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German Pages 326 Year 2018
Andrea Hausmann, Antonia Liegel (Hg.) Handbuch Förder- und Freundeskreise in der Kultur
Schriften zum Kultur- und Museumsmanagement
Andrea Hausmann, Antonia Liegel (Hg.)
Handbuch Förder- und Freundeskreise in der Kultur Rahmenbedingungen, Akteure und Management
© 2018 transcript Verlag, Bielefeld Die Verwertung der Texte und Bilder ist ohne Zustimmung des Verlages urheberrechtswidrig und strafbar. Das gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Umschlaggestaltung: Kordula Röckenhaus, Bielefeld Korrektorat: Christian Keitel, Münster; Jennifer Niediek, Bielefeld Satz: Justine Buri, Bielefeld Druck: Majuskel Medienproduktion GmbH, Wetzlar Print-ISBN 978-3-8376-3912-4 PDF-ISBN 978-3-8394-3912-8 Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Besuchen Sie uns im Internet: http://www.transcript-verlag.de Bitte fordern Sie unser Gesamtverzeichnis und andere Broschüren an unter: [email protected]
Inhalt Grußwort Thomas Köhler | 9 Förder- und Freundeskreise in der Kultur Eine Einführung Andrea Hausmann/Antonia Liegel | 11
A. R ahmenbedingungen Zivilgesellschaft und die Rolle von Förder- und Freundeskreisen Rupert Graf Strachwitz | 27 Fördervereine und Memberships – zwei Kulturen, zwei Strategien Thomas Knubben | 45 Freunde übernehmen zunehmend Mitverantwortung Das bundesweite Symposium der Freundeskreise in der Kultur ist ein Spiegel der Entwicklung im letzten Jahrzehnt Ulrike Petzold | 61 Fördern ohne Risiko – rechtliche und steuerliche Rahmenbedingungen Sascha Voigt de Oliveira | 79
B. A k teure Organisierte Freundeskreise Zur Arbeitsweise des Bundesverbands der Fördervereine Deutscher Museen für bildende Kunst e. V. und der World Federation of Friends of Museums (WFFM) Kathrin Erggelet | 10 7
Die neue Generation einbinden – Junge Freundeskreise Ksenia Weber | 115 Der Freundeskreis aus Sicht der Mitglieder Erwartungen und Einstellungen zur Mitgliedschaft am Beispiel des Freundeskreises Theater und Philharmonie Essen e. V. Julia Frohne/Susanne Meluzio/Arabella Bilsing | 121 Fördervereine von Museen: sieben Aktionsfelder, sechs offene Fragen Markus Walz | 141 Die Rolle der Förder- und Freundeskreise für Orchester Gerald Mertens | 161 Zur Rolle der Förder- und Freundeskreise für das Theater Bernhard Krumrey | 181
C. M anagement Zwischen Mission und Ökonomie Strategieentwicklung in Förder- und Freundeskreisen Annette Welling | 193 Strategien der Mitgliedergewinnung und -bindung von Fördervereinen in Kunst und Kultur Matthias Dreyer | 219 Friendraising als wichtiger Bestandteil des Fundraisings Marita Haibach | 239 Management von Ehrenamtlichen und das Zusammenspiel mit den hauptamtlich Tätigen Gesa Birnkraut | 255 Die Verwaltung als Schnittstelle zwischen Museum und Förder- bzw. Freundeskreis Grundlagenarbeit in der Praxis am Beispiel der Berlinischen Galerie Birgitta Müller-Brandeck | 2 75
D. B est -P ractices Der Förder- und Freundeskreis als ganzheitliches Instrument am Beispiel der Freunde der Nationalgalerie e. V. Katharina von Chlebowski | 285 Der Förderverein eines Bürgermuseums Thomas Köhler | 291 Was können FREUNDE leisten? Beispiel: Freunde der Berliner Philharmoniker e. V. Sibylle Juling | 299 Der Freundeverein als Mittel zur Weiterentwicklung eines Weltklasse-Orchesters Am Beispiel der Freunde des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks e. V. Martin Wöhr | 307 Autorinnen und Autoren | 317
Grußwort Obwohl die Bedeutung von Förder- und Freundeskreisen bzw. Fördervereinen für Kulturinstitutionen ständig zunimmt und auch das Bestreben der Vereine nicht nachlässt, sich zu verjüngen und neue Mitglieder zu gewinnen, finden sich auf dem Buchmarkt relativ wenige Publikationen zu diesem Thema. In einem Gespräch mit Professor Dr. Andrea Hausmann entstand die Idee, dem abzuhelfen und eine Art Kompendium mit Beispielen unterschiedlichster Art zusammenzustellen. Insbesondere der Bundesverband der Fördervereine Deutscher Museen für bildende Kunst hat in der Vergangenheit immer wieder Symposien veranstaltet und auch Schriften herausgegeben. Ich hoffe, dass auch diese Zusammenstellung Ideen bereithält, die in den Vereinen umgesetzt werden können. Betont werden muss in jedem Fall, dass die Mitgliedschaft in einem Förderverein einen grundlegenden Pfeiler bürgerschaftlichen Engagements darstellt, ohne welches eine Zivilgesellschaft nicht funktionieren kann. Weniger die Vorteile einer Mitgliedschaft sollen daher bei der Kommunikation im Mittelpunkt stehen, sondern vielmehr die Identifikation mit einer Institution und deren Inhalten und die Förderung der Institution durch Mitgliedsbeiträge und Spenden. Ich danke den Herausgeberinnen Andrea Hausmann und Antonia Liegel auf das Herzlichste, dass sie sich des Projektes so gründlich angenommen haben. Den Leserinnen und Lesern wünsche ich eine inspirierende Lektüre, die so manche Anregung enthalten mag.
Thomas Köhler
Förder- und Freundeskreise in der Kultur Eine Einführung Andrea Hausmann/Antonia Liegel
1. E inleitung Die Kulturfinanzierung erfolgt in Deutschland größtenteils über öffentliche und zu einem kleineren Teil über private Gelder. Konkret wurde das vielfältige kulturelle Angebot der staatlich getragenen Kulturbetriebe im Jahr 2013 zu drei Viertel durch öffentliche (ca. fünf Milliarden Euro) und zu einem Viertel (ca. eine Milliarde Euro) durch private Mittel finanziert (vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder 2016: 83). Förder- und Freundeskreise zählen – neben Unternehmen, Stiftungen etc. – zu den privaten Geldgebern. Wenngleich sich ihr Anteil an den privaten Geldern nicht eindeutig beziffern lässt, so ergab eine Umfrage von Welling et al. (2007: 21), dass Förder- und Freundeskreise im Durchschnitt 14 Prozent zum Gesamthaushalt einer Kulturinstitution beisteuern. Förder- und Freundeskreise unterstützen die Kulturinstitutionen allerdings nicht nur finanziell. Vielmehr haben sie gleichzeitig weitere wichtige Funktionen. So sind sie durch die Entwicklung von zusätzlichen Formaten (wie Vorträge, Lesungen, Künstlergespräche) häufig als Kulturvermittler aktiv, übernehmen Marketingaufgaben (wie z.B. Informationsvermittlung oder Mitgliederakquise und -bindung) und gelten sowohl als kulturpolitisches als auch als gesellschaftspolitisches Werkzeug. Doch wenngleich diese hohe Bedeutung von Förder- und Freundeskreisen für den Erhalt und die Vielfalt der deutschen Kulturlandschaft in der Praxis und Kulturpolitik als unbestritten gilt, liegen bislang kaum belastbare Erkenntnisse zu den Potenzialen, Erfolgsfaktoren und Barrieren ihrer Arbeit vor. Zu den wenigen Studien im deutschsprachigen Raum zählt die Publikation von Welling et al. (2007), eine quantitative, kulturspartenübergreifende Erhebung zu den organisationalen und personellen Strukturen der Förder- und Freundeskreise, ihren Mitgliedern und Leistungen. Des Weiteren existiert eine Publikation von Welling (2015) zu den unterschiedlichen Typologien und Strategien der Förder- und Freundeskreise in Deutschland. Als Vorreiterin in der englischsprachigen Literatur gilt Slater (Slater 2003b, 2004; Hayes/Slater 2003; Slater/Armstrong 2014),
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die in ihren Arbeiten ebenfalls die Typologien der Förder- und Freundeskreise in der bildenden und darstellenden Kunst in Großbritannien untersucht. Darüber hinaus fehlt es allerdings an einschlägiger wissenschaftlicher Literatur zu diesem Themenfeld. Es ist Ziel des vorliegenden Herausgeberbands, diese Lücke zu schließen und mithilfe ausgewiesener Experten systematisch die Strukturen, Akteure und Managementprozesse von Förder- und Freundeskreisen zu beleuchten. Im Rahmen dieses einführenden Beitrages sollen die Grundlagen für eine fundierte Auseinandersetzung mit dem Thema geschaffen werden. Dazu werden nachfolgend Förder- und Freundeskreise eingeordnet, die wichtigsten historischen Bezüge hergestellt sowie die bisher vorliegenden Definitionen und Erscheinungsformen diskutiert. Im Anschluss hieran werden die Aufgaben und Merkmale von Förder- und Freundeskreisen beleuchtet. Abschließend erfolgt eine Zusammenfassung und der Ausblick auf das Handbuch.
2. E rste E inordnung Der Kulturbereich wird typischerweise in drei verschiedene Sektoren untergliedert (vgl. Weckerle/Söndermann 2003: 12). Zum öffentlichen Sektor gehören Kulturbetriebe, wie Museen, Theater, Konzerthäuser, Opern und Orchester, die überwiegend durch die öffentliche Hand, d.h. den Staat (Kommune, Land, Bund) gefördert werden. Öffentliche Kulturbetriebe werden in den meisten Fällen zudem durch nichtöffentliche Geldgeber, wie z.B. Förder- und Freundeskreise oder Unternehmen, unterstützt. Zum privaten Sektor gehören Kulturbetriebe, die ihre Mittel überwiegend durch eigene Einnahmen erwirtschaften. Sie werden der Kultur- und Kreativwirtschaft zugeordnet, dazu gehören u.a. Verlage, Produktionsfirmen oder auch privat finanzierte Museen. Dem dritten Sektor, auch als Zivilgesellschaft bezeichnet, werden gemeinnützige Organisationen, wie Vereine, Stiftungen, gGmbHs zugeordnet. Hierzu zählen auch die meisten Förder- und Freundeskreise, da sie mehrheitlich in Form eines Vereins geführt werden (vgl. Welling 2015: 133). Die Zivilgesellschaft zeichnet sich dadurch aus, dass sie im Gegensatz zum öffentlichen Sektor keine hoheitlichen Aufgaben ausübt, Mitglieder und Funktionsträger auf freiwilliger Basis gewinnt und autonom über innere Angelegenheiten befindet; darüber hinaus ist sie im Gegensatz zum privaten Sektor nicht auf eine Gewinnerzielung ausgerichtet, darf demnach keine (Einnahmen-)Überschüsse erzielen und verwendet ihre Einnahmen ausschließlich zweckgebunden (vgl. Maecenata Stiftung 2017). Im Mittelpunkt des dritten Sektors steht die zivile Gesellschaft und deren hohes bürgerschaftliches Engagement. So engagierten sich im Jahr 2014 43,6 Prozent der Bevölkerung ab 14 Jahren ehrenamtlich, das sind 30,9 Millionen Menschen (vgl. Simonson et al. 2017: 21 sowie auch der Beitrag von Birnkraut). Viele gesellschaftspolitisch wichtige Aufgaben ließen sich ohne dieses bürgerschaftliche Engagement nicht realisieren. So werden beispiels-
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weise Kulturinstitutionen durch die ehrenamtliche Tätigkeit von den Mitgliedern eines Förder- und Freundeskreises bei der Initiierung, Etablierung und v.a. dem laufenden Betrieb unterstützt. Darüber hinaus werden durch die gemeinsamen bürgerschaftlichen Aktivitäten der Mitglieder auch wichtige gesellschaftliche Aspekte, wie Partizipation, Solidarität, Kreativität und Inklusion gefördert. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass den Förder- und Freundeskreisen eine wichtige gesellschafts- und kulturpolitische Rolle zukommt (vgl. hierzu u.a. der Beitrag von Graf Strachwitz). Neben den strukturellen Rahmenbedingungen sind die rechtlichen und steuerrechtlichen Besonderheiten von Relevanz. Förder- und Freundeskreise treten in Form von Vereinen, Stiftungen, unselbstständigen Stiftungen, gGmbHs, gAGs oder auch ohne Rechtsform auf. Je nach Trägertyp entstehen Vor- bzw. Nachteile für den Förder- und Freundeskreis. So muss beispielsweise bei der Gründung einer GmbH oder Stiftung Startkapital bereitgestellt werden, wohingegen die Initiierung eines eingetragenen Vereins mit anderen Auflagen verbunden ist (z.B. Mindestzahl an Gründungsmitgliedern). Unabhängig von der Rechtsform sind Förder- und Freundeskreise bestrebt als gemeinnützig zu gelten, um Steuerbefreiungen bzw. ermäßigungen in Anspruch nehmen zu können und bestimmte Gebühren zu sparen, wie etwa für die Eintragung ins Vereinsregister. Allerdings stellt das Gemeinnützigkeitsrecht die Förder- und Freundeskreise auch vor Herausforderungen. So muss etwa die Art einer Spende bzw. des Mitgliederbeitrags eindeutig benannt werden. Diese rechtlichen und steuerrechtlichen Belange muss das Management der Förder- und Freundeskreise fortlaufend beachten (vgl. hierzu u.a. der Beitrag von Voigt de Oliveira).
3. H istorie Förder- und Freundeskreise verfügen über eine lange Historie und sind ursprünglich entstanden aus dem Bedürfnis des Bürgertums zu mehr Mitsprache in Kunst und Kultur. Ende des 18. Jahrhunderts und Anfang des 19. Jahrhunderts schlossen sich Personen mit ähnlichen Interessen zu Gesellschaften, Vereinen, Genossenschaften etc. zusammen (vgl. Welling 2015: 28f.). Als Vorreiter gelten hier vor allem die literarischen Gesellschaften, wie die Goethe- oder Schiller-Gesellschaft (vgl. ebd.: 33). Aber auch Kunstvereine nahmen in der Entstehungsgeschichte von Förder- und Freundeskreisen einen hohen Stellenwert ein. Ein Beispiel hierfür ist der 1821 gegründete Kunstverein in Hamburg, der als einer der ersten Kunstvereine in Deutschland gilt (vgl. Kunstverein in Hamburg 2016). In solchen Kunstvereinen diskutierten die Mitglieder gemeinschaftlich über die Bedeutung der Exponate und organisierten eigenständig Ausstellungen. Die Ziele der Kunstvereine und literarischen Gesellschaften lagen zum einen darin, die Kunst mitzugestalten, und zum anderen wollten sie zur Bildung beitragen und ihr Wissen an Bürger aus unterschiedlichen Schichten weitergeben. Der erste na-
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mentlich benannte Förder- und Freundeskreis ist der Verein »Freunde der Kunsthalle« in Hamburg. Dieser wurde durch den damaligen Direktor der Kunsthalle im Jahre 1923 gegründet (vgl. Freunde der Kunsthalle e. V. 2017); er zählt mit 18.000 Mitgliedern noch heute zu den größten in Deutschland (vgl. Hamburger Kunsthalle 2016). Neben den bereits genannten Zielen waren die Vereine auch für die Förderung und Finanzierung der Kunst zuständig (vgl. Schmuhl 1998: 63). Demnach zählten zu den Akteuren der Vereine vor allem wohlhabende, gebildete Bürger. Gerade im 19. Jahrhundert wurden viele Stiftungen gegründet und fanden zahlreiche Schenkungen im Rahmen von individuellem Mäzenatentum statt (vgl. Welling 2015: 30). So wurden die Kulturbetriebe oder zuständigen Kommunen finanziell unterstützt, bspw. beim Bau einer Oper oder eines Theaters. Zu Beginn und in der Mitte des 20. Jahrhundert erlahmte das bürgerschaftliche Engagement durch die Kriege (vgl. ebd.: 31f.). Erst Anfang der 1990er Jahre, als die öffentliche Kulturfinanzierung zurückgefahren wurde und das Bedürfnis der Bürger nach Einflussnahme wieder wuchs, gewannen auch die Förder- und Freundeskreise erneut an Bedeutung. Im Jahr 2006 konnten in einer Studie von Welling et al. (2007) 1.100 Förder- und Freundeskreise in den unterschiedlichen Sparten der Kultur in Deutschland, wie von Museen, Galerien, Sammlungen, Bibliotheken, Theatern, Orchestern, Opern, Chören und Balletts, identifiziert werden (vgl. ebd.: 1f.). Gegenüber den Anfängen hat in den vergangenen Jahren eine stärkere Professionalisierung der Förder- und Freundeskreise stattgefunden (vgl. Welling 2015: 37ff. sowie auch der Beitrag von Petzold). Dazu hat u.a. auch die Gründung einschlägiger Dachorganisationen beigetragen. Durch diese Zusammenschlüsse werden die Akteure besser vernetzt, das Know-how stärker gebündelt und themenspezifisches Wissen intensiver ausgetauscht. Auf nationaler Ebene wurden beispielsweise der »Bundesverband der Fördervereine deutscher Museen für bildende Kunst«, die »Bundesvereinigung deutscher Musik- und Theaterfördergesellschaften« (MUTHEA) oder die »British Association of Friends of Museums« (BAFM) gegründet. Sogar auf globaler Ebene gibt es ein Bündnis der Förder- und Freundeskreise in Form der »World Federation of Friends of Museums« (WFFM) (siehe ausführlich hierzu die Beiträge von Erggelet, Weber und Krumrey in diesem Band). Trotz des Bestrebens nach einer professionellen Arbeitsweise gelten die Managementsysteme von Förder- und Freundeskreisen häufig als wenig fachkundig. Das liegt u.a. an den heterogenen Strukturen und den unterschiedlichen Akteuren. Zudem besteht kein einheitliches Verständnis zu Förder- und Freundeskreisen. Daher soll nachfolgend eine Definition und Typenbildung von Förderund Freundeskreisen erfolgen.
Förder- und Freundeskreise in der Kultur. Eine Einführung
4. B egriffsabgrenzung und E rscheinungsformen Wie bereits ausgeführt, findet eine fundierte Auseinandersetzung mit Förderund Freundeskreisen in Deutschland bei Lausberg (2002a, 2002b, 2002c) und Welling (2015) sowie im englischsprachigen Raum bei Slater (2003a, 2004; Slater/ Armstrong; 2014) statt. Im Vergleich dieser Arbeiten zeigt sich allerdings, dass bislang kein einheitliches Begriffsverständnis vorliegt. Dies resultiert zum einen daraus, dass in der deutsch- und englischsprachigen Literatur unterschiedliche Begriffsverständnisse vorherrschen und liegt zum anderen daran, dass Förderund Freundeskreis aufgrund des jeweils dahinterstehenden Gründungsgedankens (z.B. als Interessenvertretung oder als Development-Tool) unterschiedliche Strukturen aufweisen. Darüber hinaus unterscheiden sie sich hinsichtlich ihrer Funktion; dies wird vor allem deutlich, wenn Förder- und Freundeskreise verschiedener Kultursparten (wie Darstellende oder Bildende Kunst) betrachtet werden. Beispielsweise leisten sie in der Bildenden Kunst häufig auch Vermittlungsarbeit während sie in der Darstellenden Kunst vor allem einen finanziell fördernden Charakter aufweisen. Des Weiteren können Unterschiede in Bezug auf die Verwendung der Begrifflichkeiten in der Theorie und Praxis identifiziert werden. Ganz grundsätzlich werden Förder- und Freundeskreise in der Literatur als eine Vereinigung von Personen verstanden, die ein gemeinsames Ziel verfolgen, wie z.B. die Unterstützung einer Oper, eines Museums oder eines Theaters. Dabei stehen bei diesen Zusammenschlüssen die Beziehungspflege mit der Kulturinstitution und das Einsammeln von Geld-, Zeit- und Sachspenden im Vordergrund (vgl. Welling 2015: 43). Wenngleich dieses Begriffsverständnis in der Forschung weitgehend Konsens findet, werden bei der näheren Analyse der vorliegenden Literatur auch Unterschiede in der Verwendung der Begrifflichkeiten deutlich. So spricht Lausberg (2002b: 4) übergeordnet von Förderorganisationen und unterscheidet diese in Fördervereine und Förderkreise. Wie Tabelle 1 zeigt, zeichnen sich nach seinem Begriffsverständnis Fördervereine dadurch aus, dass sie eine eigenständige rechtliche Institution (in Form eines Vereins) darstellen, gemeinnützig sind und sehr autonom agieren. Förderkreise sind dagegen einem Kulturbetrieb angegliedert, werden von diesem verwaltet und haben keine eigene Rechtsform. Allerdings finden sich in der Praxis deutliche Abweichungen von dieser theoretischen Unterscheidung. So ist beispielsweise der Förderverein der Berlinischen Galerie ein eigenständig eingetragener Verein (vgl. Berlinische Galerie 2017) und würde nach obigem Begriffsverständnis als Förderverein gelten. Jedoch ist er durch eine vom Museum finanzierte Stelle eng an die Kulturinstitution gebunden und wird durch diese mitgestaltet. Damit weist dieser Förderverein auch Bezüge zum Förderkreis auf. Auch der C/O Berlin Friends e. V. ist ein eingetragener Verein, bezeichnet sich jedoch selbst auf der Internetseite als »Freundeskreis« und stellt dieses durch den Zusatz »friends« im Namen explizit heraus (vgl. C/O Ber-
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lin Foundation 2014). Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass in der Praxis nicht trennscharf zwischen »Verein« und »Kreis« unterschieden wird und dass neben den Begrifflichkeiten »Förderverein« und »Förderkreis« auch der Begriff »Freundeskreis« Verwendung findet. Demnach ist im weiteren eine differenziertere Betrachtung der Erscheinungsformen notwendig, um den Begriffsdreiklang zu systematisieren. Tabelle 1: Unterscheidung Förderverein und Förderkreis (in Anlehnung an Lausberg [2002a, 2002b]) Förderverein
Förderkreis
• Rechtlich eigenständig (Verein, damit juristische Person gemäß §§ 21ff. und 55 ff. BGB) • Eintragung ins Vereinsregister: eingetragener Verein (e. V.) (Voraussetzungen: mind. 7 Mitglieder, Satzung, Vorstand) • Gemeinnützigkeit; eigene Spendenbescheinigungen • Einnahmen verbleiben beim Verein (zeitnahe, ausschließliche Verwendung) • Mitgliedsbeiträge sind erste Einnahmequelle • agiert selbstständig/autonom; entzieht sich weitgehend der Kontrolle und Steuerung der Kulturinstitution
• Ohne Rechtsstatus • kann wie ein rechtsfähiger Verein geführt werden (mit Satzung und Vorstand); allerdings keine Eintragung ins Handelsregister = nichteingetragener Verein • keine Gemeinnützigkeit möglich; Spendenquittung durch Organisation • Einnahmen gehen an die Kulturorganisation (Buchung auf zweckgebundene Kostenstelle) • Einnahmequelle sind eigene Spenden oder Spenden durch Dritte • wird oft von Kulturinstitution selbst initiiert und gesteuert
Hierfür wird die empirische Studie von Welling (2015) herangezogen und durch Untersuchungsergebnisse von Slater (2004) ergänzt. Erstere hat 21 Experteninterviews mit Akteuren von Förder- und Freundeskreisen unterschiedlicher Kultursparten in Deutschland durchgeführt. Dabei werden Förder- und Freundeskreise nach drei Typen systematisiert und nach Kriterien wie Aufgaben, Ziele, Mitglieder, Leistungen und organisationalen Strukturen unterschieden. Slater (2004) leitet aus ihrer schriftlichen Befragung von 90 Förder- und Freundeskreisen von Museen und Galerien weitere Aspekte im Umgang mit den Mitgliedern und den Evaluierungsprozessen im Projektmanagement ab. Dabei unterscheidet sie deckungsgleich mit Welling (2015) drei Typen der Förder- und Freundeskreise. Diese Dreiteilung findet sich in Tabelle 2 systematisch zusammengefasst und nach relevanten Aspekten ausdifferenziert.
Interessensvertretung der Mitglieder und Förderung der Kulturinstitution (Mäzen)
Förderung der Kunst
regelmäßig stattfindende kostengünstige Veranstaltungen, Zweck: Austausch der Freunde und Motivation zum Mitwirken
kleine Basis mit lokalem Bezug; nur eine Mitgliederkategorie
persönliche Leidenschaft, aktives Vereinsleben
Spontan, wenig strategisch; selektive Auswahl: über eigenes soziales Netzwerk rekrutiert bzw. auf persönliche Einladung aufgenommen
Hauptaufgaben
Zweck/Ziel
Vereinsleben
Mitgliederstruktur
Mitgliedermotive
Mitgliederakquise
Typ 1
strategisch; Fokus auf Mitgliederwachstum; unterschiedliche Marketingmethoden, z.B. direkte Ansprache potenzieller Mitglieder in Publikationen
Rezeption von Kunst, aktives Vereinsleben
heterogene Mitglieder (in Bezug auf Motivation, Verhalten und geografische Herkunft); Mitgliederzahlen wachsend; es gibt Schlüsselpersonen und einige Untergruppen; unterschiedliche Mitgliederkategorien
regelmäßige inhaltlich ausgerichtete Veranstaltungen, Zweck: Kulturvermittlung
Bildungsinhalte vermitteln
Förderung der Kulturinstitution durch Gelder und Bildungsinhalte (Förderer)
Typ 2
Tabelle 2: Erscheinungsformen in Anlehnung an Welling (2015: 159ff.) und Slater (2004: 257ff.)
strategisch; Fokus auf Mitgliederbindung; je nach Zielgruppe werden unterschiedliche Methoden eingesetzt
Status bzw. gesellschaftliches Netzwerk
heterogene Mitglieder (in Bezug auf Motivation, Verhalten und geografische Herkunft); Wachstum und Festigung der Mitgliedsbasis; eine höhere Anzahl an Mitgliederkategorien (u.a. Firmenmitglieder)
regelmäßige Veranstaltungen, Zweck: Austausch
Teil der Marketing- und DevelopmentAbteilung der Kulturinstitution
Förderung der Kulturinstitution; strategische Akquisition von Mitgliedern und Mitteln (Fundraiser)
Typ 3
Förder- und Freundeskreise in der Kultur. Eine Einführung
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keine direkte Werbung; Mundpropaganda dominiert; ggf. Publikationen
zu den Mitgliedern
wenige, oft sogar kostenpflichtig
ausschließlich über Mitgliedsbeiträge
nicht angebunden, eigener Kreis/Verein; beratend tätig auf Augenhöhe als Freund; pragmatische Ämterbesetzung, Entscheidungsstrukturen einfach und flach; überwiegend Ehrenamt
keine formelle Evaluation; hohes Maß an Selbstbeglückwünschung und Fürsprache
Kommunikationswege
Gegenleistungen
Mittelbeschaffung
Struktur
Evaluation
Typ 1
Marketing
summative Evaluation; ggf. mit Kulturinstitution abgesprochen
an Kulturinstitution strukturell angebunden (durch Stelle, die in die Institution wirkt, oder durch eine räumliche Anbindung); zum Teil beratend tätig (Advisor); hohes Maß an Autonomie; verfügt über wenige Ämter; Entscheidungsstrukturen schlank; Kombination aus Haupt- und Ehrenamt
Mitgliedsbeiträge, interne Spenden durch Aktionen und Sonderprojekte
viele (breite Palette)
zur Kulturinstitution und zu den Mitgliedern
Veröffentlichen von Publikationen; Internetauftritt
Typ 2
Publikums- sowie Marktforschung ganzheitlich ausgerichtet um Planung kontinuierlich anzupassen
an Kulturinstitution angebunden (häufig von der Kulturinstitution selbst initiiert); in stark beratender und überwachender Funktion (Supervisor); verfügt über komplexe Ämterbesetzung; Entscheidungsstrukturen komplex; Kombination aus Haupt- und Ehrenamt
Mitgliedsbeiträge, interne Spenden und externe Gelder über das Mitgliedsnetzwerk in Form von Spenden und Sponsoren, Einnahmen durch DL (z.B. Bilderschätzung)
wenige
zur Kulturinstitution und nach außen
Internetauftritt; professionelles Marketingund Fundraisingmanagement; RelationshipMarketing; Publikationen in der Corporate Identity der Kulturinstitution
Typ 3
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Förder- und Freundeskreise in der Kultur. Eine Einführung
Wie aus Tabelle 2 ersichtlich wird, zählen zu Typ 1 eigenständige, autonom arbeitende Vereine. Im Vordergrund stehen hier die persönliche Leidenschaft der Mitglieder und das daraus resultierende Interesse für die Kulturinstitution. Die Hauptaufgaben liegen in der Interessenvertretung und der Förderung der Kunst. Die Mitglieder erhalten wenige, oft kostenpflichtige Gegenleistungen. Die Finanzierung erfolgt ausschließlich über Mitgliedsbeiträge (vgl. Welling 2015: 108). Der Verein besteht aus einer kleinen Mitgliederbasis mit nur einer Mitgliederkategorie. Neue Mitglieder werden durch das eigene soziale Netzwerk rekrutiert bzw. auf persönliche Einladung aufgenommen. Die Bekanntmachung erfolgt über Mundpropaganda oder Publikationen. Eigene Projekte werden kaum evaluiert (vgl. Slater 2004: 257ff.). Bei Typ 2 handelt es sich um einen Kreis, der eng an die Kulturinstitution gebunden ist, entweder durch eine von Seiten der Kulturinstitution finanzierte Stelle oder durch eine räumliche Nähe. Der Kreis gilt in erster Linie als Bildungswerkzeug, dies schlägt sich z.B. in regelmäßigen Veranstaltungen mit vermittelndem Charakter nieder. Die Mitglieder sind besonders an der Rezeption von Kunst interessiert. Es gibt eine große Auswahl an materiellen und nicht-materiellen Gegenleistungen. Die Mittelgewinnung erfolgt über die Mitgliedsbeiträge sowie über das zusätzliche Einwerben von Spenden (vgl. Welling 2015: 107). Charakterisiert ist Typ 2 durch heterogene Mitglieder, daher bestehen unterschiedliche Mitgliederkategorien. Der Fokus liegt auf dem Mitgliederwachstum. Die Mitglieder werden durch unterschiedliche Methoden gewonnen, wie z.B. die direkte Ansprache potenzieller Mitglieder in Publikationen. Das Marketing für den Kreis erfolgt über die Veröffentlichungen von Publikationen und einen eigenen Internetauftritt. Es findet eine summative Evaluation statt, die ggf. mit der Kulturinstitution abgeglichen wird (vgl. Slater 2004: 257ff.). Typ 3 wird meist von der Kulturinstitution selbst gegründet und dient als Marketinginstrument für die Mitgliedergewinnung und -bindung. Der Fokus liegt auf der strategischen Akquisition von Mitteln und Mitgliedern. Die Mitglieder sind statusorientiert und nutzen den Kreis als Netzwerk; es werden ihnen wenige Gegenleistungen angeboten. Neben der Akquise von internen Spenden und Mitgliedsbeiträgen wird auch versucht über die Mitglieder hinaus Gelder von externen Dritten einzuwerben (vgl. Welling 2015: 106f.). Typ 3 ist gekennzeichnet durch sehr heterogene Mitglieder (in Bezug auf Motivation, Verhalten und geografische Herkunft), die durch unterschiedliche Mitgliederkategorien (u.a. Firmenmitglieder) gekennzeichnet sind. Der Schwerpunkt liegt auf der Bildung der Mitglieder. Es besteht ein professionelles Marketing- und Fundraisingmanagement. Zur Evaluierung werden ganzheitliche Publikums- sowie Marktforschungen vorgenommen, um die Planung kontinuierlich anzupassen (vgl. Slater 2004: 257ff.). Zusammenfassend hat die vorliegende Begriffsdiskussion zum einen gezeigt, wie unterschiedlich Förder- und Freundeskreise in der Literatur systematisiert werden und zum anderen, dass deutliche Unterschiede zwischen theoretischer Auseinandersetzung und praktischer Handhabung bestehen. Insgesamt kann
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keine trennscharfe Linie zwischen Fördervereinen und Förderkreisen gezogen werden, so dass die Autorinnen des vorliegenden Beitrags Fördervereine lediglich als eine Spezifizierung in Bezug auf die Rechtsform verstehen. Nach dem Verständnis der Autorinnen stellen Förder- und Freundeskreise übergeordnete Begriffe dar, die verschiedene Ausprägungen enthalten. D.h. Förder- und Freundeskreise können sowohl in Form eines eingetragenen Vereins oder als einem Kulturbetrieb angegliederte Einheit agieren. Unabhängig von ihrer konkreten Ausprägung ist ihnen gemeinsam, dass sie zum Ziel haben, auf unterschiedliche Art und Weise Kulturinstitutionen zu fördern (u.a. finanziell, bildungspolitisch, strukturell, publikumsbindend etc.). Auf die weiteren Merkmale und Aufgaben wird in den nachfolgenden Abschnitten eingegangen.
5. M erkmale und A ufgaben Förder- und Freundeskreise bestehen aus dem Verwaltungsorgan (Vorstand, ggf. Geschäftsführung und Mitarbeiter) und den Mitgliedern. Die Mehrheit der Akteure (in jedem Fall der Vorstand) ist ehrenamtlich tätig (vgl. Birnkraut 2003: 85f.). Die Mitglieder sind in der Regel Privatpersonen. Sie zahlen einen Mitgliedsbeitrag und erhalten hierfür eine oder mehrere Gegenleistungen. Dabei geht es den Mitgliedern nicht in erster Linie um einen geldwerten Vorteil, sondern v.a. um soziale und emotionale Gegenwerte, wie z.B. Teil einer Gemeinschaft zu sein und eine künstlerische Leistung unterstützen zu wollen (vgl. Lausberg 2002b: 2).
In der Literatur werden die Vorteile und Motive für eine Mitgliedschaft nach unterschiedlichen Kriterien systematisiert. Hayes/Slater (2003) unterscheiden in harte (monetäre) und weiche (emotionale) Vorteile, Welling et al. (2007) in geldwerte und ideelle Vorteile, Reavey/Howley/Korschun (2013) in finanzielle, soziale, kulturelle oder hedonistische Motive der Mitglieder und Camarero/José Garrido (2011) in materielle und nicht-materielle Vorteile. Wenngleich unterschiedliche Begriffe verwendet werden, so fassen die oben genannten Systematisierungen die gleichen Vorteile und Motive für eine Mitgliedschaft zusammen. Nachfolgend wird die Systematisierung von Camarero/José Garrido (2011) vorgestellt: Zu den materiellen (monetären) Vorteilen gehören bspw. • freier Eintritt; • Rabatte im Shop oder Restaurant; • Steuervergünstigungen (vgl. ebd.: 270). Nicht-materielle Vorteile haben einen symbolischen, sozialen, persönlichen oder emotionalen Wert. Hierzu gehören typischerweise
Förder- und Freundeskreise in der Kultur. Eine Einführung
• Gefühl der inneren Zufriedenheit; • Mitglied einer Gemeinschaft zu sein oder • persönliche Anerkennung zu erlangen (vgl. ebd.). Wichtig ist – auch aus steuerrechtlichen Gründen –, dass sich die Mitgliedsbeiträge, die geleistet werden und die erhaltenen Gegenleistungen in einem angemessenen Gleichgewicht befinden; dazu sollten die Gegenleistungen immer auf die heterogenen Bedürfnisse der Mitglieder abgestimmt werden (vgl. Lausberg 2002b: 2). Wie unter 3. bereits ausgeführt, haben sich die Aufgaben der Förder- und Freundeskreise in den vergangenen Jahren stark gewandelt. Ende des 20. Jahrhunderts galten Förder- und Freundeskreise vor allem als unterstützende Einheit, die sich umfänglich mit der zu fördernden Kulturinstitution identifizierte. Dabei hatten sie keinen Anteil an der Formulierung von Richtlinien oder dem Prozess der (Kunden-/Mitglieder)Gewinnung und -bindung. Sie konnten Projekte vorschlagen, aber nicht initiieren (vgl. Prestwich 1983: 172). Der Fokus lag zum einen auf der finanziellen Unterstützung der Kulturinstitution in Form von Spendengenerierung und -verwaltung und zum anderen auf der Kunstvermittlung und der Bildung der Mitglieder (vgl. Birnkraut 2003: 85f.). Die eingeworbenen Mittel, meist in Form von Mitgliedsbeiträgen, wurden für die Inszenierung von neuen Produktionen (vgl. Buraschi/Cornelli 2014: 2) oder für die Realisierung von Sonderveranstaltungen, dem Erwerb von Musikinstrumenten, Kunstwerken oder zur Unterstützung von Tourneen eingesetzt (vgl. Baumgarth/Kaluza 2014: 309). Als Bildungsvermittler und durch die Ausgestaltung von Veranstaltungsformaten brachten sie Kunst und Kultur den Besuchern näher, dadurch formten sie von außen die Kulturinstitution, setzten neue Impulse und trugen zu mehr Legitimität der Kultur in der Gesellschaft bei (vgl. ebd.: 310). In den letzten Jahren wurde erkannt, dass die Mitgliederprogramme der Förder- und Freundeskreise auch als Marketinginstrument genutzt werden können (vgl. Bussell/Forbes 2006: 41). Durch das Anbieten von Gegenleistungen wie etwa Künstlergesprächen, Probenbesuchen oder Previews lassen sich die Mitglieder an die Kulturinstitution binden (vgl. Welling 2015: 96). Wenn sie zufrieden sind, empfehlen sie den Förder- und Freundeskreis weiter, agieren somit als Multiplikatoren und erschließen gleichzeitig neue Besucher, ggf. sogar neue Zielgruppen für die Kulturinstitutionen. Zudem informieren die Veranstaltungen oder Publikationen der Förder- und Freundeskreise auf direktem oder indirektem Weg über die Kulturinstitution und dienen damit der Informationsvermittlung und als Kommunikationsinstrument (vgl. Lausberg 2002a: 3f.). Wie unter 4. diskutiert, schaffen Förder- und Freundeskreise durch ihre Mitgliederbasis zudem eine starke Gemeinschaft, in der Menschen ein gemeinsames Ziel verfolgen bzw. ähnliche Interessen haben und als Sprachrohr für die Kulturinstitution aktiv werden können (vgl. Welling 2015: 95). So können die Mitglieder einflussreiche Personen sein und die Interessen der Kulturinstitution bei
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der Stadt oder in der Region vertreten. Der Förder- und Freundeskreis dient dann als Mittler zwischen Stadt und Bürger und kann zur Akzeptanz der Bewohner gegenüber der Institution beitragen (vgl. Lausberg 2002a: 3f.). Durch die unterschiedlichen Mitglieder kann zudem ein Netzwerk außerhalb des künstlerischen Bereichs aufgebaut werden, z.B. in der Politik oder mit Businesspartnern (vgl. Welling 2015: 98). Des Weiteren kann das Know-how der Mitglieder eingesetzt werden, um Aufgaben umzusetzen oder Probleme zu lösen; darüber hinaus stellen ehrenamtliche Mitglieder eine wichtige personelle Ressource dar und dementsprechend häufig werden sie v.a. in den Servicebereichen einer Kulturinstitution (Shop, Garderobe, Kasse etc.) eingesetzt (vgl. Baumgarth/Kaluza 2014: 309).
6. F a zit Der vorliegende Beitrag hat gezeigt, dass Förder- und Freundeskreise als wichtiger Partner in managementbezogenen Angelegenheiten für die Kulturinstitution von Bedeutung sind und darüber hinaus bei kultur- und gesellschaftspolitischen Aspekten eine wichtige Rolle spielen. Es existieren unterschiedliche Begriffsverständnisse in der Theorie, die zum Teil in der Praxis vermischt werden. Die konkreten Ausprägungen von Förder- und Freundeskreisen unterscheiden sich in Abhängigkeit von Mitglieder- und Organisationsstruktur stark. Die Mitglieder bilden die Basis eines Förder- und Freundeskreises. Sie sollten als Potenzial gesehen werden, da ihre vielfältigen Eigenschaften und Aufgaben im Rahmen ihres ehrenamtlichen Engagements (wie u.a. Know-how, Netzwerktätigkeit, Interessenvertretung) sowohl den Förder- und Freundeskreis als auch die Kulturinstitution bereichern. Der Beitrag erläuterte zudem, welche Chancen Förder- und Freundeskreise für die Kulturlandschaft und die Kultureinrichtungen bieten. Da sich bisher nur wenige Publikationen im Kulturmanagement diesem wichtigen Themenbereich widmen, ist es Ziel des vorliegenden Handbuchs, diese Lücke zu schließen. Es setzt sich umfassend, systematisch und detailliert mit Förder- und Freundeskreisen in der Kultur auseinander und gliedert sich in vier Themenblöcke. In den weiteren Beiträgen werden zunächst die Strukturen und Rahmenbedingungen betrachtet; hier wird unter anderem ein Blick auf die Zivilgesellschaft geworfen sowie rechtliche und steuerrechtliche Rahmenbedingungen aufgezeigt. Im Kapitel zu den Akteuren werden die Aufgaben der (jungen) Mitglieder, der Verbände auf Bundes- und Weltebene sowie unterschiedliche Förder- und Freundeskreise aus den Bereichen Museum, Orchester und Theater beleuchtet. In einem weiteren Themenblock geht es um zentrale Managementfragen von Förder- und Freundeskreisen wie etwa das strategische und operative Marketing, das Fundraising sowie die Personalführung von ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeitern. Im vierten Themenblock werden schließlich führende Förder- und Freundeskreise aus unterschiedlichen Kultursparten vorgestellt.
Förder- und Freundeskreise in der Kultur. Eine Einführung
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A. Rahmenbedingungen
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E inleitung Ob »Pudelclub, Freiwillige Feuerwehr, Pfadfindergruppe, Tauchclub, Pfeifenclub, Orchideenclub oder Club der Tattoo-Freunde«, all dies ist Ausdruck der »Freude am Projekt Gemeinschaft […]. Das Verein-Sein hat seinen eigenen Reiz« (Moser 2009: 37). Die urtümliche Begeisterung für kollektives Handeln, sei es mit dem Ziel, Dienstleistungen effektiver anzubieten, der eigenen Meinung im öffentlichen Raum mehr Gehör zu verschaffen, ein für wichtig erachtetes Ziel oder auch eine Einrichtung zu unterstützen, sich selbst zu helfen, sich gegen eine Übermacht zu wehren, Gemeinschaft zu erfahren oder an der Erörterung der die Allgemeinheit bewegenden Herausforderungen Anteil zu nehmen, ist kein Alleinstellungsmerkmal der modernen Demokratie. Geschenke an die Allgemeinheit in Form von Zeit, materiellen Ressourcen, Kreativität, Know-how und vor allem Empathie sind vielmehr in jeder Herrschaftsstruktur und politischen Kultur anzutreffen, spätestens seit der von Karl Jaspers benannten »Achsenzeit«, ungefähr dem 6. bis 4. Jahrhundert v. Chr., als sich Gemeinschaftssinn über den Raum der Familie hinaus und in größere gesellschaftliche Zusammenhänge hinein entwickelte (vgl. Armstrong 2006). Insoweit ist es nur zum Teil richtig, wenn Franzen und Botzen (2011) feststellen: »In Bezug auf Sozialkapital sind Vereine deshalb wichtig, weil sie ihren Mitgliedern unabhängig vom Vereinszweck und damit gewissermaßen als Nebenprodukt die Möglichkeit bieten, soziale Netzwerke zu bilden und zu pflegen.« Aus historischer Perspektive bildet dieses »Nebenprodukt« nicht selten nicht nur den Hauptantrieb, sondern auch das Hauptprodukt der Kollektivität im Verein. »Gesellschaften, Klubs, Vereinigungen, […] Assoziationen« (Zimmer 1996: 38) sind Basiselemente, nicht nur der Demokratie, sondern des menschlichen Zusammenlebens überhaupt. Es wäre daher eine unzulässige Verkürzung ihrer Mission, wenn beispielsweise Förder- und Freundeskreise nur als Mitfinanzierungsinstrumente für Kultureinrichtungen gesehen werden würden. Ebenso-
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wenig genügt das Argument, Vereinigungen dieser Art würden zur Akzeptanz in der Öffentlichkeit oder als Katalysatoren für Stifter und Schenker dienen, um ihren Sinn hinreichend zu erklären. Aus zivilgesellschaftlicher Sicht jedenfalls wird in ihnen wie in jedem anderen Verein Kollektivität gelebt und soziales Kapital erzeugt. Dies hat Konsequenzen für die Governance und für das Vereinsleben schlechthin. 1910 stellte Max Weber auf dem ersten Deutschen Soziologentag fest: »Der heutige Mensch ist ja unzweifelhaft neben vielem anderen ein Vereinsmensch in einem fürchterlichen, nie geahnten Maße« (Weber 1924: 444). Insoweit ließe sich die Legitimität der Vereine, bezogen auf eine offene Gesellschaft, auch durch ihr schlichtes Vorhandensein als Ausdruck eines Grundbedürfnisses der Mitglieder der Gesellschaft untermauern. Dass das revolutionäre Frankreich 1791 den Verein als Rechtsinstitut beseitigte, weil die Loyalität des Citoyen nur dem Staat gelten sollte, wäre demnach Ausdruck eines defizitären Verständnisses von einer solchen Gesellschaft, womöglich in gedanklicher Nähe zu dem restaurativen obrigkeitlichen Verständnis, das in dem Vereinsverbot der Karlsbader Beschlüsse von 1819 zum Ausdruck kommt. »Meines Erachtens«, schrieb der französische Aristokrat und Staatsbeamte Alexis de Tocqueville 1840, »verdient nichts eine größere Aufmerksamkeit als die zu geistigen und sittlichen Zwecken gegründeten Vereine […]«, Vereine, meinte er, »für jeden ›Geschmack‹, d.h. jede Herkunft, soziale Schicht, Einkommensklasse, Vorliebe usw.« (Zimmer 1996: 43). Im Rahmen des am 1. Januar 1900 in Kraft getretenen Bürgerlichen Gesetzbuchs wurde das Vereinsrecht erstmals reichseinheitlich gesetzlich normiert. Die dort vorgesehenen Bestimmungen waren nicht unumstritten. In der vorausgegangenen Debatte im Reichstag hatte der Abgeordnete Arthur Stadthagen (SPD) beispielsweise ausgerufen: »Das Vereinsrecht im BGB ist das Recht der Skat-, Kegel, Sauf- und Rauchvereine!« Damit hatte er Recht. Für große Assoziationen war und ist das deutsche Vereinsrecht im Grunde nicht geschaffen. Der ADAC e. V. mit 19 Millionen Mitgliedern, der Deutsche Olympische Sportbund e. V. mit 27 Millionen Mitgliedern in fast 90.000 einzelnen Vereinen, der Deutsche Caritasverband e. V. mit über 500.000 hauptamtlichen Mitarbeitern, der größte nichtstaatliche Arbeitgeber Europas in 8.000 einzelnen Rechtsträgern – das alles sind Vereine, die nur schwer mit dem Vereinsrecht zurechtkommen. In jüngster Zeit hat ein Urteil, das einem Idealverein nach § 21 BGB verwehrt hat, als einzigen Zweck eine Kindertagesstätte zu betreiben, für Unruhe und Ratlosigkeit gesorgt. In der Tat sind Vereine dieser Art untypisch. Im Blickpunkt stehen eher die zahllosen größeren und kleineren Vereinigungen, die tatsächlich ein Vereinsleben pflegen. Sie gehören zum Kernbestand einer modernen Zivilgesellschaft. Wie, so lässt sich fragen, passt aber der große und viel diskutierte Rahmen zu dem spezifischen Ziel, das sich die Fördervereine, Förderkreise oder Freundeskreise gesetzt haben, die inzwischen zum Repertoire jeder Kultureinrichtung gehören? Wer heute das vor wenigen Monaten eröffnete Museum der Hasso-Plattner-Stiftung im Palais Barberini in Potsdam betritt, wird sogleich ebenso höflich
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wie zielstrebig aufgefordert, ein ›Barberini Friend‹ zu werden, einen Jahresbeitrag zu entrichten und dafür allerlei tatsächliche und angebliche Vorteile in Anspruch zu nehmen. Geht es hier nicht einfach um ein Geschäftsmodell, das der BahnCard ähnlicher ist als dem Ideal der zivilgesellschaftlichen Vereinigung? Dies mag in vielen Fällen so beabsichtigt sein, und doch erwirbt ein Verein durch seine Rechtsnatur und den gruppendynamischen Prozess seiner Mitglieder ein Eigenleben, das ihn geradezu unweigerlich in eine große Tradition und einen großen Zusammenhang einführt. Dies soll im Folgenden anhand ausgewählter historischer Beispiele und einigen theoretischen Reflexionen erläutert werden. Zugleich soll dadurch deutlich werden, dass sich ein Verein, der diese Elemente vernachlässigt oder bewusst ignoriert, mit einiger Wahrscheinlichkeit Probleme der Nachhaltigkeit einhandelt.
V on der C onfoederatio zur U niversitas Die deutschen Städte, von denen rund die Hälfte auf römische Gründungen zurückgeht, entwickelten sich in den etwa sechs Jahrhunderten des Mittelalters, in denen man sie präziser fassen kann, in höchst unterschiedlicher Weise, aus unterschiedlichen Anfängen und mit unterschiedlichen Ergebnissen. Die Umstände der Gründung, die in vielen Fällen wechselhaften Herrschaften und viele andere Einflüsse führten dazu, dass von einer einheitlichen oder gar nationalen Stadtentwicklung keinesfalls gesprochen werden kann. Einschnitte aus vielerlei politischen Konstellationen gab es immer wieder, während andererseits Entwicklungen verschiedenster Art kopiert wurden. Dennoch lässt sich feststellen, dass es zum Wesen der Städte gehörte, dass es innerhalb der Stadtgesellschaft freiwillige Zusammenschlüsse von Menschen gab und dass diese durchaus eine soziale Kraft, in Einzelfällen sogar eine Sprengkraft darstellten. In diesem Zusammenhang ist es interessant zu beobachten, dass die Verfassung der Stadt selbst auf die solcher Vereinigungen ausstrahlte. »Die Stadtgemeinde ist als erster genossenschaftlicher Verband über das Stadium der bloßen Genossenschaft hinausgelangt und zur Körperschaft (universitas) fortgeschritten, nach heutigem Sprachgebrauch zur juristischen Person geworden« (Isenmann 2012: 214 a). Hier wird die Fortsetzung einer Entwicklung sichtbar, die bereits in der Antike eingesetzt hatte. Weder das griechische noch bis in die Kaiserzeit hinein das römische Recht kannten juristische Personen. Immer war eine natürliche Person als Handlungsbevollmächtigter und Treuhänder eines Vermögens vonnöten. Erst in der Spätantike konnten sich »moralische Personen« rechtlich etablieren. Doch bis ins Mittelalter hinein blieb ihre rechtliche Position schwach. Deutlich wird das am Beispiel der Kirche, die zwar im 4. Jahrhundert die Anerkennung als moralische Person erlangte, aber dennoch für viele Jahrhunderte rechtlich an die Person des Bischofs gekoppelt war. Dieser war Treuhänder des Kirchenvermögens, wobei es immer strittig blieb, ob er nun der Treuhänder der Stifter, der Kirchenmitglie-
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der oder, theologisch ausgedrückt, Gottes, anders ausgedrückt, ob er Gott allein oder auch den Gläubigen oder sogar den Stiftern und Spendern Rechenschaft schuldig war. Analog galt dies für den weltlichen Herrscher und für jeden Menschen. Unter der Prämisse dieser Dichotomie war die Organisation einer Stadt oder auch einer Vereinigung im rechtlichen Sinne schwierig. Einen ersten Schritt auf diesem Weg bildete die Genossenschaft als Personenverband, der sich erst allmählich zur Korporation (universitas) als von seinen Mitgliedern unabhängiger Organisation entwickelte1. Wie sich der erste Schritt vollzogen hat, ist in der Forschung strittig, doch hat »eine große Bedeutung […] in diesem Zusammenhang die Auffassung erlangt, wonach die örtlichen Kaufleutegilden einen maßgeblichen Einfluss auf die Gemeindebildung gehabt hätten. Zugrunde liegt dem die Annahme, dass neben der vertikal ausgerichteten Herrschaft genossenschaftliche Formen der Rechts- und Verbandsbildung unter Rechtsgleichen eigenständig fortbestanden hätten« (Isenmann 2012: 209 a-b). Daraus ergibt sich, dass diese »Verbandsbildung« keineswegs unbedingt des vorgegebenen Rechtsrahmens bedarf, sondern diesen vielmehr selbst hervorbringen kann. Sie ist in moderner Terminologie schon deshalb durchaus ein Ort der politischen Deliberation, sogar mit Vorbildfunktion. Während jedoch die coniuratio oder confoederatio als reiner genossenschaftlicher Personenverband seine Mitglieder nur im Innenverhältnis band, war die universitas als eigener Körper regelmäßig auf ein eigenes Außenverhältnis hin ausgerichtet. Am Beispiel der Namens- und Siegelführung der Städte lässt sich dieses ablesen (ebd.: 214 a-b). Andererseits ist der Übergang von der Genossenschaft zur Körperschaft mit weitreichenden Konsequenzen in der Stadtgemeinde vorgebildet und später von Vereinigungen nachvollzogen worden; allerdings ist darauf hinzuweisen, dass ein prinzipieller Unterschied zwischen öffentlicher und privater Körperschaft anders als heute nicht gesehen wurde. Auch die Stadt empfand sich als Mitgliedsorganisation, in die – unter sehr unterschiedlichen Bedingungen – ein- und ausgetreten oder entlassen werden konnte. Beiden war gemeinsam, dass sie nur als Körperschaft einen einheitlichen Willen ausbildete, rechts- und handlungsfähig, vermögensfähig wurde, Prozesse führen, Darlehen aufnehmen, somit Schulden machen, und schließlich auch Delikte begehen konnte; alles Elemente, die einer Vereinigung als gesellschaftlich wirksamer Kraft erst die notwendige Konsistenz verleihen (ebd.: 214 a). 1 | Die Besinnung auf diese Wurzel findet sich bspw. bis heute in der Bezeichnung und dem Selbstverständnis der Schweiz als Confoederatio Helvetica. Auch das moderne Wirtschaftsrecht kennt bis heute die Unterscheidung zwischen der Personengesellschaft (GbR, KG), deren Handeln, Erträge usw. jedem Mitglied zugerechnet werden und der Kapitalgesellschaft (UG, GmbH, AG), die ein eigenes Steuersubjekt darstellt. Nicht uninteressant ist diese Unterscheidung für die zahlreichen zivilgesellschaftlichen Initiativen, die keinen Körperschaftstatus (Verein, Stiftung) haben und damit rechtlich gesehen automatisch Gesellschaften bürgerlichen Rechts darstellen.
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Die in vielen deutschen Städten entstehenden Bruderschaften ordnen sich in diesen Kontext ein. Einerseits wurde ihr durch Beiträge, Spenden und Stiftungen erworbenes Vermögen als Kirchengut behandelt, andererseits erbrachten sie aber nicht unwesentliche Dienstleistungen zum Wohle der Stadt und eröffneten insbesondere ärmeren Handwerkern, Gesellen und Dienstboten den Zugang zu solchen Dienstleistungen. »Weitere Zwecke der Bruderschaften waren gemeinsamer Gottesdienst und gemeinsames Gebet, gemeinsame Heiligenverehrung, Teilnahme an Prozessionen, Caritas durch Almosenstiftungen und Spenden sowie Geselligkeit bei Mählern und Trinkgelagen« (ebd.: 657 a). Auch an der Governance wollten die Mitglieder partizipieren. Für Zünfte und Gilden lässt sich feststellen, dass sie ein intensives Gemeinschaftsleben pflegten, kontinuierlich ihre Interessen gegenüber der Gesamtheit vertraten und erhebliche Leistungen für ihre Mitglieder erbrachten, auch wenn ihnen mangels des Körperschaftsstatus manche Eingriffsinstrumente nicht zur Verfügung standen. Dies galt selbst für eine so bedeutende und einflussreiche Organisation wie die Hanse, die 1469, in diesem Fall zum eigenen Vorteil, ausdrücklich darauf hinwies, sie sei weder societas, noch collegium, noch universitas, sondern lediglich eine confoederatio, weil ihr alle wesentlichen Elemente einer Körperschaft abgingen (ebd.: 934 b-935 a). Das Beispiel zeigt, dass zum einen der ursächliche Wille, sich zusammenzutun, der Entwicklung entsprechender Formen vorausgeht, zum anderen aber, dass die so entstandenen Kollektive in der Lage und auch ausdrücklich dazu gebildet waren, einerseits eine ganze Palette von gesellschaftlichen Funktionen wahrzunehmen, andererseits aber mehrere Stufen der Konsolidierung zu durchlaufen.
B ürgerliche G esellschaf ten seit dem 18. J ahrhundert »Zwar besaßen viele der aufgeklärten Geselligkeitsformen in den Zünften, Akademien und protestantischen Sekten des Mittelalters Vorläufer. Oft, wie etwa im Falle der Logen, imitierten sie sogar deren Rituale und Symbole. Die […] religiösen Bruderschaften […] besaßen ebenfalls schon vereinsmäßige Strukturen. Dennoch versprachen die aufgeklärt-geselligen Vereinigungen etwas Neues: einen […] freien Zusammenschluß von Individuen, die sich und die ganze Menschheit zu verbessern hofften« (Hoffmann 2003: 22). Dieser freie Zusammenschluss von Menschen stand am Beginn der bürgerlichen Gesellschaft. Schon im 14. Jahrhundert waren in den Städten Italiens die ersten gelehrten Gesellschaften entstanden, Sprachgesellschaften und »deutsche Gesellschaften« folgten besonders im deutschen Sprachraum (vgl. Garber 2012). Die Form war also vorhanden, die dann ab dem 17. Jahrhundert einen neuen Inhalt bekam. Der wachsende Individualismus der Bürger führte zu ihrer wachsenden Selbstfindung gerade in den Vereinigungen, denen sie freiwillig beitraten und die insoweit die ständischen Korporationen ersetzten (vgl. Hoffmann 1981: 123). Lesezirkel, Freimaurerlogen,
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Dichterbünde, ökonomische Sozietäten, politische Clubs schossen aus dem Boden. »Ein ungemeines Bedürfnis nach geistigem Austausch, geselligem Verkehr, Beförderung von Wissen tut sich darin kund. […] Das Verlangen und der Wunsch nach Partizipation, nach Teilhabe am öffentlichen Geschehen macht sich energisch geltend« (Garber 2012). Es wäre zu einfach, daraus den Beginn eines politischen Vereinslebens schlechthin zu konstruieren. Ohne Zweifel aber erwuchs aus dem politischen Anspruch der Antrieb zu kollektivem Handeln. Allerdings begrenzte sich dieser keineswegs auf Menschen, die sich von der Teilhabe ausgeschlossen fühlten. Die ›Fruchtbringende Gesellschaft‹ wurde 1617 von Fürsten gegründet. 800 Mitglieder gehörten ihr in ihrer besten Zeit an. Fürsten waren auch Mitglieder in Freimaurerlogen und unterwarfen sich dort den Regeln und Ritualen privater Organisationen, die dem Zeremoniell ihrer Höfe in keiner Weise entsprachen, allerdings diese oft nachahmten. »Der Auf bruch der bürgerlichen Intelligenz erfolgt aus dem privaten Innenraum. […] Ohne sich ihres privaten Charakters zu begeben, wird die Öffentlichkeit zum Forum der Gesellschaft« (Koselleck 1959: 41). Diese Zusammenschlüsse entstanden überall – mit sehr unterschiedlichen Zwecken, aber ineinander übergehenden Zielen. Die zugleich egalitär und elitär aufgebauten Vereinigungen entwickelten sich zu einem Ersatzraum politischer Aktivität. Sie nahmen öffentliche Aufgaben in Angriff und können nach Hoffmann (1981: 123) insofern auch als frühe Entwicklungsstadien politischer Parteien interpretiert werden. Die Oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften, 1779 in Görlitz gegründet, ist dafür ein typisches Beispiel.2 Sie wollte das wirtschaftliche, kulturelle und wissenschaftliche Leben im Land systematisch fördern und dadurch auch das Lebensniveau der dort lebenden Menschen nachhaltig heben und erwarb sich hohes Ansehen. Alexander und Wilhelm von Humboldt, die Gebrüder Grimm, aber auch der tschechische Nationalhistoriker Franz Palacky zählten zu ihren Mitgliedern. An Jakob Mauvillon, dem Freund Mirabeaus und Schriftsteller der Aufklärung hugenottischer Herkunft, lässt sich zeigen, wie sehr über solche Vereinigungen auch Netzwerke geknüpft werden konnten. Mauvillon gehörte in Kassel der ›Gesellschaft des Ackerbaues und der freien oder nützlichen Künste‹ an, später dort auch der ›Gesellschaft der Alterthümer‹, der die Landesherren und fast alle staatlichen Honoratioren als ordentliche Mitglieder angehörten. Nach seiner Übersiedlung nach Braunschweig wurde er Mitglied im ›Großen Klub‹, ebenfalls einem Honoratiorenzirkel, und dies obwohl »Mauvillon […] zu dieser Zeit schon weithin als radikales Element verschrien war« (Hoffmann 1981: 128). Außerdem gehörte er einer Freimaurerloge an und trat später auch in den Illuminatenorden ein (vgl. Hoffmann 1981: 140-144). In all seinen diesbezüglichen Aktivitäten 2 | Die Gesellschaft wurde 1945 aufgelöst. Ihre bedeutenden Sammlungen, ihre Bibliothek sowie das Gebäude, in dem sie seit 1804 ihren Sitz hatte, wurden enteignet. 1990 wurde die Gesellschaft wiederbegründet und umfasst heute rund 200 Mitglieder.
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besaß die »Möglichkeit zur Durchsetzung und v.a. Verbreitung seiner Ideen« (Hoffmann 1981, 151) hohe Priorität. Zugleich bemühte er sich aber ständig um »Teilnahme an allen damals üblichen Formen der Geselligkeit, angefangen von Zusammenkünften, die einfach nur der Unterhaltung oder dem Gesellschaftsspiel dienten« (Hoffmann 1981: 151). Ein anderes Beispiel ist die »Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft« in Frankfurt a.M., gegründet 1817, die allerdings in der Tradition der schon 1763 von dem Arzt Johann Christian Senckenberg gegründeten Dr. Senckenbergischen Stiftung stand. Diese, zunächst als Wohltätigkeitsstiftung eingerichtet, verfolgte von Anfang an und später immer mehr auch wissenschaftliche Ziele der Naturkunde, und zwar, wie der in der Stiftung tätige Arzt Dr. Philipp Jakob Cretzschmar betonte, weil jeder gebildete Mensch die Pflicht habe, sich in der Naturkunde umzutun. Besonders interessant aber ist etwas anderes: »Der Status, den der Verein in der Stadtgesellschaft (und darüber hinaus) genoß, sollte dazu benutzt werden, um nicht mehr nur über den Erwerb, den Kauf oder den Tausch von Naturalien zu diskutieren, sondern Fragen von politischer, kultureller und weltanschaulicher Bedeutung zu verhandeln« (Kretschmann 2008: 981). Und: »Die Jahresfeste dienten […] der Selbstdarstellung des Vereins im öffentlichen Raum. Nach innen trugen sie, in geselliger Runde, bei Wein und Gesang, zur kulturellen Vergemeinschaftung bei« (Kretschmann 2008: 982). Am 27. Januar 1789 gründeten die Teilnehmer einer zunächst informellen Runde auf Anregung des Archidiakons an St. Petri zu Lübeck, Dr. Ludwig Suhl, die »Gesellschaft zur Beförderung Gemeinnütziger Tätigkeit«. Sie trägt seither die Ideen und Ziele ihrer Gründer in sich: Förderung von Bildung, Gedankenaustausch und soziales Engagement. Unter dem Namen »Die Gemeinnützige« besteht sie in Lübeck bis heute. Deutschlands erster ausschließlich die Kunst fördernde Verein war dagegen vermutlich die 1792 in Nürnberg gegründete Albrecht-Dürer-Gesellschaft. Schwieriger ist die Kombination von Geselligkeit und Zielrichtung gewiss bei den vaterländischen Vereinigungen zu zeigen, die im Zuge der Befreiungskriege aufkamen. Das vaterländische Element schlich sich gegen Ende des 18. Jahrhunderts allmählich ein, was insofern bemerkenswert ist, als dass das französische Aufklärungsvorbild gerade zu dieser Zeit einen anderen Weg einschlug, indem 1791 der Verein (association) als Rechtsform gesetzlich abgeschafft und erst 1901 wieder zugelassen wurde. Dem ausschließlich auf die Nation konzentrierten Patriotismus französischer Lesart steht in Deutschland die Mobilisierung des Patriotismus gerade durch freiwillige Vereinigungen gegenüber. Die Mitgliedschaft in der 1791 gegründeten »Märkischen Ökonomischen Gesellschaft zu Potsdam«, einer von 239 zwischen 1723 und 1817 entstandenen ökonomischen Sozietäten in Preußen, stand jedem »biederen, von Vaterlandsliebe beseelten Manne aus jedem Stande frei, dem es nicht an Kenntniß [sic] und Erfahrung über dergleichen Dinge fehlt und der also, wo nicht in mehrern [sic], doch in einem oder dem anderen Fache, durch Nachrichten, Vorschläge und Beurtheilungen [sic] etwas nützliches
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leisten kann« (Tosch 2001: 60f.). In der Tat, (nur) 75 Prozent der Gründungsmitglieder entstammte dem Bürgertum. Um 1800 umfasste der Verein 192 ordentliche und 114 Ehrenmitglieder (vgl. ebd.: 61). Das heute so modern daherkommende ›Citizen Science‹ findet hier eine alte Tradition. Die Geschichte des Vereinswesens ließe sich auch durch das 19. und 20. Jahrhundert hindurch fortsetzen. Vom Arbeiterverein bis zur Jugendbewegung wurde sie von alternativen Gesellschaftsvorstellungen geprägt, während die nun immer häufiger gegründeten Kunstvereine ebenso wie Wohlfahrtsvereine eher das politisch-administrative System der Zeit stützten. Minderheiten unterschiedlicher Art sonderten sich, beispielsweise durch die Gründung polnischer Kulturvereine im Ruhrgebiet, durch eigene Vereinigungen ab.
Z ur Theorie des V ereins Der amerikanische Soziologe Albert Hirshman hat den Fächer möglicher Motive systematisch untersucht und mit den Ausdrücken ›loyal‹, ›exit‹ und ›voice‹ bezeichnet. Es bleibt aber dabei, dass all diese Vereinigungen nicht nur die Rechtsform, sondern auch Merkmale der Kollektivität und Gruppendynamik gemein haben. Vereine, und zwar ganz besonders die, an die man beim Stichwort »Vereinsmeierei« denkt, waren Garanten sozialer Stabilität und sozialen Friedens. »Meines Erachtens verdient nichts eine größere Aufmerksamkeit als die zu geistigen und sittlichen Zwecken gegründeten Vereine Amerikas«, schrieb Alexis de Tocqueville, der 1835 in die USA geschickt worden war, um das Gefängniswesen zu studieren und nach seiner Rückkehr ein bis heute grundlegendes Werk über den gesellschaftstheoretischen Rang der freien Assoziation schrieb. Doch lässt sich eine theoretische Legitimierung des Vereins schon sehr viel früher zeigen. Platon hat »die Letztbegründung alles Seienden und auch der Ideen in Form von Ideenzahlen gegeben, nämlich durch die ›Eins‹ und die ›unbegrenzte Zwei‹« (Flashar 2013: 23/215/236). Unter dieser Prämisse, allerdings sehr wohl im Widerspruch zu Platon, diskutierte Aristoteles, wie Platon und auch andere schon vor ihm, unterschiedliche Verfassungstypen, die regelmäßig in drei Kategorien eingeteilt sind, je nachdem, ob einer die Regierung ausübt oder einige oder viele dies tun (vgl. Flashar 2013: 124). In diesem Kontext sagt auch Aristoteles: »Die hauptsächlichen Erscheinungsformen des Schönen sind Ordnung, Ebenmaß und Bestimmtheit« (Metaphysik XIII 3, 1078 b 3-5). Doch ist die in der »Eins« gipfelnde Ordnung für ihn gerade nicht der Inbegriff eines Ordnungsprinzips. Im 20. Jahrhundert war dieses Prinzip für Karl Popper einer der Gründe, warum er Platon zu den Feinden der offenen Gesellschaft zählt (vgl. Popper [1945] 1992: 120ff.). Die Überlegenheit der Offenheit von vielfältigen, auch Netzwerk-Strukturen über solche Ordnungen hat der Physiker Hans-Peter Dürr überzeugend nachgewiesen (vgl. Dürr 2004). Die »unbegrenzte Zwei« ist insoweit der »Eins« nicht unterlegen.
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Gewiss befasst sich Aristoteles in diesem Zusammenhang mit dem Menschen im Raum der Polis, das heißt in seiner staatlichen Verfasstheit; doch lässt sich diese grundlegende Unterscheidung von Organisationsmodellen durchaus auf jede Form von kollektivem Handeln übertragen. »Hierarchie und Heterarchie« (Dreher 2013) lassen sich historisch in jeder Kultur als idealtypisch unterscheidbare Modelle greifen. Die alten Monarchien lassen sich als hierarchisch ebenso charakterisieren wie die griechischen Poleis als heterarchisch. Dabei kommt es zunächst nicht so sehr darauf an zu sehen, ob oder in welcher Weise tatsächlich alle Teilnehmer oder Mitglieder einer Kollektivität an der Regierung teilhaben; Frauen, Handwerker und Sklaven hatten beispielsweise an der Regierung der Polis keinen Anteil. Vielmehr soll sich die folgende Erörterung darauf konzentrieren, ob sich diese Grundeinteilung auch außerhalb staatlicher Kollektivität und insbesondere in der Zivilgesellschaft treffen und ob sich daraus eine Legitimität des Handelns ableiten lässt. Sodann wird ein funktionaler Ansatz in den Blick genommen. Hegels weithin rezipierter Feststellung, Vereinigungen dieser Art seien ein Merkmal der bürgerlichen Gesellschaft und diese wiederum eine Errungenschaft der modernen Welt (vgl. Keane 2007: 10) kann aus diesem Ansatz heraus nicht gefolgt werden. Schon um 1400 hat Nikolaus Wurm beispielsweise, gestützt auf den römischen Juristen Papinian und das römische Recht, von einer Dreiteilung gesprochen: Die Stadt brauche eine Gruppe, die »Gott zum Heil des Reichs und um der Seligkeit der Bevölkerung willen diene, eine zweite, die das Recht und den gemeinen Nutzen regiere, und drittens Arbeiter, die mit ihrer Arbeit das Reich und die Diener Gottes ernährten« (Isenmann 2012: 698 a). Wir würden wohl die erste Gruppe heute offener und säkularer definieren, aber im Kern hat sich die Idee nicht verändert.
D ie Z ivilgesellschaf t und ihre A k teure Im platonischen Politikos (300 E bis 303 D) wird ein Sechserschema entwickelt, wobei jeder guten Herrschaftsform (Königtum, Aristokratie, gesetzlicher Demokratie) eine schlechte (Tyrannis, Oligarchie, gesetzlose Demokratie) gegenübergestellt wird. Aristoteles hat diese Einteilung mit einem Unterschied übernommen. Anstatt von gesetzlicher Demokratie spricht er von Politie und versucht dadurch, eine am Wohl des Ganzen orientierte Teilhabe von der Vertretung je eigener Interessen schärfer abzugrenzen (vgl. Flashar 2013: 124). Daran lassen sich unschwer Beobachtungen zum Zustand gegenwärtiger Demokratien anschließen. Die gegenwärtige öffentliche Diskussion um Partizipation ist erkennbar Ausweis sich verbreitender Unzufriedenheit damit, dass sowohl oligarchische als auch, im aristotelischen Sinne, gesetzlose demokratische Elemente die Politie auszuhöhlen drohen. Ebenso lassen sich aber auch andere als staatliche Organisationen charakterisieren. Denn auch in der Wirtschaft kann zwischen grundsätzlich hierarchischen, eigentümergeführten Familienunternehmen und grundsätzlich he-
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terarchischen, vom Willen der Aktionäre bestimmten Publikumsgesellschaften unterschieden werden, wobei sowohl erstere wie letztere oligarchische Elemente beinhalten können und gerade die letzteren auch tatsächlich beinhalten. Thomas von Aquin hat die Oligarchie als Herrschaft weniger Menschen charakterisiert, die durch ihren Reichtum das Volk niederhalten und sie daher der Tyrannis zugeordnet, definiert als Regierungsweise, die sich am eigenen Nutzen der Regierenden und nicht am Gemeinwohl orientiert (vgl. Thomas I, 1). Andererseits ist die besonders heterarchisch ausgebildete Organisationsform in der Wirtschaft, die in moderner Form im 19. Jahrhundert entwickelte Genossenschaft, jedenfalls bis vor kurzem vielfach als zur erfolgreichen Steuerung eines gewinnorientierten Betriebes ungeeignet verunglimpft worden. Erst die eklatanten Misserfolge besonders oligarchisch strukturierter Unternehmen und die dem Überdruss mit ausschließlich von materiellen Eigeninteressen bestimmten Handlungsmaximen erwachsene Suche nach Hybridformen zwischen gewinn- und nicht gewinnorientierten Unternehmensformen haben in jüngster Zeit ein Umdenken bewirkt. Denn im Bereich nicht-gewinnorientierter, anders ausgedrückt, zielorientierter Unternehmungen (vgl. Strachwitz 1993) hat sich die Politie nicht nur als Primärform durchgesetzt, sondern auch im Einzelfall über sehr lange Zeit Bestand gehabt. Geradezu legendär sind in diesem Zusammenhang die Bruderschaften italienischer Städte, die zum Teil seit 700 Jahren Dienstleistungen, etwa in der Pflege von Kranken, der Beisetzung von Verstorbenen oder der Versorgung von Armen mit Speisen erbringen (s. bspw. Grote 1972: 175f.), ohne dass sich die Organisation von dem freiwilligen Zusammenschluss, dem dezidierten Verzicht auf Gewinnerzielung und der Teilhabe aller Mitglieder an der Führung der Organisation entfernt hätte. Hinter deren Gründung stand regelmäßig die Erkenntnis, dass Überlegungen darüber, ob die Welt von Natur aus geordnet oder ungeordnet sei, das heißt, ob der durch Geburt zugemessene Platz in der Gesellschaft allein das Leben bestimme, der Wirklichkeit nicht standhalten würden und freiwilliges Engagement schon deshalb notwendig sei (vgl. Meuthen 1982: 42). In der heute gemeinhin als Zivilgesellschaft definierten Arena des freiwilligen, kollektiven, subjektiv gemeinwohlorientierten Handelns (vgl. Strachwitz 2014: 62ff.) in der Gesellschaft, ist die grundsätzlich heterarchische Organisationsform als Verein zur Regelform, in den Augen mancher Akteure und Beobachter sogar einzig möglichen Form geworden (vgl. Hartmann und Offe 2011: 344). In der Tat weist sie neben anderen Merkmalen definitorisch auch das der Teilhabe aller Mitglieder an der Führung auf. Doch ist nicht zu verkennen, dass dies zum einen keineswegs in jedem Einzelfall idealtypisch verwirklicht ist, zum anderen aber auch hierarchisch organisierte Organisationen Teil der Zivilgesellschaft sein können. Dies betrifft namentlich die Stiftungen in unterschiedlichen Ausformungen, obwohl deren definitorisches Merkmal nicht, wie gemeinhin angenommen wird, das Vorhandensein eines materiellen Vermögens, schon gar nicht die Unterstützung der Tätigkeit anderer mit Hilfe von dessen Erträgen darstellt, sondern die Bindung der Tätigkeit an den bei Gründung formulierten Stif-
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terwillen (vgl. Strachwitz 2010: 32). Hier ist das hierarchische Prinzip in geradezu extremer, nur mit der klassischen Erbmonarchie vergleichbarer Ausformung verwirklicht, indem der Stifter, eines Königtums ebenso wie einer Stiftungsorganisation, die »Regierung« weit über den eigenen Tod vorherzubestimmen sucht. Die von Platon, Aristoteles und anderen griechischen Denkern der Antike getroffene Grundeinteilung ist insofern, so lässt sich folgern, in allen Arenen des modernen gesellschaftlichen Handelns, in Staat, Markt und Zivilgesellschaft anzutreffen und charakterisiert, so der Umkehrschluss, keine Arena in ausschließender Weise. Im Gegenteil, gerade die Arena, die dem ersten Anschein nach besonders partizipatorisch begründet zu sein scheint, umschließt kaum widersprochen einen relativ hohen Anteil an Organisationen, die dem Prinzip des »Eins« und eben nicht des »unbegrenzten Zwei« (nach Platon) zugehörig sind.3 Dass dies im Bereich der Wirtschaft so ist – rund 90 Prozent der deutschen Wirtschaftsunternehmen sind eigentümergeführte Familienunternehmen –, erstaunt gewiss weniger. Dass im staatlichen Bereich, historisch gesehen, das Prinzip des »Eins« sehr viel häufiger die Gründung eines Gemeinwesens bestimmt hat und dass dieses auch heute phänomenologisch nicht obsolet ist, ist ebenso evident. Wenn daher die Organisationsmodelle in den Blick genommen werden, die dem Prinzip der »unbegrenzten Zwei« folgen, so geschieht dies vor der Folie, dass grundlegend andere Modelle denkbar erscheinen und tatsächlich existieren. Dies ist deswegen von Bedeutung, weil unter dem Eindruck der Demokratie als beste denkbare Staatsform dem demokratisch organisierten Verein a priori eine Legitimität zugemessen wird, die etwa der Stiftung abgehen soll. Im Verein, so die Begründung, verwirkliche sich Partizipation, und diese sei definitorisches Indiz für Legitimität. Dem stehen historisch drei Argumente entgegen: Zum einen ist, wie das französische Beispiel zeigt, eine demokratische Staatsform vorstellbar, die das Vereinswesen ausdrücklich für illegitim erklärt, weil sich die Bürger ausschließlich im Staatsverbund kollektivieren sollen. Zum zweiten findet sich schon bei Aristoteles in der Nikomachischen Ethik ein enger Bezug zwischen Freiwilligkeit und normativer Qualität: »Es ist klar, dass eine tugendhafte Handlung nur dann vorliegt, wenn sie freiwillig vollzogen wird« (Flashar 2013: 80). Diese scheint für die normative Beurteilung – und eine solche ist auch die der Legitimität – bedeutender und umfasst auch das Stiftungshandeln. Beides, das Engagement im Verein und die freiwillige Hingabe von Vermögen, ebenso aber auch die anderen 3 | Die Angabe eines Verhältnisses ist schwierig, da bei den Vereinen nur die Zahl der eingetragenen Vereine (rund 500.000), nicht aber die der nicht eingetragenen Vereine bekannt ist, während bei den Stiftungen die Zahl der rechtsfähigen (rund 20.000) relativ genau feststeht, die der nicht rechtsfähigen mit rund 20.000 nur grob geschätzt werden kann. Hinzu kommt die Unsicherheit, ob die rund 100.000 Kirchen- und Kirchenpfründestiftungen mitgerechnet werden müssen. Rechnet man diese nicht dazu und setzt nur die rechtsfähigen Stiftungen zu der Zahl der eingetragenen Vereine ins Verhältnis, so ergibt sich dieses mit 1:25, bzw. mit einem Anteil der Stiftungen von etwa 4 %.
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Ausdrucksformen des Engagements, etwa Empathie oder die Bereitstellung von Reputation, Kreativität und Wissen, erscheinen freilich in Vereinen, aber eben auch in Stiftungen sehr viel leichter möglich als im modernen Staat, der seine Ziele eher über die Durchsetzung hoheitlicher Gewalt zu erreichen sucht. Drittens ist die Legitimierung über Partizipation im Grunde eine Chimäre, denn zum einen lässt ein Verein ja allenfalls seine Mitglieder partizipieren, die er dann im Rahmen des jeweiligen Satzungszwecks vertritt – und dies können im Einzelfall sehr wenige sein –, zum anderen kann diese Partizipation in der Realität stark beschränkt sein, meist durchaus im Konsens der Mitglieder. Selbst heute ist von daher eine herausgehobene Legitimität von Vereinen, die sich aus der Partizipation ihrer Mitglieder ergibt, ein zu schwaches Argument für ihren Platz in der Gesellschaft. Historisch haben Vereine ihre Legitimation nicht aus dem partizipativen Grundgedanken geschöpft, sondern aus dem freiwilligen Beitrag zur Erbringung einer für notwendig erachteten Leistung und aus ihrer Akzeptanz in dem Umfeld, in dem sie tätig wurden.
Z ur F unk tionst ypologie von V ereinen Die Europäische Kommission hat in einer Mitteilung über die »Rolle der Vereine und Stiftungen in Europa« (1999) vier Funktionen der Vereine (und Stiftungen) unterschieden: • • • •
die Dienstleistungsfunktion; die Themenanwaltsfunktion; die Selbsthilfefunktion; die Mittlerfunktion.
Diese Einteilung war insofern außerordentlich hilfreich, als sie geeignet war, die Ausblendung bestimmter Funktionen je nach politischem Standort oder Schwerpunkt der Betrachtung zu überwinden. So nimmt beispielsweise die deutsche Engagementpolitik im Wesentlichen die Dienstleistungs- und Selbsthilfefunktionen in den Blick, während die Europäische Kommission traditionell eher der Themenanwaltsfunktion zugeneigt und gegenüber der Dienstleistungsfunktion mit dem Argument der Marktgerechtigkeit eher skeptisch ist. Doch hat sich die Einteilung als unvollständig erwiesen. Insbesondere wurden unter dem Begriff der Themenanwaltschaft Funktionen zusammengefasst, die im Grunde zu unterscheiden waren. Die Liste möglicher Funktionen war daher um drei weitere zu ergänzen (vgl. Strachwitz 2014: 81):
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• die Wächterfunktion; • die Gemeinschaftsbildungsfunktion; • die Funktion der politischen Deliberation. Die Dienstleistungsfunktion, ausgerichtet auf das Erbringen von Leistungen zugunsten anderer, spiegelt sich in der Tätigkeit von Wohlfahrtsverbänden, aber auch beispielsweise in der von Museumsträgervereinen exemplarisch, während die Themenanwaltsfunktion (englisch advocacy), die sich auf die Vertretung bestimmter Überzeugungen oder auch Interessen konzentriert, durch Organisationen wie Greenpeace oder Amnesty exemplifiziert ist. Beide Typen sind auch historisch fassbar, so etwa der älteste deutsche Wohlfahrtsverband, das Diakonische Werk, gegründet 1849, und als Beispiel einer Themenanwaltschaft die unter dem Namen »Gold gab ich für Eisen« bekannten patriotischen Vereinigungen von 1813. In der Selbsthilfefunktion vereinigen sich Organisationen, die auf den ersten Blick höchst heterogen erscheinen, etwa Patienten-Selbsthilfen und der Sport. Gerade letzterer kann ebenfalls auf eine 200-jährige Vereinstradition zurückblicken. Mittlerorganisationen umfassen all die, die nicht selbst aktiv tätig sind, etwa Dachverbände oder auch Förderstiftungen. Beispiele für letztere kennen wir bereits aus der Antike. Von den Themenanwälten die Wächter abzugrenzen erscheint wichtig, da diese nicht einzelne Themen oder Ziele durchsetzen, sondern vielmehr darüber wachen, dass Regierungen, Verwaltungen, Unternehmen usw. ihre Aufgaben gesetzes- oder normenkonform erfüllen. Colin Crouch hat jüngst die Wächterfunktion als die wichtigste Aufgabe der Zivilgesellschaft überhaupt bezeichnet (2011: 222). Auch für diese gibt es jedoch auch historische Beispiele (vgl. Strachwitz 1974). Lange Zeit missachtet und belächelt wurde die Gemeinschaftsbildungsfunktion, auf die der eingangs zitierte Text von Moser (2009) anspielt. Doch ist heute erkannt, dass Karnevals- und Schützenvereine, Musik- und Theatervereinigungen und lokale Vereine aller Art für den Zusammenhalt der Gesellschaft, den sozialen Kitt, die Produktion von sozialem Kapital und dergleichen eine herausragende positive Bedeutung besitzen (vgl. Putnam 2001: 751ff.). Hier treffen sich der persönliche, von einer offenen Gesellschaft zu respektierende, aber auch von anders strukturierten Gesellschaften immer erkannte Wille der Bürgerinnen und Bürger mit einem gesellschaftlich höchst wünschenswerten Ziel. »Ein Mensch, der täglich gewohnt ist, gewaltige Empfindungen aus seiner Brust durch seinen Kehlkopf herausströmen zu lassen, ohne irgendeine Beziehung zu seinem Handeln, ohne daß also die adäquate Abreaktion dieses ausgedrückten mächtigen Gefühls in entsprechend mächtigen Handlungen erfolgt – und das ist das Wesen der Gesangvereinskunst – das wird ein Mensch, der, kurz gesagt, sehr leicht ein ›guter Staatsbürger‹ wird, im passiven Sinn des Wortes. Es ist kein Wunder, daß die Monarchen eine so große Vorliebe für derartige Veranstaltungen haben« (Weber 1924: 447). Aber auch in der Demokratie besitzt die Geselligkeit eine herausragende politische Bedeutung, die allzu oft verkannt wird. Darauf hat schon Tocque-
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ville aufmerksam gemacht. »Die ›neue politische Wissenschaft‹, die Tocqueville als ›Grundwissenschaft der bürgerlichen Gesellschaft‹ begründen wollte, sollte sich deshalb vorrangig mit der Kunst der Vereinigung – der Geselligkeit – beschäftigen« (Hoffmann 2003: 11f.). Schließlich üben Vereine aber auch die Funktion aus, die Jürgen Habermas als politische Deliberation bezeichnet und der er mit dem Begriff der deliberativen Demokratie einen hohen Rang eingeräumt hat (vgl. Habermas 1990: 340). Dabei geht es im Unterschied zur Themenanwaltschaft nicht darum, das öffentliche Bewusstsein für einzelne Themen zu wecken, sondern um Plattformen zur Erörterung ganz unterschiedlicher Themen von allgemeinem Interesse. Die politischen Parteien üben, will man sie, was korrekt wäre, zu den zivilgesellschaftlichen Vereinigungen zählen, naturgemäß diese Funktion aus. Ein historisches Beispiel ist der seit 1480 ununterbrochen bis heute bestehende Verein »Die Meersburger 101«, dem 101 einflussreiche, aber aus allen Schichten der Bürgerschaft stammende Mitglieder angehören und in dem, so die Auskunft von Bürgern, die Stadtpolitik von Meersburg am Bodensee entwickelt wird. Es ist evident, dass die Übergänge zwischen den Funktionen fließend und damit die Zuordnung der konkreten Tätigkeit zu einer einzelnen Funktion im Einzelfall sehr schwierig sein kann. Überdies üben Vereine geradezu regelmäßig mehrere Funktionen aus. So wird sich beispielsweise ein Wohlfahrtsverband nicht nur als Dienstleister, sondern auch als Anwalt seiner Betreuten und damit auch des Themas eines würdigen Umgangs einer Gesellschaft mit kranken, schwachen, behinderten, dementen und auf andere Weise benachteiligten Mitbürgern verstehen. In einem weiteren Sinn nimmt ein solcher Verband auch an der allgemeinen politischen Deliberation teil. Und wenn diese auch nicht so stark ausgeprägt und ständig in Gefahr ist, von den Anforderungen des Dienstbetriebs verdrängt zu werden, so spielt doch auch die Gemeinschaftsbildungsfunktion in einem solchen Verband eine Rolle (vgl. Strachwitz 2014: 85). Auch ein Kunstverein wird – hoffentlich – die Stimme erheben, wenn es um die Schließung »seiner« Kultureinrichtung geht. Dass gerade zwischen der nach innen wirkenden Gemeinschaftsbildung und den nach außen wirkenden Wächter-, Themenanwaltschafts- und politischen Deliberationsfunktionen eine intensive Wechselwirkung bestehen kann, lässt sich vielfach zeigen. Die unterschiedlichen Milieus der Arbeiter, Katholiken, Konservativen, Liberalen usw. haben hierfür prägnante Beispiele geliefert. Die Vereine »sorgten dafür, daß bestimmte Sprachregelungen, Bildhaushalte und Symbolsysteme in regelmäßigen Abständen im lokalen Bewußtsein verbreitet wurden. […] Darüber hinaus bescherten die von den Vereinen organisierten Zusammenkünfte Gemeinschaftserlebnisse, die bestimmte Denkmuster tradierten« (Bösch 2002: 57). Max Weber hat diese Interdependenz als Forschungsgegenstand angemahnt: »Welche Art von Beziehungen besteht zwischen einem Verein irgendwelcher Art, […] von der Partei bis – das klingt ja paradox – zum Kegelclub herab, zwischen einem beliebigen Verein also und irgendetwas, was man im weitesten
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Sinn des Wortes ›Weltanschauung‹ nennen kann? Überall ist eine solche Beziehung irgendwie vorhanden, auch wo man sie gar nicht vermuten sollte.« (Weber 1924, 446). Wenn die konservativen Parteien im frühen 20. Jahrhundert bis zu 50 Prozent ihrer Wähler über Heimat-, Krieger-, Schützen- oder Turnervereine an sich binden konnten (vgl. Bösch 2002: 217), erscheint Webers Appell nur allzu berechtigt, umso mehr, als der von Tocqueville herausgearbeitete Zusammenhang zwischen Geselligkeit und Bürgertugend im 20. Jahrhundert aus dem Blickfeld geraten zu sein scheint (vgl. Hoffmann 2003: 11).
