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German Pages 365 [366] Year 2015
Ellen Euler, Monika Hagedorn-Saupe, Gerald Maier et al. (Hrsg.) Handbuch Kulturportale
Handbuch Kulturportale Online-Angebote aus Kultur und Wissenschaft Herausgegeben von Ellen Euler, Monika Hagedorn-Saupe, Gerald Maier, Werner Schweibenz und Jörn Sieglerschmidt
ISBN 978-3-11-040571-2 e-ISBN (PDF) 978-3-11-040577-4 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-040580-4 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2015 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Umschlagabbildung: Artur Marciniec / iStock / Thinkstock Satz: Michael Peschke, Berlin Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck ♾ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com
Inhalt Teil 1 Einführung und Bedeutung von Kulturportalen Ellen Euler, Monika Hagedorn-Saupe, Gerald Maier, Werner Schweibenz, Jörn Sieglerschmidt Kulturportale im Web Eine Einführung 3 Jörn Sieglerschmidt Wissensordnungen im analogen und im digitalen Zeitalter
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Teil 2 Rechtliche und wirtschaftliche Aspekte oder Aspekte der Verwertung Artur-Axel Wandtke Kulturportale und Urheberrecht
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Andrea Hänger Gebührenordnungen im Widerspruch zu Informationsweiterverwendungsgesetz und Open Access?! 44 John H. Weitzmann Creative Commons für Kulturinstitutionen
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Paul Klimpel Eigentum an Metadaten? Urheberrechtliche Aspekte von Bestandsinformationen und ihre Freigabe Uwe K. Schneider Zwischen Datenschutz und Nutzeroptimierung
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Ellen Euler Open Access – Verpflichtung oder Geschäftsmodell für Kultureinrichtungen?! Christian Kircher Alles Offen. Alles Frei. Alles Gratis. Open-Data als Impuls für einen Strukturwandel im Unternehmen Museum
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Inhalt
Holger Simon Cultural Entrepreneurship – Geschäftsmodelle für Kunst und Kultur
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Teil 3 Überregionale Portale Henning Scholz Europeana – Digitale Dienstleistungs-Infrastruktur für Europas Kulturerbe
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Frank Frischmuth Die Deutsche Digitale Bibliothek als nationales Kulturportal für Deutschland 133 Reinhard Altenhöner, Uwe Müller Die Serviceplattform der Deutschen Digitalen Bibliothek
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Werner Schweibenz BAM als überregionales Kulturportal für Deutschland Ein Rückblick 164 Irene Hyna, Bianca Pospischek Kulturpool.at als nationales Kultur-Portal für Österreich
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Gerald Maier, Christina Wolf Das Archivportal-D Neue Zugangswege zu Archivgut innerhalb der Deutschen Digitalen Bibliothek 180 Susanne Waidmann Das Europäische Archivportal
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David Kleingers filmportal.de – Die zentrale Internetplattform zum deutschen Film Karl Heinz Monasterium.Net – Europas virtuelles Urkundenarchiv
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Lisa Dieckmann prometheus – das verteilte digitale Bildarchiv für Forschung & Lehre e. V.
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Inhalt
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Teil 4 Regionale Portale Frank von Hagel SPK-digital als Institutionsportal
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Gisela Schulte-Dornberg Das Digitale Kunst- und Kulturarchiv Düsseldorf (d:kult) Gerda Koch Europeana-Local-Österreich
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Christoph Stuehn Memobase – das Informationsportal zum audiovisuellen Kulturerbe der Schweiz 260 Elisabeth Bracun, Monika Hagedorn-Saupe Europeana Fashion 268 Thorsten Siegmann Europeana 1914–1918 Unbekannte Geschichten und offizielle Dokumente zum Ersten Weltkrieg Daniel Fähle, Wolfgang Krauth LEO-BW – Landeskundliches Informationssystem Baden-Württemberg
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Klaus Ceynowa, Stephan Kellner Das bayerische Kulturportal bavarikon – digital, vernetzt, spartenübergreifend 292 Frank Dührkohp Spartenübergreifende Präsentation von Kulturobjekten – das Landesportal Kulturerbe Niedersachsen 301 Kathrin Pilger www.archive.nrw.de – Das Archivportal für Nordrhein-Westfalen Frauke Rehder digiCULT – mehr als ein regionales Museumsportal
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Susanne Kopp-Sievers, Bettina Scheeder, Jens Wübbenhorst museum-digital – Ein zivilgesellschaftliches Projekt großer und kleiner Museen 322
VIII
Inhalt
Marcus Weidner Das Internet-Portal „Westfälische Geschichte“ Autoren
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Register
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Teil 1 Einführung und Bedeutung von Kulturportalen
Ellen Euler, Monika Hagedorn-Saupe, Gerald Maier, Werner Schweibenz, Jörn Sieglerschmidt
Kulturportale im Web Eine Einführung
1 Kulturportale im Web als Kulturkompass Die Digitalisierung und das Internet eröffnen den kulturgutbewahrenden Einrichtungen neue Chancen, ihr reiches Erbe zugänglich zu machen (Parzinger 2015, 20–21). Allerdings ist es im Internet oft schwierig, in der Fülle der verfügbaren Informationen kulturelle Inhalte zu finden. Denn über die Internetsuchmaschinen ist ein gezielter Zugriff auf digitalisiertes Kulturgut aus Gedächtnisinstitutionen wie Bibliotheken, Archiven, Museen, Denkmalämter und Mediatheken wegen der meist sehr großen und undifferenzierten Treffermenge kaum möglich. Deshalb liefert eine Recherche nach kulturellen Informationen mithilfe von gängigen Internetsuchmaschinen häufig nur unzureichende Ergebnisse. Eine Lösung dieses Problems bieten fach- oder inhaltsbezogene Internetportale, die zentrale Einstiegspunkte für bestimmte thematische Recherchen bilden. Portale (portal sites, doorway pages, entry pages) sind Webangebote, die als Einstiegsseiten ins Internet dienen und den Nutzern den Zugang zu Informationen erleichtern. Die im Portal nachgewiesenen Objekte befinden sich normalerweise auf unterschiedlichen Servern, ebenso wie sich die physischen Objekte als Bücher, Archivalien, Museumsobjekte oder andere Medien in den Magazinen der am Portal teilnehmenden Gedächtnisinstitutionen befinden. Das Portal selbst enthält Erschließungsinformationen, sogenannte Metadaten, die über Hyperlinks auf die entsprechenden Objekte verweisen, zu denen oft Vorschaubilder angezeigt werden. Ein Portal bietet verschiedene Funktionen für die Recherche, beispielsweise thematische Link-Listen, Strukturansichten für die Navigation und eine Volltextsuche. Als weitere Features werden üblicherweise aktuelle Nachrichten und gegebenenfalls eine Personalisierung durch Nutzerprofile angeboten. Im Unterschied zu einer reinen Suchmaschine bietet eine Portal-Seite also die Möglichkeit einer inhaltlich strukturierten Recherche (Maier 2006, 340). Gerade für das Zugänglichmachen und das Sichtbarmachen von kulturellen Inhalten im World Wide Web spielen Portale eine wichtige Rolle, weil sie Inhalte auswählen, organisieren, erschließen und präsentieren, die vorher über das Internet verstreut waren (Caffo 2008, 22–23). Deshalb sind in diesem Zusammenhang die Metaphern des Meeres für das Internet und des Kompasses für Kulturportale durchaus zutreffend (Caffo 2008, 21–22). Denn das Web ist frei navigierbar, vergleichbar dem Meer, auf dem die Benutzer sich ihren Kurs suchen müssen, um verstreut liegende Inseln mit Kulturschätzen zu finden oder neue zu entdecken. Dabei springen
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sie häufig von Insel zu Insel, ohne dass ihnen immer klar wäre, wo genau eine Insel liegt oder sie suchen nach einer, ohne zu wissen, ob es sie tatsächlich gibt. Haben sie eine solche Kulturschatzinsel gefunden, müssen sie die dort vergrabenen Schätze noch heben, indem sie wie mit einer Schatzkarte versuchen, an die in der Datenbank verborgenen digitalen Inhalte heranzukommen, die sich in den einzelnen Datenbanken hinter verschiedenen Rechercheoberflächen und -werkzeugen verstecken und oft mühsam erkundet werden müssen. Bei der Online-Suche nach Kulturschätzen erfahren Benutzer eine wesentliche Unterstützung durch Kulturportale, die ihnen Hilfestellung beim Auffinden von Digitalisierungsinseln im Internet bieten, die verstreute Inhalte zentral aufbereiten und organisieren sowie über eine einheitliche Rechercheoberfläche und -sprache zugänglich machen. Deshalb kann man Kulturportale zu Recht als Kulturkompass des Internet bezeichnen. Durch das Zusammenführen von Informationen aus verschiedenen Institutionen, die in enger sachlicher Beziehung stehen, ergeben sich neue Zusammenhänge und damit neue Fragestellungen an die Bestände und Sammlungen der Gedächtnisinstitutionen. Auch können nun zahlen- und datenbasierte Methoden der Analyse für die Geisteswissenschaften Anwendung finden (Leroi 2015). Aber nicht nur für die Benutzer bieten Kulturportale Vorteile, sondern auch für die teilnehmenden Gedächtnisinstitutionen (Hagedorn-Saupe und Schweibenz 2015, 51–53): –– Die Auffindbarkeit von digitalen Objekten bei themenbezogenen Recherchen steigt und damit auch die Sichtbarkeit der Institution selbst sowie die ihrer Bestände und Sammlungen. –– Durch das Zusammenführen von Informationen aus verschiedenen Institutionen, die in enger sachlicher Beziehung stehen, ergeben sich neue Zusammenhänge und damit neue Fragestellungen an die Bestände und Sammlungen der Gedächtnisinstitutionen.
2 Wachstum von Kulturportalangeboten Die Zahl der Kulturportale nimmt ständig zu, wie die aufmerksame Beobachtung der aktuellen Entwicklung zeigt. Derzeit fehlen noch spartenübergreifende Erhebungen und Statistiken, die den genauen Umfang der einschlägigen Angebote dokumentieren. In einzelnen Sparten liegen bereits Zahlen vor. So ermittelte das Institut für Museumsforschung im Rahmen der Statistischen Gesamterhebungen für das Jahr 2013, dass sich von 4.038 Museen mit gemeldetem Internetauftritt 40,1 % an übergreifenden Portalen beteiligen. Mehrheitlich sind dies bisher touristische, thematische oder regionale Portale (Institut für Museumsforschung 2014, 51–54). Aus der Beobachtung der Entwicklung ergeben sich interessante Schlüsse. Einerseits steigt der
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Grad der Spezialisierung von einzelnen Kulturportalen, die als Spezialportale spezifische Arten von Kulturgut erschließen wie z. B. das filmportal.de, prometheus – das verteilte digitale Bildarchiv für Forschung & Lehre e. V., Monasterium.Net – Europas virtuelles Urkundenarchiv oder Memobase – das Informationsportal zum audiovisuellen Kulturerbe der Schweiz (siehe die entsprechenden Beiträge im Buch). Andererseits bilden sich übergreifende Spartenportale wie das Archivportal-D und nationale Kulturportale wie die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB) oder Kulturpool ebenso wie Portale auf supranationaler Ebene wie die Europeana. Neben solchen großen Portalen etablieren sich lokal bzw. regional ausgerichtete Portale wie d:kult online der Landeshauptstadt Düsseldorf, museum-digital oder das Internet-Portal Westfälische Geschichte, aber auch themenorientierte Portale wie Europeana 1914–1918 oder Europeana Fashion. Die Welt der Kulturportale ist also äußerst vielfältig und bunt, so dass ein näherer Blick auf die verschiedenen Formen der Umsetzung dieses Konzepts durchaus lohnend ist. Gleichzeitig erschwert die Fülle der existierenden Angebote den Überblick über die einzelnen Angebote und ihre Vergleichbarkeit.
3 Die Motivation für dieses Buch Aufgrund der beschriebenen Vielfalt und Vielseitigkeit von Kulturportalen stellt sich das Problem, dass viele von ihnen nur einem kleinen Kreis bekannt sind. Die meisten Portale sind innerhalb ihrer spezifischen wissenschaftlichen Öffentlichkeit gut eingeführt und in einschlägigen Fachpublikationen ausführlich beschrieben – allerdings sind sie häufig außerhalb ihrer engeren Wissenschaftsgemeinschaft kaum bekannt, auch weil die Literatur dazu sehr verstreut ist und die Rezeption deshalb aufwändig ist. Ein Überblick über die Kulturportale im deutschsprachigen Raum fehlt bislang. Hinzu kommt, dass die existierenden Publikationen sehr unterschiedlich aufgebaut sind und keine vergleichende Betrachtung verschiedener Kulturportale erlauben. Aus diesem Mangel entstand die Idee zu einem Handbuch, dessen Anliegen es ist, eine Übersicht über Kulturportale und ihr wissenschaftliches Umfeld zu geben und deren Vergleichbarkeit zu ermöglichen. Der Plan zu diesem Buch entstand im Umfeld der Realisierung der DDB, dem nationalen Kulturportal für Deutschland. Die Herausgeber dieses Bandes gehören alle Einrichtungen an, die Mitglieder im Kompetenznetzwerk Deutsche Digitale Bibliothek und direkt an ihrem Aufbau beteiligt sind. Im Zusammenhang mit der Umsetzung dieses Projekts wurde und wird die Bedeutung von regionalen wie überregionalen und spartenbezogenen wie spartenübergreifenden Kulturportalen immer deutlicher, weil durch die DDB die Sichtbarkeit und die Bedeutung derjenigen Portale steigt, die digitale Inhalte verschiedener Sparten oder Fachgebiete bündeln und weitergeben, also die Funktion von Aggregatoren für die DDB übernehmen können.
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Ellen Euler, Monika Hagedorn-Saupe, Gerald Maier, Werner Schweibenz, Jörn Sieglerschmidt
4 Das Ziel des Handbuches Ziel des Bandes ist es, eine Übersicht über die Rahmenbedingungen, den Stand und die Perspektiven von Kulturportalen im deutschsprachigen Raum zu geben. Durch die Gliederung des Bandes in vier thematisch ausgerichtete Teile werden der Einstieg in das Thema und seine Durchdringung erleichtert. Aufgrund der beschriebenen Vielfalt der Kulturportale kann kein Anspruch auf eine vollständige oder repräsentative Behandlung des Themengebietes erhoben werden.
5 Aufbau und Gliederung des Handbuchs Das Handbuch besteht aus vier Teilen: 1. Einführung und Bedeutung von Kulturportalen 2. Rechtliche und wirtschaftliche Aspekte von Kulturportalen 3. Überregionale Portale 4. Regionale Portale Im ersten Teil führen die Herausgeber in die Thematik der Kulturportale ein. Der anschließende Beitrag von Jörn Sieglerschmidt zu Wissensordnungen behandelt ausgehend von der Tradition humanistischer und barocker Wissensordnungen wissenschaftstheoretische Aspekte von Kulturportalen. Dabei geht es u. a. um die semantische Ordnung der Angebote von Kulturportalen: Semantisch rudimentär aufbereitete Daten können den Reichtum des dahinterstehenden Wissens nicht wiedergeben. Daher ist es unumgänglich, dass die Semantik der Quellbestände so umfangreich wie möglich erfasst und vernetzt wird. Dazu sind die verfügbaren Techniken der Datenanreicherung zu nutzen. Der zweite Teil ist den rechtlichen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten gewidmet, innerhalb derer Kulturportale agieren. Der Anspruch ist aufzuzeigen, was „rechtlich“ bei der Ausgestaltung eines Kulturportals (Online Angebots) zu beachten ist und wie verschiedene Angebote „wirtschaftlich“ zu bewerten sind. Im Hinblick darauf, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen dem Wandel der ökonomischen und sozialen Voraussetzungen der geistigen Arbeitsprozesse unter den Bedingungen der Digitalisierung fortlaufend angepasst werden (z. B. wurde während der Entstehungsphase dieses Buches das Informationsweiterverwendungsgesetz modernisiert und neuen Vorgaben aus Europa angepasst; siehe den Beitrag von Ellen Euler), kann diese Betrachtung immer nur eine Momentaufnahme sein. Artur-Axel Wandtke erläutert in seinem Einführungsbeitrag zum zweiten Teil, was ein „Kulturportal“ für den Juristen ist (ein Internetportal, das als Host- oder Access provider agieren kann), und warum und wo ein Kulturportalbetreiber mit dem Urhe-
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berrecht in Berührung kommt. Er stellt insbesondere die problematische Entwicklung einer möglichen Ausweitung der Betreiberhaftung dar und kommt zu dem Fazit, dass viele Fragen offen sind und gerade erst durch die Rechtsprechung (teilweise widersprüchlich) entschieden werden. Der Gesetzgeber ist dazu angehalten die Rahmenbedingungen anzupassen und adäquat auszugestalten und der Rechtsprechung als Judikative, sowie den Rechtsadressaten klare Leitlinien aufzuzeigen. Andrea Hänger skizziert in ihrem Beitrag den rechtlichen Rahmen mit Blick auf das öffentlich-rechtliche Gebührenrecht. Bearbeitungsgebühren, die für die Nachnutzung von digitalen Angeboten entstehen, sind mehr als heterogen und von sich zum Teil widersprechenden Rechtsnormen auf der einen und politischen Absichtserklärungen auf der anderen Seite geprägt. Hänger schlägt als Ausweg aus dem Dilemma eine Abkehr von pauschalen Wiedergabegebühren für jede Nutzung hin zu einmaligen, verursachergerechten Bereitstellungsgebühren vor, um die breite Zugänglichkeit zum kulturellen Erbe deutlich zu fördern, ohne die für den Erhalt dieses Erbes dringend erforderlichen Einnahmen der bereitstellenden Institutionen vollkommen einbrechen zu lassen. John Weitzmann gibt einen kurzen Überblick über die Bedeutung freier Lizenzen für die Nutzbarkeit digitaler Objekte und Metadaten und erklärt die bekannteste und international verbreitete Creative-Commons-Lizenz. Paul Klimpel behandelt die für Gedächtnisinstitutionen, die Kulturportalen ihre Metadaten überlassen, relevante und streitige Frage, ob Metadaten geschützt sind und als solche auch unter bestimmten Lizenzen freigegeben werden müssen, damit sie ihr volles Potenzial für die Vernetzung als Linked Open Data und für innovative mobile Anwendungen entfalten können. Uwe K. Schneider widmet sich in seinem Beitrag der Frage, inwieweit Nutzer von Kulturportalen mit dem Ziel einer Verbesserung der Usability und Nutzeroptimierung bestimmten Verfahren beobachtet werden können, ohne dabei berechtigte Nutzerinteressen auf Beobachtungsfreiheit und Datenschutzvorgaben zu verletzen. Ellen Euler geht in ihrem Beitrag der Frage nach, wo neue gesetzliche Vorgaben aus dem Informationsweiterverwendungsgesetz Kultur und Wissenschaftseinrichtungen zu Open Access verpflichten, wo alte Geschäftsmodelle wegbrechen, wo Spielraum besteht und wo Open Access möglicherweise ein sinnvolles Geschäftsmodell ist. Christian Kircher zeigt an einem konkreten Beispiel auf, mit welchen strategischen Gesichtspunkten das Angebot von Kultur und Wissen im Internet verbunden ist und wie verschiedene Interessen Einfluss nehmen auf das der Öffentlichkeit geschuldete Angebot. Holger Simon erläutert die Methode des Business Model Generation und zeigt ihre Anwendung an ausgesuchten Kulturportalen auf, deren Geschäftsmodelle er erklärt und vergleicht. Der dritte und der vierte Teil behandeln, getrennt nach überregionalen und regionalen Portalen anhand ausgewählter Beispiele, die Vielfalt der Erscheinungsformen
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von Kulturportalen. Dabei musste aus der Vielzahl der existierenden Angebote eine Auswahl getroffen werden, die möglichst repräsentativ sein sollte. Einerseits sollen die Beiträge den aktuellen Stand der möglichen Funktionalitäten und technischen Lösungen, neue Trends und künftige Perspektiven von Portalen im Bereich des Kulturerbes aufzeigen. Andererseits soll für die Leser eine vergleichende Betrachtung der vorgestellten Portale möglich sein. Deshalb folgt die Beschreibung der einzelnen Kulturportale – bis auf die beiden Aufsätze zur DDB – weitgehend einem Raster, das den Lesern einen schnellen und strukturierten Vergleich erlauben soll. Die einzelnen Portalbeiträge sind nach folgendem vorgegebenen Gliederungsschema aufgebaut: 1. Einleitung 2. Bestand bzw. geplante Bestandsentwicklung 3. Organisationsform 4. Teilnahme am Portal 5. Technik 6. Standards und Normdaten 7. Entwicklungsperspektiven bzw. -pläne 8. Zusammenfassung und Ausblick 9. Literatur Durch diesen Aufbau soll eine gewisse Übersichtlichkeit und Vergleichbarkeit der einzelnen Portalbeiträge gewährleistet werden. Im dritten Teil des Buches werden ausgewählte überregionale Portale vorgestellt, d. h. es handelt sich um Portale, die einen größeren geografischen Bereich im Hinblick auf die zu recherchierenden Inhalte abdecken. Sie können sowohl spartenübergreifend als auch spartenspezifisch sein. Henning Scholz stellt im ersten Beitrag das spartenübergreifende europäische Portal Europeana vor, in dem digitalisiertes Kulturgut aus Bibliotheken, Archiven, Museen und Mediatheken der europäischen Mitgliedsstaaten nachgewiesen wird. In zwei weiteren Beiträgen von Frank Frischmuth sowie Reinhard Altenhöner und Uwe Müller wird die DDB vorgestellt, die sich nach und nach zum zentralen Einstiegspunkt und Nachweissystem für Kulturgut in Deutschland entwickelt und zugleich als nationaler Aggregator für die Europeana fungiert. Werner Schweibenz beschreibt das spartenübergreifende BAM-Portal, das ein Vorläufer für die DDB war und dessen Inhalte nun in diese integriert werden. Das Pendant zur DDB in Österreich bildet das Kulturportal Kulturpool.at, das Irene Hyna und Bianca Pospischek präsentieren. Das im September 2014 freigeschaltete deutsche Archivportal mit Namen Archivportal-D, das eine spartenspezifische Sicht der Archive in der DDB ist, beschreiben Gerald Maier und Christina Wolf. Darauf folgt der Beitrag von Susanne Waidmann über das Europäische Archivportal. Die beiden letzten Beiträge des dritten Teiles widmen sich materialspezifischen Portalen. So stellt David Kleingers das filmportal.de als zentrale Plattform für den deutschen Film vor. Karl Heinz gibt einen Einblick in das Urkundenportal Monasterium.Net als virtuelles Urkundenarchiv Europas.
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Der vierte Teil des Buches befasst sich mit ausgewählten regionalen Portalen, die sowohl spartenübergreifend als auch spartenspezifisch sein können. Der erste Beitrag von Frank von Hagel stellt SPK-digital als spartenübergreifendes Institutionsportal der Stiftung Preußischer Kulturbesitz vor. Ein Pendant dazu auf kommunaler Ebene bildet d:kult – das Digitale Kunst- und Kulturarchiv Düsseldorf, beschrieben in einem Beitrag von Gisela Schulte-Dornberg. Gerda Koch stellt Europeana Local Österreich vor, ein Portal, das insbesondere österreichische Inhalte vorzugsweise aus kleinen Kultureinrichtungen für Europeana erschließt, anreichert und vernetzt. Ein Beispiel für multimediale Inhalte trägt Christoph Stuehn bei, der Memobase – das Informationsportal zum audiovisuellen Kulturerbe der Schweiz von Memoriav, dem nationalen Verein zur Erhaltung des audiovisuellen Kulturerbes der Schweiz, präsentiert. Themenspezifische Ausrichtungen von Portalen zeigen zwei Beiträge aus dem Umfeld der Europeana, der eine von Elisabeth Bracun und Monika Hagedorn-Saupe zum Modeprojekt Europeana Fashion und der andere von Thorsten Siegmann zu Europeana 1914–1918 als europäischem Internetportal zum Ersten Weltkrieg, das neben den Inhalten aus den beteiligten Kultureinrichtungen in großem Umfang Informationen von Nutzern einstellt (user generated content). Im Anschluss folgen drei Beispiele für spartenübergreifende Landesportale: Daniel Fähle und Wolfgang Krauth stellen LEO-BW als das Landeskundliche Informationssystem für Baden-Württemberg vor, Stephan Kellner und Klaus Ceynova Bavarikon als Landesportal für Bayern sowie Frank Dührkohp das Landesportal Kulturerbe Niedersachsen. Dann folgen drei Beiträge zu spartenspezifischen Portalen: Kathrin Pilger beschreibt das Archivportal für Nordrhein-Westfalen, Frauke Rehder digiCULT – mehr als ein regionales Museumsportal sowie Susanne Kopp-Sievers, Bettina Scheeder und Jens Wübbenhorst museum-digital – Ein zivilgesellschaftliches Projekt großer und kleiner Museen. Als letzten Beitrag stellt Marcus Weidner das themenorientierte und spartenübergreifende Internet-Portal Westfälische Geschichte vor, das sich als historischer Informationsserver versteht.
6 Ausblick Kulturportale werden sich dann weiter verbreiten und weiterentwickeln, wenn die Möglichkeiten der semantischen Vernetzung (Semantic Web) durch die Daten liefernden Einrichtungen stärker unterstützt werden. Denn die semantische Vernetzung der Inhalte bietet den Benutzern einen erheblichen Mehrwert bei der Recherche und beim Entdecken von Zusammenhängen. Eine notwendige Voraussetzung dafür ist jedoch, dass „the significant gap between the vision and the reality of the Semantic Web” [die gewaltige Kluft zwischen Vision und Realität des semantischen Web] (Parry, Poole und Pratty 2010, 103) geschlossen wird, indem die Gedächtnisinstitutionen Zeit und Ressourcen erhalten, ihre vorhandenen Metadaten für Kulturportale semantisch anzureichern. Dazu müssen ihnen die erforderlichen Normdaten in einer Art und
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Weise zur Verfügung gestellt werden, die eine sinnvolle Nutzung durch Bibliotheken, Archive, Museen, Denkmalämter und Mediatheken zulässt. Hier bilden Entwicklungen wie die spartenübergreifende Verwendung der Gemeinsamen Normdatei (GND) der Deutschen Nationalbibliothek erfolgversprechende Ansätze. Dabei muss die GND allerdings noch um spartenspezifische Einträge erweitert werden, damit sie tatsächlich umfassend von allen Sparten gemeinsam genutzt werden kann. Zudem ermöglichen die – inzwischen als Linked Open Data bereitgestellten Thesauri des Getty Research Institute eine inhaltliche Anreicherung und Vernetzung von Kulturdaten. Zusätzliche Attraktivität für Benutzer können Kulturportale dadurch gewinnen, dass sie die Möglichkeiten von Social Media stärker nutzen. Bei den Sozialen Medien gibt es interessante Ansätze, von denen einige in verschiedenen Beiträgen beschrieben bzw. angedeutet werden. Insgesamt ergeben sich hier erhebliche Potenziale für Kulturportale, um einerseits neue Benutzergruppen zu gewinnen und an sich zu binden und andererseits das Interesse von Benutzern für die Erschließung ihrer Inhalte zu nutzen; hier seien nur die Stichworte Social Tagging und Crowdsourcing sowie user genererated content genannt (siehe auch Hagedorn und Schweibenz 2015, 55–59). Von Nutzern beigetragene Inhalte würden diese nicht nur stärker an die jeweiligen Plattformen binden, sondern hätten auch das Potenzial, diese Inhalte zu erweitern und zu verbessern. Die Nutzung der Portale könnte zusätzlich durch die bessere Vernetzung mit Forschungs-, Lehr- und Sammlerplattformen erreicht werden. Aber auch eine Verlinkungskooperation mit der populären Online-Enzyklopädie Wikipedia, wie beim BAM-Portal realisiert, kann die Nutzungszahlen erhöhen. Kulturportale, in denen die Bestände und Sammlungen öffentlicher kulturgutbewahrender Einrichtungen nachgewiesen und präsentiert werden, finanziert die öffentliche Hand. So ist gewährleistet, dass im digitalen Zeitalter Kulturgut dauerhaft und möglichst unentgeltlich zugänglich gemacht wird. Nichtsdestoweniger müssen neue Geschäftsmodelle für Kulturportale oder subsidiäre Finanzierungsmöglichkeiten erforscht und erprobt werden, um neue Quellen für den Ausbau der Förderung zu finden (siehe hierzu die Beiträge Euler, Kircher und Simon im zweiten Teil).
7 Literatur Caffo, Rossella. „Cultural portals“. Handbook on cultural web user interaction. Hrsg. von Rossella Caffo. Rom: Minerva Project, 2008. 22–23. Webversion http://www.minervaeurope.org/ publications/handbookwebusers.htm. (13. Mai 2015) Hagedorn-Saupe, Monika und Werner Schweibenz. „Erschließung, Vernetzung und Access“. Der Vergangenheit eine Zukunft. Kulturelles Erbe in der digitalen Welt. Hrsg. von Paul Klimpel und Ellen Euler. Berlin: iRights Media, 2015. 46–61. Institut für Museumsforschung. Statistische Gesamterhebung an den Museen der Bundesrepublik Deutschland für das Jahr 2013. Materialien aus dem Institut für Museumsforschung. Heft 68. Berlin: Institut für Museumsforschung.
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Leroi, Armand Marie. „Algorithmus oder Kritik? Plädoyer für eine universelle Kulturtheorie“. Süddeutsche Zeitung vom 6. März 2015. 11. Maier, Gerald. „Archivportale – Formen, Ausrichtung und Ziele“. Wissensorganisation und Verantwortung: Gesellschaftliche, ökonomische und technische Aspekte. Hrsg. von H. Peter Ohly, Jörn Sieglerschmidt und Christian Swertz. (= Fortschritte in der Wissensorganisation, Bd. 9): Würzburg: Ergon Verlag, 2006, 338–356. Parzinger, Hermann. „Kulturelles Erbe und Digitalisierung“. Der Vergangenheit eine Zukunft. Kulturelles Erbe in der digitalen Welt. Hrsg. von Paul Klimpel und Ellen Euler. Berlin: iRights Media, 2015. 20–31. Parry, Ross und Nick Poole und Jon Pratty. „Semantic Dissonance. Do we need (and do we understand) the Semantic Web?“ Museums in the Digital Age. Hrsg. von Ross Parry. London: Routledge, 2010. 96–106.
Jörn Sieglerschmidt
Wissensordnungen im analogen und im digitalen Zeitalter* Es gibt keine Antworten. Nur Querverweise. (Werner Clemens Walter, kulturrecycling.de)
1 Einleitung Menschliche Geschichte ist eine solche der Kommunikation. Menschliche Kommunikation dient der Erzeugung, Mitteilung und damit dem Austausch von Zeichen. Eine Untersuchung geschichtlicher Abläufe beginnt mit den Arten und Mitteln des Zeichenaustausches. Erst dann sind auch die Inhalte der Zeichen von Belang. Das Spektrum der Kommunikationsarten liegt zwischen der monologischen (z. B. Selbstgespräch) und der Kommunikation unter unbegrenzt vielen Teilnehmern (Internet) an einem Kommunikationsprozess, das der Kommunikationsmittel zwischen virtuellen, d. h. unfassbaren, und haptischen wie einer Keule. In der überall und ständig laufenden Kommunikation wird Wissen als das bezeichnet, was als geronnene Erfahrung den Inhalten der Kommunikation eine Rahmung (Goffman 2008) gibt. Olaf Breidbach hat von Mustern des Wissens gesprochen, die einer historischen Entwicklung unterliegen (Breidbach 2008, 16). Mit Peter Berger und Thomas Luckmann könnte von einer Sedimentation kommunikativer Prozesse in der Erinnerung und Erfahrung geredet werden (Berger und Luckmann 1969). Wissen verengt damit die Möglichkeiten der Wahrnehmung, macht bestimmte Wahrnehmungen wahrscheinlicher als andere und vermindert daher den Zufall in der Kommunikation, der ansonsten jede Kommunikationssituation beherrschen würde. Es ist klar – steht hier aber nicht zur Debatte –, dass neben dem Wissen als Muster symbolischer Zeichen auch andere fassbarere Zeichen, in deren Materialität ebenfalls Wissen inkorporiert ist, dem Zufall der Kommunikation Grenzen setzen. Ordnungsliebe gehört nicht zu den Tugenden, die allgemein geachtet werden, sondern gilt als engstirnig, spießig, wenn nicht sogar die Freudsche Pathologisierung als anale Fixierung die Lebensgeschichte der/s Ordnenden als zwanghaft unfreiwillig offenlegt. Friedrich Wilhelm III. von Preußen (1770–1840) hat in einem Brief an den Freiherrn vom Stein (1757–1831) am 12. November 1805 aus Anlass der Begründung des preußischen statistischen Bureaus deutlich gemacht, worum es geht: Statistik müsse Ordnung, Vollständigkeit und Verlässlichkeit haben; deutsche Sorgfalt, Fleiß und Ausdauer brächten in dieser Hinsicht mehr als brillantes Talent, wenn sie nicht letzteres * Dieser Beitrag erscheint in leicht veränderter Form ebenfalls bei De Gruyter in dem von Eva-Maria Seng und Frank Göttmann herausgegebenen Sammelband Reflexe der immateriellen und materiellen Kultur.
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zerstörten (Hacking 1990, 27). So kann Ordnungsliebe bis zu einem gewissen Grade entbehrliches Genie ersetzen. Bereits Jakob Friedrich Reimmann (1668–1743) hatte „der absurde und fast in summo gradu [in höchstem Ausmaß] pedantische Zustand unserer itzigen inhaltlosen Zeiten ... gedauert“ (Mulsow 1998, 57: Zitat aus einem Brief von Reimmann an Christian Thomasius (1655–1728) vom 9. April 1696), ein Pedantismus, der von der Aufklärung nicht nur gegen ihn, sondern insgesamt gegen die humanistische und barocke Universalwissenschaft des 16. und 17. Jahrhunderts erhoben wurde (Mulsow und Zedelmaier 1998, 10f.). Vor dem Hintergrund einer Abwertung von Wissensordnungen angesichts ihrer geringen räumlichen und zeitlichen Reichweite und ihrer durch fragmentierte gesellschaftliche Formen bedingten Beliebigkeit, stellt sich die Frage nach der Wahrheit, nach der Geltung, der Kohärenz und Verbindlichkeit des Wissens. Welche gesellschaftlichen Prozesse finden täglich statt, um Wahrheit, Geltung, Kohärenz und Verbindlichkeit zu erzeugen? Wem glauben wir? An was glauben wir? Diese in die Erkenntnistheorie weisenden Fragen werden an dieser Stelle nicht beantwortet, müssen aber aufgeworfen werden, um deutlich werden zu lassen, dass das Generalthema in einem gesellschaftlichen Feld verortet ist, dem es seine Relevanz verdankt, aber auch gibt. Ordnung ist nicht als solche Wahrheit. Ordnung kann nur ein Wegweiser zur Wahrheit sein. Die Wahrheit selbst muss jeder für sich feststellen auf der Grundlage all der Wissensbausteine, die er in seinem Leben vorgefunden hat. Wissensordnung kann daher lediglich die Struktur abgeben, in deren Aufbau wir uns bewegen. Die Metapher des Bauens – das lateinische structura verweist auf diesen Zusammenhang – mag hier insofern berechtigt sein, als der fertige Bau feste und vernetzte Strukturen aufweist, die nicht ohne gewalt(tät)ige Eingriffe geändert werden können. Auch Ordnungen oder vernetzte Systeme haben solche Eigenschaften, die uns als (technische) Kultur, (sozialer) Habitus, Weltanschauung, philosophische Lehre wie Nominalismus oder Realismus, geistesgeschichtliche Epoche wie Humanismus oder Aufklärung begegnen. Ergeben sich durch die zeit- und ortsgleiche Zugänglichkeit (Verfügbarkeit) bildlicher (einschließlich schriftlicher) und akustischer Zeugnisse menschlichen Geistes neue Erkenntnisse, so wie es Paul Otlet (1868–1944) 1934 (Otlet 1934, 428–431) und André Malraux (1901–1976) 1947 (Malraux 1947, 11–16, Grasskamp 2014) erträumt hatten? So jedenfalls wollen die sog. digitalen Geisteswissenschaften (digital humanities) es uns heute wieder weismachen. Ist durch frühere Ordnungs- und Präsentationsversuche, die hier als enzyklopädisch zusammengefasst werden, neues Wissen entstanden? Derartige empirische Befunde und darauf sich berufende Aussagen gibt es bisher nicht. Und doch sind wir alle überzeugt, dass Ordnungen des Wissens notwendig sind, um in der Fülle des möglichen Wissens das uns wichtig erscheinende aufzufinden. Gerade die Aufklärung hat aber die enzyklopädisch ausgerichtete Universalwissenschaft des 16. und 17. Jahrhunderts als geist-, weil einfallsloses, Zusammenstellen der Erkenntnisse vergangener Jahrhunderte, als Kompilieren und Eklektizismus bezeichnet. Und doch war bereits den Humanisten klar, dass in das seit dem hohen und späten Mittelalter gewaltig gewachsene Wissen besonders über
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antike Autoren – verstärkt ab Mitte des 15. Jahrhunderts durch die Medienrevolution des Buchdrucks – ein neues Gefüge, eine neue Wissensordnung eingezogen werden müsse. Humanisten warfen der Aristoteles (384–322) kommentierenden Scholastik selbst vor, sich im inhaltlich leeren Kommentieren zu verzetteln, ohne eigene neue, systematische und methodische Ordnungssysteme zu entwerfen. Die Menge der exponentiell wachsenden Bücherproduktion und damit die als Flut wahrgenommene Menge der Informationen, die spätestens seit dem 16. Jahrhundert und bis heute beklagt wurde, waren Grund genug, über Ordnungssysteme nachzudenken (Arndt und Körber 2010, 20; Briggs und Burke 2005, 64).
2 Wissen und Kommunikation Wissen ist so vielfältig definiert worden, dass es schwer fällt, einen weiteren Versuch zu machen, um sich über den Begriff wenigstens für die Lektüre dieses Textes zu verständigen. Es ist schon erstaunlich, dass in einer Gesellschaft, die sich über ihr Wissen als sogenannte Wissensgesellschaft definiert, kein allgemein geteiltes Verständnis darüber herrscht. Wissen entsteht, wird aus der Erinnerung vergegenwärtigt, weitergegeben, bestätigt in der Kommunikation mit sich selbst, anderen Lebewesen und mit Dingen, d. h. in der Auseinandersetzung mit der Welt. Wissen verändert sich täglich in spezifischen Kommunikationssituationen, bildet also keinen einmal erworbenen Bestand, der jederzeit abrufbar ist. Ernst Pöppel (2007) hat vor kurzem drei methodisch unterschiedene Wissensformen definiert: a. Explizites Wissen: algorithmisches, d. h. benennbares, eindeutig kommunizierbares und nach angebbaren Regeln abrufbares Wissen. b. Implizites Wissen: Handlungswissen (Beherrschung bestimmter Handlungsabläufe); Körperwissen (motorisches Wissen); heuristisches Wissen (alltäglich benötigtes Gewohnheitswissen); intuitives Wissen gespeist aus Erfahrung und Gefühl; Harold Garfinkel spricht in diesem Zusammenhang von embodied practices als in der Handlung verkörperten Praktiken (Bergmann 2000, 131). c. Bild- bzw. metaphorisches Wissen (visuelle und sprachliche (Geschichten), Sinn machende Bilder): Anschauungswissen (Orientierung in der äußeren Welt); Erinnerungswissen (Orientierung aus der inneren Welt); Abstraktionswissen. Diese Einteilung der Wissensformen erscheint deshalb plausibel, weil sie sich kommunkationstheoretisch und wissenssoziologisch begründen lässt. Enthalten ist eine fast ethnomethodologische Sichtweise, ein Wirklichkeitsmodell, das kommunikationstheoretisch begründet wird. Von allen auf Alfred Schütz (1899–1959) zurückgehenden Modellen der Konstruktion sozialer Wirklichkeit (Peter L. Berger, Thomas Luckmann, Aaron Cicourel, Erving Goffman u. a. Vertreter der sogenannten phäno-
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menologischen Soziologie, des symbolischen Interaktionismus, der Wissenssoziologie) ist dieses das radikalste, indem es eine objektive Wirklichkeit im philosophisch verstandenen realistischen Sinne leugnet. Die Konstruktion sozialer Wirklichkeit vollzieht sich im alltäglichen Handeln. Für Harold Garfinkel (1917–2011) fundiert die Einsicht eine Forschungsstrategie, die nach den Konstitutionsbedingungen der sozialen Wirklichkeit fragt und die empirische Forschung angesichts der Brüche, der Risiken des Gelingens alltäglicher Kommunikation ausrichtet auf die Frage nach dem Wie. Soziales Handeln ist immer im Nachhinein zurechenbar – accountable nach Garfinkel –, d. h. erzählbar, erklärbar. Vorläufigkeit, Vagheit, Unvollständigkeit, Ambiguität kennzeichnen die alltägliche Kommunikation (Bergmann 2000, 121–128; Sieglerschmidt 2005). Keine Sichtweise ist besser geeignet, die virtuelle Welt globaler Kommunikation auszudeuten, da Information immer als indexikalisch, als gebunden an die sozialen Kontexte ihrer Hervorbringung, begriffen werden muss (North 2011, 36). Denn sie umschließt zugleich dekonstruktivistische Positionen, die im Logozentrismus, in der Herstellung einer eindeutigen Referenzbeziehung zwischen Wirklichkeit und Wort, einen Grundfehler philosophischen Denkens bis Martin Heidegger (1889–1976) sehen (Derrida 1967, 22–27, 71–73; Küster 2006, 6–9). Im Schein einer virtuellen Welt ist jede/r auf die äußeren Merkmale ihrer Performanz, der bildlich und körperlich sichtbaren Aufführung angewiesen, da die sozialen Kontexte ihrer Hervorbringung nicht rekonstruierbar sind. Virtuelles Wissen muss daher immer vage bleiben, weil es eben nicht von seiner Indexikalität geheilt werden kann. Damit rücken rhetorische Fragestellungen der Präsentation des Wissens, der Plausibilisierung von Wissen wieder in den Blickpunkt. Die Rhetorik hatte spätestens seit Platon (428/427–348/347) einen ebenso schlechten Ruf wie die Ordnungsliebe heute. Die Täuschungsabsichten rhetorischer Argumentationsfiguren gerieten unter Generalverdacht, als mit dem Aufkommen der sog. exakten Naturwissenschaften der Gebrauch des Wortes bereits als Abweg erscheinen konnte. Thomas Sprat (1635–1713) hatte in seiner 1667 veröffentlichten History of the Royal Society of London for the Improvement of knowledge bereits für Wissenschaftler einen unrhetorischen Stil verlangt, der sich an der Sprache der Handwerker und Bauern orientieren solle. Er konnte sich dabei auf die klassische antirhetorische Figur des Res, non verba [Die Sache, keine Wörter] berufen (Blumenberg 2001, 310; Fumaroli 1999, 616), die auch bei Cato dem Älteren (234–149) zu finden war: Rem tene, verba sequuntur [Halte Dich an die Sache, die Wörter werden folgen] (Cahn 1986, 84). Trotz dieser älteren Tradition sieht auch Stephen Toulmin (1922–2009) den in der Neuzeit vollzogenen Wechsel von der mittelalterlichen, kontextgebundenen Logik zur neuzeitlichen, kontextinvarianten Logik als entscheidend und falsch an, da keine Aussage ohne die Berücksichtigung der Umstände ihrer Äußerung Sinn haben könne. Er weist außerdem darauf hin, dass die Entstehung der neuzeitlichen Auffassung mit dem Aufkommen des Buchdrucks einhergeht und der seitdem vertretenen Meinung, dass Alltagswahrnehmungen im Vergleich zu naturwissenschaftlichen als ungenau einzustufen sind (Toulmin 1996, 93, 181–183).
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Josef Kopperschmidt will, an Stephen Toulmin und Hans Blumenberg (1920– 1996) anknüpfend, die Rhetorik als philosophische Argumentationslehre rehabilitieren und beruft sich dabei auf Aristoteles. Dieser habe – im Gegensatz zu Platon, der die Sophistik als nicht theoriefähig aus der Philosophie ausschließen wollte – die επιστήµη (epistéme), d. h. die (natur)wissenschaftlich-philosophische Erkenntnis, gleichrangig neben die δόξα (dóxa), die Meinung, gestellt, über die unterschiedliche Auffassungen möglich sind. Eine Meinung kann Wahrscheinlichkeit für sich beanspruchen, (natur)wissenschaftlich-philosophische Erkenntnis dagegen Wahrheit (Aristoteles 2002, Erstes Buch, Kapitel 2, 1357a, 25f.; Kopperschmidt 1991; Campe 2002, 7 und öfter). Das Wahrscheinliche als Hauptgegenstand forensischer Rede und soziopolitischer Kommunikation wird damit nicht abgewertet, sondern lediglich abgesetzt gegen das Notwendige, das zwangsläufig so ist, wie es ist. Erst die imperiale Geste der neuzeitlichen, empirischen Naturwissenschaften hat das Wahrscheinliche in die Nähe des Unwahren gerückt. Sprache wurde im Humanismus und der Barockzeit in den Mittelpunkt einer Wissensmethode und -systematik gestellt, die der Stärkung des Gedächtnisses, der Entwicklung einer ars memoriae, einer Gedächtniskunst, galt. Es ging der Topik, in der Grammatik, Dialektik und Rhetorik vereint wurden, um die inventio, d. h. das kunstvoll betriebene Auffinden von Argumenten für die forensische Rede. Neben die ratiocinatio (Vernunftschluss) mit dem logischen Syllogismus und dem Enthymem trat die Induktion, d. h. die Aufzählung von Beispielen, um ein vorgetragenes Argument zu plausibilisieren. War die Topik zunächst z. B. bei Desiderius Erasmus (1466–1536) oder Philipp Melanchton (1497–1560) eine Sammlung von Zitaten, Sinnsprüchen vornehmlich aus den alten Autoren, so wurde bereits im 16. Jahrhundert mit Rudolf Agricola (Roelof Huysman, 1444–1485), Christoph Mylæus (um 1500–1570), Joachim Sterck van Ringelbergh (1499–1531) und schließlich Pierre Ramée (Petrus Ramus, 1515–1572) daraus eine sich als Polyhistorie ausgebende Universalwissenschaft, eine Wissenschaftslehre, die die Einteilung des Wissens methodisch, systematisch, kategorial begründen wollte (Schmidt-Biggemann 1983, 11–59). Dabei wurde die Topik durchaus auch in didaktischer Absicht entwickelt, z. B. bei Johannes Alsted (1588–1638) und Amos Comenius (Jan Amos Komenský, 1592–1670) (Schmidt-Biggemann 1983, 112–154). Im Zentrum stand aber die enzyklopädische Erfassung und Ordnung des Wissens. Auch in belehrender Absicht entwickelte sich als Teil dieser enzyklopädischen Bemühungen die sogenannte Buntschriftstellerei, die bereits im Titel die Kuriositäten, die Denk- und Merkwürdigkeiten führte. Diese Buntschriftstellerei bot eine Art der Wissenspräsentation, die auf Wirkung angelegt war, um ein großes Publikum zu erreichen, aber durchaus einen enzyklopädischen und belehrenden Anspruch der Wissensvermittlung wie der ethischen Erbauung hatte (Schock 2012). Diese Art der Wissenspräsentation zeigt mit der Mischung aus Fiktion und Fakten, aus Erfundenem und Wunder- bzw. Verschwörungsberichten die größten Ähnlichkeiten zu den Zeitungen, Illustrierten der früheren und heutigen Zeiten und dem Internet, vor allem in der Form der sogenannten sozialen Medien (Social Media): Das Geschichtenerzählen, der
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Klatsch, das Gerücht bilden den Stoff, mit dem die Autoren der Merk- und Denkwürdigkeiten ihr Publikum massenhaft erreichten. Wissensspeicher sind die Medien, von denen aus bzw. mit denen Wissen vergegenwärtigt wird. In früheren Zeiten waren das Bild- und Texterinnerungen, die mündlich weitergegeben wurden, aber auch Sachzeugen wie Kleidung, Ernährung, Behausung, Werkzeug und Technik, Kunst und Architektur, in denen sich Wissen materialisiert hatte. Mit der Schrift, später dem Buch und heute den zahlreichen elektronischen Speichern, sind Medien entstanden, die eine langfristige Speicherung von bildlichen und akustischen Inhalten ermöglichen, wobei Texte den verbalen Bildern zugeordnet werden können. Ein entscheidender Unterschied zu früheren Jahrhunderten ist heute die globale Ubiquität und Simultaneität der angebotenen Information, d. h. die physische Präsenz an jedem Ort und zu jeder Zeit. Auch die Wissensgesellschaften der Antike, des Mittelalters und der Neuzeit waren vernetzter, als wir das heute üblicherweise wahrnehmen. Insbesondere die Schrumpfung der Kommunikationswege durch Ausbau der Infrastruktur hat spätestens seit dem 16. Jahrhundert zu einer europäischen, späterhin auch bereits globalen Wissenschaftsgemeinschaft geführt. Gleichwohl bleibt ein erheblicher Unterschied zu den heutigen Möglichkeiten bestehen. Jack Goody und Ian Watt haben 1963 auf die Veränderung von Wissensordnungen durch Schriftlichkeit hingewiesen (Goody und Watt 1962/1963). Für sie zeichnete sich das mündlich tradierte Wissen durch eine homöostatische Ordnung aus, die den Eindruck erwecken konnte, immer schon da gewesen zu sein, sich aber doch gesellschaftlichen Veränderungen anpasste, ohne dass die Beteiligten das als Umbruch wahrgenommen hätten. Gesprochene Sprache ist und bleibt Voraussetzung einer schriftlichen Form. Schrift besteht nicht ohne die phonetische Grundlage (Küster 2006). Ethnomethodologisch erscheint das plausibel, da wahr nur das sein kann, was im gegenseitigen Gespräch erörtert und bekräftigt wurde. Das gesprochene Wort ist primär, weswegen auch wie gedruckt gelogen wird – obwohl wiederum das glaubhaft erscheint, was schwarz auf weiß vorhanden ist. Mündliche Kulturen haben erstaunliche Leistungen vollbracht, um langfristig das gesellschaftlich wichtige Wissen z. B. über Herkunft, Recht und Ereignisse im gemeinschaftlichen Gedächtnis aufzubewahren (Richter 2001). Vielfach sind dafür formelhafte Erzählstrukturen gewählt worden, wie sie Mythologie und Märchen kennen (Propp 1928, Zumthor 1983). Erfahrungen werden so in Erzählungen verdichtet, um als solche in der Erinnerung gespeichert zu werden. Diese Erinnerungen geben wiederum der Erfahrung Struktur, lassen also bestimmte Erfahrungen zu, andere aber erschweren sie. Gleichwohl bleibt die Möglichkeit der neuen Erfahrung, der Ergänzung bzw. Veränderung der Struktur, die kein Käfig ist, wie Empiristen und Sensualisten glaubten. Erzählstoffe dieser Art werden noch heute mündlich weitergegeben als sogenannte urbane Legenden (Brednich 1990; Vierbacher 2007). Aber auch in der Wissenschaft wird erzählt, werden Metaphern genutzt, um schwierige Stoffe, wissenschaftliche Zusammenhänge zu verdichten, kurz in einem Begriff bzw. einem Bild zu bündeln. Die Rhetorik (zusammen mit den beiden anderen
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Disziplinen des Trivium: Dialektik bzw. Logik und Grammatik) war dafür zuständig, das wahrscheinliche Argument zu plausibilisieren. Wird die schriftliche Form eingeführt, so verändert das nur allmählich auch die gesellschaftlichen Umgangsformen, da bis heute beide Formen weiterbestehen, also vielfältige Erinnerungsformen geblieben sind, ohne dass die eine die andere verdrängt hätte (Teuscher 2007, 305–317). Das entscheidende Argument von Goody und Watt geht aber in eine andere Richtung: philosophische, theologische oder juristische Dogmatik als festgelegte Begriffsordnung lässt sich nur in schriftlicher Form konsistent und vor allem kumulativ entwickeln und weitergeben. Die Handschrift- und Buchkulturen des Mittelalters und der Neuzeit belegen in vielfältiger Weise diese Auffassung, da ein nicht unerheblicher Teil dieser Literatur als Kommentar und / oder Kompilation älterer Texte überliefert ist. Sicherlich wird eine solche Tradition langfristig halt- und damit überlieferbarer Texte zu unterschiedlichen Zeiten auch unterschiedlich wahrgenommen und interpretiert. Doch der notwendige Rückbezug auf diese schriftliche Tradition wird zu einer Forderung intellektueller Redlichkeit. Oder er kann wie bei Friedrich Nietzsche (1844–1900) als Fessel der Phantasie erscheinen (Nietzsche 1997, 281–285). In ähnliche Richtung argumentierten bereits die Humanisten in Hinsicht auf das Mittelalter und die (frühe) Aufklärung gegen die Enzyklopädistik des 16. und 17. Jahrhunderts sowie den Polyhistorismus (Mulsow und Zedelmaier 1998, 6; Mulsow 1998, 57). Ein Vorschlag des Mathias Abele von und zu Lilienberg (1616/1618–1677) zielte daher auf die bewusste Herstellung von Unordnung in der Darbietung des Wissens (Abele 1671).
3 Ordnungen Wissensordnung erscheint notwendig, um die Vielfalt der Welt in der Erinnerung zu behalten und wieder in das aktuelle Gedächtnis rufen zu können. Seit der Antike sind solche Ordnungen auf Personen, Orte und Sachen sowie deren Verbindung in Ereignissen bezogen. Begriffliche Ordnungen der Philosophie in Metaphysik und Topik versuchen einerseits, apriorische, d. h. vor aller Erfahrung liegende, Begriffe zu bestimmen, um danach ihre Verwendung (Grammatik, Logik, Rhetorik) zu diskutieren. Hinter solchen Versuchen steht die Vorstellung, die Welt in ihren bedingten Erscheinungen und Funktionen begrifflich und damit für jeden begreifbar erklären zu können. Ordnungsentwürfe sind daher immer Epistemologie (Erkenntnistheorie) und Ontologie (Seinslehre) in einem. Bereits die Ordnungsentwürfe der frühen mesopotamischen Reiche sind dem Bedürfnis zu verdanken, „das Wissen über die Welt und damit die Welt selbst verwaltbar und dadurch kontrollierbar zu machen“ (Küster 2006, 79). Ordine nihil pulchrius, nihil fructiosius esse nemo videt, nisi forte Tiresia sit caecior. Ordo siquidem in amplissimo hujus mundi theatro rebus omnibus conciliat dignitatem, & ipsarum est velut anima.
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[Dass nichts schöner und fruchtbarer sei als die Ordnung, sieht nur der nicht, der noch blinder ist als Teiresias (griechischer Gott, den Hera erblinden ließ, Zeus aber mit der Sehergabe versah). Denn die Ordnung verleiht auf dem sehr ausgedehnten Schauplatz dieser Welt allen Dingen ihre Würde und ist wie deren Seele.] (Alstedius 1630, tom. 1, 1).
Johann Heinrich Alsted (1588–1638) stand im Schnittpunkt einer enzyklopädischen Gelehrsamkeit, die sich humanistisch vom scholastischen Kommentieren der antiken Autoren durch eine neue Ordnung des Wissens abheben wollte, zugleich aber Teile der von der Antike überlieferten artistischen Gelehrsamkeit und ihrer Ordnung in Trivium (Grammatik, Dialektik, Rhetorik) und Quadrivium (Arithmetik, Geometrie, Musik, Astronomie) übernahm. Alsted rezipierte außerdem von humanistischen Gelehrten wie Desiderius Erasmus, Jean Bodin (1529–1596), Christoph Mylæus, Rudolph Agricola und Pierre Ramée – um nur einige zu nennen – die Ausrichtung einer Neuordnung des Wissens auf die Lehr- und Lernbarkeit eines immer umfangreicher werdenden Stoffes, der methodisch und systematisch aufbereitet werden musste. Diese Ordnung diente insbesondere der ars memoriæ, einer Gedächtniskunst, die nicht nur das Lernen erleichtern, sondern auch das Behalten und Erinnern beständig gegen das Vergessen machen sollte. Diese Gedächtniskunst war eine Wissensordnung für Sparten des damaligen Wissens, das noch keine Trennung in Natur- und Geisteswissenschaften kannte. Die Aufbereitung dieses Wissens sollte im Rahmen einer allgemeinen Topik, einer topica universalis stattfinden. Die Topik war zunächst ein ungeheurer Kasten, in dem das überlieferte Wissen verzettelt war. Diese Orte des Wissens (τόπος, tópos = Ort) mussten aufgefunden und in eine sinnvolle Argumentation eingefügt werden können. Die Topik umfasste daher Dialektik wie Rhetorik und sollte Grundlage aller Wissenschaften (Theologie, Jurisprudenz, Medizin, späterhin auch anderer Fächer) sein (Schmidt-Biggemann 1983; Hotson 2000, bes. 164–172). Typisch für diese Art der methodischen Systematisierung des Wissens waren die nicht selten binär aufgebauten Begriffsverzweigungen, die sich von den Oberbegriffen zu den untergeordneten Begriffen entfalten, eine Technik, die nicht erst seit Ramée üblich wird, aber für viele ein äußerliches Kennzeichen ramistischer Wissensordnung darstellt (Michel 2007, 117f.). Es ist wichtig, dass der Anspruch solcher Einteilungen die Abbildung des gesamten menschlichen Wissens, also ein enzyklopädischer ist. Dieser enzyklopädische Anspruch wird verbunden mit einer auf Ramón Llull (Raimundus Lullus, um 1232–1316) zurückgehenden Kombinatorik grundlegender Begriffe des Wissens, den sogenannten arbores scientiae (Wissensbäumen), die bei Ramée auch Axiome genannt werden. Heute mutet uns diese Art der Kombinatorik, die durch beliebige Kombination von Begriffen eine erschöpfende Anzahl unterschiedlicher Argumente erzeugen wollte, seltsam an. Als Maschine konzipiert, wie sie als sog. Automaten in der Barockzeit für das Rechnen oder die Musikerzeugung gebaut wurden, gleicht das einem algorithmisch gesteuerten Rechnerprogramm zur
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Erzeugung fachlich sinnvoller Argumente, einem Expertensystem wissenschaftlicher Argumentation. Die Zeit dieser enzyklopädischen Entwürfe ging um 1700 zu Ende. Die Polyhistorie repräsentierte bis zu Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716) noch eine Universalwissenschaft mit dem Primat von Logik, Dialektik und Rhetorik. Mit René Descartes (1596–1650) und Francis Bacon (1561–1626) führte jedoch der Primat der Empirie und der mathematisch formulierenden, quantifizierenden Naturwissenschaft zu einem allmählichen Ende der Universalwissenschaft, die als sprachlich orientierte Wissenschaft spätestens mit Christian Wolff (1679–1754) philosophisch nicht mehr den Anspruch einer Wissenschaft erheben konnte (Schmidt-Biggemann 1983, 208–212, 300–302). Abgelöst wurde die Universalwissenschaft von alphabetisch geordneten Enzyklopädien, Bibliographien und Fachlexika. Diese unterlegten den Lemmata zuweilen ein systematisches Raster, um so die sachlichen Verweise von einem Artikel auf andere ordnen zu können, doch war das weder überall der Fall – wie die Enzyklopädie von Johann Heinrich Zedler (1706–1751) zeigt – noch war der Erfolg einer solchen Bemühung immer sichtbar – wie die Encyclopédie von Denis Diderot (1713–1784) und Jean-Baptiste le Rond d‘Alembert (1717–1783) offenbart (Schneider 2013, 53–83). Gleichwohl zeugen die Versuche, Wissen und Wissenschaften in einem System darzustellen, davon, dass es neben dem Alphabet als offenste Anordnung einen Zusammenhang unter den Wissensgebieten gibt. Ramón Llull hatte noch eine philosophisch-theologische Kategorienlehre zugrundegelegt (Lullus 1598, 238–243; SchmidtBiggemann 1983, 162f.; Kircherus 1669, 8–14), die von Athanasius Kircher (1602–1680) weiterentwickelt wurde zu einer Art Begriffssprache. Er war es insbesondere, der in der Welt alles mit allem zeichenhaft zusammenhängen sah, das Große im Kleinen und das Kleine im Großen, den Makrokosmos im Mikrokosmos und umgekehrt (Porter 2005; Leinkauf 2009, 369–375; Breidbach 2008, 99f.). Obwohl es also attraktiv blieb, die Welt auf eine kleine Anzahl von Begriffen und deren Kombination zu reduzieren, blieben die unendlich vielen kombinatorischen Möglichkeiten ein Problem, das auch Gottfried Wilhelm Leibniz nicht lösen konnte (Schmidt-Biggemann 1983, 176–185, 193–195). Die an Logik, Dialektik und Rhetorik, also der Topik, orientierte Polyhistorie konnte seit der Zeit 1700 nicht mehr bestehen, als für die herrschende Wissenschaftskonzeption der Vorrang des Artistischen entfiel (Schmidt-Biggemann 1983, 212). Wissenschaftssysteme wurden jenseits dieser didaktisch, kombinatorisch und damit topisch orientierten Versuche in der Neuzeit vielfach entworfen (Tega 2011, 163–173). Besonders erfolgreich war das erkenntnistheoretisch nach den Verstandesvermögen angeordnete System von Francis Bacon. Er unterschied auf oberster Ebene Gedächtnis (memoria, historia), Vernunft (ratio, philosophia) und Phantasie (imaginatio, poesia) (Greiner 1978, 9f.), eine Unterscheidung, die im bekannten Système figuré des connoissances [sic!] humaines der Encyclopédie differenziert wiedergegeben wird (Diderot 1751, XLVII–LII; Baladrán 2010, Faltblatt α). Die dadurch sich ergebende Wissensordnung sollte Grundlage der aus pragmatischen Gründen linear alphabetisch aufgebauten Encyclopédie werden, insbesondere die Verzahnung (ent-
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relacement) bzw. Verkettung (enchaînement) der Verweise, der renvois (Küster 2006, 538–543). Ephraim Chambers (um 1680–1740) hatte bereits ein Vierteljahrhundert vor Erscheinen der Encyclopédie in seiner Cyclopædia ein Schema der Wissenschaften geboten, das in zahlreiche auch praktische Wissensgebiete wie z. B. Jagd oder Gartenbau ausgriff, ein Verfahren, das auch im Système général wiederzufinden ist (Chambers 1741, III–VIII; Abb. 1).
Abb. 1: Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Sign. P-A 10011, Foto: Birgit Zimny
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Diese systematischen Anstrengungen und diejenigen des 19. Jahrhunderts waren von der enzyklopädischen Vorstellung der Ordnung des gesamten menschlichen Wissens – oder einzelner fachlicher Teile davon – geprägt. Eine andere Tradition kann als praktische, an den Bedürfnissen der Bibliotheken orientierte bezeichnet werden. Ob die Tradition, wie es die historische Überlieferung will, tatsächlich auf die Bibliothek von Alexandria zurückgeht, sei dahingestellt. Wichtig ist, dass der praktische Zweck und eine wie immer geartete Sachsystematik ineinander gehen und daher an die bisher angeführten historischen Beispiele anknüpfen. Zu nennen wären neben den Univeralklassifikationen Dewey Decimal Classification und Universal Decimal Classification und dem Universalthesaurus Gemeinsame Normdatei (GND) der Deutschen Nationalbibliothek auch zahlreiche Spezialthesauri für Orts- und Personen- bzw. Körperschaftsnamen sowie einzelne Fachgebiete wie z. B. Ikonographie (Iconclass). Solche Normvokabulare sind heutzutage deswegen wichtig, weil im Gegensatz zu den vielen partikularistischen und fragmentierten Vokabularen in den genannten Fällen zumindest die enzyklopädische Idee bestehen bleibt, das gesamte Wissen in einer begrifflichen Ordnung abzubilden. Der Wert eines solchen Verfahrens mag in Zweifel gezogen werden, doch Normvokabulare gewinnen dann an Wert, wenn es sich um strukturierte Begriffe nach DIN/ISO handelt, die die Begriffe untereinander verknüpfen und damit erst das schaffen, was wir üblicherweise als begriffliche Ordnung ansehen. In dieser Form sind sie eine Grundlage für systematische bzw. semantische Ordnungen des Wissens im Internet.
4 Ordnungen im Internet Im Internet ist nichts wahr im aristotelischen Sinne, sondern alles (allenfalls) wahrscheinlich. Weit über den aristotelischen Begriff des Wahrscheinlichen als Inbegriff der öffentlich zu erörternden, kontroversen Meinungen hinaus, eröffnen sich allerdings in heutiger Zeit erheblich mehr Mittel der Täuschung. Die Möglichkeiten der digitalen Veränderung von Ton und Bild erlauben keine Schlüsse mehr – und schon gar keine sicheren – auf die Glaubwürdigkeit der gebotenen Inhalte. Auch die Rhetorik stand ja im heroischen Zeitalter der empirisch-naturwissenschaftlichen Epoche seit Mitte des 17., verstärkt im 18. und 19. Jahrhundert im Ruf, lediglich der Täuschung der Zuhörenden zu dienen, eine Absicht, die ihr seit Platon immer wieder unterstellt wurde. Lediglich allgemeine Erfahrungsregeln in der Tradition der loci communes schienen eine Orientierung zu erlauben. Werden Digitalisate oder digitale Dienstleistungen von einer anerkannten Agentur der vom Steuerzahler alimentierten Institutionen – auch des Kulturbetriebes – angeboten, so ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass zuverlässige Information geboten wird, soweit diese Agenturen nicht selbst Agenten eines repressiven, Wissen verbergenden und Meinungen einschränkenden Staates oder seiner geheim-
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dienstlichen Institutionen sind. Heutzutage gibt es daher keine allgemein anerkannten Regeln für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit digitaler Inhalte. Selbst die üblichen Faustregeln bieten kaum eine Gewähr. Wir sind also noch weit entfernt von einer Topik des Internets, zumal es sich dabei eben nicht um eine topica universalis handeln kann, eine allenthalben, d. h. global über alle Kulturen dieser Welt hinweg, als gültig wahrgenommene Wissensordnung handeln kann. Olaf Breidbach hat vor einigen Jahren bereits festgestellt, dass objektive Wissensordnungen oder gar Sicherheit durch Einsatz immer besserer Expertensysteme eine Fiktion sei (Breidbach 2008, 47–50, 74f.). Darin unterscheiden wir uns in erheblichem Maße von früheren Jahrhunderten, die vielfach realistisch noch an eine eindeutige Referenz von Begriff und Welt glaubten, Ordnungssysteme also für solche der Welt hielten. Trotz der fehlenden Sicherheit wissen wir, dass die begriffliche Ordnung des Wissens notwendig ist, um Wissen zu speichern und wieder aufzufinden. Ordnungen sprachlicher Art, wie wir sie aus der barocken Universalwissenschaft und der Enzyklopädistik der Neuzeit kennen, gibt es für die im Internet angebotenen Wissensmengen in vielfältiger Art. In einer algorithmisch aufbereiteten und daher maschinenlesbaren Sprache steuern sie sämtliche Prozesse im Internet: Suchmaschinen, Übersetzungshilfen, Entitätenabgleich, Verknüpfungen von Informationen. Sämtliche Ordnungen dieser Art sind menschliche Projektionen, Wahrnehmungen der Welt, die in Algorithmen gefasst werden (Breidbach 2008, 118). Die Art der Wissenspräsentation hat einen Nachteil gegenüber dem menschlichen Gehirn, für das bildhaft viele Dinge gleichzeitig und am gleichen Ort präsent sind: sowohl die Prozessschritte eines Algorithmus als auch die Ergebnisse einer fertigen Prozesskette müssen linear abgearbeitet werden. Meistens werden diese sogar in mehr oder weniger unzusammenhängenden Listen angeboten – je nach Präzision der Frage und des Suchalgorithmus. Diese Art der fragmentierten Wissenspräsentation soll und wird seit einigen Jahren durch sogenannte semantische Techniken abgelöst, die versuchen, Fragen in einen Kontext zu stellen und damit zumindest ansatzweise der Leistung des menschlichen Gehirns näher zu kommen. Im Bereich der Kulturportale bedeutet diese Einsicht einen Strategiewechsel: Nicht die Quantität allein ergibt ein vielfältiges und gutes Angebot, sondern die intelligente Vernetzung der Informationen, die Ausschöpfung der semantischen Potentiale, die in den vorhandenen Daten bereits enthalten sind – einmal vorausgesetzt, dass die aus Mitteln des Steuerzahlers alimentierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auch bereit sind, dieses Wissen öffentlich zu machen und nicht als arcanum, ein Geheimnis, ihrer Genialität zu betrachten. Ein solcher Strategiewechsel bedeutet, dass für die Infrastruktur einer semantischen Vernetzung von Informationen erheblich mehr Entwicklungsaufwand betrieben werden muss. Viele Schritte sind bei der Entwicklung von Regelwerken und Ontologien bereits getan worden, um auch den globalen Anforderungen des Internet zu genügen. Unterschieden werden im Folgenden die Regelwerke für die Erfassung von Wissensobjekten von denen für die sachliche Anreicherung.
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Regelwerke für die formale Beschreibung von Wissensobjekten gibt es zahlreiche. Für die Kulturportale soll zwischen Metadatenformaten wie z. B. Dublin Core Metadata Element Set (DCMES) (http://dublincore.org/documents/dces/) und Ontologien wie dem CIDOC Conceptual Reference Model (CRM) (Lampe et al. 2010) unterschieden werden. Bei Metadatenformaten, die es außer für den Bibliotheksbereich auch für den Archiv- und Museumsbereich gibt, handelt es sich häufig um eine stark vereinfachte, flache Datenstruktur, datenbanktechnisch vergleichbar einem flat file, d. h. diese Formate sind nicht in der Lage, ohne zusätzliche Hilfmittel sachliche Verknüpfungen zwischen den Inhalten herzustellen. Darüber hinaus sind auch Metadatenformate, die komplexe Sachverhalte der Quelldaten angemessen darstellen können, starr, was die Aufnahme unerwarteter Information angeht bzw. meist nicht einfach erweiterbar. Wird die weitergehende Information dennoch hineingezwungen, wird ihre Nutzung semantisch unpräzise. Sie sind gegenüber proprietären Formaten aber allemal ein Vorteil (vgl. den Beitrag von Gerda Koch in diesem Band, S. 252–259), auch wenn sie nicht für eine Konsistenz der Inhalte bürgen können. Im Bereich bibliographischer Beschreibung sind mit den Functional Requirements for Bibliographic Records (FRBR) (Funktionelle Anforderungen 2006) und dem Resource Description and Access (RDA) Katalogisierungsregeln in Richtung einer Objektorientierung gemacht worden, die aber erst allmählich ihre Vorteile bei der Datenpräsentation ausspielen werden. Einen weiteren Schritt in Richtung Objektorientierung haben die FRBR durch die Harmonisierung mit dem CRM gemacht. Das CRM versteht sich als eine erweiterbare Ontologie zur Beschreibung wissenschaftlicher Objekte, insbesondere der wissenschaftlichen Beschreibung von Museumsobjekten (Lampe et al. 2010, 9–11). Dabei ist es unerheblich, in welcher medialen Form dieses Objekt vorliegt. Auch kann der Entstehungs- und Verwertungsprozess eines Objektes lückenlos dokumentiert und die unterschiedlichen Ausprägungen eines Objektes (Original, Kopie, mediale Ausprägungen wie Druck, Film, Hörstück usw.) sinnvoll miteinander verknüpft werden. Das CRM vermag daher komplexe wissenschaftliche Zusammenhänge problemlos abzubilden. Ein Beispiel wäre die Expedition Charles Darwins mit der Beagle nach Westindien. Dabei hat es nicht nur viele Beteiligte gegeben, sondern in diesem Zusammenhang sind zahlreiche Gegenstände vor Ort gesammelt worden, Manuskripte, Zeichnungen und gedruckte Bücher entstanden, die alle einen engen Bezug zu dem genannten Ereignis haben. Das CRM vermag als ereigniszentrierte Ontologie einen solchen Sachverhalt mit seinen 90 Klassen (entities) und 148 Eigenschaften (properties) (vgl. Abb. 2) in all seiner Komplexität kategorial zu erfassen – und die erfassten Daten für die weitere rechnergestützte Analyse und Verarbeitung aufzubereiten. Es wäre an der Zeit, Natur- und Kulturobjekte auf dieser Grundlage zu erfassen und für das Internet bereitzustellen. Auch die Verknüpfung der Daten mit anderen Internetressourcen durch linked (open) data könnte längst Standard sein (Kummer 2007; Kummer 2012). Davon sind die meisten Kulturportale noch weit entfernt.
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Entität Geschehendes Phase Ereignis Handlung Bearbeitung Herstellung Merkmalszuweisung Begriffliche Schöpfung Daseinsbeginn Herstellung Begriffliche Schöpfung Daseinsende Seiendes Sache Rechtsobjekt Materielles Hergestelltes Sinnbild Künstliches Hergestelltes Begrifflicher Gegenstand Ausgangsobjekt Recht Sinnbild
Informationsgegenstand Benennung
Typus
Informationsgegenstand
Akteur Menschliche Gruppe Ort Maß Zeitprimitiv
Primitiver Wert Zeichenprimitiv Zeichenkette
Abb. 2: Klassen (Über- und Unterklassen) des CRM in hierarchischer Ansicht (Unterklassen sind mengentheoretisch vollständige Teilmengen der Überklasse, erweitern also die Zahl der Instanzen und damit die Extension der Überklasse). (Lampe et al. 2010, 15, 21f.)
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Regelwerke für die Sacherschließung kommen nicht selten dem nahe, was oben in den enzyklopädischen Entwürfen des Humanismus und Barock als Ergebnis der Wissenssystematisierung erörtert wurde. Solche Regelwerke, deren technische Einteilung (Taxonomie, Klassifikation, Thesaurus usw.) und Aufbereitung (mono- oder polyhierarchisch, facettiert usw.) hier nicht erörtert werden soll, sind früher für die Beschreibung von Natur- und Kulturobjekten genutzt worden, um Personen, Orte und Sachen (Ereignisse, Begriffe usw.) eindeutig bestimmten Objekten zuzuordnen. Die Unterhaltung solcher Regelwerke ist außerordentlich aufwendig, heute aber um so notwendiger, um qualifizierte Zugänge zu großen Mengen an Information anzubieten, zumal sich neue Einsatzmöglichkeiten durch Entitätenabgleich bei digital vorliegenden Texten und Hördokumenten ergeben haben. Durch den Abgleich der gehörten oder gelesenen Wörter mit den Begriffen solcher Regelwerke – möglichst unter Nutzung einer vielleicht vorhandenen begrifflichen Hierarchie – lassen sich erfasste Daten semantisch anreichern und damit für die Nutzung erheblich attraktiver machen. Auch in dieser Richtung könnte für Kulturportale erheblich mehr erreicht werden als das, was bisher durch Nutzung von Regelwerken für die Sacherschließung schon erreicht werden konnte. Insbesondere für die semantische Vernetzung der Informationen und damit für die Phantasie der Nutzerinnen und Nutzer wäre damit viel erreicht (einen Überblick bei Basel Register of thesauri, ontologies, and classifications: http://bartoc.org/).
5 Abspann Ordnung ist das halbe Leben, lautet die Volksweisheit. Ethnomethodologisch ist es das ganze Leben, da wir immer bemüht sind, die Indexikalität unserer Wahrnehmung – der Welt – zu heilen, in Ordnung zu bringen, um das alltägliche Risiko in gesicherte Bahnen zu lenken. Insofern sollten wir lernen, die Sekundärtugend der Ordnungsliebe höher zu schätzen – nicht als Heilsbringer oder gar zwanghaft, sondern als Begleiter unseres Lebens. Von Sinn zu sprechen, erforderte an dieser Stelle einen weiteren und erheblichen Begründungsaufwand, der vielleicht an anderer Stelle erbracht werden kann. Das Chaos des Internet wird nicht restlos zu bändigen sein, sondern nur teilweise domestiziert werden können. Unethische oder betrügerische, ja verbrecherische Nutzung des Internet werden in einem solchen Chaos nicht wirklich kontrollierbar sein, es sei denn, der freie Zugang zu den Informationskanälen würde von staatlicher Seite erheblich eingeschränkt, so, wie es bereits in einigen Staaten praktiziert wird. Geschichte eröffnet uns Erweiterungen der Gegenwart, die uns auch Vergleiche mit zeitgleichen Kulturen geben könnten. Geschichtliche Forschung erweitert den Erfahrungsraum der Gegenwart. Sie kann gegenwärtige Wissensbestände beglaubigen oder in Frage stellen, bestätigen oder relativieren. Von zeitlicher – oder auch ört-
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licher – Vertiefung zu sprechen, wäre bereits eine starke metaphorische Aussage über die Gegenwart, die schwer zu begründen wäre. Geschichten – vor allem gute – sind Schleppanker der Erfahrung, die – im Moment erinnert – unser aktuelles Handeln beeinflussen können. Das Internet, das in der langen Tradition der Presseveröffentlichungen, aber auch des enzyklopädischen Wissens steht, hat die Macht, Geschichten auf wirksame Weise zu erzählen und für deren weltweite Verbreitung zu sorgen. Die erste Frage lautet, in welchen sozialen Zusammenhängen diese Geschichten eine entscheidende Rolle spielen. Die zweite Frage betrifft die Feststellung der Wahrscheinlichkeit – Plausibilität – der Geschichten, d. h. ob sie in die jeweilige topische Erfahrung der Zuhörerinnen und Zuschauerinnen zu integrieren sind. Die Antwort auf beide Fragen kann nur kommunikationstheoretisch, d. h. ethnomethodologisch beantwortet werden. Ein fester Grund für unsere Wahrnehmung ergibt sich daraus nicht. So bleibt die Welt, so bleibt jede mögliche Ordnung dynamisch. Hony soit qui mal y pense. Ein Schelm ist, wer Böses dabei denkt. Im Zeitalter des Konsumismus bzw. der Kommodifizierung der Dinge – alles wird zur Ware – sollten Wahrheiten konsequent kommerzialisiert und in Läden oder online verkauft werden. Das eröffnete den Einsatz sämtlicher Marketingstrategien: Werbung, genaue Zielgruppenansprache, Rabatte, Schlussverkäufe usw. Auf diese Weise könnten Wahrheiten vielleicht größere Verbreitung finden als bisher – meine oder unsere jeweiligen Wahrheiten. Außerdem ließe sich der Wert der Wahrheit in quantifizierbaren Geldeinheiten messen. Es gäbe Wahrheiten, die uns teuer zu stehen kommen, billig zu haben oder unerschwinglich wären. Jenseits solcher ernst zu nehmenden Scherze bleibt zu fragen, was angesichts einer unausweichlichen Wahrscheinlichkeit unsere Welt planbarer, sicherer machen kann. Kulturportale, die in Deutschland fast ausnahmslos aus Steuergeldern finanziert werden, haben einen Stil der Faktenpräsentation entwickelt, der auch in der Öffentlichkeit als glaubwürdig wahrgenommen wird. Diese Kultur der genauen, gut geordneten und sachangemessenen Präsentation des Wissens gilt es, jenseits aller weltanschaulichen Moden zu bewahren. Insbesondere gilt es, den Wert der präsentierten Kulturgüter herauszuheben, ihre Attraktivität deutlich werden zu lassen. Wenn im Zuge des Relativismus der Massengeschmack einer Müllkultur zum wertvollen Kulturerbe geadelt wird – Milli onen, die Deutschland sucht den Superstar (DSDS) sehen, können nicht irren –, dann muss dieses gegenüber solchen Eingemeindungen kenntlich gemacht und in seiner wichtigen Aufgabe für unser Denken und Handeln gestärkt werden. Kulturportale haben in dieser Hinsicht ähnlich wie die barocken Erinnerungskünste eine Erziehungsaufgabe. In die Welt des Wahrscheinlichen gilt es, Strategien bzw. Rhetoriken des Authentischen zu entwickeln und eine Spur der Glaubwürdigkeit zu legen. Für die Attraktivität der Inhalte ist eine semantische Vernetzung erforderlich, die kreative Potenziale anzuregen, tatsächlich neues Wissen aus den ubiquitär zuhandenen Informationen zu erzeugen vermag.
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Teil 2 Rechtliche und wirtschaftliche Aspekte oder Aspekte der Verwertung
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Kulturportale und Urheberrecht 1 Kulturelle Teilhabe und Urheberrecht Die Teilhabe jedes Einzelnen an den kulturellen Errungenschaften einer Gesellschaft ist von vielen Bedingungen abhängig. Dazu gehören ohne Zweifel die verschiedenen kulturellen Zugangsbedingungen, die ebenso rechtliche Voraussetzungen einschließen. Denn kulturelle Teilhabe ist ohne Zugang zu den kulturellen Errungenschaften undenkbar. Das Urheberrecht, dessen Gegenstand Werke der Wissenschaft, Literatur und Kunst einschließt, ist Teil einer rechtlichen Infrastruktur, die genügend Spielraum für die kulturelle Teilnahme jedes Einzelnen bietet. Das Urheberrecht steht aber vor Herausforderungen zu Beginn des 21. Jahrhunderts, die unterschiedlicher nicht sein können. So wie der vieldeutige Begriff Kultur1 Fragen aufwirft, gilt dies ebenso für das Urheberrecht. Für das Urheberrecht stellt sich die grundsätzliche Frage, ob es den Herausforderungen des Internets und der Digitalisierung gerecht wird. Kultur und Urheberrecht sind insofern eng miteinander verbunden. Das Urheberrecht ist selbst Teil der kulturellen Infrastruktur einer Gesellschaft. Aber das Urheberrecht kann nicht alle Widersprüche lösen, die im Zusammenhang mit der kulturellen Teilhabe jedes Einzelnen im Internet auftreten. So kann das Urheberrecht z. B. nicht verhindern, dass Theater oder andere Kultureinrichtungen geschlossen werden, weil die finanziellen Unterstützungsmaßnahmen durch den Bund, die Länder oder Kommunen nicht ausreichen. Die kulturelle Infrastruktur einer Gesellschaft sollte allen Menschen zugänglich sein. Dazu gehören z. B. Theater, Bibliotheken, Museen, Galerien, Kinos, Archive und andere Kultureinrichtungen. Mit dem Internet haben sich neue Möglichkeiten der kulturellen Teilhabe herausgebildet.2 So wird die kulturelle Infrastruktur durch die Kulturportale bereichert. Was ist aber, wenn ein Teil der Gesellschaft die vorhandenen Möglichkeiten nicht nutzen kann? Ein Teil der Gesellschaft kann die Bücher in den Bibliotheken nicht nutzen, weil die Zahl der Analphabeten in Deutschland gestiegen ist. Immerhin 7,5 Millionen erwachsene Männer und Frauen können in Deutschland nicht lesen und schreiben.3 Wie will man diesen Widerspruch lösen? Hinzu kommt jener Teil der Gesellschaft, der aufgrund fehlender finanzieller Mittel nicht in der Lage ist, die kulturellen Einrichtungen zu nutzen. Die Nutzung der 1 Das Wort „Kultur“ wird in den Wissenschaftsdisziplinen unterschiedlich verwandt. Dementsprechend ist die Bedeutungsvielfalt des Kulturbegriffs sehr groß. Deshalb kann er keiner verbindlichen Auslegung unterliegen. Siehe z. B. Berch, Der Begriff Kultur: Kulturphilosophie als Aufgabe, Bielefeld 2013; Hauck, Kultur, Münster 2006; Larise, Mythos Kultur, Wien 2009; Huntington, Der Kampf der Kulturen, Wien 1996. 2 Euler/Dreier, Der Vergangenheit eine Zukunft, Kulturelles Erbe in der digitalen Welt, Berlin 2015, S. 196 ff. 3 www.n-tv.de artikel 12384531.html v. 5. März 2014.
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Schätze der Vergangenheit und Gegenwart kann nur durch einen Teil der Gesellschaft erfolgen, die die finanziellen Möglichkeiten hat. Die kulturellen Nutzungsangebote sind vielfältig. Dazu gehören auch jene Angebote in den Medien, die im Verhältnis von Angebot und Nachfrage zu verflachen drohen.4 Stellvertretend dafür stehen die Fernsehsendungen „ Cindy aus Marzahn“ und „ Dschungelcamp“ u. a. Veranstaltungen auf diesem Niveau. Die Menschen wissen teilweise nicht, worüber sie lachen und warum sie aufgehört haben nachzudenken.5 Der Begriff der Kultur ist insofern inhaltlich weit zu bestimmen. Die Kultur im engeren Sinne erfasst nicht nur die literarische, wissenschaftliche und künstlerische Produktion und deren Arbeitsergebnisse als Werke, sondern auch die technischen Erfindungen. Im Mittelpunkt stehen die Kreativen, die erst die Schätze der Vergangenheit heben und darauf aufbauend eigene literarische, wissenschaftliche und künstlerische Werke und Leistungen produzieren (Kreativindustrie). Geistige Arbeiter, die im Laufe der Geschichte der Menschheit z. B. Sprachwerke und technische Erfindungen produziert und konsumiert haben, taten dies überwiegend nicht zum Selbstzweck. Haben die Werke oder technische Erfindungen das Licht der Öffentlichkeit erblickt, bildeten und bilden sie die Grundlage einer historisch bedingten Kulturstufe. Auf der jeweiligen Kulturstufe baut die nächste Generation auf. Die Prozesse der Aneignung von Wissen, Kunst und Literatur werden durch technische Erfindungen begleitet oder bestimmt. Ist eine Gesellschaft ohne Kultur und Bildung denkbar? Es besteht das Streben der Menschheit darin, die kulturellen Errungenschaften zu bewahren und zu schützen. Wäre es denkbar, heute ein Gemeinwesen zu gestalten, das keine Werke der Musik, Sprachwerke, Werke der Baukunst, Werke der bildenden und angewandten Kunst sowie Filmwerke und Bühnenwerke, einschließlich Computerprogramme und Datenbanken sowie sonstige künstlerische Leistungen, produziert und zur Nutzung und Verwertung derselben bereitstellt? Die Frage ist unter Berücksichtigung der historischen Erfahrungen einer globalisierten Welt eindeutig mit einem Nein zu beantworten, selbst wenn aus unterschiedlichen Motiven Schätze der Menschheit zerstört werden. Die wissenschaftlichen und literarischen Werke und künstlerischen Leistungen der Kreativen stellen einen Teil des kulturellen Erbes einer Nation, eines Landes oder einer Region mit einer entsprechenden kulturellen Vielfalt dar, die zu schützen und zu fördern auch eine rechtliche Aufgabe ist. Letzteres betrifft ebenso das Urheberrecht, das eng mit der technologischen Entwicklung einer Epoche verbunden ist. So existierte in der Antike kein urheberrechtlicher Schutz der Ergebnisse der Literatur und Kunst. Der Reichtum der vergangenen Kultur ist unübersehbar. Die griechisch-römische Antike kannte kein Urheberrecht, wohl aber lebhafte Beziehungen zwischen Schriftstellern und Verlegern.6 Es gab offensichtlich in Athen einen freien Büchermarkt, auf dem Bücher in Papyrusrollen angeboten wurden, z. B. die beiden großen Epen von Homer: 4 Wandtke/Ohst/Wandtke, Medienrecht, Berlin 2014, Bd.1, Einl., Rn.75. 5 Postman, Wir amüsieren uns zu Tode, Frankfurt a. M., 1999, S.198. 6 Rehbinder/Peukert, Urheberrecht, 17. Aufl. , München 2015, Rn.23.
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die „Ilias“ und die „Odyssee“.7 Das Recht des Urhebers auf Schutz gegen Ausbeutung seiner geistigen Arbeit hat erst spät Anerkennung in der deutschen Gesetzgebung gefunden.8 Mit dem Buchdruck, dem Kupferstich und dem Holzschnitt im 15. Jahrhundert waren technische Mittel vorhanden, um Werke der Literatur und Kunst zu verbreiten und zu nutzen. Es entstand damit auch ein bestimmter Markt.9 Soweit es den Buchmarkt betraf, war dies nur für die Personen bedeutsam, die lesen konnten. Die wirtschaftliche Bedeutung des Buchverkaufs betraf zunächst den Verleger, der mit dem Privileg des Nachdruckverbots seine wirtschaftlichen Interessen durchzusetzen in der Lage war. Die wirtschaftlichen und ideellen Interessen der Urheber und deren Schutz mündeten im ersten Urheberrechtsgesetz in Preußen 1837, das sich vom Privileg des Nachdruckverbots der Verleger löste und ein ausschließliches Veröffentlichungs-, Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht der Autoren regelte.10 Bis zur gegenwärtig geltenden Urheberrechtsordnung wurde eine lange Wegstrecke durch die Gesetzgebung zurückgelegt, um die Urheberpersönlichkeitsrechte und die Verwertungsrechte der Kreativen umfassend zu gestalten. Nach der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 wurde ein einheitliches Urheberrecht geschaffen, das wiederum mehrere Reformen erforderlich machte.11 Die Geschichte des Urheberrechts war immer mit der technischen Entwicklung verknüpft, womit auch neue Werkkategorien entstanden sind, z. B. Lichtbildwerke, Filmwerke, Software und Datenbanken. Das gilt bis in die Gegenwart. Dabei hat sich national, europäisch und international die Notwendigkeit gezeigt, den Schutz immaterieller Güter gesetzlich festzuschreiben. Die UNESCO hatte im Oktober 2003 in Paris die Konvention zum Schutz des immateriellen Kulturerbes angenommen, die in Deutschland 2013 in Kraft getreten ist. Der Gegenstand des Schutzes offenbart die Breite und Vielfalt immaterieller Güter. Dazu gehören z. B. die mündlich überlieferten Traditionen und Ausdrucksformen einschließlich der Sprache, darstellende Künste, gesellschaftliche Bräuche, Rituale und Feste sowie Fachwissen über traditionelle Handwerkstechniken.12 Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind für den Schutz der kulturellen Errungenschaften sehr verschieden. Sie werden nicht allein vom Urheberrecht geschützt. So sind z. B. die Altbestände und spezialisierte Sammlungen in den Bibliotheken Teil des kulturellen Erbes des Landes. Geeignete Maßnahmen der Konservierung, Restaurierung und Digitalisierung sollen die Altbestände und Sammlungen schützen, bewahren und für den öffentlichen Gebrauch erhalten.13
7 Popper, Alles Leben ist Problemlösen, 2. Aufl., 1996, S. 215. 8 Allfeld, Das Urheberrecht an Werken der Literatur und der Tonkunst, 2.Aufl., München 1928, S.1; Hubmann, Das Recht des schöpferischen Geistes, Berlin 1954, S. 68. 9 Wandtke, Lehrbuch Urheberrecht, 4. Aufl., Berlin 2014, S. 7. 10 Wandtke ( Fn.9 ), S.11. 11 Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert, Urheberrecht, 4.Aufl., München 2014, Vor §§ 31, Rn. 3. 12 Wandtke/Ohst/Wandtke, Medienrecht, Bd. 1, Kap. 1, Rn. 15. 13 Siehe § 4 ThürBibG, GVBL Thüringen 2008, 243.
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2 Urheberrecht und Digitalisierung Die Herausforderungen des Urheberrechts betreffen vor allem das Internet und die Digitalisierung der Werke der Wissenschaft, Literatur und Kunst. Denn das Urheberrecht ist mit der analogen Welt entstanden. Es besteht kein Zweifel, dass in bestimmten historischen Entwicklungsetappen immer wieder die Frage gestellt werden muss, ob die gegenwärtige rechtliche Infrastruktur als Teil der Kulturordnung den Herausforderungen vor allem der Informations- und Kommunikationsprozesse sowie der kulturellen Medienvielfalt und dem Schutz des Kreativen entspricht. Die Schutzrichtung des Urheberrechts zielt zunächst auf die ideellen Interessen der Kreativen, die in den Urheberpersönlichkeitsrechten zum Ausdruck gebracht werden. Sie sind als besondere Persönlichkeitsrechte geregelt. Als Beispiel sei der Entstellungsschutz (§ 14 UrhG) gegenüber seinem Werk genannt. Die materiellen Interessen des Kreativen sind mit den Verwertungsrechten verbunden. Das Bundesverfassungsgericht hat die Richtung und den Schutzzweck des Urheberrechts vorgeschrieben: „Zu den konstituierenden Merkmalen des Urheberrechts als Eigentum im Sinne der Verfassung gehören die grundsätzliche Zuordnung des Ergebnisses der schöpferischen Leistung an den Urheber im Wege privatrechtlicher Normierung sowie seine Freiheit, in eigener Verantwortung darüber verfügen zu können“.14 Der Leitgedanke in § 11 UrhG ist im gesamten Urheberrecht zu berücksichtigen, wonach das Urheberrecht den Urheber in seinen geistigen und persönlichen Beziehungen zum Werk und in der Nutzung des Werkes schützt und zugleich der Sicherung einer angemessenen Vergütung für die Nutzung desselben dient.15 Die angemessene Vergütung gilt sowohl für die Vereinbarung von Nutzungsverträgen16 als auch für die gesetzlichen Vergütungsansprüche, die in den Schrankenregelungen verbindlich ausgestaltet sind.17 Die fortschreitende Entwicklung der digitalen Technik und des Internets hat zu einem grundlegenden Wandel der Produktions-, Distributions- und Konsumtionsverhältnisse geführt. Das Internet hat nicht nur für den privaten Bereich eine wirtschaftliche Bedeutung, wenn man bedenkt, dass in Deutschland bereits 76,5 Prozent der Einwohner 2013 über einen Internetanschluss verfügten.18 In der EU hatten 2012 3/4 der Haushalte einen Internetanschluss.19 Die digitale Revolution und das Internet wirken sich auch auf die Medien- und Kulturindustrie aus. Nicht nur neue Berufsbilder sind entstanden und werden entstehen, sondern mit neuen Geschäftsmodellen im Internet und der Digitalisierung werden sowohl alte Strukturen im Marktverhalten der Mitbewerber 14 BVerfG GRUR 2014,169, 171-Übersetzerhonorare. 15 BT-Drucks. 14/8058,41; Wandtke/Bullinger/Bullinger (Fn.11), §11 Rn. 3; Fromm/Nordemann/ Czychowski, Urheberrecht, 11. Aufl. 2014, §11 Rn. 6. 16 BVerfG GRUR 2013, 717,720-Covermount; BVerfG GRUR 2010, 332, 334-Filmurheberrecht. 17 Siehe z. B. BGH GRUR 2014, 984987-PC III;BGH GRUR 2014, 979, 983-Drucker und Plotter III. 18 Siehe de.statista.com/statistik/daten/studie/13070/umfrage/entwicklung-der-internetnutzung-inDeutschland-seit-2001. 19 Siehe www.gtai.de/DE/trade/maerkte/,did=783284.html?channel=premium.gtai-1.
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global aufgehoben als auch neue Kultur- und Medienkonzepte erforderlich. Davon sind vor allem das geistige Eigentum und die produzierten immateriellen Kulturgüter betroffen. Bis 2016 soll die Mehrheit der Haushalte in der EU über internetfähige Geräte verfügen.20 Die technologische Entwicklung hat nicht nur Impulse in der geistigen Produktion ausgelöst, sondern offensichtlich die gesellschaftlichen Produktionsverhältnisse und Produktivkräfte insgesamt umzuwälzen vermocht. Dies ist aber kein Wunder der Technik, sondern es ist das Ergebnis der Schöpferkraft des Menschen, der seine Produktionswerkzeuge verfeinert und letztlich die Bedingungen für den gesellschaftlichen Reichtum schafft, die rechtlich, sozial und ökonomisch gestaltend verändert werden. Wir befinden uns im Übergang vom wissenschaftlich-technischen ins technologische Zeitalter, in dem der Staat auf Hoheitsrechte zu Gunsten einer supranationalen Herrschaftsordnung verzichtet und das Urheberrecht globaler agieren kann als im 20. Jahrhundert. Dem globalen Markt der geistigen Produktion entspringen Kräfte, die zu zügeln dem Urheberrecht kaum gelingen wird und immer mehr dunkle Wolken am Himmel erscheinen. Zumindest weisen verschiedene Faktoren auf diesen Zusammenhang hin, wie z. B. der virtuelle Markt, der neben dem traditionellen Markt entstanden ist und die Ambivalenz technologischer Entwicklung zum Ausdruck bringt. Die virtuelle Realität ist die computergesteuerte Nachbildung der Wirklichkeit. Cyberspace ist die Erzeugung einer digitalisierten Simulation dreidimensionaler Räumlichkeit. Der virtuelle Markt,21 der durch das Internet und die digitale Technologie geschaffen worden ist, erlaubt es, dass aus unserer Welt eine global village22 zu entstehen im Begriff ist, mit einem Informationsfluss von Land zu Land. Die Ekstase der Kommunikation kennt in der digitalen Welt keine territorialen Grenzen. Über Computer und Multimedia-Handys hängen Millionen ununterbrochen am Netz. In diesem Prozess befinden wir uns. Wahrheit und Lüge werden schneller transportiert. Raum und Zeit sowie traditionelle Transportwege befinden sich in der Auflösung und das Nutzerverhalten wird durch die Vernetzung und Digitalisierung verändert. Das Wechselspiel zwischen Kritik am Urheberrecht und technologischer Entwicklung bleibt unabhängig von den Veränderungen in einer globalen Welt bestehen. Der erleichterte Zugang zu Informationen schließt erleichterte Möglichkeiten der Manipulation der Nutzer ein. Die Vernetzung und Digitalisierung hat Auswirkungen auf das Nutzerverhalten und eröffnet neue Märkte. Diese Prozesse werfen völlig neue Fragen der urheberrechtlichen Regulierung der kulturellen Prozesse in unserer Gesellschaft auf. Internetplattformen wie Facebook und Twitter offenbaren ein völlig neues Nutzerverhalten, dessen rechtliche Auswirkungen erst noch in den Kinderschuhen stecken. Die Globalisierung der ökonomischen Prozesse erfordert eine Glo20 Siehe Grünbuch über die Vorbereitung auf die vollständige Konvergenz der audiovisuellen Welt; in: Wachstum, Schöpfung und Werte v. 24. April 2013, S. 4. 21 Hermes, GRUR-Prax 2013, S. 400, 401. 22 Siehe Mc Luhan/Powers, The global Village, Paderborn 1995, S. 117.
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balisierung des Urheberrechts im Sinne eines Mindeststandards der Regelungen zum Schutz der immateriellen Güter und deren Vermarktung, was teilweise schon durch internationale Verträge geschehen ist.23 Für das deutsche Urheberrecht sind vor allem die Richtlinien der EU von Bedeutung, die eine schrittweise Harmonisierung der nationalen Urheberrechtsordnungen verfolgen. Das Ziel ist ein europäisches Unionsurheberrecht.24 Das Urheberrecht hat sich gleichsam als spezielles Rechtsgebiet für das 21. Jahrhundert fit zu machen. Das Urheberrecht ist die Magna Charta global agierender geistiger Produktivkräfte. Die geistige Produktion im System der Produktionsverhältnisse wird im 21. Jahrhundert einen größeren ökonomischen Stellenwert als in der Vergangenheit einnehmen. Die Vermögensmaximierung in der geistigen Produktion korrespondiert dabei mit dem entsprechenden Marktmodell. Das Computerspiel „Second Life“ oder andere Online-Spiele, wie „World of Warcraft“ oder simple soziale Netzwerke, z. B. Facebook, sind entsprechende Marktmodelle, die mit virtuellen Gegenständen verbunden sind und mit denen eifrig gehandelt wird. Tauschbörsen,25 Sharehoster26 und illegale Streamingdienste27 sowie Plattformen schießen wie Pilze aus dem Netz. Durch die Informations- und Kommunikationstechnologien hat sich das Nutzerverhalten geändert, worauf das Urheberrecht reagieren muss. Es wird immer schwerer zu bestimmen, was erlaubt und was verboten ist. Die Rechtsprechung versucht, die Widersprüche zu lösen, die teilweise durch unbestimmte Rechtsbegriffe oder durch völlig neue Rechtsfragen entstehen. Mit der Entstehung von Kulturportalen müssen Fragen des Urheberrechts beantwortet werden.
3 Haftung von Kulturportalen In der analogen Welt sind z. B. Bibliotheken, Theater, Museen, Universitäten und Archive Kulturportale, d. h., es sind Institutionen, die die Möglichkeit des Zugangs zu den kulturellen Errungenschaften für den Nutzer ermöglichen. Kulturportale sind in der Online-Welt solche rechtliche Konstruktionen, die im Wege der elektronischen Angebote den Zugang zu den literarischen, wissenschaftlichen und künstlerischen Leistungen ermöglichen. Sie sind im Internet vorhanden und haben das Nutzerver23 Siehe z. B. die Berner-Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst von 1886, das TRIPS-Übereinkommen von 1994, das Welturheberrechtsabkommen von 1952, das Rom-Abkommen von 1961, der WIPO-Urheberrechtsvertrag von 1996 (WCT), der WIPO-Vertrag über Darbietungen und Tonträger von 1996 (WPPT). 24 Reda, Bericht v. 15.1.2015 (2014/2256(INI)), 5; Dietz, GRUR Int. 2015, S. 309ff.; Klass, ZUM 2015, S. 290ff.; Grünberger, ZUM 2015, S. 273ff. 25 BGH GRUr 2014,657-BearShare;BGH WRP 2013,332-Alone in the Dark. 26 BGH GRUR 2013,1030-File-Hosting-Dienst. 27 Wandtke/von Gerlach, GRUR 2013, S.676ff.
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halten grundlegend verändert. Wer ein Kulturportal im Internet anbietet, kommt mit dem Urheberrecht in Berührung. Es können ganz verschieden Kulturportale entstehen. So können z. B. nur geschützte Werke aus dem naturwissenschaftlichen Bereich angeboten werden oder aus dem Bereich der Unterhaltungskunst oder der Musik oder nur Filme oder nur Dokumente etc. Was ist zu berücksichtigen, wenn über das Kulturportal urheberrechtlich geschützte Werke für den Nutzer angeboten werden? Für das Urheberrecht ist zunächst zu klären, ob es sich um einen Content-, Host- und Accessprovider oder um eine Suchmaschine handelt. Die Haftungsfragen sind dann unterschiedlich zu beurteilen. Zunächst ist zu klären, ob ein Kulturportal als Dienstanbieter im Sinne des Telemediengesetzes (TMG) auftritt, d. h., ob fremde Werke als Telemedien auf dem Server gespeichert oder nur vermittelt werden. Dienstanbieter nach § 2 TMG ist jede natürliche oder juristische Person, die eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithält oder den Zugang zur Nutzung vermittelt. Insofern kann davon ausgegangen werden, dass ein Kulturportal ein Dienstanbieter sein kann. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass unterschiedliche Internetportale als Dienstanbieter unterschiedlichen Haftungsregeln unterliegen können. Besteht z. B. die Absicht ein Kulturportal zu installieren, ist zu überlegen, welche Funktionen übernommen werden sollen. Das Telemediengesetz bietet dazu mehrere Möglichkeiten (§§ 7 ff. TMG) an. Soweit urheberrechtlich geschütztes Material eine Rolle spielt, sind durch die Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des deutschen Bundesgerichtshofs (BGH) wichtige Weichen gestellt worden, um Fragen der Haftung der Provider oder Suchmaschinen zu beantworten.
3.1 Contentprovider Der Contentprovider nach § 7 Abs. 1 TMG haftet für urheberrechtliches Material, welches er selbst hergestellt hat oder die in seinem Auftrag von einem Dritten erstellt worden sind. Um urheberrechtlich geschütztes Material über seinen eigenen Server online zugänglich zu machen, bedarf es der Zustimmung des Rechteinhabers. Bietet also z. B. ein Contentprovider auf seinem eigenen Server z. B. Fotos oder Artikel oder Filme ohne Zustimmung der Rechteinhaber zum Download an, kann er nach §§ 97 ff. UrhG Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen ausgesetzt sein. Beispiel: Ein Link, der nicht zu einer fremden Website, sondern zu einem Speicherort auf dem Server der Stiftung führt, und deren Mitarbeiter das Einladungsschreiben mit dem Kartenausschnitt auf den Server der Stiftung zum Abruf bereithält, enthält dann nicht fremde Informationen. Die Stiftung als Contentprovider hat durch den handelnden Mitarbeiter gleichsam Kenntnis von dem Kartenausschnitt. Die Stiftung bietet nicht die Speicherung von Informationen an, die Nutzer eingeben können.28 28 BGH GRUR 2014,180,181-Terminhinweis mit Kartenausschnitt.
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Diese Nutzungshandlungen sind daher einem Contentprovider zuzurechnen. Dies gilt auch bei der Frage des Zueigenmachens fremder Informationen, d. h., wenn fremde urheberrechtliche Werke als eigene auf der Webseite erscheinen.29 Davon ist zu unterscheiden, ob mit dem Setzen eines Links nur auf ein fremdes veröffentlichtes urheberrechtlich geschütztes Werk hingewiesen wird oder ob er sich mit dem Link den Inhalt des Werkes zu-Eigen-gemacht hat. Wird mittels eines Links nur auf das bereits veröffentlichte fremde Werk hingewiesen, liegt keine Verletzung des Rechts auf öffentliche Zugänglichmachung vor, § 19a UrhG.30 Vergleichen kann man dies mit Fußnoten.31 Wenn aber eine Einbettung eines auf einer fremden Internetseite öffentlich zugänglich gemachten fremden Werkes in eine eigene Internetseite bei Anklicken des Links erfolgt, sieht der BGH32 – anders als der EuGH33 – eine öffentliche Wiedergabe im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG. Die Argumentation des EuGH, dass mit der Einbettung eines Werkes in eine andere Website mittels eines Links unter Verwendung der Framing-Technik kein neues Publikum betroffen ist, überzeugt nicht.34 Das soll auch gelten, wenn auf einer Internetseite anklickbare Links zu Werken bereitgestellt werden, die auf einer anderen Internetseite frei zugänglich sind, so der EuGH.35 Abgesehen davon, dass der EuGH systemwidrig eine neue Öffentlichkeit i. S. eines neuen Publikums fordert, sollte es bei dem Grundsatz bleiben, dass für das Einbetten fremder Fotos oder anderer geschützter Werke mittels einer Framing-Technik oder einer anderen technischen Gestaltung die Zustimmung des Rechtinhabers erforderlich ist. Wenn ein Inhalt, der einmal im Internet zugänglich gemacht wurde, von Dritten mittels Framing-Technik in beliebige andere Zusammenhänge gebracht werden kann, ohne dass die Urheber jeweils erneut, wie bislang, zu entlohnen sind, wird das bisherige System durch den EuGH zu weitgehend aufgeweicht. In der Konsequenz können die Verwertungsgesellschaften die Vergütung zur Entlohnung der Urheber nicht wie bislang auf viele Schultern verteilen. Das bedeutet für die Verwertungsgesellschaften, dass sie demjenigen, der den Inhalt persistent so im Internet zugänglich macht, dass Framing-Technik darauf aufbauen kann, pauschal die gesamte darauf möglicherweise aufbauende Internetnutzung aufbürden müssen. Die Verwertungsgesellschaften können mithin keinen vernünftigen Tarif für die Internetnutzung anbieten. Das ist vor allem für die Kulturportale, deren Ziel die umfassende und dauerhafte (persistente) Zugänglichmachung von Kultur und Wissen über das Internet ist, eine unbefriedigende Situation. Hier besteht gesetzgeberischer Klärungsbedarf!
29 BGH GRUR 2010,616,618-„marionskochbuch.de“. 30 EuGH ZUM 2014,289,290-Svensson u. a. / Retriever Sverige 31 BGH ZUM 2003,855,857-Paperboy. 32 BGH ZUM 2013,662-Die Realität; Vorlagefrage an den EuGH, ZUM2014,900. 33 EuGH GRUR Int.2014,1160-BestWaterInternational/Mebes und Potsch. 34 EuGH GRUR Int. 2014, 1160,1162-BestWater International/Mebes und Potsch. 35 EuGH GRUR 2014,360,362-Nils Svensson u. a. / Retriever Sverige.
Kulturportale und Urheberrecht
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3.2 Hostprovider Weitaus schwieriger ist ein Internetportal haftungsrechtlich zu erfassen, wenn es sich um einen Hostprovider handelt. Für den Hostprovider, z. B. YouTube, gilt eine eingeschränkte Verantwortlichkeit, weil er die Werke weder herstellt noch sich die Werke zu eigen macht. Es ist der Hostprovider nach § 10 S. 1 TMG für fremde Informationen, die er zum Abruf bereithält, nicht verantwortlich, sofern er keine positive Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung oder Information hat, die der Nutzer auf den Server des Hostproviders speichern lässt.36 Der Gesetzgeber hat für den Hostprovider ein Haftungsprivileg geregelt, wonach bei fehlender Kenntnis des Hostproviders keine zivilrechtliche Schadensersatzhaftung und strafrechtliche Verantwortlichkeit durchgesetzt werden kann, mit Ausnahme des Unterlassungsanspruchs.37 Das Haftungsprivileg bezieht sich ausschließlich auf durch einen Nutzer eingegebene Informationen.38 Der Unterlassungsanspruch wird auch als „Störerhaftung“ bezeichnet.39 Als Störer kann bei Verletzung absoluter Rechte in Anspruch genommen werden, wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt.40 Der EuGH hat das Haftungsprivileg dahingehend nach Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2009/31/EG ausgelegt, dass es auf den Betreiber eines Online-Marktplatzes Anwendung findet, wenn er keine Kenntnis hat. Leistet er aber Hilfestellung in der Art, dass er die Präsentation der fraglichen Verkaufsangebote optimiert oder diese bewirbt, verlässt er seine neutrale Vermittlerposition. Er ist dann Schadensersatzansprüchen ausgesetzt.41 Da der Hostprovider keine Rechtspflicht hat, die von ihm übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen (§ 7 Abs. 2 S. 1 TMG), hat die Rechtsprechung im Einzelfall den Umständen entsprechend Prüfungspflichten, die zumutbar sein müssen, entwickelt.42 Sie sind dann erforderlich, wenn auf konkrete Rechtsverletzungen hingewiesen wurde.43 Das gilt auch für den Accessprovider, der im Grunde nur technisch den Zugang zur Nutzung der fremden Information vermittelt.44
36 BGH GRUR 2014,180,180-terminhinweis mit Kartenausschnitt. 37 BGH NJW 2012,148,150-Haftung eines Hostproviders. 38 BGH GRUR 2014,180,181-Terminhinweis mit Kartenausschnitt. 39 BGH GRUR 2013,511-Morpheus; BGH GRUR 2011,321-Preußische Gärten und Parkanlagen auf Internetportal; BGH GRUR 2010,633-Sommer unseres Lebens. 40 BGH GRUR 2014, 657,659-BearShare. 41 EuGH GRUR 2011,1025,1033_LÓreal / eBay. 42 BGH GRUR 2014,657,659-BearShare;BGH GRUR 2013,511,513-Morpheus. 43 BGH WRP 2013,332,334-Alone in the Dark. 44 EuGH GRUR Int. 2014,469-UPC Telekabel Wien / Constantin Film Verleih.
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3.3 Suchmaschine als Kulturportal Für das Kulturportal als Suchmaschine kann sich die Haftung anders stellen als bei Providern. Wer freiwillig sein Werk ins Netz stellt, damit der Nutzer Zugang zum Werk erhalten soll, hat der BGH mit dem Begriff „schlichte Einwilligung“ eine Schleuse geöffnet, was viele Fragen aufwirft.45 Bildersuchmaschinen, wie Google, die durch eine Vervielfältigung (§ 16 UrhG) und öffentliche Zugänglichmachung (§ 19a UrhG) sogenannte Thumbnails Nutzungshandlungen vornehmen, sind gerechtfertigt. Eine solche Einwilligung sei gegeben, wenn nicht der Berechtigte eine mögliche Blockierung der Suchmaschinenindexierung vornimmt. Ein Inhaber des Urheberrechts, der freiwillig Bilder oder Texte im Internet ohne Einschränkung zugänglich mache, müsse mit den nach den Umständen üblichen Nutzungshandlungen rechnen.46 Der Berechtigte könne auch widerrufen. Der BGH hat aber auch dann die Zulässigkeit der Nutzungshandlungen der Suchmaschine angenommen, wenn die Fotos rechtswidrig im Internet zur Verfügung gestellt worden sind. Argument des BGH: Suchmaschinen, die in einem automatisierten Verfahren nach Bildern suchen, können nicht danach unterscheiden, ob ein aufgefundenes Bild von einem Berechtigten oder einem Nichtberechtigten ins Internet gestellt worden sei.47 In der Konsequenz bedeutet dies, dass ein Kulturportal als Suchmaschine auch andere Inhalte anbieten kann, z. B. Snippets in Textsuchmaschinen. Die Hürde, die übersprungen werden muss, besteht darin, dass dann, wenn vom rechtswidrigen Inhalt die Suchmaschine Kenntnis hat, die Haftung derselben durch den EuGH bejaht wird.48 Der zentrale Begriff für die Haftung ist also die Frage, ob das Kulturportal positive Kenntnis von dem urheberrechtlich geschützten Material hat oder nicht. Um solchen Problemen aus dem Weg zu gehen, bietet es sich an, die entsprechenden Verwertungsgesellschaften zu konsultieren und entsprechende Lizenzen zu erwerben. In der analogen und in der digitalen Welt muss der Grundsatz gelten, dass allein der Urheber entscheidet, ob, auf welche Art und Weise und für welches Entgelt sein Werk genutzt werden darf. Deshalb ist es auch zu begrüßen, dass der EuGH,49 das Bundesverfassungsgericht (BVerfG)50 und der BGH51 die Auffassung vertreten, dass das Zugänglichmachen von Texten und Bildern im Internet unter Verzicht von technischen Schutzmaßnahmen kein Verzicht auf den Vergütungsanspruch besteht. Kulturplattformen sind – soweit keine Zustimmung der Berechtigten vorliegt – verpflichtet, die Vergütungsfragen zu klären. Solange keine Schrankenregelung vorliegt, ist das Vervielfältigen und öffentliche Zugänglichmachen von Werken zustimmungs- und 45 BGH GRUR 2012,602-Vorschaubilder II; BGH GRUR 2010,628,630-Vorschaubilder I. 46 BGH GRUR 2010,628,829-Vorschaubilder I. 47 BGH GRUR 2012,602,604-Vorschaubilder II. 48 EuGH GRUR Int.2010,385,395-Googl France / Louis Vuitton. 49 EuGH GRUR Int. 2013,949,952-Amazon / Austro-Mechana. 50 BVerfG GRUR 2010,699-Drucker und Plotter. 51 BGH GRUR 2014,984991-PC III; BGH GRUR 2014,979,983-Drucker und Plotter III.
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vergütungspflichtig. Unerheblich ist dabei, ob es sich um ein öffentlich finanziertes Kulturportal handelt oder nicht. Das Urheberrecht macht keinen Unterschied. Es ist auch kein Argument, dass die öffentlichen Kultureinrichtungen sparen müssen und deshalb ein Vergütungsanspruch auszuschließen ist. Darüber nachdenken sollte der Gesetzgeber, ob nicht zukünftig (de lege ferenda, nach einem noch zu erlassenden Gesetz) eine Schrankenregelung im Sinne einer gesetzlichen Lizenz erforderlich ist, die dem Umstand Rechnung trägt, dass mit den digitalen Angeboten von Kulturplattformen, die dem Nachweis der Auffindbarkeit und Dokumentation dienen,52 der kulturellen Teilhabe ermöglicht.
52 Euler, CR 2013,616620.
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Gebührenordnungen im Widerspruch zu Informationsweiterverwendungsgesetz und Open Access?! 1 Einführung Das Internet ist das ideale Medium, um die breite Öffentlichkeit an kultureller Vielfalt und kulturellem Reichtum teilhaben zu lassen. Viele Gedächtnisinstitutionen unternehmen große finanzielle Anstrengungen, um ihre Bestände über die Deutsche Digitale Bibliothek oder vergleichbare Projekte auch in der digitalen Welt zugänglich zu machen. Das Internet bietet optimale Möglichkeiten der Präsentation, Recherche oder auch Anreicherung der Daten, und diese Möglichkeiten entwickeln sich schnell und flexibel weiter. Deutlich weniger schnell und flexibel entwickelt sich aber der rechtliche Rahmen weiter, in dem sich die Gedächtnisinstitutionen bewegen und der hier mit Blick auf die Frage der Gebühren skizziert werden soll.1 Hier sollen nicht die Verwertungsgebühren betrachtet werden, die aus Urheber- oder verwandten Schutzrechten entstehen und über die Gedächtnisinstitutionen in der Regel nur für den Bereich der von ihnen selbst erstellten Metadaten (Titeldaten, Erschließungsinformationen) verfügen, sondern der Bereich des öffentlich-rechtlichen Gebührenrechtes. Solche Gebühren entstehen regelmäßig für die Weiterverwendung der in Portalen oder auf den Seiten der Kultureinrichtungen eingestellten Digitalisate durch Dritte. Weiterverwendung bedeutet dabei nicht die intellektuelle Wahrnehmung oder die Verwertung des dadurch erlangten Wissens, sondern die – bildliche – Wiedergabe. Bei den dafür erhobenen Gebühren handelt es sich wie gesagt nicht um Lizenzgebühren, sondern um Bearbeitungsgebühren, die für die Nachnutzung entstehen. Diese Gebühren sind mehr als heterogen und von sich zum Teil widersprechenden Rechtsnormen auf der einen und politischen Absichtserklärungen auf der anderen Seite geprägt.
1 Der vorliegende Beitrag beruht auf Thekla Kleindienst, Bettina-Martin-Weber, Neue Bedingungen für die Nutzung und Weiterverwendung von Archivgut? Die geänderte europäische Richtlinie über die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors, in: Forum. Das Fachmagazin des Bundesarchivs. Heft 1, 2013, 28–33.
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2 Der Bereich der Absichtserklärungen: die „Vision von einer umfassenden und frei zugänglichen Repräsentation des Wissens“ Die gebührenfreie Weiterverwendung des Wissens ist ein erklärtes Anliegen der Open-Access-Bestrebungen. Eine der wirkmächtigsten Erklärungen in diesem Bereich ist die Berliner Erklärung von 2003, der bis Ende 2014 497 Institutionen weltweit beigetreten sind. Sie beschränkt sich nicht auf den Bereich der Wissenschaft, sondern bezieht auch die Gedächtnisinstitutionen als „Verwalter kulturellen Erbes“ mit ein, um für „Metadaten, Quellenmaterial, digitale Darstellungen von Bild- und GraphikMaterial“ einen freien Zugang zu ermöglichen. Das freie Zugangsrecht schließt auch das Recht ein, „zu kopieren, zu nutzen, zu verbreiten, zu übertragen und öffentlich wiederzugeben sowie Bearbeitungen davon zu erstellen und zu verbreiten, sofern die Urheberschaft korrekt angegeben wird“2. Bedeutende deutsche Kultureinrichtungen wie die Stiftung Preußischer Kulturbesitz und das Bundesarchiv haben aber mit einer parallel zur Unterzeichnung der Berliner Erklärung verabschiedeten „best-practice-Empfehlung“ vor allem im Hinblick auf die unbegrenzte Weiterverwendung von Inhalten Einschränkungen vorgenommen.3 Der Zugang nach den Vorgaben des Open Access gilt damit nur unter bestimmten Voraussetzungen. Eine Voraussetzung besteht darin, dass die Nutzer die von ihnen weiterverwendeten Inhalte auch selbst zur Weiterverwendung anbieten müssen. Die andere Einschränkung erfolgt für kommerzielle Nutzung, die nur gegen Entgelt erfolgen soll. Begründet wird dies mit der Tatsache, dass die Kultureinrichtungen erhebliche Ressourcen für die Digitalisierung einsetzen und daran diejenigen beteiligen möchten, die mit den bereitgestellten Daten Geld verdienen. Doch wie lassen sich nicht-kommerzielle und kommerzielle Nutzung überhaupt voneinander abgrenzen? Ist „nicht-kommerziell“ gleichzusetzen mit „privat“ und damit jedes öffentliche Zugänglichmachen „kommerziell“?4 Oder gibt es auch ein nicht-kommerzielles öffentliches Zugänglichmachen, das sich dadurch auszeichnet, dass es nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet ist?5 Und wann beginnt die Gewinnerzielung? Wenn die Weiterverwendung in einem kostenpflichtigen Angebot genutzt wird oder bereits bei einer frei zugänglichen, aber werbefinanzierten Webseite?6 2 http://openaccess.mpg.de/68053/Berliner_Erklaerung_dt_Version_07-2006.pdf 3 „Empfehlung für die Umsetzung der Berliner Erklärung von 2003 im Bereich der unterzeichnenden Kultureinrichtungen (best-practice-Empfehlung)“, in: Paul Klimpel, Ellen Euler (Hrsg.): Der Vergangenheit eine Zukunft. Kulturelles Erbe in der digitalen Welt. Berlin 2015, 300. 4 So das Landgericht Köln, Urteil vom 5. März 2014, Az. 28 O 232/13. 5 So das BGH-Urteil „Meilensteine der Psychologie“ (Urt. v. 28.11.2013 – I ZR 76/12) 6 S. dazu ausführlich Paul Klimpel, Freies Wissen dank Creative-Commons-Lizenzen – Folgen, Risiken und Nebenwirkungen der Bedingung »nicht kommerziell – NC«, http://irights.info/wp-content/ uploads/userfiles/CC-NC_Leitfaden_web.pdf.
