Handbuch für den Einjährig-Freiwilligen, den Unteroffizier, Offiziersaspiranten und Offizier des Beurlaubtenstandes der kgl. bayerischen Infanterie: Teil 5 Disziplin, Rechtspflege, Ehrengerichte, Auszeichnungen 9783486729177, 9783486729160


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German Pages 47 [48] Year 1897

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Inhaltsübersicht
Inhalts-Verzeichnis
XIV. Abschnitt. Disziplin, Straf- und Gerichtsordnung
XV. Abschnitt. Belohnungen und Auszeichnungen
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Handbuch für den Einjährig-Freiwilligen, den Unteroffizier, Offiziersaspiranten und Offizier des Beurlaubtenstandes der kgl. bayerischen Infanterie: Teil 5 Disziplin, Rechtspflege, Ehrengerichte, Auszeichnungen
 9783486729177, 9783486729160

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Handbuch

Einjahrig-Freiwilligen, Unteroffizier, Gffiziersafpiranten

Offizier des Beurlaubtenstandes der

kgl. bayerischen Infanterie. V. Gelt:

Disziplin, Rechtspflege, Ehrengerichte, Auszeichnungen.

Aus Reglements, Verordnungen rc. zusammengestellt von

C. Th. Müller und Th. v. Awehl.

Siebente, Vollständig duvrhgefehene Auflage. ----------- -------------------

München. Druck und Verlag von R. Oldenbourg. 1897.

Inhaltsübersicht des Handbuches für Einjährig-Freiwillige. I. Teil. HeereSergSnznng und Dienstverhältnisse des BeurlanbteustandeS. I. Abschnitt: Der einjährig-freiwillige Dienst. — IL Abschnitt: Ergänzung deS HeereS. — IN. Abschnitt: Dienstverhältnisse deS Beurlaubtenstandes.

II. Teil. HeereSorgauisation. IV. Abschnitt: Gliederung und Uniformierung deS HeereS.

III. Teil. Innerer Dienst. V. Abschnitt: Militärische Bcrufspflichten. (Kriegsartikel.)—VI. Abschnitt: Rang- und Vorgesetztenverhältnisse. — VH Abschnitt: Allgemeine Dienstver­ hältnisse. — VHI. Abschnitt: Dienstverhältnisse der aktiven Unteroffiziere. — IX. Abschnitt: Dienstverhältnisse der aktiven Offiziere. — X. Abschnitt: Mili­ tärischer Schriftverkehr.

IV. Teil. Verwaltung, Sanitätsdienst. XI. Abschnitt: Bekleidung und Ausrüstung. — XII. Abschnitt: Besoldung, Verpflegung, Unterkunft, Pension. — XIII. Abschnitt: Sanitätsdienst.

V. Teil. Disziplin, Rechtspflege, Ehrengerichte, Auszeichnungen. XTV. Abschnitt: Disziplin, Strafrechtspflege, Ehrengerichte. — XV. Ab­ schnitt: Belohnungen und Auszeichnungen.

VI. Teil. Gymnastik, Exerzieren, Waffen «nd Munition, Schieße«, GaruisouSdienst. XVl.^Abschnitt: Turnen. — XVII. Abschnitt: Bajonettieren. — XVHL Ab­ schnitt: Waffen und Munition. — XIX. Abschnitt: Schießen. — XX. Abschnitt: Exerzieren.'— XXI. Abschnitt: Garntsonsdienst.

VII. Teil. Dienst im Felde (Manöver). XXII. Abschnitt: Felddienst, Gefechislehre, Manöver. — XXIII. Abschnitt: DaS Gelände und dessen Darstellung. — XXIV. Abschnitt: Feldbefestigung.

Inhalts-Verzeichnis. Sette

Seite

3. Kapitel. Die Rehabilitie­ rung ....................................20

XIV. Abschnitt. Straf- und Gerichtsordnung.

1. Kapitel. DiSziplinar-Strafordnung ...............................

1

§ 1.‘ Umfang der Disziplinarstrafgewalt........................... 1 § 2. Disziplinarbestrafung der Militärpersonen d. aktiven Dienststandes .... 2 § 3. Disziplinarbestrafung der Militürpersonen des Beurlaubtenstandes ... 6 § 4. Ausübung d. Disziplinarstrafgewalt........................... 8 § 5. Vollstreckung der Diszipli­ narstrafen ........................... 9 § 6. Beschwerdeführung über Disziplinarb estraftmg . 10 § 7. Beaufsichtigung der Disziplinarstrafgewalt durch d. höheren Vorgesetzten . . 10 2. Kapitel. Militärstrafgesetzbuch.............................................. 10 § 1. Einleitende Bestimmungen 11 § 2. Bestrafung i. allgemeinen 11 § 3. Teilnahme......................... 13 § 4. Gründe, welche die Strafe ausschließen, mildern oder erhöhen...............................14 § 6. Die einzelnen Verbrechen und Vergehen und deren Bestrafung......................... 19

4. Kapitel. Militärstrafg erichtsordnung......................... 20

§ 1. Die Militärstrafgerichts­ barkeit ....................................20 § 2. Die Militärstrafgerichte . 20 § 3. Verfahren in den zur Zu­ ständigkeit der MÜitärbezirksgerichte gehörigen Strafsachen..................... 22 § 4. Verfahren in den zur Zu­ ständigkeit d. MilitärunterK* * te gehörigen Straf............................... 23

§ 5. Verfahren bei den Stand­ gerichten ..........................

23

5.Kapitel. Die Ehrengerichte

24

§ 1. Zweck und Zuständigkeit der Ehrengerichte ... 24 § 2. Bildung der Ehrengerichte über Hauptleute u. Subalternoffiziere .... 25 § 3. Vom Ehrenrat . ... 26 § 4. Vom ehrengerichtlich. Ver­ fahren .................................... 27 § 5. Bildung der Ehrengerichte über Stabsoffiziere und Generale.............................. 32 § 6. Verhalten der Offiziere bet Ehrenhändeln mit Offi­ zieren und Zivilpersonen. 32

IV

Inhalts-Verzeichnis. Seite |

XV. Abschnitt. Lrlohuuugru und Auszeichnungen. 1. Kapitel. Militärische Orden und Ehrenzeichen .... 35 § 1. Der Militär-Max-JosephOrden .................................... 35 § 2. Der Militär-VerdienstOrden .................................... 36 § 3. Die Militär - VerdienstMedaille ............................... 37 § 4. Das Militär - SanitätsEhrenzeichen ..........................37

2. Kapitel. Denkzeichen . . §. 1. Feldzugsdenkzeichen 1849 § 2. Denkzeichen f. d. Jahr 1849 § 3. Armeedenkzeichen ...

38 38 39 39

Seite

§ 4. Kriegsdenkmünze v. 1870 bis 1871...............................39 3. Kapitel. Dienstallerszeichen 39 § 1. Dienstauszeichnungskreuz 1. und 2. Klasse ... 39 § 2. Dienstauszeichnung . . 40 § 3. Landwehr-Dienstauszeich­ nung ....................................40 § 4. Der Ludwigsorden . . 41

Belobungen

.

.

41

5. Kapitel. Bayerische HausRitterorden und CivilBerdienstorden . . . .

42

4. Kapitel.

6. Kapitel. Außerbayerische Orden.........................................42

XIV. Abschnitt.

Disziplin, Atrrsfpechtspflege, ^hnengenichke. 1. Kapitel.

Disnplinar-Strafordnung. (Verordnungsblatt vom 16. Dezember 1872 Nr. 73.)

Zur Handhabung und Kräftigung der Mannszucht ist den mit einem gewissen Befehlsbereich betrauten Vorgesetzten die Disziplinarstrafgewalt übertragen, d. h. es ist denselben die Befugnis eingeräumt, in dem in der „Disziplinarstrafordnung" bezeichneten Umfang und unter den in jener bestimmten Voraussetzungen ohne ein voraufgegangenes gerichtliches Verfahren kleinere Strafen („Disziplinarstrafen") wegen Handlungen, die gegen die militä­ rische Zucht und Ordnung verstoßen, zu verhängen.

§ 1. Umfang der Disziplinarstrafgewalt. I. Der Disziplinarbestrafung unterliegen: 1. Handlungen gegen die militärische Zucht und Ordnung und gegen die Dienstvorschriften, für welche die Militärgesetze keine Strafbestimmungen enthalten; 2. diejenigen militärischen Vergehen, deren Bestrafung im Dis­ ziplinarwege in leichteren Fällen ausdrücklich gestattet ist. Diese militärischen Vergehen sind: 1. Eigenmächtige Entfernung und Urlaubsüberschreitung bis höchstens­

sieben Tage, im Felde bis höchstens drei Tage. 2. Verletzung der dem Vorgesetzten schuldigen Achtung im Dienste oder in Beziehung auf eine Diensthandlung, laute Beschwerdeführung und Widerrede gegen einen Verweis. 3. Belügen des Vorgesetzten auf Befragen in dienstlichen Angelegenheiten. 4. Beleidigung eines Vorgesetzten oder im Dienstrang Höheren, wenn dieselbe nicht durch eine verleumderische oder nicht durch Verbreitung von Schriften,' Darstellungen oder Abbildungen begangen ist. Müller und v. Zwehl, Handbuch f. Einjahrig-Freiwillige.

V. T.

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XIV. Abschnitt.

Disziplin, Strafrechtspflege, Ehrengerichte.

5. Ungehorsam gegen einen Befehl in Dienstsachen durch Nichtbefolgung oder durch eigenmächtige Abänderung oder Überschreitung desselben, wenn nicht durch den Ungehorsam ein erheblicher Nachteil verursacht oder die Gefahr eines erheblichen Nachteils herbeigeführt ist. 6. Mißbrauch der Tienstgcwalt durch Borgen von Geld oder Annahnie von Geschenken, von einem Untergebenen ohne Borwissen des gemein­ schaftlichen Vorgesetzten. 7. Borschriftswidrige Behandlung eines Untergebenen oder Beleidigung desselben, wenn die Beleidigung nicht eine verläumderische ist. 8. Vorsätzliche und rechtswidrige Beschädigung, Zerstörung oder Preisgebung eines Dienstgegenstandes. 9. Verletzung der Dienstpflichten als Befehlshaber einer militärischen Wache, eines Kommandos oder einer Abteilung, oder als Schild­ wache oder als Posten, durch eigenmächtiges Verlassen seines Postens oder durch eine andere Handlung, welche ihn außer Stand setzt, den ihm obliegenden Dienst zu versehen, oder als ein Zuwider handeln gegen die ihm in Bezug auf jenen Dienst erteilten Vor­ schriften sich darstellt. 10. Verlassen der Wache ohne Erlaubnis während des Wachdienstes. 11. Verlassen des angewiesenen Platzes ohne Erlaubnis bei einem Kom­ mando oder auf dem Marsche. 12. Trunkenheit im Dienst, sowie nach erfolgter Befehligung zum Dienste, durch Trunkenheit veranlaßte Untauglichkeit zur Ausführung einer Dienstverrichtung. Im Disziplinarwege darf wegen der in 1 mit 12 bezeichneten Handlungen keine andere Freiheitsstrafe als Arrest (ausschließlich des Kasern- oder Quartier­ arrestes) festgesetzt werden und die Dauer desselben vier Wochen gelinden Arrestes oder Stubenarrestes, drei Wochen mittleren Arrestes oder 14 Tage strengen Arrestes nicht übersteigen.

II. Der Disziplinarstrafgewalt sind alle zum Heere gehörenden Militär­ personen und die Kriegsgefangenen unterworfen.

§ 2. Disziplinarbestrafung der Militärpersonen des aktiven Dienststandes. I. Disziplinarstrafen. A. Für Offiziere. 1. Verweis: a) einfacher, — ohne Zeugen oder im Beisein eines Vorgesetzten; b) förmlicher, — vor versammeltem Offizierskorps; c) strenger, — durch Parolebefehl, mit Eintragung der Veran­ lassung in die Parolebücher. 2. Stubenarrest bis zu 14 Tagen.

B.

Für Unteroffiziere.

1. Verweis: a) einfacher, — im Beisein eines Vorgesetzten; b) förmlicher, — vor versammelten Offizieren und Unteroffizieren der Kompagnie, Eskadron oder Batterie; c) strenger, — durch Parolebefehl, mit Eintragung der Veran­ lassung in die Parolebücher. 2. Die Auferlegung gewisser Dienstverrichtungen außer der Reihe, z. B. Strafwachen.

1. Kapitel.

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Disziplinarstrafordnung.

3. Arrcststrafen: a) Kasernen-, Quartier- oder gelinder Arrest bis zu vier Wochen; b) mittlerer Arrest bis zu drei Wochen. O.FürGemeine mit Einschluß der Ob ergefreiten und Gefreiten.

1. Kleinere Disziplinarstrafen: a) Die Auferlegung gewisser Dienstverrichtungen außer der Reihe, z. B. Strafexerzieren, Strafwachen, Strafdienst in der Kaserue, den Montierungskammern oder auf den Schießständen, Erscheinen zum Rapport oder zum Appell in einem bestimmten Anzuge; b) die Entziehung der freien Verfügung über die Löhnung und die Überweisung derselben an einen Unteroffizier zur Aus­ zahlung in täglichen Raten bis auf die Dauer von vier Wochen; c) die Auferlegung der Verpflichtung, zu einer bestimmten Zeit vor dem Zapfenstreich in die Kaserne oder in das Quartier zurückzukehren bis auf die Dauer von vier Wochen.

2. Arreststrafen: a) Kasernen-, Quartier- oder gelinder Arrest bis zu vier Wochen; b) mittlerer Arrest bis zu drei Wochen; c) strenger Arrest bis zu 14 Tagen.

Außerdem: 3. für Qbcrgefrcite und Gefreite: die Entfernung von dieser Charge, und 4. für Gemeine der 2. Klasse des Soldatenstandes, nach fruchtloser Anwendung der vorerwähnten Strafen: die Einstellung in die Arbeiterabteilung. Bloße Zurechtweisungen oder Rügen sind als Disziplinarstrafen nicht anzusehen. Arreststrafen dürfen nicht unter 24 Stunden verhängt werden. Gegen Unteroffiziere, welche das Portepee tragen, darf mittlerer Arrest nicht verhängt werden. II. Zuständigkeit jur Verhängung von Disziplinarstrafen. 1. D er Militärbefehlshaber. A. Im allgemeinen. 1. Die Disziplinarstrafgewalt steht nur solchen Offizieren zu, denen der Befehl über eine Truppenabteilung, über ein abgesondertes Kommando, über eine Militärbehörde, oder über eine militärische Anstalt, mit Verantwortlichkeit für die Disziplin, übertragen ist, und erstreckt sich auf die Untergebenen dieses Befehlsbereichs. 2. Die Disziplinarstrafgewalt ist nicht an die Charge, sondern an die Funktion geknüpft und geht von selbst auf den Stellvertreter im Kommando, sofern er Offizier ist, über. Der Stellvertreter des Bezirks-Kommandeurs hat jedoch, insofern er Subalternoffizier ist, nur die unter 4. b und B. 1. (f. unten) angegebenen Strafbefugnisse eines detachierten Hauptmanns gegen Unteroffiziere und Gemeine.

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XIV. Abschnitt.

Disziplin, Strafrechtspflege, Ehrengerichte.

3. Diejenigen Offiziere, welche sich nicht in einer der unter 1. erwähnten dienstlichen Stellungen befinden, und die Unteroffiziere haben keine Disziplinarstrafgewalt. Indessen ist jeder Offizier und Unteroffizier berechtigt, die nach dem Dienst­ grade oder dem Patent oder dem Dienstaller unter ihm stehenden Personen des Soldatenstandes nötigenfalls vorläufig zu verhaften oder ihre vorläufige Ver­ haftung zu bewirken. Eine solche Verhaftung aber muß von ihm sofort einem mit Disziplinarstrasgewalt versehenen Vorgesetzten des Verhafteten gemeldet werden. 4. Jeder mit Disziplinarstrasgewalt versehene Befehlshaber ist berechtigt: a) gegen Offiziere einfache und förmliche Verweise, sowie b) gegen Unteroffiziere und Gemeine die für dieselben nach I B. 1. 2. und C. 1. zulässigen Disziplinarstrafen (Verweise und die Auferlegung gewisser Dienstverrichtungen ?c.). zu verhängen. B. Insbesondere. 1. Der Ches einer Kompagnie, Eskadron oder Batterie ist berechtigt, außer den unter A. 4. erwähnten Disziplinarstrafen a) gegen Unteroffiziere und Gemeine: Kasernen-, Quartier- oder gelinden Arrest bis zu acht Tagen; b) gegen Unteroffiziere, die nicht das Portepee tragen, und gegen Gemeine: mittleren Arrest bis zu fünf Tagen, und c) gegen Gemeine: strengen Arrest bis zu drei Tagen zu verhängen. 2. Der Kommandeur eines nicht selbständigen Bataillons ist berechtigt, außer den unter A. 4. erwähnten Disziplinarstrafen a) gegen Unteroffiziere und Gemeine: Kasernen-, Quartier- oder gelinden Arrest bis zu 14 Tagen; b) gegen Unteroffiziere, die nicht das Portepee tragen, und gegen Gemeine: mittleren Arrest bis zu zehn Tagen, und c) gegen Gemeine: strengen Arrest bis zu sieben Tagen zu verhängen. Gegen die ihm untergebenen Offiziere darf derselbe zwar Stubenarrest verhängen, muß jedoch hiervon sofort dem ihm vorgesetzten RegimentsKommandeur zur Bestimmung der Dauer des Arrestes Meldung machen. 3. Der Kommandeur eines Regiments oder selbständigen Bataillons, der Bezirks-Kommandeur und jeder andere mit den gerichtsherrlichen Befugnissen eines Regiments-Kommandeurs versehene Befehlshaber ist berechtigt, außer den unter A. 4. erwähnten Disziplinarstrafen a) gegen Offiziere: a) strengen Verweis, ß) Stubenarrest bis zu sechs Tagen; b) gegen Unteroffiziere und Gemeine: Kasernen-, Quartier- oder gelinden Arrest bis zu vier Wochen; c) gegen Unteroffiziere, die nicht das Portepee tragen, und gegen Gemeine; mittleren Arrest bis zu drei Wochen, und d) gegen Gemeine: strengen Arrest bis zu 14 Tagen zu verhängen. Auch ist derselbe berechtigt: c) Gefreite und Obergefreite von dieser Charge zu entfernen. 4. Die detachierten (d. h. in einem anderen Orte als der nächst höhere Befehlshaber garnisonierenden oder auf Kommando entsendeten, Stabsoffiziere,

1. Kapitel.

Disziplinar-Strafordnung.

