Handbuch für den Einjährig-Freiwilligen, den Unteroffizier, Offiziersaspiranten und Offizier des Beurlaubtenstandes der kgl. bayerischen Infanterie: Teil 3 Praktischer Dienst 9783486733983, 9783486733976


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German Pages 309 [312] Year 1903

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Table of contents :
Verzeichnis der Abkürzungen
Inhalts Verzeichnis des III. Teils
XVI. Abschnitt. Das Turnen
XVII. Abschnitt. Das Bajonettieren
XVIII. Abschnitt. Bewaffnung
XIX. Abschnitt. Das Schießen
XX. Abschnitt. Das Exerzieren
XXI. Abschnitt. Der Garnisondienst
XXII. Abschnitt. Felddiensft und Gefecht
XXIII. Abschnitt. Das Gelände und seine Darstellung
XXIV. Abschnitt, Feldbefestigung
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Handbuch für den Einjährig-Freiwilligen, den Unteroffizier, Offiziersaspiranten und Offizier des Beurlaubtenstandes der kgl. bayerischen Infanterie: Teil 3 Praktischer Dienst
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Handbuch Einjährig-Freiwilligen, Unteroffizier, Gffiziersafpiranten Offizier des Beurlcrubtenstandes der

Kgl. Bayerischen Infanterie. III. Teil:

Praktischer Dienst. Aus Vorschriften, Verordnungen rc. zusammengestellt

L. Th. Müller und Th. v. Zwehl. Neunte, voUstäudig berichtigte und verbesserte-Anftase. Bearbeitet und herausgegeben von

Th. Frhr. von Malsen, womöglich unter Berschluß aufzubewahren.

55. Auf Treppen ist das Gewehr am Kolbenhals zu umfassen und im Arm zu tragen. 56. Niemand darf gleichzeitig mehr als zwei Gewehre tragen; die Gewehre dürfen sich nicht berühren.

57. Das Anhängen von Gegenständen an das Gewehr ist verboten. 58. Wenn der Dienst verlangt, das Gewehr auf die Erde zu legen, so sind Mündung und Verschluß vor dem Eindringen von Fremdkörpern (Sand, Schnee und dergleichen) besonders sorgfältig zu bewahren.

59. Wenn Fremdkörper in den Lauf oder Verschluß gelangt sind, darf nicht eher geschossen werden, bis Lauf oder Verschluß gründlich gereinigt sind. c) Schutzregeln gegen Unzuträglichkeiten beim Schießen.

60. Vor dem Abmarsch zum Schießen mit scharfen Patronen und kurz vor dem Beginn des Schießens ist nachzusehen, ob der *) Abieuern einer scharfen oder Platzpatrone bei verstopfter Mündung verursacht Gewehrsprengung oder Lausaufbauchung. **) Bei frisch gefirnißten Schäften Riemen lang.

3. Die deutschen Gewehre.

77

Mündungsschoner abgenommen*) und das Laufinnere rein und frei von Fremdkörpern ist. Bor dem Abmarsch zum Schießen mit Platzpatronen ist nach­ zusehen, ob das Laufinnere rein und frei von Fremdkörpern ist. Das Abnehmen des Mündungsschoners*) ist rechtzeitig anzuordnen. 61. Verbeulte, gequetschte und verschmutzte Patronen, sowie solche mit losem Geschoß dürfen nicht geladen werden. Verschmutzte, verbogene oder stark verrostete Ladestreifen dürfen nicht benützt werden. Auf den Boden gefallene Patronen oder Ladestreifen sind sorgfältig zu reinigen. Zum Reinigen sind die Patronen aus dem Ladestreifen zu nehmen.

d) Versager. 62. Versager können entstehen durch Fehler des Gewehrs oder der Munition, durch unvollständiges Einschrauben des Schlößchens in die Kammer, durch un­ vollständiges Schließen des Gewehrs infolge von Beschädigung, Verrostung, Verschmutzung oder Unachtsamkeit. 63. Bei einem Versager wird langsam abgesetzt. Nach einer Pause wird das Gewehr geöffnet, das Schloß langsam zurückgezogen, die Patrone etwas gedreht und das Gewehr geschlossen. Es wird nochmals abgezogen. Versagt die Patrone wieder, so wird sie in ein anderes Gewehr geladen; versagt sie auch in diesem bei einmaligem Abziehen, so ist sie als „Versager" abzugeben. 64. Ein Gewehr, in dem wiederholt Versager vorgekommen sind, ist durch den Büchsenmacher zu untersuchen. e) Ladehemmungen.

65. Ladehemmungen können entstehen durch Beschädigungen, Verrostungen, Verschmutzungen, Unregelmäßigkeiten an den Patronen oder Ladestreifen, am Patronenlager, Verschluß oder an der Mehrladeeinrichtung sowie durch Un­ geschicklichkeit des Schützen. Ihre Beseitigung ist nicht durch erhöhten Kraft­ aufwand, sondern durch Erforschung der Ursache zu versuchen. 66. Die Ursache einer Ladehemmung soll der Schütze selbst ermitteln und womöglich abstellen können. 67. Beispiel für eine Ladehemmung. Der freie Gang des Schlosses ist gehemmt, so daß sich das Gewehr nicht schließen und die Patrone nicht einführen läßt. Ursachen: a) Reibestellen (Nr. 91) verrostet, verschmutzt oder trocken. b) Fremdkörper (Sand) am Schloß, in seiner Bahn oder im Patronen­ lager. c) Hülsenteile im Patronenlager. d) Schloß vertauscht. Abhilfen: zu a) Reinigen und Ölen. Ist Öl nicht vorhanden, so genügt vorüber­ gehend ein Anfeuchten mit Speichel. zu b) Fremdkörper entfernen, erforderlichenfalls Reinigen und Ölett. zu c) Schloß zurückführen; Hülsenteile mit Rundholz (Nr. 72) oder Holz­ span (Nr. 72) entferne». Im Feld ist die Anwendung des Stocks erlaubt (Nr. 73). 68. Ein Gewehr, bei dem sich Ladehemmungen nicht beseitigen lassen oder öfters vorkommen, ist durch den Büchsenmacher zu untersuchen.

*) Abfeuern einer scharfen oder Platzpatrone bei aufgesetztem Mündungs­ schoner verursacht Gewehrsprengung oder Laufaufbauchung.

78

XVIII. Abschnitt.

Bewaffnung.

f) Vehandlung und /lufbewahrung der unbenützten Gewehre der 5riedensausrüstung. (Kammergewehre.)

69. Die Gewehre (Schloß abgespannt, Mündungsschoner aufgesetzt, ohne Riemen) werden in der Regel auf der Bekleidungskammer, in Gestellen liegend oder stehend, oder in Schränken aufbewahrt. 70. Bor der Aufbewahrung sind die Gewehre einige Tage hinter­ einander gründlich zu reinigen. (Nr. 109.) Während der Aufbewahrung schützt trockener Staub gegen Verrostung und ist auf den Gewehren zu belassen. Eine Wiederholung der gründlichen Reinigung erfolgt nach Bedarf, jedoch monatlich mindestens einmal und stets dann, wenn sich R o st a n f l u g zeigt. g) Ausbesserungen.

71. Der Soldat darf keine Ausbesserungen am Gewehr Vor­ ne timen. Beschädigungen des Gewehrs und Unregelmäßigkeiten der Schußleistung muß er melden. III. Reinigung. a) Reinigungs- und Schutzmittel.

72. Reinigungslager — zur festen Lagerung des Gewehrs beim Reinigen des Lausinnern. Fußplatte, Aufsatz, Einspannvorrichtung, Handgriff- 2 Schraubzwingen. Wisch stock — zum Reinigen des Lausinnern. Stahlstange; Holzgriff mit 2 Kugellagern; Stoßring zur Begrenzung der Vorwärtsbewegung: am Wischerende Einstrich zur Aufnahme eines Werg­ streifens. H i l f s k a m m e r — zur Führung des Wischstocks, Begrenzung seiner Vor­ wärtsbewegung und Schonung des Laufmundstücks und Patronenlagers. Wisch strick — zum Reinigen des Lausinnern. An den Enden Senkel; in der Mitte Schlaufe zur Ausnahme eines Werg­ streifens. M ü n d u n g s s ch o n e r — zum Schutz der Mündung, des Lausinnern und des Korns. Werg — zum Reinigen des Lausinnern und der Federn. Lappen — lein en e oder baumwollene zum Rein- und Trocken­ wischen ; wollene zum Ölen. Borstenpinsel — zum Einstreichen des Öls in den Wergstreifen. Holzspäne — zum Ölen der Reibestellen; — mit Lappen oder Werg umwickelt — zum Reinigen und Ölen der Stellen, zu denen man mit dem Lappen oder Werg allein nicht gelangen kann. Rundholz, mit Werg umwickelt — zum Reinigen und Ölen des Pulverraums und der Schweifung des Patronenlagers und der Hülse innerlich. Kerben zum Festhalten des Wergs. Knochenöl — zum Reinigen und Ölen des Lausinnern und aller Metallteile, zum Verhüten und Lösen von Rost. Terpentinöl — zum Lösen von Rost und verharztem Öl an den Metallteilen und von Sckmutz am Schaft und Handschutz. Waffen fett — zum Schutz der Lauf- und Hülseneinlassungen im Schaft gegen Witterungseinflüsse und zum Verhüten von Rost. (Anfertigung Nr. 78.) Leinölfirnis — zum Einreiben des Schafts und des Handschutzes äußerlich. 73. Im Feld dürfen, falls die vorgeschriebenen Reinig ungsii n b Schutzmittel nicht vorhanden sind, verwendet werden: Strick oder stärkerer Bindfaden — Ersatz für Wischstrick. Zwei z u s a m m e n g e s ch r a u b 1 e Stöcke — Ersatz für Wischstrick.

3. Die deutschen Gewehre.

79

Lappen, wollene — Ersatz für Werg bei Gebrauch des Wischstricks und des Holzspans für das nicht mitzusührende Rundholz. Ungesalzenes Schweinefett — Ersatz für Knochenöl; an den Reibestellen (Nr. 91) möglichst nicht anzuwenden. Petroleum — rein zum Lösen von Rost und verharztem Öl an den Metallteilen;— gemischt mit Rinder- oder Hammeltalg als Ersatz für Knochenöl.,. (Anfertigung Nr. 78.) 74. Alle Öle und Fette müssen frei von Salzen, Säuren und Schleim­ teilen sein.

b) Bezugsquellen für Jteinigungs- und Schuhmittel. S. Leitfaden S. 35.

c) Instandhaltung der Jteinigungs- und Schutzmittel. 78. Die Reinigungs- und Schutzmittel müssen sich stets in solchem Zu stände befinden,daß beiBefolgungderBorschriften über ihre Anwendung die gute Erhaltung des Gewehrs ge sichert ist. * ’ Reinigungslager, Wischstock, Hilfskammer, Mündungsschoner und Stock sind durch den Büchsenmacher auszubessern. Reini gu n g sla g e r — das Filzpolster darf nicht schadhaft sein; die Einspannvorrichtung darf das Gewehr nicht beschädigen; gegen Rost leichter Ölhauch an den Metallteilen. W i s ch st o ck — die Stange darf nicht verbogen sein; sehr leichter Gang in den Kugellagern ist erforderlich. (An den am Stoßring angebrachten Sippen läßt sich erkennen, ob der Stock sich leicht dreht.) Gegen Rost leichter Ölhauch an den Metallteilen. Hilf stamm er — eingeführt darf sie sich in der Längsrichtung nur wenig bewegen: in der Bohrung darf kein Grat entstehen. Gegen Rost leichter Ölhauch. Wischstrick — möglichst sauber. Schmutzige oder stark verölte Stricke sind in Sodawasser auszukochen, abzuspülen und zu trocknen; vor völligen! Trocknen sind sie auszuspannen und mit einem Tuchlappen zu glätten. Mündungsschoner — die Federn müssen genügende Kraft besitzen: das Gehäuse und der Mantel dürfen nicht verbogen sein; die Führungsbüchse darf nicht zu weit sein. Werg — rein, langfaserig, frei von Stengelteilen; nicht Hanf- oder Iutewerg, sondern Flachswerg. Lappen — nicht zu klein; möglichst rein. Borstenpinsel — weiche Borsten; durch Aufbewahrung in einer Papier­ hülle möglichst rein zu erhalten. Rundholz — genügend tiefe Kerben; glatt im Holz. Knochenöl — Aufbewahrung in reinen, wohl verschlossenen Gefäßen und in weder zu kalten, noch zu heißen Räumen. Waffen fett — 5 Gewichtsteile ungesalzenes Schweinefett und 1 Ge­ wichtsteil gelbes, ungebleichtes Bienenwachs: bei mäßiger Wärme unter stetigen! Umrühren gemischt. Leinölfirnis — Aufbewahrung in reinen, gut verschlossenen Gefäßen. Ungesalzenes Schweinefett — Herstellung durch Zerlassen von Schweineliesen. Sorgfalt bei der Aufbewahrung. Petroleun!, gemischt mit Rinder- oder Hammeltalg — 1 Gewichtsteil Petroleum und 2 Gewichtsteile Rindertalg oder 1 Gewichtsteil Petroleum und 1 Gewichtsteil Hammeltalg. Rinder- oder Hammeltalg sind zu schmelzen und mit dem Petroleun! gut zu verrühren. Der Feuersgefahr wegen ist die Mischung vorsichtig anszusiihren und darf nicht über offener Flamme stattfinden.

80

XVHL Abschnitt.

Bewaffnung.

d) Regeln für die Reinigung. 79. DaS Gewehr muß grundsätzlich sofort nach dem Ge­ brauch gereinigt werden. Dies ist besonders nach jedem Schießen notwendig; vor allen Dingen aber muß nach jedem Schießen das Laufinnere so bald als möglich vorläufig geölt werden. Die Reinigung.bat im Standort (auf dem Schieß st and) und auf dem Truppcn-Ubungsplatz stets unter Aufsicht eines Unteroffiziers stattzufinden; im Feld und bei den größeren Truppenübungen, soweit dies möglich ist. Um im Standort (auf bent Schießstand) und auf dem Truppen-Ubnngsplatz ein unbeaufsichtigtes Reinigen der Läuse auszuschließen, sind die Wischstöcke und Wischstricke unter Verschluß zu halten. 80. Die Reinigung hat sich nur auf dic.. Beseitig ung von losen R ü ck st ä n d e n, *) Staub, Schmutz, altemÖl, Nässe u n d R o st zu erstrecken; zum Schutz gegen Witterungseinslüsse erfolgt das Ölen und Firnissen. Das Polieren und Blank machen irgendwelcher Teile und das Wegputzen der schwarzen Flecken (Regenflecken), der Rostmorsen und R o st narben ist streng verboten. Das Abblasen des Staubes, das Hineinblasen in Bohrungen und Ein­ lassungen (Mündungsschoner) erzeugt Rost. 81. Die einzelnen Gewehrteile müssen auf saubere Unterlagen gelegt werden und sind, um Berwechselungen zu vermeiden, für jedes Gewehr getrennt zu halten. Das Zeichen der Zusammengehörigkeit ist die Gewehrnummer, die auf alle Teile — einige (Federn) ausgenommen — mindestens mit den beiden letzten Ziffern geschlagen ist. 82. Wird ein Gewehr bei kalter Witterung zwecks Reinigung in einen wärmeren Raum gebracht, so ist der Mündungsschoner nicht eher abzunehmen und das Gewehr nicht früher zu öffnen, bis die Metallteile nicht mehr be­ schlagen sind. Erst dann kann die Reinigung stattfinden.

Reinigung des Laufiunern. 83. Die Reinigung des Laufinnern erfolgt durch geölte Wergstreifeu, u n d,z w a r im Standort (auf dem Schießstand) unb auf dem TrupPen - Übungsplatz mitWi sch stock, Reinigungslager und Hilfskammer, im Feld und bei den größeren Truppen­ übungen mit Wisch strick und Mündungsschoner. Die Reinigung des Pulverraumes und der Schweifung des Pattonenlagers erfolgt durch geölte Wergpolster mit dem Rundholz. 84. Bei Benützung des Wischstocks ohne Hilfskammer ent­ stehen Bestoßun gen des Laufmundst ücks. Bei Benützung des Wischstricks ohne Mündungsschoner ent­ stehen Ausputzungen der Mündung. Die Reinigung mit dem Wijchstock erfolgt durch einen, die Reinigung mit dem Wischstrick durch zwei Mann. Der Wischstrick darf nicht mit dem Boden in Berührung kommen. 85. Feste Rückstände (Nickelansatz), welche nach Entfernung der losen Rückstände in den Zügen, besonders in der Mitte des Laufinnern, als Erhöhungen sich zeigen, sind durch denBüchsenmacher zu entfernen, sobald sie die Schußlei st ung des Gewehrs beeinträchtigen. ') Feste Rückstände Nr. 85.

81

3. Die deutschen Gewehre.

86. Das Laufinnere ist rein, wenn ein leicht geölter und durch den Lauf geführter Wergstreifen rein geblieben ist. Diese Prüfung genügt meistens. Es kann jedoch auch eine Prüfung durch Hineinsehen in den Lauf statt­ finden. In diesem Falle ist das Laufinnere durch .Hindurchziehen mehrerer ungeölter Streifen zu entölen und — Lauf gegen das Licht — vom Patronen­ lager und von der Mündung aus einzusehen. Beim Hineinsehen von der Mündung ans ist diese zunächst etwas entfernt vom Auge zu halten und dann allmählich näher zu bringen. Nach Abschluß dieser Art der Prüfung ist das Gewehr erneut zu ölen. 87. Das Lausinnere ist am Schluß jeder Reinigung oder Untersuchung reichlich zu ölen; jedoch darf ein Abfließen des Öls aus dem Laufinnern nicht ftattfinden. 88. Die Ausbildung in der Reinigung mit dem Wischstrict und Mündungs­ schoner hat während der Ausbildung der Rekruten, vor Beginn der größeren Truppenübungen und bei den Übungen des Beurlaubtenstandes zu erfolgen.

Beseitigung von Rost im Laufinnern. 89. Rost im Laufinnern ist durch Einführen mit warmem Öl getränkten Wergstreifens zu durch Nachwischen mit neuen geölten Streifen fahren wird wiederholt, bis die Streifen nicht kommen.

eines reichlich und womöglich lösen und einige Zeit später zu beseitigen. Dieses Ver­ mehr gerötet aus dem Lauf

Beseitigung des N a ch s ch l a g e n s i m Laufinnern.

90. Ein Gewehr, aus dem geschossen worden ist oder dessen Laufinneres verrostet war, ist zur Vermeidung neuer Rost­ bildungen (Nachschlagen) an den auf die Reinigung folgenden Tagen erneut zu reinigen. (Nr. 110,c.) Reinigung der übrigen Gelvehrteile.

91. Die Gewehrteile sind trocken zu wischen und von neuem zu ölen. Das Öl ist haucharttg — an den Reibestellen*) etwas stärker — aufzutragen, niemals aber so, daß es abfließen kann. Die dunkeln Teile sind nur abzulupfen, nicht abzureiben. Beseitigung von Rost an den übrigen Gew ehr teilen.

92. Roststellen sind mit einem Lappen trocken zu wischen, reichlich und womöglich mit warmem Öl zu ölen und einige Zeit später von neuem abzuwischen. Dieses Verfahren wird wiederholt, bis der rote Rost verschwunden und nur noch die darunter befindliche schwarze Haut sichtbar ist. Reinigung des Schafts und des Handschuhes. 93. Schaft und Handschuh sind mit einem..reinen Lappen abzuwischen. Bei angetrocknetem Schmutz, verharztem Öl und dergleichen sind Schaft und Handschuh., mit einem in Terpentinöl getränkten wollenen Lappen ab­ zureiben; das Öl ist dann mit einem trockenen leinenen (baumwollenen) Lappen zu entfernen. Die Benützung von Holzspänen zur Entfernung von Schmuh an den Einlassungen ist verboten; an letzteren darf weder das Holz beschädigt, noch das zum Verschmieren verwendete Wasfenfett bcseittgt werden. e) Reibestellen sind vorhanden an: Abzugseinrichtung, Hülsenbrücke, AuSdrehungen der Hülse, Kammerbahn, Kammerwarzen, Kammerboden, Kammer­ bohrung, Schlagbolzenmutternase, Schlagbolzenmutteransatz, Ausfräsung für den Schlagbolzenmutteransatz, Sicherungsschaufel, Sicherungsrast, Schlagbolzen, Druckbolzen, Zubringer, Visier. Müller und v. Zwehl, Handb. f. Ttnj.-Freiw. III. Teil.

6

82

XVIII. Abschnitt.

Bewaffnung.

Firnissen des Schafts und deS Handschutzes. 94. Schaft und Handschutz sind wöchentlich mehrmals zu firnissen und einige Stunden später mit einem trockenen leinenen (baumwollenen) Lappen abzureiben. Ein Gewehr, deffen Schaft und Handschutz frisch gefirnißt sind, muß wo­ möglich bis zum nächsten Morgen unbenützt bleiben. Es empfiehlt sich, daFirnissen nachmittags oder abends, das Abreiben morgens vorzunehmen. 95. Bei einem neuen Gewehr oder nach Einstellung eines neuen Schafts oder Handschutzes sind letztere vor dem Anschiehen zunächst einige Tage hintereinander zu firniffen.

Reinigung des Gewehrriemens.

96. Der Gewehrriemen wird mit einem leinenen (baumwollenen) Lappen abgerieben. Ein stark verschmutzterRiemen ist mit Sodalauge abzuwaschen und zu trocknen. e) Handgriffe für die Reinigung. Befestigung des Reinigungslagers. 97. Das Lager wird mittels der Schraubzwingen auf einem Tisch so an­ geschraubt, daß es sich nicht bewegen kann.

Ein spannen deS Gewehrs im Reinigungslager.

98. Der Mündungsschoner ist abzunehmen, der Riemen zu entklammern. Das Gewehr wird auf den Aufsatz — Abzugsbügel in den Einschnitt — gelegt; die Einspannvorrichtung wird geschlossen und der Hebel so weit rechts gedreht, daß der Hebelarm nach hinten zeigt und das Gewehr sich nicht bewegen kann. Der Riemen wird auf die Fußplatte gelegt. Über den Kolbenhals wird zum Schutz gegen Öl ein wollener Lappen gehängt. Anfertigung des Werg streifens.*) 99. Werg wird locker so zusammengefaßt, daß es ungefähr Fingerstärke und doppelte Fingerlänge hat. Zum Reinigen bestimmte Werg st reifen müssen möglichst stark, zum Ölen bestimmte schwächer gehalten sein.

Befestigung des Werg st reifens*) am Wisch stock.

100. Der Wergstreifen wird — nach Art des Einfädelns bei einer Nadel — so durch den Einstrich des Wischerendes gezogen, daß er an beiden Seiten gleich weit herunterhängt. Glattstreichen des Streifens ist zu vermeiden.

Ölen des Werg streifens.*)

101. Der Wergstreifen wird — nachBefestigung amWischstock — mit dem in Öl getauchten Borstenpinsel auf beiden Seiten in der Längsrichtung so reichlich bestrichen, daß das Öl in das Werg eindringt. Anwendung des Wisch st ockS. 102. Der Wischstock wird — linke Hand in der Nähe des WergstreifenS, rechte Hand am Griff — in die Hilfskammer eingeführt. Die linke Hand umfaßt den Griff des Lagers; die rechte Hand führt den Stock in der Richtung der Seelenachse langsam vor, bis sein Stoßring an die Hilfskammer anstößt. Die Mündung und der aus ihr hervortretende Teil des Stocks und des. Wergstreifens werden von vorhandenem Schmutz, Feuchtig­ keit und unreinem Öl durch Abtupfen mit Werg oder Lappen befreit. Die rechte Hand zieht den Stock zurück, bis der Wergstreifen in der Hilfs­ kammer anlangt. *) Bei Verwendung von wollenen Lappen — im Feld, Nr. 73 — wird entsprechend Verfahren.

3. Die deutschen Gewehre.

83

Je nach dem Zweck (vgl. Ausführung der Reinigung) wird entweder der­ selbe Streifen mehrmals hin- und hergeführt oder durch einen neuen ersetzt.

Wergstreifen, deren Einführung Schwierigkeiten bereitet, sind durch Abzupfen von Werg dünner zu machen. Anwendung des Wischstricks. 103. Nr. 2 hält das Gewehr, Mündung nach unten; Nr. 1 läßt von der Hülsenbrücke aus die Hälfte des Wischstricks durch Lauf und Mündungsschoner hindurch. Nr. 2 legt das Gewehr auf eine Unterlage: Nr. 1 hält den Strick in seiner Lage. Nr. 1 versieht die Strickschlaufe mit einem Wergstreifen (Nr. 99 und 100), ölt diesen (Nr. 101) etwas seitlich des Gewehrs reichlich und umfaßt mit der linken Hand den Kolbenhals — Daumen längs des Schafts — und mit der rechten Hand das Strickende.

Nr. 2 zieht — linke Hand am Oberring, rechte Hand am Strickende — den Strick langsam so durch den Lauf, daß der Wergstreifen um doppelte Fingerbreite aus dem Mündungsschoner hervortritt, und befreit Strick, Mün­ dungsschoner und Wergstreifen von vorhandenem Schmutz, Feuchtigkeit und unreinem Öl durch Abtupsen mit Werg oder Lappen.

Nr. 1 zieht den Strick zurück, bis der Wergstreifen in der Patroneneinlage anlangt, und dreht den Streifen in der Schlaufe so um, daß die bisherige Innenseite nach außen kommt. Je nach dem Zweck (vgl. Ausführung der Reinigung) wird entweder der­ selbe Streifen mehrmals hin und her geführt oder durch einen neuen ersetzt. Nr. 1 und 2 müssen den Strick in der Richtung der Seelenachse laufen lassen, damit an der Hülsenbrücke, am Auswcrfer und am Mündungsschoner Reibungen vermieden werden. Beim Ziehen ist wiederholt vorzugreifen.

Ein versehentlich ganz aus dem Mündungsschoner gezogener Wergstreifen muß vor dem Zurückziehen mit den beiden Seiten nach vorn umgelegt werden. Ein sestsitzender Streifen läßt sich nach dem Eingießen von Öl auf der Seite, nach welcher er gezogen werden soll, meistens weiterziehen. Ein steckengebliebener Streifen ist durch den Büchsenmacher zu entfernen. Läßt sich ein Streifen schwer durchziehen, so können zu größerer Kraft­ entfaltung die Strickenden um ein Holzstück oder dergleichen gewickelt werden. Anwendung von zwei zusammengeschraubten Stöcken. 104. In den Einstrich des hinteren Stocks wird ein Wergstreifen*) ein­ geführt (Nr. 99 und 100) und reichlich geölt. (Nr. 101.)

Die Stöcke — daS Schraubenende voran — werden von der Hülsenbrücke auS durch den Lauf geführt. Beim Hervortreten aus der Mündung wird der Schraubenzieher (Nr. 42) auf das Schraubenende geschraubt und als Griff zum Herausziehen der Stöcke benützt. Ölen der Schloßteile.

105. Einige Tropfen Knochenöl werden auf einen entsprechend großen, reinen wollenen Lappen geträufelt und verrieben. Die Schloßteile werden einzeln in den Lappen gewickelt und eingerieben. Ausschnitte und Bohrungen werden mit einem Holzspan, der mit einem Lappen oder Werg umwickelt ist, hauchartig geölt. Reibestellen (Nr. 91) werden mit einem Holzspan, der mit etwas Knochenöl versehen ist, etwas stärker geölt. Die Schlagbolzenfeder wird mit einem feinen, schwach geölten Wergstreifen ausgedreht. •) Bei Verwendung von wollenen Lappen — im Feld, Nr. 73 — wird entsprechend verfahren.

XVm. Abschnitt.

84

Bewaffnung.

Verreiben deS Firnisses.

106. Der Riemen ist lang zu machen. Einige Tropseu Leinölfirnis werden auf einen Meinen wollenen Lappen geträufelt und auf dem Schaft — besonders dem langen Teil und dem Kolben­ hals — und dem Handschutz verrieben. DaS Verreiben hat unter kreisförmiger Bewegung der Hand zu erfolgen. Wird der Firnis zu stark aufgetragen, so trocknet er schwer und Schaft und Handschutz verschmutzen leicht. f) Ausführung der Reinigung.

A Im Standort tauf dem Schießftaud) und auf dem Truppeu-ÜbnugAplatz. 107. ReinigungS- und Schutzmittel: Reinigungslager, Wischstock, HilfSLammer, Werg, leinene (baumwollene) und wollene Lappen, Borstenpinsels Holzspäne, Rundholz, Knochenöl, Terpenttnöl, Leinölfirnis.

108. «e»rtz»liche Jkiiigug. Nach Exerzieren, Zielen, Übungen usw., wenn nicht ge­ schossen worden und wenn das Gewehr weder naß geworden noch stark verstaubt ist. Beseitigung von Rost: Nr. 89 und 92.