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Viele Kultureinrichtungen lösen das Dilemma über eine verminderte Qualität der im Netz bereitgestellten Bilder, in der Annahme, dass ein Digitalisat in geringer Auflösung für eine kommerzielle Reproduktion nicht ausreichend ist. Hochaufgelöste Digitalisate werden nur auf Anfrage und dann gegen Gebühr bereitgestellt.7 Dies erfolgt analog zur Konstruktion des Urheberrechts, bei dem auch bei der Online-Stellung eine „Unterscheidung zwischen Werkgenuss (der Gegenstand kommerzieller Auswertung ist und sein soll) und dem Aufzeigen von kulturellem Reichtum“8 in Form von Vorschaubildern, Trailern oder Ausschnitten als Belegen erfolgt. Doch ist es wirklich folgerichtig, der breiten Öffentlichkeit die gute Qualität, in der die Digitalisate ja in der Regel bei den verwahrenden Einrichtungen vorliegen, vorzuenthalten und virtuelle Ausstellungen und Portale mit schlechter Qualität zu bedienen, nur um kommerzielle Nachnutzung zu vermeiden? Was ist das Ziel der großen Digitalisierungsprojekte, die mit beträchtlicher Anstrengung unternommen werden? Wenn die kulturpolitische Vorgabe ist, dass öffentliche Institutionen breite und entgeltfreie Teilhabe am kulturellen Erbe gewährleisten sollen, stellt sich die Frage, ob pauschale Weiterverwendungsgebühren noch zeitgemäß sind.
3 „Treibstoff für die digitale Wirtschaft“9: die Perspektive des Informationsweiterverwendungsgesetzes Die kommerzielle Weiterverwendung sogar explizit zu fördern, ist das Anliegen des Informationsweiterverwendungsgesetzes (IWG) von 2006, für das das Bundeskabinett am 11. Februar 2015 den Entwurf zu einer umfassenden Änderung beschlossen hat.10 Das Gesetz nimmt die Vorgaben der 2013 verabschiedeten Public-Sector-Information (PSI)-Richtlinie auf, die bis zum 18. Juli 2015 in deutsches Recht umgesetzt werden müssen. Die wesentliche Neuerung besteht darin, dass der Geltungsbereich auch auf den kulturellen Bereich ausgeweitet wird. Archive, Bibliotheken und Museen fallen 7 Siehe dazu auch Hanns-Peter Frentz: Freier Zugang zu digitalisiertem Kulturerbe für Wissenschaft und Bildung, in: Klimpel/Euler 2015, 250–256, hier 253. 8 Paul Klimpel, Urheberrecht, Praxis und Fiktion. Rechteklärung beim kulturellen Erbe im Zeitalter der Digitalisierung, 2013, 21. Download unter http://irights.info/2013/06/17/in-eigener-sache-urheberrecht-praxis-und-fiktion-rechteklarung-beim-kulturellen-erbe-erschienen/14977 9 Pressemitteilung des Bundesministeriums für Wirtschaft vom 11. Februar 2015 zur Änderung des Informationsweiterverwendungsgesetzes, http://www.bmwi.de/DE/Presse/pressemitteilungen,did=689688. html 10 BR-Drs 58/15, http://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2015/0001-0100/58-15.pdf, konsolidierte Fassung unter http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/I/informationsweiterverwendungsgesetz-iwg-entwurf,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf
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nun unter dieses Gesetz. Weiterverwendung wird hier in § 2 Nr. 3 definiert als „jede Nutzung von Informationen für kommerzielle oder nicht-kommerzielle Zwecke, die über die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe hinausgeht“. Das Gesetz gehört zum Bereich des Wirtschaftsrechts und dient „insbesondere zur Bereitstellung von Produkten und Dienstleistungen der digitalen Wirtschaft“ (§ 1 Abs. 1). Mit dem Einbeziehen der Gedächtnisinstitutionen in den Regelungsbereich des Gesetzes soll der Wirtschaft auch deren ökonomisches Potenzial mit europaweit einheitlichen Regelungen eröffnet werden.11 Grundgedanke des IWG ist es, Informationen der öffentlichen Hand, die mit Steuermitteln erhoben wurden, grundsätzlich gebührenfrei weiterverwenden zu lassen. Entgelte dürfen ausschließlich für tatsächlich bei der Reproduktion, Bereitstellung und Verbreitung von Dokumenten entstehende Kosten erhoben werden (§ 5 Abs. 1). Die Europäische Kommission empfiehlt hier den Mitgliedstaaten, diese Kosten sehr eng zu verstehen und mit Hinblick auf die kostenproduzierenden Abrechnungsverfahren eine Nulltariflösung zu favorisieren.12 Gerade für digital vorliegende Dokumente, die gegebenenfalls bereits online stehen, dürfen hier nur noch die Kosten für den Betrieb der dafür nötigen Server und die Datenbank eingerechnet werden, die für ein einzelnes Dokument in der Tat kaum erheblich sein dürften. Archive, Bibliotheken und Museen sind allerdings von dieser strikten Vorgabe ausgenommen. Sie dürfen auch die Kosten für „Erfassung, Erstellung, Reproduktion, Verbreitung, Bewahrung und der Rechteklärung zuzüglich einer angemessenen Gewinnspanne“ bei der Entgeltberechnung berücksichtigen, die Entgelte dürfen aber die tatsächlich entstandenen Kosten nicht überschreiten. Erlaubt sind auch weiterhin Ausschließlichkeitsvereinbarungen im Rahmen großer Digitalisierungsprojekte mit kommerziellen Anbietern, die dem Geldgeber für eine begrenzte Zeit das alleinige Nutzungsrecht an den Digitalisaten einräumt. Mit den großzügigeren Regelungen zur Entgeltberechnung kommt der Gesetzgeber den Gedächtnisinstitutionen entgegen, sofern sie Gebühren erheben wollen, sie müssen es aber nicht. Erklärter politischer Wille des Gesetzes ist die möglichst einfache Weiterverwendung.
11 Zum Verlauf des Abstimmungsprozesses s. Kleindienst/Martin-Weber 2013. 12 S. BR-Drs 58/15, S. 13. Verwiesen wird hier auf einen von Europäischen Kommission im Juli 2014 veröffentlichten Leitfaden für empfohlene Standardlizenzen, der Datensätze und Gebühren für die Weiterverwendung.
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4 Vollkostenrechnung und Kostendeckungsprinzip: das Bundesgebührengesetz Gänzlich entgegengesetzte Ziele hingegen verfolgt das Gesetz zur Strukturreform des Gebührenrechts des Bundes vom 15. August 2013. Mit dem neuen Bundesgebührengesetz ist eine grundlegende Reform des bisherigen Rechtes erfolgt. Ziel ist die Festsetzung von kostendeckenden Gebühren, die nach betriebswirtschaftlichen Kriterien in einer Vollkostenrechnung zu ermitteln sind. Den Rahmen für die Vollkostenrechnung gibt die am 13. Februar 2015 in Kraft getretene Allgemeine Gebührenverordnung vor, die einzelnen Ressorts müssen nun bis spätestens 2018 für ihre Bereiche besondere Gebührenverordnungen erlassen. Gebühren sind nach Bundesgebührengesetz öffentlich-rechtliche Geldleistungen, die der Gebührengläubiger vom Gebührenschuldner für individuell zurechenbare öffentliche Leistungen erhebt (BGebG § 3 Abs. 4). Für die Kostendeckung werden Sach- und Personalkosten zugrunde gelegt, die entstehenden Gebühren sind damit im Wesentlichen als Zeitgebühren zu verstehen, bei denen der entstehende Aufwand für die Erbringung einer individuell zurechenbaren Leistung kalkuliert wird. Bisherige Faktoren wie der wirtschaftliche Wert einer Leistung treten demgegenüber in den Hintergrund. Möglich sind allerdings auch als Ausnahmen vom Kostendeckungsprinzip Gebührenermäßigungen und sogar Gebührenbefreiungen, um fachrechtlichen Regelungszielen Rechnung zu tragen. Während der Bundesbeauftragte für die Unterlagen der Staatssicherheit und das Bundesarchiv eine neue, für den gesamten Geschäftsbereich geltende Gebührenordnung erhalten werden, gilt das neue Gesetz explizit nicht für andere, zentrale Kultureinrichtungen auf Bundesebene. Ausgenommen sind die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, die Akademie der Künste, die Deutsche Nationalbibliothek, die Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, die Stiftung Jüdisches Museum Berlin, die Stiftung Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte, die Stiftung Bundespräsident-Theodor-Heuss-Haus, die Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus und die Museumsstiftung Post und Telekommunikation (BGebG § 2 Abs. 2 Nr. 5). Die Ausnahme dieser Institutionen wird wie folgt begründet: „In diesen Bereichen sind die Gebühren durch Fachgesetze, -verordnungen und Satzungen geprägt, die den verfassungsrechtlichen Verbürgungen der Kulturstaatlichkeit in besonderer Weise Rechnung tragen. Im Übrigen findet die Freiheit und Staatsferne von Kultur und Wissenschaft bei den genannten juristischen Personen Niederschlag in der Gebührengestaltung durch fachspezifisch und pluralistisch besetzte Gremien mit dem Ziel eines wirksamen Schutzes von Kunst und Wissenschaft.“13
13 BR-Drs 305/12, http://dipbt.bundestag.de/dip21/brd/2012/0305-12.pdf
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Diesen Hinweis werden sich auch die unter das Gesetz fallenden Kultureinrichtungen zunutze machen müssen, wenn es um die Diskussion der von ihnen zu erhebenden Gebühren gehen wird. Das Kostendeckungsprinzip führt zum Beispiel im Bereich des Bundesarchivs zu geradezu absurden Ergebnissen. Denn dann müssten für die Ermittlung der zukünftigen kostendeckenden Gebühren neben den Personalkosten für den Bearbeiter auch die Sachkosten für den Arbeitsplatz berechnet werden. Dazu gehören auch die anteiligen Mietkosten, was bedeutet, dass die Kosten für die Magazinräume für mehr als 350.000 Meter Akten Berücksichtigung finden müssten. Schon heute sind die nicht nach dem Kostendeckungsprinzip kalkulierten Gebühren für die Wiedergabe von Archivgut teilweise so hoch, dass sie prohibitiv wirken und die Durchführung von Projekten verhindern. Der Weg zu einheitlichen oder zumindest vergleichbaren Gebühren für die Weiterverwendung scheint also noch weit. Dabei erzwingen die Kulturportale eigentlich transparente und vergleichbare Herangehensweisen, da es der Öffentlichkeit schwer verständlich zu machen sein wird, warum für die unter einem Portal gemeinsam präsentierten Informationen unterschiedlichste Regelungen gelten sollten. Ein Weg bestünde darin, das, was bereits als Digitalisat vorliegt, für die Weiterverwendung konsequent freizugeben und Gebühren zu erheben für die digitale Bereitstellung (im Sinne der Vorbereitung der Digitalisierung, der Rechteklärung und der Genehmigung der Wiedergabe) des noch immer weit überwiegenden Teils des kulturellen Erbes, der noch nicht digital vorliegt. Diese Digitalisierung on demand muss mit der Verpflichtung der bereitstellenden Einrichtung verbunden sein, die neuen Digitalisate selbst in ihrem Internetangebot aufzunehmen bzw. über die Portale recherchierbar und damit auch dauerhaft verfügbar zu machen. Die Bereitstellungsgebühren belasten zwar einseitig und einmalig den Nutzer, der erstmalig die digitale Bereitstellung eines Objektes beantragt. Er bekommt dafür aber die Garantie, dass die Rekursivität seiner eigenen Arbeit gesichert wird. Idealerweise muss dann die Abbildung gar nicht mehr in einzelnen Forschungsarbeiten direkt abgebildet werden, sondern kann durch einfache Verlinkung, für deren Dauerhaftigkeit die bereitstellende Institution garantiert, erreicht werden. Die Bereitstellung erlangt dann die Qualität einer dauerhaft referenzierbaren Edition. Selbst wenn es Sonderregelungen für die Bereiche wird geben müssen, in der auch private Konkurrenz besteht, wie Bilderdienste oder Filmvermarktung, würde so doch ein großer Anteil der von den Kultureinrichtungen digital bereitgestellten Inhalte frei nutzbar sein. Die Bereitstellung im Internet wäre dann konsequent als Veröffentlichung zu werten, die zur Nachnutzung in der bereitstehenden Qualität frei gestellt wird. Die äußerst schwierige Unterscheidung von kommerzieller und nichtkommerzieller Nutzung müsste dann nicht mehr getroffen werden. Da es allein aus Performanzgründen kaum möglich und auch nicht nötig sein wird, Digitalisate in einer besonders hoch aufgelösten Version ins Netz zu stellen, wird die Bereitstellung von Digitalisaten dieser Qualität weiterhin eine mit Gebühren zu belastende bleiben, was eine gewisse Beteiligung der kommerziellen Nutzer an den Kosten der Digitalisie-
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rung ermöglichen würde. Dieser Weg wäre eine konsequente Weiterentwicklung der bisher schon gängigen Praxis der Weiterverwendung der von den Gedächtnisinstitutionen selbst produzierten Metadaten, die heute unter der Bedingung der CreativeCommons-Lizenz Null frei gegeben sind. Dies entspräche auch der Logik des Gebührengesetzes, da mit dem selbstständigen Herunterladen eines Digitalisates durch den Nutzer keine individuell zurechenbare öffentlich-rechtliche Handlung, die mit Gebühren zu belegen wäre, verbunden ist. Selbstverständlich ersetzt die Digitalisierung on demand nicht die eigenen Digitalisierungsprojekte einer Einrichtung, deren Finanzierung keineswegs dauerhaft gesichert ist, sondern immer wieder aufs Neue in Haushaltsverhandlungen auszuhandeln sein wird. Die aus diesen Projekten entstehenden Digitalisate, die mit öffentlichen Geldern erstellt wurden, sollten der Öffentlichkeit nicht in künstlich heruntergerechneter Qualität, sondern in guter Auflösung präsentiert werden und in der bereitgestellten Qualität auch frei nachnutzbar sein. Die Vorteile, die eine Institution mit der freien Bereitstellung ihrer Digitalisate im Internet, gewinnt, sind zwar, abgesehen von dem Wegfall aufwändiger bürokratischer Antragsprüfungen, nicht als monetärer Wert zu ermitteln, aber dennoch von unschätzbarer Bedeutung. Die digitale Bereitstellung schafft Transparenz, erhöht die Sichtbarkeit der Institution, schützt die Originale, sie zwingt aber auch die bereitstellenden Institutionen im Rahmen der Erstellung ihrer Digitalisierungsstrategie zu einer erneuten Auseinandersetzung mit ihren Archivbeständen und Sammlungen und den Erwartungen ihrer Nutzer.14 Mit der Digitalisierung on demand träte neben die großen, in der Regel themenbezogenen digitalen Sammlungen, wie sie zum Beispiel im Moment zum Ersten Weltkrieg zu finden sind, ein rein nachfrageorientiertes, zunächst noch fragmentarisches Netz digitaler Inhalte, das nach und nach enger geknüpft werden kann. Mit einer Abkehr von pauschalen Wiedergabegebühren für jede Nutzung, hin zu einmaligen, verursachergerechten Bereitstellungsgebühren, wird die breite Zugänglichkeit zum kulturellen Erbe deutlich gefördert, ohne die für den Erhalt dieses Erbes dringend erforderlichen Einnahmen der bereitstellenden Institutionen vollkommen einbrechen zu lassen. Dies entspricht auch dem Grundprinzip des Open Access, bei dem die Kosten von den Endabnehmern zu den Bereitstellenden (Autoren und Autorinnen, Archive, Bibliotheken etc.) verschoben werden. Benötigt werden dazu tragfähige Geschäftsmodelle, wie sie von der Deutschen Forschungsgemeinschaft oder der Plattform openaccess.net entwickelt werden. Die Frage nach den Gebührenordnungen ist damit auch eine Frage des Aufbaus einer neuen Wissensökonomie, bei der allerdings nicht nur die Kostenlast der Autorinnen und Autoren, sondern auch die der bereitstellenden Institutionen mit in den Blick genommen werden muss.
14 Siehe auch Hermann Parzinger, Kulturelles Erbe und Digitalisierung, in: Klimpel/Euler 2015, 20–31, hier 30.
John H. Weitzmann
Creative Commons für Kulturinstitutionen 1 Einleitung Wenn eine Kulturinstitution heute ihre Bestände der Allgemeinheit nahe bringen will, spielt das Internet auch dabei eine immer größere Rolle und bietet die technische Grundlage für früher kaum denkbar gewesene Interaktion und Breitenwirkung. Allein, diese Formate sind nach den Regeln der klassischen Verwertungslogik des Urheberrechts oft rechtlich gar nicht zulässig. Oder sie lassen sich nur mit einem derart großen Aufwand rechtlich zulässig machen, dass sie faktisch unmöglich umzusetzen sind. Kulturinstitutionen stehen insoweit vor einem Problem, das sich auch an unzähligen anderen Stellen beobachten lässt: Dem technisch bedingten Mehr an Möglichkeiten stehen rechtliche Regeln gegenüber, die vor allem auf ein Weniger zielen, auf eine Verknappung der erlaubnisfreien Nutzbarkeit des sogenannten geistigen Eigentums. Die im Urheberrechtssystem dafür genutzten Mittel sind Gesetze, die nur äußerst begrenzt die Interessen der Allgemeinheit, äußerst stark dagegen diejenigen der Rechteinhaber berücksichtigen, und höchstrichterliche Entscheidungen mit ähnlicher Tendenz. Natürlich hat diese Rechtstradition ihre Gründe und deren Bewertung ist letztlich auch maßgeblich davon abhängig, wo die Bewertenden wirtschaftlich und politische stehen. Fest steht jedoch, dass das Ergebnis ein sehr strikt auf die Interessen von Urhebern, Rechteinhabern und Verwertern ausgerichtetes Urheberrechtssystem ist. Seine Chiffre findet es in den warnenden Worten „Alle Rechte vorbehalten“. Zugleich ist die Gemeinfreiheit als Gegenzustand dazu, also das Freisein von rechtlichen Restriktionen, bezeichnenderweise nicht einmal gesetzlich definiert, sondern ergibt sich immer nur indirekt aus der Abwesenheit ausschließlicher Rechte. Vor diesem Hintergrund wird möglicherweise intuitiver verständlich, warum Creative Commons als Idee und Modell letztlich einem Richterspruch seine Initialzündung verdankt. Das Ganze geschah kurz nach der Jahrtausendwende in den USA. Zwar war die Erkenntnis, dass Richter nicht immer richtig liegen und dass auch Entscheidungen hoher Gerichte zuweilen angezweifelt werden dürfen, zu Beginn des neuen Jahrtausends nicht neu. Neu war allerdings, dass als Reaktion auf eine einzige problematische Entscheidung eine Initiative wie Creative Commons entstand, die die Urheberrechtsdiskussion der folgenden Jahre entscheidend beeinflussen sollte. Als nämlich im Jahr 2002 die Richter des Obersten Bundesgerichtshofs der USA (US Supreme Court) über die Frage zu entscheiden hatten, ob das Bundesparlament der USA verfassungswidrig gehandelt hatte, als es 1998 die Schutzfrist für urheberrechtlich geschützte Werke wieder einmal verlängert hatte, sah alles zunächst nach busi-
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John H. Weitzmann
ness as usual aus. Gegen die Verlängerung geklagt hatte der Internetpublizist Eric Eldred1, der sich auf Neupublikation gemeinfreier Werke spezialisiert hatte. Wie die meisten erwartet hatten, erklärte das Gericht die Verlängerung der Schutzfrist für verfassungsgemäß, obwohl dadurch sogar Werke, deren Schutz bereits abgelaufen gewesen war, erneut und für weitere drei Jahrzehnte unter „Alle Rechte vorbehalten“ gerieten. Das Interesse der Allgemeinheit an freiem Zugang und freier Verbreitbarkeit von Werken, die vor langer Zeit geschaffen und entweder bereits lange refinanziert oder ohnehin nicht kommerziell verwertbar waren, wurde zwar gesehen, verlor in der Abwägung der Richter – wieder einmal – gegen die Interessen in diesem Falle vor allem einiger weniger Medienkonzerne, die für die Schutzfristverlängerung lobbyiert gehabt hatten. So lange die Schutzfrist nicht ewig sei, so die Richter, sei ihre Länge durch das Parlament frei festlegbar, ohne dass Interessen der Allgemeinheit dem entgegenstünden. Vertreten wurde Eldred von einem renommierten Rechtsprofessor der Universität Stanford, Lawrence Lessig. Dieser warf sich anschließend vor, in der mündlichen Verhandlung versagt zu haben. Ob der Fall für Eldred aber überhaupt zu gewinnen hätte sein können, darüber besteht auch heute noch keine Einigkeit. Abgesehen von der für den Kläger misslichen Tatsache eines verlorenen Rechtsstreits, stärkte diese Niederlage jedoch die Erkenntnis, dass man sich weder blind auf den Gesetzgeber verlassen kann, wenn es um die sachgerechte Abwägung zwischen individuellen Schutzinteressen und dem Recht der Allgemeinheit auf Zugang zu Kultur geht, noch darauf, dass Gerichte etwaige Interessenkonflikte oder Ungleichheiten nachträglich gerade rücken. Hinzu kam die Inspiration durch die Erfolge freier Software. Deren Programmierer hatten aufgrund eines ähnlichen Hintergrunds die rechtlichen Aspekte erfolgreich selbst in die Hand genommen. Sie hatten kurzerhand durch leicht zu handhabende Standardlizenzen (allen voran die GNU General Public License (GPL)) jedem juristischen Laien ein Werkzeug zur Schaffung eigener Schutzregeln an die Hand gegeben2. Mit Blick auf diese lizenzbasierte rechtliche Befreiung von Softwarecodes entstand als Reaktion auf den verlorenen Eldred-Fall unter Lessigs Leitung im Jahre 2002 etwas, was Akademiker schon eine Weile diskutiert, aber bis dahin noch nicht in ausgereifter Form in die Praxis umgesetzt hatten: Ein ähnlich wie die GPL funktionierender Standardlizenzvertrag, der nicht nur für Software, sondern für jegliche Art von kreativen Inhalten verwendbar ist und mit dessen Hilfe jede und jeder Kreative selbstbestimmt dasjenige rechtliche Schutzniveau für eigene Werke festlegen kann, das er bzw. sie für richtig hält. Unter dem Namen Creative Commons gründete Lessig eine Organisation, die sich mit der Ausarbeitung und Weiterentwicklung dieser Lizenz, der Creative Commons Public License (CCPL) befassen sollte.
1 Siehe Eric Eldred et al. v. John D. Ashcroft, Attorney General No. 01-618. 2 http://www.fsf.org/
Creative Commons für Kulturinstitutionen
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Heraus kam letztlich nicht nur eine einzelne Lizenz, sondern ein ganzes Set aus insgesamt sechs verschiedenen Lizenzen, jede mit spezifischen Wirkungen. Auf diese Weise können Urheber sich aus einem Spektrum zwischen eher restriktiv und sehr frei jeweils das für sie und ihren Anwendungsfall richtige Schutzniveau aussuchen. Die sechs verschiedenen CCPL entstehen dabei durch die Kombination von vier Bedingungen: 1. Namensnennung des Originalurhebers erforderlich (Kürzel: BY) 2. keine Bearbeitung (Kürzel: ND von no derivatives) 3. Bearbeitungen dürfen nur unter denselben Bedingungen wie das Original weitergegeben werden (Kürzel: SA von share alike) 4. keine kommerzielle Nutzung (Kürzel: NC von non-commercial) Werden diese Bedingungen eingehalten, erlauben die Lizenzen grundsätzlich jede urheberrechtlich relevante Art der Nutzung des so lizenzierten Werkes. Von ihrem Effekt, vom Grad der gewährten Freiheiten her, sind die Lizenzen also jenseits der privaten Nutzung, die sie alle umfassend erlauben, unterschiedlich restriktiv. Ähnelt die Lizenzvariante BY-NC-ND (Namensnennung – Keine kommerzielle Nutzung – Keine Bearbeitung) beispielsweise weitgehend der „Privatkopie“ aus Paragraph 53 des deutschen Urheberrechtsgesetzes3, so entspricht dagegen die Variante BY, die also nur die Bedingung der Namensnennung beinhaltet, einer Einräumung fast aller Urheberrechte zugunsten der Allgemeinheit und damit einer sehr weitgehenden Freigabe. Der an wenig(er) eingeschränkter Nachnutzung interessierte Urheber kann sich je nach Situation die am besten passende der sechs Lizenzen aussuchen und mit seinem Werk verknüpfen. Auf diese Weise ist Nicht-Juristen ein sehr einfach zu verwendendes rechtliches Werkzeug an die Hand gegeben, um das Schutzniveau bewusst und kontrolliert von „Alle Rechte vorbehalten“ auf ein „Manche Rechte vorbehalten“ abzusenken.
2 Philosophie der Organisation Creative Commons Die Organisation Creative Commons4 hat sich übergeordnet die Unterstützung der Freigabe kultureller und wissenschaftlicher Inhalte zum Ziel gesetzt. Das soll durch die genannten Lizenzen im Sinne alternativer privatrechtlich definierter Standardregelungen geschehen, aber auch durch Aufklärung und Hilfe für diejenigen, die mit solch freigegebenen Inhalten umgehen wollen. Die Lizenzen sind unwiderruflich ausgestaltet und mit einer Laufzeit bis zum Ende der jeweiligen gesetzlichen Schutzfrist. 3 Dieser erlaubt jedoch die private Weiterverbreitung nur begrenzt, weswegen die genannte CCPLVariante BY-NC-ND mitunter auch als „Privatkopie Deluxe“ bezeichnet wird. 4 In den USA als non-profit registriert.
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Dadurch stellen sie eine dauerhafte Verwendbarkeit des Materials sicher, eine nachhaltige Freigabe, bei der möglichst wenig Kommunikation zwischen Rechteinhabern und Allgemeinheit erforderlich sein soll. Eine Schlüsselrolle nehmen die beiden Lizenzvarianten BY-SA (Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen) und BY-NC-SA (wie die vorgenannte Lizenz, allerdings zusätzliche Einschränkung: Keine kommerzielle Nutzung) ein, die für ein Freibleiben der so freigegebenen Inhalte auch im Falle späterer Bearbeitung sorgen sollen. Sie verlangen vom Nutzer bzw. von der Nutzerin für den Fall, dass sie die Inhalte bearbeiten und in bearbeiteter Fassung erneut veröffentlichen, eine Weiterlizenzierung auch der bearbeiteten Fassung unter denselben liberalen Bedingungen. Es ist dadurch nicht möglich, die Inhalte durch Bearbeitung oder Vermischung mit anderem Material wieder mit ausschließenden Schutzrechten zu belegen. Vielmehr muss jedes neue, von einem mit share alike lizenzierten Inhalt abgeleitete Werk seinerseits wieder genauso frei weitergegeben werden. Auch technisch berücksichtigt das Creative-Commons-Lizenzmodell die Tatsache, dass die wenigsten Nutzer des Internets über eine juristische Ausbildung verfügen. Jede Lizenz beinhaltet drei verschiedene Darstellungsebenen. An Lizenzverwender wie Nutzer gleichermaßen richtet sich die vereinfachte Darstellung der Lizenzbedingungen, die sogenannte „Deed“. Diese Kurzform beschreibt in wenigen einfachen Sätzen was durch die Lizenz erlaubt wird. Für Juristen und andere, die sehr detailliert informiert werden wollen, ist daneben der Volltext jeder Creative-Commons-Lizenz abrufbar. Er ist in juristischer Sprache gehalten und stellt den einzig verbindlichen Text dar. Die dritte Darstellungsvariante ist die einer (such-)maschinenlesbaren Zusammenfassung der Lizenzbedingungen in Form von Metadaten, die den lizenzierten Inhalten zur Seite gestellt werden können. Dadurch können komplexere Suchdienste „verstehen“, welche Nutzungen bei einem Creative-Commonslizenzierten Inhalt, der im Internet kursiert, erlaubt sind. Selbstverständlich gibt es bei jedem Lizenzmodell, das den Weg in Richtung Freiheit eröffnen will, Grenzen der Wirksamkeit. Zu nennen ist die komplizierte Materie der Persönlichkeitsrechte5, die mittels Standardverträgen nur unzureichend gestaltet werden können. Auch Haftungsfragen bei Anmaßung von Urheberrechten lassen sich auf diesem Weg nur schwer abschließend regeln. Dennoch bilden die immer weiter verbreiteten Creative-Commons-Lizenzen inzwischen einen Quasi-Standard und führen zu einem fühlbaren Zuwachs an Verlässlichkeit bei Verwendern und Nutzern.
5 Es handelt sich hierbei um Rechte, die die persönliche Beziehung des Urhebers zum Werk schützen (Schutz gegen Entstellung, Recht der Namensnennung, Rückruf wegen gewandelter Überzeugung).
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3 Creative-Commons-Lizenzen und Kulturgüter Eine rechtliche Freigabe von Inhalten macht diese in erster Linie mobiler, was sich vor allem im Internet auswirken kann. Das hängt damit zusammen, dass fast jeder mit dem Internet zusammenhängende Vorgang – sei es nun das Verschicken einer E-Mail oder das Surfen auf Websites von Kulturinstitutionen – mit einem Umherkopieren von Inhalten einhergeht. Es geschieht also im Netz unablässig genau das, was das Urheberrecht reglementiert6 und üblicherweise unter einen strengen Erlaubnisvorbehalt stellt. Bei Creative-Commons-lizenzierten Inhalten ist diese Erlaubnis bereits vorab erteilt. Dadurch stehen einer weiten Verbreitung der Inhalte nicht mehr so viele Verbote im Weg, wie das unter „Alle Rechte vorbehalten“ der Fall ist. Diesen Effekt können Kulturinstitutionen natürlich zum einen für solche Inhalte nutzen, an denen sie selbst alle Rechte innehaben. Dann tritt die jeweilige Institution selbst als Lizenzgeberin auf und kann der Allgemeinheit auf diese Weise signalisieren, dass eine weite Verbreitung der Inhalte erwünscht und legal möglich ist, gegebenenfalls unter Einhaltung bestimmter Bedingungen. Hierbei ist stets darauf zu achten, dass die Institution nicht versehentlich Lizenzen dort einsetzt, wo sie die erforderlichen umfassenden Rechte nicht innehat oder wo die Inhalte sogar gemeinfrei sind, wo also gar keine lizenzierbaren Rechte existieren. Dies wird als Rechtsanmaßung bezeichnet. Sie hat zwar keine besonders gravierenden rechtlichen Konsequenzen für die Institution, widerspricht aber üblicherweise ihrem Auftrag und ist ganz allgemein als Vorgehen unredlich. Zum anderen können Lizenzen wie die von Creative Commons dann eingesetzt werden, wenn Institutionen Material von Zuwendern erhalten, etwa in Form von Nachlässen. Dann stellt sich regelmäßig ohnehin die Frage nach den Rechten der Institution am so erhaltenen Material, denn Besitz und Eigentum verschaffen der Institution für sich genommen noch keine Nutzungsrechte am Material jenseits der Möglichkeit, das Material im Rahmen von Präsenzausstellungen und dazu erstellten Ausstellungskatalogen zu zeigen. Soll das Material auch online gezeigt werden, geht das nur mit entsprechender Erlaubnis der Rechteinhaber. Hierfür gibt es grundsätzlich zwei Ansätze: Entweder lässt sich die Institution das Recht einräumen, das Material der Allgemeinheit über das Internet zugänglich zu machen, was im Zweifel individuell angepasste Verträge erfordert und typischerweise nicht die Möglichkeit einschließt, der Allgemeinheit wiederum das Recht zur Weitergabe von Nutzer zu Nutzer zu geben. Oder sie veranlasst den Zuwender bzw. die Zuwenderin, selbst eine entsprechende Freigabe für die Allgemeinheit vorzunehmen, also selbst als Lizenzgeber bzw. -geberin aufzutreten. Für Letzteres bieten standardisierte Lizenzen wie die von Creative Commons klare Vorteile gegenüber Hauslösungen, weil sie weltweit bekannt, gerichtlich bereits getestet und relativ leicht verständlich sind. Zudem ist durch sie sichergestellt, dass das 6 Siehe dazu auch die Bezeichnung copyright im Englischen.
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John H. Weitzmann
Material nicht auf einer durch eine Hauslizenz gebildeten „einsamen Insel“ im rechtlichen Sinne landet, sondern in einem weltweiten Meer aus bereits ebenfalls CreativeCommons-lizenzierten Inhalten, zu denen beispielsweise auch der gesamte Medienbestand der Wikipedia zählt. Die den Namen von Creative Commons ausmachende „kreative Allmende“ ist so inzwischen auch schon zum Teil Wirklichkeit geworden, und sie wächst jeden Tag weiter.
Paul Klimpel
Eigentum an Metadaten? Urheberrechtliche Aspekte von Bestandsinformationen und ihre Freigabe
1 Werke und Metadaten Das Urheberrecht schützt die Urheber von Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst. In Archiven, Museen und Bibliotheken werden unzählige solcher Werke bewahrt und erschlossen. Die Erschließung ist nicht nur Voraussetzung dafür, dass diese Werke nicht in den Gedächtnisinstitutionen verloren gehen und aus dem kulturellen Gedächtnis verschwinden, sondern dass sie dort überhaupt gefunden werden können. Die Informationen über Merkmale anderer Daten oder Datensammlungen, wie Dokumente, Bücher, Datenbanken oder Dateien, bezeichnet man als Metadaten. In den Gedächtnisinstitutionen sind diese Metadaten zur Identifikation und Beschreibung der Werke und damit für deren Erschließung zentral. Das Aufkommen der Informationstechnologie eröffnete auch und gerade in Hinblick auf die Erfassung und Katalogisierung der Bestände von Gedächtnisinstitutionen völlig neue Möglichkeiten. Es beförderte die Standardisierung von Bestandsinformationen, die im Bibliotheksbereich eine jahrtausendealte Tradition hat, bei Museen und Archiven dagegen weniger stark ausgeprägt war. Damit einher ging auch der Wunsch insbesondere der Bibliotheken, „die Chancen von Digitalisierung und Internet auch dafür zu nutzen, die schon immer in den Bibliothekskatalogen schlummernden Informationen nicht nur zur individuellen Nutzung, sondern auch zur weiteren Verwertung und zur gegenseitigen Ergänzung zur Verfügung zu stellen.“1
2 Urheberrechtlicher Schutz von Metadaten Inwieweit spielt das Urheberrecht bei Metadaten überhaupt eine Rolle? Können überhaupt Rechte an Metadaten bestehen und wem stehen dann diese Rechte zu?
1 Till Kreutzer. „Open Data – Freigabe von Daten aus Bibliothekskatalogen“. Leitfaden herausgegeben durch das Hochschulbibliothekszentrums NRW, 2011.
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Paul Klimpel
2.1 Urheberrecht, Werke und Metadaten Das Verhältnis von Werken und Metadaten erscheint auf den ersten Blick klar. Urheberrechtliche Werke werden geschützt, Metadaten, die nur der Auffindbarkeit dienen, dagegen nicht. Doch auf den zweiten Blick ist dieses Verhältnis nicht so eindeutig. Der Sprachgebrauch in den verschiedenen Institutionen, von Juristen, von Wissenschaft und Forschung und letztlich von einer allgemeinen Öffentlichkeit, unterscheidet sich vielfach gravierend. Es verstehen nicht alle unter den Begriffen „Werk“ und „Metadaten“ dasselbe. Auch „Metadaten“ selbst können „Werke“ sein – zumindest im rechtlichen Sinn. Der Begriff „Werk“ ist für die rechtliche Beurteilung zentral. Urheberrechtlich geschützt werden nur Werke. Darunter werden persönliche geistige Schöpfungen verstanden, die eine sogenannte Schöpfungs- oder Gestaltungshöhe haben. Nicht jede alltägliche Äußerung gilt als Werk und wird urheberrechtlich geschützt. Die Rechtsprechung hat bei unterschiedlichen Werkarten unterschiedliche hohe Anforderungen gestellt, für reine Sachtexte z. B. strengere Maßstäbe als für belletristische Texte. Die Einschätzung ist schwierig und einer kaum vorhersehbaren subjektiven Beurteilung unterworfen. Insgesamt ist die Schwelle des urheberrechtlichen Schutzes jedoch sehr niedrig. Außerdem lässt sich als Tendenz ausmachen, dass die Anforderungen an Schöpfungshöhe für Werke, wie auch ganz allgemein für den urheberrechtlichen Schutz insgesamt, in den vergangenen Jahrzehnten immer weiter gesenkt wurden.
2.2 Leistungsschutzrechte Dies gilt auch für Leistungsschutzrechte, für die der Gesetzgeber immer weitergehende Anwendungsbereiche geschaffen hat. Durch Leistungsschutzrechte wird auch dort ein eigenständiger Schutz gewährt, wo kein eigenständiges neues Werk geschaffen wird. Dies betrifft etwa Einspielungen, Aufnahmen und Darbietungen von Werken. Es gibt solche Leistungsschutzrechte unter anderem für Lichtbildner, Laufbildner, Filmproduzenten, Tonträgerhersteller, ausübende Künstler und Presseverleger. Auch die Investition in die Herstellung einer Datenbank wird durch ein eigenes Datenbankherstellerrecht geschützt, was mit einem Leistungsschutz vergleichbar ist. Ein für Metadaten besonders relevantes Beispiel, ist der sehr weitgehende Schutz von Fotografien, der heute alle Bilder umfasst (sofern sie nicht rein automatisch ohne menschliches Zutun entstehen, z. B. durch eine Überwachungskamera). Zwar unterscheidet das Gesetz noch zwischen Lichtbildwerken, die urheberrechtlich geschützt sind und reinen Lichtbildern. Auch für Letztere gibt es jedoch einen den Lichtbildwerken im Wesentlichen gleichgestellten Schutz. In Hinblick auf Bestandsinformationen in Datenbanken ist dies von Bedeutung, weil dort häufig einfache Fotografien zur Identifikation von Objekten enthalten sind. Diese sind zumindest als Lichtbilder, ggf. sogar als Lichtbildwerke geschützt.
Eigentum an Metadaten?
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2.3 Schutz der kleinen Münze und Grenzen Bei den meisten Werkarten sind auch Schöpfungen von geringer Individualität und Originalität geschützt, von Juristen als „Schutz der kleinen Münze“ bezeichnet. Nur bei dem, „was jeder so gemacht hätte“, verneint die Rechtsprechung den urheberrechtlichen Schutz. Für die Beurteilung von Metadaten ist bedeutsam, dass insbesondere dann kein Schutz gewährt werden soll, wenn feste Parameter und ein bestimmtes, nicht variables Vokabular vorgegeben ist. (Gute) Metadaten benutzen zur Beschreibung und Verschlagwortung ein feststehendes Normvokabular. Auf der anderen Seite ist der urheberrechtliche Begriff des Werkes sehr viel weiter als das, was im allgemeinen Sprachgebrauch als „Werk“ bezeichnet wird. Nicht nur ein Roman ist ein Werk im urheberrechtlichen Sinn, sondern auch ein Abstract oder eine Kurzbeschreibung dieses Buches, eine Inhaltsanalyse oder ein Pressetext dazu. Für die Bewertung, ob es sich bei einer bestimmten Information oder einem Text um ein Werk handelt, ist dagegen ohne Bedeutung, welcher Aufwand für die Erstellung notwendig war. Die Datierung eines Manuskriptes beispielsweise kann das Ergebnis eines langjährigen, aufwändigen Forschungsprojektes sein. Gleichwohl unterliegt die Datumsangabe als solche keinem urheberrechtlichen Schutz, da es sich dabei um keine persönliche geistige Schöpfung handelt.
2.4 Datenbanken Auch Datenbanken können urheberrechtlichen Schutz genießen, und zwar in zweifacher Hinsicht. Zum einen können Datenbankwerke urheberrechtlich geschützt sein. Gemeint ist damit, dass der Anordnung und Struktur einer Datenbank sowie den Kriterien ihrer Ordnung selbst ein Werkcharakter zugesprochen wird. In Zeiten der Standardisierung und Interoperabilität von Bestandsinformationen, in denen für die unterschiedlichen Bereiche institutionsübergreifend ausgefeilte Erschießungsstandards entwickelt und genutzt werden, verliert dieses Recht jedoch zunehmend an Bedeutung. Eine Ordnung, die als persönliche geistige Schöpfung durch Individualität gekennzeichnet ist, eignet sich nicht für den Austausch und die institutionsübergreifende Auffindbarkeit von Bestandsinformationen. Zum anderen genießt in Europa auch der Ersteller einer Datenbank Schutz. Hierbei wird lediglich die Investition in die Datenbank geschützt, einer persönlichen Schöpfung bedarf es nicht. Der Investitionsschutz für den Datenbankhersteller ist insofern ein Sonderfall. Die in Gedächtnisinstitutionen gesammelten Bestandsinformationen unterfallen als Ganzes diesem Schutz. Dieser Schutz betrifft jedoch nicht den einzelnen Metadatensatz, der – ungeachtet des Datenbankherstellerrechtes – frei genutzt werden kann. Er greift nur bei der Nutzung der Datenbank als Ganzes bzw. von wesentlichen Teilen dieser Datenbank.
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Paul Klimpel
2.5 Retrodigitalisierung Die sogenannte Retrodigitalisierung geht über reine Metadaten hinaus und betrifft das jeweilige Werk selbst. Auch hier ist die Abgrenzung von Bestandsinformationen, die den Metadaten zugeordnet werden, und dem eigentlichen Werk nicht immer trennscharf. So kann beispielsweise der Umschlag eines alten, längst gemeinfreien Werkes als digitales Bild in eine Datenbank aufgenommen werden. Ob dieses Bild einen eigenen urheberrechtlichen Schutz genießt, obwohl das Buch oder Objekt selbst gemeinfrei ist, hängt von der Technik der Digitalisierung ab. Geschieht diese durch das (weitgehend) automatisierte Scannen in einer dafür eingerichteten technischen Apparatur, so entsteht kein erneuter urheberrechtlicher Schutz. Ein solcher entsteht nur, wenn in dem Prozess der Mensch, der allein (als persönlich geistiger Schöpfer) Urheberrechte erwerben kann, im Vordergrund steht. Dies ist beispielsweise bei Fotografien der Fall, wobei es hier dahingestellt bleiben kann, ob es sich um einen Schutz von Lichtbildern oder in Ausnahmefällen (Fotografie einer Skulptur unter besonderen Lichtverhältnissen) gar um Lichtbildwerke handelt.
2.6 Abgrenzungsschwierigkeiten Die Schwierigkeiten (und auch Widersprüche) bei der urheberrechtlichen Bewertung der Retrodigitalisierung sind nur ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie schwierig und im Einzelfall umstritten die Entscheidung ist, ob überhaupt ein Werk vorliegt und mithin ein urheberrechtlicher Schutz besteht. Urheberrechtliche Einschätzungen können nur am konkreten Einzelfall getroffen werden. Die hier und im Weiteren vorgenommenen Generalisierungen sollen einer ersten Orientierung dienen. Sie ersetzten eine genauere Betrachtung des jeweiligen Einzelfalls jedoch nicht, insbesondere wenn es sich um Fälle handelt, die sich in irgendeiner Hinsicht vom üblichen Standard unterschieden. Außerdem kann nie ausgeschlossen werden, dass Gerichte die jeweiligen Fälle anders beurteilen. Insofern verbleibt bei jeder Einschätzung ein Restrisiko.
2.7 Gemeinfreie (Kern-)Metadaten Bei den Metadaten in Bibliotheken, Archiven und Museen gilt meist, dass die sogenannten Kernmetadaten, wie Autor und Herausgeber, Titel, Verlag, Veröffentlichungsdatum und -ort, Seitenangaben, aber auch bestimmte Sekundärdaten, die rein formalen Charakter haben, wie Identifikatoren (z. B. ISBN) oder Formatangaben, gemeinfrei sind. Aber selbst bei den genannten Daten bleibt es eine Abwägung im Einzelfall. Auch ein besonderer Titel kann, für sich genommen, schon als Werk urheberrechtlich geschützt sein, wenngleich dies mehr akademische Theorie ist und
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kaum rechtliche Relevanz hat. Pauschalisierend kann man davon ausgehen, dass ein Titel – sei es eines Buches oder eines anderen Werkes – nicht isoliert geschützt ist. Ganz allgemein gilt, dass einzelne Worte oder Begriffe für sich genommen nicht urheberrechtlich geschützt werden. Nicht geschützt ist daher in der Regel auch das Titelblatt bzw. der Schmutztitel (also im Innenteil eines Buches, nicht das Cover), das Angaben zu Titel, Autor und Verlag enthält. Auch weitergehende Angaben, wie etwa zum urheberrechtlichen Status oder auch Signaturen, unterfallen keinem gesonderten urheberrechtlichen Schutz. Ebenfalls in der Regel gemeinfrei sind Verzeichnisse oder Register. Denn solche bestehen nur aus Überschriften innerhalb des Werkes – Überschriften, die für sich genommen urheberrechtlich nicht geschützt sind und deren Zusammenkopieren im Verzeichnis kein schöpferischer Vorgang ist.
2.8 Urheberrechtlich geschützte, „beschreibende“ Metadaten Von einem urheberrechtlichen Schutz wird man dagegen meist bei zusammenhängenden Texten ausgehen müssen. Grundsätzlich gilt, dass bei Sprachwerken die „Schöpfungshöhe“ sehr niedrig angesetzt wird und auch kurze Texte geschützt werden. Im konkreten Einzelfall kommt es aber darauf an, ob es sich lediglich um eine Wiedergabe von Informationen ohne eigene Wertung und damit auch ohne ein Element persönlicher Schöpfung handelt, oder nicht. Solche Abgrenzungsfragen werden in der rechtswissenschaftlichen Literatur über die Schutzfähigkeit von Zeitungsmeldungen geführt. Bei Metadaten sind Texte dann nicht urheberrechtlich geschützt, wenn es sich um rein formale Beschreibungen handelt, die Normvokabulare verwenden und keine besondere individuelle Gestaltung erkennen lassen. Um jedoch pragmatisch mit zusammenhängen Texten in Metadaten wie z. B. Klappentexten, Bildbeschreibungen, Rezensionen oder Kurzbeschreibungen umzugehen, sollte man pauschalisierend von einem urheberrechtlichen Schutz ausgehen. Ebenfalls urheberrechtlich geschützt ist in der Regel das gestaltete Cover eines Buches oder einer Schallplatte.
2.9 Orientierungshilfe Die folgende Liste2 kann nicht eine Abgrenzung im Einzelfall ersetzen, sondern dient nur der ersten Orientierung wie auch der Merksatz: Eine Bildbezeichnung ist urheberrechtlich nicht geschützt, eine Bildbeschreibung dagegen schon.
2 Vergleiche auch hierzu: Till Kreutzer. „Open Data – Freigabe von Daten aus Bibliothekskatalogen“. Leitfaden herausgegeben durch das Hochschulbibliothekszentrum NRW, 2011, Seite.
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Paul Klimpel
Objekt Abstract Ausführliche Beschreibung Auszug Autorenbiografie Autorenkommentar Autorenname Begleitmaterial Beschreibung für Bibliotheken, Buchhändler, Lesegruppen, Marketing Bestandsangaben Bildbeschreibung, Bildanalyse als Text Bildbeschreibung, rein formal unter Verwendung von Normvokabular Bildbezeichnung Cover Digitalisat eines gemeinfreien Werkes (Bild, Buchcover), Scan Digitalisat eines gemeinfreien Werkes (Bild, Buchcover), Reprofotografie Dokumentationssprache (Gesamt-) Dokumentationssprache (Klassifikation mittels) Einführung/Vorwort Errata Fotos (vom Objekt) Herausgeber Inhaltstext Inhaltsverzeichnis Klappentext Kurzbeschreibung Links Literaturverzeichnis Ontologie (Gesamt-) Ontologie (Anwendung von Teilen) Pressetext Register Rezension Seitenzahl Signatur Umschlagtext Urheberrechtlicher Status eines Werkes Verlagsname Verschlagwortung
Nicht geschützt
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geschützt X X X X X X X
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3 Open-Data, Interoperabilität und Freigabe Der urheberrechtliche Schutz bestimmter Metadaten ist ein Hindernis bei ihrer Verbreitung, Vernetzung und Nutzung, bei der Interoperabilität und insbesondere bei der Einbeziehung dieser Informationen in andere Forschungszusammenhänge. Dabei ist die Frage der Schutzfähigkeit nur die erste sich stellende Frage. Weiter muss untersucht werden, ob im konkreten Einzelfall die Schutzfrist möglicherweise bereits abgelaufen ist. Nun sind für die Auffindbarkeit, Erforschung und auch spätere Nutzung von Werken die Interoperabilität und Vernetzung von Bestandsinformationen zentral. Damit Rechtsfragen den Umgang mit Metadaten nicht behindern, wurde für die Europeana als dem zentralen europäischen Portal des Zugangs zum kulturellen Erbe als verbindlich festgelegt, dass ein bestimmter Satz an sogenannten Kernmetadaten mit Creative-Commons-Lizenz Null gekennzeichnet werden soll. Zwar sind diese Angaben als einzelner Datensatz in der Regel nicht urheberrechtlich geschützt. Um jedoch dem Risiko zu begegnen, dass möglicherweise doch einzelne Bestandteile urheberrechtlich sind, bedient man sich der Lizenz CC0. Bei CC0 handelt es sich um einen sogenannten waiver. Dieser soll einen Verzicht auf urheberrechtlichen Schutz erwirken, so dass das entsprechende Werk wie ein gemeinfreies Werk zu behandeln ist. Da im Deutschen Recht ein gänzlicher Verzicht auf das Urheberrecht nicht möglich ist, fungiert CC0 als Lizenz, die jedermann ein unbeschränktes Nutzungsrecht einräumt, unter gleichzeitigem Verzicht auf die Namensnennung. Im Bibliotheksbereich gibt es schon lange die Tendenz, Bestandsdaten frei zugänglich zu machen und möglichen rechtlichen Risiken Dritter bei der Weiternutzung der Daten aktiv durch entsprechende bindende Erklärungen bzw. Lizenzierungen zu begegnen. Dies gilt insbesondere dort, wo die Institution eigene Rechte hat. Diese sind die Rechte als Datenbankhersteller, aber möglicherweise auch die einzelne, durch Mitarbeiter der Institutionen angelegte beschreibende Informationen, die für sich genommen bereits Werkcharakter haben. Zur Freigabe hat sich CC0 als die mit dem deutschen Rechtssystem am besten vereinbarte Vorgehensweise durchgesetzt. Dabei kann diese Freigabe mit – rechtlich nicht verbindlichen – Zitationsregeln verbunden werden. Mit diesem als CC0 plus bezeichneten Verfahren hat insbesondere die British Library gute Erfahrungen gemacht.3 Seit der Version 4.0 beziehen sich die CC-Lizenzen ausdrücklich auch auf das Datenbankrecht. CC0 ist sowohl bei eigentlich ohnehin gemeinfreien Metadaten sinnvoll wie auch in Hinblick auf tatsächlich bei den Institutionen bestehenden Rechten – vor allem aber für den Graubereich dazwischen, bei dem die rechtliche Beurteilung
3 http://www.bl.uk/bibliographic/pdfs/british_library_catalogue_dataset_tc.pdf
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Paul Klimpel
zwar schwierig ist, man aber davon ausgehen kann, dass mögliche Rechte bei den Institutionen liegen. In Deutschland handelt es sich rein rechtstechnisch gesehen auch bei CC0 um eine Lizenz. Bei tatsächlich bestehenden Rechten der Institution (z. B. beim Datenbankherstellerrecht oder bei Bestandsfotos) greift diese Lizenz. Bei gemeinfreien Metadaten handelt es sich zwar formal gesehen bei einer Lizenzierung um eine Rechtsanmaßung. Da diese Rechtsanmaßung im Ergebnis aber auf genau das abzielt, was auch tatsächlich der Fall ist, nämlich die freie Nutzbarkeit der gemeinfreien Werke, ist dies unschädlich.
Uwe K. Schneider
Zwischen Datenschutz und Nutzeroptimierung 1 Einleitung Kulturportale leben nicht nur von digitalen Inhalten aus Archiven, Bibliotheken oder Museen, sondern auch und gerade von den Nutzern, die hierauf zugreifen. Bei jedem Zugriff auf die digitalen Inhalte über ein Online-Portal fallen auch Daten zu dieser Nutzung an. Diese Daten können zur Optimierung des Portals verwendet werden, beispielsweise indem Bedienelemente und Nutzerführung vereinfacht oder Vorschläge zu möglicherweise interessanten Inhalten unterbreitet werden. Wenn solche Daten persönliche Rückschlüsse auf einen Nutzer zulassen, insbesondere falls Nutzerprofile gebildet werden, drohen jedoch auch Risiken. So könnten Suchanfragen Forschungsansätze des Nutzers verraten oder er könnte unter Rechtfertigungsdruck für sein Nutzungsverhalten geraten. Der vorliegende Beitrag zeigt vor diesem Hintergrund auf, wie Datenschutz und Nutzeroptimierung nach in Deutschland geltendem Recht miteinander in Einklang gebracht werden können.
2 Was und wie schützt der Datenschutz? Zweck des Datenschutzes ist es, den Einzelnen davor zu schützen, dass er durch den Umgang mit seinen personenbezogenen Daten in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt wird.1 Geschützt werden Daten also nicht um ihrer selbst willen, sondern um die freie Entfaltung der Persönlichkeit zu ermöglichen. Daher müssen sich die geschützten Daten auch auf eine natürliche Person beziehen. Der Schutz setzt jedoch bereits an der bloßen Erhebung und Verarbeitung dieser Daten und damit im Vorfeld konkreter Beeinträchtigungen der freien Persönlichkeitsentfaltung an. Eine Beeinträchtigung oder konkrete Gefährdung der freien Persönlichkeitsentfaltung, beispielsweise ein Druck zur Rechtfertigung, warum bestimmte Inhalte abgerufen wurden, eine Beeinflussung der Auswertung abgerufener Inhalte oder ein entsprechender Versuch sowie eine konkurrierende Eigennutzung der aus dem Nutzungsverhalten eines anderen gewonnenen Zusammenhänge, ist jedoch nicht erforderlich. Letztlich soll so bereits einer abstrakten Gefährdungen der freien Persönlichkeitsentfaltung vorgebeugt werden. Dahinter steht die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, welche „unter den Bedingungen der modernen Datenverarbeitung“ aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes ein Recht auf „informationelle Selbstbestimmung“ 1 So § 1 Abs. 1 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG).
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ableitet.2 Dieses stellt die verfassungsrechtliche Verankerung des Datenschutzes dar, der daneben auch durch Richtlinien der Europäischen Union geprägt wird. Danach hat die jeweils betroffene Person grundsätzlich das Recht, selbst zu bestimmen, wie ihre Daten verwendet werden. Ausnahmen hiervon bedürfen einer gesetzlichen Grundlage, welche sich im Rahmen der Verhältnismäßigkeit bewegen muss. Dementsprechend unterliegt der Umgang mit personenbezogenen Daten einem präventiven Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Das bedeutet, dass die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten nur mit Einwilligung der betroffenen Person oder auf Grundlage einer gesetzlichen Erlaubnis zulässig ist. Der Datenumgang ist auch an den durch die jeweiligen Rechtsgrundlagen bestimmten Zweck gebunden. Daten dürfen nur in dem Umfang erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, der für die Erreichung dieses Zwecks erforderlich ist. Eine Zweckänderung bedarf der gesonderten Rechtfertigung (erneute Einwilligung oder gesetzliche Erlaubnis). Zudem sind bereits von Verfassungs wegen technische und organisatorische Maßnahmen der Datensicherheit zu treffen.
3 Welche Gesetze sind anwendbar? Vor diesem verfassungs- und europarechtlichen Hintergrund haben Bund und Länder in Deutschland eine Vielzahl von Gesetzen erlassen. Dies ist einerseits einem bereichsspezifischen Ansatz (spezielle Regelungen für spezielle Datenverarbeitungen) und andererseits dem Föderalismus geschuldet. Für nicht-öffentliche Stellen gelten aber prinzipiell einheitlich die Grundregeln des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG), welches auch für öffentliche Stellen des Bundes gilt. Zu den öffentlichen Stellen gehören auch viele Betreiber von Kulturportalen.3 Soweit es sich allerdings um öffentliche Stellen der Bundesländer handelt, greifen deren Landesdatenschutzgesetze (LDSG). Die allgemeinen Regeln des BDSG sowie der LDSG sind dabei anzuwenden, soweit keine vorrangigen, spezielleren Vorschriften den Datenschutz regeln. Solche vorrangigen Regelungen für den Umgang mit kulturellen Inhalten durch Gedächtnisinstitutionen finden sich beispielsweise in den Archivgesetzen des Bundes und der Länder. Soweit diese Gesetze jedoch keine Spezialregelungen enthalten, kann nachrangig auf das BDSG oder das jeweilige LDSG zurückgegriffen werden. 2 So schon das sogenannte „Volkszählungsurteil“ vom 15. Dezember 1985 – Az. 1 BvR 209/83 u. a., BVerfGE 65, 1. 3 Beispielsweise die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) als Betreiberin der Deutschen Digitalen Bibliothek. Die SPK ist eine Stiftung des öffentlichen Rechts. Für die Einordnung als öffentliche Stelle kommt es aber im Datenschutzrecht meist nicht allein auf die Rechtsform (ob privat- oder öffentlichrechtlich) an, sondern darauf, ob die öffentliche Hand einen beherrschenden Einfluss auf die Einrichtung hat und diese Aufgaben der öffentlichen Verwaltung ausführt, wozu im Sinne einer Leistungsverwaltung auch das Angebot von Kulturportalen zählen kann.
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4 Insbesondere: Das Telemediengesetz (TMG) Der Umgang mit über das Internet erhobenen personenbezogenen Daten, auch solchen über die Nutzer von Kulturportalen, ist vorrangig im Telemediengesetz (TMG) geregelt.
4.1 Anwendungsbereich Dieses Gesetz gilt für alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste, soweit sie nicht bloße Telekommunikation (im Wesentlichen Signaltransport) oder Rundfunk sind (sogenannte Telemedien). Kulturportale bieten mit ihren Inhalten mehr als bloßen Signaltransport; für sie greift daher die Ausnahme bezüglich der Telekommunikation nicht.4 Die Abgrenzung zum Rundfunk mag angesichts der Medienkonvergenz heutzutage nicht immer einfach sein. Sie wirkt sich jedoch im Ergebnis auf den Datenschutz nicht aus, denn nach § 47 Abs. 1 des für den Rundfunk geltenden Rundfunkstaatsvertrages (RStV) gelten für den Umgang mit personenbezogenen Daten bei der Veranstaltung und Verbreitung von Rundfunk die Datenschutzregeln des TMG entsprechend.5 Das TMG gilt zudem für alle Anbieter von Telemedien – einschließlich der öffentlichen Stellen – unabhängig davon, ob für die Nutzung ein Entgelt erhoben wird (§ 1 Abs. 1 S. 2 TMG). Davon sind auch öffentliche Stellen der Länder umfasst, so dass der Telemediendatenschutz auch für öffentliche Stellen bundeseinheitlich geregelt ist.
4.2 Grundsätze Die Grundsätze des Datenschutzes bei Telemedien sind in § 12 TMG geregelt.6 Absatz 1 dieser Vorschrift wiederholt und präzisiert zunächst den bereit verfassungs- und europarechtlich vorgegebenen Erlaubnisvorbehalt. Ein Diensteanbieter darf demnach personenbezogene Daten zur Bereitstellung von Telemedien nur erheben und verwenden, soweit das TMG oder eine andere Rechtsvorschrift, die sich ausdrücklich auf Telemedien bezieht, dies erlaubt oder der Nutzer eingewilligt hat. Gleiches gilt nach § 12 Abs. 2 TMG für Zweckänderungen.
4 Lediglich soweit die Portale oder deren Dienstleister Telekommunikationsleistungen anbieten, greift daneben auch das Telekommunikationsgesetz. 5 Für journalistisch-redaktionelle Inhalte enthält § 47 Abs. 2 RStV beim Datenschutz jedoch Ausnahmen, die aber nicht für die Daten normaler Nutzer von Medienangeboten oder Kulturportalen gelten. 6 Der Datenschutz ist im TMG in den §§ 11 bis 15a geregelt. Vorliegend wird lediglich auf die für Kulturportale besonders relevanten Regelungen eingegangen.
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4.3 Pflichten des Diensteanbieters (Kulturportals) Die Pflichten des Diensteanbieters sind in § 13 TMG geregelt. Sie umfassen insbesondere die folgenden Bereiche:
4.3.1 Datenschutzerklärung Zunächst schreibt § 13 Abs. 1 S. 1 TMG vor, dass der Diensteanbieter den Nutzer zu Beginn des Nutzungsvorgangs über Art, Umfang und Zwecke der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten sowie über die Verarbeitung seiner Daten in Staaten außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums7 in allgemein verständlicher Form zu unterrichten hat, sofern eine solche Unterrichtung nicht bereits erfolgt ist. Der Inhalt der Unterrichtung muss für den Nutzer jederzeit abrufbar sein (Satz 3), was typischerweise über einen Link am Ende jeder Webseite auf eine „Datenschutzerklärung“ in gleicher Weise wie beim Impressum gewährleistet wird.8 Die Datenschutzerklärung muss darstellen, welche Daten der Nutzer zu welchen Zwecken verarbeitet werden. Zumindest an dieser Stelle sollte der Nutzer auch auf möglicherweise bestehende Widerspruchsrechte hinsichtlich bestimmter Arten der Datenverarbeitung hingewiesen werden. Welche Inhalte die Datenschutzerklärung von Kulturportalen haben sollte, wird im Laufe dieses Beitrages anhand typischer Szenarien der Nutzeroptimierung dargestellt.9
4.3.2 Sonstige Pflichten in Auswahl Neben der gerade angerissenen Impressumspflicht soll nicht unerwähnt bleiben, dass die Weitervermittlung zu einem anderen Diensteanbieter dem Nutzer anzuzeigen ist (§ 13 Abs. 5 BDSG). Dies ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn und soweit ein Kulturportal lediglich als Metadaten-Index fungiert und die eigentliche Inhalte beim verlinkten Datenlieferanten angezeigt werden. In datenschutzrechtlicher Hinsicht geht mit einer solchen offengelegten Weitervermittlung auch ein Wechsel in der Verantwortung für die über die jeweiligen Webseiten erhobenen Daten einher. 7 Der EWR umfasst die EU sowie die EFTA-Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen (nicht jedoch die Schweiz). 8 Wenn selbst die Startseite wie auch viele der folgenden Seiten einer Website mehrere Bildschirmseiten selbst bei heute üblichen Monitoren einnimmt, sollte allerdings ein Link an einer prominenteren Stelle gesetzt werden, da dieser sonst unter Umständen im „Footer“ der Webseiten nicht mehr als leicht erkennbar und unmittelbar erreichbar angesehen werden kann (was § 5 Abs. 1 TMG für das Impressum fordert und entsprechend für die Datenschutzerklärung gelten dürfte). 9 Konkrete Formulierungsvorschläge für Website-Betreiber im Allgemeinen finden sich beispielsweise bei Lachenmann, Abschnitt B.IX., in: Koreng/Lachenmann (Hrsg.), Formularbuch Datenschutzrecht.
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4.4 Erlaubnistatbestände Als Erlaubnistatbestand für eine Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten eines Nutzers kommt zunächst dessen Einwilligung in Betracht. Diese kann unter den Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 TMG auch elektronisch erklärt werden, wobei der Diensteanbieter sicherzustellen hat, dass 1. der Nutzer seine Einwilligung bewusst und eindeutig erteilt, 2. die Einwilligung protokolliert wird, 3. der Nutzer den Inhalt der Einwilligung jederzeit abrufen kann und 4. der Nutzer die Einwilligung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen kann. Daneben enthält das TMG in § 14 eine gesetzliche Erlaubnis zum Umgang mit Bestandsdaten (wie Name oder Adresse), die für ein Vertragsverhältnis zwischen Diensteanbieter und Nutzer über die Nutzung von Telemedien erforderlich sind. Der Diensteanbieter darf zudem personenbezogene Daten eines Nutzers nach § 15 Abs. 1 TMG erheben und verwenden, soweit dies erforderlich ist, um die Inanspruchnahme von Telemedien zu ermöglichen und abzurechnen (Nutzungsdaten). Nutzungsdaten sind insbesondere 1. Merkmale zur Identifikation des Nutzers, 2. Angaben über Beginn und Ende sowie des Umfangs der jeweiligen Nutzung und 3. Angaben über die vom Nutzer in Anspruch genommenen Telemedien. Darüber hinaus darf der Diensteanbieter gemäß § 15 Abs. 3 TMG auch für Zwecke der Marktforschung oder zur bedarfsgerechten Gestaltung der Telemedien Nutzungsprofile unter Verwendung von Pseudonymen erstellen, sofern der Nutzer dem nicht widerspricht. Dies ist eine zentrale Vorschrift für die Nutzeroptimierung auch bei Kulturportalen, wobei in den weiteren Ausführungen noch näher auf deren Voraussetzungen eingegangen werden wird.
5 Was sind personenbezogene Daten? Datenschutz setzt, wie zum Verfassungs-, Europa- und einfachen Recht ausgeführt, an personenbezogenen Daten an. Solche Daten sind Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener).10 Daten sind einer bestimmten Person zuordenbar, wenn sich die Identität der Person direkt aus diesen Daten ergibt, zum Beispiel durch Nennung von Namen und postalischer Adresse. Für den Personenbezug ist es jedoch ausreichend, wenn die 10 So § 3 Abs. 1 BDSG. Die LDSG definieren dies jedoch der allgemeinen Datenschutzrichtlinie 95/46/ EG folgend in gleicher Weise.
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hinter den Daten stehende Person bestimmbar ist, deren Identität also gegebenenfalls erst durch Verknüpfung mit anderen verfügbaren Datenquellen ersichtlich wird. Wenn Daten dagegen keiner bestimmten oder bestimmbaren Person zugeordnet werden können, sind sie (absolut) anonym und unterliegen nicht dem Datenschutz. Sofern Daten nicht (mehr) mit verhältnismäßigem Aufwand an Zeit, Kosten und Arbeitskraft einer solchen Person zuordenbar sind, gelten sie als faktisch oder relativ anonym11 und unterliegen nach herrschender Meinung ebenfalls keinem datenschutzrechtlichen Erlaubnisvorbehalt.
6 Welche personenbezogenen Daten verarbeiten Kulturportale? Kulturportale können verschiedene Arten von personenbezogenen Daten erheben, verarbeiten und nutzen.
6.1 Nutzungsdaten Zu Beginn des Abrufprozesses stehen die sogenannten Nutzungsdaten. Hier stellen sich Kulturportalen vergleichbare Fragen wie anderen Anbietern von Webseiten im Internet. Beim Aufruf einer Webseite werden automatisch folgende Informationen vom Browser des Nutzers an den Webserver des Anbieters (hier: des Portals) übertragen: 1. Name der abgerufenen Webseiten bzw. Dateien 2. Datum und Uhrzeit des Aufrufs 3. Referrer-URL (Quelle einer Verlinkung auf die Webseite, also die zuvor besuchte Webseite)12 4. Browser des Nutzers nach Typ, Version und teils auch Konfiguration (wie Spracheinstellungen etc.) 5. Betriebssystem auf dem Rechner des Nutzers 6. IP-Adresse des Rechners des Nutzers
6.1.1 Insbesondere: IP-Adressen Die IP-Adresse ermöglicht die eindeutige Identifikation eines Gerätes, das an ein Computernetz angeschlossen ist, welches auf dem Internet-Protokoll (IP) beruht, 11 Vgl. die Definition des Anonymisierens in § 3 Abs. 6 BDSG. 12 Dieses Datum wird jedenfalls nach den Standardeinstellungen der meisten Browser mit übertragen.
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wie es bei dem gemeinhin unter „Internet“ bekannten weltweiten Verbund von Computernetzen der Fall ist. Eine IP-Adresse wird jedem ans Internet angeschlossenen Rechner bzw. jedem Internetanschluss zugewiesen. Die IP-Adresse kann einem Internetanschluss über längere Dauer fest zugewiesen sein; dann spricht man von einer statischen IP-Adresse. Eine IP-Adresse kann aber auch bei jeder Einwahl ins Internet bzw. in kürzeren Zeitabständen (z. B. täglich) neu einem Anschluss vom jeweiligen Zugangsanbieter (Access-Provider) zugewiesen werden; in diesem Fall hat ein Anschluss wechselnde, sogenannte dynamische IP-Adressen. Bei den unter normalen Internet-Nutzern vergleichsweise seltenen statischen IPAdressen wird im Allgemeinen von einem Personenbezug ausgegangen, jedenfalls wenn deren Inhaber eine natürliche Person ist.13 Die diesbezügliche Einordnung von dynamischen IP-Adressen ist dagegen umstritten. Unstrittig ist auch insoweit, dass dynamische IP-Adressen für den Access-Provider, welche deren Zuordnung zum Anschlussinhaber vorhält, personenbezogen sind. Fraglich ist aber, ob dies auch für den Betreiber einer Website, wie die eines Kulturportals, gilt. Sofern beim Besuch einer Webseite neben der automatisch erfassten IP-Adresse vom Nutzer auch dessen Name oder weitere Bestandsdaten hinterlassen und zur IP-Adresse hinzugespeichert werden, ist auch eine dynamische IP-Adresse für den Website-Betreiber personenbezogen. Auf diese Weise, vermittelt über die IP-Adresse, kann der Betreiber zudem nachvollziehen, welche anderen Seiten seiner Website der Nutzer in engem zeitlichem Zusammenhang mit der Angabe seiner Bestandsdaten besucht hat.14 Im Übrigen nehmen die Verfechter eines absoluten Ansatzes an,15 dass es für einen Personenbezug genügt, wenn eine Stelle diesen gezielt herstellen kann, um auch für alle anderen Stellen einen solchen als gegeben anzusehen. Der Gedanke dahinter ist, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass die eine Stelle auf das Zusatzwissen der anderen Stelle zurückgreift. Auf dieser Linie bewegen sich bislang die deutschen Datenschutz-Aufsichtsbehörden und gehen daher von einem Personenbezug auch dynamischer IP-Adressen aus.16 Der Bundesgerichtshof sieht diesen Ansatz jedoch auch vor dem Hintergrund der Datenschutzrichtlinie 95/46/EG nicht als zwingend an.17 In Erwägungsgrund 26 dieser Richtlinie wird festgehalten, dass bei der Prüfung eines Personenbezuges „alle Mittel berücksichtigt werden [sollten], die vernünftigerweise entweder von dem Verantwortlichen für die Verarbeitung oder von einem Dritten eingesetzt werden könnten, um 13 Ein prinzipiell von jedem Netzanschluss durchführbarer sogenannter IP-Lookup führt hier in der Regel zum Inhaber der entsprechenden IP-Adresse. 14 Eine Website ist eine Gruppe zusammengehöriger Webseiten, die typischerweise unter der gleichen Domain (z. B. www.deutsche-digitale-bibliothek.de) betrieben werden. 15 Teils ist vom „objektiven Begriff“ des Personenbezuges die Rede. 16 Düsseldorfer Kreis, Beschluss der obersten Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im nichtöffentlichen Bereich am 26./27. November 2009 in Stralsund, zu IP-Adressen. 17 BGH, Beschluss v. 28.10.2014 – Az. VI ZR 135/13, CR 2015, 109, Rdnr. 28.
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die betreffende Person zu bestimmen“. Damit muss nicht unbedingt jedes bei einem Dritten (hier: dem Access-Provider) vorhandene Wissen berücksichtigt werden, sondern nur dasjenige Wissen, dass vernünftigerweise (bzw. mit verhältnismäßigem Aufwand) eingesetzt werden kann. Richtigerweise dürfte der Personenbezug von (dynamischen) IP-Adressen somit davon abhängen, ob und unter welchen Umständen man vernünftigerweise damit rechnen muss, dass der Betreiber einer Website Kenntnis von der Zuordnung zu einem Anschlussinhaber über den Access-Provider oder auf andere Weise erhält (relativer Ansatz). Letztlich hat der Bundesgerichtshof diese Frage aber dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorgelegt.18 Jedenfalls bis eine Entscheidung in diesem Verfahren ergeht, sollte von Kulturportalen in Deutschland mit den deutschen Datenschutz-Aufsichtsbehörden vorsichtshalber von einem Personenbezug auch dynamischer IP-Adressen und damit zunächst sämtlicher über eine Website erhobener und dieser Adresse zugeordneter Daten ausgegangen werden. Ohne Einwilligung der betroffenen Nutzers oder zumindest einem Hinweis an diese auf ein Widerspruchsrecht,19 dürfen daher in der Regel IP-Adressen der Nutzer nicht, jedenfalls nicht längerfristig, gespeichert werden.
6.1.2 Logfiles des Webservers Die zuletzt getroffene Feststellung in Bezug auf IP-Adressen gilt auch für die häufig angelegten Logfiles (Zugriffsprotokolle) der eingesetzten Webserver.20 In Analogie zur Rechtslage bei Access-Providern wird man den Portalbetreibern aber wohl eine Frist von bis zu sieben Tagen zur Speicherung der vollständigen IP-Adresse aus Gründen der Datensicherheit gewähren können.21 Wenn man aber die IP-Adresse hinreichend kürzt, üblicherweise durch Löschung des letzten ihrer vier Adressblöcke,22 dann kann man von einer Anonymisierung ausgehen, und man ist in der Weiterverwendung der gekürzten Adresse sowie der dieser zugeordneten Nutzungsdaten frei, soweit sich aus diesen Daten nicht anderweitig ein Personenbezug ergibt.
18 BGH, Beschluss v. 28. Oktober 2014 – Az. VI ZR 135/13, CR 2015, 109. Beim EuGH wird das noch laufende Verfahren unter dem Az. C-582/14 geführt. 19 Diese beiden Optionen dürften für die Verwendung der IP-Adresse im Massenverkehr mit nicht über ein Nutzerkonto registrierten Nutzern noch schwerer umzusetzen sein als beispielsweise bei Cookies (siehe dazu sogleich). Zwar könnte theoretisch ein Opt-out-Cookie für die IP-Speicherung gesetzt werden. Solche Cookies scheinen bislang jedoch noch nicht in Gebrauch zu sein. 20 Und keineswegs nur für Google beim Einsatz von Google Analytics; Näheres dazu weiter unten. 21 Zum Beispiel zur Abwehr von Hackerangriffen durch die Blockierung der Zugriffe von einer bestimmten IP-Adresse. 22 Ausgehend vom noch am weitesten verbreiteten IPv4-Standard, bei dem eine IP-Adresse aus vier Blöcken zu je 1 Byte (Zahlen zwischen 0 und 255) besteht. Dieser Ansatz beim im Kommen befindlichen IPv6-Standard (eine IP-Adresse besteht aus 6 Blöcken zu je einem Byte) überprüft werden.
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6.1.3 Cookies: Webseite hinterlässt „Krümel“ auf dem Rechner des Nutzers Beim Besuch von Websites können zudem sogenannte Cookies auf dem Rechner des Nutzers gespeichert und für einen späteren Abruf bereitgehalten werden. Cookies sind kleine Textdateien, die typischerweise keine aus sich heraus aussagekräftigen Inhalte haben, sondern lediglich „kryptische“ Zeichenketten beinhalten. Diese dienen der Identifikation eines Rechners bzw. Nutzers, denen auf dem Webserver über die dort als Referenz ebenfalls gespeicherte Zeichenkette bestimmte Attribute zugewiesen werden, welche beim nachfolgenden Aufruf einer Webseite des gleichen oder eines verbundenen Betreibers wieder dem Rechner zugeordnet werden können. Auf diese Weise kann die ansonsten „erinnerungslose“ Internetverbindung23 ein „Gedächtnis“ erhalten, um z. B eine Suchhistorie, einen Warenkorb oder Anmeldeinformationen zu speichern. Dadurch kann ein Web-Angebot nutzerfreundlicher und teils auch sicherer gemacht werden. Soweit Cookies nach Abschluss des Besuchs einer Website und Schließen des verwendeten Internetbrowsers automatisch gelöscht werden, spricht man von „SessionCookies“, welche lediglich verschiedene aktuelle Anfragen eines Browsers zu einer laufenden Sitzung zusammenfassen. Cookies können jedoch auch für längere Zeit oder dauerhaft gespeichert werden; dann ist von temporären oder permanenten Cookies die Rede. Gerade solche persistenten Cookies können auch zum „Tracking“, also der längerfristigen Verfolgung des Nutzerverhaltens, eingesetzt werden und insoweit ähnliche Wirkungen wie eine statische IP-Adresse entfalten. Die meisten Browser bieten die Möglichkeit, die Annahme von Cookies zu verweigern oder bestehende Cookies zu löschen. Die Nutzbarkeit von Websites kann dadurch jedoch eingeschränkt werden. Wenn die Attribute, die in einem Cookie oder dessen Server-seitiger Referenzdatei gespeichert sind, die Person des Nutzers identifizieren, dann werden über dieses Cookies zweifelsohne personenbezogene Daten verarbeitet, jedenfalls für den Anbieter, der diesen Server betreibt. Für eine Regulierung von Cookies dürfte jedoch vor dem Hintergrund der Datenschutzrichtlinie für die elektronische Kommunikation 2002/58/EG (E-Kommunikations-Datenschutzrichtlinie)24 ein Personenbezug ausnahmsweise nicht unbedingt nötig sein. Denn diese Richtlinie regelt „die Speicherung von Informationen oder den Zugriff auf Informationen, die bereits im Endgerät eines Teilnehmers oder Nutzers 23 Das „Hypertext Transfer Protocol“ (http), auf welchem das World Wide Web maßgeblich beruht, ist ein sogenanntes zustandsloses Kommunikationsprotokoll. D. h. jede http-Nachricht enthält prinzipiell alle Informationen, welche für den Server bzw. den Client (Rechner des Nutzers) erforderlich sind. Weder der Server noch der Client sollen Zustandsinformationen zwischen zwei Nachrichten speichern müssen. Daher ist http standardmäßig nicht darauf ausgelegt, solche Zustände zu speichern bzw. sich an zuvor ausgetauschte Anfragen oder Nachrichten zu erinnern. 24 In der Fassung der sog. Cookie-Richtlinie 2009/136/EG.
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gespeichert sind“ (Art. 5 Abs. 3 S. 1), knüpft insoweit also allgemein an Informationen und nicht an personenbezogenen Daten an. Eine entsprechende Speicherung oder ein Zugriff auf solche Informationen ist demnach nur gestattet, „wenn der betreffende Teilnehmer oder Nutzer auf der Grundlage von klaren und umfassenden Informationen“, die er gemäß der allgemeinen Datenschutzrichtlinie 95/46/EG „u. a. über die Zwecke der Verarbeitung erhält, seine Einwilligung gegeben hat“.25 Eine solche Einwilligung soll lediglich dann nicht erforderlich sein, wenn die Speicherung oder der Zugriff dem alleinigen Zweck der „Durchführung der Übertragung einer Nachricht über ein elektronisches Kommunikationsnetz“ dient „oder wenn dies unbedingt erforderlich ist, damit der Anbieter eines Dienstes der Informationsgesellschaft, der vom Teilnehmer oder Nutzer ausdrücklich gewünscht wurde, diesen Dienst zur Verfügung stellen kann“ (Art. 5 Abs. 3 S. 2 E-Kommunikations-Datenschutzrichtlinie). Es wird allerdings oft nicht rechtssicher feststellbar sein, wann ein Cookie einfach nur nützlich ist, also die Inanspruchnahme eines Dienstes komfortabler macht, und wann es im technischen Sinne unbedingt hierfür erforderlich ist.26 Vor diesem Hintergrund fragen inzwischen viele Websites aus dem europäischen Ausland schon beim Aufruf ihrer Startseite (Homepage) nach der Zustimmung des Nutzers, bevor Cookies gesetzt werden. Dies geschieht üblicherweise in der Weise, dass am oberen oder unteren Seitenende ein schmales Banner eingeblendet wird, in welchem auf die Vorteile der Verwendung von Cookies hingewiesen und um Zustimmung hierfür nachgesucht wird. Cookies werden erst dann gesetzt, wenn der Nutzer diese Zustimmung durch Anklicken eines OK-Buttons oder auf ähnliche Weise aktiv bestätigt hat. Etwas abgeschwächter formuliert bislang das deutsche Recht,27 dass bei „einem automatisierten Verfahren, das eine spätere Identifizierung des Nutzers ermöglicht und eine Erhebung oder Verwendung personenbezogener Daten vorbereitet, […] der Nutzer zu Beginn dieses Verfahrens zu unterrichten“ ist (§ 13 Abs. 1 S. 2 TMG) und zwar „über Art, Umfang und Zwecke der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten“ (S. 1). Für den späteren Personenbezug genügt eine bloß mittelbare Bestimmbarkeit, beispielsweise über Pseudonyme. Der Einsatz von Pseudonymen, die Pseu25 Art. 5 Abs. 3 S. 1 E-Kommunikations-Datenschutzrichtlinie. 26 Dies hängt auch von der Definition des Dienstes ab. Je kleinteiliger man diese fasst, wenn man auch „Komfortfunktionen“ als eigenen Dienst auffasst (was aber vom Regel-Ausnahme-Verhältnis der Richtlinie her problematisch wäre), desto eher wird man die Ausnahme anwenden können, allerdings nur, wenn der Wunsch des Nutzers ausdrücklich auch diese Funktion umfasst. 27 Zur Frage nach der Diskrepanz zwischen E-Kommunikations-Datenschutzrichtlinie und deutschem Recht: Lachenmann, Abschnitt B.IX.1 Anmerkung 13, in: Koreng/Lachenmann (Hrsg.), Formularbuch Datenschutzrecht. Für öffentliche Stellen, wie sie gerade im Kulturbereich häufig anzutreffen sind, liegt auch in Deutschland eine direkte Anwendung der strengeren Richtlinie nahe, während bei privaten Stellen derzeit lediglich eine richtlinienkonforme Auslegung geboten ist, welche ihre Grenzen im Wortlaut der deutschen Vorschriften findet.
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donymisierung, ist das Ersetzen des Namens und anderer Identifikationsmerkmale durch ein Kennzeichen (Pseudonym) zu dem Zweck, die Bestimmung des Betroffenen auszuschließen oder wesentlich zu erschweren (§ 3 Abs. 6a BDSG). Die Zeichenkette in einem Cookie kann unter Umständen als solches Pseudonym angesehen werden. Daran knüpft eine Regelung in § 15 Abs. 3 TMG an. Ein Diensteanbieter darf demnach für Zwecke der Werbung, der Marktforschung oder zur bedarfsgerechten Gestaltung der Telemedien Nutzungsprofile bei Verwendung von Pseudonymen erstellen, sofern der Nutzer dem nicht widerspricht.28 Der Diensteanbieter hat den Nutzer auf sein Widerspruchsrecht im Rahmen der Unterrichtung nach § 13 Abs. 1 TMG hinzuweisen. Die Nutzungsprofile dürfen nicht mit Daten über den Träger des Pseudonyms zusammengeführt werden. Dementsprechend wird mittlerweile auch auf einigen deutschen Websites bereits beim Aufruf einer ihrer Seiten auf die Verwendung von Cookies und die Möglichkeit von deren Deaktivierung über eine eingeblendete Leiste oder ein Popup hingewiesen.29 Ein solcher Hinweis sollte zumindest in der klassischen Datenschutzerklärung erfolgen, welche der Nutzer zwar nicht zwingend passieren muss, aber doch von jeder Seite eines Web-Angebotes aus aufrufen kann.30 Zudem sollte die Lebensdauer eines Cookies beschränkt werden, möglichst auf nicht mehr als ein bis zwei Jahre. Denn man kann dann, jedenfalls bei vormals flüchtigen Website-Besuchen ohne individuelle Anmeldung, nicht mehr ohne Weiteres von einer noch aktuellen Zustimmung31 des Nutzers zum Zugriff auf entsprechend alte Nutzungsdaten ausgehen.
6.2 Bestandsdaten Wenn der Anbieter eines Kulturportals dem Nutzer nicht lediglich digitale Inhalte zum Abruf zu Verfügung stellt, sondern seinen Nutzern darüber hinaus personalisierte Dienste anbieten möchte, dann erhebt er regelmäßig auch sogenannte Bestandsdaten vom Nutzer. Zu solchen personalisierteren Diensten gehört beispielsweise das Angebot eines Newsletters und insbesondere das eines registrierungspflichtigen 28 Ein Widerspruch könnte über die Ablehnung der Annahme von Cookies in den Browser-Einstellungen, durch ein spezielles Opt-out-Cookie (das noch akzeptiert werden müsste) oder – bei anmeldepflichtigen Diensten – über die aktive Einstellung entsprechender Präferenzen im Nutzerkonto erfolgen. 29 Zumindest diese Lösung ist vor dem Hintergrund der E-Kommunikations-Datenschutzrichtlinie für öffentliche Stellen auch in Deutschland zu empfehlen, wobei hier offengelassen werden soll, ob in der unterlassenen Deaktivierung nur ein Widerspruch (reines opt-out) oder aufgrund des klaren Hinweises schon eine Einwilligung (opt-in jedenfalls i. w. S.) gesehen werden kann. 30 Dies scheint momentan noch der faktische Standard in Deutschland zu sein. 31 Wobei die Zustimmung hier im weitesten Sinne verstanden wird, sei es aktiv als Einwilligung oder passiv als Nicht-Widerspruch.
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Benutzerkontos, über welches der Nutzer selbst seine Präferenzen, wie beispielsweise Favoritenlisten oder Suchprofile, speichern kann. Personenbezogene Bestandsdaten sind typischerweise Name und Kontaktinformationen des Nutzers, wie dessen E-MailAdresse, sowie die gegebenenfalls gespeicherten Präferenzen. Diese dürfen vom Diensteanbieter nur erhoben und verwendet werden, „soweit sie für die Begründung, inhaltliche Ausgestaltung oder Änderung eines Vertragsverhältnisses zwischen dem Diensteanbieter und dem Nutzer über die Nutzung von Telemedien erforderlich sind“ (§ 14 Abs. 1 TMG). Ob und inwieweit hiervon auch eine „Nutzeroptimierung“ umfasst ist,32 kann man bezweifeln. Diese Daten befinden sich daher nicht im Zentrum der typischen Nutzeroptimierung von Websites und Portalen, auch weil sie nicht für jeden Nutzer zur Verfügung stehen. Die Verwendung solcher Daten zu diesem Zweck wird daher vorliegend nicht weiter untersucht. Sicherheitshalber sei aber insoweit die Einholung einer Einwilligung angeraten.
6.3 Personenbezogene Daten innerhalb der kulturellen Inhalte Nicht betrachtet wird vorliegend zudem die Frage, wie mit personenbezogen Daten innerhalb des „Kulturgutes“, seien es Patientenakten eines verstorbenen Schauspielers33 oder E-Mails eines ehemaligen Ministerpräsidenten34, umgegangen werden darf. Eine Klärung, ob und inwieweit solche Daten beispielsweise in Landesarchive übernommen werden, dort ausgewertet und gegebenenfalls sogar über Portale verfügbar gemacht werden dürfen, würde den Umfang des vorliegenden Beitrages sprengen und steht auch nicht im Fokus der klassischen „Nutzeroptimierung“ bei OnlinePortalen.
7 Web-Analyse-Werkzeuge Tools zur Nutzeroptimierung durch Analyse und Tracking (Nachverfolgung) des „WebTraffics“, also der Besuche auf einer Website, setzen meist an den beim Seitenaufruf 32 Beispielsweise im Sinne eines Änderungsvorschlages hin zu einem auch für den Nutzer optimierten Vertrag. 33 Vgl. das Interview mit dem Datenschutzbeauftragten des Landes Berlin, Dr. Alexander Dix, in der „Welt“ vom 30. Juli 2008, S. 30: „Schauspieler Klaus Kinski ist eine Person der Zeitgeschichte“, Datenschützer verteidigt Krankenaktenoffenlegung. 34 Vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 30. Juli 2014 – Az. 1 S 1352/13: Das Urteil gewährte dem ehemaligen Ministerpräsidenten zwar einen Anspruch auf Löschung seiner über den Dienst-Account ausgetauschten und lediglich noch in einer Sicherungskopie gespeicherten E-Mails, versagte also dem betroffenen Bundesland (bzw. dessen neuer Regierung) die Wiederherstellung der Originaldateien. Es stellte jedoch ebenfalls fest, dass die Daten vor der Löschung dem zuständigen Landesarchiv zur Übernahme anzubieten sind.
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standardmäßig übertragenen Daten an, ergänzen diese gegebenenfalls um Informationen aus Cookies und bereiten diese übersichtlich für den Betreiber der Website auf. So lassen sich beispielsweise folgende Informationen anschaulich darstellen: 1. die Anzahl der Besucher auf der Website, 2. die Verweildauer der Besucher, 3. die Suchbegriffe, über welche Besucher die Webseite gefunden haben, 4. die Browser, die Besucher nutzen, 5. Besucherquellen wie Links, Suchmaschinen usw., 6. die demografischen Merkmale, wie Sprache35 und Standort36 der Besucher, 7. die Inhalte, die sich die Besucher auf der Website angesehen haben, und 8. die Geräte (z. B. PC oder Smartphone), welche die Besucher verwenden.
7.1 Google Analytics Das wohl am häufigsten eingesetzte Werkzeug zum Web-Tracking ist Google Analytics. Dieses kann bei Beachtung der zwischen den deutschen Datenschutzaufsichtsbehörden und der Google Inc. abgestimmten Maßgaben, wie sie nachfolgend geschildert werden, auch datenschutzkonform eingesetzt werden. Für die Nutzung von Google Analytics muss ein Portalanbieter zunächst einen bestimmten Code von Google in seine Website einbinden.37 Dieser Code sorgt dafür, dass beim Besuch der Website ein Cookie auf dem Rechner des Nutzers gesetzt wird. Die durch den Cookie erzeugten Informationen über die Benutzung der Website werden in der Regel an einen Server von Google in den USA übertragen und dort gespeichert. Wenn auf der Website die sogenannte „IP-Anonymisierung“ aktiviert ist, wird die IP-Adresse von Google jedoch innerhalb von Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zuvor gekürzt. Nur in Ausnahmefällen wird die volle IP-Adresse an einen Server von Google in den USA übertragen und erst dort gekürzt. Diese IP-Anonymisierung ist eine der Vorgaben der deutschen Datenschutzaufsichtsbehörden für die Nutzung von Tools wie Google Analytics. Hierfür muss mit der Einbindung des Codes von Google auf der Website die Zusatzfunktion „anonymizeIP“ aktiviert werden. Des Weiteren schreiben die deutschen Aufsichtsbehörden vor, dass eine schriftliche Vereinbarung zur Auftragsdatenverarbeitung zwischen Website-Betreiber (als Auftraggeber) und Google (als grundsätzlich weisungsgebundenem Auftragnehmer) geschlossen wird, wozu Google inzwischen auch bereit ist. Hierfür stellt Google 35 Insbesondere über die Browsereinstellungen. 36 Insbesondere über die IP-Adresse. 37 Dabei handelt es sich um Javascript-Code, so dass eine Blockierung von Javascript im Browser dazu führt, dass der Besuch mit diesem Browser nicht entsprechend erfasst werden kann.
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einen Standardvertrag zum Abruf online bereit, welcher vom Website-Betreiber ausgedruckt und unterzeichnet in zweifacher Ausfertigung an Google geschickt werden muss.38 Der Website-Betreiber erhält dann ein von Google gegengezeichnetes Exemplar zurück. Erst dann kann er, die Einhaltung der übrigen Bedingungen vorausgesetzt, Google Analytics konform zu den Vorgaben der deutschen Datenschutzaufsichtsbehörden nutzen. Die genannte Vereinbarung soll sicherstellen, dass Google die übertragenen Informationen lediglich im Auftrag des Betreibers der Ausgangs-Website benutzt, um die Nutzung dieser Website auszuwerten, um Reports über die Websiteaktivitäten zusammenzustellen und um weitere mit der Websitenutzung und der Internetnutzung verbundene Dienstleistungen gegenüber dem Website-Betreiber zu erbringen. Die im Rahmen von Google Analytics vom Browser übermittelte (und gegebenenfalls gekürzte) IP-Adresse wird, so die Angaben aus der von Google vorgeschlagenen Datenschutzerklärung, nicht mit anderen Daten von Google zusammengeführt. Der Nutzer kann die Speicherung der Cookies und damit die Datenübertragung an Google mit der nachfolgenden Auswertung durch eine entsprechende Einstellung seiner Browser-Software verhindern. Darüber hinaus kann der die Erfassung der durch das Cookie erzeugten und auf die Nutzung der Website bezogenen Daten (einschließlich der IP-Adresse) an Google sowie die Verarbeitung dieser Daten durch Google verhindern, indem er ein spezielles, durch Google bereitgestelltes Browser-Plugin installiert.39 Dies kann als die technische Umsetzung eines Widerspruchsrechts angesehen werden, das ausgeübt werden kann, ohne dass der Nutzer gänzlich auf Cookies verzichten muss. Darauf ist der Nutzer, wie auch auf die anderen Umstände des Datenumgangs im Rahmen von Google Analytics, in der Datenschutzerklärung des Website-Betreibers hinzuweisen. Checkliste zur datenschutzkonformen Nutzung von Google Analytics: 1. Abschluss einer Vereinbarung über die Auftragsdatenverarbeitung zwischen Website-Betreiber und Google. 2. Aktivierung der IP-Anonymisierung bei Einbindung des Google Analytics-Codes. 3. Datenschutzerklärung zum Umgang mit Daten im Rahmen von Google Analytics einschließlich der Hinweise auf Opt-Out-Möglichkeiten für die Besucher der Website.
7.2 Piwik Die Open-Source-Software Piwik ist in Deutschland nach Google Analytics das wohl zweitbeliebteste Tool für die Web-Analyse. Im Gegensatz zu Google Analytics findet 38 Der Mustervertrag mit einer Verwendungsanleitung von Google findet sich hier: http://www.google.com/analytics/terms/de.pdf. 39 Dieses Plugin kann unter http://tools.google.com/dlpage/gaoptout?hl=de heruntergeladen werden.
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die gesamte Auswertung hier jedoch auf dem Webserver statt, auf welchem Piwik installiert wurde. Eine Auftragsdatenverarbeitung durch den Anbieter von Piwik liegt somit nicht vor und muss dementsprechend auch nicht vertraglich geregelt werden.40 Allerdings werden auch hier die Anonymisierung der IP-Adressen sowie eine Widerspruchsmöglichkeit samt Hinweis hierauf gefordert.41 Dementsprechend muss auch hier die für Piwik ebenfalls bereitgestellte Erweiterung „anonymizeIP“ aktiviert und der Nutzer über Datenschutzerklärungen auf sein Widerspruchsrecht hingewiesen werden.42 Checkliste zur datenschutzkonformen Nutzung von Piwik: 1. Aktivierung der IP-Anonymisierung bei Einbindung des Piwik-Codes. 2. Datenschutzerklärung zum Umgang mit Daten im Rahmen von Piwik einschließlich der Hinweise auf Opt-Out-Möglichkeiten für die Besucher der Website.
8 Social Media Plugins: What do you like to share? Auf einer steigenden Anzahl von Websites werden sogenannte Social Media-Plugins (nachfolgend „Plugins“ oder „Buttons“) unterschiedlicher sozialer Netzwerke eingesetzt. An erster Stelle dürfte hier Facebook stehen. Aber beispielswiese auch Google+ und Twitter erfreuen sich in dieser Hinsicht zunehmender Beliebtheit. Mit diesen Plugins können die Nutzer Inhalte einer Webseite anderen Mitgliedern sozialer Netzwerke weiterempfehlen oder mit diesen teilen, in dem Sie z. B. einen „Like“- oder einen „Share“-Button anklicken. Wenn der Nutzer eine Webseite mit einem vom jeweiligen Portal-Betreiber eingebundenen Standard-Plugin eines sozialen Netzwerkes besucht, wird über dieses Plugin eine direkte Verbindung zwischen dem Browser des Nutzers und dem Server des sozialen Netzwerks hergestellt. Der Portal-Betreiber hat in der Regel keinen direkten Einfluss auf den Umfang der Daten, die das soziale Netzwerk mit Hilfe des Plugins erhebt. Er sollte aber den Nutzer zumindest entsprechend den allgemein verfügbaren Informationen zu solchen Plugins in seiner Datenschutzerklärung informieren: Das soziale Netzwerk erhält über ein entsprechendes Plugin zunächst die Information, dass der Nutzer mit seiner IP-Adresse die Seite des Betreibers (z. B. eines Portals) besucht hat. Wenn der Nutzer während des Besuches entsprechender Seiten in seinem Account bei einem sozialen Netzwerk eingeloggt ist, kann das soziale Netz40 Bei einem externen Hosting des Webservers liegt jedoch eine regelungsbedürftige Auftragsdatenverarbeitung durch den Hostprovider für den Website-Betreiber bzw. Content-Provider vor. 41 So geht das Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 18. Februar 2014 – Az. 3-10 O 86/12, trotz IP-Anonymisierung vom Vorliegen von Pseudonymen aus, deren Verwendung widersprochen werden kann, worauf schon zu Beginn des Nutzungsvorgangs hinzuweisen ist. 42 Für die Implementierung des Widerspruchsrechts existiert auch bei Piwik ein Opt-out-Plugin, welches wie das entsprechende Plugin von Google einen Opt-out-Cookie setzt.
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Uwe K. Schneider
werk zudem den Besuch dessen Account zuordnen und zwar üblicherweise unabhängig davon, ob der Nutzer den „Button“ des sozialen Netzwerkes anklickt oder nicht. Wenn der Nutzer nicht wünscht, dass ein soziales Netzwerk den Besuch von Webseiten mit entsprechenden Plugins seinem Nutzerkonto zuordnen kann, muss er sich vor dem Besuch der Seite aus seinem Benutzerkonto bei dem sozialen Netzwerk ausloggen. Die IP-Adresse des Nutzers wird jedoch auch dann an das soziale Netzwerk übertragen. Auf diese grundlegenden Umstände muss der Nutzer, wie bereits angerissen, jedenfalls in der Datenschutzerklärung des Portal-Betreibers hingewiesen werden. In Bezug auf die im Einzelnen an das soziale Netzwerk über das Plugin übertragenen Daten sowie deren weitere Verwendung durch das Netzwerk, sollte auf die Datenschutzerklärung des jeweiligen Netzwerks verwiesen werden.43 Nutzerfreundlicher und, gerade angesichts der bei vielen sozialen Netzwerken erfolgenden Datenübermittlung in die USA mit ihrem im Allgemeinen niedrigeren Datenschutzniveau als in der BRD und der EU, auch rechtssicherer sind spezielle Plugins, welche erst beim Anklicken Daten an das korrespondierende soziale Netzwerk übertragen. Solche Plugins werde leider nicht standardmäßig von den Anbietern der großen sozialen Netzwerke zur Verfügung gestellt, welche ein Interesse an einer Datenerhebung schon im Vorfeld eines Klicks zu haben scheinen. Es gibt jedoch unabhängige Anbieter, welche diese besonderen Plugins auch für die bekannten sozialen Netzwerke anbieten.44
43 Exemplarisch sei hier die Datenschutzerklärung von Facebook genannt, welche diesbezüglich aber auch nicht konkret wird: http://de-de.facebook.com/policy.php. 44 Genannt sei hier der vom heise-Verlag entwickelte und unter einer Open-Source-Lizenz veröffentlichte „c’t Shariff“, der zusammen mit Facebook, Google+ und Twitter funktioniert: Briegleb, Datenschutz und Social Media: Der c‘t Shariff ist im Einsatz, heise news, 2. Dezember 2014, http://www. heise.de/newsticker/meldung/Datenschutz-und-Social-Media-Der-c-t-Shariff-ist-im-Einsatz-2470103. html.
Ellen Euler
Open Access – Verpflichtung oder Geschäftsmodell für Kultureinrichtungen?! 1 Einführung Open Access (= engl. offener Zugang) steht als Glaubenssatz quasi vor der Klammer und wird vom europäischen Gesetzgeber als scheinbar alternativloses Diktum vorgegeben. Nicht mehr nur die öffentliche Verwaltung, sondern auch bestimmte kulturelle öffentliche Einrichtungen (Bibliotheken, Museen und Archive) sind nach dem Willen des europäischen Gesetzgebers seit dem 26. Juni 2013 gehalten, die Weiterverwendung ihrer Dokumente und Informationen unter bestimmten Voraussetzungen zu gestatten. Vor diesem Hintergrund stellt sich die grundsätzliche Frage, welchen Spielraum die Umsetzung der europäischen Vorgaben durch den nationalen Gesetzgebers den Kultureinrichtungen lässt, bestehende Geschäftsmodelle fortzusetzen. Möglicherweise sind diese dem Open Access-Gedanken verpflichtend anzupassen oder brechen gar völlig weg. Der Frage, wo gesetzliche Vorgaben zu Open Access verpflichten, wo alte Geschäftsmodelle wegbrechen, wo Spielraum besteht und wo Open Access möglicherweise ein sinnvolles Geschäftsmodell ist, soll im Folgenden für die unterschiedlichen Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen nachgegangen werden. Im Ergebnis ist dies, wie Thomas Dreier in einer Keynote zutreffend festgestellt hat, eine Frage nach Verteilungsgerechtigkeit: Wer soll aus den mit öffentlichen Mitteln finanzierten Informationsbeständen Gewinne erzielen dürfen? Es mag ja zutreffen, dass Informationen der öffentlichen Hand eine besonders verlässliche und wirtschaftlich wertvolle Ressource darstellen, auf der sich innovative Produkte und Dienstleistungen aufsetzen lassen, die der Wissensgesellschaft und mithin der Allgemeinheit förderlich sind. Aber ist es gerecht, dass Daten, die mit öffentlichen Mitteln gesammelt, generiert, vorgehalten und archiviert werden, nur von denjenigen wirtschaftlich genutzt werden können, die hierzu die wirtschaftlichen Voraussetzungen mitbringen? Handelt es sich möglicherweise um Klientelgesetzgebung im Deckmantel von Jedermann-Rechten? Läuft das Ganze am Ende nicht auf eine weitere Form der Sozialisierung von Verlusten und der Privatisierung von Gewinnen hinaus? Die Antwort auf diese Frage bedarf nicht allein der politischen bzw. normativen Wertvorgaben. Sie setzt vor allem – nicht leicht zu erlangende – Erkenntnisse darüber voraus, wie Wettbewerb und Innovation in den genannten Bereichen funktioniert und wie ein Marktversagen gegebenenfalls rechtlich zu korrigieren und eine Innovationsleistung bestmöglich zu fördern ist.1
1 Dreier, Eröffnungsrede auf Tagung „Kultur im Wandel. Informationen der öffentlichen Hand: Zugang und Nutzung.“ vom 1. März 2013 in Karlsruhe am ZKM.
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2 Open Access – Was heißt das genau? Die Diskussion zu „Open Access“ wird auf unterschiedlichen Ebenen geführt. Im engeren Sinne ist darunter der freie, im Sinne von „kostenlose, Zugang zu den von Seiten der Wissenschaftler im öffentlichen Auftrag und Dienst erschaffenen Publikationen“ gemeint. Das soll den wissenschaftlichen Diskurs mithilfe der digitalen und vernetzten Medien optimieren. Die öffentliche Hand verspricht sich darüber hinaus zugleich Einspareffekte und mehr Unabhängigkeit von den übermächtigen Wissenschaftsverlagen. Die Verlage halten mit dem Argument dagegen, dass sich private Investitionen in die Aufbereitung von Manuskripten und in die nachhaltige Sicherung von Veröffentlichungen lohnen müssen. Im Publikationswesen werden verschiedene Open-Access-Publikationswege unterschieden. Während beim goldenen Weg direkt in Open-Access-Verlagen und Zeitschriften veröffentlicht wird, wird beim grünen Weg die Speicherung bereits publizierter, begutachteter Fachartikel auf institutionellen oder fachlichen Dokumentenservern von Hochschulen oder Forschungsorganisationen veröffentlicht. Zur Verwirklichung von Open Access durch die Autoren und Stärkung von deren Rechten wurde jüngst mit der Normierung des Zweitveröffentlichungsrechts in § 38 Abs. 4 Urheberrechtsgesetz (UrhG) eine Minimallösung umgesetzt.2 Im weiteren Sinne, und diese Auslegung soll für den vorliegenden Beitrag gelten, meint Open Access: nicht nur den Zugang als passive Form der Rezeption, sondern Open Access gewährt auch Rechte des Fortschreibens und Bearbeitens. Der Rezipient darf auch zum Schöpfer im urheberrechtlichen Sinne werden,3
Open Access ist das Schlagwort für einen freien medientypübergreifenden Zugang zu wissenschaftlicher und kultureller Information über das Internet, also von Jedermann, zu jeder Zeit von jedem beliebigen Ort aus. Gleichzeitig ermöglicht eine offene Lizenzierung (z. B. mit Creative-Commons-Lizenzen4) die Anknüpfung und Nutzung. Hierfür ist erforderlich, dass freier Zugang nicht nur zu den Inhalten selbst, sondern auch zu den diese Inhalte erschließenden Daten, besteht. Die von der öffentlichen Hand getragenen kulturellen und wissenschaftlichen Einrichtungen verfügen über digitale Angebote, anders ausgedrückt: „Datenschätze“, der unterschiedlichsten Art. Diese lassen sich unterteilen in Inhalte und Informationen zu den Inhalten (Metadaten).
2 Bruch, Christoph / Plüger, Thomas, Das Zweitveröffentlichungsrecht des § 38 Abs. 4 UrhG – Möglichkeiten und Grenzen bei der Anwendung in der Praxis, in ZUM 2014 S. 388 ff. 3 P. Suber, Gratis and Libre Open Access. From the SPARC Open Access Newsletter, August 2008, http://www.sparc.arl.org/resource/gratis-and-libre-open-access (letzter Aufruf 10. April 2015). 4 siehe: www.creativecommons.org (letzter Aufruf 10 April 2015).
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Zu den Inhalten zählen neben –– Schriftgut aus Wissenschaftseinrichtungen und Bibliotheken, –– Abbildungen von Werken der bildenden Kunst, Skulptur, Noten, Münzen und sonstigen Sammlungsgegenständen aus Museen, –– Abbildungen von Architektur und Baudenkmälern aus Einrichtungen der Denkmalpflege, –– Abbildungen von Archivgut aus den Archiven, –– Filmmaterial aus den Mediatheken, –– Tondokumente aus den Rundfunkarchiven. Zu den Informationen zu den Inhalten zählen vor allem die Erschließungs- bzw. Beschreibungsinformationen, die umso wertvoller sind, je mehr Kontextinformation sie enthalten. Das gilt angesichts des wachsenden Einsatzes mobiler Endgeräte etwa für Daten mit Raumbezug, aus denen Umgebungsinformationen generiert werden können. Ebenso wichtig sind in diesem Zusammenhang Strukturdaten, mit denen verknüpft sich eineindeutige Aussagen zu Entitäten wie Personen und Orten treffen lassen und Raumbezüge herstellen, und etwa Aussagen zum Standort einzelner Kultur- und Wissensschätze machen lassen.
3 Verpflichtung zu Open Access? Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen setzen Open Access unterschiedlich um (hierzu siehe im Folgenden Status Quo). Es fragt sich jedoch, ob gesetzliche Rahmenbedingungen einen bestimmten Umfang normieren und verbindlich vorgeben. Die Europäische Kommission beschwört im Rahmen der von ihr angestoßenen europäischen Digitalisierungsinitiativen die Öffnung und Demokratisierung des europäischen kulturellen Erbes.5 Dabei betont sie sowohl die sozio-kulturelle Bedeutung von Informationen des kulturellen Sektors als auch das wirtschaftliche Potenzial derselben.6 Nachdem Studien zur Bedeutung der Öffnung öffentlicher Informationsbestände oder über die jährlichen Investitionen im Bereich der Informationsgenerierung, sowie über den Wert von Informationen, keinen anderen Schluss zulassen, als dass die Öffnung alternativlos vorangetrieben werden muss,7 wurde erstmals im Jahr 5 Vgl. Europäische Inhalten in globalen Netzen, 4 April 2001, 1; KOM (2005) 465 eng., i2010: Digitale Bibliotheken, 30.09.2005, 3–4. 6 Vgl. beispielhaft: KOM (2005) 465 eng., i2010: Digitale Bibliotheken, 30. September 2005, 5; SEK (2006) , Empfehlungen der Kommission, 24.08.2006, 2; KOM (2010) 245 endg., Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, 10. 7 Vgl. u. a.: Commission of the European Communities, Publaw Subject Report, Januar 1991; Policy Studies Institute/Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung/Centre de Recherches Informatique et Droit/British Library Consultancy Service, Publaw II, Final Report Europe, 1993 und Policy Studies Institute/Centre de Recherches Informatique et Droit, Publaw Report III, November 1995 und
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2003 die Richtlinie über die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors (PSI-Richtlinie) verabschiedet.8 Dabei soll die Weiterverwendung frei zugänglich zu machender Informationen sowohl zu kommerziellen als auch zu nicht-kommerziellen Zwecken gestattet sein. Im Wesentlichen geht es um die Umsetzung des Gleichheitsgrundsatzes sowie von Transparenzvorgaben für öffentliche Stellen. Insbesondere Unternehmen sollen hierdurch in die Lage versetzt werden, das Potenzial dieser Informationen – etwa für elektronische Mehrwertdienste – auszuschöpfen, um so zu Wirtschaftswachstum und zusätzlichen Arbeitsplätzen beizutragen. Laut den Erwägungsgründen zielt die Richtlinie ausdrücklich nicht nur auf die Stärkung der Wirtschaft ab, sondern vor allem auf die Förderung von Transparenz und Demokratie innerhalb Europas.9 Im Jahr 2013 wurde die Richtlinie aus dem Jahr 2003 geändert und der Anwendungsbereich um bestimmte kulturelle Einrichtungen (Bibliotheken, Museen und Archive) erweitert.10 Die PSI-Richtlinie von 2003 wurde in Deutschland im Gesetz zur Informationsweiterverwendung (IWG) im Jahr 2006 umgesetzt, in das auch die Änderungen aus der Richtlinie von 2013 eingearbeitet wurden. Das entsprechende Gesetz wurde fristgemäß verabschiedet.11 Leider finden sich die klugen Anmerkungen des Bundesrates, die in der Stellungnahme vom 27. März 2015 zum Entwurf der Bundesregierung vom 13. Februar 2015 enthalten waren, in der finalen und am 7. Mai 2015 verabschiedeten Gesetzesfassung und Begründung vom 15. April 2015 nicht wieder. In seiner Stellungnahme weist der Bundesrat zu Recht darauf hin, dass der Entwurf zum IWG in § 8 unzureichend ist, wenn dort nur von einem nationalen Datenportal für mit Metadaten versehene Daten (Informationen) im Sinne von solchen der Verwaltung nach § 12 Abs. 1 EGovG die Rede ist. Diese Funktion erfüllt das nationale Datenportal GovData. Vielmehr muss dort auch das nationale Datenportal für mit Metadaten versehene Daten und Objekte (Informationen im Sinne des IWG) aus den erstmals, neben sonstigen öffentlichen Stellen, in den Anwendungsbereich des IWG einbezogenen KulturVgl. Pira International, Commercial Exploitation of Europe‘s public sector information, 30. Oktober 2000. Das Potenzial der Veredelung von Daten für das Wirtschaftswachstum offener Verwaltungsdaten wird allein in Europa auf 40 Milliarden Euro jährlich geschätzt, gepaart mit offenen Daten aus anderen Quellen steigt das Potenzial auf 140 Milliarden Euro pro Jahr. Siehe zusammenfassend: Vickery, J., Review of Recent PSI Re-Use Studies, im Auftrag der Europäischen Kommission 2011. Siehe: http://ec.europa.eu/digital-agenda/en/news/economic-analysis-psi-impacts (letzter Abruf: 23. Februar 2015). 8 RL 2003/98/EG. Zur Entwicklung der PSI-Richtlinie siehe: H. Wirtz, DuD 2014, 389 ff. 9 Vgl. Erwägungsgründe 2, 5 und 16 der ursprünglichen PSI-Richtlinie. 10 RL 2013/37/EU. Gemäß Erwägungsgrund 18 verbleiben „Andere kulturelle Einrichtungen (wie Orchester, Opern, Ballette sowie Theater), einschließlich der zu diesen Einrichtungen gehörenden Archive, […] auch weiterhin außerhalb des Anwendungsbereiches […], zumal es sich in diesen besonderen Fällen um „darstellende Künste“ handelt.“ Siehe zum Anwendungsbereich ausführlich H. Wirtz in: E. Euler / P. Klimpel, Der Vergangenheit eine Zukunft, Berlin 2015, 260 ff. 11 Zum Gesetzgebungsverfahren und den Drucksachen siehe: http://dipbt.bundestag.de/extrakt/ ba/WP18/651/65153.html (11. Mai 2015).
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und Wissenschaftseinrichtungen benannt sein: Die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB). Auch Artikel 9 der Richtlinie (RL) 2013/37/EU, der praktische Vorkehrungen vorsieht, welche die Suche nach bzw. in zur Weiterverwendung zur Verfügung zu stellender Dokumente von in den Anwendungsbereich einbezogenen Einrichtungen erleichtern sollen, spricht von Internet(daten)portalen im Plural. Während GovData, die standardisierte Bereitstellung offener Verwaltungsdaten durch Bund, Länder und Kommunen koordiniert, koordiniert die DDB die standardisierte Bereitstellung offener Kulturdaten durch Bund, Länder und Kommunen und stellt diese über eine Programmierschnittstelle zur Verfügung. Nicht nur für den Verwaltungssektor (mit GovData), sondern auch für den kulturellen Sektor (mit DDB), werden somit bereits praktische Vorkehrungen zur Erfüllung der Ziele aus der Richtlinie getroffen, obwohl in Umsetzung der RL 2013/37/EU öffentliche Bibliotheken, Museen und Archive erstmalig in den Geltungsbereich mit einbezogen werden. Die Bundesregierung weist die Bemerkung und Ergänzungsbitte des Bundesrates in ihrer Antwort auf die Stellungnahme des Bundesrates mit der Begründung zurück, dass § 8 IWG sich lediglich auf Metadaten (Datenbeschreibungen) von Daten im Sinne des § 12 Abs. 1 EGovG, nicht aber auf die eigentlich weiterzuverwendenden Informationen beziehe und dass die DDB keine solchen Daten besitze und auch kein Metadatenportal sei. Das ist jedoch in doppelter Hinsicht zu kurz gegriffen: Zum einen genügt § 8 IWG dann, wenn er sich lediglich auf Metadaten im Sinne des EGovG bezieht, nicht den Voraussetzungen aus Art. 9 der Richtlinie von 2013, zum anderen stimmt auch die Schlussfolgerung nicht, dass die DDB keine Metadaten enthalte. Natürlich enthält die DDB Metadaten! Diese stellt sie über ihre Programmierschnittstelle frei zur Verfügung und erfüllt damit genau die von Art. 9 der europäischen Richtlinie von 2013 geforderte Funktion für den Kulturbereich.In diesem Jahr findet in Berlin zum zweiten Mal der Kulturhackathon „Coding da Vinci“ als Kooperationsprojekt der Digitalisierungsstelle Berlin (digis); Wikimedia Deutschland, der Open Knowledge Foundation (OKF) Deutschland und der Deutschen Digitalen Bibliothek statt, bei dem Kulturinstitutionen mit der Entwickler-, Designer- und Gamescommunity ins Gespräch kommen und aus frei nutzbaren Kulturdaten neue Anwendungen, mobile Apps, Dienste, Spiele und Visualisierungen umsetzen.12 Im Vorjahr sind auf der Anwendung der frei nutzbaren und über Schnittstellen standardisiert abrufbaren Kulturdaten spannende Anwendungen entstanden und haben einen ersten Eindruck von dem Potenzial der Kulturdaten vermittelt.
12 siehe: http://codingdavinci.de/ (11. Mai 2015).
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Anwendungsbereich und Vorgaben aus IWG: Vier Voraussetzungen müssen kumulierend vorliegen und sind jeweils im Einzelfall zu prüfen, damit ein Anspruch auf Weiterverwendung von Informationen der öffentlichen Hand aus dem IWG besteht: Erstens muss sich der Anspruch gegen eine Einrichtung des öffentlichen Rechts13 richten, zweitens muss zu der angefragten Information ein uneingeschränktes Zugangsrecht aus anderen Gesetzen bestehen, drittens müssen die angefragten Informationen im öffentlichen Auftrag angefertigt oder in den Bestand übernommen14 worden sein und viertens müssen sie sich im Besitz15 der Einrichtung befinden.
Abb. 1: Anspruch aus dem IWG (Grafik von Ellen Euler)
Zu 1: Eine Einrichtung ist dann eine Einrichtung des öffentlichen Rechts, wenn sie zu dem besonderen Zweck gegründet wurde, eine im Allgemeininteresse liegende Aufgabe nicht gewerblicher Art zu erfüllen, Rechtspersönlichkeit besitzt und überwiegend von öffentlichen Stellen finanziert wird oder hinsichtlich ihrer Leitung einer öffentlichen Stelle unterliegt oder ein Verwaltungs-, Leitungs-, oder Aufsichtsorgan hat, das mehrheitlich aus Mitgliedern besteht, die von öffentlichen Stellen ernannt worden sind.16 Entsprechend siehe § 2 Abs. 1 lit b IWG.
13 entsprechend § 2 Abs. 1 lit b IWG 14 ansonsten ist der Anwendungsbereich nicht eröffnet. Siehe entsprechend § 1 Abs. 2 Nr. 3 IWG 15 Das bedeutet, die Einrichtung muss zur Gestattung der Weiterverwendung befugt sein. 16 Die Begriffsbestimmungen „öffentliche Stelle“ und „Einrichtung des öffentlichen Rechts“ sind den Richtlinien über das öffentliche Auftragswesen entnommen (Richtlinien 92/50/EWG (1), 93/36/ EWG (2), 93/37/EWG (3) und 98/4/EG (4)). Entsprechend siehe § 2 Abs. 1 lit b IWG.
