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German Pages 1061 [1071] Year 2019
Werner Pepels
Handbuch des Vertriebs 20 Module zur fortschreitenden Professionalisierung in Distribution und Verkauf Teilband I
Duncker & Humblot
•
Berlin
WERNER PEPELS
Handbuch des Vertriebs – Teilband I
Handbuch des Vertriebs 20 Module zur fortschreitenden Professionalisierung in Distribution und Verkauf
Teilband I Von
Werner Pepels
Duncker & Humblot · Berlin
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ISBN 978-3-428-15579-8 (Print) ISBN 978-3-428-55579-6 (E-Book) ISBN 978-3-428-85579-7 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706
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Vorwort Das Thema Vertrieb wird im Fach- und Lehrbuchbereich erstaunlich zurück haltend behandelt. Man findet listenweise Publikationen zu Management, Kon zeption, Denkhaltung, Controlling etc. im Marketing und anderswo, aber kaum solche zum Vertrieb. Das mag daran liegen, dass Wissenschaftler regelmäßig wenig Einblick in die Vertriebspraxis haben und womöglich diesen Bereich auch als zu „praxislastig“ geringer einschätzen, als es seiner tatsächlichen Be deutung entspricht. Und Manager, die im Vertrieb erfolgreich agieren, weder Zeit noch Muße verspüren, ihre Kenntnisse und Erfahrungen zu verschriftlichen und dies oft auch nicht ihrem Talent entspricht. Beides ist bedauerlich, denn der Vertriebssektor ist längst zum entscheidenden Engpass für den Markterfolg praktisch jedes Unternehmens geworden und erfordert in restriktiven und kom petitiven Märkten mehr denn je den Einsatz elaborierter, forscherisch abgesi cherter Aktivitäten. Autor und Verlag haben sich diesem wichtigen Sektor nicht nur im Rahmen des „Handbuch des Marketing“ vertieft gewidmet, sondern bereits auch in zwei spezialisierten Publikationen, „Vertriebsmanagement“ (2. A.) als ausführlicher Monographie und „Grundlagen des Vertriebs“ (3. A.) zum Einstieg in dieses Thema. Wegen der hohen Marktakzeptanz dieser Titel und des allgemein auf kommenden Interesses an Vertriebsthemen im Rahmen anspruchsvoller Praxis war es jedoch angezeigt, dieses „Handbuch des Vertriebs“ aufzulegen. Jedes dieser Werke muss in sich abgeschlossen funktionieren, dennoch liegt der In haltsschwerpunkt im vorliegenden Band auf den strategischen Aspekten des Vertriebs, wohingegen die operativen Belange in den beiden anderen Bänden dominieren. Insofern werden hier in zwei Teilbänden die Inhalte des anspruchsvollen, professionellen Vertriebs dargestellt. Der Autor greift dabei auf seine zwölfjäh rige Praxiserfahrung im Dienstleistungsvertrieb als Key Accounter über alle Ebenen vom Kontaktassistenten bis zum Partner (Geschäftsführender Gesell schafter im Mittelstand) zurück. Hinzu kommen 27 Jahre als Professor für BWL im Schwerpunkt Marketing und Vertrieb. Eine solche Kombination aus Ver triebs- und Hochschullehrererfahrung ist durchaus nicht weit verbreitet. Die Inhalte dieses Handbuchs beziehen sich auf Vertriebskonzept und -con trolling, Optionen der Vertriebskanalgestaltung, Besonderheiten in der Vertriebs politik und Umsetzung im Verkaufsmanagement. Im Hauptkapitel „Vertriebs konzept und -controlling“ (A.) wird zunächst der Vertrieb als zentrale Funktion des Marketings erläutert (1.). Darauf folgen die Managementfunktionen des
VI Vorwort
Vertriebs in Form von Vertriebsplanung und -entscheidung (2.), die Vertriebs strategie und -modellierung (3.), die Vertriebsorganisation und -abläufe (4.) sowie die Vertriebsüberprüfung und -überwachung (5.). Im folgenden Hauptkapitel „Optionen der Vertriebskanalgestaltung“ (B.) wer den im Detail die Dimensionen des Vertriebskanals dargestellt (6.) sowie die Konzepte des Direktvertriebs (7.) und des Indirektvertriebs (8.). Darauf folgen Erläuterungen zu den Distributionsbeziehungen im Vertriebskanal (9.) sowie zum logistischen Distributionssystem (10.). Damit ist Teilband I. des Hand buchs abgeschlossen, und es wird im Teilband II. fortgesetzt. Im Hauptkapitel „Besonderheiten in der Vertriebspolitik“ (C.) werden Spezi alitäten in Form des stationären Handels (11.) wie auch des virtuellen Handels (12.) dargestellt. Ebenso wird der internationale Vertrieb beleuchtet (13.) sowie der Vertrieb von Dienstleistungen (14.) und der Vertrieb an Gewerbekunden (15.). Damit sind die wichtigsten Besonderheiten berücksichtigt. Im Hauptkapitel „Umsetzung im Verkaufsmanagement“ (D.) werden zunächst die Elemente der Kundenbeziehung behandelt (16.). Im operativen Teil geht es dann um die kaufmännische Auftragsbearbeitung (17.) und die technische Auf tragsabwicklung (18.). Schließlich folgen Erkenntnisse des Käuferverhaltens (19.) als Basis für die Durchführung des Verkaufs (20.). Insofern ergibt sich ein abgerundeter Überblick über alle relevanten Facetten der Thematik. Der Begriff „Vertrieb“ wird dabei verstanden als die bewusste Beeinflussung der Vermarktungsbedingungen mittels des Instruments der Distributions- und Verkaufspolitik im Marketing, um individuelle Vorzugspositionen bei aktuellen und potenziellen Kunden und deren Kunden zu erreichen. Dies erfolgt durch Nutzung absatzrelevanter Geschäftsbeziehungen in den Phasen Anbahnung, Transaktion, Nachbearbeitung und Reaktivierung. Die Distributionspolitik befasst sich speziell mit der Gestaltung des Zugriffs auf Kaufkraft / Budget im Vertriebskanal (Hauptkapitel B.), die Verkaufspolitik befasst sich speziell mit der profitablen Materialisierung dieser Konstellation in verschiedenen Märkten (Hauptkapitel C.). Das Vertriebsmanagement umfasst diesbezüglich Planung, Entscheidung, Strategie, Modellierung, Organisation und Kontrolle (Hauptkapitel A.). Und die Vertriebsimplementierung umfasst diesbezüglich Kundenbeziehung, Auftragsbearbeitung, Auftragsabwicklung, Käufereinstellung und Verkaufsdurchführung (Hauptkapitel D.). Vertrieb hat sich dabei im Zeitablauf von der rein operativen Ebene auf eine strategische Ebene emanzipiert. Damit einher geht ein Broadening des Vertriebs, also der Einbezug erweiterter Aktivitätenfelder, sowie ein Deepening des Vertriebs, also eine Ausdifferenzierung der Einzelaktivitäten. Daraus ergibt sich nachfolgend die Basis der Ausführungen. Dieses Handbuch wäre nicht ohne die konstruktive und kooperative Unter stützung des Verlags Duncker & Humblot, Berlin, insb. von Dr. Simon und Dr. Beck sowie Frau Werner, möglich. Dafür herzlichen Dank für die nun schon
VorwortVII
zum wiederholten Mal professionelle Zusammenarbeit (der Autor hat da mit anderen Verlagen durchaus schon unerfreuliche Erfahrungen gemacht). Das „Handbuch Vertrieb“ wendet sich an Teilnehmer in Studiengängen mit betriebswirtschaftlicher Ausrichtung und Schwerpunkt im Marketing bzw. Ver trieb (Sales). Dabei ist an Studierende an wissenschaftlichen Hochschulen (Uni) und solche an Hochschulen für angewandte Wissenschaften (FH) zu denken. Aber auch an Studierende in der nebenberuflichen Aus- und Weiterbildung, z. B. bei Dualen Hochschulen, IHKen, VWAen, Fernhochschulen o. Ä. Weiterhin richten sich die Buchinhalte vor allem an Fach- und Führungs kräfte der Wirtschaft, die bereits im Vertrieb tätig sind oder dort erfolgreich tätig werden wollen. Dies betrifft die Aktualisierung weiter zurückliegenden BWL-Studienwissens bei ihnen ebenso wie den Neuerwerb systematisch-analy tischen neuen Wissens zu BWL, Marketing und Vertrieb. Im Handbuch findet sich eine Vielzahl von Übersichtsabbildungen und prak tischen Beispielen. Der Aufbau ist dabei so strukturiert, wie man es von einem Lehrbuch zu Recht erwarten kann, zugleich aber auch so anwendungsbezogen, wie das für ein Fachbuch typisch ist. Ein vergleichbares Werk ist im deutsch sprachigen Raum daher auf aktuellem Stand schwer zu finden. Umfangreiche Literaturhinweise ermöglichen auf Wunsch ein vertieftes Einsteigen in Themen bereiche besonderen Interesses. Ihnen als Leser sei nunmehr viel Erfolg bei der Anwendung der dargestellten Wissensinhalte gewünscht. Krefeld, im Juli 2018
Werner Pepels
Inhaltsübersicht Teilband I A. Vertriebskonzept und -controlling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 1. Vertrieb als zentrale Funktion des Marketings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 1.1 Inhalte des Marketingrahmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 1.2 Entwicklung des Marketingansatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 1.3 Aktuelle Marketingsichtweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 1.4 Marketing als Beziehungsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 1.5 Schnittstelle Marketing zu Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 1.6 Gesamtwirtschaftliche Einbettung der Vertriebsaktivitäten . . . . . . . . 22 2. Vertriebsplanung und -entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 2.1 Vertriebszielsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 2.2 Vertriebsplanungsrahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 2.3 Vertriebsbudgetierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 2.4 Vertriebsinformationsbasis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 2.5 Vertriebsentscheidungsfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 2.6 Vertriebsprognose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 3. Vertriebsstrategie und -modellierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 3.1 Vertriebssituationsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 3.2 Vertriebsstrategierahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 3.3 Vertriebsstrategische Dimensionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 3.4 Strategiebewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 3.5 Eckpfeiler der Produktbasis im Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 4. Vertriebsorganisation und -abläufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 4.1 Organisationseinteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 4.2 Verrichtungsorganisation im Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 4.3 Konfigurationsformen im Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 4.4 Koordinationsformen im Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 4.5 Hybride Vertriebsorganisationsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 4.6 Ablauforganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 5. Vertriebsüberprüfung und -überwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 5.1 Vertriebssegmentierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 5.2 Wertorientierte Steuerung der Produkterlöse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 5.3 Wertorientierte Steuerung der Gebietserlöse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 5.4 Wertorientierte Steuerung der Kundenerlöse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 5.5 Vertriebs-Audit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188
X Inhaltsübersicht 5.6 Vertriebs-Revision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 5.7 Kalkulationsbasis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 5.8 Vertriebs-Informationsversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 6. Dimensionen des Vertriebskanals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 6.1 Leistungsströme im Vertriebskanal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 6.2 Akteure im Vertriebskanal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 6.3 Breite des Vertriebskanals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 6.4 Tiefe des Vertriebskanals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 6.5 Struktur des Vertriebskanals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 6.6 Form des Vertriebskanals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 7. Konzept des Direktvertriebs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 7.1 Eigene Vertriebsmitarbeiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 7.2 Akquisitorische Absatzhelfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 7.3 Vertrieb über reale Marktveranstaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 7.4 Vertrieb über Katalogmedium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 7.5 Vertrieb über Dialogmedien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 7.6 Vertrieb über Veranstaltungsmedien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 7.7 Verkaufsförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 7.8 Fachwerbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 7.9 Streuprospekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 8. Konzept des Indirektvertriebs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 8.1 Handelsinstitutionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 8.2 Handelsfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 8.3 Einteilungskriterien des Handels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 8.4 Einzelhandelsbetriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 8.5 Großhandelsbetriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 8.6 Dynamik der Handelsbetriebsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 8.7 Vertriebskanaltransparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 9. Distributionsbeziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 9.1 Knappheitsfaktoren im Vertriebskanal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 9.2 Konfliktpotenziale im Vertriebskanal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390 9.3 Präsenz im Vertriebskanal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394 9.4 Vertikale Kooperation im Vertriebskanal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 10. Logistisches Distributionssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414 10.1 Bedeutung der Logistik im Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414 10.2 Techniken der Logistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417 10.3 Logistikentscheidung Transport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 420 10.4 Logistikentscheidung Lagerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427 10.5 Redistribution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432 10.6 Logistische Absatzhelfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436
InhaltsübersichtXI
Teilband II C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 445 11. Parameter im stationären Handel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 445 11.1 Sortimentsbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 446 11.2 Preisgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 450 11.3 Kalkulationsrahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452 11.4 Raumeinteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 454 11.5 Markenbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 459 11.6 Händlereigenwerbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 460 11.7 Kundenservice . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461 12. Parameter im virtuellen Handel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 463 12.1 Strukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 463 12.2 E-Geschäftsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 465 12.3 Praktische E-Sales-Ausprägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467 12.4 Web-Präsenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473 12.5 M-Sales . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 488 12.6 Suchmaschinen-Marketing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 491 12.7 E-Mail-Marketing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 493 12.8 Social Media Commerce . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 496 13. Internationaler Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 499 13.1 Kriterien der Internationalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 499 13.2 Treiber der Internationalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 500 13.3 Auslandsmarktprofil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 502 13.4 Auslandsmarktrisiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 504 13.5 Auslandsmarktwahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 506 13.6 Optionen des Markteintritts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 510 13.7 Entscheidung über die internationale Marktabfolge . . . . . . . . . . . . . . 532 13.8 Entscheidung über das internationale Marktareal . . . . . . . . . . . . . . . . 534 13.9 Entscheidung über die internationale Marktbearbeitung . . . . . . . . . . 538 14. Vertrieb von Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 541 14.1 Kennzeichen von Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 541 14.2 Besonderheiten im Vertrieb von Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . 549 14.3 Kundendienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 555 15. Vertrieb an Gewerbekunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 558 15.1 Merkmale des Gewerbekundengeschäfts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 558 15.2 Geschäftsarten im B-t-B . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 565 D. Umsetzung im Verkaufsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 589 16. Elemente der Kundenbeziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 589 16.1 Kundenzufriedenheit als Erfolgsfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 589 16.2 Unzufriedenheitsbearbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 613 16.3 Kundenbindung als Erfolgsfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 634
XII Inhaltsübersicht
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18.
19.
20.
16.4 Kündigungsprävention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 649 16.5 Kundenclubs als Beziehungsinstrument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 657 Kaufmännische Auftragsbearbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 662 17.1 Elemente des Angebotswesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 662 17.2 Elemente der Preisfeinsteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 677 17.3 Elemente der Absatzfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 698 Technische Auftragsabwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 709 18.1 Vertragliche Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 709 18.2 Bedeutung von Dokumenten im Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 711 18.3 Bedeutung von Lieferklauseln im Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 722 18.4 Ökologie als Selbstverständnis im Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 732 Erkenntnisse des Käuferverhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 744 19.1 Organisationales Beschaffungsverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 744 19.2 Privates Konsumentenverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 757 19.3 Marke als Verkaufsargument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 770 Durchführung des Verkaufs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 782 20.1 Verkauf-Kauf-Synchronisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 782 20.2 Verkaufsgesprächsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 805
Literaturhinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 818 Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 828 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1003 Über den Autor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1017
Inhaltsverzeichnis Teilband I A. Vertriebskonzept und -controlling 1. Vertrieb als zentrale Funktion des Marketings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 1.1 Inhalte des Marketingrahmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 1.2 Entwicklung des Marketingansatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 1.3 Aktuelle Marketingsichtweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 1.4 Marketing als Beziehungsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 1.5 Schnittstelle Marketing zu Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 1.5.1 Nicht-integrierte Marketingfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 1.5.2 Vertrieb als Hilfsfunktion des Marketings . . . . . . . . . . . . . . . 17 1.5.3 Vertrieb und Marketing gleich berechtigt . . . . . . . . . . . . . . . 18 1.5.4 Integrierte Vertriebs- und Marketingfunktionen . . . . . . . . . . 19 1.5.5 Verteilte Marketingfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 1.5.6 Verteilte Vertriebsfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 1.6 Gesamtwirtschaftliche Einbettung der Vertriebsaktivitäten . . . . . . . . 22 1.6.1 Marktwirtschaftliche Prinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 1.6.2 Markt und Preis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 1.6.3 Wachstum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 1.6.4 Wettbewerbsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 2. Vertriebsplanung und -entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 2.1 Vertriebszielsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 2.1.1 Zentrale Zielinhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 2.1.2 Zielarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 2.2 Vertriebsplanungsrahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 2.2.1 Planungsinhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 2.2.2 Planungsdimensionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 2.2.3 Planungstechniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 2.3 Vertriebsbudgetierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 2.4 Vertriebsinformationsbasis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 2.4.1 Wissensressourcen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 2.4.2 Optionen der Vorgehensweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 2.4.3 Durchführung der Marktinformationssammlung . . . . . . . . . . 51 2.4.3.1 Schreibtischforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 2.4.3.2 Datenauswahl in der Feldforschung . . . . . . . . . . . 53 2.4.3.3 Erhebungsform in der Feldforschung . . . . . . . . . . 56 2.4.4 Marktdatenauswertung und -interpretation . . . . . . . . . . . . . . 60
XIV Inhaltsverzeichnis 2.5 Vertriebsentscheidungsfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 2.5.1 Entscheidungsanforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 2.5.2 Entscheidungssituationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 2.5.2.1 Regelbasierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 2.5.2.2 Sonderfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 2.6 Vertriebsprognose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 2.6.1 Qualitative Prognoseverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 2.6.2 Quantitative Prognoseverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 2.6.3 Markterwartungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 3. Vertriebsstrategie und -modellierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 3.1 Vertriebssituationsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 3.1.1 Status quo-Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 3.1.2 Festlegung der Soll-Positionierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 3.2 Vertriebsstrategierahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 3.2.1 Begriff und Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 3.2.2 Strategisches Geschäftsfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 3.2.3 Strategische Gruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 3.2.4 Strategische Geschäftseinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 3.3 Vertriebsstrategische Dimensionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 3.3.1 Bestimmung des Marktfelds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 3.3.2 Bestimmung der Marktwahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 3.3.3 Bestimmung des Konkurrenzvorteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 3.3.4 Bestimmung des Konkurrenzverhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 3.3.5 Bestimmung des Konkurrenztimings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 3.4 Strategiebewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 3.5 Eckpfeiler der Produktbasis im Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 3.5.1 Neuprodukte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 3.5.1.1 Ideenfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 3.5.1.2 Forschung und Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 3.5.1.3 Markttest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 3.5.1.4 Gewerbliche Schutzrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 3.5.2 Bestandsprodukte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 3.5.2.1 Pflege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 3.5.2.2 Packung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 3.5.2.3 Qualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 3.5.3 Produktprogramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 4. Vertriebsorganisation und -abläufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 4.1 Organisationseinteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 4.1.1 Aufgabengestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 4.1.2 Stellenbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 4.2 Verrichtungsorganisation im Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 4.3 Konfigurationsformen im Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125
InhaltsverzeichnisXV 4.3.1 Vertrieb als Einlinienorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 4.3.2 Vertrieb als Stablinienorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 4.3.3 Vertrieb als Mehrlinienorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 4.3.4 Vertrieb als Matrixorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 4.4 Koordinationsformen im Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 4.4.1 Vertrieb als Teamorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 4.4.2 Vertrieb als Projektorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 4.4.3 Vertrieb als Gremienorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 4.4.4 Vertrieb als Divisionsorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 4.5 Hybride Vertriebsorganisationsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 4.6 Ablauforganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 4.6.1 Prozesssteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 4.6.2 Komplexitätsreduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 4.6.3 Willensbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 4.6.4 Organisationsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 5. Vertriebsüberprüfung und -überwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 5.1 Vertriebssegmentierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 5.2 Wertorientierte Steuerung der Produkterlöse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 5.2.1 Erlöse der Hauptleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 5.2.2 Erlöse der Nebenleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 5.2.3 Erlösschmälerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 5.2.3.1 Beplante Erlösschmälerungen . . . . . . . . . . . . . . . . 155 5.2.3.2 Unbeplante Erlösschmälerungen . . . . . . . . . . . . . . 158 5.3 Wertorientierte Steuerung der Gebietserlöse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 5.3.1 Intranationale Gebiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 5.3.2 Supranationale Gebiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 5.4 Wertorientierte Steuerung der Kundenerlöse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 5.4.1 Statischer Kundenwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 5.4.2 Dynamischer Kundenwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 5.4.2.1 Schlüsselgrößen zur Ermittlung . . . . . . . . . . . . . . 168 5.4.2.2 Kapitalwertmethode als Rechenbasis . . . . . . . . . 172 5.4.3 Stellgrößen zur Kundenwertermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 5.4.3.1 Positionen für Einzahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 5.4.3.2 Positionen für Auszahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . 179 5.4.3.3 Positionen für Verrechnungen . . . . . . . . . . . . . . . . 184 5.4.4 Abgestufte Aktivitätslevels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 5.4.4.1 Erhöhung der Auszahlungen von Kunden . . . . . . 185 5.4.4.2 Senkung der Einzahlungen in Kunden . . . . . . . . . 187 5.5 Vertriebs-Audit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 5.5.1 Risikobehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 5.5.2 Benchmarking . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 5.6 Vertriebs-Revision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195
XVI Inhaltsverzeichnis 5.6.1 Einzelkennzahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 5.6.2 Hierarchisierte Kennzahlensysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 5.6.3 Ausbalancierte Kennzahlensysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 5.7 Kalkulationsbasis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 5.7.1 Ermittlung der Preisuntergrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 5.7.1.1 Zuschlagskalkulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 5.7.1.2 Deckungsbeitragskalkulation . . . . . . . . . . . . . . . . 201 5.7.1.3 Break even-Punkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 5.7.2 Ermittlung der Preisobergrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 5.7.3 Kostenmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 5.8 Vertriebs-Informationsversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 5.8.1 Generationen von Informationssystemen . . . . . . . . . . . . . . . . 209 5.8.2 Warenwirtschaftssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 5.8.3 Efficient Consumer Response-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 5.8.3.1 ECR-Systemelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 5.8.3.2 Angebotsseite des ECR-Systems . . . . . . . . . . . . . 215 5.8.3.3 Nachfrageseite des ECR-Systems . . . . . . . . . . . . . 217 5.8.4 CPFR-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung 6. Dimensionen des Vertriebskanals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 6.1 Leistungsströme im Vertriebskanal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 6.2 Akteure im Vertriebskanal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 6.3 Breite des Vertriebskanals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 6.3.1 Exklusiver Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 6.3.2 Selektiver Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 6.3.3 Intensiver Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 6.3.4 Ubiquitärer Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 6.3.5 Optionale Sichtweisen des Kanals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 6.3.6 Distributionsgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 6.4 Tiefe des Vertriebskanals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 6.4.1 Direktvertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 6.4.2 Indirektvertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 6.4.2.1 Einstufig indirekter Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 6.4.2.2 Zweistufig indirekter Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . 232 6.4.2.3 Mehrstufig indirekter Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . 233 6.5 Struktur des Vertriebskanals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 6.5.1 Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 6.5.2 Mögliche Vertriebskanaldesigns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 6.5.3 Umsetzung des Mehrkanalvertriebs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 6.5.4 Gesplitteter Vertrieb nach Produktgruppen . . . . . . . . . . . . . . 240 6.5.5 Gesplitteter Vertrieb nach Absatzgebieten . . . . . . . . . . . . . . . 241 6.5.6 Gesplitteter Vertrieb nach Kundenarten . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 6.5.7 Cross Channel Distribution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242
InhaltsverzeichnisXVII 6.6 Form des Vertriebskanals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 6.6.1 Eigengestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 6.6.2 Fremdgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 7. Konzept des Direktvertriebs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 7.1 Eigene Vertriebsmitarbeiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 7.1.1 Mitarbeiteradministration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 7.1.1.1 Beschaffung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 7.1.1.2 Auswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 7.1.1.3 Einsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 7.1.1.4 Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 7.1.1.5 Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 7.1.1.6 Freisetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 7.1.2 Arbeitsentgeltbemessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 7.1.2.1 Formen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 7.1.2.2 Dauerhaft variable Bezugsbasis . . . . . . . . . . . . . . 268 7.1.2.3 Dauerhaft variable Verlaufsbasis . . . . . . . . . . . . . 270 7.1.2.4 Punktuell variable Basis (monetär) . . . . . . . . . . . . 271 7.1.2.5 Punktuell variable Basis (nicht-monetär) . . . . . . . 273 7.1.3 Führungsstile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 7.1.4 Steuerung der Vertriebsmitarbeiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 7.1.4.1 Gebietsaufteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 7.1.4.2 Zeitbudgetierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 7.1.4.3 Besuchsnormen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 7.1.4.4 Berichtswesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 7.1.5 Aufgaben des Innenverkaufs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 7.2 Akquisitorische Absatzhelfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 7.2.1 Handelsvertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 7.2.2 Kommissionär . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 7.2.3 Handelsmakler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 7.2.4 Handelsversteigerer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 7.2.5 Vergleich Reisender vs. Handelsvertreter . . . . . . . . . . . . . . . 292 7.3 Vertrieb über reale Marktveranstaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 7.3.1 Organisierte Anbieterkonkurrenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 7.3.2 Organisierte Nachfragerkonkurrenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 7.3.3 Zweiseitige organisierte Konkurrenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 7.3.4 Freie Formen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 7.4 Vertrieb über Katalogmedium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 7.4.1 Printkatalog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 7.4.1.1 Katalogarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 7.4.1.2 Katalogplanung (Kern) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 7.4.1.3 Katalogplanung (Package) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 7.4.1.4 Katalogdesign . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305
XVIII Inhaltsverzeichnis 7.4.1.5 Katalogproduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 7.4.1.6 Order Fulfillment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 7.4.1.7 Erfolgsmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 7.4.2 Elektronischer Katalog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 7.4.2.1 E-Katalogarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 7.4.2.2 E-Kataloggestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 7.5 Vertrieb über Dialogmedien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 7.5.1 Direktaussendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 7.5.2 Sonstige Dialogmedien im Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 7.6 Vertrieb über Veranstaltungsmedien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 7.6.1 Messe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 7.6.1.1 Messearten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 7.6.1.2 Messestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 7.6.2 Sonstige Eventmedien im Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 7.7 Verkaufsförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 7.7.1 Verkaufsförderungs-Instrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 7.7.1.1 Angebots-Mix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 7.7.1.2 Gegenleistungs-Mix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 7.7.1.3 Informations-Mix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 7.7.1.4 Verfügbarkeits-Mix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 7.7.2 Verkaufsförderungs-Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336 7.7.2.1 Zielgruppe Vertriebsmannschaft . . . . . . . . . . . . . . 337 7.7.2.2 Zielgruppe Absatzmittler im Reinverkauf . . . . . . 338 7.7.2.3 Zielgruppe Absatzmittler im Rausverkauf . . . . . . 340 7.7.2.4 Zielgruppe Endabnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 7.8 Fachwerbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 7.8.1 Mediaauswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 7.8.2 Mediaschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 7.8.3 Gestaltungshinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 7.8.4 Anhaltspunkte für „gute“ Werbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 7.9 Streuprospekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 8. Konzept des Indirektvertriebs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 8.1 Handelsinstitutionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 8.2 Handelsfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 8.3 Einteilungskriterien des Handels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 8.4 Einzelhandelsbetriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 8.4.1 Primäre, stationäre Formen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 8.4.1.1 Traditionelle Betriebsformen . . . . . . . . . . . . . . . . 360 8.4.1.2 Moderne Betriebsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 8.4.1.3 Preisaggressive Betriebsformen . . . . . . . . . . . . . . 363 8.4.2 Primäre, nicht-stationäre Formen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 8.4.3 Sekundäre, stationäre Formen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366 8.4.4 Sekundäre, nicht-stationäre Formen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368
InhaltsverzeichnisXIX 8.4.5 Spezielle Betriebsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 8.4.6 Ladenhandwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372 8.5 Großhandelsbetriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 8.5.1 Einteilungskriterien und Ausformungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 8.5.2 Bedeutung des Großhandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377 8.6 Dynamik der Handelsbetriebsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 8.6.1 Erklärungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379 8.6.2 Betriebsformenpolarisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 8.7 Vertriebskanaltransparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 9. Distributionsbeziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 9.1 Knappheitsfaktoren im Vertriebskanal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 9.2 Konfliktpotenziale im Vertriebskanal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390 9.3 Präsenz im Vertriebskanal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394 9.4 Vertikale Kooperation im Vertriebskanal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 9.4.1 Abstimmung mit der Handelsstufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399 9.4.1.1 Rahmenvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399 9.4.1.2 Herstellergestützter Mittelstandskreis . . . . . . . . . . 399 9.4.2 Raumvermietung des Handels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400 9.4.2.1 Shop in the Shop . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400 9.4.2.2 Store in the Store . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401 9.4.2.3 Hersteller-Rack Jobber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401 9.4.2.4 Konzession . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 9.4.3 Warenvermittlung des Handels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 9.4.3.1 Agenturvertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 9.4.3.2 Konsignationsvertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 404 9.4.4 Vertriebsbindung des Handels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 404 9.4.4.1 Depotsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405 9.4.4.2 Franchising . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405 9.4.4.3 Vertragshändler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 408 9.4.5 Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411 10. Logistisches Distributionssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414 10.1 Bedeutung der Logistik im Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414 10.2 Techniken der Logistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417 10.3 Logistikentscheidung Transport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 420 10.3.1 Transportmittelbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 420 10.3.2 Transportmittelwahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421 10.3.2.1 Wassertransport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421 10.3.2.2 Schienentransport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424 10.3.2.3 Straßentransport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425 10.3.2.4 Lufttransport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 426 10.3.2.5 Sonstige Transportmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 426 10.4 Logistikentscheidung Lagerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427 10.4.1 Lagerfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 428
XX Inhaltsverzeichnis 10.4.2 Lagerstandortwahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 430 10.4.3 Lagerbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431 10.5 Redistribution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432 10.6 Logistische Absatzhelfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436 10.6.1 Spediteur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436 10.6.2 Frachtführer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 438 10.6.3 Lagerhalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 439
Abbildungsverzeichnis Abb. 1:
Entwicklung des Marketingansatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
Abb. 2:
Erfolgskette des Beziehungsmanagements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
Abb. 3:
Schnittstelle Marketing zu Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
Abb. 4:
Zielsystem des Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
Abb. 5:
Dimensionen der Zielinhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
Abb. 6:
Dimensionen der Planung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
Abb. 7:
Verfahren zur Budgetierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
Abb. 8:
Elemente der Marketing Intelligence . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
Abb. 9:
Sekundär- und Primärerhebungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
Abb. 10: Auswahlverfahren der Feldforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 Abb. 11: Erhebungsmethoden der Feldforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 Abb. 12: Schritte einer mündlichen Befragungsdurchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 Abb. 13: Verfahren zur Datenauswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 Abb. 14: Entscheidungssituationen im Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 Abb. 15: Sonderfälle der Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 Abb. 16: Verfahren zur Vertriebsprognose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 Abb. 17: Gängige Verfahren zur Status quo-Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 Abb. 18: Stufen zur Positionsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 Abb. 19: Idealpunktverfahren und Idealvektorverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 Abb. 20: Abgrenzungen des Strategischen Geschäftsfelds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 Abb. 21: Optionen der Strategischen Gruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 Abb. 22: Einteilungen der Strategischen Geschäftseinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 Abb. 23: Marktfeldoptionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 Abb. 24: Optionen der Marktwahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 Abb. 25: Strategisches Spielbrett . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 Abb. 26: Optionen des Konkurrenzvorteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 Abb. 27: Optionen des Konkurrenzverhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 Abb. 28: Optionen des Konkurrenztimings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 Abb. 29: Schema des Outpacing-Konzepts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 Abb. 30: Programmgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113
XXII Abbildungsverzeichnis Abb. 31: Programmstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 Abb. 32: Programmform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 Abb. 33: Schema der Verrichtungsorganisation im Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 Abb. 34: Schema der Einlinienorganisation im Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 Abb. 35: Schema der Stablinienorganisation im Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 Abb. 36: Schema der Mehrlinienorganisation im Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 Abb. 37: Schema der Matrixorganisation im Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 Abb. 38: Schema der Gremienorganisation im Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 Abb. 39: Schema der Divisionsorganisation im Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 Abb. 40: Prozessanforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 Abb. 41: Komplexitätsursachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 Abb. 42: Beplante Erlösschmälerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 Abb. 43: Unbeplante Erlösschmälerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 Abb. 44: Aufschlüsselung der Gebietserlöse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 Abb. 45: Messung des Statischen Kundenwerts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 Abb. 46: Mögliche Kundeneigenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 Abb. 47: Alternative Kundenergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 Abb. 48: Einzahlungen in Kunden/Auszahlungen von Kunden . . . . . . . . . . . . . . . . 175 Abb. 49: Erhöhung der Auszahlungen von Kunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 Abb. 50: Senkung der Einzahlungen in Kunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 Abb. 51: Formen des Benchmarkings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 Abb. 52: Schema der Balanced Score-Card . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 Abb. 53: Kalkulationsbasis im Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 Abb. 54: Module des Geschlossenen Waren-Wirtschafts-Systems (GWWS) . . . . . 211 Abb. 55: ECR-Angebotsseite Efficient Replenishment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 Abb. 56: ECR-Nachfrageseite Category Management . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 Abb. 57: Modell des Vertriebskanals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 Abb. 58: Ausprägungen der Vertriebskanalbreite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 Abb. 59: Ausprägungen der Vertriebskanaltiefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 Abb. 60: Ausprägungen der Vertriebskanalstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 Abb. 61: Ausprägungen der Vertriebskanalform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 Abb. 62: Mitarbeiteradministration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 Abb. 63: Arbeitsentgeltbemessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 Abb. 64: Elemente zur Steuerung der Vertriebsmitarbeiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 Abb. 65: Akquisitorische Absatzhelfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284
AbbildungsverzeichnisXXIII Abb. 66: Handelsvertreterformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 Abb. 67: Reale Marktplätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 Abb. 68: Dialogmedien im Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 Abb. 69: Spektrum der Verkaufsförderungs-Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 Abb. 70: Handelsmerkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 Abb. 71: Einteilungskriterien des Handels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 Abb. 72: Betriebsformen des Einzelhandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 Abb. 73: Betriebsformen des Großhandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 Abb. 74: Knappheitsfaktoren im Vertriebskanal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389 Abb. 75: Präsenz im Vertriebskanal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395 Abb. 76: Vertikale Kooperationen im Vertriebskanal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398 Abb. 77: Elemente des Lieferserviceniveaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415 Abb. 78: Logistikentscheidungen im Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419 Abb. 79: Logistische Absatzhelfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436 Abb. 80: Vertriebsparameter im stationären Handel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 445 Abb. 81: Sortimentsbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 447 Abb. 82: Alternativen des Preispolitischen Ausgleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 453 Abb. 83: Informationsbasis für POS-Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 457 Abb. 84: Organisationsformen virtueller Marktplätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 469 Abb. 85: Arten der Display-Werbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 479 Abb. 86: Eigenwerbungsformen im WWW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 480 Abb. 87: Leistungsmesswerte für Werbung im Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 486 Abb. 88: Suchmaschinen-Marketing (SEM) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 492 Abb. 89: Rahmenvorgaben im internationalen Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 502 Abb. 90: Optionen des internationalen Markteintritts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 510 Abb. 91: Ausprägungen des Außenhandelsvertriebs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 511 Abb. 92: Ausprägungen des Dauervertragsvertriebs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 517 Abb. 93: Ausprägungen des Direkten Auslandsvertriebs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 526 Abb. 94: Optionen der internationalen Marktabfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 532 Abb. 95: Optionen des internationalen Marktareals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 535 Abb. 96: Dienstleistungsmerkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 543 Abb. 97: Kundendienstarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 555 Abb. 98: Geschäftsarten im B-t-B . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 566 Abb. 99: Arten von Systemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 577 Abb. 100: Ansätze zur Kundenzufriedenheitsmessung (I) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 593
XXIV Abbildungsverzeichnis Abb. 101: Ansätze zur Kundenzufriedenheitsmessung (II) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 599 Abb. 102: Beschwerderkategorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 618 Abb. 103: Phasen der Kundenbeziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 636 Abb. 104: Stufen der Kundenleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 638 Abb. 105: Phasen im Kundenlebenszyklus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 640 Abb. 106: Elemente des Angebotswesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 663 Abb. 107: Orientierungen zur Preisgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 679 Abb. 108: Preis-Leistungs-Quotient . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 680 Abb. 109: Interne Lenkpreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 692 Abb. 110: Basisformen der Absatzfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 699 Abb. 111: Dokumentinhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 714 Abb. 112: Vertikale Partialmodelle zum Organisationalen Beschaffungsverhalten . . 749 Abb. 113: Demografische Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 757 Abb. 114: Aktiografische Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 761 Abb. 115: Psychografische Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 763 Abb. 116: Soziografische Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 766 Abb. 117: Markenarchitekturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 772 Abb. 118: Phasen der Verkauf-Kauf-Synchronisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 783 Abb. 119: Produktklassen in der Beschaffung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 783 Abb. 120: Lieferantenstatus in der Beschaffung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 784 Abb. 121: Sourcing-Politiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 789 Abb. 122: Phasen des Verkaufsgesprächs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 810
Abkürzungsverzeichnis ADM
Außendienst-Mitarbeiter
AEUV
Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union
AFRA
Affinity – Frequency – Recency – Amount of Purchase (Verfahren zur statischen Kundenwertmessung)
AGB
Allgemeine Geschäfts-Bedingungen
AHK
Außenhandelskammer
AIDA
Attention – Interest – Desire – Action (alte Werbewirkungsformel)
BERI
Business Environment Risk Information (Länderrisikobewertung)
BGB
Bürgerliches Gesetz-Buch
B-t-B
Business to Business (Gewerbekundengeschäft)
B-t-C
Business to Consumer (Privatkundengeschäft)
CAD
Computer Aided Design
CAS
Computer Aided Selling
CBA
Control Group before and after (Testdesign)
CBT
Computer Based Training
C&C
Cash and Carry (Abhol-Selbstbedienung)
CD
Corporate Design
CFR
Cost and Freight (Incoterm)
CIF
Cost – Insurance – Freight (Incoterm)
CIP
Cost and Insurance paid to (Incoterm)
CPFR
Collaborative Planning Forecasting Replenishment
CPT
Carriage paid to (Incoterm)
CRM
Customer Relationship Management (Kundenbeziehungsmanagement)
DAP
Delivered at Point (Incoterm)
DAT
Delivered at Terminal (Incoterm)
DB
Deckungsbeitrag
DDP
Delivered Duty paid (Incoterm)
DPMA
Deutsches Patent- und Marken-Amt
DPP
Direkte Produkt-Profitabilität
DPR
Direkte Produkt-Rentabilität
DR-R
Direct Response Radio
DR-TV
Direct Response Television
XXVI Abkürzungsverzeichnis DSD
Duales System Deutschland
EBA
Experimental Group before and after (Testdesign)
ECR
Efficient Consumer Response
EDI
Electronic Data Interchange (Datenübertragungsstandard)
eG
Eingetragene Genossenschaft
EH Einzelhandel EHP Einheitspreisladen EP
Efficient Promotions (ECR)
EPI
Efficient Product Introduction (ECR)
ERG
Existence – Relatedness – Growth (Motivationstheorie)
ERM
Enterprise Resource Management
ERP
Efficient Replenishment (ECR)
ESA
Efficient Store Assortment (ECR)
EXW
Ex Works (Incoterm)
FAP Fabrikabgabepreis FAQ
Frequently Asked Question
FAS
Free alongside Ship (Incoterm)
FCA
Free Carrier (Incoterm)
FCR
Forwarders Certificate of Receipt (Logistikdokument)
FCT
Forwarders Certificate of Transport (Logistikdokument)
FMCG
Fast Moving Consumer Good (Produkt des täglichen Bedarfs)
FMEA
Fehler-Möglichkeits- und -Einfluss-Analyse (Qualitätstechnik)
FOB
Free on Board (Incoterm)
FOC
Factory Outlet Center
FRAC
Frequency – Recency – Amount of Purchase – Category (Verfahren zur statischen Kundenwertmessung)
FRAP
Frequenz-Relevanz-Analyse für Probleme (Qualitätstechnik)
FRAT
Frequency – Recency – Amount of Purchase – Type of Merchandise (Verfahren zur statischen Kundenwertmessung)
FuE
Forschung und Entwicklung
GBG
Geschlossene Benutzer-Gruppe
GE Geldeinheit GH Großhandel GLN
Global Location Number (Strichcode)
GTIN
Global Trade Item Number (Stichcode)
GVO Gruppenfreistellungs-Verordnung GWB
Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
GWWS
Geschlossenes Waren-Wirtschafts-System
AbkürzungsverzeichnisXXVII HGB Handelsgesetzbuch HTML
Hyper Text Markup Language
HWK Handwerkskammer ICC
International Chamber of Commerce
IP
Internet Protocol
IPO
Initial Public Offering (Erstmaliger Börsengang)
I-TV
Interactive Television
IuK
Informations- und Kommunikation-Technologie
IVW
Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern
J-i-T
Just in Time
KKV
Komparativer Konkurrenz-Vorteil
KMU
Klein- und Mittelunternehmen
LAN
Local Area Network
LBS
Location Based Service (Mehrwertdienst im Mobilfunk)
LCC
Life Cycle Costing (Kostenmanagement)
LEH Lebensmittel-Einzel-Handel LoI
Letter of Intend
LSP
Leitsätze zur Preisermittlung auf Grund von Selbstkosten
LTE
Long-Term Evolution (Mobilfunkstandard)
MCD
Multi Channel Distribution (Mehrkanalabsatz)
MDE
Mobile Daten-Erfassung
MRO
Maintenance – Repair – Operations
NFC
Near-Field Communication
OCR
Optical Character Recognition
OEM
Original Equipment Manufacturer („ohne eigene Marke“)
OLAP
Online Analytical Processing (Datenanalysesystem)
OR
Operations Research
PAF Preis-Absatz-Funktion PDCA
Plan – Do – Check – Act (Qualitätstechnik)
PLU
Price Look up (Scanner-Kasse)
POS
Point of Sale (Handelsplatz)
PVH Produktions-Verbindungs-Handel QFD
Quality Function Deployment (Qualitätstechnik)
QR
Quick Response
RCS
Roll Cage Sequencing (ECR)
RFID
Radio Frequency Identification (Kontaktlose Nahfeld-Datenübertragung)
XXVIII Abkürzungsverzeichnis RFMR
Recency – Frequency – Monetary Ratio (Verfahren zur statischen Kundenwertmessung)
RFP
Request for Proposal (Angebotswesen)
RFQ
Request for Quotation (Angebotswesen)
RSS
Really Simple Syndication
SB Selbst-Bedienung SEA
Search Engine Advertising (Suchmaschinen-Werbung)
SEM
Search Engine Marketing (Suchmaschinen-Marketing)
SEO
Search Engine Optimization (Suchmaschinen-Optimierung)
S-R
Stimulus Response (Reiz – Reaktion)
SSCS
Serial Shipping Container Code
TCoO
Total Cost of Ownership (Kostenmanagement)
TQM
Total Quality Management
UE Unterhaltungs-Elektronik UEPV
Unter-Einstands-Preis-Verkauf (regelmäßig verboten)
UGC
User Generated Content (Web 2.0)
URL
Unique Resource Locator (Internet-Adresse)
UWG
Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb
VADM Verkaufs-Außendienst-Mitarbeiter VAN
Value Added Network
VKF Verkaufsförderung VPN
Virtuelles Privates Netzwerk
VPöA
Verordnung über die Preise bei öffentlichen Aufträgen
WKZ Werbekostenzuschuss WLAN
Wireless Local Area Network
Teilband I
A.
Vertriebskonzept und -controlling
1.
Vertrieb als zentrale Funktion des Marketings
Das Unterkapitel „Vertrieb als zentrale Funktion des Marketings“ beschäftigt sich mit dem betrieblichen Umfeld des Vertriebs. Zunächst geht es um die In halte des Marketingrahmens (1.1), in den der Vertrieb eingebettet ist. Dann wird die dynamische Entwicklung des Marketingansatzes berücksichtigt (1.2), wobei vor allem die aktuelle Marketingsichtweise dargestellt wird (1.3). Dabei steht das Marketing als generisches Beziehungsmanagement im Vordergrund (1.4). Schließ lich wird die Schnitt stel le zwi schen Mar ke ting und Ver trieb (1.5) als wesentliche Erfolgsvoraussetzung beleuchtet. Übergreifend geht es in 1.6 um die gesamtwirtschaftliche Einbettung der Vertriebsaktivitäten. Leser kennen nach Durchsicht dieses Unterkapitels die Marketingdenkweise, sie verstehen die Zusammenhänge zwischen Marketing und Vertrieb und sie können diese Erkenntnisse in ihre weiteren Studien und Arbeiten einbringen. 1.1
Inhalte des Marketingrahmens
Die Ursprünge des Marketings liegen in Deutschland in der Handelsbetriebs lehre begründet. In Leipzig und Köln gab es die ersten Lehranstalten, die sich mit dem, was man heute unter Marketing subsumiert, beschäftigten, als Han delshochschulen. Dies liegt auch nahe, wird doch die abstrakte Marktleistung kaum irgendwo sonst so konkret und alltäglich erlebbar wie im Handel. Aus diesen Anfängen zur Jahrhundertwende entwickelte sich dann etwa zwischen 1925 und 1970 die Absatzwirtschaftslehre, wesentlich verbunden mit dem Na men Erich Gutenberg. Im Mittelpunkt der Absatzwirtschaft stand die Distribu tionsfunktion als Vorbereitung und Durchführung des Verkaufsvorgangs, also die Verwertung der wie auch immer erstellten Unternehmensleistung zur Liqui dierung bei wie auch immer gearteten Nachfragern am Markt. Zwischen etwa 1965 und 1985 ergab sich daraus, aufbauend auf wegweisenden amerikanischen Ansätzen (Philip Kotler, Theodore Levitt), die Marketinglehre, hierzulande we sentlich verbunden mit dem Namen Heribert Meffert (aber auch den Namen Bruno Tietz, Hans Raffée, Erwin Dichtl u. a.). Sie stellte erstmals ein in sich geschlossenes Konzept zur Marktbearbeitung dar, das die Ausrichtung aller Ak tivitäten auf die Nachfrageseite postulierte, weil diese als Engpass für den Un ternehmenserfolg identifiziert wurde. Ab etwa 1980 wurde dieser Ansatz ent scheidend dadurch erweitert, dass eine Marketingsichtweise als Maßgabe für
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A. Vertriebskonzept und Controlling
jede strategische Betriebsausrichtung angesehen wurde, eben als Marketing-Ma nagement, um damit entscheidende komparative Konkurrenzvorteile zu errei chen. Weitere Entwicklungen folgen bis zum heutigen Tag und sorgen für eine stetige Aktualisierung der Marketinginhalte. Marketing ist ein Teilbereich der Betriebswirtschaftslehre, die wiederum zu den Sozialwissenschaften gehört. Innerhalb der Betriebswirtschaftslehre ist Mar keting eine Funktionenlehre. Marketing ist in Relation zu anderen Funktionen lehren eine vergleichsweise junge Disziplin. Dies ergibt sich aus wechselnden ökonomischen Engpässen im Zeitablauf. Da war zunächst der Engpass der Leistungserstellung, der durch Produktion mit Hilfe von Dampferzeugung und Elektrizität rasch überwunden wurde. Dann der Engpass der Beschaffung von Rohstoffen, der elegant durch Kolonialisie rung gelöst wurde, von Finanzmitteln, der durch Bildung von Kapitalgesell schaften ausgeschaltet wurde, und von Personal, der durch Ausbildungsmaßnah men im Wesentlichen beseitigt wurde. Damit aber trat historisch der Engpass der Leistungsverwertung in Kraft. Nun limitiert leider der Engpass den gesam ten wirt schaft li chen Er folg. Das heißt, selbst ein Über schuss an Pro duk ti on, Rohstoff, Kapital und Personal führt zu keinem besseren Betriebsergebnis, so lange ein Mehrabsatz von daraus resultierenden Gütern nicht gewährleistet ist. Dies setzt aber einen aufnahmefähigen Markt voraus, wie er eher für Zeiten des Mangels als des Überflusses zutrifft. In Mangelzeiten, wie vor gar nicht so langer Zeit noch für die jetzigen Neuen Bundesländer typisch, sind die Anstren gungen, die Nachfrager unternehmen müssen, um in den Besitz gewünschter Waren zu gelangen, größer als die der Anbieter. Man spricht von einer Verkäu fermarktsituation. Nachfrager dürfen Schlange stehen, um ein Angebot zu ergat tern, müssen den taktisch besten Zeitpunkt erwischen, ihre geringe Chance wahrzunehmen und sind schließlich sogar bereit, dafür unverhältnismäßig hohe Preise zu zahlen. Umgekehrt hat die Anbieterseite die Gewissheit, dass sie ihre Waren beinahe unabhängig von deren Qualität und Preis in jedem Fall losschla gen kann. Es ist unmittelbar einleuchtend, dass sie sich unter diesen Bedingun gen Marketinganstrengungen getrost erspart. Glücklicherweise haben die entwickelten Industrienationen diesen Zustand je doch mehr oder min der hin ter sich ge lassen. Die Realität ist eher die des Käufermarkts. Nunmehr müssen Anbieter, zumal im Parallelwettbewerb zuei nander, versuchen, Nachfrager an ihr Produkt zu binden, neu zu akquirieren oder vom Mitbewerb wegzulocken, während die Nachfrageseite bequem ver schiedenste Angebote vergleichen und das bevorzugte auswählen kann. Marke ting muss dabei dafür Sorge tragen, dass das eigene Unternehmen gegen kon kurrierende andere bei Abnehmern zum Zuge kommt. Ansonsten wenden diese sich Mitbewerbern zu. Marketing wird damit überlebenswichtig für jedes er folgreiche Unternehmen.
1. Vertrieb als zentrale Funktion des Marketings5
Da mit aber wird Marketing zum Engpass für den Geschäftserfolg. Fort schrittliche Unternehmen haben dies erkannt und räumen der Marketingfunktion Priorität innerhalb ihrer Organisation ein. Da im Marketing die Menschen im Mittelpunkt stehen, kommen in der Praxis Optimierungsverfahren kaum in Be tracht. Denn Menschen sind, glücklicherweise, nicht berechenbar. Vor allem aber, Menschen denken nicht rational, sondern zutiefst emotional. Und deshalb bleibt Marketing oft die Folge von Versuch und Irrtum. Man testet den Erfolg von Marketingmaßnahmen am Markt und behält diese bei, sofern sich der ge wünschte Erfolg einstellt, oder verändert sie solange, bis man zum gewünschten Erfolg kommt. Allerdings sorgen stetige Veränderungen der Umfeldbedingun gen dafür, dass Voraussetzungen, die gestern noch Erfolg zeitigten, diesen heute schon wieder vermissen lassen. 1.2
Entwicklung des Marketingansatzes
Zur Systematisierung bietet sich eine Unterscheidung in fünf Marketing-De finitionsklassen an. Vorab sei jedoch bereits erwähnt, dass das Schwergewicht der wissenschaftlichen Betrachtung noch ziemlich eindeutig im Marketing III liegt, allerdings mit Übergang zu Marketing IV, während Marketing V wegen der Inoperationalität des Untersuchungsobjekts zumindest in der Wissenschaft nicht in aller Konsequenz vertreten wird, und Marketing II als historisch un streitig gesichert gilt (siehe Abb. 1). Marketing 0 betrifft noch die Vor-Marketing-Ära. In dieser Zeit waren gleich wohl absatzwirtschaftliche Aufgaben zu erfüllen. Nur waren diese noch auf verschiedene betriebliche Funktionsbereiche verteilt und diesen auch unterge ordnet. Auch fand keine konzeptionelle Integration dieser Aktivitäten statt. Dies
Abb. 1: Entwicklung des Marketingansatzes
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A. Vertriebskonzept und Controlling
wurde aufgrund weithin auskömmlicher Vermarktungssituationen als nicht wei ter erforderlich angesehen. Diese Zeiten sind längst vorbei. Marketing I betrifft das Marketing als Absatzpolitik von Unternehmen (tradi tionelle Absatzwirtschaft). Dies führt zu einer Sichtweise des absatzpolitischen Instrumentariums (Produkt- und Programmpolitik, Preis- und Konditionenpoli tik, Kommunikations- und Identitätspolitik sowie, mit einem gewissen Schwer punkt, Distributions- und Verkaufspolitik). Es geht bei Marketing I also um die Stimulierung des Flusses von (vor allem) Waren, (aber auch) Geldern und In formationen, im Vertriebskanal. Nach der Auffassung des Marketing II bedeutet Marketing passive Markt anpassung durch Ausrichtung aller Unternehmensaktivitäten an den Markter fordernissen (Outside in-Ausrichtung). Das heißt konkret, dass Unternehmen kontinuierlich alle Märkte beobachten und immer dann, wenn sie einen Man gel festzustellen glauben, ein entsprechendes Angebot offerieren. Die Nachfra ger als Souverän des Markts entscheiden dann nach Kenntnis und Beurteilung dieses Angebots, ob sie es erstmals oder anstelle eines anderen Angebots an neh men wol len oder nicht. Es leuch tet ein, dass da raus für das be tref fen de Unternehmen ein sehr hohes Risiko erwächst. Denn alle Initialinvestitionen in ein Angebot gehen verloren, wenn es von Abnehmern nicht akzeptiert wird. Dies ist ein betriebswirtschaftlich sehr unbefriedigender Zustand. Weiterhin wird den Unternehmen eine nur reaktive Rolle zugeteilt. Sie hecheln den mut maßlichen Nachfragerbedürfnissen regelrecht hinterher und versuchen, sich ge genseitig in der Bedürfnisbefriedigung zu überbieten. Die dazu erforderliche Flexibilität ist nicht mit den Planungserfordernissen der Unternehmen kompa tibel, die auf möglichst stabile, sichere und einwertige Erwartungen abzielen. Schließlich stellt sich bei dieser Sichtweise auch die Frage, wie Unternehmen neue Bedarfssituationen erkennen können. Dazu ist es wichtig zu berücksich tigen, dass Nachfrage an sich nicht kreativ sein kann. Vielmehr kann sie nur auf vorhandene Marktangebote reagieren und diese wählen oder ablehnen, nicht aber aktiv artikulieren. Außerdem wechseln diese Bedarfe rapide, so dass ein stetiger Time-lag zur Bedienung besteht. Und da häufig unrealistische An gebotsmerkmale erwartet werden, ist dennoch Enttäuschung vorgezeichnet. Dies ist mit einem zeitgemäßen Marketingverständnis jedoch nicht mehr unbe dingt vereinbar. Zeitgemäß aufgefasst ist Marketing III aktive Marktgestaltung, also Beein flussung der Vermarktungsbedingungen über Instrumentaleinsatz mit der Ab sicht, diese den eigenen Zielvorstellungen anzupassen (Inside out-Ansatz). Da bei starren Anbieter nicht wie Kaninchen auf die Schlange Markt, sondern be einflussen den Markt selbst in einer Art und Weise, die den unternehmensego istischen Zielen entspricht. Diese Beeinflussung erfolgt durch mehr oder minder intensiven Einsatz des Marketinginstrumentariums. Diese Sichtweise entspricht denn auch weitaus mehr der Realität der Märkte. Jeder Anbieter ist überlebens
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notwendig darauf angewiesen, seine Produkte am Markt zum Erfolg zu führen. Da diese Angebote oft aber nicht den originären Bedürfnissen von Abnehmern entsprechen, müssen Anbieter die Vermarktungsbedingungen derart ändern, dass ihr Produkt ein solches Bedürfnis befriedigt. Diese Bedürfnisse sind oft erst zu generieren, und zwar über die Nutzung von Marketinginstrumenten, welche die Rahmendaten derart verändern, dass ein Angebot am Markt reüssieren kann. Diese Situation ist in weiten Teilen gesättigter Märkte anzutreffen. Bestehende Bedarfe sind durch eine breite Vielfalt von Produkten bestens abgedeckt. Und zusätzlicher Absatz ist nur durch Generierung neuer bzw. ersetzender oder durch Modifizierung bestehender Bedarfe zu erzielen. Dies erfolgt vor allem durch Sozialtechniken, die gesellschaftliche Sanktionsmechanismen nutzen, um neue Nachfrage zu schaffen. Damit schafft sich Marketing letztlich die Märkte selbst, auf denen es erfolgreich Produkte anbieten will. Gleichzeitig resultiert daraus allerdings der Vorwurf der Manipulation gegenüber dem Marketing, der grundsätzlich berechtigt und nur durch strenge Selbstdisziplin zu unterbinden ist. Marketing III betrifft damit Marketing als marktorientierte Unternehmens führung (Marketing-Management). Alle betrieblichen Aktivitäten, und nicht nur die Vertriebspolitik, stehen damit im Dienste einer umfassenden Kunden- und Wettbewerbsorientierung. Marketing IV betrifft das Management von Austauschprozessen und -bezie hungen (Beziehungsmanagement). Es geht um Prozesse von Einzelpersonen, Personengruppen und Organisationen. Dies führt zu einer Weiterung der einzel betrieblichen Sichtweise um makroökonomische Aspekte. Marketing IV führt zum Management von Austauschprozessen und -beziehungen mit unterneh mensinternen und -externen Partnern, insbesondere mit Partnern auf Absatzund Beschaffungsmärkten sowie im Bereich der allgemeinen Öffentlichkeit. Diese wird im Folgenden näher ausgeführt (1.4). Marketing V ist nicht mehr nur auf ökonomische Aktivitäten begrenzt, son dern betrifft jegliche Art sozialer Beziehungen (Generic Marketing). Damit ist das ganze Leben durchsetzt von Marketing und nichts anderes als Ausdruck weithin normalen menschlichen Verhaltens. Marketing umfasst demnach die Gesamtheit der Bemühungen zur Gestaltung der Beziehungen zwischen Orga nisationen und Individuen als Sozialkonzept. Grundlage sind jeweils Transakti onen, also der Austausch von Dingen von individuellem Wert wie Sachleistun gen, Dienstleistungen, Ideen, Gefühle, Verhaltensweisen etc. Dies wird durch neuere Theorien, wie die Institutionenökonomik, theoretisch fundiert. Immer dann, wenn vor einem Transaktionsprozess bedacht wird, wie ein individuelles Ziel unter Einbezug der Interessen beteiligter anderer besser erreicht werden kann, handelt es sich demnach um Marketing V. Für ein solches Broadening des Marketings sprechen eine ganze Reihe von Gründen, so eindeutig die Erweiterung der Marketingwissenschaft in ihrem Gel tungsbereich und damit der Bedeutungsgewinn dieser Disziplin, weiterhin die
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A. Vertriebskonzept und Controlling
Verknüpfung zu verwandten Erkenntnisbereichen der Sozialwissenschaften, die sich bislang eher wirklichkeitsfremd gegeneinander abgrenzen, sowie die Chance zur Entwicklung einer, derzeit noch fehlenden, (Meta‑)Theorie der Austauschpro zesse. Dagegen spricht jedoch der erhebliche Verlust an Präzision der damit ver bundenen Aussagen (terminologische Konfusion), weiterhin die drohende Ent fremdung zwischen Theorie und Praxis sowie das Ausbrechen des Marketings aus der Betriebswirtschaftslehre als ihrem angestammten Objektbereich. Den noch hat man in der Sache der Auffassung des Broadening bis hin zum Generic Marketing wohl zuzustimmen. Allerdings ist sie, jedenfalls nach dem derzeitigen Stand des Wissens, inoperational, d. h., obgleich sie zutreffend ist, ist es nicht zweckmäßig, sie als Basis für wissenschaftliche Erkenntnisse zu wählen. Durch die Überwindung der vielfach als einseitig empfundenen Orientierung des Mar ketings an erwerbswirtschaftlichen Problemlagen wird zumindest eine höhere ge sellschaftliche Relevanz von Marketingaussagen erreicht. 1.3
Aktuelle Marketingsichtweise
Es ist nicht verwunderlich, dass zu einem vergleichsweise komplexen Begriff wie dem des Marketings unterschiedlichste definitorische Ansätze existieren. Waren zu Beginn das „dynamische Aufreißen von Kunden“, der schnelle Ab schluss, das clevere Manipulieren dominant, so wird nunmehr die Verantwor tung des Marketings für das Gemeinwohl postuliert. Dieser Wandel ist nicht nur ethisch-moralisch fundiert, sondern dadurch bedingt, dass stagnierende Märkte und restriktive Umfeldbedingungen die Bedeutung der Akquisition neuer Kun den weiter hinter die der Pflege der Beziehungen zu bestehenden Kunden zu rücktreten lassen. Denn unter diesen Vorzeichen ist es unmittelbar einsichtig, dass es zunächst einmal der Absicherung der bestehenden Kunden bedarf, bevor man sich an die Gewinnung neuer Kunden macht, denn ansonsten kommt es nur zum kostenaufwändigen Tausch von Abnehmern im Nullsummenspiel. Das heißt, der Fokus der Aktivitäten ist von der Transaktions- und der Vorkaufphase auf die Nachkaufphase gewandert. Mehr noch, bereits früh hatte Kotler festgestellt, dass eigentlich jegliche Form sozialen Austauschs Marketingüberlegungen zugänglich ist, Marketing also keineswegs auf geschäftliche Zwecke begrenzt bleibt, sondern ebenso gut auch im privaten oder gemeinwirtschaftlichen Bereich instrumentalisiert werden kann. Da Werte transferiert werden, und die absatzpolitische Domäne in der Gestaltung solcher Austauschprozesse liegt, wird modernes Marketing ganz zwangsläufig zum Beziehungsmanagement. Legt man diese richtungsweisende Marketingauffassung zugrunde, lässt sich daraus folgende Marketingdefinition (Generic Relationship Management / GRM) ableiten:
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•• Marketing ist die Planung, Organisation, Implementierung und Kontrolle (Managementaspekt) aller Aktivitäten mit der Absicht der Erreichung qualita tiver und / oder quantitativer Vorgaben (Entscheidungsaspekt) durch Auswahl und Aufbau, Unterhalt und Referenzierung, Ausbau und Intensivierung bzw. Wiederherstellung oder Ausgrenzung von Geschäftsbeziehungen (Pflegeas pekt) mit jeweils relevanten Zielgruppen in Absatz, Beschaffung, Produktion, Umfeld und Medien (Anspruchsgruppenaspekt). Da Marketing wahrscheinlich noch auf einige Zeit hinaus diesen umfassen den Anspruch nicht wird einlösen können, bietet sich derzeit eine engere Ar beitsfassung wie folgt an (Customer Relationship Management / CRM): •• Marketing beinhaltet die bewusste Beeinflussung der Vermarktungsbedingun gen über den Instrumental-Mix mit der Absicht der Erreichung quantitativer und qualitativer Zielvorstellungen über die Nutzenstiftung für Kunden und deren Kunden durch die zielgerichtete Gestaltung profitabler Geschäftsbezie hungen mittels deren nachhaltigem Aufbau, Unterhalt, Ausbau, Wiederherstel lung oder Aufkündigung. Das heißt, Aktivitäten zu anderen Handlungsträgern werden vorläufig nur insoweit als für das Marketing relevant betrachtet, als sie einen Einfluss auf die Zielerreichung bei Kunden und deren Kunden („Demandholders“) haben. Akti vitäten mit anderen Handlungsträgern zu anderen Zielen gehören danach nicht mehr zum Marketingobjektbereich. Aus der Sichtweise des Beziehungsmarketings wird die für das Marketing so typische, verbreitet vorkommende zweistufige Kundenbeziehung deutlich, näm lich die Gestaltung der Beziehungen zu (gewerblichen oder privaten) Endabneh mern (Pull) über häufig eingeschaltete (gewerbliche) Zwischenabnehmer (Ab satzmittler / -helfer) (Push). 1.4
Marketing als Beziehungsmanagement
Customer Relationship Management (CRM) steht dabei i. e. S. für drei Ansatz punkte des Marketings. Erstens wird CRM als Maxime zum zielorientierten Ma nagement von lebenszyklusbezogenen Beziehungen zu (direkten und indirekten) Kunden verstanden. Dies stellt die strategische Denkhaltung in den Vordergrund. Zweitens wird CRM als Mittel zur Gestaltung des Aufbaus, des Unterhalts, des Ausbaus und ggf. der Wiederherstellung oder Ausgrenzung von Kundenkon takten gemäß ihrer Profitabilität verstanden. Dies stellt die taktische Instrumen tierung der Kundenakquisition, -bindung, -ausweitung und -rückgewinnung in den Vordergrund (dabei liegt eine zeitliche Orientierung am Kundenlebenszy klus zugrunde). Und drittens wird CRM als Methode zur datenbankgestützten Kontaktierung aktueller (und teilweise auch potenzieller) Kunden mittels geeigneter Software
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A. Vertriebskonzept und Controlling
verstanden. Dies stellt den operativen Einsatz in den Mittelpunkt. Allen drei Sichtweisen ist gemein, dass die Nachkaufphase in den Mittelpunkt der Marke tingaktivitäten rückt und als Engpass des marktbezogenen Unternehmenserfolgs erachtet wird. Als Zielgruppen sind generisch, aber auch Lieferanten, Kapitalgeber, Konkur renten, Öffentlichkeit, Management etc. (Stakeholders) zu sehen. Stakeholders sind allgemein Handlungsträger, die in der Lage sind, den Organisationserfolg positiv oder negativ zu beeinflussen. Sie leisten Beiträge (Stakes) für den Ge schäftserfolg des Anbieters und leiten daraus Ansprüche an den Beitragsemp fänger ab. Diese Ansprüche sind materieller und / oder immaterieller Natur. Sie bestehen in bilateralen Transaktions- und Interaktionsbeziehungen mit einem Fluss von Leistungen und Gegenleistungen. Anspruchsgruppen tangieren den Unternehmenszweck und die Überlebensfä higkeit, im Unterschied zu Bezugsgruppen, die verhaltensbeeinflussend wirken, oder Interessengruppen, die kei ne di rek ten Bei trä ge zum Er folg leis ten. Sie bedürfen daher eines bewussten Managements für einen bestmöglichen Interes senausgleich zwischen ihnen und dem Unternehmen und werden durch einen kontinuierlichen Informationsaustausch mit Leben erfüllt. Der Stakeholder-Ansatz hat den traditionellen Shareholder-Ansatz (Gewinn maximierung) in der Diskussion abgelöst. Zu den Stakeholders gehören interne Partner, Marktpartner und Umfeldpartner. Diese Stakeholders haben allerdings völlig unterschiedliche Ziele, die sie durch Beiträge aktiv fördern, und Macht mittel, mit denen sie deren Nichterreichung sanktionieren können. Bei internen Partnern (horizontale Beziehungen) handelt es sich etwa um folgende (jeweils Ziele, Beiträge, Machtmittel): •• Eigentümer / Aktionäre: – Ihre Ziele: Hohe Dividenden, Kursanstieg der Aktien, Gewinn, Wertstei gerung des investierten Kapitals, Unabhängigkeit, Entscheidungsautono mie, – ihre Beiträge: risikobehaftete Überlassung von Kapital, – ihre Machtmittel: Hauptversammlungsauftritt, Prüfung der Geschäftsbü cher. •• Führungskräfte: – Ihre Ziele: Karriere, Einkommen, Macht, Einfluss, Sozialprestige, Entfal tung eigener Ideen und Fähigkeiten, Selbstverwirklichung, Erfüllung von Zielvorgaben, – ihre Beiträge: Arbeitskraft und Wissen, Beziehungen, – ihre Machtmittel: Kündigung, Wechsel zur Konkurrenz.
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•• Mitarbeiter / Betriebsrat: – Ihre Ziele: Leistungsgerechte Bezahlung, angenehme Arbeitsatmosphäre, Arbeitsplatzsicherheit, sinnvolle Beschäftigung, Entfaltung eigener Fähig keiten, Arbeitszufriedenheit, Mitbestimmung, – ihre Beiträge: Überlassung der eigenen Arbeitskraft, Identifikation mit den Zielen, Motivation, – ihre Machtmittel: Gewerkschaftsunterstützung, Streik, Mobilisierung der Öffentlichkeit. •• Kreditoren: – Ihre Ziele: Pünktliche Zinszahlungen, sichere Tilgungszahlungen, Bonität, befriedigende Verzinsung, – ihre Beiträge: Überlassung von Kapital zur fremden Disposition gegen Risikoprämie, – ihre Machtmittel: Rückforderung von Darlehen / Streichung der Kreditli nie, falls Zahlungen ausbleiben, Enteignung bei hohen Rückständen, Ver weigerung zusätzlicher Kredite. •• Kapitalmarktakteure: – Ihre Ziele: hohe Gewinnrate / Kurssteigerung, angepasstes Management, Restrukturierung des Geschäfts, – ihre Beiträge: Know-how-Bereitstellung, – ihre Machtmittel: Vorenthalt von Kapital, Druck auf Management, Unruhe im Unternehmen, aktivistisches Agieren, Durchstechen zu Medien. Bei Marktpartnern (vertikale Beziehungen) handelt es sich etwa um folgende (jeweils Ziele, Beiträge, Machtmittel): •• Händler: – Ihre Ziele: Zeitgemäße Produkte zu vernünftigen Preisen, Produkte, die vom Verbraucher geschätzt werden, Abverkaufsunterstützung am POS, – ihre Beiträge: Marktinformation, Funktionsübernahme im Vertriebskanal, Innovationsanregung, – ihre Machtmittel: Zuliefererwechsel bei schlechten Vertragsbedingungen, Boykott von nicht zufriedenstellenden Anbietern. •• Endkunden: – Ihre Ziele: Faires Geschäft, sichere und zuverlässige Waren / Dienste, günstige Konditionen, hohe Leistungsqualität, adäquater Service, Kunden zufriedenheit, Bedarfsdeckung,
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A. Vertriebskonzept und Controlling
– ihre Beiträge: Kaufpreiszahlung, Weiterempfehlung, Loyalität, – ihre Machtmittel: Abwanderung zur Konkurrenz, Boykott nicht zufrieden stellender Angebote. •• Lieferanten: – Ihre Ziele: Regelmäßiger Auftragseingang, Sicherheit termingerechter An nahme und Bezahlung, günstige Konditionen, stabile, faire Lieferbasis, – ihre Beiträge: Überlassung von Vorleistungen, Einsatz von Betriebsmit teln, Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen, Wertkettenintegration, – ihre Machtmittel: Zurückweisung von Aufträgen bei schlechten Vertrags bedingungen, Belieferung von Konkurrenten. •• Konkurrenten: – Ihre Ziele: Gewinn, Wachstum des Marktanteils, Branchenwachstum, Ent wicklung von Branchenstandards, Benchmarking, – ihre Beiträge: fairer Wettbewerb, Kooperation auf branchenpolitischer Ebene, Netzwerkbildung, – ihre Machtmittel: Innovationen, die zum Nachziehen oder Aufgeben zwingen, Preisunterbietung. •• Kooperationsakteure: – Ihre Ziele: Nutzung von Kooperationsvorteilen (Win-win-Situation), – ihre Beiträge: Einbringung von Geld- und Sachmitteln, Know-how und Risikotragung, – ihre Machtmittel: Zurückhaltung von Ressourcen, Aufkündigung der Ko operation. Bei Umfeldpartnern (laterale Beziehungen) handelt es sich etwa um folgende (jeweils Ziele, Beiträge, Machtmittel): •• Verbände / Lobbies: – Ihre Ziele: Flankierung bei Anpassung an veränderte Umweltbedingun gen, – ihre Beiträge: Einzelfallunterstützung, Interessenvertretung, – ihre Machtmittel: Unterstützung der Unternehmen, Veröffentlichungen. •• Medien / Meinungsbildner: – Ihre Ziele: Informationsbereitstellung, Kontrolle der Unternehmenstätig keit, Artikulation der öffentlichen Meinung, – ihre Beiträge: Informationsverbreitung, Einbringung eigener Kompetenz,
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– ihre Machtmittel: Veröffentlichungen, welche die öffentliche Meinung ne gativ beeinflussen („runterschreiben“). •• Bürger / Anwohner: – Ihre Ziele: Beschäftigung ansässiger Arbeitnehmer, Schutz der Umwelt, positiver Einfluss auf Infrastruktur, – ihre Beiträge: Ansiedlungsanreize (Subvention en / Steuererleichterungen), flexible Verwaltung, Hinnahme von Umweltbelastung, – ihre Machtmittel: Vergabe bzw. Einschränkung laufender Genehmigun gen, Einflussnahme auf Behörden. •• Allgemeine Öffentlichkeit: – Ihre Ziele: Schutz sozialer Werte, Risikominderung, Wohlstandsmaximie rung, – ihre Beiträge: Kaufkraft, Kaufbereitschaft, – ihre Machtmittel: Aus übung von Druck auf die Re gie rung, Sank ti o nen gegen einzelne Unternehmen. •• Staat / Öffentliche Verwaltung: – Ihre Ziele: Steuerzahlungen, wirtschaftliche Entwicklung, Sozialleistun gen, Einhaltung von Rechtsvorschriften und Normen, öffentliche Sicher heit und Ordnung, Handlungsaufforderung, – ihre Beiträge: Gestellung von Infrastruktur, Gewährung von Subventionen und Steuererleichterungen, Rechtssicherheit, – ihre Machtmittel: Regulierung, Verbote und Genehmigungen, Sanktionie rung industrieller Aktivitäten. Was man unter Beziehungsmanagement zu verstehen hat, dafür gibt es viel fältige, teils noch recht unscharfe Begriffsbestimmungen. Hier sind nur Ge schäftsbeziehungen relevant. Als Definition kann dafür zugrunde gelegt werden: •• Geschäftsbeziehungen stellen allgemein alle zielgerichteten Kontakte eines Unternehmens mit seinen Austauschpartnern auf Basis materieller und / oder informatorischer Interaktionen dar. Naturgemäß stehen dabei die aktuellen und potenziellen Kunden und deren Kunden im Mittelpunkt, denn Basis für Kaufentscheide sind weniger Leistungsvorteile, die angesichts hoher Austauschbarkeit der Produkte und geringer Vorsprünge sowie rascher Informationsüberlastung und damit begrenzter Beurteilbarkeit wenig tragfähig sind, sondern vielmehr Beziehungsvorteile. Dies vermag zwar keine Leistungsnachteile auszugleichen, aber bei marktüblicher Leistung auf allgemein hohem Niveau geben diese tatsächlich oft genug den Ausschlag.
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A. Vertriebskonzept und Controlling
Abb. 2: Erfolgskette des Beziehungsmanagements
Im Fokus des Beziehungsmanagements steht die Erfolgskette von der Kun dennähe (Proximity) über die Kundenzufriedenheit (Satisfaction), die Kunden bindung (Retention) bis zum Kundenwert (Equity) (siehe Abb. 2): •• Kundennähe meint die Erfordernis zum gedanklichen Eintauchen in die Sicht weisen von Kunden. Teils ist dies vor allem durch physische Nähe leichter vermittelbar. Technische Entwicklungen führen hier allerdings tatsächlich zu einer immer größeren Ferne. •• Kundenzufriedenheit meint das Einhalten von kundenbezogenen Versprechen, nicht unbedingt deren Übertreffen, aber keinesfalls deren Enttäuschung. Je doch stellt sich die Frage, woran festzumachen ist, ob eine Leistung denn nun zufriedenheitsstiftend ist oder nicht. •• Kundenbindung schafft ein überdurchschnittliches Maß an Loyalität in Wie derkaufsituationen, das erfolgsbedeutsam, weil gewinnbringend sind. Denn der Erstkauf ist selten rentabel, vielmehr tritt Rentabilität erst mit Wiederho lungskäufen ein. •• Kundenwert ergibt sich als immaterieller Geschäftswert aus dem quantitativen und qualitativen Kundenpotenzial und ist die wahre Existenzbasis jedes Un ternehmens. Denn Unternehmen basieren zunehmend auf immateriellen Ge schäftswerten. 1.5
Schnittstelle Marketing zu Vertrieb
Hinsichtlich der Gestaltung der Schnittstelle zwischen Marketing und Ver trieb kann im Zeitablauf folgende Entwicklung erkannt werden: •• Verkauf als Engpass der betrieblichen Leistungserstellung, Marketingfunktio nen sind auf verschiedene Bereiche verteilt,
1. Vertrieb als zentrale Funktion des Marketings15
Schnittstelle Marketing zu Vertrieb Nicht-integrierte Marketingfunktionen
Vertrieb mit Hilfsfunktion Marketing
Vertrieb und Marketing gleich berechtigt
Integrierte Vertriebsund Marketingfunktionen
Verteilte Marketingfunktionen
Verteilte Vertriebsfunktionen
Abb. 3: Schnittstelle Marketing zu Vertrieb
•• Verkauf als Engpass, Marketing ist Hilfsfunktion des Vertriebs, •• Vertrieb und Marketing gleich berechtigt, beide gemeinsam als Engpass, •• integrierte Vertiebs- und Marketingfuntionen, •• Rückverteilung der Marketingdenkhaltung auf alle Funktionen, •• Betonung des Vertriebs in allen Funktionen (siehe Abb. 3). 1.5.1
Nicht-integrierte Marketingfunktionen
Die Nachkriegszeit war in der gesamten westlichen Welt durch ein scheinbar unbegrenztes Wachstum gekennzeichnet. Über mehr als drei Jahrzehnte hinweg nahm das Wohlstandsniveau der Bevölkerung unaufhaltsam zu. Zunächst waren die Märkte durch das Bestreben zum Nachholkonsum für die Entbehrungen der nahen Vergangenheit gekennzeichnet. Es wurde beinahe undifferenziert alles gekauft, was es zu kaufen gab, es herrschte ein klassischer Verkäufermarkt vor. Später, in den 1960er Jahren, wurde dieser Trend dann abgelöst durch den Edel konsum, der schon ein selektiveres Kaufverhalten aufzeigte. Der Konsumbe reich war bereits durch ein hohes Ausstattungsniveau gekennzeichnet. Zur Fi nanzierung dieses Konsums nahmen die Haushalte Kredite auf, was ökonomisch auch sehr klug war. Denn durch die Übernachfrage war die Wirtschaft durch Inflation gekennzeichnet, Kredite bedeuteten also, dass man mit „gutem“, wert haltigem Geld heute Konsum finanzieren, und seine Schulden mit „schlechtem“, inflationsgeschädigtem Geld morgen zurückzahlen konnte.
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A. Vertriebskonzept und Controlling
Die enorme Endverbrauchernachfrage im Binnenmarkt wie, beinahe noch stärker, im Export war der wesentliche Wachstumsmotor für die gesamte Wirt schaft. Denn Nachfrage auf der Endabnehmerstufe führt auf allen vorgelagerten Stufen zu mehr Beschäftigung, damit zu Kaufkraft bei Arbeitnehmern und In vestitionsmitteln für Unternehmer. Diese kurbelten die Nachfrage auf den Kon sum- und allen in der Wertschöpfungskette vorgelagerten Märkten weiter an, was zu noch mehr Wohlstand führte. Anfang der 1970er Jahre schien das, ab gesehen von einer Konjunkturdelle 1967, aber weiter angetrieben durch Kriegs wirtschaft, unendlich weiter gehen zu können. Dass es in einer solchen Situation keiner Betonung der Vermarktung bedurfte, ist klar. Der Engpass der einzelwirtschaftlichen Entwicklung lag vielmehr in der Produktion verkaufbarer Güter und in der Beschaffung von Rohstoffen, Finanz mitteln und Arbeitskräften für diese Produktion. Folglich suchte man auch in der Unternehmensorganisation vergeblich nach einer Marketingfunktion. Abgesehen davon, dass dieser Begriff damals nur In sidern bekannt und in der betrieblichen Praxis so gut wie überhaupt nicht ver breitet war, gab es auch keine Notwendigkeit, besonderes Augenmerk auf die Vermarktung zu legen. Vielmehr waren Ressourcen weitaus besser in der Erstel lung von Waren eingesetzt als in deren Absatz. Dennoch waren naturgemäß absatzwirtschaftliche Funktionen zu überneh men, nur waren diese verschiedenen Abteilungen im Unternehmen zugeordnet: •• Die Abteilung für Finanzen / Investition befasste sich z. B. mit Fragen der Ab satzfinanzierung und der Konditionen. •• Die Abteilung für Personal / Organisation übernahm z. B. die Auswahl des Ver kaufspersonals und dessen Schulung / Training. •• Die Abteilung für Produktion / Qualitätssicherung verantwortete z. B. die Pro duktentwicklung und die Prozessgestaltung. •• Die Abteilung für Controlling / Planung führte z. B. regelmäßige Vertriebsseg mentrechnungen und Erfolgskontrollen durch. •• Die Abteilung für Rechnungswesen / Kostenrechnung war z. B. für die Preis findung und die Angebotserstellung zuständig. •• Die Abteilung für Materialwirtschaft / Logistik beinhaltete z. B. die Vertriebs logistik in Transport, Umschlag und Lagerung als Teilfunktionen. •• Die Abteilung für Information / EDV betrachtete sich z. B. als für Marktfor schungsfragen und Kundenstammdaten zuständig. Daneben vollzog sich in der Vertriebsabteilung die konkrete Absatzförderung. Die verteilte Zuordnung dieser einzelnen Teilfunktionen indizierte den geringen Stellenwert, den man absatzwirtschaftlichen Aufgaben zumaß.
1.5.2
1. Vertrieb als zentrale Funktion des Marketings17
Vertrieb als Hilfsfunktion des Marketings
Erste Irritationen über die Fortentwicklung der Wirtschaft tauchten auf, als 1972 der Club of Rome sei ne heute berühmte Studie über die Grenzen des Wachstums (Limits to Growth) vorlegte. Darin wurde aufgezeigt, dass der wirt schaftliche Aufschwung der Vergangenheit sich schon aus rein pragmatischen Gründen der Rohstoffversorgung nicht in der Zukunft so fortsetzen konnte. Diese Prognosen wurden damals allerdings in Zweifel gezogen, so dass sie keine rechte Wirkung hinterlassen konnten. Dafür gab es eine umso drastischere Wirkung infolge des Jom Kippur-Kriegs zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarn 1973. Letztere waren, und sind es heute noch, in der Organisation ölexportierender Staaten zusammengeschlos sen (OPEC) und kon ter ten als Ra che für eine ver mu te te Un ter stüt zung der siegreichen israelischen Armee durch den Westen mit einer starken Drosselung der Ölförderung. Die Folge war eine Explosion der Rohölpreise mit steigenden Benzinpreisen an den Tankstellen hierzulande und Unterversorgung in den europäischen Nach barländern mit Höchstpreisverordnungen, deren Belieferung von den internatio nalen Ölkonzernen weitgehend gemieden wurde. Es kam in den folgenden Jahren zu den legendären autofreien Sonntagen mit den Radfahrern auf der linken Spur der Autobahn. Das Drama löste sich aber bald auf, weil angesichts der hohen Ölpreise die Gier der OPEC-Länder nach mehr Einnahmen durch höhere Ölförderung stärker war als der Sinn nach politischer Rache. Dennoch ist diese 1. Ölkrise ein dra matischer Wendepunkt in der Geschichte, denn zum ersten Mal wurde klar, dass das Wachstum in der westlichen Welt auf tönernen Füssen stand und ausgespro chen anfällig für Irritationen war. Die Unternehmen sahen zudem den Zwang, die gestiegenen Rohstoffkosten (auch durch verarbeitete Mineralölprodukte wie Kunststoffe, Pharmazeutika etc.) durch Einsparungen an anderer Stelle zu kompensieren. Dazu zwang allein schon der internationale Wettbewerb. Als wesentliches Einsparpotenzial wurden die Lohn- und Lohnnebenkosten identifiziert. Denn infolge der Inflation waren die Tarifabschlüsse über Jahre hinweg sehr hoch ausgefallen, hinzu kamen po litisch motivierte soziale Wohltaten, die sich bis zum heutigen Tage als letztlich nicht finanzierbar herausstellen. Daher kam es zum Ersatz von Arbeitskräften durch Maschinen, also arbeitssparendem technischen Fortschritt. Die Folgen waren katastrophal und sind bis zum heutigen Tage nicht be herrschbar. Es kam zu Massenentlassungen, die bei Arbeitnehmern Irritationen über ihre Arbeitsplatzsicherheit verstärkten. Im Vorgriff bauten die Haushalte daher Kreditengagements ab und schränkten ihre Nachfrage ein, um Rücklagen für noch schlechtere Zeiten zu bilden. Dieser Nachfrageeinbruch auf dem Kon summarkt setzte sich auf allen vorgelagerten Wirtschaftsstufen fort und führte
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A. Vertriebskonzept und Controlling
dort ebenfalls zu geringerer wirtschaftlicher Aktivität, mit der Folge von Ent lassungen, Kaufkraftausfall und weiterer Aktivitäteneinschränkung. Ende der 1970er Jahre war zum ersten Mal die Zahl der Arbeitssuchenden höher als die der offenen Stellen. Unternehmen suchten Nachfrageausfälle im Inland auf Auslandsmärkten aus zugleichen. Da Handelshemmnisse immer weiter abgebaut wurden, kam es auch zu einer verstärkten Präsenz ausländischer Anbieter auf dem Inlandsmarkt, so dass sich die stagnierende Nachfrage immer mehr Anbietern gegenüber sah. Es entstand die Situation des Käufermarkts. Es leuchtet ein, dass in einer solchen Situation die Vermarktung hergestellter Produkte von zentraler Bedeutung wird. Die Unternehmen reagierten darauf mit einer Stärkung der Vertriebsfunktion, denn augenscheinlich wurde der Vertrieb zum Engpass des Unternehmenserfolgs. Das Augenmerk lag aber nur auf der reinen Transaktion zwischen Anbieter und Nachfrager, vor- und erst recht alle nachbereitenden Aktivitäten, wie sie Inhalt des Marketings aus heutiger Sicht sind, wurden dabei als weniger bedeutsam eingestuft. Folglich wurde Marketing als Hilfsfunktion des Vertriebs in den Unterneh mensorganisationen installiert: •• Zu den Kernfunktionen des Vertriebs gehörten dabei u. a. die Absatzfinanzie rung, die Verkaufspersonalauswahl, die Verkaufsförderung, die Vertriebslogis tik, die Werbung, die Reklamationsabwicklung, der Kundendienst etc. •• Als eine dieser Teilfunktionen wurde die Absatzvorbereitung angesehen, die sich mit den Inhalten beschäftigte, die man heute typischerweise unter den Begriff Marketing subsumieren würde. Damit wurde immerhin der Bedeutung der Absatzvorbereitung (Vorkauf phase) gegenüber der Konzentration auf die Verkaufsabwicklung (Transaktions phase) Rechnung getragen. Von einer ausreichenden Gewichtung der verkaufs begleitenden Aufgaben gegenüber den rein verkaufsdurchführenden konnte al lerdings immer noch keine Rede sein. 1.5.3
Vertrieb und Marketing gleich berechtigt
Die Stagnation der Märkte und der verschärfte internationale Wettbewerb ließen in den 1980er Jahren keine merkliche Besserung der einzelbetrieblichen Situation mehr zu. Daher begann man, sich Gedanken darüber zu machen, wie man Kunden bereits im Vorfeld einer Kaufentscheidung für das eigene Angebot einnehmen und gegen konkurrierende Angebote immunisieren könnte. Dabei wurde das marketingpolitische Instrumentarium als probates Mittel der Beein flussung identifiziert (4 Ps). Es sollte bereits im Vorfeld des Kaufs zu einer Beeinflussung potenzieller Käufer zu eigenen Gunsten führen. Diese Bedeutung der Absatzvorbereitung
1. Vertrieb als zentrale Funktion des Marketings19
führte konsequenterweise zu einer Aufwertung der Marketingfunktion in Unter nehmen. Marketing trat als gleich berechtigte Funktion neben den Vertrieb und erklärte primär den vorverkaufenden, aber auch den nachverkaufenden Bereich als seine Domäne. Die Aufbauorganisation unterteilte sich folglich in vier große Gruppen von Funktionen: •• Erstens die Gruppe der marktfernen Funktionen, z. B. in Form der Abteilun gen für Finanzen / Investition, Personal / Organisation, Materialwirtschaft, Bi lanzen / Steuern. •• Zweitens die Gruppe der eher marktfernen Funktionen, in denen dennoch Marketingaufgaben übernommen werden, z. B. in Form der Abteilung für Produktion / Qualitätssicherung in Bezug auf die Produktentwicklung, der Ab teilung für Controlling / Planung in Bezug auf die Vertriebserfolgskontrolle, der Abteilung für Rechnungswesen / Kostenrechnung in Bezug auf die Preis findung oder der Abteilung Information / EDV in Bezug auf die Marktfor schung. •• Drittens die Vertriebsfunktion, zentral verbunden mit Aufgaben wie z. B. Ver kaufspersonalauswahl, Vertriebslogistik, Reklamationsabwicklung etc. •• Viertens die Marketingfunktion mit zentralen Aufgaben wie z. B. Werbung, Absatzvorbereitung, Verkaufsförderung und Kundendienst. Dass dieses Nebeneinander von Marketing und Vertrieb einer konvergenten Arbeitsweise nicht gerade dienlich ist, scheint einleuchtend. Zumal bei vielen Auf ga ben substan ziell frag lich ist, ob sie eher der ei nen oder eher an de ren Abteilung zugeordnet werden sollen. Denn tatsächlich handelt es sich um inte grierte Aufgaben, deren Trennung nur künstlich vorgenommen werden kann, dann aber unter Hinnahme von Effizienz- und Effektivitätsverlusten. 1.5.4
Integrierte Vertriebs- und Marketingfunktionen
Zunehmend dämmerte es den Unternehmen, dass Kunden als „externer Fak tor“ so ziemlich die einzige Einflussgröße darstellten, auf die sie nicht unmit telbar Zugriff nehmen konnten. Alle anderen Erfolgsfaktoren mussten ohnehin beherrscht werden, um dem immer härteren Wettbewerb standhalten zu können. Zur Bearbeitung des zentralen Erfolgsfaktors „Kunde“ aber stand nur der Marketing-Mix zur Verfügung. Marktorientiert agierende Unternehmen reagierten darauf damit, dass sie den Vertrieb konsequenterweise als ein Instrument des Marketing-Mix verstanden (Distributionspolitik). Es kam zu einer integrierten Marketingfunktion. Diese ist heute bei allen modern arbeitenden Unternehmen unerlässlich.
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A. Vertriebskonzept und Controlling
Viele Unternehmen hingegen, die in der Marktorientierung, trotz anders lau tender Statements, offensichtlich noch nicht so weit fortgeschritten sind, leisten sich heute noch eine Vertriebsfunktion in mehr oder minder gleicher Berechti gung neben der Marketingfunktion (z. B. in Industriegüterbranchen). Diese künstliche, dem organischen Aufbau der Marketingdenkweise widersprechende, Trennung ist praktisch steter Quell für Querelen. Selbst dort, wo funktionale Marketingabteilungen installiert sind, wird deren Tätigkeit immer noch vordergründig mit Vertrieb gleichgesetzt. So treten beim Stichwort Marketing immer noch zuerst die Assoziationen von Verkauf, Akqui sition und Abschluss zutage. Dies ist aber in den heutigen Märkten beinahe die leichtere Übung gegenüber der Absatzvorbereitung. So können zwei große Gruppen von Abteilungen unterschieden werden: •• Erstens die eher marktfernen Funktionen wie z. B. Finanzen / Investition, Per sonal / Organisation, Produktion / Qualitätssicherung, Controlling / Planung, Rechnungswesen / Kostenrechnung, Materialwirtschaft / Logistik, Information / IT, Bilanzen / Steuern. Eine gewisse Sonderstellung nimmt hier die Beschaf fungsabteilung ein, da sie zwar durchaus marktnah, aber im Lieferantenmarkt, agiert. Die Marketingaufgaben sind aus diesen Bereichen herausgenommen und in der Marketingabteilung zusammen gefasst. •• Zweitens die zentrale Funktion des Marketings mit Aufgaben wie z. B. Pro dukt- und Programmgestaltung, Preis- und Konditionenbestimmung, Kommu nikations- und Identitätswahrung, Marketingforschung, Marketingstrategie, Marketingcontrolling, After Sales Service. Hinzu tritt die Teilfunktion des Vertriebs in Form des Distributions- und Verkaufsvollzugs. 1.5.5
Verteilte Marketingfunktionen
Der Engpass des Marketings als Anwalt des Kunden führt heute dazu, dass zunehmend eine Orientierung aller Abteilungen im Unternehmen, auch derjeni gen, die vorgeblich marktfern agieren, an den Kundenbedürfnissen erforderlich ist. Es ist einleuchtend, dass es für ein schlagkräftiges Konzept der Marktorien tierung nicht ausreicht, diese nur für die Marketingabteilung zu postulieren, wenn das Konzept in den übrigen Teilen des Unternehmens nicht konsequent umgesetzt oder gar konterkariert wird. Eine, und sei es auch primäre, Konzen tration auf die Marketingabteilung springt daher zu kurz. Außerdem wird aus dem Vorhandensein einer Marketingabteilung in anderen Abteilungen leicht darauf geschlossen, dass entsprechend kundenorientierte Aktivitäten sich für diese erübrigen. Dies reicht aber mitnichten aus. Die strikte Kundenorientierung führt nunmehr dazu, dass die Marketing-Denkweise aus dem Marketingbereich herausgelöst und auf alle betrieblichen Funktionen übertragen wird, d. h., die
1. Vertrieb als zentrale Funktion des Marketings21
Kundenorientierung ist selbstverständliche Zielgröße auch für eher marktfern agierende Unternehmensbereiche geworden. Besonders deutlich wird dies im Rahmen der Produktion durch Qualitäts- und Prozessorientierungskonzepte. In sofern ist eine verteilt vorrangige Stellung von Marketing in allen Funktionen gegeben („Everybody’s in Marketing“). Die Vergabe von Kompetenzen, die in engem Bezug zum Marketing stehen, an andere als die Marketingabteilung wird daher auf den ersten Blick häufig als eine Schwächung des Marketings interpretiert. Dies ist aber bei näherer Aus einandersetzung keineswegs der Fall. Vielmehr folgt daraus im Gegenteil eine Stärkung des Marketings, indem der kundenorientierte Gedanke über die Gren zen der Fachabteilung hinaus in das gesamte Unternehmen getragen wird. So trägt die Betonung der produktions-(japanische Managementtechniken) und ressourcenorientierten Aktivitäten (Kernkompetenzmanagement) im Kern das Gedankengut des Marketings. Die Produktion soll dabei so ausgerichtet wer den, dass nicht mehr interne, faktorbezogene Gesichtspunkte im Vordergrund stehen, sondern externe, marktbezogene (z. B. in Form kürzerer Lieferzeiten, höherer Qualität oder zweckgerechterer Produkte). Die Kernkompetenz korri giert die dominante Wettbewerbsvorteilsorientierung der Vergangenheit, bei der die eigene Strategie vornehmlich von den Strategien der Mitbewerber geleitet wird, um den Fokus der autonomen Ausrichtung des Unternehmens in einer Art und Weise, wie es die von Kunden am besten honorierten Leistungen erbringt. Mithin steht auch beim „Inside out“ die Kundenorientierung im Mittelpunkt. 1.5.6
Verteilte Vertriebsfunktionen
Der Vertrieb wird verbreitet als Engpass für den Unternehmenserfolg gese hen. Die anderen Marketinginstrumente scheinen vergleichsweise gut autonom handhabbar, im Vertrieb gibt es jedoch zahlreiche Systemelemente, die nicht oder nur schwer im eigenen Sinne beeinflussbar sind. Dies gilt vor allem für die Handelsstufe. Dort ist ein erhebliches Maß an Machtanballung entstanden, noch verstärkt durch hinzukommende E-Commerce-Akteure, so dass von einer verbreiteten Käufermarktsituation im Verhältnis zum Hersteller auszugehen ist. So machen im Lebensmittelhandel vier große Anbieter (Aldi, Lidl, Edeka, Rewe) über 80 % des Marktvolumens aus. Vor allem ist die Fiktion der Interes senidentität zwischen Hersteller und Handel angesichts dessen nicht aufrecht zu erhalten. Aber nicht nur externe Abnehmer sind von Relevanz, sondern auch interne Abnehmer und Vermarktungsbeeinflusser. Ihnen geht es oft nicht um die rein materielle Leistung, sondern angesichts des Primats des Beziehungsmarketings, auch oder sogar dominant um ideelle Werte, die sie im Marktangebot verwirk licht sehen wollen. Daher muss ihnen das Unternehmensangebot „verkauft“ werden, um den Unternehmenserfolg abzusichern. Dafür sind dann oft nicht nur
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A. Vertriebskonzept und Controlling
Marketing oder Vertrieb zuständig, sondern auch gänzlich andere organisatio nale Funktionen. Daher ist letztlich „Everybody’s in Sales“. Bei internen Abnehmern geht es darum zu verhindern, dass diese sich bei externen Lieferanten eindecken, statt das interne Leistungsangebot in Anspruch zu nehmen. Dies hätte unmittelbar negative Konsequenzen auf die Ressourcen zuteilung (Budget, Manpower, Infrastruktur etc.) und könnte den Bestand der internen Lieferanten akut gefährden. Darüber hinaus ist zu vermuten, dass da raus auch gesamtunternehmerische Nachteile entstehen (Geldmittelabfluss nach außen einerseits bei Leerkosten im Innern andererseits). Insofern ist auch der interne Vertrieb essenziell. Ebenso müssen extern Unternehmensleistungen an Stakeholder verkauft wer den, damit diese die Interaktion mit dem anbietenden Unternehmen der zu an deren vorziehen. Dabei kommt es nicht nur darauf an, ein attraktives Leistungs angebot vorzuhalten, sondern dieses auch angemessen zu vertreten. Dies gilt z. B. in Bezug auf Corporate Social Responsibility (CSR), die eine gemeinwohl konforme Unternehmensverantwortlichkeit einfordert und bei Unterlassen oder Zuwiderhandlen empfindliche, öffentliche Sanktionen provoziert. Insofern sind alle Unternehmensfunktionen im Vertrieb gefordert. 1.6
Gesamtwirtschaftliche Einbettung der Vertriebsaktivitäten
Vertrieb ist nicht losgelöst vom System der Marktwirtschaft denkbar. Insofern ist es sinnvoll, sich diesen Rahmen vor Augen zu führen und dessen Prinzipien kurz Revue passieren zu lassen. 1.6.1
Marktwirtschaftliche Prinzipien
Das marktwirtschaftliche System baut auf den Elementen Markt und Preis auf („unsichtbare Hand“) und ist durch folgende Merkmale gekennzeichnet: •• Es herrscht funktionsfähiger Wettbewerb, d. h., Angebot und Nachfrage be stimmen den Preis. •• Es sind offene Märkte gegeben, d. h., jeder interessierte Marktteilnehmer ist zugelassen. •• Es liegen eine individuelle Planung und Risikotragung vor, dies bedeutet auch Gewerbefreiheit für Anbieter und Konsumfreiheit für Nachfrager. •• Es herrscht Vertragsfreiheit der Wirtschaftssubjekte. •• Es wird ein Streben nach maximalem Gewinn bzw. Nutzen bei den Markt teilnehmern unterstellt. •• Anbieter und Nachfrager können frei über den Einsatz ihrer jeweiligen Geld mittel entscheiden.
1. Vertrieb als zentrale Funktion des Marketings23
•• Es herrscht Privateigentum vor. •• Die Menschen können frei ihren Beruf und ihren Arbeitsplatz wählen, die Unternehmen frei ihre Mitarbeiter. •• Der Staat spielt eine untergeordnete Rolle. •• Die Gesellschaft ist demokratisch organisiert. •• Währungen verschiedener Länder sind frei konvertierbar. Problematisch sind dabei vor allem folgende Systemdefekte: •• externe Effekte, d. h., Benachteiligungen der Allgemeinheit, die nicht von ein zelnen Akteuren zu tragen sind (wie im Bereich der Ökologie), •• der Vorrang der Gewinnerzielung vor der Sozialorientierung, •• die allgemeine Krisenanfälligkeit der Wirtschaft mit Aufschaukelungseffekten (Bullwhip), •• eine zunehmend ungleiche Einkommens- und Vermögensverteilung, •• die mangelnde Sicherung leistungsfähiger „öffentlicher Güter“ etc. Die Soziale Marktwirtschaft ist speziell durch die Betonung des sozialen Fortschritts und der sozialen Sicherheit innerhalb der Marktwirtschaft gekenn zeichnet. Die Eckpfeiler dieser Philosophie finden sich bereits im Grundgesetz (GG). Der Staat gewährleistet damit die Freiheitsrechte (Sicherheit nach außen und innen), sichert die Grundausrüstung der Wirtschaft (Rechtsordnung, Geld wesen etc.), hält einen funktionsfähigen Wettbewerb aufrecht, korrigiert Fehl entwicklungen ökonomischer Prozesse durch (ordnungs-)politische Eingriffe, übernimmt Aufgaben, die private Marktteilnehmer nicht selbst lösen können (Subsidiarität) und sichert das Sozialstaatsprinzip zum Schutze des Einzelnen und des Gemeinwohls. Das Sozialstaatsprinzip bedeutet sowohl die Unterstützung der Gemeinschaft durch den Einzelnen als auch die Unterstützung des Einzelnen durch die Ge meinschaft. Subsidiarität bedeutet, dass die Gemeinschaft nur diejenigen Aufga ben übernimmt, die Einzelne nicht in Eigenverantwortung übernehmen können. Das „soziale Netz“ umfasst dabei zahlreiche Transferleistungen des Staates. Es gilt das erwerbswirtschaftliche Prinzip. Das Privateigentum ist zwar gesi chert, verpflichtet aber zugleich zum Gemeinwohl (Sozialbindung). Der Staat nimmt zudem auf die Märkte vielfach begrenzend Einfluss, um Stabilität, Voll beschäftigung, Wachstum und außenwirtschaftliches Gleichgewicht zu sichern. Dabei gilt die Tarifautonomie der Sozialpartner. Ein Abgleich der Interessen des Einzelnen und der Gemeinschaft erfolgt durch die gezielte Umverteilung von Einkommen. Dadurch sollen soziale Härten abgefedert werden, und das macht erst aus einer freien eine soziale Marktwirtschaft.
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1.6.2
A. Vertriebskonzept und Controlling
Markt und Preis
Jedes Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage etabliert einen Markt. Dabei können im Wesentlichen Märkte für Produktionsfaktoren als Input (also Arbeitsmarkt, Kapitalmarkt, Immobilienmarkt) und Märkte für Güter als Output am Konsumgütermarkt für Ge- / Verbrauch oder am Investitionsgütermarkt für Produktions- / Investitionsgüter unterschieden werden. Entsprechend der Anzahl der jeweiligen Marktteilnehmer ergeben sich ver schiedene Marktformen. Im Grundsatz gibt es das •• Monopol als Angebotsmonopol, d. h., an einem Markt befinden sich ein An bieter und viele Nachfrager, als Nachfragemonopol (Monopson), d. h. ein Nachfrager und viele Anbieter, und als zweiseitiges Monopol, d. h. ein Anbie ter und ein Nachfrager. •• Oligopol als Angebotsoligopol, d. h., an einem Markt befinden sich wenige Anbieter und viele Nachfrager, als Nachfrageoligopol (Oligopson), d. h. we nige Nachfrager und viele Anbieter, und als zweiseitiges Oligopol, d. h. we nige Anbieter und wenige Nachfrager. •• Polypol mit vielen Anbietern und vielen Nachfragern an einem Markt. Ein Markt wird da bei als vollkommen be zeich net, wenn er die Merk ma le Homogenität (völlige Austauschbarkeit) der Güter, vollständige Markttranspa renz, Fehlen von Präferenzen jeglicher Art und sofortige Reaktion auf Markt veränderungen aufweist. Fehlen eine oder mehrere dieser Bedingungen, wird der Markt als unvollkommen bezeichnet. Dies impliziert keine Wertung, son dern nur die Abwesenheit der genannten Prämissen. Ein Markt kann nach folgenden Kriterien beschrieben werden: •• nach der Güterart handelt es sich um einen Realgütermarkt (Sachen) oder Nominalgütermarkt (Rechte), •• nach den Anbietern handelt es sich um öffentliche Betriebe oder private Un ternehmen, •• nach den Nachfragern handelt es sich um Konsumenten, Produzenten, Insti tutionen oder Händler, •• nach den Beziehungen der Akteure handelt es sich um solche der Kommuni kation, der Abstimmung, des Wettbewerbs, der Macht und der Rollen, •• nach dem Marktgebiet handelt es sich um ein intranationales oder supranatio nales Gebiet, •• nach dem Marktzeitraum handelt es sich um einen punktuellen oder dauer haften Markt, •• nach dem Seitenverhältnis handelt es sich um einen Verkäufermarkt (Nach frage > Angebot) oder einen Käufermarkt (Angebot > Nachfrage),
1. Vertrieb als zentrale Funktion des Marketings25
•• nach dem Zutritt handelt es sich um einen offenen Markt oder einen mehr oder minder geschlossenen Markt, •• nach der Legalität handelt es sich um weiße Märkte oder graue / schwarze Märkte. Für die Aktivität der Nachfrager ist deren Zielsetzung bestimmend, diese wird meist als Nutzenmaximierung unterstellt. Weitere Faktoren sind die Preise der gewünschten Güter und die Preise ähnlicher (substitutiver) Güter. Ebenso (frei) verfügbares Einkommen und Erwartungen über zukünftige Wirtschaftsent wicklungen etc. Für die Aktivität der Anbieter sind ebenfalls verschiedene Faktoren bestim mend. Zu denken ist an deren Zielsetzung, diese wird meist als Gewinnmaxi mierung unterstellt. Weitere Faktoren sind die Preise der angebotenen Güter und die Preise ähnlicher Güter. Ebenso die Faktorkosten zur Produktion, die Gewinnerwartungen, das Wett be werbs um feld, der Stand der Tech nik bzw. der technische Fortschritt etc. Die Preisbildung an den Märkten erfolgt in Abhängigkeit von den Marktbe dingungen. Bei vollständigem Wettbewerb, also bei polypolistischer Struktur und vollkommenem Markt, stellt sich die Mechanik wie folgt dar. Die nachge fragte Menge ist umso größer, je geringer der Preis eines angebotenen Gutes ist. Da jeden Nachfrager eine andere Preisbereitschaft auszeichnet, ergeben sich individuelle Preis-Mengen-Kombinationen, die an einem Markt realisierbar sind. Diese Kombinationen aneinander gereiht ergeben die negativ-geneigte Preis-Absatz-Funktion (PAF) oder Nachfragekurve. Die angebotene Menge ist für gewöhnlich umso größer, je höher der Preis des nachgefragten Guts ist. Da jeden Anbieter eine andere Mengenbereitstellung auszeichnet, ergeben sich wie derum zahlreiche Preis-Mengen-Kombinationen, die gegenläufig zur Nachfrage kurve verlaufen. Sie bilden die linear oder nicht-linear verlaufende Angebots kurve. Im Schnittpunkt an Angebot und Nachfrage ergibt sich der Gleichge wichtspreis. Alle Anbieter, die einen höheren als den Gleichgewichtspreis for dern, finden keine Käufer am Markt. Und alle Nachfrager, die nur bereit sind, einen niedrigeren als den Gleichgewichtspreis zu akzeptieren, finden dort keine Verkäufer. Beide gehen also leer aus. Alle Anbieter, die bereit gewesen wären, zu einem niedrigeren als dem Gleichgewichtspreis anzubieten, realisieren den höheren Gleichgewichtspreis und streichen eine Anbieterrente in Höhe der Dif ferenz zwischen ihrer individuell niedrigeren Preisforderung und dem höheren Gleichgewichtspreis ein. Alle Nachfrager, die bereit gewesen wären, einen hö heren als den Gleichgewichtspreis zu akzeptieren, realisieren den niedrigeren Gleichgewichtspreis und streichen eine Nachfragerrente in Höhe der Differenz zwischen ihrer individuellen Preisbereitschaft und dem niedrigeren Gleichge wichtspreis ein. Praktisch ist die Preisbildung am unvollkommenen Polypolmarkt am häufigs ten. Hier gibt es keinen markteinheitlichen Preis, sondern jeder Polypolist kann
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A. Vertriebskonzept und Controlling
in Maßen seinen realisierten Preis beeinflussen, z. B. indem er sein Angebot heterogenisiert, Marktintransparenzen schafft, individuelle Präferenzen aufbaut oder Reaktionsverzögerungen am Markt nutzt. Es entsteht eine Situation, in welcher der Anbieter sich partiell wie ein Mono polist verhalten kann, partiell aber auch wie ein Polypolist verhalten muss. Im monopolistischen Bereich seiner Preis-Absatz-Funktion sieht er sich einer relativ starren Nachfragereaktion gegenüber, d. h., seine Preisveränderungen führen nur zu unterproportionalen Mengenveränderungen. Daraus ergibt sich die Möglich keit zu aktiver Preispolitik, wohingegen der Polypolist allein als Mengenanpasser an seiner Kapazitätsgrenze zum Marktpreis reagiert. Gedanklich wird eine zwei fach-geknickte Preis-Absatz-Funktion (akquisitorisches Potenzial / Gutenberg) zu grunde gelegt, die aus drei Bereichen besteht, zwei flach verlaufenden Bereichen hoher Preiselastizität der Nachfrage und dazwischen einem steil verlaufenden Bereich geringer Preiselastizität. Dort sollte der Polypolist im unvollkommenen Markt anbieten. Theoretisch ergibt sich sein Gewinnmaximum dort, wo seine Grenzerlöse (U’) gleich seinen Grenzkosten (K’) sind. Die Realität vieler Märkte ist aber durch Oligopole auf unvollkommenen Märkten gekennzeichnet. Die Anbieter reagieren dabei wegen der Enge des Marktes gegenseitig auf Preisveränderungen. Ihre Ziele sind die Konkurrenzver drängung und die Sicherung ihrer Marktmacht. Dies führt zu einer Ambivalenz zwischen Preiskampf als ruinösem Wettbewerb und Kollusion als Wettbewerbs beschränkung. Gedanklich wird eine einfach-geknickte Preis-Absatz-Funktion (Sweezy) zugrunde gelegt, die aus zwei Bereichen besteht, einem flach verlau fenden Bereich, der für Preiserhöhungen gilt und einem steil verlaufenden Be reich, der für Preissenkungen gilt, sie ist zusammengesetzt aus zwei unabhän gigen PAFs. Ausgangspunkt ist ein Gleichgewichtspreis am Markt, in dem sich die beiden PAFs schneiden. Auf die isolierte Preiserhöhung eines Oligopolisten reagieren die anderen Anbieter nicht, so dass von ihm viele Nachfrager abwan dern. Auf die Preissenkung eines Oligopolisten reagieren die anderen jedoch ebenfalls mit Preissenkungen, so dass ihm kaum Nachfrager zuwandern. Inso fern lohnt sich für ihn weder eine isolierte Preiserhöhung noch eine -senkung. Dies erklärt die verbreitete Preisruhe auf oligopolistischen Märkten, die auch ohne Verabredung zustande kommt. Bei Kollusion wird der Gleichgewichtspreis durch Vorabstimmung gemeinsam auf ein höheres Niveau angehoben. Der Angebotsmonopolist ist in seiner Preis- und Mengenentscheidung auto nom. Er sieht sich einer Nachfragefunktion gegenüber und bietet in der PreisMengen-Kombination an, bei welcher der Abstand zwischen seinen Gesamtkos ten und dem Gesamtumsatz maximal ist bzw. in dem seine Grenzkosten (K’) seinen Grenzerlösen (U’) entsprechen. Da sich meist mehrere Teilmärkte bilden, ergibt sich die Chance zu mehreren Preis-Mengen-Kombinationen. Diese Preis differenzierung entsteht, indem ein Gesamtmarkt künstlich in zwei oder mehr Teilmärkte aufgespalten wird (deglomerativ) oder gegebene Marktunvollkom
1. Vertrieb als zentrale Funktion des Marketings27
menheiten vom Anbieter zur differenzierten Preissetzung genutzt werden (ag glomerativ). Dem Preis kommen mehrere für die Marktwirtschaft essenzielle Funktionen zu: •• Durch die Lenkungsfunktion wechseln Produktionsfaktoren aus Marktberei chen mit geringer Gewinnerwartung in solche mit höherer. Insofern wird die gesamtwirtschaftliche Produktivität gesteigert. •• Durch die Ausschaltungsfunktion werden Nachfrager vom Markt verdrängt, deren Preisbereitschaft nicht ausreicht bzw. Anbieter, deren Preisforderung nicht akzeptiert wird (Markträumung). •• Durch die Signalfunktion werden die Knappheitsverhältnisse am Markt wider gespiegelt. Weniger nachgefragte Güter haben einen niedrigeren Preis, stärker nachgefragte einen höheren. •• Durch die Ausgleichsfunktion wird eine Markträumung erreicht, d. h., es ent steht ein größtmögliches Transaktionsvolumen zwischen Anbietern und Nach fragern. 1.6.3
Wachstum
Die Wachstumspolitik umfasst alle wirtschaftspolitischen Maßnahmen zur Förderung und Sicherung des ökonomischen Wachstums. Instrumente dazu sind u. a. der Abbau von Wettbewerbsbeschränkungen, die Förderung von Innovatio nen, die Qualifizierung von Arbeitskräften, die Verbesserung der Infrastruktur und Steuerentlastungen für Haushalte und Betriebe. Das Wirtschaftswachstum wird gemeinhin im Zeitvergleich der Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gemessen. Es bezieht sich auf die Erweiterung des Produktionspotenzials einer Volkswirtschaft. Der Konjunkturverlauf gibt Auskunft über dessen Auslas tungsgrad. Nominelles Wachstum stellt die Zunahme zu laufenden Preisen dar, reales Wachstum die Zunahme zu konstanten Preisen (eines Basisjahrs). Bestim mungsfaktoren des Wachstums sind •• die natürlichen Ressourcen eines Landes (Boden, Bodenschätze, geografische Lage etc.), •• der Realkapitalstock (vorhandene Produktionsmittel), •• der technische Fortschritt durch Innovationen bei Produkten und Prozessen, •• das Humankapital (Kenntnisse und Fähigkeiten der Arbeitskräfte). Wirtschaftswachstum nützt u. a. der Steigerung des Lebensstandards, dem Ab bau sozialer Spannungen, der Erfüllung von Staatsaufgaben, der Erhaltung der sozialen Sicherheit und der Sicherung von Arbeitsplätzen. Es wird u. a. gefördert durch mehr Arbeitsangebot, Neuinvestitionen, technischen Fortschritt, Abbau
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A. Vertriebskonzept und Controlling
von Rohstoffvorkommen, Ausbau der Infrastruktur etc. Gefahren liegen jedoch in der Ausbeutung natürlicher Ressourcen und steigender Umweltbelastung bis hin zur Umweltzerstörung. Besser wäre wohl statt eines quantitativen ein qualitatives Wachstum für mehr Lebensqualität der Einwohner anzustreben. Dies bedingt u. a. einen sparsameren Energie- und Rohstoffverbrauch über entsprechende Preisan passung und die Verminderung der Umweltbelastung durch Emissionen und Im missionen. Doch dies erfordert politischen Mut, der leider nicht weit verbreitet ist, weil er bei politischen Wahlen meist prompt abgestraft wird. Dabei muss man wissen, dass wir das, was wir aktuell verbrauchen, unseren Kindern und Enkeln wegnehmen. Dies ist als wenig nachhaltig zu bezeichnen. Kri tik macht so mit vor al lem fest an Verständ nis des BIPs als gül ti gem Wohlstandsindikator, an der wachsenden internationalen Arbeitsteilung und der Auflösung gesellschaftlicher Milieus 1.6.4
Wettbewerbsrecht
Das Wettbewerbsrecht schützt die Nachfrager vor Übervorteilung und die Anbieter vor Leistungseinbußen. Es vollzieht sich zunehmend auf EU-Ebene. Bestimmungen (Art. 101 / 102 AEUV) betreffen dort folgende: •• Verboten ist die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung im Gemeinsamen Markt, soweit dies dazu führen kann, den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten zu beschränken, •• Es gibt ein Verbot für alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, die den Handel zwischen Mitgliedsstaaten beeinträchtigen und den Wettbewerb inner halb des Gemeinsamen Marktes beeinträchtigen, •• Unternehmenszusammenschlüsse sind auf ihre Vereinbarkeit mit dem Ge meinsamen Markt hin zu prüfen. •• Der Schutz der Gesundheit, der Sicherheit und der wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher sowie deren Recht auf Information werden gefördert. Das EU-Recht hat zwischenzeitlich im Zweifel Vorrang vor nationalen Ge setzgebungen. Auf nationaler Ebene greifen vor allem das Gesetz gegen Wettbewerbsbe schränkungen / GWB und das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb / UWG. Das GWB soll einen funktionsfähigen Wettbewerb sicherstellen und enthält dazu u. a. folgende Vorschriften. Wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen, also solche, die eine Verhinde rung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder be wirken, sind verboten (Kartellverbot / § 1 GWB). Davon ausgenommen sind Vereinbarungen zwischen Unternehmen, die unter angemessener Beteiligung der Verbraucher an dem entstehenden Gewinn zur Verbesserung der Warenerzeu
1. Vertrieb als zentrale Funktion des Marketings29
gung oder -verteilung oder zur Förderung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts beitragen (z. B. Mittelstandskartelle). Darüber hinaus gibt es zahlrei che genehmigungsfähige Kartellformen (§§ 2–8 GWB). Der Missbrauch marktbeherrschender Stellungen ist verboten, d. h. nicht be reits die marktbeherrschende Stellung als solche, sondern erst die Ausnutzung dieser Position in einer Art und Weise, wie sie nur möglich ist, weil Marktbe herrschung vorliegt und wie sie unter Wettbewerbsbedingungen nicht möglich wäre. Marktbeherrschend ist ein Unternehmen, wenn er als Anbieter oder Nach frager an einem Markt ohne Wettbewerber bzw. keinem wesentlichen Wettbe werb ausgesetzt ist oder eine im Verhältnis zu anderen Marktpartnern überra gende Marktstellung hat. Diese macht sich fest an seinem Marktanteil, seiner Finanzkraft, seinem Zugang zu Beschaffungs- und Absatzmärkten, seinen Ver flechtungen mit anderen Unternehmen und den Marktzutrittsschranken für andere Unternehmen. Marktbeherrschende Unternehmen dürfen andere im Ge schäftsverkehr, der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist, weder unmittelbar noch mittelbar unbillig behindern oder gegenüber gleicharti gen Unternehmen ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittel bar unterschiedlich behandeln (Diskriminierungsverbot). Ein Unternehmen darf andere nicht auffordern, bestimmte dritte Unternehmen durch Liefersperren oder Bezugssperren zu beeinträchtigen (Boykottverbot). Eine Preisbindung der zweiten Hand, bei welcher der Hersteller einem Händ ler vorgibt, welchen Preis er seinerseits gegenüber seinen privaten Endnachfra gern berechnen darf, ist verboten. Ausnahmen gelten für bestimmte Presseer zeugnisse und Arzneimittel. Unternehmenszusammenschlüsse sind dann zu untersagen, wenn zu erwarten ist, dass dadurch eine marktbeherrschende Stellung begründet oder verstärkt wird (Zusammenschlusskontrolle). Dazu ist eine Anmelde- bzw. Genehmi gungspflicht gegeben. Bestehende Konzentrationen können jedoch nicht rück gängig gemacht werden, es ist also keine Entflechtung möglich. Das UWG dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher sowie sonsti ger Marktteilnehmer und sichert der Allgemeinheit einen unverfälschten Wett bewerb. Unlauter sind danach Wettbewerbshandlungen, die geeignet sind, Mit bewerber, Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer mehr als unerheblich zu beeinträchtigen. Solche Handlungen sind verboten, Zuwiderhandeln verpflichtet zur Unterlassung (nach Abmahnung). Unlauter handelt u. a. •• wer Wettbewerbshandlungen vornimmt, die geeignet sind, die Entscheidungs freiheit der Verbraucher oder sonstiger Marktteilnehmer durch Ausübung von Druck zu beeinträchtigen oder die Unerfahrenheit, Leichtgläubigkeit, Angst oder Zwangslage von Verbrauchern auszunutzen oder den Werbecharakter von Handlungen zu verschleiern, die Inanspruchnahme von Vorteilen nicht klar und eindeutig zu definieren, Mitbewerber herabzusetzen oder zu verun glimpfen oder gezielt zu behindern.
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A. Vertriebskonzept und Controlling
Typische Tatbestände, die gegen das UWG verstoßen sind etwa folgende: •• Ausnutzen der geschäftlichen Unerfahrenheit von Kindern und Jugendlichen, •• Schleichwerbung und getarnte Werbung (Sponsoring, Placement), •• Werben mit Preisnachlässen, die an bestimmte Bedingungen geknüpft sind, die nicht angegeben werden, •• Werben mit Preisausschreiben oder Gewinnspielen, ohne die Teilnahmebedin gungen klar / eindeutig anzugeben, •• Kopplung von Preisausschreiben oder Gewinnspiel an den Erwerb einer Ware, es sei denn, es besteht eine naturgemäße Verbindung, •• unzulässige Behauptungen und Meinungsäußerungen über Konkurrenten so wie deren gezielte Behinderung (Anschwärzung), •• Herkunftstäuschung, Rufausbeutung und unzulässige (sklavische) Produkt nachahmung, •• Irreführung über Merkmale von Waren / Dienstleistungen wie Verfügbarkeit, Art, Ausführung, Verwendungsmöglichkeiten, Zusammensetzung, Herstel lungsverfahren, Eignung, Menge, Beschaffenheit, Herkunft, Testergebnisse, •• Irreführung durch Preisherabsetzungen, die in Wahrheit keine sind (Mond preise), •• Werbung mit Angeboten, die nicht oder nur in sehr geringen Mengen vorrätig sind (Lockvogelangebote).
2.
2. Vertriebsplanung und -entscheidung31
Vertriebsplanung und -entscheidung
Das Unterkapitel „Vertriebsplanung und -entscheidung“ behandelt bereits zentrale Elemente des Vertriebs. Dabei geht es um das Zielsystem des Vertriebs (2.1) sowie dessen Planungsrahmen (2.2). Weitere Elemente stellen die Budge tierung im Vertrieb (2.3) und die Schaffung einer umfassenden Informationsba sis (2.4) für Entscheidungen dar. Diese Entscheidungsfindung wird im Absatz 2.5 spezifiziert. Den Abschluss bilden Verfahren der Vertriebsprognose (2.6) als qualifizierte Vorausschau der Vertriebsperspektiven. Leser wissen nach Durchsicht dieses Unterkapitels um die konkrete Bedeu tung von Zielen und Planungen im Vertrieb. Sie können dieses Wissen in die Budgetierung, die Schaffung einer Informationsbasis und daraus folgend der Entscheidungsfindung einbringen. Und sie wenden dieses systematische und intuitive Wissen im Rahmen der Vertriebsprognose an. 2.1
Vertriebszielsystem
Das Vertriebszielsystem kennt vielfache zentrale Zielinhalte und Zielarten. Wichtig ist dabei, dass Ziele operational vorgegeben werden müssen. Dies ist Aufgabe der vorgesetzten Ebene. Es darf nicht sein, dass Mitarbeiter sich ihre Ziele selbst „basteln“ oder hinein interpretieren müssen, was wohl genau ge meint ist oder welche Parole gerade Geltung hat. Hier liegt eine Bringschuld des Managements. Manager, die Ziele nicht nachvollziehbar formulieren, kom men ihrer Aufgabe nicht nach. 2.1.1
Zentrale Zielinhalte
Die zentralen Zielinhalte lassen sich in Form einer Zielpyramide versinnbild lichen (siehe Abb. 4). An der Spitze dieser Pyramide befindet sich die unterneh merische Vision. Sie bestimmt das „Endziel“ des Unternehmens und ist meist abgehoben von dessen realer Tätigkeit. Gewinn kann kein Endziel sein, sondern immer nur Ergebnis der unternehmerischen Aktivitäten. Fast jeder erfolgreiche Gründer war von einer Vision beseelt, die nicht allein materieller Natur war. Daher sind Unternehmensgründungen nur zum Ziel des Geldverdienens selten von Erfolg gekrönt. Ihnen fehlt es an der inneren Legitimation zum Ressour cenverzehr. Beispiele von Gründern sind Steve Jobs, der Menschen mithilfe von Computern produktiver machen wollte, Henry Ford, der eine Demokratisierung der Automobilität anstelle der Bedienung der „Oberen Zehntausend“ schaffen wollte oder Elon Musk, der Elektromobilität, Raumfahrt und Schnelltransport erreichen will. Heinz Nixdorf wollte planmäßig verteilte Computerintelligenz am Arbeitsplatz.
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A. Vertriebskonzept und Controlling
Abb. 4: Zielsystem des Unternehmens
Die Kernkompetenz entspricht dem Inside out-Denken der Unternehmen (Ressourcenorientierter Ansatz / Penrose). Dieses wurde als Gegenpol zum Out side in-Denken (Marktorientierter Ansatz / Porter) entwickelt. Letzteres ging davon aus, dass ein Unternehmen sich in seinen Aktivitäten an den Bedürfnis sen des Markts bzw. der Marktkräfte auszurichten hat, ersteres geht davon aus, dass der Markt seine Bedürfnisse entweder gar nicht kennt, unrealistische For derungen an Anbieter stellt oder seine Ansprüche ausgesprochen schnelllebig ändert. Folgt man diesen Annahmen, ist eine alleinige Ausrichtung des Unter nehmens am Markt nicht unbedingt sinnvoll. Vielmehr ist es umgekehrt sinn voll, besondere, unternehmensspezifische Fähigkeiten zu identifizieren und die Märkte dann so zu gestalten, dass sie die daraus resultierenden Leistungen ak zeptieren und vor allem honorieren. Dazu ist im ersten Schritt zu bestimmen, welche Unternehmensfähigkeiten überhaupt kernkompetenzfähig sind. Im zwei ten Schritt geht es dann darum zu prüfen, inwieweit die Märkte entsprechend diesen Fähigkeiten tatsächlich beeinflusst werden können. Zur Bestimmung der Kernkompetenzfähigkeit gilt das VRIO-Schema (Bar ney) als Denkmodell. Danach sind Voraussetzungen für Kernkompetenzfähig keiten kumulativ folgende: •• Relevanz für den Bedarf einer genügend großen Nachfragergruppe am Markt (Value),
2. Vertriebsplanung und -entscheidung33
•• hinreichende wettbewerbliche Alleinstellung und fehlende Substitutionsgefahr (Rareness), •• wirtschaftliche Hebelwirkung durch eingeschränkte / fehlende Nachahmbarkeit (Imperfect Imitability), •• Fit mit der Unternehmenskultur durch hohe Spezifität (Organisational Speci ficity). Ergänzende Merkmale sind weiterhin folgende: •• Dauerhaftigkeit der Wirkung, um eine Verlässlichkeit zu erreichen, •• wirtschaftliche Verwertbarkeit, um den Vorsprung monetarisieren zu können, •• Undurchschaubarkeit der Ursachen für Außenstehende, um Kopisten zu ver hindern, •• Komplexität der Ressourcen, um Markteintrittsbarrieren zu schaffen. Fähigkeiten, die kumulativ diese Voraussetzungen erfüllen, sind kernkompe tenzfähig, ob sie dann vom Markt auch als solche angesehen werden, zeigt der Markt. Fähigkeiten, die aber diese Voraussetzungen nicht durchgängig erfüllen, sind nicht einmal kernkompetenzfähig und bieten damit allenfalls die Möglich keit zur passiven Marktanpassung. Die Identifizierung der Kernkompetenz hat konkrete Bedeutung für die ge samtwirtschaftliche Arbeitsteilung. Denn der Kernkompetenzhalter soll diese Wertschöpfungen immer in eigenen Händen behalten und darf sie nicht outsour cen. Umgekehrt soll er Aktivitäten, die nicht seiner Kernkompetenz entspre chen, immer outsourcen, um sich nicht zu verzetteln. Dieses Outsourcing darf nur an Partner erfolgen, deren Kernkompetenz die zu übernehmende Aktivität wiederum entspricht. Eine Ebene darunter befindet sich die ökonomische Mission. Sie legt die Art und Weise fest, wie das visionäre Endziel erreicht werden soll. Sie zeichnet eine wirtschaftliche Erdung aus. Denn Visionäre scheitern zahlreich an der ökonomi schen Realität. Daher ist der Geschäftszweck zentral. Wenn dieser nicht klar genug definiert ist, scheitert jedes unternehmerische Vorhaben. Denkbar sind etwa die Schaffung neuer Märkte, die Generierung kaufkraftunterlegter Probleme und deren Lösung, neue Anwendungen für bestehende Produkte etc. Steve Jobs ließ einen Computer konstruieren, der komplett aufgebaut und einfach zu be dienen war und damit die breite Masse der Nutzer ansprach. Henry Ford limi tierte konsequent den Aufwand für sein T-Modell, so dass sich normale Fabrik arbeiter dessen Anschaffung leisten konnten. Elon Musk kombinierte Tausende von Mobiltelefon-Akkus, um genügend Batteriepower für sein E-Mobil zu ha ben. Und Heinz Nix dorf schuf moder ne Worksta ti ons, die zu ei nem lo ka len Netzwerk verbunden wurden.
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A. Vertriebskonzept und Controlling
Aus der Mission ergibt sich eine bestimmte Unternehmenskultur als „unsicht bare Hand“, die denk- und handlungsbestimmend einwirkt. Zumeist wird die Allegorie eines Eisbergs bemüht (Schein), um deutlich zu machen, dass es da bei zu größten Teilen um ein hypothetisches Konstrukt geht, nämlich in Bezug auf die Basisannahmen (das Weltbild, die Werte und die Überzeugungen) und großenteils auch die Normen und Standards (Ideologien). Teile der Ideologien sind freilich bereits sichtbar, z. B. in Form von Unternehmensleitsätzen. Voll ends sichtbar ist erst die Ebene der Artefakte, also Symbole, Helden, Rituale etc. Von den sichtbaren Elementen kann zuverlässig auf die unsichtbaren ge schlossen werden. Die Kultur unterliegt nur begrenzten Veränderungsmöglich keiten. Daher sind ausgeprägte Kulturen zwiespältig zu betrachten. Sie impli zieren eine Tendenz zur Verharrung. Ziele stellen allgemein gewünschte Zustände der Zukunft dar. An Ziele sind eine Reihe inhaltlicher Anforderungen zu stellen. Zu nennen sind etwa Realisier barkeit und Durchsetzbarkeit, Ordnung und Gewichtung, Konsistenz und Wider spruchsfreiheit, Vollständigkeit und Relevanz sowie Transparenz / Überprüfbar keit. Meist werden diese zu SMART verkürzt, als Akronym aus Einfachheit, Messbarkeit, Ambitioniertheit, Realitätsnähe, Zeitbasierung. Der Ablauf der Zielplanung kann wie folgt gesehen werden. In der Zielsich tung geht es um die Bestimmung der „richtigen“ aus einer Vielzahl möglicher Ziele auf der Sach- und Formalebene. Die Zielselektion hebt auf die dabei ver folgten ökonomischen Prinzipien ab. Die Operationalisierung betrifft die einzel nen Zieldimensionen (siehe Abb. 5). Für die horizontalen Zielbeziehungen gibt es mehrere Ausprägungen. Iden tisch bedeutet dabei, zwei oder mehr Ziele sind deckungsgleich. Harmonisch bedeutet, die Erreichung eines Ziels hilft auch, andere zu erreichen. Neutral bedeutet, die Erreichung eines Ziels hat keine Auswirkung auf die Erreichung anderer. Konkurrierend bedeutet, die Erreichung eines Ziels beeinträchtigt die Erreichung anderer. Antinomisch bedeutet, die Erreichung eines Ziels schließt die Erreichung anderer aus. Nach der Zielhierarchie kann es sich um Oberziele, Zwischenziele oder Un terziele handeln. Unterziele leiten sich aus Zwischenzielen ab, diese wiederum leiten sich aus Oberzielen ab. Nach der Priorität handelt es sich um Hauptziele, die im Fokus des Managements stehen, oder um Nebenziele, die als Randbe dingungen gelten. Nach dem Zielausmaß kann eine Extremierung oder Satisfizierung angestrebt werden. Extremierung findet als Maximierung oder Minimierung statt. Sind da bei, wie regelmäßig gegeben, Nebenbedingungen einzuhalten, handelt es sich um Optimierung. Satisfizierung findet in einer zufriedenstellenden Zielerrei chung ihren Ausdruck, meist indem Mindest- oder Höchstwerte (Zielkorridor) dafür vorgegeben werden.
2. Vertriebsplanung und -entscheidung35
Abb. 5: Dimensionen der Zielinhalte
Nach dem Zielinhalt gibt es ökonomische (quantitative / monetär-materielle) und vorökonomische (qualitative / nicht-monetär-ideelle) Ziele, letztere sind ers teren vorgelagert, d. h., im Kern geht es in erwerbswirtschaftlichen Organisatio nen um die Erreichung ökonomischer Ziele, nicht-ökonomische wie Image, Ver trauen, Reputation etc. sind dazu nach klassischer Sicht nur Mittel zum Zweck. Nach der Zielrichtung werden im Wesentliche folgende unterschieden. Es geht um die Schaffung eines Wunschzustands, um das Wachstum in Richtung dieses Wunschzustands, die Haltung dieses Zustands oder die gezielte Reduk tion des Zustands, etwa bei gesamtgesellschaftlichen Unverträglichkeiten. Das Zielobjekt / -subjekt gibt an, um welche Sach- und Dienstleistungen bzw. Zielpersonen es sich als Adressaten zielführender Maßnahmen handelt. An die sen soll die Zielerreichung verwirklicht und dort auch nachweisbar werden. Nach dem Zielzeitbezug sind Ziele kurz-, mittel- oder langfristig angelegt, man spricht von operativen (< 1 Jahr), taktischen (1–3 Jahre) und strategischen Zielen (> 3–5 Jahre). Typischerweise bauen die Zeithorizonte aufeinander auf und folgen stringent einander ab.
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A. Vertriebskonzept und Controlling
Nach dem Zielgebiet können lokale, regionale, nationale oder internationale Räume adressiert sein. Zunehmend sind letztere Gegenstand des Zielsystems von Unternehmen. Daraus ergeben sich besondere Herausforderungen für das Management. Die Zieleinheit schließlich gibt die organisatorische Zuständigkeit für die Zielerreichung an. Dabei kann es sich um eine Stelle, eine Abteilung oder eine Division (SGE) handeln, welche die Umsetzung verantworten. 2.1.2
Zielarten
Als Zielarten können Sach- und Formalziele unterschieden werden. Sachziele beziehen sich auf das konkrete Handeln (Was) in der Unternehmensführung und können Beschaffungs-, Produktions- und Vermarktungshandeln oder Geld-, Ka pital- und Vermögenshandeln betreffen. Sachziele unterteilen sich im Einzelnen in Leistungs-, Erfolgs-, Finanz- und Sozialziele: •• Marktangebotsziele wie Produktqualität, Produktinnovation, Kundenservice, Programmstruktur etc., •• Marktstellungsziele wie Umsatz, Marktanteil, Marktgeltung, Markterschlie ßung etc., •• Macht- und Prestigeziele wie Unabhängigkeit, Image / Reputation, politischer Einfluss etc., •• Ertragsziele wie Gewinn, Deckungsbeitrag etc., •• Wertschöpfungsziele wie Produktivität, Wirtschaftlichkeit, Qualität etc., •• Rentabilitätsziele wie Umsatzrendite (RoS), Gesamtkapitalrendite (RoI), Eigenkapitalrendite (RoE) etc., •• Finanzwirtschaftsziele wie Kreditwürdigkeit, Selbstfinanzierung, Kapitalstruk tur etc., •• Liquiditätsziele (statisch, dynamisch, periodenbezogen), •• vermögenswirtschaftliche Ziele (Eigen- / Fremdkapital, Anlage- / Umlaufver mögen etc.), •• Mitarbeiterziele wie Einkommen, Arbeitsplatzsicherheit, Arbeitszufriedenheit, persönliche Entwicklung etc., •• Gesellschaftsziele wie nicht-kommerzielle Leistungen für Anspruchsgruppen, Beiträge zur gesamtwirtschaftlichen Infrastruktur, soziale Integration etc., •• ökologische Ziele wie Umwelt-, Tier- und Naturschutz. Formalziele betreffen die Erfolgsgrößen, auf die dieses Handeln ausgerichtet ist (Wie). Sie orientieren sich an betriebswirtschaftlichen Maximen wie Gewinn, Kosten, Rendite etc. Dabei handelt es sich in allgemeinster Form um das öko nomische Prinzip. Dieses gilt als
2. Vertriebsplanung und -entscheidung37
•• Maximumprinzip, d. h., es geht darum, mit gegebenem Mitteleinsatz als Input bzw. Aufwand einen maximalen Erfolg als Output bzw. Ertrag zu erzielen. •• Minimumprinzip, d. h., es geht da rum, ei nen ge ge be nen Er folg als Out put bzw. Ertrag mit minimalem Mitteleinsatz als Input bzw. Aufwand zu erzielen. •• Satisfaktionsprinzip, d. h., es geht darum, mit einem gegebenen Input einen zufriedenstellenden Output zu realisieren, •• Optimumprinzip, d. h., es soll ein bestmögliches Verhältnis zwischen Erfolg als Output und Mitteleinsatz als Input erreicht werden. Dem ökonomischen Prinzip dienen im Einzelnen drei Maximen. Die Produk tivität ist eine mengenbezogene, realwirtschaftliche Größe, welche die Ergiebig keit von Einsatzfaktoren pro Zeiteinheit misst, auch bezogen auf die Teilpro duktivitäten von Arbeit als Arbeitsproduktivität, Material als Materialprodukti vität und Betriebsmitteln als Betriebsmittelproduktivität. Sie ergibt sich als Quotient aus mengenmäßigem Ausstoß (Output) und mengenmäßigem Einsatz (Input) an Arbeit, Material, Betriebsmitteln. Die Wirtschaftlichkeit ist eine wertbezogene, finanzwirtschaftliche Größe, welche die der Produktivität zugrunde liegende Mengenrelation mit jeweiligen Marktpreisen bewertet. Wirtschaftlichkeit und Produktivität können durchaus auch gegenläufig sein, etwa wenn Marktpreise sinken bzw. Einsatzfaktorkosten steigen. Sie ergibt sich als Quotient aus wertmäßigem Ertrag und wertmäßigem Aufwand. Die Rentabilität ist ein relatives Maß für die Umsetzung des erwerbswirt schaftlichen Prinzips als Ertrag einer Aktivität in Relation zu ihrem Ressour ceneinsatz, auch bezogen auf Teilrentabilitäten als Eigenkapital-, Gesamtkapi tal- oder Umsatzrentabilität. Sie ergibt sich als Quotient aus wertmäßigem Ertrag und wertmäßigem Ressourceneinsatz. Neben diesen drei Maximen ist ein zentraler Kennwert für das Überleben des Unternehmens die Liquidität. Sie kann als absoluter Wert, also Gegenwert aller liquidisierbaren Vermögensgegenstände, oder als relative Liquidität im Ver gleich zwischen vorhandener und erforderlicher Liquidität ausgewiesen werden. Aus kurzfristiger Sicht lassen sich verschiedene Grade der Liquidität unter scheiden: •• Liquidität 1. Grades als Quotient aus Zahlungsmittelbestand und kurzfristigen Verbindlichkeiten, •• Liquidität 2. Grades als Quotient aus Zahlungsmittelbestand + kurzfristigen Forderungen (= kurzfristiges Umlaufvermögen) und den kurzfristigen Verbind lichkeiten, •• Liquidität 3. Grades als Quotient aus Zahlungsmittelbestand + kurzfristigen Forderungen + Vorräten (gesamten Umlaufvermögen) und den kurzfristigen Verbindlichkeiten.
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A. Vertriebskonzept und Controlling
Aus langfristiger Sicht lassen sich drei Grade der Deckung unterscheiden: •• Deckungsgrad A als Quotient aus Eigenkapital zu Anlagevermögen, •• Deckungsgrad B als Quotient aus Eigenkapital + langfristiges Fremdkapital zu Anlagevermögen, •• Deckungsgrad C als Quotient aus Eigenkapital + langfristiges Fremdkapital zu Anlagevermögen und langfristig gebundenem Umlaufvermögen. Die Verwirklichung dieser Ziele wird übergeordnet an den Größen Effizienz und Effektivität gemessen. Effizienz bedeutet dabei die Beziehung zwischen er brachter Leistung und Ressourceneinsatz und repräsentiert damit die Wirtschaft lichkeit im Ver trieb, oder an ders aus ge drückt, ob „die Din ge rich tig ge tan werden“. Effektivität bedeutet den Grad der Zielerreichung und damit die Wirk samkeit im Vertrieb, oder anders ausgedrückt, ob „die richtigen Dinge getan werden“. Die Effizienz wird im Rahmen der Überwachung (Revision) abgesi chert, die Effektivität im Rahmen des Überprüfung (Audit). Das ökonomische Prinzip ist zunehmend durch soziale bzw. humanitäre, den Arbeitnehmer als Menschen in den Mittelpunkt stellende, sowie nachhaltige bzw. ökologische Prinzipien zu ergänzen, welche die Belange der allgemeinen Um welt in den Mit tel punkt stel len (CSR) und so mit als selbst verständ li che Restriktionen für unternehmerisches Handeln anzusehen sind. Da dabei einzel wirtschaftliche Nachteile hinzunehmen sind, muss sichergestellt werden, dass keine kontraproduktiven Anreize entstehen, indem alle externalen Effekte, na mentlich die negativen, internalisiert werden. 2.2
Vertriebsplanungsrahmen
Im Vertrieb ist allgemein ein hohes Maß an Flexibilität erforderlich. Dies darf aber nicht in Aktionismus umschlagen, bei dem die Beteiligten irrlichternd va gabundieren. Die Notwendigkeit zur Flexibilität enthebt vielmehr keinesfalls von der Not wen dig keit der Pla nung. Viel mehr ist die Pla nung dann adap tiv anzulegen, damit sie auf Entwicklungen eingehen kann, ohne den übergreifen den Pfad zu verlassen. 2.2.1
Planungsinhalte
Planung stellt das systematische, zukunftsbezogene Durchdenken und Festle gen von Maßnahmen, Mitteln und Wegen zur Zielerreichung dar. Kontrolle ist spiegelbildlich die Gegenüberstellung der Zielgrößen und der erreichten Istgrö ßen verbunden mit der Analyse von Abweichungen. Planung und Kontrolle bilden somit einen Regelkreis, Planung ohne Kontrolle ist ebenso sinnlos wie Kontrolle ohne Planung unmöglich ist.
2. Vertriebsplanung und -entscheidung39
Aufgabe der Planung ist es, die generellen unternehmenspolitischen Zielset zungen unter Berücksichtigung interner und externer Gegebenheiten und Ent wicklungen zu konkretisieren. Es handelt sich um den Entwurf einer Ordnung, nach der sich das betriebliche Geschehen der Zukunft vollziehen soll. Planung ist also gegenwärtiges Entscheiden über zukünftiges Tun oder Unterlassen. Sie ist abzugrenzen von Prognose als auf praktischer Erfahrung oder theoretischer Erkenntnis beruhenden Aussagen über die Zukunft, wobei die Zielsetzung fehlt, von Extrapolation als Projizierung eines Sachverhalts mithilfe statistischer Schätzmethoden, wobei die Gestaltung fehlt, und von Improvisation als ex postEntscheidungen, wobei der Zukunftsaspekt fehlt. Planung ist insofern gegenwärtiges Entscheiden über zukünftiges Tun und Unterlassen. Sie geht willensbildend, informationsverarbeitend und systematisch vor und versucht dadurch, zukünftige Handlungsspielräume einzugrenzen, zu strukturieren und zu optimieren. Planung baut auf den Zielen auf und setzt eine Problemanalyse voraus. Daraus leiten sich verschiedene Optionen für Lösungen ab, die zu bewerten und zu priorisieren sind. Sie bezieht sich auf •• das Planungsobjekt, also den Gegenstand, der geplant werden soll, •• das Planungssubjekt, also die Person / Stelle, welche die Planung vornimmt, •• die Planungsdaten, vor allem Geltungsraum, Zeitrahmen, Budgetressourcen und allgemeine Restriktionen. Planung vollzieht sich in mehreren Phasen. In der Anregungsphase geht es um die Erkennung und Definition von Problemstellungen, die der Planung be dürfen. In der Identifikationsphase geht es um die Beschaffung, Analyse und Interpretation aller für die Problemlösung relevanten Daten. In der Suchphase geht es um die Entwicklung von Lösungsoptionen, die geeignet scheinen, das Problem zu beheben. In der Auswahlphase geht es um die Bewertung dieser Lösungsoptionen und die Präferenz für eine Lösung. In der Durchsetzungsphase geht es um die Implementierung der ausgewählten Optionen. Und in der Kon trollphase geht es um evtl. notwendig werdende Korrekturaktivitäten. 2.2.2
Planungsdimensionen
Die Planung kann dabei im Vertrieb nach mehreren Dimensionen unterteilt werden (siehe Abb. 6). Nach der Verbindlichkeit ergibt sich die starre oder flexible Vertriebsplanung. Starre Planung bedeutet, dass ein Plan über den vorge gebenen Zeitraum hinweg unverändert bestehen bleibt, flexible Planung bedeu tet, dass ein Plan an Veränderungen der Planungsbedingungen angepasst werden kann, etwa durch Aufschiebung der Verabschiedung, Einbau von Planreserven, Alternativpläne (Optionen), Eventualpläne (Schubladenpläne) etc. Nach der Detaillierung gibt es die Grobplanung und die Feinplanung. Erstere dient zu einer ersten, kursorischen Orientierung in einer Sachlage, letztere dann
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A. Vertriebskonzept und Controlling
Abb. 6: Dimensionen der Planung
zur detaillierten Durchstrukturierung dieser Lage. Im Regelfall ist die Grobpla nung als die logische Vorstufe der Feinplanung anzusehen. Nach dem Umfang beziehen die Pläne alle Unternehmensbereiche (Totalpla nung) oder nur einzelne von ihnen (Partialplanung, z. B. im Vertrieb) ein. Die Partialpläne müssen dann zu einem Totalplan zusammengefasst werden, was große Probleme bereitet. Dazu werden sowohl betriebswirtschaftliche StandardSoftware (Enterprise Resource Planning / ERP) als auch fortgeschrittene Infor mationsverarbeitung (Big Data) eingesetzt. Nach der Fristigkeit ergibt sich die strategische Planung (> 3–5 Jahre), sie bezieht sich auf die Gestaltung der Leistungspotenziale und wird vom Top-Ma nagement vorgenommen, die taktische Planung (1–3 / 5 Jahre), sie bezieht sich auf die Auslegung der so definierten Potenziale und wird vom Senior Manage ment vorgenommen, sowie die operative Planung (< 1 Jahr), sie bezieht sich auf die Detailorganisation und wird vom Middle Management vorgenommen. Nach der Richtung ergibt sich die retrograde Planung, sie erfolgt Top down in der Hierarchie von der Unternehmensleitung an die einzelnen exekutiven Ebenen im Vertrieb gerichtet, die progressive Planung, sie erfolgt Bottom up in
2. Vertriebsplanung und -entscheidung41
der Hierarchie von der Exekutive an das Top Management gerichtet sowie die zirkuläre Planung, sie ergibt sich zunächst abwärtsgerichtet als Rahmenplan durch die Unternehmensleitung, der dann aufwärtsgerichtet auf den einzelnen Ebenen überprüft und konkretisiert wird. Nach der Zeitabfolge wird unterschieden in gereihte, gestaffelte und ge schachtelte Vertriebspläne. Bei der geschachtelten Planung ist der kurzfristige Plan integraler Bestandteil des mittelfristigen Plans und dieser wiederum Bestandteil des langfristigen Plans. Bei der gestaffelten Planung überlappen die Planungshorizonte hingegen einander, der kurzfristige Plan ragt also zeitlich in den mittelfristigen hinein und der mittelfristige Plan seinerseits in den langfris tigen. Bei der gereihten Planung sind die Pläne unterschiedlicher Fristigkeit lückenlos hintereinander geschaltet, die Planungshorizonte überlappen sich nicht. Nach der Zyklik wird wie folgt unterschieden. Bei einem rollierenden Vertriebsplan wird im mer, wenn eine ope ra ti ve Pha se ab ge lau fen ist, die ers te Phase der taktischen Planung operativ ausgefüllt, die erste Phase der strategi schen Planung taktisch ausgefüllt und die strategische Planung um eine Phase ver län gert. Die Plä ne rü cken also ein mal im Ge schäfts jahr nach. Bei ei nem revolvierenden Vertriebsplan wird wie beim rollierenden vorgegangen, aller dings ist der Aktualisierungsrhythmus unterjährig, so dass innerhalb der Rollie rung eine schnellere Anpassung möglich wird. Bei einem anschließenden Vertriebsplan werden die Planperioden einmal durchgeplant und dann auch nicht mehr geändert. Die Pläne sind dabei immer überschneidungsfrei. Nach der Elastizität wird unterschieden in die Eventualplanung, die Alterna tivplanung und die Engpassplanung. Die Eventualplanung berücksichtigt proak tiv Störfaktoren und hält für diesen Fall eine Fallback-Lösung bereit. Die Alter nativplanung geht von zwei alternativen Szenarien aus, die komplett durchge plant werden. Danach wird eine der Alternativen für das weitere Vorgehen zu grunde gelegt. Die Engpassplanung orientiert sich am betriebswirtschaftlichen Bottleneck (Ausgleichsgesetz der Planung / Gutenberg). Der Engpass limitiert das gesamtbetriebliche Erfolgsniveau. Davon abweichende Planungen sind un realistisch, solange dieser Engpass nicht überwunden werden kann. Nach der Koordination der Pläne unterscheidet man die Simultan- und die Sukzessivplanung, Erstere versucht, alle Teilpläne integrativ zu berücksichtig ten, was zwar in einer enormen Komplexität resultiert, wodurch aber ein Ge samtoptimum möglich wird, da gegenseitige Interaktionen berücksichtigt wer den. Letztere geht Teilplan für Teilplan vor, was allerdings die Gefahr birgt, in der Summe suboptimal zu bleiben. Es wird also zunächst mit einem Planungs bereich begonnen. Dabei ist sinnvollerweise der betriebliche Engpass Ausgangs punkt jeder Planung, da dieser das gesamte Aktivitätenniveau limitiert, gemeinhin also der Vertrieb. Solange es nicht gelingt, diesen Engpasssektor zu über winden, stoßen alle anderen Planungen an ihre Grenzen.
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A. Vertriebskonzept und Controlling
Jede Planung folgt tunlichst den Grundsätzen der Vollständigkeit, Genauig keit, Eindeutigkeit, Kontinuität und Wirtschaftlichkeit. Planung erfordert immer wirtschaftliche Entscheidung. Soll nur ein Ziel verfolgt werden, sind Entschei dungen vergleichsweise klar. Schwierig wird es, wenn mehrere Ziele zugleich verfolgt werden sollen oder Zielgewichtungen erforderlich sind, denn dann entstehen Zielkonflikte. 2.2.3
Planungstechniken
Die Gestaltung der Planung wird durch vielfältige Techniken unterstützt. Die Netzplantechnik stellt den zeitlichen Ablauf einzelner Aktivitäten dar, verdeut licht deren sachlichen Gesamtzusammenhang, lässt kritische Vorgänge als Akti vitäten ohne Zeitreserve erkennen und weist Zeitreserven bei anderen Vorgän gen aus. Der Netz plan ba siert auf der Gra phenthe o rie. Un ter ei nem Graph versteht man eine Menge von Knoten, die durch eine geordnete Menge von Kanten mit einer Richtungsangabe verbunden sind. Zwischen Anfangsknoten und Endknoten gibt es einen kürzesten Weg. Verzögerungen hier führen zu Ver zögerungen im gesamten Ablauf (Kritischer Weg). Zur Netzplantechnik gehören verschiedene Verfahren, so •• CPM-Vorgangspfeilnetzplan (Critical Path Method), MPM-Vorgangsknoten netzplan (Metra Potential Method), PERT-Ereignisknotennetzplan (Program Evaluation and Review Technique), GERT-Vorgangspfeil- und -knotennetz plan (Graphical Evaluation and Review Technique) etc. Die Idee ist jeweils, aus Gründen der Zeitersparnis und Kapazitätsnutzung verschiedene Tätigkeiten parallel auszuführen, ohne dass daraus Friktionen re sultieren. Dies bedingt, dass bestimmt wird, welche Tätigkeiten wann begonnen bzw. beendet werden müssen, um den vorgesehenen Zeitplan einzuhalten. Da her gibt es früheste und späteste Anfangszeiten (FAZ / SAZ) bzw. Endzeiten (FEZ / SEZ). Am Beginn steht daher eine Strukturanalyse, aus ihr folgt eine Zeitanalyse. Durch Bewertung entstehen daraus eine Kapazitäts- und Kosten analyse. Maßnahmen zur Zeitverkürzung umfassen u. a.: •• kapazitative Ausweitung, intensitätsmäßige Anpassung, zeitliche Ausdehnung, Automatisierung der Aktivitäten, bessere Know-how-Nutzung (Wissensmana gement), Routinisierung durch Übung (Erfahrungseffekt), Eliminierung „to ter“ Phasen (Zeitpuffer, Lager), Verschränkung der Aktivitäten, Simultanbear beitung der Aktivitäten, bessere Vorbereitung (Rüstarbeiten, Ausfälle), Wert analyse mit Wahl der nächstbesseren Alternative, Vorziehen problembehafteter Aktivitäten, bessere Unterteilung der Arbeiten. Ablaufdiagramme zeigen grafisch die logische Abfolge von Tätigkeiten im Vertrieb auf. Arbeitsmittel dazu ist die Ablaufkarte. Sie unterscheidet Arbeits phasen nach Operation (O), Inspektion (I), Transport (S) und Stillstand (S).
2. Vertriebsplanung und -entscheidung43
Durch diese analytische Aufgabenzerlegung im Blockdiagramm können Abläufe strukturiert werden. Balkendiagramme (Gantt) zeigen die zeitliche Ausdehnung von Aktivitäten auf. Die Balken sind zumeist horizontal in einem Diagramm mit der Zeit auf der Horizontalen und den Aktivitäten auf der Vertikalen abgetragen. Die Lage der Balken ergibt sich aus den jeweiligen Anfangs- und Endterminen der Akti vitäten. Die Balken zeigen die Reihenfolge der Aktivitäten, ihren jeweiligen Zeitverbrauch und den damit verbundenen Kapazitätsbedarf an. Meilensteinpläne unterteilen die Aktivitätenfolge in Zeitabschnitte als Zwi schentermine. Dabei handelt es sich um wichtige Eckpunkte (Milestones), deren Termineinhaltung gerade bei komplexen Aktivitäten leichter kontrolliert werden kann. Der Projektplan trägt die vorzunehmenden Vertriebsaktivitäten in der Kopf spalte und das Kalendarium in der Kopfzeile. Jede Aktivität wird durch Mar kierungen abgetragen. Unabhängige Aktivitäten können einander überlappen. Der Projektstrukturplan geht nach zu bearbeitenden Objekten vor und innerhalb dessen nach Reihenfolge, der Projektablaufplan geht nach Reihenfolge vor und innerhalb dessen nach zu bearbeitenden Objekten. Der Line of Balance-Plan geht von einem einzuhaltenden Endtermin aus. Von dort werden die erforderlichen Aktivitäten in Bezug auf ihren Endtermin durch geplant. Endet der Anfangstermin dann, wie in der Praxis häufig vorzufinden, in der Vergangenheit, ist der Plan naturgemäß zu überarbeiten. Der Entscheidungsbaum besteht aus dem Strukturmodell, dessen Quantifizie rung und der Rollback-Analyse. Im Strukurmodell werden die Vertriebsaktivi täten geordnet. Die Visualisierung erfolgt in Form eines Baumes mit Ästen für die Handlungsalternativen und Knoten (Kästchen oder Kreise) für die Aktivi tätsergebnisse, denen jeweils Eintrittswahrscheinlichkeiten zugeordnet sind. Die Äste werden in der Quantifizierung mit jeweiligen Periodenkosten bewertet und die erwarteten Erträge ausgewiesen. In der Rollback-Analyse wird rückwärts die optimale Entscheidung ermittelt. Bei Zufallsknoten wird der Erwartungswert errechnet, bei Entscheidungsknoten wird er maximiert. Checklisten sind Sammlungen von als relevant erscheinenden Kriterien. Diese können quantitativer Art sein, dann lassen sich die Kriterien unter Zielaspekten im Scoring über verschiedene Handlungsoptionen hinweg bewerten. Das Ergeb nis ist ein Rating (metrisch) dieser Optionen. Bei qualitativen Kriterien ist nur ein ordinale Skalierung möglich, das Ergebnis ist dann ein Ranking der Optio nen. Denkbar ist, die qualitativen Kriterien zunächst in quantitative Kriterien „umzurechnen“ und dann zu scoren / raten. Dies erfolgt im Rahmen der Nutz wertanalyse. Optimierungsverfahren ergeben sich im Rahmen der linearen und nicht-line aren Programmierung. Verbreitet ist die lineare Optimierung nach der Simplex-
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A. Vertriebskonzept und Controlling
Methode. Grafisch erfolgt die Darstellung in einem Koordinatensystem durch Eintrag der Zielfunktion und der Nebenbedingungen als Restriktionen zu ihrer Erreichung. Daraus entsteht grafisch ein Polyeder, bei dem die Zielfunktion vom Koordinatenursprung aus soweit verschoben wird, bis sie die am weitesten entfernte zulässige Position (Kante) als Restriktionsfunktion oder meist Schnitt punkt von Restriktionsfunktionen erreicht. Dadurch lassen sich vor allem Zu weisungsprobleme von Ressourcen wie Arbeitskräfte, Kapazitäten, Material, Kapital etc. für den Vertrieb optimal lösen. 2.3
Vertriebsbudgetierung
Budgetierung ist allgemein die Umsetzung von Plänen in eine Menge von Geldwerten für die nächsten Perioden durch Gegenüberstellung der erwarteten Einnahmen und Ausgaben, die einem organisatorischen Verantwortungsbereich für einen bestimmten Zeitraum verbindlich zur Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben in eigener Verantwortung zur Verfügung gestellt wird. Dem Budget kommen im Vertrieb verschiedene Funktionen zu. Das Budget hat eine Orientierungsfunktion für den Verantwortungsträger. Es hat eine Er mächtigungsfunktion zur Disposition über die finanziellen Mittel. Ihm kommt eine Motivationsfunktion zu. Es übernimmt die Koordinationsfunktion zur Zu teilung knapper Ressourcen. Und das Budget hat Kontrollfunktion durch laufen den Soll-Ist-Abgleich. Die Budgetbestimmung im Vertrieb kann im Einzelnen durch verschiedene analytische Verfahren erfolgen (siehe Abb. 7). Einzelbetrieblich sind quantita tive Größen wie Mengen und Werte zu nennen. Die Mengenbudgetierung macht an Ausbringungseinheiten fest, die Wertbudgetierung an Betriebserfolgsgrößen. Ersteres bezieht sich auf Absatz, Leistungseinheiten, Gewicht etc. (z. B. als X € Budget pro verkauftem Stück), letzteres auf Umsatz, Gewinn, Deckungsbeitrag etc. (z. B. Budget als Y % der Ertragsgröße). Bei qualitativen Größen ist vor allem an eine Ziel-Mittel-Budgetierung zu denken, d. h., die Vertriebsziele werden mit Maßnahmen versehen, die zu deren Erreichung für erforderlich gehalten werden (Mengengerüst), diese werden wie derum mit Geldeinheiten bewertet, deren Addition dann das Gesamtbudget bzw. die Teilbudgets aller Maßnahmen ergibt. Allerdings ist fraglich, welche Mittel genau zur Zielerreichung geeignet sind und wie diese dazu ausgelegt sein müs sen. Dazu können die Meinungen weit auseinander gehen. Weiterhin ist eine grundständige Neuberechnung des Bud gets (Zero Base Budgetierung / ZBB) möglich. ZBB bedeutet, dass alle Budgets auf Null gesetzt und komplett neu argumentiert werden müssen. Die Vorgesetzten priorisieren dann die Budgets in ihrem Bereich, diese werden über die Verantwortungsbe reiche hinweg quer von deren Vorgesetzten priorisiert, bis an die Unternehmens
2. Vertriebsplanung und -entscheidung45 Analytische Budgetierungsverfahren
Einzelbetriebliche Basis
Quantitativer Bezug
Menge
Wert
Qualitativer Bezug
Ziel-Mittel-Relation
Zero Base Budgeting
Überbetriebliche Basis
Wettbewerb
Gesamtmarkt
Nicht-analytische Budgetierungsverfahren
Willkürliche Basis
Restwert
Festwert
Angeleitete Basis
Fortschreibung
Verhandlung
Abb. 7: Verfahren zur Budgetierung
spitze. Dann wird entsprechend der Bedeutung das Gesamtbudget bestimmt und einzeln dotiert. Eine sicherlich sehr sinnvolle Vorgehensweise, die jedoch enorm aufwändig ist. Bei überbetrieblichen Größen können externe Parameter herangezogen wer den. Bei der Wettbewerbsbudgetierung werden Budgets am vermuteten oder bekannten Budget der wichtigsten Konkurrenten festgemacht. Diese sind z. B. aus der Werbestatistik (Nielsen) bekannt, werden von Verbänden ausgewiesen oder sind innerhalb einer Branche recht gut abzuschätzen. Dann muss überlegt werden, ob man das eigene Budget unter (Underspending) oder über diesem Niveau (Overspending) ansiedelt, je nach defensiver oder offensiver Einstel lung. Genau genommen ist das Wettbewerbsbudget noch mit dessen Marktanteil zu gewichten oder man nimmt nur vergleichbar große Wettbewerber als Maß stab.
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A. Vertriebskonzept und Controlling
Bei der Gesamtmarktbudgetierung werden makroökonomische Größen zur Bestimmung zugrunde gelegt. Dabei ist an Größen wie Branchenwachstumsrate, BIP-Wachstumsrate, Inflationsrate etc. zu denken. Eine solche Orientierung stellt sicher, dass man mit der Gesamtmarktentwicklung mithält, ist jedoch nicht in der Lage, diese zu übertreffen und einen individuellen Vorsprung zu erreichen. Verbreitet sind jedoch gemeinhin nicht-analytische (willkürliche) Verfahren zur Bemessungen anzutreffen, etwa anhand verbleibender freier Budgetmittel (Restwert) oder auf Basis des Vorperiodenwerts (Festwert). Die Restwertbudge tierung teilt dem Vertrieb Budget in dem Maße zu, wie andere Bereiche die Mittel nicht ausschöpfen. Dies ist völlig inakzeptabel, aber in der Praxis durch aus weit verbreitet und drückt die oftmals geringe Wertschätzung für Vertriebs arbeit aus („unser Produkt verkauft sich von allein“, „wer sich auskennt, kommt auf uns zu“, „an un se ren Pro duk ten kommt oh ne hin nie mand vor bei“). Die Festwertbudgetierung entspricht dem Phänomen, das wie aus dem Nichts „von oben“ ein Plan mit Budgetwerten auftaucht, an denen dann nur noch schwer zu rütteln ist. Dies entspricht dem Prinzip der normativen Kraft des Faktischen. Die Änderung eines Budgets zieht dann in einem Dominoeffekt Änderungen bei zahlreichen anderen Budgets nach sich, was allein deshalb abgelehnt wird. Auch kommt eine Fortschreibung des Budgets aus der Vorperiode in Be tracht. Dabei kann der seinerzeitige Ausschöpfungsgrad berücksichtigt werden. Dies ist praktisch am häufigsten anzutreffen, weil daraus eine Arbeitsvereinfa chung resultiert. Jedoch ist keinerlei funktionaler Zusammenhang in der Bud getbestimmung erkennbar. War die Dotierung in der Vergangenheit unzurei chend, wird sie es damit auch für die Zukunft sein, et vice versa. Schließlich sind auch Verhandlungsbudgets weit verbreitet. Dies ist meist dysfunktional, weil dann zwischenmenschliche Aspekte positiv wie negativ einwirken. Im ver breiteten Führungskonzepten, wie dem Management by Objectives (MbO), sind derart verhandelte Budgets als verbindlich zu betrachten („A Budget is a Con tract“) und bestimmen wesentlich über den individuellen Zielerreichungsgrad. Dabei spielen jedoch Wohlwollen oder Misstrauen eine erhebliche Rolle. Budgets können ihrer Art nach inputorientiert sein, d. h. die Bereitstellung von Ressourcen (Geldmittel, Sachmittel, Rechte, Humanressourcen) definieren oder outputorientiert, d. h. ein zu erreichendes Ergebnis vorgeben, etwa in Be zug auf den beabsichtigten Marktanteil. Sie beziehen sich in ihrer Dauer unterjährig auf Monate, Quartale, jährlich oder mehrjährig mittelfristig sowie mehrjährig langfristig. Häufig steigt der Ge nauigkeits- und Verbindlichkeitsgrad der Budgets mit wachsender Gegenwarts nähe. Nach der Ebene kann ein Budget als Stellenbudget, als Spartenbudget, als Gesamtbudget oder als Projektbudget ausgelegt sein. Bei maßnahmenübergrei fenden Budgets liegt dann die genaue Dotierung der Maßnahmen bei Budget verantwortlichen.
2. Vertriebsplanung und -entscheidung47
Durch Handlungsspielräume bei der Budgeterfüllung soll die Leistungsbereit schaft der Budgetverantwortlichen gesteigert werden. Budgets können auch als Beurteilungsgrundlage und zur Vergütungsbemessung der Budgetverantwortli chen genutzt werden. Die Budgetgrößen haben Vorgabecharakter. Die Kontrolle der Budgets ermöglicht die Feststellung von Abweichungen und die Auslösung von Lernprozessen. Die vertikale und horizontale Abstimmung der finanziellen Ressourcen im Unternehmen führt zu •• periodisch-geplanten Budgets, d. h., das Vertriebsbudget wird für eine Periode erstellt, nach Period enende wird ein neues Budget erstellt, die Budgets wer den dabei nicht verkettet; •• rollierend-geplanten Budgets, d. h., das Vertriebsbudget wird in Teilperioden unterteilt, die nacheinander detailgeplant werden, daher kann ggf. eine Anpas sung erfolgen; •• retrograd-geplanten Budgets, die von einer Gesamtgröße auf die einzelnen Verantwortungsbereiche wie den Vertrieb herunter gebrochen werden; •• progressiv-geplanten Budgets, die von den Verantwortungsbereichen auf die Gesamtgröße aggregiert werden (im Gegenstromverfahren werden retrograde und progressive Vorgehensweisen kombiniert). Probleme ergeben sich, weil eine Fehlallokation der finanziellen Ressourcen entstehen kann. Außerdem ist die Budgetierung ein sehr zeit- und arbeitsauf wändiger Vorgang. Detaillierte Budgets schränken die Flexibilität (Reaktionsge schwindigkeit) der Unternehmensbereiche ein. Budgetvorgaben sind häufig nicht marktorientiert. Insbesondere droht durch Fortschreibung eine dauernde Unwirtschaftlichkeit. Zudem kommt es zur Vernachlässigung von Investitionen und Innovationen. Schließlich sind dysfunktionale Verhaltensweisen wahr scheinlich („Dezember-Fieber“, Abteilungsegoismen, Budgetpuffer etc.). Als Lösungen kommen Verfahren wie Better Budgeting (zweckmäßigere Ver fahren) und Beyond Budgeting (dezentrale Steuerung anstelle Budgetierung) in Betracht. 2.4
Vertriebsinformationsbasis
Informationen sind im Informationszeitalter zum wichtisten Rohstoff gewor den, so auch im Vertrieb. Jeder Plan, jede Entscheidung und jede Aktion ist nur so gut wie der Wissensstand als deren Basis. Insofern gilt es, personenunabhän gig, objektiviert Informationen zu sammeln, auszuwerten und daraus zu schluss folgern. Nur so kann moderner Vertrieb angesichts restriktiver, immer komple xerer Vermarktungsbedingungen erfolgreich agieren.
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2.4.1
A. Vertriebskonzept und Controlling
Wissensressourcen
Die Vertriebsplanung beabsichtigt, das im Unternehmen explizit, in Dateien dokumentierte, oder aber implizit, individuell und kollektiv bei Personen vor handene Wissen (Tacid Knowledge) zu sammeln, zu strukturieren, auszuwerten und weiter zu entwickeln. Wissen ist allgemein vernetzte Information, Träger von Wissen sind auf absehbare Zeit nur Menschen, Träger von Informationen hingegen sind beliebige Speichermedien. Im Einzelnen können dabei folgende Aufgaben unterschieden werden. Die Wissensidentifikation gibt den für erforderlich gehaltenen Rahmen der Wissensbasis vor. Die Wissenssammlung schafft Transparenz über das im Un ternehmen bereits vorhandene Wissen aus verteilten Quellen. Die Wissensstruk turierung organisiert dieses Wissen und identifiziert Potenziale, aber auch Lü cken. Die Wissensentwicklung erfolgt zur Anreicherung und Erweiterung des Wissensstands in Bezug auf diese Lücken. Die Wissensteilung erfolgt innerhalb des Unternehmens. Die Wissensbewertung qualifiziert zukünftige Wissensbe darfe. Die Wissensauswertung betrifft die produktive Nutzung des organisatio nalen Wissens. Die Wissensbewahrung soll vorhandenes Wissen unabhängig von Personen für die Organisation konservieren. Darüber hinaus ist die stete Weiterführung von Wissen aus externen, perso nalen oder materiellen Quellen unerlässlich, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Dazu ist eine leistungsfähige Informationstechnologie erforderlich, die durch die Merkmale Kollaboration zur Verknüpfung, Aggregation zur Fokussierung und intelligente Suche zur Wiederauffindung (Retrieval) von Wissen gekenn zeichnet ist. Zunehmend werden auch Wissensgemeinschaften etabliert (Ver teilte Systeme / Wikis), die als Plattform für das Wissen der Vielen dienen, das durch Interaktion stetig weiterentwickelt wird. Das beständig anwachsende Wissen drückt sich in technischem Fortschritt aus. Dieser gründet auf Theorien, die Bekanntes in neuer Weise oder mit Un bekanntem kombinieren, und sich in Technik manifestieren. Diese Technik basiert auf Technologien als natur-, sozial- und ingenieurwissenschaftlichen Er kenntnissen, die produktbezogen, also auf das Ergebnis gerichtet, oder prozess bezogen, also auf die Produktion gerichtet, ausgelegt sein können. Je nach Fortschrittlichkeit dieser Erkenntnisse können verschiedene Kategorien unterteilt werden. Technologien können querschnittsbezogen oder anwendungsspezifisch ausgelegt sein, sie werden zu Technologieplattformen angeordnet, die Wissens basen abbilden. Die Halbwertzeit des Wissens schwindet, d. h. die Zeitspanne, innerhalb derer die Hälfte des vormals vorhandenen menschlichen Wissens nicht mehr dem aktuellen Stand der Technik (State of the Art) entspricht. Zugleich wird der Aufwand zur Generierung neuen Wissens immer höher, so dass sich für Unter nehmen ein Dilemma ergibt. Sie müssen immer mehr Ressourcen zur Schaffung
2. Vertriebsplanung und -entscheidung49
Abb. 8: Elemente der Marketing Intelligence
von Neuerungen aufwenden, haben aber zugleich immer weniger Zeit, diesen Aufwand am Markt noch zurück zu verdienen. Im Gegenteil, der frühzeitige Umstieg auf die jeweils neueste Technik ist für alle Marktteilnehmer sinnvoll, da damit weitaus höhere Leistungspotenziale aktiviert werden können als durch das Ausreizen alter Techniken (Substitutionszeitkurve). Die Wissensbasis in der Absatzwirtschaft (Marketing Intelligence) unterteilt sich in Marktwissen (Market Intelligence), Wettbewerberwissen (Competitive Intelligence) und Kundenwissen (Customer Intelligence) (siehe Abb. 8). Im Marktwissen geht es um Inhalte wie Abgrenzung des Relevanten Marktes (Arena), Identifizierung der Strategischen Gruppen in der Arena, Identifizierung von Marktsegmenten, Identifizierung der Absatzquelle, Bestimmung der Markt größen / Markterwartungen, Markttrends etc. Ebenso wie Absatzmärkte sind auch Beschaffungsmärkte relevant, sowie Umfelder, die durch Stakeholders auf die Märkte des Unternehmens einwirken. Im Wettbewerberwissen geht es um Inhalte wie die Bestimmung der aktuellen Konkurrenten (in der eigenen Strategischen Gruppe), der substitutiven Konkur renten (in anderen Strategischen Gruppen, z. B. nach Technologien, Produktlö sungen, Anwendungen) und der potenziellen Konkurrenten nach vorhandenen bzw. schaffbaren Markteintrittsbarrieren, die Identifizierung des wichtigsten Konkurrenten („Feind“), die Positionierung konkurrierender Anbieter nach Re levanzkriterien, die Bestimmung der dort befassten Strategischen Geschäftsein heiten, die Bestimmung der Manager-Profile dort, die Bedeutung von Unterneh mensverbindungen etc. Im Kundenwissen geht es um Inhalte wie Charakterisierung der Nachfrager und der Wirtschaftssektoren, Konsumentenverhalten bzw. Organisationales Be schaffungsverhalten etc. Bei gewerblichen Abnehmern sind dazu die Rechts form, der Standort, der Internationalisierungsgrad, die Schutzrechtssituation, die
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A. Vertriebskonzept und Controlling
Aufbau- und Ablauforganisation in Erwägung zu ziehen. Bei privaten Abneh mern sind Kriterien wie deren Demografie, Aktiografie, Psychografie, Soziogra fie in Erwägung zu ziehen. 2.4.2
Optionen der Vorgehensweise
Marktinformationen ergeben sich aus mehreren Optionen des Vorgehens. Die Forschung ist dabei systematisch, geht also konzeptionell gestützt auf Basis von Arbeitshypothesen vor. Davon abzugrenzende Begriffe sind: •• Markterkundung, sie ist nur zufällig angelegt, geht also unsystematisch vor. •• Marktbeobachtung, sie ist eine Untersuchung als Längsschnitt in der Zeit. •• Marktanalyse, sie ist eine zeitpunktbezogene Untersuchung als Querschnitt. Für die Datenqualität stellen sich dabei jeweils folgende Bedarfe: •• hoher relativer Informationsgrad, denn dieser ist meist unvollständig, da die real verfügbaren Informationen geringer sind als die real vorhandenen bzw. verfügbaren Informationen und diese wiederum geringer als die tatsächlich entscheidungsrelevanten Informationen, •• hoher Sicherheitsgrad der Daten, sicher i. S. v. weder auf Wahrscheinlichkeit noch auf Erfahrung beruhend, sondern auf verlässlichen, objektiven Daten, •• hoher Aktualitätsgrad angesichts erratisch sich verändernder Umfeldbedin gungen, •• gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis, vor allem in Bezug auf die zusätzlichen Kos ten eines potenziellen Informationszuwachses, •• hoher Detaillierungsgrad zur feinteiligen Analyse der Daten. Anforderungen an die Datenqualität sind, primär wie sekundär, intern wie extern, vielfach. Zu nennen ist die Reliabilität der Daten, d. h., die Wiederhol barkeit eines einmal erhobenen Ergebnisses, im Einzelnen feststellbar durch Parallel-Test, Test und Retest, Split Run (50 : 50). Die Validität der Daten be trifft deren Gültigkeit für den Untersuchungszweck. Sie kann geprüft werden durch deren Übertragung aus Logik, theoretischer Fundierung, Korrelation, Einsatz von zwei unabhängigen Messverfahren, Ziehung einer weiteren unab hängigen Stichprobe, Kontrast von zwei Extremgruppen, sowie über Ausschal tung von Störeinflüssen durch künstliche Umgebung (intern). Ziel ist jeweils eine hohe Validität bei gleichzeitig hoher Reliabilität, d. h. geringe Streuung des Messergebnisses um den wahren Wert herum. Objektivität bedeutet, dass keine Durchführungsbeeinflussung (das Verfahren ist unabhängig vom Beurteiler), keine Auswertungsfreiräume (Stringenz zwischen Daten und Ergebnissen) und keine Interpretationsfreiräume (intersubjektiv nachvollziehbare Schlussfolgerun gen) vorliegen. Und Signifikanz bedeutet, dass die Ergebnisse sich nicht nur
2. Vertriebsplanung und -entscheidung51
Abb. 9: Sekundär- und Primärerhebungen
aufgrund statistischer Ausrechnung ergeben, sondern überzufällig sind, und da mit aussagefähig. Die Untersuchung kann intern als Betriebsforschung oder extern als Instituts forschung angelegt sein. Es stellt sich also eine klassische Make or Buy-Ent scheidung. Hinsichtlich der Informationssammlung ist nach Schreibtisch- und Feldforschung zu unterscheiden (siehe Abb. 9). 2.4.3
Durchführung der Marktinformationssammlung
2.4.3.1 Schreibtischforschung Erster Schritt zur Informationsgewinnung ist immer eine Sekundärerhebung, häufig ist durch deren Ergebnisse die Fragestellung bereits hinreichend zu be antworten. Selbst wenn nicht, erhält man auf diese Weise wichtige Einblicke für eine spätere Primärerhebung. Sekundärerhebung (Desk Research) bedeutet da bei die Nutzung bereits vorhandener Informationen, wobei betriebsintern oder -extern vorhandene Daten gegeben sein können. Bei sekundär-betriebsinternen Daten handelt es sich etwa um qualitative Da ten wie •• Dokumentationen von Stabsabteilungen o. Ä., •• Präsentationen aus Business Case Meetings o. Ä., •• Reports, die von Intelligence Service-Abteilungen erstellt werden, •• Copy-Analysen der Kommunikation am Markt und des Mitbewerbs.
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A. Vertriebskonzept und Controlling
Oder es handelt sich um quantitative Daten wie •• Kennzahlen (KPIs) etwa zu Finanzen, Kunden, Prozessen, •• Ergebnisse aus Panelerhebungen von Instituten, z. B. im Handel, •• Mediaplanvergleiche des eigenen Werbedrucks (GRPs) zum Mitbewerb, •• Benchmarking-Resultate, auch aus Schatten-Benchmarking. Bei sekundär-betriebsexternen Da ten han delt es sich etwa um quantitative Daten wie •• Verzeichnisse, z. B. statistische Amtsdaten, Verbandsdaten, Handelsregister einträge, Patentrecherchen (DPMA), •• Suchmaschinenergebnisse z. B. aus Web-Mining, Spezialsuchmaschinen (Wer liefert was?), •• Geschäftsberichte bei börsennotierten Unternehmen, Marktanalysen von Insti tuten, Branchenreports, •• Prospekte / Kataloge von Messen / Ausstellungen, aus dem Handel etc., Artikel aus Fachpublikationen, Medienankündigungen, •• Abfragen als Quellen-, Abstract-, Volltext-Datenbanken, •• Finanzanalysen über Wettbewerber als Bilanzanalyse (Bilanzrelationen, Be wertungsprinzipien etc.), als Financial Ratios wie CVA, CFROI, EBIT, EBIT DA, ROCE / ROE, ROA / RONA etc., zur Finanzmittelausstattung (Eigenkapi tal, Fremdkapital, Fristigkeiten etc.), zu Finanzierungsmöglichkeiten (Kredit linien, Gesellschafter), zur Eigentümerstruktur wie Ankerteilhaber, Kapital sammelstellen etc. Oder es handelt sich um qualitative Daten wie •• Kundenbewertungen im WWW, Ergebnisse aus Kundenzufriedenheitsstudien, •• Sentiment-Analysen in Sozialen Medien, •• Auswertung von Blogeinträgen (z. B. von Online-Journalisten), Postings, •• Content-Analyse aus Personalsuchanzeigen von Mitbewerbern, •• Usability-Studien erfolgreicher Online-Shops, •• FuE-Aufwendungen / -Ergebnisse (in Status und Entwicklung), •• Entgeltstudien (Gehaltsstrukturen, Sozialleistungen, Aktienoptionen etc.) in der Branche, •• Übersicht über Lieferantenmarkt und Netzwerkpartner, •• Übersicht über Produktionsstandorte, -kapazitäten, -auslastungen in der Bran che, •• Übersicht über Produktqualitäten, Ökostandards in der Branche,
2. Vertriebsplanung und -entscheidung53
•• Clipping-Services (Auswahl aus Veröffentlichungen nach vorgegebenen To pics), •• Deep Web-Daten, diese werden in „normalen“ Suchmaschinen nicht hinrei chend abgebildet, •• Luftbilder, Satellitenaufnahmen (Google Maps / Streetview), •• Inhalte von Tagungsbänden. Allgemeine Vorteile der Sekundärerhebung sind dabei folgende: •• vergleichsweise geringe Kosten, •• schneller Zugriff auf Ergebnisse, •• notwendig, wenn primäre Daten nicht zu erheben sind, •• Hilfe bei der Einarbeitung in die Thematik, •• dient zur Abrundung eines primär erhobenen Bildes. Allgemeine Nachteile der Sekundärerhebung sind hingegen folgende: •• Aktualität der Daten ist fraglich, •• Sicherheit und Genauigkeit fehlen, •• untereinander nicht vergleichbare Ergebnisse, •• Datenabgrenzung bleibt problematisch, •• Detailliertheit der Daten häufig unzureichend, •• Umgruppierungen von Daten / Verknüpfungen sind schwierig, •• externe Daten sind auch für Wettbewerber zugänglich. 2.4.3.2 Datenauswahl in der Feldforschung Primärerhebung (Field Research) bedeutet die Neuerhebung von relevanten Informationen. Dabei kann es sich ebenfalls um betriebsinterne oder -externe handeln. Bei primär-betriebsinternen Daten handelt es sich etwa um qualitative Daten wie •• Erhebung bei Mitarbeitern, z. B. hinsichtlich Innovationsideen oder Prozess verbesserungen, •• Bewerbungsgesprächsinhalte, •• Informationen von ausgeschiedenen Mitarbeitern, jetzt selbstständig / bei ande ren Unternehmen beschäftigt, •• Pressemitteilungen, Pressekonferenzinhalte etc., •• Delphi-Analysen.