5

Nummer

Reihenfolge

de» Leitfaden«

i o

Abnehmen des Mündungsschoners

3

*Einspannen des Gewehrs im Reinig- 97 und 98 ungslager

4

Entnehmen des Schlosses

5

»Einführen der Hilsskammer

*Entklammern des Riemens

44

6

»Wollener Lappen über den Kolbenhals

98

7

»Unfertigen deS WergstreisenS (zum Ölen)

99

8

100

9

»Befesttgen des Wergstreifens am Wischstock »Ölen des Wergstreifens (reichlich)

10

»Ein- und Borführen des Wischstocks

102

11

»Entfernen von Sckmutz, Feuchttgkeit und unreinem Öl an Wischstock, Mündung und Wergstreifeu »Zurückführen des Wischstocks

102

13

»Mehrmaliges Hin- und Hersühren des Wischstocks

102

14

»Entnehmen der Hilfskammer »Umwickeln und Ölen des Rundholzes

12

1A

16

»Auswischen des Pulverraumes und der Schweifung deS Patronenlagers

17

»Ausspannen des Gewehrs aus dem Reinigungslager

18

Riemen lang

101

Bemerkungen

"Die Behandlung de« Lauf, innern erfolgt nur, wenn sie dem Aufsichtführenden nach Witterung,Beanspruchung de« Gewehr«, allgemeinem Zu­ stand de« Laufinnern er« forderlich scheint. Ein Gewehr, au« dem in den vorhergehenden Tagen ge­ schossen worden ist oder desieu Laufinnere« verrostet war. ist unbedingt nach den Bor­ schriften für Nachreinigung (Nr. 110v) zu behandeln. Bgl. Nr. 90.) Ein Gewehr, welche« aul­ bewahrt werden soll, (Nr. 70), ist gründlich zu reinigen (Nr. 109).

Mit Werg oder Lappen.

102

72

Umwillelung vollkommen uud fest, nach hinten allmählich dünner.

Durch Herumdrehen deS Rundholzes.

3.

s L «

19

20

21

22

23

24 25

26 27

28 29

Die deutschen Gewehre.

Reihenfolge

Nummer bet Leitfadens

Bemerkungen

Der Aufsichtführende prüft das Laufinnere nach Nr. 86 und liftt rtwäige Mängel adttelleu (Feste Rückstände vgl . Nr 85.)

.Vorstellung des Gewehr- und des Wischstocks nebst dem durchgeführten Wergstreifen vor dem Aufsichtfüh­ renden Abstauben (Abwischett) von Lauf, Visier­ einrichtung, Stock,Beschlag, Verschluß (Hülse innerlich und äußerlich), Schaft, Handschutz, Riemen Abtupfen von Lauf, Visiereinrichtung, Stock, Beschlag, Verschluß (Hülse innerlich und äußerlich) ölen der Reibestellen in der Hülse (stärker)

Mit leinenen (baumwol­ lenen) Lappen.

Mit wollenem, leicht ge­ öltem Lappen. Mit Holzspan. stellen Nr. 91. Schloß nicht genommen.

Abstauben (Abwischen) des Schlosses Ablupfen des Schlosses Ölen des Ansatzes und der Nase der Schlagbolzenmutter (stärker)

Reibe­

auseinander­

Mit Holzspan.

Einführen des Schlosses

47

Abwischen, Ablupfen und Aufsetzen des Mündungsschoner-

80

Riemen kurz Firnissen de- Schafts und Handschutzes

85

94 u. 106

Mehrmals wöchentlich.

109. SrLüdiiche friii|ii|. a) ach Exerzieren, Zielen, Übungen usw., wenn nicht ge­ schossen worden, wenn aber das Gelvehr naß gelvorden oder stark verstaubt ist. d) B o r und während der A u f b e w a h r u n g von Gewehren. (Nr. 70.)

^Lfd.N r.

|

Beseitigung von Rost: Nr. 89 und 92.

1 2 3 4

5

Reihenfolge

Rümmer des Leitfadens

Abnehmen des Mündungsschoners Entklammern deS Riemen-

Einspannen de- Gewehrs im Reini­ gung-lager Entnehmen deS SchlosseEinführen der HilfSkammer

97 u. 98 44

6

Wollener Lappen über den Kolbenhals

98

7

A^ferti^en eine- Wergstreifens (zum

99

8

Befestigen deS WergstreifenS am Wisch-

100

Bemerkungen

86 & e « 9 10 11

12 13

14 15 16

XVIII. Abschnitt.

Reihenfolge

Bewaffnung.

Nummer des Leitfadens

Bemerkungen

Ölen deS Wergstreifens (reichlich) 101 102 Ein- und Borführen des Wischstocks 102 Mit Werg oder Lappen. Entfernen von Schmutz, Feuchtigkeit und unreinem Öl an Wischstock, Mündung und Wergstreifen 102 Zurückführen deS Wischstocks Ersatz des WergstreifenS (zum Rei- 99 u.100 nigen) Ölen des Wergstreifens (reichlich) 101 Nach jedem Borführen Entfer­ Ein- nnd Borführen des Wischstocks 102 nen von Schmutz, Feuckttakeit und unreinem Öl an Wischstock, Mehrmaliges Hin- und Herführen des 102 > Mündung und Wergstreifen, Wischstocks bis diese Teile beim Hin- und Herführen rein bleiben. (Nr. 102.)

Ersatz deS WergstreifenS (zum Ölen) 99 u. 100 Ölen des WergstreifenS (reichlich) 101 Ein- und Vorführen des Wischstocks 102 Mehrmaliges Hin- und Herführen des 102 Wischstocks Entnehmen der Hilsskammer 72 Umwickeln und Ölen des Rundholzes

Umwickelung vollkommen u. fest, nach hinten allmählich dünner.

23

Auswischen des Pulverraumes und der Schweifung des Patronenlager-

Durch Herumdrehen deS Rundholzes.

24

Ersatz der Umwickelung des Rundholzes durch eine gleiche; Ölen der Um­ wickelung Ölen des Pulverraumes und der Schweifung des Patronenlagers

17 18 19 20 21

22

25

26 27 28

29 30

31

Ausspannen des Gewehrs aus dem Reinigungslager Riemen lang Vorstellung des Gewehrs und des Wischstocks nebst dem zuletzt durch­ geführten Wergstreifen vor dem Auf­ sichtführenden Entnehmen der Mehrladeeinrichtung Auswischen der Hülse innerlich

Abstauben (Abwischen) von Mehrlade­ einrichtung, Kasten, Abzugseinrich­ tung,* Hülse äußerlich, Lauf, Visier­ einrichtung, Stock, Beschlag, Schaft, Handschutz, Riemen

72

Durch Herumdrehen des Rundholzes.

Der Aufsichtführende prüft daS Laufinnere nach Nr. 86 und läht etwaige Mängel abftellen. (Feste Rückstände vgl. Nr. 85.)

33 Mit Werg oder leinenen (baum­ wollenen) Lappen Hülsenkopf und Hülsenbohrung: Rundholz. AuSdrehungen, Ausschnitte und Ruten: Holzsväne.

91

Mit leinenen (baumwol­ lenen) Lappen und Holz­ spänen. »Soweit zugängig.

3. Die deutschen Gewehre.

87

s

Reihenfolge

32

Ölen der Hülse innerlich (hauchartig)

Mit wollenem, leicht geölten, Lappen. Hülsenkopf und Hülsenbohrung: Rundholz.

33

Mit Holzspan Reibe­ stellen Nr. 91. Mit wollenem, leicht ge­ öltem Lappen. «Soweit zugängig.

35 36 37

Ölen der Reibestellen in der Hülse (etwas stärker) Ölen von Kasten, Abzuaseinrichtung,*) Hülse äußerlich, Lauf, Visiereinrich­ tung, Stock, Beschlag, Mehrladeein­ richtung (hauch artig) Einführen der Mehrladeeinrichtung Auseinandernehmen des Schlosses Abstauben (Abwischen) der Schloßteile

38

Ölen der Schloßteile (hauchartig)

105

39 40

46 105

43

Zusammensetzen des Schlosses Ölen der Neibestellen an den Schloß­ teilen (etwas stärker) Einführen des Schlosses Abwischen, Abtupfen und Aufsepen des Mündungsschoners Abwischen des Riemens

44 45

Riemen kurz Firnissen des Schafts und Handschutzes 94 u 106 Mehrmals wöchentlich.

34

41 42

Nummer des Leitfaden-

Bemerkungen

91

45 91

Mit leinenem (baumwollenem) Lappen.

Mit wollenem, leicht geöltem Lappen.Werg und Holzspänen.

Mit Holzspan.

47 80 96

Mit leinenem (baumwollenem) Lappen.

110. Keiiigiiß «ch Nrm Schieße«. Beseitigung von Rost: Nr 89 und 92. a) Vorläufiges Ölen.

(Au f dem Schießstand.) Vgl. Nr. 79. Nach einem Schießen im Gelände und nach einem Schießen mitPlatzpatronen ist sinngemäß zu verfahren, jedoch unterBerücksichtigung der durch den Dienst, die Witterung usw. gegebenen Verhältnisse.

S

1 2 3 4 5

Reihenfolge

Entklammern des Riemens Einspannen des Gewehrs im Reinigungslager Entnehmen des Schlosses Einführen der Hilfskammer Wollener Lappen über den Kolbenbals

Nummer deLeitfadens

97 u. 98

44 98

Bemerkungen

XVIII. Abschnitt

88

s £ 6 7

Reihenfolge

Unfertigen des Wergstreifens (zum Ölen) Befestigen des Wergstreifens am Wischstock Ölen des Wergstreifens (reichlich)

Bewaffnung.

Nummer bei Leitfadens

Bemerkungen

99 100

101 8 102 9 -Ein- und Borführen des Wischstocks 102 10 Entfernen von Schmutz, Feuchtigkeit Mit Werg oder Lappen. und unreinem Öl an Wischstock, Mündung und Wergstreifen 102 11 Zurückführen des Wischstocks 102 12 Mehrmaliges Hin- und Herführen des Wischstock« 13 Entnehmen der Hilfskammer 47 14 Einführen des Schlosses 15 Ausspannen des Gewehrs aus dem .Reirnguugslager 16 Aufsetzen deS Mündungsschoners 17 Riemen kurz 18 Abnehmen des Mündungsschoners 19 Entklammern des Riemens 97 u. 98 20 Einspannen des Gewehr- im ReinigungSlager 21 Entnehmen deS Schlosses 44 22 Einführen der HikfSkammer 98 23 Wollener Lappen über den Kolbenhals 99 24 Anfertigen eines Wergstreisens (zum Ölen) 100 25 Befestigen des Wergstreisens am Wischstock 101 26 Ölen des WergstreifenS (reichlich) 27 Ein- und Borführen de- AischstockS 102 102 28 Entfernen von Schmutz, Feuchtigkeit Mit Werg oder Lappen. und unreinem Öl an Wischstock, Mündung und Wergstreifen 102 29 Zurückführen deS Wischstocks 30 Ersatz deS Wergstreifens (zum Rei­ 99 u. 100 Nach jedem Borführen Entnigen) fernen vonSchmntz.Feuchtig101 31 Ölen deS WergstreifenS (reichlich) Teit und unreinem Del an wifchstock, Münduna und 102 32 Ein- und Borführen deS Wischstocks Vergstreifen, bis diese Teile beim Hin» und Herführen 102 33 Mehrmaliges Hin- und Herführen des rein bleiben. Wr. 102.) Wischstocks 34 Verwendung mehrerer Werg­ Nach jedem Lorführen Ent­ fernen von Schmutz, Feuchrig. streifen (zum Reinigen), von teil und unreinem öl an denen jeder mehrmals bin wifchstock, Münduna und Wergstreifen, bii diese Teile und her zu führen ist. (Aus­ bei« Hin und -erführen führung nach den laufenden Nummern 30 Füa

rein bleiben.

(Nr. 102.)

3. Die deutschen Gewehre.

£ 35 36 37 38 39 40 41 42

43 44 45 46

Reihenfolge

Rümmer M Leitfaden-

Ersatz des Wergstreifens (zum £ I en) 99 u. 100 Ölen des Wergstreifens (reichlich) 101 102 Ein- und Borführen des Wischstocks 102 Mehrmaliges Hin- und Herführen des Wischstocks Entnehmen der Hilsskammer Umwickeln und Öten des Rundholzes 72

Auswiichen des Pulverraumes und der Schweifung des Patronenlagers Ersatz der Umwickelung des Rundholzes durch eine gleiche; Ölen der Um­ wickelung. Ölen des Pulverraumes und der Schweifung des Patronenlagers Ausspannen des Gewehrs aus dem Rcinigungslager Riemen lang Vorstellung des Gewehrs und des Wischstocks nebst dem zuletzt durch­ geführten Wergstreifen vor dem Aufsichtführenden

Bemerkungen

Umwickeluug vollkommen und fest, nach hinten allmählich dünner.

Durch Hermndrehen deS Rundholzes. 72 Durch Herumdrehen des Rundholzes.

Der Aufsichtführende prüft Laufinnere nach Nr. 86 läßt etwaige Mängel stellen. (Feste Rückstände Nr. 85.)

daS und ab­ vgl.

«) N a ch e i n m a l i g e m Schieße n bei Abgabe einer geringen Menge von Schüssen. 47

48

49

50

51

52

53

Mit leinenen (baum­ wollenen^ Lappen.

Absrauben (Abwischen) von Laus, Visiereinrichtung, Stock, Beschlag, Verschluß (Hülse innerlich und äußer­ lich), Schaft, Handschutz, Riemen Ablupfen von Lauf, Visiereinrichtung, Stock, Beschlag, Verschluß (Hülfe innerlich und äußerlich) Ölen der Reibestellen in der Hülse st ä r k e r) Abschrauben des Schlößchens Abstauben (Abwischen) von Kammer, AuLzirher, Schlößchen, Schlagbolzen­ mutter, Schlagbolzenfeder und S chlagbolzensp itze. Ölen von Kammer, Auszieher, Schlöß­ chen, Schlagbolzenmutter, Schlag­ bolzenfeder und Schlagbolze nspitze (hauchartig) Einschranben des Schlößens

Mit wollenem, leicht ge­ öltem Lappen. Mit Holzspan. stellen Nr. 91.

Reibe­

Schloß nicht weiter aus­ einander genommen.

Mit leinenen (baum­ wollenen) Lappen.

105

Mit wollenem, leicht ge­ öltem Lappen.

90

XVin. Abschnitt.

5 K

Reihenfolge

54

Ölen deS Ansatzes und der Nase der Schlagbolzenmutter (stärker)

Bewaffnung.

Nummer

bei

Bemerkungen

Leitfadens

Mit Holzspan.

fl) Nach einmaligen Schießen bei Abgabe einer größeren Menge von Schüssen sowie nach mehrmaligem Schießen. 56 56

Entnehmen der Mehrladeeinrichtung Auswischen der Hülse innerlich

33

57

Abstauben (Abwischen) von Mehrladeeinrichtung, Kasten, Abzugseinrichtung,* Hülse äußerlich, Lauf, Visier­ einrichtung, Stock, Beschlag, Schaft, Handschutz, Riemen Ölen der Hülse innerlich (hauch­ artig)

91

58

Mit Werg oder leinenen (baum­ wollenen) Lappen. Hülsenkopf und Hülsenbohrung: Rundholz. Ausdrehungen, Ausschnitte und Ruten: Holzspäne.

Mit leinenen baum­ wollenen) Lappen und Holzspänen. -Soweit zugängig. Mit wollenem, leicht geölte« Lapven. Hülsenkopf und Hülsenbohrung: Rundholz.

61 62 63

Ölen der Reibestellen in der Hülse (etwas stärker) Ölen von Kasten, Abzugseinrichtung,* Hülse äußerlich, Laus, Visierein­ richtung, Stock, Beschlag, Mehrladeeinrichtung (hauchartig) Einführen der Mehrladeeinrichtung Auseinandernehmen des Schlosses Abstauben (Abwischen) der Schloßteile

64

Ölen der Schloßteile (hauchartig)

105

65 66

46 105

69

Zusammensetzung des Schlosses Ölen der Reibestellen an den Schloß­ teilen (etwas stärker) Einführen des Schlosses Abwischen, Abtupfen und Aufsetzen des Mündungsschoners Abwischen des Riemens

70 71

Riemen kurz Firnissen des Schafts und Handschutzes 94 u.106 Mehrmals wöchentlich.

59

60

67 68

91

46 91

Mit Holzspan. Reibe­ stellen Nr. 91. Mit wollenem, leicht ge­ öltem Lappen. *Soweit zugängig.

Mit leinenem (baumwollenem) Lappen. Mit wollenem, leicht geöltem Lappen, Werg u. Holzspänen.

Mit Holzspan.

47 80

96

Mit leinenem (baumwollenem) Lappen.

c) Nachreinigung.

Zur Vermeidung von Rostbildungen (Nachschlagen); vgl. Nr. SO. Borzunehmen an den auf die Hauptreinigung (b) folgenden Tagen, bis sich im Laufinnern kein Rostanflug mehr zeigt. Ausführung nach Nr. 110, b, 18—54 und 67—70.

91

3. Die deutschen Gewehre.

B. Im Feld und bei den größere» Truppenübungen. 111. Reinigungs- und Schutzmittel: Wischstrick, Mündungsschoner, Werg» leinene (baumwollene) und wollene Lappen, Borstenpinsel, Holzspäne*) Knochenöl, Leinölfirnis.

AuShilfsmittel im Felde: Nr. 73 und 104.

112. Se»rtz»Uche Keiii-iia) Nach Exerzieren, Übungen usw., wenn nicht geschossen worden ist. d) Nach Übungen, wenn geschossen worden ist, nach Märschen, Gefechten, auf Vorposten, im Biwak usw., falls sich zur gründ­ lichen Reinigung (Nr. 113) Zeit und Gelegenheit nicht finden.

Beseitigung von Rost: Nr. 89 und 92. 8F

Nummer des Leitfadens

Reihenfolge

5?

1 2 3 4 5

6

7 8 9

10 11 12

13

14 15 16 17

Zurückklappen des Deckels des Mündungsschoners Entnehmen des Schlosses Einführen des Wischstricks Gewehr auf Unterlage Anfertigen des Wergstreifens Ölen)

Bemerkungen

Die Reinigung des Laufinnerir hat durch zwei Mann statt zufinden. (Nr 84).

(zum

Befestigen des Wergstreifens am Wischstrick Ölen des Wergstreifens (reichlich)

Borführen des Wischstricks Entfernen von .Schmutz, Feuchtigkeit und unreinem Öl an Wischstrick, Mün­ dungsschoner und Wergstreifen Zurückführen des Wischstricks

Umdrehen des Wergstreifens Mehrmaliges Hin- und Herführen des Wischstricks Umwickeln und Ölen des Holzspans Auswischen des Pulverraumes und der Schweifung des Patronenlagers Abnehmen des Mündungsschoners Riemen lang Abstauben (Abwischen) von Lauf, Visiereinrichtung, Stock,. Beschlag, Verschluß (Hülse innerlich und äußer­ lich), Schaft, Handschutz, Riemen

*) Ein Holzspan ersetzt das Rundholz.

44 103 103 99

Bis zur Hälfte.

103 101 u. 103 103

Hervortreten des Wergstretfen^ auS dem Mündungsschoner um doppelte Fingerbreite.

103

Mit Werg oder Lappen.

103

Wergstreifen bis in die Patronen einlage.

72

Umwickelung vollkommen uitfr fest, nach hinten allmählich dünner.

Durch Herumdrehen desHolzspans.

Mit leinenen (bannt' wollenen) Lappen.

9L $

Z

XVHL Abschnitt.

Nummer

Re ihenfolge

19 20

(stärker) Abschrauben des Schlößchens

21

22

23

24

bei fleitfabeii

Abtupfen von Lauf, Visiereinrichtung, Stock, Beschlag, Verschluß (Hülfe innerlich und äußerlich) Ölen der Reibestellen in der Hülse

18

Bewaffnung.

Abstauben (Abwischen) von Kammer, Auszieher, Schlößchen, Schlagbolzen­ mutter, Schlagbolzenfeder und Schlag bolzenspitze Ölen von Kammer, AuSzieher, Schlöß­ chen, Schlagbolzenmutter, Schlag­ bolzenfeder und Schlagbolzen­ spitze (hauch artig)

Mit wollenem, leicht ge­ öltem Lappen. Mit Holzspan. stellen Nr. 91.

Reibe­

Schloß nicht weiter einander genommen

aui-

Mit leinenen (baum­ wollenen) Lappen.

105

Einschrauben deS Schlößchens Ölen des Ansätze- und der Nase der Schlagbolzenmutter (stärker)

Mit wollenem, leicht ge­ öltem Lappen.

Mit Holzspan.

25

Einführen deS Schlosses

47

26

Abwischen, Abtupfen und Aufsetzen des Mündungsschoner-

80

27

Abwischen des Riemens

96

28

Riemen kurz

Mit leinenem (baumwollenem) Lappen.

113. GnwlLche b) An den Ruhelagen.

d) Nach Übungen, wenn geschossen worden ist, nach Märschen, Gefechten, aus Vorposten, im Biwak usw., falls sich Zeit und Gelegenheit finden.

Beseitigung von Rost: Nr. 89 und 92.

ü s

Reihenfolge

Nummer de» Leitfaden»

Die Reinigung bei Laufinneru hat durch zwei Mann statt« zufinden. (Nr. 84).

1

Zurückklappen deS Deckels des Mündungsschoners

2

Entnehmen deS Schlosses

44

3

Einführen des Wischstricks

108

4

Gewehr auf Unterlage

108

5

Anferttgen eines Wergstteifens (zum Ölen)

6

Befesttgen deS WergstreifenS am Wischstrick Ölen des Wergstreifens (reichlich)

7

Bemerkungen

99 103

101 u. 103

Bis zur Hälfte.

3. Die deutschen Gewehre.

Reihenfolge

Nummer be» Leitfadens

8

Borführen deS Wischstrick-

103

Horvortreten de» Wergitreifeu» au» dem Mündungsschoner um dovpelte Fingerbreite.

9

Entfernen von Schmutz, Feuchtigkeit und unreinem fcl an Wischstrick. Mündungsschoner und Wergstreifen

103

Mit Werg oder Lappen.

Zurückführen des Wischstricks

103

wergftreifen bi» in die Patronen einlage.

Umdrehen des Wergstreifens

103 108

10

11 12 13 14

Mehrmalige- Hin- und Herführen des WischftrrckS Ersatz deS Wergstreifens (zum Rei­ nigen) Ölen des Wergstreifens (ftart)

99 u. 103 101 u. 103

103

15

Mehrmaliges Hin- und Herführen des Wischstricks

16

Verwendung mehrerer Wergstreifen (zum Reinigen), von denen jeder mehrmals hin und her zu führen ist (Aus­ führung nach den laufenden Nummern 13 bis 15) Ersatz des Wergstreifens (zum Ölen) 99 u. 103 Ölen des Wergstreifens (reichlich) 101 u. 103

17 18 19

Mehrmaliges Hin- und Herführen des Wischstricks

20

Umwickeln und Ölen des Holzspans

21

Auswischen des Pulverraums und der Schweifung des Patronenlagers

22

Ersatz der Umwickelung deS Holzspans durch eine gleiche; Ölen der Um­ wickelung Ölen deS PulverraumS und der Schweifung des Patronenlagers

23

24

Abnehmen des Mündungsschoner-

25

27

Riemen lang Vorstellung des Gewehrs und des Wischstricks nebst dem zuletzt durchertcn Wergstreifen vor dem ,, chtführenden Entnehmen der Mehrladeeinrichtung

28

Arrswischen der Hülse innerlich

26

Nach jedem Borführen Ent» fernen von Schrnutz.Feuchtigleit und unreinem £)l an Wischttrick. Mündungsschoner und Wergstreifen, bi» diese Teile beim Hin- und Her führen rein bleiben Nr 103). In der Patroneneinlage einmaliges Umdrehen jede» Wergstreifens.

103

In der Patroneneinlage ein malige» Umdrehen de» Wergstreifens.

72

Umwickelung vollkommen und fest, nach hinten allmählich dünner. Durch Herumdrehen des Holzspans.

72

Durch Herumdrehen des HolzspanS.

Der Aufsichtführende prüft Lausinnere nach Nr. 86 lä6t etwaige Mängel stellen. (Feste Rückstände Nr. 85.)

da» und abvgl

Mit Werg ober leinenen (bäum, wollenen) Lappen. Hülseulopf und Hülsenbohneug Holzspan. Ansdrehungen, Ausschnitte und Ruten: Holzspäne,

XVIII. Abschnitt.

N r.

94

Lfd.

Reihenfolge

29

50

Abstauben (Abwischen) von Mehrladeeinrichtung, Kasten, Abzugseinrichhing? Hülse äußerlich, Lauf, Visiereinrichtung, Stock, Beschlag, Schaft, Handschutz, Riemen tlcn der Hülse innerlich (hauchartig)

Bewaffnung.

Nummer de» Leitfaden»

91

Bemerkungen

Mit leinenen (baum­ wollenen) Lappen und Holzspänen. «Soweit zugängig. Mit wollenem, leicht geöltem Lappen. Hülsenkopf und Hülsenbohrung: Holzspan.

53 54 35

Ölen der Reibestellen in der Hülse (etwas stärker) Ölen von Kasten, Abzugseinrichtung? Hülse äußerlich, Lauf, Visierein­ richtung, Stock, Beschlag, Mehrladeeinrichtung (h a u ch a r 1 i g) Einführung der Mehrladeeinrichtung Auseinandernehmen des Schlosses Abstauben (Abwischen) der Schloßteilc

56

Ölen der Schloßteile (hauchartig)

105

37 58

46 105

41

Zusammensetzen des Schlosses Ölen der Reibestellen an den Schloß­ teilen (etwas stärker) Einsühren des Schlosses Abwischen, Abtupfen und Aufsetzen des Mündungsschoners Abwischen des Riemens

42 43

Riemen kurz Firnissen des Schafts und Handschutzes 94 u. 106 Wenn irgend möglich.

51

52

39 40

91

45 91

Mit Holzspan. Reibe­ stellen Nr. 91. Mit wollenem, leicht ge­ öltem Lappen. «Soweit zugängig.

Mit leinenem (baumwollenem) Lappen.

Mit wollenem, leicht geöltem Lappen, Werg u. Holzspänen.

Mit Holzspan.

47 80 96

Mit leinenem Lappen.

(baumwollenem)

114. Eine außerordentliche Reinigung findet jährlich im Herbst (oder wenn besondere Umstände eS fordern) unter Aufsicht der Waffenoffiziere statt. Hiebei werden die Gewehre durch den Büchsenmacher, seine Gehilfen und andere ge­ eignete, angelernte Leute zerlegt, gründlich gereinigt, der Herbstuniersuchung (vgl. Anleitung zu den Instandsetzungen an den Schußwaffen 98) unterworfen und zusammengesetzt. Gleichzeitig werden alle Schäfte gefirnißt und alle Läufe entnickelt. Die Laus- und Hülseneinlassungen im Schaft werden vor dem Zusammen­ letzen, undichte Stellen dieser Einlassungen nach dem Zusammensetzen des Gewehr- mit Waffenfett bestrichen.

§ 10.

Die Karabiner 88 und 98 «ud da- Gewehr 91.*)

(Leitfaden betr. den Karabiner 88, das Gewehr 91 und deren Munition, 1894/ Mit dem Karabiner 88 sind Kavallerie und Train, mit dem Gewehr 91 Fußarttllerie, Lüftschiffer und Radfahrer ausgerüstet.

•) Die Zielgewehre 88 und 98 s. Sch.-B. Anl. 1.

95

3. Die deutschen Gewehre.

Im wesentlichen sind beide Waffen genau wie das Gewehr 88 eingerichtet: sie verfeuern auch die gleiche Patrone. Die Abweichungen sind: Der Lauf­ mantel ist vorn durch den Oberring mit dem Lauf verbunden und hat keine Seilengewehrwarze; der Stock fehlt. Das Visier reicht nur bis 1200 m. Das Korn hat zum Schutz gegen Bestoßungen auf dem Oberring zwei Schutzbacken. Der Kammerknopf ist umgebogen und der Riemen an der linken Seite angebracht. Der Karabiner und das Gewehr 91 sind nur 95 cm lang und wiegen 3,1 bzw. 3,16 kg. Das Gewehr 91 hat an der Mündung einen Haken zum Zusammensetzen der Gewehre; zu ihm gehört ein Mündungsdeckel.

Entsprechend der geringeren Länge des Laufes (vgl. § 12) sind auch die Flugbahnen gekrümmter und damit die bestrichenen Räume kleiner, die Streu­ ungen größer und damit die Treffgenauigkeit geringer (vgl. XIX. A.)

Der Karabiner 98, eingerichtet für das aufpflanzbare Seitengewehr 98/02, tritt allmählich an die Stelle deS Karabiners 88 und des Gewehrs 91. Seine Schußleistungen sind die gleichen.

§ 11.

Die Munition 88 und 98. (Leitfaden betr. das Gewehr 88 bzw. 98.)

1. Die Patronen. a) Die scharfePatrone (Bild 55) besteht aus P atro ne n hülse, Zündhütchen, P nlverladun g, Pappeblättchen und Geschoß. Bild 56.

Bild 65.

Die scharfe

Die Platz.

Patrone.

1. Geschoß, r. Pappeblättchen. 4. Pnlverladung. b,zw. die Leelenachfe^ nach aufwärts gerichtet (wie in $Hlb 66\ so bestehen die nämlichen Berhältnisse, welche bewirken, daß das Geschoß nach dem 1. ßcitteifc um

Bild r.G,

die Fallhöhe m'm, nach dem 2. -jeitteile um die Fallhöhe 1'1, dann um k'k, i'i usw. unter die verlängerte Leelenachse ae' sinkt, so das; es sich nunmehr auf der bogenförmigen Linie amlkihgfc bewegt, deren höchster Punkt bei i liegt und deren Hälften einander gleich sind.

£ U.

Der Luftwiderstand.

Das Geschoß muß aber ferner die auf seinem Wege befindliche Luft vor sich her und zur Seite drängen. Dieser Luftwiderstand (bestehend in Gegendruck mit Reibung) verzögert die Vorwärtsbewegung des Geschosses, so daß dieses zum 'iurätklegen gleich langer Strecken seiner Flugbahn iinnler größere -Zeiträume gebraucht.

Fni luftleeren Raum und ohne Shwerkrasl lviiröc das Geschoß in gleichen '-eiträninen die gleich langen Dtrecken ab, bc, cd, cf Bild 67 und 68 znrncklegen.