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Hauptleute und Rittmeister sind berechtigt, außer den unter A. 4 erwähnten Disziplinarstrafen a) gegen Offiziere: a) strengen Verweis, ß) Stubenarrest bis zu drei Tagen: . b) gegen Unteroffiziere und Gemeine: Kasernen-, Quartier- oder gelinden Arrest bis zu 14 Tagen; • c) gegen Unteroffiziere, die nicht das Portepee tragen, und gegen Gemeine: mittleren Arrest bis zu zehn Tagen, und d) gegen Gemeine: strengen Arrest bis zu sieben Tagen zu verhängen. Detachierte Subalternoffiziere haben in gleichem Umfange die Disziplinarstrafgewalt über die ihnen untergebenen Unteroffiziere und Gemeinen. Gegen die ihnen untergebenen Offiziere aber dürfen sie Arreststrafen nicht verhängen. Jede von einem detachierten Offizier über einen Offizier verhängte Dis­ ziplinarbestrafung muß dem Vorgesetzten des letzteren angezeigt werden. 5. Die dem Kommandeur eines Regiments oder selbständigen Bataillons und die dem Bezirks Kommandeur vorgesetzten Befehlshaber, sowie die Gouver­ neure und Kommandanten sind in betreff aller ihnen untergebenen Unteroffi­ ziere und Gemeinen innerhalb derselben Grenzen zur Verhängung von Dis­ ziplinarstrafen berechtigt, wie der Kommandeur eines Regiments. Dem kommandierenden General steht außerdem die Befugnis zu, Gemeine der 2. Klasse des Soldatcnstandes einer Arbeiterabteilung zu überweisen. (I. C. 4.) Offiziere seines Befehlsbereichs darf: a) der kommandierende General bis zu 14 Tagen, b) der Divisionskommandeur, der Gouverneur', sowie der Kommandant einer großen Festung bis zu zehn Tagen, c) der Brigade-Kommandeur und der Kommandant eiues offenen Ortes, sowie einer kleinen Festung bis zu acht Tagen mit Stubenarrest bestrafen. 6. Die Zuständigkeit der höheren Militärbefehlsbabcr vom Bataillons- oder AbteilungS-Kommandeur aufwärts zur Disziplinarbestrafung tritt ein, wenn die zur Disziplinarbcstrafung geeignete Handlung: a) unter ihren Augen, oder b) gegen ihre dienstliche Autorität, oder c) von Militärpersonen verschiedener Truppenteile ihres Befehlsbereichs begangen, oder d) ihnen zur Entscheidung oder zur Bestimmung der Strafe gemeldet, oder e) von dem niederen Befehlshaber unbestraft gelassen ist. 7. Die Zuständigkeit der Gouverneure und der Kommandanten tritt gegen alle am Orte befindliche Offiziere und Mannschaften ein, wenn die zur Dis­ ziplinarbestrafung geeignete Handlung: a) als Exzetz gegen die allgemeine Sicherheit, Ruhe und Ordnung zu betrachten, oder b) gegen eine besondere, in Beziehung auf die Festungswerke und Ver­ teidigungsmittel bestehende Anordnung, oder c) gegen eine von ihnen erlassene militärpolizeiliche Vorschrift oder sonst gegen ihre dienstliche Autorität, oder d) im Wacht- oder sonstigen Dienste des Platzes, oder e) von einem Offizier, Unteroffizier oder Gemeinen begangen ist, von deren eigenen, mit Disziplinarstrafgewalt versehenen Vorgesetzten keiner in dienstlicher Eigenschaft am Orte ist. 8. Die Zuständigkeit der Garnisons-Ältesten, Orts-Kommandanten und in größeren Lagern oder Biwaks der Lagerkommandanten tritt gegen alle am Orte be­ findlichen Offiziere und Mannschaften in den unter 7 c und e genannten Fällen ein.

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XIV. Abschnitt.

Disziplin, Strafrechtspflege, Ehrengerichte.

Die genannten Militärbesehlshaber üben diese Militärstrafgewalt in dem­ selben Umfange wie über ihre eigenen Untergebenen aus. Wenn im Kriege Offiziere zu Orts-, Etappen- oder Lager-Kommandanten ernannt werden, erstreckt sich ihre Zuständigkeit auch auf die unter 7 a und d genannten Fälle. 9. Wenn außer den Fällen unter 7 und 8 von mehreren der Disziplinarstrafgewalt verschiedener Truppenbefehlshabcr unterworfenen Offizieren oder Mannschaften gemeinschaftlich eine zur Disziplinarbestrafung geeignete strafbare Handlung begangen wird, so steht die Bestimmung der Strafe gegen alle Be­ teiligten dem nächsten gemeinschaftlichen Befehlshaber, oder wenn ein solcher sich nicht in dienstlicher Eigenschaft am Orte befindet, dem Gouverneur oder Kom­ mandanten und in Ermangelung desselben dem Garnisons-Ältesten oder OrtsKommandanten zu. 10. Über Offiziere und Mannschaften, welche von ihrem Truppenteile zu einem anderen oder zu einer Militärbehörde oder militärischen Anstalt ab­ kommandiert sind, üben nach Maßgabe der Bestimmungen unter 4 bis 9 die­ jenigen Militärbesehlshaber die Disziplinarstrafgewalt aus, denen die Abkommandicrlen in dem neuen Dienstverhältnis unterstellt sind.

2. Der im Vorgesetztenverhältnis stehenden Mitglieder des Sanitäts-Corps. Tie Zuständigkeit der im Vorgesetztenverhältnis stehenden Mitglieder des Sanitäts-Corps im Osfizicrsrangc zur Verhängung von Disziplinarstrafen über Personen des Soldatenstandcs ist aus die Ärzte, Lazarcttgchilfcn und militärischen Krankenwärter ihres Dienstbereiches beschränkt. Nur die Chefärzte der Feld­ lazarette sind außerdem berechtigt, über die zu diesen Lazaretten gehörenden bezw. in dieselben aufgenonlmenen Mannschaften des Trains und über die Kranken vom Stande der Unteroffiziere und Gemeinen, nach Maßgabe des Militärranges dieser Personen, Disziplinarstrafen zu verhängen.

§ 3. DiSziplirrarbestrafrrng der Militärpersonen des Beur­ laubtenstandes. 1. Auf die Personett des Bcurlaubtenstandcs fcmimt die Disziplinar­ strafordnung nur in der Zeit durchweg zur Anwettdung, während welcher sie sich im Dienste befinden. Außerhalb dieser Zeit tritt Disziplinarbestrafmig nur ein: wegen Zutviderhandlungcn gegen die zutn Zwecke der Aufrechthaltung der mili­ tärischen Kontrolle erteilten Dienstvorschriften, sowie wegen derjenigen inilitärischen Vergehen, deren Bestrafung im Disziplinarwege in leichteret! Fällen ausdrücklich gestattet ist. Dies ist der Fall: a) wenn Personen des Beurlaubtcnstandcs des Ungehorsams gegen einen in Gemäßheit der Dienstordnung erteilten Befehl durch Nicht­ befolgung oder durch eigenmächtige Abänderung oder Überschreitung desselben sich schuldig machen; b) wenn Personen des Beurlaubtenstandes im dienstlichen Verkehr mit dem Vorgesetzten oder in der Militäruniform: a) die dem Vorgesetzten schuldige Achtung verletzen, insbesottdere laut Beschwerde oder gegen einen Verweis Widerrede führen, ß) auf Befragen in dienstlichen Angelegenheiten dem Vorgesetzten wissentlich die Unwahrheiten sagen; y) einen Vorgesetzten oder im Dienstrange Höheren beleidigen;

1. Kapitel.

Disziplinar Strafordnung.

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c) wenn Personen des Beurlaubtcnstandes im dienstlichen Verkehr mit dem Untergebenen oder in der Militäruniform: ft) einen Untergebenen beleidigen oder einer vorschriftswidrigen Be­ handlung desselben sich schuldig machen; ß) von dem Untergebenen ohne Vorwissen des gemeinschaftlichen Vor­ gesetzten Geld borgen oder Geschenke annehmen. 2. Die Befugnis, über Personen des Beurlaubtenstandes nach Maßgabe der Bestimmungen dieser Verordnung Disziplinarstrafen zu verhängen, steht den Bezirks-Kommandeuren und deren Stellvertretern, sowie eintretendenfalls den ihnen vorgesetzten höheren Militärbefehlshabern, und zwar in dem in § 2 unter II. 1. A 4 und B 3 und 5 angegebenen Umfange zu. Die Gouverneure, Kommandanten und Garnisons-Ältesten dürfen die ihnen nach § 2 II. 1 B 5 und 7 zustchende Disziplinarstrafgewalt nur dann gegen Personen des Bcurlaubtenstandes ausüben, wenn die letzteren in der Militär­ uniform einer der unter 1 b) und c «) bezeichneten strafbaren Handlungen sich sllmldig machen. 3. Besteht der Ungehorsam in der Nichtbefolgung der Einberufungsordre zu einer Übung, so darf nur dann die Bestrafung im Disziplinarwege erfolgen, wenn entweder der Einberusene nur zu,spät sich'an dem ihm bestimmten Orte gestellt hat oder wenn die Ümstände sonst eine milde Beurteilung zulassen.

4. Ist eine zur Disziplinarbestrafung geeignete Handlung von im Dienst befindlichen Mannschaften des Bcurlaubtenstandes mährend der Dauer eine Kontrollversammlung oder während eines anderen Dienstes, für welchen die Verpflegungskompctenz nicht gewährt wird, begangen, so darf die deshalb zu ver­ hängende Arreststrafe die Dauer von drei Tagen gelinden oder mittleren Arrests nicht übersteigen. Erachtet der zur Disziplinarbestrafung berechtigte Militärbefehlshaber eine Arreststrafe von solcher Dauer nicht für ausreichend, so hat er die Einleitung der gerichtlichen Untersuchung zu veranlassen. 5. Die über Mannschaften des Beurlaubtenstandes wegen der unter 1 auf­ geführten, außer dem Dienst von ihnen begangenen militärischen Vergehen im Disziplinarwege zu verhängende Strafe darf das Maß von drei Tagen gelinden oder mittleren Arrests in folgenden Fällen nicht übersteigen: a) wenn der Ungehorsam besteht: ft) in der Nichtbefolgung der Berufung zur Kontrollversammlung oder zu einem andern Dienst, für welchen die Verpflegungskompeteuz nicht gewährt wird, ß) in der Abweichung von dem vorgeschriebencn Dienstwege bei An­ bringung von Gesuchen im militärischen Dienstangelegenheiten; d) wenn der Beurlaubte bei Verübung eines der unter Id) genannten Vergehen sich nicht in der Militäruniform befunden hat. Erachtet der zur Disziplinarbestrasung berechtigte Militärbefehlshaber eine Arreststrafe von solcher Dauer nicht für ausreichend, so hat er die Einleitung der gerichtlichen Untersuchung zu veranlassen. G. Zuwiderhandlungen gegen die zum Zwecke der Aufrechterhaltung der militärischen Kontrolle erteilten Dienstvorschriften über Meldung des Aufenthalts­ orts und der Wohnung in diesem Orte, sowie über Meldung einer jeden Ver­ änderung des Aufenthaltsorts oder der Wohnung werden an Mannschaften des Beurlaubtcnstandes wahlweise mit Geldbuße von 1 bis zu GO -JL oder mit Hast von 1 bis zu 8 Tagen geahndet. Die Festsetzung dieser Strafen geschieht durch das Bezirks-Kommando, die Vollstreckung aus Ersuchen desselben durch die Zivilbehörde des Aufenthaltsorts des Bestraften. 7. Auf die zum Bcurlaubtenstande gehörenden Offiziere finden die Be­ stimmungen unter 4 und 5 mit der Maßgabe Anwendung, daß die über sie zu

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XIV. Abschnitt.

Disziplin, Strafrechtspflege, Ehrengerichte.

verhängende Disziplinarstrafe, insofern sie in Arrest besteht, das Mast von sechs Tagen Stubenarrest nicht übersteigen darf. In den Fällen unter 6 ist gegen Offiziere keine andere Strafe als Stuben­ arrest bis zu der vorangegebenen Dauer zulässig. Die Vollstreckung dieser Strafe liegt dem Bezirks-Kommandeur ob.

§ 4. Ausübung der Disziplinarstrafgewalt. 1. Jeder mit Disziplinarstrafgewalt versehene Militürvorgesetzte must mit strenger Unparteilichkeit Verfahren, und wenn die strafbare Handlung nicht mit Gewißheit aus seiner eigenen Wahrnehmung oder aus einer dienstlichen Mel­ dung oder aus dem Geständnis des Beschuldigten hervorgeht, sowie überhaupt, wenn er über die Schuld oder den Grad der Strafbarkeit zweifelhaft ist, den Hergang der Sache durch mündliche oder schriftliche Verhandlungen auf­ zuklären suchen. 2. Die Art und das Mast der Disziplinarstrafe hat der Militürvorgesetzte innerhalb der Grenzen seiner Disziplinarstrafgewalt, unter möglichster Schonung des Ehrgefühls des zu Bestrafenden, mit Berücksichtigung der Eigenart und der bisherigen Führung desselben, sowie der Natur der zu bestrafenden Handlung und des durch dieselbe mehr oder minder gefährdeten Dienstinteresses zu be­ stimmen. 3. Ein- und dieselbe strafbare Handlung darf nur von einem Vorgesetzten bestraft und dafür nicht mehr als eine Disziplinarstrafe auferlegt werden. Dies schliestt jedoch die Befugnis nicht aus, mit einer Arreststrafe a) gegen Obergefreite und Gefreite die Entfernung von ihrer Eharge, b) gegen Gemeine: a) die Entziehung der freien Verfügung über die Löhnung und die Überweisung derselben an einen Unteroffizier zur Auszahlung in täglichen Raten, A insofern sie sich in der 2. Klasse des Soldatenstandes befinden, die Einstellung in eine Arbeiterabtcilung zu verbinden. 4. Wird nach erfolgter Disziplinarbestrafung dasselbe Disziplinarvergehen von dem Bestraften wieder verübt, so ist, wenn nicht Gründe für eine mildere Beurteilung vorhanden sind, eine härtere Strafe als bei der Vorbestrafung zu verhängen. 5. Wenn ein nicht mit der höchsten Strafbefugnis versehener Militärvorgesetzter zwar eine Disziplinarstrafe für zulässig, die ihm zustehende Straf­ befugnis aber nicht für ausreichend erachtet, so hat er dem nächsthöheren Vor­ gesetzten von dem Straffalle zur weiteren Verfügung Meldung zu machen. Entstehen bei einem mit Militärstrafgewalt versehenen Militärvorgesetzten Bedenken darüber, ob eine strafbare Handlung disziplinarisch oder gerichtlich zu bestrafen sei, so ist hierüber die Entscheidung nach Maßgabe der strafprozessualen Bestimmungen herbeizusühren. 6. Die richtige Ausübung der Disziplinargewalt wird von dem höheren Vorgesetzten durch Einsicht in die Strafbücher überwacht. Eine von den niederen Vorgesetzten verhängte Disziplinarstrafe, welche ihrer Art oder Dauer nach unzulässig, oder zu deren Verhängung der Strafende nicht befugt war, ist von dem höheren Vorgesetzten abzuändern oder aufzuheben. 7. Strafbare Handlungen der Militärpersonen, welche nur der Disziplinar­ bestrafung unterliegen, dürfen drei Monate nach der Verübung nicht mehr mit Strafe belegt werden. Ausgenommen hiervon sind die im § 3 Ziff. 6 unter Strafe gestellten Handlungen.

1. Kapitel.

Disziplinar-Strafordnung.