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A. Vertriebskonzept und Controlling
Oder es handelt sich um quantitative Daten wie •• Ergebnisse aus Angebotseinholung, •• Kosteninformationen, etwa aus Reverse Engineering, •• Auftragsstatistiken mit vergleichenden Werten, •• Auswertungen der Nachkalkulation. Bei primär-betriebsexternen Daten handelt es sich etwa um qualitative Daten wie •• Informationen ehemaliger Mitarbeiter von Konkurrenten im Unternehmen, •• Informationen von ehemaligen Konkurrenzmitarbeitern, jetzt als Berater (evtl. nach Cooling-off Period), •• Expertenbefragungen (Wissenschaftler, Fachjournalisten, Forscher) durch Erstellung von Gutachten, Inhalte von Hintergrundgesprächen etc., •• Analysten-Statements, Fachvorträge (Konferenzen), Symposien etc., •• Beobachtungen auf Messen / Ausstellungen, Events etc., •• verdeckter Kauf beim Mitbewerb, etwa zur Erhebung des Serviceniveaus. Oder es handelt sich um quantitative Daten wie •• Erhebung über Lieferanten, •• Zwischen- / Endkunden, •• aktuelle und potenzielle Wettbewerber, •• aktuelle und potenzielle Kooperationspartner. Die Primärerhebung setzt die Bestimmung der originär zu erhebenden Ein heiten voraus. Ideal, aber i. d. R. nicht praktikabel, ist eine Vollerhebung, d. h., die Erfassung aller für den Untersuchungszweck relevanten Einheiten (Grund gesamtheit = Stichprobe). Dabei ergeben sich jedoch erhebliche Abgrenzungsund Verfügbarkeitsprobleme. Daher ist praktisch nur eine Teilerhebung sinnvoll. Dabei wird angestrebt, eine Stichprobe als strukturidentisches Abbild der Grundgesamtheit zu gewin nen, die eine Hochrechnung (Projektion infolge Repräsentanz) auf die Grund gesamtheit erlaubt. Dies ist umso besser möglich, je geringer die Streuung der Ursprungswerte in der Grundgesamtheit und je besser die Relation von Stich probengröße zu Grundgesamtheit ist. Bei den Auswahlverfahren handelt es sich um Zufallsauswahlen, rein oder abgewandelt als systematische, geschichtete Auswahl etc. oder um Bewusstauswahlen, meist als Quota- oder Konzentrati onsverfahren. In jedem Fall abzuraten ist von willkürlichen Verfahren wie der Auswahl subjektiv typischer Fälle, Auswahl aufs Geratewohl etc., die mit einer seriösen Erhebung nichts zu tun haben (siehe Abb. 10).
2. Vertriebsplanung und -entscheidung55
Auswahlverfahren der Feldforschung
Vollerhebung
Teilerhebung
Zufallsauswahl
Bewusstauswahl
Abb. 10: Auswahlverfahren der Feldforschung
Die Primärerhebung kann durch einen externen Dienstleister (Institut / „Buy“) oder das Unternehmen selbst (Betrieb / „Make“) vorgenommen werden. Bei der Institutsforschung geht es um Kriterien zur Institutsauswahl. Dafür kommen in Betracht: •• Erfahrung mit der infrage stehenden Thematik, leistungsfähige Infrastruktur für Erhebung und Auswertung, Verbandsmitgliedschaft (ADM / BVM) als Mindeststandard, Qualitätssicherungsmaßnahmen, Kontrollmöglichkeiten des Auftraggebers, Referenzen / Arbeitsproben, erfolgte Beauftragung in der Ver gangenheit, räumliche Nähe (strittig), „Wellenlänge“ (strittig). Der generelle Trend zum Outsourcing von nicht-kernkompetenzrelevanten Leistungen führt auch hier dazu, dass verstärkt Institutsforschung anstelle von Betriebsforschung eingesetzt wird. Dabei spielt sicherlich auch die hoch erscheinende Komplexität der in Frage stehenden Materie eine praktische Rolle, obgleich diese per Saldo doch gut beherrschbar ist. Die Auftragsvergabe erfolgt auf Basis einer Anfrage mit folgenden Inhalten: •• exakte Problembeschreibung (Was soll erhoben werden?), •• Zielgruppenbestimmung (Bei wem soll erhoben werden?), •• erste methodische Überlegungen (Wie soll erhoben werden?), •• Arbeitsteilung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer (Wer soll erhe ben?), •• Aufschlüsselung der Kostenpositionen (für Angebotsvergleich / Preisstruk turanalyse), •• Terminierung des Projekts (Wann sollen die Ergebnisse bereitstehen?), •• „Lastenheft“ (Welche Kernfragen sollen beantwortet werden können?).
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A. Vertriebskonzept und Controlling
Allgemeine Vorteile der Institutsforschung sind folgende: •• keine Betriebsblindheit, leistungsfähige Erhebungsinstrumente vorhanden, wenig interessengefärbte Auskünfte (Objektivität), Methodenkenntnis und Er fahrung verfügbar (Expertenwissen), Ergebnisvergleiche darstellbar (aus Da tenbank), Kosteneinsparung, außerdem variable statt fixer Kosten. Nachteile der Institutsforschung sind folgende: •• Liquiditätsbelastung (Cash-flow), Einarbeitungszeit in die Thematik erforder lich (mangelnde Branchenkenntnis), unsolide, lieblose Auftragserfüllung mög lich (Institutswahl), Geheimhaltungsproblematik, Kommunikationsprobleme an der Schnittstelle, keine Wissensakkumulation im Unternehmen. Die Betriebsforschung erfolgt durch eine interne Fachabteilung. Was zu be vorzugen ist, ist von den Gegebenheiten des Einzelfalls abhängig. Allgemeine Vorteile der Betriebsforschung sind dabei folgende: •• Vertrautheit mit der infrage stehenden Thematik, Kontrolle über den Prozess, weniger Kommunikationsprobleme, Aufbau eigener Forschungserfahrung, Vertraulichkeit bleibt gewahrt, Nutzung branchenspezifischer Kenntnisse, kei ne Liquiditätsbelastung. Nachteile der Betriebsforschung sind folgende: •• Gefahr der Betriebsblindheit (subjektive Prägung der Interpretation), Self Ful filling Prophecy (vorauseilender Gehorsam), weniger Allround-Erfahrung, häufig fehlende Infrastruktur (Feldorganisation), längere Bearbeitungszeiten wegen enger Kapazitäten, höhere Kosten bei sorgfältiger Zurechnung. Denkbar ist auch eine Kombination aus Institutsforschung (z. B. für die Feld arbeit) und Betriebsforschung (z. B. in der Konzeption). 2.4.3.3 Erhebungsform in der Feldforschung Die Datenerhebung selbst erfolgt mittels der Methoden der Befragung oder der Beobachtung (siehe Abb. 11). Als Abwandlung kommt auch das Experiment in Frage. Die Befragung wiederum erfolgt nach ihrer Form •• mündlich, als Einzel- oder Gruppeninterview durch Interviewer durchgeführt (Face to Face), •• telefonisch, als zwischenzeitlich häufigste Form, durch Interviewer durch geführt (Ear to Ear), •• schriftlich, durch postalischen Versand, allerdings mit Rücklaufproblemen (daher proaktive Vorkehrungen nötig). Die Durchführung erfolgt dabei traditionell (Pen and Paper) oder computer gestützt (CAPI, CASI, CATI), letzteres jedoch mit erheblichen methodischen
2. Vertriebsplanung und -entscheidung57
Abb. 11: Erhebungsmethoden der Feldforschung
Problemen verbunden, oder onlinegestützt über WWW, IRC, E-Mail o. Ä., ebenfalls mit erheblichen methodischen Problemen verbunden. Bei der Befragung sind zahlreiche Modalitäten zu klären, so die •• Häufigkeit, also einmalig (ad hoc), mehrmalig-anlassbezogen (Kohorte), mehrmalig-regelmäßig (Panel) oder kontinuierlich (Tracking), •• Standardisierung, also freie Befragung, unstrukturierte Befragung auf Basis eines Leitfadens, strukturierte Befragung oder vereinheitlichte Befragung mit vorformuliertem Fragebogen, •• Frageform, also offen oder geschlossen, d. h. mit begrenzten Auswahloptio nen, direkt oder indirekt, d. h. mit verdeckter Formulierung, •• Themenzahl, hier sind Omnibusbefragungen mehrerer Auftraggeber bzw. mehrere Themen eines Auftraggebers denkbar. Die Datenqualität hängt entscheidend von den Interviewern ab, also ist deren Auswahl, Qualifizierung, Einsatz und Kontrolle von hoher Bedeutung. Eine Ab sicherung kann durch eine Pilotstudie mit anschließender Überarbeitung erfol gen (siehe Abb. 12). Die Beobachtung als Methode kann nach verschiedenen Dimensionen einge teilt werden, so nach •• dem Standardisierungsgrad in normiert nach vorgegebenen Kategorien oder individuell, jeweils subjektiv ausgewählt, •• dem Beobachtungssubjekt in Selbstbeobachtung oder Fremdbeobachtung wie Passantenfluss, Kundenlauf am POS, Kaufverhalten, Produkthandhabung, •• der Beobachtungsform in persönlich oder unpersönlich / apparativ wie Licht schranke, Zählkreuz, Audio- / Video- / Fotoaufnahmen,
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A. Vertriebskonzept und Controlling
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•• der Beobachterpartizipation in teilnehmend, also mit Interaktion wie Mystery Shopping, oder aber nicht-teilnehmend (passiv), •• der Beobachtungsumgebung in Feldbeobachtung mit hoher Validität bei gerin ger Reliabilität oder Laborbeobachtung mit hoher Reliabilität bei geringer Validität, •• dem Bewusstseinsgrad des Beobachteten in offen / durchschaubar, nicht-durch schaubar mit verdeckter Erfassung, quasi-biotisch mit verdeckter Zielsetzung oder biotisch / undurchschaubar mit verdeckter Erfassung und Zielsetzung, am schwierigsten darstellbar. Das Experiment wird als besondere Ausprägung der Befragung oder Be obachtung verstanden. Es handelt sich allgemein um eine Versuchsanordnung zur Wirkungsmessung, auch Test genannt.
2. Vertriebsplanung und -entscheidung59
Elemente des Experiments sind folgende: •• Testobjekte, an denen das Experiment ausgeführt wird, •• unabhängige Variable, deren Einfluss gemessen wird (aktiv), •• abhängige Variable, an denen die Wirkung gemessen wird (passiv), •• kontrollierte Variable als Einflussfaktoren, die beherrscht werden können, •• Stör grö ßen, die nicht be herrscht wer den kön nen (mög li ch ist hier bei eine Ausschaltung durch Konstanthaltung, Einbau in das Design, Matching zu ver schiedenen Durchgängen, Zuordnung nach Zufallsprinzip). Das Experimentaldesign ergibt sich durch dessen: •• Versuchsumfeld als Feldexperiment in natürlicher Umgebung mit hoher Vali dität bei geringer Reliabilität oder als Laborexperiment in künstlicher Umge bung mit geringer Validität bei hoher Reliabilität, •• Versuchsbedingungen projektiv bewusst durch den Forscher so herbeigeführt oder ex post facto im Nachhinein aus den praktisch gegebenen Bedingungen rekonstruiert, •• Zeiteinsatz als Simultanexperiment nur zu einem Zeitpunkt gemessen (vorher oder nachher) oder als Sukzessivexperiment zu zwei Zeitpunkten gemessen (vorher und nachher). Praktisch am häufigsten wird das Informalexperiment genutzt. Dieses ist ein Einfaktorenexperiment (Quasi-Experiment) mit zeitlicher Differenzbetrachtung. Messpunkte des Experiments sind die: •• Experimentalgruppe (E) als Basis, •• Kontrollgruppe (C) zum Vergleich, •• Messung vor Einsatz des Experimentalfaktors (B) als Nullzustand, •• Messung nach Einsatz des Experimentalfaktors (A) als Testzustand. Daraus ergeben sich verbreitete Kombinationen wie u. a.: •• E B A: Sukzessivexperiment mit einer Gruppe und zwei Messzeitpunkten, allerdings Carry Over-, Entwicklungs-, Spill Over-Effekte, •• E A – C A: Simultanexperiment mit zwei Gruppen und einem Messzeitpunkt, allerdings Gruppen-Effekte, •• E B A – C B A: simultanes Sukzessivexperiment mit zwei Gruppen und zwei Messzeitpunkten, also vier Werte. Bei den genannten Effekten handelt es sich um folgende. Ein Carry Over-Ef fekt bedeutet die zeitliche Überstrahlung zwischen B und A in den Gruppen. Ein Entwicklungs-Effekt entsteht durch Lernwirkungen innerhalb der E-Gruppe infolge des Testfaktors. Ein Spill Over-Effekt bedeutet die sachliche Überstrah
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A. Vertriebskonzept und Controlling
lung durch externe Faktoren zwischen B und A bzw. zwischen E und C. Ein Gruppen-Effekt entsteht durch mangelnde Strukturidentität und -repräsentanz von E- und C-Gruppen. Das Formalexperiment ist ein Mehrfaktorenexperiment (andere Faktoren als die Zeit), das durch Varianzanalyse zur Kausalitätszuordnung der Ursachen aus gewertet wird. Es gibt ein faktorielles Design, bei dem alle gegebenen Kombi nationen getestet werden oder ein fraktionelles Design, bei dem nur interessie rende Kombinationen aus allen getestet werden, allerdings ohne Berücksichti gung von Interaktionseffekten. Beide können symmetrisch (z. B. Lateinisches Quadrat) oder asymmetrisch angelegt sein. 2.4.4
Marktdatenauswertung und -interpretation
Gleich, durch welche Verfahren und Methoden Datenergebnisse im Vertrieb zustande gekommen sind, ist es Ziel, diese qualifiziert auszuwerten und zu in terpretieren (siehe Abb. 13). Basis ist dabei die Messung der Ergebnisse. Diese kann auf nicht-metrischem (kategorialem) Skalenniveau, d. h. nominalskaliert bzw. ordinalskaliert, oder auf metrischem (kardinalem) Skalenniveau, d. h. inter vallskaliert bzw. ratioskaliert, erfolgen. Als Skalierungstechniken können Verfahren der Selbst- und der Fremdeinstu fung eingesetzt werden. Liegen messbare Ergebnisse vor, sind diese im Sinne der Forschungszielsetzung zu analysieren. Univariat erfolgt dies durch Häufig Verfahren zur Datenauswertung
Skalierungstechniken Dependenzanalysen (Abhängigkeiten)
bivariat
multivariat Interdependenzanalysen (Zusammenhänge)
bivariat
multivariat
Abb. 13: Verfahren zur Datenauswertung
2. Vertriebsplanung und -entscheidung61
keitsverteilungen bei nur einer Einflussgröße. Dabei können vier Momente un terschieden werden: •• Lagewerte der Lokation wie Häufigster Wert, Zentralwert, arithmetisches Mit tel, Quartile, Bereichsmitte etc., •• Streuungswerte der Dispersion wie Spannweite, Quartilsabstand, Varianz, Standardabweichung, Variationskoeffizient etc., •• Formwerte wie Schiefe der Verteilung und Wölbung der Verteilung, •• Konzentrationswerte als Indexe nach Gini oder Herfindahl. Bivariate Analysen gehen von zwei, multivariate Analysen von mehr als zwei Einflussgrößen aus. Dabei kann unterstellt werden, dass diese Größen entweder in gegenseitiger Abhängigkeit stehen (Dependenz), d. h., es mindestens eine un abhängige und abhängige Variable gibt, oder sie in gegenseitigem Zusammen hang (Interdependenz) stehen, d. h., keine Abhängigkeit erkennbar ist: •• bivariate Dependenzanalysen sind z. B. Kontingenz- oder Regressionsanaly sen, •• multivariate Dependenzanalysen sind z. B. Varianz-, Diskriminanz-, Kontrast gruppen-Analysen oder Conjoint Measurement, •• bivariate Interdependenzanalysen sind z. B. Korrelationsanalyse und Bestimmt heitsmaß, •• multivariate Interdependenzanalysen sind z. B. Cluster-, Faktoren-, Kausalana lysen oder Multidimensionale Skalierung. Zur Komplexitätsreduktion ist anschließend meist eine weitere Datenverdich tung erforderlich, diese erfolgt über Kennziffern als Absolutzahlen (Summe, Differenz) oder als Gliederungs-, Beziehungs-, Indexzahlen als Relativzahlen. Die Ergebnisse werden dann in Form einer Präsentation dargestellt. Wichtig ist dabei die Sensibilisierung aller Mitarbeiter für betriebs- und ge schäftsgeheimnisrelevante Informationen. Erforderlich sind u. a. strikte Zu gangskontrollen für Daten (i. d. R. hierarchisch aufgebaut), Zutrittskontrollen für Personen zu gesondert gesicherten Gebäudebereichen / Standorten, evtl. mit Se curity-Diensten nur nach Personal-Check. Hinzu kommt eine Malware-abgesi cherte IT gegen Datenverlust, -löschung, -verbergung, -tarnung etc. im Rahmen der IT-Forensik. Klar abzugrenzen ist diese Informationsrecherche von gesetzlich oder ethisch zweifelhaften Praktiken. Dazu gehören u. a.: •• fingierte Bewerbungsgespräche zum Zweck des Aushorchens von frustrierten oder auch besonders engagierten fremden Mitarbeitern, •• das Einschleusen von Praktikanten, Leiharbeitnehmern, Zeitarbeitskräften, Reinigungspersonal o. Ä. als „informelle Mitarbeiter“ in eine fremde Organi sation,
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A. Vertriebskonzept und Controlling
•• das Anzapfen unzureichend gesicherter, drahtloser Unternehmensnetzwerke (W-LAN), •• der Einbau von Sendern in Fotokopierern, die Kopieduplikate erstellen und übermitteln, •• die Montage versteckter Kameras im fremden Betrieb zur Observation, •• die Installation von Schadsoftware, die Backdoors für Viren, Würmer, Troja ner, Spyware etc. bietet, •• gezielte Desinformation des Marktes, etwa durch Fakenews über Mitbewer ber, deren Manager etc., •• Anzapfen von gemeinsamen Dienstleistern wie Werbeagenturen, Mafo-Insti tuten, Consultancies etc. für betriebs- und geschäftsgeheimnisrelevante Daten, •• Beauftragung von Detektiven, Callgirls / -boys für kompromitierende Situatio nen. 2.5
Vertriebsentscheidungsfindung
Zur Entscheidungsfindung gehören vor allem die Anforderungen und die Si tuationen der Entscheidung. Dabei helfen verschiedene, systematisch abgesi cherte Verfahren. Aber letztlich sind richtige Entscheidungen eine Frage des Fortünes. Dennoch lohnt ein Blick auf die betriebswirtschaftlichen Grundlagen. 2.5.1
Entscheidungsanforderungen
Wirtschaften bedeutet immer Entscheiden über knappe Ressourcen. Dies setzt Wahlmöglichkeiten voraus, die praktisch auch regelmäßig gegeben sind. Ent scheide orientieren sich dabei an Zielsetzungen, wobei jeweils diejenige Option ausgewählt werden soll, die der Zielerreichung am besten dient. Dazu sind Ent scheidungskriterien zur Bewertung festzulegen. Dabei sollen kumulativ mehrere Anforderungen an solche Kriterien gegeben sein: •• Vollständigkeit bedeutet, dass alle relevanten Kriterien auch tatsächlich be rücksichtigt werden. •• Signifikanz bedeutet, dass diese Kriterien aussagefähig für die der Bewertung zugrunde liegende Entscheidung sind. •• Redundanzfreiheit bedeutet, dass jedes Kriterium einen anderen Aspekt des Entscheidungsproblems abbildet und keine Dopplungen auftreten. •• Objektivität bedeutet, dass die Kriterien anhand personenunabhängiger Maß stäbe einheitlich bewertet werden können. •• Relevanz bedeutet, dass die Kriterien für die beabsichtigte Entscheidung als bedeutsam angesehen werden.
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•• Aktualität bedeutet, dass für die einzelnen Kriterien aktuelle Datengrundlagen zur Verfügung stehen. Eine Entscheidung ist die bewusste Wahl zwischen zwei Alternativen oder zwischen mehreren unterschiedlichen Optionen anhand bestimmter Kriterien und Präferenzen von einem oder mehreren Entscheidungsträgern. Ein rational begründeter Entscheid richtet sich nach bereits vorab abgesteckten Zielen oder Wertmaßstäben. Allerdings entstehen dabei auch Entscheidungsdefekte, wie z. B. folgende: •• Ambiguitätsvermeidung, d. h. Meidung unsicherer Situationen, die Stress ver ursachen, •• Rückblicksverzerrung, d. h. ex post sich als zu optimistisch herausstellende Einschätzung (Hindsight) von Eintrittswahrscheinlichkeiten, •• Illusion of Control, d. h. eine Situation nur scheinbar im Griff zu haben, nicht aber tatsächlich, •• Overconfidence-Bias, d. h. Überschätzung der eigenen Fähigkeiten bzw. Un terschätzen der Fähigkeiten anderer, •• Unterlassungsverzerrung, d. h. Hinauszögern (Omission) von Handlungen zur Vermeidung von Risiken, •• Herdenverhalten, d. h. Ausrichtung der eigenen Entscheidung an der Mehrheit („Tausend Fliegen können nicht irren“), •• Kurzfristorientierung, d. h. Vernachlässigung der mittel- bis langfristigen Ent scheidungskonsequenzen, •• Vermeidung von Extremen (Framing), d. h. Wahl der „guten Mitte“, •• Verlustaversion, d. h. übertriebene Meidung von Risiken („German Angst“). 2.5.2
Entscheidungssituationen
2.5.2.1 Regelbasierung Für vertriebswirtschaftliche Entscheidungen sind verschiedene Situationen gegeben (siehe Abb. 14). Eine klare Entscheidungssituation bedeutet, dass die Handlungsgrundlagen und -konsequenzen vollständig bekannt sind. Entschei dungen unter Sicherheit als deterministische Entscheide liegen somit vor, wenn alle entscheidungsrelevanten Daten und Fakten bekannt sind, so dass eine Ent scheidung mit Sicherheit i. S. e. maximalen Ergebnisses getroffen werden kann. Dies ist leider in der Praxis so gut wie gar nicht gegeben. Eine unklare Entscheidungssituation bedeutet, dass die Handlungsgrundlagen und -konsequenzen zwar unbekannt sind, sich jedoch Anhaltspunkte für objek tive Eintrittswahrscheinlichkeiten (objektiv-stochastisch / probabilistisch) bei
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A. Vertriebskonzept und Controlling
Entscheidungssituationen im Vertrieb
klare Situation (einwertig) unklare Situation (mehrwertig)
probabilistisch unter Risiko nach Wahrscheinlichkeit heuristisch unter Unsicherheit nach Erfahrung Ungewissheit weder Wahrscheinlichkeit noch Erfahrung
Abb. 14: Entscheidungssituationen im Vertrieb
Risiko oder zumindest subjektive Erfahrungen (subjektiv-stochastisch / heuris tisch) bei Unsicherheit finden lassen. Das Entscheidungsfeld ist bei Risiko durch den Zustandsraum der möglichen, nicht beeinflussbaren Umweltsituationen und den Aktionsraum der möglichen, beeinflussbaren Handlungen begrenzt. Für jede Kombination aus Zustand und Aktion werden dann die zu erwartenden Gewinnbeiträge ermittelt. Diese wer den mit objektiven Eintrittswahrscheinlichkeiten gewichtet. So ergeben sich die Erwartungswerte. Die Kombination mit dem höchsten Erwartungswert ist die zu präferierende. Die Eintrittswahrscheinlichkeiten geben dabei Aufschluss über die Risikoscheu oder -gierigkeit des Entscheiders. Für gewöhnlich wird Risiko scheu un terstellt, dies gilt erst recht für Ma na ger, die mit dem Ka pi tal von Eigentümern und Kreditgebern arbeiten und dafür rechenschaftspflichtig sind. Die Streuung der Ergebnisse kann durch die Standardabweichung erfasst wer den. Als Regeln dafür können vor allem folgende gelten. Die Bayes-Regel (µ-Regel) besagt, dass von mehreren Optionen diejenige mit dem höchsten Erwartungswert zu wählen ist. Daher wird für jede Option ein Erwartungswert als Eintrittswahrscheinlichkeit festgelegt. Dieser Wert multipli ziert mit dem Ergebnis der jeweiligen Option ergibt die Basis der Entscheidung. Problematisch ist dabei, die Wahrscheinlichkeit für eine zukünftige Konstella tion zu bestimmen. Die Förstner-Regel (µ – σ) besagt, dass von mehreren Optionen diejenige zu präferieren ist, welche die geringste Risikostreuung gemessen an der Standard abweichung aufweist.
2. Vertriebsplanung und -entscheidung65
Das Bernoulli-Prinzip besagt, dass die Entscheidung mit einer von der Risiko einstellung des Entscheiders abhängigen Nutzenfunktion zu bewerten ist, die den Zusammenhang zwischen Ergebnis und Nutzen anzeigt. Es wird eine subjektive Risikopräferenz des Entscheiders zugrunde gelegt. Diese bestimmt seine Ent scheidung für oder gegen jede Option. Diese Risikopräferenzen sind aber schwer bestimmbar und unterliegen vielen internen und externen Einflussfaktoren. Entscheidungen unter Unsicherheit, also solche mit subjektiven Eintrittswahr scheinlichkeiten, sind häufig. Auch für diese Vertriebssituationen gibt es meh rere anwendbare Regeln. Die Minimax-Regel strebt an, die Gefahr der Enttäuschung zu minimieren. Folglich ist diejenige Option zu wählen, deren kleinstes Ergebnis aller Umwelt situationen größer ist als das kleinste Ergebnis aller anderen Optionen. Der Entscheidungsträger ist daher durch ein sehr hohes Maß an Pessimismus ge prägt. Er geht vom un güns tigs ten Fall aus, un ter dem er sei nen Ge winn zu maximieren sucht. Positive Folgen der jeweiligen Alternativen werden dabei jedoch außer Acht gelassen. Die Maximax-Regel bestimmt, jene Option zu wählen, deren größtes Ergeb nis aller Umweltsituationen größer ist als das größte Ergebnis aller anderen Option en. Der Entscheidungsträger ist daher durch ein sehr hohes Maß an Op timismus geprägt. Er geht vom günstigsten aller Fälle aus, die negativen Kon sequenzen seiner Entscheidung lässt er jedoch außer Acht. Die Pessimismus-Optimismus-Re gel (Hur wicz) soll einen Kom pro miss aus Pessimismus und Optimismus erreichen. Dazu werden sowohl die Maxima als auch die Minima der Optionen berücksichtigt, indem beide mit einem Faktor zwi schen 0 und 1 ge wich tet wer den. Die ser drückt die sub jek ti ve Sicht der Umweltsituation für den Entscheider aus. Das größte Ergebnis jeder Option wird mit diesem Faktor multipliziert, das kleinste Ergebnis jeder Option mit dem Restwert (1 – ∞). Bei ∞ = 0 entsteht die Minimax-Präferenz, bei ∞ = 1 entsteht die Maximax-Präferenz. Bei der Minimax-Risiko-Regel (Savage-Niehans) werden die relativen Nach teile jeder Option in den Mittelpunkt gestellt. Dazu wird für jede Umweltsitu ation die Differenz zwischen dem größtmöglichen Ergebnis und den Ergebnis sen aller anderen Optionen ermittelt. Es ist dann jene Option zu wählen, bei der die maximal mögliche Enttäuschung, tatsächlich nicht die beste Option gewählt zu haben, minimiert wird. Dies ist der Fall, wenn der größtmögliche Nachteil verglichen mit den größtmöglichen Nachteilen aller anderen Optionen am kleinsten ist. Der Entscheidungsträger verhält sich also risikoscheu. Die Laplace-Regel besagt, dass bei unbekannten Entscheidungssituationen für alle Umweltzustände mangels besseren Wissens die gleiche Wahrscheinlich keit unterstellt werden muss. Daher wird die Situation mit dem höchsten Erwar tungswert präferiert (Regel des unzureichenden Grunds).
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A. Vertriebskonzept und Controlling
Jede dieser Entscheidungsregeln hat eine gewisse Plausibilität, führt aber zu abweichenden Ergebnissen. Daher liegt es im Benehmen des Entscheiders, wel ches Ergebnis er sich zueigen macht. Eine Entscheidung unter Ungewissheit bedeutet, dass alle Handlungsgrundla gen und -kon se quen zen un be kannt sind und da für auch kei ner lei Da ten und Fakten vorliegen, weder nach Wahrscheinlichkeit noch aus Erfahrung. Dies ist vor allem bei völlig neuartigen Vertriebssituationen gegeben, wie sie aufgrund erratischer Umfeldveränderungen (Disruption) entstehen. 2.5.2.2 Sonderfälle In Sonderfällen sind weitere Verfahren einsetzbar (siehe Abb. 15). Für Ent scheidungen bei konkurrierenden Zielen gibt es vor allem folgende Verfahren: •• Paarvergleich, dabei werden reihum jeweils zwei Alternativen miteinander ver glichen, die Option mit den meisten Überlegenheitsurteilen gilt als die beste. •• Checklist-Verfahren, diese prüfen dichotom das Vorhandensein oder Nichtvor handensein von Kriterien bei jeder Entscheidungsalternative. Dabei können Musskriterien und Sollkriterien unterschieden werden, je nachdem, ob die entsprechenden Kriterien als Ausschluss oder als Wunsch angesehen werden. •• Nutzwertanalyse, diese ist erforderlich, wenn qualitative (kategoriale) Kriteri en vorliegen, die zunächst in quantitative umzurechnen sind. Dazu ist eine Umrechnungsfunktion erforderlich, die den Nutzwert jedes Kriteriums quan tifiziert. Dabei können die nominalen bzw. ordinalen Kriterien noch subjektiv gewichtet werden.
Abb. 15: Sonderfälle der Entscheidung
2. Vertriebsplanung und -entscheidung67
•• Scoring, dies ist anwendbar, sofern es sich um quantitative (kardinale) Krite rien handelt, so dass sich die bestmögliche Option ergibt. Grundlage ist dabei eine metrische Punktskala. Entscheidungen, deren Ergebnis nicht von den Umweltzuständen, sondern den Reaktionen der Kontrahenten abhängig sind, werden in Spielsituationen erfasst. Dabei geht es im Regelfall um die Gewinnmaximierung bei rationalem Verhalten aller Beteiligten. Eingeteilt wird nach der Anzahl der Spieler (ein oder mehrere Gegner), nach der Abfolge der Spielzüge (gleichzeitig oder nach einander) und nach der Anzahl der Züge (einer oder mehrere). Es werden vor allem zwei Spielsituationen unterschieden. Ein Nullsummen spiel ist eine kompetitive Situation, bei der die Ergebnisse der Beteiligten sich immer auf Null kompensieren, was der eine gewinnt, muss der andere also her geben (Win-Lose). Ist ein Spiel bereits nach einer Runde beendet, handelt es sich um ein einstufiges Spiel, analog gibt es mehrstufige Spiele bei mehreren Runden. Würde sich das Verhalten in der nächsten Runde nicht gegenüber dem in der vor hergehenden Runde verändern, ist ein (Nash-)Gleichgewicht erreicht. Spiele kön nen aber auch kein oder mehrere Gleichgewichte (Sattelpunkte) aufweisen. Im Spe zi el len ist ein sog. Gefangenen-Dilemma dadurch gekennzeichnet, dass die sich so ergebende Situation für beide Seiten nicht optimal ist, keine Seite allein dies aber zu ändern vermag. Ändert ein Beteiligter autonom sein Verhalten und der andere behält sein Verhalten bei, gerät er in Nachteil. Inso fern ist gegenseitiges Vertrauen Voraussetzung für eine Besserung der Situation aller Beteiligter (Win-Win). Dies erfordert die Zusammenarbeit der Beteiligten, es handelt sich also um eine kooperative Situation. Entscheidungen unter Nebenbedingungen werden im Rahmen des Operations Research (Unternehmensforschung) angegangen. Hierzu gibt es mehrere An sätze, der einfachste ist der der linearen Optimierung. Dabei wird eine lineare Zielfunktion mit zwei oder mehr Restriktionen unterstellt. Im Ergebnis geht es dann um eine Extremierung unter diesen Nebenbedingungen (Optimierung). Grafisch wird dabei die Zielfunktion an die Kante des durch die Restriktionen gebildeten Lösungsraums verschoben, die am weitesten vom Koordinatenur sprung entfernt liegt. Ist eine mathematische Lösung nicht möglich, wird eine Simulation vorgenommen. Dabei werden die Parameter systematisch variiert, um sich dadurch einem relativen Optimalwert zu nähern (Trial&Error). Komplizierter wird die Lage bei Entscheidungssituationen mit mehreren Zielen und einem bzw. mehreren Umweltzuständen. Entscheidungsregeln schaf fen dazu eine kla re Dar stel lung und Struk tu rie rung des Prob lems und machen Vertriebsentscheidungen transparent. Sie basieren jedoch auf simplifi zierenden Prämissen wie Risikopräferenz, einstufige Entscheidung, eindimen sionale Zielfunktion etc.
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A. Vertriebskonzept und Controlling
Bei im Vertrieb häufigen Entscheidungen in Kollektiven wird gemeinhin ver mutet, dass Mehrpersonen-Einheiten zu besseren Ergebnissen kommen als ein zelne Entscheidungsträger. Dies kann so sein, muss aber nicht. Es gibt viel fachen Anlass anzunehmen, dass Kollektive zu Entscheidungsdefekten (Group think-Phänomen) neigen. Dafür gibt es vor allem zwei Ursachen. Einerseits können Kollektive zu übertrieben risikoreichen Entscheiden kommen, weil jeder Beteiligte im Falle des Scheiterns nur einen Bruchteil der Konsequenzen daraus zu tragen hat und Risikofreude im Übrigen als sozial attraktive Eigenschaft gilt. Andererseits können Kollektive auch zu übertrieben risikoscheuen Entscheiden kommen, weil Bedenkenträger sich gegenseitig hochschaukeln und insgesamt auch mehr Risiken offensichtlich werden. 2.6
Vertriebsprognose
Unter Vertriebsprognose versteht man allgemein systematische und auf Em pirie begründete Vorhersagen über das zukünftige Eintreffen von vertriebsrele vanten Situationen und Ereignissen am Markt für Produkte oder Dienste bei ausgewählten Käuferschichten in einem bestimmten Zeitabschnitt und unter einer bestimmten Marktkonstellation. Im Wesentlichen können qualitative und quantitative Prognoseverfahren unterschieden werden. 2.6.1
Qualitative Prognoseverfahren
Aus den Testergebnissen ist eine Vertriebsprognose möglich, um wiederum daraus eine Entscheidung abzuleiten. Dabei sind mehrere Anlagen möglich (siehe Abb. 16). Naive Verfahren sind auf historischer Analogie basiert und unterstellen, dass sich die Entwicklung auf dem betrachteten Markt analog zur Entwicklung auf einem anderen, zeitlich vorgelagerten Markt vollzieht. Wenn dem so wäre, könnte aus dessen historischen Daten auf die zu prognostizierenden Daten ge schlossen werden. Eine andere naive Form ist der Freihandtrend. Dabei wird unterstellt, dass sich die Entwicklung der Vergangenheit an einem Markt auch in Zukunft so fortsetzen wird. Grafisch wird eine Gerade / Kurve durch eine Punktwolke historischer Daten derart gelegt, dass diese hinreichend gut reprä sentiert scheinen und diese Funktion in die Zukunft extrapoliert. Dabei ist ggf. die Kur ven form zu be stim men. Dies reicht je doch kei nes wegs für halb wegs belastbare Aussagen. Daher werden elaborierte Verfahren genutzt. Bei der prognostischen Befragung werden relevante Personen (Management, Mitarbeiter, Verkäufer, Endkunden, Experten etc.) nach ihrer Einschätzung eines prospektiven Marktergebnisses erhoben. Dabei ergeben sich gleich mehrfache Beeinflussungen, etwa in der Auswahl der Befragungspersonen, in deren Eigen
2. Vertriebsplanung und -entscheidung69
Verfahren zur Vertriebsprognose
naiv
Qualitative Verfahren
elaboriert
Quantitative Verfahren
deskriptiv kurzfristig
deskriptiv langfristig
analytisch-entwickelnd
analytisch-wirkend
Abb. 16: Verfahren zur Vertriebsprognose
interessen bei Angaben, in Wahrnehmungsverzerrungen etc., so dass auch hier die Belastbarkeit als gering einzuschätzen ist. Bei der Delphi-Methode handelt es sich um eine schriftliche Befragung von Experten, die untereinander anonym bleiben, in mehreren Runden mit Rückmel dung ihrer Schätzprognose nach jeder Runde. Dann werden alle Angaben von einem Koordinator konsolidiert und, evtl. auch gewichtet nach vermuteter Kom petenz der Auskunftgeber, allen Teilnehmern mit der Bitte um deren Prüfung, d. h. Zustimmung zum Durchschnittswert oder Begründung der eigenen Abwei chung, zugesandt. Im Regelfall ergibt sich über mehrere Runden eine Konver genz der Ergebnisse und somit der Prognosewert (= Median). Die Streuung wird dabei durch Quartilsabstände ausgewiesen. Die Szenario-Technik beruht auf der Analyse der gegenwärtigen Lage auf dem Prognosegebiet und der Ermittlung und Untersuchung denkbarer Entwick lungen dort. Vor allem wird ein Augenmerk auf mögliche Strukturbrüche (Dis ruption) gelegt. Dazu wird das Untersuchungsumfeld zunächst strukturiert. Einflussgrößen werden als Deskriptoren identifiziert und zu Annahmebündeln zusammengefasst. Daraus ergeben sich Szenarios, meist als Best Case- und Worst Case-Version. Diese Szenarios werden auf ihre Stabilität bei Diskontinu
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A. Vertriebskonzept und Controlling
itäten hin geprüft und ggf. Alternativ-Szenarios dazu ausgearbeitet. Diese Pläne werden bewertet und zum Real Case-Szenario verdichtet. Letztlich han delt es sich jedoch immer noch um subjektive Einschätzungen mit allen An fechtbarkeiten. 2.6.2
Quantitative Prognoseverfahren
In der Gruppe der deskriptiven Prognoseverfahren kommen wiederum meh rere in Betracht. Sie arbeiten auf Basis von Zeitreihen, d. h., es wird auf die ausdrückliche Ermittlung und Berücksichtigung von Einflussfaktoren verzichtet und unterstellt, dass diese bereits in den Werten der Zeitreihe enthalten sind, die Zeit somit die einzige unabhängige Variable bildet. Kurzfristige Prognosen zur Vorhersage des nächsten Periodenwerts basieren auf Durchschnittsberech nungen der Vergangenheitswerte und deren Extrapolation auf den nächsten Periodenwert. Dazu wird das (einfache) arithmetische Mittel aller zugrunde geleg ten Realwerte der Vergangenheit ermittelt und daraus der nächste Rechenwert gewonnen. Beim gleitenden Durchschnitt wird bei Vorliegen eines neuen Real werts der jeweils älteste Realwert gestrichen, so dass immer von der gleichen Zahl von Rechenwerten ausgegangen wird. Das arithmetische Mittel gleitet dann von Periode zu Periode und das jeweils aktuellste Mittel wird fortge schrieben. Beim gewogenen gleitenden Durchschnitt werden darüber hinaus jüngere Werte dieser aktualisierten Reihe höher gewichtet als ältere, weil ihnen eine größere prognostische Relevanz zugeschrieben wird. Dazu ist der Gewich tungsfaktor zu bestimmen. Bezieht sich diese Gewichtung auf alle vorliegenden Werte, entsteht eine Exponenzielle Glättung. Dabei werden Vergangenheits wer te umso stär ker ge wich tet, je nä her sie an der Ge gen wart lie gen. Der Glättungsfaktor bestimmt dabei das Ausmaß und muss subjektiv justiert wer den. Dadurch kann Strukturveränderungen besser entsprochen werden, aller dings gehen aktuelle „Ausrutscher“ auch stärker in den Prognosewert ein. Langfristige Verfahren blicken als Trendberechnungen weiter in die Zukunft. Eine Trendextrapolation beruht darauf, eine Funktion durch die Punktwolke der Vergangenheitswerte derart zu legen, dass die addierten positiven wie negativen Abstände zwischen den Realwerten und den Funktionswerten gleich groß und insgesamt minimal sind. Die Funktion repräsentiert dann die Realwerte best möglich (= Kleinstquadratabweichung). Der Trend kann linear (gleiche absolute Veränderung), progressiv / degressiv (steigende / fallende absolute Veränderung), exponenziell (gleiche relative Veränderung), logarithmisch (gleiche Exponenten abstände) oder parabolisch (Polynom 2. Grades) verlaufen. Jeweils handelt es sich um ein Modell ohne Sättigung. Wird jedoch, was nahe liegt, ein Sätti gungsniveau am Markt vermutet, werden logistische Funktionsverläufe einge setzt (lineare Differenz mit symmetrischem Wendepunkt bzw. logarithmische Differenz nach Gompertz). Allerdings ergibt sich dabei eine große Unsicherheit in Bezug auf das unterstellte Sättigungsniveau (Marktkapazität).
2. Vertriebsplanung und -entscheidung71
Bei den analytischen Prognoseverfahren werden Kausalbeziehungen als Ent wicklungs- oder Wirkungsprognosen unterstellt, die eben nicht in der Zeit lie gen. Zu nächst zu den Entwicklungsprognosen. Die Korrelationsanalyse stellt einen Zusammenhang (Interdependenz) zwischen zwei oder mehr als relevant erachteten Größen dar, ohne dabei erklären zu wollen, worauf dieser beruht. Es handelt sich also um eine rein formale Beziehung. Die Stärke des Zusammen hangs wird durch den Korrelationskoeffizienten „r“ (0–1) ausgedrückt, die Richtung des Zusammenhang durch dessen Vorzeichen (+ / –). Für Prognosen sind Indikatoren interessant, speziell zeitlich vorlaufende, von denen anzunehmen ist, dass sie in einer gesicherten Beziehung zur Prognose größe stehen (z. B. Geschäftsklima, Bruttoinlandsprodukt, Einkommen, Komple mentärgüter, Bevölkerungszahl, Alterspyramide, Haushaltsstruktur, Konsum stimmung). Dann kann aus dem Verlauf dieser Indikatoren in der Vergangenheit auf die Entwicklung der Prognosegröße in der Zukunft geschlossen werden. Dies ist einer reinen Trendextrapolation vorzuziehen, weil statistisch begründ bar. Denkbar ist auch die Wahl eines parallelen Indikators, wenn dieser leichter (besser, sicherer) zu prognostizieren ist als die eigentliche Prognosegröße. Für Wirkungsprognosen wird die Regressionsanalyse auf Basis von Abhän gigkeiten (Dependenz) genutzt. Dazu sind die Parameter und Kausalitäten zu identifizieren und deren Wirkung auf die zu prognostizierende Größe mathema tisch auszuweisen. Dann werden die Parameterwerte für die Zukunft qualifiziert geschätzt und daraus die Prognosegröße bestimmt. Dabei kann es sich um einen oder mehrere unabhängige Variable handeln bzw. um eine oder mehrere Prog nosegrößen (abhängige Variable). Zudem ist der Funktionstyp der Regression zu bestimmen (linear, nicht-linear, einfach, multiple). Allerdings können dabei Verzerrungen durch Autokorrelation, Multikollinearität etc. vorliegen. Alternativ dazu können auch Marktreaktionsfunktionen zu grunde gelegt werden, die jedoch zu recht komplexen Modellen werden. 2.6.3
Markterwartungen
Hinsichtlich der quantifizierten Markterwartungen kann nach den Dimensio nen der Markt- oder Unternehmenssicht sowie nach maximaler, latenter oder manifester Nachfrage unterschieden werden: •• Die Marktkapazität ergibt sich als maximale Nachfrage aus Marktsicht. Dies ist die theoretische Obergrenze eines anvisierten Markts, die praktisch kaum realisiert werden kann. •• Das Marktpotenzial ergibt sich als latente Nachfrage aus Marktsicht. Dies ist die realistische Aufnahmefähigkeit eines Markts, da ein Bodensatz an Kauf verweigerern bleibt.
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A. Vertriebskonzept und Controlling
•• Das Marktvolumen ergibt sich als manifeste Nachfrage aus Marktsicht. Dies stellt die tatsächliche Größe eines Markts auf Basis von Menge oder Wert dar. •• Das Absatzpotenzial ergibt sich als latente Nachfrage aus Unternehmenssicht. Dies ist die theoretische Obergrenze für den Vertriebserfolg des Unterneh mens. Bezogen auf die Wertgröße ergibt sich das Umsatzpotenzial. •• Das Absatzvolumen ist die manifeste Nachfrage aus Unternehmenssicht. Dies stellt den tatsächlich zu erwartenden eigenen Absatz dar. Bezogen auf die Wertgröße ergibt sich das Umsatzpotenzial. Diese Größen können nunmehr in Relation zueinander gesetzt werden: •• Die Relation Absatz- / Umsatzpotenzial zu Marktvolumen ergibt den Marktan teil eines Unternehmens an einem Markt. •• Die Relation Marktvolumen zu Marktpotenzial ergibt die Marktsättigung als Grad der Ausschöpfung eines Markts. •• Die Relation Absatz- / Umsatzvolumen zu Absatz- / Umsatzpotenzial ergibt die Marktdurchdringung. Dies zeigt die verbleibenden Wachstumsreserven an einem Markt an. •• Die Relation Absatz- / Umsatzpotenzial zu Marktpotenzial ergibt die Markt ausschöpfung. Dies ist zugleich die langfristige Marktanteilsobergrenze.
3.
3. Vertriebsstrategie und -modellierung73
Vertriebsstrategie und -modellierung
Das Unterkapitel „Vertriebsstrategie und -modellierung“ besteht aus den dem logischen Dreisprung der Istsituationsaufnahme im Vertrieb (3.1), der Entwick lung einer belastbaren Strategie darauf (3.2) und den konkreten Dimensionen der Vertriebsstrategie (3.3). Es folgen Verfahren zur Strategiebewertung (3.4). Diese Inhalte helfen Vertrieblern, bei wegweisenden strategischen Diskussionen und Entscheiden besser mitreden zu können. Zum Abschluss wird die Produkt basis als Eckpfeiler im Vertrieb näher beleuchtet (3.5). Leser sind nach Durchsicht dieses Unterkapitels in der Lage, eine Vertriebs strategie zu entwickeln, die aus den Bausteinen Istsituationsaufnahme, Strate gierahmen und Strategiebestimmung besteht. Sie verstehen die wissenschaftli chen Hintergründe dieser Dimensionen und sie können aus fiktiven oder prak tischen Rahmendaten eine Strategie auf Produktbasis entwickeln. 3.1
Vertriebssituationsaufnahme
Ohne Klarheit über die aktuelle Situation ist jede Strategie sinnlos. Für die Aufnahme der Istsituation stehen eine Reihe von Analyseverfahren zur Verfü gung. Diese sollten durchaus parallel genutzt werden. So wie der Arzt sich auch nicht nur auf ein Analyseverfahren verlässt, sondern zwei oder mehr einsetzt, so sollten auch in der Vertriebsstrategie verschiedene Ansätze zur Anamnese genutzt werden. Dieser Istsituation kann dann eine gewünschte Sollposition ge genüber gestellt werden. Sind beide Orientierung klar, kann versucht werden, die Distanz zwischen ihnen durch eine Strategie zu überbrücken. 3.1.1
Status quo-Analyse
Die Analyse des Status quo (Anamnese) ist unerlässlich, um die aktuelle Istsituation beurteilen zu können, von der aus die gewünschte Zielsituation an visiert wird. Dafür haben sich verschiedene Verfahren bewährt. Die verbreitets ten von ihnen werden im Folgenden kurz erläutert (siehe Abb. 17). Bei der Umfeld-Analyse werden alle für relevant erachteten Einflussfaktoren auf die eigene Strategie aufgeführt und beschrieben. Um dabei eine Systematik zu unterlegen, erfolgt dies zumeist in Form einer PESTLE oder STEP-Analyse. Diese Begriffe sind Akronyme für sechs bzw. vier Kriterien: Politik, Ökonomie, Soziales, Technologie, Recht, Ökologie bzw. Soziales und Kultur, Technologie, Ökonomie, Politik und Recht. Diese Kriterien sichern eine gewisse Vollständig keit der Analyse. Allerdings werden sie in Form einer Aufzählung abgearbeitet, also ohne strategische Schlussfolgerungen, sondern nur zur ersten Übersicht.
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A. Vertriebskonzept und Controlling
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Abb. 17: Gängige Verfahren zur Status quo-Analyse
Die Branchenstruktur-Analyse (Porter) unterscheidet fünf Einflussgrößen nach deren Macht, auf die eigene Strategie einzuwirken. Dabei handelt es sich zu nächst um die Macht der Lieferanten (upstream) und die der Abnehmer (downstream). Sie limitieren den Spielraum infolge Abhängigkeit des Unterneh mens. Weiterhin handelt es sich um die Macht der aktuellen Konkurrenten (in derselben Strategischen Gruppe) und der substitutiven Konkurrenten (in anderen Strategischen Gruppen des Relevanten Markts). Hinzu kommt die Macht poten zieller Konkurrenten, also von Anbietern, die derzeit noch nicht auf dem Markt tätig sind. Diese fünf Einflussgrößen (Five Forces) werden hinsichtlich ihrer Machtposition relativ zum eigenen Unternehmen nach Kausalität analysiert. Ist der Machtsaldo negativ für das eigene Unternehmen, muss auf diese Größen Rücksicht genommen und darf deren Macht nicht ohne Bedacht herausgefordert werden. Ist der eigene Machtsaldo positiv, stellen sie hingegen keine Limitation dar. Die Analyse beruht damit auf einem opportunistischen Verhalten der rele vanten Akteure. Problematisch ist bei diesem marktorientierten Ansatz, dass die eigene Strategie sich erst passiv aus der Marktlage und der Wettbewerbsposition ergibt.
3. Vertriebsstrategie und -modellierung75
Rein deskriptive Analyseverfahren beruhen auf dem Vergleich der maximalen eigenen Vertriebsfähigkeiten zu den maximalen Leistungsfähigkeiten der strate gischen Mitbewerber (Ressourcen-Analyse) sowie auf dem Vergleich der eige nen aktuellen Vertriebsfähigkeiten zu den eigenen maximalen Leistungsfähig keiten (Potenzial-Analyse). Liegen in der Ressourcen-Analyse die eigenen Merkmale über denen des Mitbewerbs, gilt es, diese auszubauen, um diesen Vor sprung best mög lich nut zen zu kön nen. In der Potenzial-Analyse sind die Merkmale mit dem größten Abstand zwischen aktueller und maximaler Ausprä gung zu betonen, weil diese die höchste Hebelwirkung auszuüben vermögen. Im Rahmen der Engpass-Analyse werden die eigenen so gesehenen Vor- und Nachteile im Vertrieb analog zu einer Bilanz als Aktiva und Passiva in Bezug auf einzelne, im Einzelfall zu bestimmende Kriterien dargestellt. Den Engpass stellt dabei das Kriterium mit den geringsten Vorteilen und zugleich den größten Nachteilen dar. Dies wirkt erfolgslimitierend. Sofern es sich um ein existenziell bedeutsames Kriterium handelt, ist daher daran unbedingt zu arbeiten. Analytische Verfahren bemühen sich, über diese Beschreibung hinaus bereits Schlussfolgerungen zu ziehen. Dazu dient die Stärken-Schwächen-Analyse. Dies ist eine Gegenüberstellung der komparativen Vor- und Nachteile des eige nen Vertriebs gegenüber den strategischen Mitbewerbern. Überlegenheiten sind dabei konsequent zu nutzen (Ausbau / Absicherung), Unterlegenheiten ebenso konsequent zu meiden (Aufholen / Meidung). Die Chancen-Risiken-Analyse ver folgt die Prüfung der prognostizierten Marktentwicklung in Bezug auf für das Unternehmen und seinen Vertrieb positive oder negative Folgen. Positive Fol gen bedeuten „Rückenwind“ (Chancen), negative „Gegenwind“ (Risiken). Diese Erkenntnisse können im Rahmen einer SWOT-Analyse (Akronym für Stärken, Schwächen, Chancen, Risiken) kursorisch aufgeführt werden. Die TOWS-Matrix stellt diese Erkenntnisse in einem Tableau gegenüber. Aus der Zuordnung der einzelnen Felder ergeben sich bereits wichtige Handlungs empfehlungen: •• Fallen Stärken und Chancen zusammen, geht es um eine Ausweitung durch Einsatz von Ressourcen. •• Fallen Schwächen und Risiken zusammen, geht es um eine Meidung durch Abzug von Ressourcen. •• Fallen Stärken und Risiken zusammen, geht es um eine Absicherung, damit Risiken die Stärken nicht gefährden. •• Fallen Schwächen und Chancen zusammen, geht es ausnahmsweise um ein Aufholen, weil die Schwächen die Nutzung der Chancen verhindern. Insofern ist bereits eine normative Komponente erkennbar. Problematisch ist allerdings, dass es sich bei diesen Faktoren jeweils um qualitative, subjektiv höchst unterschiedlich einschätzbare Größen handelt.
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A. Vertriebskonzept und Controlling
Die Portfolio-Modelle streben daher eine Objektivierung dieser Empfehlungen an. Dazu werden die Achsen der TOWS-Matrix mit metrischen / kardinalen Wer ten versehen. Für die Chancen und Risiken (Ordinate) dient die durchschnittliche Wachstumsrate, derer sich eine Produkt-Markt-Kombination im Unternehmen (Strategische Geschäftseinheit / SGE) an ihrem Markt gegenübersieht, als Indika tor. Stellvertretend für die Stärken und Schwächen (Abszisse) steht die Position auf der dynamischen Erfahrungskurve (Boston-Effekt) als Relativer Marktanteil. Jede SGE wird nunmehr hinsichtlich dieser beiden Größen vermessen und im Portfolio positioniert. Der Anteil jeder SGE am Unternehmensumsatz wird durch die Kreisgröße um den Positionsschnittpunkt ausgewiesen. Entsprechend der vier o. g. Felder der TOWS-Matrix ergeben sich daraus Normstrategien für •• Question Marks (Chancen zu Schwächen, daher Aufholen), •• Rising Stars (Chancen zu Stärken, daher Ausweitung), •• Cash Cows (Risiken zu Stärken, daher Absicherung), •• Poor Dogs (Risiken zu Schwächen, daher Meidung). Dieses Vier-Felder-Portfolio (BCG) ist jedoch umfangreicher Kritik unter worfen, vor allem ist es ein statisches, geschlossenes, theoretisch angreifbares und in seinen Empfehlungen leicht vorhersehbares Modell. Das Neun-Felder-Portfolio (McKin sey) geht zwar nach dem sel ben An satz vor, sieht aber als Achsen die Marktattraktivität (Ordinate, analog zu Chancen und Risiken zu sehen) und die relative Wettbewerbsstärke (Abszisse, analog zur Stärken und Schwächen zu sehen) als jeweils multikriterielle Dimensionen vor. Das heißt, hinter beiden Dimensionen verbirgt sich nicht eine Größe, sondern eine Vielzahl von Größen, die gewichtet, bepunktet und im Durchschnitt bemes sen werden. Die Größe des Relevanten Marktes entspricht dem Kreisdurchmes ser um den Schnittpunkt der SGE, der Anteil der eigenen SGE am Relevanten Markt wird als Kreis aus schnitt dar ge stellt. So er ge ben sich neun Fel der mit Normstrategien, die zumeist in drei Zonen eingeteilt werden.: •• Die grüne Zone steht für Mittelbindung durch Investition, •• die rote Zone steht für Mittelfreisetzung durch Desinvestition, •• die gelbe Zone dazwischen erfordert eine Zuordnung der SGEs zur Investi tion oder Desinvestition. Auch dieser Ansatz ist, wie zahlreiche andere, welche die Dimensionen und Einflussfaktoren nur variieren (z. B. 20-Felder-Portfolio / A.D.Little), zahlreicher Kritik unterworfen. Vor allem wird eine Scheinexaktheit vorgespiegelt und die Zuordnung der Positionen zu Konsequenzen ist weitgehend unklar. Wegen die ser Nachteile werden Portfolios heute nicht mehr zur Strategientwicklung, son dern, wie hier, zur Istsituations-Analyse verwendet. Sie geben einen raschen, groben Überblick über die Vertriebs- und Unternehmenssituation.
3. Vertriebsstrategie und -modellierung77
3.1.2
Festlegung der Soll-Positionierung
Die Positionierung bestimmt, wodurch das Angebot eines Unternehmens sich im Vergleich zu anderen differenziert und gegenüber der Nachfrage profiliert. Die Positionierung ist dabei sowohl als grafisches Verfahren anzusehen (Map ping) wie auch als verbales Verfahren (Statement). Unter Mapping versteht man allgemein die Anordnung marktrelevanter Mei nungsobjekte in einem mehrdimensionalen, gedachten Positionierungsraum der art, wie sie von aktuellen oder potenziellen Kunden subjektiv wahrgenommen werden oder objektiv faktisch so gegeben sind. Die Positionen unter den Ob jekten bzw. zu einem fiktiven Idealobjekt im Raum sollen eine möglichst hohe Übereinstimmung mit dem Rating / Ranking dieser Objekte hinsichtlich der da bei zugrunde gelegten ganzheitlichen Vergleichskriterien aufweisen. Zur Ent wicklung eines Mappings dienen mehrere Stufen (siehe Abb. 18). Zunächst geht es darum, die Angebotsdimensionen im Relevanten Markt zu bestimmen. Dabei kann es sich um objektive Dimensionen als Eigenschafts raum oder um subjektive Dimensionen als Wahrnehmungsraum handeln. Meist ist es sinnvoll, die Dimensionen auf die wesentlichen zwei oder drei Dimensi onen zu reduzieren, um eine gute Kommunikationsfähigkeit der Ergebnisse zu sichern. Meist handelt es sich dabei um die Dimensionen gewünschter Preis bzw. wahrgenommener Wert einerseits und Funktion bzw. wahrgenommene Leistung andererseits. In diesem Raum werden nunmehr die Mitbewerber derselben Strategischen Gruppe position iert. Handelt es sich dabei nur um reale, bereits am Markt exis tente Größen, entsteht ein Ähnlichkeitsraum. Handelt es sich hingegen um ideale,
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hypothetische Größen am Markt, entsteht ein Präferenzraum. Dabei ist wichtig, dass die Idealvorstellung von Produkten durch neue reale Produkte beeinflusst werden kann (z. B. Laserdrucker gegenüber Tintenstrahldruckern / HP, oppulente DOB gegenüber Jil Sander-DOB). Werden sowohl reale als auch ideale Objekte im gleichen Raum abgebildet, entsteht ein Verbundraum (Joint Space). Beim Ideal ist zudem wichtig, dass keine unrealistischen Merkmalskombina tionen, wie sie häufig Ergebnis unzutreffender Marktforschung sind, zugrunde gelegt werden. Außerdem gibt es durchaus mehrere Idealobjekte je nach Ziel gruppe. Zum Beispiel entspricht bei einigen ein BMW Mini dem Ideal eines Automobils, bei anderen ein Tesla X 3 oder einer der vielen SUVs. In Bezug auf das zugrunde liegende Verfahren können zwei Ansätze unter schieden werden (siehe Abb. 19). Beim Idealpunktverfahren gibt es Kreise / El lipsen um ein gedachtes Idealobjekt. Der Präferenzwert eines Realobjekts sinkt mit steigendem räumlichen Abstand einer Eigenschaftsausprägung von diesem Idealpunkt. Beim Idealvektorverfahren gibt es eine als ideal unterstellte Kom bination der Merkmale mit einer Rangordnung derart, dass die Präferenz auf einem Fahrstrahl als Richtung und Bedeutung angegeben ist und umso höher liegt, je weiter das vom Realobjekt auf den Vektor gefällte Lot vom Koordina tenursprung entfernt ist. Der Steigungswinkel des Vektors gibt dabei die Rela tion der zwei Eigenschaften zueinander an. In Bezug auf die Interpretation der Konsequenzen der Darstellung kann die ausschließliche Wahl des präferierten Objekts unterstellt werden (Single Choice) oder eine von der relativen Position des Realobjekts zum Ideal abhängige, vari ierende Wahlwahrscheinlichkeit (Wahlaxiom). Im ersten Fall hat nur ein Objekt eine Chance, gekauft zu werden, im zweiten Fall haben alle berücksichtigten
Idealkombination
Idealkombination
Idealpunktverfahren
Idealvektorverfahren
Abb. 19: Idealpunktverfahren und Idealvektorverfahren
3. Vertriebsstrategie und -modellierung79
Objekte eine Chance, gekauft zu werden, freilich in absteigendem Ausmaß ana log ih rem Ab stand vom Ide al. Die Dar stel lung kann da bei sta tis tisch exakt mithilfe multivariater Verfahren erfolgen (normativ) oder auf Basis qualifizierter Einschätzung (heuristisch). Meist reicht letzteres für die Praxis aus. Nunmehr kann geprüft werden, ob die eigene Istposition zweckmäßig ist. Die Idealposition und die Raumdimensionen geben dabei an, in welchen Modalitä ten eine als notwendig erachtete Veränderung vorgenommen werden sollte. Dabei gibt es drei Ansatzpunkte. Erstens kann versucht werden, den Grundauf forderungswert eines Angebots gegenüber dem Mitbewerb zu steigern (z. B. Mobiltelefonie vs. Festnetztelefonie). Außerdem kann versucht werden, dessen Zusatzaufforderungswert zu steigern, d. h. differenzierende Merkmale zu finden bzw. zu betonen, die über den Grundnutzen hinausgehen (z. B. Turbodiesel vs. Ottomotor). Und drittens ist eine Präferenzumwertung bei Nachfragern möglich, d. h. eine Verschiebung des Idealobjekts in Richtung der eigenen Istposition (z. B. Elektroantrieb vs. Verbrennungsmotor). Dies ist freilich das anspruchs vollste Unterfangen. Daraus ergibt sich so oder so die Ziel-Positionsbestimmung. Damit diese kommunizierbar ist, erfordert sie eine Verbalisierung im Positioning Statement. Dieses besteht aus zwei Definitionen: •• Der Angebotsanspruch gibt an, was ein Unternehmen behauptet, mit seinem Angebot besser zu können als jedes andere (Claim). Dabei kommt es nicht auf juristisch zu verteidigende Aussagen an, sondern es handelt sich noch um Konzept. •• Die Anspruchsbegründung gibt an, warum diese Aussage von Glaubwürdig keit ist (Reason Why). Meist erfolgt die Argumentation über technisch-physi kalisch-chemische Features. Beide sind die Basis für weitere Aktivitäten. Die Positionierung kann in vielfacher Form eingeteilt werden. Nach der Situa tion ergeben sich die Erstpositionierung beim Launch eines neuen Angebots. Die Positionsrevitalisierung zielt auf die Aktualisierung dieser Position im Zeitablauf ab, etwa durch Facelifts wie neue Farben, Geschmacksrichtungen, Packungsgrö ßen etc. Die Positionsverstärkung zielt auf die kommerzielle Ausbeutung der Po sitionierung, etwa durch Flankers wie Lizenz- oder Transferprodukte, ab. Und die Umpositionierung strebt die Erreichung einer anderen Position an (Relaunch). Nach der Richtung ergeben sich eine faktische oder eine kommunikative Al leinstellung in der Positionierung. Faktische Alleinstellungen (USP) sind kaum noch zu verteidigen und daher abzulehnen. Möglicherweise ist eine künstliche faktische Alleinstellung über Produktzusätze (Marketing Ingredients) sinnvoll. Kommunikative Alleinstellungen (UAP) sperren hingegen Konkurrenten dauer haft aus, sofern sie wirkungsvoll besetzt werden. Alternativ dazu kommt, wenn gleich nicht sonderlich einfallsreich, eine Partizipation an erfolgreichen anderen Positionierungen in Betracht (Me too, z. B. Dole vs. Chiquita, Maroc vs. Jaffa, Alpia vs. Milka).
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A. Vertriebskonzept und Controlling
Nach der Auslegung ergeben sich mehrere Möglichkeiten, so die prägnante Zuspitzung mit Einsammlung von Nachfrage im Umfeld einer übertrieben fo kussierten Positionierung (z. B. Schweppes, After Eight) oder die breite Be darfsabdeckung, allerdings mit fraglichem Profilierungswert (z. B. VW, Opel). Weiterhin die Positionierung an der Schnitt stel le zwi schen zwei oder mehr Märkten (z. B. Knusperriegel, SUV, Eisriegel), um ein in toto überlegenes An gebot darstellen zu können oder eine solche in einer Marktnische. Diese Markt nische kann latent sein, d. h. Nachfrager kaufen mangels Alternative widerwillig ein anderes Angebot oder manifest, d. h. Nachfrager verzichten mangels adäqua ten Angebots ganz auf den Kauf. 3.2
Vertriebsstrategierahmen
Bevor eine Vertriebsstrategie entwickelt werden kann, ist es zweckmäßig, einige Eingrenzungen vorzunehmen, um eine Konkretisierung zu erreichen. Dazu gehören die „Arena“ (Strategisches Geschäftsfeld), die „Feinde“ dort (Strategische Gruppe) und die „Unit“ (Strategische Geschäftseinheit), mit der man in dieser Arena gegen „Feinde“ bestehen will. 3.2.1
Begriff und Abgrenzung
Der Begriff Strategie ist vielfach und schillernd definiert. Am präzisesten scheint jedoch die Fassung als Entscheidung zur Transformation eines gegebe nen, nicht befriedigenden Istzustands in einen neuen, gewünschten Sollzustand. Dies bedingt, dass für eine Strategie drei Ausgangsbasen gegeben sein müssen: Das Ziel als Endpunkt, die Istsituation aus Ausgangspunkt und der Plan zur Überbrückung der Distanz zwischen Ist und Soll. Ob man dabei mit dem Ziel oder der Istsituation beginnt, ist strittig. Beginnt man mit der Istsituation, kommt man zumindest zu realistischen Zielen, vielleicht aber auch zu solchen, die „unter der Latte“ durchspringen. Beginnt man mit dem Ziel, kommen zwar ambitionierte Vorgaben zum Zuge, vielleicht sind diese aber letztlich unrealis tisch. Hier wird mit dem Ziel begonnen. Die Strategie kann im Einzelnen marktorientiert oder ressourcenorientiert (mit Abwandlungen nach Fähigkeiten und Wissen) angelegt sein. Marktorien tiert bedeutet, dass die Unternehmensstrategie als vom Umfeld abhängig ange sehen wird. Das heißt, das Unternehmen prüft, wie sich das Umfeld in Bezug auf handlungsrelevante Akteure darstellt und wählt dann möglichst eine Strate gie, die von diesen belassene Handlungsfelder nutzt. Damit kann vermeidbaren Herausforderungen entgangen werden, allerdings determinieren damit aber die Umfeldakteure den strategischen Handlungsspielraum. Ressourcenorientiert be deutet, dass die Unternehmensstrategie nur auf den eigenen Vorteilen aufbaut und das Umfeld so zu gestalten sucht, dass es die Nutzung dieser Vorteile er
3. Vertriebsstrategie und -modellierung81
folgreich zulässt. Damit befreit man sich zwar von den Restriktionen des Um felds, muss aber gegenwärtigen, dass die Strategie auf manifeste Widerstände stößt. Beide Ansätze lassen sich aber durchaus kombinieren. Innerhalb der strategischen Grundlagen gibt es drei strategische Säulen als Eckpfeiler jeder Strategie. Dabei handelt es sich um das Strategische Geschäfts feld, die Strategische Gruppe und die Strategische Geschäftseinheit. 3.2.2
Strategisches Geschäftsfeld
Das Strategische Geschäftsfeld (SGF / Relevanter Markt) bestimmt die Ab grenzung des Relevanten Markts (anschaulich auch Arena genannt). Das SGF weist damit aus, auf welchem Markt das Unternehmen aktiv ist / sein will und wie dieses Umfeld sich konkret darstellt. Eine zutreffende Abgrenzung des Re levanten Markts ist derzeit nicht befriedigend lösbar. Es gibt zwar verschiedene Ansätze, die aber alle Schwächen aufweisen (siehe Abb. 20). Die totale Konkurrenz (v. Stackelberg) besagt, dass letztlich alles mit jedem in Konkurrenz zum knappe Kaufkraft / Budgets steht und damit die Gesamtheit des Markt an ge bots den Re le van ten Markt aus macht. Dies ist zwar stim mig, aber nicht operational und damit wenig hilfreich. Abgrenzungen der Konkurrenz aus Angebotssicht wählen verschiedene An sätze. Bei der technisch-physischen Ähnlichkeit werden alle Angebote als zum selben Relevanten Markt gehörig angesehen, die von ihrer Angebotsphysis her vergleichbar sind. Dies greift jedoch viel zu kurz. Bei der funktionalen Gleich heit werden alle Angebote als zum selben Relevanten Markt gehörig angesehen, die dieselbe Funktion erfüllen, unabhängig von ihrem Äußeren. Dies ist gut darstellbar. Die Kreuzpreiselastizität (Triffin) gibt an, wie sich die Nachfrage nach einem Produkt aufgrund der Preisänderung eines anderen verändert. Pro dukte, die im Preis aufeinander reagieren (gleich ob positiv oder negativ), ge Abgrenzungen des Strategischen Geschäftsfelds
Totale Konkurrenz
Angebotskonkurrenz
Nachfragekonkurrenz
Mehrdimensionale Konkurrenz
Abb. 20: Abgrenzungen des Strategischen Geschäftsfelds
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A. Vertriebskonzept und Controlling
hören damit zum selben Relevanten Markt, Produkte, die aufeinander nicht oder nur schwach reagieren, gehören verschiedenen Relevanten Märkten an. Prob lematisch ist hier die reale Messung des Elastizitätskoeffizienten. Bei der sub jektiven Austauschbarkeit aus Anbietersicht gehören alle Angebote zum selben Relevanten Markt, die Anbieter in ihren Strategieplänen berücksichtigen. Dies ist jedoch ein gedanklicher Zirkelschluss, da die Abgrenzung ja erst zur Kon kretisierung der Strategie führen soll. Abgrenzungen der Konkurrenz aus Nachfragesicht wählen ebenfalls verschie dene Ansätze. Bei der subjektiven Austauschbarkeit gehören alle Produkte zum selben Relevanten Markt, die Nachfrager in einer Situation als gleichwertig in Bezug auf ihre Physis oder Funktion erachten. Dies ist jedoch indeterminiert, da diese Abgrenzung von Individuum zu Individuum unterschiedlich ausfällt. Beim faktisch-tatsächlichen Austauschverhalten kommt es auf die Auswahl in der kon kreten Kaufsituation an (Evoked Set). Alle Produkte, die diesem Set angehören, bilden damit den Relevanten Markt. Die Nutzungsähnlichkeit hebt darauf ab, dass alle Produkte als zum selben Relevanten Markt gehörig angesehen werden, die den gleichen Nutzen stiften. Auch dies ist weithin indeterminiert. Bei der Adressierung gleicher Kundentypen er gibt sich die Ab gren zung durch gleich definierte Zielpersonen, die von Anbietern als Käufer angestrebt werden. Damit liegt die Abgrenzung in der individuellen Erwägung der Anbieter. Mehrdimensionale Konkurrenz besagt, dass alle Produkte zum selben Relevan ten Markt gehören, die kumulativ dieselbe Funktion erfüllen, dies mit derselben Technik erreichen und dabei dieselben Kaufentscheider ansprechen (Abell). Die ser Ansatz wird in der Literatur favorisiert, jedoch stellt sich die Frage, warum gerade diese drei Dimensionen gewählt werden und wie Funktion, Technik und Zielgruppe exakt definiert werden (z. B. konkrete oder abstrakte Funktionen, technische Varianten, demografische, aktiografische, verhaltensbezogene Cha rakterisierung). So kommt dieser Ansatz zu unzutreffenden Abgrenzungen (z. B. Nassrasierer und Trockenrasierer als getrennte Relevante Märkte). Insofern ist diese wichtige Frage bis heute leider ungelöst. Es kommt praktisch vielmehr auf eine auf Erfahrung beruhende (heuristische) Abgrenzung an. 3.2.3
Strategische Gruppe
Aus dieser Abgrenzung ergibt sich das Konkurrenzumfeld, mit dem man es zu tun hat. Dabei stellt sich im Regelfall heraus, dass dieses nicht homogen strukturiert ist, sondern aus Gruppen einander ähnlicherer Konkurrenten besteht, die gleichzeitig verschiedenartig zu anderen sind (interne Homogenität bei ex terner Heterogenität). Eine solche Anballung relativ gleichartiger Konkurrenten stellt eine Strategische Gruppe (SGr / Relevanter Wettbewerb) dar. Dabei sind die Wettbewerbsbeziehungen zwischen den Konkurrenten der selben Strategi schen Gruppe intensiver als zu Konkurrenten anderer Strategischer Gruppen in
3. Vertriebsstrategie und -modellierung83
Abb. 21: Optionen der Strategischen Gruppe
der selben Arena. Häufig gibt es sogar einen „Feind“ als Hauptwettbewerber. Daher ist es im nächsten Schritt erforderlich, die Strategischen Gruppen an ei nem Markt zu iden ti fi zie ren (z. B. im Pkw-Markt deut sche, japa ni sche, west- / südeuropäische, osteuropäische, andere fernöstliche Anbieter jeweils in der Unter-, Mittel-, Ober- und Luxusklasse) und die eigene Zugehörigkeit zu bestimmen. Daraus folgen, vom schwierigen gemeinsamen Schutz der eigenen Gruppe abgesehen, drei strategische Optionen (siehe Abb. 21). Erstens kann eine Dominanz in der bestehenden Strategische Gruppe ange strebt werden. Dieser Absicht liegt zugrunde, dass die Gruppenführerschaft zu relativer Wettbewerbssicherheit führt, d. h. im Verdrängungsfall, der einer sehr häufigen Marktrealität entspricht, müssen normalerweise zunächst Folger in der Gruppe um ihre Existenz fürchten, bevor es den Gruppenanführer erwischt. Die Marktstellung wird pragmatisch zumeist am Umsatz gemessen (wobei mehr als zweifelhaft ist, ob dies eine geeignete Messgröße darstellt). Zwei tens kann ein Wechsel in eine als günstiger angesehene Strategische Gruppe angestrebt werden. Dies ist etwa der Fall, wenn eine Gruppenführer schaft nicht realistisch erscheint oder die Gruppe durch strukturelle Nachteile bedroht ist. Allerdings ergeben sich bei einem Wechsel sowohl Austrittsbarrie ren aus der bestehenden Gruppe als auch Eintrittsbarrieren in eine neue. Es gilt, beide zu überwinden, sich also faktisch und wahrnehmungsbezogen von der alten Strategische Gruppe zu lösen und ebenso faktisch und wahrnehmungsbe zogen in der neuen Gruppe zu platzieren. Dies ist ein ausgesprochen schwieri ges Unterfangen, zumal die Mitbewerber in der neuen Gruppe zu verhindern suchen werden, dass ein solcher Eintritt gelingt. Denkbar sind hier kollektive Aktivitäten wie z. B. die Abwehr von Wal-Mart durch die deutschen LEH-Filia listen. Aber auch die Lösung von der alten Gruppe ist wegen der Imagerema nenz bei Zielpersonen ein langwieriger Akt (z. B. Opel im Pkw-Markt).
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A. Vertriebskonzept und Controlling
Drittens kann die Neugründung einer Strategischen Gruppe angestrebt wer den. Dies ist dann opportun, wenn die bestehende Gruppe als nicht tragfähig genug erscheint und der Eintritt in eine andere Gruppe als nicht realistisch (z. B. IKEA, Starbucks, Apple). Allerdings ist eine solche Neugründung nur möglich, wenn es am Markt Bereiche gibt, für die zwar latente Nachfrage besteht, die jedoch von bestehenden Gruppen nicht abgedeckt wird. Ob sich Nachfrage für ein Angebot, das es in dieser Weise noch nicht gibt, aber in ausreichendem Maße monetarisieren lässt, ist spekulativ, so dass das Risiko hier sehr hoch ist. 3.2.4
Strategische Geschäftseinheit
Die Strategische Geschäftseinheit (SGE / Relevante Unit) hat im Unterschied zu den bisherigen Säulen eine Innensicht zum Inhalt. Eine SGE wird allgemein durch eine Produkt-Markt-Kombination konstituiert. Das Angebot eines Pro dukts auf verschiedenen Märkten konstituiert für gewöhnlich mehrere SGEs, die Bearbeitung eines Marktes mit mehreren Produkten ebenfalls. Die Einteilung des Unternehmens in Strategische Geschäftseinheiten kann mit der internen Aufbauorganisation übereinstimmen, muss aber nicht (Sekundärorganisation). Es ist möglich, dass eine Organisationseinheit aus zwei oder mehr SGEs bes teht, ebenso wie eine SGE aus zwei oder mehr Organisationseinheiten bestehen kann (siehe Abb. 22). Komplexitätsreduzierend wirkt aber sicherlich eine Über
Märkte 1 1
2
4
3
SGE SGE
Produkte
SGE 2 3
SGE SGE SGE
4
Abb. 22: Einteilungen der Strategischen Geschäftseinheit
3. Vertriebsstrategie und -modellierung85
einstimmung zwischen Aufbauorganisation und Strategischen Geschäftseinhei ten. Die SGEs sind die Steuergrößen der Strategie. Strategische Aussagen be ziehen sich daher immer auf die SGE, nur wenn ein Unternehmen nur eine Produkt-Markt-Kombination darstellt, konstituiert diese ausnahmsweise auch die Unternehmensstrategie (z. B. Verpoorten). Ansonsten verfolgt ein Unterneh men mehrere Strategien, weil jede SGE sich auf einem anderen Relevanten Markt befindet oder einer anderen Strategischen Gruppe angehört oder eine andere Position relativ zum Mitbewerb und zur Zielgruppe dort einnimmt. Dazu muss eine SGE mehrere Anforderungen erfüllen: •• Sie muss von zeitlichem Bestand und räumlicher Durchgängigkeit geprägt sein. Ansonsten ist keine stabile Abgrenzung möglich. Beim Produkt kann es sich auch um eine Gruppe verwandter Produkte (Angebots-Range, NachfrageCategory) handeln, die sich ähnlichen Rahmenbedingungen gegenüber sehen. Beim Markt ist nicht nur an Gebietsmärkte zu denken, sondern vielmehr ge rade auch an Marktsegmente. •• Sie muss eindeutig zurechenbare Aufwendungen und Erlöse aufweisen. Dies erfordert eine interne Kosten- und Leistungsrechnung, welche die Erfolgsob jekte abgrenzbar macht, etwa durch relative Einzelkostenrechnung. Ansonsten ist keine effektive Steuerung der SGEs möglich. •• Sie muss von hinreichender Bedeutung im Unternehmen und am Gesamt markt sein, damit eine getrennte Steuerung effizient ist. Denn mit der SGESteuerung ist Ressourceneinsatz verbunden, der durch die Ergebnisse legiti miert werden muss. •• Sie muss über Steuergrößen im Unternehmen disponieren, die eine eigenstän dige Umsetzung der Strategie ermöglichen. Dazu gehört vor allem der von anderen SGEs unabhängige Einsatz des Vertriebsinstrumentariums. 3.3
Vertriebsstrategische Dimensionen
Im Rahmen der Vertriebsstrategie ist eine konsistente Konzeption zu entwickeln. Diese dient als langfristige Orientierung für Aktivitäten im Vertriebsmanagement. Dies ist sehr bedeutsam, da dem Vertrieb abschätzig nachgesagt wird, häufig aktionistisch zu agieren. Für den erforderlichen Rückhalt in der Organisation ist es zentral zu verdeutlichen, dass dem Handeln ein gut durchdachter, belastbarer Rahmenplan zugrunde liegt. 3.3.1
Bestimmung des Marktfelds
Innerhalb eines marktorientierten Strategieansatzes sind fünf Stellgrößen für erforderlich zu erachten, um eine konsistente Strategie zu entwickeln. Es han delt sich dabei um die Bestimmung des Marktfelds, die Bestimmung der Markt
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A. Vertriebskonzept und Controlling
wahl, die Bestimmung des Konkurrenzvorteils, die Bestimmung des Konkur renzverhaltens und die Bestimmung des Konkurrenztimings. Das Marktfeld (Source of Potential Demand) baut auf der Schließung der Strategischen Lücke (Gap) zwischen dem Status quo und anspruchsvollen Wachstumszielen auf. Ansoff analysierte dabei die Wachstumsmöglichkeiten eines Unternehmens und leitete diese aus den Größen Produkte, die derzeit oder zukünftig vom Unternehmen angeboten werden und Märkte, die derzeitig oder zukünftig vom Unternehmen bearbeitet werden, ab. Daraus ergeben sich dann vier Optionen für mehr Wachstum: •• Produkt-Markt-Durchdringung als intensiveres Angebot bestehender Produkte auf bestehenden Märkten, •• Marktausweitung als Angebot bestehender Produkte auf für das Unternehmen neuen Märkten, •• Produkterweiterung als Bearbeitung bestehender Märkte mit für das Unter nehmen neuen Produkten, •• Produkt-Markt-Entwicklung als Angebot neuer Produkte auf neuen Märkten. Diese Abfolge wird zugleich im Sinne aufsteigenden Risikos empfohlen (gra fisch als Z-Strategie). Von Feld zu Feld ergibt sich gedacht eine exponenzielle Erhöhung des Risikos, ausgehend vom Index 100 bei der Marktdurchdringung (Market Penetration) geschätzt über 400 bei Marktausweitung (Market Exten sion), 800 bei Produkterweiterung (Product Development) und 1.600 bei Diver sifikation. An der GAP-Analyse wird umfangreiche Kritik festgemacht (vor allem in Bezug auf die Statik). Dennoch kann diese gut als Denkhilfe für kon krete Strategieansätze zum Marktfeld dienen. Für die Produkt-Markt-Durchdringung ergeben sich im Allgemeinen vier Op tionen (siehe Abb. 23): •• More Selling bedeutet, dass von bestehenden Produkten auf bestehenden Märkten mehr abgesetzt werden soll. Dies kann abnehmerseitig durch ver stärkte Nachfrage erfolgen oder anbieterseitig durch vorzeitige Veralterung (gebrauchstechnisch, sozial, technischer Fortschritt etc.). •• Kundenlieferanteil (Share of Wallet) zielt darauf ab, dass bestehende Abneh mer innerhalb der bestehenden Produktgruppe ihre Kaufkraft / ihr Budget auf ein Angebot konzentrieren statt zu splitten. Dies ist durchaus Marktstandard, etwa im B-t-B-Sektor durch Single Sourcing. •• Kundenabhängigkeit bedeutet die erzwungene Bindung von Nachfragern an das Unternehmen (Kundengebundenheit aus technischer, wirtschaftlicher, ver traglicher oder institutioneller Bindung). Das Eingehen einer solchen Abhän gigkeit gehorcht dem Anreiz-Beitrags-Prinzip. •• Kundenreaktivierung postuliert, dass inaktive Kunden in ihrem Bedarf aktua lisiert werden sollen. Denn die Akquisition neuer Kunden ist ungleich auf
3. Vertriebsstrategie und -modellierung87
Abb. 23: Marktfeldoptionen
wändiger als die Bedienung bestehender. Ein Beispiel sind Modelleisenbah nen als Hobby für „wohlhabende Rentner“. Für die Marktausweitung ergeben sich folgende vier Optionen: •• Konkurrenzverdrängung ist die nahe lie gends te Op ti on. Die Um sät ze der Wettbewerber stellen dabei die primäre Absatzquelle dar. Allerdings ist dies zugleich auch das schwierigste Unterfangen, da die Wettbewerber ihre Kun den zu schützen versuchen werden. •• Die Vertriebsgebietsausdehnung meint die Bedienung räumlich neuer Märkte. Gelingt es, dort zu reüssieren, wachsen die erzielten Umsätze dem Unterneh men zu. Allerdings bestehen dort auch fremde, wahrscheinlich widrige Markt verhältnisse, die einen Erfolg enorm erschweren können. •• Die Präsenzzeitstreckung meint die Be die nung zeit lich neu er Märk te. Oft werden Produkte nur unterjährig angeboten, so dass durch zeitliche Auswei tung zusätzlicher Umsatz geschöpft werden kann. Die Grenzen sind lediglich Branchenusancen und „Scheren im Kopf“. •• Beim Produktwandel wird ein faktisch weitgehend unverändertes Produkt wahrnehmungsbezogen neu erlebbar gemacht. Dadurch können dann neue Zielgruppen (personeller Markt) aktiviert werden (z. B. Jägermeister). Für die Produkterweiterung ergeben sich folgende Optionen: •• Up Selling meint eine anbieter- bzw. markentreue „Produktkarriere“. Nachfra ger kaufen dadurch nicht häufiger, sondern werthaltiger. Dies entspricht dem Anliegen nach außengeleitetem Konsum bzw. innengeleiteter Belohnung.
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A. Vertriebskonzept und Controlling
•• Cross Selling bedeutet, dass Nachfrager neben den bestehenden Produkten auch andere, für sie subjektiv neue Produkte aus dem Programm des Herstel lers kaufen. Hilfreich ist dabei das bereits angesammelte Wissen über Denkund Verhaltensweisen dieser Nachfrager. •• Durch Zusatzverkäufe entstehen weitere Umsätze neben dem Produkt (Zube hör) oder auch durch Bundling. Insofern kann die Kaufkraft besser ausge schöpft werden. Die Zusatzverkäufe können zeitgleich mit dem Hauptkauf oder zeitlich versetzt dazu erfolgen. •• Set-Alternative zielt darauf ab, dass das eigene Produkt neben anderen zu den präferierten des Evoked Set of Brands bei einer möglichst großen Vielzahl von Zielpersonen gehört und zumindest im Wechsel mit diesen anderen auch gekauft wird (z. B. Clausthaler). Für die Diversifikation (genauer: Produkt-Markt-Entwicklung) ergeben sich schließlich folgende Optionen: •• Ganz selten kommt es zur Marktschaffung, also zum Angebot eines neuen Produkts auf einem neuen Markt, das nicht nur bestehende Umsätze substitu iert, sondern zusätzliche Ausgaben initiiert. Zu denken ist etwa an Post it-Zet tel / 3M, Senseo Portionskaffeemaschine / Philips oder Mobiltelefon. •• Das Komplementärangebot nutzt eine eigene oder fremde Installationsbasis an Produkten, um an deren Markterfolg zu partizipieren. Dadurch können Initialaufwendungen eingespart werden (z. B. iPhone-Zubehör, Kapselkaffee, Druckerpatrone). •• Der Systemwechsel schafft eine generische Argumentation, wenn es am Markt zwei oder mehr Angebotssysteme gibt, die untereinander inkompatibel sind. Dann gilt es, zunächst eine Entscheidung zugunsten des eigenen Systems zu erreichen, weil danach erst der Nachfragezugang zum eigenen Angebot besteht (z. B. Fruchtnektar vs. Limonade als Obstsaftanbieter). •• Die Problemweckung zielt darauf ab, bei Nachfragern ein Problem zu gene rieren, das diese für plausibel und für sich auch relevant halten. Sofern der Anbieter für kompetent erachtet wird, eine Problemlösung dafür herbeizufüh ren, gelingt es, die Nachfrage auf ihn zulaufen zu lassen. Für die Bestimmung des Marktfelds ist eine dieser Absatzquellen zu wählen. In der Strategie gilt es, eineindeutig zu sein, in der späteren operativen Umset zung kommt es ohnehin zu genügend pragmatischen Verwässerungen. Wäre aber schon die Strategie unscharf, bliebe die Umsetzung ohne jede Chance auf Profilierung und Differenzierung. Diese erste Weichenstellung ist sehr bedeut sam, weil aus der Absatzquellenwahl ganz unterschiedliche operative Maßnah men abfolgen.
3.3.2
3. Vertriebsstrategie und -modellierung89
Bestimmung der Marktwahl
Bei der Best im mung der Markt wahl geht es um die Ziel grup pe bzw. das Marktsegment (Teilmenge der Nachfragerschaft), das die Kaufkraft / das Budget, die / das im Marktfeld bestimmt worden ist, verkörpert. Denn Kaufkraft ist nicht abstrakt gegeben, sondern an Entscheider gebunden. Dies gilt im privaten so wohl als auch im gewerblichen Bereich. Dazu ist immer unerlässlich, zunächst zu prü fen, ob Zu gang zu dem ge wähl ten Markt bes teht. Denn Märk te sind durch Markteintrittsbarrieren gekennzeichnet, die es Außenstehenden erschwe ren, die Potenziale im Markt zu nutzen. Tatsächlich sind vielfache Eintritts schranken gegeben, wenngleich diese heute durch finanzielle Leverage-Effekte vergleichsweise gut zu überwinden sind. Wie beim Eintritt wirken zahlreiche Schranken auch beim Austritt hindernd. Hier ist festzustellen, dass die Markt austrittsbarrieren allgemein hoch und manifest sind. Insofern ist für die Markt wahl vorher zu prüfen, ob im Misserfolgsfall eine Portabilität der investierten Vermögensbestandteile besteht oder diese im Markt gebunden bleiben (Exit). In Bezug auf die Markteintrittsbarrieren handelt es sich vor allem um fol gende: •• Hohe erforderliche Mindestinvestitionsvolumina, um die Kritische Masse im Markt zu erreichen, •• Notwendigkeit zur Nutzung von Betriebsgrößenvorteilen zur statischen Kostendegression, •• hohe erforderliche Programmbreite aus Gründen eines abnehmergewünschten Single Sourcings, •• Notwendigkeit zur Brechung von Käuferloyalität, vor allem in Form von Ge bundenheiten, •• unvermeidliche / prohibitive Umstellungskosten bei Lieferantenwechsel auf Seiten der Abnehmer, •• verbreitete Standortlimitationen aus natürlichen oder hoheitlichen Gesichts punkten, •• Verstopfung des Vertriebskanalzugangs bei verbreitetem indirekten Vertriebs weg, •• hoheitliche Beschränkungen des Marktzugangs, etwa aus Standesrecht, Pro tektionismus etc., •• Monopolisierung durch Gewerbliche Schutzrechte ohne Lizenzerteilung durch den Schutzrechtshalter. Trotz zahlreicher und hoher Zugangsschranken ist ein Scheitern hier doch vermeidbar. Gefährlicher und oft nicht genügend gewürdigt sind die Abgangsschranken Bei den Marktaustrittsbarrieren handelt es sich vor allem um fol gende:
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A. Vertriebskonzept und Controlling
•• Technische Restriktionen ergeben sich aus inkompatiblen oder geheimen Schnittstellen, •• wirtschaftliche Restriktionen ergeben sich aus hohen Kosten für eine Portabi lität von Assets, •• remanente Kosten entstehen bei Beschäftigungsrückgang durch bleibende sprungfixe Kosten, •• nachfragemächtige Abnehmer sichern die Lieferantenpräsenz zudem durch Konventionalstrafen ab, •• aus dem Verlassen eines Marktes schließt das gesamtwirtschaftliche Umfeld häufig auf Unvermögen (Imageschaden), •• gesellschaftliche Restriktionen leben von der Verpflichtung des Unternehmens für sein Umfeld, •• soziale Restriktionen entstehen aus seiner Verpflichtung gegenüber freizuset zenden Mitarbeitern, •• häufig sind Sozialpläne gesetzlich vorgeschrieben, um menschliche Härten abzufangen, •• gerade bei inhabergeführten Unternehmen bestehen emotionale Bindungen an einen Markt. Wegen der hohen Bedeutung ist es unbedingt notwendig, vor der Marktwahl sicherzustellen, dass die Abgangsbarrieren überwunden werden können. Aus der Kombination von Markteintritts- und -austrittsschranken, jeweils in der Ausprä gung hoch oder niedrig, ergeben sich im Übrigen vier Markttypen: •• Flohmarkt (niedrig / niedrig, z. B. Freiberufler), •• Mausefalle (niedrig / hoch, z. B. Modehandel), •• Goldgrube (hoch / niedrig, z. B. Ölförderung), •• Goldener Käfig (hoch / hoch, z. B. Lebensversichung). Ist auf diese Weise ein Marktsegment / eine Zielgruppe identifiziert, stellen sich die Fragen der Marktbearbeitung und der Marktabdeckung. Werden ein zelne oder alle Marktsegmente gleichartig bearbeitet, handelt es sich um eine undifferenzierte Form, die heute kaum mehr machbar, sondern nur historisch gewachsen ist. Werden einzelne oder alle Marktsegmente unterschiedlich bear beitet, handelt es sich um eine differenzierte Form. Werden alle realisierbaren Marktsegmente bearbeitet, handelt es sich um eine totale Abdeckung des (Re levanten) Marktes. Werden nur einzelne Marktsegmente bearbeitet, handelt es sich um eine partielle Abdeckung (Marktsegmentierung). Daraus ergeben sich dann acht Kombinationen (siehe Abb. 24):
Märkte
Abb. 24: Optionen der Marktwahl
differenziertmonoselektiv
Produkte Produkte
Produkte
Märkte
differenziertmultiselektiv
Produkte
Produkte
Produkte
einheitlich-total-markt
Märkte
differenziertpartiell-produkt
einheitlich-total-produkt
Produkte
Produkte
einheitlich-total
Märkte
differenziertpartiell-markt
differenziert-total-produkt
3. Vertriebsstrategie und -modellierung91
Märkte
Märkte
Märkte
Märkte
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A. Vertriebskonzept und Controlling
•• einheitliche Bearbeitung bei totaler Abdeckung (z. B. Nivea, alle Kosmetik produktarten), •• einheitliche Bearbeitung bei partieller Marktabdeckung (z. B. Porsche, nur Sportwagen), •• einheitliche Bearbeitung bei partieller Produktabdeckung (z. B. Bosch Power Tools für Handwerker), •• differenzierte Bearbeitung bei totaler Abdeckung (z. B. Volkswagen, alle PkwKlassen), •• differenzierte Bearbeitung bei partieller Produktabdeckung (z. B. Henkell Sekt mit mehreren Marken), •• differenzierte Bearbeitung bei partieller Marktabdeckung (z. B. Kärcher Hoch druckreiniger für Konsumenten), •• differenzierte Bearbeitung bei multiselektiver Marktabdeckung (z. B. Fi scher / Kettler als Mehrbranchenanbieter), •• differenzierte Bearbeitung bei monoselektiver Marktabdeckung (z. B. Vichy, nur apothekenpflichtige Naturkosmetik). Einen anderen Ansatz verfolgt das Konzept des Strategischen Spielbretts. Aus gangspunkt ist die Tatsache, dass auf den Märkten häufig nur noch wenige, ex trem leistungsfähige Anbieter vorhanden sind. Diese nach einem Markteintritt zu übertreffen, ist daher ausgesprochen anspruchsvoll. Aber häufig sind diese Märkte durch ungeschriebene Gesetze gekennzeichnet, an die sich alle Beteilig ten halten, weil sie es so gewohnt sind und es auch immer schon so war. Um ei nen Ansatzpunkt zu erhalten, lohnt es sich, diese bestehenden Spielregeln (Old Game) in Frage zu stellen und durch neue (New Game) zu ersetzen. Dadurch kann häufig noch ein entscheidender Vorsprung realisiert werden. Diese neuen Spielregeln können auf dem Gesamtmarkt oder nur auf einem Teilmarkt ange wandt werden. Insofern ergeben sich daraus vier Kombinationen (siehe Abb. 25): •• Anwendung bekannter Spielregeln im Kernmarkt als Setzen auf Haupterfolgs faktoren als „Platzhirsch“ z. B. Walmart, •• Anwendung bekannter Spielregeln in einem neuen Teilmarkt als Segmentie rung, z. B. Indexfonds der Finanzdienstleister, •• Anwendung neuer Spielregeln in einem bekannten Teilmarkt als Innovation, z. B. Direct Banking, •• Anwendung neuer Spielregeln im Kernmarkt als vollständige Differenzierung („Game Changer“, z. B. Amazon). Bei spie le für Neue Spie le sind UPS (24 h Par cel Ser vice), McDo nald’s (Schnellgastronomie), Body Shop (tierversuchsfreie Naturkosmetik), Avon (Kos metik im Door to Door Selling) etc.
3. Vertriebsstrategie und -modellierung93
Abb. 25: Strategisches Spielbrett
3.3.3
Bestimmung des Konkurrenzvorteils
Die Bestimmung des Konkurrenzvorteils beantwortet die wichtige Frage, warum die so definierte Kaufkraft das eigene Angebot gegenüber dem konkur rierender anderer bevorzugen soll. Dazu gibt es mehrere, aufeinander aufbau ende Erklärungen (siehe Abb. 26). Der Zwei-Felder-Ansatz (Porter) geht von einem stabilen Zusammenhang zwischen Gesamtkapitalrentabilität (RoI) einerseits und relativem Marktanteil andererseits derart aus, dass dieser U-förmig ausgebildet ist. Das bedeutet, die Rentabilität ist hoch bei kleinem relativen Marktanteil (Marktnischenposition) und großem relativen Marktanteil (Marktgesamtposition). Und niedrig bei ei nem mittleren relativen Marktanteil (Marktmitläufer). Man spricht auch von der Marktstimulierung (Becker) durch Präferenzposition (Leistungsführerschaft) oder Preis-Mengen-Position (Preisführerschaft): •• Die Präferenzposition wird durch folgende Maßnahmen erreicht und gefes tigt: Betonung von Marke, Gewinnpriorität vor Absatz, Hochpreislevel im Angebot, Schaffung eines monopolistischen Preisspielraums, hohe Produkt qualität, attraktive Packung, imagebildende Werbung, selektive Distribution. •• Die Preis-Mengenposition wird hingegen durch folgende Maßnahmen er reicht: Akzent auf Preiswettbewerb, Umsatz- / Absatzpriorität vor Gewinn, hohe absolute Preisgünstigkeit, Rationalisierung zur Kosteneinsparung, Grundnutzenargumentation im Verkauf, Einsparung von Profilierungsmaßnah men, Akzeptanz hoher Risiken, breite Distribution.
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A. Vertriebskonzept und Controlling
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Abb. 26: Optionen des Konkurrenzvorteils
Unternehmen, die sich in der Verdrängung der Mitte befinden (Stuck in the Middle / Zwischen den Stühlen), benötigen entweder ein Upscaling zur Errei chung der Präferenzposition, verbunden mit kleinerem, dafür aber gewinnträch tigem Marktpotenzial, oder ein Downscaling zur Erreichung der Preis-MengenPosition, verbunden mit breiter Marktabdeckung bei schmalen Margen. Der Drei-Felder-Ansatz (Porter) berücksichtigt diese Marktabdeckung als Ge samtmarkt oder Teilmarkt explizit und kommt somit zu drei Erfolgspositionen:
3. Vertriebsstrategie und -modellierung95
•• Erstens eine Präferenzposition nicht nur in einer Marktnische, sondern auf dem Gesamtmarkt. Dies entspricht der Differenzierung. •• Zweitens eine Preis-Mengenposition auf dem Gesamtmarkt (s. o.). Dies ent spricht einer Kostenführerschaft mit Weitergabe im Preis. •• Drittens eine Konzentration in einem Teilmarkt. Dies entspricht der Fokussie rung auf Leistung bzw. Kosten. Die parallele Erfolgsträchtigkeit von Präferenz- und Preis-Mengenposition ist dadurch erklärbar, dass es dieselben Entscheider sind, die in beiden Positionen kaufen. Nur kaufen sie dort unterschiedliche Produkte. In der Präferenzposition entstehen hoch involvierende Käufe, in der Preis-Mengenposition gering invol vierende. Die Finanzmittel, die durch absolute Preisgünstigkeit eingespart wer den kön nen, wer den nicht dem Markt ent zo gen, son dern für Aus ga ben im subjektiv und emotional wichtigen anderen Bereich genutzt. Anbieter dazwi schen sind weder preisgünstig genug als dass sie mit Low Cost-Anbietern mit halten könnten, noch sind sie imagestark genug, als dass sie eine Alternative zu Premium-Anbietern darstellen könnten. Sie werden folglich vom Markt ver drängt. Der Vier-Felder-Ansatz stellt eine Erweiterung der Fokussierung dar, indem diese dezidiert auf die Option der Leistung oder die des Preises abzielt. Daher ergeben sich vier Optionen (Meffert): •• Die umfassende Kostenführerschaft bedeutet eine Preis-Mengenposition im Gesamtmarkt. Maßnahmen sind hier die Erreichung eines hohen Marktanteils, eine strenge Aufwandskontrolle, die Nutzung aller Kostensenkungsmöglich keiten, ein durchgängiges Cash-Management und der Einsatz von Verfahrens innovationen bzw. -verbesserungen. •• Die umfassende Leistungsführerschaft (Differenzierung) bedeutet eine Präfe renzposition im Gesamtmarkt. Maßnahmen sind hier kundenorientierte Inno vationen bzw. Qualitätssteigerungen, Marktpreise auf Premiumniveau, Be triebskosten, die vorwiegend am Kundennutzen bemessen sind und insgesamt differenzierungsfördernde Investitionen. •• Die konzentrierte Leistungsführerschaft (Leistungsfokussierung) bedeutet die Präferenzposition in einem Teilmarkt. Maßnahmen sind hier vor allem die Abwandlung des Angebots und eine konstant hohe Produktqualität. •• Die konzentrierte Kostenführerschaft (Preisfokussierung) bedeutet die PreisMengenposition in einem Teilmarkt. Maßnahmen sind hier vor allem die Zielung auf ausgewählte Marktsegmente und die Nutzung von Erfahrungskur veneffekten. Für die Kostenführerschaft ist die Nutzung von Größeneffekten Vorausset zung. Dabei können zwei Effektarten unterschieden werden. Statische Größen effekte (Savings) entstehen automatisch, also ohne dass man sie bewusst anstre
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A. Vertriebskonzept und Controlling
ben muss, indem sich die Fixkosten mit steigender Stückzahl immer günstiger pro Einheit umlegen (Bücher’sches Gesetz / k = (Kf : x) + kv. Dieser Effekt ist seit langem bekannt und beruht auf zwei Gründen: •• Bei steigendem Geschäftsumfang ist eine bessere Abstimmung der nicht-pro duktiven Kapazitäten bei mehrstufiger Wertschöpfung möglich (Betriebsgrö ßeneffekt). •• Die administrativen Kosten (Overheads) verteilen sich besser auf eine stei gende Produktzahl, sofern eine Kritische Masse erreicht ist. Dynamische Größeneffekte (Economies of Scale) sind neueren Datums (Boston-Effekt) und besagen, dass zusätzlich zu den statisch ohnehin sinkenden Fixkosten pro Stück auch die variablen Kosten bei jeder Ausbringungsmengen verdopplung seit Produktionsbeginn bezogen auf den eigenen Wertschöpfungs anteil (Fertigungstiefe) und inflationsbereinigt sinken, insgesamt um potenziell 20–30 %. Allerdings tritt diese Degression nicht automatisch ein, sondern muss durch Managementmaßnahmen gezielt herbeigeführt werden. Dafür werden vier Aspekte angeführt: •• Die frühzeitige Nutzung technischen Fortschritts ermöglicht bald ein niedri geres Kostenniveau. Zwar liegen zu Beginn die Kosten einer neuen Technik noch höher als die der eingefahrenen alten, schnell kann jedoch eine signifi kante Verbesserung erreicht werden (S-Kurven-Effekt). •• Im Zeitablauf wächst die Expertise in der Umsetzung einer Aufgabe. Diese kann dazu in immer weniger Zeit mit immer höherer Qualität realisiert wer den. Insofern kommt es zu Erfahrungs- und Lerneffekten. •• Durch die mehrfache Nutzung von Wissen im Unternehmen entstehen Ver bundeffekte (Economies of Scope), d. h., Erfahrung aus einem Bereich kann in einem anderen Bereich angewendet werden und verbessert dadurch die Kostenposition (Synergieeffekte). •• Die Rationalisierung betrifft die Bereiche außerhalb der eigenen Wertschöp fung, vor allem in der Beschaffung durch Rabatte und Nachfragemacht sowie in den nicht-produktiven, administrativen Bereichen. Bei dynamischen Größeneffekten ist vielfache Kritik gegeben. Diese beruht im Einzelnen auf den Datengrundlagen, der Untersuchungsmethodik und den Strategieempfehlungen. Vor allem ist aber der Verdacht der Tautologie zu nen nen. 3.3.4
Bestimmung des Konkurrenzverhaltens
Die Bestimmung des Konkurrenzverhaltens legt die Mitbewerbseinstellung und den Führungsanspruch des Unternehmens fest. Die Mitbewerbseinstellung kann autonom, also auf Unabhängigkeit, oder abhängig (konjektural), also auf
3. Vertriebsstrategie und -modellierung97
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Abb. 27: Optionen des Konkurrenzverhaltens
Anpassung, ausgerichtet sein. Der Führungsanspruch kann gegeben oder nicht gegeben sein. Entsprechend ergibt sich eine Matrix mit vier Kombinationen (siehe Abb. 27). Bei Unabhängigkeit und Führungsanspruch liegt das Verhalten eines Anfüh rers vor. Daraus folgen erhebliche Chancen wie Preisführerschaft, Kompetenz vorsprung in der Öffentlichkeit, Marktmacht und Beeinflussung der Gesamt marktentwicklung. Allerdings gibt es auch erhebliche Risiken wie gravierende Produktenttäuschung, Anker öffentlicher Kritik (Wettbewerbsrecht), Inflexibili tät durch pure Größe, Innovationshemmung (Old Game) und Begünstigung von Marktnischen. Bei Abhängigkeit und Führungsanspruch liegt das Verhalten des Herausfor derers vor. Er versucht, die Marktführerschaft an sich zu reißen. Dazu muss er aber zuerst am Marktführer vorbei. Dafür ergeben sich mehrere Taktiken, die zumeist in Analogie zu Kriegstaktiken gesehen werden. Es handelt sich um folgende: •• Frontalangriff als direkte Konfrontation mit dem Anführer, •• Flankenangriff auf eine vermutete Schwachstelle dort, •• Guerillaangriff mit Überraschungsmoment, •• Umzingelungsangriff als Einkesseln, •• Vorbeiangriff auf einem anderen als dem betrachteten Markt. Bei spie le sind Pep si vs. Coke, Creme 21 vs. Ni vea, Sam sung vs. No kia. Dennoch gibt es vergleichsweise wenige Beispiele für Herausforderer, die Marktführer übertreffen konnten (z. B. IBM vs. Nixdorf, Sixt vs. Europcar).
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A. Vertriebskonzept und Controlling
Bei Abhängigkeit und fehlendem Führungsanspruch liegt das Verhalten des Mitläufers vor. Er befindet sich in einer Verteidigungsposition, da er von stän diger Verdrängung bedroht ist. Für ihn ergeben sich folgende Taktiken: •• Positionsverteidigung, Flankensicherung gegen mögliche Angriffe, Präventiv schlag zur „Vorbeugung“, Gegenoffensive nach einer Attacke, Strategischer Rückzug zur Vermeidung unnötiger Verluste, bewegliche Verteidigung, um kein festes Ziel abzugeben und kontrollierte Neuaufstellung. Der Mitläufer ist bemüht, Anführer und Herausforderer nicht aus der Reserve zu locken, sondern in deren Windschatten zu koexistieren. Bei Unabhängigkeit und fehlendem Führungsanspruch liegt das Verhalten des Segmentierers vor. Dies war früher eine durchaus lukrative Option, waren diese Marktnischen doch zu klein, um für große Anbieter am Markt interessant zu sein. Zumal sie häufig auch rein objektiv nicht in der Lage waren, diese Ni schen zu bedienen. Das hat sich jedoch erheblich geändert, heute werden selbst kleine Marktnischen als attraktiv angesehen, und durch moderne Produktions konzepte (Mass Customization) sind selbst große Anbieter in der Lage, auch kleine Marktpotenziale rentabel zu bearbeiten. Insofern handelt es sich um eine sehr risikoreiche Position (z. B. Loewe Opta bei LED-Displays). Nach dem Structure-Conduct-Performance-Ansatz ist auf Dauer nur eine Ver haltensweise erfolgreich, die der Marktposition entspricht. Das heißt, Verhalten und Struktur sollten angepasst sein. Hinsichtlich der Ergebnisse werden in Deutschland sog. weite Oligopole präferiert, als Kompromiss zwischen engen Oligopolen und Polypolen. 3.3.5
Bestimmung des Konkurrenztimings
Die Bestimmung der Zeitabfolge schließlich hebt auf die Innovationsneigung von Anbietern ab. Dabei ist die Alternative des Vorstoßes ebenso denkbar wie die der Verfolgung. Dies kann jeweils durch Innovation oder Nachahmung er folgen. entsprechend ergeben sich vier Kombinationen (siehe Abb. 28). Bei Vorstoß durch Innovation handelt es sich um einen Pionier. Lange Zeit galt dies als Erfolgsprinzip wegen der First Mover Advantage, eines eingebau ten Zeitvorteils, der praktisch nicht mehr aufholbar ist. Dies hat sich heute je doch relativiert. Der Innovationsführer kann zwar einen De facto-Standard am Markt etablieren, er kann Abschöpfungspreise darstellen, hat einen Erfahrungs vorsprung auf der Zeitachse und genießt einen Image-Goodwill in der Öffent lichkeit. Allerdings hat er auch die größte Erfolgsunsicherheit, muss hohe Markterschließungskosten tragen („Infrastruktur“), hohen FuE-Aufwand betrei ben und leidet unter Imageschäden bei wohl unvermeidlichen „Kinderkrankhei ten“ der Neuerungen. Außerdem ist fraglich, ob ein latenter Bedarf wie vermu tet überhaupt vorhanden ist.
3. Vertriebsstrategie und -modellierung99
Abb. 28: Optionen des Konkurrenztimings
Bei Verfolgung durch Innovation handelt es sich um einen Frühen Folger. Er trägt ein geringeres Risiko als der Pionier, kann einen Alternativstandard zu diesem etablieren und sieht sich im Zweifel stark steigendem Marktwachstum gegenüber, bei dem noch nicht alle Marktpositionen vergeben sind. Allerdings bedarf es der Überwindung von Markteintrittsbarrieren des Pioniers, einer Strategieausrichtung an diesem und einer schnellen Reaktion, um nicht in eine „Zeitfalle“ zu geraten, denn ein später Markteinstieg mit kürzerer Marktpräsenz erlaubt keinen angemessenen RoI mehr. Bei Vorstoß durch Nachahmung handelt es sich um einen Modifikator. Er muss ein differenziertes Angebot machen, da er sich Zeitnachteilen gegenüber sieht. Dabei ist die Besetzung von Marktnischen möglich, es entstehen gerin gere FuE-Kosten, das Risiko ist vergleichsweise geringer und einem Preisverfall kann noch zuvorgekommen werden. Allerdings sind erst die Markteintrittsbar rieren der etablierten Anbieter zu überwinden, es sind Zusatznutzen erforder lich, die oft erklärungsbedürftig sind (Nice to have) und im Erfolgsfall werden andere Anbieter angelockt. Bei Ver fol gung und Nach ah mung han delt es sich um ei nen Kopisten. Er schöpft den Markt bei fortgeschrittenem Lebenszyklus mit niedrigen Preisen ab. Dies ist möglich durch geringere FuE-Aufwendungen, Zukauf von Know-how über Finanzkraft, limitiertes Risiko und Nutzung etablierter Standards. Aller dings ist ein Aufbrechen der Geschäftsbeziehungen erforderlich, eigenes Knowhow kann so kaum aufgebaut werden und es entstehen Imagenachteile in der Öffentlichkeit. Zudem bedroht die „Zeitfalle“ den Erfolg (Relation von After Market-Phase zu Pre Market-Phase).
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A. Vertriebskonzept und Controlling
Abb. 29: Schema des Outpacing-Konzepts
Diese Sichtweise der Zeitabfolge ist jedoch statisch. Daher hat es Bemühun gen gegeben, sie zu dynamisieren. Dies erfolgt durch das Outpacing-Konzept (Gilbert / Strebel). Dabei wird angenommen, dass Neuerungen am Markt mit einem geringen wahrgenommenen Produktwert und hohen effektiven Prozess kosten starten. Dies ist keine erfolgversprechende Kombination. Ziel ist viel mehr ein hoher wahrgenommener Produktwert bei niedrigen effektiven Prozess kosten. Fraglich ist, wie der Weg vom Start zum Ziel am schnellsten zurückge legt werden kann, wobei ein Überholen des Wettbewerbs erforderlich ist. Dazu stellen sich im Grundsatz folgende Alternativen (siehe Abb. 29): •• Das präventive Out pacing strebt an, zu nächst eine Kos ten füh rer schaft bei niedrigem akzeptierten Produktwert durch Kostensenkung zu erreichen und danach bei unverändertem Preisvorteil einen Qualitätsvorteil zu erlangen. Problematisch ist dabei die Falle des niedrigen Produktwerts zu beachten, welche die Erreichung einer hohen Qualitätsanmutung behindert, weil hohe Imageremanenz vorherrscht. •• Das proaktive Outpacing strebt an, zunächst eine Leistungsführerschaft bei hohem wahrgenommenen Produktwert durch Qualitätsvorteil zu erreichen und danach bei unveränderter Qualität einen Preisvorteil zu erlangen. Problematisch ist dabei die Falle des hohem Preises, der Märkte limitiert und bei späte ren Preissenkungen Qualitätsminderung nahelegt. Gleiches gilt für ein OverEngineering. Da der Strategiefokus im Zeitablauf wechselt, spricht man von einer hybriden (sukzessiv gebrochenen) Strategie. Untauglich ist hingegen eine unentschiedene Strategie, da diese in der „Mitte“ des Marktes untergeht.
3. Vertriebsstrategie und -modellierung101
Das Hyper Competition-Konzept erweitert diesen Gedanken und sieht meh rere Stadien im Outpacing vor. Die dargestellte Konkurrenz um Kosten- bzw. Leistungsvorteile stellt dabei nur den ersten Frame dar. Unternehmen, die hier nicht mithalten können, scheiden im Folgenden aus. Wer als Erster in der Ziel position ankommt, kann hingegen mit Vorsprung in die zweite Runde starten, in der es um Zeit- bzw. Wissensvorteile geht. In der dritten Runde geht es um eine einzigartige Marktposition (einen Anhaltspunkt dafür gibt das Konzept der „Blue Oceans“ als Positionierung in „Uncontested Markets“ / Kim-Mauborgne). Und in der vierten Runde geht es um den finanziellen Spielraum, d. h. die Fi nanzkraft als großen „Gleichmacher“. 3.4
Strategiebewertung
Für jede der genannten Bestimmungsgrößen ist jeweils eine präferierte Op tion zu wählen, also für das Marktfeld, die Marktwahl, den Konkurrenzvorteil, das Konkurrenzverhalten und die Zeitabfolge. Führt man die fünf Faktoren und ihre jeweiligen Ausprägungen dazu grafisch in Feldern untereinander auf, kön nen die präferierten Optionen miteinander verbunden werden, so dass ein opti sches Strategieprofil entsteht. Dieses kann dann im Querschnittsvergleich mit anderen SGEs oder Wettbewerbern kontrastiert werden oder im Längsschnitt vergleich mit früheren eigenen Profilen. Dies ermöglicht eine gute Kommuni kationsfähigkeit der Ergebnisse, die für die Umsetzung bedeutsam ist. Wahrscheinlich gibt es aber nicht nur ein präferiertes Strategieprofil, sondern zwei oder mehr nebeneinander. Dann stellt sich Frage nach der vergleichenden Bewertung dieser Optionen. Dafür steht eine Reihe von Verfahren zur Verfü gung. Bei der Dominanzprüfung werden die Strategieprofile nach zwei Kriterien in Bezug auf ihre jeweilige Überlegenheit grafisch miteinander bewertet (Paarver gleich). Bei mehr als zwei Strategieoptionen werden fortgesetzte Paarvergleiche vorgenommen. Die Option mit den meisten Vorzugsurteilen ist die beste. Alternativ dazu ist eine Cross Impact-Prüfung möglich, bei welcher der Ver gleich mehrerer Optionen rechnerisch erfolgt. Dabei wird der Einfluss von wahrscheinlichkeitsbasierten, positiven wie negativen Ereignissen auf die un terstellten Ergebnisse der Strategieoptionen analysiert. Es ist die Option zu präferieren, welche die geringste Sensitivität (Anfälligkeit) auf diese Ereignisse aufweist. Sofern es sich um quantitative Werte handelt, kann ein Punktbewertungsver fahren (Scoring) zugrunde gelegt werden (Scoring). Die Werte befinden sich dazu bereits auf metrischem (ratioskalierten) Niveau. Die Option mit dem höchsten Punktwert ist die zu präferierende. Unterstellt werden Vollständigkeit, Redundanzfreiheit, Gleichgewichtigkeit, Objektivität etc. der Kriterien.
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A. Vertriebskonzept und Controlling
Handelt es sich um qualitative Werte, sind diese zunächst in einer Nutz wertanalyse (Value Benefit Analysis) zu quantifizieren und dann zu verrechnen. Die Werte befinden sich zunächst auf ordinalskaliertem Niveau. Zur Verrech nung müssen diese daher durch Bandbreiten, Mindest- oder Höchstwerte quan tifiziert werden. Von mehreren Strategieoptionen ist dann diejenige mit dem höchsten Nutzwert als die beste anzusehen. Sollen bestimmte Kriterien pflichtgemäß erfüllt sein, kann dies in einer Checklist mit evtl. Gewichtung der Kriterien verifiziert werden. Dabei können die Anzahl / das Niveau der Kriterien solange erhöht / gesenkt werden, bis nur die zu präferierende Strategieoption übrigbleibt. Die Größen sind nominalskaliert. Bei Berücksichtigung finanzieller Aspekte bieten sich die Kapitalwertmethode (CAPM als zu erwartender Ertrag relativ zu risikoadjustiertem Mindestniveau) oder Verfahren der dynamischen Investitionsrechnung (z. B. Kapitalwert als Überschuss der zum Zinsatz diskontierten Einzahlungen über die Auszahlungen) an. Am Ende sollte es jedenfalls eine präferierte Strategie geben, die dann in der nächsten Stufe im Rahmen des operativen Managements in den Instrumenten umgesetzt wird. 3.5
Eckpfeiler der Produktbasis im Vertrieb
Als Basis der Strategie hat das Angebot an Sach- und Dienstleistungen (Pro dukte) zu gelten. Ohne deren fundamentale Erdung hängt jede Strategie „in der Luft“. Daher lohnt ein kurzer Blick auf diese Produktbasis. Vor allem lohnt ein Blick auf drei Gestaltungsgrößen, die Neuprodukte, die Bestandsprodukte und das Produktprogramm. Dies wird nachfolgend erläutert. 3.5.1
Neuprodukte
3.5.1.1 Ideenfindung Jede Produkthistorie startet mit einem neuen Produkt. Dies ist die Phase des Launchs. Die Neuheit kann dabei nach drei Dimensionen ausgewiesen werden: •• Nach dem Grad der Innovation unterscheidet man die Marktinnovation als absolute Neuheit oder die Unternehmensinnovation als relative Neuheit, •• nach der Art der Innovation unterscheidet man die Produktinnovation (also ergebnisbezogen) oder die Prozessinnovation (also verfahrensbezogen), •• nach dem Ausmaß der Innovation unterscheidet man die Durchbruchsinnova tion (nennenswerte Neuheit) oder die Detailinnovation (Weiterentwicklung bestehender Produkte). Basis jeder Produktneuheit ist eine Produktidee. Diese kann aus betriebsinter nen Ideenquellen (primär, also originär zu diesem Zweck erhoben oder sekun
3. Vertriebsstrategie und -modellierung103
där, also aus vorliegenden Quellen ausgewertet) stammen oder aus betriebsex ternen Ideenquellen (ebenfalls primär oder sekundär). Im Detail stehen dafür vielfältige Ideenquellen zur Verfügung. Falls dies nicht ausreicht, sind Verfahren zur bewussten Ideengenerierung als Kreativitätstechniken einzusetzen. Dafür stehen im Grundsatz drei Verfahrens gruppen zur Verfügung: •• intuitiv-laterale, insb. Brainstorming, Methode 6 3 5, Synektik und Bionik, hierbei geht es um das für Kreativität vermeintlich typische „freie Spinnen“, •• logisch-diskursive, insb. Morphologischer Kasten und Funktional-Analyse, hierbei geht es um eine analytische Aufbereitung der Ideenfindung, •• systematisch-adaptive, insb. Eigenschaftsliste, Fragenkatalog und Crowdsour cing, hierbei wird von vorhandenem Wissen ausgegangen. Ganz gleich, ob die Ideen aus bes te hen den Quel len stam men oder aus Generierungsverfahren, folgt im Anschluss an die Phase der Ideenfindung die der Ideenauswertung. Vorgenommen werden dabei eine Ideensichtung (Scree ning), d. h. eine erste Beurteilung der Ideen nach ihrer potenziellen Realisier barkeit. Problematisch ist jedoch, dass zunächst „verrückt“ erscheinende Ideen sich posthum als besonders potenzialstark erweisen können. Weiterhin eine Ideenbewertung (Scoring), d. h. eine Rangreihung der verbleibenden Ideen an hand definierter Kriterien. Meist wird dazu ein Punktbewertungsverfahren he rangezogen und mit der punktstärksten Idee im Weiteren begonnen. 3.5.1.2 Forschung und Entwicklung Nun bedeutet eine gefundene Idee aber bei weitem noch kein vermarktbares neues Produkt. Dazwischen liegen diverse Stufen der Umsetzung, vor allem als Forschung und Entwicklung. Ist noch kein spezifisches Wissen um die Produkt idee vorhanden, ist zunächst Grundlagenforschung erforderlich. Darunter ver steht man die Gewinnung neuer wissenschaftlicher oder technischer Erkennt nisse und Erfahrungen, die als solche nur schwer schützbar sind (außer Gen technik) und weit verbreiteter Unterstellung nach nur für Großunternehmen in Frage kommen (wesentliches Argument für Unternehmenskonzentration). Sind grundlegende Erkenntnisse zum Thema bereits vorhanden, bedarf es der angewandten Forschung. Darunter versteht man die Gewinnung und Weiterent wicklung von Wissen und Fähigkeiten zur Lösung praktischer Probleme in der Technik. Ergebnisse sind im Erfolgsfall schützbare Erfindungen. Sind bereits Anwendungsergebnisse vorhanden, bedarf es der Entwicklung zur Nutzung der Erkenntnisse und Erfahrungen für die Anwendung in neuen Produkten oder Prozessen. Genauer können die Stufen einer ersten, noch gene ralistischen Vorentwicklung und der spezifischen Produkt- bzw. Prozessentwick lung unterschieden werden.
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A. Vertriebskonzept und Controlling
Danach erfolgt die Phase der Erprobung, um die Erfüllung von Lastenheft (Anforderungen an ein Produkt / Was) und Pflichtenkatalog (Realisierung dieser Anforderungen / Wie) festzustellen. Sie endet mit einem Handmuster, einem Vor serienexemplar, einem Nullserienprodukt oder dem Serienanlauf. Die Stu fen der Um set zung wer den als For schung und Ent wick lung (FuE) bezeichnet. Als politische Stellgrößen für das FuE-Management kommen vor allem drei in Betracht: •• die FuE-Strategie, diese kann, je nach individueller Innovationsneigung reak tiv, also Market driven / Pull oder proaktiv, also Technology driven / Push aus gelegt sein, •• die FuE-Budgetierung und (Aufbau, Ablauf-)Organisation legen den Umset zungsrahmen für die Aktivitäten durch Zugriff auf spezifische Ressourcen fest, •• das Handling von FuE-Risiken, die im Bereich der Technik, der Kosten, der Zeit oder der Wirtschaftlichkeit liegen, ggf. aber auch Serendipität-Chancen (Zufallsnutzung) umfassen. Nach dem Träger der FuE kann es sich um autonome Eigen-FuE handeln oder um Fremd-FuE, wobei für letzteres ein Trend zur Nutzung von Kernkom petenzen in Forschung und Entwicklung besteht. Dafür ergeben sich folgende Ausprägungen mit jeweiligen Vorteilen und Nachteilen: •• Auftrags-FuE: – Vorteile: Verzicht auf eigene, kostenintensive FuE, Möglichkeit, auf Spe zialgebieten Skaleneffekte zu erzielen, – Nachteile: Gefahr der ungewollten Wissensdiffusion, Entwicklungserfolg ist nicht direkt beeinflussbar, eigene Kernkompetenzen werden partiell aufgegeben. •• Gemeinschafts-FuE: – Vorteile: Know-how- und Kompetenzgewinn bei gleichzeitiger Nutzung von Synergiepotenzialen, Kostenreduktion durch Verkürzung der Ent wicklungszeit, Risikoteilung und Vermeidung von Doppelarbeiten, Aus schöpfung von Größen- und Spezialisierungsvorteilen, besserer Einstieg in neue Technologien, Gestaltung gemeinsamer Normen und Standards, Erleichterung des Marktzugangs durch größere Marktmacht, – Nachteile: Abhängigkeit von Kooperationspartnern, Verlust von Eigen ständigkeit und Flexibilität, hohe Transaktionskosten durch Informations austausch und laufende Koordination, Schwierigkeit bei der Zurechnung von Beiträgen und Ergebnissen, Verlust des eigenen Wissensvorsprungs, falsche Partnerwahl kann zu Imageverlusten führen.
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•• FuE-Ergebnis-Lizenznahme: – Vorteile: Verzicht auf eigene kostenintensive FuE, schnelle und gezielte Beschaffung von Spezialwissen, – Nachteile: nicht jede Wissensübernahme ist möglich, nur begrenzte Nutz barkeit der Schutzrechte, erheblicher Zeitaufwand bis zum Lizenzerhalt, kaum wettbewerbliche Differenzierung durch Exklusivität möglich. Spiegelbildlich ist auch die Lizenzvergabe eigener FuE-Ergebnisse an Dritte möglich. •• FuE-Ergebnis-Kauf: – Vorteile: Verzicht auf eigene kostenintensive FuE, Möglichkeit zum Aus gleich interner Wissensdefizite, – Nachteile: Gefahr der Wissensdiffusion, Abhängigkeit vom Wissensmono pol des anbietenden Innovators, Aufgabe eigener wertschöpfender Aktivi täten. Spiegelbildlich ist auch der Verkauf von FuE-Ergebnissen möglich. In Abhängigkeit von den Größen Beherrschungsgrad und Gegenwartsnähe können absteigend folgende Optionen der Technologieentwicklung unterschie den werden: •• Basis-Technologie, sie ist allgemein verbreitet und bekannt, schafft daher aber keinen Wettbewerbsvorsprung, •• Schlüssel-Technologie, sie bestimmt die gegenwärtige Wettbewerbsfähigkeit, •• Schrittmacher-Technologie, sie bestimmt die zukünftige Wettbewerbsfähig keit, •• Zukunfts-Technologie, sie wird für die ferne Zukunft erfolgsentscheidend sein. Hinsichtlich der Technologieabfolge ist das Phänomen der „Zeitfalle“ anzu treffen, denn die Vorlaufzeiten werden infolge steigender Komplexität immer länger und die Kosten / Risiken immer höher sowie zugleich wird der Vermark tungszeitraum infolge raschen technischen Fortschritts immer kürzer und damit die Amortisationschancen geringer. Abhilfe schaffen hier Techniken wie: •• Simultaneous Engineering, d. h. die Parallelisierung von Arbeitsschritten, die traditionell sequenziell durchlaufen werden, •• Leapfrogging, d. h. die Überspringung einer Vermarktungsgeneration unter Nutzung des dafür gewonnenen Know-hows für die dann übernächste Gene ration, Die Substitutionszeitkurve (McKinsey) besagt dabei, dass ein frühzeitiger Um stieg auf die nächste Produktgeneration kurzfristig mit Nachteilen behaftet ist wie hoher Preis, technisches Risiko etc., aber schon mittelfristig auf ein weitaus höheres Leistungsniveau trägt als das Ausreizen der bestehenden Generation.
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A. Vertriebskonzept und Controlling
Hinsichtlich des technischen Fortschritts ist kritisch eine Technologiefol genabschätzung erforderlich, denn das naive Staunen über Neuerungen ist längst einer kritischen Hinterfragung der Konsequenzen von Veränderungen gewichen. Eine weitere Prüfung ergibt sich hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit einer Neu produkteinführung. Hier geht es vor allem um die Erreichung der liquiditäts-, vollkosten- bzw. gewinnwirksamen Gewinnschwelle und die Ergebnisse einer Investitionsrechnung, statisch als Kosten-, Gewinn-, Amortisations-, Rentabili tätsvergleich oder dynamisch als Kapitalwert-, Annuitäten-, Amortisationszeit-, Interne Zinsfußmethode. 3.5.1.3 Markttest Sind die technischen Voraussetzungen für ein Neuprodukt geschaffen, ist es unbedingt sinnvoll, dieses vor der flächendeckenden Einführung zunächst auf limitierter Basis zu testen. Als Markttest-Verfahren bieten sich dafür vor allem zwei an. Der Regionale Testmarkt nimmt den probeweisen Verkauf auf einem räum lich abgegrenzten Markt mit dem Ziel der Gewinnung von Erkenntnissen über die mutmaßliche Marktgängigkeit eines Produkts bzw. die Wirksamkeit von Vertriebsmaßnahmen vor deren großflächiger Einführung vor. Voraussetzungen sind dabei die Einhaltung der Isomorphiebedingung, d. h. der Gleichartigkeit von Nachfrage, Handel, Wettbewerb und Medien in Bezug auf den späteren Gesamtmarkt sowie dessen Abgrenzbarkeit. Sind diese Voraussetzungen gege ben, ist eine Hochrechnung möglich durch •• die Relation Bevölkerung im Testmarkt zu Bevölkerung im Gesamtmarkt, •• die Relation Kaufkraft bzw. Einkommen in Testmarkt und Gesamtmarkt, •• das Absatzverhältnis der eigenen Absatzmenge zu der des Konkurrenzpro dukts im Testmarkt, •• den langfristigen Marktanteil über wiederkaufende Haushalte im Testmarkt relativ zum Gesamtmarkt. Allerdings entstehen dabei vielfache Probleme wie folgt: •• hohe Kosten für Mediaeinsatz, Produktvorrat, Logistik, mangelnde Geheim haltung, gezielte Störaktionen der Konkurrenz, mangelnde Isolierbarkeit des Markts, kein Kontrollmarkt (EBA-CBA), Übertestung eines geeeigneten Ge biets, regionale Ge- / Verbrauchsabweichungen, bei langen Kaufintervallen nicht möglich. Daher werden bei Konsumgütern verstärkt Testmarktersatzverfahren genutzt, welche die gleiche Aussagefähigkeit wie ein an sich wünschenswerter Regionaler
3. Vertriebsstrategie und -modellierung107
Testmarkt haben, aber dessen Probleme vermeiden. Dafür gibt es mehrere An sätze. •• Eine Testmarktsimulation ist die wirklichkeitsgetreue Nachbildung der Markt realität in Modellform und das Durchspielen der Handlungsoptionen in reali tätsnaher Weise. •• Ein Storetest ist der probeweise Verkauf von neuen / veränderten Produkten unter Einsatz aller / ausgewählter Vermarktungsinstrumente unter weitgehend kontrollierten Bedingungen in einigen / wenigen realen Geschäften, die für den Test angeworben und distribuiert werden (nur Messung der Abverkäufe). •• Ein Mini-Markttest ist ein zweiseitiger Storetest mit Handelspanel und Haus haltspanel.In elektronischer Form gibt es auch den Mikro-Markttest (Haß loch). Danach steht die Entscheidung über die Einführung (Go), eine weitere Über ar bei tung (On) oder den Ver zicht (Drop) auf das Neu pro dukt an. Nach der Einführung bedarf das Produkt der steten Angebotspflege, um sein Potenzial voll auszuschöpfen, es vor Konkurrenzangriffen zu schützen und die Käuferba sis zu stärken. 3.5.1.4 Gewerbliche Schutzrechte Bei (Produkt- / Prozess-Markt-)Neuerungen liegt es im Interesse der Allge meinheit, dem Erfinder eine temporäre Monopolstellung dafür zuzubilligen, damit er die Erträge seiner Erfindung angemessen nutzen kann. Zugleich be zieht sich das Interesse auf eine Auflösung dieser Teilmonopolstellung, um funktionsfähigen Wettbewerb zu sichern. Die Abfolge von Vorstoß und Verfol gung („kreative Zerstörung“ / Schumpeter) sichert den marktlichen Fortschritt. Dazu dienen drei Schutzrechte: •• Das Patent gilt für technische, gewerblich anwendbare Erfindungen als abso lute Neuheit (nicht zum Stand der Technik gehörig) mit entsprechender Er findungshöhe. Die Erteilung erfolgt nach Anmeldung, Prüfung und Offenle gung mit Einspruchsfrist. Die Laufzeit des Patents beträgt einmalig 20 Jahre. •• Das Gebrauchsmuster unterstellt eine geringere Erfindungshöhe. Es wird nach Anmeldung mit nur formeller Prüfung erteilt und hat eine Laufzeit von einmalig 10 Jahren. •• Das Geschmacksmuster bezieht sich auf ästhetische Form- und Farbgebungen, die neu und eigentümlich sein müssen. Die Anmeldung erfolgt nach nur for meller Prüfung und wird für 25 Jahre Laufzeit erteilt. Daneben ist der Markenschutz von hoher Bedeutung. Er ist auf drei Wegen erreichbar:
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A. Vertriebskonzept und Controlling
•• als eingetragene und benutzte Marke in der jeweiligen Schutzklasse des Mar kenregisters beim Deutschen Patent- und Marken-Amt (DPMA) (Registermar ke), •• als nicht eingetragene, aber benutzte Marke wegen Verkehrsgeltung (> 30 % Bekanntheitsgrad in der Zielgruppe) als berühmte Marke, sofern die Marke Verkehrsgeltung erworben hat, d. h. ein erheblicher Teil der Nachfrager die Marke einem bestimmten Absender zutreffend zuordnet (Benutzungsmarke), •• als nicht eingetragene Marke wegen notorischer Bekanntheit (> 60 %) über alle Schutzklassen hinweg, falls eine Marke generisch geworden und damit nicht mehr eintragungsfähig ist (z. B. Tempo, Fön, Nutella, Tesa, Jeep) (Notorietäts marke). Bei Notorietätsmarken ist es entscheidend, sie konsequent durchzuset zen, da sie ansonsten ihren Markenschutz verlieren wie z. B. bei Lotto für Zahlenglücksspiele, Gelbe Seiten für Telefonverzeichnisse oder Post für Post dienstleistungen. Ein Schutz kann durch Warenzeichenhinweis (R oder TM) verdeutlicht werden (z. B. DAX (R)). Das Urheberrecht gilt für eine geistige Schöpfung des Urhebers, dem ein unveräußerliches Veröffentlichungsrecht zusteht, dessen Nutzung er an Verwer ter gegen Entgelt abtreten kann. Eine weitere Besonderheit stellen Arbeitneh mererfindungen dar. 3.5.2
Bestandsprodukte
3.5.2.1 Pflege Von Zeit zu Zeit ist bei Bestandsprodukten eine Produktüberarbeitung erfor derlich. Dafür gibt es verschiedene Ausprägungen. Die Produktaufwertung (Facelift) betrifft nur kleinere Änderungen am Produkt, die sich für eine Auslobung kaum eignen. Die Produktmodifikation (Aktualisierung) betrifft hingegen größere Verände rungen am konstanten Produkt, die auch für Auslobungen geeignet sind. Die Produktvariation (Relaunch) betrifft die Überarbeitung des kompletten Marketing-Mixes, der neu justiert und aktualisiert wird. Dabei wird ein beste hendes Produkt durch ein neuartiges Nachfolgeprodukt abgelöst. Diese Ablö sung kann auf höherem Leistungsniveau (Up Grading) oder niedrigerem Preis niveau (Down Grading) erfolgen. Idealerweise erfolgt der Relaunch im Maxi mum des Produktlebenszyklusses und führt diesen dann durch Gewinnung neuer Käufer bei Erhalt der bestehenden auf ein höheres Niveau. Allerdings erfordert dies aufgrund der langen Vorlaufzeiten eine Planung bereits zu Zeiten progressiv wachsenden Marktes und wird daher praktisch häufig versäumt. Als neue Entwicklung folgt hier die Mass Customization als kundenindividu elle Massenfertigung, d. h. nutzerfreundliche Einzelfertigung der Produkte zu
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Kosten näherungsweise denen der rationellen Massenfertigung mit oder ohne Eingriff in die Produktion. Am Ende des Produktlebenszyklusses ist eine Produktelimination erforder lich. Die Gründe dafür können extern oder intern veranlagt sein, •• extern etwa durch autonomen, gesellschaftlichen oder konkurrenzinduzierten Wandel, Währungs- / Importpolitik, Gesetzesänderung, Verfallszeit, •• intern etwa durch Qualitätsprobleme, schlechtes Preis-Leistungs-Verhältnis, Kostensteigerung, fehlende „Software“, zu frühen / zu späten Launch-Zeit punkt, unzureichende Distribution, Fehleinschätzung des Bedarfs, Preisein bruch, zu wenig Einführungsdruck. Als Entscheidungskriterien dienen etwa die verdrängte Engpass-Deckungs spanne in der Produktion oder negative Verbundeffekte (Kannibalisierung) zu eigenen anderen Produkten. Die Elimination kann jeweils abrupt oder gleitend erfolgen, bei letzterem wiederum mit Ankündigung an die Zielgruppen oder ohne Ankündigung still schweigend. 3.5.2.2 Packung Die Packung ist nicht sinnvoll trennbarer Bestandteil des Produkts, die Ver packung ist vom Produkt abtrennbar, die Umverpackung ist die Verpackung der Verpackung. Der Packung / Verpackung kommen zentrale Funktionen zu. Zu nennen sind vor allem folgende: •• Die Rationalisierung betrifft die Logistikfunktion, also Transportverbesserung, Lagerfähigkeit / Lagerkontrolle, Robustheit und Stapelbarkeit der Packung, die Dimensionierungsfunktion, also Mengenteilung, Gebindegröße, Abfüllungs normierung und Regalflächennutzung sowie die Informationsfunktion, also Warenwirtschaft, Anwendungssphäre und Pflichtangaben betreffend. •• Die Kommunikation betrifft die Präsentationsfunktion, also Anmutung in der Zielgruppe, Differenzierung und Identifizierung, die Verkaufserleichterungs funktion, also Auffälligkeit und Werbeaussage, sowie die Qualitätsauslo bungsfunktion, also Markierung, Herstellerkennzeichnung und Produktbe zeichnung. •• Die Verwendungserleichterungsfunktion betrifft die Dosierung, die Mehrfach nutzung und die Sichtbarkeit des Inhalts. Der Packungsgestaltung (Design) kommt dabei eine wichtige Bedeutung zu. Ebenso bedeutsam sind Entsorgungsansprüche zur Rückführung der verbrauch ten Wertstoffe in den Wertkreislauf.
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A. Vertriebskonzept und Controlling
3.5.2.3 Qualität Qualität ist allgemein die Eignung einer Leistung, Anforderungen gerecht zu werden. Qualität hat als zentraler Erfolgsfaktor zu gelten und ist entscheidend für die Existenz jedes Unternehmens, sie bringt konkrete Kostenvorteile (z. B. Ergebnisse des PIMS-Projekts) und schafft Wettbewerbsvorsprünge. Die Qualität wird im QM-System gesteuert. Basis ist dabei ein Qualitäts-Au dit als Produktaudit, Prozessaudit oder Systemaudit, letzterer in Form der Zer tifizierung nach DIN EN ISO 9000 ff. (9001, aktuell 2015). Diese regelt im Einzelnen die Verantwortung der Leitung, das Management der Ressourcen, die Prozessrealisierung und die Messung / Analyse / Verbesserung der Qualität. Dazu werden vielfältige Instrumente eingesetzt. Einige wichtige von ihnen sind im Folgenden genannt: •• das Quality Function Deployment / QFD, operationalisiert durch das House of Quality / HoQ mit der Umsetzung von kunden- in technikgerichtete Anforde rungen, •• die Fehlervermeidung durch Vorkehrungen wie Poka yoke, Andon, Gemba, Heijunka, Jidoka, Kaizen, Kanban, Muda / Mura / Muri, Seiri / Seiton / Sei so / Seiketsu / Shitsuke, die, wie schon die exotischen Begriffe anzeigen, aus der japanischen Wirtschaft stammen, •• die Fishbone-Analyse als Ursache-Wirkungs-Diagramm für Fehlerquellen durch Mensch, Maschine, Material, Methode, Milieu / Umfeld und Messung, •• die Fehler-Möglichkeits- und -Einfluss-Analyse (FMEA) mit Ausweis einer Risikoprioritätszahl für die Auftrittshäufigkeit eines Fehlers, die Bedeutung der Fehlerfolge und die Wahrscheinlichkeit für das Verborgenbleiben der Feh lerursache, •• die Qualitätsregelkarte durch Stichprobenziehung und Feststellung der grafi schen Streuung um den Mittelwert (Reliabilität eines Verfahrens), •• die Statistische Versuchsplanung mit diversen Verfahren zur Fehlerverringe rung / -vermeidung, •• die Statistische Prozessregelung zur Prozessbeherrschung (Reliabilität) und Prozessfähigkeit (Validität) mit dem Ziel der Six Sigma-Qualität, •• der Qualitätskreislauf (PDCA) aus Planung, versuchsweiser Umsetzung, Er gebnismessung und Einführung von Qualitätsverbesserungen, •• die Rule of Ten-Methode, die Präventionskosten (Fehlervermeidung), Prüf kosten (Produktion), interne Fehlerkosten (Korrektur) und externe Fehlerkos ten (Kunde) unterscheidet. Entstehen dennoch Qualitätsmängel gelten zum Schutz eine gesetzliche Ge währleistung oder vertragliche Garantie. Hinzu treten Rechtsgrundlagen der Produzentenhaftung und der Produkthaftung.
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Eine Produzentenhaftung entsteht aus § 823 BGB und setzt Verschulden des Anspruchsgegners (deliktisch) voraus. Sie gilt nur gegenüber dem Vertragspart ner. Dabei herrscht jedoch eine Beweislastumkehr, da der Geschädigte selbst wenig Einsicht in den Betrieb des Schädigers haben und daher kaum darlegen kann, dass dieser tatsächlich keine Verkehrsicherungspflicht verletzt hat. Die Verkehrspflicht besagt, dass derjenige, der eine Gefahr in Verkehr bringt, zur Haftung herangezogen werden kann, wenn er nicht alle notwendigen und zu mutbaren Vorkehrungen zur Vermeidung von Schäden anderer unternommen hat. Dieser Nachweis ist jedoch für Geschädigte nicht zumutbar. Der Geschä digte hat aber zu beweisen, dass ein Produktfehler vorliegt. Anspruchsgrundlage ist eine Rechtsgutverletzung, hier an Leben, Körper, Gesundheit (immateriell) und am Eigentum (materiell) eines anderen. Das fehlerhafte Produkt muss in verkehrgebracht worden sein, der Fehler muss ursächlich für den Schaden sein (Kausalität), das Handeln des Schädigers muss rechtswidrig sein (z. B. durch Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft oder arglistiges Verschweigen), es muss ein Verschulden seinerseits vorliegen, wobei der Hersteller sich entlasten muss, sofern er dies bestreitet. Die Rechtsfolge ist ein Schadensersatzanspruch. Her steller ist das Unternehmen selbst, es kann sich aber auch um verantwortliche Mitarbeiter dort handeln. Bei Mitverschulden des Geschädigten haftet der Her steller nur mit seinem Verschuldensanteil. Bei Fehlern handelt es sich im Ein zelnen um Konstruktionsfehler, diese betreffen eine Produktserie / ein ganzes Los, um Fabrikationsfehler, diese betreffen Produktionsverfahren und haften nur einzelnen Produkten an, keine Haftung besteht jedoch für Ausreißer, die trotz zumutbarer Vorkehrungen unvermeidbar sind, um Instruktionsfehler, diese ent stehen vermeidbar durch fehlende Warnhinweise o. Ä., z. B. in der Gebrauchs anleitung sowie um Produktbeobachtungsfehler, diese führen zum Rückruf nach ProdSG. Der Anspruch erlischt nach drei Jahren. Es gibt keine Höchstgrenze und keine Selbstbeteiligung. Das Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) greift, wenn ein Produkt durch Mängel oder Fehlfunktionen ein über das akzeptable Maß hinaus deutlich erhöhtes Risiko aufweist, dass Verbraucher / Anwender oder Sachen in deren Umfeld zu Schaden kommen können. Es soll private Endabnehmer vor unsicheren Produkten schützen, wenn es wie nach Herstellerangaben vorgesehen oder wie marktüblich verwendet wird. Häufige Gründe für Produktrückrufe sind immer komplexere Elektronik, Kostendruck auf Zulieferer, beschleunigte Entwicklung, Plattformkon zept, längere Lebensdauer, steigender Arbeitsdruck etc. Der Rückruf erfolgt in Massenmedien, meist auf Basis eines angebotenen Umtauschs. Er ist nicht immer zwingend, der Hersteller kann ggf. auch einen Vergleich zu erwartender Rückruf kos ten mit möglichen Schadensersatzforderungen vornehmen. Diese Schäden können wiederum von ihm haftpflichtversichert werden. Jedoch wird ein Rückruf wegen des drohenden Vertrauensschadens oft präferiert. Generell muss die Gefahr schnell, wirksam und zuverlässig beseitigt werden. Die Durchführung ist abhängig von der Bestimmung der Gefahrenklasse, dreifach abgestuft in gesetz
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A. Vertriebskonzept und Controlling
lich zwingend, im Ermessen des Herstellers liegend, dann aber verantwortlich, oder frei wil lig. Der Rück ruf kann of fen, ver deckt mit an de rem Grund, still schweigend oder auch fingiert ohne Grund erfolgen. Bei Gefahr für Gesundheit und Sicherheit von Menschen müssen Hersteller jedoch einen Rückruf einleiten und auch die zuständigen Behörden dazu informieren (z. B. Bundesamt für Verbraucherschutz). Automobilhersteller müssen das Kraftfahr-Bundesamt einschalten. Die Behörden können ihrerseits Maßnahmen anordnen. Die Produkthaftung gilt neben den allgemeinen deliktischen Anspruchsgrund lagen (s. o.), ein vertraglicher Ausschluss der Haftung ist unwirksam. Das Gesetz schützt als Rechtsgüter Leben, Körper und Gesundheit sowie Eigentumsschäden an anderen Sachen als dem fehlerhaften Produkt (Mangelfolgeschäden). Es besteht kein Schutz bei sog. Weiterfresserschäden von Teilen im selben Produkt. Das Gesetz gilt nicht für Sachschäden im gewerblichen Bereich, sondern nur privat. Dafür entsteht der Anspruch gegenüber jedermann. Es entsteht keine Haf tung für Vermögensschäden. Als Produkt gilt eine industriell oder handwerklich hergestellte, bewegliche Sache (incl. Elektrizität), wobei dazu keine Massenferti gung erforderlich ist. Fehlerhaft bedeutet konkret, dass Konstruktion, Fabrikation und Instruktion nicht die Sicherheit bieten, die erwartet werden kann. Die Erwar tung wiederum ist abhängig vom Produktpreis, der herstellerseitigen Werbe auslobung, dem bestimmungsgemäßen bzw. einem vorhersehbaren, nicht-bestim mungsgemäßen Gebrauch sowie von der Expertise der Nutzer (Laie / Fachmann). Das Produkt muss dabei dem Stand von Wissenschaft und Technik zum Zeit punkt des Inverkehrbringens entsprechen. Dabei wird auch eine Haftung für Aus reißer begründet, also fehlerhafte Produkte, die trotz zumutbarer Sorgfalt den Betrieb verlassen haben. Der Fehler muss kausal für die eingetretene Rechtsgut verletzung sein, diese Kausalität hat der Geschädigte nachzuweisen. Hersteller des Produkts ist, wer als Unternehmer das Produkt / die Zulieferung / den Grundstoff hergestellt hat, er haftet aus Mitverschulden, jedoch nur mit seinen Wert schöpfungsanteil. Hersteller sind aber auch Quasi-Hersteller, die ihren Namen / ihr Zeichen auf der Ware anbringen (OEM), Importeure aus Nicht-EWR-Staaten und Lieferanten, sofern der Hersteller nicht ausfindig zu machen ist. Die Herstellerar ten haften nebeneinander als Gesamtschuldner. Eine Haftung bleibt ausgeschlos sen, wenn der Hersteller das Produkt nicht willentlich in Verkehr gebracht hat, wenn das Produkt zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens noch nicht fehlerhaft war, wenn die Herstellung nicht für Gewinnerzielungszwecke erfolgt ist, wenn das Produkt zwingenden, konkreten Rechtsvorschriften entsprach, wenn das Pro dukt zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprach (State of the Art) oder ein Zulieferer nach Vorgaben des ver bindlichen Endherstellers gehandelt hat. Die Beweislast für die Ausschlussgründe liegt beim Hersteller. Produkthaftung schafft grundsätzlich Schadensersatzan spruch, es besteht eine Selbstbeteiligung von 500 €, für Körperschäden liegt die Haf tungs höchst gren ze bei 85 Mio. €. Der Anspruch ver jährt drei Jah re nach Kennenmüssen des Fehlers bzw. zehn Jahre nach Inverkehrbringen.
3.5.3
3. Vertriebsstrategie und -modellierung113
Produktprogramm
Das Programm umfasst die Gesamtheit der von einem Unternehmen angebo tenen Produkte. Es kann in drei Dimensionen gestaltet werden, Programmbreite, Programmtiefe, Programmstruktur und Programmform (siehe Abb. 30).
Abb. 30: Programmgestaltung
114
A. Vertriebskonzept und Controlling
Erstens bezieht sich die Gestaltung der Programmbreite auf die Programm diversifizierung oder die Programmunifizierung. Erstere bedeutet die Erhöhung der Anzahl verschiedenartiger Produkte in einem Programm, letztere eine Ver ringerung, ohne dass damit Einproduktunternehmen erreicht würden. Programmdiversifizierung entspricht einem Postulat der 1980er Jahre (bei spielgebend: General Electric). Die Idee bestand darin, viele, auch unterneh mensneue Produkte auf vielen, auch unternehmensneuen Märkten anzubieten, um Gewinnmöglichkeiten möglichst umfassend abgreifen zu können. GE galt so zwischenzeitlich als das wertvollste Unternehmen überhaupt. Als weiteres Plus wurde die Chance zu einem möglichst weitgehenden Risikoausgleich ge sehen. Dabei werden zwei Stufen der Diversifikation unterschieden: •• Homogene Diversifikation bedeutet die Zusammenfassung zumindest artähn licher Produkte und / oder stufengleicher Märkte in einem gemeinsamen Pro gramm. Zentrale Absicht ist dabei die Nutzung von Synergien, was zumindest maßvoll durchaus akzeptabel ist. •• Heterogene Diversifikation bedeutet die Zusammenfassung mehr oder minder verschiedener Produkte und auch stufenverschiedener Märkte in einem ge meinsamen Programm. Abgestuft kann in eine mediale, diagonale, laterale oder konglomerale Fassung unterschieden werden, mit aufsteigendem Grad der Verschiedenartigkeit. Zentrales Ziel ist dabei der Transfer überlegener Managementfähigkeiten. Diese Entwicklung hat sich angesichts restriktiver, hoch kompetitiver Märkte ins Gegenteil verkehrt. (Heterogen) diversifizierte Unternehmen werden an den Kapitalmärkten mit einem Wertabschlag versehen und Programme folglich auf gespalten (z. B. General Electric, Bayer, Siemens), weil unvermeidliche Kom plexitätskosten und Fehlleistungen dazu führen, dass die Teilprogramme in der Summe werthaltiger sind als das Gesamtprogramm, was aggressive Kapitalan leger verständlicherweise ungern sehen. Insofern besteht heute ein Trend in Richtung der Programmunifizierung. Das Ge gen teil dazu ist die Programmunifizierung als Kür zung des Pro gramms um Produktsparten, Produktgruppen, Produktfamilien oder Einzelpro dukte. Gründe hierfür sind vor allem die Vermeidung von Komplexitätskosten und die bessere Kernkompetenznutzung. Dies führt jedoch nicht zu Einprodukt unternehmen, sondern zu stärker spezialisierten Programmen. Zweitens bezieht sich die Gestaltung der Programmtiefe auf die Programm differenzierung oder die Programmstandardisierung. Eine Programmdifferenzie rung (auch unzutreffend Produktdifferenzierung genannt) bedeutet die Erweite rung des Programms als Anzahl verschiedener Ausprägungen eines Produkts. Ziele sind dabei im Einzelnen die Preisabschöpfung (Einbehalt einer Nachfra gerrente) und die Mengenausweitung (Nutzung der Kostendegression). Möglich wird dies durch Produktionstechniken wie Modulfertigung, Plattformprinzip, Postponement etc. Insofern liegt dies durchaus im Trend.
3. Vertriebsstrategie und -modellierung115
Durch Programmdifferenzierung entstehen verschiedene Produktversionen innerhalb einer Produktlinie in Bezug auf Person, Sache, Zeit, Raum, Ausfüh rung, Menge, ohne dass daraus bereits ein neues Produkt entsteht. Die Kriterien können einzeln oder simultan erfüllt werden, freilich sind die Übergänge dabei fließend. Die Programmbreite bleibt also gleich, die Programmtiefe jedoch er höht sich. Eine Produktlinie besteht dabei aus verwandten, art- und verwendungsglei chen Produkten (z. B. Limousine, Coupé, Cabrio, Kombi der MB C-Klasse). Diese Produkte gibt es wiederum in voneinander abgehobenen Versionen (z. B. je nach Ausstattung, Motorisierung, Leistung). Daraus ergibt sich die Pro grammdifferenzierung. Eine kombinierte Differenzierung bedeutet, dass diese Versionen im Markt nebeneinander angeboten werden (Produkt- und Marktdifferenzierung), d. h., im Markt sind nebeneinander differenzierte Versionen eines Produkts erhältlich. Eine einfache Differenzierung bedeutet, dass diese Versionen im Markt einzeln angeboten werden (nur Produkt-, aber keine Marktdifferenzierung), d. h., im Markt ist jeweils nur eine Version erhältlich, im Programm befinden sich aber mehrere Versionen für verschiedene Markträume und Zeitabschnitte. Bei der kombinierten Programmdifferenzierung liegt eine solche •• nach der Person vor, wenn kundenindividuelle bzw. kundengruppenspezifi sche Versionen eines Grundprodukts angeboten werden, dies ist durch moder ne Fertigungsmethoden gut darstellbar und im Industriegütergeschäft ohnehin gang und gäbe, •• nach der Sache vor, wenn zwei oder mehr Leistungsabstufungen / Funktiona litäten eines Produkts zeit- und raumgleich am Markt angeboten werden, dies ist durchaus typisch für Anbieterprogramme (z. B. technische Gebrauchsgüter in Motorisierung, Schleudertouren, Saugkraft, Akkulaufzeit), •• nach Zusatzausstattungen vor, wenn jede Produktversion in der Sache ange passt werden kann, so dass praktisch individuelle Produkte entstehen, dann geht die sachliche Differenzierung im Ergebnis in eine persönliche über. Bei der einfachen Programmdifferenzierung liegt eine solche •• nach der Zeit vor, wenn innerhalb einer kürzeren Angebotsfrist wechselweise zwei oder mehr voneinander abgehobene Versionen eines Produkts angeboten werden, z. B. Saisonaufmachungen, •• nach dem Raum vor, wenn in verschiedenen Vertriebsgebieten voneinander abweichende Versionen eines Produkts angeboten werden, dies ist üblich im Internationalen Marketing, um sich den Besonderheiten der jeweiligen Märk te anzupassen, z. B. aufgrund ihrer Kultur, •• nach raum-zeitlicher Situation vor, wenn Produktversionen nur punktuell an geboten werden, z. B. als einmalige (Limited Editions) oder sich wiederholen de Sonderserien (Aktionen), dies unterstützt die Aktualität der Produkte.
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A. Vertriebskonzept und Controlling
Eine vertikale Produktdifferenzierung erfolgt nur in Bezug auf die Darrei chungsform als Line Extensions, so •• nach der Ausführung, wenn zwei oder mehr verschiedene Wertigkeiten eines Produkts angeboten werden, z. B. in Bezug auf Material, Farbe, Oberfläche, Geschmack, Geruch, •• nach der Menge, wenn identische oder verwandte Produkte in verschiedenen Abgabemengen (Gebindegrößen) offeriert werden. Im Regelfall ist mit der Produkt- zugleich auch eine Preisdifferenzierung ge geben, so dass sich daraus eine Angebotsdifferenzierung (Versioning) ergibt. Das Gegenteil dazu ist die Programmstandardisierung als Verringerung der Anzahl verschiedener Ausprägungen eines Produkts im Programm. Dies ist nur ausnahmsweise zu beobachten und widerspricht dem Trend der Märkte zur In dividualisierung. Beispiele finden sich etwa im Handel bei Discounters, aber auch bei wenig nachgefragten Produktlinien, häufig kurz vor der Eliminierung oder aufgrund von Normen eng spezifizierten Produkten. Die Programmbreite und -tiefe ergeben gemeinsam die Programmmächtigkeit. Dabei ist ein Trend zur Verringerung der Programmbreite bei gleichzeitiger Erhö hung der Programmtiefe zu konstatieren. Das Programm eines Unternehmens wird damit tendenziell homogener. Wobei dies auch zustande kommt, weil hete rogene Unternehmen fortschreitend in konzentrisch organisierte aufgespalten werden, deren Programm also enger wird (z. B. Siemens zu Epcos, Infineon, Os ram, Healtheneers, Gamesa, Alstrom). Sowie durch technische Möglichkeiten zur Produktionsanpassung (Push) und marktliche Forderungen nach Individualisie rung (Pull). Drittens ist eine Gestaltung der Programmstruktur möglich. Dabei wird zwi schen Produktionsprogramm einerseits und Vertriebsprogramm andererseits unterschieden (siehe Abb. 31). Beide können übereinstimmen oder voneinander
Abb. 31: Programmstruktur
3. Vertriebsstrategie und -modellierung117
Markenprogramm Lizenzmarken
Eigenmarken Eigenprodukte
OEM-Produkte
Produktprogramm Abb. 32: Programmform
abweichen, bei Handelsware befinden sich Produkte im Vertriebsprogramm, nicht aber im Produktionsprogramm, bei Zulieferungen befinden sich Produkte im Produktionsprogramm, nicht aber im Vertriebsprogramm. Die Wahl hängt ab von der Wertschöpfungsspanne in der Branche bzw. von der Fertigungstiefe im Unternehmen. Handelsware wird verkauft, weil vor allem nachfragemächtige Abnehmer ein komplettes Angebot von ihren Lieferanten erwarten. Dies entspricht dem Trend zum Single Sourcing, das nachfragerseitig vor allem zur Einsparung von Prozess Programmform kosten dient. Daraus folgt insofern Kundenbindung, auch wenn in der Abwick lung nennenswerte Komplexitätskosten anfallen. Dies gilt generell auch, wenn ein Zukauf leistungsfähiger bzw. kostengünstiger ist als eine Selbsterstellung. Viertens ist an die Gestaltung der Programmform zu denken. Auch dabei ist zwischen dem Marken- und dem Produktprogramm zu unterscheiden (siehe Abb. 32). Zu ersterem gehören die unter eigenem Absender vermarkteten Pro dukte sowie die in Lizenz vermarkteten Produkte unter fremder Marke. Dabei will der Lizenzgeber sein Markenimage monetarisieren. Zu letzterem gehören neben den einstufig vertriebenen, eigenen Produkten auch solche ohne eigene Marke (Original Equipment Manufacturing), die mehrstufig an Dritte abgegeben und von diesen dann mit deren Marke versehen werden. Dies bietet sich immer an, wenn deren Reputation für ein Produkt als höher eingeschätzt wird als die eigene. OEM-Ware wird vor allem hergestellt, um vorhandene Kapazitäten auszulas ten. Dabei wird in Kauf genommen, dass die Leistungen, deren Bestandteil die OEM-Ware wird, den eigenen Produkten am Markt Konkurrenz machen. Aber der erhöhte Durchsatz führt zu fortgeschrittener Kostendegression nicht nur für die OEM-Ware, sondern auch für die im Vertriebsprogramm angebotenen eige nen Produkte. Insofern ist abzuwägen, ob diese Kosteneinsparung höher wiegt als die Kannibalisierung oder nicht.
118
4.
A. Vertriebskonzept und Controlling
Vertriebsorganisation und -abläufe
Das Unterkapitel „Vertriebsorganisation und -abläufe“ beschäftigt sich mit der strukturellen und prozessualen Einbettung des Vertriebs im Unternehmen. Dazu werden zunächst mögliche Organisationseinteilungen vorgestellt und dis kutiert (4.1). Darauf werden sie spezifischen Ausprägungen des Vertriebs in der Dimension der Verrichtung (4.2), in der Dimension der Konfiguration (4.3) und in der Dimension der Koordination (4.4) erläutert und auch bewertet. Kurz wird auf Hybride Organisationsformen eingegangen (4.5), bevor der In halt sich dann der immer wichtigeren Ablauforganisation (4.6) und ihren Stell größen widmet. Leser kennen nach Durchsicht dieses Unterkapitels die Organisationseintei lungen und -dimensionen. Sie wissen um die Bedeutung der Prozessorganisa tion für funktionsfähige Vertriebsabläufe. Und sie können diese Erkenntnisse anhand eigener oder fremder Unternehmensdispositionen umsetzen. 4.1
Organisationseinteilung
Zur Organisationseinteilung gehören so praktische Dinge wie die zu gestal tenden Aufgaben, die Stellen, die damit im Einzelnen befasst sind in ihrer Stel lenbeschreibung, ihrer aufbauorganisatorischen Struktur, grafisch als Organigramm, sowie ihrer Leitungstiefe und -spanne. Diese Elemente werden im Nachfolgenden veranschaulicht. 4.1.1
Aufgabengestaltung
Für den Begriff „Organisation“ gibt es drei Interpretationsansätze: •• Der funktionale Organisationsbegriff versteht Organisation als zielgerichtete Tätigkeit zur Schaffung von Strukturen (das Unternehmen wird organisiert), es geht also um die Tätigkeit des Organisierens. •• Der institutionale Organisationsbegriff versteht Organisation als zielgerichte tes, sozio-technisches System mit einer formalen Struktur (das Unternehmen ist dabei eine Organisation). •• Der instrumentale Organisationsbegriff versteht Organisation als Instrument der Ordnung eines Unternehmens zur Zielerreichung (das Unternehmen hat demnach eine Organisation). Bei Elementen, die Gegenstand der Organisation sind, handelt es sich um folgende: •• Aufgaben, die im Unternehmen zu erledigen sind, •• Aufgabenträger, die diese Erledigung übernehmen,
4. Vertriebsorganisation und -abläufe119
•• Sachmittel, die diese bei der Erledigung unterstützen, •• Informationen, die zur Erledigung erforderlich sind. Eine Aufgabe ist allgemein eine dauerhafte Verpflichtung des Mitarbeiters, bestimmte Handlungen auszuführen, um ein vorab definiertes Ziel zu erreichen. Die Aufgabengestaltung erfolgt in den Phasen Aufgabenanalyse und Aufgaben synthese. Jede Aufgabe ist allgemein durch fünf Merkmale gekennzeichnet, die in der Aufgabenanalyse ermittelt werden: •• Verrichtung, d. h. welche Aktivitäten werden im Einzelnen vorgenommen, •• Objekt, d. h. an welchem Gegenstand werden diese Aktivitäten vorgenommen, •• Rang, d. h. handelt es sich um überwiegend ausführende oder überwiegend entscheidende Aktivitäten, •• Phase, d. h. handelt es sich um Planungs-, Realisations- oder Kontrollaufga ben, •• Zweckbeziehung, d. h. handelt es sich um primäre Aktivitäten (Nutzleistung) oder sekundäre Aktivitäten (Stützleistung). Nachdem alle Aufgaben auf diese Weise analysiert worden sind, gilt es in der nächsten Stufe, sie zusammen zu führen. Dies erfolgt in der Aufgabensynthese. Die Aufgabensynthese betrifft die organisatorische Integration der Aufgaben durch ihre Zentralisation (Konzentration auf eine Stelle) oder Dezentralisation (Verteilung an verschiedene Stellen). Eine Stelle ist dabei die kleinste, selbstständig handelnde organisatorische Einheit. Mehrere Stellen können zu Abteilungen zusammengefasst werden. Stel len lassen sich vielfach differenzieren, so etwa nach der •• Art der Aufgabenträger in Form von Menschen, Maschinen oder Mensch-Ma schine-Kombinationen, •• Anzahl der Aufgabenträger in Singular- / Einpersonen- oder Plural- / Mehrper sonenstellen, •• Entscheidungsbefugnis in Leitungsstellen (Instanzen) oder Ausführungsstellen ohne Entscheidungs- und Weisungsbefugnis. Ziel ist die Zusammenfassung von Aufgaben in einer Stelle, und zwar als •• gemeinsame Verrichtung (z. B. Gesamtbuchhaltung), •• gemeinsames Objekt (Produkt, Gebiet, Kunde), •• ganzheitliche Entscheidung (Führungsaufgaben), •• Planung und Kontrolle, •• Sekundäraktivität (Administration),
120
A. Vertriebskonzept und Controlling
•• Sachausstattung wie Betriebsmittel oder Werkstoffe (z. B. IT-Abteilung), •• Raum als lokale Zuordnung (z. B. Betriebsstandorte), •• Zeit als temporale Zuordnung (z. B. Projekt), •• Prozess (z. B. Auftragsbearbeitung), •• Person (Aufgabenträger der Aktivitäten). 4.1.2
Stellenbildung
Die Zentralisation von Aufgaben führt zur Stellenbildung. Instanzen sind da bei Stellen mit fachlicher und disziplinarischer Weisungsbefugnis (beides kann auseinanderfallen). Sie können nach ihren dispositiven bzw. exekutiven Anteilen am oberen Ende (Top-Management), in der Mitte (Middle Management) oder am unteren Ende (Lower Management) der Hierarchie angeordnet sein. Instan zen koordinieren Aufgaben durch persönliche Weisung oder technokratisch über Programme und Pläne. Ihre Kennzeichen sind Richtlinienkompetenz und Rechte in Bezug auf Initiative, Entscheidung, Weisung und Kontrolle. Dies betrifft so wohl die Verantwortung für eigene Verfügungen als auch die für unterstellte, fremde Verfügungen. Die persönliche Weisung entspricht häufig einer situativen Führung. Als Vorteile persönlicher Weisung gelten vor allem die leichte Gestaltbarkeit als situative Anpassung und die schnelle ad hoc-Einsetzbarkeit. Als Nachteile sind die potenzielle Überlastung der Instanz, das Erfordernis hoher Qualifika tion, der Kommunikationsüberschuss und Akzeptanzprobleme bei fehlendem Talent anzusehen. Alternativ dazu sind Programme (Wenn … dann-Verknüpfungen) denkbar. Ihre Vorteile sind geringer Abstimmungsbedarf, Entlastung der Leitungsspitze, Trennung von Sach- und Personenaspekten, verbesserte Entscheidungsqualität und mutmaßlich allgemein höhere Effizienz. Als Nachteile sind hingegen ihre Bürokratisierungstendenz, eine mangelnde Flexibilität, die unzweckmäßige Anwendung und der Rückgang der Eigeniniti ative anzusehen. Instanzen werden ggf. durch Leitungshilfsstellen unterstützt (Stab, Assistenz etc.), die ihnen zuarbeiten. Die Leitung kann auch durch Personengruppen wahrgenommen werden (Gremien, Kollegien, Ausschüsse etc.). Die Darstellung der Aufbauorganisation findet verbal als Stellenbeschreibung, grafisch durch Organigramm oder formalisiert über Symbolik statt. Die Stellenbeschreibung enthält zumeist folgende wesentlichen Inhalte: •• Allgemeine Informationen wie Stellenbezeichnung, Aufgabenbereich, organi satorische Einordnung, Vollmachten, Entlohnungsgruppe etc.,
4. Vertriebsorganisation und -abläufe121
•• Instanzangaben mit Über- und Unterstellung, aktiver und passiver Stellvertre tung, fachlicher und disziplinarischer Zuständigkeit etc., •• exakte Zielsetzung der Stelle, •• Aufgabenbild mit Handlungs- und Entscheidungsspielräumen, überschlägigen Anteilen der Teilaufgaben, erfolgskritischen Arbeitsinhalten etc., •• Kommunikationsbild mit Koordinations-, Beratungs-, Informations- und Be richtsaspekten, •• Leistungsbild mit Qualifikation, Fach-, Methoden-, Sozial- und Individual kompetenzen. Stellenbeschreibungen sind personenunabhängig zu bestimmen. Es entspricht einem häufigen praktischen Fehler, Stellenbeschreibungen um bestimmte Mitar beiter herum zu definieren. Doch fallen diese Mitarbeiter aus irgendeinem Grund dann später aus, wird es kaum gelingen, einen Nachfolger mit exakt demselben Leistungsprofil zu finden. Das bedeutet, dass deswegen die Stellenbeschreibung modifiziert werden muss. Da Stellenbeschreibungen sich aber wie Puzzleteile er gänzen, bedeutet die Veränderung einer Stellenbeschreibung im Regelfall auch die Veränderung anderer, so dass bei jedem Personenwechsel Anpassungen erfor derlich werden, was zu einer steten Unruhe in der Organisation führt. Bei Führungsstellen wird auf eine Stellenbeschreibung oft verzichtet. Als Ar gument wird dazu angeführt, dass die Aufgaben dort zu komplex und kompli ziert seien, um sie in Stellenbeschreibungen zu normieren. Doch bei Manage mentquerelen ist nicht selten der Anlass, dass das, was der Manager als Aufgabe verstanden hat und machen möchte, nicht dem entspricht, was das Unternehmen als Aufgabe zu besetzen hat. Daraus entstehen teure Missverständnisse. Zur einfachen Erfassung bietet sich eine Formularlösung an. Für professio nelle Arbeit sind Formulare eine unerlässliche Hilfe. Man gerät als Mitarbeiter leicht in Verruf, „beamtig“ zu sein, wenn man diese einsetzt. Doch geeignete For mu la re stel len si cher, dass man an al les ge dacht hat und die schrift li che Form schafft zudem eine hohe Verbindlichkeit. Zweckmäßig ist auch die Ver wendung vereinbarter Symbole. Das Organigramm ist die gra fi sche Dar stel lung der Über- und Un ter ord nungsverhältnisse in der Aufbauorganisation sowie der organisatorischen Struk turierung. Daraus ergeben sich Weisungs- und Berichtsbeziehungen, Leitungs spannen und -tiefen, die Verteilung der Aufgaben und Zuständigkeiten sowie die Einordnung von Leitungshilfsstellen (angelegt als vertikale / horizontale Pyrami den, Säulen, Blöcke etc.). Dies ermöglicht einen raschen Überblick. Als Hierarchiestufen ergeben sich zumeist folgende: •• Geschäftsführung / Gesamtvorstand, •• Bereichsvorstand Vertrieb und Marketing,
122
A. Vertriebskonzept und Controlling
•• Bereichsleitung Vertrieb, •• Hauptabteilungsleitung Vertrieb, •• Abteilungsleitung Verkauf, •• Sachgebietsleitung Objektgruppenverkauf, •• Sachbearbeitung Objektlinienverkauf, •• Vertriebsassistenz (Innendienst). In neuerer Zeit hat sich die Leitungstiefe erheblich verringert (Lean Manage ment). Dies hängt einerseits an dem Erfordernis zur Reduktion der Overheads (Gemeinkosten für nicht-wertschöpfende Tätigkeiten), andererseits an der Infor mationsfilterung und -verzerrung über mehrere Hierarchiestufen hinweg. Dies ist sowohl Top down problematisch, wenn dadurch die Einheit der Leitung gefähr det wird, als auch Bottom up, da davon auszugehen ist, dass die Mitarbeiter an der Basis den besten Einblick in konkrete Sachverhalte haben. Im Gegenzug ver breitert sich die Leitungsspanne, d. h. einander gleichberechtigte, untergeordnete Personen bzw. Gruppen mit vergleichsweise hoher, relativer Autonomie. Nachdem die Stelle abstrakt beschrieben worden ist, wird es erforderlich, dafür die bestgeeignete (personelle) Besetzung zu finden. Dafür stehen interne und externe Beschaffungsquellen zur Verfügung. Entspricht das Profil des ge planten Stelleninhabers nicht den Anforderungen, kann durch Personalentwick lung über Wissensschulung und Verhaltenstraining eingewirkt werden. Alterna tiv, wenngleich problematisch ist auch ein Neuzuschnitt der Stelle denkbar. Unter Aufbauorganisation versteht man die sachliche und logische Aufteilung einer Gesamtaufgabe in Teilaufgaben und deren Zusammenfassung in Organi sationseinheiten zur Erfüllung der Unternehmensziele. Die Aufgabenzuordnung hängt von den Kompetenzen des jeweiligen Stelleninhabers ab, dabei handelt es sich im Einzelnen um: •• Wissen (bezogen auf bestimmte Tätigkeiten oder allgemein) als Fachkompe tenz, •• Können (manuelle oder geistige Fertigkeiten) als Methodenkompetenz, •• Verhalten (interpersonell) als Sozialkompetenz, •• Verantwortung (motivational) als Individualkompetenz. Methoden-, Sozial- und Individualkompetenzen werden auch als Schlüssel qualifikationen bezeichnet. Dies ist klar zu unterscheiden von formalen Kom petenzen in Bezug auf Informationen, Verfügungen, Verpflichtungen, Entschei dungen, Weisungen, Kontrollen, Anträge, Ausführungen etc. Die Aufbauorganisation im Vertrieb kann nach den Dimensionen Spezialisie rung, Konfiguration und Koordination eingeteilt werden. Jeweils ergeben sich dabei Unterformen, die spezifische Vor- und Nachteile aufweisen, die im Fol genden erläutert werden.
4. Vertriebsorganisation und -abläufe123
4.2
Verrichtungsorganisation im Vertrieb
Die Vertriebsorganisation folgt im Kern dem Prinzip der Verrichtung ab der zwei ten Ebe ne (bzw. auf der zwei ten Ebe ne, weil auf den wei te ren Ebe nen wieder andere Organisationsprinzipien angewandt werden können) (siehe Abb. 33). Um zu einer Evaluierung zu gelangen, ist es zweckmäßig, die Vorund Nachteile der Verrichtungsorganisation im Vertrieb zu betrachten. Die Vorteile liegen vor allem in folgenden Aspekten. Es besteht die Möglich keit zur Einstellung und Beschäftigung hoch spezialisierter Mitarbeiter in allen Funktionsbereichen. Durch ihre Funktionsspezialisierung vereinigen diese Mit arbeiter ein hohes Maß an Kompetenz und tragen damit zu einem insgesamt hohen Niveau der Tätigkeitserfüllung bei. Damit ist mutmaßlich eine höhere Qualität der Leistungserfüllung verbunden. Es ergibt sich eine verbesserte Pla nung und Problemlösung. Denn die spezialisierten Mitarbeiter können ihren Vorstand BL Vertrieb
HAL Vertriebsservices
BL Produktion
HAL Vertriebsplanung
HAL Vertriebsumsetzung
AL Vertrieb Asien/ Pazifik
AL Vertrieb Europa/ Afrika
BL Finanzen
AL Vertrieb Amerika
BL = Bereichsleitung, HAL = Hauptabteilungsleitung, AL = Abteilungsleitung Abb. 33: Schema der Verrichtungsorganisation im Vertrieb
124
A. Vertriebskonzept und Controlling
Bereich vor dem Hintergrund ihres Know-hows nicht nur sachverständiger pla nen, sondern auch wirkungsvoller steuern. Dies kann vor allem angesichts kom plexer Aktivitäten, wie sie für den Vertrieb typisch sind, ein entscheidender Wettbewerbsvorteil sein. Es kommt zu einer Betonung der Vertriebsfunktion durch Darstellung der Vielfalt der Arbeitsbereiche bei gleichmäßiger Inan spruchnahme der Verwaltungseinrichtungen, die für alle Arbeitsbereiche gelten und spezifische Unterstützungen leisten. Es kommt zu verkürzten Kommunika tionswegen, die zu einer Entlastung der Leitungsspitze führen, denn Fachkom petenz wird wichtiger als hierarchische Position. Der Effektivitätsvorteil ist im Zuge sich immer hektischer entwickelnder Märkte von hoher Bedeutung, weil Zeit zu einem zentralen Wettbewerbsfaktor geworden ist. Die Nachteile liegen allerdings in folgenden Aspekten. Es kommt zu einer Begrenzung der Praktikabilität auf relativ homogene Programmstrukturen. Inso weit als Spezialisten-Know-how über die reine Arbeitstechnik hinaus erforder lich ist, ist der Funktionsspezialist überfordert. Dies betrifft vor allem innovative Vorgänge. Es entsteht eine unerwünschte Zunahme von Verwaltungsstellen bei einer starken Auffächerung der Funktionsbereiche (Overheads). Je feinteiliger diese gegeneinander abgegrenzt sind, desto größer ist potenziell der Bedarf an qualifiziertem Personal. Dies wiederum führt zu einer Aufblähung des Kosten apparats, die sich nur wenige Unternehmen leisten wollen. Es ergibt sich die Problematik intensiver Kommunikation und aufwändiger Koordination der ein zelnen Funktionsträger. Die Spezialisierung involviert abteilungsegoistisches Denken, das von den ganzheitlichen Unternehmenszielen abweichen kann. In sofern ist wahrscheinlich, dass partielle Optima anstelle eines ganzheitlichen Optimums erreicht werden. Es liegt eine Gefahr in der fehlenden Einheit der Leitung und der Begünstigung von Ressortdenken. Diese führen evtl. zur Kon kurrenz zwischen Vertrieb und Marketing statt zu wünschenswerter Koopera tion. Damit entsteht ein aufwändiger Interessenausgleich mit großen Zeitverlus ten, der Teile der Effektivitätsvorteile wieder schluckt. In der Praxis ist neben den „normalen“ Kunden zumeist noch in Schlüssel kunden und Sonderkunden zu unterscheiden. Die Einteilung nach Schlüsselkun den erfolgt auf der Basis von Kundenwertigkeiten. Dies ist sehr nahe liegend, kann doch vereinfachend unterstellt werden, dass 20 % der Kunden (die A-Kun den / Preferred Accounts) für 80 % der Erlöse stehen (nicht unbedingt der Er träge, da nachfragemächtige Großkunden regelmäßig bessere Konditionen errei chen und damit je Absatzeinheit weniger profitabel sind). Dabei werden Kunden über alle Verwenderbranchen und Verkaufsgebiete hinweg einheitlich angespro chen. Dafür sprechen noch weitere Vorteile. Wenn eine hohe wirtschaftliche Abhän gigkeit von wenigen großen Abnehmern gegeben ist, ist es nahe liegend, diese durch besonders qualifizierte Mitarbeiter (Key Account Manager) betreuen zu lassen und nicht durch mehr oder minder zufällig zugeordnete Verkäufer. Groß
4. Vertriebsorganisation und -abläufe125
abnehmer haben oft über ihre eigene Umsatzbedeutung hinaus auch einen Mul tiplikatoreffekt als Referenzkunden oder können in die Entwicklung neuer Produkte als Lead Users eingebunden werden, was eine besonders kenntnisrei che Betreuung erfordert. Dagegen sprechen jedoch folgende Nachteile. Häufig entwickelt sich unter den Verkaufsaußendienstmitarbeitern ein Neid „normaler“ Verkäufer auf die Schlüsselkundenbetreuer, die oft deutlich besser bezahlt werden und vermeint lich leicht akquirierte Aufträge erzeugen. Bei Wachstum oder Schrumpfung ei nes Kundenunternehmens ist zumeist ein Wechsel des betreuenden Verkäufers erforderlich, wodurch die Kundenbindung nicht unbedingt erhöht wird. Gerade im Bereich um die vorgegebene Größenordnungsgrenze, die zudem dynamisch ist und häufig in ihrer Setzung einer gewissen Willkür nicht entbehrt, sind Zu ständigkeitsprobleme unvermeidlich. Schlüsselkundenbetreuer sind von der wirtschaftlichen Entwicklung meist eines oder weniger Großabnehmer abhän gig, so dass ihr individuelles Arbeitsplatz- und Einkommensrisiko deutlich er höht ist, weil ein Risikostreuungseffekt fehlt. Es ist schwierig, Verkäufer mit gutem Standing bei wichtigen Kunden auszutauschen, da dabei die Geschäfts basis in Gefahr gerät. Zugleich sind solche Mitarbeiter vom Mitbewerb stark gesucht, so dass eine hohe Abwerbungsgefahr besteht. Die Einteilung nach Sonderkunden erfolgt auf Basis spezifischer Anforderun gen. Solche Sonderkunden können etwa Behördenabnehmer, Kleinabnehmer, Direktkunden, „schwíerige“ Kunden, Evolutionskunden etc. Dies bietet einige gravierende Vorteile. So ist eine Spezialisierung auf die Bedürfnisse einer be stimmten Abnehmergruppe möglich, was die Akzeptanz dort erhöht. Durch gute Kenntnis der Verhältnisse erschließen sich vielfältige Neugeschäftspotenziale. Auch können frühzeitig Branchentrends erkannt werden, auf die sich das Un ternehmen durch Feedback einstellen kann. Als Nachteile sind jedoch folgende zu nennen. Es ist eine starke Abhängig keit von Sonderkonjunkturen gegeben. Dies verursacht schwankende Einkom men bei Verkaufsaußendienstmitarbeitern. Der Verkäufer ist regelmäßig nur innerhalb einer Kundengruppe einsetzbar, woraus eine gewisse Inflexibilität entsteht, vor allem, wenn es sich um wenig dynamische Gruppen handelt. Dem Unternehmen entsteht aufgrund der Spezialisierung seiner Mitarbeiter die große Ge fahr der Ab wer bung, vor al lem wenn es sich um auf stre ben de Bran chen handelt. 4.3
Konfigurationsformen im Vertrieb
Die Konfiguration der Strukturorganisation im Vertrieb ist generell in vier Ausprägungen möglich, als Einlinienorganisation, als Stablinien-Organisation, als Mehrlinienorganisation oder als Matrixorganisation. Zunächst zur Einlinien organisation (siehe Abb. 34).