F a zit : D er F örder - und F reundeskreis als zivilgesellschaf tlicher A k teur Manches Mitglied eines Förder- oder Freundeskreises, das vielleicht schon seit Jahrzehnten durch Beiträge und Spenden den Ankauf von Kunstwerken ermöglicht, dafür die Einladungen zu Ausstellungsvorbesichtigungen im kleinen Kreis gern genossen und mit anderen dort anwesenden über die Jahre manche Freundschaft entwickelt und gepflegt hat, wird sich vielleicht die Augen bei dem Gedanken reiben, in welche Gesellschaft – in welchen theoretischen Rahmen – es unwissentlich dabei geraten ist. In der Tat ist theoretische Reflexion kein herausragendes Merkmal der meisten Vereinigungen und ihrer Mitglieder. Zudem ist der Begriff der Zivilgesellschaft in seiner heutigen Bedeutung relativ neu (vgl. Adloff 2005) und wird in der Öffentlichkeit nach wie vor vielfach falsch gebraucht. Erst allmählich erkennen die zu dieser Arena definitionsgemäß gehörenden Akteure ihre verbindenden Charakteristika, und Politische Wissenschaft und Praxis tun sich nach wie vor schwer damit, ihre Bedeutung richtig einzuschätzen. Oft genug ist noch immer davon die Rede, es handle sich dabei um eine Modeerscheinung des frühen 21. Jahrhunderts, die ebenso schnell wieder verschwinden würde, wie sie entstanden sei. Dass diese Auffassung falsch ist, zeigt gerade die lange theoretische Auseinandersetzung und gelebte Praxis. Der kulturgeschichtliche Ansatz macht, wie hier zu zeigen versucht wurde, deutlich, dass von einem schnellen Entstehen keine Rede sein kann. Vielmehr ist die von Robert Putnam (1993) empirisch untersuchte und ausführlich beschriebene Generierung und Bedeutung von sozialem Kapital ein historisches Phänomen mit langer Tradition. Schon deshalb erscheint es unwahrscheinlich, dass es alsbald wieder verschwunden sein wird oder gar von einem raschen Untergang bedroht ist. Die Zweiteilung in Staat und Nicht-Staat, in der im Nicht-Staat die Wirtschaft den Ton angibt, ist theoretisch und praktisch defizitär: Weder bildet sie die Wirklichkeit hinreichend ab, noch erscheint sie normativ wünschenswert. Vereinigungen, die nicht das (in sich wohlgemerkt vollständig legitime) Ziel verfolgen, materielle Gewinne zu erwirtschaften, sind, wie historische Ereignisse immer wieder gezeigt haben, nicht selten machtvolle und notwendige Anstoßgeber zu gesellschaftlichen Entwicklungen. Dies gilt für offene Gesellschaften
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ebenso wie für autoritäre Regime. Die Ereignisse um 1989, als die Zivilgesellschaft die Systeme in der DDR und den mittel- und osteuropäischen Staaten zum Einsturz brachte, sind nur ein, allerdings sehr eklatanter Beweis dafür. Was bedeutet das nun für den Freundeskreis? Mit Sicherheit bedeutet es zunächst, dass er sich seiner »Vereinsmeierei« nicht zu schämen braucht, im Gegenteil: das Vereinsleben zu pflegen und zu entwickeln sollte ihm ein Anliegen sein. Auch sollte sich die Einrichtung, zu deren Unterstützung er gegründet wurde oder wird, bewusst sein, dass hier keine Finanzierungsmaschine, sondern ein lebendiger Organismus geschaffen wurde oder wird. Mitgliederversammlungen, die kaum 15 Minuten dauern (so vom Verfasser erlebt!), Korrespondenzen, die sich allein auf das Fundraising beschränken, und allerlei andere Ausformungen des Zusammenspiels zwischen den »Freunden« sollten einem zivilgesellschaftlichen Verständnis Platz machen. Dazu gehört eine partizipative Struktur, die es den Mitgliedern, die das wünschen, ermöglicht, an den Debatten und Entscheidungsfindungen mitzuwirken. Das ist gewiss oft mühsam, gehört aber nun einmal zum Wesen eines Vereins. Ist das nicht gewollt, gibt es für ein effizientes Fundraising andere Formen, beispielsweise die Stiftung. Die Zivilgesellschaft, die beide Formen umfasst, wird in ihrer Bedeutung für die Gesellschaft insgesamt in der Zukunft gewiss steigen, ebenso ihr Anspruch, Prozesse mitzugestalten. Die Förder- und Freundeskreise kultureller Einrichtungen tun gut daran, an dieser Entwicklung aktiv teilzuhaben.
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Fördervereine und Memberships – zwei Kulturen, zwei Strategien Thomas Knubben
Vereine und mit ihnen auch Fördervereine sind in ihrer deutschen Ausprägung gekennzeichnet durch den freiwilligen Zusammenschluss, eine eigenständige Verwaltung, einen festgelegten Zweck, formale und gleiche Mitgliedschaft sowie den Verzicht auf Ausschüttung von Gewinnen. Sie bieten ihren Mitgliedern die Möglichkeit, mit anderen Menschen gleicher oder ähnlicher Interessen in Verbindung zu treten und die gemeinsamen Anliegen wirkungsvoller zu verfolgen, als dies ohne die Organisationsbasis des Vereins möglich wäre. Vereine sind im Spannungsgeflecht von Staat, Markt und Privatsektor im Privatbereich zu verorten. Sie unterscheiden sich daher idealtypisch von Parteien und Nichtregierungsorganisationen, die als politische Interessenverbünde dem Vorfeld staatlichen Handelns zuzuordnen sind, sowie von wirtschaftlichen Interessenverbänden, die das individuelle wirtschaftliche Wohl ihrer Klientel im Sinne haben und dem ökonomischen Feld angehören (vgl. Zimmer 2007). Als Sondertypus des Vereins verfolgen Fördervereine keine eigenen Zwecke, sondern stellen sich in den Dienst der Einrichtungen oder Projekte, denen sie sich ihrer Satzung gemäß verschrieben haben. Fördervereine haben eine lange und große Tradition im deutschen Kulturleben. Sie reichen als (groß-)bürgerliches Kollektiv-Mäzenatentum bis ins ausgehende 19. Jahrhundert zurück, als sich in Kunsthallen, Museen, Konservatorien, Theater- und Konzerthäusern eine ausgeprägte kulturelle Infrastruktur etabliert hatte, die zu ihrer Aufrechterhaltung und ihrem Ausbau neuer und verlässlicher Finanzquellen bedurfte (vgl. Frey 1999). Der Förderverein erschien hierfür ein geeignetes Instrument, führte er der Kultureinrichtung doch neue Interessenten und Mittel zu, ohne sie mit den Aufgaben der Akquisition und Verwaltung zu belasten. Dem Förderverein oblag und obliegt es noch immer in diesem System, die Partizipationsinteressen und Förderpotenziale individueller Nutzer zu bündeln und sie kollektiv gegenüber der zugehörigen Kultureinrichtung zu vertreten. Der Förderverein hat sich so als das gängige Instrument der Einwerbung privater Mittel jenseits des Sponsorings im deutschen Kulturbetrieb etabliert und erfuhr seit den 1980er Jahren im
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Zuge des erneuten Ausbaus der kulturellen Infrastruktur eine bemerkenswerte Renaissance (Welling et al. 2007: 2). Das Konzept des Fördervereins war sogar so erfolgreich, dass es andere Ansätze des organisierten, verlässlichen und auf längere Kooperation ausgerichteten Austausches zwischen Kultureinrichtungen und ihren Stakeholdern, wie es sich insbesondere im angloamerikanischen Raum erfolgreich etabliert hat, weitestgehend außer Betracht ließ. Dort nehmen die Kulturinstitutionen die Betreuung der an einer vertieften Beziehung interessierten Individualnutzer innerhalb der eigenen Verwaltung selbst wahr, betrachten sie als zugehörige, wenn nicht gar als angehörige Mitglieder – Members – der eigenen Einrichtung. Membership-Programme haben sich dabei als ein anderer Weg und eine alternative Strategie der Akquisition privater Drittmittel wie auch der Besucherbindung erwiesen (vgl. Schuck-Wersig/Wersig 1999). Dass sich diesseits und jenseits von Ärmelkanal und Atlantik zwei markant unterschiedliche Systeme der Förderstruktur von Kultureinrichtungen etabliert haben, ist indes nicht vornehmlich oder gar allein Resultat individueller organisationaler Entscheidungen, sondern tiefgehend in den unterschiedlichen gesellschaftlichen und politischen Entwicklungsprozessen verankert. Zudem hat sich die Kulturmanagementforschung hierzulande bislang erstaunlich wenig mit den Bedingungen und Potenzialen von Membership-Programmen befasst und daher auch kaum die Chancen ausgelotet, die sich mit dieser alternativen Strategie für die strukturelle Entwicklung von Kultureinrichtungen auch in Deutschland ergeben können. In diesem Beitrag wird es daher zunächst darum gehen, den historischen Bedingungen der unterschiedlichen Entwicklungen nachzugehen. Dem schließt sich eine Darstellung der strukturellen Unterschiede von Fördervereinen und Membership-Programmen sowie eine Darlegung des Stands der Auseinandersetzung in der Forschung an, um schließlich die Chancen und Risiken einer Membership-Strategie im deutschen Kontext zu skizzieren.
V ereine als K atalysatoren zur E nt wicklung des bürgerlichen K ulturlebens in D eutschl and Die bürgerlichen Kulturvereine in Deutschland, ob Träger oder Förderer von Kultureinrichtungen, sind eine Errungenschaft des 19. Jahrhunderts. Sie bildeten den passenden rechtlichen und organisatorischen Rahmen, um die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Beziehungen zwischen Bürgern und Staat den Anforderungen der modernen Gesellschaft entsprechend neu zu regeln (vgl. Nipperdey 1976, Hardtwig 1984). Ihre Aufgabe bestand darin, die Grenzen, an die das Ancien Regime, das alte nach Ständen organisierte feudale System, geraten war, nachhaltig zu überwinden. In wirtschaftlicher Hinsicht bedeutete dies, an Stelle von Zunftzwängen, welche die gewerbliche Produktion und den Wirtschaftsverkehr allenthalben behinderten, neue Möglichkeiten der individuellen Initiative und der ökonomischen Dynamik zu schaffen. In politischer Hinsicht
Förder vereine und Memberships – zwei Kulturen, zwei Strategien
mussten Lösungen für eine angemessene Partizipation der immer stärker gewordenen bürgerlichen Kräfte, die in der Französischen Revolution maßgeblich für ganz Europa ihren Anspruch erhoben und zu guten Teilen auch durchgesetzt hatten, gefunden werden. Dies geschah im Nachgang der napoleonischen Kriege vornehmlich durch die Etablierung von Verfassungen und die Entwicklung von politischen Parteien als Sonderform der Vereinsbewegung. Im Feld der soziokulturellen Reorganisation der Gesellschaften galt es schließlich, neue Strukturen zu ermöglichen, die in der Lage waren, die Lücken zu füllen, die durch das Auslaufen der alten Sozialformen, der zünftigen Korporationen, religiösen Bruderschaften und sozialen Assoziationen, entstanden waren. Der Verein erwies sich für alle diese Belange zumeist als die geeignete Organisations- und Rechtsform. Er hat sich insbesondere in Deutschland so markant durchgesetzt, dass Max Weber auf dem 1. Deutschen Soziologentag 1910 bereits klagte: »Der heutige Mensch ist ja unzweifelhaft neben vielem anderem ein Vereinsmensch in einem fürchterlichen, nie geahnten Maße […] Es läßt sich aus einem beliebigen Adressbuch feststellen, […] daß beispielsweise in einzelnen Städten von 30.000 Einwohnern 300 verschiedene Vereine bestehen; also auf 100 Einwohner, d.h. auf 20 Familienväter, ein Verein« (Weber 1910/1988: 442). Ungeachtet des süffisanten Untertons in Webers Befund, hatten die Vereine gerade für die Entwicklung des Kulturlebens in Deutschland einen zentralen Anteil. Lese- und Museumsgesellschaften sorgten ab dem ausgehenden 18. Jahrhundert in kleineren und größeren Städten für die Beschaffung und Bereitstellung von Büchern und Zeitschriften in öffentlichen Lesekabinetten (vgl. Stützel-Prüsener 1981), Kunstvereine ersetzten nach dem Ende des Alten Reiches Hof und Kirche als Abnehmer von Kunstwerken und organisierten den Transfer in den allmählich sich entwickelnden bürgerlichen Kundenkreis (vgl. Behnke 2001), Konzert-, Musik- und Gesangsvereine bildeten die Basis für ein sich immer weiter ausdehnendes Musikleben (vgl. Klenke 2001). Ohne die Organisationsform des Vereins wäre die Expansion und Etablierung des Kulturbetriebs, wie er sich gerade in Deutschland vollzog und bis heute charakteristisch ist (vgl. Heinrichs 2006), nicht möglich gewesen. Umgekehrt artikulierte sich im Verein ein spezifisches Verständnis von gesellschaftlicher Organisation, das einerseits von den Ideen der Aufklärung und andererseits von den politischen Machtverhältnissen in Deutschland bestimmt wurde. Aufklärerische Prägungen kamen zum Ausdruck in der Überzeugung der Vereinsgründer »von der gleichen Vernunftbegabung und der Denk- und Handlungsfreiheit der Individuen, die dazu inspirierten, sich aus freiem Wollen mit prinzipiell Gleichen zu vereinen und selbst gewählte Zwecke zu verfolgen« (Nathaus 2009: 31). Die realpolitischen Machtverhältnisse zeigten sich hingegen in der Maßgabe der Regierungen, sich bei der Verfolgung der idealistischen Ziele politischer Äußerungen oder gar Handlungen tunlichst zu enthalten. Das Allgemeine Preußische Landrecht von 1794, Maßgabe für das Vereinsrecht bis zur Revolution von 1848, gab die Leitplanken für den Aktionsraum der Vereine vor.
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Es gestattete zwar das prinzipielle Recht auf Assoziationsbildung, bewahrte dem Staat aber die Möglichkeit, Vereine wieder aufzulösen, wenn sie ihm gegenüber »anderen gemeinnützigen Absichten oder Anstalten hinderlich oder nachteilig« erschienen (zit.n. ebd., S. 34). Zur Kontrolle der Assoziationszwecke sahen die Regierungen daher auch immer eine behördliche Genehmigung vor, die sich bis heute in Form des amtlichen Vereinsregisters gehalten hat (vgl. Röbke 2011: 7ff.).
I de alistische B ildungs - und G emeinwohlorientierung jenseits des M ark tes Zentrale Maximen der Vereinsbewegung in Deutschland waren also das Gleichheitsprinzip als Gegenmodell zur hierarchischen Ständeordnung, der Universalitätsanspruch der Vernunft, verstanden als Bildungsauftrag, der kollektiv wahrgenommen wurde und sich wie im Fall der Turnerbewegung auch in Form der Körperbildung unter Einschluss wehrpolitischer Ziele artikulieren konnte (vgl. Eisenberg 1999: 96-144), sowie die Orientierung an Zwecken des Gemeinwohls und der Geselligkeit. Ökonomische Interessen und individuelle Vorteile, die sich aus der Zugehörigkeit zum Verein ergeben konnten, spielten hingegen keine besondere Rolle, sie widersprachen geradezu der Grundidee des Vereins. Das gilt selbst für die Arbeitervereinsbewegung, die das bürgerliche Modell weitestgehend übernahm und in Arbeiterbildungs-, Gesang- und Turnvereinen eine Chance sah, zusammenzukommen und jenseits spezifischer politischer und ökonomischer Interessen Geselligkeit und Selbstverständnis zu pflegen. Mit dieser ideellen, gesellschaftlichen, politischen und rechtlichen Disposition waren auf die Dauer drei wichtige Konsequenzen verbunden: 1. die aufklärerische Grundüberzeugung, dass alle am Vereinszweck aufrichtig Interessierten prinzipiell gleichen Zugang und alle Mitglieder eines Vereins immer die gleichen Rechte und Anteile an der Gestaltung und am Nutzen ihrer Assoziation haben sollten, woraus sich einheitliche Beiträge und einheitliche Ansprüche auf eher niedrigem Niveau ableiteten; 2. die weitgehende Konzentration der Vereinszwecke auf gesellige und gemeinnützige Angelegenheiten, die vom Staat gerne gesehen wurden, da sie finanzpolitisch die öffentliche Hand bei Vor- und Fürsorgeaufwendungen entlasteten und gesellschaftspolitisch zur Beruhigung beitrugen,1 wie Max Weber in seiner genannten Rede gleichfalls herausstrich: »Die Blüte des Gesangsvereins in Deutschland übt m.E. beträchtliche Wirkungen auf Gebieten aus, wo 1 | Diese Grundtendenz schließt nicht aus, dass der Kultur-, Natur- oder Sportverein als Tarnorganisation durchaus auch für politische Zwecke und Aktivitäten genutzt werden konnte, wie dies insbesondere während der Dauer der Sozialistengesetze unter Bismarck von 1878 bis 1890 der Fall war.
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man es nicht gleich vermutet, z.B. auf politischem Gebiete. Ein Mensch, der täglich gewohnt ist, gewaltige Empfindungen aus seiner Brust durch seinen Kehlkopf herausströmen zu lassen, ohne irgendeine Beziehung zu seinem Handeln, ohne daß also die adäquate Abreaktion dieses mächtigen Gefühls in entsprechend mächtigen Handlungen erfolgt – und das ist das Wesen der Gesangsvereinskunst –, das wird ein Mensch, der, kurz gesagt, sehr leicht ein ›guter Staatsbürger‹ wird, im passiven Sinne des Wortes. Es ist kein Wunder, daß die Monarchen eine so große Vorliebe für derartige Veranstaltungen haben. Wo man singt, da laß dich ruhig nieder. Große starke Leidenschaften und starkes Handeln fehlen da« (Weber 1910/1988: 445); 3. die Beschränkung der wirtschaftlichen Aktivitäten, da die Gemeinwohlorientierung einerseits dem ökonomischen Prinzip der Gewinnmaximierung widersprach und andererseits steuerliche Vorteile, die sich aus der Einführung des Merkmals der Gemeinnützigkeit in der Weimarer Republik ergaben (vgl. Röbke 2011: 21ff.), die wirtschaftliche Geschäftstätigkeiten auch nur bedingt zuließen. Im Zusammenwirken dieser Faktoren ergab sich in Deutschland ein Vereinsrecht – und Vereinshandeln –, das die Gesellschaft in vielen Bereichen durchdrang und viele bunte Blüten trieb, sich dabei finanzpolitisch und managerial aber zumeist in eher engen Bahnen bewegte und noch immer bewegt.2 Seine Prinzipien sind Egalität, Gemeinnützigkeit und Ehrenamtlichkeit, nicht maximaler Erfolg. Das gilt in der Regel auch für Fördervereine.
G egenent wicklungen im britischen S ystem der K lubs und G esellschaf ten Eine ganz andere historische, gesellschaftliche und politische Ausgangslage tritt uns in der Assoziationsbildung in Großbritannien entgegen, woraus sich in der Folge auch andere Organisationsprinzipien und -maximen entwickelten. Hintergrund für die Herausbildung von »clubs« und »societies« waren nicht die politischen Herausforderungen im Umkreis der Französischen Revolution und auch weniger das Bemühen eines aufstrebenden Bürgertums, sich Einfluss und Anerkennung gegenüber einer geschlossenen feudalen Standesgesellschaft zu verschaffen. Die Grenzen zwischen Adel und gehobenem Bürgertum waren in Großbritannien durch das Prinzip der Primogenitur, das Adelstitel und -besitz jeweils 2 | Auch hier gab und gibt es natürlich Ausnahmen, historisch etwa in Form der großbürgerlichen Mäzenatenvereine zum Aufbau des Kaiser-Friedrich-Museums und der Nationalgalerie in Berlin (vgl. Frey 1999: 102ff.) und aktuell in ökonomisch relevanten Feldern wie dem hochkommerzialisierten Fußball, wobei die häufig erfolgte Ausgliederung der ProfiAbteilungen die prinzipielle Gültigkeit des Befundes wiederum unterstreicht.
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nur dem ältesten Erben vorbehielt, längst nicht so geschlossen wie auf dem Kontinent. Nachgeborene waren daher gezwungen, sich den Lebensunterhalt durch eigenverantwortliche, oftmals bürgerliche Karrieren zu sichern. Als »gentleman« wurde man zudem nicht nur geboren, man konnte sich dazu auch machen, indem man ein entsprechendes Vermögen erwarb und einen passenden Habitus aneignete (vgl. Clark 2000: 156). Die politische Stoßrichtung, die Assoziationen in Deutschland im Verlangen nach nationaler Einheit und verfassungsmäßig garantierter parlamentarischer Partizipation eigen war, kam auf der britischen Insel auch nicht zum Tragen. Hier hatten sich im Verlauf der frühen Neuzeit bereits ein festes Ensemble von Grundrechten und ein stabiles parlamentarisches System herausgebildet; sie standen deshalb nicht mehr im Fokus der gesellschaftlichen Auseinandersetzungen. Das Assoziationswesen in Großbritannien wurde stattdessen durch zwei andere Faktoren geprägt: den Bedarf nach sozial geordneter Geselligkeit und das Prinzip des ökonomischen Nutzens. Der massive ökonomische Wandel mit der Durchsetzung der kapitalistischen Wirtschaftsordnung hatte erhebliche soziale Umbrüche zur Folge, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährdeten und nach neuen Strukturierungen verlangten. Klubs und Gesellschaften boten hierfür mögliche Lösungen an. In ihnen vereinigten sich gesellschaftliche Interessenverbände, freilich nicht wie in Deutschland mit einer egalitären, auf das allgemeine gesellschaftliche Fortkommen ausgerichteten, stark idealistisch grundierten und bildungsorientierten Stoßrichtung, sondern nach Einkommen und sozialem Status gesondert und deutlich mit ökonomischen Zwecksetzungen verbunden (vgl. Nathaus 2009: 23ff.). Politische und religiöse Themen, die im 17. Jahrhundert Ausgangspunkt tiefgreifender gesellschaftlicher Verwerfungen gewesen waren, waren in diesen Vereinigungen unerwünscht und wurden in den Satzungen teilweise explizit ausgeschlossen (vgl. Clark 2000: 181f.). Der gesellige Austausch sollte nicht durch ernste Angelegenheiten, die für die deutsche Vereinsbewegung gerade leitend waren, belastet werden. Eigene ökonomische Interessen zu verfolgen, war hingegen legitim und wurde als Motiv für die Mitgliedschaft oftmals entscheidend. Die Aufnahme in einen Klub wurde für aufstiegswillige Freiberufler und Unternehmer zu einem »ökonomischen Imperativ: Ein wichtiger Weg, um Kontakte zu schaffen, Geschäfte einzufädeln, Unterstützung zu gewinnen und das öffentliche Ansehen zu stärken« (ebd.: 151). Was die Klubs für die gehobene Mittel- und Oberschicht darstellten, leisteten »friendly societies« für die unteren Gesellschaftsschichten. Sie boten wie die Klubs nicht nur den Rahmen für den geselligen Austausch, sondern gewährten mit ihren Unterstützungskassen auch eine angesichts der wirtschaftlichen Umbrüche dringend notwendige wirtschaftliche und soziale Absicherung und wurden auf lange Sicht eine Ausgangsbasis für die englische Gewerkschaftsbewegung. Klubs und Gesellschaften waren also anders als die deutschen Vereine stark bedingt durch den massiven ökonomischen Wandel und fanden einen Gutteil ihres Selbstverständnisses in der ökonomischen Zweckorientierung (vgl. Nathaus 1999: 30). Dies galt letztlich auch für die Sonderform der »voluntary«,
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»charitable« und »cultural societies«, die sich insbesondere die (arbeits-)moralische Erziehung der Unterschichten zum Ziel nahmen, als große Bevölkerungskreise im Zuge der ungebremsten Industrialisierung hoffnungslos zu verarmen und – aus der middle-class-Perspektive betrachtet – zu verrohen drohten (vgl. Morris 1990). Für unseren Zusammenhang ist dabei besonders aufschlussreich, dass diese Assoziationen ein Organisationsmodell entwickelten, das der sozialen und wirtschaftlichen Heterogenität ihrer Mitglieder wie auch dem Wunsch, möglichst hohe Erträge zu erzielen, gleichermaßen gerecht wurde. Der britische Wirtschafts- und Sozialhistoriker Robert Morris bezeichnet dieses Modell als »subscriber democracy«. Es ist dadurch gekennzeichnet, dass die Mitgliedsbeiträge nicht wie im deutschen Vereinswesen einheitlich waren, sondern sich nach den finanziellen Potenzial und der Einsatzbereitschaft der einzelnen Mitglieder richteten. Da die Namen und Beträge in den Jahresberichten öffentlich gemacht wurden, ergab sich für die Beiträger eine Steigerung ihres Sozialprestiges und eine besondere Bindung an die Organisation, die sich gemeinhin in der Übernahme von einflussreichen Ehrenämtern und Patronagen artikulierte (ebd.: 413). In der vergleichenden Zusammenschau der deutschen Vereins- und auch Fördervereinskonzeption mit den variationsreicheren britischen Assoziationsformen treten uns folglich zwei Modelle entgegen, die sich aufgrund unterschiedlicher politischer und gesellschaftlicher Voraussetzungen in ihrer Entstehungszeit grundlegend voneinander unterscheiden. Ging es in der Herausbildung und Entwicklung des deutschen Vereinswesens im Kern um die politisch-kulturelle Selbstverständigung der sich formierenden bürgerlichen Gesellschaft, die sich an den Maximen Egalität, Bildung und staatlich sanktionierter Gemeinnützigkeit orientierte, finanzielle und ökonomische Interessen dabei aber weitgehend ausschloss, lag im britischen System gerade hierin die wesentliche Motivation für die Beteiligung an Klubs und Gesellschaften (vgl. Nathaus 2009: 44f.). Verblüffend an diesem historisch-systemischen Befund ist, dass er sich bis heute auch an den Strategien und Organisationsmodellen der kulturellen Einrichtungen in den beiden Kulturräumen ablesen lässt, obwohl sich die institutionellen Herausforderungen und gesellschaftlichen Bedingungen ansonsten weitgehend angenähert haben.
K onzep tionelle U nterschiede z wischen F ördervereinen und M embership -P rogrammen Kultureinrichtungen hier wie dort haben ganz unabhängig von ihren jeweiligen Zwecksetzungen, Profilen und Ausstattungen die gemeinsame Aufgabe, Besucher für ihre Angebote zu interessieren und deren Finanzierung sicherzustellen. Dies geschieht in den meisten Fällen neben öffentlicher Förderung und eigenen Betriebseinnahmen durch die Ansprache privater Unterstützer. Die Strategien,
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die hierfür genutzt werden, unterscheiden sich jedoch erheblich. Während in Deutschland fast ausschließlich auf das vor mehr als hundert Jahren entwickelte System der Fördervereine zurückgegriffen wird, wurde im angloamerikanischen Raum mit dem Membership-Programm ein Angebot entwickelt, das den Bedürfnissen eines diversifizierten Publikums wie auch dem höheren Nutzungs-, Besucherbindungs- und Finanzierungsbedarf der Kultureinrichtungen zielgerichteter gerecht zu werden verspricht. Unter Memberships werden dabei (Geschäfts-)Beziehungen zwischen einer (kulturellen) Organisation und Personen, auch juristischen Personen, verstanden, bei denen nach Gruppen differenzierte materielle und immaterielle Vorteile gegen jährliche Mitgliedsbeiträge angeboten werden (vgl. Raymond 1992: 5ff.). Aus dieser Grundkonstellation, dass eine Kulturorganisation ihren Besuchern über die allgemeine Bereitstellung ihrer Kernleistungen hinaus spezielle Angebote direkt und nach Sozial- und Interessenlagen differenziert offeriert, ergeben sich deutliche strukturelle Unterschiede zu Selbstverständnis und Vorgehensweise von Fördervereinen (vgl. Tabelle 1). Tabelle 1: Strukturelle Unterschiede zwischen Förderverein und Memberships (eigene Darstellung) Kriterien
Förderverein
Memberships
Organisationale Verortung
außerhalb der Kulturinstitution
innerhalb der Kulturinstitution
Struktur der Mitgliedsbeiträge
weitgehend einheitliche Beitragssätze, lediglich gegliedert nach Ausbildungsstatus, Einzel-, Paar- oder Familienmitgliedschaft sowie eigenen Sätzen für juristische Personen
differenzierte Beitragshöhen nach individuellem Leistungspotenzial der Members und Leistungsangebot der Kultureinrichtung
Bindungsstrategie
Gebundenheitsstrategie durch fortwährende Mitgliedschaft bis zur ausdrücklichen Kündigung oder dem Tod
Verbundenheitsstrategie durch ausdrückliche jährliche Erneuerung
Angebotspalette
einheitliches Angebot mit geringer Ausgestaltung, vorwiegend Information und Rabattierung
breites und differenziertes Leistungsangebot entsprechend Beitragshöhen
Partizipationsmöglichkeit
geringe Ausgestaltung, vorwiegend passive Angebotsnutzung
höheres Aktivierungsniveau durch individuelle Ansprache
Potenzial für Audiencedevelopment
begrenzt durch geringe Variabilität und Flexibilität im Austausch
ausbaufähig durch größere Aktivierungsanstrengungen
Potenzial für Finanzierung
gegeben, aber in begrenztem Umfang
höheres Potenzial durch größere Teilnehmerzahl und intensivere Ansprache
Aufwand für die Kulturinstitution
begrenzt durch Auslagerung an externe Organisation
erheblich durch eigenes Personal, differenziertes Leistungsangebot und höhere Aktivierungsanstrengungen
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Während bei Fördervereinen die organisatorische Verantwortung und Betreuung derjenigen, die ihre besondere Verbundenheit mit der Kultureinrichtung und ihre Förderbereitschaft durch ihren Vereinsbeitritt bekunden, nach außen abgegeben und damit letztlich auch aus der Hand gegeben werden, verbleiben sie bei Membership-Programmen innerhalb der eigenen Einrichtung. Damit erhöht sich selbstredend der Aufwand für die Kultureinrichtung, es erweitern sich jedoch auch die Möglichkeiten in der direkten Ansprache der verschiedenen Nutzergruppen und in der Ausgestaltung der Beziehungen; sie können weitaus differenzierter, ziel- und wirkungsorientierter erfolgen. Vergleicht man etwa die Mitgliederzahlen und damit verbunden die regulären Erträge der größten Museumsfördervereine in Deutschland mit den Ergebnissen der Membership-Programme vergleichbarer Häuser im angloamerikanischen Raum, kommt man zu bemerkenswerten Größenunterschieden. Während die größten Fördervereine der Museen in Deutschland zwischen 8.000 und 18.000 Mitglieder (Städel Frankfurt: 8.000, Kunsthalle Bremen: 9.000, Staatsgalerie Stuttgart: 10.000, Hamburger Kunsthalle: 18.000) ausweisen, zählen attraktive Häuser in Großbritannien und den USA oftmals über 50.000 Memberships mit entsprechend höheren Erträgen (vgl. Art Museum Membership Conference 2011: 13ff.). Zentrales Moment für diese Wirkungsdifferenz ist der unterschiedliche Aktivierungsgrad potenzieller Nutzer, der sich wiederum aus den Aktivierungsanstrengungen der Anbieter, der Attraktivität der Angebote und der Intensität des kommunikativen Austausches ergibt. So groß das Engagement der Fördervereine auch immer sein mag, muss es aus strukturellen Gründen in der Ausstrahlung doch begrenzt bleiben, solange die Vereine nicht über alle Instrumente und Gestaltungsoptionen verfügen, die die Attraktivität der Angebote beeinflussen. Dies aber ist aus zwei Gründen nicht gegeben: Zum einen liegen die Kernressourcen der Kultureinrichtungen nicht in ihrer Hand, und zum anderen sind sie im Egalitätsprinzip ihrer Anfänge – gleiche Beiträge und gleiche Angebote für alle Mitglieder – gefangen. Zielgruppenorientierte Angebote mit differenziertem Preis-Leistungsverhältnis sind daher kaum möglich. Hinzu kommen die unterschiedlichen Bindungsstrategien. So angenehm und effizient es zunächst erscheint, dass sich die Mitgliedschaft in deutschen Vereinen bis zum ausdrücklichen Austritt oder dem Tod automatisch fortsetzt, so sehr ist dieses System dafür bekannt, eine große Zahl von »Karteileichen« zu produzieren. Membership-Programme können hingegen ein höheres Aktivierungsniveau bei den Nutzern durch den Umstand erreichen, dass sie sich in der Regel nicht automatisch verlängern, daher ständig individuell kommuniziert, kreativ erneuert und an den Bedarf angepasst werden müssen. So stellen die beiden Konzepte von Fördervereinen und Membership-Programmen tatsächlich zwei unterschiedliche Strategien der Besucherbindung und Akquisition von Förderunterstützung dar, die sich an der Scheidelinie von Eigeneinsatz der Kulturorganisation, Variabilität der Angebotsentwicklung sowie Offenheit im Hinblick auf unterschiedliche inhaltliche und kommunikati-
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ve Bedürfnisse der verschiedenen Anspruchsgruppen scheiden. Selbst wenn es technisch gesehen durchaus möglich wäre, auch im Gewand der Vereinsorganisation ähnliche Angebotsprofile wie in Membership-Programmen zu entwickeln, bleiben Fördervereine bislang doch weitestgehend den Gesellschaftsstrukturen und Bildungsidealen verpflichtet, wie sie sich im bürgerlichen Kulturbetrieb über nunmehr 200 Jahre herauskristallisiert haben und sich auch in anderen Bereichen insbesondere der Schulbildung mit großer Beharrungskraft manifestieren (vgl. OECD 2015, Anger/Orth 2016). Einige große Kultureinrichtungen in Deutschland wie das Konzerthaus Baden-Baden, die Bayerische Staatsoper München und das Städel Museum Frankfurt versuchen die Vor- und Nachteile der beiden Strategien dadurch auszugleichen, dass sie den Ansatz der traditionellen Fördervereine mit einem zusätzlichen elaborierten Fundraising- und Sponsoringkonzept mit differenzierten Leistungsangeboten, freilich mit Fokussierung auf größere Einkommen, verbinden. So können sie die Traditionen der eigenen Häuser und ihres Umfeldes fortführen, ohne auf die Potenziale modernen Beziehungsmarketings verzichten zu müssen. Von diesen Ausnahmen abgesehen, sind die Ausführungen in der Theorie und die Überlegungen in der Praxis zum konsequenten Einsatz von Membership-Programmen im deutschsprachigen Raum noch überschaubar.
F orschungsstand und E nt wicklungspotenziale Während sich die Literatur im Handlungsfeld des allgemeinen Kulturmarketings in den vergangenen 15 Jahren massiv ausgeweitet (vgl. u.a. Klein 2001, Günter/ Hausmann 2009, Bekmeier-Feuerhahn/Ober-Heilig 2014) und in Überlegungen zum Audience Development und zur Besucherbindung eine Fokussierung und neue Impulse erfahren hat (vgl. u.a. Laukner 2008, Mandel 2008 und 2013, Siebenhaar 2009), wurden Membership-Programme im deutschsprachigen Raum nur gelegentlich Gegenstand kulturmanagerialer Erörterung (vgl. Dauschek 2000: 62ff., Klein 2007: 224ff., Klein 2008: 207ff., Knava 2009: 266f.). Wo es doch einmal ausführlicher erfolgte, geschah es bezeichnenderweise in der Auseinandersetzung mit Managementerfahrungen in den USA (vgl. Schuck-Wersig/ Wersig 1999) und selbst in einer solchen vergleichenden Perspektive konnte dieser strategische Ansatz durchaus unbeachtet bleiben (vgl. Heinrichs 1997, Höhne 2005). Im angloamerikanischen Raum beschäftigen sich Kultureinrichtungen und Studien hingegen seit vielen Jahrzehnten ausführlich mit den Potenzialen von Membership-Programmen (vgl. u.a. Raymond 1992, Rich/Hines 2002, Robinson 2003, Slater 2007 und 2013, Rich/Hines/Siemer 2016). Verbände wie die American Museum Membership Conference (AMMC) mit über hundert angeschlossenen großen und kleinen Häusern veranstalten seit 1980 alle 18 Monate eine Tagung, bei der neue Studien vorgestellt und erfolgversprechende Strategien, Ver-
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fahren und Instrumente diskutiert werden (http://americanmuseummembership.org). Eine ähnliche Plattform hat sich, ausgehend von Großbritannien, mit der International Museum Membership Conference seit 2015 auch in Westeuropa etabliert (www.membershipconference.com).3 Die Zurückhaltung im deutschen Umfeld ist aus zwei Gründen erklärlich: Zum einen sind sich die Beobachter – im Sinne dieses Beitrags – einig, dass die unterschiedliche Ansprache von ›Mitgliedern‹ Ausdruck und Folge unterschiedlicher kultureller Traditionen ist. Dies stellte auch die Enquete-Kommission »Kultur in Deutschland« heraus: »In Deutschland herrschen andere gesellschaftliche, mentale und strukturelle Rahmenbedingungen. Deshalb wäre es falsch, Bedingungen wie zum Beispiel in den USA, wo die gelebte Kultur der privaten Zuwendungen (›Private Giving‹) von Geld-, Sach- und Zeitspenden durch soziale Anerkennung befördert und das gemeinwohlorientierte Engagement vom Staat durch allgemein sehr niedrig gehaltene Steuersätze und durch eine sehr großzügige steuerliche Abzugsmöglichkeit von Spenden belohnt wird, eins zu eins auf Deutschland übertragen zu wollen« (Enquete-Kommission 2007: 184). Zum anderen bestehen mit den Fördervereinen vielerorts bereits Strukturen, die nur schwer in ein anderes organisatorisches System überführt werden können. Dafür müssten die dem Grunde nach bewährten und funktionierenden Vereine aufgelöst und die bisherigen Mitglieder für die neuen Memberships gewonnen werden. Die bisherigen Akteure fühlten sich sehr wahrscheinlich vor den Kopf gestoßen, bestehende Netzwerke würden gefährdet. Eine solche Transaktion ist nicht gänzlich ausgeschlossen, jedoch mit einigen Risiken verbunden. Sie benötigte zum Gelingen ein überzeugendes, auf die spezifischen Gegebenheiten der Kultureinrichtung und ihres Umfeldes ausgerichtetes Konzept, präzise Vorbereitung und große Entschlossenheit. Die Kultureinrichtungen in Deutschland zeigen sich gegenüber solchen Veränderungen daher reserviert, zumal sie mit erheblichem zusätzlichem betrieblichem Aufwand rechnen müssen und außerdem teilweise noch immer die Sorge haben, durch ein solcherart erweitertes Engagement von ihrer ›eigentlichen‹ inhaltlichen Arbeit abgehalten zu werden (vgl. Stang 2016). Auf der anderen Seite stehen die Chancen, die sich mit Membership-Programmen verbinden. Sie ergeben sich in vier Bereichen – im Hinblick auf Besuchergewinnung und Besucherbindung und damit verbunden in der Erwartung höherer Eigeneinnahmen, in der Ertragssteigerung im Fundraising sowie in der Möglich3 | Die Gegenstände der Studien und Diskussionen sind verständlicherweise weit gespreizt. Sie umfassen Untersuchungen zu den Angebotsspektren und Paketschnürungen, Erhebungen zu den organisationalen Voraussetzungen, Fragen nach Motivationen und Verhaltensmuster der Members, darunter auch die Beleuchtung der Rolle von Distinktion und Prestige, Methoden der Membergewinnung und -bindung, das Verhältnis von organisatorischem Aufwand und finanziellem Ertrag, die Überprüfung von Kanälen und Frequenzen der Kommunikation, die Potenziale der Memberships für Fundraising und Freiwilligenengagement wie auch Veränderungsbedarfe im Zeitalter der Digitalisierung.
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keit höherer Partizipation der Nutzer an der Gestaltung der Kultureinrichtungen. Dass diese Potenziale von Membership-Programmen tatsächlich realisiert werden können, ist im angloamerikanischen Kontext durch die aufgeführten Studien hinreichend belegt. Die Frage der Übertragbarkeit auf deutsche Verhältnisse ist jedoch solange hypothetisch, solange sich Kulturinstitutionen hierzulande nicht auf den Versuch einlassen und empirische Untersuchungen ausstehen. Erste Pilotstudien haben allerdings ergeben, dass die Chancen für ein Gelingen aufgrund der Bedürfnisse und Einstellungen der Kulturnutzer sehr wohl gegeben sind (vgl. Janiesch 2016). Bei einer Online-Befragung von 452 Usern von diversen Kulturangeboten wurde erkennbar, dass 75 % der Befragten es gewohnt sind, im Alltag Kunden- und Rabattkarten zu nutzen, weil sie die damit verbundenen Kostenvorteile und Serviceleistungen schätzen. Im Kulturbereich wurde diese Möglichkeit hingegen nur von knapp 40 % ergriffen. Die Gründe hierfür waren bezeichnend: 37 % der Befragten erklärten, sich nicht binden zu wollen und 26 % monierten die geringe Flexibilität in den bestehenden Angeboten wie auch in der Abwicklung. 75 bis 80 % der Befragten zeigten sich aber interessiert an Memberships, wenn diese in verschiedenen Paketen erhältlich, in den Kosten und Leistungen gestaffelt und zeitlich begrenzt wären. Zwei Drittel von ihnen fanden zudem die Möglichkeit der verstärkten Teilhabe am Geschehen in der Kultureinrichtung und persönliche Kontakte mit den Akteuren einladend und interessant. Hauptargumente für die Nutzung von Memberships waren dabei finanzielle Vergünstigungen (bei Eintritten, Vermittlungsangeboten, in Shop und Gastronomie sowie bei anderen angeschlossenen Kultureinrichtungen), bessere Serviceleistungen (beim Parken, beim Einlass angesichts von Warteschlangen oder in der möglichen Nutzung einer Mitglieder-Lounge), attraktive zusätzliche Bildungsangebote und besondere Leistungen für die eigenen Kinder (vgl. Schedlbauer 2013). Die vielfältigen, flexiblen und leicht zugänglichen Angebote, die sich mit dem Konzept von Memberships verbinden, scheinen folglich auch hierzulande den Nerv der Kulturbesucher zu treffen und sie zur verstärkten Teilhabe an den Angeboten zu animieren. Das besondere Potenzial von Membership-Programmen zeigt sich dabei in der begründeten Aussicht, Interessenten zu erreichen, die mit herkömmlichen Besucherbindungsinstrumenten nicht oder nicht mehr angesprochen werden können.4 Folglich könnten die Strukturen und Funktionsweisen der Membership-Programme als richtungsweisend für die Entwicklung der Fördervereine in der Kultur in Deutschland angesehen werden.
4 | Die Studie bietet weitere Detailerkenntnisse, die hier jedoch nicht ausgebreitet werden können.
Förder vereine und Memberships – zwei Kulturen, zwei Strategien
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Freunde übernehmen zunehmend Mitverantwortung Das bundesweite Symposium der Freundeskreise in der Kultur ist ein Spiegel der Entwicklung im letzten Jahrzehnt Ulrike Petzold
1. E inleitung Die Arbeitsbereiche der Freundeskreise in der Kultur und die Qualität ihrer Tätigkeit haben sich in den letzten rund zehn Jahren enorm weiterentwickelt. Dies wird deutlich, wenn man sich die Themen und Diskussionen des seit 2006 stattfindenden bundesweiten Symposiums der Freundeskreise ansieht. Zunächst war das Symposium als Dialogplattform zwischen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft angelegt. Es galt in einem ersten Schritt das öffentliche Bewusstsein dahingehend zu stärken, dass es auch in der Kultur bürgerschaftliches Engagement gibt und wie wichtig Kulturförderung ist. Eine »neue Anerkennungskultur« sei notwendig, so Monika Grütters beim Symposium 2007, damals noch MdB und Vorstandsmitglied der Stiftung Brandenburger Tor. Dementsprechend standen 2006 bis 2008 zunächst Gespräche mit der Politik im Vordergrund (insbesondere zu der von der Bundesregierung geplanten Reform des Gemeinnützigkeitsrechts), um erst einmal die Rahmenbedingungen für die ehrenamtliche Arbeit zu verbessern. Genauso war der Anstoß des Austauschs über die Professionalisierung der Organisation und das Auftreten der Vereine ein wichtiges Ziel der ersten Jahre. Viele Vereine waren zu dieser Zeit durch den zunehmenden organisatorischen Aufwand im Umbruch, insbesondere durch die Professionalisierung der Arbeit und den damit verbundenen finanziellen Aufwand bzw. der Bezahlung des Personals.
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Beim Symposium 2009 wurde die Mitgliedergewinnung und -bindung, vor allem auch des Nachwuchses, das beherrschende Thema. Bisher hatten die Mitglieder ihre Mitwirkung vor allem an Erwartungen geknüpft: Der Verein sollte ihnen besondere persönliche Angebote wie beispielsweise exklusive Veranstaltungen bieten. Nun versuchten die Vereine, den Prozess anzustoßen, die Richtung zu ändern, weg von der an sie gerichteten Erwartungshaltung hin zu Eigeninitiative und damit verstärkter Mitgliederbindung. Als wichtige Voraussetzung hierfür nahmen die Mitglieder nicht zuletzt auch durch das seit dem Protest gegen das Bahnprojekt Stuttgart 21 gewachsene Selbstbewusstsein der Bürgerinnen und Bürger zunehmend ihre Potenziale wahr und setzten sie ein. Bei ihnen wuchs in ersten Schritten die Erkenntnis, dass der Zusammenhalt gestärkt werden kann, indem die Mitglieder ihre vielfältigen Kompetenzen einbringen und somit neben der finanziellen Unterstützung auch Mitverantwortung übernehmen. Ihre bis 2013 gemachten Erfahrungen bei der Mitverantwortung in der Kultur konkretisierte die AG Freundeskreise der Stiftung Zukunft Berlin in einem gemeinsam mit den Kooperationspartnern des Symposiums entwickelten Statement (vgl. Abbildung 1), das auf dem Symposium veröffentlicht wurde. Das Statement zeigte das große Potenzial der Vereine für »ihre« Institutionen, wenn sie ihre Netzwerke, Erfahrungen und Kompetenz aus der ehrenamtlichen Arbeit, aber auch durch ihre Berufe in anderen Branchen einsetzen. Die zunehmende Digitalisierung der Gesellschaft erhält nun auch eine wachsende Bedeutung bei den Freundeskreisen und war deshalb Thema des im September 2017 stattfindenden Symposiums. Sie trägt zur Vereinfachung und Effektivität der Arbeitsprozesse bei den Freunden bei. Gleichzeitig ist die Digitalisierung vor dem Hintergrund der alternden Vereinsmitglieder eine besondere Herausforderung und auch eine Chance, indem nach generationenübergreifenden digitalen Arbeitstechniken gesucht wird, die Jüngere mehr einbinden und auch die Älteren weiterhin aktiv halten.
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Abbildung 1: Statement der AG Freundeskreise in der Stiftung Zukunft Berlin Mitverantwortung der Bürgerinnen und Bürger für die Kultur – Statement der AG Freundeskreise in der Stiftung Zukunft Berlin – Förder- und Freundeskreise sind Zusammenschlüsse von Bürgerinnen und Bürgern, die aktiv Mitverantwortung für die Kultur übernehmen. Förder- und Freundeskreise bilden für das persönliche Engagement ihrer Mitglieder den notwendigen institutionellen bzw. organisatorischen Rahmen. Wir sind überzeugt, dass finanzielle Förderung im Engagement für die Kultur nur ein Bereich ist. Aber: in Förder- und Freundeskreisen steckt mehr: • sie sind Impuls- und Ideengeber für ihre Institution; • sie helfen bei der Publikumsgewinnung und -bindung; • sie unterstützen ihre Institutionen durch ehrenamtliche Arbeit – dort, wo eine zusätzliche Hand gebraucht wird genauso wie dort, wo ihre Fachkompetenz gefragt ist; • sie sind das Kraftzentrum eines Netzwerks von engagierten Bürgerinnen und Bürgern, die sie durch ihre Beziehungen punktuell oder dauerhaft mobilisieren können. Kulturinstitutionen und Politik werden aus ihrer Verantwortung für die Kultur nicht entlassen. Die Kulturförderung durch die Bürgerinnen und Bürger ersetzt nicht die Kulturförderung durch Politik und Verwaltung. Das Know-how der Freundeskreise soll nicht mit Kulturinstitution und Politik in Konkurrenz treten. Stattdessen treten wir ein für eine Kultur der Zusammenarbeit. Alle Beteiligten müssen immer wieder aufs Neue in Dialog miteinander treten, um das immense Potenzial bürgerschaftlichen Engagements auszuschöpfen. Wir wünschen uns, dass uneigennütziges, verantwortliches Handeln und Engagement als gesamtgesellschaftliche Werte gestärkt werden. Die Mitverantwortung der Förder- und Freundeskreise führt oft, bevor Entscheidungen getroffen werden, zu neuen Argumenten und Sichtweisen. Um dies zu erreichen, müssen alle Beteiligten das ihre tun. Es ist an der Politik, die Mitverantwortung der Bürgerinnen und Bürger zu unterstützen; sich ihr mehr zu öffnen. Die dadurch erreichte größere Öffentlichkeit vergrößert die Wirksamkeit der Förder- und Freundeskreise. Förderlich ist ein Dialog auf Augenhöhe mit allen Beteiligten, in dem die Bürgerinnen und Bürger nicht die Bittsteller sein dürfen und wollen. Damit dieser Dialog produktiv ist, müssen auch neue Formen und Methoden entwickelt werden. Aber auch die Förder- und Freundeskreise selbst müssen zunehmend ihre Kompetenzen erkennen und entwickeln, um ihr Wissen und ihre Erfahrung bestmöglich für die Kultur zur Wirkung zu bringen. Dann kann die Mobilisierung der Mitglieder von Freunden zu Förderern für ihre Kulturinstitution gelingen.
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Ulrike Pet zold Berlin, 1. Februar 2013 anlässlich des 6. Symposiums zum Thema »Wie werden Freunde zu Förderern?« Stephan Balzer (Sprecher), Contemporary Arts Alliance (CAA) Juliane Freifrau von Friesen, Stellv. Vorsitzende der Julius-Lessing-Gesellschaft – Freunde des Kunstgewerbemuseums Berlin Dr. Marion Knauf, Stellv. Vorstandsvorsitzende des Förderkreises der Deutschen Oper Berlin, Vorstandsmitglied im Kaiser-Friedrich-Museums-Verein Dr. Gernot Moegelin, Mitglied des Vorstandes des Förderkreises Freunde der Komischen Oper Berlin, stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes Kaiser-Friedrich-Museums-Verein Prof. Ingrid Stahmer, Vorsitzende der Freunde des Maxim Gorki Theaters Berlin e. V., Vorsitzende des Förderkreises der Stiftung des DZI Jörg-Ingo Weber, Freunde des Ethnologischen Museums für die AG Freundeskreise Bundesverband der Fördervereine Deutscher Museen für bildende Kunst e. V. Bundesvereinigung deutscher Musik- und Theater-Fördergesellschaften e. V. Kulturkreis der deutschen Wirtschaft im BDI e. V. Kulturstiftung der Länder für die Kooperationspartner des Symposiums
2. W as ist das S ymposium ? Z iele & E ckdaten Nach wie vor ist das seit 2006 stattfindende Symposium die einzige Plattform, auf der sich Förder- und Freundeskreise aus den verschiedensten Kultursparten und aus ganz Deutschland austauschen können. Das von einer bei der Stiftung Zukunft Berlin angesiedelten AG aus Vertretern von Freundeskreisen der Berliner Kultur veranstalte Symposium will ein »Sprachrohr« für die Vereine sein und ihre Position in Politik und Gesellschaft stärken. Gleichzeitig sind den Teilnehmern neben der Diskussion übergreifender Themen vor allem der Erfahrungsaustausch sowie die Vermittlung von Praxiswissen zur Verbesserung ihrer Arbeit wichtig. Unter den teilnehmenden Sparten kommt über die Hälfte aus den Kunstmuseen, gefolgt von Theater und Oper, Ballett, Konzert und Chor, Film und Bibliotheken. Die von Anfang an überproportional hohe Zahl von Vertretern aus den Kunstmuseen spiegelt wider, wie besonders aktiv diese Sparte ist. Die Vereine entsenden zu den Symposien vorrangig Geschäftsführer und Vorstände, seien sie ehren- oder hauptamtlich. Viele Kulturinstitutionen (1/4 aller Teilnehmer und Teilnehmerinnen) sind selbst anwesend und kommen teilweise zusammen mit den Vertretern ihres Freundeskreises, um sich mit zu informieren.
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3. W ie werden die Themen ent wickelt ? Z usammenarbeit mit Partnern Die Themen der Symposien werden von der AG Freundeskreise der Stiftung Zukunft Berlin (Veranstalter) gemeinsam mit Vereinen aus anderen Bundesgebieten und Kooperationspartnern ausgewählt. Außerdem geben Umfragen an die Freundeskreise wichtigen Input bei der Vorbereitung. Die Themen spiegeln somit die jeweils aktuellen Bedarfe wider, zu denen sich die Vereine durch das Symposium neue Impulse auch für ihre eigene Arbeit versprechen. Die Zusammenarbeit mit Partnern ist für die Stiftung Zukunft Berlin eine der grundlegenden Voraussetzungen für ihre Projekte. Nur auf der Basis der Mitarbeit und den Erfahrungen von vielen Kooperationspartnern konnte das Symposium seine angestrebte Wirkung erzielen. Zur inhaltlichen Vorbereitung hat die AG Freundeskreise immer wieder die Zusammenarbeit mit möglichst Vielen gesucht, die übergreifend mit Freundeskreisen zusammenarbeiten. Und das sind bisher leider immer noch nicht viele, da es in Deutschland keine »Dachvereinigung« für die verschiedenen Sparten der Vereine gibt. Die AG ist deshalb sehr dankbar für die jahrelange und engagierte Zusammenarbeit mit den beiden Verbänden, die einzelne Kultursparten vertreten: dem Bundesverband der Fördervereine Deutscher Museen für bildende Kunst e. V. (auch mit ihrer Bundesinitiative Junge Freunde Kunstmuseen) und MUTHEA (Bundesvereinigung deutscher Musik- und Theater-Fördergesellschaften e. V.). Aber auch Organisationen wie der Kulturkreis der Deutschen Wirtschaft im BDI e. V., die Kulturstiftung der Länder und Kulturmanagement Network als Kooperationspartner bringen sich immer wieder aktiv ein. Ein weiterer Partner sind seit 2011 die Vertretungen der Bundesländer beim Bund in Berlin. Zu jedem Symposium ist ein anderes Bundesland Gastgeber und beleuchtet sein Potenzial der Förder- und Freundeskreise. So wird die Hauptstadt mit dem immer in Berlin stattfindenden Symposium zu einer »Bühne der Länder«. Die Hauptstadt bietet damit eine Plattform, auf der sich die Teilnehmer verstärkt über die Arbeit der Freundeskreise in der jeweiligen Region austauschen und damit die bundesweite Vernetzung intensivieren können. Durch diese Zusammenarbeit wird manchem Bundesland erst deutlich, welchen »Schatz« es in seinem Kulturleben hat. Beispielsweise hat Baden-Württemberg eine Broschüre zu Kulturförderern im Zusammenhang mit dem 2011 dort veranstalteten Symposium erstellt. Nicht zuletzt helfen uns die Landesvertretungen sehr bei der inhaltlichen Vorbereitung, indem sie uns über die Kulturförderung in ihrem Bundesland konkreter informieren, Freundeskreise ansprechen und Kontakte zu Praxisbeispielen herstellen sowie die Einladungsliste weiterentwickeln. Auch dafür sind wir sehr dankbar!
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4. W elche Themen wurden behandelt ? Nachfolgend werden sämtliche Symposien unter der Überschrift ihres jeweiligen Veranstaltungstitels und -jahres kurz zusammengefasst und systematisch eingeordnet:
4.1 Professionalisierung der Arbeit und Verbesserung der Rahmenbedingungen durch den Dialog mit der Politik (2006, 2007, 2008) Wie man sich Freunde schafft … (2006) Beim ersten Symposium – das die AG Freundeskreise damals gemeinsam mit dem Kulturkreis der Deutschen Wirtschaft initiiert hat – ging es zunächst einmal darum, das komplexe Themenfeld abzuschreiten, konkrete Fragen aus der Praxis zu sammeln und zu systematisieren. Bei den Diskussionen im Plenum und in den Arbeitsgruppen kristallisierten sich vor allem drei Voraussetzungen für eine erfolgreiche Freundeskreisarbeit mit Zukunftspotenzial heraus: • differenzierte Zielgruppen-Analyse; • Professionalisierung der Freundeskreis-Arbeit; • Kooperation mit Partnern aus Politik und Gesellschaft. Differenzierte Zielgruppen-Analyse: Schon bei dem Symposium 2006 war den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Notwendigkeit bewusst, dass sich die Freundeskreise um zwei Zielgruppen bemühen müssen, wenn sie signifikant wachsen wollen: um junge Leute sowie um die stetig wachsende Zahl der »fitten Rentner«. Beiden Zielgruppen geht es um bürgerschaftliches Engagement. Professionalisierung der Freundeskreis-Arbeit: Die Teilnehmer forderten dringend einen Imagewechsel und eine Anpassung der organisatorischen Vereinsarbeit an die moderne Mediengesellschaft. In ihrer Außenwirkung würden viele Freundeskreise nach wie vor den Charme von Stammtischen für Kulturinteressierte verströmen und sich die Altmitglieder an überkommene Strukturen klammern. Stephan Balzer (Sprecher der AG Freundeskreise und Inhaber der Agentur Red Onion, die in den ersten Symposien auch die Veranstaltungsorganisation übernahm) riet dringend zu einem »barrierefreien Zugang« zu den Vereinen und jeweils ein Mitglied mit Marketing-Kompetenz für den Vorstand zu gewinnen. Kooperation mit Partnern aus Politik und Gesellschaft: In der Abschlussdiskussion, moderiert von Ernst Elitz (damals Intendant des Deutschlandradios), wurde deutlich, wie wichtig es ist, dass Freundeskreise mit Politik und Gesellschaft kooperieren und gemeinsam mit Politikern nach Lösungen suchen. Die Politik benötige dringend Unterstützung durch die Erfahrungen aus der Arbeit dieser
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Vereine. Große Hoffnung wurde auf die damals von der neuen Bundesregierung angekündigte Reform des Gemeinnützigkeitsrechts gesetzt.1
Zusammenarbeit zwischen Freundeskreisen und Kulturinstitutionen (2007) Thematisiert wurden hier die Verbesserung des oft nicht einfachen Verhältnisses zwischen Freundeskreisen und ihren Kulturinstitutionen und die für eine gelingende Zusammenarbeit dringend notwendige Professionalisierung der Freundeskreise. Die wichtigsten Herausforderungen für die Vereine in Deutschland wurden darin gesehen, das vorhandene Potenzial auszuschöpfen, ihren wachsenden Einfluss auf die Kulturinstitutionen auszubalancieren und hierfür sowohl professionelle Arbeitsmethoden als auch ein ausgeglichenes Verhältnis zu den jeweiligen Kulturinstitutionen herauszubilden. Politisch wurde gefordert, dass der Staat attraktive steuerrechtliche Spielräume für Spenden und Sponsoringmittel schafft. Dies wurde als wichtige Rahmenbedingung für den Erfolg der Vereinsarbeit gesehen. Der Ausgetausch thematisiert folgende drei Aspekte: • professionelle Arbeitsmethoden; • Formen der Zusammenarbeit; • Rahmenbedingungen. 1 | Der Dialog mit der Politik wurde besonders durch die Mitwirkung an der Reform des Gemeinnützigkeitsrechts bestimmt, die bei den ersten beiden Symposien thematisiert wurde. In einer gemeinsamen Initiative hatten sich der Kulturkreis der deutschen Wirtschaft im BDI, der Deutsche Kulturrat, der Bundesverband der Fördervereine deutscher Museen für bildende Kunst und die Wirtschaftskanzlei Hogan & Hartson Raue LLP im Oktober 2006 für den Erhalt der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Spenden eingesetzt, auch wenn die Freundeskreise ihren Mitgliedern geldwerte Vorteile bieten. Die Bemühungen dieser Initiative, aber auch verschiedener anderer Akteure der Zivilgesellschaft führten letztendlich 2007 zur Durchsetzung dieses Ziels im »Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements«. Dem vorausgegangen war ein BMF-Schreiben vom 19. Januar 2006, nach dem Mitgliedsbeiträge nicht mehr uneingeschränkt abzugsfähig wären (»Steuerliche Berücksichtigung von Spenden und Mitgliedsbeiträgen; Abgrenzung zwischen der Förderung kultureller Zwecke und kultureller Betätigungen für die Frage des Abzugs von Mitgliedsbeiträgen«, IV C S – S 2223 – 2/06, Bundessteuerblatt Teil I). Dies hatte zu einer großen Verunsicherung bei den Förder- und Freundeskreisen geführt. Um die Bestrebungen inhaltlich zu stützen, erstellte der Kulturkreis der deutschen Wirtschaft im BDI im Januar 2007 erstmals eine »Umfassende Untersuchung Förder- und Freundeskreise der Kultur in Deutschland«. Dabei haben 236 Förder- und Freundeskreise Fragen zu ihrem Freundeskreis, dessen Struktur und Arbeitsweise sowie der zu fördernden Institution beantwortet.
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Professionelle Arbeitsmethoden: Immer wieder wurde während des Symposiums darauf hingewiesen, dass es im Kulturbereich an Managementstrukturen sowie an professionellen Marketingmodellen fehle. Die Förder- und Freundeskreise müssten ausgebildete Führungskräfte, Strategien und Lösungskonzepte entwickeln, um auf den Rückgang öffentlicher Mittel im Kulturbereich reagieren zu können, so Eberhard von Koerber (Eberhard von Koerber AG und Mitglied des Stiftungsrats der Stiftung Berliner Philharmoniker). Die Zielvorstellungen sollten in enger Absprache mit den jeweiligen Kulturinstitutionen formuliert werden um sicherzustellen, dass sie sich mit den Zielvorstellungen der Partner vereinbaren lassen und Synergieeffekte in der Ausführung aller Maßnahmen erzielt werden können. »Mit gutem Willen und Enthusiasmus ist es nicht getan. Der Freundeskreis muss über eine eindeutige Befähigung zur Durchführung gemeinsamer Projekte mit seiner zu fördernden Institution verfügen und er muss einen überzeugenden Organisationsgrad aufweisen«, sagte Klaus-Dieter Lehmann (damals Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz). Von verschiedenen Seiten wurde deutlich gemacht, dass professionelle Arbeitsmethoden in der Regel nur mit Hilfe bezahlter Arbeitskräfte realisiert werden könnten. Der gesteigerte finanzielle Aufwand für neue Stellen könne langfristig durch zusätzliche Einnahmen aus Fundraising-Aktivitäten und höheren Mitgliederzahlen ausgeglichen werden. Formen der Zusammenarbeit: Mehrfach wurde darauf hingewiesen, dass die Unabhängigkeit und Gestaltungsfreiheit der Kulturinstitutionen nicht von Freundeskreisen eingeschränkt werden dürften. Dies stelle allerdings im Einzelfall einen Balanceakt dar, da die Vereine, so Peter Raue (damals Vorsitzender des Vereins der Freunde der Nationalgalerie), notwendigerweise in das Geschehen der jeweiligen Institutionen eingreifen müssten, um Werbemaßnahmen oder Fundraising-Aktivitäten ausführen zu können. Gerade aus diesem Grund sei es besonders wichtig, dass Freundeskreise professionelle Arbeitsmethoden entwickelten: Erstens müssten die Ziele der »Freunde« für die jeweilige Kulturinstitution transparent und verständlich aufgestellt werden, zweitens sollten die Kulturinstitutionen in die Planungen der Vereine einbezogen werden, um Synergieeffekte zu erzielen und kontraproduktive Folgen zu vermeiden. Rahmenbedingungen: Die meisten Teilnehmer des Symposiums waren sich darüber einig, dass der Staat größere steuerliche Spielräume für Spenden und Sponsoringmittel schaffen müsse, und dass der vorliegende »Referentenentwurf für ein Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements« des Bundesfinanzministeriums zum steuerlichen Umgang mit Spenden nicht ausreiche.
Unternehmen Freundeskreis (2008) Das dritte Symposium wurde bewusst bezeichnet als »Praxisnaher Dialog zwischen Kultur, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft zum Management von Freundeskreisen und zu privater und öffentlicher Kulturförderung«. Für diese besonders in den Fokus gerückte Praxisnähe sorgten in den Workshops ein Vertreter
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eines Freundeskreises und – anders als bei den ersten beiden Treffen – zwei Experten. Freundeskreise als Unternehmen und Freunde als Unternehmer zu betrachten, wurde als ein wesentlicher Schritt in der Akzeptanz und Aufwertung der ehrenamtlichen Arbeit gesehen. Die gezielte Gegenüberstellung von Unternehmen und Freundeskreisen zeigte auf, dass effiziente Strukturen und professionelle Arbeitsweise auf die Arbeit in Freundeskreisen übertragbar sein müssen. Nachhaltiges bürgerschaftliches Engagement in Form von ehrenamtlicher Arbeit sei nur mit dem nötigen Know-how möglich. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer diskutierten im späteren Verlauf vertieft das Verhältnis von Kultur und Wirtschaft zueinander sowie das von privater und öffentlicher Kulturförderung. Wo Kultur besonders stark gefördert wird, gibt es weniger soziale Probleme und Fremdenfeindlichkeit, erläuterte Hans-Joachim Frey (damals Generalintendant am Theater Bremen, Vorstandsvorsitzender des Forum Tiberius/World Culture Forum Dresden) in seinem Vortrag »Kultur und Wirtschaft – Spannungsfeld oder Chance für die Zukunft?«. Globalisierung und das veränderte Zusammenwirken von Staaten mit bekannten und neuen Problemen forderten neues Denken und neue Maßnahmen. Mit der Wirtschaft und der neuen Generation in einen frischen Dialog zu treten, sei dringend notwendig. Er kündigte an, dass dies beim »World Culture Forum« im November 2008 in Dresden als Vorstufe zum Weltkulturgipfel 2010 diskutiert und zudem ein Kulturwirtschaftsplan von Kulturstaatsminister Bernd Neumann erstellt würde. Für die Rolle von Politik und Verwaltung bei der Weiterentwicklung des Managements von Vereinen wies Staatssekretärin Barbara Kisseler (Chefin der Berliner Senatskanzlei) in ihrer Begrüßungsrede auf Folgendes hin: »Papierkrieg und überbordende Bürokratie sind der ärgste Feind des bürgerschaftlichen Engagements. Wir müssen Schritt für Schritt die Rahmenbedingungen für Kunst und Kultur verbessern. Und die Bandbreite der Verbesserungen reicht von der Kulturellen Bildung bis zur stärkeren Einbeziehung von zivilgesellschaftlichem Engagement in unsere Zuwendungspraxis. Aber wir können der Einfachheit halber auch bei uns selbst, der öffentlichen Hand anfangen: So mancher Vertreter eines Finanzamtes z.B. muss erst noch lernen, dass er sich als Ermöglicher, nicht als Verhinderer zu begreifen hat. Der Service-Gedanke ist hier, zumindest stellenweise, noch optimierbar.« Der ehemalige Bundestagspräsident Norbert Lammert bekräftigte in seiner Rede die Rolle der öffentlichen Kulturförderung: »Eine Stärkung bürgerschaftlichen Engagements werden wir überhaupt nur erreichen können, wenn damit auch die Zuverlässigkeit öffentlicher Finanzierung verbunden ist.« Da 2007 nun vom Bund das Gesetz zur Reform des Gemeinnützigkeitsrechts »Hilfen für Helfer – wie Bund und Länder die private Kulturförderung unterstützen« beschlossen wurde, informierte dieses Symposium auch über wichtige Änderungen und Weiterentwicklungen für die im Kulturbereich ehrenamtlich Tätigen. »Da hat sich der Einsatz der Abgeordneten und vor allem der Enquete-
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Kommission Kultur wirklich gelohnt. Der Sonderausgabenabzug für Mitgliedsbeiträge an Vereinen kann künftig auch bei Gegenleistungen geltend gemacht werden. Und das ist gut so. In vielen anderen Vereinen gibt es z.B. ein jährliches Fest für die Mitglieder. Keiner käme auf die Idee, dass diese Feier die Steuervergünstigung für die Mitgliedsbeiträge aufhebt. Aber der freie Eintritt in eine Ausstellung, die kleine Grafik zu Weihnachten sollte das bewirken. Nun, es ist abgewendet«, so Lydia Westrich (Bundestagsabgeordnete und Sprecherin der SPDArbeitsgruppe zur Enquete-Kommission »Kultur in Deutschland« des Deutschen Bundestages 2002-2007) in ihrem Vortrag. Dies vertieften Sascha Voigt de Oliveira (KPMG) gemeinsam mit Ingo Graffe (vom rheinland-pfälzischen Ministerium der Finanzen) und Peter Aulmann (damals Festspielhaus und Festspiele BadenBaden) im Workshop. Das Hauptthema wurde in den Workshops Erbschafts-Fundraising, Management, Verwaltungsdatenbanken und Steuerrecht umgesetzt: Beim Management schauten die Teilnehmer tiefer als in den bisherigen Symposien in die Professionalisierung der praktischen Arbeit. Hier wurde mehrfach hervorgehoben, dass – und sei ein Verein noch so klein – eine professionelle Verwaltung und Personalführung, effiziente Organisationsplanung bei der haupt- und ehrenamtlichen Führung, strategische Managementkonzepte, strukturiertes Controlling und durchdachte Buchhaltung, sowie der wirkungsvolle Einsatz von Ehrenamtlichen notwendig seien. Erfahrung, Freude und soziale Kompetenz in der Personalführung sollten Voraussetzungen sein. Die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen (K20 K21) hatte bei der Organisation der freiwilligen Mitarbeit versucht, sich an den Zielen und Bedürfnissen der freiwilligen Helfer zu orientieren, um eine langfristige Bindung von leistungsfreudigen Bürgerinnen und Bürgern zu erreichen. Da freiwillige Helfer Kontakte und Anerkennung suchen, aber ihren persönlichen Freiraum nicht aufgeben wollen, benannte Stefanie von Knop (K20 K21) als generelle Prinzipien: »Integration in die Museumsorganisation so tief wie möglich, direkte Verantwortung gegenüber dem Fachpersonal und so viel Freiraum in der Zeitorganisation wie möglich.« Verwaltungsdatenbanken gewannen für die Vereine langsam an Bedeutung als Grundlage einer gut organisierten Arbeit. Ein Workshop verglich verschiedene Datenbanken und zeigte auf, an welche Aspekte bei einer sinnvollen Datenverwaltung gedacht werden muss, wie diese miteinander verknüpft sein müssen und welche Probleme entstehen, wenn eine Datenbank nicht fachgerecht verwaltet wird.
4.2 Mitgliedergewinnung und -bindung, neue Formen bürgerschaftlichen Engagements (2009, 2011, 2013, 2015) Die junge Generation (2009) Wie man junge Menschen für kulturelles ehrenamtliches Engagement gewinnen kann, wurde für viele Vereine immer wichtiger. Das Symposium zeigte, dass die ehrenamtliche Kulturarbeit von Freundeskreisen nur dann nachhaltig sein kann,
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wenn die junge Generation aktiv eingebunden ist. Zu diesem Zeitpunkt waren jedoch nur etwa 15 Prozent der Mitglieder in Freundeskreisen unter 35 Jahre alt. Experten gaben auf dem Symposium 2009 Einblicke in Freizeitverhalten und Kommunikationsformen der 20- bis 40-Jährigen und erörterten Erfahrungen mit generationsspezifischen Kulturangeboten bestehender Freundeskreise zu den vier Themen: • • • •
Wie gründe ich einen jungen Freundeskreis? Wie werden junge Freunde älter? Wie erreiche ich die junge Generation? Marketing im Internet und anderswo Wie halte ich meine jungen Freunde? Angebote, Aktivitäten Programme Wer soll das bezahlen? Finanzen.
Junge Freundeskreise präsentierten sich erstmals in einer »Lounge«. Hier wurden Kontakte geknüpft und neue Projekte angedacht. Reinhold Popp (damals Professor am Zentrum für Zukunftsstudien – Salzburg/Urstein) stellte in seinem Vortrag zehn Gebote auf für die Aktivierung junger Menschen zu mehr freiwilligem Engagement. Darunter waren u.a. Vorschläge wie: »Überbordende ›Vereinsmeierei‹ einschränken, informelle und lockere Organisationsformen ermöglichen, den Nutzen für die berufliche Zukunft hervorstreichen und entsprechende Weiterbildungsmöglichkeiten anbieten«. Maren Hartmann und Dominik Rauchfuß kamen bei einem Forschungsprojekt an der Universität der Künste Berlin (Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation) u.a. zu dem Ergebnis, dass die jüngere Generation sehr stark an gesellschaftlichem Engagement interessiert ist, eine formelle Mitgliedschaft aber an letzter Stelle steht. Die Ergebnisse des Symposiums werden am deutlichsten in der Auswertung des Fragebogens, der von den Teilnehmern nach dem Symposium beantwortet wurde. Im Fokus standen insbesondere Ergebnisse, offen gebliebene Fragestellungen und zukünftige Herausforderungen. Dabei wurde deutlich, dass es große Unsicherheiten in der Definition gibt, wer ein junger Freund sein soll: Über die Hälfte der Befragten war auch nach dem Symposium unschlüssig. Die Umfrage ergab ein Altersfenster von 18 bis 30 Jahren. Rund 70 Prozent aller Befragten gaben an, dass sie die jungen Freunde im klassischen Freundeskreis integriert sehen möchten. Die Gewinnung finanziell fördernder Freundeskreismitglieder könne hier nicht im Fokus stehen. Das Ziel sei vielmehr, Interesse für die Kulturinstitution bzw. die vertretene Kunstform zu wecken. Junge Freunde sollten durch junge Angebote an die Kulturinstitution herangeführt werden und die Möglichkeit haben, eigene Projekte durchzuführen. Die Ergebnisse der Evaluation wurden in einem »Runden Tisch Junger Freundeskreise« Ende Februar 2009 diskutiert, die Ansätze des Symposiums vertieft.
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Kulturförderung in Zeiten knapper Kassen (2011) Die Auswirkungen der globalen Finanzkrise auf die Kulturetats der Kommunen wurden 2011 u.a. durch die Reduzierung der Einnahmen aus der Gewerbesteuer spürbar. Vor diesem Hintergrund gewann die Arbeit von Freundeskreisen eine stärkere Bedeutung, ohne die Verantwortung und Zuständigkeit der Politik schmälern zu wollen. Das Symposium sollte aufzeigen wie mehr Bürgerinnen und Bürger zu verstärktem Engagement für die Kultur aktiviert werden und somit auch mehr Mitglieder der Freundeskreise zu gewinnen und zu binden sind. Die zum Thema des Symposiums angebotenen Lösungsvorschläge beinhalteten sowohl allgemeine Vorträge wie das Statement von Frank Trümper »Motivierung und Ausbildung von aktiven Bürgern« als auch Vorträge, die konkreter auf die sich wandelnde Rolle der Freundeskreise eingingen. Frank Trümper (Gründungsmitglied von Common Purpose Deutschland) empfahl, sich mehr in die Zielgruppe hinein zu versetzen und sich zu bemühen, aus deren Perspektive drei weitere Fragen zu beantworten: 1. Was hat das mit mir zu tun? 2. Was genau kann ich mit meinen Möglichkeiten tun – und was kann ich damit bewirken? (Konkret: Wird mein Engagement ein Ergebnis haben, das ich mir zuschreiben und auf das ich stolz sein kann?) 3. Was habe ich davon? Was gibt mir mein Engagement für das, was ich an Zeit, Kraft oder Geld investiere? Da die Situation der Gemeindefinanzen und die Demografie Druck auf das städtische Kulturleben ausüben, sah Olaf Zimmermann (Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats) in seinem Vortrag die Hilfe der Fördervereine und Freundeskreise darin, dass sie als Schutzschild, Partner, Vermittler aber auch als Rekrutierungsbasis für das Publikum wirken. Bedingung sei, dass sie aktuelle kulturpolitische Themen selbstständig aufnehmen und sich nicht zum Lückenbüßer einer ausbleibenden öffentlichen Unterstützung degradieren lassen. Die Menschen vor Ort an die Kultureinrichtungen zu binden, als Mitstreiter für die Kultureinrichtungen anzutreten, sei aus seiner Sicht eine der wirklichen Zukunftsaufgaben für Freundeskreise. Das bedeute, dass sich die Fördervereine nicht nur als finanzielle Unterstützer der Einrichtungen, sondern auch als Partner und Beschützer verstehen. Der Freundeskreis, der sich so versteht, sei nicht nur ein Honoratioren-Club der gut betuchten Bildungsbürger. Wolfgang Branoner (Senator a.D., Verantwortlicher für den Förderkreis der Stiftung Zukunft Berlin) beschrieb die bei der Stiftung praktizierte neue Form bürgerschaftlichen Engagements: Hier übernehmen Bürger Verantwortung für das Vorankommen von Themen mit strategischer Bedeutung für die Stadt Berlin. Sie übernehmen diese Mitverantwortung, indem sie ihre Kompetenz einsetzen und damit die Politik unterstützen, ohne ihr die Verantwortung abzunehmen.
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Eine sehr interessante Form des Zusammenspiels zwischen zivilgesellschaftlichem Einsatz und Politik in unserer repräsentativen Demokratie schilderte Ekkehard Nümann (Vorsitzender der Freunde der Kunsthalle e. V. in Hamburg) in der anschließenden Diskussion. Hier arbeiteten die Hamburger Freundeskreise sehr öffentlichkeitswirksam unter dem Schlachtruf »Flagge zeigen in der Stadt« zusammen und bewirkten eine Neujustierung der städtischen Kulturpolitik im Dialog mit den Freunden. In seinem Fazit »Was können Förder- und Freundeskreise tun?« sagte Tagesmoderator Jörg Stüdemann (Kämmerer und Kulturdezernent der Stadt Dortmund): »Die Förder- und Freundeskreise haben eine Mission: Die Begeisterung und die Liebe für Kunst und Kultur haben die Mitglieder zusammengebracht. Sie widmen ihre Zeit der Begegnung mit Kultureinrichtungen und Künsten und unterstützen diese. Längst hat sich diese Konvention ausgedehnt: • die Unterstützung weitet sich zur Schutzfunktion in politischen Konflikten; • aus gutbürgerlicher Kunstbegeisterung ist bürgerschaftlicher Gemeinsinn in neuer Verantwortungsethik für das städtische Kulturleben geworden. Insofern werden Vermittlungs-, Werbe-, Marketing-, Finanzierungs- und Entwicklungsprojekte für Kultureinrichtungen mitgestaltet oder übernommen; • Freundes- und Förderkreise agieren komplementär, nicht substituierend zu öffentlicher Kulturpolitik oder Kulturfinanzierung. Ihre Mission: Das vorgelebte Bekenntnis zu einem vitalen und vielgestaltigen Kulturleben in der Stadt als Citoyen in einer neuen Bürgergesellschaft. Die Vision dieser zeitgenössischen Zivilgesellschaft in der Stadt kennt den kommunitaristischen Programmruf nach Deregulierung nicht mehr, sie propagiert selbstbewusste Partnerschaft in den Netzwerken des städtischen Kulturlebens, will aktivieren. Ihre Perspektive ist vielleicht der Contract Culturel für die Stadt oder spröder: eine ›Cultural Governance-Erklärung‹ als verbindliches Leitdokument für die Stadtkultur.« In den Workshops im zweiten Teil des Symposiums gab es wieder die Möglichkeit, Fragestellungen und Lösungsansätze für die praktische Arbeit von Freundeskreisen mit Fachreferenten und Repräsentanten aus Freundeskreisen zu diskutieren. Es wurde sich über so unterschiedliche Themenfelder ausgetauscht wie die Aktivierung neuer Unterstützer durch Social-Media-Lösungen sowie die Weiterentwicklung der organisatorischen und strategischen Ausrichtung ihrer Förderkreise sowie rechtliche Fragen. Außerdem standen Informationen über die Möglichkeiten neuer Rechtsformen von Förderkreisen, die richtige Auswahl von Versicherungen und das Thema Steuerrecht auf dem Programm. Auch gab es wieder eine »Lounge der jungen Freundeskreise«, die Ideen für die »Einbezie-
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hung der Jungen« und die weitere Vernetzung von Förder- und Freundeskreisen vermittelte.
Wie werden Freunde zu Förderern? (2013) Die neuen Formen der Übernahme von Verantwortung, bei der sich die Mitglieder nicht nur durch ihre finanziellen Beiträge einbringen, wurden in diesem Symposium weiterentwickelt. Die Freundeskreise sahen mehr Arbeitsfelder, um Mitverantwortung für ihre Kulturinstitution zu übernehmen und sie demzufolge durch diesen aktiveren Part mehr zu fördern. Dieses neue Selbstbewusstsein formulierte ein Statement (vgl. Abbildung 1), das auf dem Symposium veröffentlicht wurde. Als große Potenziale der Freundeskreise wurde darin ihre Netzwerke, Erfahrungen und Kompetenz aus der ehrenamtlichen Arbeit, aber auch aus ihren Berufen in anderen Branchen definiert. »Die Mitverantwortung von Bürgerinnen und Bürgern führt oft, bevor Entscheidungen getroffen werden, zu neuen Argumenten und Sichtweisen«, sagte Stephan Balzer (Sprecher der AG Freundeskreise der Stiftung Zukunft Berlin) zur Eröffnung des Symposiums. Dazu seien neue Formen und Methoden des Dialogs zwischen Kulturinstitution, Politik sowie Förder- und Freundeskreisen notwendig. »Wir wünschen uns, dass uneigennütziges, verantwortliches Handeln und Engagement als gesamtgesellschaftliche Werte gestärkt werden«, so Balzer. Bei der Podiumsdiskussion »Wie kann Mitverantwortung in der Kultur gestärkt werden?« plädierte Bernhard Krumrey (Vorsitzender der Bundesvereinigung deutscher Musik- und Theaterfördergesellschaften e. V.) für mehr Politiker und Gemeinderäte im Theater und eine funktionierende Kommunikation der Theater mit der Bevölkerung. Anke Spoorendonk (Ministerin für Justiz, Kultur und Europa des Landes Schleswig-Holstein) warb für Teilhabe und Mitgestaltung der Förder- und Freundeskreise. Else Christensen-Redzepovic machte anhand der Kulturhauptstadtbewerbung Sonderborg (Dänemark) deutlich, wie stark sich Bürger einbringen können. Der Praxisteil wurde in diesem Symposium durch Foren organisiert, die jeweils ein Experte moderierte. Auch hier ging es in erster Linie um den Austausch der Teilnehmer untereinander, mit dem Ziel das Wissen und die Erfahrung der Freundeskreise zu teilen. Jeder Teilnehmer hatte die Möglichkeit, an drei von acht Austauschforen teilzunehmen: Nachwuchsförderung, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Mitgliedergewinnung und -bindung, Bürger bewegen, Projektideen/ Organisation/Evaluation, Social Media, Crowdfunding, Steuern und Recht.
Vielfältige Beziehungen – Bindung und Engagement der Mitglieder (2015) Die Weiterentwicklung der Mitgliederbetreuung schätzten die Freundeskreise immer noch als das wichtigste Thema ein und so wurden dieses Mal vielfältige Facetten beleuchtet. Viele Mitglieder verbinden mit ihrer finanziellen Unterstützung vor allem Erwartungen. Für sie ist der Verein ein Ort des sozialen Lebens.
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Er soll ihnen durch besondere Angebote, wie beispielsweise Reisen und Veranstaltungen, eine persönliche Atmosphäre bieten. Dabei nimmt die Mitgliederbetreuung so viel Raum ein, dass der eigentliche Zweck der Vereinigung – Verantwortung und Engagement für die Kultur – in den Hintergrund rückt. Im besonderen Fokus der Veranstaltung stand die andere – aktive – Seite des Engagements der Mitglieder und dessen vielfältigen Einsatzmöglichkeiten. Nicht zuletzt auch, da es besonders den Zusammenhalt stärkt, wenn die Freunde Mitverantwortung für ihre Kulturinstitution übernehmen. Matthias Dreyer (Leiter Verwaltung Stiftung Niedersachsen) ermöglichte durch seinen Vortrag erstmals einen breiten Überblick über die Mitgliedergewinnung und -bindung in den Vereinen und zeigte neue Dimensionen auf (auch wenn er betonte, dass die Freundeskreise bisher wenig erforscht sind und kaum Informationen und Daten vorliegen). In seinem Vortrag definierte er neben finanziellen Austauschbeziehungen zwischen den Freunden und ihrer Kulturinstitution auch ideelle und manageriale Förderungen. Dazu gehöre besonders auch, Marketing für die Kultureinrichtung zu betreiben, um die öffentliche Wahrnehmung der Einrichtung vor Ort und in der Gesellschaft zu stärken. »Gerade diese nicht finanzielle und indirekte Förderung kann in ihrer Bedeutung und in ihrem finanziellen Gegenwert ungleich höher sein als eine direkte Förderung.« Zu den Erfolgsfaktoren der Vereine für die Mitgliederbindung der Freunde zählte er u.a. die Wohlfühlkultur, die strategische Ausrichtung, die Profilschärfung sowie die Rolle als Dienstleister und als Plattform kultureller Mitverantwortung. Damit auch Freundeskreise in der Kultur weiterhin stabiles Engagement verzeichnen können, ist es sinnvoll darüber nachzudenken, ob nicht auch Aspekte des Kundenbeziehungsmanagements, wie sie bei Wirtschaftsunternehmen Anwendung finden, auf die Organisation von Freundeskreisen übertragen werden können. Zu diesem Zweck sprach Sandra Broschat (Sustainability Managerin von Coca Cola) über Nachhaltigkeit als wichtiges Element der Kundenansprache ihres Unternehmens. Dafür sind Vertrauen und Offenheit, aber auch Spaß schon in der Kommunikationsstrategie essenziell. Bei Coca Cola bewirbt deshalb nicht das Unternehmen die Nachhaltigkeitskampagne seiner Marke, sondern es lässt die Zielgruppe und Kunden diese Aufgabe übernehmen. Diese sind glaubwürdige Multiplikatoren und können effizientes Empfehlungsmarketing betreiben. Das Motto »Let others tell your story« beschreibt dabei genau die Funktion des Brückenbauens, die Freundeskreise für Kultureinrichtungen ausüben können. Zu erreichen, dass andere positiv über die eigene Marke sprechen, so Sandra Broschat, setzt ein hohes Maß an strategischer Konzeption von Marketing und Kommunikation voraus. Dabei haben die Vereine als Vertreter bürgerschaftlichen Engagements und kultureller Partizipation die besten Voraussetzungen für erfolgreiches Storytelling und den Auf bau einer Community. Als besonders informativ schätzten viele Teilnehmer den erstmals auf diesem Symposium stattfindenden Pitch »Junge Ideen« ein. Hier zeigten junge Freunde
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anhand ihrer Projekte die Vielfalt der Möglichkeiten auf, junge Zielgruppen anzusprechen. Sie stellten vor, wie innovative Inhalte in Kombination mit Besucherbeteiligung und digitalen Informationsplattformen funktionieren können. Den Pitch gewannen die NThusiasten (Junge Freunde des Nationaltheaters Mannheim), die zum Slogan »Wir nehmen Dich mit!« ein Programm mit mehreren erfolgreichen Veranstaltungsformaten für junge Menschen entwickeln. Neben traditionellen Besuchen von Oper, Ballett und Schauspiel werden auch Workshops, hochkarätige Sonderveranstaltungen und Partys organisiert. Zu den besonderen Events zählt bspw. die TheaterParty, bei der Interessenten mit den NThusiasten gemeinsam ein Theaterstück anschauen und danach kostenfrei an einer Party teilnehmen können. Dieser Pitch soll auch bei den nächsten Symposien ausgerufen werden und noch mehr ins Tagungsprogramm integriert werden. In anschließenden Praxis-Foren tauschten große und kleine Freundeskreise und Kulturinstitutionen ihre persönlichen Erfahrungen und konkretisierten Bedarfe aus. Dabei wurden Themen wie Mitgliederwerbung und -bindung, Lobbyarbeit, Crowdfunding und Social Media, Mittelbeschaffung und Steuern/Recht angesprochen. In ihrem Resümee zog die Moderatorin des Symposiums, Ingrid Stahmer (Forum Freundeskreise der Stiftung Zukunft Berlin) den Schluss, dass die Mitgliederbindung der Freunde zukünftig verstärkt werden könne, wenn sie ihren Aktionsradius vergrößern und sich mit mehr Mitverantwortung für ihre Institutionen einbringen. Das Symposium habe zahlreiche Wege des »Gebens« aufgezeigt, für die die Freunde zunehmend Gespür entwickeln. Sie setzen sich mit ihren wertvollen Erfahrungen und Netzwerken für die Institution ein: nutzen Veranstaltungen zur Publikumsgewinnung, sind Vermittler zur Politik, übernehmen Hilfsdienste oder bringen ihre Fachkompetenz ein.
