenordnung 1099 Nebenzweckprivileg 85 Negative Publizität 462, 1508 Negative Vereinsfreiheit 312 Negatives Schuldanerkenntnis 597 Neue Bundesländer 6 Neufassung der Satzung 1129 – Anmeldung 1589 Neugründung – Verschmelzung durch 1292 Neuwahl 510 Nicht eingetragener Idealverein 11, 1749 – Grundvermögen 1789 – Haftung 1795 – Insolvenz 1808 – Satzung 55 – Vereinsvermögen 1785 Nicht genehmigter Verein 11 Nicht konzessionierter Verein 11 Nicht rechtsfähiger Verein 10 Nichtigkeit – Beschluss 1047 – Satzung 60 Nichtmitglied – Beitragszahlung 434 Niederlassungsfreiheit 201 Niederlegung des Amtes siehe Rücktritt Niederschrift – Abschrift 1090 – Berichtigung 1086 – Einsicht 1089 – Falschbeurkundung 1088 – Mitgliederversammlung 1067, 1484 – Schriftführer 1556 – Vereinsgründung 36 Nochmalige Beschlussfassung 1065 Nominierungsrichtlinien 54, 1170 Nordic Walking 120 Normentheorie 57 Notar 1439, 1451, 1462, 1522 – Kosten 1702 ff. Notfalldienst 106 Notlage 126 Notwendige Organe 16 Notwendiges Vereinsorgan 780
1160
Objektive Methode
– Auslegung der Satzung 54 Offene Handelsgesellschaft 11, 68 Offene Rechtsformverfehlung 1392 Offene Wahl 1022 Öffentliche Bäder 81 Öffentliche Beglaubigung 1451 Öffentliches Interesse 1654 Öffentliches Recht 8 Öffentliches Vereinsrecht 1539 Online-Versammlung 786 Ordnung – der Mitgliederversammlung 899 Ordnungsstrafgewalt 1160 Organe des Vereins 16 Organisationshoheit 39 Organisationsmangel 740 Organisationsvertrag 57 Organschaftsrechte 245 Ort der Mitgliederversammlung 850 Ortsbürgermeister 1451 Ortsgericht 1451 Ortsverband 21 Ortsvereinsleiter 697 Ortsverwaltung 1403
Paintball
120 Partei siehe Politische Partei Parteiengesetz 18 Parteifähigkeit 14 – Politische Partei 22 Parteischiedsgericht 1227 Partnerschaft 26 Passive Mitglieder 249 Passive Parteifähigkeit 14 Passives Wahlrecht siehe Wählbarkeit Passivvertretung 542 Paten 280 Pechstein-Entscheidung 1171 Personenverband – Rechtsfähigkeit 13 Personenvereinigung 7 Persönliche Amtsführung 558 Persönliche Ausübung der Mitgliedschaft 381, 1781 Persönliche Erklärungen 900, 923 Pflanzenzucht 122 Pflichten aus der Mitgliedschaft 245 Pilates 120 Platzgelder 417 Platzordnung 1152
Stichwortverzeichnis Platzverbot 1184 Politische Gemeinde – Namensgleichheit 173 – Vereinssitz 190 Politische Partei 18, 121 – Aktivlegitimation 1810 – Aufnahme 295 – Aufnahmeanspruch 309 – Austritt 315 – Beitrag 442, 1884 – Buchführung 573 – Erlöschen der Mitgliedschaft 365 – Handelndenhaftung 1807 – Liquidation 1369 – Mitgliederversammlung 956 – Mitgliedschaft 286 – Name 185 – Sonderumlage 442 – Spenden 442, 1884 – Streichung von der Mitgliederliste 359 – Umwandlungsgesetz 1320 – Vereinsstrafe 1225 – Vermögen 21 – Verzicht auf die Eintragung 227 – Vorstand 657, 1777 Positive Publizität 462 Postalische Adresse 195 Posten im Vorstand 455; siehe Vorstandsressorts Präferenzwahl 994 Prämien 389 Präsidium 659 Präventive Kontrolle 62 Preisgeld 389 Preisvergleich 106 Privates Verhalten außerhalb des Vereins – als Ausschlussgrund 345 Privatisierung 81 Privileg 69 Probeabstimmung 966 Probemitglieder 249, 252 Probezeit 252, 280 Profisport 120, 1828 Prokurist 700 Protokollbuch 1079 Prüfungsverband 105