Bild s>7
des (Geschosses. Unter dieser versteht man das Verhältnis des Gewichtes des Geschosses zu seinem Querschnitt, d. i. einem senkrecht zur Geschoßachse gedachten Kreis. Unter sonst gleichen Verhältnissen nimm? also die Querschnittsbelastung mit der Länge des Ge­ schosses zu. Ties ist der Grund, warum Langgeschosse den Luftwiderstand am besten überwinden. Bei einer schlanken 2pi(U' ist der Luftwiderstand naturgemäß geringer wie bei einer stumpfen. s?lud) die Reibung der Luft an der (Geschoß­ oberfläche ist auf ihn von Einfluß: endlich wirken Tichte mit) Bewegung der Luft, insbesondere A>ind (f. S 16; wesentlich mit. T as 'iltsam men wirken von G e sch lv i n d i g ke i t, Schwer­ kraft nnd L n f tw i d er sta n d hat zur Folge, daß die Geschoßbahn fortschreitend stärker gekrümmt ist, nnd daß ihr höchster Punkt dem Ende näher liegt als dem Anfang Bild 68).

Bild ns.

S N». Die Drehung des Geschosses um seine Längsachse. Tnrch die Uindung der ^iige — den Trall — erhält das Geschoß eine Trehung um seine Längsachse, welche infolge dieser Trehung bei der Fortbewegung des (Geschosses im Raum ihre Richtung beibehält. Geringe Abweichungen von dieser Richtung — Derivation — erleidet das Geschoß dadurch, daß der Luftwiderstand seine Tpipe zu kleinen pendelnden lkegelsormigen Bewegungen veranlaßt, deren Folge ist, daß 8*

116

XIX. Abschnitt.

Das Schießen.

Mittlere Flughöhen der Geschosse der Gewehre 88 und 98

500

450

400

Z

i

1 11 ~ 1

L

1

300

250

200

Z

Z

|

|

auf den Ent

1

Bei AnWendung des Visiers

I

0,2 0,3 0,4 0,4

0,2

0

—0,4

der kl. Kl. (G. 88) 0,2 0,4 0,5 0,6 bzw. 850 (G. 98)

0,5

0,3

0

400 (G. 98)

0,3 0,6 0,7 0,8

0,8

0,7

0,4

0

450

0,4 0,7 0,9 1,1

1,1 1,1

0,9

0,5

500

0,4 0,8 1,1 1,4

1,5

1,4

1,1

1,5

1

1

des Standvisiers 0,1 0,2 0,1 0 —,02 (G 98) des Standvisiers 0,1 0,2 0,2 0,2 0 -0,3 (G. 88) 300 (G. 98)

Z

......... i

-0,5 0,6

i

0 -0,7 0,6

0

1

i

i

-0,8

560

0,5 1,0 1,4 1,7

1,9

2,0

1,9

1,7

1,3

0,8

0

-1,0

600

0,6 1,1 1,6 2,0

2,3

2,5

2,5

2,4

2,1

1,6

0,9

0

—1,1

650

1,3

2,4

3,0

3,1

2,5

1,1

0

-1,3

700

1,5

2,7

3,5

3,8

3.4

2,2

1,2

0

-1,5

, 800

1,9

3,5

4,7

5,4

5,4

4,6

2,8

1,6

900

2,3

4,4

6,1

7,2

7,6

7,3

6,0

3,6

1000

2,8

5,4

7,6

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2. Die Geschoßbahn.

117

in m über bzw. unter der wagerechten Bisterlinie.

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118

XIX. Abschnitt.

Das Schießen.

das Geschoß eines Gewehres mit Rechtsdrall (Gewehr 88 und 98) etwas aus der Schußebene nach rechts abgelenkt wird. Die Wirkung der Drehung ist, Vaß das Geschoß mit der Spitze stets nach vorn fliegt Jirf) nicht überschlägt und dadurch eine stets bestimmbare, regelmäßige Bahn einhält.

§ 11.

Die einzelnen Teile der Geschoßbahn.

Der höchste Punkt der Geschoßbahn heißt der Scheitelpunkt ib), (Bild 69). Den Teil der (Geschoßbahn von der Gewehrmündung bis zum Scheitelpunkt nennt man den auf st ei gen den Ast (ab), den Teil von dem Scheitelpunkt bis zum Endpunkt der Bahn den absteigenden Ast (bc). Der senkrechte Abstand irgend eines Punktes der Geschoßbahn von der Visierlinie heißt die Flughöhe des Geschosses für die betreffende Entfernung: die größte Erhebung der Bahn bildet die Scheitelslug­ höhe (d. i. die Flughöhe [bf] des Scheitelpunktes in Bild 69'.

Bild 69.

Die Strecke von der Gewehrmündung bis zum Endpunkte der Geschoß­ bahn, am ebenen Boden gemessen, nennt man die Schußweite (av). Infolge der zunehmenden Krümmung der Geschoßbahn liegt deren Scheitelpunkt nicht in ihrer Mitte, sondern etwa am Ende ihres dritten Fünftels (af — 3/ö ac); die Endgeschwindigkeit ist geringer als die Anfangsgeschwindigkeit, daher legt auch das Geschoß im aufsteigenden Aste ein größeres Stück der Schußweite zurück als im ab­ steigenden, und der aufsteigende Ast ist länger und gestreckter als der absteigende Ast, welcher kürzer und gekrümmter ist. Daher ist auch der Einfallwinkel größer als der Abgangswinkel. Die durch zahlreiche Versuchsschießen ermittelten Flughöhen der (Ge­ schoßbahnen der Gewehre 88 und 98 bei Anwendung verschiedener Visiere sind die auf S. 116 u. 117 angegebenen. Diese Flughöhen bringen die Gestalt der Geschoßbahnen zum Aus­ druck und bieten das Hilfsmittel, die Geschoßbahnen mittels Zeichnung darzustellen. Das Geschoß der Gewehre 88 und 98 erreicht bei einer Schußweite von ungefähr 4000 m mit einem Erhöhungswinkel von 32° seine höchste Flughöhe auf 2200 m, woselbst sie rund 500 m beträgt.

3. Richten und Zielen. § 12.

Vifierwiukel.

Um in bestimmter Hohe ein Ziel zu treffen, muß man dem Laus eine derartige Lage geben, das; die nach vorwärts verlängerte Seelenachse um so viel über jenes Ziel gehoben ist, als das Geschoß bis zur Er­ reichung desselben fällt (Erhöhungswinkel, s. § 7). Dies wird durch die Visiereinrichtung ermöglicht. Die von der Mitte der Kimme des Visiers nach der Kornspitze ge­ dachte Linie heißt die Visierlinie. Würde diese gleichlaufend ^zur Seelenachse gelegt, so könnte zwar durch Höherhalten ein Treffen des Ziels erreicht werden, man müßte jedoch den Haltepunkt (§ 13), d. h. den Punkt, auf welchen man zielt, oft über dem Ziele suchen. Letzteres würde aber das Zielen erschweren, oft unmöglich machen. Es muß daher angestrebt werden, den Haltepunkt auf oder dicht unter das Ziel zu legen. Um hiebei das Treffen zu ermöglichen, muß die ver­ längerte Seelenachse am Ziel sich über der Visierlinie befinden (Bild 74), diese also vor der Mündung schneiden. Es ist dies dadurch erreicht worden, daß der Visierkimme eine höhere Lage über der Seelenachse als der Kornspitze gegeben und ferner die Einrichtung getroffen wurde, das; die Erhebung der Kimme über die Seelenachse mit dem Wachsen der Ziel­ entfernung eine größere werden kann, während die Höhe des Korns die­ selbe bleibt. Infolgedessen erhält beim Zielen bergauf eine solche Lage, das; die über die Mündung hinaus verlängerte Seelenachse so viel über das Ziel gehoben loirb, als das Geschoß bis zur Erreichung desselben fällt (Bild 74 >. Der durch die Neigung der Visierlinie zur Seelenachse entstandene Winkel abc heißt der Visierwinkel (Bild 71). Er ist bei wagerechter Visierlinie dem Erhöhungswinkel gleich.

Beim Zielen (Bild 71 n. 74) ist nun die Visierlinie gerade auf den Ziel- oder Haltepunkt gerichtet, die verlängerte Seelenachse aber schneidet die Visierlinie vor der Mündung und befindet sich am Ziele nur so viel darüber, als das Geschoß bis zu der Entfernung des Ziels unter die Richtung der verlängerten Seelenachfe gesunken ist. Ein je höheres Visier wir amoenben ober je höher wir ben Bisierschieber ernstesten, beste mehr wirb beim Zielen (wo die Kornspitze immer in ber Höhe des Auges des schützen und in gleichem Abstand von ber Seelenachse bleibt) bas rückwärtige Enbe des Laufes gesenkt, desto stärker wirb bas Gewehr nach auf­ wärts geneigt, besto größer ist der Visier- und damit auch der Erhöhungs-

120

XIX. Abschnitt.

Das Schießen.

winkel — um so höher liegt der Scheitelpuntt der Geschoßbahn und um so größer ist die Schußweite (Bild 70). Oder umgekehrt: Je weiter das Ziel, welches getroffen werden soll, entfernt ist, desto größer muß der Erhöhungs- bzw. der Bisierwinkel sein, testo mehr

muß die Seelenachse nach aufwärts geneigt sein, desto mehr muß das rückwärtige Laufende gesentt werden und ein desto höheres Visier müssen wir zu diesem Zwecke anwenden.

§ 13.

Haltepunkt.

Indem man die Visierlinie mit dem Auge aus einen bestimmten Punkt einrichtet, zielt man. Man nennt den Punkt, auf welchen die verlängerte Visierlinie ge­ richtet sein soll, den Ziel- oder Haltepunkt; den Punkt, auf den jene Linie beim Losgehen des Schusses tatsächlich gerichtet war, das Ab­ kommen; den Punkt, welchen das Geschoß beim Einschlagen erreicht, den Treffpunkt oder Sitz des Schusses. Je nachdem der Haltepunkt in das Ziel, an dessen unteren oder­ oberen Rand gelegt wird, sagt man „in das Ziel gehen", „Ziel aufsitzeu lassen", „Ziel verschwinden lassen". Man läßt „Ziel aussitzen", wenn man an seinen untersten Rand zielt und das ganze Ziel über der Kornspitze sichtbar ist. Man „geht in das Ziel hinein", wenn das Korn in das Ziel hineinragt, wenn man z. B. bei einem aufrecht stehenden Gegner aus dessen Unterleib oder Brust zielt Hiebei wird das Ziel durch das Ge­ wehr teilweise verdeckt Man „laßt das Ziel verschwinden", wenn das Korn mit dem oberen Rande des Ziels abschneidet, wenn man z. B bei einem stehenden oder knieenden Gegner an die Helmspitze zielt, so daß das ganze Ziel sich unter der Visierlinie befindet und durch das Gewehr verdeckt erscheint. Man hat den Haltepunkt „Fleck", wenn das Ziel auf Visierschußweite (§ 14) steht und man auf diejenige Stelle des Ziels, welche man Iresien will, hält. Man spricht ferner von dem Haltepunkt „Mitte des Gegners", wenn man die Mitte des feindlichen Körpers soweit dieser bei stehender, knieender oder liegender Haltung sichtbar ist, anvisiert. Wollte man an einem und demselben Haltepunkt unbedingt und unter allen Umständen festhalten, so wäre dies zwar eine Vereinfachung des Zielens, da der Schüße alsdann nicht zu überlegen hätte, welchen Haltepunkt er je nach der Größe und Entfernung des Ziels und dem in Anwendung gebrachten Visier wählen soll, anderseits aber würde das Geschoß oft gegen einen Teil des Ziels gerichtet sein, welcher wegen geringen Umfanges sehr wenig Treff­ fläche bietet, und häufig würde das Ziel überhaupt gefehlt werden. Man würde z. B bei dem Haltepunkt „Ziel aussipen lassen", wenn sich das Ziel aus Visierschußweite befindet, günstigenfalls den unteren Rand des Zieles — z. B. die Füße des aufrecht stehenden Gegners — streifen, vielleicht

3. Richten und Zielen.

121

auch noch treffen, meistenteils aber würde bei der wenig Trefsläche bietenden stelle und namentlich, weil die Geschoßbahn des einzelnen Schusses von der normalen mehr oder minder abzuweichen Pflegt, die Wahrscheinlichkeit sehr groß sein, das Ziel zu fehlen. Um eine Treffwirkung überhaupt zu erzielen, ist man da der gezwungen, auf den Visierschußweiten mit den betreffenden Visieren in das Ziel zu gehen. — Aber auch auf den diesseits der Visierschußweiten gelegenen Entfernungen wird man, um nicht mit einer zu ungünstigen Treffpunktlage rechnen zu müssen, häufig veranlaßt sein, in das Ziel zu gehen. Bei dem Gebrauch des Standvisieres erheben sich z. B., wenn man stets Ziel aufsipen läßt, auf den Entfernungen bis zu 200 in die Geschoß­ bahnen nie über die Kniehöhe eines aufrecht stehenden Gegners; den einen der beiden Unterschenkel zu treffen, dazu besteht viel weniger Wahrscheinlichkeit, als wenn die Geschoßbahn gegen den breiteren Rumpf des Gegners gerichtet wäre; man wird deshalb so weit in das Ziel hincingehen, daß man Aussicht hat, den Rumpf des Gegners zu treffen. Anderseits gibt es Fälle, bei welchen man unter d a s Z i e l zu halten hat. Wollte man nämlich bei kleinen Zielen, welche sich näher als auf Visierschußlveite befinden, den Haltepunkt in das Ziel oder selbst an dessen unteren Rand verlegen, so würde man das Ziel in der Regel überschießen, wenn es niedriger in als die Flughöhe der Geschoßbahn auf die betreffende Entfernung. Zielt man z. B mit dem Standvisier auf die Mitte des Kopfes eines auf 100 m hinter einer Mauer, Brustwehr, in einem Graben oder hinter einem

Bild 72.

Bild 73.

Baum ?c. gedeckten Gegners (Bild 72 nnd 73-, dessen Kops aus der Deckung ragt, so wird das Geschoß 20 ein — denn soviel beträgt die Flughöhe des Geschosses bei Anwendung des Standvisiers auf 100 m (s. S. 116) — über die Mitte des Kopfes hinwegfliegen; man muß also im gegebenen Falle, um den Gegner überhaupt zu treffen, 20 cm unter die Mitte seines Kopfes halten. Dagegen ist der Haltepunkt „Ziel verschwinden lassen" nur ausnaAuslveise anzuwenden. Um z. B. auf 375 in einen bis an die Brust ge­ deckten Gegner bei Anwendung der kleinen Klappe bezw. des Visiers 350 in die Brnst zu treffen, müßte man 30 cm über die Brust, also an den Kopf, ragt cibcr der Gegner nur mit die'eiu aus der Deckung, 30 cm über die Mitte des

122

XIX. Abschnitt.

Das Schießen.

Kopfes, also über das Ziel hatten. Da dies stets ein sehr unsicheres Zielen ergäbe, nimmt man in solchem Falle lieber das nächsthöhere Visier und heilt entsprechend tiefer.

Aus vorstehendem geht die Schießregel hervor: „der Schütze mirs; das Bestreben haben, mitten in denjenigen Teil des Ziels zu treffen, welcher ihm bei seiner Ausdehnung nach Höhe und Breite die sicherste Wirkung in Aussicht stellt. Ter Haltepunkt ist demnach in oder unter dem beabsichtigten Treffpunkt zu suchen und gleichzeitig den gemachten Be­ obachtungen durch entsprechendes Höher-, Tiefer- oder Seitwärts halten Rechnung zu tragen." Belehrungs schießen: s. Sch.B. Nr. 177.

§ 14.

Bifierschuh.

Die (Geschoßbahn befindet sich anfangs unter der Bisierlinie, dnrchschueidet diese nahe vor der Mündung und erhebt sich immer mehr über sie bis zum Scheitelpunkte, von wo sie sich ihr wieder nähert, sie zum zweitenmal schneidet und sich wieder unter sie senkt. Die Entfernung, auf welcher Geschoßbahn und Bisierlinie sich ,511111 zweitenmal schneiden, nennt man die Visierschußweite Bild 74^ und den betreffenden Schuß Bisierschuß. Beim Bisierschuß fallen also Ziel- oder Haltepunkt und Treffpunkt zusammen.

Bild 74.

Es gibt mithin für jede Entfernung, für welche der Visier- bzw. Er Höhungswinkel durch die Visiereinrichtung genau gegeben ist, einen Visierschuss. Mit dem Standvisier des Gewehrs 88 hat man z. B. auf 250 in, mit dem des Gewehrs 98 auf 200 m Visierschuß, d. h. wenn man auf die Brust eines auf 250 bzw. 200 m entfernten Mannes zielt, wird man diese auch treffen (Bild 74). (Vgl. XVIII. A. §§ 5 n. 8, Visiereinrichtung.)

Auf jenen Entfernungen, für welche man keine eigene Bisierstellung hat bzw. nehmen kann, fallen Treff- und Haltepunkt nicht zusammen. Wenn man z. B. mit dem Standvisier des Gewehrs 88 auf die Mitte der Brust eines aus 200 in entfernten Gegners zielt (Bild 75), so schlägt das Geschoß 20 cm höher ein. Auf 100 m trifft man bei demselben Haltepunkt 20 cm über der Mitte der Brust, und ist der Gegner nur 50 m entfernt, so wird er 10 cm über der Mitte der Brust getroffen. Bei einer Entfernung des Gegners von 300 m aber wird der Schuß um 30 cm unter der Mitte der Brust sitzen. Dies erklärt sich dadurch, daß die Geschoßbahn des Standvisiers auf 250 m die Visierlinie schneidet, hier also Hatte- und Tresipunkt zusammen­ fallen, während dieselbe Geschoßbahn sich auf 200 m um 20 cm, auf 100 m

3. Richten und Zielen.

123

ebenfalls um 20 cm und auf 50 m um 10 cm über und auf 300 m um 30 cm unter der Bifierlinie befindet. (Vgl. mittlere Flughöhen, S- 116 u. 117).

Will man ^Bild 76; den Spiegel einer 350 m entfernten Ringscheibe treffen, so braucht man mit der kleinen K!appe bzw. dem Visier 350 nur auf die Mitte des Spiegels zu halten. Ist die Scheibe aber 300 m entfernt, so muß man nm die Flughöhe von 30 cm unter die Mitte des Spiegels zielen; ist die Scheibe dagegen nur 250 in entfernt, so muß man um die Flughöhe von 50 cm unter die Mitte des Spiegels halten, während man bei einer Entfernung der Scheibe von 400 m um 50 cm über die Mitte des Spiegels zielen müßte.

Bild 76.

Bei einem und demselben Haltepunkt und gleicher Visierstellung liegt der Treffpunkt je nach den Entfernungen des Ziels verschieden, und zwar liegt er über dem Haltepunkt, wenn das Ziel näher als Visierschußweite steht, unter diesen,, wenn es über Visierschußweite entfernt ist. Will man dagegen mit einem und demselben Visier den gleichen Treffpuntt auf verschiedenen Entfernungen erzielen, fo muß der Haltepunkt je nach der Entfernung des Ziels geändert werden, und zwar muß man, wenn das Ziel näher als die Visierschußweite des angewendeten Visiers, um so viel unter den zu treffenden Puntt zielen, als die Geschoßbahn sich auf der Entfernung des Ziels noch über der Bifierlinie be­ findet, dagegen wenn das Ziel über Visierschußweite entfernt ist, um soviel über den beabsichtigten Treffpunkt, als die Geschoßbahn aus diele Entfernung unter die Visierlinie gesunken ist.

§ 15.

Ziele«, Zielfehler.

Um das Ziel treffen zu können, muß dem Gewehre 1. eine entsprechende .Höhenrichtung, 2. eine entsprechende Seitenrichtnng gegeben werden.

124

XIX. Abschnitt

Das Schießen.

Die HöHenrich tung gibt man dadurch, daß man das der Ent­ fernung entsprechende Visier wählt (vgl. § 12) und beim demnächstigen Einrichten des Geivehrs auf das Ziel das Korn so in die Kimme nimmt, daß man in der Mitte der letzteren die Kornspitze mit dem Kamm des Visiers in gleicher Höhe sieht, d. h. gestrichen Korn hat. (Bild 77a li. 78.)

Die Seitenrichtung gibt man, indem man bei wagerechtem Visier kämm Visierlinie und Haltepunkt in eine gerade Linie bringt. Ta das gestrichene Korn (Bild 77a) nur eine einzige, ganz bestimmte Art des Kornnehmens darstellt, jede andere Art des letzteren aber viel­ fache Abstufungen zuläßt, sind die Maße, um welche Korn und Visier­ kimme sich über der Seelenachse befinden, auf gestrichen Korn berechnet. Diese Art des Kornnehmens muß deshalb in der Regel beim Zielen zur Anwendung kommen. Die am häufigsten vvrkommenden Zielfehler sind: 1. falsche Höhenrichtung durch: a) Voll k o r n n ehmen, wobei die Spitze des Kornes über den Kamm des Visiers hervorragt (Bild 77b), b Fein t o r n n e h m e n, wobei nur die äußerste Kornspitze in der Kimme sichtbar ist (Bild 77c). Feinkorn ergibt Tief- oder Kurzschuß, weil man die Mündung und damit die Seelenachse senken muß, um das Korn fein zu sehen. Vollkorn gibt dagegen Hoch- und Weitschuß, weil man die Mündung erheben muß, damit das Korn sichtbar wird. Von einem gut ausgebildeten Schützen können indessen bisweilen diese an und für sich fehlerhaften Arten des Kornnehmens bewußt zur Anwendung kommen, um beim Schießen auf ein kleines Ziel sich an Stelle eines ungiinstigen Haltepunktes einen besseren zu verschaffen.

2. falsche Teitenri ch tung durch:

u) Gewehrverdrehen, wobei die Visierkimme nicht wage­ recht, sondern nach der einen oder andern Seite geneigt, d. h. verkantet wird; b) Kornklemmen, wenn die Kornspitze nicht scharf in die Mitte der Kimme genommen, sondern seitlich derselben ge­ stellt wird.

3. Richten und Zielen.

125

Beim Gewehrverdrehen erfolgt die Abweichung des Geschosses nach der Seite, nach welcher die Verdrebung stattfindet: außerdem schlägt das Geschoß etwas zu kurz ein.

Bild 78.

Bild 81.

Zum Beispiel, der Schütze verdrehe das Gewehr nach rechts, io daß die obere Kante des Visiers nach rechts gesenkt sei (Bild 80): Mit dem Verdrehen des Visiers hat sich das Gewehr um die Visierlinie, welche fest, d. h. auf den Haltepunkt (h) gerichtet bleibt, gedreht; der Lauf und mit ihm die Seelenachse c i treten aus der durch die Visierlinie gelegten lot­ rechten Ebene nach links heraus, und zwar unter dem Visier weiter als unter dem Korn, da die Kimme des Visiers von der Seelenachse weiter entfernt ist als die Spitze des Kornes. Die durch die Seeleuachse c g i gelegte Schuß­ ebene bildet mithin einen Winkel mit der Ebene der Visierlinie und beide durchschneiden sich vor der Mündung in g, Don welchem Punkte die vorher links

XIX. Abschnitt.

126

Das Schießen.

der Bisierebene gelegene Schußebene auf die rechte Seite übertritt und daselbst auch ferner verbleibt. Das Geschoß, welches sich in der durch die Seelenachse gelegten Vertikalebene bewegt, wird bis zum Schnittpunkt g links, dann aber rechts von der Bisierlinie gehen. Zielt der Schütze demnach auf den Punkt h, so trifft er ihn nicht, sondern schießt rechts an ihm vorbei, und zwar weicht der Schuß um h i von dem Haltepunkt h nach rechts ab. Nachdem die lotrechte Entfernung von der Kimme des Visiers zur Seelen­ achse bei richttger Lage des Gewehrs etwas größer ist als bei verdrehtem Ge­ wehr, so schlägt bei letzterem das Geschoß auch etwas tiefer am Ziele ein, und zwar um so tiefer, je mehr das Gewehr verdreht wird (Bild 79 u. 80).

Beim Kornklemmen befindet sich die Visierlinie nicht in der Ziel und Auge verbindenden geraden Linie, sondern sie weicht vor der Mündung von dieser nach derjenigen Seite hin ab, nach welcher man klemmt Dieselbe Richtung nimmt auch die Seeleuachse ein; es muß daher das Ziel bei rechts geklemmtem Korn rechts, bei links geklemmtem Korn dagegen links gefehlt werden. Der Schuß weicht also nach der­ jenigen Seite ab, nach welcher man klemmt (Bild 81). Die Folgen der Zielfehler werden am anschaulichsten durch nachstehendes Verfahren verdeutlicht: Man nehme den Schlagbolzen aus dem Gewehr, lege das Gewehr auf einen Sandsack und ziele mit gestrichenem Korn auf den unteren Rand des Strichs einer auf etwa 10 m vom Schützen entfernten Ringscheibe. Alsdann sehe man durch den Lauf und bezeichne die Stelle, woselbst die Seelen­ achse den schwarzen Strich treffen wird, mit einem bunten Pflaster. Macht man nun einen der erwähnten Zielfehler und zielt abermals nach dem unteren Rande des Strichs, so wird bei nochmaligem Durchsetzen durch den Lauf der Einfluß des Zielfehlers auf das Treffen sofort klar werden (Sch B. 54 .

4. Äußere Einwirkungen beim Schießen. § 16.

WitternrrgSeinflüffe.

Die Visierhöhen der Gewehre 88 und 98 sind für mittlere Witterungs­ verhältnisse der norddeutschen Tiefebene (1225 g Luftgewicht, etwa 750 mm Barometerstand, + 9° C ), Windstille und mittlere Anfangsgeschwindig­ keit des Geschosses (620 m) bestimmt: sie können daher nur unter diesen Verhältnissen Visierschuß ergeben. Mit wechselndem Luftgewicht (Luftdichte) — abhängig von Temperatur, Luftdruck oder Barometerstand, Feuchtigkeitsgehalt — ändert sich der Widerstand, den die Luft dem Geschoß aus seinem Fluge entgegen­ setzt, und verändern sich somit die Schußweiten. Der Temperatur ist dabei der größte Einfluß beizumessen, weil sie der maßgebendste Faktor für die Größe des Luftgewichts ist und durch ihre Einwirkung auf Waffe und Pulver (veränderte Gasspannung) verschieden große Anfangsgeschwindigkeiten des Geschosses bewirkt. Ter Einfluß des Feuchtigkeitsgehalts der Luft ist gering und für die Schußweite praktisch belanglos, kann aber für die Beleuchtung ^Ziel­ erfassung) bedeutungsvoll werden. Warme Witterung, also geringes Luftgelvicht, und geringer Luft­ widerstand verursachen Weitschuß, kalte Witterung, also größeres Luft­ gewicht, Kurzschuß.

4. Äußere Einwirkungen beim Schießen.

127

ii'inb von rückwärts vergrößert, Wind von vorwärts verkürzt die Schußweite. Der Schütze muß also entsprechend tiefer halten oder ein niedrigeres Visier wählen, bzw. umgekehrt. Bei S t o ß w i n d muß der Schütze entweder einen windstillen Augenblick für den Schuß abwarten oder dem Winde entsprechend zur Seite aushalten.

Die größte Schußweite wird bei warmer (schwüler) Witterung und Wind von rückwärts, die kleinste Schußweite bei kalter (klarer) Witterung und Wind von vorwärts erzielt. Die Witterungsverhältnisse können auf mittleren Entfernungen einen von der Visierschußweite bis 100 in, aus weiten Entfernungen bis 150 m abweichenden Visierwechsel bedingen. Höhere Lage des Geländes ergibt infolge des geringeren Luftdrucks (Barometerstands) Weitschuß, der von ehtrn 1000 in Höhenlage an aus die Bisierwahl von Einfluß werden kann. Seitlich wehender Wind treibt das Geschoß zur Seite und zwar um so mehr, je größer die Entfernung und je stärker der Wind ist. Starker, senkrecht zur Schußrichtung wehender Wind kann z. B. auf 1000 in eine Seitenabweichung von mehr als 10 in herbeiführen. Trifft der Wind von links gegen die Schußrichtung, so hat er größere Abweichungen zur Holge als bei gleicher Stärke von rechts. Um trotz des seitlichen Windes das Ziel zu treffen, muß man den Halte­ punkt io weit links bzw. rechts von dem beabsichtigten Treffpunkt nehmen, als die durch den Wind hervvrgerufene und durch einige Schüsse erprobte Ab­ weichung beträgt: man muß also dem Winde entgegenhalten, und zwar um so mehr, je größer die Entfernung, je stärker der Wind ist.

S 17.

Einfluß der Beleuchtung.

Ein von oben hell beleuchtetes Korn erscheint durch Strah­ lung dem Auge größer als sonst. Man wird daher unwillkürlich das Korn nicht so hoch wie notwendig in die Kimme bringen, also zu feines Korn nehmen, und dann Tief- bzw. Kurzschuß erhalten. Umgekehrt werden trübe Witterung, Wald licht, Dämmerung leicht dazu verleiten, das Korn höher als nötig in die Kimme, also voller, zu nehmen, wodurch Hochschuß erzeugt wird. Wird das Korn stark von einer Seite beschienen, so er­ scheint die hell beleuchtete Seite größer als die dunkle. Man ist daher geneigt, nicht die Kornspitze, sondern den vollen beleuchteten Teil des Kornes in die Mitte der Visierkimme zu bringen. Eine Abweichung nach der dunklen Seite hin wird die Folge sein, so daß sich bei greller Be­ leuchtung des Korns von rechts ^inksklemmen und Linksschuß, bei Be­ leuchtung von links Rechtsklemmen und Rechtsschutz ergibt, wenn nicht nach der hellen Seite entgegengehalten wird.