4.3 Ausblick: »Total digital!? Über das Potenzial der Digitalisierung für Freundeskreise« (2017) Die Vereine stehen rund zehn Jahre nach dem ersten Symposium der Förder- und Freundeskreise vor zwei existenziellen Aufgabenfeldern, die zusammenhängen: der Professionalisierung ihrer Arbeit durch Digitalisierung und der Gewinnung des Nachwuchses. Den Veranstaltern des Symposiums ist klar, dass nur ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Digital und Analog zielführend ist und das Beste aus »beiden Welten« genutzt werden sollte. Dennoch: Um als Partner (die bürgerschaftlich aktiv sind) in einer zunehmend digitalen Welt auf Augenhöhe ernst genommen zu werden, müssen sich auch die Vereine weiterentwickeln. Denn: Die digitale Gesellschaft existiert bereits und wer ihre Instrumente nicht anwenden kann, ist schnell von der direkten Kommunikation ausgeschlossen. Durch die digita-
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len Werkzeuge werden aber auch viele Arbeitsprozesse entschieden leichter und effizienter. Gleichzeitig stehen viele Organisationen vor der Herausforderung, dass die ehrenamtlichen Vorstände um die 70 Jahre alt sind – die jüngere Generation für die ehrenamtliche Mitarbeit und Verantwortungsübernahme zu gewinnen und generationenübergreifend zusammenzuarbeiten, ist zwingend notwendig. Jüngere wollen sich aber eher punktuell – bei ausgewählten Projekten und in überschaubaren Zeiträumen – engagieren (s. auch Symposium 2009). Auch hat die jüngere Generation andere Kommunikationswege. Die Digitalisierung bietet den Vereinen nicht nur die Herausforderung, sondern auch die große Chance nach generationenübergreifenden Arbeitstechniken zu suchen, die Jüngere mehr aktivieren und die Zusammenarbeit mit den Älteren fördert. Die AG Freundeskreise hat deshalb bei der Entwicklung des Themas für das nächste Symposium drei Arbeitsgebiete definiert: • Optimierung der Arbeitsprozesse durch digitale Lösungen; • digitale Kommunikation zur Mitgliedergewinnung und -bindung; • Vereinfachung und Verstärkung des Online-Fundraising. Aus diesen Arbeitsgebieten werden einige Schwerpunkte ausgewählt, wie beispielsweise Datenbanken bzw. CRM-Systeme als Herzstück des Managements. Bei der Mitgliedergewinnung und -bindung soll insbesondere auch nach Möglichkeiten gesucht werden, wie die Mitglieder selbst bei ihrer Kommunikation u.a. mit Twitter, Facebook und Instagram Verantwortung übernehmen. Auf diese Weise müssten die Social-Media-Kanäle nicht immer nur durch die jeweilige Geschäftsstelle befüllt werden. Um bei den Vereinen die konkreten Bedarfe und die dazu passenden digitalen Werkzeuge zu eruieren, haben die Initiatoren eine Umfrage innerhalb des Adressverteilers des Symposiums durchgeführt. Die Auswertungen bestätigen die Relevanz dieses Themas. Dabei wurde deutlich, dass zuerst die Entwicklung einer auf die Anforderungen des jeweiligen Freundeskreises ausgerichteten digitalen Strategie notwendig ist, um die richtigen Werkzeuge anzuwenden. Nicht einfach wird sein, alle in dem jeweiligen Verein Betroffenen gleichermaßen für die digitalen Werkzeuge zu interessieren und bei der Einführung einzubeziehen. Viele werden diese »Neuerungen« zunächst als sehr zeitintensiv und anstrengend empfinden und es dauert, bis die vorantreibenden Wirkungen spürbar sind. Oft sehen sich nur größere Vereine überhaupt in der Lage, finanzielle und personelle Ressourcen einzusetzen. Deshalb werden bei dem Symposium auch kostengünstige Lösungen vorgestellt. Eine besondere Herausforderung ist die von vielen Mitgliedern und Förderern erwartete, sehr persönliche und exklusive Ansprache. In den Praxis-Foren des Symposiums wird gemeinsam mit den Freundeskreisen nach Lösungen ge-
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sucht, wie hier digitale und analoge Werkzeuge ineinandergreifen können. In diesem Zusammenhang werden auch Ideen gesammelt, wie ältere Mitglieder mehr in digitale Anwendungen eingebunden werden können (wie beispielswiese durch Schulungen, Patenschaften, IT-Lösungen, Corporate Volunteering von Unternehmen).
5. F a zit Bei der Durchführung des Symposiums der Freundeskreise zeigte sich im letzten Jahrzehnt folgende Entwicklung: • Der Austausch der Freunde untereinander hat deutlich zugenommen. • Die Wirkung von Vereinen ist Politik, Kultur, Wirtschaft und Gesellschaft zunehmend bewusster geworden. Die Themen der Symposien wurden in politischen Gremien und NGOs diskutiert und weiterentwickelt. • Die Professionalisierung der Organisation und des Auftretens der Vereine ist eine wichtige Grundvoraussetzung für die Wirksamkeit der Freunde. Dabei bietet die Digitalisierung eine Chance, effizienter zu arbeiten und die jüngeren Generationen für die Mitarbeit zu gewinnen. • Die Freunde erkennen in ersten Schritten, dass sie ihre Erfahrungen und Kompetenzen nutzen und damit mehr Mitverantwortung für ihre Kulturinstitution übernehmen können – dies wurde auch in einem Statement zum Selbstverständnis und zu den Zielen der Freundeskreise der Kultur der AG Freundeskreise bei der Stiftung Zukunft Berlin formuliert (siehe Abbildung 1). Die Übernahme von Mitverantwortung trägt zur Mitgliedergewinnung und -bindung bei, die von den Freunden in den letzten Jahren als vordringlichste Aufgabe definiert wurde.
Fördern ohne Risiko — rechtliche und steuerliche Rahmenbedingungen Sascha Voigt de Oliveira
1. E inleitung Die Förderung von Museen, Opern, Konzerthäusern, Theatern, Bibliotheken und vielen weiteren Institutionen durch Förder- und Freundeskreise hat eine lange Tradition. Förderkörperschaften leisten einen wichtigen Beitrag bei der Finanzierung und der Umsetzung von Kulturprojekten. Förderkreise sind dabei ebenso wie andere Organisationen mit neuen Themen und Herausforderungen konfrontiert. Die Erwartungshaltung von Förderern an die Tätigkeiten eines Förderkreises unterliegt einem steten Wandel. Um den Mittelbedarf der zu fördernden Kulturinstitutionen decken zu können, müssen auch kulturfördernde Organisationen neue Strategien, Konzepte und Finanzierungsmodelle entwickeln. Diese gilt es auch rechtlich und steuerlich zu spiegeln. Vorstände und Geschäftsführer tragen eine große Verantwortung insbesondere im Hinblick auf die ordnungsgemäße Vereinnahmung und Bewirtschaftung der vereinnahmten Mittel. Zugleich stellen sich immer mehr Vorstände von Förderkreisen die Frage, inwieweit sie persönlich Risiken eingehen und gegebenenfalls persönlich haftbar gemacht werden können. Worauf Vorstände und Geschäftsführer zu achten haben und welche möglichen persönlichen Haftungsrisiken bestehen, folgt aus den vereins-, stiftungs-, gesellschafts- und steuerrechtlichen Regelungen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen werden in der Praxis oft verdrängt und als Hindernis bei der Umsetzung von Maßnahmen und Aktivitäten empfunden. Die nachfolgende Abbildung 1 zeigt, welche rechtlichen Aspekte und Einflussfaktoren Förder- und Freundeskreise beachten müssen. Um Entscheidungen rechtssicherer vorbereiten und fällen zu können, bedarf es eines Überblicks über die grundsätzlichen zivilrechtlichen und steuerrechtlichen Themenstellungen. Im Folgenden soll dieser Überblick über die wichtigsten Grundsätze und aktuellen Entwicklungen gegeben werden. Eine Prüfung des jeweiligen Einzelfalls ist stets zu empfehlen.
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Abbildung 1: Steuerliche Grundlagen ©KPMG Steuerliche Grundlagen
Es gibt ständig zahlreiche (rechtliche) Aspekte zu berücksichtigen Haftung
Vereins-/Stiftungs-/GmbH Recht Förderrecht EU-Beihilfenrecht
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Mitgliedsbeiträge Sponsoring Mittelzufluss Fördermittel Leistungsentgelte Zinsen/Mieten
steuerliche Sphärenzuordnung Ertragsbesteuerung/Umsatzbesteuerung
Steuerbegünstigte Körperschaft
Mittelbewirtschaftung
Arbeitsrecht Vergaberecht
Mittelverwendung
Tax Compliance Management System
2. T ypisierung von F örderkreisen – R echtsformbestimmung – H andlungsmassstab Damit ein Fördern ohne Risiko gelingen kann, ist es erforderlich, zu bestimmen, um welchen Typus Förderkreis es sich handelt. Dafür empfiehlt es sich, das Geschäftsmodell sowie die Auf bau- und Ablauforganisation des Förderkreises genau zu erfassen, da sich die rechtliche und steuerliche Beurteilung nach den tatsächlichen Gegebenheiten richtet. Die tägliche Arbeit in einem Förderkreis wirft unterschiedlichste Fragen auf, deren Beantwortung stets von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhängen. Die Beantwortung der Rechtsfragen orientiert sich an feststehenden Grundprinzipien. Folgende ausgewählte Fragestellungen können dazu dienen, den Typus zu bestimmen und die wesentlichen rechtlichen und steuerlichen Themenfelder zu identifizieren: • Werden Kunst und Kultur im Allgemeinen gefördert oder eine bestimmte Kultureinrichtung bzw. Kulturprojekte? • Erfolgt die Kulturförderung ausschließlich im Inland oder auch im Ausland? • Finanziert sich der Förderkreis ausschließlich über Mitgliedsbeiträge und Spenden? • Werden Mittel bei Dritten im Wege des Sponsorings eingeworben?
Fördern ohne Risiko – rechtliche und steuerliche Rahmenbedingungen
• Ist der Förderkreis selbst operativ tätig und beschafft hierdurch Mittel, die zur Förderung kultureller Zwecke eingesetzt werden? • Werden für den Förderkreis Personen ausschließlich im Ehrenamt tätig oder gibt es auch hauptamtlich tätige Personen? • Welche Kompetenzen sind dem Vorstand, der Mitgliederversammlung oder anderen Gremien zugewiesen? • In welcher Rechtsform wird der Förderkreis geführt? Zur Typusbestimmung ist auch die Bestimmung der Rechtsform notwendig. Die Rechtspraxis zeigt, dass Förderkreise in unterschiedlichen Rechtsformen auftreten. Der Begriff des »Förderkreiseses« ist kein rechtlich definierter Begriff. Er dient in der Praxis zu beschreiben, dass sich mehrere Personen zusammengeschlossen haben, um einen spezifischen gemeinnützigen Zweck, eine bestimmte gemeinnützige Einrichtung oder öffentlich-rechtliche Institution fördernd zu unterstützen. Organisationen deren Zweck jedenfalls auch auf die Förderung durch Mittelbeschaffung und Mittelweiterleitung gerichtet ist, treten in der Praxis in folgenden Rechtsformen auf: • eingetragene Vereine (e. V.); • Stiftungen (nicht rechtsfähige Treuhand-Stiftung, rechtsfähige Stiftung privaten Rechts); • eingetragene Genossenschaften (eG); • GmbH oder Aktiengesellschaft (AG).
Förder verein als klassische Rechtsform Der klassische Förderkreis ist mitgliedschaftlich organisiert und daher als e. V. organisiert. Er wird durch ehrenamtliche Vorstände repräsentiert, beschafft die Mittel durch die Vereinnahmung von Mitgliedsbeiträgen, Spenden, Erbschaften, Sponsoring und gegebenenfalls Charity-Events. Sein Fördergegenstand liegt im Inland. Der e. V. ist als gemeinnützige Körperschaft anerkannt und stellt für Spenden und Mitgliedsbeiträge zum Spendenabzug berechtigende Zuwendungsbestätigungen (Spendenbescheinigungen) aus. Aus dem steuerrechtlichen Blickwinkel stellt dieser Grundtypus die klassische »Förderkreiskörperschaft« dar.
Rechtsformübersicht Freundeskreise müssen jedoch nicht notwendigerweise in der Rechtsform des e. V. organisiert sein. Welche Rechtsform im Fall einer Neugründung zu wählen ist oder bereits gewählt wurde, entscheidet sich nach verschiedenen Aspekten. Sofern eine personenbezogene, mitgliedschaftliche Struktur für notwendig erachtet wird, bietet sich der klassische e. V. als geeignete Rechtsform an. Steht die
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Personenbezogenheit nicht im Vordergrund und ist beabsichtigt, wirtschaftliche Aktivitäten zur Mittelbeschaffung auszuüben, könnte die Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft oder die klassische Kapitalgesellschaft (GmbH/AG) in Betracht gezogen werden. Erfolgt die Förderung auf der Grundlage eines festen Kapitalstocks und soll die Zweckverwirklichung auf unbestimmte Zeit unabhängig von der Mehrheitsentscheidung einzelner erfolgen, stünde die Rechtsform der Stiftung zur Wahl. Die Bestimmung der Rechtsform ist erforderlich, damit alle Beteiligten insbesondere die Verantwortungsträger die jeweils geltenden rechtsformspezifischen zivil- und gesellschaftsrechtlichen Regelungen kennen und einhalten. Der klassische Förderverein muss die Regelungen des Vereinsrechts (§§ 21 ff. BGB) beachten. In anderen Fällen sind das Stiftungsrecht (§§ 80 ff. BGB i.V.m Landesstiftungsgesetzen), das Genossenschafts-, GmbH- oder Aktiengesetz anwendbar. Die gesetzlichen Regelungen geben Auskunft über die notwendigen Organisationsstrukturen, Kapitalausstattungen und Vertretungsregelungen. Die Rechtsformen unterscheiden sich aus zivilrechtlicher Sicht im Wesentlichen hinsichtlich des Vorgehens bei der Gründung, der internen Organisationstruktur sowie spezifischen Kapitalerhaltungsregelungen.
Bedeutung des Begriffs »Körperschaft« Allen vorgenannten Rechtsformen ist gemein, dass es sich um Körperschaften – in Abgrenzung zu den Personengesellschaften – handelt. Diese rechtliche Kategorisierung ist im Hinblick auf die steuerrechtliche Qualifizierung vor allem die Anwendung des Gemeinnützigkeitsrechts (§ § 51ff. AO) maßgebend. Nach den Regelungen des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) können ausschließlich »Körperschaften« als steuerbegünstigt im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG anerkannt werden. Nicht selten sind in der Praxis »Förderkreise« anzutreffen, die sich nicht nach den für die oben genannten Rechtsformen geltenden Regelungen konstituiert haben. Sie sind als bloße Personenzusammenschlüsse zu qualifizieren und sind nicht berechtigt, Zuwendungen (Spenden) zu bescheinigen. Ungeachtet der Rechtsform gilt für alle Förderkörperschaften folgender Orientierungssatz, der allzu oft missachtet wird: Die Satzung ist der grundlegende Orientierungsmaßstab jeglichen Handelns! Aktivitäten, die offenkundig nicht vom Satzungszweck gedeckt sind, dürfen nicht ausgeführt werden. Zuwiderhandlungen können zu zivil- und steuerrechtlichen Sanktionen für die handelnden Personen (Vorstände, Geschäftsführer und auch Aufsicht ausübende Personen – Kuratorium, Beiräte und Aufsichtsräte) führen.
Fördern ohne Risiko – rechtliche und steuerliche Rahmenbedingungen
Zwischenfazit Die Fragen, deren Beantwortung erforderlich ist, um den Typus des Förderkreises zu bestimmen verdeutlichen, welchen Komplexitätsgrad die Aktivitäten eines Förderkreises entfalten können. Da der klassische Förderkreis als e. V. agiert, werden im Folgenden ausgewählte vereinsrechtliche Aspekte sowie die steuerrechtliche Systematik erläutert. Damit die Fördertätigkeit möglichst rechtssicher ausgeübt werden kann, bedarf es der Kenntnis über die grundsätzliche Funktionsweise der steuerrechtlichen Regelungen – insbesondere des Gemeinnützigkeitsrechts – da es empfehlenswert ist, jede einzelne Aktivität einer gesonderten steuerlichen Überprüfung zu unterziehen.
3. V ereinsrechtliche A spek te – F ördergegenstand – R echtsformdiskussion – V orstandshaf tung Aus der vereinsrechtlichen Perspektive soll auf den Aspekt der Bestimmung des Satzungszwecks, aus aktuellem Anlass auf die Diskussion zur Eintragungsfähigkeit von Idealvereinen, die wirtschaftliche Tätigkeiten ausführen, und das Haftungsregime eingegangenen werden. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl praxisrelevanter Fragestellungen, die im Einzelfall zu klären sind.
Bestimmung des Satzungszwecks Der Maßstab zur Beurteilung jeglichen Handelns ist die Satzung. Die Satzung einer Förderkörperschaft regelt insbesondere was bzw. wer gefördert wird. Die Ausgestaltung des Förderzwecks entscheidet konkret darüber, welche Aktivitäten der Förderkreis dem Grunde nach ausführen darf. Die Förderzwecke können eng gefasst sein oder einen weitergehenden Handlungsrahmen eröffnen. Der Handlungsrahmen eines Förderkreises ist erheblich begrenzt, wenn die Satzung die Förderung einer bestimmten Kulturinstitution vorsieht. Eine Weitergabe von Mitteln an eine andere als in der Satzung bezeichnete Institution wäre bereits aus zivilrechtlicher Sicht grundsätzlich nicht statthaft. Der Umstand, dass es sich auch bei der anderen Institution um eine Kultureinrichtung handelt, ist nicht entscheidend. Soll der Handlungsrahmen erweitert werden, bedürfte es einer Satzungsänderung, die der gesonderten Zustimmung der Mitglieder bedarf. Ist als Satzungszweck dagegen vorgesehen, Kunst und Kultur im Allgemeinen zu fördern und werden einzelne Institutionen als mögliche Mittelempfänger beispielhaft benannt, ergeben sich für einen Förderkreis größere Handlungsoptionen. In diesen Fällen ist sicherzustellen, dass die Mittel tatsächlich zur Förderung von Kunst und Kultur verwendet werden und nicht zur Förderung der Wissenschaft oder Erziehung. Da die Grenzen zwischen einzelnen Fördergebie-
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ten oft nur schwer bestimmt werden können, empfiehlt es sich bei der Satzungsgestaltung mehrere Förderbereiche zu benennen. Förderkreise sind jedoch gerade auch dadurch gekennzeichnet, dass sich ein Kreis von Interessierten zusammengeschlossen hat, um sehr spezifische Themen, Kulturbereiche oder einzelne Institutionen zu fördern. Daher sind die Förderzwecke oft eher eng gefasst. Gleichwohl ist es empfehlenswert, bei der Gestaltung von Satzungen zu erörtern und abzuwägen, ob neben der sehr spezifischen Einzelförderung auch eine Öffnung ermöglicht werden soll.
Eingetragener Verein (e. V.) als Idealverein Der eingetragene Verein ist die Grundform aller Körperschaften. Die Regelungen des BGB (§§ 21 ff. BGB) regeln bundeseinheitlich, wie der Verein errichtet wird, welche Rechte die Mitglieder haben, wie die Entscheidungsfindung im Rahmen der Mitgliederversammlung erfolgt und welche Verantwortung der Vorstand als gesetzlicher Vertreter trägt. Das Vereinsrecht definiert den Verein als sogenannten Idealverein. Das bedeutet, dass die Vereinsrechtsform für Personenzusammenschlüsse gewählt werden kann, deren Zweck nicht auf die Ausübung wirtschaftlicher Aktivitäten gerichtet ist. Der Idealverein ist mithin abzugrenzen vom wirtschaftlichen Verein.
Aktuelle Rechtsdiskussion – Kita-Rechtsprechung des BGH Diese zentrale Abgrenzungsfrage ist aktuell Gegenstand unterschiedlicher Registerverfahren. Das Kammergericht (KG) Berlin hat in zwei Entscheidungen die Löschung eines gemeinnützigen e. V. aus dem Vereinsregister bestätigt, da die betroffenen Organisationen durch den satzungsgemäßen Betrieb von Kindertagesstätten wirtschaftliche Aktivitäten ausgeübt haben. Das KG Berlin vertritt die Rechtsauffassung, die Rechtsform des Vereins sei hierfür nicht geeignet. Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied in diesem Verfahren, dass der Betrieb der Kita durch den gemeinnützigen Verein vereinsrechtlich nicht zu beanstanden ist.1 Der BGH begründet dies mit dem Argument, dass der Kita-Betrieb zwar eine wirtschaftliche Tätigkeit darstelle, dieser aber steuerlich als sogenannter steuerbegünstigter Zweckbetrieb anerkannt ist. Die Ausübung derartiger Zweckbetriebe stellt keine schädliche wirtschaftliche Tätigkeit dar, die den Kita e. V. von einem eintragungsfähigen Idealverein in einen wirtschaftlichen Verein transformiert. Diese Vereinsrechtsprechung ist für alle Vereine, die auch operativ tätig sind und wirtschaftliche Aktivitäten entfalten, von grundsätzlicher Bedeutung und vorteilhaft, sofern sie Zweckbetriebe unterhalten. Für den typischen Förderverein, der keine oder nur in geringem Umfang wirtschaftliche Tätigkeiten entfaltet, hat diese Rechtsprechung keine Bedeutung. 1 | BGH, Beschluss vom 16. Mai 2017, II ZB 7/16 (»Kita«-Rechtsprechung).
Fördern ohne Risiko – rechtliche und steuerliche Rahmenbedingungen
Das Vereinnahmen von Mitgliedsbeiträgen und das Einwerben von Spenden sind nicht als wirtschaftliche Tätigkeiten zu qualifizieren. Fördervereine, die selbst gegen Entgelt Kulturveranstaltungen durchführen, müssen prüfen, ob es sich dabei um satzungsgemäße Zweckbetriebe handelt, die durch diese Rechtsprechung gedeckt wären. In Einzelfällen kann es erforderlich sein, die Satzung anzupassen, einen Rechtsformwandel zu prüfen oder andere organisatorische Maßnahmen zu ergreifen.
Haftung der Vereinsvorstände – Zivilrecht und Steuerrecht Fördervereine werden im Rechtsverkehr durch ihre gesetzlichen Vertreter, die im Vereinsregister eingetragenen Vorstände, gesetzlich vertreten. Die gesetzlichen Vertreter tragen die Verantwortung dafür, dass die Satzungszwecke ordnungsgemäß verfolgt werden und der Verein sich insgesamt im Rechtsverkehr rechtskonform verhält. Das Haftungsregime des Vereinsrechts ist klar strukturiert. Grundsätzlich haftet der Verein gegenüber seinen Gläubigern nur mit seinem Vereinsvermögen. Eine persönliche Haftung der Vorstände kommt nur in Betracht, wenn diese gegen ihre Pflichten verstoßen. Dabei ist zwischen der Haftung im Außen- und im Innenverhältnis zu unterscheiden. Ferner ist zu unterscheiden zwischen der Haftung für zivilrechtliche Ansprüche und der steuerrechtlichen Haftung.
Zivilrechtliche Haftung – Haftungsprivilegierung im Ehrenamt Die persönliche zivilrechtliche Haftung der Vertretungsorgane ist nur unter sehr spezifischen Voraussetzungen möglich. Grundsätzlich können Ersatzansprüche geltend gemacht werden, wenn durch einfache Fahrlässigkeit, grob fahrlässiges Verhalten oder vorsätzlich ein Schaden verursacht wurde. Mit dem Gesetz zur Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements wurde eine Haftungsprivilegierung für ehrenamtlich tätige Vorstände von Vereinen in das Gesetz aufgenommen. § 31 a BGB regelt, dass ehrenamtlich tätige Vorstände nur persönlich in Anspruch genommen werden können, wenn diese vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt haben. Dies bedeutet, dass eine zivilrechtliche Haftung nur bei schwerwiegenden Verfehlungen (bewusstes Fehlverhalten, billigende Inkaufnahme) greift. Diese Haftungsprivilegierung wird jedoch ausschließlich Ehrenamtlichen gewährt. Als ehrenamtlich gilt, wer unentgeltlich tätig ist, d.h. keine Vergütung für seine Tätigkeit oder lediglich die steuerrechtlich zulässige Ehrenamtspauschale in Höhe von 720 Euro im Jahr erhält. Es ist daher für die Rechtspraxis von erheblicher Bedeutung, ob Vorstände im Ehrenamt oder durch verdeckte Zahlungen als hauptamtlich Tätige zu qualifizieren wären. In diesem Kontext ist besonders darauf hinzuweisen, dass anhand der Satzung zu klären ist, ob die Vorstände ehrenamtlich tätig
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werden. Ehrenamtlich bedeutet, dass grundsätzlich keinerlei Zahlungen für die Ausübung der Tätigkeit geleistet werden dürfen. Hiervon nicht erfasst ist der bloße Aufwendungsersatz i.S.v. § 670 BGB. D.h. der Ersatz von Ausgaben, die im Zusammenhang mit der Ausübung der Tätigkeit entstanden sind (notwendige Fahrtkosten und Ähnliches) können erstattet werden. Es handelt sich nicht um eine Vergütung für eine Tätigkeit. Regelt die Satzung ausdrücklich die Ehrenamtlichkeit ohne Öffnungsklausel, besteht ein Vergütungsverbot. Eine Vergütung darf an Vorstände nur gezahlt werden, wenn die Satzung hierzu eine ausdrückliche Regelung enthält (§ 27 Abs. 3 Satz 2 BGB). Es empfiehlt sich daher, die Satzung in der Form auszugestalten, dass die Möglichkeit zur Zahlung einer Vergütung geschaffen wird. Dies gilt auch für die Zahlung der Ehrenamtspauschale. Werden Vergütungen gezahlt, ist zusätzlich sicherzustellen, dass diese als angemessen einzustufen sind. Es sollte unbedingt darauf verwiesen werden, dass mit der Zahlung einer Vergütung oberhalb der Ehrenamtspauschale die Haftungsprivilegierung des § 31 a BGB entfällt.
Steuerrechtliche Haftung der gesetzlichen Vertreter Die Haftungsprivilegierung, die der Gesetzgeber für zivilrechtliche Schadensersatzansprüche vorgesehen hat, greift nicht bei der Haftung für Steueransprüche. Das Steuerrecht regelt, dass die gesetzlichen Vertreter von Körperschaften neben der Körperschaft persönlich und unbeschränkt für Steuerschulden haften (§ 69 AO). Die Vorstände von Fördervereinen sind die gesetzlichen Vertreter. Eine Haftung für Steuerschulden greift in den Fällen, in denen Steuern verkürzt (grob fahrlässiges Verhalten) oder vorsätzlich hinterzogen worden sind. Dies kann in der täglichen Praxis auch unterjährig, beispielsweise im Bereich der Lohnsteuer oder der Umsatzbesteuerung der Fall sein. Erhebliche Steuernachforderungen können auch entstehen, wenn steuerbegünstigten Körperschaften rückwirkend die Gemeinnützigkeit entzogen wird und beispielsweise die Spendenhaftung für unzutreffend oder unrechtmäßig ausgestellte Spendenbescheinigungen eingreift.
Zwischenfazit Wer die Aufgabe eines Vorstandes eines Förderkreises übernimmt, trägt eine besondere Verantwortung. Sofern die Tätigkeit ehrenamtlich ausgeübt wird, besteht das Risiko einer persönlichen Inanspruchnahme für zivilrechtliche Risiken nur in geringem Umfang. Es ist jedoch erforderlich, genau zu bestimmen, ob und wenn ja in welchem Umfang Tätigkeiten hauptamtlich und nicht ehrenamtlich ausgeführt werden sollen. Zur Vermeidung zivilrechtlicher Ansprüche sollten alle Aktivitäten nach Maßgabe der Satzungsregelungen sowie der spezifischen gesetzlichen Vorschriften ausgeübt werden.
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4. S teuerrecht – G emeinnüt zigkeit – S phärensystematik – U msat zbesteuerung Die zuvor kurz skizzierte persönliche Haftung der gesetzlichen Vertreter – gegebenenfalls auch der besonderen Vertreter – verdeutlicht, dass eine Befassung mit den steuerrechtlichen Vorschriften unabdingbar ist. Allzu oft gehen Vorstände von gemeinnützigen Institutionen davon aus, dass steuerrechtliche Vorschriften für sie keine Rolle spielen. Diese Sichtweise basiert auf der Annahme, die repräsentierte Körperschaft sei durch Anerkennung der Gemeinnützigkeit – dokumentiert durch den Freistellungsbescheid – vollumfänglich steuerbefreit. Diese Einschätzung ist unzutreffend! Welche Steuerarten zu beachten sind, hängt von den Aktivitäten und den Tätigkeiten ab. Besondere Bedeutung haben • Körperschaftsteuer/Gewerbesteuer (Ertragssteuern); • Gemeinnützigkeitsrecht und • Umsatzsteuerrecht. Das Steuerrecht beurteilt insbesondere wie der Mittelzufluss, die Mittelbewirtschaftung und die Mittelverwendung eines Förderkreises zu qualifizieren sind. Hieraus leiten sich steuerliche Rechte und Handlungspflichten (Recht zur Ausstellung von Zuwendungsbestätigungen oder Erklärungspflichten) ab. Typische Einnahmequellen von Förderkörperschaften sind Mitgliedsbeiträge, Spenden, Erbschaften, Einnahmen aus Sponsoring, Zinsen, Mieten und Einnahmen aus eigenen Kulturveranstaltungen und damit zusammenhängendem Merchandising. Jede dieser Einnahmen ist sowohl ertrag- als auch umsatzsteuerlich gesondert zu würdigen. Dabei ist für die steuerliche Prüfung nicht die Bezeichnung der Einnahme entscheidend, sondern welche Tätigkeiten tatsächlich ausgeführt werden. Die zivilrechtliche Ausgestaltung (Verträge oder sonstige Vereinbarungen) der Aktivitäten bietet die Grundlage der steuerlichen Bewertung.
Körperschaftsteuerrecht und Gemeinnützigkeit Der typische Förderkreis tritt im Rechtsverkehr – wie oben erörtert – in der Rechtsform des e. V. auf. Es handelt sich daher um eine Körperschaft. Körperschaften sind eigenständige Rechtssubjekte. Sie sind nach den Regelungen des Körperschaftsteuergesetzes (KStG), sofern sie ihren Sitz im Inland haben, unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaftsteuersubjekte.2 Dies hätte grundsätzlich zur Folge, dass sie wie jede gewerbliche 2 | Zu Körperschaften zählen auch die Stiftung, die eG, GmbH oder AG; die Bestimmung der Rechtsform ist daher auch für die steuerrechtliche Qualifizierung von grundlegender Bedeutung.
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GmbH die allgemeinen Besteuerungsgrundsätze beachten müsste (Ermittlung des Einkommens, Besteuerung des Überschusses/Gewinns). Bestimmte Körperschaften werden jedoch von dieser Besteuerungspflicht ausgenommen. § 5 KStG regelt abschließend, welche Körperschaften, Organisationen oder Vermögensmassen von der Körperschaftsteuer befreit sind. Zu den körperschafsteuerbefreiten Körperschaften zählen die Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen, die nach ihrer Satzung, der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar den steuerbegünstigten Zwecken i.S.d. §§ 51 bis 68 der Abgabenordnung (AO) dienen.3 Diese Steuerbefreiung umfasst aber nicht die von der Körperschaft unterhaltenen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe.4 Der Begriff des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ist gesetzlich definiert.5 Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist eine selbständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht. Eine Gewinnerzielungsabsicht ist nicht erforderlich. Aus der Gesetzessystematik ergibt sich, dass eine Abgrenzung zwischen den ertragssteuerbefreiten Tätigkeitsbereichen und der steuerpflichtigen Sphäre des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs erforderlich ist, da auch eine grundsätzlich ertragssteuerbefreite Körperschaft parziell steuerpflichtig sein kann.
Grundlagen der Gemeinnützigkeit Der Befreiungstatbestand des § 5 KStG setzt zunächst voraus, dass die Körperschaft steuerbegünstigte (gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche) Zwecke im Sinne der Abgabenordnung (AO) verfolgt.6 Eine Körperschaft verfolgt gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern (§ 52 AO). Das Gesetz definiert in § 52 Abs. 2 AO, in welchen Bereichen Aktivitäten als Förderung der Allgemeinheit anzuerkennen sind. Hierzu zählen exemplarisch die unmittelbare Förderung von Wissenschaft und Forschung, die Förderung der Religion aber auch die Förderung von Kunst und Kultur.7 Der Zweck der Mittelbeschaffung ist nicht als gemeinnütziger i.S.d. § 52 AO festgelegt.
3 | § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG i.V.m §§ 51 ff. Abgabenordnung. 4 | § 5 Abs. 1 Nr. 9 S. 2 KStG. 5 | § 14 Abgabenordnung (AO). 6 | §§ 51 ff. AO; gemeinnützige Zwecke sind in § 52 AO genannt. 7 | § 52 Abs. 1 Nr. 5 AO.
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Gemeinnützigkeit von Förder vereinen Das Beschaffen von Mitteln, die in vollem Umfang für die Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke einer anderen Körperschaft dienen, wird vom Gemeinnützigkeitsrecht in einer gesonderten Vorschrift als die Allgemeinheit fördernde und damit steuerbegünstigte Aktivität qualifiziert. Die für Förderkreis grundlegende gesetzliche Regelung ist der § 58 Nr. 1 AO. Hiernach müssen die beschafften Mittel von einer anderen Körperschaft des privaten Rechts oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts für die Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke verwendet werden.8 Die gesetzliche Regelung schließt damit die direkte Weiterleitung von beschafften Mitteln an natürliche Personen aus. Die Anerkennung einer sogenannten Mittelbeschaffungskörperschaft als gemeinnützige Institution setzt voraus, dass die vollumfängliche bzw. überwiegende Weiterleitung der Mittel an andere steuerbegünstigte Körperschaften oder juristische Person des öffentlichen Rechts als Zweck in der Satzung zu verankern ist. Zudem ist in der Satzung der Zweck zu bestimmen, für den die Mittel beschafft werden.9 In der praktischen Handhabung ist vor einer Mittelweitergabe seitens des Vorstandes zu prüfen, ob die die Mittel empfangene Körperschaft Zwecke fördert, die in der Satzung der Förderkörperschaft als Förderzweck aufgeführt sind. Werden beschaffte Mittel an eine Körperschaft übertragen, die zwar als steuerbegünstigte Körperschaft anerkannt ist, jedoch gänzlich andere Zwecke als die Förderkörperschaft verfolgt, ist eine Weiterleitung unzulässig. Der Bundesfinanzhof hat in einer derartigen Konstellation einer Förderkörperschaft die Gemeinnützigkeit aberkannt, da eine Übereinstimmung der zu fördernden Zwecke nicht feststellbar war.10 In dem entschiedenen Fall kam der Bundesfinanzhof zu dem Ergebnis, dass die Vorstände gegen den Grundsatz der tatsächlichen Geschäftsführung verstoßen haben und daher die Gemeinnützigkeit abzuerkennen war. In der Praxis ist daher sorgsam zu prüfen, ob und inwieweit die zu fördernden Zwecke des Förderkreises und die Zwecke der empfangenen Körperschaft zumindest teilweise übereinstimmen. Werden die beschafften Mittel an eine steuerbegünstigte Körperschaft des privaten Rechts (e. V., Stiftung) transferiert, muss sich der Vorstand als Nachweis für die Steuerbegünstigung der geförderten Körperschaft einen gültigen Freistellungsbescheid oder eine gültige vorläufige positive Feststellung gemäß § 60 a AO der Mittelempfängerin vorlegen lassen. Werden die Mittel an eine juristische Person des öffentlichen Rechts weitergeleitet, entfällt dieser Nachweis. Förderkreise, die in ihrer Satzung die Förderung einer spezifischen Institution oder Einrichtung geregelt haben, dürfen ihre beschafften Mittel ausschließ8 | Vgl. Buchna, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht, 11. Auflage, Tz. 2.8.1. 9 | Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) zu § 58 Nr. 1 Tz. 1. 10 | BFH-Urteil vom 25. Juni 2014 – IR 41/12, BFH/NV 2015, S. 235.
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lich dieser Mittelempfängerin übertragen. Wird eine Erweiterung dieses Handlungsrahmens angestrebt, bedürfte es zunächst einer Satzungsänderung. Eine Weiterleitung von Mitteln unter Missachtung der Satzungsvorgabe könnte, wie in dem oben zitierten Fall, unmittelbar zum Entzug der Gemeinnützigkeit führen. Für Förderkörperschaften, die ihre Mittel an ausländische Körperschaften weiterleiten, besteht eine erhöhte Nachweispflicht. Die Förderkörperschaft muss nachweisen, dass es sich bei der Empfängerkörperschaft um eine solche handelt, die einer unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaft vergleichbar ist.11 Als Nachweis, dass eine ausländische Körperschaft zulässigerweise als Mittelempfängerin in Betracht kommt, ist beispielsweise die Satzung dieser Körperschaft anzufordern. Zudem ist darauf zu achten, dass die Aktivitäten bzw. die durchzuführenden Projekte der ausländischen Körperschaft im Einklang mit dem deutschen Gemeinnützigkeitsrecht stehen. Insbesondere bei diesen sogenannten Auslandssachverhalten kann die Finanzverwaltung einen qualifizierten Verwendungsnachweis verlangen.12 In der Praxis ist davon auszugehen, dass die Finanzverwaltung zum Nachweis der ordnungsgemäßen Mittelverwendung eine detaillierte Mittelverwendungsrechnung abfragt, um die Ordnungsmäßigkeit der Mittelverwendung nachvollziehen zu können. Darüber hinaus muss der Förderverein die allgemeinen formellen und materiellen Anforderungen an die Steuerbegünstigung erfüllen. Diese Voraussetzungen für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit müssen während des gesamten Veranlagungszeitraums erfüllt sein.13
Formelle Satzungsmäßigkeit Neben den spezifischen Anforderungen an die Satzung muss die Satzung weitere formelle Vorgaben gemäß § 60 AO erfüllen. Dies bedeutet, dass die Regelungen der gesetzlichen Mustersatzung in der Satzung enthalten sein müssen.14 Hierzu zählen unter anderem die genaue Bezeichnung eines gesetzlich bestimmten steuerbegünstigten Zwecks, die Darstellung der Art der Zweckverfolgung, die Aussage, dass diese Zwecke ausschließlich und unmittelbar verfolgt werden und wem das Vermögen im Fall der Auflösung der Körperschaft zufällt (sogenannte Vermögensbindungsklausel). Um sicherzustellen, dass die formellen Vorgaben erfüllt sind, empfiehlt sich das Überprüfen der bestehenden Satzung anhand der gesetzlichen Mustersatzung. Bei Neugründungen oder im Fall von Satzungsänderungen wird die Finanzverwaltung zwangsweise eingebunden und überprüft die formelle Satzungsmäßigkeit von Amts wegen.15
11 | Typenvergleich; vgl. BMF-Schreiben vom 24. Dezember 1999, BStBl 1999 IS. 1076. 12 | Vgl. Buchna, a.a.O., Tz. 2.8.1.3. 13 | §§ 59, 60 AO – Voraussetzung der Steuervergünstigung, Anforderung an die Satzung. 14 | § 60 Abs. 1 S. 2 AO i.V.m Anlage zur AO. 15 | § 60 a AO Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen.
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Materielle Gemeinnützigkeit Zudem muss die materielle Gemeinnützigkeit vorliegen. Dies bedeutet, dass die tatsächliche Geschäftsführung den formellen Satzungsbestimmungen entspricht, der Zweck ausschließlich und unmittelbar und unter Beachtung der Mittelverwendungsgrundsätze (zeitnahe Verwendung, Beachtung Begünstigungsverbot) verfolgt wird.16 Für Förderkörperschaften hat der Mittelverwendungsgrundsatz besondere Bedeutung. Als Ausprägung dieses Grundsatzes ist auch das sogenannte Begünstigungsverbot zu verstehen. Das Begünstigungsverbot besagt, dass keine Mitglieder oder Dritte durch Zuwendungen der Förderkörperschaft begünstigt werden dürfen. Anhand dieses Grundsatzes sind beispielsweise die Angemessenheit von Vergütungen oder laufende Aufwendungen zu überprüfen. In diesem Kontext steht auch die Problematik der Vergütung von Ehrenamtlern. Wie oben ausgeführt, darf eine Vergütung, auch in Höhe der Ehrenamtspauschale, nur auf der Grundlage einer ausdrücklichen Satzungsregelung erfolgen. Werden Vergütungen für die Tätigkeit gezahlt, ohne dass die Satzung dies zuließe, läge eine Mittelverwendung vor, die gemeinnützigkeitsschädlich ist. Die nachfolgende Abbildung 2 zeigt den vollständigen Funktionsmechanismus des Gemeinnützigkeitsrechts und kann als Orientierungshilfe bei der praktischen Arbeit genutzt werden. Sie soll verdeutlichen, dass die Satzung(szwecke) formelle Bedeutung haben und zugleich der Maßstab allen Handelns sind (blaues Dreieck). Hieraus folgt gemäß den gesetzlichen Regelungen die Sphärenzuordnung. Die Gemeinnützigkeitsgrundätze umkreisen die Körperschaft und sind bei allen Aktivitäten zu beachten.
Mittelbeschaffung durch Förderkörperschaft – ertragsteuerliche Qualifizierung – Vier-Sphären-Betrachtung Für die ertragsteuerliche Qualifizierung ist es erforderlich, die Aktivitäten den steuerlichen Sphären zuzuordnen. Wie bereits dargestellt, unterscheidet man im Ertragssteuerrecht (siehe Abbildung 3) die folgenden vier Sphären: • den ideellen Bereich; • den Bereich der Vermögensverwaltung; • den steuerbefreiten wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, den sogenannten Zweckbetrieb und • den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb.
16 | § 55 Abs. 1 AO.
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Abbildung 2: Gemeinnützigkeitsgrundsätze ©KPMG
Gemeinnützigkeitsgrundsätze Gemeinnützige, mildtätige, kirchliche Zwecke formelle Satzungsmäßigkeit tatsächliche Geschäftsführung
Ausschließlichkeit
ideeller Bereich
Vermögensverwaltung
Zweckbetrieb
stpfl. wiGB
Selbstlosigkeit
Mittelverwendung
Unmittelbarkeit
Abbildung 3: Sphärenbetrachtung Ertragsteuer ©KPMG Steuerliche Grundlagen
Sphärenbetrachtung Ertragsteuer
Ideeller Bereich
Zweckbetrieb
keine Körperschaft- und Gewerbesteuer
Vermögensverwaltung
wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (wiGB)
Körperschaft-/ Gewerbesteuer (ca. 30% Steuerbelastung)
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Einnahmen aus Tätigkeiten und Aktivitäten, die dem ideellen Bereich, der Vermögensverwaltung oder dem Zweckbetrieb zuzuordnen sind, werden von der Ertragsteuerbefreiung vollumfänglich erfasst.17 Einnahmen, die aus Tätigkeiten resultieren, die als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zu qualifizieren sind, unterliegen der normalen Systematik der Ertragsbesteuerung (Belastung mit ca. 30 Prozent Körperschaft- und Gewerbesteuer). Die Mittelbeschaffung kann darüber hinaus durch das Begründen oder Unterhalten eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes erfolgen. Das Unterhalten eines wirtschaftlichen Betriebs ist gemeinnützigkeitsrechtlich zulässig. Für Förderkörperschaften gilt, dass diese selbst dann als gemeinnützig anzuerkennen sind, wenn die Mittelbeschaffung vollständig durch den Unterhalt steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe erfolgt.18 Die aus dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erzielten Einkünfte müssen normal versteuert werden und nach Maßgabe des § 58 Nr. 1 AO weitergeleitet werden.
Steuerliche Qualifizierung von Einnahmen Unter dem schillernden Begriff des Fundraising verbergen sich unterschiedlichste Einnahmearten. Jede einzelne Einnahmeart ist gesondert zu würdigen, so dass eine ordnungsgemäße steuerrechtliche Behandlung gewährleistet werden kann.
Mitgliedsbeiträge Zu den typischen Einnahmen von Förderkreisen zählen die Mitgliedsbeiträge. Diese werden nach Maßgabe der Satzungsvorschriften an den Förderkreis gezahlt. Mitgliedsbeiträge werden grundsätzlich dem ideellen und damit dem körperschaftsteuerbefreiten Bereich zugerechnet. Sie stellen aus ertragsteuerlicher Sicht steuerfreie Einnahmen dar, für die an das fördernde Mitglied eine Zuwendungsbestätigung ausgestellt werden kann. Notwendig ist, dass die Mitgliedsbeiträge entsprechend den Mittelverwendungsgrundsätzen für die steuerbegünstigten Zwecke zeitnah verwendet werden. Es ist grundsätzlich nicht gestattet, den Mitgliedern im Rahmen ihrer Mitgliedschaft Vergünstigungen, die über den Mitgliedsbeitrag finanziert werden, zuteilwerden zu lassen. Es ist nicht zu beanstanden, wenn Mitglieder von Kulturfördervereinen unentgeltlichen Zugang zu den geförderten Kulturinstitutionen oder andere Annehmlichkeiten erhalten. Es ist jedoch unzulässig, im Rahmen von Veranstaltungseröffnungen den Mitgliedern geldwerte Vorteile zu gewähren. Derartige Vorteilsgewährungen würden seitens der Finanzverwaltung als Verstoß gegen das Begünstigungs-
17 | Sphärensystematik ergibt sich aus § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG i.V.m. §§ 14, 64 AO. 18 | AEAO zu § 56 Tz. 1.
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verbot gewertet werden. Der Mitgliedsbeitrag dürfte in diesen Fällen nicht oder jedenfalls nicht in vollem Umfang zum Spendenabzug zugelassen werden.19
Spendenbeiträge Auch Spenden zählen zu den typischen Einnahmen von Förderkreisen. Aus zivilrechtlicher Sicht handelt es sich bei einer Spende um eine Schenkung. Mithin handelt es sich um eine Zuwendung von Geld- oder Sachmitteln, die der Schenker freigebig ausführt. Freigebig bedeutet, dass der Förderer keinerlei Gegenleistung erwartet und endgültig entreichert ist. Spenden sind ebenfalls der Sphäre des ideellen Bereichs zuzuordnen. Sie unterliegen nicht der Körperschaftsbesteuerung. Der Förderverein ist berechtigt, für Spenden eine Zuwendungsbestätigung i.S.d. § 10 b EStG auszustellen. Bei der Ausstellung von Zuwendungsbestätigungen ist zwischen Geld- und Sachspenden zu unterscheiden, da unterschiedliche Spendenbescheinigungen auszustellen sind. Sogenannte Aufwandsspenden sind den Geldspenden zuzurechnen. Nicht selten verfügen die Förderer darüber, dass die gespendeten Mittel für spezifische Aufgaben oder Projekte zu verwenden sind. In diesen Fällen spricht man von Spenden unter Auflage. Ungeachtet der Auflage, die auferlegt wurde, bleiben auch derartige Spenden ertragsteuerbefreit.
Sponsoring Eine der wichtigsten Unterscheidungen für Fördervereine besteht in der klaren Abgrenzung, ob der Mittelzufluss als Spende oder als Sponsoringeinnahme zu qualifizieren ist. Das Sponsoring unterscheidet sich von der Spende im Kern dadurch, dass der Sponsor sich in aller Regel vertraglich verpflichtet, eine Unterstützungsleistung zu erbringen und im Gegenzug dafür vom Gesponserten eine Gegenleistung erhält. Die Gegenleistung des Gesponserten kann in unterschiedlichen Aktivitäten bestehen, die für sich jeweils gesondert zu betrachten sind. Die häufigsten Gegenleistungen sind der Hinweis auf Plakaten, der Aufdruck des Logos auf Eintrittskarten, der Hinweis auf den Sponsor in Katalogen, die Präsenz im Internet durch Logo und Namensnennung des Sponsors auf der Internetseite des Gesponserten. Darüber hinaus wird oft auch die Möglichkeit eingeräumt, dass der Sponsor mit der Unterstützung der Kulturinstitution werben darf. Welche steuerlichen Konsequenzen sich aus dem Abschluss einer Sponsoringvereinbarung ergeben, ist in zwei Stufen – idealerweise – vor Vertragsabschluss zu prüfen. Auf der ersten Stufe ist zu prüfen, ob die Einnahmen aus dem Sponsoring aufgrund ihrer Art und Qualität Gegenstand der Körperschaftsbesteuerung sind. Konkret geht es um die Frage, ob das Sponsoring dem Bereich der Vermö19 | Zur Abzugsfähigkeit hat die Finanzverwaltung in verschiedenen Erlassen Stellung genommen; das BMF-Schreiben vom 19.1.2006, BStBl. I 2006, S. 216 wurde mit BMFSchreiben vom 13.12.2006 ausgesetzt.
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gensverwaltung oder dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnen ist. Zur Beantwortung dieser Frage wurden in dem sogenannten Sponsoringerlass bestimmte Eckpunkte definiert, um diese Zuordnung vornehmen zu können. Grundsätzlich wird dabei für steuerliche Zwecke zwischen dem passiven Sponsoring und dem aktiven Sponsoring unterschieden.20
Passives Sponsoring Von einem passiven Sponsoring spricht man, wenn auf den Sponsor ohne besondere Hervorhebung hingewiesen wird.21 In diesen Fällen ist davon auszugehen, dass es sich um bloße Duldungsleistungen seitens des Gesponserten handelt. Wann ein Hinweis ohne besondere Hervorhebung vorliegt, ist in jedem Einzelfall zu klären und gegebenenfalls mit der zuständigen Finanzverwaltung abzustimmen. Als bloße Duldungsleistung können anzusehen sein der Abdruck eines Logos in kleiner Schrift auf einem Veranstaltungsplakat oder die Nennung des Sponsors auf der Internetseite ohne Abbildung des Logos. Das passive Sponsoring wird für die Zwecke der Ertragsbesteuerung entweder dem ideellen Bereich oder der Vermögensverwaltung zugeordnet.22 Demzufolge unterliegen Einnahmen aus einem passiven Sponsoring nicht der Ertragsbesteuerung und sind von der Steuerbefreiung umfasst.
Aktives Sponsoring Ein aktives Sponsoring liegt vor, wenn der Gesponserte werbend auf den Sponsor hinweist, d.h. an den Werbemaßnahmen mitwirkt. Davon ist auszugehen, wenn bei der Durchführung von Veranstaltung in besonderer Art und Weise und besonders hervorgehoben der Sponsor wahrnehmbar ist und aktiv seine Produkte beworben werden. Als aktive Werbemaßnahme seitens des Gesponserten wird beispielsweise auch angesehen, wenn das Logo des Sponsors auf der Internetseite des Gesponserten verlinkt ist. Die Qualifizierung als aktives Sponsoring hat erhebliche steuerrechtliche Konsequenzen. Das aktive Sponsoring wird als Tätigkeit des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes eingestuft. Der Gewinn aus einem aktiven Sponsoring unterliegt der normalen Ertragsbesteuerung d.h. er wird mit ca. 30 Prozent Ertragsteuer belastet. Da die Ermittlung eines steuerpflichtigen Gewinns im Bereich des Sponsoring aufwendig und kompliziert sein kann, eröffnet das Gesetz die Möglichkeit der sogenannten Gewinnpauschalierung (§ 64 Abs. 6 Nr. 1 AO). Hiernach werden 15 Prozent der Sponsoringseinnahmen als Gewinn angesehen und der Besteuerung unterworfen. Es ist darauf hinzuweisen, dass ein Förderkreis, der aktives Sponsoring betreibt, insoweit als Steuerpflichtiger diese 20 | AEAO zu § 64 Tz. 7ff. 21 | AEAO zu § 64 Tz. 9. 22 | AEAO zu § 64 Tz. 9; die Finanzverwaltung ordnet diese Tätigkeiten dem ideellen Bereich zu.
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Einnahmen gegenüber dem Finanzamt im Rahmen der Jahressteuererklärung anzuzeigen und die darauf entfallenden Steuer abzuführen hat.23 Die nachfolgende Abbildung 4 stellt die Unterschiede des passiven und aktiven Sponsorings systematisch dar. Abbildung 4: Sponsoring: Voraussetzungen ©KPMG Steuerliche Grundlagen
Sponsoring: Voraussetzungen Sponsoring Wie erfolgt der Hinweis auf die Kooperation?
Hinweis ohne besondere Hervorhebung, d.h. — bloßer Hinweis auf Plakaten, Veranstaltungshinweisen, Katalogen, im Internet o.ä. — keine Verlinkung durch Stiftung oder die Kooperationspartner — Berliner FinVerw: keine Logo-Nennung!
Werbender Hinweis, d.h. — besondere Hervorhebung — Unternehmensdarstellung durch Stiftung — Verlinkung durch Stiftung — ausdrückliche Einräumung des Rechts (durch Stiftung an den Kooperationspartner), die Kooperation im Rahmen eigener Werbung zu vermarkten
Duldungsleistungen
Klassische Werbeleistungen (aktive Mitwirkung)
PASSIVES Sponsoring
AKTIVES Sponsoring
Die unterschiedliche steuerrechtliche Behandlung von passivem und aktivem Sponsoring macht es erforderlich, dass sich Förderkreise und deren Vertreter vor Vertragsabschluss im Klaren darüber sein müssen, welche Kategorie tatsächlich vorliegt. In den abzuschließenden Sponsoringverträgen sollte daher in jedem Fall auch eine Regelung aufgenommen werden, die sich mit der Frage befasst, ob die vereinbarte Sponsoringsumme der Umsatzbesteuerung zu unterwerfen ist. Aus Vorsichtsgründen empfiehlt es sich zu regeln, dass die Sponsoringeinnahmen zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer geschuldet werden. Sofern größere Sponsoringaktivitäten entfaltet oder beispielsweise langfristige Vereinbarungen geschlossen werden sollen, sollte die steuerliche Qualifizierung des Sponsorings zudem mit der Finanzverwaltung abgestimmt werden. Hierfür eignet sich das verfahrensrechtliche Instrument der Einholung einer sogenannten »verbindlichen Auskunft« beim Finanzamt. Mit der verbindlichen Auskunft besteht die Möglichkeit, vor Vertragsabschluss Rechtssicherheit für den Förderverein zu erlangen. Zudem kann für eine Überprüfung der Umsatzsteuerpflicht die nachfolgende Checkliste (Abbildung 5) angewandt werden.
23 | Dies gilt nur, wenn die Einnahmen des Wirtschaftlichen über 35.000 Euro liegen.
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Charity-Aktivitäten In der Praxis erfreut sich die Durchführung von Charity-Aktivitäten großer Beliebtheit. Hierzu zählen Sportveranstaltungen ebenso wie Auktionen. Bei der Durchführung von Kunstauktionen zur Vereinnahmung größerer Förderbeträge ist besonderes Augenmerk auf die zivilrechtliche Ausgestaltung, Vorbereitung und Durchführung zu legen. Werden die zur Verfügung gestellten Kunstwerke im eigenen Namen und auf eigene Rechnung des Fördervereins verauktioniert, besteht das ertragsteuerliche Risiko, dass die Finanzverwaltung diese Tätigkeit als gewerblichen Kunsthandel klassifiziert. Die Einnahmen aus der Auktion unterlägen dann in vollem Umfang der Ertragsbesteuerung. Es ist daher darauf zu achten, dass die Auktion im fremden Namen und auf fremde Rechnung durchgeführt und sichergestellt wird, dass der Förderverein zu keinem Zeitpunkt Eigentümer der zur Auktion anstehenden Kunstwerke wird. Verauktioniert der Förderkreis die Kunstobjekte im fremden Namen und auf fremde Rechnung, fließen ihm die Auktionseinnahmen als reine Geldspenden zu. Spender sind die Personen, die Kunstwerke für die Auktion zur Verfügung stellen. Ihnen können in Höhe des Auktionserlöses Zuwendungsbestätigungen erteilt werden. Abbildung 5: Checkliste ©KPMG Steuerliche Grundlagen
Checkliste Fundraising
nichts
„Sponsoring“: Hinweis auf die Kooperation
Beratung
Lizenz
Hinweis ohne besondere Werbender Hinweis, d.h. Hervorhebung, d.h. — Unternehmensdarstellung (mit Logo) — bloßer Hinweis auf Plakaten, — Verlinkung durch Stiftung Veranstaltungshinweisen, — ausdrückliche Einräumung des Rechts Katalogen, im Internet o.ä. (durch Stiftung an den Kooperations— keine Verlinkung durch Stiftung partner), die Kooperation im Rahmen oder den Kooperationspartner eigener Werbung zu vermarkten
Spende
passives Sponsoring
aktives Sponsoring
Leistung
Ideeller Bereich/VV?
Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb
VV
0% Umsatzsteuer
19% Umsatzsteuer
19 oder 7%(a)
Anm.: (a) sofern Urheberrecht, sonst 19% © 2016 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, ein Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Der Name KPMG und das Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International.
Anhand dieses Beispiels wird deutlich, welche Bedeutung, die rechtliche Ausgestaltung eines Vorganges haben kann. Auch insofern ist es ratsam, vor Durchführung derartiger Aktivitäten eine detaillierte rechtliche und steuerliche Prüfung vorzunehmen, um erhebliche Steuerbelastungen verbunden mit Haftungsrisiken zu vermeiden.
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Umsatzbesteuerung von Einnahmen Ungeachtet des Gemeinnützigkeitsstatus muss in der täglichen Praxis eine gesonderte umsatzsteuerliche Prüfung durchgeführt werden. Die Anerkennung als gemeinnützige Körperschaft begründet keine generelle Befreiung bei der Umsatzsteuer. Die Umsatzsteuer beurteilt ausschließlich die Art der Tätigkeit. Die Rechtsform der Körperschaft oder deren steuerlicher Status ist bei der Frage der Umsatzsteuerbarkeit unerheblich. Es ist zu klären, ob Tätigkeiten, die zu Einnahmen führen als unternehmerische Tätigkeiten zu werten sind. Wird die unternehmerische Tätigkeit bejaht, muss gesondert geprüft werden, ob Leistungen umsatzsteuerlicher Regelungen (§ 4 UStG) von der Umsatzbesteuerung zu befreien sind.24 Die folgende Abbildung 6 zeigt stark vereinfacht die umsatzsteuerliche Systematik. Abbildung 6: Sphärenbetrachtung Umsatzsteuer ©KPMG Steuerliche Grundlagen
Sphärenbetrachtung Umsatzsteuer
nichtunternehmerischer Bereich
nicht umsatzsteuerbar
unternehmerischer Bereich
1. umsatzsteuerbar 2. Prüfung Umsatzsteuerbefreiung 3. ggfs. Vorsteuerabzug
Als Unternehmer agiert, wer eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen ausführt. Entscheidend ist daher, ob ein synallagmatischer Leistungsaustausch vorliegt, d.h. ob eine Tätigkeit entfaltet wird, um eine konkrete Gegenleistung zu erhalten. Die typischen Einnahmen (s.o.) sind wie folgt grundsätzlich umsatzsteuerlich zu qualifizieren. 24 | Das Umsatzsteuerrecht ist in der EU harmonisiert; zur Klärung umsatzsteuerlicher Sachverhalte sind die Regelungen des UStG, aber auch die Regelungen der Mehrwertsteuersystemrichtlinie zu prüfen.
Fördern ohne Risiko – rechtliche und steuerliche Rahmenbedingungen
Spenden Für Spenden ist davon auszugehen, dass es sich nicht um Entgelte für eine spezifische Leistung handelt. Spenden sind wie oben dargestellt dadurch gekennzeichnet, dass der Geldgeber keine Gegenleistung erwartet. Mithin handelt es sich um Einnahmen die nicht umsatzsteuerbar sind.
Mitgliedsbeiträge Die umsatzsteuerliche Behandlung von Mitgliedsbeiträgen erfolgt in Deutschland nach dem Kriterium, ob es sich um sogenannte echte oder unechte Mitgliedsbeiträge handelt. Nach deutschem Rechtsverständnis unterliegen echte Mitgliedsbeiträge, d.h. solche Beiträge, die erhoben werden, damit der Verein in Lage versetzt werden kann, seine Aufgaben zu erfüllen, nicht der Umsatzbesteuerung. Sie stellen kein Entgelt für eine Leistung dar. Es bedarf jedoch einer Prüfung des Einzelfalls, wenn im Zusammenhang mit der Zahlung des »Beitrags« auch Sonderleistungen gleich welcher Art gewährt werden.25 Mitgliedsbeiträge müssen gleich hoch sein oder nach einem für alle Mitglieder verbindlichen gleichmäßigen Bemessungsmaßstab errechnet werden, um als echte Mitgliedsbeiträge zu gelten.
Sponsoring im Umsatzsteuerrecht Passives und aktives Sponsoring werden auch für Zwecke der Umsatzbesteuerung unterschiedlich behandelt. Nach Auffassung der Finanzverwaltung sind Einnahmen aus einem Sponsoringvertrag nicht umsatzsteuerbar, wenn auf den Sponsor lediglich hingewiesen wird.26 Dieser Hinweis kann unter Verwendung des Logos, Namens oder Emblems jedoch ohne besondere Hervorhebung erfolgen. Dies sind in aller Regel die Fälle, die ertragsteuerlich als passives Sponsoring qualifiziert werden. Sponsoringeinnahmen unterliegen allerdings dann der Umsatzbesteuerung, wenn auf den Sponsor unter besonderer Hervorhebung hingewiesen wird oder dem Sponsor das Recht eingeräumt wird, die Sponsoringmaßnahme im Rahmen eigener Werbung zu vermarkten. Dies sind die Fälle, die als aktives Sponsoring zu qualifizieren sind. Liegt ein aktives Sponsoring vor, sind die Sponsoringeinnahmen mit dem vollen Umsatzsteuersatz von 19 Prozent zu versteuern. Es ist daher wichtig, dass in der Praxis in den Sponsoringvereinbarungen geregelt wird, ob das Sponsoringentgelt zuzüglich oder inklusive der gesetzlichen Mehrwertsteuer vereinbart wird. Die Sponsoringvereinbarung sollte eine Regelung zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer vorsehen. Sofern es sich um ein umsatzsteuerbares und -pflichtiges Sponsoring handelt, ist der Förderverein verpflichtet, nach Leistungserbringung eine ordnungsgemä25 | Umsatzsteueranwendungserlass (UStAE) Tz. 1.4 Abs. 1. 26 | UStAE 1.1 Abs. 23.
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ße Rechnung im Sinne des Umsatzsteuerrechtes auszustellen. In dieser ist neben anderen Punkten auch der Umsatzsteuerbetrag offen auszuweisen. Werden umsatzsteuerpflichtige Aktivitäten ausgeführt, ergeben sich hieraus umsatzsteuerliche Erklärungspflichten gegenüber der Finanzverwaltung. Zudem sind die vereinnahmten Steuerbeträge anzumelden und an das Finanzamt abzuführen. Dabei handelt es sich nicht um eine Erklärungspflicht, die erst zum Jahresende zu erfüllen ist. Die Umsatzsteuer wird grundsätzlich in dem Zeitpunkt fällig, in dem die Leistung ausgeführt wird. Für nicht ordnungsgemäß abgeführter Umsatzsteuer haftet neben der Körperschaft auch der gesetzliche Vertreter. Bei nicht ordnungsgemäßer Handhabung kann der Vorwurf einer Steuerverkürzung bzw. Steuerhinterziehung erhoben werden.
5. A k tuelle steuerliche O rganisationsvorschrif ten Das Thema Digitalisierung ist allgegenwärtig und beherrscht die aktuelle Diskussion. Auch für Vereine ist das Thema von Relevanz. Die Digitalisierung macht schon seit einigen Jahren auch vor dem Steuerrecht nicht Halt. Aus diversen steuerlichen Regelungen ergeben sich konkrete Anforderungen, um sich rechtskonform und rechtssicher (tax compliant) zu verhalten. Dabei sind sie nicht nur ein notwendiges Übel: Diese Neuregelungen eröffnen zugleich die Möglichkeit gegebenenfalls notwendige organisatorische und strukturelle Anpassungen im Rahmen einer digitalen Gesamtstrategie auf den Weg zu bringen.
Was die Finanzver waltung ab 2018 er wartet Der Gesetzgeber hat in den vergangenen Jahren diverse Regelungen geschaffen, die den neuen technischen Möglichkeiten Rechnung tragen. So besteht für Steuerpflichtige in bestimmten Fällen die Verpflichtung, sogenannte E-Bilanzen an die Finanzverwaltung zu übermitteln, die die Grundlage der Besteuerung bilden. In einem Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen (aus 2014) zu den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Führung und Auf bewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff – kurz GoBD – wurden die spezifischen Dokumentations- und Nachweisverpflichtungen festgelegt. Für diese zeichnen in aller Regel die gesetzlichen Vertretungsorgane verantwortlich. Im Jahr 2016 wurden diese Verpflichtungen mit dem Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens (StModG) sowie dem Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen ergänzt und durch grundlegende Verwaltungsanweisungen weitere Regelungen geschaffen. Ein Ziel dieser Regelungen ist, die steuerliche Veranlagung vollumfänglich elektronisch durchführen zu können. Im Folgenden soll auf einige wichtige Aspekte hingewiesen
Fördern ohne Risiko – rechtliche und steuerliche Rahmenbedingungen
werden, die auch für steuerbegünstigte Körperschaften erhebliche Bedeutung haben.
Was das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens bedeutet In der Praxis wird oft die Frage gestellt, ob diese verfahrensrechtlichen Regelungen auch für Vereine gelten. Die Frage kann klar bejaht werden. Vereine sind Steuersubjekte. Sie müssen, vertreten durch ihre Vorstände, Steuererklärungen nach Maßgabe der gesetzlichen Regelungen einreichen. Der Status der Gemeinnützigkeit befreit nicht von den Erklärungspflichten. Daher gelten die Neuregelungen des StModG auch für diese Körperschaften. Sie müssen von diesen beachtet werden, um die Steuerbegünstigung nicht zu gefährden. Welche Steuererklärungen einzureichen sind, hängt von den Aktivitäten des jeweiligen Vereins ab. Typischerweise werden jährlich Umsatzsteuer- und Körperschaftsteuererklärungen sowie gegebenenfalls die sogenannte Gemeinnützigkeitserklärung beim Finanzamt eingereicht. Bereits heute werden Steuererklärungen im Rahmen eines elektronischen Veranlagungsprozesses an die Finanzverwaltung übersandt. Mit dem StModG soll nun die Gleichmäßigkeit der Besteuerung sichergestellt werden. Dabei soll zukünftig ausschließlich eine automationsgestützte Bearbeitung der Steuererklärung erfolgen. Die Frist zur Abgabe der Steuererklärung wurde auf sieben Monate nach Ablauf des Besteuerungszeitraums verlängert, bei Einschaltung eines Steuerberaters bis Ende Februar des zweiten Jahres nach dem Besteuerungszeitraum. Zudem sehen die gesetzlichen Neuregelungen vor, dass die elektronische Kommunikation zwischen der Finanzverwaltung und den Steuerpflichtigen, beispielsweise durch die elektronische Bereitstellung von Steuerbescheiden, ausgebaut werden soll. Außerdem sollen aus den bisher bekannten Belegvorlagepflichten Belegvorhaltepflichten werden. Sofern Belege elektronisch vorgehalten werden, verkürzt sich die Auf bewahrungsfrist von zehn auf sieben Jahre. Die gesetzlichen Neuregelungen gelten ab dem Veranlagungsjahr 2018 und sind ein weiterer Schritt zum vollständigen elektronischen Veranlagungsverfahren. Ein wichtiges Ziel des Gesetzgebers ist die Selbstveranlagung des Steuerpflichtigen. Das heißt der Steuerpflichtige meldet seine Steuer beim Finanzamt an – wie schon heute im Rahmen der Umsatzsteuerveranlagung – und erhält nur noch dann einen Steuerbescheid, wenn die Finanzverwaltung der angemeldeten Steuer nicht zustimmt. Dadurch trägt der Steuerpflichtige eine wachsende Verantwortung für die Vollständigkeit und Richtigkeit der abzugebenden Erklärungen. Jeder Vorstand eines Vereins ist daher gehalten zu prüfen, ob die bestehenden Systeme und Abläufe geeignet sind, diesen Anforderungen zu genügen. Die gesetzlichen Vertreter tragen hierfür persönlich die Verantwortung. Bei Verstößen kann dies auch persönliche Haftungskonsequenzen nach sich ziehen.
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Für gemeinnützige Verbände ist auch die Thematik der elektronischen Spendenbescheinigung wichtig. Das Modernisierungsgesetz enthält weiterführende Vorgaben beziehungsweise Klarstellungen zur Anwendung von elektronischen Verfahren zur Erstellung einer Zuwendungsbestätigung. So kann künftig eine elektronisch erstellte Spendenbescheinigung an die zuständige Finanzverwaltung übermittelt werden.
Warum ein innerbetriebliches »Kontrollsystem Steuern« notwendig ist Neben den gesetzlichen Neuregelungen hat die Finanzverwaltung wichtige Neuerungen hinsichtlich der Möglichkeit der Änderung von Steuererklärungen veröffentlicht. Bisher bestand die Möglichkeit, beziehungsweise die Verpflichtung, eine einfache Änderung von Steuererklärungen vorzunehmen, wenn dem Steuerpflichtigen nach Abgabe der Erklärung aufgefallen ist, dass bei der Abgabe der Steuererklärung Fehler unterlaufen sind oder diese unvollständig war. Steuerstrafrechtliche Konsequenzen ergaben sich für die Handelnden hieraus in der Regel nicht. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat am 23. Mai 2016 in einem koordinierten Ländererlass bekannt gegeben, unter welchen Voraussetzungen der Steuerpflichtige, das heißt der gesetzliche Vertreter, zukünftig eine einfache Änderung der Steuererklärung vornehmen darf. Ein wesentlicher Aspekt ist dabei, ob ein innerbetriebliches Kontrollsystem Steuern (IKS Steuern) implementiert worden ist. Das BMF gibt vor: »Hat der Steuerpflichtige ein innerbetriebliches Kontrollsystem eingerichtet, das der Erfüllung der steuerlichen Pflichten dient, kann dies gegebenenfalls ein Indiz darstellen, das gegen das Vorliegen eines Vorsatzes oder der Leichtfertigkeit sprechen kann, jedoch befreit dies nicht von einer Prüfung des jeweiligen Einzelfalls.« 27
Diese Formulierung kann dahingehend verstanden werden, dass Steuerpflichtige fehlerhafte oder unvollständige Steuererklärungen nur noch dann ohne ordnungswidrigkeits- oder strafrechtliche Konsequenzen berichtigen können, wenn ein IKS Steuern eingerichtet worden ist. Welchen Umfang ein derartiges Tax Compliance-System haben sollte, hängt sicherlich vom Umfang der Aktivitäten ab. Es wird daher auch Vereine geben, die kein umfangreiches IKS Steuern benötigen. Ein dokumentiertes IKS Steuern dient aber in jedem Fall als Nachweis, dass der Steuerpflichtige sich mit seinen steuerlichen Themen auseinandergesetzt und im Vorhinein alles Erforderliche unternommen hat, um Fehler zu vermei27 | BMF-Schreiben vom 23. Mai 2016 zur Ergänzung des AEAO zu § 153 – Berichtigung von Erklärungen.
Fördern ohne Risiko – rechtliche und steuerliche Rahmenbedingungen
den. Dem Vorliegen eines IKS Steuern kommt damit in der betrieblichen Praxis zukünftig eine sehr große Bedeutung zu (Möglichkeit der Exkulpation). Hat der Steuerpflichtige kein Tax Compliance-System implementiert, kann die Finanzverwaltung unterstellen, dass der Steuerpflichtige leichtfertig beziehungsweise durch Unterlassen bedingt vorsätzlich die Fehlerhaftigkeit billigend in Kauf genommen hat. Neben der Pflicht zur Korrektur fehlerhafter Steuererklärungen, tritt demzufolge zugleich der mögliche Vorwurf einer Ordnungswidrigkeit beziehungsweise, bei bedingtem vorsätzlichem Handeln, einer Steuerstraftat. Die Einführung eines IKS Steuern dient damit in erheblichem Umfang der Absicherung der Vertretungsorgane zur Abwendung möglicher steuerlicher Haftungsrisiken. In der Praxis sollten daher die Verantwortlichen in der Weise vorgehen, dass sie ihre jeweiligen Tätigkeitsfelder einer steuerrechtlichen Qualifizierung unterziehen. Auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass genau bestimmt werden kann, welche steuerlichen Konsequenzen sich aus einzelnen Aktivitäten ergeben. Beispielsweise kann bestimmt werden, ob Aktivitäten als Maßnahmen des ideellen Bereiches oder aber des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes zu qualifizieren sind. Werden Aktivitäten ausgeübt, die als Maßnahmen des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes gelten, muss sichergestellt sein, dass der Verein gegenüber der Finanzverwaltung erklärt, dass solche Aktivitäten ausgeübt werden und dass gegebenenfalls erforderliche Umsatzsteuerverpflichtungen ordnungsgemäß (Rechnungsstellung, Anmeldung und Abführung der Steuer) erfüllt worden sind. Insofern ist auch darauf hinzuweisen, dass zukünftig die Wirtschaftsprüfer im Rahmen ihrer Jahresabschlussprüfung überprüfen sollen, ob das Unternehmen bzw. der Verein ein IKS Steuern vorhält und ob dieses die erforderlichen Grundelemente umfasst. Diese sind im sogenannten Prüfungsstandard (PS) 980 der Wirtschaftsprüfer festgelegt. Die Grundelemente der Tax Compliance sind Kultur, Ziele, Organisation, Risiken, Programm, Kommunikation sowie Überwachung und Verbesserung.
6. S chlussbemerkung Ein Fördern ohne Risiko ist aus rechtlicher und steuerlicher Sicht möglich. Werden die rechtlichen und steuerlichen Themen bei der Planung und vor Durchführung von Projekten berücksichtigt, können geeignete Vorgehensweisen bestimmt werden, um Risiken zu minimieren. Um den Dokumentationspflichten zu entsprechen, empfiehlt es sich, Verträge schriftlich zu schließen. Zudem sollte jeder Vorstand oder Geschäftsführer dokumentieren, dass alle Tätigkeitsfelder steuerrechtlich qualifiziert wurden und hierauf auf bauend ein adäquates Kontrollsystem implementiert worden ist. Dies dient der Absicherung des Vereins und der verantwortlich handelnden Vorstände.
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Es ist sicherzustellen, dass der Verein über die technischen Möglichkeiten verfügt, die Vorgaben des elektronischen Veranlagungsverfahrens zu erfüllen (Datensicherheit, Datenübermittlung, Archivierung, Nutzung zertifizierter elektronischer Systeme), um auch in Zukunft rechtssicher handeln zu können.
B. Akteure
Organisierte Freundeskreise Zur Arbeitsweise des Bundesverbands der Fördervereine Deutscher Museen für bildende Kunst e. V. und der World Federation of Friends of Museums (WFFM) Kathrin Erggelet
I. D er deutsche B undesverband 1. Gründung und Zweck Wo lernt man, ehrenamtlicher Vorstand eines Freundeskreises zu sein? Einen Verein zu gründen, Mitglieder zu werben, Geld zu beschaffen oder attraktive Veranstaltungsprogramme zu entwerfen, stand bei den wenigsten Betroffenen auf dem Lehrplan. Dabei sind die Aufgaben vielfältig, und kaum ein Vereinsvorsitzender oder Vorstandsmitglied kann zu ihrer Bewältigung auf die eigenen hauptamtlichen Erfahrungen zurückgreifen. Anders als im Berufsleben wird ein Vereinsvorstand nur selten Expertise von außen einkaufen, denn das Geld ist in der Regel knapp und seine Verwendung im gemeinnützigen Bereich streng reglementiert. In den meisten Fällen ist ein Vorstand also auf sich gestellt, übernimmt Wissen und Usancen von den Vorgängern und lernt bei neuen Projekten durch Trial and Error. Interessanterweise scheint es bis Ende der 1990er Jahre die Ausnahme gewesen zu sein, sich Rat und Anregung bei anderen Freundeskreisen zu holen. Sei es, dass diese als Konkurrenten im Werben um Mitglieder und Spenden betrachtet wurden, sei es, dass die eigene Vereinsarbeit als ausreichend erfolgreich galt – ein Austausch von Freundeskreisen untereinander fand nur selten statt. Das bedauerten um die Jahrtausendwende einige norddeutsche Freundeskreise von Kunstmuseen und suchten nach Möglichkeiten, dem regelmäßigen Austausch eine Plattform zu bieten. Im Januar 2003 wurde daraufhin der Bundesverband der Fördervereine Deutscher Museen für bildende Kunst e. V. gegründet. »Zweck des Vereins ist es, die Arbeit der Fördervereine deutscher Museen in ihrer
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jeweils individuellen Aufgabenstellung zu stärken und zu fördern. Der Verein dient der gemeinsamen Interessenvertretung. Zur Erfüllung dieser Aufgaben soll ein regelmäßiger und intensiver Erfahrungs- und Gedankenaustausch erfolgen.«1 Mitglied werden können Vereine, die ein deutsches Kunstmuseum oder Ausstellungshaus für bildende Kunst unterstützen. Dem Verband gehören heute 87 Freundeskreise und Fördervereine an, die zusammen über 120.000 Einzelmitglieder vertreten.
2. Austausch und Vernetzung a) Treffen der Vorstände Die Grundlage für den Austausch und die Vernetzung der Freundeskreise bieten die halbjährlich in verschiedenen Städten stattfindenden Tagungen. Die Mitgliedsvereine vor Ort entwerfen dazu ein Wochenendprogramm, das nicht nur Besichtigungen und Führungen enthält, sondern auch gemeinsame Mahlzeiten, die Gelegenheit für das persönliche Kennenlernen und Gespräche im kleinen Kreis bieten. Bei den Tagungen lernen die Mitglieder die Arbeitsweise und die Museen anderer Freundeskreise kennen und können auf dieser Grundlage eigene Fragestellungen und Möglichkeiten diskutieren. Die ordentliche Mitgliederversammlung am Montag, in deren Rahmen ein Gastvortrag gehalten wird, beschließt das mehrtägige Treffen. An den Tagungen nehmen zwischen 50 und 80 Vereinsvertreter teil, die einen moderaten Kostenbeitrag an die jeweiligen Gastgeber entrichten. Obwohl diese nicht nur für die Planung und Organisation, sondern auch für die Finanzierung der Zusammenkünfte zuständig sind, ist die Ausrichtung einer solchen Tagung eine attraktive Möglichkeit, seinen Verein, das Museum und das kulturelle Leben der jeweiligen Stadt einer bundesweiten interessierten Zielgruppe nahezubringen. Aus diesem Grund haben auch die jeweiligen Museen, Kommunen und potenziellen Sponsoren Interesse an diesen Treffen; die Gastgeber lassen sich viele Jahre im Voraus zur Ausrichtung einer Tagung vormerken.
b) Treffen der Geschäftsführer Wenige Jahre, nachdem der Bundesverband seine Arbeit aufgenommen hatte, kristallisierte sich heraus, dass größere Vereine mit eigenen hauptamtlich geleiteten Geschäftsstellen neben den eher strategischen Fragestellungen der Vorstandsmitglieder zusätzliche Themen beschäftigen. Seither werden nach ähnlichem Muster Treffen für hauptamtliche Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer angeboten. Mit Blick auf die beruflichen Erfordernisse sind diese kostenfreien Treffen deutlich komprimierter und auf den Tagungsteil konzentriert. Durchschnittlich 1 | Vgl. §3 der Satzung des Bundesverbands der Fördervereine Deutscher Museen für bildende Kunst e. V.
Organisier te Freundeskreise: Zur Arbeitsweise des Bundesverbands
20 bis 25 Teilnehmer nutzen bei diesen Treffen die Gelegenheit, sich über Verwaltungs-, Organisations- und Steuerfragen auszutauschen.
c) Treffen der Jungen Freunde Im Jahr 2005 schlossen sich auf Einladung der Jungen Freunde der Hamburger Kunsthalle auch die jungen Initiativen der Mitgliedsvereine zusammen und gründeten die »Bundesinitiative Junge Freunde Kunstmuseen«. Ein aus zwei Personen bestehendes Sprecherteam organisiert und koordiniert die Gruppe.2 Bei den ebenfalls halbjährlich in wechselnden Städten stattfindenden Treffen stehen die Diskussion in großer Runde und der Austausch in kleineren Workshops im Vordergrund. Dabei geht es weniger um Fragestellungen der Gründung von jungen Initiativen – hierfür müssen die Vorstände der Vereine aktiv werden –, sondern um die erfolgreiche Werbung und Bindung von jungen Mitgliedern3 durch spezifische Veranstaltungsformate und besondere Aktivitäten. Selbstverständlich bleibt auch bei diesen Treffen abends genug Zeit, sich in loser Runde kennenzulernen und zu vernetzen.
3. Interessenvertretung Neben der Etablierung und Organisation der Plattform wird der Bundesverband immer dann aktiv, wenn die Interessen der Verbandsmitglieder berührt werden. Dazu gehörte zum Beispiel die wiederholte Warnung vor überregional gültigen »Museumspässen«, die durch freien oder stark vergünstigten Museumseintritt in starke Konkurrenz zu den Museumsfreunden treten. Im Jahr 2006 war es ein Erlass des Bundesfinanzministeriums (BMF), der bedeutet hätte, dass Mitgliedsbeiträge, für die eine geldwerte Gegenleistung gewährt wird, steuerlich nicht mehr absetzbar gewesen wären.4 Zusammen mit anderen Kulturinstitutionen hat der Bundesverband interveniert und erreichte, dass der Erlass zurückgenommen wurde und die Mitgliedsbeiträge auch nach der Reform des Gemeinnützigkeitsrechts steuerlich absetzbar blieben.5 Um die Interessenvertretung zu stärken, ist der Bundesverband Mitglied im Deutschen Kulturrat und unterhält gute Kontakte zu anderen Institutionen wie der Kulturstiftung der Länder, dem Deutschen Museumsbund, International 2 | Als Sprecher fungieren derzeit Patrick Kammann (Junge Freunde des Museums für Kunst und Kultur Münster) und Ksenia Weber (Junge Freunde der Hamburger Kunsthalle). 3 | Zur Gründung von jungen Freundeskreisen vgl. Erggelet, Kathrin in: Bundesverband der Fördervereine Deutscher Museen für bildende Kunst e. V. (Hg.) »How to make young friends«, Hamburg 2018, S. 14 ff. 4 | BMF vom 19.01.2006 – IV C 4 – S 2223 – 2/06, Auslegungsschreiben zur steuerlichen Berücksichtigung von Spenden und Mitgliedsbeiträgen vom 19.1.2006. 5 | Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements vom 10.10.2007.
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Council of Museums (ICOM,) dem Kulturkreis im BDI, der Arbeitsgemeinschaft deutscher Kunstvereine und anderen. Auch die halbjährlichen Tagungen, in deren Mittelpunkt der Austausch der Vereine untereinander steht, tragen dazu bei, die Position von Freundeskreisen zu stärken: Die Tatsache, dass Vertreter von Fördervereinen aus der ganzen Bundesrepublik anreisen, um einen bestimmten Verein und sein Museum zu besuchen, hat lokalpolitisch nicht selten große Bedeutung. Zuletzt war es im Frühjahr 2016 die damals vom Verkauf bedrohte Kunsthalle Wilhelmshaven, die vom Treffen des Bundesverbands profitierte.
4. Schlanke Ver waltung, kreative Organisation Ein solches Netzwerk zu organisieren und lebendig zu halten, erfordert Engagement und Kreativität. Der für drei Jahre von der Mitgliederversammlung gewählte Vorstand6 arbeitet ehrenamtlich, genau wie die Besetzung der Geschäftsstelle, die beim Förderverein oder Freundeskreis des jeweiligen Präsidenten angesiedelt ist. Paradoxerweise ist es gerade der Verzicht auf Mitgliedsbeiträge, Spenden und sonstige Einkünfte, die die Verwaltung kostengünstig und flexibel hält: Der Bundesverband hat weder Kasse noch Konten, so dass Jahresabschlüsse, Prüfungen und die Kosten hierfür nicht anfallen. Werden doch einmal Ausgaben erforderlich – zum Beispiel für die Website, für Faltblätter oder die Publikationen »So macht man sich Junge Freunde« –, werden diese von der Mitgliederversammlung beschlossen und dann auf die Mitgliedsvereine umgelegt.
II. D er W elt verband 1. Gründung und Zweck Die Freundeskreise von Museen sind seit 1975 auch auf internationaler Ebene organisiert. Die »World Federation of Friends of Museums« (WFFM), die auf eine bei der neunten »General Conference« des Internationalen Museumsrats ICOM 1971 in Paris geborene Idee zurückgeht, versteht sich als Äquivalent zu ICOM: Fungiert Letzterer als internationale Organisation für Museen und Museumsfachleute, so versammelt die WFFM die Freundeskreise und Ehrenamtlichen unter seinem Dach. Durch die so entstehende Vernetzung und Kooperation von Freundeskrei6 | Der Vorstand besteht seit 2016 aus Gründungspräsident Dr. Ekkehard Nümann (Vorsitzender der Freunde der Kunsthalle e. V. in Hamburg), Gabriele Wachholtz (Freundeskreis Schloss Gottorf e. V.), Günther Gromke (Freundeskreis GRASSI. Museum für Angewandte Kunst e. V.) und Joachim Friedrich von Berg (Freunde des Kunstmuseums Stuttgart e. V.) als Beisitzer.
Organisier te Freundeskreise: Zur Arbeitsweise des Bundesverbands
sen soll das Wissen um die Bedeutung des vielfältigen kulturellen Erbes vermittelt und das breit gefächerte Engagement hierfür gesteigert werden.7 Analog zu dem von ICOM entwickelten »Code of Ethics for Museums« wurden 1996 der »Code of Ethics for Friends and Volunteers of Museums« verabschiedet, in dem neben vielen anderen Punkten die Selbstlosigkeit des Freunde-Engagements, die Selbstverpflichtung zur Loyalität gegenüber der jeweiligen Institution und die Erwartung wechselseitigen Respekts niedergelegt sind. Anders als der deutsche Dachverband steht der Weltverband nicht nur Förderkreisen von Kunstmuseen offen, sondern richtet sich – wiederum in Analogie zu ICOM – an Unterstützer aller non-profit NGOs, die sich dem Bewahren, Erforschen, Ausstellen und Vermitteln verschrieben haben. Freundeskreise von Kulturdenkmälern, Gärten oder Bibliotheken gehören daher ebenso zur WFFM wie die Förderer von naturkundlichen, technischen oder historischen Museen.
2. Mitgliedschaft Die Möglichkeiten der Mitgliedschaft in der WFFM wurden im Laufe der Jahre spezifiziert und die jährlichen Mitgliedsbeiträge gestaffelt. Neben den nationalen Dachverbänden (»Active Members«) können einzelne Freundeskreise (»Associate Members«) und auch Einzelpersonen Mitglied werden.8 Der WFFM gehören derzeit 17 Dachverbände und 36 Fördervereine an, die zusammen über 2.000.000 Einzelmitglieder vertreten.
3. Gremien Neben der Mitgliederversammlung als oberstem Organ des Weltverbands organisiert sich die WFFM über eine Ratsversammlung (Council) und einen siebenköpfigen Vorstand, der vom Council für drei Jahre gewählt wird. Dem mindestens einmal im Jahr zusammentretenden Council gehören der Vorstand, die nationalen Dachverbände und vier Einzelvereine als Vertreter der »Associate Members« an. Der Vorstand besteht neben einem Präsidenten, einem Generalsekretär und einem Schatzmeister aus vier Vizepräsidenten, die verschiedene Regionen (Nordamerika, Südamerika, Afrika-Asien-Pazifik und Europa) vertreten.9
7 | Zur Geschichte, der Satzung und dem »Code of Ethics der WFFM« vgl. www.museums friends.com 8 | Der deutsche Bundesverband ist seit 2008 »active member« im WFFM. 9 | Dem Vorstand gehören derzeit an: Dr. Ekkehard Nümann (President), Sofía Weil de Speroni (Secretary General und Vice-President South America), Carolyn Forster (Vice-President Africa-Asia-Pacific), Elsa Amatriain (Vice-President Europe), Murray Tarnapoll (Vice-President North America), und Ronald Stride (Treasurer).