Qualifizierte Mehrheit 994 Querschnittsaufgabe 113 Quotenschaden 1238
Rabattsparverein 105 Randalierer 1169 Rathausparteien 19 Ratsschreiber 1451 Raucherkneipe 61 Rauchverbot 904 Raumvermietung 1824 Rechenschaftsbericht 566 Rechnungslegung 402 Rechnungsprüfer 674; siehe Kassenprüfer Rechtsbehelf – Erfolgte Eintragung 1503 – Kosten 1726, 1729 – Löschung von Amts wegen 1660 – Zurückweisung Anmeldung 1499 – Zwangsgeldverfahren 1694 Rechtsbezeugende Eintragung 1507 Rechtsfähigkeit 10, 13, 68 – Politische Partei 22 – Verzicht 220 Rechtsformmissbrauch 726 Rechtsformverfehlung 228, 1387, 1392, 1396 – Nicht eingetragener Verein 1799 Rechtsformwechsel (Umwandlung innerhalb der Vereinsklassen) 211 Rechtsformwechsel siehe Formwechsel (UmwG) Rechtsgeschäfte mit Dritten 80 Rechtsgeschäftstheorie 57 Rechtsgestaltende Eintragung 1506 Rechtsgrundlagen 4 Rechtsgrundlagen des Vereins 4 Rechtsmissbrauch 726 Rechtsmittelfrist – Vereinsausschluss 1218 Rechtspfleger 1425, 1655 Rechtsscheinhaftung 1516 Redaktionelle Änderungen der Satzung 1117, 1135 Redebeiträge – Diffamierende 1086 – Niederschrift 1075 Rederecht 879 Redezeit 900 Rednerliste 901, 925 Regionale Vereine 171 Regionales Monopol 303 Regionalverband 884 Regionalzeitung – Ladung 830 1161
Stichwortverzeichnis Register – Beteiligte 1437 – Kosten 1702 ff. Registerakte 1431, 1540 Registerbescheinigung 1510, 1520 Registerblatt – Spalten 1541 Registereinsicht 1517 Registereintragung siehe Eintragung Registergericht siehe Gericht Regress gegen den Vorstand 601 Reisebüro 87 Reisedienst 105 Relative Mehrheit 994 Relevanz des Beschlussmangels 1048 Religionsgemeinschaften 44 Religiöser Verein 44 – Auflösung 1331 – Eintritt 272, 276 – Geborene Mitglieder 276 – Gründungsunterschriften 1533 – Rechtsformverfehlung 1394 – Zustimmungsrechte Dritter 536 Repräsentanten 43 – Haftung 735 Reservistenverband 123 Ressorts im Vorstand 555, 1553 – Haftung 754 Restvermögen 1366 Restvorstand 463, 520 Reuegeld 1184 Revisoren 402 Revisoren siehe Kassenprüfer Richterliche Kontrolle siehe Staatskontrolle Risikozurechnung 752 Rotes Kreuz 182 Rückenfitness 120 Rücklagen 1825 Rückstand – Beitrag 351 Rücktritt 511 – Vorstand 457 Rückwirkende Beitragserhöhung 419 Rückwirkungsverbot 1182 Rufname – Eintragung des Vorstands 1545 Ruhen der Mitgliedschaft 340, 350 – Laufendes Klageverfahren 353
1162
Sachsen