126
A. Vertriebskonzept und Controlling
Vorstand BL Vertrieb I
HAL Vertrieb Asien
BL Vertrieb II
HAL Vertrieb Amerika
HAL Vertrieb Europa
AL Vertrieb Nordeuropa
AL Vertrieb Mitteleuropa
BL Vertrieb III
AL Vertrieb Südeuropa
BL = Bereichsleitung, HAL = Hauptabteilungsleitung, AL = Abteilungsleitung Schema der Einlinienorganisation im Vertrieb Abb. 34: Schema der Einlinienorganisation im Vertrieb
4.3.1
Vertrieb als Einlinienorganisation
Bei der Einlinienorganisation besteht genau ein Weisungs- und ein Berichts weg zwischen übergeordneter und untergeordneter Stelle. Die Linie ist der Dienstweg, der Delegationsweg und der Anrufungsweg. Insofern bestehen klare disziplinarische und fürsorgende Regelungen. Jeweils eine Stelle ist für die Zielerreichung verantwortlich. Dabei wird im Allgemeinen eine aufwärts ge richtete Hierarchie (Vertriebsbeauftragter, Vertriebsmanager, Senior-Vertriebs manager) eingehalten. Eine Evaluierung kommt zu folgendem Ergebnis. Wesentliche Vorteile des Vertriebsmanagements in der Einlinienorganisation sind folgende. Es kommt zu klaren Kompetenz- und Verantwortungszuweisun gen bei eindeutigen Anordnungs- und Folgeverhältnissen hinsichtlich Entschei dungsbefugnis und Aufgabenverteilung. Damit ist dies die übersichtlichste
4. Vertriebsorganisation und -abläufe127
Konfiguration einer Strukturorganisation. Die Koordination und Kontrolle ge stalten sich einfach, da überschaubare Leitungseinheiten bestehen und gut nach vollziehbare Entscheidungswege vorhanden sind. Dies ist unmittelbare Folge der erwähnten Übersichtlichkeit. Die klare hierarchische Einordnung schafft organisationale Sicherheit sowohl bei Vorgesetzten als auch bei Mitarbeitern durch eindeutige Abgrenzung der Kompetenzen. Diese Orientierung wirkt in hohem Maße verhaltenssteuernd. Dabei entsteht eine hohe motivatorische Wir kung durch das Vorbild Vorgesetzter und von Aufstiegsperspektiven durch An erkennung. Dieser Antrieb kommt der täglichen Arbeitsleistung zugute. Durch Alleinentscheid sind klare dispositive Regelungen und eine konsistente Leitung möglich. Dies erübrigt die, bei anderen Konfigurationen erforderliche, meist aufwändige Vermittlung bei Interessendivergenzen. Kurze Kommunikations wege schaffen die Möglichkeit schneller Entscheidungsfindung und Weisungs erteilung. Damit werden Abläufe im Unternehmen gestrafft und die Kohärenz der Managemententscheidungen steigt. Dem stehen folgende Nachteile gegenüber. Der Grundsatz der Spezialisierung wird konterkariert, indem im Zweifel Hierarchie vor Fachwissen geht. Dadurch kommt es zu einer übermäßigen Zentralisierung der Macht mit Motivationsver lust und geringem Engagement der Mitarbeiter. Dem System ist eine Schwer fälligkeit und Bürokratisierungstendenz mit Zeitverlust und Überbetonung der positionsspezifischen Autorität immanent, vor allem bei tiefen Organisationen (geringe Leitungsspanne), die allerdings zunehmend umgestellt werden (auf fla che Hierarchiestrukturen). Durch umständliche Kommunikationswege und lang wierige Informationsflüsse besteht die Gefahr der Informationsfilterung auf den einzelnen Stufen des Linienwegs, die zu Verzerrungen der ursprünglichen Inten tion führt („Stille Post“-Prinzip). Die Zwischenstufen (Middle Management) sind dabei als „Relaisstationen“ besonders belastet, sowohl durch den Informa tionsfluss von oben nach unten als auch umgekehrt. Darunter leidet ihre eigent lich wertschöpfende Tätigkeit. Auf der gleichen Stufe ist der direkte Kontakt zwischen Stellen verschiedener Produktlinien gering ausgeprägt, da vertikale Strukturen dominieren. Dies ist der Effektivität dieser Form nicht gerade zuträg lich. Um darin Abhilfe zu schaffen, sind gesonderte Verbindungen zwischen Abteilungen erforderlich (Passerellen). 4.3.2
Vertrieb als Stablinienorganisation
Die Stablinienorganisation ist allgemein dadurch gekennzeichnet, dass es ne ben Stellen im direkten Linienweg noch solche ohne Weisungsbefugnis gibt, die Leitungsstellen direkt zugeordnet sind (siehe Abb. 35). Sie übernehmen bera tende Aufgaben und können nur durch Überzeugung wirksam werden. Die zu geordnete Instanz setzt dann ggf. Empfehlungen in der Organisation durch. Damit kommt es zu einer Trennung zwischen Entscheidungs- und Spezialisten kompetenz bei Einheit der Auftragserteilung. Auch ergibt sich eine Aufteilung
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A. Vertriebskonzept und Controlling Vorstand
Stabsstelle
HAL Vertrieb Asien
HAL Vertrieb Amerika
HAL Vertrieb Europa
AL Vertrieb Nordeuropa
AL Vertrieb Mitteleuropa
BL Vertrieb III
Stabsstelle Referent
BL Vertrieb II
Referent
BL Vertrieb I
Referent
Referent
Stabsstelle
Stabsstelle
AL Vertrieb Südeuropa
BL = Bereichsleitung, HAL = Hauptabteilungsleitung, AL = Abteilungsleitung Schema der Stablinienorganisation im Vertrieb
Abb. 35: Schema der Stablinienorganisation im Vertrieb
zwischen Entscheidungsvorbereitung und -durchsetzung. Das Vertriebsmanage ment als Stabsstelle ist der Bereichs-, Hauptabteilungs- oder Abteilungsleitung zugeordnet. In der Linienorganisation selbst gibt es dann kein Vertriebsmanage ment, sondern andere Formen der funktions- oder objektorientierten Organisa tion. Eine Evaluierung kommt zu folgendem Ergebnis. Wesentliche Vorteile der Stablinienorganisation sind die Folgenden. Die Ein heit der Leitung bleibt trotz Spezialisierung durchgängig erhalten, weil der Spezialist dem Entscheider nur zuarbeitet, ihn aber nicht ersetzen wollen darf, weshalb Stabsstelleninhaber Vertrauensleute der entsprechenden Linienpositio nen sind. Entscheidungen werden durch sachkundige Vorbereitung tendenziell qualitativ besser getroffen als ohne diese Hilfsfunktion, denn teilweise hoch spezialisierte Mitarbeiter wenden sich ohne verengenden Blick auf die kurzfris tige Ergebnisverantwortung relevanten Themen zu und schaffen damit eine kompetente Entscheidungsvorbereitung. Es kommt zu einem sinnvollen Aus gleich zwischen Spezialisten- und Generalistendenken in Stab und Linie, denn die generelle Sicht der Leitungsstellen wird durch die fachegoistische Sicht der Stäbe korrigiert. Zudem kommt es zu einem bereichernden Gedankenaustausch. Die Konstruktion der Stabsstelle bietet den dortigen Mitarbeitern gute Schu lungs- und Trainingsmöglichkeiten. Außerdem kann begleitend ein Netzwerk in
4. Vertriebsorganisation und -abläufe129
der Organisation aufgebaut werden. Insofern sind Stabsstellen in aller Regel Karrieresprungbretter. Die fehlende operative Verantwortung erleichtert es, früh zeitig auf Probleme hinzuweisen, die in der Linie infolge Scheuklappen oder auch aus Risikoscheu und Karriereinteressen womöglich übersehen werden. Dem stehen folgende Nachteile gegenüber. Stabsorganisationen wuchern nicht selten zu einem eigenständigen „Wasserkopf“ und überlagern damit die ursprüngliche Idee. Die fehlende aktuelle Leitungsspanne wird dabei oft durch eine Nebenhierarchie der Stabsstellen ersetzt, so entsteht ein „Küchenkabinett“, das kontraproduktiv wirken kann, weil Entscheidungen manipulierbar werden. Mangels ausreichender Delegation kann es zu einer Fehlleitung von Stäben in Zielen und Aufgaben kommen, sofern operative Belange eine unnötige Konkur renz zur Linie schaffen und bei dieser zur bewussten Missachtung der Stabs empfehlungen führen. Die Auswertung der Arbeitsergebnisse von Stäben in der Linie ist zweifelhaft zu beurteilen. Gründe dafür sind der Wust dabei oftmals produzierten Papiers, der es bei steigendem operativen Druck beinahe unmög lich macht, alles zu verarbeiten, sowie eine gewisse Marktferne infolge man gelnder Praxisrelevanz. Außerdem besteht ein impliziter Statuskonflikt zwischen einerseits hoher Fach- und andererseits geringer Formalkompetenz, weshalb Stabsstellen meist nur Durchgangspositionen ins Topmanagement und insofern womöglich nicht mehr fähig sind, die kurzfristige Sicht der Linie zu korrigie ren. Die Transparenz der Entscheidungsprozesse geht verloren, weil vielfache Interaktionen zwischen Linie und Stab ablaufen, die nur schwer zu rekonstruie ren sind. 4.3.3
Vertrieb als Mehrlinienorganisation
Bei der Mehrlinienorganisation sind, im Unterschied zur Einlinienorganisa tion, die Weisungs- und Folgebeziehungen der Stellen untereinander vielfältig vernetzt, d. h. jeder Mitarbeiter hat zwei oder mehr Vorgesetzte, jeder Vorge setzte Mitarbeiter aus zwei oder mehr Fachbereichen (siehe Abb. 36). Es sind also Mehrfachunter- bzw. -überstellungen gegeben. Im Regelfall ist eine Instanz disziplinarisch zuständig, eine andere fachlich weisungsbefugt. Diese Form ist etwa in stark technisch dominierten Unternehmensformen anzutreffen. Oftmals ist dies allerdings auch nur eine inkonsequente Konstruktion und ein „fauler“ Kompromiss. Eine Evaluierung kommt zu folgendem Ergebnis. Wesentliche Vorteile der Mehrlinienorganisation sind die Folgenden. Sachge rechte Entscheidungen stehen im Vordergrund, die von hoher Kompetenz an stelle hierarchischer Position getragen sind. Für eine Entscheidung müssen nicht mehr unbedingt alle Organisationsstufen durchlaufen werden, sondern jeder Mitarbeiter kann sich direkt mit dem vorgesetzten / nachgeordneten Spezialisten kurzschließen und abstimmen. Die engmaschige Vernetzung führt zu sorgfälti ger Abstimmung und effektiver Arbeitskoordination. Dieses Netzwerk verbes
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A. Vertriebskonzept und Controlling
Geschäftsleitung HAL Vertrieb I
HAL Vertrieb II
AL Vertrieb Asien
AL Vertrieb Amerika
AL Vertrieb Europa
Vertrieb Schlüsselkunden
Vertrieb Sonderkunden
Vertrieb Akquisition
HAL Vertrieb III
BL = Bereichsleitung, HAL = Hauptabteilungsleitung, AL = Abteilungsleitung Schema der Mehrlinienorganisation im Vertrieb Abb. 36: Schema der Mehrlinienorganisation im Vertrieb
sert das Informationsniveau durch direkte, schnelle Kommunikation und opti miert damit den Maßnahmen-Mix. Kurze Informationswege schaffen eine weitgehende Entbürokratisierung der Organisation, vor allem machen Querver bindungen innerhalb der Organisation eine erforderliche, rasche Anpassung an dynamische Marktbewegungen möglich. Sinnvollerweise dominiert die funktio nale Autorität gegenüber der formalen Verankerung, denn fachliche Kompetenz ist konsensfördernder als formale, wodurch etwaige Konflikte versachlicht werden und konstruktiv wirken. Dem stehen folgende Nachteile gegenüber. Es kommt nahezu unvermeidlich zu Kompetenzkonflikten zwischen den Stellen einer Ebene, denn durch die viel fachen Verbindungen untereinander besteht immer Anlass, sich übergangen zu fühlen, woraus Schlichtungsbedarf entsteht, bis für die eigentliche Arbeit nur mehr wenig Zeit übrigbleibt. Die vielfache Vernetzung führt zu einem erhöhten Abstimmungs- und Kontrollaufwand, um unübersichtliche und inkonsistente
4. Vertriebsorganisation und -abläufe131
Aktivitäten zu vermeiden. Damit wird jedoch ein mehr oder minder großer An teil des immanenten Effizienzvorsprungs dieser Form wieder eingebüßt. Im Effekt resultiert daraus eine komplizierte Kommunikationsstruktur mit schwie riger Koordination und Kontrolle von Aktivitäten gerade in großen Systemen, in der die Übersicht verloren zu gehen droht. Zudem werden Ressortdenken und die Überbewertung der eigenen Aufgabe gefördert, denn der Blick für das Ganze fehlt, und es besteht die Gefahr von Konkurrenz statt Kooperation zwi schen Stellen mit der Folge erzwungener Kompromisse. Die Transparenz der Entscheidungsprozesse geht verloren, denn an jedem Vorgang haben schwer nachvollziehbar und kaum dokumentierbar mehrere Stellen / Personen / Fachbe reiche in unterschiedlichem Umfang mitgewirkt. 4.3.4
Vertrieb als Matrixorganisation
Die Matrixorganisation ist eine zweidimensionale Aufbauform, die eine Ebene ist zumeist verrichtungsorientiert angelegt, die andere produktorientiert (siehe Abb. 37). Denkbar ist aber auch eine Zuordnung von zwei objektorien tierten Ebenen (etwa Produkt und Kunde oder Produkt und Gebiet). Oder der Aufbau in drei Organisationsdimensionen (Tensor), mit einer verrichtungsorien tierten, einer produktorientierten und einer weiteren objektorientierten Ebene (Gebiet oder Kunde). Damit sind immer zwei oder mehr Personen für ein Sach gebiet zuständig. Dabei entstehen zahlreiche Konflikte (Kompetenzkreuzungen), die in dieser Organisationsform aber gewollt sind und eine konstruktive Schlich tung erforderlich machen. Die Anhänger dieser Form sind der Meinung, dass diese Konflikte ohnehin in jeder Organisation entstehen, aber nicht bewusst gelöst, sondern vertuscht oder ausgesessen werden. Die Matrixorganisation bringt diese Konflikte an die Oberfläche und zwingt zu einer interessenausglei chenden, sachgerechten Einigung, weil keine Kreuzlinie ohne die komplemen täre andere entscheiden kann, sondern nur beide gemeinsam. Wesentliche Vorteile der Matrixorganisation sind die Folgenden. Einigungen erfolgen auf Grundlage klarer formaler Koordination mit hoher Transparenz, d. h., Konflikte werden nicht auf „Nebenkriegsschauplätzen“ ausgetragen, son dern die implizite Veranlagung zur Konsensfindung führt zu einer kooperativen Unternehmenskultur. Die Fachkompetenz der jeweiligen Mitarbeiter wird voll auf genutzt, hierarchische Aspekte sind weitgehend neutralisiert und treten in den Hintergrund, wodurch zugleich das innerbetriebliche Leistungsdenken for ciert wird. Die Leitungsspitze wird entlastet und braucht nur in Konfliktfällen zwischen den Dimensionen einzugreifen. Teile deren dispositiver Tätigkeit werden auf Zwischeninstanzen mit unmittelbar operativer Verantwortung verla gert. Dadurch entstehen auch kürzere Kommunikationswege. Durch die impli zite Tendenz zur Gruppenarbeit werden einerseits die spezifischen Kompetenzen der Beteiligten gebündelt und andererseits gruppendynamische Effekte freige setzt. Dies begünstigt auch die Persönlichkeitsentfaltung der Beteiligten durch
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A. Vertriebskonzept und Controlling
Abb. 37: Schema der Matrixorganisation im Vertrieb
Teamarbeit und Konsensfindung. Die Behandlung von Problemen von unter schiedlichen Standpunkten aus macht auch komplexe Sachverhalte beherrschbar. Dadurch steigen die Flexibilität und insgesamt die Entscheidungsqualität. Dem stehen folgende Nachteile gegenüber. Die Kompetenzabgrenzung ist in der Praxis aufwändig und heftig umstritten, daher bedarf es zumeist eines „Schiedsrichters“, um Machtkämpfe um Ressourcen (vor allem Finanzmittel) zu vermeiden. Es besteht die Notwendigkeit zu intensiver Kommunikation mit lan gen Verhandlungszeiten für Transparenz und Interessenausgleich zwischen den Stellen, was wiederum zu schwerfälligen Abläufen und schleppender Entschei dung führt und Zeit schluckt, die möglicherweise für sachorientierte Aufgaben effizienter eingesetzt ist. Am Ende stehen kaum mehr eindeutig nachvollzieh bare Entscheidungsprozesse, die eine Ergebniszurechnung der Dimensionsleiter wie der Beteiligten erschweren und immer eine Exkulpationsmöglichkeit durch
4. Vertriebsorganisation und -abläufe133
Abstimmungszwang bieten. Damit aber geht die gewünschte Transparenz ver loren. Zudem besteht die Gefahr ständiger, unbefriedigender Kompromisse mit Einigung auf den für alle gerade noch vertretbaren kleinsten gemeinsamen Nen ner, der im Sin ne des Un ter neh mens ge wiss nicht im mer die bes te Lö sung darstellt. Es besteht ein großer Bedarf an qualifizierten Mitarbeitern, die Füh rungsaufgaben wahrnehmen, denn alle Positionen der Matrix müssen erstklassig und ohne abgestufte Qualifikation besetzt sein. 4.4
Koordinationsformen im Vertrieb
Im Wesentlichen sind in der Organisationskoordination vier Ausprägungen möglich, Teamorganisation, Projektorganisation, Gremienorganisation und Divi sionsorganisation. Zunächst zur Teamorganisation. 4.4.1
Vertrieb als Teamorganisation
Ein Team besteht aus mehreren Mitarbeitern der für den Vertrieb erheblichen Aufgaben. Es hat ein hohes Maß an Selbststeuerungsmöglichkeiten, die Mitglie der stimmen ihre Einsatzgebiete untereinander ab. Dazu werden zielbezogene Arbeitsmethoden („Spielregeln“) vereinbart. Im Ergebnis entstehen im besten Fall synergetische Effekte (Teamgeist) mit Lernerfolgen und Kritikfähigkeit. Dazu ist eine offene, barrierefreie und partnerschaftliche Arbeitsweise erforder lich. Dadurch werden Fairness und Vertrauen gefördert. Die Teamführung er folgt meist wechselweise. Alle Informationen werden idealerweise geteilt, Ar beiten werden nach Einstimmigkeit angegangen und die Aktivitäten jederzeit transparent gehalten. Die Teammitglieder stammen aus unterschiedlichen hier archischen Ebenen und Spezialisierungen (Unterschied zur Division), sie arbei ten auf Dauer angelegt zusammen (Unterschied zum Projekt) und sie exekutie ren eine Aufgabe auch (Unterschied zum Gremium). Entscheidend ist, dass jeder Team-Mit ar bei ter zu gleich Mit glied in zwei oder mehr Teams ist, also nur zeitanteilig für eine Teamaufgabe zur Verfügung steht. Ein Team besteht im Vertrieb meist aus Spezialisten für Marktforschung, Preisgestaltung, Kommunikation etc., je nach Aufgabenstellung gehören jedoch auch Techniker, Juristen, Psychologen etc. dazu. Eine Evaluierung kommt zu folgendem Ergebnis. Wesentliche Vorteile der Teamorganisation sind die Folgenden. Eine Bünde lung des Wissens vieler Personen in einer Expertengruppe ist möglich. Auf diese Weise entstehen gruppendynamische Effekte, die den Output eines Teams erfolgsträchtiger werden lassen als die kumulierten Arbeiten von „Einzelkämp fern“. Es entstehen weniger Spannungen zwischen den Teammitgliedern durch geringe Bedeutung der Hierarchie im Team. Dies ist geradezu Voraussetzung für eine konstruktive und kooperative Zusammenarbeit. Ein hohes Maß an Ab
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A. Vertriebskonzept und Controlling
wechslung ist durch Austausch mit verschiedenen Kollegen in unterschiedlichen Teams im Zuge abweichender Aufgaben darstellbar. Von daher wird Ermü dungseffekten in der Arbeit (Wear out) vorgebeugt und ein Ideentransfer be wusst stimuliert. Auch können die jeweils bestgeeigneten Mitarbeiter individuell zu Arbeitsteams zusammengestellt werden. Dabei ist neben der fachlichen Eig nung vor allem auch an die menschliche Komponente („Chemie“) zu denken. Dem stehen folgende Nachteile gegenüber. Ein erhöhter Koordinationsauf wand durch Überzeugungsarbeit und gegenseitige Information ist erforderlich. Autoritative Arbeitsformen sind demgegenüber einfacher, weil Anweisung und Befolgung klare Verhältnisse schafft. Es kommt zur steten Konkurrenz der Auf gaben um die personalen Kapazitäten zwischen Teams. Insofern entsteht ein Konflikt zwischen der jeweiligen internen Erwartungshaltung an Teammitglie der und deren Arbeitskapazität. Durch die unverbundenen Arbeiten kann es leicht zu Belastungsspitzen und Leerzeiten kommen, nämlich dann, wenn Ar beiten für mehrere Aufgaben zeitgleich anfallen oder temporär auch einmal ausbleiben. Die Leistung und Verantwortung des Einzelnen ist weniger offen sichtlich. Da Teamarbeiten Ergebnis verbundener Leistungen sind, fällt eine differenzierte Leistungsbeurteilung vergleichsweise schwer. 4.4.2
Vertrieb als Projektorganisation
Ein Projekt ist zeitlich, sachlich und u. U. auch räumlich begrenzt. Es hat eine definierte Aufgaben- und Zielstellung und ist im Wesentlichen durch die Ein maligkeit seiner Rahmenbedingungen gekennzeichnet. Ein Projekt bedingt die Zusammenarbeit von Spezialisten und unterteilt sich für gewöhnlich in mehrere Subprojektphasen. Dazu sind alle zur Vorbereitung und Durchführung anfallen den Aufgaben auf die Aufgabenträger zu verteilen, wobei die Gebote der Wirt schaftlichkeit und Wirksamkeit zu berücksichtigen sind. Die Projektteilnehmer rekrutieren sich aus allen vertriebsrelevanten Bereichen des Betriebs und kehren nach Erfüllung der Aufgabe in ihre ursprüngliche oder eine andere Position zurück. Sie arbeiten vollzeitig am Projekt (Unterschied zum Gremium), nur an einem Projekt zur Zeit (Unterschied zum Team) und definitionsgemäß zeitlich begrenzt (Unterschied zur Zentralabteilung). Eine Evaluierung kommt zu fol gendem Ergebnis. Wesentliche Vorteile sind die Folgenden. Bei interdisziplinären Projekten wird für alle Beteiligten eine zentrale Ansprechstelle geschaffen. Dies erleich tert die Koordination ungemein, da die Verantwortlichkeit geklärt ist. Eine ko ordinierte Ablaufplanung von komplexen Aufgaben wird geschaffen, welche die eher auf routinisierte Abläufe ausgerichtete Aufbauorganisation ansonsten nur zu leicht überfordern kann. Die ineinander greifenden Einzelaktivitäten können besser geplant, gesteuert und kontrolliert werden. In vielen Fällen scheint über haupt nur durch Projektmanagement eine erfolgversprechende Ausführung ge
4. Vertriebsorganisation und -abläufe135
währleistet. Eine gesamtprojektbezogene Erfolgsrechnung (Profit Center) wird möglich. Denn die für ein Projekt aufgewendeten Kosten sind nicht nur für Sachleistungen, sondern auch für den hohen Anteil von Personalleistungen ab grenzbar. Die weitgehende Autonomie der Projektleitung ermöglicht ein flexib les Eingehen auf Markterfordernisse. So braucht nicht auf starre interne Regu larien Rücksicht genommen zu werden. Dem stehen folgende Nachteile gegenüber. Das Zusammenspiel von begrenz ter Projektorganisation und genereller Aufbauorganisation in der (häufigen) hy briden Auslegung schafft Probleme, wenn beide, was regelmäßig der Fall ist, zumindest partiell widerstrebende Anforderungen an Mitarbeiter stellen. Vor al lem entstehen Kompetenzprobleme der Mitarbeiter durch doppelte Unterstellung bei Disziplinarvorgesetztem und Projektleiter. Daher müssen klare Prioritätsre geln gesetzt werden, die eigentlich nur zu Gunsten des Projekts ausfallen können, da es ansonsten ja nicht des Projektmanagements bedürfte. Bei der Zuteilung der Ressourcen macht sich deren begrenzte Teilbarkeit bemerkbar und erfordert Min destprojektumfänge. Dies bezieht sich sowohl auf maschinelle als auch auf per sonelle Kapazitäten. Es gibt womöglich Reintegrationsprobleme der Projektmit arbeiter nach Beendigung eines Projekts. Denn deren Aufgaben sind zwischen zeitlich auf andere Weise gelöst worden, so dass nur ein Folgeprojekt den besten Übergang bietet. Das kann aber bedeuten: Einmal Projekt, immer Projekt. 4.4.3
Vertrieb als Gremienorganisation
Vertriebsentscheidungen hoher Tragweite sind häufig einer einzelnen Person oder einem kleinen Team allein nicht mehr zumutbar. Daher werden Entschei dungsgremien (Steering Committees, Lenkungsausschüsse) mit diesen Entschei dungen betraut (siehe Abb. 38). Ihre Teilnehmer werden nur aus marktnahen oder auch aus allen Fachbereichen rekrutiert und sind meist hochrangig sortiert. Das Gremium ist nur temporär tätig (Unterschied zur Division), betrifft nur die Disposition (Unterschied zum Projekt) und übernimmt keine exekutiven Tätig keiten (Unterschied zum Team). Es ist vor allem in Großunternehmen verbrei tet. Eine Evaluierung kommt zu folgendem Ergebnis. Wesentliche Vorteile sind die Folgenden. Es ist zu unterstellen, dass nur be rufserfahrene und fachkompetente Vertreter in ein Gremium delegiert werden, so dass mit einer höheren Entscheidungsqualität zu rechnen ist als bei einem Einzelentscheid. Da Vertreter aller relevanten internen Interessengruppen reprä sentiert sind, ist anzunehmen, dass ausgewogene Entscheidungen gefällt werden können. Durch das Gewicht des Gremiums werden dessen Entscheide in der Organisation nicht in Frage gestellt, so dass eine konstruktive Implementierung zu erwarten ist. Es wird eine Einheitlichkeit der Lenkung sichergestellt, indem konsensuale Beschlüsse getroffen werden, die im Ergebnis, wenngleich nicht in ihrem Zustandekommen, transparent sind.
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A. Vertriebskonzept und Controlling Geschäftsleitung HAL Vertrieb
HAL Beschaffung
HAL Produktion
AL Vertrieb I
A Vertrieb II
AL Vertrieb III
Vertrieb Europa
Vertrieb Amerika
Vertrieb Asien
Entscheidungen
Entscheidergremien
Gremium Key Accounts
Gremium Sonderkunden
Gremium Akquisition
BL = Bereichsleitung, HAL = Hauptabteilungsleitung, AL = Abteilungsleitung Schema der Gremienorganisation im Vertrieb
Abb. 38: Schema der Gremienorganisation im Vertrieb
Dem stehen folgende Nachteile gegenüber. Gremien neigen zu ungebührli chen Kompromissen, die nur selten zielführend sind, sondern sich als „faul“ herausstellen, weil sie häufig dem kleinsten gemeinsamen Nenner gehorchen. Gremien sind meist ausgesprochen schwerfällig und dienen nicht selten als Bühne zur Selbstdarstellung der darin vertretenen, so dass nur eine begrenzte Zielführung gegeben ist. Mitarbeiter können sich demotiviert fühlen, wenn Ent scheidungen von einigem Belang nicht von ihnen, sondern von einem Gremium erarbeitet werden, zu dem sie allenfalls Vorlagen einreichen können. Bei Mehr personenentscheiden besteht generell das Problem der Zurechenbarkeit von Erfolgen und Misserfolgen, vor allem bei letzteren können die Gremiumsmit glieder sich hinter der Gruppenverantwortung wegducken. Gruppenentscheide unterliegen verbreiteten Entscheidungsdefekten (Groupthink-Phänomen), d. h., das Gremium trifft eine Entscheidung, die keiner der Gremiumsmitglieder rich tig findet, weil jeder aber denkt, er stehe mit seiner Einschätzung allein da, erhebt niemand Einwände.
4. Vertriebsorganisation und -abläufe137
4.4.4
Vertrieb als Divisionsorganisation
Die Division (Sparte) hat sich aus der Mehrlinienorganisation entwickelt. Die Arbeit ist dauerhaft angelegt (Unterschied zum Projekt), betrifft auch die Exekutive (Unterschied zum Gremium) und bezieht sich nur auf marktnahe Funktionen (Unterschied zum Team). Bei einer Divisionalisierung erfolgt eine Aufteilung der Aufbauorganisation des Unternehmens in einen oder mehrere Vertriebsbereiche einerseits (Front End) und marktferne Bereiche (Zentralabtei lungen / Back Office) andererseits. Dadurch sollen die Vorteile der funktionsori entierten und mit denen der objektorientierten Struktur verbunden werden. Da bei ist zu entscheiden, wie die Zuordnung von Divisions und Zentralabteilungen zu erfolgen hat. Denkbar sind alternativ, dass die Divisions zwingend auf Funktionsleistungen der Zentralabteilungen zurückzugreifen haben oder aber darauf zurückgreifen können, jedoch nicht dazu verpflichtet sind (siehe Abb. 39). Eine Evaluierung kommt zu folgendem Ergebnis. Wesentliche Vorteile sind die Folgenden. Es erfolgt eine Entlastung und Un terstützung der Leitungsinstanzen auf allen Ebenen. Und zwar hinsichtlich der jenigen Aufgaben, die mutmaßlich von, meist funktionalen Spezialisten besser erledigt werden können als innerhalb der Sparte. Es besteht eine gute Nutzbar machung und Auslastung von kostenintensiven Fachspezialisten und Anlagen
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Abb. 39: Schema der Divisionsorganisation im Vertrieb
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A. Vertriebskonzept und Controlling
für das gesamte Unternehmen. Durch Zusammenlegung der Aufgaben verschie dener Sparten tragen sich solche Zentralabteilungen meist überhaupt erst. Die wirksame Koordinierung bestimmter Aufgaben wird erleichtert. So wird die, in der Spartenorganisation tendenziell unterentwickelte Querabstimmung durch das Zusammenlaufen bestimmter Funktionen in der entsprechenden Zentralabteilung wesentlich verbessert. Die Organisation ist eher durch funktionale als hierarchi sche Autorität gekennzeichnet. Das heißt, der jeweils kompetenteste Mitarbeiter erfüllt die anstehenden Aufgaben, die eher marktnahen werden in der Sparte erledigt, die eher administrativen in der Zentralabteilung. Dem stehen folgende Nachteile gegenüber. Die Organisation erfordert einen zunehmenden Spezialistenbedarf. Denn im funktionalen Anteil der Aufbauorga nisation werden hoch spezialisierte Mitarbeiter benötigt. Es besteht die Gefahr von Kompetenzstreitigkeiten, da die Belange von Sparte und Zentralabteilung ineinander greifen. Dabei wirkt sich vor allem die mangelnde Koordination zwi schen beiden Bereichen negativ aus. Es besteht die Gefahr eines übermäßigen Ressortdenkens und ungenügender Berücksichtigung der Bedürfnisse der Sparte. Dies ist umso bedauerlicher, als in der Zentralabteilung eher marktferne Auf gaben erledigt werden, welche die Kundenorientierung des Unternehmens schmälern. Die operativen Einheiten erleiden bei obligatorischer Einbindung der Zentralabteilungen einen Autonomieverlust und sind nur noch eingeschränkt verantwortlich zu machen (Exkulpationsmmöglichkeit). Dies gilt umso stärker, je mehr Entscheidungsfähigkeit aus der Sparte an die Zentralabteilung abwan dert. Bei nur fakultativem Rückgriff auf die Zentralabteilungen besteht hinge gen die Gefahr, dass dort hoch bezahlte Spezialisten unterausgelastet bleiben und ihre Expertise nicht angemessen genutzt wird. 4.5
Hybride Vertriebsorganisationsformen
Da jede dieser Arbeitsfeldeinteilungen ernst zu nehmende Nachteile birgt, wird in der Praxis meist eine Overlay-Struktur (mehrstufige Arbeitsfeldeintei lung) umgesetzt. Dabei handelt es sich typischerweise um eine Kombination der Ausrichtung nach Verwenderbranchen, Verkaufsgebieten und Kundenwertigkei ten. Denkbar sind dabei zwei Prinzipien. Innerhalb der Ausrichtung nach Verkaufsgebieten auf der obersten Ebene (z. B. internationale Vertriebsleitung, kontinentale Vertriebsleitung, nationale Vertriebsleitung, regionale Vertriebsleitung) ist eine Spezialisierung nach Ver wenderbranchen möglich (z. B. nationale Vertriebsleitung für die Finanzdienst leistungsbranche). Meist werden Key Accounts als Besonderheit getrennt davon organisiert. Innerhalb der Ausrichtung nach Verwenderbranchen auf der obersten Ebene (z. B. direkt belieferter Einzelhandel, Großhandel, Versender / C&C, industrielle Abnehmer) wird eine Spezialisierung nach Verkaufsgebieten vorge nommen (z. B. industrielle Abnehmer in Nielsen IV). Meist werden auch hier
4. Vertriebsorganisation und -abläufe139
die Key Accounts getrennt organisiert. Problematisch ist es dabei, wenn Kunden in mehreren Branchen aktiv sind. Eine reine Einteilung nach Kundenwertigkeiten ist praktisch kaum anzutref fen. Aus den genannten Beispielen wird deutlich, dass die Verantwortung der Verkaufsaußendienstmitarbeiter für einen Kunden schwierig zu organisieren ist. Dies gilt erst recht, wenn ein Kundenunternehmen in einem belieferten Produkt bereich ein Großabnehmer ist, daher durch den Key Account Manager betreut wird, in einem anderen belieferten Produktbereich aber Kleinabnehmer. Zu fra gen ist dann, ob die ser Kun de in bei den Pro dukt be rei chen durch den Key Account Manager betreut wird, obgleich der eine Produktbereich dies vom Volumen her nicht rechtfertigt, oder ob der Kunde durch zwei Verkäufer betreut wird, einen Key Accounter und einen Feldverkäufer, was womöglich zu Frik tionen führt. Ein anderer Problemfall entsteht, wenn ein Unternehmen in vielen belieferten Produktbereichen nur Kleinabnehmer ist, in der Summe dieser Lie ferungen aber einen Großabnehmer des Lieferanten darstellt. Dann können branchenspezialisierte Verkäufer eingesetzt werden oder aber ein „kundenspe zialisierter“ Key Accounter. Gegen eine produktorientierte Organisation spricht zumeist die Beschaf fungsstruktur des Abnehmerunternehmens. Werden alle Aufträge dort gebündelt erteilt, macht es wenig Sinn, beim Einkäufer verschiedene Verkaufsmitarbeiter für ihre jeweiligen Produkte auftreten zu lassen. Werden die Aufträge hingegen dezentral, vielleicht sogar international in einem Konzern, vergeben, ist ein Key Accounter ebenso rasch überfordert. Im Zuge zunehmender Internationalisierung der Abnehmer wird auch der Vertrieb zunehmend internationalisiert. Dies gilt vor allem für Key Accounts, bei denen durchaus globale Zuständigkeiten für einen Großabnehmer üblich sind (z. B. in der Automobilzulieferindustrie). Probleme entstehen dabei im Ver hältnis zu nationalen Vertriebsorganisationen, die dann ihre bedeutendsten Kun den an einen Global Key Account abtreten müssen. Wenn man noch Spannun gen sowohl zwischen Landesgesellschaften und Konzernführung bei Abnehmern als auch bei Lieferanten bedenkt, entsteht ein Bild ungehöriger Komplexität. Bei Großunternehmen sind die Querschnittsfunktionen häufig in einer Hold ing angesiedelt. Dies ist die Dachgesellschaft eines Konzerns. Sie ist als opera tive (hier relevant), finanzielle oder strategische Einheit ausgelegt. Bei mehrstu figen Konzernen sind auch Zwischen-Holdings möglich. Jede Holding ist dabei eine rechtlich und womöglich auch wirtschaftlich selbstständige Einheit. Da durch wird eine bessere Ordnung, gemäß Kritikern vielleicht aber auch nur eine Verschleierung der Ordnung, erreicht. Die Organisation nach Strategischen Geschäftseinheiten (SGEs) geht von Produkt-Markt-Kombinationen aus, die Gegenstand strategischer Überlegungen sind. Diese können mit der Primärorganisation identisch sein oder verschieden
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A. Vertriebskonzept und Controlling
davon. Mehrere Einheiten der Primärorganisation bilden dabei gemeinsam eine SGE bzw. eine Einheit der Primärorganisation besteht aus mehreren SGEs. Dies dient vor allem der strategischen Steuerung und Lenkung des Unternehmens. Duale Hierarchieformen ermöglichen Mitarbeitern je nach Präferenz unter schiedliche Laufbahnen einzuschlagen, und zwar als Fachlaufbahn bei Objekt priorität, als Projektlaufbahn bei Koordinationspriorität oder als Funktionslauf bahn bei Verrichtungspriorität. Häufig wechseln Mitarbeiter im Rahmen der Job Rotations auch zwischen diesen Formen, denn eine Karriere in nur einer Form („Schornsteinkarriere“) dürfte kaum mehr von Erfolg gekrönt sein. Modulare Organisationsformen heben auf eine Zerlegung der Organisation in mehrere isolierte, jedoch miteinander verbundene Einheiten ab. Dazu ist eine formalisierte Ausprägung der innerbetrieblichen Kooperation erforderlich, z. B. durch virtuelle Teams. Dies bietet sich vor allem für internationalisierte Groß unternehmen an oder für mittelständische Unternehmen, die international tätig sind. Insofern kommt es zu einer erheblichen Arbeitsteilung. Eine fraktale Organisation ist gegeben, wenn die innerbetrieblichen Organi sationsmodule selbstständig und eigenverantwortlich arbeiten, dabei aber ein gemeinsames Ziel verfolgen. Dies erfordert eine einheitliche Steuerung (Coach ing) und wird häufig bei Teilzeit- oder Home Office-Stellen angewandt, die den Ansprüchen der vorgeblichen Work-Life-Balance entsprechen. Eine Netzwerkorganisation besteht demgegenüber aus überbetrieblichen Ein heiten, die miteinander kooperieren, um dadurch Wettbewerbsvorteile zu errei chen. Die Steuerung übernimmt meist ein fokales Unternehmen. Eine typische Ausprägung ist die Strategische Allianz, bei der kernkompetenzrelevante Akti vitäten gepoolt werden. Dabei ist immer eine klare Abgrenzung zur Unterneh menskonzentration mit wettbewerbsrechtlicher Relevanz zu beachten. Virtuelle Organisationen arbeiten projektbezogen als selbstständige Einheiten mit spezifischen Kernkompetenzen ohne hierarchische Zuordnung, aber räum lich verteilt mit Hilfe moderner IuK-Technologie (realtime) zusammen. Die Steuerung übernimmt eine Hub-Firm (Nabe). Die einzelnen Einheiten bilden dann die Spokes (Speichen). 4.6
Ablauforganisation
Aufgrund des Schwerpunkts der Überlegungen bei der Aufbauorganisation sind Überlegungen der Ablauforganisation lange Zeit vernachlässigt worden. Erst mit Übernahme japanischer Managementtechniken in der westlichen Hemi sphäre haben Prozesse erheblich an Bedeutung gewonnen. Heute dominieren sie ganz klar das Management. Prozesse erfordern aber immer Querschnittsmana gement, laufen also quer zum Organigramm und sie sind immer zeitgebunden.
4.6.1
4. Vertriebsorganisation und -abläufe141
Prozesssteuerung
Jegliche Leistungserstellung erfolgt in Prozessen bzw. Prozessketten. Bei einem Geschäftsprozess handelt es sich speziell um die planvolle Transformation von Input zu Output unter Einbringung von Eigen- und Fremdleistungen derart, dass die Erstellungskosten dafür niedriger sind als der Markterlös. Solche Geschäfts prozesse sind eine Folge von einzelnen Funktionen bzw. Aufgaben oder Aktivi täten, die nacheinander, seriell, oder nebeneinander, parallel, sich gleichartig wiederholend ablaufen. Sie werden von Ereignissen ausgelöst und durch Ereig nisse abgeschlossen. Sie laufen üblicherweise bereichsübergreifend ab und sind durch ihre Wiederholung einer Standardisierung zugänglich. Am Anfang jedes Prozesses steht eine Quelle (z. B. Auftragserteilung), an dessen Ende eine Senke (z. B. Abrechnung), dazwischen erfolgt die zielgerichtete, also wertschöpfende Transformation des Input in einen Output. Der Prozess soll so kostengünstig wie möglich erfolgen, d. h., die Kosten der Wertschöpfung sollen minimiert werden, um bestmögliche Gewinnvorausset zun gen zu schaf fen. Der Pro zess soll zu gleich so beschleunigt wie mög lich ablaufen, d. h., die Zeitspanne, die zur Wertschöpfung benötigt wird, soll mini miert werden, dadurch werden die Kapazitäten besser ausgeschöpft und die Fixkosten verteilen sich. Der Prozess soll sich absolut mangelfrei vollziehen, d. h., die Qualität des Prozesses soll maximiert werden, denn Fehler werden vom Markt unnachsichtig bestraft. Und der Prozess soll auch bestmöglich in formationsgeladen stattfinden, damit Ineffizienzen vermieden werden können (siehe Abb. 40). Die Anforderungen sind allerdings konfliktär, d. h., die Erreichung eines die ser Teilziele, Kosten, Zeit, Qualität oder Information, behindert womöglich die Erreichung der anderen. Endziel jedes Geschäftsprozesses ist die Wertschöp fung, d. h., die Erzielung eines Preises für eine Leistung am Markt, der über den addierten Kosten des eigenen Faktoreinsatzes und der zugekauften Vorleistun
Abb. 40: Prozessanforderungen
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A. Vertriebskonzept und Controlling
gen liegt und damit ein Gewinnresiduum ermöglicht. Auch darin sind alle Un ternehmen im marktwirtschaftlichen System gleich. Das Unternehmen verfügt über verschiedene Stellgrößen zur Prozessgestal tung, so auch im Vertrieb. Dazu gehören vor allem die •• Festlegung der zur Auftragsbearbeitung notwendigen Aktivitäten, •• Zuordnung dieser Aktivitäten zu Stellen bzw. Abteilungen, •• zur Bearbeitung der Aufgaben einzusetzenden Mittel und Methoden, •• zur Unterstützung einzusetzende informationelle Vernetzung, •• Zusammenlegung von Funktion en zur Reduktion / Vermeidung von Schnittstel len (Cases), •• Standardisierung komplementärer Aufgaben zur Verhinderung von Sonderpro zessen, •• Bündelung von Prozessen zur Erreichung von Rationalisierungseffekten. Geschäftsprozesse sind wegen der aufbauorganisatorischen Dominanz der Vergangenheit betrieblich häufig nicht hinreichend dokumentiert, so dass zu nächst eine Istbestandsaufnahme erforderlich wird, z. B. in Form der ereignis gesteuerten Prozesskette (Blueprint). Auf Basis dieser Information kann ein zielgerichtetes Geschäftsprozessmanagement angestrebt werden. Dabei wird vor allem nach folgenden Verbesserungspotenzialen im Vertrieb gesucht: •• Strukturverbesserungen wie ein möglichst seltener Wechsel der befassten Or ganisationseinheit durch Bündelung bei Process Owners, dadurch kommt es zu einer Verminderung von Informationsverlusten, Liegezeiten, Mehrarbeiten etc., •• Steuerungsverbesserungen wie im Rahmen Teilautonomer Arbeitsgruppen (Teams), •• Ablaufverbesserungen wie das Parallelisieren seither sequenziell ablaufender Prozessstufen, das Standardisieren oder Eliminieren von Prozessen, die keine weiteren Aktivitäten auslösen oder abschließen (Blindleistungen), •• möglichst geringe informationstechnische Brüche durch voll elektronisch ge führte Datenverarbeitung mit enger informationeller Vernetzung (ERP), •• Unterdrückung von Ereignissen, die nicht wertschöpfend sind (= Blindleistun gen), •• Vergleich unternehmenseigener Prozesse mit unternehmensfremden, maßstab setzenden Prozessen (= Benchmarking). Prozessmanagement ist immer auch Querschnittsmanagement. Um die daraus resultierenden Schnittstellen zu vermindern, werden Prozessbeauftragte (Process Owner) eingesetzt, die einen kompletten Geschäftsprozess funktionsübergrei fend verantworten. Dazu gehört insb., die Geschäftsprozesse zunächst ausrei
4. Vertriebsorganisation und -abläufe143
chend zu dokumentieren und entlang dieser Prozesse ein Qualitätscontrolling aufzubauen. Die Modellierung der Prozesse erfolgt grafisch als Programmab lauf- oder Flusspläne. 4.6.2
Komplexitätsreduktion
Komplexität gilt heute als der wesentlichste Kostentreiber. Komplexitätskos ten sind Kosten, die nur entstehen, weil ein Unternehmen so unüberschaubar arbeitet, wie sie ist und die vermeidbar wären, würde eine Komplexitätsreduk tion erreicht. Im Detail können folgende Verursachungsgründe für vermeidbare Komplexitätskosten identifiziert werden: •• breite Heterogenität der Aufgaben, geringe Flexibilität der Prozesse, hohe Veränderlichkeit der Anforderung, starke Interdependenz von Aktivitäten, viele Freiheitsgrade der Entscheidung, turbulente Entwicklung im Umfeld, beschränkte Erfassbarkeit relevanter Daten, ungewisse Problemlösung. Komplexitäten haben ihre Ursachen bei verschiedenen Faktoren (siehe Abb. 41): •• Markt und Kunden infolge Marktsegmentierung, Nachfragemacht, Kunden zahl etc., •• Produkte und Programm infolge Proliferation, technischen Fortschritts, Sup portnotwendigkeit etc., •• Produktion und Logistik infolge kundenspezifischer Fertigung, Arbeitsteilung, Materialien, Technologien, Prozessen, verschiedenen Standorten etc., •• Organisation und Implementierung infolge Internationalität, Diversität, Lei tungstiefe, Vernetzung, Aufgabenumfang etc. Es steht zu vermuten, dass durch die fortgeschrittenen Konzentrationsaktivitä ten der letzten Jahrzehnte viele Unternehmen bereits ihre optimale Aktionsgröße
Abb. 41: Komplexitätsursachen
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A. Vertriebskonzept und Controlling
überschritten haben, d. h., das Unternehmen könnte durchaus kostengünstiger ar beiten, wäre sie überschaubarer. Diese ist dort erreicht, wo Kostendegression in folge von Größeneffekten und Skalenerträgen einerseits und Kostenprogression infolge vermeidbarer Komplexitäten andererseits ein Gesamtkostenminimum er geben. Bei Komplexitätskosten handelt es sich allerdings um schwer nachweis bare Opportunitätskosten, jedoch wird die Unternehmensgröße als wesentlich ursächlich dafür angesehen. Außerdem ist „Managerial Ego“, also irrationale Motive des Topmanage ments, eine starke Triebfeder für Unternehmensgrößen weit jenseits der optima len. Diese Unternehmen erweisen sich dann allerdings als kaum mehr effizient steuerbar. Die daraus entstehenden Defizite führen zu schweren Krisen. Den noch hat sich die Befürchtung am Ende monopolisierter Märkte nicht bestätigt, denn immer, wenn ein Anbieter zu monopolisieren droht, bilden sich Gegenbe wegungen mit dem Ziel der Kraftverteilung (z. B. Microsoft vs. Linux / Apple). Andererseits ist ggf. nur der Marktführer von den negativen Konsequenzen des Wettbewerbs ausgenommen, so dass es sich lohnt, diese Position anzustreben. Zur Komplexitätsreduktion ist eine Unterscheidung in die Prozessklassen Schlüssel-, Sub-, Teilprozesse erforderlich. Auf dieser Basis lassen sich vielfache Verlustquellen identifizieren wie Anlagenausfall, Rüst- / Einrichtezeiten, Leer lauf / Kurzstillstand, verringerte Taktgeschwindigkeit, Ausschuss / Nacharbeit, An laufprobleme etc. Diese können vermieden werden durch Einhaltung von Prinzi pien wie autonome Instandhaltung, Sauberkeit, Schulung / Dokumentation, Stö rungsprävention, Ordnungsschaffung / -haltung etc. Entsprechende Maßnahmen lauten etwa •• Verkürzung der Durchlaufzeiten, Wegfall von prozessualen Schleifen, inkre mentale Verbesserung, Überwindung von Engpässen, eindeutige Selbstverant wortung, schnelles Feedback, Vermeidung von Verschwendung, Verbesserung der Arbeitsbedingungen, Verringerung der Bestände / Umlaufvermögen. 4.6.3
Willensbildung
Die Ablauforganisation trifft die personellen, zeitlichen und räumlichen Re gelungen der materiellen und informationellen Arbeitsprozesse auf Basis der Ergebnisse der Arbeitsgestaltung. Dies dominiert in neuerer Zeit im Organisati onswesen und überwiegt somit die Sicht der Strukturorganisation. Die kleinste organisatorische Einheit ist damit nicht mehr eine Stelle, sondern ein Prozess (Case). Die Willensbildung in einer Organisation kann nach fünf Mustern erfolgen. Top Down-Ansatz / retrograd bedeutet, dass die Willensbildung im Top-Manage ment erfolgt und per Anweisung in die Organisation gegeben wird, dies ist schnell und pragmatisch, kann aber auf Widerstand auf allen Ebenen stoßen.
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Der Vorteil der schnellen Entscheidungsfindung geht somit auf dem Weg durch die Instanzen oft wieder verloren. Hinzu kommt jeweils eine unbewusste Ver fälschung des Informationsinhalts, die im Ergebnis zu Verzerrungen führt. Da zudem die von oben oktroyierte Entscheidung nicht immer sachgerecht ist, blei ben Entscheide letztlich oft Makulatur, und die Unternehmensspitze entfernt sich zunehmend von der Basis. Probleme liegen auch im Vorgabecharakter, der die Planungsmotivation beeinträchtigt, in mangelnder Koordination und Infor mation, die häufig als relevante Problembereiche verborgen bleiben, und in der Gefahr der Suboptimierung. Bottom Up-Ansatz / progressiv bedeutet, dass die Willensbildung an der Mit arbeiterbasis erfolgt und als Orientierung an das Top-Management gegeben wird, das dann entsprechend entscheidet, dies ist zwar langwierig, aber zumin dest konsensual. Auf allen Ebenen der Organisation vollzieht sich eine infor melle Willensbildung mit dem Ziel des Einvernehmens. Erst danach wird die vereinbarte Meinung an die jeweils vorgesetzte Stelle weiter gegeben. Dort wiederholt sich dieser Abstimmungsprozess, bis die gebündelte Meinung bei der Unternehmensspitze angekommen ist. Diese entscheidet entsprechend und diese Entscheidung wird schlagartig auf allen Ebenen wirksam. Der Vorteil liegt zum einen in der erkennbaren Einbindung der Mitarbeiter, die berechtig terweise das Gefühl haben, am Ergebnis mitgewirkt zu haben, zum anderen in sachgerechten Entscheiden, die zu höherer Produktivität führen. Probleme lie gen allerdings in der Negativkoordination, der Fortschreibung alter Ziele, dem hohen Arbeits- und Zeitaufwand und der Erfordernis zu ausgiebiger horizonta ler Koordination. Das Procedere wird durch moderne IuK-System im Unterneh men erleichtert. Top Down-Bottom Up-Top Down-Ansatz / zirkulär (auch Gegenstrom) bedeu tet, dass eine Entscheidungsidee vom Top-Management zunächst in die Organi sation gegeben wird und die Mitarbeiter ein Feedback dazu geben sollen, so dass die eigentliche Anweisung bei Bedarf entsprechend modifiziert werden kann, dies erweist sich zwar als sinnvoll, letztlich aber auch als kompliziert. Besteht Übereinstimmung zwischen Entscheidungsvorhaben und Meinungsrück fluss, wird die Entscheidung entsprechend durchgesetzt. Gibt es Divergenzen, wird die Entscheidung solange modifiziert und erneut in der Organisation ge testet, bis Konsens erzielt wird. Ebenso kann sich eine Meinung an der Basis gebildet haben, die dann an die Geschäftsführung weitergegeben wird, die diese ihrerseits kommentiert. Von Nachteil ist der hohe Koordinations- und Zeitauf wand, so dass de facto meist nur ausgewählte Gremien der Organisation (z. B. Expertenbeirat, Betriebsrat) konsultiert werden. Middle Management-Ansatz bedeutet, dass das Top-Management eine Anwei sung an die mittlere Führungsebene gibt, in der Erwartung, dass diese sie an die Mitarbeiterbasis weitervermittelt, daraus ergibt sich dort allerdings neben der weiterzuführenden operativen Arbeit eine Doppelbelastung. Das Middle
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A. Vertriebskonzept und Controlling
Management nimmt aufgrund seiner Leitungsfunktion Managementcharakter an, bringt aber aufgrund seiner Basisnähe auch praktischen Sachverstand ein. Da es jedoch vor allem mit der operativen Arbeit beschäftigt ist, stellt sich die berech tigte Frage, ob es hier nicht zu einer Überlastung mit nicht-wertschöpfenden Aktivitäten kommt, zumal wenn zugleich Hierarchieebenen infolge Lean Mana gement eingespart werden. Management-Kerne-Ansatz bedeutet, dass das Top-Management eine Anwei sung an informelle Kerngruppen in der Organisation gibt, von wo aus diese an die jeweilige Mitarbeiterbasis weitergereicht werden. Dabei entstehen jedoch Gefahren aus Verzerrung und Unverständnis. Die „Kerne“ beruhen auf infor mellen Kontakten, auf großer Qualifikation und auf hohem Zusammengehörig keitsgefühl. Sie wirken meinungsbeeinflussend auf ihr Umfeld und schaffen Lobbies, die geeignet sind, zuerst Themen auf die Agenda der Geschäftsführung zu bringen und später deren Implementierung in der Organisation als Problem lösungen zu forcieren. 4.6.4
Organisationsentwicklung
Die Organisation ist nicht statisch, sondern bedarf der Entwicklung. Diese kann geplant oder ungeplant ablaufen. Ungeplanter organisationaler Wandel entsteht durch organisationales Lernen. Ausgangspunkt dafür sind erfahrungsge mäß im Zeitablauf einsetzende Hemmnisse wie mangelnde Veränderungsbereit schaft, -fähigkeit, aber auch organisationsexterne Faktoren wie Recht, Werte, Stakeholder etc. Solche Hemmnisse sind rational basiert, häufiger aber auch politisch und emotional. Nicht zuletzt sind Krisensituationen Anlass für Verän derung. Dabei können drei Abfolgen unterschieden werden: •• Single Loop Learning findet als Anpassungslernen innerhalb des vorgegebe nen Be zugs rah mens (Re gel kreis) statt. Es han delt sich prak tisch um eine Feedbackschleife zum Durchlauf im selben Prozess. •• Double Loop Learning findet als Veränderungslernen durch Setzung neuer Bezugsrahmen statt (partielle Extinktion bestehender Regeln). Die Erfahrung aus dem Feedback wird genutzt, den Prozess zu verändern. Dies erfordert eine kreative Übertragung. •• Deutero Learning findet als Lernen des Lernens (Metalernen für Wissens erwerb und -anwendung) innerhalb einer Organisation statt. Das heißt, die Erfahrung aus einem Prozess wird auf vergleichbare andere übertragen. Dies ist die Grundlage der Künstlichen Intelligenz, wobei diese, wie häufig, regel basiert (Algorithmus) oder aber regelfrei erfolgen kann. Hinsichtlich des geplanten organisationalen Wandels sind drei Ansichten ver breitet: Erstens, dass ein kultureller Wandel unmöglich ist, da er keinerlei Ge
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staltung (Social Engineering) zugänglich ist. Zweitens, dass ein solcher Wandel zwar möglich, dieser aber manipulativ und daher grundsätzlich abzulehnen ist. Und drittens, dass ein solcher Wandel möglich ist und ethisch-moralisch auch vereinbar. Dies wird zugrunde gelegt. Insofern ist es erforderlich, die Kultur von Zeit zu Zeit auf ihren Fit zum volatilen Vertriebsumfeld hin zu prüfen und ggf. zu verändern. Dies ist ausge sprochen schwierig, da die Unternehmenskultur ein großes Beharrungsvermö gen (Hysterese-Effekt) aufweist. Zur Veränderung werden von Lewin drei Schritte vorgeschlagen (UMR): •• Die herkömmlichen Interpretations- und Handlungsmuster führen nicht wei ter. Es tritt Verunsicherung ein. Die überkommenen Werte, Ziele und Normen verlieren an Glaubwürdigkeit und werden kritisiert. Daher ist die vorhandene Struktur aufzutauen (Unfreezing). •• Es ist ein neues Ordnungsmuster zu entwickeln, das geeignet ist, die Krise zu meistern. Der Übergang zwischen alter und neuer Kultur kann evolutionär oder revolutionär gestaltet werden (Moving). Daraus ergibt sich eine kritische Phase. •• Die neue Kultur wird nicht zwangsläufig akzeptiert, denn es gibt eine Präfe renz für Gewohntes, Bekanntes. Daher muss verhindert werden, dass die neue Kultur sich mit der alten synthetisiert und daher nur ein kleiner Fortschritt er reicht wer den kann oder das Pen del gar zu rück schwingt. Dies ge schieht durch organisatorische Verankerung der neuen Kultur (Refreezing). Der Prozess setzt eine Veränderungsbereitschaft der Mitarbeiter voraus und wird häufig von externen Beratern als Change Agents begleitet. Häufig werden neue Problemlösungen auch zunächst im kleinen Kreis oder versuchsweise an gewendet, um ihre Akzeptanz zu erhöhen. Problematisch ist dabei, dass starke Kulturen zwar Erfolgsunterschiede zwi schen Unternehmen bewirken können, die anhand „harter Fakten“ allein nicht erklärbar sind, dann aber letztlich schwer verändert werden können, schwache, wenig ausgeprägte Kulturen hingegen gut veränderbar wären, dann aber als Er folgsfaktor geschwächt werden. Daher ist ein mittlerer Grad an Kulturstärke auszusteuern. Ausgeprägte Unternehmenskulturen ziehen Mitarbeiter an, die diese Kultur als attraktiv wahrnehmen, stoßen aber zugleich Mitarbeiter ab, die zu einer Veränderung eben dieser Kultur erforderlich wären. So verharrt die Kultur in sich und wird von dynamischen Umfeldern verdrängt. Für den Beruf ist es ausgesprochen wichtig, die sichtbaren Indikatoren einer spezifischen Kultur ernst zu nehmen. Denn Mitarbeiter, die nicht zur Unternehmenskultur passen, werden von den anderen bewusst oder unbewusst ausgegrenzt („Außen seiter“), weil sie als Störfaktor empfunden werden. Weiterhin stellt sich die Frage nach dem Hebel zum Wandel. Dafür werden drei Ansätze diskutiert. Ein evolutionärer (inkrementaler) Wandel 1. Ordnung
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A. Vertriebskonzept und Controlling
als Kaizen (auch Kontinuierlicher Verbesserungs-Prozess / KVP) hat die perma nente Verbesserung in allen Unternehmensbereichen und auf allen Ebenen zum Ziel. Dabei wird ein Vorgehen in dauerhaften, kleinen Schritten praktiziert, das am Ende des Tages zur Erreichung des Wandelziels führt. Allerdings besteht die Gefahr, dass wenn schon die Ausgangsbasis suboptimal ist, trotz Veränderung letztlich kein optimales Ergebnis erreicht werden kann. Ein revolutionärer (fundamentaler) Wandel 2. Ordnung als BPR (Business Process Reengineering) kennt als zentrale Komponenten ein radikales, sprung haftes Vorgehen, eine strikte Prozessorientierung (Cases), eine hohe informati onelle Vernetzung, das Empowerment der Mitarbeiter (Case Workers) und ein Top down-Vorgehen. BPR erfolgt in folgenden Phasen, die oft von externen Experten getragen werden, weil sie intern kaum leistbar sind: •• Restrukturierung als Sollbild eines bestmöglich aufgestellten „neuen“ Unter nehmens nach dem aktuellen Erfahrungswissen, •• Reorientierung als Entwicklung einer passenden Wandelstrategie, dazu wird die bestehende Organisation gedanklich ausgelöscht / Tabula rasa-Prinzip, •• Revitalisierung zur Aktivierung und Ausschöpfung vorhandener Kompetenzen in der Organisation, •• Remodellierung als Optimum eines „neuen“ Unternehmens, wobei der Über gang zwischen alt und neu ruckartig vollzogen wird. Allerdings wird dieser Ansatz als nicht sozialverträglich aufgefasst und damit in Konsensgesellschaften nicht akzeptiert. Bei hybridem Vorgehen abwechselnd als Wandel 1. und 2. Ordnung erfolgt zunächst eine „revolutionäre“ Veränderung in begrenztem Ausmaß, auf dieser Basis folgen evolutionäre Verbesserungen in kleinen Schritten, bis eine Effi zienzgrenze erreicht ist, dann folgt wieder eine begrenzte „revolutionäre“ Ver änderung mit anschließenden kleineren Schritten usw. Fraglich bleibt allerdings das Pacing von abrupten und iterativen Veränderungen.
5.
5. Vertriebsüberprüfung und -überwachung149
Vertriebsüberprüfung und -überwachung
Im Unterkapitel „Vertriebsüberprüfung und -überwachung“ werden die wich tigen Controllingaspekte im Vertrieb intensiv problematisiert. Auf Basis einer Vertriebssegmentierung (5.1) werden die Möglichkeiten der Wertorientierten Steuerung im Vertrieb über die Parameter Produkterlöse (5.2), Gebietserlöse (5.3) und vor allem Kundenerlöse (5.4) im Detail dargestellt. Im Vertriebs-Audit (5.5) geht es dann um die Wirksamkeit von Vertriebsaktivitäten, in der Ver triebs-Revision (5.6) geht es um die Wirtschaftlichkeit dieser Aktivitäten. Von zentraler Bedeutung sind dabei immer wieder Kosten und Kalkulation, die folg lich im Absatz 5.7 dargestellt werden. Das Unterkapitel schließt mit der Infor mationsversorgung im Vertrieb (5.8), der im Rahmen der Automatisierung im mer größere Bedeutung zukommt. Leser kennen nach Durchsicht dieses Unterkapitels die wesentlichen Inhalte des Vertriebscontrollings. Sie verstehen die Bedeutung der Controllingergeb nisse und können diese Erkenntnisse auf vertriebspolitische Fälle anwenden. 5.1
Vertriebssegmentierung
Die Vertriebssegmentierung zielt auf die Abgrenzung relevanter und das Auf finden vernachlässigter Teilmärkte ab. Damit wird vermieden, Angebotsanstren gungen dort zu unternehmen, wo wenig Potenzial ist, stattdessen wird dort angesetzt, wo die größte Hebelwirkung vermutet werden kann. Bei der deglomerativen Seg men tie rung han delt es sich um die künst li che Aufsplittung eines Gesamtmarkts in Teilmärkte durch Bildung von intern homo genen bei gleichzeitig extern heterogenen Segmenten durch planmäßige Anlage von Kriterien. Unter agglomerativer Segmentierung versteht man die Bearbei tung von bereits (natürlich) so gegebenen, verschiedenen Teilmärkten (z. B. Spielzeug für Kinder verschiedener Altersklassen, Arzneimittel für verschiedene Intensitätsgrade einer Krankheitsindikation, Mundpfege für Personen mit ersten, zweiten, dritten Zählen). Die Seg men tie rung muss allgemein den Anforderungen ge nü gen, dass die Marktsegmente •• feststellbar / messbar sind, d. h. zwischen den Segmenten Unterschiede ausge macht werden können, die eine getrennte Bearbeitung erst ermöglichen, •• zugänglich / erreichbar sind, d. h., die Segmente getrennt bearbeitet werden können und aufgeschlossen dafür sind, •• beständig sind, d. h. sich im Zeitablauf einigermaßen stabil darstellen und ihre Konturierung nicht übermäßig häufig ändern, •• trennscharf sind, d. h., keine bzw. möglichst geringe Unschärfebereiche zwi schen den Segmenten bestehen, denn das bedeutet Ineffizienz,
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A. Vertriebskonzept und Controlling
•• ausreichend groß / tragfähig sind, d. h. ökonomisch sinnvoll realisierbar, damit der Aufwand der Segmentation nicht den daraus resultierenden Nutzen über kompensiert. Voraussetzungen für eine Vertriebssegmentierung sind speziell folgende: •• Es bestehen vorhandene oder zumindest konstruierbare Abweichungen im Angebot oder in der Nachfrage, die eine Marktsegmentierung ermöglichen. •• Die Segmentierungsvariablen sollen in einem kausalen Zusammenhang zum Verhalten der Bedürfnisträger stehen und auch zur Bestimmung des zukünfti gen Wahl- bzw. Kaufverhaltens geeignet, also prädikatorisch einsetzbar, sein. •• Eine Aufsplittung des Gesamtmarkts in zwei oder mehr Teilmärkte ist über haupt tatsächlich möglich. •• Eine Abschottung der Vertriebssegmente gegeneinander durch hinreichende Trennschärfe ist zuverlässig darstellbar (Fencing). •• Variable, die zur Identifikation von Marktsegmenten herangezogen werden, sollen mit den verfügbaren Marktforschungsmethoden reliabel und valide operationalisiert werden können. •• Die eingesetzten Segmentierungskriterien sollen zu Segmenten mit einem ge nügend großen Absatzpotenzial führen, damit sich eine segmentspezifische Ausgestaltung des Marketing-Mix als ökonomisch erweisen kann. •• Die durch die Segmentierungskriterien gebildeten Marktsegmente sollen durch Marketing-Instrumente wirksam erreicht und bedient werden können. •• Durch die Vertriebssegmentierung entsteht keine Diskriminierung (nach Grundgesetz oder Wettbewerbsrecht). •• Die Kriterien sollen über einen längeren Zeitraum bestehen bleiben, dies re sultiert aus der für die Wirksamwerdung einer segmentbezogenen Strategie insgesamt benötigten Zeit. Bei allgemeinen Vorteilen der Segmentierung im Vertrieb handelt es sich vor allem um folgende: •• Differenzierte Käuferwünsche können durch hohe Entsprechung des Angebots mit dem Bedarf befriedigt werden, wodurch eine Fehljustierung des Angebots durch nicht vollständige Entsprechung mit Käuferwünschen (= geringer Auf forderungsgradient) vermieden wird. •• Die Bildung eines akquisitorischen Potenzials wird begünstigt, wodurch wie derum der Freiraum für eine überdurchschnittliche Preissetzung entsteht. •• Die Marktstruktur kann durch die starke Angebotsstellung aktiv gesteuert werden, während ansonsten nur die passive Anpassung an von anderen An bietern gesetzte Markttrends bleibt.
5. Vertriebsüberprüfung und -überwachung151
•• Der Preis als dominanter Aktionsparameter wird zunehmend durch die Leis tung ersetzt. Diese ist dabei sowohl objektiv als vor allem subjektiv, d. h. im Sinne der Bedarfsbefriedigung, wirksam. Bei allgemeinen Nachteilen der Segmentierung im Vertrieb handelt es sich vor allem um folgende: •• Ersparnisse aus Massenproduktionsvorteilen können nur eingeschränkt ge nutzt werden. Je stärker einzelne Angebote gegeneinander differenziert sind, desto weniger schlagen Losgrößenvorteile durch. •• Der Marketing-Mix-Einsatz wird kompliziert und letztendlich verteuert. Statt eines durchschnittsorientierten, vereinfachten Marketing-Mix ist die individu elle Anpassung an Marktsegmente erforderlich. Dies erfordert zugleich ein hohes Marketing-Know-how. •• Das Potenzial gegebener Märkte kann bei partieller Abdeckung nur teilweise ausgeschöpft werden. Dadurch besteht die Gefahr, dass Zusatzerlöse aus dif ferenzierter Bearbeitung durch Auslassung ganzer Segmente überkompensiert werden. •• Ein hoher marketingorganisatorischer Aufwand ist erforderlich, um sich den wandelnden Segmenten anzupassen. Denn nur bei exakter Justierung auf die Marktspezifika können Segmentierungsvorteile realisiert werden. Zur Marktidentifizierung können verschiedene Stufen gewählt werden. Ein stufige Segmentierung bedeutet, dass nur ein Kriterium für die Segmentation zugrunde gelegt wird. Dabei kann es sich um objektive oder subjektive Kriterien handeln. Zu ersteren gehören Produkte etwa aus den Bereichen Monatshygiene (Segment Frauen), Zahnprothesenreiniger (Segment Träger dritter Zähne) oder Augengläser (Segment Brillenträger). Hier macht es für alle Nachfrager, die nicht diesen objektiven Kriterien unterfallen, keinen Sinn, das Angebot dennoch in Anspruch zu nehmen. Zu letzteren gehören Produkte etwa aus den Bereichen Pflegekosmetik für reife Haut (Segment Frauen ab 40 Jahre), Milchschokolade (Segment Kinder), Stärkungsmittel (Segment ältere Menschen). Hier können durchaus auch Nachfrager, die sich nur subjektiv zugehörig fühlen, obgleich sie es nach objektiven Maßstäben nicht sind, das Angebot sinnvoll in Anspruch nehmen (z. B. Nivea Vital, Kinderschokolade, Ginsengpräpa rate). Zwei- und mehrstufig-sukzessive Segmentierung bedeutet, dass zwei oder mehr Kriterien zugrunde gelegt werden, wobei die jeweils vorausgehende Stufe die Auswahl der nachfolgenden Stufen bestimmt. Dadurch ist eine weitaus feinteiligere Abgrenzung des zu bearbeitenden Marktsegments möglich. Allerdings verringert sich durch kumulative Eingrenzung auch die Schnittmenge des noch verbleibenden Nachfragepotenzials drastisch. Zudem stellt sich die Frage, in welcher Reihenfolge die Kriterien angelegt werden sollen.
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A. Vertriebskonzept und Controlling
Zwei- und mehrstufig-simultane Segmentierung bedeutet, dass zwei oder mehr dieser Kriterien gleichzeitig zur Abgrenzung des intendierten Marktsegments herangezogen werden, es gilt also jeweils die Schnittmenge. Auch dadurch verringert sich das Potenzial verbleibender Nachfrager drastisch. Daher stellt sich die Frage, wie viele Kriterien jeweils zugrunde gelegt werden sollen. Die größtmögliche Segmentzahl liegt bei der Gesamtzahl aller Nachfrager am Markt, die Untergrenze liegt bei zwei Teilmärkten. Unterstellt man naheliegend, dass zwischen den Nachfragererwartungen erhebliche Abweichungen in einer Vielzahl von Einzelfällen bestehen und die Erfolgschance eines Anbieters umso größer ist, je geringer die Abweichungen zwischen Angebot und Nachfrage sind, so steigt die Erfolgschance unmittelbar mit steigender Anzahl differenzierter Angebote. 5.2
Wertorientierte Steuerung der Produkterlöse
Die Wertsteuerung im Vertrieb stellt darauf ab, bevorzugt die Segmente mit dem größten Erlöspotenzial zu bearbeiten, da dort am ehesten Wert zu schaffen ist. Grundlage sind Erlöse aus der Hauptleistung, vermehrt um Erlöse aus Neben leistungen und vermindert um (beplante oder unbeplante) Erlösschmälerungen. 5.2.1
Erlöse der Hauptleistung
Die Erlöse aus der Hauptleistung lassen sich auf drei Wegen steigern, erstens durch mehr Menge eines Produkts, zweitens durch höheren Preis des Produkts und drittens durch Beeinflussung der Auftragsstruktur (weitere Produkte / More Selling bzw. höherwertigere Produkte / Up Selling). Eine Steigerung der Menge bei einem Kunden ist nur möglich, wenn sein Bedarf in der spezifischen Produktgruppe steigt oder der eigene Anteil am Zu kaufvolumen in der Produktgruppe erhöht werden kann. Für eine Bedarfsstei gerung ist es im Vertrieb erforderlich, einen hohen Wissensstand über das Kundengeschäft zu haben. Dabei kann eine zwischenzeitlich markttypische Ausschreibung aus Gründen von Corporate Governance und Gesetz zwar be reits ab niedrigen Kaufvolumina nicht mehr verhindert werden, aber es kann zumindest Einfluss auf die Ausschreibungsbedingungen zu nehmen versucht werden oder auf zu erwartenden Beurteilungskriterien und deren Gewichtung. Ebenso kann eine Einstimmung der Entscheider versucht werden. Eine Erhö hung des eigenen Anteils am Zukaufvolumen setzt Kenntnisse über das Zukauf volumen und die jeweiligen Zulieferer dieses Volumens voraus. Nur wenn man diese kennt oder fundiert vermuten kann, ergeben sich Ansatzpunkte für die Argumentation komparativer Konkurrenzvorteile und damit eine Motivation des Kunden, Auftragsvolumen zu bündeln. Dies endet erst im Single Sourcing, also bei einem ausschließlichen Lieferanten für eine Produktgruppe. Hilfreich sind
5. Vertriebsüberprüfung und -überwachung153
hier etwa Preislisten mit angestoßenen / inkrementalen Rabatten, die Einrichtung von Konsignationslägern bei Kunden oder Quasi-Monopolisierungen durch Schutzrechte, Schnittstellen oder Spezifität der Lieferungen. Eine Steigerung des Preises trifft auf besonders harten Widerstand. Dies ge lingt am ehesten bei Vorhandensein Gewerblicher Schutzrechte oder von Kun denbindungen (technisch, wirtschaftlich, vertraglich, spezifisch, institutionell). Ansonsten sind Preissenkungsrunden üblich. Dabei ist es ein Minimalziel, den Listenpreis durchzusetzen. Dies ist jedoch vielfach schwierig, da gerade nach fragemächtige Kunden diesen nur zu leicht für Makulator erklären. Hilfreich ist hier die Basierung auf einem transparenten, leistungsbezogenen und ausnahms los geltenden Konditionensystem. Dabei gibt nicht der Anbieter den Preis vor, sondern der potenzielle Käufer bestimmt durch sein Verhalten den ihm zuste henden Preis. Er weiß, wie sein Bestellverhalten ausfallen muss, um in den Genuss von Vorzugskonditionen gegenüber dem Listenpreis zu gelangen und er muss entscheiden, ob er dazu bereit ist. Wenn ja, stehen ihm diese Konditionen selbstverständlich zu, wenn nein, liegt das nicht am Anbieter, sondern am Nach frager. Außerdem ist zur Listenpreisverteidigung unbedingt die Argumentation über das Preis-Leistungs-Verhältnis zu suchen. Denn ein Preis ist nicht absolut zu sehen, sondern immer in Relation zur dafür gebotenen Leistung. 5.2.2
Erlöse der Nebenleistungen
Die Produkterlöse können gesteigert werden, indem Nebenleistungen hinzu addiert werden. Sofern diese für Auftraggeber nutzenrelevant sind, spricht nichts da ge gen, dass dies ak zep tiert wird. Da her ist es am An bie ter zu über le gen, welche Nebenleistungen von einem spezifischen Kunden als nutzenrelevant an gesehen werden, also seine Preisbereitschaft auslösen, und welche nicht. Dabei hilft immer die gute Kenntnis des Kunden, was wiederum eine hohe Kunden nähe im Vertrieb verlangt. Dabei kann es sich um Zusatzausstattungen handeln, die im Produkt selbst veranlagt sind, um Zubehör, das die Nutzung des Pro dukts verbessert oder ausweitet sowie um Kundendienste als produktbegleitende Services. Zusatzausstattungen (Add-ons) müssen aktiv „verkauft“ werden, da Kunden diese oft nicht kennen oder genügend würdigen. Häufig ist die Erleich te rung über ei nen Ab schluss im Ver trieb aber so groß, dass ver säumt wird, nachzuverkaufen. Doch darin liegt die Kunst der Wertorientierung im Vertrieb. Zubehör muss dabei nicht unbedingt vom eigenen Unternehmen stammen, sondern kann auch von Drittanbietern stammen, wenn dadurch die Akquisiti onschancen des eigenen Produkts steigen. Auch hier ist ein aktives Verkaufen erforderlich, da Kunden oftmals die Markttransparenz und auch die Fantasie dazu fehlt. Häufig kann dadurch der Auftragswert beträchtlich gesteigert wer den. Zumal man hier auch Preisanreize setzen kann, ohne die Basisleistung in ihrer Profitabilität zu belasten.
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A. Vertriebskonzept und Controlling
Kundendienste stellen ebenso ein breites Anwendungsfeld dar. Sie setzen al lerdings einen Fokus auf die Problemlösung für Kunden voraus, und nicht einen solchen auf den Produktverkauf. Gerade daran mangelt es oft. Es gibt jedoch Theorien (Service-dominant Logic), die davon ausgehen, dass, analog zum An teil von Dienstleistungen an der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung, auch deren Anteil am Auftragswert enorm zulasten der Sachleistung steigen wird. Wenn man dem folgt, sind Produkte nur Vehikel für den Vertrieb eigentlich dominanter Dienstleistungen. Solche Leistungen sind etwa Finanzierung, Inbe triebnahme, Schulung, Beratung etc. Aus Sonderleistungen resultieren über Preiszuschläge weitere Erlöse. Dies ist immer lohnend, wenn die dafür anfallenden internen Kosten zur Leistungser bringung unter den externen Erlösen aus deren Weiterberechnung liegen. Dazu gehören nach Kundenwunsch etwa folgende Positionen: •• Spezialverpackungen, wenn diese nicht vom Käufer oder Frachtführer getra gen werden oder über das gesetzlich verbindliche Maß hinausgehen, •• Zusatzversicherungen, sofern besondere Gefahren gegeben sind, die nicht mit den üblichen Lieferungsbedingungen abgegolten werden, •• Versandkosten wie Frachtgebühren, Rollgeld, Ladegebühren, Behältniskosten etc., sofern dies in den Lieferungsbedingungen so vereinbart ist, •• Kommissionierungskosten, z. B. für Just in Sequence-Lieferung, Roll Cage Sequencing, Efficient Unit Loads, sofern so vereinbart, •• Retourenkosten aus Gründen, die nicht beim Anbieter oder Produkt liegen, z. B. Nichtgefallen (außer bei Fernabsatz mit Privaten), Unterbedarf, Auf tragsänderung. Ebeno sind zur Rettung des Effektivpreises „Negativrabatte“ mög lich, die kundenverursacht sind. Zu nennen sind hier etwa: •• Mindermengen- / Mindestauftragsgrößenzuschläge (Malus) bei Unterschrei tung einer als rentabel definierten Losgröße, die sich aus Ergebnissen der Prozesskostenrechnung meist bereits bei sehr niedrigen Stückzahlen ergibt, •• Eilzuschläge für besonders schnell auszuführende Leistungen und Lieferun gen, •• Zeitzuschläge für außergewöhnliche Ausführungszeiten, z. B. nachts, sonnund feiertags, •• Ortszuschläge für räumlich schwer erreichbare Lieferorte oder verteilte Lie ferziele, •• Sonderanfertigungszuschläge für die Produktion nicht-standardisierter Pro dukte (Maßschneiderung). Die gesetzliche Mehrwertsteuer ist hingegen kein Zuschlag, sondern ein durchlaufender Posten (Verrechnung mit gezahlter Mehrwertsteuer / Vorsteuer).
5.2.3
5. Vertriebsüberprüfung und -überwachung155
Erlösschmälerungen
Tatsächlich sieht man sich im Vertrieb jedoch erheblichen Erlösschmälerun gen gegenüber, welche die Produkterlöse erodieren lassen. Diskrepanzen von 50 % auf den Lis ten preis (Bil lable Amount) sind durch aus kei ne Sel ten heit (etwa im Mediageschäft, im Konsumgüterhandel etc.). Diese können in im Vor hinein planbare Erlösschmälerungen und im Vorhinein nicht-planbare Erlös schmälerungen unterteilt werden und haben vielfache Ausprägungen (siehe Abb. 42). In jedem Fall handelt es sich um eine 1 : 1-Gewinnminderung, was der blumige Begriff Erlösschmälerung eher verdeckt. 5.2.3.1 Beplante Erlösschmälerungen Bei beplanten Erlösschmälerungen sind vielfache Formen zu unterscheiden. Zugaben werden vom Lieferanten einem Abnehmer neben der Hauptleistung geboten. Sie können warengleich oder warenfremd sein. Warengleich sind Zu gaben wiederum als Draufgabe oder Dreingabe möglich. Draufgabe bedeutet, dass zu einer gekauften Menge Ware eine / mehrere weitere Einheiten ohne Be rechnung zugefügt werden. Dreingabe bedeutet, dass innerhalb einer gekauften Menge Ware eine / mehrere Einheiten nicht berechnet, wohl aber übereignet werden. In beiden Fällen sinkt der Erlös je verkaufter Einheit. Bei Zugaben handelt es sich um Naturalnachlässe (im Unterschied zu Geldnachlässen). Diese haben den Vorteil, dass sie in der Wahrnehmung von Abnehmern mit deren Preis bewertet werden, in der Kostenrechnung des Lieferanten aber „nur“ mit ihren Selbstkosten zubuche schlagen. Zugaben sind gesetzlich limitiert. Denkbar ist aber, Auslaufartikel, Neuprodukte, Promotionsware etc. dafür zu nutzen.
Abb. 42: Beplante Erlösschmälerungen
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A. Vertriebskonzept und Controlling
Skonto ist eine „Belohnung“ des Abnehmers für vorzeitige Zahlung. Liefe rungen erfolgen in der Regel auf Ziel, d. h. der Abnehmer muss erst am Ende einer Frist oder zu einem vorausgesetzten Datum die Rechnung bezahlen, kann aber bereits vorher über sie verfügen. Unternehmen ist jedoch daran gelegen, infolge der regelmäßig erforderlichen Vorfinanzierung ihrer Leistungen mög lichst schnell einen Zahlungseingang zu erreichen. Daher bieten sie Kunden, die ohne oder bei nur kurzer Ausnutzung des Zahlungsziels zahlen, einen Skonto nachlass. Dies ist für Abnehmer immer günstig, wenn der zeitbezogene Skon tosatz über dem Zinssatz für Fremdkapital oder dem internen Zinsfuß liegt. Ein Warenskonto ist gegeben, wenn in Höhe des Skontos eine unberechnete Mehr lieferung erfolgt, ein Kassenskonto, wenn ein Erlösabschlag in dieser Höhe auf den Geldbetrag erfolgt, was der Regelfall ist. Rabatte sind Vergünstigungen, die Abnehmern unter verschiedenen Aspekten gewährt werden. Zunächst zur Grundlage: •• Ein Funktionsrabatt wird Abnehmern gewährt, wenn und soweit diese be stimmte Absatzfunktionen übernehmen. Denkbar sind Nachlässe für Selbstab holung, für Selbstbedienung / Kommissionierung etc. Durch die Funktions übernahme des Abnehmers entsteht dem Anbieter eine Kostenermäßigung, die dieser im Preis zurückgibt. •• Der Mengenrabatt wird in Abhängigkeit von der jeweils einzeln (= Einzel auftragsrabatt) oder über mehrere Kaufakte kumuliert (= Gesamtumsatzrabatt) abgenommenen Warenmenge gewährt. Die Grundlage des Mengenrabatts liegt in Abatzrationalisierung durch Größendegressionseffekte. •• Der Zeitrabatt wird nach dem Kauf zeit punkt ge währt, denk bar sind da für Frühbezug (Subskription), Kundenloyalität (Treue), Saison (bzw. Off Season), Auslauf etc. Der Kunde soll dadurch dazu motiviert werden, zu einer Zeit zu kaufen, die für den Anbieter kaufmännisch günstig ist. Nach der Bezugsgröße kann es sich um einen Festrabatt handeln oder um einen Relativrabatt: •• Ein Festrabatt ist ein absoluter Betrag, der unabhängig von einer Bezugsgrö ße stets in gleicher absoluter Höhe gewährt wird. Ein Relativrabatt ist ein prozentualer Anteil, der in Abhängigkeit von einer zugrunde gelegten Bezugs größe gewährt wird, mit dieser also schwankt. •• Im Falle eines Relativrabatts kann es sich um einen Einheitsrabatt handeln, der unabhängig von einer Bezugsgröße prozentual immer gleich hoch gewährt ist. Oder um einen Staffelrabatt, der prozentual in Abhängigkeit von der Be zugsgröße variiert. Meist wird dies bei der Bezugsgröße Abnahmemenge angewendet. •• Der Rabattierungsverlauf kann dabei progressiv (schneller steigend als die Bezugsgröße), degressiv (langsamer steigend als die Bezugsgröße) oder linear
5. Vertriebsüberprüfung und -überwachung157
(parallel zur Bezugsgröße steigend) verlaufen. Häufig, wenngleich kompli ziert, ist ein s-förmiger Verlauf, d. h. zunächst schneller steigend, dann paral lel und später langsamer steigend als die Bezugsgröße. Nach der Berechnung kann es sich innerhalb einer Rabattstaffel bei einem Relativrabatt um einen durchgerechneten oder angestoßenen Rabatt handeln: •• Ein durchgerechneter Rabatt bezieht die prozentuale Rabatthöhe immer auf die gesamte Bezugsgröße. •• Ein angestoßener (inkrementaler) Rabatt bezieht die Rabatthöhe nur auf den jeweiligen Staffelausschnitt, für den diese in der Staffel gilt. Die Rabattsätze bewegen sich daher von Stufe zu Stufe auf höherem Niveau. Probleme bei Rabattstaffeln entstehen durch Randunschärfen, d. h. Rabatt grenzen überschneiden einander, so dass keine eindeutige Zuordnung möglich ist. Oder durch unattraktive Rabattstufen, denen keine gewünschte Anreizwir kung zukommt, oder durch unregelmäßige Klassengrößen, die nicht in eine Richtung gehen, oder durch inkonsistente Auslegung des Plans. Sehr problema tisch ist auch der Hinweis „Rabatt auf Anfrage“, denn dieser lädt geradezu zum Feilschen ein. Ebenso problematisch sind Geheimrabatte, die über die Rabattierungsbasis hinausreichen und als besondere Anreize oder auch auf Nachfragedruck gewährt werden. Diese führen zu einer Rabattspreizung, d. h. zu leistungsunabhängig unterschiedlichen Nettopreishöhen derselben Leistung für verschiedene Abneh mer. Es ist unvermeidlich, dass diese Geheimrabatte nicht geheim bleiben, etwa durch Mitarbeiterwechsel, Unternehmensübernahmen, Austausch zwischen Ab nehmern etc., so dass bald alle Abnehmer den maximal erreichbaren Rabatt einfordern. Dann aber bricht die Ertragsstruktur des Anbieters zusammen, da es zu keinem kalkulatorischen Ausgleich mehr kommen kann. Ein weiteres Phänomen ist die Rabattkumulierung. Sie entsteht durch die so nicht geplante Aufaddierung von Einzelrabattsätzen, etwa für große Abnahme menge, für Funktionsübernahme, für Auftragszeitraum etc. Zu deren Durchset zung ist zumeist Nachfragemacht erforderlich. Dadurch verringert sich aller dings das Nettoerlösniveau auf unzumutbare Weise. Boni sind Gutschriften, die Abnehmern nachträglich, für gewöhnlich zum Ende eines Geschäftsjahrs, für das kumulierte Geschäftsvolumen, meist die Ab nahmemenge, gewährt werden, das sie mit einem Lieferanten realisiert haben. Damit können auch solche Abnehmer gratifiziert werden, deren Einzelaufträge anderweitig keine Rabatte generiert haben. Der Bonus hat gegenüber zeitparal lel gewährten Nachlässen den Vorteil einer Zinsersparnis auf Lieferantenseite. Denn die bonifizierten Beträge können über das Jahr hinweg einbehalten wer den und entweder im Betrieb „arbeiten“ oder Sollzinsen ersparen. Daher ist ein Bonus immer einem Rabatt vorzuziehen. Die Auslegung kann als Warenbonus oder Geldbonus erfolgen. Bei einem Warenbonus wird der bonifizierte Betrag
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A. Vertriebskonzept und Controlling
in Form von unberechneten Mehrlieferungen gewährt. Bei dem häufiger vor kommenden Geldbonus wird der bonifizierte Betrag entweder ausgezahlt oder mit bestehenden oder zukünftigen Forderungen verrechnet (Gutschrift). Zu be denken ist dabei die Bemessungsbasis, so können durchaus nicht alle Umsätze bonifiziert werden, sondern nur reguläre, also nicht Aktionsumsätze, die ohne hin preisreduziert erfolgen. Sinnvoll ist auch, den Bonus nur auf die Effektiv preise zu beziehen. Schließlich kann der Bonus auch erst im Laufe des Folge jahrs ausgewiesen werden. Sofern der Vertrieb durch Absatzhelfer unterstützt wird, erhalten diese für ihre akquisitorische Tätigkeit ein Entgelt als Provision. Dies trifft etwa auf Handels vertreter, Kommissionäre, Makler (dort Courtage genannt) und Versteigerer (dort Aufgeld genannt) zu. Die Höhe der Provision hängt von der jeweiligen vertragli chen Vereinbarung ab, ebenso der Verlauf. Häufig wird ein s-förmiger Verlauf vereinbart, zusätzlich häufig auch ein provisionsfreier Sockelbetrag. Provisionen werden nach Gesetz spätestens bis zum Ende des auf die Provisionsauslösung folgenden Monats zur Auszahlung fällig. Provisionen haben weitgehend variab len Charakter, belasten also weniger die Rendite als mehr den Gewinn. Die Provisionsauslösung kann in verschiedener Weise erfolgen. Meist ist die Auftragseinholung Auslöser. Weitere Auslöser können aber auch eine Delkrede reprovision sein oder eine Inkassoprovision. Delkredereprovision wird fäl lig, sofern ein Absatzhelfer sich für die Bonität eines Abnehmers verbürgt, d. h., verspricht, selbst mit der Zahlung einzuspringen, falls der ursprüngliche Schuld ner nicht zahlt. Dazu bes teht kein Zwang, wenn die se Ver pflich tung je doch eingegangen wird, steht dem Absatzhelfer dafür eine Delkredereprovision zu. Eine Inkassoprovision wird fällig, sofern der Absatzhelfer zugleich den Zah lungseinzug für das vertretene Unternehmen übernimmt (meist bei Kleinliefe rungen aus dem Handlager). Auch dazu besteht keine Verpflichtung, wenn diese Leistung aber übernommen wird, wird sie mit zusätzlicher Inkassoprovision entgolten, da sie über die rein akquisitorische Tätigkeit hinausgeht. Provisionen gehen zulasten des Gewinns. Jedoch sind dagegen die Kosten für einen alternativen Direktvertrieb, also ohne Absatzhelfer, bzw. die Abtretung von Gewinn an die Handelsstufe bei Indirektvertrieb, zu stellen sowie die po sitiven Effekte, die sich aus der akquisitorischen Tätigkeit der Absatzhelfer er geben. Neben solchen planbaren Erlösschmälerungen gibt es vielfache nichtplanbare (siehe Abb. 43). 5.2.3.2 Unbeplante Erlösschmälerungen Bei unbeplanten Erlösschmälerungen handelt es sich um folgende. Gerade bei lang laufenden Projekten und ausgeprägten Preisschwankungen der Produk tionsfaktoren ist es schwierig, sicher zu stellen, dass der Lieferant bei der Ab rechnung real auch den Betrag erlöst, den er bei Angebotsabgabe kalkuliert hat.
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Abb. 43: Unbeplante Erlösschmälerungen
Um ihn gegen Kostensteigerungen abzusichern, kann eine Preisgleitklausel vereinbart werden. Sie dient auch dem Schutz des Abnehmers davor, an zwi schenzeitlichen Kostensenkungen nicht zu partizipieren. Die Gleitung kann sich alle Kostenbestandteile einbeziehen oder sich nur auf einzelne von ihnen, meist Materialkosten oder Lohnkosten, beziehen. Die Preisgleitung berücksichtigt fol gende Elemente: •• den Ausgangspreis bei Vertragsabschluss, •• die Materialkosten zum Endtermin und zum Vertragsabschlusszeitpunkt, •• die Lohnkosten zum Endtermin und zum Vertragsabschlusszeitpunkt, •• der Anteil des Preises, der nicht gleitet, •• die Anteile von Material- und Lohnkosten am Preis. Für den Lieferanten bedeutet eine Preisgleitung nach unten Erlösschmäle rung. Bei einem prozentualen Gewinnaufschlag auf die (Selbst-)Kosten bedeutet dies auch eine Gewinnreduzierung. Bei Einrechnung des Gewinns in absoluter Höhe bleibt der Gewinn, wenn dies durchsetzbar ist, jedoch unverändert. Frag würdig ist dabei die Unterstellung des alleinigen Einflusses der Kosten auf die Preishöhe. Da dem Lieferanten durch die Preisgleitung eine Kostendeckung zugesichert wird, stellt diese eine einseitige Bevorteilung dar. Bei einer Preisfallklausel sichert sich der Abnehmer dagegen ab, dass zwi schen dem Zeit punkt sei ner Be auf tra gung und dem Zeit punkt der Lie fe rung
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A. Vertriebskonzept und Controlling
Preissenkungen stattfinden, an denen er nicht partizipiert. Solche Preissenkun gen kommen etwa infolge technischen Fortschritt zustande, durch hohe Konkur renzintensität oder über die Verminderung der Einstandskosten (Landed Costs) für extern zugekaufte Leistungen. Eigentlich kann die Wirksamwerdung von Preissenkungen mit einem Start termin begrenzt werden, gerade gegenüber nachfragemächtigen Abnehmern ist jedoch eine Preisfallklausel kaum zu verhindern. Dadurch wird der Abnehmer, obgleich sein Auftrag vor Wirksamwerdung der Preissenkung erteilt wurde, so gestellt wird, als sei er danach ergangen. Eine Preissenkung resultiert dann auch für vorher valutierte Aufträge in einer Erlösschmälerung. Gegenüber privaten Abnehmern ist ein solcher Schutz teilweise rechtlich gesichert (z. B. bei Ener gie, Automobilen). Eine Preissicherung im Auslandsgeschäft ist sinnvoll, um sich gegen Paritä tenverschiebungen von Währungen (außerhalb der EU) zu wappnen. Denn wer tet die Abschlusswährung gegenüber der Inlandswährung ab und kann keine Abrechnung in Inlandswährung erreicht werden, gehen Gewinnbestandteile verloren. Eine Absicherung kann durch Devisentermingeschäfte erfolgen. Dabei sichert sich der Kontraktkäufer das Recht zu, die aus der Zahlung des Abneh mers resultierende Fremdwährung zu einem vorab festgelegten Kurs später (auf Termin) verkaufen zu können. Steigt der Währungskurs bis dahin, erleidet er zwar einen Gewinnentgang, hat aber dennoch eine feste Kalkulationsbasis, sinkt der Kurs, vermeidet er hingegen Gewinneinbußen. Dies erfordert einen Stillhal ter, der sich zum Ankauf der Währung verpflichtet und für den sich die Situa tion genau umgekehrt darstellt. Terminkontrakte bedingen allerdings Gebühren, die gegen das Sicherheitsdenken aufzurechnen sind. Bei Optionsgeschäften ist nicht die tatsächliche Umwandlung der Transaktion das Ziel, sondern die Erzielung von Arbitragegewinnen durch Spekulation. Statt auf Währungen können sich die Preissicherungen auch auf Waren beziehen. Solche Warentermin- / -optionsgeschäfte wirken sich auf der Beschaffungsseite des Unternehmens aus. Bei Geschäfts ab schlüs sen au ßer halb des EU-Raums oder sol chen in ei ner Drittwährung stellt sich die Frage der Wechselkurssicherung. Denn ansonsten können die realisierten Erlöse mehr oder minder erheblich von den geplanten nach unten abweichen. Hierfür gibt es zwei Alternativen: Erstens die Hinnahme solcher Risiken in der Hoffnung, dass man davon nicht betroffen sein wird. Oder zweitens das Management solcher Risiken. Eine Möglichkeit zur Risiko vorbeugung sind Devisengeschäfte als Termin- oder Optionsgeschäfte. Bei Ter mingeschäften sichert man sich jetzt einen Wechselkurs für später fällig wer dende Zahlungseingänge. Bei Optionsgeschäften sichert man sich das Recht, aber nicht die Pflicht, zum Verkauf von Devisen zu einem späteren Kurs. Übt man die Option nicht aus, geht der Einschussbetrag allerdings verloren.
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Im Falle von Schlechtlieferung ist Wiedergutmachung gegenüber dem Abneh mer erforderlich. Diese wird im privaten Bereich gesetzlich geregelt (Sachmän gelhaftung), im privaten Bereich zusätzlich und im gewerblichen Bereich gene rell vertraglich (Garantie). Gründe für Gewährleistungen sind vor allem folgende: •• Abweichung der Lieferung von der vereinbarten Beschaffenheit. Diese Be schaffenheit ist entweder vertraglich fixiert oder ergibt sich, wenn die Ware sich nicht für die nach Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet, wenn sie sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet oder eine Beschaffenheit aufweist, die nicht der üblichen von Gütern gleicher Art entspricht. •• Falschlieferung (Aliud). Diese ist gegeben, wenn eine andere als die zugesi cherte Sache geliefert wird oder eine abweichende Menge. Damit entspricht die Ausführung eines Auftrags dann nicht der Bestellung. •• Rechtsmangel. Der Abnehmer kann über die Lieferung nicht so verfügen wie vereinbart (z. B. weil sie mit Rechten Dritter belegt ist). In diesen Fällen entsteht ein Recht auf Nacherfüllung. Diese beinhaltet für gewöhnlich die (meist zweimalige) Nachbesserung und, nachgelagert, die Preis minderung, die Rückabwicklung des Vertrags (Wandlung) oder den Umtausch. Ein Schadensersatz ist möglich, sofern ein Schaden entstanden ist und nachge wiesen wird. Im gewerblichen Bereich kann auch auf Nachbesserung verzichtet werden und eine Vertragsstrafe fällig werden. Abhilfe kann bei letzteren durch Haftungsausschluss erreicht werden, sofern dies im Vertrag durchsetzbar ist. Bei ersteren ist diese Pflicht nicht abdingbar, auch nicht durch AGBs. Die Garantie ist allgemein eine Selbstbindung des Garantiegebers (Lieferant) gegenüber dem Garantienehmer (Abnehmer). Die Garantie begründet eine vom Grundgeschäft unabhängige Leistungsverpflichtung des Garanten und muss zu sätzlich zum Grundgeschäft vertraglich vereinbart werden. Sie ist freiwillig und wirkt verschuldensunabhängig. Garantien sind in vielfältiger Form Gegenstand von Erlösschmälerungen, wenn sie denn in Anspruch genommen werden, so z. B.: •• Bietungsgarantie (darüber, dass der Bieter bei Zuschlag in einer Marktveranstaltung auch den Abschluss tätigt), •• Anzahlungsgarantie (darüber, dass geleistete Anzahlungen bei Nichtab schluss/ Storno rückerstattet werden), •• Erfüllungsgarantie (darüber, dass ein Vertrag vom Verkäufer erfüllt wird), •• Abnahmegarantie (darüber, dass gelieferte Ware auch tatsächlich abgenom men wird), •• Zahlungsausfallgarantie (darüber, dass bei Ausbleiben der Zahlung ein Garant dafür einspringt),
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•• Gewährleistungsgarantie (darüber, dass Mängel während der Gewährleis tungsfrist abgestellt werden). Ziel muss es daher sein, Garantieverträge zu vermeiden oder, wenn dies un vermeidlich ist, dafür Sorge zu tragen, dass der Garantiefall nicht eintritt. Bei Strafen handelt es sich um privatrechtliche Strafzahlungen, die bei Zu treffen bzw. Ausbleiben bestimmter Voraussetzungen fällig werden. Dabei sind zwei Gruppen von Strafen zu unterscheiden. Konventionalstrafen setzen zu ih rem Fälligwerden ein schuldhaftes Verhalten des Lieferanten voraus und sind in ihrer Höhe auf den nachzuweisenden Schaden begrenzt. Ohne Verschulden wird daher keine Zahlung fällig, etwa bei höherer Gewalt (Force majeure). Pönale sind hingegen Strafen, die im (gewerblichen) Vertragsfall unabhängig vom kon kreten Verschulden des Lieferanten und vom Entstehen eines Schadens beim Abnehmer in einer vorgegebenen Höhe fällig werden. Solche Pönale können nur von nachfragemächtigen Abnehmern durchgesetzt werden. Beide Strafarten stellen äußerst unangenehme Erlösschmälerungen dar. Gegen solche Schäden kann eine Betriebsschadenshaftpflichtversicherung abgeschlos sen wer den, die aber ers tens teu er und zwei tens mit ei ner Ma xi mal de ckung versehen ist. Strafen sind nur bei Nachfragemacht durchsetzbar. Anlass kann etwa die Vereinbarung einer Just in Time-Lieferung oder eines Abrufvertrags sein. Da Abnehmer hier lagerlos oder nur mit sehr geringen Pufferlägern arbei ten, bedeutet eine verspätete Anlieferung von Einsatzstoffen beinahe zwangsläu fig eine Betriebsunterbrechung. Diese verursacht neben den zeitabhängigen Fixkosten Einmalkosten für das Herunterfahren der Produktion und deren Wie derhochfahren sowie Erlösausfall i. S. v. Opportunitätskosten. Daher können hier rasch immense Beträge auflaufen. Davon abgesehen ist ein Strafzahlungsanlass immer auch eine Belastung für das Vertrauensverhältnis zwischen Lieferant und Abnehmer und gefährdet akut die Kundenverbundenheit. In wirtschaftlich volatilen Zeiten besteht verstärkt das Risiko des vollständi gen oder teilweisen Debitorenausfalls. Zwar gehört eine Bonitätsauskunft zu den Standardvorkehrungen, gerade bei Geschäftsabschlüssen mit Neukunden oder im Ausland. Die wirtschaftliche Situation kann sich aber, ganz abgesehen von der Belastbarkeit dieser Auskunftsdaten, rapide verändert. Dabei ist vor allem auf die Liquidität abzuheben, also auf die Fähigkeit eines Unternehmens, seinen Zahlungsverpflichtungen betrags- und zeitgetreu nachzukommen. Dies bewirkt unmittelbar einen Insolvenzantrag, wird dieser von der Geschäftsleitung des Abnehmerunternehmens nicht gestellt, besteht die Gefahr der Insolvenzver schleppung. Im Fall der Illiquidität (oder bei juristischen Personen der Über schuldung) droht daher die völlige oder zumindest teilweise Uneinbringlichkeit einer Forderung. Dabei erfolgt im Regelinsolvenzverfahren die Befriedigung der Gläubiger im Anteil ihrer Forderungen am Restvermögen (Masse) des insolventen Unterneh
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mens. Vorab werden aus dem Vermögen jedoch bevorrechtigte, aussonderungsund absonderungsberechtigte Forderungen sowie die Massekosten befriedigt, so dass die Restquote meist ausgesprochen gering bleibt, weitergehende Forderun gen bestehen dann im Regelfall nicht mehr, der Restbetrag ist also abzuschrei ben. Erfolgversprechender ist daher ein Insolvenzplanverfahren, bei dem nicht auf die Abwicklung, sondern auf die Weiterführung des Unternehmens abgezielt wird. Hier muss zwar zunächst auch auf Teile der Forderungen verzichtet wer den, dafür besteht die Hoffnung, nach Gesundung des Unternehmens die restli chen Forderungen doch noch eintreiben zu können, Erlösschmälerungen sind also womöglich nur temporär. Am besten kann man sich vor Debitorenausfällen schützen, indem man Zahlungssicherungen mit dem Abnehmer vereinbart. Eine besondere Stellung nehmen Nicht-Leistungskonditionen ein. Dabei han delt es sich um solche, die nicht auf dem Prinzip von Leistung und Gegenleis tung beruhen, sondern auf purer Nachfragemacht. Die Käufermarktsituation bringt es mit sich, dass Nachfrager sich ohnehin in der stärkeren Position be finden, verbreitete Unternehmenskonzentration führt dazu, dass dies genutzt wird, um Preisnachlässe durchzusetzen, nur weil es geht. Dies ist marktwirt schafts- und wettbewerbsfremd, jedoch meist schwierig zu sanktionieren. Es sagt sich leicht, dass man in solchen Fällen eine Kontrahierung eben ablehnen müsse, aber oftmals besteht eine Abhängigkeit von solchen Nachfragern, weil diese große Teile der Kapazität auslasten und damit über Fixkostendeckung den Bestand des Unternehmens absichern. Als einziger Ausweg kann nur die Errei chung einer Alleinstellung gelten, denn Nachfragemacht findet dort ihre Grenze, wo die Überlebensfähigkeit eines Lieferanten gefährdet wird, für den es keinen adäquaten Ersatz gibt oder in absehbarer Zeit herangezogen werden kann. 5.3
Wertorientierte Steuerung der Gebietserlöse
Die Gebietserlöse können aus intranationaler Sicht oder supranationaler Sicht untersucht werden (siehe Abb. 44). Intranational ist von lokalen, regionalen oder nationalen Gebieten auszugehen. Supranational ist von Einzelländern, Länder gruppen (wie D.A.CH, E.ME.A, The Americas etc.) oder auch allen Ländern gemeinsam auszugehen. Zunächst zu den intranationalen Einteilungen. 5.3.1
Intranationale Gebiete
Als kleinstes Vertriebssegment für die Wertsteuerung gilt das Marktverant wortungsgebiet. Dabei handelt es sich um durch Verkaufsaußendienstler zu bearbeitende Bezirke oder um das Gebiet, das einem Absatzhelfer zugeordnet ist oder um den vereinbarten Raum einer Vertriebsbindung im Handel. Im Re gelfall ist für diese Gebiete Gebietsschutz vereinbart, d. h. einseitig, dass der Hersteller nur den betreffenden Mitarbeiter, Absatzhelfer oder Absatzmittler mit
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A. Vertriebskonzept und Controlling
Abb. 44: Aufschlüsselung der Gebietserlöse
der Bearbeitung des Gebiets betraut, zweiseitig, dass diese nicht in andere Ge biete hineinakquirieren dürfen (soweit dieses Verbot rechtlich zulässig ist). Für die Erlöse werden den Partnern zumeist Standards vorgegeben, die sich am Durchschnitt der anderen Bezirke / Gebiete bemessen. Sinnvollerweise wird dies gewichtet um die Kaufkraft / das Budget im betreffenden Gebiet. Entspre chend kommt es zu einer Unter- oder Überausschöpfung dieser Standards. Dies ist gängiger Maßstab zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Partner. Mehrere Marktverantwortungsgebiete werden zu Vertriebsregionen zusam mengefasst, meist in Analogie zu Bundesländern oder Nielsen-Gebieten (I – VII). Die Vertriebsregion wird häufig als Center geführt, d. h. ist nicht nur für die Erlöse, sondern auch für die Kosten (Profit Center), möglicherweise aber auch für Investitionen und Budgetierung zuständig. Inwieweit daraus eine Ver antwortlichkeit folgt, hängt wesentlich vom Ausmaß der Entscheidungsautono mie ab. Je autonomer eine Vertriebsregion in ihren Entscheidungen ist, desto mehr hat sie die sich dabei herausstellenden Ergebnisse zurechnen zu lassen. Je mehr Vorgaben einer Vertriebsregion zentral gemacht werden, desto eher kann sie sich bei unzureichenden Ergebnissen exkulpieren, da diese ja unter mehr oder minder großer Einwirkung der Zentrale zustande gekommen sind. Insofern ist ein hohes Maß an Autonomie wünschenswert. Dieses führt je doch zu erheblichen Fliehkräften innerhalb der Organisation, wobei die Corpo rate Identity des Unternehmens unterzugehen droht, vermeidbare Reibereien zwischen Regionen auftreten und Synergien, etwa im Back Office-Bereich, nur unzureichend genutzt werden. Der Erfolg wird wiederum durch Vergleich der Erlöse in der betreffenden Region mit dem Durchschnitt der Regionalerlöse gemessen, gewichtet mit deren Einflussgrößen.
5.3.2
5. Vertriebsüberprüfung und -überwachung165
Supranationale Gebiete
Ein Land stellt für national tätige Unternehmen die größte Gebietseinheit dar, für international tätige zugleich die kleinste. Dabei werden alle Vertriebsregio nen eines Nationalstaats zusammengefasst. Daraus entstehen bei nationalen Unternehmen die Gesamterlöse, die dann auf Vertriebsregionen und Markt verantwortungsgebiete hin heruntergebrochen werden können. Bei internationa len Unternehmen können zudem Ländervergleiche hinsichtlich der Erlöse vor genommen werden, wobei die abweichenden Strukturen der Länder zu berück sichtigen sind. Gemessen am gewichteten Durchschnitt ergeben sich dann Länder mit Nachholbedarf im Vertrieb, hier ist über entsprechend geeignete Maßnahmen zu beraten, und Länder, die High Performer sind, hier muss ana lysiert werden, welche Ursachen dafür in Betracht kommen und ob diese auf geringer leistungsfähige Landesmärkte übertragen werden können. Tatsächlich sind aber die meisten Unternehmen, gerade auch im Klein- und Mittelstand, zwischenzeitlich ländergrenzenüberschreitend tätig, bearbeiten also verschiedene Landesmärkte. Um die Steuerung dabei übersichtlicher zu gestal ten, werden zumeist benachbarte Länder zu Ländergruppen zusammengefasst (wie Deutschland / Österreich / Schweiz – DACH, Europa / Mittlerer Osten / Asien – EMEA). Unterstellung ist dabei, dass diese räumlich beieinander liegenden Märkte in ähnlicher Weise zu bearbeiten sind. Ob dies zutrifft, ist fraglich, da gerade Nachbarländer sich erheblich in ihren Strukturen voneinander unter scheiden. Absicht ist aber, die Komplexität der internationalen Erlösentstehung zu reduzieren. Als Maßstab werden dabei meist vorhanden oder vermutet ähn liche Kulturen unterstellt, bei feinerer Austarierung auch eine gemeinsame Spra che. Verbunden damit ist eine geringere Zielgenauigkeit von Vertriebsaktivitä ten, da gemeinsame kleinste Nenner den Ausschlag geben. Häufig wird auch einem Land innerhalb der Ländergruppe eine Führungsposition zuerkannt. Ak tivitäten werden dann auf die anderen Länder der Gruppe übertragen oder zu mindest adaptiert. Bei der Unübersichtlichkeit internationaler Aktivitäten ist dies oft die einzige Chance, ein angemessenes Handling sicherzustellen. Alternativ ist denkbar, alle internationalen Märkte zusammenzufassen und deren kumulierte Erlöse als Maßstab zu nehmen und zu analysieren. Dies gilt vor allem für Produkte, die kulturunabhängig vermarktet werden können und Kundenstrukturen, die global verstreute Standorte aufweisen. Diese Merkmale sind dann die einenden Größen, die eine Anpassung im Vertrieb angezeigt er schei nen las sen. Bei die ser He li ko pter sicht droht je doch, der Blick auf den einzelnen Landes- oder auch Regionalmarkt verloren zu gehen. Insofern ist eine Gratwanderung erforderlich, zwischen soviel Zentralisation, dass eine konsis tente Vertriebsstrategie eingehalten, und soviel Dezentralisation, dass auf die Bedingungen der Teilmärkte angemessen eingegangen werden kann. Hier ist anzunehmen, dass durch zuviel Zentralismus, etwa im Rahmen des Global Mar keting-Postulats, erhebliche Erlöschancen auf den einzelnen Gebietsmärkten
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A. Vertriebskonzept und Controlling
liegen gelassen werden. Auch ist häufig eine unnötig starke Heimatmarktorien tierung bei Entscheidungen vorzufinden, etwa aufgrund ethnischer Herkunft des Top-Managements. Nur wenige Geschäftsmodelle lassen sich zudem wirklich internationalisieren. 5.4
Wertorientierte Steuerung der Kundenerlöse
Die Wertorientierung der Kundenerlöse ist zentrale Existenzvoraussetzung jedes Unternehmens. Tatsächlich ist die Operationalisierung dieser Erkenntnis nicht weit fortgeschritten. In der Kosten- und Leistungsrechnung sind traditio nell Produkte als Kostenträger zentral. Eine Ausrichtung an Kunden bedarf daher einer Neuausrichtung. Weiterhin sind Werte als solche schon immer sub jektiv, und auch Kundenwerte entziehen sich weitgehend einer Objektivierung. Insofern bleibt zwar viel Raum für weitere Klärungen, der Stand der Technik wird aber nachfolgend dargestellt. 5.4.1
Statischer Kundenwert
Kundenwertbetrachtungen (Customer Equity) zur Analyse der Erlöse haben, freilich auf deskriptiver Basis, eine lange Tradition (siehe Abb. 45). So gibt es dafür verschiedene Verfahren. Am weitesten verbreitet dürften hier Scoring-Ver fahren sein. Diese formen als hinreichend eindeutig angesehene Anhaltspunkte für die Kundenbedeutung im Unternehmen in Punktwerte um. Am bekanntesten ist wiederum wohl das R(Recency) F(Frequency) M(Monetary Ratio)-Verfahren (RFMR). Dabei wird die Kundenbedeutung durch drei Kriterien als Score (R) abgeleitet, aus:
Abb. 45: Messung des Statischen Kundenwerts
5. Vertriebsüberprüfung und -überwachung167
•• der Frist, die seit der letzten Auftragserteilung vergangen ist (R), •• der Häufigkeit der Auftragserteilung in einem gegebenen Zeitabschnitt (F), •• dem Umsatzwert der in diesem Zeitabschnitt erteilten Aufträge (M). Ein Kunde erhält umso mehr Punkte zugerechnet, je weniger Zeit seit seiner letzten Auftragserteilung vergangen ist, je häufiger er in einem gegebenen Zeit abschnitt bestellt hat und je höher der Auftragswert dieser Bestellungen war. Entsprechend der Gesamtpunktzahl können dann abgestufte Aktivitätslevels in Be zug auf den Kun den der art be stimmt wer den, dass Kun den mit hö he ren Punktwerten intensiver betreut werden als Kunden mit niedrigeren Punktwer ten. Ein anderes verbreitetes Scoring-Verfahren ist das F(Frequency) R(Recency) A(Amount of Purchase) T(Type of Merchandise)-Verfahren (FRAT). Dabei wird die Kundenbedeutung aus vier Kriterien abgeleitet, aus: •• der Häufigkeit der Auftragserteilung in einem gegebenen Zeitabschnitt (F), wie oben, •• der Frist, die seit der letzten Auftragserteilung vergangen ist (R), wie oben, •• dem Umsatzwert der in diesem Zeitabschnitt erteilten Aufträge (A), wie oben, •• der Art der bestellten Ware in Abhängigkeit von deren Ertragskraft (T). Damit wird zusätzlich noch differenziert, ob ein Kunde deckungsbeitrags starke Waren bezogen hat oder nicht. Beide Verfahren leiden jedoch eindeutig unter der Willkür der Einteilungskri terien (wieso gerade diese und nicht andere wie Beschwerderaten, Zahlungsver halten, Kundenimage etc.) und auch der Willkür der Bewertungsgrenzen. Wei tere Willkürelemente kommen durch die Punkteabstufung und noch eine häufig vorgenommene Gewichtung der Kriterien hinzu. Vor allem aber ist die Bewer tung nur vergangenheitsbezogen. Ob die angegebenen Werte insoweit taugliche Indikatoren für die Gestaltung zukunftsbezogener Beziehungen zu Kunden sind, darf erheblich bezweifelt werden. Die Aussagefähigkeit für den Kundenwert ist damit sehr gering. Daher bedarf es analytischer Verfahren. Häufig wird auch der Umsatz im Geschäftsjahr als Basis für eine Kunden einteilung genommen (ABC-Analyse). Dabei handelt es sich um eine grafische Darstellung als Matrix mit den Umsätzen auf der Ordinate und den Kunden in absteigender Reihenfolge ihrer Umsätze auf der Abszisse. Erfahrungsgemäß er gibt sich dabei die Erkenntnis, dass relativ wenige Kunden einen relativ großen Anteil der kumulierten Umsätze auf sich vereinen (Pareto-Regel). Die umsatz wichtigeren Kunden (A-Kunden, ca. 20 %) werden dann mit intensiveren Be treuungsmaßnahmen versehen als die umsatzunwichtigeren (B-Kunden, ca. 30 %), da sie die Aussicht auf eine bessere Geschäftsentwicklung versprechen. Die restlichen Kunden (C-Kunden, ca. 50 %) werden nur nachrangig betreut.
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Abgesehen davon, dass es sich hierbei bestenfalls um eine Gegenwartssicht handelt, sagt der Umsatz auch wenig über die Ertragskraft eines Kunden aus. Daher kann dieses Verfahren statt mit Umsätzen auch mit Gewinnen oder, in folge der Kostenrechnungsproblematik, mit Deckungsbeiträgen vorgenommen werden. Dafür werden die Kundenumsätze in Einzelaufträge zerlegt, und für jeden Auftrag wird der kundenindividuelle Gewinn oder Deckungsbeitrag ermit telt und aufaddiert. Diese Erkenntnisse können weiter entwickelt werden, indem die entscheiden den Größen (marktbezogener) Umsatz, intervallskaliert, und (unternehmens bezogener) Gewinn bzw. Deckungsbeitrag, ebenfalls intervallskaliert, in Form einer Matrix gegenüber gestellt werden. Daraus ergeben sich bei grober Eintei lung vier Felder einer Matrix, denen jeweils, analog zu Portfolios, Normstrate gien zugeordnet werden können. Jeder Kunden kann dann entsprechend seiner Umsatz- und Gewinn- bzw. Deckungsbeitragswerte in der Matrix abgetragen werden. Das Feld, in dem er danach landet, bestimmt somit das auf ihn anzu wendende Kundenmanagement. Zusätzlich kann die Dauer der Geschäftsbezie hung zu einem Kunden als Kreisgröße in dieser Matrix abgetragen werden, so dass dessen Entwicklungspotenzial zumindest tendenziell berücksichtigt wird. Auch hierbei handelt es sich aber um eine Vergangenheits-, bestenfalls Ge genwartssicht, außerdem ist das Blickfeld der Aktivitäten auf bestehende Kun den verengt. Alle genannten Verfahren setzen sich zudem nicht näher mit dem Kundenlebenszeitwert auseinander, sondern begreifen der Einfachheit halber andere Größen als Maßstab für das Kundenmanagement. Da ein wesentliches Element des Managementkreislaufs aber die Planung ist, also ein explizit zu kunftsorientiertes Element, bedarf es zu einer sachkundigeren Analyse der Be rücksichtigung auch der Zukunftssicht. Dazu ist allerdings der Kundenlebens zeitwert in seine Einzelelemente zu zerlegen, diese Einzelelemente sind Einzah lungen in Kunden und Auszahlungen von Kunden. 5.4.2
Dynamischer Kundenwert
5.4.2.1 Schlüsselgrößen zur Ermittlung Der Kundenlebenszeitwert (Customer Lifetime Value) ist derjenige Betrag, der sich als kumuliertes Kundenergebnis aller Aufträge mit einem Kunden im Zeitablauf seiner Geschäftsbeziehung diskontiert ergibt. Werden den kumulierten Erträgen aus Kundenaufträgen die kumulierten Auf wendungen zur Akquisition und laufenden Betreuung dieses Kunden und seiner Aufträge gegenüber gestellt, ergibt sich als Differenz daraus der (positive oder negative) Kundenwert. Die Ermittlung des Kundenlebenszeitwerts ist daher ein ausgesprochen komplexer Vorgang. Hinzu kommt, dass alle Aufwendungen und Erträge im Zeitablauf entstehen, also zuerst finanzmathematisch auf einen ge
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meinsamen Zeitpunkt, regelmäßig den Entscheidungszeitpunkt, diskontiert wer den müssen, um sie vergleichbar zu machen. Dabei gibt es: •• Aufwendungen der Vergangenheit und Erträge der Vergangenheit, die auf ei nen Gegenwartszeitpunkt aufgezinst werden müssen, •• Auf wen dun gen der Zu kunft und Er trä ge der Zu kunft, die auf den Ge gen wartszeitpunkt abgezinst werden müssen. Für den Kundenlebenszeitwert sind drei Begriffselemente zentral: die Kun deneigenschaft, die Auftragsentstehung und das Kundenergebnis. Zunächst stellt sich pragmatisch die Frage, wer eigentlich genau Kunde ist (siehe Abb. 46). Den weitesten Kundenkreis stellen alle jemals beauftragenden Geschäftspartner dar. Darunter befinden sich jedoch erfahrungsgemäß eine Men ge „Kar tei lei chen“, so dass für die Auftraggebereigenschaft eine höhere Anforderung zu stellen ist. Empfehlenswert ist die Voraussetzung einer Beauf tragung innerhalb der dreifachen Frist des durchschnittlichen Wiederkaufs für diese Produktart. Dafür ist für jeden Kunden zunächst das bestellte Produkt zu identifizieren. Für jede Produktart des Programms, bei inaktuellen Produkten entsprechende Nachfolgeprodukte, bei nicht mehr sortimentierten Produkten vergleichbare andere, ist sodann der Wiederkaufzyklus zu bestimmen. Bei allen ehemaligen Auftraggebern, denen nun nicht mehr die Kundeneigenschaft zuge schrieben wird, weil ihre Beauftragung länger zurückliegt als es dem dreifachen Wiederkaufzyklus entspricht, ist jedoch unbedingt zu recherchieren, was aus ihnen geworden ist, wo sie jetzt bestellen und warum sie gewechselt sind. Häu fig sind Kunden nur in der Organisation vernachlässigt und damit der Konkur renz geradezu in die Arme getrieben worden. Bei den ak tu el len Kun den ist zu klä ren, wel che Organisationseinheit den Auftrag genau erteilt. Häufig geschieht dies formell auf Konzernebene, aber auch auf Einzelunternehmensebene, auf Betriebsebene oder auf Spartenebene
Abb. 46: Mögliche Kundeneigenschaft
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(Division). Entsprechend können im Einzelfall mehr oder minder aggregierte Organisationseinheiten als Kunden gelten. Allerdings sagt die formelle Auf tragserteilung wenig über die tatsächliche Beschaffungsentscheidung aus. Hier ist es denkbar, dass Auftragserteilungen, etwa für die Ausübung von Nachfra gemacht, immer auf der höchsten Organisationsebene erfolgen, es ist aber auch denkbar, dass jede Organisationseinheit für sich bestellt, evtl. unter Nutzung übergeordnet ausgehandelter Rahmenvereinbarungen. Dann kann dies wiederum funktional durch die Einkaufsabteilung erfolgen, die allein zur externen Beauf tragung legitimiert ist, um externe Beauftragungen besser kontrollieren zu kön nen, oder objektbezogen durch einzelne Sparten, die produkt-, kunden- oder gebietsbezogen organisiert sind. Entscheidend ist die Organisationseinheit, in der tatsächlich die Beschaf fungsentscheidung fällt. Dies ist häufig extern schwierig einzuschätzen. Dann bleibt es aber immer noch erforderlich, die Personen zu identifizieren, welche den Beschaffungsentscheid fällt. Häufig sind dabei mehrere Personen einbezo gen, die in von außen nur schwer durchschaubarer Weise interagieren. Genau diese Personen aber sind die eigentlichen Kunden, denn Geschäftsbeziehungen werden immer zwischen Menschen unterhalten, so auch zwischen Menschen im liefernden und bestellenden Unternehmen. Diese Auslegung ist freilich ausgesprochen anfällig gegen Personalfluktua tion, wie sie in vielen Branchen auf Auftragnehmer- und Auftraggeberseite verbreitet anzutreffen ist, sei es durch Arbeitgeberwechsel oder auch nur durch die beliebten Job Rotations. Solche Veränderungen bedrohen daher den Kun denwert erheblich und bedürfen großer Aufmerksamkeit. Vor allem geht es darum, den bereits vom / beim Vorgänger aufgebauten Goodwill für / auf den Nachfolger zu übertragen. Dies gelingt nur, wenn neben den objektiven Auf tragsdaten auch die „Chemie“ zwischen Kundenmanager und Kunde stimmt. Vor allem Unternehmenszusammenschlüsse haben hier häufig eine verheerende Wirkung auf die Kundenbeziehungen. Dabei spielt die Einstellung der Entscheider in Bezug auf Veränderungen in der Lieferantenstruktur eine große Rolle. So gibt es Promotoren, die eher die Chancen in einer Veränderung sehen und etwaige Risiken demgegenüber unter gewichten. Aber auch die Opponenten, die Veränderungen im Unternehmen grundsätzlich ablehnend gegenüber stehen, weil sie deren Risiken höher schät zen als die Chancen. Wichtig ist es daher, die Promotoren zu gewinnen und für sich einzunehmen. Reicht deren Machtbasis aus, sich gegen Opponenten durch zusetzen, ist der Weg frei. Noch schwieriger ist der Fall bei Einkaufsgremien gelagert, wenn also nicht eine Person allein, sondern mehrere Personen gemeinsam über eine Auftragser teilung entscheiden. Dann interagieren verschiedene Entscheidertypen miteinan der und wirken in von außen kaum erkennbarer Weise auf das Ergebnis ein. Wichtig ist es hier, zunächst die an der konkreten Beauftragung beteiligten
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Abb. 47: Alternative Kundenergebnisse
Personen zu identifizieren, dann ihren Informationsbedarf zu erkennen und zu bedienen, und dies bevorzugt bei solchen Personen, deren Entscheidungsanteil in der Gruppe am höchsten ist. Dass ist freilich ein schwieriges Unterfangen. Bei der Konzeptgröße Kundenergebnis sind vor allem drei Optionen denkbar (siehe Abb. 47). Die am einfachsten zu ermittelnde Größe ist der Umsatz. Er ergibt sich durch Addition aller Auftragsgrößen in der Zeit. Dabei darf aller dings nur der Nettoumsatz zugrunde gelegt werden, also der Bruttoumsatz nach Abzug aller Erlösschmälerungen. Bei diesen Erlösschmälerungen kann es sich um Drein gaben je Auftrag (z. B. Skonto, Rabatte) oder Dreingaben im Zeit ablauf (z. B. Boni, Rückvergütungen) oder Draufgaben im Zeitablauf handeln (z. B. Garantieleistungen, Warengutschriften). Der Umsatz sagt jedoch wenig über den Kundenwert, da dieser u. a. vom Mix der bestellten Waren und deren Gewinnträchtigkeit abhängt. Daher ist als weitere Konzeptgröße der Rohgewinn denkbar, d. h. der Saldo aller auftragsspezifischen Umsätze zu allen auftragsspezifischen Kosten. Dies setzt freilich voraus, dass der Gewinn je Auftrag bzw. kumuliert im Zeitablauf auszuweisen ist. Dies wiederum setzt voraus, dass die Kosten kundenspezifisch aufgeschlüsselt werden können. Da die Kostenrechnungsstrukturen in Unterneh men aber meist produktbezogen ausgerichtet sind, erfordert dies eine Änderung der Strukturen der internen Rechnungslegung in Richtung Kostenträger Kunde. Selbst dann ergibt sich das Problem, dass ein immer größerer Anteil am Kos tenblock von Fixkosten gebildet wird, die nur willkürlich auf Kunden geschlüs selt werden können und daher das entscheidungsbezogene Ergebnis verzerren. Daher ist als praktikabelste Größe der Deckungsbeitrag anzusehen, d. h. der Überschuss der kundenspezifischen Umsätze über die diesen zurechenbaren va riablen Kosten. Auch dies setzt eine Ausrichtung der Kostenrechnungsstrukturen auf die Erfolgsgröße Kunde voraus, allerdings wird dabei auf die problemati
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sche Schlüsselung des Fixkostenblocks verzichtet. Allerdings birgt dies die Gefahr unzweckmäßiger Entscheidungen, denn da ein immer größerer Anteil am Kostenblock von Fixkosten gebildet wird und diese bei der Erfolgsgröße Deckungsbeitrag außen vor bleiben, wird die Entscheidung auf Basis eines im mer kleineren Kostenanteils gefällt, was ein großes Unsicherheitsmoment birgt. Die Fixkostenlastigkeit rührt vor allem von der Anlagenintensität der Produk tion und dem hohen Administrationsanteil zur Komplexitätsreduktion immer größerer Unternehmen her. Der Königsweg ist die Strukturierung der Kostenrechnung mittels der De ckungsbeitragsrechnung mit relativen Einzelkosten. Dabei wird, anders als in der traditionellen Deckungsbeitragsrechnung, die nach variablen und fixen Kos ten unterscheidet, wie in der traditionellen Vollkostenrechnung nach Einzel- und Gemeinkosten unterschieden. Anders als dort werden jedoch Teilkostenebenen zur Entscheidung unterteilt. Dabei wird versucht, möglichst alle kundenspezifi schen Kosten der sie verursachenden Entscheidungsebene zuzurechnen. Kosten anteile, die auf einer bestimmten Entscheidungsebene nicht einzeln zugerechnet werden können, also Gemeinkosten dieser Ebene darstellen, werden als Einzel kosten auf der darüber liegenden Ebene erfasst. Jeweils wird versucht, die Kos ten auf der nied rigst mög li chen Ebe ne zu zu rech nen, es sei denn, dies ist zu aufwändig (unechte Gemeinkosten). Alle nicht weiter zurechenbaren Kosten werden auf der höchsten Ebene als Einzelkosten zugerechnet. Damit ist eine weitestgehende, theoretisch saubere Zurechnung der anfallenden Kosten auf Kunden möglich, jedoch ist dazu ein völliger Umbau der Kostenrechnungs strukturen erforderlich. Wegen der daraus folgenden Komplexität ist der Einsatz dieses Verfahrens in der Praxis allerdings ausgesprochen selten. 5.4.2.2 Kapitalwertmethode als Rechenbasis Nach der Kapitalwertmethode ergibt sich der Kundenlebenszeitwert als Dif ferenz aller aufgezinsten Zahlungssalden der Vergangenheit und aller abge zinsten Zahlungssalden der Zukunft. Ein positiver Kapitalwert bedeutet dem nach, dass die kumulierten, zeitlich bereinigten Einzahlungen in einen Kunden von den kumulierten, zeitlich bereinigten Auszahlungen von diesem Kunden übertroffen werden. Allerdings sind zur Ermittlung des Kapitalwerts eine Reihe von Stellgrößen zu bestimmen. Zunächst stellt sich die Frage nach der Wahl des Zinssatzes, mit dem die jeweiligen Ein- und Auszahlungen berechnet werden. Denn die Höhe des Zinssatzes hat naturgemäß entscheidenden Einfluss auf die Höhe des Kapi talwerts bzw. des Kundenlebenszeitwerts. Als Basis wird ein Zinssatz gewählt, der bei alternativer Verwendung der Einzahlungen für eine risikolose Kapitalmarktanlage erzielbar ist. Denn dem Unternehmen stellen sich die Alternativen der Investition von Geldbeträgen in
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den Aufbau und Unterhalt einer Kundenbeziehung, um daraus Auszahlungen zu erreichen, die höher liegen als diese Investition, oder statt dessen der Verwen dung dieser Geldmittel für die Anlage in risikolosen Wertpapieren, um daraus eine marktübliche Verzinsung zu erzielen. Ein positiver Kapitalwert besagt un ter diesen Voraussetzungen, dass die Kundenbeziehung über die Auszahlungen, die alternativ bei Kapitalmarktanlage erzielbar sind, hinaus einen Überschuss erbringt. Ein negativer Kapitalwert besagt dann, dass es für das Unternehmen günstiger ist, die Kundenbeziehung aufzugeben und dadurch freiwerdende Geldbeträge entweder am Kapitalmarkt anzulegen oder in Beziehungen zu an deren Kunden zu investieren. Ein negativer Kapitalwert besagt also noch nicht, dass die Kundenbeziehung nicht lohnend ist, sondern nur, dass sie relativ zu einer alternativen Anlage zum Marktzins, weniger lohnend ist als diese. Von mehreren Kapitalwerten sind die Kundenbeziehungen mit dem höchsten Kundenlebenszeitwert die Besten. Aller dings stellt sich dabei das Problem der Wahl des Zinssatzes, dieser schwankt durchaus im Zeitablauf, so dass die Kapitelwerte stetig neu zu berechnen sind. Im Übrigen ist fraglich, ob ein Unternehmen wirklich die Alternative der Kapi talmarktanlage sieht, denn der Unternehmenszweck besteht, außer bei Banken, nicht in der gewinnbringenden Verleihung von Geldmitteln, sondern in der Ver folgung eines Sachziels. Zusätzlich hat ein Unternehmen wohl höhere Erfolgs erwartungen als ein konservativer Investor. Der Vergleich der Kapitalwerte verschiedener Kunden weist unter diesen Vo raussetzungen deren unterschiedliche Gewinnträchtigkeit aus. Dies ist aber nur der Bruttokundenlebenszeitwert. Denn zweifellos ist die Investition in eine Kundenbeziehung risikohaltiger als diejenige in eine mündelsichere Kapital marktanlage. Daher ist über den zugrunde gelegten Marktzinssatz hinaus eine Verzinsung zu fordern, die auch das ungleich höhere Risiko bei der Investition in den Auf bau und Unterhalt einer Geschäftsbeziehung zu Kunden kompensiert. Es reicht also für diese Zwecke mitnichten ein Marktzinsniveau aus, sondern dieses muss entsprechend um einen Risikozuschlag erhöht werden. Ein positiver Kapitalwert besagt dann unter diesen Voraussetzungen, dass die Kundenbeziehung über die Auszahlungen, die alternativ bei Kapitalmarktanlage erzielbar sind, hinaus einen Überschuss erbringt, der höher liegt als die unternehmensindividuell für erfor derlich angesehene Risikokompensation aus der Geschäftstätigkeit. Ein negati ver Kapitalwert besagt dann, dass es für das Unternehmen günstiger ist, die Kundenbeziehung aufzugeben und dadurch freiwerdende Geldbeträge in Bezie hungen zu anderen Kunden zu investieren, die eine Verzinsung oberhalb des Marktzinsniveaus erbringen und als weniger risikohaltig anzusehen sind. Bei der Ermittlung dieses Risikozuschlags, etwa nach der CAPM(Capital As set Pricing Model)-Methode, ist insofern kundenindividuell vorzugehen. Das heißt, jede Kundenbeziehung ist hinsichtlich ihrer Risikoträchtigkeit zu bewer
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ten. Aus Praktikabilitätsgründen bietet es sich an, Kunden gleicher oder ähnli cher Risikohaltigkeit in Klassen mit einheitlichem Risikokapitalzinssatz zusam menzufassen. 5.4.3
Stellgrößen zur Kundenwertermittlung
Zentrale Begriffe der Kundenwertermittlung sind die Quellen für Einzahlun gen in Kunden und die Quellen für Auszahlungen von Kunden. Einzahlungen resultieren wie schon erwähnt im Wesentlichen aus Aufwendungen zur Erstak quisition, zur laufenden Betreuung, für Cross Selling, für Weiterempfehlung an Dritte, für die Kundenreaktivierung, die Kündigungsrückgängigmachung, die Kundenrückgewinnung und den Kundenlieferanteilsausbau. Auszahlungen re sultieren wie erwähnt im Wesentlichen aus Erträgen des Erstauftrags, der Folge aufträge, dem Ausbau der Lieferantenbeziehung, von Drittaufträgen aus Weiter empfehlung, aus Informationsnutzen, aus Kooperationsnutzen, aus Neuauftrag nach Kundenreaktivierung und aus Kundenkapitalisierung (siehe Abb. 48). 5.4.3.1 Positionen für Einzahlungen Kundenbeziehungen können in aller Regel nicht aufwandslos etabliert wer den. Vielmehr ist ein Initialaufwand erforderlich, um in Frage kommende Kun den zu sichten, präferierte Kunden anzusprechen, sich als potenzieller Auftrag nehmer zu präsentieren und den Erstauftrag zu akquirieren. Da die Märkte weit überwiegend durch eine Käufermarktsituation gekennzeichnet sind, also inten siver Wettbewerb um Kunden besteht, werden die für die Erstakquisition zu investierenden Geldbeträge immer größer. Zugleich steigt damit auch das Ri siko, denn kommt es nicht zum Erstauftrag oder bleibt es allein beim Erstauf trag, reichen die damit erzielten Rückflüsse zumeist nicht aus, die Initialinves tition auch nur annähernd zu kompensieren. Damit aber bleibt ein negativer Kundenwert und eine Einschränkung im operativen Ergebnis. Um dieses Risiko zu vermindern, stehen mehrere Einflussgrößen zur Verfü gung. So sind an die Sichtung potenzieller Kunden umso strengere Maßstäbe anzulegen, als je aufwändiger die Erstakquisition anzusehen ist. Es sollten nur solche Kunden akquisitorisch kontaktiert werden, deren Gewinnträchtigkeit tat sächlich erhärtet ist. Auch ist die Angebotserstellung zu prüfen. Häufig sind Angebote in Konkurrenz zu anderen Anbietern in Ausschreibungen abzugeben. Liegt dabei ein einheitlicher Pflichtenkatalog zugrunde, kann die Erfolgschance nur dann über den Preis hinaus erhöht werden, wenn ein gesondertes Angebot mit Kundennutzen stiftender Auslegung abgegeben wird. Möglichst ist die Pitch-Situation zu vermeiden, indem im Vorfeld der Auftragsvergabe proaktiv auf die Kundenentscheidung zu eigenen Gunsten eingewirkt wird. Bei abgege benen Angeboten ist zudem eine Angebotsverfolgung unerlässlich. Zum einen,
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Einzahlungen
Auszahlungen
in Kunden
von Kunden
Erstakquisition
Erstauftragserlös
laufende Betreuung
Folgeauftragserlöse
Cross Selling
Mehrfachauftragserlöse
Weiterempfehlungspotenzial
Weiterempfehlung
Kundenreaktivierung
Neuauftrag nach Kundenreaktivierung
Kündigungsrückgängigmachung
Informationsnutzen
Kundenrückgewinnung
Kooperationsnutzen
Kundenlieferanteilsausbau
Ausbau der Lieferantenbeziehung
Abb. 48: Einzahlungen in Kunden/Auszahlungen von Kunden
um Missverständnisse im Kundenverständnis vorzubeugen, zum anderen, um evtl. Nachbesserungen durchsetzen zu können. Selbst wenn das nicht gelingt, entsteht aus den Gründen für die Ablehnung eines Angebots ein Lerneffekt, der die Zuschlagswahrscheinlichkeit bei der nächsten Angebotsabgabe erhöht. Inso fern sollte immer nachgehakt werden, was kein verständnisvoller Partner ver weigern wird. Darüber hinaus ist anzustreben, Kunden über den Erstauftrag hinaus während eines gewissen Zeitraums zu binden, um damit die Chance auf Refinanzierung
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getätigter Investitionen zu erhöhen. Ob entsprechende vertragliche Vereinbarun gen durchsetzbar sind, hängt von der Marktposition des Anbieters relativ zum Nachfrager ab. Es entstehen aber nicht nur Aufwendungen für die Erstakquisition, sondern auch solche für die laufende Betreuung eines Kunden. Kunden binden durch ihre Interaktion Ressourcen im Unternehmen, die kostenbewehrt sind. Die Aufwands hö he ist ab hän gig von der Kun den wer tig keit, aber durch aus auch von der Kundengröße. Denn hinter der Betreuung von Kunden stehen Geschäftsprozesse, die, unabhängig vom Auftragsvolumen eines Kunden, in vielen Fällen immer gleich aufwändig sind. Diese Prozesskosten legen sich jedoch mit steigendem Auftragswert immer besser je Einheit um. Dies spricht für eine Konzentration der Betreuung auf relativ wenige große Kunden. Für eine breitere Auffächerung des betreuten Kundenkreises spricht jedoch einerseits die Möglichkeit einer gewissen Risikostreuung über diese Kunden hinweg und andererseits die Tatsache, dass auch „große“ Kunden einmal „klein“ gestartet sind. Wird die Betreuung von Kunden mit geringerem Auftragsvolumen daher abgelehnt oder zumindest redu ziert, besteht die Gefahr, dass damit eine Beziehung in einem frühen Stadium gekippt wird, die im Zeitablauf sehr profitabel hätte werden können. In dem Maße, wie eine Kundenbeziehung gefestigt ist, besteht die Möglich keit, die Auftragsbeziehung auf eine breitere Basis zu stellen, indem über die bestehenden Produkte und Organisationseinheiten hinaus weitere Aufträge ange bahnt werden. Dabei ist zunächst an die Erweiterung der Auftragsbasis auf andere Produkte im eigenen Programm zu denken. Dann an die Erweiterung der Auftragsbasis auf andere Organisationseinheiten beim Kunden und die Erweite rung der Auftragsbasis für andere Vertriebsgebiete durch interne Weiterempfeh lung. Akquisition durch Cross Selling ist die vergleichsweise sparsamste Form der Ausweitung der Kundenbasis. Dies gelingt umso besser, als ein interner Vorverkauf des Anbieters durch bereits in Interaktion befindliche Kundenmitar beiter erfolgt. Weiterhin besteht ein Informationsvorsprung vor externen Kon kurrenten um einen Auftrag, da die Kultur und Geschäftsprozesse des Kunden unternehmens bereits vertraut sind und eine Neugeschäftsanbahnung zielgerich tet gestaltet werden kann. Im Zuge dieser Gestaltung fallen jedoch unzweifelhaft wiederum Aufwendungen zur Erzielung von Cross Selling an. Aus zufriedenstellend abgewickelten Aufträgen ergibt sich ein erhebliches Weiterempfehlungspotenzial, da die Geschäftspartner einer Funktion oder Ebene unternehmensübergreifend in Kontakt untereinander stehen. Häufig wird auch die Angabe von Referenzen ausdrücklich als Voraussetzung für eine neue Auf tragsvergabe verlangt. Daher kommt es zu einem positiven Multiplikationseffekt aus der erfolgreichen Geschäftstätigkeit für einen Kunden auf andere potenzi elle Kunden. Ebenso wie diese positive Multiplikation kommt es aber auch, und zwar erfahrungsgemäß in noch weitaus höherem Maß, zur negativen Multipli kation im Falle einer unzufriedenheitsstiftenden Geschäftsbeziehung.
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Die Weiterempfehlung kann gezielt forciert werden, indem Kunden angefragt werden, ob man sie bei Be darf als Re ferenz nennen darf (dabei ist nur die namentliche Nennung erfolgversprechend). Außerdem kann versucht werden, verstärkt mit herausgehobenen Unternehmen in Geschäftskontakt zu treten, de nen also Vorbildcharakter in einer Branche zukommt. Dadurch werden nachran gige Unternehmen angereizt, sich mit einem neuen Lieferanten zu beschäftigen. Häufig ist es sinnvoll, die Geschäftsaufnahme mit solchen Vorbildkunden zu provozieren, indem diesen eine kostenlose, oder zumindest risikolose Auftrags erteilung gewährt wird. Die dabei investierten Geldbeträge zahlen sich im Er folgsfall leicht durch positive Multiplikation wieder aus. Allerdings gibt es in vielen Branchen auch Konkurrenzausschlussklauseln, so dass eine Weiterempfehlung innerhalb der Branche nur begrenzt erfolgreich ist, wenn nämlich das weiterempfohlene Unternehmen einen höheren Kundenwert verspricht als das weiterempfehlende. Eine Weiterempfehlung über Branchen grenzen hinweg ist jedoch weniger wirksam. Passive Kunden darf man auf gar keinen Fall abschreiben, vielmehr ist eine Kundenreaktivierung anzustreben. Dafür ist nach Gründen zu forschen, warum diese Kunden passiv geworden sind. Diese können vielfältig sein, hier nur ei nige häufige Gründe. So kann der vertraute Kontaktmitarbeiter im Kundenun ternehmen gewechselt haben, und es ist unterlassen worden, die Beziehungsbrü cke zu seinem Nachfolger zu schlagen. Oder ein Konkurrent hat einen Teil des Lieferanteils des eigenen Unternehmens beim Kunden übernommen, so dass die Geschäftsbeziehung leidet. Oder der Bedarf an bisher gelieferten Produkten ist beim Kunden zurückgegangen, etwa wegen Geschäftsfeldverlagerung oder Kon junktureinbrüchen. Oder es gibt verdeckte Unzufriedenheit mit der Betreuung beim Kunden, woraus dieser mit Verärgerung durch Beauftragung von Konkur renten reagiert. Oder der Kundenkontaktmitarbeiter im eigenen Unternehmen hat gewechselt, und dem Nachfolger ist der Brückenschlag von seinem Vorgän ger nicht gelungen. Sofern keine objektiven Gründe dagegen sprechen und die Kundenwertprog nose positiv ist, muss in jedem Fall versucht werden, die Beziehung zum Kunden wieder auf das vorherige Intensitätsniveau zu bringen oder noch darüber hinaus zu steigern. Denn zum einen bindet dieser Kunde die Akquisitions- und Betreuungsaufwendungen der Vergangenheit und zum anderen ist man auch als passiver Lieferant immer noch näher am Kunden dran als jeder außenstehende Anbieter, so dass auch die Erfolgschancen höher sind als bei anderen Anbietern. Mit diesen Aktivitäten sind jedoch untrennbar Aufwendungen zur Kundenreak tivierung verbunden. Häufig fühlen Kundenmitarbeiter sich auch nur in der Betreuung vernachläs sigt und reagieren als Warnsignal mit der Streckung von Aufträgen. Wird dieses Warnsignal übersehen, kann es zu einer Verhärtung der Fronten kommen, und ein an sich potenzialstarker Kunde ist vermeidbar abgewandert.
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Falls Kundenbeziehungen durch Dauerlieferverträge institutionalisiert sind, wird der Rückzug des Kunden durch seine Kündigung dokumentiert. Diese darf auf keinen Fall hingenommen werden (Kündigungsrückgängigmachung). Vielmehr gilt es, unmittelbar nach Bekanntwerden der Kündigung beim Kunden seine Beweggründe dafür herauszufinden. Sofern diese auch nur entfernt korri gierbar erscheinen, ist unbedingt zu versuchen, den Kunden zur Rückgängigma chung seiner Kündigung zu bewegen (Churn Management). Denn wiederum bedeutet die Kündigung den Zusammenbruch des Kundenwerts. Häufig ist die Kündigung auch ein Zeichen des Protests des Kundenmitarbeiters gegen eine subjektiv so von ihm empfundene schlechte Betreuung. Oder Kundenmitarbeiter unterliegen der Eitelkeit des Umworbenseins durch andere Anbieter und haben sich bereits soweit verkettet, dass sie sich beim neuen Anbieter im Wort fühlen. Dann ist es hilfreich, die vollmundigen Versprechungen der Konkurrenten über deren überragende Leistungsfähigkeit zu relativieren oder zumindest auf die Probe stellen zu lassen. Ein anderer häufiger Grund ist die Reduzierung der Lieferantenanzahl auf zwei oder auch nur einen Lieferanten, wobei aber bei ökonomisch rationaler Sichtweise die Frage zu stellen ist, ob der Kunde dabei den oder die beiden „richtigen“ Lieferanten ausgewählt hat. Diese Konzentration der Lieferantenbe ziehnungen ist im Zuge zunehmenden Outsourcings zur Komplexitätsreduktion erforderlich geworden und ermöglicht auch eine bessere Verschränkung der gegenseitigen Wertschöpfungsketten. Selbst bereits verloren gegangene Kunden müssen unter Kundenwertaspekten unbedingt versucht werden, zurück zu gewinnen (Customer Recovery). Diese Kundenrückgewinnung setzt zunächst voraus, dass der Abbruch der Geschäfts beziehungen in einer Art und Weise erfolgt ist, dass man sich vorstellen kann, späterhin wieder problemlos partnerschaftlich zusammen zu arbeiten. Daher ist bei einer Trennung seitens des Auftragnehmers in jedem Fall darauf zu achten, dass keine „verbrannte Erde“ zurückgelassen wird. Neben dieser notwendigen Bedingung ist es aber weiterhin erforderlich, dem Kunden einen Anlass zu bieten, seine Geschäftsbeziehungen wieder aufzuneh men. Dies ist vergleichsweise einfach für den Fall der Unzufriedenheit mit dem alternativ zum Zuge gekommenen Lieferanten. Für den Fall jedoch, dass der jetzige In Supplier kundenorientiert arbeitet, besteht eine weitaus höhere Wie dereintrittshürde. Sich dabei auf ein objektiv überlegenes Angebot zu verlassen, wird immer aussichtsloser, da die Marktangebote auf hohem Niveau zunehmend austauschbar werden. Den Preis oder sonstige Konditionen zur Wiedergewin nung ins Feld zu führen, ist riskant, kommt man doch späterhin von diesen „Kampfkonditionen“ nur schwerlich wieder herunter. Umso bedeutsamer ist die menschliche Komponente der Zusammenarbeit. Sofern ehemaliger Kundenmitarbeiter und ehemaliger Kundenkontaktmitarbeiter
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nach wie vor „miteinander können“, sollte es bei beiderseitigem Goodwill einen Weg geben, die Geschäftsbeziehung wieder aufzunehmen. Ein hohes Maß an Kundenbindung sichert den Kundenlebenszeitwert ab. Da für gibt es zwei Ebenen, die Kundenverbundenheit auf vornehmlich emotionaler Ebene, die zweifellos die höhere Hebelwirkung auszeichnet, oder die Kunden gebundenheit auf vornehmlich faktischer Ebene. Eine solche Gebundenheit kann aus Vertrag, Gesetz oder bewusster technischer Inkompatibilität folgen, häufiger aber aus einem großen Ausmaß an Zusammenarbeit zwischen Kunde und Lieferant. Beides führt zum Kundenlieferanteilsausbau. Ein wesentlicher Indikator für die Intensität der Zusammenarbeit und damit die Kundengebundenheit ist der Anteil eines Lieferanten mit seinen Lieferungen am gesamten Beschaffungsvolumen des Kundenunternehmens. Geht man davon aus, dass die Beziehungsintensität steigt, je häufiger Kontaktanlässe zwischen Lieferant und Abnehmer entstehen, kann auf diese Weise ein aufwandsschonen des Wachsen mit bestehenden Kunden realisiert werden. Beginnend etwa mit Probelieferungen, die zufriedenstellend erledigt werden, wird der Kontakt inten siviert und führt damit zu Anlässen für weitere Lieferungen. Wenn die Auf nahme in den Kreis der präferierten Lieferanten gelingt, ist die erste wichtige Hürde genommen. Durch diese Qualifizierung steigt beinahe zwangsläufig das Auftragsvolumen, so dass es gelingen kann, zur Alternative für den Erstliefe rungen aufzusteigen. Häufig wird dabei im Dual Sourcing ein 70 : 30-Verhältnis gefahren. Auf dieser Basis intensiviert sich der Kontakt weiter. Zugleich wird die Durchsetzung transparenter, da man sich jetzt nur noch auf einen Konkur renten konzentrieren kann. Bei entsprechender Leistung, und hier vor allem durch produktbegleitende Dienstleistungen, kann vielleicht der Aufstieg zum Erstlieferanten erreicht werden. Der angenehme Nebeneffekt dieser Vorgehensweise ist, dass die für den Lie feranteilsausbau erforderlichen Aufwendungen immer wieder prozessbegleitend durch Erträge aus Abschlüssen mit diesem Kunden gespeist werden, also im Kern einer Reinvestition entsprechen, was durchaus risikoärmer ist als Neuin vestitionen und zugleich Finanzmittel für die Akquisition weiterer Kunden frei setzt. 5.4.3.2 Positionen für Auszahlungen Sofern eine Akquisition erfolgreich abgeschlossen werden konnte, folgen da raus Auszahlungen infolge ausgestellter, und hoffentlich auch bezahlter, Rech nungen. Häufig beauftragen Kunden für die erste Zusammenarbeit nur ein limi tiertes Auftragsvolumen, um das Risiko einer Fehlentscheidung gering zu halten. Aber selbst bei überdurchschnittlichem Erstauftragsvolumen reichen die daraus resultierenden Erträge normalerweise bei Weitem nicht aus, bereits die Aufwen dungen in die Erstakquisition zu kompensieren. Insofern ist gerade beim Erst
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auftrag alles Engagement in eine zufriedenstellende Abwicklung zu stecken, damit Zufriedenheit im Erlebnis des Kunden bleibt, die ihn motiviert, Folgeauf träge an den gleichen Lieferanten zu vergeben. In dem Maße, wie es gelingt, diese Folgeaufräge zu verstetigen, werden die Initialinvestitionen in die Kun denbeziehung aufgeholt. Jedoch besteht dabei auch die Gefahr, dass mit der Erledigung des Erstauf trags Erwartungen beim Kunden hinsichtlich der Leistung bei Folgeaufträge geweckt werden, die dann nicht eingelöst werden können. Dies führt dann zur Unzufriedenheit, die der Lieferant selbst provoziert hat. Insofern ist auch die früher propagierte Begeisterung des Kunden zurückhaltend zu sehen. Als Pos tulat sollte vielmehr gelten, den Kunden voll zufrieden zu stellen, nicht weniger, aber auch nicht mehr. Häufig ist aber gerade der Erstauftrag anfällig für Leistungsmängel. Die in formatorischen und materiellen Prozesse im Unternehmen sind noch nicht für den Kunden optimiert, Stammdaten fehlen und Zuständigkeiten sind unklar. Ein schlecht erledigter Erstauftrag ist aber die denkbar schlechteste Eintrittskarte in eine Kundenbeziehung, so dass anstelle weithin unnötiger Begeisterungsleistun gen besser die Einhaltung selbst gesetzter Qualitätsgrade, wie sie für Aufträge bestehender Kunden selbstverständlich sind, gesichert werden sollte. Der Erstauftrag wird häufig aus Gefälligkeit oder auch nur zum Test von Kunden erteilt. Teilweise werden bestehende Lieferanten dann mit den aggres siven Erstauftragskonditionen eines neuen Lieferanten konfrontiert, um bei die sen die Konditionen zu drücken, ohne überhaupt die ernsthafte Absicht zu ei nem Wechsel zu haben. Insofern ist der Erstauftrag keine so große Kunst, die Kunst besteht vielmehr darin, Erträge aus Folgeaufträgen zu erzielen und dabei eine gewisse Kontinuierung zu erreichen. Obgleich dies erhebliche Ressourcen bindet, ist die Betreuung eines Be standskunden um ein Vielfaches (man geht vom 3–7-fachen aus) kostengünsti ger als die Akquisition eines Neukunden. Insofern ist zu erkennen, dass die vielfach bewunderten Akquisiteure in Unternehmen tatsächlich eher Geldver nichter in großem Umfang sind, wobei fraglich ist, ob und wann dieses vernich tete Geld wieder zurückgewonnen werden kann. Der vielfach geschmähte Be standskundenbetreuer (Verkaufsinnendienst) jedoch sichert durch seine Tätigkeit das operative Ergebnis und damit die inneren Substanz des Unternehmens. In der Praxis geht es bei eng begrenzten Ressourcen oft darum, ob diese eher für die spekulative Akquisition neuer Kunden oder die schützende Betreuung beste hender Kunden eingesetzt werden sollen. Abgesehen von stark wachsenden Märkten oder bei Neubeginn eines Unternehmens ist dabei immer der Bestands kundenbetreuung Vorrang einzuräumen. Problematisch ist vor allem der Wechsel der Betreuung vom Erst- zum Fol geauftrag. Meist schicken Unternehmen ihre leistungsfähigsten Manager zur Akquisition von Erstaufträgen in den Markt. Diese überzeugen dann neben der
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als unverzichtbar anzusehenden Produktqualität vor allem durch ihre Persön lichkeit. Kaum, dass der Erstauftrag aber erteilt ist, wird die Betreuung an einen nachrangigen Mitarbeiter übertragen, der nun das Tagesgeschäft übernimmt. Der charismatische Akquisiteur ist dafür längst bei anderen potenziellen Neu kunden unterwegs. Dies wird von Kunden nicht selten als Zurückstufung emp funden, so dass es zu bevorzugen ist, dass Erst- und Folgeaufträge vom selben Kundenkontaktmitarbeiter betreut werden. Dieser kann für die Akquisitionsphase durchaus Unterstützung von einem besonders qualifizierten Manager erhalten, sollte aber von Anfang an dabei sein und bleiben. Mehrfachaufträge beziehen sich auf bisher nicht bestellte Produktarten, auf Aufträge von anderen, bisher nicht kontaktierten Organisationseinheiten des Kunden oder aus anderen Vertriebsgebieten des Kunden. Bei diesen anderen Produkten kann es sich um höherwertige Versionen der selben Produktart aus dem eigenen Programm handeln und / oder um andersartige Produkte aus dem eigenen Programm. Bei den bisher nicht kontaktierten Organisationseinheiten kann es sich um andere Sparten, andere Betriebsstandorte oder andere Unter nehmen innerhalb eines Konzerns handeln bzw. bei den anderen Vertriebsgebie ten um die Ländergrenzen überschreitende Geschäftskontakte. Es ist jedoch naheliegend, dass das Potenzial des Ausbaus der Lieferantenbe ziehung bei der Produktart, die bereits Gegenstand der laufenden Geschäftsbe ziehung ist, bald ausgereizt ist. Daher kommt es darauf an, dem Kunden andere als diese Produkte anzudienen. Erträge aus Probeaufträgen bei diesen anderen Produkten erhöhen den Kundenwert allerdings nur dann, wenn daraus eine kon tinuierliche Beauftragung folgt. Weitgehend aufwandslose Erträge können aus der Weiterempfehlung beste hender, zufriedener Kunden bei deren Geschäftsfreunden entstehen. Dieser Mul tiplikationseffekt ist zwar geringer (bis zu 3-fach) als der negative Multiplika tionseffekt unzufriedener Kunden (7–13-fach), aber dennoch vorhanden. Für die Kundenwertberechnung ergibt sich eine gewisse Problematik inso fern, als diese Auftragswerte doppelt verrechnet werden, nämlich einmal beim Kundenlebenszeitwert des weiterempfehlenden Unternehmens und dann noch bei den Kundenlebenszeitwerten dieser dritten Unternehmen. Eine solche Ver zerrung der Rechnung ist aber nicht akzeptabel. Daher sind die Umsätze durch Drittaufträge aus Weiterempfehlung anteilig auf den bestehenden Kunden und die weiterempfohlenen dritten Unternehmen aufzuteilen. Denkbar ist etwa eine 50 : 50-Aufteilung, wobei 50 % des Auftragsvolumens durch Weiterempfehlung dem Weiterempfehler und 50 % dem Drittunternehmen zugerechnet werden. Es können aber auch andere Anteile bestimmt werden, je nachdem, ob die Weiter empfehlungswirkung zur Generierung zusätzlicher Aufträge bei Dritten durch den bestehenden Kunden höher oder niedriger eingeschätzt wird.
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Eine völlige andere Vorgehensweise ergibt sich, wenn man die Weiteremp fehlung durch einen Multiplikator > 1 auf Basis aller Auszahlungen zugunsten des bestehenden Kunden berücksichtigt und das Auftragsvolumen des Drittauf trags diesem Drittkunden allein und voll zuschreibt. Dadurch würde die Fähig keit eines Kunden zum Ausdruck gebracht, über seine eigenen Aufträge hinaus zusätzliche Auftragsvolumina zu induzieren. Es ist durchaus akzeptabel, dass diese Fähigkeit in Abhängigkeit vom absoluten Auftragsvolumen durch einen Multiplikator zum Ausdruck gebracht wird. Bei einem Neuauftrag nach Kundenreaktivierung zu einem Kunden, zu dem bereits Geschäftsbeziehungen unterhalten wurden, muss in jedem Fall der Kun denwert aus der vergangenen Geschäftsbeziehung in die aktuell neu aufgenom mene übernommen werden. Damit rechnet sich auch ein Neuauftrag, der allein nicht tragfähig ist, wenn der Kundenwert in der abgelaufenen Geschäftsbeziehung bereits positiv war. Neuaufträge von Kunden, deren Kundenwert in der abgelau fenen Geschäftsbeziehung jedoch bereits negativ war, sollten abgelehnt werden. Dabei ist außerdem zu berücksichtigen, dass auch der Neuauftrag sehr wahr scheinlich nicht aufwandslos zu erreichen ist, damit also den Kundenwert schmä lert (im positiven Bereich verbessert bzw. im negativen Bereich verschlechtert). Dies ist vor Akquirierung bzw. Akzeptierung eines Neuauftrags einzurechnen. Bei Neuaufträgen können durchaus vorteilhaftere Konditionen als vordem ausge handelt werden, als es vielleicht noch darum ging, einen abwanderungsbereiten Kunden mit Sonderkonditionen doch noch zur Aufrechterhaltung der Geschäfts beziehung zu bewegen, weil die reaktivierten Kunden nach ihrem Umstieg hoch wahrscheinlich mit anderen vergleichbaren Lieferanten unzufriedenheitsstiftende Kauferlebnisse hatten, die dazu führen, dass sie bereit sind, zu ihrem vertrauten Lieferanten zurückzukehren und diesem eine „Zufriedenheitsprämie“ zuzugeste hen. Denn unterlag bereits der davor ausgelaufenen Geschäftsbeziehung Unzu friedenheit, wären diese Kunden ohnehin nicht mehr zum Lieferanten zurückge kehrt, sondern hätten andere Lieferanten ausprobiert. Wenn es dazu aufgrund vorübergehender oder dauerhafter relativer Monopole keine Chance gibt, ist erst recht eine Chance zur Konditionenverbesserung gegeben. Kaum hoch genug bewertet werden kann der Informationsnutzen, der einem Lieferanten aus der bestehenden Geschäftsbeziehung gegenüber seinen Konkur renten erwächst, die in keiner aktuellen Geschäftsbeziehung zum Kunden ste hen. Dies bezieht sich neben formellen, auch Außenstehenden zugänglichen Informationen, vor allem auf informelle, nicht weiter dokumentierte Informati onen, die nur im direkten Kundenkontakt zu erlangen sind. Daher sollten Top manager jede sich bietende Gelegenheit nutzen, mit Kundenmitarbeitern direkt in Kontakt zu treten bzw. zu bleiben. So kann ein Lieferant sich auf Geschäfts veränderungen des Kunden frühzeitig einstellen, z. B. Gründung neuer Ge schäftsbereiche, Internationalisierung des Vertriebs, Umstellung der Aufbauor ganisation. Auch leiten sich aus dem aufmerksamen Kundenkontakt vielfältige
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Ideen für neue Produktangebote ab, die durch Veränderung bestehender Prob lemlösungen oder Kombination von Produkten zu neuen Problemlösungen ent stehen können. Über den Kommunikationskanal Kunde werden bestehenden Lieferanten auch vielfältige Informationen über das Marktumfeld des Kunden, seine Bran che und seine eigene Kunden, zugänglich, die in erfolgreiche geschäftliche Aktivitäten münden können. Bei Ausschreibungen kann dieser Informationsvor sprung durch zielgenaue Angebote instrumentalisiert werden. Sie ermöglichen ein proaktives Handeln, das bereits Fakt geworden sein kann, bevor andere Anbieter überhaupt die Geschäftschance gewahr werden. Auch hier ist eine völlig andere Vorgehensweise denkbar, indem der abstrakte Informationsnutzen aus einem Kunden durch einen Multiplikator > 1, basierend auf dessen Auszahlungen, bei diesem berücksichtigt wird. Dadurch wird die Fähigkeit eines Kunden zum Ausdruck gebracht, über die aus der Zusammen arbeit bereits resultierenden Aufträge hinaus Ansatzpunkte für weitere Aufträge zu geben. Dabei wird unterstellt, dass diese Fähigkeit mit dem absoluten Auf tragsvolumen des betreffenden Kunden steigt, was durch einen Multiplikator zum Ausdruck gebracht wird. Die Beziehungen von Liefer- und Abnehmerunternehmen werden zunehmend unternehmensübergreifend als Wertschöpfungskette verstanden, die an den Schnittstellen als Kooperationsnutzen vielfältig ineinandergreift. So kommt es zum Outsourcing bisher selbst übernommener Wertaktivitäten von Kunden an vorgelagerte Lieferanten. Gleichzeitig übernehmen Lieferanten im Insourcing gern und vermehrt Aufgaben, die vorher zur Wertkette ihrer Kunden gehörten. Die unternehmensübergreifende Optimierung der Wertschöpfungskette birgt überragende Rationalisierungspotenziale, indem sich jeder Beteiligte in der Kette genau auf die Aktivitäten konzentriert, die seiner Kernkompetenz entspre chen und alle anderen Aktivitäten anderen überlässt, deren Kernkompetenzen gerade darin liegen. Eine solche Wertkettenverschränkung ist allerdings mit wechselnden Part nern, aus Sicht nachfragemächtiger Kunden also Lieferanten, nur äußerst schwer zu realisieren. Vielmehr erfordert dieses Konzept die Fokussierung auf einen Lieferpartner je Produktart. Von diesem Lieferanten wird dann erwartet, dass er seine Wertaktivitäten so gestaltet, dass sie sich nahtlos in die Wertkette des Kunden integrieren. Damit aber wird aus der vormals einseitigen Abhängigkeit der Lieferanten von nachfragemächtigen Kunden im Laufe der Zeit eine beider seitige Abhängigkeit, denn ein solcher integrativer Lieferant ist nicht mehr ohne Weiteres gegen andere austauschbar. Aus dieser Kundengebundenheit ergeben sich vielfältige Kooperationsnutzen. Denn die Schnittstellenoptimierung belässt es meist nicht bei der Abstimmung in Bezug auf ein Produkt, vielmehr kommen notwendige Abstimmungen in
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A. Vertriebskonzept und Controlling
vielfacher anderer Weise hinzu, z. B. in Bezug auf Liefertermine (Just in Time), Lieferstandorte (Industrieparks) oder informationelle Vernetzung. Daraus er wachsen vielfältige Kooperationsnutzen, die unzweifelhaft konkret kunden wertsteigernd wirken. Erträge aus dem Ausbau der Lieferantenbeziehung bei der bestehenden Pro duktart ergeben sich aus der Steigerung der Absatzmenge bei diesen Kunden und / oder durch die Erhöhung des Produktpreises je Einheit. Bei gleichbleiben dem Beschaffungsvolumen des Kunden führt eine Steigerung des Lieferumfangs zu einem Ausbau der Lieferantenbeziehung. Bei steigendem Beschaffungsvolu men des Kunden führt nur eine überproportionale Steigerung des Lieferumfangs im Vergleich zu Konkurrenten zu einem Ausbau der Lieferantenbeziehung. Bei sinkendem Beschaffungsvolumen des Kunden reicht bereits ein Halten des Lie ferumfangs für einen Ausbau der Lieferantenbeziehung aus. Diese Erträge kommen aber nur dann zustande, wenn vorher der Bedarf des Kunden gründlich recherchiert worden ist. Evtl. ist zu prüfen, ob die Kunden bindung durch Hereinnahme von Handelsware, die nicht selbst produziert, son dern fertig fremd zugekauft und an den Kunden weitergegeben wird, gesteigert werden kann. Ebenso ist über maßgeschneiderte Produkte nachzudenken, die abseits des Standardprogramms zielgenaue Problemlösungen für Kunden dar stellen und diese daher zur Aufnahme und Unterhaltung zusätzlicher Geschäfts beziehungen motivieren. 5.4.3.3 Positionen für Verrechnungen Die klassische Investitionsrechnung kennt den Restwert einer Anlage, der auf die Beurteilung einer Investition entscheidenden Einfluss hat und daher einzu rechnen ist. Im Falle von Kundenbeziehungen kann es durchaus noch zu einer Auszahlung aus der Kundenbeziehung nach deren Beendigung kommen. Eine solche Kapitalisierung ist etwa der Fall, wenn die Kundenbeziehung an einen anderen Lieferanten „verkauft“ (abgetreten) wird. Handelsvertreter etwa haben bei Abgabe oder Entzug ihres Kundenstamms gesetzlich einen Anspruch auf Ausgleichszahlung für den Verlust der abgetretenen Kundenbeziehung. Dafür gibt es eine verbindliche Rechenformel. Ähnlich ist die Situation bei Vertrags händlern mit Gebietsschutz, die aus ihrem Vertrag ausscheiden oder gekündigt werden. Auch hier wird der Aufbau und die Pflege der Geschäftsbeziehungen zu einem Kundenstamm bei Abtretung honoriert. Bevor einem Kunden also gekündigt wird oder seine Kündigung ohne Aus sicht auf Rückgängigmachung absehbar ist, ist es sinnvoll zu prüfen, welche Möglichkeiten zur Kapitalisierung der Kundenbeziehung gegeben sind. Dadurch werden, zwar letztmalig, aber dennoch positive Zahlungsflüsse, diesmal nicht vom Kunden, sondern von einem an dem Kunden interessierten Dritten reali siert, die den Kundenlebenszeitwert freundlicher zu gestalten in der Lage sind.
5. Vertriebsüberprüfung und -überwachung185
Der Kundenwert ermittelt sich insofern aus den dargestellten Stellgrößen der Einzahlungen in Kunden und der Auszahlungen von Kunden. Deren Bewertung erfolgt nach bestem Wissen und Gewissen. Jedoch ist mit einer natürlichen, unabänderlichen Fluktuationsrate zu rechnen. Die dadurch verloren gehenden Erträge stellen Opportunitätskosten in der Kundenwertermittlung dar, stellen also dem investierten Aufwand keinen Ertrag gegenüber. Dabei ist an solche Entwicklungen zu denken, die nicht voraussehbar waren (Strukturbrüche, z. B. durch gesetzliche Bestimmungen, höhere Gewalt, Kulturwandel) und vom Lie feranten auch bei äußerster Umsicht nicht zu vertreten sind. Als Gründe sind z. B. zu nennen: •• der bisher belieferte Standort eines Kundenunternehmens wird geschlossen, •• das Kundenunternehmen geht pleite, •• das Kundenunternehmen wird mit einem anderen untergehend verschmolzen, •• das Kundenunternehmen gibt das Geschäftsfeld des Lieferprodukts auf, •• technischer Fortschritt führt dazu, dass das bisherige Lieferprodukt entfällt. Für diese Fluktuationsrate kann aus Erfahrung ein Migrationsfaktor 90 %) ist die Effizienz einer weiteren Distributionsgradsteigerung daher fraglich, da der Auf wand zur Einbeziehung auch der noch ausstehenden Outlets überproportional steigt. Eine hohe gewichtete Distribution besagt, dass ein Hersteller bereits in sol chen Handelsgeschäften mit seinem Produkt vertreten ist, die für mehr Umsatz in der Warengruppe stehen als andere, mutmaßlich also in Großbetriebsformen unter den Outlets. Dies ist eine sehr günstige Ausgangsposition. Liegt die gewichtete Distribution höher als die numerische, was der Regelfall ist, bedeutet dies, dass ein Hersteller mit seinem Produkt bereits in den für diese Warengruppe bedeutenderen Handelsgeschäften vertreten ist, ein weiterer Zu wachs an numerischer Distribution also eher auf kleinere Outlets treffen wird, so dass das Aufwands-Nutzen-Verhältnis problematisch wird.
230
B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Der Quotient aus gewichteter und numerischer Distribution wird Distributi onsqualität genannt. Je größer dieser ist, desto „bessere“, d. h. in der Waren gruppe umsatzstärkere Outlets werden distribuiert. Bei Belieferung auf direktem und indirektem Weg wird außerdem in direkten und indirekten Distributionsgrad unterschieden, die Summe aus direktem und indirektem Distributionsgrad ergibt dann den totalen Distributionsgrad. Die Distribution von Absatzstellen bedeutet aber leider nicht automatisch, dass dort das Produkt auch physisch vorrätig ist. Der Out of Stock-Anteil be schreibt daher die Situationen, in denen Käufer (Konsumenten) zum Kaufzeit punkt in einem Ladengeschäft ein bestimmtes Produkt erstehen wollen, dieses aber, obgleich das Geschäft ein gewünschtes Produkt grundsätzlich führt, gerade nicht verfügbar ist. Dieser ergibt sich als Quotient aus der Zahl der Geschäfte, die ein distribuiertes Produkt im Zeitpunkt t nicht vorrätig haben und der Zahl der Geschäfte, die mit einem Produkt insgesamt distribuiert sind Die Out of Stock-Situation ist für jeden Hersteller eine sehr problematische, denn sie führt leicht zum Anbieterwechsel. Dies liegt darin begründet, dass aus Abnehmersicht zumeist mehrere Produkte parallel als präferiert angesehen wer den (Re le vant Set). In ner halb die ses Sets wer den im mer das sel be oder aber wechselnde Produkte vorgezogen. Ist / sind diese(s) Produkt(e) einmal nicht vor rä tig, wird auf ein an de res Pro dukt im Set aus ge wi chen. Bei der im Markt verbreiteten hohen Qualität aller Angebote bedeutet dies, dass aus dem durch eine Out of Stock-Situation erzwungenen erstmaligen Wechsel ein dauerhafter Markenwechsel werden kann. Auf diese Weise gehen dem Hersteller unver schuldet Kunden verloren. Zur Verhinderung dieser gefährlichen Situation sind seitens des Herstellers Push- und Pull-Maßnahmen einsetzbar. 6.4
Tiefe des Vertriebskanals
Die Tiefendimension des Vertriebskanals bestimmt die Anzahl der Stufen, mit denen interagiert werden soll und betrifft somit die ein- oder mehrstufige Aus legung für den gegenseitigen Fluss von Waren, Geldern und Informationen zwischen Hersteller, Absatzmittlern und Endabnehmern. Auch dafür können verschiedene Abstufungen unterschieden werden (siehe Abb. 59). 6.4.1
Direktvertrieb
Beim Direktvertrieb treten Hersteller unmittelbar mit gewerblichen oder pri vaten Endabnehmern, also unter Auslassung zwischengeschalteter Absatzmittler stufen, in Kontakt. Diese Alternative kommt ohne den Handel aus (daher auch nullstufiger Vertrieb genannt). Stattdessen treten Geschäftsleitung, Verkaufsab teilung, Verkaufsniederlassung, Verkaufsaußendienst, Vertriebsholding, Direkt aussendung, Telefonverkauf, Internet oder Werksverkauf in Kraft. Dies bietet
6. Dimensionen des Vertriebskanals231
Abb. 59: Ausprägungen der Vertriebskanaltiefe
sich bei Produkten an, die stark erklärungsbedürftig sind, für die Garantie / Ser vice vor Ort geleistet werden muss, deren hoher Preis eine Lagerhaltung für den Handel wirtschaftlich untragbar macht, die transportempfindlich sind, sich an einen kleinen Abnehmerkreis wenden oder an Abnehmer, die regional stark konzentriert sind, in größeren Zeitabständen gekauft bzw. aus betriebsstrategi schen Gründen direkt verkauft werden oder im Endverkaufspreis vom Absender bestimmt werden sollen. Neben diesem, intern-direkten Vertrieb ist als Übergangsform zum Indirekt vertrieb der extern-direkte, halbstufige Vertrieb ausgeprägt. Er erfolgt über selbstständige Absatzhelfer wie Handelsvertreter, Kommissionäre, Handelsmak ler, Handelsversteigerer (alle nach HGB). Im Unterschied zum intern-direkten Vertrieb sind diese Absatzhelfer Freiberufler und damit nur eingeschränkt an Weisungen des vertretenen Unternehmens gebunden. Dafür arbeiten sie vollstän dig oder überwiegend erfolgsabhängig und belasten somit nicht die Fixkosten basis. Hinzu treten Vorteile aus unternehmerischer Eigeninitiative, so dass beide Formen durchaus substitutiv nebeneinander stehen. Der Umfang des Direktvertriebs nimmt angesichts der Verbreitung von ECommerce erheblich zu. Dadurch werden Erlöse/Erträge auf den Handelsstufen substituiert, so dass vor allem der klein- und mittelständische Handel ausdünnt und sich existenzieller Gefährdung gegenüber sieht, sofern nicht Ideen zur Integration von realem und virtuellem Vertrieb von ihm genutzt werden.