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4. Austausch, Vernetzung und kulturpolitische Bedeutung Plattform für den Austausch der Freundeskreise untereinander bietet die jährliche Mitgliederversammlung. Auf Einladung nationaler Föderationen oder Freundeskreise findet diese im Rahmen eines kostenpflichtigen Jahrestreffens statt, für das nicht selten ein reichhaltiges Kulturprogramm organisiert wird. An den Treffen nehmen je nach Destination 30 bis 60 Personen teil, die aus der ganzen Welt anreisen. Alle drei Jahre wird überdies ein Kongress organisiert, an dem nicht nur Mitglieder, sondern auch die interessierte Öffentlichkeit teilnehmen kann. Gastredner und Referenten aus aller Welt informieren über museums- und freundeskreisrelevante Themen und regen die Diskussion der Teilnehmer untereinander an. Anlässlich des 2014 vom deutschen Bundesverband in Berlin ausgerichteten Kongresses fand erstmalig auch ein internationales Treffen der jungen Freundesinitiativen statt, das seither jährlich zur Mitgliederversammlung wiederholt wird. Aufgrund des umfangreichen Begleitprogramms für die »companions« werden bei den Kongressen, an denen zwischen 100 und 200 Personen teilnehmen, auch private Kontakte geknüpft und die vordergründig auf Museen beschränkten internationalen Freundschaften auf persönlicher Ebene vertieft. Kulturpolitische Relevanz hat der WFFM trotz der regelmäßigen Kontakte zu ICOM und der UNESCO kaum entwickelt. Die vertretenen Dachverbände und Freundeskreise sind so vielfältig und die kulturpolitischen Fragestellungen von Land zu Land so unterschiedlich, dass der Aspekt der internationalen Interessenvertretung früh in den Hintergrund trat.
III. F a zit Anders als im Verbandswesen üblich, dient der organisierte Zusammenschluss von Freundeskreisen auf nationaler wie auf internationaler Ebene weniger der Interessenvertretung, sondern der Schaffung eines Netzwerks zum nachhaltigen Wissenstransfer und dem Austausch von Ideen. Insbesondere durch die Kontakte auf Bundesebene, bei der sich die Vereine nicht als Konkurrenten um die Gunst zahlender Mitglieder oder Spender sehen, findet man leicht Ansprechpartner, lernt voneinander und kann im Idealfall Synergie-Effekte nutzen. Je ähnlicher sich dabei die Freundeskreise und die von ihnen unterstützten Museen sind, desto konkreter und ertragreicher gestaltet sich der Austausch und desto größer ist der Einfluss auf die eigene Performance. Auch der internationale oder spartenübergreifende Kontakt trägt dazu bei, die eigene Vereinsarbeit zu verbessern. Die inspirierende Erkenntnis, dass sich Menschen überall in der Welt für ihre Institutionen einsetzen, die Begeisterung über
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Gemeinsamkeiten, aber auch das Wissen um die Unterschiede wirken identitätsstiftend, motivierend und – das zumindest ist zu hoffen – ansteckend.
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Die neue Generation einbinden – Junge Freundeskreise Ksenia Weber
In der Geschichte der Fördervereine von Museen stellen junge Freundeskreise und Initiativen eine recht neuartige Entwicklung dar. Einer der ersten in Deutschland gegründete junge Freundeskreis »Junge Freunde der Kunsthalle« wurde im Herbst 2001 in Hamburg ins Leben gerufen.1 Durch den Zusammenschluss des Bundesverbandes der Fördervereine für bildende Kunst e. V. im Jahre 2003 wurde die Idee, junge Initiativen in den Vereinen der Museen zu etablieren, schnell auch in andere Städte weitergetragen.2 In den folgenden Jahren wurden in den Vereinen in Wolfsburg (2002),3 in Frankfurt am Main und Münster (2003),4 in Stuttgart, Köln und Hannover (2004)5 zur Gründung junger Initiativen angeregt.6 Im Jahre 2005 fanden sich diese zu einer Bundesinitiative zusammen, um durch regelmäßigen Austausch neue Ideen zu teilen, Probleme zu besprechen und so die jeweiligen jungen Freundeskreise und neue Initiativen durch gesammelte Erfahrungen zu unterstützen und zu verbessern. Derzeit sind über 30 junge Freundeskreise aus über 20 deutschen Städten Teil der Bundesinitiative »Junge Freunde Kunstmuseen«. Die Etablierung einer jungen Sparte in einem Förderverein stellt zuerst einmal eine Herausforderung dar. Die meisten Vereine erreichen das jüngere Publikum 1 | Zuvor führten 1997 die Freunde der Nationalgalerie den »Stoberkreis« ein. 2 | Vgl. Bundesverband der Fördervereine Deutscher Museen für bildende Kunst, So macht man sich Junge Freunde, Hamburg 2010, S. 7. 3 | Freundeskreis des Kunstmuseums Wolfsburg e. V. 4 | Städelscher Museums-Verein e. V.; Freunde des Museums für Kunst und Kultur Münster e. V. 5 | Freunde der Staatsgalerie Stuttgart, Stuttgarter Galerieverein e. V.; Freunde des Wallraf-Richartz-Museums und des Museums Ludwig e. V.; Freunde des Sprengel Museums Hannover e. V. 6 | Vgl. Bundesverband der Fördervereine Deutscher Museen für bildende Kunst e. V., So macht man sich Junge Freunde, Hamburg 2010, S. 7.
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nicht ohne weiteres. Um diese als zahlende und fördernde Mitglieder zu gewinnen, bedarf es einer veränderten Strategie. Der Aufwand dafür und die möglichen Mehrkosten können abschrecken. Aber welchen Vorteil kann die Gründung einer jungen Programmsparte in einem Förderverein haben? In erster Linie stellen junge Freundeskreise eine Investition in die Zukunft dar. Werden Studenten und junge Berufstätige schon früh im Förderverein durch spezielles Programm aufgefangen und in ein gleichaltriges und interessiertes Umfeld eingegliedert, wächst das Zugehörigkeitsgefühl und damit auch die Bereitschaft, den Verein zu unterstützen. Auch wenn grade diese Altersgruppe von Wohnortswechseln, bedingt durch ein weiterführendes Studium oder neue Jobs, gefährdet ist, wird das Bewusstsein und Engagement durch positive Erfahrungen in andere Städte und somit an andere Vereine weitergetragen. Langfristig treten so die jungen Interessenten möglicherweise erst, wenn sie ein gefestigteres Leben und Einkommen haben, in die Vereine ein. Nicht nur für die Vereine ist die Gründung von jungen Freunden lohnend, auch die Museen können davon profitieren. Der ehemalige Direktor der Schirn Kunsthalle Frankfurt, des Städelmuseums und der Liebieghaus Skulpturensammlung, Max Hollein, formulierte dazu folgendes: »Die Besucher kommen mit völlig unterschiedlichen Kenntnissen, Erwartungen und Interessen ins Museum. Darum ist es wichtig, ein diversifiziertes Präsentations- und Vermittlungsangebot zu schaffen, das sich an alle Altersgruppen und Bildungsschichten richtet. Nicht durch eine synchrone, sondern nur durch eine variantenreiche, zielgruppenspezifische Vermittlung kann die Begegnung mit Kunst für jeden zu einem nachhaltigen und identitätsstiftenden Erlebnis werden, das im besten Fall zu einer langfristigen Bindung an das Haus führt. Hier sind besonders auch die jungen Freundeskreise mit ihren Angeboten gefragt.« 7
Genau bei dieser spezifischen Vermittlung setzen die jungen Freundeskreise an. Sie bieten für 20- bis 35-jährige Studenten und junge Berufstätige ein Programm an, das die Museen in der Regel nur bedingt selbst realisieren können. Junge Freunde werden an die Sammlung und Besonderheiten des Museums herangeführt und auf Sonderausstellungen aufmerksam gemacht. So wird auch die Bedeutung des Fördervereins für das Museum gestärkt, indem regelmäßig ein junges Publikum generiert, ins Museum geholt und für die Zukunft gefestigt wird. Darüber hinaus besuchen junge Freundeskreise auch andere Museen, Galerien und Kunstmessen in der ganzen Stadt, pflegen Kooperationen mit Theatern, Opern und Musikhäusern und bieten Reisen an. Neben einem vielfältigen Programm ist die bewusste, auf die Zielgruppen zugeschnittene Planung, Kommunikation und Durchführung der Veranstaltungen für den Erfolg des jungen Freundeskreises entscheidend. 7 | Vgl. Bundesverband der Fördervereine Deutscher Museen für bildende Kunst, So macht man sich Junge Freunde, Hamburg 2010, S. 9.
Die neue Generation einbinden – Junge Freundeskreise
Das Bestreben, junge Freundeskreise zu gründen und zu etablieren, wird in den deutschen Museumsfördervereinen immer präsenter. Doch stellt sich in Freundeskreisen ohne junge Sparte oft zunächst die Frage, wie dieses Anliegen überhaupt initiiert werden soll. Die allererste Maßnahme mag in diesem Zusammenhang vielleicht sehr simpel klingen, ist aber gleichzeitig fast die wichtigste Voraussetzung für die Gründung und auch für die Etablierung und Fortsetzung eines jungen Freundeskreises. Jede junge Initiative braucht als erstes einen jungen Freund, der die Sparte organisatorisch übernimmt. Keiner kennt die spezifische Zielgruppe, die der Freundeskreis erreichen will, besser als jemand, der aus genau dieser Gruppe kommt. Der junge Organisator bringt zudem eigene Freunde und Bekannte mit, ist zumeist auch mit einem bestimmten Umfeld oder Netzwerk, wie zum Beispiel mit der Universität verbunden. Hinzu kommt, dass die jungen Organisatoren immer auch erfolgreich als Gesicht nach außen fungieren und dadurch den Freundeskreis jederzeit repräsentieren. Die Programmplanung eines jungen Freundeskreises nimmt definitiv Zeit in Anspruch. Viele deutsche Initiativen greifen deshalb neben dem jungen Organisator auch auf ein ehrenamtliches Team zurück, das beispielsweise die Bewerbung von Veranstaltungen unterstützt. Dadurch kann auch eine größere Reichweite generiert werden. Nichtdestotrotz muss den Vereinen bewusst sein, dass die jungen Organisatoren für ihre Arbeit vergütet werden sollten. Mithilfe des jungen Organisators können die ersten Grundsteine für das Programm des jungen Freundeskreises gelegt werden. Zunächst muss geplant werden, in welche Art von Führung oder Veranstaltung und in welcher Regelmäßigkeit sie durchgeführt werden soll. Dies ist stark vom Museum abhängig, dem sich der Freundeskreis angliedert. Auch die Strukturen und Besonderheiten der Stadt geben Richtlinien zur Orientierung vor und können Ressourcen darstellen, die sich der Freundeskreis zu Eigen machen sollte. Auch bei der Durchführung der Veranstaltungen können die Ideen des jungen Organisators Erfolge erzielen. Grundsätzlich kann der Verein von den neuen Tendenzen, Interessen und Ideen der jungen Mitglieder profitieren, um so das Programm moderner zu gestalten. Für junge Veranstaltungen ist eine lockere Atmosphäre, zum Beispiel durch einen gleichaltrigen Guide oder ein anschließendes gemeinsames Getränk, förderlich. Wichtig ist zudem, die Veranstaltung auf junge Freunde zu beschränken. Viele junge Freundeskreise haben eine Altersgrenze von 20 bis 35 Jahren beschlossen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass das Eingrenzen die Gruppe festigt und den Austausch über Kunst erleichtert. Die Bewerbung und Kommunikation der Veranstaltungen entwickelt sich zielgruppenbedingt immer mehr in den Online- und Social-Media-Bereich. Die Verbreitung der Veranstaltungen funktioniert auf den Kanälen wie Facebook und Instagram besonders gut. Außerdem sollte der Zeitraum der Bewerbung beachtet werden, Veranstaltungen, die zu früh kommuniziert werden, sind in der Zielgruppe leichter vergessen. Grundsätzlich gilt bei der Planung, Durchführung
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und Kommunikation das Hineinversetzen in die Zielgruppe als besonders erfolgreich. Die Mitgliederwerbung gestaltet sich bei jungen Freundeskreisen weniger einfach als bei den klassischen Mitgliedern. Zum einen binden sich Studenten in der Regel weniger gerne. Deswegen werden häufig Kennenlernveranstaltungen angeboten, die ohne Anmeldung und auch für Nichtmitglieder offen sind. Zum anderen bekommen Studenten häufig durch den Studentenstatus ermäßigten Eintritt, so dass der freie Eintritt, den die Fördervereine oft anbieten, wenig von Vorteil ist. Durch weitere Preisnachlässe für Mitglieder oder Vortritt bei Veranstaltungen lassen sich weitere Anreize kreieren. Tatsächlich werden viele junge Leute nach einiger Zeit aus Solidarität und Überzeugung Mitglied. Für die Zukunft der Bundesinitiative »Junge Freunde Kunstmuseen« stehen weiterhin der Austausch und die Vernetzung der deutschen jungen Freundeskreise im Vordergrund. Zwei Mal im Jahr treffen sich die Organisatoren zu einer zweitätigen Tagung. Ein zweiköpfiges Sprecherteam organisiert die Workshops und Diskussionsrunden, der gastgebende Förderverein bietet zudem meist auch eine Führung und ein Expertengespräch im Museum an. Die Erfahrung hat gezeigt, dass der freundschaftliche Austausch der engagierten Organisatoren aus ganz Deutschland auch beim Mittagessen und abendlichen Ausgehen stattfindet. Durch die Mitgliedschaft des Bundesverbandes im Weltverband WFFM8 nahm die Bundesinitiative auch international eine Vorreiterrolle ein. Das Bestreben, junge Freunde zu vernetzen, hat sich auch auf andere Länder vorbildlich übertragen.9 Als wichtigstes gemeinsames Projekt ist die Publikation »Wie gründet man Junge Freunde – How to make Young Friends« hervorzuheben. Nach dem Erfolg der ersten Gründungspublikation folgten Bände zur Mitgliederwerbung und zu Events. 2018 ist eine überarbeitete Neuauflage erschienen, die alle jungen Initiativen versammelt und einen Leitfaden zur Gründung und Etablierung von jungen Freundeskreisen beinhaltet. Langfristig soll die Bundesinitiative Junge Freunde Kunstmuseen auch nach außen hin bekannter werden. Derzeit werden neben der Website10 alle Informationen und Veranstaltungen der einzelnen Vereine der Bundesinitiative auf der Facebookseite11 geteilt. Das Präsenzzeigen der Zugehörigkeit zur Bundesinitiative soll das Bewusstsein dafür, dass es in vielen deutschen Städten junge Freunde gibt, fördern.
8 | Siehe dazu den Beitrag von Kathrin Erggelet. 9 | Die FADAM – Federación Argentina de Amigos de Museos und auch die erst kürzlich im Jahre 2017 zusammengeschlossen Federation FIDAM – Federazione Italiana degli Amici dei Musei haben ein Netzwerk für junge Freundeskreise gegründet. 10 | www.bundesverband-der-foerder vereine.de/h/junge_freunde_ _kunstmuseen_ 43_de.php 11 | https://www.facebook.com/jungefreundekunstmuseen/
Die neue Generation einbinden – Junge Freundeskreise
W eiterführende L iteratur zu J ungen I nitiativen Bundesverband der Fördervereine Deutscher Museen für bildende Kunst e. V. (Hg.), So macht man sich Junge Freunde, Hamburg 2010. Bundesverband der Fördervereine Deutscher Museen für bildende Kunst e. V. (Hg.), So macht man sich Junge Freunde. Mitgliederwerbung, Hamburg 2013. Bundesverband der Fördervereine Deutscher Museen für bildende Kunst e. V. (Hg.), How to make Young Friends. Events, Hamburg 2015. Bundesverband der Fördervereine Deutscher Museen für bildende Kunst e. V., How to make Young Friends, Hamburg 2018.
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Der Freundeskreis aus Sicht der Mitglieder Erwartungen und Einstellungen zur Mitgliedschaft am Beispiel des Freundeskreises Theater und Philharmonie Essen e. V. Julia Frohne/Susanne Meluzio/Arabella Bilsing
A bstract Eine lebendige Unterstützer- und Fördererszene für das Kulturleben in Deutschland trotz veränderter Freizeit- und Besuchergewohnheiten zu bewahren, ist die Herausforderung, der sich Kulturpolitik und Kulturmanagement allerorts stellen müssen. Dabei geht es neben einer Professionalisierung der Managementstrukturen um das eigene Selbstbild, die Gewinnung neuer Zielgruppen und die dauerhafte Bindung der Mitglieder. Doch was versprechen und wünschen sich die Mitglieder eigentlich selbst von ihrem Engagement? Der folgende Beitrag geht dieser Frage nach und stellt eine Primärerhebung unter den Mitgliedern des renommierten Freundeskreises Theater und Philharmonie Essen e. V. mit dem Ziel vor, den Freundeskreis als wichtigen Beitrag der Bürgerschaft für das kulturelle Leben in der Stadt weiterzuentwickeln und seinen Fortbestand zu sichern und auszubauen. Vorgestellt werden die Ergebnisse einer schriftlichen Umfrage unter den Mitgliedern des Freundeskreises im Dezember 2016. Insgesamt 206 Fragebögen liegen der Auswertung zugrunde. Die Umfrage fand im Rahmen eines Kooperationsprojektes des Vorstandes des Freundeskreises Theater und Philharmonie Essen und der Westfälischen Hochschule in Gelsenkirchen statt. Der Beitrag zeigt auf, welche Konsequenzen die Ergebnisse auf die zukünftige Vereinsarbeit des Vorstandes haben und wie sie in die weitere strategische Planung zur Zukunft des Vereins einfließen.
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1. E inleitung Eine moderne Website sowie die Gestaltung kostengünstiger Werbe- und PR-Materialien waren die Vorstellungen, mit denen der Freundeskreis Theater und Philharmonie Essen im Sommer 2016 an das Institut für Journalismus und Public Relations der Westfälischen Hochschule herantrat. Seit April 2016 hat der Freundeskreis eine neue Leitung, insgesamt steht dem Verein ein achtköpfiger Vorstand vor. Eine erste interne Analyse hat ergeben, dass die Mitgliederstruktur sehr uneinheitlich und überaltert ist. Da es keinen festen Mitgliedsbeitrag gibt, schwanken die durch die Mitglieder geleisteten Spenden stark in Zahl und Höhe. Gleichzeitig gehen Sponsorengelder durch Essener Großkonzerne (E.ON, Evonik, RWE) in den letzten Jahren deutlich zurück. Der Verein muss nun, um sein dauerhaftes Überleben zu sichern, neue Zielgruppen ansprechen und sich verjüngen. Ferner müssen neue Sponsoren, z.B. aus dem unternehmerischen Mittelstand, gefunden werden. Außerdem soll für die bestehenden Mitglieder eine einheitliche Beitragsgrundlage geschaffen werden. Für alle Gruppen müssen attraktive Anreize in Form von Mitgliederangeboten und -aktionen geschaffen werden, warum sie sich im bzw. für den Verein engagieren sollen. Bei der Besprechung der Ausgangslage wurde schnell klar, dass über die Beweggründe, warum die Mitglieder im Verein aktiv sind, wenig Klarheit herrscht. Zwar gibt es bei den Veranstaltungen, die der Freundeskreis für seine Mitglieder organisiert, Zeit und Raum für gegenseitigen Austausch, jedoch resultieren die hier gewonnenen Erkenntnisse aus der Begegnung mit einer relativ kleinen Anzahl der regulären Mitglieder, die als besonders interessiert und engagiert gelten können und häufige Besucher von Veranstaltungen sind. Diese Gruppe ist aber nicht unbedingt repräsentativ oder aussagekräftig für das Gros der Mitglieder. So wuchs rasch die Erkenntnis, dass den o.g. Aktivitäten zunächst eine Mitgliederbefragung vorgeschaltet werden muss, um sowohl Angebot als auch Informationen an den tatsächlichen Bedürfnissen der Mitglieder auszurichten. Nach Ansicht des Vereins und der Hochschule fruchtet das beste Strategiepapier nicht, wenn es sich nicht an den Interessen der Zielgruppe ausrichtet. Ganz im Sinne des strategischen Managements sollte die bestehende Erkenntnislage durch eine Vollerhebung unter den Mitgliedern des Freundeskreises um wichtige Informationen erweitert werden. Die Website soll darüber hinaus mögliche Interessenten in der zahlungskräftigen Zielgruppe der 40- bis ca. 60-jährigen Essener Bürgerinnen und Bürger ansprechen und benötigt entsprechend ein frisches und modernes Design, welches den anspruchsvollen Seh- und Nutzungsgewohnheiten dieser Personen, die häufig intensive Internet- und Mobilnutzer sind, entspricht. Im Folgenden konzentriert sich der Beitrag auf die Ergebnisse der Mitgliederumfrage und die daraus abgeleiteten Erkenntnisse für die Vereinsarbeit.
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2. D er F reundeskreis The ater und P hilharmonie E ssen e . V. Essen verfügt 2017 mit der Theater und Philharmonie Essen (TuP) über einen der größten Kulturbetriebe Deutschlands. Sie bildet das organisatorische Dach für die künstlerischen Sparten Musiktheater, philharmonisches Orchester, Ballett und Schauspiel sowie – und das ist eine in Deutschland singuläre Konstruktion – ein Konzerthaus, die Philharmonie Essen. Die Spielstätten der TuP gehören zu den architektonischen Ikonen der Region an der Ruhr. Sie gelten als Symbole und Begleiter des Strukturwandels im Ruhrgebiet und dienen als kulturelle Aushängeschilder und Imageträger der Stadt, von der sie auch zum allergrößten Teil finanziert werden. Über 400.000 Gäste besuchen pro Spielzeit die mehr als 1.000 Veranstaltungen der TuP. Die Theaterförderung kann in Essen auf eine lange Tradition zurückblicken. 165 Jahre sind urkundlich belegt. 1852 lud der provisorische Vorstand des Theater-Vereins Essen »zur Generalversammlung und Beratung des Status und zur Wahl eines definitiven Vorstandes« in das »Lokal der Vereinigten Gesellschaft« in Essen ein. Die Einladung trug unter anderem die Unterschriften von Alfred Krupp, Essener Industrieller, Erfinder und Vorstand des damals größten Industrieunternehmen Europas, und Ernst und Friedrich Waldthausen, Mitglieder einer weitverzweigten, alteingesessenen Familie des Essener Bürgertums, die im Großhandel von Schurwolle zu Wohlstand gekommen war. Zweck des in der Rechtsform eines Aktienvereins gegründeten Zusammenschlusses war es, »das Verlangen nach dem Besitze eines kleinen Theaters« zu verwirklichen (vgl. Allgemeine politische Nachrichten 1852). Im Gegensatz zu anderen Landesteilen in Deutschland konnten die aufstrebenden Städte an Rhein und Ruhr in kulturellen Belangen nicht auf ein kurfürstliches Erbe, sprich die Existenz eines bestehenden Theaters, zurückgreifen. Die Gründung der Theater in der Region von Rhein und Ruhr beruhen auf dem Engagement und der finanziellen Unterstützung einer aufstrebenden Bürgerschaft, die verstanden hatte, welche Bedeutung es für das Ansehen und die Prosperität einer Stadt, aber auch für den einzelnen Bürger hatte, ein eigenes Theater zu besitzen. Nach erfolgreicher Gründung stellte Alfred Krupp 1853 den »gehorsamen Antrag auf landesherrliche Genehmigung des Status für den ›Aktien-Theater-Verein zu Essen‹«. Die beantragte Genehmigung wurde durch die »königliche hochlöbliche Regierung zu Düsseldorf« erteilt. Jedoch erreichte der Verein trotz aller Bemühungen sein Ziel, den Bau eines Theaters, nicht und löste sich 1867 wieder auf. Die Errichtung eines Theaters in Essen wurde erst 20 Jahre später durch die Großzügigkeit des Ehepaares Friedrich und Wilhelmina Grillo ermöglicht. Im Oktober 1887 setzte der Großindustrielle, Gewerke- und Stadtverordnete Friedrich Grillo 500.000 Goldmark für den Bau eines Theaters aus und verpflichtete sich, Zeit seines Lebens die Unterhaltungskosten zu tragen. Nach seinem Tod
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1888 löste Wilhelmina Grillo sein Versprechen ein, sie übernahm nicht nur anfangs die zugesagten, sondern auch die darüber hinausgehenden Baukosten und sagte dem Theater eine jährliche Unterstützung von 10.000 Goldmark zu. Dank der großzügigen Spende Grillos hatte die Stadt Essen lediglich ein Viertel der Baukosten zu tragen, wodurch die Genehmigung der politisch Verantwortlichen sicherlich um ein Vielfaches erleichtert wurde, denn schon damals war die finanzielle Lage der Stadt alles andere als entspannt. Im September 1892 wurde das im klassizistischen Stil errichtete Theater feierlich eröffnet. Die Stadtentwicklung ging weiter und so wuchs bereits Jahrzehnte vor dem Zweiten Weltkrieg der Wunsch bei der Essener Bürgerschaft nach einem repräsentativen Opernhaus. Um diesen Wunsch zu verwirklichen, gründeten wiederum Essener Bürger im November 1955 die gemeinnützige Gesellschaft zur Förderung des Essener Theaterneubaus e. V. Erste Gründungsmitglieder waren u.a. der Kaufmann Willi Saeger, der Oberstudiendirektor Dr. Karl Jacobs und der Rechtsanwalt Dr. Heinz Kümmerlein. Die Gesellschaft schrieb 1958 einen Ideenwettbewerb aus, den der berühmte finnische Architekt Alvar Aalto gewann. Bis zur Eröffnung des Theaters am 25. September 1988 sollten aber noch rund 30 Jahre vergehen, weil die Stadt Essen zuvor einer Reihe von anderen Projekten, u.a. dem Bau eines neuen Rathauses, den Vorrang gab. 1985 gab sich der Verein dann den heutigen Namen Freundeskreis Theater und Philharmonie Essen e. V. Dieser Verein fördert heute mit seinen mehr als 600 Mitgliedern finanziell und ideell in erster Linie die fünf Sparten der Theater und Philharmonie Essen, die da sind: das Aalto-Musiktheater und das Aalto-Ballett, die Essener Philharmoniker, die Philharmonie Essen und das Schauspiel Essen.
3. A usgangsl age Die finanzielle Bilanz der 32 Jahre Theaterförderung des Freundeskreises kann sich sehen lassen. Über 15 Millionen Euro wurden von Mitgliedern, Mäzenen und Wirtschaftsunternehmen aufgebracht, um die ambitionierten Produktionen der Theater und Philharmonie Essen zu unterstützen. Vor allem waren es die großen traditionellen Wirtschaftsunternehmen der Stadt, die als Garant dafür standen, dass das kulturell hohe Niveau in Essen stets fortgeführt werden konnte. Doch die Zeiten ändern sich. Konnten in den Jahren 2006 bis 2008 aus den reichhaltig geflossenen Spenden der Theater und Philharmonie Essen jährlich mehr als 600.000 Euro überwiesen werden, so hat sich dieser Betrag seitdem halbiert auf durchschnittlich 300.000 Euro und ist weiter rückläufig. Ein Grund für diese Entwicklung ist die deutlich veränderte Fördermittelvergabe bei den Unternehmen in den letzten Jahren. Persönliche Vorlieben und Kontakte innerhalb der traditionell ansässigen Unternehmen sicherten über lange Jahre hinweg finanzielle Unterstützungen im Sinn eines modernen Mäzenatentums. Heute muss das Fördervorhaben eines Unternehmens jedoch in des-
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sen Gesamtkonzept passen und steht in Konkurrenz zu einer Vielzahl weiterer Anforderungen an die Corporate Citizenship, das bürgerschaftliche Engagement eines Unternehmens in der Region. Essener Unternehmen, gerade auch aus der Energiewirtschaft, müssen sich großen strukturellen Herausforderungen stellen. So werden konkretere Nachweise von den Aufsichtsräten gefordert, wofür Fördergelder gebunden und ausgegeben werden sollen und welche Zielsetzungen mit dieser Förderung für das Unternehmen verbunden sind. Fördergelder müssen heute mehr und mehr im Rahmen eines Sponsoring-Vertrages mit klar festgelegten Gegenleistungen abgeschlossen werden (vgl. Frohne/Scheytt/NorwidatAltmann 2015: 10ff.). Für den Vorstand bedeutet dies, dass die bisher lediglich reine Spendenakquise, so wie es das jetzige Vereinsmodell vorsieht, heute keine Berechtigung mehr findet. Es müssen andere, neue Wege beschritten werden, um vor allem in finanzieller Hinsicht weiterhin eine gewinnbringende Beziehung zwischen dem Freundeskreis und der Kultureinrichtung TuP herzustellen. Ein anderes wichtiges Standbein der Kulturförderung sind neben den Unternehmen die privaten Mitglieder eines Vereins. Der Freundeskreis Theater und Philharmonie Essen zählt mit einer Anzahl von über 600 Mitgliedern zu den größeren Kulturfördervereinen des Landes Nordrhein-Westfalen. Aber auch hier ist ein Rückgang der Spenden zu verzeichnen, was zum einen auf das hohe Alter der Mitglieder zurückzuführen ist, es sich aber auch herausgestellt hat, dass es an Anreizen fehlt, den Verein aktiv zu unterstützen oder ihm als neues Mitglied beizutreten. Soziale Kontakte in einem Verein sind sehr wichtig. Vereine sind soziale Orte und geben dem menschlichen Bedürfnis nach persönlichem Austausch Raum. Die Bedeutung sozialer Netzwerke als Faktor menschlicher Identitätsentwicklung ist lange bekannt (vgl. Strauß/Höfer 2010: 202). Internet-Plattformen in Form von interessensspezifischen Communities, Blogs oder sozialen Medien können heute dazu beitragen, den Ausbau und die Pflege derartiger Netzwerke voranzutreiben. Auch hier erscheint das bisherige Vereinsmodell nicht mehr zeitgemäß. Die angebotenen Veranstaltungen fördern zu wenig die persönlichen Kontakte untereinander. Bei der Auf bringung seiner finanziellen Mittel erbittet der Verein lediglich freiwillige Spenden von seinen Mitgliedern. Das führt zu unregelmäßigen, schlecht kalkulierbaren finanziellen Ressourcen und lässt wenig Spielraum für die Organisation eines interessanten Veranstaltungsangebotes und Vereinslebens.
4. Z ielse t zung und K ooperation Viele Beispiele aus der unternehmerischen Praxis zeigen, dass ein Verharren, ob aus Bestandswahrung oder Furcht vor Veränderungen, fatale Folgen haben kann. Auch Vereine müssen heute ihre Organisationsstrukturen veränderten Umweltbedingungen anpassen (vgl. Rüden 2016: 271). Die strategischen Herausforderungen in der Kulturförderung sind ein ernstzunehmendes Thema. Neue
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strukturelle Ansätze, neue Wege der Kommunikation und der Finanzierung sind in allen Bereichen der Kulturförderung gefragt. Es muss vermittelt werden, dass Kulturförderung attraktiv, zukunftsorientiert und für ein breites Publikum ausgerichtet auch in Zukunft einen wichtigen Teil zum gesellschaftlichen Zusammenhalt beitragen kann und sogar muss. Es ist fraglich, ob das staatliche, in der Welt einzigartige und vor allem von öffentlicher Hand finanzierte Kultursystem auf Dauer in seiner heutigen Form weiterbestehen wird, denn die Anteile der Körperschaftsgruppen an der gesamten öffentlichen Kulturfinanzierung sind sehr unterschiedlich. 2013 betrug der Bundesanteil 13,6 %, der Anteil der Länder 41,0 % während die Gemeinden 45,4 % beisteuerten (vgl. Statistisches Bundesamt 2016: 30). Für die finanzschwachen Gemeinden im Ruhrgebiet bedeutet öffentliche Kulturförderung somit eine erhebliche Belastung der Haushalte, die wenig Spielraum für finanzielle Möglichkeiten offen lässt. So ist es auch für die Kulturinstitutionen wichtig zu verstehen, dass die Kulturfördervereine die Interessenvertreter der Kultureinrichtung selbst sind und Sprachrohr sein können gegenüber der Politik, wenn die öffentlichen Sparmaßnahmen mit Spartenstreichungen drohen oder Spielpläne aus finanziellen Erwägungen auf ein Minimum gestrichen werden müssen. Deshalb sind Freunde in der Kultur auch auf lange Sicht unentbehrlich. Um diesen neuen Herausforderungen Rechnung zu tragen, steht der Vorstand eines Freundes- oder Förderkreises heute vor der Aufgabe, Maßnahmen zu ergreifen, die den Verein in den öffentlichen Fokus rücken und durch eine zukunftsorientierte, attraktive Struktur bei den Bürgerinnen und Bürgern den Wunsch nach Teilhabe und Unterstützung zu wecken. Zu den Zielen des Vereins gehören entsprechend die ideelle und materielle Unterstützung des Essener Theater- und Musiklebens. Die ideelle Unterstützung sieht dabei z.B. die Förderung des Bürgerinteresses am Theater- und Musikleben, die Veranstaltung von Gesprächen zwischen Bürgern und Künstlern oder die Anregung von Ausstellungen, Vorträgen und Wettbewerben sowie Werbung und Öffentlichkeitsarbeit vor. Die materielle Unterstützung sieht gezielte Zuschüsse an die Theater und Philharmonie Essen GmbH zur Verpflichtung hervorragender Künstler und zur Förderung von Veranstaltungen mit überörtlicher Bedeutung vor (vgl. Freundeskreis Theater und Philharmonie Essen e. V., §2).
4.1 Imagewandel Das bestehende Image des Vereins stellte sich zu Beginn des Projektes der Vorstand wie folgt dar: Der Verein kann auf eine lange Tradition bürgerschaftlichen Engagements zurückblicken. Aufgrund der finanziellen Entwicklung kann er heute aber nicht mehr effizient die Essener Theaterkultur unterstützen und hat damit an öffentlicher und gesellschaftlicher Präsenz verloren. Es ist jedoch unklar, welchen Mehrwert der Verein dem einzelnen Mitglied oder einem Unternehmen bringen kann. Die Kommunikation für den Verein erfolgt hauptsächlich über postalische Einladungen und Informationen der Mitglieder sowie über eine
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sachorientierte und textbasierte Website, die sowohl formal (Benutzerfreundlichkeit, Menüführung) als auch inhaltlich (Anmutungsqualität, Modernität) nicht mehr zeitgemäßen Anforderungen entspricht. Vordringliches Ziel ist es deshalb, dem Verein wieder eine deutlichere Stimme im gesellschaftlichen- und im Theatergeschehen der Stadt Essen zu geben, welcher einen wichtigen Beitrag zur Kulturförderung leistet, so dass sich kulturinteressierte Bürgerinnen und Bürger, aber auch Unternehmen dort wohlfühlen und eine Plattform finden, um ein Netzwerk mit Gleichgesinnten zu schaffen. Im Vordergrund soll ein klar definiertes »Wir Theaterfreunde und -förderer« Gefühl entstehen. Voraussetzung dafür sind ein modernes Erscheinungsbild und moderne Kommunikationsmittel. Dadurch sollen zum einen neue Mitglieder angesprochen werden, zum anderen den bestehenden Mitgliedern mehr Anreiz für den Austausch untereinander geliefert werden.
4.2 Mitgliedergewinnung und -bindung Für eine erste Bestandsaufnahme, erste Marketingansätze und die Gestaltung einer neuen, dynamischen Internetseite wollte der Vorstand des Freundeskreises mit jungen Leuten zusammenarbeiten, die die heutigen Wege der Kommunikation verstehen und vermitteln können. Dazu ging der Vorstand eine Kooperation mit der Westfälischen Hochschule in Gelsenkirchen ein. Eine Studentengruppe des 5. Semesters im B.A. Journalismus und PR stellte sich im Rahmen eines Praxisprojektes diesen Herausforderungen. Neben den eingangs genannten Maßnahmen kristallisierte sich bei den ersten Briefingterminen deutlich heraus, dass eine genauere Erhebung der bestehenden Ist-Situation für die Ableitung zielgerichteter Maßnahmen sehr wichtig sein würde. Zu diesem Zweck wurde der Projektauftrag um eine Befragung der bestehenden Mitglieder des Freundeskreises erweitert. Schon im Vorfeld war bekannt, dass der Freundeskreis Theater und Philharmonie Essen e. V. sich durch viele langjährige Mitgliedschaften auszeichnet. Dabei wurde in den letzten Jahren ein Rückgang an Neumitgliedschaften verzeichnet, so dass die Zahl der Mitglieder tendenziell sinkend ist, während gleichzeitig die Struktur der Mitgliedschaft überaltert. Eine Zielsetzung des Projektes war es deshalb, für jüngere Zielgruppen interessant zu werden und neue Mitglieder zu gewinnen. Doch wie genau sehen diese aus? Schon lange zeigen Studien, dass sich jüngere und bildungsferne Schichten zunehmend weniger für die klassischen Hochkultureinrichtungen interessieren. Besonders bei jungen Menschen finden sich vornehmlich fast nur noch Gymnasiasten und Hochschulabsolventen unter den Besuchern von Theatern, Konzerten und Museen (vgl. Keuchel/Wisand 2007). Diese Zielgruppe ist jedoch finanziell und zeitlich häufig nicht in der Lage, sich in einem Förderverein zu engagieren. Wenn auch nicht zahlenmäßig unbedingt stark, sind junge Mitglieder dennoch wichtig, da sie in der Regel kommunikationsstark, online-affin und gut vernetzt
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sind und für die Verbreitung der Bekanntheit und für ein modernes Image eine besondere Rolle spielen. Insofern ist dem Freundeskreis auch daran gelegen, junge kulturaffine Theater- und Ballettbesucher anzusprechen und für den Verein zu gewinnen. Dies soll im konkreten Fall unter anderem dadurch gelingen, dass auf der Homepage ein Bereich »Junger Freundeskreis« eingefügt werden soll, der aber nicht Diskussionsbestandteil des vorliegenden Beitrags ist. Der Fokus wird im Folgenden auf die Hauptzielgruppe der Theaterbesucher gerichtet. Eine Analyse der grundsätzlichen Besucherstruktur zeigt, dass der Altersdurchschnitt in der Gruppe derjenigen, die häufig Theater, Oper und klassische Konzerte besuchen, 2016 bundesweit bei 59,2 Jahren lag, bei den gelegentlichen Besuchern bei 54,9 Jahren (vgl. GIK 2016). Offensichtlich ist die Zeit zwischen etwa 30 und 50 Jahren, während der beruflichen Karriereentwicklung, der Familiengründung und Erziehung und Ausbildung von Kindern nicht diejenige, in der die Menschen ausreichend Gelegenheit finden oder nutzen, um klassische darstellende Formate zu besuchen. Neben dem Alter ist das Interesse an diesen Spielformen und Konzerten von besonderer Bedeutung für den Eintritt in einen Freundeskreis. Die Analyse zeigt weiter, dass insgesamt zu dieser für die Gewinnung von Neumitgliedern interessanten Bevölkerungsgruppe der häufigen oder gelegentlichen Besucher von Theater, Oper oder klassischem Konzert nur 8 % der Bevölkerung zählen (vgl. Mandel 2009: 22; GIK 2016). Diese zeichnet sich darüber hinaus durch zwei weitere in der Praxis bekannte Merkmale aus: Besucher sind in der Tendenz stärker weiblich und überdurchschnittlich gebildet. Ein Beispiel: während aktuell 28,9 % der deutschen Bevölkerung über Abitur bzw. Studium als höchsten Bildungsabschluss verfügen, sind dies in der Gruppe der häufigen Theaterstättenbesucher 67 %, bei den gelegentlichen immer noch rund 58 % (vgl. GIK 2016). Sowohl die zu gestaltende Website als auch die weiteren Marketingmaßnahmen sollten also dazu angetan sein, diese Personengruppe zu erreichen und anzusprechen. Neben der Neugewinnung hatte es für den Freundeskreis oberste Priorität, die bestehenden Mitglieder weiterhin eng an den Verein zu binden und ihnen einen echten Mehrwert ihrer Mitgliedschaft aufzeigen zu können. Dabei standen verschiedene Maßnahmen im Raum, wie etwa Reiseangebote oder neue Veranstaltungsformate, die noch verstärkt gemeinsame Einblicke in den Theaterbetrieb ermöglichen. Doch inwieweit entspricht dies den Wünschen der Mitglieder? Und ist die aktuelle Mitgliederstruktur vergleichbar mit der avisierten und oben beschriebenen Zielgruppe? Diese Fragen sollte die Befragung unter den Vereinsmitgliedern klären.
4.3 Situationsanalyse: Umfrage zum Status quo des Freundeskreises Für die Umfrage wurde das Format der postalischen Befragung gewählt. Dazu entwarf die Projektgruppe einen zweiseitigen, teilstandardisierten Fragebogen, der folgende Aspekte umfasste:
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• Jahre und Gründe der Mitgliedschaft; • Beurteilung des bestehenden Programms sowie darauf auf bauende Anregungen und Wünsche; • Bewertung des Gemeinschaftsgefühls im Verein (»Wir-Gefühl«); • Interesse an Theaterreisen; • Nutzungshäufigkeit von Veranstaltungen der TuP; • Soziodemografische Fragen. Um Möglichkeiten für das Crossover-Marketing aufzudecken, wurde auch die Nutzung anderer Kulturanbieter und Kulturveranstaltungen in der Umgebung erfragt. Insgesamt umfasste der Fragebogen 13 Fragen. Zehn davon wurden geschlossen gestellt, mit vorgegebenen Antwortmöglichkeiten, drei Fragen waren offen für individuellen Input seitens der Befragten. Zudem waren teilweise Mehrfachantworten möglich. Die Fragebögen wurden per Post an alle aktuell 631 Mitglieder des Freundeskreises in Essen und Umgebung verschickt. Der Zeitraum der Befragung beschränkte sich aufgrund der anstehenden Weihnachtszeit auf knapp zwei Wochen, vom 30.11.2016 bis zum 15.12.2016. Die Umfrage stieß auf hohe Resonanz bei den Mitgliedern des Freundeskreises. Einige wenige Antwortbögen waren aufgrund von gemeinsamer Beantwortung durch Ehepaare oder mangelnder Lesbarkeit nicht auswertbar. Dennoch beläuft sich die Zahl auswertbarer Rückläufe auf insgesamt 206 Fragebögen und damit auf 32,6 % aller Mitglieder. Damit bietet die Befragung eine gute Grundlage für weiterführende Überlegungen. Geht man davon aus, dass eher die stärker involvierten und interessierten Mitglieder eine derartige Umfrage beantworten, so ermöglicht sie Rückschlüsse auf die Vorlieben und Interessen der Vereinsmitglieder.
5. E rgebnisse und D iskussion 5.1 Soziodemografie Eine erste Analyse der Soziodemografie zeigt teilweise deutliche Unterschiede zum bestehenden Zielgruppenpotenzial: So finden sich unter den Teilnehmern etwas mehr männliche (106) als weibliche Mitglieder (99). Eine Person machte zum Geschlecht keine Angabe. Das Durchschnittsalter der Befragten beläuft sich auf 72,9 Jahre, der jüngste Befragte war 48 Jahre, die älteste 94 Jahre alt. Dementsprechend ist die überwiegende Anzahl der Antwortenden im Ruhestand. Mehr als die Hälfte der Befragten (53,4 %) ist bereits seit über zehn Jahren und länger Mitglied im Freundeskreis, lediglich ein Viertel der Teilnehmer (24,7 %) konnte in den letzten fünf Jahren gewonnen werden, jeder Zehnte (9,9 %) ist in den letzten zwei Jahren eingetreten. Dabei sind die Teilnehmer der Befragung treue Besucher der Veranstaltungen »ihrer« Theater und Philharmonie Essen: Über die
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Hälfte (58,8 %) von ihnen gibt an, mindestens einmal im Monat oder häufiger die Veranstaltungen der TuP Essen während der Spielzeit zu besuchen. 67 % geben an, darüber hinaus regelmäßig auch andere kulturelle Veranstaltungen in der Region zu besuchen. Am häufigsten wurden dabei Theater und Konzerthäuser der Region wie Gelsenkirchen, Dortmund oder Düsseldorf genannt. Weiter werden die Ruhrtriennale, das Klavierfestival Ruhr, das Folkwang Museum sowie Folkwang Konzerte besucht.
5.2 Motivation für die Mitgliedschaft Eines der Hauptmotive für den Eintritt in den Verein war ganz überwiegend die Unterstützung der Essener Kultur (85,4 %), für jeden Fünften (22,3 %) spielte der mögliche Mehrwert durch die Angebote des Vereins eine wichtige Rolle. Steuerliche Erwägungen spielten lediglich für sechs Personen eine Rolle. Von besonderem Interesse für die weitere Entwicklung des Freundeskreises ist das Involvement der Mitglieder in den Verein, die innere Ich-Beteiligung und Identifikation mit dem Verein. Jeder Verein, sei es Sport- oder Kulturverein, lebt von der Teilhabe der Mitglieder an den Vereinsaktivitäten und -zielen. Dafür notwendig sind die Möglichkeit für demokratische Willensbildung, Transparenz von Institution und Interaktion, sowie eine substanzielle Kommunikationsintensität und hohe Kommunikationsdichte, wie es etwa der »Wegweiser Bürgergesellschaft«, eine Initiative des Bundesinnenministeriums, in seinen Leitlinien für eine nachhaltige Entwicklungsperspektive von Vereinen und des Vereinswesens formuliert (www.buergergesellschaft.de). Entsprechend wichtig waren für die weitere Auswertung die Einschätzung und Teilnahme der Mitglieder an Veranstaltungen des Vereins sowie die Beurteilung des Gemeinschaftsgefühls, das als Indikator dafür gelten kann, inwieweit die Mitglieder sich bereits als aktiv beteiligt und informiert ansehen.
5.2.1 Vereinsangebot Die Befragten zeigen sich überwiegend zufrieden mit dem bestehenden Angebot des Freundeskreises (82 %), das zum Zeitpunkt der Umfrage besonders aus folgenden Angeboten bestand: Werkeinführungen, Probenbesuche und Künstlergespräche. Vier von zehn Befragten (39,5 %) nutzen die Angebote des Freundeskreises sehr häufig, jeder zweite (55,1 %) zumindest gelegentlich. Dabei steigt die Teilnahmehäufigkeit auch hier wieder mit dem Alter an, die Angebote werden verstärkt in der Altersgruppe ab 60 bis 79 Jahre genutzt. Dies korrespondiert erneut mit der Frage der zeitlichen Vereinbarkeit von kulturellen Angeboten und dem Alltag der Befragten. Der am häufigsten genannte Verhinderungsgrund einer Teilnahme ist, dass es zeitlich/terminlich nicht möglich sei.
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Abbildung 1: Besuchshäufigkeit von Veranstaltungen des Freundeskreises nach Altersgruppen (in Prozent), n=206. (eigene Darstellung)
Die Teilnehmer machten trotz dieser grundsätzlich positiven Bilanz auch regen Gebrauch von der Möglichkeit, Verbesserungsvorschläge und Wünsche zu äußern. Dabei standen besonders vermehrte Probenbesuche und Führungen hoch im Kurs, gefolgt von Künstlergesprächen, Reise- oder Ausflugsangeboten sowie einem Stammtisch zum sozialen Austausch. Da es sich um eine offene Antwortkategorie handelte, ist das Spektrum recht weit. Das Interesse an einer Theaterreise wurde an anderer Stelle noch einmal explizit abgefragt. Dabei zeigte sich, dass jeder zweite (51 %) gerne daran teilnehmen würde. Unter denjenigen, die eine Reise verneinten, wurde oft das hohe Alter als Grund genannt, das eine solche Reise ausschließe.
5.2.2 Gemeinschaftsgefühl Anders fällt die Beurteilung des Gemeinschaftsgefühls (»Wir-Gefühl«) im Freundeskreis aus. Zwei von drei Befragten meinen (69,9 %), dass sie das nicht beurteilen könnten und jeder fünfte (21,2 %) findet, dass es zu wenig vorhanden ist. Nur 8,8 % empfinden es als intensiv. Bei den langjährigen Mitgliedern fällt die Einschätzung des »Wir-Gefühls« auseinander. So empfindet etwa jeder Zehnte, der länger als fünf Jahre Mitglied ist, dieses als sehr intensiv, jeder fünfte hingegen ist der Meinung, dass es nicht oder zu wenig vorhanden sei. Mitglieder, die weniger als fünf Jahre im Verein sind, sehen hingegen nahezu gar kein »Wir-Gefühl«.
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Abbildung 2: Beurteilung »Wir-Gefühl« im Freundeskreis nach Jahren der Mitgliedschaft (in Prozent), n=206. (eigene Darstellung)
Dies deutet darauf hin, dass der Verein hinsichtlich der oben geforderten hohen Kommunikationsdichte und Transparenz über seine Ziele und Aktivitäten in den letzten Jahren die Mitglieder nicht ausreichend erreicht hat. Da, wie oben beschrieben, die Blütezeit des Vereins hinsichtlich finanzieller Ausstattung und Unterstützung durch Mäzene und Unternehmen auch einige Zeit zurückliegt, kann vermutet werden, dass langjährige Mitglieder sich mit einer gewissen positiven Nostalgie an diese Zeiten erinnern. Darauf weisen auch die offenen Antworten hin, die die Teilnehmer der Umfrage zu Vorschlägen für Verbesserungen und Angebote der Vereinsarbeit abgegeben haben. Hier ist z.B. mehrfach von den »früher häufigeren Probenbesuchen und -führungen« oder der Einladung interessanter Referentinnen und Referenten die Rede. Angebote, die von den Mitgliedern offensichtlich sehr geschätzt werden, die aber ausreichend Ressourcen für die Organisation und Umsetzung derartiger Planungen voraussetzen.
5.2.3 Mehr wert einer Mitgliedschaft Den größten Mehrwert sehen die befragten Mitglieder in den Sonderveranstaltungen bzw. dem Programm, gleichauf mit der Begegnung mit anderen kulturinteressierten Menschen (je 51,9 %), was darauf hindeutet, dass die Mitglieder dem sozialen Austausch untereinander einen hohen Stellenwert zuschreiben. Bei der Frage des größten Mehrwerts einer Mitgliedschaft kommt das »WirGefühl« auch nur auf knapp vier Prozent. Hier besteht also Handlungsbedarf für den Verein. Lehnen sich die Mitglieder in einer abwartenden oder rein konsumorientierten Haltung zurück, so bleibt die Entwicklung und Prosperität der Vereinsentwicklung in den Händen der ehrenamtlich tätigen Vorstände hängen,
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wodurch die Gefahr entsteht, dass sowohl zeitlich als auch inhaltlich nur eine begrenzte Weiterentwicklung betrieben werden kann. Die oben geforderte Teilhabe findet dann nicht statt. Hier können Kulturvereine von anderen Branchen, wie z.B. dem Breitensport, lernen. Diese setzen in der Regel nicht nur auf Partizipation, sondern auch auf Mitgestaltung und Unterstützung ihrer Aktivitäten durch die Mitglieder, sei es bei Veranstaltungen, Versammlungen oder Vereinsfesten. Durch die aktive Mitwirkung an Vereinstätigkeiten können Motivation und Bindung an den Verein gestärkt und die inhaltlichen Arbeiten auf eine breitere Basis gestellt werden. Die rege Beteiligung an der Umfrage ist ein erster Indikator, dass die Mitglieder des Freundeskreises daran durchaus ein Interesse haben könnten. Ein weiterer wichtiger Faktor für ein starkes Gemeinschaftsgefühl ist die Teilhabe am demokratischen Willensbildungsprozess. Diesen kann der Verein im Sinne einer »geführten Demokratie« (vgl. Schwerzmann 2015) aktiv unterstützen, indem die Vereinsführung diejenigen Mitglieder identifiziert, bei denen auch der Wille besteht, die Gruppe vorwärtszubringen und Verantwortung zu übernehmen. Dazu eignen sich die jährliche Mitgliederversammlung, denkbar wäre aber auch, ein Partizipationsforum für die Mitglieder einzurichten, etwa in Form einer offenen Sprechstunde, das Angebot einer Diskussion über Vereinsvorhaben am Rande eines Programmangebotes, z.B. einer Theaterprobe oder als Thema eines Vereinsstammtisches, oder, für die online-affinen Mitglieder, in Form eines Intranetbereiches auf der Website des Vereins.
6. A nsät ze für K ommunik ation und M arke ting Neben einer Erhebung des Ist-Zustandes sollte die Umfrage auch Ansätze liefern, wie die Mitglieder stärker an den Verein gebunden werden können und wie der Verein insgesamt eine höhere Aufmerksamkeit im Bürgerdialog erreichen und neue Mitglieder gewinnen kann. Der Verein verfügt dabei nicht über ein Marketingbudget. Voraussetzung war also, dass die Maßnahmen möglichst kostendeckend entwickelt werden sollten. Die Projektgruppe erarbeitete für den Vorstand einen ausführlichen Maßnahmenkatalog für Kommunikation und Marketing, auf den an dieser Stelle nicht im Detail eingegangen werden kann. Exemplarisch sollen einige Beispiele für die Bereiche der Mitgliedergewinnung und -bindung dargestellt werden.
6.1 Mitglieder werbung Die Auswertung zeigt, dass für den Beitritt in den Freundeskreis die persönliche Empfehlung von besonderer Bedeutung ist: jeder dritte Befragte (36,9 %) gab an, durch die Werbung von Freunden oder Bekannten zum Eintritt motiviert worden zu sein. Dies spricht dafür, in der Kommunikation einen besonderen Schwerpunkt auf das sogenannte »Word-of-Mouth-Marketing« oder auch
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Empfehlungsmarketing zu legen. Zentrales Merkmal dieses, umgangssprachlich häufig als Mundpropaganda bezeichneten, Instrumentes ist die Empfehlung eines Produktes oder einer Sache durch begeisterte Kunden oder, in unserem Fall, Mitglieder. Während hierzu im Bereich des Internet-Marketings eine Vielzahl von Strategien eingesetzt werden, um die Empfehlungsrate zu erhöhen (z.B. Like-Buttons, Freundschaftswerbung, Kommentarfunktionen), scheuen sich viele eher offline aufgestellte Institutionen, ihre Kunden oder Mitglieder aktiv um solche Empfehlungen zu bitten (vgl. Fink 2014: 23). Dazu besteht allerdings kein Grund, da Menschen gerne positive Erfahrungen teilen. Darüber hinaus ist auch aus der Konsumforschung bekannt, dass Offline-Empfehlungen für die tatsächliche Produktwahl heute immer noch von größerer Bedeutung sind als OnlineEmpfehlungen (vgl. Esche et al. 2014, 26). Hier bietet sich für den Freundeskreis eine Vielzahl von Möglichkeiten: So könnte Mitgliedern beispielsweise angeboten werden, zu Veranstaltungen Freunde oder Bekannte mit anzumelden, damit sich diese die Aktivitäten des Vereins einmal anschauen können. Durch eine namentliche Registrierung können mit der Teilnahmebestätigung und vor Ort Mitgliedsanträge an diese Personen verteilt werden. Ferner könnte es z.B. Sonderkarten für schwer erhältliche Aufführungen oder Premieren geben, wenn ein Neumitglied gewonnen wurde. Neben OfflineMaßnahmen bieten sich in begrenztem Umfang auch Online-Aktivitäten an: So könnte auf der neuen Website für die online-affinen Mitglieder die Möglichkeit eingerichtet werden, Kommentare oder eine Kurzbewertung zu Veranstaltungen des Freundeskreises zu hinterlassen. Dadurch erhalten Interessenten auch gleich einen Eindruck von dem Mehrwert, den der Verein ihnen als kulturinteressierten Bürgern bieten kann. Eine Erscheinung in Sozialen Netzwerken ist trotz des aktuellen Hypes um Social Media und Communitymanagement-Maßnahmen mit Vorsicht anzugehen: Soziale Netzwerke wie Facebook oder Twitter leben von der Aktualität ihrer Nachrichten. Viele Kulturinstitutionen und Vereine haben das Gefühl, man müsse dabei sein und launchen etwa eine Facebookseite, auf der dann nichts passiert. Kommt ein User auf so eine Seite, auf der beispielsweise seit vier Wochen kein neuer Post erfolgt ist, wird sich das eher kontraproduktiv auf seine Einschätzung der Institution auswirken. Insofern sollten solche Maßnahmen nur angegangen werden, wenn auch die Pflege und ständige Bespielung der Seite mit News und Informationen möglich ist. Eine Alternative könnte sein, sich mit der Website der unterstützten Kultureinrichtung, in diesem Fall der Theater und Philharmonie Essen, in Verbindung zu setzen und einen Banner oder einen Link zur eigenen Homepage zu setzen. Im Falle von Facebook ist zudem eine sehr detaillierte Zielgruppenansprache (z.B. nach Alter, Einkommen, Interessen und Wohnort) möglich, so dass in Sonderfällen vergleichsweise günstige Werbeaktionen, z.B. zu besonderen Anlässen oder Aufführungen, erfolgen könnten.
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6.2 Mitgliedermotivation Ferner zeigte die Umfrage, an welchen kulturellen Themen und Ereignissen die Mitglieder noch interessiert sind. Dabei werden neben dem Besuch regional naheliegender Theater-, Opern- und Schauspielhäuser besonders auch kulturelle Großereignisse, wie die Ruhrfestspiele Recklinghausen, die Ruhrtriennale oder das Klavierfestival Ruhr, gerne besucht. Hieraus lassen sich Möglichkeiten entwickeln, neue Angebote für die Vereinsmitglieder zu schaffen, etwa durch Kooperationsabsprachen mit den dortigen Freundes- und Förderkreisen (z.B. dem Verein der Freunde und Förderer der Ruhrtriennale e. V.). So könnten etwa wechselseitige Proben- oder Aufführungsbesuche vereinbart werden, was auch dem Wunsch vieler Mitglieder, ihr kulturelles Netzwerk über die Grenzen der Stadt Essen hinaus zu erweitern, entgegenkäme. Bei den bereits bestehenden Veranstaltungen des Vereins kamen die Mitglieder bislang lose zusammen. Durch Aufsteller, Tischfahnen sowie Mitgliederbuttons kann auf diesen Treffen künftig eine größere Verbundenheit und Sichtbarkeit des Vereins geschaffen werden. Auch eine Teilnahme oder Ansprachen des Vorstandes können hier eine motivierende Funktion ausüben. Da die Analyse auch ergeben hatte, dass viele Mitglieder sehr regelmäßige und häufige Besucher der Aufführungen der Theater und Philharmonie Essen sind, könnte die Bindung der Mitglieder untereinander gestärkt werden, indem es z.B. einen festen Treffpunkt in den Theaterstätten gibt, an dem sich die Vereinsmitglieder vor Beginn der Aufführung oder während der Pausen treffen können. Buttons mit dem Logo des Freundeskreises könnten anfangs die Erkennung Gleichgesinnter fördern. Durch den Hintergrund der gemeinsamen Mitgliedschaft entsteht eine grundsätzliche Verbundenheit, die den Einstieg in interessante Gespräche ermöglicht. Auch Mitgliedern, die ohne Begleitung die Aufführungen besuchen oder die noch relativ neu in der Stadt sind, bieten sich so neue Kontaktmöglichkeiten, und vielleicht entstehen daraus in Einzelfällen auch Gruppen, die künftig gemeinsam Aufführungen besuchen. Hier besteht für den Verein zudem die Option, eine größere Teilhabemöglichkeit zu schaffen, etwa indem Mitglieder gezielt angesprochen werden, ob sie an einem solchen Treffpunkt als Ansprechpartner für den Verein oder für die Ansprache neuer und vielleicht noch unsicherer Besucher zur Verfügung stehen könnten. Um das »Wir-Gefühl« zu stärken, empfahl die Projektgruppe darüber hinaus, mehr gemeinsame Erlebnisse zu schaffen, bei denen die Mitglieder untereinander in Kontakt kommen können. Der Vorstand hat sich dazu eine Reihe von Maßnahmen überlegt, die im nachfolgenden Kapitel dargestellt werden.
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7. S chlussfolgerungen des V orstandes und erste M assnahmen Nachdem die Selbstanalyse über den Ist-Zustand des Vereins abgeschlossen war, reagierte der Vorstand umgehend auf die hierbei gewonnenen Informationen und Erkenntnisse. Einige Maßnahmen wurden favorisiert und schnell umgesetzt, um dem Ausgangsziel, einen zukunftsorientierten und lebendigen Kulturverein in Essen weiter zu führen, nahe zu kommen.
7.1 Finanzielle Struktur Als wichtigste Grundlage für eine zukünftig erfolgreiche Arbeit des Vereins wurde erkannt, freiwillige Spenden in feste Mitgliedsbeiträge umzuwandeln. Damit soll die Grundlage geschaffen werden, künftig über eine bessere finanzielle Planung der eigenen Aktivitäten zu verfügen. Darüber hinaus kann eine höhere Planungssicherheit in Zusammenarbeit mit der TuP erreicht werden, wenn es darum geht, konkrete Zuschüsse für bestimmte Produktionen zu ermöglichen. Denn häufig müssen Absprachen für die Verpflichtung von hervorragenden Künstlern und die Förderung von Veranstaltungen bereits Jahre im Voraus geplant werden und bedürfen einer klaren Zusage der möglichen Unterstützung. So wurde den Mitgliedern des Freundeskreises auf der jährlichen Mitgliederversammlung im Juli 2017 von Vorstand und Kuratorium vorgeschlagen, für eine Satzungsänderung zu stimmen, welche ab 2018 in Kraft treten soll und vorsieht, anstatt freiwilliger Spenden feste Mitgliedsbeiträge einzuführen. Dieser Antrag wurde einstimmig von den Mitgliedern auf der Mitgliederversammlung beschlossen. Der neue feste Mitgliedsbeitrag wurde so gewählt, dass er dem heutigen Durchschnittsbetrag der geleisteten individuellen Spenden pro Jahr entspricht. Für jüngere Menschen bis 25 und bei einer Anmeldung von zwei Personen gibt es Sondertarife. Außerdem wurde ein zusätzlicher Mitgliedstarif für juristische Personen beschlossen.
7.2 Stärkung des Gemeinschaftsgefühls Wie die Umfrage klar gezeigt hatte, ist das derzeitige Gemeinschaftsgefühl unter den Vereinsmitgliedern nur schwach ausgeprägt bis nicht existent. Daher war ein häufiger Wunsch, mehr gemeinsame und verbindende Erlebnisse zu schaffen. Als erste diesen Wunsch unterstützende Maßnahme wurde eine Kulturreise für die Mitglieder des Freundeskreises im September 2017 organisiert. Eine Einladung des Orchesters der Essener Philharmoniker nach Prag im Rahmen des Dvořák Music Festivals 2017 wurde vom Vorstand zum Anlass genommen, eine dreitägige exklusive Kulturreise für die Mitglieder nach Prag zur gleichen Zeit zu organisieren. Die Resonanz auf dieses Veranstaltungsangebot war so groß, dass die Reise bereits eine Woche nach Ausschreibung ausgebucht
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war. Auf dieser Reise bietet sich die Gelegenheit für einen intensiven Austausch der Mitglieder untereinander. Gleichzeitig kann sie dazu dienen, weitere angedachte Maßnahmen für den Verein mit den Mitgliedern zu diskutieren und auf ihre Resonanz hin zu testen. Bei positiver Reaktion auf das Reiseangebot soll dieses zu einer festen Größe innerhalb des Gesamtangebotes des Vereins werden. Eine andere, weniger aufwendige Maßnahme, ist die Einführung eines »Opern Dinners«. Hier wird den Mitgliedern im Rahmen einer Opernaufführung im Aalto-Theater die Möglichkeit geboten, zusammen nach einem gemeinsam eingenommenen Abendessen eine Opernproduktion zu besuchen und im Anschluss mit den Künstlern den Abend ausklingen zu lassen. Auch dieses Angebot stieß auf eine breite Resonanz unter den Mitgliedern.
7.3 Neuer Internetauftritt Die Studiengruppe der Westfälischen Hochschule entwickelte im Rahmen der Zusammenarbeit auch einen umfänglichen Vorschlag für einen Relaunch der bestehenden Website. Dabei wurde der aktuelle Trend in der Website-Gestaltung zu großer Geradlinigkeit und Klarheit aufgegriffen. Als einer von mehreren neuen Hauptnavigationspunkten wurde »Events« aufgenommen. Hier finden sich neue Elemente aus dem Maßnahmenplan, die ein Alleinstellungsmerkmal des Freundeskreises bilden, wie etwa Termine für Probenbesuche, die Theaterreisen, das Opern-Dinner und Backstage-Führungen. In dem Hauptnavigationspunkt sollen später auch alle Informationen zum »Jungen Freundeskreis« stehen. Um dem neuen Bild der Website mehr Modernität zu verleihen, wurde die bislang textlastige Seite mit aussagekräftigen Bildern ausgestattet. Um eine stärkere Verbreitung zu ermöglichen, wurden Like- und Versendebuttons für Social Media eingefügt. Diese ermöglichen es Interessenten oder Mitgliedern, z.B. auf ihrer eigenen Facebookseite oder auf der Website des Vereins, interessante Themen zu posten und mit persönlichen Kommentaren zu teilen. Die neue Internetseite http://www.theater-essen.de/foerderer-partner/freundes kreis wurde im November 2017 gelauncht. Der Freundeskreis arbeitet bei der Umsetzung dieser Maßnahme sehr eng mit der Marketing Abteilung der Theater und Philharmonie Essen zusammen. Damit ist der neue Internetauftritt moderner, attraktiver und inhaltlich deutlich interessanter für alle Besucher der Website. Gleichzeitig werden so auch die Synergien zwischen Kultureinrichtung und Verein deutlicher aufgezeigt.
7.4 Ausblick Der Vorstand sieht sich mit der durchgeführten Mitgliederbefragung, der neuen Website und den ersten Maßnahmen, die auf positive Resonanz bei den Mitgliedern stießen, auf dem richtigen Weg, auch in Zukunft eine wichtige Rolle als Kulturförderer in der Stadtgesellschaft einnehmen zu können. Eine besondere
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Erkenntnis lag darin, dass die Mitglieder den angestrebten Veränderungen nicht zögernd im Weg standen, sondern sie im Gegenteil aktiv begrüßten und unterstützten. Mögliche Bedenken, gegebenenfalls langjährige Mitglieder durch Öffnung und Änderung vertrauter Rituale zu verschrecken, bestätigten sich nicht. Auch viele ältere und langjährige Mitglieder beteiligten sich aktiv an der Umfrage und gaben Vorschlägen zur Weiterentwicklung des Vereins an. Eine dauerhafte Vereinszukunft, Partizipation und Teilhabe sind also deutliche Wünsche der Mitglieder. Diese hohe Identifikation der Mitglieder mit dem Freundeskreis stärker auszubauen und das Gemeinschaftsgefühl weiter zu stärken, ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass der Verein auch in Zukunft prosperiert und sich den aktuellen Herausforderungen sowohl finanzieller als auch technologischer und inhaltlicher Art stellen kann. Durch die angestoßenen Maßnahmen ist es möglich, neue Zielgruppen anzusprechen und auch den bestehenden Mitgliedern einen deutlichen Mehrwert ihrer Mitgliedschaft zu vermitteln.
L iteratur Allgemeine politische Nachrichten (1852), Essen, Ausgabe vom 15.12.1852. Esche, Jonas, v.d./Hennig-Thurau, Thorsten (2014): German Digitalization Consumer Report. Roland Berger. Abgerufen am 10.07.2017 unter https://www. rolandberger.com/de/Publications/pub_german_digitalization_consumer_ report.html Fink, Klaus-J. (2014): Empfehlungsmarketing. Königsweg der Neukundengewinnung. Wiesbaden: Springer Gabler. Freundeskreis Theater und Philharmonie Essen e. V. (2012): Satzung des »Freundeskreis Theater und Philharmonie Essen e. V.« i.d. Fassung vom 6. Juli 2017. Abgerufen am 02.03.2018 unter http://www.theater-essen.de/download/2856/ satzung_stand_06.07.2017.pdf Frohne, Julia/Scheytt, Oliver/Norwidat-Altmann, Brigitte (2015): Kultursponsoring. Handbuch für kreative Allianzen, Wiesbaden: Springer VS. Gesellschaft für integrierte Konsumforschung (GIK) (2016): best4planning 2016. Abgerufen am 08.07.2017 unter www.b4p.media/online-auswertung Keuchel, Susanne/Wiesand, Andreas, J. (2006): Das 1. Jugend-KulturBarometer. Zwischen Eminem und Picasso, Köln: ARCult. Mandel, Birgit (2012): PR für Kunst und Kultur. Handbuch für Theorie und Praxis, Bielefeld: transcript. 4. unveränderte Auflage. Rüden, Stephanie v. (2016): Nachhaltige Organisationsentwicklung in Vereinen, in: Schram, B./Schmidpeter, R. (Hg.): CSR und Organisationsentwicklung. Berlin Heidelberg: Springer, S. 271-286. Schwerzmann, Alex (2015): Praxisleitfaden strategische Vereinsführung, Wiesbaden: Springer Gabler. Statistisches Bundesamt: Kulturfinanzbericht 2016. Wiesbaden.
Der Freundeskreis aus Sicht der Mitglieder – Er war tungen und Einstellungen
Strauß, Frank/Höfer, Renate (2010): Identitätsentwicklung und soziale Netzwerke, in: Stegbauer, C. (Hg.): Netzwerkanalyse und Netzwerktheorie. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. 2. Auflage, S. 201-211. Wegweiser Bürgergesellschaft (Initiative des Bundesinnenministeriums): Leitprinzipien nachhaltiger Vereinsführung und Vereinsarbeit. Abgerufen am 12.07.2017 unter https://www.buergergesellschaft.de/praxishilfen/arbeit-imverein/leitprinzipien-nachhaltiger-vereinsfuehrung-und-vereinsarbeit/?tx_ smpagebrowser_pi1%5Bpage%5D=109959&tx_smpagebrowser_pi1%5Baction %5D=index&tx_smpagebrowser_pi1%5Bcontroller%5D=Teaser&cHash=e158 b5e10a62d9dd390642f300473c41
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Museen und Öffentliche Hände haben in Deutschland eines gemeinsam: Beide kultivieren eine Leidensgeschichte der Unterfinanzierung. Statt der Einsicht, dass es stets mehr verwirklichungsfähige Wünsche als einsetzbares Kapital gibt, erschallt aus dem Museumswesen (nachgewiesen seit 1918) fortwährend, dass das Geld nicht reiche.1 Geld- und Sachspenden sollen dem abhelfen; ganzheitlich betrachtet, geschieht nichts als Ressourcen an sich zu ziehen, die nun an anderer Stelle fehlen.
E rstes A k tionsfeld : K apitalbeschaffung für das M useum Mitgliedsbeiträge und Spenden zugunsten des Museums erklären den Namen Förderverein. Ein Drittel der deutschen Museen gibt für 2004 an, von keiner Seite Finanzhilfen für »Sonderveranstaltungen« erhalten zu haben, ein weiteres Drittel berichtet von Unterstützung seitens des Museumsfördervereins. Den Freundeskreisen folgen auf den nächsten Rängen (bei möglichen Mehrfachangaben) Geldinstitute mit 21, Privatpersonen mit 19 und lokale Unternehmen mit 18 Prozent Nennungen.2 Als Urform dieser Fördervereine gilt der Kaiser-Friedrich-Museums-Verein: Wilhelm von Bode, Generaldirektor der Königlichen Museen zu Berlin, nutzte seit den 1880er Jahren seine Beratungskontakte zu reichen Kunstsammlern, um von diesen Erwerbswünsche der Museen vorfinanzieren zu lassen. 1896/97 ent1 | Vgl. Habel, Marcus Andreas: Ein Jahrhundert Zukunft der Museen. Krisen und Kritiken, Pläne und Perspektiven 1900-2010 (= Leipziger Impulse für die Museumspraxis; 4). Berlin: BibSpider 2012, S. 20f. 2 | Vgl. Statistische Gesamterhebung an den Museen der Bundesrepublik Deutschland für das Jahr 2004 (= Materialien aus dem Institut für Museumskunde; 59). Berlin: Institut für Museumskunde 2005, S. 61.
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wickelt sich daraus ein exklusiver Verein mit einem Beitrag von jährlich 500 oder einmalig 5.000 Mark, der ausschließlich Erwerbungs- oder Ersteigerungswünsche des Generaldirektors aufgreift, einschließlich der Option, »wenig überzeugende Kunstwerke« später wieder zu veräußern; im Vergleich zur bürokratischen Genehmigungsprozedur für jede direktorale Ankaufsentscheidung – ab 5.000 Mark sogar durch den Kaiser selbst – ein erstaunlicher Freiraum.3 Rasch folgende Vereinsgründungen deuten an, dass für große Kunstmuseen die vorhersehbaren und begrenzten Haushaltsmittel der Öffentlichen Hand oder ebensolche Stiftungserträge nicht mehr dem Kunstmarkt entsprechen: Der Städelsche Museumsverein in Frankfurt a.M. entsteht 1899, der Galerieverein Stuttgart 1906, die Gesellschaft der Freunde des Kunstgewerbemuseums Leipzig 1909.4 Der ägyptologische Museumsförderverein in Hildesheim bewegt binnen dreißig Jahren zwei Millionen Euro zugunsten des Museums.5 Der Freundeskreis des Freilichtmuseums an der Glentleiten verbucht von 1990 bis 2001 aus Mitgliedsbeiträgen 987.435 DM, aus Geldspenden 228.784 DM, aus Sachspenden 627.984 DM, aus Veranstaltungs- und Publikationserlösen 454.129 DM.6 Ein Kunstmuseum veröffentlichte seinen »Wunschzettel« in Form einer ganzen Wechselausstellung mit Katalog;7 im Ergebnis erfüllten Privatpersonen, Unternehmen und Fördervereine jeden zweiten Wunsch.8 Manche Freundeskreise pflegen massenmediale Abstinenz, unterhalten keine Webseite: Das Internet enthält nur wenige Worte zum Förderverein des Hauses der Geschichte Baden-Württemberg, zum »Kuratorium Wallraf-Richartz-Museum und Museum Ludwig« in Köln oder zu »Ars Colonia – Förderkreis Kölner Museen«. Bei öffentlich sichtbaren Freundeskreisen gehören oft prominente Vorzeigepersonen zum Vereinsvorstand; Bürgermeisterinnen, Landräte oder Ministerinnen, teils satzungsgemäß als geborene Vorstandsmitglieder, signalisie3 | Vgl. Stockhausen, Tilmann von: »Wilhelm von Bode und die Gründung des Kaiser-Friedrich-Museums-Vereins«, in: 100 Jahre Mäzenatentum. Die Kunstwerke des Kaiser-Friedrich-Museums-Vereins in Berlin. Berlin: Kaiser-Friedrich-Museums-Verein 1997, S. 21-29, hier S. 21-23. 4 | Vgl. Seidlitz, W. von: »Museumsvereine«, in: Museumskunde 9 (1913), S. 36-43. 5 | Vgl. Höper, Dieter: »30 Jahre Freundeskreis Ägyptisches Museum Wilhelm Pelizaeus Hildesheim e. V.«, in: Barbara Magen: 30 Jahre Freundeskreis – 30 Jahre Mäzenatentum. Die Erwerbungen des Freundeskreises Ägyptisches Museum Wilhelm Pelizaeus Hildesheim e. V. in den Sammlungen des Roemer- und Pelizaeus-Museums Hildesheim aus den Jahren 1977 bis 2007. Hildesheim: Gerstenberg 2007, S. 4-9, hier S. 7. 6 | Vgl. Burmester, Enno: »30 Jahre Freundeskreis Freilichtmuseum Südbayern e. V.«, in: Nothelfer oder Mäzen? Aufgabe, Wirkungsweise und Bedeutung von Museums-Fördervereinen. Symposium am 08.11.2002 im Freilichtmuseum des Bezirks Oberbayern. Großweil: Freundeskreis des Freilichtmuseums Südbayern o.J., S. 12-19, hier S. 15. 7 | König, Kasper (Hg.): Museum unserer Wünsche. Köln: Museum Ludwig, 2001. 8 | Ders. (Hg.): Museum unserer Wünsche. Die Bilanz. Köln: Museum Ludwig, 2002.
Förder vereine von Museen: sieben Aktionsfelder, sechs offene Fragen
ren die Zielidentität von Museum und Förderverein. In Hildesheim entsteht der Freundeskreis nach einem entsprechenden Aufruf des städtischen Museumsdirektors; man fand es angemessen, die »förmliche Zustimmung von Rat und Verwaltung« zur Vereinsgründung einzuholen.9 Den Förderverein des Freilichtmuseums am Kiekeberg, seinerzeit ein Regiebetrieb des Landkreises, gründen 1989 neun Personen: fünf Spitzenvertreter der Kreisverwaltung, zwei Abgeordnete des Kreistages, der Museumsdirektor und – als einzige Person ohne Amt – dessen Ehefrau; der jeweilige Kämmerer des Landkreises agiert ehrenamtlich als Schatzmeister des Vereins.10 Von Schattenseiten hört man selten und nur anonymisiert, etwa von dem autonomen Beschluss des Fördervereinsvorstands eines Freilichtmuseums – darin ein hochrangiger Vertreter des Museumseigentümers –, einen historischen Brunnen kopieren und an einem Standort seiner Wahl im Museumsgelände aufstellen zu lassen.11 Ein langjähriger Freundeskreis-Vorsitzender gesteht: »Wir haben das ›Spenden‹ auch erst lernen müssen und uns dabei mit der Zeit angewöhnt, daß wir nur in Abstimmung mit der Museumsdirektion Aktivitäten durchführen.«12 Anfangs habe man nicht bedacht, dem beschenkten Freilichtmuseum Folgekosten zu verursachen, z.B. durch den Kauf eines Hauses, dessen Abbruch, Einlagerung und Wiedererrichtung das Museum finanzieren muss. Einzelne Fördervereine kopieren Handlungsmuster anderer gemeinnütziger Strukturen. Der 1987 gegründete Freundeskreis der Neuen Galerie, Linz (Donau), hat eine typische Aktivität von Kunstvereinen adaptiert, die Abgabe künstlerischer Originalgrafik an die Vereinsmitglieder (»Jahresgaben«); die Hauptaktivität liegt aber bei Geldüberweisungen an die städtische Galerie für den Ankauf neuer Sammlungsstücke.13 Der Vorsitzende des Verbands bayerischer Geschichtsvereine bescheinigt dem Freundeskreis der Prähistorischen Staatssammlung, München, »ein historischer Verein im besten Sinne des Wortes« zu sein, und belegt das mit Vorträgen hochrangiger Fachleute, der Herausgabe von Fotokalendern 9 | Vgl. D. Höper: 30 Jahre Freundeskreis Ägyptisches Museum, S. 5. 10 | Vgl. Dederke, Peter: »Die Entwicklung des Fördervereins«, in: Ders./Giesela Wiese/ Rolf Wiese (Hg.): Mit Schwung in die Zukunft! Chronik zum 25-jährigen Bestehen des Fördervereins des Freilichtmuseums am Kiekeberg e. V. (= Schriften des Freilichtmuseums am Kiekeberg; 85). Ehestorf: Förderverein des Freilichtmuseums am Kiekeberg 2014, S. 2760, hier S. 27. 11 | Vgl. Baumeier, Stefan: »Fördervereine – ganz ohne Konflikte?«, in: Nothelfer oder Mäzen? Aufgabe, Wirkungsweise und Bedeutung von Museums-Fördervereinen. Symposium am 08.11.2002 im Freilichtmuseum des Bezirks Oberbayern. Großweil: Freundeskreis des Freilichtmuseums Südbayern o.J., S. 30-37, hier S. 32. 12 | E. Burmeister: 30 Jahre Freundeskreis Freilichtmuseum Südbayern, S. 16f. 13 | Vgl. Kulturelles Bewußtsein und Kunstförderung. Ankäufe und Werkstiftungen der Freunde der Neuen Galerie der Stadt Linz in den Jahren 1987-1997. Linz (Donau): Verein der Freunde der Neuen Galerie [1997], S. 8f.
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mit ur- und frühgeschichtlichen Motiven und der Mitfinanzierung von Sammlungserwerben und Ausstellungsprojekten des Museums.14 Der Förderverein des Skulpturenmuseums Glaskasten Marl lehnt sich bei der Praxis der Service-Clubs an, die von der Klientel gewünschte Exklusivität über das Kapitalakquise-Verfahren zu erzeugen – hier mit der Satzungsvorschrift, dass sich der Mitgliedsbeitrag auf jährlich 40 Euro, die »erbetene jährliche Mindestspende« auf 600 Euro beläuft.15 Schon der 1929 gegründete »Verein der Freunde der Nationalgalerie«, Berlin, schreckt unvermögende Personen ab mit einem Mitgliedsbeitrag von 500 Reichsmark jährlich oder einmalig 5.000 Reichsmark für lebenslange Mitgliedschaft,16 analog zum Kaiser-Friedrich-Museums-Verein. Den Einmalbetrag von 5.000 Mark kennen, nach Daten von 1909, auch der Städelsche Museumsverein und der Galerieverein Stuttgart.17 »Kunst und Exklusivität sind eine Mischung, die sich gut vermarkten lässt. Moralische Bedenken sind unangebracht, da die Gelder einem guten Zweck dienen«, findet ein Schweizer Wirtschaftswissenschaftler.18 Bei den Stuttgarter Fördervereinen sind heute zweistufige Mitgliedsbeiträge Mode: Der »Galerieverein« der Staatsgalerie erhebt 75 oder 350 Euro Jahresbeitrag, die Fördergesellschaft des Landesmuseums Württemberg 50 oder 500 Euro, die »Gesellschaft für Erd- und Völkerkunde«, Förderverein des Linden-Museums, 30 oder 500 Euro – als symbolische Gegenwerte dürfen die »Premium-Partner« des Linden-Museums spezielle Einführungen in die Entstehung neuer Wechselausstellungen besuchen.19 Inzwischen bietet die Webseite des Landesmuseums Württemberg drei Beitragsklassen an: für 50 Euro jährlich gibt es Tagesexkursionen mit Kuratoren, für 500 Euro mehrtägige Exkursionen und einen jährlichen Kulturabend mit der Museumsdirektorin; für 5.000 Euro gibt es »exklusive Leis14 | Vgl. Treml, Manfred: »Grußwort«, in: Weggefährten über 25 Jahre. Die Prähistorische Staatssammlung und ihr Freundeskreis. Kallmünz: Lassleben 1998, S. 4. 15 | Vgl. Freundeskreis Habakuk zur Förderung des Skulpturenmuseums Glaskasten Marl (Hg.): 1993-2003. Zehn Jahre Freundeskreis Habakuk. Marl: Selbstverlag 2003, S. 49. 16 | Vgl. Meyer, Andrea: »Eduard von der Heydt und der Verein der Freunde der Nationalgalerie«, in: Thomas W. Gaethgens/Martin Schieder (Hg.): Mäzenatisches Handeln. Studien zur Kultur des Bürgertums in der Gesellschaft. Berlin: Fannei & Walz 1998, S. 160-178, hier S. 166. 17 | Vgl. W. v. Seidlitz: Museumsvereine, S. 39, 41. 18 | Gutbrod, Jochen: Management von Kunstmuseen in Deutschland. Von der objektbezogenen Verwaltung zum besucherorientierten Museum. Freiburg im Uechtland, Univ., Diss. 1994, S. 196. 19 | Vgl. Dauschek, Anja: »Zwei Gründungen – ein neues Stadtmuseum und sein Freundeskreis. Ein Arbeitsbericht«, in: Matthias Dreyer/Rolf Wiese (Hg.): Freunde sind unbezahlbar. Fördervereine und Freundeskreise von Museen (= Schriften des Freilichtmuseums am Kiekeberg; 86). Ehestorf: Förderverein des Freilichtmuseums am Kiekeberg 2014, S. 91-98, hier S. 93f.
Förder vereine von Museen: sieben Aktionsfelder, sechs offene Fragen
tungen, über die wir Sie gerne informieren«.20 Die Idee ist nicht neu: Die Freunde des Kunstgewerbemuseums Leipzig nehmen 1909 wahlweise 25, 100 oder 500 Mark jährlich.21
Z weites A k tionsfeld : D er V erein als fak tischer M iteigentümer Viele ältere Museen begleitet ein Verein, der eigene Sammlungen dem Museum leihweise überlässt. Daraus kann eine teilhaberartige Stellung erwachsen, ohne dass der Verein wirtschaftliche Risiken trüge. Schon die Frühzeit deutscher Museen kennt solche Doppelstrukturen: Die bayerische Kreisverwaltung richtet 1825/26 in Speyer ein staatliches Antiquarium ein; ab 1843 präsentiert der »Geschichtliche Verein des Rheinkreises« seine Sammlungen in nahe gelegenen, eigenen Räumlichkeiten. Aus beiden entsteht 1869 das Historische Museum der Pfalz.22 Preußen gründet 1820 ein Altertümermuseum in Bonn; der 1841 gegründete »Verein von Alterthumsfreunden im Rheinland« unterstützt zunächst dieses Museum bei Erwerbungen, beginnt nach 1860 eine eigene Sammlung; der Neubau des Provinzialmuseums Bonn (1890-1893) vereinigt beide Bestände.23 Ludwig Justi, Direktor der Berliner Nationalgalerie, hat Finanzierungsprobleme beim Sammlungsauf bau der Gegenwartskunst-Ausstellung im Kronprinzenpalais; er motiviert den Wuppertaler Bankier und Kunstsammler Eduard von der Heydt 1929 dazu, den »Verein der Freunde der Nationalgalerie« zu gründen, der Kunstwerke erwirbt und dem Museum leiht.24 Das »Kuratorium Wallraf-Richartz-Museum und Museum Ludwig« in Köln sammelt Geld und erwirbt Kunstwerke, um sie einem der beiden Museen zu leihen – zum 50-jährigen Vereinsjubiläum 2009 zählt die regionale Presse 46 Werke im Wert von 70 Millionen Euro zusammen. Der erwähnte Kaiser-Friedrich-Museums-Verein behält neben der ursprünglichen Vorfinanzierung auch Kunstwerke im Eigentum. Es entstehen eigenartige Kapitalflüsse: Einen 1901 bewilligten staatlichen Sonder-Erwerbungsetat von zwei Millionen Mark verzehrt überwiegend der Ankauf von Vereins-Leihsachen, der 20 | Vgl. https://www.landesmuseum-stuttgart.de/spenden-und-foerdern/foerdergesell schaft/vorteile-und-leistungen/ 21 | Vgl. W. v. Seidlitz: Museumsvereine, S. 42. 22 | Vgl. Becker, Albert: Hundert Jahre Pfälzer Geschichtsforschung 1827-1927. Speyer: Historisches Museum der Pfalz 1927, S. 16f. 23 | Vgl. Fuchs, Reinhard: »Zur Geschichte der Sammlungen des Rheinischen Landesmuseums Bonn«, in: Rheinisches Landesmuseum Bonn. 150 Jahre Sammlungen 1820-1970 (= Kunst und Altertum am Rhein; 38). Düsseldorf: Rheinland-Verlag 1971, S. 1-158, hier S. 90-98, 125. 24 | Vgl. A. Meyer: Eduard von der Heydt, S. 160, 165.
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Rest geht in den Erwerb einer privaten Gemäldekollektion; die Differenz zum geforderten höheren Preis legt der Verein – aus gerade zurückgeflossenem Geld – dazu. In Konsequenz bergen die Museumsinventare, Kataloge und Jahresberichte mehrere Widersprüche, ob Kunstwerke Eigentum oder Geschenke des Vereins seien.25 Die parallelen Sammlungen wirken nicht immer als Korrektiv: Das Landesmuseum Bonn kann heute Teile des Flügelaltars aus Bornhofen am ehemals nassauischen Rheinufer nur ausstellen, weil in den 1930er Jahren die Gemäldesammlung zwar auf die Herkunftslandschaft Rheinprovinz umstrukturiert wurde,26 der Altertumsverein jedoch diese Abverkäufe nicht mitmachte. Im Gegensatz dazu nehmen die Freunde der Nationalgalerie 1937 ihre Gegenwartskunst-Sammlung nach Schließung des Kronprinzenpalais erst an sich, geben sie aber 1939 – parallel zur Entfernung von als »entartet« diffamierter Kunst aus öffentlich-rechtlichen Museen – in den Kunsthandel.27 Kölns eingesessene »beste Kreise« stellen seit 1997 die rund 20 Mitglieder des exklusiven Vereins »Stifterrat des Wallraf-Richartz-Museums« und steuern einen Millionenbetrag zum Museumsneubau (unter anderem für ihren Versammlungsraum »Stiftersaal«) bei.28 Laut Presseberichten dienen sie sich 2005 der Stadt bei der (unverwirklichten) Umwandlung des Regiebetriebs in eine GmbH als Minderheitsgesellschafter an, finanzieren 2012 den Architekturwettbewerb für den Erweiterungsbau des Museums mit 450.000 Euro. Angesichts dieses Beispiels ist die Zunahme mitgliederschwacher Fördervereine – im Gegensatz zu Fesel29 – nicht klar negativ zu bewerten.