£ 18.

Einfluß der Eigentümlichkeiten des einzelnen Gewehrs.

Wenn auch sämtliche Gewehre in bezug auf die Schußleistung im allgemeinen miteinander übereinstimmen, so ist doch darin das eine dem andern nicht vollständig gleich, sondern jedes hat infolge der unvermeid­ lichen Verschiedenheiten von Material, Fabrikation, Gebrauch, Behand­ lung ?c. seine Eigentümlichkeiten; so schießt z. B. das eine ziemlich regelrecht, das andere etwas höher, das dritte etwas tiefer, wieder ein

128

XIX. Abschnitt.

Das Schießen.

anderes mehr rechts ober Links. Es läßt sich daher ein Gewehre genau passender Haltepunkt nicht bestimmen.

für sämtliche

Belehrungsschießen: s. Sch.V. Nr. 175. § 19.

Einfluß der Beschaffenheit der Munition.

Der Einfluß der Beschaffenheit der Munition macht sich insofern auf die Richtigkeit des Zielens und Treffens geltend, als die zu ver­ schiedenen Zeiten angcfertigte Munition Berschiedenhciten, wenn auch nicht bedeutende, in bezug auf die Fabrikation und Beschaffenheit und infolge­ dessen in bezug auf Wirkungsweise zeigt.

§ 20.

Einfluß der Bewegung dcS Ziels.

Auf seitwärts sich bewegende Gegenstände wird gezielt, indem man mit dem Gewehr gleichmäßig (also nicht ruckweise) in der Bewegungs­ richtung mitgeht, hiebei aber die Visierlinie nicht auf ben Gegenstand selbst, sondern auf einen Punkt seitwärts desselben richtet. Der Halte­ punkt muß soweit seitwärts des Ziels genommen werden, als die Strecke beträgt, welche das sich bewegende Ziel während der Flugzeit des Ge­ schosses zurücklegt. Je weiter das Ziel entfernt ist und je schneller es sich bewegt, desto mehr muß nach der Bewegungsrichtung des Ziels vor­ gehalten werden.

§ 21. Wahl des Haltepunktes und des Visiers mit Rücksicht auf die in 88 16 mit 19 erörterten Einflüsse. Die auf S. 116 u. 117 angegebenen mittleren Flughöhen der (Geschosse entsprechen den durchschnittlichen Witterungsverhältnissen bzw. der mittleren Jahrestemperatur, womit natiirlich nach dem Vorhergehenden nicht gesagt sein kann, daß jedes einzelne Gewehr an verschiedenen Tagen und unter verschiedenen Umständen stets jene Durchschnittsleistung erreichen müsse. Wollte man also von den in den 13 und 14 dargelegten, aut normale Verhältnisse berechneten Bestimmungen bezüglich des Haltepunktes iuii) der Visiere niemals abweichen, so würde eine genaue Trefswirtung nicht in allen Fällen, namentlich nicht kleinen Zielen gegenüber oder wo es sich darum handelt, eine gewisse Stelle des Zieles zu treffen, gewährleistet sein. Um unter allen Umständen eine Trefswirtung zu erzielen, bat der Schüpe demnach den Eigentümlichkeiten seines Gewehrs hnb der Munition, den wechselnden Einfliissen der Witterung und der Beleuchtung je nach den beim Schießen gemachten Beobachtungen entweder dnrch Fein- bzw. V o l lkoru n eh men oder durch entsprechendes Höher- bzw. Tiefer- oder Seitwärtshalten oder durch Wahl eines höheren oder niedereren Visiers Rechnung zu tragen. Je kleiner die Ziele, desto mehr wird die sorgfältige Anwendung dieser Vorschrift erforderlich.

129

5. Lchußleistung des einzelnen Gewehrs.

5. Schuhleistung des einzelnen Gewehrs. Die Schubleistungen, d. h. diejenigen Leistungen, welche lediglich durch den Bau der Waffe und die Einrichtung der Patrone gemeinsam bedingt werden, hängen ab: 1. von der Gestalt der Geschoßbahn, 2. von ihrer Regelmäßigkeit (Treffgenauigkeit^ 3. von der Geschoßivirkung und 4. von der Tragweite. HO cm

Bild 82.

§ 22.

Die Gestalt der Geschoßbahnen (Rasanz'.

Je flacher die Geschoßbahnen sind, d. h. je weniger hoch sie sich über die Bisierlinie erheben, je kleiner also die Flughöhen und die Einfallwinkel sind, desto giinstiger sind sie.

Bestrichenen Raum neuut man diejenige, am ebenen Boden ge­ messene Strecke, innerhalb deren sich die Geschoßbahn nicht über Zielhöhe (Reiterhöhe, ganze, halbe oder viertel Manneshöhe) erhebt (s. Bild 82 u. 83k Die Länge dieses Raumes ändert sich mit der Entfernung, der Zielhöhe, der Anschlagshöhe, dem Haltepunkt und der Neigung des Geländes am aictc. ii Her und v. Zwehl, Handl), f. Einj. Freiw. III. Teil.

9

XIX. Abschnitt.

130

Das Schießen.

xJtacf)bem für die näheren Schußweiten die Flughöhen kleiner sind als für die weiteren, ist auch der bestrichene Raum für die näheren Ent­ fernungen größer als für die weiteren oder er nimmt entsprechend der fortwährend zunehmenden Krümmung der Bahn mit der Größe der Schußweite an Länge ab. Je höher aber auch das Ziel ist, desto größer ist für dasselbe auch der bestrichene Raum (Bild 83); er ist also größer gegen Ziele von Reiter­ höhe (a e), als gegen solche von Manneshöhe (b e) und gegen letztere wieder größer als gegen solche von der Höhe eines knienden (c e) oder gar eines liegenden Mannes (d e). Je näher sich das Gewehr dem Boden befindet, desto weniger hoch erhebt sich das Geschoß über diesen, der bestrichene Raum ist somit, wenigstens bei nahen Entfernungen, größer beim Anschlag im Liegen als bei dem im Knieen oder gar im Stehen. Je tiefer der Haltepunkt am Ziele liegt, desto mehr senkt sich mit der Visierlinie auch die Geschoßbahn, desto größer (wenn auch nicht in bedeuten­ dem Maße) ist der bestrichene Raum. Dieser ist also bei dem Haltepunkt „Ziel aufsitzen" etwas größer als bei dem Haltepunkt „Mitte des Zieles". Steigt das Gelände am Ziel (Bild 84) zur Visierlinie an, so wird dadurch der Einfallwinkel vergrößert und demgemäß der bestrichene Raum la c) verkürzt; wenn das Gelände sich unter die Visierlinie senkt oder der Erdboden mit der Geschoßbahn parallel läuft, vergrößert sich der bestrichene Raum (a d).

Be st eichene Räume (Gewehre 88 und 98). bei Zielen in der Höhe von m

Bei Anwendung des Visiers 0,35

0,50

des Standvisiers

1,70 |

0,85 l 1,20

2,0

ganz bestrichen

300 (G. 98)

106

i

der kleinen Klappe (G. 88 > bzw. 350 (G. 98)

65

1

400 (G. 98)

48

71

450

35

50

104

118

ganz bestrichen 108

ganz bestrichen

1

ganz besttichen ganz bestrichen

500

29

39

7?

600

19

29

48"

72

111

700

15

20

33

50

75

800

10

15

25

900

9

1200

5

1500

4

1800

3

2000

2

1 13 1 2f 8 r 13 6 1 8 1 4 1 7 3

5

ganz bestrichen

143 ;

91

|

38

!

54

j

30

j

44

1

18

23



11

15

16

!

8

11

14

7

9

11

66

52



30

131

5. Schubleistung des einzelnen Gewehr-.

Je größer der bestrichene Raum ist, auf eine desto längere Strecke kann man ein und dasselbe Visier anwenden, um so weniger oft braucht man also die Bisierstellung zu ändern oder um so weiter können die einzelnen Visierstellungen auseinander liegen, um so weniger genau braucht man die Entfernung des Zieles zu kennen, um so größer ist die Wahrschein­ lichkeit, ein Ziel auch bei nicht ganz genau bekannter Entfernung zu treffen.

/

Bei den Gewehren 88 und 98 beträgt der Ein­ fallwinkel: . nur 4000 m etwa . . . . 2000 ...................................... ,, 1500 ...................................... 1000 ..................................... 600 .....................................

.

600

. .

14° 7° 3° 10.

S 23. Treffgenauigkeit (Präzision, Streuung). Bei einer Anzahl von Schüssen, welche nach­ einander aus einem und demselben Gewehr bei gleicher Lage des Laufes abgegeben werden, beschreiben die Geschosse infolge der mancherlei auf den Schuß ein­ wirkenden Umstände nicht sämtlich ein und dieselbe, sondern verschiedene Bahnen, welche sowohl in wageals lotrechter Beziehung mehr oder minder vonein­ ander abweichen. Man nennt diese Abweichungen der Geschoßbahnen voneinander Streuung und spricht von Seiten- oder Breiten- und Höhen- oder Längenabweichung bzw. -Streuung. Die Streuung der Geschosse entsteht durch die verschiedene Größe der Anfangsgeschwindigkeit, des Abgangswinkels, des Luftwiderstandes und der Drehung und findet sonach ihre Ursachen: a) in der Verschiedenheit der Munition: Un­ gleichheit (wenn auch unbedeutende) der ein­ zelnen Geschosse bezüglich ihrer Gestalt, ihres Gewichts, der Lage ihres Schwerpunktes, Ver­ schiedenheit des Gewichts und der Beschaffen­ heit der Pulverladung; Verschiedenheit der Größe und Beschaffenheit des Zündsatzes; ver­ schiedener Sitz des Geschosses in der Hülse rc.;

b

in dem verschiedenen Verhallen des Laufes infolge der verschiedenen Schwingung (Vibra­ tion), verschiedener Erwärmung :c.

Außer diesen Ursachen der Streuung, welche lediglich durch die Einrichtung der Patrone und durch den Bau des Gewehrs bedingt werden, liegt aber noch eine weitere in dem verschiedenen Verhalten des Schützen, indem dieser selbst bei großer Sorgfalt kaum eine, wenn auch unbedeutende Ungleichheit im Zielen und im Abkommen wird vermeiden können: vgl. § 7.

Bild 85.

9*

132

XIX. Abschnitt

Das Schießen.

Die Gesamtheit der voneinander abweichenden GeschoßbahnenIeines Gewehrs nennt man die Geschoß- (Streuungs-) Garbe. Ihre Um­ risse bilden einen hornförmig gebogenen Kegel, dessen Spitze in der Lauf­ mündung liegt (Bild 85).

o mittelster Treffpunkt.

Es verteilt sich daher eine Reihe von Schüssen, auf einer senkrechten Wand aufgefangen, über eine mehr oder minder große Fläche von der Gestalt eines Eies (Ovals), deren Höhenausdehnung größer als die Breiten­ ausdehnung ist (Bild 86). Diese Fläche wird die senkrechte Dress-

133

5. Schußleistung des einzelnen Gewehrs.

oder 31 r e ii ii n g S f (d d) c (senkrechtes Trefferbild abcd, Bild K6) genannt. Der Mittelpunkt einer sulchen Treffläche, der mittelste Treffpunkt, wird durch die Lage des mittelsten Schusses, bzw. eines Punktes (0) be­ stimmt, welcher ebensoviel Treffer über wie unter sich, zur Rechten wie zur Linken hat. Tie durch diesen Mittelpunkt ((T gehende Bahn heißt die mittelste O) e s d) o ß bahn (01, 02, 03, O1, Bild H5). Auf dem ebenen Boden verteilen fid) die Geschoße in einer langezogenen Fläche von annähernd bestimmter Länge, der wagerechten Tress- oder Streuungsfläche (wagerechtes Trefferbild abcd, Bild «^7 , und liegen in der Mitte dichter als an den Enden. Fe geschlossener die Geschoßgarben und je kleiner die senkrechten Trefslächen fid) gestalten, um so großer ist die Treffgenauigkeit. T i e G r ö ß e der s e n k r e d) t e u Trefslächen nimmt mit der Entfernung des Zieles zu: je größer also die Schußweite, desto größer die Streuung, und zwar nimmt die Höhenstreuung stärker zu als die Breiten streu un g. Tementsprechend steht die Trefswahrscheinlichkeit im umgekehrten Verhältnis zur Schußweite. Je größer die Entfernung des Zieles, desto geringer ist die Treffwahrscheinlichkeit; soll sie gleich groß bleiben, so muß das Ziel den Streuungs­ größen entsprechend zunehmen. Im allgemeinen wird man daher auf nähere Entfernungen eine größere Treffwirkung erzielen als auf weitere und deshalb das Gewehr hauptsächlich auf den näheren Entfernungen auszunüpen haben. Man darf also auf kleine Ziele nur auf nähere Entfernung, auf weitere Ent­ fernung nur auf verhältnismäßig große Ziele schießen, wenn man eine bestimmte Treffwirkung erzielen will.

Tic uachstehende Tabelle gibt die Ausmaße der Höhen- und Breiten­ streuung auf die verschiedenen Entfernungen (Sch.B. Nr. 22): Auf bcn Entfcrmingen von m

! SOO 900 | 500 1 1 50 . 100 150 200 250 ' 300 350 1 400 1 450 1000 600 700

i '

1

Höhenstreuung in cm

C>

11

17

25

34

46

57

70

S5

102

130 ! 170 206 249 | 298

Breitens! reuung in cm

4

i I 10

15

20

26

30

37

42

4S

53

64

I 88

112

136

160

Tiefe Ausmaße der Streuung geben einen Anhaltspunkt dafür, wie groß die Treffläche fein muß, um eine bestimmte Treffwirkung zu erreichen: ein guter Schübe wird z. B. nur dann mit jedem Schusse ein Ziel von einer gewissen Größe zu treffen hoffen können, wenn das Ziel dieselbe Größe hat, wie die durch zahlreiche Versuchsschießen ermittelte Streuungs­ fläche der dem Ziel entspred)enden Entfernung. Sobald das Ziel kleiner ist als die entsprechende Streuungsfläche, gehen aud) bei der besten Schuß­ leistung schon einzelne Schüsse fehl. Wird der Unterschied zwischen Zielund Streuungssläche noch größer, so wird man in der Regel eine größere Schußzahl abgeben müssen, um das Ziel zu treffen, bis schließlich die Treffwahrscheinlichkeit so gering ist, daß nur mehr von Zufallstreffern die Rede sein kann. Bei richtige r Verwendung d e r W a f f e k a n u d a h e r n och v o n jedem Schuß ein Treffer erwartet werden (Sch.V. Nr. 150): innerhalb 250 m gegen alle Ziele, bis 350 in gegen einen einzelnen, knienden Gegner, bis 500 in gegen eine kniende Rotte die Leute dicht nebeneinander»,

134

XIX. Abschnitt.

Da- Schießen.

bis 600 m gegen eine stehende Rotte (die Leute dicht nebeneinander und einen einzelnen Reiter (s. Bild 88, 89, 90 u. 91). Belehrungsschießen s. Sch.V. Nr. 176. Ein Vergleich der Größe der erschossenen Trefflächen mit den verschiedenen feldmäßigen Zielen gibt Belehrung über die durch die Treffgenauigkeit der Waffe bedingte Feststellung der Grenzen, innerhalb welcher für jeden einzelnen Schuß noch Treffwahrscheinlichkeil besteht.

250 m

350 m

600 rn.

64

Bild 88.

Bild 89.

Bild 91.

§ 24.

Geschoßwirkung.*)

Die Wirkung des Geschosses pm Ziele hängt von seiner lebendigen Kraft (Durchschlagskraft), d. h. dem Produkt aus dem Geschoßgewicht und dem Quadrat der Endgeschwindigkeit ab und wird, abgesehen von der Widerstandsfähigkeit des Zieles, von der Masse des Geschosses und seiner Endgeschwindigkeit, sowie seiner Form und dem Geschoßquerschnitt bedingt. Je größer die Masse des Geschosses (oder je mehr Gramm Blei aus den Quadratmillimeter des Geschoßquerschnittes entfallen, je größer also die Blei­ belastung des Geschoßquerschnittes ist), je größer die Geschwindigkeit des Ge­ schosse- am Ziele, je geringer der Geschoßquerschnitt und je günstiger die Form des Geschosses (Spitze, glatter Mantel, Hartblei, welches sich nicht breit drückt), desto schneller, leichter und tiefer dringt das Geschoß in das Ziel ein. Fester, ebener oder sanft in der Schußrichtung abfallender, sowie gefrorener Boden begünstigen das Abprallen und Weiterfliegen der Geschosse. Es ergeben sich Aus- und Querschläger (Sch.V. 147), deren Bahn unberechenbar. Treffen sie ein Ziel, so durchschlagen sie es meist nach der Quere (vgl. Sch V. 219) Bei weichem, moorigem, unebenem, ansteigendem Boden, Sand, nasser Wiese, Sturz­ acker, tiefem Schnee bleiben die Geschosse leicht stecken. Gewehrgeschosse erzeugen im menschlichen Körper beim Durchbohren flüssig­ keitsreicher Organe oder Markknochen eine Art Sprengwirkung. Diese Er­ scheinung ist daraufzurückzuführen, daß das schnell fliegende Geschoß den ver­ drängten Flüssigkeitsteilchen, weil sie sich nicht zusammendrücken lassen, eine von innen nach außen in allen Richtungen wirkende große Geschwindigkeit mitteilt. Erst im letzten Jahrzehnt näher erforscht, wurde diese Wirkung fälschlich aus­ schließlich den heutigen Geschossen von 8 mm abwärts zugeschrieben, während sie tatsächlich bei den älteren Bleigeschossen in noch höherem Maße vorhanden ist. Man schloß in den Kriegen des 19. Jahrhunderts aus der Bösartigkeit der Verwundungen, der Gegner habe Sprenggeschosse benutzt, während in der

•) Nach dem Kriegsschul-Leitfaden für Wasienlehre.

5. Schußleistung des einzelnen Gewehrs.

135

Regel die Sprengwirkung wahrscheinlich von schweren Bleigeschossen hervor­ gerufen worden war. Diese eigentümliche Wirkung zeigt unser Gewehrgeschoß anscheinend nur auf sehr nahen Entfernungen. Das heutige Geschoß verursacht im allgemeinen kleinen Ein- und Ausschuß, glatten Schußkanal, bleibt seltener stecken und gibt weniger Veranlassung zur Wundinfektion. Der Heilverlauf ist daher meist günstiger als bei Schußwunden älterer Bleigeschoße. Auf- und Querschläger erzeugen oft ungünstige Verwundungen. Splitter­ wirkung bei widerstandsfähigen Deckungen kann durch abgesprengte Steinstücke usw. die Verluste vergrößern. Splitterwirkung von Mantelteilen ist in der Regel nur bei empfindlichen Organen, Augen, von Bedeutung. Explosions-, Hohlspitzen-, Halbmantel- oder Dum-Dum-Geschosse sind im Sinne der Petersburger Konventton und der Haager Konferenz völkerrechts­ widrig. Sie rufen noch schwerere Verletzungen hervor als Bleigeschosse bei Nahschüssen. Die vielfach verbreitete Annahme, daß die Geschoßwirkung der kleinkalibrigen Gewehre nicht ausreiche, den Gegner kampfunfähig zu machen, ist nach den Erfahrungen des südafrikanischen Krieges nicht begründet. Auch gegen Pferde reicht die Wirkung vollkommen aus; daß sie mit schweren Schußwunden unter Umständen noch beträchtliche Sttecken laufen, wie es auch beim Wilde häufig der Fall, ist keine neue Erscheinung.

Geschoßwirkung der Gewehre 88 unb 98 (Sch.V. Nr. 25: s. st. XXIV. A. 8§3 ii. a.) 1. Gegen H olz: auf 100 ni wird 80 cm starkes 400 „ „ 45 „ 800 „ „ 25 „ 1800





5



trockenes Tannenholz durchschlagen. 2. Gegen Eisen: 7 mm starke eiserne Platten werden bis etwa 300 in durchschlagen: 9,5 mm starke Stahlplatten bester Anfertigung erhalten bis etwa 50 m unbedeutende Eindrücke, darüber hinaus hören auch diese auf. 3. Die Eindringungstiefe in Sand und Erde beträgt höchstens 90 ein. Ziegelmauern von der Stärke eines halben Steines können mit einem Schuß durchschlagen werden, stärkere, wenn mehrere Schüsse die­ selbe Stelle treffen.

8 25.

Tragweite.

Die Tragweite eines Gewehres hängt ab von der Größe der Anfangs­ geschwindigkeit und dem Verlust an dieser durch den Luftwiderstand, ist also bedingt durch die Querschnittsbelastung und Form des Geschosses, sowie seine durch den Drall bewirkte Rotationsfestigkeit und den Ab­ gangswinkel. Das deutsche Jnsanteriegewehr hat eine Maximalschußweite von etwa 4000 m bei einem Abgangswinkel von 32°. Daß das Gewehr bis auf so weit verwendet wird, dagegen spricht außer der Schwierigkeit des Zielens die auf eine solche Entfernung äußerst geringe Treffwahrscheinlichkeit und schwache Durchschlagskraft des Geschosses. Die ausnützbare Tragweite des Gewehres ist durch die Visiereinrichtung gegeben, welche bei unserem Jnsanteriegewehre bis 2050 m den Erhöhungswinkel angibt (vgl. Sch.V. Nr. 160).

XIX. Abschnitt.

136

Tas schießen.

6. Schußletftungen einer Anzahl von Gewehren. § 26.

Streuung.

In der Masse der Gewehre befinden sich — infolge der unvermeid­ lichen Verschiedenheiten jn der Anfertigung ?c. — solche, welche regelrecht, hoch oder kurz schießen. Durch die letzteren beiden Arten, die sich in allmählicher Abstufung den regelrecht schießenden Gewehren anschließen,

Bild 92.

sowie durch die Fehler im Abkommen der Schützen nehmen bei gleich­ zeitiger Verwendung einer größeren Zahl von Gewehren die Geschoß­ garbe und daher die Trefflächen an Ausdehnung zu; insbesondere findet eine sehr erhebliche Verlängerung der wagrechten Treffläche nach vor- und rückwärts statt. Auf letzterer häufen sich, da die Zahl der ganz oder­ annähernd regelrecht schießenden Gewehre vorherrscht (unter der Voraus­ setzung gleichmäßiger und guter Schubleistung seitens der Schützen), die Geschosse bzw. Treffer, wie bei den Schüssen aus dem einzelnen Gewehre, am dichtesten in der Mitte (dem Trefferkern): s. Bild 92. Die Tiesenausdehnung des wirksamen, etwa 3/4 aller Schüsse ent­ haltenden Teils der Geschoßgarbe nimmt mit wachsender Schußweite ab und beträgt bei Schützenfeuer mittelguter Schützen in einem zur Visier­ linie gleichlaufenden Gelände, bei Anwendung des entsprechenden Visiers (Sch.V. Ar. 159). aus den Schußweiten „ „ „

600 ungefähr 170 m 160 „ 700 145 „ 800 115 „ 1000 100 „ 1200 75 „ 1600 2000 70 .

Die Tiesenausdehnung der ganzen Garbe ißt aus allen Entfernungen beträchtlich größer. Fehler, die von der schießenden Abteilung im Anschläge, Zielen oder Abziehen gemacht werden, vergrößern die Tiefenstreuung auf Kosten der Wirkung gegen das eigentliche Ziel. Ist das Feuer gegen ein zur Visierlinie ansteigendes (Bild 93, 94 u. 95^ oder abfallendes (Bild 96 u. 97) Gelände gerichtet, so wird die Länge der Tiefenstreuung entsprechend dein durch die verlängerte Visierlinie und

6. Schußleistungen einer Anzahl von Gewehren.

137

die Bodenfläche am Ziele gebildeten Winkel verkürzt (Bild 98 dbe) bzw. verlängert (Bild 98 f b g).

Bild 94.

Bild 96.

§ 27.

Treffwirkung.

Die Treffwirkung des Abteilungsfeuers, d. h. des aus einer größeren Anzahl von Gewehren auf dasselbe Ziel gerichteten Feuers, wird durch die Anzahl (bzw. Prozentes der Treffer dargestellt, welche auf ein Ziel entfallen; je größer die Anzahl dieser Treffer, desto größer ist selbstverständlich die Treffwirkung. Die Treffwirkung ist außer von der richtigen Handhabung der Waffe, von der Entfernung, von dem Standort des Zieles innerhalb der Tiefen-

138

XIX. Abschnitt.

Das Schießen.

streuung, von der Höhe, Breite, Tiefe und Dichtigkeit des Zieles, sowie von der mehr oder minder richtigen Beurteilung der Witterungseinflüye abhängig. Über den Einfluß der Handhabung der Waffe auf die Treffwirkung s. § 26, über den Einfluß der Witterung ?c. rc. s. §§ 16 u. 17. Die Treffwirkung wird mit Zunahme der Entfernung geringer, denn je größer die Entfernung, desto gekrümmter sind die Geschoßbahnen, desto kleiner der bestrichene Raum und desto größer zugleich die Streuung nach Höhe und Breite, desto weniger Schüsse treffen ein bestimmtes Ziel. Gegen ein Ziel, das sich dort, wo die meisten Treffer einschlagen, also im Trefferkern befindet, ist die Treffwirkung größer als gegen Ziele, die sich außerhalb dieses Kernes mehr gegen das eine oder andere Ende der Tiefenstreuung zu befinden. Die Treffwirkung nimmt serner mit der Dichtigkeit und Breite des Zieles zu; denn je dichter und je breiter das Ziel ist, desto mehr Geschosse werden es treffen. Gegen Schützenlinien mindern sich daher die auf die geschlossenen Linien von gleicher Breite und Höhe entfallenden Trefferprozente der größeren oder geringeren Dichtigkeit der Schützenlinien entsprechend ab : bei schmäleren Fronten werden mehr Schüsse am Ziele Vorbeigehen, als bei breiteren. Die Treffwirtung nimmt unter sonst gleichen Verhältnissen ungefähr im Verhältnisse mit der Höhe des Zieles zu: sie ist z. B. größer gegen aufrecht stehende als gegen liegende Ziele. Ferner erhöht sich die Treffwirkung mit der Vergrößerung der Tiefe des Zieles, und zwar wächst der Einfluß der Tiefe des Zieles mit der Entfernung. Während nämlich Geschosse, welche kurz über die erste Staffel einer Kompagniekolonne hinweggehen, auf nahen Entfernungen die hinteren Staffeln nicht gefährden, tritt auf weiteren Entfernungen infolge zu­ nehmender Krümmung der Geschoßbahnen eine Gefährdung der hinteren Staffeln ein. Rein vom Standpunkte der Schießlehre aus betrachtet, werden deshalb Kolonnen aus weiten Entfernungen in bedeutend höherem Maße gefährdet sein, als gleich starke in Linien formierte Abteilungen. Welche Formation jedoch im Gefecht zu wählen ist, wird wesentlich auch durch das Gelände, durch die taktischen Verhältnisse und den moralischen Zustand der Truppe bedingt. Gegen niedrige Ziele ist aus Entfernungen bis 600 in (nahe Entfernungen) Erfolg zu erwarten, auf Entfernungen über 600 m aber nur unter Einsetzung einer bedeutenden Munitionsmenge durch­ schlagende Wirkung zu erlangen. Hohe Ziele können noch zwischen 600 und 1000 in (mittlere Entfernungen) mit gutem Erfolg beschossen werden. Das Feuer über 1000 in (weite E n t sern u n g e 10 erfordert im Verhältnis zum wahrscheinlichen Tresfergebnis viel Munition und daN daher nur ausnahmsweise gegen solche Ziele angewendet werden, welche vermöge ihrer Höhe und gleichzeitigen Ausdehnung nach Breite und Tiefe günstige Tresflächen bieten. Wenn aber auch der mit Feuer gedeckte Raum bei einem zur Visierlinie ansteigenden oder abfallenden Gelände sich verkürzt bzw. verlängert, so bleibt trotzdem in allen Fällen die Wahrscheinlichkeit, die Geschoßgarbe ans Ziel zu bringen, dieselbe. Die Treffwirknng im -siel selbst

6. Schubleistungen einer Anzahl von Gewehren.

139

ist bei Linienzielen die gleiche, mögen sich die Linien auf einem mit der Bisierlinie gleichlaufenden oder Mir Visierlinie ansteigenden oder ab­ fallenden Gelände befinden. Bei Kolonnen zielen dagegen ist die Treffwirkung im Ziel eine verschiedene, d. b. Kolonnen, welche sich auf einem zur Visierlinie ansteigenden Gelände befinden, erleiden bei den ge­ wöhnlich vorkommenden Steigungswinkeln größere Verluste, als wenn sie auf zur Visierlinie gleichlaufendem oder zu letzterer abfallendem Boden stehen (Sch.V. Nr 159). Je mehr endlich die Feuerwirkung der Zeit und dem Ziel nach zu­ sammengedrängt wird, desto größer ist ihr moralischer Gindruck auf den Gegner.

§ 28. feuer.