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Zu 2: Das IWG regelt nicht den Zugang zu Informationen, sondern baut auf den bestehenden Regelungen (z. B. Informationsfreiheits- und Umweltinformationsgesetze des Bundes und der Länder) auf. Ein Recht auf Weiterverwendung von Informationen der öffentlichen Hand besteht nur, sofern diese der Öffentlichkeit, z. B. aufgrund des Informationsfreiheitsgesetzes, zur Verfügung gestellt werden. Zu 3: Unabhängig von dem jeweiligen Speichermedium umfasst der Begriff des „Dokuments“ jede Darstellung von Handlungen, Tatsachen oder Informationen.17 Information, die unter den Anwendungsbereich des IWG fällt, ist gem. § 2 Nr. 2 IWG „jede Aufzeichnung auf elektronischen oder nichtelektronischen Datenträgern.“ Selbst wenn eine Bibliothek, ein Archiv oder ein Museum als öffentliche Einrichtung im Sinne der Richtlinie zu qualifizieren ist, bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass jegliche Informationen, über die eine solche Einrichtung verfügt, unter die Bestimmungen der PSI-Richtlinie fallen. So sind gemäß Artikel 1 Abs. 2 lit. a der PSI-Richtlinie solche Dokumente ausgenommen, deren Bereitstellung nicht unter den öffentlichen Auftrag der Einrichtung zu fassen ist. Gemäß Art. 1 Nr. 2 lit. b sind Dokumente ausgeschlossen, die im geistigen Eigentum Dritter stehen, wobei dies laut Erwägungsgrund 22 der Richtlinie allein Urheberrechte und verwandte Schutzrechte Dritter umfasst. Ob die Erstellung einer Information bzw. ihre Übernahme in den Bestand zum Auftrag der öffentlichen Einrichtung zählt, ist in Deutschland mangels einer verbindlichen Festlegung des öffentlichen Auftrags von Museen und Bibliotheken für diese jeweils im Einzelfall zu prüfen. Allein für öffentliche Archive wird der öffentliche Auftrag durch die Archivgesetze der Länder und des Bundes definiert.18 Zu 4: Eine öffentliche Stelle besitzt eine Information, wenn sie berechtigt ist, die Weiterverwendung zu genehmigen. Auf etwaige Eigentumsverhältnisse kommt es dagegen nicht an. Kulturelle Einrichtungen sind nicht den gleichen strengen Voraussetzungen der PSI-Richtlinie unterworfen, wie die sonstigen unterworfenen Einrichtungen. Ihre Einbeziehung ist zwar mit einer Reihe von Pflichten verbunden, gleichzeitig wurde jedoch durch die Einführung bestimmter Privilegien und Erleichterungen der Sonderrolle der Kultureinrichtungen genüge getan. So wird nur bei gemeinfreien Inhalten, also solchen an denen Urheberrechte und sonstige Schutzrechte nicht mehr beste17 Vgl. Artikel 2 Nr. 3 lit a und Erwägungsgrund 11 der PSI-Richtlinie. 18 E. Euler, Das kulturelle Gedächtnis im Zeitalter digitaler und vernetzter Medien und sein Recht, Bad Honnef 2011, 81. Der öffentliche Auftrag für Archive besteht in der Übernahme, Erfassung, Verwahrung, Bewertung, Sicherung, Bereitstellung und Veröffentlichung von Archivgut.
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hen, das bisherige Verwertungsmonopol der besitzenden Einrichtungen aufgelöst. Dagegen besteht grundsätzlich keine Pflicht zur Gestattung der Weiterverwendung für solche Inhalte, für die die Einrichtungen die Rechte innehaben. Hier behalten die Einrichtungen die Entscheidungshoheit über die Gestattung zur Weiterverwendung. Wenn die Einrichtungen die Weiterverwendung gestatten, dann ist diese jedoch unter denselben Voraussetzungen zu gestatten, wie die Gestattung zur Weiterverwendung an Inhalten, an denen keine Rechte bestehen. Geplant ist nach dem Gesetzentwurf vom 15. April 2015 nach § 2 IWG folgenden § 2a einzufügen: § 2a Grundsatz der Weiterverwendung Informationen, die in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes fallen, dürfen weiterverwendet werden. Für Informationen, an denen Bibliotheken, einschließlich Hochschulbibliotheken, Museen oder Archiven Urheber- oder verwandte Schutzrechte oder gewerbliche Schutzrechte zustehen, gilt dies nur, soweit deren Nutzung nach den für diese Schutzrechte geltenden Vorschriften zulässig ist oder die Einrichtung die Nutzung zugelassen hat; die Bedingungen der Nutzung müssen den Vorschriften dieses Gesetzes entsprechen.
Eine weitere Privilegierung ist die, dass kulturelle Einrichtungen gegenüber den sonstigen Einrichtungen, die in den Anwendungsbereich fallen, nicht darauf beschränkt sind, für die Weiterverwendung allein die sogenannten Grenzkosten19 geltend zu machen.20 Sie können bei der Gebührenberechnung die Kosten für Erfassung, Digitalisierung und Rechteklärung zuzüglich einer angemessenen Gewinnspanne berücksichtigen. Problematisch ist, dass es in den Verantwortungsbereich der kulturellen Einrichtungen fällt, die Angemessenheit ihrer verlangten Vergütungen gegebenenfalls nachweisen zu müssen.21 Um die Digitalisierung der kulturellen Informationen nicht zu behindern, werden Museen, Bibliotheken und Archive auch dahingehend privilegiert, dass sie für die Durchführung auch weiterhin private Partnerschaften (sog. public private partnerships) eingehen können.22 Wenn die in den Anwendungsbereich der PSI-Richtlinie und des IWG fallenden kulturellen Einrichtungen für bestimmte digitale Angebote verpflichtet sind, diese frei zur Weiterverwendung zur Verfügung zu stellen und ein entsprechendes Zugangs19 Damit sind die Kosten umfasst, die durch die Reproduktion, Bereitstellung und Weiterverbreitung entstanden sind. Vgl. Artikel 6 Abs. 1 der PSI-Richtlinie. 20 Museen, Bibliotheken und Archive sind nach Artikel 6 Abs. 2 lit. c der Richtlinie von der Beschränkung auf die Geltendmachung der Grenzkosten explizit ausgenommen. 21 Für Abbildungen künstlerischer Werke, die für die Kreativindustrie sicher besonders attraktiv sind, kann die Marktüblichkeit der eigenen Vergütungsansätze gut mit den jährlich von den Fotografieverbänden gemeinsam herausgegebenen „Übersicht der marktüblichen Vergütungen für Bildnutzungsrechte“ – der so genannten MFM-Liste belegt werden. 22 Vgl. Erwägungsgrund 30 der Änderungsrichtlinie zur PSI-Richtlinie RL 2013/37/EU. Zu den weiteren Vorgaben der RL siehe: H. Wirtz in: E. Euler / P. Klimpel, Der Vergangenheit eine Zukunft, Berlin 2015, 260 ff. (S. 274).
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recht existiert, bleibt diesen Einrichtungen möglicherweise keine andere Wahl, als ihr Geschäftsmodell umzustellen. Die PSI-Richtlinie regelt die Grundsätze für die Berechnung von Entgelten in den Erwägungsgründen 22 bis 29 und Artikel 6, die fast wortgleich im Entwurf zum IWG vom 15. April 2015 umgesetzt wurden: § 5 Grundsätze zur Entgeltberechnung (1) Entgelte für die Weiterverwendung von Informationen sind auf die Kosten beschränkt, die durch die Reproduktion, Bereitstellung und Weiterverbreitung verursacht werden. (2) Absatz 1 ist nicht anzuwenden auf 1. öffentliche Stellen, die ausreichend Einnahmen erzielen müssen, um einen wesentlichen Teil ihrer Kosten im Zusammenhang mit der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufträge zu decken; 2. Informationen, für die die betreffende öffentliche Stelle aufgrund von Rechtsvorschriften ausreichend Einnahmen erzielen muss, um einen wesentlichen Teil der Kosten im Zusammenhang mit ihrer Erfassung, Erstellung, Reproduktion und Verbreitung zu decken; 3. Bibliotheken, einschließlich Hochschulbibliotheken, Museen und Archive.
In den in Absatz 2 Nummern 1 und 2 genannten Fällen berechnen die betreffenden öffentlichen Stellen die Gesamtentgelte nach von ihnen festzulegenden objektiven, transparenten und nachprüfbaren Kriterien. Die Gesamteinnahmen dieser Stellen aus der Bereitstellung von Informationen und der Gestattung ihrer Weiterverwendung in dem entsprechenden Abrechnungszeitraum dürfen die Kosten ihrer Erfassung, Erstellung, Reproduktion und Verbreitung, zuzüglich einer angemessenen Gewinnspanne, nicht übersteigen. Die Entgelte werden unter Beachtung der für die betreffenden öffentlichen Stellen geltenden Buchführungsgrundsätze berechnet. Wenn die in Absatz 2 Nummer 3 genannten öffentlichen Stellen Entgelte verlangen, dürfen die Gesamteinnahmen aus der Bereitstellung von Informationen und der Gestattung ihrer Weiterverwendung in dem entsprechenden Abrechnungszeitraum die Kosten ihrer Erfassung, Erstellung, Reproduktion, Verbreitung, Bewahrung und der Rechteklärung, zuzüglich einer angemessenen Gewinnspanne, nicht übersteigen. Die Entgelte werden unter Beachtung der für die betreffenden öffentlichen Stellen geltenden Buchführungsgrundsätze berechnet.“ Für die in den Anwendungsbereich von PSI-Richtlinie und IWG fallenden Einrichtungen ist insbesondere § 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 4 S. 1 interessant. Im Fazit sind diese Einrichtungen bei der Berechnung der Gebühren für die Gestattung zur Weiterverwendung ihrer digitalen Angebote nicht auf die sogenannten Grenzkosten (durch Reproduktion, Bereitstellung und Weiterverbreitung entstandene Kosten) beschränkt, sondern können eine angemessene Gewinnspanne auf diese Kosten aufschlagen. Die Gewinnspanne kann sich gemäß Erwägungsgrund 23 der Richtlinie an den im Privatsektor für die Weiterverwendung identischer oder ähnlicher Dokumente erhobenen Gewinnspannen orientieren.
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Zwischenfazit Damit bleibt das gängige Geschäftsmodell der Gestattung zur Weiterverwendung / Nutzung durch Lizenzierung gegen Gebühr grundsätzlich weiterhin anwendbar. Weder die PSI-Richtlinie, noch das IWG in der vorliegenden Entwurfsfassung vom 15. April 2015, stehen dem Geschäftsmodell des Verkaufs des Produkts „Information oder Inhalt“ zur Erwirtschaftung von Umsatz entgegen. Die kulturellen Einrichtungen haben allerdings zu prüfen, ob ihre Gebührengrundsätze denen aus der PSI-Richtlinie und dem umgesetzten IWG entsprechen.
4 Geschäftsmodelle kultureller Einrichtungen – Status Quo Zwar verwirklichen Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen einen zumeist gesetzlichen Auftrag der kulturellen Daseinsfürsorge und haben kulturelle Teilhabe im 21. digitalen und vernetzten Zeitalter auch über das Internet zu ermöglichen,23 da die Digitalisierung und Ermöglichung kultureller Teilhabe über das Internet bis auf wenige Ausnahmen und, soweit nicht Drittmittel von der DFG oder anderer Stelle akquiriert werden können, aus dem vorhandenen Etat der Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen zu leisten ist, sind sie trotz alledem vielfach gezwungen, über (Re-) Finanzierungsmodelle nachzudenken. Die Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen sehen sich vor eine unlösbare Aufgabe gestellt: Wie kann einerseits für den Nutzer (kosten)freier Zugang zu Kultur und Wissen auch über das Internet gewährleistet werden und andererseits eine sprudelnde Einnahmequelle generiert werden? Ausgangslage ist die, dass sich gegenwärtig über 500 Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen zu Open Access formal bekennen, indem sie die „Berliner Erklärung über den offenen Zugang zu wissenschaftlichem Wissen“ unterzeichnet haben.24 Diese von der Max-Planck-Gesellschaft im Jahr 2003 initiierte Erklärung zu Open Access hat das Ziel, den freien und einfachen Zugang zu wissenschaftlichem Wissen und zum kulturellen Erbe zu fördern. Museen, Bibliotheken und Archive werden als die klassischen „Verwalter von kulturellem Erbe“ ausdrücklich aufgefordert, freien Zugang zu wissenschaftlichen Forschungsergebnissen, Metadaten, Quellenmaterial, Bildern, Grafiken und Multimedia-Materialien „in jedem beliebigen digitalen Medium und für jeden verantwortbaren Zweck“ zu gestatten.
23 T. Dreier / E. Euler, Onleihe und virtueller Museumsbummel. Das Menschenrecht auf kulturelle Teilhaber im 21. Jahrhundert, in: P. Klimpel / E. Euler (Hrsg.), Der Vergangenheit eine Zukunft, 2015, 192 f. 24 http://openaccess.mpg.de/68053/Berliner_Erklaerung_dt_Version_07-2006.pdf (letzter Aufruf 10. April 2015).
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Die Berliner Erklärung wurde zunächst vor allem von Bibliotheken und Wissenschaftseinrichtungen unterschrieben. Mit der Unterzeichnung der Erklärung Ende 2013 durch die Stiftung Preußischer Kulturbesitz als große kulturelle Dachorganisation, die alle drei Sparten – Bibliotheken, Museen und Archive – umfasst, sollte der Damm gebrochen und auch Museen für die wichtige Aufgabe der Gewährung kultureller Teilhabe über das Internet sensibilisiert und motiviert werden.25 Soweit ersichtlich, haben aber auch in Folge der Unterzeichnung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz weiterhin ausschließlich Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen unterschrieben.26 Das, obwohl die Stiftung zusammen mit der Unterzeichnung die Freiheiten bei der Weiterverwendung des frei zugänglich gemachten Kulturerbes durch eine best practice-Erklärung im Hinblick auf die Lizenzierung eingeschränkt, und damit Sorgen und Vorurteilen aus dem Kulturbereich entgegengewirkt hat. Die Begrenzung der honorarfreien Nutzung auf nicht-kommerzielle Nutzungen entspricht dem üblichen Standard. Sie verhindert jedoch die wünschenswerte Bebilderung von Wikipedia-Artikeln, denn da die Wikipedia auf die Einnahme von Spenden angewiesen ist, agiert sie zumindest mittelbar kommerziell.
4.1 Zugang und Weiterverwendung von Informationen zu Inhalten (Metadaten) Während sich die Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen mit der freien und unbeschränkten Zurverfügungstellung von Inhalten selbst, in vielen Fällen gar nicht in ihrer Sphäre liegenden Gründen, schwer tun, dient schon die Erstellung von Metadaten dem Zugang und stehen diese darüber hinaus fast ausschließlich frei lizenziert zur Verfügung. Die Betrachtung des Zugangs und der Gestattung zur Weiterverwendung von Informationen zu Inhalten (Metadaten), soll im Folgenden für die unterschiedlichen Sparten Bibliothek, Archiv und Museum getrennt erfolgen.
4.1.1 Bibliothek Als Musterbeispiel aus dem Bibliotheksbereich lässt sich die Deutsche Nationalbibliothek (DNB) anführen. Dort wurde in 2012 entschieden, die bibliografischen Daten (die Hinweise zu den Medien in der DNB, also vor allem schriftlichen Publikationen enthalten) und die Normdaten (die Hinweise zu eingebetteten Entitäten wie Orten und Personen enthalten) schrittweise für die Allgemeinheit frei lizenziert und kostenlos zur Verfügung zu stellen. 25 H.-P. Frentz, Freier Zugang zu digitalisiertem Kulturerbe für Wissenschaft und Bildung, in: P. Klimpel / E. Euler (Hrsg.), Der Vergangenheit eine Zukunft, 2015, 250 f. 26 Stand vom 15.04.2015 unter: http://openaccess.mpg.de/3883/Signatories
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Die Entscheidung beruhte auf der Erkenntnis, dass der Markt für Bibliotheksdaten am wegbrechen war.27 Nachdem absehbar war, dass mit der Umsetzung der PSI-Richtlinie im IWG und den Informationszugangsgesetzen die Grundlage für das Geschäftsmodell mit den Daten entfallen würde, sollte es dem Markt überlassen bleiben, neue Anwendungen auf der Grundlage der Daten zu entwickeln und allein die Möglichkeit, dass solche Entwicklungen und Nutzungen der Daten stattfinden könnten, rechtfertigte aus Sicht der DNB die Freigabe der Daten.28 Auch der globale Bibliotheksverbund Online Computer Library Center (OCLC), Betreiber der weltweit größten bibliografischen Datenbank WorldCat, empfiehlt eine offene Lizenzierung der Daten.29
4.1.2 Archiv Neben den Bibliotheken haben auch die Archive früh die Notwendigkeit erkannt, ihre Daten der Allgemeinheit vollumfänglich zur Nutzung und Weiterverwendung zur Verfügung zu stellen. In einem von der DFG gefördertem Vorhaben werden seit Oktober 2012 archivische Erschließungsleistungen für die Nutzung, und über die Programmierschnittstelle der DDB auch zur Nachnutzung, bereitgestellt.30
4.1.3 Museum Nicht alle Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen sind so freigiebig mit ihren Daten. Dominiert von den Unterhaltsträgern, beherrscht in einigen Fällen die Angst, sich einer Einnahmequelle zu begeben, die Debatte und es wird oftmals gerade die Möglichkeit externer Effekte, also die Möglichkeit, dass Dritte mit den kosten- und zeitintensiv erstellten Datenschätzen Gewinne erwirtschaften könnten, und Gewinne privatisiert werden könnten, als kritisch eingestuft. Museen behalten auch gerne die Hoheit über die durch sie verantworteten Datenschätze, um Entstellungen die mit ihnen in Verbindung gebracht werden könnten, zu verhindern und um sicherzustel27 In anderen Ländern hatten bereits wichtige Nationalbibliotheken (z. B. die Britisch Library und die Nationalbibliothek in Spanien) ihre Daten der Allgemeinheit frei lizenziert zur Verfügung gestellt. 28 Siehe Lars G. Svensson, Licensing Library and Authority Data Under CC0: The DNB Experience, S. 4, abrufbar unter: http://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=1&ved=0CCUQFjAA&url=http%3A%2F%2Fwww.w3.org%2F2013%2F04%2Fodw%2Fodw13_submission_57. pdf&ei=j3AuVcDSEcKrsgGxjIDQAw&usg=AFQjCNFQ5J_7uPHsHcm_OcnuRs4WtNVmpw&bvm=bv.90790515,d.bGg&cad=rja (letzter Abruf 30. April 2015). 29 http://www.oclc.org/de-DE/worldcat/community/record-use/data-licensing/questions.html (letzer Aufruf 15. April 2015). 30 Archivportal-D als Teilprojekt der Deutschen Digitalen Bibliothek. Die Verknüpfung mit der Deutschen Digitalen Bibliothek ermöglicht es die archivischen Informationen mit Informationen aus Bibliotheken, Museen und anderen deutschen Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen zu vernetzten. Siehe www.archivportal-d.de (letzter Abruf 30. Februar.2015).
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len, dass kritische und sensible Debatten (etwa zum Dritten Reich) auf der Grundlage richtiger Daten geführt werden. Nirgendwo sonst ist die Kontextualisierung von Informationen so wichtig, wie in den Museen.
4.2 Zugang und Weiterverwendung von Inhalten Während bei den Informationen zu den Inhalten (Metadaten) die Betrachtung für die unterschiedlichen Sparten Bibliothek, Archiv und Museum getrennt erfolgte, soll die Betrachtung der Gestattung zur Weiterverwendung der Inhalte selbst, für die unterschiedlichen Medientypen erfolgen, denn alle Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen haben die unterschiedlichsten Medientypen verfügbar. So steht z. B. eine Bibliothek nach wie vor vorrangig für Text, macht aber längst auch sogenannte non book materials zugänglich.
4.2.1 Text Im Textbereich ist für den allgemeinen Nutzer nicht nur der Volltext urheberrechtlich noch geschützter Texte interessant.31 Genauso spannend ist insbesondere für die Forschung die Verfügbarkeit von historischen Drucken. Auf der Grundlage des Projekts „Zentrales Verzeichnis Digitalisierter Drucke (ZVDD)“ der DFG und deren Förderprogramm „Verteilte Digitale Forschungsbibliothek“, werden seit zwanzig Jahren retrospektiv die Nationalbibliographien für die verschiedenen Jahrhunderte digitalisiert,32 und im Internet über ein Portal mit Beschreibungs- und Erschließungsdaten recherchierbar gemacht.33 Durch Digitalisierung sollen die Drucke außerdem in die digitale Welt überführt werden. Das Portal ZVDD erfreut sich großer Beliebtheit und wird rege genutzt. Die Leistungen werden für den Nutzer kostenlos erbracht. Es geht um die Förderung der Forschung und die Ermöglichung kultureller Teilhabe über das Internet.34 Auch sonst sind keine Projekte bekannt, bei denen mit dem Informationsprodukt Text durch öffentliche Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen Einnahmen erwirtschaftet werden. Im Gegenteil. Die Wissenschaft lebt durch die öffentliche Wahrnehmung und ist auf die Anknüpfung weiterer Wissenschaft an vorangegangene Ergebnisse angewiesen. Studien belegen eindeutig: Je freier der Inhalt, desto größer die Wahrnehmung und Bekanntheit.35 31 Die Schutzfrist von Text endet gem. § 64 UrhG 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers. 32 Siehe zu den verschiedenen Programmen der DFG: # fehlt etwas! 33 Koordiniert durch die Arbeitsgemeinschaft Sammlung Deutscher Drucke. Siehe zu näheren Informationen: ag-sdd.de (letzter Aufruf 10. April 2015). 34 Finanziert durch staatliche Institutionen, DFG und Volkswagenstiftung. 35 The Open Access Advantage Considering Citation, Article Usage and Social Media Attention, X. Wang / C. Liu / W. Mao / Z. Fang, Cornell University Library Blog, DOI: 10.1007/s11192-015-1547-0
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Auch der Zugang ist schneller zu realisieren. Das ist für die Wissenschaft von ganz entscheidender Bedeutung. Denn dieser kommt es nicht mehr auf den Besitz, sondern nur noch auf den schnellen und komfortablen Zugang, mit anderen Worten den „Access“, an. Daher wird von Wissenschaftseinrichtungen stark das Open-AccessPublizieren gefördert. Letzten Endes verbunden mit der Hoffnung durch Publikationsdienstleistungen die Abhängigkeit von den Verlagen zu lockern und weg von, in den letzten Jahren stetig steigenden, Subskriptionsgebühren zu kommen.36
4.2.2 Bild Digitale Abbildungen sind das wohl interessanteste Material für die Kreativindustrie, so z. B. die Nutzung zur Visualisierung im Journalismus oder zur kommerziellen Nutzung in der Werbung oder für Merchandising-Artikel. Digitale Abbildungen von Kulturgütern entstehen bei der Retrodigitalisierung von analogen Werken beziehungsweise der digitalen Ablichtung der analogen Welt. Die Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen verfügen über eine Fülle wunderbarer Abbildungen. Vor allem die Museen und Einrichtungen der Denkmalpflege (wie z. B. die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten), aber auch die Archive (insbesondere das Bundesarchiv) und die Bibliotheken verfügen über große Schätze an Fotografien und digitalen Abbildungen dieser Fotografien. Viele Einrichtungen lassen aufwendige Retrodigitalisierungen und digitale Abbildungen ihrer Sammlungsbestände (Skulpturen, Malerei, Sammlungen von Gebrauchsgegenständen etc.) herstellen. Diese dienen der Vermittlung bzw. Verwirklichung kultureller Teilhabe ebenso wie der eigenen kommerziellen Nutzung und Verwertung dieser Abbildungen über professionelle Bildagenturen und zur Herstellung etwa von Merchandising-Artikeln. Ob die kommerzielle Verwertung für digitale Abbildungen in Frage kommt, hängt neben ihrer Attraktivität davon ab, ob sie urheberrechtlichen Schutz erfahren und ob die Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen darüber hinaus den Zugang und die Abbildung des Sammlungsbestandes bzw. des Denkmals kontrollieren können, sodass nicht unberechtigt Abbildungen von Dritten angefertigt und vermarktet werden können. Da es kein „Recht am Bild der eigenen Sache“ gibt, ist eine solche Kontrolle nur über das Hausrecht und entsprechende Bedingungen für die Besichtigung durch Besucher möglich.37 Urheberrechtlicher Schutz an einer Abbildung entsteht abhängig vom angewandten Verfahren.38 Damit der entstehende Schutz der Kultur- und Wissenschaftsein36 Vgl. V. Schallehn / R. Schimmer, Open Access, in: Praxishandbuch Bibliotheks-Management Band 1, S. 311 (323). 37 siehe hierzu ausführlich E. Euler, Recht am Bild der eigenen Sache? – Wie frei sind gemeinfreie Kulturgüter?, in: AfP 2009, 459 ff. 38 vgl. J. Weitzmann / P. Klimpel, Rechtliche Rahmenbedingungen für Digitalisierungsprojekte von Gedächtnisinstitutionen, Berlin 2014, 22f. abrufbar unter: http://dx.doi.org/10.12752/2.0.002.0 : Bei Fotografien unterscheidet das UrhG zwischen den als Werken geschützten Lichtbildwerken (§ 5, Abs. 1,
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richtung zufällt, ist auf entsprechende Ausgestaltung der Verträge mit einem hierfür engagierten Fotografen bzw. der Mitarbeitenden zu achten.39 Auf der Grundlage des urheberrechtlichen Schutzrechts können die Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen die Gestattung zur Weiterverwendung der Abbildungen nach gegenwärtigem Stand der Umsetzung der PSI-Richtlinie in das IWG, auch weiterhin von einer Gebühr abhängig machen bzw. müssen diese nicht gestatten. Es wird in Zukunft daher entscheidend darauf ankommen, ob an den hergestellten digitalen Abbildungen durch die Digitalisierung ein Schutzrecht entsteht, oder nicht.40 Voraussetzung für die weitere Vermarktung ist, dass die Gebühren „marktüblich“ sein müssen. Für Abbildungen kann die Marktüblichkeit der Vergütungsansätze sehr gut mit der jährlich von den Fotografieverbänden gemeinsam herausgegebenen „Übersicht der marktüblichen Vergütungen für Bildnutzungsrechte“ – der so genannten MFM-Liste – belegt werden. In der Regel erfolgt die Vermarktung bei großen Einrichtungen über eigene Portale (z. B. Bundesarchiv) oder aber über professionelle Bildagenturen. Für den kulturellen Sektor hat sich hier insbesondere die Bildagentur bpk (Bildagentur für Kunst, Kultur und Geschichte) bei der Stiftung Preußischer Kulturbesitz etabliert. Völlig neue Wege geht seit 2012 das Rijksmuseum in Amsterdam und stellt auf einer sehr nutzerfreundlichen Webseite eine umfangreiche Sammlung digitaler Nr. 5 UrhG) und den sogenannten Lichtbildern (§72 UrhG). Als Voraussetzung für den urheberrechtlichen Schutz einer Fotografie als Lichtbildwerk genügt das Vorhandensein einer persönlichen geistigen Schöpfung, die sich durch Individualität und einen erkennbaren Gestaltungswillen ausdrückt. Nach Nordemann / Vinck sind Fotografien dann als Lichtbildwerke einzustufen, wenn sie einem Fotografen insoweit persönlich zugeordnet werden können, dass sich sagen lässt, ein anderer Fotograf hätte das Foto möglicherweise anders gestaltet, indem er z. B. einen anderen Ausschnitt, Blickwinkel oder eine andere Belichtung gewählt oder einen anderen Moment festgehalten hätte, vgl. Fromm/ Nordemann, Urheberrecht, 9. Auflage, § 2 Rdn. 74. Fotografien von dreidimensionalen Werken sind im Regelfall als Lichtbildwerke einzustufen. Das gilt auch für Amateurfotos und Schnappschüsse, so dass für den einfachen Schutz als Lichtbilder nur technische Fotos, bei denen jeder Fotograf mit den gleichen Fähigkeiten und Kenntnissen das gleiche Ergebnis einer einwandfreien Wiedergabe erzielt, übrig bleiben. Dazu zählen z. B. Reproduktionen von Bildern, Fotografien (Bild vom Bild). Nach verbreiteter Ansicht entsteht ein Lichtbildrecht allerdings nur auf der ersten Stufe der Reproduktion, also bei der Reproduktion, die direkt vom Original erfolgt. Der urheberrechtliche Schutz von Lichtbildwerken besteht bis 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers (§ 64 UrhG), der von Lichtbildern bis 50 Jahre nach Erscheinen des Lichtbildes (§ 72 Abs. 3 UrhG). 39 Vgl. H.-P. Frentz, Fotorecht im Museum, in: Museumsbund (Hrsg.) Museumskunde, Band 74, 1/2009. 40 siehe FN 37. Kein Schutz entsteht für die Retrodigitalisierung bei der Massendigitalisierung im Scanverfahren bzw. allgemein dann, wenn alle Einflussfaktoren für die digitale Abbildung weitgehend maschinell und automatisch gewählt werden und es an der spezifisch fotografischen Leistung fehlt, die ein entspr. Leistungsschutzrecht rechtfertigt. War die Vorlage gemeinfrei, gilt das somit auch für das digitale Abbild. Da zunehmend auch dreidimensionale Werke durch Digitalisierungsstraßen geschickt werden, einem Verfahren, bei dem alle Einstellungen vollautomatisiert ablaufen, bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung entwickelt.
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Werkabbildungen in hoher Auflösung zu jeder Art der Nutzung, auch der kommerziellen, honorarfrei bereit.41 Das Rijksmuseum sah sich einer öffentlichen Diskussion über die staatliche Finanzierung ausgesetzt, wo ein Großteil der gesammelten und mit Steuergeldern finanzierten Werke aus Platzgründen nicht gezeigt werden könne. Die Auseinandersetzung wurde besonders hitzig geführt, als das Museum während Umbaumaßnahmen überhaupt keine Werke zeigen konnte. Die Überlegungen, wie sich die Werke in Gesamtheit zeigen lassen könnten, haben zum Internet geführt. Im Internet können alle Werke, auch der Depotbestand, ohne Platzprobleme gezeigt werden. Während der Service am Anfang noch eingeschränkt war und die Werke unfrei lizenziert waren, kam das Museum über die Zeit zu der Einsicht, dass die unfreie Lizenzierung nicht vor unberechtigten Nutzungen schützt, aber berechtigte Nutzungen ungewollt verhindert. Daher wurde entschieden, alle Werke in die public domain und damit für alle Nutzungen frei zu geben. Die Finanzierung dieses Services basiert auf Sponsoring. Vielen scheint das Angebot so gut zu gefallen, dass sie bereit sind, die Politik des Museums zu unterstützen. Tatsächlich sind die Einnahmen nach Umstellung des Geschäftsmodells viel höher, als die Einnahmen aus der kommerziellen Vermarktung je gewesen sind.42 Die freie Zurverfügungstellung der Werke über das Internet hilft, das Original im Gedächtnis lebendig zu halten und animiert dazu, das Original zu besuchen, mit anderen Worten: schafft Öffentlichkeit.43 Weitere angesehene Einrichtungen sind dem Beispiel des Rijksmuseums gefolgt, so das Amsterdam Museum, Hewitt Cooper New York, Los Angeles County Museum, die Nationalarchive der Niederlande und Finnland, Armoury Stockholm, das Getty Institut und SMK Dänemark.44 Jeweils war entscheidend, dass festgestellt wurde, dass nach 41 Rijksstudio unter: www.rijksmuseum.nl (letzter Aufruf 10. April 2015). Zu den Hintergründen und der Strategie der Umstellung siehe: J. Pekel, Democratizing the Rijksmuseum, abrufbar unter: http://pro.europeana.eu/files/Europeana_Professional/Publications/Democratising%20the%20Rijksmuseum.pdf (letzter Aufruf 20. April 2015). 42 Lizzy Jongma, Datenmanagerin beim Rijksmuseum auf Nachfrage: „We never charged a lot of money for our images. But this money never covered the costs of selling images: we had very old systems and a lot of bureaucracy so even though it generated money we also had to pay staff etc to cash the revenue. Our experience is that we don’t miss income by not selling images. And someone else is not making money with our collection either. Some of our icons are used for commercials etc. but no one runs a business on our collection. And most commercials generate attention for the Rijksmuseum and helps people understand what the museum is about. So it’s a lot of free publicity. And currently we get project funding from private and government funds to digitize images and collections: funders are very happy when you share the results of their projects with the rest of the world! So instead of selling 1 image for 40,- euro’s and waiting until we have enough money to start a new digitization project we now get project funding to digitize collections. We are even speeding up our digitzation effords. We planned to digitize the entire collection in 13 years but we are working on reducing that to 5 years. “ 43 M. Sanderhoff (Hrsg.), Sharing is Caring, Openess and Sharing in the cultural heritage sector, abrufbar unter: http://www.smk.dk/en/about-smk/smks-publications/sharing-is-caring/read-sharing-is-caring/ (letzter Aufruf: 20. April 2015). 44 Wieder weitere, wie das Metropolitan, sind kurz davor umzustellen.
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Abzug aller Kosten für die Vermarktung durch Einräumung einfacher Nutzungsrechte (Personal, Software, Abrechnung, Werbung, Rechtsverfolgung, Rechteklärung und Management etc.) tatsächlich keine nennenswerten Einnahmen generiert wurden, die den Aufwand gerechtfertigt hätten.
Abb. 2: Girl with a Pearl Earring von Johannes Vermeer - www.geheugenvannederland.nl : Home : Info : Pic. Lizenziert unter Gemeinfrei über Wikimedia Commons - http://commons.wikimedia.org/ wiki/File:Girl_with_a_Pearl_Earring.jpg#/media/File:Girl_with_a_Pearl_Earring.jpg
4.2.3 Audio und audiovisuelles Material Über Audio und audiovisuelles Material verfügen vor allem die Mediatheken und Rundfunkarchive. Die Deutsche Kinemathek in Berlin etwa verfügt über einige tausend Filme. Diese können aus dem Archiv zu wissenschaftlichen Zwecken am Schneidetisch oder im hauseigenen kleinen Kino angesehen werden. Man kann sie auch für den nichtkommerziellen Einsatz ausleihen. Der kommerzielle Einsatz bedarf gesonderter Absprachen und einer Vergütung, generiert jedoch keine wesentlichen Einnahmen. Der laufende Betrieb der Stiftung des bürgerlichen Rechts wird über Zustiftungen des Bundes finanziert.
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5 Open-Access-Geschäftsmodelle Auch wenn die Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen selbst nach Umsetzung der PSI-Richtlinie im IWG nicht verpflichtet sind herkömmliche Geschäftsmodelle zugunsten von Open Access Geschäftsmodellen zu revidieren bzw. sie bereits gegenwärtig ein Maximum an Mitteln und Kapazitäten einsetzen, um der Verpflichtung, kulturelle Teilhabe über digitale und vernetzte Medien und das Internet zu verwirklichen, nachzukommen, lohnt sich dennoch bzw. gerade dann, eine Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten die Open-Access-Geschäftsmodelle bieten. Die sogenannten OpenBusiness- Modelle sind Geschäftsmodelle, die auf freien Inhalten beruhen und bei denen Umsatz durch eine am Produkt orientierte Serviceleistung erzielt wird. Sie sind durchlässiger für die Bedürfnisse der Kunden und setzen stärker auf Partnerschaften mit anderen Einrichtungen, als in klassischen Modellen üblich. Obwohl öffentliche Information als treibende Kraft bei der Förderung von Transparenz und der Wissensgesellschaft eingestuft wird, ist die Kenntnis der Geschäftsmöglichkeiten, die sich auftun, indem öffentliche Information in neue oder bestehende Produkt- und Dienstleistungen eingebaut wird bzw. diese unterstützt, gering. In einer umfassenden Studie, die sowohl die verschiedenen Player als auch die verschiedenen Herangehensweisen betrachtet, haben Ferro und Osella mögliche archetypische Geschäftsmodelle auf der Basis öffentlicher Information entwickelt.45 Die Untersuchung betrachtet auch mögliche Geschäftsmodelle für Kulturportale, also auf den Angeboten, die aus den Einrichtungen kommen, aufbauende vermittelnde Angebote.46 Welche der Geschäftsmodelle sich im Einzelnen anbieten, ist abhängig davon, an welcher Schnittstelle die jeweilige Kultur- und Wissenschaftseinrichtung agiert und ob es sich bei dem Rohstoff um öffentliche Information handelt. In der von Ferro und Osella dargestellten Reinform wird in den seltensten Fällen agiert werden. Oft werden Mischformen nötig sein. Das hängt schon damit zusammen, dass in vielen Fällen die Einrichtung nicht vollständig über die Rechte am Ausgangsmaterial verfügt, sondern nur abgeleitete Rechte besitzt. Rechte mussten vom ursprünglichen Rechteinhaber bzw. Rechteinhaber an der Digitalisierungsvorlage entweder erworben werden, oder aber es besteht dauerhaft die Notwendigkeit, den ursprünglichen Rechteinhaber an der Verwertung zu partizipieren. In diesen Fällen ist eine vollständige Umstellung des Geschäftsmodells, wie etwa beim Rijksmuseum, nicht möglich. Grundsätzlich werden für Portal- bzw. Plattformlösungen, die mit freien Inhalten arbeiten, drei Open-Access-Modelle unterschieden:47
45 Ferro, E. / Osella, M.: Eight Business Model Archetypes for PSI Re-Use, April 2013 abrufbar unter: www.w3.org/2013/04/odw/odw13_submission_27.pdf (letzter Abruf am 30. März 2015). 46 Hierzu siehe auch den Beitrag in diesem Buch von H. Simon. 47 S. Seitz, Geld verdienen mit freier Bildung in: P. Otto (Hrsg.), Das Netz, Berlin 2015, 98.
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Beim „Freemium-Modell“ werden Inhalte unter einer freien Lizenz zugänglich gemacht, ohne, dass hierfür eine Gebühr zu entrichten ist. Die Lizenz verbietet allerdings in der Regel die kommerzielle Nutzung und verlangt die Nennung des Rechteinhabers bei der weiteren öffentlichen Verwendung.48 Dieses Modell dient der Erhöhung des Bekanntheitsgrades und ist im weitesten Sinne eine Marketingmaßnahme. Beim „Efficiency-Modell“ werden über (hauptsächlich vom Staat) finanzierte beziehungsweise geförderte Plattformen Inhalte so frei wie möglich zur Verfügung gestellt, um in einem kostenträchtigen Bereich (etwa der kulturellen Daseinsfürsorge) Kosten einzusparen. So soll die Effektivität und Effizienz in einem System gesteigert werden und Unabhängigkeit von kommerziellen Anbietern (etwa. STM Verlagen) erreicht werden. Beim „Subsidizing-Modell“ werden Inhalte über Plattformen wie oben bereitgestellt, allerdings steht hier nicht die Kostensenkung und Unabhängigkeit von kommerziellen Anbietern im Vordergrund, sondern die Ermöglichung kultureller Teilhabe bei Wahrung der Chancengleichheit. Hierauf aufbauend sind ergänzende Leistungen denkbar: Etwa lassen sich durch Intermediäre Einnahmen erzielen, indem der Zugang bzw. die Verwendbarkeit von Material für Entwickler oder Wissenschaftler erleichtert wird. Das Wertversprechen hängt von einem attraktiven und wenig kostenintensivem Initialangebot ab, das dazu ermutigt oder motiviert, weitere Käufe oder Zusatzleistungen in Anspruch zu nehmen, wobei für diese bei starrer Nachfragkurve hohe Margen in Ansatz gebracht werden können. So werden etwa Daten / Inhalte kostenlos in CloudComputing-Technologie gehostet und sind für Jedermann über freie Programmierschnittstellen zugänglich, während die Rechnerleistung, die wie eine Dienstleistung für den Aufruf aufgewandt wird, in Rechnung gestellt wird. Dieses Modell funktioniert natürlich nur in Zusammenhängen, bei denen die rechenintensiven Kosten signifikant sind. Auch lassen sich durch Intermediäre Einnahmen erzielen, die den Zugang bzw. die Verwendbarkeit von Material für Entwickler erleichtern, wobei dieses auf proprietären, sehr zuverlässigen Servern liegt. Durch die Aggregation von verschiedenen Inhalten, deren Standardisierung und Strukturierung, lassen sich sehr genau unterschiedliche Anfragen beantworten. Der Nutzer erhält einen full service und muss sich nicht mit verschiedenen Suchmasken auseinandersetzen. Das macht das Angebot für ihn als one stop shop attraktiv. Dieser Ansatz ist entscheidend, um Kosten und insbesondere die Transaktionskosten zu senken. Je besser das gemachte Angebot, desto größer die Nachfrage, die auch den Preis für das Angebot und damit die Einnahmemöglichkeiten definiert. Auch ist möglich, dass nicht die Entwickler zur Kasse gebeten werden, sondern diejenigen, die verpflichtet sind, Informationen für Erstere bereitzustellen (etwa nach IWG). Dieses Modell ist für beide Seiten gewinnbringend. Auf Entwicklerseite sind die 48 So z. B. die Creative-Commons-Lizenz attribution, non-commercial.
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Hindernisse überwunden (z. B. können Daten / Informationen ohne Transaktionskosten abgerufen werden). Auf Seiten der Informationsanbieter haben diese Zusatznutzen etwa durch schnellen Upload von Datensets öffentlicher Bereitsteller, Standardisierung von Formaten, Unterfütterung mit Metadaten und automatische externe Anzeige der offenen Daten über Programmierschnittstellen und grafische Benutzeroberflächen. Angebotene Dienste können z. B. das Hosting, die Metadatenpflege, die Einhaltung von Standards und Formaten und deren Kontrolle oder aber die Bereitstellung von Werkzeugen sein. Öffentliche Stellen, die ein solches Angebot machen, gehen langfristige Beziehungen mit Providern ein und zahlen eine periodische Gebühr, die vom Grad der Leistungen des Providers ebenso abhängt, wie von anderen technischen Parametern. Im Platforming-Modell sind die „Kunden“ zugleich die „Produzenten der Inhalte“. Der Pflege der Kunden, durch die die Plattform überhaupt erst lebt, kommt daher eine erhebliche Bedeutung zu. Sie ist eines der zentralen Elemente für das Funktionieren des Modells.
6 Ausblick und Resümee Open Access ist zum Teil eine Verpflichtung der Einrichtungen, die ihrem Auftrag im 21. Jahrhundert, dem digitalen und vernetzten Jahrhundert, auch über das Internet nachkommen müssen, zum Teil eine Selbstverpflichtung. Open Access kann ein vielversprechendes Geschäftsmodell sein. Eine einheitliche Best-Practice-Linie gibt es noch nicht. Diese sollte den Auftrag der Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen in den Vordergrund rücken und mit den Unterhaltsträgern dieser Einrichtungen abgestimmt sein. Dabei sollte Berücksichtigung finden, dass optimale Vernetzung sich nur mit offenen Daten Linked-Open-Data (LOD) realisieren lässt und nur mithilfe von LOD aus Information Wissen wird.49 Letzten Endes können nur die Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen unser kulturelles Erbe digitalisieren und online für alle verfügbar machen – mit einer wissenschaftlichen Präzision, die Google fehlt. Ein Wissenschaftler hat es folgendermaßen ausgedrückt: Texte sind lebendige Wesen: Digitalisierung verwandelt sie von Raupen in Schmetterlinge. Aber die Digitalisierung verspricht uns nicht bloß bessere Webseiten, sondern auch die Verwandlung humanistischer Bildung, die man im Englischen als humanities bezeichnet, in jene Wissenschaft, die im Englischen science genannt wird, damit ist die Verwendung von Zahlen gemeint, um Hypothesen zu überprüfen und nicht nur „anekdotisch“ mit Zitaten zu belegen.50 Mithilfe von Datenanalyseverfahren können auch die Geisteswissenschaf49 Mittelbach SUB Göttingen 50 A. M. Leroi, Cicero zählen, Algorithmus oder Kritik? Plädoyer für eine universelle Kulturtheorie, in: Süddeutsche Zeitung vom 6. März 2015, 11.
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ten ganz neue Forschungsfragen stellen und es lassen sich auch hier die Erkenntnisse auf ganz neue Weise, etwa mit Hilfe visueller Verfahren, darstellen.51 Den Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen ist zu raten, sich nicht verunsichern zu lassen. Im Rahmen eines Strategie- und Selbstverwirklichungsprozesses sollten sie ermitteln, wie sich die eigene Vision und Mission am besten verwirklichen lässt und welche Geschäftsmodelle am besten zum Auftrag passen. Es ist Sache der Einrichtungsleitung, im Sinne von echtem „Leadership“ innovative Ideen umzusetzen und dabei auch einmal zu riskieren, von klassischen Wegen abzugehen. Dabei muss Innovation nicht bedeuten, das Rad jedes Mal neu zu erfinden. Konzentration und Kooperation sind der Schlüssel zu vielversprechenden Angeboten. Insbesondere die DDB bietet sich als Kooperationspartner für digitale Strategien der Vermittlung von Kultur und Wissen an.
51 S. Herrmann, Leuchtfeuer der Kulturgeschichte, Beginnt endlich die Digitalisierung der Geisteswissenschaften? Kunsthistoriker durchforsten riesige Datensätze mit Methoden der Netzwerk-Analyse, um darin entscheidende Trends aufzuspüren, in: Süddeutsche Zeitung vom 1. August 2015, 14.
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Alles Offen. Alles Frei. Alles Gratis. Open-Data als Impuls für einen Strukturwandel im Unternehmen Museum
1 Einleitung Die politische Absichtserklärung der Wiener Stadtregierung zu mehr Transparenz findet ihren Ausdruck im Projekt „Smart City Wien – Fit für die Zukunft“: „Open Government Data bezeichnet die Idee, dass von der Verwaltung gesammelte öffentliche Daten frei zugänglich gemacht werden. Diese Daten sollen der Bevölkerung in maschinen-lesbarer Form zur Verfügung gestellt werden, so dass die Daten auch automatisiert verarbeitet werden können. Offene Standards bei den Schnittstellen und der Software ermöglichen mehr Transparenz, Partizipation und Kollaboration. Neben den technischen Schnittstellen muss seitens der Verwaltung ein rechtlicher Rahmen geschaffen werden. Beispiele für diese öffentlichen Daten sind etwa Geo-Daten, Verkehrsdaten, Umweltdaten, Budgetdaten oder statistische Daten. Personenbezogene Daten werden dabei keine veröffentlicht.“1 Diese Initiative ist willkommener Anlass für eine Bestandsaufnahme, wie es um das Datenmanagement im städtischen Museum steht. Die politische Absicht, gesammelte öffentliche Daten zugänglicher zu gestalten, betrifft also auch die städtischen Kultureinrichtungen. Neben dem Bekenntnis der Stadt Wien als top-down-Initiative des Eigentümers, gibt es zahlreiche kleine und sehr überzeugende bottom-up-Initiativen, die an Open-Data Gefallen finden und kreative und pfiffige Projekte initiieren. Diese Projekte liegen an der Schnittstelle von Kreativindustrie und Fördergebern wie den Kreativagenturen der Stadt oder auch der europäischen Datenbank Europeana. Kultureinrichtungen sind aufgefordert, zu handeln. Die Frage nach dem freien Zugang zu Daten berührt inhaltliche und wirtschaftliche Aspekte, die an „analoge“ museumspolitische Diskussionen erinnern. „Alles offen. Alles frei“, war der Titel einer Tagung, die das Wien Museum 2014 ausrichtete. Ziel dieser Tagung war es, mehr Klarheit über die Herausforderungen von OpenData für Kulturorganisationen im Allgemeinen und Museen im Speziellen zu erhalten. Wenig überraschend gab es am Ende der Konferenz mehr Fragen als Antworten. Wieso? Der Umgang mit Open-Data öffnet in konzentrierter Form und anhand eines sehr speziellen – noch immer kleinen – Themas ein Fenster zu den großen Entwicklungen, 1 https://open.wien.gv.at/site/open-data/
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Problemen und Fragestellungen, welche die Museen bewegen. Aus inhaltlicher Sicht streift die Thematik Open-Data zahlreiche Grundsatzfragen der Institution Museum. Die digitalen Möglichkeiten rufen eine Diskussion hervor über die Sinnhaftigkeit von Dauerausstellungen, über die Verschiebung der Deutungshoheit vom Kurator/ der Kuratorin zum User/zur Userin, über Aufwertung oder Verlust der auratischen Wirkung von Sammlungsobjekten, über Fragestellungen des Sammelns und anscheinend über nichts Geringeres als um die Demokratisierung der Institution Museum. Kaum eine neue Dauerausstellung verzichtet auf Möglichkeiten, Inhalte über Web-Applikationen digital zu vertiefen. Museen nutzen also digitalen Content, um ihren analogen Angeboten eine Erweiterung zu geben. In der Anfangszeit der Digitalisierung wurden manchmal schlaue, manchmal unbeholfene Wege gewählt, die digitale Welt IN das Museum zu holen. Nun geht es darum, das Museum selbst ins Netz zu stellen – zur weiteren freien Verwendung. Grundaufgaben der Institution Museum sind auf dem Prüfstand und die verantwortlichen Museumsleute sind aufgefordert, selbst an diesem Wandel mitzuarbeiten, Inhalte beizutragen und möglichst rasch möglichst viele Datensätze in den virtuellen Ausstellungsraum zu stellen. Zu liefern. Abzuliefern. Alles ist möglich, alles ist frei. Alles soll auch gratis sein, obwohl es neben den inhaltlichen Auswirkungen der Digitalisierung auch wirtschaftliche und rechtliche Fragestellungen in Zusammenhang mit der Freigabe digitaler Daten gibt.
2 Wirtschaftliche Verantwortung als Folge der Ausgliederung Seit den späten 1990er Jahren findet eine Transformation im Kulturbereich statt. Aus öffentlich verwalteten Museen wurden Unternehmen (gemacht). In Österreich wurden die Bundesmuseen und in weiterer Folge zahlreiche Landesmuseen aus der öffentlichen Verwaltung ausgegliedert und mehrheitlich in „wissenschaftliche Anstalten öffentlichen Rechts“, aber auch in „Gesellschaften mit beschränkter Haftung“ umgewandelt. Ziel des Gesetzgebers war die Schaffung von Rahmenbedingungen für Museen zur flexiblen Umsetzungen ihrer Programme bei gleichzeitiger Verpflichtung und Verantwortung, dies möglichst sparsam und wirtschaftlich zu tun. Immerhin werden Museen weiter zu einem Großteil mit öffentlichen Geldern finanziert. Die Vollrechtsfähigkeit der Museen schuf nicht nur neue Organisationsformen, sondern auch neue oder zumindest geänderte Berufsbilder. Waren früher fast ausschließlich wissenschaftliche Qualifikationen für eine Museumskarriere ausschlaggebend, so sind es heute zunehmend Managementfähigkeiten, nicht zuletzt der Umgang mit real sinkenden Budgets. Ein Blick in den Kulturbericht des Bundeskanzleramts und die Geschäftsberichte der führenden Institutionen zeigt, dass dieses Verhalten auch in den Jahres-
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abschlüssen positiven Niederschlag findet. Der Eigendeckungsgrad2 der drei größten österreichischen Bundesmuseen3 mit einem Gesamterlös von ca. 80 Millionen € liegt mittlerweile bei 45%. Fast die Hälfte des Geldes wird also durch die Geschäftstätigkeit dieser Institutionen erwirtschaftet. Bei Universalmuseen wie Stadt- oder Landesmuseen, liegt dieser Wert zwischen 15% und 20%. Das liegt zum einen an der Besucherstruktur mit einem geringeren Touristenanteil und dadurch weniger Einnahmen von Vollzahlern, zum anderen an der meist komplexeren Sammlungsstruktur. Ein Museum mit relativ wenigen, hochwertigen und international bekannten Objekten ist rein finanziell besser bedient, als ein Universalmuseum, welches bis zu einer Million Sammlungsobjekte im Sinne der gesetzlichen Auflage zu bewahren, zu erforschen, zu digitalisieren und zu vermitteln hat. Museen sind also Unternehmen, die Erlöse erzielen müssen, um ihre gesetzlichen Aufgaben erfüllen zu können. Zu diesen Aufgaben zählt auch die Digitalisierung des Sammlungsbestandes – im weitesten Sinn die Grundlage für die zur Diskussion stehende Open-Data-Nutzung. Mit Wirkung zum 1. Jänner 2002 wurden auch die Museen der Stadt Wien aus der öffentlichen Verwaltung ausgegliedert. Das Wiener Museumsgesetz ist in weiten Teilen an die entsprechenden Rechtsvorschriften des Bundes angelehnt. Was die Sammlung betrifft, haben die Gesetzgeber aus nachvollziehbaren Gründen den Weg maximaler Sicherheit gewählt: Das Eigentumsrecht am Sammlungsgut bleibt bei der öffentlichen Hand, die Nutzungsrechte am Sammlungsgut werden den ausgegliederten Museen übertragen. Somit ist gewährleistet, dass Museen selbst in wirtschaftlich schwierigen Zeiten nicht über den Verkauf von Sammlungsgut im Wege der Deakzession Geld beschaffen. Das Geld soll über die „Nutzung“ der Sammlung verdient werden: über das Ausstellen, das Verleihen oder über die Verwertung von Daten. Die Möglichkeit, immaterielle Nutzungsrechte geltend zu machen, wurde explizit im Wiener Museumsgesetz geschaffen: „Die Stadt Wien hat die mobile Ausstattung und die Nutzungsrechte an immateriellen Gütern mit Stichtag des In-Kraft-Tretens dieses Gesetzes in das Eigentum der Anstalt „Museen der Stadt Wien“ zu übertragen.“4 Die Museen der Stadt Wien haben diese Nutzungsrechte auch als Aktiva in ihrer Bilanz, wobei als Nutzungsrechte in der gelebten Praxis insbesondere das Recht zur Ausstellung und zur Verleihung von Objekten, aber auch das Recht zur Abbildung derselben verstanden wird. Die Verwertung dieser Rechte bringt den Museen – wie noch zu zeigen sein wird – Geld, wenn auch wenig, für den laufenden Aufwand. Was die Möglichkeit zur kommerziellen Verwertung von Abbildungen anbelangt, berührt die Open-Data-Initiative mit ihrem Wunsch nach freier Zugänglichkeit also 2 Kulturbericht 2013; Bundeskanzleramt, Sektion VI Kultur, Wien, Juni 2014; Geschäftsbericht 2014, KHM Museumsverband, Wien 2015; Eigendeckungsgrad als Anteil der Leistungserlöse (Eintritt, Shop, Repro, Objektverleih, Ausstellungsvertrieb und -kooperationen, Vermietung & Events, Sponsoring & Spenden, Zuschüsse und Forschungsprojekte) an den Gesamterlösen in Prozent. 3 Kulturbericht 2013; Bundeskanzleramt, Sektion VI Kultur, Wien, Juni 2014; Auf Basis der Besucherzahlen 2013 sind dies im Bereich Kunstmuseen: KHM-Museumsverband, Belvedere, Albertina 4 Wiener Museumsgesetz Nr. 95/2001 (Wr. MuG) § 8 (1)
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im Kern ein gesetzlich verankertes Recht des Museums, nämlich das Nutzungsrecht an der Sammlung. Gleichzeitig mit dem Zugriff auf diese Nutzungsrechte durch OpenData wird vom Museum allerdings die wirtschaftliche Verantwortung eingefordert.
3 Öffentliche Investition – Privater Gewinn Voraussetzung für die – entgeltliche oder unentgeltliche – Verwertung von Text- und Bilddaten ist die Digitalisierung des Sammlungsguts. Im Falle des Wien Museums wurde mit der Kulturabteilung der Stadt Wien im Zuge der Ausgliederung vereinbart, ein digitales Inventar der knapp eine Million Objekte umfassenden Sammlung zu erstellen. Seit dem Projektstart im Jahr 2005 hat das Wien Museum für diese Digitalisierung der Sammlung ungefähr 2,5 Millionen € aufgewendet. Mit diesen Geldern wurden ca. 750.000 Textdatensätze5 und bis 2015 etwas mehr als 100.000 Bilddatensätze geschaffen. Dies sind allein die Kosten für die manuelle Übertragung der analogen Inventare in die Datenbank und die Anfertigung von Bilddaten. Hinzu kommen mehrere 100.000 € für Inventarisierungsprojekte, also die wissenschaftliche Aufbereitung, die Erfassung, Beschreibung, Vermessung etc. von Sammlungsobjekten. In Summe sind es mehr als 3 Millionen € öffentlicher Mittel, also Steuergelder, die bis heute in die digitale Aufbereitung der städtischen Sammlung investiert wurden. Naheliegend ergibt sich daraus die Fragestellung, ob nicht die Öffentlichkeit jetzt uneingeschränkt Nutznießer dieser Investition sein soll. Open-Data scheint das taugliche Tool zu sein, um den Bürgerinnen und Bürgern das zurück zu geben, was aus Ihren Steuergeldern bezahlt wurde. Es hat den Anschein, dass erst im Zuge von Open-Data der kostenfreie Zugang zu Kulturgut Gegenstand einer breiten kulturpolitischen Debatte wurde. Das ist natürlich falsch. Lediglich die Geschwindigkeit und Massivität der Forderungen zur Öffnung der Datenschätze seitens der Digital Community und der Abwehrreaktionen aus den Museen haben zugenommen. Die Diskussion über das freie Angebot von Kulturgut wurde und wird auch auf dem Feld der analogen Inhalte geführt. Beispielsweise gibt es in Zentraleuropa, im Gegensatz zu Großbritannien, keine Tradition des freien Eintritts in Dauerausstellungen. Es gibt in der Kulturpolitik und bei Museumsfachleuten einen stillschweigenden Konsens, dass für die Leistungen von Kulturinstitutionen ein angemessenes Entgelt in Form des Eintrittspreises verlangt und gleichzeitig für sozial schwache Gruppen oder aus bildungspolitischen Gründen für Schüler und Schülerinnen der Eintritt in die meisten Häuser mittlerweile frei angeboten wird. Auf Initiative der österreichischen Kulturministerin im Jahr 2010, wurde der Eintritt in alle Bundesmuseen für Jugendliche unter 19 Jahren frei gegeben, 5 Die Differenz zur oben genannten Zahl von 1 Million Objekten ergibt sich aus sogenannten Sammelinventarnummern.
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die Bundesmuseen erhielten allerdings den entgangenen Eintrittserlös vom Ministerium erstattet! Der Besuch Jugendlicher in den Bundesmuseen stieg in den letzten fünf Jahren seit 2009 um 35,1 %6 und noch immer erzielen die großen Bundeskunstmuseen ein Viertel Ihrer Gesamterlöse aus Eintritten. Auf Grund der räumlichen Nähe und dadurch gegebener Konkurrenz, bietet auch das Wien Museum den Eintritt für Jugendliche frei an. Eine analoge Abgeltung erfolgte allerdings nicht, obwohl auch im städtischen Museum die Anzahl jugendlicher Besucher und Besucherinnen gestiegen ist. In der Sprache der Volkswirtschaftslehre mögen diese Zahlen bestätigen, dass auch im Konsum von Kulturgut eine Preiselastizität der Nachfrage besteht. Ein frei zur Verfügung gestelltes Angebot erhöht die Nachfrage. Gesellschaftspolitisch kann die Freigabe als gelungene Maßnahme ausgelegt werden. Aus politischer Sicht ist es daher naheliegend, über weitere freie Angebote nachzudenken. Vermittlungsprogramme werden sowohl frei als auch gegen Bezahlung angeboten, bei Unterrichtsmaterialien oder Ausstellungskatalogen ist es selbstverständlich anerkannt, dass diese Leistungen einen Geldwert haben. Schließlich kostet die Produktion dieser Angebote Geld. Zur Erinnerung: die bis dato angefallenen Produktionskosten der digitalen Datensätze, die nun als Open-Data frei gegeben werden sollen, liegen bei den Museen der Stadt Wien bei ca. 3 Millionen €. Im Gegensatz zu den Eintrittserlösen bewegen sich die Erlöse aus der Verwertung von Nutzungsrechten (Bildrechte, Copyrighterlöse), also aus dem Verkauf digitaler Daten, im unteren einstelligen Promillebereich des Gesamtbudgets. Wieso also, darf man sich mit Recht fragen, stellen Museen Daten nicht frei und offen zur Verfügung – noch dazu, wenn eine enorme Erweiterung der Nutzung in Aussicht gestellt ist? Über Besuche an einem Standort erreichen die Museen der Stadt Wien jährlich ca. 400.000 Besucher und Besucherinnen. In einer ähnlichen Größenordnung bewegen sich die Zugriffszahlen auf die Homepage des Museums. Über Open-Data könnte ein Vielfaches an Publikum erreicht werden, insbesondere, wenn Akzeleratoren aus der Kreativindustrie mittels intelligenter Web-Dienste oder Apps die Nutzung dieser Daten beschleunigen. Insofern ist es nicht verständlich, dass sich Kulturinstitutionen einer Öffnung ihres Datenschatzes versperren. Möglicherweise sind die Ursachen für die bisherige Verweigerung auch in Gründen zu suchen, die außerhalb der Kultureinrichtungen liegen. „Wir sind überzeugt, dass Portale wie Google, Facebook, Amazon und Apple weitaus mächtiger sind, als die meisten Menschen ahnen. Ihre Macht beruht auf der Fähigkeit, exponentiell zu wachsen. Mit Ausnahmen von biologischen Viren gibt es nichts, was sich mit derartiger Geschwindigkeit, Effizienz und Aggressivität ausbreitet wie diese Technologieplattformen, und dies verleiht auch ihren Machern, Eigentümern und Nutzern neue 6 Kulturbericht 2013; Bundeskanzleramt, Sektion VI Kultur, Wien, Juni 2014; 12; 2009, im Jahr vor der Einführung dieser Maßnahme, verzeichneten die Bundesmuseen 742.984 Jugendliche Besucher und Besucherinnen, im Jahr 2013 waren es 1.004.623.
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Macht.“7 Was Kultureinrichtungen und die freie Nutzung ihrer Daten anbelangt, wäre die o. a. Aufzählung mächtiger Organisationen noch zu ergänzen um große Medienkonzerne und Bildagenturen und in weiterer Folge Kunden dieser Datenbroker, wie globale Online-Dienste oder selbst Werbeagenturen. Museen, Bibliotheken und Archive erfüllen mit der Digitalisierung ihrer Bestände Aufgaben für die Zivilgesellschaft. Es sind wissenschaftliche Institute, und sie erfüllen diese Aufgaben weitgehend mit öffentlichen Geldern. Auch Unternehmen der Gemeinwirtschaft, wie die städtische Wasserversorgung, Müllabfuhr etc. haben sich in der Vergangenheit mit öffentlichen Geldern Know-how erarbeitet und Leistungen für die Allgemeinheit erbracht. Sie alle stehen in unmittelbarer Konkurrenz zu privaten Konzernen, die nun im Sinne von Open Government Data auf die Freigabe von Daten drängen. Wenn also Kultureinrichtungen sich der Öffnung ihrer Datenspeicher aus ökonomischen Gründen verschließen, so ist das weniger auf einen befürchteten Einnahmenentfall zurückzuführen, sondern vielmehr auf die Sorge, dass Dritte einen privatisierten Gewinn aus öffentlichen Investitionen erzielen. Auch ohne Open-Data wurden und werden Nutzungsrechte missachtet. Die Möglichkeit zur Verbreitung von Bildern im digitalen Datenraum ist schon heute beinahe uneingeschränkt gegeben. Abbildungen aus der Sammlung des Wien Museums mit korrekter Quellenangabe auf einem Kalender, der in China ohne die Genehmigung des Museums produziert wurde, gelangten 2013 über einen Zwischenhändler so zurück in den Shop des Museums. In diesem speziellen Einzelfall haben also Museumsdaten im Museum eine Wertschöpfung für einen Dritten erzielt. Dem Museum blieben die Kosten für Digitalisate und der Vertriebsaufwand. Verträge unter Creative-Commons-Lizenz klären die Nutzungsrechte an Daten. Fast alle öffentlich geförderten Projekte, wie die Digitalisierungsinitiativen von Europeana, arbeiten unter der Lizenz Creative-Commons-Lizenz Null (CC0), was de facto einem Verzicht auf alle Schutzrechte gleichkommt. „All metadata available on europeana.eu are published free of restrictions, under the terms of the Creative Commons CC0 1.0 Universal Public Domain Dedication.”8, was bedeutet, dass sämtliche Daten auch zur Bearbeitung und kommerziellen Nutzung freigegeben sind: “You can copy, modify, distribute and perform the work, even for commercial purposes, all without asking permission.”9 Das Wien Museum hat im Rahmen der Teilnahme am europäischen Modeprojekt „Europeana Fashion“ den Europeana-Bedingungen zugestimmt, weil mit europäischen Fördergeldern die Bild-Digitalisierung von Teilbeständen ermöglicht wurde, die sich das Museum ohne diese Förderungen nicht hätte leisten können. Außerdem sind die Bilddaten, welche im Rahmen dieses Projektes in die 7 Eric Schmid, Verwaltungsratschef von Google zit. nach Mathias Döpfner, Warum wir Google fürchten, in FAZ 16. April 2004 8 http://www.europeana.eu/portal/rights/terms-of-use.html 9 http://creativecommons.org/publicdomain/zero/1.0/
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Datenbank eingepflegt werden, für eine kommerzielle Verwertung wenig interessant. Es handelt sich also um ein Projekt, welches im Sinne eines Bildungsauftrages einen Mehrwert schafft.
4 Open-Data kratzt am Selbstverständnis der Institution Museum Museen sind sehr stolze Institutionen mit langer Tradition, was den Interpretationsanspruch der eigenen Sammlung betrifft. Sie sind „wissenschaftliche Anstalten“, weil Historiker, Kunsthistoriker, Anthropologen, Ethnologen etc. anhand von Sammlungsgut Fragen an die Geschichte richten und vielleicht auch zu beantworten wissen. In der analogen Welt kommen Besucher und Besucherinnen in die Museen und lassen sich durch Ausstellungen führen, die in langer Detailarbeit von wissenschaftlichen Mitarbeitern komponiert wurden. Am Ende einer Sonderausstellung bleibt an materiellem Gut eine Publikation, die von den Kuratoren und Kuratorinnen herausgegeben wurde. Die Texte sind redigiert und lektoriert. Alles in allem ist die Tätigkeit des Museums sehr bestimmt von der Intention des Absenders. Wesentliches Anforderungsprofil an Kuratorinnen und Kuratoren ist das Denken in Zusammenhängen und das Herstellen von Verbindungen zwischen Objekten, Texten, Medien, Erfahrungen etc. Die Sichtweise auf Open-Data mit der Aufwertung von Usern am anderen Ende des Netzes erinnert an die aktuelle Diskussion über die Zukunft von Printmedien. Der Rückgang von Printmedien bei gleichzeitigem Anstieg von Online-Newsforen wird selbst von Medienmachern mit einem „Nachruf auf die Zeitung“10 kommentiert. Und dennoch wird jeder Text – auch im Web – von Redakteuren verfasst. Kultureinrichtungen befinden sich in einem ähnlichen Wandel. Sollen Museen das Sammeln, Bewahren, Restaurieren, Inventarisieren, Verschlagworten bezahlen, während die Kontextualisierung und Interpretation einer weitgehend unbekannten Community überlassen wird, die weder kontrolliert noch bevormundet werden will? Ist es mit Open-Data also Zeit für einen „Nachruf auf das Museum“? Oder steht am Anfang jeder, auch digitalen, Veröffentlichung doch ein kuratorischer Ansatz, der ganz einfach weiterentwickelt und durch neue Medien herausgefordert wird? „Open Data bietet Nutzungsmöglichkeiten auf verschiedensten Ebenen. Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürger können mit den angebotenen Daten selbst neue Anwendungen und Dienste erstellen. Auch die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an politischen Entscheidungsprozessen wird durch Open Data gefördert. Wissenschaft und Forschung profitieren ebenfalls vom vereinfachten Datenaustausch.“11 10 Michael Fleischhacker, Die Zeitung: Ein Nachruf. Christian Brandstätter Verlag: Wien, 2014 11 https://open.wien.gv.at/site/open-data/
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Es hat den Anschein, dass die Diskussion um Open Data im Kulturbereich von einer unglaublichen Polarität geprägt ist. Hier die Kreativindustrie als Visionäre und Vermittler, dort die Museen als Bewahrer und Verhinderer. Wenn Museen über sich selbst sprechen, finden Begriffe wie Demokratie, Plattform oder Agora selbstverständlich und auch nicht uneitel Verwendung. Ein Realitätscheck hält – zumindest was die Datenweitergabe betrifft – diesem hochtrabenden Anspruch nicht stand. Vielleicht hängt es damit zusammen, dass die Weitergabe von digitalen Daten und die Verbreitung in nicht mehr kontrollierbaren Netzen irreversibel ist, während in der analogen Vermittlungsarbeit das Museum vor, während und nach einer Ausstellung an der Kommandobrücke der Interpretation steht. Diese Unkontrollierbarkeit erzeugt Angst. „Wir haben Angst vor Google. Ich muss das einmal so klar und ehrlich sagen, denn es traut sich kaum einer meiner Kollegen, dies öffentlich zu tun. […] Nach Lage der Dinge wird Ihr Konzern in den verschiedensten Bereichen unseres professionellen und privaten Alltags, im Haus, im Auto, im Gesundheitswesen, in der Robotronik eine führende Rolle spielen. Das ist eine riesige Chance und eine nicht minder große Bedrohung. Ich befürchte, es reicht einfach nicht, wie Sie es tun, zu behaupten, Sie wollten aus der Welt einen „besseren Ort“ machen.“ 12 Auch Museen sehen sich als Institutionen, von denen gesellschaftliche Impulse ausgehen und erheben oft den Anspruch, mit ihrer Arbeit aus dieser Welt einen besseren Ort zu machen. Wenn mächtige Medienkonzerne ihre Angst vor der Entwicklung der neuen Technologien und den großen Protagonisten der Branche offen kundtun, wie sollen sich dann Museen artikulieren, die keine Macht im rasant wachsenden IT- und Technologiemarkt haben? Vielleicht ist Angst eine unserer stärksten Antriebskräfte. Ob aus Angst eine brauchbare Weiterentwicklung unserer Institution entstehen kann, ist zu bezweifeln.
12 Mathias Döpfner (Vorstandsvorsitzender der Axel Springer SE): Warum wir Google fürchten. Frankfurter Allgemeine, 16. April 2014
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Cultural Entrepreneurship – Geschäftsmodelle für Kunst und Kultur 1 Einleitung Als Larry Page und Sergey Brin im Oktober 2004 persönlich auf der Frankfurter Buchmesse den neuen Dienst Google Prints (heute: Google Books) vorstellten, schreckten sie mit ihrer Idee, alle Bücher im Internet zugänglich zu machen, viele in Europa auf. Verleger, Bibliothekare und Politiker proklamierten gleichermaßen den Ausverkauf der europäischen Kultur. Der Direktor der französischen Nationalbibliothek, Jean Noël Jeanneney, forderte die EU-Staaten in seinem nur wenige Monate später erschienenen Buch „Quand Google défie l‘Europe. Plaidoyer pour un sursaut“ (Jeanneney 2005) auf, dem Google-Projekt eine europäische Alternative entgegenzusetzen. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Am 28. April 2005 schlugen Jacques Chirac und Gerhard Schröder mit weiteren Ministerpräsidenten in einem gemeinsamen Brief den Aufbau einer gemeinsamen digitalen Bibliothek vor, um das kulturelle Erbe Europas in einem europäischen Portal sichtbar zu machen und dies nicht einem amerikanischen Unternehmen zu überlassen. Damit begann der Wettstreit von zwei Projekten. Beide verfolgen dasselbe Ziel: den Aufbau der größten digitalen Bibliothek mit freiem Zugang für alle. Ihr Geschäftsmodell könnte dagegen kaum unterschiedlicher sein: hier ein non-profit-Unternehmen, welches vom Staat gefördert wird, und dort ein kommerzielles Unternehmen, das Gewinne erwirtschaften will. Treten hier zwei ungleiche Wettbewerber gegeneinander an? Worin liegen die Chancen und die Gefahren des einen oder anderen Geschäftsmodells? Benötigen wir im Kultursegment andere Geschäftsmodelle als in der Industrie? Welche Auswirkungen hat das Ertragsmodell, also die Frage der Einnahmengenerierung, für das Geschäftsmodell und damit für das operative Geschäft des Projektes? Welche Abhängigkeiten entstehen durch welches Geschäftsmodell? Jede Organisation hat ein Geschäftsmodell. Um nachhaltig bestehen zu können, muss jede Organisation einen Mehrwert generieren und die anfallenden Kosten durch Einnahmen decken. Damit sind Geschäftsmodelle nicht nur etwas für profitorientierte Unternehmen, sondern auch Kernbestandteil aller non-profit-Organisationen. In der heutigen kulturpolitischen und kulturwirtschaftlichen Diskussion vermisst man das Grundwissen über die Logik von Geschäftsmodellen, wie sie beschrieben und entwickelt werden können. Dies führt dann nicht selten zu polemischen Dichotomien zwischen Kultur und Wirtschaft. Dadurch wird aber das unternehmerische Potenzial von Kultur verschenkt und die nachhaltige Sicherung von kulturellen Angeboten gefährdet. Jeder Kulturschaffende ist aber ein Cultural Entrepreneur, ein Kulturunter-
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nehmer, sobald er ein bestimmtes kulturelles Angebot ermöglichen und erhalten will. Dafür braucht er Methoden, um die erfolgreiche Strategie für das jeweilige Angebot und für die Etablierung der Unternehmung zu finden. In diesem Artikel soll mit dem Business Model Canvas (BMC) eine Methode vorgestellt werden, mit der wir Geschäftsmodelle exakt beschreiben, lebendig entwickeln und leicht vergleichen können. Jedes Geschäftsmodell gehört stets neu auf den Prüfstand. Anschließend werden vier Kulturportale analysiert und vier Geschäftsmodelle beispielhaft diskutiert.
2 Business Model Canvas Alexander Osterwalder hat im Rahmen seiner Dissertation 2004 bei Yves Pigneur an der HEC Lausanne eine Methode vorgestellt, wie Geschäftsmodellinnovationen entwickelt werden können. Seine Methode wurde schnell zum eigenen Geschäftsmodell. Das 2010 erschienene Buch „Business Model Generation“ ist ein großer Erfolg, nicht nur bei Start-ups, und Alexander Osterwalder ein gut bezahlter Berater im Changemanagement führender Unternehmen. Das Geheimnis hinter seiner Methode ist, dass sie sehr variabel ist, schnell zum Erfolg führt und auch noch Spaß macht (Osterwalder und Pigneur 2011).
Abb. 1: Business Model Canvas
Das BMC zeigt die zentralen Bausteine eines Geschäftsmodells von der Architektur der Wertschöpfung über das Nutzen- und Wertversprechen bis hin zum Ertragsmo-
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dell. Die neun einzelnen Bausteine stehen in einem ganz bestimmten Verhältnis zu einander. Im Zentrum des Geschäftsmodells stehen die Wertangebote (Value Propositions) der Produkte und Dienstleistungen, die den Kunden erfolgreich angeboten werden sollen. Hier wird aufgeführt, welches Werteversprechen die Angebote haben und welchen Kundennutzen sie erfüllen. Das Wertangebot teilt das gesamte Geschäftsmodell sodann in zwei Seiten. Die rechte Seite beschreibt, wie das Wertangebot zum Kunden kommt und wie Erlöse generiert werden. Im Bereich Kundensegmente (Customer Segments) werden die unterschiedlichen Kundengruppen aufgeführt, die eine Organisation bedient. Diese Kunden werden zumeist über unterschiedliche Kanäle (Channels) erreicht. Die Kundenbeziehungen (Customer Relationships) beschreiben, auf welche Weise die Beziehung zu den Kunden gepflegt wird. Einnahmequellen (Revenue Stream) zeigen schließlich die Erlösquellen auf und stellen in der Summe das Ergebnis der erfolgreich angebotenen Produkte und Dienstleistungen dar. Auf der linken Seite finden wir alle die Elemente der Wertschöpfungskette, die zur Erschaffung des Wertangebots führen und Kosten verursachen. Dies sind zum einen die Schlüsselressourcen (Key Resources), also die Güter oder das Wissen, die für die oben genannten Elemente benötigt werden, und zum anderen die Schlüsselaktivitäten (Key Activities), die das Alltagsgeschäft bestimmen. Die Schlüsselpartner (Key Partnerships) sind entweder die Partner, an die Schlüsselaktivitäten oder -ressourcen ausgelagert werden oder auch Stakeholder, die das Vorhaben in dem einem oder in mehreren Bereich unterstützen. Die Kostenstruktur (Cost Structure) summiert schließlich alle Aufwände der Wertschöpfungskette auf. Mit dem BMC können Geschäftsmodelle sehr einfach durch Einzelpersonen, aber noch besser in Gruppen erarbeitet werden. Dazu wird die Struktur des Modells großformatig auf eine Tafel oder eine Stellwand übertragen und Post-its in die einzelnen Bereiche geklebt. Diese können sehr leicht ergänzt oder verändert werden, so dass die Methode optimal den kreativen Entwicklungsprozess unterstützt. Darüber hinaus dient das BMC aber auch als Schaubild für bereits entwickelte Geschäftsmodelle, in denen dann zumeist nur die zentralen Bereiche des Geschäftsmodells hervorgehoben werden müssen, die für einen Vergleich mit anderen wichtig sind. Im Folgenden dient das BMC vor allem der Visualisierung der jeweiligen Geschäftsmodelle.
3 Google Books – das kommerzielle Modell Kehren wir also zurück zum Ausgangspunkt und den beiden Projekten, die beide eine digitale Bibliothek anbieten, deren Geschäftsmodell sich aber stark unterscheidet. Zum Verständnis der strategischen Funktion von Google Books lohnt ein kurzer Blick in die Anfänge von Google.
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Google hat seinen Ursprung in der Buchsuche. Larry Page und Sergey Brin entwickelten an der Stanford University in Kalifornien einen Webcrawler, um die zunehmend digitalisierten Bücher im Internet in einer großen Bibliothek recherchierbar und zugänglich zu machen. So lag es auf der Hand, dass sie sich wenige Jahre nach Gründung des Unternehmens wieder der digitalen Bibliothek zuwendeten, zumal diese ihr Kerngeschäft, die Suchmaschine, direkt ergänzt. Das Bestreben von Google ist, „die Informationen der Welt zu organisieren und für alle zu jeder Zeit zugänglich und nutzbar zu machen“ (Google 2015). Das zentrale Wertangebot von Google ist damit klar: Informationen schnell finden. Damit trifft Google ein Grundbedürfnis aller Nutzer im Internet. Um möglichst viele Nutzer an sich zu binden, ist das Angebot von Google sehr niederschwellig: Es ist kostenlos und mit einem Suchschlitz sehr einfach handhabbar. Um dieses Wertangebot zu ermöglichen, benötigt Google Spezialisten für die Entwicklung und ständige Anpassung des Suchalgorithmus, mächtige Server für die Indizierung und eine Suchplattform. Finanziert wird diese kostenlose Dienstleistung durch Werbung. Seit 2000 bietet Google den Werbedienst AdWords an, mit dem Werbende über Schlüsselbegriff-Auktionen bei ihren Kunden sehr zielgerichtet Werbung platzieren können. Um ihren eigenen Umsatz durch Werbeeinnahmen noch weiter zu erhöhen, stellt Google außerdem das System AdSense zur Verfügung, mit dem Betreiber von Webseiten auf ihren eigenen Portalen Google-Werbung schalten und so selber Einnahmen erzielen können. Mit der Suchmaschine setzt Google sehr konsequent eine Multi-sided Platform als herkömmliches Free-Geschäftsmodell durch. Eine Plattform wird von mehreren Kundengruppen genutzt, wobei die einen eine kostenlose Dienstleistung erhalten und die anderen zahlen. Dieses Modell ist bereits aus der analogen Welt bekannt. Kostenlose Zeitungen oder Magazine haben das Modell bereits etabliert, und im Internet setzte sich dieses Free-Geschäftsmodell schnell durch. Aufgrund seines Geschäftsmodells muss Google zwei Kundengruppen bedienen und deren Kundennutzen stets optimieren. Google verwendet viel Aufwand darauf, den Inhalt im Internet nicht nur zu indexieren, sondern auch deren Prioritäten und semantische Beziehungen zu analysieren, damit der Internetsurfer unter den ersten zehn Treffern stets sinnvolle Ergebnisse angezeigt bekommt. Für den Werbenden analysiert Google zudem alle Spuren der Internetsurfer im Netz, um ein bestmögliches Interessenprofil zu erstellen und schließlich die Werbung zielgenau platzieren zu können. Google Books ist eine konsequente Fortführung des Free-Geschäftsmodells mit dem einen Unterschied, dass Google selbst als Content-Bereitsteller auftritt. Seit 2002 arbeitet Google an der Optimierung der Digitalisierung von Büchern (Google 2011). Während die Bibliotheken noch zur gleichen Zeit von einem Jahrhundertprojekt sprachen, schlug Google den Bibliotheken vor, die Bücher in wenigen Jahren zu digitalisieren. Dass auch dieses Angebot wiederum kostenlos den Bibliotheken angeboten wurde, liegt auf der Hand und folgt der Logik des Geschäftsmodells. Je mehr hochwertiger Content im Internet zur Verfügung steht, desto zielgerichteter kann
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Google bei der Suche seine Werbung platzieren. Die Aufwendungen der Digitalisierung von einigen 100 Mio. Dollar erscheinen gegenüber den Milliardengewinnen durch Werbung als zweckdienliche Investitionskosten.
Abb. 2: BMC für Google
Den von Verlagen und Autoren ausgelösten jahrelangen Rechtsstreit in den USA konnte Google für sich entscheiden, da das Unternehmen sich bei der Digitalisierung der Bücher in den USA auf die Doktrin des Fair Use bezog. Die Geschworenen sprachen Google nicht nur von den Vorwürfen der Urheberrechtsverletzung frei, sondern Richter Chin setzte auch noch einen drauf, indem er Google Books lobte, weil es „vergessene Werke rettet und ihnen neues Leben einhaucht“ sowie darüber hinaus „neues Publikum und neue Einnahmen“ schafft (Sokolov 2013). In Europa hingegen werden urheberrechtlich geschützte Werke nur in wenigen Auszügen angezeigt und nicht vollständig zugänglich gemacht. Der Vorteil dieses Geschäftsmodells ist, dass Google mit der Multi-sided Platform die Bedürfnisse seiner beiden Kundengruppen, Internetnutzer und Werbende, sehr klar ermitteln kann. Beide Gruppen brauchen sich notwendigerweise gegenseitig, da die eine das Angebot kostenlos nutzen und die andere ihre Kunden zielgerichtet mit Werbung erreichen möchte. Damit hat Google ein sehr stabiles Geschäftsmodell, das nur durch Wettbewerber gefährdet werden kann, die beiden Gruppen einen besseren Mehrwert anbieten können. Eingedenk dessen versucht Google, seine kostenlosen Angebote auszuweiten, um seine Kunden dauerhaft an sich zu binden, z. B. durch
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Google Maps, Gmail, YouTube, Google Docs oder das Betriebssystem Android. Denn auch hier entstehen wichtige Daten für den mächtigen Google-Algorithmus. Der bedeutende Content in dem Portal Google Books schließt hier nahtlos an. Das Geschäftsmodell birgt aber auch Gefahren, die vor allem dadurch entstehen, dass Google ein enormes Wissen über die persönlichen Profile seiner Nutzer generiert, die nicht in falsche Hände kommen dürfen. Daran kann das Unternehmen kein Interesse haben. Denn seine Nutzer sind sein höchstes Gut, ohne sie brechen die Werbeeinnahmen schlagartig weg, z. B. wenn der Nutzer seine Daten bei Google nicht in sicheren Händen weiß. Ein Angriff auf die Schlüsselressourcen, in dem Staaten wie die USA in gemeinen Gerichtsurteilen Firmen wie Google, Facebook und Apple dazu zwingen, ihre Daten zugänglich zu machen (Fokus 2014), ist ein Angriff auf die Persönlichkeitsschutzrechte der Nutzer. Wohl gemerkt von den Staaten und nicht von den Unternehmen. Das gleiche gilt für Staaten wie Deutschland, die befreundeten Nachrichtendienste ihre Zugänge für Spionage freigeben.
4 Europeana – Das Fördermodell Diese Gefahr der Spionage muss der Antipode von Google Books, die Europeana, nicht befürchten. Zum einen werden die Daten der Europeana bereits von staatlichen Einrichtungen selbst bzw. in deren Auftrag gehostet und zum anderen ist es nicht Teil des Geschäftsmodells, Werbung zielgerichtet zu platzieren, wofür ein detailliertes Wissen über die Vorlieben der Nutzer notwendig ist. Aber auch die Europeana hat wie Google zwei Kundengruppen, eine, die kostenlos einen Dienst nutzt und eine, die zahlt. Im Unterschied zu Google sind diese Kundengruppen bei der Europeana aber nicht über eine Multi-sided Platform abhängig aneinander gebunden. Vielmehr erhält der eine einen Dienst, für den der andere zahlt. Das zentrale Wertangebot der Europeana ist, das europäische Kulturerbe digital über das Portal zugänglich zu machen. Die Europeana konzentriert sich dabei nicht nur auf Bücher, sondern möchte alle Objekte aus Museen, Archiven und Bibliotheken digital zugänglich machen. Kunden sind demnach alle, die Quellen und digitale Objekte des kulturellen Erbes suchen. Hier hat die Europeana neben Wissenschaft und Bildung auch die Wirtschaft und vor allem die Tourismusindustrie im Blick, die durch die freie und kostenlose Verwendung der Inhalte kommerzielle Angebote entwickeln soll. Neben diesen Internetnutzern hat die Europeana aber noch einen weiteren Kunden. Die Kosten von zur Zeit bis zu 5 Millionen €/Jahr werden fast vollständig von der Europäischen Kommission getragen. Die Europäische Kommission wird damit zum Kunden, weil sie die Einnahmen aufgrund eines Wertversprechens sicherstellt. Dieses Wertversprechen war zu Beginn stark getrieben von zwei Motiven: Google
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Books eine europäische digitale Bibliothek entgegenzusetzen und das kulturelle Erbe Europas digital zugänglich zu machen. Damit das Fortbestehen der Europana auch zukünftig sichergestellt werden kann, muss die Kommission als Kunde besonders bedient werden. Und das hat Auswirkungen auf die Schlüsselaktivitäten des Geschäftsmodells. Denn die Europeana muss bei jeder Vertragsverlängerung die Kommission bzw. die EU-Staaten neu davon überzeugen, dass das Fortbestehen des Portals von besonderer Wichtigkeit ist. Hierzu ist viel Lobbyarbeit nötig. Der Strategieplan 2011–2015 war ein wichtiger und notwendiger Schritt für eine innovative Idee und war notwendig nach einem verstolperten Start. Der Strategieplan dient aber vor allem dazu, dem zentralen Geldgeber einen Weg aufzuzeigen, wohin die Europeana strebt, und für ihn Kundennutzen zu generieren. Das Paper bietet deswegen viele Argumentationshilfen für die Abgeordneten und zeigt mit den Schlüsselaktivitäten „Sammeln“, „Fördern“, „Verbreiten“ und „Beteiligen“ sichtbare und politisch gewollte Aktivitäten. Schließlich wird in dem Strategieplan sehr differenziert der externe, direkte und indirekte Nutzen des Portals für Europa vorgelegt.
Abb. 3: BMC für die Europeana
An dieser Stelle gleicht das Geschäftsmodell vielen weiteren öffentlich finanzierten Projekten und damit einem Großteil der im Folgenden vorgestellten Kulturportale. Die Stärke dieses Geschäftsmodells ist, dass das Portal nicht von einem Endkunden abhängig ist, der für die Dienstleistung direkt oder indirekt bezahlen soll. Außerdem
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ist die Anzahl der Nutzer nicht von relevantem wirtschaftlichem Interesse, denn die eigentliche Herausforderung besteht darin, die öffentliche Förderquelle nicht versiegen zu lassen. Viele von diesen Projekten haben daher nur eine begrenzte Laufzeit oder nehmen die öffentliche Hand anschließend zunehmend in die Pflicht. Auf der anderen Seite erfordert dieses Geschäftsmodell von den Akteuren, den Blick auf den eigentlichen Endverbraucher und die Generierung seines Kundennutzens nicht zu verlieren, für den die Anwendung einst geschaffen wurde. Daher will die Europeana die Nutzer aktiv einbinden und beteiligen. Ähnlich wie bei Google kann in der Europeana nur das recherchiert werden, was die Museen, Archive und Bibliotheken dem Portal zur Verfügung stellen. Sie sind in dem Geschäftsmodell Schlüsselpartner, da sie innerhalb der Wertschöpfungskette einen zentralen Beitrag, nämlich den Content liefern. Sie könnte man – ähnlich wie beim Bildarchiv prometheus (siehe unten) – aber auch als Kunden anführen. Da sie aber von der Europeana selber nicht aktiv akquiriert werden, sondern dies in die Verantwortung der einzelnen EU-Länder übergeben wurde, verstehen wir sie hier als Schlüsselpartner. Eine Herausforderung besteht hierbei darin, die Daten so geliefert zu bekommen, dass die Endverbraucher die Inhalte verwenden können und davon einen Mehrwert haben. Dies ist ein neuralgischer Punkt, denn es fällt der Europeana schwer, eine Creative-Commons-Lizenz Null (CC0) und eine hohe Auflösung für ihre Objekte durchzusetzen. Infolgedessen beschränken sich bisher die Anwendungen der Tourismusindustrie ebenso wie die der Wissenschaft auf nur wenige beispielhafte Projekte, die wenig Mehrwert bieten. Darüber hinaus wird die Digitalisierung der Museen, Archive und Bibliotheken noch viele Aufwände erzeugen und Zeit kosten, bis wirklich nennenswerte Mehrwertanwendungen geschaffen werden können. Google hat diesen Bedarf natürlich erkannt und nutzt auch dies zu seinem Vorteil. Da nun der Staat von den Kultureinrichtungen die Digitalisierung einfordert, aber zugleich längst nicht genügend Mittel zur Verfügung stellt, springt Google ein und hilft. Der Suchmaschinenriese kommt wie ein Wohltäter daher, nutzt aber vor allem die Chance, die Digitalisierung zu beschleunigen und die Inhalte für den eigenen Gebrauch zu analysieren, um seine Werbung in der Suchmaschine besser zu platzieren. Dieses Dilemma kann man in diesem Geschäftsmodell nur lösen, indem der zahlende Kunde – hier der Staat – viel mehr Gelder für die Digitalisierung bereitstellt, oder aber der Mehrwert für den Endkunden muss derart gesteigert und viele Nutzer gebunden werden, damit über sie z. B. durch Crowdfunding oder einem jährlichen Spendenaufruf die notwendigen Mittel eingenommen werden können. Wikipedia setzt ein solches Geschäftsmodell seit ihrer Gründung sehr erfolgreich um. Bisher machen die Nutzerzahlen der Europeana ein solches Modell allerdings unwahrscheinlich.
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5 prometheus-Bildarchiv – Das non-profit-Modell In den Jahren 2001 bis 2004 wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung das prometheus-Bildarchiv mit dem Ziel gefördert, ein verteiltes Bildarchiv für die Kunstgeschichte und Archäologie zu entwickeln. Mit Auslaufen der Förderung stand prometheus kurz vor dem Projekt-Aus. Über 30 Institute nutzten aber bereits das Archiv für die tägliche Arbeit, und viele Institute hatten schon begonnen ihre Diatheken abzubauen. Folglich war der Druck groß, eine Finanzierungslösung zu finden und ein nachhaltiges Geschäftsmodell für prometheus zu entwickeln.
Abb. 4: BMC für das prometheus-Bildarchiv
prometheus hat eine zentrale Nutzergruppe: Wissenschaftler und Studierende, vor allem der Fächer Kunstgeschichte und Archäologie, mit heute durchschnittlich über 15.000 Suchanfragen pro Tag. Die Nutzer finden hier in den über 1,3 Millionen hochauflösenden Bilder einen Großteil ihrer Studienobjekte (Stand: Mai 2015). Fehlen Bilder, kann bei den meisten Instituten die Digitalisierung beantragt werden, die anschließend prometheus zur Verfügung gestellt werden. Zudem können eigene Bilder direkt hochgeladen werden. So wird das notwendige Bildrepertoire zum Vorteil aller Kunden stetig erweitert. Die Bilder können über die Website von prometheus oder die eigene Smartphone-App gesucht und für Präsentationen und Forschungsarbeiten verwendet werden. Diese Dienstleistung ist für die Wissenschaftler und Studierenden gratis.
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Ähnlich wie bei der Europeana wird die Qualität des Portals durch die Qualität der Objekte bestimmt. Die integrierten Bilddatenbanken der Institute, Bibliotheken und Museen müssen alle persönlich akquiriert werden, so dass sie in diesem Geschäftsmodell auch Kunden sind. Sie erhalten als Wertversprechen Reichweite für ihre Bilder und eine Webpräsenz für die eigenen Studierenden, weil die Datenbanken lokal vor Ort für die Studierenden meist nicht nutzbar sind. Für einige Datenbanken dient prometheus sogar als externes Backup. Und Forschungsdatenbanken nehmen gerne den Service wahr, dass ihre Daten nach Projektende bei prometheus gehostet werden und damit der Forschung langfristig zugänglich bleiben. Die zahlenden Kunden sind vor allem die Hochschulen, Bibliotheken und Institute. Sie zahlen eine jährliche Lizenz und erhalten damit Zugänge für ihre lokalen Rechner und einen Admin-Account, mit dem sie persönliche Zugänge für Wissenschaftler und Studierende kostenlos vergeben können. Das Wertversprechen für diese Institutionen ist ein digitales Angebot, das deren Mitglieder benötigen. Einzelnutzer, die keiner Institution angehören, können durch eine geringe Einzellizenz das Bildarchiv ebenfalls nutzen. Schlüsselpartner ist ein gemeinnütziger Verein, der nach dem Projektende die Rechte von allen neun Projektpartnern gebündelt und den Geschäftsbetrieb an die Universität zu Köln abgegeben hat. Die Dienstleistung als solche wurde als eine hoheitliche Aufgabe anerkannt und ist somit von der Mehrwertsteuer befreit. Dadurch dürfen aber auch keine Gewinne gemacht und die eingenommenen Gelder müssen für diese Tätigkeit ausgegeben werden. Dieses non-profit-Modell wurde 2005 eingeführt und es trägt seit 2008 zu 100% die Betriebs- und Weiterentwicklungskosten des Bildarchivs. Über Drittmittelprojekte werden Innovationen in den Bereichen Suche, Indexierung und Performance und Kundenanwendungen vorangetrieben. Die Stärke des Geschäftsmodells liegt klar in der Unabhängigkeit von einer öffentlichen Förderung. Nur wenn viele Nutzer der jeweiligen Hochschule das Bildarchiv täglich nutzen, sind die Hochschulen auch bereit, die Lizenz zu zahlen. Die Schlüsselaktivitäten beziehen sich daher vor allem auf den Ausbau des Kundennutzens, indem die Suchfunktionen weiter optimiert und die Anzahl hochauflösender Bilder erweitert wird. Die Hochschulen und Institute werden bei der Digitalisierung vor Ort unterstützt und beraten. Die Schwierigkeiten dieses Geschäftsmodells liegen in der Skalierung. Die zahlenden Kunden sind im deutschsprachigen Raum endlich, so dass prometheus mit der Kundenakquise im europäischen und angloamerikanischen Raum begonnen hat. Dies erfordert aber Investitionen in Mehrsprachigkeit und Vertriebsstrukturen, die ein solches non-profit-Geschäftsmodell aus dem Cashflow bezahlen muss, weil Investoren mit Hoffnung auf Rendite nicht gewonnen werden können. Eine engere Zusammenarbeit mit der Europeana könnte an dieser Stelle für beide Seiten nützlich sein.
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6 digiCult – Das gemischte Modell Das Museumsportal digiCult ging ebenfalls aus einem geförderten Projekt hervor. Zur langfristigen Sicherstellung des Portals wurde ein gemischtes Geschäftsmodell gewählt, das eine für Kulturportale sehr interessante Variante aufzeigt. Der Endkunde ist der Internetsurfer, für den der Zugriff auf dem Portal kostenlos ist. Ihr Wertangebot ist der Zugang zu digitalen Objekten aus den Museen des Verbundes. Zur Finanzierung des Projektes wurde ein kommerzieller Weg gewählt, gekoppelt an eine finanzielle Förderung durch das Land. Dafür wurde als Rechtsform eine eingetragene Genossenschaft (eG) gegründet. Jedes Verbundmitglied, das seine Daten über das Portal veröffentlichen und die Vorteile nutzen will, muss je nach Größe einen Genossenschaftsanteil kaufen und zugleich einen jährlichen Beitrag je nach Rechtsform und Anzahl der Vollzeit-Mitarbeiter zahlen. Von den 300.000 EUR, die zum Betrieb und Fortführung des Museumsportals benötigt werden, können die Verbundmitglieder so mindestens 1/5 selber aufbringen. Die restlichen 4/5 werden dann über Länderbeiträge sichergestellt.
Abb. 5: BMC für digiCult
Dieses Geschäftsmodell hat seinen besonderen Charme, weil es zum einen die Nachfrage der Digitalisierung und Zurverfügungstellung der digitalen Objekte in einer Genossenschaft bündelt und zum anderen kommerzielle Tätigkeit ermöglicht. Mögli-
Cultural Entrepreneurship – Geschäftsmodelle für Kunst und Kultur
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che Gewinne verbleiben im Verbund, über dessen Verwendung die Verbundmitglieder selber bestimmen. Durch die Bündelung der Nachfrage und die Eigenbeteiligung fällt es den Ländern wiederum leichter, den Verbund zu bezuschussen, um den Erhalt und Ausbau des Museumsportals zu gewährleisten. Durch das Genossenschaftsmodell kommt natürlich eine neue Herausforderung ins Unternehmen: Die Meinungen der Verbundmitglieder müssen kanalisiert und deren Beratungs- und Unterstützungsbedarf durch unterschiedliche Services stets befriedigt werden. Der größte Mehrwert dieses Modells liegt sicherlich in der gegenseitigen Stärkung auf dem Wege der Digitalisierung. Eine weitere Herausforderung liegt bei diesem Geschäftsmodell, ähnlich wie beim Fördermodell der Europeana, darin, dass der eigentliche Nutzer und seine Bedürfnisse hinter die Bedürfnisse der Verbundmitglieder treten. Denn für den Erhalt des Verbundes, der vor allem ein Distributionsverbund ist, ist es nicht relevant, ob das Portal auch wirklich nennenswert genutzt wird. Natürlich muss dies nicht das Ziel des Projektes sein, denn auch eine Bibliothek bewahrt ebenfalls Bücher auf, die sehr selten gelesen werden. Es ist aber wichtig für die Strategie und Kommunikation des Verbundes nach außen und für die Herausarbeitung der unterschiedlichen Intentionen, die durch Geschäftsmodelle bestimmt werden. Denn die Folge sind nicht selten nahezu unbenutzte Webseiten. Eine große Chance besteht für ein solches gemischtes Geschäftsmodell darin, dass der Verbund kommerziell tätig sein kann und seine besonderen Fähigkeiten in Technologie und Beratung an andere Verbünde und Museen kostenpflichtig anbieten und monetisieren könnte. Die Genossenschaft kann als Wirtschaftsbetrieb weitere Erlösquellen etablieren und somit die Einnahmequellen schrittweise ausbauen, die letztendlich wiederum dem Erhalt des Verbundes zu Gute kommen.
7 Cultural Entrepreneurship Die vier verschiedenen Geschäftsmodelle, die hier vorgestellt wurden, weisen jeweils unterschiedliche Chancen und Herausforderungen auf. Die Methode des BMC ist nicht nur ein gutes Hilfsmittel zur Visualisierung dieser Geschäftsmodelle, sondern auch für die Entwicklung und den Ausbau von unternehmerischen Strategien nützlich. Vor allem können mit dem BMC die Intentionen eines Geschäftsmodells über das Wertversprechen der einzelnen Kunden analysiert werden, die direkten Einfluss auf die Schlüsselaktivitäten und damit das operative Geschäft haben. Kunst und Kultur brauchen differenzierte Geschäftsmodelle, die auf ihren besonderen Zweck zugeschnitten sind und kulturelle Angebote langfristig sichern wollen. Der Cultural Entrepreneur ist in Anlehnung an Bygrave und Hofer ein Unternehmer, der Chancen in der Kultur erkennt und die Ressourcen und Organisation dafür schafft, diese Chancen zu realisieren (Halberstadt und Simon 2014). Das Wissen
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Holger Simon
über Geschäftsmodelle und ihre Gestaltungsmöglichkeit ist dafür notwendig und ein Gewinn für die Kultur. Denn die Rendite des Cultural Entrepreneurs ist nicht nur der finanzielle Gewinn – den braucht er zwar auch, um sein Kulturangebot auszubauen und zu investieren –, vielmehr liegt sein Gewinn aber in der Sicherstellung und nachhaltige Ermöglichung von Kulturangeboten. Eingedenk dessen brauchen wir mehr Kulturunternehmer.
8 Literatur Bygrave, W. D. und C. W. Hofer. Entrepreneurship. Theory and Practice, 1991. Europeana Strategic Plan 2011–2015. http://pro.europeana.eu/files/Europeana_Professional/ Publications/Strategic%20Plan%202011-2015%20-%20DE.pdf (12. Mai 2015). Fokus. US-Regierung drohte Yahoo mit Millionenstrafe, Fokus 12. September 2014. http://www. focus.de/finanzen/news/nsa-affaere-yahoo-sollte-250-000-dollar-strafe-zahlen_id_4127515. html (12. Mai 2015). Die Geschichte der Google Buchsuche. http://www.google.de/intl/de/googlebooks/history.html (12. Mai 2015). Halberstadt, Jantje und Holger Simon. Cultural Entrepreneurship als Herausforderung – Wie können kulturelle Aufgaben und Angebote unternehmerisch wirksam unterstützt werden? Memorandum der 49. Sylter Runde vom 10./11. April 2014. http://www.sylter-runde.de/mediapool/6/63715/ data/SR_49_Cultural_Entrepreneurship_download.pdf http://www.focus.de/finanzen/news/ nsa-affaere-yahoo-sollte-250-000-dollar-strafe-zahlen_id_4127515.html (12. Mai 2015). Jeanneney, Jean Noël. Quand Google défie l’Europe. Plaidoyer pour un sursaut, Editions Mille et une nuits. Paris, 2005. Dt. Fassung: Jean-Noël Jeanneney. Googles Herausforderung. Für eine europäische Bibliothek. Aus dem Französischen von Nathalie Mälzer-Semlinger und Sonja Fink. Berlin, 2006. Lischka, Konrad. „Digitale Bibliotheken: Der Staat spart, Google digitalisiert“. Spiegel online, 26. März 2011, http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/digitale-bibliotheken-der-staatspart-google-digitalisiert-a-753229.html (12. Mai 2015). Osterwalder, Alex und Yves Pigneur. Business Model Generation. Ein Handbuch für Visionäre, Spielveränderer und Herausforderer, Frankfurt am Main, 2011. Sokolov, Daniel A. J. Hintergrund: Warum Google Books in den USA legal ist. 15. November 2013. http://www.heise.de/newsticker/meldung/Hintergrund-Warum-Google-Books-in-den-USAlegal-ist-2046820.html (12. Mai 2015). Über Google. https://www.google.de/intl/de/about/ (12. Mai 2015).
Teil 3 Überregionale Portale
Henning Scholz
Europeana – Digitale DienstleistungsInfrastruktur für Europas Kulturerbe 1 Einleitung Europeana, am 20. November 2008 als digitale Bibliothek Europas online gegangen, entwickelt sich mehr und mehr zur Drehscheibe für die Gesamtheit des digitalen Kulturerbes Europas. Europeana ist nicht nur ein Portal, entwickelt und gefüttert von etwa 50 Mitarbeitern des Europeana-Büros in Den Haag. Es ist ein Netzwerk von derzeit mehr als 1.700 Fachleuten und mehr als 3.300 Kulturerbeeinrichtungen aus ganz Europa, die alle der Überzeugung sind, dass Kultur das Leben verändern kann. Dabei baut Europeana auf drei Arbeitsgrundsätzen auf: nutzbar, wechselseitig, zuverlässig. Zunächst muss Kultur für alle Menschen in Europa leicht zugänglich und nutzbar sein, um z. B. das gegenseitige Verständnis der Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen zu fördern. Es geht in den nächsten Jahren aber auch darum, über die Nutzbarmachung von Kulturerbe hinaus, neue wirtschaftliche Möglichkeiten für die Kulturerbeeinrichtungen zu erschließen. Neue Partnerschaften und die Vernetzung von Museen, Bibliotheken und Archiven mit Institutionen der Kreativwirtschaft und professionellen Softwareentwicklern, sollen dabei helfen, neue Nutzungs- und Präsentationskonzepte für kulturelle Inhalte zu entwickeln. Europeana ist sich dabei der Verantwortung bewusst, mit Daten umzugehen, die unser aller kulturelles Erbe repräsentieren. Dieses Erbe wurde über Jahrhunderte hinweg gesammelt, bewahrt und erforscht, und nun digitalisiert und themen- und fachspezifisch angereichert, um es bestmöglich einem breiten Nutzerkreis über verschiedene Kulturportale anzubieten. Europeana verpflichtet sich, als zuverlässiger Partner die Interessen aller Kulturerbeeinrichtungen zu vertreten.
2 Bestand bzw. geplante Bestandsentwicklung Ein Grundprinzip für die Bestandsentwicklung von Europeana ist die Offenheit für alle Inhalte, die von Kulturerbeeinrichtungen angeboten werden. Dieses Grundprinzip hat dazu geführt, dass sich die Menge an verfügbaren Inhalten in den ersten sechs Jahren des Bestehens von Europeana sehr schnell vergrößert hat. Mittlerweile (Januar 2015) sind etwa 40 Millionen Metadatensätze verfügbar, die zu einer noch größeren Zahl von Objekten verlinken. Wenn man sich die Daten in Europeana per Land anschaut, ist Deutschland der insgesamt größte Datengeber (Abb. 1).
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Henning Scholz
Abb. 1: Deutschland beteiligt sich mit derzeit (15. Januar 2015) knapp 5 Millionen Datensätzen an Europeana und gibt damit etwa 12,5 % der derzeit etwa 40 Millionen Daten. Auch bei den Besuchszahlen liegt Deutschland an der Spitze: Zwischen dem ersten und dritten Quartal 2014 erfolgten etwa 450.000 Zugriffe auf das Europeana-Portal von Deutschland aus.
Neben quantitativen Zielen für die Entwicklung von Europeana, steht die Qualität des Bestandes mehr und mehr im Vordergrund. Ein wichtiges Element, das zur Verbesserung der Qualität beiträgt, ist die vollständige und korrekte urheberrechtliche Auszeichnung aller Objekte in Europeana. Seit Ende des Jahres 2014 sind nahezu alle Objekte mit einem gültigen Rights Statement versehen. Rechteinformationen sind aber nur ein kleiner Teil der Metadaten. Auch die Inhalte anderer Metadatenfelder tragen in erheblichem Maße zur Qualität des Gesamtdatensatzes bei. Über die Mindestanforderungen an die Metadaten hinaus, die im Kapitel zu den Teilnahmevoraussetzungen an Europeana erläutert werden, können zum Beispiel aussagekräftige Titel der Objekte (aussagekräftig im Sinne von eindeutig und sinnvoll für nichtwissenschaftliche Nutzer der Inhalte) und detaillierte Beschreibungen der Objekte die Auffindbarkeit von Inhalten in erheblichem Maße verbessern. Ein weiteres Mittel, Inhalte in der Europeana-Datenbank zu finden, sind Normvokabulare, die genutzt werden, um die Daten anzureichern. Ein gutes Beispiel für ein solches Vokabular ist der Art and Architecture Thesaurus (AAT), der vom Getty Research Institute herausgegeben wird und für die Objekterschließung von kunst- und kulturhistorischen Sammlungen genutzt werden kann.
Europeana – Digitale Dienstleistungs-Infrastruktur für Europas Kulturerbe
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Wie in der Einleitung schon erwähnt, ist die Erschließung neuer Möglichkeiten für Kulturerbeeinrichtungen durch Partnerschaften mit Institutionen der Kreativwirtschaft und professionellen Softwareentwicklern ein zentraler Punkt für die zukünftige Entwicklung von Europeana. Nachnutzbare Inhalte sind eine Grundvoraussetzung dafür, diese Möglichkeiten in Anspruch zu nehmen. Die Urheberrechte der Inhalte und deren Auszeichnung müssen zunächst grundsätzlich eine Nachnutzung erlauben (Creative-Commons-Lizenzen). Außerdem muss sowohl die Metadatenqualität als auch die technische Qualität der Inhalte (z. B. die Auflösung bei Fotos) auf hohem Niveau sein. Wichtig sind auch direkte Links zu den Inhalten, den Dateien, die auf den Servern der Kulturerbeeinrichtungen angeboten werden. Eine ausschließliche Einbindung von Inhalten in Bildbetrachtern (z. B. DFG-Viewer) steht einer effektiven Nachnutzung der Inhalte entgegen. Nachnutzbare Inhalte werden von Europeana aktuell auf Europeana Labs, dem neuen Angebot für Entwickler und Kreativwirtschaft, beworben. Zusammenfassend ist der Bestand von Europeana grundsätzlich allumfassend und deckt alle nur möglichen Spektren des kulturellen Erbes ab. Dieser allumfassende Anspruch wird auch in Zukunft für hohe Zuwachsraten sorgen. Dennoch muss die Qualität der Daten verstärkt in den Mittelpunkt gerückt werden. Die Qualität der Metadaten an sich ist hier von besonderem Interesse, denn die Metadaten sind das Produkt von Europeana. Dieses Produkt zu vernachlässigen, führt bei einem gleichzeitigen Anstieg der Datenmenge unweigerlich zu großen Problemen. Um zu verhindern, dass sich Europeana zu einem „schwarzen Loch“ für Kulturerbedaten entwickelt, müssen die Metadaten als Produkt verstärkt weiterentwickelt werden.
3 Organisationsform Die juristische Person hinter Europeana ist die Europeana Foundation, eine Stiftung nach niederländischem Recht mit Sitz an der Königlichen Bibliothek in Den Haag (Niederländische Nationalbibliothek). Aktuell (Januar 2015) ist die Führung dieser Stiftung im Umbruch. Zur Umsetzung der Europeana Strategie 2020, muss Europeana als Organisation demokratischer aufgestellt sein. Der Entscheidungsprozess muss transparenter werden, und alle Interessensvertreter müssen die Gelegenheit haben, in den Entscheidungsprozess mit einbezogen zu werden. Der dafür nötige Umbau der Führungsstrukturen wird bis 2016 abgeschlossen sein. Zur Umsetzung der Europeana Strategie 2020 hat das Europeana Büro die interne Organisationsstruktur angepasst. Drei Teams repräsentieren die jeweiligen strategischen Prioritäten: Data Partner Services, End User Services, Re-user Services. In einer Matrixorganisation werden diese drei Teams von fünf strategieübergreifenden Teams unterstützt.
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Der Erstkontakt für Kulturerbeeinrichtungen, die Daten an Europeana übergeben möchten, ist in der Regel das Data Partner Services Team. Nach dem Erstkontakt mit Europeana wird gemeinsam mit der Kulturerbeeinrichtung der beste und effektivste Weg gesucht, die Daten an Europeana zu übergeben. Hierbei ist das der Europeana zugrunde liegende Aggregator-Modell zu beachten: Europeana arbeitet mit nationalen (z. B. Deutsche Digitale Bibliothek (DDB)), thematischen (z. B. Europeana Fashion, siehe den Beitrag von Elisabeth Bracun und Monika Hagedorn-Saupe) oder domänenspezifischen (z. B. Archives Portal Europe, siehe den Beitrag von Susanne Waidmann) Aggregatoren zusammen, um möglichst vielen Einrichtungen die Chance zu geben, in Europeana vertreten zu sein. Die aktuell 76 Aggregatoren verarbeiten die Daten von mehr als 3.300 Kulturerbeeinrichtungen und ermöglichen es Europeana auch in Zukunft den Bestand zu erweitern. Allerdings wird dieses Modell an seine Grenzen stoßen, wenn man sich in Erinnerung ruft, dass es allein in Deutschland etwa 30.000 Einrichtungen gibt, die potentiell via DDB in Europeana zu finden sein könnten (Deutsche Digitale Bibliothek, 2014). Alternativen zum aktuellen Aggregator-Modell sind deshalb in der Diskussion, die die Zusammenarbeit von Kulturerbeeinrichtungen, Aggregatoren und Europeana in Zukunft deutlich vereinfachen und damit die Zugänglichkeit zu neuen kulturellen Inhalten verbessern sollen.
4 Teilnahme an Europeana Wie in Kapitel 2 zur Bestandsentwicklung schon ausgeführt, steht die Teilnahme an Europeana grundsätzlich allen Kulturerbeeinrichtungen Europas offen, die kulturelles Erbe digitalisiert vorliegen haben. Allerdings kann aus den im letzten Kapitel genannten Gründen keine direkte Partnerschaft und Teilnahme an Europeana garantiert werden, weil dem aktuellen Aggregator-Modell folgend, der Kulturerbeeinrichtung zunächst geeignete Aggregatoren angeboten werden, die die Aufbereitung der Inhalte und Daten für Europeana übernehmen. Die Kulturerbeeinrichtungen müssen in jedem Fall einigen grundsätzlichen Anforderungen genügen, um ihre Daten an Europeana übergeben zu können. Alle hierfür notwendigen Anforderungen sind in der Europeana Publication Policy zusammengefasst (Scholz, 2014). Die wichtigste formale Voraussetzung ist die Unterzeichnung des Data Exchange Agreement (oder vergleichbarer Formulierungen in den Vereinbarungen mit den jeweiligen Aggregatoren). Damit stimmt die Kulturerbeeinrichtung zu, dass alle Metadaten, die an Europeana übergeben werden, als Creative-Commons-Null (CC0) ausgezeichnet werden können (no rights reserved) und somit auch uneingeschränkt nachgenutzt werden können. Es ist wichtig zu betonen, dass das nur für die Metadaten gilt. Sämtliche digitalen Objekte, die über die Metadaten verlinkt werden (inkl. der
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Voransichten), müssen entsprechend der jeweils gültigen Rechtslage ausgezeichnet werden und müssen eines von aktuell 13 verfügbaren Rights Statements tragen. Neben rein formellen und rechtlichen Voraussetzungen, müssen die Kultur erbeeinrichtungen aber auch technische Anforderungen erfüllen, damit die Daten von Europeana berücksichtigt werden können. Grundvoraussetzung ist eine technische Infrastruktur, die es der Einrichtung erlaubt, Daten mit Aggregatoren oder Europeana auszutauschen (z. B. Serverkapazitäten, OAI-PMH oder FTP). Metadaten müssen außerdem gut strukturiert und angereichert sein. Neun Metadatenelemente sind verpflichtend und sollten auch inhaltlich einem hohen Qualitätsstandard genügen. So ist es verpflichtend, dass jeder Metadatensatz entweder einen Titel oder eine Beschreibung trägt, und mindestens einen Link zum digitalen Objekt enthält. Metadatensätze von Textobjekten müssen die Sprache des Textdokuments enthalten. Der Objekttyp muss ebenso angegeben werden wie Informationen zu der Einrichtung, die die Daten bereitstellt.
5 Technik Um einen Überblick zu wichtigen technischen Komponenten von Europeana zu bekommen, kann man sich gemeinsam mit den Daten auf den Weg machen, von ihrem Ingest bis zur Publikation. Europeana bevorzugt die Metadaten unter Nutzung des Open Archives Initiatives Protocol for Metadata Harvesting (OAI-PMH) einzusammeln. Die Metadaten werden in der Folge in einem eigens für Europeana entwickelten Werkzeug, dem Unified Ingestion Manager (UIM), verarbeitet und für die Publikation vorbereitet. Über UIM werden verschiedene Softwarekomponenten angesteuert, die bei der Datenverarbeitung zum Einsatz kommen. Dazu gehört auch eine für Europeana angepasste Version von MINT (Metadata Interoperability), einer von der Technischen Universität in Athen (NTUA) entwickelten Plattform zum Mapping von Metadaten. Unter Nutzung von MINT erzeugt Europeana auch die finale Version der Metadaten im Europeana Data Model (EDM, siehe nächstes Kapitel). Unter Nutzung von UIM wird der Datensatz abschließend dereferenziert, angereichert und in zwei Datenbanken gespeichert: MongoDB und Solr. Danach können die Daten im Preview Portal zur Voransicht bereitgestellt werden, während im Hintergrund als Teil eines vom eigentlichen Ingestprozess unabhängigen Prozesses die Voransichten (thumbnails) generiert werden. Für die Generierung der Voransichten werden Hyperlinks zu den digitalen Objekten genutzt, die als Teil der Metadaten an Europeana übergeben werden. Wie oben erwähnt, werden die im Ingestprozess erstellten Metadaten in MongoDB und Solr gespeichert. Unter Nutzung von Solr als Suchmaschinentechnologie wird der gesamte Europeana-Korpus für den Endbenutzer durchsuchbar gemacht. Im Europeana-Portal wird Solr bei der Arbeit mit dem Suchfeld und den Facetten genutzt. Sobald man sich zu einer Objektseite durchklickt, greift man auf die in MongoDB
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gespeicherten Daten zurück. Die gleichen Mechanismen zur Arbeit mit MongoDB und Solr greifen auch bei Nutzung der Europeana Programmierschnittstelle (API), die in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen hat. Softwareentwickler bekommen damit einen sehr flexiblen und direkten Zugang zu den Metadaten in der Europeana Datenbank. Viele Apps nutzen aktuell schon die API zur Integration von Daten aus der Europeana-Datenbank in andere Anwendungen.
6 Standards und Normdaten Zur Darstellung von Metadaten aus allen Bereichen des Kultursektors hat Europeana das Europeana Data Model (EDM) entwickelt. Es integriert die unterschiedlichsten Metadatenstandards, die innerhalb von Kulturerbeeinrichtungen eingesetzt werden (Dublin Core, MARC, MODS, Encoded Archival Description (EAD), Lightweight Information Describing Objects (LIDO), CIDOC-CRM). Es basiert dabei auf dem LinkedOpen-Data-Ansatz. Digitale Objekte sollen leichter zu finden und zu nutzen sein, sowohl für den Menschen als auch für Maschinen. Das EDM hat die Europeana Semantics Elements (ESE) abgelöst, die als flaches Datenmodell auf Dublic Core basieren. Ablösen heisst aber nicht, dass Daten in ESE nicht mehr akzeptiert werden. Dennoch wird angestrebt, in Zukunft mehr und mehr Daten direkt in EDM zu erhalten. Der große Vorteil von EDM gegenüber ESE ist die Flexibilität und die semantische Erweiterbarkeit. So können zum Beispiel Relationen und Hierarchien abgebildet werden, und maßgeschneiderte Anpassungen und Erweiterungen vorgenommen werden. Das EDM hat so auch die Datenmodelle von einer Reihe von Partnern maßgeblich beeinflusst. So basieren die Datenmodelle der Digital Public Library of America (DPLA) und der DDB auf EDM. Für weiterführende Informationen zum EDM wird auf Dröge et al. (2015) verwiesen.
7 Entwicklungsperspektiven bzw. -pläne Die Entwicklungsperspektiven von Europeana sind in der Europeana-Strategie 2020 zusammengefasst, die in einer Online-Fassung auch in deutscher Sprache verfügbar ist (Verwayen, 2014). Für die drei strategischen Prioritäten (Endnutzer, Nachnutzer, Partner) soll hier jeweils ein konkretes Beispiel angeführt werden, wie die gesetzten strategischen Ziele in der Praxis umgesetzt werden sollen. In allen drei Fällen handelt es sich um technische Implementierungen, die in den nächsten Monaten und Jahren zur Marktreife entwickelt werden. Für Nachnutzer ist es im Moment nicht einfach, nachnutzbare Inhalte in Europeana schnell und zweifelsfrei zu identifizieren. Es gibt zwar aktuell schon einen Filter, der es erlaubt, nur offen lizensierte Inhalte anzuzeigen. Die technische Qualität
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oder die direkte Verfügbarkeit entsprechender Inhalte wird hierbei nicht berücksichtigt. Ein neuer Filter, der Softwareentwicklern und der Kreativwirtschaft wesentlich einfacher einen Zugang zu hochqualitativen und nachnutzbaren Inhalten der Europeana-Partner geben wird, ist aktuell in Entwicklung. Davon werden auch die Kulturerbeeinrichtungen, die offene und hochqualitative Inhalte anbieten, profitieren, weil sich die Zugriffszahlen auf deren Inhalte erhöhen werden. Die Umsetzung des Channel-Konzepts wird für Endnutzer neue Möglichkeiten schaffen, Kulturerbe zu bestimmten Themen zu entdecken und damit zu arbeiten. Ausgehend von den Erfahrungen mit den Projekten zum 1. Weltkrieg und dem Themenportal Europeana 1914–1918 werden in Zukunft auch Kanäle zu anderen thematisch abgeschlossenen Einheiten angeboten werden. Für Partner, die Inhalte an Europeana übergeben möchten, halten die nächsten Monate und Jahre die vielleicht einschneidensten Entwicklungen bereit. Innovationen im Bereich der Infrastruktur zur Aggregation der Daten sollen es allen Kulturerbeeinrichtungen und ihren Aggregatoren ermöglichen, wesentlich effektiver als es bisher möglich war, zusammenzuarbeiten und Daten auszutauschen, anzureichern und in bestmöglicher Form für End- und Nachnutzer anzubieten. Dazu werden aktuell neue Werkzeuge zum Dateningest entwickelt, die unter dem Namen Metis zusammengefasst werden.