Z entraler A spek t : M angelnde Trennung von S ubjek t und O bjek t Ein gefestigter Überblick der Förder- und Freundeskreise deutscher Museen fehlt; der 2003 gegründete »Bundesverband der Fördervereine deutscher Museen für bildende Kunst« bildet nur eine Minderheit ab. Die Analyse von Fallbeispielen macht darauf aufmerksam, dass die Fördernden oftmals zugleich Teil des Geförderten sind. 25 | Vgl. T. v. Stockhausen: Wilhelm von Bode, S. 24f. 26 | Vgl. R. Fuchs: Zur Geschichte der Sammlungen, S. 152, 155. 27 | Vgl. A. Meyer: Eduard von der Heydt, S. 170. 28 | Vgl. http://www.wallraf.museum/das-museum/freunde-foerderer/stifterrat/ 29 | Vgl. Fesel, Bernd: »Museen in der Bürgergesellschaft: Der Freundeskreis als Chance oder Gefahr?«, in: Matthias Dreyer/Rolf Wiese (Hg.): Das offene Museum. Rolle und Chancen von Museen in der Bürgergesellschaft (= Schriften des Freilichtmuseums am Kiekeberg; 74). Ehestorf: Förderverein des Freilichtmuseums am Kiekeberg 2010, S. 105-122, hier S. 113.
Förder vereine von Museen: sieben Aktionsfelder, sechs offene Fragen
Für die ersten »Altertümersammlungen« Deutschlands engagieren sich Staatsverwaltungen, doch auch Vereine. In Trier beginnt die »Societé des Recherches utiles« – ein mit der Departementalverwaltung eng verbundener Honoratiorenverein – 1808 eine provinzialrömische Sammlung; das Herzogtum Nassau erteilt dem »Verein für nassauische Altertumskunde und Geschichte« 1820 ein landesweites Grabungsprivileg, wobei die Fundstücke in Staatseigentum übergehen – das Wiesbadener Museum öffnet 1825.30 Bis 1900 entstehen in der Provinz Brandenburg ähnlich viele Geschichtsvereine und lokale historische Museen, die Initiatoren sind oft identisch.31 Verschiedenste Vereine machen sich bemerkbar: Der Verschönerungsverein von Bad Zwischenahn realisiert 1910 das museale Ammerländer Bauernhaus,32 der Oberpfälzer-Wald-Verein setzt sich seit 1928 für das neue Heimatmuseum Vohenstrauß ein,33 die »Narrenzunft Krakeelia« in Waldkirch (Baden) verwirklicht 1931 die Neuaufstellung der seit 1887 magazinierten städtischen Altertümer.34 Sammelbegeisterte Einzelpersonen schieben Vereinsstrukturen vor. In Mülheim an der Ruhr sammelt der Gerbermeister Robert Rheinen »Altertümer« und stellt sie ab 1896 mehrmals öffentlich aus. 1904 gehört er zum Gründungsvorstand des örtlichen Geschichtsvereins. Der Ankauf seiner Sammlung bildet 1908 die Basis des Städtischen Museums, das zugleich als Geschäftsstelle des Vereins dient.35 Der 1892 errichtete Verein für die Geschichte Göttingens will sich vorrangig der Altertümersammlung eines Mitgründers widmen.36 Der Bürgermeister von Siegburg initiiert 1903 einen Altertumsverein und übergibt ihm seine Privat30 | Vgl. Böhner, Kurt: »Altertumssammlungen des 18. und 19. Jahrhunderts im Rheinland«, in: Bernward Deneke/Rainer Kahsnitz (Hg.): Das kunst- und kulturgeschichtliche Museum im 19. Jahrhundert. München: Prestel 1977, S. 59-76, hier S. 65-67. 31 | Vgl. Schumacher, Martin: »Erbe und Traditionen der Heimatmuseen der DDR. Bemerkungen zu museumsgeschichtlichen Beiträgen von F. Eisel, E. Hofmann und E. Karasek«, in: Neue Museumskunde 30 (1987), Nr. 1, S. 9-20, hier S. 9-11. 32 | Vgl. Kühne, Hermann/Sieling, Bruno: Werden und Wirken des Vereins für Heimatpflege – Heimatmuseum Ammerland (= Heimatkundliche Schriftenreihe des Vereins für Heimatpflege Bad Zwischenahn; 7). Bad Zwischenahn: Verein für Heimatpflege 1993, S. 9-12. 33 | Vgl. Frischholz, Hans: »60 Jahre Heimatmuseum Vohenstrauß«, in: Streifzüge. Beiträge zur Heimatkunde und Heimatgeschichte der Stadt und Großgemeinde Vohenstrauß 15 (1995), S. 8-19, hier S. 8f. 34 | Vgl. Rambach, Hermann: »Zur Geschichte des Elztäler Heimatmuseums Waldkirch«, in: Heinrich Lehmann/Willi Thoma (Hg.): Forschen und bewahren. Das Elztäler Heimatmuseum in Waldkirch. Waldkirch: Waldkircher Verlagsgesellschaft 1983, S. 75-94, hier S. 80f. 35 | Vgl. Hohensee, Heinz: »Die Geschichte des Geschichtsvereins Mülheim a.d. Ruhr e. V. 1906-2006«, in: Zeitschrift des Geschichtsvereins Mülheim a.d. Ruhr 76 (2006), S. 15124, hier S. 22-26, 38. 36 | Vgl. Hammermeister, Waltraud: 100 Jahre Geschichtsverein für Göttingen und Umgebung 1892-1992. Göttingen: Geschichtsverein 1992, S. 9, 11, 20f.
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sammlung als Grundstock.37 Der ehrenamtliche Beauftragte für Denkmalpflege eines schwäbischen Orts will 1977 eine aufgegebene Schnapsbrennerei »retten«, gründet einen Geschichtsverein (dem er auch vorsteht), der fleißig sammelt, bis ein Museum eröffnet werden kann.38
D rit tes A k tionsfeld : F inanzierung als P l anungsanstoss Bei Anschubfinanzierungen durch Fördervereine bleibt für Außenstehende ungewiss, wer welchen Bedarf gesehen, welche Bedarfsbefriedigung kalkuliert hat. Ohne Belege mag der Eindruck entstehen, dass Fördervereine über Finanzen, Sachmittel und unentgeltliche Arbeitsleistungen konzeptuell mitwirken. So gewinnt der 1837 gegründete Leipziger Kunstverein 1848 die Stadt dafür, dem Verein städtische Räumlichkeiten für Wechselausstellungen und das Herzeigen der Vereinssammlung bereitzustellen; das Testament eines vermögenden Vereinsmitglieds, das 1853 der Stadt dessen Kunstsammlung und ein Grundstück zuspricht, verpflichtet die Stadt zu einem Museumsneubau, der sowohl den Vereinsaktivitäten als auch der Dauerausstellung der städtischen Sammlung dient.39 Das Freilichtmuseum Beuren ist eine unselbstständige Einrichtung des Landkreises Esslingen. Dessen Förderverein greift im ersten Jahr seines Bestehens den Plan eines Museumspädagogik-Zelts auf, für das die Kreissparkassen-Stiftung bereits 14.000 DM zugesagt hat – der Verein votiert für ein festes Bauwerk und offeriert dafür weitere 6.000 DM. Der Landkreis reagiert, indem er den Verein als Projektträger verpflichtet; 1997 stehen in der Endabrechnung 20.000 DM Zuwendung der Sparkassenstiftung und 52.000 DM als Gegenwert unentgeltlicher Handwerksleistungen des Vereins den errechneten Gesamtkosten von 137.000 DM gegenüber.40 Dem Förderverein erscheint das Bauwerk ohne hauptberufliches Personal überdimensioniert. »Für die Jahre 1998 und 1999 beteiligte sich daher der Verein an den Personalkosten für eine befristete Stelle mit insgesamt 40.000 DM«.41 1999 lanciert der Verein die Wiedererrichtung eines zu translozierenden
37 | Vgl. Hammer, Lothar: Wege in die Geschichte. Siegburg und sein Stadtmuseum. Siegburg: Rheinlandia 1995, S. 9f. 38 | Vgl. Sartorius, Kurt: »Berichte aus der Praxis: Das Ehrenamt am Beispiel des Schwäbischen Schnapsmuseums in Bönnigheim«, in: Museumsblatt Baden-Württemberg (1998), Heft 25, S. 22-24, hier S. 22. 39 | Vgl. Claus, Sylke: Das Leipziger Bildermuseum am Augustusplatz. Leipzig: Seemann 2003, S. 20-23. 40 | Vgl. 10 Jahre Förderverein Freilichtmuseum Beuren. Machen Sie mit! Beuren: Selbstverlag 2004, S. 30-32. 41 | Ebd., S. 34.
Förder vereine von Museen: sieben Aktionsfelder, sechs offene Fragen
historischen Bauwerks (Fotoatelier Hofmann) mit dem Angebot, die Hälfte der geschätzten Baukosten zu übernehmen; der Landkreis beißt an.42 In den 1990er Jahren finanziert der Freundeskreis des Freilichtmuseums an der Glentleiten mehrfach nacheinander wissenschaftliche Volontariate,43 die »Freunde der Kunsthalle« in Hamburg tun dies regelmäßig.44 Der Förderverein des Freilichtmuseums am Kiekeberg tritt 1994/95 als Träger mehrerer Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen im Museum auf, 2001 vergibt er ein Volontariat mit dem Schwerpunkt Mitgliederwerbung und Koordination der Zeitspendenarbeit für den Verein.45
Z entraler A spek t : D ifferenz von W orten und Taten Bis hierhin entsprechen die Beispiele der dreigliedrigen Typologie von Museumsvereinen: Vereine zur Museumsgründung, zur Fortführung eines gestifteten bzw. testamentarisch überlassenen Museums oder zur materiellen und ideellen Unterstützung bestehender Museumsarbeit.46 Die tatsächliche Bandbreite möglicher Aktivitäten von Fördervereinen erschließen erst die Tätigkeitsberichte, denn der im Vereinsnamen oder in der Satzung formulierte Vereinszweck kann von den tatsächlichen Handlungsfeldern deutlich abweichen; schon 1913 heißt es: »Welche Form der Satzung des Vereins gegeben wird, verschlägt wenig. Je allgemeiner sie gehalten ist, um so besser.«47 Die »Freunde und Förderer Museum Schloss Fechenbach e. V.«, Dieburg, entstanden 2004 anlässlich der Sanierung dieser stadteigenen, teilweise durch das städtische Museum genutzten Immobilie; die Nähe von Stadt und Verein signalisiert der Erste Stadtrat als Vereinsvorsitzender. Gleich zu Beginn der Vereinsarbeit wird beteuert, dass man keine Konkurrenz zu zwei dem Museum bereits verbundenen Strukturen (Heimatverein, Archäologische und volkskundliche Arbeitsge-
42 | Vgl. ebd., S. 62. 43 | Vgl. E. Burmester, 30 Jahre Freundeskreis Freilichtmuseum Südbayern, S. 17. 44 | Vgl. Erggelet, Kathrin: »Vom Fanclub zum Ausfallbürgen. Was Freundeskreise leisten am Beispiel der Freunde der Kunsthalle e. V. in Hamburg«, in: Matthias Dreyer/Rolf Wiese (Hg.): Freunde sind unbezahlbar. Fördervereine und Freundeskreise von Museen (= Schriften des Freilichtmuseums am Kiekeberg; 86). Ehestorf: Förderverein des Freilichtmuseums am Kiekeberg 2014, S. 125-133, hier S. 127. 45 | Vgl. P. Dederke: Die Entwicklung des Fördervereins, S. 29, 33. 46 | Vgl. Vergoossen, Manuela: Museumsvereine im 19. Jahrhundert. Ein typologischer Vergleich charakteristischer Beispiele (= Deutsche Universitätsedition; 23). Neuwied: Ars et Unitas 2004, S. 10. 47 | Vgl. W. v. Seidlitz, Museumsvereine, S. 43.
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meinschaft) erzeugen, sondern »Leben« in das Schlossmuseum bringen wolle.48 Die Vereinssatzung stellt dagegen die materielle Förderung heraus: »Der Zweck des Vereins ist die Erschließung von Fördermöglichkeiten ideeller, materieller und finanzieller Art für das Museum Schloss Fechenbach. Insbesondere soll die Forschungs- und Öffentlichkeitsarbeit des Museums unterstützt werden. Dies kann unter anderem in der Unterstützung der Sammlung, von Ausstellungen, Vorträgen und Publikationen des Museums geschehen. Eigene Veranstaltungen des Fördervereins können hierbei die finanziellen Mittel beschaffen.«49 Ein Lions-Club feiert sein Jubiläumsfest im (städtischen!) Museum, bedankt sich mit einer Geldspende an den Verein, der kurz darauf die Restaurierung eines Gemäldes aus dem Museumsbestand finanziert. Der Verein erwirbt mehrere Ausstellungsstücke, teils mit Drittmitteln, und schenkt sie der Stadt; er bezahlt auch die Kopie einer Musealie (römische Jupitersäule) als Dekoration eines Kreisverkehrs in der Stadt. Eine offensichtliche Vorliebe des Vereins betrifft öffentliche Veranstaltungen mit Historischem Spiel im Museum oder in dessen Garten (z.B. Plauderei historischer Adelsdamen). Der »Freundeskreis Schloss Grumbach e. V.« entstand 1980, als die Marktgemeinde Rimpar diese Immobilie erwarb: Das Schloss selbst wurde zum Rathaus umgebaut, ein ruinöser Teil war ohne Nutzung. Der Freundeskreis betätigt sich zunächst körperlich durch die Schutträumung, kann mit Funden aus dem Abraum – nach Ausbau der Ruine – ein Archäologisches Museum eröffnen. Eine Einlieferung aus der Bevölkerung, der alte Backtrog eines örtlichen Bäckermeisters, vermehrt sich durch gezielte Suche im Umland zu einem Bäckereimuseum, für das die Stadt den Schlossdachboden überlässt. Die Turmgefängnisse werden von Schutt befreit und als »Kriminalmuseum« zur Besichtigung angeboten, eine weitere Entschuttung endet mit der Eröffnung des »Maurer- und Zimmerer-Museums« – obschon der Vereinsvorsitzende von Sorgen bei der Exponatbeschaffung berichtet – am ergiebigsten scheinen ihm Internetkäufe zu sein.50
V iertes A k tionsfeld : F inanzierungsumweg – S cheinak teur Fördervereine können als Agenten für die Erwartungen museumsexterner Personen oder als Wunscherfüller der Museumsfachleute auftreten, bis hin zu einer Art Briefkastenfirma. Der Freundeskreis des Skulpturenmuseums Glaskasten, Marl, ermöglicht die Herstellung von Großplakaten, die Museumsexponate zeigen – 48 | Vgl. Lotz, Wolfgang: Freunde und Förderer Museum Schloss Fechenbach. Die ersten zehn Jahre. Dieburg: Freunde und Förderer Museum Schloss Fechenbach 2014, S. 32f. 49 | Ebd., S. 108. 50 | Vgl. Hamberger, Edwin: Schloss Grumbach und seine Museen. 10 Jahre Schlossmuseum, 30 Jahre Freundeskreis Schloss Grumbach. Rimpar: Freundeskreis Schloss Grumbach 2010.
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finanziert durch eine Spende des regionalen Wasserversorgungsunternehmens Gelsenwasser, das zu dieser Zeit auch Vereinsmitglied war; 1997/98 kann dieses regionale Kunstmuseum die hochrangige Ausstellung »Auguste Rodin – Die Bürger von Calais – Werk und Wirkung« zeigen, da der regionale Energieversorger, das Vereinsmitglied VEW, für die Ausstellungsrisiken bürgt.51 Die »Freunde der Kunsthalle« in Hamburg können mit durchschnittlich 450.000 Euro jährlichen Zuwendungen selbst als Ausfallbürge für Ausstellungsprojekte des Museums auftreten.52 Als tatsächliche, auch die Risiken tragende Finanzierungsstruktur für das Wechselausstellungsprogramm treten die »Freunde der Nationalgalerie«, Berlin, auf: Langfristig gleichen sich Verluste und Überschüsse aus; aus dem Sonderfall der Ausstellung »Das MoMA in Berlin« mit mehr als sechs Millionen Euro Überschuss hat dieser Freundeskreis eine Stiftung errichtet, die Ankäufe zeitgenössischer Kunst für das Museum »Hamburger Bahnhof« finanziert.53 Etliche kommunale Museen vermindern über ihre Fördervereine den Verwaltungsaufwand: Zur Korruptionsvermeidung schreiben Gesetze den Öffentlichen Händen ein transparentes Annahmeverfahren auch geringer Geld- oder Sachspenden vor; wer den Schenkungswilligen nicht zumuten will, wochenlang auf den Annahmebeschluss des Stadtrates zu warten, empfiehlt Spenden an den Förderverein (der nehmen kann, was er mag, und die zur Formsache degradierten Annahmebeschlüsse auf Jahres-Schenkungslisten kondensiert). Umlenkungen kennt schon das Kaiserreich: Der Industrielle Isidor Löwe verschleiert 1903 die übliche Abgabe für den Titel Geheimer Kommerzienrat, indem er dem KaiserFriedrich-Museums-Verein 100.000 Mark spendet (womit ein Gemälde aus dem Besitz der Kaiserin Friedrich gekauft wird).54 Auch andere, für Öffentliche Hände geltende Rechtsvorschriften werden umschifft: Eine »erwünschte künstlerische Leistung (grafische Arbeiten für eine Ausstellung oder Publikation …) nicht einem Ausschreibungsverfahren zu unterziehen – dies gelingt praktisch nur über den Förderverein.«55 »Die Beschäftigung von Saisonkräften, geringfügig Beschäftigten und auf Honorarbasis Mitwirkenden, wie es beispielsweise gelegentlich für befristete wissenschaftliche Sonderaufgaben, häufiger für die Realisation von Kursen, Workshops und museumspädagogischen Projekten erforderlich ist, kann nur über den Förderverein erfolgen. Ebenfalls war es in der Vergangenheit nur über den Förderverein mög51 | Vgl. Freundeskreis Habakuk: 1993-2003, S. 18-20. 52 | Vgl. K. Erggelet: Vom Fanclub zum Ausfallbürgen, S. 127, 130f. 53 | Vgl. www.freunde-der-nationalgalerie.de/de/ueber-uns/geschichte.html 54 | Vgl. T. v. Stockhausen: Wilhelm von Bode, S. 26. 55 | Faber, Michael H.: »Die Leistungen des ›Förderverein Rheinisches Freilichtmuseum Kommern e. V.‹«, in: Nothelfer oder Mäzen? Aufgabe, Wirkungsweise und Bedeutung von Museums-Fördervereinen. Symposium am 08.11.2002 im Freilichtmuseum des Bezirks Oberbayern. Großweil: Freundeskreis des Freilichtmuseums Südbayern, o.J., S. 42-51, hier: S. 48.
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lich, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen einzurichten – der Gesamtpersonalrat des Museumsträgers hat AB-Maßnahmen stets abgelehnt.«56 Verschiedene Förderstiftungen und Öffentliche Hände bieten Förderprogramme gezielt für juristische Personen privaten Rechts an, akzeptieren aber auch Anträge von Vereinen, die ihre Ziele nur in oder mit öffentlich-rechtlichen Körperschaften erreichen können. Folglich agieren hier z.B. Fördervereine anstelle der Rechtsträgerschaft der eigentlich interessierten Museen.
F ünf tes A k tionsfeld : Ü bernahme wirtschaf tlicher Teilbe triebe Museen mussten lernen, dass erwerbswirtschaftliche Betätigungen u.a. mit Wettbewerbsrecht und Ladenschlussgesetz kollidieren, die Gewinne in die Gesamtdeckung der Körperschaft fließen und niemand für eventuelle Verluste einstehen darf oder will. Fördervereine bieten auch hier Lösungen an. Der Verein der Freunde der Kunsthalle, Hamburg, betreibt in diesem Kunstmuseum alle drei vorhandenen Läden sowie den Online-Shop; dafür hat er 15 Beschäftigte eingestellt.57 Als vorbildhaft werden immer wieder die von Museumsvereinen, überwiegend mit Zeitspendenpersonal, betriebenen Museumsläden im Von-der-Heydt-Museum, Wuppertal, und im Reiss-Engelhorn-Museum, Mannheim, zitiert. Die Grenzen dieses Modells hat die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg kennengelernt. Seit 1997 existiert ein Laden im Schloss Charlottenburg, geführt von einer Betriebs-GmbH, die aus zehn Mitgliedern des Freundeskreises besteht. Die Erwartung, das Geschäft nur mit Zeitspendenpersonal aus dem Verein betreiben zu können, erfüllte sich nicht: Das EDV-Warenwirtschaftssystem überfordert nur gelegentlich mitwirkende Personen und die Vereinsmitglieder reichen als Rekrutierungsbasis nicht aus.58 Der Förderverein des Freilichtmuseums am Kiekeberg hat mehrere Geschäftsfelder erschlossen, nutzt dabei Zuwendungen und Kreditfinanzierungen genauso, wie es Rechtsträger von Museen tun. Den Anfang macht – mit Fördermitteln des Bundeslandes – ab 1993 die Entwicklung eines Museumsdatenbank-Computerprogramms, dessen Weiterentwicklung und Vertrieb heute zwei Personalstellen bindet. Seit 1994 agiert der Verein als Verlag der Museumspublikationen, einschließlich des unternehmerischen Risikos. 1997 tritt er als Bauträger des Museumsgasthofs auf und steuert zwei Drittel der Baukosten – teils über Darlehen finanziert – bei. 2001 beginnt die Planung für Bau und Einrichtung einer 56 | Ebd., S. 49f. 57 | Vgl. Brabender, Sarah: Förder- und Freundeskreise im Museumswesen in Deutschland. Ein Marketingsystem. Saarbrücken: VDM 2008, S. 85. 58 | Vgl. Compania Media (Hg.): Der Museumsshop. Positionen – Strategien – Sortimente. Ein Praxisführer. Bielefeld: transcript 1999, S. 231, 234.
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Brennerei und eines Gasthaus-Tanzsaals; der Vereinsanteil von 300.000 Euro beruht auf einem Darlehen, das künftige Einnahmen aus Saalvermietungen und der Spirituosenproduktion tilgen sollen. Ab 1998 führt der Verein als MuseumsZweigstelle einen Gartenbaubetrieb mit Hofladen mit Arbeitsplätzen für beeinträchtigte Personen (die der Landkreis laufend bezuschusst); ergänzend stellt das Museum ein Behindertenwohnheim bereit. 2004 übernimmt der Förderverein den Schaubetrieb der Museumsbäckerei und den Verkauf der Backwaren.59 Aus entsprechenden Aktivitäten des »Vereins der Freunde der Nationalgalerie« hat sich dessen hundertprozentige Tochter »Museum & Location Veranstaltungsgesellschaft der Staatlichen Museen zu Berlin mbH« entwickelt, die Museumsräume verpachtet und ihre Gewinne an die betroffenen Museen anteilig ausschüttet.60 Diese Konstruktion erscheint – abgesehen von konservatorischen Fragen – weniger kritikwürdig angesichts der Alternative, dass die Eigentümerkörperschaft solche Pachteinnahmen in die Gesamtdeckung vereinnahmt.
S echstes A k tionsfeld : E rfüllung von K ernaufgaben durch V ereinsmitglieder oder B eschäf tigte des V ereins Grundsätzlich gilt, dass gesellschaftlich orientierte Aufgaben (»Not-for-Profit-Bereich«) ohne das sogenannte Ehrenamt unmöglich zu erfüllen sind. Die Anzahl der unentgeltlich Engagierten ist sehr groß, allerdings fällt deren Zeiteinsatz unterschiedlich aus. Bei einer Umrechnung in Vollzeit-Äquivalente stehen in diesem Sektor – langfristig kaum verändert – zwei entgeltlich tätige Kräfte einer unentgeltlichen Kraft gegenüber.61 Betriebsexternes Personal arbeitet deswegen nicht nur in ergänzenden Geschäftsfeldern. Als Quasi-Definition des Museums dient üblicherweise die in den Statuten des Internationalen Museumsrats (ICOM) vorgetragene idealtypische Handlungsreihe Sammeln, Bewahren, Beforschen, Ausstellen, Vermitteln: die sogenannten fünf Kernaufgaben des Museums.62 Etliche Museen vefügen über kein hauptberufliches Personal, doch auch in »professionell btriebenen« Museen bringen Menschen Zeitspenden zur Erfüllung von Kernaufgaben ein. Die deutsche Museumsstatistik hat 2014 Daten zu Zeitspendenpersonal, unabhängig von dessen Rechtsverhältnissen mit der Institution, erhoben; die häufigsten Zeitspenden-Tätigkeiten sind (Mehrfachangaben zugelassen): Führungen durch die 59 | Vgl. P. Dederke: Die Entwicklung des Fördervereins. 60 | Vgl. S. Brabender: Förder- und Freundeskreise, S. 85. 61 | Vgl. Badelt, Christoph: »Ehrenamtliche Arbeit im Nonprofit-Sektor«, in: Ders. (Hg.): Handbuch der Nonprofit-Organisationen. Strukturen und Management. 2., überarb. u. erw. Aufl. Stuttgart 1999, S. 433-462, hier S. 439. 62 | Vgl. Walz, Markus: »Begriffsgeschichte, Definition, Kernaufgaben«, in: Ders. (Hg.): Handbuch Museum. Geschichte, Aufgaben, Perspektiven. Stuttgart: Metzler 2016, S. 8-14.
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Ausstellungen mit über 60 % der Nennungen; die Leitung des Museums mit über 50 %; Tätigkeiten im Publikumsservice oder in der Aufsicht mit jeweils über 40 %; Tätigkeiten im Zusammenhang mit Veranstaltungen mit 42 %; Öffentlichkeitsarbeit mit knapp 40 %.63 Eine gewisse Tendenz der Museen mit hauptberuflichem Personal zeigt eine Liste geeigneter Aufgaben für Zeitspenden, die Bezeichnungen wie »Schreibhilfe«, »Garderobenaushilfe« oder »Verkaufshilfe« aufreiht; andere Tätigkeiten werden zurückgeschnitten wie »einfache digitale Objektfotografie« oder »einfache Recherchen«.64 Mit dieser Grundhaltung, Zeitspenden auf Handlanger-Dienste zu reduzieren, kontrastiert ein Befund aus Niedersachsen von 2009, dass in 209 Museen 414 von insgesamt 3.540 unentgeltlichen Kräften akademische Qualifikationen besitzen; davon erfüllen 109 Forschungsaufgaben.65 Insbesondere technikoder industriegeschichtliche Museen berichten von Menschen, die Erfahrungen und Spezialkenntnisse aus ihrem (abgeschlossenen) Berufsleben weitergeben: zur Dokumentation von Sammlungsbeständen, zur Beurteilung von Erwerbsangeboten oder von Quellenmaterial, für technische Schauvorführungen, für Zeitzeugengespräche mit dem Publikum. Mehrheitlich erbringen diese Personen ihr Engagement in einem unmittelbaren Rechtsverhältnis zu dem betreffenden Museum, doch treten auch Vereine dazwischen. Innerhalb der Vereine scheint das Zeitspenden-Personal eine kleine Gruppe zu sein: Der rund 10.000 Mitglieder starke Förderverein des Freilichtmuseums am Kiekeberg kann 220 Menschen zu insgesamt 20.000 Jahresarbeitsstunden im Museum motivieren,66 die »Freunde des Wallraf-Richartz-Museums und des Museum Ludwig« rekrutieren aus den über 5.600 Mitgliedern 200 Personen für verschiedene unentgeltliche Tätigkeiten, darunter die rund 40 Mitglieder des »Arbeitskreises«, der seit 1978 kostenlose Führungen durch Museumsausstellungen »auf einem kunsthistorisch anspruchsvollen Niveau« anbietet.67 Mit den entgeltpflichtigen Angeboten der städtischen Museumspädagogik konkurriert ferner die Führungsreihe »Kunst trifft Uni«, die der (aus dem Freundeskreis hervorgegangene) Verein »Junge Kunstfreunde« verantwortet. Eine vergleichbare Programmvielfalt entsteht in vielen Stadt- oder Naturmuseen dadurch, dass Vor63 | Vgl. Statistische Gesamterhebung an den Museen der Bundesrepublik Deutschland für das Jahr 2014 (= Materialien aus dem Institut für Museumsforschung; 69). Berlin: Institut für Museumsforschung 2015, S. 62. 64 | Vgl. Liebelt, Udo: »Bürgerschaftliches Engagement im Museum. Zu Praxis und Aktualität des Museum Volunteering«, in: Blick nach vorn. Museen und Gesellschaft im Wandel. 13. Bayerischer Museumstag, Amberg, 6.-8.7.2005. München: Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen 2006, S. 38-44, hier S. 40-42. 65 | Vgl. Wissenschaftliche Kommission Niedersachsen (Hg.): Forschung in Museen. Eine Handreichung. Hannover: Selbstverlag 2010, S. 82. 66 | Vgl. P. Dederke: Die Entwicklung des Fördervereins, S. 41. 67 | Vgl. www.museumsfreunde-koeln.de/ueber-die-museumsfreunde/profil/
Förder vereine von Museen: sieben Aktionsfelder, sechs offene Fragen
träge, Arbeitsgemeinschaften und andere Veranstaltungen stattfinden, die wie Bildungsangebote des Museums erscheinen, aber Aktivitäten eines Geschichts-, Heimatvereins oder naturwissenschaftlichen Vereins sind. Oftmals geht es um punktuelle Unterstützung: Das Vineta-Museum in Barth kann sich bei Ausstellungsumbauten auf Hilfsdienste von Vereinsmitgliedern verlassen, die Museumsnacht organisiert der Verein allein.68 Manchmal reicht der Sachverstand im Museum selbst und in der Eigentümerkörperschaft nicht aus; Fördervereine sind auch ein Sammelbecken diverser Talente, die sich für eine unentgeltliche Beratungsleistung oder eine Lobbyarbeit gewinnen lassen. In Einzelfällen geht es um die Gestellung entgeltlichen Personals: Die Freunde der Staatsgalerie, Stuttgart, finanzierten diesem staatlichen Museum zwei befristete Marketingstellen; der Förderverein des Jüdischen Museums, Berlin, beschäftigt über eine hundertprozentige Tochter, die »Gesellschaft Jüdisches Museum Berlin für Development, Marketing und Services mbH« vier einschlägige Fachleute und überstellt sie der Marketingabteilung des Museums.69
S iebtes A k tionsfeld : I nanspruchnahme von R essourcen des M useums Das Bonmot eines Stadtmuseums-Direktors, dass Museumsvereine entweder Geld kosten oder Geld einbringen, illustrieren zwei anonymisierte Beispiele: »Da gibt es in Nordwestdeutschland ein Landesmuseum, das von seinem Verein zwar jährlich ein kulturhistorisches Objekt im Wert von durchschnittlich 3.000 € überreicht bekommt, das den gleichen Betrag aber durch Veranstaltungsaufwand und Serviceleistungen quasi zurückreicht. Einem großen deutschen Freilichtmuseum erbringen dessen fast 2.000 Förderkreismitglieder z.Zt. jährliche Leistungen im Werte von 50.000 €. […] Die Museumsleitung investiert jährlich volle 20 Arbeitstage allein in die Vorbereitung und Durchführung von Freundeskreisexkursionen, Sitzungen, Gespräche und in die Erfüllung von Sonderwünschen einflussreicher Mitglieder. Zusätzlich fallen weitere Mitarbeiterstunden in Verwaltung und Museumsbetrieb an. […] Real erbringt das Museum demnach für den Verein Leistungen in Höhe von 16.500 €.« 70 Ohne Zitierfähigkeit hört man aus der Museumspraxis, dass Baumeiers Beispiele recht freundlich formuliert seien und solche Aufrechnungen eher negativ ausfielen. Die Mitglieder-Angebote von Kunstmuseums-Fördervereinen bestehen überwiegend aus Leistungen, die das Museum erbringt oder wesentlich unterstützen 68 | Vgl. Statistische Gesamterhebung an den Museen der Bundesrepublik Deutschland für das Jahr 2003 (= Mitteilungen aus dem Institut für Museumskunde; 58). Berlin: Institut für Museumskunde 2004, S. 60. 69 | Vgl. S. Brabender: Förder- und Freundeskreise, S. 79f. 70 | S. Baumeier, Fördervereine – ganz ohne Konflikte?, S. 35.
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muss (in der Reihenfolge der Häufigkeit: Ausstellungseröffnungen, kostenloser Museumseintritt, exklusive Sonderveranstaltungen, Führungen in Ausstellungen, Ausstellungs-Preview, Rabatt im Museumsladen); diese Vereine engagieren sich am intensivsten für vereinsintern wirkende Attraktionen (Spitzenplätze: Kunstvorträge, Exkursionen, Neujahrsempfang), nur wenig für Außenwirkungen des Museums (z.B. Benefizveranstaltung, Internationaler Museumstag).71 Museumsverantwortliche argumentieren dennoch mit positiven Erträgen: Während erstmalige Museumsgäste vorrangig Eintrittsentgelte zum Museumsbudget beisteuern, bieten Fördervereinsmitglieder, auch bei freiem Eintritt, vielfältigere Wertschöpfungsanlässe, vom »Fanartikel« über exklusive Geschenke und Produkte aus Schauwerkstätten bis zu Raumvermietungen für Familienfeiern.72 Museen versenden seit Jahrzehnten regelmäßig Informationsträger an Museumsinteressierte (auch jenseits von Vereinsstrukturen), weil sie in dieser Teilöffentlichkeit ihr Stammpublikum vermuten. Diese Annahme mag fehlerhaft sein; jedenfalls entstehen so diffuse Weiterempfehlungen und andere vom Museum nicht initiierte, tendenziell positive Kommunikationsleistungen. Deren Wirkungsgrad ist unbekannt, aber möglicherweise mit anderen Medien nicht zu erreichen. Die Literatur liefert nur ein Beispiel, dass eine Öffentliche Hand offensiv mit der Selbstbezogenheit eines Fördervereins umspringt: Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe nötigt Ende der 1980er Jahre den 1961 entstandenen Förderverein des Freilichtmuseums Hagen dazu, die autonome Veröffentlichung von Forschungsarbeiten zugunsten der satzungsmäßigen materiellen Förderung des Museums aufzugeben.73
Z usammenfassung – und sechs offene F ragen Fördervereine und Freundeskreise von Museen sind kaum wegzudenken und bewegen viel Gutes, gerade für Museen, die hochpreisige Objektgattungen sammeln. Ihr Handlungsrepertoire ist aber vielgestaltiger, als Vereinsnamen und Satzungsformeln andeuten. Den Szenarien von teils herbeigewünschten, teils überraschenden Geschenken, von konzeptrelevanten Finanzierungsimpulsen und teilhaberähnlichen Positionen stehen Situationen gegenüber, in denen die 71 | Vgl. Fesel, Bernd/Rolfes, Ludger: »Freundeskreise an Kunstmuseen: Ein ungehobenes Potenzial?! Ergebnisse einer ersten Vollerhebung in Deutschland«, in: Museumskunde 73 (2008), Heft 2, S. 95-104, hier S. 100f. 72 | Vgl. Itter, Marc von/Meyer, Carina: »Förderverein ganzheitlich gedacht. Ein Erfolgsrezept des Freilichtmuseums am Kiekeberg«, in: Matthias Dreyer/Rolf Wiese (Hg.): Freunde sind unbezahlbar. Fördervereine und Freundeskreise von Museen (= Schriften des Freilichtmuseums am Kiekeberg; 86). Ehestorf: Förderverein des Freilichtmuseums am Kiekeberg 2014, S. 75-90, hier S. 86. 73 | Vgl. S. Baumeier, Fördervereine – ganz ohne Konflikte?, S. 31f.
Förder vereine von Museen: sieben Aktionsfelder, sechs offene Fragen
Verantwortlichen des Museums oder dessen Rechtsträgerschaft Vereine als Scheinakteure ausnutzen, um Finanzierungen zu bewegen, Zeitplanungen zu beschleunigen oder gesetzliche Rahmenbedingungen zu umgehen. Personelle Verflechtungen erzeugen das Doppelgesicht einer formal eigenständigen, dennoch eng verbundenen Rechtsperson, der man Geschäftsrisiken auf bindet, ohne die operativen Entscheidungen ganz aus dem Haus zu geben; fernerhin lässt sich so sicherstellen, dass etwaige Gewinne nicht in den Gesamthaushalt der Körperschaft fließen. Nur wenig Aufmerksamkeit genießt der Sachverhalt, dass sich jede Personengemeinschaft auch mit sich selbst befasst und damit möglicherweise mehr Kräfte absorbiert als freisetzt. Ambivalente Meinungen innerhalb des Museumswesens betreffen den Anteil Externer an der Erledigung von Museumsarbeit. Der Deutsche Museumsbund hat den Leitsatz »Bürgerschaftliches Engagement ist kein Ersatz für fehlendes Personal im Museum« ausgegeben.74 Für Museen mit hauptberuflichem Personal heißt es kategorisch, dass die Kerntätigkeiten und die Verantwortung für die Aufgabenerfüllung ausschließlich aufseiten des ausgebildeten Stammpersonals liegen müssen, während die Ehrenamtlichen nur beratend oder angeleitet-unterstützend tätig werden dürfen.75 Hinter diesen Aussagen liegt die erste offene Frage, ob Zeitspenden Jobkiller oder ein Beschäftigungsmotor sind. Die unausgesprochene Befürchtung, dass Zeitspendenpersonal mit unverzichtbaren, regelmäßigen Aufgaben einerseits auf ein Beschäftigungsverhältnis klagen könnte, andererseits den Abbau hauptberuflicher Stellen begünstigt, überkreuzt sich mit der Empfehlung der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement für alle Kommunen mit weniger als 50.000 Bürgerinnen und Bürgern, ihre Museen mit Ehrenamtlichen, allenfalls mit nebenberuflichem Personal, zu betreiben.76 Vorgetragen wird der leichtere Zugang gemeinnütziger Vereine zu Menschen, die unentgeltlich ihre Arbeitskraft einbringen; daneben ist zu sehen, dass Vereine nicht an Tarifverträge gebunden sind und im finanziellen Krisenfall einfacher betriebsbedingte Kündigungen aussprechen oder gar sich auflösen können. Es gerät aus dem Blickfeld, dass Zeitspenden Arbeit machen: In großen Museen, die z.B. den Museumsshop oder den Publikumsservice an Zeitspendenpersonal abgegeben haben, entstehen neue Stellen, von der Warendisposition des Ladens über Fortbildungen bis zur Terminverwaltung. Aufmerksamkeit fehlt auch dem akademischen Nachwuchs, der mit berufsnahen Erfahrungen seinen Lebenslauf aufwerten möchte: Hier sind inzwischen Zeitspenden-Tätigkeiten 74 | Deutscher Museumsbund (Hg.): Bürgerschaftliches Engagement im Museum. Berlin: Selbstverlag 2008, S. 5. 75 | Vgl. ebd., S. 8f. 76 | Vgl. Organisationsmodell für Gemeinden der Größenklasse 5: Organisation des Schulverwaltungs-, Sport- und Kulturamtes (= KGSt-Bericht; 5/1994). Köln: Kommunale Gemeinschaftsstelle 1994, S. 84.
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gefragt, weil Praktika mit geringer Aufwandsentschädigung nach dem Studium wegen des gesetzlichen Mindestlohns nicht mehr angeboten werden dürfen. Eine Besonderheit der Museumsfördervereine liegt in den Unschärfen der Subjekt- oder Objektposition, die zu weiteren Problemstellen führt. Die zweite offene Frage betrifft Sachspenden und Leihsachen (mit ihrem moralischen Annahmezwang): Es mag sein, dass sie das Sammlungskonzept des Museums verformen oder im Fortsetzungsfall die Expertise der Museumsfachleute faktisch ersetzen. Daran schließt für öffentlich-rechtliche Museen die dritte offene Frage nach dem Verhältnis privaten Engagements zur öffentlichen Daseinsvorsorge an: Vereinsaktivitäten ergänzen die demokratische Aushandlung von Finanzierungsprioritäten, setzen möglicherweise andere Schwerpunkte – mit staatlicher Billigung durch Steuerverzicht bei Spenden und Mitgliedsbeiträgen – und eröffnen so eine Grauzone zwischen dem Entscheidungsrecht der Bürgerinnen und Bürger, wofür sie Ressourcen einsetzen mögen, und der Steuerung des Ressourceneinsatzes durch Privatinteressen. Fördervereine sind das zentrale Vehikel, um Vorhaben fortzusetzen oder der Öffentlichen Hand aufzunötigen. Neu ist hierbei, dass die Öffentlichen Hände sich bereitwillig instrumentalisieren lassen: »Governance« möchte nichtstaatliche Organisationen und informelle Gruppen, insbesondere die von staatlichen Aktivitäten Betroffenen oder Profitierenden, in die Planung und Ausführung staatlichen Handelns einbeziehen – fließende Übergänge zwischen privatem und öffentlich-rechtlichem Museumsengagement werden dadurch politisches Programm.77 Die vierte offene Frage will wissen, ob der gefühlte Kapitalmangel der Museen fremden Konzepten unabsichtlich die Türen öffnet. Neben der Governance geht es um Fehlverständnisse von Partizipation und Integration, die Personen mit Mitteilungs- oder Gestaltungsdrang ermuntern, ihre Partikularinteressen auf Kosten der Allgemeinheit durchsetzen. Eine Variante beschreibt Baumeier mit dem »ausgeprägten Hang mancher Vereine zum Folklorismus«; gemeint sind Veranstaltungen mit Aufführungscharakter, die historische Sachverhalte auf fachlich fragwürdige Weise wiedergeben, aber dem von Vereinsseite angezielten populären Geschmack entsprechen.78 Die fünfte offene Frage appelliert an die Museumsethik. Museumsverantwortliche unterlaufen die Anliegen des Gesetzgebers und der öffentlich-rechtlichen Museumseigentümer mit dem Selbstverständnis, in einer quasi autonomen Einrichtung tätig zu sein; Museumsvereine als Scheinakteure ermöglichen Aktivitäten mit maximaler Eigenständigkeit und Kapitalverantwortung. Die Aushöhlung
77 | Vgl. Walz, Markus: »Teilnahme für alle? Teilhabe für viele? Museumsleistungen zwischen Integrationspolitik, Govern ance, New Public Management und Marketing«, in: Michele Baricelli/Tabea Golgath (Hg.): Historische Museen heute (= Forum historisches Lernen). Schwalbach/Taunus: Wochenschau 2014, S. 24-31. 78 | Vgl. S. Baumeier, Förderverein – ganz ohne Konflikte?, S. 32f.
Förder vereine von Museen: sieben Aktionsfelder, sechs offene Fragen
von Prozessen aus Demokratie und Gewaltenteilung wird dabei als Überwindung eines Stücks Bürokratie empfunden. Die sechste und letzte offene Frage schließt am Lippenbekenntnis der Museumsfachleute an, dass Museen »für alle da« seien und der ganzen Gesellschaft dienten, während die Publikumsforschung die Ausschnitthaftigkeit des Kulturund Museumspublikums bestätigt und die Kritische Museologie ein aufweitendes Audience Development propagiert. Fördervereine und Freundeskreise beteiligen sich eher mit Stärkung des Kernpublikums, fallweise auch als zusätzliches Selbstabgrenzungsmittel gehobener Kreise und jener, die sich dafür halten.
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Die Rolle der Förder- und Freundeskreise für Orchester Gerald Mertens
E inleitung Deutschland verfügt mit gegenwärtig 129 öffentlich finanzierten Konzert-, Opern-, Rundfunk- und Kammerorchestern über die dichteste professionelle Orchesterlandschaft der Welt.1 81 Orchester hiervon sind als Theaterorchester in die deutschen Stadt- und Staatstheater eingebunden. Das älteste davon ist das Orchester des Staatstheaters Kassel, dessen Gründung auf das Jahr 1502 zurückgeht. Im Dezember 2014 wurde die deutsche Theater- und Orchesterlandschaft auf die nationale UNESCO-Liste des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Im Dezember 2016 haben die Bundesregierung und die Bundesländer, vertreten durch die Kulturministerkonferenz, beschlossen, die deutsche Theater- und Orchesterlandschaft für die internationale UNESCO-Liste zu nominieren.2 Die Anerkennung der besonderen Rolle der Orchester und Theater für das kulturelle Leben in Deutschland durch die Bundes- und Landespolitik und das gemeinsame Bemühen, diese Wertschätzung auch im internationalen Rahmen zu dokumentieren, bilden auch für das Wirken von Fördervereinen und Freundeskreisen3 günstige Rahmenbedingungen in den kommenden Jahren. Denn über die endgültige
1 | Mertens, Gerald: Orchester, Rundfunkensembles und Opernchöre, Deutsches Musikinformationszentrum Bonn, 2016, www.miz.org/static_de/themenportale/einfuehrungstexte_pdf/03_KonzerteMusiktheater/mertens.pdf, MIZ, S. 5. 2 | Deutsche UNESCO-Kommission, Pressemeldung vom 19.12.2016: Deutsche Theater- und Orchesterlandschaft für UNESCO-Liste des Immateriellen Kulturerbes nominiert, https://www.unesco.de/kultur/2016/deutsche-theater-und-orchesterlandschaft-fuerunesco-liste-des-immateriellen-kulturerbes-nominiert.html 3 | Im Folgenden werden die Begriffe Förder- und Freundeskreise, Freunde und Förderer oder Förderverein synonym verwendet.
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Aufnahme der deutschen Theater- und Orchesterlandschaft entscheidet der Zwischenstaatliche Ausschuss zum Immateriellen Kulturerbe im Winter 2019.4 Bei der konstruktiven Begleitung dieses Prozesses kann auch Förderern und Freunden eine wichtige Rolle zukommen. Denn alle öffentlich finanzierten Orchester und Theater dürfen seit Dezember 2014 das offizielle Logo der Deutschen UNESCO-Kommission mit dem Claim »Wissen. Können. Weitergeben.« verwenden. Das allgemein positive Image von UNESCO-Aktivitäten und die anstehende internationale Anerkennung könnten von Fördervereinen und Freundeskreisen sowohl unterstützend und imagebildend in der eigenen Vereins- und Öffentlichkeitsarbeit als auch zur Gewinnung neuer Mitglieder genutzt werden.
F reunde und F örderer – U nterschiedliche F allkonstell ationen Die große Vielfalt der Orchester und Theater in Deutschland führt auch zu einer großen Heterogenität ihrer Unterstützer. Bei den Orchestern der Stadt- und Staatstheater existieren Freundeskreise häufig für die gesamte Institution. Beispiele hierfür sind der »Theater- und Orchesterförderverein des Mainfrankentheaters Würzburg«5 oder der »Freundeskreis des Theaters und Orchesters der Stadt Heidelberg«6. Es gibt aber auch Fälle, in denen sich für das Theaterorchester ein eigener Freundeskreis gebildet hat. Beispiele für diese Konstellation sind die »Freunde und Förderer der Philharmoniker Hamburg e. V.« 7, die »Gesellschaft der Freunde des Beethoven Orchesters Bonn e. V.«8 oder die erst 2014 gegründete »Gesellschaft der Freunde der Staatskapelle Dresden e. V.«9. Konzertorchester, Kammerorchester und Rundfunkklangkörper10 verfügen in der Regel über eigenständige Freundeskreise, beispielsweise der »Förderkreis Deutsches Symphonie-Orchester Berlin e. V.«11, der »Freundeskreis des Münchner Kammer-
4 | Ebd. 5 | w w w.theater wuer zburg.de/index.php?option=com_content&view=ar ticle&id= 42&Itemid=225 6 | www.freundeskreis-heidelberg.de/index.html 7 | www.staatsorchester-hamburg.de/de/partner/freundeskreis.php 8 | www.beethoven-orchester.de/2016-17/orchester/foerderverein/ 9 | www.gfskdd.de/verein/ 10 | Konzertorchester sind Orchester, die ausschließlich oder überwiegend Konzerte spielen, im Gegensatz zu Theater- und Opernorchestern, die ausschließlich oder überwiegend im Musiktheater spielen; Kammerorchester sind kleine Konzertorchester, die meist nur mit Streichern besetzt sind; als Rundfunkklangkörper gelten die großen Rundfunk-Sinfonieorchester, die kleineren Rundfunkorchester, Rundfunkchöre und Rundfunk-Bigbands. 11 | https://www.dso-berlin.de/content/e36466/e2002/index_ger.html
Die Rolle der Förder- und Freundeskreise für Orchester
orchesters e. V.«12 oder die »Freunde und Förderer des WDR Sinfonieorchesters Köln e. V.«13. Eine weitere Erscheinungsform ist die Anbindung von Freunden und Förderern an einen Konzertsaal, die unmittelbar auch dem dort residierenden Orchester zugutekommt. Beispiel hierfür ist die »Gesellschaft der Freunde und Förderer der Tonhalle Düsseldorf e. V.«, deren Unterstützung sowohl der Tonhalle als auch den Düsseldorfer Symphonikern dient.14 In diesen Zusammenhang muss man auch die Freunde und Förderer einordnen, die ihre Entstehung ursprünglich aus dem Bauprojekt eines Theaters oder Konzertsaales ableiten.15 Dies sei an drei Beispielen belegt: 1. Die Geschichte des »Freundeskreises Theater und Philharmonie Essen e. V.« geht auf das Jahr 1852 zurück. Industrielle wie Alfred Krupp, Bankiers und weitere einflussreiche Persönlichkeiten schlossen sich zur Ermöglichung eines Theaterbaus zusammen. Dies gilt als die Geburtsstunde des heutigen »TuP«Freundeskreises. 1887 wurde die Errichtung des Theaters vom Unternehmer Friedrich Grillo durch Bereitstellung von 500.000 Goldmark ermöglicht und das Theater 1892 eröffnet.16 1953 rief der damalige Förderverein »Theaterbau« einen Wettbewerb für eine neue Spielstätte aus. Der finnische Architekt Alva Aalto gewann 1959 den Wettbewerb; die Eröffnung des neuen Aalto-Musiktheaters erfolgte nach jahrelangen Diskussionen und politischen Kämpfen schließlich 1988.17 2. 1949 erfolgte die Gründung der »Gesellschaft der Freunde der Berliner Philharmoniker e. V.«, die bereits 1950 die erste Losbrief-Lotterie zugunsten des Baus der neuen Berliner Philharmonie begleitete. 1960 erging die Genehmigung des Neubaus der Philharmonie zur veranschlagten Summe von 13,5 Millionen DM durch den Senat; die Gesellschaft der Freunde beteiligte sich mit rund 1,5 Millionen DM.18 3. 1950 gründete sich in Mannheim die »Gesellschaft der Freunde des Mannheimer Nationaltheaters e. V.«. Der Verein setzte sich vor allem für den Neubau des im Krieg zerstörten Theaters ein, welches auch die Hauptspielstätte des Nationaltheaterorchesters war. Er beschaffte einen finanziellen Grundstock von weit über einer Million DM und leistete in der Bevölkerung maßgebliche Überzeugungsarbeit. Bis heute gilt das Mannheimer Theatergebäude als ein Kultur-
12 | https://www.m-k-o.eu/freunde-foerderer/freundeskreis/ 13 | http://www1.wdr.de/orchester-und-chor/sinfonieorchester/wsofreundeskreis-100. html 14 | www.tonhalle.de/das-haus/freundeskreis/ 15 | Plass, Christoph: Gute Freunde, in: das Orchester 12/2013, S. 12. 16 | http://freundeskreis.theater-essen.de/herzlich-willkommen/ 17 | www.aalto-musiktheater.de/haus-architektur/ 18 | https://www.berliner-philharmoniker.de/freunde/geschichte/
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denkmal dieses besonderen bürgerschaftlichen Engagements. Am 13. Januar 1957 wurde der Theaterneubau eröffnet19 . So wie in den alten Bundesländern viele Förder- und Freundeskreise nach dem Zweiten Weltkrieg ihre Gründung – oder nach der Gleichschaltung gesellschaftlicher Organisationen in der Zeit des Nationalsozialismus20 ihre Wiederbelebung – erfuhren, so setzte diese Entwicklung bei den Orchestern und Theatern auf dem Gebiet der ehemaligen DDR erst ab 1990 ein. Angesichts der vollständigen staatlichen Förderung der Theater und Orchester durch das Kulturministerium der DDR,21 durch die Städte, Kreise und Bezirke oder durch den Rundfunk der DDR bestand vor 1989 keine gesellschaftliche Notwendigkeit privater Unterstützung durch Freunde und Förderer. Dies änderte sich schlagartig mit der deutschen Wiedervereinigung und der Umstellung der Kulturförderung auf das westdeutsche System durch die neu gegründeten Bundesländer. Viele Förder- und Freundeskreise von Theatern und Orchestern in den östlichen Bundesländern wurden in den ersten fünf Jahren nach 1990 gegründet (z.B. 1991 der »Förderverein Kammerorchester Wernigerode e. V.«22, 1992 der »Verein der Freunde und Förderer des Staatstheaters Cottbus e. V.«23, 1993 die »Gesellschaft der Freunde des Gewandhauses zu Leipzig e. V.«24, 1994 der »Förderverein der Dresdner Philharmonie e. V.«25). Für die Orchester- und Theaterfördervereine in den neuen Bundesländern ging es nicht nur darum, in der besonderen gesellschaftlichen Umbruchphase der frischen Wiedervereinigung rasch Vereinsmitglieder zu gewinnen; häufig waren die ideelle und politische Unterstützung zum Erhalt des Orchesters/ Theaters zunächst wichtiger als materielle Hilfen. Denn gerade in den ersten fünf Jahren nach der Wiedervereinigung wurden besonders viele Orchester und Theater durch Länder und Kommunen von Verkleinerung, Fusion oder Auflösung bedroht26. Ein Beispiel von vielen ist der »Förderverein Kammerorchester Wernigerode«: Ohne die bürgerschaftlich engagierte, politische Unterstützung dieses Vereins hätte das Orchester (heute: Philharmonisches Kammerorchester 19 | Vgl. www.freunde.nationaltheater.de/fileadmin/_migrated/content_uploads/Die_ Freunde_und_Foerderer_im_Portraet_01.pdf 20 | Vgl. Hoor, Christina: Die Reichskulturkammer, Deutsches Historisches Museum, https://www.dhm.de/lemo/kapitel/ns-regime/kunst-und-kultur/reichskulturkammer. html 21 | Müller, Volker: Das Erzgebirge will mit Qualität punkten – Volles Haus in Aue beim Galakonzert für die neue Theater- und Orchesterstiftung »Ethos«, in: das Orchester 7-8/2008, S. 55. 22 | https://www.pkow.de/foerderer/foerderverein/ 23 | www.staatstheater-cottbus.de/partner/theaterfreunde/foerderverein.html 24 | www.freunde-gewandhaus.de/start/ 25 | www.dresdnerphilharmonie.de/foerderverein 26 | Vgl. Mertens, a.a.O., S. 4.
Die Rolle der Förder- und Freundeskreise für Orchester
Wernigerode) Mitte der 1990er Jahre nicht überlebt27. Der Verein der Freunde und Förderer des Staatstheaters Cottbus formuliert auf seiner Webseite: »Und wir melden uns zu Wort, wenn die Finanzierung unseres Theaters in Frage gestellt wird.«28 Es sind »in erster Linie die Freundeskreise, der Dichte, Größe und Zusammensetzung über die Verwurzelung und den Rückhalt […] die in der Bevölkerung entscheiden.«29 Große Orchester nutzen ausgewählte, besonders prominente und gesellschaftlich gut vernetzte Mitglieder ihrer Freundeskreise auch für die Arbeit am eigenen Image, wenn die Mitglieder mit Berufsangabe und Titel in den wichtigsten Publikationen, auf Brief bögen und im Internet aufgeführt werden.30 Eine noch relativ neue Entwicklung ist die Bildung eines »jungen« Freundeskreises. 2002 wurden in Berlin bei der Staatsoper aus dem bestehenden Freundeskreis heraus »Die Apollos – die Jungen Freunde der Berliner Staatsoper« gegründet, benannt nach dem Apollo-Saal im alten Staatsoperngebäude unter den Linden. Sie verstehen sich als ein Netzwerk junger Opernfans unter 35 Jahren, die sich für die Staatsoper engagieren.31 2007 gründete sich ebenfalls in Berlin der »Junge Freundeskreis der Berliner Philharmoniker«, der sich ausdrücklich an Interessierte im Alter zwischen 20 bis 35 Jahren wendet.32 Auch der Freundeskreis des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks spricht ausdrücklich »junge Freunde« an, jedoch zunächst nicht als potenzielle Mitglieder, sondern als junges Publikum.33 Eine derartige Aktivität haben in den letzten Jahren viele Freunde und Förderer von Orchestern in ihre Unterstützungsangebote aufgenommen (s.u.).
D ie drit te S äule : F örderstif tungen Neben der Finanzierung von Orchestern und Theatern durch die öffentliche Hand, der privaten Unterstützung durch Freunde und Förderer, hat sich in den letzten Jahren – meist aus dem Umfeld der bestehenden Förder- und Freundeskreise heraus – eine dritte Säule entwickelt: die der privaten Förderstiftungen. Ähnlich wie bei den Förder- und Freundeskreisen selbst, bestehen auch bei den Förderstiftungen unterschiedliche Fallkonstellationen: als gemeinsame Stiftung
27 | https://www.pkow.de/foerderer/foerderverein/ 28 | http://theaterverein-cottbus.de/de/verein/grundsatz.html 29 | Schmidt, Thomas: Theater, Krise und Reform – Eine Kritik des deutschen Theatersystems, Springer VS Wiesbaden 2016, S. 309. 30 | Ebd. 31 | http://staatsoper-berlin.de/de_DE/junge-freunde#junge-freunde-about 32 | https://www.berliner-philharmoniker.de/freunde/junger-freundeskreis/uebersicht/ 33 | www.freunde-brso.de/wir.php?p=junge-freunde&PHPSESSID=59a506ff0aa3ce18f bda0db62aaf1a57
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für Theater (Oper) und Orchester, als gesonderte Stiftung, als rechtsfähige, selbstständige oder als nichtrechtsfähige, unselbstständige (Treuhand-)Stiftung.34 Die von der finanziellen Ausstattung her gegenwärtig größte, an ein Orchester gebundene private Stiftung dieser Art in Deutschland ist die »Stiftung Philharmonie Südwestfalen«, die im September 2006 vom Landkreis Siegen-Wittgenstein und durch eine beachtliche Privatspende der Vorsitzenden des Orchesterfördervereins gegründet wurde.35 Im Jahr 2012 wurde das Vermögen der Stiftung bereits auf 6,5 Millionen Euro taxiert.36 Ein weiteres Beispiel für eine derartige orchesternahe Stiftung ist die 2002 gegründete Gemeinschaftsstiftung Nordwestdeutsche Philharmonie37. Weitere vergleichbare Stiftungen bestehen neben den örtlichen Förder- und Freundeskreisen für die Rheinische Philharmonie Koblenz38, das Philharmonische Staatsorchester Mainz39, die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz in Ludwigshafen40, die Duisburger Philharmoniker41 oder das Philharmonische Kammerorchester Wernigerode42. Als gemeinsame Förderstiftungen für das örtliche Theater und Orchester wurden u.a. errichtet die Erzgebirgische Theater- und Orchester-Stiftung (ETHOS) in Annaberg-Buchholz43, die Stiftung Deutsches Nationaltheater und Staatskapelle Weimar – Staatstheater Thüringen (DNT-Stiftung)44 oder die Stiftung Staatsoper Hannover45. Das Gründungskapital derartiger Förderstiftungen liegt in der Regel im mittleren fünfstelligen Euro-Bereich. Als z.B. die Erzgebirgische Theater- und Orches34 | Die Errichtung einer rechtsfähigen Stiftung als eigene juristische Person richtet sich nach dem Stiftungsrecht der einzelnen Bundesländer, die unterschiedliche materielle (z.B. Mindest-Kapitalausstattung) und formelle Anforderungen stellen. Eine nichtrechtsfähige Stiftung kann durch eine natürliche Person oder z.B. durch einen Verein relativ einfach durch privates Rechtsgeschäft (Stiftungsgeschäft durch privatschriftliche Urkunde) errichtet und dann treuhänderisch als abgegrenztes Vermögen verwaltet werden. Die Steuervorschriften zu Gemeinnützigkeit sind auf beide Stiftungsformen gleichermaßen anwendbar. 35 | www.philsw.de/orchester/stiftung/ 36 | www.der westen.de/staedte/nachrichten-aus-siegen-kreuz tal-netphen-hilchenbach-und-freudenberg/philharmonie-suedwestfalen-beklagt-ein-defizit-von-650-000euro-id7242339.html 37 | www.nwd-stiftung.de/ 38 | w w w.r heinis che -philhar monie.de/f r eunde _und _ par t ner/die -s t if t ung-r heini sche-philharmonie/ 39 | https://www.orchester-mainz.de/orchester/stiftung 40 | www.staatsphilharmonie.de/freunde-und-partner/stiftung/ 41 | https://duisburger-philharmoniker.de/foerderer/stiftung/ 42 | https://www.pkow.de/foerderer/orchesterstiftung/ 43 | www.winterstein-theater.de/index.php/portrait/ethos 44 | www.nationaltheater-weimar.de/de/index/das_dnt/stiftung.php 45 | www.stiftung-staatsoper-hannover.de/
Die Rolle der Förder- und Freundeskreise für Orchester
ter-Stiftung am 22. September 2007 gegründet wurde, betrug das Kapital 70.000 Euro, aufgefüllt durch die Erlöse eines Galakonzerts der Erzgebirgischen Philharmonie.46 Die 2006 gegründete Stiftung Staatsoper Hannover konnte in den ersten fünf Jahren ihres Bestehens ihr Kapital durch Spenden, Zustiftungen und Erlöse des jährlichen Galakonzerts auf 725.000 Euro aufstocken.47 Um speziell das Niedersächsische Staatsorchester (Orchester der Staatsoper Hannover) zu unterstützen, wurde ebenfalls 2006 die Stiftung Niedersächsisches Staatsorchester Hannover gegründet, die als unselbstständige Stiftung, aber mit getrenntem Vermögen und eigenem Stiftungszweck, von der Opernstiftung verwaltet wird.48 Dieses unselbstständige Stiftungsvermögen speist sich ebenfalls aus Spenden, Zustiftungen und den Erlösen des jährlichen Weihnachtskonzertes.49 Der 2002 gegründeten Gemeinschaftsstiftung der Nordwestdeutschen Philharmonie gelang es bis 2009, das Kapital auf 1,7 Millionen Euro aufzustocken.50 Woher rührt dieser verstärkte Gründungstrend von Förderstiftungen neben den Förder- und Freundeskreisen in den letzten Jahren? Freundeskreise werden grundsätzlich als eingetragene Vereine geführt, die in der Regel gemeinnützig sind. Die Anerkennung der Gemeinnützigkeit durch das örtliche Finanzamt ermöglicht Mitgliedern und Spendern, ihre Zuwendungen an den Verein gegenüber dem Finanzamt steuerlich geltend zu machen. Das Gemeinnützigkeitsrecht setzt aber für den Verein voraus, dass dieser entsprechende Spenden »zeitnah« für seine satzungsmäßigen, gemeinnützigen Zwecke verwendet. D.h. der »normale« Freundeskreis oder Förderverein kann insoweit zwar kurzfristig größeres Kapital ansammeln, es aber in der Regel nicht längerfristig binden. Der rechtsfähige Verein könnte auch Erbe oder Vermächtnisnehmer sein; allerdings müsste er auf das ihm von Todes wegen (z.B. durch ein verstorbenes Vereinsmitglied) zugewandte Vermögen die volle Erbschaftssteuer entrichten. Genau bei dieser Konstellation bietet die rechtsfähige gemeinnützige Stiftung das richtige Gestaltungsmittel, um als Erbin ihr zugedachtes Vermögen zu übernehmen und langfristig anzulegen, ohne darauf Erbschaftsteuer zahlen zu müssen. Lediglich die aus dem Stiftungsvermögen erwirtschafteten Erträge müssen ihrerseits wiederum zeitnah für die gemeinnützigen Stiftungszwecke verwendet werden, aber das Stiftungskapital ist auf Zuwachs angelegt und bleibt grundsätzlich langfristig erhalten.
46 | Müller, a.a.O. 47 | www.stiftung-staatsoper-hannover.de/2011/03/10/presseinformation-no-10/ 48 | Scherz-Schade, Sven: Klassische Kapitalerhaltung – Stiftungen zur Förderung von Orchestern und Musiktheatern, in: das Orchester 5/2009, S. 19, 21. 49 | www.stiftung-staatsorchester.de/konzert.html 50 | Scherz-Schade, a.a.O., S. 20.
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F ördern , unterstüt zen , selbst musizieren Eine Besonderheit, die es so wohl nur bei Orchester-Fördervereinen und -Freundeskreisen gibt, ist die Mitwirkung in eigenen Ensembles. Der Förderverein der Dresdner Philharmonie hat 2004 ein eigenes Orchester gegründet, das aus Vereinsmitgliedern besteht. Rund 40 ambitionierte Amateurmusikerinnen und -musiker spielen jährlich unter dem Dirigat des Konzertmeisters der Philharmonie ein bis zwei Konzerte, oft auch gemeinsam mit Mitgliedern der Dresdner Philharmonie51. Im April 2015 wurde die Junge Kammerphilharmonie Berlin als Ensemble des bereits erwähnten Jungen Freundeskreises der Berliner Philharmoniker gegründet. Dieses neue Ensemble beschreibt sich selbst wie folgt: »50 junge und ambitionierte Hobby-Musiker, die von dem Jungen Freundeskreis der Berliner Philharmoniker unterstützt werden. Auch wenn wir keine Profis werden wollen, haben wir einen hohen musikalischen Anspruch und freuen uns über die professionelle Begleitung durch Musiker der Berliner Philharmoniker. Unser Ziel: in jungen Menschen, die bislang nichts mit klassischer Musik zu tun hatten, eine Begeisterung dafür zu wecken und ihnen zu ermöglichen, vom Auf bau bis zum finalen Konzert über soziale Medien an dem Orchesterleben teilzuhaben. Wir organisieren uns selbst und wählen unser Programm und unseren Dirigenten demokratisch aus.«52 Diese Intention wirkt also in drei Richtungen: Einerseits werden bereits musikaffine junge Menschen persönlich angesprochen und künstlerisch wie emotional im Umfeld des Orchesters als junge Freunde eingebunden. Andererseits wird hierdurch die nächste Generation des »eigentlichen« Freundeskreises herangezogen. Und schließlich: das musikalische Wirken der jungen Freunde strahlt positiv in deren Umfeld und übernimmt damit auch eine Funktion des Audience Development für das potenzielle klassische Konzertpublikum insgesamt. Eine ähnliche Erscheinung sind sogenannte »Abonnentenorchester«, die zwar nicht immer direkt aus den Freundes- und Fördererstrukturen entstanden sind, aber doch eine große Nähe zu ihnen haben und bei Mitwirkenden den Wunsch, Mitglied im Förderverein des Orchesters zu werden, gewiss befördern. Das erste derartige Orchester wurde 1988 vom damaligen Solocellisten der Münchner Philharmoniker gegründet. Das Orchester setzte sich aus Abonnenten und Mitgliedern des »Freundeskreises« der Münchner Philharmoniker zusammen. Die Mitglieder der Münchner Philharmoniker, die mit den Mitgliedern des Abonnentenorchesters musizieren, kommen nicht nur zu Generalprobe und Konzert, sondern nehmen auch an den regulären Arbeitsproben teil. »Die enge Verbindung von Orchester und Zuhörern ist einmalig. Sie schafft eine besondere Atmosphäre des Respektes und der Solidarität zu ›unseren Freunden‹, den Münchener Phil-
51 | www.dresdnerphilharmonie.de/foerderverein 52 | www.jkp.berlin/ueber-uns1
Die Rolle der Förder- und Freundeskreise für Orchester
harmonikern«.53 Ein weiteres Abonnentenorchester wurde im Herbst 2003 für musikalisch ambitionierte Abonnenten und Freunde des Deutschen SymphonieOrchesters (DSO) Berlin ins Leben gerufen. Initiator und Dirigent ist der stellvertretende Solotrompeter des DSO. Neben regelmäßigen Orchesterproben werden einzelne Stimmgruppen von DSO-Mitgliedern angeleitet.54 Beim Konzerthausorchester Berlin besteht seit Oktober 2014 ein »Publikumsorchester«, dessen Aufgaben, Aktivitäten und Anbindung denen der beschriebenen Abonnentenorchester ähneln.55 Eine weitere Variante stellt die Patenschaft der Freunde und Förderer des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin (RSB) dar, die diese 2002 für die capella academica, dem traditionsreichen Laien-Sinfonieorchester der Humboldt-Universität zu Berlin, übernommen haben. Dessen Mitglieder engagieren sich ihrerseits in der Öffentlichkeit als leidenschaftliche Lobbyisten für das RSB.56 Alle diese Ensembles verbindet, dass sie durch das gemeinsame Musizieren begabter Laien und das Zusammenwirken mit den Musikern des jeweiligen Orchesters – sei es als Dirigent, Stimmgruppentrainer oder als Mitspieler im Konzert – sehr persönliche, menschliche und emotionale Beziehungen stiften. Die besonders enge Verbindung wirkt sich auf das Zugehörigkeitsgefühl der Amateurmusiker zu »ihrem« Orchester aus und ist eine ideale Voraussetzung für die Eingehung oder Intensivierung einer Beziehung als Freund oder Förderer.
A ngebote und A k tivitäten für F reunde und F örderer Bei Untersuchung der einzelnen Angebote und Aktivitäten von Förder- und Freundeskreisen erkennt man eine sehr große Heterogenität. Diese ist durch verschiedene, teilweise bereits angesprochene Umstände bedingt. Naturgemäß ist die mögliche Angebotspalette eines Freundeskreises an seine Mitglieder bei einem Mehrspartentheater in der Regel breiter als bei einem reinen Opernhaus oder einem Konzertorchester. Auch spielen die Größe eines Opernhauses oder Orchesters, das gesellschaftliche Ansehen und Renommee der Einrichtung, die Anbindung an eine Rundfunkanstalt oder ein Konzerthaus, die Tradition, die Lage (Großstadt oder ländlicher Raum), die Zahl der Mitwettbewerber (mehrere Musiktheater, Orchester oder weitere größere Kultureinrichtungen an einem Ort oder in enger Nachbarschaft) eine Rolle. Auch die Frage, ob »nur« ein Freundeskreis oder Förderverein besteht oder auch noch eine ergänzende Förderstiftung (s.o.) vorhanden ist, kann Auswirkungen auf die jeweiligen Angebote und Aktivitäten haben.
53 | www.muenchner-abonnentenorchester.de/index.htm 54 | https://www.dso-berlin.de/content/e36466/e16866/index_ger.html 55 | https://www.konzerthaus.de/de/publikumsorchester 56 | Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin (Hg.), Saisonbroschüre 2017/18, S. 20.
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Diese Faktoren haben auch Einfluss auf die Höhe des jährlichen Mitgliedsbeitrags sowie die Akquise möglicher zusätzlicher Unterstützungen oder Spenden aus dem Freundeskreis und wirken sich damit wiederum auf die finanzielle Leistungsfähigkeit der Freunde und Förderer insgesamt aus. Zum Durchschnittsangebot eines »normalen« Orchesterfreundeskreises gehört in etwa folgendes: • regelmäßige Mitgliederinformationen über die Tätigkeiten des Vereins und Aktivitäten des Orchesters (Mitgliederbrief oder -zeitschrift, Newsletter); • exklusive Begegnungsmöglichkeiten mit Chefdirigent, Gastkünstlern, Orchestermitgliedern; • exklusiver Besuch ausgewählter (General-)Proben; • ermäßigter Eintritt zu besonderen Veranstaltungen; • zusätzliche Serviceleistungen auch im Umfeld ausgewählter Aufführungen (Sektempfang, Signierstunde), Angebot kostenloser oder stark rabattierter Orchester-CDs oder Publikationen; • exklusive Gebäudeführungen und besondere Konzerteinführungen; • steuerrechtliche Abzugsfähigkeit von Mitgliedsbeiträgen und Spenden. Darüber hinaus gibt es – ohne Anspruch auf Vollzähligkeit – zahlreiche weitere Angebotsmöglichkeiten, von denen aber nur einzelne Orchester-Freundeskreise Gebrauch machen: • Mitreisemöglichkeit bei Tourneen und Gastspielen;57 • eigene Konzertveranstaltung mit Kammermusik, Buffet, Tanz und Feuerwerk;58 • Einladung zum jährlichen Orchesterfest (bunter Abend mit den Orchestermitgliedern und deren Angehörigen);59 • »Orchestertalk« im Theaterfoyer;60 • jährliche Rheingau-Wanderung im Herbst;61 • Einladung zur Teilnahme an der jährlichen Saisonpräsentation;62
57 | Freunde und Förderer des SWR Symphonieorchesters Stuttgart, vgl. www.swr-so-foer derverein.de/vorteile-einer-mitgliedschaft.html 58 | Förderverein der Dresdener Philharmonie: »Philharmonic Flair«, vgl. www.dresdnerphilharmonie.de/konzerte/philharmonic-flair-2017/505 59 | Förderverein des Hessischen Staatsorchesters Wiesbaden, vgl. www.foerdervereinstaatsorchester-wiesbaden.de/der-foerderverein.html 60 | Ebd. 61 | Ebd. 62 | Freunde und Förderer der Philharmoniker Hamburg, vgl. www.staatsorchester-ham burg.de/de/partner/freundeskreis.php
Die Rolle der Förder- und Freundeskreise für Orchester
• Vorkaufsrecht für Konzertkarten vor dem Beginn des offiziellen Vorverkaufs;63 • Freundeskreismitglieder dürfen zu Arbeits- und Generalproben einen Gast mitbringen;64 • Organisation kostengünstiger Besuche bei auswärtigen Gastspielen;65 • jährliches Freundeskreiskonzert im Anschluss an eines der Symphoniekonzerte mit anschließendem Empfang gemeinsam mit den Mitwirkenden des Abends;66 • regelmäßige Kammerkonzerte des Freundeskreises mit Orchestermitgliedern;67 • ehrenamtliche Betreuung des Standes im Foyer bei Konzerten des geförderten Orchesters;68 • Teilnahme am jährlichen Mitmachkonzert (Musikvermittlung);69 • Teilnahmemöglichkeit am Betriebsausflug des Theaters/Orchesters mit anschließendem Sommerfest des Freundeskreises.70 Der Kreativität von Freunden und Förderern bzw. Orchestern bei möglichen weiteren Angeboten sind keine Grenzen gesetzt. Vorstellbar ist auch folgendes: • häusliche Kammerkonzerte von Orchestermitgliedern in geeigneten privaten Räumlichkeiten von Freundeskreismitgliedern mit dem Ziel der Mitgliedergewinnung und Spendensammlung; • Chefdirigent, Orchesterintendant oder Orchestermitglieder aus anderen Nationen laden ausgewählte oder ausgeloste Förderer zum privaten Essen ein und kochen für diese traditionelle Gerichte aus ihrer Heimat; • exklusive Weinverkostung für Förderer gegen Extraspende, begleitet durch Kammermusikgruppen des Orchesters. Weiteres Beispiel: Die 2014 gegründete »Gesellschaft der Freunde der Staatskapelle Dresden« zählte Anfang 2017 über 200 Mitglieder. Da diese sich untereinander nicht alle kennen, wurde ein runder Freundes-Anstecker (goldenes »F« auf blauem Grund) entwickelt, der exklusiv Mitgliedern vorbehalten ist. Sie sollen
63 | Ebd. 64 | Ebd. 65 | Freundeskreis zur Förderung der Bochumer Symphoniker, vgl. www.bochumer-sym phoniker.de/freundeskreis/ 66 | Ebd. 67 | Freundeskreis des Münchner Rundfunkorchesters, vgl. www.fmro.de/ 68 | RSB, a.a.O., S. 20. 69 | Ebd. 70 | Freundeskreis Theater und Orchester Heidelberg, vgl. www.freundeskreis-heidelberg. de/veranstaltungen/index.php
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sich bei Konzerten und Opernvorstellungen als Freunde der Staatskapelle erkennen und dadurch leichter ins Gespräch kommen können.71
U nterstüt zungen und L eistungen der F reunde und F örderer Die Aussagen der Förder- und Freundeskreise, welche Unterstützung sie dem Orchester gewähren, reichen von ganz allgemein: wir »unterstützen […] die herausragende künstlerische Arbeit des Orchesters« 72 bis hin zu ganz konkreten Förderprojekten. Auch die Unterstützung bei der Suche nach Sponsoren für das Orchester gehört ins Portfolio.73 Im Wesentlichen geht es – ebenfalls ohne Anspruch auf Vollzähligkeit – um folgende Unterstützungen und Leistungen: • Beteiligung an Kosten der Anschaffung von besonders hochwertigen Instrumenten für das Orchester oder Konzerthaus bis hin zur Saalorgel; • Unterstützung der orchestereigenen Orchesterakademie; • Beteiligung an den Kosten (Gagen) von Sonderkonzerten mit besonders prominenten Dirigenten oder Solisten; • Bezuschussung oder Veranstaltung ausgewählter Konzerte oder Konzertreihen; • Unterstützung von Musikvermittlungsprojekten und -programmen des Orchesters bzw. Konzerthauses; • Beteiligung an Kosten besonderer baulicher Maßnahmen (Orchesterzimmer auf der Theaterbühne, Ausstattung des Orchesterprobensaals, neue Orchesterbestuhlung etc.); • Unterstützung besonderer Publikationen oder Sonderausstellungen (z.B. Orchesterchronik zum runden Jubiläum, Ausstellung zur Orchestergeschichte); • Finanzierung von CD- oder DVD-Produktionen des Orchesters; • Unterstützung besonderer Konzertreisen; • Stiftung von Preisgeldern für besonders begabte Nachwuchskünstler; • Beteiligung an Kompositionsaufträgen; • Unterstützung des orchestereigenen Jugend- oder Abonnentenorchesters; • Unabhängigkeit und Online-Kommunikation. Naturgemäß sind und fühlen sich Freunde und Förderer mit »ihrem« Orchester ganz besonders verbunden. Die Enge der Bindung ist jedoch sehr unterschiedlich 71 | www.gfskdd.de/verein/ 72 | Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks (Hg.), Saisonbroschüre 2017/18, S. 145. 73 | RSB, a.a.O., S. 20.
Die Rolle der Förder- und Freundeskreise für Orchester
und hat vor allem zwei Ebenen: eine personelle und eine organisatorische. Personell: Dürfen aktive Mitglieder des Orchesters gleichzeitig auch Mitglieder im Freundeskreis sein? Sind die Orchestergeschäftsführung oder der Chefdirigent (ggf. sogar kraft Amtes?) Mitglieder im Vorstand des Freundeskreises? Oder wird hier auf eine klare Trennung Wert gelegt? Organisatorisch: Hat der Freundeskreis eine eigene Adresse und/oder (hauptamtlich besetzte) Geschäftsstelle oder wird Organisatorisches für den Freundeskreis durch bestimmte Mitarbeiter des Orchesters, Konzerthauses oder Musiktheaters organisiert? Welcher Umfang wird dem Freundeskreis im Spielzeitheft des Orchesters bzw. Konzerthauses oder Musiktheaters eingeräumt? Hat der Freundeskreis einen eigenen Auftritt im Internet oder in den sozialen Medien oder nur eine unselbstständige Unterseite im Internetauftritt des Orchesters? Auf alle diese Fragen gibt es an jedem Orchesterstandort unterschiedliche Antworten, so dass eine darüber hinausgehende Systematisierung schwierig ist. In der einfachsten Erscheinungsform haben die Freunde und Förderer keinen eigenen Online-Auftritt, sondern finden sich nur auf einer Unterseite der Orchester-Webseite wieder. Dort wird dann auf die Satzung und ein Beitrittsformular verwiesen.74 Eine unselbstständige Unterseite des Fördervereins auf der Hauptseite des Orchesters ist unter verschiedenen Aspekten problematisch: Es muss geklärt sein, wer nach dem Telemediengesetz für die Inhalte auf der Unterseite inhaltlich und rechtlich verantwortlich ist. Auch muss geregelt werden, wer den Zugriff auf die Unterseite hat und die Inhalte aktualisieren darf. Nur der Orchesterträger, nur der Förderverein oder beide? Um Unstimmigkeiten und rechtliche Probleme zu vermeiden, dürfte es im Ergebnis sinnvoller und zeitgemäßer sein, wenn Freundeskreise und Fördervereine mit einer eigenen, vom Orchesterträger unabhängigen Onlinepräsenz im Internet vertreten sind. Dies ist in heutiger Zeit über Wordpress75 oder andere Anbieter problemlos und kostengünstig möglich. Ein weiterer Vorteil der Nutzung von Open-Source-Plattformen liegt darin, dass diese immer auch die Weiterentwicklung von mobilen Endgeräten berücksichtigen. Mindeststandard für einen Orchester-Förderverein ist die eigene Webseite mit einem dazugehörigen Facebook-Auftritt und ggf. einem Blog. Auf der Webseite des Orchesters findet sich lediglich noch ein kurzer Hinweis auf den Förderverein und seine Aktivitäten. Im Übrigen wird auf die Webseite des Fördervereins verlinkt, so zum Beispiel von der Webseite des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden auf die Online-Präsenz des Fördervereins des Hessischen Staatsorchesters.76 Vielen eigenständigen Webseiten von Fördervereinen sieht man ihr technisch und 74 | Verein der Freunde und Förderer des Brandenburgischen Staatsorchesters Frankfurt, www.bsof.de/?s=8 75 | Vgl. https://de.wordpress.com/ 76 | www.staatstheater-wiesbaden.de/info/partner-und-foerderer/foerderverein-hessi sches-staatsorchester-wiesbaden/
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inhaltlich inzwischen etwas betagtes Image an.77 Nur im Ausnahmefall sind die Webseiten bereits für die Nutzung auf mobilen Endgeräten programmiert, was sich durch Nutzung einer Open-Source-Plattform (s.o.) vermeiden ließe. Problematisch und für das Image des Fördervereins extrem schädlich sind Fälle, in denen die Webseite des Fördervereins nicht regelmäßig aktualisiert wird. Ein gutes Beispiel für eine relativ aufwändige Online-Präsenz eines Orchesterfördervereins stellt die Webseite des 2002 gegründeten Vereins der Freunde des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks dar, die sogar einen exklusiven, passwortgeschützten Mitgliederbereich enthält.78 Erstaunlich ist allerdings, dass das Orchester selbst in seiner Spielbroschüre 2017/18 nur auf einer Druckseite auf den Freundeskreis hinweist, die Webseite nicht einmal erwähnt und darauf baut, dass potenzielle Interessenten eine Postkarte ausschneiden, um einen Aufnahmeantrag für den Freundeskreis anzufordern.79
S egmentierung der V ereinsmitgliedschaf t Einfach strukturierte Fördervereine, meist bei mittleren und kleinen Orchestern, kennen in der Regel nur die ordentliche Mitgliedschaft natürlicher Personen. Als Erweiterung gibt es auch gemeinsame Mitgliedschaften von Ehepaaren und vereinzelt die Möglichkeit, als Unternehmen eine Firmenmitgliedschaft einzugehen und dafür einen höheren Jahresbeitrag zu entrichten. Hier können sich die Interessen des Orchesterträgers, ein örtlich ansässiges Unternehmen als Sponsor zu gewinnen, und die des Fördervereins, das Unternehmen als Firmenmitglied zu binden, überschneiden. Das setzt allerdings voraus, dass der Orchesterträger, die Intendanz oder Geschäftsführung, organisatorisch überhaupt so gut aufgestellt ist, dass eine professionelle Sponsorenakquise betrieben werden kann. Dies ist bislang in der Regel nur bei großen Orchestern und Konzerthäusern der Fall. Bei mittleren und kleinen Orchestern ist es häufig so, dass musikinteressierte Unternehmensvertreter oder -inhaber zunächst für eine einfache Mitgliedschaft im Förderverein, ggf. mit Ehepartner/in, gewonnen werden. Aus einer sich mit der Zeit intensivierenden Mitgliedschaft kann eine Firmenmitgliedschaft entstehen. Diese bietet schließlich auch für den Orchesterträger bzw. die Intendanz/ Geschäftsführung ein geeignetes Umfeld, um das Firmenmitglied des Fördervereins womöglich auch als Sponsor für das Orchester zu gewinnen. Eine derartige, »einfache« Segmentierung sah zum Beispiel bereits im Jahr 1959 die Satzung des »Vereins zur Förderung des Siegerlandorchesters e. V. (heute Philharmonie Südwestfalen) vor. Neben »Einzelmitgliedern« (12 DM Jahresbeitrag) wurden aus77 | Vgl. Webseite Förderverein Loh-Orchester Sondershausen e. V.: http://foerdervereinloh-orchester.de/kontakt.html 78 | www.freunde-brso.de/index.php 79 | Vgl. SBR, a.a.O., S. 145f.