Vifierarrwendrrng und Haltevorschrift beim Abteilungs­

a) Visieranwendung. Sch.V. Nr. 162: „Bis 800 in wird g r undsätzli ch mit einem Visier geschosse n. Uber 800 m werden in der Regel zw ei um 100 in aus­ einander liegendeVisierstellnngen gleichzeitig verwendet. Zwei Visiere werden aus die Glieder, und zwar das niedrigere auf das erste, das höhere aus das zweite Glied verteilt. Abteilungen unter Zugstärke mit zwei Visieren schießen zu lassen, ist nicht vorteilhaft." Nach § 26 beginnt bei Anwendung des Visiers 600 in unter gewöhn­ lichen Verhältnissen die Tiefenausdehnung des wirksamen Teiles der Geschoßgarbe etwa 85 m vor und endet 85 in hinter der Visierschußweite; bei höheren Visieren wird sie wegen der größeren Einfallwinkel wieder kürzer. Wird das Feuer mit Anwendung zweier verschiedener Visiere ab­ gegeben, so greifen die Geschoßgarben der einzelnen Visiere ineinander über und es verlängern sich die Tiefenstreuungen mit nahezu gleich hohen Trefferzahlen auf beträchtliche Strecken: unter normalen Verhältnissen decken z. B. die Visiere 900 und 1000 m die Strecke von ungefähr 835 bis 1060 in. Ist infolge von atmosphärischen Einflüssen mit einem 50 in be­ tragenden Kurz- oder Weitschuß zu rechnen (vgl. S 16), io decken sie dagegen den Raum von 785—1010 bzw. von 885—2010 in. Mit der Vergrößerung der Tiefenstreuung durch mehrere Visiere ivird die Wahrscheinlichkeit, ein Ziel zu treffen, größer, auch werden innerhalb einer größeren Strecke die Schüsse gleichmäßiger verteilt, während bei Anwendung nur eines Visiers die Wahrscheinlichkeit, das Ziel zu treffen, wegen der geringeren Ausdehnung der Tiefenstreuung geringer, die Treffwirkung dagegen größer ist, wenn man das Ziel gerade mit der dichtesten Partie der Schüsse, d. h. mit dem Trefferkern, erreicht. Wenn die Entfernung des Zieles nicht bekannt ist oder nicht genau ermittelt werden kann, ferner wenn man den Grad der Wirkung der atmosphärischen Einflüsse auf die Gestaltung der (Geschoßbahnen nicht zu bemessen vermag, also nicht weiß, inwieweit man auf einen Kurz- oder Weitschuß zu rechnen hat, ebenso dann, wenn das Ziel durch Vor- oder Rückwärtsbewegung seinen Platz ändert, wird es sich empfehlen, anstatt

140

XIX. Abschnitt.

Das Schießen.

der bei einem Visier auf eine Stelle (den Trefferkern) konzentrierten, aber ungewisseren Wirkung die aus eine längere Strecke gleichmäßiger ver­ teilte, aber wahrscheinlichere Wirkung durch Anwendung von zwei Visieren zu suchen. Anderseits wird man aber nicht mehr Visiere in Anwendung bringen, als erforderlich ist, um eine gewisse Treffwahrscheinlichkeit. zu erlangen, denn sonst würde man auf Kosten einer größeren Treffwirkung die Schüsse über eine zu lange Fläche ausbreiten. Sobald also die richtige Visier­ stellung auf eine der § 33 angegebenen Arten ermittelt werden kann, wird man sich auf ein Visier beschränken; ebenso wird man auf die nähe­ ren Entfernungen überhaupt nur ein Visier anwenden, weil nur auf die weiteren Entfernungen erfahrungsgemäß größere Schätzungsfehler gemacht werden und die atmosphärischen Einflüsse von größerer Bedeutung, wie zu­ gleich die Geschoßbahnen mehr gekrümmt sind. Zwei Visiere wird man derartig wählen, daß die eine Visierstellung um 50 m kürzer, die andere um 50 m weiter lautet, als die im Mittel geschätzte Entfernung: z. B. Ziel zwischen 800 und 1000 m geschätzt, Durchschnitt 900 m: Visiere 850 und 950 m. Ist Kurz- oder Weitschuß mit in Betracht zu ziehen, so wird man entsprechend höhere bzw. niederere Visiere nehmen, z. B. wenn in dem angegebenen Falle auf einen ca. 50 m betragenden Kurzschuß zu rechnen wäre, würde man nicht die Visiere 850 und 950 m, sondern 900 und 1000 m wählen. Bei sich bewegenden Zielen wird man je nach der Bewegungsrichtung des Zieles außer dem Visiere der Entfernung, von welcher aus sich das Ziel vor- oder zurückbewegt, bzw. auf welcher es sich gerade int Augenblick der Feuereröffnung befindet, ein um 100 in kürzeres oder weiteres Visier zu wählen haben. Z. B. die Entfernung bis zu der Stelle, von welcher ein Ziel vor­ geht, beträgt 1000 m: Msier 900 und 1000 m; bewegt sich das Ziel zurück, Visier 1000 und 1100 in. (S. a. § 34).

Io Haltevorschrift. Beim Abteilungsfeuer ist "es bei bestehender Feuerleitung notwendig, das; alle Schützen einer Abteilung einen und denselben Haltepunkt nehmen, weil nur dann die Geschoßgarbe geschlossen bleibt und beurteilt werden kann, ob die gewählte VisiersteUung die richtige ist. Hiebei läßt man grundsätzlich „Ziel aufsitzen", weil mit diesem Haltepunkt die Vorteile verbunden sind, daß der unterste Rand des Zieles sofort in die Augen fällt und von allen Schützen gleich genau genommen werden kann, daß ferner auch das kleinste Ziel über dem Korn sichtbar bleibt und das Ziel weniger leicht überschossen wird. Wird ein zweckmäßigerer Haltepunkt erkannt, so ist derselbe bei vor­ handener Feuerleitung zu befehlen, bei nicht vorhandener Feuerleitung von den Schützen selbständig zu wählen (Sch.V. Nr. 163).

8 29. DaS Feuer unter FeftungSkriegeS.

den besonderen Verhältnissen des

Das Jnsanterieseuer spielt im Festungskriege neben dem Artillerieseuer eine sehr wichtige Rolle. Die allgemeinen Grundsätze für seine Anwendung sind dieselben wie im Feldkriege; es gibt jedoch im Festungskriege besondere Verhältnisse, welche im Feldkriege nicht bestehen und auf die Anwendung und Wirkung des Insantericieners von Einfluß sind.

7. DaS Feuergefecht der Infanterie.

141

Hiezu gehört, daß die Schützen hinter starken Brustwehren oder in Lauf­ gräben gedeckt stehen und zu ihrer besseren Deckung noch etwa vorhandene Stahlblenden verwenden; die richtige Benützung dieser Deckungsmittel während der Abgabe des Feuers muß im Frieden schon geübt werden. Die Schützen haben sich durch Unterlegen von Rasenstücken ?c. einen ihrer Körperbeschaffenheit entsprechenden Standort berzurichten, so daß sie möglichst bequem laden und schießen können. Zu letzterem Zwecke empfiehlt es sich auch, an der inneren Brustwehrböschung eine Stufe zum Ausstützen der Arme sowie zum Bereitlegen der Munition herzustellen. (Vgl. XXIV. A.)

Die im Festungskriege gebräuchlichen Deckungsmittel (starke Erdbrustwehren, Mauerwerk, Eisenplatten ?c.) sind sehr widerstandsfähig und die hinter Sandsäcken, Scharten, Blenden stehenden oder über die Krone der Brustwehren ab und zu auftauchenden feindlichen Schützen geben nur sehr kleine Ziele ab. Um unter solchen Umständen eine Treffwirkung zu erreichen, ist nicht nur eine besonders sorgfältige Wahl des Haltepunktes und genaues Zielen er­ forderlich, sondern es müssen auch die Nebenleute der Schützen die einzelnen Ziele genau beobachten und das Ergebnis ihrer Wahrnehmungen angeben, da­ mit der Schütze dementsprechend den Haltepunkt berichtigen kann. Belehrungsschießen s. Sch.V. Nr. 179. Auch beim Feuer einer Abteilung auf die Entfernung von 400 m und weiter ist eine sehr sorgfältige, fortgesetzte Beobachtung und entsprechende Berichtigung des Visiers und Haltepunktes erforderlich, wenn man gegen die in der Regel hinter den Brustwehren der Laufgräben oder Wälle gut gedeckten feindlichen Schützen noch eine einigermaßen erhebliche Treffwirkung erreichen will. Hiebei wird, wenn auch die Entfernung bekannt ist, doch stets zunächst zu versuchen sein, die Richtigkeit der gewählten Bisierstellung bzw. des Haltepunktes durch Salven zu prüfen. Es bleibt zu beachten, daß im Festungskrieg die vor dem Ziel zu beobachtenden Ausschläger in der Regel allein das Mittel abgeben, die Visierstellung und den Haltepunkt berichtigen zu können. B e l e h r u n g s s ch i e ß e n s. Sch.V. Nr. 179. Über das Schießen auf Gestellen bei Dunkelheit usw. s. Sch.V. Nr. 180—187. Belehrung s schießen hiezu s. Sch.V. Nr. 188. Über indirektes Feuer s. Sch.V. Nr. 161.

7. Das Jeuergefecht der Infanterie. .Exerzier-Reglement und Schieß-Borschrift f. d. Inf.; Felddienst-Ordnung.^ § 30.

Allgemeines.

ER. II. 13.

„Das Infanteriegefecht wird der Regel nach durch die Feuerwirkung entschieden."

ER. H. 30.

„Das Feuer in zerstreuter Ordnung ist tms Haupt­ kampfmittel der Infanterie. Es vermag nicht nur die Ab­ wehr des Feindes zu bewirken und den eigenen Angriff vorzubereiten, sondern unter Umständen sogar die Entschei­ dung selbständig herbeizuführen. In den meisten Fällen wird das Herantragen eines auf die entscheidenden Punkte vereinigten, überwältigenden Feuers bis auf die näheren Entfernungen schon einen solchen Erfolg haben, daß der letzte Anlauf nur noch gegen die vom Feinde geräumte oder nur schwach verteidigte Stellung erfolgt.

142

XIX. Abschnitt.

Das Schießen.

Zu solcher Ausnützung der Feuerwirkung ist Kalt­ blütigkeit, Schießfertigkeit des einzelnen Mannes und Feuer­ disziplin erforderlich." E.R. 1.128. „Nur eine in Stellung befindliche Schützenlinie feuert. E R. II. 43. Während der Bewegung einer solchen ist die Anwendung von Feuer auf Ausnahmefälle beschränkt; es ist auch von beschränkter Wirkung, weil hiebei eine ruhige Handhabung der Waffe, überlegtes Zielen und sorgfältige Beobachtung erschwert sind. Es ist daher nur unter besonderen Umständen anwendbar, z. B. wenn es beim Zurückgehen der Schützen­ linien darauf ankommt, dem Feinde eine unbeeinträchtigte Abgabe seines Feuers zu erschweren." E.R. II. 33. „Es ist für die Anwendung des Feuers in jeder Lage als Regel feftzuhalten, daß dasselbe nur dann von ent­ scheidender Wirkung ist, wenn es sich auf die im sicheren Schußbereich befindlichen Truppen richtet."

S 31. E.R. I. 71.

Wahl der Stelle zur Feuerabgabe. Für die Wahl derjenigen Stelle, von der aus man sein Feuer abgeben null, sind in erster Linie taktische, als­ dann aber auch schießtechnische Gesichtspunkte maßgebend. In ersterer Hinsicht kommen Absicht der Führer und Rück­ sichtnahme auf die benachbarten Truppen sowie die Verhältnisse beim Gegner in Betracht, in letzterer Hinsicht ist möglichst günstige eigene Feuerwirkung bei möglichster Abschwächung der feindlichen Waffenwirkung anzustreben; erforderlichenfalls „haben jedo ch a l l e R ü ck s i ch t e n a u f D e ck u n g denen auf Feuerwirkung nachzustehen." Beim Angriff kann es zuweilen vorkommen, daß die Möglichkeit der Auswahl der Stellung nach diesen Gesichtspunkten eingeschränkt oder sogar ausgeschlossen ist, z. B. wenn es sich um einen plötz­ lichen Zusammenstoß mit gegnerischen Truppen handelt. Für eine möglichst günstige F e u e r a b g a b e ist erforderlich: a) genügender Raum, um alle Feuergewehre in Tätigkeit bringen zu können: b) freies Schußfeld, d. h. das Borgelände soll dem Feind keine Deckungen (Erhebungen, Vertiefungen, Gebüsche, Gehölze, Mauern u. dgl.) bieten: wo not­ wendig, muß es frei gemacht werden (s. XXIV. A,; c) das Borgelände soll die Beobachtung der eigenen Feuerwirkung begünstigen; d) die Entfernungen sollen entweder nach bekannten Punkten leicht bestimmbar, oder womöglich (in der Verteidigung) vorher abgesteckt sein; e) der einzelne Schütze soll die Möglichkeit haben, sein Gewehr auf- oder anzulegen; wo eine natürliche Auflage fehlt, wird sie, wenn möglich (durch Erd­ aufwurf, Anhäufen von Rasen u. dgl.), herzu­ stellen sein.

7. Tas Feuergefechl der Infanterie.

143

Der einzelne Schutze muß sich dann seinen Platz durch Wegnehmen oder Unterlegen von Erde oder Rasen so einrichten, daß ihm für das Schießen und Laden die möglichste Bequemlichkeit gewährt wird; f) die Stellung soll tunlichst so liegen, daß man den ' (Gegner seiner ganzen Tiefen- und Breitenausdehnung nach womöglich unter konzentrisches Feuer nehmen kann. Stellungen, welche das Vorgelände bedeutend überhöhen und starke Böschungen dahin haben, sind nachteilig, weil beim Schießen aus der Höhe in die Tiefe der bestrichene Raum verkürzt (die Schüsse bohrend werden) und damit die Treffwahrscheinlichkeit vermindert wird. Für eine möglichste Abschwächung der feind­ lichen Waffen Wirkung ist erforderlich: a) Deckung gegen Feuer und Sicht. Wo keine Deckungen vorhanden sind, legen sich die Schützen nieder, oder man schafft, wenn die Zeit und die Bodenbeschaffenheit es nur irgend gestatten, künstliche Deckungen (vgl. XXIV. A). Sollen Geländewellen, Höhen ?c. UN bedingten Schutz gegen das feindliche Feuer bieten, so muß der Winkel ihrer vom Feinde abgewendeten Böschungen größer sein als der Einfallwinkel der feindlichen Geschosse (wodurch ein sog. „toter Winkel" entsteht). Für die eigene Feuerwirkung und Deckung bieten demnach niedere Höhen, die gegen den Feind zu freies Vorgelände haben und nach vorwärts flach, nach rückwärts aber stark geböscht sind, die vorteil­ hafteste Stellung; b) dem Gegner soll die Bestimmung der Entsernungen und die Beobachtung seiner Feuerwirkung möglichst erschwert, die Stellung soll auch nicht leicht erkennbar sein und darf den feindlichen Schützen kein gutes Abkommen bieten; c) die Annäherung an die Stellung soll (besonders sür Kavallerie) durch Hindernisse erschwert sein, die jedoch nicht auch die eigene Bewegung behindern dürfen: ck> wenn angängig, kann die feindliche Feuerwirkung auch durch größere Zwischenräume zwischen den einzelnen Schützen vermindert werden. E.R. II. 28. „Nähert sich die Schützenlinie der einzunehmenden Feuer­ stellung, bzw. ersolgt die Entwickelung von Schützen un­ mittelbar zur Einnahme einer solchen, so haben die Unter­ führer ihre Abteilungen so zu führen, daß innerhalb des zur Verfügung stehenden Raumes die einzelnen Schützen den für Waffenwirkung und Deckung günstigsten Platz finden." S 32.

(Mi. II. 33.

Wahl de- Zieles. „Für die Wahl des Zieles ist überhaupt dessen taktische Bedeutung entscheidend. Die Waffengattung der in sicherem

XIX. Abschnitt.

144

Das Schießen.

Schußbereich befindlichen Truppen des Gegners kommt dabei nicht in erster Linie bestimmend in Betracht. In den meisten Fällen wird zwar die Infanterie des Gegners das wichtigste und lohnendste Ziel sein, indessen darf man es sich auch nicht entgehen lassen, Batterien zu beschießen Demnächst wird das Feuer auf solche Ziele zu richten sein, lvelche ver­ möge ihrer Höhe, Tiefe, Breite und Dichtigkeit eine hohe Trefiwirkung in Aussicht stellen." „Häufiger Wechsel der Ziele führt zur Zersplittcrung des Feuers und ist daher zu vermeiden." Meist ergibt sich ganz naturgemäß die nächste und damit ge­ fährlichste Abteilung des Gegners als Ziel für die In­ fanterie. Dies sind entweder die unmittelbar gegenüber­ liegenden feindlichen Schützen, in unserer Flanke auftaüchende Abteilungen oder uns attackierende Kavallerie. Das Feuer auf andere Ziele, wie z. B. Unterstützungen und andere hinter den Schützen sichtbar werdende geschlossene Abteilungen, auf Batterien ?c. wird nur unter besonders günstigen Umständen möglich sein. Bon großer Wichtigkeit ist es, nicht nur einzelne Punkte der gegnerischen Schützenketten unter Feuer zu nehmen, sondern dieses auf die ganze Breite des Zieles • gleichmäßig zu verteilen.

ER. I. 133.

Kann man einzelne Führer beim Gegner erkennen, oder zeigen sich gar höhere Stäbe ungedeckt im Schußbereich, so wird man, wenn tunlich, sein Feuer ganz besonders aus diese richten.

§ 33.

Ermittelung der Entfernungen. Steht zur Borbereitung einer Berteidigungsstellung genügend Zeit zur Berfügung, so ermittelt man die Ent­ fernungen nach den wichtigsten Stellen des Borgeländes durch Abmessen, Abschreiten oder mindestens durch sorg­ fältige Schätzung und macht die Entfernungen 200, 400, 600, 800 und 1000 in durch Zeichen kenntlich, welche aus der eigenen Seite gut sichtbar sind und nicht zu Berwechselungen führen, nach der feindlichen Seite aber nicht aus­ fallen (frisch gehobelte Brett- oder Lattenstücke, frisch ge schältes Prügelholz, Steine, welche dem Berteidigcr eine weiße Fläche zukehren, Strohwische, Baumzweige ?c. .

Sch.B. 76.

Die Mittel zum Bestimmen von Entfernungen überhaupt sind: a) die Messung messers* N

mittels

Instrumenten

i Entfernungs­

*) S. Sch.B. V b. Erttfernungsmessen. Auch nach der Zeit, welche der Schall braucht, um einen gewissen Raum zurückzulegen, kann man, wenn man die Feuer- oder Raucherscheinung des feindlichen Schusses sehen kann, besonders auf weite Strecken annähernd die

7. Das Feuergefecht der Infanterie.

146

b) das Abmessen mit Meßleinen, in Ausnahmefällen auch Abschreiten; c das Entnehmen der Entfernungen aus Plänen oder guten Starten*);

d) das Erfragen bei in der Dtäfje im Gefecht stehenden Abteilungen, insbesondere bei Artillerie, sofern diese dasselbe Ziel schon unter Feuer genommen hat, und

e) das Erschießen der Entfernungen.

Alle diese Mittel sind jedoch nur bedingt verwendbar; versagen sie, so ist man lediglich aus 3d).4'. 72.

E.N. I. 133.

f) das Schätzen der Entfernungen angewiesen. Dies geschieht, indem man mit dem Auge die Strecke am Erdboden abmißt, wobei vielfach der Grad der Deutlichkeit des abzuschätzenden Gegenstandes (Unter­ scheidung der einzelnen Körperteile, ihrer Bewegungen, der Ausrüstungsstücke, Farbe der Uniform, Umrisse von Gebäuden, Bäumen, deren Einzelheiten re.) die richtige Bestimmung der Entfernung begünstigt. Die Zuverlässigkeit des Ergebnisses durch Schätzen ge­ winnt, wenn dieses nicht von einem einzelnen aus­ geführt, sondern der Durchschnitt der voneinander unabhängigen Schätzungen mehrerer genommen wird.

„Der Zugführer hält deshalb 2—3 geübte Entfernungs­ schätzer in seiner Nähe, welche erscheinende Ziele ohne weiteres schätzen und das Ergebnis dem Zugführer mitteilen." Ein wesentliches Mittel, um sich über die Entfernungen klar zu werden, bildet die sorgfältige Beobachtung der Feuer­ wirkung durch die Führer aller Grade. Auch hierin werden die Zugführer durck) die Schätzer unterstützt.

EN. 1. 136.

„Unter Benützung von Ferngläsern ist fortgesetzte Be­ obachtung der Geschoßaufschläge erforderlich, um an diesen und am Verhalten des Gegners zu erkennen, ob Visierstellung und Haltepunkt richtig gewählt oder welche Berichtigungen zur Erhöhung der Feuerwirkung nötig sind. Ist die un­ mittelbare Beobachtung aus der Feuerlinie selbst beeinträchtigt,

Entfernung bemessen. Der Schall legt nämlich durchschnittlich 340 m in 1 Se­ kunde zurück; das Licht dagegen hat eine solche Geschwindigkeit (41000 Meilen in 1 Sekunde), daß man es in demselben Augenblicke sieht, in welchem es ent­ steht. Wenn man daher die Zeit beobachtet, welche zwischen der Feuer- bzw. Raucherscheinung eines gegnerischen Schusses und dem Augenblick liegt, in welchem man den Mnafl dieses Schusses wahrnimmt, so läßt sich daraus die Entfernung berechnen. *) Dazu gehört aber vor allem, daß man den eigenen Standpunkt und den des Zieles auf der Karte genau zu bestimmen vermag. Zur Erleichterung des Ablesens der Entfernungen überzieht man die Karte mit einem Netz von Quadraten von bestimmter Seitenlange, z. B. von 500 oder 1000 m, oder man benügt einen Maßstabzirkel oder einen gewöhnlichen Zirkel und den entsprechenden Maßstab der Karte (vgl. XXIII. A ). 10 M «Her und v. Zwehl. Handb. f. (tinj.-Freiw. III. Teil.

XIX. Abschnitt.

146

DaS Schießen.

so empfiehlt es sich, wo dies angängig, seitlich und möglichst gedeckt besondere Beobachter aufzustellen, welche ihre Wahr­ nehmungen durch verabredete Zeichen, durch Zurufe oder Zwischenposten der schießenden Abteilung übermitteln."

Sch.V. 165.

§ 34. Sch.V. 162.

„Zuweilen wird es die Gefechtslage zulassen, mit der Eröffnung des Feuers ein Erschießen der Visier­ stellung zu versuchen." „Dasselbe ist jedoch nur dann anwendbar, wenn das Gelände in der letzten Strecke vor dem Ziel zu übersehen ist, das Ziel selbst feststeht, die Bodenbeschaffenheit das Er­ kennen der Geschoßeinschläge ermöglicht, die eigene Abteilung selbst nicht lebhaft beschossen wird und schließlich die uim Einschießen erforderliche Zeit vorhanden ist. Da diese Vor­ bedingungen selten Zusammentreffen, ist auf das Erschießen der Visierstellung nur ausnahmsweise zu rücksichtigen. Beim Erschießen der Visierstellung werden Halbzug- oder zugweise mit einer Visierstellung auf einen Punkt des Zieles Salven abgegeben. Für die erste Salve ist das Visier so kurz zu wählen, daß mit Sicherheit die Geschoßaufschläge vor dem Ziel zu erwarten sind. Das Verfahren ist demnächst nach Erfordern so lange und mit entsprechend höher zu wählenden Visieren fortzusetzen, bis die zutreffende Visierstellung erkannt wird." Oft, auch im Laufe des Gefechts, wird statt der Salve lebhaftes Schützenfeuer, welches vorübergehend zur Er­ leichterung der Beobachtung auf einen sich deutlich abhebenden Punkt im Ziel oder in seiner Nähe vereinigt wird, dem gleichen Zwecke dienen können.

Wahl deS Bisters und Haltepunktes (vgl. § 28). „Visieranwendung: Bis 800 in wird grundsätzlich mit einem Visier geschossen; über 800 m werden in der Regel zwei um 100 m aus­ einander liegende Visierstellungen gleichzeitig ver­ wendet. Zwei Visiere werden auf die Glieder und zwar das niedrigere auf das erste, das höhere auf das zweite Glied verteilt. Abteilungen unter Zugstärke mit zwei Visieren schießen zu lassen, ist nicht vorteilhaft."

Man wendet ein Visier an von der Visierschußweite des nächst niedrigen Visiers ab bis zu der Entfernung, nach welcher das Visier selbst benannt ist. Ausnahmsweise kann man bei rasch sich nähernden sehr hohen Zielen (Kavallerie) ein höheres Visier auch im Bereiche des eigentlich zutreffenden niedrigeren Visiers beibehalten, wenn die Zeit zum Um­ stellen mangelt und das Ziel wegen seiner Höhe auf die ganze Länge der Flugbahn im bestrichenen Raum ist.

7. Das Feuergefecht der Infanterie.

147

Ist man im Zweifel über die zu wählende Visierstellung, so empfiehlt es sich, bei vorrückenden Zielen ein vielleicht etwas zu kurzes Visier, beim Verfolgungsfeuer ein etwas weiteres zu nehmen. Sch.V. 163. „Haltevorschrift: Die Schützen lassen Ziel aufsitzen. Wird ein zweckmäßigerer Haltepunkt erkannt, so ist derselbe bei vorhandener Feuerleitung zu befehlen, bei nicht vor­ handener Feuerleitung von den Schützen selbständig zu wählen." Sch.B. 10 Den Witterungseinflüssen ist nach der Schützenregel: und 11. Gegen Sonne und Wind aushalten! zu begegnen.

§ 35.

Feuerart.

E R. II. 31.

„Daß stets alle Teile einer Schützenlinie gleichmäßig dieselbe Feuerart anwenden, ist nicht unbedingt geboten. Auch ist es nicht ausgeschlossen, daß ausnahmsweise einzelnen Ab­ teilungen besondere Ziele zugewiesen werden, welche auch eine besondere Fcuerart erfordern." E.R. I. 91. „An Feuerarten kommen Salve und Schützenfeuer zur Anwendung. Bei dem Schützenfeuer unterscheidet man nach der Feuergeschwindigkeit langsames, lebhaftes und Schnellfeuer."

a) Die Salve. E R. 1.134.

„Durch die Salve wird die Truppe am sichersten in der Hand behalten, die Beobachtung der Geschoßaufschläge und damit die Visierwahl erleichtert. Da jedoch im Gefechts­ lärm die Stimme bei einem geschlossenen Zuge schwer, bei einem ausgeschwärmten selten vollkommen durchdringen wird, bleibt die Anwendung der Salve auf den Beginn des Ge­ fechts und auf solche Augenblicke beschränkt, in welchen die Truppe nicht selbst beschossen wird."

b) Das Schiitzeufeuer. E R. 1.134.

„Das Feuer einer Schützenlinie wird in der Regel als Schützenseuer abgegeben. Es hat die Wahrscheinlichkeit größerer Treffwirkung für sich, weil der Mann ruhig zielen und den günstigsten Augenblick zur Abgabe des Schusses abwarten kann." „Die Lebhaftigkeit des Feuers richtet sich nach dem Ge­ fechtszweck, der Beschaffenheit des Ziels und der vorhandenen Munition. Ungünstige Beleuchtung wird häufig mäßigend auf die Feuergeschwindigkeit wirken." E.R. I. 133. „Gegen niedrige, auf mittleren Entfernungen befindliche Ziele darf, wenn überhaupt gefeuert wird, nur langsam ge­ schossen werden. Lebhaftes Feuer ist auf den nahen Ent­ fernungen und gegen solche Ziele angezeigt, welche nur auf kurze Zeit in günstiger Zielhöhe sichtbar sind. Gegen Artillerie wird auch auf Entfernungen jenseits 1000 m meist ein lebhaftes Feuer am Platze sein."

XIX. Abschnitt.

148

Das Schießen.

E R. I. 74. „Der Schütze soll so erzogen werden, daß er der Regel E.R. 1.134. nach den Erfolg nicht im schnellen, sondern im wohlgezielten und überlegten Schießen sucht. Behufs Gewöhnung an langsames Feuern muß der Schütze in der Regel mit seinem Nebenmann gemeinschaftliche Sache machen: während der eine schießt, beobachtet der andere und darf — muß aber nichts— dann schießen, nachdem der erste wieder geladen hat. Soll lebhaft oder schnell gefeuert werden, so hört dieser Feuer­ wechsel auf." E.R. II. 32. „Geeignete Zeitpunkte zur Anwendung des Schnellfeuers sind: a) beim Angriff: die letzte Vorbereitung vor dem Sturm; b) in der Verteidigung: die Abwehr des feindlichen Sturmanlaufes; c) Abwehr von Kavallerie und alle Gefechtsmomente, in welchen ein plötzlicher und unmittelbarer Zusammen­ stoß mit dem Feinde stattfindet (Kampf um Ver­ schanzungen, in Örtlichkeiten, im Walde): 6) Verfolgungsfeuer hinter einem weichenden Gegner. In der Regel findet Schnellfeuer nur in Verbindung mit dem Standvisier oder der kleinen Klappe (bzw. Visier 300) Anwendung. Nur ausnahmsweise darf das Schnellfeuer auch auf Entfernungen zwischen 350 und 1000 in in solchen Fällen zur Anwendung kommen, in welchen das Beschießen besonders vorteilhafter Ziele sich auf kurze Zeit beschränkt und in dieser eine größere Feuerwirkung geboten ist."

§ 36.

Feuerleitung.

Tätigkeit der Führer. E.R. 1.133.

„Die Leitung des Feuers muß solange ate möglich aufrecht erhalten werden, die Verwertung der Waffe in der Hand der Führer liegen. Die Feuerleitung wird erleichtert, wenn die Züge in sich selbst möglichst zusammengehalten werden können, wenn die Züge scharf hervortretende Zwischen­ räume scheiden und jedem ein bestimmter Abschnitt zur Be­ setzung zugewiesen wird." E.R. II. 21. „Die gesteigerte Bedeutung des Schützengefechts verleiht der Führung desselben besonderen Wert." E.R. II. 35. „In der Regel beschrankt sich die Teilnahme an der Leitung des Feuers auf diejenigen Führer, welche in der Feuerlinie selbst sich befinden, also die Zug- bzw. Kompagnie­ führer. Den höheren Befehlshabern fallen im Gefecht andere Aufgaben zu, denen sie sich durch Eingreifen in den Befehls­ bereich ihrer Untergebenen nicht entfremden dürfen. Fhre Mitwirkung kann nur darin zur Geltung kommen, daß sie die erforderlichen Kräfte an diejenigen Stellen der vorderen Gefechtslinie disponieren, von welchen sie eine verstärkte oder konzentrierte Feuerwirkung ausgehen lassen wollen."