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8. Ist eine strafbare Handlung, welche gerichtlich hätte bestraft werden sollen, nur mit einer Disziplinarstrafe geahndet worden, so ist dadurch die Strafbarkeit nicht getilgt, sondern — wenn inzwischen nicht nach den Vorschriften der Strafgesetze die Verjährung eingetreten ist — die gerichtliche Untersuchung einzuleiten.

§ 5. Vollstreckung der Disziplinarstrafen. 1. Die Vollstreckung der Disziplinarstrafen muß, sofern die Umstände cv gestatten, gleich nach deren Festsetzung erfolgen.

2. Beim Kasern- oder Quartierarrest kann der zu Bestrafende zwar zum Dienst herangezogen werden, er darf aber außerdem die Kaserne oder das Gebäude, in welchem er sein Quartier hat, nebst den dazu gehörigen Hofräumen nicht verlassen. Für die Vollstreckung aller anderen Arreststrafen sind die bestehenden Bestimmungen über die Vollstreckung gerichtlich erkannter Arreststrafen maßgebend (s. unten Kap. 2. § 2). Wenn im Felde der über Unteroffiziere und Gemeine verhängte ge­ linde, mittlere oder strenge Arrest den örtlichen Verhältnissen nach weder in einem Qrtsgefängnis liod) in einem anderen zur Arrestvollstreckung geeigneten Lokale verbüßt werden kann, so ist, insofern die Strafvollstreckung aus dienstlichen Gründen keinen Aufschub erleidet, statt der genannten Arreststrafen für die Dauer der Strafe dem Verurteilten, während seiner dienstfreien Zeit der Aufenthalt auf einer Wache als Arrestant, ohne Ent­ ziehung seiner Kompetenzen anzuweisen. Hiermit wird verbunden, wenn die verhängte Arreststrafe in mittlerem Arrest besteht, die Heranziehung zu beschwerlichen Dienstverrichtungen außer der Reihe, wenn sie in strengern Arrest besteht; Anbindcn 2 Stunden täglich.

3. An den nicht im Dienst befindlichen Mannschaften des Beurlaubten­ standes sind Arreststrafen, unter Aufnahme derselben in die Militär­ verpflegung des betreffenden Bezirks-Kommandos, in einem Militärarrest­ lokale zu vollstrecken. Die militärische Einkleidung des zu Bestrafenden ist hierbei in der Regel nicht erforderlich. Ist innerhalb drei Meilen vom Aufenthaltsorte des zu Bestrafenden ein Militärarrestlokal nicht vorhanden, so können Arreststrafen unter acht Tagen auf Requisition des Bezirks-Kommandos durch die Zivilbehörden in einein bürgerlichen Gefängnis vollstreckt werden. Arreststrafen, welche zur Übung eingezogene Mannschaften des Beurlaubtenstandes während der Übung oder vorher verwirkt haben, sind,,, soweit dies die Erhaltung der Disziplin zuläßt, erst nach Ablauf der Übungszeit zu vollstrecken. Das Anbinden der Arrestanten geschieht auf eine der Gesundheit nicht nachteilige Weise in aufrechter Stellung, den Rücken an eine Wand oder einen Baum gekehrt, dergestalt, daß er sich weder legen, noch setzen kann. Zweistündiges Anbinden in Verbindung mit dem Aufenthalte auf der Wache steht einem 1 tägigen strengen Arreste gleich. Am 4., 8. und demnächst jedem 3. Tage fällt das Änbinden fort.

4. Wird eine Militärperson des Beurlaubtenstandes, welche in ihren Zivil­ verhältnissen zu den im unmittelbaren oder im mittelbaren Staatsdienste stehenden Beamten gehört, disziplinarisch mit Arrest bestraft, so ist ihrer nächstvorgesetzten Dienstbehörde sogleich nach Verhängung der Strafe davon Nachricht zu geben.

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XIV. Abschnitt.

§ 6.

Disziplin, Strafrechtspflege, Ehrengerichte.

Beschwerdeführung über Diöziplinarbeftrafung.

1. Beschwerden über eine von dem zuständigen Militärvorgesetzten verhängte Disziplinarstrafe dürfen nur von einem Vorgesetzten des Be­ straften oder von diesem selbst, und in leßtcrcni Fall erst nach der Straf­ vollstreckung und ohne Mitwirkung eines dritten, in der für dienstliche Beschwerden vorgeschriebenen Form angebracht werden.

2. Wird die Beschwerde für begründet erachtet, so ist der hierauf bezügliche Bescheid in die Strasbücher, in tvelchc die Strafe eingetragen worden, unter Löschung derselben seinem Inhalte nach aufzunehmen und dem Beschwerdeführer davon Kenntnis zu geben. Unbegründete Beschwerden unterliegen, insofern nicht nach § 152 des Militärstrafgesetzbuchs für das Deutsche Reich vom 20. Juni 1872 gerichtliche Verfolgung geboten ist, der Disziplinarbestrasung.

§ 7. Beaufsichtigung höheren Vorgesetzten.

der

Disziplinarstrafgewalt

durch

die

Die höheren Vorgesetzten haben die gerechte und zweckentsprechende An­ wendung der den niederen Vorgesetzten zustehenden Strafbefugnisse und die vorschriftsmäßige Strafvollstreckung sorgfältig zu überwachen. Sie haben zu diesem Behufe die Strasbücher, über deren Führung genaue Vorschriften bestehen, genau zu kontrollieren. Finden die höheren Vorgesetzten, daß 1. eine von dem niederen Vorgesetzten verhängte Disziplinarstrafe ihrer Art oder ihrer Dauer nach unzulässig oder 2. der Strafende zu deren Verhängung nicht befugt gewesen ist, so ist von ihnen die Strafe abzuändern oder aufzuheben.

2. Kapitel. Militärstrafgesehbuch. (Vom 20. Juni 1872.)

§ 1.

Einleitende Bestimmungen.

1. Eine Handlung, welche dieses Gesetz mit dem Tode, mit Zucht­ haus, oder mit Gefängnis oder Festungshaft von mehr als fünf Jahren bedroht, ist ein militärisches Verbrechen. Eine Handlung, welche dieses Gesetz mit Freiheitsstrafe (§ 2 Ziff. 3) bis zu fünf Jahren bedroht, ist ein militärisches Vergehen.

2. Strafbare Handlungen der Militärpersonen, welche nicht militärische Verbrechen oder Vergehen sind, werden nach den allgemeinen Strafgesetzen beurteilt.

3. Personen des Benrlaubtenftandes unterliegen den Strafvorschriften dieses Gesetzes in der Zeit, in welcher sie sich im Dienste befinden; außer­ halb dieser Zeit finden auf sie nur diejenigen Vorschriften Anwendung, welche in diesem Gesetze ausdrücklich auf Personen des Beurlaubtenstandes für anwendbar erklärt sind.

2. Kapitel.

Militärstrasgesetzbuch.

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4. Die in diesem Gesetze für strafbare Handlungen im Felde gegebenen Vorschriften (Kriegsgesctze) gelten (vgl. Kriegsartikel 52, V. Abschn.): a) für die Dauer des mobilen Zustandes des Heeres oder einzelner Teile desselben; b) für die Dauer des nach Vorschrift der Gesetze erklärten Kriegszustandes in den davon betroffenen Gebieten; c) in Ansehung derjenigen Truppen, denen bei einem Aufruhr, einer Meuterei oder einem kriegerischen Unternehmen der befehligende Offizier dienstlich bekannt gemacht hat, das; die Kriegsgesetze für sie in Kraft treten, für die Dauer dieser Zustände; d) in Ansehung derjenigen Kriegsgefangenen, welchen der höchste an ihrem Aufenthaltsorte befehligende Offizier dienstlich bekannt gemacht hat, daß die Kriegsgesetze für sie in Kraft treten. 5. Im Sinne dieses Gesetzes ist als vor dem Feinde befindlich jede Truppe zu betrachten, bei welcher in Gewärtigung eines Zusammentreffens mit dem Feinde der Sicherheitsdienst gegen denselben begonnen hat. 6. Diejenigen Vorschriften dieses Gesetzes/ welche die Strafe mit Rücksicht darauf bestimmen, das; eine Handlung vor versammelter Mannschaft begangen worden ist, finden Anwendung, wenn außer dem Vorgesetzten und dem einzelnen Beteiligten noch mindestens drei andere zu militärischem Dienst versammelte Personen des Soldatenstandcs gegenwärtig gewesen sind.

§ 2. Bestrafung im allgemeinen. 1. Die Todesstrafe wird durch Erschießen vollstreckt, wenn sie wegen eines militärischen Verbrechens, -im Felde auch dann, wenn sie wegen eines nicht militärischen Verbrechens erkannt worden ist. 2. Ist Zuchthaus verwirkt, oder wird auf Entfernuug von dem Heer oder der Marine, oder auf Dienstentlassung erkannt, oder wird das mili­ tärische Dienstverhältnis aus einem anderen Grunde aufgelöst, so geht die Vollstreckung der Strafe auf die biirgerlichcn Behörden über. 3. Die Freiheitsstrafe ist eine lebenslängliche oder eine zeitige. Der Höchstbetrag der zeitigen Freiheitsstrafe ist 15 Jahre, ihr Mindestbetrag 1 Tag. 4. Die Freiheitsstrafe ist, wenn ihre Dauer mehr als sechs Wochen beträgt, Gefängnis oder Festungshaft, bei kürzerer Dauer Arrest. 5. Die Zeit einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Wochen wird auf die gesetzliche Dienstzeit im stehenden Heere oder in der Flotte nicht angerechnet. 6. Die Gefängnisstrafe wird von Offizieren und Militärbeamten in einem Festungsgefängnis (Oberhaus bei Passau) verbüßt; ebendort von Unteroffizieren und Gemeinen, wenn die Dauer der Strafe drei Monate übersteigt, bei geringerer Dauer aber in einem Garnisonsgefängnis (wie in gelindem Arrest). 7. Die Festungshaft wird ausschließlich aus Oberhaus bei Passau verbüßt und besteht in Freiheitsentziehung mit Beaufsichtigung der Be­ schäftigung und Lebensweise der Gefangenen. 8. Der Arrest zerfällt in Stubenarrest, gelinden Arrest, mittleren Arrest, strengen Arrest. 9. Der Stubenarrest findet gegen Offiziere statt, der gelinde Arrest gegen Unteroffiziere und Gemeine, der mittlere Arrest gegen Unter­ offiziere ohne Portepee und gegen Gemeine, der strenge Ar-rest nur gegen Genleine.

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XIV. Abschnitt.

Disziplin, Strafrechtspflege, Ehrengerichte.

10. Der Stubenarrest wird von dein Verurteilten in seiner Wohnung verbüßt. Der Verurteilte darf während der Dauer des Stubenarrestes seine Wohnung nicht verlassen, auch Besuche nicht annehmen. Gegen Hauptleute, Rittmeister und Subalternoffiziere kann durch Richterspruch die Strafvollstreckung in einem besonderen Offizier-Arrestzimmer angeordnet werden (geschärfter Stubenarrest). 11. Der gelinde, der mittlere und der strenge Arrest werden in Einzelhaft verbüßt. Der Höchstbetrag des strengen Arrestes ist vier Wochen. 12. Der gelinde Arrest besteht in Einschließung in eine helle Arrest­ zelle mit Lagerstätte; Benutzung von Büchern und Schreibmaterialien ist statthaft, Genuß von Tabak und geistigen Getränken verboten.

13. Der mittlere Arrest wird in der Art vollstreckt, daß der Ver­ urteilte eine harte Lagerstätte und als Nahrung Wasser und Brot erhält. Diese Schärfungen kommen am 4., 8., 12. und demnächst an jedem 3. Tag (sog. guter Tag) in Fortfall. 14. Der strenge Arrest wird in einer dunklen Arrestzelle, im übrigen wie der mittlere Arrest, vollstreckt. Die Schärfungen kommen am 4., 8. und demnächst an jedem 3. Tage in Fortfall. 15. Läßt der körperliche Zustand des Verurteilten die Verbüßung des strengen oder mittleren Arrestes nicht zu, so tritt eine gelindere Arrestart ein.

16. Die besonderen Ehrenstrnfen gegen Personen des Soldaten­ standes sind: a) Entfernung aus dem Heere; b) gegen Offiziere: Dienstentlassung; c) gegen Unteroffiziere und Gemeine: Versetzung in die 2. Klasse des Soldatenstandes; d) gegen Unteroffiziere: Degradation. 17. Auf Entfernung aus dem Heere muß gegen Unteroffiziere und Gemeine neben Zuchthaus stets, neben dem Verlust bürgerlicher Ehrenrechte dann erkannt werden, wenn die Dauer dieses Verlustes drei Jahre übersteigt. Gegen Offiziere muß auf diese Entfernung erkannt werden: a) neben Zuchthaus oder dem Verlust der bürgerlichen Ehrenreckte ohne Rücksicht aus die Dauer derselben; b) wo gegen Unteroffiziere oder Gemeine die Versetzung in die 2. Klasse des Soldatenstandes geboten ist. Auf Entfernung aus dem Heere kann erkannt werden neben Gefängnis von längerer als fünfjähriger Dauer, außerdem gegen Offiziere in allen Fällen, in denen gegen Unteroffiziere und Gemeine die Versetzung in die 2. Klasse des Soldatenstandes zulässig ist. 18. Die Entfernung aus dem Heere hat a) den Verlust der Dienststelle und der damit verbundenen Auszeich­ nungen, sowie aller durch den Militärdienst erworbenen Ansprüche, soweit dieselben durch Richterspruch aberkannt werden können; b) den dauernden Verlust der Orden und Ehrenzeichen, c) die Unfähigkeit zum Wiedereintritt in das Heer von Rechts wegen zur Folge. 19. Auf Dienstentlassung muß erkannt werden: a) neben Erkennung auf Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter, b) wo gegen Unteroffiziere Degradation geboten ist.

2. Kapitel.

Militärstrafgesetzbuch.

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Auf Dienstentlassung kann erkannt werden: a) neben Freibeilsstrafe von längerer als einjähriger Dauer; b) wo gegen Unteroffiziere Degradation zulässig ist.

20. Die Dienstentlassung hat den Verlust der Dienststelle und aller durch den Dienst als Offizier erworbenen Ansprüche, soweit dieselben durch Richter­ spruch aberkannt werden können, ingleichen die Verwirkung des Rechts, die Offiziersuniform zu tragen, von Rechts wegen zur Folge. Der Verlust des Diensttitels ist mit dieser Strafe nicht verbunden. 21. Auf Versetzung in die 2. Klasse des Soldatenstandes muß erkannt werden neben dem Verluste der bürgerlichen Ehrenrechte, wenn die Dauer dieses Verlustes nicht drei Jahre übersteigt.

Aus Versetzung in die 2. Klasse des Soldatenstandes kann erkannt werden: a) in wiederholtem Rückfalle, b) wenn die Verurteilung wegen Diebstahls, Unterschlagung, Raubes, Erpressung, Hehlerei, Betruges oder Urkundenfälschung erfolgt, auch wenn der Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte nicht eintritt. 22. Die Versetzung in die 2. Klasse des Soldatenstandes hat den dauernden Verlust der Orden und Ehrenzeichen von Rechts wegen zur Folge, auch darf der zu dieser Strafe Verurteilte die Militärkokarde nicht tragen und Versorgungs­ ansprüche, soweit dieselben durch Richterspruch aberkannt werden können, nicht geltend machen. 23. Auf Degradation muß erkannt werden: a) neben Gefängnis von längerer als einjähriger Dauer; b) neben Versetzung in die 2. Klasse des Soldatenstandes; c) neben Aberkennung der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter. Aus Degradation kann erkannt werden: a) neben Gefängnis von einjähriger oder kürzerer Dauer; b) wegen wiederholten Rückfalls; c) wegen einer strafbaren Handlung der in Ziff. 21 b bezeichneten Art.

24. Die Degradation hat den Rücktritt in den Stand der Gemeinen und den Verlust der durch den Dienst als Unteroffizier erworbenen Ansprüche, soweit dieselben durch Richterspruch aberkannt werden können, von Rechtswegen zur Folge. 25. Wird gegen eine Person des Beurlaubtenstandes während der Be­ urlaubung auf Zuchthaus, auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte oder auf Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter erkannt, so treten die militärischen Ehrenstrafen von Rechts wegen ein. Erfolgt die Verurteilung einer Person des Beurlaubtenstandes während der Beurlaubung wegen einer strafbaren Handlung der in Ziff. 21 b bezeichneten Art, so kann ein besonderes Verfahren des Militärgerichts zur Entscheidung darüber angeordnet werden, ob auf Dienstentlassung oder auf Degradation zu erkennen ist.

§ 3. Teilnahme. Wird verletzt, so jedoch den a) b)

durch die Ausführung eines Befehls in Dienstsachen ein Strafgesetz ist dafür der befehlende Vorgesetzte allein verantwortlich. Es trifft gehorchenden Untergebenen die Strafe des Teilnehmers: wenn er den ihm erteilten Befehl überschritten hat, oder wenn ihm bekannt gewesen, daß der Befehl des Vorgesetzten eine Handlung betraf, welche ein bürgerliches oder militärisches Verbrechen oder Vergehen bezweckte.

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XIV. Abschnitt.

Disziplin, Strafrechtspflege, Ehrengerichte.