Die Rolle der Förder- und Freundeskreise für Orchester
drücklich »Vereine, Einrichtungen, Personenmehrheiten« (60 DM Jahresbeitrag) sowie »Firmen und Körperschaften des öffentlichen und privaten Lebens« (120 DM) angesprochen.80 Eine echte, breit aufgefächerte Segmentierung der Vereinsmitgliedschaft nach dem Vorbild einer klassischen Sponsoren-Pyramide81 ist bei Förder- und Freundeskreisen für Orchester und Konzerthäuser in Deutschland noch eher die Ausnahme. Bei großen Opernhäusern ist diese Konstellation schon häufiger anzutreffen, z.B. bei der Deutschen Oper Berlin.82 Bei einer derartigen Segmentierung erfolgt eine Differenzierung der Mitglieder gestaffelt nach der jährlichen Höhe der finanziellen Zuwendungen an den Verein. Diese korrelieren unmittelbar mit den Gegenleistungen und Mitgliedervorteilen: Je höher die Zuwendung, desto wertiger, attraktiver und prestigeträchtiger sind die Gegenleistungen gestaltet. Ein einfaches, dreistufiges Schema einer Mitgliedersegmentierung wendet beispielsweise der Förderkreis Deutsches Symphonie-Orchester Berlin e. V. an. »Freunde« zahlen 75 Euro Jahresbeitrag, »Förderer« 250 Euro und »Paten« 500 Euro. »Freunde« erhalten dafür persönliche Einladungen zu Sonderveranstaltungen und zur Präsentation der neuen Spielzeit, zu ausgesuchten Generalproben, den Blick hinter die Kulissen und Last-Minute-Tickets für die regulären Konzerte an der Abendkasse zum AboPlus-Preis. »Förderer« erhalten zusätzlich exklusive Konzerteinführungen von DSO-Musikern und Einladungen zum Meet and Greet mit Dirigenten und Solisten. »Paten« schließlich erhalten zusätzlich bevorzugt Karten für alle Konzerte, die Einladung zum Jahresempfang mit dem Chefdirigenten des DSO und die Möglichkeit zur Mitreise bei Tourneekonzerten.83 Vorbildlich sind hier Konzerthaus und Konzerthausorchester Berlin aufgestellt. Dessen Freundeskreis »Zukunft Konzerthaus e. V.« unterscheidet seine Mitglieder aufsteigend als »Freund, Förderer, Donator, Unternehmensförderer, Mäzen«84 (vgl. Abbildung 1). Im Einzelnen sind hiermit folgende Leistungen und Gegenleistungen verbunden: Ein »Freund« leistet ab 90 Euro Jahresspende (also keinen Mitgliedsbeitrag) und erhält hierfür: kostenfreier Besuch der Generalproben, Konzerthaus-Card, Nennung auf der Webseite, Einladung zur Spielplanpräsentation durch den Intendanten, Pausenempfang bei den Konzerten des Artist in Residence. Der »Förderer« leistet ab 500 Euro Jahresspende und bekommt sämtliche Leistungen der »Freunde« sowie: Einladung zur Saisoneröffnung und 80 | Wojnarowicz, Gernot (Hg.): Menschen für Musik – 50 Jahre Philharmonie Südwestfalen, Förderverein Philharmonie Südwestfalen, Vorländer Siegen, 2007, S. 112. 81 | Vgl. Flanagan, Joan: Successful Fundraising. A Complete Handbook for Volunteers and Professionals. McGraw-Hill Contemporary, Chicago 1991, S. 20. 82 | Vgl. Deutsche Oper Berlin (Hg.), Saisonbroschüre 2017/18, S. 142 ff. – Förderkreis der Deutschen Oper Berlin e. V. 83 | Vgl. https://www.dso-berlin.de/content/e36466/e2002/index_ger.html 84 | Vgl. https://www.konzerthaus.de/de/zukunft-konzerthaus
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weiteren exklusiven Sonderveranstaltungen, Vorzugskartenservice, Nennung auf der Fördertafel sowie in den Publikationen des Vereins, Zugang zur Loge von »Zukunft Konzerthaus«. »Donator« wird man ab 2.500 Euro Jahresspende und erhält hierfür sämtliche Leistungen der »Förderer« sowie zusätzlich individuelle Angebote, wie z.B. Pausenarrangements. »Unternehmensförderer« kann man ab 5.000 Euro Jahresspende werden. Hierfür erhält man sämtliche Leistungen der »Förderer«; ein zusätzlicher Firmenservice wird individuell vereinbart. Die höchste Stufe in dieser Pyramide ist der »Mäzen«; er erhält ebenfalls sämtliche Leistungen der »Förderer« und darüber hinaus individuelle Arrangements mit dem Chefdirigenten und dem Intendanten. Abbildung 1: Mitgliedersegmentierung bei »Zukunft Konzerthaus« Berlin, eigene Darstellung
Mäzen Unternehmensförderer Donator
Förderer Freund
Die Freunde der Berliner Philharmoniker haben ein vierstufiges Modell entwickelt: »Junger Freundeskreis« (mindestens 100 Euro jährlich, Studenten 50 Euro), »Freund« (mindestens 100 Euro Jahresbeitrag), »Förderer« (mindestens 1.000 Euro jährlich für natürliche und gemeinnützige juristische Personen und mindestens 2.500 Euro für Unternehmen) oder »Mäzen« (mindestens 5.000 Euro jährlich).85 Auch hier sind konkrete Gegenleistungen festgeschrieben. Diese sind für »Freunde«: drei Veranstaltungen (meist Matineen) in jeder Spielzeit, vorwiegend mit Berliner Philharmonikern, Einladung zu einer Probe pro Spielzeit, vorrangige Bearbeitung rechtzeitiger schriftlicher Vorbestellungen von Karten für besonders angebotene Konzerte (im Rahmen der Verfügbarkeit). »Förderer« erhalten zusätzlich zu diesen Leistungen folgende Angebote: persönliche Betreuung durch den Vorstand bzw. die Geschäftsführung, exklusive Bestellmöglichkeiten von Kaufkarten (maximal vier Stück) vor dem Vorverkaufstermin, Bemühenszusage zur Beschaffung von Kaufkarten nach dem Vorverkaufstermin, 85 | Vgl. https://www.berliner-philharmoniker.de/freunde/mitglied-werden/
Die Rolle der Förder- und Freundeskreise für Orchester
Einladung zur Saisoneröffnung durch die Stiftung Berliner Philharmoniker, bevorzugte Vergabe von Abonnements der Berliner Philharmoniker, Zusendung des Magazins durch die Stiftung Berliner Philharmoniker, bevorzugte Platzreservierungen bei Veranstaltungen des Vereins sofern gewünscht, Nennung im Jahresbericht oder anderen Publikationen. »Mäzene« bekommen zusätzlich zu den Leistungen für »Freunde« und »Förderer«: Einladung zu Empfängen/mit Musikern, Teilnahme an Tourneen der Berliner Philharmoniker inkl. Besuch von Proben, Beschaffung von Eintrittskarten und Zusammenkünfte mit Musikern und/oder dem Intendanten (für Selbstzahler und nach Möglichkeit), Dinner mit dem Chefdirigenten und/oder dem Intendanten und Musikern (für Selbstzahler und nach Möglichkeit), Gelegenheit zum Besuch von Arbeits- und Generalproben der Berliner Philharmoniker (soweit möglich und nach Absprache). Die »Jungen Freunde« genießen dieselben Leistungen wie die Freunde sowie laut Webseite »innovative Veranstaltungen, interaktive Mitgliedschaft, starkes Netzwerk, exklusive Einladungen«. Als Beispiel für eine recht einfache, aber inhaltlich und finanziell höchst wirksame Segmentierung mögen die »Rosenkavaliere« im Verein zur Förderung des Mainfranken Theaters und des Philharmonischen Orchesters Würzburg e. V. gelten. Dieser Stifterkreis formierte sich innerhalb des Fördervereins im Jahr 2001, als das Mainfranken Theater mit allen Sparten durch eine beabsichtigte Halbierung des städtischen Zuschusses kurz vor der endgültigen Schließung stand. Mit Hilfe der »Rosenkavaliere« konnte der Förderverein das Mainfranken Theater in der Zwischenzeit mit über vier Millionen Euro unterstützen, wobei die Spenden ausschließlich der künstlerischen Arbeit zugutekommen. Die Zugehörigkeit zum »Stifterkreis Rosenkavaliere« gilt jeweils für eine Spielzeit und kann jährlich erneuert werden. In fünf Stifterkreisen von »Bronze« bis »Diamant« können Spenden ab 500 Euro bis 24.000 Euro jährlich eingezahlt werden. Theater und Orchester Würzburg revanchieren sich bei diesen besonderen Spendern mit Ehrenkarten und Einladungen zu Generalproben und Gesprächen.86
M itgliedsbeitr äge und S penden Freunde und Förderer finanzieren sich in der Regel über Mitgliedsbeiträge und/ oder Spenden. Soweit feste Mitgliedsbeiträge erhoben werden, wird deren Höhe in der Satzung oder – um flexibler zu sein und nicht jeweils die gesamte Satzung anpassen zu müssen – in einer eigenen Beitragsordnung geregelt.87 Die Band86 | w w w.theater wuer zburg.de/index.php?option=com_content&view=ar ticle&id= 51&Itemid=234 87 | Vgl. die gesonderte Beitragsordnung der Gesellschaft der Freunde der Staatskapelle Dresden vom 7. Oktober 2014, www.gfskdd.de/fileadmin/media/pdf/beitragsord nung-07102014.pdf
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breite der satzungsgemäß oder in einer Beitragsordnung festgelegten Mitgliedsbeiträge ist extrem groß. Sie reicht von 15 Euro Mitgliedsbeitrag im Jahr für eine »natürliche Person« oder 50 Euro für eine »juristische Person« beim Förderverein des Leipziger Symphonieorchesters88 bis zu 5.000 Euro »Mindestspende« bei Zukunft Konzerthaus bzw. den Freunden der Berliner Philharmoniker. Bedenkt man, dass nach dem Selbstverständnis der Förder- und Freundeskreise der Orchester und Konzerthäuser am Ende substanzielle Unterstützungen für die Aktivitäten des Orchesters geleistet werden sollen, dann müssen auch die finanziellen Mindestbeiträge der Mitglieder angemessen sein und in einem realistischen Verhältnis zum Aufwand des Freundeskreises und den erwarteten Gegenleistungen des Orchesters für die Freunde stehen. Das ist – unbeschadet der verdienstvollen sonstigen ehrenamtlichen Arbeit einzelner Fördervereinsmitglieder – mit minimalen monatlichen oder jährlichen Mitgliedsbeiträgen kaum zu gewährleisten. Unabhängig davon, ob moderner aufgestellte Freundeskreise mit festen Mitgliedsbeiträgen oder mit Mindestbeiträgen oder -spenden arbeiten, dürfte deren unterste angemessene Höhe inzwischen etwa bei 60 Euro (Freunde des RSB)89 bis 100 Euro (Freunde der Staatskapelle Dresden)90 pro Jahr liegen.
P rofessionalität der F reunde und F örderer Freundeskreise und Fördervereine für Orchester, Musiktheater oder Konzerthäuser waren historisch immer und sind bis heute Ausdruck eines besonderen bürgerschaftlichen Engagements. Im Grundsatz hat jeder Unterstützerkreis einmal im kleinen und allein aus dem Ehrenamt heraus begonnen. Kleine Orchester-Fördervereine und -Freundeskreise mit wenigen 100 Mitgliedern werden meist von den gewählten Vorstandsmitgliedern im privaten Rahmen »aus dem Wohnzimmer heraus« betrieben. Ab einer Zahl von ca. 300 Mitgliedern werden die Verwaltung der Mitgliedsbeiträge und -adressen, der Einnahmen und Ausgaben, die Verbuchung der Spenden und die Erteilung der Spendenquittungen, die Vorbereitung und Durchführung von Veranstaltungen und Aktivitäten so aufwändig, dass meist eine professionelle Infrastruktur ergänzend zur Hilfe genommen werden muss. Dies erfolgt entweder im Rahmen eines Geschäftsbesorgungsvertrages91 mit dem Förderverein durch Mitarbeiter oder Abteilungen des Musiktheaters, Konzerthauses oder Orchesterträgers oder häufiger durch zusätz88 | Vgl. § 6 der Satzung, www.lso.de/wp-content/uploads/2014/03/Satzung-Förder rdereverein.pdf 89 | RSB, a.a.O., S. 20. 90 | S. Fn 82. 91 | In einem derartigen Vertrag werden die einzelnen Dienstleistungen der Theater-/Orchesterverwaltung festgelegt sowie die ideellen oder finanziellen Gegenleistungen des Fördervereins.
Die Rolle der Förder- und Freundeskreise für Orchester
liche Pro-Bono-Aktivitäten beruflich entsprechend aufgestellter Mitglieder eines Freundeskreises. Diese sind vorzugsweise Rechtsanwälte, Notare oder Steuerberater; aber auch Vorstandsbüros von Banken, Sparkassen oder Versicherungen können hier eingebunden sein. Die Aktivitäten der Freunde und Förderer des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin werden beispielsweise über das Rechtsanwaltsbüro des Vereinsvorsitzenden abgewickelt.92 Die Freunde des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks nutzen die Infrastruktur eines Medizinischen Versorgungszentrums in München.93 Je größer und potenter der Freundeskreis, desto mehr Professionalität seines Vorstandes und seiner Geschäftsführung, aber auch der Intendanz des Orchesters bzw. Konzerthauses ist geboten. Die Beispiele des Konzerthauses Berlin, des Freundeskreises »Zukunft Konzerthaus« und der Freunde der Berliner Philharmoniker belegen, wie professionell sich Kultur- und Konzerthausmanagement mit der ebenso professionell angelegten Arbeit eines Freundeskreises unter Einbindung der aus dem Fundraising und Sponsoring bekannten Elemente verbinden lassen.
92 | Ebd., S. 21. 93 | Vgl. www.freunde-brso.de/kontakt.php
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Zur Rolle der Förder- und Freundeskreise für das Theater Bernhard Krumrey
E inleitung In Deutschland gibt es laut Deutschem Bühnenjahrbuch ca. 140 öffentliche Theater, d.h. sie sind in der Trägerschaft von Städten und Kommunen, Landkreisen und Bundesländern, und etwa 200 Privattheater, die alle in sehr unterschiedlichen Rechtsformen geführt werden. Waren es bis in die 1990er Jahre vor allem Ämter des Rathauses oder einer Behörde, gibt es heute vor allem die Form der GmbH, aber u.a. auch die Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR), den Eigenbetrieb, sogar Stiftungen und Vereine als Träger. Auch die Sparten der einzelnen Theater sind unterschiedlich: Opernhäuser, Orchester, Chor, Ballett, Schauspiel, Kinder- und Jugendtheater, Puppenbühnen und Niederdeutsche Bühnen. Sie alle existieren als einzelne Betriebe oder mit mehreren Sparten gemeinsam unter einer Leitung, oft in mehreren Gebäuden oder Gebäudeteilen. Diese Vielfalt der Theater zeichnet unser Land aus und ist ein hohes Kulturgut, das sich in Jahrhunderten entwickelt hat und gepflegt worden ist. Theater gehören zur kulturellen Daseinsvorsorge, und ihr Besuch soll möglichst jedem Bürger ermöglicht werden. So vielfältig die Theater und ihre Städte sind, so unterschiedlich sind die Fördervereine, die ihre Aufgaben inhaltlich, rechtlich und organisatorisch nach den Rahmenbedingungen der jeweiligen Theater definieren und durch ihre Arbeit je nach ihren einzelnen Zielen und Möglichkeiten die Häuser unterstützen. In vielen Fällen gibt es einen Förderverein für das ganze Theater einer Stadt, aber auch spartenbezogene Musik- oder Schauspiel-Fördervereine. Meist war erst das Theater da, dann entwickelte sich aus bürgerlicher Tradition seit dem Ende des 19. Jahrhunderts ein Freundes- und Förderkreis; aber es gibt auch den anderen Ablauf: erst eine Initiative zur Gründung eines Orchesters oder einer Bühne, dann die politische Entscheidung, die Errichtung eines Theaters vorzunehmen. Das konnte auch vor Jahrzehnten schon jahrelang dauern und erforderte so besonderes bürgerschaftliches Engagement. So gibt es Fördervereine, die schon über 100 Jahre existieren, und es gibt durch die politischen und regionalen Veränderungen
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der letzten Jahrzehnte nicht nur in den östlichen Bundesländern jüngere Vereine. Auch ihre Größe ist unterschiedlich, von kleineren Vereinen mit rund 100 bis hin zu 2000 Mitgliedern. Gleiches gilt für den Jahresbeitrag. Meist sind es rund 50 Euro, teils aber auch erheblich mehr. Für Firmenmitgliedschaften, Jugendliche und Studenten gelten allgemein Sonderregelungen. Bei allen Unterschieden in den einzelnen Vereinszielen ist allen gemeinsam, dass die Freundes- und Förderkreise Interesse für ihre Theater wecken und erhalten wollen und dabei gesellschaftliches und geselliges Engagement entwickeln, das sowohl die Mitglieder der Vereine als auch die Künstler und Mitarbeiter der Bühnen einbezieht.
D ie A rbeit des D achverbands MUTHEA Um diese Vielfalt besser zu veranschaulichen, sollen zuerst ein paar Gedanken zur Bundesvereinigung deutscher Musik- und Theater-Fördergesellschaften e. V. (kurz: MUTHEA) und im Anschluss einige Beispiele aus einzelnen Fördergesellschaften folgen. Viele Theatergesellschaften veranstalten für ihre Mitglieder im Laufe einer Spielzeit Besuche in anderen Häusern, um neue Eindrücke mitzubringen. Zwischen den Staatstheaterfreunden in Braunschweig und der Kieler Theatergesellschaft hatte sich durch gemeinsame Treffen im Rahmen des Schleswig-Holstein-Festivals die Idee entwickelt, nach der Wiedervereinigung und der sehr unterschiedlichen Situation vieler Theater einige Vorstände von Fördergesellschaften zu einem Diskussionswochenende einzuladen. Durch die Unterstützung der Münsteraner Theaterfreunde mit Bernd Schulze Wierling und Dr. Köbele fand ein erstes Treffen im September 1995 in Münster statt, zu dem zwei Dutzend Vertreter von Fördervereinen kamen. Neben den Initiatoren aus Braunschweig, Kiel und Münster reisten u.a. Vorstände aus Bremen, Gera, München, Schwerin, Wuppertal und Zwickau an. Am Ende der zwei Tage stand das gemeinsame Bestreben, diesen Gedankenaustausch über Ideen und Erfahrungen bei der Arbeit für das eigene Theater weiterzuführen, von einander zu lernen und das im Rahmen eines neu zu bildenden bundesweiten Vereins regelmäßig zu gestalten. So wurde nach entsprechenden Vorarbeiten 1998 die MUTHEA, die Bundesvereinigung deutscher Musik- und Theater-Fördergesellschaften e. V., in Wuppertal gegründet. Vorsitzender wurde Dietrich Fischer, Braunschweig, der das Amt bis 2012 innehatte. Die MUTHEA führt dieses Jahrestreffen jährlich in einem anderen Theaterort durch, von Mainz bis Lutherstadt Eisleben, Essen bis Gera, Marburg, Bremen und Görlitz, von Leipzig bis Schwerin, wo neben den Mitgliedsvereinen auch Interessierte aus benachbarten Städten eingeladen sind. Dazu gibt es einzelne Podiumsdiskussionen mit verantwortlichen Politikern, Theatermachern, Künstlern und Förderern und z.B. Seminarwochenenden, in denen über Vereinsrecht, Pressearbeit, Mitgliedergewinnung, das Einwerben von Spenden, Erstellen von Abrechnungen, dem Umgang mit dem Finanzamt u.a.m.
Zur Rolle der Förder- und Freundeskreise für das Theater
informiert wird. Die gesamte Arbeit erfolgt ehrenamtlich (s. dazu: www.muthea. de).
D ie A rbeit der F örder - und F reundeskreise Kieler Theatergesellschaft Die Kieler Theatergesellschaft ist einer der ältesten Bühnen-Fördervereine in Deutschland und seit Jahren einer der größten. Entstanden ist der Verein 1966, als die Existenz des Kieler Mehrsparten-Theaters mit seinen beiden Häusern am Kleinen Kiel und in der Holtenauer Straße aus baulichen und finanziellen Gründen in Frage gestellt wurde, und es drohte die Schließung einer Spielstätte. In dieser Situation schlossen sich engagierte Theatergänger zusammen, um die städtischen Bühnen mit ihren beiden Spielstätten zu erhalten und das Theater in seiner Öffentlichkeitsarbeit und künstlerischen Entwicklung zu unterstützen: Sie gründeten die Gesellschaft der Freunde des Theaters in Kiel. Gemeinsam mit den Theaterleitungen wurden Veranstaltungsformen entwickelt, die den Bürgern das Leben und Arbeiten auf und hinter der Bühne näher bringen sollten, vor allem die Inszenierungen und die Künstler. Dazu wurden Einführungen in Oper, Ballett und Schauspiel erdacht, die regelmäßig vor den Premieren stattfinden. Außerdem entwickelten sich literarische und musikalische Sonderveranstaltungen: Lesungen mit Schauspielern im Rahmen einer aktuellen Ausstellung des Stadtmuseums, verbunden mit einem kleinen Dinner, oder ein Konzertvormittag, bei dem neue Sänger des Opernensembles im Mittelpunkt eines besonderen Programms stehen. Seit Jahrzehnten gibt es die Ballettgala, die Opern- und Operettengalas und vor allem, von Anfang an, den Opernball. Das erste Mal fand er 1967 in einem großen Hotel statt, dann wegen der Nachfrage viele Jahre in den Veranstaltungsräumen und dem Konzertsaal des Kieler Schlosses und seit zehn Jahren im Opernhaus. Künstler aller Sparten sind daran beteiligt, das Publikum tanzt auf allen Bühnen und in den Foyers des Hauses, und es kann hinter die Kulissen des Theaters geblickt werden. Veranstalter ist die Theatergesellschaft gemeinsam mit dem Theater. Der Erlös des Abends fließt in besondere Projekte des Theaters. Im Laufe der Jahre haben sich die Anzahl der Veranstaltungen des Vereins und einzelne Formate verändert. Durch das breite Programm des Kieler Theaters und der vielen Inszenierungen gibt es entsprechend viele Einführungsmatinees. Auch die Studio-Inszenierungen erhalten eine eigene Begleitveranstaltung. Diese Vormittage oder Abende stellen neben Unterhaltung und Kostproben durch die Sänger und Schauspieler vor allem das Regieteam, den musikalischen Leiter und die Künstler der Hauptrollen in den Mittelpunkt und zeichnen sich durch ihre besonders hohe Qualität und Nähe zu den Akteuren aus. Ungeteilte Aufmerksamkeit erfahren dabei die Regisseure, Choreografen und die Ausstatter, wenn
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sie ihre Konzepte erklären und sich Fragen des Publikums stellen. Begeisterung erreichen die musikalischen Leiter, wenn sie sich selbst an den Flügel setzen, Harmonien erklären und in einen größeren Zusammenhang stellen. Gala-Abende sind immer besondere Ereignisse, wenn an dem Abend Künstler und besondere Gäste meist bekannte Melodien vortragen. Die Ballettgala mit internationalen Gästen, die im Rahmen der Kieler Woche stattfindet, ist regelmäßig wenige Tage nach Beginn einer Spielzeit ausverkauft, selbst wenn das Programm noch nicht bekannt ist. Diese Veranstaltungen zeigen, dass Förder- und Freundeskreise das Programm und die Vermittlung mitgestalten, darüber hinaus unterstützen sie auch bei der Finanzierung. So haben die Theaterfreunde in Kiel im Laufe der Jahre aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden mehr als 1,3 Millionen Euro für die kreative Arbeit der Bühnen, die Förderung einzelner Künstler und die Ausstattung der Häuser und Inszenierungen beisteuern können. Der größte Anteil davon war ein Zuschuss für den Neubau des Schauspielhauses in der Holtenauer Straße von 1996-1998: Rund 350.000 Euro wurden für das Gestühl, den großen Schmuckvorhang von Klaus Meier-Lürsdorf, die erste Einrichtung der Cafeteria, der Garderobe und des Studios aufgebracht; die Büste für den Kieler Schauspieler Bernhard Minetti kommt dazu. Bei der Sanierung des Opernhauses 2004-2006 wurden 300.000 Euro als Zuschuss für das neue Gestühl zusammengetragen und der Orchesterprobenraum mit ausgestattet. Auch die Gestaltung des Eingangsportals wurde durch die Finanzierung von großen Kandelabern vor dem Opernhaus und Künstlerbüsten unterstützt, die im Krieg zerstört worden waren. Ein Zuschuss für den Umbau der Opernkantine, die Sanierung der Sologarderoben und der Garderoben des Balletts kamen später hinzu. Viele Einzelförderungen von Inszenierungen und neue Projekte des Theaters wären zu nennen, die Anschaffung von Instrumenten, Flügeln, Klavieren, einem Spinett, die Unterstützung von Gastspielen und Wettbewerben, die Unterstützung des Monodrama-Festivals »Thespis«, des Kinder- und Jugendtheaters und des Kinder- und Jugendchores. Seit 2007 stiftet die Theatergesellschaft einen Förderpreis, mit dem junge Künstler des Kieler Theaters in ihrer Arbeit anerkannt und weiter gefördert werden sollen. Er wird in Absprache mit der Theaterleitung abwechselnd an Ensemblemitglieder des Opernhauses, des Schauspiels bzw. des Werftparktheaters und des Balletts verliehen. Neue Ideen und Erwartungen gibt es ständig (s. auch: www.theatergesellschaft-kiel.de; Bernhard Krumrey: 50 Jahre Theatergesellschaft Kiel, 2016). Das Beispiel der Kieler Theatergesellschaft zeigt, wie vielfältig die Aufgaben von Förder- und Freundeskreisen sind. Nachfolgend sollen weitere Beispiele von Verbandsmitgliedern der MUTHEA die Rolle der Förder- und Freundeskreise exemplarisch, in Form eines Kurzkommentars, darstellen.
Zur Rolle der Förder- und Freundeskreise für das Theater
B raunschweig – ein F örderverein und eine S tif tung Ein Kurzkommentar von Dietrich Fischer, Vorsitzender der Gesellschaft der Staatstheaterfreunde in Braunschweig e. V. Auf die Frage nach drei besonderen Wünschen für unsere noch junge Gesellschaft der Staatstheaterfreunde an unseren »Gründungsintendanten« anlässlich seines öffentlich diskutierten Abschieds aus Braunschweig antwortete der: Geld, Geld und Geld. War’s das? Ausschließlich! Zum 10-jährigen Jubiläum bekam Jahre später unser 1. Vorsitzender einen – reichlich zerschlissenen – Klappsessel aus dem Theaterparkett als Geschenk des Hauses vom Nachfolger-Intendanten, der mir dann später den geheimen Hintergrund dieser Gabe erläuterte: Ein exponierter Platz im Parkett, ja! Für den Vorsitzenden! – KEINE Einflussnahme auf die theaterinterne Personal- und Spielplanpolitik der Theaterleitung; solcherlei Befürchtungen sind natürlich nicht unberechtigt, wenn sich langjährige Erfahrungen mit dem eigenen, geliebten Theater und enge Kontakte zu kommunalen Entscheidungsträgern vor Ort ergeben. Wie sollte man solchen Eingebungen nicht erliegen? Finanzielle Mittel wird das geliebte und geförderte Theater nie genügend zur Verfügung haben, natürlich nicht! Darüber können die persönlichen Anstrengungen der Vereinsmitglieder – mit ihren durchschnittlich 50 Euro Jahresbeitrag – nie hinwegtäuschen; ein nachhaltiger wirtschaftlicher Beitrag zu den Gesamtkosten des Theaters kann sich daraus niemals ergeben, geschweige denn eine Garantie auf alljährliche Zuwendungen im festen finanziellen Rahmen. Und daraus erklärt sich auch der minimale Einfluss der Freunde und Förderer auf die Ensemblegestaltung und auf die Projekte, der sich auf eine Fortschreibung der »Wunschliste aus dem Parkett« beschränken muss, eine Tortur für jede Theaterleitung, die sich stets einem Rechtfertigungsdruck ausgesetzt fühlen muss. Wenn auch die Kenntnisse über die aktuellen Entwicklungen an unseren Theatern und deren personelle Möglichkeiten bescheiden bleiben müssen, so darf der besondere Einfluss derer nicht verachtet werden, die sich konstant zu ihrem Theater bekennen. »Theater muss wie Fußball sein«, fordert ein Buchtitel von Dietmar Roberg. Was können und was sollen die engagierten Theaterfreunde zur Förderung ihrer Institution Theater tun? Ihre immerwährende Präsenz in ihrem »Theaterstadion«! Und was – im Gegenzug – können sie dafür erwarten von ihrem Theater? Ein erkennbar öffentliches Bekenntnis zu ihnen, einen Schulterschluss ohne geldwerte Vorteile, die der Gemeinnützigkeit ihrer Fördervereine zudem abträglich sein würde. Inzwischen gibt es seit Kriegsende und seit der Wende an allen Theatern der Bundesrepublik Freundes- und Fördervereine für alle Sparten: Schauspiel, Oper, Ballett, Orchester, Jugend, Puppen, die sich häufig auch eher vernachlässigter
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Sparten annehmen wollen. Oder auch der Beförderung für Neues; dem Neubau eines Theatergebäudes, der Reanimation verlustig gegangener Sparten. MUTHEA bietet den Erfahrungsschatz vieler engagierter Jahre von Theatergesellschaften, deren Geschichte manchmal sogar weit ins 19. Jahrhundert zurück reicht, die sich nach Ende des Zweiten Weltkriegs wieder neu aufgestellt haben oder nach der Wende einen eigenen Anlauf gestartet haben, die jetzt ihre ersten Jubiläen – 50 oder 60 Jahre bzw. 25 Jahre – feiern und auch von der örtlichen Kulturpolitik nicht mehr ignoriert werden können. Aber es dauert eine ganze Weile, bis sich die Überzeugung eines solchermaßen gemeinsamen Arbeitsansatzes durchgesetzt hat. Eine neue Entwicklung, seit rund einem Dutzend Jahren, bieten neben den inzwischen etablierten Theater-Fördergesellschaften die ebenfalls gemeinnützig geführten Theater-Stiftungen – möglicherweise auch als Verbrauchsstiftungen geführt –, die es gerade jetzt besonders schwer haben, Fuß zu fassen. Ihr Stiftungskapital – üblicherweise eine finanziell abgesicherte gesetzlich vorgeschriebene Mindesteinlage – macht es in Zeiten von Minuszinsen praktisch unmöglich, von eigenen Erträgen die in der Satzung ausgelobten Förderaktivitäten zu betreuen. Sie sind letztlich angewiesen auf die Einwerbung von Spenden, mit denen sie nötigenfalls gegen die etablierten Fördergesellschaften konkurrieren müssen. Schön wären materiell abgesicherte Zustiftungen mit nachhaltig fließenden Erträgen, die aus erbschaftssteuerfrei übertragenem Immobilien- bzw. Grundbesitz stammen könnten. Aus den bestehenden steuergesetzlichen Vorgaben heraus müssen Erträge und Spenden zeitnah ihrem Satzungszweck zugeführt werden. Daraus folgt die besondere Schwierigkeit, mit den geförderten Institutionen zur Vereinbarung eines regelmäßigen Förderprogramms kommen zu können.
D er The aterl aden der G esellschaf t der F reunde des M ecklenburgischen S taatsthe aters S chwerin e . V. Ein Kurzkommentar von Dr. Michael Jungrichter, Vorsitzender der Theaterfreunde Schwerin e. V. Im Frühjahr 1995 wurde im Schweriner Förderverein darüber diskutiert, wie man das Theater noch wirksamer vor allem finanziell unterstützen könnte. Dabei wurde die Idee geboren, im Schweriner Theater eine durch die Mitglieder der Theaterfreunde Schwerin betriebene Verkaufsmöglichkeit für theatergemäße Souvenirs zu schaffen. Ziel dieser Überlegungen war es, durch ein spezifisches Angebot die Theaterbesucher zu animieren, Geschenke direkt im Theater zu kaufen und gleichzeitig damit einen Beitrag zur Förderung des Theaters zu leisten. Auch das Interesse an einer Mitgliedschaft bei den Theaterfreunden soll so geweckt werden.
Zur Rolle der Förder- und Freundeskreise für das Theater
Nachdem im Haus in der Kassenhalle ein geeigneter Raum gefunden worden war, konnte er vor 20 Jahren, am 6.11.1996, eröffnet werden. Damit hatte Schwerin seinerzeit als erstes deutsches Theater einen durch einen Förderverein betriebenen Laden. Der Laden erfreute sich von Anfang an großer Beliebtheit, das Interesse ist auch heute noch ungebrochen. Er wurde mit Regalen, Vitrinen und Verkaufstresen ausgestattet, so dass das Sortiment gut präsentiert werden kann. In dem Laden kann man CDs, Fotos und Plakate zu aktuell auf dem Spielplan stehenden Inszenierungen sowie künstlerische und theaterbezogene Literatur und ebensolche Souvenirs erwerben. Als Verkaufsrenner erwiesen sich Taschen, die aus alten großen Folienplakatplanen extra für den Laden gefertigt wurden und ein Seidentuch, welches als Motiv den mit den Mitteln der Theaterfreunde restaurierten Schmuckvorhang des Theaters abbildet. Die Ideen dazu lieferten Mitglieder der Theaterfreunde. Sie engagierten sich auch bei deren Umsetzung. Ein Mitglied des Vorstandes der Theaterfreunde ist für die Leitung des Ladens verantwortlich. Für den Wareneinkauf und die Einsatzplanung wurden Helfer benannt. Das Besondere ist, dass mehr als 50 ehrenamtlich tätige Helferinnen und Helfer dafür sorgen, dass der Laden bei Theater- und Konzertveranstaltungen jeweils eine Stunde vor Beginn und in den Pausen geöffnet ist. Nur durch dieses Engagement, das die Beteiligten mit Freude und Spaß am Gespräch mit den Theaterbesuchern wahrnehmen, ist die Idee, die hinter dem Laden steht, umzusetzen. In den vergangenen 20 Jahren konnten rund 60.000 Euro an Einnahmen erwirtschaftet werden. Mit ihnen wurden im Theater nachhaltige Projekte gefördert, so zum Beispiel die Instandsetzung der Puppenbühne und des Bühneneinganges oder die Erneuerung des Spiegels im Probensaal des Ballettes. Als Dankeschön für die Mitarbeiter des Ladens lädt der Vereinsvorstand jährlich zu einem gemütlichen Treffen im Theater ein, an dem auch immer der Generalintendant des Theaters teilnimmt und sich dabei für das Engagement bedankt. 20 Jahre Theaterladen sind in Schwerin eine Erfolgsgeschichte!
I dentitätsstif ter für B ürger Ein Kurzkommentar von Anna Büge, Vorsitzende Förderverein Freunde des Brandenburger Theaters e. V. Kann ein Förderverein zur Identitätsstiftung beitragen? Ja, das kann er, das sollte er, meinen die Mitglieder des Fördervereines »Freunde des Brandenburger Theaters e. V.«. Der Hauptzweck eines Fördervereins besteht in der Regel darin, eine Verbindung von finanziell potenten Geldgebern zu einer unterfinanzierten Einrichtung herzustellen. Fördervereine sind eine Form des bürgerschaftlichen Engagements in der Zivilgesellschaft. Von einem klassischen Verein unterscheidet sich ein Förderverein darin, dass der Vereinszweck nicht die unmittelbare Freude am
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Tun, also zum Beispiel vereinseigene Veranstaltungen oder gemeinsames Sporttreiben der Mitglieder, in den Vordergrund stellt, sondern im Einwerben von Spenden, z.B. durch Fundraising, und der Beziehungspflege und Werbung für die Tätigkeit anderer besteht. Zu diesem Zweck richten aber auch Fördervereine gesellige oder kulturelle Benefizveranstaltungen, Ausflüge und andere typische Vereinsveranstaltungen aus. Oftmals findet man Fördervereine, die sich als Netzwerk zwischen einer Gruppe von Aktiven und potenziellen Sponsoren aus der Wirtschaft verstehen. Wir nähern uns der oben gestellten Aufgabe, wie bürgerschaftliche Identifizierung mit dem Theater erreicht werden kann, indem wir uns vergegenwärtigen: »Theater sind ein Fundament unseres kulturellen Selbstverständnisses, und sie sind unsere Seismografen für aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen – und zwar nicht nur in den Großstädten und Ballungsräumen, sondern gerade auch abseits der Metropolen. Die deutsche Theater- und Orchesterlandschaft ist in die nationale UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes aufgenommen worden«, wie Monika Grütters, Staatsministerin für Kultur und Medien, aus Anlass des 53. Berliner Theatertreffens definierte. Indem wir konkret am Beispiel des Brandenburger Theaters feststellen: Kleinere Stadttheater wie das Brandenburger Theater (Theater der Stadt Brandenburg an der Havel) sind kommunal finanziert und werden mit Landesmitteln unterstützt, die Einnahmen stagnieren, jedoch die Kosten steigen. Fazit: Insolvenz droht. Die örtliche Presse berichtet in großen Schlagzeilen darüber und wie ein von der Stadt eingesetzter neuer Geschäftsführer das Stadttheater retten soll. So geschehen im zweiten Halbjahr 2016. Gleichzeitig steht das 200-jährige Jubiläum des Stadttheaters vor der Tür. Das jedoch interessierte lange Zeit weder die Theaterverantwortlichen noch sonstige Kulturverantwortliche der Stadt. Bürger fragten sich jedoch, ob das Theater (ihr Theater) jetzt total pleite sei, geschlossen werden soll, ob man demnächst gar kein Theater haben werde und Ähnliches. Spätestens in dieser Situation sollte ein Förderverein aktiv werden. Wenn auch seine Pläne anlässlich des 200. Jubiläums für ein großes Theaterfest unerhört blieben, so muss er doch im Interesse vieler Bürger tätig werden. Der Förderverein »Freunde des Brandenburger Theaters« ist mit einem Offenen Brief an Oberbürgermeisterin, Lokalpolitiker und Landtagsabgeordneten aktiv geworden. Fazit zum Beispiel des Brandenburger Theaters: Nach dem Abwenden der Theaterinsolvenz (dies wäre vermutlich auch ohne Zutun des Fördervereines geschehen) wird das Brandenburger Theater auch sein 200-jähriges Bestehen in diesem Jahr würdig begehen; zwar nicht in dem Umfang wie vom Förderverein ursprünglich vorgesehen, aber immerhin mit Festakt, Theaterball und Festwoche. Bürger können damit teilhaben am 200. Jubiläum »ihres« Stadttheaters, der wichtigsten Kulturinstitution der Stadt und des Umlandes. Wenn Bürger Teilhabe erleben, ist meist auch eine größere Identifizierung mit ihrem Umfeld zu erwarten, Teilhabe erhöht die Lebensqualität. Dies wiederum hat positive Aus-
Zur Rolle der Förder- und Freundeskreise für das Theater
wirkungen auf viele andere Lebensbereiche. Weiterhin: Wenn auch nicht immer sogleich alle Ziele erreicht werden können, so ist doch die Arbeit der Fördervereine, insbesondere für die Sparten Kinder- und Jugendtheater, Bürgertheater, Bürgerbühne, Musiktheater, Zusammenarbeit mit anderen Kultureinrichtungen immens wichtig. Ja, Fördervereine für Stadttheater können unmittelbare Identitätsstifter für Bürger sein!
F a zit Man erkennt aus diesen Beispielen, dass die eigentliche Förderarbeit vor Ort passiert, in den Städten und Landkreisen, und dass sie in Mannheim am Nationaltheater anders sein wird als am Landestheater in Marburg oder Flensburg. Der einzelne Bürger soll für die kulturelle Arbeit in seiner Kommune begeistert und an die Institution Theater gebunden werden. Sein Mitgliedsbeitrag, seine Spende und die mithelfende Arbeit in der Planung und Abstimmung von Veranstaltungen mit dem Theater, in ihrer Vorbereitung und Durchführung sind das eigentliche Bindeglied, das diese Institutionen langfristig trägt und auch schwierige Phasen überwinden lässt. Geld spielt immer eine Rolle, denn Theater und Musik in Orchestern wird von Menschen gemacht, die verlässlich bezahlt werden müssen. So aber entsteht intellektuelle und emotionale Bindung. Die MUTHEA bietet das Podium für einen Erfahrungsaustausch über diese Vielfalt, durch den der Horizont aller Beteiligter erweitert wird, zum Wohl des einzelnen Vereins und der Theaterkulturlandschaft in Deutschland.
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C. Management
Zwischen Mission und Ökonomie Strategieentwicklung in Förder- und Freundeskreisen Annette Welling
In Deutschland haben Freundeskreise eine lange Tradition, die sowohl im europäischen als auch im internationalen Vergleich einmalig ist. Sie entspringen einer bürgerlichen Tradition des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts, ihre Gründungen dienten der Mitsprache der Bürger an ihren Kulturinstitutionen, die bis dato vor allem durch Adel und Kirche bestimmt wurden. Gemeinhin spricht man von einer Bewegung bürgerlicher Emanzipation.1 Ein Großteil der heutigen Kulturinstitutionen geht auf private Initiative zurück und wurde erst im Verlauf des 20. Jahrhunderts zu kommunalen bzw. öffentlichen Einrichtungen. Heute werden diese in der Regel durch einen eigenständigen Freundeskreis, der nicht direkter Teil der Kulturinstitution ist, unterstützt. Auch dieses stärker auf Eigenständigkeit basierende Konstrukt ist im internationalen Vergleich einmalig. In anderen Ländern sind Freundeskreise meist direkt an die Kulturinstitution angebunden oder sogar Teil der Development-Abteilung. Förder- und Freundeskreise in der Kultur sind eine besondere Form des bürgerschaftlichen Engagements. Durch sie erhalten die in ihnen engagierten Bürger die Möglichkeit, das Kunst- und Kulturleben in Deutschland zu unterstützen und aktiv mitzugestalten. Dadurch werden die kulturellen Angebote bürgernah organisiert, die engagierten Bürger identifizieren sich mit den Kultureinrichtungen ihrer Stadt und erhalten die Möglichkeit, sich am kulturellen Leben zu beteiligen. Zahlreiche Aktivitäten schaffen in bestimmten Regionen überhaupt erst eine kulturelle Infrastruktur oder erweitern das Spektrum kultureller Leistungen vor Ort. Für die Wahrung des reichen Kulturangebots in Deutschland wird den Förderund Freundeskreisen aufgrund ihres Potenzials, bürgerschaftliches Engagement zu mobilisieren, eine wichtige Rolle zugeschrieben. Dabei mögen die monetären Leistungen von Freundeskreisen im Verhältnis zum Gesamtetat der Kulturins1 | Vgl. dazu u.a. Hardtwig (1984); Nipperdey (1976); Hein; Schulz (1996); Sachße (2003); Schmuhl (1998).
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titution auf den ersten Blick gering erscheinen.2 Bedenkt man jedoch, dass die öffentlich geförderten Kulturinstitutionen eine meist sehr niedrige Eigenfinanzierungsrate aufweisen, stellen die zugewendeten Mittel von Freundeskreisen eine wichtige zusätzliche Ergänzung dar. Umso mehr, als diese Mittel häufig in die künstlerische Arbeit fließen oder Projekte ermöglichen, die andernfalls nicht finanzierbar wären. Förder- und Freundeskreise sind jedoch nicht nur als reine Mittelbeschaffer anzusehen, sondern auch als Vermittler von Kunst und Kultur nach innen und außen. Sie bieten ihren Mitgliedern einen vertieften Zugang zur Kultur und leisten so einen wichtigen Beitrag zur kulturellen Bildung. Darüber hinaus sind sie ein wichtiges Instrument der Publikumsbindung und -gewinnung, das vor dem Hintergrund des demografischen Wandels eine besondere Bedeutung erhält. Seit Mitte der 1980er Jahre wird dem ehrenamtlichen Engagement in zahlreichen Studien und Untersuchungen ein Wandel unterstellt.3 Folgt man dabei den vielfältigen Thesen eines individualisierten Ehrenamtes, wird an die Stelle eines klassischen Ehrenamtes ein neuer Idealtyp gesetzt: ein freiwillig Engagierter, der seine Motivation zum Engagement heute weit weniger aus dem Pflichtgefühl einer Bürgerverantwortung, sondern vielmehr aus Selbstbestätigung, Selbstentfaltung und Ergebnisfreude entwickelt. Insbesondere bei Jugendlichen wird dieser Wandel deutlich.4 Aufgrund dieser Entwicklungen sehen sich Förder- und Freundeskreise heute mit großen Erwartungen konfrontiert und stehen beträchtlichen Herausforderungen gegenüber: 1. War es in der Vergangenheit für einen angesehenen Verein mit einem hohen Renommee, der sich für eine lokal verankerte Kulturinstitution engagierte, vergleichsweise leicht, neue Mitglieder zu gewinnen, hat sich auch bei Freundeskreisen die Motivation zum Engagement gewandelt. Auch in ihnen dient das Ehrenamt zur Selbst- und Identitätsfindung der Mitglieder. Damit steht eher ein gleichberechtigtes Geben und Nehmen und nicht das selbstlose Handeln im Vordergrund. Die zahlreichen Gegenleistungen, die ein Freundeskreis für eine Mitgliedschaft anbietet, sind Ausdruck dieser Entwicklung. Darüber hinaus wollen freiwillig Engagierte heute stärker projektbezogen, 2 | Laut Kulturkreis-Studie (2007) tragen die Freundeskreise durchschnittlich 14 % zum Gesamtetat der Kulturinstitution bei. Bei rund 40 % der befragten Freundeskreise liegt der Anteil bei unter 1 %. Laut einer Gesamterhebung des Instituts für Museumskunde 2004 finanzieren Freundeskreise rund 20 % aller Veranstaltungen an deutschen Museen (Institut für Museumskunde 2005). 3 | Vgl. Rauschenbach; Müller; Otto (1988); Beher; Liebig; Rauschenbach (2000); Freiwilligensurvey (2004); Enquete-Kommission (2007). 4 | Shell Jugendstudie (1997); Emnid/Generation Bravo (1997); Keupp (2000); Jank; Busch (2005).
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vielleicht nur zeitlich befristet mitarbeiten. Sie suchen nach Möglichkeiten einer aktiven Beteiligung und fordern Gestaltungsspielräume und Anerkennung ihres Engagements ein. Viele Vereine in Deutschland fühlen sich durch die ihnen dadurch notwendig erscheinende wachsende Dienstleisterorientierung stark vereinnahmt.5 2. Gleichzeitig ist die Zahl der Freundeskreise gestiegen und der Wettbewerb um Mitglieder – vor allem um aktive und zahlungskräftige Mitglieder – gewachsen. Die Best-Practice-Fälle, Leitfäden und Veröffentlichungen zu den Fragen, wie ein Freundeskreis Mitglieder gewinnen und binden kann, versuchen dem zu begegnen.6 3. Die Aktivierung von Jugendlichen für ein ehrenamtliches Engagement wird auch in Förder- und Freundeskreisen zunehmend stark diskutiert.7 Zahlreiche Förderkreise versuchen, den bestehenden Kreis zu verjüngen, gründen einen Jungen Freundeskreis oder schaffen andere Strukturen wie Clubs, um junge Menschen für ihre Arbeit zu mobilisieren. Die geschaffenen Strukturen sollen es den jungen Leuten ermöglichen, Spaß zu haben und sympathische Menschen zu treffen, eigene Kenntnisse und Erfahrungen zu erweitern, eigene Verantwortung und Entscheidungsmöglichkeiten auszuüben und bei alledem auch etwas für das Gemeinwohl zu tun.8 Sicherlich können hauptamtliche und durch Steuergelder finanzierte Leistungen in der Kultur nicht eins zu eins durch ehrenamtliches, bürgerschaftliches Engagement und freiwillige Spenden ersetzt werden. Dennoch sollte der Frage nachgegangen werden, wie Förder- und Freundeskreise ihre Wirkung noch vergrößern können. Und so lohnt es sich, folgende Aspekte genauer zu beleuchten: 1. Welche Besonderheiten weisen Förder- und Freundeskreise als eine Form von Nonprofit-Organisationen auf? 2. Welche vielfältigen, gesellschaftlichen Funktionen erfüllen sie? 3. Wer sind ihre Anspruchsgruppen und Stakeholder? 4. Welche Konflikte treten in der täglichen Arbeit auf? 5. Welche Strategien leiten Förder- und Freundeskreise daraus ab?
5 | Vgl. Priller; Alscher; Droß (2012): 3. 6 | U.a. Bundesverband der Fördervereine Deutscher Museen für bildende Kunst (2010). 7 | Siehe auch: Jank, Dagmar (2005): 61-68. 8 | Unter dem Dach des Bundesverbandes hat sich eine Arbeitsgruppe »Junge Freunde« gebildet.
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F örder - und F reundeskreise – eine besondere F orm von NPO Förder- und Freundeskreise agieren auf dem weiten Feld der Nonprofit-Organisationen (NPOs). Jede NPO steht in einem Austauschverhältnis mit ihrem Auftraggeber. Dabei handelt es sich nicht um ein eindimensionales Austauschverhältnis wie im klassischen Markt-Kunden-Anbieter-Modell (vgl. Abb. 1), in dem der Kunde Geld an einen Anbieter überträgt, der ihm dafür dann ein bestimmtes Produkt liefert. Abbildung 1: Direktes, eindimensionales Austauschverhältnis Kunde und Anbieter 9 Geld
Anbieter
Kunde Kunde Produkt
Die Besonderheit des Austauschverhältnisses bei Nonprofit-Organisationen (vgl. Abb. 2) liegt darin, dass der Kunde zumeist zwar auch der Geldgeber ist, die eigentliche Leistung aber auf ein anderes Ziel gerichtet ist: den Förderzweck. Abbildung 2: Indirektes Austauschverhältnis Förderer/NPO 10
Geld
Mitglied = Kunde
Geld
NPO
Förderzweck zweck
Der Geldgeber erwartet von der Nonprofit-Organisation, dass sie aufgrund ihrer Spezialisierung den von ihr geförderten Zweck effizienter verfolgen kann, als er selbst dies tun könnte. Erfüllt die NPO diese Erwartungen nicht, zieht sich der Auftraggeber über kurz oder lang zurück und stellt keine finanziellen Mittel mehr zur Verfügung.11 Zu diesem indirekten Austauschverhältnis kommt bei Förder- und Freundeskreisen noch eine weitere Ebene hinzu: die der Kulturinstitution (vgl. Abb. 3). 9 | Welling (2015): 75. 10 | Welling (2015): 16. 11 | Vgl. Kunz (2006): 79.
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Abbildung 3: Mehrdimensionales Austauschverhältnis Förderer/Zweck12 Geld
Geld
Mitglied = Kunde
NPO
Förderzweck
Kulturinstitution
Das Mitglied (= Kunde) überlässt dem Förder- und Freundeskreis bzw. der NPO mittels eines Mitgliedsbeitrages und/oder darüber hinausgehender Spenden Geld, um einen bestimmten Förderzweck zu erfüllen. Dieser Förderzweck wird aber in der Regel nicht direkt vom Freundeskreis umgesetzt, sondern von der durch den Freundeskreis geförderten Kulturinstitution. Es handelt sich bei Förder- und Freundeskreisen also um ein mehrdimensionales Austauschverhältnis.
M ultifunk tionalität von F örder - und F reundeskreisen Nonprofit-Organisationen zeichnen sich durch einen Funktionsmix aus, durch den eine Annäherung an andere Sektoren stattfindet.13 Mit der ökonomischen Funktion der Dienstleistung haben sie Anteil am Sektor Markt. Aufgrund ihrer Funktion der Bündelung, Artikulation und Vermittlung von Interessen sind sie gleichzeitig politische Akteure, die in den Sektor Staat hineinwirken. Als lokal verankerte oder sich über Mitgliedschaft konstituierende Organisationen verfügen sie über wichtige Funktionen der sogenannten Sozialintegration. Dieser komplexen Multifunktionalität müssen Nonprofit-Organisationen in der Regel mit reduzierten Mitteln gerecht werden, da sie im Unterschied zu Profit-Organisationen mit einer hohen Ehrenamt-Quote, einer geringeren Zahl von (hauptamtlichen) Mitarbeitern und häufig mit begrenzten Geldmitteln arbeiten. Im Kern kann diese Multifunktionalität auf Förder- und Freundeskreise übertragen werden. Aber auch hier ist die Kulturinstitution als weiteres Ziel der Förderbemühungen zusätzlich zu berücksichtigen.
12 | Welling (2015): 93. 13 | Vgl. Zimmer; Priller (2004): 21.
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Abbildung 4: Multifunktionalität von Förder- und Freundeskreisen14
Förder- und Freundeskreise nehmen im kulturellen Leben unterschiedliche Funktionen wahr (vgl. Abb. 4), die in folgende drei Funktionskategorien gefasst werden können und nachfolgend erläutert werden: • Interessenvertretung; • Dienstleistung und • Sozialintegration.
Interessenvertretung • Anwaltschaftliche Funktion: Förder- und Freundeskreise setzen sich freiwillig für eine bestimmte Sache oder Institution im Kulturbereich ein und dokumentieren bereits dadurch den gesellschaftlichen Stellenwert und die Relevanz der Institution. Sie können als wichtige Stimme in Politik und Öffentlichkeit für die Institution sprechen und Einfluss auf mögliche politische Entscheidungen nehmen.15 Darüber hinaus sind sie Multiplikatoren und Werbende für die Institution, für die sie sich engagieren. So können sie das öffentliche Interesse vergrößern, mehr Publikum locken oder weitere Mitglieder für den Förder- oder Freundeskreis gewinnen. Insbesondere vor dem Hintergrund der Bildungsdebatte sowie einer befürchteten Überalterung des Publikums klassischer Kulturinstitutionen sind die Aktivitäten der Freundeskreise ein bedeutendes Instrument für den Erhalt der Kulturinstitutionen. Durch vehe-
14 | Welling (2015): 94. 15 | Beispiel Freunde der Kunsthalle Hamburg mit ihrer Aktion »Flagge zeigen«, mit der sie im Juni 2010 gegen die Kosteneinsparungen protestiert haben.
Zwischen Mission und Ökonomie
mentes Engagement können Freundeskreise ihre Kulturinstitution auch vor einer drohenden Schließung bewahren.16 • Moderatoren-Funktion: Der Förder- und Freundeskreis bringt die Mitgliederinteressen mit den Interessen der Kulturinstitution oder auch jenen, die von Dritten an die Kulturinstitution gerichtet werden, zusammen. Er moderiert, vermittelt und wägt ab. Darüber hinaus kann der Förder- und Freundeskreis als Mittler bzw. Seismograf zwischen Kulturinstitution, Stadt und Publikum agieren. • Stakeholder-Funktion: Stakeholder sind alle, die von den Handlungen oder Unterlassungen einer Einrichtung betroffen sein können. Ursprünglich für strategisches Management von Unternehmen geprägt, hat der Begriff eine erhebliche Bedeutung für den gesamten Nonprofit-Bereich entwickelt.17 Förderund Freundeskreise dienen als Plattform, die die Interessen der Mitglieder formuliert und entsprechend adressiert.
Dienstleistung • Unterstützende Funktion/Fundraising: Durch das Einwerben materieller und finanzieller Ressourcen spielt der Freundeskreis eine wichtige Rolle bei der Finanzierung und Sicherung einer Kulturinstitution. Darüber hinaus agieren Freundeskreise auch immer häufiger als Betreiber bzw. Bewirtschafter, beispielsweise von Museumsshops, Museumscafés oder sogar ganzer Neubauten, deren erwirtschafteten Überschüsse dann wieder der Kulturinstitution zufließen. • Beratende Funktion: In dieser Funktion stützt sich der Freundeskreis auf die besondere Qualifikation und das Know-how seiner Mitglieder, die unterschiedlichste Qualifikationen aufweisen (z.B. Juristen, Wirtschaftswissenschaftler, Journalisten etc.) und setzt sie für die spezifischen Aufgaben- oder Problemstellungen ein. • Bildungsfunktion: Freundeskreise vermitteln durch Veranstaltungen, Führungen, Gesprächskreise, Veröffentlichungen und weitere Aktivitäten vertiefende Kenntnisse in dem Bereich, in dem die unterstützte Kulturinstitution agiert.
Sozialintegration • Bindungsfunktion: Förder- und Freundeskreise binden ihre Mitglieder durch erleichterten Zugang zu Eintrittskarten, durch exklusive Veranstaltungen für Mitglieder und vertiefende Informationen an das jeweilige Haus, das sie unterstützen. Durch das Anbieten dieser und anderer Leistungen bindet der 16 | Beispiel hierfür sind die vielen Förder- und Freundeskreise der Bibliotheken, von denen sich viele auf eine Bürgerinitiative hin in den 1990er Jahren gegründet haben, um ihre (Stadtteil-)Bibliothek vor einer drohenden Schließung zu bewahren, wie u.a. in Mannheim oder Köln. 17 | Vgl. Anheier (2005): 243ff.; Horak; Fümschuß (2004): 179ff.
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Freundeskreis nicht nur seine Mitglieder, sondern motiviert weitere, beizutreten. Diese Gegenleistungen können ideeller oder pekuniärer Art sein. Die Grenzen zwischen pekuniären und ideellen Gegenleistungen sind fließend. Von einer großen Mehrzahl der Förder- und Freundeskreise werden vornehmlich ideelle Vorteile, von einigen aber auch pekuniäre Gegenleistungen angeboten. Mitgliedschaftliche Funktion: Förder- und Freundeskreise bieten Bürgern die Chance, sich für die Kulturinstitution ihrer Wahl einzusetzen und damit Teil der Kulturinstitution zu werden. Diese Chance wird in einigen Freundeskreisen zunehmend auch für gesellschaftliche Gruppen diskutiert, die nicht automatisch Zugang zur Kultur haben: behinderte Menschen, Menschen mit Migrationshintergrund, bildungsferne Schichten. Netzwerkfunktion: Förder- und Freundeskreise bieten für die Kulturinstitution eine gute Möglichkeit, ein starkes Netzwerk außerhalb ihres eigentlichen künstlerischen Fachbereichs aufzubauen, mit dem sie gemeinsam mehr erreichen können. Selbsthilfefunktion: Ein Freundeskreis stellt eine gute Ergänzung zu den in Deutschland zumeist noch stark von öffentlicher Finanzierung abhängigen Kulturinstitutionen dar und stärkt ihre Selbsthilfe-Möglichkeit. Selektionsfunktion: Als »Gatekeeper« kann der Förder- und Freundeskreis bei einem hohen Grad der Exklusivität nur jenen Mitgliedern Zutritt gewähren, die ganz konkrete Bedingungen erfüllen. Das Ziel ist dann, über eine hohe Exklusivität einen hohen Grad der Bindung und eine stärkere – auch finanzielle – Bereitschaft zum Engagement zu erhalten. Stimulationsfunktion von Freiwilligen: Nicht zuletzt kann der Freundeskreis seine Mitglieder auch zu einer freiwilligen Mitarbeit anregen. Auch in Förderund Freundeskreisen existieren neben einem finanziellen Engagement auch Sach- und/oder Zeitleistungen der Mitglieder.18
S takeholder von F örder - und F reundeskreisen Die Multifunktionalität bei NPOs als besondere Ausprägung führt in ihrer Konsequenz zu einer großen Anzahl von Anspruchsgruppen, die auf das Management der jeweiligen NPO Einfluss nehmen kann. In der vorherrschenden Literatur zu NPOs wird daher neben vielen anderen Faktoren immer wieder das Vertrauen bei in- und externen Stakeholdern als essenziell für erfolgreiches NPO-Management
18 | Kulturkreis-Studie (2007): In fast zwei Drittel der Fälle engagieren sich bis zu 10 % der Mitglieder zusätzlich zu ihrem Mitgliedsbeitrag ehrenamtlich in ihrem Förderverein. In rund einem Drittel der Förder- und Freundeskreise liegt dieser Anteil zwischen 10 und 50 %. Bei 4 % der Förder- und Freundeskreise engagieren sich über 50 % der Mitglieder zusätzlich.
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genannt.19 Dabei sind Stakeholder Anspruchsgruppen im Umfeld oder innerhalb einer Organisation, die auf die Erreichung der Organisationsziele Einfluss nehmen können oder selbst durch die Verfolgung der Organisationsziele betroffen sind.20 Das komplexe, mehrdimensionale Austauschverhältnis und die Multifunktionalität der Aufgaben und Herausforderungen führen auch bei Freundeskreisen zu einer großen Anzahl von Anspruchsgruppen mit unterschiedlichen Erwartungshaltungen. Es lassen sich sechs Stakeholder-Gruppen mit ihren jeweiligen Untergruppen unterscheiden (vgl. Abb. 5 und nachfolgende Erläuterung). Abbildung 5: Mögliche Stakeholder eines Förder- und Freundeskreises – eigene Darstellung angelehnt an Tschirhart21 Leistungsabnehmer
Board
Interne Stakeholder Management
Mitglieder
Management KI
Kulturinstitution
Mitglieder/ Ehrenamt
Andere FFKs FFK Kulturelle Umwelt
Interne
Andere Kulturinstitutionen
Spender Ressourcengeber Bürger
Externe Spender
Besucher
Gesellschaft
Gesetzliche
Kultur-
Regelungen
politik
Rahmenbedingungen
19 | Vgl. Anheier (2005): 243ff.; Horak; Fümschuß (2004): 179ff.; Stöger; Salcher (2006): 10. 20 | Vgl. Theuvsen (2001): 2. 21 | Welling (2015): 101 angelehnt an Tschirhart (1996): 65.
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1. Leistungsabnehmer a) Mitglieder eines Freundeskreises profitieren von diversen Leistungen. b) Die geförderte Kulturinstitution, die u.a. durch zugewendete Mittel, Sachleistungen, Beratung oder Publikumsgewinnung vom Förder- und Freundeskreis unterstützt wird.
2. Interne Stakeholder a) Board/Vorstand des Freundeskreises; b) Management des Freundeskreises; c) Management der geförderten Kulturinstitution.
3. Ressourcengeber a) Mitglieder, ehrenamtlich Engagierte, die den Freundeskreis durch Mittel oder ehrenamtliche Arbeit unterstützen; b) interne Spender, d.h. Mitglieder, die zusätzlich zu ihrem Mitgliedsbeitrag spenden; c) externe Spender, d.h. Außenstehende, die vom Freundeskreis gewonnen wurden, Spenden (meist projektbezogen) zu leisten.
4. Kulturelle Umwelt a) andere Freundeskreise von Kulturinstitutionen derselben Stadt, derselben Sparte oder aus dem Kulturbereich allgemein; b) andere Kulturinstitutionen, die am Netzwerk des jeweiligen Freundeskreises interessiert sein könnten.
5. Gesellschaft In erster Linie die Besucher der Kulturinstitution, die mittelbar vom Engagement des Freundeskreises profitieren, aber auch die Bürger, die Stadt bzw. die Politik.
6. Rahmenbedingungen Gesetzliche und steuerliche Rahmenbedingen und Verordnungen, die bei allen Aktivitäten des Freundeskreises eingehalten werden müssen, teilweise aber großen Einfluss auf die »Dos und Don’ts« haben (wie z.B. pekuniäre Gegenleistungen bei gleichzeitiger Spendenabzugsfähigkeit des Mitgliedsbeitrags etc.).
M ögliche K onflik tlinien in F örder - und F reundeskreisen Wie bei NPOs hängt das Überleben von Förder- und Freundeskreisen primär von den Austauschbeziehungen mit ihrem Umfeld ab. Die Vielzahl unterschiedlicher Stakeholder der Freundeskreise erschwert eine zielgerichtete Arbeit. Sie birgt darüber hinaus ein erhebliches Konfliktpotenzial. In der vielfältigen Literatur zu NPOs werden jene Management-Probleme als charakteristisch für NPOs be-
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schrieben, die aus Zielsystemkonflikten, Interessenkonflikten, Managementkonflikten oder Finanzkonflikten resultieren.22
Zielsystemkonflikte in Förder- und Freundeskreisen Trotz der besonderen Rolle der Stakeholder identifizieren die Freundeskreise ihre Anspruchsgruppen bisher nur unzureichend und sind sich nicht im Klaren, welche dieser Anspruchsgruppen besondere Berücksichtigung in ihrer täglichen Arbeit erfahren soll. Die in der Literatur zu NPOs beschriebene häufig fehlende Definition einer Mission kann auch für Förder- und Freundeskreise bestätigt werden.23 Bei den meisten Freundeskreisen lassen sich Elemente des Leitbildes bereits in den Satzungen finden. Da diese aber bewusst weit gefasst sind, um aufwendige Satzungsergänzungen und -änderungen im Laufe des Bestehens zu vermeiden, eignen sie sich nur bedingt als Mission-Statement. Zudem betrachten Freundeskreise ihre Mission als gegeben, in den meisten Fällen wird sie nie hinterfragt oder an neue gesellschaftliche Entwicklungen angepasst.24 Mangels definierter Zielvorstellungen entsteht viel Raum für eine hohe interne Politisierung und Zielverschiebungen. Meist wird versucht, alle Stakeholder gleichermaßen zu berücksichtigen, was zu einer Verwässerung der Strategie und vor allem zu einer Überforderung des Managements der Freundeskreise führt. Die Komplexität des Austauschverhältnisses und die zahlreichen Möglichkeiten und unklaren Grenzen führen in Freundeskreisen häufig weg von ihren eigentlichen Zielen. Auch der in der Praxis häufig unternommene Versuch, von allem ein bisschen zu machen, ohne sich auf einige wenige Ziele zu konzentrieren, schlägt fehl. Im besten Fall gelingt es dem Freundeskreis trotz dieser Tendenz, seine Ziele zu erreichen. Im schlimmsten Fall kann dies dazu führen, dass die Organisation weniger das eigentliche Ziel als vielmehr die Wünsche einzelner Förderer im Auge hat und der eigentliche Förderzweck in den Hintergrund tritt.
Interessenkonflikte in Förder- und Freundeskreisen Die Vielzahl unterschiedlicher Anspruchsgruppen bzw. Stakeholder der Freundeskreise erschwert eine zielgerichtete Arbeit. In Bezug auf Interessenkonflikte in Förder- und Freundeskreisen gilt es, zwei Konfliktlinien zu unterscheiden: jene zwischen Freundeskreis-Leitung und Mitgliedern (a) und jene zwischen Freundeskreis und der zu fördernden Kulturinstitution (b).
a) Konfliktlinie zwischen Freundeskreisleitung und Mitgliedern: Förder- und Freundeskreise verfügen als freiwillige Vereinigung über vergleichsweise demokratische Entscheidungsstrukturen: Jedem Mitglied werden zunächst unabhängig von der Höhe seines Einsatzes die gleichen Mög22 | Vgl. Schwarz (2005), Badelt (1999), Kaplan; Norton (2001). 23 | Vgl. Welling (2015): 166. 24 | Vgl. Welling (2015): 167.
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lichkeiten zur Beteiligung und zur Durchsetzung seiner Interessen geboten. Die Akteure der Leitungsgremien werden gewählt, Autorität wird von unten nach oben delegiert. Diejenigen, die mehr am politischen Leben der Vereinigung interessiert sind, bewerben sich um die Stimmen der anderen, machen die notwendige Vereinsarbeit und erhalten dafür Entscheidungsspielräume und Einflusschancen.25 Durch die Verschiedenartigkeit der Mitglieder und die Mitarbeit in verschiedenen Vereinigungen kann der Freundeskreis über ein Geflecht von Beziehungen verfügen, das den direkten Zugang zu vielen relevanten Institutionen und Personen ermöglicht. Die Außenkontakte der Mitglieder sind daher oft ein Auswahlkriterium bei der Besetzung von Positionen.26 Ämter und die damit verbundene Ehrenamtlichkeit werden im Wesentlichen von der Persönlichkeit des Inhabers, von seinen Fähigkeiten und seinem Engagement sowie von seinem Verständnis für die Belange des Vereins und seiner Mitglieder geprägt. Ein Großteil der auftretenden Spannungen liegt in der hohen persönlichen Identifikation begründet.27 Durch die grundsätzlich hohe Einflussnahme der Mitglieder ergibt sich einerseits eine große Offenheit gegenüber den Mitgliederinteressen, andererseits können hierdurch Planbarkeit und Kontrolle des Handelns erschwert werden, und zwar umso mehr, je heterogener die Mitgliederinteressen sind. Dies führt zu einer mangelnden Transparenz im strategischen Planungsprozess und zu einem »Herrschaftswissen« einiger weniger. In solchen Fällen kann sich das auf den ersten Blick demokratische System der Freundeskreise in Entscheidungsstrukturen wandeln, die in hohem Grade manipulierbar sind.28
b) Konfliktlinie zwischen Förder- und Freundeskreis sowie der Kulturinstitution: Förder- und Freundeskreise stehen durch das indirekte, mehrdimensionale Austauschverhältnis vor besonderen Herausforderungen. Die Interessendivergenz kann nicht nur intern zwischen Mitgliedern und Management des Freundeskreises auftreten, sondern auch zwischen Freundeskreis und Kulturinstitution. Hier sind Fingerspitzengefühl und konkrete Abstimmung erforderlich, um Konflikte und lähmendes Gegeneinander zu vermeiden. Die Absicht der Freundeskreise, der geförderten Institution »nur Gutes« zu wollen, kann auf Seiten des Freundeskreises zu Führungs- und Entscheidungsansprüchen führen, die dem Management der Kulturinstitution nicht entsprechen müssen. So kann das Verhältnis zwischen Freundeskreis und Kulturinstitution durch wechselseitige Erwartungen und Ansprüche belastet 25 | Vgl. Horch (1992): 45. 26 | Vgl. Horch (1992): 48. 27 | Vgl. Welling (2015): 169. 28 | Vgl. Welling (2015): 170.
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sein: Die Kulturinstitution erhofft sich unbürokratische finanzielle Unterstützung, während der Freundeskreis erwartet, dass die ideelle Unterstützung gewürdigt und ein gewisses Maß an Mitsprache eingeräumt wird. Obwohl Freundeskreise ihrer Rechtsform nach unabhängige und eigenständige Entitäten sind, richtet sich der Förderzweck der Mehrzahl der Förder- und Freundeskreise regelmäßig auf die Förderung einer bestimmten Kulturinstitution. Sie stellt damit den eigentlichen Legitimationsgrund der Freundeskreise dar. Die in der Praxis vom Management des Freundeskreises häufig hervorgehobene Bedeutung der rechtlichen Eigenständigkeit birgt eine zusätzliche Quelle für Konflikte mit dem Management der Kulturinstitution und kann zu einer fehlgerichteten Strategie führen. In den Freundeskreisen engagieren sich mehrheitlich »kulturferne« Personen, die ihre Qualifikation nicht im Kulturbetrieb erworben haben, so dass ihnen die Abläufe und Zusammenhänge in Kulturinstitutionen im Einzelnen nicht vollständig vertraut sind. Der oft als wünschenswert eingestufte »Blick von außen« kann auch (ver-)störend wirken. Eine stärkere Integration des Freundeskreises in die Kulturinstitution – sei es räumlich, personell, organisatorisch oder inhaltlich – kann langfristig dazu beitragen, solch lähmenden Konflikte zu vermeiden. Infolge der rechtlichen Eigenständigkeit treten Kulturinstitution und Freundeskreis nach außen nicht immer gemeinsam auf. Oft zeigt sich die Eigenständigkeit des Vereins schon im eigenen Internetauftritt und individuellen Corporate Design. Im schlechtesten Fall treten Förder- und Freundeskreise sogar in Konkurrenz zur Institution, beispielsweise beim Anwerben von Sponsoren und Förderern oder beim Angebot von eigenen Veranstaltungen für die Mitglieder.
Managementkonflikte in Förder- und Freundeskreisen Die Strukturen der Förder- und Freundeskreise sind oft sehr einfach: Konkrete Zuständigkeiten in den Leitungsgremien sind, mit Ausnahme des Amtes des Schatzmeisters, zumeist nicht vergeben. Dies kann dazu führen, dass die Verantwortung entweder nur eingeschränkt wahrgenommen wird oder die notwendigen Entscheidungen außerhalb der eigentlichen Gremien getroffen werden. Die formalen Entscheidungskompetenzen liegen in demokratisch organisierten Vereinen zwar bei den Mitgliedern, die sachlich-fachlichen aber zumeist bei der Geschäftsführung bzw. dem Vorstand. Die Steuerung dieser diversen Machtzentren und die Vermeidung oder Lösung der potenziellen Konflikte stellt eine große Managementherausforderung dar. Manche der auf den ersten Blick demokratisch erscheinenden Strukturen der Förder- und Freundeskreise erweisen sich bei genauerem Hinschauen als Organisationen mit starken Tendenzen zu einem autokratischen Entscheidungsstil der Vereinsführung. Diese kann von den Mitgliedern entweder wohlwollend geduldet oder notgedrungen akzeptiert werden. Für die Freundeskreise gilt es, das Management von ehrenamtlichem Engagement zu professionalisieren. Eine oft hohe Ehrenamtsrate schlägt sich aufgrund
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der nur bedingt vorhandenen zeitlichen Verfügbarkeit vieler Ehrenamtlicher zusätzlich negativ auf das Management der Freundeskreise nieder. Dabei wären Freundeskreise aufgrund ihrer geringen Bürokratisierung eigentlich diejenigen, die schneller als die Kulturinstitution agieren könnten. Bewusst oder unbewusst herrscht in Freundeskreisen ein starkes Gerangel um Kompetenzen. Grundsätzlich bedarf es einer erhöhten Sorgfalt in der Aufgabenverteilung zwischen Haupt- und Ehrenamt.
Finanzkonflikte in Förder- und Freundeskreisen Die Aufgabenbereiche und Anforderungsprofile für NPOs haben sich in den letzten Jahren beständig erweitert. In Förder- und Freundeskreisen herrscht nach wie vor die Überzeugung, dass die Mittel, die sie einwerben, zu 100 Prozent in die zweckgebundene Förderarbeit fließen sollen. Eine notwendige Professionalisierung steht dieser Auffassung entgegen. In der täglichen Arbeit stoßen die Freundeskreise so zwangsläufig an ihre Grenzen. Die Diskrepanz zwischen den vielfältigen Aufgabenstellungen in Freundeskreisen einerseits und den knappen finanziellen Mitteln andererseits zwingt Freundeskreise heute in einem viel stärkeren Maß, ihre Ressourcen effizient und effektiv einzusetzen. Eng verzahnt mit den finanziellen Ressourcen ist auch die Notwendigkeit einer erhöhten Effizienz des Einsatzes personeller Ressourcen. Bedingt durch die oft hohe Ehrenamtlichkeit aufgrund mangelnder Budgets für hauptamtliche Kräfte führt dies zu zusätzlichen Konflikten. Die Dienstleistungen und »Produkte«, die Freundeskreise anbieten, sind ihrem Charakter nach häufig ideell und damit nur schwer messbar. Häufig stellen multiple Dienstleistungsangebote für unterschiedliche Unterstützer einen zusätzlichen Aufwand dar.
S trategiebildung in F örder - und F reundeskreisen Seit den 1990er Jahren wird der Wettbewerb im Bereich der Nonprofit-Organisationen in Deutschland zunehmend spürbar. In der Folge wurden Konzepte und Instrumente der Betriebswirtschaftslehre angewendet und Managementqualifikationen nachgefragt.29 Viele NPOs haben sich mittlerweile von Wertegemeinschaften zu Dienstleistungsunternehmen gewandelt. Damit gewinnen wirtschaftliches Denken, Strategien und Effektivität zusätzlich an Bedeutung. Die Arbeit einer NPO erfordert eine klare Vision. Denn die zahlreichen Möglichkeiten und unklaren Grenzen führen in einer NPO häufig weg von den eigentlichen Zielen. Strategische Planung kann Richtung, Prioritäten und Ziele formulieren.30 29 | Vgl. M. Meyer; J. Leitner (2011); J. Clarke, S. Gewirtz, E. McLaughlin (2000); S.M. Roberts; J.P. Jones, O. Froehling (2005), B.A. Weisbrod (1998). 30 | Vgl. Hudson (2002): 112ff.
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Drei Fragen sollte sich eine Organisation dabei regelmäßig stellen, um ihre Orientierung in einer sich wandelnden Welt nicht zu verlieren: 1. Wer sind wir? 2. Wo wollen wir hin? 3. Wie kommen wir dahin?31
D er S trategieprozess Die einschlägige Literatur zu NPOs bespricht das Dreigespann von Vision, Mission, Leitbild als zentrale Grundlage für die Entwicklung einer zielorientierten Strategie (vgl. Abb. 6), die der Organisation und ihren Mitarbeitern Orientierung gibt, Entwicklungsrichtungen aufzeigt und handlungsleitend wirkt.32 Abbildung 6: Zusammenspiel Vision, Mission, Leitbild, Strategieprozess33
Vision
Mission
Leitbild
Strategieprozess
31 | Vgl. Kunz (2006): 1. 32 | Vgl. Hind (1995); Bryce (2000); Meffert (2000); Badelt (2002); Hudson (2002); Horak; Fürnschuß (2004); Theuvsen (2004); Anheier (2005); Kunz (2006); Schwarz (2006). 33 | Welling (2015): 88.
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In der Vision wird die gewünschte Zukunft aus Sicht der Organisation beschrieben.34 Die Vision ist die richtungsweisende, normative Vorstellung eines zentralen Zieles und damit die Leitidee für die Zukunft der NPO. Sie hilft Umweltbeobachtungen einzuordnen und schafft Orientierung. Es wird festgelegt, was, wo und wie die NPO in drei bis fünf Jahren sein möchte.35 Die Mission beschreibt die fundamentalen Ziele der Organisation.36 Die Mission stellt den primären Zweck und den Grund der Existenz der Institution dar, ihre Werte und Funktionen finden Ausdruck in ihr. Im Unterschied zur Vision ist die Mission nicht unbedingt auf die Zukunft bezogen. Sie sollte Aussagen zum Organisationszweck, den Zielen, zu den zentralen Werten, den handlungsleitenden Maximen und konkreten Verhaltensstandards sowie zu den Aufgaben umfassen.37 Das Leitbild beschreibt, welche Ziele die Organisation in einem bestimmten Zeitfenster erreichen möchte.38 Von einem Leitbild oder Mission Statement spricht man auch, wenn die Mission schriftlich festgehalten und umfassender formuliert wird.39 Das Leitbild ist die Erläuterung der Organisation in wenigen Sätzen, die den wesentlichen Kern der Organisation erklärt.40 So sollte das Leitbild eine klare Vorstellung von Zielen und Funktionsweise vermitteln, aber noch keine Handlungsanweisungen beinhalten. Der Strategieprozess einer Organisation ließe sich vereinfacht in drei Ebenen gliedern: Leitbild (Ebene 1), Strategie (Ebene 2), Umsetzung (Ebene 3). Innerhalb der einzelnen Ebenen sind alle wesentlichen Themen der Organisation abgebildet.41 Um eine erfolgreiche Strategie zu bilden, sollte der Beitrag der gesamten Organisation innerhalb des Strategieprozesses groß genug sein. Denn entscheidend für den Erfolg ist die frühe Einbindung breiter Kreise zur Sicherung der Akzeptanz der Ergebnisse.
34 | Vgl. Hudson (2002): 95. 35 | Vgl. Horak; Fürnschuß (2004): 187f. 36 | Vgl. Hudson (2002): 95. 37 | Vgl. Anheier (2005): 176; Schwarz (2006): 334; Theuvsen (2004): 177. 38 | Vgl. Hudson (2002): 95. 39 | Vgl. Schwarz (2006): 342ff. 40 | Vgl. Eschenbach; Horak (2003): 15; Badelt (2002): 211f. 41 | Dazu Meffert (2000): 1065; Hind (1995): 87f.; Hudson (2002): 93f.; Bryce (2000): 586.
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S trategiebildung in F örder - und F reundeskreisen unter E inbeziehung der S takeholder Das Management von Freundeskreisen steht vor der schwierigen Aufgabe, einer Vielzahl von unterschiedlichen Stakeholdern sowie zahlreichen, teilweise divergierenden Anforderungen gerecht zu werden. Für eine zielgerichtete Arbeit der Förder- und Freundeskreise ist es notwendig, eine klare Strategie zu entwickeln, die Richtungen, Prioritäten und spezifische Ziele formuliert. Die Stakeholder-Definition und -Analyse ist dabei ein entscheidender Schritt. Zu diesem Zweck werden Freundeskreise zunächst auf ihre wichtigsten Stakeholder hin analysiert. Dabei sollten die spezifischen Anspruchsgruppen anschaulich in einer Grafik aufgeführt (vgl. Abb. 7) und ihre Bedeutung und Größe, ihre Nähe und Distanz zum Freundeskreis sowie ihre Haltungen und Erwartungen visualisiert werden. Abbildung 7: Modell der Visualisierung der strategischen Anspruchsgruppen 42 4
FFK
1
3 2
Stakeholder 1: großes Gewicht, nah am FFK dran Stakeholder 2: mittleres Gewicht, weit vom FFK entfernt Stakeholder 3: geringes Gewicht, nah am FFK dran Stakeholder 4: geringes Gewicht, weit vom FFK entfernt
Um die einzelnen Stakeholder-Gruppen nach ihren Zielen und Einstellungen betrachten zu können, sind folgende Fragen43 hilfreich: • • • •
Wie verhält sich ein Stakeholder derzeit meiner Organisation gegenüber? Welche Möglichkeiten der Zusammenarbeit wären denkbar? Welche potenzielle Bedrohung geht von meinem Stakeholder aus? Welche aktiven und passiven Abhängigkeiten und Beeinflussungen liegen vor? • Welcher Zusammenhang besteht zwischen Stakeholder und Missionserfüllung? • Inwieweit kann der Stakeholder seine Bedürfnisse artikulieren? 42 | Welling (2015): 177. 43 | Vgl. Horak (1995): 11-46.
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E in normenbasiertes S trategieent wicklungsmodell z wischen M ission und Ö konomie Grundsätzlich sollten Freundeskreise eine normativ-strategische Ausrichtung entwickeln, die bei aller Notwendigkeit zur Effizienz der ehrenamtlichen Arbeit nicht durch eine rein betriebswirtschaftliche Führung realisiert werden kann. Die entscheidenden Determinanten für ein normenbasiertes Strategieentwicklungsmodell sind der Freundeskreis selbst, seine Mitglieder, die Kulturinstitution sowie die Gesellschaft und Umwelt des Freundeskreises. Auf der zweiten Ebene stehen die Bereiche der Struktur, der Dienstleistungen, der Werte und Normen und der Mission. Innerhalb des Strategieprozesses von Förder- und Freundeskreisen sollte demnach der Abstimmung der Mission, der Wahl der passenden Struktur, der Entwicklung von Dienstleistungen und Services sowie der Definition von Werten und Normen eine erhebliche Bedeutung zugesprochen werden.
Abstimmung der Mission Freundeskreise beziehen sich in ihrer Konstituierung auf eine bestimmte Gründungsidee (Mission), die mit bestimmten Werten verbunden ist. Die Umsetzung der Mission ist das Hauptziel des Freundeskreises. Auch wenn die Mission nicht der reinen Gewinnerzielung dient, müssen Freundeskreise zur Erfüllung ihrer Mission auch das Element der Ökonomie im Blick behalten. Eine reine Konzentration auf die Mission würde zu wirtschaftlichen Fehlentscheidungen führen, eine zu starke Konzentration auf rein betriebswirtschaftliche Kriterien zu einem Verlust der Legitimation. Da sich der Förderzweck der Mehrzahl der Förder- und Freundeskreise regelmäßig auf die Förderung einer bestimmten Kulturinstitution richtet, stellt diese den eigentlichen Legitimationsgrund der Freundeskreise und damit einen wichtigen Stakeholder dar. Vordergründiges Ziel eines Förder- und Freundeskreises im Interesse seiner Performance sollte es sein, das Wohl der Kulturinstitution nicht aus dem Auge zu verlieren. Das Leitbild der Kulturinstitution und die Mission des Freundeskreises sollten daher zueinander passen und aufeinander abgestimmt sein. Über die optimale Mittelverwendung bei Freundeskreisen kann erst dann entschieden werden, wenn die Nutzeninhalte grundsätzlich geklärt sind. Diese sind in der Mission, die mit dem Leitbild und den Erwartungen der Kulturinstitution sowie mit jenen der Mitglieder abgestimmt sein sollte, festzuhalten. Wie Abb. 8 zeigt, entsprechen das Leitbild der Kulturinstitution und die Mission des Förder- und Freundeskreises sich in der Praxis nicht automatisch. Eine mit der Kulturinstitution abgestimmte Missionsbestimmung des Freundeskreises erleichtert eine erfolgversprechende Zusammenarbeit, da die Kulturinstitution qua Satzungszweck einen der wichtigsten Stakeholder des Freundeskreises darstellt.
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Abbildung 8: Abgestimmte Missionsbestimmung Freundeskreis/Kulturinstitution 44 Mission Freundeskreis
Leitbild Kulturinstitution
Die Abstimmung ist ein aufwendiger und permanenter Prozess, der mit häufig wechselnden Führungskräften, Neubesetzung der ehrenamtlichen Gremien sowie Ein- und Austritten der Mitglieder immer wieder von vorn beginnen kann (vgl. Abb. 9). Die Mitglieder des Freundeskreises, das Management des Freundeskreises und das Management der Kulturinstitution stehen in einem rekursiven Verhältnis zueinander. Dabei sollten die Erwartungen der Mitglieder, die Mission bzw. Strategie des Managements des Freundeskreises und die Erwartungen sowie das Leitbild der Kulturinstitution immer wieder miteinander abgeglichen werden. In der Praxis der Freundeskreise liegt in der Regel keine konkret ausformulierte Mission vor. Sie wird nur von einigen wenigen Akteuren in Freundeskreisen gelebt und verfolgt. Auch deshalb orientieren sich die Mitglieder in Förder- und Freundeskreisen in erster Linie an Eigenschaften der handelnden Personen. Der Grad an Personalisierung ist dementsprechend hoch und die auftretenden Spannungen nicht allein struktureller oder organisationaler Art, sondern häufig persönlicher Natur. Die Spezifika zwischen den handelnden Personen sind dabei so partikular, dass man sie meist nicht verallgemeinern kann und ein idealtypischer Verlauf nicht gegeben ist. Insofern ist es schwierig, diese Konflikte durch geeignete Strukturen aufzufangen. Eine ausformulierte, transparente Mission kann jedoch Enttäuschungen aufgrund anderer Erwartungen vermeiden. Die Transparenz der gewählten Mission und der daraus erwachsenden Strategie ist eine gute Möglichkeit, Enttäuschungen aufgrund anderer Erwartungen vorzubeugen: Sind alle Mitarbeiter – auch die Ehrenamtlichen – mit der Mission vertraut? Sind die Leitungsgremien der Kulturinstitution in die Missionsfindung eingebunden?
44 | Welling (2015): 186.
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Abbildung 9: Rekursives Management Freundeskreis und Kulturinstitution 45
• Mittel • Erwartungen
Management Freundeskreis • Mission • Strategie
Mitglieder
• Erwartungen an Freundekreis • Leitbild Kulturinstitution Management Kulturinstitution
Wahl der passenden Struktur Neben der Mission ist die Struktur von besonderem Interesse, da sie starke Auswirkungen auf die strategische Ausrichtung und Arbeitsweise des jeweiligen Freundeskreises hat. Bei der Struktur interessiert der Grad der Einbindung in die geförderte Institution, die Rechtsform, in der ein Freundeskreis firmiert, die Struktur der Gremien und Organe und ihre Besetzung, die Art und Weise der Entscheidungsfindung sowie die Frage, ob es Unterorganisationen gibt, die ebenfalls zur Mittelakquisition dienen. Je nachdem, welche Mission der Freundeskreis gewählt hat, gilt es, die passende Struktur für die entsprechende Strategie zu wählen. Wie werden die Organe besetzt, nach welchen Kriterien und durch wen werden die strategischen und operativen Entscheidungen getroffen? Verfügt der Freundeskreis über Unterorganisationen bzw. gibt es weitere Körperschaften, die mit der Drittmittel-Akquisition betraut sind, wie z.B. ein junger Freundeskreis, eine Stiftung oder eine GmbH? Über wie viele Mitarbeiter verfügt der Freundeskreis, arbeiten sie haupt- oder ehrenamtlich und werden Freiwillige/Volunteers aus dem Freundeskreis geschöpft?
Stakeholder-bezogene Entwicklung von Dienstleistungen und Ser vice Für Förder- und Freundeskreise ist es wichtig, intelligente Dienstleistungen und Services anzubieten, die ihnen, der geförderten Kulturinstitution und ihren Mitgliedern einen relevanten Mehrwert schaffen. Darüber hinaus sollten sie der Kernkompetenz des Freundeskreises entsprechen und letztlich zum Finanzierungsmodell beitragen, ohne dabei selbst viele Mittel und Personal zu binden oder die Gemeinnützigkeit zu gefährden. Dabei stellt sich auch hier wieder die Frage nach den entscheidenden Stakeholdern, die es zu bedienen gilt. Die zahlreichen Gegenleistungen, die Freundeskreise ihren Mitgliedern anbieten, sind eine Reaktion darauf.
45 | Welling (2015): 187.
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Definierte Werten und Normen Die Respektierung normativer Vorstellungen ist entscheidend für die Akzeptanz des Freundeskreises durch seine Anspruchsgruppen. Dabei gilt es, diese Wertvorstellungen, die das Handeln des Freundeskreises leiten, deutlich herauszustellen. Je konkreter das Wertesystem beschrieben wird, innerhalb dessen der Freundeskreis agiert, desto plausibler wird die Motivationsbasis für viele Mitglieder, Spender oder haupt- und auch ehrenamtliche Mitarbeiter, um sich zu engagieren. Gleichzeitig hängt die Glaubwürdigkeit des Freundeskreises auch davon ab, inwieweit das postulierte Wertesystem nach innen handlungsleitend ist. Wie Abb. 10 zeigt, sind die entscheidenden Determinanten für ein normenbasiertes Strategieentwicklungsmodell der Freundeskreis selbst, seine Mitglieder, die Kulturinstitution sowie die Gesellschaft und Umwelt des Freundeskreises, wobei die zentralen Fragen zur Überprüfung der Strategie jeweils aufgeführt sind. Auf der zweiten Ebene stehen die Bereiche der Struktur, der Dienstleistungen, der Werte und Normen und der Mission. Auch hier sind die zentralen Fragen zur Überprüfung der normenbasierten Strategie aufgeführt. Das normenbasierte Strategieentwicklungsmodell liefert wichtige Impulse für den nachhaltigen Erfolg eines Freundeskreises. Ein normenbasiertes Strategieentwicklungsmodell kann die auftretenden Spannungen minimieren und damit das Output der Freundeskreise zum Wohle der Kulturinstitution verbessern. Folgende praktische Empfehlungen für die Arbeit in Förder- und Freundeskreisen in der Kultur in Deutschland lassen sich daraus ableiten: 1. Für Förder- und Freundeskreise ist es notwendig, eine Strategie zu entwickeln, die sowohl die Mission als auch die Ökonomie berücksichtigt. 2. Je klarer Ziele und Mission des Förder- und Freundeskreises formuliert sind, umso einfacher ist es für das Freundeskreis-Management, die objektiven Ziele des Förder- und Freundeskreises trotz möglicher Spannungen zu verfolgen. 3. Je klarer die Aufgabenverteilung zwischen Haupt- und Ehrenamtlichen ist, desto besser wird ihr Verhältnis sein. 4. Ein Förder- und Freundeskreis, der eng mit der geförderten Kulturinstitution verzahnt ist, arbeitet konfliktfreier und damit effektiver als ein Freundeskreis, der weit von der Kulturinstitution entfernt ist. 5. Zentrales Element bei der Strategieentwicklung in Förder- und Freundeskreisen sollte die Analyse der Anspruchsgruppen sein, da diese für das Erreichen der selbstgewählten Ziele unabdingbar sind. 6. Das Management des Förder- und Freundeskreises muss die Erwartungen, die von Seiten der Kulturinstitution an ihn gerichtet werden, kennen und mit der eigenen Mission abgleichen.
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Abbildung 10: Normenbasiertes Strategieentwicklungsmodell für Förder- und Freundeskreise 46
M ehr S trategie wagen Freundeskreise sind ein geeignetes Spielfeld, um über zukünftige Modelle der Publikumsgewinnung sowie der Einbindung und Stimulation privaten Engagements für die Kulturinstitution nachzudenken: Näher als hier kommt eine Kulturinstitution kaum an den Bürger und den Besucher heran. So können Freundeskreise für die Bewältigung der zahlreichen Herausforderungen, vor denen sie mit ihren Kulturinstitutionen heute stehen, einen wichtigen Beitrag leisten. Die Kulturinstitutionen sollten ihrerseits das Potenzial, das in ihren Förder- und Freundeskreisen liegt, zukünftig noch stärker für sich nutzen. Auf Seiten der Kulturinstitutionen ist eine steigende Professionalisierung des Managements im Bereich der Publikumsgewinnung und der Drittmittel-Akquisition zu beobachten. Schon heute übernehmen größere Kulturinstitutionen Aufgaben, die man früher klassischerweise den Förder- und Freundeskreisen überlassen hat. Geht man von einer weiteren Professionalisierung der Kulturinstitutionen in den kommenden Jahren aus, wird sich insbesondere bei größeren Häusern die Frage, ob der Freundeskreis nicht sogar selbst Teil der Development-Abteilung der Kulturinstitution sein könnte, über kurz oder lang ganz von selbst stellen. Einige Kulturinstitutionen in Deutschland haben bereits eigene Development-Abteilungen nach anglo-amerikanischem Vorbild eingerichtet, die alle 46 | Welling (2015): 192.