7. Das Feuergefecht der Infanterie.

149

Demnach werden im allgemeinen der Bataillons­ kommandeur und die höheren Führer der Truppe nur die Richtung für das Vorgehen bzw. die einzunehmende Stellung bezeichnen und für Heranziehung frischer Munition sorgen. Der Kompagniechef weist den Zügen die Stellung an, sorgt für Ermittelung der Entfernungen nach wichtigen Punkten im Vorgelände, befiehlt in der Regel die Eröstnung des Feuers und bestimmt solange wie irgend möglich das zu beschießende Ziel. Er regelt die Bewegungen, beobachtet den Gegner, sowie die diesseitige Feuerwirkung gegen diesen und sorgt für Ergänzung der Munition mit den auf dem Gefechtsfeld sich bietenden Mitteln, sowie für Verteilung der von rückwärts herangebrachten Munition auf die Züge. E.R. II. 55. „ Der Zugführe r hat seinen Platz so zu wählen, daß er die Fenerwirkung seines Zuges übersieht. Hr ordnet die Einrichtung seines Zuges in der ihm überwiesenen Stellung an und bestimmt nach den ihm erteilten An­ weisungen oder selbständig die Ziele des Feuers. Er ver­ folgt aufmerksam die Maßnahmen des Feindes und sucht nach Kräften mit den in der Gefechtslinie anschließenden Zügen gemeinsam zu wirken." E R. IL 56. „Der Gru p penfü hrer unterstützt den Zugführer und ist in dem ihm überwiesenen Bereich für die Einrichtung der Schützen, für das Einstellen der Visiere, die sachgemäße Handhabung der Waffe und den Patronenverbrauch verantwortlich." Die Feuerleitung liegt mithin im allgemeinen in der Hand der Kompagnie- (soweit sich diese schon in der Feuerlinie befinden) und Z it g f ü h r e r. Diese bestimmen das zu beschießende Ziel, das Visier, den Moment der Feuer­ eröffnung und, soweit notwendig und möglich, die Feuerart; auch erteilen sie im geeigneten Augenblick den Befehl zum Vorgehen beim Angriff und zum Halten in der von ihnen gewählten neuen Stellung. E.R. I. 133. „H ilss organe der Z ii g s ü h r e r sind die Entfernungs­ schätzer, welche erscheinende Ziele ohne weiteres schätzen und das Ergebnis dem Zugführer mitteilen. Den letzteren unter­ stützen sie ferner dadurch, daß sie nicht allein das beschossene Ziel, sondern auch den übrigen Teil des Gefechtsfeldes im Auge behalten." Weitere Hilfsorgane der Zugführer sind die Gruppensührer, deren Obliegenheiten im allgemeinen darin bestehen, daß sie die Befehle des Zugführers, wenn notwendig, an die Mannschaften übermitteln und deren Ansführung überwachen mit) daß sie gegebenenfalls den Zugführer ersetzen, wenn dessen Einwirkung nicht mehr möglich ist. Im besonderen besteht die Tätigkeit des Gruppenführer s in folgendem: 1. Sachgemäße Anweisung des Platzes der Gruppe innerhalb der dem Zug zugewiesenen Stellung:

150

XIX. Abschnitt.

Das Schießen.

2. Weitergabe aller Kommandos und Befehle des Zug­

3.

4. 5.

6. 7.

führers, sofern diese nicht von allen Mannschaften gehört werden können, ev. Weitergabe von Befehlen an die Nebengruppen, Züge 2c.; Genaue Bezeichnung des Zieles für die Gruppe und richtige Lenkung des Feuers auf dieses im Sinne einer gleichmäßigen Feuerverteilung; Kontrolle der befohlenen Visierstellung; Überwachung der gesamten Schießtätigkeit der Mann­ schaften, insbesondere in bezug auf sorgfältigen An­ schlag, genaues Zielen, richtiges Feuertempo und Munitionsverbrauch; energisches Einschreiten bei Ver­ fehlungen gegen die Feuerdisziplin; Beobachtung der Feuerwirkung sowie des Verhaltens des Gegners (Fernglas); Regelung der Verteilung eingetroffener Ersatzmunition. Überflüssiges Kommandieren und Befehlen ist jedoch zu vermeiden, um die Schützen nicht unnötigerweise in ihrer Tätigkeit zu stören. Die Einwirkung des Gruppenführers erstreckt sich nicht in allen Fällen lediglich auf die Leute seiner eigenen Gruppe, sondern je nach Umständen auf alle ihm zunächst befindlichen Schützen, soweit seine Stimme reicht. Die Zug- und Gruppenführer sind in der Stellung an keinen bestimmten Platz gebunden. Ihr Platz ist da, wo sie ihre Leute am besten zu übersehen ver­ mögen. In der Regel wird dies etwa in der Mitte der Abteilung sein.

Abgabe der Kommandos. E.R. 1.130.

Das Kommando muß möglichst kurz sein und zuerst die Richtung, dann das Ziel, das Visier und zuletzt die Feuerart bestimmen. Die Benennung des Zieles soll jedes Mißverständnis ausschließen: feindliche Abteilungen sind so zu bezeichnen, wie sie vom Schützen aus gesehen werden (z. B. „die Geschütze am weitesten rechts" und nicht „linker Flügel der Batterie"). Bei großer Entfernung wird das Ziel bisweilen nur mittels Ferngläser, von den Schützen selbst aber nicht erkannt werden können. Es handelt sich dann darum, den letzteren als Zielpunkte Stellen im Gelände zu bezeichnen. Das Befohlene ist von den weiter entfernten Gruppen­ führern nachzukommandieren. Das für den geschlossenen Zug vorgeschriebene Kom­ mando: „Char—giert! Fertig! (Zum Chargieren — Halt!)" fällt in der Schützenlinie fort. Nur wenn eine Salve abgegeben werden soll, erfolgt nach Bezeichnung des Zieles und Bestimmung des Visiers das Kommando: „Fertig!"; bei Schützenfeuer wird aus den betreffenden Befehl ohne weiteres entsichert und gefeuert.

7. Das Feuergefechl der Infanterie.

151

Beispiele: „Links an der grünen Kuppe Artillerie! Visier 900 und 100! Fertig! Legt — an! Feuer! Ge­ laden!" „Geradeaus liegende Schützen! Visier 500! Schützenfeuer!"

Einstelleu des Feuers. E.R. 1.131.

Hiezu erfolgt der Zuruf: „Stopfen!" oder, sobald der­ selbe nicht mehr verständlich, der Pfiff. Soll das Feuer auf dasselbe Ziel fortgesetzt werden, so unterbleibt eine nochmalige Benennung des Zieles und das Kommando lautet: „Weiter feuern!" Soll nur eine der gebrauchten Visierstellungen um­ geändert werden, so wird z. B. kommandiert: „800 in 1000 umstellen! Weiter feuern!" Zur Änderung des Halte­ punktes kommandiert der Zugführer, nötigenfalls nach Be­ nützung der Pfeife, z. B. „Kopf halten! (unter das Ziel halten!)" E.R. I. 134. „Erachtet beim Schützenfeuer der Führer eine Steigerung oder Verminderung der Feuergeschwindigkeit angemessen, so wird nach Benützung der Pfeife: „Lebhafter (langsamer) feuern!" oder „Schnellfeuer!" kommandiert.

§ 37. E.R. 1.129.

Verhalten des Schützen; Feuerdisziplin.

„Durch häufige Übung muß erreicht werden, daß jederMann der Leitung des Führers und den Verhältnissen der Reben­ leute entsprechend in der Schützenlinie den besten Platz für sich findet. Hin- und Herrücken in der Stellung ist zu vermeiden." E.R. I. 74. „Der Schütze muß imstande sein, aus jeder Körper­ lage sowohl einen einzelnen Schuß- wie mehrere Schüsse hintereinander schnell und mit Sicherheit abzugeben." E.R. I. 75. „Hat der Mann im Liegen kein freies Schußfeld, so muß er sich zur Abgabe des Schusses gewandt zum Knien oder Stehen erheben und nach dem Schuß wieder hinlegen." E.R. I. 135. „Die Feuerdisziplin umfaßt die gewissenhafte Aus­ führung der im Feuergefecht erfolgenden Befehle, sowie die peinliche Beachtung der für die Handhabung der Waffe und das Verhalten im Gefecht gegebenen Vorschriften. Sie fordert ferner ruhiges Allsharren im feindlichen Feuer, auch dann, wenn dieses noch nicht erwidert werden darf, Sorgfalt in der Abgabe des Schusses und Ausnützung des Geländes zur Steigerung der Treffwirkuna, stete Aufmerksamkeit auf die Führer und den Feind, Stopfen, sobald das Ziel ver­ schwindet, die Pfeife des Führers ertönt oder in anderer Welse der Befehl zum Einstellen des Feuers gegeben wird. Die Feuerdisziplin muß so anerzogen werden, daß sie auf den Mann auch dann ihre Einwirkung behält, wenn im Gefechtsverlauf die Feuerleitung seitens der Führer nur un­ vollkommen durchführbar wird und schließlich bestimmend auf das Verhalten der Feuerlinie nur noch die eigene Überlegung des einzelnen Mannes oder das Beispiel besonders beherzter

XIX. Abschnitt.

152

Das Schießen.

und umsichtiger Leute wirkt. Um das selbständige Handeln zu wecken und zu beleben, müssen die Leute an Gefechtsverhältnisse, in welchen die Feuerleitung aufhört, gewöhnt und über ihr Verhalten in solchen Fällen belehrt werden." E.R. II. 33. „Es muß an eine gute Truppe die Forderung gestellt werden können, wenn das eigene Feuer keine Wirkung ver­ spricht, im feindlichen Feuer auszuharren, ohne dasselbe zu erwidern." Im übrigen siehe über das Verhalten des Soldaten im Gefecht LR. I. Teil, Z. 57—61. § 38.

Ungeleitetes Feuer.

E.R. II. 36.

„Im Gefechtsverlauf läßt sich die Feuerleitung häufig nur unvollkommen durchführen, da bei lange andauernden Feuergefechten ein verhältnismäßig starker Teil der in der Schützenlinie tätigen Führer kampfunfähig wird. Aber auch dann muß die Feuerdisziplin der sich mehr oder weniger selbst überlassenen Mannschaften standhalten. Bei einer gut ausgebildeten und disziplinierten Truppe wird die Über­ legung des einzelnen Mannes und das Beispiel besonders umsichtiger und beherzter Leute bestimmend auf das Verhalten der Feuerlinie wirken und so dem sich in gleich schwieriger Lage befindlichen Gegner gegenüber die erfolgreiche Weiter­ führung des Gefechts ermöglichen." E.R. I. 133. „Für solche Fälle muß dem Schützen bei der Ausbildung die Regel eingeprägt werden, daß bei fehlender Leitung innerhalb 600 in alle Ziele, zwischen 600 und 1000 m nur hohe und breite Ziele be­ schossen werden können (nicht müssen), und daß über 1000 m im allgemeinen nicht mehr gefeuert werden darf."

§ 39.

Verbrauch der Munition und Munitionserganzung.

Ein Verschießen beraubt die Infanterie ihrer besten Gesechtskraft. Tie rechtzeitige Munitionsergänzung in und nach dem Gesecht ist deshalb eine wichtige Ausgabe der Führer aller Grade. E.R. II. 37. „Vom Beginn des Feuergesechts an bleibt zu bedenken, daß die Zahl der mitgeführten Patronen begrenzt ist, und daß der Aufwand einer gewissen Menge von Munition eine Ausgabe an Kraft bedeutet, die nur da stattfinden darf, wo sie sich lohnt. Ist anderseits der Entschluß, ein Ziel unter Feuer zu nehmen, gefaßt, so muß die zur Erreichung des Gefechtszweckes erforderliche Munition auch voll eingesetzt werden, da wirkungsloses Feuer das moralische Element der eigenen Truppe schwächt, dasjenige des Feindes hebt. Ein zweckmäßiges H a u s h a l t e n m i t d e r Munition, nament­ lich auf den weiten und mittleren Entfernungen, damit es im entscheidenden Augenblick nicht an der zum Herbeiführen des Erfolges nötigen Munition fehlt, ist daher eine unerläß­ liche Bedingung."

7. Das Heuergefecht der Infanterie. F.L. 476 büs 482.

153

„Tie Führer aller Grade sind verpflichtet, einerseits für sachgemäßes Haushalten mit der Munition, anderseits für deren rechtzeitige Ergänzung zu sorgen. Kein Mittel darf unversucht bleiben, um der Truppe int Gefecht Munition zuzuführen und das Feuer zu nähren, in dessen Erhalten oder Erloschen das Schicksal des Tages liegen kann. Innerhalb des Armee-Korps regelt den Munitionsersatz im großen das Generalkommando. Steht ein Gefecht bevor, so werden die Infanterie- und Artillerie-Munitionskolonnen (XXII. A. § 3) vom Truppen­ führer näher heran-, zum Teil auf das Gefechtsfeld vorgezogen. Ort und Zeit des voraussichtlichen Eintreffens der Kolonnen teilt der Truppenführer den unterstellten Befehlshabern mit. Die Munitionskolonnen sind verpflichtet, an jeden Offizier oder augenscheinlich berechtigten Unteroffizier auf Verlangen Munition zu verausgaben. Weid) jedem Gefecht ist dem Truppenführer zu melden, ob der Munitionsersatz erfolgt ist, oder ob und weshalb er nicht hat ermöglicht werden können. Bor Eintritt in das Gefecht ist der Inhalt der Patronen­ wagen ganz oder teilweise an die Mannschaften zu verteilen und in Brotbeutel, Hosen- und Rocktaschen usw. unter­ zubringen. Wiedergefüllte Patronenwagen nehmen während des Gefechts nach Anweisung des berittenen Wagenführers gedeckte Aufstellung möglichst nahe hiüter der fechtenden Truppe, in dringenden Fällen ohne Rücksicht auf Berluste. Sie müssen jedem Truppenteile, auch dem nicht zugehörigen, auf Verlangen Munition abgeben Im Gefecht erfolgt der Patronenersatz uach Möglichkeit durck) jede in die Feuerlinie einrückende Verstärkung. Wo ausnahmsweise das Heranschaffen frischer Munition*) für die in vorderster Linie Kämpfenden durck) einzelne Mann­ schaften geschehen muß, sind diese grundsätzlich den rück­ wärtigen, noch nicht in das Gefecht eingesetzten Truppen zu entnehmen. Auch ist es durchaus nötig, den Verwundeten und Ge­ fallenen die Munition abzunehmen. Führer und Mannschaften müssen diese Ergänzung ohne besonderen Befehl bei jeder Gelegenheit vornehmen, überhaupt dafür sorgen, daß nicht nur die vorgeschriebene Patronen­ zahl, sondern stets so viel Munition wie irgend möglich bei der Truppe vorhanden ist. Soll in vorbereiteter Stellung ein Verteidigungsgefecht geführt werden, so sind Munitions­ vorräte in der Feuerlinie niederzulegen. Für rechtzeitigen Ersatz der den Patronenwagen ent­ nommenen Munition sorgt der Bataillonskommandeur.

•j Die Tragschlaufen je zweier Packhülsen können ineinandergesteckt uitb durch einen Knebel (Seitengewehr ?c.) verbunden werden. Die Packhülsen werden dann über die Schulter gehängt.

154

XIX. Abschnitt.

Das Schießen.

Auf dessen Meldung, wenn nicht schon früher aus eigener Fürsorge, muß der höhere Führer einzelne Munitionswagen der Kolonne zuweisen, aus denen sich die entleerten Patronen­ wagen alsbald ergänzen. Bis zum Eintreffen der Munitionskolonnen werden die Truppenführer gut tun, sich für solche Fälle frühzeitig in den Patronenwagen noch rüdnmrtiger Truppen eine bereite Reserve zu sichern." Der Vorrat an Munition beträgt: a) in den Patrontaschen pro Mann 120 Stück, b) in den Kompagniepatronenwagen pro Gewehr 72 Stück, c) bei den Munitionskolonnen eines Armeekorps pro Gewehr 100 Stück. § 40. Angaben der Felddienstordnung über die Feuerwirkung der Infanterie (F. £. 623). „Die Feuerwirkung der Infanterie wird durch verschiedene Umstände beeinflußt, z. B.: Entfernung des Gegners, sowie richtiges Schätzen der­ selben, Visierwahl und Visierstellung, Beschaffenheit des Zieles, Dauer des Feuers, Feuerdisziplin und sonstige Feuertätigkeit, auch Überraschung, sowie Beunruhigung der feuernden Truppe durch den Gegner usw. Gut geleitetes und kräftiges Jnfanterieseuer hat gegen ungedeckt stehende oder marschierende geschlossene Abteilungen von Kompagnie- oder Eskadrons­ stärke sowie gegen ungedeckte (abgeprotzte) Artillerie schon auf Entfernungen zwischen 1500 und 1000 in beträchtliche Wirkung; auf 1000—800 m können geschlossene Abteilungen bei mangelnder Deckung nur dann vorüber­ gehend halten oder sich seitwärts bewegen, wenn das Feuer der eigenen Schützen dem des Gegners einigermaßen gewachsen ist. Den mit Feuer gedeckten Raum von 800 m ab vermögen ungedeckte geschlossene Infanterie­ abteilungen selbst hinter starken Schützenlinien nur in der Bewegung vor­ wärts oder rückwärts zu durchschreiten. Ungedeckt sich bewegende Schützenlinien erleiden, von einer durch Feuer nicht beunruhigten Infanterie beschossen, von 1000 m ab erhebliche Verluste; längere ununterbrochene Vorwärtsbewegungen werden daher in der Regel nur bei entsprechender Feuerunterstützung ausführbar sein. Auf Entfernungen innerhalb 400 m fällt in kurzer Frist die Ent­ scheidung über das Feuergefecht. Durch das Gelände nicht begünstigte Kavallerieabteilungen können einer geordneten Infanterie, gleichviel ob sie geschlossen oder aufgelöst ist, frontal gegenüber nur in der Attacke erscheinen. Artillerie kann im feindlichen Jnfantenefeuer innerhalb 1000 m nur unter besonders günstigen Umständen, wie hinter wirklichen Deckungen, abprotzen; andernfalls erleidet sie sehr starke Verluste. Auf geringere Entfernung ungedeckt stehende Artillerie büßt in kurzer Zeit ihre Be­ wegungsfähigkeit ein; auf 300—400 m kann sie überhaupt nicht mehr aufprotzen. 'Flankierendes Jnfanterieseuer hat erhöhte Wirkung."

8. Bestimmung, üb. d. Schießübungen. — 1. Wachen u. Posten im allgemeinen.

155

8. Bestimmungen über die Schießübungen mit dem Infanterie­ gewehr und dem Revolver. S. Sch.V. für die Infanterie (mit Deckblättern 1—40).

XX. Abschnitt.

Das S. Exerzier-Reglement.für die Infanterie (mit Deckblättern 1—10, für Truppen­ teile mit Gewehr 98 außerdem noch Deckblätter 11—34): I. Teil: Die Schule, III. Teil: Die Parade 2c.*)

XXL Abschnitt.

Der Gannisondirnfli. (Marnisondienst-Vorschrift 1902.)

1. Dachen und Posten im allgemeinen; Vorgesetzte der Dachen. § 1.

Zweck «ud Aufstellung der Wache« «ud Poften.

Wachen und Posten dienen zur Ehrenbezeigung, zur Bewachung von Ge­ bäuden rc. und zur Wahrung der allgemeinen Sicherheit. Jeder Soldat ohne Unterschied der Waffe soll durch wiederholte Ausübung des Garnison-Wachtdienstes genügende Gelegenheit zu seiner Erlernung erhalten. Anderseits ist aber auf möglichste Einschränkung des Wachtdienstes Bedacht zu nehmen, besonders während der größeren Truppenübungen und von der Ent­ lassung der Reserven bis zur Beendigung der Rekrutenausbildung. Ehrenposten stehen als Doppelposten vor den Wohnungen: a) Seiner Majestät des Königs; b) Ihrer Majestät der Königin; c) der Mitglieder des Königlichen Hauses der II. und III. Beehrungs­ kategorie (s. VII. A.); d) der regierenden Fürsten; e) des Kriegsministers; t) der General-Feldmarschälle; g) des General-Inspekteurs der Armee; h) der kommandierenden Generale — außerhalb ihres Korpsbezirkes jedoch nur da, wo sich Truppenteile ihres Korps befinden; i) des Gouverneurs. ') Zum II. Teil: das Gefecht, s. XXII. A.

156

XXI. Abschnitt.

Der Garnisondienst.

Zu h werden die Posten von den Truppenteilen gestellt, die unter dem Befehl des Generals stehen; als einfache Postern vor den Wohnungen der Mitglieder des Königlichen Hauses der IV. und V. Beehrungs-Kategorie (s. VII. A), dann eines zu einem sonstigen regierenden Hause gehörenden Prinzen ohne militärischen Rang; vor Fahnen und Standarten aktiver Truppenteile, vor den Kommandanten von Festungen und offenen Orten. Mannschaften, die unter der Wirkung der Ehrenstrafen stehen, dürfen nicht zu Ehrenposten verwendet werden. Auch bleiben diese Mannschaften von der Besetzung aller wichtigeren Posten, zu denen unter anderen die Posten vor den Kasernen und die mit Patronen ausgerüsteten Posten gehören, ausgeschlossen. Der Garnison-Wachtdienst ist in erster Linie Sache der Fußtruppen und zwar vor allem der Infanterie; Fußartillerie, Pioniere, Eisenbahn- und Telegraphen-Truppen dürfen nur in beschränkter Weise, die Maschinengewehr- und die Lustschiffer-Abteilung nur zu Ehrenposten herangezogen werden.

§ 2. Kommandierung der Offiziere und Mannschaften zur Wache.

Im gewöhnlichen Garnisonverhältnis soll der Offizier wenigstens sechzehn, der Unteroffizier wenigstens acht und der Gemeine wenigstens vier Rächte wachtfrei sein. Nur in außergewöhnlichen Fällen darf die Mindestzahl wachtsreier Nächte vorübergehend verringert werden. Offiziere ziehen nur auf Wache, wenn Zweck und Stärke der Wache dies erforderlich machen. Müßte wegen Mangels an Offizieren die Zahl der wachtfreien Nächte für erstere herabgesetzt werden, so ist es gestattet, Fähnriche, die das OffiziersSeitengewehr tragen, und Bizefeldwebel als Wachthabende auf Offizierswachen zu kommandieren? Bei einer Wachtstärke bis einschließlich 12 Mann können, sobald der Zweck der Wache es gestattet, besonders geeignete Gefreite als Wachthabende verwendet werden. § 3.

Anzug.

Wachtmäntet.

Zum Garnison-Wachtanzuge gehört bei der Infanterie: Gewehr, Seiten­ gewehr, Helm, zwei Patrontaschen, Tornister, Kinnriemen (Schuppenketten) auf den Helm gelegt. Der Wachtanzug der übrigen Waffen regelt sich sinngemäß. Bei der Feldartillerie gehört zum Garnison-Wachtanzug der Revolver, wo nicht die Ausrüstung mit dem Karabiner besonders vorgeschrieben in Die Karabiner der Wachtmannschaften der berittenen Waffen sind auf der Wache unterzubringen. Die Bekleidungsgarnitur bestimmt der Truppenteil, den Anzug der Gouverneur re. Bei plötzlich eintretendem Witterungswechsel kann auch der Kommandeur des zur Wache bestimmten Truppenteils ohne weiteres Änderungen im Wachtanzuge eintreten lassen; während der Ausübung des Wachdienstes haben auch die Vorgesetzten der Wache einschließlich des Wachthabenden diese Befugnis. Der Anzug der Offiziere im Garnison-Wnchtdienst ist der Dienstanzug (s. XI. A. § 6. II). Die Wachthabenden tragen weißleinene Hosen, falls solche für die Mannschaften befohlen sind, sonst lange Tuchhosen; Mantel nur in Überein­ stimmung mit ben auf der Wache befindlichen Mannschaften. Den Offizieren vom Ortsdienst und der Ronde ist es beim Aufziehen uyd Nachsehen der Wachen freigestellt, hohe Stiefel oder lange Hosen, sowie den

1. Wachen und Posten im allgemeinen; Borgesepie der Wachen.

157

Mantel zu tragen: die ersteren müssen jedoch Hobe Stiefel anlegen, wenn sie beim Nachsehen der Wachen zu Pferde sind. Paradeanzug s. XI. A. § 5 Z. 2 und § 6. III Z. 7. Offiziere, die außer den Offizieren vom Orlsdienst und der Ronde beim Aufziehen der Wache dienstlich beteiligt sind, erscheinen an den vorbezeichneten Festtagen im Paradeanzug, Mantel sreigestellt; sonst im kleinen Dienstanzug mit Helm. Zur Bekleidung der Posten im Winter oder bei schlechtem Wetter müssen dauernd auf den Wachen Wachtmäntel sein, und zwar für jeden Aufführenden einer, für jeden Posten zwei, welche Eigentum des Truppenteils bleiben und von diesem imstande gehalten werden. Jeder Wachtmantel hat auf der rechten Seite eine Tasche zur Aufnahme von Patronen.

K 4.

Vorgesetzte der Wachen.

Die Wachen'stehen unter dem besonderen Befehl des kommandierenden Generals des Armee-Korps, des Gouverneurs ?c., des'Offiziers vom Orlsdienst, der Rondeosfiziere und der Wachthabenden. Außerdem sind den Wachen vor­ gesetzt der Kriegsminister und der General-Inspekteur der Armee. Der Platzmajor zählt nicht mit zu den Vorgesetzten der Wachen. Er ist nur berechtigt, im Auftrage des Gouverneurs ?c. Befehle an Wachen und Posten zu erteilen. Die Zahl der täglich zum Orlsdienst und zur Ronde zu kommandierenden Offiziere ist von der Stärke der Garnison und von örtlichen Verhältnissen abhängig. In Standorten, in denen zwei Bataillone oder weniger stehen, wird nur ein Offizier vom Ortsdienst kommandiert, der gleichzeitig den Dienst der Ronde versieht. Als Offiziere vom Orlsdienst sind in größeren Standorten die Stabs­ offiziere und Hauptleute der Truppen, die Wachtdienst tun, zu kommandieren, mit Ausnahme der Regimentskommandeure sowie der Kommandeure selbständiger Truppenteile und ihrer Vertreter. Zum Dienst der Ronde, der nur von Offizieren getan werden darf, sind die Subalternoffiziere zu verwenden. Die zum Garnisondienst kommandierten Offiziere sollen dem Dienst bei ihrer Truppe möglichst wenig entzogen werden. Der Dienst des Offiziers vom Ortsdienst beginnt mit dem Aufziehen der Wache und endigt mit ihrer Ablösung. Der Offizier der Ronde dagegen be­ findet sich in dem Verhältnis eines Vorgesetzten nur vom Zapfenstreich bis zum Wecken und solchen Wachen gegenüber, deren Wachthabende nach Dienstgrad oder Patent jünger sind als er. Der Rondeoffizier hat jedoch auch in dem Falle, wo der Wachthabende ein älteres Patent besitzt, die Prüfung der Posten nach den vorgeschriebenen Formen auszuführen. Die Tätigkeit des Offiziers vom Ortsdienst und der Ronden hat den Zlveck, die Aufmerksamkeit der Wachen und Posten zu prüfen und rege zu halten, auch überall gegen diese, wenn es erforderlich ist, handelnd einzuschreiten. Ein Ein­ schreiten des Rondeoffiziers gegen die Wachen darf nur dann stattfinden, wenn er ihr Vorgesetzter ist. Das Nachsehen kann seinen Zweck nur erfüllen, wenn der Zeitpunkt den Wachen und Posten unbekannt bleibt. Offiziere vom Ortsdienst, wenn sie die Wachen bei Nacht nachsehen, und Rondeoffiziere nehmen Begleitmannschaften (1 bis 2 Mann) mit. Außer den besonderen Vorgesetzten der Wachen und Posten wirken alle mit Disziplinarstrafgewalt beliehenen Offiziere des wachthabenden Truppenteils dahin mit, daß der Wachtdienst in den vorgeschriebenen Formen ausgeführt wird. Verstöße gegen die Wachtdienst-Borschrift, Nachlässigkeiten im Anzuge und in

158

XXI. Abschnitt.

Der Garnisondienst.

der militärischen Haltung müssen daher, sobald sie von den bezeichneten Offi­ zieren des wachthabenden Truppenteils wahrgenommen werden, ohne Bloß­ stellung der äußeren Würde des Dienstes beseitigt und nach Maßgabe der Um­ stände — nach beendetem Nachtdienst — bestraft werden. *)

Sind solche Verstöße oder Vernachlässigungen bereits zur Kenntnis deS Gouverneurs rc. gelangt, so bestimmt er die Bestrafung in den Grenzen der im XIV. A. K 2. II angegebenen Befugnis, falls nicht eine gerichtliche Bestrafung in Frage kommt.

2. Die Wachen. § 5.

Aufziehen der Wachen.

Die Zeit des Ablösens der Wachen ordnet der Gouverneur rc. an. Sie ist unter gewöhnlichen Verhältnissen so zu wählen, daß die auf Wache kommende Mannschaft vorher gegessen haben kann.