§ 4. Gründe, welche die Strafe ausschlietzen, mildern oder erhöhen. 1. Die Strafbarkeit einer Handlung oder Unterlassung ist dadurch nicht ausgeschlossen, daß der Thäler nach seinem Gewissen oder den Vorschriften seiner Religion sein Verhalten für geboten erachtet hat. 2. Die Verletzung einer "Dienstpflicht aus Furcht vor persönlicher Gefahr ist ebenso zu bestrafen, wie die Verletzung der Dienstpflicht mit Vorsatz. Bei strafbaren Handlungen gegen die Pflichten der militärischen Unter­ ordnung, sowie bei allen in Ausübung des Dienstes begangenen strafbaren Handlungen bildet die selbstverschuldete Trunkenheit des Thäters keinen Straf­ milderungsgrund. 3. Bei Bestrafung militärischer Verbrechen oder Vergehen ist die Erkennung der angedrohten Strafe unabhängig von dem Alter des Thäters. 4. Die Verfolgung eines militärischen Verbrechens oder Vergehens ist unabhängig von dem Anträge des Verletzten oder einer mtberen zum Anträge berechtigten Person. 5. Auf erhöhte Strafe ist, sofern in diesem Gesetze nicht besondere Bestim­ mungen getroffen sind, zu erkennen: a) gegen Vorgesetzte, welche gemeinschaftlich mit Untergebenen eine straf­ bare Handlung ausführen oder sich sonst an einer strafbaren Hand­ lung Untergebener beteiligen; b) wenn strafbare Handlungen unter Mißbrauch der Waffen oder der dienstlichen Befugnisse oder während der Ausübung des Diensten ausgeführt werden; c) wenn mehrere unter Zusammenrottung oder vor einer Menschenmenge strafbare Handlungen gemeinschaftlich ausführen.

§ 5. Die einzelnen Verbrechen oder Vergehen und deren Be­ strafung. (Dieselben sind in den Kriegsartikeln (Abschn. V.), welche der Hauptsache nach nur ein Auszug aus dem Militärstrasgesetzbuche sind, teilweise enthalten und werden daher hier nur auszugsweise ergänzt.)

A. Hochverrat, Landesverrat, Ltriegsverrat.

1. Auf eine Person des Soldatenstandes, welche sich eines Hochverrats oder eines Landesverrats schuldig macht, finden die Vorschriften des deutschen Straf­ gesetzbuches 80 bis 93) Anwendung (§ 56)*). 2. Wer im Felde einen Landesverrat begeht, wird wegen Kriegsverrats mit Zuchthaus nickt unter zehn Jahren oder mit lebenslänglichem Zuchthaus bestraft (§ 57). 3. Wcgen Kriegsverrats (Kriegsart. 3) wird mit dem Tode bestraft, wer mit dem Vorsätze, einer feindlichen Macht Vorschub zu leisten oder den deutschen oder verbündeten Truppen Nachteil zuzufügen, a) eine der im § 80 deS deutschen Strafgesetzbuches bezeichneten strafbaren Handlungen begeht, b) Wege oder Telegraphenanstalten zerstört oder unbrauchbar macht, c) das Geheimnis des Postens, das Feldgeschrei oder die Losung verrät, d) vor dem Feinde Meldungen oder dienstliche Mitteilungen falsch macht, oder richtige zu machen unterläßt, e) dem Feinde als Wegweiser zu einer militärischen Unternehmung gegen deutsche oder verbündete Truppen dient, oder als Wegweiser kriegführende deutsche oder verbündete Truppen irre leitet, *) Die in Klammer beigesetzten §§ beziehen sich auf das R.-Mit.-Str.-Ges.-B.

2. Kapitel.

Militärstrafgesetzbuch.

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f) vor dem Feinde, in einer Weise, welche geeignet ist, die Truppen zu beunruhigen oder irre zu leiten, militärische Signale oder andere Zeichen gibt, zur Flucht auffordert oder das Sammeln zerstreuter Mannschaften verhindert, g) einen Dienstbefehl ganz oder teilweise unausgeführt läßt oder eigen­ mächtig abändert, h) es unternimmt, mit Personen im feindlichen Heere, in der feindlichen Marine oder im feindlichen Lande über Dinge, welche die Kriegführung betreffen, mündlich oder schriftlich Verkehr zu pflegen oder einen solchen Verkehr zu vermitteln, i) feindliche Aufrufe oder Bekanntmachungen im Heere verbreitet, k) die pflichtgemäße Fürsorge für die Verpflegung der Truppen unterläßt, l) feindliche Kriegsgefangene freiläßt, oder m) dem Feinde ein Signalbuch oder einen Auszug aus einem solchen mitteilt. In minder schweren Fällen tritt Zuchthaus nicht unter zehn Jahren oder lebenslängliches Zuchthaus ein (§ 58). 4. Straflosigkeit tritt für den an dem Vorhaben eines Kriegsvcrrats Be­ teiligten ein, wenn er von demselben zu einer Zeit, wo die Dienstbehörde nicht schon anderweit davon unterrichtet ist, in einer Weise Anzeige macht, daß die Verhütung des Verbrechens möglich ist (§ Gl). Wer von dem Vorhaben eines Kriegsverrats Kenntnis erhält, jedoch recht­ zeitig Anzeige zu machen unterläßt, wird mit der Strafe des Mitthäters bestraft (§ 60). 5. Außerdem ist der Verrat militärischer Geheimnisse auch noch durch N.-Ges. v. 3. Juli 1893 unter Strafe gestellt. Dessen wesentliche Bestimmungen lauten: a) Wer vorsätzlich Schriften, Zeichnungen oder andere Gegenstände, deren Geheimhaltung im Interesse der Landesverteidigung erforderlich ist, in den Besitz oder zur Kenntnis eines Anderen gelangen läßt, wird, wenn er weiß, daß dadurch die Sicherheit des Deutschen Reiches gefährdet wird, mit Zuchthaus nicht unter zwei Jahren bestraft, neben welchem auf Geldstrafe bis zu 15000 erkannt werden kann. b) Wer außer dem Falle unter a) Gegenstände der bezeichneten Art vor­ sätzlich und rechtswidrig zur Kenntnis oder in den Besitz eines Anderen gelangen läßt, wird mit Gefängniß oder Festungshaft bis zu fünf fahren bestraft. (Daneben Geldstrafe bis 5000 zulässig.)

c) Wer vorsätzlich den Besitz oder die Kenntnis von Gegenständen der unter a) bezeichneten Art sich in der Absicht verschafft, davon zu einer die Sicherheit des Reiches gefährdenden Mitteilung an Andere Ge­ brauch zu machen, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft. (Daneben Geldstrafe bis zu 10000 Uf zulässig.) d) Wer ohne die vorbezeichnete Absicht den Besitz oder die Kenntnis von Gegenständen der in Ziffer 1 bezeichneten Art sich verschafft, wird mit Gefängnis oder Festungshaft bis zu drei Jahren bestraft. Der Versuch ist strafbar. e) Wer aus Fahrlässigkeit Gegenstände der unter a) bezeichneten Art, die ihm amtlich anvertraut oder kraft seines Amtes zugänalich sind, in einer die Sicherheit des Reiches gefährdenden Weise in Besitz oder zur Kenntnis eines Andern gelangen läßt, wird mit Gefängnis oder Festungshaft bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bis zu 3000 bestraft. f) Wer den von der Militärbehörde erlassenen Anordnungen zuwider, Befestigungsanlagen, Anstalten des Heeres und der Marine, Kriegs­ schiffe re. re. betritt, wird mit Geldstrafe bis zu 150 oder Hast bestraft.

IG

XIV. Abschnitt.

Disziplin, Strafrechtspflege, Ehrengerichte.

g) Wer von dem Vorhaben eines der unter a) bis c) vorgesehenen Ver­ brechen zu einer Zeit, in welcher die Verhütung derselben uoch möglich war, glaubhaft Kenntnis erhält und rechtzeitige Anzeige unterläßt, ist, wenn das Verbrechen oder ein strafbarer Versuch begangen worden, mit Gefängnis zu bestrafen. Gleichzeitig wurden die vom Landesverrat handelnden §§ 89 und 90 des R.-Str.-G.-B. in verschärfter Fassung redigiert.

B. Gefährdung der Kriegsmacht im Felde. 1. Wer im Feld eine Dienstpflicht vorsätzlich verletzt und dadurch bewirkt, daß die Unternehmungen des Feindes befördert oder den kriegführenden deutschen oder verbündeten Truppen Gefahr und Nachteil bereitet wird, ist mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren oder Gefängnis oder Festungshaft bis zu zehn Jahren zu bestrafen. In minder schweren Füllen, ingleichen, wenn die Verletzung der Dienstpflicht nicht vorsätzlich geschehen ist, tritt Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren ein. Auch kann neben Gefängnis auf Versetzung in die 2. Klasse des Soldaten­ standes erkannt werden (§ 62). 2. Mit dem Tode wird bestraft (§ 63): a) der Kommandant eines festen Platzes, welcher denselben dem Feinde übergibt, ohne zuvor die Mittel zur Verteidigung des Platzes erschöpft zu haben; b) der Befehlshaber, welcher im Felde mit Vernachlässigung der ihm zu Gebote stehenden Vertcidigungsmittel den ihm anvertrauten Posten verläßt oder dem Feinde übergibt; c) der Befehlshaber, welcher auf freiem Felde kapituliert, wenn dies das Strecken der Waffen für die ihm untergebenen Truppen zur Folge gehabt und er nicht zuvor alles gethan, was die Pflicht von ihm erfordert. In minder schweren Fällen von a) und b) tritt Festungshaft nicht unter fünf Jahren oder lebenslängliche Festungshaft ein.

C. Unerlaubte Entfernung oder Fahnenflucht. KriegSart. 10 (f. Abschn. V).

1. Der unerlaubten Entfernung wird es gleich geachtet, wenn eine Person des Soldatenstandes im Felde es unterläßt, a) der Truppe, von welcher sie abgekommen ist, oder der nächsten Truppe sich wieder anzuschließen, oder b) nach beendigter Kriegsgefangenschaft sich unverzüglich bei einem Truppenteile zu melden (§ 65). 2. Dauert durch Verschulden des Abwesenden die Abwesenheit länger als sieben Tage, im Felde länger als drei Tage, so tritt Gefängnis oder Festungs­ haft bis zu zwei Jahren ein (§ 66). 3. Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren tritt ein, wenn die Abwesenheit im Felde länger als sieben Tage dauert (§ 67). 4. Gleiche Strafe trifft eine Person des Äeurlaubtenstandes, welche nach bekannt gemachter Kriegsbereitschaft oder nach angeordneter Mobilmachung ihrer Einberufung zum Dienste oder einer öffentlichen Aufforderung zur Stellung nicht binnen drei Tagen nach Ablauf der bestimmten Frist Folge leistet (§ 68). KrtegSart. 4 mit 9 (f. Abschn. V).

5. Stellt sich ein Fahnenflüchtiger innerhalb sechs Wochen nach erfolgter Fahnenflucht, so kann, wenn dieselbe nicht im Felde begangen ist, die an sich verwirkte Zuchthausstrafe oder Gefängnisstrafe bis auf die Hälfte ermäßigt, auch kann, wenn kein Rückfall vorliegt, von der Versetzung in die 2. Klasse des Sol­ datenstandes abgesehen werden. Gegen Unteroffiziere muß jedoch auf Degra­ dation erkannt werden (§ 75).

2. Kapitel.

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Militärstrafgesepbuch.

6. Die Verjährung der Strafverfolgung wegen Fahnenflucht beginnt mit dem Tage, an welchem der Fahnenflüchtige/ wenn er die Handlung nicht be­ gangen hätte, seine gesetzliche oder von ihm übernommene Verpflichtung zum Dienste erfüllt haben würde (§ 76). 7. Ein Gefangener, welcher sich selbst befreit, wird, wenn nicht die härtere Strafe der Fahnenflucht verwirkt ist, mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten bestraft (§ 79). 8. Ein Offizier, welcher während der Verbüßung des Stubenarrestes eigen­ mächtig seine Wohnung verlässt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten bestraft; zugleich ist auf Dienstentlassung zu erkennen. Ein Offizier, welcher während der Verbüßung des Stubenarreste dem Verbot zuwider Besuche annimmt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten bestraft; in schweren Fällen ist zugleich auf Dienstentlassung zu erkennen (§ 80; D. Selbstbeschädigung und Dorschühung von Gebrechen. Krtegsart. 11 und 12

(f. Abschn. V).

E. Feigheit. Krtegsart. 13 mH 15

(s. Abschn. V).

F. Strafbare Handlungen gegen die Pflichten der militärischen Unterordnung.

KrtegSart. 16 mit 21 und 24 mH 29

(s. Abschn. V).

1. Wer einen Vorgesetzten oder einen im Dienstrange Höheren aus dienst licher Veranlassung zum Zweikampfe herausfordert, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahre, und wenn der Zweikampf vollzogen wird, mit Frei­ heitsstrafe nicht unter drei Jahren bestraft; zugleich ist auf Dienstentlassung zu erkennen. Gleiche Strafen treffen den Vorgesetzten, welcher die Herausforderung an­ nimmt oder den Zweikampf vollzieht (§ 112). 2. Eine Person des Beurlaubtenstandes wird, auch während sie sich nicht im Dienste befindet, bestraft, wenn sie dem Kriegsartikel 29 (s. Abschn. V) über unerlaubte Versammlungen von Personen des Soldatenstandes behufs Beratung über militärische Angelegenheiten zuwiderhandelt, oder eine andere strafbare Handlung im dienstlichen Verkehr mit dem Vorgesetzten oder in der Militär­ uniform begeht, oder wenn sie sich des Ungehorsams oder der Widersetzung gegen einen rechtmäßigen Befehl in dienstlichen Angelegenheiten schuldig macht '(§ 113). G. Mißbrauch der Dienstgewatt.

Kriegsart. 47

(f. Abschn. V.)

1. Wer seine Dienstgewalt über einen Untergebenen zu Befehlen oder For­ derungen, die in. keiner Beziehung zum Dienste stehen, oder zu Privatzwecken mißbraucht, ingleichen wer von dem Untergebenen Geschenke fordert, von ihm ohne Vorwissen des gemeinschaftlichen Vorgesetzten Geld borgt oder Geschenke annimmt, oder den Untergebenen sonst durch seine dienstliche Stellung veranlaßt gegen ihn Verbindlichkeiten einzugehen, die demselben nachteilig sind oder auf das gegenseitige Dienstverhältnis von nachteiligem Einflüsse sein können, wird mit Gefängnis oder Festungshaft bis zu zwei Jahren, in minder schweren Fällen mit Arrest bestraft. In schwereren Fällen, insbesondere im Rückfalle, kann zugleich auf Dienst­ entlassung oder Degradation erkannt werden (§ 114). 2 Wer durch Mißbrauch seiner Dienstgewalt oder seiner dienstlichen Stellung einen Untergebenen zu einer von demselben begangenen, mit Strafe bedrohten Handlung vorsätzlich bestimmt hat, wird als Thäter oder als Anstifter mit erhöhter Strafe belegt (§ 115). Müller und v. Zwehl, Handbuch f. Einjahrig-Freiwillige. V. T.

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XIV. Abschnitt.

Disziplin, Strafrechtspflege, Ehrengerichte.

3. Wer es unternimmt, durch Mißbrauch seiner Dienstgewalt oder dienstlichen Stellung einen Untergebenen zur Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung zu bestimmen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahre bestraft (§ 116). 4. Ein Vorgesetzter, welcher einen oder mehrere Untergebene mit Androhung nachteiliger Folgen oder durch andere widerrechtliche Mittel von dem Führen oder Verfolgen von Beschwerden abzuhalten sucht, oder eine an ihn vorschrifts­ mäßig gelangte Beschwerde, zu deren Weiterbeförderung und Untersuchung er verpflichtet ist, unterdrückt oder zu unterdrücken versucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft; zugleich kann auf Dienstentlassung oder Degradation erkannt werden (§ 117). 5. Wer vorsätzlich seine Strafbefugnisse überschreitet, insbesondere wer wissentlich unverdiente oder unerlaubte Strafen verhängt, wird mit Gefängnis bis zu fünf Jahren bestraft; zugleich kann auf Dienstentlassung oder Degradation erkannt werden (§ 118). 6. Wer vorsätzlich einen gesetzwidrigen Einfluß auf die Rechtspflege ausübt, wird mit Gefängnis bis zu fünf Jahren bestraft; zugleich kann auf Dienst­ entlassung oder Degradation erkannt werden. In minder schweren Fällen 'ist auf Festungshaft bis zu fünf Jahren zu erkennen (§ 119). 7. Wer unbefugt eine Handlung vornimmt, die nur kraft einer Befehls­ befugnis oder Strafgewalt vorgenommen werden darf, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahre bestraft (§ 120).