232
6.4.2
B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Indirektvertrieb
Beim Indirektvertrieb treten Hersteller nur mittelbar mit Endabnehmern, also unter Einbezug zwischengeschalteter Absatzmittlerstufen, in Kontakt. Dies bietet sich eher bei Produkten an, die sich seitens des Absenders nicht zielbewusst, effizient vermarkten lassen, eine flächenmäßig weit verteilte Nachfrage aufwei sen, eine Einordnung in ein Sortiment zum Verkauf erforderlich machen oder die Kosten einer direkten Belieferung nicht tragen. Der Indirektvertrieb kann wiederum unterschiedlich ausgelegt sein. 6.4.2.1 Einstufig indirekter Vertrieb Einstufig indirekter Vertrieb bedeutet, dass im Vertriebskanal nur eine Ab satzmittlerstufe zwischengeschaltet ist. Meist handelt es sich dabei um Einzel händler, und zwar Großbetriebsformen (Key Accounts). Ausnahmsweise aber auch um Großhändler, die ihrerseits an gewerbliche Endabnehmer liefern, und Verbindungshändler, die an Produzenten (Weiterverarbeiter) liefern. Vor- und Nachteile sind die Folgenden. Zunächst zu den Vorteilen. Es kommt zu einer Einsparung von Distributionsspanne gegenüber zwei- und mehrstufi gem Vertrieb und deren Nutzung für Preisvorteil oder Zusatzgewinn. Daraus ergeben sich wichtige Wettbewerbsvorteile. Die gegebene Qualifikation und erworbene Marktkenntnis der Absatzmittler kann genutzt werden. Insofern re sultiert aus der Arbeitsteilung eine bessere Funktionserfüllung und höhere Ef fektivität. Übertragungsverzerrungen und Zeitaufwand können vermindert wer den, wie sie ansonsten in zweistufig indirekten Vertriebskanälen auftauchen und durch Schnittstellen zu erheblichen Verzerrungen führen. Folgende Nachteile sind zu nennen. Ein Großteil der Distributionsfunktion verbleibt als Organisations- und Geldaufwand beim Hersteller. Dies bindet Ka pazitäten im Personal-, Betriebsmittel- und Kapitalbereich, die anderweitig wo möglich besser genutzt sind. Es erfolgt nur eine geringe Nutzung der Multipli kationsfunktion zwischengeschalteter Absatzmittler für die Ausweitung der Geschäftsbeziehungen. Damit kommt es zu einer Untererfassung des Nachfra gepotenzials. Die Abhängigkeit von wenigen großen Handelsnachfragern und deren Interessenlage ist wahrscheinlich. Dies ist im Rahmen der Nachfrage macht des Handels allerdings beinahe unvermeidlich geworden. 6.4.2.2 Zweistufig indirekter Vertrieb Zweistufig indirekter Vertrieb bedeutet, dass im Vertriebskanal zwei Absatz mittlerstufen nacheinander zwischen geschaltet sind. Meist handelt es sich dabei um Großhändler und Einzelhändler, die nacheinander aktiv werden. Ausnahms weise aber auch um Verbindungshändler, die an Weiterverarbeiter (Handwerk
6. Dimensionen des Vertriebskanals233
o. Ä.) liefern, und Exporteure im Außenhandel, die an fremdgebietsansässige Importeure liefern. Vor- und Nachteile sind die Folgenden. Zunächst zu den Vorteilen. Die wei testgehende Auslagerung der Distributionsfunktion bewirkt eine interne Organi sationsvereinfachung und Kosteneinsparung. Fixkosten werden dabei im Sinne der Flexibilisierung gegen variable Kosten getauscht. Die Marktbreite kann durch doppelte Baumverzweigungsstruktur der Distribution in hohem Maße ausgeschöpft werden. So kommt es zu einer möglichst vollständigen Kapitali sierung des akquisitorischen Potenzials. Es bestehen überschaubare Liefer-, Abrechnungs- und Informationsbeziehungen mit wenigen großen Abnehmern, da die Verzweigung in die Breite erst auf der nachgeschalteten Stufe erfolgt. Folgende Nachteile sind zu nennen. Die eigene Gewinnspanne verkürzt sich um das Entgelt für die Tätigkeit der Betriebsformen auf zwei Vertriebsstufen. Letztlich geht es um eine Abwägung der Kostenersparnis einerseits gegen den Gewinnentgang andererseits. Durch die Selbstständigkeit auf zwei Stufen fehlt weitgehend die Kontrolle der Darbietung der Produkte gegenüber Endabneh mern. Daraus können Imageprobleme resultieren, die absatzhemmend wirken. Interaktionen der Vertriebsstufen untereinander führen zu Komplexität und Ef fizienzeinbußen. Dabei stehen die jeweiligen Interessen der Absatzmittler im Vordergrund, und das Herstellerinteresse tritt in den Hintergrund. 6.4.2.3 Mehrstufig indirekter Vertrieb Mehrstufig indirekter Vertrieb bedeutet, dass im Vertriebskanal mehr als zwei Absatzmittlerstufen zwischengeschaltet sind. Dies ist durchaus nicht selten der Fall, wenn sich Groß- und Einzelhandelsstufe ihrerseits in Teilstufen aufteilen. So sind im Weinhandel Winzergenossenschaften, Weingroßhandlungen, Lebens mittelgroßhandlungen, Gastronomiebetriebe bzw. Facheinzelhandel und LEH sowie Import- und Exportbetriebe nacheinander zwischengeschaltet, so dass der Warenweg äußerst komplex wird, zumal es auch Direktvertrieb gibt. Vor- und Nachteile sind die Folgenden. Zunächst zu den Vorteilen. Es ent steht eine weitgehende Entlastung von Distributionsaufgaben im Vertriebskanal, da nunmehr gleich mehrere Absatzmittlerstufen diese übernehmen. Die Spezia lisierungsvorteile der einzelnen Vertriebsstufen können bestmöglich genutzt werden, so dass es insgesamt zu einer funktionaleren Aufgabenerfüllung kommt. Es wird eine breite Markterfassung realisierbar, da die mehrstufige Auslegung die bestmögliche Ausschöpfung des Nachfragepotenzials erlaubt. Die vorgela gerten Vertriebsstufen üben Absatzdruck (Push) auf die jeweils nachgelagerten aus und begünstigen damit den Markterfolg der Herstellerware. Folgende Nachteile sind zu nennen. Die Komplexität im Vertriebskanal steigt immens, damit wird eine effiziente Steuerung in der Distributionspolitik er schwert. Dieser Nachteil kann evtl. Vorteile allein überkompensieren. Verbun
234
B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
den damit treten verstärkte Interessenkonflikte zwischen den Beteiligten auf, die zu ungebührlichen Kompromissen und Ineffektivitäten führen. Die Kostenbelas tung der gehandelten Waren steigt, da jede Stufe für die von ihr übernommenen Funktionen eine Handelsspanne einbehält. 6.5
Struktur des Vertriebskanals
Neben dem eingleisigen Vertriebskanal (Monodistribution) ist es durchaus üblich, verschiedene Vertriebskanäle zwei- oder mehrgleisig zu bedienen (Dualoder Polydistribution). Dies wurde zwar schon „immer“ praktiziert, in den Fo kus der Betrachtung ist dies aber erst mit Aufkommen des Online-Handels als virtuellem Vertriebskanal gerückt. Es geht aber mitnichten nur um die Relation von analogem und digitalem Vertrieb, sondern durchaus auch um die Relation zweier oder mehrerer analoger bzw. digitaler Kanäle im Mehrkanalvertrieb zu einander. 6.5.1
Inhalt
Der Begriff Mehrkanalvertrieb unterstellt, dass ein Unternehmen nicht nur einen Vertriebskanal distribuiert, sondern zwei (Dualdistribution) oder mehrere (Polydistribution). Bei Nutzung nur eines Vertriebskanals lassen sich bestimmte Marktsegmente u. U. nicht erreichen. Eine Ausweitung der Distributionswege ermöglicht somit eine bessere Ausschöpfung des Marktpotenzials. Durch die Nutzung mehrerer Vertriebskanäle kann den unterschiedlichen Bedürfnissen der Kunden besser entsprochen und der Kundennutzen gesteigert werden. Die in den verschiedenen Vertriebskanälen gesammelten Kundeninformationen lassen sich integriert zusammenführen. Aufbauend auf diesen Daten über das Kaufver halten des Kunden lassen sich neue kundengerechte Vertriebskonzepte entwi ckeln. Werden kostenintensive durch kostengünstigere Vertriebskanäle ergänzt, lassen sich Kostensenkungspotenziale realisieren, so dass die Wirtschaftlichkeit der Distribution gesteigert wird. Im Falle einer Ausweitung der Vertriebskanäle lassen sich Abhängigkeiten von einzelnen Kundengruppen oder Absatzmittlern vermeiden. Insb. aufgrund der Machtkonzentration im Handel kommt diesem Aspekt eine zentrale Bedeutung zu. Wird Kunden das gleiche Produkt über mehrere Vertriebskanäle angeboten, kann es daher auch zur Verwirrung und Überforderung kommen, da sie u. U. nicht mehr in der Lage sind, die komparative Vorteilhaftigkeit der unterschied lichen Distributionswege eindeutig zu beurteilen. Auch eine uneinheitliche Mar kierung bzw. Sortimentsstruktur und -zusammensetzung können einer Verunsi cherung der Kunden führen. Da die verschiedenen Vertriebskanäle miteinander in Konkurrenz stehen, können sich bestehende Absatzmittler durch die Einfüh rung neuer Distributionswege bedroht fühlen, so dass es zu kontraproduktiven
6. Dimensionen des Vertriebskanals235
Konflikten kommt. Mit zunehmender Anzahl von Vertriebskanälen steigt die Komplexität des Distributionssystems, insb. bei nur beschränkter Transparenz der Kanäle besteht die Gefahr eines Kontrollverlusts des Anbieters. Da mit un terschiedlichen Vertriebskanälen divergierende Anforderungen an den Anbieter verbunden sind, besteht das Risiko, dass der Anbieter mit zunehmender Zahl von Vertriebskanälen nicht mehr in der Lage ist, den jeweiligen Anforderungen in optimaler Weise gerecht zu werden. Mit dem Aufbau eines neuen Vertriebs kanals sind u. U. hohe Implementierungskosten verbunden. Aufgrund häufig unsicherer Zusatzerlöse und Kostensenkungspotenziale kann dies ein erheb liches Wirtschaftlichkeitsrisiko bedeuten. Problematisch ist, dass neben den unvermeidlichen Konflikten zwischen Her steller und Handel innerhalb des Vertriebskanals (vertikal) somit weitere Kon flikte zwischen den distributiven Akteuen in den Vertriebskanälen (horizontal) auftreten. Dies erhöht die Gefahr dysfunktionaler Spannungen. Denn letztlich greifen alle Kanäle zu wesentlichen Teilen auf dieselbe Kaufkraft / dasselbe Budget zu. Zudem führen Unter-, Schnitt- und Leermengendesigns zu einem erhöhten Grad an Komplexität im Vertriebskanal. Gerade Komplexitäten sind aber zwischenzeitlich als Kostentreiber hinlänglich identifiziert und werden da her ver sucht, un ter al len Um stän den zu ver hin dern. Hier wer den sie je doch bewusst gezüchtet, so dass eine Abwägung zwischen entgehendem Nutzen bei Mono-Distribution und zuwachsenden Komplexitätskosten bei Dual- / Poly-Dis tribution vorzunehmen ist. 6.5.2
Mögliche Vertriebskanaldesigns
Vertriebskanäle können verschiedenartige Ausgestaltungen annehmen. Der (interne) Direktvertrieb vom Her stel ler an En dab neh mer über unternehmens eigene Organe (VADM): Bei diesen handelt es sich um Mitarbeiter des Herstel lerunternehmens. Je nach Produktart können dabei unterschiedliche Akteure tätig werden, etwa Geschäftsleitungsmitglieder bei Industriegütern, Schlüssel kundenbetreuer bei Großabnehmern, Reisende in der Feldorganisation etc. Vor teilhaft sind dabei vor allem die hohe Problemlösungskompetenz der Mitarbei ter, die Gewinnung von Marktinformationen und die sehr gute Steuerung und Lenkung des Vertriebs. Nachteilig sind jedoch die hohe Kapitalbindung, der große Organisationsaufwand und die mangelnde Ausschöpfung des Marktpoten zials. Der (externe) Direktvertrieb vom Hersteller an Endabnehmer über unterneh mensfremde Organe, also Absatzhelfer: Bei diesen handelt es sich um vor allem Handelsvertreter, Kommissionäre und Handelsmakler. Allen ist gemein, dass sie nicht Eigentümer der gehandelten Produkte werden. Handelsvertreter sind in fremdem Namen und auf fremde Rechnung tätig. Kommissionäre sind zwar in eigenem Namen, aber auf fremde Rechnung tätig. Bei Reklamationen ist also
236
B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
der Kommissionär Ansprechpartner, die wirtschaftlichen Konsequenzen daraus hat jedoch der Hersteller zu tragen. Handelsmakler sind nur mit dem Nachweis von Abschlusschancen beschäftigt. Sie haben außerdem die Interessen beider vertretenen Seiten zu berücksichtigen, auch wenn sie nur von einer Seite beauf tragt werden. Der einstufig-indirekte Großhandels-Vertrieb vom Hersteller über den zwi schengeschalteten Produktionsverbindungshandel an gewerbliche Endabnehmer: Hier werden Investitions- und Produktionsgüter gehandelt, Erstere sind Ge brauchsgüter und gehen in das Anlagevermögen des abnehmenden Unterneh mens über. Letztere sind Verbrauchsgüter und gehen entweder als wesentlicher oder unwesentlicher Bestandteil in die Produktion mit ein (Rohstoff, Hilfsstoff) oder sind zur Aufrechterhaltung der Produktion erforderlich (Betriebsstoff). Der einstufig-indirekte Einzelhandels-Vertrieb vom Hersteller über zwischen geschaltete Einzelhändler an private Endabnehmer: Bei diesen Einzelhändlern handelt es sich meist um Großbetriebsformen des Einzelhandels. Betriebsfor men unterteilen sich allgemein in primäre und sekundäre. Primäre Betriebsfor men des Einzelhandels sind originäre Betriebsformen, sekundäre abgeleitete. Innerhalb der primären Betriebsformen kann wiederum nach stationären oder nicht-stationären unterteilt werden. Stationäre Betriebsformen des Einzelhandels verfügen über ein Ladengeschäft, bei nicht-stationären Betriebsformen fehlt die ses. Der zweistufig-indirekte Groß- und Einzelhandels-Vertrieb vom Hersteller über zwischengeschaltete Groß- und Einzelhandelsstufen: Neben die Einzelhan delsstufe tritt somit die vordistribuierende Großhandelsstufe. Großhandel ist immer Handel unter Kaufleuten. Der mehrstufig-indirekte Groß- und Einzelhandels-Vertrieb vom Hersteller über mehr als eine zwischengeschaltete Großhandelsstufe bis hin zur Einzelhan delsstufe: Bei den Großhandelsstufen handelt es sich zumeist um beschaffungs orientierte, kollektierende sowie absatzorientierte, dispersierende Formen. Dies bietet sich vor allem bei fraktionierten Beschaffungsmärkten, wie etwa in der Landwirtschaft, an, bei denen vor der Warenverteilung eine Warensammlung zweckmäßig ist. Der (interne) Online-Direktvertrieb vom Hersteller über das Internet in Form von E-Commerce an private und / oder gewerbliche Endabnehmer: Dazu muss der Hersteller zunächst eine Webpräsenz implementieren. Dabei können meh rere Formen unterschieden werden, z. B. Prestige-Sites mit Verweis auf andere Medien zur eigentlichen Transaktion, wertschöpfende Präsenzen mit Transak tion im Internet oder Cyber Malls als virtuelle Einkaufszentren. Da es sich beim Internet um ein Pull-Medium handelt, ist es unerlässlich, Kontakte zur Webprä senz zu generieren. Dies kann wiederum innerhalb des Internets auf anderen als den eigenen Seiten erfolgen, am besten in Portalen, die einen hohen Traffic
6. Dimensionen des Vertriebskanals237
aufweisen (z. B. durch Crossverlinkung, Affiliate-Programme oder Suchma schineneinträge), oder außerhalb des Internets, also Offline (z. B. durch Printoder Elektronikmedienwerbung). Der externe Online-Direktvertrieb vom Hersteller über Online-Absatzhelfer wie Preisagenturen, Empfehlungsseiten, Auktionsplattformen etc.: Internet-Ab satzhelfer sind im Regelfall Makler, d. h., sie nehmen Anbieter / Angebote in ihre Webpräsenz auf, sorgen für Traffic auf ihrer Präsenz und profitieren von Listungsgebühren für den Eintrag, Mittlerprovision bei Abschluss und Werbeein nahmen. Damit Internet-Absatzhelfer von Abnehmern in Anspruch genommen werden, müssen sie einen Leistungsvorteil bieten. Dieser liegt z. B. in Preis nachlass, Informationsvorteil oder Service. Der Abschluss kommt dann zwi schen Hersteller und Abnehmer unmittelbar zustande, ebenso wie der Waren fluss, beim Geld- und Informationsfluss ist der Absatzhelfer meist eingeschaltet. Sowohl im B-t-B- als auch im B-t-C-Bereich haben sich vor allem Auktions plattformen etabliert, die durch verschiedene Formen dynamischer Preisbildung und ergänzende Serviceleistungen geprägt sind. Der Online-Indirektvertrieb vom Hersteller über das Internet an Online-Ab satzmittler, und von dort an gewerbliche oder private Endabnehmer: Online-Ab satzmittler sind virtuelle Händler, die Leistungen von Herstellern einkaufen, um sie ohne wesentliche Be- und Verarbeitung mit Aufschlag wieder an Abnehmer zu verkaufen. Online-Absatzmittler betreiben eigene Webpräsenzen, für die sie Traffic durch Pull-Effekt generieren müssen. Dies kann wiederum online oder offline erfolgen. Im B-t-B-Bereich sind etwa Gebrauchtwaren-Händler verbrei tet, die maschinelle Anlagen aufkaufen, aufbereiten und meist mit ergänzenden Services zum Verkauf anbieten. Im B-t-C-Bereich sind etwa Buch-(z. B. Ama zon) und Rei se-Händler (z. B. Expedia) verbreitet, auch hier mit Preis vorteil oder ergänzenden Services. Weiterhin der (interne) Offline-Direktvertrieb vom Hersteller über OfflineMedien: Dabei ist an verschiedene Formen zu denken, unabhängig davon, ob dies im Make or Buy funktioniert. Dazu gehören der Direktvertrieb über Tele fon (inbound / outbound), Telefax, E-Mail, Direktaussendung, Katalog, Fernse hen / Hörfunk (DR-TV / DR-R) und Printmedien. Diese zehn Optionen geben alle denkbaren Vertriebskanaldesigns wieder, wo bei jede Möglichkeit nochmals vielfach unterteilt ist. Mehrkanaldistribution liegt also vor, wenn die Distribution eines Herstellers über mehr als einen die ser Vertriebskanäle erfolgt. Als Ziele werden dabei vorrangig zwei verfolgt. Erstens die Verringerung der herstellerseitigen Abhängigkeit von einem oder einem dominanten Vertriebskanal durch Aufbau und Nutzung alternativer Ver triebskanäle. Dadurch kann der Hersteller die Nachfragemacht einzelner Abneh mer, sei es Endabnehmer oder Wiederverkäufer, mindern. Daraus wiederum folgen erhöhte Margen. Zweitens die breitere Erfassung des Marktes, um auf diese Weise Abnehmer bedienen zu können, die im ursprünglichen Vertriebssys
238
B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
tem aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen nicht bedient werden konn ten. Daraus folgt dann verstärkter Absatz. Die Entscheidung für Multi Channel Distribution setzt also eine Abwägung nach dem Anreiz-Beitrags-Prinzip voraus. Den Anreizen besserer Marge und erhöhten Absatzes durch Mehrkanaldistribution stehen die Beiträge durch Effi zienz- und Effektivitätsverluste infolge horizontaler Konflikte zwischen den distribuierten Vertriebskanälen gegenüber. Je nachdem, was man höher gewich tet, wird man daher die eine oder andere Entscheidung fällen. 6.5.3
Umsetzung des Mehrkanalvertriebs
Geschieht der Mehrkanalvertrieb in allen Kanälen mit einer weitgehend iden tischen Vertriebsgestaltung, so spricht man von parallelem Vertrieb, d. h. über zwei oder mehr verschiedene Vertriebskanäle wird nach einem einheitlichen Konzept vertrieben. Die Vertriebskanäle unterscheiden sich dabei voneinander durch vielfältige Kriterien wie •• Stufigkeit (Einzel- und Großhandel), •• Rechtsstellung (Absatzmittler und Absatzhelfer), •• Betriebsform (gemäß homogener Betriebsformen des Handels), •• Physis (nur ana log, ana log und di gi tal oder nur di gi tal im E-Com mer ce, M-Commerce, T-Commerce). Zu den wesentlichen Vorteilen gehören folgende. Bei vergleichsweise einfa cher Distributionsanlage können dennoch große Teile des Marktes erreicht wer den. Querelen zwischen den distribuierten Vertriebskanälen verbleiben wegen der Gleichbehandlung der Kanäle in engen Grenzen. Es besteht die Chance, durch Konsistenz im Vermarktungskonzept ein klares Profil in der Abnehmer schaft zu behalten. Und die Kosten des Distributionskonzepts können vermin dert und dessen Effizienz erhöht werden. Als wesentliche Nachteile sind folgende zu nennen. Die spezifischen Vorteile einzelner Vertriebskanäle können durch die Generalisierung der Vertriebsaktivi täten nur unzureichend genutzt werden. Die Konkurrenz zwischen den distribu ierten Vertriebskanälen wird infolge der Gleichbehandlung geschürt und führt zu steten Unruhen. Die Chance zur Abschöpfung der Nachfragerrente durch differenzierte Vermarktungsmaßnahmen wird vergeben. Dadurch können vor handene Umsatzpotenziale nur unzureichend abgeschöpft werden. Wegen dieser ausgeprägten Nachteile des parallelen Vertriebs ist das Konzept des gesplitteten Vertriebs entwickelt worden. Auch dabei werden zwei oder mehr Vertriebskanäle bedient, zusätzlich werden dort jedoch jeweils voneinander ab weichende Konzepte gefahren. Die gesplittete Distribution geht davon aus, dass horizontale Konflikte zwischen Vertriebskanälen dadurch vermindert werden
6. Dimensionen des Vertriebskanals239
können, dass nicht alle Kanäle auf dieselbe(n) Nachfrage / Budgets zugreifen, sondern die Vertriebskanäle in Bezug auf die Kaufkraft gespreizt werden. Dadurch kann vor allem der Hauptnachteil des Parallelvertriebs, nämlich die unvermeidliche Konkurrenz der distribuierten Vertriebskanäle um im Prinzip gleiche Kaufkraft / gleiches Budet (Intrabrand Competition), vermindert werden. Zugleich kann auf die spezifischen Anforderungen der im jeweiligen Vertriebs kanal nachfragenden Kunden durch den dort jeweils angebotenen eigenen Ak tivitätsausschnitt besser eingegangen werden. Dafür vermindert sich für Herstel ler wie Händler die Marktausschöpfung, und es kommt zu einer Komplizierung des Distributionsdesigns beim Hersteller. Zu den generellen Vorteilen des gesplitteten Vertriebs zählen folgende. Die Bedienung unterschiedlicher Abnehmersegmente im von ihnen jeweils präferier ten Vertriebskanal und mit einen speziellen Aktivitätsausschnitt ist möglich. Dies bewirkt eine bessere Ausschöpfung des Marktpotenzials. Es besteht ein Kostensenkungspotenzial durch gezieltere Distribution in die präferierten Kaufstätten der jeweiligen Zielgruppe hinein. Auf diese Weise ist die Erschlie ßung eines größeren Absatzmittlernetzes möglich, da die Intrabrand Competi tion gemindert wird. Durch das spezielle Angebot kann den unterschiedlichen Bedürfnissen der Kunden besser entsprochen und damit der Kundennutzen ge steigert werden. Die kaufverhaltensrelevant gesammelten Informationen lassen sich vertriebskanalübergreifend zusammenführen und für neue kundengerechte Vertriebskonzepte nutzen. Die Abhängigkeit von einzelnen Kundengruppen / Ab satzmittlern und die daraus folgende Nachfragemacht lassen sich mindern. Zu den generellen Nachteilen gehören folgende. Es besteht die Gefahr der Endabnehmerirritation / -frustration durch unterschiedliche Angebotsstrukturen und -zusammensetzungen der verschiedenen Vertriebskanäle. Ein erhöhter Auf wand (Komplexität) für die Marketing-Kommunikation gegenüber Endabneh mern und distribuierten Absatzmittlern entsteht. Ein unvermeidlich uneinheitli cher Markenauftritt in verschiedenen Vertriebskanälen führt zur Verwirrung und Überforderung der Nachfrager. Mit zunehmender Zahl der Vertriebskanäle kann der Anbieter deren jeweilig abweichenden Anforderungen nicht mehr in geeig neter Weise gerecht werden. Für den Aufbau eines neuen Vertriebskanals ent stehen hohe Implementierungskosten, deren Wirtschaftlichkeit latent gefährdet ist. Mehrfach belieferte Vertriebskanäle führen zur Konkurrenz der dort betei ligten Absatzmittler untereinander und münden womöglich in Konflikten. Zu entscheiden ist nunmehr, nach welchen Kriterien der Vertriebskanal-Split vorgenommen werden soll. Dafür kommen Produktlinien, Absatzgebiete und Kundenarten in Betracht (siehe Abb. 60). Dies kann derart erfolgen, dass Abneh mer sich dem jeweiligen Vertriebskanal ihrer Wahl selbst zuordnen oder dass anbieterseitig eine fremde Zuordnung vorgenommen wird. Die Fremdzuordnung kann durch die Anlegung von Zugangskriterien erfolgen. Diese können aus Ziel gruppenmerkmalen bestehen oder aus einmaligem / laufendem Geldbeitrag.
240
B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Abb. 60: Ausprägungen der Vertriebskanalstruktur
6.5.4
Gesplitteter Vertrieb nach Produktgruppen
Dies bedeutet, dass nicht alle Produkte in allen Vertriebskanälen verfügbar sind, sondern die Produkte anbieterseitig bestimmten von ihnen zugeordnet wer den (z. B. Kosmetika-Hersteller mit Apotheken-Kosmetiklinien). Damit sind die Vertriebskanäle in Bezug auf die betroffenen Produkte in ihrer Wettbewerbsbe ziehung entzerrt, die horizontalen Spannungen zwischen ihnen verringern sich entsprechend. Zugleich verringert sich die Produktverfügbarkeit je Vertriebska nal und es entsteht ein erhöhter Aufwand zur Steuerung und Lenkung der Ak tivitäten. Allgemeine Vorteile der Anlage nach Produkt / -gruppen sind folgende. In der Organisation ist eine potenziell hohe Effizienz durch Spezialisierungsmöglich keit gegeben. Dies wird unterstützt durch den Einsatz spezifischer Vertriebsme thoden und Vertriebstechniken. Eine fokussierte Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter im Vertrieb führt zu hoher Motivation durch ihren Expertenstatus. Es bestehen gute Kommunikations- und Informationsbedingungen zwischen al len Unternehmensfunktionen innerhalb einer Produktsparte. Dem stehen folgende Nachteile gegenüber. Es kommt zu hohen / steigenden Kosten durch Multiplizierung der Vertriebsanstrengungen in der Organisation infolge Komplexität. Die Anlage kann zu Irritation und Frustration der Abneh mer führen, da diese sich für verschiedene Produkte paralleler Betreuung ge genüber sehen. Es besteht ein hoher Bedarf an qualifizierten Mitarbeitern. Und es ist eine aufwändige Steuerung produktübergreifender Vertriebsaktivitäten erforderlich.
6.5.5
6. Dimensionen des Vertriebskanals241
Gesplitteter Vertrieb nach Absatzgebieten
Die Anlage nach Absatzgebieten kann in mehreren Abstufungen erfolgen. Eine lokale Anlage unterscheidet nach einzelnen Standorten, dies ist wichtig hinsichtlich der physischen Erreichbarkeit des Angebots, etwa bei Dienstleistun gen in Abhängigkeit von der Passatenfrequenz oder Kaufintensität. Eine natio nale Anlage unterscheidet meist in kaufkraftstarke und -schwache Gebiete, ty pischerweise also städtische und ländliche. Die Distribution in ersteren lohnt häufig mehr (z. B. für Waren des gehobenen Bedarfs). Eine internationale An lage unterscheidet nach grenzüberschreitenden Absatzgebieten. Dabei kann es sich um einzelne ausländische Märkte, honogene Ländermarktgruppen oder eine globale Dimension handeln. Vorteile der Anlage nach Absatzgebieten sind folgende. Es ist eine intensive und überschneidungsfreie Bearbeitung der Märkte möglich. Dies führt zu einer hohen Effizienz im Vertrieb. Die Mitarbeiter können im Hinblick auf regionale Besonderheiten geschult werden. Durch die eindeutige Aufgaben- und Ergebnis zuordnung entsteht ein unmittelbarer Motivationseffekt. Es sind ein geringer Koordinationsaufwand und eine gute Ergebniskontrolle im Management gege ben. Außerdem erfolgt eine Unterstützung von Cross Selling im Programm. Dem stehen folgende Nachteile gegenüber. Es stellen sich hohe Anforderun gen an die Mitarbeiter. Die Durchsetzung einer an übergeordneten Zielen orien tierten, einheitlichen Vertriebspolitik wird erschwert. Ebenso erschweren Men talitätsunterschiede die Marktbearbeitung. Und es kommt zu Abstimmungsprob lemen bei Abnehmern mit mehreren Standorten. 6.5.6
Gesplitteter Vertrieb nach Kundenarten
Beim Mehrkanalvertrieb nach Kundenwert kann seitens dieser Abnehmer eine Selbstwahl oder eine Fremdwahl angewendet werden. Ersteres bedeutet, dass Kunden sich selbst einem Vertriebskanal zuordnen, letzteres bedeutet, dass sie durch den Hersteller einem Vertriebskanal zugeordnet werden, also Zugriffs beschränkungen bestehen. Hinsichtlich der Selbstwahl ist vom Anreiz-BeitragsSystem zur Präferenzbildung auszugehen, d. h., die Wahl erfolgt nach dem empfundenen Übergewicht von Anreizen durch z. B. Preisvorteil, Bequemlich keit, Individualität oder Beiträgen durch z. B. Eigenleistungsanteil, Informations aufwand, Erreichbarkeit. Vorteile der Anlage nach Kundenwert sind folgende. Es ist ein hohes Maß an Vertrautheit mit den spezifischen Problemen und Bedarfen der Kunden(-grup pen) gegeben. Dies ermöglicht eine gezielte Bearbeitung einzelner Kun den / -gruppen durch spezialisierte Vertriebsmethoden und Verkaufstechniken. Die Bedeutung der einzelnen Kunden / -gruppen wird bei der Allokation der Vertriebsaktivitäten berücksichtigt. Es ist eine schnelle und flexible Reaktion
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
auf Marktveränderungen und Nachfragetrends möglich. Cross Selling wird un terstützt, da der Kunde alle Leistungen aus einer Hand erhält. Die Mitarbeiter des Anbieters werden dabei zu vertrauten Ansprechpartnern. Dem stehen folgende Nachteile gegenüber. Es entstehen hohe Kosten durch Multiplizierung aller Vertriebsanstrengungen sowie ein hoher Koordinationsauf wand bei der Führung der Mitarbeiter und der Wahrnehmung kunden(gruppen-) übergreifender zentraler Vertriebsaktivitäten. Dies setzt eine tragfähige Markt segmentierung voraus, die häufig nur schwer implementierbar ist. Problematisch ist jedoch die Ermittlung des zugrunde gelegten Kundenwerts. Hinzu kommt die Zeitperspektive bei dynamischer Betrachtung, die angezeigt ist. Außerdem ist fraglich, wer im Einzelfall „Kunde“ ist, etwa die Konzernzen trale oder eine bestellende Dependance. 6.5.7
Cross Channel Distribution
Diese befasst sich mit der Aufteilung des Vertriebskanals auf bestimmte Teil aufgaben in der Distribution. Dabei kann zwischen Interaktionsaufgaben und Transaktionsaufgaben unterschieden werden. Erstere beziehen sich auf die Kommunikation zwischen Lieferant und Abnehmer. Hierfür stehen unterschied liche Kanäle bereit, die es nach Inhalt, Form, Zeit und Raum aufeinander ab zustimmen gilt. Dies ist primär Aufgabe der Kommunikationspolitik. Letztere beziehen sich auf den Übergang von Sach- und Geldleistungen zwi schen Lie fe rant und Ab neh mer. Dies ist pri mär eine Auf ga be der Distri butionspolitik. Die Phasen der Distribution und damit die Aufgaben können wie folgt rubriziert werden: •• Vorverkaufsphase (Interessentenauswahl, Kundenakquisition), •• Nachverkaufsphase (Beziehungsaufbau, Produktwerterhöhung, Produktanzahl erhöhung, Referenzierung und Weiterempfehlung, Informations- und Integra tionsnutzen, Kundenrevitalisierung, Kundenreaktivierung, Kundenausgren zung, Kündigungsprävention, Kundenrückgewinnung). Dafür stehen reale und virtuelle Vertriebskanäle zur Verfügung. Daraus kann jeder Phase der Distribution ein Vertriebskanal zugeordnet werden. Insb. können die Vertriebskanäle dabei in Bezug auf Offline (real direkt, real indirekt) oder Online (virtuell) unterschieden werden und die Distributionsaufgaben in Bezug auf die Vorkaufphase (Recruitment) oder Nachkaufphase (Retention, Reinforce ment, Recovery). Die individuelle Customer Journey kann sich aufgrund der Kombinatorik dieser Kontaktpunkte ausgesprochen vielfältig darstellen. Hier für Transparenz zu sorgen, stellt sich als schwierig heraus. Insofern ist es das Ziel, Nutzern durch bewusste Verkettung der Kontaktpunkte bestimmte Customer Journeys nahezulegen. Dies erfolgt durch gezielte Verweisung untereinander, definierte Einstiegskanäle und einen „Abschlusstrichter“ (Sales Funnel).
6. Dimensionen des Vertriebskanals243
Die Vorverkaufsphase (Pre Sales) dient der Kontaktierung von Interessenten, ihrer Interesseweckung und Verkettung zum Abschluss. Kontaktpunkte sind da bei u. a. folgende: •• Print-Anzeigen mit Coupon, Direktaussendungen, Kataloge, •• TV-Spots mit Responseelement, HF-Spots mit Responseelement, •• Telefonkontakt (outbound), Telefaxkontakt, •• Ausstellungen, Events, Präsentationen, •• Homeshopping, Infomercials, Videotext, •• Medien-Placement, Sponsoring, •• E-Mail-Kontakt (Stand alone), •• eigene Web-Präsenz (auch Weiterleitungen, Display-Werbung, Suchmaschi nenwerbung etc.), •• Präsenzen der Online-Absatzhelfer, Präsenzen der Online-Absatzmittler, •• Kontakte durch Hersteller-Vertriebsmitarbeiter (Innen- / Außendienst), •• Kontakte durch Absatzhelfer (Handelsvertreter, Kommissionäre, Handelsmak ler), •• Kontakte durch Großhandels- oder Einzelhandels-Vertriebsmitarbeiter am POS, •• Referenzen, Empfehlungen, Proben, Prospekte etc. Der Kaufabschluss (At Sales) kommt dann stationär, durch geprintete oder elektronische Medien zustande. In der Nachverkaufsphase (After Sales) stehen wiederum vielfältige Kontakt punkte zur Verfügung, u. a.: •• Print-Anzeigen, TV- / HF-Spots, Hotline / Helpline, •• Newsletters, Instant Messaging, SMS / MMS, •• Foren, Social Shopping, FAQ-Sites, •• eigene Web-Präsenz, Präsenzen der Online-Absatzhelfer / -Absatzmittler, •• Reisende / Trafficer des Herstellers, der Großhändler, der Einzelhändler, •• Social Media (Soziale Netzwerke, Media Sharing, Blogging, Tagging), •• Bewertungs-Sites, Wikis, Mash-ups, Location Based Services / LBS, •• Kundenclubs, Rewarding-Systeme, Couponing, •• Packungen, Bedienungsanleitungen, Tutorials (Erklärvideos) etc. Zusammenfassend liegen die Vorteile der Multi Channel Distribution in Fol gendem. Es können neue Zielgruppen erreicht werden. Es wird eine größere
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Kundennähe realisierbar. Der Share of Customer erhöht sich. Auch stark frag mentierte Märkte können gut bedient werden. Es entstehen Wettbewerbsvorteile. Und die Absatzbasis kann gesichert werden. Es werden zusätzliche Kontakt punkte (Customer Touch Points) geschaffen. Die Abhängigkeit vom einzelnen Vertriebskanal sinkt. Die Dialogfähigkeit des Anbieters steigt. Es kommt zu einem internen Risikoausgleich. Dem stehen folgende allgemeine Nachteile gegenüber. Es kann zu Kanniba lisierungseffekten kommen. Evtl. wird die kritische Masse je Vertriebskanal nicht erreicht. Zugleich entsteht ein hohes Maß an Komplexität. Dieses erfor dert einen hohen Abstimmungsaufwand. Es kann zur Kundenverwirrtheit durch heterogene Auftritte kommen. Es entstehen horizontale Machtkonflikte um die Handelsspanne. Vor allem gibt es Konflikte zwischen alten und neu hinzu kommenden Kanälen (Wahrnehmungs-, Rücksichtslosigkeits-, Vertei lungskonflikte). 6.6
Form des Vertriebskanals
Hinsichtlich des Distributionsaufbaus ist konstitutiv weiterhin die Entschei dung für eine eigengestaltete oder fremdgestaltete Vertriebskanalform zu treffen (siehe Abb. 61). Im Zuge der Eigengestaltung kann diese wiederum zentral oder dezentral ausgelegt sein, im Zuge der Fremdgestaltung kann diese ausgegliedert oder verbunden sein. 6.6.1
Eigengestaltung
Eine eigengestaltete Vertriebskanalform bedeutet, dass der Vertrieb von Un ternehmensrepräsentanten selbst übernommen wird. Dies kann wiederum zentral oder dezentral erfolgen. Eine zentrale Vertriebskanalform meint dabei, dass der Vertrieb vom Unter nehmenssitz aus initiiert, durchgeführt und koordiniert wird. Dies ist etwa im Industriegeschäft üb lich, wo es um An la gen oder Sys te me geht, die weit ge hende gegenseitige Verpflichtungen implizieren wie hoher Betrag, lange Bin dungszeit, Reputationsbedeutung, Erklärungsbedürftigkeit etc. Dort werden das Top-Management, die eigene Vertriebsabteilung / Innenverkauf aktiv. Dieses Sy stem im pli ziert eine re la tiv gro ße Markt fer ne und ist da her vor allem in Branchen zu finden, in denen sich die Marketingdenkhaltung vielfach noch nicht massiv durchgesetzt hat, so etwa bei Investitionsgütern. In Bezug darauf sind vier Prinzipien möglich. Beim Residenzprinzip findet der Vertrieb in den Räumlichkeiten des Verkäu fers statt. Der Käufer begibt sich dazu an den Ort des Verkaufs, im Handel etwa in das Ladengeschäft des Händlers. Dies gilt aber auch für den Verkauf großer
6. Dimensionen des Vertriebskanals245
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Abb. 61: Ausprägungen der Vertriebskanalform
Mengen / hoher Werte durch das Top-Management beim Abnehmer (etwa bei Investitionsgütern). Dies bietet sich an, wenn der Anbieter immobil ist. Beim Domizilprinzip findet der Vertrieb in den Räumlichkeiten des Käufers statt. Der Verkäufer begibt sich dazu an den Ort des Kaufs, etwa die Wohnung der Privatperson oder das Büro des Gewerbetreibenden. Dieser Außenverkauf ist ty pisch für die mei sten For men des B-t-B-Kon takts. Dies bie tet sich an, wenn Nachfrager immobil sind. Beim Treffprinzip findet der Vertrieb in „neutralen“ Räumlichkeiten statt. So wohl der Verkäufer als auch der Käufer begeben sich dazu an diesen dritten Ort,
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
etwa den Messestand bei Marktveranstaltungen, auf denen dann formalisierte oder aber ungeplante Transaktionen ablaufen. Voraussetzung ist hierbei, dass beide Parteien mobil sind. Beim Distanzprinzip findet hingegen kein persönlicher Verkauf, sondern nur ein medialer Kontakt statt. Die Willenserklärungen zu Verkauf und Kauf erfol gen also über geprintete Medien wie Anzeigencoupon, Mailing, Katalog etc. oder über elektronische Medien wie Telefon, Telefax etc. sowie in verstärktem Maße über E-Commerce. Eine dezentrale Vertriebskanalform meint, dass der Vertrieb autonom im Relevanten Markt verteilt stattfindet. Dabei sind mehrere Ausprägungen mög lich: •• Niederlassungen sind aus der Zentrale in den Raum ausgelagerte Absatzstel len mit eigenem Geschäftssitz und Gerichtsstand. Beispiele sind die BMW-, Porsche- oder Mercedes-Niederlassungen an wichtigen Standorten. •• Filialen sind aus der Zentrale in den Raum ausgelagerte Absatzstellen, die den Geschäftssitz und Gerichtsstand der Zentrale übernehmen. Man spricht daher von Regiebetrieben (z. B. WMF, Nordsee, Hush Puppies, Rodier, Ro senthal, Betty Barclay, Salamander, Bally, Bijou Brigitte). Dies ist häufig bei Herstellerfilialisten vorzufinden wie IKEA, H&M, Zara etc. Der Unterschied zur Zentrale ist, dass beide Formen über kein eigenes Ver mögen verfügen. Niederlassungen / Filialen akquirieren Aufträge eigenständig, organisieren deren Abwicklung und sorgen auch für eine entsprechende Nach bereitung. Durch die räumliche Ausgliederung kann meist marktnäher agiert werden, zumal wenn andere Spezialisierungen hinzukommen. Dabei ist jeweils zu beachten, wie sich diese Absatzstellen in das Design des Vertriebskanals einfügen. Niederlassungen und Filialen können vielfache, be sondere Ausprägungen haben, so vor allem die nachfolgenden. Flagship Stores / Brand Stores dienen als Demonstrationsläden des Herstel lers. Sie sind in markenadäquaten Lagen (meist hochwertig, 1a-Lage) lokali siert, führen nur die Produkte des betreffenden Herstellers und sind häufig zu sätzlich durch Gastronomiebetriebe, Büroflächen etc. abgesichert. Sie dienen der Emotionalisierung des Markenerlebnisses, dem Aufbau von Käuferbindung und auch Marktforschungszwecken, der Verkauf ist nachgeordnet. Mittelfristig kann darin aber eine neue Direktvertriebsschiene liegen, um vom Handel unab hängiger zu werden. Allerdings verursachen sie auch hohe Kosten bei geringen Umsätzen. Beispiele von Flagship Stores sind Nike Town, Apple, Tiffany, Prada (alle New York). Factory Outlets sind Verkaufsstellen, ursprünglich nur am Ort der Herstel lung und für Mitarbeiter, die während bestimmter Öffnungszeiten ausgewählte Sortimente (z. B. II. Wahl oder Auslaufartikel) für das Publikum anbieten. Dies
6. Dimensionen des Vertriebskanals247
führt im Ergebnis zu einer Verstopfung der Pipeline und zur Substitution von Handelsabsätzen. Sie sind aus Fabrikläden für Betriebsangehörige meist unmit telbar am Ort der Produktionsstätte entstanden. Das Sortiment besteht meist überwiegend aus Bekleidung (Schuhe, Sportartikel, Hausrat, Lederwaren etc.), die Artikel stammen aus Produktionsüberhängen (Overrun), Auslaufmodellen (Discontinued), Vorjahresmodellen (Past Season), irregulärer Ware (Factory Se cond), Musterprodukten oder speziell für FOs produzierter Ware. Die Preisset zung ist aggressiv. Kunden sind meist jüngere Personen mit hohem Preis- und Markenbewusstsein (Smart Shopper), die im weiteren Einzugsgebiet wohnen. Demonstrationsläden sind repräsentative Geschäftslokale in hoch frequentier ten Lagen, in denen die Produkte des Herstellers vorgeführt und beraten wer den. Dadurch wird der Kontakt zu den eigenen Produkten intensiviert, der sich in Käufen im Handel konkretisiert. Das heißt, dort findet kein Vertriebsvollzug statt, sondern nur die Vertriebsvorbereitung. 6.6.2
Fremdgestaltung
Eine fremdgestaltete Vertriebskanalform meint, dass der Vertrieb ganz (aus gegliedert) oder teilweise (verbundgestaltet) über selbstständige Akteure (Ab satzmittler / Absatzhelfer) im Markt erfolgt. Eine ausgegliederte Vertriebskanalform bedeutet, dass der Vertrieb nicht vom Hersteller, sondern von von ihm beauftragten Dritten übernommen wird. Dabei kann es sich um Absatzmittler (eigener Name / eigene Rechnung) oder Absatz helfer (fremder Name und / oder fremde Rechnung) handeln. Diese beziehen das Entgelt für ihre Tätigkeit dann entweder aus der Handelsspanne als Differenz zwischen ihrem Einstandspreis und dem Nettoverkaufspreis oder aus Provision für Vermittlung oder Abschluss von Aufträgen. Bei Hausbesuchen kontaktieren (meist hauptberufliche) Handelsvertreter Haushalte im Door to Door Selling-Prinzip und bieten dort ihre Waren an. Da bei kann es sich um vorselektierte (heiße) Adressen handelt, die der Hersteller zur Verfügung stellt und die dementsprechend größere Erfolgschancen bieten (z. B. Vorwerk, Haka, Avon, Felicitas), oder um wahllos aufgesuchte Haushalte (kalte Adressen), deren Erfolgschancen eng begrenzt sind (z. B. Abonnentenwer bung der Verlage). Zudem sind rechtliche Beschränkungen im Vertragsabschluss zu beachten (Haustürgeschäfte). Die Vertreter führen meist einen kleinen Wa renvorrat mit sich (Handlager), sind mit Werbemitteln ausgestattet, leisten Be ratung, nehmen Aufträge entgegen und führen das Inkasso sowie die Reklama tionsabwicklung durch. Dadurch sind Anschlusskäufe (Zubehör) und marken treue Folgekäufe wahrscheinlich. Allerdings leidet dieser Vertriebsweg unter dem schlechten Image vieler unseriöser Geschäftemacher.
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Bei Home Parties veranstaltet ein nebenberuflicher Repräsentant für Perso nen seines sozialen Umfelds in seiner Wohnung ein gemütliches Treffen mit anregender Präsentation und informellem Verkauf von Waren. Dabei wird auf professionelle Vorbereitung großer Wert gelegt (z. B. Tupperware, Amway, Pierre Lang, Jafra, Mary Kay, AMC). Der Verkauf erfolgt eher beiläufig, auf Basis der Sympathie und Authentizität von Bezugspersonen, also scheinbar fernab jedes Hard Sellings in der entspannten Heimatmosphäre. Auf Schulungen erfahren die Handelnden, wie sie taktisch geschickt eine verkaufsfördernde Stimmung schaffen, das Gespräch unauffällig in Richtung des vertretenen Pro dukts lenken, überzeugend argumentieren und nachhaken. Bei Sammelbestellern handelt es sich um (nebenberuflich tätige) Repräsen tanten ohne kaufmännische oder sachkundliche Ausbildung, die in ihrem sozia len Umfeld Bestellungen im Versandhandel entgegennehmen, zusammenstellen und weiterleiten. Dadurch erreichte Rationalisierungseffekte werden in Form von Preisnachlässen durch den Hersteller an Handlungsgehilfen (evtl. auch eigentliche Besteller) weitergegeben. Außerdem übernehmen sie akquisitorische und leistungsergänzende Vorleistungen. Die logistischen Leistungen (Zustellung, Umtausch, Montage etc.) werden direkt vom Hersteller erledigt. Ein Beispiel dafür ist der Otto-Versand. Hier gibt es auch hauptberufliche Absatzhelfer mit Bestellläden. Beim Multi Level Marketing (MLM, auch Strukturvertrieb, Netzwerkver trieb) handelt es sich um den Direktvertrieb von Waren und Dienstleistungen vom Hersteller an private Endabnehmer. Die der Direktvertriebsorganisation angehörenden Vertriebsrepräsentanten betreiben ihr Engagement neben- oder hauptberuflich als selbstständige Gewerbetreibende, ohne Lagerbestände führen oder Abnahmeverpflichtungen eingehen zu müssen. Zusätzlich bietet die Orga nisation jedem Vertriebsrepräsentanten die Möglichkeit, nach Vorgaben des Unternehmens, das die betreffende Organisation unterhält, neue Vertriebsreprä sentanten zu gewinnen, einzuarbeiten, zu schulen und weiterhin laufend zu be treuen. Dadurch entstehen im Zeitablauf vielstufige Vertriebslinien. Zur Kom pensation für die im Verkauf von Produkten und Dienstleistungen selbst erziel ten Leistungen erhält jeder Vertriebsrepräsentant Verkaufsprovisionen. Als Ge genleistung für die Rekrutierung, Betreuung, Ausbildung und Führung von Vertriebsrepräsentanten werden jedem höherstufigen Vertriebsrepräsentanten Leitungsprovisionen (Superprovision) gezahlt. Die Provisionshöhen ergeben sich ebenso wie die ggf. zu erreichenden Beförderungsstufen aus dem jeweils geltenden transparenten Karriereplan, den jeder Vertriebsrepräsentant durchläuft und der als Anreizsystem gleichermaßen für alle Vertriebsrepräsentanten gilt. Die Vertriebsrepräsentanten handeln im Eigenhandel, als Kommissionär (ohne Eigentumserwerb) oder als Handelsvertreter. Das System ist derart angelegt, dass Absatzhelfer oberer Stufen an den Abschlüssen von Absatzhelfern unterer Stufen partizipieren, die mit steigendem Erfolg selbst auf eine immer höhere Stufe avancieren und immer mehr profitieren. Die Tätigkeit kann hauptberuf
6. Dimensionen des Vertriebskanals249
lich oder nebenberuflich ausgeübt werden (z. B. DVAG, VB, AWD, Quinz, Bonnfinanz, MLP, Plansecur, HMI). Weitere Branchen sind Schlankheitsmittel, Sicherheitsanlagen, Anzeigen, Dessous, Bücher, Clubs etc. Im Unterschied zu legalen MLM-Systemen ist es verboten, andere zu veran lassen, Waren im Depot abzunehmen und in erst noch aufzubauende Ver triebsstrukturen hinein zu verkaufen (Progressive Kundenwerbung). Dies ist beim Schneeballsystem der Fall. Ein Systemträger schließt dabei mit Kunden Verträge ab, die dem Systemträger weitere Abnahmeverträge von Nachfolge kunden sichern. Der vom Kunden zu begleichende Kaufpreis wird bezahlt, in dem der betreffende Kunde den Abschluss weiterer Abnahmeverträge an Nach folgekunden vermittelt und dafür besondere Provisionen, Boni etc. erhält. Kennzeichen sind nur gering werthaltige Produkte und kein originäres Ver triebsinteresse. Eine ähnliche Form ist das Pyramidensystem. Dabei veranlasst ein System träger Kunden zur Warenabnahme in einen derartig hohen Ausmaß, dass diese Kunden praktisch weitere Kunden zur Warenabnahme motivieren müssen, die wiederum weitere Kunden zur Warenabnahme gewinnen etc. Der Systemträger schließt nur mit der zuerst kaufenden Kundenebene einen Kaufvertrag ab, diese wiederum schließen Kaufverträge mit weiteren Kunden ab etc. Die Produkte werden entsprechend weitergereicht. Beim Weiterverkauf wird in aller Regel ein Preisaufschlag vorgenommen. Die Gewinnerzielung wird also durch Einzahlung von Geldbeträgen erreicht. Als juristisches Trennkriterium gilt meist, ob ein Systemmitglied das angebo tene Produkt auch erwerben würde, wenn es keine Provision für dessen Weiter verkauf erhielte und ob die Verdienstmöglichkeiten überwiegend aus den Vor teilen bestehen, die für die Anwerbung neuer Systemmitglieder gewährt werden. Insofern entsteht die Unlauterkeit und Strafbarkeit aus der dominanten Progres sion des Systems durch ständige Neuaufnahme weiterer Teilnehmer. Neue Teil nehmer werden genötigt, für den Erhalt ihrer Provisionsberechtigung mehr Waren / Dienste zu kaufen als für den Eigenbedarf benötigt, so dass dadurch ein Zwang zum Werben weiterer Teilnehmer begründet wird. Eine verbundgestaltete Vertriebskanalform liegt beim Verkauf über rechtlich selbstständige, wirtschaftlich aber unselbstständige Vertriebsorgane vor. Es han delt sich um eine Zwischenform weder völliger Ausgliederung noch Eigenwahr nehmung der Vertriebsfunktion. Drei wichtige Formen betreffen hier: •• die Verkaufsholding als rechtlich selbstständige, wirtschaftlich gebundene Konzerndachgesellschaft, an die andere verbundene Konzernteile die Ver kaufsfunktion ihrer Betriebe abtreten, •• das Verkaufssyndikat als rechtlich gebundener, wirtschaftlich selbstständiger Kartellteil, bei dem Syndikalisten nur die Verkaufsfunktion ihrer Betriebe an ein gemeinsames Organ abtreten (dies ist wettbewerbsrechtlich verboten),
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
•• das Kontraktmarketing als vertikale Kooperation zwischen Hersteller- und Handelsstufen zur Förderung der Verkaufsfunktion im Vertriebskanal (dies ist eine völlig legale Auslegung). Diese Art dauervertraglicher Schuldverhältnisse ist verbreitet vorzufinden. Sie ist in der Lage, Interessensidentitäten im Ver triebskanal zu fördern. Das Vertriebskanaldesign zum Distributionsaufbau ergibt sich nunmehr aus der individuellen Kombination der Größen Vertriebskanaltiefe, Vertriebskanal breite, Vertriebskanalstruktur und Vertriebskanalform. Es gibt dafür kein „Pa tentrezept“, zumal sich die Designs auch angesichts von Marktströmungen, Wettbewerbsaktivitäten, Nachfragetrends etc. in steter Veränderung / Anpassung befinden.
7.
7. Konzept des Direktvertriebs251
Konzept des Direktvertriebs
Im Unterkapitel „Konzept des Direktvertriebs“ werden die Elemente des unmittelbaren Kontakts zwischen dem Hersteller einer Sach- oder Dienstleistung und dessen gewerblichen oder privaten Endabnehmern beleuchtet. Der Direktvertrieb erfolgt entweder über eigene Vertriebsmitarbeiter (7.1) oder über verschiedene akquisitorische Absatzhelfer (7.2). Unterstützend kommen reale Marktveranstaltungen (7.3) in Betracht ebenso wie die Nutzung von Medien, sei es in Form des Katalogverkaufs (7.4), des Verkaufs mittels Dialogmedien (7.5) oder mithilfe von Veranstaltungsmedien (7.6). Eine hohe Bedeutung kommen im Vertrieb auch der Verkaufsförderung (7.7), der Fachwerbung (Professional Interest) (7.8) und dem Streuprospekt (7.9) zu. Diese werden daher detailliert untersucht. Leser kennen die verschiedenen, möglichen Ausprägungen des Direktvertriebs. Sie können deren komparative Vor- und Nachteile bewerten. Und sie sind in der Lage, diese Erkenntnisse auf praktische Vertriebssituationen zu transferieren. 7.1
Eigene Vertriebsmitarbeiter
Der Direktvertrieb erfolgt vom Hersteller unmittelbar an Endabnehmer, also unter Ausschaltung zwischengeschalteter Absatzmittler. Dies kann durch unternehmenseigene Vertriebsorgane (= interner Direktvertrieb) oder unternehmensfremde Absatzhelfer (= externer Direktvertrieb) erfolgen. Bei ersteren handelt es sich etwa um Reisende (VADM), bei letzteren um Absatzhelfer, vor allem Handelsvertreter, Kommissionäre und Handelsmakler. 7.1.1
Mitarbeiteradministration
Die Mitarbeiteradministration umfasst im Einzelnen die Aufgaben der Beschaffung, der Auswahl, des Einsatzes, der Beurteilung, der Entwicklung und der evtl. Freisetzung von Vertriebsmitarbeitern (siehe Abb. 62). 7.1.1.1 Beschaffung Die Personalbestandsplanung betrifft den quantitativen und qualitativen Bestand an Vertriebsmitarbeitern in einem Unternehmen. Um die Personalbedarfsbasis zu bestimmten, sind Planungsmethoden anhand von Kennzahlen, Stellenplänen und Erhebungen (z. B. Refa) erforderlich. Dies umfasst die •• aktuelle Personalbestandsanalyse hinsichtlich der Zusammensetzung des Personalbestands, •• quantitative Personalplanung analog zum Einsatzbedarf,
252
B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Abb. 62: Mitarbeiteradministration
•• qualitative Personalplanung hinsichtlich der Eignung der Mitarbeiter für jeweils anstehende Tätigkeiten, •• zeitliche Personalplanung in Bezug auf die Verfügbarkeit der Arbeitsleistung. Der Personalbestand wird dann mit dem zukunftsorientierten Personalbedarf in Bezug auf Anforderungsprofil und Leistungsprofil abgeglichen. Aufgrund der demographischen Entwicklung ist absehbar, dass vor allem High Potentials, also Nachwuchsführungskräfte, schon bald knapp werden (War for Talents). In einigen Bereichen ist dies bereits heute erkennbar, z. B. Mathematiker, Informatiker, Naturwissenschaftler, Techniker (MINT). Diese Lücke kann bisher durch Immigration nicht ausgeglichen werden, erstens ist der Wanderungssaldo negativ, d. h. mehr High Potentials emigrieren als immigrieren, zweitens kommen überwiegend gering qualifizierte Immigranten, die zudem schlecht integriert werden, drittens ist Deutschland als Arbeitsland für qualifizierte Zuwanderer offensichtlich wenig attraktiv und viertens werden für Zuwanderer aus Nicht-EU-Ländern hohe Verbleibshürden aufgebaut. Im Betrieb geht es dann um die optimale Eingliederung der Beschäftigten in den Arbeitsprozess. Dies erfolgt durch Einarbeitung, Stellenzuweisung, Stellenanpassung. Die Aufgabenerweiterung bezieht sich auf eine quantitative Ausdehnung der Tätigkeit (Job Enlargement) oder einen Arbeitsplatzwechsel (Job Rotation). Die Aufgabenanreicherung bezieht sich auf den Anteil dispositiver Arbeit (Job Enrichment) oder den Autonomiegrad der Arbeit (Teilautonome Arbeitsgruppe). Weiterhin gibt die Betriebsordnung wichtige Rahmendaten der Tätigkeit wie Geheimhaltung, Arbeitszeiten, Pausen, Mehrarbeit, Urlaub, Sicherheitsvorschriften, Verhaltensstandards etc. explizit vor.
7. Konzept des Direktvertriebs253
Die Mitarbeiterbeschaffung befasst sich mit der Bereitstellung von Arbeitskräften infolge Neu-, Ersatz-, Überbrückungs- oder Mehrbedarfen. Die Beschaffung erfolgt auf internen oder externen Wegen. Interne Wege betreffen meist folgende: •• Eine innerbetriebliche Stellenausschreibung kann teils durch den Betriebsrat erzwungen werden, ist aber ohnehin immer sinnvoll, um vorhandene Potenziale zu nutzen. •• Eine Versetzung erfolgt auf Weisung des Arbeitgebers (nur bei Äquivalenz der Arbeitsstelle) oder durch Änderungskündigung (nur im Einvernehmen mit dem Arbeitnehmer). •• Die Personalentwicklung betrifft die Ausbildung, (Anpassungs- oder Aufstiegs-)Fortbildung und Umschulung von Arbeitnehmern im Rahmen der Personalförderung. •• Mehrarbeit bedeutet eine Verlängerung der Arbeitszeit (durch Überstunden, Zusatzschicht etc.). Dies kann durch Entgeldaufschläge oder zusätzliche Freizeit kompensiert werden. Externe Wege der Personalbeschaffung betreffen meist folgende: •• Die Arbeitsvermittlung erfolgt öffentlich durch die Agentur für Arbeit, die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung oder auch privat gegen 12–15 % Vergütung bezogen auf das Jahresbruttogehalt. •• Eine Stellenanzeige enthält mindestens Inhalte wie Unternehmensvorstellung, Stellenbeschreibung, Anforderungsmerkmale, Gegenleistungen, Bewerbungsunterlagen etc., zunehmend auch im Internet durch Jobbörsen, Homepage etc. publiziert. •• Ein Personalberater leistet begleitende Tätigkeiten zur Personalbeschaffung im gehobenen und höheren Genre. •• Die Arbeitnehmerüberlassung bedeutet eine befristete Entleihung von Arbeitskräften. Entsprechende Vermittler bedürfen der Erlaubnis, diese ist zu versagen bei Unzuverlässigkeit, mangelnder Betriebsorganisation, Missachtung des Tarifvertrags etc., unwirksam sind Verträge bei Missbrauch. Es gilt der Grundsatz der gleichen Bezahlung wie bei festen Arbeitnehmern. Auch jede Arbeitsagentur unterhält eine Personal-Service-Agentur zur Arbeitnehmer überlassung. Eine Abwerbung vom Wettbewerb ist nur unzulässig bei sittenwidrigem Verhalten wie z. B. Verleitung zum Vertragsbruch, irreführende Angaben über neue Arbeitsstelle, systematische Konkurrenzschwächung. Als neue Form werden Werkverträge praktiziert, dabei wird keine Arbeit geschuldet, sondern die erfolgreiche Erstellung einer vorab vereinbarten Leistung. Partiell ist damit eine Umgehung von Tarifvertragsbestimmungen möglich.
254
B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Stellenanzeigen können geprintet und online geschaltet werden. Oft sind auch Stellenbörsen oder Personalvermittler zwischengeschaltet. Die Anzeigen können reine Wort- oder besser kombinierte Wort-Bild-Anzeigen sein. Das suchende Unternehmen kann dabei offen auftreten oder verdeckt bleiben, dann treten Servicers wie Arbeitsvermittler oder Personalberater als Absender oder unter Chiffre auf. Der Auftritt sagt etwas über die Bedeutung des Unternehmens bzw. der zu besetzenden Stelle aus. Deshalb dienen Personalanzeigen auch Imagezwecken („Second Audience“). Zu den arbeitgeberseitigen Ausschreibungsunterlagen gehören die zu besetzende Position mit einer kurzen Beschreibung der Aufgaben, Kompetenzen und internen Einordnung sowie die Darstellung von Aufstiegschancen, Besetzungstermin, evtl. Ausschreibungsgründe. Dazu gehören die geforderte Qualifikation in Bezug auf Fähigkeiten, Berufserfahrungen, Kenntnisse, Ausbildung etc. Bei externer Suche wird eine Beschreibung des suchenden Unternehmens erforderlich, hinsichtlich Branche, Standort, Größe, Firmenstil etc. Dann wird eine Ansprechperson genannt, evtl. kommen Angaben zu Gehalt, Weiterbildungsoptionen, Sozialleistungen, Einarbeitungshilfen etc. hinzu. Bei der Ausschreibung ist auf diskriminierungsfreie Formulierungen zu achten, z. B. in Bezug auf Geschlecht, Herkunft, Gesundheit, Alter, Hautpigmentierung, sexuelle Orientierung, Behinderung (Diversity Management / Inklusion). Daher werden gelegentlich anonyme Bewerbungen zur Vorauswahl propagiert. Für die Beschaffung ist das Anforderungsprofil der zu besetzenden Stelle von zentraler Bedeutung. Dieses basiert auf der Stellenbeschreibung, welche die Hauptaufgaben des Stelleninhabers enthält. Daraus lassen sich die notwendigen Kompetenzen ableiten, die eine Ausfüllung der Stelle erfordern. Solche Schlüsselqualifikationen lassen sich in den vier Dimensionen Fach-, Methoden-, Sozial- und Individualkompetenz beschreiben. Sozial- und Individualkompetenzen stellen Soft Skills dar, die im Berufsleben immer wichtiger werden. Problematisch kann dabei die Operationalisierung dieser Fähigkeiten sein. 7.1.1.2 Auswahl Die Mitarbeiterauswahl findet anhand von Lebenslauf, Personalfragebogen, Vorstellungsgespräch, Testverfahren, Assessment Center, Graphologiegutachten, ärztlicher Eignungsuntersuchung etc. statt und mündet ggf. im Einstellungsentscheid. Am Anfang steht dabei die genaue Analyse der Bewerbungsunterlagen, Nach Prüfung des Eingangs einer aufgeforderten oder auch unaufgeforderten (Initiativ-)Bewerbung wird eine Sichtung vorgenommen. Kriterien zur Beurteilung sind das Bewerbungsschreiben (nach Inhalt, Stil und Aussehen), ggf. das Bewerberfoto (Art, Alter, Äußerlichkeiten etc.), der Lebenslauf (nach Zeitabfolge und Position) sowie ein Personalfragebogen. Formal sind die Vollständigkeit
7. Konzept des Direktvertriebs255
bzw. Lückenlosigkeit der Unterlagen, Werdegang und Zeugnisangaben von Bedeutung. Die inhaltliche Prüfung bezieht sich vor allem auf die fachliche Kompetenz der Bewerber. Daraus folgt eine Klassifizierung. Telefon- / Videointerviews werden häufig eingesetzt, um sich ein erstes persönliches Bild zu machen. Dabei können offene Fragen aus den Unterlagen geklärt werden, ebenso wie interessierende Sachverhalte, die in schriftlichen Unterlagen möglicherweise nur ungern dargelegt werden wie Kündigungsgrund, Gehaltsvorstellung, Verfügbarkeitstermin etc. Ausgewählte Bewerber werden zum näheren Kennenlernen zu Vorstellungsgespräch, Eignungstest o. Ä. eingeladen. Das Vorstellungsgespräch erfolgt als Einzel- oder Gruppengespräch durch einen oder mehrere Beurteiler aus der Fach- oder Personalabteilung. Es ist als Belastungsgespräch, frei, strukturiert oder standardisiert möglich. Inhalte sind Informationen zur Personen-, Bildungsund Berufssituation, zum Unternehmen, zu Vertragsvorstellungen etc. Das persönliche Interview vertieft dann vor allem die Soft Skills-Eindrücke. Dabei sind zumeist Vertreter sowohl der Personal- als auch der Fachabteilung zugegen. Häufig ist auch eine Rollenteilung der Gesprächspartner anzutreffen (Good Guy / Bad Guy). Das Gespräch kann offen (explorativ), leitfadengestützt oder stark strukturiert durchgeführt werden. Je höher der Standardisierungsgrad, desto vergleichbarer sind verschiedene Interviews untereinander und desto besser ist sichergestellt, dass keine relevanten Informationen vergessen werden. Desto weniger kann allerdings auch auf die Individualität der Person des Bewerbers eingegangen werden. Unpersönliche Testverfahren richten sich auf Eignung, Fähigkeit, Verhalten etc. auf Basis von Graphologiegutachten, Eignungsuntersuchung etc. Unzulässig sind dabei im Regelfall Fragen nach Schwangerschaft, Vermögensverhältnissen, Gewerkschafts- / Partei- / Religionszugehörigkeit etc., daher ist Lügen hier erlaubt (die Frage gilt rechtlich als nicht gestellt). Fragen, die sich auf offen erkennbare Behinderung, chronische Krankheit, Wettbewerbsverbot etc. richten, sind zulässig und daher auch ohne Nachfrage anzugeben (andernfalls ist die Anfechtung des Arbeitsvertrags möglich). Arbeitszeugnisse (Zwischen- / Abschlusszeugnis, einfaches / qualifiziertes Zeugnis nach Arbeitsleistung, Sozialverhalten etc.) müssen zwingend wahr und zugleich wohlwollend formuliert sein, was zu Formulierungsklauseln führt. Weitere Informationsquellen sind Schul- / Studienzeugnisse, Referenzen, Arbeitsproben etc. Eignungstests sind als Persönlichkeitstest, Fähigkeitstest oder Verhaltenstest (Assessment-Center / AC) angelegt. ACs sollen für die Besetzung gehobener Positionen ein konkretes Erleben des Bewerbers ermöglichen. Dazu werden typische Situationen aus dem Arbeitsalltag zugrunde gelegt, um zu beobachten, wie Bewerber damit umgehen. Aufgabenstellungen sind dabei etwa die Präsentation zu einem selbstgewählten oder vorgegebenen Thema, ein Rollenspiel aus
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
dem Berufsalltag, eine Gruppendiskussion, die „Postkorbübung“ sowie weitere Tests. Problematisch ist dabei die „Laborsituation“, die zu vielfachen Verzerrungen führen kann. Dies resultiert in Alpha- oder Beta-Fehlern, d. h., Auswahl der falschen Bewerber bzw. Ablehnung der richtigen Bewerber. Danach fällt die Entscheidung. Abgelehnte Bewerber erhalten ihre Unterlagen mit einem Motivationsschreiben versehen umgehend ewieder zurück. Außer bei Leitenden Angestellten ist dabei zuvor das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats zu beachten. Häufig bilden Unternehmen im Rahmen des Talentmanagements einen Pool aus Bewerbern, die zwar interessant, aber im Einzelfall nicht zum Zuge gekommen sind, auf die sie bei Bedarf aber aktiv zugehen können. Umgekehrt können Interessenten über Initiativbewerbungen ihre Daten in solche Pools einpflegen. Aufgrund der demographischen Entwicklung ist es bereits derzeit für Unternehmen sinnvoll, sich als attraktiver Arbeitgeber zu profilieren (Employer Branding). Dies kann erreicht werden durch Teilnahme an Bewerbermessen, durch die Gestaltung von Karriereseiten auf der Website, durch das Angebot von Praktika und Abschlussarbeitsbetreuung, durch das Sponsoring von Veranstaltungen und Hochschulen, die Ausschreibung von Wettbewerben und die Platzierung von Werbemitteln. 7.1.1.3 Einsatz Der Mitarbeitereinsatz wird qualitativ, quantitativ und zeitlich geplant. Er bezieht sich auf die geistige oder physische Arbeit. Die Arbeitsaufnahme erfolgt nach oft kurzer Einführung und Einarbeitung. Der Arbeitsinhalt bezieht sich auf den Grad der Arbeitsteilung als Mengenteilung oder Artteilung. Der Arbeitsplatz muss ergonomischen Anforderungen genügen (Umgebungseinflüsse, Sicherheit etc.). Außerhalb des Unternehmens sind Heim- und Telearbeitsplätze möglich. Außerdem ist eine Entsendung ins Ausland (als Expatriate) denkbar. Bei der Arbeitszeit sind sowohl Ausweitung (Extraschicht) wie auch Kürzung (Kurzarbeit) möglich. Bei Kurzarbeit gleicht die Agentur für Arbeit den Lohnausfall teilweise durch Kurzarbeitergeld aus. Flexible Formen der Arbeitszeit betreffen Teilzeitarbeit, Gleitzeit, Jahresarbeitszeitkonto, KAPOVAZ und Vertrauensarbeitszeit. Die häufigste Form der Teilzeitarbeit kann starr oder flexibel angelegt sein. Sie kann einen oder mehrere Arbeitnehmer betreffen. Sie ist vor allem bei Minijobs (bis 450 €) und Midijobs (bis 850 €) anzutreffen (der Arbeitgeber zahlt dann eine Pauschale zur Sozialversicherung).
7. Konzept des Direktvertriebs257
Die Gleitzeit besteht aus der Kernarbeitszeit, die nicht gleitet, also für alle anwesenheitspflichtig ist, und der Gleitzeit zu Arbeitszeitbeginn und -ende. Zeitguthaben können ggf. übertragen werden. Bei der Jahresarbeitszeit wird eine jährliche Arbeitszeitsumme variabel über das Jahr verteilbar geleistet. Bei der KAPOVAZ (Kapazitätsorientierte variable Arbeitszeit) stehen die Arbeitnehmer auf Abruf mit einer Ankündigungszeit von vier Tagen je nach Bedarf zum Einsatz bereit (vor allem im Einzelhandel). Bei der Vertrauensarbeitzeit wird auf eine Kontrolle der Anwesenheit verzichtet, dadurch entfällt auch der entsprechende Aufwand zur Arbeitszeiterfassung. Die Arbeitszeit enthält bezahlte Ruhepausen (mind. 30 Min. bei über sechs Stunden Arbeitszeit). Zwischen zwei Arbeitsphasen müssen mind. elf Stunden Ruhe liegen. Der Anteil an Nacht- sowie Sonn- und Feiertagsarbeit am Arbeitszeitvolumen ist limitiert. Die Personalverwaltung deckt die administrativen, routinisierten Tätigkeiten im Rahmen des Personaleinsatzes ab. Dazu gehören die Lohn- und Gehaltsabrechnung und die Führung der Personalstammdaten. Die Personalakte enthält persönliche Unterlagen, vertragliche Vereinbarungen, Unterlagen zur Tätigkeit, zu den Bezügen, zur Abwesenheit etc. Der Arbeitnehmer hat das Recht, diese Akte einzusehen, Erklärungen zum Inhalt abzugeben und die Entfernung bzw. Herausgabe unrichtiger Inhalte zu verlangen. Die Personalkartei / Personaldatei enthält die administrativ relevanten Eckdaten zum Arbeitnehmer. Das Personalhandbuch dokumentiert das Personalkonzept des Unternehmens. Die Personalstatistik dient der Erfassung von Personalbeständen und -bewegungen. Diese Quellen sind gemeinhin in Personal-Informations-Systemen (PIS) IT-gestützt zusammengefasst. Der Arbeitsvertrag regelt die rechtlichen Rahmenbedingungen der Tätigkeit. Für dessen Inhalt sind gesetzliche Regelungen, tarifliche Regelungen, Betriebsvereinbarungen und höchstrichterliche Rechtssprechung (BArbG / BSozG) maßgeblich. Der Arbeitsvertrag kann unbefristet oder befristet geschlossen werden. Inhalte sind Vertragsparteien, Vertragsbeginn, Tätigkeitsbezeichnung, Arbeitsbeschreibung, Vergütung, Sozialleistungen, Arbeitszeit, Urlaubsregelung, Entgeltfortzahlung, Wettbewerbsverbot, Probezeit und Kündigungsfrist. Der Arbeitsvertrag wird regelmäßig schriftlich abgeschlossen. Mängel führen dabei zur Nichtigkeit des Vertrags oder zum Ersatz unwirksamer Regelungen durch die entsprechenden gesetzlichen Regelungen. 7.1.1.4 Beurteilung Die Mitarbeiterbeurteilung stellt fest, inwieweit die Leistung der Mitarbeiter den Anforderungen des Unternehmens und dem Entgelt an die Mitarbeiter entspricht. Die Durchführung kann systematisch (z. B. anhand von Checklists) oder
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
intuitiv erfolgen. Die Beurteilungskriterien beziehen sich auf die Schlüsselqualifikationen oder spezifische Kriterien, die sich aus Anforderungskatalogen ergeben. Mitarbeitergespräche dienen der persönlichen Abstimmung der gewonnenen Eindrücke. Die Beurteilung soll in regelmäßigen Abständen oder aber anlassbezogen, z. B. bei Kündigung, Rückkehr nach langer Krankheit, Problemauffälligkeiten, in beiden Richtungen, d. h., Vorgesetzter gegenüber Mitarbeitern und Mitarbeiter gegenüber Vorgesetztem, durchgeführt werden. Sie kann sich auf die aktuelle Leistung oder das Leistungspotenzial beziehen. Daneben können auch Beurteilungen des Mitarbeiters selbst, Beurteilungen von direkten Kollegen sowie von Kollegen an den Schnittstellen zu anderen Abteilungen eingehen (360°-Beurteilung). Bei der Vorgesetztenbeurteilung ist fraglich, inwieweit realistische Ergebnisse gegeben sind, weil bei kleinen Gruppengrößen auf die einzelnen Beurteilungen durch Mitarbeiter zurückgerechnet oder vermutet werden kann. Mitarbeiterbefragungen sind als Feedbackinstrument ebenso fraglich, da Verzerrungen unterstellt werden müssen. Für die Ergänzung der Fähigkeiten und Fertigkeiten eines Mitarbeiters in Richtung einer angestrebten Stellenbesetzung ist zunächst das Leistungsprofil des Mitarbeiters mit dem Anforderungsprofil der Stelle zu vergleichen. Entstehen Unterdeckungen, ergibt sich entsprechend ein Qualifizierungsbedarf. Dieser kann durch Wissensschulung oder Verhaltenstraining gedeckt werden. Beide können persönlich (Seminar, Rollenspiel etc.) oder unpersönlich (Lehrbrief, Intranet etc.) erfolgen. Dabei erweist sich die Schulung als sehr viel praktikabler als das Training, daher werden Mitarbeiter heute häufig unter Verhaltenspriorität ausgewählt und Wissensdefizite dann korrigiert, wohingegen dies früher eher umgekehrt war. Wichtig ist zu berücksichtigen, welche Entwicklungspotenziale in Mitarbeitern stecken. Daraus folgen Entwicklungsvereinbarungen mit einem adäquaten Maßnahmenplan. Denkbar ist auch der Einsatz von Potenzial-Assessment Centers, um z. B. Führungskräfte evaluieren zu können. Die Evaluation beruht im Einzelnen auf subjektiven Einschätzungen der Beurteiler, auf objektiven Bewertungen aus Tests und aus Vorher-Nachher-Vergleichen. Die Beurteilung von Mitarbeitern im Vertrieb bezieht sich meist auf die Schlüsselqualifikationen, also Fach-, Methoden-, Sozial- und Individualkompetenzen. Als fachliche Kompetenzen sind zu nennen: •• Pkw-Führerschein, einwandfreier finanzieller Status, polizeiliches Führungszeugnis, Mindestberufserfahrung in der Branche, abgeschlossene Berufsausbildung mit Weiterbildung, PC-Anwenderkenntnisse (z. B. MS-Office-Paket), Produktkompetenz, Kenntnisse über aktuelle Markt- und Konkurrenzentwick-
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lungen, Berücksichtigung von Wechselwirkungen bei Entscheidungen, konzeptionelles Planen, Akzeptanz von Zielsetzungen und deren erfolgsorientierte Verfolgung, Entwicklung eigener Zielvorstellungen und kreativer Ideen, Aufgeschlossenheit gegenüber neuen Ideen, Engagement für Veränderungen, proaktives Denken und Handeln, bewusste Ausrichtung des Verhaltens an Benchmarks, ertragsorientierte Ausrichtung, Fähigkeit, andere für seine Ziele zu gewinnen. Als methodische Kompetenzen sind zu nennen: •• präzise, eindeutige und aktive Artikulation, Einsatz kurzer, prägnanter Sätze, Vermeidung von Weitschweifigkeit, flüssige, klare und verständliche Formulierung, Vermittlung der eigenen Begeisterung, Erkennung des Wesentlichen und Setzung erfolgsorientierter Prioritäten, Identifizierung potenzieller Kunden und Schätzung deren Potenzials, Planung von Kontakten und Nutzung von Anlässen zur Kundenansprache, rechtzeitige Analyse und Erkennung von Wettbewerbssituationen, Beschaffung erforderlicher Informationen, gezielte Vor- und Nachbereitung von Gesprächen, effiziente Zeitplanung und -nutzung, genaues und sorgfältiges Arbeiten, Selbstorganisation, konsequente Arbeit im Kundenstamm, eröffnet Gespräche aktiv und gewinnend, führt Gespräche zielbezogen weiter, gibt den Kunden ausreichende Informationen, analysiert und qualifiziert Bedarfe bei Kunden, hört aktiv und konzentriert zu, weckt proaktiv Bedarfe und spricht Motive an, argumentiert sicher, flexibel und nutzenorientiert, kommt stringent zum Abschluss, präsentiert sicher und wirkt stressstabil, gibt die für die Zielerreichung relevanten Informationen, setzt Anreize zum Zuhören, präsentiert Konzepte und Leistungen überzeugend, bietet das gesamte Programm aktiv an, löst Sog für gemeinsame Ziele aus, ergreift das Wort, ohne dominant zu werden, vertritt Positionen und Interessen klar und bestimmt, argumentiert sachlich und überzeugend, vermeidet vorschnelle Kompromisse und stimmt nicht ungeprüft zu, überwindet Widerstände flexibel und geht sicher mit Einwänden um, führt ein Gespräch ziel orientiert, fasst Vor- und Nachteile seiner Lösungen geschickt zusammen, holt aktiv die Zustimmung seiner Zuhörer ein. Als soziale Kompetenzen sind zu nennen: •• erreicht eine teamorientierte Kooperation mit allen Prozessbeteiligten, gibt Informationen offen weiter, engagiert sich für Teamziele, berücksichtigt andere Meinungen und Vorschläge, erzeugt ein offenes und konstruktives Arbeitsklima, motiviert zur Mitarbeit, engagiert sich mit Anregungen / Ideen und Informationen, übernimmt im Team Aufgaben, die seinen Kompetenzen entsprechen, kann Eigeninteressen im Sinne der Sache zurückstellen, gibt ein rollenadäquates und konstruktives Feedback, wird in seiner Arbeitsumgebung respektiert, geht auf andere Menschen zu und knüpft Kontakte, begeistert Partner von seiner Aufgabe, akzeptiert vereinbarte Spielregeln, entwickelt von sich aus vielfältige Beziehungen und Kontakte, zeigt eine unverkrampfte
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Grundhaltung, erkennt und berücksichtigt Motive und Gefühle, baut eine Vertrauensbasis auf, kann sich leicht auf verschiedene Gesprächspartner einstellen, zeigt ein gutes Gespür für Stimmungen bei Gesprächspartnern, hat situatives Einfühlungsvermögen, wird unter Stress nicht aggressiv, reagiert nicht sofort mit Abwehrmechanismen wie Entschuldigung oder Angriff, analysiert Konflikte und deren Ursachen objektiv, reflektiert selbstkritisch die eigene Rolle im Konflikt, versucht eigenständig Konfliktlösungen zu erreichen. Als individuelle Kompetenzen sind zu nennen: •• angemessenes Erscheinungsbild (Kleidung), einwandfreie Umgangsformen / Höflichkeit, sicherer und souveräner Auftritt, realistische Einschätzung der eigenen Fähigkeiten, positive Grundeinstellung zu Leben und Beruf, Setzung herausfordernder, aber realistischer Ziele, Begeisterungsfähigkeit, flexible Einstellung auf neue Situationen, Antriebsstärke und Ausdauer, schwierige Aufgaben als Herausforderung annehmen, Initiative entwickeln, sich in der Verfolgung seiner Ziele engagieren, Bereitschaft zur kontinuierlichen Weiterbildung zeigen, die Folgen seines Handelns bedenken, auf eine ausgewogene Balance der Interessen achten, arbeitsplatzbedingte Risikofaktoren berücksichtigen, Entscheidungen treffen und Verantwortung dafür übernehmen, das eigene Verhalten mit dem Ziel des Lernens reflektieren. 7.1.1.5 Entwicklung Die Mitarbeiterentwicklung umfasst die Bildung und Förderung der Vertriebs mitarbeiter zur Erhöhung ihrer Handlungskompetenz durch Schulung (Wissensaneignung) und Training (Verhaltensoptimierung). Sie dient der Vermittlung der Qualifikationen, die zur optimalen Verrichtung der derzeitigen und zukünftigen Aufgaben im Unternehmen erforderlich sind. Entwicklungsmaßnahmen können dabei vielfältiger Natur sein wie Ausbildung, Anlernung, Mentoring (durch erfahrenen Kollegen), Coaching durch Experten, Rehabilitation, Umschulung, Weiterbildung (Blended Learing, Traineeship o. Ä.) etc. Dies kann am jeweiligen Arbeitsplatz, aber auch extern, z. B. durch Seminare, erfolgen sowie durch Weiterbildung im Unternehmen oder durch Assistenztätigkeit. Wichtig ist jeweils eine Erfolgskontrolle bei den Beteiligten. Im Wesentlichen geht es dabei um die Entwicklung der fachlichen, persönlichen, methodischen und sozialen Kompetenzen. Umschulungen bereiten auf einen anderen Beruf bei gleicher Qualifikation vor. Ausbildung erfolgt zur Erlernung eines Berufs. In Deutschland hat sich dazu das Duale System aus schulischer und betrieblicher Ausbildung bewährt. Dieses wird von Kammern organisiert (IHK / HWK). Ihnen liegt eine Ausbildungsordnung (Rahmenlehrplan) zugrunde, die eine staatlich anerkannte Abschlussprü-
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fung vorsieht. Weiterbildung betrifft die Verbesserung der Qualifikation für einen anderen Beruf. Fortbildung (z. B. Fachwirt) erfolgt in einem erlernten Beruf zum Erhalt der Qualifikation, zu deren Erweiterung, zur Anpassung an Veränderungen oder zum Aufstieg. Dazu ist der Bildungsbedarf zu ermitteln als Gegenüberstellung von Anforderungen an und Qualifikation bzw. Interesse des Mitarbeiters. Daraus ergibt sich ggf. ein Entwicklungsbedarf, dieser kann intern oder extern gedeckt werden. Teilweise erfolgt dies im Rahmen institutionalisierter Programme (Traineeship). Als Methoden kommen dafür seminaristischer Unterricht, programmierte Unterweisungen, Fallstudien, Rollenspiele, Planspiele, Web-based Trainings (WBT) etc. in Betracht. Die Laufbahnplanung bezieht sich auf die Potenzialentwicklung und die Positionsorientierung in der Organisationshierarchie. Die Nachfolgeplanung sucht einen sauberen Übergang bei Freiwerden einer Stelle bzw. Wechsel des Stelleninhabers zu erreichen. Meist werden drei Karrierewege unterschieden: die Führungslaufbahn, die Fachlaufbahn und die Projektlaufbahn außerhalb der Linie. Die Führungslaufbahn schafft Generalisten in Managementpositionen, die Fachlaufbahn Kompetenzspezialisten und die Projektlaufbahn Schnittstellenspezialisten. Immer mehr qualifizierte Mitarbeiter werden angesichts Globalisierung der Märkte und Internationalisierung der Unternehmen temporär oder vollständig, etwa bei Standortverlagerungen ins Ausland entsendet (Expatriates) und umgekehrt immer mehr ausländische Mitarbeiter arbeiten im Inland (Impatriates). Die Auswahl und Vorbereitung bzw. (Re-)Integration solcher Mitarbeiter stellt eine Herausforderung dar. Dies betrifft Kulturspezifika, Traditionen, Werte, aber auch kommunikative und soziale Verhaltensweisen. Hinzu kommen Sprachtrainings. Hürden stellen auch vertragliche und administrative Regelungen dar wie Einreisebestimmungen, Aufenthaltsgenehmigungen, Reise- / Unterkunftskosten, gesundheitliche Absicherung, Kaufkraftausgleich etc. Zugleich sind damit Standortschließungen bzw. -verkleinerungen im Inland verbunden. Gelegentlich haben inländische Mitarbeiter daher das Gefühl, dass ihr Arbeitsplatz durch ausländische Mitarbeiter im Inland oder auch im Ausland konkret bedroht ist. Daraus folgen Ressentiments. Angesichts zunehmend komplexer Vermarktungssituationen ist es für Vertriebsmitarbeiter unerlässlich, sich kontinuierlich weiter zu qualifizieren. Dafür stehen die Möglichkeiten des Verhaltenstrainings und der Wissensschulung bereit. Das Verkaufstraining für Verhaltenskompetenzen erfolgt häufig durch On the job-Methoden (meist durch Assistenz- oder Stellvertretertätigkeit erlernt) wie •• Job Enrichment als Aufwertung des Arbeitsinhalts durch Übertragung von mehr Verantwortung, •• Job Enlargement als Ausweitung des Aufgabenumfangs und / oder der Kon trollspanne,
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
•• Job Rotation als Erweiterung des Erfahrungsspektrums durch Ausübung verschiedener Stellen. Daneben können eingesetzt werden: •• Into the Job-Methoden, die der beruflichen Ausbildung und Anlernung dienen, •• Along the Job-Methoden, die im Wesentlichen in Vertriebsassistenz / Zuarbeit bestehen, •• Near the Job-Methoden, die der Einarbeitung dienen (etwa Projekt, Qualitätszirkel), •• Parallel to the Job-Methoden, die durch Mentoring- / Coachingprogramme verwirklicht werden, •• Off the Job-Methoden, die losgelöst von der operativen Tätigkeit erfolgen, z. B. durch Fallstudien, Planspiele, Rollenspiele, Workshops, •• Out of the Job-Methoden, die bei Freisetzung greifen, wie Outplacement, Ruhestandsvorbereitung, gleitender Ruhestand etc. Die Faktenschulung für Fachkompetenzen bedient sich unpersönlicher oder persönlicher Verfahren. Zu den unpersönlichen Verfahren gehören die Auswertung von Büchern und Zeitschriften, das Selbststudium durch Lehrbriefe, programmierte Unterweisungen, die Vorführung von DVDs sowie das computerunterstützte Training (CBT) im Internet oder offline auf CD / DVD, auch durch Education Channels (Company-TV / Extranet). Zu den persönlichen Verfahren gehören der Besuch von Vorträgen und Kongressen, die Teilnahme an Seminaren und Diskussionen, die Erarbeitung von Fallstudien und Simulationen / Planspielen sowie die Übung in Rollenspielen und Gruppenarbeiten. Dabei steht das Learning by Doing im Vordergrund. 7.1.1.6 Freisetzung Der Arbeitsvertrag endet mit einem bestimmten Zeitpunkt, wenn er auf Zeit geschlossen worden ist oder zumeist mit Ablauf der Kündigungsfrist, etwa zum Quartalsende. Arbeitsverträge können aus wichtigem Grund außerordentlich, im Regelfall fristlos, ggf. nur nach Anhörung des Betriebsrats, gekündigt werden, außerdem sind ein Aufhebungsvertrag oder eine Änderungskündigung bei beiderseitigem Einvernehmen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber möglich. Fluktuation allerdings bedeutet immer auch Effektivitätsverlust innerhalb der Organisation, denn Know-how geht verloren und neue Mitarbeiter sind erst noch einzuarbeiten. Davon zu unterscheiden ist der geplante Abbau von Mitarbeitern, z. B. durch Freisetzung bzw. Massenentlassung mit Sozialplan. Dabei hat der Betriebsrat
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erhebliche Mitspracherechte. Außerdem sind enge gesetzliche Limitationen zu beachten. Ein vorübergehender Personalabbau ist durch Kurzarbeit, innerbetriebliche Versetzung, Sonderurlaubsregelung, Einstellungsstopp, Kündigung von Zeitarbeitsverträgen, Ansetzung von Renovierungsarbeiten etc. vermeidbar. Wichtig ist wegen der sozialen Auswirkungen eine vorausschauende, vorsichtige Personalbeschaffung. Möglich ist auch der Verzicht auf Ausgleich der natürlichen Fluktuation aus Ruhestandseintritt, Tod, Arbeitgeberwechsel, Vorruhestands- / Altersteilzeitregelung etc. Bei bestehenden Mitarbeitern ist eine Flexibilisierung der Arbeitszeit möglich. Erfolgt keine Nachbesetzung, reduziert sich der Personalbestand entsprechend. Bei einem Aufhebungsvertrag beschließen Arbeitgeber und Arbeitnehmer einvernehmlich die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Eine Kündigungsfrist existiert dabei nicht (Freistellung), meist wird als Gegenleistung eine Abfindung gezahlt. Outplacement-Maßnahmen dienen dazu, die Vermittlungschancen freizusetzender Mitarbeiter am Arbeitsmarkt zu erhöhen. Dazu gehören die Einschaltung von Personalvermittlern, die Finanzierung von Zusatzqualifikationen, die Förderung einer Existenzgründung oder die Nutzung von Netzwerkkontakten. Vorruhestands- bzw. Altersteilzeitregelungen betreffen das vorzeitige Eintreten in die Rente und werden durch finanzielle Aufstockungen oder Abfindungen „versüßt“. Häufig ist damit eine Beurlaubung (Freistellung mit Entgeltfortzahlung) verbunden. Eine fristlose, außerordentliche Kündigung gilt ab dem Moment des Zugangs und erfordert einen wichtigen Grund, d. h., es müssen Umstände vorliegen, die dem Betrieb die Einhaltung der Kündigungsfrist unzumutbar machen. Solche Gründe sind als gegeben anzusehen z. B. bei Straftat gegen den Arbeitgeber wie Unterschlagung / Diebstahl, schwerwiegendem / schuldhaftem Verstoß wie schwere Störung des Betriebsfriedens, schwerem Wettbewerbsverstoß oder anderen schwerwiegenden Störungen des Vertrauensverhältnisses zum Arbeitgeber (z. B. Arbeitsverweigerung). Dabei ist dennoch das Prinzip der Verhältnismäßigkeit zu wahren. Gegen die Kündigung kann Kündigungsschutzklage eingelegt werden. Ordentliche Kündigungen betreffen die fristgerechte Freisetzung von Mitarbeitern, die personen-, verhaltens- oder betriebsbedingt sein kann. Dabei gelten grundsätzlich Kündigungsschutzregelungen wie die Einhaltung von Kündigungsfristen, die Einbeziehung des Betriebsrats und Sonderregelungen für schutzbedürftige Personengruppen. Eine personenbedingte Kündigung betrifft den Mangel der Fähigkeit eines Arbeitnehmers, die vereinbarte Arbeitsleistung zu erbringen. Dies ist z. B. ge geben bei häufiger / lang anhaltender Erkrankung (z. B. Burn-out), Verlust der Arbeitserlaubnis, hohen Fehlzeiten, Drogenabhängigkeit, mangelnden Sprachkenntnissen. Voraussetzungen sind eine erhebliche Beeinträchtigung vertrag
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
licher oder betrieblicher Interessen, eine negative Prognose für die künftige Entwicklung, keine vorrangigen milderen Mittel und eine Interessensabwägung. Eine verhaltensbedingte Kündigung ist bei Verletzung der Pflichten durch den Arbeitnehmer möglich. Dies betrifft Störungen des Leistungsbereichs – wie unentschuldigtes Fehlen, notorische Unpünktlichkeit, Geringleistung –, weiterhin Störungen des Vertrauensbereichs – wie Tätlichkeit, Beleidigung – sowie Störungen der betrieblichen Ordnung – wie eigenmächtige Urlaubsnahme, Urlaubsüberschreitung, Mobbing. Diese Tatbestände bedürfen der Abmahnung in jedem Einzelfall, bei Wiederholung des selben Tatbestands ist eine fristgerechte Kündigung ohne Abfindung möglich, ebenso nach drei verschiedenen Abmahnungen. Die Kündigung hat binnen zwei Wochen nach Bekanntwerden des Sachverhalts zu erfolgen. Dabei ist die Verhältnismäßigkeit der Mittel zu beachten (aufgebautes Vertrauenskapital). Eine betriebsbedingte Kündigung ergibt sich aus inner- und außerbetrieblichen Gründen wie Standortverlagerung, Betriebsstilllegung, Zusammenschluss, Geschäftskrise, Teilgeschäftsaufgabe. Dabei wird in der Praxis eine Abfindung fällig (meist 1 / 2 Bruttomonatsgehalt je Jahr der Betriebszugehörigkeit, bis 24.000 € steuerfrei). Bei Kündigungen ist die Sozialauswahl zugrunde zu legen. Als Sozialkriterien gelten die Betriebszugehörigkeitsdauer, Unterhaltspflichten gegenüber Familienangehörigen sowie Schwerbehinderungen. Besonderen Schutz genießen schwer vermittelbare Mitarbeiter. Diese Sozialauswahl führt häufig dazu, dass gerade die leistungsfähigen und -bereiten Vertriebsmitarbeiter als erste von Freisetzungen betroffen sind, was eine nicht unerhebliche Erschwernis für die nachhaltige Betriebsführung darstellt. Hinderungsgründe für eine Kündigung sind keine oder unzureichende Sozialauswahl, Weiterbeschäftigungsmöglichkeit an anderer Stelle, schutzwürdige Personengruppen (Vertrauensleute, Betriebsrat-Mitglieder, Schwerbehinderte, Auszubildende, Frauen im Mutterschutz, Personen in Erziehungsurlaub etc.). Handelt es sich nicht um betriebsbedingte Einzelkündigungen, sondern um Massenentlassungen, d. h., in größerer Zahl und / oder über längeren Zeitraum, sind diese der Agentur für Arbeit anzuzeigen, und es ist ein Sozialplan in Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat auszuarbeiten. Dieser ist abhängig von Größe der Belegschaft, Anzahl zu entlassender Mitarbeiter, Zeitraum der Entlassung (z. B. Schlecker-Insolvenz, Kaiser’s / Tengelmann-Schließung). Darin geht es um den Ausgleich bzw. die Abmilderung wirtschaftlicher Nachteile für freizusetzende Arbeitnehmer. Denkbar sind Outplacement-Maßnahmen, die senioren Mitarbeitern zu einer schnelleren Vermittlung verhelfen sollen, Auffanggesellschaften, in denen ehemalige Mitarbeiter sozialbezuschusst weiterarbeiten, oder freiwillige Abfindungsregelungen, die zur Überbrückung bis zum Antritt einer neuen Arbeitsstelle dienen sollen.
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Ein Sozialplan gilt nicht für Leitende Angestellte, die auch nicht durch den Betriebsrat vertreten werden. Leitend ist, wer eigenverantwortlich Personal einstellen und entlassen kann, wer Generalvollmacht / Prokura hat oder wer auch ohne Ernennung bedeutsame Aufgaben weisungsfrei im Unternehmen wahrnimmt (z. B. bei Projekten). Dieser Personenkreis hat womöglich Anspruch auf Abfindung (i. d. R. 1,2 Bruttogehälter je Beschäftigungsjahr + 3.000 € je Kind, max. 150.000 €). Bei fester Vertragslaufzeit besteht ein Anspruch auf diskontierte Auszahlung des Entgelts incl. Leistungsanteilen und Pensionsansprüchen. 7.1.2
Arbeitsentgeltbemessung
7.1.2.1 Formen Die Mitarbeiterentlohnung bezieht sich auf das regelmäßige Entgelt und hat im Einzelnen dreierlei Anforderungen zu genügen. Als betriebsspezifische Anforderungen sind vor allem die Berücksichtigung aller relevanten Ziele, ein angemessener Flexibilitätsgrad, hohe Wirtschaftlichkeit, weitgehende Leistungsorientierung, geeignete Führungs- und Steuerungsfähigkeit, sinnvolle Einkommensrelationen und eine gewisse Dauerhaftigkeit der Geltung zu nennen. Als mitarbeiterspezifische Anforderungen gelten vor allem die Sicherung einer Mindestentlohnung, ein attraktives Gesamtniveau, gute Übersichtlichkeit und Nachprüfbarkeit, strikte Gerechtigkeit und ein nachvollziehbares Kausalitätserlebnis. Als rechtliche Anforderungen sind vor allem die Einhaltung von gesetzlichen und tariflichen Normen in Betriebsvereinbarungen, Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechten sowie die Berücksichtigung des Gleichberechtigungs- / Antidiskriminierungsgrundsatzes zu nennen. Dabei bieten sich verschiedene Möglichkeiten der Entlohnung an. Allgemein lassen sich als Entlohnung unterscheiden: nur Festgehalt, Festgehalt und Provision, Festgehalt und Prämie oder nur Provision. Dabei geht der Entlohnungscharakter sukzessiv von fix nach variabel über (siehe Abb. 63). Das Festgehalt (analog Zeitlohn) ist über einen gewissen, längeren Zeitraum konstant, variiert aber periodenbezogen. Es bietet sich bei Schwerpunkt auf verkaufsbegleitenden Tätigkeiten an, bei langen Verkaufsintervallen (wie bei Investitionsgütern), bei starken saisonalen Schwankungen, bei arbeitslastbezogener Gebietseinteilung, bei Teamtätigkeit und während der Aufbauphase eines Marktes. Vorteile liegen darin, dass es einfach und übersichtlich zu handhaben ist, ein finanzielles Sicherheitsgefühl vermittelt, die Relation zwischen Innen- und Außendienst wahrt, der Kundenpflege dient, bei Gebietsänderung oder -versetzung vereinfachend wirkt und Mengendegressionseffekte aufweist. Nachteile liegen darin, dass Unwirtschaftlichkeiten gefördert werden, eine eher geringe Motivation besteht, die Leistungsgerechtigkeit problematisch ist
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Arbeitsentgeltbemessung
Materielle Formen
fix (Festgehalt) dauerhaft variabel (Provision/Sammelentlohnung o.Ä.)
Wahl der Bezugsgröße
Wahl des Verlaufs punktuell variabel (Prämie/Bonus o.Ä.)
Monetäre Anreize (Geldleistungen) Nicht-monetäre Anreize (Sachleistungen)
Immaterielle Formen
ideelle Leistungen
Abb. 63: Arbeitsentgeltbemessung
und eine störende Starrheit der Bemessung vorliegt. Bei fallenden Umsätzen entstehen zudem steigende Kosten pro abgesetzter Einheit, und es besteht die Gefahr der Abwanderung der besten Mitarbeiter und des Verbleibs der weniger leistungsfähigen. Das variable Gehalt (analog Leistungslohn) ist eine von einer Bezugsgröße abhängige, relative Entlohnungsform. Sie bietet sich für rein verkaufsbezogene Tätigkeiten an, sofern diese direkt beeinflusst werden können und einer objektivierten Beurteilung zugänglich sind. Die Provision findet allerdings vorwiegend auf selbstständige Absatzhelfer Anwendung. Vorteile liegen darin, dass ein unmittelbarer, starker Leistungsanreiz besteht, Kontrollmaßnahmen reduziert werden können und ein variabler Kostencharakter gegeben ist. Nachteile liegen darin, dass die Gefahr von Fehlanreizen bei falscher Bezugsgrößenwahl gegeben ist, dass die Kundenzufriedenheit als zentraler Erfolgsfaktor unter möglichem Hard Selling leidet, die Beziehung zwischen Verkaufsinnen- und -außendienst problematisch wird, Anpassungswiderstände bei Versetzung bzw. Gebietsänderung gegeben sind, die Einkommen konjunktu-
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rell und saisonal schwanken, Ungerechtigkeiten bei der Zurechnung von externen Effekten entstehen sowie die Zielgrößen diffus sind und eine angemessene Höhe schwierig zu bestimmen ist. Es kann zur Vernachlässigung indirekter (vor- und nachbereitender) Verkaufsaufgaben kommen, und die Integration neuer Mitarbeiter in das Provisionssystem ist schwierig. Um die Bezahlungsstruktur unproblematisch zu halten, wird häufig eine Teamhonorierung vorgezogen. Allerdings stellt sich dann die Frage nach einem „gerechten“ Verteilungsschlüssel, damit keine Fehlanreize entstehen. Die Gerechtigkeit kann sich auf den Arbeitsinput beziehen oder auf den Leistungsoutput, auf individuelle Disposition oder soziale Aspekte. Bei Änderungen der Vergütung ist zudem regelmäßig die Zustimmung des Betriebsrats, und zwar auch bei außertariflich angestellten Mitarbeitern, einzuholen. Solche Sammelentlohnungen als Gruppenprovision gelten nicht mehr nur für einen Verkäufer, sondern für mehrere gemeinsam. Die Entlohnung kann an die Gruppe gemeinsam oder jedes einzelne Mitglied gerichtet sein. Letzteres kann wiederum mit einheitlichen oder differenzierten Beträgen erfolgen. Vorteile liegen vor allem in der Vermeidung von Zurechnungsproblemen auf einzelne Personen, in gruppendynamischen Prozessen zur Leistungssteigerung und der Einbeziehung verkaufsbegleitender Arbeiten (z. B. Telefonkontakt, Kundendienst). Nachteile liegen jedoch in der Nivellierung der Leistung, möglicher Frustration bei höher leistungsfähigen Mitarbeitern, fehlendem Wettbewerb untereinander, schwieriger leistungsgerechter Zurechnung und Stress durch überzogene Gruppenerwartungen. Mischsysteme sollen die jeweiligen Vorteile der Einzelentlohnungssysteme kombinieren und deren Nachteile vermeiden. Zum Beispiel stellt die Kombination aus Fixum (zeitabhängig) und Provision (leistungsabhängig) einen Kompromiss zwischen dem Sicherheitsbedürfnis auf Seiten des Mitarbeiters und dem Leistungsanreiz auf Seiten des Arbeitsgebers dar. So können z. B. Festgehalt und Provision parallel berechnet werden, wobei dann immer der höhere Wert zur Auszahlung kommt. Zu klären ist die Relation zwischen Fixum und Provision. Empfohlen wird höchstens eine Relation von 80 : 20. Dies kann nach der Zeitrelation der verkaufsvorbereitenden und -abwickelnden Tätigkeiten zu den eigentlich verkaufsbewirkenden geschehen. Zu ersteren gehören z. B. Tourenplanung, Terminvereinbarung, Angebotsabgabe, Wege- und Wartezeiten bzw. Auslieferung, Reklamationsbearbeitung, letztere betreffen nur den Verkaufsakt selbst. In der Praxis wird der Anteil des Fixums jedoch immer geringer und meist auf einen niedrigen Absolutbetrag basiert. Auch die Behandlung des zeitlichen Aspekts der variablen Vergütungsanteile während eines lang laufenden Projekts, wie es etwa im Anlagenbau häufig gegeben ist, muss geregelt werden. Üblich sind hier Zahlungen nach Projektfortschritt, z. B. 1 / 3 bei Vertragsabschluss, 1 / 3 bei Auslieferung der Anlage und 1 / 3 bei planmäßigem Zahlungseingang.
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
7.1.2.2 Dauerhaft variable Bezugsbasis Als Bemessungsgrundlagen werden meist Umsatz, Absatz, Gewinn oder Deckungsbeitrag angewandt. Am verbreitetsten ist die Umsatzprovision, die sich auf Gesamtumsatz, differenzierte Umsatzanteile, Umsatzvorgaben oder sonstige Größen beziehen kann. Oft wird eine Mindestprovision garantiert, die nur bei Überschreiten einer Zielvorgabe oder auch nur bei deren Einhaltung fällig wird. Der Vertrieb kann seinen Erfolgsbeitrag vor allem auf der Erlösseite leisten. Da eine isolierte Steigerung von Umsätzen ohne Berücksichtigung der Kosten wenig sinnvoll ist, ist es besser, den Gewinn als Summe der Deckungsbeiträge abzgl. der Fixkosten zu definieren. Da die Fixkosten wiederum wenig beeinflussbar sind, bleibt als hauptsächliche Bezugsgröße der Deckungsbeitrag. Der Gesamtdeckungsbeitrag bestimmt sich wiederum aus dem Produkt von Einzeldeckungsbeiträgen (DS / Deckungsspannen) und Absatzmengen. Dies sind zugleich die beiden „Einfallstore“ zur Optimierung, wobei Nebenbedingungen durch Einsatzfaktorkapazitäten gegeben sind. Es geht also, vereinfacht, um die Maximierung der Deckungsspannen und der Absatzmengen unter Restriktionen, zu denen auch die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter gehört, denn diese ist wichtig zur Motivation und Bindung erwünschter Mitarbeiter. Der Deckungsbeitrag hat als Vorgabegröße eine Reihe immanenter Vorteile. Deckungsbeitragsziele führen zu einer starken Orientierung des Verkaufs an der Rentabilität, damit werden die stärksten Verkaufsaktivitäten auf die rentabelsten Produkte gelenkt. Ein deckungsbeitragsorientiert arbeitender Mitarbeiter wird versuchen, hohe Erlösschmälerungen zu vermeiden, da diese überproportional auf den Deckungsbeitrag durchschlagen. Insofern kommt es zu ertragsbewusstem Handeln. Es ist jedoch schwierig, den Deckungsbeitrag korrekt auszuweisen, weil sich die tatsächlichen Kosten (etwa gegenüber einer Vorkalkulation) ändern. Daher werden meist Verrechnungssätze angewendet, die mit Normalkosten arbeiten, aber mehr oder minder weit vom realen Deckungsbeitrag abweichen können. Zudem besteht bei offenem Ausweis der Deckungsbeiträge selbst die Gefahr, dass Mitbewerber oder Kunden vermeidbaren Einblick in die Ertragslage des Unternehmens bzw. eines spezifischen Auftrags erhalten. Denn es ist nicht auszuschließen, dass entsprechende Unterlagen in fremde Hände geraten. Von einer solchen Vorgabe müssen außerdem strategisch wichtige, aber aktuell noch wenig rentable Produkte / Aufträge ausgenommen werden. Hier sind ersatzweise Verrechnungswerte anzuwenden. Außerdem wird der Deckungsbeitragswert durch die Provisionszahlung selbst ebenso beeinflusst wie durch vom Verkäufer nicht steuerbare Kostenblöcke. Dadurch kommt es zur Benachteiligung neuer Produkte (etwa durch hohe Vorkosten). Schließlich kommt es auch zur Verwechslung von Deckungsbeitrag und Gewinn, d. h., ein positiver Deckungsbei-
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trag wird als Gewinn interpretiert, obgleich er zusätzlich noch sämtliche Fixkosten abzudecken hat. Alternativ ist denkbar, als Steuergröße ein an Deckungsbeiträgen orientiertes Punktesystem einzusetzen. Werden diese Punktwerte im Markt bekannt, ist der Schaden weitaus geringer als wenn die dahinter stehenden Deckungsbeitragswerte bekannt würden. Zudem besteht die Flexibilität, in der Steuerung auch abweichend von Deckungsbeitragswerten vorzugehen, denn diese Punktwerte sind jederzeit veränderbar, auch unabhängig von konkreten Erfolgsgrößen. Außerdem entgeht man der durchaus nicht so fern liegenden Gefahr, dass Verkäufer eine gefährliche Preisnachgiebigkeit an den Tag legen. Allerdings ändern sich bei Preisänderungen die Punktwerte nicht unbedingt automatisch mit, so dass diese immer wieder nachzujustieren sind. Gleiches gilt bei Erlösschmälerungen. Außerdem leidet die Transparenz des Ansatzes durch hohen Administrationsaufwand. Als alternative Bezugsgrößen kommen folgende Erfolgsgrößen in Betracht. Der Gewinn erfordert eine ausdifferenzierte Kosten- und Leistungsrechnung. Über die Anforderungen, die daran hinsichtlich des Deckungsbeitrags gestellt werden, hinaus müssen hier alle Kostenbestandteile berücksichtigt werden. Da die Mehrzahl der Kosten typischerweise aber nicht im Vertriebs- sondern in anderen Unternehmensbereichen verursacht wird, stellt sich die Frage der Sinnhaftigkeit dieser Steuergröße. Der Umsatz ist einfach zu ermitteln und weder Kunden noch Mitbewerber oder Mitarbeiter erhalten dadurch ungewollt Einblick in die Ertragssituation des Unternehmens. Bei Preisänderungen erfolgt weiterhin eine automatische Anpassung ohne administrativen Aufwand. Jedoch besteht die Gefahr, dass dann Umsätze „um jeden Preis“ gemacht werden, wobei Erlösschmälerungen überproportional auf den Gewinn / Deckungsbeitrag durchschlagen. Ebenso ist eine Steuerung auf spezielle Produkte / Kunden / Gebiete schwierig. Die Vertriebskosten gehen in den Umsatzwert gar nicht ein, so dass eine Kostensteuerung dort problematisch ist. Außerdem sagt der Umsatz noch nichts über die Profitabilität eines Abschlusses aus. Die Mengengröße Absatz wird häufig anstelle der Wertgröße Umsatz zur Steuerung eingesetzt. Diese bietet den Vorteil, dass sie sehr leicht messbar ist und auf die Verrechnung im Vertrieb ohnehin schwer erfassbarer Kostengrößen verzichtet. Außerdem kann bei üblicherweise hohem Fixkostenanteil unterstellt werden, dass Aktivitäten umso rentabler sind, je mehr Menge sie repräsentieren (Kostendegressionseffekt). Ebenso werden inflationäre Effekte neutralisiert. Allerdings bedeutet eine solche Leistungsbasis auch, dass auf jegliche Profitabilitätsüberlegungen als Steuergröße verzichtet wird.
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Sonstige Bezugsgrößen für Provisionen beziehen sich vor allem auf Rabatte und Spesen. Bei ersteren werden neben dem Umsatz die gewährten Rabatte berücksichtigt, sofern der Verkaufsmitarbeiter die Kompetenz zur Rabattgewährung hat. Dadurch werden Erlösschmälerungen ins Kalkül einbezogen. Bei letzteren werden neben dem Umsatz die entstandenen Auslagen berücksichtigt. Dabei bleibt meist ein Spesensockel unberücksichtigt, um kontraproduktiven Effekten (z. B. kein Besuch weit entfernter Kunden oder Betrieb verschmutzter Geschäftswagen) vorzubeugen. 7.1.2.3 Dauerhaft variable Verlaufsbasis Der Provisionsverlauf kann linear, d. h. als gleich bleibender Satz bei Bezugsgrößenänderung, progressiv, d. h. steigend gegenüber der Bezugsgröße, degressiv, d. h. sinkend gegenüber der Bezugsgröße oder s-förmig gestaltet sein. Bei linearer Auslegung ist ein gleich bleibender Provisionssatz unabhängig von der Bezugsgröße gegeben. Vorteile liegen in der Einfachheit und Übersichtlichkeit dieser Regelung sowie in ihrem variablen Kostencharakter. Nachteile liegen in der gleich gewichtigen Einrechnung sowohl leicht als auch schwer zu erzielender Abschlüsse. Bei progressiver Auslegung steigt der Provisionssatz mit steigender Höhe der Bezugsgröße. Die Berechnung erfolgt (eher selten) integral progressiv, d. h. bezogen auf die gesamten Bezugsgröße, wobei an den Berechnungsschwellen mehr oder minder erhebliche Provisionssprünge entstehen, oder (häufiger) differenziell progressiv, d. h. bezogen auf das Überschreiten festgelegter Schwellen von Bezugsgrößen, wodurch eine gewisse Kontinuität erreicht wird. Vorteile liegen in der Eignung zum Aufbau neuer Absatzgebiete, im steigenden Anreiz für wachsende Abschlüsse und in der Vermeidung von Saturationseffekten. Nachteile liegen im Einkommensverfall bei Gesamtumsatzrückgang, in der Gefahr von Hochdruckverkauf zu Lasten der Kundenzufriedenheit und in steigender Kostenbelastung im Vertrieb. Bei degressiver Auslegung sinkt der Provisionssatz mit steigender Höhe der Bezugsgröße. Wiederum kann dies integral oder differenziell degressiv geschehen. Vorteile liegen in der Stabilisierung des Umsatzes und der Produktion sowie in der Relation von Verkaufsinnendienst- und -außendiensteinkommen. Nachteile liegen in etwaig mangelnder Motivierung der Mitarbeiter, die als Umsatzbremse wirkt. Daher ist diese Auslegung praktisch nur selten anzutreffen. Bei s-förmiger Auslegung ist eine Kombination aus progressiver, linearer und degressiver Provision im Ablauf steigender Bezugsgröße gegeben. Dies nutzt weitgehend die jeweiligen Vor- und vermeidet deren Nachteile. Zu Beginn werden somit kräftige Erfolgsanreize gesetzt, in einer Phase oberhalb der Normalleistung wird der Einkommenszuwachs linearisiert und danach zur Vermeidung
7. Konzept des Direktvertriebs271
von Überbeanspruchungen wieder abgeschwächt. Jedoch ist diese Auslegung ziemlich kompliziert. Der Verlauf ist rechnerisch treppenförmig. Das Basiseinkommen jedes Mitarbeiters ist, meist in Abhängigkeit von Lebensalter, Betriebszugehörigkeitsdauer, Qualifikationsprofil etc., zu justieren. Dieses Einkommen ergibt sich als Summe aus fixem und variablem Anteil, wenn die Vorgaben für den variablen Anteil zu 100 % erfüllt werden, und ist damit Ausgangspunkt der Entlohnungsstaffel. Üblich ist dabei eine Zoneneinteilung im Verlauf mit einem Mindesteinkommen, d. h. einem fixen Anteil, der dem Mitarbeiter eine auskömmliche Existenz auch dann sichert, wenn Vertriebserfolge vorübergehend ausbleiben, sowie einem Höchsteinkommen, das den variablen Anteil deckelt, weil bei auffällig hoher Übererfüllung der Leistungsstandards daran zu zweifeln ist, dass die Vorgabewerte realistisch sind. Für den Fall, dass das komplette Einkommen variabel ist, wird meist eine Untergrenze als Einkommenssicherung eingezogen. Hemmend wirken hier allerdings die Unübersichtlichkeit der Kriterien und der administrative Aufwand zur Berechnung. Dabei können auch Einflussfaktoren berücksichtigt werden wie „Renner“- und „Penner“-Produkte, Auftragsgrößen (um Kleinstaufträge zu reduzieren), Kundengruppen (um Kunden mit guter Perspektive zu fördern), Saison (die antizyklische Anreize setzt) oder Absatzgebiet. Denkbar ist auch, die Vertriebsmitarbeiter selbst über die Aufteilung von fixen und variablen Einkommensbestandteilen entscheiden zu lassen. Dies ermöglicht nicht nur eine stärkere Identifikation mit den Vorgabezielen, sondern offenbart zugleich auch die Leistungserwartung jedes Mitarbeiters (Self Selection). Verzerrend wirkt dabei allerdings, dass exogene Ereignisse, auf welche der Mitarbeiter selbst keinen Einfluss hat, auf sein Einkommen durchschlagen, wie er aber auch an Mitnahmeeffekten (Windfall Profits) partizipiert. 7.1.2.4 Punktuell variable Basis (monetär) Anreize sollen punktuell die besondere Leistungsbereitschaft der Vertriebsmitarbeiter entfalten. Dafür kommen materielle oder immaterielle Anreize in Betracht. Die Prämie als materieller Anreiz stellt eine variable Entlohnungsform dar, die immer zusätzlich zu anderen Größen verwendet wird. Prämien werden fallweise für spezielle Vertriebsziele, die durch Festgehalt oder Provision so nicht erreichbar scheinen, in Form von Absolutwert, Punktzahl, Korrekturfaktor zur sonstigen Entlohnung oder Zuschlagssatz eingesetzt. Prämien sind diskontinuierlich angelegt. Solche Sonderziele sind z. B. Spitzenleistung, Neukundengewinnung, Neuprodukteinführung, Lagerabbau, Besuchsfrequenz, Distributionsaufbau bzw. -haltung, Inkasso, Planerfüllung, Saison, Kundenzufriedenheit,
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Auftragswert, Aktionsrunde. Diese Ziele können kurz- oder langfristig angestrebt werden, sich auf Haupt- oder Nebenleistungen beziehen, quantitativer oder qualitativer Natur sein. Vorteile liegen in der Flexibilität des Einsatzes, der Zusatzmotivation der Verkäufer und einer hohen Gerechtigkeit. Nachteile liegen in einer gewissen Unübersichtlichkeit sowie in Gefahren für Fehlanreize und Verzerrungen. Zudem sind Prämien nur schwer rückgängig zu machen. Die Festlegung der Prämienhöhe erfolgt unterschiedlich. Beim fixen Prämienfonds wird ein vorher definierter Geldbetrag analog der Leistung auf alle prämienberechtigten Verkäufer im Anteil ihrer Leistungen aufgeteilt. Beim variablen Prämienfonds ist dieser Geldbetrag von einer Bezugsgröße abhängig (z. B. Umsatz oder Gewinn). Dann ist der auszuschüttende Betrag allerdings im Vorhinein nicht bekannt. Die Prämie kann aber auch als gleicher Geldbetrag je Verkäufer definiert sein, sich auf Grundlage seines jeweiligen Festgehaltsockels berechnen oder durch individuelle Zu- und Abschläge beeinflusst sein. Bei Poolprämien partizipieren alle Gruppenmitglieder gleichmäßig unabhängig von ihrer individuellen Leistung. Neben diesen quantitativen kommen auch qualitative Zielgrößen in Betracht, die allerdings der subjektiven Verzerrung unterliegen (z. B. nach Besuchsberichten, Kundenzufriedenheitsgrad, Verkaufsgesprächsführung). Gratifikationen und Boni stehen normalerweise dem gesamten Personal eines Betriebs zu, nicht nur den Vertriebsmitarbeitern und werden erst nach Perioden ende vergütet. Dabei ist der Zusammenhang zwischen individueller Leistung und Belohnung jedoch nur sehr indirekt einsichtig. Außerdem ist eine Erfolgsbeteiligung möglich. Sie bemisst sich als Leistungsbeteiligung nach Akquisition, Produktivität, Kostenersparnis, als Ertragsbeteiligung nach Umsatz, Rohertrag, Wertschöpfung, Nettoertrag oder als Gewinnbeteiligung nach Betriebsgewinn, Division-Gewinn, Ausschüttungsgewinn oder Substanz. Incentives sind i. d. R. ein steuerpflichtiger Sachbezug. Die Geldbewertung von Sachbezügen ist mit den üblichen Endpreisen am Abgabeort anzusetzen und als geldwerter Vorteil zu versteuern. Bei Incentives-Reisen wird wegen der eingeschränkten Disposition der Teilnehmer darüber ein Abschlag von ca. 1 / 3 vorgenommen. Eine pauschale Umlage von Kosten auf die Teilnehmer ist nicht zulässig. Der Transport zum Zielort gehört jedoch zu den Reisekosten, ebenso Mahlzeiten und Übernachtungen auf dem Weg zum Zielort. Eine Aufsplittung in einen steuerpflichtigen und einen steuerfreien Teil ist nicht zulässig. Entscheidend ist, dass der Vorteil angenommen wurde, auch eine Verpflichtung zur Teilnahme wirkt nicht befreiend. Incentive-Reisen sind insb. keine Betriebsversammlungen (weil nicht allen Mitarbeitern zugänglich). Für das veranstaltende Unternehmen stellen Incentives eine Betriebsausgabe dar, die sich auf den steuerlichen Gewinn mindernd auswirkt. Außer, das Incentive wird als Geschenk ohne Gegenleistung gewährt, dann darf dieses als Be-
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triebsausgabe veranschlagt werden, wenn eine Anschaffungsobergrenze pro Kalenderjahr nicht überschritten wird. Bei Selbstständigen (Handelsvertreter etc.) stellen Incentives umsatzsteuerpflichtige Entgelte dar, allerdings nicht als Eigenverbrauch. Bei Absatzmittlern werden Incentives als „Preisnachlass“ des Lieferanten verstanden, daher muss der Vorsteuerabzug berichtigt werden. Es ergibt sich zunehmend eine Verlagerung von fixer zu erfolgsabhängiger Entlohnung und von Geld- zu Sachleistungen. 7.1.2.5 Punktuell variable Basis (nicht-monetär) Neben den monetären gibt es auch indirekt materielle und immaterielle Entlohnungssysteme. Erstere betreffen geldwerte Sach- und / oder Dienstleistungen, die Verkäufern unentgeltlich oder subventioniert zur Verfügung gestellt werden. Weit verbreitet ist das Cafeteria-System. Dabei hat der Mitarbeiter die Auswahl, sich unter verschiedenen Anreizen (Fringe Benefits) zu entscheiden. Zu denken ist etwa an folgende: •• Zusätzlicher Urlaub, kürzere Tagesarbeitszeit, kürzere Wochenarbeitszeit, kürzere Jahresarbeitszeit, freie Arbeitstage, Langzeiturlaub (Sabbatical), Vorruhestandsregelung / Frühverrentung, Teilzeitarbeit, Job Sharing, Geld statt Urlaub, Heimarbeit (Teleworking), •• Urlaubsangebote, flexible Arbeitszeiten, •• Arbeitgeberdarlehen, Kapitalanlagen, Investivlohn, Vermögensbeteiligung / Stock Options, Gewinnbeteiligung / Profit Sharing, Studien- / Erziehungsgelder, zusätzliche betriebliche Altersversorgung, •• Bildungsurlaub, Auslandsaufenthalt, Forschungsmöglichkeiten, Kongressteilnahme, •• Lebensversicherung / Direktversicherung, zusätzliche Krankenversicherung (zahnärztlich, stationär, augenärztlich etc.), Unfallversicherung, Arbeitsunfähigkeits- / Invaliditätsversicherung, Haftpflichtversicherung, Rechtschutzversicherung, Versicherung gegen Vermögensschäden, •• periodische kostenlose ärztliche Vorsorgeuntersuchung, •• kostenlose / vergünstigte Rechts- und Steuerberatung, Geldanlageberatung, •• Firmenwagen, Firmenwohnung, Firmeneinkäufe, Entlohnung in Naturalien, verbesserte Büroausstattung, reservierter Parkplatz, Sportangebote, FlugreisenUpgrades, längere Kündigungsfristen. Letztere betreffen emotionale, ideelle Leistungen, die Verkäufer im Betrieb hervorheben. Dabei ist an Anerkennungen (z. B. 100 %-Club), Leistungsaus-
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
zeichnungen (Verkäufer des Monats o. Ä.) oder Ernennungen (Titel) zu denken. Weitere Formen sind aufwertende Stellenbeschreibungen, Aus- und Weiterbildungsangebote, Statussymbole wie reservierter / nahe gelegener Parkplatz, Raumgröße / Etage / Anzahl Fensterachsen / Eckbüro, Sekretariatszuweisung / Assistenz, Berufung in Gremien, Ausstattungsfreiheit bei Büroausstattung, Spesenbudget / Firmenkreditkarte, Travel Upgrade etc. Am motivierendsten ist aber wohl die Ausgestaltung der Tätigkeit selbst. Allerdings kommt es auch hier zu Wear out-Effekten, und die Chancengleichheit der Teilnehmer ist durchaus fraglich. Außerdem wird die Attraktivität der Anreize interpersonell stark unterschiedlich bewertet. Weiterhin besteht die Gefahr, dass diese Anreize im Verlauf der Zeit als fester Vergütungsbestandteil angesehen werden und weder abbaubar noch mehr sonderlich leistungsfördernd sind. Als sehr wirksam haben sich die Vereinbarung einer Laufbahnperspektive oder anlassbezogene Karrieregespräche herausgestellt. 7.1.3
Führungsstile
Über die Notwendigkeit der Führung von Mitarbeitern bestehen kontroverse Vorstellungen. Beim eindimensionalen Führungsmodell lassen sich zwei Grundund jeweils vier Untertypen unterscheiden. Die autoritäre Grundhaltung ist generell dadurch gekennzeichnet, dass der Vorgesetzte entscheidet und anordnet: •• Beim despotischen Führungsstil handelt es sich um einen charismatischen Herr im Haus-Standpunkt, bei dem das Eigentum an Produktionsmitteln Herrschaftsdenken legitimiert. •• Beim patriarchalischen Führungsstil entscheidet immer noch der Vorgesetzte allein, allerdings ist er bestrebt, seine Untergebenen zu überzeugen, bevor er anordnet. •• Auch beim paternalischen Führungsstil dominiert das autokratische Herrschen, jedoch besteht ein Verantwortungsgefühl für die Belange der Mitarbeiter, ohne diese aber aktiv zu beteiligen. •• Beim pädagogischen Führungsstil wird die Selbstständigkeit der Mitarbeiter gefördert und entwickelt, indem Fragen gestattet werden, um die Akzeptanz von Entscheidungen zu erhöhen. Die demokratische Grundhaltung ist generell dadurch gekennzeichnet, dass der Vorgesetzte lenkt und koordiniert: •• Beim partnerschaftlichen Führungsstil fordert der Vorgesetzte seine Mitarbeiter auf, an der Zielfindung mitzuwirken und informiert diese über anstehende Entscheidungen. •• Beim partizipativen Führungsstil werden Entscheidungsvorlagen unter Einbeziehung von Wissen, Können und Interesse der Mitarbeiter gemeinsam erarbeitet, die der Vorgesetzte sanktioniert.
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•• Beim kollektiven Führungsstil zeigt der Vorgesetzte das Problem und den Handlungsspielraum auf und überlässt es Mitarbeitern, unter seiner Anleitung selbstständig Lösungen zu erarbeiten. •• Beim autonomen Führungsstil entscheidet die Gruppe selbst, und der Vorgesetzte vertritt deren Gruppenmeinung nach innen und außen mit formaler Kompetenz. Führungsstile haben sich als Management by-Techniken etabliert, die es in zahlreichen, auch ironischen Ausprägungen gibt. Im Nachfolgenden sind einige im Vertrieb wichtige skizziert. Management by Objectives (MbO) gilt als zielorientierte Führung durch die Vereinbarung operationalisierter Ziele auf jeder Hierarchiestufe der Vertriebsorganisation auf Basis von Zielerreichungszusagen durch die beteiligten Mitarbeiter sowie ein System von Commitments, Budgetierungen und Kontrollen. Es entstehen konkrete Ergebnisverantwortung, persönliche Arbeitsziele und ein relativer Freiheitsgrad für die Realisierung. Management by Delegation (MbD) bedeutet die Übertragung von Aufgaben, Verantwortungen und Rechten an nachfolgende Instanzen und Personen durch selbstständiges Arbeiten innerhalb des jeweiligen Kompetenzbereichs. Dadurch entsteht eine hohe Akzeptanz der Unternehmensziele durch die Mitarbeiter und eine Transparenz über die Prozesse. Management by Exception (MbE) erlaubt Eingriffe in einen beliebigen Prozess durch das Management, sofern Abweichungen von vereinbarten Toleranzgrenzen aufteten. Als Indikatoren dafür gelten Abweichungs- und Problemanalysen sowie Methoden zur Stabilisierung von Prozessen. Insofern kommt es zu einer Entlastung des Managements, hoher Selbstverantwortung der Mitarbeiter und Motivation durch Ergebnisbeteiligung. Management by Control (MbC) stellt Ergebnis-, Verhaltens- und Leistungskontrollen für die Überwachung aller Prozesse und der damit beauftragten Personen durch ein System von Kennziffern in den Mittelpunkt. Dadurch ergeben sich kurze Reaktionszeiten und ein hoher Beeinflussungsgrad. Management by Coordination (MbCoo) bedeutet die Zusammenfassung von Teilaktivitäten im Hinblick auf vertriebsweite Ziele mit einer Vielzahl von Koordinationsaufgaben in sachlicher, organisatorischer, personeller, finanzieller, informationeller und zeitlicher Hinsicht. Dies führt zu einer Entlastung des Managements und zur Arbeitsteilung zwischen personellen und fachlichen Aufgaben. Management by Communication (MbCom) sieht eine funktionierende Kommunikation als Voraussetzung für jede effektive Führung an. Es kommt zu einer starken Betonung der zwischenmenschlichen Beziehungen mit Übergang von der fachlichen Anweisung zur sozialen Interaktion mit hohen Anforderungen an
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
die Sozialkompetenz der Manager. Dabei erfolgt eine Einbindung der Führungskräfte in den Problemlösungsprozess der Teams. Management by Development (MbDev) bezieht sich auf die Aus- und Weiterbildung und das Training einzustellender oder vorhandener Mitarbeiter für neue Aufgaben zur Erzielung eines hohen Standards. So sollen die Schlüsselqualifikationen entwickelt werden. Dadurch ist eine langfristige Sicherung qualifizierter Mitarbeiter im Vertrieb bei sich ändernden Aufgaben gegeben. Management by Motivation (MbM) hebt auf die Erzielung einer größtmöglichen Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter durch Anreize ab, die ihren Motiven entsprechen. Als Ziel gilt die Selbstverwirklichung des Menschen im Beruf. Anreizsysteme stellen die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen sicher. Dadurch kann eine konstruktive Verhaltenssteuerung erreicht werden (Sozialtechnik). Management by Systems (MbS) hat eine Gesamtschau der Prozesse i. S. e. Regelkreises zum Inhalt. Komplexitäten und Interdepdenzen können auf diese Weise dargestellt und durchschaubar gemacht werden. Allerdings kommt dem eher ein didaktischer, denn ein praktischer Nutzwert zu. Dennoch ist allein die Verdeutlichung des Systems häufig eine große Hilfe. 7.1.4
Steuerung der Vertriebsmitarbeiter
Für die Steuerung der Vertriebsmitarbeiter sind vor allem vier Arbeitsbereiche durch Vorgaben zu klären, die Gebietsaufteilung, die Zeitbudgetierung, die Besuchsnormen und das Berichswesen (siehe Abb. 64). 7.1.4.1 Gebietsaufteilung Der Vertrieb bedingt zu seiner effektiven Steuerung eine zweckmäßige Aufteilung der Verkaufsbezirke. Dazu dienen vor allem zwei Verfahren. Das Umsatzpotenzialverfahren ist von seiner Anlage her output-orientiert, geht damit davon aus, dass die Produktivität jedes Verkäufers in Bezug auf den Umsatz der Kunden gleich hoch, er also in der Lage ist, in einem bestimmten Zeitraum die gleichen Umsätze zu erzielen wie jeder seiner Kollegen auch. Das Verfahren geht wie folgt vor. Zunächst wird das Marktpotenzial ermittelt. Daraus ergibt sich das Umsatzpotenzial als wertmäßiger Marktanteil. Insofern lässt sich der Arbeitsumfang jedes einzelnen Mitarbeiters ermitteln. Dividiert man das Umsatzpotenzial durch den Arbeitsumfang, ergibt sich daraus die Anzahl der Verkaufsbezirke. Vorteile des Umsatzpotenzialverfahrens sind vor allem der mögliche direkte Wettbewerb zwischen den Außendienstmitarbeitern, da jeder von ihnen a priori gleiche Verkaufschancen hat, sowie die einfache und verständliche Provisionsregelung. Nachteile liegen in der unvermeidlich ungleichen
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Abb. 64: Elemente zur Steuerung der Vertriebsmitarbeiter
Gebietsgröße und damit unterschiedlichem Reiseaufwand und unterschiedlicher Arbeitslast. Vor allem aber liegt ein logischer Zirkelschluss vor, wenn die Zahl einzusetzender Verkäufer aus einem geschätzten Abschlussvolumen hergeleitet wird. Gerade dieses soll ja durch den Einsatz der Verkäufer erst beeinflusst werden. Das Arbeitslastverfahren ist hingegen input-orientiert, basiert also auf der Grundidee, dass jeder Verkäufer dieselbe Arbeitslast in Bezug auf den Aufwand für Kunden bewältigen kann. Zur Ermittlung der Anzahl der Verkaufsbezirke ist es nötig, den gesamten Arbeitsaufwand zu ermitteln, der für die Bearbeitung des anvisierten Marktes notwendig ist. Dazu geht das Verfahren wie folgt vor. Potenzielle Kunden werden nach ihrem Umsatzpotenzial eingeteilt. Dann wird die Besuchshäufigkeit pro Zeiteinheit je nach Bedeutung der Kunden festgelegt. Daraus ergibt sich das Produkt aus Kundenzahl und Besuchshäufigkeit. Dage-
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
gen werden die Arbeitstage je Verkäufer gestellt. Dividiert man die Bruttobesuchstage durch diese Arbeitstage, ergibt sich die Anzahl der erforderlichen Verkäufer. Vorteile des Arbeitslastverfahrens sind vor allem die faire Verteilung des Betreuungsaufwands sowie seine Einfachheit und Verständlichkeit. Nachteile liegen in den unterschiedlichen Umsatzpotenzialen, die in der Provisionsregelung zu berücksichtigen sind. Zudem müssen auch neue Kunden akquiriert werden. Es empfiehlt sich, die Aufteilung der Verkaufsbezirke nur in Abstimmung mit den betroffenen Mitarbeitern vorzunehmen und dann mittelfristig unverändert beizubehalten. Denkbar ist aber auch die umgekehrte Vorgehensweise, also von der gegebenen Arbeitslast auf die erforderliche Zahl der ADMs. 7.1.4.2 Zeitbudgetierung Da Zeit auch im Vertrieb der Engpass ist, gilt es, diese Limitation bestmöglich zu nutzen. Dazu dienen die Variablen der Tourenplanung und der Routenplanung. Die Tourenplanung bezieht sich auf die Festlegung der Anzahl der Kunden, die auf derselben Tour besucht werden. Am häufigsten geht man dabei wie folgt vor. Um den Sitz jedes Außendienstlers herum wird anhand einer Landkarte konzentrisch sein Verkaufsbezirk abgegrenzt. Dieser Verkaufsbezirk wird wiederum in fünf Abschnitte („Kuchenprinzip“) unterteilt, wobei jeder Abschnitt für einen Arbeitstag der Woche steht. Analog können mehr oder weniger Abschnitte bestimmt werden, in Abhängigkeit von den jeweils festgelegten (nicht unbedingt als gleichmäßig zu unterstellenden) Besuchshäufigkeiten. Nach dem Sprungtourenverfahren werden die Segmente so gewählt, dass sie an aufeinander folgenden Arbeitstagen möglichst weit entfernt liegen. So können außerplanmäßige Termine kurzfristig „am Weg“ aufgefangen werden. Bei längeren Besuchsabständen ist auch eine Aufteilung des Verkaufsbezirks nach Wochenturnus möglich. Die Kunden eines Segments werden dann innerhalb einer Woche besucht, die des nächsten Segments in der nächsten Woche. Die Segmente ergeben sich jeweils asymmetrisch, wenn der Wohnort des Verkaufsaußendienstmitarbeiters nicht in der Mitte oder außerhalb des jeweiligen Gebiets liegt. Die Routenplanung betrifft die Reihenfolge der Kundenbesuche, die meist computergestützt in Abhängigkeit von Entfernungen zwischen zu besuchenden Kunden, Arbeitszeiten der Mitarbeiter, Reise- und Verweilzeiten bei den einzelnen Kontakten etc. ermittelt wird. Dazu dienen komplexe mathematische Verfahren (Traveling Salesman Problem / OR), die umso schwieriger beherrschbar sind, je mehr Parameter dabei einbezogen werden. Zumindest ansatzweise ist somit theoretisch eine Optimierung möglich. Bei n Zielorten gibt es n! Kombinationen, dies ist nicht praktikabel.
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Praktisch werden innerhalb jedes Segments die Besuchsadressen an den Gebietsrändern als Kette verbunden (Außenring), jeweils startend und endend mit dem Sitz des Außendienstlers (bei größeren Gebieten mit Zwischenstop). Die einzelnen Kundenstandorte werden dann im Innenring derart miteinander verbunden, dass möglichst keine spitzen Winkel, keine Kreuzungen von Strecken und keine gegenläufig zurück zu legenden Strecken entstehen. So ergibt sich die Reiseroute (vorausgesetzt, das Verkehrsnetz spricht nicht dagegen). Alternativ kann durch Navigationssystem computergestützt die optimale Route ermittelt werden. Dabei werden sinnvollerweise Zeitreserven eingeplant, um unvorhergesehene oder unvermeidliche Ausfälle zu kompensieren (etwa bei Kundendienstfahrten, bei denen die Termine eines Tages nicht planbar sind oder bei Paketdiensten, die Pakete auch abholen). Ziel der Touren- und Routenplanung ist eine Gebietsoptimierung derart, dass die Gebiete den Feldmitarbeitern so zugeordnet sind, dass die Kosten der Bearbeitung bei gleichmäßiger Auslastung der Mitarbeiter minimiert werden. Neben dem Standort des Mitarbeiters sind dazu auch der Besuchsrhythmus und die Besuchsdauer zu bestimmen. Zur Ermittlung gibt es statische Verfahren, die voraussetzen, dass alle Informationen bekannt sind und unverändert bleiben, so dass die Planung nur einmalig zu erfolgen hat, und dynamische Verfahren, die annehmen, dass die Informationen nicht alle bekannt sind und sich ändern können. Es bieten sich folgende Methoden an: •• Einkreis-Methode: Dabei werden Zielorte und Standort in einer Landkarte markiert, die Tour ergibt sich als Kreise analog Blütenblättern. •• Hauptstraßenmethode: Die Zielorte werden entlang einer Hauptverkehrsader (z. B. BAB) eingezeichnet und gruppiert. •• Sprungverfahren: Das Gebiet wird in Segmente aufgeteilt und naheliegende Ziele in zwei oder mehr Segmenten werden auf einer gemeinsamen Tour besucht. 7.1.4.3 Besuchsnormen Zu den wichtigsten Aufgaben im Verkauf gehören zweifellos die Besuchsaktivitäten. Dabei geht es um Besuche bei verschiedenen Kaufentscheidern, die Initiierung von Besuchen durch andere Mitarbeiter des anbietenden Unternehmens (z. B. Fachspezialisten, Geschäftsleitung) sowie Besuche kooperierender Anbieter (z. B. in Konsortien). Daneben stehen die Kommunikationsaktivitäten des Verkaufsaußendienstes, also vor allem die inhaltliche Gestaltung der Kommunikation zwischen Nachfrager und Anbieter, die gemeinsame Entwicklung von Problemlösungsvorschlägen mittels kundenindividueller Angebote sowie das Durchsetzen von Preisforderungen bzw. das Aushandeln von Konditionen im Vordergrund.
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Hinzu treten interne Aufgaben wie die Ausarbeitung von Angeboten, die Verfolgung dieser Angebote, die Überwachung der damit verbundenen administrativen Prozesse (Auftragsbearbeitung, Rechnungslegung, Zahlungseingang, Garantieabwicklung) und auch die eigenständige Fortbildung. Für die Koordinierung und Auswertung dieser Aktivitäten stehen Informationssysteme zur Verfügung. Weiterhin liegen der Vertriebstätigkeit meist Besuchsnormen zugrunde, die standardisiert oder kundengruppenspezifisch ausgelegt sein können. Basis dieser Regelung ist eine Sales Response-Funktion über die mutmaßliche funktionale Beziehung zwischen der Anzahl der Besuche und dem Verkaufsergebnis bei Abnehmern. Damit kann z. B. vermieden werden, dass Verkaufsaußendienstmitarbeiter Besuche bei unangenehmen, aber ertragreichen Kunden nur ungern angehen und statt dessen Kunden mit besserem Arbeitsklima vorziehen, die aber betriebswirtschaftlich wenig attraktiv sind. Die Besuchsaktivitäten sollen auch unter Kostenaspekten geplant werden. Gerade in geografisch großen Verkaufsgebieten ist dabei eine Optimierung der Reisekosten und -zeiten erforderlich. Die Steuerung kann anhand verschiedener Parameter erfolgen. Dabei ist allerdings eine Gratwanderung erforderlich, denn eine zu enge Vorgabe von Besuchsstandards kann zur Inflexibilität und Demotivation der Mitarbeiter führen. Dennoch ist die beabsichtigte Einflussnahme auf das Verhalten zur Erreichung der von der Geschäftsleitung vorgegebenen Ziele unerlässlich. Unter Besuchsvorgaben versteht man allgemein Standards in Bezug auf die Betreuung von Kunden. Dazu gehören vor allem folgende. Die Häufigkeit der Kundenbesuche innerhalb einer Periode variiert je nach Bedeutung der zu besuchenden Kunden. A-Kunden (Key Accounts) werden häufiger besucht als Bund C-Kunden. Evtl. wird auf den Besuch der C-Kunden auch ganz verzichtet und deren Betreuung von der persönlichen auf die mediale Kommunikation (Direktansprache) umgestellt. Oder vom Push-Prinzip auf das Pull-Prinzip des E-Commerce. Einfluss auf die Besuchshäufigkeit haben Bestellrhythmen und Mitarbeiterkapazitäten. Auch die Besuchsdauer bemisst sich im Wesentlichen an der Bedeutung der Kunden. A-Kunden rechtfertigen längere Besuchszeiten als B- oder gar CKunden. Leider haben Verkäufer die Tendenz, gern bei den falschen, wenig werthaltigen Kunden präsent zu sein, weil die werthaltigen, großen Kunden „feindliche“ Umfeldbedingungen bieten, kleine Kunden hingegen häufig freundliche. Dies verleitet dazu, immer wieder Ausreden zu finden, warum Termine bei A-Kunden nicht wahrgenommen werden können oder zu kurz ausfallen. Dies ist verhängnisvoll für die Profitabilität. Interessentenkontakte sind in ausgewogenem Verhältnis zur Bestandskundenbetreuung erforderlich. Zwar hat die Betreuung der Bestandskunden unbedingten Vorrang, da sie im Regelfall ertragreicher ist als jede Akquisition, dennoch
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ist zur Auffüllung des unvermeidlichen Abwachses an Kunden und zur Induzierung zusätzlicher Wachstumseffekte immer auch der Kontakt zu Prospects erforderlich, den Reisende häufig scheuen, weil er vergleichsweise selten zu unmittelbaren Abschlüssen führt. Präsentationen bei Bestandskunden und / oder Interessenten führen zwar selten zu unmittelbaren Abschlüssen und sind daher im Vertrieb ebenfalls unbeliebt. Dennoch sind sie unerlässlich, um Bestandskunden über neue Produkte im Programm angemessen zu informieren und Interessenten von den Vorteilen des Eingehens einer Geschäftsbeziehung mit dem vertretenen Anbieter zu überzeugen. Die Anfragengenerierung sollte sich idealerweise auf die erfolgversprechendsten Produkte mit der höchsten Profitabilität konzentrieren. Damit es dazu kommt, ist ein entsprechender Vorverkauf dieser Leistungen erforderlich, statt auf die am leichtesten anzudienenden Produkte zu reflektieren. Nur dadurch können Anfragen erreicht und damit die Chancen auf eine Auftragserteilung geschaffen werden. Selbst Routineaufträge innerhalb bestehender Geschäftsbeziehungen werden kaum mehr ohne formale Angebotseinholung erteilt. Insofern hat die Vernachlässigung des Angebotswesens einen entscheidenden Sperrklinkeneffekt. Vor allem kommt es darauf an, die Qualität der Angebote so auszugestalten, dass sie eine realistische Chance auf Erfolg haben (ablesbar an der Hitrate, d. h. der Relation aus erhaltenen Aufträgen zu abgegebenen Angeboten). Dazu bedarf es der nutzenspezifischen, individuellen Ausarbeitung anstelle von 08/15-Angeboten, deren Erfolgschance so eng begrenzt bleibt, dass man sich die damit verbundene, wenngleich überschaubare Arbeit ebenso gut ersparen kann. Die Nutzung von Verkaufsaktivitäten auch bei Servicekontakten führt gerade bei Kunden mit zufriedenstellend behobenen Reklamationen und Kunden, die aktuell den guten Service eines Anbieters erleben, zu hohen Chancen auf Abschlüsse. Dies kann sich auf Nachverkäufe (Zubehör), Ersatz- oder Erweiterungsanschaffungen oder weitere (entgeltliche) Nachkaufservices beziehen. Dem Vertriebsmitarbeiter werden dabei zahlreiche Verkaufshilfen zur Hand gegeben wie Salesfolder (zum Verbleib beim Kunden), Verkaufshandbuch (zur Einsicht), Argumenter (kurzgefasste Information zur eigenen Vorbereitung), Ordersatzbeilage (im Handel), Produktmuster (zur Ansicht), Give-away (zur Einstimmung), Präsentationskoffer und Werbemittelgrundausstattung. 7.1.4.4 Berichtswesen Von hoher Bedeutung im Vertrieb ist das Vorgabe- und Ergebniswesen, also die Informationierung seitens des Unternehmens vor jedem Besuch und seitens der Verkaufsmitarbeiter nach jedem Besuch bei Kunden. Wichtig ist dabei eine
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Orientierung an den Erfordernissen des Kundenmanagements. Informationen sind daher so anzulegen, dass sie in Bezug auf diese Orientierung aussagefähig sind. Ein modernes Berichtswesen muss so ausgestaltet sein, dass es zweckdienliche Erkenntnisse zu z. B. Indikatoren für Kundenunzufriedenheiten, die Anzeichen einer bevorstehenden Kündigung sein können, Begründungen zur Ablehnung von Angeboten, Informationen über die Aufnahme neuer Lieferanten oder Anhebung anderer Lieferanten in den Status eines „Preferred Supplier“ liefert. Über diese routinemäßigen Informationen hinaus sind zusätzliche Informationen bedeutsam, z. B. über die Eröffnung neuer Geschäftsfelder beim Kunden, bevorstehende Akquisitionen, Personal- oder Zuständigkeitsveränderungen. Das Berichtswesen erfolgt zunehmend computergestützt. Dazu werden verschiedene Systeme der Sales Automation eingesetzt. Es handelt sich vor allem um folgende. •• Computergestützte Abwicklungssysteme disponieren über eingebundene Warenwirtschafts-, Auftragsabwicklungs- und Fakturierungssysteme. •• Vertriebsinformationssysteme umfassen Database Marketing (z. B. als Kundendatenbank), Salesmen Information-Systeme für die Verkaufsaußendienstmannschaft, Product Information-Systeme, meist in Form von Produktkatalogen, Office Preparation-Systeme für die Schnittstelle zum Back Office sowie Customer Service Support-Systeme für die Kundendienstunterstützung. •• Kundenfokussierte Systeme beziehen sich auf CRM-Systeme, die den Kundenlebenszyklus begleiten und Customer Integration-Systeme, bei denen eine informationelle Wertkettenverschränkung stattfindet. •• Außerdem gibt es die spezifische Unterstützung zur Außendienststeuerung in Form von Computer Aided Selling-Systemen (CAS). 7.1.5
Aufgaben des Innenverkaufs
Für die Realisierung der vielfältigen Aufgaben des Vertriebs ist es erforderlich, diesen zielgerichtet zu organisieren. Üblicherweise besteht der Vertrieb neben dem Verkaufsaußendienst aus Mitarbeitern des Vertriebsinnendienstes (Back Office), der den Außendienst bei administrativen Aufgaben entlastet. Diese Mitarbeiter werden überwiegend fest honoriert, obgleich sie zum Gelingen oder Ausbleiben von Abschlüssen ebenso beitragen wie die Mitarbeiter „an der Kundenfront“. Daraus resultieren häufig gravierende Einkommensunterschiede mit der Gefahr von Friktionen. Häufig werden erfolgreiche Innendienstmitarbeiter auch zu Außendienstmitarbeitern befördert, was nicht unbedingt adäquat sein muss, da die Anforderungsprofile der Stellen doch erheblich voneinander abweichen (z.B Hard Skills vs. Soft Skills).
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Die Aufgaben des Innenverkaufs sind ausgesprochen vielfältig. Dabei geht es um die hauptverantwortliche, ständige Überwachung der reibungslosen Auftragsabwicklung und die Weitergabe der gewonnenen Erfahrungen und Informationen in der Vertriebsorganisation. Weiterhin erfolgt die Segmentierung von Kunden aufgrund der Vorgaben der Verkaufsleitung und eine Modularisierung zur rationell vereinheitlichenden und dennoch individuell erscheinenden Kundenberatung, insb. in Bezug auf Angebots- und Verkaufsschwerpunkte gemäß vorhandenen bzw. entwickelbaren Umsatzpotenzialen. Die laufende Aktualisierung aller kundenindividuellen Steuerungsdaten als erforderliche Grundlage für Aktivitäten in Kooperation mit der internen Vertriebsorganisation gehört ebenso zu den Aufgaben wie die Mitwirkung bei der Bonitätsüberwachung. Auch soll eine ständige Verbesserung durch Besuchsvorbereitungstechniken, Argumentationslisten, Angebotschecklisten, Verkaufsförderungsprogramme, Kundendiensteinsätze, Auslieferungsverfahren, Werbeaktionen, Coop-Aktionen oder besondere Vertragsgestaltungen für einzelne Spezialkunden erreicht werden. Unterstützend wirkt die Anregung besonderer Aktionen speziell für diese Kunden bei der Vertriebsleitung oder beim Kunden selbst mit Ausarbeitung der dazugehörigen Strategie und Überwachung der Durchführung mit dem Ziel von Synergieeffekten. Hinzu kommt die Durchführung der laufenden Bearbeitung von Sonderkunden nach Routine und bei besonderen Anlässen sowie die Erstellung und Aktualisierung von Prognosen über die Vertriebsentwicklung und Analyse deren Einkaufsverhaltens. Ein ständiger Kooperationskontakt mit Kundenmitarbeitern, die Einkaufsund Aktionsentscheidungen treffen und Abverkaufsverantwortung tragen, wird gepflegt, verbunden mit dem Recht, bei allen Stellen Informationen einzuholen, Einsicht in Unterlagen zu nehmen und alle benötigten Daten abzurufen (interne Kommunikation und Schnittstelle). In Abstimmung mit der internen Vertriebsorganisation erfolgt die Verfolgung der absprachegemäßen Auftragsausführung durch Kooperation mit den Bereichen Verkaufsförderung, Category-Management und Vertriebsleitung. Es werden Information über die Wettbewerbssituation der Kunden allgemein zusammengestellt, um Beratungsgespräche besser fundieren und Vorschläge für die spezifische Vermarktungspolitik in Bezug auf Spezialkunden erarbeiten zu können. Erforderlich ist auch die ständige Ermittlung des Trainings- und Schulungsbedarfs der Mitarbeiter und die Förderung deren Weiterbildung etwa durch In-
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
terpretation der Bedeutung der Bestandskundenerfahrung für die Betreuung anderer Kunden. Zentral sind die Unterstützung der Vertriebsleitung für einen reibungslosen Arbeitsübergang zur Außendienstbetreuung und Mitentscheidung über Sonderkonditionen, den Einsatz von Merchandisern, Sonderaktionen und die Neuaufnahme bzw. Eliminierung von Spezialkunden. Eigenständig werden Entscheidungen über den Ablauf der Arbeiten innerhalb des Bereichs, über die Weiterleitung von Anregungen, Reklamationen, Beobachtungen und Vorschlägen getroffen. Weitere Aufgaben sind die Auftragsbearbeitung (Order Processing), die Mitarbeit in der Kundenbetreuung, die eigenverantwortliche Kleinkundenbetreuung, die Fakturierung, das Nachhalten von Kundenbonitäten, das Beschwerdehandling, die Abstimmung der Logistik, der Televertrieb, die Mitarbeit auf Messen und die Kundenbetreuung im Stammhaus. 7.2
Akquisitorische Absatzhelfer
Neben Absatzmittlern sind auch Absatzhelfer im Vertriebskanal tätig. Sie begleiten den Weg der Ware vom Hersteller zum Endabnehmer, ohne, im Gegensatz zu Absatzmittlern, dabei selbst Eigentümer der Ware zu werden. Sie sind im Einzelnen akquisitorisch, logistisch oder leistungsergänzend tätig. Zunächst zu den akquisitorischen Absatzhelfern. Es handelt sich im Wesentlichen um Handelsvertreter, Kommissionäre sowie um Handelsmakler und Handelsversteigerer (siehe Abb. 65).
Abb. 65: Akquisitorische Absatzhelfer
7.2.1
7. Konzept des Direktvertriebs285
Handelsvertreter
Der Handelsvertreter ist in fremdem Namen und auf fremde Rechnung tätig. Handelsvertreter ist, wer als selbstständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Er ist Kaufmann kraft Grundhandelsgewerbe und wird auch Agent genannt, sein Geschäftsbetrieb ist eine Agentur. Seine Alimentierung erfolgt auf Provisionsbasis. Auf diese hat er Anspruch, wenn Geschäfte während des Vertragsverhältnisses zustande kommen, diese auf seine Tätigkeit zurückzuführen sind und rechtlich wirksam werden. Der Provisionsanspruch umfasst auch Folgegeschäfte und ggf. Inkasso und Delkredere. Handelsvertreter können nach verschiedenen Kriterien eingeteilt werden, es muss sich nicht um eine natürliche Person handeln. Als Formen können vor allem folgende unterschieden werden (siehe Abb. 66). Nach der Ermächtigung zum Verkaufsabschluss gibt es Vermittlungsvertreter, die keine Geschäftsabschlüsse tätigen dürfen, sondern Nachfrage nur sondieren und Erklärungen mit Wirkung für und gegen das vertretene Unternehmen entgegennehmen und zur Entscheidung an dieses weiterleiten, sowie Abschlussvertreter, die für den Auftraggeber verbindlich zu dessen Konditionen Geschäftsabschlüsse tätigen dürfen, also Handlungsvollmacht haben. Im Zweifel ist vom Vermittlungsvertreter auszugehen, der nur Empfangsbote ist, der Antrag kann dann vom Vertretenen angenommen oder abgelehnt werden, bei Annahme kommt der Vertrag direkt zwischen Vertretenem und Kunden zustande. Es sind also Außen- und Innenverhältnis zu unterscheiden.
Handelsvertreterformen Vermittlungsvertreter / Abschlussvertreter
Einfirmenvertreter / Mehrfirmenvertreter
Platzvertreter / Rotationsvertreter
Alleinvertreter / Bezirksvertreter
Generalvertreter / Untervertreter
Hauptberuflicher Vertreter / nebenberuflicher Vertreter
Abb. 66: Handelsvertreterformen
286
B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Insofern nimmt der Abschlussvertreter eine sehr viel höhere Vertrauensstellung ein, denn von ihm abgeschlossene Verträge sind in jedem Fall im Außenverhältnis für das vertretene Unternehmen bindend. Im Innenverhältnis kann es natürlich auf den Abschlussvertreter zurückgreifen, wenn dieser sich entgegen Weisungen verhalten hat oder anderweitig grob fahrlässig. Mit welcher Art von Handelsvertreter man es zu tun hat, ist leicht feststellbar. Reicht der Vertreter einen Antrag des Interessenten an das vertretene Unternehmen zur Annahme ein und erfolgt von dort erst die Auftragsannahme als Kunde, so handelt es sich um einen Vermittlungsvertreter, der häufigere Fall. Wird der Antrag hingegen, womöglich noch an Ort und Stelle, durch Gegenzeichnung angenommen, um einen Abschlussvertreter. Nach der Zahl der übernommenen Vertretungen sind Einfirmenvertreter, die ausschließlich für einen Auftraggeber tätig sind, was jedoch eher die Ausnahme darstellt, sowie Mehrfirmenvertreter zu unterscheiden, die für mehrere, jedoch nicht konkurrierende Auftraggeber zugleich tätig sind und den Regelfall darstellen. Der Konkurrenzausschluss ist, wie das gesamte Handelsvertreterrecht, abdingbar, d. h., bei genügender Nachfragemacht kann ein Handelsvertreter darauf hinwirken, dass die gemeinsamen Anbieter von ihm auch dann vertreten werden, wenn sie untereinander konkurrieren. Dies ist etwa bei Vermögensanlageberatern (wie Bonnfinanz, AWD / Swiss Life, MLP) der Fall, die für verschiedene Finanzdienstleister tätig werden und zusätzlich auch im Eigenhandel Finanzprodukte abschließen. Nach dem Marktverantwortungsgebiet können Platzvertreter, sie bearbeiten immer das gleiche Gebiet, und Rotationsvertreter, sie wechseln ihr Gebiet, unterschieden werden. Wegen der Selbstständigkeit der Handelsvertreter kann eine Rotation nur im gegenseitigen Einvernehmen vorgesehen werden. Sie bedeutet für den Vertreter zumeist eine Erschwernis, etwa durch Umzug, aber auch durch Neuaufbau einer Kontaktbasis und ist daher selten produktiv. Nach dem Umfang der Rechte sind Alleinvertreter, die für das vertretene Unternehmen in ihrem Bezirk ausschließlich allein tätig sind, wobei jedoch Anfragen von Bedarfsträgern aus Kollegenbezirken bearbeitet werden dürfen, sowie Bezirksvertreter zu unterscheiden, die Anspruch auf Provision aus allen Geschäften haben, die mit Abnehmern ihres Bezirks abgeschlossen werden, unabhängig davon, ob sie dabei selbst tätig geworden sind oder nicht. Der Handelsvertretervertrag kann zwar die aktive Akquisition in fremden Gebieten untersagen (Outbound), nicht jedoch die passive Bearbeitung von Anfragen aus anderen Gebieten (Inbound). Nun ist der Vertretungsgeber bestrebt, auch solche passiven Bearbeitungen zu verhindern, dies ist jedoch rechtlich unzulässig. Daher wird das Konstrukt des Bezirksvertreters gewählt. Dieser hat Anspruch auf einen Provisionsanteil für Abschlüsse mit allen Kunden in seinem Bezirk, auch wenn er daran selbst nicht aktiv beteiligt war. Insofern ist
7. Konzept des Direktvertriebs287
die Motivation eines Alleinvertreters, Anfragen aus anderen Bezirken zu bearbeiten, begrenzt, denn es entfällt zwar der gesamte Aufwand auf ihn, aber der Lohn der Arbeit ist von ihm zu teilen. Daher liegt es nahe, dass bei Anfragen aus fremden Gebieten von ihm auf den dortigen Bezirksvertreter verwiesen wird. Im Effekt werden so auch Inbound-Aktivitäten unterbunden. Nach der Berufsausübung gibt es hauptberufliche Handelsvertreter und nebenberufliche Handelsvertreter. Letztere sind keine Kaufleute und haben z. B. keinen Anspruch auf Ausgleichszahlung, erstere immer. Häufig sind nebenberufliche Handelsvertreter für Generalvertreter tätig, welche die Vermittlungstätigkeit für das vertretene Unternehmen durch eigene Untervertreter ausüben lassen, also über eine eigene Vertriebsorganisation verfügen. Die Handelsvertreterbeziehung kennzeichnen umfangreiche Rechte und Pflichten auf beiden Seiten. Zu den wichtigsten gehören, dass der Handelsvertreter seine Tätigkeit frei gestalten und seine Arbeitszeit selbst bestimmen kann. Er soll das Interesse des vertretenen Unternehmens wahren und hat Anspruch auf Provision für Abschlüsse und alle gleichartigen Folgegeschäfte, die er durch Bucheinsicht nachprüfen (lassen) kann. Die Provisionszahlung ist normalerweise unabhängig davon, ob mangelfrei und rechtzeitig geliefert wird oder nicht. Geschäfte mit „faulen“ Kunden bringen allerdings keine Provision. Die Abrechnung erfolgt spätestens zum Ende des Folgemonats des Abschlussmonats. Inkassoprovision ist für das Einziehen von Forderungen und Delkredereprovision für die schriftliche Haftung für Zahlungseingänge fällig. Die Provisionspflicht gilt auch für Nachbestellungen (Folgeprovision), zahlbar bis zum Ende des Folgemonats (nur Abschlussvertreter). Der Handelsvertreter kann über alle zum Verkauf nötigen Unterlagen disponieren (wie Produktmuster, Preislisten, Prospekte etc.) und wird unverzüglich über die Annahme oder Ablehnung von ihm vermittelter Geschäfte benachrichtigt. Bei Auflösung der Vertretung durch das Unternehmen hat er Anspruch auf eine angemessene finanzielle Abfindung (Ausgleichszahlung), die sich nach einer festen Formel berechnet. Es besteht die Pflicht zur dauernden Geheimhaltung über bekanntgewordene betriebliche Verhältnisse des Auftraggebers, auch nach Vertragsauflösung, und zum Wettbewerbsverbot für gleiche oder gleichartige Vertretungen (es sei denn, alle Beteiligten sind damit einverstanden). Außerdem ist das vertretene Unternehmen unverzüglich von jedem Auftrag zu informieren und die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns in allen geschäftlichen Belangen walten zu lassen. Handelsvertretersysteme finden sich z. B. bei Versicherungen / Bausparkassen, Reisebüros (z. B. als Lufthansa-Agentur), Anzeigen (für Insertionsaufträge), Lotto- / Totoannahmestellen (für die lokale Lotteriehoheit), Markentankstellen (für Mineralölkonzerne), Deutsche Post / DHL (als Postagentur), Verlagen (für Abonnentenwerbung) oder im Versandhandel (als Sammelbesteller).
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Ein Problem speziell bei Einfirmen-Handelsvertretern ist immer der Anschein der Scheinselbstständigkeit. Diese ist nach Gesetz zu bejahen, wenn drei der nachfolgenden fünf Indizien gegeben sind: •• keine sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer, •• ausschließlich für einen Auftraggeber tätig, •• eine alternative Verrichtung durch Beschäftigte ist möglich, •• kein kaufmännisch eingerichteter Geschäftsbetrieb, •• eine ähnliche Tätigkeit wie als Arbeitnehmer zuvor. Die Vermutung der Scheinselbstständigkeit kann widerlegt werden. Wird diese jedoch bejaht, ist der Auftraggeber des Einfirmen-Handelsvertreters für diesen sozialversicherungsabgabenpflichtig. 7.2.2
Kommissionär
Der Kommissionär ist in eigenem Namen, aber (regelmäßig) auf fremde Rechnung tätig, indem er Waren oder Anrechte kauft oder verkauft. Er ist Kaufmann kraft Grundhandelsgewerbe und kann in einem dauernden oder nur fallweisen Vertragsverhältnis stehen. Nach dem Funktionsbereich kann es sich um einen Einkaufs- oder Verkaufskommissionär handeln, ersterer erwirbt zunächst das Eigentum am Kommissionsgut solange, bis er es an den Kommittenten übereignet, letzterer erwirbt kein Eigentum am Kommissionsgut, jedoch an der Forderung aus dem Verkauf (eigener Name), die er an den Kommittenten abtritt. Eigentlich liegen somit zwei Verträge vor, einer zwischen dem Kommittenten und dem Kommissionär, in dem sich der Kommissionär verpflichtet, sich um den Verkauf zu bemühen, und ein weiterer zwischen Kommissionär und Käufer, in dem der Kommissionär alle Pflichten und Rechte eines Verkäufers einnimmt. Damit ist allein der Kommissionär Vertragspartner des Käufers, folglich steht ihm auch die Kaufpreisforderung zu. Der Geschäftsbetrieb eines Kommissionärs wird auch Agentur genannt. Die Entlohnung erfolgt über Provision für ausgeführte Geschäfte und Auslagenersatz für alle Fremdkosten durch den Auftraggeber. Überschüssige Ware oder Geld ist exakt herauszugeben. Der Kommissionär nimmt das Interesse des Kommittenten wahr und folgt dessen Weisungen, andernfalls ist er schadenersatzpflichtig. Ein Selbsteintritt für Geschäfte ist möglich, d. h. Verkauf aus Eigentum bzw. Kauf in Eigentum. Er kann auch Ware als Pfand für unbefriedigte, fällige Ansprüche einbehalten. Preisabweichungen von der Order sind auf Anzeige und ohne Widerspruch des Auftraggebers möglich (Schweigen ist Zustimmung). Ansonsten hat der Kommissionär den Anweisungen des Kommittenten zu folgen und die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns walten zu lassen. Er haftet für Verlust und Beschädigung von Ware in seinem Besitz und ist zur
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unverzüglichen Benachrichtigung bei Geschäftsausführung verpflichtet. Vorteilhaft bei der Einschaltung eines Kommissionärs ist, dass kein eigenes Lager erforderlich ist, da der Kommissionär seinerseits ein Konsignationslager unterhält, dass kurze Lieferzeiten möglich sind, da der Kommissionär im Regelfall sofort lieferfähig ist, und dass kurze Transportwege bestehen, da dezentrale Standorte mehrerer Kommissionäre die Entfernungen zu Kundenstandorten minimieren. Eine im B-t-B-Sektor häufige Form ist die des Konsignationslagers. Der Lieferer liefert dabei Ware in das Lager des Abnehmers, die dieser erst bezahlt, wenn er sie dem Lager entnimmt. Das Lager des Lieferanten befindet sich damit praktisch am Abnehmerstandort. Bei Unterschreiten von Mindestmengen füllt der Lieferant das Lager wieder auf. Die Abrechnung kann auch periodisch erfolgen. Vorteile für den Abnehmer sind folgende. Die Absicherung logistischer Risiken ist gegeben, ebenso eine Befreiung von Lagerverwaltung und Kapitalbindung. Das Warenrisiko verbleibt beim Lieferer. Es entsteht eine Kapitalfreisetzung durch verzögerten Eigentumsübergang der Waren. Dies erlaubt eine Bestandshöhe auf Pufferniveau. Es kommt zu einer Erhöhung der Lieferflexibilität und Reduzierung der Prozesskosten. Dadurch steigt die Kundenzufriedenheit. Der Lieferer hat folgende Vorteile. Es kommt zu einer Reduzierung der Konkurrenz durch Single Sourcing für Konsignations-Identnummern. Es ist eine Optimierung der Produktionslosgrößen ebenso möglich wie ein Ausgleich der Produktionsplanung. Und es ergibt sich eine Reduzierung der Lagerhaltung. Beispiele finden sich bei Bäckereien mit Kaffeenebengeschäft (Tchibo), in der Gebrauchtwagenvermarktung, im Buchhandel gegenüber Verlagen (Barsortiment), im Getränkehandel etc. 7.2.3
Handelsmakler
Der Handelsmakler ist in fremdem Namen und auf fremde Rechnung nur mit der fallweisen, gewerblichen Vermittlung von Abschlüssen befasst, ohne selbst in den Warenfluss eingeschaltet zu sein. Gewerbsmäßig bedeutet, dass die Tätigkeit auf planmäßige Gewinnerzielung gerichtet ist. Dazu reicht der bloße Nachweis von Abschlussgelegenheiten nicht aus (Vermittlungsmakler). Er ist Kaufmann kraft Grundhandelsgewerbe und initiiert Geschäftsabschlüsse durch Kontakt zu mehreren potenziellen Käufern und Verkäufern und erhält dafür Provision (= Courtage), normalerweise von beiden Parteien je zur Hälfte. Er ist zur Interessenwahrung beider Seiten verpflichtet und haftet für durch Verschulden von ihm verursachte Schäden. Denn der Handelsmakler tritt mit beiden Parteien in vertragliche Beziehungen, auch wenn er nur von einer Partei beauftragt wird.
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Über das vermittelte Geschäft wird eine Schlussnote an jede Partei erstellt und unverzüglich zugestellt. Ein Tagebuch dient dem Nachweis der Tätigkeit als Entlohnungsvoraussetzung. Er hat den Parteien auf Verlangen Auskunft über seine Geschäftsanbahnungsaktivitäten zu geben. Er bewahrt Warenmuster beim Kauf nach Probe auf und kann bei fehlendem Beauftragungsnachweis einer Partei selbst in das Geschäft eintreten. Ein Maklerlohn wird nur fällig, wenn der Geschäftsabschluss rechtswirksam zustande gekommen ist, abhängig von Bedingungen, aber unabhängig von der Ausführung. Bei Widerruf besteht kein Anspruch auf Maklerlohn, es sei denn, das Geschäft wird nur widerrufen, um danach einen Direktabschluss ohne Maklervermittlung durchzuführen. Der Handelsmakler hat ein Anrecht auf Auslagenersatz, er darf keine Zahlungen der Parteien entgegennehmen. Bei allen gesetzlichen Regelungen handelt es sich um abdingbares Recht. Typisch sind Waren-, Wertpapier-, Versicherungs-, Frachten- und Schiffsmakler. Nicht hierzu gehört der Zivilmakler. Makelung ist in bestimmten Bereichen restriktiv geregelt (so für Arbeitsplätze oder Adoptionen). Zivilmakler befassen sich mit BGB-Verträgen, sie haben bereits bei Nachweis einer Gelegenheit Anspruch auf Courtage (Nachweismakler). 7.2.4
Handelsversteigerer
Der Handelsversteigerung ist in fremdem Namen und auf fremde Rechnung tätig. Die Entlohnung erfolgt durch Aufgeld (meist vom Käufer) plus Spesen (meist vom Verkäufer) aus dem Auktionserlös. Der Versteigerer tritt auf öffentlich angekündigten Marktveranstaltungen auf, um nicht-fungible Waren im Wege des Bieteverfahrens an denjenigen zu versteigern, der das beste (höchste / niedrigste) Gebot dafür abzugeben bereit ist. Dabei handelt es sich für gewöhnlich um schnell verderbliche Waren (z. B. Obst und Gemüse), Waren mit stark schwankender Qualität (z. B. Rohstoffe), Notversteigerungen als Verwertung (z. B. von Pfändern) oder Sammlerstücke für Liebhaber (z. B. Kunst). Versteigerer bedürfen einer Erlaubnis nach GewO. Diese wird vom Ordnungsamt / Gewerbeamt erteilt (evtl. mit öffentlicher Bestellung und Vereidigung für öffent liche Versteigerungen durch die IHK), sofern keine Zweifel an der Zuverlässigkeit bestehen (z. B. wegen bestimmter Vorstrafen, ungeordneter Vermögensverhältnisse). Versteigerungen sind vorab anzuzeigen, und es ist Gelegenheit zur Besichtigung des Versteigerungsguts durch potenzielle Bieter zu geben. Der Handelsversteigerer darf selbst nicht mitbieten, auch nicht durch Verwandte oder Bekannte mitbieten lassen und keine Objekte versteigern, mit denen er selbst handelt oder an denen er Pfandrechte besitzt. Die typische Versteigerung ist ein öffentliches Bietverfahren mit Zuschlag für das Höchstgebot und Barzahlungspflicht für physisch vorhandene Güter, die nicht standardisierbar sind (§ 156 BGB). Die Preisgebote der Nachfrager gehen
7. Konzept des Direktvertriebs291
von unten nach oben (auf Aufstrich). Stellt der Anbieter hingegen eine Preisforderung, geht diese von oben nach unten (auf Abstrich / Veiling). Es handelt sich damit um die Organisation des Marktes für ein bestimmtes Angebot durch Anziehung einer Mehrzahl von Kaufinteressenten zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort. Die Präsenz der Auktionsobjekte am Ort bzw. in dessen Nähe ist gegeben. Deren Inaugenscheinnahme durch Kaufinteressenten kann erfolgen. Die Abgabe von Preisgeboten bewirkt eine Tendenz zum gegenseitigen Überbieten. Der Zuschlag erhält jeweils das Höchstgebot bzw. die Höchstannahme. Versteigerungen sind zu bevorzugen, wenn es auf einen sicheren und schnellen Absatz ankommt, für den sich ein adäquater Preis erst noch bilden muss, wie dies bei nicht-fungiblen Waren notwendig ist. Die Verkäufer ordnen dem ihr Preisinteresse unter, worin wiederum die Attraktivität für potenzielle Käufer liegt. Beispiele finden sich bei Kunstobjekten, Antiquitäten, Nutztieren, Immobilien, Rechten, Zollaservaten, Pfändern etc. Elemente jeder Versteigerung sind ein Startpreis, das Gebotsinkrement und die Verbindlichkeit der Gebote (keine Spaßbieter). Die Zeitdauer ist vorgegeben (früher durch Kerzenabbrennen). Versteigerungen nehmen damit mehrere Funktionen wahr: •• die Koordinationsfunktion besagt, dass sie markträumende Preise ermitteln, die das Angebot und die Nachfrage so koordinieren, dass alle Produkte abgesetzt werden, •• die Preisbildungsfunktion besagt, dass sie auch für kaum oder selten gehandelte Güter (wie Unikate) Preise ermitteln können, ohne auf Schätzungen angewiesen zu sein, •• die Allokationsfunktion besagt, dass sie auch als Zuweisungsmechanismus für schwer zu vermarktende Produkte (z. B. Restplätze auf einem Linienflug) dienen können, •• die Distributionsfunktion besagt, dass sie geeignet sind, eine große Zahl von Bietern anzuziehen und damit einen separaten Vertriebskanal darstellen. Leistungsergänzende Absatzhelfer fördern den Vertrieb durch Finanzierung (z. B. als Kreditinstitut), Absicherung (z. B. als Versicherung), Information (z. B. als Auskunftei) und Beratung (z. B. als Werbeagentur). Sie sind parallel zum Warenfluss selbstständig tätig, ohne dabei deren Eigentümer zu werden. Da sie jedoch unverzichtbares Komplement zum Warenfluss sind, kommt ihnen dabei erhebliche Bedeutung zu. Man findet hier sowohl Outsourcings als auch Insourcings vor. So erwerben Anlagenhersteller eigene Banklizenzen zur Absatzfinanzierung, unterhalten Intelligence-Abteilungen für Wissenserwerb und -schutz, gründen interne Unternehmensberatungen mit spezifischer Expertise oder nutzen komplizierte FinanzTools zur Risikovermeidung bzw. -verringerung. Aus diesen Leistungen lassen sich hoch interessante Verkaufsargumente ableiten.
292
7.2.5
B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Vergleich Reisender vs. Handelsvertreter
Häufig ist beim Direktvertrieb die Entscheidung zwischen unternehmenseigenen Verkäufern als angestellte Reisende (Verkaufsaußendienstmitarbeiter) und unternehmensfremden Verkäufern als selbstständige Handelsvertreter zu treffen. Dafür können qualitative und / oder quantitative Kriterien zugrunde gelegt werden. Reisende haben Arthandlungsvollmacht für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften, Generalhandlungsvollmacht für alle Rechtsgeschäfte oder Spezialhandlungsvollmacht für einzelne Rechtsgeschäfte. Meist wird der Vergleich zwischen (selbstständigen Einfirmen-) Handelsvertretern und (unselbstständigen) Reisenden im Außenverkauf gezogen. Für die Präferenz zwischen beiden sind sowohl qualitative wie quantitative Aspekte bedeutsam. Zunächst zu den qualitativen, die Effektivität betreffenden. Die Vor- und Nachteile des intern-direkten Vertriebs über unternehmens eigene Organe sind die Folgenden. Zunächst zu den wesentlichen Vorteilen. Eine Einsparung der Distributionsspanne und deren Instrumentalisierung für Preisvorteil oder Zusatzgewinn ist möglich. Daraus entstehen Wettbewerbsvorteile, welche die Zugkraft der Produkte verstärken. Es kommt zu einer effizienten Steuerung und Kontrolle der Vertriebsaktivitäten unter eigener Bestimmung. Anders als bei selbstständigen Kaufleuten im Handel, die regelmäßig ihr eigener Souverän sind. Der direkte Kontakt zu Abnehmern fördert die Kundenbindung und schafft einen besseren Informationsfluss. Damit können auch schwache Signale zur Risikenvermeidung und Chancennutzung wahrgenommen werden. Die große Produktkompetenz ermöglicht eine hohe Anpassungsflexibilität an Kundenbedarfe. Es bestehen zumeist gute Voraussetzungen für den Aufbau einer Stammkundschaft, verbunden mit guten Kundenbonitätskenntnissen. Dies schafft die Bedingungen für eine rasche Markterschließung und intensive Marktdurchdringung. Es gibt eine unmittelbare und zuverlässige Rückkopplung vom Markt mit guter Abschätzbarkeit des Kundenbedarfs. Die Vertriebskon trolle bis zum Endabnehmer bietet gute Bedingungen zur Kontaktverstetigung. Und es sind hohe Potenziale für innovative Produktideen gegeben. Folgende Nachteile sind hingegen zu nennen. Ein hoher Organisationsaufwand zur Planung und Kontrolle ist erforderlich. Vor allem stellt der Vertriebsbereich einen Fixkostenblock dar, der die Flexibilität des Unternehmens nachhaltig beeinträchtigt. Akquisitionschancen, die außerhalb des Verfügungsbereichs des eigenen Unternehmens liegen, sind nicht nutzbar. Dadurch kann das objektiv erreichbare Absatzpotenzial nicht vollständig monetarisiert werden. Ein hoher Kapitaleinsatz zur Etablierung sowie hohe laufende Aufwendungen sind bei breiter Abdeckung erforderlich. Vor allem in der Anlaufphase sind die Gefahren für Unwirtschaftlichkeiten hoch. Es entstehen hohe Kosten der Kommunikation für Kundengewinnung, persönliche und telefonische Kundenberatung. Zusätz
7. Konzept des Direktvertriebs293
liche Kapitalbindung ist durch Messebeschickung und Niederlassungsleitung gegeben. Die Steuerung der Vertriebsmitarbeiter ist aufwändig, z. B. zu deren Gewinnung und Schulung. Hinzu kommt eine hohe Fluktuationsrate der Vertriebsmitarbeiter. Es entstehen teils hohe Abwicklungs- und Logistikkosten. Und eine hohe Abhängigkeit von der kommerziellen und persönlichen Kompetenz der Mitarbeiter ist hinzunehmen. Die Vor- und Nachteile des extern-(halbstufig-)direkten Vertriebs über unternehmensfremde Absatzhelfer sind die Folgenden. Zunächst zu den wesentlichen Vorteilen. Die Kontakt- und Akquisitionsfunktion kann an eigenverantwortliche Absatzhelfer abgetreten werden. Diese werden, je nach Lage der Dinge, in eigenem oder fremdem Namen, für eigene oder fremde Rechnung aktiv. Es kommt zur Monetarisierung zusätzlicher Kontakte im Markt zugunsten des eigenen Unternehmens, die aus der Erfahrung und dem Know-how der eingeschalteten Absatzhelfer resultieren. Die Substitution von Fixkosten durch variable Kosten trägt zur Risikoreduktion bei. Absatzhelfer arbeiten regelmäßig ausschließlich oder weit überwiegend erfolgsbezogen, verursachen also nur Kosten, wenn diesen auch Erlöse gegenüber stehen. Ein hohes Maß an Anpassungsflexibilität ist gegeben. So können Absatzhelfer zumindest in Maßen ausgetauscht werden, weiterhin können ihre Arbeitsbedingungen den Geschäftszielen angepasst werden. Ebenso sind sehr gute Marktkenntnisse (Potenziale, Bedarfe, Bonitäten etc.) gegeben. Dieses Know-how kommt vor allem neuen Anbietern zugute, die sich nicht so gut auskennen und Beziehungen erst aufbauen müssen. Folgende Nachteile sind zu nennen. Ein Entgelt für die Akquisitionsaktivitäten der Absatzhelfer ist in Form von zu zahlender Provision notwendig. Dies schmälert die Gewinnspanne oder zwingt zum Aufschlag auf den Ab WerkPreis. Die Selbstständigkeit der eingeschalteten Absatzhelfer kann durchaus eine instabile Vertriebsbasis bewirken. So besteht die Gefahr hoher Fluktuationsraten mit vagabundierenden Kundenpotenzialen. Es entsteht Koordinations- und Abwicklungsaufwand für die Kommunikation mit Absatzhelfern. Diese bedürfen der umfassenden Unterstützung im eigenen Sinne mit Verkaufs- und Werbemitteln. Teilweise bestehen restriktive gesetzliche Regelungen. Diese beziehen sich auf die Strenge der Beziehung zwischen Unternehmen und Absatzhelfer sowie auf den Interessenschutz der Absatzhelfer (z. B. Ausgleichszahlung). Quantitativ, also die Effizienz betreffend, liegen mit steigender Absatzmenge die Kosten eigener Verkaufsmitarbeiter, die Fixum und Prämie erhalten, unter denen selbstständiger Absatzhelfer, die auf Provisionsbasis arbeiten. Dementsprechend ist zu Beginn der Geschäftstätigkeit eher ein Einsatz von Absatzhelfern empfehlenswert, auch wegen der qualitativen Aspekte, mit zunehmendem Geschäftserfolg aber ab einem Break even-Punkt der Umstieg auf eigene Mitarbeiter ratsam. Dies kann rechnerisch und grafisch dargestellt werden.