Das Antreten rc. der Wachen ist Sache des die Wache stellenden Truppenteils. Beim (gemeinsamen) Aufziehen der Wachen sind der Offizier vom Orts­ dienst und die Rondeoffiziere zugegen. Letztere, melden sich beim Offizier vom Ortsdienst und treten auf den rechten Flügel der Wachen. Der Offizier vom Ortsdienst überzeugt sich von der richtigen Stärke der Wachen, läßt stillstehen, das Gewehr über nehmen und gibt den Befehl zum Schlagen der Vergatterung. Bon diesem Augenblick an treten die Wachen unter den Befehl der Wachtvorgesetzten. Ist beim Aufziehen der Wache kein Spielmann zugegen oder darf kein Spiel gerührt werden, so gibt der Offizier vom Ortsdienst die Ankündigung „Vergatterung" ab.

Er läßt hierauf präsentieren und das Gewehr über nehmen, gibt dem­ nächst den Befehl zum Abmarsch und läßt die Wachen an sich vorbeimarschieren. Vom Gründonnerstag vormittags 9 Uhr bis Karsamstag zur gleichen Stunde wird außer bei Feuerlärm und Alarm kein Spiel gerührt. Wo üblich, unterbleibt das Spielrühren gleicherweise am evangelischen Bußtag und Totenfest.

§ 6.

Ablöse« und Einteilen der Wachen.

Sobald sich die neue Wache dem Wachtgebäude nähert, ruft der Posten vor dem Gewehr: „Heraus!" oder klingelt. Der Wachthabende der alten Wache kommandiert: „Richt Euch! Augen gerade — aus! Das Gewehr — über!" Der Tambour der neuen Wache schlägt Marsch, der Wachthabende der neuen Wache kommandiert, nachdem er gegenüber der alten angekommen ist und nötigenfalls in Reihen gesetzt hat: „Wache — Halt! Front! Richt Euch! Augen gerade — aus!"

Darauf folgt von beiden Wachthabenden, und zwar dem der alten Wache immer zuerst, das Kommando: „Achtung! Präsentiert das — Gewehr!" die Tamboure schlagen Marsch, nachdem der Wachthabende der neuen Wache das Kommando abgegeben hat. Hierauf geben die Wachthabenden das Kom­ mando: „Das Gewehr — über! Aufführende — vor!" Die Aufführenden marschieren nach dem linken Flügel der neuen Wache, wo sie sich einige Schritte von ihm entfernt und mit dem zweiten Glied gerichtet, mit gleicher Front wie die neue Wache derart aufstellen, daß sie links von denen der alten Wache stehen. •) Während der Erteilung einer Belehrung oder Rüge tritt der erwähnte Offizier zu den zu seinem Truppenteil (Regiment, Bataillon, Kompagnie) ge­ hörigen, in Ausübung des Wachdienstes befindlichen Mannschaften in daS Ver­ hältnis eines Vorgesetzten.

2. Die Wachen.

159

Nunmehr kommandiert der Wachthabende der neuen Wache: „Erste Nummer der Ablösung — vor!" Die Mannschaften dieser Nummer marschieren zu den betreffenden Aufführenden, die die von ihnen aufzuführenden Leute auf zwei Schritte sich gegenüber antreten lassen, wobei bis zu drei Mann in einem Gliede, vier Mann und mehr in zwei Gliedern ausgestellt werden. Sobald die Aufstellung beendet ist und sich der Wachthabende der neuen Wache von ihrer Richtigkeit überzeugt hat, kommandiert er: „Ab — marschiert!" Die Aufführenden machen Kehrt, die der neuen Wache kommandieren: „Marsch!" Die Aufsührenden führen ihre Ablösungen zunächst in die Wachtstube; die Tornister werden abgelegt bzw. die Mäntel angezogen. Nachdem der Anzug instand gesetzt ist, wird unmittelbar von der Wachtstube aus zum Ablösen der Posten geschritten. Die Wachthabenden teilen, nachdem die Aufführenden und die Ablösung vorgetreten sind, ihre Wachen ein. 7 Mann und darunter werden in einem Gliede, 8 Mann und mehr in zwei Gliedern ausgestellt, 24 und mehr Rotten in zwei Züge geteilt. Der Wachthabende steht auf dem rechten Flügel seiner Wache, ein außer­ dem vorhandener Unteroffizier hinter der rechten Flügelrotte oder dem rechten Fliigelmann, ein zweiter Unteroffizier aus dem linken Flügel. Bei zwei Zügen führt der dem Wachthabenden im Rang zunächst folgende den zweiten Zug. Der Spielmann steht einen Schritt rechts vom Wachthabenden und mit diesem auf gleicher Höhe. Ist die Wache in zwei Gliedern aufgestellt, so steht der Spiel­ mann mit dem zweiten Gliede ausgerichtet. Gehören mehrere Spielleute zur Wache, so nehmen sie in einem Gliede Aufstellung. Der Posten vor dem Gewehr steht auf der ihm angewiesenen Stelle. Ist eine Fahne bei der Wache, so steht sie auf dem rechten Flügel des ersten Zuges. Der Wachthabende tritt, sobald er ein Kommando abzugeben hat, vom rechten Flügel einen Schritt mit links um vor. Bei der Ablösung sowie beim Einteilen der Wache ist es ihm gestattet, sich vor diese zu stellen. Sobald die Wache eingeteilt ist, kommandieren beide Wachthabende: „Rechts — um! Wache — Marsch!" Die Tamboure schlagen, die alte Wache räumt die Gewehrstützen, die neue nimmt ihren Platz ein. Der Wachthabende dieser Wache kommandiert: „Wache — Halt! Front! Gewehr — ab! Weg­ getreten!" Die alte Wache macht in einiger Entfernung von den Gewehrstützen Hatt, nimmt Gewehr ab und setzt die Gewehre zusammen. Ihre Mannschaft hängt die Tornister um, der Wachthabende überliefert die Vorschriften, die Ausstattung der Wachtstube, Mäntel ?c. Nachdem alle Ab­ lösungen zurückgekehrt sind, läßt der Wachthabende der alten Wache seine Mann­ schaften an die Gewehre treten und den Tambour abschlagen. Der Wachtdienst ist hiemit beendigt. Die bisherige Wache marschiert ab. Wachen, die keinen Posten vor Gewehr haben, stellen ihre Gewehre in der Wachtstube oder nach Anordnung des Gouverneurs rc. auf dem Flur vor der Wachtstube auf. Diese Wachen treten zum Gebet, zur Ablösung und zur Er­ weisung von Ehrenbezeigungen nicht heraus.

§ 7.

Pflichten des Wachthabenden.

Der Wachthabende muß mit der Vorschrift für seine Wache und seine Posten genau bekannt sein. Er darf seinen Posten nur in den durch die ört­ liche Wachtvorschrift vorgesehenen Fällen verlassen. Tritt ein solcher Fall ein, oder ist der Wachthabende gezwungen, auf kurze Zeit auszutreten, so muß er vorher das Kommando der Wache dem Nächstältesten übergeben. (Vgl. ferner § 11.) Der Wachthabende sorgt dafür, daß in und bei dem Wachtgebäude Ruhe und Ordnung herrscht, und daß seine Wache sich stets in der Verfassung befindet,

160

XXL Abschnitt.

Der Garnisondienst.

allen ihren Pflichten zu genügen. Die Wache muß zu jeder Zeit richtig ein­ geteilt sein Gibt der Wachthabende einem Manne die Erlaubnis zum AuSIreten, so nimmt dieser zunächst sein Gewehr aus der Stütze und bringt es an den hiefür vorgesehenen Platz. Erst dann darf er austrelen. Nach dem Aus­ treten meldet sich der Mann bei dem Wachthabenden und stellt sein Gewehr wieder in die Stütze. Der Wachthabende sorgt ferner dafür, daß der Anzug seiner Wache stets vorschriftsmäßig ist. Sobald die Witterungsverhältnisse es bedingen, findet ein Wechsel des Anzuges rc. nach Vorschrift statt. Der Wachthabende muß hiebei unter Umständen selbständig handeln. Beurlaubungen von der Wache sind nur in außergewöhnlichen Fällen statthaft. Erkrankt ein Mann auf Wache, so meldet der Wachthabende dies sofort dem Truppenteil und bittet nötigenfalls um Ersatz. Steht ein Mann auf Posten, so ist er zunächst abzulösen. Macht ein im Nachtdienst befindlicher Soldat sich eines nach den Kriegsarttkeln zu ahndenden Vergehens schuldig, z. B. der Trunkenheit, des Schlafens auf Posten, der Widersetzlichkeit rc., so veranlaßt der Wachthabende dessen Fest­ nahme. Auch in diesem Falle wird von dem Truppenteil nöttgenfalls unmittel­ bar Ersatz gefordert. Außerdem ist die Festnahme dem Gouverneur ?c. und dem Offizier vom Ortsdienst zu melden Geringere Vergehen der Wachttnannschaften werden nach Ablösung der Wache dem Truppenteil gemeldet.

Der Wachthabende selbst hat keine Disziplinarstrafgewatt über seine Wachtmannschaft. Endlich gehört zu den Pflichten des Wachthabenden die gute Instandhaltung der Wachtbücher, Wachtmäntel und der Ausstattung der Wachtstube, ebenso die Erstattung der Meldungen. Leute, die nicht zur Wache gehören, dürfen ohne ausdrückliche Genehmi­ gung des Gouverneurs rc. sich nicht in der Wachtstube aufhalten. Wachtmannschasten anderer Waffen, denen der Aufenthalt in der Wachtstube angewiesen ist, stehen hinsichtlich der allgemeinen Ordnung daselbst unter dem Befehl des Wachthabenden. Solche Mannschaften treten nur zur Ablösung der Posten mit heraus und stellen sich auf den linken Flügel der Wache mit zwei Schritt Zwischenraum.

§ 8.

Ehrenbezeigungen der Wachen.

Die Wachen mit einem Posten vor Gewehr erweisen Ehrenbezeigungen dadurch, daß sie a) präsentieren und Marsch schlagen, b) präsentieren. Nähert sich jemand der Wache, dem eine Ehrenbezeigung der Wache zu­ kommt, so ruft der Posten vor dem Gewehr: „Heraus!" oder klingelt. Dies muß so zeitig geschehen, daß die Ehrenbezeigung ausgesührt ist, wenn die Person rc., der sie erwiesen wird, die Wache erreicht. Ist das Herausrufen zu spät erfolgt, so wird dennoch die Ehrenbezeigung ausgeführt.

Der Posten vor dem Gewehr führt in diesem Falle die Ehrenbezeigung rechtzeitig für sich aus, ohne wie sonst auf das Kommando des Wachthabenden zu warten. Die Wachen präsentieren und schlagen Marsch: vor Seiner Majestät dem Könige, Ihrer Majestät der Königin, vor den Prinzen und Prinzessinnen der Königlichen Hauptlinie und der Herzoglichen Nebenlinie des Königlichen Hauses, vor Seiner Majestät dem Deutschen Kaiser, den übrigen deutschen Fürsten und allen fremden Herrschern und ihren Gemahlinnen, vor allen Prinzen und Prinzessinnen

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2. Die Wachen.

Kaiserlicher und Königlicher Häuser, vor Erbgroßherzogen und ihren Gemahlinnen, vor dem Kriegsminister, den General-Feldmarschällen, dem Generalinspekteur der Armee und vor Fahnen und Standarten. Die gleiche Ehrenbezeigung gebührt auch den Botschaftern (dem Nuntius), wenn sie in feierlicher Ausfahrt bei Hof erscheinen. Den Befehl zum Marschschlagen erteilt der Wachthabende. Die Tamboure der Wachen schlagen beim Erweisen der Ehrenbezeigung den Präsentiermarsch.

Die Wachen präsentieren: vor den Generalen und Admiralen, dem Gouverneur rc., dem Kom­ mandeur des wachthabenden Regiments oder selbständigen Bataillons, vor dem im Dienstanzuge befindlichen Offizier vom Ortsdienst und vor militärischen Trauerparaden. Dem Brigadekommandcur, dem Chef des Ingenieur-Korps und dem Inspekteur der Unterosfiziersschule werden, auch wenn sie nicht Generale sind, von den Wachen, die von Truppen ihres Befehlsbereichebesetzt sind, dieselben Ehrenbezeigungen wie den Generalen erwiesen.

Die Kommandos bei den Ehrenbezeigungen sind: „Richt Euch! Augen gerade — aus! Das Gewehr — über! Achtung! Präsentiert das — Gewehr! (Augen — links!)" Die Wache folgt der Person, der die Ehrenbezeigung erwiesen wird, mit den Augen, wie dieses für die Parade vorgeschrieben ist. Der Offizier der Wache zieht bei allen Gelegenheiten, wo Griffe von der Wache ausgeführt werden, den Säbel und macht die Griffe mit; letzteres ge­ schieht auch von den Unteroffizieren und wachthabenden Gefreiten. Unteroffiziere mit dem Offiziers-Seitengewehr und Fahnenträger (ohne Fahne) ziehen gleich­ falls das Seitengewehr, machen aber den Präsentiergriff nicht mit. Der Spielmann nimmt, wenn die Wache ins Gewehr tritt, seine Trommel oder sein Horn zur Hand. Tamboure führen die vorgeschriebenen Griffe gleich­ zeitig mit den Griffen der Wache aus. Befindet sich bei der Wache eine Fahne, so saluliert sie beim Präsentieren. Nachdem die Person rc, der die Ehrenbezeigung erwiesen worden ist, sich von der Wache entfernt hat, gibt der Wachthabende die Kommandos: „Das Gewehr — über! Gewehr — ab! Weg getreten!" Offiziere rc. haben als solche nur dann Anspruch auf Ehrenbezeigungen, wenn sie in Uniform sind. Offizieren fremder Armeen werden dieselben Ehrenbezeigungen erwiesen, wie denen der deutschen Armee. Die im vorstehenden für die Ehrenbezeigungen der Wachen getroffenen Bestimmungen werden nur bei Tageslicht angewendet. Haben die Wachen die Mäntel angezogen, so treten sie nur vor Seiner Majestät dem Könige und vor dem Offizier vom Ortsdienst ins Gewehr. Waren die Gewehre einer Wache der Witterung wegen aus den Gewehr­ stützen unter Dach zurückgenommen, so treten die Wachtmannschasten auf das Herausrufen nach dem Ergreifen der Gewehre auf dem gewöhnlichen Platz an. Sollte ein Vorgesetzter durch Winken die seinem Dienstgrade oder seiner Dienst­ stellung von der Wache zu erweisende Ehrenbezeigung ablehnen, so führt der Posten vor Gewehr allein die Ehrenbezeigung aus und unterläßt erst auf aber­ maliges Winken auch dies. Ist ein erheblicher Teil der Wachtmannschaften durch die Beaufsichtigung von Festgenommenen in Anspruch genommen, so tritt die Wache zum Erweisen von Ehrenbezeigungen nicht heraus. § 9.

Heraustrete« der Wachen zum Gebet.

Bei dem täglichen dreimaligen Gebetläuten treten die Wachen zum Gebet an. Der Posten vor dem Gewehr ruft hiezu: „Heraus!" oder klingelt. Der Wachthabende kommandiert: „Richt Euch! Augen gerade —aus!" Der Müller und v. Zwehl, Handb. f. Einj.'Frciw. III Teil.

11

162

XXI. Abschnitt. Der Garnisondienst.

Tambour schlägt zum Gebet, worauf der Wachthabende kommandiert: „Zum Gebet!" An dem sttllen Gebet beteiligen sich alle anwesenden Militärpersonen. Nach Vollendung des Gebets wird: „Herstellt — Euch!" kommandiert. Darauf schlägt der Tambour ab; der Wachthabende läßt, wenn es an der Zeit ist, ablösen oder wegtteten. § 10. Heranstrete« der Wache« in besondere« Fällen. Außer bei Ablösungen und Ehrenbezeigungen und zum Gebet treten Wachen ins Gewehr, um Ruhe und Ordnung aufrecht zu erhalten und zu ihrer eigenen Sicherheit. Ferner treten Wachen ins Gewehr, wenn es anfängt oder aushört zu regnen oder zu schneien, um die Gewehre zurückzunehmen oder wieder in die Stützen einzusetzen. Der Posten vor Gewehr ruft in diesen Fällen: „Heraus!" oder klingelt. Das weitere Verhalten richtet sich nach der Veranlassung, durch die die Wachen in das Gewehr gerufen worden sind. § 11. Verhalten der Wachen während der Dnnkelheit. Böm Eintritt der Dunkelheit an treten die Wachen nur auf besonderen Befehl heraus. Von Wachen und Posten wird nötigenfalls der Anzug gewechselt, die Mannschaften auf der Wachtstube dürfen die Kragen der Waffenröcke öffnen. Zwischen Zapfenstreich und Wecken sorgt der Wachthabende für eine richtige Einteilung der Ruhe der Mannschaften; ein Teil kann auch bei Nacht nach Besttmmung des Wachthabenden schlafen. Nähert sich in der Dunkelheit der Offizier vom Ortsdienst oder der Ronde dem Posten vor Gewehr, so erweist dieser die Ehrenbezeigung. Erst auf Befehl deS Vorgesetzten ruft er „Heraus!" oder klingelt. Nachdem die Wache an­ getreten ist, läßt der Wachthabende präsentieren. Der Offizier vom Ortsdienst oder der Ronde tritt an den Wachthabenden zum Empfang oder zur Abgabe der Parole heran. Wollen die übrigen dazu berechtigten Vorgesetzten die Wachen nachsehen, so ist das Verhalten sinngemäß. Bei Wachen, die nicht von einem Offizier befehligt sind, gibt der Wacht­ habende die Parole sowohl an den Offizier vom Ortsdienst als an den der Ronde. Ein wachthabender Offizier gibt dagegen die Parole nur an den Offizier vom Ortsdienst, vom Offizier der Ronde empfängt er die Parole. In allen Fällen melden die Wachthabenden oder teilen Offizieren jüngeren Patentes gegenüber mit, ob auf der Wache Wichtiges vorgefallen ist. Die Rondeoffiziere tragen persönlich die Zeit des Nachsehens in das Wachtbuch ein. Patrouillen — 1 Führer und 1 bis 2 Mann stark — werden von den Wachen nach näherer Bestimmung des Gouverneurs rc. entsandt. Sie haben den Zweck, die Aufmerksamkeit der Posten zu prüfen und die militärische Polizei auf den Straßen nach besonderer Vorschrift des Gouverneurs 2c. zu handhaben. Sie marschieren wie Ablösungen. Haben Patrouillen Festgenommene bei sich, so erweisen sie keine Ehrenbezeigungen. Posten, die von Patrouillen bei groben Pflichtwidrigkeiten oder in einem Zustände getroffen werden, der sie an Ausübung ihrer Obliegenheiten verhindert, sind durch einen Mann der Patrouille abzulösen und zu der betreffenden Wache zu bringen. Ersatzgestellung regelt sich nach § 7. Abends wird von den Spielleuten der Wachen Zapfenstreich und morgens Wecken geschlagen oder geblasen, und zwar der Zapfenstreich um 9 Uhr abends, das Wecken bei Tagesanbruch zu einer durch den Gouverneur rc. mit Rücksicht auf die Jahreszeit rc. festzusetzenden Stunde. Der Gouverneur rc. ist befugt, in den Sommermonaten den Zapfenstreich auch zu späterer Zeit als 9 Uhr schlagen oder blasen zu lassen.

2. Die Wachen.

163

Eine Viertelstunde vor dem Zapfenstreich wird gelockt. Der Zapfenstreich wie das Wecken wird von dem Spielmann an der Stelle geschlagen oder geblasen, an der er bei eingeteilter Wache steht. Der Posten vor dem Gewehr ruft dazu: „Heraus!" oder klingelt. Zapfenstreich und Wecken werden, wenn sie mit dem Antreten der Wachen zum Gebet oder zur Ablösung zusammenfallen, erst nach dem Wegtreten der Wachen geschlagen oder geblasen.

§ 12.

Wachtbücher und Meldungen.

Es befinden sich auf jeder Wache: 1. das Wachtbuch, in dem das namentliche Verzeichnis der Mannschaft jedes Postens, die Parole, die Offiziere vom Ortsdienst und der Ronde, das stattgefundene Nachsehen der Wache, die abgesendeten und angekommenen Patrouillen sowie besondere Vorfälle, Erkrankungen, Festnahmen ?c., anzugeben sind; 2. die Garnisondienst-Borschrift; 3. das Wachtvorschriftenbuch. Unter gewöhnlichen Verhältnissen melden die Wachen innerhalb 24 Stunden nur einmal, und zwar morgens in einfacher Ausfertigung schriftlich. Außergewöhnliche Vorfälle sind dagegen sofort zu melden. Alle Wachen eines Standortes melden, sofern es der Gouverneur rc. mit Riicksicht ans die örtlichen Berhättnisse nicht anders bestimmt, nur an die Haupt­ wache, die diese Meldungen mit der eigenen an den Gouverneur rc. gelangen läßt. Für die regelmäßigen Meldungen sind Muster festzustellen. Gewöhnlich überbringen Mannschaften, ohne das Gewehr mitzunehmen, die Meldungen der Wachen.

§ 13.

Residenz

und Schlotzwachen.

Die stets von einem Offizier kommandierte Residenzwache in der Haupt und Residenzstadt steht hinsichtlich des Sicherheitsdienstes innerhalb des Residenz­ gebäudes unter dem Generalkapitän der Königlichen Leibgarde als Kommandanten der Residenzburg, außerdem gleich den übrigen Garnisonwachen unter dem Stadtkommandanten, an welchen sie ohne Vermittlung der Hauptwache meldet. Übergabe der Meldung an Seine Majestät den König erfolgt nach besonderer Bestimmung. Der Offizier vom Ortsdienst und die Ronden sind der Residenzwache nicht vorgesetzt, visitieren dieselbe daher nicht. Der Generalkapitän ist zur Revision nach Befinden befugt; Strafbefugnis kommt ihm nicht zu. Dem Jnfanterie-Leib-Regiment steht das Ehrenrecht zu, die Residenzwache ausschließlich, sohin täglich zu besetzen. Zum sonstigen Garnison-Wachtdienst wird dieses Regiment soweit heran­ gezogen, als sich im Verhältnis zur Heranziehung der übrigen Truppen des Standorts ein wesentlicher Unterschied zu seinen Gunsten ergibt. Bei Anwesenheit Ihrer Majestäten des Königs oder der Königin befindet sich bei der von einem Hauptmann kommandierten Wache eine Fahne. Der beigegebene Offizier steht bei angetretener Wache an deren rechtem Flügel, der Hauptmann 2 Schritte rechts von diesem, demnächst folgt der Spiel­ mann mit 1 Schritt Abstand. Die Fahne hat ihren Platz zwischen den beiden Offizieren. Die Residenzwache erweist die gleichen Ehrenbezeigungen wie alle Garnison­ wachen, jedoch nur vor fürstlichen Personen und militärischen Trauerparaden. Schloßwachen außerhalb der Haupt- und Residenzstadt, die durch Anwesen­ heit Ihrer Majestäten des Königs oder der Königin veranlaßt sind, befinden sich im gleichen Verhältnisse, wie die Residenzwache in der Hauptstadt.

XXL Abschnitt.

164

Der Garnisondienst.

An Stelle deS Generalkapitäns tritt denselben gegenüber der älteste General­ oder Flügeladjutant.

§ 14.

Kaserne«- «ud sonstige Wache« der Truppenteile.

Kasernenwachen gehören im allgemeinen nicht zu den Garnisonwachen, ebensowenig Wachen, die lediglich dem besonderen Bedürfnis des betreffenden Truppenteils dienen. Für das Verhalten auf Wache und Posten haben indessen für diese Wachen und Posten die für den Garnison-Wachtdienst maßgebenden allgemeinen Be­ stimmungen volle Gültigkeit. Die besondere Vorschrift erläßt der Truppenteil, dem die Wachen angehören und dem sie auch in disziplinärer Beziehung unterstellt sind. Unter Kasernen- rc. Wachen und Posten im Sinne des Vorstehenden sind nur die zu verstehen, deren Tätigkeit nicht über den inneren Bereich der Kasernen rc. hinausgehl. Posten dieser Wachen, die vor der Kaserne rc. auf öffentlicher Straße stehen, zählen demnach nicht zu den Posten der vorbezeichneten Art, sind vielmehr als im Garnisonwachtdienst befindlich anzusehen. Dasselbe gilt von Patrouillen, die diesen Wachen entnommen sind, sobald ihre Tätigkeit über den inneren Bereich der Kasernen rc. hinausgehl. Der Gouverneur rc. kann in besonderen Fällen bestimmen, daß eine Kasernen- rc. Wache der Aufsicht des Gouvernements rc. zu unterstellen ist. In diesem Falle zählt sie zu den Garnisonwachen.

3. Posten; Wirtshauspatrouillen. § 15.

Kennzeichen und Pflichte« der Posten.

Als Posten sind nur die Mannschaften anzusehen, die im Garnison-Wachtanzuge mit der Verpflichtung, die Waffe nicht aus der Hand zu legen, auf einen begrenzten Raum angewiesen sind.

Den Posten ist, wenn nicht ein anderes ausdrücklich bestimmt wird, verboten, sich niederzusetzen oder niederzulegen, das Gewehr aus der Hand zu lassen, Tabak zu rauchen, zu schlafen, über die Grenze ihres Postens hinauszugehen, denselben vor erfolgter Ablösung zu verlassen oder sonst ihre Dienstinstruktion zu übertreten (Kr.A. 22, s. V. A. § 6).

Jeder Posten muß außer der allgemeinen Vorschrift die besonders für seinen Platz gegebene kennen. Posten, die in fürstlichen Schlössern mit Gewehr beim Fuß stehen, pflanzen stets das Seitengewehr auf; im übrigen bestimmt der Gouverneur rc., welche Posten mit ausgepflanztem Seitengewehr stehen sollen. In Ausnahmefällen befehlen auch die unmittelbaren Vorgesetzten das Aufpflanzen des Seitengewehrs; tritt die Möglichkeit des Waffengebrauches ein, so tut der Posten dieses selbständig.

Das Gewehr wird auf der Schulter — wenn das Seitengewehr nicht auf­ gepflanzt ist, auch unterm Arm — getragen. Im Schilderhause steht der Posten mit Gewehr beim Fuß. Die Posten dürfen nur bei Regen- oder Schneewetter in die Schilderhäuser treten. Zur Abstattung von Ehrenbezeigungen und sobald ihr Dienst es sonst erfordert, verlassen sie dieselben; keinesfalls darf der Aufenthalt im Schilderhause ihrer Aufmerksamkeit Abbruch tun. Bei der Übernahme überzeugt sich jeder Posten, ob die ihm zur Überwachung übergebenen Gegenstände rc. beschädigt sind. Ist dies der Fall, so meldet er es sofort dem Aufführenden. Nach erfolgter Ablösung meldet er dem Wacht­ habenden alle außergewöhnlichen Ereignisse, die sich im Bereich seines Postens zugettagen haben.

3. Posten; WirtShauspatrouillen.

165

Erkrankt ein Soldat auf Posten, so darf er diesen unter keinen Umständen verlassen, sondern läßt dem Wachthabenden durch einen vorübergehenden Sol­ daten oder eine andere Person von seiner Erkrankung Meldung machen und um Ablösung bitten. Posten rufen vorbeigehende oder herankommende Personen ?c. an, wenn es zu ihrer Sicherheit erforderlich oder aus besonderen Gründen vorgeschrieben ist, z. B. auf entlegenen Posten, in der Dunkelheit, bei Bewachung von Straf­ anstalten 2C. § 16.

Ablösen der Posten.

Für jeden einfachen Posten sind drei Mann (Nummern), für jeden Nacht­ posten zwei Mann bestimmt. Die Posten werden alle zwei Stunden, bei strenger Kälte stündlich, abgelöst. Den Befehl hiezu gibt der Gouverneur rc. oder ein anderer Wachtvorgesetzter; .bei plötzlich eintretendem Witterungswechsel ist der Wachthabende ermächtigt, Änderungen selbständig zu treffen. Das Heraustreten zur Ablösung muß zur vorgeschriebenen Zeit stattfinden. Dazu ruft der Posten vor Gewehr aus Befehl des Wachthabenden: „Heraus!" oder klingelt. Die Wache tritt schnell heraus, jeder Mann ergreift sein Gewehr. Der wachthabende Offizier ?c. zieht den Säbel und kommandiert: „Richt Euch! Augen gerade — aus! Das Gewehr — über!" und dann: „Auf­ führende — vor!" Diese marschieren fünf Schritt vor die Mitte der Wache nehmen einige Schritt untereinander Abstand und die Front nach der Wache, und teilen die Ablösungen ab, die auf das Kommando: „Ablösung —vor!" ihnen auf zwei Schritte geqenübergetreten sind. Auf das Kommando des Wacht­ habenden: „Ab — marschiert!" machen die Aufführenden für ihre Person Kehrt und rücken mit den Poüm ab. Der Posten vor dcm Gewehr tritt aus „A blösung — vor!" dem bis­ herigen Posten gegenüber, läßt sich besondere Vorkommnisse überliefern und löst ihn ab. Bei der ersten Ablösung tritt jedoch auch der Posten vor dem Gewehr, bevor er ablöst, erst in die Wachtstube, um den Tornister abzulegen und den Anzug instand zu setzen. Nachdem die Ablösung abmarschiert und die Wache neu eingeteilt ist, wird vom Wachthabenden: „Gewehr — ab! Weggetreten!" kommandiert. In der Nähe des abzulösenden Postens führt der Aufführende die Mann­ schaften, ohne daß Schwenkungen kommandiert werden, bis aus wenige Schritte an den Posten derart heran, daß auf: „Halt!" die Ablösung mit der Front gegen den Posten steht, der sich auf seinen Platz begeben hat. Der Ausführende tritt einen Schritt mit links um rechts seitwärts heraus und kommandiert: „Ablösung — vor!" (Bei dem ersten Ablösen stellt sich der Aufführende der alten Wache dem der neuen gegenüber, indem er mit rechts um links seitwärts heraustritt.) Der Ablöser tritt dicht an den abzulösenden Posten heran, läßt sich besondere Vorkommnisse überliefern und nimmt dann seine Stelle ein. Der abgelöste Mann tritt gleichzeitig in die Ablösung ein, der Aufführende setzt sich vor diese und kommandiert: „Marsch!" Bei dem ersten Aufführen der Posten nach dem Aufziehen der neuen Wache führt ihr Aufführender so lange das Kommando, bis alle Posten abgelöst sind; er marschiert bis dahin rechts von dem der alten Wache. Sind alle Posten ab­ gelöst, so übernimmt der Aufführende der alten Wache da- Kommando und marschiert rechts neben dem der neuen Wache. Vor den der Ablösung begegnenden Offizieren und Sanitätsoffizieren wird: „Augen — rechts! (links!)" und nach der Begegnung: „Rührt euch!" kommandiert. Die Aufführenden sind für die Ausführung der in vorstehendem gegebenen Vorschriften und im besonderen auch dafür verantwortlich, daß die Ablösungen ordnungsmäßig zwei Schritt hinter ihnen und int Tritt marschieren, sich auf der Fahrstraße Hallen und nur int Notfälle den Bürgersteig betreten. Drei Mann und darunter marschieren in einem Gliede, vier Mann und mehr in zwei Gliedern.