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Fundraising- und Audience-Development-Aktivitäten bündeln und koordinieren. Hier werden umfangreiche Datenbanken aufgesetzt, gepflegt und analysiert, Spender- und Erbenprofile entwickelt, gesellschaftliche Makro- und Mikrotrends analysiert, Eventprogramme konzipiert und vor allem Beziehungsnetzwerke gebildet und gepflegt. Die Development-Abteilungen folgen dem Prinzip des kontinuierlichen Werbens und Kommunizierens, um Interesse und Aufmerksamkeit zu wecken sowie Sympathie und Vertrauen für den kulturellen Auftrag der Institution zu schaffen. Ziel ist es, Publikum zu binden und Drittmittel einzunehmen. Dieses Wechselspiel zwischen einer »Kultur des Gebens« und einer »Kultur des Nehmens« ist seit jeher ein zentrales Merkmal von Freundeskreisen. Je nach Größe und Gewicht des Freundeskreises übernehmen sie Development-Aufgaben für die Kulturinstitution. Doch in der Regel stehen Förder- und Freundeskreise in Deutschland solch einer institutionellen Integration in die Kulturinstitution eher ablehnend gegenüber und wollen die Tradition ihrer rechtlichen Eigenständigkeit behaupten. Um so mehr gilt es für sie, ihre Mission mit der Kulturinstitution abzustimmen und sich den steigenden Anforderungen eines professionellen, strategischen Managements zu stellen. Andernfalls laufen sie Gefahr, zu einem einfachen Anhängsel einer Kulturinstitution zu werden, die das Relationship-Management selbständig und professionell betreibt. Dieser Beitrag soll den Förder- und Freundeskreisen Mut machen, gemeinsam mit ihrer Kulturinstitution einer stärkeren strategischen Orientierung Raum zu geben, um ihre Arbeit langfristig zu optimieren. Eine klare Strategie und konkrete Zielvereinbarungen ermöglichen auch rein ehrenamtlich organisierten Freundeskreisen ein effizientes Management zum Wohle der kulturellen Vielfalt.
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Weisbrod, Burton Allen (1998): Guest Editor’s Introduction. The Nonprofit Mission and its Financing, in: Journal of Policy Analysis and Management, 17(2), S. 165-174. Welling, Annette (2015): Förder- und Freundeskreise in der Kultur in Deutschland. Typologie und Strategieentwicklungsmodell, Dissertation HfMT Hamburg. Zimmer, Annette; Priller, Eckhard (2004): Gemeinnützige Organisationen im gesellschaftlichen Wandel, Ergebnisse der Dritte-Sektor-Forschung, Wiesbaden.
Strategien der Mitgliedergewinnung und -bindung von Fördervereinen in Kunst und Kultur Matthias Dreyer
1. F reunde finden und binden : D ie e wige H erausforderung von F ördervereinen Der kulturelle Sektor sieht sich mit seinen Einrichtungen und Akteuren regelmäßig Rechtfertigungszwängen in der Auseinandersetzung um (knappe) öffentliche und private Fördermittel gegenüber. Kunst und Kultur brauchen deshalb mehr denn je Freunde: zur Absicherung ihrer finanziellen Grundlage und als politische Geschmacksverstärker. Viele Museen, Theater, Bibliotheken, Kunstvereine oder Musikfestivals können sich auch auf ihre Freunde verlassen. Fördervereine haben in den letzten Jahren eine Renaissance erfahren. Ihre Zahl hat zugenommen; die Hälfte der heute aktiven Förderinstitutionen ist in den vergangenen 20 Jahren gegründet worden (vgl. Kulturkreis der deutschen Wirtschaft im BDI 2007: 2). Die Gruppe der Menschen, die in Fördervereinen zusammenkommen und sich engagieren, wächst ebenfalls. Diese Entwicklung ist Ausdruck einer aktiven Bürgergesellschaft, wie sie genauso die Interessen von Menschen dokumentiert, sich für »ihr Museum« oder »ihr Theater« einzusetzen. In der Gesellschaft ist es wieder »in«, sich zu engagieren und einzubringen. Kultureinrichtungen mit ihren als intellektuell anspruchsvoll geltenden Programmen werden hierfür als besonders attraktiv wahrgenommen. Insofern begünstigen soziologische Trends solche Netzwerke wie Fördervereine, die attraktive, lehrreiche und gesellschaftlich angesehene »Mithilfe« anbieten. Das Engagement von Fördervereinen beschränkt sich dabei nicht nur auf die Finanzen. Die Unterstützungsmöglichkeiten sind sehr vielfältig; in den vergangenen Jahren sind neue Formen hinzugekommen. Fördervereine sind auch keine homogene Erscheinung (vgl. Metz/Reschke 1998: 198) – es bestehen große Unterschiede hinsichtlich der Vereinsgeschichte, der Mitgliederzahl, der Organisationsform, des Selbstverständnisses und der Förderleistungen.
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Die Herausforderungen an die Arbeit der Vereine werden in den nächsten Jahren wachsen. Fördervereine stehen im zunehmenden Wettbewerb um Mitglieder und um deren Zeit und Zuwendungen. Im gesamten kulturellen Bereich und in anderen Non-Profit-Sektoren, wie z.B. dem Sport, dem Umwelt- und Tierschutz oder dem Sozialen, wird um Freunde geworben. Die Fördervereine müssen sich um ihre Mitglieder kümmern, soll das Engagementpotenzial und die Unterstützung auf dem bestehenden Niveau erhalten bleiben bzw. noch ausgebaut werden. Das ist mit Aufwand verbunden und stellt die Leitungen sowohl der Vereine als auch der Kultureinrichtungen vor keine kleinen Aufgaben. Umso erstaunlicher ist es, dass dieses Feld kaum erforscht ist und es nur wenige übergreifende Plattformen zum Austausch von Handlungsempfehlungen gibt. Es kann fast vom »Förderverein als unbekanntem Wesen« gesprochen werden (vgl. Dreyer/Wiese 2014: 23). Obwohl Fördervereine in Deutschland eine lange Tradition haben und sie zu den etablierten Unterstützern des kulturellen Sektors zählen und obwohl ihnen in den vergangenen Jahren ein größerer Wirkungsradius zukommt, stellt dieses Themenfeld ein Forschungsdesiderat dar (vgl. Metz/Reschke 1998: 196). Es sind nur wenige Publikationen verfügbar (Dreyer/Wiese 2014, Baumgarth/Kaluza 2012, Hauke/Busch 2005, Keim/Voit 2002); die Zahl empirischer Studien ist begrenzt (Fesel 2010 und Fesel/Rolfes 2008, Kulturkreis der deutschen Wirtschaft im BDI 2007, Metz/Reschke 1998). Dem Mangel an theoretischer Aufarbeitung und an belastbaren Datenmaterialien mit Handlungsempfehlungen und Best-Practice-Beispielen steht das Bedürfnis der kulturfördernden Vereine nach Informations- und Erfahrungsaustausch sowie Beratung gegenüber. Die Selbstvertretungsorgane der Fördervereine der Kultur in Deutschland, die sich im Wesentlichen auf die bildende Kunst und den Musik- und Theaterbereich fokussieren, bieten hierfür eine Plattform (siehe Bundesverband der Fördervereine Deutscher Museen für bildende Kunst e. V. 2017, Bundesvereinigung deutscher Musik- und Theaterfördergesellschaften e. V. MUTHEA 2017). Gerade aber in der für die Fördervereine existenziellen Frage der Aktivierung und Bindung von Mitgliedern bestehen ein Erkenntnisdefizit und Nachholbedarf.
2. I nstitutioneller R ahmen : F ördervereine im K onte x t privater K ulturfinanzierung Fördervereine agieren im Kontext unterschiedlicher Formen privater Kulturförderung, die neben institutionell-rechtlichen Rahmenfaktoren durch das jeweils spezifische Motivbündel ihrer Akteure geprägt werden. Diese spiegeln sich auch in den Austauschbeziehungen zwischen den Kultureinrichtungen und den Förderern wider. Eine Strategieentwicklung und eine zielgerichtete Ansprache von (kulturinteressierten) Menschen, um sie für das Engagement in einem Förderverein zu
Strategien der Mitgliedergewinnung und -bindung von Förder vereinen
gewinnen und langfristig zu begeistern, setzt die genaue Kenntnis dieser Motivsituation und damit die Abgrenzung gegenüber anderen Förderformen voraus. Denn gerade die Austauschbeziehungen kennzeichnen Ansatzpunkte für die Werbung und Bindung genauso wie für mögliche Engagementfelder der Mitglieder von Fördervereinen. Bürger, Interessengemeinschaften oder Unternehmen haben vielfältige Möglichkeiten, Kunst und Kultur zu unterstützen: Mäzenatentum, ehrenamtliches Engagement, Freundeskreise, Fördervereine, Crowdfunding, Stiftungen oder Sponsoring sind längst etablierte Formen privater Kulturförderung. Diese Vielfalt ist Ausdruck der differenzierten Motive, Voraussetzungen und Möglichkeiten in der Gesellschaft und Wirtschaft für kulturelles Engagement. Private Förderer können entsprechend ihrer Interessen und verfügbaren Ressourcen eine Form finden, sich im kulturellen Sektor einzubringen. Fördervereine müssen sich kontinuierlich mit ihrem Profil gegenüber den anderen Kulturförderern auseinandersetzen und ihre Aktivitäten konsequent an ihren Zielgruppen ausrichten, um mit Erfolg ihre Unterstützung sicherstellen zu können. Anhand folgender Kriterien lassen sich Fördervereine gegenüber anderen Kulturförderern abgrenzen bzw. lassen sich Gemeinsamkeiten kennzeichnen. Abbildung 1 skizziert die Einordnung von Fördervereinen im Kontext der verschiedenen Akteure privater Kulturförderung. Die Zuordnung ist nicht immer trennscharf; Mischformen sind möglich. Die grundsätzlichen Motive und Betreuungsmöglichkeiten werden aber deutlich und bieten eine erste Orientierung für die strategische Perspektive der Mitgliedergewinnung und -bindung von Fördervereinen. Abbildung 1: Fördervereine im Kontext privater Kulturförderung ★
Altruistisches Interesse
●◼
Individuelles Engagement
●
▲
▲◼ ★
Ideelle Unterstützung
★
●◼
Kommerziell geprägtes Interesse Kollektives Engagement
▲
Materielle/finanzielle Unterstützung
▲◼
Projektorientierte Unterstützung
Kontinuierliche Unterstützung
★
Enge Bindung an die Kultureinrichtung
★
●
▲◼
Förderbezogene Bindung
Kontinuierlicher Betreuungsaufwand
★
●
▲◼
Projektorientierter Aufwand
●
★ Fördervereine
●
Mäzenatentum
◼ Stiftungen
▲ Sponsoring
Altruistisches versus kommerzielles Interesse Das Engagement von Fördervereinen richtet sich direkt an der jeweiligen Kultureinrichtung aus. Ihre Mitglieder erhalten zwar im begrenzten Umfang materielle und ideelle Gegenleistungen. Grundsätzlich stellen Fördervereine in der Kunst
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und Kultur aber eher altruistische Institutionen dar; sie sind mit dem Stiftungswesen vergleichbar. Geprägt durch einen mäzenatischen Charakter sind sie ein Pendant zum kommerziell ausgerichteten Sponsoring, bei dem Kommunikations- und Imageziele des fördernden Unternehmens im Vordergrund stehen und es sich um ein »Geschäft auf Gegenseitigkeit« handelt.
Individuelles versus kollektives Engagement Individuelles Engagement erfolgt in der Regel durch Mäzene, die zumeist als einzelne Schenker oder (Zu-)Stifter auftreten. Zwar sind auch Gruppen vom Sammlerehepaar über Familien bis hin zu mäzenatisch motivierten Interessenzusammenschlüssen altruistisch im kulturellen Sektor aktiv; bei Mäzenen handelt es sich jedoch häufig um Einzelpersonen. Von diesem individuell geprägten Engagement lassen sich Fördervereine abgrenzen, deren Ziel es gerade ist, Menschen zu vereinen, die sich mit einer bestimmten Kultureinrichtung identifizieren; Kräfte sollen gebündelt und durch die Zusammenarbeit vieler ein Museum oder Theater unterstützt werden. Vergleichbar steht beim Sponsoring ein Unternehmen und nicht ein Einzelner für das private kulturelle Engagement, wenngleich Förderentscheidungen von Sponsoren sicherlich häufig durch individuelle Präferenzen z.B. der Unternehmensleitung beeinflusst werden.
Ideelle versus materielle/finanzielle Unterstützung Fördervereine unterstützen ihre Kultureinrichtungen materiell z.B. bei Ankäufen für die Sammlung eines Museums oder bei einem Konzert im Rahmen eines Festivals. Ein fast noch wichtigerer Aspekt ist die ideelle Unterstützung als Fürsprecher gegenüber der Kulturpolitik und als gesellschaftlicher Multiplikator. Bei Stiftungen und Mäzenen, die oftmals über einen längeren Zeitraum eine persönliche und enge Beziehung zu einer kulturellen Einrichtung entwickeln und pflegen, ist diese ideelle Form der Unterstützung ebenfalls zu finden. Beim Sponsoring ist eine ideelle Parteinahme dagegen nicht oder kaum ausgeprägt.
Kontinuierliche versus projektorientierte Unterstützung Fördervereine haben für kulturelle Einrichtungen einen besonderen Stellenwert, weil sie kontinuierlich an der Seite ihres Museums oder ihrer Bibliothek stehen – durch regelmäßige finanzielle Projektbeiträge bis hin zu einer institutionellen Förderung z.B. mit der Finanzierung einer Personalstelle. Gerade diese kontinuierliche Unterstützung ist ein signifikantes Abgrenzungsmerkmal gegenüber der Förderung durch Stiftungen und Sponsoren, die fast ausschließlich auf Antragsbasis beruhen (vgl. Dreyer 2013). Hierfür sind z.T. aufwendige Verfahren notwendig, insbesondere wenn z.B. mit Stiftungen oder mit Unternehmen zusammengearbeitet wird, zu denen bislang noch kein Kontakt bestanden hat.
Strategien der Mitgliedergewinnung und -bindung von Förder vereinen
Enge kontinuierliche Bindung versus förderbezogene Beziehung Fördervereine haben per se auf persönlicher und inhaltlicher Ebene eine intensive und enge Beziehung zu ihrer Kultureinrichtung. Das Engagement der Vereinsmitglieder ist im Wesentlichen motiviert durch das inhaltliche Profil, die Arbeit und die Angebote der Kultureinrichtungen. Eine ähnlich enge Bindung lässt sich häufig für Mäzene zu den von ihnen bedachten Museen, Theatern oder Bibliotheken feststellen. Hiervon unterscheiden sich Stiftungen und Sponsoren, deren Beziehung zu den Kultureinrichtungen zumeist einen antrags- und förderbezogenen Charakter aufweist. Zwar ergeben sich in der Zusammenarbeit mit Stiftungen feste Partnerschaften über einen längeren Zeitraum (vgl. von König 2008). Diese sind aber nicht mit der Bindung von Fördervereinen an ihre Kultureinrichtung zu vergleichen.
Kontinuierliche Betreuung versus projektorientierter Aufwand Die unterschiedliche Beziehungsform zwischen Förderer und Kultureinrichtung spiegelt sich auch in der Form und dem Umfang des Aufwandes wider, der sich bei den verschiedenen Formen privater Kulturförderung ergibt. Die Zusammenarbeit mit Mäzenen ist langfristig angelegt und wird geprägt durch persönliche Kontaktpflege und Ansprache auf der Leitungsebene der Kultureinrichtungen. Die Betreuung der Fördervereine hat einen kontinuierlichen Charakter – es geht um eine intensive Beziehungspflege über einen längeren Zeitraum. Hierfür müssen Kultureinrichtungen bzw. die Fördervereine erhebliche Ressourcen aufwenden. Mitglieder müssen nicht nur gewonnen, sie müssen auch auf Dauer betreut und gebunden werden. Die Zusammenarbeit mit Stiftungen und Sponsoren setzt ebenfalls ein Vertrauensverhältnis voraus, das über einen längeren Zeitraum z.B. über gute Projekte entsteht und verstetigt wird. Hier besteht der Aufwand für Kultureinrichtungen im Wesentlichen in der Formulierung von Projektanträgen, der erfolgreichen Umsetzung der Projekte mit einer begleitenden öffentlichen Präsenz der Förderer bis zur Abrechnung und der Dokumentation des wirtschaftlichen Umgangs mit den bereitgestellten Mitteln. Ohne das vielfältige Engagement und die Unterstützung durch den privaten Sektor könnte der kulturelle Sektor in Deutschland – trotz der umfangreichen öffentlichen Kulturfinanzierung (Statistische Ämter des Bundes und der Länder 2015) – seine Leistungen nicht auf dem bestehenden Niveau sicherstellen. Fördervereine nehmen im Kanon der vielfältigen Partner und Instrumente der privaten Kulturförderung mit ihrer mäzenatisch geprägten und auf Kontinuität ausgerichteten Unterstützung eine zunehmend wichtige Position sein.
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3. A ustauschbeziehung z wischen F ördervereinen , M itgliedern und K ultureinrichtungen aus S icht der A nreiz -B eitrags -Theorie Die strategische Ausrichtung der Mitgliederentwicklung und die Maßnahmen der Mitgliedergewinnung und -bindung setzen eine Systematisierung der Austauschbeziehung zwischen Fördervereinen, ihren Mitgliedern und den Kultureinrichtungen voraus; hierfür bietet sich die Anreiz-Beitrags-Theorie als Analyseraster an. Die Anreiz-Beitrags-Theorie, die auf die Organisationsforschung zurückgeht (vgl. Barnard 1937 und March/Simon 1967), fasst Organisationen als eine Koalition auf und versucht die Entscheidung über Eintritt, Teilnahme und Verbleib der Koalitionsteilnehmer zu erklären. Individuen sind danach zum Eintritt in eine und zur Aufrechterhaltung einer Koalition bereit, solange sie aus dieser einen positiven Nutzen durch Vergleich von zufließenden Anreizen und den zu leistenden Beiträgen erlangen. Entsprechend dieser Grundannahme lassen sich Entscheidungsprozesse bei Partnerschaften in der Fördervereinsarbeit auffassen; Abbildung 2 stellt den grundsätzlichen Austausch von Anreizen und Beiträgen der Beteiligten dar. Die Besonderheit der Fördervereinsarbeit besteht darin, dass mit Fördervereinen, ihren Mitgliedern und den Kultureinrichtungen die Austauschbeziehung von drei Akteuren zu berücksichtigen ist; dies setzt eine differenzierte Betrachtung voraus. Abbildung 2: Mitgliedergewinnung und -bindung von Fördervereinen aus Sicht der Anreiz-Beitrags-Theorie
Beiträge
Anreize
Management der Fördervereine/ Kultureinrichtungen
Partnerschaften der Fördervereinsarbeit
Mitglieder Anreize
Beiträge
Sozio-ökonomisches und rechtliches Umfeld
Fördervereine, ihre Mitglieder und Kultureinrichtungen können als Teilnehmer einer Koalition verstanden werden. Jeder Teilnehmer erhält Anreize und leistet im Gegenzug dafür Beiträge. Einen Anreiz stellt jede Transaktion dar, die von den Koalitionsteilnehmern positiv bewertet wird, wie z.B. die Anerkennung für ihr Engagement. Ein Beitrag ist demgegenüber jede Transaktion, die von den Koalitionsteilnehmern mit einem Aufwand bzw. Kosten verbunden wird, wie z.B. das
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Zur-Verfügung-Stellen von Zeit. Die Beiträge des einen Koalitionsteilnehmers sind die Anreize für den anderen und vice versa. Eine Koalition zwischen Fördervereinen, Mitgliedern und Kultureinrichtungen kommt zustande bzw. wird aufrechterhalten, wenn die subjektiv empfundenen Anreize höher eingeschätzt werden als der Aufwand der geleisteten Beiträge. Neben den Anreizen und Beiträgen der Partner haben zudem externe Faktoren des sozioökonomischen und rechtlichen Umfeldes, wie z.B. die Entwicklung des privaten Vermögens in einer Gesellschaft oder Veränderungen der Steuergesetzgebung, einen wesentlichen Einfluss auf die Entscheidungen und das Verhalten der Beteiligten; diese fließen in die strategische Ausrichtung der Mitgliederbetreuung ein. Drei Sphären lassen sich bei der Austauschbeziehung von Fördervereinen und ihren Kultureinrichtungen unterscheiden: die finanzielle Förderung, die ideelle Förderung und die manageriale Unterstützung. Im Gegenzug erbringen die Vereine zusammen mit den Kultureinrichtungen im Wesentlichen ideelle und materielle Leistungen im Rahmen der Mitgliederbetreuung. Abbildung 3 skizziert die grundsätzliche Anreiz-Beitrags-Struktur bzw. Austauschbeziehung zwischen Fördervereinen, Mitgliedern und Kultureinrichtungen. Abbildung 3: Austauschbeziehungen zwischen Fördervereinen, Mitgliedern und Kultureinrichtungen Kultureinrichtung
Förderverein Mitglieder
Finanziell
Ideell
Managerial
Materiell und Ideell
Finanzielle Unterstützung von Kunst und Kultur Mit Aktivitäten von Fördervereinen wird nach wie vor zuallererst eine finanzielle Unterstützung verbunden. Ihr Engagement umfasst dabei alle Felder des klassischen Tätigkeitsspektrums der Kultureinrichtungen. Das sind • für Museen z.B. die Ergänzung von Sammlungen, Publikationen, Sonderausstellungen oder umfängliche Restaurierungsmaßnahmen; • für Theater und Opern z.B. Konzerte oder musikpädagogische Programme; • für Bibliotheken z.B. Sonderveranstaltungen oder der Ankauf von Medien.
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Fördervereine sind zudem häufig bei großen baulichen Maßnahmen wie Neuund Erweiterungsbauten oder der Renovierung und Restaurierung von Gebäuden finanziell eingebunden. Viele der genannten Vorhaben können Kultureinrichtungen zumeist nicht aus ihren eigenen Etats (vollständig) bestreiten. Sie sind auf externe Unterstützung angewiesen. Oftmals handelt es sich hierbei um zusätzliche, projektorientierte Aufgaben, für die seitens der öffentlichen Hand keine bzw. nur begrenzte Mittel zur Verfügung stehen. Durch die restriktiven öffentlichen Kulturetats, den Wettbewerb um externe private Förderungen und durch die schwierigere Situation bei der Erwirtschaftung eigener Einnahmen wird mit einer aktiven Fördervereinsarbeit darüber hinaus auch die Hoffnung verbunden, einen Beitrag zur langfristigen Basisfinanzierung einer Kultureinrichtung auf bauen und sicherstellen zu können. Der finanzielle Spielraum und die Unterstützungsmöglichkeiten von Fördervereinen basieren grundsätzlich auf vier Einnahmesäulen: • laufende Beiträge der Vereinsmitglieder; • (zusätzliche) Spenden der Vereinsmitglieder; • (zusätzliche) Einnahmen aus Veranstaltungen und Angeboten des Fördervereins mit eigenen wirtschaftlichen Aktivitäten, wie z.B. die Veranstaltung eines Sommerfestes oder der Betrieb eines Cafés; sowie • Einwerbung zusätzlicher externer Fördermittel und Sponsorengelder, die direkt oder indirekt an die Kultureinrichtung weitergegeben werden. Die Formen des finanziellen Engagements von Fördervereinen sind dabei vielfältig. Sie reichen von der Rolle eines »Nothelfers«, wenn z.B. kurzfristige Finanzierungslücken bzw. Ausfälle anderer Finanziers kompensiert werden müssen, bis hin zu einer Partnerschaft, bei der ein fester jährlicher Etatbestandteil sichergestellt wird. Ein weiteres Engagement ist die Finanzierungsbeteiligung an größeren investiven Maßnahmen, für die ein Förderverein über einen längeren Zeitraum – z.T. federführend – Mittel einwirbt und damit einen substanziellen Beitrag zu deren Realisation leistet. Zum Umfang dieses finanziellen Engagements liegt auf Bundesebene oder für einzelne Länder kein belastbares Zahlenmaterial vor. Tendenzaussagen erlaubt eine Untersuchung des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft aus dem Jahr 2007 (vgl. Kulturkreis der deutschen Wirtschaft im BDI 2007). Demnach liegt der durchschnittliche Anteil der Aktivitäten von Fördervereinen an den Gesamteinnahmen der geförderten Institutionen bei 14 Prozent; bei ca. 40 Prozent aller Fördervereine liegt der Beitrag zum Gesamtetat allerdings unter 1 Prozent. Die Studie bestätigt aber insgesamt die Bedeutung, die Fördervereine für Kunst und Kultur haben.
Strategien der Mitgliedergewinnung und -bindung von Förder vereinen
Ideelle Unterstützung von Kunst und Kultur Neben der direkten finanziellen Förderung liegt der besondere Wert von Fördervereinen in der ideellen Unterstützung der Kunst und Kultur. Dieses Ziel gewinnt angesichts der zunehmenden Rechtfertigungszwänge gegenüber Politik und Öffentlichkeit in der Auseinandersetzung um Kulturetats oder bei großen Vorhaben an Relevanz. Fördervereine sind Interessenvertreter ihrer Kultureinrichtungen. »Gezielte und strategisch geplante Öffentlichkeitsarbeit sollte ein wichtiger Teil der Lobby-Arbeit sein. Da öffentlich getragene Museen wenig politischen Spielraum haben, können die Vereine als Sprachrohr eingesetzt werden und gegebenenfalls Einfluss auf kulturpolitische Entscheidungen zugunsten des Museums nehmen«, konstatieren beispielsweise Metz und Reschke eine der wesentlichen Aufgaben von Fördervereinen in ihrer Studie zu Fördervereinen deutscher Kunstmuseen (Metz/Reschke 1998: 40). Ziel eines Fördervereins sollte es deshalb auch sein, Marketing für seine Kultureinrichtung zu betreiben, um dessen öffentliche Wahrnehmung und die Verankerung vor Ort und in der Gesellschaft zu stärken. Gerade diese nicht finanzielle und indirekte Förderung kann in ihrer Bedeutung und ihrem finanziellen Gegenwert ungleich höher sein als eine direkte Unterstützung z.B. eines Konzertes oder einer Ausstellung (vgl. Fesel/Rolfes 2008: 95). Lobbying leistet in »Notfallsituationen« äußerst wirkungsvolle Unterstützung, z.B. bei Kürzungsszenarien in Budgetverhandlungen genauso wie beim Lancieren und Durchsetzen neuer Vorhaben. Wesentliches Instrument sind hierfür Netzwerke innerhalb und außerhalb des Fördervereins (vgl. Baumgarth/Kaluza 2012: 336). Die Mitglieder sind für die Kultureinrichtungen Interessenvertreter und Multiplikatoren zugleich. In engem Zusammenhang mit der beschriebenen Rolle als Fürsprecher für Kunst und Kultur und dem Lobbying ist der lokale bzw. regionale Bezug der Fördervereine zu sehen. Sie können für eine Einrichtung der »Anker vor Ort« sein. Häufig gelingt es Museen, Theatern oder Festivals nicht, die eigene Stadtgesellschaft oder ihr engeres räumliches Umfeld als Besucher zu gewinnen. Fördervereine können durch Ansprache gerade dieser Menschen die Bindung an eine Kultureinrichtung im näheren räumlichen Kontext stärken und Mitbürger vor Ort für die kulturellen Inhalte begeistern. Räumliche Nähe ist oftmals eine Voraussetzung für die Mitgliedschaft in einem Förderverein (vgl. Metz/Reschke 1998: 205). Gerade diese Verankerung bei der Bevölkerung vor Ort mit einer regionalen Identifizierung hat für Kultureinrichtungen einen hohen Stellenwert.
Unterstützung von Kunst und Kultur im managerialen Bereich Ein dritter Aspekt, der die Bedeutung von Fördervereinen in Kunst und Kultur unterstreicht und der in den vergangenen Jahren wichtiger geworden ist, liegt in der managerialen Sphäre mit organisatorischen Aufgaben und Verantwortlichkeiten. Fördervereine übernehmen z.B. Trägerschaften von gesamten Kultur-
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einrichtungen bis zu Teilbetrieben. Insbesondere die letztere Form wird häufig praktiziert – so betreiben Fördervereine den Museumsshop oder das Festivalcafé, deren (Jahres-)Überschüsse vollständig der Kultureinrichtung für die inhaltliche Arbeit zur Verfügung gestellt werden. Es wird oftmals mit ehrenamtlicher Hilfe der Vereinsmitglieder gearbeitet, um die Kosten möglichst gering zu halten und die erwirtschafteten Mittel zu steigern. Mit der Übernahme dieser Trägerschaften durch Fördervereine umgehen Kultureinrichtungen in öffentlicher Trägerschaft zudem kameralistische Haushaltsprinzipien; sie erweitern dadurch nicht nur ihre finanzielle Basis, sondern erhöhen die Flexibilität der Mittelbewirtschaftung (vgl. Metz/Reschke 1998: 210f.) Neben (Teil-)Trägerschaften können Fördervereine auf projektorientierter Basis organisatorische Funktionen für ihre Kultureinrichtung übernehmen. Dazu zählt z.B. die Planung und Durchführung von Veranstaltungen oder Zusatzangeboten. Z.T. werden Bauvorhaben über Fördervereine abgewickelt – von der Übernahme der Bauherreneigenschaft bis hin zur Abrechnung der Fördermittel. In der managerialen Sphäre sind Fördervereine häufig auch die organisatorische Plattform für die Einbindung von Ehrenamtlichen. Der Verein bietet den Rahmen für die Anwerbung, die Betreuung und Anleitung oder die Gratifikation des ehrenamtlichen Engagements (vgl. von Itter/Meyer 2014: 83). Hier wird der Förderverein zum Ermöglicher der freiwilligen Mitarbeit in einer Kultureinrichtung. Schließlich stellen Fördervereine auch ein wichtiges Vehikel für die Öffnung der klassischen Kultureinrichtungen mit einer stärkeren Partizipation und Einbindung von Bürgern und Besuchern in Kunst und Kultur dar (vgl. Dreyer/Wiese 2014: 35). Sie bieten in diesem Feld ideale Foren, um bürgerschaftliches Interesse zusammenzuführen (vgl. Metz/Reschke 1998: 212). Das Verhältnis zwischen Kultureinrichtungen und ihren Fördervereinen mit dem skizzierten Leistungsaustausch muss dabei nicht immer harmonisch sein. Bei allen positiven Wirkungen, die Vereine für die geförderte Einrichtung entfalten, darf das Problem einer (künstlerisch-inhaltlichen) Einflussnahme und von Konfliktpotenzialen bis hin zu persönlichen Vorbehalten nicht ausgeblendet und unterschätzt werden (vgl. Baumeier 2003). Divergierende Ziele dürfen dabei nicht dazu führen, dass Parallelstrukturen entstehen und ein Förderverein die Arbeit der Kultureinrichtung konterkariert (vgl. Burmeister 2003: 16).
Materielle und ideelle Leistungen für Mitglieder Auch wenn mit dem Engagement von Fördervereinen ein mäzenatischer Charakter verbunden wird und ihren Mitgliedern zumeist ein altruistisches Handeln zu Grunde liegt, findet auch auf dieser Ebene ein Austausch von materiellen und ideellen Leistungen statt: als Dank und Anerkennung für die geleistete Unterstützung und als Anreiz für neues oder weiteres Engagement. Auch wenn Gegenleistungen nicht das ausschlaggebende Motiv für die Unterstützung der Arbeit
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eines Fördervereins in Kunst und Kultur sind, erfahren deren Mitglieder einen differenzierten Nutzenzuwachs. Im materiellen Bereich sind die klassischen Maßnahmen – neben vergünstigten Eintritten – z.B. das traditionelle Fördervereinsfest oder der Ausflug zu einer befreundeten Kultureinrichtung; dazu zählen genauso kleinere Gratifikationen, wie z.B. ein Geschenk aus dem Museumsshop. Im ideellen Bereich sind es vor allem Maßnahmen, die dazu beitragen, die kulturellen Neigungen der Mitglieder zu befriedigen und ein positives Selbstwertgefühl auszulösen bzw. zu stärken; eng damit verbunden sind (nicht primär angestrebte) Prestige- und Imageeffekte. Der Wunsch von Mitgliedern, zu lernen und ihr Wissen zu erweitern, ist auf der kognitiven Ebene ebenfalls ein weiteres Motiv, auf das Fördervereine und Kultureinrichtungen mit entsprechenden Engagementmöglichkeiten und Fortbildungsangeboten reagieren. Nutzeneffekte für Mitglieder im ideellen Bereich zeichnen sich dabei z.T. durch eine langfristige Wirkung aus, die ein kontinuierliches Kümmern der Fördervereine erfordert. Abbildung 4: Anreiz-Beitrags-Struktur von Kultureinrichtungen, Fördervereinen und Mitgliedern
Förderverein / Kultureinrichtung
Mitglieder
Anreize
Beiträge
Unterstützung Kultureinrichtung in • finanzieller • ideeller • managerialer Hinsicht
• Wohlfühlkultur • (materielle und ideelle) Anerkennungskultur • Plattform für zwischenmenschlichen Austausch • Angebote kultureller Bildung und Vermittlung • Sonstige Fortbildungsmöglichkeiten • Teilhabe- und Verantwortungspotenzial • Identifikationspotenzial
• Befriedigung kultureller Bedürfnisse • Befriedigung sozial-kommunikativer Bedürfnisse • Auslösung und Stärkung positiver Selbstwertgefühle • Wissenserweiterung • Image- und Prestigeeffekte (nicht primär angestrebt) • Sichtbarkeit des persönlichen Engagements
• Finanzielle Förderung durch laufende Beiträge, zusätzliche Spenden, Einnahmen aus Veranstaltungen oder Einwerbung externer Fördermittel • Lobbyarbeit und Marketing für die Kultureinrichtung (»Interessenvertreter«) • Ehrenamtliche Mitarbeit/ organisatorische Aufgaben • Verankerung der Kultureinrichtung vor Ort
Insbesondere der ideelle Bereich bietet Fördervereinen und Kultureinrichtungen differenzierte Anknüpfungspunkte für die strategische Ausrichtung der Austauschbeziehung zu ihren Mitgliedern und zur Entwicklung eines Maßnahmen-
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bündels bzw. Anreizprofils. Abbildung 4 fasst die Anreiz-Beitrags-Struktur von Fördervereinen und ihren Mitgliedern zusammen.
4. S trategische A usrichtung der M itgliederge winnung und - bindung Die Herausforderungen von Fördervereinen bei der langfristigen Sicherstellung ihrer Arbeit und als Voraussetzung dafür eine positive Mitgliederentwicklung sind evident; auf das schwierige Wettbewerbsumfeld, in dem Fördervereine agieren, wurde hingewiesen. Diese Situation setzt eine strategische Ausrichtung voraus – die Tätigkeit der Fördervereine und deren Leitung müssen auf konzeptioneller Grundlage erfolgen. Ein professionell ausgerichtetes Fördervereinsmanagement muss sich Ziele setzen – auch in langfristiger Sicht. Das Konzept eines Fördervereins darf dabei nicht als Solitär neben der Arbeit der Kultureinrichtung stehen. Vielmehr ist eine Verzahnung anzustreben, die sich positiv auf die Arbeit des Museums, des Theaters oder der Bibliothek auswirkt. Mit einer Abstimmung und Harmonisierung des Konzeptes können unproduktive Konflikte vermieden werden. Die strategische Perspektive der Fördervereinsarbeit richtet sich dabei auf die inhaltliche Schwerpunktsetzung genauso wie auf die Entwicklung der Mitgliederzahl und -struktur. Auf bauend auf der herausgearbeiteten Anreiz-Beitrags-Struktur von Fördervereinen und ihren Mitgliedern lassen sich folgende sechs Strategien für die Ausrichtung der Mitgliederbetreuung kennzeichnen:
(1) Strategie der emotionalen Bindung: Wohlfühlkultur schaffen Die emotionale Ebene spielt in Freundschaften eine zentrale Rolle – das gilt auch für die Freunde einer Kultureinrichtung, die sich in Fördervereinen engagieren. Der Ausspruch von Ralph Waldo Emerson »Der einzige Weg, einen Freund zu haben, ist der, selbst einer zu sein!« bietet sich deshalb als Grundverständnis für die Arbeit von Fördervereinen an. Diese müssen mit ihren Kultureinrichtungen klären, was sie zu Freunden für (potenzielle) Mitglieder macht; diese Frage sollte am Anfang aller strategischen Überlegungen stehen – noch vor der Professionalisierung der Mitgliederverwaltung, der Anerkennungskultur oder der Fortbildungsprogramme. Der Umgang miteinander und eine persönliche Atmosphäre mit der Schaffung einer Wohlfühlkultur, die Wert auf die (zwischen-)menschliche Komponente legt, sind entscheidende Bindungsfaktoren auf der emotionalen Ebene des Austauschverhältnisses mit den Mitgliedern. Oftmals sind gerade diese weichen Faktoren ausschlaggebend für das Engagement von Menschen in Fördervereinen und für die Identifikation der Mitglieder mit ihrer Kultureinrichtung.
Strategien der Mitgliedergewinnung und -bindung von Förder vereinen
(2) Profilierungsstrategie Erfolgreiche Mitgliederwerbung und -bindung haben auch mit der Wahrnehmbarkeit eines Vereins und der Abgrenzung gegenüber seinen Wettbewerbern zu tun: Die Schärfung des eigenen Profils ist eine wesentliche Erfolgsvoraussetzung für die Arbeit von Fördervereinen in Kunst und Kultur. Hierfür sind nicht unbedingt umfassende und bis ins Detail betriebene Umfeldanalysen erforderlich. Zu unterschiedlich sind die Vereine hinsichtlich ihrer Geschichte, ihrer Mitgliederzahl, ihres Selbstverständnisses oder der inhaltlichen Ausrichtung. Eine Vergleichbarkeit ist nicht immer gegeben – die Voraussetzungen und Handlungsmöglichkeiten von Fördervereinen sind differenziert zu betrachten. Trotzdem schadet der Blick über den eigenen Tellerrand nicht: Ob bei der Errichtung eines neuen Fördervereins oder bei der Neuausrichtung einer bestehenden Vereinsarbeit sollten Informationen aus Umfeldbetrachtungen, z.B. zu Angeboten im Rahmen der Mitgliederbetreuung oder der Beitragsgestaltung, Berücksichtigung finden. Dies bestätigen Beispiele wie beim 2014 gegründeten Freundeskreis für das neue Stadtmuseum Stuttgart, dessen Gründung eine Sichtung der Beitragsstrukturen bestehender Freundes- und Förderkreise für andere Stuttgarter Museen vorangestellt wurde (vgl. Dauschek 2014).
(3) Dienstleistungsstrategie Fördervereine müssen prüfen, ob und wie sie ihren Dienstleistungscharakter gegenüber ihren Mitgliedern stärken können. Das Leistungsspektrum mit den Engagementmöglichkeiten und der Anerkennungskultur für die Mitglieder muss regelmäßig reflektiert und in Abhängigkeit von deren Erwartungen und Bedürfnissen weiterentwickelt werden. Jeder Förderverein hat hierfür unterschiedliche Voraussetzungen; dies hängt von der Kultureinrichtung, von der Ausrichtung in elitäre oder in breiter angelegte Fördervereine, von der Alters- und Sozialstruktur der Mitglieder oder von verfügbaren Budgets ab. Exemplarisch sei z.B. auf die vielfältigen Ansätze hingewiesen, mit Schülern, Studenten oder Berufseinsteigern junge Menschen für die Fördervereinsidee zu gewinnen – mit einem eigenen »Jungen Freundeskreis« oder innerhalb bestehender Vereinsstrukturen. In diesem Zusammenhang sei mit der »Kulturspur« der jungenkunstfreunde und mit »Kunst + Kind. Mit Baby im Museum« von stART zwei exemplarische Angebote am Wallraf-Richarts-Museum und Museum Ludwig in Köln angeführt (vgl. Grünes 2014). In diesem Feld ist die Kreativität der Fördervereine gefragt. Bei der konzeptionellen Grundlegung und der Suche nach neuen Angeboten und Instrumenten der Mitgliederwerbung und -bindung müssen jedoch die damit verbundenen strukturellen und organisatorischen Voraussetzungen bedacht werden. Mitgliederbetreuung mit hoher (Dienstleistungs-)Qualität sicherzustellen bedarf eines entsprechenden personellen und finanziellen Rahmens. Diese Aufwandskomponente darf bei Planungen nicht ausgeblendet werden.
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(4) Vermittlungs- und Teilhabestrategie Mit dem Bedeutungszuwachs kultureller Bildung und Vermittlung gewinnt eine weitere Facette in der Arbeit von Fördervereinen an Gewicht. Die Vereine sind auch Vermittler kultureller Inhalte bzw. sie sollten es sein. Mit ideellen Gegenleistungen bieten sie ihren Mitgliedern einen vertieften Zugang zu den Angeboten ihres Theaters, Museums oder ihrer Bibliothek. Dies ist nicht nur ein zentraler Bestandteil der Anerkennungskultur gegenüber ihren Mitgliedern. Fördervereine nehmen damit zugleich zwei weitere Funktionen wahr: Sie leisten zum einen einen wichtigen Beitrag zu der gesellschaftlich notwendigen kulturellen Bildung und können damit zum anderen neue Zielgruppen an Kunst und Kultur heranführen. Eng mit der kulturellen Bildung und Vermittlung ist verbunden, dass Fördervereine auch eine wichtige Plattform für die Öffnung der Kunst und Kultur sein können. In der Diskussion um kulturelle Partizipation und Teilhabe (vgl. Föhl 2010) und mit einer stärkeren Einbindung von Bürgern und Besuchern in die kulturellen Einrichtungen können Vereine als Vermittler wirken, Meinungen bündeln und helfen, Interessen und Ideen zu formulieren. Fördervereine sind so Sprachrohr für den »kulturmündigen« Bürger, der Verantwortung für »seine« kulturelle Einrichtung übernehmen will; sie bieten Möglichkeiten, um bürgerschaftliches Interesse zusammenzuführen. Verantwortungsübernahme ist ein Anreiz für Menschen, sich in Kunst und Kultur zu engagieren. Dieser Gedanke findet sich u.a. im Statement der AG Freundeskreise vom Februar 2013 wieder, in dem ein Dialog auf Augenhöhe mit allen Beteiligten angeregt wird (vgl. AG Freundeskreise der Berliner Kultur 2017). Gerade diese größere Öffentlichkeit stärkt die Wirksamkeit der Fördervereine und somit ihre Arbeit.
(5) Strategie des sozialen Ortes Eine wichtige Motivation für Mitgliedschaften in Fördervereinen sind soziale Kontakte der Mitglieder untereinander. Fördervereine lassen sich als ein »Netzwerk von Freunden« interpretieren. In Zeiten von Facebook und Social Media sind die Möglichkeiten zur Kommunikation scheinbar unbegrenzt; mit den neuen Medien entstehen alltägliche Kommunikationsmöglichkeiten, die auch Fördervereine Potenziale in noch größerem Umfang erschließen lassen. Trotzdem gilt: Nichts geht über den direkten persönlichen Austausch. Kultureinrichtungen und Fördervereine sind soziale Orte und geben Raum gerade für diesen Austausch. Als ein sehr außergewöhnliches Beispiel sei die Idee für ein »Haus des Fördervereins« genannt, das auf dem Außengelände des Freilichtmuseums am Kiekeberg, Ehestorf, errichtet werden soll (vgl. von Itter/Meyer 2014: 88). Das Haus soll als Treffpunkt für Fördervereinsmitglieder und Ehrenamtliche quer durch die Generationen dienen und zugleich ein Dank an die Mitglieder für die Verbundenheit mit ihrem Museum sein. Nicht jede Kultureinrichtung hat die Möglichkeit, den Mitgliedern ihres Fördervereins gleich ein ganzes Haus zu widmen. Der
Strategien der Mitgliedergewinnung und -bindung von Förder vereinen
Grundgedanke, die sozialen Austauschmöglichkeiten für Mitglieder im Rahmen der Fördervereinsarbeit zu stärken, wird in den kommenden Jahren gerade in Kunst und Kultur aber noch an Bedeutung gewinnen.
(6) Identifikationsstrategie: Starke Marke Kultureinrichtung Der Eintritt, eine längere und aktive Mitgliedschaft sowie das Engagement in einem Förderverein sind auf ein differenziertes Motivbündel zurückzuführen. Die Professionalität und die Angebote der Mitgliederbetreuung haben eine ausschlaggebende Wirkung. Die Vereinsarbeit mag aber noch so gut sein – über allem steht die Strahlkraft der Kultureinrichtung selbst. Letztlich sind es das Interesse an den Inhalten und an der Arbeit der kulturellen Institution und die Überzeugung, sich dafür einsetzen zu können, was Menschen dazu bewegt, sich in einem Förderverein zu engagieren. Es besteht ein Abhängigkeitsverhältnis vom Image der kulturellen Institution. Eine Marke oder Identität lassen sich nicht kurzfristig entwickeln; sie sind das Ergebnis langfristiger Prozesse, die auf Kontinuität angelegt sind (vgl. Dreyer 2002). Die Schaffung und Etablierung einer starken Marke der Kultureinrichtung und die damit verbundenen Identifikationspotenziale verbessern aber erheblich die Möglichkeiten für die Mitgliedergewinnung und -bindung von Fördervereinen (vgl. Baumgarth/Kaluza 2012). An diesem strategischen Grundverständnis der Fördervereinsarbeit mit einer Wohlfühlkultur, einer Profilschärfung, einem Dienstleistungscharakter, einer Vermittlungs- und Teilhabekultur, der Ausprägung eines sozialen Ortes und mit einer Kultureinrichtung als starke Marke richtet sich die Gestaltung der (operativen) Maßnahmen der Mitgliederbetreuung aus. Es bildet die Grundlage für die Aktivitäten von Fördervereinen, Freunde zu gewinnen und mit einer Anerkennungskultur und einem (Gegen-)Leistungsprogramm langfristig an sich zu binden. Anhand der Form – materiell und ideell – und der beim Mitglied angesprochenen Ebene – kognitiv oder emotional – lassen sich die Maßnahmen wie folgt systematisieren, wobei eine Abgrenzung nicht immer eindeutig möglich ist: (1) materielle Anerkennung z.B. mit vergünstigten Eintritten, Preisnachlässen im Museumsshop, Jahresgaben oder verbilligten Reisen; (2) ideelle Anerkennung z.B. mit Probenbesuchen oder exklusiven Previews, einem erleichterten Kartenzugang, besonderen Empfängen mit Gesprächen mit dem Intendanten oder Künstlern, oder Nennungen durch eine Berichterstattung in den Medien; (3) Anreize auf der kognitiven Ebene z.B. mit der Mitwirkung an der inhaltlichen Arbeit oder speziellen Fort- und Weiterbildungsangeboten; (4) Anreize auf der emotionalen Ebene z.B. mit einem Fördervereinsfest, gemeinsamen (kommunikativen) Erlebnissen mit Reisen oder Betätigungsfeldern in der Kultureinrichtung.
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Matthias Dreyer
Abbildung 5 fasst das Ineinandergreifen der strategischen Ausrichtung und der einzelnen Bereiche der Mitgliederbetreuung von Fördervereinen in Kunst und Kultur nochmals zusammen. Abbildung 5: Strategische und operative Ausrichtung der Mitgliederbetreuung von Fördervereinen
Strategie des sozialen Ortes
Mitgliederentwicklung von Fördervereinen
Profilierungsstrategie
5. F it für die Z ukunf t : E rfolgsfak toren für die A rbeit von F ördervereinen Fördervereine in Kunst und Kultur werden weiter an Bedeutung gewinnen. Das bewirken die Sparzwänge der öffentlichen Kulturfinanzierung. Museen, Theater oder Bibliotheken haben ein großes Interesse, die Arbeit der Vereine auszubauen und dürften deshalb die Gründung weiterer bzw. die Stärkung bestehender Fördervereine initiieren bzw. forcieren. Die zunehmende Aufmerksamkeit für Fördervereine resultiert darüber hinaus – wie beschrieben – aus einer aktiven Bürgergesellschaft, in der Menschen mehr Verantwortung für das Gemeinwesen und für Kunst und Kultur übernehmen. Sie bieten interessierten Bürgern die Möglichkeit, sich einzubringen und zu engagieren. Diese gesellschaftliche Entwicklung sollten Fördervereine für sich nutzen. Der demografische Wandel bietet ebenfalls zusätzliche Chancen (vgl. Dreyer 2014: 63). Mit dem steigenden Anteil älterer Menschen in der Bevölkerung wächst auch die Zahl der Bürger, die sich im Alter in Kunst und Kultur engagieren können. Eine Facette der demografischen Veränderungen, die in deutschen Fördervereinen in Kunst und Kultur bislang eine eher untergeordnete Rolle spielt, ist der wachsende Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund. Für dieses Feld die Möglichkeiten und Grenzen zu erörtern, wäre lohnend. In diesem Zusammen-
Strategien der Mitgliedergewinnung und -bindung von Förder vereinen
hang stellt sich auch die Frage nach der Stärkung des Kooperationsgedankens im Fördervereinswesen mit regionalen Allianzen für einen Kulturstandort (vgl. Dreyer/Wiese 2014: 38). Fördervereine müssen kontinuierlich das gesellschaftliche Umfeld und die Bedürfnisse ihrer Mitglieder reflektieren. Zentraler Erfolgsfaktor für ihre Arbeit ist die beschriebene strategische Perspektive der Mitgliederentwicklung mit der langfristigen Ausrichtung der Maßnahmen zur Mitgliedergewinnung und -bindung. Ohne ein klares Profil, ohne Identifikationsmöglichkeiten mit der Kultureinrichtung oder ohne das Eingehen auf die emotionalen Bedürfnisse der (potenziellen) Mitglieder ist es schwierig, Menschen für sich zu begeistern und das Unterstützungsniveau zu erhalten oder auszubauen. In Relation zur öffentlichen Kulturfinanzierung wird die Unterstützung von Fördervereinen – neben den anderen Formen des privaten Engagements – ihren ergänzenden Charakter behalten. Ihre Tätigkeit und das Engagement der Menschen in den Vereinen – finanziell, materiell oder organisatorisch-unterstützend – sind für den kulturellen Sektor aber unerlässlich; sie leisten einen erheblichen Beitrag zur Vielfalt und zur Weiterentwicklung der Kulturlandschaft in Deutschland. Neben ihrer Rolle als Fürsprecher kann ihre Ausstrahlung, Freunde für ein Museum, ein Theater oder eine Bibliothek zu gewinnen, nicht hoch genug eingeschätzt werden. Umso wichtiger ist es, die Arbeit der Fördervereine – auch im Bereich der Mitgliederentwicklung – weiterzuentwickeln.
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Matthias Dreyer
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Strategien der Mitgliedergewinnung und -bindung von Förder vereinen
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Friendraising als wichtiger Bestandteil des Fundraisings Marita Haibach
E inleitung Das systematische Fundraising hat im Kulturbereich im vergangenen Jahrzehnt an Bedeutung gewonnen. »Friendraising comes before Fundraising«, so lautet ein allseits bekannter Fundraising-Grundsatz. Nicht die Einwerbung von Geld sollte demnach am Anfang stehen, sondern die Konzentration auf die Gewinnung von Freundinnen und Freunden. Dies weist darauf hin, dass Förder- und Freundeskreise eine wichtige Rolle beim Fundraising spielen können. Mit Fundraising wird die umfassende Mittelbeschaffung einer nicht-kommerziellen Organisation bezeichnet, wobei der Schwerpunkt auf der Einwerbung finanzieller Mittel liegt, und zwar vor allen Dingen derjenigen Zuwendungen, die nicht regelmäßig fließen und von den Förderern freiwillig geleistet werden (vgl. Haibach 2012: 16-17). Auch wenn der Begriff Fundraising keineswegs ausschließlich auf die Gewinnung privater Förderer abstellt, so stehen Individuen und Familien, Unternehmen und Stiftungen doch in der Regel im Vordergrund. Viele unterschiedliche Organisationen mit einer großen Vielfalt an Anliegen konkurrieren um private Förderer. Spendensammelnde Organisationen brauchen Profil und systematische Kommunikationsstrategien, wenn sie sich auf dem Fundraising-Markt erfolgreich behaupten wollen.
F örder - und F reundeskreise : nachhaltig wirksame F undraising -I nstrumente ? Förder- und Freundeskreise können Kulturorganisationen großen Nutzen bringen, der jenseits finanzieller Mittel liegt. Dies reicht von gesellschaftlicher Verankerung über Öffentlichkeitsarbeit, Renommee-Erhöhung bis hin zu Besuchermarketing. Förder- und Freundeskreis-Mitgliedschaften sind in der Regel damit verbunden, dass die Freunde und Förderer einen festen jährlichen Mindestbeitrag
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leisten. Dadurch kann ein Beitrag zu den Einnahmen der jeweiligen Organisation geleistet werden. Dem steht allerdings gegenüber, dass sowohl die Gewinnung von Mitgliedern als auch deren Pflege und Bindung mit finanziellem Aufwand verbunden ist. Die Administration des Förderkreises und die Betreuung der Mitglieder erfordert personelle Kapazitäten. Dies ist meist – zumindest auf Dauer – nicht ehrenamtlich möglich, auch hinsichtlich der Kontinuität und Professionalität. Abgesehen von Personalkosten können Raummiete, weitere Bürokosten und Kosten für die gesamte Administration anfallen ebenso wie Kosten für kommunikative Aktivitäten unterschiedlicher Art (Mitgliederveranstaltungen, Newsletter, Webseite, Informationsmaterialien). Hinzu kommt, dass auch die Vorteile, die die jeweilige Kulturorganisation den Förder- bzw. Freundeskreismitgliedern bietet, die vom Vorkaufsrecht für Karten oder gar freien Eintritt bis hin zu Kulturreisen und der Teilnahme an exklusiven Events reicht, mit Aufwand verbunden sind. Förder- und Freundeskreise gibt es in vielfältigen Formen und Größenordnungen, daher lässt sich die Frage, ob diese nachhaltig wirksame FundraisingInstrumente sind, nicht ohne Weiteres beantworten, denn dies hängt von den jeweiligen Gegebenheiten ab. Eine wesentliche Bedeutung kommt dabei folgenden Aspekten zu: Wie ist die Ausrichtung des Förder- oder Freundeskreises? Was sind die konkreten Ziele? Stehen finanzieller Aufwand und Ertrag in einem akzeptablen Verhältnis? Wie groß ist die Zahl der Mitglieder? Wie hoch ist der jeweilige Jahresbeitrag? Erfolgen Spenden zusätzlich zu den Mitgliedsbeiträgen? Sind Förderkreis-Fundraising und Fundraising für die jeweilige Organisation komplementär oder besteht tendenziell eher ein Konkurrenzverhältnis? Eines ist jedoch klar: Förder- und Freundeskreise sind keine FundraisingSelbstläufer. Die Annahme, den Mitgliedern ein paar Benefits zu bieten, damit diese lange dabeibleiben und ihre Mitgliedsbeiträge erhöhen und sogar Zusatzspenden leisten, ist falsch. Es muss kontinuierlich dafür gesorgt werden, dass sich alle Einzelnen wohlfühlen, dass ihre Wünsche und Anliegen erfüllt werden und zugleich – wo immer dies passt und noch dazu in der jeweils geeigneten Form – Förderbitten geäußert werden.
F riendraising – ein F undraising -E ckpfeiler Freundschaften zeichnen sich durch Sympathie, gegenseitige Wertschätzung und Vertrauen aus. Diese Aspekte spielen auch eine wichtige Rolle dabei, wenn sich Menschen für Gemeinwohlorganisationen engagieren, ob als Freunde oder als Förderer. Nur Organisationen, die eine hinreichende Zahl an »Freunden« haben, gelingt es, Menschen auch zu finanzieller Unterstützung zu motivieren. Wir alle haben mit einer riesigen Flut an Informationen zu kämpfen, die uns tagtäglich überschwemmt. Auch die Zahl und das Spektrum an Gemeinwohlanliegen und kulturellen Angeboten ist unüberschaubar. Die Spenderpyramide (vgl. Abb. 1) verdeutlicht, dass es zunächst gelingen muss, Menschen überhaupt
Friendraising als wichtiger Bestandteil des Fundraisings
auf einen spezifischen Förder- oder Freundeskreis aufmerksam zu machen, dann deren Interesse zu wecken und sie schließlich für ein Engagement zu gewinnen. Einmalspenden werden eher mal geleistet als eine längerfristige Festlegung auf eine Organisation. Die Zahl der in Frage kommenden Personen wird umso kleiner, je weiter es in die Spitze der Pyramide geht. Abbildung 1: Die Spenderpyramide (adaptiert auf der Basis von Haibach 2012: 220)
Erblasser/ -innen Großspender/ -innen Dauerspender/-innen Mehrfachspender/-innen Erstspender/-innen Interessierte Allgemeine Öffentlichkeit
Je nach Platzierung auf der Spenderpyramide sollte auf unterschiedliche Weise mit den Interessierten beziehungsweise Spendern kommuniziert werden. Die Basis der Spenderpyramide bildet die allgemeine Öffentlichkeit, also Personen, die keinerlei Kenntnisse über eine bestimmte Kultur-Organisation und deren Ziele besitzen. Die nächste Gruppe sind Interessierte, also Personengruppen, die bereits von der Organisation und ihrer Arbeit gehört haben (ob über die Zeitung, das Fernsehen oder einen Bekannten) oder aber aus anderen Gründen (inhaltliches Interesse, Besuch einer Veranstaltung der Organisation) als Spender infrage kommen. Gängige Fundraising-Methoden, um potenzielle Interessierte zu identifizieren, sind das Auslegen von Spendenflyern, Spendenmailings, Anzeigen, Infostände und anderes mehr. Eine zentrale Herausforderung für das Fundraising ist es, Erstspender dazu zu bewegen, ihre Spende zu erneuern und sie als Mehrfachspender (wiederholte Einzelspenden) oder gar als Dauerspender (festgelegte regelmäßige Beträge, beispielsweise jährlich, also möglicherweise als Förderkreismitglied) zu gewinnen. Außerdem gilt es, Spender zu motivieren, den Betrag ihrer Spende zu erhöhen, damit sie sich möglicherweise sogar zu Großspendern entwickeln, also Beträge geben, die sich erheblich über den Durchschnittsbeträgen befinden. An der Spitze der Spenderpyramide stehen Erblasser, also Testamentspender. Vermächtnisse an gemeinnützige Organisationen erwachsen in der Regel aus langjährigen guten Beziehungen.
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Förderkreise sind eine gute Möglichkeit, um auf den Freundschaftsaspekt abzustellen, also nicht den Jahresbeitrag in den Mittelpunkt zu stellen. Ein wesentlicher Aspekt in diesem Zusammenhang ist auch der Fundraising-Grundsatz: »People give to people«, Menschen spenden an und für Menschen, nicht für Organisationen. Organisationen, auch wenn sie noch so sinnvollen Zwecken dienen mögen, werden von Außenstehenden meist als kalte Gebilde empfunden. Es sind Menschen, die Organisationen ein Gesicht geben, diesen Glaubwürdigkeit verleihen. Es ist ein wichtiger Vertrauensvorschuss für einen Förderkreis, wenn einem Interessenten für eine Mitgliedschaft bereits »Freunde« der Organisation bekannt sind. Hinzu kommt die damit verbundene Möglichkeit, gemeinsam etwas zu unternehmen, also beispielsweise Veranstaltungen der Kulturorganisation zu besuchen, die Freundschaft auf diese Weise zu vertiefen und ggf. auch für andere Dinge darauf zurückzugreifen. Aus Sicht der Kultureinrichtung bieten Freundeskreise die Möglichkeit, die jeweilige Person, die Organisation und deren Aktivitäten sowie deren Bedürfnisse und Interessen besser kennen und schätzen zu lernen. Ein Positivum von Förder- und Freundeskreisen ist zudem das OwnershipGefühl: »Ich bin Miteigentümer.« Das daraus resultierende Wir-Gefühl bewirkt eine stärkere Identifikation, als wenn jemand einen Verein nur als Spenderin unterstützt. Ein weiterer Aspekt, bei dem Förder- und Freundeskreise punkten können, ist, dass viele Menschen hierzulande nach wie vor nicht gerne über ihr Spendenengagement sprechen, weder im öffentlichen noch im privaten Kontext. Eine Patenschaft bei einem Kinderhilfswerk zu haben oder aber sich als Mitglied der Freundesgesellschaft zu bezeichnen, fällt vielen leichter.
I nstitutional R e adiness : V orausse t zung für erfolgreiches F undraising Fundraising ist ein komplexer Vorgang, der auf zwei sich überlappenden Pfeilern beruht: die Fundraising-Bereitschaft der Organisation und das fortwährende systematische Abarbeiten des jeweiligen Fundraising-Mix, bei dem eine maßgeschneiderte Palette von Fundraising-Instrumenten zum Einsatz kommen sollte. Die Institutional Readiness, die Fundraising-Bereitschaft einer Organisation, beinhaltet das komplexe Zusammenwirken einer Vielfalt von unterschiedlichen Komponenten inhaltlicher, struktureller und personeller Art. Die folgende Übersicht beinhaltet die zentralen Bausteine.
Friendraising als wichtiger Bestandteil des Fundraisings
Tabelle 1: Institutional Readiness für Fundraising: Übersicht über die zentralen Bausteine (vgl. Haibach/Uekermann 2017: 60) • überzeugender Organisationszweck (Mission); • öffentliches Ansehen und Profil; • Positionierung der Organisation; • Marketing-/Kommunikationsstrategie; • Fundraising-Zielbild (Case for Support); • Mittelbedarf (Projekte/Beträge); • Potenzielle Förderer; • Leadership, Managementorientierung und Fundraising als Denkhaltung; • Fundraising-Know-how, Fundraising-Personal, Arbeitsstrukturen und Prozesse (qualitative und quantitative Fundraising-Ziele, Fundraising-Instrumente), technische Systeme (wie Fundraising-Software); • Finanzplanung, Budget für Fundraising-Aktivitäten und Controlling.
Im Folgenden sollen nur einige der zentralen Punkte kurz skizziert werden: Fundraising-Zielbild
Gibt es überzeugende Argumente und gute Gründe, warum private
(Case for Support)
Förderer sich engagieren sollten?
Mittelbedarf
Ist der Finanzbedarf plausibel und nachvollziehbar? Wofür genau
(Förderprojekte)
werden die Mittel benötigt? Private Förderer wollen meist einen Unterschied bewirken.
Potenzielle Förderer
Gibt es Menschen, Unternehmen, Stiftungen, die Interesse haben, Organisationen zu unterstützen? Wie können diese identifiziert und als Förderer gewonnen werden?
Leadership
Tragen die hauptamtlichen und ehrenamtlichen Führungspersönlichkeiten das Fundraising aktiv mit?
Fundraising-Fachkräfte
Stehen hauptamtliche bzw. ggf. ehrenamtliche Personen zur Verfügung, die sich kontinuierlich und fachkundig für die Planung und Umsetzung des Fundraisings einsetzen?
R ele vanz für F örder - und F reundeskreise Für Förder- und Freundeskreise beinhaltet das Thema »Institutional Readiness für das Fundraising« zahlreiche Gesichtspunkte: Wo sind sie organisatorisch angesiedelt? Handelt es sich um eigene Vereine? Wenn ja, arbeiten diese Hand in Hand mit der Institution und deren Leitung, zu deren Nutzen sie sich engagieren, oder aber steht das Eigenleben des jeweiligen Vereins und der handelnden Personen im Vordergrund? Wenn nicht, ist sichergestellt, dass die Förder- und Freundeskreise dennoch mit einer gewissen Eigenständigkeit agieren oder fungieren sie lediglich als eine Form des Betreuungsmanagements von Förderern?
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Grundsätzlich gibt es aus Fundraising-Sicht keine klare Präferenz, im Hinblick darauf, wie die organisatorische Ansiedlung konkret vorgenommen werden muss. Zwei wesentliche Fragen sind allerdings: Wo erfolgt die Planung und Steuerung des Fundraisings? Wo laufen die Fäden zusammen? Es wirkt verwirrend und negativ auf potenzielle Förderer, wenn ein- und dieselbe Organisation in Form von untereinander konkurrierenden Gruppierungen oder Personen auf sie zukommt. Wichtig ist daher Koordination und Kooperation. Die Grundfragen sollten dabei sein: Worin liegen die besonderen Stärken von Förder- und Freundeskreisen aus Fundraising-Sicht, was kann die Organisation selbst besser? Das kann von Fall zu Fall unterschiedlich sein. Viele selbständige Förderkreise haben ein starkes Eigenleben, was viel Positives bewirken, aber aus Fundraising-Sicht kontraproduktiv sein kann. So gibt es Beispiele, wo ein »starker« Vorsitzender bzw. Vorstand sich herausnimmt, zu bestimmen, was die Organisation braucht, also wofür Spenden gesammelt werden sollen. Zugleich aber gibt es auch Gegenbeispiele von Intendanten oder Museumsdirektoren, die Freundeskreise lediglich als Geldbeschaffer ohne jeglichen Einfluss handhaben wollen. Ob eigene Vereine oder Freundeskreise ohne eigene Rechtsform: Eine enge Verzahnung der Fundraising-Aktivitäten zwischen Förder- bzw. Freundeskreis und der Organisation ist wesentlich. Zentrale Themenfelder sind dabei: Wie unterscheiden sich die Argumente und Gründe für eine Förderung der Organisation selbst von den Argumenten, sich als Förderer im Freundeskreis zu engagieren? Bei Freundeskreisen spielt oft die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft, die sich aus bürgerschaftlicher Verantwortung für die Institution engagiert, im Vordergrund. Doch es gibt auch Spender, für die solche Argumente keine Rolle spielen, die sich lieber direkt für die Organisation engagieren wollen. Wofür wirbt der Freundeskreis Mittel ein, wofür die Organisation selbst? Meist ist es sinnvoll, wenn der Förderkreis für die Förderung eindeutiger Bereiche bzw. Projekte zuständig ist, wie beispielsweise den Ankauf von Kunstwerken oder bestimmte Aufführungen. Wer fungiert als öffentliche Führungsperson für die Institution selbst, wer für den Förderkreis? Das Zusammenspiel einer öffentlich renommierten ehrenamtlichen Führungsperson, die den Freundeskreis leitet, mit dem Museumsdirektor kann – wenn dies abgestimmt und verzahnt läuft – weitaus größere Wirkung zeigen, als wenn die Beiden jeweils einzeln agieren. Wer sollte als Mitglied des Freundeskreises gewonnen werden, welcher Spender »gehört« der Organisation? Dürfen Mitglieder auch von der Organisation direkt um Spenden gebeten werden? Es schließt sich zudem keineswegs aus, dass Förderkreismitglieder sich parallel auch als Spender für die Organisation engagieren. Außerdem können diese auch vom Förderkreis selbst um Zusatzspenden gebeten werden. Wie sieht es mit der Förderer- bzw. Mitgliederdatenbank aus? Hat der Freundeskreis eine eigene Datenbank? Wer ist für Auf bau und Pflege zuständig? Hier sind selbstredend die Datenschutzgrundsätze streng zu beachten, doch gleichzei-
Friendraising als wichtiger Bestandteil des Fundraisings
tig kann es sinnvoll sein, Überlappungen im Blick zu haben und Synergieeffekte zu nutzen. Wie unterscheiden sich die Vorteile, die Förderkreis-Mitglieder genießen, von Benefits, die andere Spender erhalten? Hier gilt es, ein angemessenes Verhältnis sicherzustellen, auch dann, wenn es in einer Organisation mehrere Freundeskreise mit unterschiedlichen Beitragslevels gibt. Wo laufen die Fäden für das Fundraising des Freundeskreises zusammen, wo für die Organisation? Verfügen beide über einen Fundraiser bzw. eine Fundraiserin (oder mehrere)? Ist der Fundraiser der Organisation auch für das Fundraising des Förderkreises zuständig? Partnerschaftliche Abstimmung und Kooperation ist unabdingbar.
K l assisch : F örder - und F reundeskreise als B indungsinstrument Die eigentliche Kunst des Fundraisings liegt darin, Einmalspender zu erneuten Spenden zu motivieren und dies immer wieder, so dass sie sich über viele Jahre möglichst mit wachsenden Beträgen engagieren. Dies gilt selbstredend auch und gerade für Spender hoher Beträge. Zu den Strategien und Möglichkeiten, die dazu beitragen können, die Bindung von Spenderinnen und Spendern an eine Organisation zu stärken, gehört es, der Beziehung zur Organisation einen besonderen Status zu verleihen. Dies kann durch Förder- und Freundeskreise erfolgen. Viele gemeinnützige Organisationen setzen verschiedene Gruppen mit unterschiedlichen Beitragskategorien ein, die jeweils spezielle Vorteile für die Mitglieder beinhalten. Welche Größenordnungen bei den Beitrags- und Benefit-Levels sinnvoll sind, hängt stark von den spezifischen Gegebenheiten und Erfahrungen der jeweiligen Organisation ab. Förder- und Freundeskreise funktionieren hierzulande im Breiten-Fundraising (insbesondere im humanitären und ökologischen Bereich) gut, wenngleich die Gewinnung und Bindung meist mit hohem Aufwand verbunden ist. Viele Organisationen setzen bei der Gewinnung insbesondere auf Stand- und Haustürwerbung (auch Face-to-Face-Fundraising bezeichnet). Häufig praktizierte Möglichkeiten sind das Engagement als Dauerspender, Mitglied, Fördermitglied und Pate. Meist geht es dabei um jährliche Beträge zwischen 60 und maximal 500 Euro. Ein wesentlicher Aspekt der Bindungsstrategie ist die Erteilung einer Einzugsermächtigung, damit die Beiträge per Lastschriftverfahren vom Konto der einzelnen Fördermitglieder abgebucht werden können. Während sich Förder- und Freundeskreise im Bereich höherer Beträge im Sozial- und Umweltbereich hierzulande relativ schwertun, stoßen diese gerade im Kulturbereich auf positive Resonanz. Im Großspenden-Fundraising dienen Förderkreise dazu, die Kultivierung und das Stewardship von Großspenderinnen und Großspendern zu unterstützen, deren Loyalität zu fördern und sie zu ermu-
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Marita Haibach
tigen, in Zukunft weitere und möglichst auch höhere Spendenbeträge zu geben. Die Zugehörigkeit zum Bildungsbürgertum und zur lokalen Spitze der Gesellschaft, gepaart mit einem ausgeprägten Interesse an Kulturformen wie Theater, klassische Musik und bildende Künste (traditionell Teil der Hochkultur, was heutzutage aber längst nicht mehr eindeutig abgrenzbar ist) sind dabei wichtige Motivationsfaktoren. Tabelle 2: Übersicht über gängige Formen von Förder- und Freundeskreisen aus Fundraising-Sicht (adaptiert auf der Basis von Haibach/Uekermann 2017: 318) Großspendergruppen
Kreise, die auf individuelle Großspender ausgerichtet sind (ca. 1.000 Euro jährlich und darüber; ggf. nach Betragskategorien gestaffelt)
Unternehmergruppen
Kreise, die auf Unternehmer bzw. Unternehmen fokussiert sind
Spendergruppen im mittleren Bereich
Kreise, die auf Spender im Bereich von ca. 300 Euro jährlich und darüber ausgerichtet sind
Spendergruppen im Bereich kleiner Spenden
Kreise, die auf Spender kleiner Beträge fokussiert sind (5 Euro, 25 Euro, 100 Euro)
Jahresspenderbzw. Monatsspendergruppen
Gruppen derjenigen, die jedes Jahr Spenden in der festgelegten Größenordnung tätigen bzw. sich auf eine monatlich abzubuchende Spende festlegen
LegatspenderGruppen
Kreis derjenigen, die eine Testamentspende zugesagt haben
Nachwuchsgruppen
fokussiert auf Menschen bis zu einem gewissen Alter, die der Organisation einen bestimmten Betrag spenden
Affinitätsgruppen (Affinity Groups)
Auf Unterstützer fokussierte Kreise, die eine oder mehrere Übereinstimmungen teilen (wie geographische Region, Beruf, Alter, Hobby und anderes mehr)
Exklusive Förder- und Freundeskreise im Großspenden-Fundraising tragen dazu bei, die Treue von Großspenderinnen und Großspendern zu erhöhen und deren kumulierte Spenden über die Jahre zu erhöhen, weil sie sich als Teil des Organisationsteams sehen. Sie schaffen nachhaltigere Beziehungen zu den Spendern, weil diese sich als etwas Besonderes fühlen. Die Benefits, die eine Organisation Förderkreismitgliedern bietet, zeigen diesen, dass sie geschätzt werden und dass ihre Unterstützung zählt. Darüber hinaus stärken regelmäßige Kommunikation und Veranstaltungen die Verbundenheit mit der Organisation und schaffen, wie bereits erwähnt, das Gefühl, dass die Mitglieder auf »ihre« Organisation stolz sein können, dass es sich lohnt, diese zu unterstützen und sie gemeinsam zu »leiten«.
Friendraising als wichtiger Bestandteil des Fundraisings
P r ädestiniert für das G rossspenden -F undraising Die Palette an unterschiedlichen Fundraising-Techniken, die je nach Zielgruppe und Zielsetzung in einem für die jeweilige Organisation passenden FundraisingMix zum Einsatz kommen, ist vielfältig. Ein großer Teil der hierzulande bislang gängigen Fundraising-Instrumente ist dem Breiten-Fundraising zuzuordnen, bei dem professionelle Direktmarketing-Prinzipien eine große Rolle spielen: Viele potenzielle Spenderinnen und Spender werden mit mehreren Fundraising-Instrumenten angesprochen, wie beispielsweise Spendenmailings, E-Mail-Newsletter oder Standwerbung, die inhaltlich und in der Aufmachung für alle gleich sind. Zunehmend an Bedeutung gewinnt in den letzten Jahren das GroßspendenFundraising, das sich durch eine angemessene individuelle Beziehungspflege und Zusammenarbeit mit den Spendenden sowie maßgeschneiderte Spendenanfragen auszeichnet. Viele vermögende Menschen hierzulande spenden unter ihren finanziellen Möglichkeiten, da nicht auf eine Weise mit ihnen kommuniziert wird, die ihnen persönlich gerecht wird und die großen Spendenbitten ausbleiben. Hier setzt aktives und systematisches Großspenden-Fundraising an.
G rossspenden und G rossspender – D efinitionen Eine Großspenderin bzw. ein Großspender ist eine Person oder eine Institution, die sich mit hohen Spendenbeträgen engagiert. Anstelle des Begriffes Großspender wird auch der englische Begriff Major Donor verwendet. Die Bedeutung ist nahezu synonym, doch oft dient Major Donor als Sammelbegriff für Einzelpersonen, Unternehmen und Stiftungen, während bei Großspender in erster Linie Einzelpersonen bzw. Familien im Blick sind. In der Schweiz wird gelegentlich auch von Großgönnern gesprochen (vgl. Haibach/Uekermann 2017: 15). Auf die Frage, ab welcher Beitragshöhe eine Spende als Großspende bezeichnet wird, gibt es keine allgemeingültige Antwort. Eine Großspende ist aus Fundraising-Sicht eine philanthropische Gabe an eine Gemeinwohl-Organisation, deren Beitrag im Vergleich zu den Beträgen, welche eine Organisation normalerweise erhält, höher ist und bei der es sinnvoll und möglich ist, individuell und persönlich mit der Spenderin bzw. dem Spender zusammenzuarbeiten (vgl. Haibach/Uekermann 2017: 23). Grundsätzlich kommen Einzelpersonen (und Familien), Unternehmen und Stiftungen als Förderer hoher Beträge in Betracht. Sowohl Unternehmen als auch Stiftungen haben jeweils ihre eigene Förderlogik: Sie als Förderer zu gewinnen, erfordert entsprechende Vorgehensweisen ebenso wie spezifisches fachliches Wissen, wenngleich vieles dem Vorgehen beim Großspenden-Fundraising ähnelt. Das Fundraising von Stiftungen ist wie das Fundraising von Unternehmen in größeren Spendenorganisationen oft ein eigener Zuständigkeitsbereich inner-
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halb des Fundraising-Büros. In kleineren Fundraising-Einheiten laufen die Fäden allerdings bei nur einer oder wenigen Personen zusammen. Der zentrale Faktor für die Eingruppierung als Großspender ist die Spendenhöhe. Abhängig von den Gegebenheiten und dem bisherigen Spektrum der Spendenbeträge kann es allerdings große Unterschiede geben, ab welcher Spendenhöhe die jeweilige Organisation eine Spenderin bzw. einen Spender als Großspender einstuft. Dabei muss geklärt werden: Welches Kriterium wird angelegt? Handelt es sich um eine Einzelspende oder um kumulierte Spenden pro Jahr oder über einen längeren Zeitraum? Und auch die Dauer der Verbindung der Spenderin bzw. des Spenders zur jeweiligen Organisation ist von Bedeutung. Bei vielen Organisationen im Nonprofit-Sektor, deren Spendeneinnahmen in erster Linie auf vielen kleinen Spendenbeträgen (unter 100 Euro) beruhen, beginnt die Einstufung als Großspenderin bzw. Großspender bereits ab einer Spendenhöhe von 250 bis 500 Euro pro Jahr. Es kann ein Indikator dafür sein, dass jemand das Potenzial zu noch höheren Beträgen hat, wenn sie oder er sich mit Spenden, die jeweils über den üblichen Beträgen für eine Organisation liegen, engagiert. Dies gilt besonders dann, wenn das Fundraising-Instrumentarium einer Organisation auf das Breiten-Fundraising fokussiert ist. Doch Organisationen mit einer sehr großen Spenderbasis (über 100.000 Kontakte und mehr) sowie Organisationen, die ihr Fundraising stark auf das Großspenden fokussieren, setzen die unterste Stufe oft sehr viel höher an, oft ab 10.000 Euro oder gar erst ab 100.000 Euro und mehr. Gerade in der Auf bauphase des Großspenden-Fundraisings sollte die Betragsuntergrenze allerdings nicht zu hoch angesetzt werden, damit möglichst alle, die eventuell ein höheres Spendenpotenzial besitzen, in den Blick kommen und mittels einer persönlicheren Beziehungspflege zu größerem Engagement eingeladen werden. Insbesondere bei Organisationen, die über eine große Zahl von Förderern verfügen, werden Großspenderinnen und Großspender in mehrere Segmente aufgeteilt, oft in eine untere, eine mittlere und eine Top-Gruppe (Einteilung der drei Gruppen: ab 500 Euro, ab 5.000 Euro, ab 10.000 Euro jährlich). Doch je größer die Spenderbasis, desto differenzierter sind oft die Unterteilungen. Die Beträge variieren von Organisation zu Organisation stark. Für jede der Gruppen wird in der Regel ein spezielles Kontaktpflegeprogramm festgelegt: je höher die Größenordnung des Engagements, desto individueller die Betreuung. Sind die Zahlen der Großspenderinnen und Großspender in einer Organisation entsprechend hoch, so ist es oft üblich, dass einzelne Großspender-Segmente von jeweils einer oder sogar mehreren Fundraising-Fachkräften betreut werden. Personen, bei denen die individuelle Betreuung als Großspender in einem zu bestimmenden Zeitraum keine (weiteren) hohen Spendenbeträge bewirkt, werden vielerorts wieder zurückgestuft, auch um die personellen Kapazitäten für andere potenzielle Major Donors zu nutzen. Es ist allerdings ratsam, sie beispielsweise durch ein spezielles Datenbankmerkmal nicht ganz aus dem Auge
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zu verlieren und ihnen auch immer wieder einmal Angebote zu machen, die zu einem größeren Spendenengagement führen könnten.
P luspunk te von F örder - und F reundeskreisen für das G rossspenden -F undraising Welche Rolle nun können Förder- und Freundeskreise im Großspenden-Fundraising spielen? Welche Bedeutung kommt ihnen dabei zu? Der Major-Donor-Zyklus veranschaulicht die unterschiedlichen Phasen des Fundraising-Prozesses zur Einwerbung hoher Förderbeträge. Dieser fußt auf der systematischen und geplanten Abfolge von für eine kontinuierliche Beziehungspflege förderlichen Interaktionen zwischen einem potenziellen Großspender und einer Fundraising-Organisation. Die einzelnen Phasen umfassen die Festlegung und Umsetzung mehrerer Aktivitäten und Ziele, die für jede Person individuell bestimmt werden sollten. Der Major-Donor-Zyklus umfasst sieben Phasen: Identifizierung, Qualifizierung, Strategie, Kultivierung, Spendenbitte, Dank, Stewardship. Förder- und Freundeskreise bieten gerade im Kontext des systematischen Großspenden-Fundraisings zahlreiche Möglichkeiten. Wesentliche Fragen sind dabei allerdings: Durch wen erfolgt die Koordination? Wo laufen die Fäden zusammen? Wer übernimmt die Planung und Nachverfolgung der Schritte bei jedem und jeder einzelnen? Es sollten quantitative Fundraising-Ziele definiert werden, wie beispielsweise die Gewinnung einer bestimmten Anzahl von neuen Förderkreis-Mitgliedern oder eines Beitrags, der zusammenkommen sollte, pro Jahr. Auch qualitative Fundraising-Ziele (wie Steigerung des Bekanntheitsgrades des Förderkreises) sind wichtig. Es sollte zudem klar sein, wofür genau der Förderkreis seine Mittel einsetzen will. Nachfolgend werden die unterschiedlichen Phasen des Major-Donor-Zyklus im Detail erläutert.
P hase 1: I dentifizierung Ziel dieser Phase ist es, insbesondere Einzelpersonen, aber auch Unternehmen und Stiftungen zu identifizieren, die sich möglicherweise als Mitglied eines exklusiven Förderkreises und/oder als Major Donors für eine bestimmte Kultureinrichtung engagieren könnten. Im Stadium der Identifizierung geht es weder darum, das genaue finanzielle Spendenpotenzial eines jeden potenziellen Förderkreismitglieds bzw. Großspenders zu bestimmen, noch die Fundraising-Strategie festzulegen. Vielmehr gilt es, eine möglichst lange Liste an denkbaren Major Donors zusammenzustellen.
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Im Großspenden-Fundraising ist die Nutzung von persönlichen Kontakten und Verbindungen zur Organisation von großer Bedeutung. Allerdings gilt es häufig, Barrieren zu überwinden, die mit dem Nennen von Kontaktnamen verbunden sind. Viele Menschen sind es nicht gewohnt, ihr Netzwerk an Freunden, Kollegen und Bekannten zu öffnen. Dahinter stecken Ängste, dass möglicherweise die eigene Beziehung zu dem Betreffenden darunter leiden könnte, wenn dieser den Namen preisgibt und dann auch noch der Fundraiser diese Person kontaktiert. Die Bedenken, dass die Preisgabe des Namens negative Auswirkungen haben kann, können jedoch dadurch ausgeräumt werden, indem Namensgeber und Fundraiser Hand in Hand arbeiten. Abbildung 2: Der Major-Donor-Zyklus (vgl. Haibach/Uekermann 2017: 189)
Bei Förderkreismitgliedern ist die Schwelle, Menschen aus ihrem Kontaktumfeld für eine Mitgliedschaft zu interessieren und diese beispielsweise zu einer exklusiven Veranstaltung mitzubringen, niedriger, als wenn dies durch den Fundraiser oder den Geschäftsstellenleiter erfolgt. Zugleich fällt es dem Gegenüber schwerer, Nein zu sagen. Dabei kommt sowohl das Augenhöhenprinzip zum Tragen als auch das Networking und die Zugehörigkeit.
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P hase 2: Q ualifizierung Nun gilt es, die zusammengetragenen Namen zu qualifizieren und diese auf eine Liste von Menschen zu reduzieren, bei denen Hinweise bestehen, dass sie sich tatsächlich als Förderkreismitglieder bzw. sogar mit größeren Beträgen als Spender engagieren würden. Ein wesentlicher Grund, warum eine sorgfältige Qualifizierung notwendig ist, sind die begrenzten personellen und zeitlichen Kapazitäten, die für die Beziehungsgestaltung notwendig sind. Diese gilt es zielgerichtet einzusetzen. Das zentrale Instrument zur Qualifizierung von als denkbar identifizierten Major Donors ist Prospect Research, was im Deutschen als Spenderrecherche oder auch Fördererrecherche bezeichnet wird. Es gibt zahlreiche öffentlich zugängliche Quellen wie Internet, Zeitschriften, Bücher, Unternehmens- und Stiftungsverzeichnisse, um in Druckversion oder online Informationen über Einzelpersonen, Unternehmen und Stiftungen zu erhalten, doch gerade persönliche Recherchen sind von großem Wert. Der Geschäftsstellenleiter eines Förderkreises könnte via Recherchen denkbare Mitglieder identifizieren und dann den ehrenamtlichen Vorstandsvorsitzenden fragen: »Kennen Sie diese Person und welche Möglichkeiten sehen Sie, diese an den Förderkreis heranzuführen?«
P hase 3: S trategie und P l anung Es ist Aufgabe des Großspenden-Fundraisers bzw. des Geschäftsstellenleiters der Fördergesellschaft zu planen – ggf. gemeinsam mit einer internen Steuerungsgruppe sowie ehrenamtlichen Führungspersönlichkeiten –, wie die Gestaltung der Beziehung zu einem potenziellen Förderkreismitglied bzw. zu einem Großspender im Detail erfolgen soll. Für jeden einzelnen gilt es, diesem stimmige Informationsangebote in förderlichen Kommunikationsformen zu passenden Zeitpunkten zu vermitteln. Auch hier können die Informationen von persönlich bekannten Förderkreismitgliedern bzw. Vorsitzenden hilfreich sein.
P hase 4: K ultivierung Die individuelle Gestaltung der Beziehungen zu potenziellen Großspenderinnen und Großspendern ist eine umfassende und kontinuierliche Aufgabe. Wenn es um die Beziehungsgestaltung im Großspenden-Fundraising geht, wird oft von Kultivierung gesprochen, einem Begriff aus der Biologie, bei dem es um die Bedingungen für Wachstum geht. Genau das sind auch Ziele in der Beziehungsgestaltung im Großspenden-Fundraising: Bedingungen schaffen, die ein Wachstum von Vertrauen, Zusammenarbeit und letztlich großen Spenden ermöglichen.
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Hier geht es um Friendraising in der Praxis: Es gilt, das Interesse der Einzelnen an dem Förderkreis zu wecken und sie an die Veranstaltungen ebenso wie an die Networking-Möglichkeiten und anderem mehr heranzuführen. Gerade in dieser Phase ist es von großer Bedeutung zu wissen, wer denn schon dabei ist oder aus dem Munde eines Freundeskreis-Mitglieds zu erfahren, wie positiv die kulturellen Erlebnisse und wie schön die Begegnungen sind. Auch die Tatsache, dass beispielsweise der Kreis von einem renommierten lokalen Unternehmer geführt wird, kann positiv und motivierend wirken. Wenn sich Förderkreismitglieder und jene, die es werden könnten, gelegentlich bei Veranstaltungen der Kultureinrichtungen treffen, ist dies eine weitere hervorragende Kultivierungsmöglichkeit.
P hase 5: S pendenbit te Die individuelle Beziehungsgestaltung mit potenziellen Großspendern führt zur Spendenbitte. Je höher der Betrag ist, um den gebeten wird, desto wichtiger ist das persönliche Fragen von Angesicht zu Angesicht. Dies sollte jedoch erst erfolgen, wenn die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass der potenzielle Major Donor »Ja« sagt. Voraussetzung dafür ist in der Regel eine ausreichende Zahl an passgenauen Schritten, durch die der potenzielle Spender an eine konkrete Spendenmöglichkeit herangeführt wurde. Übertragen auf den Bereich Förder- und Freundeskreise bedeutet dies: Es darf mit der Frage, ob jemand tatsächlich Mitglied werden will, nicht mit der Tür ins Haus gefallen werden. Vielmehr sollte der Funke der Begeisterung bereits übergesprungen sein und klar sein: Der/die Gegenüber wird Ja sagen. Dies gilt auch für Spendenbitten an Förderkreismitglieder. Ein wichtiger Aspekt ist hier auch: Wer fragt? Die Antwort muss von Fall zu Fall geklärt werden. Maßgebend ist dabei: Wo stehen die Erfolgsaussichten am besten? Ein Förderkreis-Mitglied alleine? Der Vorsitzende oder Geschäftsleiter gemeinsam mit dem Vorsitzenden? Der Freundeskreisvorsitzende gemeinsam mit dem Direktor der Kulturinstitution?