8. Wer einen Untergebenen beleidigt oder einer vorschriftswidrigen Behand­ lung desselben sich schuldig macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bestraft. Ist die Beleidigung eine verleumderische, so tritt Gefängnis bis zu fünf Jahren ein (§ 121). 9. Wer vorsätzlich einen Untergebenen stößt oder schlägt oder auf eine andere Weise körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit beschädigt, wird mit Gefäng­ nis oder Festungshaft bis zu drei Jahren bestraft; in minder schweren Fällen kann die Strafe bis auf eine Woche Arrest ermäßigt werden. Auch kann im wiederholten Rückfälle neben Gefängnis- oder Festungshaft, auf Dienstentlassung oder Degradation erkannt werden (§ 122). 10. Ist durch die Handlung eine schwere Körperverletzung des Untergebenen verursacht worden, so tritt Zuchthaus bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen Gefängnis oder Festungshaft von sechs Monaten bis zu fünf Jahren ein. War die schwere Körperverletzung beabsichtigt oder eingetreten, so ist auf Zuchthaus von zwei bis zu zehn Jahren zu erkennen. Ist durch die Körperverletzung der Tod des Untergebenen verursacht worden, so tritt Zuchthaus nicht unter drei Jahren, in minder schweren Fällen Gefängnis oder Festungshaft nicht unter einem Jahre ein (§ 123). 11. Diejenigen Handlungen, welche der Vorgesetzte begeht, um einen thät­ lichen Angriff des Untergebenen abzuwehren, oder ifm seinen Befehlen im Fall der äußersten Not und dringendsten Gefahr Gehorsam zu verschaffen, sind nicht als Mißbrauch der Dienstgewalt anzusehen. Dies gilt namentlich auch für den Fall, wenn ein Offizier in Ermangelung anderer Mittel, den durchaus notwendigen Gehorsam zu erhalten, sich in der Lage befunden hat, gegen den thätlich sich ihm widersetzenden Untergebenen von der Waffe Gebrauch zu machen (§ 124).

12. Eine Person deS Beurlaubtenstandes wird, auch während sie sich nicht im Dienste befindet, nach den Vorschriften dieses Abschnittes bestraft, wenn sie eine der in demselben vorgesehenen strafbaren Handlungen im dienstlichen Verkehr mit dem Untergebenen oder in der Militäruniform begeht (§ 126).

3. Kapitel.

Die Rehabilitierung.

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H. Widerrechtliche Handlungen im 5elde gegen Personen oder Eigentum. KriegSart. 30 mit 35 (L Absckn. V).

I. Andere widerrechtliche Handlungen gegen das Eigentum. KriegSart. 37, 38, 50 (f. Abschn. V). K. Verletzung von Dienstpflichten bei Ausführung besonderer Dienstverrichtungen. Kriegsart. 40 mit 45 (f. Abicdn. V). L.

Sonstige Handlungen gegen die militärische Ordnung.

Kriegsart. 42, 30, 39, 48, 49, SS, S3 (s. Abschn. V).

Wer die ihm obliegende Beaufsichtigung seiner Untergebenen in schuldhafter Weise verabsäumt, oder wer die ihm obliegende Meldung oder Verfolgung straf­ barer Handlungen seiner Untergebenen vorsätzlich unterläßt, wird mit Freiheits­ strafe bis zu sechs Monaten bestraft; gegen Offiziere kann zugleich auf Dienst­ entlassung erkannt werden (§ 147).

3. Kapitel. Die Rehabilitierung. 1. Die Wirkungen der durch militärgerichtliches Erkenntnis gegen Soldaten des aktiven Dienst- oder Beurlanbtenstandes ausgesprochenen Versetzung in die 2. Klasse des Soldatenstandes dauern fort, bis die Rehabilitierung durch Seine Majestät den König erfolgt ist. A. Die Rehabilitierung darf nachgesucht werden: wenn die Strafe, neben welcher auf Versetzung in die 2. Klasse des Soldateustandes rechtskräftig erkannt worden ist, in Geldstrafe be­ steht, nach Ablauf eines Jahres seit Verbüßung der Strafe, im übrigen erst nach Ablauf eines der Hälfte der verbüßten Strafzeit gleich­ kommenden Zeitabschnittes, jedoch nicht vor Ablauf eines Jahres seit der Verbüßung der Strafe und nicht bevor der Verurteilte die bürger­ lichen Ehrenrechte wieder erlangt hat. B. War Gesuchsteller schon einmal aus der 2. Klasse des Soldatenstandes rehabilitiert worden, so darf eine abermalige Rehabilitierung — unter Beobachtung der sonstigen unter A gegebenen Bestimmungen — nie vor Ablauf zweier Jahre nach verbüßter Strafe, und C wenn der Gesuchsteller bereits zweimal rehabilitiert worden, überhaupt nur ausnahmsweise unter ganz besonders dringenden Umständen und keinensalls vor Ablauf dreier Jahre nach verbüßter Strafe nachgcsucht werden. Rehabilitierungsvorschlägc für Mannschaften des Beurlaubtcnstandes werden mit den Gesuchsliitcn im Monat März, Juni, September und Dezember dem vorgesetzten Brigade-Kommando eingereicht. Den Vorschlägen ist beizufügen: a) ein Attest der Orts- oder Polizeibehörde, daß der zu Rehabilitierende die Achtung und das Vertrauen seiner Mitbürger sich vollständig wieder erworben hat; b) eine Verhandlung darüber, daß die Kameraden des betreffenden Land­ wehr-Kompagnie-Bezirks die Rehabilitierung befürworten; (Diese Verhandlung ist bei Gelegenheit der Kontrollversammlungen oder Übungen aufzunehmen und von dem Bezirksoffizier oder dessen Stellvertreter, dem Bezirtsfcldwebel, zwei Unteroffizieren und zwei Reservisten oder Wehrleuten zu unterzeichnen.) c) ein Attest über die dienstliche Führung des Betreffenden, von dem Bezirks-Kommando ausgestellt.

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XIV. Abschnitt.

Disziplin, Strafrechtspflege, Ehrengerichte.

Mit der Rückversetzung in die 1. Klasse des Soldatenstandes ist die ver­ lorene Befugnis wieder hcrgestellt, die Militärkokarde anzulegen. Das Recht zur Wiedererlangung der infolge der Versetzung in die 2. Klasse des Soldatenstandes bezw infolge gerichtlicher Verurteilung verloren gegangenen bayerischen und fremden Kriegsdenkmünzen und Dienstatterszeichen wird durch die Rehabilitierung nicht mehr erlangt. Hierzu ist vielmehr die ausdrückliche Allerhöchste Wicderverleihung erforderlich. Anträge auf Wiederverleihung dieser Kricgsdcnkmünzcn und Dienstalters­ zeichen dürfen nur dann gestellt werden, wenn die betreffenden Personen mtn< bestens während eines Zeitraumes von zehn Jahren seit Verbüßung der Frei­ heitsstrafe bezw nach Wiedererlangung der bürgerlichen Ehrenrechte vorwurfsfrei sich betragen und den Beweis geliefert haben, daß ihre moralische Besserung Festigkeit gewonnen habe. Anträge auf Wiederverleihung von Orden und diesen glcichstehenden Ehren­ zeichen sind unstatthaft.

4. Kapitel. Militärstrafgerichtsordnung für das Königreich Bayern.*) Verordn-Blatt vom 8. November 1875 Nr. 65.)

§ 1. Die Militärstrafgerichtsbarkeit. Der Militärstrafgerichtsbarkeit unterstehen: I. in Ansehung der militärischen Verbrechen und Ver­ gehens­ alle Angehörigen der bewaffneten Macht:

II. in Ansehung der gemeinen Verbrechen, Vergehest und Übertretungen:

1. die Offiziere und Militärbcamten des aktiven Dienststandes, dann die Offiziere zur Disposition: 2. die zum Dienst präsenten Osfiziere und Militärbcamten der Reserve und Landwehr; 3. die zum Dienst präsenten Mannschaften des stehenden Heeres und der Landwehr mit Ausnahme der lediglich zu den Übungen einberufenen Reservisten und Landwehrmänner rc. 2C.; 4. die vom Aufruf betroffenen Landsturmpslichtigen, nachdem der Ausruf ergangen ist.

§ 2. Die Militärstrafgerichte. Die Militärstrafgerichtsbarkeil wird ausgeübt: 1. durch die Militär-Untergerichte; 2. durch die Militär-Bezirksgerichte und Feldgerichte; 3. durch das Militär-Obergericht (Ge neralaud itoriat); 4. durch die Militär-Stan dgerich le. Militär-Uni er gerichte, welche für Übertretungs- und leichtere Vergehcnsfälle zuständig sind, bestehen bei den Kommandanturen und selbständigen Abteilungen (Regimentern, selbständigen Bataillonen). •) Dieselbe ist laut Bündnisvertrag vom 23. Nov. 1870 bis zum Erlast einer gemeinsamen deutschen Militär-Strafgerichtsordnung in Giltigkeit.

4. Kapitel. Militärstrafgerichtsordnung für das Königreich Bayern.

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Sie sind zusammengesetzt aus dem Kommandanten (bezw. Kommandeur) als Vorstand, einem Offizier und dem Auditeur als Beisitzern, dann einem Aktuar. Die (Geschäfte des Staatsanwaltes versieht ein Offizier- oder Militärgerichtspraktikant. Die Militär-Bezirksgerichte sind die Strafgerichte in solchen Ver­ gehenssachen, die der Zuständigkeit der Militür-Untergerichte entrückt sind; sie urteilen (Ungehorsamsfällc ausgenommen), unter Zuziehung von (12 bezw 6) Geschworenen.

Militär-Bezirksgerichte .bestehen bei jedem Armeekorps eines, mit dem Sitz in München bezw. Würzburg. Im Falle der Mobilisierung werden für die Truppenkorps der mobilen Armee an Stelle der Militär-Bezirksgerichte Fel d g erichte gebildet. Das Militär-Bezirksgericht wie das Feldgericht ist zusammengesetzt aus dem Vorstande, einem Auditeur als Direktor, der erforderlichen Anzahl von Offizieren und Auditeuren als Richter und einem Sekretär. Vorstand eines Militär-Bezirksgerichtes ist der betreffende kommandierende General, welcher, wenn er nicht selbst der Sitzung anwohnen will, einen General oder Stabsosstzier für den Vorsitz bestimmt. Zur Durchführung der Anklage ist ein Auditeur als Staatsanwalt ausgestellt. Tic Thätigkeit des Militär-O berge richts umfasst die Entscheidung der gegen die * Beschlüsse und Urteile der Gerichte eingelegten Nichtigkeits­ beschwerden, den Ausspruch über die zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Befchwerden, die Bescheidung der Gesuche um Wiederaufnahme des Strafverfahrens und die Ossizialprüfung der Todesurteile.

Das Militär-Obergericht besteht aus einem General als Präsidenten, dem Generalauditcur als Direktor, fünf Oberauditeurcn als Richtern und einem rechtskundigen Sekretär; ein Oberauditeur ist als Oberstaatsanwalt aufgestellt Die Militär-Standgerichte sind außerordentliche Strafgerichte für bestimmte Verbrechen und werden für jeden einzelnen Fall niedergcsetzt; sie be­ stehen aus einem Vorstände und zwölf Richtern und eventuell einem Auditeur. Die Wirksamkeit der Standgerichte ist durch die vorgängige Verkündigung des Standrechtes bezw. durch die Bekanntgabe, daß die Kriegsgesetze in Kraft treten (Kriegsart. 52 Abschn. V und vorstehend. Kap. 2 § 1 Ziff. 4) bedingt und erstreckt sich auf nachstehende Verbrechen, insoweit sie vom Gesetze ausschließlich mit dem Tode bedroht sind: Fahnenflucht unter erschwerenden Umständen (Kriegs­ artikel 5 und 6), Feigheit (Kriegsart. 14), Aufruhr (Kriegsart. 27), bei Kriegs­ gefangenen ebenfalls aus Aufruhr, sowie aus Entweichung unter Bruch des Ehrenwortes.

Anmerkung: In Preußen besteht ein General-Auditoriat als oberster Militärgerichtshof, Rekursinstanz und Revisionsbeyörde, ferner bestehen KorpsDivisions-, Regiments und Garnisons-Gerichte, welche aus dem betr. Befehls­ haber und dem Auditeur (statt dessen bei Regiments-Gerichten einem untersuchungsührenden Offizier) zusammengesetzt sind. Die höhere Gerichtsbarkeit, an welche die Strafsachen der Ofstziere und oberen Beamten, sowie die schweren Vergehens- und Verbrechensfülle aller Militärpersonen gehören, werden von den Divisionsgerichten für die zur Division gehörenden Militärpersonen und von den Korpsgerichten für die nicht im Divisionsverbande stehenden Milstärpersonen, die niedere Gerichtsbarkeit durch die Regiments-Gerichte ausgeübt. Die Garnisons­ gerichte urteilen über Vergehen oder Verbrechen gegen die Öffentliche Ruhe und Sicherheit im Orte, sowie über Verfehlungen im Wach- und Garnisonsdienste. Die Spruchgerichte für Fälle der höheren Gerichtsbarkeit heißen Kriegsgerichte, der niederen Standgerichte. Als Richter werden Offiziere, Unteroffiziere und Ge­ meine kommandiert.

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XIV. Abschnitt.

Disziplin, Strafrechtspflege, Ehrengerichte.

§ 3. Verfahren in den zur Zuständigkeit der Militär-Veziersgeeichte gehörigen Strafsachen. Alle Anzeigen, lüdcbe die Verübung einer strafbaren Handlung durch eine Militärperson betreffe«, sind an denjenigen Kommandanten zu richten, welchem die Anordnung des strafrechtlichen Verfahrens zusleht, d. i. der Kommandant bezw. Regiments- oder selbständige Bataillons-Kommandeur, welcher die Disziplinarstrasgewalt über den Beschuldigten ausübt (s. oben Kap. 1 § 2 Ziss. II). Hält der Kommandeur eine Anzeige für geeignet zur Eröffnung des straf­ rechtlichen Verfahrens, so hat CT, wenn dieselbe eine zur Zuständigkeit des MilitärBezirksgerichts gehörige sirasbare Handlung betrifft, die Einleitung der Vor­ untersuchung anzuordnen und, wenn die verordnungsmäßigen Voraussetzungen gegeben sind, die Verbringung des Beschuldigten in Untersuchungshaft zu verfügen.

Nach Durchführung der Voruntersuchung legt der Untersuchungsrichter (b. i. der Auditeur des Truppenteils bezw. der Kommandantur) die Akten dem Staatsanwalte am Militär-Bezirksgerichte vor, welcher hierauf schriftlichen Antrag an das Militär-Bezirksgericht stellt; beschließt dieses die Verweisung der Sache zur Hauptverhandlung, so wird der Tag der Hauptverhandlung anberaumt, der Ge­ richtshof ernannt und die Zeugenlifte aufgestellt. Dem Angeklagten wird eine Abschrift des Verweisungsbeschlusses und der Zeugenliste und Belehrung über das ihm zustehende Recht, sich einen Verteidiger zu wählen, oder um Ausstellung eines solchen von Amtswegen zu bitten, sowie die Bejugnis des Vorschlages weiterer Beweismittel unter Bekanntgabe des Tages der Hauptverhandlung zugesteUt.

(Als Verteidiger können bei gemeinen Verbrechen und Vergehen nur Rechts­ verständige, bei militärischen Verbrechen und Vergehen auch Offiziere und Militär­ beamte bestellt worden.)

Die Hauptverhandlung, zu welcher erwachseneu männlichen Personen der Zutritt gestattet ist, wird von dem Vorsitzenden eröffnet, und alsdann der An­ geschuldigte vorgeftthrt.

Der Gerichtsdirektor rüst hieraus die zur Funktion berufenen Geschworenen*' einzeln auf und beeidigt dieselben. Nach dem Beeidigungsakte beginnt die Verhandlung. Sind der Angeklagte und die Zeugen verhört worden, so wird das Beweis versahren geschlossen, und der Staatsanwalt erhält zur Begründung der Anklage und nach diesem der Angeklagte und dessen Verteidiger das Wort. Nach allenfallfigcr Replik und Duplik werden die Schuldfragen an die Geschworenen gestellt, die sich in ihr Beratungszimmer begeben.

Nach der Beratung kehren die Geschworenen in den Sitzungssaal zurück, und verkündet der Obmann'den Wahrspruch. Hierauf erhält der Staatsanwalt das Wort zur Beantragung des Strafmaßes; nach ihm der Verteidiger. Hierauf begibt - sich der Gerichtshof zur Fällung des Urteils in sein BeratungSzimmer und kehrt sodann zur Verkündung deS Urteils in den Sitzungssaal zurück. Nach Vorlesung des Urteils wird dem Angeklagten eröffnet, daß er sich entweder demselben unterwersen oder die Nichtigkeitsbeschwerde hiergegen er­ heben könne.

*) Zum Geschworenendienste sind nach zurückgelegtem 25. Lebensjahr ver­ pflichtet : a) die dienstpräsenten Offiziere uud Unteroffiziere des stehenden Heeres und der Landwehr, insoweit die Angehörigen der Reserve und der Landwehr nicht bloß zu Übungen einberufen sind; b) die pensionierten Offiziere, insofern sie nicht wegen körperlicher oder geistiger Gebrechen außer Stande find, den Pflichten eines Geschworenen nachzukommen.