294
B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
In der Praxis sind die Unterschiede freilich nicht so gravierend. Die Trennung von einzelnen Absatzhelfern ist bei geeigneter Vertragsgestaltung trotz eines evtl. Ausgleichsanspruchs unkompliziert, denn die Ausgleichszahlung wird meist vom Nachfolger übernommen, da ihm Einnahmen zufließen, für deren Erschließung er keinen Arbeitseinsatz geleistet hat. Auch werden Zusatzaufgaben übernommen, wie ansonsten nur bei eigenen Mitarbeitern üblich. Demgegenüber kann sich die Trennung von eigenen Mitarbeitern als durchaus schwierig erweisen, wenn der Betriebsrat entscheidend mitredet. Auch ist deren Steuerung durchaus nicht problemlos, dazu bedarf es vielmehr ausgefeilter Planungs- und Kontrollmechanismen. 7.3
Vertrieb über reale Marktveranstaltungen
Marktveranstaltungen stellen allgemein die bewusste Zusammenführung von Angebot und Nachfrage für eine bestimmte Leistung an einem bestimmten Ort und / oder zu einem bestimmten Zeitpunkt dar. Sie dienen primär der Gewinnung von Informationen über die Marktlage, der Herstellung und Pflege von Kontakten zu Abnehmern und Lieferanten sowie der Anbahnung und Einholung von Aufträgen. Sofern der Abschluss dabei im Vordergrund steht, handelt es sich um, hier interessierende, Abschlussmärkte (ansonsten Repräsentationsmärkte). Diese können in organisierter Anbieter- oder Nachfragerkonkurrenz sowie in zweiseitiger Konkurrenz und / oder als freie Formen stattfinden (siehe Abb. 67). 7.3.1
Organisierte Anbieterkonkurrenz
Die organisierte Anbieterkonkurrenz erfolgt als Lizitation oder Submission. Die Lizitation ist eine offene Bieterkonkurrenz, bei der sich Anbieter Nachfragern gegenüber im Preis ihrer angebotenen Leistung gegenseitig solange unterbieten, bis der Anbieter mit der niedrigsten Preisforderung den Zuschlag erhält. Voraussetzung ist hier eine extreme Käufermarktsituation, d. h. hoher Angebotsüberschuss. Da dies in diesem Ausmaß für entwickelte Volkswirtschaften eher untypisch ist, kommt die Lizitation recht selten vor (z. B. in der Schiffsraumvercharterung). Die Submission ist eine von einem Nachfrager (Submissionar) zum Zwecke des Vertragsabschlusses an potenzielle Anbieter (Submittenten) gerichtete Aufforderung, für bestimmte, durch eine Beschreibung präzisierte Leistungen schriftlich Angebote abzugeben. Diese werden unter Einhaltung genauer Verfahrensregeln geöffnet, wobei das unter Einbeziehung aller Umstände günstigste Angebot den Zuschlag erhält. Eine Nachbesserungsmöglichkeit besteht nicht. Ein vom vorgelegten Lastenheft abweichendes Angebot kann nur zusätzlich
7. Konzept des Direktvertriebs295
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Abb. 67: Reale Marktplätze
abgegeben werden. Dieses rivalisierende, verdeckte Bewerben von einer Mehrzahl von Anbietern um den Auftrag eines Nachfragers ist typisch für die Beschaffung der Öffentlichen Hand, um die Auftragsvergabe möglichst kostengünstig und präferenzfrei zu gestalten. Problematisch sind die Gefahr informeller oder auch organisierter (verbotener) Absprachen der Anbieter (Ringbildung) und die Einschränkung deren Dispositionsfreiheit nach Ende der Zuschlagsfrist, weil sie an ihr Angebot gebunden sind. Vorher kann ein Gebot zurückgezogen oder durch ein neues ersetzt werden. 7.3.2
Organisierte Nachfragerkonkurrenz
Die organisierte Nachfragekonkurrenz erfolgt als Versteigerung oder Einschreibung. Die Versteigerung ist ein öffentliches Bieteverfahren mit Zuschlag für das Höchstgebot und Barzahlungspflicht für physisch vorhandene Güter, die nicht standardisierbar sind (also über keinen Marktpreis verfügen, ansonsten
296
B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
wäre ein Vertrieb über Börsen möglich). Die Preisgebote der Nachfrager gehen von unten nach oben. Stellt der Anbieter hingegen eine Preisforderung, auf die Nachfrager reagieren, geht diese von oben nach unten (Veiling). Die Inaugenscheinnahme der Versteigerungsobjekte durch Kaufinteressenten kann an Ort und Stelle erfolgen. Die Abgabe von Preisgeboten durch verschiedene Nachfrager löst eine Tendenz zum gegenseitigen Überbieten aus. Den Zuschlag erhält jeweils das Höchstgebot. Versteigerungen sind zu bevorzugen, wenn es auf sicheren und schnellen Absatz ankommt, für den sich ein adäquater Preis erst noch bilden muss, wie dies bei nicht-fungiblen Waren (für die keine Marktpreise vorliegen) gegeben ist. Der Verkäufer ordnet dem sein Preisinteresse unter, worin wiederum die Attraktivität für potenzielle Käufer liegt. Versteigerungen können nach vielfältigen Kriterien gegliedert werden. So nach •• der Teilnehmerzahl in freie oder begrenzte Teilnahmemöglichkeiten, •• einer zu entrichtenden Teilnahmegebühr, oft auch nur symbolisch, •• der Versteigerungsdauer in fixierte oder variable Dauer, •• einem vorhandenen Mindestgebot, und dem Verfahren, wenn dieses Gebot nicht überboten wird, •• den Regelungen, die starr oder flexibel (heikel) ausgelegt sein können, •• der Verbindlichkeit oder Unverbindlichkeit der Gebote, •• den Gebotsschritten in festen oder beliebigen Wertabständen (Inkremente). Vorteile des Verkäufers sind die Konzentration der Nachfrage, ein großer Umsatz in kurzer Zeit, ein besserer Preis durch gegenseitiges Überbieten und die Einschaltmöglichkeit von Absatzhelfern. Nachteile des Verkäufers sind der Preisdruck bei geringer Nachfrage und ein schwieriger Absatz bei geringer Qualität der Lose. Vorteile der Käufer sind der gute Überblick über die Marktlage, bei Überangebot ein günstiger Einkauf auch kleiner Mengen und die vorherige Besichtigungsmöglichkeit. Nachteile der Käufer sind der oft zu hohe Preis durch Überbieten sowie die meist erforderliche Übernahme von Mittlergebühren und Lagerspesen. Bei der Einschreibung geben potenzielle Käufer nach öffentlich verbreiteter Ankündigung ihr Gebot für ein Einzelobjekt / -los bis zu einem bestimmten Zeitpunkt schriftlich in einem verschlossenen Umschlag beim Anbieter ab. Es handelt sich also um eine verdeckte Bieterkonkurrenz. Dadurch sollen Preisabsprachen (Ringbildung) verhindert werden. Den Zuschlag erhält der am höchsten bietende Nachfrager. Die Höhe aller Gebote ist nur dem Anbieter bekannt, der die Angebote erst nach Ablauf der Bietfrist öffnet. Ein nachträgliches Überbieten ist nicht möglich, es sei denn, dies ist ausdrücklich vorgesehen. Es besteht kein Zwang zur Angebotsannahme gegenüber Kaufwilligen (daher wird
7. Konzept des Direktvertriebs297
meist eine Bietungsgarantie vereinbart, die bei Ablehnung verfällt und bei Annahme verrechnet wird). Vorteile des Verkäufers sind die Meidung eines zu starken Preisdrucks bei geringer Nachfrage, durch die fehlende Teilung in Lose auch der Mitverkauf von Nebenware und die Möglichkeit, ein Angebot abzulehnen. Nachteile des Verkäufers sind die Gefahr der Absprache unter den Käufern und die Unmöglichkeit einer nachträglichen Erlösverbesserung. Vorteile der Käufer liegen in der Präsenz nur weniger Großabnehmer bei überschaubarer Konkurrenz. Nachteile der Käufer sind die Unsicherheit, wie hoch die Konkurrenz bietet, somit die Notwendigkeit eines hohen Gebots, wenn die Ware gebraucht wird und der begrenzte Abnehmerkreis mangels Losteilung. 7.3.3
Zweiseitige organisierte Konkurrenz
Bei diesen Formen liegen Netzwerkeffekte vor. Das wohl verbreitetste Beispiel sind Börsen (N : N). Die Börse ist eine regelmäßig stattfindende, korporativ organisierte Marktveranstaltung, an der bestimmte Kaufleute nach festliegenden normierten Bedingungen und Verfahren Geschäfte in physisch nicht präsenten Objekten abschließen. Voraussetzung ist dabei die Fungibilität der Waren, d. h., jedes Einzelexemplar einer Gattung kann das Warengesamt hinreichend vertreten, die Waren sind also untereinander austauschbar und müssen daher nicht physisch am Ort des Handels vorhanden sein. Muster sind bei überbetrieblichen, zu Standards erhobenen Normen ebenso verzichtbar. Damit sind auch die Verträge fungibel, weil deren wesentliche Bestandteile wie Vertragsmenge, Lieferungstermin, Andienungsplatz, Zahlungsweise, Streitregelung etc. standardisiert sind. Durch beschränkten Zugang, straffe Organisation und raum-zeitliche Konzentration werden Transaktionen übersichtlich gestaltet und vereinfacht. Alle anderen Entscheidungsparameter als der Preis entfallen. Häufigste Erscheinungsform sind Effekten-, Devisen- und Warenbörsen. 7.3.4
Freie Formen
Als freie Form der zweiseitigen Konkurrenuz (N : N) sind Märkte zu nennen. Diese sind raum-zeitlich definiert und meist sachlich begrenzt. Anbieter und Nachfrager treffen sich dort und schließen frei ausgehandelte Geschäfte meist formlos (durch konkludentes Handeln) ab, denen aktive Preisverhandlungen vorausgehen. Ware und Geld werden dabei jeweils physisch übergeben. Der Wochenmarkt bietet frische Lebensmittel, Blumen, Pflanzen, Kleidung etc. und wird von Landwirten beschickt und den Kommunen organisiert. Flohmärkte bieten Gebrauchtwaren, teilweise themenspezifisch, aber immer mehr mit gewerblichem Angebot, meist auf Wiesen mit angrenzenden Parkplätzen, sonnund feiertags, in größeren Abständen, sonntags erst ab 11 Uhr beginnend (wegen
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Kirchgang), die Artikel stammen aus Haushaltsauflösungen, der Preis ist Verhandlungsbasis, die Besichtigung erfolgt an Ort und Stelle, der Kauf wie besichtigt. Flohmärkte eignen sich für Waren, die wegen hoher Versandkosten im Internet nicht adäquat zu vermarkten sind. Auf Krammärkten bieten gewerbliche Händler überwiegend Neuwaren an, es handelt sich um Kleinartikel. Jahrmärkte sind jährlich stattfindende Märkte mit Volksfest-Charakter, die überwiegend der Vergnügung dienen. Weitere Beispiele sind Großmärkte, Sondermärkte oder Spezialmärkte. Neben dieser zweiseitigen Konkurrenz gibt es auch Formen der einseitigen (Anfrager- oder Anbieter-)Konkurrenz (1 : N / N : 1). Beim First come-first served geben Nachfrager ihre Annahme eines Angebots zu fest stehenden Konditionen ab und erhalten den Zuschlag in der zeitlichen Reihenfolge deren Abgabe. Man spricht auch von einer Vergabe im Windhundverfahren. Meist werden dazu Kaufbegehren gesammelt, bis die Tendergrenze erreicht ist. Dabei kommt es je nach Attraktivität des Angebots zu Überzeichnungen. Überschüssige Nachfrage wird nicht mehr akzeptiert, Angebot für fehlende Nachfrage wird beim Anbieter „geparkt“. Bei Repartierungen wird das Angebot hingegen gemäß der überschüssigen, insgesamt angemeldeten Nachfrage anteilig zugeteilt. Beim Bookbuilding erfolgt im Pre-Marketing zuerst die Sondierung der Wertschätzung eines Angebots bei potenziellen Nachfragern, daraus werden dann realisierbare Preis-Mengen-Kombinationen abgeleitet, indem Nachfrager angeben, wie viel Ware sie zu welchem Preis abnehmen wollen. Daraus wird weiterhin eine Preis-Absatzfunktion ermittelt, und daraus erst der Preis zur bestmöglichen Markträumung bzw. zur mutmaßlichen Gewinnmaximierung. 7.4
Vertrieb über Katalogmedium
Kataloge sind ein traditionelles Verkaufsmedium. Trotz aller Digitalisierung gibt es sie vielfältig weiterhin in geprinteter Form, und auch im Internet spielen Kataloge, meist aus der früheren Printversion adaptiert, eine große Rolle. Dabei ist vor allem an den B-t-B-Bereich zu denken. 7.4.1
Printkatalog
7.4.1.1 Katalogarten Die Aktivitäten des Direktvertriebs und der Direktwerbung laufen im Medium Katalog zusammen, der sowohl als Bestellunterlage wie auch als Werbemittel dient. Die Definition des Katalogs ist nicht ganz einheitlich (so werden auch Wechselvokabeln wie Prospekt, Broschüre, Leaflet verwendet). Der Katalog unterscheidet sich von diesen Wechselvokabeln dadurch, dass er Transak tionsmittel ist, also die Lieferanten-Abnehmer-Beziehung herstellen kann, wo-
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hingegen die Wechselvokabeln nur Werbemittel sind, die Transaktionsbasis also zusätzlich (z. B. durch Händlerbesuch) hergestellt werden muss. Kataloge bieten einige generisch bedeutsame Vorteile. Er schafft über eine personalisierte Form die Möglichkeit zur individuellen Ansprache von Zielpersonen. Über vorab selektierte Adressen ist ein gezielter Kontakt wirtschaftlich darstellbar. Er verfügt als Werbemittel über ein großzügiges Platzangebot und ist in seiner zeitlichen Bestimmung unabhängig von Medien, er ist damit aktuell und schnell steuerbar. Er bietet eine freie Wahl der Aufmachung nach Papierart, Druckverfahren, Format, Umfang etc. Wenn es erst einmal zur Nutzung kommt, hat das Angebot die ungeteilte Aufmerksamkeit des Lesers. Es besteht ein Schutz vor Konkurrenzreaktionen aus frühzeitigem Bekanntwerden eigener Aktionen. Die Wirksamkeit des Katalogs kann in kleinen Fallzahlen kostengünstig vorgetestet und optimiert werden. Bei kleinteiligen Zielgruppen entstehen nur geringe Kosten und wenig Streuverluste zu deren Konfrontation mit dem Angebot. Die Reaktion der Zielpersonen wird durch Reaktionsauslöser und Response-Elemente erleichtert. Es besteht die Möglichkeit zu einer aussagefähigen Erfolgskontrolle durch direkte Kosten- und Erlöszurechnung bzw. Deckungsbeitragsausweis je Werbeplatz. Durch mehr oder minder lange Auflagezeit entsteht eine nachhaltige Werbewirkung. Es kann eine gezielte Aufmerksamkeit auf Sonderangebote oder Schlüsselartikel gerichtet werden, verbunden mit der konkreten Preisnennung und Stopperelementen. Der Nutzer bestimmt den Zeitrahmen zum Studium der Angebote selbst, kann sich also Zeit nehmen oder die Nutzung beliebig unterbrechen oder wiederholen. Die Adresse des Absenders zur Reaktion ist jederzeit verfügbar, evtl. wird zusätzlich eine Hotline-Nummer zum telefonischen Kontakt angeboten. Angebote können bei Interesse aufgehoben und jederzeit wieder hervorgeholt werden. Man kann Angebote anderen Personen leicht zugänglich machen und mit ihnen darüber diskutieren. Es ist eine ausführliche Beschreibung der Angebotsvorteile mit nach Format und Farbigkeit freier Bebilderungswahl möglich. Die Gestaltung kann ganz nach Belieben des Absenders hochwertig, interessant, übersichtlich, originell etc. gehalten sein. Man unterscheidet im Einzelnen verschiedene Katalogtypen. Der Erlebniskatalog hat neben der Funktion der Sortimentsdarstellung auch eine unterhaltende Aufgabe. Dies kommt in den Gestaltungselementen und im Inhaltsaufbau zum Ausdruck. Der Warenkatalog hingegen ist ein technisches Transaktionshilfsmittel ohne akquisitorische Aufmachung (z. B. Preisliste, Verzeichnis). Zwischenformen werden auch Katazin (mit Betonung auf den Warenaspekt) oder Magalog (mit Betonung auf den Erlebnisaspekt) genannt. Der Universalkatalog enthält Teilsortimente aus verschiedenen Produktgruppen, das Angebot hat eine hohe Sortimentsbreite. Der Spezialkatalog enthält nur ein oder wenige Teilsortimente, das Angebot hat eine geringe Sortimentsbreite. Meist verhält sich die Dimension der Sortimentstiefe genau entgegen gesetzt dazu, d. h., sie ist im Universalkatalog eher gering, im Spezialkatalog eher hoch.
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Der B-t-B-Katalog richtet sich an gewerbliche Empfänger, der B-t-C-Katalog an private Empfänger. Analog handelt es sich bei ersterem um einen Industriegüterkatalog, bei letzterem um einen Konsumgüterkatalog. Der Anbieter erbringt entsprechend investive oder konsumtive Dienstleistungen. Der Printkatalog besteht aus bedrucktem Papier und ist die traditionelle Form des Katalogs. Er wird zunehmend abgelöst durch den (virtuellen) E-Katalog, der nur über Computerzugriff (offline via DVD oder online via Internet) erschlossen werden kann. 7.4.1.2 Katalogplanung (Kern) In der Katalogplanung im Printbereich werden die Rahmendaten für die Kataloggestaltung festgelegt. Zu den wichtigsten Elementen gehört das Format als Form und Größe des Katalogs. Am weitesten verbreitet sind Kataloge im DIN-Format, vor allem als DIN A 4- oder DIN A 5-Kataloge. Größere Formate helfen, die Wertanmutung der ausgelobten Produkte zu steigern. Von DIN-Formaten abweichende Formate (wie Quadratform, ausgeprägtes Hoch- oder Querformat) haben zwar möglicherweise einen höheren Aufmerksamkeitsgrad, dem stehen jedoch nennenswerte Handlingnachteile gegenüber. Hinzu kommen höhere Kosten durch Papierverschnitt und Portogebühren bei Postversand. Die Festlegung des Seitenumfangs ist vom ausgelobten Sortiment abhängig. Als Erfahrungswert gilt, dass max. sieben Produkte wahrnehmungsverträglich auf einer Seite untergebracht werden können. Ein weiterer Anhaltspunkt ist die Teilung der Druckbögen (meist als 16er-, 24er- oder 32er-Teilung). Dadurch erhält man eine praktische Größenordnung (z. B. ca. 200 Produkte bei 32 Seiten, ca 300 Produkte bei 48 Seiten). Die Obergrenze der Seitenzahl ergibt sich aus der Handhabung, die Untergrenze liegt dort, wo es ansonsten an der Kataloganmutung mangelt. Wichtig ist zu beachten, dass Kunden / Interessenten oft vereinfachend vom Umfang des Katalogs auf die Leistungsfähigkeit des Absenders schließen und umfangreichere Kataloge für gewöhnlich länger aufbewahrt werden, weil die Entsorgungsschwelle höher liegt. Unter Pagination versteht man die Verteilung der Produkte auf die einzelnen Seiten, vor allem in Bezug auf die Dichte der Produkte je Seite. Je mehr Produkte einer Seite zugeteilt werden, desto kürzer kann die durchschnittliche Betrachtungsdauer werden, weil der Leser angesichts Informationsüberlastung die Wahrnehmung rationalisiert. Außerdem treten diese Produkte in Konkurrenz zueinander um die verbleibende Wahrnehmung. Neben der Wahrnehmung spielt vor allem die Umsatzerwartung der betreffenden, zu paginierenden Produkte eine große Rolle. Je umsatzträchtiger (ge-
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nauer gewinnträchtiger) ein Produkt ist, desto mehr Präsentationsfläche verträgt es, je weniger Umsatz / Gewinn zu erwarten ist, desto weniger Fläche darf es beanspruchen. Allerdings ist gerade bei Neuprodukten die Marktgängigkeit durchaus ungewiss, so dass die Pagination spekulativ erfolgen muss. Eine gewisse Großzügigkeit der Pagination wirkt sich jedoch in aller Regel förderlich auf die Qualitätsanmutung aus. Außerdem ist auch eine Verteilung der Produkte auf die einzelnen Seiten / Katalogabschnitte erforderlich. Hier sind vor allem Hotspots von Bedeutung, also Coverseite, Rückcoverseite, 2. Umschlagseite, 3. Umschlagseite, Mittelbruchseiten (bei gehefteten Katalogen). Die Coverseite bietet zumeist den ersten Kontakt zum Adressaten und stellt daher hohe Ansprüche an die Gestaltung. Sie soll auf den Kataloginhalt einstimmen (z. B. durch Pagination eines sortimentsrepräsentativen, eher am oberen Leistungsniveau angesiedelten Produkts). Es kann aber auch auf die Präsentation eines Verkaufsangebots verzichtet und stattdessen eine klassische Titelseite vorgesehen werden. Die Rückcoverseite hat ebenso eine hohe Bedeutung, weil sie aufliegt, wenn die Coverseite verdeckt ist oder wenn der Katalog zur ersten Übersicht von hinten nach vorn durchgeblättert wird. Daher bietet sich dafür neben der Präsentation von Verkaufsartikeln die Auslobung kaufmotivierender Argumente an wie Bestellservice, Garantieaussagen etc. Die 2. Umschlagseite enthält häufig einen einleitenden, persönlichen Katalogbrief des Inhabers / Geschäftsführers sowie eine Auflistung kaufentscheidender Vorteile. Gleichfalls finden sich Erläuterungen zu neuen Produkten im Katalog oder Besonderheiten (wie neuen Services). Ebenso soll durch einen Index eine leichte Orientierung im Katalog möglich werden. Aufgrund des verbreiteten Primacy-Effekts wirken diese Eingangsseiten prägend für den gesamten späteren Eindruck des Katalogs. Die 3. Umschlagseite wird häufig genutzt, um die Menschen, welche den Anbieter tatsächlich ausmachen, nämlich die Mitarbeiter, vorzustellen. Dies fördert zum einen die Vertrauensatmosphäre zwischen Kunden / Interessenten und Anbieter und wirkt zum anderen motivierend auf die Belegschaft. Die Mittelbruchseiten (bei gehefteten Katalogen) fallen beim Aufschlagen besonders leicht offen und bieten sich daher für die Präsentation von Produkten an, die forciert werden sollen. Bestellformulare befinden sich zumeist im vorderen oder hinteren Teil des Katalogs. Hier können zugleich Impuls- und Kleinartikel paginiert werden, welche den Bonwert erhöhen, weil sie mehr oder minder absichtslos mitbestellt werden (häufig auch durch Vordruck im Bestellformular). Unter Pacing versteht man die Dramaturgie des Ablaufs auf den Doppelseiten des Katalogs. Zumeist werden Kataloge zunächst eher zufällig durchgeblättert. Daher kommt es bereits hier auf einen Spannungsbogen an, welcher dem
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Nutzer durch abwechslungsreiche Gestaltung die Angebotsvielfalt transparent macht und wahrnehmbare Highlights setzt. Dafür eignen sich vor allem Neuheiten, Preisknüller, exklusive Produkte oder Trendwaren. Verschiedene Teilsortimente sollten durch Auftaktseiten voneinander abgetrennt sein. Hinzu kommen Stopperseiten, die durch auffällige Gestaltung Akzentuierungen schaffen. Allerdings darf diese Dramaturgie nicht mit Beliebigkeit im Layout verwechselt werden. Im Gegenteil ist es erforderlich, ein standardisiertes Layoutraster einzuhalten, um die Übersichtlichkeit der Inhalte zu gewährleisten. Im Rahmen dieses Rasters kann beispielsweise zwischen mehreren hell gestalteten Seiten eine dunkle Doppelseite herausstechen, die Anordnung vieler kleiner Abbildungen durch die Einbindung einer großformatigen Abbildung durchbrochen werden oder zwischen mehreren freigestellten Aufnahmen eine Milieuseite (mit Motivfond) platziert werden. Gleichwohl darf durch diese Dramaturgie keine Überreizung erfolgen, die kontraproduktiv wirkt. Denn wird alles akzentuiert, ist tatsächlich nichts mehr akzentuiert. Gerade konstant eingesetzte Gestaltungselemente helfen darüber hinaus, einen konzeptionellen Zusammenhalt trotz Reizdarbietung zu erreichen. In Bezug auf die Periodizität unterscheidet man jährliche und unterjährige Kataloge. Die Periodizität hängt vor allem von der Aktualität des Angebots ab. Häufig ist auch die Kombination aus einem ganzjährig aufliegenden Hauptkatalog und unterjährig regelmäßig oder fallweise hinzu kommenden Sonderkatalogen anzutreffen. Damit ist es möglich, taktisch auf aktuelle Marktbewegungen oder Preisveränderungen zu reagieren. Allerdings führt dies neben einer Flut von Katalogen, die zur Reaktanz bei den Adressaten führen, auch zu einer gewissen Unübersichtlichkeit des Angebots, da häufig nicht klar ist, welcher Katalog mit welchen Teilsortimenten und Konditionen denn nun der aktuell gültige ist. Dies gilt erst recht, weil ein Trend zu immer frühzeitigerem Versand der Kataloge besteht, um Konkurrenzanbieter faktisch zu preempten. Bei den Sonderkatalogen kann es sich um Sortimentsauszüge aus dem Hauptkatalog handeln oder ergänzende oder auch Inhalte des Hauptkatalogs ersetzende Produkte. Häufig handelt es sich um schnell drehende Produkte, die ein hohes Bestellpotenzial darstellen, um Auslaufprodukte, Neuprodukte oder Langsamdreher, die auf diese Weise forciert werden sollen. Hinzu kommen Themenkataloge, etwa zu Saisonzeiten oder Messeanlässen. Gelegentlich werden Sonderkataloge auch nur als Nachfass an seitherige Nichtbesteller versandt, um diese zu aktivieren oder aus der Datenbank auszusteuern oder einem niedrigeren Aktivitätenlevel in der Datenbank zuzuweisen.
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7.4.1.3 Katalogplanung (Package) Der Katalog wird im Allgemeinen nicht allein versandt, sondern im Package mit weiteren Informationsmitteln. Ein wahrnehmungsstarkes Katalogumfeld wirkt hier generell bestellauslösend. Zu einem solchen Package zählen mindestens die Versandhülle (die ihrerseits bedruckt werden kann), Stuffer als aktuelle Beilagen oder um Portogrenzen auszuschöpfen, ein Anschreiben, das möglichst personalisiert formuliert sein soll, sowie ein Responseelement (Bestellmittel). Das Package kann für Zielgruppen individuell zusammengestellt und abgestimmt sein. Wichtig ist dabei, dass nicht zu viele Einzelelemente auftauchen, welche das Handling rasch unübersichtlich werden lassen, und dass eine formale (gestalterische) und inhaltliche (bestellverkettende) Ordnung innerhalb dieser Einzelelemente besteht. Die Versandhülle stellt dabei den ersten Kontakt mit Adressaten her. Sie muss Neugier auslösend wirken und die Wegwerfschwelle überwinden. Häufig wird dazu ein Teaser vorgesehen, welcher die Sendung als besonders wichtig, persönlich, gewinnbringend etc. auslobt. Hilfreich ist auch ein Terminhinweis. Materialmäßig kann die Versandhülle alternativ aus verstärktem Papier, Karton, Folienschlauch oder Plastik bestehen. Neben der werblichen Aufmachung sind auch alle versandtechnischen Erfordernisse (Adressfelder etc.) zu berücksichtigen. Je umfangreicher der Katalog bzw. das Package ausfällt, desto stabiler hat die Verpackung dafür zu sein. Außerdem wird von der Stabilität der Verpackung bevorzugt auf die Werthaltigkeit des Inhalts geschlossen (Auspackqualität). Zu berücksichtigen ist auch die Transportbeanspruchung (z. B. durch Witterung, Lagerung). Durchsichtige Verpackungen bieten den Vorteil, dass das PackageInnere von außen bereits sichtbar ist und insofern die Aufmerksamkeit weckt. Nach dem Öffnen wird zunächst das Anschreiben genutzt. Es hat, im Unterschied zu Direct Mailings, nicht die Funktion des Verkaufens von Produkten, sondern des „Verkaufens“ des Transaktionsmittels Katalogs, in aller Regel durch Nutzenauslobung. Diese Nutzenauslobung wird dann zweckmäßigerweise auf dem Cover des Katalogs aufgefangen und weitergeführt. Der Briefstil soll persönlich und partnerschaftlich gehalten sein. Inhalte sind eine kurze Firmenbzw. Kataloggeschichte, Einblicke in das betriebliche Geschehen, die Philosophie des Unternehmens sowie besondere Angebotsattribute wie Rückgaberecht etc. Stuffer bieten die Chance, aktuelle Angebote, die im Katalog nicht mehr berücksichtigt werden konnten, oder Sonderangebote, die verstärkt penetriert werden sollen, hervorgehoben zu präsentieren. Denkbar sind auch handlungsauslösende Elemente (Actiongetter). Dazu gehören kleine Werbegeschenke, Anreize für Frühbesteller (Early Bird), Preisausschreiben ohne oder mit vorausgelosten Gewinnen (Sweepstake) oder Valuta-Offerten (besonders langes Zahlungsziel).
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Ein Responseelement ist nur notwendig, falls dieses im Katalog selbst nicht vorgesehen ist, es kann aber auch zusätzlich beigepackt werden, um die Reaktionschancen zu erhöhen. Es muss eine besonders bequeme Bestellform anbieten, möglichst mit vorgedruckten Stammdaten, optionierten Bestellartikeln (Orderstart-Artikel) und einfacher Übermittlung (Fax-Antwort, Adressfenster). In Bezug auf die Funktionalität des Responseelements werden in der Praxis häufig leicht vermeidbare Fehler gemacht. So ist bei den Bestellzeilen darauf zu achten, dass diese ausreichend breit sind. In Bezug auf die Bestellspalten ist auf eine ausreichende Länge zu achten, damit alle gewünschten Artikel auch wirklich unterzubringen sind. Insgesamt darf die Bestellausführung nur so wenig Arbeit wie möglich verursachen. Alle Responseelemente sollten codiert sein, entweder mit den vorgedruckten Stammdaten des Bestellers oder mit einem neutralen Code, der Rückschlüsse auf die Leistungsfähigkeit des Katalogs bzw. der zugrunde liegenden Adressliste zulässt. Denkbar ist auch die Beilage eines voradressierten und vorfrankierten Rückumschlags oder die Beilage eines Fax-Antwortformulars z. B. im Handwerk. Innerhalb des Katalogs sind einige Seiten von besonderer Bedeutung. Sie werden Hotspots genannt. Dabei handelt es sich vor allem um folgende: •• Die Titelseite bietet die Gelegenheit, spektakuläre Neuheiten oder andere Knüllerangebote zu platzieren. Die Headline gibt ein Nutzenversprechen und das Logo signalisiert den Absender dieser vorteilhaften Leistung. Bei alledem darf die Titelseite jedoch keinesfalls überladen wirken. •• Die Rückseite (4. Umschlagseite) bietet ebenfalls die Chance zur Platzierung von besonderen Angeboten, weil ein Katalog oft von hinten nach vorn durchgeblättert und die Rückseite daher zuerst wahrgenommen wird. Daraus folgt eine hohe verkäuferische Wirkung. Außerdem sind Absender und Bestell adresse hier häufig vorgesehen. •• Die letzte Innenseite (3. Umschlagseite) kann für differenzierende Serviceleistungen ebenso genutzt werden wie für die technische Bestellanleitung, also Bestellkarte / -formular, Zweigstellenverzeichnis, Adressen für Selbstabholer und (aus Gründen der Rechtssicherheit) AGBs. Evtl. können die Verkaufs innendienstmannschaft oder zugeordnete Ansprechpartner im Unternehmen hier im Bild gezeigt werden. •• Den Seiten 2 und 3 (2. Umschlagseite und gegenüberliegende Seite) kommt ebenfalls eine gesteigerte Aufmerksamkeit zu. Hier sind etwa ein Anschreiben der Geschäftsleitung (mit Foto, Funktionsbezeichnung und leserlicher Unterschrift) oder ein Foto des Firmengebäudes / -geländes denkbar.
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7.4.1.4 Katalogdesign Zum Katalogdesign gehört die Anordnung der Abbildungs- und Textelemente im Kataloginneren. Dem Bildmaterial kommt dabei besondere Bedeutung zu, da die Imagery-Forschung belegt, das Bilder schneller wahrgenommen, besser verarbeitet, vollständiger abgespeichert und leichter aus dem Gedächtnis reaktiviert werden können als Texte. Ein Bild sagt eben mehr als tausend Worte. Bilder sind auch besser zur (wohl verstandenen) Manipulation der Adressaten in der Lage und wirken als Aufmerksamkeitsstopper. Bildinformationen werden ganzheitlich in der rechten Gehirnhälfte (bei Rechtshändern) und getrennt von Textinformationen, die in die linke Gehirnhälfte gelangen, gespeichert. Beim Informationsabruf (etwa bei der Bestellung) werden Bild- und Textinformationen daher getrennt abgerufen und, falls beide zutreffend abgespeichert sind, wieder zu einem Ganzen verbunden. Der Abruf von Bildinformationen ist zuverlässiger und umfassender als der von Textinformationen. Dies ist gerade für technische Produkte wichtig, die dazu tendieren, mit dominanter Textinformation ausgelobt zu werden. Diese Texte sind zwar als Spezifikation unerlässlich, können jedoch nicht als Wahrnehmungsanker dienen. Zur Illustration der Bilder sollten Produkte nicht „nackt“ dargeboten, sondern um Requisiten anschaulich ergänzt werden. Möglichst sollte es sich dabei wiederum um Produkte aus dem Sortiment handeln oder um Anwendungshilfsmittel. Dabei ist jedoch mit der Anzahl und Auswahl dieser Requisiten sparsam umzugehen, um Ablenkungen (Vampire-Effekt) zu vermeiden und sicher zu stellen, dass das ausgelobte Produkt tatsächlich im Mittelpunkt steht. Vor allem ist auf eine hinreichende Figur-Grund-Differenzierung zu achten, d. h. eine Abhebung des ausgelobten Produkts vom Fond. Hilfreich ist dazu eine starke Kontrastierung, d. h. helle Gegenstände vor dunklem Grund, kaltfarbige Produkte vor warmfarbigem Grund etc. Hinsichtlich der Farben ist auf eine komplementäre Abstimmung zwischen Vorder- und Hintergrund zu achten. Bei der Farbwahl ist zudem der Symbolcharakter der meisten Farben zu beachten (bekannt aus der Farbenlehre). Auffällige Farben eignen sich dabei nicht als Fondfarben, eine aggressive Farbgebung bietet sich eigentlich nur zur Akzentuierung an. Zu prüfen ist, ob Fotoaufnahmen outdoor, also in natürlicher Umgebung, oder indoor, also im Studio, erstellt werden sollen. Außenaufnahmen sind in aller Regel aufwändiger, dafür wirken Innenaufnahmen häufig gestellt und steril. Wenngleich durch geschickte Dekoration des Studios dieser langweilige und leblose Eindruck vermieden werden kann. Die Motive sollten nicht nur Sachaufnahmen (Stills) darstellen, sondern auch Menschen als Präsentatoren oder Nutzer einbinden. Bei der Modelauswahl sollte berücksichtigt werden, dass Leser dazu neigen, sich mit der im Katalog abgebildeten Person zu identifizieren. Daher sollte der Modeltyp sich nicht zu
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weit vom vermuteten Typus der Zielpersonen entfernen. Allerdings ist es hilfreich, wenn Models sich innerhalb dieses Rahmens an der oberen Grenze in Bezug auf Attraktivität und Jugendlichkeit bewegen. Von Illustrationen zur Visualisierung ist regelmäßig abzusehen, da es ihnen an Authentizität fehlt. Sie können allenfalls unterstützende Funktion einnehmen. Hilfreich sind hingegen Detailabbildungen (Zoom-Effekt), die interessante Produktfeatures zeigen oder eine nähere Wareninformation bieten. Das Layout betrifft die Seitenaufteilung nach Text- und Bildelementen. Zur Unterlegung der Seiten ist eine Rasterung sinnvoll, die als Ordnungshilfsmittel dient. Durch dieses Layoutraster erhalten die Seiten Halt und bleiben trotz aller Variationen wahrnehmungsstabil. Um jedoch eine schablonenhafte Anmutung zu vermeiden, werden im Allgemeinen Rasterfelder unterschiedlicher Größe zugrunde gelegt, die allein schon für eine abwechslungsreiche Anmutung sorgen. Zudem ist es dann einfacher, innerhalb eines Layoutrasters einzelne Produkte auszutauschen oder ihrer Bedeutung gemäß neu anzuordnen. Bei einem Katalogaufbau nach Doppelseiten hat das Layoutraster beide gegenüber liegenden Katalogseiten einzubeziehen. Allerdings ist Vorsicht bei Abbildungen, die in gelumbeckten Katalogen über Bund gehen, geboten. Dabei dürfen keine wichtigen Details im Bundsteg verschwinden. Andere Hervorhebungen sind durch Umrahmungen oder asymmetrische Formate möglich. Eine hohe Aufmerksamkeit kommt erfahrungsgemäß der rechten oberen Ecke einer Doppelseite zu. Nach gemeinhin unterstelltem Leseverhalten, geht der Blickverlauf von rechts oben quer über das Blatt nach links unten. Platzierungen im oberen Drittel der Seite gelten somit allgemein als wahrnehmungsstärker. Alle Abbildungen sollen mit kurzen Untertexten (Captures) versehen sein, die erfahrungsgemäß stark genutzt werden. Dabei soll der Text nicht den Bildinhalt wiederholen, sondern ergänzende Informationen bieten. Alternativ ist eine Platzierung der Texterläuterungen rechts vom Bild vorteilhaft. Möglichst soll eine Zuordnung von Bildern und Texten durch Ziffern vermieden werden, da dies recht umständlich in der Nutzung durch Leser wirkt. Personen und Produkte in Abbildungen sollen möglichst in Richtung der Textbeschreibung zeigen bzw. in Richtung des inneren Seitenrandes. Man weiß, dass Leser dazu tendieren, der Perspektive der Personen oder Produkte in Abbildungen zu folgen. So kann die Brücke zur Textbeschreibung bzw. zu anderen Angeboten im Katalog geschlagen werden. Der Text nimmt primär die Aufgabe wahr, das Interesse des Lesers zu ecken und konkrete Sachinformationen zu liefern. Eine besondere Aufgabe w kommt ihm bei erklärungsbedürftigen Produkten zu. Ebenfalls kann der Text als erzählendes Element einen Unterhaltungswert bieten, wobei darauf zu achten ist, dass die Textinhalte sich immer eng an die Verkaufsfunktion des Katalogs anlehnen.
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Wie dem Textinhalt kommt auch der Textgestaltung hohe Bedeutung zu. Hier geht es um Schriftgröße und Schrifttyp, Satz- und Spaltenbreite, Laufweite der Schrift, Wortabstand und Zeilendurchschuss. Hinsichtlich der Schrifttypen ist zwischen serifenbetonten (Antiqua-)Schriften und serifenlosen (Grotesk-)Schriften zu unterscheiden. Serifen sind kleine, abschließende Querstriche am oberen oder unteren Rand der Lettern, die für die Lesbarkeit stabilisierend wirken. Andererseits wirken serifenlose Schriften meist moderner und sachlicher, was sich vor allem für technische Produkte anbietet. Flattersatz ist gegenüber Blocksatz (bei dem alle Textzeilen immer gleich lang sind, indem die Wortzwischenräume variiert werden) besser lesbar, wenngleich der rechte Textrand unruhig wirkt (rechtsbündiger Flattersatz ist zu vermeiden). Als optimale Spaltenbreite in Katalogen gelten 40–60 Anschläge pro Zeile. Bei engeren Spalten ergeben sich unnötige Worttrennungen, bei längeren Textspalten geht die Orientierung in den einzelnen Zeilen leicht verloren. Die Laufweite der Schrift gibt den Letternabstand an. Dabei sind sowohl eng als auch gesperrt laufende Schriften zu vermeiden. Der Durchschuss gibt den Abstand zwischen benachbarten Zeilen ober- und unterhalb an. Als optimal hat sich ein Durchschuss, der einen Punkt über der Typogröße liegt, erwiesen. Bei größerem Durchschuss wirkt das Satzbild zerrissen, bei kleinerem Durchschuss entsteht ein gedrängter Eindruck. Schriftauszeichnungen, wie Fettung oder Kursivierung, springen zwar ins Auge, müssen jedoch gezielt eingesetzt werden, da ansonsten eine Überaktivierung beim Lesen entsteht, die nicht leistungsfördernd, sondern leistungsmindernd wirkt (Lambda-Hypothese). Dies gilt auch für farbliche Hervorhebungen. Die Textformulierungen sollen klar, einfach und verständlich sein. Hilfreich ist eine erlebnisbetonte, bildhafte und spritzige Formulierung. Sinnvoll sind dabei kurze, pointierte Sätze und ein ehrlicher, überzeugender Stil. Besondere Bedeutung kommt der Formulierung von Headlines und Slogan zu, die eindeutig werbliche Aufgaben haben. Der Slogan ist die auf einen Satz verdichtete, stetig wiederkehrende Kernaussage über den Anbieter und sein Angebot. Die Headline bildet den Einstieg in das Bildverständnis. Dabei sind vertraute, aktivierende und informative Formulierungen zu bevorzugen. Wichtige Schlüsselwörter wie „neu“, „gratis“, „exklusiv“, „jetzt“, „Gütesiegel“ o. Ä. sollen gezielt eingestreut werden. Entscheidend ist, dass die Headline das Nutzenversprechen des Angebots transportiert. Eindeutig erklärende Aufgaben haben hingegen warenkundliche und abwicklungstechnische Aussagen. Hier ist eher eine ausführlichere, detailliertere Formulierung zu wählen, um Unklarheiten und Zweifel, die responsehemmend wirken, zu vermeiden. Vor allem sind alle behaupteten Leistungsmerkmale durch Begründungen zu untermauern. Hinzu kommen notwendige Bestelldaten und sonstige administrative Angaben.
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Denkbar ist auch der Abdruck nachprüfbarer Dankesschreiben (Applause Mail) zufriedener Kunden oder die Angabe von Zuverlässigkeits- und Verbreitungsdaten, welche dem Sicherheitsbedürfnis des Adressaten gerecht werden. Wichtig ist des Weiteren die Einbindung von Cross Selling-Hinweisen. Diese können neben dem verbalen Hinweis auch durch benachbarte Platzierung im Katalog unterstützt werden (analog zum Category Management im stationären Handel). Weiterhin ist das Inhaltsverzeichnis obligatorisch. Es soll neben der administrativen Vollständigkeit eine Orientierungshilfe in der Angebotsvielfalt bieten. So können Suchbegriffe auch mehrfach, jeweils an ihrer alphabetisierten Stelle, aufgeführt werden. Gleichfalls sind Synonyme getrennt aufzuführen, um den Zugriff in jedem Fall sicher zu stellen. Hilfreich sind auch Erläuterungen von Fachbegriffen, um ein gleiches Verständnis zu gewährleisten (Glossar), sowie die Verwendung von Symbolen für häufig wiederkehrende oder besonders wichtige Features. In gleicher Weise können Spezialleistungen wie Eillieferung und neue Produkte akzentuiert werden. Dafür haben sich Piktogramme als sehr praktisch erwiesen. Die „Nicht-Angebots-Seiten“ des Katalogs betreffen Verkaufsbedingungen, Maß- und Umrechnungstabellen etc. Hilfreich ist dabei eine Anordnung in Tabellen- oder Listenform. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen schließlich sind unvermeidlich und gehorchen eher juristischen als sprachlichen Belangen. Dennoch kann auch hier durch geschickte Formulierung (Sie-gerichtet, positiv, nicht zwingend etc.) Einfluss genommen werden. Dabei dürfen jedoch nicht die rechtlichen Konsequenzen tangiert werden. Dies gilt auch für Bestelleinschränkungen wie Mindermengenzuschläge, Mindestbestellmengen etc. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die Verwendung kaufbestätigender Formulierungen zur Reduzierung unvermeidlich auftretender kognitiver Dissonanzen vor Abgabe der Bestellung. Hier gilt es, die letzte Schwelle im kundenseitigen Kaufprozess zu überwinden. 7.4.1.5 Katalogproduktion Zur Katalogproduktion gehören die Anzahl der Druckfarben, die verwendete Papierqualität und die buchbinderische Verarbeitung. Eine farbige Aufmachung ist einer schwarz-weißen im Regelfall überlegen. Drucktechnisch lassen sich alle Farben aus den vier Grundfarben (Cyan, Magenta, Yellow, Black / Tiefe) erzeugen. Gerade techniklastige Kataloginhalte können im eintönigen Umfeld durch Farbe entscheidend aufgewertet werden, bei erlebnislastigen Inhalten ist sie geradezu unverzichtbar. Denkbar ist zudem die Betonung einer dominierenden Farbe, etwa als Hausfarbe. Auch die Papierwahl hat erheblichen Einfluss auf die Anmutung des Katalogs. So wird von der Haptik des Papiers auf die Wertigkeit der dort angebotenen Pro-
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dukte geschlossen. Für brillante Abbildungen ist zudem ohnehin eine höhere Papierqualität erforderlich. Holzfreie Papiere sind Standard (sie vergilben nicht unter Lichteinwirkung), ebenso chlorfrei gebleichte hochweiße Papiere. Gestrichene Papiere wirken qualitativ hochwertiger (klarere Konturen, leuchtendere Farben). Abweichendes gilt nur, wenn der Katalog in seiner Aufmachung bereits die Preisgünstigkeit der angebotenen Produkte unterstreichen soll. Weiterhin ist die Reißfestigkeit des Papiers angesichts des oft unsensiblen Umgangs mit Katalogen als Arbeitsmittel wichtig. Diese ist im Wesentlichen von der Papierdicke, gemessen in gr / qm, abhängig (empfohlen ist mindestens 90 gr. / qm spezifisches Papiergewicht / Grammatur, außer bei Discountangeboten). Dies bietet sich auch angesichts der regelmäßig vorzufindenden beidseitigen Bedruckung der Blätter gegen Durchscheinen (Opazität) an. Sinnvoll ist ein stärkerer Schutzumschlag, welcher die Widerstandsfähigkeit des Katalogs ebenso erhöht wie seine Präsentationsqualität. Für reine Textseiten empfiehlt sich die Verwendung leicht getönten GelbWeiß-Papiers, welches den Kontrast zur Schrift relativiert und damit die Lesebequemlichkeit erhöht. Alternativ ist auch die Wahl einer farbigen Schrift (tiefblau) denkbar. Kataloge sind geklammert bzw. geheftet oder geklebt (gelumbeckt). Letzteres bietet sich vor allem bei umfangreicheren Katalogen an. Ringösenheftungen haben darüber hinaus Ausbuchtungen in den Klammern, die eine Ablage in Aktenordnern ermöglicht, Plastikeffekt-(Spiral-)heftungen lassen sich leicht wieder öffnen, um zusätzliche Seiten hinzuzufügen oder Seiten auszutauschen. Geklebte Kataloge sind tendenziell anfällig gegen ein Aufbrechen der Falz bei starkem Auseinanderfallen der Seiten, die sich dann evtl. einzeln herauslösen lassen. Der Katalogdruck erfolgt, je nach Auflagenhöhe, im Offset- oder Tiefdruck. Bogenoffsetdruck erfolgt von einzelnen Papierbögen, Rollenoffsetdruck von einer Papierbahn, die erst anschließend geschnitten wird. Tiefdruck erfolgt immer ab Rolle, lohnt aber gemeinhin erst bei sehr hohen Auflagen (ab 10 Mio. Exemplare). Der Druck erfordert eine extreme Sorgfalt, um Fehler zu vermeiden, aus denen von Rezipienten irradiierend auf mindere Leistungsfähigkeit des Absenders geschlossen wird. Danach muss der Katalog mit den anderen Packagebestandteilen zusammen geführt werden. Dies erfolgt beim Konfektionieren. Es umfasst im Einzelnen das Falzen, Kleben und Schneiden der Werbemittel, die Einkuvertierung und Adressierung der Packages, das Freimachen und Aufliefern der Sendungen. Diese Aufgaben übernehmen Lettershops, zumeist als freie Dienstleister. Dort werden auch Kataloganforderungen bearbeitet. Die Distribution der Aussendungen erfolgt durch die Post oder private Zustelldienste. Endverbraucherkataloge werden zwischenzeitlich aber auch über den Zeitschriftenhandel gegen Entgelt abgegeben (z. B. D&W-Autozubehör).
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7.4.1.6 Order Fulfillment Unter Fulfillment versteht man die Abwicklung des gesamten Bestellvorgangs von der Bestellannahme über die Bearbeitung bis hin zur physischen Auslieferung der Waren. Dafür können eigene Abteilungen oder fremde Dienstleister (Service Provider) eingesetzt werden. Das Outsourcing empfiehlt sich vor allem für Klein- und Mittelunternehmen wegen der Vermeidung fixer zugunsten variabler Kosten, bei neuen Anbietern, welche die Nachfrage noch nur ungenügend einzuschätzen vermögen, und für Anbieter, die professionelles Know-how von Spezialisten nutzen wollen oder eigene Lager- und Transportarbeiten (Logistik) nicht zu ihren Kernkompetenzen zählen. Die feste Kalkulationsbasis und die Flexibilität der Inanspruchnahme sind wichtige Vorteile. Dafür entsteht ein erhöhter Abstimmungsaufwand, und die häufig lebensnotwendige Marktnähe leidet, wenn nicht entsprechende Vorkehrungen getroffen werden. Die Bestellannahme sollte so einfach und transparent wie irgend möglich gehalten werden. Dafür werden meist mehrere Kommunikationswege angeboten: Telefon, Telefax, Antwortkarte / Brief als Bestellformular oder E-Mail. Bei voraus gehender Informationsanforderung kann durch Einbau bewusster Hürden eine Selektion der Reagierer erreicht werden, z. B. durch Frankierung, persönliche Angaben, Unterschrift. Die telefonische Bestellannahme erfolgt über Call Centers oder durch gebührenfreie Leitungen (0800). Davon sind Servicerufnummern zu unterscheiden (0180…), die für den Anrufer gebührenpflichtig sind. Die Bestellannahme per Telefax ist nur noch vereinzelt üblich und kann durch entsprechend vorformatierte Bestellformulare erleichtert werden. Die Online-Bestellannahme ist jedoch zeitgemäß. In allen Fällen ist eine Bestätigung des Eingangs der Bestellung möglich. Bei der Zahlungsabwicklung stellen sich ebenfalls mehrere Optionen. Häufig erfolgt die Bezahlung per Nachnahme, d. h. nach Aushändigung der Ware durch die Post an den Auftraggeber. Der Rechnungspreis setzt sich dann aus dem Warenwert, den (anteiligen) Porto- und Versandkosten sowie der postseitigen Nachnahmegebühr zusammen. Dies verteuert vor allem Sendungen mit geringem Warenwert. Außerdem muss der Auftraggeber bei Anlieferung Zuhause sein oder die hinterlegte Sendung später bei der Post / Poststation abholen. Dafür ist das Risiko für den Absender gering, da Zahlungsausfälle vermieden werden. Eine andere Option ist die Ablieferung gegen Rechnung. Mit der Aushändigung der Ware übernimmt der Auftraggeber die Verpflichtung, den Rechnungsbetrag innerhalb einer Zahlungsfrist zu begleichen. Dies impliziert allerdings ein Zahlungsausfallrisiko, das vom Absender durch Einholung von Zahlungsfähigkeitsauskünften (Schufa-Listen, brancheninterne Negativlisten etc.) nur unzulänglich verringert werden kann.
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Als weitere Option stellt sich die Forderung der Vorauskasse (etwa durch Abbuchungsauftrag, Schecküberlassung, Kreditkartennummer etc.). Damit ist das Zahlungsrisiko behoben, dafür werden aber hohe Bestellhürden aufgebaut. Daher werden häufig im Gegenzug Sonderkonditionen wie porto- / versandkostenfreie Lieferung oder Anreize wie Gewinnspielteilnahme geboten. Die Kreditkartenzahlung impliziert zudem im Dreiparteiensystem die Abführung einer Mittlerprovision an die Kreditkartenorganisation. Schließlich kann auch eine vollständige oder teilweise Kreditierung des Kaufbetrags erfolgen. Die Kreditierung kann durch den Anbieter selbst, durch Banken gegen Gestellung von Sicherheiten in der Person oder Sache oder durch Kreditdienstleister wie Leasing- und Factoringunternehmen erfolgen. Im OnlineBereich kommen zudem digitale Zahlungsvarianten in Form des Electronic Cash zum Zuge. Zu den weit verbreiteten Serviceangeboten gehören die 24-Stunden-Bestellannahme an sieben Tagen der Woche, die Auswahl unter mehreren Kanälen zur Bestellannahme und Zahlungsabwicklung sowie Umtausch- / Rückgabegarantien. Diese Serviceangebote sind jedoch mit mehr oder minder hohen Kosten für den Anbieter bewehrt, z. B. höhere Retourenrate. Denn sie erfordern betriebliche Vorkehrungen, die Schnelligkeit und Zuverlässigkeit in der Auslieferung sichern, was wiederum nur durch prozessorientiertes Beschaffungs- und Lagermanagement möglich ist. Die Kommissionierung muss Just in Time erfolgen. Dazu wiederum ist ein leistungsfähiges Warenwirtschaftssystem erforderlich. Wichtig ist auch die Auspackqualität der Sendung, d. h. der unversehrte Zustand der Sendung und deren akquisitorisch ansprechende Aufmachung, denn es gilt, kognitiven Nachkaufdissonanzen vorzubeugen. Erwartet wird darüber hinaus eine Zustellung spätestens am darauf folgenden Tag. Dies verlangt den Einsatz leistungsfähiger Frachtführer (DHL, DPD, GLS, Hermes, TNT, UPS etc.). Die Dauer zwischen Aufgabe und Empfang der Sendung ist wesentlich für die Zufriedenheit mit dem Versand. Zur Anlieferung werden gelegentlich mehrere Zustellversuche unternommen, bevor die Ware retourniert oder posthinterlegt wird. 7.4.1.7 Erfolgsmessung Die Erfolgsmessung wird zentral an der Bestellquote festgemacht. Sie errechnet sich aus der Relation von „Menge der eingegangenen Bestellungen“ zu „Streumenge der ausgesandten Kataloge“. Für den Erfolg ist jedoch weiterhin der durchschnittliche Auftragswert von Bedeutung. Dies ist auch für die Erreichung des Break even-Punkts relevant. Eine weitere Kennzahl ist die Retourenquote, denn nicht alle Bestellungen sind umsatzsteigernd. Retouren entstehen aus fehlerhafter Ware, Falschzustel-
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
lungen oder Nutzung von Umtauschgarantien. Hohe Retouren sind ein Alarmsignal und müssen unbedingt auf ihre Ursachen hin analysiert werden. Zumal daraus konkrete Hinweise auf Fehlerquellen im betrieblichen Leistungsprozess abgeleitet werden können (mangelhafte Wareneingangskontrolle, missverständliche Katalogbeschreibung, schlechte Zustellqualität etc.). Die Überwachung der Bestellzeit- und Auslieferungszeitkontrolle hilft, die betrieblichen Kapazitäten zu planen. So wird ein bis zwei Tage nach Erzielung des Bestellmaximums die „Halbwertzeit“ erreicht, d. h., bis zu diesem Zeitpunkt liegt etwa die Hälfte der insgesamt zu erwartenden Bestellungen vor. Aus diesem Erfahrungswert kann eine Grobplanung der Kapazitäten vorgenommen werden. In gleicher Weise muss die Auslieferungszeit überwacht werden, da sie wesentlicher Parameter für die Kundenzufriedenheit ist, erst recht, wenn entsprechende Ankündigungen an potenzielle Kunden gemacht worden sind. Dies gilt in gleicher Weise für die Lieferung von Waren wie auch die Lieferung von Katalogen auf eingegangene Anforderung hin. Zur Kontrolle können verdeckte Testbestellungen an eigene Kontrolladressen sowie Laufzeitanalysen eingesetzt werden. Eine wesentliche Kennzahl ist der Recency-Frequency-Monetary Ratio(RFMR-)Wert als wichtigste Scoring-Kennzahl. Recency steht dabei für die Aktualität des Kaufverhaltens, Frequency für die Kaufhäufigkeit und Monetary für den Wert der getätigten Käufe. Entsprechend dieser Methode werden alle Kunden nach diesen Kriterien klassifiziert. Die Kriterien können gleich gewichtig oder gewichtet (z. B. 50 : 35 : 15) in diese Kennzahl (Ratio) eingehen. Daraus ergibt sich für jeden Kunden eine Punktsumme, die seine Attraktivität für den Anbieter kennzeichnet und damit Ausgangspunkt für entsprechende Aktivitätslevels ist. Vorher ist eine Transformation in Form einer Nutzwertanalyse erforderlich, d. h. unterschiedlichen qualitativen Ausprägungen je Kriterium (z. B. Kontaktintensität, Konditionen) sind entsprechende Punktwerte zuzuordnen. Somit ergibt sich aus dem individuellen Bestellverhalten jedes Kunden sein Punktwert je Kriterium. Werden die Kriterien addiert bzw. entsprechend gewichtet, ergibt sich somit seine Punktsumme. Diese wiederum ermöglicht die Zuordnung seiner Daten zu einem vordefinierten Aktivitätslevel. Zumeist führt dies zu einer Einteilung in A-, B- und C-Kunden. Problematisch ist dabei allerdings, dass es sich um eine Zeitpunktaufnahme handelt, es sei denn, das Entwicklungspotenzial von Kunden wird ausdrücklich in die Analyse mit aufgenommen. Ansonsten kann es gut sein, dass Kunden im Zenit ihres Lebenszyklus bevorzugt behandelt werden, obwohl ihre Prognose (Grenzumsatz) negativ ist, während Kunden am Start ihres Lebenszyklusses, also mit großem Entwicklungspotenzial, vernachlässigt werden. Zudem sagen Umsätze nicht unbedingt etwas über die Gewinnträchtigkeit von Kundenbeziehungen aus (so klaffen bei A-Kunden typischerweise Umsatz- und Gewinnanteil auseinander). Die Nutzungshäufigkeit von Katalogen kann über die Auswertung der Codierung von Bestellkarten nach Kataloggenerationen bzw. Teilkatalogen festgestellt
7. Konzept des Direktvertriebs313
werden. Für den Fall der Ansprache über Massenmedien kann zudem ein Anhaltspunkt für die Mediaeffizienz gewonnen werden. Allerdings ist eine aussagefähige Zuordnung von Ursachen und Wirkungen nur schwer möglich, selbst durch eine kostenaufwändige Direktbefragung nicht. Denkbar ist allerdings die Erweiterung der Bestellnummer um ein dem Werbemittel zuordnenbares Kürzel (Präfix oder Suffix), so dass auch die Auswertung für in mehreren Katalogen angebotene Produkte möglich wird. Der Artikel-Deckungsbeitrag ergibt sich als Differenz zwischen den eindeutig einem Artikel zurechenbaren Erlösen und den durch ihn verursachten Kosten. Dieser Deckungsbeitrag steht für die Deckung der nicht exakt zurechenbaren Kosten sowie zur Erzielung eines angemessenen Gewinns zur Verfügung. Über den Artikel-Deckungsbeitrag lässt sich unmittelbar die ökonomisch gerechtfertigte Präsentationsfläche im Katalog (Seite / Seitenanteil) ermitteln, indem je Flächeneinheit des Katalogs ein erforderlicher Deckungsbeitrag vorgegeben wird. Produkte, die diese Vorgabe nicht erreichen, müssen im nächsten Katalog mit geringerer Präsentationsfläche auskommen, Produkten, die diese Vorgabe überschreiten, kann rational mehr Präsentationsfläche zugewiesen werden. Allerdings ist diese ökonomische Zurechnung um die Notwendigkeit der gestalterischen Einflussnahme zu ergänzen, so dass sich letztlich wohl immer ein Kompromiss aus beiden Aspekten im Katalog finden wird. Die Leistungsfähigkeit eines Katalogangebots kann vor Marktwirksamwerdung durch verschiedene Tests gemessen werden: •• Ein Listentest gibt Auskunft über die mutmaßliche Qualität der zugrunde gelegten Adressbasis. Dies unterstützt die Effizienz der Aussendung. •• Ein Produkttest gibt Auskunft über die Akzeptanz der Produktleistung nach Art, Preisniveau, Zusammenstellung etc. Somit kann der Kataloginhalt optimiert werden. •• Ein Zielgruppentest gibt Auskunft über das mutmaßliche Zutreffen der vorgenommenen Zielgruppendefinition. Insofern können Fehlstreuungen verringert werden. •• Ein Werbemitteltest gibt Auskunft über die Wirkung der werblichen Gestaltung des Katalogs. Hier sind alternative Gestaltungsansätze denkbar. •• Ein Regionaltest gibt Auskunft über die mutmaßlich zweckmäßige Abgrenzung des Direktwerbegebiets. •• Ein Timingtest gibt Auskunft über den mutmaßlich besten Zeitraum für die Direktwerbung.
314
7.4.2
B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Elektronischer Katalog
7.4.2.1 E-Katalogarten Bei E-Katalogen ist sowohl an Offline- als auch an Online-Transaktionsmittel zu denken. Der Offline-Katalog in Form der DVD dürfte nur eine vorübergehende Episode auf dem Weg zum Online-Katalog sein. Wenn schon Neue Medien, dann ist der Online-Katalog die konsequentere Alternative. Daher erfolgt im Folgenden eine Konzentration auf E-Commerce-Kataloge. Neben der personalisierten Ansprache (über Cookies und Datenbankauswertung) kann ein umfangreiches Serviceangebot realisiert werden (etwa E-Mail, IRC-Chats, WebForen, Newsletters etc.). Dadurch kann dem Ideal eines Segment of One-Marketing nahezu entsprochen werden. Für Nutzer ist der Zugriff bequem von Zuhause aus und rund um die Uhr möglich, die Daten sind stets aktuell und vergleichbar. Das Layout des Printkatalogs bedarf allerdings für die Online-Präsentation einer gründlichen Überarbeitung. Zwar können möglicherweise dieselben Bildvorlagen verwendet werden, aber die Dramaturgie (Screen Design) erfordert ein deduktives Vorgehen (vom Allgemeinen zum Besonderen). Hilfreich ist dabei der Aufbau einer Bilddatenbank, in der zentral alle Bildvorlagen digital abgespeichert sind. Die Strukturierung ist durch Links möglich, hinzu sollten intelligente Hilfefunktionen wie Navigatoren, Abfrageformulare, Indexe etc. treten. Die Entwicklung des Online-Auftritts kann zumeist in fünf Phasen eingeteilt werden: •• Bei Produktpräsentation im Internet handelt es sich um statische Websites, die meist nur einen Kontakt über E-Mail zulassen. Häufig dominiert dabei noch die absenderorientierte Strukturierung des Auftritts, also nach Produkten. Dies ist nicht mediengerecht. Vielmehr bedarf es einer adressatenorientierten Strukturierung, also nach Bedarfen. Dabei kann die Nutzerführung etwa durch geschickte Filter erfolgen. •• Über Interaktive Website können vor allem wiederkehrende Besucher eingebunden werden. Zumindest ist eine Personalisierung der Ansprache möglich. Besser noch wird durch Auswertung der Transaktionshistorie dem Besucher ein Angebot zusammen gestellt, das seinem vermuteten Nutzerprofil entspricht. Auch können vergleichende Produktübersichten und Selbsthilfen für Anfragen geboten werden. Evtl. ist die E-Mailbox mit Servicemitarbeitern verbunden (evtl. auch Helpline). •• Bei Transaktionsfähigkeit wird über die Kommunikationsfunktion hinaus auch die konkrete Distributionsfunktion geboten, etwa durch Aussagen über Vorräte und Liefertermine. Auch kann der Status der Auftragsabwicklung vom Kunden jederzeit verfolgt werden. Durch Einbindung von EDI-Systemen lässt
7. Konzept des Direktvertriebs315
sich der gesamte geschäftliche Datentransfer in Zusammenhang mit der Transaktion über Internet abgewickeln. •• Mit Einbindung externer Partner wird neben dem unternehmenseigenen Angebot das Angebot Externer aufgesetzt (Affiliates), das im Sinne einer integrierten Lösung das Leistungsprofil der Anbieter in maximale Übereinstimmung mit dem Bedarfsprofil des Kunden bringt (z. B. produktbegleitende Dienstleistungen). Wegen der hohen Bedeutung kommt nur eine feste Einbindung dieser Partner, evtl. auf Gegenseitigkeit, in Betracht. •• Im Virtuellen Unternehmen wird die gesamte Wertschöpfungskette in allen Verzahnungen über Internet eingebunden, dargestellt und gesteuert. Dies ist vor allem bei mehrstufigen Lieferketten und komplexen Produktionsbedingungen infolge Kosten- und Zeiteinsparung hilfreich. Kunden können dann ganze Lieferketten oder nur Ausschnitte davon ordern. 7.4.2.2 E-Kataloggestaltung Die Gestaltung des Online-Katalogauftritts erfordert die Einhaltung einiger Grundsätze. So bedarf es der Integration in den gesamten KommunikationsMix. Dazu muss die WWW-Adresse auf allen Publikationen und Unterlagen ausgewiesen sein, um Traffic zu erzeugen. Zusätzlich ist die Aufnahme in Verweise (Links) anderer Adressen und der eigene Verweis auf diese anderen Adressen notwendig. Hinzu kommt evtl. Werbung auf Portal-Seiten. Der Elektronikkatalog erfordert eine medienspezifische Adaptation, nicht einfach eine bloße Kopie des Printauftritts. Auch ist die Bereitstellung interessanter Informationen über den engen Kreis des eigenen Angebots hinaus erforderlich. Hinzu kommt die Notwendigkeit einer stetigen inhaltlichen Aktualisierung, um Wiederholungsbesuche der Seite zu motivieren und eine Kontaktaufnahme mit Unternehmen / Repräsentanten zu ermöglichen. Auch ist eine stetige Anpassung an technische Aktualisierungen erforderlich, um auf der Höhe der Zeit zu bleiben. Große Abbildungen sollten erst nach einer erneuten Anwahl laden, hilfreich ist auch der Verzicht auf Tonuntermalung (wegen des Speicherbedarfs). Eine „Under Construction“-Meldung ist in jedem Fall zu vermeiden, besser ist es, mit einem zwar reduzierten, aber arbeitsfähigen Auftritt zu starten und auf den Ausbau hinzuweisen. Primär ist im B-t-C-Bereich eher der Unterhaltungsgehalt, im B-t-B-Bereich eher der Informationsgehalt des Zugriffs als Nutzenversprechen. Als Maßgaben für die Gestaltung eines Website-Angebots im B-t-B-Bereich gelten folgende: •• Logische Angebotsstruktur (bedarfsorientiert), übersichtliches Bildschirmlayout, max. drei Mausklicks bis zum ersten Produkt, Aktionsseite mit Sonderangeboten, tagesgenaue Preisangaben, komplette Programmübersicht, klare Angaben zu Lieferungs- und Zahlungskonditionen, Preiszuschläge für Bestel-
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
lungen nur bei Gegenleistung, Bestellanreize bieten, einfache, automatisch erzeugte Bestellformulare mit Warenkorb, Abtrennung von Sonderkundenbereichen. Problematisch ist, dass vielfach Beschaffungen außerhalb der organisational formalisierten Anweisungen erfolgen, etwa infolge Dringlichkeit oder wegen vermeintlich geringen Warenwerts. Diese Vorgänge kumulieren zu enormen Beträgen hoch, was gravierende Unwirtschaftlichkeit bedeutet (Maverick Buying). Durch Zugangsebenen kann hier eine unauthorisierte Beschaffung vermieden oder durch Einbindung in vorprogrammierte Rahmenvereinbarungen mit Lieferanten zumindest kanalisiert werden. Denkbar ist vor allem der fallweise oder regelmäßige Bestellabruf auf Basis einer Rahmenvereinbarung. Das für Beschaffer ideale Katalogprofil sieht folgende Bausteine vor: •• Sehr effiziente, d. h. übersichtliche und flach strukturierte, Kundenschnittstelle, •• vergleichende Darstellung von Produkten und Dienstleistungen, •• elaborierte Suchmöglichkeiten (vom Produkt oder Begriff aus), •• Anzeige meistverkaufter Produkte, neuer Produkte und aktionierter Produkte, •• einfache Bestell- und Bezahlverfahren aufgrund kundendefinierter Kriterien, •• automatische Benachrichtigung über Angebote aufgrund kundendefinierter Parameter, •• intelligente Verknüpfung begleitender Dienstleistungsangebote, •• Auftragsverfolgung in jedem Stadium der Abwicklung, •• aktive Beratung während des Einkaufsvorgangs, evtl. mit Durchgriff auf Support-Mitarbeiter, •• Online-Auktionen von Rest- und Sonderposten, •• Multimedia-Unterstützung auf Wunsch (z. B. 3-D-Darstellung, Videospots), •• Download von einfachen Produktkatalogen, •• nachfragegerechte Informationsbündelung (also nicht nach Produkten, sondern nach Bedarfen), •• Online-Transaktionshistorie. Fraglich ist nicht, ob elektronische Kataloge geprintete ablösen, sondern vielmehr wann. Dabei sind erstaunlicherweise gerade im B-t-B-Sektor erhebliche Beharrungspotenziale auszumachen. Vielfach sind konservative Branchen vorzufinden (z.B. Handwerk, Behörden, Fach-/Spezialhandel), deren Gewohnheiten sich nur langsam umstellen, zumal auch deren Prozesslandschaft die generischen Vorteile von E-Katalogen meist nicht angemessen zu nutzen weiß. Daher lohnt es, nach wie vor zumindest auch im Medium Printkatalog zu denken.
7.5
7. Konzept des Direktvertriebs317
Vertrieb über Dialogmedien
Dialogmedien stellen den unmittelbaren Kontakt zwischen Absender und Empfänger her. Sie richten sich an individuelle Adressaten und / oder enthalten ein Reaktionsmittel. Bei Individualkontakt reicht bereits ein Informationsangebot zur Qualifizierung, bei disperser Kontaktaufnahme hat die Reaktion über ein Werbemittel oder auf andere definierte Art zu erfolgen und sich auf ein Angebot zu beziehen (siehe Abb. 68). 7.5.1
Direktaussendung
Bei der Direktaussendung als adressiertes, postalisches Direct Mailing handelt es sich um die anlassbezogene Aussendung von Angebotsinformationen auf dem Postweg an Adressaten, die vorher anhand von Auswahlkriterien als dafür erfolgversprechend selektiert wurden. Entsprechende Adressen sind über Adressverlage anzumieten oder werden der eigenen Datenbank entnommen. Dabei sind vielfältige Gewichts-, Formatund Anordnungsbegrenzungen der Poststücke zu beachten, um Portokosten zu minimieren. Das gleiche Ziel erfüllt die Vorsortierung der Poststücke vor der Postauflieferung. Der Inhalt besteht meist aus mehreren Teilen (DM-Package), von denen eines der Rückantwort (Information / Bestellung) dient und deren Prozess oft in mehreren Phasen abläuft (Teaser / Roll out / Reminder). Moderne Drucker ermöglichen personalisierte, mit Tinte unterzeichnete Anschreiben. Im Rahmen von Kunden-Kontakt-Programmen wird Kunden eine systematische Nachkaufbetreuung zur zeitlichen Überbrückung bis zum nächsten Bedarf gewährt. Die Reaktionsquote soll dabei durch Einsatz von Aktivierungstechniken gesteigert werden, wie: •• Early Bird (Subskriptionspreis für ein Angebot), •• Free Gift (Werbegeschenk), •• Free Trial (Warenlieferung zur Ansicht), •• Limitierung des Angebots nach Zeit und / oder Menge, •• Sweepstake (Preisausschreiben mit vorausgelosten Gewinnern), •• Teilzahlungs- und / oder Valutamöglichkeit, •• Negative Option (Nichtabschluss nur bei Widerruf). Nach der Zielgruppe handelt es sich um Privatkunden (Business to Consumer) oder Geschäftskunden (Business to Business). Das Adressenhandling wird durch eine Datenbank erleichtert. Sie enthält Angaben über: •• Namensdaten wie Firma, Branche, Rechtsform, Kundennummer, Größenordnung, Ansprechpartner, Titel, Anrede / Geschlecht, Funktion / Position etc.,
318
B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Dialogmedien im Vertrieb Direktaussendung
Postwurfsendung
Haushaltsverteilung
DR-TV
DR-R
I-TV
DR-Anzeige
Telefon
Telefax
Abb. 68: Dialogmedien im Vertrieb
•• Adressdaten wie Straße / Straßenzug, Postfach, PLZ, Ort, Datum für letztes Update, Telefon, Region / Nielsen-Gebiet, •• Auftragsdaten wie Auftragsweg, Bestellwert, Artikelwahl, Preisklasse, Zahlungsart, Kaufkraftklasse etc., •• Bestellstammdaten wie Bestelltermine, Stammprodukte, Cross Selling etc., •• Bonitätsdaten wie Schufa-Auskunft, Mahnungen etc., •• Werbedaten wie Werbeart, Anzahl, Zeitraum etc., •• Betreuungsdaten wie Reklamationen, Besuchshäufigkeit, Dauer der Geschäftsbeziehung etc. Adressen aus eigenem Bestand sind im Wissensmanagement Vermögen und bedürfen der ständigen Pflege und Aktualisierung. Zudem müssen neue Adressen kontinuierlich generiert oder fremd angemietet werden. Quellen für eigenrecherchierte Fremdadressen sind:
7. Konzept des Direktvertriebs319
•• Adressbücher, Telefonbücher / Gelbe Seiten, Außendienstinformationen, Innendienstnotizen, Messenotizen, Interessentenwerbung, Anfragen auf Presseveröffentlichungen, Adressen aus Verkaufsförderungsaktionen, HandelskammerVerzeichnisse, Botschaften / Konsulate (im Ausland), Messekataloge / Aussteller verzeichnisse, Seminarteilnehmerlisten, Handelsregistereintragungen, Adressentausch, Ausschnittdienstematerial, Händlerinformationen, eigene Befragung, Empfehlungen / Freundschaftswerbung, öffentliche Bekanntmachungen etc. Listbroking (Adressenmakelung) beinhaltet die Vermittlung des Nutzungsrechts betriebsinterner Adressen anderer Unternehmen über Dritte. Dabei dürfen die Adressen nicht an Konkurrenten des Eigentümers vergeben werden. Sofern Adressverlage eingeschaltet sind, vermieten diese eigene Adressen zur einmaligen Nutzung. Es handelt sich also nicht um einen Adressenkauf, sondern eine Adressenmiete. Zur Kontrolle gegen Missbrauch sind Dummy-Adressen eingebaut, die bei wiederholtem Gebrauch zu Rückläufern beim Adressverlag führen. Die Qualität der so angemieteten Adressen ist trotz aller Optimierungen oft zweifelhaft. Für die Gestaltung eines Direct Mailings gelten folgende Anforderungen: •• Wegwerfstopper (z. B. Neu, Achtung) vorsehen, um zumindest die Lesechance zu erhöhen oder diese auch überhaupt erst zu schaffen, •• Opener als eine kurze Einstimmung auf das bevorstehende Anliegen formulieren, •• positive Verstärker, die den Nutzen des Lesers aus dem Angebot herausstellen, •• Beweisführung als kurze Argumentation, weil Leser vor Kaufentscheiden immer nach Sicherheit suchen, •• Vorwegnahme von Einwänden des Adressaten im Text, •• Telefonnummer / E-Mail-Adresse zur Kontaktaufnahme angeben, falls Probleme oder Fragen auftreten, das schafft zusätzliches Vertrauen, •• Reaktionselement (Bestellbogen, Antwortumschlag) so anlegen, dass es einfach zu handhaben ist, •• P.S. mit dem wichtigsten Argument und einem Appell zum Handeln, also zur Bestellung oder Informationsanforderung, •• Führung des Auges berücksichtigen, sie erfolgt vor allem durch Schlagzeilen, Bilder bzw. Hervorhebungen, •• Blickverlauf des Lesers berücksichtigen, von oben rechts nach links, dann z-förmig über den gesamten Text zum Textanfang zurück, anschließend vom Briefkopf zur Anrede und zum P.S.
320
7.5.2
B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Sonstige Dialogmedien im Vertrieb
Postwurfsendungen werden durch den öffentlichen Postdienst undifferenziert an alle Haushalte, alle Abholer von Briefsendungen oder alle Bewohner eines Hauses verteilt (unadressierte oder teiladressierte Briefsendungen). Haushaltsverteilungen werden durch private Zustelldienste und Verteilerkolonnen durch Abgabe in Briefkästen oder an Passanten verteilt. Die Übergabe kann auch durch Türsignal oder persönliche Ansprache begleitet sein. Bei Direct Response-Fernseh-Spots (DR-TV) handelt es sich um klassische Fernsehspots, die neben ihrer Kommunikationsaufgabe auch die Verkaufsaufgabe erfüllen sollen. Dazu wird im TV-Spot angegeben, auf welche Art man dort beworbene Artikel bestellen kann. Meist erfolgt ein Hinweis auf eine Telefonnummer (meist 0800 / 0180 / Vanity) oder eine Internetadresse (Homepage). Eine besondere Ausprägung des mediengestützten, non-internet-Vertriebs ist das Teleshopping. Dabei besteht das Programm auf besonderen TV-Verkaufskanälen oder bei Werbelangsendungen auf „nomalen“ Kanälen aus Verkaufsangeboten, die (kontinuierlich oder fallweise) vorgestellt und promotet werden. Bei Direct Response-Hörfunk-Spots (DR-R) handelt es sich um klassische Hörfunkspots, die neben ihrer Kommunikationsaufgabe auch noch die Verkaufsaufgabe erfüllen sollen. Dazu wird im HF-Spot angegeben, auf welche Art man dort beworbene Artikel bestellen kann. Im Regelfall erfolgt ein Hinweis auf eine Telefonnummer (meist 0800 / 0180 / Vanity), seltener auch eine Internet adresse (Homepage). Der Verkauf via Interactive Television (I-TV) erfolgt durch Fernsehspots, Werbelangsendungen oder Shopping-Kanäle bei digitaler Breitbandübertragung mit einem schmalbandigen Rückkanal (Settop Box). Der Rückkanal identifiziert und lokalisiert den I-TV-Zuschauer und erlaubt einerseits individualisierte Sendeinhalte für jeden einzelnen Teilnehmer, hier in Form von Bestellangeboten, und andererseits die Rückmeldung der Beauftragung an den Absender. Bei Direct Response-Anzeigen handelt es sich um klassische Anzeigen, die neben ihrer Kommunikationsaufgabe auch noch die Verkaufsaufgabe erfüllen sollen. Dazu wird in der Anzeige angegeben, auf welche Art man dort beworbene Artikel bestellen kann. Meist erfolgt dazu ein Hinweis auf einen Coupon, der auszuschneiden und einzusenden oder eine Telefonnummer oder Internet adresse, die zu kontaktieren ist. Der Verkauf via Telefon kann Inbound oder Outbound erfolgen, ersteres bedeutet, dass Interessenten eine ihnen bekanntgegebene Telefonnummer anrufen, um Bestellungen für spätere Lieferungen aufzugeben oder sofort entgeltlich abzurufen, letzteres bedeutet, dass der Anbieter Kunden oder Interessenten seinerseits anruft, um Aufträge zu akquirieren. Beim Inbound-Telefonverkauf handelt es sich häufig um gebührenfreie Rufnummern (0800). Sowohl beim
7. Konzept des Direktvertriebs321
Inbound- als auch beim Outbound-Telefonverkauf werden zumeist Call Center eingesetzt. Aktiver Telefonverkauf (Outbound) eignet sich vor allem für die Kontaktanbahnung mit Interessenten / Neukunden, zur Aktivierung von Altkunden, zur Kundenbindung nach dem Kauf und zum Zusatzverkauf. Der Telefonverkauf ist allerdings sehr engen rechtlichen Restriktionen unterworfen. Die Kontaktaufnahme darf im privaten Bereich nur bei bestehender Geschäftsbeziehung (kein Cross Selling) oder ausdrücklicher, in aller Regel schriftlicher Zustimmung von Interessenten erfolgen, im gewerblichen Bereich nur, soweit das vertretene Angebot dem Gewerbezweck des Angerufenen entspricht. Passiver Telefonverkauf (Inbound) besteht in der Entgegennahme von Anrufen für Aufträge, Terminwünsche, Kurzinformationen etc. Oft wird eine personenbezogene Trennung zwischen bloßer Kontaktgenerierung (Sales Lead Generation) und eigentlichem Verkaufsgespräch (durch den Verkäufer selbst) vorgenommen. Denn der Verkauf über Telefon erweist sich als ausgesprochen schwierig, da das Spektrum der Kommunikationsmöglichkeiten auf Inhalt und Akustik reduziert ist und kein Einblick in die spezifische Umfeldsituation des Angerufenen besteht. Der Verkauf via Telefax kann ebenfalls Inbound oder Outbound erfolgen. Ersteres bedeutet, dass Interessenten einen Faxabruf mit Informationen anwählen, die gebührenpflichtig sind oder per Fax Aufträge erteilen. Zu unterscheiden ist in: •• Polling: Der Anrufer stellt dabei sein Faxgerät auf Abruf um, wählt die Nummer des Polling-Dienstes und erhält das Angebot via Fax. •• Fax on Demand: Der Anrufer wählt die Leistung, die ihm per Fax übermittelt werden soll, auf der Tastatur seines Telefons an. •• Faxback: Der Anrufer gibt die Fax-Nummer, auf der er ein Angebot erhalten will, über Telefon an. Letzteres bedeutet, dass Kunden oder Interessenten auf dem Faxweg Angebote vorgelegt werden, die zur Auftragserteilung führen sollen. Dies erfolgt als Fax Broadcasting, d. h., der Versand eines Angebots erfolgt an beliebig viele Empfänger. Der Telefaxverkauf ist ebenfalls engen rechtlichen Restriktionen unterworfen, die denen des Telefonverkaufs entsprechen. Der Telefax-Einsatz ist gerade modernen Berufseinsteigern schwer zu vermitteln, aber in konservativen Branchen immer noch weit verbreitet. Dazu gehören z. B. Ärzte, Reisebüros. So verwundert es nicht, dass die Verbreitung gerade von Multifunktionsgeräten (Drucker, Kopierer, Scanner, Fax) sogar noch steigt. Wer also in diesen Branchen unterwegs ist, sollte sich darauf einstellen und die Akzeptanz nutzen, solange sie denn noch verfügbar ist. Dennoch handelt es sich zweifellos um eine Auslauftechnik.
322
7.6
B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Vertrieb über Veranstaltungsmedien
Veranstaltungsmedien organisieren den akquisitorischen Kontakt zwischen einer Vielzahl von physisch präsenten Personen, um deren Transaktionsbereitschaft zu fördern bzw. zu schaffen. Im Vertrieb verfolgen sie dabei das Ziel der konkreten Verkaufsanbahnung und / oder -abwicklung. Damit unterscheiden sie sich von Präsentationen, die primär informativen (vorökonomischen) Charakter haben, woraus dann eine (ökonomische) Transaktion folgen mag oder auch nicht, sie gehören daher zu den, hier nicht relevanten, Kommunikationsinstrumenten. 7.6.1
Messe
7.6.1.1 Messearten Die Messe ist eine zeitlich begrenzte, im Allgemeinen regelmäßig wiederkehrende Marktveranstaltung, auf der eine Vielzahl von Ausstellern das wesentliche Angebot eines oder mehrerer Wirtschaftszweige ausstellt und überwiegend nach Bestellmustern an gewerbliche Wiederverkäufer, gewerbliche Endverbraucher oder Großabnehmer vertreibt. Dazu werden bewusst und geplant Anbieter und Nachfrager in großer Zahl zusammen geführt. Es wird ein umfassendes Angebot eines oder mehrerer Wirtschaftszweige gezeigt. Messen finden in regelmäßigem Turnus (im Gegensatz zu Sonderschauen) am gleichen Ort (im Gegensatz zu Wanderschauen) statt, sie sind zeitlich limitiert (im Gegensatz zu Musterlägern / Trademarts) und meist nicht für Endabnehmer bestimmt (im Gegensatz zu den meisten Ausstellungen), sondern für Wiederverkäufer, Weiterverarbeiter, gewerbliche Nutzer und Großabnehmer. Sie lassen sich nach zahlreichen Kriterien rubrizieren, so nach der: •• geografischen Herkunft der Teilnehmer in lokal, regional, überregional, national, international, •• Art der Besucher in Fachmesse (B-t-B) oder Publikumsmesse (B-t-C), •• Güterklasse in Konsumgüter, Investitionsgüter, Dienstleistungen, vor allem Neuheiten, •• Branchenorientierung als Einbranchen- oder Mehrbranchenmesse, •• Dauer (dauerhaft, punktuell), •• beteiligten Wirtschaftsstufe in Landwirtschaft (primär), Industrie (sekundär), Dienstleistung (tertiär), •• Absatzrichtung an Wiederverkäufer, Weiterverarbeiter, Endabnehmer, •• Funktion in nur Information, in Information und Order, in Information, Order und Verkauf,
7. Konzept des Direktvertriebs323
•• Einarbeitung von Rahmenprogramm (als Kongress), Get together, Meet & Great, •• Bedeutung als Leitmesse, Zweitmesse oder Nebenmesse, •• Zusammensetzung von Ausstellern und Exponaten als Universalmessen (mehrere Branchen, mehrere Produktarten), Spezialmessen (mehrere Branchen, eine Produktart), Branchenmessen (eine Branche, mehrere Produktarten), Monomessen (eine Branche, eine Produktart), •• Organisation (durch Verband o. Ä.) und Verbandseinfluss auf die Veranstaltung, •• Ausrichtung entweder herstellerbranchenzentriert oder abnehmerinteressenzentriert. Der Vertrieb erfolgt im Wege des Lieferungsgeschäfts erst nach Kaufabschluss. In der Realität ist die Abgrenzung zur bekanntesten Form des Repräsentationsmarkts, der Ausstellung, nur schwer möglich, da sich zunehmend Mischformen herausbilden, die sowohl Züge der Messe als auch der Ausstellung vereinen. Die Offizialdefinitionen lauten wie folgt: •• Eine Ausstellung ist eine zeitlich begrenzte Marktveranstaltung, auf der eine Vielzahl von Ausstellern ein repräsentatives Angebot eines oder mehrerer Wirtschaftszweige bei vorrangiger Ansprache des allgemeinen Publikums ausstellt und vertreibt oder über dieses Angebot zum Zwecke der Absatzförderung informiert. Die Ausstellung ist daher primär ein Instrument der Kommunikationspolitik. •• Eine Messe ist eine im Allgemeinen regelmäßig wiederkehrende Veranstaltung, auf der das wesentliche Angebot eines oder mehrerer Wirtschaftszweige präsentiert und überwiegend nach Muster an gewerbliche Wiederverkäufer, gewerbliche Endabnehmer oder Großabnehmer vertrieben wird. Sie grenzt sich damit von der Ausstellung dadurch ab, dass letztere nicht unbedingt zeitlich wiederkehrend ist, ein repräsentatives Branchenangebot zeigt und auch für Endverbraucher zugänglich ist (Definition aus Gewerbeordnung / GewO, §§ 64, 65). Der Akzent liegt bei der Messe also auf der Distributionsfunktion. 7.6.1.2 Messestand Die Kosten der Teilnahme an einer Messe setzen sich im Wesentlichen aus Standbau / ‑ausstattung / -gestaltung, aus Personal- und Reisekosten, aus Mietkosten, aus Standservice und Telekommunikation sowie Transport und Entsorgung zusammen. Die Standlage betrifft die Platzierung des Standes im Messegelände. Die Aufteilung der Gesamtfläche wird durch den Veranstalter vorgenommen. Dabei
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
spielen neben technischen und rechtlichen Restriktionen auch die erwartete Besucherzahl und die Besucherführung eine wichtige Rolle. Die daraus sich ergebenden besten Plätze sind meist dauerhaft ausgebucht, die restlichen Plätze werden nach zeitlicher Priorität vergeben. Wichtig ist auch die Nachbarschaft des eigenen Stands (so kann man sich in die Nähe des Marktführers begeben oder diesem gerade ausweichen). Denkbar ist die Konzentration des gesamten Angebots auf einem Stand oder deren Verteilung auf mehrere Stände, etwa bei heterogenem Angebot zur Erhöhung der Kontaktchance. Rechts vom Gang gelegene Stände sind bevorzugt. Die erforderliche Standfläche ist u. a. von der Art und Anzahl der Exponate, der Form der Präsentation, dem Verhältnis von Präsentations- zu Besprechungsfläche, der erwarteten Besucherzahl, den geplanten Aktionen am Stand, der Zahl der Mitarbeiter am Stand, dem Bewirtungsaufwand und der Repräsentationsabsicht abhängig. Die Größe wird meist an der eigenen Marktposition oder der Standgröße des Wettbewerbs ausgerichtet. Die Standfläche wird von Besuchern zumindest unterschwellig als Indiz für die Bedeutung des Ausstellers gewertet. Nach der Standart unterscheidet man verschiedene Formen: •• Der Reihenstand hat eine Standfront nach außen, die übrigen Seiten schließen an Nachbarstände oder Hallenwände an. Die Miete richtet sich nach der Grundfläche. Der Auf- und Abbau ist meist einfacher als bei anderen Stand arten. Jedoch muss bei Aktivitäten auf die anschließenden Reihennachbarn Rücksicht genommen werden. Außerdem gibt es Einschränkungen in der Gestaltung, etwa in der Zugänglichkeit für Besucher oder der Präsentationsfläche für Exponate. •• Der Hofstand ist zu zwei parallel laufenden Gängen offen, also ein zweiseitiger Reihenstand. •• Der Eckstand ist zu zwei Seiten hin offen zu vorbeiführenden Gängen. Dadurch ist vor allem eine bessere Fernerkennbarkeit gewährleistet. Allerdings ist ein Teil der Exponate nicht unmittelbar einsehbar, und nicht alle Besucher nutzen beide Seiten des Standes. •• Der Kopfstand ist ein Stand, der zu drei Seiten hin auf vorbeiführende Gänge führt. Diese Standart ist besonders attraktiv, weil besucherwirksam. Sie bietet die Möglichkeit, an der Kopfseite aufmerksamkeitsstark aufzutreten oder Besucher aus den beiden Seitenflächen zu attrahieren. •• Der Inselstand ist von allen vier Seiten her zugänglich. Dadurch wird eine gewisse Alleinstellung erreicht, allerdings ist zugleich ein großer Bau- und Gestaltungsaufwand erforderlich. Meist sind auch hohe Mindestgrößen für die Belegung vorgegeben.
7. Konzept des Direktvertriebs325
Für die Wahl der Standbauweise müssen Auf- und Abbauzeiten, Brandschutzvorschriften, ökologische Anforderungen sowie Transport und Lagerung berücksichtigt werden. Der konventionelle Standbau stellt eine Einzelanfertigung dar. Dadurch kann ein Höchstmaß an Individualität der Präsentation erreicht werden, allerdings entstehen auch die mit Abstand höchsten Kosten. Die Systembauweise besteht aus standardisierten und vorgefertigten Bauelementen, die nach dem Baukastenprinzip zusammengesetzt und miteinander kombiniert werden. Dies ermöglicht einen unkomplizierten, kostengünstigen und schnellen Aufbau, allerdings um den Preis einer gewissen Uniformität, dem nur unter Aufgabe von Kosten- und Zeitvorteilen entgegenzuwirken ist. Die Mischbauweise ist eine Kombination aus konventioneller und standardisierter Bauweise, je nach Bereich des Messestands. Dadurch werden die jeweiligen Vor- und Nachteile dieser Bauweisen ebenso kombiniert. Der Stand kann im Betrieb angemietet, angekauft oder geleast sein. Miete lohnt sich vor allem für Aussteller, die nur selten teilnehmen. Als Vermieter treten Schauwerbeunternehmen und Ausstellungsveranstalter auf. Sie übernehmen meist auch den Auf- und Abbau, die Lagerung, Wartung und Reparatur des Stands. Dabei handelt es sich durchweg um Systemstände, da ein Mehrfacheinsatz gewährleistet sein soll. Beim Kauf werden variable Kosten durch zwar niedrigere, aber dafür inflexiblere fixe Kosten substituiert. Dies lohnt sich vor allem bei mehrfacher Veranstaltungsbeschickung. Allerdings muss man auch die Vor- und Folgekosten berücksichtigen. Leasing wird selten praktiziert, da der Verwaltungsaufwand zwischen den Beteiligten (Aussteller, Leasinggesellschaft, Schauwerbeunternehmen) sich erst bei sehr großen Volumina rechnet. Die Realisierung des Standbaus kann in Eigenregie oder als Auftragsvergabe erfolgen. Die Durchführung in Eigenregie setzt entsprechende Erfahrung mit der Branche voraus. Dafür sind oft spezialisierte Mitarbeiter erforderlich, deren kontinuierliche Auslastung nur schwer gesichert werden kann. Evtl. bestehen auch Kostenzurechnungsprobleme. Die Planung, der Aufbau und Abbau durch Dritte sichert die Partizipation am Know-how spezialisierter Partner, wie etwa Consulting-Anbieter. Sie leisten Full Service bis hin zur schlüsselfertigen Übergabe des Stands (incl. Dekoration, Personaltraining, Licht- und Showeffekten etc.). Die Standgestaltung soll die Aufmerksamkeit der Besucher gewinnen und das Interesse für die Leistungen des Anbieters wecken. Daneben soll eine entspannte, angeregte und faszinierende Erlebnisatmosphäre entstehen. Dazu dienen drei Standbereiche. Der Präsentationsbereich dient der Darbietung der Exponate und der „Filterung“ interessierter Besucher. Im Kommunikationsbereich finden informelle oder anbahnende Gespräche statt. Im Funktionsbereich wird die gesamte Infrastruktur wie Bewirtung, Garderobe, Lager etc. abgedeckt. Der Flächenanteil dieser Bereiche schwankt je nach Schwerpunkt des Konzepts. Als wesentliche Gestaltungsmittel können Licht, Farbe, Boden, Wände,
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Decke, Mobiliar, Informations- und Präsentationsmittel eingesetzt werden. Konstruktive, bauliche und sicherheitstechnische Vorgaben setzen vielfältige Gestaltungsgrenzen. Vorab erfolgt daher eine Ausstellungsbegehung mit Abnahme der Bauten durch den Veranstalter. Dabei festgestellte Mängel sind vor Eröffnung zu beseitigen. Die Auswahl qualifizierten Standpersonals ist von großer Bedeutung. Dabei sind fachliche und soziale Kompetenzen zu beachten. Das Standpersonal kann aus eigenen oder geliehenen Mitarbeitern bestehen. Vor Beginn der Ausstellung sind die Mitarbeiter intensiv zu schulen und zu trainieren. Dazu gehört vor allem die Vermittlung der Ausstellungsziele, der Unternehmensidentität, der Produktpräsentation und der Kommunikationsstandards. 7.6.2
Sonstige Eventmedien im Vertrieb
Die Sonderform der Messe als Musterung dient der Präsentation von Prototypen, anhand derer von Nachfragern geordert wird, und wird genutzt, um die sich einstellenden Nachfragereaktionen vorzutesten und erst danach zu produzieren. In großem Stil wird dies in der Modebranche mehrmals jährlich durch aufwändige Modeschauen praktiziert. Eine Musterung mit inländischen Anbietern im Ausland heißt Exportmusterschau, eine kontinuierlich stattfindende Musterung Musterlager. Dies sind permanent zugängliche Mustermessen für Fachleute, auf denen Muster industriell oder handwerklich gefertigter Erzeugnisse gezeigt werden. (Sales-)Events sind eigeninszenierte Veranstaltungen, die durch erlebnisorientierte Unternehmens- und Produktpräsentationen atmosphärische und physische Reize darbieten, die einen Aktivierungsprozess auslösen. Ihr Ziel ist die emotionale Bindung der Teilnehmer an den Initiator. Events setzen Botschaften integrativ in tatsächlich erlebbare Ereignisse um, die Teilnehmer bringen sich durch ihr Verhalten ein. Dies unterscheidet sich bewusst stark von der Alltagswirklichkeit der Zielpersonen und bietet ihnen Abwechslung und Attraktion. Events sind zielgruppenfokussiert, kontaktstark und dialogisch angelegt. Typisch sind ihr Projektcharakter, die Präsenz der Teilnehmer und die Abhängigkeit von der Darbietung. Beispiele betreffen Außendienstkonferenzen zur Motivation der Vertriebsmannschaft (Incentives), Startveranstaltungen bei initiierten Verkaufsrunden (Kick-offs) oder Händlerpräsentationen zur Einstimmung bei Produktneueinführungen (Hospitalities). Oft werden zur Realisierung Prominente als Gäste eingesetzt, attraktive Locations gewählt und aufwändige Caterings geboten. Die Präsentation erfolgt meist über Multimedia und Effekte (Beleuchtung, Musik, Dekoration, Ausrüstung, Pyrotechnik etc.).
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7. Konzept des Direktvertriebs327
Verkaufsförderung
Verkaufsförderung (VKF) bedeutet die Stimulierung einer punktuell erhöhten Transaktionsbereitschaft bei Vertriebspartnern. Diese Definition hat verschiedene begriffliche Bestandteile. Unter „Stimulierung“ versteht man eine Aktivierung durch Schlüsselreize. Diese Aktivierung kann affektiv z. B. durch Bilder oder Gewinnanreize, kognitiv z. B. über Preisvorteil oder Mengenbeschränkung oder physisch z. B. mittels Haptik oder Degustation erfolgen. Die Aktivierungsrichtung soll auf Appetenz zielen, das Aktivierungsausmaß dabei möglichst hoch sein. Aus ethischen Gründen ist es bedeutsam, dass diese Aktivierung bewusst erfolgt. „Punktuell“ meint eine aktional begrenzte Aktivierung. Diese Begrenzung kann zeitlich, räumlich oder inhaltlich ausgelegt sein, sich also auf einen bestimmten Aktionszeitraum beziehen, auf ein bestimmtes Aktionsgebiet oder auf bestimmte Produkte, wobei dies Sachleistungen sowohl wie auch Dienstleistungen einbezieht. Das Definitionsmerkmal „Transaktionsbereitschaft“ bedeutet, dass es bei Verkaufsförderung um die Erreichung ökonomischer, quantitativer Vertriebsziele geht, also nicht nur um vorökonomische, qualitative Größen wie Bekanntmachung, Imageprofilierung, Akzeptanz, Vertrautheit etc., die in irgendeiner Form zu Erfolg führen mögen oder auch nicht. Bei „Vertriebspartnern“ schließlich handelt es sich um alle Interessenhalter im Vertriebsbereich. Dazu gehören die eigenen Mitarbeiter im Verkauf sowie selbstständige Absatzhelfer, weiterhin Handelsentscheider im Einkauf und Verkauf sowie gewerbliche Zwischen- bzw. Endabnehmer und private Endkunden. 7.7.1
Verkaufsförderungs-Instrumente
VKF-Maßnahmen können als eigenständiger Promotion-Mix innerhalb des Marketings aufgefasst werden, der seinerseits die Leistungspolitik (Produkt und Programm), die Entgeltpolitik (Preis und Konditionen), die Transferpolitik (Distribution und Verkauf) und die Informationspolitik (Kommunikation und Identität) umfasst. 7.7.1.1 Angebots-Mix Im Angebots-Mix lassen sich vielfache Ansatzpunkte für Verkaufsförderungsmaßnahmen finden. Im Folgenden sind einige, häufig vorkommende Beispiele genannt. Bei Packungen handelt es sich entweder um die Umhüllung der Produktsubstanz, wobei diese auch ohne Packung (Verpackung) nutzbar ist, oder sinn-
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
voll nur mit dieser (Packung i. e. S.). Sonderpackungen sind Packungen oder Verpackungen, die aus promotionalen Gründen Abweichungen von der Serie aufweisen. Dabei kann es sich z. B. um Zweitnutzenpackungen handeln, die nach Verbrauch der Produktsubstanz für einen anderen Zweck als dem der Verpackung, erhalten bleiben und idealerweise auch das Branding weitertragen. Bei Sonderabmessungen handelt es sich um Einheiten, die ein besseres PreisLeistungs-Verhältnis darstellen, also konkret mehr Menge zum gleichen oder zu einem nur unterproportional höheren Preis bieten. Die Ausformung erfolgt als Multipacks, d. h. zwei oder mehr gleiche Produkteinheiten, die zu einer Verkaufseinheit fest verbunden sind. Eine andere Form sind Overfills, d. h. Packungsgrößen, die nach oben von den herkömmlichen Abmessungen abweichen. Ziel ist die erhöhte Bevorratung der Nachfrager mit dem Produkt, so dass für Mitbewerber der Vertriebskanal „verstopft“ bleibt. Die Attraktivität ist hoch, weil Nachfrager darin eine günstige Gelegenheit sehen und sie das Produkt ohnehin benötigen. Bei Sonderversionen handelt es sich um Versionen eines Produkts, die außerhalb der VKF-Aktion nicht erhältlich sind. Denkbar sind hier besondere Geschmacksrichtungen etwa bei Getränken oder Speiseeis, besondere Farben etwa bei Automobilen oder UE-Geräten, besondere Duftrichtungen etwa bei Reinigungsmitteln, besondere Materialien etwa bei Kaffees etc. Durch diese Versionen soll die Bevorratung bei bestehenden Kunden beschleunigt, aber auch die Probierkaufneigung erhöht werden. Darauf aufbauend wird auf einen „Klebeeffekt“ der Kunden gehofft. Für Packungszusätze gelten eine ganze Reihe von Optionen. Von Onpacks spricht man, wenn Zugaben zum Produkt geboten werden, die fest mit dem Produkt verbunden und von außen getrennt zugänglich sind. Von Inpacks spricht man, wenn solche Zugaben zum Produkt erst nach Öffnung der Verpackung zugänglich sind (vor allem aus Diebstahlschutzgründen). Von Crosspacks spricht man, wenn diese Zugaben aus anderen Produkten im Herstellerprogramm bestehen. Und von Nearpacks spricht man, wenn solche Zugaben nur lose mit dem Produkt verbunden und von außen zugänglich sind. Ziele dieser Packungszusätze sind die erhöhte Attraktivität des Produkts und damit die Förderung des Abverkaufs. Bei Servicezusätzen handelt es sich um produktbegleitende Dienstleistungen (Kundendienste), die mit dem Angebot verbunden offeriert werden. Diese Kundendienste können vor allem technischer oder kaufmännischer Art sein. Sie werden unentgeltlich oder gegen eine Pauschalgebühr angeboten. Denkbar ist etwa die Freischaltung von Internet-Seiten mittels Zugangscode im Produkt selbst (Flaschenverschluss). Dort werden dann bestimmte Leistungen zugänglich gemacht, die für andere Personen nicht oder nur gegen höheres Entgelt zugänglich sind.
7. Konzept des Direktvertriebs329
Maßnahmen zur Produkteinführung beziehen sich auf die promotionale Unterstützung von Neuprodukten. Die Einführungsphase ist eine sehr sensible, denn hier kommt es darauf an, möglichst rasch eine Verbreitung bei Innovatoren zu erreichen, da ansonsten die Absatzbasis für Multiplikationseffekte und Nachkäufe fehlt und ein Flopp droht. Davon zeugen hohe Floppraten in vielen Branchen, etwa bei Fast Moving Consumer Goods (FMCGs). Ziel ist die Induzierung von Erstkäufen der Gattung bzw. Probierkäufen der Marke. Angebote bedürfen im Laufe ihres Lebenszyklus immer wieder der Produktaktualisierung durch VKF-Aktivitäten. Sofern es dafür im Produkt selbst keine Anlässe gibt, sind diese promotional zu schaffen. Ansonsten dienen auch Pseudoanlässe wie Facelifts oder kleine Produktaufwertungen als willkommene Anlässe zur Aktualisierung. Man spricht hier auch von einer Revitalisierung, also von der Wiederbelebung eines in den Wahrnehmungshintergrund getretenen Produkts. Die Positionierung des Produkts bleibt dabei im Wesentlichen unverändert. Im Zuge des Lebenszyklus wird, idealerweise, wenngleich nur theoretisch, im Zenit der Ertragsentwicklung versucht, das bestehende Produkt vom Markt zu nehmen und durch ein gleichartiges neues zu ersetzen. Um dadurch einen Wachstumsimpuls für das Angebot zu erreichen, muss die Produktvariation als neuartig erlebt werden. Dies wird durch eine Aufwertung des variierten Produkts gegenüber dem bestehenden (Up Grading) bei ähnlichem Preis oder durch dessen Verbilligung (Down Grading) bei ähnlicher Leistung erreicht. Damit ist eine geänderte Positionierung am Markt verbunden. Am Ende des Lebenszyklus ist es erforderlich, ein Produkt rechtzeitig vom Markt zu nehmen, um nicht vermeidbar Ressourcen darin zu binden. Diese eher defensive Maßnahme kann dennoch promotional genutzt werden, indem die Produkteliminierung angekündigt wird (z. B. Braun Last Edition). Verbunden damit kann die gezielte Überleitung der ausfallenden Kaufkraft auf ein anderes Produkt im eigenen Programm versucht werden. In dem Maße wie dies gelingt, kann das Umsatzniveau weitgehend unverändert gehalten werden. Bei einer Programmdifferenzierung geht es um eine Erhöhung der Programmtiefe, d. h. der Anzahl der verschiedenen Ausprägungen eines Produkts. Die Einführung neuer Produktversionen (Line Extension) ist häufig Anlass für VKFMaßnahmen. Ziel ist es dabei, die Attraktivität des Anbieterprogramms zu stärken und auch einen Anlass zu schaffen, die bereits bestehenden Produktversionen in das Bewusstsein der Zielgruppe zu rücken. Allerdings darf die Zugkraft des Stammprodukts auch nicht überfordert werden, da ansonsten der Erfolg kippt (Negativbeispiele: Nivea, Milka). Bei einer Programmdiversifizierung geht es um eine Erhöhung der Programmbreite, d. h. der Anzahl der verschiedenen Produkte im Programm. Häufig kommt es dabei zu einem Markentransfer, d. h. zur Übertragung der Marke aus
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
einer Produktkategorie in eine andere eigene (z. B. P&G: Meister Proper vom Allzweckreiniger zum Waschmittel), oder zu einer Markenlizenz, d. h. zur Übertragung der mehr oder minder eingeschränkten Nutzungsrechte eines fremden Markenhalters für eigene Produkte (z. B. P&G: Vidal Sassoon Shampoo). Die Übernahme solcher Diversifizierungen unter einer Marke ist häufig Anlass für VKF-Aktivitäten. Ziel einer vertikalen Markenhierarchie ist die Etablierung von Marken oberhalb der Erstmarke (Upscale als Premium- oder Luxusmarke) oder unterhalb der Erstmarke (Downscale als Zweit- oder Drittmarke) innerhalb derselben Produktkategorie. In beiden Fällen soll aktiv die Abschöpfung der Nachfragerrente bzw. passiv der Schutz vor Konkurrenzmaßnahmen erreicht werden (z. B. Syoss unterhalb von Poly bei Henkel analog Garnier unterhalb von L’Oréal de Paris bei L’Oréal). Solche Maßnahmen werden meist durch promotionale Maßnahmen unterstützt, um eine Erstkäuferrate abzusichern, die über die Wiederkaufrate die Prosperität der Marke sichert. 7.7.1.2 Gegenleistungs-Mix Im Gegenleistungs-Mix lassen sich ebenso vielfache, sehr typische Ansatzpunkte für Verkaufsförderungsmaßnahmen finden. Im Folgenden sind einige, häufig vorkommende Beispiele genannt. Der Sonderangebotspreis stellt die klassische VKF-Aktion dar (man spricht daher auch vom Aktionspreis). Er wird temporär gegenüber dem Normalpreis gesenkt, um eine Nachfragestimulierung zu erreichen. Dies ist nicht unproblematisch, erfordert doch ein gesenktes Preisniveau eine weit überproportionale Absatzsteigerung, um auch nur zum gleichen Ertragsniveau zu führen. Die Motivation liegt eher in der Gewinnung von Probierkäufern und der Generierung von Eroberungen (Fremdmarkenkäufer). Die Hoffnung besteht im „Klebeeffekt“, also darin, dass ein Teil der derartig mit einem Produkt in Kontakt geratenen Nachfrager diesem treu bleibt. Allerdings ist auch diese Hoffnung trügerisch, hat doch das hohe Preisinteresse in der Käuferschaft zu Schnäppchenjägern geführt, die nicht markenloyal wiederkaufen, sondern zum nächsten Sonderangebot abwandern, sobald dieses erkennbar wird. Dies hat signifikante Nachteile. So führt die hohe Bevorratung während der Aktionszeit zu einer Verstopfung des Absatzes zum danach folgenden Normalpreis, der freilich spannenattraktiver ist. Auch führt die permanente Wahrnehmung von Aktionspreisen bei Nachfragern dazu, dass sie diesen Preis für „normal“ erachten, weil er ja ständig wahrzunehmen ist, und die Rückkehr zum Normalpreis als Preiserhöhung erleben, was zur Abwanderung führen dürfte. Generell fördern Aktionspreise die einseitige Fokussierung der Nachfrager auf den Preis, statt auf Leistungsmerkmale. Letztlich wird bei einem niedrigeren wahrgenommenen Preis häufig auch eine mindere Qualität vermutet. Vor allem aber ist der Herstellerstufe der Preisparameter weitgehend
7. Konzept des Direktvertriebs331
aus der Hand genommen, da die Preise, von wenigen Ausnahmen abgesehen, allein von der Handelsstufe bestimmt werden dürfen. Es besteht also immer die Gefahr, dass Anreize für Sonderangebotspreise auf der Handelsstufe als zusätzliche Spanne absorbiert werden. Denkbar ist allenfalls die Vorgabe von ausdrücklich als unverbindlich zu bezeichnenden Preisempfehlungen. Auch beim Rabatt handelt es sich um eine klassische VKF-Aktivität. Rabatt ist allgemein die Differenz zwischen einem Listenpreis (Bruttopreis) und dem tatsächlich ausmachenden Betrag (Effektivpreis), der auf Preisnachlässe zurückzuführen ist. Für diese gibt es zahlreiche Kriterien. Rabatte sollen nur gewährt werden, sofern dem eine äquivalente Leistung des Abnehmers gegenüber steht. Denn nur dann führen Preisnachlässe zu erhöhtem Markterfolg. Aufgrund verbreiteter Nachfragemacht werden jedoch häufig Rabatte von der Leistung entkoppelt und allein aus Gründen ihrer machtvollen Durchsetzbarkeit gefordert. Solche Nichtleistungskonditionen sind abzulehnen. Sie taugen auch nicht als promotionale Maßnahmen. Unter Preisbündelung versteht man das Angebot mehrerer Produkte zu einem gemeinsamen Bündelpreis. Diese Bündel können nach verschiedenartigen Kriterien zusammengesetzt sein: •• Produkte, die nur im Bündel (Pure Component) oder auch einzeln (Mixed Bundle) erhältlich sind, •• fixe Anzahl von Produkten, nach oben oder nach unten limitierte Anzahl im Bündel, •• mehrere gleiche Produkte (Multi Units), mehrere verwandte oder mehrere verschiedene Produkte, •• komplementäre Produkte, substitutive Produkte, unverbundene Produkte, •• Produkte nur eines Herstellers, Produkte von zwei oder mehr Herstellern, •• herstellerseitig zusammengestellte Bündel, handelsseitig zusammengestellte Bündel, •• Bündel nur aus Sachleistungen, Bündel nur aus Dienstleistungen, Bündel aus Sach- und Dienstleistungen, •• nur Markenprodukte oder markierte und namenlose Produkte, •• Bündel mit im Vorhinein bekannter Zusammensetzung oder mit überraschender Zusammensetzung, •• Bündel mit Aufpreis gegenüber den addierten Einzelpreisen, mit Preisnachlass gegenüber den addierten Einzelpreisen oder preisgleich zu den addierten Einzelpreisen, •• mit Preisnachlass nur auf das / die bündelexklusive / n Produkt / e. Ein Coupon ist ein Gutschein, der Endabnehmer zu einem preisreduzierten / kostenlosen Erwerb einer Leistung, ggf. unter Beachtung bestimmter Einlö-
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
sebedingungen, berechtigt. Dessen Herausgeber gibt einer ausgewählten Personengruppe dabei medial einen Berechtigungsnachweis, bei dessen Einsatz in einer vorab ausgelobten Akzeptanzstelle während eines definierten Zeitraums ein spezifischer Vorteil gewährt wird, sofern die Zielperson ein gewünschtes Verhalten zeigt. Einteilungsdimensionen des Couponings sind im Einzelnen möglich nach •• der Art der Vorteilsvergabe: Rabatt- / Cash-Coupon artikelbezogen, zeitraumbezogen, mengenbezogen, Bundling-Coupon für dasselbe oder ein anderes Produkt, Einkaufs- / Shopping-Gutschein (nicht definierte Produkte), Warengutschein (definiertes Produkt), •• den zeitlichen Bedingungen: Pre Sale-Coupon an Interessenten, After SaleCoupon an Kunden, •• dem Distributionsweg: Massenmedien als eigenständiges Kommunikationsmittel, in Anzeige eingebunden, als Beileger / Beihefter / Beikleber, Dialogmedien als Direktaussendung oder Haushaltsverteilung / Katalog, Point of Sale am Regal, Eindruck im Kassenbon, Inpack im Artikel, Onpack am Artikel, durch Promotion People, durch Couponautomaten, durch Pfandbeleg, virtueller Coupon über Websites, Social Media, Coupon-Portale oder Direktmedien wie E-Mails oder SMS- / QR-Coupons (Mobiltelefon), •• dem Akzeptanzweg am Point of Sale oder als Mail-in (durch physisches oder virtuelles Einschicken), •• dem Herausgeber durch Hersteller oder Handel, evtl. auch Service Provider, •• der Wirkung als Instant-Benefit (sofortige Gutschrift) oder Deferred-Benefit (spätere Verrechnung). Der Coupon-Herausgeber vergibt die Coupons über Distributionssysteme an Zielpersonen. Diese lösen die Coupons ein und erhalten dafür eine Gutschrift von der Akzeptanzstelle. Die Akzeptanzstelle gibt die Coupons ggf. an ein Clearinghaus, dieses rechnet mit dem Coupon-Herausgeber ab. Der CouponHerausgeber erstattet den Gutschriftsbetrag plus einer Handlinggebühr an die Akzeptanzstelle. Probleme entstehen durch dabei involvierte Handlingzeit und -kosten, durch Fehleinlösungen und durch Betrugsversuche (Fälschungen). Für Zahlungs- und Lieferungsbedingungen als VKF bieten sich mehrere Stellgrößen an (Sonderkonditionen). 7.7.1.3 Informations-Mix Der Informations-Mix stellt für gewöhnlich einen weiteren Schwerpunkt der VKF-Aktivitäten dar. Hier ist vor allem an Pull-Effekte zu denken. Diese entstehen durch verschiedene Möglichkeiten.
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So kann vorübergehend der Kampagnendruck erhöht werden, um Nachfragesog zu erzeugen. Diese Aufwendungen führen zu einem höheren Share of Voice, also zu einer besseren Durchsetzung der Promotion-Botschaft im Markt. Dabei ist zu bedenken, dass es bereits ein sehr hohes „Grundrauschen“ von Botschaften am Markt gibt. Um dann noch einen Pull-Effekt zu erreichen, muss ein Absender erheblichen Aufwand treiben, denn nur die Differenz zwischen dem Grundrausch-Level (Pink Noise) und der VKF-Botschaft ist aufgrund des Verdeckungseffekts wahrnehmungsrelevant. Denkbar ist auch der vorübergehende Einsatz zusätzlicher Medien. Es ist typisch für die Medienlandschaft, dass Botschaftsabsender auf mehreren Kanälen parallel versuchen, ihre Zielpersonen zu erreichen. Jeder zusätzliche Kanal erhöht die Wahrscheinlichkeit eines Pull-Effekts. Dabei ist auf eine harmonische Abstimmung des inhaltlichen, zeitlichen und räumlichen Einsatzes im Rahmen der integrierten Kommunikation zu achten. Naheliegend ist auch der Einsatz größerer, längerer Formate in der Medienkommunikation, also mehr Seiten / Sekunden / Flächen. Dadurch wird c.p. die Wahrnehmung verbessert. Fraglich ist allerdings die Beziehung zwischen dieser Formaterhöhung und dem daraus resultierenden Kosteneinsatz. Damit muss nicht zwangsläufig eine Budgeterhöhung einhergehen, wenn dabei die Einschalthäufigkeit gestreckt oder auf absolut kostengünstigere Medien gesetzt wird. Weiterhin ist eine Verbesserung der Ausstattung der Kommunikationsmittel denkbar, z. B. 4-c statt s / w, Standbild mit Ton statt ohne Ton, mit ReminderSpot statt nur Solo-Spot. Auch dadurch wird die Wahrnehmungschance erhöht. Wiederum ist fraglich, ob der Zuwachs an Aufmerksamkeit der VKF-Botschaft die höheren Kosten überwiegt oder nicht. Vor allem wird versucht, durch Nutzung nicht-klassischer Medien den Botschaftstransfer zu verbessern. Dazu gehören alle Medien außer Zeitung, Zeitschrift, Fernsehen, Hörfunk, Kino und Außenwerbung. Dabei stellt sich jedoch heraus, dass Medien, die zunächst noch zur Erhöhung der Wahrnehmung beitragen, mit zunehmender Nutzung durch Absender inflationieren und ihre Transfereignung dabei einbüßen, weil Zielpersonen mit Reaktanz reagieren. Denkbar sind hier Dialog-Promotion, Schauwerbe-Promotion und Online-Promotion. In besonderem Maße ist die Dialog-Promotion für VKF-Aktivitäten geeignet. Dabei werden verschiedene Medien genutzt. Im Direktwerbefernsehen werden TV-Spots für Direct Response (DR-TV) genutzt, meist verbunden mit einem Medienwechsel (Telefon, Internet), immer häufiger aber nicht mehr mit einem Wechsel des Endgeräts (IP-TV) und bei aufkommendem I-TV (Breitbandverkabelung) auch nicht mehr mit einem Wechsel des Mediums.
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Im Direktwerbehörfunk (DR-R) werden Radio-Spots mit Direct Response genutzt, derzeit zwangsweise mit einem Medienwechsel verbunden. Die Eignung ist vor allem bei Promotions für Produkte des täglichen oder täglichhäufigen Bedarfs gegeben. In vielen Regionen / Branchen spielt auch Telefax noch eine bedeutende Rolle, aktiv durch Aussendung von VKF-Angeboten (je nach Rechtslage nur an gewerbliche Adressaten), passiv durch Entgegennahme von Botschaften von Interessenten, die über andere Kanäle erreicht worden sind, aber auch durch Fax-Abruf (Polling). Eine immer größere Bedeutung erhält der Mobilfunk durch Übertragung von Sprache, Schrift / SMS, Bild / MMS oder Bewegtbild / IM raumunabhängig, individuell, personalisiert und zeitlich unbegrenzt. Hier werden ständig neue Hilfsmittel eingesetzt wie etwa Quick Response-Codes (QR), also zweidimensionale Scans, häufig auch designed, oder NFC (Nearfield Communication). Die Festnetztelefonie kann outbound erfolgen, also aktiv an Adressaten gerichtet, dies ist hierzulande engen rechtlichen Restriktionen unterworfen, oder inbound, also von Interessenten, die über andere Kanäle erreicht worden sind, an den Anbieter gerichtet. Im postalischen Weg sind Direct Mailings üblich, die promotionale Angebote in die Haushalte und Betriebe von Zielpersonen transportieren und adressiert sind. Nicht-adressierte Nachrichten sind als Postwurfsendung oder als private Haushaltsverteilung möglich wie z. B. von lokalen Händlern und anderen Dienstleistern genutzt. Ein wichtiges Instrument sind auch Kataloge und Prospekte. Der Unterschied liegt darin, dass der Katalog eine Bestellgrundlage ist, der Prospekt hingegen nicht. Hier ist vor allem an Sonderkataloge / -prospekte zu denken, die zusätzlich zu den regulären für promotionale Zwecke aufgelegt werden. Schließlich sind auch Printmedien nutzbar, indem in Anzeigen Reaktionsmittel eingearbeitet werden, sei es in Form von Telefonnummer (Tollfree, Vanity etc.), Internet-Adressen etc. oder als Coupon, Beikleber, Postkarte o. Ä. Hier ergibt sich allerdings die Frage der Zielgruppensteuerung. In der Schauwerbe-Promotion geht es darum, über Live-Kommunikation Pull-Effekte zu erreichen. Medien hierfür sind Messen, Musterungen, Hausmessen, Events, Roadshows etc. Bei Online-Promotions können verschiedene Dienste genutzt werden, am verbreitetsten das World Wide Web und der E-Mail-Dienst. Im WWW sind Formen der Displaywerbung üblich, aber auch Partnerprogramme und Cross Media-Vernetzungen. Bei E-Mails sind Stand alone-Nachrichten und vor allem Newsletters üblich, für beide gelten enge rechtliche Grenzen. Eine eigenständige Bedeutung hat dabei Social Media (Web 2.0) gewonnen.
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7.7.1.4 Verfügbarkeits-Mix Verkaufsförderungsmaßnahmen, die sich an die im Vertriebskanal nachfolgende Stufe wenden, werden als Push-Aktivitäten bezeichnet, solche, die sich an im Vertriebskanal davor liegenden Stufen wenden, als Pull-Aktivitäten. Push-Aktivitäten zielen auf eine unmittelbare Einflussnahme auf das Order- / Kaufverhalten der nachfolgende Stufe ab, Pull-Aktivitäten zielen auf die mittelbare Einflussnahme der übernächsten (Kunden des Kunden) oder weiter hinten liegende Stufe ab, um dadurch Einfluss auf das Order- / Kaufverhalten der nachfolgenden Stufe zu nehmen. Das Zusammenwirken von Push- und Pull-Aktivitäten kommt einer Zangenbewegung auf die Zielgruppe gleich. Die Aktivitäten wenden sich an verschiedene Zielgruppen. Leihaußendienste stellen die Anmietung von Manpower zur Entlastung der Vertriebsmannschaft und zur besseren Marktdurchdringung dar. Dies bietet sich vor allem an, wenn mehrere, mehr oder minder zeitgleiche Aktivitäten durchgeführt werden oder neue Vertriebskanäle mit risikoträchtigen Eigenheiten bedient werden sollen. Die Vertriebskanalselektion dient der Bevorzugung bestimmter Absatzmittler durch Aufnahme / Bestätigung der Distribution. Diese Option steht freilich nur profilierten, marktstarken Anbietern offen, die es geschafft haben, durch überlegten Marketing-Mix-Einsatz einer Austauschbarkeit am Markt zu entgehen. Die Redistribution sieht den Warenweg nicht als Einbahnstraße, Ware an den Handelsplatz zu schaffen, sondern durch geeignete Vorkehrungen zur geordneten Rückführung gebrauchter Waren, nicht der Verpackungen (dies ist durch haushaltsnahe Entsorgung gelöst / DSD), von Konsumenten, den Handel zu entlasten und für eine weitere Zusammenarbeit geneigt zu machen. Propagandisten bedeuten den Einsatz von eigenen / eigen organisierten Verkäufern am Handelsplatz (POS) zur Forcierung des Absatzes. Am POS kommen die Vorzugsplätze hinzu, die zwar vielfältig sind, aber dennoch nur einen Bruchteil des gesamten Regalplatzes ausmachen. Dazu gehören Regalplätze horizontal rechts von der Mitte des Warenträgers oder vertikal im Regal in Sicht- oder Griffhöhe. Weitere Vorzugsplätze befinden sich an der Kassenzone (wegen der gewöhnlichen Wartezeiten dort) und in den Kopfzonen der Regale (wegen der alleinstellenden Wahrnehmung). Außerdem gibt es solche am Kopfende des Ladens, wo sich „Magnetabteilungen“ befinden, die ein komplettes Durchqueren des Ladens erforderlich machen etwa für Produkte des täglichen oder täglich-häufigen Bedarfs. Gerade im Rahmen von VKF-Aktivitäten sind Zweitplatzierungen anzutreffen. Darunter versteht man eine temporäre oder dauerhafte Platzierung von Waren außerhalb ihrer zugehörigen Warengruppe (Out of Category). Dadurch wird die Kontaktwahrscheinlichkeit erhöht. Einige Betriebsformen des Einzelhandels nutzen Dauerzweitplatzierungen auch für Verbundkäufe komplementärer Warengruppen.
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Als Aktionsmittel am POS kommen folgende in Betracht. Im Schaufensterbereich ist an Fensterplakate, Fensterfriese, Fensterstreifen o. Ä. zu denken. Auch die Ladenfront kann für promotionale Zwecke genutzt werden. Der Eingangsbereich hat vor allem die Funktion der Schwellenüberwindung, hier können Aktionsmittel Interessenten zum Eintritt motivieren. Im Laden selbst gibt es Möglichkeiten durch Regalwinker / Wobbler für die darunter liegende Ware, Regalnasen für die daneben liegende Ware, Regalschürzen für die darüber liegende Ware etc. Die Decke bietet die Möglichkeit zu Deckenhängern, die vor allem bei „Fernsicht“ gut erkennbar sind. Auf dem Boden können Bodendisplays mit Ware oder sonstige Reiter ohne Ware, auf der Theke Thekendisplays mit Ware oder sonstige Aufsteller ohne Ware platziert werden. Außerdem gibt es elektronische Medien (Monitore), etwa als Kiosksysteme, vor den Kassen etc. Einkaufswagen bieten ebenso Möglichkeiten wie Bodenfliesen, Kassenbänder, Einkaufstaschen etc. Ferner stellen Beleuchtung und Beduftung wichtige promotionale Maßnahmen dar, die indirekt wirken. Die Möglichkeiten sind weitgespannt, allerdings erwartet der Handel, dass diese Aktionsmittel im jeweiligen Auftritt einer Vertriebsschiene stattfinden und nicht im Auftritt des Herstellers. Damit setzt sich die Identität des Händlers gegen die des Herstellers durch. 7.7.2
Verkaufsförderungs-Maßnahmen
Für eine Rubrizierung von VKF-Maßnahmen bietet sich eine Unterteilung in Phasen der VKF einerseits und Zielgruppen der VKF andererseits an (siehe Abb. 69). Hinsichtlich der Phasen der VKF können, in Anlehnung an alte Stufenmodelle des Käuferverhaltens, die Phasen •• von Aufmerksamkeit und Kontakt, •• von Interesse und Motivation sowie •• von Auslöser und Umsetzung unterteilt werden. In der Aufmerksamkeits- und Kontaktphase geht es darum, neue Angebote im Bewusstsein der Zielpersonen zu etablieren und bestehende Angebote zu aktualisieren. In der Interesse- und Motivationsphase geht es darum, intrinsische oder extrinsische Anreize zur Auseinandersetzung mit dem Angebot zu setzen. Und in der Auslöser- und Umsetzungsphase geht es darum, die Aktivität bei Einzelpersonen oder Gruppenentscheiden zu erreichen. Hinsichtlich der Zielgruppen der VKF können Herstellermitarbeiter, Einkäufer im Handel, Verkäufer im Handel und private oder gewerbliche Endabnehmer unterschieden werden. Bei den internen Mitarbeitern (Staff Promotions) handelt es sich im Wesentlichen um Vertriebsaußendienstler, also Personen in der Feldorganisation, oder Verkaufsinnendienstler, also Personen im Traffic. Bei den Einkäufern im Handel (Trade-in Promotions) handelt es sich um Personen, die
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Abb. 69: Spektrum der Verkaufsförderungs-Maßnahmen
für die Listung im Zentraleinkauf einer Handelsorganisation zuständig sind. Diese zentrale Listung erlaubt erst die Bestellbarkeit von Waren. Sie sichert für Hersteller, abgesehen von einigen Pflichtartikeln des Handels, jedoch in keiner Weise die tatsächliche Bestellung. Der Kontakt zu Zentraleinkäufern wird durch Schlüsselkundenbetreuer (Key Accounter) des Herstellers geleistet. Bei den Verkäufern im Handel (Trade-out Promotions) handelt es sich um Personen, die für die tatsächliche Bestellung von Waren zuständig sind, sofern diese zuvor in die zentrale Listung aufgenommen wurden. Sie organisieren außerdem die Platzierung von Waren, die für den Abverkauf von hoher Bedeutung ist. Bei den Endabnehmern (Consumer Promotions) handelt es sich um private Endverbraucher (B-t-C, Konsumenten i. e. S.) oder gewerbliche Endabnehmer (B-t-B). 7.7.2.1 Zielgruppe Vertriebsmannschaft Zur Erzeugung von Aufmerksamkeit / Kontakt bei der Vertriebsmannschaft dienen z. B. folgende Verkaufsförderungsmaßnahmen. Veranstaltungen als motivierende Events zur Vermittlung von Gruppendynamik helfen bei der Erreichung von mehr Involvement und verbesserter Leistungswilligkeit im Bereich des personalen Faktors. Durch das Arbeitsgespräch als Vertriebsmannschafts-Meet ing oder -Konferenz sollen die Mitarbeiter auf ein gemeinsames Ziel eingeschworen werden. Eine interne Mitteilung als spezielles Memo oder Infomaterial
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
bietet sich an, wenn es nicht möglich oder wirtschaftlich nicht vertretbar ist, die Mitarbeiter zu einem persönlichen Gespräch zusammenzuführen. Zum Ausbau von Interesse / Motivation bei der Vertriebsmannschaft dienen z. B. folgende Verkaufsförderungsmaßnahmen. Bei Wettbewerben / Incentives im Verkauf mit Hilfe von Prämienkatalogen wird das Anreizsystem auf eine Zielgröße, meist Verkaufsumfang, Besuchsanzahl, Neukundengewinnung etc., ausgerichtet. Üblicherweise werden dazu Punkte gesammelt, die wiederum einzeln oder kumuliert zum Bezug vorher ausgelobter Prämien, meist Sachprämien, aber auch Reisen oder Erlebnisinhalte, berechtigen. Unter der Installation von Verkaufsrunden versteht man die Aufteilung eines Verkaufszeitraums in Einzelaktionen derart, dass in einzelnen Zeiträumen bestimmte Produkte besonders forciert werden. Dazu wird ein gesondertes Anreizsystem installiert. Die Vorbereitung durch Vorverkauf im Handel (z. B. durch Fachanzeigen mit absatzmittlerspezifischer Argumentation über Appell an den Geschäftssinn) wird intensiv betrieben. Fachzeitschriften (Professional Interest-Titel) forcieren dabei zusätzlich durch redaktionelle Beiträge die Bekanntmachung neuer Angebote und die Aktualisierung bestehender. Zur Auslösung und Umsetzung des Verkaufsakts bei der Vertriebsmannschaft dienen z. B. folgende Verkaufsförderungsmaßnahmen. Durch ein Bonussystem als Geldanreiz wird eine Gratifizierung am Ende der Verkaufsperiode bezogen auf das gesamte getätigte Abschlussvolumen geschaffen. Zunehmend erfolgt daher eine Ablösung von Geldanreizen durch die Inaussichtstellung von Sachprämien. Häufig handelt es sich um Reisen, auch als Reise plus außergewöhnlichem Erlebnis. Vielmehr noch als Geld- oder Sachwerte, die jedermann zugänglich sind, schafft die Privilegierung im Kollegenkreis mit sozialer Profilierung eine hohe Anreizwirkung (Verkäufer des Monats, 100 %-Club-Mitglied, Senior-Manager etc.). 7.7.2.2 Zielgruppe Absatzmittler im Reinverkauf Zur Erzeugung von Aufmerksamkeit / Kontakt bei Absatzmittlern im Reinverkauf dienen z. B. folgende Verkaufsförderungsmaßnahmen. Die Präsentation im Händlergespräch bzw. beim Zentraleinkäufer der Handelsorganisation ist nicht einfach zu bewerkstelligen, weil der Handel meist nur gering involviert ist und daher einer Präsentation nur in seltenen Fällen genügend Aufmerksamkeit widmet, um eine optimale akquisitorische Wirkung zu erreichen. Das Jahresgespräch als Rahmenvereinbarung hat hingegen für den Handel eine große Bedeutung, weil dabei die Bedingungen der Zusammenarbeit mit den wichtigsten Herstellern für das kommende Geschäftsjahr vereinbart werden. Ein Salesfolder als vorverkaufende Dokumentation dient einerseits als Reminder im Nachgang zur Präsentation und ermöglicht die Reaktivierung von Informationen sowie deren Ergänzung im Detail beim Ansprechpartner und andererseits gegenüber
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Einkaufsgremien, die letztlich die Entscheidung über Aufnahme und Weiterführung von Artikeln im Sortiment treffen. Zum Ausbau von Interesse / Motivation bei Absatzmittlern im Reinverkauf dienen z. B. folgende Verkaufsförderungsmaßnahmen. Absatzmittlerstufen-übergreifende Sprungkommuinikation in Medien direkt an Endabnehmer ist zweischneidig, da sie auch als „Drohung“ missverstanden werden kann. Denn durch Sprungkommunikation beabsichtigt der Hersteller, sein Produkt zur Pflichtmarke des Handels zu machen, der dann nicht umhin kann, die betreffende Ware zu ordern. Das Angebot von Regalpflege und Werbekostenzuschüssen (WKZ) stellt die Präsenz von Produkten in der knappen Regalfläche des Handels sicher. Dabei muss mehrstufig vorgegangen werden. Zunächst ist der Zentraleinkäufer der Handelsorganisation zu überzeugen, das Produkt in die Listung seines Zuständigkeitsbereichs aufzunehmen, möglichst zu einem Pflichtartikel zu deklarieren oder gar nicht erst auszulisten. Dann sind die einzelnen Marktleiter in den Filialen vor Ort zu überzeugen, dieses Produkt auch tatsächlich oder verstärkt zu ordern. Danach ist sicher zu stellen, dass das Produkt am POS auch angemessen präsentiert wird. Dies übernehmen Merchandiser, die herstellerseitig beauftragt oder zumindest bezahlt werden. Dabei erfolgt eine artikelgenaue Platzierungsvorgabe durch auf Optimierungsverfahren beruhende Regalspiegel. Bei betriebswirtschaftlicher Beratung handelt es sich um das Angebot von Herstellern, ihr Vermarktungs-Know-how dem Handel derart zur Verfügung zu stellen, dass dieser in der Betriebsführung beraten wird. Teilweise werden Expertenteams für diese Betreuungsaufgabe bereitgestellt (Customer Business Development). Zur Auslösung und Umsetzung des Kaufakts bei Absatzmittlern im Reinverkauf dienen z. B. folgende Verkaufsförderungsmaßnahmen. Durch die Offerte von Rabatten, Valutierung oder Bestellschluss soll ein Orderdruck ausgeübt werden. Problematisch ist dabei allerdings, dass Rabatt und Valuta beim Hersteller unmittelbar als Erlösschmälerungen wirken. Individuelle Koop-Aktionen entsprechen einem wichtigen Bedürfnis des Handels. Denn im Rahmen des Geschäftsstättenwettbewerbs muss jedem einzelnen Händler daran gelegen sein, sich gegenüber seinem Kundenpotenzial von anderen Händlern positiv zu differenzieren (Intrabrand Competition). Geschenke an Einkaufsentscheider sind als Bestechung im Handel strikt verboten. Einkäufer müssen alle erhaltenen Geschenke zentral melden oder deren Entgegennahme verweigern, weil zurecht befürchtet wird, dass ihre Entscheidung für oder gegen einen Lieferanten ansonsten nicht mehr nur aus objektiven Erwägungen heraus gefällt wird, sondern zumindest auch persönliche Vorteile dabei im Spiel sind. Einkäufer laufen hier ein hohes Risiko, denn häufig werden Verstöße nicht unmittelbar moniert, sondern wandern in die Personalakte. Sie lassen sich dann instrumentalisieren, etwa wenn es darum geht, einen Mitarbeiter ohne Abfindung (wegen Verstoß gegen die Betriebsordnung, evtl. Straftat) freizusetzen.
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
7.7.2.3 Zielgruppe Absatzmittler im Rausverkauf Zur Erzeugung von Aufmerksamkeit / Kontakt bei Absatzmittlern im Rausverkauf dienen z. B. folgende Verkaufsförderungsmaßnahmen. Dem Verhaltenstraining für die Verkaufsgesprächsführung kommt große Bedeutung zu, weil der Handel oft mit gering qualifizierten, weil kostengünstig einsetzbaren Arbeitskräften agiert, welche die Feinheiten ihres Berufs nur zu einem Mindestmaß beherrschen wie Teilzeitbeschäftigte, Quereinsteiger, geringfügig Beschäftigte etc. Der Wissensschulung über Angebotsbesonderheiten vor allem bei erklärungsbedürftigen Produkten kommt angesichts raschen technischen Fortschritts und zunehmender Proliferation der Sortimente ein hoher Stellenwert zu, um den Überblick über Sortimente zu behalten. In der Anleitung durch Argumenter / Argumentationshilfe oder Verkaufshandbuch geht es sowohl um die Vermittlung von Kenntnissen zur Verkaufsgesprächsführung als auch um das bessere Verständnis der Produktleistung. Zum Ausbau von Interesse / Motivation bei Absatzmittlern im Rausverkauf dienen z. B. folgende Verkaufsförderungsmaßnahmen. Durch den Hinweis auf erfolgreiche Markttests soll einem wesentlichen Risiko des Handels entgegengewirkt werden. Denn dieser übernimmt es bei Neuprodukten, für dessen Hersteller den Markt zu bereiten. Bei der weithin sehr hohen Floprate (über 80 % bei FMCGs) ist dies sehr risikoreich und bedarf der Abfederung. Zudem neigt der Handel dazu, in Ergänzung seines Handelsmarken-Sortiments sein Einkaufsvolumen zur Erzielung von Mengeneffekten auf wenige Anbieter je Produktgruppe (Category) zu konzentrieren. Und zwar auf die bedeutendsten drei von ihnen. Oftmals werden Warenmuster zur persönlichen Überzeugung der Verkaufsberater eingesetzt. Wenn diese überzeugt sind, fällt es ihnen leichter, ihrerseits Endabnehmer zu überzeugen. Allerdings handelt es sich oft lediglich um eine Verbilligung des Einstandspreises, indem die kostenlosen Warenmuster wie die käuflich erworbene Ware aus dem Regal verkauft werden. Zur Auslösung und Umsetzung des Verkaufakts bei Absatzmittlern im Rausverkauf dienen z. B. folgende Verkaufsförderungsmaßnahmen. Zur Belohnung der Geschäftsstättentreue wurde früher das klassische Instrument der Rabattsammelmarken eingesetzt, das in verwandter Form heute wieder als Couponing auflebt. Ganz ähnlichen Zwecken dient die Ausstellung von Kundenkarten bei Geschäftsstättentreue, etwa von Warenhäusern. Für die Bereitstellung von Dekodienst und POS-Material liegt die Überlegung zugrunde, dass der Handelsplatzauftritt vom Handel selbst nur durch kontinuierlichen Einsatz qualifizierter Mitarbeiter, und damit sehr kostenaufwändig, zu bewältigen ist und daher häufig unterbleibt. Will also ein Hersteller Inhalt und Form seiner Warenpräsentation sicherstellen, bleibt ihm kaum etwas anderes übrig, als dies in eigener Regie zu übernehmen. Der Unterstützung beim Kompetenzaufbau bzw. -ausbau des Handelsbetriebs liegt die Überlegung zugrunde, dass die Profilierung des Händlers in seinem Einzugsgebiet gegenüber dort konkurrierenden Händlern bei
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ansonsten wenig differenzierten Leistungen wohl ausschlaggebend für seinen Geschäftserfolg ist. Denn der größte Konkurrent des einzelnen Händlers ist immer noch der gleichartige Händler am selben Ort / im Einzugsgebiet. 7.7.2.4 Zielgruppe Endabnehmer Zur Erzeugung von Aufmerksamkeit / Kontakt bei Endabnehmern dienen z. B. folgende Verkaufsförderungsmaßnahmen. Die Anpreisung über Demonstration, Degustation oder Sampling durch Propagandisteneinsatz oder Leihaußendienst ist eine vor allem für Food-Produkte erfolgversprechende Form der Promotion. Denn das unmittelbare Erleben der Produktleistung durch Probieren, Anfassen, Zeigen etc. überzeugt immer noch am meisten. POS-Werbemittel in Schaufenster und / oder Innenraum sind besonders bedeutsam, weisen sie doch Angebote am Ort des Verkaufs aus, wo überwiegend erst die Kauf- zumindest aber die Markenentscheidung fällt. Nur dadurch ist es jenseits der medialen Kommunikation möglich, in der konkreten Einkaufssituation präsent zu sein. Meist handelt es sich dabei um gedruckte Kommunikationsmittel wie Plakate, Deckenhänger, Regalstopper, Folder etc., zunehmend aber auch um elektronische wie Ladenfunk, Ladenfernsehen, elektronische „Kioske“ etc. Beim Hinweis auf die Produktausstattung (Onpack) handelt es sich weniger um Zugaben des gleichen Produkts, als vielmehr um Zugaben anderer eigener, ausnahmsweise auch fremder Produkte, die ein Cross Selling provozieren sollen, oder um die Zugabe von Werbegeschenken, die zum Sammeln anreizen oder geeignet sind, Goodwill und Beschäftigung mit dem Produkt zu generieren. Zum Ausbau von Interesse / Motivation bei Endabnehmern dienen z. B. folgende Verkaufsförderungsmaßnahmen. Mittels des Hinweises auf ein Warentest ergebnis steht die Risikoreduktion bei Abnehmern im Mittelpunkt, denn deren Beurteilungsvermögen ist bei komplexen und neuen Produkten leicht überfordert. Die Auslobung von Testergebnissen unterliegt jedoch engen rechtlichen Vorgaben. Das Angebot von Warenrückgabe, Warenwertgutschein, Umtausch oder Probeeinheit zur Risikoreduktion kann nur als Ultima ratio angesehen werden, denn diese massive Einschränkung der Transaktion stellt ihren Erfolg latent in Frage. Die Absicht besteht meist darin, Erstkäufer zu generieren, die infolge des gering eingeschätzten subjektiven Risikos ihrem bisherigen Produkt / Hersteller untreu werden. Durch Mehrfachplatzierungen auf Vorzugsplätzen (z. B. Kasse im LEH) oder Offshelf (z. B. im Display) wird beabsichtigt, neben dem Stammplatz in der Warengruppe zusätzliche Kontaktchancen außerhalb zu erreichen. Dabei sind diese regelmäßig mit Sonderpreisaktionen verbunden. Erfolgreich sind vor allem Out of Category-Platzierungen (z. B. Sauerkraut an der Fleischtheke). Zur Auslösung und Umsetzung des Kaufakts bei Endabnehmern dienen z. B. folgende Verkaufsförderungsmaßnahmen. Für Sonderkonditionen werden bei
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Zeigerwaren hochwertige Produkte bevorzugt, die, subventioniert durch eben diese Sonderkonditionen, sogar unter regulären Selbst- / Einstandskosten angeboten werden. Dies führt im Zuge des One Stop Shoppings zu hoher Attraktivität bei breiten Nachfragerkreisen. Die Idee der auflagenbegrenzten Sonderserie folgt dem Prinzip der Verknappung, das immer geeignet ist, eine erhöhte Nachfrage zu generieren und sogar höhere Preise am Markt durchsetzbar zu machen. Zu denken ist an Produkte in limitierter Stückzahl, mit begrenzter Bezugszeit oder in Extraausführung. Auch der Selektion der beteiligten Verkaufsstellen liegt das Prinzip der Verknappung zugrunde. Diesmal allerdings nicht in der Ware selbst, sondern in deren Erhältlichkeit. Davon profitieren die berücksichtigten Absatzmittler, indem sie Nachfrage von ihren lokalen Konkurrenten abziehen, die ein solches Angebot nicht machen können. 7.8
Fachwerbung
Werbung in Fachmedien (Professional Interest-Titel) betrifft die Ansprache von Personen in ihrer Eigenschaft als Berufsverantwortliche. Damit kommt der Fachwerbung eine grundsätzlich andere Bedeutung zu als der Publikumswerbung. Werbung wird in diesem Zusammenhang eher als berufsbedingte Information aufgefasst denn als verführerischer Schein. Dementsprechend sind Inhalt und Stil auch verschieden von dem der Publikumsansprache. Es werden primär geschäftsrelevante Argumente ausgelobt, wobei von der Anmutung her nicht selten die Endabnehmerwerbung, falls vorhanden, aufgegriffen wird. Die Inhalte beziehen sich jedoch auf Leistungsfähigkeit, Verkaufserfolg, Testmarktergebnis, Kostenersparnis etc. Diesen Argumenten kommt in der Fachwerbung eine nicht minder hohe Emotionalität zu, obgleich sie scheinbar rational ausgelegt sind. Dies ist auch völlig in Ordnung so, handelt es sich doch unzweifelhaft nach wie vor um Menschen, die umworben werden, die eher gefühls- denn verstandesgesteuert sind. 7.8.1
Mediaauswahl
Die Mediaauswahl stellt sich im Firmenkundenbereich völlig anders als bei Privatkundenansprache dar. Die Vielfalt der klassischen Mediengattungen reduziert sich auf Printmedien, vor allem Zeitungen und Zeitschriften (z. B. Lebensmittelzeitung, Textilwirtschaft). Innerhalb dieser Mediagattung gibt es zwar eine beinahe unüberschaubare Vielzahl von Titeln. Da jedoch der Fachwerbung meist eine Branchengliederung zugrunde liegt, reduziert sich diese Auswahl tatsächlich auf wenige Titel je Branche. Nun reicht das Fachwerbungsbudget regelmäßig nicht aus, eine Belegung aller Titel einer Branche zu finanzieren. Insofern hat auch hier ein Intramediavergleich stattzufinden. Allerdings liegen nicht, wie im Publikumsbereich, aus-
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sagefähige Markt-Media-Analysen vor, die eine objektivierte Entscheidungsanleitung bieten. Vielmehr gibt es nur werbeträgereigene Daten, die mit Vorbehalten zu betrachten sind. Ein wichtiger Anhaltspunkt ist die Auflagenzahl. Falls diese IVW-geprüft ist, ist sie verlässlich, ansonsten unterliegen die Zahlen erheblichen Unwägbarkeiten. Gleichfalls ist wichtig, Informationen über die Leserschaft einzubeziehen. Und zwar nach Branche, Hierarchiestufe und Funktion getrennt. Daraus ergeben sich Anhaltspunkte darüber, ob die intendierten Zielpersonen auch tatsächlich eine Chance haben, durch einzelne Titel erreicht zu werden. Fachtitel sind wegen ihres arbeitsspezifischen Inhalts meist Pflichtlektüre für Berufsverantwortliche. Sie helfen, Markttrends zu erkennen, Neuheiten gewahr zu werden, Brancheninteressen zu erfassen, die Qualifikation zu steigern etc. Dementsprechend besitzen die Anzeigen darin ihrerseits höhere Chancen der Beachtung als im Publikum. Insofern kann Werbeträgerkontakt ausnahmsweise gleich Werbemittelkontakt gesetzt werden. Oft verfügen Verlage über Ergebnisse von Leserbefragungen, über Copytest-Daten oder Rücklaufzahlen aus Kennzifferndienst, Dialogangebot des Verlags, Responseelement etc. Daraus lassen sich weitere Anhaltspunkte ableiten. Schließlich sind auch die Insertionskosten von Bedeutung, die sich allerdings überwiegend, in Relation zu den Druckvorlagenkosten, in engen Grenzen halten. Entscheidenden Aufschluss gibt die Durchsicht von Musterexemplaren der Fachtitel. Daraus sind Elemente wie Papier- und Reproduktionsqualität, Seitenumfang, Anzeigenanteil, redaktioneller Stil etc. ersichtlich. Meist gibt es je Branche auch Pflichttitel, die von praktisch allen relevanten Entscheidern gelesen werden. Dabei ergibt sich generell das Problem der Bestimmung von Entscheidungsträgern im Rahmen multipersonaler Entscheidungsprozesse. Insofern geht es nur um die Ergänzung dieser obligatorischen Titel um fakultative. Da von Werbungtreibenden selten mehr als eine Branche angesprochen wird, ergibt sich somit der Mediaplan folgerichtig. Hinsichtlich des Werbetimings gibt es meist je Branche Saisonhöhepunkte, die allein aus Präsenzgründen („Flagge zeigen“) Insertionen zu diesem Termin erfordern. Dazu zählen nationale und internationale Messetermine. Außerdem gibt es Schwerpunktausgaben, die Themenkreise aufgreifen und sich zur Belegung anbieten. Schließlich gibt es die Orderzeit (z. B. für Süßwaren im Spätsommer), um eine etwaige Aktualisierung zu bewirken. Aufgrund einer gewissen Abhängigkeit der Fachtitel von den Branchenwerbungtreibenden sind diese zu weit gehenden Zugeständnissen bereit. So sind oft erhebliche Nachlässe gegenüber der Preisliste vereinbar. Außerdem sind Platzierungen auf der Titelseite möglich. Auch können unternehmensbezogene Nachrichten als Gegenleistung für Anzeigen im redaktionellen Teil (einer anderen Ausgabe) abgedruckt werden. Hinzu kommt die Möglichkeit zu Interviews, Titelstorys oder Unternehmensporträts. Fortdrucke dieser Ausgaben werden den
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Werbungtreibenden zur Verfügung gestellt. Gelegentlich kommt es sogar zu kostenlosen Mehrfacheinschaltungen. Eine Erfolgskontrolle ist in engem Rahmen durch den Rücklauf bei Kennzifferntiteln möglich. Dabei werden alle Anzeigen mit Kennziffern versehen, die über eine Responsehilfe (Postkarte, Coupon, Beihefter etc.) die Anforderung von Informationen erleichtert. Der Verlag leitet Anfragen an die Werbungtreibenden weiter, die dann ihrerseits direkt mit dem Interessenten in Kontakt treten können. Ähnliche Wirkung hat die Angabe von Adresse / Telefonnummer in der Anzeige zur Einholung von Informationen bzw. die Einsendung eines Coupons. Dennoch kommt der Fachwerbung eher Alibifunktion zu. Sie dient der Aktualisierung des Angebots bzw. Anbieters, der Präsenz im Wettbewerbsumfeld und der Erreichung neuer, nicht im Datenstamm vorhandener Interessenten. Ansonsten bieten die Möglichkeiten der Direktansprache, im Persönlichen Verkauf, über Aussendungen oder Telefonansprache, individuellere, bessere Akquisitionschancen. Oft hält Fachwerbung die Kontaktbrücke als Basis zu allen Kunden, wobei A- und B-Kunden zusätzliche Aktivitäten erfahren. 7.8.2
Mediaschaltung
Die Durchführung der geplanten Werbemaßnahmen baut auf einem Mediaplan auf, der sinnvollerweise Angaben zu Werbeträgern, Einschaltungen, Werbemittelausstattungen, Motiven, Sondervereinbarungen und Einschaltkosten enthält. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit zur Bestimmung der zeitlichen Verteilung des Einsatzes. Dies erfolgt in einem Streuplan. Dieser ist eine optische Darstellung der zeitlichen Verteilung der Einschaltungen in Werbeträgern in Form eines Kalendariums. Die Kennzeichnung der Einschaltungen erfolgt durch Kreuze in der Woche des Erscheinungstermins bzw. Balken für die Dauer der Werbeträgerauflage. Als nächste Unterlage ist der Kostenplan wichtig. Dieser enthält im Einzelnen Angaben zu belegten Werbeträgern, Ausstattungen, Belegungsfrequenz, Einschaltkosten, Rabattierungen und Nettopreisen verschiedener Abstufungen. Daraus ergibt sich die Vorauszahlungsübersicht bei Zusammenarbeit mit einer Werbe- / Mediaagentur / Werbeberatung. Der vierte Plan ist der Produktionsplan. Dabei handelt es sich um eine Übersicht der zu erstellenden Produktionsvorlagen. Im Einzelnen sind darin aufgeführt Werbeträger, Ausstattungen, Einschalttermine, Produktionsverfahren, Einschaltvorlagen, Motive, Versandadressen und Deadlines zur Vorlageneinreichung. Alle Kostenbeträge und Produktionsvorlagen für nicht-klassische Werbemittel sind in gesonderten Plänen zu erfassen. Dabei geht man am besten mit einer exakten Beschreibung des Werbemittels wie folgt vor:
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•• Format, Farbigkeit, Auflage, Anzahl der Abbildungen, besondere Ausstattungsmerkmale wie Stanzung, Prägung etc., besondere Verarbeitungsmerkmale wie Heftung, Falzung etc., Terminierung. Diese Daten werden zur Ausschreibung an mindestens drei potenzielle Lieferanten gegeben. Diese kalkulieren, und daraus wird das günstigste, nicht unbedingt das billigste Angebot ausgewählt. Bei Vergabe über eine Werbeagentur / einen Werbeberater kommen zumeist noch 17,65 % Service Fee-Aufschlag hinzu, dafür ist man dann aber von fehlerträchtigen Koordinationsaufgaben entlastet, so dass sich dieser Betrag leicht bezahlt machen dürfte, wenn man die ersparte Zeit in die noch bessere Betreuung von Kunden investiert. Unbedingt empfehlenswert ist auch die Führung einer Projektliste. Diese wird jeweils zum Wochenanfang aktualisiert und gibt Auskunft über den Arbeitsstand jedes Werbeprojekts. Dazu sind die folgenden Spalten in einem Arbeitsblatt / einer Bildschirmmaske vorzusehen: •• Projekt-Nummer (wichtig für die Kostenzurechnung), Projekt-Bezeichnung, Status des Projekts, Nächste Schritte, Zuständigkeit (intern oder extern) und Termin. 7.8.3
Gestaltungshinweise
Um ein konsistentes Erscheinungsbild des Absenders bei der Zielgruppe zu vermitteln und der Gefahr der Diffusität entgegen zu wirken, werden differenzierte Quellen der Kommunikation im Zuge der Integrierten Kommunikation zur gewünschten Profilierung eingesetzt. Dazu sind fünf Maßnahmenbereiche einsetzbar. Die Werbebotschaften sollen einer zentralen Aussage folgen, die über alle Medien unverändert beibehalten wird. Denkbar ist eine additive Ergänzung einzelner Teilbotschaften, eine völlige oder eine teilweise Wiederholung der Inhalte. Um eine gestalterische Klammer für alle Maßnahmen in den verschiedenen Medien zu erreichen, ist die gemeinsame Verwendung formaler Elemente angezeigt. Dazu gehören alle Corporate Design-Elemente als Stilkonstanten. Die Form kann jeweils medienadäquat adaptiert oder konstant durchgehalten sein. Die Maßnahmen sollen auch zeitlich koordiniert ablaufen. Nach der Intensität kann dabei unterschiedlich vorgegangen werden. Das Mix der eingesetzten Medien kann im Zeitablauf konstant bleiben oder variiert werden. Auch die Einsatzgebiete der Maßnahmen müssen aufeinander abgestimmt sein. Zu unterteilen ist nach lokalem, regionalem, nationalem, internationalem oder globalem Einsatz. Außerdem kann eine räumliche Verdichtung des Einsatzes vorgenommen werden.
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Ziel ist eine effektive Arbeitsteilung der Medien zur optimalen Erreichung der Kommunikationsziele. Dabei sind weiterhin von Bedeutung die Mediengewichtung, d. h. der relative Anteil der einzelnen Medien am gesamten Mix, die Medienanzahl, d. h. die Vielfalt eingesetzter Medien, und die Zusammenfassung nach Medien, nach Zielgruppen oder auch kombiniert. Die Botschaften eines Absenders sollten eine zentrale Aussage beinhalten, die über alle Medien, zwar in medienadäquater Form abgewandelt, im Kern aber doch unverändert, übergebracht wird. Denkbar sind eine additive Ergänzung sowie eine völlige oder teilweise Wiederholung der Inhalte. Ziel ist dabei die Erreichung einer Corporate Identity. Daher ist es unbedingt empfehlenswert, einheitliche Gestaltungselemente beizubehalten. Diese müssen einmal gut durchdacht und angemessen geplant werden, um sie dann langfristig unverändert beizubehalten. Und falls Änderungen erforderlich sind oder als notwendig erachtet werden, sind diese nur in kleinen, vorsichtigen Schritten zu vollziehen. Die Stilkomponente betrifft die eigentliche kreative Gestaltung der Werbung. Als Gestaltungsmittel werden folgende Elemente eingesetzt. Die Tonalität (Tone of Voice) ist der Stil der Ansprache der Zielpersonen im Selbstverständnis des Kommunikators. Hier gibt es erhebliche Unterschiede. Manche Werbungtreibenden duzen ihre Zielpersonen, andere stellen sich sehr distanziert dar, manche argumentieren stark verklausuliert, wieder andere bemühen sich, allgemein verständlich zu bleiben. In jedem Fall werden mit der Wahl der Tonalität eminent wichtige Signale gesetzt, deren Nutzung gut überlegt sein will. Zur Visualität (Key Visual) gehören die Kernbilder zur Veranschaulichung der Leistung (Big Pictures). Solche Abbildungen sollen besonders merkfähig sein. Sie komprimieren eine komplexe werbliche Aussage auf eine einzige Szene, die, allgemein vertraut, einerseits das Bewusstsein der Problematik und andererseits die Problemlösung durch das Produkt selbst symbolisiert. Das Layoutraster ist eine ebenso prägnante wie zweckmäßige Flächenaufteilung nach gestalterisch bestimmten Ordnungsprinzipien. Dies unterstützt die Wiedererkennbarkeit eines Absenders. Meist wird diese Aufteilung ohnehin in umfänglichen CD-Manuals festgeschrieben und für alle Betroffenen als verbindlich erklärt. Dazu werden sämtliche gängigen Formate und Werbemittel durchdekliniert und hinsichtlich bestimmter grafischer Faktoren (wie Bild‑ / Text-Relation) beschrieben. Die Typographie betrifft die Auswahl und Anordnung von Schriften nach Zeichensatz, Stil, Punktgröße etc. Jedermann ist bewusst, dass es eine ganze Reihe verschiedener Zeichensätze, diese zudem noch in verschiedenen Schnitten und Größen, gibt. Ebenso geht es um die Textanordnung. Beide Elemente haben bestimmenden Einfluss auf die Anmutung von Werbemitteln, sollen daher
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mit Bedacht und Stringenz ausgewählt und eingesetzt, d. h. einheitlich bestimmt und für alle Werbeauftritte verwendet werden. Die Farbstimmung umfasst eine als Hausfarbe definierte Anmutung, die sich auf allen Werbemitteln (auch Packungen, Messeständen etc.) wiederfindet. Diese Farbe wird zumeist nach HKS- oder Pantone-Farbskalen oder in DTPColor-Management-Systemen vorgegeben. Dabei ist die unterschiedliche Bedeutung der Farben zu berücksichtigen. Bereits Nuancenverschiebungen können hier zu Irritationen führen. Im Einzelnen ist es dabei zweckmäßig, nach Schrift-, Bild-, Auszeichnungs- oder Fondteilen zu unterscheiden. Der Bildstil ist eine für einen Absender oder für ein Angebot typische Bildauffassung. Sie unterstützt die Alleinstellung des Absenders / Produkts durch die optische Inszenierung. Erweitert kann es sich auch um einen bestimmten Bildduktus als Bekenntnis zu einem typischen Illustrationsstil handeln, der die Prägnanz des Auftritts fördert, oder auch einen Videostil in der Bewegtbildkommunikation (Online). Das Logo fasst als merkfähiges Zeichen die Absendersignalisation des Werbungtreibenden zusammen. Es kann sich dabei um ein Wort-, Zahlen-, Bildoder kombiniertes Zeichen handeln. Seine Verwendung hat auch konkrete rechtliche Konsequenzen (Markenschutz). Insofern darf das Logo keinesfalls ungeplant verändert werden. Meist findet es sich am rechten unteren Rand von Werbemittel-Flächen und ist räumlich mit dem Slogan zu einer Verdichtung von Werbebotschaft und Absender verbunden. Der Slogan ist die in einem Satz zusammengefasste Kernaussage an die dressaten. Einprägsame, stimmige Slogans sind extrem schwierig zu finden, A setzen sich aber, hinreichende Penetration vorausgesetzt, in den Köpfen der Menschen fest. Jingles dienen der zusätzlichen emotionalen Untermalung der Werbebotschaft. Je nach Produktart haben sie eine erhebliche werbliche Bedeutung (z. B. IntelProzessor). Dabei ist vor allem der Audio-Visual-Transfer von Bedeutung, der die Bildkomponente der Werbebotschaft bei jeder Tonwiedergabe aktualisiert. 7.8.4
Anhaltspunkte für „gute“ Werbung
Immer wieder stellt sich die Frage, ob es belastbare Regeln für „gute“ Werbung. Dies muss (leider) eindeutig mit Nein beantwortet werden. Werbliche Umsetzungen sind so individuell wie das jeweilig zu lösende Kommunikationsproblem. Dennoch lassen sich einige notwendige, wenngleich nicht hinreichende Bedingungen für erfolgreiche Werbung finden, die im Folgenden erläutert sind. Fachwerbung muss eigenständig und unverwechselbar sein, um das eigene Angebot vom relevanten Wettbewerb positiv zu differenzieren. Jede Verwechslungsfähigkeit der Kommunikationsmaßnahmen eines Werbungtreibenden mit
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
denen konkurrierender Werbungtreibender muss weitestgehend ausgeschlossen werden. Denn sonst bedeutet Werbung bestenfalls unproduktive Mittelverwendung, schlechtestenfalls, bei Übereinstimmung innerhalb einer Produktgattung, sogar Unterstützung der Konkurrenz. Fachwerbung muss kontinuierlich angelegt sein, da nur stete, konsistente Einwirkung Lernergebnisse zeitigt. Damit sich das Profil eines Angebots in Konkurrenz zu allen anderen täglich zu verarbeitenden und im Regelfall weitaus wichtigeren Informationen entwickeln und halten kann, müssen Werbemaßnahmen längerfristig planvoll erfolgen. Fachwerbung muss Inhalte vermitteln, die plausibel und interpersonell argumentierbar sind. Es reicht nicht aus, nur ästhetisch Formales zu bieten. Spätestens, wenn die Zielgruppe feststellt, dass sich hinter der schönen Fassade wenig Substanzielles verbirgt oder etwas ganz anderes als vermutet, lässt die Begeisterung spürbar nach. Auf Dauer vermögen somit nur Inhalte zu fesseln. Fachwerbung muss vor allem Kaufsicherheit als Äquivalent zum gezahlten Geldbetrag erzeugen. Und zwar umso mehr, je höher der Kaufpreis ist. Diese Sicherheit entsteht aus Vertrauen, das freilich nur gewonnen werden kann, wenn keinerlei Zweifel entstehen, dass das Produkt wirklich über die ausgelobten, besonders geschätzten und bewusst gesuchten Eigenschaften verfügt. Fachwerbung muss flexibel angelegt sein, um zwanglos auf aktuelle Marktströmungen und Nachfragetrends einzugehen. Statt Starrheit ist Adaptation von Zeitströmungen erforderlich, ohne allerdings die Typik des Auftritts zu verlieren. Dies gelingt nur bei einem schrittweisen, überlegten, beinahe unmerklichen Vorgehen, so dass Veränderungen vollzogen werden können, ohne die Zielgruppe zu irritieren. Fachwerbung muss sich auf eine zentrale Aussage konzentrieren, denn bei der weit verbreitet zu unterstellenden, geringen Aufmerksamkeit haben mehrere Botschaften kaum eine nennenswerte Chance, wirksam überzukommen. Diese Kernaussage ist das Konzentrat aller werblichen Bemühungen mit dem Ziel, die typprägenden Eigenschaften eines Angebots beim Publikum zu verfestigen, ein besseres Verständnis und die Erinnerbarkeit der Werbeaussage zu erzeugen. Fachwerbung soll möglichst die Kernaussage beweisen, weil man geneigt ist, werblichen Aussagen skeptisch gegenüber zu treten. Der Beweis muss glaubhaft und stimmig geführt werden, d. h. auch wirklich der vollständigen Unterstützung dessen dienen, was behauptet wird. Hilfreich ist es zudem, wenn die Beweise umfassend und abwechslungsreich sind. Fachwerbung muss eine Begründung für die Angebotswahl liefern, die überzeugend und nachvollziehbar ist. Also darlegt, warum und wie die besonders vorteilhaften Eigenschaften eines Angebots zustande kommen. Damit wird ein Wahlentscheid zudem interpersonell kommunizierbar, weil nunmehr rationale Argumente anstelle schwer vermittelbarer Gefühle verfügbar sind.
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Fachwerbung muss den Angebotsnutzen erlebbar machen, denn nur das Nutzenversprechen reizt zur Auseinandersetzung mit dem Angebot. Dessen begehrenswerte Auslobung schafft eine hohe Anziehungskraft am Markt. Letztlich ist für das Publikum nur dieser Nutzen von Bedeutung. Je unmittelbarer und einleuchtender er dargestellt wird, desto höher sind die Kaufappetenz und auch die Preisbereitschaft einzustufen. Fachwerbung muss die Marke als Absender deutlich machen, um die affektive Zuwendung auf das richtige Angebot zu kanalisieren. Alle zugeschriebenen positiven Eigenschaften müssen eindeutig auf den Namen des Absenders zurückgeführt werden können. So wie man Menschen durch Namen voneinander unterscheidbar macht und nicht durch vage, missverständliche Umschreibungen, so werden auch Produkte erst durch ihre Marke differenzierbar und bewusst wählbar. Insofern kommt der Absenderkennzeichnung zentrale Bedeutung in der Werbung zu. Und schließlich und vor allem muss Fachwerbung auffallen, denn das ist die notwendige Voraussetzung für jedwede erfolgreiche Werbung. Um in das Bewusstsein der Zielpersonen vorzudringen und zur weiteren Beschäftigung mit den Werbeinhalten anzuregen, ist die Umsetzung so zu gestalten, dass sie zur Auseinandersetzung anreizt. Erst dann kann es zur nachhaltigen Verarbeitung der kommunikativen Kernaussage kommen. Als weitere Anhaltspunkte für die kreative Gestaltung gibt es beliebte Techniken der Umsetzung in der Werbung, die zumindest als Ideenanregung genutzt werden können: •• Bei Nutzerzeugen (Testimonial) handelt es sich um Verwender, die sich zum beworbenen Produkt bekennen und es i. d. R. auch selbst nutzen. Sie überbringen somit glaubhaft die Werbebotschaft. Zu unterscheiden sind Experten als authentische Kundenzeugen, „erfundene“ Experten oder „erfundene“ Nutzer / Verwender. •• Prominente (Celebrity) setzen sich als Testimonial für ein Produkt ein. Dies ist nur sinnvoll, wenn man ihnen die Beurteilung des Produkts tatsächlich glaubhaft abnimmt. Dies dürfte im Fachwerbungsbereich selten der Fall sein. •• Der Präsenter (Spokesman) ist ein Repräsentant, der das Produkt auf mehr oder minder geschickte Weise anpreist. Dabei handelt es sich um Unternehmensangehörige wie Manager, Vertriebler, Mitarbeiter etc. •• Ein Demonstrator führt den Produktvorteil vor, indem die Wirkung oder Anwendung des Produkts in einer realitätsnahen Situation erfolgt. Dabei wird erläutert, welche Problemstellungen gelöst werden können, wie man bei der Lösung vorgeht, durch welche besonderen Eigenschaften des Produkts die Problemlösung gelingt etc. Meist werden dazu Personen der Zielgruppe eingesetzt, mit denen sich die Werbeadressaten identifizieren können.
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
•• Humor erregt in der Werbung Aufmerksamkeit, fördert das Verständnis der Botschaft und unterstützt die Sympathie des Absenders. Wenn Humor allerdings zum Selbstzweck wird, also nicht durch die Produktleistung „geerdet“ ist, lenkt er vom Produkt ab (Vampireeffekt). Ebenso sind die Geschmäcker darüber, was humorvoll ist, interindividuell verschieden. •• Kompetenz bedeutet, dass der Stil dieser Werbung bewusst distanziert und technokratisch gehalten ist, er soll damit Respekt vor der Leistungsfähigkeit des Anbieters erreichen und seine Produkte besonders qualifizieren. Dies gilt vor allem für solche Produkte, die anderweitig nicht viel hergeben und auf diese Weise dramatisiert werden oder die ohnehin im Hightech-Bereich angesiedelt sind. •• Bei der Erzählung (Narrative / Storytelling) wird über ein Produkterlebnis berichtet, ohne vordergründig werblich zu sein. Dabei handelt es sich meist um eine kleine Geschichte, deren Aufbau jedoch, soll er nachvollziehbar sein, kostbare Werbefläche / -zeit beansprucht, die für das beworbene Angebot verloren geht, so dass die Hinführung oft fragmentarisch bleibt, worunter dann die Verständlichkeit leidet. •• Beim Torture Test wird das Produkt Extremanforderungen unterworfen und bewiesen, dass wenn es sogar diesen standhält, es sich erst recht in den ihm eigentlich zugedachten, weniger herausfordernden Situationen bewährt. Insofern wird eine beabsichtigt überzogenes Erschwernis für die Leistungsentfaltung vorgesehen. •• Bei einer Symbolic Demonstration wird die Produktleistung auf Analogiebasis dramatisiert, also nicht in einer realitätsnahen, wohl aber direkt übertragbaren Situation. Dazu dienen oft Computeranimationen, die Vorgänge veranschaulichen, die ansonsten unsichtbar oder unspektakulär sind. Auf diese Weise ist es möglich, komplexe, meist chemische oder physikalische Zusammenhänge, die für das Verständnis der Produktleistung wichtig sind, vereinfacht darzustellen. •• Ausgangspunkt der Vorher-Nachher-Situation (Problem-Problemlösung) ist dabei ein nach aller Erfahrung verzwicktes Problem, welches das beworbene Produkt dennoch in der Lage ist zu lösen. Daraus folgt auch Anerkennung für den Entscheider im Kollegenumfeld und bei Vorgesetzten, also soziale Aspekte von erheblicher Bedeutung. •• Beim Side by Side-Vergleich wird die Überlegenheit des eigenen Produkts parallel zu meist anonymisierten Konkurrenzprodukten bewiesen. Die Wirkung erlaubter vergleichender Werbung wird in der Wissenschaft unterschiedlich beurteilt. •• Im Nutzenfacetten-Beispiel wird exemplarisch eine behauptete Teilleistung bewiesen und darauf gebaut, dass dieses Beispiel im Wege der Irradiation auch auf alle anderen Teilleistungen übertragen wird. Dies ist eine clevere Möglichkeit, komplexe Argumente in konsumierbare Einheiten zu portionieren.
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Streuprospekt
Streuprospekte dienen der vertieften, aussagefähigen Erläuterung eines Angebots. Sie realisieren eine Informationsfülle, wie sie in anderen Medien nur schwer überzubringen ist. Oft wird eine ganze Serie von Broschüren, Folders, Flyers etc. aufgelegt, die von der Gesamtübersicht gestaffelt bis zum Detaileinblick reichen. Das bietet sich für Angebote an, die komplex und erklärungsbedürftig sind. Solche Literaturstücke sind meist ausführlich betextet und reich bebildert, enthalten technische Angaben, Einsatzbeispiele etc. Sie werden an Multiplikatoren überreicht oder gezielt versendet und helfen den Kontakt zu Kunden herzustellen oder diese zu binden. Für den Inhalt ist ein klarer didaktischer Aufbau erforderlich, der dem Leser logische Lernschritte und somit Erfolgserlebnisse ermöglicht. Eine Ausgewogenheit ist durch Unterteilung der Information in etwa gleich lange Kapitel herzustellen. Sätze sind knapp zu formulieren, d. h. nicht mehr als 20–25 Worte und zwei Präpositionen pro Satz. Ein gewisses Maß an Redundanz ist hilfreich, z. B. durch Zusammenfassungen, Merksätze, Übersichten. Der Einsatz von Farben nutzt deren psychologische Wirkung und kennzeichnet wichtige Textpassagen. Handlungsabläufe werden am besten tabellarisch dargestellt, so entsteht eine größere Transparenz, die selektives Lesen, leichte Orientierung und das Erkennen von Zusammenhängen ermöglichen. Es sollte eine kooperative Tonalität verwendet werden. Exotische Fremdwörter sind zu vermeiden. Unvermeidbare Fachwörter sind bei erstmaliger Verwendung zu erklären. Für gleiche Dinge und Tätigkeiten sind stets gleiche Begriffe zu verwenden. Ebenso ist für eine Synthese von Text und Bild zu sorgen. Bilder / Grafiken lockern den Lesefluss auf. Abkürzungen sollen vermieden oder zu Beginn zumindest erklärt werden. Beim Format muss bedacht werden, dass der Prospekt im Zweifel einfach / kostengünstig zu verschicken ist. Dazu bietet sich ein Lang-DIN-Format an. Beim Gewicht des Literaturstücks ist auf die einschlägigen Portogrenzen zu achten. Zum Gewicht des Poststücks gehören auch das Anschreiben, der Briefumschlag, das Reaktionswerbemittel (Postkarte etc.) und die Briefmarke. Als Variable des Gewichts ist die Papierstärke wichtig. Hier sollten 100 gr / qm nicht unterschritten werden. Bei mehrseitigen (gelumbeckten, gehefteten oder heißgeklebten) Druckwerken kann evtl. ein stärkeres Papier nur für die Umschlagseiten verwendet werden. Überlegenswert ist auch eine Lackierung der Umschlagseiten, die diese schmutzabweisend macht. Damit ist ein besserer Dauereindruck gewährleistet. Denkbar sind bei aufwändigerer Gestaltung auch ein- oder zweiseitig ausklappbare Seiten sowie Ausstanzungen oder Pergamentpapier als Trennseiten. Es empfiehlt sich, Literaturstücke trotz der erheblichen Kostendegression bei höheren Druckauflagen, nur in kleinen Auflagen (Reichweite ca. sechs Monate) aufzulegen, da sich erfahrungsgemäß zwischenzeitlich Änderungen ergeben haben, die ohnehin eine Neuauflage erforderlich machen.
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Empfehlenswert ist auch die Anlage von zwei Dokumentationen, eine Kurzversion als „Streuartikel“ und eine Langversion für die ausführliche Darstellung. Eine geschickte Konzeption läuft dabei darauf hinaus, dass sich die Kurzversion aus der Langversion als „Abfallprodukt“ ergibt. Für die Aufteilung der Inhalte ist ein Handmuster 1 : 1 hilfreich. Eine weitere Möglichkeit ist die themenspezifische Auslegung mehrerer Dokumentationen. Als Aufhänger können dafür Anwendungssituationen, aber auch häufig vorkommende Fragen / Anliegen dienen. Dabei ist immer auf eine enge Kopplung dieser Fachinformationen an den Absender zu achten. Praktisch können dazu, wenn rechtzeitig eingeplant, entsprechende Seiten in den Ablauf einer Rahmenbroschüre integriert werden. Auf diese Weise ist eine leichte Aktualisierung durch Austausch einzelner Seiten möglich. Verbreitet sind auch Präsentationen auf DVD / Blue-ray. Abgesehen von der recht aufwändigen Erstellung solcher Werke wohnt ihnen immer auch eine gewisse Inflexibilität und emotionale Kälte inne, wohingegen Marktleistungen von der Beziehung der Menschen zueinander leben („People Business“). Häufiger sind aber heute Erklärvideos (Tutorials) im Internet anzutreffen. Diese sind gedruckter Verkaufsliteratur durch ihre Bewegtbilddarstellung überlegen und elektronischen Speichermedien durch ihre ubiquitäre Verfügbarkeit. Tutorials werden von Nutzern sehr geschätzt, weil sie konkrete Problemlösung bieten.
8.
8. Konzept des Indirektvertriebs353
Konzept des Indirektvertriebs
Im Unterkapitel „Konzept des Indirektvertriebs“ werden die Elemente des nur mittelbaren Kontakts des Herstellers einer Sach- oder Dienstleistung zu seinen gewerblichen oder privaten Endabnehmern unter Zwischenschaltung von Absatzmittlern betrachtet. Dazu wird zunächst der Handel als Institution dargestellt (8.1) und dann der Handel in seinen Funktionen (8.2). Die Institutionen ergeben sich nach Zugrundelegung von Einteilungskriterien (8.3) als Einzelhandels betriebe mit B-t-C-Charakter einerseits (8.4) und als Großhandelsbetriebe mit B-t-B-Charakter andererseits (8.5). Kennzeichnend für die Handelslandschaft ist eine hohe Dynamik der Betriebsformen, auf die im Absatz 8.6 eingegangen wird. Schließlich stellt sich die Frage der Transparenz im Vertriebskanal (8.7). Leser kennen nach Durchsicht die verschiedenen, möglichen Ausprägungen des Indirektvertriebs. Sie können deren komparative Vor- und Nachteile bewerten. Und sie sind in der Lage, diese Erkenntnisse auf Vertriebssituationen in Theorie und Praxis zu transferieren. 8.1
Handelsinstitutionen
Institutional werden die Träger der Handelstätigkeit unterschieden, vor allem der Einzelhandel als Handel mit privaten Endabnehmern und der Großhandel als Handel mit Wiederverkäufern (und Weiterverarbeitern bzw. Großabnehmern). Es können aber durchaus noch weitere Stufen im Absatzkanal einbezogen sein. Ein Betrieb ist eine technische, soziale, wirtschaftliche, umweltbezogene Einheit mit selbstständiger Entscheidung und eigenen Risiken. Betriebe zur Fremdbedarfsdeckung werden auch Unternehmen genannt, Betriebe zur Eigenbedarfsdeckung Haushalte. Bei den Betrieben zur Fremdbedarfsdeckung gibt es Gewinnungsbetriebe, Be- und Verarbeitungsbetriebe sowie Dienstleistungsbetriebe, zu denen Handelsbetriebe gehören. Die Funktionen, die im Vertriebskanal anfallen, sind unabhängig von den Institutionen, die sie wahrnehmen. Sie können von Handelsbetrieben wahrgenommen werden, die für die Erfüllung dieser Funktionen eine Handelsspanne einbehalten. Sie können aber auch von Herstellerbetrieben (rückwärtsverlagert) oder Endabnehmerbetrieben bzw. -haushalten (vorwärtsverlagert) wahrgenommen werden. Jedes Unternehmen muss für sich ermitteln, ob die Wahrnehmung dieser Funktionen kostengünstiger selbst, verbunden mit der Einsparung von Handelsspanne, oder durch Handelsbetriebe, verbunden mit der Abtretung von Handelsspanne, erfüllt werden können, oder ob Funktionen auf Endabnehmer verlagert werden können (Externalisierung), regelmäßig gegen Preisnachlass. Diese Entscheidung fällt von Unternehmen zu Unternehmen verschieden aus. Letztlich geht es um eine Abwägung der Anreize (Zusatzgewinn, Konkurrenzvorteil) und Beiträge (Funktionswahrnehmung).