P hase 6: D ank Das Engagement von Großspenderinnen und Großspendern sollte immer maßgeschneidert gewürdigt werden – je höher der Spendenbeitrag, desto individueller und persönlicher. Für wirkungsvolles Danksagen sind Ehrlichkeit und Authentizität unverzichtbar. Dies gilt auch für Freundeskreismitgliedschaften: Es darf nicht als Selbstverständlichkeit gewertet werden, dass jemand bereits seit vielen Jahren Mitglied ist. Vielmehr ist auch hier Dank und Anerkennung notwendig. Eine Form von Anerkennung ist die Veröffentlichung der Namen von Förderkreismitgliedern beispielsweise auf der Webseite der Organisationen (sofern die Be-
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treffenden nicht anonym bleiben wollen). Das Prinzip: »Die ist dabei, da muss ich auch dabei sein oder bleiben«, ist ein wichtiger Anerkennungsfaktor. Der Dank sollte auf einem abwechslungsreichen Repertoire an Formen und Möglichkeiten auf bauen. Es gilt dabei, das Prinzip der verschiedenen Orte des Dankens und der vielen Gesichter des Dankens einzubeziehen. Großspenderinnen und Großspendern bzw. Mitgliedern von Förderkreisen mit einem hohen Beitragslevel sollte in abwechslungsreichen Formen durch eine Vielfalt an Personen Dankbarkeit zum Ausdruck gebracht werden. Häufig ist daher eine mehrstufige Danksagung – mehrere Personen, unterschiedliche Formen – sinnvoll. Dabei ist es grundsätzlich wichtig herauszufinden, ob die Wege und Formen des Danksagens den Spendern genehm sind und ihren Vorstellungen entsprechen. Auch hier können persönliche Drähte via Förderkreisvorsitzender oder anderer Mitglieder hilfreich sein.
P hase 7: S te wardship Im Kontext des Major-Donor-Zyklus wird mit Stewardship die Phase der weiteren Beziehungspflege im Anschluss an eine Spendenbitte und die entsprechende Danksagung bzw. ein Ja zur Förderkreismitgliedschaft bezeichnet. Dabei geht es darum, einer Spenderin bzw. einem Spender zu zeigen, dass die Organisation verantwortlich mit dem ihr anvertrauten Förderbeitrag umgeht. Ein Steward auf einem Schiff ist für das Wohlbefinden der Passagiere zuständig. Fundraiserinnen und Fundraiser bzw. auch der Geschäftsstellenleiter, der Vorstandsvorsitzende oder auch der Direktor der Kulturinstitution sind demnach dafür verantwortlich, dass sich die Freundeskreismitglieder »an Bord« der Organisation wohlfühlen. Auch hier wiederum sind die informellen Beziehungen, die die Förderkreismitglieder untereinander pflegen, von hohem Wert. Viele der in der Phase des Stewardship eingesetzten Aktivitäten ähneln denjenigen, die in der Phase der Kultivierung zum Einsatz kommen. Dabei lassen sich drei Grundhandlungen unterscheiden: in Verbindung bleiben, informieren, involvieren. Der Major-Donor-Zyklus ist ein praxiserprobtes Modell, mit dem die in den jeweiligen Phasen zu erfolgenden Aktivitäten und Aufgabenstellungen zu jedem einzelnen Major Donor verdeutlicht werden. Ohne systematisches Vorgehen geraten leicht einzelne aus dem Blickfeld. Doch es gibt immer wieder Ausnahmen von der Regel, mitunter werden Stufen übersprungen oder komprimiert. Der Major-Donor-Zyklus unterstützt Fundraiser bei der Strukturierung ihrer Tätigkeit sowie der Prioritätensetzung und trägt außerdem dazu bei, dass beispielsweise Vorstände nachvollziehen können, warum das Großspenden-Fundraising aus vielen einzelnen Schritten besteht und es oft viele Monate oder gar Jahre dauert, bevor ein potenzieller Major Donor tatsächlich eine hohe Spende tätigt.
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L uf t nach oben : U nterstüt zend und wirkungsvoll Gut funktionierende Förder- und Freundeskreise können auch eine aktive Rolle insbesondere bei groß angelegten Fundraising-Aktivitäten der Organisation spielen. Dabei müssen alle Seiten letztlich an einem Strang ziehen. Viele Kulturorganisationen stehen – trotz langjähriger Erfahrung mit Förder- und Freundeskreisen – allerdings erst am Anfang, wenn es gilt, auf Synergieeffekte zu bauen. Ein Beispiel dafür ist die höchst erfolgreiche Capital Campaign für den Erweiterungsbau des Städel-Museums in Frankfurt a.M. In den Jahren zwischen 2007 und 2012 gelang es, etwa die Hälfte der Gesamtkosten von 52 Millionen Euro von privaten Förderern einzuwerben. Bei dieser Kampagne, die mit dem Slogan »Frankfurt baut das neue Städel. Bauen Sie mit« sowie mit gelben Gummistiefeln als Symbol weit über Frankfurt hinaus Furore machte, engagierten sich 4.000 Spenderinnen und Spender sowie der Freundeskreis Städelscher Museums-Verein e. V. mit seinen 6.500 Mitgliedern mit Spenden in unterschiedlichster Größenordnung. Das Gros der Zuwendungen kam durch Großspenden, insbesondere durch Millionenbeträge in der stillen Phase der Kampagne zusammen. »Zu den wesentlichen Erfolgsfaktoren unserer Capital Campaign«, so Sophia Athié, Leiterin des Fundraisings des Städel Museums, »zählt das unermüdliche Engagement unseres Direktors Max Hollein sowie von Sylvia von Metzler, der Vorsitzenden des Städelschen Museums-Vereins, bei der Identifizierung, Kultivierung und Gewinnung unserer Topspender.« (Haibach/Uekermann 2017: 286-287). Das Beispiel zeigt, wie wichtig Förder- und Freundeskreise als Fundraising-Instrument sind und welche Rolle die Freunde beim Einwerben von Spenden spielen.
L iteratur Haibach, Marita/Uekermann, Jan. Großspenden-Fundraising – Wege zu mehr Philanthropie. Grundlagen, Strategien und praktische Umsetzung. Dresden: Fundraiser Magazin 2017. Haibach, Marita. Handbuch Fundraising. Spenden, Sponsoring, Stiftungen in der Praxis. 4., aktualisierte und erweiterte Auflage. Frankfurt/New York: Campus Verlag 2012.
Management von Ehrenamtlichen und das Zusammenspiel mit den hauptamtlich Tätigen Gesa Birnkraut
E inleitung Freundeskreise sind seit langer Zeit ein tragender Förderer und Unterstützer der Kultureinrichtungen. Und auch Ehrenamt in der Kultur hat eine lange Tradition, aus der die Einrichtungen zum Teil gegründet wurden, geleitet und getragen werden. Trotzdem ist die Schnittstelle zwischen ehrenamtlichem Engagement und Freundeskreisen nicht immer groß. Es hängt von dem Genre ab (so ist im Museumsbereich die Tradition der Freundeskreise und auch des Ehrenamtes sehr viel größer als im Theaterbereich), es hängt von der Lage der Einrichtung ab ([Heimat-]Museen und Einrichtungen generell im ländlichen Raum werden stärker von Ehrenamtlichen getragen als in Städten) und auch von der organisatorischen Struktur (gibt es eher Hauptamt oder Ehrenamt in der Leitung und wie ist die Einstellung gegenüber operativem ehrenamtlichem Engagement?) (vgl. Wagner & Blumenreich, 2004). Grundsätzlich muss strategisches von operativem Ehrenamt unterschieden werden: Strategisches Ehrenamt findet sich in fast jedem Freundeskreis, da diese oftmals als Verein organisiert sind und somit einen ehrenamtlichen Vorstand haben. Operatives Ehrenamt für und in der Kultureinrichtung hingegen ist seltener zu finden und hat auch in Bezug der Steuerung und des Managements spezifische Bedarfe. In dem vorliegenden Artikel soll es hauptsächlich um das Management des operativen Ehrenamtes gehen und die Beziehung zwischen diesem und dem Hauptamt. Sucht man nach einer einheitlichen Definition des Begriffes Ehrenamt, so findet man viele unterschiedliche Facetten in unterschiedlichen Definitionen und Sichtweisen. Für diesen Artikel soll folgende Definition gelten, die Aspekte zusammenfasst, die den meisten Definitionen gemein sind: Ehrenamtliches Engagement bedeutet, dass Bürgerinnen und Bürger sich über ihr normales gesellschaftliches Maß aus ihrem eigenen Willen heraus engagieren, ohne dass sie eine monetäre Gegenleistung erhalten.
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Grundsätzlich ist der Wandel vom sogenannten alten Ehrenamt (Ich tue etwas für andere) zum sogenannten neuen Ehrenamt (Ich tue etwas für mich und andere) festzuhalten – dieser ist bereits seit einigen Jahren vollzogen, hat aber immer weiter Auswirkungen auf die noch bestehende Struktur des Ehrenamtes. So wird es immer schwieriger Menschen zu finden, die sich bereit erklären, ein Leitungsehrenamt zu übernehmen. Mehr und mehr aber werden projektbezogene Aufgaben kreiert, die eben mit der veränderten Einstellung besser übereinstimmen (vgl. Wurster & Prinzessin von Sachsen Altenburg, 2015: 165).
E hrenamt in der K ultur In Deutschland werden seit 1999 regelmäßige Freiwilligensurveys zum Thema Ehrenamt publiziert. In den Jahren 1999, 2004 und 2009 (vgl. Gensicke & Geiss, 2004, Gensicke & Geiss, 2010; von Rosenbladt, 2000) erschienen in Folge die ersten drei Surveys, der letzte folgte im Jahr 2014, wurde allerdings erst 2016 veröffentlicht. Die letzte Auswertung arbeitet mit einer etwas anderen Methodik, so dass es hier auch zu leichten Veränderungen der Zahlen kommt (vgl. Simonson, Vogel & Tesch-Römer, 2014). Trotz der veränderten Methodik bleibt der hohe Anteil der ehrenamtlich Engagierten in Deutschland immanent. 43,6 % der deutschen Bevölkerung sind laut neuestem Freiwilligensurvey ehrenamtlich aktiv, das sind mehr als in den Jahren 1999, 2004, 2009 (hier lagen die Zahlen eher bei 37,0 %), dieser Anstieg ist allerdings der verschobenen Methodik geschuldet. Der Anteil von Männern liegt bei 45,7 %, der der Frauen bei 41,5 % – dieses Phänomen ist auch in allen Surveys gleichbleibend zu beobachten, sehr langsam nähern sich die beiden Zahlen aneinander an. Alle Altersgruppen sind ungefähr gleich stark ehrenamtlich engagiert mit rund 46 %, bis auf die Altersgruppe ab 65 Jahren, dort sinkt die Zahl der Ehrenamtlichen auf 34 %. Grundsätzlich gleich geblieben ist auch das Ergebnis, dass Menschen mit höherer Bildung und generell höherem sozioökonomischem Status, einer guten Finanzierung, guten Gesundheit und einer Erwerbstätigkeit stärker ehrenamtlich engagiert sind. Das Ehrenamt findet nach wie vor am häufigsten in Vereinen und Verbänden statt (50 % aller Engagierten). Es finden sich allerdings immer weniger Menschen, die bereit sind, ein Vorstandsamt zu übernehmen. Das zeigt sich auch daran, dass der individuelle Zeitaufwand kontinuierlich sinkt. Die Ehrenamtlichen sind vorwiegend im Sport aktiv (16,3 %), danach kommen die Bereiche der Schule und des Kindergartens (9,1 %), dann folgt der Bereich Kultur und Musik (9 %). In den Rängen danach kommen die Bereiche Umwelt, Soziales und Bildung. Für den Bereich Kultur und Musik muss in Betracht gezogen werden, dass der Laienmusikbereich in Deutschland gerade im ländlichen
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Raum sehr ausgeprägt ist und ein großer Teil der Ehrenamtlichen sich in dem Bereich engagiert. Als Motive für die Ehrenamtlichkeit werden am meisten genannt der Spaß an der Sache, die Geselligkeit und das Erwerben von Zusatzqualifikationen (dies allerdings hauptsächlich von Jüngeren). Interessant sind in diesem Zusammenhang auch die Ergebnisse der Studie von Wehner und Güntert, die zeigen, dass die Identifizierung mit dem Ehrenamt und damit auch der ideelle Einsatz für das Ehrenamt höher ist als für die jeweils ausgeübte hauptamtliche Tätigkeit (vgl. Wehner & Güntert, 2015: 26). Als weiteres Motiv können die steuerlichen Vergünstigungen zählen: Gemäß § 3 Nr. 26 a EStG ist es möglich, einen Steuerfreibetrag von 720 Euro im Jahr geltend zu machen. Voraussetzung ist, dass es sich um Einnahmen aus einer nebenberuflichen Tätigkeit handelt, die im gemeinnützigen, kirchlichen oder mildtätigen Bereich liegen. Es handelt sich hierbei um eine Pauschale für Aufwendungen, die mit dem Ehrenamt verbunden sind. Weiterhin ist es möglich laut § 3 Nr. 26 EStG, für die sogenannte Übungsleiterpauschale eine Steuerbefreiung von Einnahmen bis zu einem Betrag von jährlich 2400 Euro geltend zu machen. Voraussetzung für die Übungsleiterpauschale ist, dass eine nebenberufliche Tätigkeit vorliegt und es sich um eine Tätigkeit als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder eine künstlerische Tätigkeit oder eine nebenberufliche Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen mit dem Zweck, gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke zu fördern, handelt. Auch wenn es im Rahmen der Aufwandsentschädigung für Ehrenamtliche die oben genannten Möglichkeiten gibt, müssen Kultureinrichtungen hier doch sehr klar trennen zwischen Honorarkräften und ehrenamtlich Engagierten. In der letzten Zeit sind immer mehr Beispiele öffentlich geworden, in denen Ehrenamtliche eine Aufwandsentschädigung pro Stunde erhalten haben, die über dem Mindestlohn liegt. Auch wenn dies innerhalb der steuerlichen Grenzen liegen sollte, ist dies nach Einschätzung der Autorin eine Grenzüberschreitung, die mit dem Ehrenamt als solches nichts zu tun hat. Ehrenamt darf den Ehrenamtlichen kein zusätzliches Geld kosten, das Ersetzen von Aufwendungen, wie öffentlicher Nahverkehr etc. sollte selbstverständlich sein. Darüber hinaus aber sollte die Freiwilligkeit und der Einsatz ohne monetären Mehrwert hier deutlich gemacht werden, um eben eine klare Trennung zu haben zwischen dem Ehrenamt und Honorarkräften, bzw. Hauptamtlichen. Deutlich wird durch die Statistiken auch, dass sich Ehrenamtliche in der Mehrheit im Schnitt 8 Stunden pro Monat engagieren (58,1 % engagieren sich 2 Stunden pro Woche, 18.1 % engagieren sich 6 Stunden pro Woche). Dies verdeutlicht, dass es sich niemals um die äquivalente Leistung handeln wird, die hauptamtliche Kräfte (egal ob Teilzeit oder Vollzeit) für die Einrichtung einsetzen können.
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E insat z von E hrenamtlichen in F reundeskreisen Als Grundlage aller Aktivitäten von ehrenamtlichem Engagement ist es wichtig, sich immer wieder darauf zurückzubesinnen, warum man Ehrenamtliche einsetzen will und für welche Bereiche dies sinnvoll ist und für welche Bereiche nicht. Gerade auch vor dem Hintergrund der Diskussion, inwiefern Ehrenamt Hauptamt ersetzt, inwiefern die Bürgergesellschaft stärkere Verantwortung übernehmen soll und was das bedeuten kann, sollten sich Kultureinrichtungen genau überlegen, mit welchen Grundsätzen sie an das Thema herangehen. Vorgestellt werden hier drei Grundsätze, die zu bedenken sind:
Ehrenamt ist kein Ersatz, sondern immer ein Mehrwert Als wichtigster Grundsatz gilt, dass Ehrenamt keine gewachsenen hauptamtlichen Strukturen ersetzen kann und darf. Tätigkeiten, die bereits durch Hauptamtliche besetzt werden, dürfen und können aus mehreren Gründen nicht durch Ehrenamtliche ersetzt werden. Das wäre ein Schritt zurück in der Professionalisierung und Entwicklung einer Kultureinrichtung. Ehrenamtliche üben ein Engagement ohne monetäre Gegenleistung aus, das über ihr normales gesellschaftliches Engagement hinausgeht. Das bedeutet auch, dass sie nicht Vollzeit einsetzbar sind und auch nicht verpflichtend Schichten und Dienste übernehmen müssen. Tätigkeiten, die also neu geschaffen werden, können anfangs mit Ehrenamtlichen ausprobiert werden. So kann geprüft werden, inwieweit diese Aktivitäten sinnvoll sind. Nach erfolgreichem Einsatz sollten diese ehrenamtlichen Aktivitäten dann mittel-langfristig durch Hauptamtliche ersetzt werden. Bei einigen Einrichtungen kann es zu Grauzonen kommen, wenn einige Tätigkeiten mal ehrenamtlich und mal mit Honorarkräften besetzt werden. Das führt mittelfristig immer zu Auseinandersetzungen und Unmut, zu einer Ungleichbehandlung und damit zu einem gestörten Ablauf in der Institution, bzw. dem Freundeskreis. Aus Sicht der Autorin sollte dies vermieden werden.
Ehrenamt ohne Strukturen wird langfristig nicht erfolgreich sein Ehrenamtliche sind stark intrinsisch motiviert – sie haben also ein Interesse für die Themen, die die Kultureinrichtung und/oder den Freundeskreis bewegen. Diese Leidenschaft ist der hauptsächliche Beweggrund, sich für die Einrichtung und/oder den Freundeskreis einzusetzen. Das bedeutet auch, dass sie nicht durch extrinsische Motivationsfaktoren wie Gehalt, Sozialleistungen, Dienstwagen etc. gebunden werden können. Wenn also das Engagement unstrukturiert, ohne Rahmenbedingungen, ohne klare Organisation aufgebaut wird, kann diese intrinsische Motivation sehr schnell bröckeln. Wenn Erwartungen nicht ausgesprochen werden (von beiden Seiten) und Bedarfe nicht artikuliert werden, wenn es keine Strukturen gibt, an denen man sich orientieren kann, gerät die Balance zwischen dem Einsatz und dem Nutzen der Ehrenamtlichen und der Hauptamtlichen aus dem Ruder. Ein Einsatz von ehrenamtlich aktiven Menschen sollte gut geplant werden und struk-
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turell gut überlegt sein. Nur dann wird dieser Einsatz mittel- und langfristig erfolgreich für die Organisation und auch für die freiwillig Engagierten sein.
Ehrenamt ist nicht umsonst, sondern kostet Geld Auch wenn die Ehrenamtlichen keine monetäre Gegenleistung erhalten, muss für den Einsatz von Ehrenamtlichen immer ein Budget eingeplant werden; unter anderem für die folgenden Bereiche:
Infrastruktur Ehrenamtliche benötigen gegebenenfalls Räume für Treffen und zum Arbeiten einen Computeranschluss, Telefone oder aber auch Literatur. Dies bedeutet, dass in der Infrastruktur der Einrichtung die ehrenamtlichen Aktivitäten mit eingeplant werden müssen.
Wertschätzung Karten zu Geburtstagen, Weihnachtskarten, Urkunden oder Auszeichnungen, Anstecknadeln oder eigene T-Shirts – werden für die Anerkennung des Einsatzes und die Wertschätzung des Engagements immer notwendig sein, die wiederum mit einem Budget eingerechnet werden sollten.
Verpflegung/Transport Ob es sich um das Buffet zur jährlichen Feier handelt oder die Kekse für das monatliche Ehrenamtstreffen, die Bustickets für Schulbesuche oder der Bus für einen Ausflug, Kosten für Verpflegung und Transporte müssen eingerechnet werden, wenn mit Ehrenamtlichen gearbeitet wird.
Einsatzbereiche Wie bereits einführend erläutert, unterscheidet man grundsätzlich zwischen dem strategischen und dem operativen Ehrenamt. Zum strategischen Ehrenamt zählen die ehrenamtlichen Leitungsfunktionen – unter anderem der ehrenamtliche Vorstand oder auch der ehrenamtliche Freiwilligenkoordinator. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass sie langfristig angelegt sind und nicht projektgebunden. Die strategische Arbeit beinhaltet dabei eine kontinuierliche Arbeit an der Vision und Perspektive des Freundeskreises. Die Personen, die strategische Ehrenämter innehaben, gestalten die Arbeit der Freundeskreise bzw. der Ehrenamtsprogramme für deren Zukunft. Die operativen Bereiche hingegen sind durchaus kurzfristiger angelegt. Sie können projektgebunden, aber auch kontinuierlich sein. Das Operative bezieht sich dabei auf das tägliche Geschäft. Diese Aufgaben sind dann wiederum vielseitig gefächert. Hier sind einige als Beispiele zu nennen: • Fundraisingaktivitäten für die Einrichtung/den Freundeskreis; • Besetzung eines Informationstisches in der Einrichtung;
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• • • •
Inhaltliche Führungen durch das Haus; Betreuung von Schulklassen bei Besuchen; Hilfe und Durchführung von Sonderveranstaltungen; Betreuung des durch den Freundeskreis betriebenen Shops.
Grundsätzlich sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt, aber es gibt im operativen Bereich auch einige Tätigkeiten, die aus Gründen der Versicherung und Haftung möglichst nicht mit Ehrenamtlichen besetzt werden sollten. Dazu gehören: • Technikbetreuung eines Hauses; • Wach- und Sicherheitsdienste; • Bühnenarbeiten. Bei Freundeskreisen sollte insbesondere geklärt werden, wie das Verhältnis zwischen Freundeskreis, Ehrenamt und Kultureinrichtung gestaltet wird. Hier gibt es ganz unterschiedliche Modelle, die denkbar sind und die jeweils auch ihre eigenen Vor- und Nachteile besitzen: Tabelle 1: Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Verhältnisse zwischen Freundeskreis, Ehrenamt und Kultureinrichtung, eigene Darstellung Vorteile
Nachteile
Ehrenamt wird von der Einrichtung betreut und ist unabhängig vom Freundeskreis
Klare Abgrenzung der Zuständigkeiten
Keine Anbindung an den Freundeskreis, Schaffung von Parallelstrukturen
Ehrenamt ist gekoppelt mit der Mitgliedschaft des Freundeskreises und bezieht sich auch nur auf Tätigkeiten für den Freundeskreis selbst
Klarer Nutzen für den Freundeskreis
Weniger Anbindung an die Einrichtung, der Freundeskreis bezieht sich auf sich selbst. Ehrenamtliche müssen Mitglied des Freundeskreises werden.
Ehrenamt wird vom Freundeskreis betreut, ist aber nicht ausschließlich an eine Mitgliedschaft gekoppelt und die ehrenamtlichen Tätigkeiten unterstützen die Kultureinrichtung
Hier sind alle Aspekte miteinander verwoben, die Ehrenamtlichen haben die nötige Freiheit sich zu entscheiden, die Institution hat einen Nutzen durch die Zeitspenden, der Freundeskreis eine noch engere Bindung an die Einrichtung.
Sehr hoher Kommunikationsaufwand vonnöten, damit die Abstimmung zwischen den einzelnen Bereichen gut funktionieren kann.
Jeder Freundeskreis muss für sich entscheiden, welche Form die richtige ist, entscheidend bei der Überlegung wird immer die Frage nach dem Ziel sein. Was genau will man erreichen mit dem Einsatz von Ehrenamtlichen? Einen Mehrwert für den Freundeskreis oder für die Einrichtung? Eine Schaffung von neuen Pro-
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jekten, um die Einrichtung bekannter/attraktiver zu machen oder den Freundeskreis? Diese grundsätzlichen Überlegungen sollten vom Vorstand zusammen mit der Leitung der Einrichtung besprochen werden.
F ührung und B e treuung von E hrenamtlichen in F reundeskreisen Ehrenamtliche müssen betreut und auch geführt werden. Je mehr Ehrenamtliche sich engagieren, desto wichtiger wird diese Rolle. Der zeitliche Aufwand für die Betreuung von Ehrenamtlichen ist nicht zu unterschätzen und ist notwendig, um ein lebhaftes und gutes Netzwerk von Ehrenamtlichen aufrechtzuerhalten. Freiwilligenmanager können als eine Art Schnittstelle gesehen werden zwischen der Organisation und den Freiwilligen, aber auch den Interessen der Gemeinschaft (vgl. Schäfer, 2009: 32). Je nach Struktur und Organisationsform sind unterschiedliche Modelle denkbar, die hier mit ihren Vor- und Nachteilen vorgestellt werden sollen:
Hauptamtlicher Freiwilligenkoordinator Möglich ist ein hauptamtlicher Freiwilligenkoordinator. Meist wird dies nicht als alleinige Aufgabe verstanden, sondern ist eine Tätigkeit in einer Stellenbeschreibung. Der hauptamtliche Koordinator muss dabei die Unterstützung der Leitung haben (egal ob ehrenamtlicher Vorstand oder hauptamtlicher Geschäftsführer), die die Wichtigkeit einer solchen Tätigkeit versteht. Wichtig ist, dass der Stellenanteil, der für die Freiwilligenkoordination vorgesehen ist, sich auch in Relation zu der Anzahl der Ehrenamtlichen verhält. Hier ist der soziale Bereich dem kulturellen Bereich in der Entwicklung voraus, da dort viel intensiver bereits Freiwilligenkoordinatoren eingesetzt werden. Gerade wenn es um die strategische Entwicklung der ehrenamtlichen Aktivitäten geht, ist es ein Vorteil, hier einen Hauptamtlichen dabei zu haben, der diese strategische Sichtweise verfolgen kann. Auch in der Zusammenarbeit mit den anderen Hauptamtlichen ist der hauptamtliche Freiwilligenkoordinator ein guter Vermittler zwischen den unterschiedlichen Bedarfen und Erwartungen. Die Funktion des Freiwilligenmanagers gewinnt seit einigen Jahren an Bedeutung, dies ist unter anderem durch Weiter- und Ausbildungen zu sehen (Akademie für Ehrenamtlichkeit), aber auch anhand der wachsenden Stellenausschreibungen im Arbeitsmarkt zu beobachten. Der kulturelle Bereich muss dies in vielen Fällen noch für sich entdecken. Für viele Einrichtungen könnte die Schaffung ehrenamtlicher Strukturen dazu führen, diese Personen längerfristig an sich zu binden (vgl. Birnkraut & Hein, 2015: 39).
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Kompetenzen eines Freiwilligen-Managers Was muss ein Koordinator von Ehrenamtlichen an Kompetenzen mitbringen, um den Erwartungen der Ehrenamtlichen, aber auch der Institution gerecht zu werden? Safrit und Merrill stellten schon 1999 einige wichtige persönliche Fähigkeiten eines fortschrittlichen volunteer managers auf: Ihrer Meinung nach geht es um das Kreieren und Kommunizieren einer gemeinsamen Vision, der Akzeptanz von Veränderung und dem Managen von Ängsten; dem Handeln nach geteilten Werten und ethnischen Grundsätzen und dabei effektives Management mit persönlicher Führung zu verbinden (vgl. Safrit & Merrill, 1999). Naylor geht im Jahr 1967 noch weiter und beschreibt, dass die emotionale Seite des Berufes eine bemerkenswerte Verbindung von Enthusiasmus, Flexibilität, Sensibilität und Courage braucht, um in der noch undefinierten Berufsgruppe zu agieren. Daher sieht er auch eine Gefahr, dass die wachsende Professionalisierung die bestehende Spontanität erdrücken wird, und damit die Arbeit nicht mehr so angenehm ist. Menschen, die nicht mit einer gehörigen Portion Chaos umgehen können, sollten keine Ehrenamtsprogramme leiten, so Naylor (vgl. Naylor, 1967: 190). Anhand des Alters der Quelle wird auch deutlich, wie lange die Profession des volunteer managers im angloamerikanischen Raum bereits Teil auch der wissenschaftlichen Auseinandersetzung ist. Auf der zweiten bundesweiten Fachtagung zum Thema Freiwilligenmanagement in Berlin 2002, veranstaltet von der Akademie für Ehrenamtlichkeit Deutschland (AfED), wurden dabei folgende konkrete Aufgabenfelder eines Freiwilligenmanagers abgeleitet: Bedarfseinschätzung und Planung der Freiwilligenarbeit, Stellen- und Aufgabenentwicklung, Gewinnen von Freiwilligen, Interviewen und Zuordnen, Unterstützung, Fortbildung und Supervision, Anerkennung der Engagements, Evaluation (vgl. Dokumentation der Fachtagung, S. 8).
Ehrenamtlicher Freiwilligenkoordinator Ein ehrenamtlicher Freiwilligenkoordinator hat den Vorteil, dass er die Bedarfe und Erwartungen der Ehrenamtlichen im Zweifel besser verstehen kann. Hier gibt es eine größere Nähe. Sollte es in dem Freundeskreis aber auch Hauptamtliche geben, kann diese größere Nähe auch zu einer größeren Distanz zwischen Ehrenamtlichen auf der einen Seite und Hauptamtlichen auf der anderen Seite führen, eine Situation, die möglichst zu vermeiden ist. Der Zeitaufwand für den Ehrenamtskoordinator darf dabei nicht unterschätzt werden. Fraglich ist hier, inwiefern ein Ehrenamtlicher diese Zeit kontinuierlich aufwenden kann. Langfristig ist es nicht zu empfehlen, sich lediglich auf einen ehrenamtlichen Koordinator zu verlassen. Wenn das Ehrenamtsprogramm erfolgreich ist, sollte auch die Koordination langfristig in hauptamtliche Hände übergeben werden.
Management von Ehrenamtlichen
Kombination ehrenamtlicher und hauptamtlicher Koordination Optimal gestaltet sich die Situation, wenn es beides gibt – einen Hauptamtlichen, der als Teil seiner Stelle für die Ehrenamtlichen zuständig ist und auch die Schnittstelle zur Leitung der Einrichtung und den anderen Hauptamtlichen herstellt. Wenn sich dann dieser Hauptamtliche nicht allein um die Betreuung der gesamten Ehrenamtlichen kümmern muss, sondern einen ehrenamtlichen Sparring-Partner an der Seite hat, führt dies zu einer vorteilhaften Situation beider. Der ehrenamtliche Koordinator kann dann wiederum die Kommunikationsbrücke zu den Ehrenamtlichen schlagen, kann sich aber auch in allen Fällen mit dem hauptamtlichen Koordinator abstimmen. Dies ist eine Win-Win-Situation für beide Seiten. Gerade bei einem Engagement eines Freundeskreises kann diese Möglichkeit gut zur Geltung kommen – wenn die Einrichtung auf der einen Seite für die Betreuung einem Hauptamtlichen Kapazität einräumt und der Vorstand des Freundeskreises auf der anderen Seite einen Ehrenamtlichen bestimmt, der die Schnittstelle übernimmt. Die Finanzierung einer hauptamtlichen Stelle wird dabei immer eine Schwierigkeit darstellen (vgl. Hager & Brudney, 2015: 241).
M anagement von E hrenamtlichen Gemäß dem Grundsatz, dass Ehrenamt ohne feste Rahmenbedingungen langfristig nicht erfolgreich sein wird, soll es in diesem Abschnitt um genau diese Strukturen gehen. Das Management von ehrenamtlich Engagierten gleicht dabei in vielen Aspekten einem guten und ausgeglichenen Personalmanagement (vgl. Kegel, Reifenhäuser, & Schaaf-Derichs, 2006: 6). Die größten Unterschiede zwischen Hauptamtlichen und Ehrenamtlichen liegt dabei in zwei Aspekten:
Motivation Die Ehrenamtlichen sind hauptsächlich intrinsisch motiviert, d.h. sie engagieren sich aufgrund ihrer Leidenschaft für die Sache, ihre Motivation liegt in ihnen selbst begründet. Hauptamtliche sind meist aus einer Mischung aus intrinsischer und extrinsischer Motivation an ihrem Arbeitsplatz. Hier spielt die extrinsische Motivation der Bezahlung, der Urlaubstage, der sozialen Leistungen, der Ausstattung des Arbeitsplatzes etc. durchaus auch eine große Rolle. Auch wenn man in der Kultur eine höhere intrinsische Motivation auch bei den Hauptamtlichen voraussetzen kann, muss doch immer die Balance gewahrt werden zwischen Einsatz und Lebensunterhalt. Dies ist bei ehrenamtlichem Engagement nicht der Fall, hier wiederum muss die Balance stimmen zwischen dem Engagement und den anderen Verpflichtungen des Ehrenamtlichen. Dieser Unterschied in der grundsätzlichen Motivation hat eine Auswirkung auf die Themen der Anerkennung und der Wertschätzung. Hier liegt ein größerer Fokus als bei hauptamtlichen Mitarbeitern.
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Weisungsbefugnis Das führt in der Konsequenz auch zu dem Punkt der Weisungsbefugnis – Ehrenamtliche kommen per Definition freiwillig zu ihrem Engagement und dementsprechend haben auch die Hauptamtlichen/genauso wie die Ehrenamtlichen untereinander keine Weisungsrechte. Hauptamtlichen Mitarbeitern können Dienstanweisungen gegeben werden, die ausgeführt werden müssen, dieses ist bei Ehrenamtlichen nicht möglich. Dieser Umstand hat Auswirkungen auf die Motivation und die Anerkennung der Leistung. Unter Berücksichtigung also dieser Spezifika und den Aufgaben eines Personalmanagements kann man einen abgewandelten Zyklus des Ehrenamtsmanagements entwerfen (vgl. Abbildung 1). Zu den einzelnen Abschnitten lassen sich folgende Charakteristika skizzieren: Abbildung 1: Zyklusmodell eines Ehrenamt-Programms, eigene Darstellung
Evaluation Anerkennung
Zyklusmodell eines EhrenamtProgramms
Planung
Auswahl
Motivation
Training
Planung Ziel einer guten Planung für ein Ehrenamtsmanagement sollte es sein, so zielgerichtet wie möglich die passenden Ehrenamtlichen für die Institution zu definieren und finden. Dazu gehören folgende Aspekte: 1. Genaue Definition der Tätigkeiten, die von den Ehrenamtlichen ausgeführt werden sollen: Bevor eine Einrichtung an die Öffentlichkeit geht mit dem Wunsch, ein Ehrenamtsprogramm zu starten, sollte intern zunächst geklärt werden, ob die Institution bereit ist, mit Ehrenamtlichen zu arbeiten. Dazu gehört die Frage, wer die Ehrenamtlichen betreuen soll. Gibt es einen hauptamtlichen Ansprechpartner oder wird es der ehrenamtliche Vorstand sein? Im nächsten Schritt sollte möglichst genau beschrieben werden, welche Tätigkeiten von den ehrenamtlichen Helfern ausgeübt werden sollen. Diese sollten
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so ausführlich beschrieben werden, dass die Erwartungen an die Ehrenamtlichen klar formuliert sind – wie viele Stunden pro Woche soll der Einsatz sein, wie kontinuierlich, welche Aufgaben beinhaltet die Tätigkeit, welche Voraussetzungen müssen mitgebracht werden. Außerdem sollte auch beschrieben werden, welche Erwartungen die Ehrenamtlichen an den Freundeskreis haben können – gibt es z.B. kostenfreie Trainings und Schulungen, gibt es andere Boni wie zum Beispiel freie Eintrittskarten. 2. Eine genaue Zielgruppe von Menschen zu definieren, die sich die Institutionen als Ehrenamtliche wünschen: Aus der eben beschriebenen Tätigkeitsbeschreibung kann in einem zweiten Schritt sehr gut abgeleitet werden, wer zur Zielgruppe potenzieller Ehrenamtlicher gehört. In welchem Alter sollten die Ehrenamtlichen sein, welchen Bildungshintergrund sollten sie haben, gibt es spezielle Fähigkeiten und Kompetenzen, die die Ehrenamtlichen mitbringen sollen. 3. Herauszufinden, wo diese Zielgruppe zu finden ist: Nun gilt es, sich zu überlegen, wo diese Zielgruppe zu finden ist, bzw. wo es sich lohnt zu werben, um die richtigen Ehrenamtlichen auf das neue Programm aufmerksam zu machen. 4. Entwerfen einer strategischen Kommunikation, um die richtigen Ehrenamtlichen zu gewinnen (Flyer, Aufrufe, Presse etc.): Last but not least geht es nun darum, die richtigen Kommunikationskanäle auszuwählen, um potenzielle Ehrenamtliche anzuwerben. Hier kann auch überlegt werden, die eine oder andere Informationsveranstaltung zu organisieren.
(Aus-)Wahl Ein weit verbreitetes Missverständnis bei der Arbeit mit Ehrenamtlichen ist die Annahme, dass man keine Auswahl tätigen darf, da die Ehrenamtlichen ja freiwillig kommen und daher schlecht Menschen abgelehnt werden können. Daher ist das »Aus« hier in Klammern gesetzt. Denn natürlich geht es darum, die richtige Tätigkeit für den Menschen zu finden, der sich engagieren will. Aber es muss auch gleich am Anfang die Möglichkeit geben, sich gemeinsam dazu zu entscheiden, dass man vielleicht auch nicht die geeignete Tätigkeit finden kann. Je eher nach diesen klaren Strukturen gearbeitet wird, desto weniger Missverständnisse und Kommunikationsprobleme wird es im Nachhinein bei der ehrenamtlichen Tätigkeit geben. 1. Persönliche Gespräche: Zu den Strukturen, die die Wahrscheinlichkeit einer reibungslosen Zusammenarbeit erhöhen, gehört das Durchführen von persönlichen Gesprächen. Dabei muss es sich nicht um Einzelgespräche handeln, Gruppengespräche sind im Gegenteil manches Mal sehr erhellend, da man quasi automatisch mitbekommt, wie der potenzielle Ehrenamtliche sich in der Kommunikation im Team verhält. Es geht darum, gemeinsam festzustellen, ob man zueinander passt.
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2. Die richtigen Tätigkeiten für die Person finden: Konträr zur Stellenausschreibung bei Hauptamtlichen geht es bei der Auswahl von Ehrenamtlichen darum, für die potenziellen Ehrenamtlichen die richtigen Tätigkeiten zu finden, die zur Lebenssituation und zur Leidenschaft der jeweiligen Person passt. Es kann nicht darum gehen, die richtigen Personen für die Tätigkeitsbeschreibungen zu finden. Die ausführliche Tätigkeitsbeschreibung dient dabei der transparenten Kommunikation über die möglichen Tätigkeiten bei dem Freundeskreis. 3. Vereinbarungen: Optional können bei einer positiven Auswahl Vereinbarungen verschriftlicht werden. Die Erfahrungen zeigen, dass dies mit Vorsicht zu formulieren ist, da viele Menschen sich scheuen, im ehrenamtlichen Bereich Vereinbarungen zu unterschreiben. Dies ist also jeweils individuell je nach Programm und Freundeskreis zu entscheiden.
Training Da Ehrenamtliche nicht acht Stunden, fünf Tage die Woche in einer Einrichtung tätig sind, ist es auch nicht selbstverständlich, dass sie automatisch verstehen, was die Einrichtung ausmacht. Der Kern der Marke eines Freundeskreises bzw. der Kultureinrichtung sollte in Schulungen und Trainings verdeutlicht werden. Ein großer und wichtiger positiver Effekt von Ehrenamtlichen ist, dass sie als Botschafter fungieren und damit eine positive Ausstrahlung in ihren eigenen Freundeskreis, aber auch in die Stadtgesellschaft haben. Das wiederum kann nur dann im Sinne der Einrichtung funktionieren, wenn den Ehrenamtlichen möglichst kontinuierlich verdeutlicht wird, was den Zweck und den (Marken-)Kern der Einrichtung/des Freundeskreises ausmacht. 1. Dauer: Beim Thema Dauer ist die Frage, wie viel Training man den Ehrenamtlichen zumuten kann. Dies ist abhängig von der Tätigkeit – was muss man dafür wissen und wie lange dauert es, dieses Wissen zu vermitteln. Zu bedenken ist dabei die begrenzte Zeit von Ehrenamtlichen. 2. Inhalt: Auch der Inhalt sollte davon abhängig gestaltet werden, was man für die ehrenamtlichen Tätigkeiten an Kompetenzen benötigt. Ist es wichtig, dass die Ehrenamtlichen eine Erste-Hilfe-Ausbildung bekommen oder reicht es, wenn sie eine Schulung absolvieren zur Geschichte und zur Bedeutung der Einrichtung. Diese Inhalte sind abzuleiten von den Tätigkeitsbeschreibungen, die im Schritt der Planung aufgestellt wurden.
Motivation und Anerkennung Motivation und Anerkennung sind wichtige Aspekte jeder Führungsarbeit und gerade bei Ehrenamtlichen gewinnen diese Punkte besonders an Bedeutung. 1. Täglicher Dank: Der tägliche Dank sollte eine Selbstverständlichkeit sein – bei Hauptamtlichen wie bei Ehrenamtlichen. Besonders aber bei den intrinsisch
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motivierten Ehrenamtlichen hat der tägliche Dank und die kontinuierliche Anerkennung einen besonders hohen Stellenwert. Es geht um eine einfache Freude, dass die Ehrenamtlichen da sind, sich engagieren, einen Mehrwert generieren. Dieser tägliche Dank hat auch den Vorteil, dass konstruktive Kritik wesentlich einfacher angebracht werden kann. Wenn man kontinuierlich lobt, fällt Kritik und Verbesserung auf wesentlich fruchtbareren Boden. 2. Jährlicher Dank: Unter jährlichem Dank sollen hier die Veranstaltungen verstanden werden, die eben einmal oder zweimal im Jahr stattfinden, z.B. die jährliche Weihnachtsfeier zusammen mit den Hauptamtlichen oder aber die jährliche Zeremonie im Rathaus der Stadt, in der Ehrenamtliche ausgezeichnet werden. Hier geht es um besondere Anlässe, die geschaffen werden, um eine Wertschätzung des Einsatzes auch nach außen zu verdeutlichen. Eine immer wichtiger werdende Rolle spielt dabei die Mitbestimmung, bzw. die Partizipation der Ehrenamtlichen. Dieser Aspekt sollte möglichst frühzeitig bedacht werden: Wo können und sollen Ehrenamtliche in Entscheidungsprozesse mit eingebunden werden und wo liegen die Grenzen für die Organisation. Es gibt gerade auch im angloamerikanischen Raum Beispiele, bei denen die Ehrenamtlichen auch in die Finanzierungs-/Förderungsentscheidungen mit eingebunden werden (vgl. Meijs, 2010: 24). Gerade bei Freundeskreisen, die eine Kulturorganisation fördern, kann diese Überlegung sinnvoll sein. Bislang werden solche weitreichenden Entscheidungen fast ausschließlich durch das strategische Ehrenamt getroffen, hier gäbe es die Möglichkeit, auch das operative Ehrenamt mit einzubeziehen.
Evaluation Kein Programm oder Projekt ist von Anfang an perfekt, immer ist es notwendig, zu reflektieren und Erfahrungen zu sammeln und Veränderungen umzusetzen. Dazu ist es notwendig, dass gleich zu Beginn darüber nachgedacht wird, wie eine solche Reflexion eingeplant werden kann. 1. Kontinuierliches Feedback: Zu empfehlen ist gerade zu Anfang eines Ehrenamtsprogrammes, dass es ein kontinuierliches Feedback gibt. Denkbar sind zum Beispiel Feedbackgespräche alle 2-3 Monate, die ausgewertet und umgesetzt werden. Die Abstände können dann immer vergrößert werden, nachdem der Bedarf von stetiger Anpassung vielleicht nicht mehr gegeben ist, so dass man nach einem Jahr vielleicht zu jährlichen Reflexionsschleifen kommen kann. Wichtig erscheint hier auch, dass man unterschiedliche Gesprächsgruppen aufsetzt: ein Gespräch nur unter den Ehrenamtlichen, eines nur unter den Hauptamtlichen, evtl. eines mit beiden gemeinsam. Es sollten dabei einige Kernfragen definiert werden, die jedes Mal wieder diskutiert werden (z.B. was ist besonders gut gelaufen? Wo sind noch Verbesserungspotenziale? Welche Wünsche gibt es für die Zukunft?).
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2. Evaluation: Zusätzlich dazu kann in regelmäßigen Abständen (z.B. einmal pro Jahr) eine formale Evaluation stattfinden. Dies hängt meist davon ab, ob hier einem öffentlichen Geldgeber oder einer Stiftung Rechenschaft abgelegt werden muss. Dann kann es positiv sein, einmal im Jahr quantitativ und qualitativ die Wirkung des Ehrenamtsprogrammes zu dokumentieren. Dies kann quantitativ durch die Anzahl der Ehrenamtlichen, die Anzahl der eingesetzten Stunden etc. oder qualitativ durch Geschichten, Statements, Erfahrungen der Ehrenamtlichen und der Besucher gezeigt werden.
Zusammenspiel Hauptamt/Ehrenamt Die Zusammenarbeit von Hauptamt und Ehrenamt ist oftmals mit Schwierigkeiten und Reibungen belastet. Die Beweggründe liegen dabei oftmals auf zwei grundsätzlichen Schwierigkeiten:
Misstrauen der Hauptamtlichen Der Kulturbereich ist in den meisten Fällen abhängig von staatlichen Subventionen, die wiederum in den meisten Fällen stagnieren oder rückgängig sind. Dazu kommt die stetige Forderung der Politik, die Zivilgesellschaft solle mehr Verantwortung übernehmen. Die Initiierung eines Ehrenamtprogramms ruft in manchen Fällen das Misstrauen der Hauptamtlichen hervor und darauf gegründet die Sorge, dass durch die Ehrenamtlichen hauptamtliche Strukturen rückgebaut werden. Grundsätzlich erweist sich diese Sorge als unberechtigt, da eine volle hauptamtliche Stelle nicht durch ehrenamtlich Aktive ersetzt werden kann (bei 40 Stunden pro Woche Arbeitszeit und einer durchschnittlichen Einsatzzeit von Ehrenamtlichen von ca. drei Stunden pro Woche wären 13-15 Ehrenamtliche vonnöten, die wiederum koordiniert werden müssten). Das Misstrauen der Hauptamtlichen entsteht meistens durch fehlendes Wissen, eine lückenhafte Kommunikation und die fehlende Einbindung der Hauptamtlichen in die Gestaltung des Programms. Im optimalen Fall werden die Hauptamtlichen schon bei der Planung mit einbezogen und werden befragt, welche Zweifel es gibt, aber auch welche Bereiche sie sich evtl. für den ehrenamtlichen Einsatz vorstellen können. Aus einer Untersuchung aus dem Jahre 2000 wird deutlich, dass viele deutsche Kultureinrichtungen damals noch große Hemmschwellen hatten, mit Ehrenamtlichen zu arbeiten (vgl. Birnkraut, 2003). Dieses hat sich in den letzten Jahren durchaus verändert.
Schleier der Zuständigkeit Der zweite Grund für Unstimmigkeiten liegt sehr oft in einer intransparenten Aufgabenverteilung und Zuständigkeit. Dies entsteht besonders oft, wenn es für die Ehrenamtlichen keine klaren Tätigkeitsbeschreibungen gibt und es damit auch von Anfang an keine klaren Absprachen gibt, wer sich für was verantwortlich fühlt. Durch solche Graubereiche verschieben sich Machtbereiche schnell. Es entsteht nicht nur ein Vakuum, sondern auch Missverständnisse. Dies kann
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durch eine transparente und klare Kommunikation von Anfang an zwischen den Ehrenamtlichen und den Hauptamtlichen vermieden werden. Hierfür wiederum ist ein hauptamtlicher Ansprechpartner/Koordinator unerlässlich, damit hier ein Vertrauensverhältnis hergestellt werden kann. Für eine reibungslose Zusammenarbeit sind weiter folgende Aspekte zu beachten:
Zeiteinsatz des Hauptamtlichen Gleich zu Anfang, wenn die Tätigkeitsbeschreibungen für die Ehrenamtlichen geschrieben werden, sollte parallel dazu festgelegt werden, wie viel Zeit es die Hauptamtlichen kosten würde, wenn sie in ihrer Abteilung, ihrem Bereich mit Ehrenamtlichen arbeiten würden. Klar ist, dass der Einsatz von Ehrenamtlichen immer mit einem Zeiteinsatz des hauptamtlichen Ansprechpartners einhergeht. Hier ist es unerlässlich, dass die Leitung des Freundeskreises/der Einrichtung hinter dem Programm steht und dementsprechend auch Kapazitäten schaffen kann.
Schnittstellen zwischen Hauptamt und Ehrenamt Das Gleiche gilt für die Schnittstellen zwischen dem Freiwilligenkoordinator, den Ehrenamtlichen und den Hauptamtlichen – hier sollte auch zu Anfang geklärt werden, wer für welche Fragen der richtige Ansprechpartner ist. Dies kann in einem Handbuch für die Ehrenamtlichen und die Hauptamtlichen festgehalten werden. Hier kann unter anderem auch verschriftlicht werden, welche wechselseitigen Erwartungen zwischen der Leitung des Freundeskreises und der Leitung der Kultureinrichtung bestehen (vgl. Welling, 2006: 172).
Konfliktlösung Sollte es nach all der guten Vorbereitung doch zu Konflikten kommen, kann auch hier von Anfang an beschlossen werden, wer für die Konfliktlösung zuständig ist. Wenn es einen Koordinator gibt, so wird dieser sicher als erste Anlaufstelle gelten, aber auch hier könnte man die Lösung finden, einen Mediator zu gewinnen, der diese Supervision ehrenamtlich übernimmt. Zusammengefasst kann man einige Regeln aufstellen, die es erleichtern, das Miteinander von Hauptamt und Ehrenamt auf einer guten Basis zu halten (vgl. Birnkraut, 2003: 150ff.): • gegenseitiger Respekt zwischen den beiden Seiten; • Vorbereitung auf die zu erledigenden Projekte und die genaue Aufgabenverteilung zwischen Hauptamt und Ehrenamt; • Abwechslung in der Arbeit der Ehrenamtlichen – weder Hauptamtliche noch Ehrenamtliche werden auf die Dauer mit einer monotonen, sich immerzu wiederholenden Tätigkeit zufrieden sein;
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• Dank von beiden Seiten (siehe auch den Punkt Motivation und Anerkennung); • Partnerschaft/persönlicher Kontakt – Ehrenamtliche engagieren sich auch, weil sie die Tätigkeit der Kulturinstitution faszinierend finden: der Austausch und das Zugehörigkeitsgefühl sind also ausschlaggebende Faktoren des Verstehens zwischen Hauptamt und Ehrenamt; • Beziehung zwischen dem Management und dem Programm – der Vorgesetzte muss das Programm unterstützen und auch gegenüber dem Hauptamt vertreten und die Wichtigkeit argumentieren. Gerade bei Freundeskreisen kann es aber auch zu Konflikten zwischen dem strategischen und dem operativen Ehrenamt kommen (vgl. Welling, 2006: 168). Hier ist entscheidend, wie viel Macht und autokratische Entscheidung in den Händen der strategisch führenden ehrenamtlichen Leitungsebene liegt. Dies kann wiederum einen Einfluss auf das Verhältnis der Leitung des Freundeskreises mit den Hauptamtlichen der Institution haben (vgl. Walser, 2014: 36).
C hancen und R isiken Auch wenn sich die Initiierung der Strukturen sehr arbeitsaufwendig anhört, so zeigt die Erfahrung, dass dieser Zeitaufwand sich um ein Vielfaches nach schon kurzer Zeit lohnt. Die Überlegungen und Vorarbeiten müssen nur einmal geschaffen werden, um dann immer wieder genutzt werden zu können. Das erleichtert das tägliche Tun ungemein.
Chancen Vielfalt Durch die Ehrenamtlichen gewinnt die Institution an Vielfalt − in Form von unterschiedlichen Persönlichkeiten, unterschiedlichen Kompetenzen und unterschiedlichen Meinungen. Das kann durchaus auch anstrengend sein, ermöglicht aber auch einen guten Diskurs.
Kompetenz Durch die Ehrenamtlichen werden zusätzliche Kompetenzen in die Einrichtung/ den Freundeskreis geholt, die wiederum die Arbeit bereichern können.
Blick von außen Ehrenamtliche haben einen stärkeren Blick von außen, sie sind im Zweifel sehr nah am Publikum und können so ein direktes Feedback geben, wie die Einrichtung und deren künstlerische Arbeit von den Besuchern gesehen wird. Dieser Blick von außen kann ein großer Mehrwert sein, wenn er richtig genutzt wird.
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Botschafter Eine der größten Chancen ist es, Botschafter zu gewinnen. Botschafter, die die Einrichtung, den Freundeskreis positiv in die Stadtgesellschaft bringen, die begeistert und leidenschaftlich über die Arbeit der Einrichtung/des Freundeskreises berichten. Diese Botschafter haben gleich mehrere Wirkungsmöglichkeiten. Zum einen berichten sie positiv über das Ehrenamt selbst und ziehen so wieder Interessierte nach sich. Zum anderen sprechen sie wohlwollend über die künstlerische Arbeit des Freundeskreises/der Einrichtung und tragen so zu neuem Publikum bei bzw. zu Wiederholungsbesuchen des bestehenden Publikums. Eine dritte und nicht zu unterschätzende Wirkung ist die einer gewissen lobbyistischen Funktion der ehrenamtlichen Botschafter auch in Richtung der Politik und Verwaltung. Je stärker eine Einrichtung ehrenamtlich mit den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt/Gemeinde verwoben ist, desto stärker ist auch ihr Halt in dieser Gesellschaft, desto klarer auch ihre Wichtigkeit für die Politik und die Verwaltung.
Risiken Zeiteinsatz Eine der Unwägbarkeiten bei der Arbeit mit Ehrenamtlichen ist der Zeiteinsatz. Dieser darf nicht unterschätzt werden und muss von der Leitung des Freundeskreises/der Einrichtung bedacht werden, wenn mit Ehrenamtlichen gearbeitet werden soll. Der Zeiteinsatz wird auch bei dem Fortbestehen des Programms weiterhin vorhanden sein und nicht weniger werden. Darüber hinaus wird immer eine große Heterogenität der Gruppe der Ehrenamtlichen bleiben, was einen Teil des Zeiteinsatzes erklärt. Die Abstimmung, Koordination und Kommunikation mit Ehrenamtlichen nimmt meist mehr Zeit ein als die Abstimmung mit Hauptamtlichen (vgl. Redmann, 2015: 154).
Meinungsverschiedenheiten Die ehrenamtlich Engagierten sind oftmals erfahrene, ältere Menschen mit einem großen Wissens- und Erfahrungsschatz. Hier kann es gerade in der Zusammenarbeit mit jüngeren Hauptamtlichen zu Zusammenstößen in Bezug auf Prozesse, künstlerische Meinungen etc. kommen. Die Ehrenamtlichen fühlen sich zugehörig und daraus entstehen manchmal Äußerungen und Forderungen, die die Hauptamtlichen in Frage stellen. Hier ist eine transparente Kommunikation auf Augenhöhe wichtig.
Missstimmung zwischen Hauptamt und Ehrenamt Der Einsatz von Ehrenamtlichen kann wie oben aufgeführt zu Spannungen und Missstimmungen zwischen den Hauptamtlichen und den Ehrenamtlichen führen. Dieser Reibungsverlust ist ein ernstzunehmendes Risiko.
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Z usammenfassung Der Einsatz und Umgang mit Ehrenamtlichen hat überwiegende Vorteile, wenn die richtigen Strukturen geschaffen werden. Entscheidend ist dabei, dass der Freundeskreis und die Kultureinrichtung sich im Klaren darüber sind, welche gemeinsamen Ziele sie mit dem Einsatz der Ehrenamtlichen verfolgen. Die Zeit, die es kostet, sich auf eine transparente und ganzheitliche Struktur und Kommunikation zu einigen, ist gut investierte Zeit. Diese Investition wird sich schnell amortisieren und Zufriedenheit und Erfolge auf beiden Seiten zeigen. Es wäre schade, die Motivation der Mitglieder von Freundeskreisen lediglich auf einer passiven Mitgliedschaft beruhen zu lassen. Das Potenzial, das hier vorhanden ist, kann hervorragend im Dienste der Kultureinrichtung um- und eingesetzt werden.
L iteratur Birnkraut, G. (2003): Ehrenamt in kulturellen Institutionen im Vergleich zwischen den USA und Deutschland. Siehe https://phbl-opus.phlb.de/frontdoor/ index/index/docId/1, letzter Zugriff: 18.12.2017. Birnkraut, G. & Hein, I. (2015): Personalpolitische Instrumente des internen Marketing in Bezug auf Festangestellte und ehrenamtlich Tätige, 2. Auflage, Studienbrief 2-080-0912-2 . Gensicke, T. & Geiss, S. (2004): Erfassung des Freiwilligen-Engagements im Freiwilligensurvey und in der Zeitbudgetstudie, in: Statistisches Bundesamt (Hg.): Alltag in Deutschland – Analysen zur Zeitverwendung, Band 43 der Schriftenreihe Forum der Bundesstatistik, Stuttgart. Gensicke, T. & Geiss, S. (2010): Hauptbericht des Freiwilligensurveys 2009. Ergebnisse der repräsentativen Trenderhebung zu Ehrenamt, Freiwilligenarbeit und Bürgerschaftlichem Engagement, München. Siehe http://scholar.google. com/scholar?hl=en&btnG=Search&q=intitle:Hauptbericht+des+Freiwilligen surveys#0, letzter Zugriff: 18.12.2017. Hager, M. & Brudney, J. (2015): In search of strategy: Universalistic, contingent, and configurational adoption of volunteer management practices. Nonprofit Management & Leadership, 25(3), S. 235-254. Kegel, T., Reifenhäuser, C. & Schaaf-Derichs, C. (2006): Lehrbuch Strategisches Freiwilligen-Management, 2. Auflage, Berlin. Meijs, L.C.P.M. (2010): Reinventing strategic philanthropy: the sustainable organization of voluntary action for impact, ERIM report series research in management Erasmus Research Institute of Management. Naylor, H.H. (1967): Volunteers today: Finding, training and working with them, New York.
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Die Verwaltung als Schnittstelle zwischen Museum und Förder- bzw. Freundeskreis Grundlagenarbeit in der Praxis am Beispiel der Berlinischen Galerie Birgitta Müller-Brandeck
E inleitung Verwaltungsarbeit – für viele Menschen, gerade auch im Kulturbereich, hört sich das kaum nach einem verlockenden Thema an. Um was soll es hier gehen? Und – was ist das überhaupt: Verwaltung? Betriebliche Verwaltung wird als eine »Grundfunktion im betrieblichen Geschehen« bezeichnet, »die nur mittelbar den eigentlichen Zweckaufgaben des Betriebs« – in unserem Falle also des Fördervereins oder des Museums – »dient, indem sie den reibungslosen Betriebsablauf durch Betreuung des ganzen Betriebs gewährleistet«. Im weiteren Sinne wird Verwaltung definiert als »alle Tätigkeitsbereiche innerhalb der Unternehmung, die nicht unmittelbar zum Produktionsbereich gehören«1. Um das hier aufgegriffene Thema einzugrenzen und die Verwaltungsaufgaben zu konkretisieren, muss man beim Freundeskreis eines Museums aber nicht nur nach dem Zweck des Förderkreises fragen, sondern auch nach dem des Museums, denn dem Erreichen beider Zielsetzungen hat die Verwaltung zu dienen. Vor diesem Hintergrund soll hier näher ausgeführt werden, welchen Herausforderungen sich die Administration eines Förder-/Freundeskreises insbesondere an der Schnittstelle zur befreundeten Kulturinstitution bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu stellen hat. Dieser Blickrichtung entsprechend wird es hier weniger um die vielen Gründe gehen, warum diese Form bürgerschaftlichen Engagements für Kulturinstitutionen so wichtig ist und was auf diese Weise für das Gemeinwesen geleistet wird – der Blick geht vielmehr in das Innere des Freundeskreises und befasst sich mit dem hier zu Leistenden, damit das Engagement in dieser Form überhaupt wirksam werden kann. 1 | Siehe http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Stichwort-Verwaltung
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Z weck-/Z ielse t zung Zunächst wäre also zu klären, welche Zwecksetzung sich der Förder- oder Freundeskreis eigentlich genau gegeben hat; denn diese Benennung differenziert die Aufgaben aus und hat Folgen für das Miteinander von Förder- und geförderter Institution. Förder- und Freundeskreise firmieren fast ausschließlich als eingetragene Vereine, ihre Zwecksetzung und die dafür geplanten wichtigsten Maßnahmen finden sich daher in den Satzungen. Die Bestimmung des Vereinszwecks ist nicht nur formal wichtig, da sie zwingende Voraussetzung für eine Eintragung in das Vereinsregister ist. Der Vereinszweck beschreibt darüber hinaus den Rahmen, in dem sich die Organe des Vereins bewegen müssen und bildet die Grundlage für die steuerliche Anerkennung der Gemeinnützigkeit.2 Unter rechtlichen Gesichtspunkten besteht kein Unterschied zwischen den möglichen Bezeichnungen als Freundes- und/oder Förderkreis bzw. -verein; ist die Eintragung in das Vereinsregister erfolgt, gelten die §§ 21 ff. BGB, ohne Ansehen des Namens. Über die reine Zweckbestimmung hinaus ist wichtig, wie das Erreichen dieses Zweckes in der Förderinstitution tatsächlich gelebt wird – denn dies hat große Auswirkungen auf das Selbstverständnis der Förderer genauso wie auf das Gewinnen neuer Mitglieder. Es ist daher für den Verein von großer Bedeutung, dass er diese Frage nach innen und außen (immer wieder) klärt, um eine möglichst große Mitgliederzufriedenheit zu erreichen. Für jede Person, die in einen Freundeskreis strebt, dürfte gelten, dass sie die befreundete Kulturinstitution durch ihr bürgerschaftliches Engagement unterstützen will. Aber: geht es ausschließlich um mäzenatisches Handeln oder gibt es – in völlig legitimer Weise! – weitere Motivationen für die Mitgliedschaft, etwa der Wunsch nach sozialen Kontakten oder durch die Mitgliedschaft erworbener Vorteile wie der Zugang zu besonderen Veranstaltungen? Soll die Mitgliedschaft einem exklusiven Kreis vorbehalten oder allgemein zugänglich sein? Wie der jeweilige Freundeskreis diese Fragen für sich beantwortet, ist für die Verwaltung bedeutsam, da sie dazu beizutragen hat, die gesetzten Erwartungen zu erfüllen.
M itgliederbe treuung Trotz aller Unterschiede hat die Verwaltung aber zunächst einen für fast alle Freundeskreise gleichen Grundstock an Aufgaben zu erfüllen. Das zentrale Betätigungsfeld ist dabei die Mitgliederbetreuung: Alle Förderorganisationen basieren darauf und leben davon, dass die Mitgliedschaft ordentlich gemanagt wird. Kern 2 | Vgl. Seidenfus, Valentin R.: Rechtliche, gemeinnützigkeitsrechtliche und steuerrechtliche Aspekte bei der Errichtung, Leitung und Arbeit von Fördervereinen und Freundeskreisen, in: Dreyer, Matthias/Wiese, Rolf, (Hg.), Freunde sind unbezahlbar. Fördervereine und Freundeskreise von Museen, Ehestorf 2014, S. 50.
Die Ver waltung als Schnittstelle zwischen Museum und Förder- bzw. Freundeskreis
der Mitgliederbetreuung ist wiederum die Mitgliederverwaltung, die von größter Wichtigkeit für das Funktionieren der Organisation ist. Freundeskreise haben vielfach eine bedeutende Zahl an Mitgliedern, die von mehreren Hundert bis zu mehreren Tausend reichen können; auch wenn nicht jeder Verein gleich eine Mitgliederzahl von mehr als 18.000 Personen umfasst, wie die Freunde der Hamburger Kunsthalle, eine der bedeutendsten Vereinigungen von Kulturfreunden – auch für kleinere Fördervereine ist eine gut aufgestellte Mitgliederdatenbank wesentlich für das Funktionieren und die Wirksamkeit. Denn nur eine vollständige, stets aktuelle Mitgliederverwaltung kann sicherstellen, dass die Freunde tatsächlich erreicht werden und die gewünschten Informationen erhalten. Nicht zuletzt ist die Aktualität der Mitgliedsdaten von Bedeutung für die zumeist einmal jährlich stattfindende Mitgliederversammlung, ohne die ein Freundesverein die rechtlich notwendige Willensbildung – das Bestimmen der Vereinsorgane, Beschlussfassungen zu den Finanzen, Entlastung des Vorstands – nicht durchführen kann. Diese Versammlung aller Mitglieder ist aber nur dann beschlussfähig, wenn sie anhand zutreffender Mitgliederdaten ordnungsgemäß einberufen wurde. Natürlich sind aktuelle und zutreffende Daten der Vereinsmitglieder auch die Basis für das korrekte Handhaben der Mitgliedsbeiträge durch die Finanzbuchhaltung. Falsch berechnete Beiträge bergen nicht nur ein hohes Verärgerungspotenzial bei den Förderern, als meist wichtigste Einnahmequelle können Fehler in diesem Bereich sogar eine Gefahr für das Finanzgebaren des Vereins darstellen. In die Suche nach einem geeigneten IT-Angebot für eine funktionale Datenbank mit gut funktionierender Schnittstelle zur Finanzbuchhaltung sollte man daher ausreichend Zeit investieren, denn sie ist eine wesentliche Grundlage für gutes Verwalten. Dabei kann die Vernetzung mit anderen Organisationen mit einschlägigen Erfahrungen eine gute Investition sein, um sich eine ausreichende Entscheidungsgrundlage zu verschaffen.
M itgliederprogramm Fast alle Freundeskreise bieten im Rahmen ihrer Mitgliedschaft auch eine Fülle von besonderen, auf verschiedene ihrer Zielgruppen zugeschnittene Angebote und Veranstaltungen an. Für die Freunde eines Kunstmuseums ist das klassischerweise die Preview, die es den Mitgliedern kurz vor der offiziellen Eröffnung einer Ausstellung ermöglicht, diese in intimem Rahmen, häufig mit der Möglichkeit einer exklusiven Kuratorenführung, zu sehen. Zum klassischen Angebotsrepertoire gehören auch Veranstaltungen mit dem Künstler oder der Künstlerin einer aktuellen Schau, bei der diese über ihr Schaffen berichten, sowie Atelieroder Galeriebesuche. Alle diese Angebote bieten dem Mitglied die Möglichkeit, sich der Arbeit des geförderten Hauses anzunähern, um sich mit ihr auseinanderzusetzen, und wären ohne Mittun im Freundeskreis nicht zugänglich. Diese
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Veranstaltungen müssen zum einen inhaltlich konzipiert, danach aber durch die Verwaltung erfolgreich operationalisiert werden. Vieles ist dabei sicherlich Routine, werden solche – teilweise sehr aufwändigen – Angebote aber nicht gut organisiert umgesetzt, sind die Mitglieder unzufrieden. Es gilt also, tragfähige Absprachen zu treffen, über ein wirksames Anmeldungsmanagement zu verfügen und nicht zuletzt auch in geeigneter Weise für das leibliche Wohl der Teilnehmenden zu sorgen. Viele Freundeskreise bieten ihren Mitgliedern besondere Kunstreisen an, z.B. zu Partnerhäusern, zu interessanten Orten mit Bezug zur Tätigkeit der geförderten Institution oder sonstigen aktuellen Programmen. Auch bei diesem Vorhaben gilt: Die gesamte Reise kann nur dann zur Zufriedenheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer führen, wenn sie gut organisiert ist. Hier geraten die dafür in den Vereinen Verantwortlichen manchmal an ihre Grenzen. Je mehr Dritte eingebunden sind, um eine interessante und abwechslungsreiche Fahrt anbieten zu können, desto komplizierter wird das praktische Handling. Hinzu kommen bei solchen Angeboten noch diverse Sicherheits- und Haftungsfragen, die das Aufgabengebiet eines Fördervereins eigentlich übersteigen und daher zum Teil mit externer Hilfe bewältigt werden müssen. Viele Fördervereine bemühen sich aus gutem Grund gezielt darum, junge Menschen für mäzenatisches Engagement zu gewinnen und zu begeistern; um dies zu erreichen, bieten sie ein eigens auf diese Zielgruppe zugeschnittenes abwechslungsreiches Programm an, mit den schon beschriebenen hohen Anforderungen an ein passendes Management dieser Veranstaltungen.
G emeinnüt zigkeit Wenn schon für die Ebene der umsetzenden Verwaltung umfangreiche Kompetenzanforderungen vorhanden sind, gilt dies umso mehr für die Geschäftsführung eines Vereins. Manche Freundeskreise sind so strukturiert, dass der ehrenamtliche Vorstand die Geschäfte selbst führt, bei anderen ist dafür eine hauptamtlich tätige Person verantwortlich; dadurch verwandelt sich die dem Vorstand obliegende Verantwortung in weiten Teilen in die Pflicht, die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung angemessen zu beaufsichtigen. Gleichwie, eine sehr wichtige Aufgabe jeder Geschäftsführung besteht in der Berücksichtigung der anspruchsvollen Regularien des Gemeinnützigkeitsrechts, die für die in der Regel als gemeinnützig anerkannten Vereine den rechtlichen Rahmen bilden. Die Anforderungen der Vorschriften der Abgabenordnung müssen nicht nur bereits bei der Gründung so in der Satzung formuliert werden, dass die Anerkennung durch das Finanzamt erfolgt, sie müssen auch in der laufenden Geschäftstätigkeit stets beachtet werden. Diese Anforderung an das Management des Vereins ist keine lapidare Aufgabe. Der Fiskus gewährt Organisationen, die sich in bestimmten Feldern dem Gemeinwohl widmen, eine ganze Reihe an Steuererleichterungen:
Die Ver waltung als Schnittstelle zwischen Museum und Förder- bzw. Freundeskreis
Vor allem entfällt die Körperschaftsteuer, in einigen Aktionsfeldern gibt es Vergünstigungen bei der Umsatz- und der Erbschaftsteuer. Für das Mitglied folgt aus der Gemeinnützigkeit die steuerliche Abzugsfähigkeit seines Beitrags, seiner Spende oder auch seiner Schenkung eigener oder erworbener Kunst, wie sie gerade bei einem Kunstmuseum nicht selten vorkommt. In diesem Zusammenhang taucht übrigens auch die unangenehme Frage des Ausmaßes der Vergünstigungen auf, die durch die Mitgliedschaft erworben werden. Sind diese zu umfassend oder zu exklusiv, kann dies sogar die Gemeinnützigkeit des Freundeskreises bedrohen – auch solche Entwicklungen müssen vom verantwortlichen Management beobachtet werden. Als Gegenleistung für diese Vergünstigungen stellt der Staat strenge Anforderungen sowohl auf der Einnahmenseite als auch bei der Verwendung der Mittel. So muss bei den Einnahmen beachtet werden, ob sie – wie etwa Mitgliedsbeiträge und Spenden – dem ideellen Bereich zuzuordnen und damit steuerfrei sind. Viele Förderkreise haben aber diverse weitere Geschäftsfelder, um ihre Einnahmen zu erhöhen: Dazu gehören die schon erwähnten Reiseangebote für Freunde und Freundinnen, aber auch etwa das Betreiben des Museumsshops oder -cafés. Können diese Geschäftsfelder nicht den gesetzlich normierten sog. Zweckbetrieben zugeordnet werden, fallen ab einer bestimmten Einnahmenhöhe sehr wohl Steuern an. Wichtig ist darüber hinaus zu beachten, dass die wirtschaftlichen Aktivitäten im Verhältnis zu den ideellen ein bestimmtes Maß nicht überschreiten. Denn im unangenehmsten Fall kann die Gemeinnützigkeit einer Organisation aberkannt werden mit der Folge, dass unter Umständen sogar für zurückliegende Geschäftsjahre Steuern nachzuentrichten sind. Entsprechende Kenntnisse bei der Geschäftsführung und eine gut aufgestellte Finanzbuchhaltung für das Erstellen der erforderlichen Gewinn- und Verlustrechnung sind daher unerlässlich. Auch auf der Ausgabenseite sind diverse Bestimmungen einzuhalten, vor allem müssen die eingenommenen Mittel zeitnah – das bedeutet üblicherweise in einem Zeitraum von zwei Jahren – wiederverwendet werden. Weitere Anforderungen betreffen etwa die Art und Weise der tatsächlichen Geschäftsführung. Sind die nötigen Kenntnisse über diese Regularien nicht vorhanden, kann (und muss) Expertise von externer Seite eingeholt werden. Allerdings sollte in diesem Fall darauf geachtet werden, dass zum Beispiel bei steuerlicher Beratung auch tatsächlich ausreichend Erfahrung im diffizilen Gemeinnützigkeitsbereich vorhanden ist; nicht von ungefähr gibt es Steuerberater, die sich auf dieses Gebiet spezialisiert haben!
S trategische A usrichtung , R essourcenteilung Warum engagieren sich Menschen ehrenamtlich im Förder- oder Freundeskreis einer Kulturinstitution? Diese Frage wurde oben schon gestellt im Hinblick auf die konkreten Erwartungen, die mit einer Mitgliedschaft verbunden sind. Im Vor-
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dergrund steht sicherlich der Wunsch, die befreundete Kulturinstitution in ihrem Wirken zu unterstützen. Damit dieser Wunsch erfüllt werden kann, ist unumgänglich, dass die strategische Ausrichtung beider Organisationen aufeinander abgestimmt ist – was nützt es der Kulturinstitution, wenn der Förderkreis ein Vorhaben plant, das in ihrer eigenen Zielsetzung nicht prioritär oder überhaupt nicht vorgesehen ist? Andersherum sollte auch die Institution ihrerseits Angebote für die Mitglieder des Fördervereins vorhalten, die deren erkennbares Interesse wirklich treffen. Die sehr auf demokratische Mehrheitsverhältnisse ausgerichteten deutschen Vereinsstrukturen können für eine solche Strategieabstimmung gewisse Risiken bergen; auch muss das Verhältnis zwischen Kulturinstitution und Förder- oder Freundeskreis nicht immer harmonisch sein.3 Schon strukturell sollte hier entgegengewirkt werden, die Leitung der Kulturinstitution kann beispielsweise in dieser Funktion geborenes Mitglied im Vorstand des Fördervereins sein, um die institutionelle Interessensverzahnung zu sichern. Gelingen die strategische Abstimmung und die Verzahnung der darauf bezogenen Konzepte, so ist wiederum die Administration gefragt, diese professionell und geräuschlos umzusetzen. Hier kommt der Verwaltung gleich beider Seiten – des Freundeskreises genauso wie der Kulturinstitution – die zentrale Aufgabe zu, eng abgestimmt zusammenzuarbeiten, damit die gesetzten Ziele auch erreicht werden. Dies ist in der Praxis nicht immer einfach, erfordert gute Kommunikation und Verständnis für die Belange der jeweils anderen Organisation. Wird diese Schnittstelle aber gut gestaltet, so profitieren beide Seiten von der damit einhergehenden Wissens- und Kompetenzbündelung. Dies gilt auch für ganz praktische Themen wie die Abstimmung und gemeinsame Anschaffung von IT-Systemen etwa für die Adressverwaltung oder die Finanzbuchhaltung; diese dürfen zwar aus Gründen des Datenschutzes nicht einfach gemeinsam genutzt werden, dennoch sind hier Synergieeffekte zu erzielen, gerade was wichtige kommunikative Maßnahmen betrifft, die beiden Institutionen zu Gute kommen. Aus gemeinnützigkeitsrechtlichen Gründen darf der Mittelanteil, der für die vereinseigene Verwaltung zur Verfügung gestellt wird, ein bestimmtes Maß nicht überschreiten. Der Förderverein oder Freundeskreis kann daher unter Umständen von der Verwaltungskompetenz der befreundeten Institution profitieren, um die geforderte Grenze nicht zu überschreiten. In manchen Fällen übernimmt die Museumsverwaltung daher zum Teil Aufgaben für den Freundeskreis, die dessen Administration aus Kapazitäts-, manchmal auch aus Kompetenzgründen nicht erfüllen kann. Aber auch die Kulturinstitution kann von der Zusammenarbeit profitieren, zum Beispiel, weil der privatrechtliche Förderverein für ein öffentliches Museum Aktivitäten übernimmt, die das Haus wegen der geltenden öffentlich-rechtlichen Regularien nur mit deutlich größerem Aufwand erfüllen könnte. 3 | Vgl. Dreyer, Matthias/Wiese, Rolf: Fördervereine und Freundeskreise der Zukunft: Zwischen Tradition und Professionalisierung, in: Dreyer, Matthias/Wiese, Rolf, (Hg.), Freunde sind unbezahlbar. Fördervereine und Freundeskreise von Museen, Ehestorf 2014, S. 35.
Die Ver waltung als Schnittstelle zwischen Museum und Förder- bzw. Freundeskreis
Eine praktische, aber auch immens wichtige Aufgabe ist die gute Organisation der Kommunikation mit und unter den Vorstandsmitgliedern und die sorgfältige Vor- und Nachbereitung von Sitzungen. Gerade wenn der Freundeskreis über eine eigene Geschäftsstelle verfügt, muss der Informationsfluss zwischen Haupt- und Ehrenamt, aber auch mit dem Museum gut organisiert sein, damit angemessene Entscheidungen vorbereitet werden.
U mse t zung am B eispiel der B erlinischen G alerie Die Berlinische Galerie, Landesmuseum für moderne Kunst, Fotografie und Architektur, wird vielfältig und seit langen Jahren durch ihren Förderverein in der Arbeit unterstützt. Dabei ist das wichtigste Vorhaben die jährliche Förderung eines Ausstellungsprojekts des Museums. Der sehr aktive Vorstand führt die Vereinsgeschäfte ehrenamtlich, der Direktor und Stiftungsvorstand ist Mitglied des Vereinsvorstands. Trotz der beachtlichen Anzahl von über 1600 Mitgliedern verfügt der Verein nur über eine kleine Geschäftsstelle mit zwei Teilzeit- und einer geringfügig Beschäftigten. Arbeitsrechtlich sind die hauptamtlich Beschäftigten dem Vorstandsvorsitzenden unterstellt, um aber die umfangreiche Kommunikation zwischen beiden Häusern, vor allem aber nach außen und in die Mitgliedschaft zu koordinieren, sind die Fördervereinskolleginnen der Kommunikationsabteilung des Museums angegliedert. Die Mitarbeiterinnen des Fördervereins nehmen sämtliche der geschilderten Aufgaben wahr, von der Mitgliederverwaltung und -betreuung, der umfangreichen Mitgliederkommunikation bis hin zur Planung und Durchführung einer Fülle von Veranstaltungen verschiedener Formate für die Mitglieder sowie der Vor- und Nachbereitung von Sitzungen und der jährlichen Mitgliederversammlung; eine Kollegin ist nur für die jungen Mitglieder zuständig. Geschäftsstelle und Vorstand werden ehrenamtlich und intensiv von der Kommunikationsabteilung und vom Verwaltungsbereich des Museums unterstützt, wobei letzterer sein Fachwissen vom Finanzmanagement bis hin zu rechtlichen Fragen einbringt. Diese Form der Zusammenarbeit ermöglicht eine enge strategische Abstimmung und bietet der Verwaltung gute Rahmenbedingungen, die wichtige Schnittstelle zwischen Förderverein und Museum möglichst reibungslos und effektiv zu bearbeiten. Sicherlich erfordert diese Struktur einen erheblichen Kommunikationsaufwand, auch wäre eine größere Arbeitskapazität im Förderverein durchaus wünschenswert. Dennoch, als Fazit ist festzuhalten: Diese Organisationsstruktur bietet für gute Verwaltungsarbeit im Förderverein und an der Schnittstelle zum Museum sehr gute Voraussetzungen. Und wenn auch Verwaltung bestimmt nicht alles ist, ihr gutes, möglichst geräuschloses Funktionieren lässt Zeit und Kraft für die eigentliche, inhaltliche Arbeit!
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D. Best-Practices
Der Förder- und Freundeskreis als ganzheitliches Instrument am Beispiel der Freunde der Nationalgalerie e. V. Katharina von Chlebowski
1. E ntstehung und E nt wicklung Die Idee, 16 Jahre nach dem Bau der Berliner Mauer einen mäzenatischen Verein zur Förderung der Neuen Nationalgalerie zu gründen (bzw. wieder zu begründen), entsprang nicht nur dem Wunsch, an große Traditionen anzuknüpfen, sondern war auch Ausdruck eines grenzenlosen Optimismus. Berlin als geteilte Stadt mit verlängerter Nachkriegszeit bis 1989 war der Ort des Verlustes schlechthin. Nicht mehr Hauptstadt, nicht mehr Industriemetropole, ohne Umland, völlig verstört in seinen preußischen Traditionen, ohne Bildungsbürgertum – kurzum, ein Doppel-Ort des Verlustes. Dagegen wirkten auf beiden Seiten der Stadt einzig die Künste und die wissenschaftlichen Einrichtungen. Im Westen wie im Osten waren es die Orchester, Theater und Museen, die Bibliotheken und Universitäten, die dieser Doppelstadt eine neue alte Attraktivität und ein neues Leben stifteten. Ludwig Mies van der Rohes 1968, im Jahr der Studentenrevolution, eingeweihter Tempel der Neuen Nationalgalerie war das erste deutliche Fanal für ein wiedererlangtes internationales Ansehen durch die modernen Künste – wenigstens in der einen Hälfte der Stadt. Dieser Wunsch wurde geboren, als Dieter Honisch 1975 Direktor der Neuen Nationalgalerie wurde. Doch erst im Zusammentreffen mit dem Berliner Anwalt Peter Raue fand Honisch den richtigen Partner, um diese Unternehmung zu einer glänzenden Realität werden zu lassen. Der mäzenatische Gedanke stand von Anfang an im Mittelpunkt, denn Hauptanliegen war es, der Nationalgalerie einen Etat für Erwerbungen zur Verfügung zu stellen, um die kriegsbedingten Lücken zu schließen. Der Mitgliedsbeitrag wurde dabei auf kühne 1000 DM festgelegt, der Devise folgend »lieber 100 Mitglieder, die 1000 DM geben, als 1000, die 100 DM geben«. Dass diese Idee bereits nach etwas mehr als zwei Dekaden zu über 1000 Mitgliedern führen sollte, war in den Gründungsjahren unvorstellbar.
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Heute umfasst die Nationalgalerie sechs Häuser und einen Sammlungsbestand vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Aktuell zählt der Förderverein rund 1.400 Mitglieder, darunter 93 Juniormitglieder und 28 Firmenmitglieder, die allein durch ihre Mitgliedsbeiträge einen Etat von rund einer Million Euro zur Verfügung stellen.
2. A ufgaben und ihre U mse t zung Es sind drei Säulen, die gemäß der Satzung heute die Tätigkeit der Freunde der Nationalgalerie bestimmen: der Erwerb von Kunstwerken außerordentlichen Ranges, die Finanzierung und Realisierung von Sonderausstellungen herausragender Künstler und bedeutender kunsthistorischer Themen sowie die Förderung wissenschaftlicher Arbeiten. In 40 Jahren konnten 327 Erwerbungen getätigt werden. Die Skala der Erwerbungen reicht von Adolph Menzel und Max Liebermann über die dadaistischen Assemblagen von Hans Arp, Hannah Höch und Kurt Schwitters bis hin zur Rückerwerbung »entarteter Kunst« mit Emil Noldes »Christus und die Sünderin« sowie dem Ankauf zeitgenössischer Werke beispielsweise von Jenny Holzer, Christoph Schlingensief, Thomas Demand oder Fiona Tan. Absoluter Höhepunkt im Leben des Vereins war 1982 der tollkühne Mut – der Verein zählte damals 120 Mitglieder – zum Erwerb von Barnett Newmans »Who’s Afraid of Red, Yellow and Blue IV« für 1,2 Millionen US-Dollar, einem Hauptwerk amerikanischer Farbfeldmalerei. 1984 wurde mit »Edgar Degas. Pastelle, Ölskizzen, Zeichnungen« die erste Finanzierung einer Ausstellung übernommen. Mit der Finanzierung ging auch punktuell die operative Umsetzung einher, insbesondere an den Stellen, an denen Gelder durch Verhandlungsgeschick jenseits öffentlicher Ausschreibungen gespart werden konnten oder die Einnahmen durch kreativen Unternehmergeist und einflussreiche Netzwerke deutlich gesteigert werden konnten. Bis heute haben rund zehn Millionen Menschen die über 100 von den Freunden finanzierten Ausstellungen besucht. Absoluter Glanzpunkt war die am 20. Februar 2004 eröffnete Ausstellung »Das MoMA in Berlin«. Rund 1,2 Millionen Besucher strömten in die Neue Nationalgalerie. Das war der bislang größte Erfolg des Fördervereins auf diesem Gebiet mit einem finanziellen Überschuss von 6,5 Millionen Euro aus Eintrittsgeldern, Katalogverkäufen sowie Erlösen aus dem Museumsshop. Mit diesem Projekt hat sich der Unternehmergeist der Freunde im Bereich der Ausstellungsorganisation professionalisiert: ein integriertes Marketingkonzept u.a. mit einer wegweisenden Werbekampagne und Vertriebsstrategie, ausgezeichnet mit dem »Deutschen Preis für Wirtschaftskommunikation 2004« für wirkungsvollste Kommunikation in der Öffentlichkeit. Überragende Erfolge waren auch die Ausstellungen »Die schönsten Franzosen kommen aus New York« (2007) mit 700.000 Besuchern, »Picasso – Die Zeit nach
Der Förder- und Freundeskreis als ganzheitliches Instrument
Guernica 1937-1973« (1992) mit über 300.000 Besuchern, »Sensation« (1998/99) mit 155.000, die Andy-Warhol-Retrospektive (2001/02) mit 200.000, die Gerhard-Richter-Retrospektive (2012) mit 380.000 Besuchern, die ImpressionistenExpressionisten-Show »ImEx« (2015) mit 245.000 Besuchern oder »Manifesto« von Julian Rosefeldt (2016) mit 160.000 Besuchern. Über die Jahre verteilt hat sich erwiesen, dass sich Erlöse und Verluste aus den Ausstellungen ausgleichen. Somit konnte das gesamte Aufkommen aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen weiterhin ausschließlich für den Erwerb von Kunstwerken verwendet werden. Um die zeitgenössische Kunst besonders zu stärken und damit ein wesentliches Fundament für zukünftige Erwerbungen sowie auch Ausstellungsprojekte zu legen, haben die Freunde zwei wichtige »Werkzeuge« geschaffen: Im Jahr 2000 wurde der Preis der Nationalgalerie ins Leben gerufen und hat dank der hochkarätig besetzten Jurys in 17 Jahren eine sehr eindrucksvolle Liste an nominierten Künstlern und Preisträgern hervorgebracht. Seit 2013 besteht das Preisgeld in einer Einzelausstellung des/r Preisträgers/-trägerin in einem der Häuser der Nationalgalerie im Jahr nach der Preisverleihung. Mit diesem Commitment der Freunde wurde die Bedeutung des Preises auch international erheblich gesteigert. Im Jahr 2005 wurde mit den Überschüssen aus der MoMA-Ausstellung die »Stiftung des Vereins der Freunde der Nationalgalerie für junge Kunst« gegründet, die erste Stiftung für den Erwerb zeitgenössischer Kunst für ein Museum. Seither konnten 84 Erwerbungen für die Sammlung der Nationalgalerie realisiert werden. Darüber hinaus wurden zwei Tochtergesellschaften gegründet: Museum & Location GmbH zur Vermarktung von Ausstellungsflächen für kommerzielle Veranstaltungen sowie Museum & Service GmbH für den Betrieb von Museumsshops, Vermittlungskonzepten sowie Besucherservice.
3. A lleinstellungsmerkmale Weltweit ist das Modell, die Nationalgalerie nicht nur mit finanziellen Mitteln, sondern auch mit Personal und vor allem Know-how zu unterstützen, einzigartig und eng mit der Geschichte der Freunde verbunden. Den Mangel an potenten Industrieunternehmen und spendablen Mäzenen im ehemaligen Westberlin glichen Peter Raue und seine Mitstreiter durch Unternehmergeist aus. Sehr schnell merkten die Freunde und die Nationalgalerie, dass die Mittel der Freunde effizienter ausgegeben werden können, wenn die Freunde dies operativ selber in die Hand nehmen. Bei der Finanzierung von Ausstellungsprojekten wurde darüber hinaus sichtbar, dass sich die Erlöse durch ausstellungsergänzende Produkte und eine gute Öffentlichkeitsarbeit deutlich steigern ließen. Verhandlungsgeschick, Ideenreichtum, Flexibilität, Zusammenarbeit mit Partnern aus der Wirtschaft prägen bis heute das Handeln der Freunde und sind, neben der finanziellen Unterstützung, ein sehr wichtiger Beitrag, dass die Nationalgalerie flexibel agie-
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ren kann. Darüber hinaus haben es die Freunde immer verstanden, ihr Selbstverständnis als Mäzene, als Gönner der Nationalgalerie zu kultivieren. Mit dem im nationalen Vergleich sehr hohen Mitgliedsbeitrag wurde bewusst betont, dass es vor allem um die Förderung der Nationalgalerie geht. Mit diesem Bemühen, an mäzenatische Traditionen wieder anzuknüpfen, geht von den Freunden auch aktuell eine bedeutsame gesellschaftliche Prägekraft aus.
4. D as F reund sein – steht auch nach vier Jahrzehnten im Mittelpunkt. Miteinander verbunden sein, die Begeisterung teilen, füreinander da sein und gemeinsam etwas auf die Beine stellen. Die Struktur der Mitglieder verteilt sich recht gleichmäßig auf die Altersgruppen 18-40, 41-50, 51-65 und 65+. Insbesondere die Zahl von 93 jungen Freunden (