8 Zusammenfassung und Ausblick Mit Beginn des Jahres 2015 hat Europeana einen weiteren Schritt unternommen, sich als digitale Dienstleistungsinfrastruktur für den Kulturerbesektor zu etablieren. Europeana ist immer weniger nur eine Suchmaschine für kulturelles Erbe, sondern immer mehr eine Plattform, auf der mit diesem gemeinsamen kulturellen Erbe etwas Neues entstehen kann. Neue Technologien werden das Arbeiten mit den Daten nachhaltig verändern. Neue Anforderungen an die Daten werden neue Möglichkeiten schaffen. Neue Steuerungsmechanismen werden es den Kulturerbeeinrichtungen erlauben, sich stärker einzubringen. Wir möchten Europeana als Gemeinschaft aller Kulturerbeeinrichtungen verstehen, die gemeinsam den Traum von einem offenen und freien Zugang zu unserem kulturellen Erbe verwirklicht.
9 Literatur Deutsche Digitale Bibliothek. „Was ist die Deutsche Digitale Bibliothek?“ https://www.deutschedigitale-bibliothek.de/content/help/general-ddb. 2014 (26. Februar 2015). Dröge, Evelyn; Hennicke, Steffen; Iwanowa, Julia; Olensky, Marlies; Rühle, Stefanie; Trkulja, Violeta. „Von ESE zu EDM und darüber hinaus: Wie Europeana Zugang zu Objekten des kulturellen Erbes
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ermöglicht.“ Der Vergangenheit eine Zukunft. Die Digitalisierung des kulturellen Erbes. Hrsg. von Ellen Euler, Paul Klimpel. Berlin: iRights Media. (2015): 98–123. Scholz, Henning. „Europeana Publication Policy v1.0 – A guide for aggregators and data providers on metadata and content requirements.“ http://pro.europeana.eu/publications/publication-policy. Den Haag, 2014 (26. Februar 2015). Verwayen, Harry. „Mit Kultur verändern wir die Welt.“ Europeana-Strategie 2015–2020. http:// strategy2020.europeana.eu/de/. (26. Februar 2015).
Frank Frischmuth
Die Deutsche Digitale Bibliothek als nationales Kulturportal für Deutschland 1 Gründung und Auftrag der Deutschen Digitalen Bibliothek Die Vorarbeiten für die Errichtung der Deutschen Digitalen Bibliothek (DDB) begannen bereits im Jahre 2007 mit der Aufforderung der EU-Kommission an alle Mitgliedsstaaten, ein Konzept vorzulegen, wie sie dem europäischen Vorhaben, eine Europäische Digitale Bibliothek (Europeana) aufzubauen, auf nationaler Ebene zuarbeiten werden. Als politischer Rahmen für eine nationale Strategie wurden von Bund, Ländern und Kommunen daraufhin „Gemeinsame Eckpunkte zur Errichtung einer Deutschen Digitalen Bibliothek als Beitrag zur Europäischen Digitalen Bibliothek“ erarbeitet. Daneben wurde vom Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe beauftragt, ein Fachkonzept zum Aufbau einer Deutschen Digitalen Bibliothek zu entwickeln, das die Strategie der Gemeinsamen Eckpunkte näher ausführen und erste Vorgaben für die Realisierung enthalten sollte, um so die Voraussetzungen für die Errichtung der DDB zu schaffen. Mit der Erarbeitung der Grundlagen für den strukturierten Aufbau – wie Anforderungsanalysen, Pflichtenheft, Konzeption, Projektplanung und -management – wurde die eingesetzte Projektarbeitsgruppe sowie das Fraunhofer Institut für Intelligente Analyse- und Informationssysteme (IAIS) (Projektmanagement) und das FIZ Karlsruhe – Leibniz-Institut für Informationsinfrastruktur (technischer Betrieb) betraut. Im Dezember 2009 schließlich legten Bund, Länder und Kommunen gemeinsam in einem Verwaltungs- und Finanzabkommen den „Aufbau und den Betrieb der DDB als deutschen Beitrag der europäischen Initiative zur Errichtung einer Europäischen Digitalen Bibliothek“, der Europeana, verbindlich fest. Der Auftrag der DDB ist es, den kulturellen und wissenschaftlichen Reichtum Deutschlands in seiner ganzen Vielfalt national und international zu präsentieren sowie einen wesentlichen Beitrag zur Förderung der Wissens- und Informationsgesellschaft zu leisten. Ihr Ziel ist, durch die Digitalisierung und die Zugänglichmachung der digitalisierten Inhalte die Bedingungen für die Information in Forschung, Lehre und Wirtschaft durch die breite Verfügbarkeit von bisher nur in einzelnen Einrichtungen vorhandenem Wissen grundlegend zu verbessern. Die DDB will Kultur und Wissen für alle Interessierten über ihr zentrales, nationales Zugangsportal zugänglich machen und dabei auch neue Kreise (z. B. Menschen mit Behinderung, Kinder und Jugendliche, bildungsferne Schichten) für das kulturelle Erbe Deutschlands interessieren. Sie trägt so aktiv zur Senkung von Zugangshürden zu Kultur und Wissen bei und vereinfacht die Möglichkeiten der
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Frank Frischmuth
kulturellen Teilhabe. Die DDB steht dabei allen Kultur- und Wissenseinrichtungen (Bibliotheken, Archiven, Museen, Mediatheken, Einrichtungen der Denkmalpflege, Forschungsinstituten usw.) offen und erstreckt sich auf alle Arten von Materialien (Schriftgut, Bildbestände, Museumsobjekte, Denkmäler, audiovisuelle Medien usw.). Für die operative Umsetzung der Ziele wurde 2010 ein interdisziplinäres Netzwerk aus Kultur- und Wissenseinrichtungen in Deutschland eingesetzt. Die Gründungsmitglieder dieses Kompetenznetzwerks (KNW) Deutsche Digitale Bibliothek wurden von der Kultusministerkonferenz, den kommunalen Spitzenverbänden und von der Bundesregierung gemeinsam bestellt.1 Bei der Einsetzung des KNW wurde insbesondere eine ausgewogene Vertretung der verschiedenen Sparten berücksichtigt. Die Mitgliedseinrichtungen sollten auf dem Gebiet der Digitalisierung über Fachkompetenz von nationaler oder internationaler Bedeutung verfügen und Erfahrungen bei der Entwicklung von Konzepten, Verfahren, Werkzeugen oder Standards mitbringen. Mit seinen Einrichtungen ist das KNW Träger der DDB und hat den Auftrag, den Aufbau und den Betrieb des zentralen nationalen Zugangsportals zu organisieren und die Integration der DDB in die Europeana voranzutreiben. Zu diesem Auftrag gehören auch die (Fort-) Entwicklung technischer Werkzeuge für die Digitalisierung und Datenhaltung sowie zum erforderlichen Wissensmanagement, die Festlegung von Standards zur Sicherstellung der Kompatibilität und Interoperabilität, die Bereitstellung von allgemeinen Informationen sowie von Informationen zu Aus-/Fortbildungen und Fachveranstaltungen, die Beratung der Kultur- und Wissenseinrichtungen, die Öffentlichkeitsarbeit für die DDB sowie Kooperationen mit Entwicklern von technischen Werkzeugen für Zwecke des Wissensmanagements. Mit der Konstituierung der Mitgliederversammlung des KNW und des Kuratoriums als Aufsichtsgremium sowie der Festlegung der Finanzierungshöhe auf 2,6 Mio. € jährlich (2011 bis 2015), konnten auch der Aufbau einer Geschäftsstelle der DDB begonnen und die DNB mit Zustimmung der Bund-Länder-Fachgruppe als fachlich-technischer Koordinator etabliert werden. Damit waren die politischen, organisatorischen und finanziellen Grundlagen für die DDB gelegt, so dass ab 2011 die Realisierung des Projekts starten konnte.
1 Dem Kompetenznetzwerk (KNW), das sich im November 2010 auf seiner ersten Mitgliederversammlung konstituierte, gehören die Bayrische Staatsbibliothek, das Bibliotheksservicezentrum Baden-Württemberg, das Brandenburgische Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum, das Bundesarchiv, das Deutsche Filminstitut, die Deutsche Nationalbibliothek, das Landesarchiv Baden-Württemberg, das Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte, die Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, die Sächsische Landesbibliothek – Staatsund Universitätsbibliothek Dresden, die Stiftung Historische Museen Hamburg, die Stiftung Preußischer Kulturbesitz und das Kulturamt der Stadt Düsseldorf an.
Die Deutsche Digitale Bibliothek als nationales Kulturportal für Deutschland
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2 Bestand und geplante Bestandsentwicklung Inzwischen hat die DDB ihre Aufbauphase erfolgreich durchlaufen. Mit dem BetaLaunch der Webseite im November 2012 und der Vorstellung der ersten Vollversion der DDB im März 2014 konnten wichtige Etappenziele erreicht werden. Mit inzwischen mehr als 2.300 registrierten Einrichtungen, mehr als 16 Mio. nachgewiesenen Inhalten von mehr als 200 Kulturinstitutionen aus allen Sparten, einer modernen Benutzeroberfläche, einer aktiven Lieferbeziehung zur Europeana, erheblich gestiegenen Nutzerzahlen seit dem Sommer 2014 sowie einer damit einhergehenden deutlich verbesserten Wahrnehmung in der deutschen und europäischen Öffentlichkeit, hat sie wesentliche Ziele ihrer Aufbauphase erreicht. Um die spartenübergreifende Sichtbarkeit digitaler Inhalte zu erhöhen und einen komfortablen und unmittelbaren Zugangsweg für die interessierte Öffentlichkeit und Wissenschaft zu den entsprechenden Beständen und Sammlungen zu weisen, folgt die DDB dem Ansatz, nicht nur digitale Objekte zu zeigen, sondern den Nutzern zusätzliche, darüber hinausgehende Informationen zu präsentieren, die zu vorhandenem, aber (noch) nicht digitalisiertem Kulturgut führen. Die DDB kann so auch übergreifende Nachweise bieten und nutzt die sich daraus ergebenden Potenziale einer umfassenden semantischen Vernetzung von Erschließungsinformationen. Auf diese Weise eröffnet sie ihren Nutzern über die verbesserte, semantisch angereicherte Navigation zu den digitalen Inhalten hinaus auch den Zugang zu Objekten aus deutschen Kultur- und Wissenseinrichtungen, die noch nicht digitalisiert sind. Sie bietet damit, etwa gegenüber der Europeana, die ausschließlich auf bereits digitalisierte Objekte verweist, mit ihrem Zugangsportal bereits heute einen echten Zusatznutzen, in dem Sie an zentralem Zugangsort bisher nur verteilt erreichbare Informationen zusammenführt, miteinander verknüpft und recherchierbar macht. Die DDB ist somit zum einen spartenübergreifendes und interdisziplinäres Zugangsportal zu den digitalen Angeboten der deutschen Kultur- und Wissenseinrichtungen und macht Kultur und Wissen aus Deutschland national und global sichtbar, zugänglich und erfahrbar. Zum anderen vernetzt und kontextualisiert sie die Erschließungsinformationen und öffnet sie für vielfältige Möglichkeiten der Nachnutzung, Anreicherung und Erweiterung. Die DDB ist darüber hinaus Kollaborations- und Serviceplattform. Sie fokussiert nicht allein auf das Verteilen von Daten und das Zugänglichmachen von Inhalten, sondern bildet die Grundlage für eine interaktive Teilhabe auf den unterschiedlichsten Ebenen. So vernetzt sie auch die Kultur- und Wissenseinrichtungen miteinander, dient der gegenseitigen Unterstützung und dem Austausch von Erfahrungen, Technologien und Diensten, bringt innovative Entwicklungen im Bereich der Digitalisierung und Zugänglichmachung von Kulturgut voran und trägt maßgeblich zur Standardisierung in diesem Feld bei. Als entscheidender Baustein für die Überführung deutscher Kultur- und Wissensschätze ins digitale Zeitalter, hält die DDB diese damit im kollektiven Gedächtnis
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lebendig; auch dann, wenn die Benutzung der Originale, etwa aus konservatorischen Gründen, nicht möglich ist. Zugleich ist sie Katalysator für die vielgestaltigen Bemühungen zu ihrer Digitalisierung und dafür national und international anerkannter Ansprechpartner. Die bisher gewonnenen Erfahrungen zeigen, dass die DDB wichtige gesellschaftliche Bedarfe befriedigt, den mit ihr kooperierenden Einrichtungen eine höhere öffentliche Aufmerksamkeit verschafft und immer stärkeren Zuspruch bei ihren Nutzern findet. Angesichts der dynamisch wachsenden Nachfrage gilt es nunmehr, den Aufbau der DDB weiter voranzutreiben – insbesondere was die gezielte Erweiterung der Inhalte angeht. Je mehr Inhalte in der DDB recherchiert werden können, desto attraktiver wird sie für ihre Nutzer und die an ihr beteiligten Kultur- und Wissenseinrichtungen werden. Und desto deutlicher werden auch die enormen Potenziale der Zusammenführung und semantischen Vernetzung heterogener Daten aus den unterschiedlichsten Kultur- und Wissenseinrichtungen sichtbar. Der Umfang der über die DDB nachgewiesenen und auffindbaren Sammlungen und Objekte wird daher schrittweise und gezielt erweitert. Auswahl und Priorisierung der Sammlungen richten sich dabei nach definierten, transparenten Kriterien. Die Erweiterung der Inhalte umfasst sowohl Nachweise digitaler als auch (noch) nicht digitalisierter Sammlungen und Objekte. Derzeit ist mit den in der DDB nachgewiesenen Inhalten allerdings erst ein geringer Teil des Kultur- und Wissenserbes über die DDB recherchierbar. Dies ergibt sich einerseits aus der noch relativ geringen Digitalisierungsquote der Kultur- und Wissensschätze in Deutschland sowie aus rechtlichen Hindernissen, insbesondere den Regelungen des geltenden Urheberrechts. Aber auch diejenigen Sammlungen, die digital vorliegen und aus urheberrechtlicher Sicht frei zugänglich gemacht werden könnten, sind bislang nur unvollständig Teil der DDB – etwa weil sie noch gar nicht erfasst wurden, ihre Bearbeitung aus technischen oder rechtlichen Gründen bzw. aufgrund begrenzter Ressourcen nicht möglich war oder sie nicht durch eine „klassische“ Kultur- und Wissenseinrichtung bereitgestellt werden. Geplante Digitalisierungsvorhaben bzw. laufende Digitalisierungsprojekte werden in Deutschland gegenwärtig nicht an zentralem Ort erfasst, so dass eine Übersicht über vorhandene oder in naher Zukunft für eine Integration in die DDB bereitstehende Inhalte derzeit praktisch unmöglich ist. Die von der DDB geplanten Maßnahmen sollen nun erstmals digital vorliegende und kostenfrei zugängliche Sammlungen und Objekte des Kultur- und Wissenserbes identifizieren und entsprechende Digitalisierungsvorhaben systematisch erfassen, um sie in weiteren Schritten schließlich in die DDB zu integrieren können. Erhebungen dieser Art sind mit einem hohen Anfangsaufwand verbunden; dennoch wird sich dieser Aufwand auszahlen: denn mit Hilfe dieser erfassten Daten kann ein gezielter Bestandsaufbau vorgenommen, können Redundanzen und doppelte Arbeit vermieden werden, eine zuverlässige Planung hinsichtlich der notwendigen Ressourcen durchgeführt und die Integration wichtiger Sammlungen beschleunigt werden.
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Parallel dazu wird die Auswahl und Priorisierung potenziell für die DDB relevanter Sammlungen erfolgen, auf transparenten Kriterien basierend und unter Berücksichtigung unterschiedlicher formaler Aspekte – etwa der Größe der Sammlung, der Qualität der digitalen Objekte und der Metadaten sowie ihrer lizenzrechtlichen Verwendbarkeit, der Zielgruppenrelevanz der Inhalte, der Sparte und dem Verhältnis von digitalen Objekten zu reinen Metadaten. Dies und die immer weiter zunehmende Anzahl an Datenlieferanten mit ihren individuellen Besonderheiten, machen es zugleich notwendig, die Datenlieferungen an die DDB zweckmäßiger und effizienter zu gestalten. Vor diesem Hintergrund spielen die Datenaggregation, -anreicherung und -lieferung eine zunehmend wichtigere Rolle in der Diskussion um eine nachhaltige und leistungsfähige Infrastruktur. In einem weiteren Schritt ist daher vorgesehen, mit dem Aufbau einer dezentralen Datenlieferinfrastruktur und einem Konzept zur Zusammenarbeit mit Datenaggregatoren, die vorhandene Infrastruktur zu skalieren und bereits digitalisierte Bestände und Sammlungen schneller und effizienter als bisher in die DDB einzubinden. Aggregatoren sind besonders geeignet, die Daten von kleineren und mittleren Einrichtungen zusammenzuführen, zu analysieren, zu harmonisieren, anzureichern und schließlich über definierte Schnittstellen an die DDB zu liefern. So werden die Aufwände für Bearbeitungen der Datenlieferungen und Ingest-Workflows durch die DDB reduziert und der Zuwachs an Daten beschleunigt. Mit einigen Partnern aus dem KNW hat die DDB bereits eine Zusammenarbeit aufgebaut, die einer Aggregatorenlösung entspricht. Bei diesen Kooperationen sind DDB-spezifische Weiterentwicklungen und betriebliche Aspekte, die Datenaggregation betreffend, mit zusätzlichen Aufwänden verbunden, die von den Partnern nicht vollständig übernommen werden können. Daher finanziert die DDB diese Aufgaben und Entwicklungen bei den Einrichtungen und wird dies weiter intensivieren; auch um die Umsetzung der von der DDB erarbeiteten Qualitäts- und Servicekriterien sicherzustellen. Schließlich wird es für die DDB auch notwendig sein, Lizenzvereinbarungen (etwa mit den Verwertungsgesellschaften) abzuschließen, um derzeit nicht frei verfügbare Objekte bzw. Sammlungen etwa der bildenden Kunst oder der Fotografie (das oft zitierte so genannte „Schwarze Loch des 20. Jahrhunderts“) für Nutzer der DDB ebenfalls zugänglich machen zu können. Für die Nutzer der DDB ist es wesentlich, zu wissen, was Sie mit den gefundenen Inhalten tun dürfen und ob sie diese weiterverwenden können. Ziel der DDB ist es daher, alle auffindbaren Inhalte mit einem Hinweis zu den weiteren Nutzungsmöglichkeiten zu versehen. Das Datenmodell sowohl der Europeana als auch der DDB sehen vor, dass der Rechtsstatus der digitalen Inhalte und aller Metadaten durchweg gekennzeichnet ist. Alle in der DDB auffindbaren digitalen Inhalte sollen möglichst in einer Version verfügbar sein, die für den Nutzer kostenfrei zugänglich ist und werden einen Hinweis zu den Nutzungsmöglichkeiten enthalten oder mit einer Creative-Com-
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mons-Lizenz2 ausgezeichnet sein. Die zusammengeführten Nachweis- und Erschließungsinformationen werden grundsätzlich kostenfrei und in der Regel unter den Bedingungen der Creative-Commons-Lizenz Null (Public Domain Dedication), also urheberrechtsfreien Bedingungen, bereitgestellt.
3 Die Organisationsform der DDB Die Organisationsform ergibt sich aus dem bereits erwähnten Verwaltungs- und Finanzabkommen von Bund und Ländern vom 2. Dezember 2009. Die DDB selbst hat danach zunächst keine eigene Rechtspersönlichkeit. Alle verbindlichen rechtlichen Vereinbarungen werden über die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, als größter, gemeinsam von Bund und Ländern getragener Kultureinrichtung in Deutschland, eingegangen. Sie verwaltet auch die Finanzmittel der DDB über einen Sondertitel. Träger der DDB ist nach Art. 1 des Abkommens das Kompetenznetzwerk Deutsche Digitale Bibliothek. Organe des KNW sind das Kuratorium (bestehend aus Vertretern von Bund, Ländern und Kommunen) als Aufsichtsgremium, die Mitgliederversammlung und der Vorstand des KNW. Die Geschäftsführung erfolgt durch die Geschäftsstelle der DDB, die Projektkoordination durch die DNB, der operative Betrieb der DDB durch FIZ Karlsruhe – Leibniz Institut für Informationsinfrastruktur.
3.1 Das Kuratorium Das Kuratorium führt die Aufsicht über das KNW. Es beschließt insbesondere die vom Vorstand vorgeschlagene Strategie, die jährliche Arbeitsplanung, den jährlichen Wirtschaftsplan und den Rechenschaftsbericht für das abgelaufene Haushaltsjahr. Außerdem berichtet das Kuratorium jährlich der Kultusministerkonferenz und der Bundesregierung über die Arbeitsergebnisse des KNW, die Verwendung der Mittel aus dem vorangegangenen Jahr sowie über den künftigen Arbeits- und Wirtschaftsplan.
3.2 Die Mitgliederversammlung Die Mitgliederversammlung (bestehend aus Vertretern der Einrichtungen des KNW) kommt mindestens einmal jährlich zusammen, erörtert die Entwürfe des jährlichen Arbeitsprogramms, des Wirtschaftsplans und die Berichte über Arbeitsergebnisse und Mittelverwendung des abgeschlossenen Jahres. Darüber hinaus kann die Mitglie-
2 Siehe auch: http://de.creativecommons.org/.
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derversammlung projektspezifische oder themenbezogene Arbeitsgruppen einsetzen, die vom Technischen Koordinator begleitet und organisiert werden.
3.3 Der Vorstand Der Vorstand des KNW besteht aus drei von der Mitgliederversammlung gewählten Personen und ihren Stellvertretern und setzt sich aus Vertretern unterschiedlicher Sparteneinrichtungen zusammen; zurzeit der Bayerischen Staatsbibliothek, dem Landesarchiv Baden-Württemberg sowie der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Der Vorstand vertritt das KNW und die DDB insgesamt nach außen und steuert den Aufbau der DDB gemeinsam mit den Einrichtungen des KNW. Er bereitet Beschlüsse der Mitgliederversammlung und des Kuratoriums vor, insbesondere die Strategie, die jährliche Arbeitsplanung, den jährlichen Wirtschaftsplan und den Rechenschaftsbericht für das abgelaufene Haushaltsjahr und sorgt für die erforderlichen Berichte.
3.4 Geschäftsstelle/Geschäftsführung Die Geschäftsstelle ist ebenfalls bei der Stiftung Preußischer Kulturbesitz in Berlin eingerichtet. Sie unterstützt die Arbeit des Vorstands und des Kuratoriums, berichtet an die Gremien der DDB und wurde 2013 zur Geschäftsführung ausgebaut. Sie führt den Schriftverkehr des Vorstands und des Kuratoriums, organisiert die Gremiensitzungen, ist das Verbindungsbüro zu Vorstand und Kuratorium und leistet die Aufbereitung aller rechtsgeschäftlichen Angelegenheiten für das KNW sowie die Bewirtschaftung der Finanzmittel. Außerdem sorgt sie für die Umsetzung der Vorgaben bzw. Beschlüsse des Vorstandes in der DDB und berichtet über deren Entwicklung. Darüber hinaus übernimmt sie die Geschäftsentwicklung sowie die Entwicklung von Strategien, Qualitätssicherung, Vertragswesen und Rechtsfragen, Kommunikation, Öffentlichkeitsarbeit, Marketing, Controlling und die Einwerbung von Spenden.
3.5 Der Projektkoordinator Mit der Einrichtung des KNW wurde die DNB in Frankfurt am Main als fachlich-technischer Projektkoordinator bestimmt. Der Projektkoordinator ist seit 2012 auch für die gesamte technische Projektleitung verantwortlich. Er überwacht die Organisation und Abwicklung des technischen Projekts und berichtet regelmäßig dem Vorstand und den Gremien der DDB. Zu den wesentlichen Aufgaben der Projektleitung gehört die Koordinierung aller Projektbeteiligten sowie der fachlich zuständigen KNW-Arbeitsgruppen und der unterschiedlichen Umsetzungspartner. Er stellt die notwendigen Projektpläne auf, trifft Aufwandsabschätzungen, erstellt Anforderungsdefinitionen,
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ist für die Auswahl, Beauftragung sowie Überwachung von Umsetzungspartnern verantwortlich und nimmt die Bewertung und Abnahme von Ergebnissen vor. Im Bereich der technischen Entwicklung und der Standardisierung führt er Kooperationen mit anderen Partnern durch und stellt sicher, dass die Aktivitäten der Servicestelle, der Fachstellen und die Weiterentwicklungen der DDB aufeinander abgestimmt sind und etwaige Abhängigkeiten erkannt und berücksichtigt werden. Die Außendarstellung der DDB in der Fachöffentlichkeit sowie die Kooperation im Bereich der technischen Entwicklung und der Standardisierung mit anderen Partnern – etwa der Europeana wird ebenfalls vom Projektkoordinator wahrgenommen.
3.6 Zentrale Servicestelle und dezentrale Fachstellen Die Servicestelle und die Fachstellen wurden 2013 eingerichtet und sind so angelegt, dass ihre Aufgaben bei Bedarf auf andere Institutionen bzw. Organisationsformen übertragen werden können. Die Servicestelle steuert und strukturiert alle Arbeitsabläufe in den Arbeitsbereichen Community-Arbeit, Registrierung, Content-Akquise, Datenclearing und Datenübergabe. Sie ist das organisatorische Bindeglied zwischen den datenliefernden Institutionen, dem technischen Betreiber und der Europeana. Damit ist die Servicestelle die zentrale Stelle für Benutzersupport und Qualitätsmanagement. Sie bietet den Kultur- und Wissenseinrichtungen einen single point of contact – für die Veröffentlichung der digitalen Bestände im Portal der DDB und der Europeana. Um die sparten- und fachspezifischen Kompetenzen der Einrichtungen im KNW nutzbar zu machen, wurden, ebenfalls 2013, dezentrale Fachstellen3 gebildet. Als Bindeglieder in die jeweiligen Fachsparten haben sie beratende Funktion und leisten vor allem konzeptionelle Arbeit. Sie tragen wesentlich zur Entwicklung sparten- und materialspezifischer Lieferformate bei. Ihre Kernaufgaben liegen in der Akquise neuer Datenlieferanten, in der Datenklärung/-analyse sowie in der Unterstützung der Einrichtungen bei der Vorbereitung von Datenlieferungen. Die Arbeit der Servicestelle und der Fachstellen ist von zentraler Bedeutung für die Weiterentwicklung der DBB und ihrer Datenbestände: –– sie werben Kultur- und Wissenseinrichtungen für die DDB an und betreuen sie,
3 Derzeit: die Fachstelle Archiv beim Landesarchiv Baden-Württemberg in Stuttgart, die Fachstelle Bibliothek bei der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek in Göttingen und der Deutschen Nationalbibliothek, die Fachstelle Denkmalpflege im Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege und Archäologischen Landesmuseum in Wünsdorf (vertreten durch einen technischen Dienstleister des Landesamtes für Denkmalpflege Hessen), die Fachstelle Forschung beim Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Berlin, die Fachstellen Mediatheken bei der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) (Foto) und beim Deutschen Filminstitut in Frankfurt am Main (Film), die Fachstelle Museum beim Institut für Museumsforschung in Berlin.
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–– sie nehmen die konzeptionelle Abbildung der zu liefernden Daten auf die erforderlichen, spartenspezifischen Standardformate vor, –– sie pflegen Kontakte in die jeweilige Fachöffentlichkeit und sorgen für eine möglichst hohe Akzeptanz der DDB.
3.7 Technischer Betrieb Im Rahmen einer Ausschreibung wurde 2009 durch die Bund-Länder-Fachgruppe das FIZ Karlsruhe – Leibniz-Institut für Informationsinfrastruktur – als technischer Betreiber für die DDB ausgewählt. Das Institut ist für die gesamte IT-Infrastruktur sowie für den technischen und administrativen Betrieb der notwendigen Ablaufumgebung und den damit verbundenen Prozessen zuständig und verantwortlich. Diese umfasst nicht nur das öffentlich sichtbare Portal, sondern auch Systeme zur Aufbereitung bzw. zur sogenannten Normalisierung der Daten sowie zur Vernetzung der Partner. Beim FIZ Karlsruhe werden alle Daten zusammengeführt, die von den Kultur- und Wissenseinrichtungen angeliefert werden. In erster Linie sind dies die Beschreibungen der Original-Objekte (Metadaten), aber auch die Vorschaubilder der digitalisierten Objekte. Die Daten müssen vor dem eigentlichen Import bearbeitet und normalisiert werden. Das FIZ Karlsruhe erstellt dazu die notwendigen Programme und Stylesheets („technisches Mapping“) auf der Grundlage von konzeptionellen Vorgaben durch die DDB mit dem Ziel, eine sammlungs- und spartenübergreifende Suche zu ermöglichen und eine adäquate Präsentation der Ergebnisse sicherzustellen. 2010 wurde das FIZ Karlsruhe in abgegrenzten Bereichen auch mit Teilen der Software-Entwicklung beauftragt und ist seit 2013 Entwicklungspartner für das Front end (Präsentationsschicht des Portals) der DDB.
3.8 Finanzierung Die DDB wird von Bund und Ländern gemeinsam finanziert. Für den Aufbau der technischen Infrastruktur stellte der Bund bis Ende 2011 rund 8,5 Millionen € zur Verfügung. Für den Aufbau der organisatorischen Strukturen und den Betrieb der DDBInfrastruktur haben Bund und Länder von 2011 bis Ende 2015 gemeinsam weitere 13 Millionen € (2,6 Mio. € p. a.) aufgewendet. Ferner haben der Bund und Länder 2013 zusätzlich 1,3 Millionen € in den Ausbau der Beta- zur Vollversion der DDB investiert. Mit den weiteren Aufwendungen des Bundes für Digitalisierungsprojekte in Bundeseinrichtungen, die ebenfalls in die DDB aufgenommen werden, beläuft sich das Investitionsvolumen für den Aufbau des DDB-Portals bis Ende 2015 auf insgesamt rund 26,8 Millionen €.
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Da die Finanzierung der DDB in ihrer Aufbauphase Ende 2015 ausläuft, sind Bund und Länder nun gehalten, auf der Grundlage einer 2014 durchgeführten Evaluierung über die weitere Finanzierung des Betriebs und des Ausbaus der DDB ab 2016 zu entscheiden. Auf der Grundlage der Ergebnisse des Evaluierungsverfahrens hat das Kuratorium im Frühjahr diesen Jahres der Bundesregierung und den Bundesländern empfohlen, die DDB in eine unbefristete Finanzierung zu überführen und dabei den Fokus der Aufgaben verstärkt auf die Erweiterung der Inhalte und den kontinuierlichen fachlichen und funktionalen Ausbau zu richten. Eine Finanzierungshöhe von rund 4,9 Millionen € p. a. wird dafür als angemessen befürwortet. Über die Höhe der Finanzierung über das Jahr 2020 hinaus, soll in regelmäßigen Abständen im Rahmen weiterer Evaluierungen entschieden werden.
4 Teilnahme am Portal Die Teilnahme an der DDB steht allen deutschen Kultur- und Wissenseinrichtungen offen. Derzeit können Einrichtungen auf zweierlei Weise kooperieren: Durch eine einfache, unverbindliche Registrierung werden sie auf der Kulturlandkarte der DDB verzeichnet und bekunden damit auch ihr Interesse am Jahrhundertprojekt der DDB mitzuarbeiten. Zu Datenlieferanten können die Institutionen in einem zweiten Schritt werden, wenn sie den Kooperationsvertrag mit der DDB unterzeichnen und ihre Daten die technischen und rechtlichen Voraussetzungen erfüllen. Die Gruppe der jetzigen Datenlieferanten setzt sich aus „klassischen“ Gedächtnisinstitutionen (Archive, Bibliotheken, Denkmalpflegeämter, Mediatheken, Museen und Forschungsinstitutionen) zusammen, die sich in öffentlicher Trägerschaft befinden. Als Partner und Datenlieferanten kommen aber auch Organisationen und Körperschaften mit anderen Formen der Trägerschaft (Vereine, Unternehmen, private Stiftungen) in Betracht, sofern sie ihren Sitz in Deutschland haben oder mit einer deutschen Einrichtung assoziiert sind. Tatsächlich haben viele Institutionen aus diesem weiter gefassten Kreis bereits Interesse an einer Teilnahme an der DDB gezeigt: So haben sich z. B. eingetragene Vereine, Stiftungen und vereinzelt auch Unternehmen bei der DDB registriert. Entscheidende Kriterien für die Lieferung von Daten an die DDB sind: –– der freie Zugang zu den nachgewiesenen digitalen Inhalten (in der Regel über ein eigenes Online-Angebot), –– die grundsätzliche Zugänglichkeit der (analogen) Bestände, –– ein Mindestmaß an Nachhaltigkeit und Stabilität hinsichtlich Organisationsstruktur und die langfristige Bereitstellung der digitalen Inhalte.
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4.1 Der Kooperationsvertrag Seit 2012 schließt die DDB mit ihren Partnern einen Kooperationsvertrag, der die Rechte und Pflichten der Vertragspartner regelt und das Verhältnis zwischen DDB und ihren Partnern auf eine vertragliche Grundlage stellt. Insbesondere werden der DDB und ihren Nutzern damit Nutzungsrechte an Metadaten und sogenannten Derivaten (vor allem Vorschaubilder) der digitalen Objekte eingeräumt und Festlegungen für den gegenseitigen Verantwortungs- und Haftungsbereich getroffen. Als Standardfall sieht der Vertrag vor, dass sämtliche durch die Einrichtungen an die DDB gelieferten Metadaten unter CC0 (kein Urheberschutz) lizenziert sind. Damit haben sowohl die DDB selbst als auch beliebige Dritte die größtmöglichen Freiheiten hinsichtlich der Weiternutzung der Daten. Diese Regelung dient unter anderem der nahtlosen Weitergabe der Daten an die Europeana, die seit 2012 ausschließlich Metadaten akzeptiert, die unter der Lizenz CC0 stehen, sowie der Bereitstellung der Daten über die Programmierschnittstelle (Application Programming Interface (API)) der DDB. Allerdings sieht der Kooperationsvertrag auch die Möglichkeit vor, von dieser Regelung abzuweichen. Das heißt, Kultur- und Wissenseinrichtungen können ihre Metadaten – auch teilweise – unter eine andere Lizenz stellen und der o. g. Standardformulierung damit widersprechen. Die Konsequenz und der Nachteil für die Einrichtungen besteht darin, dass in diesem Fall die Metadaten nicht oder nicht vollständig an die Europeana weitergegeben oder über das API ausgeliefert werden können. Der Vertrag regelt ebenso die unentgeltliche Zugänglichmachung der digitalen Inhalte und räumt der DDB auch dafür die notwendigen Nutzungsrechte ein. Darüber hinaus räumen die Kooperationspartner der DDB das Recht ein, Dritten die Nutzung der digitalen Inhalte für nicht unmittelbar kommerzielle (insbesondere wissenschaftliche, kulturelle und (fort-)bildungsbedingte) Zwecke zu erlauben. Die Kooperationspartner entscheiden selbst darüber, welche Inhalte und Metadaten sie der DDB zur Verfügung stellen möchten, wobei die von der DDB entwickelten technischen Spezifikationen einzuhalten sind, in denen entsprechende Mindestanforderungen festgelegt sind. Sie müssen außerdem gewährleisten, dass die Angaben zu Urheber- und verwandten Schutzrechten korrekt sind.
4.2 Die Datenaustauschvereinbarung mit Europeana Zur Schaffung der rechtlichen Grundlagen, als Partner und Aggregator der Europeana die bei ihr gespeicherten Informationen an die Europeana weitergeben zu können, diese dort zu integrieren und zugänglich zu machen, unterzeichnete die DDB ebenfalls 2012 das „Europeana Data Exchange Agreement“. Die Vereinbarung klärt die Bereitstellung von Metadaten und Vorschaubildern und ihre Verwendung durch die Europeana und regelt die Rechte und Pflichten, die den Vertragsparteien daraus entstehen.
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5 Technik Was den Rahmen der eingesetzten Technik und Software angeht, hält sich die DDB durchgängig an gebräuchliche Standards. Auf der Basis von Open-Source-Technologien steht ihr heute eine zeitgemäße, nachhaltige und zukunftssichere Softwaregrundlage zur Verfügung. Der Beitrag „Die Deutsche Digitale Bibliothek als Service-Plattform“ in diesem Band beschreibt und vertieft die in der DDB verwendeten Technologien und Funktionalitäten. Um dauerhaft für ihre Nutzer attraktiv zu sein, hat die DDB einen kontinuierlichen Bedarf an inhaltlicher und technischer Aktualisierung und Weiterentwicklung der technischen Infrastruktur. Auch diese Themen behandeln Reinhard Altenhöner und Uwe Müller in ihrem Beitrag, ebenso wie die Förderung innovativer Entwicklungen, die Entwicklung neuer Technologien im Bereich der Digitalisierung, der Präsentation und Zugänglichmachung sowie die Integration der DDB mit externen Diensten und den liefernden Einrichtungen.
6 Zusammenfassung und Ausblick Die Bundesregierung hat in ihrer Digitalen Agenda 2014–2017 die DDB als besonders bedeutsames Projekt hervorgehoben und formuliert, „[…] Deutschland zu einem digitalen Kulturland weiter[zu]entwickeln. Dazu gilt es, ein qualitativ hochwertiges Angebot digitaler Inhalte zu sichern. Hierzu werden wir die Rahmenbedingungen für Inhalteanbieter weiter verbessern. Ferner treiben wir die Digitalisierung von Kulturgut weiter voran und verbessern die Zugänglichkeit zum kulturellen und wissenschaftlichen Erbe in Archiven, Bibliotheken und Museen: Wir entwickeln eine übergreifende Strategie und Aktionspläne mit geeigneten technischen Lösungen und Standards zur Digitalisierung von Kulturgütern […] sowie zur langfristigen Bewahrung von Wissen, Informationen und Kulturgütern in digitaler Form und schaffen die dafür notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen. –– Wir stellen – soweit urheberrechtlich zulässig – digitalisierte Kulturgüter und deren Metadaten offen und möglichst unentgeltlich zur Verfügung. –– Wir bauen die ‚Deutsche Digitale Bibliothek‘ weiter auf und aus.“ Diesen Zielen der Bundesregierung sieht sich die DDB verpflichtet und innerhalb dieses Rahmens agiert sie: als von der öffentlichen Hand, gemeinsam von Bund, Ländern und Kommunen, getragenes Vorhaben erfüllt die DDB einen langfristigen kultur-, bildungs- und wissenschaftspolitischen Auftrag und schafft bereits heute Nutzen und Mehrwert, in dem sie als Teil einer Gesamtstruktur Inhalte zugänglich macht, miteinander vernetzt und sie für vielfältige Möglichkeiten der Anreicherung, Erweiterung und Nachnutzung öffnet. Sie ist Portal (Rechercheumgebung, Informationsbeschaffung) und sie ist Plattform (Austausch, Diskussion, Partizipation) zugleich
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und stellt die dazu notwendige technische und organisatorische Infrastruktur bereit. Darüber hinaus ist die DDB der obligatorische deutsche Beitrag zur Europeana, die die Kulturgüter aller Mitgliedstaaten der Europäischen Union bündelt und weltweit zugänglich macht. Sie führt die Inhalte nicht an einem zentralen Ort zusammen, um die Einrichtungen, die ihre Daten an die DDB liefern, überflüssig zu machen. Das Gegenteil ist der Fall: durch ihren kooperativen und partizipativen Ansatz vernetzt sie die Kultur- und Wissenseinrichtungen untereinander und verschafft ihnen durch den immer größeren Zuspruch bei den Nutzern und den mit ihr zusammenarbeitenden Einrichtungen eine deutlich höhere öffentliche Aufmerksamkeit. Um ihren Auftrag erfüllen und vor den sich daraus ergebenden Herausforderungen bestehen zu können, hat die DDB ihr Leitbild und ihre Strategie 2015 bis 2020 veröffentlicht. Sie will die „zentrale Plattform für Kultur und Wissen in Deutschland [werden], mit der die verteilten Bestände virtuell zusammengeführt und über das Portal als gemeinsamen Zugangspunkt sichtbar gemacht werden. Sie bildet eine vertrauenswürdige Quelle für das Kultur- und Wissenserbe und macht es in attraktiver Weise dauerhaft zugänglich und erfahrbar. Sie öffnet die digitalen Inhalte möglichst weitgehend für die Nachnutzung sowie Anreicherungen und Erweiterungen.“ Die daraus abgeleiteten Aufgabenprioritäten und Maßnahmen für die nächsten fünf Jahre hat die DDB klar formuliert und sie sollen in den kommenden Jahren vordringlich verfolgt werden: –– Die Erweiterung der Inhalte, –– die Optimierung der Datenprozesse, –– der Ausbau zur Datenplattform, –– die Erhöhung der Nutzerzufriedenheit, –– die Verbesserung der Datenqualität, –– die Erhöhung der Reichweite, –– die Erweiterung des Suchraums. Um mittel- und langfristig allen deutschen Kultur- und Wissenseinrichtungen die Möglichkeit zu eröffnen, ihre Bestände und Sammlungen nach einheitlichen technischen Standards an zentralem Zugangsort zu präsentieren, sollte die DDB auch weiterhin als dauerhafte staatliche Aufgabe begriffen und gefördert werden. Sie wird in Zukunft aber nur dann erfolgreich sein können, wenn ihr Auf- und Ausbau weiterhin zügig vorangetrieben wird. Die Gewinnung einer stetig wachsenden Zahl mit der DDB kooperierender Einrichtungen und damit die Bereitstellung eines permanent weiter zunehmenden Angebots von Inhalten und ihre Akzeptanz in der Öffentlichkeit, hängen stark von einer kontinuierlichen technischen Weiter- und Fortentwicklung und der Skalierung ihrer Infrastruktur ab. Hierfür sind eine dauerhafte Förderung und eine verbesserte Finanzierungsgrundlage unerlässlich. Dies gilt insbesondere mit Blick auf den dynamischen technischen und kommunikativen Wandel im Onlinebereich, und im Hinblick auf die enorme Komplexität der admi-
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nistrativen und logistischen Anforderungen, die Auf- und weiterer Ausbau der DDB stellen werden. Für das Projekt der DDB mit der Vision, das gesamte deutsche Kulturund Wissenserbe zugänglich und erfahrbar zu machen, gibt es in Deutschland bisher kein Vorbild; es gilt nunmehr, die DDB angesichts einer stark wachsenden Nachfrage zu etablieren und weiter voranzutreiben. Die DDB ist eine Investition in die Zukunft, die sich lohnt. Die derzeitige Ausbaustufe der DDB stellt bereits heute ein funktionierendes und attraktives Portal zur Verfügung, das für Nutzer und Kultureinrichtungen einen deutlichen Mehrwert darstellt. Die dynamische und erfolgreiche Entwicklung der DDB in den letzten Monaten erfordert eine klare Perspektive mit einer langfristigen Finanzierung und Planungssicherheit, um den weiteren Ausbau des Datenbestandes kontinuierlich voranzutreiben und zu beschleunigen und die Plattform zur Nachnutzung der Daten durch Dritte zu etablieren.
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Die Serviceplattform der Deutschen Digitalen Bibliothek 1 Einleitung und Überblick Das Portal der Deutschen Digitalen Bibliothek (DDB) hat sich zu einem der in der breiteren Öffentlichkeit bekannten und akzeptierten Portale der Kulturdomäne in Deutschland entwickelt. Das Angebot der DDB basiert heute auf Sammlungen von bereits mehr als 200 Datengebern, und diese Zahl wird in den kommenden Jahren stark ansteigen. Der vorliegende Beitrag behandelt als besonderen und singulären Aspekt der DDB deren Serviceplattform. Hier geht es um die Dienste, die gegenüber (datenliefernden) Kultur- und Wissenseinrichtungen (KWE) erbracht werden bzw. geplant sind, sowie die zugrundeliegenden Technologien, Prozesse und Werkzeuge. Der Beitrag nimmt Bezug auf den Aufsatz „Die DDB als Kulturportal“ von Frank Frischmuth in diesem Band, der das Portalangebot für Nutzer und Anwender sowie technische und organisatorische Hintergründe beschreibt. Dort liegt der Fokus auf dem erreichten Stand und den weiteren Entwicklungsperspektiven des DDB-Portals. Die in diesem Beitrag enthaltenen allgemeinen Aspekte zur DDB, wie Bestandsentwicklung und Organisationsform, werden hier nicht aufgegriffen, und es wird vor diesem Hintergrund eine von den anderen Beiträgen über Kulturportale abweichende Gliederung zu Grunde gelegt. Der vorliegende Beitrag stellt insofern eine Vertiefung des allgemeineren DDB-Beitrages dar, indem er eine zentrale Voraussetzung für das DDB-Portal und das Erreichen der damit verbundenen Ziele beschreibt – die Schaffung einer Serviceplattform für Datenlieferanten und andere Partner der DDB.1 Unter dem Begriff der Serviceplattform wird in diesem Beitrag die Gesamtheit der organisatorischen und technischen Infrastruktur gefasst, über die Kultur- und Wissenseinrichtungen durch die DDB mit Dienstleistungen im Kontext der Digitalisierung von Kulturobjekten und allen damit im Zusammenhang stehenden Aufgaben- und Themenfeldern versorgt werden. Dazu zählen in erster Linie Angebote, die das Ziel des DDB-Portals, Digitalisate öffentlich bereitzustellen und zugänglich zu machen, direkt oder indirekt unterstützen, aber auch angrenzende Bereiche. Aus diesen Aufgaben leiten sich zielgruppenorientiert folgende Funktionsbereiche ab, die im weiteren Beitrag näher ausgeführt werden: –– Services für aktive und potenzielle Partner, also KWE, die Daten an die DDB liefern bzw. dies beabsichtigen („Partnerservice“), 1 Der Beitrag basiert zum Teil auf internem Material und dokumentiert so auch historisch einen wichtigen Strang der DDB-Entwicklung. Entsprechendes Material wird explizit benannt.
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–– Allgemeine Anlaufstelle zur Vermittlung von Informationen, Erfahrungen, Kompetenzen, Technologien und Diensten im weiteren Umfeld der Digitalisierung von Kulturobjekten („Virtuelles Kompetenzzentrum“), –– Werkzeugbasierte Dienste für Partner, die eigene Digitalisate bzw. Metadaten aufbereiten und optimieren wollen („Diensteplattform“). Im Folgenden werden zunächst die einzelnen Funktionsbereiche der Serviceplattform beschrieben und die jeweilige Ausgangssituation erläutert.
1.1 Partnerservice Die DDB stand angesichts der großen Zahl ihrer (zukünftig) datenliefernden Partner schon frühzeitig vor der Frage, wie diese Partner gewonnen und gehalten werden können. Denn die aktive Teilnahme an der DDB führt zu Aufwänden, deren Erbringung motiviert werden muss. Dabei geht es zum einen um die Abstimmung von Datenlieferprozessen und deren bedarfsgerechte Konfiguration (Anpassung von Mappingregeln usw.) auf der Basis der jeweiligen Rahmenbedingungen – vor allem Schnittstellen und Datenformate. Ziel ist es, die gelieferten Daten möglichst gut in die DDB zu integrieren und sicherzustellen, dass die enthaltene Information nicht nur korrekt angezeigt, sondern möglichst weitgehend mit anderen Datenbeständen in der DDB verknüpft wird. Zum anderen bedarf die regelmäßige Aktualisierung von Datenbeständen einer genauen Abstimmung, damit z. B. Dubletten oder fehlerhafte Links vermieden werden. Dazu sind geeignete technische Werkzeuge, aber auch eine systematische und nachvollziehbare Kontaktpflege zwischen datenliefernder Einrichtung und DDB erforderlich.
1.2 Virtuelles Kompetenzzentrum Darüber hinaus hat die DDB auch eine weiterreichende Aufgabenstellung: Sie soll die Transformation des kulturellen Erbes in die digitale Form katalytisch unterstützen, geeignete Maßnahmen identifizieren, Rahmenbedingungen insbesondere im Bereich Standards setzen, Informations- und Anknüpfungsmöglichkeiten schaffen, dabei insgesamt koordinierend wirken und auf diese Weise gezielte Investitionen der Unterhaltsträger oder auch entsprechende Gesamtprogramme möglichst effizient wirksam werden lassen.
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1.3 Diensteplattform Schließlich ergab sich aus der Analyse der Daten, die durch KWE bereitgestellt werden, schon früh die Erkenntnis, dass hinsichtlich ihrer Aufbereitung durch die Einrichtungen in vielen Fällen Unterstützungsbedarf besteht – sei es, weil die Metadaten in proprietären Formaten vorliegen, den Erfassungssystemen adäquate Exportschnittstellen fehlen oder bei der Aufbereitung der Images Probleme auftreten bzw. potenziell mögliche Optimierungen unterbleiben. Es geht also auch darum, Partner dabei zu unterstützen, vorliegende Daten und Ergebnisse aus Digitalisierungsprojekten aufzubereiten und hinsichtlich ihrer Suchbarkeit und Vernetzung auf eine höhere Qualitätsstufe zu bringen. Vor diesem Hintergrund entstand die Idee, eine Plattform mit Diensten für datenliefernde Partner zu entwickeln. Dieser Beitrag beinhaltet neben den grundsätzlichen konzeptionellen Überlegungen auch das erwartete und erreichte Leistungsspektrum sowie die zugrundeliegenden Technologien, Prozesse und Werkzeuge. Er beschreibt eine für ein attraktives Portal mit aktuellen Inhalten und aktiven Partnern zentrale Voraussetzung für das Erreichen der damit verbundenen Ziele.
2 Service als Basisfunktion der DDB In diesem Abschnitt werden die Ausgangsbedingungen und Ambitionen bei der Planung und konkreten Initiierung der DDB beschrieben. Schon 2008, also zu dem Zeitpunkt, als die Entscheidung zum Aufbauprojekt DDB aus den Mitteln des Konjunkturprogramms II fiel, war die besondere Bedeutung der Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen als eine der Zielgruppen der DDB im Blick.2 Sie tragen die DDB nicht nur mit der Bereitstellung ihrer Daten, sondern auch ideell mit ihrer Expertise, durch ihre Bereitschaft zur aktiven Mitwirkung im Kompetenznetzwerk Deutsche Digitale Bibliothek (KNW) sowie durch ihre Sichtbarkeit in der DDB, z. B. auf der Kulturlandkarte.3 Umgekehrt wurde im KNW der Bedarf geeigneter Unterstützungsmöglichkeiten artikuliert – nicht nur mit dem Ziel, Abläufe in Richtung DDB zu vereinfachen und transparent zu gestalten, sondern auch, um den Einrichtungen einen unmittelbaren Nutzen durch die Bereitstellung geeigneter Werkzeuge zu ermöglichen. Zu Beginn der Überlegungen waren vor allem konkrete Tools zur Aufbereitung von Images (Bildoptimierung, OCR, Segmentierung, Anreicherung) im Blick, die auf vorhandenen, in anderen Projekten wie dem THESEUS Usecase CONTENTUS der Deutschen Nationalbibliothek (DNB) entstandenen Ergebnissen aufsetzen sollten, 2 Fraunhofer IAIS 2008, 41. 3 https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/about-us/institutions (19. März 2015).
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präzise Überlegungen dazu fehlen allerdings im initialen Fachkonzept „Diensteplattform“. 4 Breiteren Raum in den damaligen Vorüberlegungen nahm der Aufbau eines Extranets ein, das als zentrale Informationsplattform für Kultur- und Wissenseinrichtungen innerhalb und mit der DDB dienen sollte. Dabei handelte es sich in der Planung um einen speziell geschützten Webauftritt, „zu dem nur registrierte Nutzer der Einrichtungen Zugang haben“ sollten und der „alle Verwaltungs- und Informationsfunktionen für die Einrichtungen konzentriert“. Diese „DDB-Extranet-Plattform“ sollte auf der Basis eines Content-Management-Systems (CMS) realisiert werden und neben den Verwaltungs- und Pflegefunktionen für die Einrichtungen auch den Zugriff und die Administration der digitalen Inhalte erlauben.5 Beide Instrumente sollten miteinander verknüpft sein.6 In dieser Planungs- und Initialphase war die Komplexität der erforderlichen Prozessschritte bis zur Übernahme von Metadaten in die DDB noch nicht absehbar, sodass in diesem Bereich weniger Aktivitäten stattfanden; dieser Arbeitsbereich erwies sich in der Folgezeit als ein besonders arbeitsintensives Handlungsfeld der DDB („Partnerservice“). Nach Abschluss des Aufbauprojekts und Übergabe der Ergebnisse an das KNW stellte sich heraus, dass das Extranet gar nicht und die Diensteplattform von IAIS nicht in abschließend übergabefähiger Form realisiert worden waren.7 Am gravierendsten erschien das Fehlen einer CMS-Lösung insgesamt, die daher bei der notwendigen Überarbeitung des Gesamtkonzepts durch das KNW einen wichtigen Schwerpunkt der Folgearbeiten bildete. An der grundsätzlichen Feststellung des Bedarfs, der drei Jahre zuvor getroffen worden war, änderte dies allerdings nichts.
2.1 Diensteplattform Die Idee einer „Diensteplattform zur Datenoptimierung“ wurde durch das KNW aufgegriffen und ab 2011 konzeptionell vorangetrieben. Im Mittelpunkt standen dabei Überlegungen zur Frage, welche Dienste für die KNW-Partner relevant sind und ihnen 4 Vgl. http://theseus.pt-dlr.de/de/contentus.php ; IAIS 2008, 87, 100. (19. März 2015). 5 Vgl. Fraunhofer IAIS 2009, 4 und 28. Das Extranet wurde als Arbeitspaket 4 des IAIS Aufbauprojekts geführt, die Diensteplattform als AP 14. 6 „Das Portal wird auf der Basis eines Content-Management-Systems (CMS) bzw. einer speziellen Portalsoftware aufgebaut. Der technische Teil bildet den Anschluss an die Diensteplattform, der präsentative Teil übernimmt die Darstellung.“ Vgl. Aufgabenstellung IAIS zum Arbeitspaket 4 – Aufbau DDB-Portal und Extranet, zitiert nach AG Gesamtabnahme des Kompetenznetzwerks „Deutsche Digitale Bibliothek“: Gesamtabnahmevotum für das Aufbauprojekt „Deutsche Digitale Bibliothek“: [Frankfurt/M.]: 2012 (Gesamtabnahme 2012) [Internes Dokument], hier Anlage 5 zum Gesamtabnahmevotum für das Aufbauprojekt „Deutsche Digitale Bibliothek, 4. 7 Vgl. Gesamtabnahme 2012.
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explizit einen Mehrnutzen über den unmittelbaren Zweck einer adäquaten Belieferung der DDB mit Daten bieten. Vor diesem Hintergrund rückten Werkzeuge und Dienste für die KWE als Partner der DDB in den Arbeitsauftrag der AG Innovation und Forschung des KNW, die im Mai 2011 ihre Arbeit aufnahm. Erste Schritte bestanden in der direkten Überprüfung der Verwertbarkeit von Technologien aus dem CONTENTUS-Usecase innerhalb des THESEUS-Projekts; die dort entstandene Plattform wurde vorgestellt und es entstanden Showcases mit DDB-Partnern. Neben diesen technisch ausgerichteten Aktivitäten wurden Definition und Erprobung geeigneter Organisations- und Supportmodelle in den Aufgabenkatalog der AG aufgenommen – mit einem besonderen Schwerpunkt auf der DDB-Serviceplattform, die der Vermittlung von Werkzeugen und darauf aufbauender Dienste zwischen den Partnereinrichtungen der DDB dienen sollte. Die Gruppe war auch in den Evaluierungsprozess der aus dem CONTENTUS-Usecase zur Optimierung und Anreicherung digitalisierter Datenbestände hervorgegangenen Dienste involviert. Neben fachlichen Gesichtspunkten wie der Qualität der Dienste und der Definition sinnvoller Einsatzszenarien stellte sich die Frage, unter welchen Bedingungen ein Einsatz im DDB-Kontext bzw. für die DDB-Partnereinrichtungen (KWE) in Frage kommt. Trotz einer Reihe von Beschränkungen funktional-technischer, betrieblich-operativer und organisatorischer Art8 verliefen die später durchgeführten Tests vielversprechend: Insbesondere kleinere Einrichtungen könnten die Diensteplattform vor allem für die Verarbeitung geringer Mengen an Digitalisaten zur Aufbereitung ihrer Daten nutzen. Da in der Folgezeit zunächst die Etablierung und Absicherung von Datenlieferprozessen in den Vordergrund rückte und die entsprechenden Verfahren, Werkzeuge und Abläufe sich erst einspielen mussten, wurde die Möglichkeiten der Diensteplattform zunächst nicht weiter evaluiert. Fest steht aber, dass neben den genannten Funktionen einige wesentliche Anforderungen für eine zukünftige Realisierung formuliert werden konnten: Die Plattform selbst sollte offen sein und die Einbindung anderer Anwendungen ermöglichen; der Workflow muss flexibel und konfigurierbar ausgestaltet werden können; das System muss insgesamt performant sein und gut skalieren. Eine Klärung der Kostenfrage und des Betreibers sind darüber hinaus ebenso wichtig wie Folgekosten und eine potenzielle Weiterentwicklung. Nach der inzwischen zunehmend deutlicher werdenden Konsolidierung der DDB und der Etablierung des Themas Digitalisierung, könnte die Diensteplattform wieder eine wachsende Bedeutung erfahren. Der Bedarf an entsprechenden Werkzeugen ist ungebrochen und es bietet sich daher an, die entsprechenden Konzepte wieder aufzugreifen.
8 Nach vollständiger Vorlage der Dokumentation konnte die Plattform erst verspätet außerhalb der eigentlichen Abnahmeprozedur evaluiert werden. Vgl. Gesamtabnahmevotum 2012, 7ff.
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2.2 Extranet / Serviceportal Neben dieser technisch-funktionalen Sicht rückte in den Überlegungen 2012 der Bedarf für eine Anlaufstelle der DDB für Kultur- und Wissenseinrichtungen in den Mittelpunkt. Der Aufbau dieser „Servicestelle“, die insbesondere die Transformation der Daten aus den Partnereinrichtungen in das DDB-Portal fachlich begleiten sollte, begann ab Mitte 2013. In diesem Zusammenhang und nach den ersten Erfahrungen, verdichtete sich der Eindruck, dass es einer eigenen technisch unterstützten Kommunikationsplattform bedarf, die seit Mitte 2015 durch ein Serviceportal unter dem Namen DDBpro9 realisiert wird und neben Ansprechpartnern, Informationen, Dokumentationen, Tutorials usw. interaktive Komponenten zur Kommunikation mit den Partnern und zur Verwaltung und Dokumentation von Vorgängen enthält bzw. anbindet – insbesondere eine Registrierungskomponente zur Eintragung und Pflege von Einrichtungsdaten, ein Ticketsystem zur Steuerung und Dokumentation von Geschäftsprozessen und ein Fragebogensystem zur systematischen Erhebung von Informationen – insbesondere bzgl. Art und Umfang der zu liefernden Sammlungen.
3 Das Servicekonzept der DDB Nachdem sich die Grundidee für ein Servicekonzept innerhalb der DDB herausgeschält hatte, wurde deutlich, welche technischen und organisatorischen Komponenten dafür erforderlich sind. Die konkreten Erfahrungen im Umgang mit den Daten der verschiedenen Einrichtungen legten nahe, spezifische Schwerpunkte mit einer vertieften Expertise in den einzelnen Sparten und den dort verwendeten Standards zu bilden. Diese Aktivitäten werden in der Servicestelle als einer zentralen Instanz gebündelt. Sie übernimmt einerseits die Gesamtkoordination der Einspielprozesse und bündelt sie gegenüber FIZ Karlsruhe – Leibniz-Institut für Informationsinfrastruktur als technischem Dienstleister der DDB und bildet andererseits fachliche Schwerpunkte, die u. a. in Form von Arbeitsgruppen ausgefüllt werden. Die Servicestelle fungiert damit als zentrale Ansprechpartnerin für KWE, die an der DDB teilnehmen oder sich für eine Teilnahme interessieren, und begleitet sie beim Datenclearing bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die Daten im Portal sichtbar werden.10 Unmittelbar angeknüpft an die Arbeit der Servicestelle sind eine Reihe von Fachstellen, die bei Einrichtungen des KNW angesiedelt sind und vor allem in die einzelnen Kultursparten hinein wirken sollen. Aufgaben dieser Fachstellen liegen darüber hinaus im Datenclearing und dem konzeptionellen Mapping von Datenbeständen 9 Der Begriff Extranet wird nicht mehr verwendet, weil es ja gerade um die Einrichtung eines geschlossenen, webbasierten Arbeitsumfeldes für die KWE geht. 10 https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/content/contact/ddb-team?lang=de (19. März 2015).
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einzelner Einrichtungen, aber auch in der Bearbeitung anderer spartenspezifischer Fragestellungen, z. B. bei der lizenzrechtlichen Auszeichnung der Daten.
Abb. 1: Einbettung der Servicestelle in die Organisationsstruktur der DDB
Insgesamt ist es beim Aufbau der Servicestelle wie auch der auf verschiedene Partner verteilten Fachstellen ein grundsätzliches Prinzip, dass möglichst viele Dienste und Unterstützungsleistungen für KNW-Partner gebündelt aus einer Hand erfolgen. Vor diesem Hintergrund wird seit 2014 verstärkt an der Umsetzung der Serviceplattform gearbeitet, deren zentrale Komponente – das Serviceportal „DDBpro“ – im Frühjahr 2015 in einer ersten Stufe online gegangen ist. Als wesentliche Aufgabe von DDBpro wird zum einen die Unterstützung bei der Registrierung von Einrichtungen in der DDB angesehen: Diese editieren mit einem entsprechenden Administrationswerkzeug die Informationen zu ihren Einrichtungen und profilieren die Sammlungen, die über die DDB zugänglich werden, inhaltlich, ergänzen Geodaten, verschaffen sich einen Überblick zu den laufenden Mappingund Ladeprozessen, auch die Abfrage von einrichtungsspezifischen Nutzungsstatistiken wird möglich sein. Diese Funktionen werden eng an die von der Servicestelle genutzten Werkzeuge angebunden, beispielweise das Ticketsystem, das der Nachverfolgung aller Aktivitäten im Rahmen der Datenlieferung eines Partners und deren Vorbereitung dient. Darüber hinaus verfügen die Servicestelle und die Fachstellen über erweiterte Administrationsmöglichkeiten. Eine andere Funktionsgruppe betrifft eine an die Fachöffentlichkeit gerichtete Dokumenten-, Informations- und Kommunikationsplattform (einschließlich eines Newsletters und Blogfunktionen), die insbesondere von der Projektkoordination und
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der Servicestelle mit Inhalten gefüllt werden, beispielsweise mit einem Glossar aller im Kontext der DDB verwendeten Begriffe11, und sich an die allgemeine Öffentlichkeit im Rahmen des KNW richtet.
4 Daten und Standards Die DDB fungiert als Aggregator, Drehscheibe und Portal für Nachweisinformationen und digitale Abbilder bzw. Vorschaubilder von Kultur- und Wissensobjekten aller Art. Um diese wesentliche Funktion zu erfüllen, müssen die Metadaten der Objekte, die bei den besitzenden Kultur- und Wissenseinrichtungen der unterschiedlichen Sparten produziert werden, in der DDB zusammengeführt und nach außen exponiert werden. Die besondere Herausforderung besteht dabei darin, die unterschiedlich beschaffenen und strukturierten Datenquellen aus den beteiligten Einrichtungen effizient und mit möglichst geringem Informationsverlust in eine interne Datenrepräsentation zu überführen, die den Anforderungen an eine einheitliche und nutzerorientierte Präsentation und Funktionalität gerecht wird – sowohl im DDB-Portal selbst, als auch innerhalb von Anwendungen, die die DDB über das Application Programming Interface (API) oder andere Schnittstellen als Datenquelle nutzen. Dazu zählt vor allen Dingen auch die Europeana. Nicht zuletzt im Hinblick auf dieses herausgehobene Nutzungsszenario der DDB als nationalem Aggregator für ihr europäisches Pendant fiel die Entscheidung auf die Verwendung des Europeana Data Model (EDM)12 als Grundlage für das interne Datenmodell der DDB. Die Europeana, die zunächst das auf dem Dublin Core Element Set basierende ESE-Schema13 als Datenmodell verwendet hatte, war seit 2012 schrittweise auf EDM umgestiegen und hatte damit vor allem die Modellierung komplexer Objekte und ihre Beziehungen untereinander sowie die eindeutige Ausformulierung der semantischen Bedeutung der einzelnen Metadatenelemente ermöglicht.14 Auch für die DDB war mit der Einführung von EDM ein Umstieg verbunden, denn zunächst hatte man sich an dem weitaus mächtigeren CIDOC Conceptual Reference Model orientiert, das sich aber wegen seiner hohen Komplexität im Hinblick auf das Mapping der Eingangsformate einerseits und zu EDM andererseits als schwer handhabbar erwies, ohne dass aufgrund der Daten eine bessere Recherche/Präsentation ermöglicht wurde.15 11 Deutsche Digitale Bibliothek: Unterlagen zur Erstellung eines qualifizierten Zwischenberichts Finale Fassung (4.0) (17. Februar 2014), 28f. [Internes Dokument] 12 Vgl. Europeana Data Model Documentation. http://pro.europeana.eu/edm-documentation (19. März 2015). 13 ESE = Europeana Semantic Elements 14 Vgl. Dröge et al. 2015, 98–123. 15 Vgl. Rühle et al. 2014, 24–30.
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Durch seine Orientierung an den Prinzipien von Linked Data16 bietet EDM ein großes Potenzial hinsichtlich Vernetzung und semantischer Kontextualisierung von Datenbeständen und damit zur Realisierung umfangreicher Recherche- und Discoveryfunktionen im DDB-Portal selbst, aber auch in externen Anwendungen, die auf den bereitgestellten Daten aufsetzen. Vieles davon lässt sich in der aktuellen Implementierung des DDB-Portals bereits besichtigen – etwa die facettenbasierte Suche, die Verknüpfung von Objekten über daran beteiligte bzw. darin thematisierte Personen (beispielsweise als Autoren) oder die Darstellung hierarchischer Zusammenhänge. EDM, das sich bereits in den jetzt bei der Europeana bzw. der DDB verwendeten Ausprägungen als sehr mächtig erweist und damit zur verlustarmen Überführung aller Informationen aus den in den Kultureinrichtungen verwendeten Formaten geeignet ist, bietet auch für zukünftige Anforderungen hinsichtlich einer weiteren semantischen Ausdifferenzierung, neuer struktureller Elemente usw. hinreichend Spielraum für Erweiterungen. Innerhalb ihres Datenbestandes verwendet die DDB Identifikatoren für die eindeutige Bezeichnung von Entitäten (beispielsweise Personen, Orte, Werke), Terme aus kontrollierten Vokabularen und andere Konzepte und nutzt dafür, wo immer möglich, vorhandene Identifikatoren nach. Besonders deutlich wird das daraus erwachsende Potenzial an der Einbindung von Normdaten, über die semantische Verknüpfungen zwischen Objekten unterschiedlichster Herkunft hergestellt und die Suchfunktionalitäten und ihre Ergebnisse verbessert werden können. Derzeit ist dies für Personendaten implementiert, die über den auf der Gemeinsamen Normdatei (GND), der Wikipedia und anderen Datenquellen basierenden Dienst „Entity Facts“ der DNB17 in die DDB eingebunden werden. Im Kontext der hier skizzierten Datenmodellierung besteht eine wesentliche Aufgabe der DDB-Serviceplattform darin, die Prozesse zur Datenlieferung und der Überführung in das Internformat effizient zu gestalten und die Kultur- und Wissenseinrichtungen optimal bei der Bereitstellung und Lieferung ihrer Metadaten zu unterstützen. Dabei kommt vor allem das Konzept der Servicestelle und der spartenspezifischen Fachstellen zum Tragen (siehe Abschnitt 3). Durch die organisatorische Bündelung einerseits und die breite fachliche Aufstellung in den unterschiedlichen Kulturdomänen andererseits können die Anforderungen, die sich aus der möglichst umfassenden Nutzung des Datenmodells (Normdaten, Vokabulare, Identifier usw.) sowie den unterschiedlichen Lieferformaten und Erschließungskulturen ergeben, gut miteinander abgestimmt bzw. berücksichtigt werden.
16 Dazu zählt die Zugänglichkeit der Daten im Web für Mensch und Maschine, ihre eindeutige und dauerhafte Identifizierung durch stabile Identifikatoren und ihre gegenseitige Referenzierung über diese Bezeichner, vgl. W3C. What is Linked Data? http://www.w3.org/standards/semanticweb/data (19. März 2015). 17 Vgl. http://www.dnb.de/DE/Wir/Projekte/Laufend/entityFacts.html (19. März 2015).
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Abb. 2: Semantische Verknüpfungen zwischen Kulturobjekten über normierte Personenseiten
Der Hauptaufwand im operativen Geschäft der DDB liegt freilich in der Überführung der Daten aus den verteilten Quellen mit ihren jeweiligen Formaten in das zentrale DDB-System und das hier verwendete EDM-basierte Datenmodell. Um der Komplexität, die sich aus der Heterogenität der beteiligten Kulturdomänen und der Vielzahl der einzubindenden Kultur- und Wissenseinrichtungen und ihrer Sammlungen ergibt, Herr zu werden, wurde sehr früh im Konzeptions- und Entwicklungsprozess der DDB die Nutzung spartenspezifisch homogenisierter Eingangsformate propagiert. Dieses Vorgehen zielt darauf ab, den Aufwand, der beim Mapping – also der konzeptionellen und technischen Abbildung von Eingangsformaten in das DDB-Datenmodell – und der Transformation – also der eigentlichen Verarbeitung und Konvertierung der gelieferten Daten – entsteht, zu begrenzen. In den Fällen, in denen solche Standards bislang nicht existier(t)en bzw. noch zu wenig konkretisiert und ausdifferenziert waren, wurden unter Federführung der DDB-Arbeitsgruppe Daten entsprechende Anwendungsprofile überhaupt erst entwickelt.18 Dazu zählen vor allem EAD-DDB, das DDB-Anwendungsprofil des für die strukturelle und inhaltliche Abbildung archivischer Bestände genutzten Metadatenformats Encoded Archival Description (EAD), sowie LIDO-DDB, das Profil für das im Museumsbereich verwendete Metadatenformat 18 siehe https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/content/ddb/data_delivery (19. März 2015).
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Lightwight Information Describing Objects (LIDO), und eine einheitliche dazugehörige LIDO-Terminologie. Die DDB hat vor allem in den Bereichen, in denen übergreifende Standardisierungsbemühungen bislang wenig ausgeprägt sind, einen bedeutsamen normierenden Einfluss, der zur Vereinheitlichung von Datenformaten und Anwendungsprofilen beiträgt. Diese Aktivitäten wirken weit über das konkrete Szenario der Zusammenführung und Bereitstellung der Daten für die DDB hinaus. Sie unterstützen die Vereinheitlichung der Anwendungspraxis rund um Metadaten in den Sparten und fördern damit den Austausch von Daten und die Entwicklung übergreifender Dienste und Anwendungen insgesamt.
5 Technische Unterstützung Um die einzelnen Bereiche der DDB-Serviceplattform zu realisieren und die dazugehörigen Prozesse zu unterstützen, sind unterschiedliche Werkzeuge und andere technische Systeme im Einsatz bzw. befinden sich in Entwicklung.
5.1 Workflowunterstützung für den Partnerservice Für die Betreuung aktiver bzw. potenzieller Partner der DDB als datenliefernde Kulturund Wissenseinrichtungen durch die Servicestelle und die dazugehörigen Fachstellen kommt seit 2015 ein erweitertes Ticket- und Workflowsystem auf der Basis von OTRS19 zum Einsatz. Dabei handelt es sich um eine weit verbreitete Open-Source-Lösung, die auf der Grundlage einer umfangreichen Prozess- und Anforderungsanalyse durch einen Dienstleister für die DDB angepasst wurde. Über das Ticketsystem werden alle Anfragen, Aufgaben und Aktivitäten in diesem Bereich vorgangsorientiert verwaltet. Insbesondere wird sämtliche Kommunikation einschließlich der dazugehörigen Dokumente an zentraler Stelle und unabhängig von persönlichen E-Mail-Clients vorgehalten, so dass – in Abhängigkeit von den jeweiligen Berechtigungen – alle an den einzelnen Vorgängen Beteiligten (insbesondere Mitarbeiter der Servicestelle, der Fachstellen und des technischen Betreibers) jederzeit auf die notwendigen Informationen Zugriff haben und beispielsweise zum Stand der Bearbeitung gegenüber den betreffenden Kultur- und Wissenseinrichtungen auskunftsfähig sind. Durch die Modellierung standardisierter Workflows mit der Spezifikation von Bearbeitungsschritten, Abhängigkeiten und typischen bzw. maximalen Bearbeitungszeiten, kann ferner die korrekte Abarbeitung der einzelnen Prozesse sichergestellt und die Einhaltung definierter Servicelevels überprüft werden. Das Ticketsystem erlaubt außer19 OTRS = Open Ticket Request System, siehe https://www.otrs.com/software/ (19. März 2015).
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dem ein konfigurierbares Reporting, um beispielsweise durchschnittliche Durchlauf- und Bearbeitungszeiten oder die Anzahl und Zusammensetzung der in einem Zeitabschnitt bearbeiteten oder neu in die DDB geladenen Sammlungen und Objekte zu dokumentieren, sowie die Unterstützung einer prospektiven Ingestplanung, die derzeit quartalsweise erfolgt. Im Zusammenhang mit der Einführung des Ticketsystems wurden alle mit der Datenlieferung an die DDB in Zusammenhang stehende Vorgangsarten modelliert und standardisiert beschrieben. Dabei wurden folgende Prozesstypen identifiziert und in OTRS abgebildet: –– die Registrierung einer KWE als Partner der DDB, –– die Unterzeichnung des für die Datenlieferung erforderlichen Kooperationsvertrages zwischen DDB und KWE, –– die Erfassung eines neuen Datenbestandes bzw. einer Sammlung, die durch eine KWE an die DDB geliefert werden soll, –– das Datenclearing mit der ggf. erforderlichen Anpassung der Regeln zum Datenmapping an individuelle Besonderheiten der KWE bzw. der Sammlung, der Zusammenstellung und Lieferung von Testdaten und der Evaluierung der Transformationsergebnisse, –– die Lieferung der Echtdaten einer KWE an die DDB mit der anschließenden Transformation und dem eigentlichen Import in das DDB-System für Erstlieferungen sowie Updates und –– der regelmäßige bzw. anlassbezogene Export einzelner Sammlungen aus der DDB an Europeana.
5.2 Weitere Komponenten für den Partnerservice Daneben existieren weitere Module, mit denen die Arbeit der Servicestelle und der Fachstellen sowie der interessierten bzw. bereits in der DDB aktiven KWE technisch und inhaltlich unterstützt wird. Dazu zählen nach gegenwärtigem Entwicklungsstand vor allem ein Umfragesystem zur Erstellung und Nutzung von Online-Erhebungen, eine Registrierungsdatenbank mit entsprechenden Nutzer- und Maschinenschnittstellen sowie Testsysteme zur Evaluierung der Ergebnisse von Transformations- und Ingestprozessen. Das Online-Umfragesystem auf der Basis der Open-Source-Software LimeSur20 vey kommt vor allem für die vorbereitende Erhebung von Informationen über Art, Umfang und Beschaffenheit der potenziell an die DDB zu liefernden Sammlungen bzw. deren Metadaten zum Einsatz (Content-Fragebogen). Durch die einheitliche Erfassung dieser Basisinformationen im Vorfeld des Datenclearings und etwaiger Test- bzw. Echtdatenlieferungen können die anschließenden Prozessschritte optimal 20 siehe https://www.limeservice.com/de/ (19. März 2015).
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vorbereitet und mit den jeweiligen KWE abgestimmt werden. Auch für die Ingestplanung und die Festlegung der Reihenfolge zu ladender Sammlungen sind diese Angaben wichtig. Das System wird darüber hinaus für andere zielgruppenspezifische Befragungen unter Kultur- und Wissenseinrichtungen verwendet. Für KWE, die sich als interessierte Partner bei der DDB registrieren, steht eine datenbankbasierte Onlineschnittstelle zur Erfassung und Pflege der eigenen Daten bereit. Sie dient auch zur unmittelbaren Kontrolle der Informationen, die auf der Kulturlandkarte im DDB-Portal zu der jeweiligen Einrichtung angezeigt werden. An diese Datensätze werden zukünftig Berechtigungsinformationen gebunden, mit denen die jeweils Verantwortlichen für einzelne Einrichtungen bzw. Sammlungen Zugriff auf geschützte Bereiche innerhalb DDBpro haben (siehe Abschnitt 5.3). Für die unterschiedlichen Phasen der Datenverarbeitung stehen mehrere Testsysteme zur Verfügung, anhand derer die Ergebnisse von Transformation und Ingest evaluiert werden können. Grundsätzlich gilt, dass vor dem ersten Laden einer neuen Sammlung in die DDB repräsentative Testdaten und in vielen Fällen auch die vollständigen Daten in ein Testsystem importiert werden, das allen Beteiligten – insbesondere den Vertretern der Einrichtungen selbst – zur Abnahme vorgelegt wird, bevor nach eventuellen Berichtigungen an den Eingangsdaten oder dem Mapping die Daten in das Produktivsystem geladen werden und öffentlich sichtbar sind. Daneben werden weitere Werkzeuge zur Qualitätssicherung vorgehalten und weiterentwickelt – u. a. zur maschinellen Validierung der Eingangsdaten und der Transformationsergebnisse.
5.3 DDBpro – das Serviceportal der DDB Eine wichtige Komponente im Gesamtkonzept der Serviceplattform bildet ein dezidiertes Serviceportal, in dem Informationen und Angebote gebündelt bereitgestellt werden.21 Es besteht im Kern aus einem CMS, über das die Seiten redaktionell gepflegt werden, über entsprechende Schnittstellen aber auch externe Quellen eingebunden werden können – etwa technische Dokumentationen zu Datenformaten und Lieferverfahren oder das externe Vokabularmanagementwerkzeug digiCULT.xTree22, über das das DDB-Glossar bearbeitet und gepflegt wird. Das Angebot von DDBpro richtet sich vor allem an potenzielle und aktive Partner der DDB, aber auch an die allgemeine Fachöffentlichkeit und unterstützt mit interaktiven Komponenten auch Arbeitsprozesse in unterschiedlichen Communities (z. B. Facharbeitsgruppen, die sich mit Themenfeldern im weiteren Umfeld der Digitalisierung des Kultur- und Wissenserbes beschäftigen). Es wird zukünftig um vertiefende Informationen und Materialien mit Bezug zur Digitalisierung ergänzt – insbesondere in den Bereichen Digitalisierungstechnologie, Erschließung, Datenformate und -standards, Schnittstellen und Recht. 21 siehe http://pro.deutsche-digitale-bibliothek.de/. 22 siehe http://xtree.digicult-verbund.de/.
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Über das Serviceportal werden die momentan verfügbaren Komponenten für den Partnerservice (etwa das Umfragetool und die Registrierungskomponente) angebunden, so dass alle verfügbaren Dienste über einen zentralen Einstieg erreicht werden. Eine tiefere Integration (insbesondere über ein Single Sign-On) ist derzeit noch nicht realisiert.
6 Entwicklungsperspektiven und -pläne Aus den bisherigen Ausführungen wurde bereits deutlich, dass sich die Serviceplattform der DDB in einem umfassenden Sinne in vielen Bereichen noch im Aufbau bzw. in der Konzeption befindet. In der jetzt weitgehend abgeschlossenen Aufbauphase der DDB lag der Schwerpunkt vor allem auf der Etablierung eines kundenorientierten Partnerservices, in dessen Fokus die effiziente Lieferung von Daten, deren Vor- und Aufbereitung sowie ihre Integration in die DDB stehen. Für die nächsten Entwicklungsschritte sind einerseits die weitere Optimierung der Prozesse und die Verbesserung der technischen Unterstützung vorgesehen. Hier steht vor allem die Anforderung nach Skalierbarkeit im Vordergrund, der mit der schrittweisen Einlösung des Anspruchs der DDB als flächendeckendes Nachweissystem für das Kultur- und Wissenserbe in Deutschland entscheidende Bedeutung zukommt. Anderseits soll das Portfolio der über die Serviceplattform angebotenen Dienste und Dienstleistungen systematisch ausgebaut und technisch vorangetrieben werden. In diesem Zusammenhang ist vor allem an das Konzept der sogenannten Diensteplattform zu denken, das bereits in den Vorüberlegungen für die DDB entwickelt wurde (Abschnitt 2.1).
6.1 Verteilte Infrastruktur für einen skalierbaren Partnerservice Mit Blick auf das zunehmende Aufkommen an Datenlieferungen an die DDB und den ebenfalls notwendigen regelmäßigen Aktualisierungen der Sammlungen (Update-Prozesse) müssen die Abläufe weiter gestrafft werden, um sie mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen bewältigen zu können. Entsprechend der verteilten Zuständigkeiten und Kompetenzen, die organisatorisch durch das Servicekonzept bereits umgesetzt sind (siehe Abschnitt 3), sollen zu diesem Zweck zukünftig auch Teile der technischen Infrastruktur auf diese Ebene ausgerichtet werden und damit einen skalierbaren Partnerservice erlauben. Das Augenmerk liegt dabei besonders auf folgenden Aspekten: –– der Schaffung webbasierter bzw. offline nutzbarer Selbstbedienungskomponenten für Fachstellen und Datengeber, mit denen ohne personelle Interaktion seitens der Servicestelle bzw. des technischen Betreibers eigene Daten validiert und ggf. probeweise transformiert, geladen und dann evaluiert werden können,
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–– dem Auf- und Ausbau einer Aggregator-Infrastruktur, über die unter Nutzung vorhandener und eingespielter organisatorischer Strukturen Datenlieferungen vor allem kleinerer Einrichtungen an die DDB kanalisiert und durch Vorverarbeitungen und -transformationen vereinheitlicht werden, –– der Etablierung standardisierter Harvesting-Routinen auf der Basis von OAIPMH, vor allem zur effizienten Handhabe regelmäßiger Updatelieferungen sowie –– der Einführung verbindlicher Servicelevels gegenüber den datengebenden Einrichtungen – also insbesondere der Zusicherung bestimmter Bearbeitungs- und Prozessierungszeiten.
6.2 Datenrückfluss an die Einrichtungen Das Serviceangebot der DDB, das datenliefernde Einrichtungen in Anspruch nehmen können, soll zukünftig auch den technischen Rückfluss von Daten aus dem DDBSystem zu den jeweiligen Einrichtungen beinhalten. Die Übernahme von Daten aus der DDB durch ihre ursprünglichen Herkunftseinrichtungen ist vor allem dann von Interesse, wenn –– DDB-seitig eine Anreicherung – etwa mit Normdaten – bzw. eine Normalisierung oder Vereinheitlichung stattgefunden hat, –– eine nutzerseitige Qualitätsverbesserung erfolgt ist bzw. Hinweise auf inhaltliche oder formale Fehler gegeben wurden (hier ist vor allem an Methoden des sogenannten Crowdsourcing zu denken, die zukünftig auch über das DDB-Portal bzw. mit anderen auf dem API operierenden Anwendungen unterstützt werden sollen) oder –– sie um sammlungs- bzw. objektbezogene Nutzungsstatistiken erweitert wurden.
6.3 DDBpro Das im Abschnitt 5 beschriebene Serviceportal wird schrittweise ausgebaut und zum zentralen Einstiegspunkt für alle Komponenten entwickelt, die im Rahmen der DDBServiceplattform angeboten werden. Dazu zählt neben umfangreichen Informationsangeboten für Kultur- und Wissenseinrichtungen auch ein Community-Bereich mit interaktiven Komponenten wie Foren und Wiki-Spaces, der unterschiedlichste Kommunikationsprozesse in unterschiedlichen Zusammenhängen unterstützen soll – etwa für Arbeitsgruppen, die sich mit der Entwicklung und Anwendung von Standards und Richtlinien rund um die Digitalisierung von Kulturgut und damit in Zusammenhang stehender Aspekte (Erschließung, Schnittstellen, rechtliche Fragen usw.) befassen. Auch die sonstigen in diesem Beitrag beschriebenen Komponenten (Registrierungsdatenbank, Umfragesystem, Testsysteme, Selbstbedienungskomponenten usw.) werden in das Angebot von DDBpro integriert.
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6.4 Virtuelles Kompetenzzentrum Die Serviceplattform der DDB soll perspektivisch zu einem virtuellen Kompetenzzentrum ausgebaut werden, über das verteilt vorliegende Erfahrungen, Dienste und Technologien im weiteren Umfeld der Digitalisierung vermittelt werden. Ganz im Sinne des Charakters der DDB als Netzwerkvorhaben soll dabei auf die Expertise und die Entwicklungen bei den einzelnen Partnern zurückgegriffen werden. Der DDB kommt hier als zentrale Anlaufstelle eine Vermittlerrolle zu.
6.5 Diensteplattform Die Serviceplattform als Gesamtkonzept soll schließlich durch die Bereitstellung der als Prototyp vorhandenen Diensteplattform aus dem CONTENTUS-Projekt komplettiert werden (siehe Abschnitt 2.1), über die technische Dienste für die Verarbeitung und Optimierung von Digitalisaten und Metadaten angeboten werden, wobei die DDB hier wiederum in einer Vermittlerrolle auftritt und diese Dienste nicht notwendigerweise selbst entwickelt bzw. betreut. Derartige Dienste reichen von der Bildoptimierung (Geraderücken, Entzerren, Beschnitt, Farbkorrekturen) über automatische Erkennungs- und Erschließungsverfahren und der damit ermöglichten Metadatenanreicherung bei textzentrierten Digitalisaten (OCR, Entitätenerkennung, Seiten- oder Artikelsegmentierung, Strukturerkennung) bis hin zur Analyse und Auszeichnung von Nicht-Text-Digitalisaten (insbesondere Audio und Video). Als einfache Realisierung einer Diensteplattform kommt ein Software-Repository in Betracht, das die Werkzeuge als ausführbare Programme zum Download und zur lokalen Nutzung anbietet. Eleganter ist die Online-Bereitstellung der Dienste, die dann über ein Webfrontend bzw. skriptbasiert (z. B. unter Nutzung von REST bzw. SOAP) angesteuert werden können. Über diesen Weg ließen sich die einzelnen Dienste schließlich auch miteinander kombinieren und über eine integrierte Workflowsteuerung koppeln. Inwieweit ein solches Online-Szenario angesichts größerer Digitalisierungskorpora, die sich schnell in Speicherdimensionen von Terabytes bewegen, sinnvoll realisierbar ist, wird sich allerdings noch erweisen müssen.
7 Zusammenfassung und Ausblick Schon in der Aufbauphase der DDB wurde die Bedeutung einer Plattform deutlich, die webgestützt Partner und zukünftige Datenlieferanten an die DDB und ihre Angebote und Mitarbeiter anbindet und die notwendigen Arbeitsschritte beim Zusammenwirken der Akteure tool-basiert unterstützt. Dabei geht es zum einen um umfassende Informationsmöglichkeiten, zum anderen aber auch um die aktive Beteiligung durch
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Kommentierfunktionen und das Angebot von Editierfunktionen für die von den einzelnen registrierten Einrichtungen (derzeit etwa 2.300) abgelegten Informationen zur Einrichtung selbst und ihren Sammlungen. Kommt es zu einer Vereinbarung, erfüllt die Plattform eine wichtige Funktion sowohl für die Betreuung der Mapping- und Ladeprozesse durch die Servicestelle und die Fachstellen als auch für die Einrichtungen selbst, die sich über den jeweiligen Bearbeitungsstand ihrer Daten unmittelbar informieren können. Neben pragmatischen Aspekten einer effizienten Abwicklung dieser zum Teil komplexen und iterativen Abläufe mit mehreren Beteiligten hat die Serviceplattform auch eine Funktion zur individuellen Identifikation der Partner mit der DDB. Diese Plattform wird zurzeit schrittweise realisiert und freigegeben, sie wird stetig um weitere Funktionen angereichert. Weitergehende Pläne für den Ausbau der Serviceplattform mit Aufbereitungsund Anreicherungsdiensten wurden trotz vielversprechender Ansätze aus der Aufbauphase im Wesentlichen aus Kapazitätsgründen zurückgestellt, werden aber mittelfristig wieder aufgenommen. Insgesamt zeigt sich am Beispiel der DDB, dass große Plattformen mit vielen Teilnehmern ohne eine entsprechende Serviceplattform kaum mehr effizient zu realisieren sind; im Fall der DDB kommt noch hinzu, dass die Plattform auch ein wichtiges Kommunikationsorgan für die Zusammenarbeit zwischen den KNW-Partnern einerseits und der DDB selbst darstellt. Gleichzeitig bietet die Serviceplattform auch noch nicht aktiven Teilnehmern an der DDB die Möglichkeit, einen Anschluss an die DDB auf einer operativen Ebene zu erhalten und von den Aktivitäten der DDB zu profitieren.
8 Literatur Dröge, Evelyn und Steffen Hennicke und Julia Iwanowa und Marlies Olensky und Stefanie Rühle und Violeta Trkulja. „Von ESE zu EDM und darüber hinaus: Wie Europeana Zugang zu Objekten des kulturellen Erbes ermöglicht“. Der Vergangenheit eine Zukunft: Kulturelles Erbe in der digitalen Welt. Hrsg. von Paul Klimpel und Ellen Euler. Berlin: iRights.Media, 2015. 98–123. Fraunhofer-Institut Intelligente Analyse- und Informationssysteme (IAIS). Auf dem Weg zur Deutschen Digitalen Bibliothek (DDB). Erstellt im Auftrag des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. Sankt Augustin, 2008. Fraunhofer IAIS. Antrag: Konzeption, Projektplanung, Projektmanagement und die Gesamtprojektverantwortung für das Projektvorhaben „Deutsche Digitale Bibliothek“ (DDB). Sankt Augustin, 2009. Rühle, Stefanie und Francesca Schulze und Michael Büchner. „Applying a Linked Data Compliant Model: The Usage of the Europeana Data Model by the Deutsche Digitale Bibliothek”. International Conference on Dublin Core and Metadata Applications DC-2014. Austin, Texas, 2014. 24–30.
Werner Schweibenz
BAM als überregionales Kulturportal für Deutschland Ein Rückblick
1 Einleitung BAM, das gemeinsame Portal zu Bibliotheken, Archiven, Museen war das erste Kulturportal im deutschsprachigen Raum, das umfangreiche Bestände aus den drei Sparten Bibliothek, Archiv und Museum vereinigte. Der Betrieb des Portals begann am 27. Februar 2002 im Rahmen des 1. BAM-Kolloquiums in Mannheim und wurde zum 30. Juni 2015 eingestellt. In seinen Hochzeiten umfasste der Bestand fast 68 Millionen Datensätze, davon mehr als 1,6 Millionen mit Digitalisaten. Die Zielsetzung von BAM war ein zentraler Nachweis von verteilten Quellen aus Kultur und Wissenschaft. Ausgehend von einem zentralen Einstiegspunkt, konnten Benutzer mittels einer einzigen Recherche verschiedene angeschlossene Informationssysteme im Internet durchsuchen. Auf diese Weise sollten sie Zugang zu den dort vorgehaltenen Informationen bekommen, ohne die verschiedenen Online-Angebote mit ihren unterschiedlichen Rechercheoberflächen und -sprachen einzeln aufsuchen und bedienen zu müssen. Denn dies stellt ein erhebliches Hindernis für die praktische Nutzung dar (Keßler und Schweitzer 2011, 539). Deshalb erschien der Ansatz des single point of access (siehe Abb. 1) als besonders sinnvoll, weil im Rahmen von wissenschaftlichen Digitalisierungsprojekten im weiten Informationsmeer des Internet eine Vielzahl von Digitalisierungsinseln entstanden waren, die häufig nur für geschickte oder gut informierte Navigatoren auffindbar waren (Kirchhoff, Schweibenz und Sieglerschmidt 2009, 254–256). Deshalb stellte ein zentraler Nachweis für verteilte Quellen ein wesentliches Kriterium für die Verbesserung der Auffindbarkeit und Sichtbarkeit dieser Bestände durch heterogene Nutzergruppen dar. Gerade die Heterogenität der Nutzer war ein wichtiger Aspekt für BAM, wobei die Zielgruppe ganz bewusst sehr weit gefasst wurde: Dazu gehörten Wissenschaftler ebenso wie Studierende oder Schüler und die interessierte Öffentlichkeit. Da sich das BAM-Portal als zentrales bildungsbezogenes Angebot verstand, war sowohl die Benutzung für die Öffentlichkeit als auch die Teilnahme für die Institutionen kostenlos. Dies wurde für die nachhaltige Finanzierung ein dauerhaftes Problem (siehe 3. Organisationsform). Bis zum Beta-Launch der Deutschen Digitalen Bibliothek (DDB) am 28. November 2013 war BAM das einzige Kulturportal in Deutschland, das umfassende Bestände aus den drei kulturellen Sektoren Bibliothek, Archiv und Museum vereinigte. Nach dem Beginn des Regelbetriebs der DDB am 31. März 2014 sollte eine ungewollte Konkur-
BAM als überregionales Kulturportal für Deutschland
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renzsituation von zwei Kulturportalen für Deutschland vermieden und die Ressourcen in der DDB gebündelt werden.
Abb. 1: BAM als single point of access zu verteilter Kulturerbeinformation
2 Bestand BAM hatte das Ziel, kulturelle und wissenschaftliche Inhalte möglichst vollständig nachzuweisen, um sie für die wissenschaftliche Arbeit, aber auch für sogenannte interessierte Laien wie z. B. Sammler bekannt zu machen. Zur Erfüllung dieser Nachweisfunktion sammelte BAM im Gegensatz zu anderen Kulturportalen wie der Europeana oder der DDB nicht ausschließlich digitale Objekte mit zugehörigen Digitalisaten (digital-first-Strategie). Vielmehr strebte BAM einen umfassenden Nachweis lokal verfügbarer Materialien an, die im Einzelfall auch nur bei der besitzenden Institution selbst verfügbar waren. Deshalb speicherte und verarbeitete BAM ausschließlich von den teilnehmenden Institutionen gelieferte Metadaten und verlinkte lediglich auf die zugehörigen Digitalisate, die unter der Kontrolle und in der Verantwortung der teilnehmenden Institutionen blieben. Diese Vorgehensweise bewährte sich aus zwei Gründen: –– BAM machte die Bestände der teilnehmenden Institutionen zugänglich und lenkte den Nutzerverkehr direkt auf deren Angebote, was für beide Seiten ein erfolgreiches Modell war, auch wenn die Verweildauer der Nutzer auf den BAM-
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Werner Schweibenz
Seiten dadurch kurz gehalten wurde. Eine kurze Verweildauer darf hier nicht mit mangelnder Attraktivität verwechselt werden, denn sie steht für effektive Weiterleitung zu den gesuchten Materialien. –– BAM belastete sich nicht mit den organisatorischen, technischen und rechtlichen Aspekten der Speicherung fremder Mediendateien, indem es auf diese nur verlinkte. Gleichzeitig erhöhte dies erheblich die Akzeptanz bei den teilnehmenden Institutionen, weil diese die Kontrolle über ihre Mediendateien behielten und die Nutzung und Verwertung durch Dritte selbst regeln konnten.
Abb. 2: BAM-Portal: Trefferliste
Zwischen den teilnehmenden Institutionen und BAM wurde eine Nutzungsvereinbarung geschlossen, die Rechte und Pflichten beider Parteien knapp, aber eindeutig regelte. Sie untersagte dem Portal eine kommerzielle Verwertung der Metadaten, stellte es aber auch von allen Haftungsansprüchen frei (clean-hands-Modell). Weiter sah sie vor, dass die Metadaten nur mit ausdrücklicher Genehmigung der teilnehmenden Institution an Dritte weitergegeben wurden; als Dritte galten aufgrund der Auseinandersetzungen um die Creative-Commons-Lizenz Null (CC0) auch die Europeana und die DDB. Die Nutzungsvereinbarung lief auf unbestimmte Zeit mit dreimonatiger Kündigungsfrist. Für das Löschen von Daten wurden mit den teilnehmenden Institutionen individuelle Fristen vereinbart, die deren Bedürfnissen entsprachen.
BAM als überregionales Kulturportal für Deutschland
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Die Sammlungspolitik und die einfach gehaltene Nutzungsvereinbarung trugen wesentlich zur positiven Bestandsentwicklung von BAM bei. Tabelle 1 zeigt den Bestand zum 30. Januar 2015. Tabelle 1: Datenbestand im BAM-Portal (Stand 30. Januar 2015) BAM Gesamtbestand
67.900.053
Bibliotheken Bibliotheksverbund Bayern Gemeinsamer Bibliotheksverbund GBV Bibliotheksservice-Zentrum Baden-Württemberg Staatsbibliothek zu Berlin Zentrales Verzeichnis Digitalisierter Drucke (ZVDD) ...
61.744.152 23.150.473 20.131.390 15.189.758 2.756.695 477.441
Archive Bundesarchiv Hessische Staatsarchive Landesarchiv Baden-Württemberg Staatliche Archive Bayern Volkskundliche Kommission für Westfalen Stadtarchiv Mainz Stadtarchiv Reutlingen Stadtarchiv Heilbronn ...
4.360.321 1.606.587 1.076.854 853.823 583.589 113.432 62.150 21.246 16.059
Museen Deutsches Historisches Museum Stadtgeschichtliches Museum Leipzig Architekturmuseum der Technischen Universität Berlin Spielzeugmuseum Nürnberg Virtuelles Kupferstichkabinett Staatliche Museen zu Berlin digiCULT Museen Schleswig-Holstein TECHNOSEUM Mannheim ...
972.637 496.322 174.484 107.207 57.873 42.833 25.119 24.603 6.950
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Im BAM-Bestand waren aufgrund der Sammlungspolitik digitale Inhalte mit 1.604.684 Objekten unterrepräsentiert. Die Mehrzahl waren Bilder (764.952), während Volltexte (2.864) und Audiodateien (998) kaum vertreten waren. Der BAM-Bestand wuchs über die Jahre kontinuierlich an, wobei das mengenmäßige Übergewicht der bibliothekarischen Daten ein dauerhaftes Problem blieb. Zwar wurden durch die Mengenverhältnisse die Daten der anderen Sparten nicht margina-
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lisiert, es blieb aber ein gewisses Unbehagen bei Archiven und Museen. Dieses mengenmäßige Missverhältnis hätte nur langfristig durch verstärkte Datenlieferungen aus diesen Sparten ausgeglichen werden können, was wiederum eine stärkere organisatorische und finanzielle Förderung der Digitalisierung und digitalen Erschließung in den nichtbibliothekarischen Bereichen vorausgesetzt hätte. Analog zu den Beständen wuchs auch die Anzahl der Besucher bzw. Zugriffe auf BAM (siehe Tabelle 2). Im Jahr 2014 waren es insgesamt 313.086 unterschiedliche Besucher mit über 18 Millionen Zugriffen. Tabelle 2: BAM-Statistik für den Monat Dezember in den Jahren 2008 bis 2014 Monat/ Jahr 12/2008 12/2009 12/2010 12/2011 12/2012 12/2013 12/2014
Unterschiedl. Besucher
Anzahl Besuche
Seiten
Zugriffe
19.212 16.801 13.725 13.033 10.730 12.582 32.562
21.531 18.884 15.457 15.262 12.767 16.749 42.249
110.216 50.993 49.674 37.564 227.852 177.018 330.047
2.455.162 1.012.704 850.016 774.562 861.621 776.893 1.759.292
3 Organisationsform In der Projektphase von 2001 bis 2007 wurde BAM von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert. Ab 2008 wurde es von einem Konsortium getragen, zu dessen Mitgliedern zuletzt das Bibliotheksservice-Zentrum Baden Württemberg (BSZ), der digiCULT-Verbund eG, das Landesarchiv Baden Württemberg, die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) sowie das TECHNOSEUM Mannheim gehörten. Den rechtlichen Rahmen bildete ein Konsortialvertrag, der die Rechte und Pflichten der Mitglieder regelte. Der laufende Betrieb von BAM wurde vom BSZ getragen und vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg ideell und finanziell unterstützt. Die nachhaltige Finanzierung des Portals stellte ein dauerndes Problem dar, weil es über keine eigenen Einnahmen verfügte, aus denen Personal- und Betriebskosten hätten bezahlt werden können. Durch den Übergang der DDB in den Regelbetrieb am 31. März 2014 stellte sich die Frage, wie lange es tragbar war, die knappen Ressourcen auf den Betrieb von zwei Kulturportalen zu verwenden. Diese Frage erhielt an Gewicht, weil bis auf das TECHNOSEUM alle Konsortialpartner im Kompetenznetzwerk für die DDB mitarbeiteten und das Landesarchiv Baden-Württemberg die Fachstelle für Archive sowie die SPK die Fachstelle für Museen betrieben. Deshalb entschied das BAM-Konsortium in seiner Sitzung am 11. Juli 2014, BAM zum Ende
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Juni 2015 einzustellen. Diese Entscheidung der Konsortialpartner fiel im Bewusstsein, dass das BAM-Portal wesentliche Richtwerte für die Planung und Entwicklung der Deutschen Digitalen Bibliothek vorgegeben hat, insbesondere für die spartenübergreifende Erschließung und Präsentation von Daten.
4 Teilnahme am Portal Eine Teilnahme an BAM ist nicht mehr möglich, weil der Portalbetrieb zum 30. Juni 2015 eingestellt wurde. Bis dahin wurde das Verhältnis von BAM und den teilnehmenden Institutionen in einer Nutzungsvereinbarung geregelt (siehe 2. Bestand). Für die Teilnahme wurden in einem Anhang der BAM-Nutzungsvereinbarung Datenlieferformate vorgegeben: MAB2 bzw. MARC für Bibliotheken, Encoded Archival Description (EAD) für Archive und museum.dat bzw. Lightweight Information Describing Objects (LIDO) für Museen. Trotz dieser Vorgaben war eine relativ freie Interpretation der mehr oder weniger streng reglementierten Formate durch die Datenlieferanten eher die Regel als die Ausnahme. Dies führte beim Import nach BAM zu einem relativ hohen Aufwand und für die teilnehmenden Institutionen zu teilweise längeren Wartezeiten. Durch eine stärkere Standardisierung der Lieferformate sollten solche Probleme beseitigt werden (siehe 6. Standards und Normdaten).
5 Technik Die BAM-Technik basierte auf der Volltext-Suchmaschinentechnologie Apache Lucene/Solr. Die verschiedenen Datenlieferformate wurden auf ein gemeinsames Format gemappt, importiert und zentral indexiert (siehe Kirchhoff, Schweibenz und Sieglerschmidt 2009, 258–261). Eine Abfrage erzeugte eine Trefferliste mit Facetten und einer Kurzbeschreibung, die zu Detailseiten führten, die entweder von BAM oder den teilnehmenden Institutionen bereitgehalten wurden.
6 Standards und Normdaten Eine Grundvoraussetzung für eine qualitativ gleichmäßige Erschließung auf hohem Niveau ist die Beachtung einer normierten Ansetzung in allen Sparten (Wefers 2014, 350). Dies war eine große Herausforderung für BAM, weil alle Sparten eigene Vorstellungen zur Notwendigkeit und Verwendung von Normdaten hatten. Deshalb blieb die Verwendung der Schlagwortnormdatei (SWD) und ihrer Synonyme für die Suche in allen Sparten Stückwerk (Kirchhoff, Schweibenz und Sieglerschmidt 2009, 261).
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Dies hat zum Teil auch daran gelegen, dass die Begriffe der SWD für die Erschließung in Museen und Archiven nicht ausreichend sind. Deshalb sind die Bibliotheken, insbesondere die Deutsche Nationalbibliothek, aufgefordert, den Begriff Gemeinsame Normdatei (GND) neu zu denken. Denn für Kulturportale bedeutet eine gemeinsam genutzte Normdatei mehr, als dass darin verschiedene Arten von Normdateien (Schlagwörter, Personen und Körperschaften, Orte) zusammengefasst werden. Vielmehr müssen Begriffe aus verschiedenen Sparten einfließen und gemeinsam genutzt werden. Dass dies möglich ist, zeigen vielversprechende Ansätze wie das DFG-Projekt IN2N und die museumsbezogene Vokabulararbeit des BSZ. IN2N ist ein Kooperationsprojekt zwischen der Deutschen Nationalbibliothek und dem Deutschen Filminstitut zur Integration von Normdaten, bei dem Personendaten aus dem Internetportal zum deutschen Film mit den entsprechenden Personendaten der GND zusammengeführt und kooperativ gepflegt werden. Für den Bereich des Museumsvokabulars erweitert das BSZ die GND um Begriffe des Objektbezeichnungsthesaurus des badenwürttembergischen Museumsverbundes. Diese Vokabulararbeit geschieht in enger Abstimmung mit der Arbeitsgruppe Regelwerke der Fachgruppe Dokumentation des Deutschen Museumsbundes. Neben der Vokabulararbeit war für das BSZ wie für die anderen Konsortialpartner die Gremienarbeit zur Entwicklung von internationalen Metadatenstandards im Museumsbereich wie museum.dat und LIDO ein zentrales Anliegen. Denn die Etablierung und Verbreitung solcher Metadatenstandards sind die Voraussetzungen für einen geregelten Datenaustausch von Institutionen untereinander und mit Kulturportalen.
7 Entwicklungsperspektiven Bedingt durch die Schließung zum 30. Juni 2015 gibt es für BAM keine Entwicklungsperspektiven. Die Zustimmung der teilnehmenden Institutionen vorausgesetzt, sollen die Bestände in die DDB überführt werden; die Umsetzung liegt gemäß den Vereinbarungen zwischen dem BAM-Konsortium und der DDB-Geschäftsstelle bei den DDBFachstellen. So setzt sich auch nach der Schließung des BAM-Portals die Konvergenz von Bibliotheken, Archiven und Museen im Internet fort (vgl. Wefers 2014). Damit verbunden bleibt die Herausforderung, den Erwartungen der Online-Nutzer gerecht zu werden, die ausschließlich an der Nutzung von Ressourcen interessiert sind, unabhängig davon, aus welchem Typ von Institution sie stammen und welche Ordnungs- und Klassifikationsregeln dort verwendet werden (vgl. Martin 2007, 82). Schwierig wird es, wenn diese Nutzer nach den digitalen Objekten die echten konsultieren wollen und feststellen müssen, dass diese auf verschiedene Institutionen verstreut und in der physischen Welt viel schwerer zugänglich sind als online (Martin 2007, 82). Dieses
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Phänomen trat auch beim BAM-Portal häufig auf: Nutzer hatten online den Nachweis eines gesuchten Objekts gefunden und wandten sich an BAM, um Zugang zu erhalten, mussten aber enttäuscht feststellen, dass dieses Objekt nur bei der besitzenden Institution verfügbar war, die sich vielleicht am anderen Ende der Republik befand. Hier haben Kulturportale noch ein großes Entwicklungspotenzial, das für den Bibliotheksbereich beispielsweise durch die Anbindung an Fernleihserver und Dokumentlieferdienste mit Direktlieferung an die Nutzer realisiert werden könnte. Zukunftsweisend waren die Maßnahmen zur Sichtbarmachung der Bestände in BAM durch eine Kooperation mit Wikipedia Deutschland ab August 2007. Wikipedia war eine offensichtliche Wahl wegen ihrer großen Beliebtheit und umfangreichen Editierbarkeit sowie der nachgewiesenen Wirksamkeit bezüglich der Sichtbarmachung von digitalen Objekten (vgl. Szajewski 2013). Mit Hilfe einer Vorlage konnten Wikipedia-Autoren in die Sektion „Weblinks“ eines beliebigen Wikipedia-Artikels eine vorformulierte Abfrage an das BAM-Portal einbauen, so dass mit einem Klick die zum Thema des Artikels passenden Daten im BAM-Portal aufrufbar waren. Aus dieser Kooperation zogen beide Vorteile: Wikipedia konnte seine Artikel mit Materialien aus dem BAM-Portal anreichern und BAM erhöhte die Sichtbarkeit der Inhalte aus den teilnehmenden Institutionen. Ende Januar 2015 waren mehr als 2.300 Artikel mit Links auf BAM versehen.
8 Zusammenfassung und Ausblick Rückblickend betrachtet, nimmt das BAM-Portal eine Vorbildfunktion für Kulturportale in Deutschland ein. Dies zeigt sich in verschiedenen Aspekten wie Bestand und Nutzungszahlen, aber auch darin, dass BAM 2012 in das Kaleidoskop der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen der Deutschen UNESCO Kommission e. V. aufgenommen wurde. Die Bedeutung von Kulturportalen besteht auch für die Zukunft in der Möglichkeit, zu „suchen, was Google nicht findet“ (Keßler und Schweitzer 2011, 539). Google hat zwar eine marktbeherrschende Stellung bei den Suchmaschinen, aber in Bezug auf kulturelle Inhalte lässt die Relevanz der Suchergebnisse häufig zu wünschen übrig, wie bei anderen kommerziellen Suchmaschinen auch. Wer sich selbst davon überzeugen will, möge einfach die Qualität der Treffer für „Heidelberger Schloss“ in einer kommerziellen Suchmaschine und einem Kulturportal miteinander vergleichen.
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9 Literatur Kaleidoskop der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen der Deutschen UNESCO Kommission e. V. http://www.unesco.de/6686.html. (25. April 2015). Keßler, Christine und Roswitha Schweitzer. „Suchen, was Google nicht findet. Wie sollte ein Recherche-Portal für Oberstufenschüler aussehen? Eine Umfrage gibt Aufschluss“. Buch und Bibliothek – Forum Bibliothek und Information 7/8, 63, (2011) 539–543. Kirchhoff, Thomas und Werner Schweibenz und Jörn Sieglerschmidt. “Libraries, Archives, and Museums and the Spell of Ubiquitous Knowledge”. Archival Science 8 (2009) 251–266. Martin, Robert S. “Intersecting Missions, Converging Practice”. RBM. A Journal of Rare Books, Manuscripts, and Cultural Heritage 8, 1, (2007) 80–88. Szajewski, Michael. „Using Wikipedia to Enhance the Visibility of Digitized Archival Assets”. D-Lib Magazine 19, 3/4 (2013). http://www.dlib.org/dlib/march13/szajewski/03szajewski.html. (25. April 2015). Wefers, Sabine. „Die Welt auf einen Blick: Konvergenz zwischen Bibliotheken und Museen“. Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie 61, 6 (2014) 348–353.
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Kulturpool.at als nationales Kultur-Portal für Österreich 1 Einleitung Der Umgang mit (digitalem) kulturellem Erbe ist von zentraler Bedeutung für zukünftige Strategien in der Informationsgesellschaft. Als ein wichtiger Punkt gilt dabei der übergreifende Zugang zu den Beständen von Museen, Sammlungen, Bibliotheken und Archiven. Bisher musste man auf der Suche nach Objekten in den in Frage kommenden Institutionen einzeln recherchieren. Durch eine Institutionen-übergreifende Suchanfrage könnte man beispielsweise erfahren, dass Werke von Albrecht Dürer nicht nur zusammen mit der weltbekannten Grafik des Feldhasen in der Albertina zu finden sind, sondern, dass sowohl das Kunsthistorische Museum Wien als auch die Österreichische Nationalbibliothek Besitzer von Werken von Albrecht Dürer sind. Überraschend oft stößt man auch auf Fundstellen im audiovisuellen Bereich, die man nicht erwartet hätte, wie zum Beispiel in der Österreichischen Mediathek. Um eine übergreifende Suche in österreichischen Gedächtnisinstitutionen zu ermöglichen, wurde im Laufe der Jahre 2008 und 2009 als interministerielle Initiative des damaligen Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur und des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung das Kultur-Portal Kulturpool realisiert. Damit sollte sowohl dem Bildungsbereich als auch den Kultur- und Wissenschaftsinstitutionen das österreichische Kulturerbe auf einfachem Weg zugänglich gemacht werden. Der Kulturpool bietet diesen Zugang in Form eines zentralen Übersichts- und Such-Portals zu digitalisierten Objekten und Katalogen aus österreichischen Kulturerbe-Institutionen. Mit einer semantischen Suchmaschine werden die Datenbanken der unterschiedlichen Institutionen durchsucht, und den Benutzern in einer einheitlichen Form übersichtlich zur Verfügung gestellt. Diese hochwertige Suche ist zentrales Werkzeug des Portals. Darüber hinaus bietet der Kulturpool zusätzlichen Mehrwert durch zielgruppenspezifische Services für Institutionen und Einzelpersonen. Herausforderung dabei ist, die verschiedenen Zielgruppen des Kulturpools adäquat anzusprechen. So sind die Interessensschwerpunkte und Informationsbedürfnisse der Zielgruppen durchaus unterschiedlich. Der Kulturpool will den Anforderungen der kulturinteressierten Öffentlichkeit, dem Bildungsbereich bis hin zu Wissenschaft und Forschung in Kultur- und Geisteswissenschaften Rechnung tragen. Das reicht vom einfachen Auffinden von Inhalten durch Surfen im Web bis hin zur gezielten wissenschaftlichen Recherche. Darüber hinaus dient der Kulturpool als zentraler Aggregator (Datenlieferant) digitalen österreichischen Kulturerbes für die Europäische Digitale Bibliothek Euro-
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peana und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Verbreitung österreichischen Kulturerbes auf europäischem Niveau. So überschritt die Anzahl der durchsuchbaren Objekte in der Europeana die 20 Millionen Grenze durch ein vom Kulturpool an die Europeana übermitteltes Objekt, das Gemälde „David mit dem Haupt des Goliath“ von Caravaggio aus dem Bestand des Kunsthistorischen Museums Wien. Dieses Werk ist ein besonders gutes Beispiel für die europäische Dimension der Europeana: Geschaffen in Italien, gelangte das Gemälde über England und die Niederlande schließlich 1667 in kaiserlich-österreichischen Besitz, aus dem die Sammlungen der österreichischen Bundesmuseen hervorgegangen sind.
Abb. 1: Suchergebnis im Kulturpool
2 Bestand bzw. geplante Bestandsentwicklung Der Kulturpool enthält Objekte aus namhaften österreichischen Kulturerbe-Institutionen wie z. B. dem Kunsthistorischen Museum Wien, der Albertina, der Österreichischen Nationalbibliothek, der Österreichischen Mediathek, der niederösterreichischen Landesbibliothek oder des Ars Electronica Archivs. Wesentliche Voraussetzung für die Aufnahme von Objekten in den Kulturpool ist das Vorliegen von Objekten in digitaler Form mit entsprechenden Metadaten. Die
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Metadaten-Spezifikationen sind abgestimmt mit denen der Europeana. Für Datenlieferanten an den Kulturpool besteht außerdem das optionale Angebot, in den Kulturpool eingebrachte Daten an die Europeana weiterzureichen. Der Kulturpool wird funktional und inhaltlich ständig erweitert. So werden zusätzliche zielgruppenspezifische Funktionalitäten entwickelt und sukzessive weitere Quellen an den Kulturpool angeschlossen. Auch das 30-Millionste Objekt in der Europeana wurde über den Kulturpool eingebracht. Es handelte sich um den Animationsfilm „The Fantastic Flying Books of Mr. Lessmore“ aus dem Ars Electronica Archiv in Linz.
3 Organisationsform Beim Kulturpool handelt es sich um ein Service des Bundeskanzleramts Österreich, des Bundesministeriums für Bildung und Frauen und des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft. Der Betrieb der Plattform erfolgt durch uma Information Technology GmbH. Ein strategisches Ziel bei der Entwicklung des Kulturpools war die engere Verknüpfung zwischen Kultur und Bildung durch Aufbereitung und Bereitstellung von digitalisierten Inhalten für den Bildungsbereich, sowie der breiten Bevölkerung das österreichische Kulturerbe mit neuen Technologien zugänglich zu machen.
4 Teilnahme am Portal Die Teilnahme am Kulturpool ist für Institutionen kostenfrei und mit geringem Aufwand verbunden, der hauptsächlich in der Abstimmung der Metadatenfelder liegt. Von den teilnehmenden Institutionen wird eine Vereinbarung unterzeichnet, in der die Rechte und Pflichten der Datenlieferanten und des Kulturpools festgelegt werden. Bei Objekten, die in den Kulturpool aufgenommen werden sollen, werden inhaltliche, technische, formale, qualitative und rechtliche Kriterien geprüft. Wesentliche Kriterien sind der Bezug auf österreichisches Kulturerbe, das Vorliegen eines Digitalisats und die Qualität der Metadaten. Alle Rechte und Verantwortlichkeiten für die gelieferten Daten liegen bei den Institutionen selbst, da der Kulturpool lediglich eine Portal-Funktion erfüllt. Die zentrale Recherche erfolgt in einem Pool von Metadaten, die von den teilnehmenden Institutionen zur Verfügung gestellt werden. Vor einer Entscheidung über die Aufnahme von Objekten in den Kulturpool werden Empfehlungen eines wissenschaftlichen Fachbeirats eingeholt.
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Der Kulturpool bietet den teilnehmenden Institutionen den optionalen Service an, die Weitergabe der gelieferten Metadaten an die Europeana zu übernehmen (Aggregator). In diesem Fall wird die Vereinbarung mit der Europeana Foundation über den Datenaustausch (Europeana Data Exchange Agreement) von uma Information Technology GmbH im Namen der Institution abgeschlossen. Darin wird ergänzend zu den Bedingungen der Teilnahme am Kulturpool vereinbart, dass für Objekte in der Europeana die Weiterverwendung von Metadaten und Vorschaubildern durch Dritte uneingeschränkt im Sinn einer Creative-Commons-Lizenz Null (CC0) gestattet wird.
5 Technik Der Anbindungsprozess einer Datenquelle erfolgt unter Berücksichtigung der individuellen Situation der Institution, sowohl in technischer Hinsicht (Datenstruktur, Speicherformat, Zugriff, Indizierungsverfahren) als auch in inhaltlicher (Zuordnung der Metadaten, Darstellungsart). Daten können beispielsweise durch einen Daten export (z. B. in den Formaten XML, Excel oder csv) geliefert werden oder durch den Zugriff mit Leserechten auf die jeweilige Datenbank (z. B. mittels JDBC-Datenbankschnittstelle). Auch die Übertragung kann auf unterschiedliche Weise erfolgen: Per HTTP, FTP, OAI-PMH, Mail oder bei Bedarf auch über ein Kulturpool-Content Repository. Die Metadaten der Objekte werden im Index des Kulturpools gespeichert. Das Objekt selbst bleibt immer in der Obhut der jeweiligen Institution. Im Kulturpool wird lediglich eine Referenz auf das Original gespeichert und dargestellt. Um einen langfristigen Zugang zu den Daten sicherzustellen, ist es daher wichtig, mit einer eindeutigen Webadresse (persistent identifier) zum digitalen Objekt zu arbeiten. Um eine Struktur für nachhaltigen Wissenstransfer aufzubauen, kommt die semantische Service-Plattform Melvil© in Kombination mit neuesten Funktionalitäten zum Einsatz. Durch den inhaltsspezifischen oder auch „vertikalen“ semantischen Such-Service, sowie durch die Vorselektion von Datenquellen, können Suchresultate speziell auf die Bedürfnisse der Benutzergruppen zugeschnitten werden. Unterstützend wirkt dabei die sogenannte „geführte Suche“ mittels vordefinierter Klassifikation. Diese Kombination von Volltext- und semantischer Suche ermöglicht es, hochqualitative Suchergebnisse zu erzielen.