XXL Abschnitt.

16(>

Der Garnisondienst.

Wenn die zurückkehrende Ablösung sich der Wache nähert, führt der Auffiihrende sie hinter die Gewehrstützen und kommandiert: „Halt! Gewehr — ab! Weggetreten!" worauf die Mannschaften ihre Gewehre an den hiezu festgesetzten Ort bringen und wegtreteu. Der Aufsührende meldet dem Wacht­ habenden das richtige Aufführcn der Posten und etwa vorgekommene Unregel­ mäßigkeiten 2C. Nachdem die letzte Ablösung zurückgekehrt und nötigenfalls ausgetreten ist, läßt der Wachthabende zum Einteilen durch den Posten vor Gewehr „Heraus!" rufen oder klingeln. Er kommandiert: „Eingetreten!" worauf die zurückgekehrten Ablösungen, die sich hinter der Wache ausgestellt haben, eintreten und eingeteilt werden. Hieraus erfolgt das Kommando: „Weggetreten!" So lange die Wache nicht eingeteilt ist, treten die zurückgekehrten Ab­ lösungen zu Ehrenbezeigungen nicht mit heraus. Die Aufführenden sind auf dein Wege zum und vom Ablösen Vorgesetzte der von ihnen geführten Mannschaften. Mannschaften, die sich in der zweiten Klasse des Soldatenstandes befinden, dürfen als Aufführende nicht verwendet werden.

S 17.

Ehrenbezeigungen der Poften.

Zu den Ehrenbezeigungen, die die Posten zu erweisen haben, treten sie auf ihren Platz und a) präsentieren oder b) stehen mit Gewehr über still. Nähert sich jemand, dem eine Ehrenbezeigung zusteht, so begibt sich der Posten schnell auf seinen Platz und erweist hier die Ehrenbezeigung. Patrouilleur­ posten erweisen die Ehrenbezeigung auf der Stelle, an der sie sich gerade be­ enden. War der Vorgesetzte zu spät bemerkt, so wird die Ehrenbezeigung nach­ träglich erwiesen. Der Posten muß der Person, der die Ehrenbezeigung gilt, mit den Augen folgen. Wird das Gewehr unter dem Arm getragen, so wird aus dieser Haltung zunächst das Gewehr über genommen. Ehrenbezeigungen mit Gewehr beim Huß finden nur in den Königlichen und Prinzlichen Schlössern statt. Das Stillstehen mit Gewehr beim Fuß ent­ spricht dem Stillstehen mit Gewehr über, das Strecken desselben dem Präsen­ tieren. Kavallerie, Feldartillerie und Train präsentieren in diesem Falle seitwärts. Bei Doppelposten sieht der links stehende Mann nach dem rechts stehenden und macht die Griffe mit diesem gleichzeitig.

Die Posten präsentieren:

in allen Fällen, in denen die Wachen präsentteren, außerdem vor allen Offizieren und Sanitätsoffizieren der deutschen Armee, der Marine und der Schutztruppen, vor den Großkreuzen, Kommandeuren und Rittern deS Militär-Maz-Joseph-Ordens, den Großkreuzen, Großkomturen und Komturen des Militär-Verdienst-Ordens und vor Offizieren fremder Armeen. Die gleiche Ehrenbezeigung gebührt auch den Gesandten, wenn sie in feierlicher Auffahrt bei Hof erscheinen.

Die Posten stehen irtit Gewehr über still: vor den Rittern des Militär-Verdienst-Ordens (Kriegsdekoration), vor den Inhabern der Militär-Sanitäts-Ehrenzeichen, der Militär-VerdienstMedaillen, des Militär-Verdienstkreuzes (Kriegsdekoration) und des Eisernen Kreuzes, sowie vor dem Hochwürdigsten des katholischen Kultus.

4. Festnahme und Waffengebrauch.

167

Posten, die geladen oder das Seitengewehr aufgepflanzt haben, stehen als Ehrenbezeigung mit „Gewehr über" still. Diese Bestimmung kann auch auf andere Posten ausgedehnt werden, deren Aufmerksamkeit durch die ihnen änvertrauten Gegenstände 2c. besonders in Anspruch genommen wird. Es ist ohne Einfluß aus die Ehrenbezeigungen der Posten, ob sie mit oder ohne Mantel aufziehen. § 18.

Wirtshaus-Patrouillen.

Wirtshaus-Patrouillen werden unter gewöhnlichen Verhältnissen nur ge­ stellt, wenn sie von der Zivilbehörde beim Gouverneur re. ausdrücklich bean­ tragt werden. Unteroffiziere und Mannschaften, die als Patrouillen zum Überwachen von Wirtshäusern rc. kommandiert werden, haben in Ausübung dieses Dienstes die­ selben Befugnisse wie Wachtmannschaften. Sie sind dadurch kenntlich zu machen, daß sie zum Ordonnanzanzuge die beiden Patrontaschen oder die Kartusche anlegen. Wirtshaus-Patrouillen machen ihre Befehlsbefugnis nur gegen Personen des Soldatenstandes geltend und verfahren bei vorkommenden Streitigkeiten zwischen Militär und Zivil in Gemeinschaft mit der Orts-Polizeibehörde.

4. Festnahme und Waffengebrauch. § 19.

Festnahme.

Zur Festnahme einer Militär- oder einer Zivilperson sind aus eigener Machtvollkommenheit die zum Wachtdienst kommandierten Offiziere und Mannschaften, einschließlich der Offiziere vom Ortsdienst und der Ronde, in folgenden Fällen befugt: 1. wenn jemand bei Begehung einer strafbaren Handlung betroffen wird und seine Persönlichkeit nicht sofort mit Sicherheit festgestellt werden kann; 2. wenn die Festnahme zum Schutze der ihrer Bewachung anvertrauten Personen oder Sachen erforderlich ist; 3. bei einem Angriff auf die Wache und Posten, bei Tätlichkeiten oder Beleidigungen, deren Fortsetzung nur durch die Festnahme ver­ hindert werden kann. Offiziere und Sanitätsoffiziere in Uniform dürfen nur festgenommen werden, wenn sie bei Begehung eines Verbrechens auf frischer Tat betroffen oder ver­ folgt werden. Festzunehmen sind ferner Militärpersonen, die sich nach dem Zapfenstreich unberechtigt außerhalb ihres Quartiers aufhalten. Die Festnahme einer Militär- oder Zivilperson durch die Wachen re. ge­ schieht außerdem: 1. Auf Befehl der Wachtvorgesetzten; 2. auf schriftlichen Befehl eines militärischen Gerichtsherrn oder eines Gerichtes (XIV. A. § 15); 3. auf Antrag der Polizeibehörde oder anderer Beamten, denen die Pflicht obliegt, Straftaten nachzuforschen, insonderheit von Polizei­ beamten, Gendarmen 2c. Als festgenommen gilt eine Person erst dann, wenn ihr unter Handauflegen oder Berühren mit der Waffe ausdrücklich eröffnet ist, daß sie festgenommen sei. Der bloße Zuruf „Halt" oder „Sie sind verhaftet, arretiert, festgenommen" oder dergleichen genügt nicht. Dem Festgenommenen ist sofort zu erklären, daß bei Fluchtversuch von der Waffe Gebrauch gemacht werden würde; Waffen und Werkzeuge sind ihm abzu­ nehmen.

168

XXI. Abschnitt.

Der Garnisondienst.

Hal der Posten eine Person festgenommen, so stellt er sie in das Schilder­ haus, Gesicht nach der Wand. Er selbst pflanzt das Seitengewehr auf und stellt sich so vor das Schilderhaus, daß er den Arrestanten unter Augen hat. Er erweist keine Ehrenbezeigungen. Den Wachthabenden setzt er durch einen vorübergehenden Soldaten ?c. von dem Borgefallenen in Kenntnis; bei Fest­ nahme von Zivilpersonen läßt er einen Polizeibeamten herbeirufen, wenn dies schneller zum Ziele führt. Alle festgenommenen Militärpersonen werden nach der nächsten Wache ge­ bracht, wo mit ihnen nach den vom Gouverneur 2c. oder, wenn es sich um Kasernen- oder sonstige Wachen des Truppenteils handelt, vom Kommandeur dieses Truppenteils über die weitere Ablieferung getroffenen Anordnungen ver­ fahren wird. Alle festgenommenen Zivilpersonen werden nach der nächsten Wache ge­ bracht, von der sie durch die Polizei, die sofort zu benachrichtigen ist, abgeholt werden. Liegt eine Polizeiwache dem Festnahmeort näher als die zuständige Milttärwache, so erfolgt die Ablieferung unmittelbar an die Polizeiwache (s. a. vorletzten Absatz). In verkehrsreichen Straßen erfolgt der Transport festgenommener Personen möglichst in geschlossenem Wagen. Die Wachen sind zu Durchsuchungen von Wohnungen und umfriedigten Räumen behufs Festnahme einer Person nur auf Ersuchen eines militärischen GerichtSherrn, des Richters, der Staatsanwaltschaft oder deren Hilfsbeamten berechttgt. Das Eindringen in die Wohnungen während der Nachtzeit ist verboten. Dieses Verbot erstreckt sich nicht:

1. auf Fälle einer Feuers- oder Wassernot, einer Lebensgefahr oder eines aus dem Innern der Wohnung hervorgegangenen Ansuchens; *2. auf Fälle, in denen die Wachen bei Verfolgung auf frischer Tat, oder wenn Gefahr im Verzüge, oder zur Wiederergreifung eines ent­ wichenen Gefangenen in die Wohnung eindringen. 3. auf Orte, in denen während der Nachtzeit das Publikum ohne Unter­ schied zugelassen wird.

Die Nachtzeit umfaßt in dem Zeitraum vom 1. April bis 30. September die Stunden von 9 Uhr abends bis 4 Uhr morgens und in dem Zeitraum vom 1. Oktober bis 31. März die Stunden von 9 Uhr abends bis 6 Uhr morgens. Der Zutritt zu den von Militärpersonen benutzten Wohnungen darf den militärischen Vorgesetzten und Beauftragten behufs Vollziehung dienstlicher Be­ fehle auch zur Nachtzeit nicht versagt werden. Die Wachen müssen sich bei der Festnahme alles unnötigen Redens sowie aller Beleidigungen und Mißhandlungen enthalten, anderseits aber, wenn eine Festnahme erfolgen muß, diese nötigenfalls mit Gewalt erzwingen.

Es müssen daher in jedem Falle so viel Mannschaften abgeschickt werden, daß der Zweck unter den obwaltenden Umständen erreicht werden kann. Findet aber der Führer dieser Mannschaft, wenn er an Ort und Stelle anlangt, daß das ihm anvertraute Kommando zu schwach ist, um den Zweck zu erreichen, so muß er sofort denjenigen, der ihn abgeschickt hat, um die erforderliche Ver­ stärkung des Kommandos ersuchen lasten. Inwieweit das kommandierte Militär hiebei von seiner Waffe Gebrauch machen kann, ist aus § 20 ersichtlich.

Wenn Mannschaften, die nicht zur Wache gehören, zur Hilfsleistung heran­ gezogen werden, so haben sie tunlichst im Wachtanzuge zu erscheinen. Erscheint nach Lage des einzelnen Falles, z. B. bei Personen, die sich widersetzen, oder sobald schwere Verbrechen oder Vergehen vorliegen, eine Feffelung deS Festgenommenen notwendig, so erfolgt sie auf Anordnung des Wachthabenden mit dem auf Wache befindlichen Schließzeug oder auf andere geeignete Weise.

4. Festnahme und Waffengebrauch.

169

Sobald die Festnahme erfolgt ist, steht der Festgenommene unter dem Schutze der Wache. Führt er Gegenstände bei und mit sich, für deren Auf­ bewahrung er nicht selbst Sorge tragen kann, so liegt deren einstweilige Sicher­ stellung den Wachen ob. Die bei einem Festgenommenen etwa Vorgefundenen Papiere sind der zu­ ständigen Behörde abzuliefern. Der Wachthabende darf diese Papiere nur mit Genehmigung des Festgenommenen durchsehen.

§ 20

Waffeugebranch.

Dem Militär ist auf Wache und Posten sowie bei Patrouillen der Gebrauch der Waffen aus eigenem Recht gestaltet: 1. wenn dasselbe angegriffen oder mit einem Angriff ge­ fährlich bedroht wird oder durch Tätlichkeit oder gefährliche Drohung Widerstand findet — um den Angriff abzuwehren und den Widerstand zu bewältigen; 2. wenn es zur Ablegung der Waffen oder anderer zum Angriff oder Widerstand geeigneter oder sonst gefährlicher Werkzeuge auffordert und dieser Äufforderung nicht sofort Folge geleistet wird, oder die abgelegten Waffen oder Werkzeuge wieder ausgenommen werden — um den ihm schuldigen Gehorsam zu erzwingen; 3. wenn bei Festnahmen der bereits Verhaftete oder ein zur Abführung oder Bewachung anvertrauter Gefangener entspringt oder auch nur den Versuch dazu macht; 4. nötigenfalls zum Schutze der seiner Bewachung an ver­ trauten Personen oder Sachen. Das Militär hat von seinen Waffen nur insoweit Gebrauch zu machen, als es zur Erreichung der vorstehend angegebenen Zwecke erforderlich ist. Der Gebrauch der Schußwaffe tritt nur dann ein, wenn entweder ein besonderer Befehl dazu erteilt worden ist, oder wenn die anderen Waffen un­ zureichend erscheinen. Der Zeitpunkt, wann der Waffengebrauch eintreten soll, und die Art und Weise seiner Anwendung muß von dem handelnden Militär jedesmal selbst erwogen werden.

§ 21. DaS Einschreiten der bewaffneten Macht zur Erhaltung der gesetzlichen Ordnung.

(Auszug aus dem Gesetz vom 4. Mai 1851.) Artikel 1. Wenn die zuständige Zivilbehörde*) zur Erhaltung der inneren Sicherheit oder der gesetzlichen Ordnung die bewaffnete Macht aufbietet, so muß das Aufgebot schriftlich erfolgen. In Notfällen kann dasselbe mündlich gestellt, muß aber sobald als möglich schriftlich wiederholt werden. Artikel 2. Die Militärbehörde hat zu bestimmen, in welcher Stärke und auS welchen Waffengattungen die bewaffnete Macht abgeordnet werden soll. Zu diesem Zwecke ist die Militärbehörde mit 'allen erforderlichen Auf­ schlüssen zu versehen. *) Nach Erlaß des K. Staatsministeriums des Innern vom 26. Okt. 1896 Nr. 20482 sind hiefür folgende Zivilbehörden zuständig: 1. Das K. Staatsministerium des Innern, 2. die K. Regierungspräsidenten und ihre Stellvertreter, 3. die K. Kreisregierungen, Kammern des Innern, 4 die Distrikts^olizeibehörden, nämlich: a) in München die K. Polizeidirektion, b) die K. Bezirksämter, c) die unmittelbaren Stadtmagistrate und die K. Stadtkommissäre.

170

XXL Abschnitt.

Der Garnisondienst.

Artikel 3. Bevor die wirkliche Einschreitung der bewaffneten Macht erfolgt, sind die Zusammengerotteten durch einen Abgeordneten der Zivilbehörde drei­ mal im Namen des Gesetzes zum ruhigen Auseinandergehen aufzufordern. Der Abgeordnete der Zivilbehörde soll in seiner Amistracht erscheinen, oder doch mit einer weihen Schärpe ausgezeichnet sein. Können die Aufforderungen nicht durch einen Abgeordneten der Zivil­ behörde erfolgen, so sind sie durch eine von dem Befehlshaber der bewaffneten Macht abzuordnende Militärperson vorzunehmen. Jeder Aufforderung geht, insoweit es möglich ist, ein Signal voraus. Artikel 4. Bleibt auch die dritte Aufforderung ohne Erfolg, so hat die bewaffnete Macht von ihren Waffen den erforderlichen Gebrauch zu machen. Die Art und Dauer dieses Gebrauches hat der Befehlshaber unter eigener Verantwortlichkeit allein zu bestimmen.

Artikel 5. Auch ohne Signal und Aufforderung (Art. 3) und insoweit sie bereits stattgefunden haben, ohne deren Wiederholung ist die bewaffnete Macht zu dem erforderlichen Gebrauche der Waffen befugt, wenn die Zusammengerotteten

1. aus die bewaffnete Macht eindringen oder dieselbe auf irgend eine Weise angreifen, oder 2. Barrikaden errichten, oder 3. in öffentliche oder Privatgebäude eindringen oder einzudringen suchen, oder 4. Gewalttaten an Personen verüben, oder 5. fremdes Eigentum gewaltsam wegnehmen, beschädigen oder zerstören. Artikel 6. Von den Waffen kann in allen Fällen auch gegen denjenigen der erforderliche Gebrauch gemacht werden, welcher sich der Entwaffnung oder Verhaftung mit Gewalt widersetzt. Artikel 7. Personen, welche auf dem Wege zum Orte der Zusammen­ rottung betreten werden, können zurückgewiesen, und wenn sie bewaffnet sind, entwaffnet und zu Hast gebracht werden. Artikel 8. Auch nach erfolgter Wiederherstellung der Ordnung hat die bewaffnete- Macht zu den notwendigen Verhaftungen sowie zur Ablieferung der Gefangenen mitzuwirken.

§ 22.

Ausrüstung der Wachen mit Munition.

Ob die Wachen mit Patronen auszustatten sind, hängt von dem Ermessen des Gouverneurs rc. ab.

Seinem Ermessen unterliegt auch die Bestimmung der aus der Wache niederzulegenden Patronenzahl. Die Munition ist in einem verschlossenen Kasten aufzubewahrcn. Dieser Kasten sowie der dazu gehörige, in einem ver­ siegelten Umschlag aufzuhebende Schlüssel sind Gegenstand der Übergabe der Wachthabenden.

Für die Grundsätze:

Ausrüstung

der

Posten

mit

Patronen

gelten

nachstehende

1. Der Gouverneur rc. bestimmt, welche Posten mit Patronen aus­ zustatten sind. Die Posten jedoch, die zur Bewachung von Straf­ anstalten, Arresthäusern ?c. dienen, sowie solche, für deren eigene Sicherheit bei der einsamen Lage des Postens das alleinige Äufpflanzen des Seitengewehrs (§ 15) nicht als hinreichend erachtet wird, sind mit Patronen auszurüsten. Dagegen sind Posten in be­ lebten Stadtteilen nur dann mit Patronen zu versehen, wenn besondere Verhältnisse dies ausnahmsweise bedingen. Bei Aus­ wahl der Mannschaften für derartige Posten muß mit besonderer Sorgfalt verfahren werden. 2. Die mit Patronen ausgerüsteten Posten stehen mit ungeladenem Gewehr — die Munition in den Patrontaschen oder bei angezogenem

5. Sonstige Bestimmungen.

171

Mantel in der Manteltasche — und laden erst dann, wenn nach Lage der Verhältnisse der Gebrauch der Schußwaffe in Frage kommt oder wenn ihre persönliche Sicherheit gefährdet ist. Posten, die dauernd oder zeitweise mit Patronen ausgerüstet sind, müssen für den Gebrauch der Schußwaffe mit einer Sondervorschrist versehen sein. Auf die Patrouillen finden die vorstehenden Bestimmungen sinn­ gemäße Anwendung. 3. Die unmittelbaren Vorgesetzten der Wachen sind berechtigt, die auf der Wache lagernde Munition..an die Posten und Mannschaften auszugeben, sobald diese von Übermacht bedroht oder angegriffen werden oder wenn ein Angriff den Verhältnissen nach zu erwarten ist und nach ihrem Ermessen die blanke Waffe zur Abwehr nicht ausreicht. Diese Anordnung kann auch von dem Wachthabenden unter gleichen Umständen selbständig getroffen werden.

5. Sonstige Bestimmungen. § 23. Verhalten der Garnison bei Ausbruch von Feuer und Alarmierungen. Ist bei Feuersbrünsten Königliches oder Staatseigentum gefährdet, so beteiligt sich das Militär beim Löschen. Im übrigen tritt die Beteiligung, sei es zum Löschen oder zur Erhaltung der Ordnung oder zur Bewachung der Zugänge nach der Brandstelle nur dann ein, wenn die leitende Zivilbehörde bei nicht ausreichenden Polizei- rc. Kräften darum nachsucht. Der Gouverneur rc. trifft für solche Fälle vorbereitende Anordnungen. Bei Alarmierungen der Garnisonen sammeln sich die Truppen auf ihren Alarmplätzen, wo sie weitere Befehle abwarten.

§ 24.

Paroleausgabe.

In jedem Standort können die Offiziere und Unteroffiziere nach Bedarf, jedoch höchstens wöchentlich einmal, und zwar an einem Wochentage, nach besonderer Anordnung des Gouverneurs ?c. zur Paroleausgabe versammelt werden. Das Recht der Paroleausgabe steht der Reihe nach dem Kriegsminister, dem General-Inspekteur der Armee, dem kommandierenden General, dem Gou­ verneur, dem Kommandanten oder Garnisonältesten zu. Sind sämtliche Offiziere und Unteroffiziere zur Paroleausgabe befohlen, so spielt bei günstiger Witterung ein Musikkorps der Garnison auf dem Platz. Anzug für Offiziere zur Paroleausgabe s. XI. A. § 6 III. Der Anzug für Unteroffiziere und Mannschaften bei der Paroleausgabe entspricht dem der Offiziere. An Tagen, wo die Offizierkorps nicht zur Parole gehen, erscheinen nur die dazu bestimmten Adjutanten oder Befehlsempfänger der Truppenteile bei der Paroleausgabe.

S 25. Meldungen. *)

Beurlaubte Offiziere sind, wenn sie länger als 48 Stunden in einem Stand­ ort verweilen, znr Meldung verpflichtet. Diese wird entweder persönlich oder schriftlich erstattet. *) Vgl. VII. A 8 11-

XXI. Abschnitt.

172

Der Garnisondienst.

Die schriftliche Meldung ist derart abzuschicken, daß sie innerhalb der ersten 24 Stunden des Aufenthalts am Urlaubsorte bei der betr. Stelle eintrisft.

Muster zur Meldung. (Ort)

Datum

Dienstgrad, Truppen­

Inhalt der

teil rc. und Name

Meldung

Wohnung (Straße, Hausnummer event. Angabe, bei wem wohnhaft)

Bemerkungen

Anmerkung: Die Meldeblätter sind auf Viertelbogen herzustellen und bei den Truppen­ teilen rc. zur Entnahme durch die Offiziere gegen Bezahlung bereit zu halten.

Bei einem Aufenthalte von nicht längerer als achttägiger Dauer genügt eine einmalige, d. h. gleichzeitige An- und Abmeldung. Meldungen dieser Art gebühren dem kommandierenden General, dem Gou­ verneur 2c. und den in dem Standort anwesenden unmittelbaren Vorgesetzten. Zu Dienstgeschäften in einem fremden Standort sich aufhaltenden Offizieren liegt die Verpflichtung zu persönlicher oder schriftlicher Meldung ob, sobald sie über 24 Stunden dort anwesend sind. Sind zu demselben Dienstgeschäft mehrere Offiziere gleichzeittg anwesend, so genügt die Meldung des ältesten. Sämtliche Offiziere (mit Ausnahme der Generale vom kommandierenden General an aufwärts) sind, wenn dem Patent nach jünger, zur Meldung ver­ pflichtet: a) bei den Gouverneuren rc., b) bei den Kommandanten von Festungen und zwar auch dann, wenn ein Gouverneur am Orte ist. Dem Patent nach ältere Offiziere lassen diesen nur eine Mitteilung zugehen. Über den Allzug bei Meldungen s. XI. A. § 6 III.

Meldungen im eigenen Standort sind persönlich zu erstatten. Offiziere, die zu den Gouvernements rc. ihrer Standorte nicht in unmittel­ baren dienstlichen Beziehungen stehen, erstatten den Gouverneuren rc. keine Meldung, wenn mit der anzutretenden Urlaubs- oder Dienstreise eine Abwesenheit bis einschließlich 48 Stunden, eine einmalige, wenn damit eine Abwesenheit bis einschließlich 8 Tagen verknüpft ist. Bei den übrigen zur Entgegennahme von Meldungen berechtigten Vor­ gesetzten des eigenen Standorts — s. oben — finden Meldungen nur inso­ weit statt, als die Vorgesetzten bei Erteilung des Urlaubs rc. be­ teiligt sind.*) Alle vorgeschriebenen persönlichen Meldungen sind, soweit wie möglich, zur Zeit der Paroleausgabe zu erstatten. Meldungen beurlaubter Unteroffiziere und Mannschaften s. VII. Abschnitt § 3 Z. 2a. Wird ein Kommando oder Truppenteil in einem fremden Standort länger als 24 Stunden untergebracht, so meldet sich der Führer alsbald nach dem Eintreffen beim Gouverneur rc. Ist der Kommandoführer ein dem Patent nach älterer Offizier, so ist diese Meldung durch einen Offizier zu erstatten. *) Sonderbestimmungen für München s. dortige Standort-Vorschrift.

1. Kriegsgliederung. Truppeneinteilg. — 2. Verbindung d. Kommandobehörd. 173

Müßte nach Maßgabe des Eintreffens die Meldung nach 8 Uhr abends erfolgen, so wird sie unter gewöhnlichen Verhältnissen bis zum nächsten Morgen verschoben und findet dann nicht vor 8 Uhr statt. Ist der Aufenthalt von kürzerer als 24stündiger Dauer, so wird nur eine schriftliche Meldung oder Anzeige durch Ordonnanz übersandt.

XXII. Abschnitt,

^elddienfl und Gefecht. 1. Kriegsgliederung.

Truppeneinteilung.

S. F.O. 39—45 und IV. A. § 27—29.

2. Verbindung der Kommandobehörden und Truppen. S. F.O. 46—118 und XXIII. A. § 7—9.

§ 1.

Die Signalverständigung mit Winkerflaggen (zu F.O. 78). (Vorschrift für den Gebrauch der Winkerflaggen 1903.)

Die Winkerflaggen dienen bei Tage zur Signalverständigung. Es kann damit bei klarem Wetter, günstiger Beleuchtung und entsprechen­ dem Hintergrund bis auf Entfernungen von etwa 3 km Signalverständigung erreicht werden. Bei nebligem, dunstigem und sehr trübem Wetter, sowie in der Dämmerung nimmt die Wahrnehmbarkeit der Zeichen rasch ab. Die Benützung von Ferngläsern ist unbedingt erforderlich. Mit den Winkerflaggen werden „Signalpatrouillen" ausgerüstet. Stärke jeder Patrouille: zwei Trupps zu je ein Führer und zwei Mann, wovon jeder Trupp mit zwei weißen und zwei roten Flaggen ausgerüstet ist. Ordonnanzen (Radfahrer) und Pferdehatter treten nach Bedarf hinzu. Die Verwendung dieser Patrouillen muß rechtzeitig vorbedacht und der taktischen Lage, sowie den Gelände-, Witterungs- und Beleuchtungsverhältniffen entsprechend geregelt werden. Geschieht dies, so kann sie sowohl im Gefechts­ und Vorposten-, wie auch im sonstigen Truppendienst nützlich sein. Ihr Nutzen wächst im allgemeinen mit der Schwierigkeit der taktischen Lage und des Geländes. Ist das Gelände nicht betretbar, unwegsam oder wenig gangbar, so wird die Verwendung von Signalpatrouillen bisweilen die einzige und häufig die sicherste und schnellste Möglichkeit zur Übermittelung von Meldungen, Mit­ teilungen und Befehlen bieten. Mit den Signaltrupps können einzelne Signalstationen (immer je zwei zu­ sammen arbeitende), wie auch längere Signallinien besetzt werden. Die Signal­ zeichen werden durch verschiedene Stellung der Arme (mit Winkerflaggen) zu einander in der Schulterebene hervorgebracht und entsprechen den in der Kaiser­ lichen Marine vorgeschriebenen. Im Notfall können sie auch mit den bloßen Armen, Mützen oder anderen Gegenständen in den Händen gemacht werden. Die Schnelligkeit der Zeichengebung ist bis auf zehn Worte in der Minute zu steigern.

174

Felddienst und Gefecht.

XXII. Abschnitt.

3. Aufklärung.

Marschkolonne eines gemischten Detachements mit Avantgarde.

S. F.O. 119—135. Avantgarden - Kaval!.'

Abstand wechselnd

4- Sicherung.

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. Abstand wechselnd -Spitze