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Der Handel stellt eine Mischung aus Warenprozess- und Dienstleistung dar, wobei der Dienstleistungsanteil teilweise kaum mehr wahrnehmbar ist (z. B. Selbstbedienungsgeschäfte). Dennoch wird der Handel dem Dienstleistungssektor zugeordnet. Von besonderer Bedeutung für die Leistungserstellung ist der Mensch als Dienstleister. Von ihm hängt der Aufbau eines akquisitorischen Potenzials (= Kundenpräferenz) entscheidend ab. Zugleich stellt der Mensch aber auch den Engpass für den Markterfolg dar. Der Wiederverkäufermarkt ist die Drehscheibe zwischen Herstellern als Vorverarbeiter und Abnehmern als Weiterverarbeiter oder Endabnehmern. Im Reinverkauf ergibt sich eine Bündelungswirkung, im Rausverkauf eine Dispersionswirkung. Daraus leitet sich die überragende Bedeutung des Handels im Vertriebskanal ab. Absatzmittler übernehmen bei der Vermarktung viele Funktionen. Da die Waren selbst meist unverändert bleiben, wurde allerdings die Produktivität des Handels früher in Zweifel gezogen (Physiokraten). Damit eng verbunden ist die moralische Berechtigung für den Einbehalt eines Gewinnaufschlags. Der Wiederverkäufer ist vom ihm zur Verfügung gestellten Warenangebot seiner Zulieferer abhängig, denn dieses bestimmt seine akquisitorische Wirkung in der Zielgruppe. Ist kein vorteilhaftes Angebot verfügbar, reagiert der Handel durch Angebot eigener Waren (Handelsmarken). Diese treten zunehmend in Konkurrenz zu den Herstellerwaren. Es herrscht eine latente Konfliktsituation zwischen Hersteller- und Handelsstufe vor, beide verfolgen eigenständige Ziele, die untereinander in einer Vielzahl von Fällen konfliktär sind. In vielen Fällen haben Händler von Herstellern die Führerschaft im Vertriebskanal übernommen. Der Wiederverkäufermarkt ist durch einen hohen Konzentrationsgrad gekennzeichnet. Die daraus resultierende Nachfragemacht nutzt der Handel zur Durchsetzung eigener Interessen. Die dabei eingesetzten Mittel sind nicht immer frei von Kritik durch die Marktpartner. Die Marktstruktur ist sehr heterogen. Dies drückt sich durch verschiedene Geschäftsmodelle, Marktarten, Geschäftsgrößen etc. aus, die in Betriebsformen des Handels zusammen gefasst werden. Diese rubrizieren die Vielfalt der Realität zu intern einigermaßen homogenen Gruppen. Es herrscht eine Orientierung am Preis als wesentlichem Konkurrenzparameter vor. Dies drückt sich durch vielfältige Aktionen aus, die wiederum günstige Einkaufskonditionen vorausbedingen. Andere Aktionsparameter setzt der Handel nur zögerlich ein, mit verhängnisvollen Ergebnissen für die Branche. Es ist ein Geschäftsstättenwettbewerb gegeben, d. h., die Markenpräferenz der Industriestufe wird in eine Geschäftsstättenpräferenz der Absatzmittlerstufe umgewertet, bei der jeder Händler um die Ecke der schärfste Mitbewerber ist (von der Interbrand Competition zur Intrabrand Competition). Die Warenumschlaggeschwindigkeit ist von großer Bedeutung für den Betriebserfolg. Sie bestimmt über Kapitalbindungskosten und Flächenproduktivität unmittelbar die Rentabilität des Betriebs. Daher rückt sie im Controlling über integrierte Erfolgsermittlungssysteme in den Vordergrund (siehe Abb. 70).
8. Konzept des Indirektvertriebs355
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Abb. 70: Handelsmerkmale
8.2
Handelsfunktionen
Funktional lassen sich diverse Handelsfunktionen unterteilen, die von den Handelsbetrieben wahrgenommen werden und neben dem reinen Waren- und Geldfluss auch den Informationsfluss umfassen. Diese werden im Folgenden näher beleuchtet. Aus der Kennzeichnung des Handels als Dienstleister folgt, dass die von ihm erbrachten Leistungen in vielen Fällen nicht unmittelbar erkennbar sind. Handelsfunktionen können in vier umfassende Bereiche eingeteilt werden: die Raumüberbrückung, die Zeitüberbrückung, die Kundenakquisition und den Mengenausgleich. Zunächst zur Raumüberbrückung. Diese bedeutet die Anpassung von Angebot und Nachfrage durch inner- und zwischenbetrieblichen Transport. Der Handel gleicht den von der Erstellung räumlich abweichenden Bedarf aus, indem er Waren vom Ort der Herstellung an den Ort des Ge- oder Verbrauchs bzw. zumindest in dessen unmittelbare Nähe verbringt. Ohne den Handel ist eine flächendeckende, differenzierte Versorgung der Nachfrage somit nur schwer vorstellbar.
356
B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Die Zeitüberbrückung bedeutet die Anpassung von Angebot und Nachfrage durch Lagerung und Vordisposition. Der Handel gleicht damit den von der Nachfrage zeitlich abweichenden Anfall von Angebot und allgemeine Nachfrageschwankungen (z. B. Saisons) durch eigene Vorratshaltung aus. Dabei achtet er darauf, eine kontinuierliche Versorgung mit einem für ihn repräsentativen Angebot zu ermöglichen, ohne dabei unnötig hohe Vorräte aufzubauen. Die Kundenakquisition bedeutet die Absatzsteigerung der Waren des Herstellers. Dies erfolgt auf vielfältige, essentielle Weise, so durch: •• Kreditgewährung als Absatzfinanzierung des Handels an Endabnehmer, dadurch wird deren diskretionäre Kaufkraft erhöht, die von diesen in vermehrte Warenkäufe umgesetzt wird; •• Nachfragegenerierung über Informationsabgabe in Medien (Händlereigenwerbung) oder persönlich durch Anfragenbearbeitung, Bemusterung, Vorführung etc.; •• Angebots- und Nachfrageermittlung bzw. -lenkung über Bedarfserfassung und -beeinflussung, d. h. Eruierung der Bedarfe und Fahndung nach Waren, die diese befriedigen können bzw. Veränderung von Nachfrage und Angebot zur Markträumung und Potenzialnutzung; •• Markterschließung für Hersteller beim Angebot von Neuprodukten, die zunächst noch unbekannt sind und daher vom Handel auf eigenes Risiko ins Sortiment aufgenommen und Abnehmern initiativ angedient werden müssen; •• flexible Preisgestaltung, dadurch ist die gezielte Positionierung und Förderung bestimmter Waren darstellbar; •• Veredelung der Waren im Angebotsumfeld (Erlebnishandel) zur Stimulierung des Einkaufs durch ein Bündel aus Hardware und Software, also purer Ware und verbundenem Serviceeinsatz; •• Beratung beim Kaufentscheid sowie Services davor und danach, wobei die Kompetenz und Akzeptanz des Handelsberaters einen immateriellen Mehrwert zugunsten des empfohlenen Produkts darstellt und dieses damit aktiv forciert; •• Endkundenkontakt und Vertriebsvollzug mit physischer Warenübergabe und Inkasso, also konkrete Interaktion zwischen Kunde und Produkt mit Waren-, Geld- und Informationsübergang; •• Kundenpflege über Erzielung von Käuferpräferenz, diese fördert über Kundenzufriedenheit die Marken- und Geschäftsstättenloyalität, dazu gehört auch das Handling von Reklamation, Kulanz, Umtausch etc; •• Gewährleistung von Einkaufsbequemlichkeit und -schnelligkeit, dadurch wird eine vergleichsweise leichte Bedarfsdeckung für anspruchsvolle und zeitlimitierte Nachfrager möglich.
8. Konzept des Indirektvertriebs357
Der Mengenausgleich bedeutet die Strukturierung des Angebots nach manifesten oder vermuteten Nachfragerwünschen. Dies erfolgt durch: •• Aufsplittung großer angelieferter Lose in verbrauchsgerechte Teilmengen, denn Hersteller stellen Waren in Losgrößen bereit, die für Abnehmer nur ausnahmsweise interessant ist. •• Warenumgruppierung nach Handels- und Güteklassen, so werden Lieferungen verschiedener Hersteller zu homogenen Einheiten aufgebrochen und neu angeordnet, dies schafft eine bedarfsgerechte Qualitätsübersicht. •• Preisanpassung nach Tragfähigkeit einzelner Waren im Rahmen des Sortimentsverbunds, dies kommt durch interne Subventionierung von Ausgleichsnehmern durch Ausgleichsgeber zustande. •• Zusammenstellung von Einzelbedarfen zu rentablen Auftragslosen, die gemeinsam geordert und abgerufen werden können, um eine unkomplizierte, differenzierte Bedarfsdeckung zu ermöglichen. •• Sortimentsgestaltung nach ausgedrückter oder vermuteter Bedarfsstruktur der Abnehmer, wobei der Handel umso erfolgreicher ist, je kongruenter sich sein Sortiment zu den Bedarfen seiner Zielgruppe darstellt. 8.3
Einteilungskriterien des Handels
Es wurde bereits ausgeführt, dass der Wiederverkäufermarkt äußerst heterogen strukturiert ist. Um dennoch etwas Übersicht darin zu gewinnen, hat man bereits früh begonnen, nach Klassifikationen zu suchen bzw. die Handelsbetriebe zu typologisieren, um zu Betriebsformen des Handels zu gelangen. Dazu bedarf es jedoch zugrunde zu legender Kriterien (siehe Abb. 71). Die Sortimentsbreite gibt die Anzahl verschiedenartiger, additiver Artikel innerhalb des Handelsangebots wieder. Eine hohe Sortimentsbreite meint, dass der Handel viele verschiedenartige Warengruppen führt, und umgekehrt. Eine hohe Sortimentsbreite führt in Richtung des Universalhandels, eine geringe in Richtung des Spezialhandels. Die Sortimentstiefe gibt die Anzahl gleichartiger, alternativer Artikel innerhalb des Handelsangebots wieder. Eine hohe Sortimentstiefe meint, dass der Handel viele verschiedene Varianten innerhalb einer Warengruppe führt, und umgekehrt. Bei gleicher Geschäftsgröße geht eine hohe Sortimentstiefe zu Lasten der Sortimentsbreite und umgekehrt. Das Sortimentsniveau gibt den allgemeinen Qualitätslevel wieder, auf dem das Warenangebot einzuordnen ist. Denkbar sind Abstufungen von anspruchslos über gediegen bis zu luxuriös, wobei die Spannbreite mehr oder minder groß sein kann. Am Markt prosperieren sowohl hoch qualitativ angelegte Sortimente als auch solche, die nur bescheidenen Ansprüchen genügen.
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Einteilungskriterien des Handels Sortimentsbreite
Sortimentstiefe
Sortimentsniveau
Sortimentsinhalt
Sortimentsausrichtung
Preisniveau
Standortwahl
Beeinflussungs-Mix
Akquisitionsform
Abgabeprinzip
Verkaufspunkt
Integrationsform
Organisationsanbindung
Güterart
Abb. 71: Einteilungskriterien des Handels
Der Sortimentsinhalt bezieht sich auf die wahrgenommene Artikelart, z. B. nach Kaufbedeutung (High Interest / Low Interest), Warenselbstverkäuflichkeit (problemlos / erklärungsbedürftig), Entscheidungsbedeutung (Gewohnheits-, Spontan-, Sozialkauf) oder Kauffristigkeit (langlebig / kurzlebig). Dies hat entscheidende Konsequenzen für die Profilierung des Handels. Die Sortimentsausrichtung kann sich an der Homogenität angebotener Artikel in Bezug auf gleiche Materialien (z. B. alles aus Keramik), gleiches Wissen (z. B. Arzneimittel) oder gleiche Problemlösung (z. B. Do it yourself) orientieren. Ziel ist dabei immer die Realisierung von Synergieeffekten bei Werkstoffen, Verfahren und Anwendungen.
8. Konzept des Indirektvertriebs359
Das Preisniveau bezieht sich auf die geforderte Gegenleistung der Abnehmer für das Warenangebot. Denkbar sind hier Abstufungen von aggressiv über konventionell bis exklusiv, wobei diese Preise durchgängig starr oder flexibel gehalten sein können. Aggressiv sind Preise, die beständig und erheblich unter dem marktüblichen Niveau liegen und umgekehrt. Flexible Preise sind von wechselnden Sonderangeboten durchbrochen. Die Standortwahl beschreibt die gewählte Geschäftslage. Bestimmend sind hier mikro- oder makroökonomische Kennzeichen, die bei ersteren zu Einteilungen in zentrale Haupt-(City-)Lage, innerstädtische Neben-(City-)Lage, Wohn gebiets-(Stadtrand-)Lage, Rand-(Vorort-)Lage, Außenlage (grüne Wiese) etc. führen, bei letzteren zu Einflussgrößen wie Verkehrsanbindung, Betriebsmittelbeschaffung, Steuerbestimmungen etc. Der Beeinflussungs-Mix umfasst Kommunikation, Konditionen und Service des Handels, die zur Kundengewinnung und -bindung eingesetzt werden, wie Merchandising, Rabattierung, Kundendienste etc. Da damit immer zugleich auch Kostenpositionen verbunden sind, kann eine durchaus abweichende Politik eingeschlagen werden. Die Akquisitionsform meint den Warenübergang und die Bedienung. Dabei kann nach Hol- (Residenz-, z. B. Laden- und Lagergeschäft) oder Bringprinzip (Domizil-, z. B. Haustür- und Versandhandel) unterschieden werden, wobei erstere wiederum primär entnahme- (z. B. Selbstbedienung und Medien) oder übergabeorientiert (z. B. Fremdbedienung und Vorwahl) sein können. Dazwischen sind beliebige Abstufungen und Kombinationen umsetzbar. Das Abgabeprinzip betrifft in verschiedenen Abstufungen die Erhältlichkeit angebotener Waren. Dies kann von undifferenzierter Verfügbarkeit (z. B. Automatenverkauf) bis zu unterschiedlicher persönlicher Privilegierung gehen (z. B. Mitarbeiter, Gewerbetreibende, Verbandsmitglieder). Jede Art der Selektion muss allerdings enge wettbewerbsrechtliche Restriktionen beachten. Der Verkaufspunkt meint die Standortfixierung des Betriebs. Denkbar sind immobile Verkaufspunkte (z. B. in Form von Ladengeschäften) oder mobile Verkaufspunkte, wobei diese regelmäßig wiederkehrend (z. B. Wochenmarkt), regelmäßig wechselnd (z. B. Verkaufswagen) oder unregelmäßig wechselnd sein können (z. B. Hausierhandel). Hinzu kommen virtuelle Verkaufspunkte im medialen Verkauf des Versandhandels. Die Integrationsform betrifft die wirtschaftliche Organisation des Betriebs. Denkbar sind Ausprägungen wie der klassische Einzelbetrieb, filialisierte Betriebe an dezentralen Standorten innerhalb von Handelsketten (Standortspaltung in Regiebetrieben) oder angebundene Betriebe in Gemeinschaftsstandorten (Standortagglomeration als aus Einzelbetrieben abgeleiteten, sekundären Betriebsformen).
360
B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Die Organisationsanbindung betrifft die Eingliederung des Betriebs. Denkbar sind die Ausprägungen der Selbstständigkeit oder der Abhängigkeit. Letztere kann durch horizontale, primär rechtliche (z. B. Konzernübernahme) oder vertikale, primär wirtschaftliche Anbindung (z. B. Kontraktmarketing) verursacht sein. Der Trend geht dabei zum Zusammenschluss von Einzelbetrieben zu Ketten und von Ketten zu Holdings. Die Güterart schließlich setzt bei der Warentypologie an und charakterisiert die unterschiedlichen Waren, die das Sortiment des Handels ausmachen. Zu unterscheiden sind Konsumtivgüter für Ge- und Verbrauch (Food / Nonfood) sowie Produktivgüter für Investition und Produktion. Die Betriebsgröße ist ein häufig genanntes Kriterium. Problematisch ist dabei jedoch einerseits der dafür anzulegende Maßstab (Umsatz, Fläche, Mitarbeiterzahl etc.), andererseits die Vermutung, dass diese eher Resultante des Betriebserfolgs denn Aktionsparameter als solcher ist. Insofern ist fraglich, ob es sich dabei um ein selbstständiges Kriterium handelt. Dennoch wird es allein seiner Praktikabilität wegen oft angewendet. 8.4
Einzelhandelsbetriebe
Betriebsformen des Handels gelten als häufig vorkommende Kombinationen spezifischer Ausprägungen dieser genannten Kriterien. In Anlehnung an den Ausschuss für Handel und Distribution des IfH / Uni Köln lassen sich verschiedene prototypische Handelsgeschäfte unterscheiden, die anhand der wichtigsten Kriterien charakterisiert werden können (siehe Abb. 72). Bei primären Betriebsformen des Einzelhandels handelt es sich um originäre Formen der Kombination spezifischer Ausprägungen, bei stationären um solche mit fixiertem Verkaufspunkt. Im Rahmen des analogen Handels sind vor allem drei Gruppen (traditionell, modern, preisaggressiv) zu nennen. 8.4.1
Primäre, stationäre Formen
8.4.1.1 Traditionelle Betriebsformen Zu den traditionellen Betriebsformen zählen vor allem die Nachfolgenden. Merkmale eines Fachgeschäfts (z. B. Spielwaren, Sportartikel) sind folgende: Eher enges, dafür tiefes Sortiment, gediegenes Sortimentsniveau, konventionelle Preisbildung, zentrale Lage, klein- bis mittelständische Betriebsgröße, geringer Einsatz des Beeinflussungs-Mix (Ausnahme: Service), Akquisition durch Ladengeschäft mit Fremdbedienung, stationärer Einzelstandort, Unabhängigkeit, evtl. horizontale Integration. Merkmale eines Spezialgeschäfts (z. B. Brautmoden, Jagdwaffen, Tee, Juwelier, Porzellanwaren, Regenschirme) sind folgende: Engeres, dafür tieferes
8. Konzept des Indirektvertriebs361
Abb. 72: Betriebsformen des Einzelhandels
Sortiment als beim Fachgeschäft, mindestens gediegenes, oft luxuriöses Sortimentsniveau, exklusive Preisbildung, zentrale Lage, kleinständische Betriebsgröße, geringer Einsatz des Beeinflussungs-Mix (Ausnahme: Service), Akquisition durch Ladengeschäft mit Fremdbedienung, stationärer Einzelstandort, Unabhängigkeit. Merkmale eines Warenhauses (z. B. Galeria Kaufhof, Karstadt) sind folgende: Sehr breites, flaches Sortiment, anspruchsloses Sortimentsniveau (neuerdings aber Trading up), flexible Preisbildung, durchsetzt von aggressiven Preisen, zentrale Lage, Großbetriebsform, intensiver Einsatz des Beeinflussungs-Mix
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
(insb. Kommunikation), Akquisition durch Ladengeschäft mit Selbst- und Fremdbedienung, dezentrale Standortspaltung mit stationären Verkaufspunkten, starke horizontale Integration im Konzern. Merkmale eines Kaufhauses (z. B. C&A, P&C) sind folgende: Schmaleres Sortiment als ein Warenhaus bei größerer Tiefe, anspruchsloses Sortimentsniveau (aber Trading up), konventionelle Preisbildung, durchsetzt von aggressiven Preisen, zentrale oder Cityrandlage, auch in Vorortzentren vertreten, Großbetriebsform, jedoch kleiner als Warenhaus, intensiver Einsatz des BeeinflussungsMix, aber weniger als Warenhaus, Akquisition durch Ladengeschäft mit dominanter Fremdbedienung, dezentrale Standortspaltung mit stationären Verkaufspunkten, horizontale Integration in Konzern, jedoch geringer als Warenhaus. Merkmale eines Gemischtwarenladens (z. B. „Tante Emma-Geschäft“, „Onkel Ali-Bude“) sind folgende: Enges, sehr flaches Sortiment, anspruchsloses Sortimentsniveau, meist täglicher Bedarf, starre, konventionelle Preisbildung, Cityrand- oder Vorortlage, kleinständische Betriebsform, geringer systematischer Einsatz des Beeinflussungs-Mix, Akquisition durch Ladengeschäft mit Fremdbedienung, stationärer Einzelstandort, Unabhängigkeit, evtl. horizontale Integration (Kooperation). 8.4.1.2 Moderne Betriebsformen Zu den modernen Betriebsformen zählen vor allem die Nachfolgenden. Merkmale eines SB-Warenhauses (z. B. Marktkauf, Real, Globus, Kaufland) sind folgende: Extrem breites, ausreichend tiefes Sortiment, anspruchsloses Sortimentsniveau, aggressive, flexible Preisbildung, Stadtrandlage oder „grüne Wiese“, Großbetriebsform (über 5.000 qm / Food und Nonfood), mittlerer Einsatz des Beeinflussungs-Mix (vor allem Kommunikation), Akquisition durch Ladengeschäft in dominanter Selbstbedienung, stationärer Einzelstandort durch Agglomeration, häufig arrondierende Betriebe, horizontale Integration in Konzern. Das SB-Warenhaus führt vorwiegend Lebensmittel (ca. 60 % Umsatzanteil) sowie ein breites Sortiment an Ge- und Verbrauchsgütern bei weitgehendem Verzicht auf modische Waren. SB-Warenhäuser führen ca. 30.000 Artikel. Es werden Konzessionärsflächen im Eingangsbereich geboten, außerdem viele Pkw-Stellplätze. Eingeschossige Bauten dominieren. Die Lage ist verkehrsorientiert, auch in Stadt- und Stadtteilzentren. Merkmale eines Verbrauchermarkts (z. B. Comet, E-Center, Extra, Familia, Toom) sind folgende: Sehr breites, ausreichend tiefes Sortiment, anspruchsloses Sortimentsniveau, aggressive, flexible Preisbildung, Stadtrandlage oder „grüne Wiese“, Großbetriebsform (1.000 bis unter 5.000 qm / Food und Nonfood), geringer Einsatz des Beeinflussungs-Mix (Ausnahme: Kommunikation), Akquisition durch Ladengeschäft in dominanter Selbstbedienung, stationärer Einzel standort durch Agglomeration, horizontale Integration in Konzern.
8. Konzept des Indirektvertriebs363
Verbrauchermärkte führen vorherrschend Lebensmittelangebote zur periodischen Bedarfsdeckung und einen vergleichsweise hohen Anteil an NearfoodArtikeln. Mit zunehmender Größe verlagert sich der Schwerpunkt zu Sortimenten mit aperiodischer Bedarfsdeckung, soweit diese für Selbstbedienung geeignet sind und rasch umgeschlagen werden können. Verbrauchermärkte führen ca. 17.500 Artikel, ca. 70 % des Umsatzes entfallen auf Lebensmittel. Sie sind in Nahversorgungszentren, Stadtteilzentren, Einkaufszentren gelegen. Merkmale eines Supermarkts (z. B. Minimal, E-Neukauf, Spar) sind folgende: Breites, flaches Sortiment, anspruchsloses Sortimentsniveau, aggressive, flexible Preisbildung, Cityrand- oder Vorortlage, Großbetriebsform (400–1.000 qm / Food und Nonfood), geringer Einsatz des Beeinflussungs-Mix (Ausnahme: Kommunikation), Akquisition durch Ladengeschäft in dominanter Selbstbedienung, dezentrale Standortspaltung mit stationären Verkaufspunkten, horizontale Inte gration in Konzern (Filialisierung). Supermärkte führen ca. 7.500 Artikel, davon ca. zwei Drittel Lebensmittel und ein Drittel Nearfood. Einzelne Betreiber setzen verstärkt auf große Sortimentsanteile von Bio-Produkten, zugleich werden Grundsortimente angeboten, die preislich mit Hard-Discounters konkurrieren. Als Lage kommen vorwiegend Nachbarschaftslage, Stadtteilzentren, in Kleinstädten häufig auch Innenstadt, in Mittelstädten im Randbereich des Zentrums in Betracht. Merkmale eines SB-Geschäfts (z. B. Kaiser’s, Rewe, Edeka) sind folgende: Schmales, flaches Sortiment, anspruchsloses Sortimentsniveau, konventionelle, flexible Preisbildung, Cityrand- und Vorortlage, mittelständische Betriebsform (unter 400 qm / nur Food oder Nearfood), geringer Einsatz des BeeinflussungsMix (Ausnahme: Kommunikation), Akquisition durch Ladengeschäft in dominanter Selbstbedienung, dezentrale Standortspaltung mit stationären Verkaufspunkten, horizontale Integration in Konzern (Filialisierung). SB-Geschäfte bieten Lebensmittel als spezialisierter Einzelhandelsbetrieb an. Sie befinden sich vorwiegend in Nachbarschaftslagen. Meist werden auch Frischwaren sowie kleinere Nonfood-Sortimente über Selbstbedienung vertrieben, vorwiegend in Nachbarschaftslage. 8.4.1.3 Preisaggressive Betriebsformen Zu den preisaggressiven Betriebsformen zählen vor allem die Nachfolgenden. Merkmale eines Fachmarkts (z. B. Saturn, Media-Markt, Bauhaus, OBI) sind folgende: Sehr breites, sehr tiefes Sortiment, gediegenes Sortimentsniveau, flexible Preisbildung, tendenziell aggressiv, Cityrandlage, mittelständische Betriebsform, je Standort jedoch groß, hoher Einsatz des Beeinflussungs-Mix (insb. Kommunikation), Akquisition durch Ladengeschäft mit Fremdbedienung, dezentrale Standortspaltung mit stationären Verkaufspunkten, horizontale Inte gration in Konzern.
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Merkmale eines Fachdiscounters (z. B. Praktiker, Basic, Adler, Roller) sind folgende: Enges, tiefes Sortiment, branchenbeschränkt, anspruchsloses Sortimentsniveau, allerdings Trading up, aggressive, starre Preisbildung, zentrale Lage, Großbetriebsform, hoher Einsatz des Beeinflussungs-Mix (insb. Kommunikation), Akquisition durch Ladengeschäft mit Fremdbedienung, dezentrale Standortspaltung mit stationären Verkaufspunkten, horizontale Integration in Konzern. Merkmale eines LEH-Discounters (z. B. Aldi, Lidl, Norma, Netto) sind folgende: Enges, flaches Sortiment, anspruchsloses Sortimentsniveau, oft Gattungsware, aggressive, starre Preisbildung, Stadtrandlage, mittelständische Betriebsform, geringer Einsatz des Beeinflussungs-Mix (Ausnahme: Kommunikation), Akquisition durch Ladengeschäft mit Selbstbedienung, dezentrale Standortspaltung mit stationären Verkaufspunkten, starke horizontale Integration in Konzern (Filialisierung). Man unterscheidet Hard-Discounter und Soft-Discounter. Bei beiden entfallen durchschnittlich 80 % des Sortiments auf Lebensmittel, der Anteil ist jedoch fallend. Beide vertreiben ausschließlich in Selbstbedienung. Hard-Discounter haben ein stark begrenztes Sortiment (800–1.000 Artikel) mit hoher Umschlaggeschwindigkeit. Der Sortimentsschwerpunkt sind Eigenmarken. Der Sortiments anteil von Markenartikeln liegt bei max. 30 %. Außerdem werden Bekleidungs-, Elektro-, Unterhaltungselektronik- und Hausratsposten angeboten, sowie Obst / Gemüse, Backwaren und Tiefkühlwaren. Der Aufwand für Warenpräsentation, Ladeneinrichtung und Service ist vergleichsweise gering, wenngleich die Läden eine ansprechende Gestaltung erfahren. Die Fläche beträgt bis 1.200 qm Verkaufsfläche (je Geschoss), meist jedoch unter 800 qm. Sie sind an Ein- und Ausfallstraßen und in Gewerbegebieten gelegen. Soft-Discounter führen ein erweitertes Sortiment mit 2.000–2.500 Artikeln und sind häufig durch Bäcker oder Metzger ergänzt. Der Sortimentsschwerpunkt liegt bei Markenartikeln, bevorzugt werden Nachbarschaftslagen. Dennoch scheint es, als sei der Lebenszyklus der Discounter im Höhepunkt angekommen. Als Gründe für die zwischenzeitliche Stagnation der Discounter gelten vor allem folgende: •• Die Geiz ist geil-Welle ist ausgereizt und kommt nicht mehr weiter voran. •• Das Wachstum der Discounter war zuletzt vor allem durch Neueröffnungen getrieben, nunmehr ist die Standortdichte bereits sehr hoch. •• Discounter kannibalisieren sich mittlerweile vorwiegend gegenseitig, statt anderen Betriebsformen Kunden weg zu konkurrieren. •• Lebensmittel sind im Preis allgemein an der absoluten Untergrenze angekommen. •• Die Aktionsartikel wiederholen sich zunehmend und locken nicht mehr so viele Kunden an.
8. Konzept des Indirektvertriebs365
•• Sortimentsausweitungen um Frischwaren wie Brot und Obst erhöhen die Handlingkosten und vermindern die Umschlaggeschwindigkeit. •• Die Expansion im Ausland kommt nicht so schnell voran wie erwartet, da dort durch andere Konsumverhältnisse Widerstände auftreten. •• Viele ältere Standorte haben nicht genug Parkplätze oder eine schlechte Verkehrsanbindung. 8.4.2
Primäre, nicht-stationäre Formen
Primäre, nicht-stationäre Betriebsformen des Einzelhandels zeichnen sich allgemein dadurch aus, dass sie keinen festen Verkaufspunkt haben. Dazu gehören die Nachfolgenden. Merkmale eines Universalversandhandels (z. B. Otto) sind folgende: Sehr breites, relativ flaches Sortiment, gestaffelt nach Jahreszeiten, Sonderanlässen, Thematiken etc., anspruchsloses Sortimentsniveau (Trading up über Spezialitäten), starre, konventionelle Preisbildung, teilweise aggressiv, Großbetriebsform, intensiver Einsatz des Beeinflussungs-Mix (insb. Kommunikation), Akquisition durch Distanzprinzip (Katalog) und Bestellung (Auftrag), evtl. Telefon, Vertreter, Sammelbesteller etc., horizontale Integration in Konzern. Merkmale eines Fachversandhandels (z. B. Baur, Oppermann, Witt) sind folgende: Eher enges, ausreichend tiefes Sortiment, meist beschränkt auf eine Branche oder verwandte Produktgruppen (z. B. Schmuck, Mode), gediegenes Sortimentsniveau, starre, konventionelle Preisbildung, teilweise aggressiv, mittelständische Betriebsform, intensiver Einsatz des Beeinflussungs-Mix, Akquisition durch Distanzprinzip (Katalog) und Bestellung (Auftrag), evtl. auch über Telefon, Vertreter, Sammelbesteller etc., horizontale Integration in Konzern. Der Mobile Handel findet in verschiedenen Formen statt, so als •• Markthandel, z. B. Wochenmarkt für Produkte des täglichen oder täglichhäufigen Bedarfs, vor allem Frischwaren, •• Straßenhandel, z. B. Verkaufswagen / Frischedienst, vor allem zur Abdeckung chronisch unterversorgter Gebiete, •• Hökerhandel, z. B. Trödel- / Andenkenstand, die eher provisorisch ausgerichtet sind, •• Hausierhandel, z. B. Haustürverkauf, der nicht durch Hersteller gesteuert ist, •• Wanderhandel, z. B. Teppichverkauf, wo oft nur temporäre Geschäftslokale unterhalten und diese nach Abwicklung aufgelöst werden. Diese Formen sind allerdings weitgehend überholt und ihre praktische Bedeutung wird immer geringer.
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8.4.3
B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Sekundäre, stationäre Formen
Sekundäre Betriebsformen entstehen durch Konzentration primärer Betriebsformen, und zwar räumlich (stationär) oder formal (nicht-stationär), also nach Einheit des Standorts (Agglomeration) oder der Führung (rückwärts / vorwärts gerichtet), gekennzeichnet. Hinsichtlich der räumlichen Konzentration handelt es sich um Einkaufszentren, als Shopping Centers, vorwiegend an peripheren Standorten (z. B. CentrO, Oberhausen) oder als überdachte Einkaufspassagen (Malls), vorwiegend an zentralen Standorten (z. B. Kö-Galerie, Hanse-Viertel, Levanthe-Haus, Höfe Fünf, Mädler-Passage) geführt. Beim Einkaufszentrum handelt es sich um die gewachsene oder aufgrund einer Planung entstandene räumliche Konzentration von Einzelhandels- und Dienstleistungsbetrieben verschiedener Art und Größe. Es wird meist als Einheit vom Betreiber als Konzentration kooperativ tätiger Gewerbetreibender geplant, errichtet und verwaltet und besteht aus einer größeren Anzahl rechtlich selbstständiger Gewerbetreibender. Es befindet sich meist in einheitlichem Besitz. Entscheidungen werden durch Verwaltungsgesellschaft und Mietervereinigung getroffen. Die Miete ist fix, umsatzabhängig oder kombiniert ausgestaltet. Die Ausrichtung erfolgt auf das Einzugsgebiet mit eigenen Parkplätzen, verkehrsgünstig gelegen, oft als City-Center in geplantem Gebäudekomplex. Die Frage des optimalen Mieter-Mix ist im Einzelnen von den jeweiligen Betriebsformen, Sortimentsinhalten und Geschäftsgrößen abhängig. So bedarf es einerseits einer gewissen Anzahl von Impuls-Outlets, die Waren des täglichen oder täglich häufigen Bedarfs führen und als Frequenzbringer dienen. Zu viele dieser Impuls-Outlets bergen jedoch die Gefahr, die hochwertige Anmutung zu unterminieren. Ebenso bedarf es einer gewissen Anzahl Edel-Outlets, die Flair und Extravaganz verbreiten und auf die gesamte Betriebsform abstrahlen lassen. Hinzu kommen Gastronomie-Betriebe, die zum Verweilen einladen und Ladenhandwerksbetriebe, die den Bequemlichkeitscharakter betonen. Dann ist deren relative Lage innerhalb des Einkaufszentrums zu bestimmen, etwa nahe am Eingang oder „in der Tiefe des Raumes“. Schließlich ist auch für Sauberkeit (Reinigungstrupps) und Ordnung (Sicherheitsteams) zu sorgen. Hilfreich sind ebenso anlassbezogene unterhaltende oder informative Veranstaltungen, um im Gespräch zu bleiben. Dafür sorgt auch kontinuierliche Kommunikation, die als Kollektivwerbung angelegt ist und durch Werbekostenumlage der Zentrumsmieter finanziert wird. Es lassen sich Betriebsformen verschiedener Generationen unterscheiden, solche der: •• 1. Generation (ca. 1965–1975), deren Merkmale sind grüne Wiese-Lage, groß, offen, ebenerdig angeordnet, anspruchslose Architektur,
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•• 2. Generation (ca. 1975–1985), deren Merkmale sind meist innerstädtische Lage, kleiner, geschlossen (Klimatisierung etc.), mehrgeschossig, multifunk tionale Auslegung, •• 3. Generation (ca. 1985–1995), deren Merkmale sind innerstädtische Lage, kleiner, als Galerie ausgestaltet, mehrgeschossig, mit Freizeitanbindung, •• 4. Generation (ab 1995), deren Merkmale sind grüne Wiese-Lage, mittlere Größe, als Galerie ausgestaltet, ebenerdig, multifunktionale Auslegung, •• 5. Generation (ab 2005), deren Merkmale sind die Ergänzung der Einkaufsmöglichkeiten um Erlebniselemente (Gastronomie, Freizeit, Kino etc.). Man unterscheidet weiterhin nach: •• der Zuordnung (in Wohnsiedlungsgebiete) integrierte oder nicht-integrierte Einkaufszentren, •• der Hierarchie Unterzentren (für den Basisbedarf), Mittelzentren (für Basisund gehobenen Bedarf), Oberzentren (für den gehobenen Bedarf), •• dem Einzugsgebiet Nachbarschaftszentrum (bis 15.000 Personen im Umkreis), Stadtteilzentrum (bis 100.000 Personen) oder Regionalzentrum (ab 100.000 Personen), •• dem Sortiment spezialisierte (nur Betriebe einer Branche) oder nicht spezialisierte Einkaufszentren (Betriebe mehrerer Branchen), •• dem Layout die Anordnung als Ladenzeile, als Innenhof oder als Wegesystem. Übergreifende Merkmale von Einkaufszentren sind die Folgenden: sehr breites, ausreichend tiefes Sortiment mehrerer Anbieter, je nachdem anspruchsloses bis gediegenes / luxuriöses Sortimentsniveau, je nachdem aggressive, flexible bis exklusive, starre Preisbildung, Großbetriebsform mehrerer ansonsten selbstständiger Einzelhändler, je nachdem geringer bis hoher Einsatz des BeeinflussungsMix, Akquisition durch Ladengeschäfte in Selbst- oder in dominanter Fremdbedienung, stationärer Einheitsstandort durch Agglomeration, Unabhängigkeit und Einmaligkeit. Darüber hinaus haben sich in neuerer Zeit zahlreiche Sonderformen von Einkaufszentren herausgebildet. Power Centers bieten einen Mix aus normalerweise mindestens drei Magnetbetrieben (Category Killers wie Toys ‚R‘ Us) und wenigen arrondierenden Kleinbetrieben. Die Magnetbetriebe machen dabei gemeinsam den weitaus größten Flächenanteil des Centers aus. Off Price Centers werden aus nicht branchenüberschneidenden Handelsbetrieben gebildet, die qualitativ hochwertige Markenartikel des Nonfood-Bereichs nachhaltig unter dem vergleichbaren Verkaufspreis in traditionellen Outlets anbieten. Häufig handelt es sich dabei um Ware aus Überschussproduktion, Auslaufmodelle, Saison- und Endware, Reklamationsware, Ware zweiter Wahl oder aus Konkur-
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
sen (Postengeschäft). Theme Centers weisen eine Agglomeration auf, die gemeinsam einen Bedarfsbereich, meist hochpreisig, abdeckt (z. B. Stilwerk mit Einrichtungsbedarf). Urban Entertainment Centers kombinieren Freizeitanlagen und Einkaufsmöglichkeiten (z. B. Centerparc, Cinemaxx). Das Angebot beschränkt sich allerdings auf Impulswaren mit ausgeprägtem Fun-Charakter. Factory Outlet Centers bestehen aus einer Agglomeration herstellerinitiierter Filialbetriebe unter einem Dach, die Waren aus eigener Produktion zu niedrigeren als den am Markt üblichen Preisen abgeben. Meist wird nur behauptete Ware zweiter Wahl, aus Überbeständen oder Retouren verkauft. FOCs werden von Betreibergesellschaften geplant, entwickelt und geführt. Die Gesamtverkaufsfläche beträgt mehrere tausend Quadratmeter. Das Sortiment besteht aus Markenartikeln, die Preise liegen deutlich unter denen des traditionellen Einzelhandels. Das Mall-Konzept ist überdacht, das Village-Konzept unter offenem Himmel. Standortanforderungen sind verkehrsgünstige Lage, akzeptable Grunderwerbskonditionen, ausreichende Distanz zum lokalen Fachhandel, mögliche Expansionsflächen etc. Dafür kommen vor allem ländliche Räume, Industrie brachland, Grenzstandorte etc. in Betracht. Die Umsätze gehen überwiegend zu Lasten des lokalen Einzelhandels. Es gibt in Europa an die 200 FOCs, in Deutschland besteht ein erheblicher Nachholbedarf, jedoch ist die Genehmigung sehr schwierig. 8.4.4
Sekundäre, nicht-stationäre Formen
Sekundäre, nicht-stationäre sind formal konzentrierte Betriebsformen des Einzelhandels. Innerhalb dieser Verbundgruppen sind vor allem Freiwillige Ketten und Einkaufsverbände zu nennen. Freiwillige Ketten sind Zusammenschlüsse von Einzelhandelsbetrieben auf Initiative und unter Beteiligung der Großhandelsstufe (Top down), um Kooperationsvorteile zu nutzen. Diese liegen bei den Einzelhändlern vor allem in der Kostendegression großer Lose durch Zentraleinkauf und im Erfahrungsaustausch, beim Großhändler in der engeren Einbindung der Einzelhändler für dauerhafte Geschäftsbeziehungen. Beispiele sind Freiwillige Ketten im Lebensmittelbereich, so Spar und A&O. Ausgangspunkt ist dabei die Situation des Großhandels, der sich zunehmend mit der Gefahr seiner Ausschaltung konfrontiert sieht. Um seine Absatzbasis zu sichern, hat er daher ein Interesse daran, seine Abnehmer im Einzelhandel enger an sich zu binden, damit diese gegenüber Anfechtungen einstufig indirekter Belieferung immunisiert werden. Zugleich kann der Großhandel die Interessen der ihm verbundenen Einzelhändler geschlossen bei Herstellern geltend machen (auch im Preis). Einkaufsverbände basieren auf der Übereinkunft von Einzelhändlern, ihr Sortiment ganz oder teilweise über eine gemeinsame Großhandelszentrale zu beschaffen (Bottom up), um von den dabei entstehenden Verhandlungsvorteilen
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zu profitieren. Die Initiative geht dabei von den Einzelhändlern aus, ist also im Unterschied zur Freiwilligen Kette rückwärts gerichtet. Beispiele finden sich in der UE-Branche z. B. mit AERA, Interfunk, Electronic Partner, Euronics. Auch hierbei geht es um die Bündelung der Interessen, wobei eher eine defensive Wettbewerbseinstellung traditioneller Betriebsformen gegeben ist, die ihren Bestand gegenüber aggressiven Großbetriebsformen durch Bündelung ihrer Kräfte zu retten suchen. Bei beiden Formen sind Verrechnungskontore denkbar und häufig auch gegeben. Der Lieferant stellt dann nur eine Sammelrechnung für alle angeschlossenen Einzelhandelsbetriebe aus, die vom GH-Kontor gesammelt beglichen wird. Das GH-Kontor bündelt die Rechnungen verschiedener Lieferanten an einen Handelsbetrieb und zieht von diesem den Rechnungsbetrag ein. Da das GHKontor damit das Einzugsrisiko für die bezahlten und eingezogenen Beträge gegenüber dem Lieferanten übernimmt, das Delkredere (Bürgschaft), wird von diesem eine Inkassoprovision gefordert. Dadurch ergeben sich vielfältige Möglichkeiten für Wettbewerbsvorteile. So kommt es zu einer effektiveren Zuordnung durch Zentralisieren bzw. Dezentralisieren geeigneter Aktivitäten sowie zum Verlagern auf andere Einheiten oder nach außen. Eine höhere Effektivität ergibt sich auch durch Straffung der Abläufe, Standardisierung bzw. Pauschalierung von Vorgängen sowie durch bessere Kapazitätsauslastung. Gemeinsam sind zudem bessere Arbeitsvoraussetzungen möglich, so durch IT-Einsatz, Anlage- / Bauinvestitionen und organisatorische Hilfsmittel. Doppelarbeiten können völlig wegfallen, andere Arbeiten sind in geringerem Umfang bzw. mit geringerer Frequenz möglich. Zugleich wird eine bessere Qualitätssicherung erreicht. Die Abstimmung führt auch zu weniger Stress durch „Blitzaktionen“. Häufig sind Verbundgruppen juristisch in der Form von Genossenschaften organisiert. Genossenschaften (eG) sind Personenvereinigungen mit nicht geschlossener Mitgliederzahl (mindestens sieben), welche die Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb bezwecken, ohne dass diese persönlich für die Verbindlichkeiten der Genossenschaft haften. Der Vorstand wird von der Generalversammlung oder dem Aufsichtsrat gewählt und führt die Geschäfte eigenverantwortlich. Die Generalversammlung wählt den Aufsichtsrat. Jeder Genosse darf an der Generalversammlung teilnehmen, sofern nicht eine Vertreterversammlung (bei über 3.000 Mitgliedern) vorgesehen ist. Abstimmungen erfolgen nach Köpfen, nicht nach Geschäftsanteilen. Die Bedeutung der Genossenschaft liegt im Zusammenschluss der wirtschaftlich Schwachen im Wettbewerb mit Großbetrieben. Die Genossen sind zugleich der Kundenstamm der Genossenschaft. Die Verhandlungsposition verbessert sich sowohl im Ein- wie im Verkauf. Man unterscheidet Warengenossenschaften zum Bezug landwirtschaftlicher Bedarfsstoffe, zur Erfassung, Vermarktung und
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Verwertung landwirtschaftlicher Erzeugnisse, und Einkaufsgenossenschaften zum Großeinkauf von Waren und zur Materialbeschaffung. Daneben gibt es Konsumgenossenschaften als Vereine zum gemeinschaft lichen Einkauf von Lebensmitteln oder Wirtschaftsbedürfnissen im Großen und Absatz im Kleinen (z. B. Edeka / Nahrungs- und Genussmittel). Sie stellen hilfswirtschaftliche Zusammenschlüsse von privaten Haushalten dar, um diese zu möglichst günstigen Preisen zu versorgen. Allerdings dürfen auch Nichtmitglieder beliefert werden (Erwerbswirtschaftlichkeit). 8.4.5
Spezielle Betriebsformen
Spezielle Betriebsformen des Einzelhandels bestehen abseits des Mainstreams und betreffen etwa die im Folgenden genannten Ausprägungen. Der Nebenverkauf betrifft Absatzstellen in Kantinen von Betrieben oder Verwaltungen. Dort werden ausschließlich Kleinpreisartikel des Impulssortiments im Nebengeschäft abgegeben, wobei jedoch erhebliche Umsätze zustande kommen. Dazu gehören des Weiteren auch die Verkäufe in Szenelokalen, Fußballstadien, Hotels, Ferien- und Freizeitclubs etc. Der Automatenverkauf erfolgt z. B. für Zigaretten, Getränke, Süßwaren, Snacks, Blumen, Kaugummi, Kondome. Als Vorteile sind die Unabhängigkeit von Ladenöffnungszeiten und spezielle Standortmöglichkeiten zu nennen, als Nachteile die Anlagenintensität, der stete Nachfüllbedarf, die technische Störanfälligkeit und die eingeschränkte Wareneignung. Man unterscheidet: •• Innenautomaten ohne freien Zugang (in öffentlichen oder privaten Gebäuden), etwa in Kantinen, Pausenräumen, Schulen, Behörden etc., •• Außenautomaten mit freiem Zugang (bedienungslos) an Straßenrändern, auf Plätzen etc., •• Automatenläden als dauergeöffnete Geschäftslokale mit totaler Selbstbedienung durch mechanisierte Wahl, Bezahlung, Entnahme und Betriebsbereitschaft, etwa an Bahnhöfen, Flughäfen, Freizeitparks etc. Der Katalogschauraum bietet die Möglichkeit, aus einem Katalog Waren auszuwählen, die dann unmittelbar nach Kauf vom Lager ausgehändigt oder beim Hersteller bestellt werden. Fallweise können Probeexemplare der Waren besichtigt, geprüft und weitergehende Informationen, oft unter Zuhilfenahme elektronischer Kommunikationsmittel, eingeholt werden. Hierzulande bieten einige Otto-Bestellcenters diese Möglichkeit. Näherungsweise ist dies auch bei IKEA gegeben, wo die Vorwahl nach einem Katalog stattfindet, und die Ware dann aus dem Lager in verpackter Form von Kunden selbst entnommen oder vom Anbieter kommissioniert wird. Dabei handelt es sich jedoch um keine Handelsform, sondern um ein Herstellerniederlassungssystem (Vertical).
8. Konzept des Indirektvertriebs371
Convenience Stores bieten ein breites, aber sehr flaches, schnell drehendes Sortiment an Waren des kurzfristigen Bedarfs auf vergleichsweiser kleiner Geschäftsfläche an (Impulshandel, Kioske). Das Sortiment umfasst Tabakwaren, Zeitschriften, Getränke, Spirituosen, Süßigkeiten u.Ä. und ist hochpreisig kalkuliert und fremdbedient, der Standort ist meist in unmittelbarer Nachbarschaft zu Wohngegenden, es wird kaum Beeinflussungs-Mix geboten. Die Ladenschlusszeiten gelten nur eingeschränkt. Hierzu gehören auch Tankstellenshops, seit der Anteil der Nicht-Mineralöl-Produkte am Umsatz dieser Betriebsformen in immer stärkerem Maße zunimmt. Sie führen alle Produkte, die als Autofahrer bedarf deklariert werden können. Drogeriemärkte sind die modernen Nachfolger der klassischen Drogerien und verbinden deren Fachgeschäftscharakter mit der Anmutung von SB-Geschäften. Hierzulande konzentrieren die Ketten DM und Rossmann die weitaus größten Umsatzanteile auf sich. Das Sortiment erstreckt sich neben klassischen Drogeriewaren auch auf allgemeine Verbrauchsartikel, Parfüms und dekorative bzw. pflegende Kosmetika. Hinzu kommen Aktionsartikel im Gebrauchswarenbereich. Zunehmend an Bedeutung gewinnen auch die Bahnhöfe als Einkaufsorte. Moderne Bahnhöfe (z. B. Leipzig, Berlin) sind mit kompletten Einkaufszeilen ausgestattet, in denen alles, was zum Reisebedarf gehört, frei von Ladenschlusszeiten verkauft werden darf. In ähnlicher Weise werden Flughäfen nach Rückgang des Dutyfree-Geschäfts mit großzügigen, hochpreisigen Ladengeschäften ausgestattet (z. B. Frankfurt). In Urlaubsgebieten werden spezielle Einkaufsmöglichkeiten für Touristen geboten. Das Angebot beschränkt sich nicht unbedingt auf Artikel ethnischer Herkunft, sondern umfasst auch alltägliche Produkte (z. B. Bekleidung, Schmuck), die in der Euphorie des Urlaubs unter Hintanstellung von PreisLeistungs-Vergleichen erworben werden. Im Trend zu natürlicher Ernährung gewinnt auch die landwirtschaftliche Direktvermarktung auf Bauernmärkten oder Bauernhöfen an Bedeutung. Dort werden Naturprodukte, also Fleisch, Käse, Wurst etc., aber auch verarbeitete Naturprodukte wie Teppiche, Decken, Oberbekleidung etc. hochpreisig angeboten. Eine wichtige Rolle spielt dabei das „Landlust“-Ambiente, die Frische der Waren ist hingegen in Zweifel zu ziehen. Das Second Hand-Geschäft wird in vielfältiger Weise betrieben. So gibt es spezielle Gebrauchtwarenläden, die vor allem technische Geräte und andere Hartwaren anbieten (Kinderspielzeug, Damenoberbekleidung, Computer-Hardware / -Software etc.). Häufig werden diese Läden von Migranten oder Jugendlichen betrieben. Kommerzialisiert ist zwischenzeitlich auch das Angebot auf Trödelmärkten. Je nach Produktgattung kann es sich dabei um nennenswerte Volumina handeln. Eine Abwandlung sind Dritte-Welt-Läden (Fairtrade).
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Bei neueren Betriebsformen des Einzelhandels handelt es sich auch um Partievermarkter (Tchibo, Tankstellenshops, Kodi) und Restpostengeschäfte (Inferno, Zeeman). Beide haben ein branchenübergreifendes Sortiment, das nicht fest, sondern regelmäßig oder unregelmäßig, aber inhaltlich nur begrenzt voraussehbar, wechselnd ausgelegt ist. Bei den Artikeln handelt es sich um besonders preisgünstige Handelswaren. Das Sortiment kann isoliert vermarktet (Restposten) oder themenzentriert vermarktet (Partie) werden. Die Partie- und Restpostenvermarktung kann ausschließlich (ohne Stammsortiment) oder ergänzend zum Stammsortiment (z. B. Aldi, Rossmann) erfolgen. Es handelt sich weit überwiegend um markenlose Ware. Weiterhin gibt es Einheitspreisläden (EHP). Dort wird ein wechselndes Sortiment zu artikelgleichen Preisen oder absolut sehr niedrigen Preisen geführt (Tedi). Angesichts besorgniserregender Verarmungstendenzen in der Gesellschaft und Geizdenken sind diese Outlets vor allem in ansonsten Fach- und Spezialgeschäften vorbehaltenen Lagen auf dem Vormarsch. Mehrfachgeschäfte sind Betriebsformen des Einzelhandels, die verschiedene, mehr oder minder verbundene Sortimente in Ausschnitten vorhalten, z. B. Dänisches Bettenlager: Bettwäsche, Dekoration und Möbel, Strauss Innovation: Bekleidung, Accessoires und Genussmittel. Pop up-Stores sind nur kurzfristig eingerichtete Verkaufsstellen, auch abseits der üblichen Geschäftslagen, in denen Aktionsartikel (Bekleidung, Accessoires, Sportartikel o. Ä.) in stark begrenzter Zahl offeriert und die danach wieder aufgelöst werden. Die Bekanntmachung erfolgt zumeist über Soziale Medien, Zielgruppe sind Jugendliche. Dadurch soll ein „In“-Effekt erreicht werden. 8.4.6
Ladenhandwerk
Eine weitere Sonderform stellt das Ladenhandwerk dar, dies sind Handwerker, die ihre Leistungen in ihrer Betriebsstätte anbieten. Jeder Handwerksbetrieb ist in die Handwerksrolle der zuständigen Handwerkskammer eingetragen. Es gibt zulassungspflichtige, zulassungsfreie und handwerksähnliche Gewerbe. Zu den zulassungspflichtigen handwerklichen Gewerben gehören z. Zt. 41 Berufe, die in der Anlage A des Gesetzes zur Ordnung des Handwerks aufgeführt sind. Für die Zulassung, die Eintragung und den Betrieb sind ein Qualifikationsnachweis in Form einer Meisterprüfung und eine Rechtsform erforderlich. Zu den zulassungsfreien Handwerken, die in der Anlage B1 der Handwerksordnung aufgeführt sind, zählen z. Zt. 53 Berufe. Für deren Eintragung sind kein Qualifikationsnachweis und keine Zulassungsnachweise erforderlich. Ein Eintrag bei der HWK erfolgt dennoch. Außerdem gibt es z. Zt. 57 handwerksähnliche Gewerbe, die in der Anlage B2 der Handwerksordnung aufgeführt sind. Sie erfordern ebenfalls keinen Qualifikationsnachweis, sind jedoch bei der HWK einzutragen. Was genau ein handwerksmäßiger Betrieb ist, ist dennoch nicht definiert.
8. Konzept des Indirektvertriebs373
Es gibt in Deutschland knapp 1 Mio Betriebe mit über 5 Mio. Beschäftigten (= 12,6 % aller Beschäftigten). Nur 18,4 % aller Betriebe haben mehr als zehn Mitarbeiter. Handwerksbetriebe sind zumeist inhabergeführt und lokal tätig. Die Ausbildungsquote liegt hoch, der Anteil von Frauen und Abiturienten ist unterdurchschnittlich. Abnehmer der Leistungen sind zu ungefähr gleichen Teilen private Haushalte und Unternehmen, 13 % stammen von der Öffentlichen Hand, 2 % aus dem Auslandsgeschäft. 8.5
Großhandelsbetriebe
Die Aufgabe, die dem Großhandel in einer arbeitsteilig gegliederten Volkswirtschaft zufällt, ist identisch mit den Handelsfunktionen des gesamten Handels, nämlich bestehende Spannungen zwischen Produktion und Konsumtion in zeitlicher, räumlicher, qualitativer und quantitativer Hinsicht auszugleichen. Infolgedessen sind die einzelnen Betriebe aufgrund ihrer jeweils spezifischen, nach Distributionsökonomisierung strebenden Leistungsangebote am gesamtwirtschaftlichen Prozess der Wertschöpfung beteiligt. Funktionaler Großhandel ist die wirtschaftliche Tätigkeit der Beschaffung und des Absatzes von Waren an Produzenten, Weiterverarbeiter, Wiederverkäufer und Großabnehmer mit Umschlag von relativ großen Mengen pro Verkaufsakt. Im institutionellen Großhandel werden jene marktlichen Transaktionsprozesse erfasst, die von solchen Betrieben durchgeführt werden, die diese Handelsfunktionen wahrnehmen. 8.5.1
Einteilungskriterien und Ausformungen
Der Großhandel ist durch seine Position zwischen Lieferanten und Zwischenoder Endabnehmern determiniert. Dabei gibt es eine Vielzahl von Betriebsformen. Diese betreffen die Art und Weise, mit der Handelsbetriebe auf der Großhandelsstufe ihre Distributionsaufgaben im Hinblick auf den Umfang, die Intensität der Funktionsausübung und die Art der Kombination der Betriebsfaktoren wahrnehmen. Allerdings sind die Grenzen zwischen den einzelnen Betriebsformen aufgrund der Dynamik fließend. Dennoch lassen sich Betriebsformen des Großhandels bestimmen. Dafür gibt es charakterisierende Kriterien zur Einteilung (siehe Abb. 73). Der Warenübergang kann am Ort des Großhändlers (Residenzprinzip) oder am Ort des Abnehmers (Domizilprinzip) erfolgen. Dementsprechend handelt es sich um den Abhol-Großhandel (auch Cash & Carry-GH genannt) oder den Zustell-Großhandel (welcher die Regel ist). Ein C&C-GH ist durch die Merkmale Selbstbedienung, Barzahlung, Kommissionierung und Warentransport durch Abnehmer gekennzeichnet. Dies erfolgt ansonsten allenfalls bei kleinen Warenmengen. Er ist seit geraumer Zeit (auch) zur Bruttopreisauszeichnung verpflichtet, an die Laden-
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
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Abb. 73: Betriebsformen des Großhandels
schlusszeiten gebunden und zu strikten Zutrittskontrollen über Einkaufsausweise angehalten. Die Logistikleistung kann die Warenprozessleistung beinhalten (also mit Warenlagerung) oder ausschließen (also ohne Warenlagerung). Dementsprechend handelt es sich um den Lager-Großhandel (der die Regel ist) oder den Überlager-Großhandel, auch Strecken-Großhandel. Bei diesem sind der Realgüterstrom einerseits und die Nominalgüter- und Informationsströme andererseits voneinander getrennt, ersterer läuft auf direktem Vertriebsweg zwischen Hersteller und Endabnehmer, letztere laufen über den indirekten Vertriebsweg. Dadurch werden die Vorteile, aber auch die Nachteile beider Vertriebswege kombiniert. Das Streckengeschäft bietet sich an, wenn auf dem Vertriebsweg aufwändige logistische Manipulationen erforderlich sind (Umladung, Zwischenlagerung), die auf diese Weise eingespart werden können. Allerdings laufen Handelsbetriebe, die Streckengeschäfte zulassen, Gefahr, sich selbst weg zu rationalisieren. Dies entspricht im Übrigen dem Trend zur Disintermediation für Kosten- und Zeiteinsparung. Der Serviceumfang kann die reine Warenverfügbarkeit betreffen oder darüber hinaus die Auffüllung, Pflege und Abrechnung der Platzierung auf angemieteter EH-Fläche. Es handelt sich um Regalflächen im Einzelhandel, die in eigener Regie durch Großhändler mit eigenständigem Sortiment bestückt und wirtschaftlich betreut werden. Der Service umfasst u. a. die Zurverfügungstellung
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von Ware, die Betreuung, Kontrolle, Auffüllung und Pflege angemieteter Flächen, die verkaufstechnische Unterstützung, Lagerung, Transport und Rücknahme. Man spricht in diesem Fall vom Service-Großhandel (GH-Rack Jobb ing), der sich im Haarmoden-, Toiletteartikel-, Kurz-, Papier-, Schreib-, Spielund Haushaltswarenbereich, bei Kleintextilien, Strümpfen, Tonträgern etc. findet. Service-GH haben einen Full Service-Vertrag für alle Funktionen oder einen Part Service-Vertrag, z. B. nur für die Bestandsaufnahme, Bedarfsermittlung und Sortimentspflege. Die Vorteile für den Einzelhandel liegen in der Verminderung des Informationsaufwands, der Verringerung der Bestellkosten, der Bereitstellung von Verkaufseinrichtungen, der einheitlichen Warenpräsentation, der Verlagerung des Vertriebsrisikos und zusätzlichen Aktionen. Nachteile betreffen die fehlende Disposition über Regalfläche, den geringen Einfluss auf die Preisgestaltung und die Einbuße an Entscheidungsfreiheit. Die Bezahlung der Verkaufsfläche erfolgt durch Mietzins oder umsatzabhängige Vergütung bei getrennter Abrechnung der Erlöse. Die Sortimentsplanung kann Waren als durchgängiges Programm oder fallweise Spots vorsehen. Dementsprechend handelt es sich um den SortimentsGroßhandel (bei breitem Angebot) bzw. den Spezial-Großhandel (bei engem Angebot) einerseits sowie den Posten-Großhandel (Partievermarkter) andererseits. Der Sortiments-Großhandel erlaubt aufgrund der Vielfalt die unkomplizierte Transaktion mit einem Geschäftspartner, der Spezial-Großhandel bietet jedoch die individuellere Transaktion, der Posten-Großhandel eignet sich nur zum Ausgleich unvorhergesehener Bedarfsspitzen und für reine Mitnahmegeschäfte. Er hat kein festes Sortiment und verkauft Waren nur solange der Vorrat reicht. Dabei kann es sich ausschließlich (Havariehandel) oder teilweise um Partien handeln. Die Marktausrichtung kann am Warenaufkauf, also einkaufsorientiert, oder am Warenabsatz, also verkaufsorientiert, erfolgen. Dementsprechend handelt es sich um den Aufkauf-Großhandel oder den Absatz-Großhandel, ersterer ist sammelnd, rückwärts integrierend angelegt und bündelt Bezugsquellen, letzterer ist verteilend, vorwärts integrierend angelegt und bedient Verkaufsstellen, die nicht private Endabnehmer sind. Bei den Warenarten kann es sich um eine erzeugungsnahe oder verbrauchsnahe Orientierung handeln. Dementsprechend gibt es den naturnahen Großhandel oder den konsumnahen Großhandel. Naturnaher Großhandel handelt mit Ur- und Rohstoffen, die zur Be- oder Verarbeitung in Produktionsbetrieben bestimmt sind, konsumnaher Großhandel handelt mit ge- und verbrauchsreifen Produkten, die keiner weiteren Be- oder Verarbeitung mehr zu ihrer Nutzung bedürfen. Das Aktionsgebiet kann sich auf den Inlandsmarkt oder auf Auslandsmärkte erstrecken. Dementsprechend handelt es sich um den Binnen-Großhandel oder den Außen-Großhandel. Der Außen-GH befasst sich mit Export, d. h. dem Verkauf inländischer Waren im Ausland, dem Import, d. h. dem Verkauf ausländi-
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
scher Waren im Inland, dem Transit, d. h. dem Ankauf / Verkauf ausländischer Waren in Drittländern, und der Durchfuhr, d. h. dem Ankauf / Verkauf ausländischer Waren und deren Verbringung in weitere Drittländer. Der Produktionsverbindungs-(PVH)Großhandel handelt mit Investitions- und Produktionsgütern, die an Gewerbetreibende als Endabnehmer oder Weiterverarbeiter sowie gewerbliche (ausnahmsweise auch große private) Endabnehmer verkauft werden. Der PVH beschafft schwerpunktmäßig Güter, um sie unverändert bzw. nach handelsüblicher Manipulation an Organisationen weiter zu veräußern, die damit ihrerseits Güter für die Fremdbedarfsdeckung erstellen. Man unterscheidet den: •• Produktorientierten PVH für Massengüter (Massenguthandel / Bulk Products) oder Spezialitäten (Spezialitätenhandel / Specialities), Bei Massengütern handelt es sich entweder um Rohstoffe ohne wesentliche Be- oder Verarbeitung oder um normierte Produkte (Commodities). Der Handel ist durch weitgehend standardisierte Geschäftsprozesse gekennzeichnet, der Preis spielt dabei eine dominante Rolle. •• Herstellerorientierten PVH (rechtlich selbstständig, aber wirtschaftlich konzerngebunden als konzerneigene Werksverkaufs- / -handelsgesellschaften (direkt / indirekt). Diese sind zwar rechtlich selbstständig, aber wirtschaftlich unselbstständig (konzerngebunden) tätig und übernehmen die Funktionen ansonsten selbstständiger Absatzmittler als Andienungsstelle für konzernintern erstellte Leistungen (ggf. plus zugekaufter, fremderstellter Handelsware / OEM). Letztlich lohnt dies, sofern hierarchisierte Transaktionen vorteilhafter sind als solche über die Marktmechanik (Transaktionskostenbetrachtung). •• Länderorientierten PVH (meist nach Ländergruppen oder Regionen ausgerichtet). Dies ist naturgemäß beim Außenhandel von Bedeutung. Der länderorientierte PVH kann sich im Inland auf bestimmte Auslandsmärkte kaprizieren oder im Ausland auf bestimmte Bezugsgebiete. Dies hängt mit Markttransparenz und Erfahrung in diesen Gebieten zusammen, die willkommene Sicherheit bei ansonsten risikobeladenem Außenhandel bietet. •• Verwenderorientierten PVH (nach Branchen oder Anwenderproblemen zur Lösung abwicklungs- oder beschaffungstechnischer Probleme). •• Der Handwerks-Großhandel erfüllt den Kleinbedarf des Handwerks, das handelsnahe Funktionen in Verbindung mit Werklieferungs-, Kauf- oder Werkvertrag erfüllt. Zum Ladenhandwerk gehören Bäcker, Konditoren, Fleischer, Optiker, Uhrmacher, Augenoptiker, Goldschmiede, Friseure etc., zum Verrichtungshandwerk gehören Elektriker, Fliesenleger, Kfz-Mechaniker etc. Entsprechend diesen Kriterien lassen sich dann Betriebsformen des Großhandels als praktisch häufig vorkommende Kombinationen bilden. Der derzeitige Wettbewerb im Großhandel ist durch Großbetriebe und Verbundsysteme gekennzeichnet, die eine Vielzahl kleiner und mittlerer Betriebe verdrängt haben.
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Vor allem besteht die Gefahr der Ausschaltung aus dem Vertriebskanal bzw. der Reduktion der Großhandelsfunktionen auf die reine Logistikfunktion (Großhandelsspediteure), die mit erheblichen Spanneneinbußen verbunden ist. 8.5.2
Bedeutung des Großhandels
Der Großhandel ist historisch gewachsen. Zum einen verstand sich das produzierende Gewerbe lange Zeit als technisch und nicht unbedingt kaufmännisch orientiert. Von daher war es bestrebt, seinen Vertriebsaufwand so gering wie möglich zu halten. Der Großhandel entlastete hier den Hersteller von der Notwendigkeit, umfangreiche Geschäftsbeziehungen zu zahlreichen Abnehmern zu unterhalten. Zum anderen gerieten seine Organisationskapazitäten mit sich ausweitendem Absatz an die Grenzen, so dass es erforderlich wurde, die Geschäftsbeziehungen zu bündeln, um sie noch angemessen bewältigen zu können. Der Großhandel ermöglichte hier eine von der eigenen Administration unabhängige Absatzausweitung. In neuerer Zeit wird seitens der Hersteller jedoch ein starker Trend zur Ausschaltung von Vertriebsstufen hin zu einem immer direkteren Vertriebsweg sichtbar (Disintermediation). Denn jede Handelsstufe behält naturgemäß ihren Distributionsgewinn in Form von Kalkulationsaufschlag / Handelsspanne ein, der den Endverkaufspreis verteuert und damit die Wettbewerbsfähigkeit erschwert. Können Stufen umgangen werden, hier vor allem der Großhandel, erhöht dies bei gleichem Endverkaufspreis den Nettoertrag des Herstellers. Es stellt sich daher die Frage, welche spezifischen Vor- und Nachteile aus der Sicht des Herstellers die Einschaltung des Großhandels in den Vertriebsweg erbringt. Wesentliche Vorteile aus der Einschaltung des Großhandels im Vertriebskanal sind folgende. Der großhandelseigene Außendienst wird zur Akquisition von Aufträgen eingesetzt, die mit Waren des Lieferanten abgewickelt werden. Dadurch vergrößern sich die Akquisitionschancen und generieren Erlöse, die anderweitig nicht anfallen, bei Kunden, zu denen der Hersteller normalerweise keinen Zugang hat. Zusätzlicher Werbedruck entsteht durch Aufnahme der Waren in großhandelseigene Werbemittel, die sich an die Einzelhandelsstufe richten. Dadurch entstehen Kontaktchancen zwischen Warenangebot und Zielpersonen, die anderweitig nicht vorhanden sind. Auch Kleinaufträge sind auf diese Weise für den Hersteller kostengünstig abwickelbar, indem auftragsfixe Kosten vermieden werden, die ansonsten die Rendite stark belasten. Vorhandene Kundenbeziehungen des Großhandels führen zu einer schnelleren Markterschließung. Dies gilt gerade für neue Produkte und Hersteller, die dadurch Marktzutrittsschranken überwinden können. Selbst weit verteilte, kaufkraftschwache Gebiete mit geringer Gewerbedichte können für den Absatz erschlossen werden, da der Großhandel flächendeckend arbeitet und hohe Transportkosten aus Zentralstandort vermeidet.
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Nachteile sind hingegen folgende. Das eigene Produkt wird wegen des breiten Sortiments im Großhandel zu wenig gefördert. Es steht zudem in direkter Konkurrenz zu gleichartigen anderen Produkten von Mitbewerbsherstellern. Die Akquisition beim Großhandel erfordert ihrerseits eine eigene Außendienstorganisation, welche die Rentabilität, wenngleich weniger als bei direktem Vertrieb, belastet. Konflikte im Vertriebskanal sind möglich, wenn der Großhandel egoistische eigene Ziele, die von denen der Hersteller abweichen, verfolgt und durchsetzt. Solche Konfliktpotenziale sind vielfältig latent vorhanden und brechen immer wieder durch. Womöglich entsteht eine Abhängigkeit von großen Großhändlern durch fehlenden eigenen Zugriff auf die Einzelhandelsstufe. Die damit verbundene Nachfragemacht engt Entscheidungsspielräume ein. Der Einbehalt einer Distributionsspanne durch die Großhandelsstufe verteuert die Ware am Markt bzw. schmälert die Herstellermarge. Der Großhandel versucht zudem, durch leistungsergänzende Aktivitäten seinen Bestand im Vertriebskanal zu sichern. Dazu gehören etwa die: •• Unterstützung in der Betriebsorganisation bei den belieferten Einzelhändlern, •• Hilfe bei der Absatzförderung durch Mittel zur Präsentation, Dekoration etc., •• zielorientierte Produktservicierung für Sortimentsauswahl, Mengen, Bestellzeitpunkte etc., •• Finanzierung durch vorteilhafte Kreditierung (Zinssatz, Laufzeit) von Lieferungen, •• Personalentwicklung in Bezug auf Beschaffung, Auswahl, Schulung etc., •• Beratung bei der Kommunikation in Werbung, Aktionen, Events etc., •• Logistik durch Hilfen bei Transport und Lagerung, •• Entwicklung von Hausmarken und deren Vertriebsunterstützung. 8.6
Dynamik der Handelsbetriebsformen
Der Handel vollzieht im Zeitablauf zahlreiche Entwicklungen. Er ist also nicht statisch zu sehen, sondern dynamisch. Handelsbetriebe unterliegen damit einem Wandel ähnlich den Produkten, der von Entstehung und Aufstieg neuer Formen bis zu deren Reife und Assimilation geht. Neue Betriebsformen entstehen und alte verschwinden damit am Markt bzw. passen sich Wandlungen an. Man spricht auch von der Dynamik der Betriebsformen. Eine disruptive Komponente erhält diese Dynamik durch die Etablierung von Online-Händlern (E-Trade). Diese bieten überlegene Leistungsmerkmale, wenngleich um den Preis hoher Belastungen (z. B. Zahlungssicherheit, Logistikaufwand, Datenabgriff). Per Saldo kommt es zu einer Verdrängung des traditionellen durch den virtuellen Handel (dazu ausführlich 12.).
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Erklärungsansätze
Für die Dynamik der Handelsbetriebsformen gibt es verschiedene Erklärungsansätze. Der bekannteste Ansatz ist der des Wheel of Retailing (McNair). Danach versuchen neue Betriebsformen des (Einzel-)Handels, mit niedrigeren Preisen, niedrigeren Margen und niedrigerem Imagestatus Fuß im Markt zu fassen. Sie setzen damit vor allem auf die Wirkung aggressiver Preispolitik. Dies hat Konsequenzen auf die Gestaltung ihrer betrieblichen Prozesse. Im Laufe der Marktpräsenz werden jedoch die nicht preislichen Parameter zunehmend betont. Auf diese Weise nähert sich der ehemalige Newcomer seinen etablierten Vorgängern an. Dies öffnet den Markt für neue, preisaggressive Anbieter. Insofern kommt es zum Wettbewerb zwischen den Betriebsformen, moderne, leistungsfähigere setzen sich gegenüber tradierten, überkommenen durch und verdrängen diese über kurz oder lang. Gegen diese Theorie sprechen jedoch praktische Beispiele, die sowohl ein erfolgreiches Einsteigen in den Markt „von oben“ zeigen (z. B. Boutique), als auch das erfolgreiche Verharren auf der Betonung des Preisparameters (z. B. Discounter). Nieschlag hat diesen Ansatz insofern erweitert, als er nicht nur auf den Preis als Verdrängungs instrument abgehoben hat, sondern auch auf andere Aktionsparameter. Dafür hat er den Ausdruck „Dynamik der Betriebsformen“ geprägt, der Ansatz wird als Verdrängungstheorie bezeichnet. Eine Verallgemeinerung dieses Ansatzes findet sich in der Lebenszyklustheorie von Institutionen. Dabei werden, analog zum Lebenszyklus von Produkten oder Märkten, vier Phasen behauptet, die Innovationsphase, in der Handelsbetriebe mit der Konkurrenz überlegenem Angebot auf den Markt kommen, die Wachstumsphase, in der diese äußerst erfolgreich am Markt agieren, die Reifephase, in der die Dynamik nachlässt und bereits Komplexitätsprobleme auftreten, sowie die Niedergangsphase, in der die Handelsbetriebe ihrerseits von vitalen Konkurrenten verdrängt werden. Fraglich ist jedoch, ob sich diese Aussagen auf ganze Betriebsformen oder tatsächlich nur auf einzelne Handelsbetriebe beziehen. So gibt es innerhalb einer stagnierenden Betriebsform durchaus erfolgreiche einzelne Handelsbetriebe und umgekehrt (z. B. Fielmann bei Augenoptikern, Kamps bei Bäckereien). Dies kann sowohl als Ausnahme von der Regel wie gerade auch als Widerlegung der Gültigkeit eben dieser Regel gedeutet werden. Die Theorie dialektischer Prozesse geht in Bezug auf Betriebsformen des Handels davon aus, dass bestehende erfolgreiche Institutionen (These) durch erfolgshungrige andere Institutionen (Antithese) heraus gefordert werden. Die Aktionsparameter beider Gruppen sind im Allgemeinen entgegengesetzt ausgelegt. Zur Nutzung des Erfolgspotenzials bietet es sich daher an, die Merkmale beider Gruppen bestmöglich zu kombinieren (Synthese). Dies geschieht, indem etablierte Betriebsformen einzelne Aktionsparameter der aufstrebenden Betriebsformen in ihr Konzept übernehmen und damit einen Teil deren Erfolgs zu
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kappen vermögen (z. B. Fachgeschäfte mit partiell aggressiver Preisbildung), und aufstrebende Betriebsformen in Zuge ihrer Saturierung einzelne Aktionsparameter der etablierten Betriebsformen übernehmen, die sich als bewährt erwiesen haben (z. B. Discounter mit Markenartikel-Präsenz). Das Crisis Change-Modell geht von vier Phasen der Auseinandersetzung zwischen etablierten und neuen Anbietern aus. Zunächst kommt es zu einer merklichen Schockphase für die etablierten Anbieter angesichts des Aufkommens wettbewerbsüberlegener Konkurrenten. Daraus folgt in einer zweiten Phase der Versuch dieser etablierten Anbieter, Markteintrittsschranken aufzubauen oder zu erhöhen, um das eigene Terrain gegen Newcomer zu schützen. Da dies in marktwirtschaftlich organisierten Strukturen kaum möglich ist, wird in einer dritten Phase notgedrungen das eigene Konzept auf den Prüfstand gestellt und untersucht, inwieweit es angesichts der Konkurrenz aktualisiert werden kann (etwa durch Kooperationen). In einer vierten Phase entscheidet sich dann, ob diese Anpassung vom Markt honoriert wird, entsprechend vermögen die etablierten Anbieter, ihrerseits andere zu „schocken“. Andernfalls werden sie selbst vom Markt verdrängt. Die Marktlückentheorie postuliert, dass neue Betriebsformen des Handels den Markt bereichern, indem sie Lücken im Profil der bestehenden Betriebsformen nutzen (z. B. Fachmärkte die Lücke zwischen Fachgeschäft und Verbrauchermarkt). Zunächst sind diese Lücken nur von begrenztem Potenzial, und es ist ungewiss, inwieweit sie sich überhaupt als tragfähig für eine neue Betriebsform erweisen. Ist dies nicht der Fall, verschwinden diese Ansätze rasch wieder vom Markt. Wird jedoch eine grundsätzliche Marktakzeptanz erreicht, weiten sich diese Lücken zu respektablen Angebotsfeldern aus. Insofern die Märkte insgesamt stagnieren, kann dieser Zuwachs nur zu Lasten der weniger erfolgreichen Betriebsformen in den übrigen Marktfeldern gehen. Diese verschwinden damit vom Markt, die Newcomer ihrerseits werden bedeutsamer. Bis weitere Anbieter neue Marktlücken entdecken, die sie initiativ bedienen, und sich dieser Kreislauf wiederholt. Der General Specific General-Zyklus unterstellt eine fortwährende Assimilierung von institutionalen Besonderheiten (Specific) durch die institutionale Allgemeinheit (General). Als Ausgangspunkt wird dabei eine stabile Struktur der Betriebsformen des Handels am Markt unterstellt. Einzelne Anbieter haben darin nur eine Chance, spezifisch zu prosperieren, wenn es ihnen gelingt, aus dieser Allgemeinheit positiv hervor zu stechen. Dies erreichen sie durch bewusst anders gesetzte Parameter als der Rest der Anbieter. Für den Fall, dass dies keine ausreichende Marktakzeptanz findet, verschwinden diese Anbieter vom Markt oder passen sich rasch wieder dem Mainstream an. Für den Fall aber, dass dies vom Markt akzeptiert wird, entsteht daraus eine erfolgreiche Alleinstellung. Dieser Erfolg reizt die übrigen Anbieter an, sich ähnlich zu verhalten wie der nunmehr profilierte Konkurrent, um an dessen Erfolg zu
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partizipieren. Damit aber wird die Besonderheit zur Allgemeinheit, die breit am Markt vertreten ist. Abweichende Betriebsformenmerkmale werden also entweder assimiliert oder erledigen sich von selbst. Diese Allgemeinheit ist dann Ausgangspunkt für die nächste profilierende Abweichung. Die Gegenmachttheorie bezieht auch die Nachfrageseite des Marktes in die Dynamik der Betriebsformen mit ein. Danach haben Nachfrager ein Interesse daran, sich nicht allzu sehr von einer bestimmten Gruppe von Handelsanbietern abhängig zu machen. Sobald also eine solche Gruppe zu erfolgreich wird, unterstützen Nachfrager bewusst oder intuitiv Anbieter anderer Betriebsformen, um deren Erfolg zu stärken. Zugleich wird der Erfolg der ersten Gruppe gedämpft. Insofern kommt es zu einem stetigen Wechsel der Präferenzen der Nachfrager für bestimmte Betriebsformen und damit auch zu einer stetigen Bewegung der Proportionen dieser Betriebsformen innerhalb der Handelsinstitutionen. Folglich verändert sich die Struktur der Betriebsformen des Handels fortwährend. In gleicher Weise wird Macht auch zwischen den Handelsstufen (Groß- und Einzelhandel) ausbalanciert. Der evolutionstheoretische Ansatz setzt bei der Darwin’schen These des Survival of the Fittest an. Danach entstehen, mehr oder minder zufällig und ohne langfristige Strategie, neuartige Kombinationen von Betriebsformenmerkmalen am Markt. Erweisen sich diese gegenüber ihren etablierten Konkurrenten als leistungsüberlegen, werden diese Merkmale von vielen anderen Anbietern übernommen und setzen sich somit am Markt durch. Zugleich verliert die etablierte Kombination von Betriebsformenmerkmalen an Impetus und wird kannibalisiert. Da fortwährend neue Ausformungen durch zufällige Merkmalskombination entstehen, sind die Betriebsformen des Handels einer stetigen Entwicklung auf ein höheres Leistungsniveau unterworfen, das nur die Leistungsfähigsten erreichen. Dieser Ansatz stellt also auf die Flexibilität und schnelle Lernfähigkeit von Handelsbetrieben ab. Die Anpassungstheorie (ähnlich als makroanalytischer Ansatz) vertritt die Auffassung, dass die Dynamik der Betriebsformen sich aus den Anforderungen des Vermarktungsumfelds ergibt und Ausdruck der Anpassung des Handels an diese Veränderungen ist. Die Dynamik entsteht also nicht initiativ aus der Handelspolitik heraus, sondern entspringt dem Bemühen, sich durch andere Merkmalsausprägungen in den Aktionsparametern an die sich verändernden Rahmenbedingungen anzupassen (z. B. Wertvorstellungen, z. B. Dritte Welt-Läden, technische Entwicklung, z. B. Online-Shops, Bildungsgrad, z. B. Fachmärkte, Kaufkraft, z. B. Boutiquen, Rechtsprechung, z. B. Cash&Carry). Der Erfolg dieser Reaktion hängt davon ab, ob die Anpassung rasch genug und adäquat vollzogen wird. Dementsprechend entstehen bei Erfolg neue Betriebsformen, die den Platz verharrender Betriebsformen einnehmen. Der mikroökonomische Modellansatz (verwandt zum transaktionskostentheoretischen Ansatz) erklärt das Entstehen neuer Betriebsformen des Handels aus
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
einer Gegenüberstellung der Kosten der Inanspruchnahme des Handels und den alternativen Erträgen anderweitiger Aktivitäten. Die Inanspruchnahme des Handels verursacht für Nachfrager Transaktionskosten, die nur dann eingegangen werden, wenn dadurch Nutzen erreichbar sind, die höher eingeschätzt werden als diese Kosten und die ansonsten entgehen würden. Je mehr Handelsfunktionen eine Betriebsform durch ihre Aktionsparameterwahl übernimmt, desto geringer sind die Kosten der Nachfrager für die Beschaffung. Die dadurch freiwerdenden Ressourcen können sie anderweitig einsetzen. Je nachdem als wie werthaltig diese anderweitige Nutzung angesehen wird, sind sie bereit, diese durch mehr oder minder hohe Preise zu honorieren. Dies ist auch erforderlich, weil zugleich die Betriebskosten des Handels steigen. Neue Betriebsformen entstehen demnach dann, wenn die Merkmalsausprägung eine nutzbringende Entlastung der Nachfrager erreicht und damit bei diesen soviel Preisbereitschaft erzeugt, dass die entstehenden höheren Kosten damit kompensiert werden können (z. B. Versandhandel). 8.6.2
Betriebsformenpolarisierung
Im Rahmen der Theorie der Betriebsformenpolarisierung vollzieht sich der Wandel parallel in zwei Richtungen, einerseits hin zum Erlebnishandel durch ein Trading up und andererseits zum Versorgungshandel hin durch ein Trading down. Dies wird an dieser Stelle vertieft. Trading up bedeutet Imagedominanz durch Verbesserung der betriebsindividuellen Leistungsstandards bei Sortiment, Personal, Ausstattung, Zusatzleistung etc. Dazu gehört die Betonung der Sortimentstiefe bei traditionell sortimentsbreiten Händlern und umgekehrt. Hinzu kommt die Aufnahme vorwiegend höherwertigerer Artikel, die zwar zur Einengung des Kundenpotenzials, aber zugleich zur Erhöhung des Einkaufswerts je Besuch führt. Es erfolgt die Eingliederung in horizontale und vertikale Kooperationen zur Nutzung betriebswirtschaftlicher Vorteile, die nicht immer ohne Weiteres von außen erkennbar ist. Ziel ist die Verbesserung der Angebotspräsentation, die Nutzung agglomerierter Standorte (z. B. Gemeinschaftswarenhaus, Ladenpassage), die Intensivierung der Kundenberatung, etwa durch Anwendung dominanter Fremdbedienung. Die Betonung liegt dabei auf der Erlebniskomponente des Einkaufs. Dies führt zum Angebot eher beratungsintensiver Produkte mit hohem Nutzen. Qualität und Image werden zu Hauptargumenten im Verkauf. Die Vermittlung von Freude am Einkauf durch ein anregendes Verkaufsumfeld steht im Mittelpunkt. Die attraktive Präsentation der Artikel genießt Priorität gegenüber der Rationalisierung. Trading down bedeutet demgegenüber Preisdominanz durch Senkung der Betriebskosten und Spannen. Dazu gehört die kostengünstigere Standortwahl, die preisliche Zugeständnisse möglich werden lässt, die ihrerseits neue Kundenkreise anspricht. Wiederum ist die Beteiligung an Kooperationen oder die
8. Konzept des Indirektvertriebs383
Konzentration betriebswirtschaftlich vorteilhaft. Bei geringerer Sortimentsbreite bzw. -tiefe werden mit den verbleibenden Artikeln größere Absatzmengen und höhere Umschlaggeschwindigkeiten realisiert. Zugleich werden Servicekürzungen akzeptabel. Dies drückt sich in weniger Verkaufsberatern und Übergang zu dominanter Selbstbedienung aus, in schlichterer Warenpräsentation durch Einsparung an Dekoration, Medienwerbung und Ladenwerbemittel. Daraus folgt ein Gefühl der Cleverness beim Einkauf auf Seiten der Kunden. Die Priorität liegt hier auf der schnellen und einfachen Versorgung beim Einkauf mit dem Preis als Hauptargument. Dies bedingt das Angebot problemloser, selbsterklärender Waren. Betriebswirtschaftliche Kostenrechnung mit schnell drehenden Artikeln, niedrigen Einstandspreisen und hoher Flächenausnutzung genießt Priorität vor der Emotion. Parallel zur Polarisierung des Angebots ergibt sich auch eine solche bei der Nachfrage. Hybride Verbraucher trennen dabei nach Grundnutzen, als der Eignung einer Sach- oder Dienstleistung, den gestellten Anforderungen gebrauchstechnisch, d. h. in Bezug auf ihre Funktionserfüllung, gerecht zu werden, und Zusatznutzen, als deren differenzierende Wirkung im affektiven Bereich. Sie sind dadurch charakterisiert, dass ihre Einkaufsprogramme für beide Arten von Leistungen, Grundnutzen- und Zusatznutzen-Produkte, voneinander abweichen. Sie handeln also nicht mehr konsistent, sondern gespalten, eben hybrid. Grundnutzenprodukte sind dem Low Interest-Bereich zuzuordnen und werden unter dominanter Preisorientierung gekauft. Dies führt zur Bevorzugung von Gattungsware. Als Einkaufsstätte wird dafür der Versorgungshandel gewählt. Im Vordergrund stehen dann Rationalargumente mit dem Ziel der Einsparung von Haushaltsbudget. Anders hingegen bei Zusatznutzenprodukten. Sie sind dem High Interest-Bereich zuzuordnen und werden unter dominanter Leistungsorientierung gekauft. Dies führt zu einer Bevorzugung von Markenartikeln. Als Einkaufsstätte wird der Erlebnishandel gewählt. Im Vordergrund stehen also Emotionalargumente, mit der Möglichkeit, die im Grundnutzenbereich eingesparten Geldmittel hier zusatznutzenstiftend einzusetzen. Das heißt, die Einsparungen im Grundnutzenbereich werden nicht gehortet, sondern in diesen, emotional viel wichtigeren Bereich investiert. Daher können auch beide Gruppen des Handels, Erlebnis- bzw. Trading up-Outlets und Versorgungs- bzw. Trading down-Outlets, nebeneinander prosperieren, denn es kaufen dort jeweils dieselben, hybriden Verbraucher ein. Diese Marktpolarisierung ist auch durch die Porter-U-Kurve erklärbar. Danach gibt es einen Zusammenhang zwischen Betriebserfolg (Gewinn / ROI) und Mengenoutput (Absatz / Marktanteil) derart, dass der Betriebserfolg hoch ist, wenn der (relative) Mengenoutput entweder sehr niedrig (= Präferenzposition / Differenzierung) oder sehr hoch ist (= Preis-Mengen-Position / Kostenführerschaft), und niedrig, wenn der (relative) Mengenoutput ein mittleres Niveau erreicht. Von daher muss jeder Betrieb entweder eine Präferenzposition anstreben, bei der zwar nur kleinere Mengen abgesetzt werden, sich jedoch aufgrund
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
des akquisitorischen Potenzials höhere Preise am Markt realisieren lassen, die zu hoher Rendite führen, oder eine Preis-Mengen-Position, bei der zwar nur niedrigere Preise realisiert werden, die jedoch über große Absatzmengen letztlich wieder zu einer stimmigen Rendite führen. Die Präferenzposition entspricht dem Erlebnishandel (Trading up-Tendenz, z. B. Boutiquen), die Preis-MengenPosition dem Versorgungshandel (Trading down-Tendenz, z. B. Discounters). Problematisch ist allerdings die Position dazwischen. Diese gilt etwa für Warenhäuser. Sie werden von ihren Kunden weder als hochwertig genug erlebt, als dass sie gleichwertig zum Erlebnishandel eingestuft würden, noch als preisgünstig genug, als dass sie mit dem Versorgungshandel konkurrieren könnten. Moderne Fachabteilungskonzepte (z. B. Galeria Kaufhof) führen durch die notwendige Beibehaltung der dem Warenhaus typischen Kriterien wie Großflächigkeit, Massenpublikum, Teilselbstbedienung etc. nicht dazu, die Einkaufsstätte anders einzuschätzen und deshalb die Preisbereitschaft zu erhöhen. Umgekehrt führen preisaggressive Konzepte (z. B. Kaufhof Kaufhalle) aufgrund des betriebstypischen Kostenniveaus, verursacht durch Faktoren wie Fachpersonal, Ausstattungsaufwand, Zentralstandort etc., nicht zu einer Konkurrenzfähigkeit gegenüber Einkaufsstätten mit Trading down-Charakter. Damit zieht es die preissensible Kundschaft aber nach wie vor dorthin, während die erlebnissensitive Kundschaft besser gleich originäre Trading up-Einkaufsstätten aufsucht. Die Warenhäuser befinden sich also in einer Zwischen den Stühlen-Position. Diese, ehemals erfolgreichste, Einzelhandelsform scheint sich in der Dynamik der Betriebsformen überlebt zu haben. Wie eine unzureichende strategische Orientierung sogar branchenweit zu heftigen Problemen führen kann, ist im Lebensmitteleinzelhandel (LEH) zu beobachten. Dort liegt schon seit geraumer Zeit die Inventurdifferenz (die im Wesentlichen durch Diebstähle von Kunden und Mitarbeitern zustande kommt) höher als die Umsatzrendite, und es herrscht ein überzogener Preiskampf vor (mit weit verbreiteten Untereinstandspreisverkäufen). Die Gründe dafür sind offensichtlich. So hat die überwiegend vorhandene eigentümerorientierte Struktur (z. B. in Form von Genossenschaften) wenig Investitionsfähigkeit und auch -bereitschaft zur Folge, so dass ein konstanter Eigenkapitalmangel vorhanden ist (der etwa eine notwendige Internationalisierung des LEH hemmt). Übereilt eröffnete neue Standorte, vor allem in den Neuen Bundesländern, führen zu einem Flächenwachstum das über dem Nachfragevolumen angesichts deutlich erkennbarer Sättigungserscheinungen im Markt liegt. Diese Standorte können dann nur durch Verdrängung von Mitbewerbern halbwegs rentabel betrieben werden. Teilweise herrscht eine antagonistische Sichtweise zwischen Hersteller einerseits und Handel andererseits vor, statt eine dringend erforderliche Symbiose voranzutreiben. Traditionell bestimmen immer noch die Einkäufer mit ihrer handelstypischen „Pfennigfuchser-Mentalität“ die Organisation („der Gewinn liegt im Einkauf“). Daraus folgt, dass eine notwendige Absatzmarktorientierung, etwa durch Händlermarkenprofilierung (außer bei Aldi) kaum vorhan-
8. Konzept des Indirektvertriebs385
den ist. Die Organisationen sind denn gegeneinander auch weitgehend austauschbar. So wird seit Jahrzehnten unverständlicherweise fast völlig auf die Ausprägung von Dienstleistungen (wie Wickelräume, Wein- und Fischseminare, Restaurant etc.) verzichtet. Da dann der Preis in der Tat zum entscheidenden Wettbewerbsparameter wird, ist Aktionismus Tür und Tor geöffnet. Diese überharte Verdrängungskonkurrenz hat zu einer Verwilderung der Geschäftssitten in der Branche geführt, die in kollektiv dysfunktionalem Verhalten mündet (z. B. 50 % Grundrabatt auf Möbel). 8.7
Vertriebskanaltransparenz
Bei indirektem Vertrieb besteht Transparenz hinsichtlich der Situation im Vertriebskanal nur in Bezug auf die nachfolgende Wiederverkäuferstufe, nicht in Bezug auf die Endabnehmerstufe. Und es besteht Transparenz nur hinsichtlich der eigenen Daten dort, nicht hingegen die konkurrierender Anbieter. Ebenso besteht Transparenz nur in Bezug auf die belieferten Wiederverkäufer, nicht hingegen auf andere. Dies erschwert eine erfolgversprechende Steuerung. Um diese Mängel zu beheben, werden Panelerhebungen eingesetzt. Panels sind eine Form der Kohortenanalyse und umfassen die Erhebung eines gleich bleibenden Kreises von Untersuchungseinheiten in regelmäßigen Abständen zum selben Thema (Längsschnittanalyse), womit ein erheblicher organisatorischer Aufwand für Einrichtung und Unterhalt verbunden ist. Es können mehrere Arten von Panels unterschieden werden: •• Industriepanel (Zwangsstatistiken) als Herstellerpanel (OEM) oder Vorverbraucherpanel (Lieferanten), •• Handelspanel als Einzelhandelspanel oder Großhandelspanel (Wiederverkäufer), •• Verbraucherpanel als Haushaltspanel oder Einzelpersonenpanel (haushaltsführende Person), •• Spezialpanels für Großverbraucher, Medianutzung etc. Händlerpanels können traditionell oder modern erhoben werden. Traditionell durch physische Inventur (Anfangsbestand + Warenzugänge – Endbestand = Warenabgänge) in einem Zweimonatsrhythmus (Nielsen-Periode), künstlich auf den mittleren Erhebungsstichtag umgerechnet. Die Stichprobe ist geschichtet nach Betriebsform, Verkaufsfläche, Organisationsform und dysproportional zwischen Anzahl der Handelsbetriebe und deren jeweiliger Umsatzbedeutung. Die Erfassung erfolgt durch Vordrucke und Messen, Zählen, Wiegen bzw. mobile Datenerfassungsgeräte (MDE), und zwar für Gebrauchsgüter vorwiegend durch GfK und Verbrauchsgüter vorwiegend durch Nielsen.
386
B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Die Daten umfassen u. a. Inhalte zu: •• Verkauf nach Menge, Verkauf nach Wert, Zukauf nach Menge, Bestand nach Menge am Lager, im Regal, in Displays, Distribution numerisch (nach Verkauf, Zukauf, Bestand, Bestandslücken), Preis pro Mengeneinheit, Umsatz in Perioden mit Distributionslücken, Bevorratungsdauer in Monaten, Umschlaggeschwindigkeit, Lagerproduktivität, Lagerdruck in Menge, Lagerkapitalbindung, Distributionsqualität, Distribution gewichtet (nach Verkauf, Zukauf, Bestand, Bestandslücken), Distributionspotenzial (bei 100 %) etc. Die moderne Erfassung erfolgt durch Scanner-Panel mit Zugriff auf die händlereigenen GWWS-Daten, und zwar tagesgenau / kurzfristig verfügbar und mit hoher Kostenersparnis (da „Abfallprodukt“ des Kassiervorgangs). Standardprogramme sind z. B. Madakom, InfoScan / EuroScan (GfK) oder ScanTrack / Scan Pro (Nielsen). Probleme entstehen bei Händlerpanels vor allem durch die unvollständige Marktabdeckung (Coverage), z. B. fehlen Beziehungshandel, Kioske, Bäckereien, Getränkeautomaten, Fastfood-Betriebe, Kantinen, Hotels, nur eingeschränkt repräsentiert sind Tankstellen, Drogeriemärkte, Spiel- / Sportfachgeschäfte, Discounter, Heimdienste etc. Die Ergebniseinteilung wird nach Nielsen-Gebieten (in Deutschland) wie folgt ausgewiesen: •• Nielsen I: Schleswig-Holstein, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, •• Nielsen II: Nordrhein-Westfalen, •• Nielsen III a: Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland, •• Nielsen III b: Baden-Württemberg, •• Nielsen IV: Bayern, •• Nielsen V: Berlin, •• Nielsen VI: Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, •• Nielsen VII: Sachsen, Thüringen. Verbraucherpanels wiederum können traditionell oder modern erhoben werden. Traditionell durch Haushaltsbuchführung und Meldebögen, die wöchentlich abgeholt werden. Die Aufschreibungen umfassen u. a. Daten zu: •• Packung, Preis, Einkaufsstätte, Einkaufsort, Einkaufsanlass, Einkaufsperson, Anzahl der Käufe, Menge / Wert pro Kopf je Produktart und Marke, Erstkäufer / Wiederholungskäufer, Kauffrequenz, Marktanteile nach Menge / Wert von Marken, Nichtkäufer, räumliche Abweichungen, Einkaufstage, Einkaufsdatum, Markentreue, Käuferwanderung, Sonderangaben, soziodemographische Daten etc. Die moderne Erfassung erfolgt über Homescanner, GTIN-Code, 10er-Tastatureingabe, Speicherung auf Datenträger und Datenfernübertragung in Cloud.
8. Konzept des Indirektvertriebs387
Probleme entstehen bei Verbraucherpanels durch die: •• Panelsterblichkeit, die zu einer sukzessiven Überleitung in ein Tracking führt, daher wird mit Reserve gefahren, •• Panelroutine als ungenaues / unvollständiges Reporting infolge nachlassenden Interesses im Zeitablauf, •• Paneleffekte als Overreporting / Underreporting, d. h., es werden Käufe als getätigt angegeben, die nicht getätigt wurden bzw. Käufe, die getätigt wurden, werden nicht angegeben. Abhilfe kann hier geschaffen werden durch Panelrotation als periodischem Austausch der Teilnehmer, Gratifikationen zur Motivation und eine „Anlernphase“ ohne Auswertung.
388
9.
B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Distributionsbeziehungen
Das Unterkapitel „Distributionsbeziehungen“ beschäftigt sich mit den Relationen der Vertriebskanalakteure untereinander. Begründend sind dafür die Knappheitsfaktoren im Vertriebskanal (9.1). Diese haben zu weitreichenden Konfliktpotenzialen im Vertriebskanal geführt (9.2). Daraus leiten sich Optionen für die Präsenz im Vertriebskanal ab (9.3). Eine wichtige dieser Optionen betrifft die vertikale Kooperation im Vertriebskanal (9.4), die in vielfältigen Varianten praktiziert wird. Leser wissen nach Durchsicht dieses Unterkapitels um die Problematik der Distributionsbeziehungen im Vertriebskanal. Sie verstehen wie Konzentration und Vertikalisierung auf Konflikte und Kooperation zwischen den Akteuren einwirken. Und sie sind fähig, dieses Wissen auf konkrete Anwendungssituationen zu übertragen. 9.1
Knappheitsfaktoren im Vertriebskanal
Die Distribution im Vertriebskanal stellt für Hersteller zunehmend den Engpass für ihren Markterfolg dar. Vor allem kennzeichnet der Kampf um den Regalplatz die Marktsituation. Wobei Regalplatz hier nicht konkret zu verstehen ist, sondern abstrakt als Punkt der gedanklichen Konfrontation prospektiver Kunden mit Waren zum Zwecke der Umsatzerzielung von Hersteller und Händlern. Die Realität im Vertriebskanal ist durch ausgeschöpfte Kapazitäten gekennzeichnet, so dass die Etablierung eines neuen Angebots beinahe zwangsläufig nur zu Lasten der Verdrängung eines anderen, bestehenden möglich ist. Dies sollte, durch die Brille des Herstellers betrachtet, möglichst kein eigenes, sondern ein Konkurrenzprodukt sein. Weil die Konkurrenz das aber ganz genauso sieht, wird der Kampf um den Regalplatz mit äußerster Verbissenheit geführt. Knappheitsfaktoren liegen dabei sowohl im Konsumenten-, im Hersteller- als auch im Handelsbereich (siehe Abb. 74). Knappheitsfaktoren im Konsumentenbereich betreffen folgende Ursachen. Zunehmende Bedürfnisdifferenzierung resultiert aus der Proliferation der Anbieterprogramme und führt somit zu verstärkter Nachfrage nach Regalplatz. In einer pluralistischen Gesellschaft (Multi Options Society) hat derjenige Anbieter die besten Chancen, zum Zuge zu kommen, dessen Angebot den geringsten wahrgenommenen Abstand zum idealen Nachfragerbedürfnis aufweist. Wandlungen im Einkaufsverhalten durch Bequemlichkeitsstreben führen zur Erwartung der Überallerhältlichkeit von Waren (zumindest des täglichen Bedarfs). Dazu tragen (immer noch) beschränkte Ladenöffnungszeiten, zunehmende Berufstätigkeit des Haushaltsführers, aber auch knappes Parkplatzangebot und hohe Nahverkehrspreise bei. Ebenso beanspruchen erwartete Zusatzleistungen Regalplatz.
9. Distributionsbeziehungen389
Abb. 74: Knappheitsfaktoren im Vertriebskanal
Knappheitsfaktoren im Herstellerbereich betreffen folgende Ursachen. Stark steigende Warenvielfalt, auch bedingt durch zunehmende Anzahl ausländischer Anbieter, führt zur Ausweitung des Warenangebots durch Innovation, Diversifizierung, Produktdifferenzierung und Markentransfer. Zwar scheitern die weitaus meisten Neuprodukteinführungen, aber diejenigen, die durchkommen, beanspruchen dann Regalplatz. Monomarken werden durch Angliederung verwandter Produktgruppen (Flankers) zu Dachmarken, die eine Vielzahl von Artikeln unter sich vereinen. Bestehende Marken werden durch Abwandlungen in der Produktgruppe (Line Extenders nach Geschmack, Farbe, Gebindegröße etc.) stärker „gemolken“. Schließlich kommen auch produktgruppenfremde Marken durch Transfer hinzu, die gleich mehrfach Regalplätze beanspruchen. Diese Tendenz verstärkt sich eher noch. Das Streben nach hoher Distributionsdichte ist bei verbreiteter Impulskaufneigung die notwendige Voraussetzung für Aussicht auf Geschäftserfolg. Bei gleichartig wahrgenommenen Artikeln gibt meist die reale Verfügbarkeit am Handelsplatz den Ausschlag für den Kaufentscheid. Denn nicht präsente Ware kann nun einmal nicht gekauft werden. Für jeden Artikel bestehen Bemühungen zur Vergrößerung der Ausstellungsfläche je Platzierung (Facing) bzw. um Mehrfachplatzierungen. Je größer die Kontaktstrecke bzw. -wahrscheinlichkeit mit einer Ware, desto höher ist gemeinhin auch die Kaufwahrscheinlichkeit. Dies bedeutet aber eine wachsende Verkaufsflächenbeanspruchung durch Dauerzweitplatzierungen. Knappheitsfaktoren im Händlerbereich betreffen folgende Ursachen. Die Grenzen der Vermehrbarkeit von Regalplatz sind durch hohe Kosten für Fläche und Personal sowie immer rarer werdende attraktive Standorte erreicht. I a-Lagen sind heute kaum mehr zu finanzieren, Stadtrandlagen werden durch Baunutzungsverordnungen der Städte und Gemeinden (zum Schutz der innerstädtischen
390
B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Infrastruktur) vereitelt. Darüber hinaus ist seit Jahren ein verbreitetes Ladensterben vor allem bei Outletgrößen zu beobachten, die Rentabilität nicht mehr gewährleisten. Der Regalplatz geht also dort real zurück. Der Handel neigt zu einer konzentrierten Regalplatzvergabe an wenige, große und verlässlich berechenbare Lieferanten. Denn auch auf der Herstellerstufe hat ein enormer, vor allem internationaler Konzentrationsprozess stattgefunden. Dies wirkt für Markteinsteiger als Zutrittsschranke, außer sie sind bereit, exzessive Eintrittsgelder zu zahlen. Die zu beobachtende Verdrängungskonkurrenz durch eine steigende Zahl von Handelsmarken und deren Bevorzugung bei der Regalplatzvergabe führt zu verstärktem Eigenbedarf am POS der Händler. Dies geht zulasten der Herstellermarken. Im Zuge der fortschreitenden Konzentration kommt es zu vermehrten Geschäftsschließungen vor allem bei Klein- und Mittelbetrieben des Handels, teils mit der Tendenz zur Unterversorgung ganzer Landstriche („Dörfer ohne Läden“). Diese betrifft vor allem die unzureichende Bereitstellung von Produkten zur Deckung des täglichen oder täglich häufigen Bedarfs durch Handel und Handwerk, die sich darin äußert, dass die Wohnbevölkerung sich nurmehr unter Hinnahme erheblicher Einkaufsanstrengungen versorgen kann. Dies gilt auch für städtische Randlagen und „Schlafsiedlungen“ in Großstadtvororten. Dort reicht die Kaufkraft oft nicht mehr aus, die Existenz von Einzelhandelsbetrieben zu ermöglichen, weil einerseits die optimale Betriebsgröße für Absatzmittler gestiegen ist und andererseits eine höhere Mobilität der Konsumenten Kaufkraft in lokale Einkaufszentren abzieht (= objektive Unterversorgung). Davon werden vor allem weniger kaufkräftige, z. B. ältere, immobile, Personen betroffen. Außer dem sind für anspruchsvolle Käufer im näheren Umkreis, wenn überhaupt, nur wenig differenzierte Sortimente verfügbar (= subjektive Unterversorgung). 9.2
Konfliktpotenziale im Vertriebskanal
Auf der Handelsstufe hat die Konzentration im Vertriebskanal zur Bildung von Großbetriebsformen mit Nachfragemacht gegenüber konzentrierten Lieferanten der Industrie geführt. Der Markt wandelt sich so zu einem – wettbewerbspolitisch unerwünschten – engen Oligopol. Die Kanalführerschaft geht damit zunehmend auf die Handelsstufe als Inhaber des Regalplatzes über. Die Beziehungen sind weitgehend durch Gruppenwettbewerb gekennzeichnet. Es ist immer noch die Ansicht verbreitet, dass die Interessen von Hersteller und Handel weitgehend deckungsgleich und beide gemeinsam bemüht sind, den Markt zu erobern. Dies ist jedoch mitnichten der Fall. Vielmehr haben Hersteller einerseits und Händler andererseits vielfältig abweichende Interessen, die im Vertriebskanal zu Konflikten führen. Diese erstrecken sich über alle Marketing-
9. Distributionsbeziehungen391
parameter, also bei Angebot, Gegenleistung, Information, Verfügbarkeit und Strategie. Im Angebots-Mix betreffen sie folgende Aspekte. Hersteller sind daran interessiert, das Image ihrer Produkte / Marken zu individualisieren und auszuprägen, also zum Wettbewerb hin abzugrenzen und gegenüber den Konsumenten zu profilieren. Händler wollen demgegenüber das Image des von ihnen angebotenen, geschlossenen Sortiments, also die Zusammenfassung der Angebote verschiedener Hersteller, durchsetzen. Hersteller zeichnet oft eine hohe Innovationsrate aus, erzwungen aus der Umsetzung technischen und / oder geschmacklichen Fortschritts sowie als Konkurrenzreaktion oder -antizipation, was eine zyklische Neuordnung des Angebots bedingt. Händler stehen Innovationen regelmäßig abwartend gegenüber, sind doch mit jedem neuen Angebot organisatorische Umstellungen und Risiken aus der Abnehmerakzeptanz verbunden. Hersteller zielen auf eine Individualisierung ihrer Marke ab, d. h. auf eine Abhebung vom Mitbewerb und eine Hervorhebung bei Kunden des Handels. Händler haben ein Interesse an der Etablierung und Forcierung eigener (Handels-)Marken, um die Abhängigkeit von Herstellern zu vermindern und neue, besonders preissensitive Käufergruppen für sich zu erschließen. Hersteller denken immer in Einzelangeboten, d. h. Produkten bzw. Ranges, oder in eigenen Programmdimensionen. Händler funktionalisieren Produkte zur gezielten Schließung von Sortimentslücken, damit Kunden das Fehlen bestimmter Waren nicht als beeinträchtigend empfinden und beim Geschäftsbesuch reklamieren. Für Hersteller dient die Packung in erster Linie der Profilierung und positiven Differenzierung des eigenen Angebots gegenüber allen anderen vergleichbaren, was oft in außergewöhnlichen, eigenständigen Kreationen resultiert. Eben diese Extravaganzen behindern Händler in der Rationalisierung ihres Warenhandlings, weshalb sie auf standardisierte Größen, normierte Formen und gewohnte Materialien Wert legen. Im Gegenleistungs-Mix betreffen Konflikte folgende Felder. Hersteller sind meist an konventioneller Preisgestaltung interessiert, um Irritationen auf Nachfrageseite über Preishektik zu vermeiden. Händler verfolgen indes die Absicht preislicher Differenzierung von ihren regionalen Mitbewerbern, was ihrer Ansicht nach vor allem über punktuell aggressive Preisgestaltung als besondere Anreize gelingt. Hersteller sind eher an einheitlichen, hohen Preisen interessiert, nicht so hoch, als dass sich das Käuferpotenzial einschränkt, aber auch nicht so niedrig, als dass sich damit Qualitätszweifel verbinden. Händler bevorzugen markant niedrige Preise, da der sich im Preisvergleich dann ergebende Vorteil ihnen vom Publikum erfahrungsgemäß als eigene Leistung zugeschrieben wird. Sonderan-
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
gebote etablieren allerdings in Dauer und Breite eine völlig unrealistische Preiseinschätzung am Markt, die das betreffende Produkt zum Normalpreis kaum mehr absetzbar macht. Hersteller sind an hohen Fabrikabgabepreisen (FAP) interessiert, die bei minimaler Handelsspanne dennoch zu einem konkurrenzfähigen Abverkaufspreis führen. Der Händler sieht dies naturgemäß völlig anders, er ist an niedrigen Einkaufspreisen (EK) interessiert, damit der Kalkulationsaufschlag höher ausfallen kann oder bei üblichem Kalkulationsaufschlag ein besonders konkurrenzfähiger Preis zustande kommt (ein klassischer Interessenkonflikt). Hersteller wollen möglichst hohe Einführungspreise für neue Angebote (Skimming), vor allem um eine Innovatorenrente abzuschöpfen, das Produkt image hoch anzusiedeln und Spielraum für spätere Preissenkungen zu lassen. Händler wollen demgegenüber niedrige Einführungspreise (Penetration), um eine rasche Durchdringung in der Kundschaft zu erreichen, die Drehgeschwindigkeit zu erhöhen und sich einen angemessenen Absatzanteil zu sichern. Hersteller setzen auf Klimaverbesserung und Partnerschaftsappelle, die helfen sollen, von Konditionenverhandlungen abzulenken. Händler fordern hingegen Nichtleistungskonditionen, die nur auf Macht beruhen. Im Informations-Mix betreffen Konflikte folgende Felder. Hersteller sind an der Generierung von Markentreue interessiert, also Kunden, die mit hoher Frequenz unbeirrt immer wieder die eigene Marke kaufen, gleich in welchem Handelsgeschäft. Händler sind an Einkaufsstättentreue interessiert, also Kunden, die mit hoher Frequenz unbeirrt immer wieder das eigene Geschäftslokal aufsuchen, fast gleichgültig, welche Waren sie dabei kaufen. Hersteller verfolgen in ihrer Kommunikation den Aufbau von Produktimage und -profilierung. Händler verfolgen demgegenüber den Aufbau von Geschäftsstättenimage und -profilierung, was etwas ganz Anderes bedeutet. Hersteller müssen zur Aktivierung ihres Absatzpotenzials eine maximale Reichweite für die Bekanntheit / Vertrautheit ihres Produkts im gesamten Verbreitungsgebiet erreichen. Händler wollen nur eine maximale Bekanntheit / Vertrautheit für ihre Betriebsstätte in deren lokalem Einzugsgebiet erreichen. Alle nicht punktuell wirksamen Maßnahmen sind für sie daher wertlos. Hersteller zielen primär auf eine positive Einstellung und Motivation im Vorfeld der Kaufentscheidung ab. Vor allem geht es darum, in den Evoked Set of Brands eines möglichst großen Zielgruppenanteils zu gelangen. Händler wollen hingegen die Auslösung unmittelbarer Kaufbereitschaft am POS, also Begierde und spontane Handlungswirkung. Hersteller wünschen eine Präsentationsunterstützung durch eigenständigen Auftritt und aktuelle Dekoration. Händler fordern demgegenüber Merchandising als unbezahlte Abverkaufshilfe am POS, Incentives für besondere Dekorationen und Werbekostenzuschüsse für anderweitige Kommunikationsmaßnahmen.
9. Distributionsbeziehungen393
Für Hersteller ist der einheitliche Auftritt ihrer Werbeaktivitäten hoch bedeutsam, um ein konsistentes Markenbild aufzubauen (CD / Look&Feel). Händler stellen ihren am Outlet bezogenen Aktionsauftritt in den Vordergrund, der Marken instrumentalisiert und sorgsam aufgebautes Image oft genug mit dem „Schweinebauch“ erschlägt. Im Verfügbarkeits-Mix betreffen Konflikte folgende Felder. Herstellern ist an möglichst hohen Bestellmengen in langen Lieferintervallen gelegen, da dies zur rationellen Auftragsbearbeitung und -ausführung beiträgt und Druck in der Pipeline erzeugt. Händler disponieren demgegenüber kurzfristig gestaffelte Bestellmengen analog dem Markterfolg, weil dies die Kapitalbindung reduziert. Hersteller sind regelmäßig an hoher Distributionsdichte bis hin zur Ubiquität ihres Angebots interessiert, weil dies über mehr Facing ihre Absatzchancen erhöht. Händler präferieren eher selektive bis exklusive Distribution mit begrenztem Wettbewerbsschutz durch Marktzutrittsschranken, hoher Ausschöpfung des Nachfragepotenzials und umfangreicher Unterstützung des Herstellers. Hersteller wollen die absolut beste Platzierung für ihr Produkt innerhalb des Handelsbetriebs. Händler streben eine optimale innerbetriebliche Platzierung an, die abhängig ist von Größen wie Gesamtdeckungsbeitrag, Kundenstrom und Präsentationsumfeld. Hersteller wünschen eine vollständige und permanente Bevorratung ihres Programms am Handelsplatz im „Full line“-Prinzip (keine Out of Stocks). Händler wünschen eine möglichst niedrige Vorratshaltung mit sachlich und zeitlich ausgewählten Artikeln nach dem „Rosinenpicker“-Prinzip. Herstellern ist an einem intensiven Beratungsservice vor Ort (POS) gelegen, vor allem wenn es sich um erklärungsbedürftige Produkte handelt, deren komparative Leistungsvorteile nicht offensichtlich sind. Dafür sind sie auch zu Schulungs- und Trainingsmaßnahmen bereit. Händler hingegen wollen eine möglichst rationelle Personalorganisation, d. h. keine übertriebene Spezialisierung, sondern flexibler Einsatz nach Arbeitsanfall, Ausfallzeiten und Fluktuation. Konflikte im Strategie-Mix sind übergreifend und betreffen folgende Felder. Hersteller zielen auf die Ausweitung ihrer Einflussnahme auf Endabnehmer ab, indem sie handelsstufenübergreifend unmittelbar auf diese mittels Sprungwerbung intensiv einwirken. Dies soll Händler umgehen, die dann nur noch die herstellerinduzierten Wünsche ihrer Kunden ausführen. Dem stellt der Handel eine Verstärkung seines Einflusses durch Rückwärtsintegration entgegen. Dies betrifft die Durchsetzung angemeldeter Produktwünsche, die Abwälzung originärer Handelsfunktionen und die Herstellung eigener Handelsmarken. Hersteller versuchen, ihre Produkte zu Pflichtmarken des Handels zu stilisieren, bei denen es sich kein Händler mehr leisten kann, sie nicht zu führen, weil er damit rechnen muss, dass Kunden, welche die gewünschte Ware nicht finden,
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
verärgert das Outlet wechseln, und zwar nicht nur hinsichtlich des nicht geführten Produkts, sondern auch hinsichtlich anderer Produkte, die zum Einkauf vorgesehen waren. Der Handel setzt den Profitabilitätsnachweis von Produkten als Voraussetzung für die Sortimentsaufnahme dagegen (DPP / DPR). 9.3
Präsenz im Vertriebskanal
Überlegt man, wie diese Limitationen überwunden werden können, so ist es hilfreich, sich den Vertriebskanal als Pipeline vorzustellen, die durch Anzahl, Abmessung und Struktur den Markterfolg begrenzt. Am einen Ende füllen Hersteller Waren in diese Pipeline hinein, der Handel nimmt eine Ventilfunktion in dieser Pipeline wahr, und am anderen Ende fließen Waren an Endabnehmer ab. Limitationen in dieser Pipeline lassen sich durch verschiedene Maßnahmen überwinden. Angesichts restriktiver Vermarktungsbedingungen stellt sich die Frage, wie sich Hersteller- und Handelsstufe erfolgversprechend miteinander arrangieren können. Dabei ist der Anspruch auf die Kanalführerschaft der einen oder anderen Seite von Bedeutung. Dafür ergeben sich vier Kombinationen (siehe Abb. 75). Ein aktiver Einfluss auf die Gestaltung des Vertriebskanals bei Außerachtlassung etwaiger Handelsreaktion darauf, um die Herstellerinteressen durchzusetzen (Konflikt), bietet sich vor allem bei geringer Austauschbarkeit des Angebots an, ansonsten weicht der Handel auf kooperativere Lieferanten aus. Nur „Pflichtartikel“ des Handels, die wegen ihrer extrem hohen Publikumsvertrautheit und -nachfrage im Handelssortiment praktisch unverzichtbar sind, können sich ein solches Vorgehen erlauben. Ob es sinnvoll ist, muss selbst dann bezweifelt werden. Im Wesentlichen stellen sich zwei Alternativen: •• Druckerzeugung in die Pipeline hinein erfolgt durch Push über Inaussichtstellung materieller oder ideeller Vorteilsgewährung in Abhängigkeit von absatzförderndem Verhalten. Materielle Incentives schlagen jedoch voll auf die Rentabilität durch, ideelle Incentives unterliegen einem Abnutzungseffekt durch Gewöhnung. Werbemittelunterstützung stellt dabei oft nur einen verdeckten Nachlass dar, der sich dauerhaft nicht in mehr Facing auswirkt und bald in den Besitzstand des Handels übergeht. •• Sogerzeugung aus der Pipeline heraus erfolgt durch Pull, meist über Sprungwerbung der Hersteller direkt an Endabnehmer. Diese sollen ein Produkt zielsicher anderen vorziehen, so dass der Handel es sich nicht leisten kann, das massenmedial beworbene Produkt nicht zu führen. Durch Kombination mit dem Push-Ansatz kann der Warenumschlag je Regalflächeneinheit erhöht und diese damit für alle Seiten effektiver genutzt werden. Eine Dominanz des Herstellers bei Subordination des Handels unter Nutzung besserer Kontrollmöglichkeiten seitens des Herstellers bedeutet, dass hierbei vor
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Abb. 75: Präsenz im Vertriebskanal
allem an direkten Vertrieb unter Ausschaltung der Absatzmittler zu denken ist. Damit sind jedoch regelmäßig erhebliche investive Aufwendungen verbunden, die vor allem in der Aufbauphase die meisten Hersteller überfordern. Als Alternativen stellen sich insgesamt aber mehrere Möglichkeiten: •• Der Aufbau einer eigenen Pipeline strebt eigene Herstellerabsatzstellen (Direktvertrieb) an. Dies ist nur in Einzelfällen ein Ausweg, wenn Investitionen problemlos getätigt oder durch (vertikale) Kooperationsformen im Vertriebs-
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
kanal limitiert werden können. Allerdings stellt sich durch E-Commerce die Möglichkeit einer geschäftsstättenlosen und damit investitionsschonenden Distribution. •• Eine Substitution der Pipeline bedeutet den Wechsel in einen neuen Vertriebskanal. In der Praxis bleibt diese Chance allerdings eher marginal, weil für große, marktmächtige Absatzmittler nicht so leicht Ersatz zu schaffen ist. Ein Ausweichen auf andere ist daher unweigerlich mit hohen Verlusten an Kontaktchancen (= Regalplatz) verbunden. Außerdem verändert sich dadurch die Qualität der Absatzstellen. •• Eine Erweiterung der Pipeline bedeutet die Mehrkanaldistribution in zwei / mehreren Vertriebskanälen. Meist sind damit jedoch Konfliktsituationen verbunden, denn die dabei parallel distribuierten Absatzmittler fürchten zurecht Geschäftseinbußen infolge des jeweilig anderen Vertriebskanals. Deshalb ist dies nur bei gleichzeitiger Programmaufteilung derart sinnvoll, dass jeder Vertriebskanal bestimmte Waren für sich exklusiv erhält. •• Eine Vergrößerung des Durchmessers der Pipeline strebt die Distributionsgradsteigerung an. Der hohe allgemeine Konzentrationsgrad führt jedoch dazu, dass bei etablierten Produkten eine Erhöhung der numerischen Distribution nur von einem weit unterproportionalen Zuwachs der gewichteten Distribution begleitet wird. Eine Dominanz des Handels bei Subordination der Hersteller als Abgabe der Kanalführerschaft an den Handel bedeutet in Anbetracht der hohen Machtkonzentration auf der Handelsstufe und fehlenden eigenen Zugriffs auf Endabnehmer einen sehr risikoreicher Ansatz. Der Hersteller begibt sich damit in die Abhängigkeit, wenn kein ausreichendes Profil bei aktuellen und potenziellen Kunden besteht, das Nachfrageattraktivität ausübt. Die Finanzmittel dazu sind bei die Konditionen drückender Abnahmepolitik des Handels auch nur schwerlich zu erwirtschaften. Insofern entsteht ein Teufelskreis. Diese Aspekte werden im Rahmen der Konzentration im Vertriebskanal, vor allem der Nachfragemacht der Handelsstufe, diskutiert. Der Versuch der Regalplatzausdehnung (Facing) stellt eine wichtige Möglichkeit dar. Da der Regalplatz der Engpass für den Geschäftserfolg des Handels und zugleich streng limitiert ist, scheint das vermehrte Facing eines Angebots nur zulasten dessen direkten Mitbewerbs über den Nachweis der betriebswirtschaftlichen Vorteilhaftigkeit dieses Austauschs (aus dem Verkauf selbst oder über Nebenleistungen) möglich. Eine weitere Chance besteht in der Schließung von Sortimentslücken für den belieferten Handel. Somit kann zumindest für Angebotsnischen Augenhöhe erreicht werden. Es besteht allerdings die Gefahr, dass, sobald sie sich als lukrativ herausstellen, der Handel diese selbst besetzt (Handelsmarken). Eine gleichzeitige Subordination von Hersteller und Handel als Kooperation und Interessenintegration wird als Weg verstärkt eingeschlagen, da Auseinandersetzungen leicht dysfunktionale Züge tragen und keinen der Beteiligten be-
9. Distributionsbeziehungen397
friedigen. Daher werden gemeinsame Interessenfelder identifiziert und im Rahmen der Co-Organisation bearbeitet. Entsprechende Lösungsmöglichkeiten werden im Rahmen des Kontraktmarketing praktiziert. Die Verringerung des Fließwiderstands in der Pipeline als wichtiger Bestandteil bedeutet einen erhöhten Durchsatz durch Anreize. Dies geschieht meist durch Nutzung informationeller Abstimmung im Vertriebskanal. Dafür stehen umfangreiche Techniken zur Verfügung, insb. Warenwirtschaft, DPP / DPR, Efficient Consumer Response / ECR, CPFR. Diese führen zu Win-win-Partnerschaften zwischen Hersteller und Handel. 9.4
Vertikale Kooperation im Vertriebskanal
Die Formen der vertikalen dauervertraglichen Kooperation im Vertriebskanal werden gemeinhin unter dem Begriff Kontraktmarketing (Regulated Distribution) zusammen gefasst. Ihr primäres Ziel ist die Überwindung der latent oder manifest vorhandenen Interessenkonflikte im Vertriebskanal, die zahlreich und mit starken Machtmitteln versehen, vorhanden sind. Solche Kooperationen im Vertriebskanal (Vertriebsbindungen) treten in vielfältigen Anlagen auf: •• Der Inhalt kann sich auf bestimmte Produktgruppen (Alleinvertrieb), Absatzgebiete (Gebietsschutz, Export, Reimport, Weiterexport), Angebotsfristen (Termin- / Lagerklauseln) oder Kundengruppen beziehen (Direktlieferung, Rücklieferung, Vorbehalts- / Selektionsklauseln). •• Nach der Art gibt es offene und eingeschränkte Systeme (selektive Bindungen bestehen zu mehreren Partnern eines Inhalts, exklusive Bindung besteht nur zu einem Partner je Inhalt). •• Nach der Richtung kann die Verpflichtung einseitig (von der marktschwächeren Seite ausgehend) oder gegenseitig ausgelegt sein. •• Nach dem Fokus kann es sich um inputbezogene (Beschaffung, Eingangslogistik), throughputbezogene (Koordination, Administration) oder outputbezogene Aktivitäten handeln (Verkauf, Kundendienst). •• Die Stufigkeit kann sich auf Hersteller und Großhandel, Hersteller und Einzelhandel oder Großhandel und Einzelhandel (Verbundgruppe) beziehen. Dabei können zwei oder mehr Vertriebsstufen involviert sein. Die wesentlichen Ausprägungen dieser Anlagen werden im Folgenden vorgestellt, so die Abstimmung mit Handelsstufen, die Raumvermietungsgeschäfte des Handels, die Warenvermittlungsgeschäfte des Handels und die Warenverkaufsgeschäfte des Handels (siehe Abb. 76).
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
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Abb. 76: Vertikale Kooperationen im Vertriebskanal
9.4.1
9. Distributionsbeziehungen399
Abstimmung mit der Handelsstufe
Innerhalb der Abstimmung mit der Handelsstufe ergeben sich wiederum die Ausprägungen der Rahmenvereinbarung und des Herstellergestützten Mittelstandskreises. 9.4.1.1 Rahmenvereinbarung Die Rahmenvereinbarung ist eine Absichtserklärung im Zuge der planvereinbarten Vermarktung, in der zwischen Hersteller und Handel die Eckpunkte des Geschäftsinhalts in Bezug auf Zielumsatz, Bestellsortiment, Stammplatzierung, Umsatzprämie, Leistungen des Abnehmers wie Listungsstandard halten, Neulistungen, Umlistungen, Aktionsrunden, Leistungen des Lieferanten wie Grundkonditionen, Zentralkonditionen, Werbekostenzuschüsse, Zielabstimmung etc. für das nächste Jahr definiert werden. Daran nehmen Key Account- bzw. TradeManager des Herstellers sowie Zentraleinkäufer des Handels als Repräsentanten ihrer Organisationen teil, die das Gespräch auch detailliert vorbereiten, da es sich für beide Seiten um ein sensibles Unterfangen handelt. Praktisch werden Rahmenvereinbarungen nur zwischen großen Markenartiklern und wichtigen Absatzmittlern (Großbetriebsformen des Handels) abgeschlossen. Es handelt sich deswegen um ein sensibles Unterfangen, weil die ausgehandelten Konditionen hohen Einfluss auf die Ertragssituation im Geschäftsjahr nehmen, zumal diese quasi als Besitzstand auf den Handel übergehen und im folgenden Geschäftsjahr nicht mehr Ergebnis, sondern vielmehr Ausgangspunkt von Verhandlungen sind. Davon gab es in neuerer Zeit nur eine Ausnahme, im Zuge von Kapazitätsengpässen unmittelbar nach der Wiedervereinigung Deutschlands. 9.4.1.2 Herstellergestützter Mittelstandskreis Der Herstellergestützte Mittelstandskreis ist ein Zusammenschluss klein- und mittelständischer Händler zur Steigerung ihrer Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den Großbetriebsformen der Branche, wobei deren Teilnehmer ausnahmsweise Verabredungen treffen, die Marktwirksamkeit haben. Hersteller dürfen dort auf Initiative der Händler, meist konstituiert durch einen Beirat, partizipieren, allerdings nicht Mitglied werden, sich engagieren, jedoch keinerlei Druck zur Durchsetzung ausüben. Vielmehr muss die Einigung allein auf Händlerebene zustande kommen. Die kleine und mittlere Größe definiert sich dabei nicht absolut, sondern in Relation zu den Großen der Handelsbranche. So gehören im Handel selbst Großbetriebsformen zum Adressatenkreis. Mittelstandskreise dürfen ihren Mitgliedern gegenüber Empfehlungen aussprechen, auch in Bezug auf Preise, die intern bekannt zu geben und ausdrücklich nur als unverbindlich zu bezeichnen sind (dieser Zusatz ist aber nicht in den Werbemitteln erforderlich).
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Alle ausgesprochenen Empfehlungen müssen die Leistungsfähigkeit der Beteiligten gegenüber den Branchenriesen zu fördern geeignet sein. Dann brauchen sie nicht beim Kartellamt angemeldet zu werden. Dieses beobachtet jedoch Mittelstandskreise und beanstandet sie bei Missbrauch. Hersteller bieten oft an, bestimmte Produktlinien nur über Mitglieder des Mittelstandskreises zu vertreiben. Diese erhalten dadurch einen Wettbewerbsvorteil und sind aus der Preisvergleichbarkeit herausgenommen. Beispiele finden sich in der Elektrobranche bei Weißer oder Brauner Ware (Rowenta). Als Rechtsform kommt eine GbR in Betracht, die interne Organisation erfolgt durch Selbstverwaltung. Die wichtigsten Vorteile aus Herstellersicht sind stabile Preislagen in größeren Regionen, eine höhere Motivation der Händler für „exklusive“ Mittelstandsware, bessere Produktionsplanung und harmonische Abstimmung im Vertriebskanal. Die wichtigsten Nachteile sind die kartellrechtliche Anfechtbarkeit wegen der Selektion der Mitglieder im Handel und des Engagements des Herstellers, zudem die fehlende Mengenwirkung und Distributionskraft der Großbetriebsformen des Handels. 9.4.2
Raumvermietung des Handels
Auch bei der Raumvermietung des Handels (Flächenpartnerschaften) ergeben sich verschiedene Ausprägungen, das Shop in the Shop-System, das Store in the Store-System, der Hersteller-Rack Jobber und die Konzession. 9.4.2.1 Shop in the Shop Das Shop in the Shop-System basiert auf der Untervermietung von Geschäftsfläche im größeren Handel (Dachgeschäft) an Hersteller, wobei diesen ein bestimmter Platz im Laden zugewiesen wird, der auch der eigenständigen Präsentation dient („Koje“). Neben Mietzahlungen werden auch MerchandisingLeistungen wie Möbel, Musik, Werbemittel etc. geboten. Daneben gibt es eine händlereigene Abteilung derselben Category. Vorteile für den Einzelhandel liegen in Folgendem. Es kommt zu einer Auflockerung der Warenpräsentation und zu einer Anreicherung des Sortiments um prominente Marken. Dies erhöht die Attraktivität des Ladengeschäfts. Die Betriebseinnahmen können durch Mietzins erhöht werden. Insgesamt kommt es zu einer Risikominderung und zur Vermeidung von Kapitalbindung. Nachteile entstehen dem Handel aus der Einbuße an Autonomie und der Gefahr der Verwässerung der Corporate Identity. Zudem kommt es zu einer Angebotsidentität mit konkurrierenden Dachgeschäften. Synergieeffekte zum eigenen Angebot sind nur begrenzt nutzbar. Vorteile für den Hersteller liegen in Folgendem. Es kommt zur Sicherung knapper Regalplätze an den vorteilhaftesten Standorten. Dabei kann die Corpo-
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rate Identity gewahrt bleiben. Durch den direkten Kontakt zu Endkunden kommt es zu einem Erfahrungsgewinn. Die Kundenfrequenz (Traffic) des Einzelhandels kann genutzt werden, zudem entsteht eine Partizipation an den Werbeaktivitäten des Dachgeschäfts. Gegenüber eigenen Filialen kann zudem die Schwellenangst bei Nachfragern gesenkt werden. Nachteile entstehen Herstellern aus dem erhöhten Organisations- und Abwicklungsaufwand. So kommt etwa die Akquisition, Einsetzung und Steuerung des Personals als Zusatzaufwand hinzu. Es besteht die Gefahr, dass die Dachgeschäfte das Herstellerkonzept kopieren. Außerdem sind meist restriktive Auflagen des Dachgeschäfts zu beachten. Es handelt sich also um Unterabteilungen, denen Magnetwirkung in I a-Lagen zukommt. Beispiele dafür sind Esprit, S.Oliver, Tom Tailor, Lerros, Oui, Mustang, Casamoda, Street One, Wrangler. 9.4.2.2 Store in the Store Das Store in the Store-System ist eine weitergehende Form der Untervermietung, bei der eine komplette Abteilung des Ladenlokals einem Dritten (Hersteller oder Großhandel) zur Bewirtschaftung überlassen wird. Oder ein Laden innerhalb eines Gemeinschaftswarenhauses zugewiesen wird. Daneben gibt es keine händlereigene Abteilung derselben Category. Dieser führt die überlassene Fläche wie ein eigenständiges Geschäft, trägt alle Kosten, behält Gewinne ein und leistet dafür eine Mietzahlung. Beispiele sind Spar-Lebensmittelabteilungen oder Saturn-Unterhaltungselektronikabteilungen bei Galeria Kaufhof. Nur auf diese Weise sind für diese noch attraktive City-Lagen verfügbar. Oft handelt es sich jedoch um frequenzabhängige Abteilungen, die infolge hoher Mietkosten, aufwändiger Präsentation und dauerniedriger Preise kaum rentabel zu führen sind. 9.4.2.3 Hersteller-Rack Jobber Beim Hersteller-Rack Jobber handelt es sich um einen geringeren Grad der Präsentation und Untervermietung, nämlich nur in Form von Regalflächen, die von Hersteller fest angemietet und selbst bewirtschaftet werden. Die Erlöse werden getrennt abgerechnet. Der Rack Jobber übernimmt auf eigene Rechnung die Warenbereitstellung und das Merchandising, also die Platzierung der Warengruppen und Artikel, die Gestaltung der Schaufläche, die Auszeichnung der Waren, die Aufstellung von Displays / Verkaufshilfen, die Abwicklung von Reklamationen und die logistische Organisation. Der Händler stellt somit nur den Platz zur Präsentation zur Verfügung. Ersterer profitiert von der Agglomera tionswirkung der frequentierten Geschäftsstätten, letzterer von der Arrondierung seines Sortiments und der Zahlung von Miete und Umsatzprovision. Rack Jobber eignen sich für den Handel bei kleinpreisigen Ergänzungssortimenten
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
und problemlosen (selbstbedienungsfähigen) Artikeln, die verkaufsförderungsbetont und risikobehaftet sind, denn der Rack Jobber trägt Beschaffungs-, Lagerungs-, Transport-, Bereitstellungs-, Service- und Rücknahmerisiken. Beispiele sind Herlitz Schreibwaren, Alpha Bild- und Tonträger oder Wenco Haushaltswaren. Ein weiteres Beispiel ist das Tchibo-Präsentation im LEH, dort werden in der Regie von Tchibo Kaffee und Merchandising-Artikel platziert, disponiert und dekoriert. Vorteile für den Hersteller sind der direkte Kontakt zu Endabnehmern, die Erzielung von Wettbewerbsvorteilen dadurch und der Zuwachs von Marktkenntnissen. Nachteile liegen in der Übernahme der Distributionsfunktion und der Abhängigkeit von der Handelsstufe. Vorteile für den Händler sind die Verringerung des Absatzrisikos und -aufwands sowie die Verantwortungsdelegation, der Anfall konstanter Einnahmen mit aktueller Ware. Nachteile liegen in der Abhängigkeit vom Hersteller, Ausfällen bei eigenen Umsätzen und der Autonomieeinbuße. 9.4.2.4 Konzession Die Konzession betrifft Händler, die im Rahmen eines Untervermietungssystems in Ladenpassagen, Einkaufszentren, Gemeinschaftswarenhäusern etc. sortimentsergänzende oder periphere Angebote machen und dafür Verkaufsfläche als Ladenlokal eingeräumt erhalten (zur Abgrenzung von Konzessionären in der Gastronomie mit Ausschankerlaubnis durch Brauereien oder von Lizenznehmern). Konzessionäre sind rechtlich selbstständig, jedoch in strenge Generalklauseln eingebunden. Aufgrund des Pachtcharakters stehen ihnen die Erträgnisse ihrer Tätigkeit voll zu, sie leisten dafür jedoch, teils erfolgsabhängige, Pachtzinszahlungen. Der Verpächter profitiert von der Abrundung seines Serviceangebots (One Stop Shopping) und erhöht damit die Attraktivität seiner gesamten Geschäftsstätte, zudem erhält er Mieteinnahmen, die Pächter profitieren von der Agglomerationswirkung der Einkaufsstätte, die einen Traffic generiert, den sie selbst nicht darzustellen imstande wären. Nachteilig sind die Einschränkung der Dispositionsfreiheit beim Pächter und der Verwaltungsaufwand beim Verpächter. Beispiele sind Pächter wie Bäckereien, Fachhändler für Tierbedarf, Gastronomiebetriebe wie Cafés oder Schnellrestaurants, Dienstleistungsflächen für Friseure, Schlüsseldienste, Reinigungen, Lotto-Toto-Annahmestellen etc. im Vorraum von Einkaufszentren. Denkbar ist auch die Nutzung von Außenflächen, etwa für eine Tankstelle auf dem Parkplatz oder für ambulante Händler für Schmuck, Mobiltelefonie, Fotografie etc. im Eingangsbereich.
9.4.3
9. Distributionsbeziehungen403
Warenvermittlung des Handels
Bei der Warenvermittlung des Handels gibt es zwei unterschiedliche Ausgestaltungsformen, den Agenturvertrieb und den Konsignationsvertrieb. 9.4.3.1 Agenturvertrieb Beim Agenturvertrieb wirken Distributoren als Handelsvertreter für Hersteller und vertreiben Ware für deren Rechnung und in deren Namen als Agenten. Damit verbunden sind ein einheitliches Präsentationskonzept und Gebietsschutz. Da die Handelsstufe nur als Absatzhelfer agiert, ist sie weisungsgebunden hinsichtlich aller Auftragsparameter. Daraus ergeben sich als Vorteile aus Herstellersicht eine hohe Distributionsdichte durch Gewinnung kleinerer Händler, eine einfache Einsatzlenkung und leichte Kommunikation, die Möglichkeit der festen Preisvorgabe, eine bevorzugte Platzierung durch Empfehlung der Agenturware und die Feinsteuerung durch differenzierte / variierte Provisionssätze. Nachteile, die sich daraus aus Herstellersicht ergeben, sind, dass die Finanzierungs- und Umsatzrisiken allein beim Hersteller liegen, ein Rückgaberecht der Absatzhelfer für nicht verkaufte Ware besteht, die Versuchung zur gegenseitigen Preisunterbietung durch Provisionsweitergabe gegeben ist, Einbußen an Wettbewerbsflexibilität durch starre Preisangaben entstehen und preisaggressive, moderne Betriebsformen hier nur schwierig einzubinden sind, da sie sich ihres wichtigsten Wettbewerbsparameters begeben. Vorteile aus Absatzhelfersicht sind hingegen die Folgenden. Es kommt zur Ausschließung des Preiswettbewerbs in Bezug auf die Agenturware, gesicherte Spannen sind durch feste Provision für jedes vermittelte abgeschlossene Geschäft gegeben, nur eine begrenzte Anzahl konkurrierender Absatzhelfer im Einzugsgebiet ist vorhanden, und die enge Anbindung macht umfangreiche akquisitorische Unterstützung des Herstellers möglich. Nachteile aus Absatzhelfersicht sind vor allem folgende. Es besteht Vergleichbarkeit der Absatzstellen durch Ausfall des wichtigsten Wettbewerbsparameters Preis, die Bevorzugung der Agenturware geht zu Lasten der Präsentation des übrigen Sortiments, eine hohe Abhängigkeit von einer dauerhaft erfolgreichen Geschäftspolitik des Herstellers der Agenturware ist gegeben und hohe Investitionen in ein Vertriebsinformationssystem sind erforderlich. Beispiele finden sich bei Mineralölkonzernen (Marken-Tankstellen) und Reiseunternehmen (Lufthansa-Agentur) etc.
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
9.4.3.2 Konsignationsvertrieb Beim Konsignationsvertrieb erfolgt der Vertrieb im Handel zwar in eigenem Namen, aber auf fremde Rechnung. Der Kommittent (Hersteller) bleibt auf diese Weise Eigentümer (nicht Besitzer) der Ware und kann weitreichenden Einfluss auf deren Vermarktung nehmen. Der Abnehmer (Kommissionär) schließt mit seinem Lieferanten einen Kommissionsvertrag ab, wobei der Lieferer Eigentümer der Ware bleibt, der Abnehmer aber deren Besitzer. Endkunden können nur durch Nachprüfung erkennen, wem die Ware gehört. Der Erlös geht in vollem Umfang an den Kommittenten, dieser erstattet dem Kommissionär eine Provision darauf. Oder der Kommissionär zieht die Provision gleich vom eingezogenen Betrag ab und leitet den Restbetrag weiter. Für nicht verkaufte Ware hat er ein Rückgaberecht. Meist wird deren Wert dem Rechnungsbetrag für die nächste Lieferung gutgeschrieben. Daraus ergeben sich als Vorteile aus Herstellersicht, dass festgesetzte einheitliche Preise vorgegeben werden können, eine straffe Organisation und rasche Aktionsfähigkeit gegeben ist und ein direkter Informationsfluss vom Absatzhelfer an Hersteller besteht. Nachteile, die sich aus Herstellersicht ergeben, sind das erforderliche hohe Finanzierungsvolumen durch zumindest einmalige Vorfinanzierung der Ware, die schwierige Einbindung preisaggressiver, moderner Betriebsformen und die wettbewerbsrechtliche Problematik. Vorteile für Absatzhelfer sind hingegen die Folgenden. Es besteht kein Vertriebs- und Finanzierungsrisiko für die Kommissionsware, es ist eine gesicherte Rendite bei Absatz gegeben, einige der akquisitorischen Tätigkeiten werden vom Hersteller übernommen. Nachteile aus Absatzhelfersicht sind vor allem folgende. Eine eigenständige Differenzierung vom Mitbewerb ist durch zahlreiche Vorgaben erschwert, die unvoreingenommene Umsetzung der eigenen Vertriebsstrategie ist durch die wirtschaftliche Abhängigkeit behindert, und Erfolg und Image des Kommittenten beeinflussen die eigene Geschäftsstätte und engen Transferbedingungen ein. Ein Beispiel findet sich im Tchibo-Nebengeschäft der Bäckereien, die in Bezug auf Brot und Backwaren Absatzmittler sind, in Bezug auf Kaffee und Merchandising-Artikel aber Kommissionäre. Weitere Beispiele sind Autohändler (Gebrauchtwagen), ebay-Shop, Kartenvorverkauf in Reisebüros, Kunst- und Antiquitätenhandel, Briefmarkenhandel etc. 9.4.4
Vertriebsbindung des Handels
Bei der vertikalen Vertriebsbindung bestehen wiederum mehrere Möglichkeiten, das Depotsystem, das Franchising und der Vertragshändler.
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9.4.4.1 Depotsystem Beim Depotsystem (im Eigenhandel) beliefert der Hersteller den Handel selektiv unter der Voraussetzung der Sortimentsabnahmepflicht (Franchise- und Vertragshändler-Systeme sind exklusiv). Dadurch führen ausgewählte Händler ein repräsentatives Angebot der Marke, beraten dieses kompetent und bevorzugt und präsentieren es prominent. Ansonsten sind sie frei in der Geschäftsführung. Der Hersteller leistet umfangreiche Hilfestellung bei der Vermarktung, vor allem durch attraktive Produkte und vorverkaufende Werbung. Beispiele sind hochwertige Kosmetikmarken in Parfümerien oder exklusive Uhrenmarken bei Juwelieren. Im Unterschied zu den Warenvermittlungsgeschäften wird der Depothändler Eigentümer der Ware und trägt daher auch alle damit verbundenen Kosten und Risiken. Dafür ist er frei in der Geschäftsführung. Da es sich bei der Depotware um vorverkaufte, hoch attraktive Produkte handelt, deren Produzent jedoch auf einer vertikalen Vertriebsbindung besteht, ist er bereit, als Gegenleistung für die Aufnahme in die Distribution bestimmte Verpflichtungen einzugehen. Dazu gehört die Führung eines repräsentativen Sortiments, da der Hersteller bei nur begrenzter Distribution darauf angewiesen ist, dass in den wenigen Absatzstellen sein Programm möglichst vollständig vertreten ist. Dazu gehört auch die bevorzugte Beratung der im Depot geführten Waren, indem die Präferenz des Herstellers für den Absatzmittler von diesem an seine Endabnehmer weitergegeben wird. Und die prominente Präsentation der Depotwaren im Innenraum / Eingangsbereich und Schaufenster, damit Kunden dieses Angebot zuvörderst gewahr werden. 9.4.4.2 Franchising Franchising ist ein vertikal kooperativ organisiertes Vertriebssystem rechtlich selbstständig bleibender Unternehmen auf Basis eines vertraglichen Dauerschuldverhältnisses. Dieses System tritt am Markt einheitlich auf und wird durch ein arbeitsteiliges Leistungsprogramm der Systempartner geprägt, sowie durch ein Weisungs- und Kontrollsystem zur Sicherung systemkonformen Verhaltens. Das Leistungsprogramm des Franchisegebers besteht aus einem umfangreichen und vielfältigen Beschaffungs-, Vertriebs- und Organisationskonzept, das ständig weiterentwickelt wird, der Nutzungsmöglichkeit an Gewerblichen Schutzrechten, der Aus- und Weiterbildung des Franchisenehmers und der Verpflichtung, diesen aktiv und laufend zu unterstützen, der Bereitstellung von Produkt-, Firmen- und Markenzeichen, der Überlassung von S ystem-Know-how, der Gewährung von Nutzungsrechten am Systemimage, der Hilfe bei Betriebsaufbau, Werbung, Verkaufsförderung, Aktionen, Sortimentsplanung, laufender Beratung auf allen Betriebsgebieten, betriebswirtschaftlichen Dienstleistungen und Organisationshilfsmitteln, Erfahrungsaustausch, Belieferung bzw. Nachweis
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von Bezugsgelegenheiten zu festgesetzten Konditionen, Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit des Systems, Gewährung von Gebietsschutzrechten etc. Der Franchisenehmer liefert im Gegenzug dazu Arbeit, Kapital und Information an, führt das Geschäft nach vorgegebenen Richtlinien, verwendet Marke und Zeichen des Franchisegebers, setzt sich vorbehaltlos für das System ein, wahrt alle Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, meldet periodisch Daten und Ergebnisse, bezieht ausschließlich beim Franchisegeber oder bei von diesem vorgegebenen Bezugsquellen, duldet Kontrollen und Inspektionen im Betrieb, erkennt das Weisungsrecht des Franchisegebers an, bildet Sortimente nach einzuhaltenden Systemstandards, nutzt das Dienstleistungsangebot etc. Als Erfolgsfaktoren des Franchisesystems sind vor allem folgende zu nennen: •• arbeitsteilige Konzentration auf die jeweiligen Kernkompetenzen mit Funktionsbündelung, Nutzung der Motivation, von Synergiepotenzialen und Größeneffekten des gesamten Systems, Schaffung von Marktzutrittsbarrieren für potenzielle Konkurrenten bei gleichzeitiger Steigerung der Attraktivität für Interessenten, sich an diesem System zu beteiligen, Standardisierung der internen und externen Leistungen, marktnahe, individuelle Kundenbetreuung unter einem gemeinsamen Markendach. Zweck des Franchisings ist es, filialähnliche Systeme zu bilden, in denen durch interorganisationale Arbeitsteilung Produktions- und Koordinationskosten gesenkt und zugleich die strategische Flexibilität verbessert werden kann. Franchising kann sich auf den Vertrieb von Produkten, die Erbringung und den Vertrieb von Dienstleistungen oder die Produktion und den Vertrieb von Produkten beziehen: •• Beim Vertriebsfranchising verkauft der Franchisenehmer bestimmte, fremd hergestellte Waren in seinem Geschäft, welches den Namen seines Franchisegebers trägt. Beispiele sind OBI, Der Teeladen oder Yves Rocher. •• Beim Dienstleistungsfranchising erstellt der Franchisenehmer mit Hilfe des Know-hows, das er vom Franchisegeber vermittelt erhält, eine Dienstleistung selbst, die er auch verkauft. Beispiele sind McDonald’s, Burger King, Holiday Inn, Musikschule Fröhlich. •• Beim Produktionsfranchising vertreibt der Franchisenehmer Produkte, die er selbst nach Produktionsverfahren bzw. Rezeptur des Franchisegebers hergestellt, bearbeitet oder veredelt hat. Dazu nutzt er das Know-how seines Franchisegebers. Der Unterschied zum reinen Lizenzsystem liegt im mitgelieferten Organisations- und Vermarktungskonzept. Beispiele sind Portas oder Biffar. Hinsichtlich der Stufigkeit kann beim Vertriebsfranchising die Produktion der Produkte auch beim Franchisegeber liegen, dann fungiert dieser als Hersteller (Herstellerfranchising). Oder der Franchisegeber bezieht die abzusetzenden Produkte seinerseits von einem Hersteller, dann fungiert er als Großhändler
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(Großhandelsfranchising). Bekanntestes Beispiel ist Coca-Cola, hier erhalten die Franchisees verplompte Kapseln mit dem Coke-Konzentrat, das diese, nur mit Kohlensäure und Wasser versetzt, abfüllen und an Wiederverkäufer distribuieren (Gastronomie, Hotellerie etc.). Organisatorischer Kern des Franchisesystems ist die Systemzentrale. Sie betreibt die erfolgreiche Entwicklung des Geschäftskonzepts sowie die Etablierung und Weiterführung der Franchisebetriebe. Dazu wird zunächst ein Franchisepaket entwickelt. Alle zukünftigen Bestandteile werden darin weitestgehend festgelegt und in einem eigenen Pilotbetrieb getestet sowie die Geschäftsprozesse und die Ausstattung bestimmt. Dann sucht die Systemzentrale geeignete Partner, um das Konzept zu vervielfältigen. Die Partner werden langfristig eingebunden. Basis der Zusammenarbeit ist der Franchisevertrag. Nach deutschem Recht gibt es kein gesondertes Franchiserecht, sondern es sind unterschiedliche Bestandteile des Lizenz-, Know-how-, Gesellschafts-, Warenlieferungs- und Kaufvertrags involviert. Zwischenzeitlich sind zahlreiche Gerichtsurteile dazu aufgelaufen. Außerdem gibt es einen Verhaltenskodex für Franchising. Aufgrund der Vertragsfreiheit ist die Gestaltung der Inhalte grundsätzlich frei. In einer Präambel wird eine Zusammenfassung des jeweiligen Franchisekonzepts gegeben und die Selbstständigkeit des Franchisenehmers betont. Dann werden die Pflichten des Franchisegebers genannt, z. B. die Überlassung der Marken- / Firmenzeichennutzung und die Übertragung von Know-how. Bei den Pflichten des Franchisenehmers geht es vor allem um die Zahlung von einmaligen und laufenden Gebühren sowie ein Wettbewerbsverbot. Abschließend folgen Regelungen zur Vertragsverlängerung, zu Kündigungsbestimmungen, Abfindungsansprüchen etc. Für Details wird auf das Franchisehandbuch verwiesen, das jeweils dem aktuellen Stand angepasst werden kann. Dort sind sämtliche Informationen über das System in Wort und Bild festgehalten. Sie beziehen sich auf die Organisation des Franchisebetriebs, dessen Einrichtung und Ausstattung, Anweisungen zur Ausführung der Leistungen, Informationen über das Bestell- und Lieferwesen, Vermarktung und Werbung sowie Formulare. Die Inhalte werden in Schulungen für das tägliche Geschäft nutzbar gemacht. Je nach System werden dafür Kostenbeiträge fällig. Eine rechtliche Notwendigkeit ergibt sich aus der GruppenfreistellungsVO für Franchising. Damit sind anderweitig als wettbewerbsbeschränkend auszulegende Sachverhalte legal, sofern ein Franchisesystem vorliegt. Zum Nachweis eines solchen Systems dient u. a. das Handbuch. Da dessen Inhalte einem stetigen Wandel unterworfen sind, ist es zweckmäßig, sie nicht explizit zum Vertragsbestandteil zu machen, sondern auf die Dokumentation als Vertragsbestandteil hinzuweisen. Dort ist der tatsächliche Rahmen der Zusammenarbeit zwischen Franchisegeber und Franchisenehmer niedergelegt.
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Die Franchisenehmer zahlen für die Weitergabe des Know-hows an sie, für ihre Nutzung eines fremden Markenzeichens etc. eine Franchisegebühr. Diese Gebühr ist grundsätzlich frei aushandelbar, darf jedoch nicht gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen (z. B. Wucher). Die Gebühr unterteilt sich in eine einmalige Eintrittsgebühr, durch welche die Übernahme des Geschäftsmodells abgegolten wird sowie laufende Gebühren, durch welche die Fortentwicklung des Systems durch den Franchisegeber abgegolten wird. Der Verlauf dieser Gebühren kann linear, progressiv oder degressiv ausgelegt sein und bezieht sich zumeist auf den Umsatz als Basisgröße. Gelegentlich wird auch eine Mindestgebühr oder Pauschale vereinbart. Hinzu kommt häufig eine Werbegebühr, durch welche die Bekanntmachung / -haltung des Systems abgegolten wird. Es kommt auch vor, dass keine laufende Gebühr zu entrichten ist, dann besteht aber eine Warenbezugsverpflichtung, in die dieser Betrag bereits eingerechnet ist (verdeckte Franchisegebühr). Das Franchisesystem hält sowohl Chancen als auch Risiken für beide Seiten vor: •• Wesentliche Chancen des Franchisenehmers sind seine Risikominderung, die Partizipation an der Reputation des Franchisegebers, die Initiierung durchsetzungsfähiger Maßnahmen durch die Systemzentrale, das gegenseitige Lernen aus der Kooperation und die hohe Produktivität des Betriebs durch Erfahrungs- und Degressionseffekte. •• Wesentliche Risiken des Franchisenehmers sind die Erfüllung hoher Anforderungen seitens des Franchisegebers, die intensive Leistungsbewertung im System, das Eingehen weitreichender Vertriebsbindungen, eine hohe Abhängigkeit vom Franchisor und zugleich außerordentlich starke Einschränkungen in der eigenen Dispositionsfähigkeit. •• Wesentliche Chancen des Franchisegebers sind die Einsparung von Personalund anderen Fixkosten, die rasche Expansionsfähigkeit durch Skalierung, der geringe Kapitalbedarf für Initiierung und Betrieb, die hohe Kundennähe durch die Systempartner, daraus eine intensive Marktbeobachtung und eine eingebaute Frühwarung in Bezug auf Veränderungen. •• Wesentliche Risiken des Franchisegebers sind die Wahl der Franchisenehmer, die durchgängige Umsetzung des Systems mit Weisungen und Kontrollen, die Teilung der Gewinnspanne, die Kalminierung von horizontalen und vertikalen Konflikten im System sowie die schwierige Umsetzbarkeit einer Vertragsbeendigung infolge der hohen gegenseitigen Bindung. 9.4.4.3 Vertragshändler Der Vertragshändler übernimmt als rechtlich selbstständig bleibender Absatzmittler das Herstellervertriebskonzept in eigenem Namen und auf eigene Rech-
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nung. Dies wird durch weit reichende Vereinbarungen sanktioniert, diese betreffen Vertrieb, Beschaffung, Schulungsteilnahme, Werbemaßnahmen, Lagervorhaltung etc. Der Vertragshändler ist selbstständiger Kaufmann, der durch ein Dauerschuldverhältnis in die Vertriebsorganisation eines Lieferunternehmens eingegliedert ist. Es handelt sich um einen Sukzessivliefervertrag auf der Grundlage eines generellen Rahmenvertrags und eines Kaufvertrags über jede einzelne Lieferung. Er ist verpflichtet, sich aktiv um den Vertrieb der Produkte dieses Lieferanten zu bemühen und Konkurrenzerzeugnisse nur mit ausdrücklicher Gestattung des Vertragspartners zu vertreiben. Sofern die Ware unter Eigentumsvorbehalt erworben wird, liegt eine Rechtsstellung ähnlich dem Kommissionär vor. Der Vertragshändler erhält jedoch keine gesonderte Vergütung. Er alimentiert sich allein aus der Handelsspanne. Das System ist auch nicht einmalig oder laufend gebührenpflichtig (anders als beim Franchising), der Handel verpflichtet sich aber insbesondere zur Förderung des Vertragswarenabsatzes und zum Konkurrenzausschluss und erhält dafür Gebietsschutz und umfangreiche Dienstleistungen (wie beim Depotsystem). Beispiele finden sich bei Automobilen, Tankstellen, Bosch Profi-Handwerksgeräten, Kärcher Profi-Reinigungsgeräten etc. Meist wird eine mehrfache Exklusivität vereinbart: in Bezug auf die alleingeführte Marke, in Bezug auf die Abgrenzung des Marktverantwortungsgebiets, in Bezug auf den Ausschluss der Konkurrenz und in Bezug auf die Erfüllung qualitativer Anforderungen. Weitreichende Wettbewerbsberuhigungen, die sie früher vertraglich vereinbart wurden, sind nach GVO verboten. Eine räumliche Einschränkung der Tätigkeit des Vertragshändlers ist untersagt. Serviceleistungen dürfen, falls nicht selbst übernommen, nur an autorisierte Werkstätten delegiert werden. Jede Werkstatt, welche nachvollziehbare Servicestandards erfüllt, muss als Vertragswerkstatt zugelassen werden. Das Herstellermonopol für den Vertrieb von Originalersatzteilen entfällt. Wesentliche Pflichten des Vertragshändlers lauten: •• Die Einrichtung des Verkaufs erfolgt nach den Vorstellungen des Herstellers, die dieser detailliert festlegt und überprüft. Produkte anderer Hersteller in derselben Preisklasse dürfen nicht in das Sortiment aufgenommen werden. Es bestehen vorgegebene Mindestabnahmemengen pro Zeitraum, woraus ein gewisser Verkaufsdruck resultiert. Das Sortiment ist auf die Produkte eines oder weniger Hersteller begrenzt. Es sind Mindestlagerbestände zu beachten, um eine jederzeitige Lieferbereitschaft zu gewährleisten. Die Imageübernahme vom Lieferanten erfolgt im Wege der Adaptation dessen Signalisation am Handelsplatz. Die Kundendienstübernahme betrifft die Gewährleistung ausreichender Nachverkaufsservices. Werbemaßnahmen schaffen eine Forcierung der vertretenen Produkte im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Die
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Übernahme der Marktbeobachtung für den Hersteller und die Niederlegung aller Geschäftsvorgänge in einem standardisierten Reporting werden meist vereinbart. Es darf nicht in andere Vertragsgebiete hinein akquiriert werden, jedoch dürfen „Kommkunden“ bedient werden. Wesentliche Rechte des Vertragshändlers lauten: •• Der Händler vertreibt in seinem Gebiet die Produkte ausschließlich, und er kann Unterorganisationen aufbauen. Der Händler kann das Herstellerzeichen verwenden und profitiert so von dessen Goodwill. Der Hersteller ist aufgrund seiner Kontakte bemüht, den Absatz des Händlers zu sichern. Der Hersteller unterstützt ihn auch bei der Ausbildung seiner Mitarbeiter durch Schulung und Training. Die Betriebsberatung des Herstellers gibt Aufschluss über Optimierungschancen und relativen Erfolg verglichen mit anderen Händlerkollegen. Es wird Verkaufsförderung am POS und in Medien gewährt. Ebenso erfolgt die Ersatzteil- / Zubehörversorgung mit qualitätsnormierten Teilen und entsprechenden Applikationshilfen (Warenträger, Werkzeuge etc.). Beispiele finden sich vor allem im Kfz-Vertrieb. Automobilhersteller können dabei zwischen exklusivem und selektivem Vertrieb entscheiden. Exklusivrechte in einem Marktverantwortungsgebiet gelten aber nur, wenn der Verkauf von Händlern an nicht-autorisierte Wiederverkäufer (z. B. Supermärkte) unbeschränkt möglich ist. Alternativ dazu kann Vertragshändlern der Verkauf an nicht-autorisierte Wiederverkäufer vom Automobilhersteller verboten werden (Selektivoption), sofern die Vertragshändler überall in Europa frei Verkaufsniederlassungen oder Auslieferungslager eröffnen dürfen. Händler dürfen dann mehrere Automarken nebeneinander verkaufen, Hersteller können jedoch wegen der Verwechslungsgefahr auf einer optischen Separierung durch markenspezifische Verkaufsbereiche bestehen. Von Herstellern unabhängige Leasinggesellschaften können die gleichen Rabatte erhalten wie Großabnehmer, die teilweise höher liegen als die Händlerrabatte, daher entsteht ein Wettbewerb mit den Vertragshändlern. Automobilhersteller müssen schriftliche Gründe nennen, wenn sie einen Vertrag mit ihrem Händler auflösen wollen. Vertragshändler müssen die Wartung und Reparatur ihrer verkauften Fahrzeuge nicht selbst durchführen, sie können den Service auch nach entsprechender Schulung durch andere (autorisierte Servicewerkstätten) erbringen lassen. Dafür ermöglichen die Automobilhersteller freien Werkstätten Zugang zu jeglichen technischen Informationen. Die Servicewerkstätten dürfen nicht vom Hersteller selektiert werden, sondern jede Vertragswerkstatt, die vorgegebene Standards erfüllt, ist zugelassen (Nichtdiskriminierung). Werkstätten können die Ersatzteile auch von Automobilzulieferern direkt beziehen, statt teure Original ersatzteile zu verwenden. Als solche gelten alle Ersatzteile, die vom Teilehersteller auf der gleichen Montagelinie wie die Erstausrüstungsteile hergestellt werden (OEM).
9. Distributionsbeziehungen411
Die Risiken des Vertragshändlers bestehen im Einzelnen aus den Komponenten Entgelt, Ware und Lager, denn sein Entgelt ist u. a. von den Einkaufskonditionen des Herstellers abhängig, aus der Ware resultiert zugleich die Haftung für mangelfreie und rechtzeitige Lieferung, und das Lager unterliegt der Entwertungsgefahr, speziell bei Lieferantenwechsel. Verpflichtet sich der Vertragshändler zur Überlassung des Kundenstamms bei Ausscheiden (z. B. als Kundenkartei), so hat er einen Ausgleichsanspruch. Der Hersteller darf ihn im Übrigen nicht in der Freiheit der Gestaltung von Preisen und Konditionen beschränken (z. B. Hauspreise) und auch nicht diskriminieren. Der Händler ist umgekehrt und an sich selbstverständlich zur Interessenwahrung und allgemeinen Loyalität nach Treu und Glauben verpflichtet. 9.4.5 Bewertung Vertikale Kooperationen von Hersteller und Handel bestehen infolge der Interessenkonflikte aus einem labilen Gleichgewicht. Daher ist für die Wahl der präferierten Kooperationsform ausschlaggebend, ob und welche Freiheitsgrade eingeschränkt werden und welche Vorsprungsposition am Markt dadurch erreichbar ist. In vorliegenden Text werden die Kooperationsformen als Abfolge steigender Verpflichtung der Beteiligten ausgeführt. Am schwächsten ist die Ausprägung bei der Abstimmung mit der Handelsstufe, am stärksten bei der Vertriebsbindung des Handels. Die schwachen Formen bieten den Beteiligten auskömmliche Freiheitsgrade, also weitgehende Unabhängigkeit, materialisieren dabei aber nur begrenzt Vorsprungspositionen, die starken Formen sind geeignet, markante Vorsprungspositionen zu erreichen, dies jedoch um den Preis starker Einschränkung der jeweiligen Freiheitsgrade, also gegenseitiger Abhängigkeit. Es kommt auf die Zielsetzungen der beteiligten Unternehmen an, welchen Grad an Abhängigkeit man einzugehen bzw. welchen Grad an Unabhängigkeit man zu verteidigen bereit ist. Aus diesem Blickwinkel ergibt sich dann die Präferenz für eine dieser vertikalen Kooperationsformen oder eben auch die Präferenz für Dominanz bzw. Konflikt in der Relation oder aber Direktvertrieb unter Ausschaltung der Handelsstufe. Wesentliche Aspekte stellen dabei die Dispositionsfreiheit, der Ressourceneinsatz zur Kollaboration und das gegenseitige Vertrauen dar. Die Dispositionsfreiheit bestimmt sich unmittelbar aus der als unverzichtbar vorausgesetzten Unabhängigkeit der Entscheidungen. Der Ressourceneinsatz bezieht sich auf Zeit, Geld, Wissen und Manpower, die alle mit Kosten bewehrt sind, die etwaige Nutzen einschränken. Und das gegenseitige Vertrauen, das aus Reputation und faktischem Handeln resultiert, ist unerlässlich für eine funktionsfähige Zusammenarbeit. Je nach Ausmaß dieser drei Einflussfaktoren ergibt sich die zweckmäßigste Form. Der Erhalt der Dispositionsfreiheit begünstigt, wenn denn
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
eine vertikale Kooperation gewollt ist, schwache Formen. Der Ressourceneinsatz korreliert für gewöhnlich zu möglichen Nutzen, geringer Einsatz bringt mutmaßlich wenig Nutzen, hoher Einsatz viel. Und ein Mindestmaß an gegenseitigem Vertrauen ist Voraussetzung jeder Zusammenarbeit, und Verstöße können im Zweifel Sanktionen in Kraft setzen. Zur wissenschaftlichen Erklärung dieser Aspekte stehen drei moderne Theorien (als Teile der Neuen Institutionenökonomie (Coase/Williamson) bereit: •• Die Property Rights-Theorie beschäftigt sich allgemein mit der Verteilung von Handlungs- und Verfügungsrechten aus Eigentum, vor allem durch Nutzung (z. B. Gewohnheiten), Ertragseinbehalt (z. B. Nießbrauch), Veränderung (z. B. Form / Aussehen) und Übertragung (z. B. Kapitalisierung) dieser Rechte. Die daraus resultierenden Vorteile sind jedoch gegen die entstehenden Transaktionskosten zu stellen. •• Die Transaktionskosten-Theorie befasst sich mit den Beziehungen der Partner untereinander, insb. der Übertragung von Verträgen. Dabei entstehen Kosten für Anbahnung, Vereinbarung, Abwicklung und Anpassung der Verträge. Es liegen drei Verhaltensmodelle zugrunde: begrenzte Rationalität der Entscheidungsfindung, Opportunismus (Maximierung des eigenen Nutzens) und Streben nach Risikoneutralität. Als Alternativen zur Kooperation stellen sich dabei eine Abwicklung über den Markt (durch permanentes Aushandeln) oder eine feste Strukturierung in Organisationen. Kooperationen stellen hybride Zwischenformen dar. •• Die Principal-Agent-Theorie unterstellt unvollständige Informationen sowohl bei Auftragsgeber (Principal) als auch Auftragnehmer (Agent). Zentral sind Informationsasymmetrien, d. h., ein Partner verfügt über Informationen, die er dem anderen Partner überhaupt nicht zur Verfügung stellt oder die diesem nicht ohne Weiteres zugänglich sind (Hidden Information). Dabei weichen die Nutzenfunktionen voneinander ab. Dies kann zu nachteiliger Auswahl führen (Adverse Selection) und zu notleidenden Investitionen infolge Leistungsreduzierung (Hidden Action / Moral Hazard). Abhilfe schaffen Überwachung (Screening) und Kontrolle (Monitoring) durch den Principal. Da diese jedoch unvollkommen bleiben, helfen anreizkompatible Verträge (z. B. Ergebnisbeteiligung) und interessensausgleichende Sicherheiten (z. B. Garantien). Seitens des Agents kommen ein Signaling und ein Ausweichen vor Drohpotenzialen in Betracht. Voraussetzung aller Formen der vertikalen Kooperation ist eine Position des Herstellers, die ihn als Partner der Händler attraktiv erscheinen lässt. Und eine Position der Händler, die vom Hersteller als wichtig angesehen wird. Es kann also nicht um eine Zusammenarbeit schwacher Partner gehen, die im Zweifel weder in der Lage wären, eine Dominanzposition einzunehmen, noch einen Konflikt durchzustehen oder ihren Erfolg unabhängig zu realisieren.
9. Distributionsbeziehungen413
Die wissenschaftliche Erklärung dieser Konstellation erfolgt im GefangenenDilemma (Tucker) als mathematische Spielsituation. Dabei stehen zwei Parteien (im Modell zwei Gefangene) vor der Wahl, jeweils ihre Chancen zu maximieren, indem sie den anderen als Täter denunzieren und selber straffrei ausgehen (Dominanzoption) oder ihr Risiko zu minimieren, indem sie beide leugnen und, sofern man sich auf den anderen verlassen kann, straffrei ausgehen (Kooperationsoption). In einem wirtschaftlichen Umfeld, das durch ausgeprägte Risikoscheu im Management gekennzeichnet ist und durch existenzielle Sanktionspotenziale in einem machtvollen Umfeld, scheint es daher unter den o. g. Voraussetzungen sinnvoller, auf Vereinbarung zu setzen, statt auf Maximierung des eigenen Nutzens zu Lasten des anderen. Allerdings ist es ein weiter Weg, sich angesichts einer ausgeprägten Antinomie tatsächlich auf das kooperative Handeln des anderen zu verlassen. Durch kontinuierliches Commitment, aber auch faktische informationelle und logistische Vernetzung ist hier gegenseitige Sicherheit entstanden, so dass es allenfalls noch punktuell zu Aussetzern kommt (z. B. Nestlé – Edeka, Mars – Kaufland).
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10.
B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Logistisches Distributionssystem
Im Unterkapitel „Logistisches Distributionssystem“ geht es um die physische Warenversorgung im Markt durch Logistik. Dazu wird zunächst die zentrale Bedeutung der Logistik im Vertrieb dargestellt (10.1). Darauf aufbauend werden verschiedene Techniken der Logistik (10.2) erläutert. Vor allem geht es um sachkundige Logistikentscheidungen in den Bereichen Transport (10.3) und Lagerung (10.4). Immer bedeutsamer wird auch die Redistribution (10.5) als Umkehrung der physischen Distribution. Bei beiden, Distribution wie Redistribution, werden logistische Absatzhelfer vielfach tätig (10.6). Leser kennen nach Durchsicht dieses Unterkapitels die erhebliche Bedeutung der physischen Distribution für den Vertriebserfolg. Sie verstehen, welche Stellschrauben innerhalb der Logistik fördernden Einfluss darauf haben. Und sie sind in der Lage, diese Parameter kenntnisreich zu handhaben. 10.1
Bedeutung der Logistik im Vertrieb
Logistische Prozesse beschäftigen sich allgemein mit Vorgängen des Transports, der Speicherung und der Handhabung von Gütern, Lebewesen, Informationen und Energien. In logistischen Prozessen werden Objekte von einem Anfangs- in einen Endzustand transformiert, wobei sich mindestens eine der Systemgrößen Zeit, Ort, Menge, Klasse ändert, ohne dass die Objekte dabei eine unerwünschte Änderung ihrer Eigenschaften erfahren. Logistik umfasst die Bereitstellung der richtigen Menge der richtigen Warenart im richtigen Zustand am richtigen Ort zur richtigen Zeit, und das zu minimalen Kosten. Von daher ist es auch korrekt, Logistik mit physischer Distribution gleichzusetzen, einem Begriff, der aus dem Militärwesen stammt, dort wiederum aus der Nachschubtechnik. Logistik gewinnt im Zeitalter des E-Commerce weiterhin an Bedeutung, weil hinter jedem elektronischen Bestellvorgang ein physischer Liefervorgang steckt (sofern es sich nicht um digitale Produkte handelt). Bei weiter steigendem internationalen Marktdruck ist die Lieferfähigkeit zu einem wichtigen Wettbewerbsparameter geworden. Zudem müssen immer mehr Waren (= Proliferation der Programme) über immer weitere Entfernungen (= Globalisierung der Märkte) verbracht werden. Hinzu kommen differenzierte Kundenwünsche mit kleineren, aber häufigeren Bestellungen sowie systemübergreifende Aufgaben in der Supply Chain. Dadurch ist Logistik von einer eher routinisierten Hilfsaufgabe zu einer Kernfunktion für die Nachfragestimulierung und Wettbewerbsprofilierung geworden. Denn der Absatzerfolg ist ganz entscheidend von der tatsächlichen Präsenz der Ware abhängig. Die physische Distribution von Waren ist zudem Voraussetzung für deren Honorierbarkeit am Markt und damit mitbestimmend für die Unternehmensexistenz. Denn es ist leicht einsehbar, dass, selbst bei medialen Formen der Kontaktaufnahme, nur
10. Logistisches Distributionssystem415
Abb. 77: Elemente des Lieferserviceniveaus
ein solches Angebot abgesetzt werden kann, das physisch überhaupt vorhanden ist, und zwar genau dann und genau dort, wenn bzw. wo Bedarf entsteht und kaufwirksam wird. Der Lieferservice setzt sich aus den Komponenten der (kurzen) Lieferzeit, der (großen) Lieferzuverlässigkeit, der (hohen) Lieferflexibilität, der (steten) Lieferbereitschaft und der (exakten) Lieferbeschaffenheit zusammen (siehe Abb. 77). Die Lieferprozesszeit ist definiert als die Zeitspanne der gesamten Auftragsabwicklung, und zwar vom Zeitpunkt der Auftragserteilung an gerechnet bis zum Eintreffen der Ware am Bestimmungsort. Die Lieferzeit setzt sich zusammen aus den Zeiten für die Übermittlung des Auftrags vom Kunden an den Lieferanten, für die Auftragsbearbeitung, die Zusammenstellung / Kommissionierung, die Warenverpackung und -verladung, den Transport zum und die Einlagerung beim Kunden. Dies entspricht der Beschaffungszeit der Kunden. Eine Verringerung der Lieferzeit bedeutet also eine Senkung des durchschnittlichen Lagerbestands, damit eine Reduktion der Kapitalbindung. Das dadurch freizusetzende Kapital schafft einen Wettbewerbsvorteil. Die höhere Umschlaggeschwindigkeit führt c.p. zu einer Absatzsteigerung beim Lieferanten. Die Lieferzuverlässigkeit stellt sicher, dass es sich bei einer Lieferung nicht um irgendwelche, sondern genau um die gewünschten Produkte handelt. Sie beschreibt die Fähigkeit zur Ausführung der Bestellung direkt ab Lager. Dies drückt aus, in welchem Umfang die tatsächlich auftretende Nachfrage während der Wiederbeschaffungszeit vom Lager aus befriedigt werden kann. Eine Quantifizierung ist durch Termintreue- bzw. Lieferbereitschafts-Kennziffern möglich.
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Die Lieferzuverlässigkeit wirkt akquisitorisch, jedoch auch kostentreibend beim Lieferanten, da dafür ein höherer Sicherheitsbestand erforderlich ist. Eine Lieferflexibilität ergibt sich durch die Fähigkeit zur Berücksichtigung von Änderungen oder Sonderwünschen seitens der Abnehmer beim Lieferanten. Sie betrifft die Modalitäten der Auftragserteilung (z. B. Lieferklauseln, Mindestabnahmemenge, Art der Auftragsübermittlung, Zeitpunkt der Auftragserteilung, Rabattpolitik), die Information des Kunden (über Auftragsbearbeitungsstand, Liefertermin, zu erwartende Verzögerungen, Bearbeitung von Beschwerden etc.) und die Kompatibilität der Logistiksysteme zwischen der Vertriebslogistik des Lieferanten und der Beschaffungslogistik des Kunden. Die Lieferbereitschaft ist die Sicherheit der unmittelbaren Verfügbarkeit gewünschter Waren ab Lager, wobei der subjektiv vom Markt verlangte Sicherheitsgrad u. a. abhängig ist von der Substituierbarkeit der Ware, von der Länge des Produktlebenszyklus, den Nachfrageschwankungen der Ware, vom monopolistischen Aktionsspielraum des Anbieters, von der Kundenstruktur etc. Die Lieferbeschaffenheit stellt den Grad der Einhaltung aller bei Geschäftsabschluss vereinbarten Konditionen im Vergleich zu den tatsächlich bereitgestellten Waren dar. Sie ergibt sich aus der Liefergenauigkeit und dem einwandfreien Zustand der gelieferten Produkte. Ersteres meint die Lieferung in der von Kunden bestellten Art und Menge, letzteres die Qualität der Lieferung. Dabei gibt es einen grundsätzlichen Zielkonflikt zwischen Serviceniveau als Output des Logistiksystems und Serviceaufwand als dessen Input. Dies erfordert eine Servicedifferenzierung nach Kundenmerkmalen, wobei kostenrechnerische (Vollkostendeckung) oder akquisitorische Aspekte (Kundengewinnung) im Vordergrund stehen können. Da das Logistiksystem umso effizienter arbeitet, je günstiger die Relation von generiertem Lieferservice zu dadurch verursachten Kosten ist, wird das Optimum dort erreicht, wo jede Erhöhung des Serviceniveaus in ihrem akquisitorischen Nutzen für den Anbieter durch eine Logistikkostenerhöhung überkompensiert wird bzw. jede Logistikkostensenkung zu einer Serviceniveausenkung führt, die einen vergleichsweise größeren Nutzenentgang für Nachfrager bedeutet. Eine Erfolgskontrolle ist daher auch immer zweiseitig anzulegen, umfasst also einerseits Kostenkontrolle und andererseits Leistungskontrolle. Sinnvoll ist eine nach Kundengruppen individuelle Segmentierung, wobei jedes Kundensegment nicht besser als aus dessen Sicht mindestens notwendig bedient werden soll, da einmal gewährte Serviceleistungen nur schwer wieder rückgängig gemacht werden können. Allenfalls ist eine Kompensation durch andere Zugeständnisse denkbar, die ihrerseits auch wieder kostenträchtig sind. Außerdem sollen Steigerungsmöglichkeiten offen bleiben, ohne gleich aus der Rentabilitätszone abzusinken. Die Logistikkosten ergeben sich als der bewertete Verzehr an Gütern und Diensten zur betrieblichen Warenverteilung, evtl. unter Zuschlag von Opportunitätskosten für logistikbedingten Auftragsentgang.