6 Standards und Normdaten Als Basis für die Suche und das Mapping, d. h. die Zuordnung der Metadaten zu anderen Systemen, gelten die Metadaten eines Objekts. Die Metadaten-Struktur des Kulturpools setzt sich einerseits aus Metadaten-Elementen bekannter Standards
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zusammen, wie den Dublin Core Metadata Terms (DCMI), den Categories for the Description of Works of Art (CDWA) oder dem Visual Ressources Association Core 4.0 (VRA). Andererseits werden sie ergänzt durch eigene Kulturpool-Metadatenelemente, die nicht aus bestehenden Standards abgeleitet werden konnten. Das betrifft z. B. den Verkauf von Kopien von Kunstwerken oder die Kontaktfelder zu Kuratoren und dergleichen. Der Kulturpool-Standard verwendet acht Klassen zur Kategorisierung der 74 Metadatenelemente: Item-Basis beschreibt das reale Kunstobjekt (z. B. Titel, Beitragende/r), und die Klasse ObjectDetails seine Details (z. B. Genre, Material). Attributes beschreibt die Details des digital dargestellten Kunstobjektes (z. B. Format, Objekttyp). Contributors enthält Daten über Personen, die etwas zum Objekt beigetragen haben (z. B. Kuratorenkontakt), und Exploitation nötige Daten zum Verkauf von Kopien (z. B. Copyright, Publikationsdatum). Education betrifft das Publikum, dem das digitale Objekt vorgeführt werden kann (z. B. Bildungslevel, Vermittlungsart). Die Klasse Relation enthält mögliche Beziehungen zu anderen digitalen Kunstobjekten im Kulturpool (z. B. HasVersion, IsPartOf). KupoInternal enthält Zugangsrechte und Tags, die für den Kulturpool spezifiziert wurden. Zusätzlich zu den Möglichkeiten von Linked-Open-Data, der Vernetzung unterschiedlicher Daten, gewinnt die Kontextualisierung dieser Daten durch die Anreicherung mit semantischen Informationen mehr und mehr an Bedeutung. Partizipative Strategien ermöglichen es Usern, sich aktiv zu beteiligen. Beispielsweise durch die Verlinkung von Daten in sogenannten „Smartworks“ (kurze themenbasierte Abhandlungen) oder ihrer Verschlagwortung. Schlagworte können nicht nur vergeben, sondern von der Redaktion auch qualitätsgeprüft werden und in einer Tag-Cloud zu einem intuitiven Suchverhalten motivieren. Rechercheergebnisse können in personalisierten Merklisten gespeichert werden. Des Weiteren bietet das Portal einen kollaborativen Bereich, der zur Unterstützung wissenschaftlicher Forschungsarbeit genutzt wird. Eine Alternative zur gezielten Volltextsuche ist die Suche nach ähnlichen Objekten im Kulturpool oder der Europeana. Durch Einbindung des Europeana Search Application Programming Interface (API) können Suchergebnisse aus österreichischen Beständen mit zusätzlichen Informationen aus dem gesamteuropäischen Kontext ergänzt werden.
7 Entwicklungsperspektiven bzw. -pläne Vorrangiges Ziel in den kommenden Jahren wird nach wie vor die Erweiterung des Umfangs der Inhalte durch Einbinden von weiteren Quellen und Objekten bleiben.
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Die komplexen Suchmöglichkeiten werden weiterhin zentrales Element des Kulturpools sein. In den kommenden Jahren soll vom Kulturpool verstärkt die Einbindung in Social Media genutzt werden. Das Auffinden von Zusammenhängen nimmt an Wichtigkeit zu. In Gruppen und sozialen Netzen werden heute über automatisierte Newsfeeds thematisch gefilterte Inhalte von Personen oder Gruppierungen mit gleicher Interessenslage weitergereicht. Neben der klassischen Suche von Inhalten via Suchmaschinen, nimmt die Vernetzung über Plattformen zu und wird immer wichtiger. Möglichkeiten in der Kommunikation, die auf die Einbindung von Interessensgruppen in den Kulturpool abzielen, können auch zur größeren Verbreitung im Netz beitragen. Hinausgehend über die bisherigen Möglichkeiten einer Beteiligung durch Benutzer, ist beabsichtigt, Zielgruppen, die Interesse und Willen an einer aktiven Beteiligung an der Generierung von Inhalten zeigen, in Hinkunft vermehrt Gelegenheit zur Teilnahme zu geben.
8 Zusammenfassung und Ausblick Der Kulturpool hat sich zum Ziel gesetzt, Wissen über das österreichische Kulturerbe einer breiten Bevölkerung zugänglich zu machen. Unabhängig von Ort und Zeit können die digitalen Kunst- und Kulturerbe-Ressourcen Österreichs aus öffentlichen und privaten Museen, Archiven, Sammlungen, Bibliotheken, Katalogen und anderen Kulturdatenbanken über einen zentralen Zugang durchsucht werden. Die Verknüpfung verschiedenster Datenbestände durch den Kulturpool ermöglicht ein disziplinübergreifendes Arbeiten. Darüber hinaus bietet er den Kulturinstitutionen eine Plattform mit europaweiter Öffentlichkeit. Mit der Einrichtung einer permanenten Schnittstelle zur Europeana unterstützt der Kulturpool Kulturinstitutionen in ganz Österreich, ihre Wahrnehmung in der Öffentlichkeit zu steigern. So öffnet er ein zusätzliches Repräsentationsfenster für Institutionen und deren Kunst- und Kulturschätze auf internationalem Niveau. Auf Basis der Breite und Tiefe der verfügbaren Inhalte bietet sich für den Kulturpool die Chance, zur zentralen Adresse für die Suche, Aufbereitung und Verbreitung von Inhalten des österreichischen Kulturerbes – der „Sammlung Österreich“ – zu werden. Dazu ist eine umfassende Kommunikationsstrategie notwendig. Die Informationsgesellschaft holt sich Wissen nicht mehr aus Katalogen und Bibliotheken, sondern zusätzlich aus automatisierten Datenströmen im Web wie Facebook, Twitter und RSS-Feeds. Durch aktive Beteiligung in diesen Kanälen wird durch einzelne Benutzer die Verbreitung von Inhalten übernommen. Die größte Herausforderung der kommenden Jahre wird – vor allem für Inhalte aus dem Kulturbereich – das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte beim Zugang zu Online-Angebote bilden. Wichtig wäre eine Lösung, die den Anforderungen des 21.
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Jahrhunderts entspricht. In Hinblick auf die derzeit geltenden Bestimmungen wird kulturelles Material, das bereits in digitaler Form vorliegt, oft nicht online veröffentlicht. Durch das Fehlen von digitalen Objekten aus dem 20. Jahrhundert, die aufgrund ihres Erstellungszeitpunkts dem Urheberecht unterliegen, ist eine große Lücke in den Inhalten im Entstehen. Nach einem Weg, wie die Problematik unter Wahrung der Rechte der Urheber gelöst werden kann, wird dringend gesucht. Eine weitere Herausforderung bildet die Weiterverwendung von Informationen. Für den öffentlichen Sektor wurde dazu bereits durch das Europäische Parlament eine Richtlinie erlassen (Public-Sector-Information-Richtlinie), deren Umsetzung in die nationalen Rechtsordnungen im Gange ist.
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Das Archivportal-D
Neue Zugangswege zu Archivgut innerhalb der Deutschen Digitalen Bibliothek
1 Einleitung Am 24. September 2014 wurde das Archivportal-D auf dem Deutschen Archivtag für die Nutzung freigeschaltet und ist seitdem unter der Adresse www.archivportal-d.de für jedermann kostenfrei zugänglich. In ihm werden fachgerecht aufbereitete Informationen zu deutschen Archiven, deren Beständen, Findmitteln und Archivgut bereitgestellt. Das Archivportal-D bietet erstmals einen umfassenden überregionalen, archivtypübergreifenden Zugang zu archivischen Erschließungsinformationen und wird zum zentralen deutschlandweiten Einstiegspunkt für die Online-Recherche nach Archivinformationen und Archivgut ausgebaut. Es bildet somit das Pendant der archivischen Welt zu den Verbundkatalogen sowie dem Karlsruher Virtuellen Katalog (KVK) der Bibliotheken.1 Zugleich bildet es die erste spartenspezifische Anwendung mit den Daten der Deutschen Digitalen Bibliothek (DDB).2 In der archivischen Fachwelt wurde bereits vor längerer Zeit der Bedarf erkannt, Erschließungsleistungen und digitalisierte Archivalien verstärkt in digitaler Form im Internet bereitzustellen. Bislang erfolgte der Nachweis digital verfügbarer Erschließungsinformationen hauptsächlich in institutionseigenen Informationssystemen sowie bestenfalls zusätzlich in archivtypspezifischen oder regionsbezogenen Plattformen. Diese Situation konnte in den letzten Jahren durch verschiedene Ansätze wesentlich verbessert werden: Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstützt die Retrokonversion archivischer Papierfindmittel in ihrem Förderprogramm „Erschließung und Digitalisierung“.3 Für die Digitalisierung des Archivguts selbst eröffnen sich zunehmend Fördermöglichkeiten, sie wird des Weiteren durch Digitalisierungsstrategien verschiedener Bundesländer und Archivverwaltungen vorangetrieben.4
1 www.ubka.uni-karlsruhe.de/kvk.html. Der letzte Zugriff auf die angegebenen URLs erfolgte am 24. März 2015. 2 www.deutsche-digitale-bibliothek.de. Siehe Beiträge dazu in diesem Band. 3 Zur DFG-Aktionslinie siehe zuletzt Kienzle 2014, 61–64. 4 So z. B. im Landesarchiv Baden-Württemberg, das bereits 2000–2001 das DFG-geförderte Projekt „Workflow und Werkzeuge zur digitalen Bereitstellung größerer Mengen von Archivgut“ bearbeitete und seit 2007 eine eigene Digitalisierungsstrategie besitzt. Siehe dazu: Fricke 2004, 187–195 und Kretzschmar 2008, 14–19.
Das Archivportal-D
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Schließlich steht mit dem Archivportal-D nun eine deutschlandweite Plattform für die Präsentation von Erschließungsergebnissen und Archivgut zur Verfügung.
Abb. 1: Archivportal-D: Startseite (Foto: Landesarchiv Baden-Württemberg)
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2 Bestand bzw. geplante Bestandsentwicklung Das Archivportal-D greift auf die archivischen Inhalte der DDB zurück. Was Archivdaten betrifft, ist der Bestand in beiden Portalen also identisch. Wenn Archivinformationen in die DDB eingespielt werden, sind sie zugleich auch im Archivportal abrufbar. Die zusätzliche archivische Plattform war erforderlich, um speziellen Anforderungen an die Präsentation von Archivgut gerecht werden zu können. Denn die Intention und große Stärke der DDB besteht darin, einen gemeinsamen und zentralen Zugangspunkt zum kulturellen Erbe sowie zu wissenschaftlicher Information deutscher Einrichtungen darzustellen. Dabei müssen die unterschiedlichsten Bedürfnisse der verschiedenen kulturgutbewahrenden Sparten einbezogen werden. Folglich lassen sich spartenspezifische Erfordernisse nicht immer umsetzen. Im Fall archivischer Daten geht die Abbildung von Erschließungsinformationen im interdisziplinären Kontext daher mit einigen Informationsverlusten einher, etwa hinsichtlich des Stellenwerts von Strukturen und Hierarchien. Die besonderen spartenspezifischen Erfordernisse wurden daher im Archivportal-D als eigene Präsentationsschicht mit zusätzlichen Recherchemöglichkeiten und angepasster Darstellung realisiert. Dort können die Nutzerinnen und Nutzer mit einem Suchvorgang die Beständeübersichten und Findmittel aller teilnehmenden Archive durchsuchen. Dazu zählen beispielsweise staatliche Archive, Kreis- und Stadtarchive, Wirtschafts- oder Unternehmensarchive, kirchliche Archive, Archive von Hochschulen und Medienarchive. Soweit auch Digitalisate von Archivgut vorliegen, sind Vorschaubilder abrufbar. Höhere Auflösungen können in der Regel über Links zu den Herkunftssystemen aufgerufen werden. Für die Lizenzierung der Inhalte gelten die Bedingungen der DDB.5 Die Anzahl registrierter Archive bei der DDB stieg während der Laufzeit des Archivportal-DAufbauprojekts (betrachteter Zeitraum: September 2012 bis März 2015) von 200 auf etwa 460 an. Die Zahl datenliefernder Archive konnte sogar verzehnfacht werden: Vor Projektbeginn stellten lediglich fünf archivische Einrichtungen Inhalte für die DDB bereit. Mittlerweile (März 2015) sind es bereits 50 Archive mit insgesamt über 6,5 Mio. Datensätzen aus 60.000 Beständen. Am Bereich des Ingests, d. h. der Datenintegration, zeigt sich auch der besondere Vorteil, der sich für beide Portale aus der Anbindung des Archivportals an die DDBInfrastruktur ergibt: Daten müssen nur ein Mal vorbereitet werden, um in beiden Oberflächen auffindbar zu sein. Davon profitiert auch die DDB, da das Projektteam des Archivportals-D die Fachstelle Archiv der DDB bei der Aufbereitung und dem Einspielen von Archivdaten unterstützen konnte. Dadurch konnten vermehrt Inhalte eingebunden werden. Auch das verstärkte Interesse an einer Beteiligung lässt sich sicher zu einem erheblichen Teil auf die Öffentlichkeitsarbeit im Archivportal-Projekt und 5 Lizenzen und Lizenzhinweise auf den Seiten der DDB: www.deutsche-digitale-bibliothek.de/content/lizenzen/.
Das Archivportal-D
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die Möglichkeit einer fachgerechten Darstellung der Daten im Spartenportal zurückführen.
3 Organisationsform Das Archivportal-D wurde in enger Verknüpfung mit der DDB-Plattform und dem DDB-Kompetenznetzwerk im Rahmen eines eigenen Aufbauprojekts von Oktober 2012 bis Frühjahr 2015 mit Förderung der DFG entwickelt. Eine zweite einjährige Projektphase schloss sich ab Juni 2015 an. Das Projektkonsortium der ersten Phase bestand aus dem Landesarchiv Baden-Württemberg, bei dem auch die Gesamtverantwortung für das Unternehmen liegt, FIZ Karlsruhe – Leibniz-Institut für Informationsinfrastruktur als technischem Partner für die Entwicklung und den Betrieb des Portals, der Archivschule Marburg, dem Landesarchiv Nordrhein-Westfalen und dem Sächsischen Staatsarchiv. Das Arbeitsprogramm innerhalb der ersten Projektphase stellt sich wie folgt dar: Eine erste Aufgabe war die Anpassung der datenhaltenden Schicht in Verbindung mit dem Application Programming Interface (API) der DDB. Von besonderer Bedeutung war selbstredend die Entwicklung und Anbindung der archivspartenspezifischen Präsentationsschicht. Darüber hinaus stand die Weiterentwicklung bestehender IngestStrukturen an archivische Bedürfnisse auf dem Plan, wofür u. a. schon vorhandene Software-Werkzeuge angepasst wurden. Außerdem wurde den teilnahmeinteressierten Archiven während der gesamten Projektlaufzeit verstärkt Unterstützung bei der Einbindung von Inhalten geboten. Diese stellt für viele Einrichtungen wohl die größte Herausforderung für eine Beteiligung dar, denn ein Datenexport aus dem eigenen Erschließungssystem in definierte Eingangsformate für übergreifende Portale ist oft aufwändig und kompliziert. Eine weitere wichtige Aufgabe war die Anbindung von Regionalportalen an das Archivportal-D. Hierfür wurde eine Schnittstelle vom Portal Archive in NordrheinWestfalen zum Archivportal-D realisiert, um dessen Inhalte in die DDB und das Archivportal-D zu integrieren.6 Ferner besteht auch schon mit den Betreibern weiterer regionaler Archivportale im Hinblick auf mögliche zukünftige Datenlieferungen Kontakt. Schließlich wurden zusammen mit dem Bundesarchiv als deutschem Projektpartner die Voraussetzungen für die Weitergabe von Erschließungsinformationen an das europäische Archivportal – Archives Portal Europe – geschaffen.7 Die Ergebnisse der ersten Projektphase werden nun im Rahmen des erwähnten Fortsetzungsprojekts gesichert und erweitert.
6 www.archive.nrw.de. 7 www.archivesportaleurope.net, siehe Beitrag in diesem Band.
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Gerald Maier, Christina Wolf
Nach der DFG-geförderten Aufbauphase läuft der Regelbetrieb, d. h. Daten-Ingest und Pflege der Portalinfrastruktur, im Rahmen der DDB-Infrastruktur. Die zukünftige Weiterentwicklung wird daher innerhalb der Arbeits- und Ressourcenplanung der DDB erfolgen.
4 Teilnahme am Portal Teilnahme am Archivportal-D bedeutet auch zugleich Teilnahme an der DDB. Entscheidend ist, dass im Falle einer Beteiligung an der DDB und am Archivportal-D alle notwendigen Arbeitsschritte für Archive und Portalbetreiber nur einmalig anfallen, da beide Oberflächen auf dieselbe Datenbasis zurückgreifen.8 Eine Aufnahme in die Portale DDB und Archivportal-D ist für teilnehmende Archive zudem kostenfrei. Zunächst ist es notwendig, dass sich das Archiv als archivischer Datenlieferant bei der DDB registriert. Damit ist es bereits mit den institutionellen Informationen in DDB und Archivportal-D auffindbar. Um jeden Datenlieferanten eindeutig identifizieren und Updates zuordnen zu können, muss er ferner über eine ISIL-Nummer verfügen, einen internationalen Identifikator für Kultureinrichtungen, den er kostenlos bei der Deutschen ISIL-Agentur beantragen kann.9 Nun wird ein kurzer Fragebogen zu den Beständen beantwortet, die eingestellt werden sollen. Ziel ist es, hierdurch auf Portalseite einen Überblick über die zu erwartenden digitalen Bestände und die Anzahl der Digitalisate zu erhalten. Mit der Unterzeichnung des DDB-Kooperationsvertrags wird schließlich die rechtliche Grundlage für eine Datenlieferung an die DDB und das Archivportal-D und die dortigen Internetpräsentationen geschaffen.10 Parallel zu den genannten rechtlich-organisatorischen Schritten können bereits Testdaten an die Fachstelle Archiv der DDB oder an das Projektteam des Archivportals-D übermittelt werden. Anhand eines Testdatensets wird überprüft, inwieweit die Datenlieferung dem archivischen Standardlieferformat für DDB und ArchivportalD, EAD(DDB), entspricht oder ob ein Mapping nach EAD(DDB) notwendig ist.11 Bei Bedarf wird mittels der übersandten Testdaten das Datenmapping abgestimmt, das 8 Eine detaillierte Schilderung der einzelnen Schritte mit weiterführenden Hinweisen findet sich unter der Adresse www.archivportal-d.de/info/about/Tipps_zur_Beteiligung. Antworten auf häufig gestellte Fragen sind hier abrufbar: www.archivportal-d.de/info/about/FAQ. 9 ISIL = International Standard Identifier for Libraries and Related Organizations. Zur Vergabe siehe sigel.staatsbibliothek-berlin.de/vergabe/isil/. 10 Nähere Informationen zum Kooperationsvertrag siehe www.deutsche-digitale-bibliothek.de/ content/ddb/cooperation_agreement und Eine gute Grundlage. Rechtliche Voraussetzungen der Kooperation mit der Deutschen Digitalen Bibliothek. Hrsg. von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Berlin, 2014. 11 Zum Datenformat EAD(DDB) siehe Kapitel 6, „Standards“.
Das Archivportal-D
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die Abbildung der Ausgangsdaten auf das Zielformat definiert. Die Bereitstellung der Echtdaten kann schließlich über einen sogenannten FTP-Upload erfolgen. Nach Kontrolle und Freigabe der Daten im Testsystem werden sie in die DDB und in das Archivportal geladen und sind dort öffentlich zugänglich. Eine Beteiligung an der DDB und am Archivportal-D bietet einzelnen Archiven zahlreiche Vorteile. Ihre Inhalte können in den Portalen – zusätzlich zum eigenen Archivinformationssystem – im Umfeld weiterer Erschließungsinformationen, digitalisierten Kulturguts und wissenschaftlicher Information anderer Institutionen aufgefunden werden. Das erhöht die Sichtbarkeit eines Archivs und seiner Inhalte. Im Archivportal-D werden dabei spartenspezifische Anforderungen an die Abbildung von Tektonik und Klassifikation und an Möglichkeiten zur mehrdimensionalen Suche vollständig berücksichtigt. Archive ohne eigenes Online-Findmittelsystem erhalten hier die Chance, ihre Erschließungsinformationen erstmals im Internet fachgerecht bereitzustellen. In der spartenübergreifenden Sicht der DDB können die archivischen Inhalte im Kontext anderer kulturgutbewahrender Sparten wie Bibliotheken, Museen und Mediatheken recherchiert werden. Bei entsprechender Datenqualität (u. a. Anreicherung mit Normdaten) werden sich durch semantische Verknüpfungen zusätzliche Optionen zur weiteren Vernetzung bieten. Dass die Teilnahme an der DDB und am Archivportal-D mit nur einer Datenlieferung in demselben Format – EAD(DDB) – erfolgt, ist für interessierte Archive natürlich ebenfalls von Vorteil. Durch Schnittstellen der DDB zur Europeana und des Archivportals-D zum europäischen Archivportal wird zusätzlich die Beteiligung an diesen internationalen Plattformen für einzelne Archive deutlich vereinfacht, kann weitgehend automatisiert werden und ohne Mehraufwand für die Datenlieferanten erfolgen.
5 Portaloberfläche und Funktionalitäten Technisch muss beim Archivportal zwischen dem „Backend“ für die Datenhaltung und den Ingest sowie dem „Frontend“, d. h. der Portaloberfläche, unterschieden werden. Das Backend ist Teil der DDB-Infrastruktur, auf die hier nicht näher eingegangen werden soll. Im Frontend stellt das Archivportal Informationen zu Archivinstitutionen, Beständeübersichten, Findmittel und Digitalisate über eine zentrale Oberfläche bereit. Unterschiede zur Benutzerführung in der DDB sind schon auf der Startseite des Portals erkennbar. Analog zur DDB kann man über einen Suchschlitz eine globale Suche über alle Inhalte tätigen. Von zentraler Bedeutung ist jedoch der Einstieg in die sogenannte Strukturrecherche: Nutzer erhalten direkt auf der Startseite die Möglichkeit, die Archivlandschaft durch Filterkriterien über sogenannte Facetten auf für ihre Fragestellung relevante Archive einzugrenzen und nur deren Inhalte zu durchsuchen.
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Unter der Überschrift „Archive finden“ lassen sich Archiveinrichtungen zunächst nach den Merkmalen Bundesland, Archivsparte – entsprechend den Fachgruppen des archivischen Berufsverbands Verband deutscher Archivarinnen und Archivare12 – und Anfangsbuchstabe filtern. Die unterschiedlichen Werte können dabei miteinander kombiniert und innerhalb einer Suchgruppe eine Mehrfachauswahl getroffen werden. Auffindbar sind so Adressinformationen, Lagekarten und gegebenenfalls der Einstieg über die Archivtektonik zu den jeweils bereitgestellten Beständen und Findmitteln.
Abb. 2: Archivportal-D: Strukturansicht mit Suchergebnis (Foto: Landesarchiv Baden-Württemberg)
Textliche Suche und Strukturrecherche lassen sich zudem miteinander verknüpfen, indem Eintragungen im Feld „Einfache Suche“ direkt auf einzelne Archive eingeschränkt werden. Die Treffermenge kann auch im Nachhinein durch Zuwahl weiterer Filter oder Auswahl eines Asts im Strukturbaum weiter eingegrenzt werden. 12 Siehe www.vda.archiv.net.
Das Archivportal-D
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Ebenso ist es denkbar, auch ohne Vorauswahl von Suchkriterien auf der Startseite zunächst alle Inhalte des Archivportals-D anzuzeigen und im Strukturbaum über Archiveinrichtungen und archivische Hierarchien hinweg bis hin zu einzelnen Verzeichnungseinheiten zu navigieren. Ein umfassendes Rechercheinstrument stellt auch die erweiterte Suche dar, die weitreichende, individuell konfigurierbare Rechercheoptionen bietet.
Abb. 3: Archivportal-D: Detailansicht einer Titelaufnahme mit Vorschaubild (Foto: Landesarchiv Baden-Württemberg)
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In der Detailansicht eines Objekts ist seine Verortung in der Archivtektonik (d. h. in der Beständeübersicht) und/oder Klassifikation (d. h. Struktur innerhalb eines Bestands) deutlich hervorgehoben. Diese Hierarchieinformationen sind wiederum anwählbar und auch ein Vor- und Zurückblättern auf Treffern derselben Ebene ist möglich. Die Objektdetails enthalten neben verschiedenen Erschließungsangaben unter anderem auch Links zur Anzeige desselben Treffers in der DDB und im System des Datenlieferanten. Weitere komfortable Features runden den Funktionsumfang des Archivportals ab. Dazu zählen die Möglichkeit, schon in den Trefferlisten Kontextinformationen zu einem Objekt einzublenden, und das Speichern interessanter Fundstücke in persönlichen Merklisten, die zugleich in der DDB verfügbar sind. Ebenso können Detailseiten und Ergebnislisten als PDF-Dokument heruntergeladen werden und für archivfachliche Begriffe besteht die Verknüpfung mit einem erläuternden Glossar.
6 Standards: EAD(DDB) als einheitliches Datenlieferformat im Archivbereich Als Eingangsformat für archivische Erschließungsdaten dient – für die DDB und das Archivportal-D zugleich – EAD(DDB). Dabei handelt es sich um ein Subset von EAD (Encoded Archival Description), einem internationalen Standard zur Beschreibung mehrstufiger archivischer Erschließungsinformationen.13 Bislang kamen in Deutschland unterschiedliche EAD-Profile zum Einsatz. Mit breiter Unterstützung der archivischen Fachwelt wurde daher von einer Arbeitsgruppe mit Vertretern deutscher Archiveinrichtungen ein EAD(DDB)-Profil entwickelt mit dem Ziel, die unterschiedlichen gebräuchlichen EAD-Ausprägungen zugunsten eines gemeinsamen Austauschformats zu vereinheitlichen.14 Das definierte EAD(DDB)-Profil kommt nun als Standardeingangsformat für die DDB und das Archivportal-D zum Einsatz, bedient aber auch darüber hinaus eine bestehende Nachfrage nach einem gemeinsamen Datenaustauschformat. Dies lässt sich an der hohen Akzeptanz von EAD(DDB) und der Bereitschaft zur Entwicklung von EAD(DDB)-Schnittstellen für den Export und Import ablesen, letzteres etwa im Fall des regionalen Archivportals von NordrheinWestfalen. Das Profil soll von der EAD(DDB)-AG dahingehend weiterentwickelt werden, dass die einheitliche Einbindung von Digitalisaten über den an die Präsentation von Archivgut angepassten DFG-Viewer ermöglicht wird.15
13 www.loc.gov/ead/index.html. 14 Zu EAD(DDB) siehe Fischer 2012, 160–162 und www.landesarchiv-bw.de/ead. 15 Zum DFG-Viewer siehe dfg-viewer.de/ueber-das-projekt/.
Das Archivportal-D
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7 Entwicklungsperspektiven und -pläne Nach der ersten Projektphase begann im Juni 2015 ein einjähriges Anschlussprojekt zur Weiterentwicklung des Archivportals-D, wiederum mit Förderung durch die DFG. Der Kreis der Projektpartner wurde dabei um die Deutsche Nationalbibliothek erweitert. Diese zweite Förderphase dient der Konsolidierung des Systems, soll aber auch den Daten-Ingest weiter befördern, indem einzelne Archive, Betreiber von Regionalportalen und Hersteller archivischer Erschließungssoftware beraten bzw. unterstützt werden. Außerdem sollen Verfahren zur automatisierten Normdatenanreicherung in Verbindung mit der Gemeinsamen Normdatei (GND) der Deutschen Nationalbibliothek erprobt werden, um den Einsatz von Normdaten insbesondere im Bereich Personen/Persönlichkeiten und Geografie in der archivischen Erschließung voranzubringen.16 Der reguläre Betrieb des Portals sowie erforderliche Weiterentwicklungen werden nach Ablauf der beantragten DFG-Förderung – wie oben bereits erwähnt – im Rahmen des Gesamtsystems der DDB erfolgen.
8 Zusammenfassung und Ausblick Bei der Konzeption und Realisierung des Archivportals-D nahmen die Vernetzung und das Zusammenspiel verschiedener archivischer Informationsangebote eine wichtige Rolle ein. Es wurde viel Wert darauf gelegt, es nicht als Insellösung aufzubauen, sondern in die bestehende Portallandschaft einzubinden und Vernetzungsmöglichkeiten zu schaffen. So organisieren beispielsweise Archivportale die Datenweitergabe über Schnittstellen, um den einzelnen Einrichtungen Aufwände für individuelle Datenlieferprozesse zu ersparen. Die Wege verlaufen dabei von unten nach oben, vom Aggregator mit der geringeren Reichweite hin zu den deutschlandweiten Portalen DDB und Archivportal-D, die wiederum als nationale Aggregatoren für Europeana und Archivportal Europa fungieren. Einzelne Einrichtungen und ganze Regionalportale können also durch organisatorische und technische Lösungen zugleich an der DDB, am Archivportal-D und an den europäischen Pendants partizipieren. Datenlieferungswege werden auf lange Sicht vereinfacht und die Vernetzung verschiedener Angebote gefördert. Damit stehen die Plattformen nicht mehr nur getrennt nebeneinander oder gar in Konkurrenz zueinander, sondern ihre Inhalte können im Kontext vieler weiterer Einrichtungen einer sehr viel größeren Zielgruppe verfügbar gemacht werden. Davon profitieren neben den Datenlieferanten und Portalbetreibern natürlich besonders die Nutzer der Angebote. Abschließend ist festzuhalten, dass die deutschen Archive mit dem ArchivportalD und mit der Beteiligung an der DDB einen wichtigen Schritt vorangehen, um ihrer Rolle als nutzerorientierte Einrichtungen in der modernen Informationsgesellschaft 16 Zur GND siehe www.dnb.de/gnd.
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gerecht zu werden. Im Fokus steht dabei die Bereitstellung der Online-Ressourcen sowohl im spartenübergreifenden Kontext als auch in der fachlich angemessenen archivspartenspezifischen Form. Im Sinne des Nutzers wäre es nun durchaus erstrebenswert, dass beispielsweise Bibliotheken oder Museen vergleichbare sparten- oder materialspezifische Sichten auf Basis der DDB aufbauen. Aus archivfachlicher Sicht wäre es zudem wünschenswert, die DDB selbst zu einem umfassenden spartenübergreifenden Nachweissystem (Research and Discovery System) auszubauen. Schließlich bleibt festzuhalten, dass der Erfolg der DDB, des damit verbundenen Archivportals-D sowie zukünftiger sparten- und materialspezifischer Sichten in erster Linie von der Datenbasis („Content“) abhängt, die durch einen kontinuierlichen Daten-Ingest erweitert werden muss. Hier sind in nächster Zeit die größten Anstrengungen zu unternehmen, indem sowohl die technische Ingest-Infrastruktur weiter optimiert wird als auch die Kapazitäten für Datenaufbereitung bei der Servicestelle DDB und den Fachstellen ausgebaut werden.
9 Literatur Fähle, Daniel und Gerald Maier und Tobias Schröter-Karin und Christina Wolf. „Archivportal-D. Funktionalität, Entwicklungsperspektiven und Beteiligungsmöglichkeiten.“ Archivar 68 Heft 1 (2015): 10–19. Fischer, Ulrich und Sigrid Schieber und Wolfgang Krauth und Christina Wolf. „Ein EAD-Profil für Deutschland: EAD(DDB) als Vorschlag für ein gemeinsames Austauschformat deutscher Archive.“ Archivar 65 Heft 2 (2012): 160–162. Fricke, Thomas. „Bereitstellung digitalisierter Archivalien im Internet: Beschreibung eines Workflow“. Kulturgut aus Archiven, Bibliotheken und Museen im Internet: Neue Ansätze und Techniken (= Werkhefte der Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg, Serie A, Heft 17). Hrsg. von Gerald Maier und Thomas Fricke. Stuttgart: W. Kohlhammer, 2004, 187–195. Kienzle, Claudius. „Mit und ohne Koordinierungsstelle – Retrokonversion lohnt sich! Eine Zwischenbilanz der DFG –Förderlinie.“ Archivar 67 Heft 1 (2014): 61–64. Krauth, Wolfgang. „Deutsche Digitale Bibliothek und Archivportal-D: Was geht das die kommunalen Archive an?“ Im (virtuellen) Lesesaal ist für Sie ein Platz reserviert …“. Archivbenutzung heute – Perspektiven für morgen. Beiträge des 21. Fortbildungsseminars der Bundeskonferenz der Kommunalarchive (BKK) in Kassel vom 14.–16. November 2012 (Texte und Untersuchungen zur Archivpflege 27). Münster (2013): 35–46. Kretzschmar, Robert. „Das Landesarchiv Baden-Württemberg in der digitalen Welt.“ Archivar 61 Heft 1 (2008): 14–19. Maier, Gerald und Christina Wolf. „Das Archivportal-D: eine spartenspezifische Sicht der Deutschen Digitalen Bibliothek.“ Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie (ZfBB) 1 (2015). 3–11. Maier, Gerald und Christina Wolf. „Ein Archivportal für Deutschland: Der Aufbau des Archivportals-D innerhalb der Deutschen Digitalen Bibliothek als Chance für Archive in der Informationsgesellschaft.“ Archive ohne Grenzen. Erschließung und Zugang im europäischen und internationalen Kontext. 83. Deutscher Archivtag in Saarbrücken (=Tagungsdokumentationen zum Deutschen Archivtag, Band 18). Fulda (2014): 191–198.
Susanne Waidmann
Das Europäische Archivportal 1 Einleitung Einen Online-Zugang zu den archivischen Quellen Europas ermöglichen: Dies war seit den 1990er Jahren eine Vision von europäischen Archivarinnen und Archivaren. Mit dem Onlinegang des Archivportals Europa1 im Jahr 2012, ist diese Vision in die Realität umgesetzt worden.
Abb. 1: Die Startseite des Europäischen Archivportals im März 2015
Vorangegangen waren verschiedene Portalprojekte, in denen die späteren Partner im Aufbau des Archivportals Europa Erfahrungen zu Portalen und Archivgutpräsentationen im Internet sammeln konnten. Die Grundlage für die Zusammenarbeit zum Aufbau und zur Erweiterung des Archivportals Europa wurde im Jahr 2005 gelegt: In Kooperation zwischen dem europäischen Gremium der Nationalarchivare, dem „European Board of National Archivists“ (EBNA), und dem Rat der Europäischen Union entstand der „Bericht über Archive in der erweiterten Europäischen Union“2. Hier begründete eine archivarische Expertengruppe die Notwendigkeit eines gemeinsamen Internetzugangs zu den europäischen Archiven und ihren Quellen und verband dies mit einer strukturierten Beschreibung der Umsetzungsschritte dieses 1 Archivportal Europa. http://archivesportaleurope.net/. (11. März 2015). 2 European Commission. 2005, 81–107.
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Zugangs sowie der Benennung der archivischen Standards und Austauschformate, die Recherchen in einem solchen Portal überhaupt ermöglichen sollten. Aus diesem Bericht entstanden schließlich die „Empfehlungen des Rats über dringliche Maßnahmen zur Intensivierung der Zusammenarbeit im Bereich der Archive in Europa“ vom 14. November 2005. Von besonderer Bedeutung ist hier die Empfehlung Nr. 3, die die „Einrichtung und Betreuung eines Internet-Portals für Dokumente und Archive in Europa als Priorität“ definiert und somit die „Bereitstellung eines Internet-Portals durch die Nationalarchive der Mitgliedstaaten und die Archivdienste der EU-Organe […]“ einfordert, um so einen „leichteren und grenzüberschreitenden Zugang zu Dokumenten und Archiven der Mitgliedstaaten und der EU-Organe […]“3 zu ermöglichen. Der Umsetzung der Empfehlungen sowie dem Rahmen für den Aufbau des Portals widmeten sich zwei von der Europäischen Kommission geförderte Projekte: das Archives Portal Europe network (APEnet) Projekt4 und das Archives Portal Europe network of eXcellence (APEx) Projekt5. Das APEnet-Projekt wurde 2009 im eContentplus Programm der Europäischen Kommission als Best-Practice-Projekt mit einer Fördersumme von 2,4 Millionen € und einem Gesamtvolumen von 3,1 Millionen € aufgenommen. 6 Die Europeana-Stiftung und zunächst zwölf archivische Partner starteten das Projekt im Januar desselben Jahres: Nationaal Archief (Niederlande), Kansallisarkisto (Finnland), Service interministériel des Archives de France (SIAF) / Direction Générale des Patrimoines (Frankreich), Bundesarchiv (Deutschland), Naczelna Dyrekcja Archiwów Państwowych (Polen), Ministerio de Educación, Cultura y Deporte (Spanien), Riksarkivet (Sweden), Γενικά αρχεία του κράτους (Griechenland), Latvijas Nacionālais arhīvs (Lettland), National Archives of Malta (Malta), Ministério da Cultura – Direcção-Geral de Arquivos (Portugal) und Arhiv Republike Slovenije (Slowenien). Auf der ersten Vollversammlung des APEnet-Projekts in Lund (Schweden) am 12. Oktober 2009, wurden die Nationalarchive Belgiens (Algemeen Rijksarchief en Rijksarchief in de Provinciën – Archives générales du Royaume et Archives de l‘État dans les Provinces) und Irlands (National Archives of Ireland) als neue Partner bestätigt. Während der zweiten Vollversammlung in León (Spanien) am 30. Juni 2010, kamen die Nationalarchive Bulgariens (Държавна Агенция Арxиви), Estlands (Rahvusarhiiv) und der Tschechischen Republik (Národní Archiv) hinzu. Auf der vierten Vollversammlung am 12. Januar 2012 in Madrid (Spanien), wurden schließlich die Nationalarchive Ungarns (Magyar Országos Levéltár) und Kroatiens (Hrvatski državni
3 Empfehlung des Rats vom 14. November 2005 über vorrangige Aktionen zur Stärkung der Zusammenarbeit im europäischen Archivwesen (2005/835/EG). 4 APEnet. An all European challenge. 2012, 5–10. / Sugimoto 2012, 93–100. 5 Arnold und Waidmann 2013, 431–438. Arnold und Waidmann 2014, 171–189. / Bredenberg und Jagodzinski 2014. / Menne-Haritz 2014. / Waidmann 2015a, 22–23. / Waidmann 2015b, 150–164. 6 European Commission. APEnet: Internet Gateway for Documents and Archives in Europe.
Das Europäische Archivportal
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arhiv) in das Netzwerk des APEnet-Projektes mit nun 19 Nationalarchiven respektive nationalen Archivverwaltungen aufgenommen. Die Europeana-Stiftung, die unter anderem das spartenübergreifende Kulturportal http://europeana.eu betreibt, war ebenso direkter Partner des APEnet-Projekts. Diese Partnerschaft lag von Beginn an auch darin begründet, dass das Archivportal Europa als europäischer Aggregator archivischer Daten für Europeana fungieren und somit an dieser Stelle eine Anbindung der archivischen Informationen an verwandte Informationen aus Bibliotheken, Museen und anderen kulturellen und wissenschaftlichen Einrichtungen auf der europäischen Ebene gewährleistet werden sollte. Es wurden einzelne Arbeitspakete definiert, in denen die Projektmitarbeiter der Partner gemeinschaftlich an den Projektaufgaben und -zielen arbeiteten. Für das Arbeitspaket „Definition eines logischen Modells“ war das Bundesarchiv verantwortlich. Im logischen Modell wurden die zu verwendenden archivischen Standards, die Rahmenbedingungen und einzelne Arbeitsschritte der Datenaufbereitung und Datenbereitstellung aufgelistet und ausgearbeitet. Hierbei wurden auch die Ergebnisse bereits bestehender bzw. vorausgegangener europäischer Netzwerkprojekte untersucht, u. a. EUAN (European Union Archive Network), LEAF (Linking and Exploring Authority Files), EDLnet (European Digital Library Network), TEL (The European Library), QVIZ (Query and context based visualization of time spatial cultural dynamics), MICHAEL (Multilingual Inventory of Cultural Heritage in Europe), MICHAEL Plus, andere internationale Modelle wie das UNESCO-Portal und weitere Initiativen des Internationalen Archivrats, aber auch nationale Modelle wie das Netzwerk SED-/ FDGB-Archivgut. Die technische Umsetzung des logischen Modells wie auch das Projektmanagement erfolgte in zwei Arbeitspaketen unter spanischer Leitung (MECD), die Entwicklung von Werkzeugen für die Datenaufbereitung und Datenbereitstellung unter französischer Leitung (SIAF), Öffentlichkeitsarbeit unter schwedischer (Riksarkivet) und die Interoperabilität mit Europeana unter niederländischer Leitung. Im Anschluss an das APEnet-Projekt begann im März 2012 das im Information and Communication Technologies – Policy Support Programme (ICT-PSP) der EU-Kommission geförderte APEx-Projekt. Hier bestand die Förderung aus Mitteln der EU-Kommission aus 4,45 Millionen EUR bei einem Gesamtvolumen von 5,56 Millionen €.7 Die ursprünglich geplante Projektlaufzeit von drei Jahren wurde im Januar 2015 um ein halbes Jahr verlängert und endet somit im September 2015. Zu den APEx-Partnern zählten von Beginn an 27 Nationalarchive bzw. nationale Archivverwaltungen. Neue Partner zu den vorherigen 19 Nationalarchiven respektive nationalen Archivverwaltungen, zunächst mit Ausnahme von Tschechien, waren: Österreichisches Staatsarchiv (Österreich), Ministero per i Beni e le Attività Culturali. Direzione generale per gli archivi (Italien), Liechtensteinisches Landesarchiv (Liechtenstein), Lietuvos vyriausiojo archyvaro tarnyba (Litauen), Archives Nationales de Luxembourg (Luxemburg), Riksarkivet (Norwegen), Odbor archívov – Ministerstvo vnútra Slovenskej republiky 7 European Commission. APEx: Archives Portal Europe network of eXellence.
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(Slowakei), Rigsarkivet Denmark (Dänemark), Þjóðskjalasafn Íslands (Island). Zudem unterstützen APEx als Partner das International Centre for Research (ICARUS) sowie das Schweizer Bundesarchiv als assoziierter Projektpartner ohne finanzielle Förderung. Zurück- bzw. neu hinzugekommen sind 2013 das tschechische Nationalarchiv und das Portal Archives Hub (JISC als Träger dieses Portals und namentlicher Kooperationspartner) als Vertreter Großbritanniens, die mit der im Januar 2015 genehmigten Projektverlängerung in den Kreis der offiziellen Partner des APEx-Projektes, gleichzeitig mit Arhivele National (Rumänien) und dem Istorijski Arhiv Beograd (Serbien), aufgenommen wurden. Ohne eine offizielle Partnerschaft, dennoch aber als besondere Gruppe sind die Historischen Archive der Europäischen Union zu nennen, die seit August 2014 im Archivportal Europa vertreten sind. Seit März 2015 sind über das georgische Nationalarchiv als nationale Kontaktstelle auch georgische Archive im Archivportal Europa. Das APEx-Projekt hatte das Ziel, das Archivportal Europa auf mehreren Ebenen auszubauen: hinsichtlich der beteiligten Länder und Institutionen, der Inhalte, der verwendeten Standards und angebotenen Funktionen. Die Ziele wurden in acht Arbeitspaketen erarbeitet (in Klammern stehen jeweils die Partnerländer mit Leitungsfunktion): Projektmanagement (Niederlande), Interoperabilität mit Europeana (Deutschland), Infrastruktur: Entwicklung und Hosting (Spanien), Standards und Richtlinien (Deutschland), Software und Anleitungen (Frankreich), Nutzerfreundlichkeit und Social Media (Estland), Öffentlichkeitsarbeit und Schulungen (Schweden) und Nachhaltigkeit (Niederlande).
2 Bestand bzw. geplante Bestandsentwicklung Das Archivportal Europa soll perspektivisch einen Zugang zu allen europäischen Archiven, deren Erschließungsinformationen und Präsentationen von digitalen Objekten ermöglichen. Als im Januar 2011 ein Pilot des Portals online ging, standen hier für Recherchen zunächst acht Millionen Archivalieneinheiten und Verlinkungen zu mehr als 750.000 digitalen Objekten zur Verfügung. Ein Jahr später konnte das Archivportal Europa mit Informationen zu 14,5 Millionen Archivalieneinheiten, verknüpft mit 63 Millionen Seiten digitalisierten Archivguts aus 61 Institutionen und 14 europäischen Ländern, online gehen. Im März 2015 konnte in Erschließungsinformationen zu ca. 61 Millionen Archivalieneinheiten aus 31 Ländern recherchiert werden. Rund 19.000 Herkunftsstellenbeschreibungen waren als weitere Recherchequelle zugänglich. Zu 902 Archiven standen Kontakt- und Serviceinformationen zur Verfügung. Da das Archivportal Europa per Link zu den Digitalisaten auf den Seiten der Datenbereitsteller weiterleitet, können nur Schätzungen bezüglich der Zahl der verknüpften digitalisierten Seiten des Archivguts gemacht werden: Im September 2014 lag diese Schätzung bei 140 Millionen digitalisierter Seiten.
Das Europäische Archivportal
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Das Archivportal Europa bietet verschiedene Recherchemöglichkeiten, die den Zugang zu diesen Informationen gewähren. Auf der Startseite stehen zwei Funktionen im Fokus: das Sucheingabefeld und der Einstieg in die Galerien. Einzelne, durch die teilnehmenden Archive ausgewählte Archivdokumente, werden hier alternierend angezeigt und sind jeweils mit einer zugehörigen Galerie verknüpft. So werden die Nutzer beispielhaft in den Quellenreichtum von Europas Archiven eingeführt, bevor sie dann selbständig mithilfe der Recherchemöglichkeiten Europas archivarische Quellen entdecken. Das Archivportal Europa bietet für die Recherche drei Sucheinstiege an: sowohl eine einfache als auch eine themenorientierte Suche jeweils von der Startseite aus sowie eine erweiterte Suche, mit der die Suche vorab auf verschiedene Aspekte eingeschränkt werden kann. Generell kann die Oberfläche des Archivportals Europa in 24 europäischen Sprachen angezeigt werden, wobei die Struktur und das Layout der Seite unverändert bleiben. Die einfache und die erweiterte Suche führen gleichzeitig eine Abfrage in den Erschließungsinformationen, den Informationen zu Herkunftsstellen und den Informationen zu den Archiven selbst aus. Über die erweiterte Suche lassen sich optional Einschränkungen der Suche vornehmen, beispielsweise auf Laufzeiten von Archivgut oder Lebensdaten von Personen, auf bestimmte Länder oder einzelne Institutionen oder auf eine Suche lediglich im Bereich von Signaturen oder Titeln. Alle Suchergebnisse werden standardmäßig zunächst in einer Listenansicht präsentiert.
Abb. 2: Suchergebnisanzeige im Archivportal Europa, hier im Bereich Erschließungsinformationen
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Die Erschließungsinformationen lassen sich zusätzlich, statt in der Listenform, auch innerhalb ihres Kontexts anzeigen, d. h. mit allen hierarchisch in der Verzeichnung übergeordneten Ebenen. Hierfür muss lediglich von dem Reiter „Listenansicht“ zur „Strukturansicht“ gewechselt werden. Innerhalb der Listenansicht werden dem Nutzer verschiedene Verfeinerungsoptionen angeboten, bspw. bezüglich der Auswahl von Ländern, Archiven, Themen, Typen von Digitalisaten oder Laufzeiten. Sowohl von den jeweiligen Treffern als auch von den per mouse over sichtbar werdenden Vorschauansichten erreichen Nutzer eine Detailansicht innerhalb des Findmittels. Von hier aus lassen sich, wenn vorhanden, auch Digitalisate ansteuern, die wiederum auf den Seiten der Datenbereitsteller angesehen werden können. Nutzern ist es von allen Treffer-Detailansichten aus weiterhin möglich, ein Feedback – sei es eine Benutzeranfrage oder eine Rückmeldung zur Verzeichnung – an das jeweilige Archiv zu versenden. Alle Detailansichten können Nutzer über soziale Medien teilen. Über weitere übergeordnete Reiter lassen sich die Ergebnisse sowohl in den Bereichen Herkunftsstellen („Suche nach Namen“) als auch zu den Archiven selbst („Suche nach Archiven“) anzeigen, die jeweils in einer Listenansicht dargestellt werden und ebenfalls Vorschauansichten und detaillierte Trefferansichten aufweisen.
Abb. 3: Suchergebnisanzeige im Archivportal Europa, hier im Bereich Informationen zu den Daten bereitstellenden Archiven
Das Europäische Archivportal
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Im Dezember 2014 ist eine Suche über ausgewählte „Themen“ hinzugekommen. Mit diesen Themen können Datenbereitsteller ihre Findbücher verknüpfen und so den Nutzern einen weiteren Sucheinstieg in die Erschließungsinformationen bieten. Registrierten Nutzern werden zusätzliche Funktionen angeboten: das Speichern von Suchen, das Setzen von Lesezeichen (bookmarks) und die Einbindung einzelner Treffer in Sammlungen. Das Speichern der Suche beinhaltet die Möglichkeit, diese Suchen zu einem späteren Zeitpunkt erneut durchzuführen. Dabei können wahlweise die Treffer vom Zeitpunkt des Speicherns oder die seitdem hinzugekommenen Treffer angezeigt werden. Diese Suchen lassen sich auch veröffentlichen und als Suchschlitz in andere HTML-basierte Webseiten integrieren.
3 Organisationsform Das Archivportal Europa war von 2009 bis 2015 innerhalb von EU-finanzierten Projekten organisiert. Mit der Gründung der Stiftung Archivportal Europa (Archives Portal Europe Foundation APEF) am 27. Oktober 2014, wird das Portal zunächst parallel von APEx und APEF betrieben. Zum Projektende des APEx-Projektes erfolgt dann die vollständige Übernahme durch die Stiftung. APEF wurde im Sinne der Nachhaltigkeit des Archivportals Europa zu dessen Weiterbetrieb gegründet. Ziele der Stiftung Archivportal Europa (APEF) sind der Erhalt und die Weiterentwicklung, der Betrieb und der Ausbau der Infrastruktur des Archivportals Europa und schließlich die Aggregation und Weiterleitung digitaler archivischer Objekte an Europeana. APEF wird zunächst insbesondere von den Nationalarchiven getragen werden. Die Stiftungsmitglieder bilden zusammen die Mitgliederversammlung und beaufsichtigen die Arbeit des Verwaltungsrats. Unabhängig davon sind die Recherche und die Datenbereitstellung im Portal, die weiterhin kostenfrei bleiben. Das APEF-Büro hat seinen Sitz in Den Haag. In jedem Partnerland gibt es zudem eine nationale Kontaktstelle für teilnahmeinteressierte Archive.8
4 Teilnahme am Portal Der geeignetste Weg der Teilnahme ist die Weiterleitung von Daten über nationale Portale. Für deutsche Archive wird diese Weiterleitung durch das Archivportal-D bzw. die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB) vorgenommen, die einen Datenbereitstellungsvertrag, auch stellvertretend für die teilnehmenden Archive, mit dem Archivportal Europa unterschrieben haben. Für die Weiterleitung an das Archivportal Europa 8 APEx-Projekt. Country Managers. http://www.apex-project.eu/index.php/en/contribute/country-managers. (11. März 2015).
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bedarf es bisher der Zustimmung durch das Daten bereitstellende Archiv. Die Weiterleitung erfolgt mittels Dateiübertragungsprotokoll (FTP, engl. File Transfer Protocol) und umfasst zum einen ein Minimal-Set an Daten für jedes Archiv zu dessen Kontakt-, Service- und weiterführenden Informationen im Format EAG (zu EAG, EAD und EACCPF siehe Kapitel 6: Standards und Normdaten), zum anderen auch die Findbuchund Tektonik-Dateien im Format EAD(DDB). Diese Daten werden mit den Werkzeugen des Archivportals Europa semiautomatisch in die portaleigenen Formate konvertiert, validiert und veröffentlicht. Archiven wird empfohlen, zusätzlich eine Kontaktadresse für Rechercheanfragen und andere Rückmeldungen von Nutzern des Archivportals Europa anzubieten, sodass solche Anfragen über das Portal direkt an das zuständige Archiv gesandt werden können. Teilnehmenden Archiven wird weiterhin empfohlen, sich von der jeweils nationalen Kontaktstelle für das Archivportal Europa pro Archiv einen Zugang zu dem Dashboard, dem online nutzbaren Datenbereitstellungs- und -bearbeitungswerkzeug des Archivportals Europa, zuweisen zu lassen, so dass die Kontakt- und Serviceinformationen (EAG) erweitert und beispielsweise auch in anderen Sprachen, etwa in englischer Sprache, angeboten werden können und weitere optionale Funktionen des Archivportals Europa zur Anwendung kommen. Zu letzteren zählen z. B. die Verknüpfung einzelner Findbücher mit der Themensuche und die Erstellung oder das Einspielen von EAC-CPF-Dateien (Beschreibungen von Provenienzstellen). In diesen weitergehenden Fällen ist die eigenständige Unterzeichnung des Datenbereitstellungsabkommens durch das Archiv selbst zu empfehlen. Archive, die ihre Daten nicht über ein nationales Portal an das Archivportal Europa weiterleiten, kontaktieren zunächst die jeweils nationale Kontaktstelle und erhalten zum einen den Datenbereitstellungsvertrag und zum anderen einen Zugang auf einen geschützten Bereich des Archivportals Europa, den sogenannten Content Checker. Dies ist eine Art Testzugang für teilnehmende oder interessierte Archive. Der Content Checker besteht aus einer Dashboard-Anwendung und einer Portalanwendung, die den regulären Anwendungen entsprechen. Somit können sämtliche Funktionen vorab getestet und die Ansicht der Daten im Portal überprüft werden. Am Archivportal Europa können Archive auch dann teilnehmen, wenn sie noch keine EAD-Dateien liefern können, indem sie sich lediglich als Archiv mit Service- und Kontaktinformationen (EAG) präsentieren. Solche EAG-Dateien können direkt im Dashboard des Portals erzeugt und aktualisiert werden. Die Erschließungsinformationen (Beständeübersichten, Spezialinventare und Findbücher) werden als EAD-Dateien geliefert. Hier wird kein bestimmtes Profil verlangt, sodass beispielsweise das in Deutschland entwickelte Format EAD(DDB), das Format apeEAD oder andere Formatvarianten verwendet werden können. Diese werden dann mit den Werkzeugen des Portals in das hier verwendete Format apeEAD konvertiert. Generell können sich interessierte Archive mit allen vorhandenen Exportformaten an die nationalen Kontaktstellen des Archivportals Europa wenden, um gemeinsame – auch individuelle – Lösungen für die Datenlieferung zu finden.
Das Europäische Archivportal
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Auch EAC-CPF-Dateien können, wie EAD, direkt in das Archivportal Europa hochgeladen werden, auch wenn diese nur wenigen Archiven bereits vorliegen. Des Weiteren können einzelne EAC-CPF-Dateien mit den Werkzeugen des Portals über Eingabeformulare erzeugt werden, um so die Sichtbarkeit dieser Provenienzstelle weiter zu erhöhen. Ferner werden bei EAC-CPF automatische und semiautomatische Verfahren angestrebt, um zusätzlich EAC-CPF-Dateien im Portal aus den EAD- und EAG-Dateien zu extrahieren. Generell wird es den teilnehmenden Archiven durch die Werkzeuge des Portals ermöglicht, ihre Daten selbst zu verwalten und damit die Kontrolle über die Daten zu behalten. Andererseits werden unterschiedliche Automatisierungsmechanismen angeboten, um den interessierten Archiven eine möglichst einfache und aufwandsarme Teilnahme zu ermöglichen.
5 Technik Das Archivportal Europa baut sich auf unterschiedlichen Umgebungen auf. Sichtbar nach außen ist die Produktivumgebung, die einen Zugang zum Portal selbst und zu dem Dashboard ermöglicht, dem online nutzbaren Datenbereitstellungs- und -bearbeitungswerkzeug. Die Entwickler und Tester haben weiterhin Zugriff auf die Entwicklungs-, die Testund die Annahmeumgebung, in der unterschiedliche Programmier-, Fehlerbehebungs- und Testleistungen vollbracht werden. Hinzu kommt noch der bereits erwähnte Content Checker für interessierte Archive zum Ausprobieren des Workflows und zum Vorabtesten ihrer Daten. Generell werden als Server- und Softwarekomponenten die folgenden verwendet: S.O. CentOs 64 bits, Tomcat 7, PostgreSQL, Liferay 6.1.1 CE GA2 und Solr. Das Portal arbeitet zudem mit Java 6, Hibernate ORM, Spring, Liferay CMS Applikationen und das Dashboard mit Java 6, Hibernate ORM und Struts2. Außerdem gibt es ein Übersetzungstool, in welchem Mitarbeiter der nationalen Kontaktstellen Übersetzungen für die Nutzeroberfläche von Portal und Dashboard einarbeiten. Neben dem Portal als Rechercheplattform bietet das Archivportal Europa zwei Werkzeuge an: die lokal bzw. offline zu verwendende Datenaufbereitungssoftware (Data Preparation Tool, DPT) und das zentrale, online verfügbare Dashboard. Mit den beiden Werkzeugen können u. a. EAG- und EAC-CPF-Dateien sowie Beständeübersichten erstellt und EAD-Dateien nach apeEAD konvertiert und anschließend validiert sowie in das Europeana Data Model (EDM) weiterkonvertiert werden. Das Dashboard ermöglicht zudem das Veröffentlichen und das Löschen der Daten im Portal und die Weiterleitung zu Europeana. Weitere Nachnutzungsmöglichkeiten von Daten werden bislang nicht angeboten, stehen aber innerhalb des Projekts zur Diskussion (Aas 2014). All diese Schritte im Dashboard sind einzeln pro Datei, aber auch mit mehreren Dateien gleichzeitig (Batch-Modus) möglich. Die Daten können
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via HTTP-Upload (einfaches Hochladen), FTP (hierzu wird ein FTP-Server benötigt) oder OAI-PMH-Harvesting (hierzu wird ein OAI-PMH-kompatibles Repository benötigt) hochgeladen werden.
6 Standards und Normdaten Die Basis für die Interoperabilität des Portals bilden vier archivische Standards: –– Encoded Archival Description (EAD) zur Identifizierung und Erschließung des Archivguts, –– Encoded Archival Guide (EAG) für Kontakt-, Service- und weiterführende Informationen über Archive, –– Encoded Archival Context – Corporate Bodies, Persons, Families (EAC-CPF) zur Identifizierung und Beschreibung der Herkunftsstellen, –– Metadata Encoding and Transmission Standard (METS) zur Erfassung der Metadaten und der Struktur von digitalen Objekten. Die aktuelle Version von EAD ist EAD 2002, auch wenn der seit 2011 andauernde Revisionsprozess zu EAD3 fast abgeschlossen ist.9 EAD bietet einen strukturellen Rahmen für Erschließungsinformationen mit einer Vielzahl von Verwendungs- und Einschränkungsmöglichkeiten, die die Entwicklung unterschiedlicher EAD-Profile in Archiven weltweit begünstigt hat. Innerhalb des Portals ist es notwendig, dass die Daten in gleichen Strukturen integriert werden und somit lediglich ein Profil von EAD als Austausch-und Präsentationsformat angewendet wird. Daher wurden im Projekt APEnet in Zusammenarbeit aller Partner die bestehenden EAD-Profile der Partnerinstitutionen ausgewertet. Die Gemeinsamkeiten und Unterschiede wurden zusammengefasst und schließlich hieraus das Profil APEnetEAD definiert, das wiederum innerhalb des APEx-Projektes leichte Anpassungen erfahren hat und in apeEAD umbenannt wurde. ApeEAD wird im Archivportal Europa als Zielformat für Konvertierung und Validierung verwendet. Auch für die Konvertierung nach dem Europeana Data Model (EDM) dient apeEAD als Grundlage. EAG ist bisher nicht als allgemeiner Standard anerkannt, wurde jedoch im APExProjekt weiterentwickelt. Die bisherige Version EAG 0.2 ist im Jahr 2002 durch das spanische-lateinamerikanische Portal Censo Guía und die Subdirektion der Staatsarchive Spaniens entstanden und lag als Document Type Definition (DTD) vor. Im Archivportal Europa wurde im APEnet-Projekt zunächst auf Basis von EAG 0.2 ein APEnet EAGProfil entwickelt. Bereits hier wurde jedoch deutlich, dass EAG weitaus mehr bieten sollte, als EAG 0.2 ermöglicht. Daher wurde im APEx-Projekt in einer internationalen Arbeitsgruppe gemeinsam mit den Urhebern von EAG 0.2 als dessen Nachfolger EAG 9 Arnold 2014.
Das Europäische Archivportal
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201210 entwickelt, das nun auch als XML-Schema zur Verfügung steht. Es wird zurzeit von APEx, von Censo Guía und im Projekt Collaborative European Digital Archive Infrastructure (CENDARI) verwendet. EAC-CPF liegt als aktuelle Version von 2010 vor (EAC-CPF 2010). Die Vorgängerversion ist EACbeta. Im Archivportal-Europa-Projekt wurden die bei den Partnern bestehenden EACbeta- und EAC-CPF-Profile ausgewertet und deren Gemeinsamkeiten und Unterschiede zusammengefasst. In einem apeEAC-CPF Think Pool am 26. und 27. Februar 2013 im Bundesarchiv in Berlin, konnte in einer internationalen Gruppe über mögliche Funktionen von EAC-CPF diskutiert werden. Hier wurden auch letzte Fragen zum apeEAC-CPF-Profil11 besprochen und beantwortet, bevor dieses dann im Juli 2013 in einem Projektbericht an die Europäische Kommission veröffentlicht wurde. Auch der Metadata Encoding and Transmission Standard (METS) wurde im APExProjekt untersucht. Ein apeMETS-Profil sowie ein zugehöriges apeMETSRights-Profil wurden nach Auswertung bestehender internationaler METS-Profile im November 2013 veröffentlicht. Im Archivportal Europa findet es zurzeit teilweise Anwendung. Normdaten spielen bisher im Archivportal Europa eine untergeordnete Rolle, da sie innerhalb der Daten der Archive selten verwendet werden. Bei der Themenauswahl und den selbst erstellbaren Verknüpfungen wurden jedoch Begriffe aus Normdateien verwendet, und bei der Erzeugung von EAC-CPF-Dateien wird die Einbindung von Normdaten empfohlen und, sofern verwendet, im Portal mit angezeigt.
7 Zusammenfassung und Ausblick Das Archivportal Europa hat nach sechsjährigem Auf- und Ausbau innerhalb der beiden Projekte APEnet und APEx in der von europäischen Archiven gemeinsam getragenen Stiftung Archivportal Europa eine langfristig wirksame Trägerinstitution gefunden. Archivische Partner aus 33 europäischen Ländern haben sich mittlerweile in dem Netzwerk rund um das Archivportal Europa zusammengefunden, unter denen bereits 27 der 28 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union vertreten sind. Über 60.000 unterschiedliche Nutzer besuchen die Portalseiten monatlich. In Nutzerevaluationen wurden die bestehenden Portalfunktionen untersucht und verbessert. Die in das Portal eingespielten Daten haben eine nennenswerte Masse erreicht, die das Portal zu einem relevanten Recherchewerkzeug werden ließen. Die Anzahl von mehr als 900 teilnehmenden Institutionen aus 31 europäischen Ländern zeigt, dass das Portal in der Archivwelt einen Platz gefunden hat.
10 López Cuadrado 2014. 11 Bredenberg und Jagodzinski 2014. / Lafuente Urién 2014.
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Hinsichtlich des Bestehens von mehreren Tausend Archiven in ganz Europa und einer Teilnahme von bisher nur 900 Archiven, sind gerade an dieser Stelle jedoch weitere Anstrengungen der Stiftung Archivportal Europa wie auch der nationalen Kontaktstellen zur Gewinnung weiterer teilnehmender Institutionen notwendig. Mit dem vollständigen Übergang des Archivportals Europa vom APEx-Projekt in die Stiftung Archivportal Europa wird sich zeigen, inwiefern die aufgebauten technischen Strukturen und kollegialen Netzwerke das Portal tragen und die Ziele der Stiftung erreicht werden können.
8 Literatur Aas, Kuldar. So, there is data – what can we do with it? – (Re)using data on Archives Portal Europe. http://www.apex-project.eu/index.php/en/articles/183-so-there-is-data-what-can-we-do-withit. APEx project, 2014. (11. März 2015). APEnet. An all European challenge. Hrsg. von APEnet project, Berlin: 2012. APEx-Projekt. Country Managers. http://www.apex-project.eu/index.php/en/contribute/countrymanagers. (11. März 2015). Archivportal Europa. http://archivesportaleurope.net/. (11. März 2015). Arnold, Kerstin. EAD3 and the consequences of the new version. http://www.apex-project.eu/index. php/en/articles/149-ead3-and-the-consequences-of-the-new-version. APEx project, 2014. (11. März 2015). Arnold, Kerstin. „Erfolgreicher Abschluss des APEnet-Projekts zum Archivportal Europa : Ausblick auf das Nachfolgeprojekt“. Mitteilungen aus dem Bundesarchiv 20 (2012): 5–10. Arnold, Kerstin und Waidmann, Susanne. „Archivportal Europa – Präsentations- und Recherchemöglichkeiten von Archivmaterial im Zusammenspiel mit dessen soziohistorischem Kontext“. Archive ohne Grenzen. Erschließung und Zugang im europäischen und internationalen Kontext. 83. Deutscher Archivtag in Saarbrücken (=Tagungsdokumentationen zum Deutschen Archivtag, Band 18). Fulda: Selbstverlag des VdA (2014): 171–189. Arnold, Kerstin und Waidmann, Susanne. „Vernetzte Präsentation. Erfahrungen mit Portalen“. Archivar 66.4 (2013): 431–438. Bredenberg, Karin. Records creators – Use of EAC-CPF in Archives Portal Europe. http://www. apex-project.eu/index.php/en/articles/157-records-creators-use-of-eac-cpf-in-archivesportal-europe. APEx project, 2014. (11. März 2015). Bredenberg, Karin und Jagodzinski, Silke. „Archives Portal Europe – A Challenge of Harmonisation and Outreach.” http://www.apex-project.eu/index.php/en/articles/200-karin-bredenberg-silke-jagodzinski-archives-portal-europe-a-challenge-of-harmonisation-and-outreach. APEx-Project 2014. (11. März 2015). „Empfehlung des Rats vom 14. November 2005 über vorrangige Aktionen zur Stärkung der Zusammenarbeit im europäischen Archivwesen (2005/835/EG)“. Amtsblatt der Europäischen Union. L 312/55 vom 29. November 2005. http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid= 1424784311990&uri=CELEX:32005H0835. (11. März 2015). European Commission. APEnet: Internet Gateway for Documents and Archives in Europe. http:// ec.europa.eu/information_society/apps/projects/factsheet/index.cfm?project_ref=ECP2007-DILI-517011. (11. März 2015).
Das Europäische Archivportal
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Filmportal.de – Die zentrale Internetplattform zum deutschen Film 1 Einleitung Seit seinem initialen Launch im Februar 2005 hat sich filmportal.de international als die zentrale Internetplattform für verifizierte Informationen zum deutschen Film etabliert. Das Portal, aufgebaut und betrieben vom Deutschen Filminstitut, ermöglicht seinen Nutzern den Zugriff auf die umfangreichste öffentlich publizierte Nationalfilmografie Europas. Es dient als verlässliche Referenzquelle für wissenschaftliche und populäre Recherchen, leistet eine ebenso repräsentative wie detaillierte Dokumentation der Kinoproduktion von ihren historischen Anfängen bis heute, und befördert mit seinem stetig aktualisierten und erweiterten Inhaltsangebot die Kenntnis und Vermittlung des deutschen Films im In- und Ausland. Mit bis dato 25 Millionen Besuchern und über 90 Millionen Seitenaufrufen (Stand Februar 2015) ist filmportal.de der Dreh- und Angelpunkt aller digitalen Initiativen des Deutschen Filminstituts. Zugleich ist das Portal integraler Bestandteil der deutschen und europäischen Anstrengungen zur Sicherung und Zugänglichmachung des Filmerbes im Zeitalter der Digitalisierung, unterhält langfristige Kooperationen mit relevanten Institutionen und Verbänden aus Filmkultur und -wirtschaft, und beteiligt sich maßgeblich am Aufbau spartenübergreifender Internetprojekte wie der Deutschen Digitalen Bibliothek (DDB) und der Europeana. Ein derart weitreichendes und aufwändiges Vorhaben lässt sich nicht ohne Förderung verwirklichen: Auf- und Ausbau sowie Betrieb von filmportal.de wurden bzw. werden finanziell maßgeblich unterstützt durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst (HMWK), die Filmförderungsanstalt (FFA), das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, die Initiative Kultur- & Kreativwirtschaft der Bundesregierung und die Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung. Heute stellt das Portal im Bereich öffentlich-kultureller Online-Angebote eine in vielerlei Hinsicht singuläre Errungenschaft dar. Die folgenden Ausführungen bieten einen kursorischen Überblick zur Entstehung, Organisation, Ausrichtung sowie zur technischen und inhaltlichen Ausgestaltung von filmportal.de. Darüber hinaus sollen sie einen Eindruck von aktuellen und perspektivischen Weiterentwicklungen geben, mit denen das Portal seinen wachsenden Aufgaben im deutschen und internationalen Zusammenhang begegnet.
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Abb. 1: Die Startseite von filmportal.de
1.1 Konzeption und initialer Aufbau Nach mehrjährigen konzeptionellen Vorbereitungen begann 2003 der inhaltliche und technische Aufbau von filmportal.de. Kernvoraussetzung für das ambitionierte Projekt war dabei die über Jahrzehnte hinweg geleistete Grundlagenarbeit des Deut-
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schen Filminstituts und seiner Partner für eine datenbankgestützte Dokumentation des nationalen Filmschaffens. Die Ergebnisse dieser Arbeit an der Deutschen Filmografie (DEFI) gingen nun in die neu aufgebaute, zentrale filmografische Datenbank (ZDB) des Deutschen Filminstituts ein (siehe hierzu auch die Ausführungen unter Punkt 6). Als komplette Eigenentwicklung des Deutschen Filminstituts sollte diese Datenbank in Folge bis heute gültige Maßstäbe für eine zukunftsweisende, standardisierte Erfassung von Filmwerken setzen. Parallel zur internen Entwicklung und Inbetriebnahme der Datenbank wurde in Zusammenarbeit mit technischen Dienstleistern der Webauftritt von filmportal. de realisiert. Zugleich nahmen die verschiedenen Redaktionsbereiche für filmografische Datenbank, Text und Bild ihre Tätigkeiten auf. Ausgehend vom Verständnis, dass Film immer Kultur- und Wirtschaftsgut zugleich ist, wurden hierbei auch redaktionelle Kernaufgaben definiert. Zuvorderst gehört dazu die filmografische Erfassung und Dokumentation aller aktuellen, abendfüllenden Kinoproduktionen aus Deutschland bzw. deutscher Co-Produktionen inklusive Inhaltsangaben, Bildmaterial und Nachweisen zur Verfügbarkeit von Filmkopien und anderen Trägermedien wie DVD/ Blu-Ray. Zu den weiteren redaktionellen Kernaufgaben zählen zudem die Erstellung bzw. Aktualisierung von Biografien zu Filmschaffenden, die Konzeption und Realisierung von Themenwelten, die Bereitstellung von weiterführenden oftmals exklusiven Text- und Bildmaterialien, die strukturierte interne wie externe Verlinkung von Inhalten, die Unterhaltung eines Nachrichtenbereichs für aktuelle Berichterstattung und Veranstaltungshinweise sowie der konsequente Aufbau eines englischsprachigen Angebots. Die flankierende Promotion und nachhaltige Dokumentation von relevanten Festivals, Veranstaltungen und Initiativen zum deutschen Film ist ebenfalls fester Bestandteil der redaktionellen Arbeit. Dies beinhaltet u. a. die komplette Aufnahme von Filmprogrammen in die Datenbank, die gezielte Berichterstattung und Vernetzung mit externen Angeboten sowie die kooperative Erarbeitung und Erschließung von Inhalten. So kann filmportal.de u. a. ausführlich und zeitnah Festivals und Veranstaltungen wie die Berlinale, den Deutschen Filmpreis, die Hofer Filmtage und den Max-Ophüls-Preis begleiten und dokumentieren Das ohnehin schon umfangreiche Leistungsspektrum der Aufbauphase sollte sich in den folgenden Jahren sukzessive und signifikant erweitern, u. a. durch themenspezifische Dokumentationsprojekte – wie etwa die vom BKM geförderte retrospektive Erfassung der deutschen Kurzfilmproduktion der Jahre 1961 bis 2009 – und die Etablierung neuer Inhaltsbereiche, insbesondere zur Präsentation von Bewegtbild. Als richtungsweisend und langfristig von Vorteil erwies sich die Entscheidung, sämtliche Angaben und Inhalte des Portals durch eine eigene Fachredaktion erstellen bzw. prüfen zu lassen. Dies unterscheidet filmportal.de wesentlich von dezentral organisierten Portalen, die ihr Angebot vornehmlich auf externen Kontributionen, insbesondere Nutzerbeiträgen oder automatisiert importierten Fremddatenbeständen, aufbauen.
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Die zentrale Redaktion gewährleistet Qualität, Aktualisierung und Verifizierbarkeit der publizierten Daten und Inhalte. Zudem übernimmt sie die Prüfung, Standardisierung und Integration von zugelieferten Daten und Materialien sowie Service und Information für professionelle wie private Nutzer. Filmportal.de bearbeitet täglich zahlreiche Anfragen und bietet kompetente Unterstützung bei wissenschaftlichen Recherchen und beruflichen Anliegen. Dazu zählen insbesondere die stetig zunehmenden Einsendungen von Angaben und Inhalten durch Filmschaffende, Produktions- und Verleihfirmen sowie durch Archive und Kultureinrichtungen, die filmportal.de als Informationsquelle und Präsentationsplattform nutzen. Mit dem offiziellen Launch auf der Berlinale am 11. Februar 2005 wurde der initiale Aufbau von filmportal.de unter großer öffentlicher Anteilnahme erfolgreich abgeschlossen. Die anschließende erste Ausbauphase dauerte bis Januar 2007, während der sich das Angebot des Portals indes bereits als unverzichtbar erwies: Nicht nur waren erstmals die wesentlichen Informationen zu allen deutschen Kinoproduktionen online recherchierbar, zugleich eröffnete filmportal.de den Zugang zu umfangreichen Text- und Bildmaterialien und ermöglichte durch die Kontextualisierung von Inhalten neue Sichten auf die Vielfalt des Filmschaffens.
1.2 Technische und inhaltliche Weiterentwicklung Nach erfolgreichem Abschluss der Aufbauphase war die Erweiterung des Angebots um Bewegtbildinhalte der nächste logische Schritt. Neben der Einrichtung eines eigenen Multimediabereichs für die Präsentation von Filmen, Ausschnitten und Trailern, engagierte sich das Portal früh in einem gemeinsamen Pilotprojekt mit der Deutschen Telekom für die legale Zugänglichmachung von digitalisierten Filmen im Internet. Zusätzlich zu den erheblichen technischen Aufwänden stellt die komplexe Rechtesituation im Filmbereich unverändert die größte Herausforderung bei der nichtkommerziellen Präsentation von audio-visuellen Werken im Web dar. Durch Kooperationen mit Rechteinhabern sowie dank der Mitwirkung in wegweisenden Initiativen wie dem vom Deutschen Filminstitut koordinierten EU-Projekt European Film Gateway (EFG) und dem darauf aufbauenden Digitalisierungsprojekt EFG 1914 – das Filmmaterial aus der Zeit des Ersten Weltkriegs online zugänglich macht – konnte filmportal.de sein Bewegtbildangebot in den vergangenen Jahren dennoch kontinuierlich ausbauen. Eine entscheidende Maßnahme war zudem die umfangreiche Erweiterung der technischen Plattform im Jahr 2011. Diese war möglich dank der Förderung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie und den Beauftragten der Bundesregierung im Zuge der Initiative Kultur- und Kreativwirtschaft der Bundesregierung. Zusätzliche Funktionalitäten und ein komplett überarbeiteter Webauftritt versetzten das Portal in die Lage, fortan noch mehr Aufgaben in wegweisenden Pro-
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jekten und für die öffentlichkeitswirksame Darstellung des deutschen Filmschaffens in seiner Gesamtheit wahrzunehmen.
1.3 Partnerprojekte und Kooperationen Von Beginn an übernahm filmportal.de eine wichtige Schnittstellenfunktion zwischen Kultur, Wissenschaft und Filmwirtschaft. Dies belegen auch die zahlreichen Partnerschaften, die das Portal seit seinem Start mit Institutionen aus den verschiedenen Bereichen realisiert hat. Beispielhaft zu nennen ist hierbei u. a. die kontinuierliche Zusammenarbeit mit Einrichtungen des Kinematheksverbunds, die vor allem einer systematischen und repräsentativen Dokumentation des Filmerbes im Internet dient. Von besonders herausragender Bedeutung ist dabei ein Bestandskatalog der überlieferten deutschen Filme in den Archiven, den das Deutsche Filminstitut derzeit zusammen mit der Stiftung Deutsche Kinemathek und mit Unterstützung der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Portal aufbaut. Des Weiteren hat das Portal mit Partnern wie German Films, Vision Kino, Deutsche Welle-TV und arte die Promotion und Verknüpfung von relevanten Inhalten im Web vorangetrieben, und gemeinsam mit der KurzFilmAgentur Hamburg und der hessischen Film- und Medienakademie eine kuratierte Auswahl von Kurz- und Hochschulfilmen online zugänglich gemacht. Darüber hinaus konnten langfristige Kooperationsvereinbarungen mit dem Goethe-Institut und der Deutschen Filmakademie geschlossen werden, die nachhaltig Kenntnis und Vermittlung des deutschen Films im In- und Ausland befördern. Entsprechend seiner Vorreiterfunktion kommt filmportal.de auch im Kontext spartenübergreifender, nationaler wie europäischer Wissens- und Rechercheangebote im Internet eine Schlüsselrolle zu. So trägt das Portal als Zulieferer von Daten zum EFG und damit zur Europeana bei und ist ebenfalls entscheidend am Auf- und Ausbau der DDB beteiligt.
2 Bestand Derzeit hält filmportal.de Daten zu mehr als 84.000 Filmen und 188.000 Personen vor. Darüber hinaus umfasst das aktuelle Inhaltsangebot des Portals rund 5.400 Biografien, 12.000 Inhaltsangaben, 90.000 Fotografien und Illustrationen, 6.000 Textmaterialien sowie mehr als 2.200 Videos (Stand Februar 2015). Hinzu kommen mittlerweile 20 Themenwelten, die ausführlich Epochen und Entwicklungen der Filmgeschichte erläutern und erschließen. Die aus der zentralen filmografischen Datenbank generierten Angaben zu Filmwerken und Personen sind Eigentum des Deutschen Filminstituts. Gleiches gilt für
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alle weiteren Inhalte und digitalen Objekte, wenn nicht anders durch Quellenangaben und Copyrightvermerke gekennzeichnet sowie für die dazugehörigen Metadaten. Die Erstellung bzw. Akquise von neuen Inhalten erfolgt durch die Redaktion, wobei sich die Auswahl sowohl an den geschilderten Kernaufgaben – insbesondere der fortlaufenden Dokumentation der aktuellen Kinoproduktion – als auch an filmhistorisch relevanten Themen und tagesaktuell gesetzten Schwerpunkten orientiert.
Abb. 2: Übersichtseite zum Film „Metropolis“ auf filmportal.de
Beim Ausbau seines Inhaltsangebots kann das Portal u. a. auf Objekte aus den umfangreichen Sammlungsbeständen des Deutschen Filminstituts zurückgreifen, insoweit diese digital bzw. digitalisiert vorliegen und keine rechtlichen Einschränkungen einer Veröffentlichung im Internet entgegenstehen. Viele der vorgehaltenen Inhalte und Objekte sind urheber- und verwertungsrechtlich geschützt und ausschließlich zur nichtkommerziellen Nutzung auf den Seiten von filmportal.de freigegeben. Durch langfristige Lizenz- und Kooperationsvereinbarungen mit Rechteinhabern wird der Bestand an digitalen Objekten zur Präsentation und Dokumentation des deutschen Films im Portal kontinuierlich erweitert; eine private oder gewerbliche Weiterverwendung dieser Inhalte durch Dritte ist grundsätzlich nur nach vorheriger Genehmigung durch die jeweiligen Rechteinhaber möglich.
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Als Datenlieferant und spartenspezifischer Aggregator übermittelt das Portal Metadaten zu einer definierten Auswahl digitaler Objekte unter Creative-CommonsLizenz Null an den EFG, an EFG1914 und an die DDB. Dies geschieht für eigene Bestände wie für die anderer Einrichtungen, die selbst nicht über die erforderliche technische Infrastruktur verfügen, und daher das Portal zur Vorhaltung ihrer Objekte und Metadaten zwecks Datenlieferung an die DDB und die europäischen Projekte nutzen. Auf Grundlage gemeinsamer Vereinbarungen gestattet filmportal.de Kooperationspartnern auch die Nachnutzung von Daten und Inhalten in gemeinnützigen, filmkulturellen und wissenschaftlichen Vorhaben: Das Goethe-Institut verwendet ausgewählte Texte von filmportal.de in seinen Begleitpublikationen zur internationalen Filmarbeit; die Deutsche Filmakademie kann die Online-Profile ihrer Mitglieder dank der Anbindung an einen Webservice der filmografischen Datenbank von Filmportal.de auf dem aktuellsten Stand halten.
3 Organisationsform filmportal.de ist eine Abteilung des Deutschen Filminstituts – DIF e. V., Frankfurt am Main. Das Deutsche Filminstitut wurde 1949 gegründet und ist damit das älteste filmwissenschaftliche Institut der Bundesrepublik. Gemeinsam mit anderen Archiven erfüllt das Deutsche Filminstitut die Aufgaben einer zentralen deutschen Kinemathek. Seit 2006 führt das Institut unter Leitung von Claudia Dillmann auch das Deutsche Filmmuseum, das mit seinem Kino- und Ausstellungsbetrieb zu den bundesweit bedeutenden Kultureinrichtungen zählt. Von 2003 bis 2009 wurden Aufbau, Ausbau und laufender Betrieb von Filmportal.de im Wesentlichen durch Projektmittel sowie den Eigenanteil des Deutschen Filminstituts finanziert. Maßgebliche Förderer der Aufbau- und Ausbauphase waren dabei die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst (HMWK) und die Filmförderungsanstalt (FFA). 2009 hat der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien entschieden den Erhalt von filmportal.de in Trägerschaft des Deutschen Filminstituts dauerhaft sicherzustellen. Daher fördert BKM das Portal seither nicht mehr als Einzelprojekt, sondern erhöhte entsprechend ab 2010 die institutionelle Förderung des Deutschen Filminstituts. Das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst (HMWK) folgte als weiterer öffentlicher Hauptförderer diesem Beispiel. So soll, zuzüglich der Eigenleistungen des Deutschen Filminstituts, der Fortbestand des Portals und seiner Basisleistungen gewährleistet werden. Dies umfasst insbesondere die kontinuierliche Erfassung, Dokumentation, Pflege und Publikation der Daten und Materialien zum deutschen Filmerbe.
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Für darüber hinausgehende Projekte und Leistungen war und ist filmportal.de weiterhin auf Drittmittel angewiesen. Zusätzliche Fördermittel bzw. Vergütungen bezog das Portal bislang u. a. vom Auswärtigen Amt – für den weiteren Ausbau des englischsprachigen Angebots – sowie der DEFA-Stiftung, der Murnau-Stiftung, der multimedia intiative hessen (mmi) und German Films. Wesentlich für die technische Weiterentwicklung war zudem die Förderung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie und den Beauftragten der Bundesregierung im Zuge der Initiative Kultur- und Kreativwirtschaft der Bundesregierung. Als gemeinnütziger Träger garantiert das Deutsche Filminstitut langfristig die Verfügbarkeit und kontinuierliche Pflege der im Portal vorgehaltenen Informationen. Das Portal als wegweisende Einrichtung von gesamtdeutscher und europäischer Bedeutung auch in Zukunft zu erhalten, bedarf dabei neben der Selbstverpflichtung des Deutschen Filminstituts auch der fortgesetzten politischen und finanziellen Unterstützung seitens aller für die Bewahrung und Vermittlung des deutschen Film erbes verantwortlichen Instanzen.
4 Teilnahme am Portal Filmportal.de unterhält und pflegt seit seinem Start eine Vielzahl von Kooperationen und Partnerschaften im nationalen wie europäischen Zusammenhang, und entwickelt kontinuierlich neue Formen der Zusammenarbeit mit diversen Einrichtungen und Verbänden aus Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft. Als zentrale Informations- und Präsentationsplattform, Multiplikator und Netzwerk ist das Portal grundsätzlich bestrebt Projekte und Initiativen, die sich mit dem deutschen Film befassen, zu unterstützen. Das Deutsche Filminstitut als Träger und Betreiber gewährleistet dabei die Einhaltung von inhaltlichen und technischen Standards sowie die Vereinbarkeit mit dem öffentlichen Auftrag von filmportal.de.
5 Technik Dem Internetauftritt von filmportal.de liegt eine separate Masterdatenbank zugrunde, die zentrale filmografische Datenbank (ZDB) des Deutschen Filminstituts. Diese Eigenentwicklung des Instituts ist ursprünglich das Produkt einer Zusammenführung der zuvor intern und getrennt verwalteten Datenbestände des Deutschen Filminstituts und von CineGraph – Hamburgisches Centrum für Filmforschung e. V. In der ZDB werden sämtliche Stammdaten (wie Filmtitel, Produktionsland und -jahr für Filmwerke, Geburts- und Sterbedaten, sowie inhaltliche, geografische und zeitliche Tätigkeitsschwerpunkte für Personen), die Beziehungen zwischen Personen und
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Filmwerken (u. a. Stabsangaben), Ereignisse (z. B. Dreharbeiten, Erstaufführungen, Filmprüfungen) und Fassungsangaben erfasst. Die filmografische Datenbank enthält keine digitalen Objekte und Inhalte wie z. B. Videos, Fotografien, Inhaltsangaben und Biografien. Diese werden durch die entsprechenden Redaktionsteile im Content-Management-System (CMS), das die Inhalte für die Webpräsentation aufbereitet, eingepflegt und verwaltet. Seit der Erweiterung der technischen Plattform im Jahr 2011 nutzt filmportal.de ein für seine spezifischen Anforderungen programmiertes, rollenbasiertes CMS auf Grundlage von Drupal. Technischer Support, das Einspielen von Software-Updates, und das Monitoring der externen Hosting-Server für die ZDB und den Webauftritt, werden durch die ITAbteilung des Deutschen Filminstituts übernommen.
6 Standards, Normdaten und Schnittstellen Bei der Datenmodellierung für die zentrale filmografische Datenbank wurde konzeptuell auf die Functional Requirements for Bibliographic Records (FRBR) zurückgegriffen. Die Ähnlichkeit filmischer Werke mit veröffentlichten Printpublikationen war hinreichend groß, um diese Entscheidung zu rechtfertigen. Sie wurde durch die Standardisierungsinitiative Identification of Cinematographic Works (2005–2009) bestätigt, deren Ergebnis in Form des vom Deutschen Filminstitut maßgeblich mitentwickelten, europäischen Standards EN 15907 vorliegt: Ein Referenzmodell, das die filmografische Erfassung ebenfalls in die FRBR-Kategorien Werk, Variante (in EN 15907 optional), Manifestation und Item gliedert. Weitere Informationen zu EN 15907 und zur Standardisierungsinitiative finden sich unter www.filmstandards.org. Angaben der filmografischen Datenbank werden zwar primär für die Dokumentation des deutschen Filmschaffens auf filmportal.de genutzt, sind aber bereits vielfältig vernetzt und fließen über Maschinenschnittstellen in weitere Internetangebote ein. Die filmwerksbezogenen Daten sind über eine XML-Schnittstelle serialisiert exportierbar. Der Datenexport kommt zum Beispiel bei der Bereitstellung von Filmangaben für das EFG und – vermittelt über das EFG (siehe auch www.europeanfilmgateway.eu) – an die Europeana zum Einsatz. Außerdem wird er bereits seit 2006 für die Bereitstellung von Filmwerks- und Bestandsangaben des DIF-Filmarchivs an den Verbundkatalog nichtfiktionaler Filme in europäischen Archiven (www.filmarchivesonline.eu) verwendet. Darüber hinaus existiert für Personen- und Körperschaftsangaben ein Webservice, der mittels http get requests XML-Daten gemäß EAC-CPF-Standard bereitstellt. Er kommt in einigen Kooperationsprojekten zum Einsatz, und wird zum Beispiel für die Darstellung von Personenangaben im Mitgliedsregister der Deutschen Filmakademie und auf der Website vierundzwanzig.de, dem Wissensportal der Deutschen Filmakademie, verwendet.
Filmportal.de – Die zentrale Internetplattform zum deutschen Film
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Im Pilotprojekt IN2N hat das Deutsche Filminstitut zudem in Zusammenarbeit mit der Deutschen Nationalbibliothek (DNB) eine Ausgabe von Personenangaben im JSON-Format der Gemeinsamen Normdatei (GND) eingerichtet (für weitere Informationen zu dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekt siehe www.in2n.de). Ziel des Anfang 2015 abgeschlossenen Projekts war es, die Erfassung und Bearbeitung von personenbezogenen Informationen gleichzeitig in den verschiedenen Datenbanken der GND und von filmportal.de vorzunehmen und live zu synchronisieren. Hierfür hat die DNB eine neue Lese- und Schreibschnittstelle (Arbeitstitel: SCUSI) entwickelt, die sich gegenwärtig im produktiven Betabetrieb durch das Deutsche Filminstitut befindet. Dies ist gleichbedeutend mit der Abkehr vom vollständigen Spiegeln der GND, die bisher Voraussetzung für die Normdatenkooperation der Verbünde darstellte, und die solche Kooperationen weitgehend auf bibliothekarische Einrichtungen einschränkte. Mit Abschluss von IN2N sind nunmehr sämtliche über 180.000 Personen aus filmportal.de ebenfalls Teil der GND. Neuerfassungen in filmportal.de kommen über die Schnittstelle nun direkt in die GND. Nebeneffekt der Kooperation ist ferner, dass die GND von ihren Personenseiten nun auf das entsprechende Informationsangebot auf filmportal.de verlinkt (und umgekehrt). Im Unterschied zu den Stammdaten zu Personen, Körperschaften und Werken, werden Metadaten zu digitalen Objekten, die in filmportal.de verfügbar sind (z. B. Bilder, Videos und weitere filmbezogene Text- und Bildmaterialien wie Produktionsunterlagen, Korrespondenz, Filmkritiken, Interviews und Filmzensurunterlagen), über eine direkt am Drupal-CMS eingerichtete Schnittstelle bereitgestellt. Dabei handelt es sich um einen OAI-PMH Datenprovider, der die Metadaten zu digitalen Objekten in einem an die Europeana Semantic Elements 3.0 angelehnten Format zum Harvesting bereitstellt. Nutzer der OAI-PMH Schnittstelle sind vor allem das EFG und damit die Europeana sowie die DDB.
7 Entwicklungsperspektiven Im regulären Betrieb von Filmportal.de gilt es auch die dynamischen Entwicklungen im Web und sich wandelnde Erwartungen und Anforderungen der professionellen und privaten Nutzer zu berücksichtigen. Dank der kontinuierlichen Arbeit der Redaktion werden täglich mehr Inhalte publiziert, wobei der perspektivische Ausbau bestimmter Bereiche, insbesondere des Bewegtbild-Angebots, hohe Priorität hat. Um die nicht-kommerzielle Online-Veröffentlichung von audiovisuellem Material zu erleichtern, bedarf es indes auch einer Fortsetzung der öffentlichen Digitalisierungsmaßnahmen im Filmbereich sowie der Schaffung eines geeigneten rechtlichen Rahmens auf nationaler wie europäischer Ebene. Nicht zuletzt wird das derzeit auf filmportal.de entstehende Verzeichnis der in den Archiven überlieferten deutschen
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David Kleingers
Filme von großer Bedeutung für die retrospektive Digitalisierung und zukünftige Zugänglichmachung des Filmerbes sein. So erfordern die wachsenden Aufgaben des Portals in vielfältigen Projektzusammenhängen auch einen fortgesetzten Ausbau der technischen Infrastruktur. Filmportal.de bringt aufgrund seiner bisherigen Pionierleistungen, des beträchtlichen Ausbaupozentials und des stetig wachsenden Umfang seiner Inhalte zudem die besten Voraussetzungen mit, um in spartenübergreifenden Informationsangeboten wie der DDB eine nachhaltige Repräsentation des deutschen Filmerbes zu gewährleisten.
8 Zusammenfassung und Ausblick filmportal.de ist längst selbstverständlicher und unverzichtbarer Teil der Kulturlandschaft: Es ist die anerkannte Referenzquelle zum deutschen Film im Internet, Garant für die dauerhafte und fortlaufende Dokumentation der nationalen Filmerbedaten, stetig aktualisierte und erweiterte Plattform für die weltweite Vermittlung des deutschen Filmschaffens von seinen Anfängen bis heute, und tragende Säule im entstehenden Gerüst digitaler Informations- und Bildungsangebote in Deutschland und Europa. Angesichts der nationalen wie internationalen Herausforderungen und Chancen der Digitalisierung, ist filmportal.de maßgeblicher Partner für alle mit der Sicherung und Vermittlung des deutschen Filmerbes befassten Institutionen. Da es bereits erfolgreich und umfassend die Dokumentation und Präsentation des deutschen Films im Internet realisiert, kommt filmportal.de auch im Aufbau spartenübergreifender Angebote wie der DDB eine Vorreiterfunktion zu. Den perspektivischen Möglichkeiten der weiteren, sinnvollen Vernetzung und Kooperation mit Einrichtungen aus Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft, sind dabei virtuell keine Grenzen gesetzt. Vor diesem Hintergrund gilt es, den innovativen Impetus des Portals fortzuführen und das große Potenzial der zentralen Plattform für den deutschen Film auch in den kommenden Jahren zu nutzen.
Karl Heinz
Monasterium.Net – Europas virtuelles Urkundenarchiv 1 Einleitung Das Portal Monasterium (www.monasterium.net) ist mit knapp 500.000 Einzelstücken gegenwärtig die weltweit umfangreichste virtuelle Urkundensammlung. Die Anfänge gehen auf das Jahr 2002 zurück. Der Umstand, dass die Urkundenreihen der zum Großteil seit 900 Jahren bestehenden Stifte und Klöster Niederösterreichs als die wichtigsten Quellen zur mittelalterlichen Geschichte dieses Landes der öffentlichen und wissenschaftlichen Nutzung nur sehr eingeschränkt zur Verfügung gestanden sind, war der Ausgangspunkt des Gedankens, die Urkunden in den niederösterreichischen Stiftsarchiven zu digitalisieren und über das World Wide Web zu veröffentlichen. Als geistige Urheber dieses Unterfangens sind auf der einen Seite Prof. Karl Brunner, damaliger Direktor des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, andererseits Dr. Thomas Aigner, Diözesanarchivar in St. Pölten, zu nennen. Es war in weiterer Folge Thomas Aigner, welcher die praktische Umsetzung in die Hand nahm und dem Projekt von Beginn an als Führungspersönlichkeit vorgestanden ist. Die nachfolgenden drei Jahre wurden darauf verwendet, mithilfe eines transportablen Aufsichtscanners die Stücke vor Ort in den Stiftsarchiven zu digitalisieren. So bildeten die ersten etwa 20.000 Urkunden aus den Beständen der Stifte Altenburg, Geras, Göttweig, Heiligenkreuz, Herzogenburg, Klosterneuburg, Lilienfeld, Melk, Seitenstetten und Zwettl den Grundstock des Monasterium-Portals. Den digitalen Abbildungen wurden von Anfang an beschreibende Metadaten zur Seite gestellt, welche zumindest die grundlegendsten diplomatischen Eckdaten, wie Signatur, Datierung und Kurzregest, beinhalten sollten. Um eine Onlineschaltung der digitalisierten Bestände möglichst zeitnah bewerkstelligen zu können, wurde auf eine Neuregestierung der erfassten Urkunden weitgehend verzichtet und als Grundlage der publizierten Metadaten auf ältere, bereits vorhandene Regestenwerke und Volltexteditionen zurückgegriffen, welche retrodigitalisiert und für die Präsentation im Netz aufbereitet wurden.
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Abb. 1: Darstellung eines Datensatzes (Rumänisches Nationalarchiv) mit Abbildung und Metadaten
2 Bestand bzw. geplante Bestandsentwicklung Bereits während der Digitalisierungs- und Erfassungsarbeiten im Rahmen des Niederösterreich-Projektes trat deutlich zutage, dass eine geographische Ausweitung der
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Aktivitäten nicht nur sinnvoll, sondern absolut notwendig war, um den mittelalterlichen Netzwerken, welchen die niederösterreichischen Klöster angehörten, einigermaßen gerecht zu werden. Als erster Schritt in Richtung einer Internationalisierung der Unternehmung gelang es, die bedeutende ungarische Benediktinerabtei Pannonhalma und das tschechische Nationalarchiv in Prag für eine Kooperation zu gewinnen. Parallel zum Ausgreifen über die österreichischen Grenzen hinaus, wurden nach dem Vorbild Niederösterreichs auch die Urkundenreihen der geistlichen Archive des Bundeslandes Oberösterreich digital erfasst und über das Portal publiziert. Befasste sich das Projekt in seiner frühen Entwicklungsphase ausschließlich mit der Digitalisierung geistlicher Urkundenbestände – der Name „Monasterium“ nimmt auf diesen Umstand Bezug, so wurde diese selbstauferlegte Beschränkung ab dem Jahr 2006 sukzessive aufgegeben und das online verfügbare Material wurde nunmehr auch durch weltliche Bestände zügig erweitert. Aktuell (Februar 2015) umfasst das digitale Angebot 422.084 Einzelurkunden mit 606.433 Bildern. Diese von 135 Archiven aus 14 Staaten bereitgestellten Daten sind in 1.267 Archivfonds gegliedert. Primär folgt die Strukturierung der Daten der jeweiligen Archivtektonik. Das heißt, dass die Provenienz einer Urkunde über einen entsprechenden Pfad (Staat/ Land/Archiv/Bestand) nachvollzogen werden kann. Ein Bestand ist, abhängig von seiner Größe, in mehrere chronologische Einheiten binnengegliedert, um eine übersichtlichere Navigation zu ermöglichen. Neben dieser, der Archivlogik folgenden Präsentationsform, ist auch die Anlage von sogenannten „Sammlungen“ möglich, in welchen Urkunden, unabhängig von ihrer Provenienz, nach inhaltlichen Kriterien gruppiert werden können. Beispiele dafür sind die Sammlung serbischer Königsurkunden aus ganz Europa, jene der Urkunden des Deutschen Ordens oder rekonstruierte Archivbestände, wie jene der aufgehobenen Klöster Säusenstein und Aggsbach. Was die Digitalisate anlangt, so verzichtet Monasterium auf die Rechte auf die selbst erstellten, im Rahmen des Portals publizierten Bilder, sodass die verwahrenden Institutionen die vollen Rechte auch über die digitalen Abbildungen halten. Diese werden im Rahmen der Creative-Commons-Lizenz BY-NC-SA (Namensnennung, Nichtkommerzielle Nutzung, Weitergabe unter gleichen Bedingungen) zur Verfügung gestellt, worüber mit den einzelnen Archiven bei Bedarf eine entsprechende Vereinbarung geschlossen wird.
3 Organisationsform Im Zuge der Internationalisierung der Tätigkeiten im Rahmen von Monasterium fand sich im Laufe der Zeit eine große Gruppe jener Archive zusammen, welche ihre Urkunden über das Portal veröffentlichten. Diese Institutionen schlossen sich zunächst zu einer losen Arbeitsgruppe zusammen, deren gemeinsame Ziele und Anliegen 2006 in
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einem Memorandum zu Papier gebracht worden sind. Mit dem weiteren Anwachsen der Zahl der teilnehmenden Archive und archivisch tätigen Institutionen, und der zunehmenden Ausdifferenzierung der Bedürfnisse jedes einzelnen Konsortiumsmitglieds, war die Schaffung einer stabilen äußeren Form für die Gruppe der nächste logische Schritt. In Konsequenz dieser Bestrebungen wurde im Jahr 2008 das International Centre for Archival Research (ICARUS), als ein Verein nach österreichischem Recht mit Sitz in Wien, ins Leben gerufen. ICARUS (www.icar-us.eu) fungiert in weiterer Folge als Betreiber und Trägerorganisation des Monasterium-Portals und steuert auch die materiellen Grundlagen zum Betreiben desselben bei. Primäres Ziel dieser neuen Organisation ist die Unterstützung der Archive bei der gemeinsamen Bewältigung der Herausforderungen des digitalen Zeitalters, das Erschließen von Fördermöglichkeiten im Rahmen der Europäischen Union und die Aufrechterhaltung des stetigen Wissensaustausches unter Abbau diverser realer und mentaler Grenzen und Barrieren. Gegenwärtig (Februar 2015) zählt ICARUS über 160 Mitglieder in 30 europäischen Staaten sowie Partnerinstitutionen in Kanada und den Vereinigten Staaten von Amerika. Zu den teilnehmenden Institutionen zählen in erster Linie Archive, deren Reihe aber durch Universitäten, Forschungs- und Akademieinstitute sowie Bibliotheken ergänzt wird.
4 Teilnahme am Portal Die Teilnahme am Monasterium-Portal ist absolut kostenlos. Die Mitgliedschaft bei ICARUS ist in dem Zusammenhang zwar sinnvoll, aber nicht verpflichtend. Monasterium versteht sich selbst als eine Präsentationsplattform für die Quellengattung „Urkunde“, wobei die onlinestellende Institution verantwortlich für die Güte der zur Verfügung gestellten Metadaten und Bilder ist. Es liegt demnach im Aufgabenbereich des jeweiligen Archivs, seine Metadaten den in Monasterium verwendeten Standards und Normen entsprechend anzupassen, wobei technische und inhaltliche Hilfestellungen von Seiten des Portalbetreibers selbstverständlich sind. Wie bereits oben erwähnt, muss sich das Archiv dazu bereiterklären, die Daten im Rahmen der Creative-Commons-Lizenz BY-NC-SA zur Verfügung zu stellen, was eine Bearbeitung derselben durch das integrierte kollaborative Editionswerkzeug von Monasterium (s. u.) miteinschließt. Wenn die Daten in entsprechend standardisierter Form vorliegen, entstehen für die Freischaltung keine großen Wartezeiten. Monasterium stellt den Archiven eine Upload-Umgebung zur Verfügung, welches diese befähigt, ihre Daten – sei es im Excel-Format oder in Form einer XML-Datei – selbst hochzuladen und das Ergebnis noch vor der öffentlichen Freischaltung zu begutachten. Bedingt durch die internationale Zusammensetzung der beitragenden Archive, war die Mehrsprachigkeit des Portals ein fester Bestandteil des Umsetzungskonzep-
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tes. Gegenwärtig kann das Portal in 14 Sprachen – neben Deutsch und Englisch sind es Tschechisch, Slowakisch, Slowenisch, Italienisch, Spanisch, Französisch, Estnisch, Polnisch, Kroatisch, Ungarisch, Portugiesisch und Rumänisch – genutzt werden.
5 Technik Wie oben skizziert, wurden die Daten von Monasterium ursprünglich in einer Accessbzw. online in einer MySQL-Datenbank der Fa. AUGIAS gespeichert. Ab dem Jahr 2007 erfolgte der Umstieg auf eine an der Universität zu Köln entwickelte XML-Datenbank (Open-Source-Datenbank eXist), auf welche im Browser mit einer Kombination aus XQuery, HTML und JavaScript zugegriffen wird. Metadaten und Bildmaterial werden getrennt voneinander verwahrt. Die dezentrale Speicherung der digitalen Abbildungen ist problemlos möglich. Für all jene Archive, welche über keine eigene technische Infrastruktur verfügen, bietet Monasterium für die Lagerung des Bildmaterials kostenlosen Speicherplatz an. Sofern die Digitalisierungsarbeiten von ICARUS selbst durchgeführt werden, werden die Bilder mit einer Auflösung von 400 dpi im TIF-Format und einer Farbtiefe von 24 Bit RGB erstellt. Diese werden dann für die Online-Präsentation komprimiert. Ein hinzugefügter Farbkeil ist Teil der Standardeinstellungen. Diese Standards werden den Archiven auch als Richtlinie empfohlen, wenn diese die Digitalisate selber anfertigen.
6 Standards und Normdaten Es kommen unterschiedliche XML-Standards zur Anwendung. Die Bestandsdaten folgen dem EAD-Schema (Encoded Archival Description), während die Archivdaten dem EAG-Standard (Electronic Archival Guide) folgen. Für die Beschreibung der Einzelstücke kommt der internationale CEI-Standard (Charters Encoding Initiative) zur Anwendung (www.cei.lmu.de). Dabei handelt es sich um einen XML-Dialekt, welcher auf der TEI (Text Encoding Initiative) basiert und für die semantische Auszeichnung von Urkunden optimiert ist. Im Speziellen kommt eine eigens für die Bedürfnisse von Monasterium entwickelte Erweiterung des CEI Standards (MOM-CEI) zur Anwendung. Eine der Besonderheiten und nicht zuletzt das Kernstück von Monasterium, ist der kollaborative Bereich (MOM-CA – Monasterium Collaborative Archive), in welchem mithilfe eines Editors (EditMOM) die Daten bearbeitet werden können. MOM-CA wurde in enger Kooperation mit dem Institut für Historisch-Kulturwissenschaftliche Informationsverarbeitung (HKI), unter der Patronanz von Prof. Manfred Thaller an der Universität zu Köln über Jahre hindurch von mehreren Programmierern entwickelt. Registrierte User haben die Möglichkeit, einerseits Metadaten zu ergän-
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zen oder zu verbessern, andererseits auch eine semantische Auszeichnung einzelner Textelemente vorzunehmen. Die Funktionalität orientiert sich dabei an der von den diversen Textverarbeitungsprogrammen bekannten Drop-Down-Menüführung, was eine intuitive Erfassung der Bedienung ermöglicht. Die Auszeichnungsmöglichkeiten umfassen inhaltliche, formale und spezifisch diplomatische Aspekte und reichen von Personen- und Ortsnamen oder Maßeinheiten über Zeilenumbrüche und Sprachzuweisungen bis zur Benennung von Handwechsel, Authentifizierungsformen und diplomatischen Formularteilen. Die Auszeichnung mit den XML-Elementen basiert auf dem CEI-Standard, wobei die Software von vorneherein nur valide Möglichkeiten der Auszeichnung zulässt, indem andere, nicht zulässige Optionen, ausgeblendet bleiben.
Abb. 2: Der Editor im Rahmen des Monasterium-Portals mit ausgezeichneten Textpassagen
Die Qualitätskontrolle wird mittels eines Moderatorensystems gewährleistet. Alle an einer aktiven Mitarbeit interessierten Personen müssen sich im Rahmen des Registrierungsprozesses mit ihren persönlichen Daten ausweisen und sich verpflichtend einen für sie zuständigen Moderator – einen ausgewiesenen Fachmann oder Archivar – wählen, welcher die gemachten Änderungen begutachtet und die endgültige Freischaltung derselben durchführt.
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7 Entwicklungsperspektiven bzw. -pläne Es liegt im Wesen eines virtuellen Archivs, dass die Entwicklung ständig vorangetrieben wird. Dies gilt sowohl für die technische Ausgestaltung des Portals als auch für die in demselben veröffentlichten Daten bzw. für deren Vollständigkeits- und Erschließungsgrad. Gegenwärtig umfasst die virtuelle Sammlung von Monasterium knapp eine halbe Million Urkunden. Trotz dieser zweifellos beachtlichen Quantität ist es unumstritten, dass bislang nur ein kleiner Bruchteil der europäischen Urkundenüberlieferung erfasst worden ist. Eine Herausforderung, welche das Portal seit Anbeginn ständig begleitet hat, wird demnach auch weiterhin die Aufrechterhaltung einer akzeptablen Performanz sein, die den immer größer werdenden Datenmengen Rechnung trägt. Schon jetzt verfügt MOM-CA über ein Annotationswerkzeug, mit welchem Bildausschnitte – seien es einzelne Buchstaben oder ganze Passagen – ausgezeichnet und miteinander verglichen werden können, indem die Bilder übereinander gelegt werden. Der Ausbau dieses Moduls sowie die Verbesserung seiner Funktionalität, stellt ein weiteres Desiderat der Entwicklung dar, um das Portal für hilfswissenschaftliche Forschungsfragen noch dienlicher werden zu lassen.
8 Zusammenfassung und Ausblick Das Monasterium-Portal ist die bislang größte Online-Ressource im Zusammenhang mit mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Urkunden. Es sieht sich in einer Brückenfunktion zwischen Archiven, historischer Forschung und interessierter Öffentlichkeit. Einerseits wird den Archiven eine technisch stabile Möglichkeit geboten, einer der wichtigsten Aufgaben des digitalen Zeitalters nachzukommen, nämlich ihre Materialien kostenfrei zu veröffentlichen und zugänglich zu machen. Ebenso wird der historischen Forschung eine bisher nicht gekannte diplomatische Materialfülle zur Verfügung gestellt, an dem ganz Europa umfassende, vergleichende Studien durchgeführt werden können. Die Disziplinen der Diplomatik, Paläographie, Sphragistik und viele andere verwandte Fachbereiche der historischen Hilfswissenschaften, profitieren von dem Angebot. Andererseits kann und wird das digitale Angebot aber auch interdisziplinär, beispielsweise durch die Kunstgeschichte, Germanistik oder die Rechtswissenschaften genutzt. Gleichzeitig wird mit dem Editor, dem Annotationstool und der semantischen XML-Auszeichnung der Forschung ein mächtiges Werkzeug in die Hand gegeben, mit dessen Hilfe im Zusammenspiel mit der großen Datengrundlage neue, bahnbrechende Erkenntnisse zutage gefördert werden können. ICARUS als Träger und Betreiber der Plattform ist bestrebt, das Angebot auch in Zukunft zu erweitern und auszubauen. Die Weiterentwicklung kann in drei große
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Bereiche gegliedert werden. In inhaltlicher Hinsicht gehört es zu den erklärten Zielen des Portals, das digitale Angebot auszuweiten und die Datenbasis zu vergrößern. Mittelfristig – in den nächsten zwei bis drei Jahren – erscheint ein Anwachsen der Zahl der integrierten Urkunden auf 750.000 als durchaus realistisch. Ebenso gehört es zu den Zielen von Monasterium, die bereits vorhandenen Metadaten zu ergänzen und gegebenenfalls auch zu verbessern. Neben dem inhaltlichen Bereich steht auch die Weiterentwicklung der technischen Infrastruktur auf der Agenda von Monasterium. Bereits existierende Features, wie das Annotationstool oder die Sammlungsumgebung, sollen stabiler und übersichtlicher gestaltet werden. Die Anbindung der Datenbank an externe Ressourcen, wie Orts- und Namensdatenbanken, zur standardisierten Identifikation, gehört zu den großen Desideraten, ebenso wie die Weiterentwicklung einer leistungsfähigen Suchfunktionalität, welche Recherchen in der Datenbank noch genauer werden lassen soll. Diese ins Auge gefassten Vorhaben können jedoch nur nach Maßgabe der jeweiligen finanziellen Möglichkeiten umgesetzt werden. Schließlich ist es auch ein Bestreben des Monasterium-Portals, die Forschungstätigkeiten rund um das digitale Angebot zu fördern. Schon jetzt wird die Datenbank von diversen Forschungsprojekten genutzt. Als Beispiel soll ein Projekt am Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien zur Baugeschichte des Wiener Stephansdoms genannt werden, das unter systematischer Durchsicht der einschlägigen Urkunden die bislang lückenhafte Dokumentation zu ergänzen sucht. Unter Nutzung der Infrastruktur des Trägernetzwerkes ICARUS, sollen auch in Zukunft regionale wie auch europaweite Forschungsprojekte initiiert werden, in deren Rahmen die virtuelle Materialienvielfalt in konkrete Forschungsergebnisse umgemünzt werden soll.
Lisa Dieckmann
prometheus – das verteilte digitale Bildarchiv für Forschung & Lehre e. V. 1 Einleitung prometheus (http://prometheus-bildarchiv.de) ist ein verteiltes digitales Bildarchiv für Forschung und Lehre in den Kunst- und Kulturwissenschaften und benachbarten bildbasierten Disziplinen. Es fungiert als Datenbroker und verknüpft derzeit über 80 Datenbanken von Universitäten, Forschungsinstitutionen, Museen und Archiven miteinander und macht so über 1,4 Millionen hochauflösende Bilder über die Plattform recherchierbar (Stand: Mai 2015). Die integrierten Bilder decken ein breites inhaltliches Spektrum ab, mit Material aus der Kunstgeschichte, Archäologie, Pädagogik, Geschichte, Theologie, Design- und Architekturgeschichte, Ägyptologie, Umweltgeschichte, Diplomatik und Ethnologie. Die Bandbreite der Gattungen reicht von Architektur, Malerei und Skulptur über Kunsthandwerk, Design und Grafik bis hin zu Installation, Fotografie und Video. prometheus startete 2001 als ein überregionales Verbundprojekt und wurde bis 2004 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Die Idee eines verteilen Bildarchivs gründete auf dem Desiderat, verschiedene Bildressourcen zur Kunst- und Kulturgeschichte zu bündeln, um Redundanzen zu vermeiden und den Zugriff auf einen großen Bilderpool zu ermöglichen. Beteiligt waren vier deutsche Universitäten – die Universität zu Köln, die Humboldt-Universität zu Berlin, die Justus-Liebig-Universität Gießen und die Hochschule Anhalt – mit den Disziplinen Kunstgeschichte, Archäologie, Informatik, Mediendesign und Mediendidaktik. Noch innerhalb des Förderzeitraums wurde der Verein prometheus – das verteilte digitale Bildarchiv für Forschung & Lehre e. V. gegründet, um nach Ablauf der Förderphase die Rechtsnachfolge antreten zu können mit dem Ziel, die Finanzierung und technische Struktur von prometheus sicherzustellen. Mithilfe einer dreijährigen Übergangsfinanzierung und der parallelen Entwicklung eines Lizenzmodells finanziert sich prometheus seit 2008 eigenständig. Die Lizenzgebühren dienen ausschließlich zur Deckung der Betriebskosten, die für Erhaltung, Pflege und Ausbau des Bildarchivs notwendig sind: die Aktualisierung der Daten, die Integration neuer Features und Datenbanken, die Steigerung der Performance, die Optimierung des Retrievals und die Anpassung an neueste Technologien und Softwareversionen. Der Zugang zum Bildarchiv ist sowohl über freigeschaltete Rechner innerhalb der Netze der derzeit über 150 lizenznehmenden Institutionen als auch über personalisierte Zugänge jederzeit und überall möglich. Derzeit sind ca. 10.000 aktive persönliche Zugänge eingerichtet.
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Abb. 1: Erweiterte Suche und Ergebnisliste
prometheus stellt ein Suchinterface bereit, das es ermöglicht, über alle oder einzelne Datenbanken im Gesamtindex oder in einzelnen Katalogen zu recherchieren und Suchbegriffe miteinander zu verknüpfen. Insgesamt werden durchschnittlich über 15.000 Suchanfragen pro Tag gestellt. Die Ergebnisse lassen sich nach unterschiedlichen Kriterien wie z. B. Bildqualität filtern. Für die Optimierung des Retrievals werden Wörterbücher verwendet, die die Daten anreichern und unterschiedliche Schreibwei-
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sen ausgleichen. Hierzu gehört auch die Integration eines englischen Wörterbuchs, so dass prometheus auch im internationalen Kontext verwendet werden kann. prometheus versteht sich nicht allein als Rechercheinstrument, sondern auch als Arbeitsumgebung für die digitale Unterstützung der Lehre und die digitale Forschung am Bild. So ist die Zusammenstellung von Bildmaterial in Bildsammlungen und die Erstellung von Präsentationen möglich, zudem der Upload von Bildmaterial in die eigene Datenbank, die über eine App auch direkt vor Ort und mobil gespeist werden kann (http://prometheus-bildarchiv.de/app). Darüber hinaus können Bilder und Bilddetails annotiert, miteinander verknüpft und als Bildnetz publiziert werden (http://prometheus-bildarchiv.de/projects/meta-image). Zudem versteht sich prometheus als Serviceeinrichtung, die Hilfestellung im Umgang mit Metadaten und Datenbanken anbietet, regelmäßig über neueste Entwicklungen der Digitalen Geisteswissenschaften (Digital Humanities) informiert (Newsletter, Social Media-Kanäle) und in Rechtsfragen (http://prometheus-bildarchiv.de/copyright) berät. prometheus hat mit der Verwertungsgesellschaft (VG) Bild-Kunst einen Vertrag geschlossen, der die Zugänglichmachung der urheberrechtlich geschützten Bilder in prometheus durch die verschiedenen Bilddatenbanken erlaubt und die Verwendung für die eigene Forschung und Lehre gestattet. Auf Basis eines Personenthesaurus findet zu jedem Bild ein automatischer Abgleich mit der Künstlerliste der VG BildKunst statt, sodass bei Übereinstimmung ein Link zur Verwertungsgesellschaft generiert und so auf das Bildrecht hingewiesen wird. Über einen Link an jedem einzelnen Bild werden die NutzerInnen zudem darüber aufgeklärt, welche Rechte bei dem jeweiligen Bild für eine Publikation einzuholen sind. Einige Rechteinhaber ermöglichen an dieser Stelle, die Publikationsgenehmigung zu einem Bild direkt über prometheus einzuholen. prometheus leistet darüber hinaus seit Beginn wichtige Beiträge zur Forschung und Anwendung digitaler Methoden in der Kunstgeschichte und den Bildwissenschaften. prometheus beteiligt sich an Forschungsprojekten (perseus-A, Meta-Image, Das digitale historische Archiv; vgl. http://prometheus-bildarchiv.de/projects/) und richtet regelmäßig Tagungen zu relevanten Themen aus (z. B. http://prometheus-bildarchiv.de/tagung2013/).
2 Bestand bzw. geplante Bestandsentwicklung prometheus selbst hat keine eigenen Bestände, sondern verknüpft bestehende Datenbanken über einen Index miteinander. Weitere Museums-, Forschungs- und Institutsdatenbanken stehen zur Einbindung an, sodass der Datenpool stetig anwächst. Über die Upload-Funktion – seit diesem Jahr auch komfortabel über die prometheusApp zu verwenden – haben die NutzerInnen die Möglichkeit, eigenes Bildmaterial hochzuladen. Zukünftig soll das Material auch in den Gesamtindex integriert werden, so dass die Bilder für alle NutzerInnen zur Verfügung stehen. Damit wird der Bilder-
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pool durch fehlendes Material erweitert und es finden auch Randgebiete der Forschung ihren Platz im Bildarchiv.