6 Sachsen-Anhalt 6 Salsa 120 Sammlung – Politische Partei 442 Satzung – Aushändigungsanspruch 402 – Auslegung 54 – Beurkundung 51 – Gewohnheitsrecht 55 – Grundrechte 58 – Gründung 208 – Inhaltskontrolle 58 – Klarstellung 1477 – Lücken 55 – Mindestinhalt 47 – Nicht eingetragener Idealverein 1763 – Nicht eingetragener Verein 56 – Nichtigkeit 60 – Originalurkunde 1529 – Teile 52 – Teilnichtigkeit 60 – Unechte Bestandteile 37 – Vereinsobservanz 55 – Vereinsverfassung 49 – Verweisung 53 – Willensmängel 57 Satzungsänderung 866, 1091 – Ankündigung 859, 866 ff. – Anmeldung 1587 – Eintragung 1602 – Erforderliche Mehrheit 992 – Fortlaufender Satzungstext 1597 – Gründungsstadium 32, 1534 – Neufassung 1129 – Nicht eingetragener Idealverein 1779, 1783 – Passives Wahlrecht 475 – Richtigkeitsgewähr des Satzungstextes 1597 – Textredaktion 1117, 1135 Satzungsausschuss 664 Satzungsautonomie 39 Satzungsbeispiele – Beispiele einer Vereinsatzung 1943 Satzungsbestandteile 37, 52 Satzungsdurchbrechung 475, 530, 1140 Satzungstext – Gewährleistungserklärung 1597 – Richtigkeitsgewähr 1597 Satzungstext zur Anmeldung 1596
Stichwortverzeichnis Satzungsurkunde 51 – Sonderordnungen 52 Satzungswidrige Beschlüsse 406 Saunaverein 105 Schadensersatz siehe Haftung Schädigungsverbot 239 Schiedsausschuss 1187 Schiedsgericht 1187, 1249 Schiedsorgan 692 Schiedsrichterliches Verfahren 1247 Schiedsvereinbarung 1172 Schießsportliche Vereine 150 Schluss der Debatte 901, 925 Schluss der Versammlung 935 Schreibversehen 1664 Schriftführer 1556 Schrifttype – Vereinsname 1542 Schulverein 105 Schutz vor Übermacht 59 Schwimmverein 1834 Scrutinalwahl 994 Selbstergänzungsrecht 464, 485 Selbstlosigkeit 9, 112 Selbstständige Gesellschaften – Holding 101 Selbstverwaltung 3 SEPA-Einzugsverfahren 428 Sittenverstoß 39 Sitz 1766 Sitz des Vereins siehe Vereinssitz Sitzverlegung 197, 1124 – Anmeldung 1612 – Ausland 1401, 1617 – Gerichtszuständigkeit 1614 Skat 113 Solidarbeitrag 423 Sonderbeiträge 410, 417 – Anlage auf Sonderkonten 412 Sonderbelastung einzelner Mitglieder 392 Sonderberechtigung 257 Sonderfonds – Sonderbeiträge 412 Sonderleistungen 417 Sonderordnungen 52, 1149 Sonderpflichten 255 Sonderrecht 26, 253, 469 – Abänderung 992 – Einschränkung 256 Sonderverwaltung 41 Sorbische Sprache 1530
Sozialabgaben – Haftung 773 Sozialmächtiger Verein 301 Sozialversicherungsrechtliche Pflichten 445 Spalten des Vereinsregisterblatts 1541 Spaltung 1300 Spaltungsplan 1311 Spartenvorstand 666 Speisenverkauf 1833 Spende 116 – Politische Partei 442 Spendenbescheinigung 1874 Spendensammelverein 1823 Spendenwerbung 1829 Sperrfrist 1643 Sperrjahr 1362 Spezialvollmacht 882 Spielerlaubnis 1168 Spitzenorganisation 1404 Sport 120 Sportartikelverkauf 1831 Sportveranstaltungen 1834 Sportverband – Regionales Monopol 303 Staatliche Anerkennung (DDR) 6 Staatliche Planung 118 Staatskontrolle 39, 59 Stadionbesucher 1169 Stadtgemeinde 26 Staffelbeitrag 413 Standardtanz 120 Ständige Übung 55 Statische Verweisung 53 Statuarische Organe des Vereins 661 Statuarischer Sitz 184 Stellvertreter – Vorstand 452, 463, 466 Sterbekasse 106 Steuerzahlung – Haftung 773 Stichentscheid 993 Stichwortartige Tagesordnung 861 Stiftung 168, 1315, 1322 – Vereinsgründung 26 Stimmanfechtung 1008 Stimmengleichheit 993 Stimmhäufung 1030 Stimmkarte 969, 1013 Stimmrecht – Beitragsrückstand 433 – Beitragszahlung 433