10.2
10. Logistisches Distributionssystem417
Techniken der Logistik
Die Beschaffung umfasst die Beschaffungsquelleninformation über Produkt, Markt, Lieferanten, Preis etc. aus der Beschaffungsmarktforschung. Die Bestellhäufigkeit erfolgt entweder nach Bestellzeitpunkt- (bei Meldebestand) oder Bestellrhythmusverfahren (nach festen Terminen). Die Preisplanung berücksichtigt Beschaffungspreis, Bezugskosten, Einstandspreis, Preisvergleich, Rabatte nach Menge, Zeit, Funktion und Skonto. Die Mengenplanung berücksichtigt Lieferbereitschaft und Fehlmengenkosten. Dabei lässt sich die optimale Bestellmenge ermitteln. Die Beschaffung erfolgt als Einzelbeschaffung auf Bestellung oder als Vorratsbeschaffung auf Lager. Die Beschaffungswege sind direkt oder indirekt über Beschaffungsmittler / -helfer. Die Beschaffungsorganisation erfolgt zentral über die Einkaufsabteilung oder dezentral über Funktionsabteilungen. Dabei sind Kooperationen in der Beschaffung möglich (Einkaufsvereinigung, Freiwillige Kette etc.). Die Abwicklung erfolgt nach Bedarfsfeststellung und Lieferantensuche über Angebotseinholung und -abgabe durch Lieferanten. Diese enthält Angaben zu Preis, Rabatt, Skonto, Mindermengenzuschlag, Verpackung, Zahlungs- / Lieferungsbedingungen, Erfüllungsort. etc. Das Angebot kann bindend, befristet, unbefristet oder freibleibend sein. Darauf folgt die Angebotsbewertung und dann die eigentliche Auftragsvergabe (Bestellung). Beim zugrunde liegenden Kaufvertrag kann es sich um ein Spezifikations-, Gattungs- oder Fixgeschäft handeln, sowie um einen Werk- oder Werklieferungsvertrag. Nach der Art der beschafften Waren handelt es sich um Roh-, Hilfs- oder Betriebsstoffe, unfertige (Teile) oder fertige Erzeugnisse (Handelsware). Dabei stellt sich die Entscheidung über Eigenfertigung oder Fremdbezug. Die Beschaffungskosten beinhalten in Bezug auf die Bestellmenge variable und fixe Bestellkosten (letztere sind variabel in Bezug auf die Bestellanzahl) sowie variable Anlieferungskosten in Bezug auf die Anlieferungszahl. Aufgabe in der Eingangslogistik ist die Erfassung aller Lagerbewegungen, die Buchung der ein- und ausgehenden Waren nach Art und Menge und die Fortschreibung des Lagerbestands. Dabei erfolgen die Warenprüfung (Beleg-, Mengen-, Zeit-, Qualitätsprüfung) und die Rechnungsprüfung (sachlich, rechnerisch, preislich). Die Einlagerung erfolgt nach den Freiplatzsystem mit Lagerplatznummer oder nach dem Festplatzsystem in geschlossenen, halboffenen, offenen und Hoch-Regalen. Lagerarbeiten betreffen die Manipulation und Kommissionierung von Waren. Man unterscheidet dazu Zentral- und Dezentrallager, Fremd-, Konsignations-, Eigen- und Gemeinschaftsläger, Reserve-, Sammel-, Verteilungs-, Manipulations-, Umschlags-, Spekulations- und schließlich Normallager. Für den Lagerbestand ist zum Ende des Geschäftsjahres eine Inventur als Aufstellung über Vermögen und Schulden durch Messen, Zählen, Wiegen erforderlich (bzw. nach elektronischer Warenerfassung). Das Ergebnis
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
ist das Inventar. Die Bestandsbewertung erfolgt als Einzel- oder Sammelbewertung nach dem Niederstwertprinzip (HGB). Unter Umständen sind dafür FiFo (First in – first out, d. h., es wird unterstellt, dass in der Abrechnungsperiode die zuerst eingegangenen Waren verbraucht wurden), LiFo (Last in – first out) und HiFo (Highest in – First out) nach Handels- bzw. Steuerrecht zulässig. Wichtige Einflussgröße auf die Lagerbestandsplanung sind die Fehlmengenkosten. Sie umfassen zusätzliche Kosten für Eillieferungen, Konventionalstrafen, Stillstandskosten, Einsatz höherwertigerer Güter etc., Erlösschmälerungen wegen entfallender Preisnachlässe, Opportunitätskosten durch entgangene Deckungsbeiträge bei Einschränkung der Geschäftstätigkeit in Abhängigkeit von Fehlmengen, die nicht nachgeliefert werden können und Fehlmengen, die als Auftrag verloren gehen. Eine Bestandssenkung kommt hier einer hohen Umsatzsteigerung gleich. Lagerkennzahlen umfassen Mindestbestand, Meldebestand, durchschnittlichen Bestand, Umschlagshäufigkeit und Lagerdauer. Lagerkosten umfassen Raumkosten wie Abschreibung, Instandhaltung, Versicherung, Energie etc., Personalkosten wie Löhne, Sozialaufwendungen etc., Risikokosten wie Versicherung, Abschreibung, Schwund, Verderb, Veralterung, Preisschwankung) und Zinskosten etc. Bei der Wareneinteilung sind vor allem zwei Analysen zu unterscheiden, die ABC- und die XYZ-Analyse. Zunächst zur ABC-Analyse. Ihr liegt die Erfahrungstatsache zugrunde, dass sich der Absatz sehr unterschiedlich auf verschiedene Produkte des Unternehmensprogramms verteilt. So gibt es einige wenige „Renner“ und viele Langsamdreher („Penner“). Betriebswirtschaftlich ist es sinnvoll, den „Renner“-Produkten (A) mehr Aufmerksamkeit zu widmen als weniger bedeutsamen Produkten (B) oder gar „Penner“-Produkten (C). Dementsprechend werden abgestufte Aktivitätslevels vorgesehen. A-Produkte werden intensiv betreut, C-Produkte extensiv und B-Produkte liegen dazwischen. Praktisch bedeutet dies, dass A-Produkte ständiger Überwachung unterliegen, während B-Produkte eher unregelmäßig und C-Produkte nur sporadisch hinsichtlich Bestand, Zu- und Abgängen kontrolliert werden. Bei der XYZ-Analyse erfolgt eine Einteilung der Materialen nach ihren Verbrauchsschwankungen. X-Produkte haben konstanten Verbrauch mit nur gelegentlichen Schwankungen und damit hoher Vorhersagegenauigkeit. Ziel ist hier die fertigungssynchrone Beschaffung mit geringer Reichweite der Bestände. YProdukte haben konstant fallenden oder steigenden Verbrauch mit saisonalen Schwankungen und daher mittlerer Vorhersagegenauigkeit. Ziel ist hier die Vorratsbeschaffung mit hoher Reichweite der Bestände. Z-Produkte haben einen völlig unregelmäßigen Verbrauch mit unvermeidlich geringer Vorhersagegenauigkeit. Ziel ist hier die bedarfsabhängige Beschaffung mit geringer Reichweite der Bestände.
10. Logistisches Distributionssystem419
Transportentscheidungen
Transportmittelbetrieb (eigen/fremd)
Transportmittelwahl
Wasser
Schiene
Straße
Luft
Lagerungsentscheidungen
Lagerstandortwahl
zentral
dezentral Lagerbetrieb (eigen/fremd)
Abb. 78: Logistikentscheidungen im Vertrieb
Die Lagerhaltungskosten steigen mit steigendem durchschnittlichen Lagerbestand, gleichzeitig sinken jedoch die Fehlmengenkosten aus nicht ausgeführten bzw. unnötig aufwändigen Aufträgen. Zwischen beiden gegenläufigen Größen ergibt sich das Kostenminimum als Optimum. Gleichfalls steigen mit steigenden Bestellgrößen die Lagerhaltungskosten pro Stück, jedoch sinken die Einstandskosten je Einheit. Zwischen beiden gegenläufigen Größen ergibt sich wiederum das Kostenminimum als Optimum. Im Rahmen des Vertriebs sind vor allem vier Entscheidungen der Logistik von Bedeutung, die Transportmittelwahl, der Transportmittelbetrieb, die Lagerstandortwahl und der Lagerbetrieb (siehe Abb. 78).
420
10.3
B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Logistikentscheidung Transport
Beim Transport sind mehrere Einflussfaktoren von Bedeutung: •• die Versandart, d. h. persönlich, durch Boten, mit eigenem Fahrzeug oder durch Frachtführer, •• die Frachtbasis, d. h. der Ort, von dem ab der Käufer die Frachtkosten tragen muss, unabhängig vom tatsächlichen Abgangsort, •• die Frachtparität, d. h. der Ort, bis zu dem der Verkäufer die Frachtkosten tragen muss, unabhängig vom tatsächlichen Ankunftsort, •• die Lieferzeit, d. h. sofort abgehend, sofort abnehmend (nach Gesetz), mit Frist, nach Datum, •• der Erfüllungsort, d. h. der Ort, an dem der Schuldner durch rechtzeitige und mangelfreie Leistung von seiner vertraglichen Verpflichtung frei wird, •• der Gerichtsstand, d. h. Ort des Beklagten (Geldschulden sind Schickschulden, Warenschulden hingegen Holschulden nach Gesetz). Es stellen sich vor allem die Fragen nach der Wahl der Transportmittel und deren Betrieb. Bei den Transportmitteln handelt es sich im Einzelnen um Schiff, Flugzeug, Zug und Automobil. Beim Betrieb sind Eigen- oder Fremdbetrieb möglich. 10.3.1 Transportmittelbetrieb Für den Betrieb ist eine Entscheidung zwischen Eigen- und Fremdbetrieb, die sich grundsätzlich bei jedem Transportmittel stellt, zu treffen. Im Eigenbetrieb erfolgt der Einsatz der Fahrzeuge nach Bedarf und Tourenplan. Es besteht keine Genehmigungs- und Versicherungspflicht. Im Nahbereich kann dadurch der Kundenservice erhöht werden. Für den Eigenbetrieb (Werkverkehr) sprechen die größere Kontrolle über Leistungen, vor allem die Lieferzeit, und über Waren, vor allem die Qualität. Außerdem ist der Einsatz von Spezialausrüstungen möglich. Die Verkehrsmittel können zugleich als (akzidentelle) Werbeträger genutzt werden. Es ist eine erhöhte, vor allem kurzfristige Flexibilität des Einsatzes gegeben. Auch entsteht ein stärkerer Abnehmer-Lieferanten-Bezug, der akquisitorisch wirkt (z. B. kann eine Kaufnachbereitung vor Ort vorgenommen werden). Nachteilig sind jedoch häufige Leerzeiten, weil Fremdtransporte nicht gestattet sind, außerdem Standzeiten bei Spezialfahrzeugen wegen ungleichmäßigen Transportanfalls sowie der Fixkostencharakter von Fahrzeugen und Personal. Für den Fremdbetrieb hingegen sprechen die Gewährleistung von spezialisierten, professionellen Services, die größere räumliche Abdeckung aus dem Verkehrsmitteleinsatz, die (reklamationsfähige) Delegation von Pflichten und
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Verantwortung gegen Rechnung, eine willkommene Fixkostenersparnis durch fehlende Investitionen und Instandhaltungsaufwendungen sowie die freie Transportmittelwahl nach den Umständen des Einzelfalls. Zwischen diesen Einflussgrößen ist in jedem Einzelfall eine unternehmerische Abwägung als optimale Lösung zu treffen. Eine weitere Funktion, die sich daran anschließt, ist die der Verwertung und Entsorgung. Angesichts zunehmend strengerer Umwelt- und Abfallbeseitigungsrichtlinien ergeben sich hier wichtige Einzeltätigkeiten der Redistribution, d. h. der Abfall- und Überschussmaterialbeseitigung bzw. -rückführung, der Reduktion von Schadstoffemissionen und der Sammlung, Aufbereitung und Umformung von Verwertungsprodukten, vor allem Verpackungen. Die hohe Sensibilisierung der Öffentlichkeit führt hier berechtigterweise dazu, dass diesem Problemkreis besonderes Augenmerk zufällt. Mit ganz erheblichen Erfolgen in Sachen Ökologie, wo Deutschland noch zu den führenden Nationen zählt. 10.3.2 Transportmittelwahl 10.3.2.1 Wassertransport Beim Transportmittel Schiff ist zu unterscheiden zwischen See-, Küsten- und Binnenschifffahrt. Entscheidungen betreffen hier im Einzelnen vor allem die Hafenwahl in Abhängigkeit von den dort befindlichen Hafenanlagen, die Reederwahl in Abhängigkeit vom Preis-Leistungs-Verhältnis und die Transportart als Linien- oder Trampschifffahrt. Linienschifffahrt vollzieht sich nach einem festgelegten Fahrplan auf einer im Voraus bestimmten Route. Schließen sich mehrere Reedereien zur Routenabstimmung zusammen, entsteht eine Schifffahrtskonferenz (Kartell). Die Trampschifffahrt vollzieht sich hingegen ohne vorhersehbaren Fahrplan nach wechselnden Zielen (in „wilder“ Fahrt). Der Binnenschifffahrtsverkehr benutzt das Wasserstraßennetz, dessen Ausbau, Unterhalt und Überwachung mit öffentlichen Mitteln finanziert wird. Dort verkehren Motor-, Schub- und Schleppschiffe zum Transport von Massengütern. Eigner dieser Schiffe sind Reeder und Partikulierschiffer (mit bis zu drei Schiffen). Der Frachtvertrag wird formfrei abgeschlossen, üblich ist jedoch der Schiffsbefrachtungsschein mit Vereinbarungen über Verfrachtungsart, Frachtdokumente, Güterverladung, Transportkosten, Haftungsbegrenzung etc. Die Verfrachtung kann ein Schiff als Ganzes, einzelne Laderäume oder Stückgüter betreffen. Der Absender kann vom Frachtführer die Ausstellung eines Ladescheins verlangen, der ein Empfangsbekenntnis und die Verpflichtungserklärung, dass die Güter der im Ladeschein genannten Person gegen Rückgabe des Ladescheins ausgehändigt werden, enthält. Der Ladeschein ist ein Warenwertpapier. Der rechtmäßige Besitzer ist damit zugleich auch Eigentümer der Ware. Eigentumsübertragung und Verpfändung der Ware sind dadurch schon vor ihrer
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
physischen Ankunft möglich. Der gewöhnliche Ladeschein ist ein Namenspapier (Rektapapier) und kann nur durch Zession übertragen werden. Der Orderladeschein ist durch die Klausel „an Order“ zum Wertpapier geworden (gekorenes Orderpapier) und kann durch Indossament übertragen werden. Im Allgemeinen ist der Absender dafür verantwortlich, die Güter zu verladen, er muss sich dabei an gesetzliche oder vertraglich vereinbarte Ladezeiten halten (ansonsten entstehen Überliegegelder). Der Frachtführer hat dem Absender die Ladebereitschaft anzuzeigen, die Güter mit der Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers zu befördern und an den berechtigten Empfänger am vereinbarten Löschplatz zur Entladung zur Verfügung zu stellen. Die Transportkosten setzen sich aus Frachtgebühren, die zwischen Frachtführer und Auftraggeber vereinbart werden, Kanalgebühren, die für die Benutzung künstlicher Wasserstraßen und ihrer technischen Einrichtungen fällig werden, sowie Umschlaggebühren zusammen, die bei der Umladung auf andere Transportmittel bzw. in Lagerräume entstehen (z. B. Ufergeld, Liegegeld, Benutzungsgebühr). Der Frachtführer haftet für Schäden, sofern ihn oder seine Erfüllungsgehilfen ein Verschulden trifft. Die Höhe der Ersatzleistung ist unbegrenzt, sofern der Vertrag nicht Haftungsbegrenzungen vorsieht. Bei „Rettung aus gemeinsamer Gefahr“ entstandene Schäden werden zwischen Schiffseigner, Frachtführer und Gütereigentümer nach amtlicher Schätzung geteilt. Der Seeschiffsverkehr dient dem weltweiten Austausch von Gütern über Meere und zwischen Kontinenten. Er wird von Reedereien betrieben, die Fracht-, Container-, Fähr- und Massengutschiffe sowie Tanker einsetzen. Die Schiffsgröße wird in Volumen (Registertonnen) angegeben, der gesamte Raum ist der Bruttoraum, der reine Laderaum der Nettoraum. Die Tragfähigkeit wird in Gewichtstonnen angegeben. Die Schiffe sind mit ihren Merkmalen in das Schiffsregister eingetragen (Baujahr, Eigentümer, Größe, Beleihung etc.). Der Seefrachtvertrag ist formfrei, er bezieht sich auf das Schiff als Ganzes, einen Anteil daran, einen bestimmten Raum oder einzelne Güter. Wichtige Fracht papiere sind der Verladeschein, der vom Verfrachter bei Annahme der Güter erteilt wird, das Konnossement, das ein vom Kapitän oder einem ermächtigten Vertreter der Schifffahrtsgesellschaft ausgestelltes Wertpapier ist, in dem die Annahme der Güter und die Auslieferung an den durch das Konnossement beurkundeten Berechtigten bestätigt wird (der Inhalt des Konnossements ist maßgeblich für das Rechtsverhältnis zwischen Schiffseigentümer und Empfänger) sowie die Charterpartie, die eine Beweisurkunde über Abschluss und Inhalt eines Chartervertrags ist. Die zur Abladung vorgesehenen Güter müssen in Lagerschuppen (witterungsempfindlich) oder am Kai gestapelt werden, damit die Beladung keine unnötigen Liegekosten verursacht. Die Abfertigung wird normalerweise vom Schiffsmakler vorgenommen, der alle Unterlagen von den Hafenbehörden, der Zollverwaltung und den Ladungseignern besorgt und nötige Dokumente ausfertigt. Der Schiffsmakler am Bestimmungshafen erhält vor Ankunft des Schiffes einen Stauplan zur Vorbereitung der Entladung. Die Lö-
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schung erfolgt am Kai, unmittelbar auf Flussschiffe oder auf Barken zum Lagerhaus. Die Schiffsfrachten sind tariflich festgelegt (Linie) bzw. werden ausgehandelt (Charter). Stückgüter sind in Wertklassen und innerhalb dieser Klassen wiederum in leichte und schwere Güter eingeteilt. Güter, die spezifisch leichter als Wasser sind, werden nach Raum berechnet, solche, die schwerer sind, nach Gewicht. Schäden während der Fahrt entstehen aus Havarien. Der Kapitän hat ein weit reichendes Verfügungsrecht über die Ladung während der Fahrt, er kann sogar die Ladung über Bord werfen lassen, um Schiff und Besatzung zu retten. Bei gemeinsamer Havarie sind mehrere Beteiligte betroffen, der Schaden wird dann auf alle Versender umgelegt, auch solche, die nicht betroffen sind. Bei besonderer Havarie trägt nur der Betroffene den Schaden. Der Verfrachter haftet für Schäden, die durch Verlust oder Beschädigung in der Zeit von der Annahme bis Ablieferung entstehen (meist durch Transportversicherung abgedeckt). Zur Rationalisierung werden häufig Containerschiffe eingesetzt, sie ermöglichen eine durchgehende Transportkette von Haus zu Haus und werden in besonderen Hafenanlagen gelöscht. Der Weitertransport erfolgt auf EisenbahnTragwagen oder Lkw-Fahrgestellen. Einige Staaten räumen ausländischen Reedereien, die ihre Schiffe dort registrieren lassen („Billigflaggen“) Steuervorteile ein. Andere Länder begünstigen den Transport mit eigenen Schiffen bzw. benachteiligen fremde Flaggen. Die Linienschifffahrt bietet Vorteile wegen der klaren Terminkalkulation, da sie nach festen Routenplänen verkehrt, des Anlaufs bestimmter Standardhäfen in verlässlichen, regelmäßigen Zeitabständen, der guten Klassifizierung der eingesetzten Schiffe für den speziellen Transportzweck und des vorhersehbaren, festen Ankunftstermins für die Organisation des Weitertransports. Nachteile der Linienschifffahrt betreffen hingegen die Frachtraten und die Bindung an zugeteilte Schifffahrtslinien, die auf den jeweiligen Routen fest verkehren. Vorteile der Trampschifffahrt sind die frei aushandelbaren Frachtraten, die sich allein nach Angebot und Nachfrage bemessen, und die Flexibilität der Routenwahl, die auf individuelle Anforderungen abgestimmt werden kann. Nachteile der Trampschifffahrt liegen in der oftmals leicht mangelnden Seriosität und Bonität von Reederei und Kapitän, der mangelnden Eignung des Schiffs für den qualitätsgetreuen Transport spezieller Waren, der latenten Gefährdung der Termintreue durch teilweise unzuverlässige Verbindungen und der problematischen Kostenplanbarkeit, da die Frachtraten durch wechselnde Auslastung unvorhersehbar schwanken. Generelle Nachteile des Transportmittels Schiff liegen in der latenten Gefährdung der Termintreue durch Natureinflüsse wie Sturm, Hochwasser etc. Außerdem handelt es sich um eine sehr langsame Beförderungsart. Zudem liegen die Häfen meist nicht am Bestimmungsort, so dass ein gebrochener Verkehr erforderlich ist. Dafür ist als wichtiger Vorteil zu nennen, dass es sich um eine, je
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Transporteinheit gerechnet, sehr kostengünstige Transportart handelt. Auch sind sperrige, großvolumige Waren problemlos beförderbar. Die Verfahrensweise ist durch standardisierte Lieferklauseln (Incoterms) vereinfacht und differenziert möglich. 10.3.2.2 Schienentransport Das Transportmittel Eisenbahn ergibt die Alternativen der Beförderung als Massengut oder Stückgut einerseits sowie als normales Frachtgut oder Eilgut andererseits. In Abhängigkeit von den Eisenbahntarifen erfolgt die Berechnung der Transportkosten. Im Eisenbahngüterverkehr sind folgende Versandarten zu unterscheiden. Nach dem Umfang gibt es Stückgüter, d. h. einzelne Sendungen (Kisten, Fässer, Ballen etc.), die am Güterbahnhof angeliefert bzw. am Stückgutort übernommen und von der Bahn verladen werden. Das Gewicht wird festgestellt, die Zustellung erfolgt meist bahnamtlich. Wagenladungen sind Sendungen, für die der Absender einen ganzen oder mehrere Güterwagen bestellt. Er hat dann selbst für die Beladung zu sorgen, die Entladung ist Aufgabe des Empfängers. Nach der Schnelligkeit gibt es Frachtgut, das am Frachtschalter des Güterbahnhofs während der Schalterstunden aufgegeben und mit gewöhnlichen Güterzügen befördert wird. Bei Wagenladungen kann eine Verkürzung der Lieferfrist erreicht werden. Expressdienstgut kann am Personenbahnhof zu jeder Tages- und Nachtzeit aufgegeben werden, auch sonn- und feiertags. Es wird mit Personen- und Schnellzügen befördert. Die Sendungen werden bevorzugt abgefertigt und befördert. Die Zustellung erfolgt meist bahnamtlich. Sendungen für IC- / ICE- / EC-Kurierdienste werden der Bahn am Gepäckschalter oder unmittelbar am Intercity-Zug zur Beförderung an jeden IC-Bahnhof auf der Fahrstrecke übergeben. Der Empfänger muss die Sendung am Zug oder am Gepäckschalter abholen. Der Frachtvertrag kommt zustande, wenn Beförderungsgut und Frachtbrief der Eisenbahn übergeben und von dieser angenommen werden. Dann verpflichtet sich diese, die übernommenen Güter vollständig, unversehrt und innerhalb der vorgesehenen Lieferfristen nach dem angegebenen Empfangsort zu befördern und dort dem genannten Empfänger auszuliefern. Der Absender verpflichtet sich zur Ausstellung eines Frachtbriefs und zur Zahlung der Fracht sowie aller Nebengebühren. Der Frachtbrief ist zugleich Beweisurkunde für die Auflieferung des Frachtguts, Begleitpapier, das mit dem Frachtgut dem Empfänger ausgehändigt wird, sowie Sperrpapier, d. h., solange der Absender seine Ausfertigung besitzt und das Transportgut noch nicht dem Empfänger übergeben ist, kann er es durch nachträgliche Verfügung unterwegs anhalten, zurückrufen oder auf einen anderen Bestimmungsbahnhof umleiten. Erst mit Aushän-
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digung der Ausfertigung (Frachtbriefdoppel) verliert der Absender sein Verfügungsrecht. Die Frachtberechnung erfolgt nach Marktgegebenheiten, Güterart, Verladungsart, Wagenart und -anzahl, Entfernung, Gewicht und Schnelligkeit. Das Grundpreisangebot für Wagenladungen ist nach Entfernungen gestaffelt. Frachtzahler ist normalerweise der Absender, die Bahn kann den Betrag aber auch beim Empfänger einziehen. Die Bahn haftet ohne Rücksicht auf ihr Verschulden für einen Schaden, der zwischen der Annahme des Gutes zur Beförderung und der Ablieferung entsteht (Gefährdungshaftung). Sie haftet nicht, wenn der Schaden durch höhere Gewalt, Gutsbeschaffenheit, fehlende oder mangelhafte Verpackung oder durch Selbstverladung verursacht ist. Ersatzansprüche hat nur der Verfügungsberechtigte. 10.3.2.3 Straßentransport Beim Transportmittel Lastkraftwagen unterscheidet man Nah- und Fernverkehr einerseits sowie Flotten- und Einzelbuchung andererseits. Güternahverkehr betrifft die Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen im Gebiet innerhalb eines Umkreises von 75 km, gerechnet in der Luftlinie vom Mittelpunkt des KfzStandorts. Er ist erlaubnispflichtig. Die Erlaubnis wird einem fachkundigen Unternehmer für seine Person erteilt. Er kann beliebig viele Fahrzeuge einsetzen. Eine Versicherung des Transportguts ist nicht vorgeschrieben. Abschluss und Erfüllung des Frachtvertrags sind formfrei. Güterfernverkehr betrifft die Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen über beliebige Entfernungen. Die Genehmigung dazu wird nur einem fachkundigen Unternehmer erteilt. Der Frachtbrief muss von den Vertragspartnern unterschrieben werden und mit dem amtlichen Kennzeichen des eingesetzten Fahrzeugs versehen sein. Die Erfüllung erfolgt durch Übergabe des Frachtbriefs und des Transportguts an den im Frachtbrief genannten Empfänger. Die Frachtberechnung wird frei ausgehandelt. Als Orientierung dienen die von Verkehrsverbänden veröffentlichten Preistafeln. Zur Überwachung des Güterkraftverkehrs müssen eine Reihe von Dokumenten mitgeführt werden. In das persönliche Kontrollbuch werden die Lenk- und Ruhezeiten des Fahrpersonals eingetragen. Dies erübrigt sich nur, sofern ein Fahrtenschreiber installiert ist, der Lenk- und Ruhezeiten automatisch aufzeichnet. Im Fahrtenbuch werden alle Bewegungen und Standzeiten vermerkt. Alle Güter, die im Frachtbrief eingetragen sind, gelten als versichert. Für den Güternahverkehr gilt die Verschuldenshaftung des Frachtführers, d. h., der festgestellte Schaden muss voll ersetzt werden, soweit er zu vertreten ist, im Güterfernverkehr gilt die Gefährdungshaftung, wobei Schäden durch die Versicherung ersetzt werden.
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
10.3.2.4 Lufttransport Das Transportmittel Flugzeug wird wegen des hohen Kapitalbedarfs überwiegend von großen, meist staatlichen Gesellschaften getragen. Der Frachtvertrag kommt durch Luftfrachtbrief zustande, der zugleich Beweisdokument für den Abschluss, Begleitdokument für den Transport und Frachtrechnung ist. Der Versand kann im Linienflugzeug als einzelne Sendungen, Gepäck und Post oder in Charterflugzeugen als Ganzes oder in einer bestimmten Menge erfolgen. Die Haftung umfasst Flughafenaufenthalt und Flug und wird durch eine Transportversicherung abgedeckt. Die Berechnung der Fracht erfolgt nach Gewicht, bei sperrigen Gütern nach Volumen. Vorteilhaft sind Container und Paletten. Die Luftfrachtraten liegen in jeder Beziehung deutlich über den Seefrachtraten. Die Transportdauer ist dafür jedoch unvergleichlich viel kürzer. Der Zielflughafen liegt meist näher am Bestimmungsort als der Zielseehafen, so dass auch binnenländische Destinationen gut erreicht werden können. Die erhöhte Lieferfähigkeit der Luftfracht steigert die Wettbewerbsfähigkeit des Anbieters. Bei hohem spezifischen Warenwert, d. h. hohem Preis je Gewichtseinheit, schrumpft zudem der Transportkostenanteil an den Gesamtkosten. Der Verpackungsaufwand ist gegenüber anderen Transportarten gemindert, da eine äußerst schonende Manipulation gegeben ist. Die Versicherungsprämien für den Transport sind niedriger, da bezogen auf die transportierten Mengen und zurückgelegten Strecken, die Luftfahrt als sicheres Transportmittel gilt (nicht jedoch in Bezug auf die Transportzeit). Die größere Lieferschnelligkeit bewirkt zugleich eine geringere Kapitalbindung durch frühere Rechnungsstellung. In Abhängigkeit von diesen Parametern muss bestimmt werden, ob und inwieweit das Flugzeug als Transportmittel jeweilig vorteilhaft ist oder nicht. 10.3.2.5 Sonstige Transportmittel In Bezug auf das Entscheidungskriterium Kostengünstigkeit kann mit steigender Menge die Reihenfolge Flugzeug, Lastkraftwagen, Eisenbahn und Schiff unterstellt werden. Eine wichtige Sonderform sind Behältnisse, die auf verschiedenen Transportmitteln befördert werden können oder auf keines von ihnen angewiesen sind (Pipeline). Der Container rationalisiert als Normverpackung den Stückguttransport, denn gesonderte Umverpackungen können entfallen. Die Beladung und Löschung von Waren wird dadurch vereinfacht. Kleinere Ladungen werden effizient zu Sammeltransporten kombiniert und nutzen Kapazitäten voll aus. Container sind transportmittelneutral und können an Terminals effizient umgeschlagen werden. Sie sind ganz entscheidend für die Bewältigung des explodierenden Transportvolumens verantwortlich. Container sind kastenartige Behälter, die zollsicher verschließbar, kran- und rollbar sind. Sie sind besonders geeignet zur Beförde-
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rung von unverpackten oder leicht verpackten transportempfindlichen Gütern, die ohne Umladung vom Lager des Absenders zum Lager des Empfängers gebracht werden. Die durchgehende Transportkette erspart Packmittel, Arbeit und Kosten, schont das Gut und vermindert die Diebstahlgefahr. Die Fracht wird in der Regel nur für das Gewicht des Containerinhalts berechnet. Collicos sind auf 20 % ihres Fassungsvermögens zusammenlegbare Lademittel der Bahn aus Stahl oder Leichtmetall mit eingeprägten Nummern für Ladegewichte bis 150 kg. Sie werden meist für ein Jahr vermietet. Sie sind in wenigen Handgriffen einsatzund versandbereit, stapelbar, gewähren Sicherheit und Schutz, reisen ohne Berechnung des Eigengewichts, werden frachtfrei leer zurückgesandt, und ersparen eigene Investitionen und Reparaturen des Auftraggebers. Paletten sind Ladeplatten, auf denen Güter bis zu einem Gesamtgewicht von 1 t befördert werden können. Sie haben eine international genormte Ladefläche von 800 x 1.200 mm. Es gibt Flachpaletten ohne Aufbau, Boxpaletten mit rahmenförmigem Aufbau und Gitterboxpaletten mit Aufbau aus Gitterwänden. Box- und Gitterboxpaletten haben einen Stahlbügelaufsatz, der ihr Aufeinandersetzen ermöglicht. Sie können mit Gabelhubwagen oder -staplern unterfahren, angehoben, bewegt und gestapelt werden. Die Pipeline für den Transport flüssiger oder granulierter Produkte stellt durch ihren immobilen, unflexiblen Charakter eine systemdurchbrechende, wenngleich bedeutsame Besonderheit dar. Sie lohnt sich nur, wenn es feste Abgangs- und Ankunftsorte gibt und eine pipelinefähige Konsistenz des Transportinhalts gegeben ist. Häufig spielen Sicherheitsaspekte eine entscheidende Rolle. Die Güterbeförderung kann auch durch Postdienste erfolgen. Dazu zählen Kurier-, Express- und Paketdienste (KEP). 10.4
Logistikentscheidung Lagerung
Als Lager bezeichnet man den Bestand an Gütern, die noch nicht, nicht mehr oder vorübergehend nicht am Produktionsprozess teilnehmen. Man unterscheidet planmäßige (gewollte) Läger und unplanmäßige (zu vermeidende) Läger, die durch Friktionen im Wertschöpfungsprozess entstehen und Unwirtschaftlichkeit bedeuten. Ziele der Lagerhaltung sind die Aufrechterhaltung der Verkaufsbereitschaft durch den Ausgleich zwischen Beschaffung und Absatz, die Möglichkeit der Nutzung von besonders günstigen Angeboten bzw. der Ausnutzung von Mengenrabatten, dies bei niedrigen Lagerkosten. Zwischen diesen Größen besteht ein Zielkonflikt.
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
10.4.1 Lagerfunktionen Dem Lager kommen wichtige Funktionen im Vertrieb zu, so die: •• zeitliche Ausgleichsfunktion bei voneinander abweichendem Materialzufluss und -bedarf, •• Sicherungsfunktion bei unvorhergesehenen Produktions‑ / Absatzschwankungen, •• Assortierungsfunktion zur Sortimentsbildung, •• Spekulationsfunktion zur Bevorratung bei vermuteten Preiserhöhungen, •• Veredelungsfunktion zur Qualitätsverbesserung etwa durch Alterung, Gärung, Reifung, Trocknung etc. Das Lager lässt sich unter verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Die beiden wichtigsten sind folgende. Nach dem Standort unterscheidet man Zentralläger und Dezentralläger. Nach dem Eigentum unterscheidet man Eigenbetrieb und Fremdbetrieb durch Lagerhalter. Spezialfälle sind Konsignationsläger, d. h., das Lagergut befindet sich noch im Eigentum des Lieferanten, aber schon im Besitz des Abnehmers, und Gemeinschaftsläger, d. h. mehrere Unternehmen betreiben gemeinsam ein Eigenlager. Läger können nach Konzentration, Warenfluss, Unterbringungsart, baulichen Gegebenheiten und Einlagerungsweise wie folgt unterteilt werden: •• Nach dem Warenfluss sind die Warenannahme, Lagerung und Warenausgabe in zeitlicher, räumlicher, inhaltlicher und kostenmäßiger Abstimmung zu beachten. •• Nach der Unterbringungsart handelt es sich um eine Lagerung im Freien (offene Läger), die nur bei witterungsbeständigen Waren mit relativ geringem Wert möglich ist, oder um eine Lagerung in Räumen (Innenlagerung), für Waren, die höheren Schutz, größere Sicherheit und bessere Kontrolle erfordern. •• Nach den baulichen Gegebenheiten handelt es sich um eingeschossige Läger, bei denen anliefernde Fahrzeuge, Lagerplatz und übernehmende Fahrzeuge auf einer Ebene bewegt werden, oder mehrgeschossige Stockwerkläger, die zusätzliche technische Einrichtungen zur Überbrückung des Höhenunterschieds erfordern, dafür aber mit geringerer Grundfläche auskommen. •• Nach der Einlagerungsweise gibt es Stapellager, wo Waren in die Höhe gestapelt werden. Voraussetzung ist dabei eine entsprechende Belastbarkeit der Warenverpackung. Im Hochregallager werden die Waren in mehreren Regalebenen untergebracht. Für die Einlagerung kann eine bestimmte Lagerstelle reserviert oder die jeweils nächste freie Lagerstelle bestimmt werden (chaotische Lagerung). Im ersten Fall muss nur die Lagerstelle markiert werden, im zweiten Fall jedes einzelne Lagerstück. Voraussetzung sind entsprechende
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Lagereinrichtungen, Verlade- und Beförderungsmittel sowie Informationsund Sicherungsvorrichtungen. Kommissionierung bezeichnet dabei allgemein die Zusammenstellung verschiedener Artikel nach einem vorgegebenem Bedarf aus dem Lager. Dabei kann es sich um einen oder mehrere Aufträge handeln. Der Auftrag wird manuell durch den Kommissionierer oder automatisch durch Kommissioniersysteme zusammengestellt. Bei eindimensionaler Kommissionierung werden Artikel nur bis zur Greifhöhe entnommen, bei zweidimensionaler Kommissionierung bewegt sich ein hubfähiges Regalförderzeug zu den Artikeln. Eine auftragsorientierte Kommissionierung erfolgt auf Basis des einzelnen Kundenauftrags. Das hat jedoch zur Folge, dass eine Vielzahl unterschiedlicher Artikelstandorte im Lager wiederholt aufgesucht werden muss, um den gleichen Artikel für verschiedene Aufträge zu kommissionieren. Die Kontrolle der entnommenen Artikel erfolgt manuell oder automatisch (z. B. beleglos durch optische Anzeige). Die Kommissionierungszeit setzt sich im Einzelnen aus der Basiszeit für die Arbeitsbereitschaft, der Wegezeit zu den Artikeln, der Greifzeit für diese Artikel, der Totzeit als Wartezeiten und der Verteilzeit als Sozialzeiten zusammen. Man unterscheidet verschiedene Kommissionierungsverfahren. Beim Ringsammelverfahren werden alle Waren eines Auftrags von einem Kommissionierer-Team auf einem ringförmigen Weg eingesammelt. Das Sternsammelverfahren ist eine Kommissionierung, bei der Teile von Aufträgen parallel oder nacheinander in einzelnen Lagerbereichen unabhängig kommissioniert werden. Das Umlaufverfahren ist eine Kommissionierung, bei der Lagereinheiten zu einem Kommissionierplatz und nach der Warenentnahme wieder an den Lagerplatz gebracht werden. Das Karussellverfahren ist eine Kommissionierung, die eine Verbindung mit der Umlaufkommissionierung derart darstellt, dass die Ware zusätzlich an einen Stellplatz gebracht wird, an dem sie sich an dem Kommissionierer vorbei bewegt und von diesem eingesammelt wird. Das Durchlaufverfahren ist eine Kommissionierung, bei welcher die Lagereinheiten in Durchlaufregalen gelagert und automatisch oder manuell zusammengestellt werden. Für die Erfüllung der genannten Lagerfunktionen sind sowohl der Lager standort als auch der Lagerbetrieb bedeutsam. Hinsichtlich des Lagerstandorts ergeben sie die grundsätzlichen Alternativen eines zentralen oder mehrerer dezentraler Standorte. Zentral bedeutet gemeinhin am Standort der Fertigung (Fertigwarenlager), dezentral bedeutet in der Fläche verteilt in der Nähe von Kundenstandorten. Hinsichtlich des Lagerbetriebs ergeben sich die Alternativen des Eigentums oder der Anmietung. Im Kern handelt es sich damit um einen Make or Buy-Entscheid. Die für diese Wahl wichtigen, vertriebsrelevanten Vorund Nachteile werden daher im Folgenden kurz dargestellt.
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
10.4.2 Lagerstandortwahl Der Entscheidung zwischen zentralem oder dezentralem Lagerstandort liegt folgende Überlegung zugrunde. Mit steigender Zahl dezentraler Lagerstätten sinken zwar die Transportkosten von den einzelnen Lagerstätten zu den jeweiligen Kunden, gleichzeitig steigen jedoch die Lagerhaltungskosten (Fixkostenintensität) für den Betrieb dieser Lagerstätten sowie die Transportkosten vom Lieferanten zu den Lagerstätten. Zwischen diesen beiden gegenläufigen Entwicklungen ergibt sich ein relatives Optimum beim Gesamtkostenminimum. Umgekehrt steigen bei zentraler Lagerstätte die Transportkosten von diesem Lager zu den jeweiligen Kunden, gleichzeitig sinken jedoch die Lagerhaltungskosten sowie die Kosten für den Transport vom Lieferanten zur Lagerstätte. Auch hier ergibt sich aus den beiden gegenläufigen Entwicklungen ein relatives Optimum. Der Vergleich beider relativer Optima bei ansonsten gleichen Bedingungen führt zur Entscheidung für oder gegen einen zentralen oder mehrere dezentrale Lagerstandorte. Das Zentrallager bietet folgende Vorteile für Abnehmer: •• Erhöhung der Artikelpräsenz, verbesserte Sortimentspolitik, schnellere Nachlieferung, Reduzierung der Bestände, Verringerung des administrativen Aufwands, Senkung der Transport- und Verpackungskosten, Chancen zur Konditionenverbesserung, Einsatzmöglichkeiten von Lager-, Kommissionier- und Beförderungstechnik. Dem stehen folgende Nachteile für Abnehmer gegenüber: •• Nicht geeignet für alle Sortimentsarten, höhere Kapitalbindung, hoher Umstellungsaufwand, Verwundbarkeit durch Streik, Boykott etc. Das Zentrallager bietet folgende Vorteile für Lieferanten: •• Übersicht über Art und Menge der Lagergüter, rationelle Nutzung der Räume und Einrichtungen, geringe Kapitalbindung in den Waren und geringer Personalbedarf, reduziertes Handling, Erfüllung höherer Serviceanforderungen der Abnehmer, Reduzierung der Bestände, reduzierte Distributionskosten, flexibler Ausbau der technischen Einrichtungen, flexible Verteilsysteme. Dem stehen folgende Nachteile für Lieferanten gegenüber: •• Größeres Risiko (Kundenferne) und längere Transportwege bei der Auslieferung zu Kunden, Zusammenlagerungsverbot bestimmter Waren (z. B. genmanipuliertes und natürliches Getreide), Verbot der Lagerung gefährlicher Waren in bestimmten Gegenden (z. B. Sprengstoffe in Wohngebieten), keine Nutzung von Speziallagerräumen, hohe Kapitalbindung. Für das Dezentrallager ergeben sich spiegelbildlich die genannten Vor- und Nachteile des Zentrallagers. Im Wesentlichen handelt es sich um Vorteile aus Lieferantensicht wie große Übersichtlichkeit, leichte Bestandserfassung, Zugriff auf alle Lagerdaten, gute Lagerplanung, einfache Bestands- und Bewegungs-
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kontrollen, weniger Administrationskosten. Sowie um Nachteile wie längere Transportwege zu Kunden, damit potenzielle Störungen und höhere Kosten des Transports. Eine verbreitete Form des Dezentrallagers ist das Regionallager (Auslieferungslager) als Pufferlager zwischen Produktion und Absatz, das auf regionaler Ebene den Lieferservice sicherstellt. 10.4.3 Lagerbetrieb Bei der Verwaltung des Fertigwarenlagers sind Eigen- und Fremdbetrieb möglich. Eigenbetrieb bietet sich vor allem dann an, wenn: •• die Nachfrage stabil ist, also ein erforderlicher Warenpuffer kontinuierlich verfügbar sein muss. Dann gebietet die Notwendigkeit auf schnellen Zugriff den autonomen Unterhalt. •• die Märkte räumlich stark konzentriert sind, man also mit einem oder wenigen Standorten auskommt. Dies lässt sich aber nur bei vergleichsweise kurzen Wegen zu den Abnehmern realisieren, da ansonsten Wegevorteile zugleich Zeitnachteile mit sich bringen, die wiederum Wettbewerbsnachteile bedeuten. •• ein hoher Lagerdurchsatz gewährleistet scheint, ein Lager also gleichmäßig ausgelastet ist. Dann werden die vergleichsweise hohen Fixkostenanteile durch entsprechende Auslastung zu Nutzkosten relativiert. •• eine direkte Kontrolle erforderlich bleibt, die aus Qualitätssicherungsgründen ungern delegiert wird. Es ist zu Zeiten von TQM eine unerlässliche Voraussetzung, dass hohe Eingangsqualität nicht durch Lagerung leidet und so reklamationsfähig wird. •• gesonderte Ausrüstungen zur Manipulation nötig werden, die anderweitig nur schwerlich verfügbar sind. Dies gilt vor allem bei Investitionsgütern, bei denen weitgehend nicht-standardisierte Waren manipuliert werden. •• eine spezielle (wenn auch unwesentliche) Be- oder Verarbeitung vor der Auslieferung erforderlich ist. Dabei stellt sich allerdings zunehmend die Alternative des Outsourcings als Auftragsvergabe an externe Be- und Weiterverarbeiter. Fremdbetrieb bietet sich hingegen an, wenn: •• die Nachfrage im Zeitablauf erheblich schwankt, also kein kontinuierlicher Warenpuffer erforderlich ist. Dies verhindert eine unzureichende Auslastung der Fixkosten und lässt absolut höhere variable Kosten vorziehenswürdig erscheinen, die Nutzkosten darstellen. •• Märkte räumlich stark verstreut liegen, so dass mehrere Läger nur unrentabel zu betreiben sind. Dann ist es im Sinne des Wettbewerbsfaktors Zeit günstiger, Lagerstandorte in der Nähe großer Abnehmer fallweise oder dauerhaft anzumieten.
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
•• Märkte häufiger wechseln, etwa wenn es sich um spezialisierte Waren mit wechselnden Abnehmerstandorten handelt. Dann bedeutet ein Eigenbetrieb eine unnötige Fixierung der Tätigkeiten in einem offensichtlich flexiblen Markt. •• verschiedene Transportmittel eingesetzt werden, die intern nicht vorgehalten werden können. Als Alternative bietet sich dann nur noch das Leasing als Form der nutzungskonformen Abzahlung an. •• das implizierte Lagerrisiko besser eine Verantwortungsdelegation angezeigt erscheinen lässt. Insofern können Gewährleistungsansprüche eingefordert werden und gehen nicht zu Lasten eigener Rechnung. •• eine Produktgruppe erst neu eingeführt werden soll, der erforderliche Lagerbedarf also noch ungewiss ist. Nach Ablauf einer Zeitspanne kann dann die erforderliche Lagerraumdimensionierung besser abgeschätzt werden. 10.5
Redistribution
Bei der Redistribution handelt es sich um die Umkehrung des Waren-(und evtl. Geld-)flusses im Vertriebskanal. Der Redistributionskanal bezeichnet insofern die Art und Weise, wie die zu verwertenden Konsumrückstände aufgrund der Arbeitsteilung zwischen den beteiligten Wirtschaftssubjekten vom Nutzer wieder zurück zum Verursacher oder dessen Verwerter gelangen. Dabei handelt es sich um Verpackungen, Umverpackungen, Transportverpackungen und Altprodukte. Es geht um die ökonomisch und ökologisch effiziente Ausgestaltung aller Tätigkeiten der Überbrückung von Konsumrückständen vom Anfallort bis zum Ort der erstmaligen (Weiter-)Verarbeitung oder (Wieder-)Bearbeitung, wobei die Reststoffe in ihrem ursprünglichen Zustand eine abgeschlossene Distribution durchlaufen. Der Logistik kommt dabei eine zentrale Rolle zu. Sie schließt den Stoffkreislauf zwischen Produktgebrauch / -verbrauch und Recycling durch Rückführung von Altprodukten bzw. deren Rückständen in die Produktion (Verwertung) oder den erneuten Gebrauch (Verwendung). Statt von Reststoffen ist es bei Verpackungen und Produkten besser, von Konsumrückständen zu sprechen, da ansonsten Produktionsrückstände mit in die Redistribution einzubeziehen wären. Ökonomische Effizienz bedeutet praktisch insgesamt eine kostenneutrale Systemgestaltung. Redistribution muss dazu bereichsübergreifend an der gesamten Prozesskette ansetzen. Ziel ist die Rückführung der herstellereigenen Konsumrückstände in künstliche Recyclingkreisläufe zu deren Aufarbeitung und Wiedereinsatz in die Produktion bzw. zur Energieerzeugung. Dabei geht es um die für die Entstehung von Transaktionen unabdingbare Überbrückung von zeitlichen, räumlichen, quantitativen und qualitativen Diskrepanzen zwischen dem Entstehungsbereich von Konsumabfällen und dem Verwendungsbereich dieser Konsumrückstände.
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Diese Funktionen werden durch beteiligte Unternehmen wahrgenommen und stellen sich wie folgt dar: •• quantitative Konsumrückstandsumgruppierung durch Zusammenfassung der zu verwertenden Verpackungen und Produkte zu größeren Lade- und Transporteinheiten durch Sammelrhythmus bei Konsumenten und entsprechende Logistiksysteme, •• qualitative Konsumrückstandsumgruppierung durch Sortierung und Trennung der verschiedenen Konsumrückstände für eine spätere Verwertung durch Klassifikation der Wertstoffarten und Qualitätsgruppen bzw. deren Reinigung, •• Raumüberbrückung durch Transport zwischen den verschiedenen Rückstandsstationen und dem Verwertungsweg nach Wahl des Transportmittels und der Ladehilfsmittel, •• zeitlicher Ausgleich durch Kontinuierung von Mengenschwankungen zur gleichmäßigen Auslastung der verschiedenen Verwertungsanlagen, •• Rückstandsermittlung, d. h., Bekanntmachung redistributiver Maßnahmen durch deren Anbieter und Identifizierung des Redistributionssystems mit einem Hersteller, •• Rückstandslenkung, d. h., Bekanntmachung des Steuerungsbedarfs der Rückstände zu geeigneten Sammel- und Verwertungsstellen, •• Entgelttragung, d. h., angemessene Verteilung der dabei anfallenden Lasten und Kosten gemäß dem realisierten Koordinationsprinzip, •• Reverse Logistics, d. h., Bereitstellung der Konsumrückstände zum richtigen Zeitpunkt, in der richtigen Menge, am richtigen Ort und in richtiger Art. Eine einfache Umkehrung der Gestaltung des herkömmlichen Distributionskanals scheitert aber daran, dass •• neue Institutionen in das Verhaltenssystem des Herstellers eintreten, dazu gehört auch die Entsorgungswirtschaft, die durch die Distribution nicht tangiert ist, •• Marktpartner aus den ursprünglichen Absatzbeziehungen neue und / oder erweiterte Aufgaben übernehmen, nämlich neben der Abgabe von Leistungen auch deren Rücknahme, •• unterschiedliche Transportanforderungen zwischen neuwertigen und gebrauchten Gütern bestehen, dies bezieht sich u. a. auf die Qualitäts- und Zeitsensibilität, •• weder die Kapitalbindung noch die Verfügbarkeit der Konsumrückstände eine bedeutende Rolle spielt, wie das bei Neuwaren regelmäßig der Fall ist, •• die Volumendifferenzen zwischen neuwertigen und gebrauchten Gütern teilweise immens sind,
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
•• ein zusätzlicher Teil der hoch rationell genutzten Betriebsfläche im Handel beansprucht werden kann, •• Verbraucher mit anderen (privaten) Verhaltensmustern als Ausgangspunkt von Warenströmen auftreten (die Notwendigkeit der Redistribution führt hier zu Dissonanz und Nutzenentgang, daher wird eine Minimierung des Aufwands angestrebt, so dass der Bequemlichkeitsfaktor zu berücksichtigen ist, was wiederum steigende Kosten verursacht). In Bezug auf die Redistribution lassen sich Hol- und Bringsysteme unterscheiden. Bei Holsystemen werden die Mengen unmittelbar am Anfallort bei Konsumenten abgeholt (z. B. Gelbe Tonne). Dadurch steigt die Motivation zur Sammlung und Beteiligung, allerdings entstehen auch hohe Transportkosten. Zur Anpassung können mehrstufige Holsysteme dienen. Beim Bringsystem werden die Konsumrückstände von Konsumenten an einen Sammelort verbracht (z. B. Altglas). Dadurch steigt jedoch der Entledigungsaufwand, mithin sinkt die Motivation zur Teilnahme, dafür sind aber die Transportkosten geringer. Denkbar ist auch eine Kombination in Treffsystemen, d. h., der erste Halbweg wird im Bringsystem bis zu Sammelstellen zurückgelegt, der zweite Teilweg im Holsystem bis zum Verwertungspunkt, wobei die Aufteilung der Strecken zu diskutieren ist. Eine weitere Möglichkeit ist die gesetzliche Verpflichtung zur Verbringung von Konsumrückständen (Elektronikschrott, Arzneimittel etc.). Das Redistributionssystem kann eigen- oder fremdgestaltet sein. Eigengestaltet bedeutet, dass jeder Hersteller selbst für die Rückholung seiner Altverpackungen und -produkte Sorge trägt (direkter Weg). Dies scheint allerdings wenig praktikabel. Fremdgestaltet bedeutet, dass Hersteller diese Aufgabe an Dritte vergeben (indirekter Weg). Dabei kann es sich um eine dezentrale Vergabe handeln, die im Effekt aber den Nachteilen der Eigengestaltung nahe kommt, oder um eine zentrale Vergabe, bei der sich mehrere (alle) Verursacher eines gemeinsamen Dritten zur Funktionserfüllung bedienen. Dabei kann es sich um Hersteller einer Branche, um Hersteller verschiedener Branchen oder Verursacher verschiedener Wirtschaftsbereiche wie Hersteller und Absatzmittler handeln (z. B. DSD). In diesem Fall ist eine zwei- oder mehrstufige Redistribution unter Einschaltung von Mittlern oder Helfern gegeben. Allerdings müssen die rückgeführten Verpackungen und Produkte nicht unbedingt beim Verursacher auftauchen, sondern dieser kann sich zur Entsorgung gleichfalls Dritter bedienen, die gegen (positives oder negatives) Entgelt bzw. gegen Warentausch (Rohstoff gegen Recyclat) tätig werden und nur die Gestaltung der Redistribution übernehmen. Bei indirekter Redistributionsstrategie können viele Mittler auf einer Stufe eingeschaltet werden, damit möglichst alle Konsumrückstände flächendeckend wieder- und weiterverwertet werden können. Oder nur wenige, qualitativ ausgewählte Mittler, um ökonomische Randbedingungen einzuhalten, oder aber nur ein Mittler (wie in Form des DSD bei Verpackungen). Zudem sind vielfältige
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Kooperationen denkbar, zumal sich Verwertungen meist nur bei hohem und stetigem Einsatzmaterialaufkommen rechnen (weshalb vielfach bereits Abfall fremd zugekauft wird). Allgemein marktregulierend greift der Gesetzgeber ein. Die Verordnung über die Entsorgung von Altautos sieht etwa vor, dass alle Automobile, die nach dem 1.1.1998 zugelassen und nicht älter als zwölf Jahre sind, in anerkannten Annahmestellen oder in Verwertungsbetrieben für den Halter kostenlos entsorgt werden müssen. Bei Fahrzeugabmeldung an den Zulassungsstellen verlangen diese einen Verwertungsnachweis oder eine Verbleibserklärung. Kfz-Betriebe können als anerkannte Annahmestellen für Altautos zertifiziert werden. Die Automobilhersteller sind zunächst verpflichtet, alle Fahrzeuge, die ab 2006 zugelassen wurden, kostenlos für eine ordnungsgemäße Verwertung zurückzunehmen. Ein weiterer Aspekt betrifft die Retourenlogistik, dabei handelt es sich um das Handling von Artikeln, die von End- oder Zwischenkunden an den Handel zurückgegeben werden. Dabei stellen sich Aufgaben sowohl zur Retourenvermeidung (aktiv) als auch zur Retourenbehandlung (passiv). Es geht also darum, Retouren erst gar nicht entstehen zu lassen und anfallende Retouren effizient abzuwickeln. Dies ist insb. im Rahmen des E-Commerce ein bedeutsames Problem, wo Retourenquoten aufgrund gesetzlicher Bestimmungen (Fernabsatzrichtlinie im B-t-C) enorme Höhen erreichen können (bei Bekleidung etwa 50 %). Die Retourenvermeidung kann durch Qualitätssicherung nach Art und Menge sowie durch Logistikoptimierung nach Raum und Zeit erreicht werden. Die Retourenabwicklung betrifft die Rückführung der Retouren in den Warenbestand, die Nachbesserung zur Wiederherstellung der Verkaufsfähigkeit, die anderweitige Verwertung der Waren oder deren Vernichtung. Retouren betreffen nicht nur Artikel, sondern auch Verpackungen. In Bezug auf Verpackungen sind Mehrwegbehältnisse zu bevorzugen. Die Abwicklung kann durch betriebseigene Systeme, Multi-Partner-Systeme oder Poolsysteme mit standardisierten Behältern und Depots erfolgen. Dabei kann ein Zug um Zug-Tausch erfolgen (z. B. Paletten) oder ein Direkttausch (z. B. voll gegen leer) oder ein Saldenausgleich (nach Volumen). Die Berechnung erfolgt per pauschalem Pfand oder durch individuelle Berechnung. Die „Grüne“ Logistik (Green Logistics) soll ein Gleichgewicht zwischen ökonomischer und ökologischer Effizienz durch nachhaltige Konzepte erreichen, die der sozialen Verantwortung der Unternehmen entsprechen. Zur Verringerungen von Emissionen bieten sich zahlreiche Maßnahmen an: •• Verkehrsvermeidung durch bessere Kapazitätsauslastung, Reduzierung der Fahrtstrecken, Verringerung von Anlieferstopps, •• Verkehrsverlagerung durch Nutzung alternativer Verkehrsträger, vor allem Schiff und Bahn,
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
•• Gestaltung der Verkehre durch rollwiderstandsoptimierte Reifen, Leichtlauföle, umweltschonende Antriebstechniken, leichtere Fahrzeuge, •• präferenzielle Verwendung nachwachsender Rohstoffe für Verpackungen, Modularisierung von Logistiklägern, •• Materialoptimierung, Sendungsverdichtung, Transportbündelung etc. Die Überprüfung erfolgt durch eine Umweltmanagement-Zertifizierung nach DIN ISO 14001. 10.6
Logistische Absatzhelfer
Logistische Absatzhelfer sind vor allem Transport- und Lagerunternehmen, sie organisieren den Zeit- und Raumtransfer von Waren, ohne dabei deren Eigentümer zu werden. Der Spediteur übernimmt im eigenen Namen, aber auf Rechnung des Auftraggebers die Planung und Durchführung des Transports vom Absender zum Empfänger inklusive aller Nebendienste. Der Frachtführer verbringt hingegen die Waren selbst, muss aber nicht mit dem Spediteur identisch sein. Der Lagerhalter trägt für die Einhaltung der Qualität und Quantität der Ware Sorge (siehe Abb. 79). 10.6.1 Spediteur Der Spediteur ist selbstständiger Kaufmann im logistischen Bereich, der gewerbsmäßig in eigenem Namen, aber für fremde Rechnung (des Versenders) die Planung, Organisation, Durchführung und Kontrolle der Beförderung von Gütern vom Absender zum Empfänger durch einen Frachtführer oder durch Verfrachter von Seeschiffen besorgt (§§ 453 ff. HGB). Er tritt damit als Transportvermittler auf und übernimmt meist alle zum Transport gehörenden Nebenleis-
Abb. 79: Logistische Absatzhelfer
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tungen wie Versicherung, Zwischenlagerung, Dokumentenbeschaffung, Verzollung etc. Die Vermittlung beinhaltet die kaufmännische Verwaltung und organisatorische Handlung und Kontrolle der Frachtführer. Oft übernimmt der Spediteur auch selbst die Funktion des Frachtführers, indem er die Ware mit eigenen Transportmitteln befördert, und evtl. auch die Funktion des Lagerhalters. Wird der Versand zu bestimmten Beförderungskosten durchgeführt, hat er nur die Rechte und Pflichten eines Frachtführers. Der Versandspediteur übernimmt im Vorlauf Sendungen bei verschiedenen Versendern, stellt diese Sendungen nach Verkehrsrichtungen zusammen und sorgt für den Transport im Hauptlauf als Sammelladung. Der Empfangsspediteur wird beauftragt, im Nachlauf die Ladung in Empfang zu nehmen, sie zu entladen, nach Einzelsendungen zu sortieren und dem einzelnen Empfänger auszuliefern. Dabei sind auch Zwischenspediteure eingeschaltet. Spediteure im gewerblichen Güternahund -fernverkehr werden behördlich zugelassen. Vertragsgrundlage sind die Allgemeinen Deutschen Spediteursbedingungen (ADSp). Sie schließen Frachtverträge ab und erscheinen auf Frachtbriefen als Absender. Der Spediteur erhält als Vergütung Provision und Übernahme- / Auslagenersatz, hat ein gesetzliches Pfandrecht am Beförderungsgut, wenn der Versender seiner Zahlungspflicht nicht nachkommt, kann auch selbst als Frachtführer in die Ausführung des Vertrags eintreten und wählt in Abstimmung die bestgeeignete Beförderung. Der Spediteur haftet bei Verlust oder Beschädigung bei nachweisbarem Verschulden. Er hat seine Sorgfaltspflicht bei der Ausführung des Transportgeschäfts walten zu lassen (insb. bei der Auswahl eines geeigneten Frachtführers) und die Interessen als Treuhänder seiner Kunden zu wahren. Und er hat Weisungen gegenüber dem Versandauftrag des Auftraggebers zu befolgen und (Gewährleistungs-) Rechte gegenüber seinem Auftraggeber zu wahren. Das Speditionsbuch ist Teil der betrieblichen Buchführung einer Spedition, das Aufträge und ausgeführte Leistungen in einem entsprechenden Ordnungssystem enthält. Die Eintragungen erfolgen chronologisch und sind jeweils zur Kontrolle mit einer IdentNummer als Kennung versehen. Bei der Gebietsspedition werden regional zusammen liegenden Lieferanten Spediteure zugeordnet, welche die einzelnen Beschaffungsvorgänge konsolidieren und einen oder mehrere Abnehmer in Sammelladungen beliefern. Damit werden alle mit gleicher Versandrichtung zu befördernden Güter zusammengefasst. Das bringt einen Kostenvorteil, zugleich aber auch einen Zeitnachteil. Es lassen vier Generationen von Logistik-Services wie folgt unterscheiden: •• First Party Logistics bezeichnet die Beauftragung von Frachtführern zur Übernahme logistischer Dienstleistungen, die vom Unternehmen selbst organisiert werden. •• Second Party Logistics bezeichnet die Beauftragung von Spediteuren mit logistischen Leistungen (Transport, Umschlag, Lagerung), die diese von Frachtführern ausführen lassen.
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
•• Third Party Logistics bezeichnet die dauervertragliche Übernahme von Logistikdienstleistungen (TUL) durch Spediteure im Rahmen der Kontraktlogistik. •• Fourth Party Logistics bezeichnet das komplette Outsourcing von LogistikServices an entsprechende Dienstleister, die nach vorgegebenen Standards (Service Level Agreements) zu vereinbarten Festkonditionen eigenverantwortlich diese Aufgaben mit Absatzhelfern koordinieren, ohne sie selbst auszuführen. Die Tätigkeiten des Spediteurs sind dabei vielfältig: •• Beratung und Besorgung für die Wahl des Frachtführers, des Transportmittels / -wegs, Aushandeln von Frachtraten und Konditionen, Abschluss von Frachtverträgen, Beschaffung von Dokumenten, •• Beförderung mit Durchführung von Frachtführertätigkeiten (bei Selbsteintritt), •• Beratung über geeignete Lagermöglichkeiten, Durchführung des Ein- und Auslagerns, Lagerung, Warenmanipulation, Lagerbestandsmanagement, Kommissionierung, •• Sammeln, Verteilen, Durchführen des Spediteur-Sammelgutverkehrs, •• Besorgen und Durchführen des physischen Güterumschlags, •• Verpackung, Markierung, Entfernung von Herkunftszeichen, Umpacken, Umsignieren, Bemusterung, Mengen- und Qualitätsfeststellung, •• Warenversicherung und Ausführung spezieller Dienste in Treuhänderfunktion, •• Inkasso bei Fracht- und Warennachnahmen, •• Zollbehandlung, •• Ausführung spezieller Services als Treuhänder zwischen Käufer und Verkäufer, insb. im Auslandsvertriebs, •• Abwicklung von Anlagetransporten, Spezialverkehr (Frucht, Gefahrgut, Kühlgut, Möbel etc.). 10.6.2 Frachtführer Als Frachtführer zur Güterbeförderung gilt, wer sich als selbstständiger Kaufmann durch Abschluss eines Beförderungsvertrags gewerbsmäßig verpflichtet, die Beförderung von Gütern per Schiene, Straße, See, Luft, Binnengewässer oder in einer Kombination dieser Transportarten je nach Zweckmäßigkeit durchzuführen (§ 437 HGB, § 442 HGB). Der Frachtführer verbringt Waren selbst, ohne sich jedoch mit den zum Transport erforderlichen Vor- und Hilfsleistungen zu befassen. Die Beförderung erfolgt in eigenem Namen, aber für fremde Rechnung, sie gilt als erfüllt, wenn Gut und Frachtbrief beim Empfänger übergeben werden. Sichtbare Mängel der Fracht sind sofort zu rügen, versteckte
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Mängel innerhalb einer Woche nach Annahme. Der Frachtführer hat ein Recht auf Ausstellung eines Frachtvertrags (meist als Frachtbrief), welcher die Bedingungen für die Beförderung enthält, und übergibt den Frachtbrief und alle Begleitpapiere. Er hat außerdem ein gesetzliches Pfandrecht am Beförderungsgut bei Zahlungsverweigerung für begründete Forderungen, und erhält die Transportkosten incl. Auslagen vom Auftraggeber erstattet. Dafür leistet er fristgerechte Beförderung und Erfüllung aller vertraglichen Pflichten, befolgt Weisungen des Auftraggebers, benachrichtigt diesen unverzüglich bei Ablieferungshindernissen und haftet für Verlust, Lieferfristüberschreitung und Beschädigung sowie Nichtbefolgung nachträglicher Verfügungen des Absenders. Der Frachtführer hat dem Absender die Ladebereitschaft anzuzeigen, die Güter mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns zu befördern und an den berechtigten Empfänger am vereinbarten Entladeplatz zur Verfügung zu stellen. Der Frachtführer haftet für Schäden, sofern ihn oder seine Erfüllungsgehilfen ein Verschulden trifft. Den Entlastungsbeweis muss er führen, sofern aus dem Vertrag nichts Gegenteiliges hervorgeht. Die Haftungshöhe ist unbegrenzt, sofern nicht anders vertraglich vereinbart. Er hat die Weisungen des Empfängers zu befolgen und alle vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen, vor allem die Übergabe der Ware und die Ausstellung eines Ladescheins. Der Frachtführer erhält ein gewichtsbezogenes Rollgeld für den Transport von Waren vom Lager des Versenders bis zum Versandbahnhof bzw. vom Bestimmungsbahnhof bis zum Lager des Empfängers. Ablader ist derjenige, der aufgrund eines zwischen Befrachter und Verfrachter geschlossenen Beförderungsvertrags Güter zur Beförderung mit Seeschiffen übergibt. Der Luftfracht-Agent ist ein Absatzhelfer, der speziell die Abwicklung des Vor- und Nachtransports, die Verpackung und Versicherung bei Luftfracht übernimmt. Teilweise erledigt er seine Dienste auch in Terminals außerhalb des Flughafens. Zudem werden kleinere Versandmengen von ihm kostengünstig zusammengefasst. 10.6.3 Lagerhalter Der Lagerhalter ist ein selbstständiger Kaufmann, der gewerbsmäßig und gegen Entgelt die Lagerung und Aufbewahrung von Gütern übernimmt (zum Ausgleich von Produktionsschwankungen, Absatzschwankungen oder zur Veredelung / § 467 HGB). Er ist praktisch häufig identisch mit dem Frachtführer oder Spediteur. Für das eingelagerte Gut wird ein Lagerschein ausgestellt, der ein Inhaberpapier, Namenspapier oder Orderpapier sein kann. Lagerfähig sind bewegliche Sachen, nicht jedoch Geld, Wertpapiere oder Tiere. Das Lagergeschäft wird von Spediteuren, Transportunternehmen sowie den staatlichen und privaten Lagerhausgesellschaften betrieben. Der Lagervertrag kommt durch Antrag und Annahme zustande und ist formfrei. Leistungen sind meist Einla-
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
gern, Lagern, Auslagern sowie damit verbundene Nebenleistungen. Die Art der Lagerung bestimmt sich aus den bau- und feuerpolizeilichen Vorschriften, der Art der Güter und den Anweisungen des Auftraggebers. Für die eingelagerten Waren wird eine Lagerkartei geführt. Die Spesen richten sich nach Stückzahl, Gewicht, Fläche und Zeit der Lagerung. Der Lagerhalter trägt für die Einhaltung der Qualität und Quantität der Ware während einer Zeitüberbrückung Sorge. Rechte des Lagerhaltes sind sein Anspruch auf Lagergeld und Aufwendungsersatz, das Pfandrecht am Gut bei Nichtzahlung der Lagerkosten durch den Einlagerer, der Selbsthilfeverkauf des Lagerguts und die Kündigung des Lagervertrags. Pflichten des Lagerhalters sind neben der Lagerung und sorgfältigen Behandlung des Guts die Warenprüfung des einzulagernden und die laufende Kontrolle des eingelagerten Guts, die Erlaubnis zur Besichtigung des Guts, zur Entnahme von Proben und die Rückgabe des Guts durch den Einlagerer, die Ausstellung eines Lagerscheins bei Übernahme, die Benachrichtigung des Einlagerers bei drohender Verschlechterung des Guts (Wertminderung / Verderb), die Versicherung der gelagerten Ware und Aushändigung an den Empfangsberechtigten, die Verhinderung der Vermischung während der Lagerung und die Haftung bei Verletzung der Sorgfalts- und Benachrichtigungspflicht. Bei der Einzel-(Sonder-)lagerung wird das Lagergut des Kunden getrennt von anderen Gütern gehalten, auch wenn eine Vermischung möglich wäre. Der Kunde hat also die Gewissheit, dass seine Ware jederzeit genau identifizierbar bleibt. Dadurch steigt allerdings der Lageraufwand. Bei Sammellagerung ist eine Vermischung / Vermengung des Lagerguts verschiedener Eigentümer erlaubt, wenn diese damit einverstanden und die Lagergüter im Übrigen gleichwertig sind. Die Zwischenlagerung übernimmt eine Ausgleichsfunktion zwischen dem Zeitpunkt der Lieferung und dem des Absatzes. Das Zwischenlager nimmt dabei zentrale Funktionen wahr, so eine •• Pufferfunktion im Ausgleich zwischen Lagerzu- und -abgang, •• Sicherungsfunktion gegen unvorhersehbare Schwankungen im Lagerzu- und -abgang, •• Veredelungsfunktion, wenn Waren im Zeitablauf ihren Zustand wertsteigernd verändern (z. B. durch Reifung, Gärung), •• Umschlagfunktion für die innerbetriebliche Manipulation (unwesentliche Be- / Verarbeitung). Das Zwischenlager besteht im Grundsatz aus folgenden Raumbereichen: •• dem Wareneingangsbereich, hier erfolgt die Abladung, die Eingangserfassung (RFID / Scan), die Eingangskontrolle, die Güterannahme und die Lagervorbereitung,
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•• dem eigentlichen Lagerungsbereich, •• der Kommissionierzone, hier werden Liefereinheiten nach Auftrag zusammengestellt, •• der Verpackungszone, •• dem Warenausgangsbereich, hier erfolgt die Bereitstellung zur Abholung, die Ausgangserfassung, die Verladung, •• der Lagerverwaltung, hier erfolgt die Steuerung und Koordination. Bei den Waren kann es sich um feste Güter als Stück- oder Schüttgüter (Commodities), um flüssige Güter ohne oder mit Behältnis sowie um gasförmige Güter mit oder ohne Druck handeln. Hinzu kommen verschiedene Lagergestelle. Die Lagerung kann auf offenen Flächen oder in ein- oder mehrstöckigen Gebäuden erfolgen. Hinsichtlich der Zuteilung des Lagerplatzes sind folgende Optionen gegeben, die hohen Einfluss auf die Produktivität haben: •• Bei einer festen Platzzuteilung wird für jedes Gut ein bestimmter Lagerbereich reserviert. Dies ist übersichtlich, nutzt aber die insgesamte Lagerkapazität nur unzureichend. Diejenigen Waren, die häufig kommissioniert werden und klein sind, werden nahe am Kommissionierplatz gelagert. •• Bei der Querverteilung werden für jedes Gut mehrere Lagerbereiche reserviert, um auch bei Blockierung von Wegen innerhalb des Lagerraums dennoch Zugriff zu erhalten. •• Bei der Zonenlagerung wird für jedes Gut ein Lagerbereich reserviert, die Detaileinräumung erfolgt dann nach Gewicht, Klima, Zugriffssicherheit, Gefahrgutklasse, Umschlagshäufigkeit, Lagerdauer etc. Dadurch können Wege für Fördermittel reduziert werden. •• Bei der chaotischen Lagerung erfolgt eine völlig freie Lagerplatzzuordnung. Dadurch kann die Lagerkapazität bestmöglich genutzt werden, allerdings bedarf es einer dezidierten Zugriffsordnung für die Wiederauffindbarkeit der Waren. Das Zusammenstellen eines Vertriebsauftrags wird Kommissionierung genannt. Dabei ist über die Form der Kommissionierung zu entscheiden: •• sequenziell erfolgt diese je Auftrag nacheinander in den einzelnen Arbeitsschritten, •• parallel erfolgt diese in Erfüllung gleichartiger Teilaufträge, die danach kollektiert werden, •• stückweise erfolgt diese je Artikel über alle Arbeitsschritte hinweg, •• relational erfolgt diese bis zur Komplettierung eines Transportmittels (wie Palette), •• im Pick-Pack-Verfahren erfolgt diese bis zur Komplettierung einer Transportverpackung.
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B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung
Beim „Mann zu Ware“-Prinzip bewegt sich der Kommissionierer bzw. das Kommissionierfördermittel auf den benötigten Artikel (Pick) zu. Beim „Ware zum Mann“-Prinzip werden die Artikel zum Kommissionierer bzw. Handhabungsroboter gebracht und dort gesammelt. Die Zusammenstellung erfolgt nach Pickliste (schriftlich) oder per mobilem Datenerfassungsgerät (MDE), durch Leuchtanzeige am Regalfach (Pick by Light) oder durch Sprachausgabe (Pick by Voice / Headset). Die Fortbewegung des Kommissionierers kann nur horizontal oder horizontal und vertikal erfolgen. Die Abgabe der Ware erfolgt dann an einem zentralen Sammelplatz oder dezentral zu Zwischenstationen oder zum nächsten Kommissionierplatz. Bei den Fördermitteln handelt es sich um flurgebundene, stetige oder unstetige, sowie flurfreie Transportmittel. Erstere transportieren auf dem Boden, letztere auf eigenen Verbringungsebenen wie als Deckenkran, Portalkran, Hebezeug, Winde etc. Verbreitet sind neuerdings auch Fahrerlose Transport-Systeme (FTS). Förderhilfsmittel erleichtern den Transport, das Handling und die Ein- / Auslagerung des Förderguts, schützen es gegen äußere Einflüsse oder bieten Informationen zum Fördergut an. Häufig anzutreffen sind umschließende Förderhilfsmittel wie Kästen, Kartons, Säcke, Plastikbeutel, Boxpaletten, Gitterboxpaletten (für Kleinteile), ebene Förderhilfsmittel wie Rungenpaletten, Bügelpaletten, Flachpaletten (wie Euro- oder Chep-Paletten) für mittelgroße Fördergüter und Großgutförderhilfsmittel.
Das Thema Vertrieb wird im Fach- und Lehrbuchbereich erstaunlich zurückhaltend behandelt. Dabei gibt es eine solide konzeptionelle Fundierung des Vertriebs und nicht zuletzt ist der Vertrieb Schlüsselfaktor für den Betriebserfolg. Daher wird im »Handbuch des Vertriebs« erstmals ein kompletter Überblick über das professionelle Vertriebsmanagement auf aktuellem Stand gegeben. Die Inhalte werden in zwei Teilbänden präsentiert: Band 1 mit den Hauptkapiteln »Vertriebskonzept und -controlling« und »Optionen der Vertriebskanalgestaltung« und Band 2 mit den Hauptkapiteln »Besonderheiten in der Vertriebspolitik« und »Umsetzung im Verkaufsmanagement«. Zentrale Inhalte sind Vertriebs-Planung, -Strategie, -Organisation und -Kontrolle sowie Direkt- und Indirektvertrieb und Vertriebslogistik. Weiterhin Besonderheiten im stationären und virtuellen Handel, im internationalen Dienstleistungs- und Gewerbekunden-Vertrieb. Dies wird abgerundet durch Kundenbeziehungsmanagement, kaufmännische und technische Auftragsbearbeitung, Käuferverhaltenserkenntnisse und Verkaufsdurchführung.
Werner Pepels
Handbuch des Vertriebs 20 Module zur fortschreitenden Professionalisierung in Distribution und Verkauf Teilband II
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Handbuch des Vertriebs – Teilband II
Handbuch des Vertriebs 20 Module zur fortschreitenden Professionalisierung in Distribution und Verkauf
Teilband II Von
Werner Pepels
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Inhaltsübersicht Teilband I A. Vertriebskonzept und -controlling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 1. Vertrieb als zentrale Funktion des Marketings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 1.1 Inhalte des Marketingrahmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 1.2 Entwicklung des Marketingansatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 1.3 Aktuelle Marketingsichtweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 1.4 Marketing als Beziehungsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 1.5 Schnittstelle Marketing zu Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 1.6 Gesamtwirtschaftliche Einbettung der Vertriebsaktivitäten . . . . . . . . 22 2. Vertriebsplanung und -entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 2.1 Vertriebszielsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 2.2 Vertriebsplanungsrahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 2.3 Vertriebsbudgetierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 2.4 Vertriebsinformationsbasis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 2.5 Vertriebsentscheidungsfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 2.6 Vertriebsprognose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 3. Vertriebsstrategie und -modellierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 3.1 Vertriebssituationsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 3.2 Vertriebsstrategierahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 3.3 Vertriebsstrategische Dimensionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 3.4 Strategiebewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 3.5 Eckpfeiler der Produktbasis im Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 4. Vertriebsorganisation und -abläufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 4.1 Organisationseinteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 4.2 Verrichtungsorganisation im Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 4.3 Konfigurationsformen im Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 4.4 Koordinationsformen im Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 4.5 Hybride Vertriebsorganisationsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 4.6 Ablauforganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 5. Vertriebsüberprüfung und -überwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 5.1 Vertriebssegmentierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 5.2 Wertorientierte Steuerung der Produkterlöse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 5.3 Wertorientierte Steuerung der Gebietserlöse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 5.4 Wertorientierte Steuerung der Kundenerlöse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 5.5 Vertriebs-Audit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188
VI Inhaltsübersicht 5.6 Vertriebs-Revision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 5.7 Kalkulationsbasis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 5.8 Vertriebs-Informationsversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 B. Optionen der Vertriebskanalgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 6. Dimensionen des Vertriebskanals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 6.1 Leistungsströme im Vertriebskanal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 6.2 Akteure im Vertriebskanal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 6.3 Breite des Vertriebskanals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 6.4 Tiefe des Vertriebskanals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 6.5 Struktur des Vertriebskanals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 6.6 Form des Vertriebskanals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 7. Konzept des Direktvertriebs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 7.1 Eigene Vertriebsmitarbeiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 7.2 Akquisitorische Absatzhelfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 7.3 Vertrieb über reale Marktveranstaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 7.4 Vertrieb über Katalogmedium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 7.5 Vertrieb über Dialogmedien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 7.6 Vertrieb über Veranstaltungsmedien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 7.7 Verkaufsförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 7.8 Fachwerbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 7.9 Streuprospekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 8. Konzept des Indirektvertriebs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 8.1 Handelsinstitutionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 8.2 Handelsfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 8.3 Einteilungskriterien des Handels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 8.4 Einzelhandelsbetriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 8.5 Großhandelsbetriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 8.6 Dynamik der Handelsbetriebsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 8.7 Vertriebskanaltransparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 9. Distributionsbeziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 9.1 Knappheitsfaktoren im Vertriebskanal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 9.2 Konfliktpotenziale im Vertriebskanal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390 9.3 Präsenz im Vertriebskanal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394 9.4 Vertikale Kooperation im Vertriebskanal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 10. Logistisches Distributionssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414 10.1 Bedeutung der Logistik im Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414 10.2 Techniken der Logistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417 10.3 Logistikentscheidung Transport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 420 10.4 Logistikentscheidung Lagerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427 10.5 Redistribution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432 10.6 Logistische Absatzhelfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436
InhaltsübersichtVII
Teilband II C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 445 11. Parameter im stationären Handel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 445 11.1 Sortimentsbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 446 11.2 Preisgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 450 11.3 Kalkulationsrahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452 11.4 Raumeinteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 454 11.5 Markenbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 459 11.6 Händlereigenwerbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 460 11.7 Kundenservice . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461 12. Parameter im virtuellen Handel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 463 12.1 Strukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 463 12.2 E-Geschäftsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 465 12.3 Praktische E-Sales-Ausprägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467 12.4 Web-Präsenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473 12.5 M-Sales . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 488 12.6 Suchmaschinen-Marketing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 491 12.7 E-Mail-Marketing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 493 12.8 Social Media Commerce . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 496 13. Internationaler Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 499 13.1 Kriterien der Internationalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 499 13.2 Treiber der Internationalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 500 13.3 Auslandsmarktprofil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 502 13.4 Auslandsmarktrisiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 504 13.5 Auslandsmarktwahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 506 13.6 Optionen des Markteintritts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 510 13.7 Entscheidung über die internationale Marktabfolge . . . . . . . . . . . . . 532 13.8 Entscheidung über das internationale Marktareal . . . . . . . . . . . . . . . 534 13.9 Entscheidung über die internationale Marktbearbeitung . . . . . . . . . . 538 14. Vertrieb von Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 541 14.1 Kennzeichen von Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 541 14.2 Besonderheiten im Vertrieb von Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . 549 14.3 Kundendienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 555 15. Vertrieb an Gewerbekunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 558 15.1 Merkmale des Gewerbekundengeschäfts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 558 15.2 Geschäftsarten im B-t-B . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 565 D. Umsetzung im Verkaufsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 589 16. Elemente der Kundenbeziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 589 16.1 Kundenzufriedenheit als Erfolgsfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 589 16.2 Unzufriedenheitsbearbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 613 16.3 Kundenbindung als Erfolgsfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 634
VIII Inhaltsübersicht
17.
18.
19.
20.
16.4 Kündigungsprävention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 649 16.5 Kundenclubs als Beziehungsinstrument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 657 Kaufmännische Auftragsbearbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 662 17.1 Elemente des Angebotswesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 662 17.2 Elemente der Preisfeinsteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 677 17.3 Elemente der Absatzfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 698 Technische Auftragsabwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 709 18.1 Vertragliche Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 709 18.2 Bedeutung von Dokumenten im Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 711 18.3 Bedeutung von Lieferklauseln im Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 722 18.4 Ökologie als Selbstverständnis im Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 732 Erkenntnisse des Käuferverhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 744 19.1 Organisationales Beschaffungsverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 744 19.2 Privates Konsumentenverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 757 19.3 Marke als Verkaufsargument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 770 Durchführung des Verkaufs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 782 20.1 Verkauf-Kauf-Synchronisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 782 20.2 Verkaufsgesprächsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 805
Literaturhinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 818 Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 828 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1003 Über den Autor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1017
Inhaltsverzeichnis Teilband II C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik 11. Parameter im stationären Handel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 445 11.1 Sortimentsbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 446 11.2 Preisgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 450 11.3 Kalkulationsrahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452 11.4 Raumeinteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 454 11.5 Markenbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 459 11.6 Händlereigenwerbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 460 11.7 Kundenservice . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461 12. Parameter im virtuellen Handel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 463 12.1 Strukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 463 12.2 E-Geschäftsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 465 12.3 Praktische E-Sales-Ausprägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467 12.3.1 E-Shop . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467 12.3.2 Virtueller Marktplatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 468 12.3.2.1 Organisationsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 468 12.3.2.2 Dynamische Preisbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 470 12.4 Web-Präsenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473 12.4.1 Website-Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473 12.4.1.1 Nutzeroberfläche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473 12.4.1.2 Nutzerführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 476 12.4.2 Display-Werbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 479 12.4.2.1 Eigenwerbungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 479 12.4.2.2 Optionen des Targetings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 483 12.4.2.3 Affiliations . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 484 12.4.3 WWW-Metrics . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 485 12.5 M-Sales . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 488 12.6 Suchmaschinen-Marketing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 491 12.7 E-Mail-Marketing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 493 12.8 Social Media Commerce . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 496 13. Internationaler Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 499 13.1 Kriterien der Internationalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 499 13.2 Treiber der Internationalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 500 13.3 Auslandsmarktprofil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 502
X Inhaltsverzeichnis 13.4 Auslandsmarktrisiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 504 13.4.1 Risikoarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 504 13.4.2 Risikobewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 505 13.5 Auslandsmarktwahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 506 13.5.1 Vermarktungsumfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 507 13.5.2 Auswahlverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 508 13.6 Optionen des Markteintritts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 510 13.6.1 Außenhandelsvertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 510 13.6.1.1 Formen des Exportgeschäfts . . . . . . . . . . . . . . . . 511 13.6.1.2 Veredelungsgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 513 13.6.1.3 Transit und Durchfuhr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 514 13.6.1.4 Kompensationsgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 515 13.6.2 Dauervertragsvertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 516 13.6.2.1 Lizenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 516 13.6.2.2 Kontrakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 519 13.6.2.3 (Master-)Franchising . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 520 13.6.2.4 Betreibermodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 522 13.6.2.5 Einfache Kooperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 522 13.6.2.6 Strategische Allianz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 523 13.6.3 Direkter Auslandsvertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 525 13.6.3.1 Geschäftsbeteiligung und -übernahme . . . . . . . . . 526 13.6.3.2 Alleingründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 528 13.6.3.3 Gemeinschaftsgründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 528 13.6.4 Wahl der Markteintrittsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 530 13.7 Entscheidung über die internationale Marktabfolge . . . . . . . . . . . . . . 532 13.8 Entscheidung über das internationale Marktareal . . . . . . . . . . . . . . . . 534 13.9 Entscheidung über die internationale Marktbearbeitung . . . . . . . . . . 538 13.9.1 Standardisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 538 13.9.2 Differenzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 539 14. Vertrieb von Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 541 14.1 Kennzeichen von Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 541 14.1.1 Begriff und Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 541 14.1.2 Immaterialität des Ergebnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 543 14.1.3 Vor- und Endkombination im Prozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . 544 14.1.4 Kundenintegration als Potenzial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 547 14.2 Besonderheiten im Vertrieb von Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . 549 14.2.1 Standortwahl des Betriebs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 549 14.2.2 Lagerung und Transport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 552 14.2.3 Abwicklungszeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 553 14.3 Kundendienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 555 15. Vertrieb an Gewerbekunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 558 15.1 Merkmale des Gewerbekundengeschäfts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 558
InhaltsverzeichnisXI 15.1.1 Vertriebsrelevante Marktkennzeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 558 15.1.2 Entwicklungslinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 564 15.2 Geschäftsarten im B-t-B . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 565 15.2.1 Vertrieb von Anlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 565 15.2.1.1 Investitionsgüter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 565 15.2.1.2 Immobilien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 570 15.2.2 Vertrieb von Rohstoffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 571 15.2.2.1 Urprodukte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 571 15.2.2.2 Rohstoffähnliche Waren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 575 15.2.3 Vertrieb von Systemlösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 577 15.2.3.1 Arten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 577 15.2.3.2 Charakteristika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 582 15.2.4 Vertrieb von Zulieferungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 584 15.2.5 Vertrieb von investiven Produkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 586 D. Umsetzung im Verkaufsmanagement 16. Elemente der Kundenbeziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 589 16.1 Kundenzufriedenheit als Erfolgsfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 589 16.1.1 Konstrukterklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 589 16.1.2 Objektive Zufriedenheitsindikatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 593 16.1.3 Subjektive Qualitätsvermutungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 595 16.1.4 Subjektive Zufriedenheitsmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 598 16.1.4.1 Explorative Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 598 16.1.4.2 Merkmalsorientierte Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . 603 16.1.4.3 Ereignisorientierte Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . 609 16.1.4.4 Problemorientierte Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . 610 16.2 Unzufriedenheitsbearbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 613 16.2.1 Bedeutung von Beschwerden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 613 16.2.2 Beschwerdepolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 615 16.2.3 Beschwerdemotivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 616 16.2.4 Beschwerderkategorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 618 16.2.5 Beschwerdeinformationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 620 16.2.6 Beschwerdestruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 626 16.2.7 Beschwerdeprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 627 16.2.8 Beschwerdergespräch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 630 16.2.9 Beschwerdeauswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 633 16.3 Kundenbindung als Erfolgsfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 634 16.3.1 Ausprägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 635 16.3.2 Kundenleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 636 16.3.3 Phasen im Kundenlebenszyklus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 639 16.3.3.1 Interessentenauswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 639 16.3.3.2 Kundenakquisition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 641 16.3.3.3 Beziehungsaufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 642
XII Inhaltsverzeichnis 16.3.3.4 Produktwerterhöhung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 644 16.3.3.5 Produktanzahlerhöhung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 644 16.3.3.6 Referenzierung und Weiterempfehlung . . . . . . . . 645 16.3.3.7 Informations- und Integrationsnutzen . . . . . . . . . 645 16.3.3.8 Kundenreaktivierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 646 16.3.3.9 Kundenausgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 647 16.3.3.10 Kundenrückgewinnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 649 16.4 Kündigungsprävention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 649 16.4.1 Schwierigkeiten einer Kundenrückgewinnung . . . . . . . . . . . . 649 16.4.2 Begründung eines proaktiven Eingreifens . . . . . . . . . . . . . . . 651 16.4.3 Frühwarnsignale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 653 16.4.3.1 Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 653 16.4.3.2 Arten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 654 16.4.4 Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 656 16.5 Kundenclubs als Beziehungsinstrument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 657 17. Kaufmännische Auftragsbearbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 662 17.1 Elemente des Angebotswesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 662 17.1.1 Interessentensichtung und -ansprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . 663 17.1.2 Anfragengenerierung bei Neu- und Bestandskunden . . . . . . 665 17.1.3 Bearbeitung von Inbound-Anfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 666 17.1.4 Auftragsdurchführbarkeit und Ressourcenverfügbarkeit . . . . 667 17.1.5 Kalkulation der Angebotsbestandteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . 669 17.1.6 Durchführung der Angebotserstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 671 17.1.7 Risikoabdeckung der Gegenleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 674 17.1.8 Angebotsverfolgung und Erfolgsauswertung . . . . . . . . . . . . . 676 17.2 Elemente der Preisfeinsteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 677 17.2.1 Erfolgsbedeutung von Preisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 678 17.2.2 Mechanik des Preis-Leistungs-Verhältnisses . . . . . . . . . . . . . 680 17.2.3 Erhöhung der Kaufwahrscheinlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 683 17.2.4 Determinanten des Preisinteresses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 684 17.2.5 Verringerung der Preistransparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 685 17.2.5.1 Preisdifferenzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 685 17.2.5.2 Preisbaukästen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 688 17.2.5.3 Preisbündelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 689 17.2.5.4 Yield Management . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 690 17.2.6 Internes Pricing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 691 17.2.6.1 Lenkpreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 691 17.2.6.2 Marktstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 694 17.2.7 Konditionensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 695 17.2.7.1 Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 695 17.2.7.2 Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 697 17.3 Elemente der Absatzfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 698
InhaltsverzeichnisXIII 17.3.1 Darstellung und Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 698 17.3.2 Basisformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 699 17.3.2.1 Alleinfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 699 17.3.2.2 Refinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 701 17.3.2.3 Drittfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 704 17.3.3 Besonderheiten in der Außenhandelsfinanzierung . . . . . . . . . 706 18. Technische Auftragsabwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 709 18.1 Vertragliche Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 709 18.2 Bedeutung von Dokumenten im Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 711 18.2.1 Dokumentarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 712 18.2.2 Dokumentinhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 715 18.2.2.1 Transport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 715 18.2.2.2 Lagerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 717 18.2.2.3 Versicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 718 18.2.2.4 Zahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 719 18.2.2.5 Verzollung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 721 18.2.2.6 Spezifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 722 18.3 Bedeutung von Lieferklauseln im Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 722 18.3.1 Gängige Ausprägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 723 18.3.2 Internationaler Handelsbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 725 18.3.3 Formen der Incoterms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 726 18.3.3.1 E-Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 727 18.3.3.2 F-Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 727 18.3.3.3 C-Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 728 18.3.3.4 D-Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 729 18.3.4 Handelshemmnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 730 18.4 Ökologie als Selbstverständnis im Vertrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 732 18.4.1 Postulat der Nachhaltigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 732 18.4.2 Umwelt als Produktionsfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 735 18.4.3 Umweltbewusstsein als Herausforderung . . . . . . . . . . . . . . . 737 18.4.4 Betrieblicher Maßnahmenrahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 740 19. Erkenntnisse des Käuferverhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 744 19.1 Organisationales Beschaffungsverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 744 19.1.1 Merkmale geschäftlicher Transaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . 744 19.1.2 Einteilung geschäftlicher Transaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . 746 19.1.2.1 Relevante Kauftypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 746 19.1.2.2 Buygrid und verwandte Ansätze . . . . . . . . . . . . . 747 19.1.3 Vertikale Partialmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 749 19.1.3.1 Buying Center-Konzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 749 19.1.3.2 Innovatorenkonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 751 19.1.3.3 Reagiererkonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 752 19.1.3.4 Informationskonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 753
XIV Inhaltsverzeichnis 19.1.4 Horizontale Partialmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 754 19.1.5 Interaktionsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 754 19.1.6 Zielgruppenabgrenzung im B-t-B . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 756 19.2 Privates Konsumentenverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 757 19.2.1 Demografische Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 757 19.2.2 Aktiografische Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 760 19.2.3 Psychografische Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 763 19.2.4 Soziografische Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 765 19.2.5 Typologische Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 767 19.2.6 Neuroökonomische Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 768 19.3 Marke als Verkaufsargument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 770 19.3.1 Bedeutung der Marke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 770 19.3.2 Horizontale Markenarchitektur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 772 19.3.3 Vertikale Markenarchitektur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 774 19.3.4 Laterale Markenarchitektur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 775 19.3.5 Markenlebenszyklus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 778 19.3.5.1 Markenentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 778 19.3.5.2 Markenablösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 780 20. Durchführung des Verkaufs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 782 20.1 Verkauf-Kauf-Synchronisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 782 20.1.1 Initialisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 782 20.1.2 Konzeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 786 20.1.3 Sondierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 789 20.1.4 Anfrageentwurf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 792 20.1.5 Angebotseinholung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 793 20.1.6 Angebotsbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 796 20.1.7 Anbieterauswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 797 20.1.8 Nachverhandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 799 20.1.9 Kaufabwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 802 20.1.10 Neubewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 804 20.2 Verkaufsgesprächsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 805 20.2.1 Vorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 806 20.2.1.1 Kontaktvariable . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 806 20.2.1.2 Gängige Gesprächsmuster . . . . . . . . . . . . . . . . . . 808 20.2.2 Bedarfsqualifizierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 810 20.2.3 Einwandbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 811 20.2.4 Konfliktüberwindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 813 20.2.5 Preisargumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 814 20.2.6 Kaufabschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 815 20.2.7 Nachbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 816 Literaturhinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 818 Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 828 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1003 Über den Autor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1017
Teilband II
C.
Besonderheiten in der Vertriebspolitik
11.
Parameter im stationären Handel
Der stationäre Einzelhandel stellt immer noch die verbreitetste Form des Handels im Markt dar (der Online-Handel wird im nachfolgenden Kapitel betrachtet). Ihm stellen sich mehrere Parameter im Vertrieb zur Profilierung gegenüber seiner aktuellen und potenziellen Kundschaft sowie zur Abgrenzung von seinem Mitbewerb (siehe Abb. 80). Das Unterkapitel „Parameter im stationären Handel“ beschäftigt sich mit den wesentlichen Erfolgsfaktoren der Sortimentsbildung (11.1), den Prinzipien der Preisgestaltung (11.2) und dem entsprechenden Kalkulationsrahmen (11.3). Außerdem geht es um die Bedeutung der Laden- und Regalorganisation (11.4). Darauf folgen die Markenbildung auf der Handelsstufe (11.5), die Anlage der Händlereigenwerbung (11.6) und der Stellenwert des Kundenservices dort (11.7). Leser wissen nach Durchsicht dieses Unterkapitels um die Möglichkeiten zur Profilierung des stationären Handels in einem modernen Umfeld. Sie verstehen,
Abb. 80: Vertriebsparameter im stationären Handel
446
C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
dass erhebliche Potenziale für eine Weiterentwicklung bestehen. Und sie können entsprechende Maßnahmen zielführend umsetzen. 11.1
Sortimentsbildung
Das Sortiment des stationären Handels umfasst alle von ihm angebotenen Artikel. Es lässt sich hinsichtlich seiner Dimensionierung und Inhalte beschreiben. Die Sortimentsdimensionen beschreiben dabei im Einzelnen Sortimentsbreite, -tiefe, -struktur und -verbund (siehe Abb. 81). Die Sortimentsbreite umschreibt die Anzahl verschiedenartiger Warengruppen im Sortiment. Ein Sortiment ist breit, wenn es vergleichsweise viele verschiedenartige Warengruppen umfasst, und es ist schmal, wenn es eher wenige davon umfasst. Als Vorteile einer hohen Sortimentsbreite sind folgende zu nennen: •• Es werden unterschiedliche Käuferpotenziale durch das vielfältige Angebot an die Geschäftsstätte gebunden. Es besteht die Möglichkeit zu ungeplanten Zusatzeinkäufen in verschiedenen Sortimentsteilen. Zwischen verschiedenen Sortimentsteilen kann eher ein kalkulatorischer Ausgleich erreicht werden. Als Nachteile ergeben sich spiegelbildlich weitgehend die Vorteile der Sortimentstiefe. Die Sortimentstiefe beschreibt die Anzahl verschiedenartiger Ausprägungen innerhalb einer Warengruppe im Sortiment. Ein Sortiment ist flach, wenn es vergleichsweise wenige Versionen einer Warengruppe umfasst, und es ist tief, wenn es eher viele umfasst. Als Vorteile einer hohen Sortimentstiefe sind folgende zu nennen: •• Es ist ein vergleichsweise übersichtliches Sortimentsmanagement durch homogene Warengruppen gegeben. Es kommt zu einer Profilierung des Sortiments in Richtung Spezialisierung und damit verbundener Kompetenz. Es werden nur limitierte Anforderungen an Kapazitätsfaktoren wie Verkaufsraum und -personal gestellt. Als Nachteile ergeben sich weitgehend die Vorteile der Sortimentsbreite. Sortimentsveränderungen können sowohl die Breiten- als auch die Tiefendimension betreffen. In der Breitendimension kommt es zu Erweiterung, Kürzung oder Austausch. Die Erweiterung erfolgt, indem Warengruppen aufgenommen werden, die entweder völlig neu am Markt sind oder die bisher im Sortiment nicht geführt wurden, obgleich sie am Markt vorhanden sind. Neue Sortimentsteile aktualisieren immer auch das Geschäftsimage und sind deshalb unerlässlich. Die Verkürzung erfolgt, indem Warengruppen gestrichen werden, die bisher im Sortiment geführt wurden, weil sie vom Markt verschwinden oder sich nicht mehr tragen. Eine kontinuierliche Suche nach solchen Sortimentsteilen beugt Unwirtschaftlichkeiten vor und ist deshalb ebenso unerlässlich. Die Bereinigung entsteht, indem mehr Artikel aufgenommen als gestrichen werden und umgekehrt.
11. Parameter im stationären Handel447
Abb. 81: Sortimentsbildung
In der Tiefendimension kommt es zu Erweiterung, Kürzung oder Bereinigung. Die Erweiterung erfolgt, indem verschiedene Artikel innerhalb einer Warengruppe, die bisher im Sortiment nicht geführt wurden, am Markt aber vorhanden oder auch völlig neu sind, in das Sortiment aufgenommen werden. Die Verkürzung erfolgt, indem bestehende Artikel, die bisher im Sortiment geführt wurden, am Markt aber verschwinden oder sich nicht tragen, innerhalb einer Warengruppe aus dem Sortiment gestrichen werden. Die Bereinigung
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
entsteht mit der Folge höherer Sortimentstiefe, indem mehr Artikel aufgenommen als gestrichen werden und umgekehrt. In Bezug auf die Sortimentsstruktur sind Fremdmarken (der Hersteller) und Eigenmarken im Handel zu unterscheiden. Eigenmarken (Handelsmarken) machen zwischenzeitlich große Teile des Sortiments aus. Handelsmarken haben eine umso höhere Bedeutung, je niedriger das Bestandsrisiko ist, je weniger Innovation in der Warengruppe liegt, je besser die Produktqualität vergleichbar ist und je sicherer die Beschaffung ausfällt (z. B. Frischwaren, Convenience-Produkte, alkoholfreie Getränke, Generika-Arzneimittel, Gebrauchstextilien). Handelsmarken haben eine umso geringere Bedeutung, je höher das mit der Warengruppe verbundene Prestige ist, je länger die Nutzungszeit ausfällt, je körpernaher die Anwendung stattfindet und je höher das Kaufrisiko eingeschätzt wird. Zum Eigenmarkensortiment können i. w. S. auch Gattungswaren (No Names wie „Gut und Günstig“ / Edeka, „Ja“ / Rewe, „Tip“ / Real etc.) gezählt werden, die konsequent auf markenartikeltypische Merkmale verzichten. Es handelt sich um abgestrippte Angebote, die meist nur in preisaggressiven Handelsbetriebsformen vertreten sind. Als wesentliche Kennzeichen von Gattungsware gelten die Folgenden: •• Einfache Verpackung, die im Wesentlichen nur die Produktbezeichnung trägt und Preisgünstigkeit signalisiert, nach der Einführung nur noch schwache Bewerbung, um die Kosten niedrig zu halten, gleich bleibende Qualität am unteren Durchschnitt, die für den Nachfrager klar erkennbar und gut einschätzbar ist, günstiger Preis, der alle Kostenvorteile aus der Rationalisierung an Endabnehmer weitergibt. Gattungswaren werden oft von Markenartiklern auf identischen Anlagen mit nur unwesentlicher Qualitätsabstufung zum Markenprodukt herstellt, um Leerkapazitäten zu füllen und weitere Kostendegression zu erreichen. Allerdings wird dadurch das Preisbewusstsein der Verbraucher geschärft und eigene und fremde andere Artikel im Sortiment werden womöglich kannibalisiert. Der positive Sortimentsverbund resultiert aus Verbundkäufen, die entstehen, weil ein komplexer Bedarf erst mit mehreren Artikeln in Kombination erreichbar ist, weil geplante Bedarfe gesammelt und zeitlich und räumlich konzentriert befriedigt werden und weil neben geplanten Käufen weitere ungeplante Käufe aus spontaner Beeindruckung erfolgen. Eine solche Umsatzerhöhung kann am Handelsplatz gezielt provoziert werden, indem Sortimentsteile, die zueinander in positivem Verbund stehen (partizipativ), räumlich benachbart platziert werden, indem Werbemittel am Platz der jeweils verbundenen Sortimentsteile Querverweise tragen (Cross Selling) und entsprechende Beratung im Persönlichen Verkauf oder über Medien gegenüber Kunden gegeben wird. Eine substitutive (ersetzende) Wirkung bedeutet, dass mehrere Artikel im Sortiment zueinander in einem internen Konkurrenzverhältnis um die Bedarfs
11. Parameter im stationären Handel449
erfüllung von Kunden stehen. Dies ist kostenwirtschaftlich nachteilig, weil mehrere Angebote doch nur zu maximal einem Kaufakt führen, ist aber akquisitorisch bedeutsam, weil Käufer häufig auf Auswahl am POS Wert legen. Dies kann sich sowohl auf die Sortimentsbreite wie die Sortimentstiefe beziehen. Oftmals reicht auch bereits die reine Menge je Artikelbereich (Mächtigkeit). Allerdings steht dagegen die Irritation von Käufern (Consumer Confusion) in vielen Bereich infolge kognitiver Überforderung, restriktiver Kaufkraft, Zeitknappheit etc. In der Hierarchie der Sortimentsbildung ergeben sich folgende Ebenen: •• ein Sortiment besteht aus zwei oder mehr Warenbereichen / Categories (z. B. Radsport, Fahrräder, Zubehör, Kleidung), •• ein Warenbereich besteht aus zwei oder mehr Warengattungen (z. B. Radsportbekleidung wie Hosen, Trikots etc.), •• eine Warengattung besteht aus zwei oder mehr Warengruppen (z. B. RadsportTrikots), •• eine Warengruppe besteht aus zwei oder mehr Artikelgruppen (z. B. Trikots der Marke X), •• eine Artikelgruppe besteht aus zwei oder mehr Artikeln (z. B. Trikots mit kurzem Arm für Herren), •• ein Artikel besteht aus zwei oder mehr Sorten (z. B. Farbe blau, Größe 50). Nach der Bedeutung wird weiterhin unterschieden in Grundsortiment, d. h. Waren, die das hauptsächliche Angebot eines Handelsbetriebs umfassen und Randsortiment, d. h. Waren, die mit geringerer Gewichtung zur Vervollständigung nebenher geführt werden (z. B. Tageszeitung in Bäckerei). Nach dem Ziel wird unterschieden in Kernsortiment, d. h. Waren, welche die Rendite des Betriebs sicherstellen sollen und Akquisitionssortiment, d. h. Waren, die der Anlockung von Kunden dienen, indem sie besondere Vorteilhaftigkeit signalisieren (z. B. Partiepositionen). Nach der Zeitdauer wird unterschieden in Standardsortiment, d. h. Waren, die kontinuierlich im Handelsbetrieb geführt werden und Saisonsortiment, d. h. Waren, die nur temporär präsent sind, um sich Nachfrageschwankungen anzupassen (z. B. Grillkohle im Supermarkt). Nach der Präsenz wird unterschieden in Lagersortiment, d. h. Waren, die ab Lager grundsätzlich jederzeit lieferbar sind und Bestellsortiment, d. h. Waren, die nur auf Bestellung ausgeliefert werden können. Nach dem Eigentum wird unterschieden in Eigensortiment, d. h. Waren, die sich im Eigentum des Handelsbetriebs befinden und Fremdsortiment, d. h. Waren, die sich nur im Besitz des Handelsbetriebs befinden, aber im Eigentum eines Dritten (z. B. Agentur- bzw. Kommissionsware).
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
Die Sortimentszusammenstellung erfolgt nach verschiedenen Prinzipien. Nach der Herkunft ist sie orientiert an •• Material als gemeinsamem Urprodukt, z. B. Keramikwaren als Vasen, Geschirr, Wandteller etc., •• Verfahren als gemeinsamem Prozess, z. B. Wirkwaren als Strümpfe, Pullover, Westen etc., •• Hersteller als gemeinsamem Absender, z. B. Automobilmarke mit mehreren Modellreihen, •• Region als gemeinsamem Ursprungsgebiet, z. B. Provenienz für Wein oder Käse. Nach der Hinkunft ist sie orientiert an •• Bedarfsart als gemeinsamer Produktgruppe, z. B. Arzneimittel wie Pillen, Cremes, Tropfen etc., •• Bedarfsträger als gemeinsamer Nutzung, z. B. Atelierbedarf wie Pinsel, Farbe, Leinwand etc., •• Bedarfsanlass als gemeinsamem Kaufauslöser, z. B. Babywaren wie Spielzeug, Kinderwagen, Puppen etc., •• Interessenfeld als gemeinsamer Emotionalisierung, z. B. Hobby wie Do it yourself-Bedarf etc. Und nach dem Betrieb ist sie orientiert an •• Artikelart als gemeinsamer Funktion, z. B. Kleinbedarf wie an Tankstellen oder Kiosken, •• Tradition als gemeinsamen Geschäftswurzeln, z. B. Schmuck wie Ringe, Armreifen, Ketten etc., •• Angebot als gemeinsamer Selbstverkäuflichkeit, z. B. SB-Waren wie bei Discountern, •• Preis als gemeinsamer Qualitätseinstufung, z. B. Luxusartikel wie Mode, Uhren, Kosmetika etc. Angestrebt wird eine Idealsortierung (im Gegensatz zur Unter- oder Übersortierung mit zuwenig bzw. zuviel Ware) gemäß händlerindividueller Zielsetzung. 11.2
Preisgestaltung
Ein pulsierender Preis bedeutet, dass ein grundsätzlich starrer Preis durch pulsierende Preisänderungen im Zeitablauf flexibel gehalten wird. Die Variation ohne unzulässige Preisschaukelei erfolgt durch Häufigkeit, Dauer und Ausmaß der Preisänderung, auch in Form von Preisnachlässen.
11. Parameter im stationären Handel451
Daraus folgen mehrere Vorteile. Die Überwindung kurzfristiger Liquiditäts engpässe durch vorübergehende Preissenkung mit sprunghaftem Nachfrage anstieg ist möglich. Es entsteht eine Verringerung der Lagerkosten durch schnelleren Warenabfluss. Motivation und Erfolgserlebnisse der Verkaufsberater entstehen durch leichteren Absatz der Artikel. Eine Verbesserung der Marktdurchdringung ist durch neue Abnehmer über Probierkäufe (Eroberung), Bindung bestehender Abnehmer, Erhöhung der Kaufintensität und Induzierung von Impuls- und Vorratskäufen gegeben. Die gezielte Unterstützung absatzschwacher Phasen zum Saisonausgleich ist möglich. Die rasche Lagerräumung bei Auslaufartikeln ist sinnvoll, die Platz und Geld zum Einkauf der nunmehr aktuellen Ware freisetzen. Nachteile liegen vor allem in Folgendem. Eine negative Verkettungswirkung in der Nachaktionsphase durch Preisanstieg auf Normalniveau ist gegeben. Es kommt zur Förderung des Preisinteresses in der Kundschaft mit dem Effekt der preissensitiven Anbieterilloyalität, d. h. zu Vorteils- anstelle von Überzeugungskäufen. Die Preisbereitschaft in der Kundschaft wird verringert, dies bewirkt Minderakzeptanz des regulären Preisniveaus. Die Tendenz zu Vorratskäufen zum Aktionspreis führt zur „Marktverstopfung“, dadurch wird eine Mischkalkulation zum internen Preisausgleich vereitelt. Das Problem der Imagegefährdung prestigeträchtiger Artikel mit der Folge nachlassender Akzeptanz dieser Sortimentsbestandteile besteht. Ein erhöhter Handlingaufwand durch Preisänderungen bei nicht im Price Look-up-System (PLU) erfassten Artikeln ist gegeben. Im Bereich der FMCG (Fast Moving Consumer Goods / Güter des täglichen Bedarfs) haben Preisnachlässe erhebliche Absatzsteigerungseffekte zur Folge. Ob sich eine Price-off-Aktion monetär lohnt, hängt allerdings allein davon ab, ob dieser positive Mengeneffekt den negativen Preiseffekt überwiegt. Denn Preisnachlässe gehen unmittelbar zulasten des Gewinns, d. h., zum Ausgleich einer Gewinneinbuße ist ein vielfacher Absatzzuwachs erforderlich, so dass selbst erhebliche Mengeneffekte oft nicht ausreichen, den negativen Preiseffekt zu kompensieren. Zumal in der Nachaktionszeit zu regulären Preisen und damit planmäßigen Gewinnen der Absatz durch Bevorratung der Nachfrager einbricht. Die Handelsstufe ist grundsätzlich frei in der Gestaltung ihrer Preise, sofern sie rechtlich selbstständig ist und die gehandelten Waren sich in ihrem Eigentum befinden. Dennoch wirken vielfältige Einflussfaktoren ein, so etwa folgende: •• Herstellerpreisvorgaben als unverbindliche Preisempfehlungen, allerdings mit Missbrauchsaufsicht seitens des Kartellamts bei Mondpreisverdacht, d. h. erheblicher Abweichung des realen Marktpreises vom empfohlenen Preis nach unten, hingegen mit Abweichungsfreiheit bei Angabe als Hauspreis, •• Festpreise als Preisbindung der Zweiten Hand trotz Verbots durch einige Ausnahmen wie Verlagserzeugnisse, ethische Arzneimittel, Saatgut etc.,
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
•• Handelsspanne als Differenz zwischen den realen Selbstkosten und dem potenziellen Preissetzungsspielraum, •• Liquidität verschiedener Grade zur Deckung der direkt ausgabewirksamen Kostenpositionen, •• Sortimentsbereinigung durch forcierten Abverkauf objektiv oder subjektiv obsoleter Waren (z. B. als Sonderangebot vor Verderb oder Auslauf), •• Lagerräumung über informelle Sonderverkäufe zum Saisonende, •• Anlässe wie Renovierung, Jubiläum, Geschäftsaufgabe etc., die jedoch im UWG restriktiv definiert sind, •• Akquisitionseffekte über Loss Leader, die im Wege der Mischkalkulation ausgeglichen werden oder Image Leader, die ein Trading up der Geschäftsstätte verkörpern, •• Preissetzung der lokalen Konkurrenz, •• Schlüsselwaren (Eckartikel), welche die Profilierung des Händlers schärfen sollen. Als Hilfe für die Handelspreisgestaltung wird von Herstellerseite vor allem die Unverbindliche Preisempfehlung (UPE) angesehen. Die Vorteile dieser Preisempfehlung für den Handel liegen in Folgendem: •• konkrete Hilfestellung bei der Kalkulation, •• Vorauszeichnung der Produkte durch Packungsaufdruck seitens des Herstellers, was die Handlungskosten verringert, •• Schutz des mittelständischen Handels gegenüber preisaggressiven Großbetriebsformen. 11.3
Kalkulationsrahmen
Kennzeichen des Preispolitischen Ausgleichs im Handel ist, dass der Preis nicht mehr für jeden Artikel isoliert, sondern für alle Angebote im Verbund kalkuliert wird, um für das gesamte Sortiment einen maximalen Nutzen zu erreichen. Dafür werden zwei Prinzipien eingesetzt, das Tragfähigkeits- und das Kompensationsprinzip (siehe Abb. 82). Das Tragfähigkeitsprinzip unterscheidet in Artikel, bei denen der für realistisch erachtete Marktpreis unter dem unternehmerisch für erforderlich gehaltenen Zielpreis liegt (Kosten > Wert). Diese werden Ausgleichsnehmer genannt. Und solchen Artikeln, bei denen es gerade umgekehrt ist, d. h. der realisierbare Marktpreis über dem notwendigen Zielpreis liegt (Wert > Kosten). Diese werden Ausgleichsgeber genannt. Ausgleichsgeber kompensieren im Rahmen des preispolitischen Ausgleichs Ausgleichsnehmer auf das gewünschte Gesamt ertragsniveau.
11. Parameter im stationären Handel453
Alternativen des Preispolitischen Ausgleichs
Tragfähigkeitsprinzip
Ausgleichsnehmer
Ausgleichsgeber
Kompensationsprinzip
Simultanausgleich
Sukzessivausgleich
Abb. 82: Alternativen des Preispolitischen Ausgleichs
In der Mischkalkulation kann die zusätzliche Spanne der Ausgleichsgeber durch Ausnutzung deren Preisspielraums nach oben die fehlende Spanne der Ausgleichsnehmer mehr oder minder kompensieren. Dabei werden folgende Grade unterschieden: •• Ausgleichsnehmer 3. Grades haben einen Preisansatz noch unterhalb der Einstandskosten (UEPV), •• Ausgleichsnehmer 2. Grades haben einen Preisansatz zu Einstandskosten (= Einkaufskosten plus Bezugskosten), •• Ausgleichsnehmer 1. Grades haben einen Preisansatz zu Selbstkosten (Einstandspreis plus Betriebskosten), jedoch ohne Gewinn, •• Ausgleichsgeber 1. Grades haben einen Preisansatz zu Selbstkosten plus unterdurchschnittlichem Gewinnzuschlag, •• Ausgleichsgeber 2. Grades haben einen Preisansatz zu Selbstkosten plus planmäßigem Gewinnzuschlag, •• Ausgleichsgeber 3. Grades haben einen Preisansatz zu Selbstkosten plus überdurchschnittlichem Gewinnzuschlag. Das Kompensationsprinzip unterscheidet demgegenüber nach der Dimension des Sortimentsinhalts und des Zeitablaufs. Der Ausgleich nach dem Programminhalt nutzt die Möglichkeit zum Simultanausgleich, bei dem preisliche
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
Über- und Unterdeckungen verschiedener Artikel sich im gleichen Abrechnungszeitraum aufheben. Der Ausgleich nach dem Zeitablauf nutzt den Sukzessivausgleich, indem die Erlöse ein und desselben Artikels in mehreren Abrechnungsperioden zur Kompensation dienen. Wenn ein und derselbe Artikel im gleichen Abrechnungszeitraum zu unterschiedlichen Preisen angeboten wird, handelt es sich um den Spezialfall der Preisdifferenzierung. Die Spekulation besteht jeweils darin, dass sowohl knapp als auch reichlich kalkulierte Artikel gemeinsam abgesetzt werden und so per Saldo die angestrebte Marge erbringen. Für die Handelskalkulation gibt es einige prägende Kennziffern zur Orientierung. Dabei handelt es sich etwa um folgende: •• Der Kalkulationsfaktor ist der prozentuale Aufschlag auf den Einstandspreis zur Ermittlung des Bruttoverkaufspreises. Er ist bei Ausgleichsgebern höher als bei Ausgleichsnehmern. •• Der Kalkulationsdivisor ist die prozentuale Differenz zwischen Bruttoverkaufspreis und Einstandspreis. Er ist bei Ausgleichsgebern höher als bei Ausgleichsnehmern. •• Für die Mischkalkulation ist die Betriebshandelsspanne ausschlaggebend. Sie ergibt sich prozentual aus den mit dem Umsatzanteil gewichteten Handelsspannen der einzelnen Artikel im Sortiment. Ausgleichsnehmer drücken hier die Betriebshandelsspanne, Ausgleichsgeber heben sie an. •• Die Bruttonutzenziffer zeigt an, wie viel Umsatz (Bruttoverkaufspreis) aus 100 € Wareneinsatz (Einstandspreis) je Periode zurückfließt (Return on Investment). Je größer der Bruttonutzen, desto lohnender ist die Investition in das Sortiment. •• Die Umschlaggeschwindigkeit in Tagen ergibt sich als Quotient aus Zinstagen je Periode und Umschlagshäufigkeit. Je höher die Umschlaggeschwindigkeit ist, desto weniger Kapitalbindung erfordert das Sortiment. •• Die Umschlagshäufigkeit ergibt sich als Quotient aus abverkaufter Menge und durchschnittlichem Warenbestand im Geschäft. Je höher die Umschlagshäufigkeit ist, desto weniger Kapitalbindung erfordert das Sortiment. 11.4
Raumeinteilung
Die Geschäftsfläche stellt im stationären Handel zumeist die entscheidende Restriktion für den Geschäftserfolg dar. Daher gilt es, diese bestmöglich zu nutzen. Dabei kommt das GWWS zuhilfe. Daraus ist der Wareneinstandspreis (nach Nachlässen des Herstellers plus Anlieferungskosten) bekannt. Bekannt ist auch, wie viel eine Regalflächeneinheit im Verkaufsraum je Zeiteinheit an direkten Einzelkosten und vor allem indirekten Gemeinkosten verursacht. Bekannt ist schließlich der Abgabepreis der Ware. Daraus kann die DPP ermittelt werden.
11. Parameter im stationären Handel455
Die Direkte Produkt-Profitabilität (DPP) basiert auf Vollkosten und verrechnet alle Kosten möglichst als relative Einzelkosten (direkte Kosten). Dabei handelt es sich vor allem (jeweils im Zentrallager und im Einzelhandel) um •• Personalkosten, liegen dienstleistungstypisch trotz geringer Tarife hoch, •• Raumkosten, fallen je nach Betriebstyp unterschiedlich hoch aus, •• Gerätekosten, sind vor allem im Zentrallager erheblich, •• Einrichtungskosten, fallen ebenfalls stark ins Gewicht. Die Kalkulation geht, bezogen auf die einzelne Wareneinheit, wie folgt vor: •• Vom Netto-Einkaufsspreis (Brutto-EK abgzl. MwSt.) werden die Nachlässe des Herstellers abgezogen (wie verbilligen den Einstand, z. B. durch Boni, WKZs) und die Bezugskosten zugeschlagen (sie verteuern den Einstand, z. B. durch Transport, Versicherung). Es ergibt sich der Netto-Netto-Einstandspreis. •• Vom Netto-Verkaufspreis (Brutto-VK abzgl. MwSt.) werden die Nachlässe an Abnehmer abgezogen (sie vermindern den Abgabepreis, z. B. durch Rabatte, Absatzfinanzierung) und die Zuschläge hinzuaddiert (sie verbessern den Abgabepreis, z. B. durch Zustellung, Sonderanfertigung). Es ergibt sich der Netto-Netto-Verkaufspreis. •• Von der Differenz aus Verkaufspreis und Einstandspreis werden die direkten Kosten der Handelsstufen, also alle relativen Einzelkosten und die geschlüsselten bzw. unechten Gemeinkosten, abgezogen. Es ergibt sich die Direkte Produkt-Profitabilität. Diese muss die (echten) Gemeinkosten decken und eine Gewinnspanne sichern. Werden von der DPP die Gemeinkosten abgezogen, verbleibt die NettoHandelsspanne (Gewinn). Neben der Wirtschaftlichkeit ist aber auch die Rentabilität auf Basis der Kapitalbindung von hoher Bedeutung. Die Direkte Produkt-Rentabilität (DPR) ergibt sich, wenn man die DPP in Relation zum mit (Einstandspreis-)Geldeinheiten bewerteten durchschnittlichen Lagerbestand setzt. Dieser wird wiederum durch zwei Größen beeinflusst: •• Durch die Umschlagsgeschwindigkeit, denn je weniger Zeiteinheiten ein Artikel im Handel verbringt, desto häufiger kann er seinen Stückerfolg erlösen, desto profitabler ist er also. •• Durch den beanspruchten Regalplatz, denn je weniger Fläche / Raum ein Artikel je Gewinneinheit einnimmt, desto effizienter kann der vorhandene Platz als Restriktion genutzt werden. Einflussgrößen auf die DPR sind also der Verkaufspreis, der Einstandspreis, die Einzelkosten (direkte Produktkosten), die Umschlaggeschwindigkeit, die Flächenbeanspruchung und die DPP. Problematisch ist dabei allerdings, dass
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
diese Rentabilität erst im Nachhinein berechnet werden kann und die doch erheblichen Gemeinkosten nicht verursachungsgerecht je Wareneinheit geschlüsselt werden können, da eine direkte Zurechnung aller Kosten nicht möglich ist. Anhand der DPR können nunmehr Steuerungen vorgenommen werden und zwar in Bezug auf die •• Sortimentszusammensetzung nach Pflichtsortiment, Impulssortiment, Profilierungssortiment, Aktionsartikel etc., •• warenwirtschaftlichen Vorgaben wie Mindestbestand, Facing im Regal, Anteil Lokalsortiment, Handelsmarken / Gattungswaren, Saisonartikel etc., •• betrieblichen Vorgaben wie Sozialräume, Lagerzugang, Fluchtwege etc., •• Sortimentsbreite, also nach Anzahl verschiedener Warengruppen, •• Sortimentstiefe, also Anzahl verschiedener Ausprägungen einer Warengruppe, •• Sortimentsmächtigkeit, also Anzahl der Artikel je Warengruppe, •• Anordnung der Waren im Laden nach verschiedenen Flächenwertigkeiten, die sich aus Kundenlauf, Möblierungsintensität, Funktionsbereichen ergeben, •• Anordnung der Waren im Regal nach verschiedenen Regalwertigkeiten, die sich aus vertikaler und horizontaler Platzierung ergeben. Letzteres wird durch Regalspiegel veranschaulicht. Mit DPR gibt der Handel also durch artikelgenaue Platzierungsvorgaben an, wo Mitarbeiter bzw. Merchandiser der Hersteller wie viel Ware welcher Art platzieren sollen. Die Einhaltung dieser Vorgaben, für den Handel Gewinnvoraussetzung, wird strikt geprüft. Oftmals geben Hersteller Hilfestellung bei der Optimierung des Regalplatzes (Shelf Management). Insgesamt führt DPR zu einer Versachlichung der Transaktionen zwischen Hersteller und Handel, denn es wird nicht mehr über Erfolgsgrößen spekuliert, sondern harte Fakten liegen zugrunde. Damit können Konflikte im Vertriebskanal entemotionalisiert werden. Im Übrigen bietet DPP interessante Marktforschungserkenntnisse, so z. B. über Verbundkäufe mehrerer Artikel (Sortimentsverbundanalyse), Auswirkungen von Platzierungen auf den Abverkauf, Auswirkungen von Preisveränderungen etc. Vor allem lassen sich strategische Schlussfolgerungen für Maßnahmen aus den DPR-Aussagen generieren. Nimmt man dazu die beiden Parameter Umschlagsgeschwindigkeit bzw. Raumbedarf und Direkte Produkt-Profitabilität und unterteilt diese jeweils in überdurchschnittlich und unterdurchschnittlich, so ergibt sich eine Matrix mit vier Feldern. Diese ergeben folgende Kombinationen (siehe Abb. 83). Bei unterdurchschnittlicher DPP und unterdurchschnittlichem Warenumschlag / überdurchschnittlichem Raumbedarf handelt es sich um Verliererartikel, die folgender Maßnahmen bedürfen:
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Abb. 83: Informationsbasis für POS-Maßnahmen
•• engere Platzierung, um mehr Rohertrag durch mehr platzierte Ware zu erreichen, •• Rack Jobbing, also Tausch von Flächenertrag gegen Miete aus Fremdbewirtschaftung, •• Preiserhöhung, um den Rohertrag durch mehr Einnahmen zu verbessern, •• Preiserhöhung oder Kostensenkung, um zu einer günstigeren Relation je Raumeinheit zu gelangen, •• Auslistung als Ultima ratio, wenn andere Maßnahmen nicht den gewünschten Erfolg zeitigen, •• Ersatz des Artikels durch einen anderen, besser vorverkauften des gleichen oder eines anderen Anbieters, •• Auslistung des Artikels, falls kein Ersatz möglich bzw. dieser nicht erfolgversprechend ist. Bei überdurchschnittlicher DPP und überdurchschnittlichem Warenumschlag bzw. unterdurchschnittlichem Raumbedarf handelt es sich im Gegenteil um Gewinnerartikel, die folgender Maßnahmen bedürfen: •• mehr Werbung, um das Chancenpotenzial auch voll und ganz auszuschöpfen, •• Zweitplatzierung, da die zusätzliche Fläche von der hohen Flächenproduktivität getragen wird, •• intensive Regalpflege, damit keine betrieblichen Unzulänglichkeiten das Ertragsvolumen schmälern,
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
•• Überprüfung des Kundenlaufs im Laden, um maximale Kontaktfrequenz zu erreichen, •• ausgedehnte Platzierung, da der Rohertrag auch eine größere Fläche trägt und eine Bevorzugung verdient, •• bevorzugte Beratung, welche die Artikel forciert und deren Umschlagsgeschwindigkeit erhöht, •• Produktpflege durch Aktualisierung, Sortimentsabrundung, Werbemitteleinsatz etc. Bei unterdurchschnittlichem DPP und überdurchschnittlichem Warenumschlag bzw. unterdurchschnittlichem Raumbedarf handelt es sich um Nachholartikel, die folgender Maßnahmen bedürfen: •• Kostensenkung, um bei gegebenem Preis zu einem höheren Rohertrag zu gelangen (z. B. weniger Werbung), •• Kostensenkung bei Wareneinstand und / oder Handling, um den Rohertrag zu verbessern, •• Einrechnung von Verbundeffekten (Partizipation) mit anderen Artikeln des Sortiments, •• engere Platzierung, um mehr Rohertrag durch mehr platzierte Ware zu erreichen, •• Preiserhöhung, soweit dadurch die Umschlagsgeschwindigkeit nicht negativ tangiert wird, •• Aktion, um die Artikel in den Mittelpunkt zu rücken und die Umschlagsgeschwindigkeit zu steigern. Bei überdurchschnittlicher DPP und unterdurchschnittlichem Warenumschlag bzw. überdurchschnittlichem Raumbedarf handelt es sich um Potenzialartikel, die folgender Maßnahmen bedürfen: •• Aktion, um die Artikel in den Mittelpunkt zu rücken und die Nachfrage spürbar zu beleben, •• Zweitplatzierung, um die Umschlagsgeschwindigkeit und damit den Rohertrag zu erhöhen, •• Verkaufshilfen (wie Propagandisteneinsatz), um die Aufmerksamkeit für das Angebot zu erhöhen, •• Preissenkung, soweit dadurch die Rentabilität des Artikels nicht gefährdet oder diese durch eine Erhöhung der Umschlagsgeschwindigkeit überkompensiert wird, •• engere Platzierung, um zu günstigerer Relation je Raumeinheit zu gelangen, •• Shop in the Shop-Einheit zur weiteren Attraktivitätssteigerung des Angebots.
11.5
11. Parameter im stationären Handel459
Markenbildung
Für die Markenbildung stehen der Handelsstufe zwei Möglichkeiten offen. Erstens kann diese für einzelne oder alle der geführten Artikel angestrebt werden (als Handelsmarke), zweitens für die Geschäftsstätte selbst (als Händlermarke). Bei der Handelsmarke (Private Label) kann eine echte oder unechte Handelsmarke vorliegen, bei letzterer produzieren überwiegend Markenartikelhersteller Handelsmarkenprodukte zur Nutzung von Kostendegressionseffekten und Vermeidung von Leerkapazitäten auf ihren Anlagen. Bei ersterer plant und implementiert die Handelsstufe ihre Produkte selbst. Die Handelsmarke kann sich dabei auf ein Produkt (z. B. Tandil von Aldi), eine Warengruppe (z. B. Mibell von Edeka), ein Teilsortiment (z. B. Balea von DM) oder das gesamte Sortiment (z. B. Tip von Real) beziehen. Im Laufe der Zeit haben die Handelsmarken dabei ein kontinuierliches Up Grading durchlaufen, von Basisprodukten über das Durchschnittsniveau bis zum Premiumlevel (z. B. Bio-Bio von Netto). Der Handel kann damit den preissensitiven Teil seines Publikums erreichen und die Produkte dafür passgenau selbst konzipieren. Er macht sich von etwaiger Angebotsmacht der Hersteller unabhängig, kann Sortimentslücken schließen und Artikel handelsgruppenexklusiv führen. Durch die Einsparung des Herstellergewinnaufschlags ist zudem eine gute Ertragssituation erreichbar, welche die Einräumung großer Regalflächen am POS rechtfertigt. Allerdings stehen die Handelsmarken in direktem Verdrängungswettbewerb vor allem zu werblich unterstützten Zweit- und Drittmarken der Hersteller. Dem Handel entstehen außerdem Transaktionskosten für die Realisierung, die seine Marge belasten. Zudem können meist nur Sortimentsnischen am Markt besetzt werden. Handelsmarken haben vor allem bei wenig erklärungsbedürftigen Produktgruppen hohe Category-Anteile erobert und sind dank guter Qualität weiter auf dem Vormarsch, meist zulasten von Gattungsware (No Name / Weiße Ware), die nur generischen Mindestansprüchen genügt. Mit der Händlermarke (Geschäftsstättenmarke / Storebrand) soll erreicht werden, dass nunmehr bei Interessenten für einen Einkauf zunächst eine Geschäftsstättenentscheidung getroffen wird und dann innerhalb des dort vorzufindenden Sortiments erst die Markenentscheidung (z. B. Douglas, Media-Markt / Saturn). Dazu werden meist die Argumente der Kaufvereinfachung, Auswahlberatung und Einkaufsemotion angeführt. Allerdings setzt dies markenbildende Maßnahmen für die Geschäftsstätte / Handelsgruppe voraus, die seither infolge dominanter Preisorientierung unterblieben sind. Zu unterscheiden sind Händlermarken von Herstellern mit Direktvertrieb über eigene Filialen (Verticals) mit Artikeln nur eigener Marke (Mono Label Stores), im Unterschied zu Absatzmittlern (Multi Labels Store). Herstellerfilialisten werden hier funktional zu Händlern, bleiben institutional aber Produzenten. Der Anteil der Eigenware beträgt 100 %. Beispiele im DOB-Haka-Bereich sind
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
Hennes&Mauritz, K&L, Ruppert, Orsay, Jean Pascale, New Yorker, Ernstings’s Family, Ulla Popken, M&S Moden, Bonita, Esprit, Zero. Bei Händlern mit Eigenmarken verhält es sich genau umgekehrt, sie sind funktional Produzenten, institutional aber Händler (Eigenmarkenhändler). Bei diesen Händlern kann der Eigenmarkenanteil mehr oder minder hoch liegen (z. B. Deichmann, Aldi, DM). Je niedriger der Anteil der Eigenmarken, desto mehr wird der Eigenmarken- zum Fremdmarkenhändler, im Grenzfall dann zum reinen Wiederverkäufer im Indirektvertrieb. 11.6
Händlereigenwerbung
Die Kommunikation zum Endabnehmer hin ist im Normalfall eine duale, nämlich einerseits vom Hersteller im Wege der Sprungwerbung zur Markenkonditionierung, andererseits vom Handel im Wege der Händlereigenwerbung zur Geschäftsstättenkonditionierung. Zu unterscheiden ist davon die Handelswerbung, d. h. die Umwerbung des Handels durch Hersteller in Fachmedien / in der Fachöffentlichkeit. Idealerweise greifen beide integrativ ineinander. Faktisch jedoch wird die Werbung des Handels zur Verlängerung der Werbung des Herstellers benutzt oder konterkariert diese sogar. So kann von der Händlereigenwerbung sogar die Gefahr der Reputationsbeeinträchtigung für die Herstellermarke ausgehen. Einige Beispiele mögen dies verdeutlichen: •• Aggressive Niedrigpreiswerbung, wodurch die Qualitätsanmutung eines Produkts im Publikum und damit deren Preisbereitschaft mangels demonstrativen Konsums sinken, •• indirekt vergleichende Werbung zu eigenen Handelsmarken mit überlegenem Preis-Leistungs-Verhältnis, etwa durch gemeinsame Darbietung im gleichen Werbemittel, •• irreführende Werbung, z. B. durch Übertreibung, die über Präferenzmanipulation der Nachfrager zu deren Enttäuschung auch hinsichtlich der Ware führt, •• negative Ausstrahlung vom Image des Werbeträgers (z. B. Anzeigenblatt) auf das ausgelobte Produkt, dem vom Hersteller eine gewisse Hochwertigkeit und Selektivität zugedacht ist, •• negative Ausstrahlung des Werbeumfelds und der Gestaltung auf das ausgelobte Produkt (z. B. beim Angebot von hochwertigen Gebrauchsgütern in Faltblättern von Verbrauchermärkten zu beobachten), •• Gewinnspiele mit Markenartikeln als Preisen, die deren Wertigkeit ausbeuten und mindern,
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•• nicht individualisierend wirkende Standardwerbung aus vorgefertigten Gestaltungsmodulen (Anzeigenbaukasten), bei denen der Absatzmittler-Auftritt den des Produkts dominiert. Für die Eigenwerbung im stationären Handel steht vor allem das Verkaufs lokal (POS) zur Verfügung. Dabei ist an die Ladenfront zu denken, die als Stopper für Passanten funktionieren soll. Dabei soll die Hemmung im Eingangsbereich des Ladens möglichst niederschwellig sein (ebenerdig, trichterförmig, beleuchtet etc.). Ein wichtiges Element ist auch die Schaufenstergestaltung, die für Profil und Sortiment des Betriebs aussagefähig ist („Visitenkarte“). Der Verkaufsraum selbst soll ebenso akquisitorisch wirken, vor allem durch Aufteilung, Farbgebung, Möbel, Beleuchtung, Leitsystem etc. Hinzu kommen Innenraumwerbemittel in Form von Regal- und Deckenwerbung, Displays, Aufstellern etc. Weiterhin sind akustische Medien (Ladenfunk) sowie Beduftung, Verkostung und Ausprobieren hilfreich. 11.7
Kundenservice
Handelsleistung ist Dienstleistung, und Dienstleistung ist durch eine Reihe von Besonderheiten gegenüber Sachleistungen charakterisiert (siehe dazu auch 14.1 und 14.2). Dienste sind als solche abstrakt und immateriell, d. h. sie sind nicht stofflich fassbar, wie bei anderen Produkten, sondern flüchtig. Daraus resultieren erhebliche Probleme in ihrer Vermarktung. Denn die physische Präsenz eines Produkts allein wirkt aufmerksamkeitsfördernd und interesseweckend, wohingegen in Dienstefall solche Wirkungen nicht gegeben sind, sondern nur anderweitig entstehen können. Zugleich bietet die physische Präsenz die willkommene Möglichkeit der Absicherung durch Begutachtung, um vorab festzustellen, ob ein Angebot zur subjektiven Bedarfsdeckung fähig ist. Diese Absicherungsfunktion fehlt notwendigerweise bei Diensten. Dienste sind zudem personen- und kundenpräsenzgebunden, d. h. sie werden für und unter Beteiligung des Kunden erbracht. Es bedarf zu ihrer Wirksamwerdung der Mitarbeit des Kunden, an dem die Dienstleistung individuell erbracht wird. Insofern sind Dienste einmalig bzw. schwer standardisierbar. Von daher bedarf es rigider Kontrollmechanismen, um eine gleichbleibende Qualität zu gewährleisten. Die Qualifikation und Motivation der Mitarbeiter ist von entscheidender Bedeutung, denn davon hängt die Qualität des geleisteten Dienstes ab. Insofern ist es wichtig, durch Trainings- und Schulungsmaßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass die Mitarbeiter in die Lage versetzt werden, die bestmögliche Leistung zu erbringen und dieses Niveau auch zu halten. Außerdem ist es erforderlich, durch Anreiz- und Belohnungssysteme den Willen der Mitarbeiter zur Ausschöpfung ihrer Leistungsgrenzen aufrecht zu erhalten. Dienste sind nicht lagerund nur ausnahmsweise transportfähig. Das heißt, im Gegensatz zu Produkten
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
können Dienste regelmäßig nicht zur Zeitüberbrückung verbracht werden. Dies macht sie weitgehend standort- und zeitgebunden. Dienste müssen also dort und dann erbracht werden, wo die Nachfrage anfällt, nicht vorher oder nachher und auch nicht anderswo (Uno actu). Daraus ergibt sich wiederum eine Kapazitätsauslastungsproblematik, denn Kapazitäten müssen sich, sollen sie nicht selbstbeschränkend wirken, an der Maximalauslastung orientieren. Ansonsten werden Geschäftschancen vertan. Daraus folgende hohe Fixkosten führen zur Ergebnisbelastung. Produktion und Konsumtion von Diensten erfolgen immer synchron, also zeitlich parallel oder unmittelbar aufeinander abfolgend. Im Unterschied zur Zeitüberbrückbarkeit bei Produkten müssen Dienste sofort verbraucht bzw. können nur angeboten werden, wenn und soweit Nachfrage vorhanden ist. Dienstleistungen sind darüber hinaus nicht wiederverkäuflich und verlieren mit ihrer Bereitstellung an Marktfähigkeit. Von daher bewirken sie einen sofortigen Werteverlust. Im Ergebnis ist der Arbeitsanfall fremdbestimmt. Im Gegensatz zu Produkten, bei denen der Hersteller die Produktionsmodalitäten autark gestalten kann, werden diese bei Diensten durch die Abnehmer determiniert. Dies macht es erforderlich, eine stetige Leistungsbereitschaft vorzuhalten, um Dienste in vertretbarer Frist und auf hohem Niveau anbieten zu können. Daraus wiederum resultiert, dass eine konstante Produktqualität nur schwierig zu gewährleisten ist. Denn die Parameter der Leistung wechseln von Mal zu Mal mit den daran jeweils beteiligten Personen. Da Dienste sich aber nur in diesen verkörpern, wechseln auch diese von Mal zu Mal und zeichnen sich durch ein hohes Maß an Individualität aus. Hinter Diensten verbergen sich aber vor allem erklärungsbedürftige, objektiv kaum nachprüfbare Qualitätsmerkmale. Selbst wer sich der Mühe unterzieht, Angebotsmerkmale zu katalogisieren und zu vergleichen, bleibt stets in weiterer Verwirrung zurück, dann aber auf höherer Ebene. Insofern gelten Imagemerkmale als kaufbestimmend, weil die objektive Leistung oft nicht nachprüfbar ist. Damit herrscht ein auffälliger Informationsmangel über Dienste vor, der deren Vermarktung erschwert. Da Angebote nur bedingt messbar und bewertbar sind, leidet die Feststellung eines PreisLeistungs-Verhältnisses als Kaufvoraussetzung.
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12. Parameter im virtuellen Handel463
Parameter im virtuellen Handel
Das Unterkapitel „Parameter im virtuellen Handel“ behandelt im Einzelnen die Strukturen im E-Commerce (12.1), die gängigen E-Geschäftsmodelle spe ziell im Vertrieb (12.2) sowie die Ausprägungen von E-Shops und virtuellen Marktplätzen als häufigste Vertriebsformen (12.3). Weiterhin werden Web-Präsenzen (12.4), insb. in Form der Website-Gestaltung und Display-Werbung, betrachtet. Als weitere Stellgrößen werden M-Sales (12.5) und SuchmaschinenMarketing (12.6) beleuchtet. Es folgen Aspekte des E-Mail-Marketings (12.7) und des Social Media Commerce (12.8). Leser kennen nach Durchsicht dieses Unterkapitels die Gestaltungs- und Einflussfaktoren im virtuellen Handel. Sie verstehen die Besonderheiten der Geschäftsmodelle dort und können diese Erkenntnisse auf ihre konkrete Studien- und Berufspraxis übertragen. 12.1
Strukturen
Als virtueller Handel wird die digitale Absatzmittlung über Online-Kommunikation ohne oder zumindest ohne wesentlichen stationären Anteil verstanden. Man bezeichnet dies auch, nicht ganz trennschaft als E-Commerce. Virtueller Handel lässt sich nach Beteiligten, Handelsobjekten, Interaktionsformen und Einkünften rubrizieren. Nach den Handelsobjekten geht es um Wartungs- und Reparaturleistungen (Kundendienste) sowie Hilfsstoffe (gehen als unwesentlicher Bestandteil in ein Endprodukt ein) und Betriebsstoffe (dienen dem Lauf der Betriebsmittel) und indirekte Produkte (gehen überhaupt nicht in das Endprodukt ein), aber auch Restposten, Gebrauchtwaren etc. (MRO-Produkte). Weiterhin werden dort CProdukte (geringer Wertanteil im Beschaffungsbudget, direkte Produkte) ge- und verkauft sowie Commodities (durch Normen standardisierte, weitgehend generische Güter). Bei beiden handelt es sich um physische Produkte / Dienste, daneben sind digitale Produkte / Dienste konstitutiv auf das Internet als Vertriebsweg angewiesen wie Textnachrichten, Musikdateien, Videostreams. Die höchsten Online-Umsätze werden in folgenden Branchen erzielt: •• Bekleidung / Textilien / Schuhe, Computer, Unterhaltungselektronik, Handys, Zubehör, Accessoires (ohne Schmuck), Software, Musik, Videos, Games, Möbel, Dekorationsartikel, Bücher, CDs / DVDs, Hobby-, Sammel- und Freizeitartikel, Medikamente, Spielwaren / Babyartikel, Sportartikel, Auto / Motorrad / Zubehör, Do it yourself- / Bastelbedarf, Bürobedarf, Foto, Druck, Books on Demand, Outdoor-Artikel, Lebensmittel, Tierbedarf, Drogeriewaren, Kosmetik.
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
Nach den Handelsbeteiligten handelt es sich um Gewerbetreibende (Business / B), Private (Consumer / C) oder Verwaltungen (Administration / A), die miteinander in Kontakt treten, entsprechend ergeben sich B-t-B-, B-t-C-, B-t-A-, C-t-C-, C-t-A-, C-t-B-, A-t-A-, A-t-C-, A-t-B-Beziehungen als Kombination. Im Vertrieb sind zweifellos B-t-B- und B-t-C-Beziehungen am bedeutsamsten. Nach der Interaktionsform der Partner handelt es sich um indirekte Kontakte über Intermediäre wie Agenten, Co-Shopper, Makler für Börsen, Malls, Auktionen etc. oder direkte Kontakte zwischen Anbieter und Nachfrager. Direkte Kontakte erfolgen intern direkt über Intranet oder extern direkt über Extranet als Geschlossene Benutzergruppe. Indirekte Kontakte erfolgen über zwischengeschaltete Intermediäre, meist E-Shops und virtuelle Marktplätze. Im virtuellen Handel (E-Trade) erfolgt der Vertrieb von einem Hersteller über Online-Absatzmittler an Endabnehmer. Diese rufen dazu das Angebot bei diesen ab. Der Zugang erfolgt als öffentlich zugängliches, weltweites Computersystem (Internet), als geschlossenes Computersystem anstelle von EDI (Extranet) oder als unternehmensinternes Computersystem mit LAN / WAN (Intranet). Dies versteht sich als klassischer Direktvertrieb (Disintermediation), d. h., Absatzmittler werden nicht vom Unternehmen angesprochen bzw. haben keine Möglichkeit, auf dessen Angebot zuzugreifen. Dies ist problematisch, weil bestehende Absatzmittler sich ausgebootet fühlen und durch diese gehaltene Kundenbeziehungen erodieren können. Die Distribution kann daher auch als Integrationsvertrieb erfolgen, d. h., der Kontakt erfolgt zwar direkt zwischen Abnehmer und Unternehmen, die Auftragsabwicklung vollzieht sich jedoch über zwischengeschaltete Absatzmittler, die dafür Provision erhalten. Auf diese Weise können Kundenbeziehungen erhalten werden, allerdings vermindert sich die Rendite des Geschäfts. Bei diesem „inversen Streckengeschäft“ wird also nur die Auftragsabwicklung durch Absatzmittler bewerkstelligt, die -durchführung erfolgt vom Hersteller selbst. Die Distribution kann schließlich auch in der Online-Form des Indirektvertriebs (Reintermediation) erfolgen, wobei die Absatzmittler mit ihren Geschäftsprozessen in das E-Commerce-treibende Unternehmen einbezogen werden. Bei diesem Lagergeschäft werden sowohl die Auftragsabwicklung als auch -durchführung durch Absatzmittler bewerkstelligt. Dabei kann abgestuft unterschieden werden nach Herstellern, die nur OnlineDirektvertrieb treiben (Pure Online Players), solchen, die zwar primär OnlineDirektvertrieb treiben, aber auch Offline-Indirektvertrieb, solchen, die zwar primär Offline-Indirektvertrieb treiben, aber auch Online-Direktvertrieb sowie solchen, die nur Offline-Indirektvertrieb (Pure Offline Players) treiben.
12.2
12. Parameter im virtuellen Handel465
E-Geschäftsmodelle
Im E-Commerce des B-t-C-Bereichs haben sich vier Geschäftsmodelle durchgesetzt (in Anlehnung an Wirtz). Erstens geht es um die Sammlung, Selektion, Systematisierung und Kompilierung von Inhalten auf einer publikumszentrierten, personalisierten Plattform (Content). Die Finanzierung erfolgt über indirekte Erlöse (Werbung / Links). Die Angebote betreffen folglich: •• Information, d. h. politische, gesellschaftliche oder wirtschaftliche Inhalte, vorwiegend über indirekte Erlösformen (Werbeeinnahmen) finanziert (Spiegel Online), Unterhaltung, d. h. unterhaltende Inhalte wie E-Music (mp3), E-Games (Moorhuhn), E-Movies, E-Books sowie Infotainment, d. h. Hybridformen aus Information und Unterhaltung und Bildung, d. h. Wissensplattformen. Zweitens geht es um die Anbahnung und Aushandlung von Geschäftsbedingungen sowie die Abwicklung von Geschäftstransaktionen in Ergänzung bzw. Substitution traditioneller Transaktionen (Commerce). Die Finanzierung erfolgt über direkte (Provisionszahlung) und / oder indirekte Erlöse. Die Angebote betreffen folglich: •• Bannerschaltung, Shopping Malls (Immoscout24), Auktionen (Ebay), Preisagenturen (Priceline), Finanzmakler, Zahlungsabwicklung (Onvista), Auslieferung (Amazon), Rewardingsysteme (z. B. Webmiles). Drittens geht es um die Klassifizierung und Systematisierung von im Internet verfügbaren Informationen zur Komplexitätsreduktion und Erleichterung der Navigation (Context). Die Finanzierung erfolgt über indirekte Erlöse. Die Angebote betreffen folglich Suchmaschinen (Google), Metasuchmaschinen (Metager) oder Web-Kataloge (Yahoo). Und viertens geht es um die Herstellung des Informationsaustauschs auf technologischer, kommerzieller oder kommunikativer Basis in Netzen (Connection). Die Finanzierung erfolgt über direkte Erlöse. Die Angebote betreffen folglich Communities (Portale wie Ciao oder Internet-Zugang (T-Online). Hinsichtlich der Internet-Geschäftsmodelle im B-t-B-Bereich gibt es ebenfalls vier Optionen (Wirtz). Das Sourcing-Modell betrifft die beschaffungsseitige Nutzung von E-Trade. Dies ist besonders wichtig, da einer alten Handelsweisheit zufolge der Gewinn im Einkauf liegt. Darin liegen enorme Rationalisierungspotenziale, die durch Marktplatz- und Börsenbetreiber verfügbar gemacht werden. Die Initiative geht für gewöhnlich von der Nachfrageseite aus, Nachfrager handeln dabei kooperativ und erschließen immer mehr Produktarten. Das Sales-Modell betrifft die absatzseitige Nutzung von E-Commerce zur Verminderung der Transaktionskosten, Erleichterung der Transaktion und Erhöhung des Informationsstands. Insofern handelt es sich spiegelbildlich um die Schaffung elektronischer Plattformen im Vertrieb. Diese funktionieren häufig nach dem Katalogmodell, also mit festen Preisen, zunehmend aber auch durch dynamische Preisbildung.
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
Das Servicer-Modell betrifft leistungsergänzende Absatzhelfer im E-Commerce. Sie ermöglichen durch Information, Finanzierung, Versicherung, Beratung etc. erst den Erfolg der Transaktionspartner (Enabler). Teilweise wird der Service selber bereitgestellt, teilweise dieser nur vermittelt. Hier ist vor allem an Bezahl-, Sicherheits- und Logistikdienste zu denken. Das Support-Modell betrifft die Nutzung verteilter Systeme mittels informationeller Vernetzung (Netzwerkorganisation) zur Nutzung jeweiliger Kernkompetenzen. Zumeist ist dabei ein fokales Unternehmen koordinierend tätig, das dieses Geschäftsmodell auch aufsetzt. Dies ermöglicht eine Delokalisierung der Wertschöpfung. Als besonders E-Commerce-geeignet sind alle standardisierten Produkte in „Selbstbedienung“ des Kunden anzusehen. Individualisierte Produkte sind hingegen weniger geeignet. Allerdings kann eine Annäherung durch Modularisierung von Standardprodukten erreicht werden, die durch Nachfrager je nach deren Bedarfen zu quasi-individuellen Produkten konfigurierbar sind. In Extranets können Schlüsselkunden mit ihren Bedarfen enger in die Unternehmensprozesse eingebunden werden. Dabei wird der Datensicherheit dadurch Rechnung getragen, dass neben einer Authorisierung des Zugangs (Password) auch eine Verschlüsselung der eigentlichen Kommunikation stattfindet. Diese Sicherheit kann durch den Einsatz Virtueller privater Netzwerke (VPNs) noch gesteigert werden, die allerdings durch Standleitungen sehr kostenintensiv sind (dafür ist die Übertragungsgeschwindigkeit ggf. höher). Auch ist dann eine hohe Kritische Masse an Datenbewegungen der Teilnehmer zur Effizienz erforderlich. In jedem Fall verbessert sich die Datenbasis über aktuelle und potenzielle (anfragende) Abnehmer erheblich. Nutzerprofile etwa ergeben sich zwangsläufig durch eine Reihe unvermeidbar hinterlassener Datenspuren (Logfiles), so per: •• Cookie, entsprechend den Nutzerangaben, •• Log-in-Protokoll, mit Informationen zu Browserart, Browserversion, Betriebssystem / -version, Computerart, •• IP-Datenbank, mit Informationen zu Land (Top Level Domain), Gebiet (Bundesland, Vorwahl), Branche, •• Internet-Zugang, entsprechend dem Provider, •• Content aus Session-IDs, mit Informationen zu Sucheingaben, Besuchsfrequenzen, E-Mails, Bestell- / Kaufvorgängen, Formulareinträgen, Directory, Sektion, Seite. Diese werden durch Künstliche Intelligenz (AI) ausgewertet und für akquisitorische Aktivitäten aus eigenen und fremden Datenbeständen angereichert (Bigdata).
12.3
12. Parameter im virtuellen Handel467
Praktische E-Sales-Ausprägungen
Der virtuelle Handel kann als E-Shop oder Virtueller Marktplatz ausgeprägt sein. Ersterer erfolgt in einer 1 : 1-Situation von Anbieter und Nachfrager, letzterer erfolgt als 1 : N bzw. N : 1-Situation von Anbietern und Nachfragern. In Bezug auf die Preisbildung werden häufig dynamische Verfahren eingesetzt, also solche, bei denen der Preis nicht festgelegt ist (Optionsfixierung), sondern sich erst aus dem Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage im Prozess ergibt. Dafür gibt es ganz unterschiedliche Ausprägungen. 12.3.1 E-Shop Ein E-Shop kann auf verschiedene Weise realisiert werden, etwa in Eigenregie programmiert, als Fertigprodukt fremd zugekauft, als Fertigprodukt gemietet mit der Möglichkeit kontinuierlicher Updates, aus Open Source-Software kostenlos bereitgestellt und nach eigenen Vorstellungen modifiziert oder in Untermiete von Category Killers (Amazon, Ebay). Die wichtigsten Elemente jedes E-Shops betreffen folgende. Eine Produktdatenbank gibt möglichst detailliert und aussagefähig Auskunft über die im Sortiment angebotenen Artikel. Die Stammdatenverwaltung ist wichtig, um Artikel und Besteller sicher zuordnen und verwalten zu können. Das Präsentationssystem sorgt für eine attraktive Darstellung der Produkte und Dienste im Internet. Ein Empfehlungsdienst gibt Erfahrungen anderer Nutzer weiter und wirkt dadurch risikoreduzierend. Das Bezahlverfahren muss sicher, eindeutig und bequem sein, Anforderungen, die gerade in einem offenen System wie dem Internet nur schwer zu erfüllen sind. Konfiguratoren sollen einen akquisitorischen Eindruck vom individuell genutzten Angebot vermitteln. Sofern es sich beim E-Shop um ausgelobte Festpreise handelt, spricht man vom Katalogverfahren. In Web-Katalogen erhalten autorisierte Interessenten ortsunabhängig und permanent Informationen durch virtuelle Präsentation von Produkten und kundenspezifische Problemlösungen. Diese Kataloge können Funktionalitäten zur direkten Bestellung oder nur zur Einsicht bieten, sie können nur die Angebote eines Anbieters oder die mehrerer Anbieter vereinen und Produktinhalte oder auch nur Adressinhalte (analog zu Gelben Seiten) enthalten. Es erfolgt keine Individualisierung, außer durch übliche Rahmenverträge, Rabattstaffeln o. Ä. Ein E-Shop muss über eine Reihe von Funktionalitäten verfügen, damit er arbeitsfähig ist. Dazu gehören vor allem folgende: •• intelligente Suchfunktionen mit fehlertoleranter Eingabe, Produktfinder für Produktvorschläge, Zoom-Bilder mit Detailansichten und 3-D-Animationen, unterschiedliche Farbvarianten, Lupenfunktion, Abruf von Produktvideos, Abruf von Erklärvideos (Tutorials) z. B. für Bedienungsanleitungen, Drag&Drop-
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
Funktion, Warenkorb-Funktion, automatische Präsentation der Topseller auf der Webseite, Speicherfunktion für Produkte und Produktkonfigurationen, Produktkonfigurator, Online-Vermessung des Betrachters (z. B. bei Bekleidung), Angebot von Produkt-Bundles, Kaufempfehlungen durch Analyse der Transaktionshistorie oder Interaktionen, Hinweise auf Zusatzprodukte (Add-ons, Upgrades etc.), gewünschte Kommunikationskanäle (Telefon, E-Mail, Fax, CallbackButton, Call Button, Co-Browsing, Online-Chat), FAQs, Nutzer helfen NutzerPlattform, Versandkostenausweis, Lokalisierung der Ansprache, evtl. Verknüpfung mit Ladengeschäft (z. B. Ebay Mönchengladbach), Featuring von Sonderangeboten, Rückgabemöglichkeiten, Integration eines Like Buttons, Integration eines Pinterest Pins, Integration des Follow-us on Twitter, Vergabemöglichkeit von Social Bookmarks, Vernetzung zu Produktvideos auf Youtube, Hinweise auf Online-Foren / Communities, Angebot eines RSS-Feeds (Push-E-Mail), verschiedene Bezahlmethoden (Vorkasse, Rechnung, Direktüberweisung, Nachnahme, Lastschrift, Kreditkarte, Online-Bezahlsystem), multiple Währungen, Couponing-Aktivität / Geschenk-Gutschein, Freundschaftswerbung (Prämie), Send a Friend Button, Merkliste / Suchliste, Shopbewertungsmöglichkeit, Mehrsprachenfähigkeit, Monitoring / Kampagnenanalyse (Visits, CpO, abgebrochene Bestellungen, Shop Stickiness, Weiterempfehlungen, Kommentare etc), Schnittstelle zum Warenwirtschaftssystem (Einkauf, Bestand, Versand etc.), Schnittstelle zum CRM-System, Schnittstelle zum Content Management System, M-Commerce-Fähigkeit, Sicherheitsvorkehrungen (SSL etc.), Hinweise auf Impressum, AGBs, Datenschutzhinweis, Cookies-Hinweis, Preisausweis, Angebot von Prospektmaterial (online), Hinweise auf Kontaktzeiten, Adresse, Telefonnummer etc., Barrierefreiheit, Serviceleistungen, Bonitätsprüfung im Hintergrund, Statusabfrage der Bestellung durch Kunden, komfortable Suchmöglichkeiten, Angabe von Verfügbarkeit, Lieferzeit, Zahlungsbedingungen, Garantieleistungen etc., Merkzettel, Wunschliste, vertrauensstiftende Elemente wie Referenzen, eigene App / Partner-App etc. 12.3.2 Virtueller Marktplatz 12.3.2.1 Organisationsformen Unter virtuellen Marktplätzen versteht man Marktveranstaltungen, die online eine Vielzahl von an Angebot und Nachfrage interessierten Teilnehmer zusammenführen (N : N), um dort Abschlüsse anzubahnen, auszuhandeln und abzuwickeln. Virtuelle Marktplätze können nach vielfachen Kriterien eingeteilt werden (siehe Abb. 84). Man unterscheidet im Einzelnen nach ihrer Ausrichtung horizontale Marktplätze, auf denen für branchenübergreifende Anwendungen Angebote einer Produktgruppe offeriert werden und vertikale Marktplätze, auf denen
12. Parameter im virtuellen Handel469
Abb. 84: Organisationsformen virtueller Marktplätze
für branchenspezifische Anwendungen Angebote verschiedener Produktgruppen offeriert werden. Weiterhin laterale Marktplätze mit verschiedensten Produkten für unterschiedlichste Anwendungen sowie fokussierte virtuelle Marktplätze, auf denen nur ein Produkt für eine Branchenanwendung gehandelt wird. Außerdem unterscheidet man nach der Veranlassung anbieterorganisierte Marktplätze (Sellside), die von Lieferanten zum Zwecke der Offerte ihrer Produkte installiert werden. Dort können sich potenzielle Nachfrager einen raschen Marktüberblick verschaffen. Und nachfragerorganisierte Marktplätze (Buyside), die von Abnehmern zum Zwecke der Bedarfsdeckung installiert werden. Dort können sich potenzielle Lieferanten melden und ihren Lieferwunsch abgeben. Sowohl anbieter- wie auch nachfragerinitiierte Marktplätze dienen der direkten Transaktionsaufnahme. Daneben gibt es von Maklern organisierte Marktplätze, auf denen diese Angebot und Nachfrage sammeln und von der Provision (Courtage) zur Herstellung des Kontakts zwischen beiden profitieren. Dazu eröffnet der Makler (Broker) eine Plattform, auf dem Anbieter und Nachfrager unabhängig voneinander Leistungen bzw. Gebote platzieren. Oft kann auch die Zahlungsabwicklung und -besicherung über diese Marktplätze vorgenommen werden. Kommt dann eine Transaktion auf diesem Marktplatz zustande, wird die Provision fällig. Außerdem gibt es von Mittlern organisierte Marktplätze, die ebenfalls der Aggregation von Angebot und Nachfrage dienen. Mittler sind dabei rechtlich nicht als Makler tätig und bestreiten ihre Einnahmen daher durch andere Quellen, meist aus Werbeeinschaltungen auf der Website oder von Eintragungsgebühren für die Notierung. Auf freien, nicht-proprietären virtuellen Marktplätzen treffen
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
sich die Beteiligten auf Basis informeller Verabredungen. Reglementierte, proprietäre Marktplätze werden häufig durch Verbände, Konsortien o. Ä. betrieben. Hinsichtlich des Zugangs können virtuelle Marktplätze offen oder geschlossen angelegt sein. Offen bedeutet, dass sie für Jedermann zugänglich sind, der daran Interesse hat, geschlossen bedeutet, dass sie über Zugangsregularien verfügen, die nur einen limitierten Zugriff (Geschlossene Benutzer-Gruppe / Password) erlauben. Der Zugang kann dabei durch bloße Anmeldeerfordernis limitiert sein, durch die Notwendigkeit eines Antrags zur Aufnahme in den Kreis der Teilnehmer oder durch einseitige Einladung / Aufforderung des Veranstalters zur Teilnahme. Virtuelle Marktplätze können unter dem Zeitaspekt nur einmalig für ein definiertes Projekt „geöffnet“ sein oder dauerhaft / zeitlich unbegrenzt zu Transaktionen genutzt werden oder sich zyklisch, also in regelmäßig sich wiederholenden Abständen, oder auch unregelmäßig, also fallweise / anlassbezogen, wiederholend. Nach den Einkunftsarten aus E-Commerce sind verschiedene Quellen denkbar. Direkte Erlöse folgen aus dem Verkauf von Produkten und Diensten. Da im Internet jedoch häufig eine „Kostenlos-Mentalität“ verbreitet ist, sind viele Anbieter auf indirekte Erlösquellen angewiesen. Dabei kann es sich um Einnahmen aus Bannerschaltungen handeln (Displaywerbung), um Provisionen aus der Weiterleitung von der eigenen Site auf eine andere (Affiliations), um Provisionen aus der Transaktion infolge dieser Weiterleitung, um Abonnementerlöse aus vertraglicher Bezugsbindung oder um Erlöse aus dem Verkauf von Daten der Nutzer an interessierte Dritte. Gerade letzteres ist eine ausgesprochen ergiebige Einnahmequelle. Generische Vorteile virtueller Marktplätze sind ihre grundsätzlich ständige Verfügbarkeit, d. h. Zeit (24 / 7) und Raum (ortsungebunden) spielen für die Nutzung keine Rolle. Die Informationsbeschaffung wird für alle Marktteilnehmer erheblich erleichtert (Angebote können rasch miteinander verglichen werden). Durch leichtere und schnellere Informations- und Kommunikationsprozesse bleiben die Transaktionskosten gering. Ebenso können grundsätzlich alle Anbieter am Markt teilnehmen. 12.3.2.2 Dynamische Preisbildung Regelmäßig ist auf virtuellen Marktplätzen eine dynamische Preisbildung anzutreffen. Diese wird allgemein unter dem Begriff „Auction“ zusammengefasst und umfasst mehrere Formen. Bei der englischen Auktion (English Auction / auf Aufstrich) wird der Preis, ausgehend von einer Mindesthöhe durch Gebote der Nachfrager kontinuierlich gesteigert, bis der Höchstbietende den Zuschlag erhält. Wird der Mindestpreis nicht erreicht, kann die Auktion abgebrochen oder erneut mit einem niedrigeren
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Mindestpreis gestartet werden. Durch den Zuschlag kommt ein Kaufvertrag mit beiderseitigen Lieferungs- und Leistungspflichten zustande. Bei der holländischen Auktion (Dutch Auction / auf Abstrich) wird der Preis, ausgehend von einem imaginären Höchstpreis, automatisch und kontinuierlich oder in festen Schritten solange gesenkt, bis ein Nachfrager durch Annahme den gerade gültigen Preis akzeptiert. Dabei liegt der Abschlussdruck auf der Nachfrageseite, denn eine zu frühe Reaktion führt zu einer überhöhten Zahlungspflicht, eine zu späte Reaktion zum Verpassen des Zuschlags. Gesamtmengen werden im Regelfall in mehrere Lose aufgeteilt, um unterschiedlichen Nachfragedruck auszunutzen. Häufig ist diese Form bei „Veralterung“ unterliegenden Sach- und Dienstleistungen gegeben wie Naturprodukten und Dienstleistungen. Bei der geheimen Auktion (Silent Auction / analog zur Einschreibung auf realen Marktplätzen) geben Nachfrager ihre Gebote oberhalb des Mindestpreises verdeckt, also ohne dass andere Bieter Kenntnis von deren Höhe erhalten, aber auch ohne die Gebote anderer Bieter zu kennen, gegenüber einem Anbieter bis zu einer Deadline ab. Der Zuschlag erfolgt nach Ablauf der Deadline an den Höchstbietenden. Dabei ist durch eine genaue Beschreibung der auktionierten Leistung sicherzustellen, dass keine Unklarheiten hinsichtlich der dann ersteigerten Lieferung / Leistung bestehen. Bei der umgekehrten Auktion (Inverse Auction / analog zur Lizitation auf realen Marktplätzen) geben Anbieter ihre Gebote zur Übernahme und Ausführung eines Auftrags gegenüber einem Nachfrager ab. Dabei erhält derjenige Anbieter den Zuschlag, der dafür die geringste Preisforderung erhebt. Dies erfordert eine extreme Käufermarktsituation, also Überkapazitäten und Fixkostendruck. Wiederum ist durch eine genaue Beschreibung des erwarteten Auftrags sicherzustellen, dass beide Seiten Klarheit über Leistung und Gegenleistung haben und es zumindest daraus zu keinen Querelen kommt. Bei der Submissions-Auktion (Tender Auction / analog zur Ausschreibung auf realen Marktplätzen) geben Anbieter ihre Preisforderungen für die Übernahme einer Lieferung oder Leistung verdeckt bis zu einem Ausschlusstermin (Deadline) gegenüber einem Nachfrager ab. Den Zuschlag erhält der Bieter mit der niedrigsten Preisforderung. Zur Vereinheitlichung wird dabei eine verpflichtende Auftragsbeschreibung zugrunde gelegt, so dass alle Angebote über den Preis vergleichbar sind. Häufig erhält nur der unter Berücksichtigung aller relevanten Aspekte günstigste Bieter den Zuschlag oder es werden Vorqualifikationsrunden eingeschaltet, in denen Bieter vom Verfahren ausgeschlossen werden oder wegen preislicher Nachteile ausscheiden. Dies ist die häufigste Ausprägung bei Beschaffungs-Plattformen großer Unternehmen, von Unternehmensverbindungen oder der Öffentlichen Hände. Häufig findet auch ein Auftrags-Split auf zwei oder mehr Anbieter auf Basis der niedrigsten Preisforderung statt, um Risiken zu verringern.
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
Bei der Vickrey-Auktion (Zweithöchstpreiszuschlag) ist eine Submission gegeben, bei welcher der Zuschlag an den Höchstbietenden zur Preisbereitschaft des Zweithöchstbietenden ergeht. Hintergrund ist, dass Bieter danach streben, eine individuelle Nachfragerrente zu behalten. Diese ergibt sich aus der Differenz zwischen ihrer maximalen Preisbereitschaft (Reservationspreis) und dem tatsächlichen Zuschlagspreis. Eine solche verbleibt aber nur, wenn das eigene Gebot unterhalb des Reservationspreises bleibt, also niedriger ausfällt, als der maximalen Preisbereitschaft entspricht. Diese Nachfragerrente entgeht also dem Anbieter. Die Vickrey-Auktion strebt daher danach, die Nachfragerrente abzuschöpfen. Dies gelingt, wenn der Bieter auf jeden Fall weniger als seinen Reservationspreis zahlen muss, weil er entweder als Höchstbietender den Zuschlag erhält, aber nur den Zweithöchstpreis zahlen muss oder ein anderer Bieter den Zuschlag erhält und er dadurch von seinem Gebot entbunden ist. Darüber hinaus gibt es weitere Ausprägungen: •• Bei der amerikanischen Auktion als Variante der klassischen Auktion erfolgt nur die Inkrementeinzahlung zwischen dem alten und dem eigenen neuen, höher liegenden Gebot. Der Verkäufer erhält also den Preis nicht von einem, sondern kumuliert über alle Bieter. Dabei erhält der Höchstbietende den Zuschlag für die Einzahlung nur seines Inkrements, also für gewöhnlich zu einem sehr niedrigen Betrag, woraus die Attraktivität resultiert. •• Die japanische Auktion als Variante der klassischen Auktion sieht feststehende Inkremente vor, um die sich ein Gebot automatisch erhöht, wenn der Bieter signalisiert, auf den neuen Preis einsteigen zu wollen. Dies vereinfacht das Bietprocedere und verhindert taktische Gebote, etwa auf nur einem minimal höheren Level als das aktuelle Gebot. Das vorgegebene Inkrement wird zumeist von der absoluten Preishöhe abhängig gemacht. •• Die Ebay-Auktion stellt eine Abwandlung der Vickrey-Auktion mit der Möglichkeit der Erhöhung des Höchstgebots durch einen Bieter dar, wobei dieses nach außen hin unsichtbar bleibt und ein festes Inkrement als Mindestschritt vorgegeben wird. Insofern handelt es sich um eine Kombination aus VickreyAuktion, englischer Auktion und japanischer Auktion. •• Bei einer Niedrigstpreis-Auktion erhält derjenige Nachfrager den Zuschlag, der das niedrigste, nur einmal abgegebene Gebot für eine Lieferung oder Leistung abgibt. Zu jeder Gebotsabgabe muss vorab ein Token gekauft werden, der bei einem Scheitern nicht erstattet wird. Die Einkünfte des Anbieters entstehen aus den Einnahmen der kumuliert eingesammelten Tokens (mehrheitlich) sowie dem Kaufpreis. Die Attraktivität für Bieter ist wegen des oft niedrigen Preises und der begrenzten Token-Gebühren sehr hoch. •• Die Scratch-Auktion startet mit einem Höchstpreis (Dutch Auction). Dieser sinkt sukzessiv, aber für die Teilnehmer unsichtbar. Erst wenn ein Interessent einen Token kauft, wird der aktuelle Preis für ihn sichtbar. Er kann sich dann
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für einen Kauf zum angegebenen Preis entscheiden oder die Gebühr verfallen lassen. Die Auktion läuft solange, bis ein Interessent den Kauf realisiert. Die Einkünfte des Anbieters entstehen wiederum aus den Einnahmen der kumuliert eingesammelten Tokens (minderheitlich) sowie dem Kaufpreis. 12.4
Web-Präsenzen
Web-Präsenzen beschreiben den Auftritt eines Anbieters im Internet. Dabei geht es um die Website-Gestaltung, vor allem in Form der Nutzeroberfläche und der Nutzerführung, sowie um die Display-Werbung auf eigenen und fremden Websites bzw. für eigene und fremde Angebote. Entsprechend ergeben sich die Formen der Eigenwerbung (eigenes Angebot auf eigener Website), des Targetings (eigenes Angebot auf fremder Website) und der Affiliations (fremdes Angebot auf eigener Website). 12.4.1 Website-Gestaltung 12.4.1.1 Nutzeroberfläche Die Dimensionen des Webauftritts betreffen vor allem den Domainnamen, den Inhalt, die Gestaltung und die Nutzerführung. Die Wahl eines passenden Domainnamens ist sehr entscheidend. Eine komplette URL besteht aus Dienst (z. B. www), Protokoll (z. B. http), der eigentlichen Domainadresse und Top Level Domain (z. B. de). Der Dienst zeigt an, welchen Online-Service man gerade nutzt, das Protokoll zeigt die technischen Verbindungsbasis an, die Top Level Domain gibt Auskunft über die Herkunft bzw. den Inhalt der Website (z. B. com, biz, net, org). Jedermann kann beliebig viele Domains registrieren lassen, die Registrierung erfolgt über einen Internet-Provider. Dabei gilt grundsätzlich das Prinzip der zeitlichen Priorität. Um die Anzahl möglicher URLs zu erhöhen, sind zahlreiche neue Top Level-Domains eingeführt worden, auch die Domainadressen sind flexibilisiert (z. B. nur zwei Buchstaben). Besteht keine zeitliche Priorität, kann evtl. dennoch eine Domain gerichtlich erstritten werden. Ein Unternehmen kann etwa die Herausgabe seines Namens als Domain verlangen, wenn die überwiegende Mehrzahl der Nutzer das Unternehmen unter dieser Adresse erwartet und nicht den tatsächlichen Halter mit zeitlicher Priorität. Auch die Verwechslung mit Markennamen ist zu vermeiden, dazu ist ein zeichenrechtlicher Kurzcheck beim DPMA möglich. Die Prüfung freier Domainnamen erfolgt unter denic.de für .de-Domains oder bei einem Webhoster. Bereits vergebene Domains können evtl. gekauft werden (z. B. sedo.de). Bei besonders gesuchten, generischen Domains stimmen Suchbegriff und Domainname überein (z. B. Vertrieb), möglich sind auch Zwei-WortDomains, meist mit Bindestrich verbunden. Bei mehr als zwei Worten besteht
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
die Gefahr der Verwechslung mit Suchmaschinen-Spammers. Second LevelDomains tragen den Hostnamen, Third Level-Domains sind zusammengesetzt, z. B. de.tt für Audi tt. Eine Website wird durch inhaltliche (Text, Bilder), emotionale (persönliche Ansprache, Farben) und interaktive Elemente (Hyperlinks, Kontaktmöglichkeiten, Konfigurator) gekennzeichnet. Die Texte sind jeweils mit kurzer Zusammenfassung am Anfang zu versehen. Aufzählungen und Zwischenüberschriften helfen bei der notwendigen Strukturierung. Wichtig sind eine leichte Lesbarkeit und die Vermeidung unnötiger Anglizismen / Fremdwörter. Wichtige Textelemente sind die Headline mit max. sechs Worten und im übrigen selbsterklärend, die Subline / Skyline zur Erläuterung der Headline, ein Teaser als Vorspann, der eigentliche Fließtext, zunächst mit den wichtigen Fakten, dann mit Einzelheiten, dann in Vertiefung und die Formulierung, aktiv, d. h. Verben anstelle von Substantiven, in der Sprache der Zielgruppe, ohne Füllwörter, ohne Schachtelsätze, mit kurzen Wörtern und Absätzen bei jedem neuen Gedanken. Bilder sollen authentisch und mit einer Unterzeile versehen sein, Bild und Text sollen sich dabei nicht doppeln, sondern ergänzen. Die Lesegeschwindigkeit am Bildschirm ist weitaus geringer als bei Print, die Auflösung ist deutlich geringer, so dass Schlüsselwörter verwendet werden sollten. Inhalte werden meist zuerst grob überflogen und auf relevante Informationen durchsucht, die Verarbeitungstiefe ist dabei gering (Scanning). Danach werden Kernelemente des Textes erfasst, die Lesegeschwindigkeit sinkt (Skimming). Die wichtigsten Inhalte werden dann in vergleichsweise niedriger Geschwindigkeit gelesen und vollständig erfasst. Die Typographie sollte bekannte Schriften einsetzen, häufig wird „Verdana“ verwendet, die Schriftgröße sollte 9–11 Pkt. betragen, Versalien sind zu vermeiden. Der Zeilenabstand sollte 120 % der Textgröße betragen. Die Zeilenlänge ist auf 45–55 Zeichen oder elf Wörter einzustellen (ganze Seite). Zeilenumbrüche sollten fest programmiert werden (harte Trennung). Als Schriftfarbe haben sich schwarz auf weiß oder blau auf weiß bewährt. Für den grafischen Webauftritt sind Screenlayout mit Gestaltungsraster, Typographie und technische Elemente wie Ladezeit, technische Darstellung kennzeichnend. Webdesign ist dabei die Gestaltung von Webseiten nach den Kriterien Information und Funktionalität sowie Ästhetik und Unterhaltung. Texte werden im HTML- bzw. xHTML-Format eingegeben. Cascading Style Sheets (CSS) gelten für die Gestaltung von Farbe, Form, Anordnung und Gruppierung. Die Farbauswahl hat anhand eines kalibrierten Monitors (RGB) zu erfolgen, um Farbverfälschungen zu vermeiden. Höchstens drei Farben plus schwarz und weiß sind auf einer Seite zumutbar. Dabei sollen Komplementärfarben, also solche, die sich zu Grundfarben ergänzen und im Farbkreis gegenüber liegen, gemieden werden.
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Das Seitendesign wird sinnvollerweise in einer Minimalauflösung gestaltet (800 × 600 Pixels), was für Endgeräte mit kleinem Bildschirm (PDAs, Netbooks etc.) bedeutsam ist. Technisch möglich ist auch ein flexibles Seitendesign, das sich dem Bildschirmformat anpasst. Für die Wiedergabe von Animationen (Flash) muss der Browser um Plug-ins ergänzt werden, diese sind, wenn ansonsten unvermeidlich, als Download-Angebot auf der Site zu implementieren. Die Gestaltung der Website hängt von der Zielgruppe und der intendierten Botschaft ab. Neben der Grafik kommt es besonders auf Funktionalitäten an. Nur noch wenige Websites sind statisch aufgebaut, d. h. mit HTML-Programmierung. Änderungen erfordern dann eine Änderung im Quelltext, dies setzt wiederum Programmierkenntnisse voraus. Auch muss die komplette Navigation jeweils angepasst werden. Eine Erleichterung bieten hier Wysiwig-Editoren (z. B. Macromedia), bei denen statt im Quelltext im angezeigten Seitentext gearbeitet wird, allerdings kann es dabei zu Fehldarstellungen kommen. Häufiger sind Content Management Systeme (CMS). Diese arbeiten auf Basis von Temp lates (Webseiten-Rahmen), in denen die Inhalte eingestellt werden. Die Verlinkung und die Übersetzung in Quelltext erfolgen automatisch. Erweiterungen erlauben darüber hinaus z. B. die Suchmaschinenoptimierung oder multimediale Inhalte. Wichtig ist der Aufbau der Website und der einzelnen Webseiten. Die Webseite ist meist nach Header als Kopfbereich, z. B. Logo, eigentlichem Inhalt und Footer mit z. B. Kontaktangaben, AGBs, Partner gegliedert. Die Startseite (Homepage) ist dabei die wichtigste. Da sie meist wenige Inhalte trägt, wird sie durch Suchmaschinen nur unzureichend gefunden. Außerdem sind häufig dort anzutreffende Flash-Animationen nicht von allen Nutzern einsehbar und verlängern die Ladezeit. Sinnvolle Inhalte einer Startseite sind ein Überblick über den Site-Inhalt, die Verlinkung zu Unterseiten und die Erfassung der E-Mail-Adresse. Der Aufbau der Unterseiten sollte einer gängigen Struktur folgen, die beim Nutzer durch den Besuch tausender anderer Seiten bereits geprägt ist. Bei der Gestaltung von grafischen Benutzeroberflächen sollen sich Entwickler an vorgegebenen Standards (Styleguide) orientieren. Dies gilt etwa in Bezug auf die Anordnung und Reihenfolge von Menü-Punkten. Die technischen Rahmenbedingungen des Nutzers wie Browser, Bildschirmauflösung, Übertragungskapazität etc. sollen auf allgemeine Standards, im Zweifel eher am unteren Level, einjustiert werden. Ebenso sollte horizontales Scrollen vermieden werden. Der Kontrast zwischen Vorder- und Hintergrund ist wichtig (Figur-GrundDifferenzierung). Die Terminologie soll zielgruppengerecht und Überschriften, Schlagwörter etc. sollen hervorgehoben sein. Längere Texte können alternativ zum Ausdruck angeboten werden. Hinweise auf Autoren und Verantwortliche der Website sind obligatorisch (Impressumspflicht). Außerdem sind Linksammlungen, ÜberUns-Seiten und FAQs wünschenswert. Für Dateien sind kurze Ladezeiten not-
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
wendig. Die Bildschirmauflösung soll angegeben werden. Hinweise für unvermeidliche Plug-ins und Systemeinstellungen müssen gegeben werden. Gehen Inhalte über mehrere Webseiten, sollen diese mit einer Übersicht versehen werden. Besucher sollen auch über die weitergehende Verwendung von Eingabedaten und die Wirkung von Cookies informiert werden. Bei sicherheitskritischen Eingaben soll ein Hinweis auf gesicherte Übertragung (https) erfolgen. Führungstexte sollen links von kurzen Eingabefeldern bzw. oberhalb von längeren Eingabefeldern platziert werden. Zusammengehörige Eingabefelder sollen gruppiert werden und jedes Eingabefeld soll eine angemessene Größe haben. Bei Standardeingabefeldern sollen häufig vorkommende Werte vorbesetzt werden (z. B. Herr / Frau). Muss- und Kann-Eingaben sollen optisch abgesetzt, Kontrollkästchen und Optionsfelder in Spalten angeordnet werden. Bei mehreren Optionsfeldern sollen stattdessen Listfelder verwendet werden (Pulldown-Menü). Schaltflächen und Eingabefelder sollen aussagefähig bezeichnet, zusammengehörige Schaltflächen identisch in ihren Abmessungen und bündig platziert werden. Hilfreich sind Plausibilitätsprüfungen zur Vermeidung von Eingabefehlern. Ebenso soll auf Falscheingaben hingewiesen werden. Bereits getätigte Eingaben sollen problemlos wieder geändert werden können. Alle Eingabedaten und Übersichten sollen ausdruckbar sein, evtl. auch in zusammenfassender Darstellung. Formulare müssen dabei nutzerorientiert gestaltet werden. 12.4.1.2 Nutzerführung Damit die Nutzer sich nicht in der Angebotsvielfalt verlieren, ist eine Führung durch die Website durch Navigationselemente wie Scrolling, Paging sowie Orientierungselemente wie Sitemap, Icons erforderlich. Dazu dient etwa eine Navigationsleiste mit Steuerbefehlen. Auch ist eine vorgegebene Verkettung der Seiten zweckmäßig, um didaktische Aspekte bei der Nutzung zu berücksichtigen. Pro Webseite werden von Nutzern erfahrungsgemäß nicht mehr als sieben Ankerpunkte erfasst. Die Positionierung einzelner Elemente muss sich daher an Standards orientieren. Die höchste Aufmerksamkeit ist links oben auf der Seite, die geringste rechts unten. Wichtige Elemente sind der Seitennamen, das HomeLogo, um zurück zur Startseite zu gelangen und die Kennzeichnung der bereits besuchten, der noch nicht besuchten und der insgesamt besuchbaren Links (meist farbig unterlegt). Hinzu kommt eine fehlertolerante Volltextsuche, die Groß-Kleinschreibung, Buchstabendreher o. Ä. ignoriert, üblich sind bis zu 27 Zeichen Suchwortumfang. Die Suche sollte sich nur auf den internen Bereich beziehen, nicht auf das WWW insgesamt, da der Nutzer dann „verlorengeht“. Sie macht nur bei größeren Präsenzen Sinn.