3 Organisationsform prometheus wird getragen vom gemeinnützigen Verein prometheus – das verteilte digitale Bildarchiv für Forschung & Lehre e. V. zum Zweck der Förderung von Wissenschaft und Forschung durch die Entwicklung, Bereitstellung und Anwendung der digitalen Medien im kunst- und kulturhistorischen Bereich. Der Verein fördert deren Einsatz in der Aus- und Weiterbildung, Forschung und Lehre und fühlt sich besonders den Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Museen, Archiven und der Denkmalpflege verpflichtet. Der Verein hat die Universität zu Köln damit beauftragt, das operative Geschäft des Bildarchivs zu führen. Sie nimmt die Lizenzeinnahmen ein und trägt mit der Zurverfügungstellung von Räumen und Infrastruktur dazu bei, die Betriebskosten niedrig zu halten. Die Geschäftsstelle befindet sich am Kunsthistorischen Institut der Universität zu Köln.
4 Teilnahme am Portal Jede Bilddatenbank mit hochauflösenden Bildern (mindestens 1.600 x 1.600 Pixel) zum Themenbereich Kunst- und Kulturgeschichte wird auf Anfrage in das Bildarchiv integriert. Es sind nur einige wenige formale Voraussetzungen (http://prometheusbildarchiv.de/databases/suppliers) notwendig. Falls der Betrieb einer eigenen Datenbank für eine Institution z. B. aufgrund fehlender personeller und technischer Ressourcen nicht möglich ist, kann eine Open-Source-Datenbank auf den prometheus-Servern aufgesetzt und über das Web betrieben werden. Bilder oder andere Medien (Video, Animationen etc.) sollten von den Bildgebern in einem Standardformat und bestmöglicher Abbildungsqualität geliefert werden – zumindest aber in einer Form, dass sie für eine adäquate Projektorpräsentation geeignet sind und den Maßstäben einer universitären Lehre entsprechen. Für die Integration werden keine Vorgaben zu Datenbanksystemen, Datenmodellen, Metadatenformaten und Standards gemacht. Es ist die Grundidee von prometheus, ein verteiltes Archiv über heterogene Datenbanken zu realisieren. Die integrierten Datenbanken sollen sowohl inhaltlich als auch strukturell maximal flexibel sein. Das Ziel war von Beginn an, die Individualität einer jeden Datenbank zu fördern, um der Subjektivität von Forschung Rechnung zu tragen. prometheus leistet deshalb den Informationsausgleich zwischen den autonomen Datenbanken während der Indexierung. prometheus hält die Profile der einzelnen Datenbanken vor, die jeweils spezifizieren, wie auf die Datenbank zugegriffen und wie sie indexiert werden soll. Die
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semantische und syntaktische Heterogenität innerhalb der Datenbank wird mithilfe einer linguistischen Analyse während der Indexierung abgeglichen, sodass einheitliche Recherchen über alle Bilddatenbanken erfolgreich möglich sind. Bei dem von der Institution zu liefernden Export handelt es sich in der Regel um eine strukturierte Textdatei (z. B. XML), die pro Datensatz wenige Kerndatenfelder enthalten muss. Ein eindeutiger Identifier (ID) des Datensatzes, Objekttitel zur Kennzeichnung und Auffindung des Werks und die Angabe des Abbildungsnachweises/ der Bildrechte sind obligatorisch. Abgesehen von diesen obligatorischen Metadaten sind die Erfassung und der Export weiterer Informationen zu den Objekten jedoch erwünscht, um ihr Auffinden zu gewährleisten und die Forschung zu unterstützen. prometheus kann beliebige weitere Informationen zu den Objekten verarbeiten und sie für die Volltextsuche indexieren. Schließlich werden alle gelieferten Metadaten in der Detailansicht angezeigt. Für den Abbildungsnachweis muss mindestens die Quelle der Abbildung, wie zum Beispiel der Literaturhinweis, genannt werden. Die Bildrechte werden differenziert in das Recht am Kunstwerk und das Recht an der Fotografie. Es sind hier der Urheber des Werks und der Fotografie zu nennen, wenn in den Fällen noch rechtliche Ansprüche existieren. Wird der Urheber des Werkes von der VG Bild-Kunst vertreten, findet innerhalb von prometheus ein automatischer Abgleich mit dem angegebenen Künstlernamen statt. Ist der Urheber der Reproduktion nicht ohne größeren Aufwand zu eruieren (z. B. bei Scans aus Buchvorlagen), sollten zumindest Verlag oder Institution genannt werden. Bei (instituts-)eigenen Dias oder nicht mehr nachvollziehbaren Urheberrechtsverhältnissen ist in der Regel die jeweilige Institution bzw. der Aufbewahrungsort der Vorlagen oder die Quelle anzugeben. Handelt es sich um eine selbst angefertigte Fotografie, kann die Weiterverwendung der Reproduktion durch Dritte – zum Beispiel mithilfe einer Creative-Commons-Lizenz geregelt werden.
5 Technik pandora ist die Software von prometheus und die treibende Kraft hinter dem prometheus-Bildarchiv. pandora wird seit Herbst 2006 auf der Basis von Ruby on Rails entwickelt und steht als Freie Software unter den Bedingungen der GNU General Public License zur Verfügung (http://prometheus.uni-koeln.de/pandora/about). Darüber hinaus veröffentlicht prometheus weitere Werkzeuge und Bibliotheken als OpenSource, die innerhalb des Projektes entwickelt wurden wie zum Beispiel ApacheModule, eigene Ruby-Pakete oder Erweiterungen (http://prometheus-bildarchiv.de/ development/open_source). Zudem stellt prometheus eine REST-basierte Application Programming Interface (API) bereit, d. h. eine Schnittstelle, über die der Zugriff auf Daten des prometheusBildarchivs mithilfe einer Reihe von Methoden möglich ist (http://prometheus.
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uni-koeln.de/pandora/api). Die Daten werden als XML oder JSON ausgeliefert und können in andere Kontexte integriert werden. Die neuentwickelte prometheus-App greift zum Beispiel über die API auf die Daten zu.
6 Standards und Normdaten Als webbasierte Plattform setzt prometheus die gängigen Webstandards ein. Zur Beschreibung der Schnittstelle wird die Web Application Definition Language (WADL) verwendet, die Daten werden entweder als JSON oder XML ausgegeben. Vorgaben für die bildgebenden Institutionen für die Verwendung von Metadatenstandards gibt es nicht, jedoch lassen sich alle gängigen Formate (LIDO, CIDOC-CRM, Dublin Core etc.) problemlos integrieren. Normdaten setzt prometheus für die Anreicherung der Metadaten bei der Indexierung ein. Dabei wird für den Abgleich der Künstlernamen die Schnittmenge aus den Personennamen der Gemeinsamen Normdatei (GND) und denen des Allgemeinen Künstlerlexikons (AKL) verwendet. Eine darüber hinausgehende Verwendung der GND für die Anreicherung der Metadaten ist geplant.
7 Entwicklungsperspektiven bzw. -pläne Als verteiltes digitales Bildarchiv für Forschung und Lehre ist prometheus in erster Linie darauf bedacht, für den Bereich der Kunstgeschichte, der Archäologie und weiterer bildbasierter Disziplinen relevante Datenbanken einzubinden und Forschungswerkzeuge zu entwickeln oder zu integrieren. Darüber hinaus wird kontinuierlich an der Optimierung des Retrievals gearbeitet. Hierzu gehört auch der Ausbau der Metadatenanreicherung durch Normdaten (z. B. der GND) und weitere Web-Ressourcen (Linked Data-Prinzipien). Die Umsetzung soll in erster Linie durch automatisierte Verfahren, aber auch mittels Crowdsourcing erfolgen. Derzeit wird mit der Computer Vision Group der Universität Heidelberg anhand des Bildmaterials von prometheus eine Bildähnlichkeitssuche erprobt, die perspektivisch als Rechercheinstrument integriert werden soll. Dadurch können sich neue Sichtweisen auf das Material bieten, die neue Erkenntnisse generieren könnten. Zudem wird eine Ausweitung der internationalen Kooperationen angestrebt.
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8 Zusammenfassung und Ausblick Die Zusammenführung von Datenbanken der Kunstgeschichte, Archäologie und anderer bildbasierter Disziplinen und die Bereitstellung einer Arbeitsumgebung für jene Fachbereiche, war und ist ein Desiderat, um Ressourcen zu bündeln, den Zugang zu hochauflösendem Bildmaterial für Forschung und Lehre an einem virtuellen Ort zu schaffen und digitale Forschung zu ermöglichen. Den damit verbundenen und bereits beschriebenen Herausforderungen nimmt sich prometheus seit fast 15 Jahren an und wird als Rechercheplattform, digitale Arbeitsumgebung und Serviceeinrichtung diese Bereiche auch in Zukunft weiter bedienen, optimieren und kompetent ausbauen.
9 Literatur Dieckmann, Lisa und Martin Warnke. „prometheus meets Meta-Image: Implementations of Aby Warburg’s methodical approach in the digital era”. Visual Studies Special Issue: Visual Archives in the Digital Age. Hrsg. von Marion Müller und John Bateman, Taylor & Francis, 2015. (in Publikation). Dieckmann, Lisa, Anita Kliemann, und Martin Warnke. „Meta-Image – Forschungsumgebung für den Bilddiskurs in der Kunstgeschichte“. Kultur und Informatik. Interaktive Systeme. Hrsg. von Jürgen Sieck, Berlin: VWH, 2010. 183–188. Dieckmann, Lisa. „prometheus: the distributed digital image archive for research and education“. L’Art et la Mesure: Histoire de l’art et méthodes quantitatives, sous la direction de Béatrice Joyeux-Prunel. Paris: Editions Rue d’Ulm, 2010. 141–151. Simon, Holger. „Normierung und Standardisierung der Sacherschließung? Ein Plädoyer für die Heterogenität von Sammlungsbeschreibungen“. Museums-Informations-System (MusIS) Hrsg. von Jörn Sieglerschmidt. Konstanz, 2006. 100–105. Simon, Holger. „,prometheus‘ und Justitia – Bildarchive der Kunst- und Kulturwissenschaften im Spannungsfeld des medialen Umbruchs hin zu einer digitalen Informationsgesellschaft.“ Forschung und Lehre im Informationszeitalter – zwischen Zugangsfreiheit und Privatisierungsanreiz. (Schriften zum Europäischen Urheberrecht Bd. 4). Hrsg. von Karl-Nikolaus Peifer und Gudrun Gersmann. Berlin: de Gruyter, 2007. 65–86.
Teil 4 Regionale Portale
Frank von Hagel
SPK-digital als Institutionsportal 1 Einleitung Die Webseite www.SPK-digital.de ist als das zentrale Nachweisportal der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) konzipiert. Da sich alle Einrichtungen der SPK in Berlin befinden, ist es natürlich ein regionales Portal, auch wenn die Größe der zusammengefassten Einrichtungen sowie der Umfang der Bestände weit über Berlin hinaus wirken. Die SPK mit ihren mehr als 2.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und mit den unter ihrem Dach vereinigten namhaften Bibliotheken, Archiven und Museen, wird als bundesunmittelbare Stiftung vom Bund und allen sechzehn Bundesländern getragen und gemeinschaftlich finanziert. Die SPK ist Mitglied der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und hat in den vergangenen Jahren ihre Aufwendungen für die Forschung stetig erhöht. Dabei wurden diese Forschungsergebnisse von ihren Einrichtungen in verschiedenster Art und Weise und auf diversen Plattformen zugänglich gemacht.
Abb. 1: Startseite von SPK-digital
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Die SPK bildet einen „Mikrokosmos im Makrokosmos“ des kulturellen Erbes; in dem spartenübergreifenden Portal SPK-digital wird zu diesem Erbe ein Zugang geschaffen. Alle SPK-Einrichtungen bewahren, erforschen und vermitteln einzigartige Zeugnisse der Geschichte der Menschheit. Die daraus resultierende Bestandsvielfalt macht die SPK im Bereich der Geistes- und Sozialwissenschaften zu einer der größten außeruniversitären Wissenschafts- und Forschungseinrichtung weltweit. Dabei bilden die von der SPK verwahrten Kulturgüter oftmals eine wichtige Grundlage der objektbasierten Forschung. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der SPK sind aktive Partner in oder Koordinatoren von vielfältigen nationalen und internationalen Forschungsprojekten. Das Spektrum der in der SPK verwahrten Kulturgüter umfasst nahezu alle Bereiche der kulturellen Überlieferung. Von zahlreichen Zimelien wie Beethovens 9. Sinfonie oder Mozarts Zauberflöte, über vielfältigste Autographen und Nachlässe, mittelalterliche Handschriften, Urkunden und Archivalien über Gemälde, Drucke, Kunsthandwerk, Ausgrabungsfunde der Vor- und Frühgeschichte, Ägyptens und Griechenlands bis hin zu Südseebooten und Zeugnissen der Kulturen Amerikas und Asiens. Es finden sich großartige Schätze in den Magazinen der Einrichtungen der SPK, die nicht in den Ausstellungen und Lesesälen gezeigt werden können.
2 Bestand und geplante Bestandsentwicklung SPK-digital, die Onlineangebote der Museen, Bibliotheken, Archive sowie des IberoAmerikanischen Instituts und des Staatlichen Instituts für Musikforschung orientieren sich an der Digitalisierungsstrategie der SPK. 2013 legten die SPK und ihre Einrichtungen eine best-practice-Empfehlung zu Open Access vor. Gemeinsam mit der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, dem Bundesarchiv, dem Deutschen Archäologischen Institut und der Stiftung Jüdisches Museum Berlin, hat die SPK im November 2013 die „Berliner Erklärung vom Oktober 2003 über den offenen Zugang zu wissenschaftlichem Wissen“ (Berliner Erklärung 2015) gezeichnet und hierzu die oben genannte best-practiceRichtlinie zur „Berliner Erklärung“ verabschiedet. Diese empfiehlt die Anwendung des „Open Access-Prinzip“ für private und wissenschaftliche Nutzung, sofern diese den Namen der Quelle nennen, anderen Nutzern an den von ihnen erstellten Angeboten die gleichen Rechte einräumen und keine kommerzielle Nutzung der Digitalisate erfolgt. Als Lizenzmodell dienen hierbei die Creative-Commons-Lizenzen. Durch die Vernetzung der Onlineangebote der in der SPK beheimateten Einrichtungen entsteht mit SPK-digital zunehmend die Möglichkeit, „die besondere Mischung“ der Bestände und der Forschung in der SPK aufzuzeigen. Ausgehend von den Beständen in den Museen und Sondersammlungen ist eine breite objekt- und bestandsorientierte Forschung möglich. Diese Arbeit mit den eigenen Beständen
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sowie die dabei gewonnenen Erkenntnisse sollen von einem Zugangspunkt aus verfügbar gemacht werden. Zu diesem Zweck haben die SPK und ihre Einrichtungen ihr Onlineangebot zur Präsentation der in der SPK vorhandenen Bestände und der vorhandenen Digitalisate wesentlich ausgebaut. Gleichzeitig hat die SPK mit www.spk-digital.de Schritte unternommen, die unterschiedlichen Fachangebote miteinander zu vernetzen und somit ein spartenübergreifendes Werkzeug zur Arbeit mit den Beständen der SPK geschaffen. Bei www.spk-digital.de handelt es sich einerseits um eine leistungsfähige Suchmaschine, die unterschiedliche Datenformate, Dokumentationstraditionen und wissenschaftliche Arbeitsweisen erschließbar macht. Enthalten sind zurzeit Informationen zu mehr als 12 Millionen Kulturgütern, Tendenz steigend. Die Inhalte umfassen ALLE Bestandsinformationen, die von den SPK-Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden, also auch OPACs und Online-Findbücher. Man spricht daher von einem Bestandsnachweis. Die Anzahl der Nachweise mit Digitalisaten beträgt derzeit ca. 350.000 Stück. Andererseits umfasst www.spk-digtal.de ein redaktionell betreutes Themenportal, in dem über ausgewählte Bestände, Highlights und für die SPK wichtige Themen informiert wird. Realisiert sind bisher die Themen „Kinder- und Jugendkultur“ und „Friedrich der Große“. SPK-digital schafft somit erstmals einen stiftungsweiten, einrichtungsübergreifenden und webbasierten Zugriff auf alle Bestände in der Stiftung. Aus Sicht der SPK bietet die „Digitalisierung […] die Chance, das kulturelle und geistige Erbe der Menschheit allen zugänglich zu machen. Digitalisierung ist eine Kernaufgabe aller Institutionen, die kulturelles und geistiges Erbe bewahren. Sie ist eine Querschnittsaufgabe, die Teil der Erhaltung, der Erschließung und der Vermittlung ist. Und sie ist heute eine unverzichtbare Basis für die Erforschung des Kulturerbes. Die Digitalisierung schafft einen einfachen und demokratischen Zugang zu Wissen und kulturellen Inhalten“ (Digitalisierung in der der SPK, 2015). Die Vision von SPK-digital ist es, eines Tages alle in der SPK verwahrten Kulturgüter online nachweisbar zu machen. Dabei ist immer die dokumentarische, fachgerechte und wissenschaftliche Erschließung der Bestände der Ausgangspunkt der Arbeit. Daraus ergibt sich ein kontinuierliches Anwachsen der Bestände in SPK-digital, aber auch die Notwendigkeit, auf sich verändernde Fachangebote zu reagieren. Wie drastisch sich die Möglichkeiten der Digitalisierung und der Präsentation von Digitalisaten (digitale Repräsentationen = Bilder, Video-, Ton- und 3D-Objekte) verändern, zeigt die Beobachtung der Infrastruktur, die den Nutzern heute zur Verfügung steht. In den Einrichtungen wie auch bei den privaten Nutzern besteht die Möglichkeit, hochwertigere und komplexere Informationen und Digitalisate über das Internet zu nutzen, bzw. von Seiten der SPK zur Verfügung zu stellen, als noch vor drei Jahren. Einen wichtigen Anschub gaben hierfür sowohl der Schlussbericht der Enquete-Kom-
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mission „Kultur in Deutschland“ (2007, 123) als auch die Initiativen des Bundes zum Auf- und Ausbau von Breitband-Infrastrukturen (Enquete-Kommission, Schlussbericht „Kultur in Deutschland“ 2015). Der (N)ONLINER-Atlas der Initiative D21 ((N)online 2015) hat ermittelt, dass 2013/2014 erstmals mehr als zwei Drittel der Bevölkerung über einen, i. d. R. mit einer Flatrate ausgestatteten, Breitbandzugang (DSL/Kabel/anderer) verfügten. Somit ist die Mehrzahl der Bundesbürger in der Lage, jederzeit und ohne Mehrkosten, aufwändige und datenintensive Webangebote, Downloads großer Dateien, Videos, Internetradio und -fernsehen zu nutzen; und dies auch auf mobilen Endgeräten. Daraus ergibt sich: –– Der weitere Ausbau der digitalen Angebote der SPK – sowohl für den privaten als auch den wissenschaftlichen Nutzer – und deren gemeinsamer Nachweis in SPKdigital ist unbedingt erforderlich. –– Die Einbeziehung von responsive designs und App-Anwendungen wie augmented reality für die optimale Nutzung mit Smartphones und Tablets ist notwendig (Innovisions und Gliesmann 2015). –– Das Angebot von Informationen und Daten zur kooperativen Erforschung in nationalen und internationalen Netzwerken, Kooperationen und Projekten ist Alltag. –– Das Angebot über Dienste mittels Schnittstellen – sofern rechtlich möglich – ist in die Überlegungen einzubeziehen. Diese Angebote werden zunächst in Fachangeboten der Einrichtungen wie SMBdigital, den digitalen Sammlungen und OPACs der Staatsbibliothek und dem IberoAmerikanischen Institut oder den Online-Findbüchern des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz und in verschiedenen Fachportalen bereitgestellt. SPK-digital führt diese fach- und institutionsorientierten Sichtweisen zusammen und macht sie gemeinsam sichtbar.
3 Organisationsform Angestoßen wurde SPK-digital durch die Initiative des Präsidenten der SPK. Die Projektleitung und Begleitung der Realisierung erfolgt durch das Institut für Museumsforschung (IfM), Planung und Aufbau wurde begleitet durch eine Arbeitsgruppe mit Teilnehmern aus den fünf Stiftungseinrichtungen. Die Finanzierung erfolgt aus Eigenmitteln der SPK. Ziel ist die Darstellung der Bestände der SPK in ihrer Gesamtheit und die Ermöglichung der einrichtungsübergreifenden Recherche der von ihr verwahrten Kulturgüter. Viele der in den Einrichtungen bewahrten Kulturgüter stehen in Beziehung zueinander, u. a. durch gemeinsame Provenienzen.
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4 Teilnahme am Portal Da es sich bei SPK-digital um ein stiftungsinternes Projekt handelt, sind zur Teilnahme an SPK-digital auch nur die Einrichtungen der SPK berechtigt. In den Nachweisbestand fließen nur Bestände der SPK ein. Dies gilt auch für SPK-Bestände, wenn diese in andern Portalen publiziert worden sind. In diesem Fall werden die Teilbestände der SPK-Einrichtungen in SPK-digital importiert, so zum Beispiel die im Kalliope-Verbund und in RISM (Répertoire international des sources musicales) befindlichen Bestände aus der SPK.
5 Technik Die für SPK-digital in Frage kommenden Ressourcen, wie OPACs der Bibliotheken, Onlinefindbücher und Objektinformationen, wurden in einen zentralen ApacheLucene-Index zusammengefasst und erlauben so die einrichtungsübergreifende Recherche. Wichtig ist hierbei der Rückverweis in die Fachpräsentationen der Einrichtungen, denn hier ist die fachlich optimale Präsentationsweise der Informationen gewährleistet, während in SPK-digital – zwangsläufig – bei der Präsentation Kompromisse gemacht werden müssen. Apache-Lucene wird verwendet, da es sich in diversen Projekten als eine äußerst mächtige, volltextbasierte Programmbibliothek erwiesen hat. Lucene ist Open-Source und wird u. a. von Wikipedia und auch von Twitter eingesetzt. Die „langfristige“ Weiterentwicklung und Pflege von Lucene ist somit sichergestellt. Die konkrete Umsetzung der Anwendung basiert auf dem BAM-Portal, an dem die SPK als Kooperationspartner bis zu dessen Einstellung zum 30. Juni 2015 beteiligt war (BAM-Portal 2015). Im Rahmen des Projektes SPK-digital wurden durch die SPK und das Bibliotheksservice-Zentrum die vorhandenen Funktionen des BAM-Portals um die facettierte Suche, die Einbindung eines Content-Management-Systems (CMS) (Contao) und Datenlieferungsverfahren erweitert. Gleichzeitig stellte die Staatsbibliothek zu Berlin mit einem Typo3-Knoten das redaktionelle Werkzeug zum Aufbau der Themenportale zur Verfügung. Die Inhalte für SPK-digital entstehen kontinuierlich in den Einrichtungen der SPK. Die Daten zu den Nachweisen und Digitalisaten werden durch regelmäßige Updates und Importe in SPK-digital nachgeführt. Dabei hostet SPK-digital keine Digitalisate, sondern nutzt die in den Daten enthaltenen Pfade zu den Onlinebeständen und Digitalisaten in den einzelnen Fachportalen. Hierdurch behalten die Einrichtungen die Hoheit über die Digitalisate, werden urheberrechtliche Probleme durch fälschliche Präsentation eliminiert und wird immer die aktuellste Darstellung der Digitalisate gewährleistet. Die vielfältigen Probleme mit veralteten, fehlerhaften und fälschlicher-
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weise angezeigten Digitalisaten entfallen durch den Verzicht auf das Hosting dieser Inhalte. Darüber hinaus reduzieren sich Speicherbedarf und Ingestzeiten drastisch. Der Import erfolgt in den meisten Fällen durch einen FTP-Upload auf den von SPKdigital bereitgestellten Server. Automatische Schnittstellen, wie OAI sind möglich, werden aber zur Zeit noch nicht genutzt. Als Importformat kommt XML nach den Definitionen von Encoded Archival Description (EAD) und Lightweight Information Describing Objects (LIDO) zum Einsatz, aber auch MAB und MARC Dateien werden verarbeitet.
6 Standards und Normdaten In den beteiligten Einrichtungen bestehen unterschiedliche dokumentarische Arbeitsweisen und Erschließungstraditionen. Aus diesem Grund muss ein spartenübergreifendes Portal wie SPK-digital fähig sein, mit diesen Traditionen umzugehen. Die unterschiedlichen im Einsatz befindlichen Normdaten sind hierbei in Einklang zu bringen. Neben der inhaltlich nach wie vor allgemein ausgerichteten Gemeinsamen Normdatei (GND) werden in den Erschließungsdaten der Einrichtungen der SPK auch der Art and Architecture Thesaurus (AAT) und der Thesaurus of Geographic Names (TGN), Iconclass, geonames sowie eine Vielzahl von hochdifferenzierten und spezialisierten Vokabularen, Thesauri und Normdateien wie z. B. Nomisma.org eingesetzt. Ebenso muss bei der Konzeption berücksichtigt werden, dass in allen Fällen die Normierung der Daten der Idealfall ist, der längst nicht in allen Sparten und längst nicht in allen Datensätzen vorliegt. Hiermit muss und kann SPK-digital umgehen. Das führt durchaus auch zu „unschönen“ Folgen zum Beispiel bei der Bildung der Facetten. Hier werden bei SPK-digital neben Ansetzungen aus diversen Normdateien auch unnormierte Ansetzungen eines Namens, eines Ortes, eines Schlagwortes für die Facettenbildung herangezogen. Das führt gelegentlich zu Dopplungen und zur Anzeige von fehlerhaften Ansetzungen in den Erschließungsdaten. Diese Fehler lassen sich leicht in den Erschließungsdaten eliminieren. Durch die zunehmende Vernetzung der Normdaten zueinander wird hingegen die Bildung eindeutiger Facetten erleichtert, siehe Virtual International Authority File (VIAF) für die Personennormdaten. Wichtig ist es, nicht fachlich ungeeignete Normierungen und Vorgehensweisen vorzuschreiben, nur weil dann die Facetten „hübscher“ aussehen und eindeutiger sind, obwohl das ein durchaus wünschenswertes Ziel ist. Aber wenn dadurch die wissenschaftliche Dokumentation einem reinen Präsentationswunsch untergeordnet wird, ist dieser Ansatz kontraproduktiv. Gerade auch die bislang nicht-normierten Daten in SPK-digital sind es wert, zugänglich gemacht zu werden – manchmal sind es gerade die aus dem Raster fallenden Daten, die entscheidende Informationen zum Objekt liefern können.
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Für SPK-digital ist es wichtig, dass die in den Einrichtungen verwendeten Normdaten frei zugänglich und somit relationierbar zueinander sind. Auf diesem Wege kann uneingeschränkt mit diesen Normdaten gearbeitet werden. Die für die Detailansichten der Objektdaten vorliegenden Kerninformationen wie Personen, Ort, Schlagwort, Material und Technik werden beim Importieren indiziert und mit anderen Datensätzen verlinkt.
7 Entwicklungsperspektiven bzw. -pläne Ziel von SPK-digital sind, die Vollständigkeit der Nachweise der Bestände, mit einer möglichst großen Anzahl von Digitalisaten sowie die Entwicklung von Themenportale. Diese Ziele sind angesichts der großen Bestandszahlen in den Einrichtungen der SPK ist dies nicht kurzfristig zu erreichen. Immerhin handelt es sich um ca. 4.7 Millionen Museumsobjekte, ca. 25 Millionen Medien in der Staatsbibliothek zu Berlin, ca. 38.000 laufende Meter Archivalien im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz sowie um die umfangreichen Spezialbestände des Ibero-Amerikanischen Institutes und des Staatlichen Instituts für Musikforschung. Somit steht für die nahe Zukunft der Ausbau des Nachweises der Bestände, die Optimierung der Lieferverfahren und die Visualisierung der Daten, z. B. durch Karteneinbindung, im Fokus der Arbeiten. In den vergangenen Jahren sind die Grundlagen für die Realisierbarkeit eines so hoch gesteckten Zieles gelegt worden. Eine „virtuelle“ Öffnung der bislang verschlossenen Magazine hat begonnen, auch wenn bis zur Vollständigkeit noch viele Anstrengungen und konzeptionelle Anpassungen an die sich kontinuierlich ändernden Rahmenbedingungen notwendig sein werden. Für die Machbarkeit ist entscheidend, dass als Grundlage der angestrebten externen Dienste die interne Erschließung dient und weiter entwickelt wird. Nur hierdurch kann der Wunsch nach mehr Online-Angeboten, nach mehr Digitalisaten und nach mehr Informationen bewältigt werden. Ein Bestandskatalog eines Museums mit 2.500 Nachweisen ist beachtlich, aber eine Objektdatenbank mit 10.000 Datensätzen ist allenfalls ein Anfang. Während die Erstellung gedruckter Bestandskataloge in der Regel eine besondere Aufgabe darstellt und diese darauf ausgelegt sind, für mehrere Jahre Gültigkeit zu haben, wird in Zukunft die Online-Information über die Bestände und Objekte zur Daueraufgabe und die Qualität wird an der Aktualität der Daten gemessen werden. SPK-digital profitiert von der Umstellung der analogen auf die digitale Bestands erfassung, beziehungsweise Museumsdokumentation. Zentral ist die Berücksichtigung von inhaltlichen Standards für die Vernetzung von Personen- und Ortsdaten sowie Objektbezeichnungen und die Berücksichtigung technischer Standards zur Ermöglichung effizienter Verfahren für die Datenweitergabe und die Sicherung der
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Qualität und des Fortbestandes der Digitalisate. Diese zunächst als Mehraufwand erscheinenden Arbeitsschritte sind Grundlage einer breiten Nutzung vorhandener interner Informationen. Zudem resultieren aus der Berücksichtigung von Standards erweiterte Möglichkeiten für die Objektdokumentation, die Objektverwaltung, die Recherche und der Optimierung interner Arbeitsabläufe sowie die Option, die Inhalte der Objektdatenbank für vielfältige Zwecke zu nutzen. Die erreichte Qualitätssteigerung der Dokumentation kompensiert den anfänglich befürchteten Mehraufwand vollständig. Darüber hinaus entstehen, aufgrund der der Verfügbarkeit von digitalen Abbildern und Metadaten auch konservatorische Vorteile. So kann für historisch wertvolle und seltene Exemplare durch die Verwendung der Digitalisate die physische Belastung stark reduziert werden, bei einer gleichzeitig größeren Anzahl von Nutzern. Die SPK profitiert von dieser Verfügbarkeit und der Veränderung ihrer Bestands erschließung und -präsentation. Auch die magazinierten Bestände werden präsenter und nutzbarer. Dies erlaubt eine breitere wissenschaftliche Nutzung, längst ist die schnelle Verfügbarkeit von Informationen ein wichtiger Aspekt im wissenschaftlichen Alltag. Alle an SPK-digital beteiligten Einrichtungen haben entweder bestehende Systeme ausgebaut und überarbeitet oder neue Präsentationsformen geschaffen. Die Staatlichen Museen zu Berlin (SMB) und das Musikinstrumenten-Museum (MIM) haben mit www.SMB-digital.de eine Plattform geschaffen, auf der sie Objektinformationen präsentieren können. Innerhalb von zwölf Monaten wurde das Angebot von ca. 70.000 Objektdatensätzen auf über 150.000 Objektdatensätze ausgebaut (Stand 1. August 2015). Damit gehört SMB-digital bereits nach kurzer Zeit zu den fünf umfangreichsten Museumsobjektdatenbanken Deutschlands. Alle Einrichtungen der SPK sind im nationalen und internationalen Kontext an zahlreichen nationalen und europäischen Portalen, Digitalisierungsprojekten und Initiativen beteiligt. An der „Europeana“ beteiligen sich alle Einrichtungen der SPK durch aktive Mitarbeit in den Gremien und durch die Beteiligung an zahlreichen inhaltlichen und strategischen Projekten in erheblichem Umfang. Nur einige Projekte seien hier beispielhaft genannt: Europeana Fashion, Europeana Collections 1914–1918, Archives Portal Europa – APEnet. Auf nationaler Ebene ist die SPK aktiv am Aufbau der „Deutschen Digitalen Bibliothek (DDB)“ beteiligt, bei ihr sind deren Geschäftsstelle und die Fachstelle Museum angesiedelt. Zudem sind Mitarbeiter der SPK und ihrer Einrichtungen in den Bibliotheken, Archiven, Museen und Forschungseinrichtungen der Stiftung in den vielfältigen Gremien und Arbeitsgruppen der Deutschen Digitalen Bibliothek tätig.
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8 Zusammenfassung und Ausblick Digitalisierung und Portalisierung des Kulturgutes ist Realität und Ausdruck der Entwicklung der Informationsgesellschaft. Vorhandene Informationen sollten nicht nur an einer Stelle präsentiert, sondern auch geteilt und in unterschiedlichen Kontexten bereitgestellt werden. Arbeitsergebnisse sollten, ggf. in angepasster Form, auch dem breiten Publikum zur Verfügung gestellt werden. Die Online-Enzyklopädie Wikipedia ist ein Beispiel für den Wunsch nach Partizipation: 2.213.239 registrierte und 21.590 aktive Benutzer / Autoren haben seit März 2001 die Wikipedia Deutschland mit 1.835.277 Artikeln gefüllt (Wikipedia, Statistik Juli 2015). Sie ist in Deutschland und weltweit unter den Top 10 der aufgerufenen Webseiten. Dem Aufwand, der mit der Bereitstellung des kulturellen Erbes im Internet für die Kulturgut bewahrenden Einrichtungen zweifellos verbunden ist, stehen zahlreiche Chancen gegenüber. Sie bestehen in der aktiven Einbeziehung der Internetnutzer in die Arbeit, den Möglichkeiten der Schaffung neuer Kommunikationswege zur interessierten Öffentlichkeit und Forschung und nicht zuletzt auch neuen Vermarktungsmöglichkeiten, etwa durch die Bereitstellung hochwertigen, kostenpflichtigen Bildmaterials für kommerzielle Nutzer. Die Bereitstellung des kulturellen Erbes für die Forschung und für die breite Öffentlichkeit führt zu Synergien. Wie sich diese Entwicklung weiter auf die Wissenschafts- und Kulturlandschaft auswirken wird, kann noch nicht abschließend beurteilt werden. Eine wissenschaftliche Untersuchung dieses Prozesses erfolgt im EU-kofinanzierten Projekt RICHES (Renewal, Innovation and Change: Heritage and European Society), an dem das IfM für die SPK beteiligt ist (RICHES 2015). SPK-digital liefert einen wichtigen Baustein, die Sichtweise auf die Bestände der SPK, idealerweise kontextualisiert, zu erhöhen und zu ausgewählten Themen vertiefende einrichtungsübergreifende Informationen über die Themenportale bereitzustellen.
9 Literatur BAM-Portal. http://www.bam-portal.de (1. Januar 2015) Berliner Erklärung. http://openaccess.mpg.de/3515/Berliner_Erklaerung (1. Januar 2015) Digitalisierung in der der SPK. http://www.preussischer-kulturbesitz.de/schwerpunkte/digitalisierung.html (1. Januar 2015) Digitalisierungsstrategie der SPK. http://www.preussischer-kulturbesitz.de/schwerpunkte/digitalisierung/digitalisierungsstrategie.html (1. Januar 2015) Enquete-Kommission. Schlussbericht Kultur in Deutschland. Deutscher Bundestag, Drucksache 16/7000, 16. Wahlperiode 11. Dezember 2007. (1. Januar 2015) Innovisions und Gliesmann. http://innovisions.de/beitraege/ehrenamt-auf-tastendruck/ (1. Januar 2015)
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Virtual International Authority File. http://viaf.org/ (1. Januar 2015) (N)online. http://www.initiatived21.de/wp-content/uploads/2013/04/digitalindex.pdf (1. Januar 2015) Riches, Webseite des Projektes: http://www.riches-project.eu/ (1. Januar 2015) Wikipedia, Statistik. http://de.wikipedia.org/wiki/Spezial:Statistik (18. März 2015)
Gisela Schulte-Dornberg
Das Digitale Kunst- und Kulturarchiv Düsseldorf (d:kult) 1 Einleitung Das Digitale Kunst- und Kulturarchiv Düsseldorf (d:kult), ist ein Verbund der Kulturinstitute der Landeshauptstadt Düsseldorf (www.duesseldorf.de), erweitert um Stiftungen, an denen die Stadt beteiligt ist. Ziel des Verbundes ist es, die städtischen Sammlungen und ihre Objekte mithilfe eines Museumsmanagementsystems zu erschließen, zu dokumentieren und im Internet zu präsentieren. Darüber hinaus werden Verwaltungsvorgänge im Museum wie Ausstellungen, Leihverkehr, Eingangsverwaltung und Restaurierungsmaßnahmen digital unterstützt und ebenfalls dokumentiert. Das zugehörige Internetportal ist d:kult online (dkult.duesseldorf.de). Es präsentiert diejenigen Werke und Objekte aus der d:kult-Museumsdatenbank, die von den beteiligten Kulturinstituten zur Veröffentlichung freigegeben werden. Das Digitale Kunst- und Kulturarchiv Düsseldorf startete nach einer Vorlaufphase im Jahr 2003 als zeitlich begrenztes Projekt. Inzwischen ist d:kult vom Projekt zur anerkannten Daueraufgabe in der Landeshauptstadt Düsseldorf geworden.
1.1 Die Verbundpartner Verbundpartner sind heute das Heinrich-Heine-Institut, das Hetjens-Museum / Deutsches Keramikmuseum, das Filmmuseum Düsseldorf, das Goethe-Museum / Anton und Katharina Kippenberg-Stiftung, der Aquazoo/Löbbecke-Museum, die Mahn- und Gedenkstätte, das Stadtmuseum Düsseldorf, das SchifffahrtMuseum Düsseldorf, das Theatermuseum Düsseldorf, die Stiftung Museum Kunstpalast, die Stiftung Schloss und Park Benrath mit dem Museum für Europäische Gartenkunst, dem Corps de Logis (Schloss Benrath) und dem Naturkundemuseum Benrath, die Zero Foundation und das Digitale Cranach Archiv. Übergreifend für alle Kulturinstitute arbeitet das Restaurierungszentrum der Landeshauptstadt Düsseldorf / Schenkung Henkel im d:kult-Verbund. Mit dem Stadtarchiv Düsseldorf besteht eine punktuelle Kooperation. Als weitere städtische Ämter gehören das Kulturamt und das Gartenamt der Landeshauptstadt Düsseldorf mit jeweils eigenen Beständen zum Verbund.
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1.2 Die Ausgangslage Beim Start des Projektes im Jahr 2003 war ein kleiner Teil der Düsseldorfer städtischen Sammlungen bereits digital erfasst, auf vielfältige Art und Weise. In vielen verschiedenen Dateiformaten waren Daten zu den Sammlungen gespeichert. Die dafür verwendeten Programme wurden oft nicht mehr gewartet, gehörten nicht zum IT-Standard der Stadt Düsseldorf und/oder waren nicht mehr portierbar auf neue Betriebssysteme. Es drohte ein Verlust der vorhandenen Daten. Ähnlich vielfältig wie die Software waren die Datenmodelle, die eingesetzt wurden, historisch gewachsen und selbst innerhalb der einzelnen Kulturinstitute nicht einheitlich. Manche der Düsseldorfer Gedächtnisinstitutionen haben eine über 100-jährige Geschichte. Die Dokumentation der Sammlungen hat entsprechend viele Neugestaltungen erfahren. Das gilt nicht nur für die analogen Karteikastensysteme und Findbücher, sondern auch für die digitale Dokumentation. Eine Herausforderung für d:kult besteht vor allem darin, der Vielfalt der Objekte gerecht zu werden und gleichzeitig die größtmögliche Gemeinsamkeit in der Dokumentation herzustellen. Um das in den Daten bereits gespeicherte vorhandene Wissen zu sichern, hatte die möglichst verlustfreie Übernahme der digitalen Altdaten in die gemeinsame Museumsdatenbank höchste Priorität. Der Wunsch nach Nachhaltigkeit und Vereinheitlichung war ein wesentlicher Grund für die Entscheidung der Stadtverwaltung, ein einheitliches Museumsmanagementsystem für die städtischen Kulturinstitute einzusetzen.
1.3 Aktueller Stand der Dokumentation Der Vielfalt der beteiligten Kulturinstitute entspricht die Vielfalt der Sammlungsobjekte, die zu dokumentieren sind. Institutsübergreifend sind es mehrere zehntausend Kunstwerke, mehr als 100.000 graphische Werke, kunstgewerbliche Objekte und Designobjekte, mehr als eine Million Schriftstücke und weitere Archivalien, mehr als eine Million künstlerische und historische Fotografien und historische Alltagsobjekte sowie zahlreiche Objekte aus der Stadtgeschichte. Im naturkundlichen Bereich handelt es sich um umfangreiche Sammlungen von Insekten und Mollusken sowie weiteren naturkundlichen Objekten. Die Sammlungen wachsen laufend weiter. In der gemeinsamen internen Museumsdatenbank sind zum heutigen Stand (März 2015) rund 450.000 Sammlungsobjekte sowie weitere knapp 250.000 virtuelle Objekte erfasst. Darunter verstehen wir Objekte, die mit Metadaten zum Beispiel eine geistige Schöpfung oder ein Konzept beschreiben, wie eine Theaterinszenierung, einen Film oder ein Taxon in der Naturkunde. Zu den Objekten kommen in der Datenbank weitere rund 150.000 Datensätze zu Personen und Institutionen, 44.000 Re staurierungsdokumente, mehr als 22.000 Fundorte und über 160.000 digitale Medien.
Das Digitale Kunst- und Kulturarchiv Düsseldorf (d:kult)
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2 Das Internet-Portal d:kult online d:kult online ist das zugehörige Kulturportal, das der interessierten Öffentlichkeit den Zugang zu den Beständen aus den Düsseldorfer Gedächtnisinstitutionen in einer Zusammenschau ermöglicht, unabhängig von der Herkunft aus einem Archiv, einem Museum oder einem städtischen Amt. Das Design von d:kult online ist an das Corporate Design der Landeshauptstadt Düsseldorf angepasst. Die Entscheidung, welche Bestandteile der Sammlungen in d:kult online veröffentlicht werden, liegt bei den Kulturinstituten. Die entsprechenden Objekte werden in der Museumsdatenbank gekennzeichnet. Damit wird festgelegt, ob sie in d:kult online und zusätzlich in der Deutschen Digitalen Bibliothek (DDB) und weiteren Kulturportalen für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
2.1 Nutzungsrechte und Urheberrecht Die Veröffentlichung ist nicht nur vom Bearbeitungsstatus der Objekte abhängig, sondern darüber hinaus durch die Zwänge des aktuellen Urheberrechtes und des Persönlichkeitsrechts eingeschränkt. Im Jahr 2013 hat das Digitale Kunst- und Kulturarchiv Düsseldorf für d:kult online einen Pauschalvertrag mit der Verwertungsgesellschaft (VG) Bild-Kunst abgeschlossen. Digitale Bilder zu Werken von Künstlerinnen und Künstlern, die von der VG Bild-Kunst vertreten werden, können seither in begrenzter Auflösung in d:kult online präsentiert werden. Werke aus dem 20. und 21. Jahrhundert, bei denen die Urheberrechte noch bestehen und bei denen keine Vertretung durch die VG Bild-Kunst besteht, können nur dann gezeigt werden, wenn eine Einzelvereinbarung zur Einräumung von Nutzungsrechten mit dem Künstler oder der Künstlerin möglich ist. Andernfalls ist nur die Anzeige der Metadaten zu den Werken möglich. Das gilt auch für Fotografien und Archivalien, für deren Inhalte außer den Urheberrechten noch Persönlichkeitsrechte zu beachten sind. Historische Fotografien oder andere Werke des 20. und 21. Jahrhunderts, deren Urheberrechte nicht zu klären sind (sogenannte verwaiste Werke), oder deren Urheber zwar bekannt, aber verstorben oder aus anderen Gründen nicht mehr zu befragen sind, können ebenfalls nicht gezeigt werden. Auch die Neuregelung zu verwaisten Werken im Urheberrecht löst dieses Problem für die Museen nicht. Die d:kult-Verbundpartner tragen selbst dafür Sorge, dass sie über die urheberrechtlichen Nutzungsrechte der zur Veröffentlichung im Internet freigegebenen Daten und Medien verfügen. d:kult ist insofern von allen Haftungsansprüchen befreit. Diese liegen allein bei den beteiligten Düsseldorfer Gedächtnisinstitutionen. Die Verbundpartner haben d:kult durch schriftliche Vereinbarung ein einfaches, zeitlich unbeschränktes Nutzungsrecht, insbesondere auch sämtliche elektronischen und digitalen Nutzungsrechte an den in d:kult eingebrachten Werken zur Nutzung im Rahmen von d:kult online eingeräumt. Das Nutzungsrecht bezieht sich ausschließ-
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lich auf diejenigen Werke in d:kult, die durch den jeweiligen Verbundpartner für die Nutzung im Internet gekennzeichnet wurden.
2.2 Funktionalität von d:kult online 2.2.1 Zugang zu den Objekten Auf der Zugangsseite zu den Objektbeständen ermöglicht eine institutsübergreifende Objektauswahl den Benutzerinnen und Benutzern den Zugang zum Stöbern im gesamten Objektbestand. Zusätzlich werden Auswahlmöglichkeiten für die einzelnen Düsseldorfer Gedächtnisinstitutionen und weitere sammlungsbezogene Filter angeboten. Darüber hinaus gibt es verschiedene Möglichkeiten der gezielten Suche im gesamten Bestand: die einfache Schnellsuche via Suchschlitz (Google-like) oder die erweiterte Suche nach Objekten und Personen/Institutionen. Verschiedene Suchfilter ermöglichen bei der erweiterten Objektsuche die indexierte Suche nach der Kultureinrichtung und deren einzelnen Abteilungen, außerdem nach Klassifizierung, Titel, Datierung, beteiligten Personen und deren Funktion in Bezug auf ein Objekt, nach dem Entstehungsort eines Objektes sowie nach Material und Technik. Bei der erweiterten Personensuche stehen Filter für Name, Lebensdaten, Beruf sowie für Geburts-, Sterbe- und Wirkungsort zur Verfügung. In der erweiterten Suche können die verschiedenen Suchkriterien vielfältig miteinander kombiniert werden. So können auch komplexe Abfragen in der Datenbank realisiert und präzise Trefferlisten generiert werden.
2.2.2 Darstellung der Ergebnisse Die Suchergebnisse werden wahlweise als Ergebnisliste oder als Galerieansicht angezeigt, jeweils mit der Vorschau eines Miniaturbildes. Detaillierte Informationen zu einem Objekt oder einer Person werden in der Einzelansicht dargestellt. Dort besteht auch die Möglichkeit einer vergrößerten Bildansicht und des Abspielens von Filmund Tondokumenten. Für einen Teil der digitalen Bilder in d:kult online ist mithilfe der Zoomify-Technologie die Anzeige von Bildausschnitten in hoher Auflösung möglich. (siehe zum Beispiel http://www.duesseldorf.de/dkult/DE-MUS-038619/267981). Damit wird in diesen Fällen eine beurteilungsrelevante Darstellung (wie zum Beispiel das Lesen einer Handschrift) ermöglicht.
Das Digitale Kunst- und Kulturarchiv Düsseldorf (d:kult)
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2.2.3 Metadaten und Digitalisate d:kult online enthält sowohl Objekte mit Digitalisaten als auch solche, für die noch kein Digitalisat vorliegt oder für die ein solches aus urheberrechtlichen Gründen nicht gezeigt werden kann. In diesem Fall dienen die veröffentlichten Metadaten als Bestandsnachweis der Objekte. Rund ein Viertel der Einzelobjekte ist mit Digitalisaten und ausführlichen Beschreibungen versehen.
2.2.4 Vernetzung von Informationen In d:kult online werden nicht nur Metadaten und Digitalisate zu Kunstwerken und Archivalien gezeigt, sondern diese Daten auch mit Informationen zu den beteiligten Künstlern und weiteren Personen aus dem Kontext eines Objektes vernetzt. In der Einzelansicht der Objekte ist der Link zu den beteiligten Personen und Institutionen in d:kult online enthalten. Darüber hinaus wird in einer dynamischen Auswahl auf Objekte verwiesen, die in Relation zu einem Objekt oder einer Person stehen. Das sind zum Beispiel weitere Werke eines Künstlers oder weitere Archivalien, die zum Nachlass einer Person gehören. Diese assoziierten Objekte ermöglichen das weitere kontextbezogene Stöbern in den Beständen ohne ausdrücklich formulierte Suchkriterien.
2.2.5 Virtuelle Ausstellungen Zu ausgewählten Anlässen können institutsbezogene oder übergreifende virtuelle Ausstellungen zusammengestellt werden. Als erste gemeinsame Ausstellung der d:kult-Verbundpartner wurde im Jahr 2013 eine Ausstellung zum 725-jährigen Stadtjubiläum der Landeshauptstadt Düsseldorf (www.duesseldorf.de/kulturamt/ dkult/725jahre/index.shtml) realisiert.
2.2.6 Verweise zu den d:kult-Verbundpartnern Auf der Startseite verweisen Links zu den Webseiten der Verbundpartner sowie zu den Objekten aus dem d:kult-Verbund in der DDB. Umgekehrt können die Verbundpartner von den eigenen Websites aus auf ausgewählte Objekt-Zusammenstellungen in d:kult online verlinken, zum Beispiel auf Objekte einer Ausstellung im eigenen Haus. Auf dem Düsseldorfer Online-Stadtplan sind nicht nur die Kultureinrichtungen in Düsseldorf zu finden – auch die Kunst im öffentlichen Raum ist dort verortet. Ein Link bei einem Kunstwerk im Online-Stadtplan auf der Website der Landeshauptstadt
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Gisela Schulte-Dornberg
Düsseldorf (www.duesseldorf.de) führt direkt zu den Objektinformationen in d:kult online.
2.3 Sammlungen in d:kult online Aus den Beständen der Düsseldorfer Kulturinstitute sind im Portal d:kult online derzeit (März 2015) mehr als 86.000 Objekte zu sehen, verbunden mit 72.000 Personen und Institutionen aus dem Kontext der Objekte sowie 22.000 digitalen Medien (Bilder, Text- und Tondokumente und Filme). Aktuell sind acht Kulturinstitute aus dem d:kult-Verbund mit Objekten aus ihren Sammlungen in d:kult online vertreten, hier in alphabetischer Reihenfolge: –– Filmmuseum Düsseldorf –– Heinrich-Heine-Institut –– Hetjens-Museum / Deutsches Keramikmuseum –– Kulturamt der Landeshauptstadt Düsseldorf –– Stiftung Museum Kunstpalast –– Stadtmuseum Düsseldorf –– Theatermuseum Düsseldorf –– Zero Foundation
3 Organisationsform Die städtischen Düsseldorfer Kulturinstitute sind dem Kulturdezernenten der Landeshauptstadt unterstellt. Das Digitale Kunst- und Kulturarchiv ist im Fachbereich Zentrale Dienste im Kulturamt der Landeshauptstadt Düsseldorf angesiedelt. Mit den am Verbund beteiligten eigenständigen Stiftungen bestehen gesonderte Vereinbarungen. Das Kulturamt der Landeshauptstadt Düsseldorf ist federführend für den gesamten d:kult-Verbund. Hier ist auch das vierköpfige d:kult-Team vertreten, das seit 2007 als zentraler Dienstleister für die Partner im d:kult-Verbund zur Verfügung steht. Das d:kult-Team leistet unter anderem die technische und inhaltliche Betreuung des Museumsmanagementsystems, betreut das d:kult-Helpdesk, organisiert die Absprachen und Regeln im d:kult-Verbund und berät bei Fragen zur Dokumentation sowie bei Digitalisierungs-Projekten, Medienstandards und Schnittstellen. d:kult fungiert gegenüber weiteren Kulturportalen wie der DDB als Aggregator, d. h. als Einrichtung, die Daten aus mehreren angeschlossenen Kulturinstituten bündelt und liefert. d:kult ist im Auftrag des Deutschen Städtetages als einzige kommunale Einrichtung Mitglied im Kompetenznetzwerk Deutsche Digitale Bibliothek (www.deutsche-digitale-bibliothek.de/content/competence-network/).
Das Digitale Kunst- und Kulturarchiv Düsseldorf (d:kult)
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4 Teilnahme am Portal Am d:kult-Verbund können die städtischen Düsseldorfer Kulturinstitute teilnehmen, sowie Stiftungen, an denen die Landeshauptstadt Düsseldorf beteiligt ist. Projekte der d:kult-Verbundpartner können ebenfalls partizipieren. Die Teilnahme wird im Einzelfall geprüft. Die städtischen Kulturinstitute sind inzwischen alle in den d:kultVerbund integriert. Für weitere Institute besteht Interesse an der Einbeziehung in d:kult. Partner im d:kult-Verbund können ihre Bestände in d:kult online zeigen. Sie sind dazu jedoch nicht verpflichtet. Die Teilnahme am d:kult-Verbund ist zwingende Voraussetzung für die Präsentation von Beständen im Kulturportal d:kult online sowie für die Datenlieferung an die DDB und weitere Portale über d:kult als Aggregator.
5 Technik Die städtischen Kulturinstitute sind Teil des IT-Netzwerkes der Landeshauptstadt Düsseldorf. Die dort geltenden IT-Standards finden zwingend Anwendung. Verbundarbeit bedeutet in Düsseldorf, dass alle beteiligten Kulturinstitute gemeinsam in ein und derselben Datenbankinstanz arbeiten. Die d:kult-Museumsdatenbank (unter OracleTM) wird zentral vom IT-Dienstleister der Landeshauptstadt Düsseldorf, der ITK Rheinland, administriert. Die Datensicherung wird ebenfalls vom IT-Dienstleister regelmäßig automatisiert durchgeführt. Außerdem gibt es für die d:kult-Institute einen zentralen Medienserver, der bei Bedarf erweitert werden kann. Auch dieser unterliegt der regelmäßigen Datensicherung. Außerhalb des städtischen IT-Netzes agierende Verbundpartner, wie die Stiftungen, erhalten über eine Applikations- und Terminalserver-Anwendung (CitrixTM) einen gesicherten Zugang zur d:kult-Datenbank und zum Medienserver. Die Software für das Museumsmanagementsystem The Museum System (TMSTM), stammt von der Firma Gallery Systems (New York), die auch eine Vertretung in Deutschland hat. Das Portal d:kult online wird mithilfe eines weiteren Produkts von Gallery Systems, eMuseum, realisiert. eMuseum ist eine serverbasierte Software, die Informationen aus der Museumsdatenbank dynamisch auf einer Website zur Verfügung stellt. Dazu wird ein Auszug (snapshot) aus der d:kult-Museumsdatenbank erstellt, der ausschließlich die für das Portal frei gegebenen Objekten und nur die vereinbarten Datenfelder enthält. Aus diesem Datenbankauszug werden die Inhalte der Online-Datenbank dynamisch generiert und aktualisiert. Die Aktualisierung der Daten erfolgt in regelmäßigen Abständen. Alle Datenänderungen an bereits in d:kult online gezeigten Objekten sowie alle neu zur Veröffentlichung frei gegebenen Objekte, Personen und Medien, werden damit automatisch in das Portal übernommen.
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Gisela Schulte-Dornberg
Datenlieferungen an weitere Kulturportale werden direkt aus der d:kult-Museumsdatenbank erzeugt. Der Datenexport erfolgt im LIDO-Format, dem internationalen Datenaustauschformat für Museen (http://www.lido-schema.org/schema/v1.0/ lido-v1.0-specification.pdf). Dabei besteht in d:kult die Möglichkeit, für unterschiedliche Institute, Abteilungen oder Projekte bei Bedarf angepasste LIDO-Exporte zu generieren. Damit sind unterschiedliche Bedingungen für die Auswahl von Objekten und Datenfeldern möglich, abhängig vom Zweck der Datenlieferung. Eine Datenlieferung an die DDB kann somit anders aussehen als zum Beispiel der Export im Rahmen des Jugendstil-Projektes Partage Plus an die Europeana. Die Links aus den Zielportalen verweisen direkt auf die Objektansicht in d:kult online. Die Nachhaltigkeit der Verweise wird durch eine serverseitige Implementierung von Permalinks (Persistent Identifier) gewährleistet.
6 Standards und Normdaten In d:kult werden sowohl lokale normierte Vokabulare als auch internationale Normdaten verwendet. Neben d:kult-spezifischen Fachvokabularen kommt eine lokale Version des Thesaurus of Geographic Names (TGN®) des J. Paul Getty Trust zur Anwendung. Für die Individualisierung von Personen- und Körperschaften wird vor allem die Gemeinsame Normdatei (GND) der Deutschen Nationalbibliothek herangezogen. Außerdem steht das Allgemeine Künstlerlexikon in einer zugangsbeschränkten Online-Version zur Verfügung (www.degruyter.com/db/akl). Auch die VIAF-Daten wie auch die Normdaten der US-amerikanischen Library of Congress werden bei Bedarf herangezogen. VIAF steht für Virtual International Authority File und ist eine virtuelle internationale Normdatei für Personendaten (www.viaf.org). Bisher sind rund 20 Prozent der in d:kult online veröffentlichten Personen mit Identifikatoren aus solchen Normdaten versehen.
7 Entwicklungsperspektiven Mit einem Versionswechsel der Software eMuseum wird derzeit der gesamte Auftritt des Portals d:kult online neu gestaltet. Nutzerfeedback wird mittelfristig sowohl durch die Integration von klassischen Social-Media-Funktionalitäten als auch in Form von Kommentarfeldern zu einzelnen Objekten möglich sein. Darüber hinaus wird den Benutzern die Möglichkeit eingerichtet, Objekte virtuell zu sammeln und auf Wunsch anderen Benutzerinnen und Benutzern über einen Link zugänglich zu machen. Für 2016 ist ein neues Corporate Design der Landeshauptstadt Düsseldorf geplant. Dem wird auch das Design von d:kult online angepasst. In diesem Rahmen wird auch
Das Digitale Kunst- und Kulturarchiv Düsseldorf (d:kult)
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ein responsives Design umgesetzt, womit die Darstellung von Inhalten dynamisch den Fähigkeiten des jeweiligen (auch mobilen) Endgerätes angepasst wird.
8 Zusammenfassung und Ausblick Das Digitale Kunst- und Kulturarchiv Düsseldorf hat sich vom Verbund-Projekt zur Erschließung und Dokumentation der städtischen Düsseldorfer Sammlungen zur nachhaltigen Daueraufgabe entwickelt. Das zugehörige regionale Kulturportal d:kult online macht der interessierten Öffentlichkeit ausgewählte Bestände aus den Düsseldorfer Sammlungen im Internet zugänglich. Darüber hinaus fungiert d:kult als Aggregator für die Datenlieferung an die DDB, die Europeana und weitere Kulturportale. Der Fortschritt der Düsseldorfer Gedächtnisinstitutionen in der Digitalisierung und Erschließung der Museumssammlungen und Archivbestände spiegelt sich in der zunehmenden Veröffentlichung von Objekten in den Kulturportalen im Internet wider. Das geltende Urheberrecht stellt jedoch eine Schranke für die Präsentation von Werken aus dem 20. und 21. Jahrhundert dar. Das Kulturportal d:kult online wird in naher Zukunft um neue Funktionen erweitert. Neue Inhalte werden sowohl durch neue Partner in d:kult online als auch durch neue Veröffentlichungen der bestehenden Partner generiert. Die fortschreitende Nutzung von nationalen und internationalen Normdaten ebnet den Weg in das Semantic Web.
9 Literatur http://dkult.duesseldorf.de (24. Februar 2015) http://www.duesseldorf.de http://viaf.org/ (24. Februar 2015) http://www.degruyter.de/db/akl (24. Februar 2015) https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/content/competence-network/ (24. Februar 2015) http://www.duesseldorf.de/kulturamt/dkult/725jahre/index.shtml (24. Februar 2015) http://www.duesseldorf.de/dkult/DE-MUS-038619/267981 (24. Februar 2015) http://www.lido-schema.org/schema/v1.0/lido-v1.0-specification.pdf (24. Februar 2015) http://www.partage-plus.de (24. Februar 2015)
Gerda Koch
Europeana-Local-Österreich 1 Einleitung Im Jahre 2006 wurden in der Steiermark erste konkrete Schritte zur Einführung eines Gesamtportals des steirischen Kulturerbes gesetzt. Der Ansatz, die strikt getrennten Einrichtungen wie Museen, Archive und Bibliotheken zu vernetzen, war zu diesem Zeitpunkt auf lokaler Ebene noch immer relativ neu, trotzdem gelang es, verschiedenste steirische Kultureinrichtungen und die Landesverwaltung in die Konzeption eines Datenverbundes einzubinden. Die Vorarbeiten des Steinbeis Transferzentrums für Informationsmanagement und Kulturerbeinformatik und der Forschungseinrichtung Angewandte Informationstechnik (AIT) führten zur Entwicklung eines Basiskatalogs der zentralen Daten. Dieser Katalog war in der Folge Grundlage der Erstellung eines ersten Prototyps für ein gemeinsames Suchportal. Der Prototypwurde als DIS-Portal (Dokumentation & Informations-Service), im Frühjahr 2007 im Internet zugänglich gemacht und mit Testdaten befüllt. Ein wichtiger Bestandteil der Entwicklungen war bereits damals die Unterstützung der Eigenständigkeit der beitragenden Kultureinrichtungen bei der Datenlieferung. Es wurde die Möglichkeit geschaffen, dass die Einrichtungen selbst ihre Daten online hochladen und anschließend für den Verbund freischalten konnten. Bei der Entwicklung des gemeinsamen Metadatenkatalogs orientierte man sich in Hinblick auf mögliche zukünftige Kooperations- und Verbundmöglichkeiten an internationalen Standards und entwarf ein für Kultureinrichtungen erweitertes Datenschema basierend auf Dublin Core. Für regionale Einrichtungen ohne eigenes Katalogsystem wurde außerdem ein Erfassungswerkzeug bereitgestellt, das alle Datenfelder beinhaltete. In Europa wurde der Aufbau einer Europäischen Digitalen Bibliothek als zentraler Zugangspunkt für die Suche im Kulturerbe Europas von der Europäischen Kommission seit 2001 mit diversen Förderaktivitäten unterstützt. 2008 waren die Vorarbeiten zur Errichtung eines gemeinsamen europäischen Kulturportals abgeschlossen und unter dem Namen Europeana wurde der Prototyp der Europäischen Digitalen Bibliothek im Winter 2008 erstmals online veröffentlicht (Europäische Kommission 2008). Bereits Ende 2007 war der steirische Verbundpartner AIT Forschungsgesellschaft in das europäische Kooperationsprojekt Europeana Local (http://www.europeanalocal.eu/) geladen worden. In dem Projekt wurde AIT mit dem Aufbau einer österreichischen Content-Servicestelle für lokale und regionale Kulturdaten betraut. Die Lieferung von regionalen und lokalen Kulturdaten an die Europeana wurde ebenfalls eine Aufgabe der neu errichteten Servicestelle. Die Kerngruppe der österreichischen Inhaltsanbieter bestand bei Projektbeginn von Europeana Local aus acht Partnern aus dem Bibliotheks-, Museums- und
Europeana-Local-Österreich
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Archivbereich. Die Datenanalyse und die Fertigstellung des nationalen Europeana OAI Datenspeichers (http://www.openarchives.org/) für Österreich war Schwerpunkt der ersten Projektarbeiten bis Frühjahr 2009. Ab Sommer 2009 war Europeana-LocalÖsterreich bereits einer der ersten Datenlieferanten für das neue europäische Kulturportal. Neben dieser Aufgabe der Datenlieferung an die Europeana ist es vorrangiges Ziel der Servicestelle, fachliche und technische Betreuung, Information und Dienstleistungen für Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen anzubieten. Zu diesen Dienstleistungen zählen die Analyse und der Abgleich der individuellen Metadaten (Katalogdaten) der Institutionen mit dem im Europeana-Local-Österreich-Portal verwendetem Datenschema. Über den Abgleich der Metadatenfelder hinaus, werden auf Wunsch auch die institutionseigenen Normdateien und Thesauri mit den von Europeana verwendeten Normdateien und anderen international etablierten Vokabularen abgeglichen und die Daten im Portal entsprechend angereichert. Seit Winter 2014 ist es möglich, die Vokabular-Microservices, die im LoCloud-Projekt entwickelt wurden, zu nutzen. Diese erlauben es, internationale Vokabulare (wie z. B. den UNESCO-Thesaurus) über Webservices in den eigenen Anwendungen zu nutzen, oder Vokabulare zügig über des LoCloud-Vokabular-Tool zu erstellen und zu integrieren. Anschließend können die eigenen Vokabulare dann im SKOS Format zur Nachnutzung oder kooperativen Weiterentwicklung freigegeben werden (Koch 2015). Ein weiterer Bestandteil der Servicepalette ist die Bereitstellung einer Importroutine, die alle Daten automatisch in das Europeana-Metadatenformat bringt und in einen eigenen OAI-Provider für Europeana einspielt. Die automatische Datenübertragung von den Institutionen in das österreichische Europeana-Local-Portal erfolgt dabei sogar täglich. Bei Bedarf stellt Europeana-Local-Österreich einen Webspace und Server für die digitalen Objekte bereit. Damit ein erster Schritt in die Online-Präsenz auch für jene Sammlungen gelingt, die noch keine digitalen Objekte oder Katalogdaten besitzen, offeriert das Portal ein online tool zur Beschreibung auf Sammlungsebene. Die Organisation erhält einen geschützten Zugang zum Datenerfassungstool, beschreibt damit auf Basis der Dublin Core-Felder für Sammlungen, Dublin Core Collections Application Profile, ihre verschiedenen Sammlungen, und im Portal kann getrennt zu den Objekten auch gezielt nach Sammlungen gesucht werden. Diese Sammlungsbeschreibung wird dann mit den später eventuell verfügbar werdenden Objektdaten automatisch verknüpft. Im virtuellen Kulturdatenkatalog Europeana-Local-Österreich sind die Daten über alle Datenfelder des gemeinsamen Katalogs suchbar. Die Grundlage des gemeinsamen Datenkatalogs bildet das erweiterte Dublin Core Schema. Zusätzlich werden die Ausgangsdaten und die XML-Dateien der transformierten Daten im Portal angezeigt. Anfragen zu den einzelnen Datensätzen können direkt aus der Detailansicht des Datensatzes heraus über ein integriertes Anfrage-Tool (Warenkorb) an die beitragende Institution gesandt werden. Bei Datenanzeigen ohne verbundenes digita-
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Gerda Koch
les Objekt können diese Anfragen zum Beispiel eine Digitalisierung anstoßen. Bei digitalen Objekten die nur in reduzierter Auflösung im Portal gezeigt werden, kann das Anfrage-Tool wiederum zum Erwerb des hochauflösenden Digitalisats genutzt werden. Weitere Portal-Services für registrierte Benutzer sind die Speicherung von Favoriten und Suchparametern. Die Webadresse des Europeana-Local-Österreich-Portals ist http://www.europeana-local.at. Die Webseite bietet aktuelle Informationen zu Europeana, zu organisatorischen und technischen Fragen, zu Veranstaltungen, zur Kontaktaufnahme, Pressemeldungen u. v. m. Hier befindet sich der gemeinsame Online-Katalog der Daten der österreichischen Europeana Local Partner, auf den das europäische Europeana-Portal bei der Datenübernahme zugreift.
2 Bestand bzw. geplante Bestandsentwicklung Im Europeana-Local-Österreich Portal werden Daten mit und ohne Verlinkung zu digitalen Objekten aufgenommen. Sind für die einzelnen Datensätze der Sammlung noch keine Katalogdaten vorhanden, so kann auch die Sammlung an sich beschrieben werden. Für Sammlungen wird ein separates Suchformular zur Verfügung gestellt. Falls die Institution einverstanden ist, können Daten, die mit digitalen Objekten verknüpft sind und den Mindestvorgaben der Europeana entsprechen, automatisch an das europäische Europeana-Portal weitergegeben werden. Dafür muss eine schriftlich Zustimmungserklärung der übermittelnden Institution vorliegen. In dieser Vereinbarung erklärt sich die Einrichtung unter anderem mit den rechtlichen Vorgaben von Europeana einverstanden. Dies betrifft vor allem die freie Verfügbarkeit der übermittelten Metadaten. Diese sind mit der Creative-Commons-Lizenz Null (CC0) (https://creativecommons.org/publicdomain/zero/1.0/deed.de) zu lizenzieren. Die kontinuierliche Anpassung des Metadatenabgleichs mit dem aktuellen EuropeanaFormat ist eine Serviceleistung, die Europeana-Local-Österreich übernimmt. Das Europeana-Local-Österreich-Portal ist schwerpunktmäßig bemüht, die Online-Verfügbarkeit von regionalen und lokalen Sammlungen zu unterstützen. Insbesondere kleineren, finanz- und ressourcenschwachen Einrichtungen soll die Chance geboten werden, im Internet präsent zu sein. Der Mindeststandard Dublin Core mit seiner reduzierten Anzahl an Datenfeldern bietet eine weltweit anerkannte Grundlage, die heterogenen Daten aus Bibliotheken, Museen, Archiven, Galerien oder Universitätsinstituten abzugleichen und gemeinsam suchbar zu machen. Auch die Digital Public Library of America (DPLA) verwendet Dublin Core mit Erweiterungen als Basis-Standard. In der Aufbauphase des Europeana-Local-Österreich-Portals wurden vorrangig Sammlungen aus der Steiermark betreut. Mit der wachsenden Informations- und Disseminationstätigkeit von Europeana und den Europeana-Projekten kamen jedoch
Europeana-Local-Österreich
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rasch Daten aus regionalen Einrichtungen anderer österreichischer Bundesländer hinzu. Die Erweiterungsstrategie für das Portal setzt dabei nicht auf Quantität, sondern auf die Verfügbarkeit qualitativ hochwertiger Daten mit einem Fokus auf lokale und regionale Besonderheiten.
3 Organisationsform Der Aufbau des Europeana-Local-Österreich-Portals wurde aus Mitteln des eContentplus-Programmes der Europäischen Union von 2008 bis 2011 teilgefördert. Die Europeana-Local-Servicestelle betreut das Portal fortwährend und ist als eigene Abteilung am Forschungsinstitut AIT in Graz, Steiermark, angesiedelt. AIT ist ein Privatunternehmen, das seit den frühen 1980er Jahren Informationstechnologie bereitstellt und in einer Vielzahl nationaler und internationaler Kultur- und Forschungsprojekte tätig war und ist. Diese technologische Forschungstätigkeit hat den Vorteil, dass kontinuierlich neue Funktionalitäten in bestehende Portale und Services integriert werden können und auch eine anhaltende Teilförderung der Serviceleistungen gewährleistet ist.
4 Teilnahme am Portal Eine zentrale Teilnahmebedingung für das Europeana-Local-Österreich-Portal ist, dass die beitragende Institution die Rechte zur Übermittlung der Metadaten besitzt und ein Assignment for Use mit Europeana-Local-Österreich unterzeichnet. Mit diesem wird Europeana-Local-Österreich zum Anzeigen der Daten im Portal berechtigt. Oberste Priorität für den Gesamtprozess der Datenaufnahme ist: make it simple. Der technische und organisatorische Aufwand für die einzelnen Partner im Datenverbund wird möglichst gering gehalten. Der Einstieg in den Verbund erfolgt daher in der Praxis so, dass die Einrichtung Testdaten aus ihrem Katalog exportiert und an die Europeana-Local-Österreich-Servicestelle sendet. Diese erstellt automationsgestützt den Datenabgleich zum Europeana-Metadatenprofil und importiert die Daten in das nationale Test-Repository (OAI Datenspeicher). Der Partner kann dort seine Daten begutachten und Änderungswünsche vor der Publikation der Daten bekanntgeben. Die Publikation der Daten im Europeana-Local-Portal erfolgt sofort nach Freigabe durch den Partner. Die Weiterlieferung an das internationale Europeana-Portal wird in monatlichen Intervallen durchgeführt.
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Gerda Koch
5 Technik Eine technische Grundlage für den Datenverbund mit Europeana und EuropeanaLocal-Österreich ist das OAI-Protokoll für Meta Data Harvesting (OAI-PMH), das ein regelmäßiges Sammeln der Beschreibungsdaten in einer gemeinsamen zentralen Datenbank unterstützt. Die Suchanfragen der Benutzer richten sich dabei ausschließlich an die zentrale Datenbank. Die Dokumente und digitalen Objekte selbst werden mit dem OAI-Protokoll nicht eingesammelt, sie verbleiben auf den Servern der Verbund-Partner und werden mittels Link referenziert. Aus den abgeglichenen Katalogdaten heraus erfolgen die Verweise auf die Originaldokumente und die ihnen zugehörigen digitalen Materialien (Foto des Museumsobjektes, Tonbeispiel, Videoclip, Scan des Textes, usw.) auf den Servern der eingebundenen Einrichtungen. Mit dem Abgleich der individuellen Katalogdaten erhalten diese Mehrwert, sie werden international kompatibel und sind über das dem Verbund als Basis dienende OAI-PMH bei Bedarf mit beliebig anderen OAI-Portalen austauschbar. Es gibt zwei Arten von Teilnehmern im Rahmen von OAI-PMH: a) Zur ersten Gruppe zählen die sogenannten Datenprovider, die ihre Inhalte derart aufbereiten, dass die Metadaten vom OAI-Protokoll erfasst werden können. Aus Gründen der Interoperabilität gilt international als verpflichtende Mindestanforderung das Metadatenformat Dublin Core. Einige Partnerinstitutionen von EuropeanaLocal-Österreich haben eine OAI-Schnittstelle errichtet und fungieren als Datenprovider für das österreichische Portal. Aber auch das Europeana-Local-Österreich-Portal selbst ist ein Datenprovider für Europeana. b) Die Service-Provider andererseits, und zu diesen zählen sowohl das Europeana-Local-Österreich-Portal wie auch Europeana, bieten verschiedene Dienstleistungen und Mehrwert-Services auf der Basis des OAI-Netzes und der enthaltenen OAIMetadaten an, wie z. B. die Suche in einem zentralen Portal. Verfügt die Partnereinrichtung bereits über eine OAI Schnittstelle, so muss diese lediglich dem Europeana-Local-Österreich-Harvester bekanntgegeben werden, und die relevanten Daten werden sodann automatisch abgefragt und in das österreichische Portal eingespielt. Weitere Möglichkeiten zur kontinuierlichen Einbringung von Daten ohne Einrichtung einer lokalen OAI-Schnittstelle, sind das Einspielen von Datenexporten in einen individuellen Datenprovider im zentralen Europeana-Local-Österreich-System oder das Hinaufladen der Daten in ein individuelles Verzeichnis des Europeana-LocalÖsterreich-FTP-Servers, der vom Portal-Harvester täglich abgefragt wird. Aber auch das Zusenden von Dateien per Email oder CD an die österreichische Europeana-LocalServicestelle ist möglich. Für die Erstellung der Webpräsenz des Portals wurde das Content-ManagementSystem (CMS) Joomla verwendet. Joomla steht unter der GNU General Public License (http://www.gnu.org/licenses/gpl-2.0.html) und gehört zu den bekanntesten und
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meistverwendeten Open-Source-Content-Management-Systemen weltweit. Joomla verwendet MySQL als Datenbank und ist auf einem Apache-Webserver installiert.
6 Standards und Normdaten Das Datenprofil basiert auf dem internationalen Metadatenprofil Dublin Core Extended, das auch als Standard publiziert ist (IETF RFC 5013 [RFC5013], ANSI/NISO Standard Z39.85-2007 [NISOZ3985], und ISO Standard 15836:2009 [ISO15836]). Der Arbeit an der Vervollständigung und Verbesserung der Beschreibungsdaten wird mit der Anbindung an Normdateien, Thesauri und Ontologien Rechnung getragen. Die Daten erfahren eine Aufwertung durch die optionale Anbindung an gemeinsame Vokabularien, die über Webservices im Verbund angeboten werden. Webservices sind Softwareprogramme, die auf unterschiedlichen Netzwerkrechnern laufen und über das Internet in eine lokalen Anwendung integriert werden können. Auf diesem Wege haben registrierte Benutzer die Möglichkeit, die vorhandenen Vokabularien und Thesauri bereits bei der Datenerfassung im lokalen Katalogisierungssystem zu verwenden. Die von Europeana-Local-Österreich angebotenen Webservices wurden unter Einsatz des internationalen SKOS-Standards (Simple Knowledge Organization System, http://www.w3.org/TR/skos-reference/) und der internationalen Thesaurusnormen (ISO 25964-1:2011, ISO 25964-2:2013) entwickelt. Diese Standards sind auch Grundlage der LoCloud-Vokabularservices, die über Europeana-Local-Österreich genutzt werden können.
7 Entwicklungsperspektiven bzw. -pläne Die Europeana-Local-Servicestelle ist stetig bemüht, aktuelle Trends und Entwicklungen im Portal verfügbar zu machen. Der zu Beginn reduzierte Datenkatalog wurde mit den Jahren kontinuierlich erweitert und für die Repräsentation der Daten im Semantischen Web ausgebaut. Ein weiterer Schritt in dieser Entwicklung ist das Anbieten der LoCloud-Microservices und Verlinkungsdienste, wie unter anderem dem Vokabularservice, dem GeoTagging- und GeoCoding-Service, der Wikimedia Application und dem Service für historische Ortsnamen (http://www.locloud.eu/Resources). Die Vernetzung der Inhalte mit anderen internationalen Datenspeichern wird von Europeana-Local-Österreich seit Beginn unterstützt. Schon in der Anfangsphase der Publikation der Europeana-Programmierschnittstelle (Europeana-API) wurde dieses in das Europeana-Local-Österreich-Portal integriert. Im Jahr 2013 wurde zusätzlich die Datenschnittstelle mit der DPLA umgesetzt. Eine Suche im Europeana-Local-Öster-
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reich-Portal ist heute daher auch zeitgleich eine Suche in der Europeana und in der DPLA.
8 Zusammenfassung und Ausblick Das Europeana-Local-Österreich-Portal ist seit 2009 online. In diesen Jahren hat sich im Kultur- und Wissenschaftsbereich auf dem Gebiet der digitalen Online-Speicher, den sogenannten digitalen Bibliotheken, viel getan. Europeana, Europeana Local und zahlreiche andere Initiativen haben dazu beizutragen, ein Bewusstsein für die Wichtigkeit der Digitalisierung zu entwickeln, und fördern den freien Zugang, Open Access, zu online verfügbarer Kultur- und Wissenschaftsinformation. In den nächsten Jahren wird die Diskussion von neuen Entwicklungen bei der Langzeitarchivierung und Langzeitnutzung der digitalen Ressourcen im Zentrum der Diskussion stehen müssen. Die Lieferung von Metadaten an verschiedene Kultur- und Wissenschaftsportale, die Vernetzung und Verbreitung der Information kann dabei helfen, Daten über verschiedene Zugänge zu bewahren. Als Beitrag zur Unterstützung des Erfahrungsaustausches und der Kommunikation zwischen Wissenschaft und Technik hat die Europeana-Local-Servicestelle im Jahr 2010 die Tagungsreihe Digitale Bibliothek initiiert (http://conference.ait.co.at/ digbib/). Die jährlichen Diskussionsbeiträge und Workshops der Reihe liefern einen guten Spiegel der Probleme, mit denen Online-Portale und digitale Bibliotheken aktuell konfrontiert sind. Die Archivierung und Präsentation von 3D-Modellen und andern born-digital-Inhalten, die individuell abgestimmte Präsentation der unterschiedlichen Objekttypen, die Verknüpfung von Informationen mit anderen Wissensquellen, die Online-Kooperation bei der Bearbeitung und Aufbereitung kultureller und wissenschaftlicher Inhalte, sind einige der Themen, die Kulturportale zukünftig zu berücksichtigen haben. Zur Unterstützung der Forscher ist es Aufgabe der Portale, neue Werkzeuge und Plattformen anzubieten und dabei aber insbesondere auf die Nachhaltigkeit der jeweiligen Instrumente Wert zu legen. Die Europeana-Local-Servicestelle Österreich versteht es als wesentlichen Auftrag, neues Wissen und neue Technologien für ihre Nutzer zugänglich zu machen. Mit der Einbindung von Entwicklungen aus zukünftigen und aktuell kooperierenden Forschungsprojekten, wie den Dismarc-Vokabularen und Suchservices (http://www.dismarc.org), den LoCloudMicroservices, und der Fortführung der Cultivate-Informationsdienste wird das Portal diesen Weg kontinuierlich weiter beschreiten.
Europeana-Local-Österreich
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9 Literatur Dublin Core Metadata Initiative. Dublin Core Collections Application Profile. http://dublincore.org/ groups/collections/collection-application-profile/. (28. Februar 2015) Dublin Core Metadata Initiative. Dublin Core Metadata Element Set, Version 1.1. http://dublincore. org/documents/dces/. (28. Februar 2015) Europäische Kommission. Europeana – das „Sesam öffne Dich“ für Kunst, Kultur und Geschichte. http://ec.europa.eu/news/culture/081120_1_de.htm. (28. Februar 2015) ISO 25964-1:2011. Information and documentation – Thesauri and interoperability with other vocabularies – Part 1: Thesauri for information retrieval. http://www.iso.org/iso/home/store/ catalogue_ics/catalogue_detail_ics.htm?ics1=01&ics2=140&ics3=20&csnumber=53657. (28. Februar 2015) ISO 25964-2:2013. Information and documentation – Thesauri and interoperability with other vocabularies – Part 2: Interoperability with other vocabularies. http://www.iso.org/iso/home/ store/catalogue_ics/catalogue_detail_ics.htm?ics1=01&ics2=140&ics3=20&csnumber=53658. (28. Februar 2015) Koch, Gerda und Koch, Walter. Easy use and creation of vocabularies: the LoCloud vocabulary microservice. http://www.locloud.eu/News/Easy-use-and-creation-of-vocabularies-the-LoCloud-vocabulary-microservice-the-LoCloud-vocabulary-microservice. (28. Februar 2015) LoCloud Consortium. About LoCloud. http://www.locloud.eu/About. (28. Februar 2015) Open Archives Initiative. The Open Archives Initiative Protocol for Metadata Harvesting. http://www. openarchives.org/OAI/openarchivesprotocol.html. (28. Februar 2015) W3C Recommendation 18 August 2009, Alistair Miles, Sean Bechhofer eds. SKOS Simple Knowledge Organization System Reference. http://www.w3.org/TR/2009/REC-skos-reference-20090818/. (28. Februar 2015) W3C Recommendation 26 November 2008, Tim Bray, Jean Paoli, C. M. Sperberg-McQueen, Eve Maler, François Yergeau eds. Extensible Markup Language (XML) 1.0 (Fifth Edition). http://www. w3.org/TR/2008/REC-xml-20081126/. (28. Februar 2015)
Christoph Stuehn
Memobase – das Informationsportal zum audiovisuellen Kulturerbe der Schweiz 1 Einleitung Memobase ist das Online-Informationsportal von Memoriav, dem nationalen Verein zur Erhaltung des audiovisuellen Kulturerbes der Schweiz. Das Portal vernetzt Institutionen und deren audiovisuelle Bestände und Sammlungen mit dem Ziel, den Zugang zum audiovisuellen Erbe zu verbessern. Historische Fotografien, Filme, Ton- oder Videodokumente, die Archive, Bibliotheken und Museen aus allen vier Sprachregionen der Schweiz mit der Unterstützung von Memoriav erschließen, bewahren und vermitteln, sind in der Memobase in einer einzigen Abfrage recherchierbar. Memobase überbrückt sprachregionale, institutionelle und medienspezifische Grenzen der Schweizer Erinnerungslandschaft und regt zur Nutzung der audiovisuellen Dokumente in Bildung, Lehre und Forschung an.
Abb. 1: Homeseite der Memobase (Abbildung: Memoriav) (http://www.memobase.ch).
Memobase – das Informationsportal zum audiovisuellen Kulturerbe der Schweiz
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Die „neue“ Memobase bringt die bisherige Suchmaschine von Memoriav technisch auf den neusten Stand. Vor allem das Suchen und Stöbern in den Datenbeständen konnte grundlegend verbessert werden. Dank der Facettensuche kann intuitiv im ganzen Bestand gestöbert werden; zudem lässt sich die Trefferliste nach abgesetzter Suche einschränken. Sobald der Suchterminus klar ist, gibt das System die entsprechenden Filtermöglichkeiten – die Facetten – wie Dokumenttyp, Zugang, Institution etc. an, sofern es dazu Dokumente gibt. Sucht man beispielsweise nach Bild- und Tondokumenten zum Schweizerischen Nationalzirkus Knie, stößt man schon mit einer einfachen Suche auf 320 audiovisuelle Dokumente aus fünf verschiedenen Institutionen wie zum Beispiel Radio- und Fernsehbeiträge von SRF, Swissinfo und der Schweizerischen Nationalbibliothek, aber auch auf Fotografien aus den Fotobeständen Carl Jost und Jacques Thévoz, die im Staatsarchiv des Kantons Bern bzw. in der Kantons- und Universitätsbibliothek Freiburg aufbewahrt werden. Interessieren danach nur die Fotografien aus dem Bestand Thévoz, kann der Nutzer per Mausklick auf die entsprechende Facette die Auswahl der Dokumente auf einfachste Weise einschränken. Dank der Partnerschaft mit dem Historischen Lexikon der Schweiz bietet Memobase zudem eine mehrsprachige Suche an, die auf den Thesaurus dieses wissenschaftlichen Nachschlagewerks zurückgreift. Fügt man die vom System vorgeschlagenen französischen und italienischen Übersetzungen „cirque“ bzw. „circo“ hinzu, um wieder auf das Suchbeispiel zurückzukommen, erhöht sich die Trefferzahl um weitere Dokumente und Institutionen. Zusammengefasst verfolgt Memoriav mit seinem Informationsportal insbesondere folgende Ziele: –– Erschließung und Vermittlung des audiovisuellen Kulturgutes der Schweiz in den Bereichen Fotografie, Ton, Film und Video fördern. –– Zugriff ermöglichen auf qualitativ hochstehende, bereichsübergreifende und mehrsprachige Metadaten sowie freier oder gesicherter Zugang auf Kopien audiovisueller Originaldokumente aus Schweizer Institutionen. –– Anerkennung des immateriellen (kulturellen, historischen, politischen, dokumentarischen) und materiellen Werts audiovisueller Kulturgüter als Bestandteil historischer Überlieferung. –– Zugang zu audiovisuellen Dokumenten für Bildung, Lehre und Forschung vereinfachen. –– Anbindung an andere nationale und internationale Informationsportale ermöglichen.
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Christoph Stuehn
2 Bestand bzw. geplante Bestandsentwicklung Um die gewünschte Präzision der facettierten Suche zu ermöglichen, sind zwei Aspekte wichtig: eine gute Suchmaschine und eine hervorragende Metadatenqualität, d. h. inhaltliche Konsistenz, Relevanz, Erschließungstiefe und technische Qualität der Metadaten sowie die Berücksichtigung rechtlicher Bestimmungen. Wenn immer rechtlich und technisch möglich, werden nicht nur die Metadaten, sondern auch die digitalen Zugangskopien auf der Memobase veröffentlicht. Das Hosting der Zugangskopien liegt, wenn immer möglich, bei der Institution, die für den Bestand verantwortlich ist („zuständige Institution“). Die Metadaten liegen auf dem Server der Memobase und auf die Digitalisate greift die Memobase mittels Verlinkungen zu. Die Urheberrechte und verwandten Schutzrechte an den Informationen und Werken liegen bei den Partnerorganisationen, Verwertungsgesellschaften (http:// www.swisscopyright.ch) oder den ursprünglichen Rechtsinhabern bzw. -nachfolgern gemäß dem Bundesgesetz über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (URG). Die in der Memobase enthaltenen Informationen und Werke werden der Öffentlichkeit im Rahmen von Art. 19 und 20 URG zugänglich gemacht. Durch das Herunterladen und Kopieren von Inhalten, Bildern, Filmen, Fotos, Musik oder anderen Dateien werden keine zusätzlichen Rechte eingeräumt. Jede über diese Schutzmaßnahmen hinausgehende Nutzung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung der Rechtsinhaber. Die Partnerinstitutionen, deren Bestände auf Memobase publiziert werden sollen, müssen im Falle einer Online-Publikation erklären, dass sie im Besitz der Urheberrechte und der verwandten Schutzrechte sind. Auch für die Überwindung von rechtlichen Hindernissen beim Zugang und der Nutzung von audiovisuellem Kulturgut wurden mit der Memobase Lösungen entwickelt. Da die rechtliche Situation einen freien Online-Zugang oftmals nicht erlaubt, bietet die Memobase verschiedene Zugangsoptionen: –– „Online“: frei online konsultierbar. –– „Vor Ort“: Konsultation nur in der zuständigen Institution vor Ort möglich, nicht online. –– „Via Memobase+“: „Memobase+“ ermöglicht eine Online-Recherche an schweizweit rund 50 geschützten audiovisuellen Stationen, die sich zumeist im Publikumsbereich von öffentlichen Gedächtnisinstitutionen (Bibliotheken, Museen und Archiven) befinden. Der Bestand, der auf Memobase verfügbaren Daten und Dokumente und dessen Weiterentwicklung ergibt sich grundsätzlich aus dem Auftrag von Memoriav. Memobase ist die Zugangsplattform für die mit Unterstützung von Memoriav erhaltenen audiovisuellen Dokumente. Besteht jedoch ein gemeinsames Interesse an der Publikation weiterer Dokumente bzw. Bestände, wird eine Datenübernahme und -veröffentlichung in Memobase geprüft und gegebenenfalls umgesetzt.
Memobase – das Informationsportal zum audiovisuellen Kulturerbe der Schweiz
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3 Organisationsform Memoriav ist ein Verein gemäß Schweizerischem Zivilgesetzbuch (ZGB) mit schweizweit über 210 Mitgliedern. Gegründet wurde Memoriav im Jahre 1995 von folgenden Institutionen: Bundesamt für Kommunikation, Cinémathèque suisse, Schweizerisches Bundesarchiv, Schweizerisches Institut zur Erhaltung der Fotografie, Schweizerische Nationalbibliothek, Schweizerische Nationalphonothek, Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft SRG SSR. Der Verein verfügt über ein Jahresbudget von rund 3,5 Millionen CHF, das mit 3,1 Millionen CHF zu großen Teilen von der Schweizerischen Eidgenossenschaft finanziert wird. Weitere Beiträge erhält der Verein von der SRG SSR sowie aus regulären Mitgliederbeiträgen und sonstigen Einnahmen. Politisch gesehen bekommt der Zugang zu unserem Kulturerbe eine zunehmend wichtige Bedeutung. So findet sich im Entwurf zur „Kulturbotschaft“ für die Jahre 2016 bis 2020 der Schwerpunkt kulturelle Teilhabe: „Kulturelle Teilhabe meint die aktive und passive Teilnahme möglichst vieler am Kulturleben und am kulturellen Erbe. Die Stärkung der Teilhabe am kulturellen Leben wirkt den Polaritäten in der Gesellschaft entgegen und ist damit eine zentrale Antwort auf die Herausforderungen der kulturell diversen Gesellschaft. In der Förderperiode 2016–2020 (...) will der Bund den physischen, intellektuellen und finanziellen Zugang zur Kultur durch geeignete Maßnahmen fördern.“ Memobase bietet diesen Zugang für das audiovisuelle Kulturerbe der Schweiz und unterstützt dadurch die kulturelle Teilhabe in diesem Bereich.
4 Teilnahme am Portal Das Portal steht allen Interessierten mit Internetzugang und IT-Grundkenntnissen zur Nutzung offen. Es braucht keine vorgängige Registrierung und die Rechercheplattform ist „intuitiv selbsterklärend“ aufgebaut. Wo immer technisch und rechtlich möglich, strebt Memoriav den freien Zugang nicht nur zu den Metadaten, sondern auch zu den jeweiligen audiovisuellen Dokumenten (Zugangskopien), an. Im Falle technischer und/oder urheberrechtlicher Einschränkungen sind die Dokumente entweder nur „vor Ort“ in der jeweiligen Institution oder an den erwähnten geschützten „Memobase+“-Stationen zugänglich.
5 Technik Wie in Abbildung 2 gezeigt, besteht das Informationsportal Memobase aus vier technischen Systembestandteilen, die nachfolgend kurz erläutert werden.
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Abb. 2: Die technischen Bestandteile von Memobase
Die Web-Darstellung beinhaltet einen User- und einen Administrationsbereich. Der Administrationsbereich wird zur Erstellung und zur Bearbeitung der dargestellten Inhalte verwendet. Das Kernsystem dient dem Import und Export sowie der Verwaltung und Aufbereitung der Daten. Zur Datenverwaltung wird das „Flexible Extensible Digital Object and Repository Architecture Repository“ (Fedora) verwendet. Die Suchabfrage und der zugrundeliegende Mechanismus ermöglichen eine zeitnahe Aufbereitung der Resultate für die Web-Darstellung. Die Detaildarstellung der Dokumente kommt wiederum vom Kernsystem. Wenn immer möglich, greift Memobase auf die Streaming-Infrastruktur der jeweiligen Partnerinstitutionen zu, was insbesondere zusätzliche Hostingkosten verhindert. Der eingesetzte Flowplayer unterstützt eine Vielzahl von Protokollen und Formaten. Memobase bietet zudem einen eigenen RealTime-Messaging-Protocol(RTMP)-Stream-Server an für technische Übergangslösungen oder als Streaming-Möglichkeit für Kleinstinstitutionen ohne eigene technische Infrastruktur. Das Informationsportal Memobase versteht sich als Aggregator und stellt keine Anforderungen an die Archivsysteme der Partnerinstitutionen. Um dies zu gewährleisten, hat man sich gegen eine föderierte Suche und für statische Imports der Daten entschieden. Ein Import läuft folgendermaßen ab: Die Partnerinstitutionen liefern einen kompletten Metadatenexport im Excel- oder XML-Format (Extensible Markup
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Language). Dieser Export wird gemeinsam mit der Partnerinstitution in einem konzeptionellen Mapping für die technische Transformierung vorbereitet. D. h., die Datenfelder der Partnerinstitution werden eindeutig und, wo nötig, mit Regeln oder ergänzenden statischen Texten den Datenfeldern von „Memobase Core“ zugewiesen. Anschließend wird ein automatisierter Transform der aufbereiteten Daten mittels XSLT (Extensible Stylesheet Language Transformation) durch den IT-Partner von Memoriav erstellt und angewendet. Die so entstandene Transformanweisung kann pro Institution und – bei gleichbleibenden Rahmenbedingungen der Exportdaten – wiederverwendet werden. In Memobase werden schließlich die transformierten Metadaten und, falls vorhanden, Vorschaubilder und Zusatzdokumente, importiert. Aktualisierungszyklen werden jeweils individuell vereinbart. Für die Konsultation des Dokuments wird, wenn immer möglich, auf eine Zugangskopie in der Infrastruktur der Partnerinstitutionen verlinkt. Es besteht die Möglichkeit, die Streaming-URL statisch in den Metadaten zu importieren oder einen sogenannten Sitemap-Dienst (Eigenentwicklung von Memobase) zu verwenden. Letzterer ermöglicht mittels einer Zuweisungstabelle die dynamische Verlinkung der Dokument-ID zu ihrer Streaming-URL, was erhebliche Vorteile bietet bei allfälligen Migrationen oder Systemwechseln mit Änderung der Dateinamen oder URL. Eine automatisierte Alternative zum Import bietet die sog. OAI-PMH-Schnittstelle (Open Archives Initiative Protocol for Metadata Harvesting), die es ermöglicht, Dokumente nach vordefinierten Mappingtabellen automatisiert in Memobase einzuspielen und aktuell zu halten. Aufgrund des hohen Initialaufwandes und des geringen Aktualisierungsintervalls wurde bislang allerdings auf die konkrete Anwendung dieser Schnittstelle verzichtet.
6 Standards und Normdaten Das Datenmodell der Memobase sieht drei Ebenen vor: Institution, Bestand/Sammlung und Dokument. Jedes Dokument wird logisch einem Bestand zugewiesen; ein Bestand wird wiederum einer Institution zugeordnet. Auf der Ebene Dokument setzt Memoriav auf das für audiovisuelle Bestände optimierte EBU-Core-Metadatenschema der European Broadcast Union – eine Weiterentwicklung des Dublin Core. In Anlehnung an diesen Standard wurden rund 60 beschreibende, kontextuelle und technische Datenfelder abgeleitet und als „Memobase Core“ definiert. Minimalstandard ist in jedem Fall der Dublin-Core-Standard. Der Bestand wird nach dem sog. ISAD(G)Standard in Memobase abgebildet. Angereichert werden diese Informationen mit den spezifischen Projektinformationen. Die Partnerinstitution wird mit Kontaktadresse und, falls vorhanden, mit dem Onlinearchiv verzeichnet. Zudem ermöglicht ein Beschreibungsfeld ein Kurzporträt der Institution.
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Die Facettensuche beinhaltet statische Texte wie den Dokumenttyp (Radio, Audio, Video, TV, Fotografie und Film) und dynamische Texte wie das Trägerformat (Magnetband, 16mm, Glasplatte etc.). Die dynamischen Texte werden normalisiert dargestellt. Das heißt, verschiedene Schreibweisen eines Werts in der Facette werden anhand eines (eigenen) kontrollierten Vokabulars zu einem Synonym zusammengezogen. Die gesamte Plattform Memobase ist mehrsprachig aufgebaut. Die Benutzeroberfläche kann in drei Landessprachen der Schweiz dargestellt und bedient werden. Zudem werden auch die Facettenwerte mittels Sprachkonfigurationsdateien je nach gewählter Sprache angezeigt. Die Metadaten der Dokumente wiederum werden nur in der importierten Sprache dargestellt. Für die Personen- und die Geografikafacette sowie für die Übersetzung der Suchanfrage wird der Thesaurus des Historischen Lexikons der Schweiz eingesetzt, welcher alle vier Amtssprachen der Schweiz umfasst. Hinzu kommt als besonders innovatives Element die bereits erwähnte automatische Suchterm-Übersetzung.
7 Entwicklungsperspektiven bzw. -pläne In der aktuellen Version sind noch nicht alle ursprünglich vorgesehenen Elemente umgesetzt worden. Insbesondere interaktive Elemente wie Sharing-Funktionen, Personalisierungen (Web 2.0 etc.) und „virtuelle Seminarräume“ für die professionellere Nutzung der audiovisuellen Dokumente im Rahmen von Bildung und Lehre, konnten aus finanziellen und zeitlichen Gründen noch nicht realisiert werden. Definitiv Zukunftsmusik bilden Ideen in Richtung Linked Open Data (LoD) und dem Semantic Web (Web 3.0 etc.), wobei Memobase mit der aktuellen Implementierung von EBU Core bereits mit einem Fuß im semantischen Web steht. Zudem sind am bestehenden Kernsystem bereits offene Schnittstellen für den automatisierten Austausch der strukturierten Daten vorgesehen.
8 Zusammenfassung und Ausblick Das Informationsportal Memobase kann seine Erfolgsgeschichte nur weiterschreiben, wenn es gelingt, in absehbarer Zeit eine kritische Masse an audiovisuellen Dokumenten zu erreichen (Stand vom 23. Februar 2015: 89.765 Dokumente; angestrebtes jährliches durchschnittliches Wachstum: + 20.000) und die Plattform kontinuierlich weiterentwickelt werden kann. Die Übernahme und Bearbeitung von Daten wird auf jeden Fall auch weiterhin eine große Herausforderung bleiben und angesichts sehr heterogener Daten-(Quellen) einen hohen Aufwand für die Normalisierung verursachen.
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Auch in Zeiten von YouTube und Netflix hat Memobase nicht an Bedeutung eingebüßt. So sind beispielsweise der umfassende Metadatenstandard und die vernetzte mehrsprachige Recherchierbarkeit bis heute außergewöhnliche Eigenschaften im Vergleich zu anderen Informationsportalen, die insbesondere für Bildung, Forschung und Wissenschaft von zentraler Bedeutung sind. Zudem spiegelt sich die Nachhaltigkeit in der Arbeit von Memoriav auch im Aufbau und der Ausrichtung seines Informationsportals wider. Wenn es also gelingt, die Plattform mengenmäßig und technisch Schritt für Schritt weiterzuentwickeln und mittelfristig auch für andere nationale und internationale Portale zu öffnen, dann hat das Informationsportal sehr gute Zukunftsaussichten.
9 Literatur Deggeller, Kurt. Bestandserhaltung audiovisueller Dokumente. Berlin: De Gruyter Saur, 2014. Kulturbotschaft. http://www.admin.ch/opc/de/federal-gazette/2015/497.pdf (23. Februar 2015)
Elisabeth Bracun, Monika Hagedorn-Saupe
Europeana Fashion 1 Einleitung
Europeana Fashion ist ein mehrsprachiges, modebezogenes Web-Portal, aufrufbar unter www.europeanafashion.eu. Ab Februar 2012 wurde es in einem Zeitraum von 36 Monaten entwickelt. Der Aufbau wurde kofinanziert durch die Europäische Union. Was genau ist Europeana Fashion und welcher ist der Bezug zu Europeana? Wie schon der Name sagt: Europeana Fashion ist die modeaffine Tochter des übergreifenden, europäischen Kultur-Portals Europeana und Europeana Fashion ist jünger, kleiner und konkreter, dabei gewandt und innovativ. Über 700.000 digitale Objektdatensätze stellt das Portal zur Verfügung und hier kurz vorab hervorgehoben die Alleinstellungsmerkmale des Portals: ein konkreter, inhaltlicher Fokus auf Mode, eine breite Aufstellung der Inhalte und Projektpartnerschaften mit Kulturerbe-Institutionen sowie auch Partnern aus der (privatwirtschaftlichen) Modebranche und die Hinwendung des Portals zu einer stärkeren Einbindung der User. Dazu aber später, werfen wir vorerst einen kurzen Blick auf die Entstehung von Europeana Fashion.
Abb. 1: Screenshot der Website, www.europeanafashion.eu
Europeana Fashion
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1.1 Historie und Zielgruppen Europeana Fashion Im Jahr 2011 ging das Kultur-Portal Europeana in seiner zweiten Version online und beinahe gleichzeitig entwickeln unterschiedliche Personen in zwei verschiedenen Ländern eine sehr ähnliche Vision: ein übergreifendes europäisches Modeportal. Das eine Land, Italien, das Land der Mode, und das andere Belgien, das Land der Stoffe. Es ist wohl kein Zufall, dass schon bei der Entstehung die Aktualität der italienischen Modedesigner auf die historisch wertvollen Modeschätze der flämisch-belgischen Institutionen trifft. Nachdem man eher durch Zufall voneinander erfuhr und feststellte, dass beide Initiatoren eine ähnliche Vision hatten, beschloss man, zusammen zu arbeiten. Ein Projektteam bestehend aus 22 europäischen Institutionen bereitete den Projektantrag vor, der dann auch von der EU für eine Förderung ausgewählt wurde. Über einen dreijährigen Projektzeitraum wurde Europeana Fashion kofinanziert durch die Europäische Kommission im Rahmen des Programms zur Unterstützung der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT). Mit dieser Finanzierung konnte die Basis für das Modeportal Europeana Fashion entstehen, welches über das Projektende im Februar 2015 hinaus fortgeführt wird.
1.2 Das Thema Mode, Zielgruppen und Stakeholder Mode ist kommerziell spannend, wird stets neu kulturell und sozial ausverhandelt und in Form von historischen Sammlungen ist es Teil unseres sozio-kulturellen Erbes. Dieses Thema hat das Potenzial die Brücke zwischen Konsum und Kultur, modernem Lifestyle und historischem Erbe, zwischen reinem Entertainment, populärkultureller Unterhaltung und Hochkultur zu schlagen. Es ist ein Thema von allgemeinem und auch persönlich-subjektivem Interesse für die Besucher der Website, neben beruflichwissenschaftlichen Anforderungen spielt daher auch der Unterhaltungsfaktor für Entertainment und Privatvergnügen eine große Rolle. Die Zielgruppen der Website sind daher breit aufgestellt, aber dennoch klar definierbar: Einerseits die allgemeine Öffentlichkeit, welche, angeregt durch die attraktiven Inhalte, das Portal durchforsten und Sammlungen entdecken kann. Dann die Kreativwirtschaft und an die Modebranche andockende Berufe, denen das Portal als wertvolle Recherchegrundlage in Gestaltungs- und Entwurfsprozessen zur Verfügung steht. Und – last but not least – Lehre und Forschung, Schul- und Universitätsbereich, für die das Portal wichtige Grundlage und Quelle zum Erlernen der Modegeschichte ist und reiches Anschauungsmaterial liefert. Der Benutzer tritt mit unterschiedlicher Haltung an die Website: Freizeit/Unterhaltung, Beruf/Wirtschaft, Studium/Lernen. Dies sind Zielgruppen, die alle in diesem Portal angesprochen werden sollen und beim Aufbau berücksichtigt werden müssen.
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Aber nicht nur für die Besucher, auch für die Institutionen, welche ihre Bestände online zur Verfügung stellen, ist das Portal bereichernd. Indem die Sammlungen einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, werden die Objekte Teil des veröffentlichten Kulturerbes, was sowohl zu einem höheren Bekanntheitsgrad als auch zu einer größeren Nachfrage führt. Damit unterstreichen die teilnehmenden Institutionen ihr Image und ihre Marktposition: Sichtbarkeit und Reputation als auch der Erfahrungsaustausch und Vernetzung innerhalb ihres Fachbereichs im Sinne des best-practice-Netzwerks, das weit über Projektende weiterträgt, seien hier nur als kurze Stichpunkte genannt. Europeana Fashion wiederum gewinnt direkte Fachexperten, die inhaltliches Know-how und einen fachspezifischen Blick liefern sowie die Bereitschaft, vorhandene digitalisierte Sammlungsbestände zur Verfügung zu stellen. Hier mag die Bezeichnung „Institutionen“ irreführend sein. Denn gemeint sind sowohl private Unternehmen als auch öffentliche Einrichtungen. Gerade im Bereich der Textilwirtschaft sind Mode- und Schausammlungen oft notwendiges Arbeitsmaterial und liegen im Besitz von Konzernen oder Privatunternehmen – ziehen wir den Umkehrschluss, belegt dies abermals das Interesse der Privaten an einem breiten Zugang zu den Sammlungen. Jenseits dessen bilden die Bestände von Kulturinstitutionen oder Privatsammlern einen ebenso relevanten Bestandteil der Onlinesammlung. So mussten also einerseits die richtigen Partner gewonnen und Rahmenbedingungen abgesprochen, sowie andererseits die technischen Werkzeuge für den Austausch und die Bereitstellung entwickelt werden.
2 Bestand bzw. geplante Bestandsentwicklung Grundlage und Herz des Webportals Europeana Fashion sind die digital verfügbaren Datensätze. Mit offiziellem Projektende im Februar 2015 sind über 700.000 digitale Datensätze über das Modeportal verfügbar. Die digitalen Datensätze lagen bei den Institutionen bereits vor Projektbeginn vor und wurden zusammengeführt und über Europeana Fashion zugänglich gemacht. Dabei ist Europeana Fashion nur die Plattform, aber nicht Rechteinhaber der dort veröffentlichten Daten. Kurz zur Begriffsklärung: Sprechen wir von einem Datensatz, setzt sich dieser zusammen aus dem Objekt (Digitalisat) in Form von Bild, Video oder Text und den dazugehörigen Metadaten. Als Metadaten werden die Informationen zu dem Objekt bezeichnet; also, Titel, Typisierungs- und Kategorisierungsbezeichnungen wie Objekttyp, Herkunft, Material, Designer, gegebenenfalls Kurzbeschreibungen und Rechteinformationen sowie der Verweis auf die datenliefernde Institution.
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2.1 Sammlungspolitik Mode ist Kleidung, aber auch mehr. Europeana Fashion ist zwar formal gesehen „nur“ eine Plattform, doch die inhaltliche Aufstellung über die Anbieter zeigt eine ebenso innovative wie klare, auf die Branche adaptierte, Sammlungspolitik. Die breite Definition von „Objekt“ spiegelt dies wider: Objekte und Digitalisate von Modesammlungen, auch Skizzen, Zeichnungen und Illustrationen wie die der Kunstbibliothek in Berlin sowie Fotografien von Modeschauen stellen einen großen Bestandteil der Onlinesammlung. Neue Formen der Modepräsentation wie Blogs, Online-Artikel oder auch branchenspezifische Varianten wie Ausstellungsdokumentationen, Fashionshows oder ganze Modekollektionen sind ebenso Bestandteil der Online-Sammlung. Diese wurden spezifisch gefördert und das Vorhandensein dieser Objekte mit der Auswahl der beisteuernden Projektpartner gewährleistet. Fortschrittlich zeigt sich Europeana Fashion in zweierlei Hinsicht: sowohl in der Sammlungspolitik, indem neue Objektformen gezielt eingebunden werden als auch in der damit zusammenhängenden Auswahl der Daten-Anbieter. Die Daten werden von privaten und öffentlichen Institutionen oder Konzernen beigetragen und beispielsweise über die Universität Stockholm gehen wissenschaftlich-universitäre Beiträge ein. Diese haben oft einen visionären Charakter, wodurch der Charakter der Sammlung ein aufgeschlossener und fortschrittlicher ist. Das Einbinden von privaten Projektpartnern (Catwalk Pictures, Pucci, Pitti Immagine) bereits in der Portal-Entwicklungsphase erleichtert auch den zukünftigen Inhaltszuwachs.
2.2 Rechtemodell Fallen digitalisiertes Kulturerbe, mit privaten und öffentlichen Anbietern, die Modebranche und in diesem Fall auch noch übergeordnet zu Europeana Fashion das Netzwerk Europeana zusammen, mag dies in Hinblick auf die Klärung der Rechte am geistigen Eigentum auf den ersten Blick kompliziert erscheinen. Europeana Fashion versucht es unkompliziert. Dabei nutzt es den Vorteil, auf die Vorarbeit von Europeana zurückgreifen zu können. Grundsätzlich wird in der Rechteanwendung zwischen Objekt und Metadaten (Titel, Beschreibungen, Objektinformationen, etc.) unterschieden. Alle Metadaten auf Europeana Fashion stehen unter einer Creative-Commons-Lizenz. Die Metadaten sind für alle Nutzer frei einsehbar, publizierbar und in der Regel wiederverwendbar. Die Lizenzvereinbarungen bezüglich der digitalen Objekte (Bild, Video, etc. in Form von Vorschaubildern) sind differenzierter. Zwar können alle Objekte kostenfrei eingesehen werden, aber in der Verwendung und Verbreitung unterliegen sie unterschiedlichen Bedingungen: Namensnennung erforderlich, Einschränkung der Objekt-Bearbeitung, Verbot der kommerziellen Nutzung oder Einschränkung der
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Nutzung. Europeana Fashion ist als Plattform weder Daten-Anbieter noch Rechteinhaber, manchmal sind die Daten-Anbieter nicht die Rechteinhaber, zeichnen aber dafür verantwortlich. Europeana Fashion stützt sich in der Rechtehandhabung auf das für das KulturPortal Europeana geltende „Europeana Licensing Framework“ und entwickelte einen ergänzenden, neuen Leitfaden. Der Europeana-Fashion-Schutzrechte-Leitfaden geht auf die konkreten Problemfelder in der Modebranche ein, bietet den Anbietern Information und Unterstützung, ist Ratgeber sowie Rahmenbedingung für den Rechteabgleich.
2.3 Ausblick für Sammlungs- und Rechtepolitik Das Portal nimmt eine Vorreiter-Rolle ein: Branchenspezifische ebenso wie neue Objektvariationen sind integrativer Bestandteil der Online-Sammlung. So wird ermöglicht, dass auch innovative und neue digitale Objektinhalte wie beispielsweise Blogbeiträge, Biographien oder online Artikel als Datensätze in die Sammlung eingehen.
3 Organisationsform Wie schon erwähnt, setzt sich das Europeana-Fashion-Netzwerk aus 22 Projektpartnern aus zwölf verschiedenen europäischen Ländern sowie weiteren assoziierten Partnern zusammen. Die Zusammenstellung der Projektpartner spiegelt die Projektaufstellung wider: Koordination, Technik und Inhalt bilden die Grundlage über die hinaus auch assoziierte Partner, zur breiteren Aufstellung des Portals, gewonnen wurden. Der Koordinator Fondazione Rinascimento Digitale (Italien) kommunizierte und steuerte den Projektablauf, während die backend Technik die National Technical University of Athens (NTUA) (Griechenland) und die Frontend-Technik und Oberflächengestaltung Internet Architects (IA) (Belgien) übernahmen. Diese erarbeiteten das Webportal zusammen mit den Partnern, die Inhalte lieferten. Das Institut für Museumsforschung entwickelte User-Szenarien und formulierte anhand dieser die Nutzeranforderungen und notwendigen Anwendungen für das Portal. Die Inhalte steuerten zunächst 19 Projektpartner bei, die sich besonders durch ihre Sammlungsbestände auszeichnen und sich aus renommierten privaten wie auch aus öffentlichen Institutionen zusammensetzten. Unter den Öffentlichen befinden sich Einrichtungen wie das Victoria & Albert Museum, das Pariser Musée des Arts Decoratifs, das Madrider Museo del Traje, das Belgische Mode Museum und das Berliner Kunstgewerbemuseum oder die Lipperheidesche Kostümbibliothek der Kunstbibliothek der Staatlichen Museen zu Berlin – um nur Einige herauszugreifen. Hochkarätig
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ist auch die Besetzung auf privater Seite: die umfassende Sammlung von Rossimoda mit Schuhkollektionen von Dior, Ungaro, Yves Saint Laurent wie auch die Archive von Pucci und von Missoni oder die Dokumentationsplattform Pitti Immagine.
4 Technik Werfen wir einen Blick auf die Technik. Wir sprechen hier von über 700.000 Datensätzen, die aus 19 verschiedenen Institutionen mit unterschiedlicher Datenaufbereitung in Europeana Fashion zusammentreffen. Welches System steht dahinter, das diese Zusammenführung gewährleistet? Europeana Fashion greift hier auf das MINT-Tool zurück. Es ermöglicht und erleichtert den Datenimport von bestehenden Datensätzen aus den Datenbanken der jeweiligen Partner-Institutionen in die Datenbank von Europeana Fashion. Ausgangspunkt ist die Bandbreite an Datensätzen der Partner-Institutionen mit unterschiedlich aufbereiteten Metadaten und verschiedenen Objekt-Formaten. Und deren Ziel: die für alle Datensätze einheitliche Struktur der Website von Europeana Fashion. Primäre Anforderung für den Datentransfer ist es, Interoperabilität her zu erstellen. Während die Bilddaten über eine direkte Verlinkung mit der Anbieter-Plattform auf die Website von Europeana Fashion portiert werden, benötigt der Import der Metadaten eine vorherige Umwandlung. Die Umwandlung der Metadaten von den üblichen Dokumentationsprogrammen der Museen und Archive in das gleiche Datenformat „Europeana Data Model – Fashion Profile“ (EDM-fp) erfolgt über das MINT-Tool. Das MINT-Tool übersetzt die unterschiedlichen Ausgangsformate in das gleiche Zielformat EDM-fp. Daten können hierbei auch umgeformt, angereichert und zusammengeführt werden. In dem Zieldatenformat EDM-fp sind auch die Beziehungen zwischen den unterschiedlichen Elementen der Daten definiert, welche gerade bei der Anreicherung der Daten ausschlaggebend sind. Das Europeana-Fashion-Datenformat EDM-fp wurde speziell für das Portal entwickelt. Denn zu Beginn sprengte der Fashion-Kontext den vorhandenen Rahmen des Europeana-Datenformats Europeana Data Model (EDM). Die Elemente mussten daher auf bisher nicht-relevante oder neue Kategorien wie beispielsweise „Farbe“ oder „Stylist“ adaptiert werden, indem sie zueinander in neue Beziehungen gestellt oder neu entwickelt wurden. Das EDM-fp entspricht als Datenformat dem Fashion-Kontext. Gleichzeitig wurde bei der Erstellung des EDM-fp stark auf dessen Kompatibilität geachtet: einerseits mit EDM (für den Austausch mit Europeana), andererseits auch in der Verwendung von Standards. Viele der in Europeana Fashion zu EDM-fp transferierten Daten werden anschließend an Europeana weitergegeben und hierfür in das Datenformat EDM übertragen. Besonderheit im MINT-Tool bei Europeana Fashion ist, dass die dort hochgeladenen Daten nachträglich angereichert werden können. Was das heißt? Inhalte wie
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Tags, Quellen und Verschlagwortungen können hinzugefügt und bearbeitet werden. Um diese Verschlagwortung zu optimieren, übersetzt das MINT-Tool nicht nur die Elemente, sondern durchsucht in einem weiteren Schritt die gesamten Objektbeschreibungen auf Schlagwörter und liefert in einem automatisierten Verfahren Zuschreibungen bzw. Tags für die Objekte. Diese Zuschreibungen werden gesichtet und so die Daten semi-automatisch angereichert.
5 Standards und Normdaten Für ein europäisches Projekt mit Teilnehmern aus zwölf verschiedenen Ländern mit elf verschiedenen Sprachen besteht von Anfang an die Herausforderung der Mehrsprachigkeit. Ziel war es, einen mehrsprachigen Thesaurus zu erstellen. Diese „sprachliche” Anforderung geht mit der technischen Möglichkeit der Anreicherung der Daten über Tags bzw. Verschlagwortungen einher. Für die Kategorien wie beispielsweise „Objektkategorie“, „Technik“, „Farbe“, usw. wurden insgesamt 1100 Begriffe ausgewählt und in alle elf Sprachen übersetzt. Ausgangsbasis hierfür bildete der vom Getty Research Institute betreute Art and Architecture Thesaurus (AAT). Von ihm wurde die Struktur bzw. Hierarchie übernommen und ca. 900 Begriffe ausgewählt und übersetzt. Ergänzt wurden diese um weitere 200 Begriffe, die den Partnern für die Beschreibungen fehlten. Während des Projektverlaufs wurden durch die Experten aus den beteiligten Archiven und Instituten weitere Begriffe ergänzt. Neu hinzugekommene, im AAT noch nicht vorhandene, Begriffe werden mehrsprachig und jeweils mit Quellenangaben an das Getty Research Institute übermittelt, so dass sie gegebenenfalls auch für den AAT übernommen werden können. Die Erarbeitung der deutschen Fassung des AAT wird am Institut für Museumsforschung der Staatlichen Museen zu Berlin (Stiftung Preußischer Kulturbesitz) koordiniert.