1163
Stichwortverzeichnis – Gruppenbildung 26 – Nach Austritt 328 – Sonderrecht 26 Stimmrechtsausschluss 997 – Bei Blockabstimmung 997 – Entscheidung über den eigenen Ausschluss 338 – Nahe Angehörige 999 – Treuhänder 997 Stimmrechtsbündelung 26, 976 Stimmrechtsübertragung 1004 Stimmrechtsvertreter 881 Stimmzettel – Zusammengefasste Wahl 1023 Straforgan 692 Straßenfest 105 Streichung von der Mitgliederliste 357 Strikte Blockwahl 1030 Subtraktionsmethode 971 Subventionierter Verein 307 Suspendierung des Mitglieds 333
Tagesordnung 858, 908 – Anträge zum Sitzungsverlauf 900, 922 – Bedeutung 908 – Ergänzung 813 – Nochmalige Abstimmung 932 Tagespresse – Ladung 830, 834 Tai Chi 120 Tango 120 Tanzen 120 Tarifvertragsparteien 17 Taschengeldparagraph 290 Tauchen 120 Täuschende Bezeichnung 17 Tauschring 106 Taxizentrale 106 Teilerklärungen – der Vorstandsmitglieder 617 Teilhaberecht 245 Teilnahmerecht 251 – Mitgliederversammlung 878 Teilnichtigkeit – Satzung 60 Teilnichtigkeit der Satzung 60 Teilrechtsfähigkeit 1760 Teilvollzug der Registeranmeldung 1538 Telefonische Ladung 837 Telefonkonferenz 786 Tendenzschutz 306 1164
Textform 783, 839 Textteile – Satzung 53 Thüringen 6 Tiefkühltruhe 106 Tierzucht 122 Time-Sharing 106 Tischfußball 120 Tod des Vereinsmitglieds 366 Tonbandaufnahme – Niederschrift 905, 1077 Tradition – Altrechtlicher Verein 6 Traditionspflege 123 Trainerstunden 403 Transfer (Berufssport) 58 Transparenzregister 1732 – Entbehrlichkeit der Meldung 1742 Trendsportarten 120 Treuepflicht 246, 392 Treuhänder – Stimmrechtsausschluss 997 Turnierbridge 114 Typologie der Vereine 9, 71 Typwechsel 211, 223, 230, 233
Übergangsrecht (DDR) 6 Übermachtskontrolle 59 Übernehmender Rechtsträger 1300 Überschreiten der Vertetungsmacht 526 Überschuldung 1234 Übertragung – Sonderrecht 257 Überwachungspflicht 557 Überzählige Vorstandsmitglieder 452 Übungsleiterfreibetrag 1871 Ultra-vires-Lehre 528 Umlagen 116, 411 – Unzumutbarkeit 411 Umlaufverfahren 629, 996 Umwandlung innerhalb der Vereinsklassen 211, 223, 230, 233 Umwandlung siehe Fusion, Spaltung, Verschmelzung Umwandlungsbeschluss – Mehrheit 992 Umweltgutachter 149 Umweltschutz 119 Umzug des Mitglieds 326 Unbekannte Gläubiger 1362
Stichwortverzeichnis Unbillige Behinderung – Verbot 302 Unerlaubte Handlung 737, 751 Unfallversicherung – Ehrenamtliche Tätigkeit 743 Ungültige Stimmen 986, 997 Universität 167 Unklare Vertretungsregelung 458 Unlautere Werbung 237 Unmittelbarkeit der Mittelverwendung 1822 Unterbrechung der Mitgliederversammlung 899 Untergliederung 17, 101 Unterhaltung 117 Unternehmerische Tätigkeit 80 Unterscheidbarkeit 172 Unterschrift 48, 537, 539, 671, 732, 838, 1069, 1084, 1087, 1451, 1469, 1484, 1529, 1649 Unterschriftsfälschung 732 Unzulässiger Beschluss – Keine Ausführung durch den Vorstand 593 Unzumutbarkeit eine Umlage 411 Urabstimmung 956 Urkundsperson – Versammlungsniederschrift 1069, 1484 Urschrift – Satzung 1529
Verarbeitung
– – – –