4. Kapitel. Militärstrafgerichtsordnung für das Königreich Bayern.

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§ 4. Verfahren in den zur Zuständigkeit der Militär-UnterGerichte gehörigen Strafsachen. Der Vorstand des Untergerichts überweist, wenn er nach Anhörung des Auditeurs die angezeigte That zur Zuitändigkeit des Militär-Untergerichtes gehörig und strafbar erachtet, die Anzeige an den Staatsanwaltsvertreter (f. oben § 2), welcher, nachdem er die zur Begründung der Anklage nötigen Erhebungen ge­ pflogen hat, mit denselben die Anzeige dem Kommandanten wieder in Vorlage bringt. Die Anordnung der Hauptverhandlung, die Vorrusung des Beschuldigten, sowie der unter der Disziplinargewalt des Kommandeurs stehenden Zeugen des Militärstandes hierzu erfolgt durch Befehl des Kommandeurs, die Vorladung anderer Personen durch Requisition der zuständigen Zivil- oder Militärbehörden. Bei der Vorrusung wird der Angeschuldigte unter Bezeichnung des Gegen­ standes der Anschuldigung belehrt, daß eS ihm freistehe, allenfallsige Verteidigungs­ mittel mitzubringen oder zu bezeichnen, ebenso, das; er sich durch einen erwählten Verteidiger verbeistanden lassen dürfe. Bei der Hauptverhandlung des Militär-Untergerichtes herrscht ein ähnliches Verfahren wie bei der des Militär-Bezirksgerichtes.

§ 5. Verfahren bei den Standgerichten. Das Standrecht wird bei den Truppenkörpern vor ausgerückter Mannschaft unter Trommelschlag und Trompetenschall verkündet. Die Verkündigung soll enthalten: a) die genaue Benennung der Verbrechen, für welche das Standrecht an­ geordnet worden; b) die ausdrückliche Verwarnung vor Verübung solcher Verbrechen; c) die Drohung, daß jeder, welcher nach verkündetem Standrechte ein solches Verbrechen begehe, standrechtlich gerichtet und mit dem Tode bestraft werde. Tas standgerichtliche Verfahren kann zu jeder Stunde vorgenommen werden. Es wird mit entsprechender militärischer Bedeckung, womöglich unter freiem Himmel abgehalten, ist mündlich und muß mit Einschluß der Exekution binnen 24 Stunden vom Zeitpunkte der Vorführung des Verbrechers vor das Stand­ gericht an beendigt sein, widrigenfalls das ordentliche Untersuchungsverfahren Platz greift. Sobald der eines standrechtlich zu behandelnden Verbrechens Beschuldigte ergriffen und hierüber dem mit der Ausübung des Standrechts betrauten Kom­ mandeur Meldung erstattet ist, setzt dieser das Standgericht nieder und bestimmt, wenn kein Militärgerichts-Staatsanwalt zur Stelle ist, einen hierzu geeigneten Offizier zur Führung der Anklage und zugleich einen weiteren für die Ver­ teidigung des Beschuldigten, insofern dieser nicht bereits einen Verteidiger er­ wählt hat oder noch vor Beginn des Gerichts erwählen sollte. Der mit der Führung der Anklage Beauftragte empfängt sofort die über den Gegenstand derselben vorliegenden dienstlichen Meldungen und sonstigen Er­ hebungen und hat die zur Verhandlung erforderlichen Beweise zur Stelle zu bringen. Dem Verteidiger steht es frei, allenfallsige Entlastungsbeweismittel vorzusühren. Nachdem das Standgericht, die eine Hälfte der -einzelnen Chargen rechts, die andere links vom Vorstande, einen offenen Kreis formiert, und der Vorstand den Richtern den Gegenstand der Verhandlung bekannt gegeben hat, läßt er den Beschuldigten in den Kreis einführen und stellt ihm seine Richter vor. Nach erfolgter Beeidigung der Richter trägt der Ankläger die gegen den Angeklagten vorliegende Beschuldigung vor und bezeichnet die zu deren Be­ gründung beigebrachten Beweismittel, sowie der Verteidiger die etwaigen

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XIV. Abschnitt.

Disziplin, Strafrechtspflege, Ehrengerichte.

Entlastungsbeweise, worauf der Auditeur, oder wenn ein solcher sich nicht unter den Richtern befindet, der Vorstand den Angeklagten mit seiner Erklärung vernimmt und die Beweiserhebungen nach den für das ordentliche Verfahren geltenden Vorschriften anstellt. Das hauptsächlichste Ergebnis derselben, sowie alle wesentlichen Punkte der Verhandlung sind durch den Auditeur oder ein anderes von dem Vorstand hiermit beauftragtes Gerichtsmitglied kurz zu verzeichnen. Nach Beendigung des Beweisverfahrens begründet der Ankläger die An­ klage und stellt den entsprechenden Antrag, woraus der Angeklagte und sein Ver­ teidiger gehört werden. Nachdem solches geschehen, wird der Angeklagte aus dem Kreise geführt, und haben sich die Ankläger und Verteidiger, sowie die Zeugen und Sach­ verständigen zu entfernen. Hierauf treten die Richter zur gemeinschaftlichen geheimen Beratung und Abstimmung zusammen. Wurde der Angeklagte verurteilt, und findet der betreffende Kommandeur, dem das schriftlich abgefaßte Urteil vorgelegt wird, keine Veranlassung zu dessen Begnadigung, so ordnet er den Vollzug des Urteils an. Nachdem das Standgericht sich wieder formiert hat, läßt der Vorsitzende den Angeklagten in den Kreis einführen und liest ihm in (Gegenwart des An­ klägers und des Verteidigers das Urteil nebst der vom Kommandierenden auf dasselbe erlassenen Verfügung vor. Lautet der Ausspruch auf „schuldig", und ist eine Begnadigung nicht ein­ getreten, so wird sofort der Stab über den Verurteilten gebrochen, und nachdem ihm eine kurze Frist zur Vorbereitung gegönnt worden, das Urteil durch die aus der Bedeckung des Standgerichtes zu entnehmende Exekutionsmannschaft nach den besonderen dienstlichen Vorschriften vollzogen. Wurde der Verurteilte nicht schuldig erklärt oder begnadigt, so wird er sogleich in Freiheit entlassen und tritt wieder in seine Abteilung ein. Hat das Standgericht auf Verweisung der Sache zum ordentlichen Verfahren erkannt, so wird der Beschuldigte in Untersuchungshaft gebracht.

5. Kapitel.

Die Ehrengerichte. (Verordnung über die Ehrengerichte der Offiziere im bayerischen Heere vom 31. August 1874. Neuabdrnck München 1880.)

§ 1. Zweck und Zuständigkeit der Ehrengerichte. 1. Die Ehrengerichte der Offiziere haben zum Zweck, die gemeinsame Ehre der Genossenschaft, sowie die Ehre des einzelnen zu wahren.

Ihre Aufgabe ist es: a) gegen diejenigen Offiziere, deren Benehmen dem richtigen Ehrgefühl oder den Verhältnissen des Offiziersstandes nicht entspricht, auf dem durch gegenwärtige Verordnung bezeichneten Wege einzuschreiten und, wo es zur Erhaltung der Reinheit der Ehre des Offiziersstandes nötig, auf die Entfernung unwürdiger Mitglieder aus der Genossenschaft anzutragen, sowie b) die Offiziere von unbegründeten Verdächtigungen ihrer Ehrenhaftigkeit zu reinigen, insofern andere, standesmttßige Wege hierzu nicht vor­ handen sind.

5. Kapitel.

Die Ehrengerichte.

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2. Zur Beurteilung der Ehrengerichte gehören: a) alle Handlungen und Unterlassungen von Offizieren, welche dein richtigen Ehrgefühl oder den Verhältnissen des Ossiziersstandes zuwider­ sind und daher die gemeinsame Ehre gefährden oder verletzen: b) diejenigen Fälle, in welchen Offiziere zum Schutz ihrer eigenen Ehre auf ehrengerichtlichen Spruch antragen. 3. Fällt eine durch die Strafgesetze bedrohte Handlung zugleich in die Zu­ ständigkeit der Ehrengerichte, so dürfen diese erst nach Beendigung des gericht­ lichen Verfahrens einschreiten. Ist auf Freisprechung erkannt, so dürfen die der richterlichen Entscheidung vorgelegenen Thatsachen nur in so weit dem ehren­ gerichtlichen Spruche unterstellt werden, als dieselben an sich eine Verletzung der Ehre des Offiziersstandes enthalten. Ist dagegen eine gerichtliche Verurteilung erfolgt, so entscheidet derjenige Befehlshaber,' welcher ein ehrengerichtliches Ver­ fahren anzuordnen berechtigt ist, ob außerdem noch ein ehrengerichtlicher Spruch zu fällen sei. 4. Den Ehrengerichten sind unterworfen: a) alle Offiziere des aktiven Dienststandes; b) alle Offiziere des Beurlanbtenstandes (Reserve und Landwehr): c) die Offiziere ä la suite der Armee; d) die zur Gendarmerie übergetrelenen Offiziere; e) die mit Pension zur Disposition gestellten und verabschiedeten Offiziere, letztere, wenn sie befugt sind, die Uniform zu tragen. Militärärzte sind den Ehrengerichten nicht unterworfen. § 2. Bildung der Ehrengerichte über Hauptleute und Sub­ alternoffiziere. 1. An der Bildung von Ehrengerichten über Offiziere vom Hauptmann abtvärls sind nur diejenigen Offiziere berechtigt, welche Mitglieder eines Offiziers korps sind. Alle übrigen Offiziere sind den Ehrengerichten unterstellt, ohne zur thätigen Teilnahme an denselben berechtigt zu sein 2. Mitglieder eines Offizierskorps im Sinne gegenwärtiger Verordnungen sind: a) vom aktiven Dienst stande: alle Offiziere, welche im Etat eines Regiments oder eines selbständigen Bataillons stehen, sowie diejenigen, welche die Uniform eines solchen Truppenteils tragen, insofern sie nicht durch Abkommandierung in den Etat eines andern Truppenteils getreten sind ; b) vom Beurlaubtenstan de: der Bezirkskommandeur und alle Re­ serve- und Landwehr-Offiziere eines Landwehr-Bezirks ohne Unterschied der Waffengattung, sowie die Bezirks-Offiziere und die sonst bei den Bezirkskommandos in Verwendung stehenden Offiziere z. D. und die zur Dienstleistung vorübergehend zü den Bezirks-Kommandos komman­ dierten Offiziere des aktiven Dienststandes. 3. Ehrengerichte bestehen bei einem jeden Regiment, jedem selbständigen Bataillon und in jedem Landwehr-Bezirk und bilden sich aus dem gesamten Offizierskorps. 4. Das Offizierskorps eines Landwehr-Bezirks kann der Bezirks-Komman­ deur, wenn es mehr als 120 Mitglieder hat, in so viele Ehrengerichte teilen, daß jedes derselben zwischen 60 und 120 Mitglieder zählt. 5. Hauptleute (Rittmeister) und Subalternosfiziere sind dem Ehrengerichte desjenigen Offizierskorps unterworfen, dessen Mitglieder sie sind. Sind sie nicht Mitglieder eines Offizierskorps, so beantragen die direkten Vorgesetzten entweder jährlich oder nur in einem gegebenen Falle die Unterstellung unter ein Ehren­ gericht eines Lfsizierskorps durch den kommandierenden General des ein schlägigen Territorialbezirkes.

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XIV. Abschnitt. Disziplin, Strafrechtspflege. Ehrengerichte.

Während des Kriegszustandes geht die Befugnis, Offiziere einem Ehrens gerichte ihres Befehlsbereiches zu unterstellen, auf diejenigen Befehlshaber Liber, welche berechtigt sind, ein ehrengerichtliches Verfahren anzuordnen. 6. Hauptleute und Subalternosfiziere der im § 1 Ziff. 4e aufgeführten Kategorien sind im Frieden dem Ehrengerichte desjenigen Landwehr-Bezirkes unterstellt, in welchem sie ihren Wohnsitz haben: während des Kriegszustandes tritt das Verfahren der Ziff. 5 ein. 7. Das Ehrengericht eines Offizierskorps des aktiven Dienststandes leitet der an dessen Spitze stehende Regiments- bczw. Bataillons-Kommandeur, das eines Offizierskorps des Beurlaubtenstandes der Bezirks-Kommandeur.

§ 3. Vom Ehrenrat. 1. Bei jedem Ehrengerichte wird ein Ehren rat gebildet. Derselbe hat unter der Leitung des Kommandeurs als dessen Organ die Geschäfte des Ehren­ gerichtes zu führen. Außerdem soll er denjenigen Offizieren mit kameradschaft­ lichem Rate zur Seite stehen, welche sich in Ehrensachen an ihn wenden. Das älteste Mitglied des Ehrenrates ist Präses des Ehrenrates. 2. Der Ehrenrat besteht aus einem Hauptmann, einem Premier- und einem Sekondlieutenant. Der Ehrenrat wird je auf ein Fahr aus den Mitgliedern des Ehrengerichtes durch relative Stimmenmehrheit gewühlt Den Hauptmann wählen die Stabs­ offiziere und Hauptleute, den Premierlieutenant die Stabsoffiziere, Hauptleute und Prcmierlieutenants, den Sekondlieutenant das gesamte Osfizierkorps. Gleich zeitig tvird für jedes Mitglied des Ehrenrates in derselben Weise ein Stellver tretet’ gewählt. Tritt bei solcher Wahl Stimmengleichheit ein, so entscheidet die Stimme des den Wahlakt leitenden Kommandeurs oder seines Stellvertreters. Die nach Verlauf des Jahres ausschcidendcn Mitglieder des Ehrenrates sind wieder wählbar. Sind eine oder zwei Chargen im Offizierskorps nicht vertreten, so werden für sie aus der nächst niederen Charge ein zweites und nötigenfalls noch ein drittes Mitglied des Ehrenrates und deren Stellvertreter gewählt. Ist die niedrigste Charge tlicht vertreten, so wird das für dieselbe bestimmte Mitglied des Ehrenrates und dessen Stellvertreter aus der nächst höheren Charge gewählt. Beförderung in eine höhere Charge bewirkt das Ausscheiden des be­ treffenden Mitgliedes aus dem Ehrenrat. 3. Haben Bataillone eines Infanterie Regiments verschiedene Garnisonen, so wird für jedes einzeln garnisonierende Bataillon ein besonderer Ehrenrat gebildet. 4. Die Wahl des Ehrenrates hat am 1. September jeden Jahres oder mi einem der nächstfolgenden Tage möglichst in gemeinsamer Vereinigung der wahl­ berechtigten Offiziere stattzufinden. Die Wahl leitet der Kommandeur. Sie erfolgt durch Abgabe bezw. Einsendung von Stimmzetteln. 5. Ersatzwahlen für den Ehrenrat im Laufe des Jahres finden nur önim statt, wenn ein Mitglied und auch dessen Stellvertreter fehlt. 6. Jeder Offizier hat das Recht*), Handlungen oder Unterlassungen eines andern deutschen Offiziers, welche dessen oder des Standes Ehre gefährden oder verletzen, zur Kenntnis des Ehrenrates oder des direkten Vorgesetzten des Bezichtigten zu bringen. •) Die Unterlassung einer Anzeige im Sinne der Ziff. 6 bildet an und für sich ein disziplinäres Reat nicht. Hierdurch ist jedoch nicht ausgeschlossen, daß Fälle eintrcten können, in welchen die Unterlassung einer Anzeige nicht nur disziplinär strafbar wäre, sondern sogar ihrerseits als Gegenstand ehren­ gerichtlichen Verfahrens aufgefaßt werden müßte.

5. Kapitel.

Die Ehrengerichte.

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7. Der Ehrenrat hat die Pflicht, sobald Handlungen oder Unterlassungen, welche die Ehre eines Offiziers gefährden oder verleben können, zu seiner Kenntnis kommen, hiervon dem vorgesetzten Kommandeur Meldung zu machen. Der Kommandeur entscheidet, ob und auf welchem Wege die Sache weiter zu verfolgen ist. 8. Wenn nötig, beauftragt der Kommandeur den Ehrenrat mit Erwittehingen zur Feststellung des Thatbestandes. Befinden sich die Mitglieder des Ehrenrates nicht an einem Orte, so ist der Kommandeur berechtigt, sie an einem von ihm zu bestimmenden Orte zur Erledigung des übertragenen Geschäftes des Ehrenratcs zusammentreten zu lassen.*) 9. Jeder den Ehrengerichten unterstellte Offizier hat das Recht, auf einen ehrengerichtlichen Spruch gegen sich selbst anzutragen, sowie die Pflicht, jedem Ehrenrat Rede zu sichen und demselben Auskunft zu erteilen. Jeder Offizier hat ferner die Pslicht, von die Ehre berührenden Privat­ streitigkeiten mit einem andern Offiziere spätestens, wenn eine Heraus­ forderung von ihm ergeht oder an ihn ergangen ist, seinem Ehrenrate Anzeige zu erstatten. Dieser hat, wenn der Sühneversuch nicht gelingt, dahin zu wirken, daß die Bedingungen des Zweikampfes in keinem Mißverhältnis zur Schwere des Falles stehen, und außerdem durch Zeugen darüber zu wachen, daß beim Austrag der Forderung die Slandcssitle gewahrt bleibe. (Bergl. auch unten § 6.)