6 Website-Gestaltung Die inhaltliche Basis bzw. die gewünschten Datensätze liegen vor. Auch die technische Methode, welche den Austausch der Daten und die entsprechende Aufbereitung bewerkstelligt, ist entwickelt. Der abschließende und das Vorangegangene bündelnde Schritt ist, die Gestaltung und Entwicklung von Anwendungsmöglichkeiten der Portaloberfläche. Die geplante Oberfläche soll den verschiedenen Zielgruppen gerecht werden, sowohl optisch als auch inhaltlich; entsprechende Anforderungen wurden formuliert und entwickelt. Für ein erfolgreiches Ergebnis ging gut ein Jahr nach Projektstart im August 2013 eine Beta-Version online, danach erfolgten zwei öffentlich zugängliche Launches der Website: die erste im Dezember 2013 und die zweite, überarbeitete Variante im Dezember 2014. Im Folgenden einige Auszüge dazu,
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für ein komplettes Bild empfehlen wir den eigenen Besuch (www.europeanafashion. eu). Das Festlegen auf den konkreten Inhalt Mode wird mit einem klaren Erscheinungsbild mit übersichtlicher Benutzeroberfläche umgesetzt. Im Fokus stehen die Objekte und die Recherche nach Objekten. Der spezielle Fokus auf den Fachbereich Mode ist an der Suchfunktion ablesbar: Fachspezifische Suchkriterien, wie beispielsweise nach Farbe oder Designer, erlauben gerade für konkrete Anfragen aufschlussreiche Ergebnisse. Da zudem bei der Suche nicht nur die Kategorien, sondern die gesamten Metadaten durchsucht werden, erhält man ein breit gefächertes Rechercheergebnis. Untereinander sind die Datensätze über ihre Metadaten verlinkt; der Besucher wird zum Entdecker, der durch die Sammlungen stöbert. Das Suchergebnis ist verlinkt mit weiteren Objekten, die der gleichen Kleidungskategorie entsprechen, vom gleichen Modeschöpfer stammen oder von dem gleichen Museum bzw. Archiv verwahrt werden. Übliche Aufbereitungen, wie man sie auch von kommerziellen Portalen kennt, werden aufgenommen und in diesem Portal angewandt. Surft man beispielsweise nach Kleidern im Online-Versandportal, merkt sich dieses die persönlichen Präferenzen und liefert über „Das könnte Sie auch interessieren“ zugeschnittene Angebote. Auch Europeana Fashion schlägt über Benutzer-/Suchprofile weitere Ergebnisse vor und regt so zum weiteren Suchen und Durchstöbern der Sammlungen an. Dies für den üblichen, angeregten, aber passiven Besuch. Aber es wurden auch aktive Einbindungsmöglichkeiten geschaffen. Starten wir mit den direkten Möglichkeiten in der Objektansicht: Unter Einbindung von sozialen Netzwerken, liefert die Objektansicht zwei Möglichkeiten: Das Objekt kann geteilt oder kommentiert werden. In der Teilfunktion wird über die Netzwerke Facebook, Twitter, tumblr, pinterest oder google+ eine direkte Einbindung angeboten, das Objekt zu veröffentlichen bzw. zu teilen. Die Kommentarfunktion ist über die Diskussions-Plattformen des Online-Drittanbieters Disqus gelöst. Dem Nutzer steht es frei, sich unabhängig, neu anzumelden, sein Profil aus den Netzwerken Facebook, Twitter oder google+ bei der Anmeldung zu übernehmen oder als Gast ohne jegliche Anmeldung über Disqus das Objekt zu kommentieren. Die Kommentare wiederum sind in der Plattform gespeichert und können über Facebook oder Twitter geteilt werden. Nicht nur teilen und kommentieren – das Fashion-Portal ist als Website so aufgebaut, dass die Seitenanbieter ebenso ausreichend Strukturen und Freiraum haben, weitere Inhalte einzupflegen und auch einen erneuten Portal-Besuch spannend zu machen. Monatlich neu erstellte, thematisch kuratierte Objektzusammenstellungen werden unter dem Layer „Themen“ veröffentlicht. Die Bereiche „Veranstaltungen“ und „Blog“ ermöglichen fortlaufend Einträge zu Modethemen. Ebenso trägt der Fashion-tumblr-Blog zu einer aktuellen Präsenz über die Website hinaus bei.
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7 Entwicklungsperspektiven bzw. -pläne Die Zukunft des Portals soll der Ursprungsidee entsprechen: Eine offene Plattform, die modeaffine Institutionen und Personen vernetzt, Sammlungsschätze offenlegt und branchenrelevante Informationen und Veranstaltungen im Überblick anbietet. Als zu Beginn des Projekts vorsichtig formuliertes, visionäres Zukunftsziel und mit Ende des Projektzeitrahmens eingetretene Tatsache, wird das Europeana-FashionNetzwerk über den geförderten Projektzeitraum hinaus als unabhängiger Verein weitergeführt. Das Portal wird weiter ausgebaut und seine Positionierung und wirtschaftlichpolitische Verankerung verstärkt entwickelt, um es langfristig und zukunftsträchtig zu verankern. Gegründet wurde der Verein Europeana Fashion International Association gegen Ende des offiziellen Projektzeitraums im August 2014. Er setzte sich zunächst mehrheitlich aus Mitgliedern des Projektteams zusammen und ist ein eingetragener Verein nach italienischem Recht. Die Finanzierung erfolgt zum einen über Mitgliederbeiträge der Vereinsmitglieder, zum anderen wird im Connecting-Europe-Facility (CEF) Programm Europeana Fashion innerhalb der Europeana-Förderung eingebunden.
8 Zusammenfassung und Ausblick Was macht Europeana Fashion zu etwas Besonderem und welche Weiterentwicklungen und Perspektiven für das Portal liegen vor? Europeana Fashion zeichnet sich durch mehrere Alleinstellungsmerkmale aus und hat viel wertvolles Potenzial: Es hat eine spezifische Fachthematik und ist als Modeportal in dieser Form absolut einzigartig. Es erlaubt den mehrsprachigen Zugang (elf Sprachen) und stellt bereits jetzt 700.000 Datensätze bereit. Die Projektpartner bilden eine spannende Zusammenstellung von renommierten Institutionen aus dem öffentlichen und privatwirtschaftlichen Bereich. Europeana Fashion ist sowohl inhaltlich, technisch als auch in der Aufstellung des Netzwerks offen für neue Zugänge und verbindet Kulturerbe mit der Kreativwirtschaft und dem akademischen Bereich. Notwendig ist nun die Vermarktung und Bewerbung von Europeana Fashion, allem voran die Propagierung des Portals als best-practice-Beispiel eines digitalen Sammlungsnetzwerks, als relevantes Ideen- und Inhaltspool. Parallel können neue, innovative Kommunikations-, Verbreitungs- und Kreationsmethoden unter der Einbindung von neuen Medien aufgegriffen werden. So sind es mit Blick in die Zukunft eventuell weitere, neue Sammlungsbestände, Vermittlungsformen und Zukunftschancen wie Blogs, Einbindung des YouTube-Channels, social networks und die Möglichkeiten der expandierenden, digitalen Verfügbarkeit und des creative re-use. Erster und grundlegender Schritt ist die Fortsetzung des Portals, um damit sowohl die Website, aber auch das Netzwerk und die aufgebauten Kommunikationswege aufrechtzuerhalten und auszubauen.
Thorsten Siegmann
Europeana 1914–1918 Unbekannte Geschichten und offizielle Dokumente zum Ersten Weltkrieg
1 Einleitung
Abb. 1: Erkunden – eine Einstiegsseite auf Europeana 1914–1918
Europeana 1914–1918 (http://www.europeana1914–1918.eu) ist ein europäisches Internetportal zum Ersten Weltkrieg. Es ist im Rahmen mehrerer Digitalisierungsprojekte entstanden, die zwischen 2011 und 2014 von der Europäischen Kommission gefördert wurden. Ursprünglich war das Portal als Plattform für digitalisierte Erinnerungsstücke von Privatpersonen gestartet. Durch die Zusammenarbeit zwischen mehreren Europeana-Projekten zum Ersten Weltkrieg hat sich das Portal seit Ende 2013 zu einer vollumfänglichen Präsentation aller Digitalisate zum Themenkomplex Erster Weltkrieg innerhalb der Europeana entwickelt. Darüber hinaus werden auch Digitalisate aus außereuropäischen Internetplattformen eingebunden. Europeana ist eine durch die EU geförderte zentrale Internetplattform, über die aktuell mehr als 3.000 Kultureinrichtungen aus ganz Europa ihre digitalisierten Bestände nachweisen
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Thorsten Siegmann
und online zugänglich machen. Im Februar 2015 bietet die Europeana Nachweise zu mehr als 36 Millionen Digitalisaten aus 35 europäischen Ländern. Europeana 1914–1918 präsentiert aktuell etwa 500.000 Digitalisate aus der Zeit des Ersten Weltkriegs. Darunter sind zum einen digitalisierte Dokumente oder Filme aus Bibliotheken, Museen und Filmarchiven. Zum anderen enthält es – gemäß der ursprünglichen Idee – digitalisierte Erinnerungsstücke und persönliche Geschichten zum Ersten Weltkrieg, die von Privatpersonen auf Collection Days beigesteuert wurden. Collection Days sind Veranstaltungen, an denen interessierte Privatpersonen (user generated content) Erinnerungsstücke an den Ersten Weltkrieg aus ihren Familien zum Veranstaltungsort bringen, dort digitalisieren lassen und die dazugehörigen Geschichten berichten können. Seit 2011 fanden in vielen europäischen Ländern Collections Days statt.
2 Bestand bzw. geplante Bestandsentwicklung In Europeana 1914–1918 sind hauptsächlich Digitalisate aus der Zeit des Ersten Weltkriegs versammelt, in geringerem Umfang finden sich auch Dokumente aus der Zeit vor und nach dem Ersten Weltkrieg. Die Alltagsgeschichte zum Ersten Weltkrieg bildet einen Schwerpunkt der Portalinhalte.
2.1 Portalinhalte Im Februar 2015 verzeichnet Europeana 1914–1918 etwa 500.000 Einträge (http:// europeana1914-1918.eu/en/statistics). Diese unterteilen sich technisch in drei Gruppen: Für die erste Gruppe sind sowohl das digitale Objekt als auch die zugehörigen Metadaten auf dem Portal gespeichert. Das betrifft vor allem die Beiträge von den Collection Days. Für die zweite Gruppe von Einträgen sind die Metadaten auf dem Portal gespeichert, das hochaufgelöste Digitalisat wird beim Aufruf on the fly vom Server der bestandshaltenden Einrichtung in das Portal geladen und dort angezeigt. Das betrifft vor allem Objekte in der public domain, die von Kultureinrichtungen digitalisiert wurden. Für die dritte Gruppe von Einträgen sind die Metadaten sowie ein Vorschaubild auf Europeana 1914–1918 gespeichert. Das hochaufgelöste Digitalisat kann über einen Link auf die Webseite der bestandshaltenden Einrichtung betrachtet werden kann. Die digitalisierten Objekte aus den ersten beiden Gruppen können also innerhalb des Portals aufgerufen werden, d. h. ein Film kann direkt im Portal angesehen oder ein Buch mit allen Seiten durchgeblättert werden. Damit geht Europeana 1914–1918 über die Funktionen des Europeana-Hauptportals hinaus, da dort für die Detailansicht standardmäßig auf die Seiten der bestandshaltenden Institution verlinkt wird.
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2.2 Sammlungspolitik Seit 2011 wurden knapp 170.000 Objekte von über 10.000 Teilnehmern an Collection Days in ganz Europa beigesteuert. Europäische Filmarchive haben im Projekt European Film Gateway 1914 etwa 2.500 Filme digitalisiert und über das Portal nachgewiesen. Hinzu kommen mehrere hunderttausend Objekte aus europäischen Nationalbibliotheken, die im Projekt Europeana Collections 1914–1918 zwischen 2011 und 2014 Bestände zum Ersten Weltkrieg digitalisiert wurden. Von persönlichen Dokumenten wie Postkarten, Briefen oder Tagebüchern von Kriegsbeteiligten bis hin zu offiziellen Dokumenten und Propagandamaterialien aus der Zeit des Ersten Weltkriegs bietet das Europeana 1914–1918-Portal ein breites Spektrum an Quellen zum Ersten Weltkrieg, das Romane und Kinderbücher, Zeitungen und Schützengrabenzeitungen, Noten und Liedertexte, Filme, Karten, Predigten und in den Schützengräben des Ersten Weltkriegs entstandene Kunstwerke umfasst. Zusätzlich zu diesem Kernbestand werden in Europeana 1914–1918 auch erstweltkriegsbezogene Inhalte aus Internetportalen aus den USA, Kanada, Neuseeland und Australien eingebunden.
2.3 Metadaten Alle Metadaten auf Europeana 1914–1918 stehen vollständig unter der Creative-Commons-Lizenz Null (CC0) zur Verfügung. Zu jedem Digitalisat sind zudem die Bedingungen für die Weiternutzung angegeben. Über 100.000 Digitalisate sind urheberrechtsfrei bzw. stehen in der public domain. Alle Beiträge von Collection Days sind unter der Lizenz Creative-Commons-Lizenz BY-NC-SA 3.0 veröffentlicht, die eine Weiternutzung unter Nennung des Rechteinhabers und unter gleichbleibenden Lizenzbedingungen gestattet. Das Lizenzierungsspektrum der weiteren Digitalisate im Portal reicht, abhängig vom Rechtestatus der Digitalisate und der Rechtepolitik der bestandshaltenden Einrichtungen, über alle Creative-Commons-Lizenzen hinweg bis hin zu Paid-Access-Nutzungsmodellen.
3 Organisationsform Die Stichting Europeana in Den Haag betreibt neben dem Hauptportal Europeana (www.europeana.eu) auch das Portal Europeana 1914–1918, das in einer Kooperation der drei Projekte Europeana 1914–1918 (als internes Projekt der Stichting Europeana), Europeana Collections 1914–1918 (Koordination: Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz) und European Film Gateway 1914 (Koordination: Deutsches Filminstitut, Frankfurt) konzipiert wurde. Die Entwicklungskosten für das Portal wurden
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zum einen aus Mitteln des/der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien sowie zum anderen aus EU-Mitteln aus den beteiligten Projekten getragen. Der Betrieb des Portals wird nach dem Ende der o. g. Projekte durch die Stichting Europeana sichergestellt.
4 Teilnahme am Portal Jede Einrichtung, die ihre Digitalisate auf Europeana nachweist, kann zugleich Objekte aus dem Themenkomplex Erster Weltkrieg in Europeana 1914–1918 einstellen. Über eine entsprechende Kennzeichnung der Metadaten, aus der ein Bezug des Digitalisates zum Ersten Weltkrieg hervorgeht, werden diese Einträge auf Europeana gefiltert und automatisch für die Präsentation auf Europeana 1914–1918 selektiert. Durch die Verschlagwortung mit einer Auswahl aus den Library of Congress Subject Headings (LCSH können die Metadaten für die Präsentation auf Europeana 1914–1918 optimiert werden. Digitalisate ausschließlich über Europeana 1914–1918 zu präsentieren, ist für Institutionen nicht möglich. Wie oben beschrieben, werden alle institutionell beigesteuerten Inhalte aus den digitalen Bibliotheken der bestandshaltenden Einrichtungen in das Portal eingebunden, alternativ kann dies auch von einem weiteren Portal erfolgen. Jede Institution benötigt für die Präsentation eines Digitalisates also eine Webseite, auf die Europeana 1914–1918 verweisen kann und von der die Inhalte in das Portal eingebunden werden können. Privatpersonen können Erinnerungsstücke aus ihren Familien direkt auf die Webseite hochladen (user generated content). Voraussetzung dafür ist die einfache Registrierung. Auch für die Annotierung von Objekten ist die vorherige Registrierung erforderlich.
5 Technik Europeana 1914–1918 basiert auf der von der Oxford University entwickelten Software RunCoCo auf Basis der Plattform Ruby on Rails. Europeana 1914–1918 wurde seit Anfang 2012 schrittweise aus RunCoCo weiterentwickelt, so dass sich die beiden Plattformen heute unterscheiden. Der Quellcode des Open-Source-Projekts Europeana 1914–1918 steht zur freien Nutzung auf GitHub zur Verfügung (Quellcode für Europeana 1914–1918: ). Das Portal bietet seine Oberfläche in aktuell 17 europäischen Sprachen an. Die mehrsprachige Oberfläche erleichtert Nutzern mit unterschiedlichen Muttersprachen, das Portal zu nutzen und darin zu suchen. Die Metadaten der Digitalisate werden in der Sprache der jeweils bestandshaltenden Institution angezeigt.
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5.1 Funktionen Das Portal Europeana 1914–1918 ist in zwei Bereiche unterteilt: Von der Startseite aus, die allgemeine Informationen zum Projekt, Terminankündigungen zu weiteren Collection Days und Informationen zu digitalisierten Inhalten zum Ersten Weltkrieg anbietet, können Nutzer über den Abschnitt „Beitrag hinzufügen“ weitere Digitalisate ergänzen. Über eine freie Suche oder den Bereich „Erkunden“ können sie nach Inhalten recherchieren. Durch die Möglichkeit, direkt auf der Webseite Inhalte hinzuzufügen, kann das Portal unabhängig von Collection Days weiter wachsen. Zudem können so auch interessierte Privatpersonen (user generated content), die nicht an einem Collection Day teilnehmen, Objekte zum Portal beisteuern. Der Bereich „Erkunden“ bietet thematische oder medienspezifische Einstiege in die Inhalte. Mit einem Klick können z. B. alle Briefe angezeigt oder Objekte zum Thema Propaganda oder Ostfront gesucht werden. Eine freie Suche ermöglicht auch hier die Recherche nach spezifischeren Inhalten. Die Suchergebnisse werden jeweils mit einem Vorschaubild pro Digitalisat auf einer Übersichtsseite präsentiert. Durch Auswahl eines Digitalisats gelangt man auf die Detailseite, auf der das digitale Objekt sowie dessen Metadaten angezeigt werden.
5.2 Filter Suchergebnisse können nach inhaltlichen wie nach formalen Kriterien gefiltert werden. Formal lassen sich Suchergebnisse nach Medium, Entstehungsjahr, Herkunft und Beiträger/Institution filtern. Inhaltliche Filter ermöglichen z. B. die Eingrenzung der Suchergebnisse nach Kriegsschauplätzen sowie nach einer großen Zahl von Schlagwörtern auf Basis der LCSH.
5.3 Annotation von Inhalten Angemeldete Nutzer können die Digitalisate auf Europeana 1914–1918 auf zwei Arten annotieren: Zum einen können einzelne Einträge mit Tags versehen werden, um damit bestimmte Eigenschaften eines Objekts zu kennzeichnen bzw. das Objekt zu verschlagworten. Zum anderen ist es möglich, ein Detail innerhalb eines Eintrages, z. B. eine Person auf einem Bild auf Seite 38 eines bestimmten Buches, zu markieren und diese Markierung wiederum zu kommentieren.
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5.4 Inhalte teilen Alle Inhalte lassen sich über Facebook, Twitter und weitere Social Media-Dienste teilen und verbreiten, per eMail verschicken oder durch Website-Embed in eine andere Webseite einbinden.
6 Standards und Normdaten Die Metadaten auf Europeana 1914–1918 stammen aus unterschiedlichsten Quellen und liegen damit in unterschiedlichen Formaten vor. Da alle Digitalisate über das Europeana-Hauptportal in das Themenportal Europeana 1914–1918 gelangen, werden die Metadaten dort in das Format Europeana Semantic Elements (ESE) bzw. Europeana Data Model (EDM) harmonisiert, bevor sie über die Europeana-API in das Portal gezogen werden. Die oben erwähnten Schlagwörter basieren auf einem ausgewählten Set aus den LCSH zum Ersten Weltkrieg. Enthalten die Metadaten zu einem Digitalisat eine passende LCSH bzw. einen zugehörigen Identifier, wird dieser vom Portal interpretiert und in Übersetzungen in sieben Sprachen angezeigt. Ein Metadatensatz, der beispielsweise den Identifier sh2006002444 enthält, erscheint in der deutschsprachigen Portaloberfläche als Schlagwort Kollektive Erinnerung bzw. in der englischsprachigen Oberfläche als Schlagwort Collective Memory. Die Übersetzungen der Schlagworte werden über ein Simple Knowledge Organisation System (SKOS) organisiert. Über die Schlagworte, die im Portal als Links angezeigt werden, lassen sich weitere thematisch verwandte Objekte anzeigen.
7 Entwicklungsperspektiven bzw. -pläne Mit dem offiziellen Ende der Projekte, die Europeana 1914–1918 aufgebaut haben, ist die technische Entwicklung des Portals vorerst abgeschlossen. Die Bestände werden aufgrund der weiterhin stattfindenden Collection Days sowie der Übernahme aus neuen Europeana-Beständen weiter anwachsen. Ein zukünftiger Ausbau der Portalfunktionen hängt davon ab, ob das Interesse an den Portalinhalten langfristig fortbesteht, ob sich weitere Projekte der Weiterentwicklung widmen und natürlich davon, ob Fördergelder vorhanden sind.
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8 Zusammenfassung und Ausblick Europeana 1914–1918 bietet mit einem thematischen Profil einen klaren Nutzen und stellt ein gelungenes Beispiel dar, wie Erinnerungsarbeit im Internet im europäischen Rahmen funktionieren kann. Das Portal führt eine sehr große Anzahl an Digitalisaten zum Ersten Weltkrieg auf unterschiedliche Art und Weise zusammen. Durch die Übernahme der von Institutionen beigesteuerten Digitalisate aus der Europeana reduziert sich für die Kultureinrichtungen der Aufwand für die Bereitstellung von Daten wesentlich. Europeana 1914–1918 bietet zudem einen Funktionsumfang, der über die Funktionen von Europeana hinaus geht. Allem voran ist hier die Anzeige von vollständigen Digitalisaten direkt innerhalb des Portals zu nennen, aber auch die mehrsprachige Darstellung von Schlagwörtern anhand der LCSH. Darüber hinaus ist es mit Europeana 1914–1918 gelungen, die Nutzer stark einzubinden: Über 10.000 Personen aus ganz Europa haben private Erinnerungsstücke und Geschichten aus dem Ersten Weltkrieg zum Portal beigetragen. Die durchschnittliche Nutzungsdauer auf Europeana 1914–1918 von über vier Minuten sowie die knapp eine Million Besucher im Jahr 2014 belegen zudem das Interesse an dem Angebot. Nicht zuletzt können Nutzer auf dem Portal Einträge annotieren und selbst in den eingebundenen Objekten arbeiten. Europeana 1914–1918 stellt damit im Rahmen des Gedenkens an den 100 Jahre zurückliegenden Kriegsbeginn ein erfolgreiches Beispiel für Erinnerungsarbeit zum Ersten Weltkrieg auf europäischer Ebene im Internet dar. Sollte das Portal langfristig von Nutzern und Institutionen gepflegt und besucht werden, könnte es in Zukunft ein Vorbild für weitere thematische Portale innerhalb der Europeana bilden.
Daniel Fähle, Wolfgang Krauth
LEO-BW – Landeskundliches Informationssystem Baden-Württemberg 1 Einleitung Am 25. April 2012 wurde das Bundesland Baden-Württemberg 60 Jahre alt. Früher wurden aus Anlass solcher Staatsjubiläen Paraden abgehalten, Denkmäler aufgestellt oder Festschriften herausgegeben. Im Zeitalter digitaler Information und Vernetzung wurde für den Anlass dieses Landesgeburtstages eine andere Idee geboren: Gleichsam als Geburtstagsgeschenk des Landes an jeden Bürger (vgl. Welt online vom 25. April 2012) ging an diesem Tag LEO-BW (www.leo-bw.de) an den Start, das landeskundliche Informationssystem Baden-Württembergs. Seitdem verfügt das Land über ein „Gedächtnis“, auf das jederzeit und von jedermann online zugegriffen werden kann.
Abb. 1: Startseite von LEO-BW
Erste Planungen zu dem Projekt hatte es bereits 2005 gegeben; seit 2010 wurden diese Pläne dann konkretisiert und in einem knapp zweijährigen Kooperationsprojekt gemeinsam mit zahlreichen Institutionen des Landes umgesetzt. Dabei lag die Federführung und die konzeptionelle Arbeit beim Landesarchiv Baden-Württemberg (vgl. Holtz 2012; Fähle 2014).
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Grundgedanke war und ist es, alle Informationen sowie das digitalisierte Kulturgut zu Baden-Württemberg, das in den verschiedenen Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen des Bundeslands verfügbar ist, in einem gemeinsamen Portal zu präsentieren und miteinander zu vernetzen. „LEO“ weist deshalb nicht nur auf die staufischen Löwen im Wappen des Bundeslands hin, sondern steht als Akronym auch für „Landeskunde entdecken online“. Wichtig bei der Konzeption des Portals war dabei in besonderem Maße die Interdisziplinarität: Wie im Konzept der Landeskunde bereits angelegt, sollten beispielsweise historische, geografische, statistische und naturkundliche Informationen zusammenkommen (vgl. Buchholz 1998, 19–20). Unter den ersten Partnern, die zum Start bereits als Datengeber fungierten, waren deshalb auch das Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung sowie das Statistische Landesamt. Aktuell sind 25 Institutionen mit ihren Daten in LEO-BW vertreten, neben den Landes- und einigen Universitätsbibliotheken auch die beiden großen kulturhistorischen Landesmuseen, das TECHNOSEUM – Landesmuseum für Technik und Arbeit in Mannheim oder die Landeszentrale für politische Bildung. Alle Einrichtungen finden sich unter http://www.leo-bw.de/web/guest/partner (10. Juli 2015) im Überblick.
2 Bestand bzw. geplante Bestandsentwicklung Seit dem Start von LEO-BW sind die Zahl der Kooperationspartner und auch der Umfang der beigesteuerten Inhalte signifikant angewachsen. Mit einem aktuellen Datenbestand von insgesamt knapp 2 Millionen Objekten enthält das landeskundliche Informationssystem heute etwa 700.000 Einträge mehr als noch im Jahr 2012. Beim inhaltlichen Ausbau gibt es dabei keine Einschränkungen, sofern grundsätzlich eine landeskundliche Relevanz vorhanden ist. Das Themenspektrum umfasst die Bereiche Geschichte und Kultur ebenso wie Naturkunde, Technik oder Wirtschaft. Eingebunden werden können zudem unterschiedlichste Medienarten: Texte, Bilder, Filme oder Hörbeiträge. Von Beginn an wurde ein hoher Anteil von Metadaten mit verknüpften Digitalisaten in LEO-BW angestrebt, ohne dass hieraus eine Zugangsschranke abgeleitet worden ist. Tatsächlich enthält das Portal auch sehr viele reine Erschließungsinformationen zu (noch) nicht digital vorhandenen Objekten, denn auch diese stellen im Sinne eines Nachweises einen Informationsmehrwert für die Nutzer dar. Ein einheitliches Lizenzmodell für die in LEO-BW enthaltenen Informationen besteht nicht. Es gelten jeweils die Nutzungsbedingungen der liefernden Einrichtungen. Das Spektrum reicht von Metadaten, die unter der Creative-Commons-Lizenz Null (CC0) 1.0 Universal Public Domain Dedication lizenziert und damit frei nachnutzbar sind, bis hin zu Bildmaterial, für das nur eine einfache Nutzungsgenehmigung zur Präsentation im landeskundlichen Informationssystem selbst vorhanden ist.
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3 Organisationsform LEO-BW ist ein Kooperationsprojekt und wird als Geschenk des Landes an seine Bürgerinnen und Bürger folglich auch vom Land Baden-Württemberg getragen. Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst verantwortet das Portal als zuständige Aufsichtsbehörde insofern, dass zwei ihm nachgeordnete Einrichtungen LEO-BW betreiben und aus ihren Regelhaushalten finanzieren: das Landesarchiv Baden-Württemberg und das Bibliotheksservice-Zentrum Baden-Württemberg (BSZ). Auf diese Weise ist es möglich (und für die Betreiber auch von großer Bedeutung), dass die Angebote von LEO-BW für die Nutzer gebührenfrei sind. Das Landesarchiv hat dabei die federführende Steuerung inne und ist für die inhaltliche Gestaltung sowie die technische Weiterentwicklung zuständig. Das BSZ übernimmt den technischen Betrieb. Darüber hinaus liefern die Partnereinrichtungen Daten zur Präsentation in LEO-BW – auch dies geschieht in Eigenleistung. Die Weiterentwicklung des Portals schließlich – siehe hierzu unter 5 Technik – erfolgt aus Mitteln des Ministeriums. Baden-Württemberg „leistet“ sich ein landeskundliches Online-Portal wie mittlerweile auch andere deutsche Bundesländer – genannt seien hier Hessen mit LAGIS (http://www.lagis-hessen.de/) oder Bayern mit bavarikon (http://www.bavarikon. de/). Dies ist sicher auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass in einer zunehmend globalisierten Welt die regionale Identitätsbildung an gesellschaftlicher Bedeutung gewonnen hat (Castells 2002, 65–73; Bausinger 2004, 27–29). Hinzu kommt, dass der Bereich der Landeskunde am Landesarchiv Baden-Württemberg eine lange Tradition besitzt. Es ist daher kein Zufall, dass das Landesarchiv die Federführung für LEO-BW übernommen hat. Bereits 1964 wurde die Landesbeschreibung, eine Einrichtung, die selbst schon aus Zeiten des Königreichs Württemberg stammt, Aufgabe der Staatlichen Archivverwaltung und ihrer Nachfolgeeinrichtungen wie nun dem Landesarchiv (Reinhard 1997). Dieses versteht sich als landeskundliches Kompetenzzentrum und präsentiert in dieser Tradition das landeskundliche Portal LEO-BW.
4 Teilnahme am Portal Als zentraler Zugangspunkt für landeskundliche Informationen zu Baden-Württemberg im Internet ist LEO-BW auf einen kontinuierlichen inhaltlichen Ausbau angelegt und offen für neue Kooperationspartner bzw. Datengeber. Partner können prinzipiell alle Einrichtungen werden, die einen Bezug zu Baden-Württemberg haben und relevante landeskundliche Informationen bereitstellen können. Den rechtlich-organisatorischen Rahmen für eine „LEO-BW-Partnerschaft“ bildet eine Kooperationsvereinbarung, die zwischen der Partnerinstitution und dem Landesarchiv getroffen wird. Von zentraler Bedeutung ist dabei, dass die Datenhoheit wie auch die Verantwortung für bereitgestellte Inhalte auf Seiten der liefernden Ein-
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richtung verbleiben. Darüber hinaus regelt die Vereinbarung die konkreten Details der Kooperation, wie etwa Art und Umfang der beigesteuerten Inhalte, Datenlieferformate und -wege sowie Aktualisierungsfrequenzen. Eine Beteiligung an LEO-BW ist kostenlos, jedoch können bei den teilnehmenden Institutionen möglicherweise Aufwände für die erforderliche Aufbereitung der Daten oder zur Realisierung des Datenexports entstehen, die die liefernden Einrichtungen selbst tragen müssen. Zwar sind die technischen Hürden für eine Datenintegration recht gering, denn LEO-BW verfügt über eine flexible Importschnittstelle, die über definierbare Abbildungsregeln eine individuell anpassbare Verarbeitung unterschiedlicher Datenformate ermöglicht; auch können Datenlieferungen sowohl im XML- als auch im CSV-Format berücksichtigt werden. Doch bei einer Frage ist LEO-BW anspruchsvoll: Es werden nur Daten berücksichtigt, die normierte Orts- oder Personenbezüge besitzen. Dies sind in der Regel Verknüpfungen mit den Identifikatoren der Gemeinsamen Normdatei (GND), die häufig in den Ursprungssystemen noch nicht vorhanden sind.
5 Technik Die Konzeption der IT-Architektur von LEO-BW zielt darauf, den technologischen Rahmen für ein zeitgemäßes, leistungsfähiges und auf ständige Erweiterung angelegtes Webangebot abzustecken. Eine großzügig dimensionierte Hardware als Basis sichert in Kombination mit bewährten Open-Source-Standardkomponenten zunächst die Solidität und Performanz der Anwendung, die auch eine sehr hohe Zahl gleichzeitiger Zugriffe und Suchanfragen verkraftet. So sind beinahe alle Komponenten von der Applikation (Liferay) über die Datenbank (PostgreSQL) bis hin zur Suchmaschine (Solr) mehrfach vorhanden, auch um eine maximale Ausfallsicherheit zu erreichen. Zudem wird eine Kopie des Produktivsystems, ein sogenanntes Schattensystem, vorgehalten. Bis auf die in einem Content Management System gepflegten redaktionellen Inhalte werden alle Änderungen innerhalb der LEO-BW-Plattform zunächst auf dem Schattensystem vorgenommen, damit die Live-Anwendung etwa durch die Datenimporte oder das Einspielen neuer Softwareversionen nicht beeinträchtigt wird. Nach erfolgreicher Durchführung müssen lediglich Schatten- und Produktivsystem getauscht werden („Switch“). Die Datenhaltung erfolgt zentral in LEO-BW nach dem Konzept des sogenannten data warehouse: Um die Suchoperationen und die Anzeige der Ergebnisse weitestgehend unabhängig von den Systemen der Projektpartner durchführen zu können, werden die Metadaten und die Derivate der gelieferten Digitalisate vollständig in der Datenhaltung von LEO-BW vorgehalten. Hierdurch ist es auch möglich, dem Nutzer die aus unterschiedlichen Herkunftssystemen und Rechercheoberflächen stammen-
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den Informationen in einem einheitlichen funktionalen Portalkontext und Erscheinungsbild (look and feel) präsentieren zu können. Natürlich ergibt sich aus der zentralen Datenhaltung auch die Notwendigkeit, die in LEO-BW enthaltenen Informationen der Kooperationspartner im System regelmäßig zu aktualisieren. Daher kommt der Importschnittstelle von LEO-BW, einer originären Eigenentwicklung des Projekts, große Bedeutung zu. Als abstrakt definierte Schnittstelle, die pro Datenlieferant und Liefersystem jeweils über eine Mappingoberfläche konfiguriert wird, ist sie in der Lage, heterogene Datenformate ebenso zu verarbeiten wie Standardformate. Dies trägt der Vielfalt an unterschiedlichsten Datenquellen in Baden-Württemberg Rechnung und erleichtert insbesondere auch kleinen Institutionen eine Teilnahme. Eine weitere Kernkomponente ist das auf der Software OpenLayers basierende in LEO-BW integrierte Geoinformationssystem (GIS). Da geografische Bezüge ein zentrales Charakteristikum der landeskundlichen Informationen im Portal sind, kommt dem GIS-Modul ein besonderer Stellenwert zu – sowohl als räumlich-visueller Recherchezugang wie auch zur Lokalisierung von Suchergebnissen, Fachdaten und thematischen Karten.
6 Standards und Normdaten Mit der Realisierung von LEO-BW sollte nicht nur ein weiteres spartenübergreifendes Regionalportal im Südwesten Deutschlands etabliert, sondern auch bei der Vernetzung der Inhalte ein neuer Weg beschritten werden (Fähle 2014, 18–22). Dieser Ansatz folgte dem Leitgedanken, die von den beteiligten Kooperationspartnern bereitgestellten Daten nicht nur in einem Informationssystem gemeinsam abzubilden und recherchierbar zu machen, diese also nicht nur weitgehend beziehungslos in eine Datenbank zu integrieren, sondern miteinander über gemeinsame, eindeutige Relationen zu Orten und Personen zu verknüpfen. Das bedeutet, dass die Informationen der Partner durchgehend mit kontrolliertem Vokabular und Normdaten angereichert wurden, sodass die ursprünglich ganz heterogenen Informationen miteinander vernetzt werden konnten. Damit wurde eine der ersten konsequenten Linked-DataAnwendungen geschaffen. Der Schlüssel hierfür ist die Normierung der Daten bereits in den Ausgangssystemen der Projektpartner: Alle Inhalte werden über eindeutige Bezüge mit Orten und Personen verknüpft, letztere über die einschlägige Identifikationsnummer der GND. Als Basis für eine eindeutige geografische Referenzierung wurde eigens eine umfassende Ortsnormdatenbank (ONDB) für Baden-Württemberg erstellt. Um jedoch nicht bei einer projektspezifischen Insellösung stehen zu bleiben, wurde auch die Überführung der ONDB-Informationen in die GND vollzogen. Dadurch erweiterte sich deren Datenbestand im Bereich der Geografika erheblich, sodass auch über die GND eine
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für den deutschen Südwesten flächendeckende Orts-Verschlagwortung ermöglicht werden konnte. In LEO-BW können über die Normdaten automatische Verknüpfungen erzeugt werden, die für Recherche und Präsentation einen erheblichen Mehrwert ergeben. So werden die Beziehungen zwischen Personen, Orten, Dokumenten, Medien oder Bauwerken nicht nur sichtbar, sondern über die Verlinkungen kann der Nutzer einfach über das gespannte semantische Netz von Objekt zu Objekt navigieren. Informationen unterschiedlicher Provenienzen erscheinen in einem visuell erfassbaren Zusammenhang: Textliche Biografien werden ergänzt um Porträtbilder und Hinweise auf relevante Literatur, Archivgut oder Sehenswürdigkeiten. Durch die Bezugnahme auf ein übergreifendes Normsystem wie die GND sind die angereicherten Daten aber auch portalübergreifend und dauerhaft, also nachhaltig, vernetzbar. Dazu werden zum Beispiel sogenannte Beacon-Dateien bereitgestellt, die über die LEO-BW-Site unter http://www.leo-bw.de/web/guest/impressum (10. Juli 2015) abruf- und downloadbar sind. Diese ermöglichen eine sehr einfache portalübergreifende Verlinkung von jedem anderen Portal aus, das ebenfalls über GNDIdentifikatoren verfügt. Für die Erschließung mit Normdaten sind zudem Hilfsmittel verfügbar: Zur Anreicherung von ortsbezogenen Informationen stellt das Landesarchiv BadenWürttemberg einen Zugang zur ONDB bereit. GND-IDs für Personen und Orte sind über den vom BSZ angebotenen Service „OGND“ unter der URL http://swb.bsz-bw.de/ DB=2.104/ (10. Juli 2015) recherchierbar. Damit wurden innerhalb des Projekts Basiswerkzeuge zur Generierung von Linked Data bereitgestellt, die auch über die konkrete Anwendung LEO-BW hinaus einsetzbar sind.
7 Entwicklungsperspektiven bzw. -pläne Ein Online-Portal kann – wie jedes Angebot in der digitalen Welt – nicht stehen bleiben. Und obgleich die Weiterentwicklung von LEO-BW jeweils mit hohen Aufwänden verbunden ist und nur im Rahmen begrenzter finanzieller Möglichkeiten realisiert werden kann, ist auch hier klar, dass das Portal sich technisch wie inhaltlich weiterentwickeln muss. So erfolgte 2014/15 in Zusammenarbeit der Betreiber mit der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg und der Abteilung Landesgeschichte der Universität Stuttgart die Weiterentwicklung kombiniert in inhaltlicher und technischer Hinsicht. In inhaltlicher Hinsicht wird der Historische Atlas von Baden-Württemberg als Datenquelle in LEO-BW integriert. Aus diesem Anlass wird gleichzeitig das Kartenmodul (GIS) des Portals in weiten Teilen technisch überarbeitet. Bislang bietet das Portal den Nutzern zuverlässige Daten im Kontext redaktioneller Angebote. Aufgrund der Vernetzung dieser Daten über die Ortsnormdaten-
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bank Baden-Württemberg (ONDB) beziehungsweise die GND, leistet LEO-BW bereits einen wichtigen Beitrag zu dem, was mittlerweile Semantic Web oder auch Web 3.0 genannt wird (Markoff 2006, Woitas 2013). Nun wird es Zeit, auch den eigentlich davor liegenden Schritt zu tun: Mit einem eigenen Facebook-Auftritt macht LEO-BW ein erstes Web 2.0-Angebot. Dass auch weitere Angebote und Aktivitäten im Bereich des Social Web möglich und sinnvoll sind, ist im Bewusstsein der Verantwortlichen und in die Planungen zur Zukunft des Portals bereits aufgenommen. Gleiches gilt für die Tatsache, dass ein Portal im Hinblick auf Funktionalität und Fragen der Usability niemals abgeschlossen sein kann. Auch hier gibt es bereits Planungen und Ideen. Schlussendlich gilt für LEO-BW wie für jedes Portal, dass sein größtes Pfund vielfältige und attraktive Inhalte sind. So bezieht sich die wichtigste Planung darauf, weiteren Content zu erhalten: Die Partner werden regelmäßig eingeladen, ihre Datenlieferungen zu erweitern, gleichzeitig werden kontinuierlich neue Datengeber gewonnen, die weitere Informationen zu Baden-Württemberg beisteuern. Bei den Planungen zur Datenakquise beziehen die Verantwortlichen für LEO-BW außerdem auch zunehmend inhaltliche Aspekte in der Form mit ein, dass gezielt gesellschaftlich besonders interessierende Themen berücksichtigt werden. So wird beispielsweise in den nächsten Jahren der Datenbestand zum Ende des Deutschen Kaiserreichs und zum Beginn der Weimarer Republik als erster deutscher Demokratie verstärkt aufgebaut und zu gegebener Zeit des 100. Jahrestages dieser Ereignisse in einem speziellen Präsentationsmodul angeboten. Dies erfolgt im Zusammenhang eines ohnehin forcierten Ausbaus des gesamten redaktionellen Angebots innerhalb von LEO-BW, das über eigens aufbereitete Themenbeiträge kontextualisierte Zugänge zu den Daten der Kooperationspartner bietet.
8 Zusammenfassung und Ausblick Landeskundliche Information gewinnt vor dem Hintergrund der gestiegenen Bedeutung regionaler Identität in Zeiten der Globalisierung an Gewicht. Dem trägt das landeskundliche Informationssystem Baden-Württemberg dadurch Rechnung, dass es entsprechendes Wissen kostenfrei, umfassend und dabei ansprechend den Bürgerinnen und Bürgern Baden-Württembergs und allen am deutschen Südwesten Interessierten präsentiert. Dem Ansatz landeskundlicher Forschung gemäß handelt es sich dabei um Daten und redaktionelle Angebote aus den unterschiedlichsten Disziplinen – von der Geschichte über die Geografie bis zur Wirtschaft. Wenn landeskundliche Information vor dem Hintergrund der Globalisierung einen höheren Stellenwert bekommen hat, dann muss sie diesem Hintergrund umgekehrt auch Rechnung tragen. Sie muss eingebettet werden in das globale Wissensangebot. Nicht nur deshalb hat sich LEO-BW entschieden, als eine der ersten konsequenten Linked-Data-Anwendungen einen Schritt auf dem Weg zum Semantic Web zu
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machen. Die Daten des landeskundlichen Informationssystems Baden-Württemberg sind untereinander vernetzt, aber über die etablierten Normdaten natürlich auch weit darüber hinaus: Diese Vernetzung muss sich auf weitere Angebote im World Wide Web beziehen, auf andere Informationssysteme und Portale in Deutschland, Europa und weltweit. LEO-BW macht hier mit dem konsequenten Einsatz von Normdaten ein Angebot und lädt ein, anzudocken.
9 Literatur Bausinger, Hermann. Heimat und Welt: Globalisierter Alltag. Kulturelle Globalisierung und regionale Identität: Beiträge zum kulturpolitischen Diskurs. Hrsg. von Karin Hanika und Bernd Wagner. Essen: Klartext, 2004, 21–31. Buchholz, Werner. Vergleichende Landesgeschichte und Konzepte der Regionalgeschichte von Karl Lamprecht bis zur Wiedervereinigung im Jahre 1990. Landesgeschichte in Deutschland: Bestandsaufnahme – Analyse – Perspektiven. Hrsg. von Werner Buchholz. Paderborn u. a.: Ferdinand Schöningh, 1998. 11–60. Castells, Manuel. Das Informationszeitalter: Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur. Bd. 2: Die Macht der Identität. Opladen: Leske + Budrich, 2002. Fähle, Daniel. Neue Möglichkeiten für die Nutzung und die Präsentation archivischer Informationen im Internet. Sportgeschichte vernetzt: Dokumentation des gleichnamigen Jubiläumssymposiums im Kloster Maulbronn. Hrsg. von Martin Ehlers, Markus Friedrich und Stefan Grus. Hildesheim: Arete, 2014. 16–25. Historischer Atlas von Baden-Württemberg. Hrsg. von der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg in Zusammenarbeit mit dem Landesvermessungsamt Baden-Württemberg. Stuttgart: 1972–1988. Holtz, Sabine. LEO-BW: Das Landeskunde-Portal unter Leitung des Landesarchivs BadenWürttemberg. Momente: Beiträge zur Landeskunde von Baden-Württemberg 2/2012: 22–23. Markoff, John. Entrepreneurs See a Web Guided by Common Sense. New York Times vom 12. September 2006. Ministerin Bauer gibt Startschuss für „Leo-BW“. Welt online vom 25. April 2012. http://www.welt. de/106227269 (10. Juli 2015). Reinhard, Eugen. Die Kreisbeschreibungen des Landes Baden-Württemberg: Regionale Landeskunden für Bürger, Behörden und Wissenschaft. Archiv und Öffentlichkeit: Aspekte einer Beziehung im Wandel. FS Hansmartin Schwarzmaier. Hrsg. von Konrad Krimm und Herwig John. Stuttgart: Verlag W. Kohlhammer, 1997, 257–264. Woitas, Kathi. Bibliografische Daten, Normdaten und Metadaten im Semantic Web. Berlin, 2013; urn:nbn:de:kobv:11-100209272.
Klaus Ceynowa, Stephan Kellner
Das bayerische Kulturportal bavarikon – digital, vernetzt, spartenübergreifend 1 Einleitung Am 16. April 2013 ging das Portal „bavarikon – Kultur- und Wissensschätze Bayerns“ unter www.bavarikon.de als beta-Version online, im Mai 2015 konnte das Portal auf einer konsolidierten technischen Basis, mit neuen Features und einem sich kontinuierlich steigernden Umfang digitaler Objekte in den Regelbetrieb überführt werden. bavarikon versteht sich als die digitale Plattform zur Kunst, Kultur und Landeskunde Bayerns und zugleich als eine Art Dachmarke für zukünftige Aktivitäten im Umfeld digitaler Kultur des Freistaats. Das Portal präsentiert spartenübergreifend und vernetzt digitalisierte Kultur- und Wissensschätze aus bayerischen Kulturinstitutionen. Bereits jetzt enthält bavarikon über 200.000 Objekte, darunter Digitalisate von Archivalien, Handschriften, Büchern, Gemälden, Fotografien, Karten und Museumsobjekten sowie Informationen zu bayerischen Schlössern und Burgen, Klöstern und Kirchen, Denkmälern und Orten, Institutionen und Personen. bavarikon ist nicht von Grund auf neu konzipiert und entwickelt worden: Ausgangspunkt und Nukleus von bavarikon war vielmehr die bereits seit 2002 existierende Bayerische Landesbibliothek Online (BLO), die seinerzeit als wegweisendes Paradigma für digitale Kulturportale galt. Die BLO, die sich mit mehr als zehn Millionen Zugriffen jährlich nach wie vor großer Beliebtheit erfreut, war von Anfang an ein wesentlich von Bibliotheken getragenes Angebot mit deutlich landesgeschichtlicher Ausrichtung. Ein Hindernis der verstärkten Einbeziehung der Archive und Museen war sicherlich auch die Tatsache, dass sich das Portal schon von seinem Namen her explizit als Bibliothek präsentierte. Gemeinsam mit maßgeblichen Wissenschaftlern der bayerischen Landesgeschichte hat die Bayerische Staatsbibliothek daher ab 2011 die Projektidee eines konsequent spartenübergreifend angelegten Kulturportals entwickelt, das sich im Idealfall zu einem zentralen Knotenpunkt für digitale Kultur im Freistaat formieren soll. In einer Reihe von Gesprächen mit den zuständigen Ministerien und der Staatskanzlei – auch auf Ministerebene – sowie mit den Vorsitzenden des Hochschul- und Haushaltsausschusses des Bayerischen Landtags gelang es, die politischen Entscheidungsträger zu überzeugen. Am 25. Januar 2012 kündigte Ministerpräsident Horst Seehofer im Rahmen seiner Regierungserklärung ein „Digitales Kulturportal“ an, mit dem künftig weltweit die Kultur- und Wissensschätze des Freistaats digital präsentiert werden sollten. Bereits am 26. September 2012 wurde das „Digitale Kulturportal Bayern“ dann als die digitale Komponente des sogenannten „Bayerischen Kulturkonzepts“ im Kabinett beschlossen. Als verantwortliche Instanz für die Koordination und die
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technische Entwicklung, den Betrieb und die redaktionelle Betreuung von bavarikon wurde die Bayerische Staatsbibliothek benannt. Auch die Geschäftsstelle des Portals ist dort angesiedelt. Als Name des Portals wurde ein Kunstwort gewählt, das auch im internationalen Kontext ohne Erklärungsbedarf verständlich ist. Während das Wortsegment bavar auf den lateinischen und englischen Namen für Bayern Bavaria zurückgreift, soll die zweite Namenshälfte ikon bewusst Raum für unterschiedliche Assoziationen bieten. Beabsichtigt ist natürlich der Anklang an icon bzw. eikón für Bild, aber es kann sich ebenso die Assoziation zu Lexikon einstellen. Beides passt zu den Inhalten des Portals, das multimediale Inhalte und Wissensbestände aus und über Bayern präsentiert. Ergänzt wird der Name durch den Claim „Kultur und Wissensschätze Bayerns“, der einerseits eine erklärende Funktion hat, gleichzeitig aber auch den Anspruch des Portals formuliert.
2 Bestand und Bestandsentwicklung bavarikon unterscheidet sich vom deutschlandweiten Portal Deutsche Digitale Bibliothek (DDB), von der europäischen Kulturplattform Europeana oder auch von der Digital Public Library of America (DPLA) in signifikanter Weise. Während diese Portale ausschließlich die Metadaten, also die Katalogisate digitaler Kulturobjekte verzeichnen, fußt bavarikon auf dem Konzept der Vollintegration der digitalen Inhalte. Die beteiligten Kultureinrichtungen stellen dem Portal jeweils eine Kopie ihrer digitalen Objekte physikalisch zur Verfügung, die auf den Servern des Münchener Leibniz-Rechenzentrums gespeichert wird, mit dem die Bayerische Staatsbibliothek seit vielen Jahren kooperiert. Indem so für bavarikon der direkte Zugriff auf die Objekte möglich wird, kann – neben einer optimierten Performanz der Datenbereitstellung – die semantische Vernetzung wie auch die multimedial verlinkte Präsentation der Daten in komfortabler Weise umgesetzt werden. Die Nutzerinnen und Nutzer des Portals werden also nicht laufend auf externe Angebote umgeleitet, die sich im heterogenen Erscheinungsbild der jeweils genutzten Oberfläche präsentieren. Das Konzept der Vollintegration stellt so ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal von bavarikon gegenüber anderen digitalen Kulturangeboten dar. Von seiner Grundkonzeption her ist bavarikon damit am ehesten mit der World Digital Library (WDL) vergleichbar. Entsprechend verfolgt bavarikon eine dezidierte Contentstrategie. Das Konzept der Vollintegration digitaler Kulturobjekte bedeutet zunächst, dass bavarikon nicht wahllos die Metadaten verfügbarer Digitalisate aufnimmt, sondern bewusst auf eine Auswahl der digitalisierten Bestände bayerischer Kultureinrichtungen setzt. bavarikon ist also kein spartenübergreifender Bayernkatalog. Gemäß einem offenen und flexibel handhabbaren Kriterienkatalog sollen bevorzugt solche Objekte in bavarikon präsentiert werden, die für die kulturelle Identität und Vielfalt Bayerns von heraus-
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gehobener Bedeutung sind. Es handelt sich um Kulturzeugnisse aus Institutionen im Freistaat, unabhängig von einem unmittelbar thematischen Bayernbezug. In bavarikon sind enthalten: –– hochwertige Spitzenstücke, die systematisch und übergreifend aufgenommen werden sollen; –– spezielle, vertieft erschlossene und redaktionell bearbeitete Themenschwerpunkte; –– landesweite Querschnittsthemen wie Sprache, Orte, Denkmäler, Personen etc. In seiner Startphase hat bavarikon vor allem bereits vorhandene digitale Bestände aus bedeutenden Kultureinrichtungen des Freistaats integriert. Von Beginn an waren folgende Kultureinrichtungen als Content-Lieferanten an bavarikon beteiligt: –– Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, –– Bayerisches Nationalmuseum, –– Bayerische Staatsgemäldesammlungen, –– Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen, –– Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns, –– Bayerische Staatsbibliothek, –– Haus der Bayerischen Geschichte, –– Landesamt für Vermessung und Geoinformation Bayern, –– Stadtmuseum München, –– Universitätsbibliothek Regensburg. Das Kernziel, Archive, Museen, Bibliotheken, Forschungsinstitutionen und Einrichtungen der Denkmalpflege in einem spartenübergreifenden Ansatz zusammenzubringen, konnte also bereits in der ersten Ausbaustufe von bavarikon im Grundsatz erreicht werden. Seit 2014 wird der Kreis der beteiligten Partner schrittweise deutlich erweitert, prospektiv auch durch die Einbeziehung kommunaler und kirchlicher Kulturinstitutionen. Dies geschieht primär in Form einer Digitalisierungskampagne, für die auch Sondermittel des Freistaats zur Verfügung stehen. In einem niederschwelligen, durch die Bayerische Staatsbibliothek operativ betreuten Verfahren können hier bayerische Kultureinrichtungen Anträge auf die Finanzierung der Digitalisierung ausgewählter Objekte und Bestände ihrer Sammlungen stellen. Die Digitalisierung selbst kann sowohl durch externe Auftragsvergabe wie auch durch die Nutzung der eigenen Ausrüstung oder auch als Dienstleistung seitens des Digitalisierungszentrums der Bayerischen Staatsbibliothek erfolgen, zum Beispiel im Fall anspruchsvoller 3D-Digitalisierungen. Derzeit sind folgende Digitalisierungsprojekte in Arbeit, die exemplarisch die Spannbreite der in bavarikon künftig bereitgestellten Inhalte zeigen: –– 3D-Digitalisate hochwertiger Objekte verschiedener Museen (Staatliches Museum Ägyptischer Kunst, Staatliche Antikensammlung und Glyptothek, Staatliche Münzsammlung etc.);
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–– Spitzenstücke aus den Universitätsbibliotheken Augsburg, Erlangen und München; –– Handschriften der Staatsbibliothek Bamberg, u. a. Lorscher Arzneibuch als Teil des UNESCO-Weltdokumentenerbes; –– Zeitzeugeninterviews des Hauses der Bayerischen Geschichte; –– Bilder der Archäologischen Staatssammlung zu archäologischen Funden aus Bayern; –– Dokumentation historischer Bauernhäuser des Instituts für Volkskunde; –– Quellenedition „Dokumente zur Geschichte von Staat und Gesellschaft in Bayern“ der Kommission für bayerische Landesgeschichte; –– wichtige Handschriften, Autographen und Nachlässe aus zwölf Jahrhunderten bayerischer Literaturgeschichte aus der Bayerischen Staatsbibliothek; –– Spitzenstücke aus bayerischen Staatsarchiven (Staatsarchive Amberg, Augsburg, Bamberg, Coburg, München und Nürnberg, Bayerisches Hauptstaatsarchiv); –– Spitzenstücke aus der Schatzkammer und der Möbelsammlung der Bayerischen Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen; –– Vermessungshistorische Sammlung des Landesamtes für Digitalisierung, Breitband und Vermessung; –– Historische Kartenwerke des Landesamtes für Digitalisierung, Breitband und Vermessung sowie aus Beständen der Bayerischen Staatsbibliothek. Gemäß dem Konzept der Vollintegration der in bavarikon bereitgestellten Digitalisate stellen die beteiligten Einrichtungen jeweils eine hochauflösende Kopie der digitalen Objekte physikalisch zur Verfügung. Diese werden – auch um Ängsten der teilnehmenden Institutionen vor einer digitalen Enteignung zu begegnen – ausschließlich im Portal angezeigt, Optionen zur Nachnutzung über Download und Ausdruck stehen derzeit in bavarikon nicht zur Verfügung. bavarikon ist damit zunächst ein Schaufenster der Kultur des Freistaats, nicht aber eine Arbeitsplattform mit Zugriff auf die Digitalobjekte selbst. Die Metadaten der digitalen Objekte müssen hingegen von den Einrichtungen mit Creative-Commons-Lizenz Null (CC0) lizensiert werden, sind also als gemeinfrei und uneingeschränkt nachnutzbar zu kennzeichnen. Dies gilt für den gesamten Metadatensatz und ist eine zwingende Voraussetzung der Beteiligung an bavarikon. Auf diese Weise werden zugleich die Voraussetzungen der Nachnutzung der Metadaten in der Deutschen Digitalen Bibliothek und der Europeana erfüllt, für die bavarikon künftig als regionaler Aggregator fungieren soll.
3 Organisationsform und Teilnahme am Portal Die Organisationsstruktur von bavarikon ist bewusst schlank und informell gehalten: Das Leitungsgremium besteht aus je einem Vertreter des Staatsministeriums für
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Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst einerseits und des Staatsministeriums für Finanzen, Landesentwicklung und Heimat andererseits. Beide Ministerien stellen gemeinsam, und zwar im Verhältnis 75:25, die zum Auf- und Ausbau von bavarikon erforderlichen Finanzmittel zur Verfügung. Die Bayerische Staatsbibliothek als Träger des laufenden technischen, redaktionellen und organisatorischen Betriebs ist im Leitungsgremium als Berichterstatter vertreten. Das Leitungsgremium entscheidet über die strategische Ausrichtung von bavarikon und die Grundlinien des Einsatzes der verfügbaren Finanzmittel. Der bavarikon-Rat, bestehend aus derzeit 13 stimmberechtigten Mitgliedern aus bedeutenden Kultureinrichtungen des Freistaats, darunter die Bayerische Staatsbibliothek, berät die Leitungsebene in ihren Grundsatzentscheidungen hinsichtlich der Portalentwicklung und der Digitalisierungsstrategie. Im Rahmen der Vorgaben des Leitungsgremiums entscheidet der bavarikon-Rat über die beantragten Digitalisierungsprojekte. An der Bayerischen Staatsbibliothek ist zudem die Geschäftsstelle des Portals angesiedelt, die unter anderem für die formale Abwicklung des gesamten Antrags- und Begutachtungsverfahrens der Digitalisierungsanträge zuständig ist. bavarikon ist auf der digitalen Agenda des Freistaats hoch priorisiert. Im Prinzip soll es künftig zur zentralen Plattform der vernetzten Präsentation digitaler und digitalisierter Kultur in Bayern werden, komplementär zu den Webauftritten der beteiligten Kultureinrichtungen selbst. Die hohe Priorität des Portals kommt auch darin zum Ausdruck, dass für die Aufbauphase von bavarikon (2013–2016) rund 4,5 Millionen € zur Verfügung stehen, und zwar sowohl für den Aufbau der technisch-organisatorischen Infrastruktur wie auch für die Digitalisierungskampagne. Eine finanzielle Verstetigung des Portals im Anschluss an die Aufbauphase ist vorgesehen. Da bavarikon kein reines Metadatenportal ist und auch die Inhalte des Portals gemäß der dargelegten Schwerpunkte einem Auswahlprozess unterliegen, hat das Portal derzeit – bezogen auf den Ingest – noch kein Mengenproblem. Die jeweils bereitgestellten digitalen Inhalte können zügig ingestiert werden, auch das Bewilligungsverfahren für beantragte Digitalisierungsprojekte geht ohne lange Wartezeiten vonstatten. Außer der Verpflichtung auf die Lieferung der Metadaten unter einer CC0Lizenz und einiger Standards hinsichtlich der Qualität der Digitalisate gibt es zudem keine vorgegebenen Teilnahmevoraussetzungen. Der organisatorisch niederschwellige Ansatz von bavarikon trägt der Überzeugung Rechnung, dass ein Portal, das auf die spartenübergreifende Integration der digitalisierten und digitalen Kulturbestände eines Bundeslandes zielt, in seinem Erfolg entscheidend von den kontinuierlichen Beiträgen und dem nachhaltigen Engagement der beteiligten Kultureinrichtungen abhängt. Kurz gesagt: das Portal ist das, was seine Beiträger aus ihm machen. Der gesamte organisatorische Rahmen kann nur durch den Einsatz der kooperierenden Institutionen mit Leben gefüllt werden, und daher sollte dieser Rahmen substitutiv, nicht präskriptiv verfasst sein.
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4 Technische Aspekte und Standards Die digitalen Inhalte werden dem Nutzer auf der bavarikon-Website in Form von Modulen in einer intuitiv zugänglichen Kachelstruktur präsentiert. Diese folgt in ihrer einfachen, zurückhaltenden Gestaltung den Grundprinzipien des Flat-Design. Zudem passt sich das Layout und der Aufbau der Seite flexibel an das Format des jeweils genutzten Endgerätes an, sei es ein Desktop-PC, ein Laptop, Tablet oder Smartphone (sogenanntes responsives Design). Derzeit bietet bavarikon folgende Module: –– Objekte: Die Objektsuche ermöglicht den Zugriff auf die digitalisierten Objekte des Portals; zusätzlich werden weitere externe Angebote im Volltext durchsucht, wie zum Beispiel das Historische Lexikon Bayerns und das Literaturportal Bayern. –– Glanzlichter: präsentiert eine kontinuierlich erweiterte Auswahl von besonders herausragenden Objekten aus bayerischen Sammlungen. –– 3D-Objekte: Eine wachsende Zahl ausgewählter Objekte, zum Beispiel historische Globen und Kleinskulpturen, werden vermittels eines speziellen Viewers in einer 3D-Ansicht präsentiert, in der sie aus verschiedenen Perspektiven und mit unterschiedlichen Beleuchtungseinstellungen betrachtet werden können. –– Personen: Die Personensuche erschließt biographische Nachschlagewerke zur bayerischen Geschichte und vernetzt diese mit den weiteren Inhalten des Portals. –– Orte: Die Ortsdatenbank enthält aktuell über 90.000 Einträge zu Orten, Gemeinden, Landkreisen und anderen Verwaltungseinheiten sowie zu Wäldern, Gewässern und Bergen Bayerns. Die Datenbank, die in ihrem inhaltlichen Reichtum einzigartig unter allen Landeskulturportalen ist, erschließt nicht nur die aktuelle Topographie und Verwaltungseinteilung Bayerns, sondern bildet auch historische Verhältnisse zu den Stichjahren 1978, 1950, 1928 und 1875 ab. Ein weiteres Feature bilden die historischen Ortsnamen mit ihrer oft stark abweichenden Schreibweise, die auch in die Suche eingebunden sind. –– Themen: Hier werden ausgewählte Themen mit weitergehenden, einführenden Texten allgemeinverständlich und multimedial aufbereitet. Beispiele sind: König Ludwig II. von Bayern und seine Zeit; Das Münchener Oktoberfest in historischen Quellen und Darstellungen; Revolution, Rätegremien und Räterepublik in Bayern 1918/1919. –– Karten: Derzeit werden rund 600 Karten des 16. bis 19. Jahrhunderts in diesem Modul georeferenziert angeboten. Das Kartenmodul wird in Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung entwickelt. –– Literatur: Das Modul Literatur zu Bayern bietet den Zugriff auf mehr als 650.000 Einträge der Bayerischen Bibliographie und stellt damit ein leistungsstarkes Rechercheinstrument zu allen Themen „rund um Bayern“ dar. –– Institutionen: Hier stellen sich die beteiligten Einrichtungen vor und erlangen so durch bavarikon eine erhöhte Sichtbarkeit ihrer (digitalen) Angebote und Sammlungen.
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Besonders hervorzuheben ist die zu allen Images anstoßbare Bildähnlichkeitssuche. Mit ihr können ähnliche Bildmotive im Portal aufgrund formaler Merkmale (Farben, markante Formen und Kontraste) recherchiert werden. Die Bildähnlichkeitssuche, die gemeinsam mit dem langjährigen Technologiepartner der Bayerischen Staatsbibliothek, dem Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut, Berlin entwickelt wurde, stellt in dieser Form ein hochinnovatives Feature in bavarikon dar, das gerade der kunsthistorischen Forschung neue Perspektiven eröffnet. Ebenfalls besonders hervorzuheben sind die 3D-Objekte im Portal, die vermittels eines sehr benutzerfreundlichen und hochperformanten, speziell für das Portal entwickelten Viewer präsentiert werden. Für 3D-Digitalisierungen stehen an der Bayerischen Staatsbibliothek aktuell zwei 3D-Scansysteme zur Verfügung, die in der Lage sind, neben der 3D-Vermessung synchron die Textur (Farbe) der Objekte zu erfassen: ein Farb-3D-Scanner (Polymetric QTSculptor PT-M5c) für die hochauflösende 3D-Digitalisierung mit Streifenlichtprojektion auch von kleinformatigen Objekten (z. B. Münzen) und ein Laserscanner (Zoller & Fröhlich Imager 5010C) für größere Objekte mit einem Messbereich von zwei bis 100 Metern. Diese Systeme werden von der Bayerischen Staatsbibliothek auch als Digitalisierungsdienstleistung zur 3D-Erfassung von Kulturobjekten in bayerischen Museen eingesetzt. Der technische Unterbau der dargestellten Module von bavarikon umfasst unter anderem einen Dokumentenserver auf der Basis von Fedora Repository sowie die Nutzung des flexibel erweiterbaren Spring Framework auf einer Java-Plattform. Bezüglich der Qualität der von den beteiligten Kultureinrichtungen gelieferten digitalen Objekte gelten derzeit folgende Mindestanforderungen: Das Lieferformat der Objektdateien für Images ist tif (nach Rücksprache auch png, gif – nur Graustufen, jpeg, jpeg2000) in einer Auflösung von 300ppi in Bezug auf das Originalformat mit einer Farbtiefe von 8 Bit (Graustufen) oder 24 Bit (Farbe) je nach Vorlage. Die Originaldaten sind grundsätzlich ohne statische Wasserzeichen zu liefern. Für Videound Audiodateien gibt es derzeit noch keine Festlegungen. Um die Metadaten und die Erschließungstiefe aller bavarikon-Inhalte möglichst homogen zu gestalten, hat die Bayerische Staatsbibliothek gemeinsam mit den an bavarikon beteiligten Kultureinrichtungen ein einheitliches, EDM (Europeana Data Model)-konformes Datenformat entwickelt, das für alle Metadatenlieferungen verpflichtend ist. Auf diese Weise soll vor allem der künftige Datenfluss zur Deutschen Digitalen Bibliothek und zur Europeana gewährleistet werden. Das bavarikon-Metadatenset besteht dabei aus insgesamt 33 Elementen, von denen jedoch nur acht Pflichtelemente darstellen.
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5 Entwicklungsperspektiven bavarikon steht nach der im März 2015 erfolgreich abgeschlossenen technischen Konsolidierung vor der Herausforderung, sein inhaltliches Profil zu schärfen und die Digitalisierungsaktivitäten deutlich auszuweiten. In diesem Kontext wird vor allem die Zielgruppendiskussion zu führen und über die wichtigen Adressaten des Angebots zu entscheiden sein. Derzeit ist bavarikon primär als spartenübergreifendes Schaufenster für alle konzipiert und soll damit die kulturinteressierte Öffentlichkeit insgesamt ansprechen. Dienste und Angebote für spezifische Zielgruppen, z. B. für Schüler oder Wissenschaftler, verlangen aber die Öffnung des Portals hin zu einer Arbeitsplattform mit entsprechenden API und Rechten zum Direktzugriff auch auf die digitalen Kulturobjekte selbst. Weiterhin stellt sich die Frage, wie lange noch der technische Aufwand des Parallelbetriebs von bavarikon und der primär landesgeschichtlich ausgerichteten BLO, beide betrieben durch die Bayerische Staatsbibliothek, leistbar und unter Nutzungsgesichtspunkten zielführend ist. Auch die Digitalisierungskampagne, die bisher im Wesentlichen durch ein eher primär angebotsorientiertes Vorgehen gekennzeichnet ist, verlangt nach einer systematischen Fokussierung entlang der Kontrapunkte Einzelstücke/Sammlungen und Hochkultur/Volkskultur sowie einer generellen Diskussion des zugrunde liegenden Kulturbegriffs (Wissensschätze, immaterielles Kulturgut, Alltagskultur etc.). Darüber hinaus wird sich die technische Weiterentwicklung des Portals immer wieder der Frage zu stellen haben, inwieweit sich bavarikon primär als Suchmaschine oder als erlebnisorientiertes Schaufenster bayerischer Kultur versteht. Und schließlich wird bavarikon auch, um technisch state of the art zu bleiben, immer wieder neue technische Features zu implementieren haben: Natural User Interfaces, thematische Atlanten, assoziative Kulturlandschaften (cultural mapping), verlinkte Timelines bis hin zu Applikationen für Wearable Technologies sind hier nur einige Beispiele. Für all diese Fragen wird es keine schnellen und auch nicht immer eindeutige Lösungen geben. Sie werden aber bereits jetzt vor allem in Sondersitzungen des bavarikon-Rats kontinuierlich adressiert. Insofern hat der Weg von bavarikon – wie der von allen Kulturportalen – zu einem Kristallisationspunkt digitaler Kultur zwar erst begonnen, aber die ersten Schritte sind erfolgreich gemacht.
6 Ausblick bavarikon versteht sich nicht nur als Schaufenster und Plattform für digitale Kulturobjekte bayerischer Museen, Archive und Bibliotheken, sondern zugleich als eine Art Dachmarke, die die Präsentation der digitalen Kultur Bayerns unter einem gemeinsamen Layout und Design mit hohem Wiedererkennungswert ermöglicht. Beispielsweise sollen zukünftig Teilbestände des Portals für innovative Nutzungsszenarien,
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etwa im mobilen Internet, aufbereitet werden. Das erste Beispiel hierfür ist die App bavarikon 3D, die die aufwändig erstellten 3D-Digitalisate des Portals in einer speziell für die Touch-Displays von iPad und iPhone aufbereiteten Applikation bereitstellt. Bei den 3D-Objekten handelt es sich um digitalisierte Skulpturen, Plastiken, historische Globen und mittelalterliche Handschriften aus an bavarikon beteiligten Institutionen. Die App kann kostenfrei im Apple-App-Store heruntergeladen werden. Das Kulturportal bavarikon kann so zugleich zum Sprungbrett für vielfältige Nachnutzungen seiner Inhalte werden. Am Beispiel der 3D-Digitalisate können dies etwa 3D-Drucker sein, die zukünftig Museumsexponate nicht nur virtuell, sondern auch als hochwertige physische Reproduktion ins heimische Wohnzimmer bringen werden, oder auch autostereoskopische, ohne Hilfsmittel wie 3D-Brillen nutzbare Präsentationen dreidimensionaler Digitalisate im Rahmen von Ausstellungen. Durch solche weitergehenden, aus bavarikon heraus entwickelten Applikationen kann das Portal langfristig zu einer Datendrehscheibe für die digitale Kultur Bayerns werden und damit zugleich zum Nukleus des Brandings Kulturstaat Bayern in der digitalen Welt.
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Spartenübergreifende Präsentation von Kulturobjekten – das Landesportal Kulturerbe Niedersachsen 1 Einleitung Kulturerbe Niedersachsen (http://www.kulturerbe.niedersachsen.de) steht für ein gemeinsames Internetangebot von Bibliotheken, Archiven, Museen und anderen Sammlungen in Niedersachsen. Das Portal bietet der interessierten Öffentlichkeit einen direkten Zugang in multimedialer Form zu ausgewählten, digital erfassten Kulturgütern des Landes. Somit wird eine virtuelle Zusammenführung verschiedenartigster Bestände unterschiedlicher Kultureinrichtungen geschaffen. Ausgangspunkt für die Konzeption des Portals war die Notwendigkeit, einen zentralen Zugang zu den digitalisierten Kulturgütern zu schaffen und einen weiteren Beitrag zur systematischen Digitalisierung und Inventarisierung von Objekten aus niedersächsischen Sammlungen und Archiven zu leisten. Beim Projekt konnte auf Erfahrungen bei der Entwicklung des Vorgängerportals OPAL (Das Online-Portal digitalisierter Kulturgüter Niedersachsens) zurückgegriffen werden. OPAL war ein aus Mitteln der Stiftung Niedersachsen gefördertes Projekt mit der Zielsetzung, in multimedialer und interaktiver Form über 25.000 digital erfasste Kulturgüter des Landes Niedersachsen online zur Verfügung zu stellen. Die in OPAL erfassten Bestände wurden bis zum Jahresende 2013 in das Portal Kulturerbe Niedersachsen integriert und OPAL selbst dann abgeschaltet. Das Pilotprojekt zur Entwicklung des Portals Kulturerbe Niedersachsen wurde mit einer Summe von 500.000 Euro zu gleichen Teilen vom Europäischen Fond für regionale Entwicklung (EFRE) und dem Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur gefördert. Die Gesamtprojektkoordination lag bei der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek (SUB). Die technische Plattform wurde von der Verbundzentrale des Gemeinsamen Bibliotheksverbundes (VZG) entwickelt.
2 Bestand bzw. geplante Bestandsentwicklung Contentlieferanten in der Pilotphase waren die Landeseinrichtungen des Landes Niedersachsen. Die Auswahl der zu digitalisierenden Sammlungsobjekte wurde von den beteiligten Einrichtungen selbst getroffen. So stellte das Herzog-Anton-UlrichMuseum (HAUM) Braunschweig Handzeichnungen des 14.–21. Jahrhunderts, insgesamt ca. 3.800 Blätter, zur Verfügung. Die SUB Göttingen beteiligte sich mit Zeugnis-
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sen der Göttinger Universitätsgeschichte (Bücher, Graphiken, Porträts, Archivalien, Stammbuchblätter) am Projekt, insgesamt mehr als 150 Buchbände, 500 Graphiken und 1.000 Seiten Handschriften. Die Gottfried-Wilhelm-Leibnitz-Bibliothek (GWLB) Hannover brachte illustrierte Bände aus der Sammlung Königliche Gartenbibliothek Herrenhausen, im Ganzen ca. 7.000 Einzelblätter, ein. Die Herzog-August-Bibliothek (HAB) Wolfenbüttel stellte mit Druckgraphiken des 15.–18. Jahrhunderts mehr als 3.000 Einzelgraphiken zur Verfügung. Das Niedersächsische Landesarchiv (NLA) Hannover beteiligte sich mit Archivalien mit direktem Niedersachsenbezug (Urkunden, Karten, Handschriften, Akten), insgesamt ca. 1.000 Digitalisate. Das Niedersächsische Landesmuseum (NLMH) Hannover stellte Exponate aus den Bereichen Archäologie, Natur-, Völker und Landeskunde (Münzen, Gemälde, Handzeichnungen, Graphiken, plastische Werke), insgesamt ca. 100 Objekte, zur Verfügung. Die Landesbibliothek Oldenburg (LBO) schließlich beteiligte sich mit Buchbänden der Bibliothek Brandes sowie dem Oldenburger Sachsenspiegel, insgesamt rund 260 Bücher mit ca. 100.000 Buchseiten und 280 Seiten Handschriften. Zum Zeitpunkt der Freischaltung konnten ca. 1.000 Bücher mit über 140.000 Buchseiten, ca. 8.000 Handzeichnungen und Gemälde, ca. 3.000 Archivalien, Akten oder Handschriften, ca. 600 Porträts, ca. 80 museale Ausstellungsobjekte und ca. 50 Karten und Pläne präsentiert werden. Mit Stand Ende 2014 wurden insgesamt 12.369 museale Objekte, 6.986 Bibliotheksbestände, 3.317 Archivalien sowie 217 Objekte aus anderen Sammlungen zur Verfügung gestellt. Die Zeitspanne der Objekte reicht dabei von der frühen Erdgeschichte bis ins 21. Jahrhundert; ein Schwerpunkt liegt vom 18. bis zum 20. Jahrhundert. Themenschwerpunkte umfassen die klassischen Buchbestände, Archivalien und Museumsobjekte bis hin zu Foto- und Filmarchiven. Da ein niedersächsisches Digitalisierungskonzept noch nicht verabschiedet ist und somit eine entsprechende Förderlinie fehlt, können die Bestände im Portal nicht über umfangreiche Digitalisierungsmaßnahmen erweitert werden, sondern die Betreiber sind auf eine enge Kooperation mit den Kultureinrichtungen angewiesen, die entsprechende Inventarisierungs- und Digitalisierungsmaßnahmen aus Eigenoder Projektmitteln durchführen. So ist in den kommenden Jahren nur mit einem moderaten Zuwachs an präsentierten Objekten im Portal zu rechnen. Im Jahr 2014 lag der Schwerpunkt der Weiterentwicklung vor allem auf der Einbindung musealer Objekte. So konnten Ende 2014 im Rahmen eines Projektes des Landschaftsverbandes Südniedersachsen in Gemeinschaftsförderung mit der Stiftung Niedersachsen insgesamt 1.818 Objekte aus Beständen von sechs Museen aus Südniedersachsen über das Portal erstmalig publiziert werden. Die am Projekt beteiligten Museen waren das Heimatmuseum Obernfeld, das Oberharzer Bergwerksmuseum Clausthal-Zellerfeld, das Stadtmuseum Einbeck, das KERAMIK.UM – Ausstellungs- und Aktionshaus Fredelsloh, das Museum Schloss Herzberg und das Industriedenkmal Königshütte, Bad Lauterberg im Harz. Das Portal Kulturerbe Niedersachsen erhebt daher nicht den Anspruch, das digitalisierte Kulturerbe des Landes in seiner Gesamtheit abzubilden. Es ist daher aus-
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drücklich kein Nachweisportal zu den digital vorliegenden Beständen der Kultureinrichtungen, sondern ist vielmehr eine Art virtuelle Schatzkammer, bietet aber auch Möglichkeiten der Objektpräsentation für Gedächtniseinrichtungen, die keine eigene Webpräsenz ihrer Objekte bereitstellen können. Im Gegensatz zur Deutschen Digitalen Bibliothek (DDB) und zur Europeana stellt das Kulturerbe Niedersachsen auch die Digitalisate in hochauflösender Form zur Verfügung. Im Rahmen des Gesamtangebots Kulturerbe Niedersachsen wird zur Zeit ein Konzept zur Langzeitarchivierung von Digitalisaten und Metadaten von der VZG in Kooperation mit der Technischen Informationsbibliothek Hannover (TIB) erarbeitet.
3 Organisationsform Kulturerbe Niedersachsen ist nach Ende der Projektphase in den Dauerbetrieb durch die VZG überführt worden. Hier liegt auch die Federführung für die weitere technische Entwicklung. Die redaktionelle Verantwortung für die Inhalte trägt die SUB Göttingen. Alle bisherigen Partner haben sich verpflichtet, digitalen Content dauerhaft an das Portal zu liefern. Für die Steuerung der Entwicklungslinien und zur weiteren Contentakquise hat sich ein Kompetenznetzwerk aus den beteiligten Partnern unter Koordinierung der SUB Göttingen gebildet. Eine Kooperationsvereinbarung wurde 2013 zwischen dem Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) als Vertreter des Landes, den am Pilotprojekt beteiligten Landeseinrichtungen (Herzog-Anton-Ulrich-Museum (HAUM) Braunschweig, SUB Göttingen, Gottfried-Wilhelm-Leibnitz-Bibliothek (GWLB) Hannover, Herzog-August-Bibliothek (HAB) Wolfenbüttel, Niedersächsisches Landesarchiv (NLA) Hannover, Niedersächsisches Landesmuseum (NLMH) Hannover, Landesbibliothek Oldenburg (LBO)) als spartenspezifische Vertreter der Sammlungseinrichtungen in Niedersachsen sowie der VZG als Betreiber unterzeichnet. Darin verpflichten sich alle Institutionen zur Verstetigung und zum Ausbau des Portals. Die Direktoren bzw. die Vertreter der Landeseinrichtungen treffen sich vierteljährlich, um über die Aufnahme neuer Partner und die inhaltliche Entwicklung zu beraten. Außerdem wurde eine Arbeitsgruppe zur Weiterentwicklung der technischen Infrastruktur unter Leitung eines Vertreters der VZG eingerichtet. Der Geschäftsbetrieb wird über eine von der SUB Göttingen bereitgestellte Koordinierungsstelle sichergestellt.
4 Teilnahme am Portal Die Teilnahme am Portal ist für niedersächsische Kultureinrichtungen kostenlos. Die Aufnahme neuer Teilnehmer erfolgt über die Koordinierungsstelle der SUB. Diese Teilnehmer verpflichten sich, den inhaltlichen Zielen des Portals sowie der guten
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wissenschaftlichen Praxis nachzukommen. Als rechtliche Grundlage wird ein Datenüberlassungsvertag geschlossen, der an den entsprechenden Vertrag der DDB angelehnt ist. Die Lieferung von Digitalisaten und Metadaten erfolgt von den Partnern direkt an die VZG. Die Digitalisate werden entweder direkt von den einzelnen Häusern oder über externe Dienstleister zur Verfügung gestellt. Die zugehörigen Metadaten wurden von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der beteiligten Einrichtungen erfasst. Die Spanne der eingesetzten Erfassungssysteme reicht von Softwarelösungen verschiedener Anbieter bis hin zu selbst entwickelten Programmen. Struktur und Erschließungstiefe der erfassten Metadaten richtet sich nach den Erfordernissen und Standardformaten der jeweiligen beteiligten Sparten, so dass die Datenlieferungen im Wesentlichen aus den Austauschformaten METS/MODS für Bibliotheken, EAD für Archive und LIDO für Museen bestehen. Die Metadaten werden von der VZG in das interne Datenformat METS/MODS konvertiert. Einrichtungen, die keine eigene Erfassungssoftware betreiben können oder wollen, wird eine webbasierte Software zur Inventarisierung bereitgestellt. kuniweb ist eine Erfassungsdatenbank für Museumsbestände und ermöglicht das Archivieren, Verwalten und Recherchieren von digitalen Bild- und Multimedia-Daten sowie die entsprechende Eingabe von musealen und archäologischen Metadaten (https://kuniweb.gbv.de). Der Dienst ist auf Basis der Software easydb.museum der Firma Programmfabrik entwickelt worden. Strukturierte Dokumente (Bücher, Akten, Nachlässe) können über die zentrale GoobiInstallation der VZG erfasst werden. Goobi ist eine Software zur Modellierung, Steuerung und Überwachung von Workflowprozessen bei der Digitalisierung. Entwickelt wurde sie im Umfeld von Bibliotheken, bei denen sie schwerpunktmäßig im Bereich der Massendigitalisierung eingesetzt wird.
5 Technik Da das Portal dauerhaft von der VZG betrieben werden sollte, erschien im Pilotprojekt eine grundlegende Kooperation zwischen SUB Göttingen und VZG auf Basis der bestehenden Entwicklungen sinnvoll. Dabei wurde mit Goobi auf eine Software zurückgegriffen, die als Open-Source-Produkt unter Federführung der SUB Göttingen entwickelt wurde und sowohl bei der VZG, der SUB Göttingen und weiteren Bibliotheken im Einsatz ist. Goobi ist ein modulares Tool zu Steuerung von Prozessworkflows bei der Buchdigitalisierung mit einem eigenständigen Präsentationsmodul. Da sich aber das bestehende Konzept mit der Open-Source-Oberfläche von Goobi nicht umsetzen ließ, wurde bei der Entwicklung der Präsentationsoberfläche auf den Intranda-Viewer zurückgegriffen. Der Intranda-Viewer ist ein Produkt der Göttinger Firma Intranda, die maßgeblich an der Entwicklung von Goobi beteiligt war. Der Viewer wird in der Regel zur Präsentation von digitalen Beständen von Bibliotheken
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eingesetzt. Der Viewer stellt bereits alle wesentlich benötigten Funktionalitäten wie z. B. stufenloses Zoomen, Vollbildanzeige, Navigationsstrukturen und Tagclouds zur Verfügung und ist speziell auf die Präsentation des Metadatenformats METS/MODS abgestimmt. Die Oberflächengestaltung sowie neue Funktionalitäten wurden von der VZG auf Basis eines von der SUB Göttingen konzipierten und mit den Partnern abgestimmten Vorentwurfs umgesetzt. Das ursprüngliche technische Konzept des Portalbetriebs wurde von der VZG anhand der Anforderungen der Kultureinrichtungen Niedersachsens ergänzt und weiterentwickelt. So beruhte das ursprüngliche Konzept der Datenerfassung allein auf einer dezentralen Erfassung durch bereits in den Häusern betriebenen Softwareapplikationen sowie den Austausch von standardisierten Metadaten. Darüber hinaus hat sich aber gezeigt, dass neben der dezentralen Variante auch die Bereitstellung von kuniweb als zentral betriebene Datenerfassungslösung die Möglichkeit der Teilnahme vor allem der kleineren und mittleren Museen und Sammlungen deutlich erhöhte. Die Software wurde im Rahmen des bereits erwähnten Pilotprojekts der AG Museen des Landschaftsverbandes Niedersachsen beschafft und bereitgestellt. Ursprünglich war der Einsatz der Software nur im Rahmen des Kulturerbes geplant. Aufgrund des Bedarfs wurde kuniweb 2014 zu einem landesweiten Dienst zur Inventarisierung und zum Sammlungsmanagement ausgebaut, an dem 30 Museen und Sammlungen mit ca. 60.000 erfassten Objekten teilnehmen (Stand Ende 2014). Die Spanne der Größe der Häuser reicht vom Heimatmuseum Obernfeld, über das Städtische Museum Braunschweig bis zum Weltkulturerbe Rammelsberg.
6 Standards und Normdaten Eine wesentliche Herausforderung lag in der Entwicklung eines gemeinsamen Standardformates, um eine einheitliche Präsentation zu gewährleisten. Die Gruppe Metadaten der SUB Göttingen entwickelte nach Analyse in Abstimmung mit den beteiligten Einrichtungen ein Metadatenformat, das auf dem Standard METS/MODS beruht. Die Analyse der gelieferten Daten bildete außerdem die Grundlage für die Funktionalitäten des zu entwickelnden Portals. Die Gruppe Forschung und Entwicklung der SUB Göttingen entwickelte daraus einen ersten Funktionalitätsvorschlag sowie ein Grunddesign, dass mit den anderen Partnern abgestimmt und von der VZG umgesetzt wurde. Um eine möglichst breite Nachnutzung der bereitgestellten Daten zu gewährleisten wurde bei der Bereitstellung von kuniweb ein Großteil der Datenfelder mit deutschsprachigen aber auch internationalen Normdaten hinterlegt. Aus der Gemeinsamen Normdatei (GND) der Deutschen Nationalbibliothek werden alle Personen- und Institutionsfelder, Objektkategorien sowie die Schlagwörter gespeist. Alle Ortsangaben werden aus der freien Ortsdatenbank geonames befüllt. Bei den ikonografischen Angaben zu den Bildinhalten ist das Klassifizierungskonzept Iconclass hinterlegt.
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Im Feld „Objektbezeichnung / Gegenstand“ ist die Oberbegriffsdatei (OBG) untergebracht. Materialien, Technik, Stil und Epoche werden aus normierten Vokabularen der Stiftungen der Hamburger Museen gespeist. Zudem wird unter „Sachgruppe“ die Hessische Systematik eingesetzt. Werden zum inventarisierten Objekt Literaturangaben aufgenommen, erfolgt dies über einen Citation-Style-Webservice, welcher zu einer Live-Suche im Gemeinsamen Verbundkatalog (GVK) formatierte, bibliografische Angaben ausliefert. Nach einer erfolgreichen Suche wird das Museumsobjekt mit einer Verknüpfung zum entsprechenden Datensatz im Verbundkatalog versehen. Archäologische Fundstellen werden außerdem mit der ADABweb, der Datenbank für Fundstellen und Baudenkmäler des Niedersächsischen Landesamts für Denkmalpflege, verknüpft und die entsprechenden Identifikatoren der Fundobjekte in die ADABweb zurückgeliefert.
7 Entwicklungsperspektiven bzw. -pläne Unter dem Navigationspunkt „Kontexte“ wurden bereits zum Zeitpunkt der Freischaltung des Portals Kulturerbe Niedersachsen speziell multimedial aufbereitete Themenschwerpunkte mit Niedersachsenrelevanz angeboten. In den Texten werden Hintergrundinformationen miteinander in Beziehung stehenden Objekten des Portals präsentiert. Der Nutzer kann auf einer Bühne frei navigieren und so auch zu den Einzelansichten der behandelten Objekte springen und sich zugleich an Informationen aus externen Quellen wie z. B. Wikipedia bedienen. Darauf aufbauend wurde ein Konzept zur dauerhaften Präsentation von musealen Ausstellungen entwickelt. Ziel dieses neuen Dienstes ist der Aufbau einer Infrastruktur, die die im Rahmen einer Ausstellung erzeugten Medien (Text, Bild, Film, Ton, 3D-Scan) nicht nur dauerhaft in einem Repository zur sofortigen Nutzung bereithält, sondern diese auch durch eine multimediale Präsentation mit vertretbarem finanziellem Aufwand zur Rezeption zur Verfügung stellt. Der Prototyp ist am Beispiel der Ausstellung „abgekupfert – Roms Antiken in den Reproduktionsmedien der Frühen Neuzeit“, einem Gemeinschaftsprojekt des Archäologischen Instituts und des Kunsthistorischen Seminars der Universität Göttingen, entwickelt und Ende 2014 freigeschaltet worden. Die Begleitinformationen wie Ausstellungstexte und Illustrationsbebilderungen werden in dem Content-Management-System Additor dauerhaft gespeichert und können über Schnittstellen in die Präsentationsumgebung ausgegeben werden. Der eingepflegte Ausstellungskontext wird somit dauerhaft zur Nachnutzung vorgehalten. Ziel der Entwicklung ist aber nicht nur die dauerhafte Sicherung und Bereitstellung der Ausstellungskontexte, sondern die Anreicherung der Begleittexte mit externen Wissensquellen. Die VZG hat mit dem Enrichment-Adapter ein Softwaretool entwickelt, das es ermöglicht, die Ausstellungstexte mit frei verfügbaren Wissensquellen wie Normvokabulare oder Wikipedia automatisch in Beziehung zu setzen. Aufgrund dieser
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Verknüpfungen lassen sich die gespeicherten Materialien nicht nur dauerhaft anreichern, sondern sie können auch jederzeit im Sinne eines offenen Datenaustauschs aktualisiert und ergänzt werden. Navigationsgrundlage für die multimediale Präsentation der Ausstellungen im Portal sind die Grundrisse der Ausstellungsflächen. Auf ihnen können die Objekte der jeweiligen Ausstellungen platziert und mit den jeweiligen Medieninformationen verknüpft werden. Um den optischen Anblick der Ausstellungen dauerhaft zu bewahren, wurde auf die Technik der Panoramafotografie zurückgegriffen. Mit Hilfe der Raumpanoramen, die an geeigneten Orten der Ausstellungsräume aufgenommen wurden, lässt sich nicht nur eine 360 -Ansicht der Ausstellung erzeugen, sondern es kann auch durch die Verknüpfung der Panoramen innerhalb der Virtuellen Ausstellung navigiert werden. Über entsprechende Hotspots innerhalb der Panoramen können nicht nur begleitende Texte und Abbildungen zu den jeweiligen Ausstellungsobjekten aufgerufen werden, sondern auch Audio- und Videoinstallationen abgerufen werden. Weitere Ausstellungskonzepte befinden sich bereits in Vorbereitung. Die Erweiterung der Kontexte im Kulturerbe Niedersachsen steht als Beginn einer konzeptionellen Erweiterung des Portals von einem Objekt- und Präsentationsportal der Digitalisate der niedersächsischen Kulturinstitutionen zu einer zentralen Informationsplattform des Landes.
8 Zusammenfassung und Ausblick Das Portal Kulturerbe Niedersachsen ist sowohl als zentraler Zugang zu den digitalisierten Kulturschätzen des Landes zu sehen, mit dem Ziel, die Modernisierung der kulturellen Infrastruktur voranzutreiben, aber auch als niedersächsischer regionaler Aggregator auf nationaler Ebene für die DDB sowie international für die Europeana, dem europäischen Kulturportal. Kulturerbe Niedersachsen stellt der DDB die Metadaten der präsentierten Objekte über eine OAI-Schnittstelle bereit. Von der DDB können diese dann der Europeana zur Verfügung gestellt werden. Im Gegensatz zum Selbstverständnis von DDB und Europeana als Nachweisportale sieht sich das Portal Kulturerbe Niedersachsen konzeptionell als zentrale Präsentationsplattform des Landes. Dieses Konzept soll in den kommenden Jahren ausgebaut werden.
Kathrin Pilger
www.archive.nrw.de – Das Archivportal für Nordrhein-Westfalen 1 Einleitung Das Internetportal „Archive in NRW“ ist das älteste und größte regionale Archivportal in Deutschland. Seit 1998 online, sind heute über 490 Archive verschiedenster Sparten darin vertreten. Die Idee des Portals bestand von Anfang an darin, eine Verbundlösung zu initiieren mit einer zentral gesteuerten IT und Datenhaltung (Bischoff 1998, 413–416). Damit wurde den nordrhein-westfälischen Archiven eine funktionsfähige Infrastruktur zur Verfügung gestellt, die es v. a. auch kleineren Archiven ermöglichte, ihre Bestände im Internet zu präsentieren, ohne selbst in Personal und Technik investieren zu müssen (Black-Veldtrup et al. 2009, 5–6; Wiech 2015, 71–72). Für die beteiligten Archive war die Verbundlösung interessant, denn der Umstand, dass im Portal viele Archive gleichzeitig Informationen über ihre Bestände bereithielten, erhöhte aufgrund der Recherchen die Anzahl der Anfragen bei den einzelnen Archiven. Dadurch konnten auch kleinere Archive Aufmerksamkeit für sich und ihr Angebot erzielen (Pilger und Worm 2012, 41–42). Zu Beginn war das Informationsangebot vergleichsweise schmal und bestand meistens nur aus allgemeinen Informationen wie der Adresse, den Kontaktdaten, den Öffnungszeiten, Nutzungsbedingungen und Veranstaltungen. Das Angebot im Bereich der Beständeübersichten und damit auch die für die Benutzer zu erzielenden Rechercheergebnisse waren von unterschiedlicher Qualität, vielfach waren nur Basisdaten wie die Bestandsbezeichnung, Laufzeit und Signatur sowie einige Literaturangaben vorhanden (Bischoff 2000, 13–14). Die Potenziale, die ein regionales Portal bot, konnten bei Weitem nicht ausgeschöpft werden. Die Benutzer verwendeten das Portal zunächst als reine Informationsplattform über die Archive und noch nicht als Rechercheinstrument. Die Situation änderte sich mit dem Jahr 2007; damals wurde die Möglichkeit geschaffen, im Archivportal neben Beständeübersichten auch Findmittel zu einzelnen Beständen zu hinterlegen. Unterstützt durch starke Werbemaßnahmen der Staatsarchive, stieg seitdem das Interesse am Portal sowohl bei den beteiligten Archiven als auch bei den Nutzern stark an. Inzwischen sind mehr als 5400 Findmittel mit über 2 Millionen Verzeichnungseinheiten über das Portal online zugänglich (Stand Mai 2015). Diese Erschließungsinformationen ziehen mittlerweile das größte Interesse auf sich. Das belegt eindrucksvoll die Auswertung der Webstatistik. Die Zugriffszahlen auf Beständeübersichten und Findmittel sind in den letzten Jahren kontinuierlich und überproportional gestiegen, von 5 Millionen Anfragen 2008 auf 50 Millionen Anfragen bis Ende 2014. Dort, wo umfangreiche Erschließungsinformationen im Portal vorliegen, fällt der Anstieg besonders deutlich aus. Dies belegen auch die Zugriffszahlen auf die Seiten des Landesarchivs NRW. Zu Beginn des Jahres 2012 gab es mit dem Relaunch des
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Portals eine Reihe von Neuerungen (Pilger 2013, 111–113). Das Portal erhielt ein neues Layout und weitere Funktionen. So lassen sich aktuelle Nachrichten aus den nordrheinwestfälischen Archiven als RSS-Feed abonnieren, Informationen können sowohl in deutscher als auch in englischer Sprache angeboten werden, Archive können ihre Kontaktdaten mit einer Google-Map hinterlegen und Abbildungen mit Hilfe des integrierten Slimbox-Tools auch als Bildergalerien anlegen. Mit den neuen Funktionen und einer grundlegenden Überarbeitung der Navigation erreicht das Portal eine übersichtlichere und modernere Darstellung der nordrhein-westfälischen Archivlandschaft und unternimmt erste Schritte in Richtung Web 2.0 (Social Media).
Abb. 1: Eingangsseite des Archivportals für NRW mit den einzelnen Archivsparten
2 Bestand bzw. geplante Bestandsentwicklung Die am Archivportal für NRW beteiligten Archive informieren auf ihren im Rahmen des Portals präsentierten Internetseiten über Nutzungsmöglichkeiten von Archivgut, über Service-Angebote, Publikationen und Veranstaltungen. Vor allem stellen sie im Portal ihre Beständeübersichten und in zunehmendem Umfang auch ihre Findmittel für die Online-Recherche zur Verfügung. Die Menge der bereitgestellten Findmittel muss besonders bei kleineren Archiven noch erhöht werden, da es hier einen gewissen Rückstand gibt. Das liegt v. a. an der oft unzureichenden personellen Ausstattung sowie an Defiziten in der technischen Infrastruktur gerade in kleineren Archiven. Von Anfang an gehörte es zum Konzept des Archivportals, digitalisiertes Archivgut online bereit zu stellen. Wie bei den Bibliotheken, gibt es auch bei den Archiven von Seiten
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der Nutzer einen starken Trend zur virtuellen Nutzung, um Anfahrtswege, Aufenthaltskosten für Archivbesuche oder einfach nur Zeit zu sparen. Seit der Online-Verfügbarkeit der ersten Digitalisate im Archivportal NRW im Jahr 2012 haben sich die Zugriffe auf das Portal mehr als verdoppelt. Inzwischen sind über 57.000 Digitalisate online einsehbar. Die wesentliche Steigerung der Anteile an Digitalisaten, und zwar nicht nur des Landesarchivs, sondern v. a. auch auf Seiten der Kommunalarchive ist ein wesentliches Ziel in der Bestandsentwicklung der nächsten Jahre.
3 Organisationsform Das Archivportal für NRW besitzt keine eigene spezielle Rechtsform. Portalbetreiber ist das Landesarchiv NRW, das auch die anfallenden Kosten für den laufenden Betrieb und Weiterentwicklungen trägt. Unterstützt wird das Landesarchiv bei der Betreuung, Schulung und Beratung der teilnehmenden Archive von den Archivämtern der Landschaftsverbände Westfalen-Lippe (LWL) und Rheinland (LVR).
4 Teilnahme am Portal Die Teilnahme am Archivportal ist für die in Nordrhein-Westfalen ansässigen Archive aller Sparten und Größen kostenlos. Besondere Voraussetzungen, außer einer zeitgemäßen IT-Ausstattung in den Archiven, bestehen nicht. Sobald sich ein Archiv im Archivportal neu anmeldet, wird es als Einrichtung angelegt und erhält seine Zugangskennungen. Die Verantwortlichkeit für den Inhalt der Seiten und der bereitgestellten Bestände und Findmittel, liegt ganz bei der jeweiligen Einrichtung. Durch Schulungen werden die beteiligten Archive in die Lage versetzt, ihre Seiten im Portal und ihre in der Beständedatenbank befindlichen Daten zu verwalten und zu pflegen. Dabei bietet das Landesarchiv in seiner Funktion als Webmaster Beratung sowie technische Hilfestellungen an.
5 Technik Das Archivportal für NRW wird vom Landesbetrieb Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW) gehostet und betreut. Es basiert auf einer Oracle-Datenbank zur Verwaltung der Beständeübersichten und Findmittel und einem Content-Management-System (CMS) zur Pflege der Informationsseiten der Archive. Jedes beteiligte Archiv verwaltet die Seiten des CMS mit den allgemeinen Archivinformationen als verantwortlicher Redakteur selbst. Da das System nicht durchgehend selbsterklärend ist, wurden und werden gegenwärtig vom Landesarchiv und von den Archivämtern der
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beiden Landschaftsverbände LWL und LVR Schulungen zum Umgang mit dem Network Productivity System (NPS) angeboten; es existiert auch eine Anleitung in schriftlicher Form. Das Archivportal für NRW orientierte sich bei der Bestände- und Findbuchverwaltung bislang am sogenannten SAFT-Standard. Dieses Austauschformat für den XML-Import von Beständeübersichten und Findmitteln wurde vor gut zehn Jahren im Rahmen des Projekts zur Retrokonversion ursprünglich analoger Findbücher im Landesarchiv Nordrhein-Westfalen entwickelt und hat als Standard auch über die Grenzen Nordrhein-Westfalens hinaus Verbreitung gefunden. Allerdings gab es von Anfang an Konkurrenz zu SAFT als Strukturformat. Schon bei der Entwicklung von SAFT lag mit EAD-XML ein international etablierter technischer Standard zur Kodierung von archivischen Erschließungsinformationen vor. Encoded Archival Description (EAD) war zunächst jedoch ein Format, das im deutschen Archivwesen nicht einheitlich genutzt wurde. Daher waren verschiedene Varianten von EAD bei den Archiven im Einsatz, jeweils abhängig von der verwendeten Archivsoftware. Das erschwerte die Einrichtung und Funktion einer EAD-Import-Schnittstelle im Archivportal NRW. Im Zuge der Planungen für das Archivportal-D im Rahmen der Deutschen Digitalen Bibliothek (DDB) erarbeitete eine von der Archivreferentenkonferenz des Bundes und der Länder eingesetzte Arbeitsgruppe unter Beteiligung von Kommunalarchiven ein einheitliches EAD-Profil für Beständeübersichten und Findmittel, das Profil EAD/DDB. Für das Archivportal für NRW wurde kürzlich eine entsprechende Schnittstelle so programmiert, dass sie mit dem EAD/DDB-Profil kompatibel ist. Das Archivportal für NRW stellt für die Benutzer eine Bestellfunktion über einen Warenkorb für Archivalien zur Benutzung im Lesesaal bereit, so dass die Benutzer ihre Vorbestellung bequem im Voraus von zu Hause aus vornehmen können und weniger Zeit beim Archivbesuch selbst verlieren. Die Erwartungen der Internet-Nutzerinnen und -Nutzer richten sich jedoch zunehmend auf einen virtuellen Zugriff auf das Archivgut selbst. Das Portal „Archive in NRW“ hat auf diese erweiterten Nutzererwartungen reagiert, indem es nach den Findmitteln als dritte Ausbaustufe auch digitalisiertes Archivgut eingebunden hat. Die technischen Voraussetzungen dafür wurden 2012 mit dem Relaunch geschaffen. Seitdem können Findmittel, sei es im SAFT- oder im EAD-Format, im Portal mit Digitalisaten hinterlegt werden. Die für diesen Zweck realisierte technische Lösung geht von zwei Grundannahmen aus: 1. Das Basiselement für die Anzeige und Recherche im Portal ist nicht das einzelne Digitalisat, sondern die einzelne Verzeichnungseinheit. Ein Digitalisat ist nur über den Titel der Verzeichnungseinheit angemessen beschrieben, die wiederum eingebunden ist in die Struktur des Findbuchs, des Bestandes und der Tektonik. 2. Die einzelne Verzeichnungseinheit ist in der Regel mit vielen Digitalisaten verknüpft; dies gilt zumindest für Amtsbücher und Akten, die spartenübergreifend einen großen Anteil des Archivguts ausmachen. Obwohl prinzipiell die Möglichkeit besteht, Referenzierungen auf Digitalisate direkt in die EAD-Findbuchdatei aufzunehmen, hat man sich bei der technischen Struktur des Archivportals NRW für eine Trennung von Erschließungsinformation und Digitalisatreferenzierung entschieden.
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Das Portal orientiert sich damit am -Konzept des Bundesarchivs, das seinerzeit für das Netzwerk SED/FDGB-Archivgut eine Kombination der Standards EAD (für Findbücher) und METS (für Digitalisatverknüpfungen) verwendet hat. METS-Dateien müssen im Unterschied zu den Findbüchern selbst zur Digitalisatanzeige in unterschiedlichen Portal-Kontexten nicht über das Internet verschoben werden. Es reicht aus, dass die METS-Dateien zur Digitalisatverwaltung über die Links in den Findbüchern eindeutig und stabil adressiert werden. Für die Anzeige eines Digitalisats im Archivportal NRW wird der Link auf die METS-Datei automatisiert an den DFG-Viewer weitergegeben. (Pilger 2013, 113–118) Der DFG-Viewer, entwickelt als einheitliches Präsentationstool für DFG-geförderte Digitalisierungsprojekte, liest die Links auf die im Internet verfügbaren Digitalisate aus der METS-Datei aus und stellt die Digitalisate in der entsprechenden Reihenfolge dar. Für das Archivportal NRW wurde der Viewer so angepasst, dass die einfache, aber strukturierte Digitalisatanzeige aus der Datenbank weiter angereichert wird um die Titelinformation, die derzeit in der METS-Datei selbst bei den Archiven meistens nicht vorhanden ist.
6 Standards und Normdaten Das Archivportal NRW soll für die teilnehmenden Archive ein niedrigschwelliges Angebot darstellen. Daher wird bis auf Weiteres noch auf Vokabulare, Thesauri sowie Semantic Web-Funktionalitäten verzichtet, da diese Features spezielle, sehr personalintensive Erschließungsleistungen voraussetzen, die in den meisten Archiven aufgrund der engen personellen Ressourcen überhaupt nicht zu erbringen sind. Außerdem betreffen die bereitgestellten Erschließungsdaten in der überwiegenden Zahl der Fälle massenhaft anfallendes Archivgut wie Verwaltungsakten, bei denen sich die Kontextinformationen meistens aus dem jeweiligen Gesamtbestand ergeben. Eine Einzelverknüpfung zu relevanten Normdaten lohnt sich eher im Falle von besonderen Archivalien wie z. B. Autographen berühmter Persönlichkeiten.
7 Entwicklungsperspektiven bzw. -pläne Die Arbeit am Archivportal für NRW wird sich in den kommenden Jahren darauf konzentrieren, den Datenaustausch mit überregionalen Archiv- und Kulturportalen weiter zu verbessern. Auf diese Weise leistet das Archivportal für NRW einen Beitrag zum Aufbau einer sinnvollen und nachhaltigen Portallandschaft im Internet. Wann und in welcher Weise die nächste grundlegende Überarbeitung des Archivportals NRW erfolgt, hängt in erster Linie von den technischen Entwicklungen sowie den Anforderungen der teilnehmenden Archive und der Nutzer ab – nicht zuletzt auch von den finanziellen Rahmenbedingungen. Kleinere funktionale Ergänzungen und
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Anpassungen des Layouts können jederzeit im Rahmen der laufenden Pflege des Portals vorgenommen werden.
8 Zusammenfassung und Ausblick Das Internetportal „Archive in NRW“ bietet interessierten Archiven in NordrheinWestfalen kostenfrei die Möglichkeit, Informationen (Kontaktdaten, Öffnungszeiten, Angebote, Veranstaltungen), Beständeübersichten und Findbücher online bereitzustellen; Digitalisate, die auf einem Webserver des jeweiligen Archivs liegen, können an die Findbücher angebunden und dargestellt werden. Das Portal besteht seit 1998 und ist inzwischen in mehreren Stufen weiterentwickelt worden. Zurzeit beteiligen sich mehr als 490 Archive am Portal; über 5400 Findmittel mit über 2,3 Millionen Verzeichnungseinheiten stehen online bereit. Pro Jahr verzeichnet das Portal etwa 55 Millionen Zugriffe. Mit dem Portal „Archive in NRW“ erhalten Nutzerinnen und Nutzer die Möglichkeit, von Zuhause aus (und insbesondere auch institutionenübergreifend) in den Beständen der nordrhein-westfälischen Archive zu recherchieren. Sie können auf diese Weise (nicht zuletzt über ein integriertes Modul zur Aktenvorbestellung) ihre Archivbesuche leichter und effektiver vorbereiten. Mit der zurzeit anlaufenden Veröffentlichung größerer Mengen an Digitalisaten im Portal, kann in ausgewählten Bereichen eine Einsichtnahme in Archivgut vollständig virtuell über das Netz erfolgen.
9 Literatur Bischoff, Frank M. „Archive in Nordrhein-Westfalen im Internet: Bericht über ein von der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstütztes Pilotprojekt“. Der Archivar 51 (1998): Heft 3, 411–425. Bischoff, Frank M. „Das Projekt ‚Archive in NRW‘ im Internet: Nutzung und Fortschreibung“. Archivpflege in Westfalen und Lippe 53 (2000): 13–19. Black-Veldtrup, Mechtild, Andreas Pilger und Martina Wiech. „11 Jahre archive.nrw.de – Bilanz und Perspektiven“. Archivpflege in Westfalen-Lippe 71 (2009): 5–12. Pilger, Andreas. „Möglichkeiten digitaler Präsentationen im neu gestalteten Archivportal-D“. Digital und Analog. Die beiden Archivwelten. Beiträge des 46. Rheinischen Archivtags in Ratingen, 21.–22. Juni 2012 in Ratingen, Bonn 2013: 110–119. Pilger, Andreas und Peter Worm. „Findbücher ins Netz! Lösungen für kleine und mittelgroße Archive“. Archivpflege in Westfalen und Lippe 77 (2012): 41–45. Wiech, Martina. „Das Archivportal NRW“. Kooperation ohne Konkurrenz. Perspektiven archivischer Kooperationsmodelle. Beiträge des 48. Rheinischen Archivtags, 26. und 27. Juni in Kleve. Bonn 2015, 71–76.
Frauke Rehder
digiCULT – mehr als ein regionales Museumsportal 1 Einleitung 1.1 Konzept, Entwicklung digiCULT ist ein Gesamtkonzept für die Erfassung und Publikation von Museumsobjekten im Verbund. 2003 startete „digiCULT Museen SH“ als ein durch Mittel aus dem Europäischen Fond für regionale Entwicklung (EFRE) finanziertes Pilotprojekt für neun ausgewählte Museumsbestände in Schleswig-Holstein, darunter auch Sammlungen der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Unter dem Motto „Von der Karteikarte zu digitalen Kulturlandschaften“ sollten die Optionen der sich rasant entwickelnden Informations- und Kommunikationstechnologien genutzt werden, um den Paradigmenwechsel von einer nicht mehr zeitgemäßen analogen Museumsdokumentation hin zu einer elektronischen Erfassung in digitalen Datenbanken zu vollziehen. Die erfassten Daten sollten zugleich im Internet publiziert und damit im Sinne der von der Europäischen Union geforderten Demokratisierung von Wissensressourcen einem breiten Publikum – von der Fachwelt bis zum interessierten Laien – zugänglich gemacht werden. Hierzu entwickelte digiCULT eine Infrastruktur, die sich an inhaltlichen und technischen Standards orientiert. Die Vorgehensweise ist wie folgt: die dezentrale Erfassung von Sammlungsobjekten geschieht vor Ort in den einzelnen Museen und Sammlungen mit der Option, die erfassten Daten per Knopfdruck auch im Internet veröffentlichen zu können. Dabei geht es nicht um die Onlinepublikation als Selbstzweck. Vorrangiges Ziel war von Anbeginn, den Museen ein zukunftsorientiertes Werkzeug anzubieten, das sie bei ihrer Kernaufgabe der Dokumentation unterstützt und das Hochladen der Ergebnisse ins Internet als zusätzlichen Nutzen ermöglicht. Bereits Anfang 2004 erfolgte die Veröffentlichung der ersten 1.000 Objektdaten im damaligen „Museumsportal Schleswig-Holstein“. Das Portal, das 1999 online gestellt wurde, enthielt ursprünglich ausschließlich Daten zu den Museen. 2003 gab es ein Relaunch zu einer datenbankgestützten Version mit differenzierteren Suchoptionen und einem Veranstaltungskalender. 2008 änderte sich der Name in „Museumsportal Nord“, (http://www.museen-nord.de), da seither in diesem Portal auch Informationen, Veranstaltungen und Objektdaten der mit digiCULT kooperierenden Stiftung Historische Museen Hamburg zu finden sind. 2013 erhielt das Portal in Kooperation mit der Verbundzentrale (VZG) des Gemeinsamen Bibliotheksverbundes (GBV), ein neues Gesicht und ist seitdem auch für neue Generationen mobiler Endgeräte geeignet. Offizieller Träger des Portals ist der Museumverband Schleswig-Holstein und
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Hamburg e. V., (bis 2012 Museumsverband Schleswig-Holstein e. V.), mit dem digiCULT eng zusammenarbeitet. Zum Ende des Projektes 2006 beteiligten sich bereits 24 Institutionen an digiCULT, die ca. 12.600 Objektdatensätze im Portal veröffentlicht hatten. Aufgrund des großen Interesses startete nach einer durch die Landesregierung unterstützten Überbrückungsphase im November 2007 digiCULT 2 mit dem Schwerpunkt auf der Entwicklung von Werkzeugen und Vokabularen zum Wissensmanagement und Datenaustausch. Das Projekt erhielt eine finanzielle Förderung durch EU- und Landesmittel aus dem Zukunftsprogramm Schleswig-Holstein. Träger war das Forschungs- und Entwicklungs-Zentrum der FH Kiel GmbH.
1.2 Kooperationen, weitere Portale Das Konzept der Erfassung und Veröffentlichung von Museumsbeständen im Verbund überzeugte auch über die Landesgrenzen hinaus. So besteht seit 2006 eine Kooperation mit dem Saarländischen Museumsverband e. V., der unsere Erfassungssoftware übernahm und die Objektdaten seit 2007 im Portal „Museen Saar“ (http://saarland. digicult-museen.net) online präsentiert. Im Oktober 2007 startete ein Pilotprojekt zur Erfassung der Bestände der Stiftung Historische Museen Hamburg. Hier setzte digiCULT als zusätzliche Portallösung eine passwortgeschützte interne Metadatenbank um. Zu beachten ist hier, dass einige Häuser ihre Objekte mit anderen Softwareprodukten erfassen, deren Einbindung auf Grund der offenen Softwarearchitektur von digiCULT auf der Basis eines LIDO-Repositorys (Lightweight Information Describing Objects) möglich ist. Seit 2010 besteht eine enge Kooperation mit der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald. Die Ergebnisse der Inventarisierung der unterschiedlichen Sammlungsbestände sind seit Februar 2012 im Portal „Wissenschaftliche Sammlungen der ErnstMoritz-Arndt-Universität Greifswald“ (http://www.wissenschaftliche-sammlungen. uni-greifswald.de) recherchierbar, das von digiCULT gemeinsam mit der VZG entwickelt wurde. Auf Länderebene ist an dieser Stelle auch die Kooperation mit dem Museumsverband Thüringen e. V. zu nennen. Hier schult ein Digitalisierungsteam interessierte Museen im Umgang mit der digiCULT-Software. Die Ergebnisse sowie weitere aus anderen Erfassungssystemen importierte Datenbestände sind seit Dezember 2011 im Portal „Museen in Thüringen“, (http://www.museen.thueringen.de) sichtbar – eine Kooperation von digiCULT mit der VZG und der Thüringischen Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB).
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1.3 Überregionale Portale Darüber hinaus hat digiCULT Teilmengen der erfassten Daten auch an überregionale Portale weitergeleitet. So wurden über 27.000 Datensätze aus den Museumsportalen Nord und Saarland im BAM-Portal veröffentlicht, dem ersten deutschen spartenübergreifenden Portal für Bibliotheken, Archive und Museen. Erste Importe erfolgten 2007/2008 im Harvestingformat museum.dat, seit 2010 in LIDO. Als weiteres Fachportal belieferte digiCULT 2008 prometheus, das verteilte digitale Bildarchiv für Forschung und Lehre (http://www.prometheus-bildarchiv.de), mit Daten aus schleswig-holsteinischen Museen. Nachfolger von BAM als spartenübergreifendes Kulturportal ist die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB). Zur Freischaltung des Beta-Launch im November 2012 steuerte der digiCULT-Verbund ca. 39.000 Datensätze aus den drei regionalen Portalen bei. Außerdem ist digiCULT seit 2007 Mitglied im Kompetenznetzwerk der DDB. Auf europäischer Ebene sind zum einen das Michael-Portal (Multilingual Inventory of Cultural Heritage in Europe; http://www.michael-culture.org), zu nennen, das auf 34 digiCULT-Sammlungen verweist, sowie die Europeana (http://www.europeana. eu), in der seit November 2008 Kulturgüter aus ganz Europa zu entdecken sind. digiCULT hat sich beim Start als erster Provider deutscher Museumsdaten mit ca. 10.000 Datensätzen beteiligt. In allen genannten Kooperationen hat sich die konsequente Umsetzung eines der Verbundfähigkeit verpflichteten Grundkonzepts bewährt. Damit ist für die teilnehmenden Institutionen die Weitergabe ihrer Daten an übergeordnete Portale automatisch gewährleistet, sofern sie dem zustimmen. Umgekehrt verweisen die genannten Portale zurück auf die im regionalen Museumsportal veröffentlichten Datensätze, die wiederum auf die eigene Museumshomepage verweisen können. Somit werden zuvor nur in der Region bekannte Kulturgüter auch im nationalen und internationalen Kontext bekannt gemacht und beispielweise auch für überregionale Ausstellungsprojekte entdeckt.
2 Bestand bzw. geplante Bestandsentwicklung Anfang März 2015 sind im „Museumsportal Nord“ 47.207 Objektdatensätze aus 63 Institutionen veröffentlicht. In „Museen Saar“ sind es 16.110 Datensätze aus 24 Museen, im Thüringer Portal 9.256 Datensätze aus 65 Museen und Sammlungen. Die Universität Greifswald präsentiert 6.642 Datensätze aus 14 Sammlungen. Veröffentlicht werden in den Portalen Metadaten zu den Objekten, die mindestens Angaben zu Objektbezeichnung, Sachgruppe, Material, Maßen und Datierung enthalten sollten. Darüber hinaus können weitere Angaben zum Beispiel zu Künstler bzw. Hersteller, Titel, Technik, Ikonografie und Stil sowie Beschreibungstexte und
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Literaturangaben veröffentlicht werden. Über Auswahl und Anzahl der Datensätze, die ins Portal übertragen werden, entscheiden die beteiligten Museen bzw. Sammlungen selbst. Dazu wird mindestens ein digitales Abbild mit einer Länge von 600 Pixeln an der längsten Kante hochgeladen. Wo vorhanden, können hochaufgelöste Digitalisate in die Medienverwaltung digiCULT.UrMEL der ThULB eingespielt und über einen Viewer mit Zoom-Funktion angezeigt werden. Dieses Modul, das derzeitig vorrangig im Thüringer Portal zum Einsatz kommt, soll zukünftig auch für weitere digiCULT-Bestände verwendet werden. In allen Portalen wird im Impressum darauf hingewiesen, dass die Rechte und Verantwortung für Texte und Fotos bei den jeweiligen Museen bzw. Sammlungen liegen. Eine Weiterverwendung ist erst nach vorheriger Rücksprache gestattet, wobei die Urheberrechte zu beachten sind. Falls Abbildungen aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden dürfen, blendet digiCULT ein Stellvertreterbild mit einem entsprechenden Hinweis ein.
3 Organisationsform Nach zweimaliger Projektförderung übernahm 2010 die digiCULT-Verbund eG den Geschäftsbetrieb. Bei der Gründungsversammlung in Kiel haben sich 42 Mitglieder für die gemeinsame Weiterführung von digiCULT im Rahmen einer Genossenschaft entschieden. Hintergrund für diese Entscheidung war nicht zuletzt die Novellierung des Genossenschaftsgesetzes im Jahre 2006, die u. a. eine Erweiterung des Förderzwecks um kulturelle und soziale Belange vorsieht (§ 1 GenG), wodurch eine Vergrößerung der Anwendungsbereiche der eG als Unternehmens- und Rechtsform möglich wurde. Ziel ist, laut Satzung, die Unterstützung der Mitglieder auf ihrem Weg in die Wissensgesellschaft durch Einführung neuer Informations- und Kommunikationstechnologien, bevorzugt die Förderung der kooperativen digitalen Bestandserschließung, -dokumentation und -publikation von Sammlungsobjekten im Rahmen der deutschen und europäischen Zielsetzung zur digitalen Sicherung und Zugänglichmachung des kulturellen Erbes. Sitz der digiCULT-Geschäftsstelle ist Kiel. Die hauptamtliche Geschäftsführung arbeitet eng und konstruktiv mit dem ehrenamtlichen Vorstand zusammen. Sowohl im Vorstand wie auch im ebenfalls ehrenamtlich tätigen Aufsichtsrat spiegelt sich die Mitgliederstruktur der Genossenschaft wieder. So engagieren sich VertreterInnen aus Thüringen, Hamburg, Greifswald, dem Saarland und Schleswig-Holstein sowie aus dem Landschaftsverband Rheinland, der digiCULT 2012 beigetreten ist. Die digiCULT-Verbund eG arbeitet nicht gewinnorientiert. Die Finanzierung setzt sich zusammen aus Fördergeldern des Landes Schleswig-Holstein sowie aus den
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nach Trägerschaft, Größe und Leistungsfähigkeit gestaffelten Beiträgen der mittlerweile 88 Mitglieder. In Hamburg und Thüringen werden Länderbeiträge über die Stiftungsmuseen bzw. den Museumsverband gezahlt. Darüber hinaus muss ein Anteil der Kosten für die personelle und technische Infrastruktur über Projektaufträge von digiCULT selbst erwirtschaftet werden.