Einwilligung 1903 Grundsätze 1913 Interessen der Verarbeitung 1906 ff. Personenbezogener Daten im Verein 1899 – Rechtmäßigkeit 1902 Verband 17 – Mitgliedschaft 293 Verbilligung 81 Verbrauchervertrag 267 Verdeckte Rechtsformverfehlung 1392 Verdeckte Vergütungen 587 Verein – Abgrenzung zur GbR 1751 – Öffentliches Recht 8 – Zivilrecht 7 Vereinigungsfreiheit 1, 296 Vereinigungsgesetz (DDR) 6 Vereinsautonomie 3, 39
– Religiöse Vereine 45 Vereinsenblem 182 Vereinsfreiheit – Austrittsrecht 312 Vereinsgaststätte 1831 Vereinshaus 105 Vereinsklassen 9, 68 Vereinsklassen (Wechsel) 211, 223, 230, 233 Vereinslokal – Anschlagtafel 830, 837 Vereinsminderheit siehe Minderheit Vereinsname 159, 1764 – @-Zeichen 161 – Abkürzung 180 – beleidigender 161 – Eintragung 1542 – Geographischer Zusatz 171 – Irreführungsverbot 166 – Jahreszahl 167 – Kurzform 164 – Löschung 175 – Namensbildung 161 – Namensschutz 179 – Namenswahrheit 165 – Namenszusatz 176 – Partei 185 – Politische Gemeinde 173 – Religiöser Verein 46 – Schrifttype 1542 – Untergliederung 181 – Unterscheidbarkeit 172 – Verband 17 – Verfahren bei Unzulässigkeit 174 Vereinsobservanz 55 Vereinsorgane 16 Vereinsräume 78 Vereinsregister siehe Gericht, Eintragung Vereinsregisterverordnung 1426 Vereinssitz 184 – Änderung 197 – Doppelsitz 189 – Internationales Privatrecht 188 – Politische Gemeinde 190 – Rechtsmissbrauch 196 – Rechtssitz 187 – Satzungssitz 184 – Tatsächlicher Sitz 184 – Verwaltungssitz 184 Vereinsstrafe 1160, 1767 – Ausschluss 349 – Ordentlicher Rechtsweg 1204
1165
Stichwortverzeichnis – Schiedsgericht 1249 – Vereinsverband 1165 – Vertragliche Vereinbarung 1167 Vereinstätigkeit 61 Vereinstradition – Altrechtlicher Verein 6 – Vereinsübung 55 Vereinsverband 1403 Vereinsverbot 206, 1391 Vereinsverfassung 37 Vereinsvermögen 78 – Ausschüttungen 405 – Nicht eingetragener Idealverein 1785 Vereinszeitung 838 Vereinszweck 8, 61, 1765 – als Grenze der Vertretungsmacht 528 – Änderung 1111 – Beugung durch die Vereinsmehrheit 374 – Gemeinnützigkeit 107, 113 – Genehmigung 1486 – Kirchlich 107, 130 – Mildtätigkeit 107, 126 Vererbung – Gläubigerrecht 389 – Mitgliedschaft 26, 366, 385 – Sonderrecht 26, 257 Verfahrensbevollmächtigter 384 Verfassung 37 Verfassungsmäßig berufener Vertreter 733 Verfassungsmäßige Ordnung 1, 62 Verfassungswidrige Betätigungen 62, 121 Vergütung 582, 652, 719 ff. Vergütungsvereinbarung 449, 722 Verhinderung des Vorstands 457 Verjährung – Beitrag 437 Verkaufsstätten (Werkstätten behinderter Menschen) 1833 Verkehrssicherungspflicht 740 Verkehrsverein 106 Verkündung von Beschlüssen 931 Verlegung der Mitgliederversammlung 808 Verleihung 34 Verlustverrechnung 1839 Vermittlertätigkeit 81, 105 Vermögensanfall 1335 Vermögensbindung 1822 – Verschmelzung 1266 Vermögensopfer – Aufwandsersatz 586
1166