§ 4. Dom ehrengerichtlichen Verfahren. 1. Findet der Kommandeur ehrengerichtlichen Spruch erforderlich, so hat er nach Feststellung des Thatbestandes die Entscheidung des Befehlshabers, welcher berechtigt ist, ein ehrengerichtliches Verfahren über den Bezichtigten anzuordnen, aus dem Instanzenwege einzuholen. Dem dessallsigen Berichte sind beizulegen: n) die bisherigen Verhandlungen und das Gutachten des Ehrenrates, b) der Personalbericht des Bezichtigten, welcher zugleich über die Führung desselben das sür den Zweck Notwendige enthalten muß; derselbe ist gegebenenfalls auf dem Nequisitionswege zu beschaffen. 2. Die Berechtigung, das ehrengerichtliche Verfahren gegenüber einem Haupt­ mann oder Subalternoffizier anzuordnen, steht, wenn der Äezichtigte dem Ehren­ gerichte eines Infanterie- oder Kavallerie-Truppenteils unterstellt ist, nur dem diesem letzteren vorgesetzten Divisions-Kommandeur, wenn er jenem eines Artillerie-, Pionier- oder Train-Truppenteils unterstellt ist, nur dem diesem vor­ gesetzten, kommandierenden General zu; gegenüber denjenigen Hauptleuten und ^ubalternoffizieren, welche den Ehrengerichten von Landwehr-Bezirken unterstellt sind, findet die Anordnung des ehrengerichtlichen Verfahrens gleichfalls nur durch die Divisions-Kommandeurs, und zwar nach Maßgabe der Unterstellung der Landwehr-Bezirke unter die Infanterie-Brigaden statt.

3. Dieser Befehlshaber entscheidet, ob ein ehrengerichtliches Verfahren statt­ finden soll, verfügt oder bestätigt die vom Kommandeur bereits verhängte Suspensation vom Dienste. Die Entscheidung erfolgt schriftlich und ist, wenn das ehrengerichtliche Verfahren angeordnet ist, so bestimmt als möglich auszusprechen, wegen welchen Verstoßes gegen die Standespslichten die ehrengerichtliche Unter­ suchung stattfinden soll. 4. Ein Rekurs gegen diese Entscheidung ist nur dann zulässig, wenn durch dieselbe der Antrag eines Offiziers auf ehrengerichtliches Verfahren gegen sich selbst abgelehnt wird, in welchem Falle auf dem Instanzenwege die Entscheidung des kommandierenden Generals einzuholen ist. *) In allen ehrengerichtlichen Untersuchungen rates möglichst vermieden werden.

sollen

Reisen des Ehren­

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XIV. Abschnitt.

Disziplin, Strafrechtspflege, Ehrengerichte.

5. Das ehrengerichtliche Verfahren findet in der Regel bei bemjenigen Ehren­ gerichte statt, dem der Angeschuldigte unterworfen ist. Beantragt derselbe jedoch aus erheblichen Gründen die Überweisung der Angelegenheit an ein anderes Ehrengericht, oder erscheint dem das ehrengerichtliche Verfahren anordnenden Befehlshaber, weil zahlreiche Mitglieder des Ehrengerichtes zu nahe von dessen Gegenstand berührt sind, um unbefangen urteilen zu können, oder aus anderen erheblichen Gründen eine Abweichung von der Regel geboten, so kann der kommandierende General die Sache an ein anderes Ehrengericht seines Befehlsbereiches verweisen. Wenn gegen Offiziere, welche nicht einem und demselben Ehrengerichte unter­ worfen sind, wegen einer geuteinsamen Handlung oder Unterlassung ein ehren­ gerichtliches Verfahren anzuordnen ist, so wird von ihrem nächsten gemeinschaft­ lichen Vorgesetzten, dem die Anordnung eines ehrengerichtlichen Verfahrens zusteht, das Ehrengericht eines dritten Offizierskorps zur Abhaltung des Ehrengerichts über sämtliche Angeschuldigte bestimmt.

6. Ist das ehrengerichtliche Verfahren angcordnet, jo darf es vor Beendigung durch ehrengerichtlichen Spruch nicht wieder eingestellt werden. Die Zuständigkeit des mit dem Verfahren beauftragten Ehrengerichtes wird durch Versetzung oder Verabschiedung des Angeschuldigten nicht aufgehoben. 7. Der Kommandeur ist für die Leitung des Verfahrens verantwortlich. Er gibt dem Ehrenrat die nötigen Direktiven für die schriftlich zu führende Üntcr juchung. Dieser beschränkt sich auf Klarstellung der wesentlichen Thatsachen und vermeidet sorgfältig jede Weiterung. 8. Der Kommandeur veranlaßt die Vorladung des Angeschuldigten und der Zeugen. Am Ort anwesende Zeugen werden durch den untersuchnngführenden Ehrenrat, auswärtige durch einen seitens des Kommandeurs dazu requirierten, ihretn Aufenthaltsort nahen Ehrenrat oder durch ein Militär oder Zivilunter suchungsgericht vernommen 9. Die Vernehmungen durch bcu Ehrenrat geschehen protokollarisch. Es haben alle Mitglieder oder' deren Stellvertreter anwesend zu sein. Der Angeschuldigte wird vor seiner Vernehmung von dem ihm zur Last Gelegten in Kenntnis gesetzt. Deutsche Offiziere, als Zeugen vernommen, versichern die Nichtigkeit ihrer Aussage auf Ehre und Pflicht. Ändere Zeugen werden durch ein zu requirierendes Militär- oder Ziviluniersuchungsgericht vereidigt. 10. In die Akten des Ehrengerichtes darf vor Erledigung der Sache nur dem Angeschuldigten oder dessen Verteidiger — und zwar nur in Gegenwart eines Mitgliedes des Ehrenrates —, sowie den vorgesetzten Militärbehörden Einsicht gestaltet werden. 11. Ist dem ehrengerichtlichen Verfahren eine gerichtliche Untersuchung vor­ ausgegangen, so können die Akten der letztem dem erstem, soweit sic für dessen Zweck ausreichen, zu Grunde gelegt werden. 1'2. Bei Verschiedenheit der Ansichten innerhalb des Ehrenrates über das zu beobachtende Verfahren entscheidet der Kommandeur. Derselbe ermächtigt den Ehrenrat, die Elften zn schließen, sobald er weitere Ermittelungen nicht erforderlich erachtet. 13. Kommen im Lause der ehrengerichtlichen Untersuchung weitere Hand­ lungen des Angeschuldigten zur Sprache, welche nach Ansicht des Kommandeurs ein ehrengerichtliches Verfahren erfordern, so ist von ihm im Instanzenwege bei dem Befehlshaber, welcher daS ehrengerichtliche Verfahren angeordnet har, die Ausdehnung der Untersuchung auf diese Anschuldigungspunkte zu beantragen und nach Entscheid zu verfahren. 14. Beim Schlüsse der Untersuchung macht der Ehrenrat den Angeschuldigten aufmerksam, daß ihm gestattet ist, dem Ehrenrat seine Verteidigung zu Protokoll zu geben, oder eine selbstversaßte Verteidigungsschrift einzureichen, auch vor ver­ sammeltem Ehrengerichte mündlich seine Verteidigung zu wiederholen oder zu

5. Kapitel.

Die Ehrengerichte.

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ergänzen, endlich das; er sich von einem andern Offizier von gleicher oder höherer Charge schriftlich verteidigen lassen könne*). **) Zur Einreichung einer Verteidigungs­ schrift ist eine Präklusivfrist von acht Tagen zu bewilligen, die nur mit Genehmigung des Kommandeurs verlängert werden darf. 15. Sodann beruft der Kommandeur die Mitglieder des Ehrengerichtes zur Versammlung und zum Spruche. Die Mitglieder des Ehrengerichtes werden über die Sachlage vollständig unterrichtet, durch Austausch der Ansichten die Überzeugung geklärt und diese in einem Spruche zum Ausdruck gebracht.

16. Zur Spruchsitzung werden alle stimmberechtigten Mitglieder des Ehren­ gerichtes so eingeladen, daß auch auswärtige Mitglieder die Möglichkeit erhalten, an derselben teilzunehmen*"). Stimmberechtigt sind alle Mitglieder des Offiziers­ korps einschließlich der Stabsoffiziere und des Kommandeur«. 17. Bei getrennt garnisonierenden Infanterie-Regimentern findet die Spruch­ sitzung zuerst in der Garnison statt, in welcher sich der untersuchungsührende Ehrenrat befindet. Demnächst werden die Akten den andern Bataillonen zugeschickt, um dort ebenfalls zum Spruch zu schreiten. Der Kommandeur kann auch diesen Spruchsitzungen anwohuen. 18. Etwaige Anträge auf Ausschließung einzelner Mitglieder des Ehren­ gerichtes von der Abstimmung sind seitens des Ängeschuldigten so zeitig anzubringen, daß der Befehlshaber, welcher das ehrengerichtliche Verfahren angeordnet hat, darüber noch vor der Spruchsitzung endgültig entscheiden kann. Durch den Kommandeur sind von der Teilnahme am Spruche auszuschließen: Ankläger, Zeugen, Verteidiger, nahe Verwandte (wie Vater, Söhne, Brüder, Onkel, Neffen, Geschwisterkinder) und Schwäger des Angeschuldigten, sowie diejenigen, welche sich selbst in gerichtlicher oder ehrengerichtlicher Untersuchung befinden. Außerdem darf sich kein ortsanwesendes Ehrengerichtsmitglied der Beteiligung am Spruche entziehen, es sei denn durch Krankheit oder Dienst verhindert. 19. Zu einem gültigen Spruche ist die Teilnahme von mindestens neun stimmfähigen Mitgliedern, den Kommandeur mit inbegriffen, erforderlich. Können nicht so viele Mitglieder in der Spruchsitzung anwesend sein, so ist die Unter­ suchung auf berichtlichen Antrag des Befehlshabers, welcher das ehrengerichtliche Verfahren angeordnet hat, durch den kommandierenden General einem andern Ehrengerichte seines Dienstbereiches zum Spruch zu überweisen. Dies geschieht and), wenn zur Spruchsitzung des Ehrengerichtes eines Landwehr-Bezirkes nicht neun stimmberechtigte Mitglieder desselben im Stabsquartier sich in nächster Zeit vereinigen lassen. 20. Während des Kriegszustandes können mehrere einzeln zu schwache Offizierskorps behufs Fällung des Spruches vereinigt werden. 21. Von jeder von der Regel abweichenden Bestimmung oder Zusammen­ setzung eines Ehrengerichtes zur Fällung des Spruches ist dem Angeschuldigten Nachricht zu geben, um ihn in den Stand zu setzen, noch vor der Spruchsitzung seine Gründe für etwaige Ablehnung einzelner Mitglieder desselben zur Kenntnis des Befehlshabers zu bringen, der eine solche Anordnung getroffen hat.

•) In ehrengerichtlichen Anklagesachen aktiver Offiziere ist die Mitwirkung nicht dienstpräsenter Offiziere des Beurlaubtenstandes ausgeschlossen, und dem­ gemäß erscheint auch die Führung der Verteidigung durch einen solchen als unzulässig. (K.-M.-N. 15. Febr 1876 Nr. 1585.) **) Den nicht am Stabssitze der Bezirks-Kommandos wohnenden Mitgliedern wird „gleichzeitig mit der Einladung bekannt gegeben, daß durch ihre Beteiligung deut Ärar Kosten nicht erwachsen dürfen. Zur Ersparnis der Kosten sollen übrigens die Spruchgerichte, soweit dies ohne wesentliche Verzögerung angängig, bei solchen Gelegenheiten abgehalten werden, wo die betreffenden Offiziere fidj ohnedies aus dienstlicher Veranlassung im Landwehr-Bezirks-Stabsquartier zu versammeln haben.

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XIV. Abschnitt.

Disziplin, Strafrechtspflege, Ehrengerichte.

22. Die Ehrengerichtsmitglieder werden vor der Abstimmung von dem Kommandeur aufgefordert, als Ehrenmänner ohne Leidenschaft nach Pflicht und Gewissen und mit Erwägung der einwirkenden besonderen Verhältnisse ihre Stimmen abzugeben. Demnächst sind die Atten von einem Mitgliede des Ehrenrates vollständig vorzulesen. Hieran schließt sich die Verteidigung an, bis zu deren Beendigung der Angeschuldigte in der Spruchsitzung gegenwärtig sein darf. Nachdem sodann eine vom Kommandeur zu leitende, durch Vortrag*) eines schriftlichen Gutachtens des Ehrenrates zu eröffnende Beratung stattgefunden tjot, gibt zuerst der Ehrcnrat, dann sämtliche anwesende Mitglieder, der Jüngste zuerst, der Kommandeur zuletzt, dem Ehrenrat seine Stimme ab. Der Ehrenrat hat über die ganze Verhandlung Protokoll zu führen, in welchem die Abstimmung jedes einzelnen Mitgliedes ersichtlich gemacht und die betreffende Stelle von diesem unterschrieben werden muß. Unter Anführung des Verhinderungsgrundes werden am Schluffe des Proto­ kolls die abwesenden Mitglieder des Ehrengerichts namhaft gemacht. 23. Der Spruch des Ehrengerichts kann lauten: a) auf Unzuständigkeit, wenn das Ehrengericht der Ansicht ist, daß der Fall sich überhaupt nicht zur ehrengerichtlichen Behandlung eigne, oder daß ein anderes Ehrengericht das zuständige sei: b) auf Vervollständigung der Untersuchung, wenn das Ehren­ gericht eine solche, um sich eine bestimmte Überzeugung bilden zu können, für nötig und möglich hält; c) aus Freisprechung, wenn das Ehrengericht der Überzeugung ist, daß die dem Angeschnldigten zur Last gelegte Gefährdung oder Ver­ letzung der Standesehre nicht stattgesunden habe: d) auf Schuldig der Gefährdung der Stan des ehre, unter Beantragung einer Warnung, wenn das Ehrengericht der Überzeugung ist, daß der Angeschuldigte durch das ihm zur Last fallende Verhalten nicht unwürdig geworden ist, im Dienste belassen zu werden: e) auf Schuldig der Verletzung der St an de seh re unter Be­ antragung der Entlassung mit schlichtem Abschied, wenn das Ehren­ gericht der Überzeugung ist, daß der Angeschuldigte in seiner Dienst­ stellung nicht belassen werden kann; f) auf Schuldig der Verletzung der Standeschre unter erschwerenden Umständen unter Beantragung.der Entfernung aus dem Offiziersstande, wenn das Ehrengericht der Überzeugung ist, daß der Angeschuldigte dem Offiziersstande anzugehören unwürdig geworden ist. 24. Die Entlassung mit schlichtem Abschied hat den Verlust der Dienststelle, — die Entfernung aus dem Offiziersstande außerdem noch den Verlust des Offizierstitels zur unmittelbaren Folge. 25. Bei inaktiven Offizieren tritt an die Stelle der Entlassung mit schlichtem Abschied der Verlust des Rechtes, die Militäruniform zu tragen, an die Stelle der Entfernung aus dem Offistersstande außerdem noch der Verlust des Offizierstitels.

*) Der vom Ehrenrat abzufassende schriftliche Vortrag soll eine kurze Dar­ stellung der thatsächlichen Verhältnisse, deS Ergebnisses des Beweisverfahrens und das Gutachten der Ehrenratsmitglieder enthalten. Bei der an die Ablesung dieses Vortrages sich anreihenden gemeinsamen Diskussion der Ehrengerichtsmitglieder ist der Kommandeur befugt, gleich jedem anderen Mitgliede, seine Ansicht über die Sachlage auszusprechen und darauf hinzuwirken, daß ein entsprechendes Resultat der Beratung erzielt wird.

5. Kapitel.

Die Ehrengerichte.