4 Teilnahme am Portal Die Teilnahme am Portal „Museen Saar“ setzt die Mitgliedschaft im Saarländischen Museumsverband e. V., die Teilnahme am Portal „Museen in Thüringen“ die Mitgliedschaft im Museumsverband Thüringen e. V. voraus. Da beide Museumsverbände auf ihren Homepages zusätzlich eine nach Region, Ort und Kategorie filterbare Übersicht der Museen und Sammlungen ihres jeweiligen Landes anbieten, werden in den digiCULT-Portalen lediglich Institutionen mit Objektdaten aufgeführt. Das „Museumsportal Nord“ ist ursprünglich als das einzige landesweite Museumsportal für Schleswig-Holstein konzipiert worden, in dem Museen und verwandte Institutionen ebenfalls nach Region, Ort und Kategorie recherchierbar sind. Voraussetzung zur Teilnahme ist die Mitgliedschaft beim Museumsverband Schleswig-Holstein und Hamburg e. V. oder bei der digiCULT-Verbund eG. In allen Portalen werden die Daten im Regelfall von den erfassenden Institutionen aus der Anwendung heraus direkt per Knopfdruck in die jeweiligen Portale hochgeladen. Wartezeiten entstehen bei der Veröffentlichung von Daten aus externen Erfassungssystemen. Der Workflow wird in Schleswig-Holstein direkt mit digiCULT vereinbart. Im Saarland sind die Geschäftsstelle des Saarländischen Museumsverbandes und in Thüringen das Digitalisierungsteam des Museumsverbandes Thüringen e. V. die Ansprechpartner, die wiederum die weiteren Schritte mit digiCULT abstimmen.
5 Technik digiCULT bietet seinen Partnern eine aus Open-Source-Komponenten entwickelte Softwarelösung aus vier Hauptmodulen, die durch Webservices miteinander vernetzt sind. Die Dateneingabe erfolgt seit 2003 in digiCULT.DokBase, einer relationalen, netzwerkfähigen Datenbank, die vor Ort installiert wird. Seit 2012 ist auch die webbasierte Version digiCULT.web im Einsatz, in der über den Web-Browser gearbeitet wird. Beide Erfassungsprogramme enthalten in einem hohen Maß kontrollierte Vokabulare, die den Datenfeldern hinterlegt sind. Die Masterversionen dieser Vokabulare werden in digiCULT.xTree gepflegt, einem webbasierten Verwaltungsmodul für Thesauri, Klassifikationen und Listen.
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Hier werden die Vokabulare durch weitere Daten sowie ggf. Übersetzungen ergänzt und mit Normvokabular aus dem Bibliotheks- und Museumsbereich abgeglichen. Die ursprüngliche Version von 2004 wurde und wird weiterhin unter Einbeziehung dokumentarischer Fachkompetenz optimiert. digiCULT.xTree ist SKOS-basiert (Simple Knowledge Organization System), beherrscht Multilingualität und ist semantisch interoperabel mit der Thesaurusnorm ISO 25964-1 Für den Datenaustausch wird der Standard Vocnet bedient. SOAP- bzw. REST-Schnittstellen ermöglichen den Webservice. Darüber hinaus verfügt digiCULT.xTree über eine integrierte Mediendatenbank sowie ein Diskussionsforum und eignet sich auch für die dezentrale Bearbeitung von Vokabularen. Die Daten aus beiden Modulen fließen zusammen in digiCULT.meta, einer zentralen SQL-Metadatenbank als Repository für alle zu veröffentlichenden Daten. Von hier aus werden die Daten weitergeleitet, um primär im Modul digiCULT.portal – das ist vorrangig das regionale Museumsportal – publiziert zu werden. Bei der Einzeldarstellung eines Objektes im Museumsportal werden, sofern vorhanden, über den in digiCULT.xTree erfolgten Abgleich mit Normvokabular zusätzliche Recherchemöglichkeiten angeboten, zum Beispiel im Gemeinsamen Verbundkatalog (GVK) des GBV oder in der Getty Union List of Artist Names (ULAN), aber auch in Wikipedia.
Abb. 1: Einzeldarstellung eines Objektes im Museumsportal Nord
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Für digiCULT stand dabei immer im Fokus, keine proprietären, sondern offene, kompatible Lösungen zu entwickeln. Folglich ermöglichte die offene Softwarearchitektur von Beginn an auch die Einbindung anderer Erfassungssysteme. So ist durch die Verwendung von inhaltlichen Standards bei der Erfassung sowie von standardisierten Datenaustauschformaten eine Weitergabe der Daten an übergreifende nationale und internationale Fachportale von vornherein mitgedacht worden. In diesem Kontext beteiligt sich digiCULT seit 2005 im Rahmen der Fachgruppe Dokumentation des Deutschen Museumsbundes an der Entwicklung von Datenaustauschformaten.
6 Standards und Normdaten Beide digiCULT-Erfassungsprogramme orientieren sich am Grunddatenkatalog des Deutschen Museumsbundes. digiCULT.web baut zudem auf dem ereignisbasierten Datenmodell CIDOC Conceptual Reference Model (CRM) auf und beinhaltet von vorherein einen semantisch validen LIDO-Export (http://www.lido-schema.org). Verwendete Vokabulare für die Sacherschließung sind die ursprünglich an der Bayrischen Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen entwickelte Oberbegriffsdatei (OBG), eine inzwischen erheblich erweiterte Version der Hessischen Systematik des Hessischen Museumsverbandes (http://museum.zib.de/museumsvokabular/ documents/systematik-hessen-original-2003.pdf), ein ikonografisches Vokabular, das auf Iconclass des Rijksbureau voor Kunsthistorische Dokumentatie (http://www.iconclass.org/) basiert, sowie eine Liste mit Künstlernamen, die mit der Getty Union List of Artist Names (ULAN) und ein Ortsvokabular, das mit dem Getty Thesaurus of Geographic Names (TGN) abgeglichen wird. Diese Vokabulare sowie weitere im Rahmen des digiCULT-Verbundes entstandene Vokabulare zu Kulturgruppen, Datierungsepochen, Material und Technik werden mit der Gemeinsamen Normdatei (GND) und auch mit Wikipedia gemappt. Für mineralogische Bestände wird die Mineralsystematik nach Alexander Hölzel eingesetzt.
7 Entwicklungsperspektiven bzw. -pläne Wie soll es weitergehen? Derzeitig geht es digiCULT nach einer Phase der schnellen Entwicklung um Konsolidierung. So liegt ein Schwerpunkt auf der Optimierung der vorhandenen Module auch im Hinblick auf eine größere Benutzerfreundlichkeit. Für digiCULT.web sind eine Erweiterung der Erfassungsmasken sowie der Ausbau von Tools zum Museumsmanagement geplant. In digiCULT.xTree ist ein Workflow für das Neuanlegen von Begriffen und deren Rückeinspielung in unterschiedliche Erfassungssysteme auch außerhalb der digiCULT-Architektur auszugestalten. Und in
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den digiCULT-Portalen stehen eine Verbesserung der Suchoptionen durch Solr-Index sowie die Einbindung weiterer hochaufgelöster Medien auf der Agenda. Ein weiteres Vorhaben ist der Ausbau von Partnerschaften im Bereich der kollektiven Vokabularentwicklung und -bereitstellung. Und nicht zuletzt steht eine kontinuierliche Fortführung von Datenlieferungen an nationale und internationale Fachportale auf dem Programm.
8 Zusammenfassung und Ausblick Das der Einhaltung von Standards verpflichtete Verbundkonzept von digiCULT hat sich in der Praxis bewährt. Wichtig war digiCULT einerseits, zügig auf die sich ständig im Fluss befindlichen Entwicklungen in den Bereichen Technik, Datenaustauschformate und Vokabulare reagieren zu können. Andererseits sollte den Museen der Zugang zu den Optionen der neuen Informationstechnologien gewährt werden, ohne sie zu überfordern. So spiegelt die Erfassungssoftware die schon in analogen Zeiten praktizierten Arbeitsschritte wieder, allerdings mit erheblich verbesserten Recherche- und Publikationsmöglichkeiten. Dabei bietet gerade die Onlinepublikation über die Portale eine Möglichkeit, auf zuvor nur in der Region bekannte Kulturgüter und die sie bewahrenden Institutionen weltweit aufmerksam zu machen. Dieser Prozess erfordert Lern- und Kooperationsbereitschaft sowie auch eine gewisse Frustrationstoleranz von den Museen. Umgekehrt müssen technische Partner bereit sein, die spezifischen Fragestellungen und Sichtweisen aus dem musealen Bereich ernst zu nehmen und nicht in ein allumfassendes, programmiertechnisch begründetes Raster pressen zu wollen.
9 Literatur Alle Informationen zur Genossenschaft sind unter http://www.digicult-verbund.de abrufbar. Landwehr, Lütger und Frauke Rehder. „digiCULT. Projekt DigiCult Museen S-H – von der Karteikarte zu virtuellen Kulturlandschaften“. Berichte der Gesellschaft für Volkskunde in SchleswigHolstein 27 (2004): 16–20. Rehder, Frauke. „digiCULT-Museen S-H – vom Projekt zur Genossenschaft“. Berichte der Gesellschaft für Volkskunde in Schleswig-Holstein 40 (2010): 70–78. Rehder, Frauke. „Ein Gesamtkonzept zur Erfassung und Publikation von Museums- und Sammlungsobjekten im Verbund“. Corpora Ethnographica online. Strategien der Digitalisierung kultureller Archive und ihrer Präsentation im Internet. Hrsg. von Holger Meyer, Christoph Schmitt, Stefanie Janssen, Alf-Christian Schering, Münster: Waxmann 2014:195–206.
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museum-digital – Ein zivilgesellschaftliches Projekt großer und kleiner Museen 1 Einleitung Die Beratung zur Erfassung und Erschließung der Bestände der Museen stehen seit jeher im Fokus der Aufgaben von Museumsverbänden. Bei museum-digital handelt es sich um ein Projekt, das als Pilot 2009 in Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz in Zusammenarbeit mit dem Institut für Museumsforschung Berlin startete. Ziel war es, für Museen eine Plattform zu entwickeln, in der diese ihre Objekte kostengünstig einem breiten Publikum zugänglich machen können. Mittlerweile haben sich Museumsvereinigungen aus insgesamt acht weiteren Bundesländern dieser Initiative angeschlossen (Baden-Württemberg 2012, Berlin 2010, Brandenburg 2013, MecklenburgVorpommern 2015, Niedersachsen 2014, Nordrhein-Westfalen – Ostwestfalen-Lippe 2011, Rheinland 2012 und Westfalen 2011 –, Sachsen 2014 und Thüringen 2010). Auslöser war in beiden Ländern die geringe digitale Erschließung von Museumsobjekten, die über Abfragen zum Sammlungsbestand bzw. zu dessen Dokumentation zu Tage gekommen war. Es stellte sich heraus, dass die vorhandenen Ressourcen der einzelnen Museen nicht ausreichten, die Fülle ihrer Bestände über die traditionellen Wege wie Ausstellungen und Kataloge einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen. Bei mehr als der Hälfte der Museen war die Bestandserfassung unvollständig, zudem gab es große Unterschiede bei der Erschließungsqualität. Häufig waren nur Grunddaten von Einzelobjekten, manchmal nur von Sammlungskonvoluten vorhanden. Sehr selten waren Objekte wissenschaftlich erschlossen. Wurden Objekte tatsächlich digital erfasst, so lagen diese Daten in beiden Bundesländern – ähnlich wie in der gesamten Bundesrepublik – in sehr unterschiedlicher Form vor. In beiden Bundesländern wandten nur wenige Museen eine spezielle Inventarisierungssoftware an. Häufig wurden Verwaltungsprogramme genutzt, in denen z. B. Bilder und Daten nicht miteinander verknüpft waren. Daneben gab es zahlreiche Insellösungen, die von einfachen Tabellen bis hin zu komplexen, eigens für die Einrichtungen entwickelten Werkzeugen reichten. Dies galt gleichermaßen für alle Museumssparten wie auch für große oder kleine Sammlungen. Für eine weitergehende Verknüpfung mit anderen Einrichtungen oder eine fortschreitende Aktualisierung bereits genutzter Programme fehlten zumeist die personellen wie finanziellen Ressourcen. Die technische Ausstattung war häufig mangelhaft. Mit der Rechtslage zur Publikation im Internet waren nicht alle Museen vertraut und auch die Anforderungen an lesefreundliche Texte im Internet waren in fachwis-
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senschaftlichen Kreisen nicht vorauszusetzen. In den vergangenen fünf Jahren hat sich an dieser Situation nur wenig geändert. Beraten durch das Institut für Museumsforschung Berlin, führten beide Museumsverbände Informationsveranstaltungen zur Digitalisierung und Publikation von Museumsbeständen im Internet durch. In Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt verfügten nur wenige Museen über Online-Datenbanken, die Voraussetzung sind, um Eingang in weitere, übergreifende Portale zu finden. In beiden Ländern wurden daraufhin zahlreiche Portale aus dem In- und Ausland auf die Nutzbarkeit geprüft. Da sich in Sachsen-Anhalt aufgrund der erforderlichen Haushaltskonsolidierungen, des demographischen Wandels und des absehbaren Auslaufens des Solidaritätspaktes II sowie der EU-Förderung Zielgebiet I die finanziellen Rahmenbedingungen der Museumsträger und des Landes Sachsen-Anhalt verschlechtert hatten, entfiel auch die Möglichkeit einer (finanziellen) Beteiligung an Projekten anderer Bundesländer. Noch weniger zu erwarten war, dass das Land Sachsen-Anhalt ein gesteuertes dauerhaftes Digitalisierungsvorhaben implementieren würde. Auch in Rheinland-Pfalz standen keine finanziellen Ressourcen für eine mögliche Beteiligung an Projekten anderer Bundesländer in Aussicht, sowohl aufgrund der Entwicklung eines kommunalen Entschuldungsfonds als auch wegen der Bestrebungen, eine Konsolidierung des Landeshaushalts auf den Weg zu bringen. Auch mit einer signifikanten Erhöhung des seit Jahren rückläufigen Titels „Projektförderung der nichtstaatlichen Museen“ im Landeshaushalt war nicht zu rechnen. Aufgrund dieser Rahmenbedingungen – die sich übrigens seit 2009 nicht bedeutend gewandelt haben – mussten Museen in beiden Bundesländern geeignete Wege finden, um ihre Sammlungen und Objekte im Internet präsentieren zu können. Denn dies war eine Voraussetzung für die Teilnahme an Europeana, deren Beta-Version im November 2008 online gegangen war. Die Museumsverbände der beiden fast gleichgroßen Flächenstaaten beschlossen, das gemeinsame Pilotprojekt museum-digital auf die Schiene zu setzen. Glücklicherweise gab es in Sachsen-Anhalt wie in Rheinland-Pfalz positive Erfahrungen der Verbandsmitglieder in der zivilgesellschaftlichen Selbstorganisation von Museumsarbeit, die jedoch auf unterschiedliche Weise umgesetzt wurden. In Sachsen Anhalt fanden sich seit dem 26. Januar 2009 Interessierte in der Arbeitsgemeinschaft Digitalisierung im Museumsverband Sachsen-Anhalt e. V. (AG), beraten durch das Institut für Museumsforschung Berlin, zusammen. Seitdem entwickelten sich gemeinsame Verbünde und Netzwerke, mit dem Ziel, der besseren Sichtbarmachung der in den Museen Sachsen-Anhalts vorhandenen Objekte im Internet. Noch heute treffen sich die Mitglieder dieser AG regelmäßig; ihr gehören Museen der Größenordnung eines UNESCO-Welterbes ebenso an wie kleine Regionalmuseen. Zwischenzeitlich sind in der AG Museen folgender Sparten vertreten: Naturgeschichte, Kulturgeschichte, Kunstgeschichte, Technikgeschichte, Regionalgeschichte, Stadtgeschichte, Zoologie und Archäologie.
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In Rheinland-Pfalz informierte der Museumsverband regelmäßig über die Entwicklung der Plattform und bot zahlreiche Workshops in Rechenzentren in den vier Regionen an, in denen u. a. die Dateneingabe begleitet eingeübt werden konnte. Außerdem wurden in regelmäßigen Abständen Seminare zur digitalen Objektfotografie angeboten. Ziel war die Publikation von Informationen zu Museumsobjekten in Text und Bild im Internet, die in den Sammlungen dauerhaft oder zeitweise präsentiert und/oder für zukünftige Generationen bewahrt werden. Dabei waren aus Sicht der Museen folgende Gesichtspunkte von Bedeutung: –– Einfache Bedienung durch Anwender, IT-Kenntnisse nicht erforderlich, einfacher Browser ist ausreichend, –– Sammlungsbeschreibungen zur Selbstdarstellung des Museums, –– Minimum an erforderlichen Objektangaben und Bild (Pflicht), –– unbegrenzte Möglichkeiten der Objektinformationen bis hin zum Blättern in Partituren, –– kostenfreie, nicht kommerzielle Anwendung und Nutzung von museum-digital, –– jedes Museum behält die Verfügungshoheit über seine Daten. Es kann zu jeder Zeit und von jedem Ort aus, seine Daten kontrollieren, verändern, löschen. Das Museum entscheidet, an wen bzw. welches Portal es seine Daten weitergibt, –– mögliche Einbindung der digitalisierten Sammlung in die eigene Homepage, –– Berücksichtigung von Standards zum Austausch von Objektinformationen (LIDO Lightweight Information Describing Objects, s. u.,), –– Anreicherung der Objektinformationen mit Normdaten (s. u.), –– Optimierung für Suchmaschinen wie Google, Bing, Yahoo etc., –– Verknüpfung mit Wikipedia, –– QR-Code-Generator zur Nutzung von museum-digital durch mobile Endgeräte, –– Dokumentationsmöglichkeit von Ausstellungen, –– Einbindung von Filmen und Tönen, –– kollaborative Entwicklung, der gemeinsam genutzten Software, –– Transparenz über fortlaufende Entwicklung von museum-digital durch Blog und offene Nutzerstatistik. Aufgrund seiner Bereitstellung über die Museumsverbände und -beratungsstellen entstand aus Nutzerperspektive heraus eine Bündelung der Informationen in Form von Länderportalen, die zu einem deutschlandweiten Gesamtportal zusammengefasst werden. Bei museum-digital wurde daher die übergreifende Suche aus allen museum-digital-Beständen möglich. Grundsätzlich aber versteht sich museum-digital in erster Linie nicht als Portal, sondern als Werkzeug, das nicht nur für Museumsmitarbeiter wie Nutzer eine einfache, auch museumsübergreifende Recherche und zudem den Austausch mit Webseiten-Besuchern ermöglicht. Letzteres dient dazu, über die Vernetzung des user generated content weiteres Wissen zu generieren.
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museum-digital ist seit 2010 in sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter erfolgreich vertreten. Seit kurzem kann man museum-digital auch als Werkzeug zur einfachen Inventarisierung nutzen. Dieses Angebot wurde entwickelt, um speziell den kleinen Museen den Weg der Publikation ins Internet zu erleichtern. Inzwischen wird dies z. B. auch von der Evangelischen Landeskirche Anhalt genutzt.
2 Bestand bzw. geplante Bestandsentwicklung Zwischenzeitlich sind etwas über 100.000 Datensätze erfasst worden. Zum Stichtag 17. Februar 2015 waren davon für die weltweiten Nutzer von museum-digital 52.089 Objekte aus 1.747 Sammlungen in 382 Museen sichtbar. museum-digital entwickelt sich dynamisch nach dem bottom-up-Prinzip. Die Bestandsentwicklung richtet sich nach den personellen und finanziellen Möglichkeiten der Museen. Damit ist eine gesteuerte Bestandsentwicklung im Sinne eines topdown-Prinzips nicht planbar.
3 Organisationsform museum-digital wird von den Museumsverbänden Rheinland-Pfalz e. V. und SachsenAnhalt e.V. und einem wechselnden kleinen Entwicklerpool gemeinsam organisiert. Aufgrund der seit Beginn geringen bis fehlenden Finanzmittel wird museum-digital als Low-Budget-Projekt betrieben und im Rahmen von Freiwilligenarbeit iterativ entwickelt. An unbarer Leistung sind seit der Gründung im Januar 2009 bis Februar 2015 ca. drei Personenjahre in die Entwicklung eingeflossen. Für die Serverkosten sind rund 3.500 € seitdem anzurechnen. Ein wesentlicher Punkt, der derzeit nicht allein durch Freiwillige umfassend gewährleistet werden kann, ist die Normdatenanreicherung. Hierfür wird vom Museumsverband Sachsen-Anhalt e. V. eine jährliche Projektförderung des Landes in Höhe von rund 9.000 € eingeworben. Die sachsen-anhaltischen Museen tragen je Museum 15 € bei. In Rheinland-Pfalz erfolgt die Normdatenanreicherung derzeit noch über Mitarbeiter des Museumsverbands. Museumsverbände/staatliche Museumsberatungsstellen, die durch eigene Maßnahmen an einer Verbesserung von museum-digital finanziell mitwirken können, erhalten entsprechend ihren Projekten einen Kooperationsvertrag. Darüber hinaus hat das Land Sachsen-Anhalt der AG Digitalisierung im Rahmen einer Projektförderung eine Anschubfinanzierung in Höhe von 30.000 € gewährt. In Rheinland-Pfalz gewährte das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur eine Projektförderung in Höhe von rund 10.000 €.
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4 Teilnahme am Portal Die Software wird weltweit kostenlos und werbefrei Museen zur Verfügung gestellt. Aus organisatorischen Gründen erfolgt dies in der Regel über die regionalen öffentlichen Museumsorganisationen oder -beratungsstellen. Diese übernehmen hauptsächlich die Begleitung, Fortbildung/Beratung und Moderation. Pro Monat wird von ca. 45.000 Besuchern knapp 230.000 Mal eine Seite von museum-digital aufgerufen. Wer – zumeist über Suchmaschinen – den Weg zu museum-digital erst einmal gefunden hat, der besucht im Durchschnitt 5,4 Seiten und verweilt 2,5 Minuten. Das ist eine relativ hohe Verweildauer. Über die AG Digitalisierung nehmen die Museen Einfluss auf die Weiterentwicklung von museum-digital. Anhand des Feedbacks der Teilnehmer wird jeweils die nächste Iteration von museum-digital geplant, um möglichst nah an den Bedürfnissen der Nutzer zu sein.
5 Technik museum-digital basiert vollständig auf freier Software (Open-Source), die selbständig weiterentwickelt wurde. Auf der Grundlage von PHP und MySQL wurde eine Reihe von Skripten verfasst, deren Anwendbarkeit durch die Museen selbst getestet wurde. So wurden sowohl ein Backend (Eingabe- und Bearbeitungswerk) als auch ein Frontend (Ausgabewerkzeug) unter Einbezug der Museen geschaffen. Nur auf diese Weise ist gewährleistet, dass beides den Möglichkeiten und Anforderungen der Museen entspricht. Anders als bei Portalen wie der Europeana, werden die Informationen zu einzelnen Objekten bei museum-digital als „lebendes Dokument“ verstanden. Ständig kommen neue Informationen hinzu, werden bessere Abbildungen verfügbar, wird es durch deren Veröffentlichung möglich, Verknüpfungen zu anderen Objekten sichtbar zu machen. Die Software von museum-digital basiert auf dieser grundlegenden Einsicht. Alle Informationen sind durch die Museen jederzeit veränderbar. Gleiches gilt für Objektabbildungen, die jederzeit ausgetauscht und durch aktuellere Aufnahmen ersetzt werden können. Zu jedem Objekt kann eine unbegrenzte Anzahl von Objektabbildungen veröffentlicht werden. Alle Abbildungen werden automatisch mit den entsprechenden IPTC-Daten versehen. Sogenannte Datenleichen, d. h. nicht mehr aktuelle Datensätze gibt es – anders als bei anderen Plattformen – bei museum-digital nicht. Die Statistik wird mit dem Open-Source-Programm Piwik erfasst und ist, da sich museum-digital der Transparenz verschrieben hat, stets aktuell für jedermann abrufbar. Es werden keinerlei personenbezogene Angaben gespeichert.
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6 Standards und Normdaten Um den Bedingungen der Museen Rechnung zu tragen, wurde eine eigene Software für die Verwaltung der Normdaten geschaffen, die durch die Normdatenredaktion genutzt wird, denn dafür fehlen den Museen die erforderlichen zeitlichen Ressourcen. Mit diesem Werkzeug werden insbesondere Personen- und Institutionsdaten, Ortsnamen, Zeitangaben und Schlagworte mit Inhalten (Lebensdaten, Geokoordinaten, Definitionen, etc.) und Verlinkungen zur Gemeinsamen Normdatei, Wikipedia, den Library of Congress Subject Headings (LCSH) und anderen Quellen angereichert. Auf der Ausgabeseite werden diese Verlinkungen im Sinne der Linked Data genutzt und die externen Inhalte zur Anzeige gebracht. Mit dem Normdatenwerkzeug werden auch Synonyme und Hierarchisierungen verwaltet, dies augenblicklich für geographische Begriffe (etwa Göttingen → Niedersachsen → Deutschland – …) und Schlagworte (etwa Schaukelpferd → Kinderspielzeug → Spielzeug), später auch für Personen etc. (etwa: Sohn von …) und für Zeiten (etwa 1950 ist Teil von 1950er Jahre). Diese Hierarchisierungen werden im Ausgabewerkzeug genutzt. Wer nach dem Schlagwort Spielzeug sucht, findet auch Schaukelpferde. museum-digital verfügt über einen Schlagwort-Vorschlagsmechanismus: Ein Programm liest alle Informationen zu einem Objekt aus und sendet diese an wortschatz. uni-leipzig.de .Von dort werden die vorhandenen Substantive in ihren Wortstammformen zurückgeschickt. Die daraus generierte Vorschlagsliste erleichtert die Verschlagwortung, die letzten Endes aber immer von den Museen selbst durchgeführt wird. museum-digital berücksichtigt die neuesten Standards zum Austausch von Objektinformationen. Durch Einbindung von Linked Data und durch Bereitstellung der eigenen Vokabulare über eine API (Application-Programming-Interface API), eine wird Schnittstelle zur Anwendungsprogrammierung durch die anderen Programme ein Tool zur Verfügung gestellt, über den sie an das Softwaresystem angebunden werden können – so ist museum-digital aktiver Teil des semantischen Netzes. Die kontrolliert verwendeten Begriffe werden verknüpft mit ihren Entsprechungen aus: –– Orte: geonames, TGN, GND, –– Personen und Körperschaften: GND, NDB/ADB, ULAN und weiteren Verzeichnissen wie z. B. Magdeburger Biographisches Lexikon, –– Schlagworte: Iconclass-Nummer, LCSH, z. B. auch Fachvokabulare wie etwa mindat.org oder nomisma.org, –– museumsspezifische Vokabulare aus www.museumsvokabular.de Die im Internet öffentlich verfügbaren museumsspezifischen Vokabulare unter www. museumsvokabular.de liegen oft nicht in einer leicht als Linked Data zu nutzenden Form vor. museum-digital bringt sie daher nach und nach in einer zu nutzenden Form zur Veröffentlichung und nutzt sie für die interne Anreicherung. Veröffentlicht sind inzwischen die Möbeltypologie, die Ackerbaugeräte-Systematik (Feldbestellung,
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Werkzeuge, Holzbearbeitung, Transport- und Nutzfahrzeuge), Grobsystematik, Oberbegriffsdatei.
7 Entwicklungsperspektiven bzw. -pläne Um die Objekte der Museen möglichst leicht in verschiedene Kontexte stellen zu können, verfügt museum-digital über ein eigenes Werkzeug, mit dem sich sehr leicht kleine Themenportale bzw. Online-Ausstellungen erstellen lassen, so z. B. „moderne digital“. Auch die Präsentation von Teilsammlungen im Rahmen von Sonderausstellungsprojekten ist möglich, wie bei der Ausstellung „1914–1918. Die Pfalz im Ersten Weltkrieg“ des Historischen Museums der Pfalz Speyer. In der Ausstellung kann nur ein Bruchteil der über 2.000 Exponate der „Pfälzischen Kriegssammlung“ gezeigt werden, aber in einem Terminal sind über museum-digital Informationen über alle Exponate der Sammlung recherchierbar. Auch die Dokumentation von Ausstellungen ist möglich. Die Flexibilität von museum-digital ermöglicht die Einbettung der digitalisierten Bestände auf der eigenen Museumshomepage oder des Trägers, siehe Landesmuseum Württemberg Stuttgart mit seinem Digitalen Katalog. Alle diese Anwendungen werden in Zukunft sicherlich häufiger genutzt und weiter optimiert werden. Durch die Einbindungsmöglichkeit von Filmen und Tönen wird es möglich sein, die Barrierefreiheit der Plattform zu verbessern; so könnten Gebärdensprachvideos oder Audioversionen für Sehbehinderten und Blinde eingebunden werden. Weiterhin ist daran gedacht, die bereits vorhandenen Grundlagen für eine englische, ungarische, polnische wie indonesische Version von museum-digital zu erweitern und durch andere Sprachen zu ergänzen. Es ist kennzeichnend für museum-digital, dass es keinen festgeschriebenen Plan für den weiteren Ausbau gibt. Ideen zur Weiterentwicklung kommen aus den Museen selbst. So wird gewährleistet, dass alle neuen Entwicklungen den Bedürfnissen und Möglichkeiten der Museen entsprechen. Inspiration erhalten die Museen dabei einerseits aus der Nutzung von museum-digital selbst, anderseits aus den vielen Rückmeldungen der Nutzer.
8 Zusammenfassung und Ausblick museum-digital ist seit dem Jahr 2009 ein erfolgreiches zivilgesellschaftliches Projekt von Museen für Museen: Es dient der kollaborativen Veröffentlichung von Informationen über Museumsobjekte in Text- und Bildform im Internet. Als weiteren Baustein entwickelt sich museum-digital zu einem Instrument für Museen in vielen weiteren Ländern und Sprachen.
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museum-digital basiert vollständig auf freier Software, die selbständig weiterentwickelt wurde. Die für die teilnehmenden Museen wie Nutzer öffentlich kosten- und werbefrei zugängliche Online-Objektdatenbank wird als Low-Budget-Projekt betrieben. Sie wird z. B. im Rahmen von Freiwilligenarbeit in der AG Digitalisierung des Museumsverbandes Sachsen-Anhalt e. V. iterativ entwickelt. In kurzen Abständen werden neue Versionen (Releases) von museum-digital veröffentlicht. Teilnehmende Museen geben zeitnahes Feedback zur Verwendbarkeit von neuer oder geänderter Funktionalität und beeinflussen so die weitere Entwicklung entsprechend ihren Anforderungen. Durch diesen agilen Entwicklungsprozess werden arbeitsaufwendige Fehlentwicklungen schnell erkannt bzw. verhindert. Dieser iterative Veröffentlichungsprozess ermöglicht es, neue Funktionen in kurzer Zeit bereitzustellen. Auf Basis grundlegender Anforderungen kann bereits ohne vollständige Spezifikation mit der Entwicklung begonnen werden. Nach Ende der Iteration wird die erste Version durch die Museen getestet. Auf Basis deren Feedbacks wird die weitere Entwicklung von museum-digital gesteuert. museum-digital berücksichtigt dabei die neuesten Standards zum Austausch von Objektinformationen. Durch Einbindung von Linked Data und durch Bereitstellung der eigenen Vokabulare über eine API ist museum-digital aktiver Teil des semantischen Netzes. museum-digital nutzt selbstverständlich kontrolliertes Normvokabular. museum-digital zeigt, dass zivilgesellschaftliches Engagement in Zeiten unzureichender öffentlicher Ressourcen erfolgreich sein kann. Im Vergleich zu Projekten mit ähnlich gelagerter Zielsetzung kommt es mit einem Minimum an monetärer Unterstützung aus. Voraussetzung ist jedoch der Wille aller Beteiligten, dieses Projekt im beschriebenen Sinn unentgeltlich voranzubringen, um einer breiten Öffentlichkeit die Museumsbestände mit Hilfe des Internets zugänglich zu machen.
Marcus Weidner
Das Internet-Portal „Westfälische Geschichte“ 1 Einleitung Wir leben in der Zeit eines allumfassenden Umbruchs, eines globalen Technik- und Medienwandels. Analoge Inhalte werden digitalisiert, die Schrift löst sich vom Blatt, Daten werden maschinell analysiert und präsentiert, und die wichtigen Informationen werden an neuen Orten zu finden sein, die nicht nur vom historisch Arbeitenden erst entdeckt werden müssen. Diese technisch-mediale Revolution verändert auch die Arbeitsweise kultureller Einrichtungen, die nun zunehmend digitale Serviceleistungen – z. B. Digitalisate von Publikationen, Präsentation von Forschungsergebnissen oder Sammlungsbeständen, themenspezifische Websites – in ihr Arbeitsprogramm aufnehmen. Das LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte in Münster (vormals Westfälisches Institut für Regionalgeschichte, WIR) (http://www.lwl-regionalgeschichte. de) hat diesen Schritt im November 2004 vollzogen: Nach zweijähriger Vorarbeit wurde das Internet-Portal „Westfälische Geschichte“ als Gemeinschaftsprojekt des LWL-Instituts (Landschaftsverband Westfalen-Lippe, inhaltliche Verantwortung) und der Stiftung Westfalen-Initiative (http://www.westfalen-initiative.de) – mit weiterer finanzieller Förderung des Westfälisch-Lippischen Sparkassen- und Giroverbandes (seit 2010 Sparkassenverband Westfalen-Lippe, https://www.svwl.eu) – freigeschaltet (http://www.westfaelische-geschichte.lwl.org). Verantwortlich für Konzeption und Projektleitung war Dr. Marcus Weidner, wissenschaftlicher Referent am LWL-Institut (Weidner 2003), der das Portal seitdem betreut. Der Mitarbeiterstab umfasst einen studentischen Volontär, der zeitweise von Praktikanten unterstützt wird. Inhalte werden selbst produziert bzw. eingeworben sowie über Werkverträge finanziert. Seit dem Auslaufen der zunächst zwei-, dann dreijährigen Anschubfinanzierung Ende 2005, wird das Portal vom LWL-Institut allein getragen, 2009 wurde das Projekt in eine Daueraufgabe umgewandelt. Unter den diversen Regionalportalen nimmt das Internet-Portal „Westfälische Geschichte“ aufgrund seines thematischen Umfangs und seiner konzeptionellen Ausrichtung eine Sonderstellung ein. Ausgehend von der ursprünglichen Idee eines reinen Linkkataloges und einer Sammlung von Texten zu einzelnen Epochen der westfälischen Geschichte, wurde im Rahmen der rasanten technischen und strukturellen Entwicklungen, die das Internet nahm, schnell klar, dass es mittels einer Minimallösung nicht ausreichen würde, den diversen medialen Ausdifferenzierungsprozessen und den veränderten Nutzerinteressen gerecht zu werden. Ins Zentrum rückte zu Beginn der Projektkonzeption mehr und mehr die Idee eines Internet-Portals als sogenannter historischer Informationsserver, als themenspezifisches Wissensportal, das vielfältige Ressourcen und Serviceleistungen im Rahmen einer modernen Online-
Das Internet-Portal „Westfälische Geschichte“
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Informationsversorgung für verschiedene Zielgruppen anbieten sollte. Das InternetPortal sollte ein offenes Portal mit kontrollierten Inhalten werden. Seine Konzeption sollte zwei wesentlichen Anforderungen Rechnung tragen: Entwicklung und Kooperation. Es möchte bestehende Strukturen um neue Angebote von Kommunikation und Information erweitern, diese ins digitale Zeitalter überführen oder dezentrale Angebote in Form von Kooperationen unter dem Dach des Internet-Portals sinnvoll vernetzen. Ziel des Portals ist es, in Form eines elektronischen Informations- und Publikationssystems einer breiten Öffentlichkeit Online-Zugang zu evaluierten, digitalen bzw. digitalisierten Materialien zu verschaffen. Konzipiert als offener Informationspool, kann es vielfältige, modulare Inhalte unterschiedlicher Herkunft aufnehmen. Neben dem Orientierung bietenden Grundangebot, das v. a. aus Einführungstexten, Quellen editionen, zentralen Ereignissen und einem Linkkatalog besteht, bietet die Webpräsenz Ressourcen zu ganz unterschiedlichen Datentypen wie z. B. Texten, Biografien, Karten, Quellen, Bildern u. v. m. Als System zur Rationalisierung der Informationssuche dient es zweitens der individuellen Recherche, indem es einen flexiblen, zeitund ortsunabhängigen sowie vor allem niedrigschwelligen und Portal übergreifenden Zugriff bereitstellt. Voraussetzung war, ausgewählte (analoge) Informationen zu digitalisieren und inhaltlich – soweit möglich – zu erschließen. Hierzu mussten die ebenso vielfältigen wie heterogenen Inhalte unter einem Dach gebündelt bzw. vernetzt werden. Das Portal verfügt über verschiedene, z. T. spezialisierte Recherche instrumente – von der einfachen Suche bis hin zur Suche über eine Systematik –, über die auch sehr komplexe Abfragen formuliert werden können. Ein drittes Ziel ist, spezielle Service-Leistungen v. a. für diese Region anzubieten, z. B. ein Institutionenverzeichnis oder eine von Moderatoren betreute E-Mailing-Liste, die werktäglich Mitteilungen, z. B. Hinweise auf Veranstaltungen, Ausstellungen, neue Literatur, aber auch Projektbeschreibungen, Stellenausschreibungen, Zeitschrifteninhalte u. v. m, versendet. Die Region Westfalen wurde hierbei räumlich mit den heutigen drei NRW-Regierungsbezirken Arnsberg, Detmold und Münster pragmatisch ausgedeutet – ein Gebiet, in dem heute mit 8,2 Millionen Einwohnern mehr als 10 Prozent der bundesdeutschen Bevölkerung leben. Historisch gesehen handelt es sich um einen in den letzten 200 Jahren nahezu konstanten Raum, der preußischen Provinz Westfalen (gegründet 1815/17) und dem Land Lippe, das 1947 mit Nordrhein-Westfalen fusioniert wurde. Darüber hinaus waren historische Territorien vor 1800 zu berücksichtigen, die sich mit dieser relativ modernen Grenzziehung überlappten (hier v. a. das Fürstbistum Münster, das Fürstbistum Paderborn, die Grafschaft Mark und das Herzogtum Westfalen). Das Portal orientiert sich an den Arbeitsschwerpunkten des LWL-Instituts, das seit den 1990er Jahren v. a. die gegenseitigen Abhängigkeiten zwischen Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur und Politik im 19. und 20. Jahrhundert in den Blick nimmt, geht hinsichtlich des Zeitrahmens (u. a. Einschluss der Archäologie und des Mittelalters) aber weit darüber hinaus.
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Auch die Zielgruppen wurden erweitert, um die Vermittlung von Forschungsergebnissen für ein breiteres, auch nichtwissenschaftliches Publikum zu ermöglichen, die Beschäftigung mit der westfälischen Geschichte zu intensivieren und den Informationsaustausch der Interessierten untereinander insgesamt zu verstärken. Das Internet-Portal ist insofern kein reines Fachportal, sondern richtet sich ebenso an die historisch interessierte Öffentlichkeit oder beispielsweise an Schülerinnen und Schüler, die in einem eigenen Bereich – „Wir machen Geschichte!“ – Informationen aufrufen können, z. B. ein didaktisch aufbereiteter (Spiel-)Film zum Archivbesuch („Vergangenheit, wir kommen!“ Spurensuche im Archiv, http://www.westfaelischegeschichte.de/web911; Weidner 2011a) oder Handreichungen zur Anfertigung von Facharbeiten. Diese Beiträge können hilfreich für den Erwerb von Methodenkompetenz und damit auch den Umgang mit Quellen sein. Mit dem Online-Angebot „Themen für den Unterricht“ und den Diaserien „Westfalen im Bild“ werden darüber hinaus auch Lehrerinnen und Lehrer ermuntert, Inhalte der westfälischen Geschichte stärker im Unterricht zu berücksichtigen (http://www.westfaelische-geschichte.de/web71).
2 Bestand bzw. geplante Bestandsentwicklung Im Unterschied zu Archiven, Museen oder Bibliotheken verfügt das Internet-Portal „Westfälische Geschichte“ über keine eigenen, originären Reproduktionsbestände. Im Fokus steht die Erschließung, Aggregation und Kontextualisierung von Ressourcen zur Geschichte von Westfalen-Lippe und der zahlreichen Vorgängerterritorien. Im Sinne eines historischen Informationsservers werden für das Portal v. a. folgende Inhaltstypen erstellt: Informationstexte zu Themen, Aspekten und Epochen der westfälischen Geschichte (z. B. Einführungen, Quellenreader), Dokumentationen (z. B. Personen und Biografien, Ereignisse, Quellen, Institutionen, Periodika, Bilder oder Karten), Verweise auf andere Ressourcen (z. B. Linkkatalog), Projekte, d. h. Informationsangebote zu speziellen Themenkomplexen, und Serviceleistungen (z. B. die E-Mailing-Liste „Westfälische Geschichte“ mit derzeit über 1.600 Abonnentinnen und Abonnenten im Juni 2015). So werden historische Quellensammlungen, z. B. Publikationen mit Edikten einzelner Territorien aus dem 18. und 19. Jahrhundert, nicht nur digitalisiert, sondern auch in der Form erschlossen, dass die vorhandenen Edikte als Einzelquellen verzeichnet, systematisiert und als PDF abrufbar gemacht werden (http://www.westfaelische-geschichte.de/web57). Ebenso werden Biografien oder Biogramme in biografischen Sammelwerken ausgewertet, die, weil bibliografisch nicht ausgewiesen, den Interessierten gleichsam verborgen bleiben, und die personenspezifischen Daten, mitunter in Verbindung mit dem biografischen Inhalt im Volltext, in einem Datenpool gespeichert. Digitale Kartenwerke, die sich auf diese Region beziehen, werden aus verschiedenen Archiven oder Bibliotheken eingeworben, inhaltlich erschlossen (z. B.
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Entstehungsgeschichte, Personen und Register der dargestellten Objekte) und i. d. R. mittels Zoomify hochauflösend bzw. zoombar integriert. Beispielhaft sind die Projekte „Carl Ludwig von Le Coq und die Topographische Karte von Westphalen, 1796–1813“ (http://www.westfaelische-geschichte.de/web828) oder das „Register zum Niemayerschen Kartenwerk (1792/93, 1810)“, das den Zustand eines großen Teils des heutigen Ruhrgebiets vor der industriell-urbanen Überformung zeigt (http://www.westfaelische-geschichte.de/web832). Auch moderne Kartenabbildungen historischer Zustände werden bibliografisch verzeichnet und somit besser nutzbar gemacht. Von Bedeutung ist schließlich die Koordination und Realisierung größerer digitaler Projekte wie der „Digitalen Westfälischen Urkunden-Datenbank“ (DWUD, http://www. dwud.lwl.org), die mit rund 90.000 Urkundenregesten aus staatlichen, kommunalen, privaten und kirchlichen Archiven aus Westfalen-Lippe die größte regionale Urkundenregestendatenbank Deutschlands ist (Weidner 2007). Mit der Realisierung einer derartigen Plattform ist es möglich geworden, abertausende Urkundenregesten, die zuvor z. T. nur in Papierfindbüchern am Aufbewahrungsort selbst zu durchsuchen waren, aus einer Vielzahl westfälisch-lippischer Archive im Portal zu bündeln und mit Informationstexten zur Archiv- und Bestandsgeschichte anzureichern. Wesentlicher inhaltlicher Bestandteil sind neben den diversen Datenpools Texte und Materialien aus eigenen oder eingeworbenen Projekten. Dabei handelt es sich i. d. R. um originäre Inhalte, die das besondere Potenzial des Internet nutzen (z. B. Interaktivität, Multimedialität, Aktualisierbarkeit). Die hierfür verwendeten Bilder, Karten oder Quellen werden jeweils gesondert gekennzeichnet, sodass der Kontext der Ressourcen (z. B. hinsichtlich fachlichem Niveaus und Zielgruppen, Umfang der Bearbeitung, Entstehungszeitpunkt usw.) erkennbar bleibt. Wichtige Inhalte sind z. B. Angebote zur Frauen- und Geschlechtergeschichte (http://www.westfaelischegeschichte.de/web84), zum Westfälischen Frieden 1648 (http://www.westfaelischerfrieden.lwl.org/), zum Freiherrn vom Stein (http://www.reichsfreiherr-vom-stein.lwl. org), zum Montanwesen (http://www.westfaelische-geschichte.de/web706), zu Straßenbenennungen in der NS-Zeit (http://www.westfaelische-geschichte.de/web900), didaktische Angebote für Schülerinnen und Schüler (http://www.westfaelischegeschichte.de/web71) oder die Digitale Westfälische Urkunden-Datenbank, um nur einige zu nennen. (http://www.westfaelische-geschichte.de/web82) Alle Ressourcen sind mittels verschiedener Suchmodi (Volltext-Suche, Einfache bzw. Erweiterte Suche, Systematik-Suche) übergreifend recherchierbar, d. h. unabhängig davon, in welchen Portal-Kontext sie eingebunden sind.
3 Organisationsform Das Internet-Portal „Westfälische Geschichte“ wurde am LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte, Münster realisiert. Das LWL-Institut unternimmt Forschungen,
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veröffentlicht deren Ergebnisse und andere wissenschaftliche Arbeiten zur westfälischen Regionalgeschichte. Außerdem arbeitet das Institut mit Hochschulen, außer universitären Instituten und landes- bzw. regionalgeschichtlichen Vereinigungen zusammen. Leitmotiv der Forschungsarbeit ist – im Sinne der modernen Regionalgeschichte – die Untersuchung des Besonderen und des Exemplarischen in der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung in Westfalen. Hierzu gehören die komplexen Wechselwirkungen zwischen Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur und Politik während des 19. und 20. Jahrhunderts. Getragen wird das Institut vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) (http://www.lwl.org), dessen Hauptsitz sich in Münster befindet. Der LWL arbeitet als Kommunalverband mit mehr als 16.000 Beschäftigten für die 8,2 Millionen Menschen in der Region. Er betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 17 Museen (darunter v. a. die Landesmuseen) und ist einer der größten Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur – Aufgaben, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 116 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.
4 Teilnahme am Portal Neben der Einwerbung externer, oft analoger Daten durch das Portal und der gemeinsamen Entwicklung bzw. Produktion originärer Internet-Projekte zusammen mit Partnern (z. B. DWUD, Archiv-Spielfilm), besteht eine der Aufgaben darin, Kultur- und Forschungseinrichtungen aus Westfalen eine niedrigschwellige Publikationsmöglichkeit von Projekten, Daten und Ressourcen (z. B. Quellen, Biografien) zu bieten. Aus diesem Grund ist ein vom LWL abweichendes, gleichsam neutrales Corporate Design gewählt worden. Durch die fortschreitende Entwicklung des Internet und die leichte Zugänglichkeit bzw. Implementierung von Content-Management-Systemen (CMS) in Eigenregie ist dieses ursprüngliche Ziel aus der sog. Steinzeit des Internet zwar in den Hintergrund gedrängt worden, aber für bestimmte Projekte v. a. aus der universitären Praxis (z. B. Schreibseminare, Übungen, Studium im Alter, Ausstellungen) weiterhin interessant, die ihre Ergebnisse nicht isoliert auf Institutionen-Websites, sondern im Rahmen einer etablierten, technisch und inhaltlich gepflegten Themen-Website präsentieren möchten. Da die Übernahme derartiger Daten nicht automatisiert ablaufen kann, hängt die Realisierung stark von den personellen Ressourcen des Portals ab. Gerade bei universitären Projekten aber ergibt sich für Studierende die interessante Möglichkeit, eigene Texte nicht nur zu formulieren, sondern im Rahmen eines anre-
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chenbaren Praktikums auch digital, d. h. v. a. interaktiv, umzusetzen und so gute Einblicke in die immer wichtiger werdenden digital humanities zu nehmen.
5 Technik Um den besonderen Anforderungen eines historischen Informationsservers gerecht zu werden, schied die Verwendung eines vorkonfektionierten Content-ManagementSystems (CMS) aus. Obgleich hierdurch in der Folgezeit z. B. auf die komfortable Möglichkeit verzichtet werden musste, aktuelle CMS-Module nachzurüsten, und die Entwicklung eines eigenen Systems für Datenhaltung und Präsentation zusätzliche Ressourcen auf Seiten der Projektplanung und IT-Entwicklung erforderte, konnten sehr spezifische Funktionen integriert werden, die der Erschließung, Recherche, Präsentation und Nutzung insgesamt zugutekommen (z. B. Systematikabfragen, Amts-/ Funktionsträger, interne Vernetzungen). Dabei setzt die technisch verantwortliche LWL-IT konsequent auf eine barrierefreie Entwicklung. Die Portaldaten werden in einer MySQL-Datenbank (Westport) gespeichert und über PHP-Skripte angesprochen, d. h. über internetgestützte Formulare eingepflegt und über eine spezielle Benutzerschnittstelle ausgegeben. Abgestufte Zugangsberechtigungen und Web-Formulare ermöglichen ein verteiltes Arbeiten am Datenbestand. Daneben gibt es Projekte wie die NS-Straßennamen-Datenbank, deren Ziel es ist, erinnerungskulturell relevante Straßenumbenennungen während des Nationalsozialismus und den Umgang mit diesen Benennungen in der Nachkriegszeit für das heutige Gebiet Westfalen-Lippe zu untersuchen, in einer Datenbank zu dokumentieren und online darzustellen (http://www.strassennamen-in-westfalen-lippe.lwl.org; Weidner 2012a, Weidner 2012b, Weidner 2013), oder die Bibliografie zum Freiherren vom Stein (http://www.westfaelische-geschichte.de/web502.); diese machen eine alternative Datenhaltung – Erfassung über MS Access, dann XML-Export und Transformation in HTML – erforderlich, da sie nur schwer in die bestehende Schnittstelle eingepasst werden können.
6 Standards und Normdaten In der Projektphase vor der Freischaltung 2004 bestand ein Desiderat darin, als Forschungseinrichtung außerhalb universitärer und damit universitätsbibliothekarischer Strukturen auf etablierte Norminstrumente zugreifen zu können. Um die vielfältigen Inhalte überhaupt erschließen und für den Nutzer durchsuchbar machen zu können, wurde auf der Grundlage landesbibliothekarischer Erschließungsinstrumente eine eigene Systematik mit aktuell rund 1.500 Systemstellen entwickelt. Diese bietet den Vorteil, dass insbesondere historische Entwicklungen (z. B. historische Territorien)
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sowie kommunale Verwaltungsstrukturen präziser abgebildet werden können und durch die Reduktion auf wesentliche Inhalte bzw. deren Gruppierung in die speziellen Systematik-Bereiche (Typ-, Zeit-, Orts- und Sachsystematik) die Handhabung dieser komplexen Rechercheinstrumente auch für breite Nutzergruppen möglich ist. Auch wenn aus personellen Gründen bis heute nicht jeder Datensatz nach diesem Raster (vollständig) systematisiert werden konnte (insbesondere die rund 90.000 Regesten von DWUD), bietet die interne Systematik doch ein mächtiges Werkzeug, Datensätze gezielt abzufragen (z. B. über Synonyme, die bei den Systemstellen hinterlegt sind) und zu vernetzen. Über Konkordanzen kann die Portal-Systematik zudem mit weiteren externen Normsystemen verknüpft werden. Daneben setzt das Internet-Portal verstärkt auf nationale Standards wie die Gemeinsame Normdatei (GND) der Deutschen Nationalbibliothek (DNB). Als Mitglied der AG Regionalportale Deutschlands verfügt das Portal über eine Redaktionsstelle, sodass im Rahmen der Erschließungstätigkeit unmittelbar Personen-Normdatensätze erzeugt werden können. Über Beacon-Dateien, die auch das Internet-Portal zur Verfügung stellt (http://www.lwl.org/westfaelische-geschichte/meta/pnd.txt), können kontrollierte, automatisierte Verlinkungen zum und vom Portal realisiert werden. Hierin liegt die Chance, regional verteilt lagernde Wissensbestände nicht nur besser sichtbar zu machen, sondern auch virtuell zu bündeln.
7 Entwicklungsperspektiven bzw. -pläne / Ausblick Die ständige konzeptionelle, inhaltliche und technische Pflege sowie die weitere Profilierung von Schwerpunktbereichen, zählt zu den wichtigsten Aufgaben eines institutionalisierten Internet-Portals. Nach vielfältigen Informationsangeboten insbesondere zum Mittelalter und der Frühen Neuzeit wird in den nächsten Jahren das Hauptaugenmerk auf der Geschichte des 20. Jahrhunderts, insbesondere der Geschichte des Nationalsozialismus, liegen. Im Rahmen des geplanten Projekts „NSTopografie für Westfalen-Lippe“, das das bereits realisierte Modul NS-Straßennamen aufnehmen wird, sollen umfassende Informationen zu Orten, Personen und Ereignissen des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs in Westfalen-Lippe dokumentiert und georeferenziert aufbereitet werden. Zudem sollen schwerpunktmäßig die Bereiche „Personen“, „Quellen“ (insbesondere DWUD), „Karten“ und „digitale Zeitschriften“ (Abschluss der vollständigen Digitalisierung und Erschließung der Westfälischen Zeitschrift, Aufnahme weiterer regionaler historischer Zeitschriften) bearbeitet werden. Ein ebenso wünschenswerter wie umfassender Relaunch der Benutzeroberfläche ist erst auf mittlere Sicht möglich. Darüber hinaus steht die weitere institutionelle und inhaltliche Vernetzung auf der Agenda. Angesichts der fortschreitenden Globalisierung und Aggregation von Internet-Ressourcen strebt der LWL als Mitinitiator und -begründer der AG Regional-
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portale Deutschland (Arbeitsgemeinschaft landesgeschichtlicher und landeskundlicher Internet-Portale in Deutschland, Geschäftsführung: Dr. Marcus Weidner, http:// www.ag-regionalportale.de) an, zusammen mit den Mitgliedsinstitutionen die Sichtbarkeit gerade der kleineren Regionalportale zu verbessern und an Möglichkeiten zu arbeiten, deren konzeptionelle Einbindung und Vernetzung zu erhöhen. Denn gerade die aggregierenden nationalen und internationalen Portale profitieren von der Erschließungsleistung und der Bereitstellungbereitschaft dieser Einrichtungen. Globalisierungsprozesse schaffen aber auch einen weltweiten Raum, in dem der Mi krokosmos einer Region auf einen Klick hell aufscheinen kann. Letztlich sind beide Seiten – die nationalen bzw. internationalen Datensammler und die Inhalte generierenden Regionalportale – aufeinander angewiesen (Weidner 2010; Weidner 2011b).
8 Literatur Weidner, Marcus. „Westfälische Geschichte im Internet – Projektbericht zum Internet-Portal ‚Westfälische Geschichte’“. Westfälische Forschungen 53 (2003): 447–475. Weidner, Marcus. „Vom Zettelkasten zur Datenbank. Die ‚Digitale Westfälische Urkunden-Datei‘ (DWUD)“. Archivpflege in Westfalen-Lippe 66 (2007): 28–32. Weidner, Marcus. „Internet und Regionalgeschichte. Die ‚Arbeitsgemeinschaft landesgeschichtliche und landeskundliche Internet-Portale in Deutschland‘ (AG Regionalportale)“. Westfälische Forschungen 60 (2010): 617–629. Weidner, Marcus . „‚Kamera läuft!“ – Ein Archivfilm für Schülerinnen und Schüler“. arbido 4 (2011a): 9–11. Weidner, Marcus. „Die Region in der Welt. Biographische Nachschlagewerke im Zeitalter des Internet“. Die Biographie in der Stadt- und Regionalgeschichte. Hrsg. von Marcus Stumpf (Westfälische Quellen und Archivpublikationen, Bd. 26) Münster: Landschaftsverband Westfalen-Lippe, Westfälisches Archivamt 2011b, 45–63. Weidner, Marcus. „‚Wir beantragen ... unverzüglich umzubenennen‘. Die Straßenbenennungspraxis in Westfalen und Lippe im Nationalsozialismus“. Fragwürdige Ehrungen!? Straßennamen als Instrument von Geschichtspolitik und Erinnerungskultur. Hrsg. von Matthias Frese. Münster: LWL-Institut für Westfälische Regionalgeschichte 2012a, 41–98. Weidner, Marcus. „‚Mördernamen sind keine Straßennamen‘. Revision und Beharrung in der Straßenbenennungspraxis der Nachkriegszeit – Westfalen und Lippe 1945–1949“. Fragwürdige Ehrungen!? Straßennamen als Instrument von Geschichtspolitik und Erinnerungskultur. Hrsg. von Matthias Frese. Münster: LWL-Institut für Westfälische Regionalgeschichte 2012b, 99–120. Weidner, Marcus. „Online-Datenbank zur Straßenbenennungspraxis in Westfalen und Lippe während des Nationalsozialismus (http://www.strassennamen-in-westfalen-lippe.lwl.org) – ein Werkstattbericht“. Westfälische Forschungen 63 (2013): 351–359.
Autoren Reinhard Altenhöner Deutsche Nationalbibliothek Abteilung Informationstechnik Adickesallee 1 60322 Frankfurt am Main 0049-69/15251700 [email protected] http://www.dnb.de * 1963, nach Stationen in Bonn (DFG), Münster (Leitung Fachhochschulbibliothek), Mainz (Leitung Wissenschaftliche Stadtbibliothek und Öffentliche Bücherei) seit 2003 Abteilungsleiter Informationstechnik bei der Deutschen Nationalbibliothek, seit 2014 Fachbereichsleiter Informationsinfrastruktur und Bestandserhaltung. Aufgaben: IT-Gesamtverantwortung für Betrieb, Weiter- und Neuentwicklung digitaler Services und Technologien, Formate und Schnittstellen, Langzeitarchivierung, Konservierende Bestandserhaltung. Gesamtkoordination Deutsche Digitale Bibliothek. Mitarbeit in nationalen und internationalen Standardisierungs- und Arbeitsgremien, regelmäßige Publikationen, Reviewtätigkeiten. Elisabeth Bracun Projekt Europeana Fashion Institut für Museumsforschung – Stiftung Preußischer Kulturbesitz In der Halde 1 14195 Berlin 0049-30/8301-491 [email protected] www.smb.museum www.europeanafashion.eu *1983, Studium der Publizistik und Kommunikationswissenschaften, Angewandte Kulturwissenschaft an der Universität Klagenfurt, anschließender Master für Ausstellungs- und Museumsdesign an der FH Joanneum Graz. Tätigkeiten als Tutorin, Ausstellungsassistentin im Stadtmuseum Graz, Konzeptionerin für Ausstellungen bei triad GmbH, anschließend Eventkonzeptionerin für marqueur GmbH. Schwerpunkt in der Aufbereitung und Vermittlung von Inhalten im dreidimensionalen Raum sowie über digitale Medien. Aktuell tätig am Institut für Museumsforschung als wissenschaftliche Mitarbeiterin für das Projekt Modeportal Europeana Fashion. Dr. Klaus Ceynowa Bayerische Staatsbibliothek Ludwigstraße 16 80539 München 0049-89/28638-2201 [email protected] www.bsb-muenchen.de *1959, studierte Philosophie, Germanistik, Geschichte und Pädagogik an der Westfälischen-Wilhelms-Universität Münster und promovierte dort mit einer Arbeit über die Ursprünge des philosophischen Pragmatismus. Als wissenschaftlicher Bibliothekar arbeitete er von 1995 bis 2001 als Direktionsassistent und Leiter der Erwerbungsabteilung an der Universitäts- und Landesbibliothek Münster, in den Jahren 2002 bis 2005 als stellvertretender Direktor an der Göttinger Staats- und Universitätsbibliothek. Seit 2005 ist er Stellvertretender Generaldirektor der Bayerischen Staatsbibliothek in München, seit April 2015 ihr Generaldirektor. Klaus Ceynowa ist unter anderem federführend
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für die Innovationsprojekte der Bayerischen Staatsbibliothek, z. B. 3D-Internet-Applikationen, ScanRobotics, Massendigitalisierung und digitale Langzeitarchivierung, Visual Search, Mobile Applikationen, Gesture-Based-Computing, Cloudbasierte Informationssysteme und das Kulturportal bavarikon. Dr. des. Lisa Dieckmann prometheus – Das verteilte digitale Bildarchiv für Forschung & Lehre Kunsthistorisches Institut der Universität zu Köln Albertus-Magnus-Platz 50923 Köln 0049-221/470-6668 [email protected] http://www.prometheus-bildarchiv.de/ 1998–2004 Studium der Kunstgeschichte, Germanistik und Historisch-Kulturwissenschaftlichen Informationsverarbeitung an der Universität zu Köln und der La Sapienza in Rom (M.A.); 2012 Promotion mit einer Arbeit zu „Bildstrategien romantischer Traumdarstellungen“. Seit 2005 Wissenschaftliche Mitarbeiterin und seit 2008 Geschäftsführerin von „prometheus – Das verteilte digitale Bildarchiv für Forschung & Lehre“ am Kunsthistorischen Institut der Universität zu Köln; außerdem Mitarbeiterin in mehreren Forschungsprojekten an der Universität zu Köln und der Universität Marburg, zuletzt verantwortlich für das DFG-Projekt „Meta-Image – virtuelle Forschungsumgebung für den Bilddiskurs in den Kunst- und Bildwissenschaften“ in Kooperation mit der Leuphana-Universität Lüneburg und der Humboldt-Universität zu Berlin; Mitinitiatorin des Projekts „Das digitale Historische Archiv Köln“; außerdem Gründungsmitglied des „Cologne Center for eHumanities“ und Sprecherin des „Arbeitskreises Digitale Kunstgeschichte“; Forschungsschwerpunkte: Malerei des 19. Jahrhunderts (insb. deutsche Romantik), Digital Humanities/Digitale Kunstgeschichte. Frank Dührkohp, Verbundzentrale des GBV Platz der Göttinger Sieben 1 37073 Göttingen 0049-551/39-10405 [email protected] http://www.gbv.de *1966. Studium der Klassischen Archäologie und der Geschichte an den Universitäten Göttingen, Heidelberg und Perugia (Italien), 1997–2005 Geschäftsführender Gesellschafter von Duehrkohp & Radicke – Text- und Informationslogistik KG, seit 2005 Verbundzentrale des GBV (VZG), Göttingen, mit Aufgabenbereich der Projektkoordination des Dokumentenmanagement-Service der VZG und Entwicklung neuer Dienste für Gedächtniseinrichtungen, 2010–2014 Vorstandsmitglied der digiCULTVerbund eG, Kiel, davon 2012–2014 Vorstandsvorsitzender, seit 2015 Abteilungsleiter der Abteilung Digitale Bibliothek der VZG Dr. Ellen Euler, LL.M. Stiftung Preußischer Kulturbesitz Stellvertreterin des Geschäftsführers Deutsche Digitale Bibliothek Von-der-Heydt-Str. 16–18 10785 Berlin 0049-30/266-41-1430 [email protected] www.preussischer-kulturbesitz.de
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*1977. Studium der Philosophie und Rechtswissenschaften im In- und Ausland (Halle, Münster, Hannover, Bologna und Siena). Promotion zum Dr. jur. an der Albert-Ludwigs- Universität Freiburg im Breisgau zum kulturellen Gedächtnis im digitalen und vernetztem Zeitalter und seinem Recht. Expertin für (urheber-)rechtliche Fragestellungen im Umgang mit dem digitalen Kulturerbe. Seit November 2011 ist sie bei der Stiftung Preußischer Kulturbesitz für die Deutsche Digitale Bibliothek tätig und baute die Geschäftsstelle auf. Seit dem Ausbau zur Geschäftsführung verantwortet Sie als Stellvertreterin des Geschäftsführers den Bereich Recht und öffentliche Angelegenheiten und ist mit zuständig für Haushalt, Strategie und Organisation der Deutschen Digitalen Bibliothek. Leiterin des Think Tank „Kulturelles Gedächtnis Digital“ bei der Deutschen Digitalen Bibliothek, der als Sprachrohr der Kulturinstitutionen die gemeinsamen Bedarfe bei der Digitalisierung und Zurverfügungstellung des kulturellen Erbes formuliert. M.A. Daniel Fähle Landesarchiv Baden-Württemberg Olgastraße 80 70182 Stuttgart 0049-711/212-4226 [email protected] www.landesarchiv-bw.de *1976. Studium der Geschichte und Philosophie in Dresden und Trier. Redaktionsvolontariat im Verlag Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus, anschließend dort Fachredakteur und Projektmanager. Seit 2010 Landesarchiv Baden-Württemberg: Fachlicher Koordinator LEO-BW, Projektbearbeiter „Aufbau eines Archivportals-D“, seit 2015 Sachgebietsleiter IT-Konzeption und -Steuerung. Lehrbeauftragter an der Universität Stuttgart. Frank Frischmuth Stiftung Preußischer Kulturbesitz Geschäftsführer Deutsche Digitale Bibliothek Von-der-Heydt-Str. 16–18 10785 Berlin 0049-30/266-411433 [email protected] https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/ *1961. Geschäftsführer der Deutschen Digitalen Bibliothek und seit April 2013 verantwortlich für die organisatorische und wirtschaftliche Koordination. Die Geschäftsstelle der Deutschen Digitalen Bibliothek hat ihren Sitz in Berlin bei der Hauptverwaltung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Zuvor verantwortete Frank Frischmuth als General Manager der Ullstein GmbH die Fotoagentur ullstein bild. Hier leitete der 53-jährige Unternehmensbereiche in Berlin und Hamburg zur Verwertung von Fotografien. Der studierte Historiker und Literaturwissenschaftler ist ein ausgewiesener Kenner historischer Foto- und Pressebildarchive und hat langjährige Erfahrung in der Online-Vermarktung dieser Kulturgüter. Über ein Jahrzehnt war Frank Frischmuth Vorstandsmitglied im Branchenverband der Fotoagenturen und Pressebildarchive (BVPA). Dr. Andrea Hänger Bundesarchiv 56064 Koblenz 0049-505348 [email protected] http://www.bundesarchiv.de
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*1970. Studium der Geschichte, Politikwissenschaften und Germanistik an den Universitäten Freiburg, Grenoble und Göttingen, Promotion zur Geschichte des politischen Engagements konservativer Frauen vom Ersten Weltkrieg bis in die NS-Zeit, seit 2000 im Bundesarchiv, zuständig u. a. für den Aufbau eines Digitalen Archivs sowie für archivrechtliche Grundsatzfragen, Vertreterin des Bundesarchivs in zahlreichen nationalen und Gremien im Bereich der digitalen Langzeitarchivierung, seit Januar 2015 Vizepräsidentin des Bundesarchivs. Prof. Monika Hagedorn-Saupe Institut für Museumsforschung SMB – PK In der Halde 1 14195 Berlin 0049-30/8301-460 Studium der Mathematik, Soziologie, Psychologie und Erwachsenenbildung an der Ruhr-Universität Bochum, am Kings College London, und an der Freien Universität Berlin. Seit 1985 arbeitet sie am Institut für Museumsforschung (Staatliche Museen zu Berlin, Stiftung Preußischer Kulturbesitz) und ist verantwortlich für die jährliche statistische Gesamterhebung an allen deutschen Museen. Seit 1994 leitet sie das Referat „Besucherforschung und Museumsstatistik“. Sie ist verantwortlich für europäische Projekte und Kooperationen und ist stellvertretende Leiterin des Institutes. Seit 1997 ist sie Sprecherin der Fachgruppe Dokumentation im Deutschen Museumsbund e. V. Seit 2013 ist sie im Vorstand von ICOM-Europa. Sie ist Vorsitzende der „Information Centres Working Group“ in CIDOC, dem Dokumentationskomitee von ICOM. 2001 wurde sie von der Bundesregierung in die europäische Arbeitsgruppe NRG (National Representatives Group on Digitisation in Culture) entsandt und ist nun Mitglied in der Nachfolgegruppe MSEG. Sie ist Mitglied des Executive Board von Europeana und vertritt dort ICOM. Sie ist Vize-Präsidentin der Michael Culture Association. Seit 2006 ist sie Inhaberin einer Honorarprofessur an der Hochschule für Technik und Wirtschaft im Fachbereich Gestaltung (Studiengang Museumskunde und Museumsmanagement). Frank von Hagel Institut für Museumsforschung Staatliche Museen zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz 14595 Berlin 0049-308301-520 [email protected] http://www.smb.museum/ifm *1964. Studium der Geschichtswissenschaft und Politologie an der Universität Osnabrück. Nach regionalhistorischen Publikationen und dem Aufbau von Museumsdokumentationssystemen in Museen Nordwestdeutschlands und am Deutschen Uhrenmuseum und der Koordinierung der Beteiligung von Museen am BAM-Portal am Landesmuseum für Technik und Arbeit 2003, wechselte er an die Stiftung Preußischer Kulturbesitz. In der SPK betreute er zunächst in der Handschriftenabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin als stellvertretender Projektleiter das Projekt Kalliope II. Seit 2005 ist er am Institut für Museumsforschung beschäftigt. Aufgaben: Betreuung diverser Projekte (BAM-Portal, NESTOR, Minerva, ATHENA, Linked Heritage, AthenaPlus, Artstor, SPK-digital und DDB), Museumsdokumentation, die museumsorientierte Format- sowie Standardentwicklung und -vermittlung, die Unterstützung großer und kleiner Einrichtungen bei der Bereitstellung ihrer digitalen Informationen. Dr. MAS Karl Heinz International Centre for Archival Research 1030 Wien 0043-1/5450-989 [email protected]
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www.icar-us.eu *1967. Studium der Geschichte sowie der ungarischen und tschechischen Sprache an der Universität Wien. 1992–1995 Absolvierung des Ausbildungskurses des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung in Wien. Promotion 2004 zu regionalgeschichtlichen Studien in Niederösterreich. Aufgaben: Seit 2002 Aufbau der Plattform Monasterium und seit 2008 Geschäftsführer des International Centre for Archival Research (ICARUS). Dipl.-Ing. Irene Hyna Bundeskanzleramt Österreich Sektion II Kunst und Kultur Abt. II/6 Concordiaplatz 2 1014 Wien [email protected] http://www.kunstkultur.bka.gv.at *1953. Studium der Mathematik an der Technischen Universität Wien, Studienzweig Informationsund Datenverarbeitung, Mitarbeiterin am EDV-Zentrum der Technischen Universität Wien. Seit 1982 Mitarbeiterin im ehemaligen Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung, derzeit Bundeskanzleramt Österreich – Sektion Kunst und Kultur. Aufgaben: Digitalisierung des kulturellen Erbes, Kulturplattformen Kulturpool und Europeana. Dr. Stephan Kellner Bayerische Staatsbibliothek Ludwigstraße 16 80539 München 0049-89/28638-2278 [email protected] www.bsb-muenchen.de *1956. Studium der Germanistik, mittelalterlichen und neueren Geschichte, Soziologie und Kunstgeschichte in München und Bochum. 1983 Promotion in Bayerischer Landesgeschichte an der LudwigMaximilians-Universität München. 1985–2003 Erschließung von Nachlässen und neuzeitlichen Handschriften für die Bayerische Staatsbibliothek bzw. die Universitätsbibliothek Eichstätt-Ingolstadt. Seit 2004 Bavarica-Referent, seit Juli 2015 Leiter des Referats Bavarica der Bayerischen Staatsbibliothek. Inhaltlich verantwortlich für die Portale Bayerische Landesbibliothek Online, Literaturportal Bayern und bavarikon, außerdem für das Online-Angebot Historisches Lexikon Bayern. Projektleitung bei mehreren mobilen Applikationen. Mag. Christian Kircher Museen der Stadt Wien Karlsplatz 8 1040 Wien 0043-1/5058747-84055 [email protected] www.wienmuseum.at *1964. Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Wirtschaftsuniversität Wien; Jahrelang Doppelbeziehung zu Kultur und Wirtschaft; bis 2005 Positionen im Dienstleistungsbereich und in der Industrie – zuletzt Gillette-Gruppe Deutschland. 2005 beruflicher Wechsel in den Kulturbereich als Finanzdirektor der Museen der Stadt Wien (Wien Museum). Seit 2008 Mitglied im Beirat der Arnold Schoenberg Center Privatstiftung Wien, seit 2009 Mitglied des Aufsichtsrats des Jüdischen Museums der Stadt Wien.
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David Kleingers Deutsches Filminstitut – DIF Schaumainkai 41 60596 Frankfurt am Main [email protected] http://www.filmportal.de http://www.deutsches-filminstitut.de *1972. Studium der Amerikanistik und Medienkultur. Als Filmjournalist und -historiker zahlreiche Artikel und Buchbeiträge zum deutschen, europäischen und US-amerikanischen Kino. 2000–2003 wissenschaftlicher Mitarbeiter von CineGraph – Hamburgisches Centrum für Filmforschung. Seit September 2003 wissenschaftlicher Mitarbeiter des Deutschen Filminstituts – DIF, Frankfurt am Main. Dort seit November 2005 als Abteilungsleiter tätig. Aufgaben: Leiter der Redaktion von filmportal. de, Entwicklung und Umsetzung digitaler Strategien und Projekte, Gremienvertreter des Deutschen Filminstituts, u. a. im Kinematheksverbund, im Netzwerk Mediatheken und im Kompetenznetzwerk der Deutschen Digitalen Bibliothek. Dr. Paul Klimpel iRights Almstadtstraße 9–11 10119 Berlin 0049-30/5459-8131 [email protected] http://www.creativecommons.de Studierte Jura in Bonn und München und Philosophie, Psychologie und Sozialwissenschaften an der Jesuitischen Hochschule für Philosophie. Referendariat in Berlin. Dissertation an der HumboldtUniversität. 2002 kam er zur Stiftung Deutsche Kinemathek, deren Verwaltungsdirektor er von 2006 bis 2011 war. In dieser Funktion wirkte er in zahlreichen nationalen und internationalen Gremien mit und war Geschäftsführer des Netzwerks Mediatheken. 2007–2010 leitetet er jährliche internationale Symposien zu den rechtlichen Rahmenbedingungen von Museen und Archiven. Seit 2011 koordiniert er den Bereich kulturelles Erbe im Internet & Gesellschaft Collaboratory e. V. und leitet die Konferenzreihe „Zugang gestalten!“ zur Digitalisierung des kulturellen Erbes. Seit März 2012 Partner in der Rechtsanwaltskanzlei iRights.Law. 2013 leitete er eine interdisziplinäre Expertengruppe zur digitalen Langzeitarchivierung, die den „Berliner Appell zum Erhalt des digitalen Kulturerbes“ formulierte. Mag. Gerda Koch Europeana Local-Österreich Servicestelle AIT – Angewandte Informationstechnik Forschungsgesellschaft mbH Klosterwiesgasse 32/I 8010 Graz 0043-316/835359-73 [email protected] http://www.europeana-local.at *1970, Graz. Studium der Anglistik, mit Europarecht und Wirtschaft an der Karl-Franzens-Universität Graz. Absolventin des Medienkundlichen Lehrgangs an der Karl-Franzens-Universität Graz. Projektleiterin für kulturelles Erbe und Dokumentation in der AIT Angewandten Forschungsgesellschaft mbH in Graz. Seit 1998 in zahlreichen nationalen und internationalen Projekten in den Fachbereichen Verbundinformationssysteme für kulturelle Einrichtungen, Datenmanagement und Wissensorganisation. Dazu zählen beispielsweise die Forschungsprojekte MOSAIC, COVAX, REGNET, Media.Alp, DISMARC, EuropeanaConnect, DIS Austria, EuropeanaLocal, OpenUp! und LoCloud. Langjährige Erfahrung im
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Bereich internationales Projektmanagement. Gerda Koch leitet die Europeana-Local-Österreich-Servicestelle für Museen, Bibliotheken und Archive in der AIT Forschungsgesellschaft mbH. Mitglied des Europeana-Netzwerks. M.A. Susanne Kopp-Sievers Museumsverband Sachsen-Anhalt e. V. 06406 Bernburg 0049-3471/628-116 [email protected] http://www.mv-sachsen-anhalt.de/ Studierte von 1980 bis 1984 Skandinavistik, Mittlere und Neuere Geschichte und Volkskunde an der Universität Kiel. Danach war sie in unterschiedlichen Bereichen im Museums- und Archivwesen tätig. Seit 1994 leitet Susanne Kopp-Sievers die Geschäftsstelle des Museumsverbandes Sachsen-Anhalt e. V. In dieser Funktion ist sie Mitbegründerin der AG Digitalisierung im Museumsverband SachsenAnhalt e. V. im Jahr 2009 und seitdem beteiligt an der Entwicklung von www.museum-digital.de. Zu ihrer Tätigkeit zählen zahlreiche Publikationen zur Museumslandschaft Sachsen-Anhalt und zur museumsfachlichen Arbeit. In den Jahren 2012 bis 2013 hat sie die Museumslandschaft SachsenAnhalts im Kulturkonvent Sachsen-Anhalt vertreten. Als stellvertretende Vorsitzende der Kulturkonferenz Sachsen-Anhalt e. V. engagiert Susanne Kopp-Sievers sich in kulturpolitischen Fragen des Landes Sachsen-Anhalt und darüber hinaus. Wolfgang Krauth Landesarchiv Baden-Württemberg Eugenstraße 7 70182 Stuttgart 0049-711/212-4296 [email protected] www.landesarchiv-bw.de *1976. Studium der Geschichte und Katholischen Theologie in Tübingen und Pisa. Archivreferendariat am Landesarchiv Berlin und der Archivschule Marburg. 2010–2012: Leiter der Koordinierungsstelle Retrokonversion an der Archivschule Marburg, danach Archivfachlicher Koordinator für die Deutsche Digitale Bibliothek am Landesarchiv Baden-Württemberg. Seit 2012: Leiter des Referats Informationstechnologie, digitale Dienste am Landesarchiv Baden-Württemberg. Lehrbeauftragter an der Universität Stuttgart. Prof. Dr. Gerald Maier Landesarchiv Baden-Württemberg Eugenstraße 7 70182 Stuttgart 0049-711/212-4279 [email protected] http://www.landesarchiv-bw.de *1966. Studium der Geschichte, Evangelischen Theologe, Kunstgeschichte und Historischen Geografie in Tübingen und Bonn. Promotion in neuerer Geschichte an der Universität Tübingen. Archivreferendariat (Generallandesarchiv Karlsruhe, Archivschule Marburg), danach verschiedene Tätigkeiten an der Landesarchivdirektion Baden-Württemberg und im Landesarchiv Baden-Württemberg. Aufgaben: Stellvertretender Präsident und Leiter der Abteilung 1 Zentrale Dienste des Landesarchivs BadenWürttemberg; Bundesratsbeauftragter für „Digitalisierung und Online-Zugänglichkeit kulturellen
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Materials und dessen digitaler Bewahrung“; stellvertretendes Vorstandsmitglied der Deutschen Digitalen Bibliothek; Honorarprofessor an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart Dr. Uwe Müller Deutsche Nationalbibliothek Stabsgruppenleitung Deutsche Digitale Bibliothek Adickesallee 1 60322 Frankfurt am Main / Germany 0049-69/15251788 [email protected] http://www.dnb.de *1975. Studium der Informatik an der Humboldt-Universität zu Berlin, Promotion am Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft (IBI) der Humboldt-Universität zu Berlin (2008). Mitarbeit und Koordination unterschiedlicher Forschungsprojekte auf dem Gebiet des Elektronischen Publizierens, Durchführung von Lehrveranstaltungen in der Bibliotheks- und Informationswissenschaft. Seit 2011 an der Deutschen Nationalbibliothek für das Gemeinschaftsvorhaben Deutsche Digitale Bibliothek tätig. Aufgaben: Leitung der Stabsgruppe DDB mit technischer Koordination und Servicestelle. Mitarbeit in unterschiedlichen Fachgremien, Co-Sprecher der DINI-Arbeitsgruppe Elektronisches Publizieren. Dr. Kathrin Pilger Landesarchiv Nordrhein-Westfalen Fachbereich Grundsätze Dezernat F 2 (Öffentlichkeitsarbeit) Schifferstraße 30 47059 Duisburg 0049-203/98721-119 [email protected] www.lav.nrw.de *1968. Studium der Neueren und neuesten Geschichte, Kunstgeschichte, Romanistik und Politikwissenschaften an der Universität Münster, Stipendiatin am Institut für Europäische Geschichte in Mainz, Promotion über die Geschichte des Kölner Zentral-Dombauvereins im 19. Jahrhundert, 1999–2001 Archivreferendarin am Staatsarchiv Münster und an der Archivschule Marburg, seit 2001 Dezernentin am Hauptstaatsarchiv Düsseldorf (seit 2004 Landesarchiv NRW) in verschiedenen Dezernaten; seit 2014 Dezernatsleiterin für Öffentlichkeitsarbeit im Fachbereich Grundsätze des Landesarchivs NRW in Duisburg. Mag. Bianca Pospischek uma Information Technology GmbH Breitegasse 3/2 1070 Wien 0043-676/4447-888 [email protected] http://www.kulturpool.at http://www.uma.at *1985. Studium der Kunstgeschichte an der Universität Wien und der Université Libre de Bruxelles. Studium der Textuellen Bildhauerei bei Heimo Zobernig und der Videoinstallation bei Dorit Margreiter an der Akademie der Bildenden Künste Wien. Seit 2013 bei uma Information Technology tätig als
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Projektleiterin von Kulturpool – Österreichs Portal zu Kunst, Kultur und Bildung, und in dieser Rolle Österreichischer Contact Point, Europeana Network Member und Partner in EU-Projekten. M.A. Frauke Rehder digiCULT-Verbund eG Wrangelstraße 16 24105 Kiel 0049-431/908-914-72 [email protected] http://www.digicult-verbund.de *1960. Studium der Volkskunde, Kunstgeschichte und Philosophie an den Universitäten Kiel und Wien. Langjährige Museumstätigkeit mit dem Schwerpunkt Dokumentation. Von 2000 bis 2004 Redakteurin des Portals „Kulturnetz Schleswig-Holstein“. Seit 2003 wissenschaftliche Mitarbeiterin mit dem Schwerpunkt Dokumentationsentwicklung im Projekt digiCULT Museen Schleswig-Holstein.. Seit 2012 Geschäftsführerin der digiCULT-Verbund eG. Vorstandsmitglied im Museumsverband Schleswig-Holstein und Hamburg e. V.. Spartenvertreterin für die Museen im Kompetenznetzwerk der Deutschen Digitalen Bibliothek. M.A. Bettina Scheeder Museumsverband Rheinland-Pfalz e. V. 67061 Ludwigshafen 0049-621/529-2523 [email protected] http://www.museumsverband-rlp.de *1959. Studium der Kunstgeschichte, Klassischen Archäologie und Ur- und Frühgeschichte an der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg. Von 1997 bis 2001 für das Wilhelm Hack-Museum in Ludwigshafen tätig, seit 2000 parallel für den Museumsverband Rheinland-Pfalz e. V., anfangs als Leiterin der Geschäftsstelle, ab 2003 als dessen Geschäftsführerin. Aufgaben: Beratung der nichtstaatlichen Museen und deren Träger sowie der Landesregierung in allen museumspezifischen Fragen, u. a. zur Digitalisierung. Von 2007 bis 2014 Mitglied im Vorstand des Deutschen Museumsbunds (DMB), u. a. Mitarbeit an der 2011 erschienenen DMB-Publikationen „Leitfaden für die Dokumentation von Museumsobjekten“. Dr. Uwe K. Schneider Vogel & Partner Rechtsanwälte mbB Technologiepark Karlsruhe Emmy-Noether-Straße 17 76131 Karlsruhe 0049-721/782027-0 [email protected] http://www.vogel-partner.eu *1974. Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Tübingen. Promotion im Bereich des Datenschutzrechts. Seit 2001 als (externer) betrieblicher Datenschutzbeauftragter tätig. 2007 Zulassung als Rechtsanwalt. Seit 2011 Partner der Sozietät Vogel & Partner Rechtsanwälte, die unter anderem Kultureinrichtungen in Fragen des Datenschutzrechts und des Urheberrechts im digitalen Zeitalter berät.
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Dr. Henning Scholz Europeana Foundation c/o Koninklijke Bibliotheek Prins Willem-Alexanderhof 5 2595 BE Den Haag The Netherlands 0031-70-3140134 [email protected] http://pro.europeana.eu/ *1973. Studium der Geologie-Paläontologie und Promotion an der Universität Würzburg. Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Museum für Naturkunde Berlin, Aufgaben: Kurator, Projektmanager, Projektkoordinator (EU-Projekt BHL-Europe), Europeana Network Secretary. Europeana Network Coordinator für Europeana, Den Haag. Seit 2013 Partner and Operations Manager für Europeana, Den Haag, Aufgaben: Betreuung von Kultureinrichtungen und Aggregatoren die Daten an Europeana geben, Strategische Entwicklung der Aggregationsinfrastruktur, Teamleitung. M.A. Gisela Schulte-Dornberg Digitales Kunst- und Kulturarchiv Düsseldorf Kulturamt der Landeshauptstadt Düsseldorf Zollhof 13 40221 Düsseldorf 0049-0211/89-96107 [email protected] http://dkult.duesseldorf.de http://www.duesseldorf.de *1958. Studium der Ur- und Frühgeschichte, Ethnologie und Geologie an der Universität Köln. Vorher Ausbildung zur Physiklaborantin in Köln, dann zur Mathematisch-Technischen Assistentin in Leverkusen. Langjährige Tätigkeit als IT-Anwendungsentwicklerin in Leverkusen. Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Neanderthal Museum Mettmann. Seit 2002 Leitung des Digitalen Kunst- und Kulturarchivs Düsseldorf. Vom Deutschen Städtetag als kommunale Vertreterin in das Kompetenznetzwerk der Deutschen Digitalen Bibliothek entsandt, dort auch Spartenvertreterin für die Museen. Dr. Werner Schweibenz Bibliotheksservice-Zentrum Baden-Württemberg Universität Konstanz 78457 Konstanz 0049-7531/88-4279 [email protected] http://www.bsz-bw.de *1965. Studium der Sprach- und Informationswissenschaft an der Universität des Saarlandes und der University of Missouri – Columbia. Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Fachrichtung Informationswissenschaft. Promotion über die Entwicklung vom traditionellen zum virtuellen Museum. Seit 2007 wissenschaftlicher Mitarbeiter bei MusIS – Museumsinformationssystem am Bibliotheksservice-Zentrum Baden-Württemberg, Universität Konstanz, Aufgaben: Betreuung der MusIS-Museen im Bereich Dokumentation und Kulturportale. Spartenvertreter für die Museen im Kompetenznetzwerk der Deutschen Digitalen Bibliothek.
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Dr. Jörn Sieglerschmidt Neue Strasse 23 D-27330 Asendorf [email protected]. *1945. Studium Geschichte, Russisch an der Freien Universität Berlin und an der Universität Konstanz; Promotion 1977; Habilitation 1986; seitdem Privatdozent an den Universitäten Konstanz (1986–1998), Karlsruhe (1995–1996) und Mannheim (seit 1998); Konservator am Landesmuseum für Technik und Arbeit in Mannheim 1987–2003; seit 2004 Bibliotheksservice-Zentrum Baden-Württemberg in Konstanz (Leitung Museums- und Archivbereich, BAM-Portal); ab 2005 (ab 2014 für die online-Ausgabe) Herausgeber der Enzyklopädie der Neuzeit für den Bereich Natur (Naturerfahrung, Naturwahrnehmung); 2009–2011 Mitarbeit an der Vorbereitung der Deutschen Digitalen Bibliothek; ab Dezember 2011 Versorgungsempfänger. Thorsten Siegmann Staatsbibliothek zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz Abt. Bestandserhaltung und Digitalisierung Referatsleiter Digitalisierung / Leitstelle Digitale Bibliothek Unter den Linden 8 10117 Berlin 0049-30-266-434800 [email protected] / [email protected] http://www.staatsbibliothek-berlin.de/ http://www.europeana-collections-1914-1918.de/ *1978. Studium der Diplom-Kulturwissenschaften an der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) und der Universidad de Buenos Aires, Argentinien; seit 2007 an der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, von 2007 bis 2011 am Institut für Museumsforschung der Staatlichen Museen zu Berlin, seit 2011 an der Staatsbibliothek zu Berlin; Aufgaben: Koordination von EU-Projekten (Europeana Collections 1914–1918, Europeana Newspapers und euromuse.net); seit 2015 Referatsleiter für Digitalisierung und verantwortlich für die Leitstelle Digitale Bibliothek. Prof. Dr. Holger Simon Pausanio GmbH & Co. KG Eupener Straße 165 50933 Köln 0049-221/977630-81 [email protected] www.pausanio.com *1969. Studium der Kunstgeschichte, Philosophie, Pädagogik in Köln, 1998 Promotion in Kunstgeschichte, 1998–1999 Volontariat am Museum Schnütgen Köln, 1999–2008 Hochschulassistent am Kunsthistorischen Institut in Köln, 2007 Habilitation, Lehraufträge an den Hochschulen Köln, Düsseldorf und Krems, seit 2013 außerplanmäßiger Professor für Kunstgeschichte an der Universität zu Köln. Holger Simon gründete diverse Internetprojekte wie z. B. www.prometheus-bildarchiv.de (seit 2001), www.historischesarchivkoeln.de (seit 2009). Er ist seit 2009 Geschäftsführender Gesellschafter der Pausanio GmbH & Co. KG (www.pausanio.com), die digitale Anwendungen und Strategien für Kultureinrichtungen entwickelt. Seit 2013 ist er Direktor der Pausanio Akademie für Cultural Entrepreneurship (www.pausanio-akademie.de) in Köln. Christoph Stuehn Memoriav – Verein zur Erhaltung des audiovisuellen Kulturerbes der Schweiz Bümplizstr. 192
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3018 Bern 0041-(0)/31380-1080 [email protected] http://www.memoriav.ch *1974. Studium der Wirtschaftswissenschaften an den Universitäten St. Gallen (HSG) und Rotterdam. Der deutsch-schweizerische Doppelbürger und Hobbymusiker leitet den Verein Memoriav seit dem 1. Mai 2013. Des Weiteren engagiert er sich als Vizepräsident der Stiftung Kulturerbe von Schweizer Radio und Fernsehen (SRF), als Stiftungsrat der Stiftung Fonsart von Radio Télévision Suisse (RTS) sowie als Vorstandsmitglied der Aids-Hilfe Schweiz. Zuvor war er u. a. fünf Jahre als Betriebsleiter und Geschäftsleitungsmitglied des Schweizerischen Nationalmuseums und als Vizedirektor am Schauspielhaus Zürich tätig. Susanne Waidmann Bundesarchiv 12205 Berlin 0049-3018/7770-740 [email protected] http://www.bundesarchiv.de *1980. Studium der Geschichte und Katholischen Theologie an der Johannes Gutenberg Universität Mainz, an der Päpstlichen Universität Comillas, der Universität Complutense Madrid und der Ludwig Maximilian Universität München. Archivreferendariat von 2008 bis 2010 im Bundesarchiv und an der Archivschule Marburg, seit 2010 in der Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv und seit 2015 parallel im Bereich Archivtechnik im Bundesarchiv eingesetzt. Seit 2010 verschiedene Aufgaben in Portalprojekten (DDB, Archivportal Europa, Netzwerk SED-/ FDGB), im APEx Projekt von 2012 bis 2015 Leiterin des Arbeitspaketes zu Standards und Richtlinien. Prof. em. Dr. Artur-Axel Wandtke Humboldt-Universität zu Berlin Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht Unter den Linden 6 10099 Berlin *1943, nach der Bühnenlaufbahn studierte er an der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität.1988 erfolgte die Berufung zum ordentlichen Professor an der Humboldt-Universität, von 1993 bis zur Emeritierung 2011 als Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht. Seine Publikationsliste ist umfangreich (Kommentar Urheberrecht, 5 Bände Medienrecht). Seit 2010 ist er im Vorstand der VG-Wort. Dr. Marcus Weidner Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) Wissenschaftlicher Referent LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte Internet-Portal „Westfälische Geschichte“ Karlstraße 22 48147 Münster 0049-251/591-5691 [email protected] http://www.westfaelische-geschichte.lwl.org Studium der Romanischen Philologie, der Klassischen Archäologie, der Mittleren und Neueren Geschichte an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, 1998 Promotion über das Verhältnis von Adel und Stadt im 17. und 18. Jh. auf dem Hintergrund des Kulturtransfers und der territorial-städtischen
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Entwicklung, 1998–2002 Tätigkeiten am LWL-Archivamt für Westfalen, am Historischen Museum Bremerhaven und am LWL-Museum für Kunst und Kultur in Münster (Museumsvolontariat), seit 2002 Wissenschaftlicher Referent am LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte in Münster, dort zuständig für das Internet-Portal „Westfälische Geschichte“, Mitglied der Historischen Kommission für Westfalen, Mitinitiator und Geschäftsführer der „Arbeitsgemeinschaft landesgeschichtlicher und landeskundlicher Internet-Portale in Deutschland“ (AG Regionalportale Deutschlands), gegründet 2007. John H. Weitzmann Creative Commons Deutschland c/o iRights Almstadtstraße 9–11 10119 Berlin 0049-30/5459-8131 [email protected] http://www.creativecommons.de Studium der Rechtswissenschaften an der Universität des Saarlandes, der University of Sydney Law School, der Universität Trier und der Humboldt Universität Berlin. Research Assistant am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz. Leiter des Projekts remus Schule der Europäischen EDV-Akademie des Rechts. Projektmitarbeiter im Bereich elektronische Verkündung des Bundesjustizminiteriums. Seit 2007 Legal Project Lead für Creative Commons Deutschland sowie seit 2013 Koordinator der europäischen Creative Commons Affiliates. Freie journalistische Mitarbeit u. a. beim Verbraucherinformationsportal iRights.info und bei Deutschlandradio Berlin. Referendariat in Hamburg, seit 2011 Rechtsanwalt in Berlin und wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt argumentum der Universität des Saarlandes. Christina Wolf Landesarchiv Baden-Württemberg Eugenstraße 7 70182 Stuttgart 0049-711/212-4270 [email protected] http://www.landesarchiv-bw.de Nach Abitur und Auslandsaufenthalt in Stockholm Ausbildung für den gehobenen Archivdienst (Landesarchiv Baden-Württemberg, Archivschule Marburg, Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg). Ab 2007 Tätigkeit in der Verwaltungsabteilung des Landesarchivs BadenWürttemberg für verschiedene Projekte zur Onlinestellung digitalisierten Kulturguts sowie für archivische Fachanwendungen und die Betreuung von Online-Informationssystemen. Seit 2012 Leiterin der Koordinierungsstelle Digitalisierung im Landesarchiv Baden-Württemberg. Aufgaben: Mitwirkung bei der Umsetzung der Digitalisierungsstrategie des Landesarchivs und in Digitalisierungsprojekten; Vorstandsmitglied des Verbands deutscher Archivarinnen und Archivare e. V.; Mitglied des Beirats der Archivschule Marburg; Projektleiterin für das DFG-Projekt „Aufbau eines Archivportals-D“. Jens Wübbenhorst Studierte von 2006 bis 2012 Wirtschaftsinformatik an der Leibniz-Akademie Hannover und der Universität Bamberg. Er arbeitet für das Berliner StartUp Foodpanda (Gründung der Rocket Internet AG) und vermittelt als Teamleiter moderne und agile Software-Entwicklungsparadigmen an internationale Softwareentwickler-Teams. Im Ehrenamt berät er den Museumsverband Sachsen-Anhalt e. V. in Fragen des Internets und Digitalisierung.
Register Accessprovider 6, 39, 41, 71, 72 ADABweb 306 Additor 306 Aggregator 8, 128, 143, 154, 161, 173, 176, 189, 193, 210, 248, 249, 251, 264, 295, 307 AG Regionalportale Deutschland (Arbeitsgemeinschaft landesgeschichtlicher und landeskundlicher Internet-Portale in Deutschland) 336 Albertina 104, 173, 174 Allgemeines Künstlerlexikon (AKL) 228, 250 Amazon 42, 106 Angewandte Informationstechnik (AIT) 252, 255, 343, 344 apeEAD 198–200 APEF 197 APEx-Projekt 193, 194, 197, 200–202 App 118, 225, 228, 236, 300 Apple 106, 115, 300 Application Programming Interface (API) 130, 143, 154, 161, 177, 183, 227, 228, 257, 282, 299, 327, 329 Applikation 287, 300 Archives Portal Europe 128, 183, 192, 193, 197, 202, 203 Archives Portal Europe network (APEnet) 192, 193, 200–202, 240 Archives Portal Europe network of eXcellence (APEx) 192–194, 197, 200–203, 349 Archivportal VI, VII, 5, 8, 9, 92, 180–191, 193–203, 308–313, 340, 349, 350 Archivportal-D VI, 5, 8, 92, 180–190, 197, 311, 313 Archivportal Europa 189, 191, 193–197, 198–203, 349 Archivportal für NRW 309–312 Archivschule Marburg 183, 344, 345, 349, 350 Ars Electronica Archiv 175 Art and Architecture Thesaurus (AAT) 126, 238, 274 audiovisuelles Erbe 260 BAM VI, 8, 10, 164–171, 237, 241, 316, 341, 348 Barock 26 Barrierefreiheit 328 bavarikon VII, 286, 292, 293–300, 339, 342
Bayerische Landesbibliothek Online (BLO) 292, 299 Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege 294 Bayerisches Nationalmuseum 294 Bayerische Staatsbibliothek 139, 292–296, 298, 299, 338, 339, 342 Bayerische Staatsgemäldesammlungen 294 Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen 294 Berliner Erklärung 45, 90, 91, 234, 241 Bestandsdaten 63, 69, 71, 75, 76, 219 best-practice 45, 234, 270, 276 Bibliotheksservice-Zentrum Baden-Württemberg (BSZ) 168, 170, 286, 289 Bildähnlichkeitssuche 228, 298 Braunschweig 301, 303, 305 Bundesarchiv 45, 48, 94, 95, 134, 167, 183, 192–194, 201, 202, 234, 263, 340, 341, 349 Bundesarchiv (Deutschland) 192 Bundeskanzleramt Österreich 175, 342 Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) 223 Buntschriftstellerei 16, 30 Business Model Canvas (BMC) 111 CEI 219, 220 Christian-Albrechts-Universität zu Kiel 314 CIDOC Conceptual Reference Model (CRM) 24, 29, 130, 154, 228, 320 Citation-Style-Webservice 306 Collaborative European Digital Archive Infrastructure (CENDARI) 201 Content-Management-System (CMS) 212, 256, 310 Contentprovider 39, 40 Cookie 72–75, 77–79 Creative Commons V, 51–53, 55, 56, 107, 350 Creative-Commons-Lizenz 7, 45, 50, 54, 55, 63, 82, 99, 107, 117, 127, 137, 138, 166, 176, 210, 217, 218, 227, 234, 254, 271, 279, 285, 295 Creative-Commons-Lizenz BY-NC-SA 217, 218, 279 Creative-Commons-Lizenz Null (CC0) 50, 63, 64, 92, 107, 117, 128, 138, 143, 166, 176, 210, 254, 279, 285, 295, 296 Creative Commons Public License (CCPL) 52, 53
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Register
Crowdfunding 117 Crowdsourcing 10, 161, 228 Cultural Entrepreneur 110, 121 Cultural Entrepreneurship VI, 110, 121, 122, 348 Datenbank 4, 47, 58–60, 92, 102, 105, 108, 126, 130, 176, 206, 208, 210–212, 219, 222, 225–227, 240, 244, 246, 249, 256, 257, 287, 288, 297, 306, 310, 312, 318, 333, 335, 337 Datenbankherstellerrecht 58, 64 Datenlieferant 173, 184, 210, 288 Datenlieferung 153, 155, 158, 184, 185, 198, 210, 249, 250–253 Datenportal 84 Datenschutz V, 65–67, 69–72, 80 Datenschutzerklärung 68, 75–80 Datenschutzrichtlinie 69, 71, 73–75 Datenverarbeitung 65, 68, 83, 129, 159, 342 Deutsche Digitale Bibliothek (DDB) VI, 5, 8, 44, 66, 85, 92, 101, 128, 130, 131, 133–166, 168–170, 180, 182–185, 188–190, 197, 198, 204, 208, 210, 213, 214, 240, 245, 247–251, 293, 295, 298, 303, 304, 307, 311, 316, 338, 340, 341, 343–349 Deutsche Filmografie (DEFI) 206 Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) 90, 92, 93, 127, 170, 180, 183, 184, 188–190, 213, 233, 312, 338, 339, 350 Deutsche Nationalbibliothek (DNB) 4, 10, 22, 28, 48, 91, 92, 134, 138–140, 149, 155, 170, 189, 213, 250, 305, 336, 338, 345 Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) 213, 233 Deutscher Städtetag 248 Deutsches Archäologischen Institut 234 Deutsches Filminstitut 134, 140, 170, 204–213, 279, 343 Deutsches Filmmuseum 210 DFG-Viewer 127, 188, 312 Dialektik 16, 18–20 Diensteanbieter 67–69, 75, 76 digiCULT-Verbund eG VII, 9, 120, 159, 167, 168, 314–321, 339, 346 digiCULT.xTree 159, 318–320 Digitales Kunst- und Kulturarchiv Düsseldorf (d:kult) VII, 5, 9, 243–251 Digitale Westfälische Urkunden-Datenbank (DWUD) 333, 334, 336, 337
digital humanities 13, 225, 335, 339 Digitalisierung 3, 6, 11, 33, 35–37, 45, 46, 49, 50, 57, 60, 88, 90, 93, 95, 100, 101, 103–105, 107, 113, 114, 117–121, 132–136, 144, 147, 148, 151, 159, 161, 162, 168, 180, 204, 214, 217, 235, 241, 251, 254, 258, 294, 295, 297, 298, 301, 304, 321, 323, 325, 326, 329, 336, 342–344, 346, 348, 350 Digital Public Library of America (DPLA) 130, 254, 257, 258, 293 Dokumentation und Informations-Service 252 Dublin Core 24, 28, 130, 154, 163, 177, 228, 252–254, 256, 257, 259, 265 Düsseldorf VII, 5, 9, 134, 243–245, 247–251, 345, 347, 348 EBU-Core-Metadatenschema 265 Eldred, Eric 52 Electronic Archival Guide 219 Encoded Archival Context – Corporate Bodies, Persons, Families (EAC-CPF) 198–203, 212 Encoded Archival Description (EAD) 130, 156, 169, 184, 185, 188, 190, 198–200, 219, 238, 304, 311, 312 Encoded Archival Description (EAD(DDB)) 156, 184, 185, 188, 190, 198 Encoded Archival Guide (EAG) 198–200, 203, 219 Enrichment-Adapter 306 Entitätenabgleich 23 Enzyklopädie 10, 20, 241, 348 Enzyklopädistik 18, 23 Epistemologie 18 Erfahrung 12, 14, 17, 18, 27, 340, 343 Erinnerung 12, 14, 17, 18, 106, 128, 282 Erlaubnisvorbehalt 55, 66, 67, 70 Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald 315 Erster Weltkrieg VII, 9, 50, 277–283, 328, 341 Europäische Digitale Bibliothek 133, 173, 252 Europäische Kommission 47, 83, 84, 115, 192, 201, 252, 259, 269, 277 Europäischen Fond für regionale Entwicklung (EFRE) 301, 314 Europeana VI, VII, 5, 8, 9, 63, 96, 102, 107, 115–117, 119, 121, 122, 125–135, 137, 140, 143, 145, 154, 155, 158, 163, 165, 166, 173–178, 185, 189, 192–194, 197, 199, 200, 204, 208, 212, 213, 240, 250–259, 268,
Register
353
269–283, 293, 295, 298, 303, 307, 316, 323, 326, 338, 341–344, 346–348 Europeana 1914–1918 VII, 5, 9, 131, 277–283 Europeana Collections 1914–1918 279, 348 Europeana Data Model (EDM) 129–131, 154–156, 163, 199, 200, 273, 282, 298 Europeana Data Model – Fashion Profile (EDM-fp) 273 Europeana Fashion VII, 5, 9, 107, 128, 240, 268–273, 275, 276, 338 Europeana Fashion International Association 276 Europeana Foundation 127, 176, 347 Europeana Local 9, 252, 254, 258, 343 Europeana-Local-Österreich-Portal VII, 252–258, 344 Europeana Semantic Elements (ESE) 130, 131, 154, 163, 282 European Film Gateway 1914 279 European Film Gateway (EFG) 207, 208, 210, 212, 213 eXist 219
geistiges Eigentum 87, 271 Gemeinfreiheit 51, 55, 60, 61, 95, 295 Gemeinsame Normdatei (GND) 10, 22, 155, 170, 189, 213, 228, 238, 250, 287–290, 305, 320, 327, 336 Gemeinsamer Bibliotheksverbund (GBV) 314 Gemeinsamer Verbundkatalog (GVK) 306, 319 Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns 294 geonames 238, 305, 327 Geschäftsmodell V, 7, 81, 89, 90, 92, 100, 110–121 Gesetz zur Informationsweiterverwendung 84 Getty Research Institute 10, 126, 274 GNU General Public License (GPL) 52, 227, 256 Goobi 304 Google 42, 72, 77–80, 100, 106, 107, 109, 110, 112–117, 122, 171, 172, 246, 309, 324 Google Analytics 72, 77, 78 Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Bibliothek (GWLB) 21, 302, 303 Grammatik 16, 18, 19
Facebook 37, 38, 79, 80, 106, 115, 178, 275, 282, 290, 325 Fachgruppe Dokumentation des Deutschen Museumsbundes 170, 320 Filmmuseum Düsseldorf 243, 248 filmportal.de VI, 5, 8, 204–214, 343 Finanzierung 50, 96, 120, 141, 142, 146, 164, 168, 223, 236, 269, 276, 294, 317 FIZ Karlsruhe – Leibniz-Institut für Informationsinfrastruktur 133, 138, 141, 152, 183 Förderung 10, 84, 93, 98, 118–120, 133, 144, 145, 168, 183, 189, 193, 194, 204, 207, 210, 211, 226, 269, 276, 315, 317, 323, 330 Framing 40 Fraunhofer Institut für Intelligente Analyse- und Informationssysteme (IAIS) 133 Functional Requirements for Bibliographic Records (FRBR) 24, 212
Haus der Bayerischen Geschichte 294 Heimatmuseum Obernfeld 302, 305 Heinrich-Heine-Institut 243, 248 Herzog-Anton-Ulrich-Museum (HAUM) 301, 303 Herzog-August-Bibliothek (HAB) 302, 303 Hessische Systematik 306, 320 Historischer Atlas von Baden-Württemberg 289, 291 Historisches Lexikon der Schweiz 261, 266 Hostprovider 41, 79 Humanismus 13, 16, 26
Gebühr 46, 90, 95, 99, 100 Gebührenrecht 7 Gedächtnisinstitutionen 3, 4, 7, 9, 44, 45, 47, 50, 57, 59, 66, 94, 142, 173, 244–246, 251, 262 Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz 236, 239
Ibero-Amerikanisches Institut 236 Iconclass 22, 238, 305, 320, 327 Impressumspflicht 68 IN2N 170, 213 Indexikalität 15, 26 Industriedenkmal Königshütte 302 informationelle Selbstbestimmung 65 Informationsgesellschaft 74, 133, 173, 178, 189, 190, 229, 241 Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW) 310 Institut für Historisch-Kulturwissenschaftliche Informationsverarbeitung (HKI) 219
354
Register
Institut für Museumsforschung (IfM) 4, 10, 140, 236, 272, 274, 322, 323, 338, 341, 348 Institut für Österreichische Geschichtsforschung 215, 342 International Centre for Archival Research (ICARUS) 194, 218, 219, 221, 222, 342 Intranda 304 IP-Adresse 70–73, 77–80 IP-Anonymisierung 77–79 IWG 46, 47, 84–90, 92, 95, 98, 99 KERAMIK.UM – Ausstellungs- und Aktionshaus 302 Kinematheksverbund 343 Kircher, Athanasius 20 Klassifikation 26, 62, 176, 185, 188 Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg 289, 291 Kommunikation 12, 14–16, 29, 30, 37, 54, 73, 121, 139, 152, 157, 178, 258, 263, 331 Kompetenznetzwerk Deutsche Digitale Bibliothek 5, 138, 149, 248 Königliche Gartenbibliothek Herrenhausen 302 Kooperationsvereinbarung 286, 303 Kooperationsvertrag 142, 143, 184, 325 Kostendeckungsprinzip 48, 49 Kreativindustrie 34, 88, 94, 102, 106, 109 Kreativwirtschaft 125, 127, 131, 204, 207, 211, 269, 276 Kulturamt der Landeshauptstadt Düsseldorf 248, 347 kulturelle Infrastruktur 33, 307 Kulturerbe VI, VII, 5, 9, 27, 46, 91, 115, 125, 131, 173–175, 178, 252, 260, 263, 268, 271, 276, 301–303, 306, 307, 349 Kulturerbeeinrichtung 128 Kulturpool VI, 5, 8, 173–178, 342, 346 Kultur- und Wissenseinrichtungen (KWE) 147 Kunsthistorisches Museum Wien 173, 174 LAGIS 286 Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung 285 Landesamt für Vermessung und Geoinformation Bayern 294 Landesarchiv Baden-Württemberg 134, 139, 140, 167, 168, 180, 181, 183, 186, 187, 190, 284, 286, 289, 340, 344, 350 Landesarchiv Nordrhein-Westfalen 183, 311, 345
Landesbibliothek Oldenburg (LBO) 302, 303 Landeskunde 285, 286, 289, 291, 292, 302 Landeszentrale für politische Bildung 285 Landschaftsverband Rheinland (LVR) 310, 311, 317 Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) 310, 311, 330, 331, 333–337, 349, 350 LDSG 66, 69 Leistungsschutzrecht 95 Lessig, Lawrence 52 Library of Congress Subject Headings (LCSH) 280–283, 327 LIDO-DDB 156 Lightweight Information Describing Objects (LIDO) 130, 156, 157, 169, 170, 228, 238, 250, 304, 315, 316, 320, 324 Linked Data 29, 155, 163, 228, 288–290, 327, 329 Linked Open Data (LOD) 100, 130, 177 Lizenzgebühren 44, 223 Lizenzierung 64, 82, 90–92, 96, 182 Lizenzmodell 54, 234, 285 LoCloud 253, 257–259, 343 Logik 15, 18, 20, 50, 110, 113 LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte Münster 330, 333 Malraux, André 13, 29 Marktforschung 69, 75 Mehrsprachigkeit 119, 218, 266, 274 Memobase VII, 5, 9, 260–267 Memoriav 9, 260–263, 265, 267, 348, 349 Metadata Encoding and Transmission Standard (METS) 200, 201 Metadaten V, 3, 7, 9, 44, 45, 50, 54, 57–61, 63, 64, 68, 82, 84, 85, 90, 91, 93, 100, 126–130, 137, 141, 143, 144, 148–150, 154, 155, 157, 158, 162, 165, 166, 174–176, 200, 209, 210, 213, 215, 216, 218, 219, 222, 225, 227, 228, 240, 244, 245, 247, 253–256, 258, 261–263, 265, 266, 270, 271, 273, 275, 278–282, 285, 287, 291, 293, 295, 296, 298, 303–305, 307, 316 Metadatenformat 156, 253, 256, 305 Metaphysik 18 Michael-Portal 316 MINT-Tool 273, 274 Monasterium VI, 5, 8, 215, 217–222, 342 museum.dat 169, 170, 316
Register
museum-digital VII, 5, 9, 322–329, 344 Museum Schloss Herzberg 302 Museumsverband Rheinland-Pfalz e. V. 325, 346 Museumsverband Sachsen-Anhalt e. V. 323, 325, 344, 350 Museumsverband Schleswig-Holstein und Hamburg e. V. 314, 318 Museumsverband Thüringen e. V. 315, 318 Nachkriegszeit 335, 337 Nachweisfunktion 165 Nationalsozialismus 335–337 Niedersächsisches Landesarchiv (NLA) 302, 303 Niedersächsisches Landesmuseum (NLMH) 302, 303 Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek (SUB) 301 non book materials 93 Normdatei 10, 22, 155, 170, 189, 213, 228, 238, 250, 287, 305, 320, 327, 336 Normdaten 8, 9, 91, 130, 155, 161, 169, 170, 176, 185, 189, 198, 200, 201, 212, 219, 228, 238, 239, 250, 251, 257, 265, 274, 282, 288, 289, 291, 305, 312, 320, 324, 327, 335 Normdatenanreicherung 189, 325 Normvokabular 59, 62, 319, 329 Nutzeroptimierung V, 7, 65, 68, 69, 76 Nutzungsdaten 69, 70, 72, 75 Nutzungsrecht 47, 63, 105, 245 Nutzungsverhalten 65 OAI-PMH 129, 161, 176, 200, 213, 256, 265 Oberbegriffsdatei (OBG) 306, 320, 328 Oberharzer Bergwerksmuseum ClausthalZellerfeld 302 öffentliche Einrichtung 87 Online Computer Library Center (OCLC) 92 Online-Portal digitalisierter Kulturgüter Niedersachsens (OPAL) 301 Ontologie 18, 24, 62 Open Access V, 7, 44, 45, 50, 81–83, 90, 93, 94, 98, 100, 234, 258 Open Data V, 63, 100, 102–108, 130, 177 Open Government Data 102, 107 Open Source 78, 80, 144, 157, 158, 219, 226, 227, 237, 257, 280, 287, 304, 318, 326 Ordnung 6, 12, 13, 16, 17, 19, 22, 23, 26, 27, 30, 59 Ortsnormdatenbank (ONDB) 288
355
Österreichische Mediathek 173, 174 Österreichische Nationalbibliothek 173, 174 Otlet, Paul 13, 30 pandora 227, 228 Partage Plus 250 personenbezogene Daten 65–70, 73, 74 Personenbezug 69, 71–74 Persönlichkeitsrecht 65 Piwik 78, 79, 326 Programmfabrik 304 Programmierschnittstelle 85, 92, 130, 143, 257 prometheus VI, 5, 117–119, 223–229, 316, 339, 348 Pseudonym 75 public domain 96, 278, 279 Public-Sector-Information (PSI) 46, 84, 87–90, 92, 95, 98, 179 Rechteinhaber 39, 51, 55, 98, 209, 225, 270, 272 rechtliche Infrastruktur 36 Rechtspersönlichkeit 86, 138 Regelwerke 23, 24, 26, 170 Regionalgeschichte 291, 323, 330, 333, 334, 337, 349, 350 Resource Description and Access (RDA) 24 responsives Design 297 Rheinland (LVR) 310 Rhetorik 15–20, 22, 28, 29 Saarländischer Museumsverband e. V. 315, 318 Sächsisches Staatsarchiv 183 SAFT-Standard 311 Schlagwortnormdatei (SWD) 169 Schnittstelle 98, 102, 178, 183, 212, 213, 227, 228, 256, 265, 288, 307, 311, 327, 335 Schöpfung 37, 59, 61, 95, 244 Schöpfungshöhe 58, 61 Schrankenregelung 42, 43 Schutz der kleinen Münze 59 Schutzrechte Dritter 87 Semantic Web 9, 11, 251, 257, 266, 290, 291, 312 semantische Suche 176 semantische Suchmaschine 173 Simple Knowledge Organisation System (SKOS) 253, 257, 259, 282, 319
356
Register
Social Media 10, 16, 79, 80, 93, 178, 194, 225, 282, 309 Social Tagging 10 Social Web 290 Solr 129, 130, 169, 199, 287, 321 Staatliche Museen zu Berlin (SMB) 240 Staatliches Institut für Musikforschung 234, 239 Staatsbibliothek zu Berlin 167, 237, 239, 279, 341, 348 Städtisches Museum Braunschweig 305 Stadtmuseum Düsseldorf 243, 248 Stadtmuseum Einbeck 302 Stadtmuseum München 294 Standard 8, 100, 102, 130, 134, 144, 145, 148, 152, 154, 156, 161, 169, 176, 177, 184, 188, 192–194, 198, 200, 211, 212, 218, 219, 226, 228, 238–240, 249, 250, 252, 257, 265, 273, 274, 282, 288, 296, 297, 305, 312, 314, 320, 321, 324, 327, 329, 335, 336, 349 Standardisierung 28, 57, 59, 99, 100, 135, 140, 169, 207, 229 Statistisches Landesamt 285 Steinbeis Transferzentrum für Informationsmanagement und Kulturerbeinformatik 252 Stiftung Archivportal Europa (APEF) 197, 201, 202 Stiftung Deutsche Kinemathek 208, 343 Stiftung Historische Museen Hamburg 134, 314, 315 Stiftung Jüdisches Museum Berlin 48, 234 Stiftung Museum Kunstpalast 243, 248 Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) VII, 9, 45, 48, 66, 91, 95, 134, 138, 139, 168, 184, 233–241, 274, 338, 340, 341, 348 Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg 234 Stiftung Westfalen-Initiative 330 Störerhaftung 41 Streaming 264, 265 Struktur 13, 17, 29, 59, 112, 176, 188, 195, 200, 223, 273, 274, 304, 311 Suchmaschine 3, 23, 39, 42, 77, 113, 117, 131, 171, 173, 178, 235, 261, 262, 287, 299, 324, 326 Taxonomie 26 Technische Informationsbibliothek Hannover (TIB) 303
TECHNOSEUM Mannheim 167, 168, 285 Telemediengesetz (TMG) 39, 67 Theatermuseum Düsseldorf 243, 248 Themenportal 131, 235, 282 The Museum System (TMS) 249 Thesaurus 10, 26, 126, 238, 250, 253, 257, 259, 261, 266, 274, 312, 318, 320 Thesaurus of Geographic Names (TGN) 238, 250, 320 Thüringische Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) 315, 317 Topik 16, 18, 19, 20, 23 Twitter 37, 79, 80, 178, 237, 275, 282, 325 Übersetzung 28, 266 uma Information Technology GmbH 175, 176, 345 UNESCO-Thesaurus 253 Universalwissenschaft 13, 16, 20, 23, 29 Universität Göttingen 306 Universitätsbibliothek Regensburg 294 Universität Stuttgart, Abteilung Landesgeschichte 289 Urheberpersönlichkeitsrecht 35, 36 Urheberrecht V, 6, 33–39, 43, 46, 55, 57, 58, 63, 95, 178, 229, 245, 251, 262, 349 Urkundenregesten 333 user generated content 9, 10, 278, 280, 281, 324 Verbundzentrale des Gemeinsamen Bibliotheksverbundes (VZG) 301, 303–306, 314, 315, 339 Vernetzung 7, 9, 10, 23, 26, 27, 37, 63, 125, 135, 136, 141, 149, 155, 177, 178, 185, 189, 206, 214, 234, 239, 247, 257, 258, 270, 284, 288, 289, 291, 293, 324, 336, 337 verwaiste Werke 245 Verwertungsgesellschaft (VG) Bild-Kunst 225, 227, 245 Verwertungsrechte 35 Virtual International Authority File (VIAF) 238, 241, 250 Vocnet 319 Vokabular 59, 126, 253, 288, 320 Vollkostenrechnung 48 Wahrheit 13, 16, 27, 37 Wahrscheinlichkeit 16, 22, 27, 28
Register
Webservice 210, 212, 306, 319 Website 39, 40, 68, 71–73, 75–79, 118, 212, 233, 249, 268, 269, 273–276, 282, 297, 334 Weiterverwendung 44–47, 49, 50, 72, 81, 84–93, 95, 176, 179, 209, 227, 317 Weltkulturerbe Rammelsberg 305 Werk 36, 40, 42, 53, 54, 58–60, 63, 174, 212 Westfalen VII, 9, 167, 183, 188, 308, 310, 311, 313, 322, 330–337, 345, 349, 350 Westfalen-Lippe 310, 313, 330, 332–337, 349 Wikipedia 10, 56, 91, 117, 155, 171, 172, 237, 241, 242, 306, 319, 320, 324, 327
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Wissen 7, 12–15, 17–20, 22, 23, 27–30, 34, 40, 45, 72, 90, 100, 101, 112, 115, 121, 133, 135, 144, 145, 178, 234, 235, 244, 258, 290, 324 Wissensordnung 13, 14, 18–20, 23 YouTube 41, 115, 267, 276 Zentrales Verzeichnis Digitalisierter Drucke (ZVDD) 93, 167 Zero Foundation 243, 248 Zielgruppe 164, 189 Zugangsrecht 45, 86, 88 Zweitveröffentlichungsrecht 82