Vermögensrechte der Mitglieder 245, 330, 405 Vermögensverwaltung 564, 1831 Veröffentlichung – Registereintragung 1563, 1581, 1608, 1628, 1631 Verpflichtungsgrenze – Vertretungsmacht 606 Versammlungsfreiheit 5 Versammlungsleiter – Ersatz 890 – Hilfspersonen 894 Versammlungsleitung 888 Versammlungsort 850 Versammlungsrecht 5 Versammlungsunterbrechung 899 Verschiebung der Austrittsfolgen 320 Verschiedenes – Tagesordnungspunkt 865 Verschmelzung – Anmeldung 1619 – Aufnahme 1263 – Neugründung 1292 Verschmelzungsbericht 1269 Verschmelzungsbeschluss 1271, 1296 Verschmelzungsvertrag 1268 Verschulden – Vereinsausschluss 349 Versicherungsverein a.G. 217 Versilberung 1340, 1357 Vertagung 899 Vertragsspieler 717 – Abteilung 152 – Arbeitsverhältnis 717 Vertrauensfrage 502 Vertrauensverhältnis 310 Vertreter – Vorverein 33 Vertretung – Generalbevollmächtigter 713 – Geschäftsführer 707 – Juristische Personen 884, 1039 – Öffentliche Körperschaften als Vereinsmitglied 1045 – Stimmrecht 881 – Teilerklärungen 617 – Vorstandsbevollmächtigte 710 – Vorverein 33 Vertretung in der Mitgliederversammlung 381 Vertretungsmacht – Eintragung 1546
Stichwortverzeichnis – Evidente Überschreitung 531 – Grundstücksgeschäfte 552 – Missbrauch 531 – Rechtsschein 469, 526 – Überschreitung 526 – Vereinszweck als Grenze 528 – Verpflichtungshöchstgrenze 606 – Vorstand 524 Vertretungsorgan 443 Vertretungsregelung – Folgen unklarer Regelung 458 Verwandte 126 Verwechslungsgefahr 466 Verweisung im Satzungstext 53 Verzicht 597 Verzicht auf die Eintragung 220 Vetorecht 254 VG Wort 218 Videokonferenz 786 Virtuelle Versammlung 786 Völkerverständigung 119 Volksbildung 119 Vollmacht – Stimmrecht 1004 Vorbesprechung 31 Vorformulierte Bedingung 58 Vorgesellschaft 33 Vor-GmbH 33 Vorschlagsliste 1020 Vorschuss 588 Vorstand 30, 32, 245, 473, 710 – Abberufung 504 – Alleinvertretungsbefugnis 469 – Amtsaufgabe 511 – Amtsbeginn 494 – Anmeldung 1568 – Annahme der Bestellung 486 – Anstellungsverhältnis 602 – Arbeitgeberfunktion 445 – Aufwandsersatz 582 – Ausländer 473 – Ausschluss aus dem Verein 519 – Bedingung 490 – Berater 746 – Berufung durch Dritte 483 – Beschluss als Voraussetzung des Vertreterhandelns 605 – Beschlussfähigkeit 624 – Bestellung 473 – Bestellung durch das Gericht 523, 634 – Bestellungsfehler 807 – Bindung an Weisungen 541
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Doktortitel 1545 Ehrenvorsitz 258 Eintragung 1545, 1580 Ende der Amtszeit 495 Entlastung 597 Ersatzmitglieder 463, 490 Familienstand 1545 Gesamtvertretungsprinzip 611 Geschäftsfähigkeit 473 Geschäftsordnung 623 Geschäftsunfähigkeit 519 Gründung 28 Haftung 33, 555, 746, 775 Handlungsfähigkeit 616 Inkompatibilität 474 Juristische Person als 473, 478 Kooptation 464, 485 Mehrgliedriger Vorstand 451 Mehrheitsprinzip 611 Meinungsbildung 605 Nach Amtsende 803 Nachbesetzung 523 Nachrücker 463, 490, 520 Nachwahl 522 Neuwahl 510, 522 Personalunion 455 Personenhandelsgesellschaft als 479 Persönliche Amtsführung 558 Politische Partei 657 Regressansprüche 601 Ressortverantwortung 555, 1553 Rücktritt 457 Rufname 1545 Satzungsbestimmung 465 Selbstergänzungsrecht 464, 485 Stellvertreter 463, 466 Vergütung 582, 652 Verhinderungsfall 457 Vertrauensfrage 502 Vertretung 33 Vertretungsmacht 443, 524 Wählbarkeitsvoraussetzungen 473, 518 Wahlgänge 487 Wegfall während der Amtszeit 454 Weisungen 546, 560 Widersprüchliche Erklärungen gegenüber Dritten 520, 632 – Zahl 451, 452, 462 Vorstand auf Lebenszeit 254 Vorstandsposten siehe Vorstandsressorts Vorstandsressorts – Neuschaffung 482