31

26. Haben mehrere Handlungen oder Unterlassungen desselben Offiziers den Gegenstand der Untersuchung gebildet, so ist gegen den Angeschuldigten, falls er schuldig befunden wird, stets nur auf eine der oben angegebenen Strafen anzutragen. Hat das Ehrengericht über mehrere Offiziere einen Spruch zu fällen, so wird zuerst die Abstimmung über einen abgeschlossen und dann die über den andern begonnen. Jedes Mitglied ist verpflichtet, ein den Bestimmungen der Ziffer 23 und 25 entsprechendes Votum abzugeben. Ist die Ansicht vertreten, daß das Ehrengericht nicht zuständig sei, oder daß die Verhandlungen zu vervollständigen seien, so ist zuerst hierüber abzustimmen. 27. Hält die Mehrheit der Stimmenden das Ehrengericht für nicht zuständig, so ist auf dem Instanzenwege die Entscheidung des kommandierenden Generals, und wenn das Ehrengericht von diesem selbst angeordnet war, jene des Kriegs­ ministeriums einzuholen. Ist nur eine Minderheit der Stimmenden dieser Ansicht, so sind dieselben dennoch verpflichtet, über Schuld oder Nichtschuld des Angeschuldigten ihre Stimmen abzugeben. 28. Hält die Mehrheit der Stimmenden dafür, daß die Untersuchung zu vervollständigen sei, so ist das hiernach Erforderliche durch den Kommandeur zu veranlassen, und die definitive Abstimmung, bis dies geschehen, auszusetzen. Ist nur die Minderheit der Stimmenden dieser Ansicht, so sind diese dennoch verpflichtet, über Schuld oder Nichtschuld des Angeschuldigten abzustimmen. 29. Ein gültiger Spruch des Ehrengerichts entsteht, wenn mehr als die Hälfte der Stimmenden ein gleichlautendes Votum abgegeben haben. Ist dies nicht der Fall, so werden die für die härteste Ansicht der abgegebenen Stimmen der oder den nächst milderen bis zur Erlangung der absoluten Stimmenmehrheit zugezählt, und gilt alsdann das auf diese Weite erlangte Ergebnis als Spruch des Ehrengerichtes. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Kommandeurs. 30. Das Ergebnis der Abstimmung wird dem Ehrengericht sofort mitgeteilt. Tie Mitglieder desselben werden sodann zur Verschwiegenheit über die Verhand­ lungen bis nach erfolgter Bekanntgabe des Spruches an den Angeschuldigten mit dem Hinzufügen ausgefordert, daß, wer hiergegen handelt, eine Pflicht des Ossiziersstandes verletzt; das Protokoll wird geschlossen und die Versammlung entlassen. 31. Demnächst läßt der Kommandeur durch den Ehrenrat den Spruch des Ehrengerichts in Form eines Erkenntnisses ausfertigen und dasselbe nebst ben Akten und einem kurzen Aktenauszug durch denjenigen Befehlshaber, der das Ehrengericht angeordnet hatte, im Instanzenwege dem Kriegsministerium unter­ breiten. 32. In den Fällen der Ziss. 23 c und d unterliegt der ehrengerichtliche Spruch der Entscheidung des Kriegsministeriums; in Fällen der Ziff. 23 e und f bleibt die Allerhöchste Entschließung Vorbehalten. Die erfolgte Entscheidung ist dem Angeschuldigten gleichzeitig mit dem Spruch des Ehrengerichts bekannt zu machen. Lautet die Entscheidung auf Freisprechung oder auf eine Warnung, so ge­ schieht die Bekanntmachung durch den Kommandeur in Gegenwart des Ehren­ rates; in allen anderen Fällen erfolgt dieselbe durch den Ehrenrat. 33. Nach der Bekanntmachung an den Angeschuldigten erfolgt durch den Kommandeur die Mitteilung des Spruches des Ehrengerichtes nebst der Ent­ scheidung, und, wenn es gewünscht wird, der Akten an diejenigen Militärvor­ gesetzten des Angeschuldigten, welche bei dem Ehrengerichte nicht mitgewirkt haben. Ist der Angeklagte ein inaktiver oder ein dem Beurlaubtenstande angehöriger Offizier, der zugleich als Beamter im Reichs- oder Staatsdienst angestellt ist, so

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XIV. Abschnitt.

Disziplin, Strafrechtspflege, Ehrengerichte.

ist eine Abschrift der Ausfertigung des Spruches des Ehrengerichtes und der Entscheidung der ihm vorgesetzten Dienstbehörde zn übersenden und auf Ver­ langen nähere Auskunft über die Veranlassung des Spruches zu erteilen. Außerdem ist dem Offizierkorps, welches den ehrengerichtlichen Spruch gefällt hat, von der Entscheidung Kenntnis zu geben; auch kann auf besonderen Antrag denjenigen Offizieren, die an der Untersuchung als Ankläger oder Zeugen teil­ genommen haben, und denjenigen Behörden, von denen etwa die Anschuldigung ausgegangen ist, von dem Ausgang der Sache Kenntnis gegeben werden. 34. Gegen einen ehrengerichtlichen Spruch, über welchen bereits Entscheidung getroffen worden, ist ein weiteres Verfahren nur mit Genehmigung Sr. Majestät, bezw. der Genehmigung des Kriegsministeriums zulässig. § 5. Bildung der Ehrengerichte über Stabsoffiziere und Generale. In dem Territorialbezirk eines jeden Armeekorps wird über sämtliche in demselben ihre Garnison oder ihren Wohnsitz habenden Stabsoffiziere ein aus einem General und neun Stabsoffizieren bestehendes Ehrengericht über Stabs­ offiziere gebildet. Offiziere niederen Grades sind den Ehrengerichten über Stabsoffiziere in den Fällen unterworfen, in welchen sie mit Stabsoffizieren gemeinsam beteiligt sind. § 6. Verhalten der Offiziere bei Ehrenhändeln mit Offizieren und Zivilpersonen. Durch Ehrenrate und höchst der sich in geschrieben

nachstehenden Allerhöchsten Erlaß vom 1. Januar 1897 ist dem im Vereine mit deut Kommandeur eine wesentlich erweiterte bedeutungsvolle Aufgabe gestellt und zugleich jedem Offiziere, einen Ehrenhandel verwickelt sieht, sein Verhalten genau vor­ worden. Er lautet:

Ich will, daß Zweikämpfetl der Offiziere mehr als bisher vor­ gebeugt wird. Die Anlässe sind ost geringfügiger Matur, Priva:ltreitigkeiten und Beleidigungett, bei dcneu ein gütlicher Ausgleich ohr.e Schädigung der Standesehre möglich ist.

Der Offizier muß es als Unrecht erkennen, die Ehre eines Anderen anzutasten, tpat er hiergegen in Übereilung oder Erregung gefehlt, so handelt er ritterlich, wenn er an seinem Unrecht nicht festhält, sondern zu gütlichem Ausgleiche die Hand bietet. Mid)t minder muß derjenige, fceni eine Kränkung oder Beleidigung widerfahren ist, die zur Versöhnung ge­ botene Hand annehmen, soweit Standesehre und gute Sitte es zulasse?!. Es ist deshalb Mein Wille, daß der Ehrenrat hinfort grundsätzlich bei dem Austrage von Ehrenhändeln mitwirken soll. Er hat sich diesir Pflicht mit dem gewissenhaften Bestreben zu unterziehen, einen gütlichen Ausgleich herbeizuführen. Um hierzu den Weg vorzuzeichnen, bestimme Ich in Ergänzung drr Verordnung über die Ehrengerichte der Offiziere im bayerischen Heere vom 31. August 1874 Folgendes:

I. Kommen zwischen Offizieren Privatstreitigkeiten und Beleidigungen vor, die nicht alsbald auf gütlichem Wege standesgemäß beglichen werden, so sind tie Beteiligten verpflichtet, unter Unterlassung aller weiteren Schritte ihrem Ehrer­ rate sofort Anzeige zu machen.

5. Kapitel.

33

Die Ehrengerichte.

II.

Der Ehrenrat hat dann unter Leitung des Kommandeurs den Sachverhalt ungesäumt durch mündliche oder schriftliche Verhandlungen aufzuklären und nach dem Ergebnisse der Ermittelungen, sowie nach Anhörung der Beteiligten schrift­ lich entweder 1. einen Ausgleichsvorschlag aufzustellen, oder 2. zu erklären, daß er sich nach Lage der Sache außer stände sehe, einen Ausgleich vorzuschlagen, daß vielmehr ein ehrengerichtliches Verfahren notwendig fei, oder aber 3. festzustellen, daß die Ehre der Beteiligten für nicht berührt zu erachten und deshalb weder ein Grund zur Aufstellung eines Ausgleichsvor­ schlages, noch auch zu einem ehrengerichtlichen Verfahren vorhanden sei. Der Ausgleichsvorschlag hat sich auch über Art und Frist der Ausführung auszusprechen. Nach Lage des Falles ist insbesondere festzusetzen, ob die Aus­ führung, außer vor dem Kommandeur und Ehrenrat, vor Zeugen, ob sie schrift­ lich zu erfolgen habe u. s. w. — Ein Ausgleich ist anzustreben, soweit es die Standessitte irgendwie zuläßt. III.

Der Beschluß des Ehrenrats (II.) bedarf der schriftlichen Bestätigung durch den Kommandeur. Bei den Ehrengerichten von Landwehrbezirken, deren Kommandeur nicht den Rang eines Regiments-Kommandeurs besitzt, erfolgt die Bestätigung durch den Brigade-Kommandeur, dem die Verhandlungen und der Beschluß des Ehrenrats mit einem Gutachten des Kommandeurs deS Landwehrbezirks vorzulegen sind. Der zur Bestätigung Berechtigte ist befugt, 1. den Ausgleichsvorschlag abzuändern, 2. in den Fällen zu II. 2 und 3 seinerseits einen Ausgleichsvorschlag schriftlich aufzustellen, 3. dem Ausgleichsvorschlage oder der Feststellung zu II. 3 die Bestätigung zu versagen und seinerseits die Erklärung nach II. 2 abzugeben.

IV. Den Beteiligten steht gegen den Ausgleichsvorschlag oder die Feststellung zu II. 3 binnen drei Taben die beim Kommandeur anzubringende Berufung zu. Die Vorgesetzten haben stch hierzu gutachtlich zu äußern und durch das Kriegs­ ministerium Meine Entscheidung einzuholen.

.V. Durch die Ausführung des Ausgleichsvorschlages oder die Feststellung zu II. 3 findet der Streitfall selbst zwischen den Beteiligten sowie dem OffizterSKorps gegenüber seine vollständige Erledigung. Hierdurch ist indes nicht ausgeschlossen, das ehrengerichtliche Verfahren folgen zu lassen, sofern das Verhalten eines der Beteiligten hierzu Veranlassung gegeben hat.

VI. Wird ein Ausaleichsvorschlag nicht aufgestellt oder die Erklärung zu II. 3 nicht abgegeben, so ist ungesäumt nach § 27 ff. *) der Verordnung vom 31. August 1874 zu verfahren. Das Gleiche hat zu geschehen, wenn der endgültig festgestellte Ausgleichs­ vorschlag nicht ausgeführt wird. *) d. i. nach vorstehendem § 4. Müller und v. Zwehl, Handbuch f. Einjährig.Fretwillige. V. T.

3

34

XIV. Abschnitt.

Disziplin, Strafrechtspflege, Ehrengerichte.

VII.

Über einen Offizier, der unter Umgehung deS Ehrenrats, oder

vor endgültiger Entscheidung über den Beschluß des Ehrenrats, oder

unter Nichtbeachtung des endgültig festgestellten Ausgleichsvorschlags oder der Feststellung zu U. 3,

oder vor der Entscheidung auf den ehrengerichtlichen Spruch einen anderen Offizier zum Zweikampf herausfordert oder die Herausforderung eines anderen Offiziers zum Zweikampf annimmt, ist Mir sofort durch das Kriegsministerium zu berichten.

VIII. Ist einer der Beteiligten ein General, so erfolgt die Bestimmung des Kom­ mandeurs und der Mitglieder des Ehrenrats durch das Kriegsministerium. Ist einer der Beteiligten ein Stabsoffizier, so ist der Ehrenrat des Ehren­ gerichts der Stabsoffiziere zuständia. Im übrigen wird, wenn die Beteiligten verschiedenen Ehrengerichten unter­ stehen, der für die Ausgleichsverhandlungen zuständige Ehrenrat durch den nächsten gemeinschaftlichen Vorgesetzten (Dienstweg nach § 27 der Verordnung vom 31. August 1874), erforderlichen Falles durch Vereinbarung der kommandierenden Generale, bestimmt. Wenn nötig, ist die Entscheidung des Kriegsministeriums zu erholen.

IX.

Gerät ein Offizier mit einem den Ehrengerichten nicht unterworfenen Offizier oder mit einer Zivilperson in einen Ehrenhandel, so ist er — sofern nicht alsbald auf gütlichem Wege ein standesgemäßer Ausgleich stattfindet, — gleichfalls zur umgehenden Anzeige an den Ehrenrat verpflichtet. Letzterer hat auch hier, soweit es die Umstände gestatten, unter Leitung des Kommandeurs auf einen Ausgleich hinzuwirken. München, den 1. Januar 1897.

(g-z.)

Luitpold, Sfrini von Aayer«,

des Königreichs Bayern Verweser.

Die Bestimmungen und die Muster zu den Protokollen über die Vernehmung des Angeschuldigten, über die Vernehmung von Zeugen, das Muster zu einer ehrengerichtlichen Spruchverhandlung und zu einem AktenauSzug siehe in den Beilagen zur kgl. Allerhöchsten Verordnung über die Ehrengerichte der Offiziere vom 31. August 1874. Neuabdr. 1880.

1. Kapitel.

Militärische Orden und Ehrenzeichen.

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XV. Abschnitt.

Belohnungen und Auszeichnungen. 1. Kapitel. Militärische Orden und Ehrenzeichen. (Vgl. Militär-Handbuch des Königreichs Bayern: Militärische Orden und Ehrenzeichen.) Um tapfere Thaten und hervorragende Dienstleistungen, welche über den Wirkungskreis gewöhnlicher Pflichterfüllung hinausreichen, zu belohnen, sind besondere Auszeichnungen — Orden und Ehrenzeichen — bestimmt.

Die militä rischen Orden sind:

8 1. Der Militär-Max-Joscph-Orden. Ordenszeichen: ein goldenes, weißemailliertes Ordenskreuz mit goldener Krone — der Namenschiffer des königlichen Stisters aus der einen und der Aufschrift: > Virtuti pro patria« auf der anderen Seite des mittleren runden Schildes — in verschiedenen Größen je nach den Graden. Band: schwarz, an jeder Seite von innen nach außen ein weißer und ein hell­ blauer Streifen. Großkreuze tragen den Orden an breitem Bande von der rechten Schulter zur linken Hüfte, außerdem in Form eines Sternes auf der linken Brust gestickt und zugleich um den Hals. Kommandeure um den Hals. Ritter auf der linken Brust in der Höhe des 2. Knopfloches. Die Erteilung des Ordens schließt die Verleihung des Adels (Ritter von) in sich; derselbe beschränkt sich nur auf die Person des damit Beliehenen. Ein Ordens­ mitglied, deffen Vater und Großvater sich ebenfalls diese Auszeichnung erworben haben, hat Anspruch auf taxfreie Ver­ leihung des erblichen Adels. Mit dem Orden sind noch P e n s i o n e n dis zum Betrage von 6000 jährlich, sowie Präbenden für Kinder von Ordens­ mitgliedern verbunden. Jedes Ordensmitglied wird bei seinem erfolgten Tode um einen Grad höher, als jener der bekleideten Charge ist, beerdigt. Alljährlich ist am 13. Oktober, dem Todes­ tage des Stifters, ein Seelenamt für die verstorbenen Ritter. Der Orden ist am 1. Januar 1806 von König Maximilian I. Joseph ge­ gründet und nur Offizieren erreichbar, für solche Kriegsthaten, welche mit Einsicht, '* 3*

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XV. Abschnitt.

Belohnungen und Auszeichnungen.

Geistesgegenwart und Tapferkeit, aus freiem Antriebe und mit Lebensgefahr zum Nutzen und Ruhme der Armee ausgeführt worden sind. Glaubt ein Offizier, sich durch eine tapfere That des Ordens würdig ge­ macht zu haben, so sucht er um diesen Orden nach, indem er die betreffende That durch Zeugen bekräftigen läßt. Das Ordenskapitel untersucht gemäß den Statuten die That nach der Beschreibung und den Zeugnissen und legt das motivierte Abstimmungsprotokoll Sr. Majestät dem Könige zur Allerhöchsten Entscheidung vor. (Vgl. Statuten des kgl. bayer. Militär-Max-Joseph-Ordens. München 1891.)

§ 2. Der Militär-Verdienstorden. Gestiftet am 19. Juli 1866, um auch solche tapfere Kriegsthatcn, denen es an der einen oder anderen statutenmässigen Vorbedingung zur Verleihung des Militär-Max-Joseph-Ordens gebricht, und besonders hervorragende Verdienste um die Armee mit einem äußerlichen Ehrenzeichen zu belohnen. Der Orden wird zunächst für tapfere Kricgsthaten verliehen und kann von allen dem vaterländischen Heere Angehörigen er worben werden. Auch findet die Verleihung an Angehörige anderer Armeen statt und sind von derselben Zivilpersonen, welche sich be sonders und auf hervorragende Weise um die Armee verdient gemacht haben, nicht aus geschlossen. In Erweiterung der Satzungen wurde durch Allerhöchste Verordnung v. 19. Februar 1891 das im Kriege verliehene Ordenszeichen (Kriegsdekoration) mit zwei gekreuzten Schwer­ tern geschmückt und zugleich bestimmt, das; diese 'Kriegsdekoration neben und vor der etwa verliehenen Friedensklasse dieses Ordens zu tragen ist. Die Mitglieder sind in fünf Klassen ein geteilt: 1. Großkrcuze, 2. Großkomture, 3. Kom Iure, 4. Ritter 1. und 2. Klasse und 5. In Haber des Militär-Verdienstkreuzes. Offiziere erhalten in der Regel ben Orden, Unteroffiziere und Soldaten das Ver dienstkreuz. Ordensz eichen: a) Friedensklasse: goldenes, dunkelblau emailliertes Ordenskrcuz in verschiedener Größe je nach den Graden mit Flammen in den Lücken zwischen den vier Abteilungen des Kreuzes. Das Ritterkreuz 2. Klasse und das Verdienst kreuz haben keine Flammen, letzteres ist auf Silber dunkelblau emailliert. (Bild 2.) Kriegsdetoration: zwei gekreuzte römische Schwerter im oberen Balken des Ordenszeichens; an der Bänderschnalle die Schwerter aus dem Bande; sonst wie vor. (Inschrift auf der einen Seite: £ mit Krone und darüber auf weiß­ emailliertem Kranze >Merenti