1167
Stichwortverzeichnis – Wechsel 464 Vorverein – Vertreter 33
Waffengesetz 150 Wahl – Enthaltung 1013 – Kumulation 1030 – Losentscheid 1030 – Offene Abstimmung 1022 – Satzungsdurchbrechung 475 – Taktische Abstimmung 1028 Wählbarkeit 401, 518 – Nach Satzungsänderung 475 Wählervereinigung 19 Wahlmathematik 994 Wahlverfahren 1028 Wahlvorschläge 1010, 1020 Wahlvorstand 892 Wahrnehmung der Mitgliederrechte 381 Waldwirtschaftsgemeinschaften 142 Warenkreditverein 105 Wassergenossenschaft 106 Wechselnder Mitgliederbestand 236 Wegzug aus Deutschland 203 Weisungen 541, 546, 560 – Entlastung des Vorstands 593 Weltladen 106, 218 Werbeeinnahmen 1834 Werbegemeinschaft 106, 1753 Werkanlagen des Vereins 403 Werkskantine 105 Werkstätten behinderter Menschen 1833 Wertrechte 245, 330 Wettbewerbsrechtliche Verbände 17 Wettkampf 120 Wettkampfteilnahme – Haftung 748 Widerspruch – Lastschrifteinzug 428 – Löschung von Amts wegen 1660 Widersprüchliche Erklärungen mehrerer Vorstände 620, 632 Wiederbeschaffungsrücklage 1825 Wiederholungsabstimmung 1064 ff. Wiederholungswahlgang 1032 Wiederwahl 1577 Willensbildung im Verein 42 Willensmängel – Gründung 29 Willkürkontrolle 247 1168
Willkürverbot siehe Gleichbehandlungsgrundsatz Wirtschaftlich Berechtigte – Holdings 1733 Wirtschaftliche Tätigkeit – Auslagerung 101 Wirtschaftliche Vorteile 81 Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb 78, 1654 Wirtschaftlicher Verein 9, 68 – Haftung bei fehlender Konzession 1799 – Konzession 216 – Zuständigkeit Gerichte und Behörden 1947 Wirtschaftplan 567 Wirtschaftskammer 167 Wissensvertreter 542 Wochenmarkt 106 Wohnsitz – Wählbarkeit 476 Worterteilung 920
Yoga Zahl
120
– Vereinsgründer 24 Zahl der Mitglieder 236; siehe Mitgliederzahl Zahlungsklage – Beitrag 431 Zahlungsunfähigkeit 1234 Zauberkunst 113 Zeitung – Ladung 830 ZGB (DDR) 6 Zufällige Kenntnis der Tagesordnung 860 Zulassung zu Vereinsangeboten 392 Zulassungsbeschränkung (Mitgliedschaft) 239, 297 Zurücknahme der Austrittserklärung 319 Zurückweisung – Eintragung 1497 Zusammengefasste Wahl – Stimmzettel 1023 Zustellungen an den Verein 448, 1512 Zuzug nach Deutschland 200 Zwangsgeld 1648, 1680 – Verfahrenskosten 1699 f. Zweck des Vereins siehe Vereinszweck Zweckänderung 1111
Stichwortverzeichnis – Erforderliche Mehrheit 992 Zweckbetrieb 87, 152 Zweckbindung 1825 Zweckmäßigkeitskontrolle 1479 Zweckverfehlung 1387
Zweigstellenleiter 697 Zweiköpfiger Vorstand 611 Zweiter Vorsitzender 458, 463 Zwischenfragen 921 Zwischenverfügung 1495, 1537, 1585
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