12. Parameter im virtuellen Handel477
Häufig liegt nur ein Teil der gesamten Seite im sichtbaren Bereich. Da crollen möglichst vermieden wird, kann somit ein Teil der Seite nicht wahrgeS nommen werden (Eisberg-Effekt). Dem kann Paging entgegengewirken, d. h. eine Seitengestaltung derart, dass Scrollen nicht erforderlich ist. Hilfreich ist auch die Verwendung von Metaphern, d. h. die Nutzung vertrauter Umgebungen auf der Website wie Pinnwand, Icons etc. Das Website-Logo soll links oder rechts oben platziert werden, es soll einen Link zur Startseite haben. Die Po sitionierung der Navigationselemente soll auf allen Seiten identisch bleiben. Dabei kann in primäre und sekundäre Navigation unterschieden werden. Eine Sitemap soll einen Überblick über die gesamte Webpräsenz bieten. Die Navigationsleiste erscheint am linken oder rechten Rand oder oben, mit nicht mehr als zehn Punkten. Der Aufruf von Unterpunkten zur Verfeinerung erfolgt durch Pulldown-Menüs. Die Suche erfolgt immer über Worte. Nach Möglichkeit ist ein Test mit Probanden in Bezug auf die Usability durchzuführen. Möglichst führen nicht mehr als drei Clicks bis zur Zielseite, also kurze Navigationswege und flache Site-Strukturen. Hilfreich ist außerdem eine Navigationsübersicht, um zu zeigen, wo man sich gerade befindet oder Breadcrumbs, d. h. die Anzeige des Pfads bis zur aufgerufenen Seite, so dass man direkt zurückspringen kann. Die Kontaktseite sollte unterschiedliche Kontaktwege zur Auswahl anbieten. Teilweise wird eine Rückruf-Möglichkeit (Callback) oder eine Toll Free-Nummer geboten. Wichtig ist die korrekte Darstellung bei verschiedenen Browsers und in verschiedenen Auflösungen, am häufigsten sind 1.024 x 768 Pixels. Nur wenige Nutzer haben verschiedene Browser installiert, so dass sie unterschiedliche Auflösungen und Funktionalität nutzen können. Daher sind die Browserdarstellungen vorab zu testen, wichtig ist ebenso die Ladezeit, die immer unter fünf Sekunden betragen sollte. Dazu können Datenkomprimierungsverfahren genutzt werden. Die Bandbreite des Internetzugangs ist heutzutage meist kein Problem mehr. Hilfreich sind Angebote zum Download auf der Seite, z. B. Gebrauchsanleitungen, Handbücher, Software, Spiele, Bildschirmschoner, Videos, Rezepte, Fallstudien, White Papers, virtuelle Fabrikführungen, Bildergalerien, Experteninterviews (Podcast), Glossar, Testergebnisse etc. Auch Bilder der Kontaktpersonen wirken gut. Bei der Verwendung von Farben, der Einteilung des Bildschirms sowie bei der Verknüpfung und beim Einsatz multimedialer Elemente wie Audio oder Video herrscht zwar weitgehende Gestaltungsfreiheit. Dennoch gibt es eine Reihe von Empfehlungen zur Gestaltung von Webseiten. So sollte auf Frame seiten, also getrennte Bildschirmrahmen, möglichst verzichtet werden. Die Text terminologie sollte zielgruppengerecht ausgelegt sein. Überschriften, Schlag wörter etc. sollten hervorgehoben sein. Usability-Tests sichern die Einhaltung der Funktionalität. Dazu eingesetzte Methoden sind Logfile-Analysen, die protokollieren, welche Navigationsele-
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
mente und Seiten in welcher Reihenfolge aufgerufen wurden und wie lang die Verweilzeiten auf den einzelnen Seiten sind. Logfiles enthalten alle Informationen, die während eines Nutzungsvorgangs vom Browser des Nutzers im httpHeader an den Server übermittelt werden. Die Daten werden um Hits irrelevanter Einträge (Frames) von Suchagenten, interne Zugriffe etc. bereinigt. Dann erfolgen eine Datenverdichtung mit Zuordnung der Nutzer zu IP-Adressen (Besucheridentifikation) und die Pfadvervollständigung (Cache). Darüber hinaus können weitere Informationen über den Nutzer / die Nutzung gewonnen werden. Session-IDs stellen dazu eine vorübergehende Markierung des Browsers beim WWW-Server dar. Cookies sind kleine Textdateien im ASCII-Format, die vom Server auf die Festplatte des Nutzer-PC geschrieben werden und den Browser dauerhaft markieren. Unter Login versteht man Eingabedaten zur personalisierten Anmeldung, wodurch die Nutzungsvorgänge dem Nutzer zur Erstellung eines Nutzerprofils zugeordnet werden können. Bei Formulareinträgen werden die Transaktionsdaten erfasst. Hinzu kommen Primärstudien durch Videoanalysen, die bei ausgewählten Nutzern eingesetzt werden können, z. B. als Blickverlaufsmessung. Dadurch können auch Mimik und Gestik des Nutzers beobachtet werden. Allerdings ist dafür ein relativ hoher technischer Aufwand notwendig. Laboruntersuchungen sind hingegen problematisch, sie führen etwa mittels Eye Eracking zu sog. Heatmaps. Eine zentrale Anforderung an jede Website-Usability ist die Barrierefreiheit. Dafür gibt es eine Reihe von Anforderungen. So müssen für Bilder, Töne und Videos äquivalente Alternativen anderer Modalität zur Verfügung stehen. Texte, Bilder und Grafiken müssen für Fehlsichtige deutlich, auch ohne Farben, erkennbar sein. Die HTML-Seitenbeschreibung und die CSS-Seitengestaltung sind gemäß ihrer Spezifikationen zu verwenden. Sprachliche Besonderheiten wie Abkürzungen oder Sprachwechsel müssen kenntlich gemacht werden. Tabellen dürfen tatsächlich nur zur Darstellung tabellarischer Daten verwendet werden. Internetangebote müssen weitgehend browserunabhängig nutzbar sein. Zeitgesteuerte Inhalte müssen durch den Nutzer kontrollierbar sein. Automatische Aktualisierungen oder Weiterleitungen dürfen nicht erfolgen. Der Zugriff auf Benutzerschnittstellen z. B. durch Datenbankanbindung, muss behinderungsfrei möglich sein. Der gesamte Funktionsumfang eines Internetauftritts muss unabhängig vom Ein- oder Ausgabegerät genutzt werden können, z. B. durch Navigation ohne angeschlossene Maus. Das Internetangebot muss auch mit älterer Software nutzbar sein, evtl. unter Verzicht auf Funktionalitäten. Alle zur Erstellung der Webseiten verwendeten Technologien müssen vollständig dokumentiert sein. Dem Nutzer müssen Orientierungshilfen zur Verfügung gestellt werden. Die Navigation muss übersichtlich und nachvollziehbar sein, z. B. durch Angabe von Hyperlink-Zielen, Sitemaps, Suchfunktionen.
12. Parameter im virtuellen Handel479
War dieser Anspruch ursprünglich auf den Zugang Behinderter zu Internetinhalten abgestellt, hat sich zwischenzeitlich erwiesen, dass alle Maßnahmen, die Behinderten helfen, auch für die Nutzung von Internetinhalten durch alle anderen hilfreich sind. 12.4.2 Display-Werbung Die Display-Werbung im WWW kann in verschiedenen Arten ausgeprägt sein. Werden die eigenen Angebote auf eigenen Webseiten geschaltet, handelt es sich um Eigenwerbungsformen. Sollen eigene Angebote auf fremden Webseiten geschaltet werden, handelt es sich um Optionen des Targetings. Und sollen fremde Angebote auf eigenen Webseiten geschaltet werden, handelt es sich um Affiliations (siehe Abb. 85). 12.4.2.1 Eigenwerbungsformen Häufigste Form der Eigenwerbung im Web 1.0 sind Banner (Display-Werbung). Nach ihrer Anlage unterscheidet man verschiedene Banner-Arten, einfach-integrierte und elaboriert-integrierte Banner sowie New Window Ads und Layer Ads (siehe Abb. 86). Einfache Banner leiten den Nutzer mit einem Click auf den Banner aus der Website heraus zum Onlineangebot eines werbungtreibenden Unternehmens. Dazu gehören folgende Formen:
Abb. 85: Arten der Display-Werbung
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
Eigenwerbungsformen im WWW Einfache Banner (in die Webseite integriert)
New Window Ads (öffnen neues BrowserFenster)
Transaktive Banner (in die Webseite integriert)
Layer Ads (befinden sich auf einer anderen Displayebene)
Abb. 86: Eigenwerbungsformen im WWW
•• Statische Banner erlauben nur ein Anklicken durch den User, worauf sich die verlinkte Webseite des Werbungtreibenden öffnet. Da Banner, wie andere Werbemittel auch, häufig als Störung in der Mediennutzung angesehen werden, treten sie teilweise getarnt auf. Die Größen sind auf Halfsize-Banner (234 × 60 Pixels), Full-Banner (468 × 60 Pixels) und Super-Banner (728 × 90 Pixels, ganze oder halbe Bildschirmbreite) o. Ä. standardisiert. •• Scroll Ads stellen eine mitlaufende, anklickbare Werbefläche am Bildschirmrand dar, die nicht zu schließen ist. •• Skyscrapers sind nicht scrollbar, nutzen aber die gesamte rechte Seitenhöhe für einen vertikalen Werbebalken (120 × 600 Pixels), denkbar auch als breiter Skyscraper (160 × 600 Pixels). •• Hockey Sticks sind L-förmig am oberen und rechten Rand der Webseite angelegt. •• Midpage Banner sind direkt im redaktionellen Content des Werbeträgers integriert und können daher nicht aus Versehen oder mit Absicht weggeklickt werden. Durch ihre Größe bieten sie erweiterte kreative Möglichkeiten in der Gestaltung, vergleichbar mit Inselanzeigen im Printbereich. Größen sind 180 × 150 Pixels, 300 × 250 Pixels, 336 × 280 Pixels und 240 × 240 Pixels. Transaktive Banner ermöglichen zusätzliche Funktionen innerhalb des Banner-Felds: •• Animierte Banner bestehen aus sich wiederholenden Einzelbildsequenzen, die ohne weitere softwaretechnische Voraussetzungen kleinere Animationen erlauben. Dadurch kann eine hohe Aufmerksamkeit beim Nutzer erreicht werden. Sie starten ebenfalls per Anklicken, benötigen allerdings hohe Speicher- und Übertragungskapazitäten.
12. Parameter im virtuellen Handel481
•• HTML-Banner erlauben den Einsatz von aus der Software bekannten Auswahlboxes oder Pull down-Menüs. Dadurch können einzelne Informationsangebote, z. B. Programme wie kleine Spiele oder Datenbestände, die vom Werbungtreibendem vorrätig gehalten werden, direkt aus dem Banner heraus angewählt werden. Er besteht dazu aus mehreren Bildern, Formularelementen und Texten im Quellcode der Seite, so dass keine Plugs-ins erforderlich sind. •• Nanosite-Banner sind komplett funktionsfähige Webseiten im Miniformat. Sie enthalten interaktive Elemente mit Funktionalitäten, z. B. Mini-Shops. Alle Inhalte werden im Bannerfenster und nicht in einem neuen Fenster angezeigt. Die einzelnen Elemente sind durch beliebige Links miteinander verknüpft. Allerdings ist die Programmierung recht aufwändig. Sie basieren auf Java oder anderen Skriptsprachen, so dass womöglich nicht alle potenziellen Nutzer tatsächlich erreicht werden. Sie erlauben Datenbankabfragen und Transaktionsvorgänge ohne Verlassen des Werbemittels. •• Richmedia-Banner erlauben die Einbeziehung multimedialer Elemente wie 3-D-Animationen, Videoclips, Audiosequenzen, Interaktionsmöglichkeiten etc. Dabei setzt die Datenübertragungskapazität zuweilen noch Grenzen, teilweise werden auch Plug-ins benötigt. •• Microsites sind in sich geschlossene, mehrseitige Werbeauftritte auf hoch frequentierten Websites. Damit lässt sich ausreichend Information transportieren, ohne dass Nutzer eine neue Website aufrufen müssten. Es ist also kein Wechsel zur Homepage des Werbungtreibenden erforderlich. Außerdem sind umfangreiche Funktionalitäten eingebaut wie Bestellung, Auftragsbestätigung, Rechnung, Versandbescheid, Retourenavis etc. New Window Ads erscheinen automatisch in einem sich neu öffnenden Browserfenster und umfassen verschiedene Formen: •• Pop-up Ads öffnen beim Ladevorgang selbsttätig ein eigenes, neues Browserfenster beliebiger Größe über der gerade betrachteten Webseite, unterbrechen also nicht die eigentlich beabsichtigte Navigation. Sie stellen insofern eine „sanftere“ Form der Unterbrecherwerbung dar, allerdings können Nutzer das Fenster bereits weggeklickt haben, bevor dessen Inhalt fertig aufgebaut ist, so dass es für den Erfolg auf kurze Ladezeiten und inhaltlich wie gestalterisch attraktive Aufmachung ankommt. •• Blow-up Ads sind eine Variante der Pop-ups. Sie „blasen“ sich beim Seitenaufruf erst allmählich auf ihr Endformat auf. •• Interstitials werden zwischen zwei aufgerufenen Seiten während des üblichen Seitenaufbaus auf dem Bildschirm eingeblendet und nehmen vorübergehend das gesamte Format in Anspruch (ähnlich TV-Werbung). Sie können nicht weggeklickt werden, weil sie kein eigenes Browser-Fenster benötigen. Die Einblendung verschwindet nach einer gewissen Standzeit von selbst, es sei denn, der Nutzer aktiviert das Interstitial, um zu einer angehängten Webseite
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
zu gelangen. Durch die Übertragung verlängert sich die Ladezeit, es kommt zu einer Unterbrechung der Nutzung. •• Superstitials laden sich im Hintergrund, während der User weiter auf der Site navigiert, sobald sie vollständig geladen sind, erscheint die Werbebotschaft großformatig. Möglich ist auch die Einbindung von Multimedia-Elementen wie animierten Flash-Spots, Grafiken und Sounds. Die Werbung muss dann akiv weggeklickt werden und wird durchgängig als ärgerlich empfunden. Layer Ads liegen eine Ebene über oder unter der Content-Seite und erscheinen nicht in einem sich öffnenden Fenster. Dazu zählen folgende Formen: •• Floating Ads schweben scheinbar über der betrachteten Website und können ausgeblendet werden. •• Sticky Ads bestehen aus Buttons, die unabhängig vom Scrolling optisch immer an derselben Stelle auf dem Bildschirm, meist am rechten Rand, stehen bleiben. •• Expanding Ads vergrößern ihr Format, sobald der Nutzer das Banner berührt, wenn der Mauszeiger die Fläche wieder verlässt, zieht es sich auf seine Ursprungsgröße zurück. •• Beim Mouse Move Ads erscheint direkt neben der Mausposition ein Werbebanner, der sich mit der Bewegung des Mauszeigers bewegt. •• Comet Cursors sind Mauszeiger, die ihre Form verändern, während sie über Webseiten und Banners bewegt werden (z. B. die Form des Logos des beworbenen Produkts, sofern Plug-in installiert). •• Pop-under Ads werden erst beim Schließen der Browserfenster als letztes Bild auf dem Bildschirm sichtbar, weil sie unter den anderen Fenstern liegen (640 × 480 Pixels). Von dort verschwinden sie mit dem Ausschalten. •• Tandem Ads stellen eine Kombination aus Standardformat und Flash Layer dar, nach Ablauf des Flash Layers bleibt die Botschaft im Standardformat erhalten. Die Schaltung der Banner-Werbung erfolgt auf General Interest Sites wie Portalen mit hoher Reichweite, aber auch hohen Streuverlusten oder auf Special Interest Sites mit dementsprechend weniger Verbreitung, aber höherer Zielgenauigkeit (Affinität). Für die Vergütung gibt es verschiedene Varianten: •• Pay per Sale: Umsatzbindung (Erstumsatz, Zeitraumumsatz, Folgeumsatz), •• Pay per Sign up: Ausfüllung eines Kontaktformulars, z. B. als NewsletterAnmeldung •• Pay per Click: Anklicken eines in der Seite eingebundenen Werbemittels (allerdings Verzerrungsgefahr durch Klick-Generatoren),
12. Parameter im virtuellen Handel483
•• Pay per Print-out: Ausdruck einer werblichen Information, z. B. Preisliste, Produktbeschreibung, •• Postview: Cookie-Setzung zur Erfassung einer späteren Nutzung des gerade gesetzten Werbemittels, •• Pay per Action: Vergütung bei gewünschter Aktion, z. B. Login, Bestellung / Kauf, Informationsanfrage, Gewinnspielteilnahme, Download, Newslettereintrag, •• Set-up Fee: Einmalige Aufnahmegebühr in ein Affiliation-Netzwerk. 12.4.2.2 Optionen des Targetings Beim Targeting geht es um die Platzierung von Display-Werbung auf fremden Websites, um dort Nutzer im Pull-Prinzip zu erreichen, die durch objektive Tatbestände, ihr manifestiertes Verhalten oder ihre zu vermutenden Einstellungen dem Profil der eigenen Zielpersonen entsprechen. Auf objektiven Tatbeständen beruhen folgende Ansätze. Regional Targeting konzentriert sich auf bestimmte Gebiete, Städte, Postleitzahlzonen etc., speziell als Geo-Targeting. Anhand der IP-Adresse kann abgeschätzt werden, aus welcher Gegend ein Nutzer stammt bzw. wo er sich gerade aufhält. Technological Targeting liefert auf die jeweilige Hard- und Software-Umgebung zugeschnittene Werbemittel aus. Parameter sind dabei Browsertyp, Netzbandbreite, Nutzungszeiten etc., evtl. mit Begrenzung der Kontaktfrequenz. Predictive Targeting basiert auf statistischen Algorithmen aus Erhebungsdaten über die hochgerechneten Web-Eigenschaften von Nutzern meist nach Nutzerprofil, Soziodemographie, Lebenswelt o. Ä. Dadurch lassen sich Streuverluste minimieren. Auf manifestiertem Verhalten beruhen folgende Ansätze. Behavioral Targeting basiert auf dem bisherigen Surfverhalten der Nutzer und segmentiert diese nach Interessensgebieten (meist auf Basis von Cookies, Netzwerkbeobachtung oder Log in-Daten), allerdings sind Interessensfelder oft eng begrenzt. Re-Targeting adressiert Nutzer, die eine Interaktion auf einer Website abgebrochen haben, nach Verlassen dieser Website auf einer anderen Website (meist in einem Werbenetzwerk / Affiliation). Ziel ist der Abschluss der Interaktion, Voraussetzung zur Wiedererkennung sind Cookies im Nutzer-Computer. Auf zu vermutenden Einstellungen basieren folgende Ansätze. Contextual Targeting geht vom thematischen Umfeld einer Website (Affinität) aus, das besonders gut zur Werbebotschaft passt, Basis sind Suchanfragen und E-Mails. Semantic Targeting basiert auf Suchworteingaben und ordnet Einzelwörtern, Wortkombinationen, Satzteilen und Texten Inhalte zu (allerdings gibt es hier
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
semantische Grenzen, z. B. Essen als Stadt oder als Nahrungsaufnahme oder Tokio Hotel als Boygroup oder Unterkunft in der japanischen Hauptstadt). Erlöse stammen aus Transaktionen als Pay per Click / Pay per Use, Abo-Gebühren und sofortiger Verbindung als Pay per Visitor, Pay for Availability, Pay per View, Pay per Action etc. 12.4.2.3 Affiliations Affilations sind ein internetgestütztes Geschäftsmodell, das aus drei Parteien besteht, einem Anbieter / Werbungtreibenden (Merchant), mehreren Werbedurchführenden (Affiliates) und ggf. einem Werbemittler (Affiliate Network), die ein virtuelles Mittlernetz auf zielgruppen- bzw. themenorientierten Websites bilden. Die Affiliates platzieren dazu Displaywerbung auf ihrer Website, die beim Anklicken zum Merchant durchverbindet. Je nach vereinbarter Aktion erhalten die Affiliates darauf eine Provision. Zur Erleichterung der Durchführung werden Affiliate Networks zwischengeschaltet, die den Kontakt zwischen der Partnern herstellen sowie die technische und kaufmännische Abwicklung organisieren. Alternativ dazu kann der Merchant diese Aufgaben auch selber übernehmen und erspart sich dann die Kosten (Make or Buy). Die Erfassung (Tracking) erfolgt reaktiv oder nicht-reaktiv durch Cookies, URLs, Session-iD, Webbugs etc., die üblicherweise 30 Tage nachverfolgt werden. Dazu werden die Werbemittel des Merchants auf dem Link mit einem Partnercode versehen. Durch eine CSVDatenbank können damit Besucheraktivitäten dem jeweiligen Partner zugeordnet werden. Die Angebote werden so automatisch nach Maßgabe des Merchants platziert und aktualisiert. Die Kennung weist z. B. eine Provision bei Transaktion innerhalb 24 Stunden nach Aufruf zu. Merchant-seitige Ziele der Aktivität sind etwa die Erhöhung seiner Bekanntheit, der Anstieg der Website-Besucherzahlen, die Gewinnung von NewsletterAbonnenten, der Verkauf von Leistungen etc. Für den Merchant ist AffiliateMarketing damit eine kostengünstige Alternative zu anderen Werbeformen. Die Präsenz der Leistung kann vervielfältigt werden, eine Vergütung ist i. d. R. nur im Erfolgsfall fällig. Dies erlaubt eine effiziente Werbeerfolgskontrolle, zusätzlich werden Informationen über das Surf-Verhalten der Besucher der Website erlangt. Affiliate-seitige Ziele sind die Erzielung von zusätzlichen Einnahmen und die Erhöhung der Site-Attraktivität. Affiliate-Netzwerkbetreiber wie Affilinet, Zanox, Tradedoubler etc. übernehmen administrative Aufgaben wie die Bereitstellung der Technologie, Einrichtung des Programms und Einblendung der Partner bis hin zur Abrechnung. Vorteile für den Merchant sind vor allem folgende. Es besteht ein geringer Handlingaufwand. Die laufenden Kosten zur Teilnahme sind niedrig. Standard-
12. Parameter im virtuellen Handel485
verträge bieten juristische Sicherheit. Im Netzwerk erfolgt eine Multiplikation des Angebots. Die Verbreitung erfolgt durch zahlreiche Affiliates parallel. Das Abrechnungsprocedere ist transparent. Und die Programme werden in kurzen Abständen upgedated. Nachteile sind hingegen folgende. Es ist die Entrichtung einer Setup-Gebühr zur Teilnahme erforderlich. Für Provisionen muss eine Kaution bei einer Network-Organisation hinterlegt werden. Außerdem sind die Provisionseinnahmen mit dem Organisator zu teilen (Split Commission). Eine Zulassung zum Network erfolgt nur nach positiver Einzelfallprüfung. Das System ist ungeeignet für Nischenprodukte. Die Auslieferung von Werbung erfolgt im Einzelnen durch •• Rotation verschiedener Werbemittel auf demselben Werbeplatz, •• Rotation innerhalb eines Web-Auftritts auf verschiedenen Seiten, •• Netzwerkrotation innerhalb einer Gruppe aus mehreren Anbietern, •• zeitabhängige Werbemittelauslieferung. Für die Bezahlung sind verschiedene Modelle üblich, hier die gebräuchlichsten von ihnen: •• Cost per Click, dabei wird die Provision pro erfolgtem Klick auf das Werbemittel fällig, •• Cost per Lead, dabei wird die Provision bei Kundenidentifikation gezahlt, •• Cost per Order, dabei wird die Provision bei Geschäftsabschluss fällig, •• Pay per Click-out, dabei wird die Provision nur fällig, wenn sie zu einem vorgemerkten Anbieter weiterleitet, •• Cost per Link, dabei wird das bloße Einblenden des Werbemittels auf der Webseite bezahlt, •• Cost per View, dabei wird die Provision bei jedem Aufruf einer Webseite mit dem Werbemittel fällig, •• Pay per Sign-up, dabei wird die Provision fällig, wenn sich ein Interessent auf der Seite des Merchants registriert, •• Lifetime-Provision, hier werden auch die Folgekäufe eines Kunden mit Erstkontakt über den Affiliate provisioniert. 12.4.3 WWW-Metrics Die Erfolgsmessung der Online-Werbung ist nicht unproblematisch. Man kann werbeträgerbezogene, werbemittelbezogene und nutzerbezogene Kennzahlen unterscheiden (siehe Abb. 87). Werbeträgerbezogene Messwerte sind vor allem folgende:
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
Leistungsmesswerte für Werbung im Internet
werbeträgerbezogen
werbemittelbezogen
werbeadressatbezogen
Abb. 87: Leistungsmesswerte für Werbung im Internet
•• Hits geben an, wie viele Einzeldaten einer Site abgefragt worden sind, sei es als HTML-Seiten, Grafiken o. Ä., ablesbar an der Zeilenzahl im Logfile. •• Page Views / Page Impressions sind die Anzahl der abgerufenen Einzelseiten, wobei nur Content-Seiten gezählt werden. Sie sind damit ein Maß für den Sichtkontakt mit einzelnen Seiten analog zum Reichweitenwert bei OfflineMedien. •• Visits: sind zusammenhängende Besuche einzelner Nutzer auf einer Website unter Aufruf einer oder mehrerer Webseiten einer Site. Ein Nutzungsvorgang ist ein technisch erfolgreicher Seitenzugriff eines Internet-Browsers auf das aktuelle Angebot. •• Fehlerlogs stellen eine Auswertung der Fehlercodes beim Zugriff zur Optimierung der Website dar. Werbemittelbezogene Messwerte sind vor allem folgende: •• Adclicks sind die Anzahl der Nutzungen von werbungtragenden Hyperlinks, die zur Website oder zu anderen Informationen des Werbungtreibenden führen. Dies ist analog zum Kontaktintensitätswert bei Offline-Medien. •• AdImpressions sind die Anzahl der Sichtkontakte mit Werbemitteln im Internet. Allerdings handelt es sich dabei nur um die technische Anforderung des Werbemittels, unabhängig davon, ob der Nutzer nach Auslieferung noch die Webseite nutzt oder nicht. •• Click through Rate ist der Anteil angeklickter Werbemittel (AdClicks) an allen Sichtkontakten mit Werbemitteln (AdImpressions). •• Exposure Duplications sind der Anteil der Besucher einer Seite, der einen Werbebanner mehrmals sieht. •• Banner Reach ist die Anzahl der Nutzer mit mindestens einem Sichtkontakt zum Werbemittel als „tatsächliche“ Media-Reichweite.
12. Parameter im virtuellen Handel487
•• Banner Frequency ist die Anzahl der Sichtkontakte je Nutzer als „tatsächliche“ Media-Kontaktintensität. •• Viewtime ist die Zeitspanne, während der ein werbeführender Teil eines Internet-Angebots potenziell sichtbar ist (Viewability). Dies bedeutet jedoch nicht eine tatsächliche Sichtbarkeit. •• Stickiness betrifft die Verweilzeit auf einer Website, ermittelt aus Frequenz, Dauer und Reichweite. Werbeadressatbezogene Messwerte sind vor allem folgende: •• Bei Referring Pages wird festgestellt, von welcher Website (URL) ein User kam und wohin er von der Site aus ging (URL). •• Entry Pages / Exit Pages sind die Einstiegs- und Ausstiegsseiten einer Web site, z. B. über Suchmaschinen indexiert. •• Das Navigationsmuster zielt auf die Erkennung von Bewegungsschemata innerhalb einer Website ab, um deren Content zu optimieren. •• Visit Length ist die durchschnittliche Verweildauer vom ersten bis zum letzten Seitenabruf innerhalb einer Visit. •• Bei Unique Users handelt es sich um die Anzahl unterschiedlicher Besucher einer Website. •• Unter Conversion Rate versteht man den Anteil der gewünschten Transaktionen an allen Besuchen der Site. Die Aussagefähigkeit dieser Messwerte ist jedoch mehrfach eingeschränkt. So erfolgen Zugriffe auf Internet-Angebote statt über den Server des Anbieters über dezentrale Proxy Servers, wenn es sich um häufig aufgerufene Webseiten handelt. Diese Zugriffe können nicht gemessen werden, da sie im Logfile des Anbieter-Servers nicht eingetragen sind. Ähnlich verhält es sich bei Einsatz von Cache-Speichern, die im Nutzer-PC reserviert sind und Inhalte lokal bereitstellen, ohne bei erneutem Aufruf den Anbieter-Server zu kontaktieren. Ebenso wirken Firewalls verzerrend, weil statt der eigentlich datenabrufenden internen IP-Adresse nur die Firewall-IP-Adresse im Logfile erscheint. Weiterhin werden von vielen Providers Vorrats-IP-Adressen verwaltet, die fallweise verschiedenen Nutzern nach jeweiliger Verfügbarkeit zugewiesen werden (dynamische IPAdressen). Damit ist ein korrekter Ausweis der Nutzer nicht mehr möglich. Zudem bieten Offline Reader-Funktionen die Möglichkeit, Webseiten- und damit auch dort befindliche Werbeinhalte, zu betrachten, ohne online zu sein, d. h., der zeitbezogene Ausweis der Werbung ist verfälscht. Wählen sich Nutzer via Direktwahl auf die werbetragende Seite ein, ohne sich über Links dorthin verbinden zu lassen, sind die Messwerte ebenfalls unrichtig. Besteht eine Webseite aus mehreren unabhängigen Elementen (Frames), wird der Aufbau einer Seite als mehrfacher Abruf (Hit) je Frame gewertet. Verstärkt unterdrücken kostenlose Adblocker Werbeeinblendungen (man geht hier von 30 % aller Schaltungen
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
aus). Rechtlich ist das Angebot solcher AdBlocker unbedenklich. Für die verbleibenden Banner besteht das Phänomen der sog. Banner Blindness, d. h., Werbung wird, obwohl technisch sichtbar, subjektiv in der Wahrnehmung bewusst ausgeblendet. Auch wird die Standzeit der Werbung erheblich überschätzt, da Seiten bis zu 30 Minuten als aufgerufen gemeldet werden, auch wenn sich kein Nutzer vor dem Bildschirm befindet. Verbreitet ist weiterhin das versehentliche Anklicken von mitgezählten Banners (sog. Fat Finger Clicks), deren Standzeit dann nicht ausreicht, überhaupt Inhalte wahrzunehmen. Zur Schaffung einer „harten Online-Währung“ hat die IVW (Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern) ein Messverfahren standardisiert, das zumindest eine Vergleichbarkeit der somit erhobenen Daten gewährleistet. Es basiert im Wesentlichen auf den Messkriterien PageImpressions und Visits. 12.5
M-Sales
Mobile Sales (auch M-Commerce) befasst sich allgemein mit der Anbahnung und Abwicklung von Transaktionen über elektronische Netzwerke unter Nutzung räumlich flexibler Endgerät. Als wesentliche Merkmale gelten dabei die: •• Interaktivität als Fähigkeit zur wechselseitigen Kommunikation zwischen Sender und Empfänger und damit die grundsätzliche Dialog- bzw. Rückkopplungsmöglichkeit, •• Multifunktionalität als Fähigkeit, je nach Situation unterschiedliche Kommunikationsformen über das Medium abzuwickeln, •• Aktualität, um Informationen über prinzipiell unbegrenzte Distanzen und unabhängig von der zeitlichen Präsenz eines Kommunikationspartners zu übermitteln und abzufragen, •• Digitalisierung erfolgt mit Zugriff auf eine Fülle von Daten und Programmen, die auf Rechnersystemen abgelegt sind, •• Individualität durch personalisierte bzw. gruppierte Nachrichten und Informationen, •• Ubiquität durch zeitlich unbegrenzte Sende- und Empfangsmöglichkeiten mit Zugriff von Jedermann für Jedermann, •• Lokalisierbarkeit durch nutzerinitiierte (Cell), endgerätbasierte (UUID) oder netzbasierte Ortung (GPS), •• Mehrwertdienste durch Anreicherung der Inhalte z. B. i. S. d. Bequemlichkeit oder Kostengünstigkeit. Endgeräte im M-Commerce sind überwiegend Mobiltelefone, aber auch Palm-Tops, Personal Digital Assistants (PDA) und portable Computer (Note-
12. Parameter im virtuellen Handel489
book / Subnotebook / Laptop / Tablet). Zur Funktionsfähigkeit bedarf es elaborierter technologischer Grundlagen. Für die Datenübertragung sind dazu derzeit im Gebrauch: •• Longterm Evolution (LTE / 4G), Mobilfunkstandard, •• Bluetooth für die Übertragung über Kurzstreckenfunk bis 10 m ohne Sichtkontakt zwischen Sende- und Empfangsgerät, •• Nearfield Communication (NFC) als Übertragungsstandard zum kontaktlosen Austausch von Daten per Funk über kurze Strecken, •• Wireless LAN (Local Area Network) als kabellose lokale Netzwerke, die im Umkreis von Hotspots funktionieren. Typische, vertriebsgrelevante Anwendungen ergeben sich im •• Privatkundenbereich für Finanzdienstleistungen (Mobile Banking), Bezahlsysteme (Mobile Payment), Identifikation (als Zugangsberechtigung), Einkauf (Mobile Shopping), Unterhaltung (Mobile Entertainment, z. B. Spiele), Navigation (Tracking, z. B. Verkehrsinformation) etc., •• Geschäftskundenbereich für Supply Chain Management (z. B. Datenbankabfrage, Lagerbestandsübermittlung, Auftragsstatus), Sendungsverfolgung (Tracing), Telemetrie (Fernwarten) etc. M-Commerce profitiert von verbesserten technischen Standards in der Übertragung mit hoher Datenrate, aber auch in den Endgeräten durch Displaygröße, höhere Akkuleistung, leichtere Dateneingabe (z. B. Sprache), schnellere Prozessoren, größere Arbeitsspeicher etc. Bei der Nutzung gelten eine klare Identifikation des Absenders, die Impressumspflicht und der Versand von Werbenachrichten nur mit vorheriger Einwilligung des Empfängers. Eine wesentliche Werbeform stellen Banner dar, und zwar vor allem als •• Sky (längs senkrecht am Rand), Wallpaper (am oberen und unteren Rand), Medium Rectangle (Rechteck in der Mitte), Maximum Wallpaper (am oberen, linken und rechten Rand), Superbanner (Streifen am oberen Rand), Ad (Rechteck am linken Rand). Das Banner muss wegen der abweichenden Bildschirmdiagonalen in verschiedenen Formaten ausgeliefert werden, jeweils ist eine Werbekennzeichnung (W) am Rand, in kontrastreicher serifenloser Schrift in Mindestgröße erforderlich. Häufige Anwendungen mobiler Medien sind folgende. RSS-Feeds sind ein Push-Dienst im Internet im Unterschied zu E-Mails als Pull-Dienst, d. h., Nachrichten müssen nicht extra abgerufen werden. RSS (Really Simple Syndication) dient der einfachen, XML-strukturierten Veröffentlichung von Änderungen auf Websites. Anbieter sind RSS-Channels, die Schlagzeilen und Links zu indexierten Seiten an Abonnenten verschicken (Feeds). Die Nachrichten sind im Feed-
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
reader einsehbar, teilweise auch als Volltext. Dadurch können verdeckt große Mengen an Quellen, z. B. auch Weblogs, gesichtet werden. Die Nachrichten lassen sich durch RSS-Parsers in eigene Websites integrieren (Syndication). Es werden nur Inhalte, vor allem Texte, aber auch Audio- und Videodateien, übertragen, jedoch keine Navigationselemente oder Funktionalitäten. Apps (Applets) sind kleine Programme, teils mit Werbung als Kaufpreisersatz, die vor allem auf Smartphones / Tablet-PCs mit mobilrelevanten Inhalten angeboten werden, z. B. Timer, Analogzeituhr, Flugtermine, Rezepte. Im Regelfall handelt es sich um eine End to End-Lösung, d. h. Hardware, BetriebssystemSoftware und Anwendungs-Software sind perfekt aufeinander abgestimmt, so gibt es keine Schnittstellenprobleme wie Zeitverzögerung oder Absturz. Dafür muss eine gewisse „Zensur“ durch den Systemintegrator hingenommen werden, indem Apps von diesem auf ihre Lauffähigkeit hin geprüft, ggf. verändert und danach erst freigegeben werden. Native Apps werden spezifisch für ein Betriebssystem geschrieben, dies setzt die Registrierung der App (z. B. AppStore) voraus. WebApps sind endgeräteunabhängig über Browser nutzbar und basieren auf modernen Web-Technologien (HTML5, CSS3 etc.). Hybride Apps kombinieren beide Ansätze. Mash Ups verbinden separate Medieninhalte nahtlos. Dies setzt offene Programmierschnittstellen voraus wie JavaScript, Flash etc. Denkbar ist die Einbindung von Landkarten oder Satellitenfotos mit individuellen Markierungen in eigene Websites, aber auch eingebettete Fotos oder Videos. Dadurch entstehen Mehrwert-Informationen. Diese können server- oder clientseitig aggregiert und aufbereitet sein, dauerhaft oder anlassbezogen, global oder individuell gesteuert. Sie werden vor allem im Long Tail Business genutzt, d. h. für digitale Nischenprodukte, bei denen Kapitalbindung aufgrund der Digitalisierung praktisch keine Rolle mehr spielt und daher eine extreme Programmvielfalt möglich wird, die in der realen Welt nicht finanzierbar wäre. Im Rahmen von Location Based Services (LBS) werden Funktionen und Informationen auf Basis des geografischen Standorts eines Nutzers oder Objekts dem Nutzer selbst (Position-aware Services) oder einer anderen Person / Organisation bereitgestellt (Location Tracking Services). Bei Pull-Diensten fordert der Nutzer aktiv Daten zu seinem aktuellen oder zukünftigen Standort ab, bei Push-Diensten erhält er diese automatisch zugesandt. Dabei werden mobile Endgerätetechnologien (Nutzerschnittstelle), mikrogeografische Informationssysteme (Datenquelle) und Internet als Transportweg kombiniert. Die Positionsermittlung erfolgt satellitenbasiert (GPS-Netz), netzwerkbasiert (CellID) oder im Nahbereich (NFC / Bluetooth). Bei GPS ist Sichtkontakt zu mindestens vier Satelliten erforderlich. Cell-ID basiert auf Mobilfunkzellen unterschiedlicher Größe. Anwendungen beziehen sich etwa auf Navigation, lokale Soziale Netzwerke (z. B. Foursquare), Flottenmanagement (Tracing) oder ortsbezogene Abrechnung (Ticketing).
12. Parameter im virtuellen Handel491
Beim Instant Messaging handelt es sich um Dienste, die eine direkte, synchrone und schriftliche Kommunikation zwischen Personen erlauben. Über verschiedene proprietäre Protokolle können Kurznachrichten sofort zwischen den Usern übermittelt werden. Je nach System ist auch eine Übertragung von Dateien sowie Audio- und Videostreams möglich. Voraussetzung ist, dass die Kommunikationspartner zeitgleich aktiv sind und eine direkte Kommunikation miteinander anstreben. Der Empfänger der Nachricht kann darauf unmittelbar reagieren. Push-Dienste bringen Inhalte nach vorher vereinbarten Regeln vor, ohne dass der Nutzer diese vom Anbieter des Informationsdienstes abholen müsste, dazu gehören z. B. Börsen-Ticker, Datenbank-Inhalte oder Browser-Updates. Broadcasting findet über Podcasts (Kunstwort aus Broadcast für „an viele senden“ und pod für iPod von Apple) statt. Podcasts dienen der Verbreitung von Audio- und Videodateien im Internet (Videodateien werden Vodcasts genannt). Als Podosphäre wird das Umfeld von Podcasts bezeichnet. Bei den Dateien handelt es sich um online-zugängliche mp3-Files, die sich Nutzer herunterladen und auf ihrem Telecom-Endgerät oder mp3-Player abspielen. In kostenfreien Podcasts wird Werbung akzeptiert. Auch ein Abonnement mittels RSS-Feed durch Podcatcher wie iTunes ist möglich. Die Aufnahme erfolgt an Rechnern mit Soundkarte / Videokarte, Mikrophon / Webcam und Internet-Anbindung. Die Software ist häufig kostenlos. Für den Schnitt und die Umwandlung in mp3Files sind die Urheberrechte (GEMA) zu beachten. Der fertige Cast wird auf eigenen Webspace hochgeladen oder bei Podhosters gespeichert, wo man sich ein Konto mit Speicherplatz einrichten kann. Die Veröffentlichung des Podcasts erfolgt in Podcast-Portalen. M-Commerce gehört die Zukunft, da Probleme wie geringe Displaygrößen, unbefriedigende Übertragungsgeschwindigkeit oder mangelnder Datenschutz im Zuge des technischen Fortschritts rasch behoben werden können. Die Netzdichte steigt, die Endgeräte werden komfortabler und bieten mehr Funktionalitäten. 12.6
Suchmaschinen-Marketing
Damit eine Website gleich welcher Art gefunden werden kann, ist ihr Eintrag in Suchmaschinen unerlässlich. Es können vier Typen von Suchmaschinen unterschieden werden, Volltextsuchmaschinen durchsuchen das Web nach Inhalten, Web-Kataloge auf Basis vorab indexierter Web-Inhalte und Meta-Suchmaschinen als Suche in Suchmaschinen sowie Spezialsuchmaschinen vor allem im gewerblichen Einkauf. Suchmaschinen erfassen mittels Suchrobotern (Crawlers) alle bei der Suchmaschine verfügbaren URLs und folgen dort den Links bis zu einer bestimmten Tiefe, um zu weiteren Seiten zu gelangen. Alle gesammelten Seiten werden analysiert und indexiert. Bei Google werden Quellen nach ca. 200 verschiede-
492
C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
nen Kriterien, die im Einzelnen geheim sind, durchsucht. Aus diesem Index werden Nutzeranfragen entsprechend den Ranking-Kriterien der Suchmaschine mit einer geordneten Liste von URLs und deren Beschreibungen beantwortet. Angestrebt wird für eine Webpräsenz eine möglichst gute Platzierung in den Suchergebnislisten. Ein relevantes Problem stellen dabei die Daten des Deep Webs dar. Darunter versteht man nicht frei zugängliche Inhalte (password-geschütztes Private Web), Inhalte, die von Suchmaschinen nicht erfasst werden können (z. B. weil sie grafisch verschlüsselt sind) und dynamisch-erstellte Inhalte (PHP o. Ä.), die sich zeitabhängig seit der letzten Indexierung verändert haben. Das Deep Web entsteht infolge des Aussperrens von Crawlers durch Website-Betreiber, durch nicht-aussagefähige Metatags, Passwort-Schutz für die Seiten, dynamische Programmierungen (Datenbanken), Echtzeit-Seiteninhalte, fehlende Verlinkung von und zu anderen Seiten, zahlungspflichtigen Zugang (Paywall), CampusLizenzen (Authorisierung) etc. Teilweise kann das Deep Web durch Fachdatenbanken erschlossen werden. Suchmaschinen-Marketing (SEM) lässt sich in SEO und SEA einteilen (siehe Abb. 88). Suchmaschinen-Optimierung (Search Engine Optimization / SEO) befasst sich mit der technischen Optimierung der Auffindbarkeit und Zuordnenbarkeit von Webseiten (Platzierung). Diese Optimierung kann onsite erfolgen, d. h. durch Maßnahmen auf der Site selbst zur Verbesserung der Position von Suchergebnissen bei Anfragen (z. B. höhere Stichwortdichte) oder offsite, d. h. durch Verlinkung / Referenzierung von Webseiten von / auf dritte(n) Sites, um dadurch zu mehr Relevanz zu gelangen (z. B. Google Pagerank 0–10). Ein suchmaschinen-freundliches Webdesign erhöht die Wahrscheinlichkeit guter Platzierungen. Einer guten Platzierung abträglich sind hohe Downtime des Servers, kopierter Content auf mehreren Seiten, Links von Low Quality-Seiten ausgehend, identische Metatags auf vielen Unterseiten und die Teilnahme an Linkfarmen.
Abb. 88: Suchmaschinen-Marketing (SEM)
12. Parameter im virtuellen Handel493
Bei der Suchmaschinen-Werbung (Search Engine Advertising / SEA) erfolgt der Kauf von Werbeplatzierungen, die bei Eingabe definierter Suchbegriffe neben den organischen Ergebnissen der Suche als bezahlte Ergebnisse erscheinen. Die Bezahlung erfolgt durch Pay per Click, d. h., jeder Werbungtreibende bietet einen bestimmten Geldbetrag für eine Platzierung in einen definierten Zeitraum. Die relative Höhe der Gebote entscheidet über den Rangplatz im bezahlten Listing, die Adresse wird solange ausgewiesen, bis durch Clicks auf den Link das Budget aufgebraucht ist. Der Werbungtreibende kann dann sein Budget erhöhen oder auf eine weitere Platzierung verzichten. Meist werden zwei bis fünf zugehörige Suchwörter definiert. Je beliebter die Suchwörter, desto höher ihr Preis. Die Bedeutung ist sehr hoch, da die meisten Nutzer Suchmaschinen zur Übersicht im Internet einsetzen, insb. vor Kaufentscheiden. Zumeist werden dabei nur die Links auf der ersten Seite gesichtet und ggf. ausgeführt. Allerdings gibt es Click-Betrug durch Konkurrenten. Hinweise darauf sind eine hohe Zahl von Seitenaufrufen aus dem Ausland, Seiten, die über wechselnde IP-Adressen aufgerufen und dabei nicht identifiziert werden können, vermehrte Seitenzugriffe, bei denen die Besucher der Site diese unmitelbar nach Aufruf wieder verlassen sowie Clicks, die zu unüblichen Uhrzeiten ausgeführt werden. Weitere Indikatoren sind sehr niedrige Konversionsraten (Click-Umwandlung in eine gewünschte Aktivität), Besuche von Seiten, die nicht mit eigenen Werbemitteln versehen sind, häufige Stornos von getätigten Käufen bei E-Commerce sowie insgesamt technische Rahmenbedingungen, die auffällig vom Üblichen abweichen. 12.7
E-Mail-Marketing
E-Mail-Marketing umfasst im Einzelnen Stand alone-E-Mails und E-Newsletters. E-Newsletters sind regelmäßige Zusendungen elektronischer Nachrichten an einen im Vorhinein bestimmten Personenkreis. Eine Stand alone-E-Mail hingegen ist einmalig und besteht meist aus Anschreiben und Anhang. Um das Postfach von unverlangt zugesandten Nachrichten freizuhalten, setzen E-MailClients Spam-Filter ein. Diese suchen nach Stichwörtern und verteilen daraufhin Scores (der Schwellenwert ist einstellbar). Außerdem werden Blacklists abgeglichen, d. h. bekannte Spammail-Adressen. Daher stößt ein unvorbereiteter Versand auf enge Restriktionen. Um diese zu umgehen, ist eine Erlaubnis (Permission-Marketing) erforderlich (außer bei bestehender Kundenbeziehung / B-t-C oder wenn ein Interesse des Adressaten vermutet werden kann / B-t-B, wofür der Absender im Zweifel beweispflichtig ist). Rechtlich wird dabei ein Double opt-in verlangt, d. h., erstens die aktive Anforderung einer E-Mail (Single opt-in, etwa durch Anfrage, in den Verteiler aufgenommen zu werden, oder durch Eintrag in den Verteiler / Initiali-
494
C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
sierung), zweitens die Bestätigung der Anforderung (Confirmed opt-in / Quittierung) und drittens die Bestätigung der Bestätigung (Double opt-in, um unerwünschte Einträge durch Dritte zu verhindern). Dies muss protokolliert werden. Weiterhin ist ein deutlicher Hinweis auf die jederzeitige Widerrufmöglichkeit erforderlich (Opt-out). Werbemails müssen als solche erkennbar sein. Die E-Mails müssen zudem mit einer Anbieter- / Absenderkennzeichnung (Impressum mit Name, Postanschrift, Vertretungsberechtigte, Telefonnummer, E-Mail-Adresse, Handelsregisternummer, Umsatzsteueridentifikationsnummer) und einem Datenschutzhinweis (Datensparsamkeit) versehen sein. Werden bei jeder Interaktion zusätzliche Daten abgefragt, kann dennoch ein Adressatenprofil daraus erstellt werden (Name, Postadresse, Interessen etc.). Für die Erstellung eines Newsletters ist dessen technisches Format (ASCII, HTML PDF, Flash etc.) zu bestimmen. Die Adressgenerierung erfolgt durch Kauf von Adressen (vorausgesetzt, die Adressaten haben dem zugestimmt), durch deren Miete (zur einmaligen Nutzung bei bestätigter Anmeldung), durch Tausch von Adressen oder durch Eigengenerierung (etwa in Werbemaßnahmen mit Weiterleitung auf die Anmeldung). Weitere Quellen sind Adressen aus Freemailers (wie GMX), aus Geschäftsaufgaben im Web oder aus Gewinnspielen, die dann allerdings nicht zielgruppensegmentiert sind. Bei Kauf und Miete wird die Qualität der Adressen oft als zweifelhaft angesehen. Die Eigengenerierung erfolgt aus Kundendaten, Hinweis auf den Newsletter in der Korrespondenz oder Initial-E-Mails. Ebenso kann auf der eigenen Homepage (z. B. durch Banner) darauf aufmerksam gemacht werden (etwa durch Vorschau auf Inhalte oder eine Archivfunktion). Außerdem können Anreize zur Registrierung gegeben werden wie Informations- / Preisvorteil, bevorzugte Behandlung etc. Bei den Eingabefenstern (Templates) ist auf Plausibilitätskontrolle und Eingabefehlertoleranz zu achten (nur gültige Zeichen, mindestens acht Zeichen Adresslänge, nach dem @-Zeichen mindestens vier Zeichen). Vorteilhaft ist die Individualisierung von Newsletters durch dynamischen Content, z. B. durch Zusammensetzung aus unterschiedlichen Textbausteinen oder automatische Anpassung an das Klickverhalten des Adressaten. Für die Umsetzung ist zunächst die Aussendungsfrequenz zu bestimmen, etwa wöchentlich, vierzehntäglich oder monatlich. Ebenso ist eine Landing Page einzurichten, d. h. die Webseite, auf die von Links in Newsletters weitergeleitet wird. Ob die Weiterleitung richtig funktioniert, kann durch Testversand ermittelt werden. Dabei sind auch die anderen Gestaltungselemente der E-Mail prüfbar, wie Betreffzeile, Formate, Überschriften, Abbildungen etc. Weiterhin ist der Aussendungszeitpunkt zu bestimmen (Wochentag, Uhrzeit). Das Responsemanagement bezieht sich auf mehrere Parameter. Erstens die Identifizierung von Stichworten für Autoresponder (z. B. für Auftragsbestätigung, AGBs, Preisliste, FAQs, Bestellformulare, Bedienungsanleitung). Zwei-
12. Parameter im virtuellen Handel495
tens auf die Abmeldung, die mehr oder minder einfach gestaltet werden kann. Und drittens Hilfefunktionen, etwa bei vergessenem Passwort o. Ä. Dann muss der Newsletter bekannt gemacht werden. Dies kann offline erfolgen, z. B. durch Angabe in Klassischen Medien, auf Packungen, bei Events, oder online. Dabei ist ein Zielgruppenabgleich erforderlich, etwa aus den Profildaten der Registrierung, dem Interaktionsverhalten oder der Inhaltsindividualisierung. Der Versand selbst kann über einen Servicer oder interne Ressourcen erfolgen. Die Programmierung kann individuell oder über Standardsoftware als Komplettlösung vorgenommen werden. Wichtige Funktionalitäten sind die Weiterempfehlungsfunktion, die Erfassung von Rückläufern und ggf. ein Online-Shop mit Anbindung an bestehende CRM- und ERM-Systeme. Wichtig ist eine aussagefähige, aber kurze Betreffzeile. Der Newsletter selbst besteht aus dem Kopf-(Headline), dem Text-(Angebot) und dem Fußteil (Verstärker). Die Schriftgröße sollte mindestens 11 Punkt haben, die Texte sollen möglichst kurz gehalten sein. Eingearbeitete Links müssen vollständig sein, auf Ausrufe- und Prozentzeichen ist möglichst zu verzichten, da diese als Indiz für Spams gelten und im Posteingang herausgefiltert werden. Da nur Interessierte sich für einen Newsletter anmelden dürften, kann im Zweifel eine sehr genaue Zielgruppensteuerung erreicht werden. Dennoch ist eine Erfolgskontrolle erforderlich. Kennzahlen sind hier die Rückweisungsrate (nicht zustellbare E-Mails, nach Hard Bounces / falsche Adresse und Soft Bounces / überfüllter Briefkasten), die Öffnungsrate (Opening Rate), die Click through-Rate (bei Ausführen von Klicks / Hyperlinks in Bezug auf Kontakte und Reichweite) oder die Umwandlungsrate (Conversion Rate) in gewünschte Aktionen wie Bestellung, Informationsanforderung etc. Daraus lässt sich die Kostenwirtschaftlichkeit ermitteln (Cost per Thousand, per Click, per Order). Hinzu kommen qualitative Daten wie Befragungsergebnisse zu Abmeldegründen, Bewertung beliebtesten Inhalte etc. Allerdings muss man berücksichtigen, dass E-Mails regelmäßig nicht datengeschützt sind. Theoretisch, und auch praktisch, kann ein Systemverwalter (Postmaster) die E-Mail an jedem Knoten, den sie während des Versands passiert, lesen und verändern. Die genaue Zahl der E-Mail-Adressen ist nicht bekannt, da die Betreiber den Namen für Server-Adressen über Wildcards für einzelne Buchstaben / Ziffern vergeben, die es erlauben, aus sämtlichen Namensund Zahlenkombinationen Adressen zu generieren. So dürften an jeder Domain zwei bis drei E-Mail-Clients hängen, wobei jedoch unbekannt ist, welche dieser Adressen wirklich genutzt werden und welche tatsächlich stillliegen. E-Mail-Marketing eignet sich wohl eher zur gezielten Kontaktierung denn zur breiten Streuung. Andererseits kostet eine breite Streuung denn auch kaum mehr, so dass sie im Einzelfall durchaus zweckmäßig sein kann.
496
12.8
C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
Social Media Commerce
Web 2.0-Medien (Social Media) treten in folgenden Formen auf. Bei Sozialen Netzwerken wie Xing, LinkedIn, Facebook, Stayfriends, Baidu, Renren etc. handelt es sich allgemein um geschlossene Nutzergruppen (CUGs) von Webdiensten. Jedes Mitglied kann sich dazu eine persönliche Seite einrichten (Profil), um sich anderen Mitgliedern mit abgestuften Sichtbarkeitseinstellungen zu präsentieren. Eine werbliche Erfolgsmessung ist schwierig, aber durch „Zuhören“ anhand der Erfassung von Schlüsselwörtern wie Fachtermini, Marke / Firma oder Trendthemen möglich. Wichtig ist dabei eine Sentiment-Analyse (Tonalität), diese ist wiederum schwierig bei Ironie, Redewendungen, Abkürzungen, Slang, verbreiteten Rechtschreibfehlern, doppelten Negationen, Mehrdeutigkeiten etc. Besonders wichtig ist dabei eine Meinungsführeridentifizierung. Messwerte sind bei Facebook durch Minilytics möglich, z. B. nach „Gefällt mir“ (Fans bzw. Freunde von Fans in absoluten und relativen Werten), Reichweite (Anzahl der Personen, die mit der Seite verknüpft sind bzw. diese abonnieren), Personen, die darüber posten etc. Mit jeder Aktion gibt der Teilnehmer immer mehr Daten von sich preis, meist ohne sich dessen bewusst zu sein, aus denen ein scharfes Nutzerprofil generiert werden kann, aus dem wiederum zukünftiges (Kauf-)Verhalten prognostizierbar wird. Werbungtreibende Unternehmen können damit sehr differenziert und ohne große Streuverluste Zielpersonen kontaktieren, jedenfalls weitaus genauer als mit jedem anderen Medium. Darin liegt das Geschäftsmodell Sozialer Netzwerke, denn Produkte bedeuten Umsatz, Daten aber Vermögen. Innerhalb der beruflichen Sphäre haben sich Karrierenetzwerke etabliert (z. B. LinkedIn, Xing). Hier geht es um berufliche Kontakte und das Kennenlernen „interessanter“ Personen, um die Kontaktpflege zu Kollegen, Geschäftspartnern, potenziellen Kunden etc., also geschäftsrelevante Inhalte. Insofern sind diese Sites für die Pflege von B-t-B-Kontakten prädestiniert. Blogging wie bei Twitter, Tumblr, Blogspot etc. dient der Bereitstellung von Authoring Tools zur Erstellung von Weblogs, zum Hosting von Blogs und zu deren Kategorisierung, auch als RSS-Feeds und Microblogs. Weblogs (Blogs) sind allgemein häufig aktualisierte Webseiten, auf denen Inhalte jeglicher Art in chronologisch absteigender Reihenfolge angezeigt werden. Alle Inhalte sind meist durch Links mit anderen Webseiten verbunden und können unmittelbar durch den Nutzer kommentiert werden. Weblogs sind thematisch organisiert und können Kategorien zugeordnet werden. Autor ist entweder eine einzelne Person oder eine Gruppe. Ein wesentliches Problem ist das „Am-Leben-erhalten“ der Weblogs. Denn diese profitieren von aktuellen Einträgen und Kommentaren und wenn zu wenig Aktivität auf Weblogs erfolgt, werden sie rasch uninteressant. Außerdem erfordert die Auswertung der Weblogs viel Zeitaufwand, daher ist eine Auslagerung an Dritte dafür ratsam. Problematisch ist die Verbreitung von
12. Parameter im virtuellen Handel497
Fakenews, d. h. falschen oder verzerrten Informationen durch vertrauenswürdige Absender. Beim Microblogging handelt es sich ebenfalls um ein einsehbares Tagebuch. Der Abruf ist stationär oder mobil im Internet möglich. Das Besondere ist, dass die Textnachrichten meist nur max. 140 Zeichen lang sein dürfen, darüber hinaus sind auch (Stand- / Bewegt-)Bildnachrichten einbindbar. Es handelt sich um ein Echtzeitmedium. Die Suchfunktion kann durch Hashtags (#) im Text unterstützt werden. Die Darstellung erfolgt chronologisch abwärts geordnet in einem Log als Tagebuch. Durch Mediasharing wie Instagram, Pinterest, Snapchat, Flickr, SlideShare, Scribd, Youtube, Vimeo, Vine, Google Fotos, Shazam, Rhapsody, Soundcloud etc. kann jeder Nutzer Videos, Fotos, Audios und Charts auf Plattformen hochladen und andere Videos, Fotos, Audios und Charts kommentieren. Es ist auch möglich, Mediadateien bestimmter anderer Nutzer zu abonnieren. Videos wiederum werden vor allem als Tutorials etwa in Form von Gebrauchsanleitungen oder Schnellkursen offeriert. Über ein Partner-Programm werden Urheber für die Downloads ihrer Dateien provisioniert. Werbespots werden häufig der Anzeige von Videos vorgeschaltet, teilweise können diese übersprungen werden (Skip). Häufig ist auch Bildbearbeitungs-Software eingebettet. Verbreitet sind weiterhin virtuelle Pinnwände für favorisierte Fotos, die öffentlich einsehbar sind. Chart-Präsentationen dienen vor allem der Nutzung für berufliche / studische Zwecke. Audios hingegen dienen überwiegend unterhaltenden Zwecken. Communicating dient als Verbindung in einer Gruppe von Nutzern, die im Internet miteinander kommunizieren (wollen). Dazu werden Plattformen angeboten, die kommerziell oder nicht-kommerziell ausgelegt sind. Beispiele sind Online Communities (realtime über Chatsysteme / IRC, Instant Messaging / App, Blackboards, Tauschbörsen etc.) und Online-Foren (asynchron als Newsgroups im Usenet / NNTP) als virtueller Raum. Die Archivierung von Beiträgen erfolgt, im Unterschied zum Board, sowohl chronologisch als auch thematisch sortiert (Beispiele: Gutefrage, Chefkoch, Motor-Talk, loff.de, HiFi-Forum). Bei offenen Listen ist es jedermann möglich, an der Diskussion teilzunehmen. Meist werden dazu Pseudonyme verwendet, teils sind auch Gastzugänge möglich. Oft wird auch Voting / Rating einbezogen. Um als Teilnehmer aufgenommen zu werden, schickt man eine E-Mail an die Listserver-Adresse und bezieht sich auf eine bestimmte Diskussionsgruppe. Damit ist man dort angemeldet und man sendet eine E-Mail mit seinem Beitrag an die Listenadresse. Bei moderieren Listen werden die Diskussionsbeiträge zuerst an einen Moderator geschickt, der sie im Hinblick auf bestimmte Grundsätze der Diskussionsliste und auf ihre inhaltliche Eignung zum relevanten Thema hin prüft. Bei nicht-öffentlichen Listen ist an den Listenverwalter ein Aufnahmeschreiben zu richten. Dieser bestimmt dann über die Aufnahme.
498
C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
Aggregating dient zur Sammlung, Ordnung und Darstellung verteilten Wissens zu spezifischen Themen. Durch diese Aggregation und Organisation können die Inhalte verschlagwortet werden (Folksonomy). Beispiele sind Wikis (Wikipedia), Bewertungsportale (Yelp, Foursquare, Qype, Kununu, Holidaycheck etc.) und Social Bookmarking (Delicious, Digg, Stumble Upon, Mr. Wong). Ein Wiki ist allgemein ein Hypertext-System von Webseiten, dessen Inhalte von Benutzern nicht nur gelesen, sondern auch online neu eingegeben oder verändert werden können. Dem liegt die „Weisheit der Vielen“ als Wissensmanagement zugrunde. Die Software für Wikis (Wiki Engine) als vereinfachtes Content Management System (CMS) ist frei verfügbar, so dass jeder WebsiteBetreiber sein eigenes Wiki einrichten kann. Von zentraler Bedeutung ist dabei das Versionsmanagement. Erforderlich ist weiterhin eine Kritische Masse an Nutzern und Beiträgen. Offene Wikis sind im Regelfall werbefrei und finanzieren sich durch Spenden. Geschlossene Wikis sind ein zunehmend wichtiges Mittel der übergreifenden unternehmensinternen Kommunikation, z. B. bei Lastenheft / Pflichenkatalog, Produktbeschreibung, Anwendungshandbuch, Servicedokumentation, Qualitätshandbuch, Produktideen, Reporting, Team Collaboration, Marktwissen, Vertriebssupport. In Unterschied zu Blogs sind die Einträge thematisch organisiert, nicht zeitlich. In Bewertungsportalen werden von Nutzern online Produkte, Dienste, Unternehmen und Organisationen bewertet. Üblich ist auch die Zusammenführung von Kartendiensten und Bewertungsinhalten. Online-Bewertungen gewinnen ständig an Bedeutung, von einer Vielzahl von Nutzern werden sie vor Kaufentscheidungen zurate gezogen. Aber auch Hersteller nutzen sie als Basis für Angebotsverbesserungen. Empfehlungsportale veröffentlichen nur positive Bewertungen, Feedbackportale leiten Bewertungen ohne Veröffentlichung an Betroffene zur Auswertung weiter. Bei Schmähkritiken und unwahrer Kritik von Mitbewerbern besteht ein Anspruch auf Löschung des Eintrags. Häufig finden sich Gateways zu Preisvergleichsportalen (z. B. billiger, ciao, idealo). Wichtig ist die zeitnahe und konstruktiv-positive Stellungnahme des Beurteilten. Als persönliche Favoriten gespeicherte Webseiten können mit Tags (InternetLesezeichen) versehen und von anderen Nutzern übernommen bzw. mit anderen Nutzern über Server im Extranet oder Intranet geteilt werden. Dazu werden solche Links im Social Bookmarking „öffentlich“ markiert. Diese gemeinschaftlichen Indexierungen werden von Suchmaschinen registriert und verbessern damit das Ranking der verwiesenen Seiten (Backlinks). Zur Beschränkung von Missbrauch sind Bewertungen von Lesezeichen eingeführt worden. Die Gliederung kann nach Schlagwörtern, Kategorien oder Nutzern vorgenommen werden. Außerdem gibt es Favoriten-Rankings.
13.
13. Internationaler Vertrieb499
Internationaler Vertrieb
Das Unterkapitel „Internationaler Vertrieb“ umfasst eine Vielzahl von Gestaltungen. Zunächst geht es um die Kriterien (13.1) und die Treiber der Interna tionalisierung (13.2). Zur Internationalisierung bedarf es der Ermittlung eines Auslandsmarktprofils (13.3) vor allem unter Berücksichtigung der Auslandsmarktrisiken (13.4). Daraus ergibt sich die Auslandsmarktwahl (13.5). Konkret geht es um die Optionen des Markteintritts (13.6) über Außenhandel, Dauervertrag und Direktinvestition. Weiterhin sind das Vertriebstiming (13.7), das Vertriebsareal (13.8) und die Marktbearbeitung (13.9) als wichtige Stellgrößen zu bestimmen. Leser kennen nach Durchsicht dieses Unterkapitels die Elemente, die den internationalen Vertrieb gegenüber nationalen Formen auszeichnen. Sie verstehen, warum die Internationalität in besonderer Weise eine Herausforderung im Vertrieb darstellt. Und sie können die so gewonnenen Erkenntnisse auf konkrete Vertriebssituationen im internationalen Kontext übertragen. 13.1
Kriterien der Internationalität
Als international wird ökonomisch allgemein die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens über Ländergrenzen hinweg bezeichnet. Wann aber ein Unternehmen genau als international zu bezeichnen ist, ist weithin strittig. Meist werden dazu quantitative Kriterien zugrunde gelegt wie: •• Anzahl der Länder, in denen die Wertschöpfung eines Unternehmens erfolgt, •• Umfang des im Ausland vorhandenen Vermögens eines Unternehmens, •• Zahl der aus dem Ausland kommenden Inhaber / Teilhaber, •• Umfang der Beteiligungen im Ausland, •• Anteil der im Ausland tätigen Mitarbeiter an der Gesamtbelegschaft, insb. im Top-Management, •• Zahl der Expatriates (ins Ausland entsandte Mitarbeiter), •• im Ausland erzielte Erlöse des Unternehmens / aus dem Ausland stammender Auftragseingang, •• im Ausland erwirtschafteter Gewinn (abs. / rel.), im Ausland getragene Steuerlast (abs. / rel.), •• im Ausland getätigte Investitionsvolumina (abs. / rel.), •• Marktanteile auf den Auslandsmärkten, •• Anteil der Wertschöpfung der ausländischen Betriebsstätten.
500
C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
Stattdessen oder ergänzend dazu können auch qualitative Kriterien angeführt werden wie: •• mentale Ausrichtung der Unternehmenspolitik auf eine internationale Geschäftstätigkeit, •• Anpassung der Organisationsstruktur an die Erfordernisse internationaler Geschäfte, •• manifest internationale Denk- und Verhaltensweisen des Topmanagements, •• auslandsorientierte oder internationalisierte Unternehmenskultur, •• Orientierung der Qualifizierung von Mitarbeitern in Bezug auf das Merkmal Internationalität. Die Problematik dieser und anderer Indikatoren liegt in zahlreichen Faktoren wie der hohen Abstraktionsebene der Vergleiche, in stark unterschiedlichen Marktgrößen der Länder, in abweichenden Währungsrelationen und Spielräumen der internationalen Rechnungslegung. Hinzu kommen extern Probleme hinsichtlich der Existenz, Verlässlichkeit und Vollständigkeit der Daten, deren Erhebungsmethoden, Aktualität, Bewertung etc. Jedenfalls stellt sich heraus, dass danach mittelständische Unternehmen häufig wesentlich stärker internationalisiert sind als Großunternehmen. Sie sind oft Nischenanbieter, die das wirtschaftliche Potenzial haben, aber auch die betriebliche Notwendigkeit sehen, weit jenseits der eigenen Landesgrenzen anzubieten und dort erhebliche Markterfolge zu erzielen. 13.2
Treiber der Internationalisierung
Dem unvermindert starken Trend zur Internationalisierung liegen zahlreiche Treiber zugrunde, die jeweils auch theoriegeleitet erklärbar sind. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um folgende: •• Nutzung von absoluten Kostenvorteilen im Inland und deren Übertragung zum eigenen Vorteil ins Ausland, •• Nutzung von komparativen Kostenvorteilen (im Vergleich zu anderen Unternehmen) durch internationale Arbeitsteilung (z. B. infolge Know-how), •• Nutzung reichlich vorhandener Produktionsfaktoren, für die im Inland nicht genügend rentable Verwendung besteht (z. B. „billiges“ Kapital), •• Nutzung eines unternehmensbezogenen, technologischen Vorsprungs zum Wettbewerbsvorteil auf Auslandsmärkten, •• Nutzung vorhandener Kapazitäten im Inland, die nicht hinreichend ausgeschöpft werden können (z. B. zur Kostendegression), •• Nutzung von Technik, die im Inland nicht nutzbar ist (wegen Restriktionen aus Gesetz, Ethik, Kosten etc.),
13. Internationaler Vertrieb501
•• Nutzung günstiger Finanzierungsmöglichkeiten im In- oder Ausland, etwa durch Zinsdifferenzen / Geldmarktpolitik des Staates, •• Nutzung geringerer Wettbewerbsintensität im Ausland bei saturiertem Markt im Inland sowie von dort als unausgeschöpft vermuteten Marktpotenzialen, •• Übertragung der Lernerfahrung aus einem bereits fortgeschrittenen Produkt lebenszyklus aus dem Inland auf das Ausland, •• Nachziehen zu Aktivitäten der Konkurrenz, die sich internationalisiert, um dieser gegenüber keine Nachteile hinnehmen zu müssen, •• speziell Vorteile durch Internalisierung von Transaktionskosten bei Direkt investition statt über internationale Marktaktivitäten, •• Konzentration von Verfügungsrechten jenseits von Ländergrenzen zur versuchten Monopolisierung von Märkten, •• positive Differenz zwischen Grenznutzen der Internationalisierung und deren Grenzkosten zur Gewinnmaximierung, •• Nachziehen bei einem offensichtlichen, langfristigen Trend zur Internationalisierung, insofern Herdenverhalten, •• Nutzung von Opportunitäten (Zufälligkeiten), die ungeplant eine Auslandstätigkeit ermöglichen / erfordern (z. B. internationales Zuliefergeschäft), •• besserer Ausgleich von Risiken aus Geschäftsfeldern, Konjunkturen, Absatzmärkten etc. (räumliche Diversifikation), •• Standardisierung von Produkten und Märkten als Ausgangsbasis zur Ermöglichung einer Internationalisierung, •• Antrieb durch politische / rechtliche / soziale Faktoren wie Senkung der Handelsschranken, staatliche Motivierung zur Auslandstätigkeit, Nutzung kostengünstigerer Arbeit etc., •• eigener Unternehmenserfolg zulasten Dritter im Ausland als Geschäftsstrategie, etwa um Inlandsmärkte zu schützen. Einzelne oder mehrere dieser Treiber sind als ursächlich für den unverminderten Trend zur Internationalisierung anzusehen. Im Weiteren sind dann das Auslandsmarktprofil zu recherchieren, die Auslandsmarktrisiken zu evaluieren und die Auslandsmarktwahl zu vollziehen (siehe Abb. 89). Die Internationalisierungstreiber können nach Yip wie folgt zusammengefasst werden: •• Marktkräfte wie ähnliche Kundenbedürfnisse, globale Kunden, übertragbares Marketing, •• Kostenkräfte wie Größenvorteile, geringe länderspezifische Unterschiede, günstige Logistikkosten,
502
C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
Rahmenvorgaben im internationalen Vertrieb Auslandsmarktprofil
Auslandsmarktrisiken
Auslandsmarktwahl
Abb. 89: Rahmenvorgaben im internationalen Vertrieb
•• Wettbewerbskräfte wie Abhängigkeit von Ländern untereinander, globale Strategien der Konkurrenten, •• Staatliche Kräfte wie handelspolitische Maßnahmen, technische Standards, Regelungen der Gastgeberregierungen. 13.3
Auslandsmarktprofil
Bevor ein internationaler Vertrieb erstmals oder fortschreitend ins Auge gefasst werden kann, ist es erforderlich zu definieren, welches Land bzw. welche Länder zur Bearbeitung in Betracht gezogen werden sollen. Dazu lassen sich Auslandsmärkte hinsichtlich verschiedener Kriterien deskriptiv charakterisieren. Zu denken ist dabei an außerökonomische, gesamtwirtschaftliche und einzelwirtschaftliche Faktoren. Außerökonomische Faktoren wirken vielfach auf die Beschreibung von Auslandsmärkten ein. Zu denken ist u. a. an folgende: •• politisches Umfeld, z. B. politische Risiken, individueller Freiheitsraum für Geschäftsleben, Investitionsklima, Gefahr von Verstaatlichung, Art und Stabilität der Staatsform, •• Rechtsordnung, z. B. funktionsfähige öffentliche Verwaltung, Vertragsrecht und seine Durchsetzung, Maße und Gewichte, Prozesswesen, Akzeptanz erwerbswirtschaftlicher Prinzipien, •• sozio-kulturelles Umfeld, z. B. Sitten und Gebräuche, Religion, Mentalität, Bildungsstand, Bevölkerungsdichte, Geburten-/Sterberate, Anteil des tertiären Sektors, Demographie, Altersverteilung, Geschlechtsverteilung etc., •• technologisches Niveau, z.B. qualifizierte Experten, Ausbau des Nachrichtenwesens, Verkehrsinfrastruktur, Kfz-Dichte, Energieverbrauch, Zeitverständnis, Raumeinteilung etc.,
13. Internationaler Vertrieb503
•• geografische Bedingungen, z.B. Bodenschätze, Energiegewinnung, Anbaumöglichkeiten, Topographie, Transportmöglichkeiten etc., •• klimatische Bedingungen wie Arbeitsbedingungen, Umweltschutz etc. Gesamtwirtschaftliche Faktoren wirken ebenfalls vielfach auf die Beschreibung von Auslandsmärkten ein. Zu denken ist u. a. an die Folgenden: •• makroökonomische Struktur, z. B. Geldentwertungsrate, Wirtschaftsordnung, -wachstum, Währungsstabilität, -konvertibilität, -parität, Beschäftigungslage, Subventionierung, Steuererleichterung, •• Außenwirtschaft, z. B. Zahlungsbilanzsituation, Transferierbarkeit von Erträgen, Außenhandelsbeschränkungen, •• Importbedingungen, z. B. Marktzugangsbeschränkungen durch Zölle / Zollformalitäten und Abgaben, Devisenvorschriften, •• Bedarfs- und Nachfragesituation, z. B. Bedarfsstruktur / -höhe, Kaufkraft, Bedarfsträger, Verbrauchsgewohnheiten, Nachfrageschwankungen, Marktsättigung, Demographie, Kaufverhalten, •• Pro Kopf-Einkommen, anhand dieser Kennziffer werden Kaufkraft-Kategorien nach Ländern eingeteilt, •• Einkommensverteilung, funktional und personell, funktionale oder egalitäre Verteilung, •• Exporte / Importe nach Höhe und Struktur, •• Auslandsverschuldung, d. h. Höhe / Anteil der Verbindlichkeiten inländischer Schuldner gegenüber Ausländern zu einem bestimmten Stichtag, •• Direktinvestitionen, d. h. Höhe der Investitionen, die von Inländern im Ausland bzw. von Ausländern im Inland getätigt werden, und zwar durch Beteiligung an anderen Unternehmen, Unternehmenskauf oder Eigengründung, •• Inflationsrate, d. h. prozentualer Anstieg des Preisniveaus in einem Jahr, bedeutsam für die Terms of Trade, •• Bruttoinlandsprodukt, d. h. gesamte Enderzeugung an Gütern und Diensten, die ein Land innerhalb eines Jahres erbringt, das reale BIP ist um die Inflationsrate bereinigt, Aufschluss gibt die Entstehung und die Verwendung des BIP. Für die Auslandsmarktbeschreibung sind vor allem auch einzelwirtschaftliche Faktoren bedeutsam. Zu denken ist dabei u. a. an folgende: •• Distributionssystem, z. B. Verkaufsorgane, Vertriebswege, Absatzhelfer, Logistik, •• Sortimentsgestaltung, z. B. Geschmack, Design, Verpackung, Serviceanforderungen, Markenwesen,
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
•• Konditionen, z. B. Preisbewusstsein, Kostenverhältnisse, Lieferungs- und Zahlungsbedingungen, Preisklassen, Nachlässe, •• Verkaufsförderung, z. B. Werberecht, Werbemittel und -trägerverfügbarkeit, Etatvolumina, •• Wettbewerbsstruktur, z. B. Qualitätslevel, Konkurrenzintensität, Koalitionsbildung, Image, •• betriebswirtschaftliche Bedingungen, z. B. Managementqualität, Eigenkapital-, Kreditverfügbarkeit, Lohnkosten / -nebenkosten, Produktivität. 13.4
Auslandsmarktrisiken
Eine Rechtfertigung zur besonderen Betrachtung des internationalen Vertriebs ergibt sich aus den dort sich ergebenden höheren Risiken. Dabei gibt es verschiedene Risikoarten, die es jeweils zu bewerten gilt. 13.4.1 Risikoarten Als Risiken im internationalen Geschäft sind vor allem folgende Bereiche anzusehen. Das Fabrikationsrisiko betrifft die Schadensmöglichkeit des Lieferanten wegen der Notwendigkeit zum Abbruch der Fertigung oder zur Unterlassung des Warenversands, dadurch bleibt oft nur die anderweitige Verwertung der fertiggestellten Waren u. U. mit erheblichen Verlusten. Das Warenabnahmerisiko betrifft die Schadensmöglichkeit des Lieferanten wegen Nichtabnahme bestellter Waren durch den Abnehmer, dies bedingt den Rücktransport der Waren bzw. die Verwertung im Importland u. U. mit erheblichen Verlusten. Das Delkredererisiko betrifft die Zahlungsunfähigkeit, also das voraussichtlich dauernde Unvermögen, fällige Verbindlichkeiten zu erfüllen, den Zahlungsverzug, also die Überschreitung des eingeräumten Zahlungsziels bzw. eines vereinbarten Zahlungstermins, und die Zahlungsunwilligkeit, also die Verweigerung der Zahlung trotz Zahlungsfähigkeit und ohne berechtigte Einreden. Von besonderer Bedeutung sind weitere Risikoarten: •• kommerzielle Risiken als in der (juristischen / natürlichen) Person ausländischer Vertragspartner liegende Gründe wie Insolvenz, Zahlungsunfähigkeit, Nichterfüllung von Vertragspflichten (Lieferung / Annahme), strafrechtlich relevante Handlungen, •• politische Risiken wie Kriege / Revolutionen oder dirigistische Maßnahmen von Staaten wie ethnische Unruhen / Bürgerkrieg, internationale Konfliktverwicklungen, Ein- / Ausfuhrverbote / -kontingente, Verbot der Gewinnrepatriie-
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rung, Konvertierungs- und Transferverbote für Währungsbestände, Änderung gesetzlicher Grundlagen bei Steuern / Abgaben, Enteignung / Verstaatlichung, Putsch, Boykott, Embargo, •• marktliche Risiken durch Änderungen der Marktlage wie Preisverfall, Technologiewandel, Eintritt neuer Konkurrenten, Wandel im Käuferverhalten, •• kursbezogene Risiken (außerhalb EU) aus Wechselkursänderungen wie Währungsab- / -aufwertung, Wechselkursschwankung, •• elementare Risiken aus Naturereignissen und technischem Versagen wie Überschwemmung, Feuer, Erdbeben, Schiffsuntergang / Flugzeugabsturz, technische Mängel, •• sonstige Risiken durch Eingriffe Dritter oder eigenes Handeln wie Diebstahl, Verstoß Dritter gegen Gesetze / Vorschriften, Qualitätsmängel, Mitarbeiterfehler / -defizite, Transportrisiken, Kreditrisiken etc. Zur Verdichtung ist bei diesen Risiken vor allem an drei Risikoarten zu denken, nämlich das •• Dispositionsrisiko für die Geschäftstätigkeit innerhalb eines Auslandsmarkts, d. h. die Beschränkung autonomer Aktivitäten durch Rahmenbedingungen, •• Transferrisiko im Geschäftsverkehr zwischen Gastland und Stammland, d. h. die Beschränkung der Grenzüberschreitung von Kapital und Vermögen, •• Enteignungsrisiko als Sicherung vorhandener Eigentumsrechte im Ausland, d. h. die Sicherung von Eigentum bzw. Entschädigungen. 13.4.2 Risikobewertung Diese Risiken stellen sich von Land zu Land verschiedenartig dar. Insofern bietet sich der Versuch einer einheitlichen Bewertung der Länderrisiken an. Solche Länderrisikobewertungen (Country Ratings) setzen bei den mit der unternehmerischen Tätigkeit verbundenen und aus dem Gastland resultierenden Verlustgefahren bzw. Gefahren der Beeinträchtigung oder Nichterreichung unternehmerischer Zielsetzungen an, die aus der gesamtwirtschaftlichen, politischen und soziokulturellen Situation eines Landes resultieren. Die Länderrisiken können mit Hilfe spezieller Untersuchungsansätze bestimmt werden. Dabei gibt es •• qualitative Konzepte wie Euromoney-Index, World Political Risk Forecast (WPFR) etc., •• quantitative Konzepte objektiviert wie Two Gap Model etc., subjektiv-eindimensional wie Institutional Investor Country Rating (IICR), World Economic Survey etc. oder subjektiv-mehrdimensional wie BI-Country-Index, Forelend, Hermes-Risiko etc.
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
Am bekanntesten ist unter den subjektiv mehrdimensionalen Konzepten aber sicherlich der BRS-Index (Business Risk System, früher BERI) des privaten schweizerischen BRS-Informationsinstituts. Die Bewertungen können für die ausgewiesenen Länder gegen moderate Gebühr gekauft werden. Es handelt sich um ein Punkt- bzw. Nutzwert-Modell mit 31 qualitativen, auf Expertenschätzung beruhenden und 9 quantitativen Kriterien aus statistischen Daten abgeleitet für ca. 50 Länder. Die Bewertung wird dreimal jährlich durchgeführt und umfasst 1- und 5-Jahres-Prognosen. Sie erfolgt hinsichtlich jedes Kriteriums je Land nach einem Punktsystem („sehr günstig“ bis „unerträglich“). Der BRSIndex setzt sich aus drei Subfaktoren zusammen: •• Der PRI (Political Risk Index) bewertet das politische Klima. Dazu dienen zahlreiche Kriterien. Alle Kriterien sind gleich gewichtet, die Punkte addieren sich bei max. 10 Punkten je Kriterium zu max. 100 auf. •• Der ORI (Operation Risk Index) beurteilt das Investitions- und Geschäftsklima anhand von 15 Kriterien, die gewichtet sind. Die Summe der Gewichte ist 25, bei max. 4 Punkten je Kriterium ergeben sich daraus max. 100 Punkte. •• Der RFI (Remittance and Repatriation Factor Index) beschreibt die außenwirtschaftliche Zahlungsfähigkeit eines Landes. Je Kriterium können max. 100 Punkte dotiert werden, da die Gewichtungsfaktoren sich auf 1 addieren, ist die Summe der gewichteten Punktwerte auch hier max. 100. Im Durchschnitt dieser Werte ergibt sich der PORI (Profit Opportunity Recommendation Index) mit folgenden Bewertungen: •• 55–100 Punkte: Diese Länder sind für Direktinvestitionen geeignet. Beispiele sind USA, Schweiz, Belgien, Japan, Niederlande, Portugal, Österreich, Türkei, Tschechien. •• 45–54 Punkte: Diese Länder sind nur für dividendenlose, ertragsunabhängige Zahlungen als Lizenz geeignet. Beispiele sind Ungarn, Polen, China. •• 35–44 Punkte: Diese Länder sind nur für Außenhandel geeignet. Beispiele sind Indonesien, Pakistan. •• 0–34 Punkte: Diese Länder sind nicht für geschäftliche Transaktionen geeignet. Beispiele sind Argentinien, Bolivien, Ecuador, Venezuela, Kuba, Kasachs tan, Mongolei, Iran, Libyen, Kongo, Nigeria, Elfenbeinküste, Kolumbien. 13.5
Auslandsmarktwahl
Bei der Auslandsmarktwahl sind vor allem zwei Aspekte von Bedeutung. Erstens die Erfassung und Auswertung des jeweiligen ausländischen Vermarktungsumfelds und zweitens die Auswahl des / der zu bearbeitenden Märkte innerhalb der potenziell möglichen.
13. Internationaler Vertrieb507
13.5.1 Vermarktungsumfeld Eine internationale Marktanalyse geht üblicherweise von folgenden Faktoren aus. Sozio-kulturelle Einflussfaktoren umfassen alle Aspekte der gesellschaftlichen und kulturellen Rahmenbedingungen. Dazu gehören z. B. Nachfragerverhalten, religiöse Aspekte, Soziale Milieus, Wertvorstellungen, Sprache, Ausprägung des Nationalbewusstseins, Sozialverhalten, Konventionen etc. Technologisch-natürliche Einflussfaktoren umfassen alle Aspekte der naturwissenschaftlichen und technischen Rahmenbedingungen. Dazu gehören z. B. Technikorientierung, Know-how, Fortschrittsbewusstsein, Automatisierungsgrad, IuK-Technologien, Topographie, Klima, Ressourcenausstattung, Infrastruktur, Kommunikationsmöglichkeiten, Energieversorgung etc. Erwerbswirtschaftliche Einflussfaktoren umfassen alle Aspekte der infrastrukturellen und einzelwirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Dazu gehören z. B. Währungssystem, Kaufkraft, Marktstrukturen, Wettbewerbssituation, Bevölkerungszahl, -wachstum, Bruttoinlandsprodukt, -entwickungen, Pro-KopfEinkommen, -entwicklung, Einkommensverteilung, protektionistische Maßnahmen, Mitgliedschaft in Wirtschaftsvereinigungen, Zahlungsbilanz, Währungskonvertibilität, Inflationsrate etc. Politisch-rechtliche Einflussfaktoren umfassen alle Aspekte der administrativen, ordnungspolitischen und juristischen Rahmenbedingungen. Dazu gehören z. B. Gesellschaftsrecht, Arbeitsrecht, Gewährleistungsansprüche, politisches System etc. Zu jedem Faktor werden zunächst alle relevanten Aspekte katalogisiert. Diese können außerdem nach der Stärke ihres Handlungseinflusses gewichtet werden. Daraus ergibt sich bereits ein grober Überblick über den anvisierten Markt. Diese Form der Marktanalyse wird im Akronym STEP-Analyse (für socio-cultural, technological, economical, political-legal, evtl. mit einem zweiten P für physical / Umwelt), in verwandter Form auch PESTLE (als Akronym für political, economical, social, technological, legal, ecological) genannt. Je detaillierter und aussagefähiger diese und andere relevante Daten beschafft und ausgewertet werden, desto besser sind die Voraussetzungen für eine erfolgversprechende internationale Strategie gegeben. Dabei handelt es sich meist um reine Fleißarbeit. Diese zahlt sich jedoch aus, denn, Garbage in – Garbage out, ein wirkungsvoller Output bedingt sicherlich einen qualifizierten Input. Im Ergebnis soll es zu einer aussagefähigen Verdichtung aller Faktoren kommen, um planungsrelevante Tatbestände pointiert herauszuarbeiten. Dadurch werden zugleich bereits erste Strategieperspektiven eröffnet.
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
13.5.2 Auswahlverfahren Darauf baut die Auslandsmarktselektion auf, bei der kategoriale und / oder metrische Verfahren eingesetzt werden. Kategorial arbeiten Checklistverfahren. Diese legen verschiedene Kriterien zugrunde, deren Vorhandensein oder positive Ausprägung ermittelt wird. Bei solchen Kriterien kann es sich um folgende handeln: •• Marktpotenzial, d. h. erwartete hinreichende Größe eines Auslandsmarktes, •• Faktorkosten, d. h. nutzbare wirtschaftliche Vorteile z. B. beim Faktor Arbeit, •• Wettbewerbsintensität, d. h. weniger Konkurrenz als im Inland gegeben, •• Steuern und Abgaben, d. h. geringere Nebenkosten im Ausland vorhanden, •• wirtschaftliche Entwicklung, d. h. höhere Wachstumsraten als im Inland, •• Kosteneffekte, d. h. Kostendegression durch mehr abgesetzte Stück in der Produktion erreichbar, •• Zeitvorteile, d. h. Nähe zu jeweiligen ausländischen Abnehmern gegeben, •• Kontrollierbarkeit, d. h. Einflussnahme auf die Vertriebsbedingungen vor Ort gegeben, •• marktseitige Barrieren, d. h. Sprache, Marktzugang etc. schaffbar, •• administrative Barrieren, d. h. Risiko, Rechtssystem, Devisenkontrollen überwindbar. Dieses Vorgehen setzt bei nominalen Daten an. Bei ordinalen Daten setzen hingegen Auswahlheuristiken an. Dabei unterscheidet man kompensatorische und nicht-kompensatorische Regeln. Zu letzteren gehören wiederum folgende: •• Die konjunktive Regel besagt, dass für jedes Angebotsattribut eines Landesmarktes ein Mindestanspruchsniveau festgelegt wird. Es wird derjenige Markt ausgewählt, der hinsichtlich aller Attribute diesem Mindestanspruch genügt. •• Die disjunktive Regel besagt, dass für jeden Landesmarkt als unverzichtbar angesehene Angebotsattribute festgelegt werden. Es wird nur derjenige Markt ausgewählt, der alle diese Attribute erfüllt. Ein Markt, der einzelne dieser Attribute nicht erfüllt, kommt nicht zum Zuge. •• Die lexikografische Regel besagt, dass die verschiedenen Landesmärkte hinsichtlich ihrer wichtigsten Attribute verglichen werden. Es wird derjenige Markt gewählt, der in diesen Attributen die besten Ausprägungen hat. Bleiben dabei mehr Märkte übrig als diskretionär aufgrund sachlicher, zeitlicher, personeller, struktureller Ressourcen gewünscht, wird das Mindestanspruchsniveau entsprechend heraufgesetzt, und umgekehrt. Kompensatorische Regeln besagen, dass die verschiedenen Landesmärkte ebenfalls hinsichtlich ihrer wichtigsten Attribute verglichen werden. Allerdings
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können negative Ausprägungen hinsichtlich einzelner Attribute dabei, im Unterschied zu den vorgenannten Regeln, durch positive Ausprägungen hinsichtlich anderer Attribute ausgeglichen werden. Die Filterung wird dadurch zwar unschärfer, jedoch wird vermieden, dass ein ansonsten aussichtsreicher Markt allein wegen der Nichterfüllung eines oder weniger Kriterien ausscheiden muss, obgleich diese Monita womöglich durch gezielte Maßnahmen zu beheben wären. Metrische Daten werden hingegen bei folgenden Verfahren angelegt. Punktwertverfahren (Scorings) gehen nur von quantitativen Beurteilungskriterien aus, bewerten diese dann mit Punkten und gewichten die Kriterien evtl. noch untereinander. Präferiert wird das Land / die Länder mit der höchsten Punktzahl. Probleme ergeben sich jedoch vielfach, so aus der Art (Signifikanz) und Anzahl (Vollständigkeit) der verglichenen Kriterien, der subjektiven Bepunktung (Validität / Reliabilität), der unterstellten Gleichgewichtigkeit der Kriterien, evtl. Redundanz der Kriterien etc. Investitionsrechnungsverfahren prognostizieren die Ein- und Auszahlungen in Verbindung mit einem Markteintritt / einer Marktbearbeitung und diskontieren diese jeweils auf einen gemeinsamen Zeitpunkt. Meist wird dabei der Kapitalwert zugrunde gelegt, d. h. ein über eine Mindestverzinsung hinausgehender Auszahlungsüberschuss. Präferiert wird das Land / die Länder mit dem höchsten diskontierten Auszahlungsüberschuss. Abgesehen vom komplizierten Rechenprocedere spielen hier Unklarheiten in der Erfassung und Abgrenzung von Vergangenheitsdaten sowie Unsicherheiten in der Schätzung und Prognose von Zukunftsdaten eine große Rolle. Portfolioverfahren streben eine matrixbezogene (zweidimensionale) Klassifizierung von Ländermerkmalen anhand eines (monokriteriell) oder mehrerer (multikriteriell) als entscheidend angesehenen Merkmale an, von denen eine Ebene immer marktbezogen und eine andere Ebene immer unternehmensbezogen ist, z. B. Marktriken und Auslandserfahrung oder Marktattraktivität und Wettbewerbsposition. Entsprechend der jeweiligen Position der einzelnen Länder in dieser Matrix ergeben sich Handlungsempfehlungen. An Portfolioverfahren wird verbreitete Kritik geäußert, so hinsichtlich der Wahl der Kriterien, der Skalierung qualitativer Größen, der Abgrenzung der Matrixfelder etc. Wegen der Unwägbarkeiten der Ermittlung und Auswertung bietet es sich im Einzelfall durchaus an, mehrere dieser Verfahren gestuft einzusetzen, um zu einer Absicherung der Ergebnisse zu gelangen. Dabei bleibt allerdings die Gefahr, dass ein aussichtsreicher Markt bei einer frühen Stufe bereits ausscheidet, obgleich er nach den Daten später einsetzender Verfahren eigentlich zu präferieren gewesen wäre.
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
Abb. 90: Optionen des internationalen Markteintritts
13.6
Optionen des Markteintritts
Für die Vertriebstätigkeit im Ausland stellen sich drei Hauptoptionen, der Außenhandelsvertrieb, der Dauervertragsvertrieb und der Direkte Auslandsvertrieb (siehe Abb. 90). Jede dieser Hauptoptionen besteht als mehreren Unteroptionen. so kann der Außenhandelsvertrieb in Formen des Exports, der Veredelung, des Transits / der Durchfuhr oder der Kompensation ausgeprägt sein. Der Dauervertragsvertrieb kann in Formen der Lizenzierung, der Kontraktierung, des Franchisings sowie der einfachen oder strategischen Kooperation ausgeprägt sein. Und der Direkte Auslandsvertrieb kann als Geschäftsbeteiligung / -übernahme, als Allein- oder Gemeinschaftsgründung ausgeprägt sein. Im Allgemeinen, jedoch keineswegs zwangsläufig, entspricht dies auch der üblichen Reihenfolge der Internationalisierung, startend mit niedrigem Risiko, aber auch begrenzten Chancen (Außenhandel) und sich über Dauervertrag entwickelnd hin zu besseren Chancen, aber auch höherem Risiko (Direktinvestition). 13.6.1 Außenhandelsvertrieb Im Auslandsvertrieb sind vielfältige Risiken gegeben. Das Risikoausmaß kann dabei in drei Schritte abgestuft werden, am geringsten beim grenzüberschreitenden Handel, mittelhoch beim Vertrieb auf Vertragsbasis und am höchsten beim direkten Auslandsvertrieb. Der grenzüberschreitende Handel als erste Stufe gehorcht noch dem Transportprimat und erstreckt sich über verschiedene Ausprägungen als direkter Export, indirekter Export, Veredelung, Transit / Durchfuhr oder Kompensationsgeschäft (siehe Abb. 91).
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Abb. 91: Ausprägungen des Außenhandelsvertriebs
13.6.1.1 Formen des Exportgeschäfts Export ist allgemein derjenige Teil des Außenhandels, der alle betrieblichen Tätigkeiten bei der Unterhaltung von wirtschaftlichen Beziehungen zum Ausland auf der Grundlage grenzüberschreitenden Waren- und Diensteverkehrs sowie von Rechtsübertragungen umfasst. Import ist der grenzüberschreitende Bezug von wirtschaftlichen Leistungen aus dem Ausland und verhält sich weitgehend spiegelbildlich zum Export. Direkter Export liegt vor, wenn eine Sach- oder Dienstleistung ohne einen zwischengeschalteten inländischen Außenhandelsbetrieb an einen im Ausland ansässigen Handelsbetrieb, einen Absatzhelfer oder gewerblichen oder privaten Endabnehmer abgesetzt wird. Der direkte Export erfolgt vor allem bei Investitionsgütern, da hier der unmittelbare persönliche / organisatorische Kontakt notwendig ist. Nicht selten sprechen aber auch Kostenersparnisgründe dafür. Voraussetzung ist jeweils eine profunde Kenntnis des Auslandsmarkts hinsichtlich aller relevanten Dimensionen wie Verkehr, Wirtschaft, Bevölkerung, Mentalität, Sprache, Kaufkraft etc. Außerdem verlängert sich die Finanzierungsdauer, wodurch wiederum das Kreditrisiko steigt. Zudem muss selbst akquiriert werden, dies erfordert die Einrichtung entsprechender Stellen (Exportabteilung, Auslieferungslager, Kundendienst etc.). Der Kaufvertrag wird vom Exporteur und vom Importeur ausgehandelt und unterschrieben. Sämtliche Leistungen aus dem Kaufvertrag sind von beiden Vertragsparteien selbst vorzunehmen oder durch Dritte zu veranlassen. Sämtliche Ansprüche aus Kaufvertragsstörungen richten sich nur gegen den jeweiligen Vertragspartner. Die Abwicklung der Zollformalitäten und der außenwirtschaftsrechtlichen Erfordernisse werden vom Exporteur vorgenommen.
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
Vorteile des direkten Exports liegen in folgenden Aspekten. Es besteht ein direkter Einfluss auf die Marktbearbeitungspolitik. Eine stärkere Markt- und Kundennähe ist gegeben. Daraus ergibt sich eine bessere Marktbeobachtung, und spezifisches Ländermarkt-Know-how kann erworben werden. Ein gründlicherer Marktüberblick ist gegeben. Beschaffungsquellen können besser gesichert werden. Ein breit gestreuter Import aus mehreren Ländern ist in kostengünstiger Weise möglich. Es besteht ein geringes Transaktionsrisiko. Die Nutzung des Fachwissens von Spezialisten ist möglich. Ein spezielles InternationalisierungsKnow-how ist nicht erforderlich. Nachteile sind folgende. Es besteht eine Abhängigkeit von administrativen und rechtlichen Ex- und Importbestimmungen. Wechselkursrisiken treten auf. Ein steigender Ressourcenbedarf ist gegeben. Ein hohes Transaktionsrisiko entsteht. Es ist ein höheres Vertriebs- und Internationalisierungs-Know-how erforderlich. Es besteht nur eine geringe Markt- und Lieferantennähe. Wichtige Abnehmer können nur unzureichend gesichert werden. Evtl. entstehen längere Lieferzeiten. Außerdem besteht meist ein nur unzureichender Überblick über Marktentwicklungen. Beim indirekten Export verkauft ein inländisches Unternehmen eine Sachoder Dienstleistung an einen ausländischen Mittler mit dem Ziel, dass dieser die Leistung an einen ausländischen Wiederverkäufer oder Endabnehmer weiterleitet. Die Kontaktanbahnung zu Kunden oder die Auftragsakquisition und Lieferung kann aber auch über inländische Dritte (Händler) erfolgen, d. h., Exporthäuser werden zur Abwicklung des Exportgeschäfts eingeschaltet. Diese haben meist eine spezifische Länderorientierung mit genauen Kenntnissen des jeweiligen Landes / der Region, guten Kontakten zu dort ansässigen Abnehmern und Vertrautheit mit den landes- / regionsspezifischen Vermarktungsmodalitäten. Die gesamte Marktbearbeitung sowie die Anbahnung und Realisierung der Einzelabschlüsse wird diesem Zwischenhändler überlassen. Kosten und Risiken liegen also im Weiteren beim Distributeur, der dafür einen Kalkulationsaufschlag erhebt. Dabei kann es sich um Exporthandelshaus, -gemeinschaft, Importmakler oder Generalvertreter / Niederlassung handeln. Dies ist besonders bei mittelständischen Unternehmen und geringen bzw. wechselnden Umsatzvolumina günstig. So kann eine etwaige Spezialisierung von Absatzmittlern / Absatzhelfern auf bestimmte Märkte genutzt werden. Denkbar ist dabei eine Exklusivbindung zwischen Hersteller und Absatzmittler / -helfer oder auch nur eine fallweise Zusammenarbeit. Vertragsstörungen werden vom ausländischen Unternehmen bei dessen Vertragspartner reklamiert. Die Abwicklung der Zollformalitäten und der außenwirtschaftsrechtlichen Erfordernisse wird ausschließlich vom eigentlichen Exporteur vorgenommen. Vorteile des indirekten Exports liegen in folgenden Aspekten. Er ist kostengünstig darstellbar. Es ist nur ein geringes Risikopotenzial gegeben. Das spezi-
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fische Wissen fachkundiger Exportmittler kann genutzt werden. Die Bearbeitung mehrerer Länder ohne länderspezifische Kenntnisse ist möglich. Nachteile sind folgende. Die Vertriebsaktivitäten im Zielland sind nur gering beeinflussbar. Es ergibt sich eine große Markt- und Bedarfsferne. Das Marktpotenzial wird womöglich nicht optimal ausgeschöpft. Eine Abhängigkeit vom Exportmittler besteht. Spiegelbildlich zum Export verhält sich der Import, und zwar als direkter Import, wenn ein zwischengeschalteter inländischer Außenhandelsbetrieb (Importhändler) fehlt, und als indirekter Import, der über einen solchen inländischen Außenhandelsbetrieb erfolgt. Im Export haben sich zudem vielfältige Sonderformen herausgebildet. Eine Exportgemeinschaft besteht aus mehreren Exporteuren, welche die anstehenden Aufgaben unter sich aufteilen. Das Exportkartell betrifft vertragliche Vereinbarungen zur Wettbewerbsbeschränkung im Ausland. Der Exportring ist eine Kooperation zwischen mehreren Herstellern und dem Exporteigenhandel. 13.6.1.2 Veredelungsgeschäft Unter Veredelung versteht man die Bearbeitung, Verarbeitung oder Ausbesserung von Waren im Ausland und deren Rücksendung an das Herkunftsland innerhalb bestimmter Fristen. Wird eine Ware in ein Land versandt, um dort in einem oder mehreren Produktionsschritten bearbeitet oder zu einem anderen, höherwertigeren Produkt verarbeitet oder repariert und ausgebessert / wiederhergestellt zu werden, handelt es sich also um eine Veredelung. Veredelung dient vor allem dem Ausgleich von Bedarfsspitzen. Die Absatzfähigkeit von Waren des Bestellerlands (Made in … / Country of Origin-Effekt) bleibt erhalten, ohne dessen Standortnachteile hinnehmen zu müssen. Zudem sind höher veredelte Produkte wettbewerbsfähiger und erlösen womöglich einen zu den Veredelungskosten überproportionalen Preis. Vorteile für den Besteller liegen vor allem in Folgendem. Es besteht die Möglichkeit zur Ausnutzung von Kostenvorteilen bei den Produktionsfaktoren. Es entstehen Imagevorteile im Hinblick auf vorgesehene Absatzmärkte, wenn dort Erzeugnisse veredelt werden. Auf diese Weise können auch Importrestriktionen im Auftragnehmerland überwunden werden. Es können Wettbewerbsvorteile durch größere Flexibilität realisiert werden. Investitionsrisiken werden vermieden, zudem werden fixe Kosten gegen variable getauscht. Auflagen zur Betriebsstättenbetreibung werden umgangen. Dem stehen folgende Nachteile gegenüber. Ein Gewinnanteil geht an den Lohnveredeler. Eine aufwändige Qualitätskontrolle ausgeführter Arbeiten ist erforderlich. Es muss wertvolles Know-how überlassen werden. Es entstehen zusätzliche Transport- und Lagerrisiken, die allerdings versicherbar sind.
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
Bei der Veredelung sind zwei Unterscheidungen von Bedeutung. Eine Fremdveredelung / Lohnveredelung liegt vor, wenn ein Produktionsbetrieb auf kommerzieller Basis, also gegen Entgelt, in der speziellen Funktion eines Veredelers für andere Produktions- und Handelsbetriebe auf eigenen Anlagen und eigene Rechnung tätig wird. Sie besteht im Wesentlichen aus erbrachten Dienstleistungen und der Be- und Verarbeitung vertriebsfähiger Erzeugnisse. Betriebsveredelung / Eigenveredelung bedeutet hingegen, dass ein Anbieter selbst auf eigenen Anlagen auf eigene Rechnung die Veredelung vertriebsfähiger Erzeugnisse im Ausland vornimmt. Von passivem Veredelungsverkehr spricht man, wenn inländische Halbfertigerzeugnisse zur Veredelung ins Ausland verbracht und anschließend re-importiert werden, um dort zu verbleiben, be- bzw. weiterverarbeitet oder endgültig exportiert zu werden. Von aktivem Veredelungsverkehr ist die Rede, wenn ausländische Waren zur Veredelung ins Inland verbracht und anschließend zur endgültigen Wiederausfuhr re-exportiert werden. 13.6.1.3 Transit und Durchfuhr Transithandel bedeutet, dass Inländer Waren von Ausländern erwerben und sie wieder an Ausländer veräußern, ohne dass die Waren physisch ins Inland verbracht werden (und umgekehrt). Wird beim Transport von einem Land in ein drittes das Land des Transithändlers berührt, besteht die Möglichkeit der Einlagerung in einer zollfreien Zone (z. B. Freihafen), um Einfuhrzoll zu vermeiden. Die an die erfolgte Einfuhr anschließende Transaktion der Wiederausfuhr wird auch als Re-Export bezeichnet. Beim passiven Transithandel (Transitausfuhr) verkauft ein ausländischer Transithändler Waren aus Drittländern an inländische Abnehmer oder Inlandsprodukte an Abnehmer in Drittländern. Aus der jeweiligen Ländersicht liegt aktiver Transithandel hingegen vor, wenn ein inländischer Transithändler im Ausland befindliche Waren an ausländische Dritte weiterverkauft. Wenn der Transithändler in einem Freihafen oder Zolllager eine Bearbeitung vornimmt, handelt es sich um gebrochenen Transithandel (Lagergeschäft). Tauchen die Waren nicht physisch im Land des Transithändlers auf, handelt es sich um echten Transithandel (Streckengeschäft). Ein solcher Transithandel ist üblich bei Stapelgütern (Rohstoffe), Massengütern und im Rahmen von Gegengeschäften, die oft aus politischen Gründen erforderlich werden. Die Durchfuhr betrifft die (physische) Beförderung von Waren aus dem Ausland durch das Inland hindurch wieder in ein Drittland, ohne dass diese in den freien Verkehr des Inlands gelangen, dort also marktwirksam werden. Bei der passiven Durchfuhr hat der Ablader (Verfrachter) seinen Sitz im Ausland, bei der aktiven Durchfuhr hat er ihn im Inland. Die Ware wird versie-
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gelt, um eine unberechtigte Zu- oder Abladung im Inland zu verhindern. In Durchfuhrland entsteht kein Eigentum an der Ware. 13.6.1.4 Kompensationsgeschäft Unter Kompensationsgeschäften (Gegengeschäfte) versteht man Abwicklungen, bei denen die Zahlung einer Warenlieferung nur teilweise oder gar nicht in Geldform erfolgt. Dabei sind sowohl die Inzahlungnahme von Gebrauchtware und deren Anrechnung auf den Kaufpreis als auch ein direkter oder indirekter Naturaltausch von Neuwaren denkbar. Dabei werden nach Arten, Qualitäten, Mengen und Lieferpunkten genau ausspezifizierte gegenseitige Warenlieferungen vereinbart. Ein Verkauf ist also davon abhängig, dass umgekehrt vom Abnehmer Güter oder Dienste gekauft oder für weitere Abnehmer vermittelt werden. Jede Partei fungiert gleichzeitig als Abnehmer und Lieferant (wobei diese auch als Koalitionen ausgebildet sein können). Oft werden auch Absatzhelfer (Middlemen) eingeschaltet. Bei der Inzahlungnahme wird ein Teil der Gegenleistung durch Zahlungsmittel geleistet und ein weiterer durch Hingabe einer gebrauchten Ware. Der Anteil von Kompensationsgeschäften am Welthandel beträgt ca. 10 %. Gründe dafür liegen in weit verbreiteten, ernsthaften Störungen des konventionellen Handels aus politischen, strukturellen oder konjunkturellen Gründen. Meist werden solche Geschäfte mit devisenarmen Ländern assoziiert, vor allem Entwicklungsländern, welche die Versorgung mit teilweise lebensnotwendigen Gütern durch Abgabe adäquater eigener Güter gewährleisten. Oder hoch verschuldeten Ländern, die strengen Auflagen des IMF unterliegen, um ihre Schulden zu tilgen. Sich verschlechternde Terms of Trade drücken ein Missverhältnis der Preise für die Hauptexportwaren gegenüber den Importwaren aus. Hinzu kommen Preisschwankungen auf den Rohstoffmärkten. Dadurch können fehlendes Export-Know-how verlagert und ansonsten unergiebige Märkte erschlossen werden. Auch müssen die Preise nicht offengelegt werden, so dass Handelshemmnisse umgangen und Kartellpreise unterlaufen werden können. Weitere Vorteile sind die Einsparung von Devisen (ausländischen Zahlungsmitteln), die Kopplung von Beschaffung und eigenem Absatz, die Entlastung des Vertriebs, die Überbrückung von Liquiditätsengpässen etc. Kompensationsgeschäfte können nach vielfältigen Kriterien rubriziert werden. Nach der Tauschquote ist Folgendes möglich. Wird nur ein Teil der Gegenleistung in Waren erbracht und der Rest in Devisen, handelt es sich um eine Teilkompensation, entweder als Restschuld des Importeurs bei Unterlieferung mit Gegenware oder als Restforderung des Importeurs bei Überlieferung mit Gegenware. Bei Vollkompensation entspricht das Zweitgeschäft in vollem Umfang dem Hauptgeschäft.
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
Nach der Anzahl der Beteiligten ist Folgendes möglich. Bei zwei Beteiligten spricht man häufig, wenngleich nicht durchgängig von Barter (Tauschgeschäft), bei mehr als zwei Beteiligten hingegen vom Clearing-Geschäft. Nach der Verwertung kann die getauschte Ware in vollem Umfang selbst eingearbeitet werden, dann handelt es sich um Eigenkompensation. Oder aber die Tauschware wird durch Dritte eingesetzt, dann handelt es sich um Fremdkompensation. Nach der Abfolge der Transaktionen können diese gleichzeitig (im Regelfall) oder zeitlich versetzt zueinander (beim Deferred Barter oder Advanced Purchase) erfolgen. Nach der Verbundenheit der in die Transaktionen einbezogenen Waren handelt es sich um verbundene Leistungen (Buyback- oder BOT-Geschäft) oder (regelmäßig) unverbundene Leistungen. Nach der Anzahl der Verträge können nur ein (gekoppelte Transaktionen) oder zwei und mehr getrennte Verträge (nach außen hin ungekoppelte Transaktionen) zugrunde liegen. 13.6.2 Dauervertragsvertrieb In einer zweiten Stufe des Auslandsvertriebs kommt es für gewöhnlich zum Eingehen einer vertraglichen Bindung mit einem ausländischen Anbieter. Es herrscht der Transferprimat vor. Als Ausprägungen kommen dafür in erster Linie die Lizenzierung, die (einfache) Kooperation und die Strategische Allianz in Betracht, aber auch die Kontraktierung, das (Master-)Franchising und das Betreibermodell (siehe Abb. 92). 13.6.2.1 Lizenz Eine Lizenz ist allgemein die Erlaubnis zur vertraglich abgesicherten entgeltlichen Nutzung einer durch Patente geschützten Erfindung (Produkt, Verfahren, Zeichen) oder ungeschützten Wissens des intellektuellen Eigentümers oder von beidem, durch einen Lizenznehmer gegen Entgelt, meist verbunden mit der Zusicherung weiterer Dienstleistungen kaufmännischer oder technischer Art. Dies erfolgt durch vollständige oder teilweise, d. h. sachlich, räumlich oder zeitlich beschränkte, Übertragung von Gewerblichen Schutzrechten durch den Urheber an andere Personen oder Organisationen. Und zwar als einfache oder ausschließliche Lizenz. Erstere ist nicht ausschließlich, d. h., der Lizenzgeber kann mehreren Lizenzgebern sachlich, räumlich und / oder zeitlich parallel die gleichen Rechte einräumen.
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Ausprägungen des Dauervertragsvertriebs Lizenz
Betreibermodell
Kontrakt
Einfache Kooperation
(Master-)Franchising
Strategische Allianz
Abb. 92: Ausprägungen des Dauervertragsvertriebs
Gegenstand eines Lizenzvertrags ist immer die Befugnis, das Recht eines anderen zu nutzen. Dabei kann es sich um eine Lizenz unmittelbar vom Rechte inhaber handeln oder um die Unterlizenz eines nur mittelbaren Lizenznehmers (z. B. Master-Franchise). Das Entgelt erfolgt als Pauschalgebühr (Lump Sum) oder umsatz- / absatzabhängige Zahlungen (Royalties) sowie als Mischformen aus einmaliger Lizenzerteilungsgebühr (Down Payment) und laufenden Nutzungsgebühren (Fees) mit oder ohne garantierten Mindestbetrag. Beim Lizenznehmer kann es sich um eine Person, einen Betrieb oder einen Konzern handeln. Die Nutzung kann dabei jeweils als Zwangslizenz erfolgen (z. B. bei Monopolbetrieben) oder als freiwillige Lizenz. Es gibt verschiedene Arten von Lizenzen. Bei Know-how-Lizenzen werden nicht geschützte, aber geheime, technische und kaufmännische Kenntnisse und Fertigkeiten transferiert. Diese Lizenz ist die weitreichendste und betrifft die Benutzung von technischem und / oder betriebswirtschaftlichem Wissen, die dem Know-how-Nehmer FuE, Beschaffung, Produktion und / oder Absatz gestatten bzw. ermöglichen. Etwas enger gefasst handelt es sich um eine Patentlizenz über durch Gewerbliche Schutzrechte geschütztes Know-how. Produktionslizenzen betreffen die Genehmigung zur Herstellung (und zum Vertrieb) eines bisher vom Licensor produzierten Erzeugnisses. Dies bedeutet, dass ein Hersteller materieller Güter einem ausländischen Produzenten auf vertraglicher Grundlage und gegen Vergütung (Lizenzgebühr) die Ergebnisse seiner Produktentwicklung und Produktionsvorbereitung zur Verfügung stellt und
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
ihm das Recht einräumt, danach gleiche Produkte herzustellen und / oder zu verbrauchen. Vertriebslizenzen betreffen eine vollständige oder teilweise Übertragung von Gewerblichen Schutzrechten durch den Urheber an andere Personen oder Organisationen, die Produkte in Lizenz vertreiben. Je stärker der Lizenzgeber Einfluss nehmen kann, desto geringer ist dabei sein Risiko. Daher wird ihm an einer inhaltlichen Begrenzung der Lizenzvergabe gelegen sein. Markenlizenzen betreffen die (Mitbe-)Nutzung einer bestehenden Marke (in anderem Marktfeld). Die Systemlizenz wird als Franchise bezeichnet. Ziele der Lizenzpolitik sind vor allem die Erschließung neuer Märkte bei begrenzten Ressourcen, die Senkung der Transportkosten bei großer Distanz, die Realisierung niedriger Produktionskosten, die Sicherung kundennaher Services, die Überwindung von Kapazitätsengpässen, die Nutzung von FuE-Knowhow, die Erschließung von Marktnischen, die Überwindung von Schutzzöllen, Einfuhrsperren etc., die Erfüllung von Local Content-Auflagen, die Unterbindung von Konkurrenzerfindungen, die Umgehung von Marktanteilsbegrenzungen, die Senkung des Investitionsrisikos, die Erzielung zusätzlicher Einnahmen, die schnelle Amortisation getätigter Investitionen und die Gewinnverlagerung. Dazu sind freilich vorsichtige und zweckmäßige vertragliche Vereinbarungen erforderlich. Vorteile der Lizenzvergabe (beim Licensor) liegen in folgenden Aspekten. Tarifäre und nicht-tarifäre Markteintrittsbarrieren können umgangen werden, da der Lizenznehmer Inländer ist. Ein schneller und leichter, kostengünstiger Markteintritt wird möglich. Die Marktrisiken sind geringer als bei anderen Formen. Durch Lizenzaustausch (Cross Licensing) besteht die Möglichkeit zur Ausweitung des eigenen Angebots. Eine einfache Anpassung an größere Marktvolumina auf Auslandsmärkten ist möglich. Importrestriktionen und staatliche Sanktionen können umgangen werden. Es kommt zu einer gesteigerten Wettbewerbsfähigkeit durch die Lizenzzulieferung aus dem Ausland. Es ist ein leichtes Ausweichen bei Streiks, Betriebsfriktionen etc. darstellbar. Es fließen laufende Zusatzeinnahmen aus Lizenzgebühren zu. Die Regelung von Schutzrechts- und Konkurrenzproblemen und die mögliche Expansion bei Kapitalmangel im eigenen Unternehmen sind vertraglich regelbar. Die günstigere Kostensituation im Lizenznehmerland kann ausgenutzt werden, und es entstehen Transportkosteneinsparungen. Als Nachteile sind folgende zu nennen. Es bestehen Steuerungs- und Kon trollprobleme des Vertriebs. Zwischen Lizenznehmer und Lizenzgeber kann es bei falscher Auswahl zu einem ungewollten negativen Imagetransfer (Badwill) kommen. Aus dem Lizenznehmer kann durch Verselbstständigung ein potenzieller Konkurrent auf dem Zielmarkt und auf Drittmärkten erwachsen. Bei un berechtigter Lizenzweitergabe kommt es zu einem ungewollten Know-howAbfluss. Die Überprüfung und Einhaltung vertraglicher Abmachungen sind
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schwierig zu realisieren. Das Lizenzentgelt ist wohl immer geringer als ein Gewinn bei Eigenleistung, dies bedeutet Verzicht auf Renditemaximierung. Die Qualifikation / Kompetenz der ausländischen Partner bei falscher Vorbereitung ist unzureichend. Vor allem mangelt es dann an notwendigen produktbegleitenden Dienstleistungen. Es entstehen sprachliche Verständigungsprobleme (z. B. in der Korrespondenz). Die Qualität der Leistung weicht negativ ab, und es kann zu einem Transferrisiko für die Einkünfte aus der Lizenzvergabe kommen. Die Vor- und Nachteile der Lizenznahme (beim Licensee) sind entsprechend spiegelbildlich zu sehen. Im Wesentlichen handelt es sich bei den Vorteilen um folgende: •• Einsparung von Forschungs- und Entwicklungskosten, beschleunigte Produkteinführung, Erschließung von Know-how, das anderweitig nicht zugänglich wäre, Umgehung von Handelshemmnissen, Partizipation am Image des Lizenzgebers, Risikoreduktion wegen gesicherter Produktentwicklung und überschaubarer Kalkulation, erste Stufe für weitergehende Zusammenarbeit. Als Nachteile sind vor allem folgende zu nennen: •• mögliche Konkurrenz bei nicht-exklusiver Lizenzvergabe, Einschränkung der unternehmerischen Freiheit in Bezug auf die Lizenzvereinbarungen, Gefahr der technologischen Abhängigkeit. 13.6.2.2 Kontrakt Hierbei übernimmt es ein Distributeur im Ausland, im Auftrag des Partners dort Waren auf fester vertraglicher Basis dauerhaft oder zeitlich begrenzt zu vertreiben, evtl. auch zu assemblieren, montieren oder anderweitig unwesentlich zu be- oder verarbeiten. Nach der Zeitdauer kann es sich um einen projektbezogenen Vertrag oder um eine auf Dauer angelegte Regelung handeln. Die Zusammenarbeit erfolgt normalerweise exklusiv für ein Land. Der Umfang der Tätigkeiten erfordert die mehr oder minder strenge Supervision des Auftraggebers. Bei der weitergehenden Vertragsfertigung (Contract Manufacturing) lässt ein inländisches Unternehmen seine Produkte oder wesentliche Teile davon von einem ausländischen Unternehmen auf fester vertraglicher Basis nach seinen Spezifikationen fertigen (Lohnfertigung). Dabei kann es sich um Vor- oder Endproduktion handeln sowie um Veredelung. Im Rahmen eines einzelnen Geschäfts vollzieht sich somit zwischen den beteiligten Geschäftspartnern ein auf die gemeinschaftliche Herstellung von Gebrauchswerten gerichteter Austausch materieller Güter in Gestalt von Erzeugnissen mit Rohstoff- bzw. Materialcharakter und von daraus hergestellten Erzeugnissen. Innerhalb und mittels Lohnfertigungsgeschäft findet jedoch grundsätzlich kein Verkauf bzw. Kauf der genannten Güter statt. Das Geschäftsobjekt ist vielmehr eine auf das (positive)
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
Verändern der Gebrauchseigenschaften materieller Güter gerichtete, industrielle, evtl. auch handwerkliche Dienstleistung (Werkvertrag). Der Verkäufer dieser Leistung wird als Fertiger, der Käufer als Besteller bezeichnet. Die Ausgangsstoffe des Leistungsprozesses werden meist vom Besteller oder durch einen von ihm beauftragten Dritten beschafft und dem Fertiger durch einen lieferähnlichen Vorgang zur Verfügung gestellt. Diese Werkstoffe bleiben jedoch fremdes Eigentum, und der Fertiger fungiert nur als Lagerhalter. Das Ergebnis des Fertigungsprozesses steht dem Besteller zu. Es besteht also eine Rücklieferungspflicht gegen Leistungsvergütung. Als Vorteile für den Auftraggeber sind folgende zu nennen. Der Kapitaleinsatz auf dem ausländischen Markt bleibt begrenzt, die Kostenbelastung durch Zölle und Einfuhrnebenabgaben wird reduziert, wodurch die Transportkosten verringert und dadurch die Wettbewerbsfähigkeit verbessert werden kann. Ausländer benachteiligende Investitionsgesetze können umgangen werden. Die Lagerfunktion wird eingegrenzt und Logistikkostenvorteile im Ausland können genutzt werden. Außerdem besteht kein Markt- und Investitionsrisiko. Es fließen sofortige Erträge ohne umfangreiche Vorinvestitionen. Markt- und LänderKnow-how für einen späteren Markteintritt können erworben werden und die „Managed Firm“ kann als möglicher Kooperationspartner oder Akquisitionsobjekt „live“ kennengelernt werden. Die Umgehung von produktions- und vertriebsrelevanten Vorschriften im Inland ist möglich. Hinzu tritt u. U. eine Unterstützung durch staatliche Förderung. Es kommt zur Nutzung des spezifischen Produktions- und Vertriebs-Know-hows ausländischer Partner und von evtl. Imagevorteilen eines ausländischen Herstellers und / oder eines (ausländischen) Country of Origin-Effekts. Als Nachteile für den Auftraggeber sind folgende zu nennen. Teile des Betriebsgewinns gehen auf den Partner über. Die Weitergabe von Know-how ist unvermeidlich. Die Auswahl geeigneter Partner bleibt problematisch und die Gewährleistung von Qualitätsstandards fraglich. Außerdem liegt kein echter Markteintritt vor. Die Partizipation am Markterfolg ist begrenzt. Management-Knowhow fließt ab und potenzielle Konkurrenzgefahr auf Heimat- und Drittmärkten droht. Es besteht eine Abhängigkeit von der Qualität, Lieferzuverlässigkeit und -pünktlichkeit des Partners. Evtl. entstehen hohe Transaktionskosten bei einem Partnerwechsel bzw. bei Fortsetzung der Bindung an den Partner. Hinzu kommen das Wechselkursrisiko und die üblichen sonstigen Auslandsrisiken. 13.6.2.3 (Master-)Franchising Das Master-Franchising als Form des internationalen Franchisings regelt die Rahmenbedingungen für ausländische Systemnehmer im Franchise. Dabei erhält der Franchisenehmer das Recht eingeräumt, seinerseits in einer Region Unterfranchisen zu vergeben. Vollfranchisen erstrecken sich über den gesamten Be-
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triebsbereich, Abteilungsfranchisen nur auf einzelne Bereiche des Fremdunternehmens. Unterscheidungsmerkmale sind die Internationalisierungsintensität (Zahl der Länder, kulturelle / geografische Distanz), der Umfang (Zahl der Franchisenehmer, Betriebsgrößen), der Gegenstand (Hauptziel, Branche, Produktklasse), der Marktauftritt (Einheitlichkeit), die Finanzen (einmalige und laufende Zahlungen) und die Rechte / Pflichten. Dabei sind verschiedene Ausprägungen möglich. Beim Vertriebs-Franchising geht es nur um das vertriebsseitige Zusammenwirken der Partner. ProduktFranchising deckt hingegen auch die Herstellung dieser Waren und die Erbringung selbstständiger Dienstleistungen ab. Direktes Franchising bedeutet im Rahmen des Master-Franchise die unvermittelte Vergabe von Franchisen an rechtlich vom Franchisegeber unabhängige Unternehmen im Ausland, die als Franchisenehmer auftreten. Indirektes Franchising erfolgt im Rahmen des Master-Franchise durch eine im Land des Franchisenehmers ansässige Tochtergesellschaft des eigentlichen Franchisegebers bzw. ein kapitalbeteiligtes oder anderweitig beherrschtes, dort ansässiges Fremdunternehmen, das im eigenen Namen Franchisebeziehungen mit Partnern eingeht und unterhält. Die Waren werden entweder vom Franchisor selbst oder durch von ihm kontrollierte Dritte bereitgestellt. Zwar kann der Franchisee auf diese Weise das größere Know-how des Franchisors nutzen und sich mit geringem Kapitaleinsatz selbstständig machen und an einem marktgerechten System partizipieren, doch muss er dafür in Kauf nehmen, dass sein Handlungs- und Entscheidungsspielraum erheblich eingeschränkt wird und er sich dem Willen des Franchisors weitgehend unterzuordnen hat. Damit besteht die Selbstständigkeit dann de facto wiederum nicht mehr. Der Franchisor kann ebenfalls mit geringem Risiko eine gewünschte Marktdurchdringung erreichen. Vorteile des Franchisegebers liegen in folgenden Aspekten. Es ist nur ein geringer Kapitalbedarf bei starker Intensität des Engagements gegeben. Die eigene Betriebskonzeption kann durchgesetzt werden. Auch ist eine starke Einflussnahme auf den Franchisee möglich. Durch dessen rechtliche Selbstständigkeit bleibt zudem das Markteintrittsrisiko begrenzt. Die Eigenmotivation des Franchisees als Unternehmer ist hoch. Seine Nachteile sind folgende. Es sind aufwändige Steuerungs- und Kontrollmechanismen erforderlich. Daraus entstehen hohe Koordinationskosten. Der Anspruch an die Managementqualifikation ist hoch. Das System ist wenig flexibel. Es besteht die Gefahr des Know-how-Abflusses.
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
13.6.2.4 Betreibermodell Beim Managementvertrag (Management Contracting) führt der Systemgeber international das Unternehmen auf Rechnung und im Namen des Systemnehmers (z. B. Mövenpick, Kempinski in der Hotellerie). Dabei stellt ein Unternehmen aus einem fremden Wirtschaftsgebiet als Contracting Firm also Management-Know-how, wenn gewünscht begleitet durch die erforderliche personelle Ausstattung, zur Verfügung, während die Partnerseite (Managed Firm) aus dem Gastland und / oder einem fremden Wirtschaftsgebiet die Direktinvestition tätigt. Im Zusammenhang mit der Errichtung großer Anlagen oder zum Aufbau / zur Führung eines Betriebs werden dem ausländischen Vertragspartner meist Führungskräfte zur Verfügung gestellt. Dies sichert dem Contractor zugleich den Einfluss auf die Geschäftsführung der Managed Firm. Die Abrechnung erfolgt zumeist auf Basis einer fest vereinbarten Pachtzahlung. Als wesentliche Vorteile des Systemgebers sind folgende zu nennen. Es besteht praktisch kein Marktrisiko. Dafür fließen sofortige Erträge ohne größere Vorinvestitionen. Es kommt zum Erwerb von Markt- und Länder-Know-how für einen späteren eigenen Markteintritt. Insbesondere kann die Managed Firm als möglicher Kooperationspartner oder als Akquisitionsobjekt näher kennengelernt werden. Wesentliche Nachteile sind hingegen. Es liegt kein echter Markteintritt vor. Folglich ergibt sich auch nur eine beschränkte Partizipation am Markterfolg. Ein Abfluss wertvollen Management-Know-hows ist beinahe unvermeidlich. Insofern wird sogar potenzielle Konkurrenz auf dem Heim- und / oder Drittmärkten gefördert. 13.6.2.5 Einfache Kooperation Jede auf freiwilliger Basis beruhende vertraglich geregelte Zusammenarbeit rechtlich selbstständig bleibender und wirtschaftlich eingeschränkter Betriebe zum Zweck der Verbesserung ihrer Leistungsfähigkeit wird Kooperation genannt. Ein Unterfall dieser Form mit grenzüberschreitender Zusammenarbeit ist die internationale Kooperation. Die homogene, konzentrische Kooperation findet horizontal statt, wenn sich Unternehmen der gleichen Wertschöpfungsstufe und gleicher Wirtschaftsbranchen zusammenschließen bzw. vertikal, wenn sich Unternehmen unterschiedlicher, vor- oder nachgelagerter Wertschöpfungsstufen der gleichen Wirtschaftsbranche zusammentun. Die heterogene, anorganische Kooperation findet medial statt, wenn sich Unternehmen der gleichen Wertschöpfungsstufe anderer (verwandter) Wirtschaftsbranchen zusammentun, diagonal, wenn sich Unternehmen verschiedener, vor- oder nachgelagerter Wertschöpfungsstufen anderer (verwandter) Wirtschaftsbranchen zusammentun, und lateral, wenn sich Unternehmen gleicher Wertschöpfungsstufe und verschiedener
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(nicht verwandter) Wirtschaftsbranchen zusammentun sowie konglomeral, wenn sich Unternehmen verschiedener, vor- oder nachgelagerter Wertschöpfungsstufen verschiedener (nicht-verwandter) Wirtschaftsbranchen zusammentun. Als Ziele der Kooperation werden zumeist die Folgenden genannt: •• Effizienz durch gemeinsame Nutzung von Ressourcen und Know-how, Erhöhung des Marktpotenzials, Risikoteilung bzw. -minderung, erleichterter Marktzutritt, insb. bei Existenz von Markteintrittsbarrieren, Know-how-Steigerung, gezielte Gestaltung des Konkurrenzumfelds im jeweiligen Land, Akquisitionsvorbereitung durch Analyse und Bewertung des potenziellen Akquisitionsobjekts in einer Kooperation. Nach der Fristigkeit wird in projektbezogene und dauerhaft angelegte Kooperationen unterschieden, nach dem Inhalt in operative und strategische. Nach den Partner kann es sich um eine Inländerkooperation (mit Gebietsansässigen) oder eine Ausländerkooperation (mit Drittlandansässigen) handeln. Als Vorteile der Kooperation sind allgemein folgende zu nennen. Oft ist ein schnellerer Markteintritt als bei selbstständigem Vorgehen möglich. Es besteht Zugang zu Ressourcen, Potenzialen und Fähigkeiten anderer Unternehmen. Die Überwindung von Markteintrittsbarrieren ist darstellbar. Man kann von einer höheren Akzeptanz auf ausländischen Märkten bei Kooperation mit dort ansässigen Partnern ausgehen. Meist ist nur ein geringeres Ressourcenpotenzial bei Auslandsmarkterschließung einzusetzen. Es kommt zu einer Kosten- und Risikoteilung mit Partnern. Rationalisierungs- und Synergieeffekte durch gegenseitige Ausnutzung der komparativen Vorteile der Partner können genutzt werden. Als Nachteile sind hingegen zu nennen. Es ist nur eine eingeschränkte Selbstständigkeit gegeben. Daraus folgen eine beschränkte Einflussnahme auf die Geschäftspolitik und dadurch Einschränkungen der eigenen Flexibilität. Oft entstehen hohe Koordinationskosten bei der Entscheidungsfindung. Die Teilung von Markterfolgen / Gewinnen ist notwendig. Oft entstehen auch Verteilungsund Nutzungskonflikte bei gepoolten Ressourcen. Integrationsschwierigkeiten der kooperativen Aktivitäten in die eigene Unternehmenspolitik können sich ergeben. Es drohen Know-how-Abflüsse und das Entstehen leistungsfähiger Wettbewerber aus den aktuellen Kooperationspartnern. 13.6.2.6 Strategische Allianz Bei der Strategischen Allianz handelt sich um die begrenzte, meist horizontale (seltener auch vertikale oder diagonale) Zusammenarbeit zwischen mindestens zwei oder mehr rechtlich und wirtschaftlich selbstständigen Unternehmen, die aktuelle oder zumindest potenzielle Wettbewerber sind, im Hinblick auf eine oder mehrere Wertaktivitäten, die auf ihre Kernerfolgspotenziale hin ausgelegt sind und in gegenseitigem Austausch von Leistungen bzw. gegenseitigem Zugang zu Kernkompetenzen bestehen, wobei alle beteiligten Unternehmen einen
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
wesentlichen Teil ihres Beitrags zur Allianz in nicht-monetären Leistungen erbringen. Sie ist dauerhaft (strategisch) und evolutionär angelegt, kann also Vorstufe für einen Zusammenschluss sein und soll durch Einsatz ihrer gemeinsamen Ressourcen eine nachhaltige Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit anstreben, insb. sollen dabei das Potenzial an Ressourcen erhöht und die dafür erforderlichen Kosten und Risiken verteilt werden. Die räumliche Erstreckung kann sich auf alle oder ausgewählte Märkte beziehen oder nur neue Märkte betreffen. Der Inhalt kann in gegenseitiger Arbeitsteilung oder Poolung von Kapazitäten liegen, ist aber immer nur auf Teilbereiche der Aktivitäten im Bündnisfeld gerichtet, und zwar mit interner Wirkung und (zumindest nicht formal) als abgestimmtes Verhalten am Markt (z. B. Star Alliance). Strategische Allianzen verlangen das bewusste, freiwillige Eingehen von Abhängigkeiten, dies setzt entsprechendes Vertrauen voraus. Weitere Voraussetzungen für das Gelingen sind ein gemeinsames Ziel, komplementäre strategische Interessen (Fit) und komplementäre Leistungsbeiträge. Strategische Allianzen sind evolutionär als frei gestaltbare Formen der Zusammenarbeit von Unternehmen angelegt und verfolgen das Ziel, die individuellen Stärken der Beteiligten in einzelnen Geschäftsfeldern und / oder operativen Bereichen so miteinander zu verbinden, dass dadurch strategisch relevante Wettbewerbsvorteile realisiert und Erfolgspotenziale aufgebaut oder gesichert werden. Ohne klar festgelegtes Ziel der Zusammenarbeit ist eine Allianz jedoch von vornherein zum Scheitern verurteilt, es fehlt die Grundlage für abgestimmtes, gemeinsames Handeln. Sind diese Interessen nicht kompatibel, besteht die Gefahr, dass Interessengegensätze die Verbindung sprengen. Die relative Bedeutung der Beiträge der einzelnen Partner bestimmt ihren Einfluss in der Allianz. Ein Partner, dessen Beitrag zur Erreichung der Allianzziele nicht gebraucht wird, verliert an Gewicht. Charakteristisches Merkmal einer Strategischen Allianz ist die geschäftsfeldbezogene Einschränkung der Selbstständigkeit, wobei zwei oder mehr Unternehmen auf einen Teil ihrer Entscheidungsautonomie verzichten, um ihre Ziele gemeinsam besser verfolgen zu können. An die Stelle einer einzelnen, spontanen Abwicklung ökonomischer Transaktionen tritt somit eine längerfristige bzw. dauerhafte Art der Zusammenarbeit oder Beherrschung. Hinsichtlich der Form unterscheidet man: •• vertragsfreie Allianzen, z. B. zum zwanglosen Austausch von Know-how bezogen auf FuE, Beschaffung, Produktion, Logistik, Marketing, Vertrieb, •• vertraglich begründete Allianzen, z. B. als langfristige Lieferverträge, Lizenzabkommen, im FuE-Bereich. Nach ihrer hauptsächlichen Zielsetzung unterscheidet man: •• Markterschließungsallianzen zum schnellen und wirkungsvollen Eindringen in neue Auslandsmärkte,
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•• Volumenallianzen zur Wahrnehmung von Economies of large Scale und Kostensenkungen im Overhead-Bereich, •• Burden Sharing-Allianzen zur Verteilung von Kosten und Risiken bei Großprojekten, damit werden die Markteintrittsschranken gesenkt, •• Kompetenzallianzen zur Bewältigung komplexer Aufgaben durch Wissens poolung (Economies of Scope). Als Vorteile der Strategischen Allianz sind folgende zu nennen: •• Reduktion von Entwicklungszeiten durch Partnerschaften, raschere Reaktion auf Umfeldveränderungen durch Interfusion mit Kunden und Lieferanten, Erschließung neuer technologischer Kompetenzen und Verbesserung der Prozessbeherrschung durch wechselseitiges Lernen, Nutzung von Kostendegressionsvorteilen und Synergien durch Zusammenführung bestimmter Aktivitäten der Partner, Erschließung neuer Absatzmärkte und Vertriebskanäle durch einen Partner, der über gute Marktkenntnis und Zugang zu Vertriebswegen verfügt sowie Reduktion des FuE-Risikos durch gemeinsame Durchsetzung von Innovationen. 13.6.3 Direkter Auslandsvertrieb Der direkte Auslandsvertrieb ist mit Direktinvestitionen verbunden. Als wesentliche Motive dafür werden häufig folgende genannt: •• Erschließung neuer und Sicherung bestehender Märkte, Nutzung der Größe und Dynamik des Auslandsmarkts, Nutzung niedriger Arbeitskosten, Vorteil des Standorts als Exportbasis für Drittländer, Überwindung von Importbar rieren, Erzielung höherer Renditen, bessere Beschaffungsmöglichkeiten, weniger administrative Hindernisse, höhere Flexibilität des Arbeitsmarkts, Zugang zu öffentlichen Aufträgen im Ausland, höhere Produktivität, Inanspruchnahme staatlicher Investitionsförderung, bessere Arbeitskräftequalifikation, bessere Infrastruktur. Vorteile liegen in der eigenen Präsenz auf dem Auslandsmarkt, der Nutzung niedrigerer Lohnkosten im Ausland, der Verringerung von Währungsrisiken sowie im Paritätenausgleich, der Nutzung billigerer Rohstoffe, der niedrigeren Transportkostenbelastung zu Abnehmern, der Umgehung von Importrestriktionen, der kostengünstigen Reimportmöglichkeit (zur Veredelung), der Förderung der Gastländer durch Know-how-Transfer und der Nutzung von Steueranreizen des Gastgeberlands. Nachteile liegen in der Gefahr des Abbaus von Arbeitsplätzen im Inland, der Möglichkeit der Gewinnverschiebung durch Transferpreise (beides vorwiegend aus gesamtwirtschaftlicher Sicht), der evtl. Notwendigkeit zur Minderheitsbeteiligung von Gastländern und den politischen Risiken dort.
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
Abb. 93: Ausprägungen des Direkten Auslandsvertriebs
Als wesentliche Ausprägungen des Direkten Auslandsvertriebs gelten die Geschäftsbeteiligung und -übernahme bei Bestandsunternehmen, die Alleingründung und die Gemeinschaftsgründung bei Neuunternehmen (siehe dazu Abb. 93). 13.6.3.1 Geschäftsbeteiligung und -übernahme Nach der Form kann aktive und passive Beteiligung unterschieden werden. Aktiv meint, dass sich ein Unternehmen an einem anderen beteiligt, um seine internationale Vermarktungsposition zu verbessern. Passiv meint, dass ein Unternehmen die Beteiligung eines anderen sucht, um sich auf diese Weise besseren Zugang zu den internationalen Märkten zu verschaffen. Gerade für Unternehmen, welche die kritische Größe nicht erreichen, besteht darin oft die letzte Chance zum Überleben. Dem weiteren Gewinn an Finanzmitteln steht damit ein mehr oder minder großer Verlust an Selbstständigkeit gegenüber. Eine Beteiligung kann verschiedenen Umfang haben. Eine Minoritätsbeteiligung (25 %– 50–95 %) bringt zum Ausdruck, dass eigene unternehmerische Initiative und Durchsetzung eingebracht werden soll. Nach der Marktstufe kann es sich um eine horizontale (auf gleicher Marktstufe), eine vertikale (auf vor- oder nachgelagerter Marktstufe) oder eine laterale Auslegung (anderer Wirtschaftsbereich) handeln. Nach der Intensität handelt es sich entweder um eine Erhaltungsbeteiligung mit Autonomie und selbstständiger Identität des akquirierten Unternehmens,
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eine symbiotische Beteiligung mit weitgehender Selbstständigkeit oder eine Absorptionsbeteiligung mit völliger Anpassung an den akquirierenden Betrieb. Die wichtigsten Ziele der Beteiligung sind folgende: •• Schnellerer Markteintritt, Vergrößerung der Marktmacht gegenüber Lieferanten, Wettbewerbern und Abnehmern, Streuung des Risikos mittels Diversifikation, Umgehung von Markteintrittsbarrieren, Erwerb von einheimischem Markt-Know-how, Erzielung von Synergien in verschiedenen Bereichen der Wertschöpfungskette, Ausschaltung von Konkurrenten, Erhöhung des Unternehmenswerts, Nutzung von Abschreibungs- und Investitionsgelegenheiten. Bei der Übernahme wird ein übernommenes Unternehmen voll und ganz in das übernehmende integriert. Damit sind dann eindeutige Verhältnisse gegeben. Allerdings involviert dies auch den größten Finanzmittelaufwand. Außerdem können wettbewerbsrechtliche Gründe gegen die Übernahme sprechen. Die Fusionskontrolle (GWB) etwa kennt größenabhängige Anmelde- und Anzeigekriterien sowie Interventionsmöglichkeiten bei Entstehung oder Verstärkung marktbeherrschender Stellungen ohne eine diese überwiegende Verbesserung der Wettbewerbsverhältnisse oder ohne das dominante Interesse der Allgemeinheit daran. Nach dem Ausmaß der Übernahme handelt es sich um eine Teilakquisition (nur einzelne Betriebsteile betreffend, etwa als Buy-out) oder um eine Gesamtakquisition (alle Betriebsteile betreffend). Nach dem Verhalten handelt es sich um eine feindliche Übernahme (Unfriendly Takeover) ohne Zustimmung des akquirierten Unternehmens (nur bei bestimmten Rechtsformen) oder um eine freundliche Übernahme mit dessen Zustimmung. Nach der Ausrichtung handelt es sich um eine nur kurzfristige Orientierung (Raider / Hedgefonds für Ad hoc-Gewinn) oder eine langfristige (Private Equity als Eigentum auf Zeit) in Schaffung und Ausbau von Erfolgspositionen. Als Vorteile der Übernahme sind vor allem folgende zu nennen. Ein schneller Zukauf von Marktanteilen und eine rasche Positionierung am Markt sind möglich. Es besteht unmittelbarer Zugang zu Ressourcen, heimischem Markt-Knowhow und Distributionsstrukturen des Auslandsmarkts. Die Umgehung von Markteintrittsbarrieren ist möglich. Es kommt zur Nutzung des bestehenden Images des Akquisitionsobjekts. Als Nachteile sind hingegen folgende zu nennen. Ein hoher erforderlicher Ressourcenbedarf ist einzukalkulieren. Daraus resultiert die Hinnahme eines hohen Risikos. Oft entstehen Integrationsprobleme in das Gefüge des eigenen Unternehmens. Es ist von hohen Transaktions- und Koordinationskosten bei der Partnerwahl, -analyse und -integration auszugehen.
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
13.6.3.2 Alleingründung Bei der Alleingründung entschließt sich ein Unternehmen, aus bestehendem Potenzial heraus im Ausland zu internationalisieren (z. B. durch Repräsentanz, ständige Vertriebsvertretung). Dies bedingt neben einer Reihe von Vorteilen, wie optimale Ausgestaltung, Alleinbestimmung etc., zwei gravierende Nachteile. Zum einen handelt es sich um eine Langsamstrategie, d. h., die Zuwachsrate über internes Wachstum wird wahrscheinlich immer unter der durch externes Wachstum liegen. Das liegt darin begründet, dass durch letzteres schlagartig Umsatzvolumen zuwächst, während dies bei ersterem erst sukzessiv im Zeitablauf gelingt. Zum anderen sind die Wettbewerbsvorteile bereits am Markt etablierter Anbieter regelmäßig so stark, dass es selbst potenten Neueinsteigern selten gelingt, allein eine adäquate Marktposition zu erreichen. Insofern ist die Risikorate bei internem Wachstum höher als bei externem. Dies gilt erst recht auf ausländischen Märkten, die weniger transparent und zugänglich sind. Im Falle einer solchen Eigengründung wird eine neue Kapital- oder Personengesellschaft geschaffen. Als wichtigste Ziele sind dafür zu nennen die Wahrung der Unabhängigkeit, Durchsetzung der eigenen Unternehmenspolitik, Umsetzung einer einheitlichen Corporate Identity, schnelle Entscheidungsfindung und Marktbearbeitung, Know-how-Schützung sowie Vergrößerung der eigenen Internationalisierungs intensität. Die Vorteile der Alleingründung liegen in folgenden Aspekten. Es bestehen starke Kontroll- und Einflussmöglichkeiten. Wettbewerbsvorteile können geschützt werden. Es fließt kein Know-how ab. Ein verbleibender Gewinn steht voll zur Verwendungsverfügung. Man ist von fremden Partnern unabhängig. Die Auslandsaktivitäten lassen sich nahtlos in die Geschäftspolitik integrieren. Es ist eine einheitliche Positionierung in mehreren Ländermärkten möglich. Nachteile sind hingegen folgende. Es ist ein hohes Ressourcenpotenzial erforderlich. Man trägt das alleinige Risiko. Die Umsetzung ist zeit- und arbeitsintensiv, damit entstehen hohe Kosten. Eintrittsbarrieren können auf diese Weise evtl. nicht überwunden werden. 13.6.3.3 Gemeinschaftsgründung Bei einem Joint Venture gründen zwei oder mehr Partner ein gemeinschaftlich geführtes Unternehmen, in das Kapital, Know-how und ggf. auch bereits existierende Unternehmensteile eingebracht werden. Es handelt sich damit um eine spezielle Ausgestaltung der kooperativen Zusammenarbeit, die durch kapitalmäßige und vertragliche Bindung der Partner bestimmt ist, ohne dass ein Partner seine Unabhängigkeit verliert. Alle Partner sind vertraglich gebunden, kapitalmäßig beteiligt und tragen anteiliges Risiko. Merkmale sind die geteilte
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Verantwortung, die Beibehaltung der individuellen Unternehmensidentitäten, ein kontinuierlicher Ressourcentransfer und die Unteilbarkeit der Ergebnisse. Dabei kann man verschiedene Formen unterscheiden. Das Joint Venture kann national oder, hier interessierend, international angelegt sein. Es kann organisch horizontal, also auf der gleichen Wertschöpfungsstufe einer Branche, vertikal, also auf vor- oder nachgelagerten Wertschöpfungsstufen einer Branche, oder aber anorganisch auf gleichen oder verschiedenen Wertschöpfungsstufen verwandter oder verschiedener Branchen angesiedelt sein. Joint Ventures können sich neben dem Absatzbereich auch auf Beschaffung, FuE, Produktion, Service etc. beziehen. Ein internationales Joint Venture kann bilateral (Dual Joint Venture mit zwei Partnerländern) oder multilaterial (mehr als zwei Partnerländer) angelegt sein. Denkbar sind dabei folgende Kombinationen: •• die Partner kommen aus dem gleichen Stammland und gründen für das Zielland, •• die Partner kommen aus verschiedenen Stammländern und gründen für das Zielland, •• die Partner kommen aus Stamm- und Zielland und gründen für das Zielland. Das Joint Venture kann kurzfristig (Contractual Joint Ventures) oder, typischerweise, mittel- bis langfristig ausgelegt sein. Es kann eine Imparität der Beteiligung mit Minderheit eines Partners und entsprechend Mehrheit des anderen, oder, typischerweise, eine Parität der Partner vorsehen. Die Eigentumsund Kontrollrechte entsprechen dabei meist der Verteilung der Kapitalanteile. Ein (internationales) Joint Venture bezeichnet somit die Führung eines neu zu gründenden Gemeinschaftsunternehmens durch die Anteilseigner als zwei oder mehr wirtschaftlich voneinander unabhängigen Unternehmen im In- und Ausland, die gemeinsam die führungsmäßige Verantwortung und das finanzielle Risiko aus einem Vorhaben tragen. Joint Ventures können kooperativ angelegt sein (typisch), also aus sich selbst heraus wirtschaftlich lebensfähig, mit geschäftspolitischen Entscheidungen im eigenen Interesse und damit im Wesentlichen unbeeinflusst von anderen, ähnlich gelagerten Interessen der Eignerunternehmen, oder konzentrativ angelegt sein, was GWB-relevant ist (mit Beteiligung). Joint Ventures implizieren oft eine 50:50-Beteiligung (Equity Joint Venture) zwischen den Partnern. Dabei treten allerdings leicht Interessenkonflikte auf, und es drohen Prestige- und Machtkämpfe, die zu ungebührlichen Kompromissen zwingen (daher werden meist Entscheidungsbereiche bei Stimmengleichheit einem Partner zugeordnet). Dennoch erfährt gerade diese Form bei grenzüberschreitenden Neugründungen einen Boom. Oftmals bilden dabei das Gastland selbst und ein Investorenunternehmen die Partner (Local Content). Dies liegt
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im Wunsch des Gastlandes begründet, am wirtschaftlichen Erfolg und dessen Management angemessen beteiligt zu sein. Viele Entwicklungsländer machen z. B. zwischenzeitlich Direktinvestitionen von mehr oder minder hohen Local Content-Anteilen abhängig. Oder sie finden als Formen mehrheitlicher bzw. minderheitlicher Beteiligung eines Partners statt, meist als 51 : 49-Beteiligung (Majority / Minority Joint Venture), wobei häufig ein Unternehmen vorrangig Kapital und das andere Know-how einbringt. Das Engagement kann mehr oder minder eng sein. Oft handelt es sich dabei auch um erzwungene Joint Ventures, wenn dies die einzige Möglichkeit ist, im Ausland Fuß zu fassen, da die Gesetze des Gastlandes die Beteiligung eines einheimischen Partners zwingend vorschreiben. Als Vorteile eines Joint Venture (gegenüber der Alleingründung) sind folgende zu nennen. Es ist ein geringerer Kapitaleinsatz notwendig. Daraus resultiert eine niedrige Risikobelastung. Durch den Gastlandanteil besteht eine geringere Enteignungsgefahr. Durch Poolung kann ein besseres Informationsniveau erreicht werden. Es besteht ein verbesserter Zugang zu Behörden / öffentlichen Aufträgen und lokalem Kapitalmarkt. Der Gastlandanteil führt zu einer verbesserten Akzeptanz in der Öffentlichkeit. Nachteile eines Joint Venture sind hingegen folgende. Es kommt leicht zu Leitungskonflikte. Zudem ist nur eine unvollständige Kontrolle gegeben. Es herrscht ein labiles Anreiz-Beitrags-Gleichgewicht vor. Meist liegen divergierende Interessen in Bezug auf Gewinnverwendung, Exportpolitik, Transferpreisfestsetzung etc. vor. Oft ist daher nur eine zeitlich befristete Lösung sinnvoll. Dafür spricht auch die erfahrungsgemäß hohe Auflösungsquote dieser Ansätze. 13.6.4 Wahl der Markteintrittsform Die Entscheidung hinsichtlich der Form des internationalen Vertriebs kann nach verschiedenen Verfahren erfolgen. Am verbreitetsten ist das Checklistenverfahren. Dabei werden Kriterien zur Beurteilung festgelegt und diese in Bezug auf die Markteintrittsformen nach vorhanden / nicht vorhanden (ja / nein) beurteilt. Die Form mit den meisten „Ja“-Antworten ist zu bevorzugen. Alternativ dazu kann auch ordinal in Klassen abgestuft werden (z. B. sehr gut bis sehr schlecht). Dann ist jene Form zu bevorzugen, welche die meisten positiven Bewertungen erhält. Praktisch relevante Kriterien sind etwa folgende: •• Schwerpunkt des Wertschöpfungsengagements im Ausland, •• Verteilung der Ressourcen zwischen In- und Ausland, •• Art und Ausmaß des Ressourcentransfers,
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•• Amortisationsziel und Gewinnpotenzial des Ressourceneinsatzes, •• rechtliche Einschränkungen, •• mit dem Auslandsengagement verbundene Risiken (z. B. Wettbewerbsintensität), •• Option der Reversibilität des Auslandsengagements, •• Notwendigkeit zur Dauer des Auslandsengagements, •• Kontrollnotwendigkeiten des Auslandseinsatzes, •• für erforderlich gehaltene Eigentumsstruktur, •• Akzeptanz des Engagements im Ausland, •• Förderung des Auslandsengagements (öffentlich oder privat), •• Nutzung von Erfahrungs- (Economies of Scale) oder Verbundeffekten (Economies of Scope) im Ausland. Beim Verfahren der aspektweisen Elimination werden diese Kriterien zusätzlich mit einem als unerlässlich angesehenen Anforderungsniveau oder einer notwendigen Bandbreite festgelegt. Dann werden die Kriterien für jede Form sukzessiv einzeln geprüft und solche Formen eliminiert, die diesen Anforderungen / Bandbreiten nicht entsprechen. Durch Anpassung der Niveaus bzw. Verengung der Bandbreite kann dies solange fortgesetzt werden, bis nur noch eine Form übrigbleibt. Bei Scoring-Verfahren werden für diese Kriterien nach Expertenschätzung relational jeweils Punkte vergeben. Ggf. können die Kriterien nach ihrer zugrunde gelegten Bedeutung auch zueinander gewichtet werden. Dies erfordert für qualitative Kriterien zunächst eine Umrechnung von kardinalen / ordinalen Werten in metrische im Rahmen einer Nutzwertanalyse. Es ist dann diejenige Markteintrittsform zu präferieren, welche die höchste Gesamtpunktzahl über alle Kriterien erhält. Denkbar ist weiterhin, zwei präferierte Markteintrittsformen einer Dominanzprüfung zu unterziehen. Dabei erfolgt ein Paarvergleich der in Betracht gezogenen Optionen in Bezug auf jedes für erforderlich gehaltene Kriterium. Diejenige Form ist dominant, die dabei mehr Überlegenheitsurteile erreicht. Bei der Investitionsanalyse werden die mit der Markteintrittsform erwartungsgemäß verbundenen Kosten- und Zahlungsströme bewertet und verglichen. Dabei können die interne Verzinsung, die Höhe der erwarteten Annuität, die Amortisationszeit oder der Kapitalwert als Bewertungsmaßstab zugrunde gelegt werden. Es ist dann diejenige Markteintrittsform zu wählen, die in Bezug auf den gewählten Maßstab am besten abschneidet. Eine Auswertung der Ergebnisse ist im Rahmen des Capital Asset Pricing Model möglich. Dabei ist diejenige Form zu präferieren, deren Risiko-Rendite-
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
Relation als günstigste einzuschätzen ist. Dafür wird zusätzlich zu der generischen Mindestverzinsung eine risikogradabhängig steigende Zinsprämie aufgeschlagen. Akzeptabel sind Optionen, deren Rendite höher als dieser Referenzwert liegt. 13.7
Entscheidung über die internationale Marktabfolge
Da die Zeit einen wesentlichen Wettbewerbsfaktor darstellt, handelt es sich beim Auslandsmarkttiming um einen zentralen Aspekt. Diese kann sich auf das Timing innerhalb eines Auslandsmarkts beziehen (intranational) oder auf das Timing zwischen zwei oder mehr Auslandsmärkten (supranational). Beide Perspektiven werden im Folgenden erläutert (siehe Abb. 94). Der Wasserfall-Ansatz bedeutet, dass neue ausländische Märkte erst langsam und nach ausgiebiger Informationssuche erschlossen werden, und zwar im Zeitablauf sukzessiv Land für Land. Dies bietet sich an, wenn die Markteintrittskosten gestreckt werden sollen, wenn Länder mit unterschiedlichen administrativen und marktlichen Strukturen, abweichendem Abnehmerverhalten und -bedürfnissen sowie abweichendem technologischen und innovativen Stand gegeben sind. Das Wasserfall-Vorgehen bietet folgende Vorteile. Es schont die betrieblichen Ressourcen und begrenzt damit zugleich Risiken. Eine angemessene Differenzierung der bearbeiteten Märkte zueinander ist möglich. Der Markteintritt für „spätere“ Märkte kann aus den Gewinn „früherer“ Märkte finanziert werden. Aus Fehlern in den „frühen“ Märkten kann für „spätere“ Märkte gelernt werden. Nachteile sind hingegen folgende. Es besteht die Gefahr, dass Marktchancen zeitlich verpasst werden. Ein etwaiger Überraschungseffekt für den Wettbewerb geht verloren. Konkurrenten werden frühzeitig für das Vorgehen des Marktein-
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Abb. 94: Optionen der internationalen Marktabfolge
13. Internationaler Vertrieb533
tritts sensibilisiert. Erfahrungseffekte sind bei großen Unterschieden zwischen den Märkten ohnehin kaum nutzbar. Ein Sprinkler-Ansatz liegt demgegenüber vor, wenn ein Unternehmen in kurzer Zeit möglichst viele Länder für den Auslandsvertrieb erschließen will, indem es simultan in mehreren Märkten vorgeht. Dies bietet sich an, sofern länderübergreifende Zielgruppen existieren, Güter mit kurzen Lebenszyklen gegeben sind und geringe Markteintrittsbarrieren bestehen. Das Sprinkler-Vorgehen bietet folgende Vorteile. Es ist ein frühzeitiger Markteintritt möglich. Pioniervorteile können hinreichend genutzt werden. Es kommt zu einer raschen Amortisation des eingesetzten Kapitals. Es besteht die Chance, einen De-facto-Standard an den Märkten zu etablieren. Die Reaktionsmöglichkeiten des Wettbewerbs sind eingeschränkt. Nachteile sind hingegen folgende. Es ist ein hoher Ressourcenbedarf erforderlich (Zeit, Budget, Manpower etc.). Ein hohes Maß an Komplexität entsteht, verbunden mit vermeidbaren Kosten / entgehenden Erlösen. Es ist nur eine geringe Anpassung an Marktbesonderheiten möglich. Ein hohes Risiko für Fehlschläge ist gegeben. Erfahrungen aus anderen Märkten können nicht genutzt werden. Eine Mischform stellt das hybride Vorgehen, also wechselweise Sprinkler und Wasserfall (Brückenkopf-Ansatz) dar. Dieses versucht, die Nachteile der jeweiligen Form zu vermeiden und zugleich die Vorteile der jeweilig anderen zu nutzen. Dabei dient ein Land im „Wasserfall“-Prinzip zunächst als Sprungbrett für zwei oder mehr anschließende Länder im „Sprinkler“-Prinzip. Häufig betrifft dies räumlich benachbarte Länder (z. B. D.A.CH oder E.ME.A), weil diese meist eher als vergleichbar angesehen werden. Die Vorteile liegen dabei in Folgendem. Die Erschließungszeit für mehrere Ländermärkte ist relativ kurz. Erfahrungen aus bereits vollzogenen Markterschließungen können genutzt werden. Ein kalkulatorischer Ausgleich von Anfangsverlusten bei Marktneueintritt durch bereits erfolgreich vollzogene Markt erschließungen ist möglich. Zumindest teilweise kommt es zur Ausnutzung von Standardisierungspotenzialen und zur Begrenzung des internationalen Flopp risikos. Nachteile sind hingegen folgende. Es besteht die Gefahr der Fehleinschätzung neuer Märkte durch Erfahrungstransformation aus vollzogener Marktbearbeitung. Ebenso besteht die Gefahr der Ressourcenverzettelung. Die eigenen Handlungsabsichten können durch Wettbewerber bereits frühzeitig erkannt werden. Benachbarte Länder weisen häufig Animositäten auf, die eine Übertragung gefährden. Eine weitere hybride Form ist mit dem Lead Country-Ansatz gegeben. Dabei wird eine größere regionale Einheit bzw. für den Weltmarkt insgesamt ein Land als Basis für die Vermarktungsaktivitäten zugrunde gelegt. Die anderen Länder haben diese dann parallel zu übernehmen, können aber im Rahmen begründeter
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
Besonderheiten mehr oder minder umfangreiche Abwandlungen (Adaptationen) vornehmen. Dies reicht von der bloßen Übersetzung von Werbemitteln bis zur multikriteriellen Einflussnahme auf Vertriebsparameter oder der Auswahl unter verschiedenen Konzeptansätzen (Patterns). Vorteile liegen in Folgendem. Es handelt sich um einen pragmatischen Kompromiss. Zumindest ein wichtiger / der wichtigste Markt wird auf diese Weise gut fokussiert, für Nebenmärkte werden Ineffizienzen i. S. d. Komplexitätsreduktion bewusst in Kauf genommen. Eine transparente Steuerung und ein guter Zugriff sind darstellbar. Durch wechselnde Lead Countries, z. B. nach Produkten, Kunden, Zeitablauf, kann ein Interessensausgleich zwischen den Ländern erreicht werden. Nachteile sind hingegen folgende. Für alle anderen Länder besteht nur eine mehr oder minder gute Anpassung, so dass Potenzial vergeben wird. Häufig sind emotionale Widerstände in den anderen Ländern vorzufinden. Die Bestimmung der Lead Countries ist angreifbar, ebenso die Bestimmung der Adapta tionsländer. Adaptationen sind häufig kaum weniger aufwändig als Eigen- / Neuentwicklungen. 13.8
Entscheidung über das internationale Marktareal
Beim Marktareal ist im Falle einer supranationalen Sicht die Behandlung ausländischer Märkte relativ zum Inlandsmarkt zu bestimmen. Dazu gibt es verschiedene Ansätze, am verbreitetsten ist der EPRG-Ansatz (Perlmutter). Dieser unterscheidet in einer Matrix in Bezug auf die Raumdimension nach •• ethnozentrischer (weder Fokussierung, noch Generalisierung), polyzentrischer (Fokussierung ohne Generalisierung), regiozentrischer (sowohl Fokussierung als auch Generalisierung) und geozentrischer Anlage (Generalisierung ohne Fokussierung) von internationalen Unternehmensaktivitäten (siehe Abb. 95). Meist werden dabei die gesellschaftlichen Vermarktungsbedingungen im Ausland mit denen des Inlands verglichen. Als ausschlaggebend für die Entscheidung über die Marktbearbeitung wird dabei allgemein die Kultur angesehen. Eine Landeskultur umfasst Einstellungen und Verhaltensweisen, die einer Gesellschaft gemein sind. Problematisch daran ist, dass es sich bei der Kultur um ein theoretisches Konstrukt handelt, das zur Anwendung zunächst operationalisiert werden muss. Dazu bedarf es Indikatoren, die im Unterschied zum Konstrukt direkt beobachtbar sind. Allerdings kann man trefflich darüber streiten, welche Indikatoren geeignet sind, etwas zu messen, was selbst nicht beobachtbar ist. Daher gibt es zahlreiche Studien, die versuchen, Kultur zu „vermaßen“. Die bekannteste und älteste ist die von Hofstede. Er nennt fünf Dimen sionen zur Kennzeichnung der Landeskultur:
13. Internationaler Vertrieb535
Abb. 95: Optionen des internationalen Marktareals
•• Machtdistanz, Gender-Orientierung, Risikoumgang, Zeitorientierung, Gesellschaftsprinzip. Andere Modelle stammen von Hall / Hall mit den Dimensionen Kontextorientierung (explizite vs. implizite Kommunikation), Raumorientierung (Nähe vs. Distanz), Zeitorientierung (sukzessiv vs. simultan) und Informationsgeschwindigkeit, oder von Trompenaars. Die neueste Studie (Globe) schreibt die Hofstede-Studie fort und kommt zu folgenden Indikatoren: •• Machtdistanz, Unsicherheitsvermeidung, Gruppenstolz, Kollektivismus, Gender-Orientierung, Durchsetzungsvermögen, Zukunftsorientierung, Humanität, Leistungsbewusstsein. Ob die Kultur für die Vermarktung als ausschlaggebend anzusehen ist, ist allerdings fraglich. Ob sie durch die vorhandenen Indikatoren zutreffend operationalisiert wird oder überhaupt operationalisierbar ist, ist noch fraglicher. Aus der Einteilung zur Standardisierung durch Ethnozentralität oder Geozentralität sowie zur Differenzierung nach Polyzentralität oder Regiozentralität folgen konkrete Konsequenzen. Ethnozentralität bedeutet, dass der Heimatmarkt den Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit bzw. der Vertriebsaktivitäten bildet. Dabei werden die Auslandsaktivitäten aus der Perspektive des Heimatmarktes gesteuert und umgesetzt, indem die stammlandorientierte Strategie auf die Auslandsmärkte übertragen wird. Der Betrieb im Stammland trifft daher zentral alle anfallenden Entscheidungen. Schlüsselpositionen bei ausländischen Betriebsteilen sind mit Managern aus dem Stammland besetzt. Typisch ist der Export- / Importprimat. Die Organisation ist komplex im Heimatland, aber einfach bei den Niederlassungen vor Ort. Die Autorität ist stark auf die Muttergesellschaft konzentriert. Die Standards des Heimatmarkts werden auch auf die ausländische Leistungsbeurteilung angewandt. Es gibt eine hohe Anzahl von Aufträgen, Weisungen und Ratschlägen an die Nieder-
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
lassungen. Und die Identifikation erfolgt mit der Nationalität der Muttergesellschaft, deren Mitarbeiter für weltweite Schlüsselpositionen ausgebildet werden. Vorausgesetzt, ein Unternehmen ist im Inland mit zeitlichem Vorlauf zum Ausland bereits erfolgreich, spricht einiges dafür, diesen erfolgreichen Vertrieb im Inland auf das Ausland zu übertragen. Weichen die gesellschaftlichen Vermarktungsbedingungen im Ausland jedoch von denen des Inlands ab, ist eher eine individuelle Ausgestaltung des Vertriebs angezeigt, da eine einfache Übertragung möglicherweise nicht zum Erfolg führen könnte. Für diese Anlage spricht die stringente Fokussierung der verschiedenen Auslandsengagements auf die übergeordnete Unternehmensstrategie. Außerdem kommt es zu einer klaren Zuordnung der Koordinationskompetenzen, was zur Vermeidung von Konflikten und Mehrfachfunktionen beiträgt. Dagegen sprechen der hohe Koordinationsaufwand in der Zentrale und die Gefahr der Vernachlässigung spezifischer Einflüsse in den Auslandsmärkten. Polyzentralität bedeutet, dass alle Auslandsmärkte gleichberechtigt und spezifisch behandelt werden. Die einzelnen Ländermärkte werden individuell mit auf ihre jeweiligen Besonderheiten zugeschnittenen Beschaffungs- und Absatzkonzepten bearbeitet. Dies wird vor allem mit abweichender Kultur begründet (Culture-bound). Meist werden Entscheidungen national vor Ort getroffen. Die Führungspositionen sind mit Managern aus den jeweiligen Ländern besetzt. Die Organisa tionen sind voneinander unabhängig. Die Autorität liegt bei den Tochtergesellschaften, Entscheidungen werden lokal getroffen, ausgewertet und kontrolliert. Der Kommunikationsfluss zwischen Zentrale und Tochtergesellschaften ist limitiert. Eine Identifikation erfolgt nach der Nationalität des jeweiligen Gastlandes. Dessen Mitarbeiter nehmen die Schlüsselpositionen in der Organisation ein. Für diese Anlage spricht die Förderung flexiblen Handelns sowie die rasche, angepasste Reaktion in den Auslandsmärkten. Außerdem der Freiraum hinsichtlich der Berücksichtigung spezifischer lokaler und nationaler Einflüsse in den jeweiligen Gastländern sowie die Verringerung des Koordinationsaufwands in der Zentrale. Dagegen spricht die Erschwerung in der Durchsetzung einer einheitlichen Unternehmensstrategie mit der Gefahr der Entwicklung paralleler Substrategien in den Auslandsmärkten. Außerdem ist ein erhöhter Aufwand durch Mehrfachfunktionen gegeben, da die Auslandsaktivitäten weitgehend dezentral ablaufen. Damit besteht die Gefahr der Zersplitterung knapper Ressourcen. Regiozentralität bedeutet, dass Auslandsmärkte zu homogenen Ländergruppen (z. B. hinsichtlich Kultur, Sprache, Ökonomie) zusammengefasst und innerhalb einer Gruppe einheitlich bearbeitet werden. Entscheidungen innerhalb einer Ländergruppe werden zentral getroffen. Die Entscheidungsabstimmung zwischen den Ländergruppen erfolgt dezentral. Die Führungskräfte stammen aus den jeweiligen Regionen. Typisch ist die Triade-Orientierung. Es besteht eine
13. Internationaler Vertrieb537
hohe gegenseitige Abhängigkeit auf regionaler Ebene. Die Autorität liegt bei der regionalen Führung. Der Kommunikationsfluss ist gering zwischen den Regionen und der Zentrale, aber intensiv innerhalb jeder Region. Die Identifikation erfolgt als regionales Unternehmen. Mitarbeiter der jeweiligen Region nehmen Schlüsselpositionen in der Organisation ein. Sofern mehrere Länder parallel bearbeitet werden, können dazu Ländergruppen gebildet werden, deren gesellschaftliche Vermarktungsbedingungen unter einander als hinlänglich gleichartig angesehen werden (intern homogen), von Ländergruppe zu Ländergruppe jedoch als verschiedenartig (heterogen). Für diese Anlage spricht, dass sie den Anforderungen der vertikalen Arbeitsteilung in Großunternehmen entgegenkommt. Globale und regionale Teilstrategien können sinnvoll aufeinander abgestimmt werden, insb. im Hinblick auf die Nutzung von Synergiepotenzialen. Dagegen spricht die erhebliche Komplexität der Beziehungen mit der Gefahr von Friktionen und Intransparenz, so dass lange und aufwändige Entscheidungsvorbereitungsprozesse erforderlich sind. Geozentralität bedeutet, dass die Vertriebsaktivitäten prinzipiell länderunabhängig konzipiert werden. Die Menge aller Länder wird als einheitlicher Markt betrachtet, bestehende Ländergrenzen und -unterschiede werden bewusst negiert. Entscheidungen werden unter Berücksichtigung aller beteiligten oder zumindest der wesentlichen Länder (Key Markets) in einem globalen Netzwerk erarbeitet und getroffen, so dass sie durchgängig umsetzbar sind. Die Schlüsselpositionen sind von weltweit rekrutierten Managern besetzt. Die Komplexität der Arbeiten ist erheblich. Die Autorität der Unternehmensführung liegt bei allen Beteiligten gemeinsam. Es gelten sowohl globale als auch lokale Standards. Die Kommunikation ist sehr intensiv sowohl unter den Tochtergesellschaften als auch zwischen diesen und der Zentrale. Die Identifikation erfolgt als globales Unternehmen unter Hintanstellung nationaler Interessen. Die besten Mitarbeiter innerhalb der gesamten Organisation werden unabhängig von lokalen Standorten dort eingesetzt, wo sie am besten „passen“ (Fit). Dies begünstigt Produkte / Dienste, die sich kulturübergreifend in allen oder zumindest sehr vielen Ländern weitgehend gleichartig vermarkten lassen (Culture-free). Diese können losgelöst von einzelnen Märkten konzipiert werden, weil anzunehmen ist, dass ein Vertriebskonzept in allen Märkten gleichermaßen funktioniert. Oder es wird bewusst eine Generalisierung der Vermarktung angestrebt, also gänzlich losgelöst von einzelnen Ländermärkten. Für diese Anlage spricht die konsequente Nutzung weltweiter Synergieeffekte unter Einbeziehung nationaler Einflussgrößen sowie die Einräumung kreativer Freiräume für die Auslandsgesellschaften, von denen das Gesamtunternehmen profitiert. Dagegen sprechen die Komplexität der Koordination und die damit verbundenen Probleme der Intransparenz. Wegen der multilateralen Ausrichtung ist ein hoher Abstimmungsaufwand erforderlich. Dies vermindert die Entscheidungsgeschwindigkeit und beeinträchtigt damit womöglich die Reaktionsfähig-
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
keit auf den jeweiligen Auslandsmärkten. Per Saldo bietet die Generalisierung einen Vorteil an Effizienz (Wirtschaftlichkeit), die Fokussierung hingegen einen Vorteil an Effektivität (Wirksamkeit). Letztlich geht es bei der Entscheidung um die Abwägung dieser Vor- und Nachteile zueinander. Der Ansatz nach Bartlett / Ghoshal unterteilt in internationale, multinationale, globale und transnationale Unternehmen. Dabei stehen die strategische Ausrichtung sowie organisatorische Charakteristika und Einstellungen des Managements im Mittelpunkt. Entsprechend der Denkachsen, Vorteile der Standardisierung einerseits und Vorteile der Differenzierung andererseits, ergeben sich daraus vier Kombinationen in Bezug auf die Raumdimension. 13.9
Entscheidung über die internationale Marktbearbeitung
Bei der internationalen Marktbearbeitung im Vertrieb bestehen die Alternativen der Fokussierung für Differenzierungsvorteile oder der Generalisierung für Standardisierungsvorteile. Beide werden in ihren Inhalten und Aspekten im Folgenden ausgeführt, zunächst zur Standardisierung. 13.9.1 Standardisierung Als Gründe für eine Standardisierung werden vor allem folgende genannt (Levitt). Die Reduzierung der Forschungs- und Entwicklungskosten auf eine Angebotsversion ist möglich, die raumübergreifend vermarktet werden kann. Es kann ein einheitliches Produkt- / Firmenimage auf allen bearbeiteten Märkten durch gleiche Positionierung geschaffen werden. Es kommt zur Erleichterung effizienter Planung durch einheitliche Zielsetzung, die nicht der Berücksichtigung divergierender Interessen bedarf. Ähnlichkeiten in den Zielgruppen und deren steigende Mobilität führen ohnehin zu einer Konvergenz der Vermarktungsbedingungen. Die Koordination und Kontrolle wird durch bessere Übersichtlichkeit und Reduktion der Anzahl der Strategien vereinfacht. Die Ausnutzung von Know-how-Transfer durch ähnliche Umsetzungen auf taktischer und operativer Ebene gelingt. Eine Zentralisation des Managements führt zu effizienterer Steuerung des Unternehmens durch die damit betrauten Stellen. Real entsteht eine Internationalisierung des Wettbewerbs, wobei nicht mehr Einzelmärkte, sondern ohnehin Marktzusammenhänge entscheidungsrelevant werden. Media-Overlappings bzw. nicht zu verhindernde grenzüberschreitende Kommunikation infolge Satellitenrundfunks und Online-Präsenzen können ausgenutzt werden. Dies betrifft vor allem Märkte für Rohstoffe, High tech- und High touchProdukte. Deshalb ist es für international tätige Unternehmen möglich, ihr Angebot zu standardisieren, überall gleichartige Verkaufskonzepte anzuwenden und Leistungsstandards zu gewährleisten. Dadurch wird es weiterhin möglich,
13. Internationaler Vertrieb539
Kosteneinsparungen zu realisieren. Insofern soll der Zielkonflikt zwischen Qualität und Preis überwindbar werden. Von daher sind global agierende Unternehmen vorgeblich erfolgreicher. Es ist jedoch wohl unbestritten, dass trotz unverkennbarer Annäherung internationaler Sozialstrukturen und der Internationalisierung des Wettbewerbs in Abhängigkeit vom Angebotsumfeld dennoch genügend signifikante Unterschiede verbleiben, die eine nach Form und Inhalt länderspezifisch abweichende Vermarktung erfordern. Derartige Marktspezifika sind für einen Anbieter umso besser nutzbar, je treffender, markanter, spitzer seine Positionierung ist. Oder umgekehrt: Unvermeidliche Generalisierungen des Vertriebskonzepts führen beinahe zwangsläufig zu Effektivitätseinbußen, da die jeweils spezifischen Vermarktungsbedingungen besser durch individuell abgestimmte Aktivitäten nutzbar sind als durch globale. 13.9.2 Differenzierung Als Gründe für eine Differenzierung werden folgende genannt. Eine mangelnde Berücksichtigung länderspezifischer Besonderheiten, die Absatzerfolge negativ tangieren können, ist ansonsten nicht ausgeschlossen. Es bestehen erhebliche Unterschiede in der Medienlandschaft nach Struktur und Nutzung, z. B. in Bezug auf Print- oder TV-Dominanz. Abweichende Produktgebrauchsbedingungen sind nicht korrigierbar, wenn sie sich nur aus dem kulturellen und mentalen Zusammenhang des jeweiligen Landes heraus erklären. Es können unterschiedliche Phasen im Marktlebenszyklus gegeben sein, die eine abweichende Vermarktung erfordern, da verschiedene Personengruppen im Diffusionsprozess angesprochen werden sollen. Eine zentrale Kontrolle und Koordination ist letztlich nicht praktikabel, da davon demotivierende Wirkungen und inakzeptable Entscheidungsverzögerungen ausgehen. Das Not invented here (NHI-)-Syndrom, das auf verständlichen Landesegoismen beruht, behindert die Übernahme fremder Vorleistungen. Unterschiedliche Vertriebsmethoden (Distributionsformen, -wege, -systeme) lassen unterschiedliche Approaches erforderlich werden. Generalisierende Kosteneinsparungen fallen bei näherem Hinsehen geringer aus als vielfach unterstellt, so dass sie durch Effektivitätsnachteile leicht überkompensiert werden. Eine unterschiedliche Preisstruktur (Nachfrage, Wettbewerb, Kosten) erfordert ohnehin eine abweichende preisliche Positionierung von Angeboten. Dem liegt die Ansicht zugrunde, dass die Kulturdimensionen und Vermarktungsbedingungen sich einander nicht nur nicht annähern, sondern sich sogar evolutionär voneinander entfernen (Naisbitt). Deshalb muss im Gegenteil eine Individualisierung des Angebots angestrebt werden. So stehen die Konzepte der globalen Generalisierung und der lokalen Fokussierung gegeneinander.
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
Abschließend sei der Vollständigkeit halber noch bemerkt, dass sich internationale Unternehmen großen Vorbehalten in der öffentlichen Meinung gegenübersehen. Zu nennen sind etwa ordnungspolitische Gefahren durch multinationale Konglomerate und deren ökonomische Machtmittel, Steuervermeidung durch teilflexible Transferpreisbildung für konzerninterne Leistungen, Wettbewerbsverzerrung durch die Möglichkeit interner Subventionierung von Angeboten, irreversible Konzentration mit der Folge sukzessiver Wettbewerbsausschaltung, Ausspielung der Nationalstaaten durch die Möglichkeit zur kapitalistischmotivierten internationalen Arbeitsteilung (etwa über Bevorzugung von Staaten mit moderaten Sozial-, Fiskal-, Rechts- und Ökologiestandards).
14.
14. Vertrieb von Dienstleistungen541
Vertrieb von Dienstleistungen
Das Unterkapitel „Vertrieb von Dienstleistungen“ erläutert zunächst die Kennzeichen von Dienstleistungen (14.1) und die Besonderheiten des Vertriebs von Dienstleistungen (14.2). Ein Augenmerk wird neben primären Diensten auch auf sekundäre in Form von Kundendienstleistungen gelegt (14.3). Leser kennen nach Durchsicht dieses Unterkapitels die Besonderheiten des Dienstleistungsvertriebs. Sie verstehen, warum Erkenntnisse nicht ohne Weiteres von Sachleistungen übertragen werden können. Und sie sind in der Lage, diese Herausforderungen auf der Basis anspruchsvoller Praxisorientierung theoriegestützt zu bewältigen. 14.1
Kennzeichen von Dienstleistungen
Die Beschäftigung mit Dienstleistungen ist, zumindest im deutschsprachigen Raum, noch relativ jung. Dies ist umso erstaunlicher als Dienstleistungen bereits seit geraumer Zeit den weitaus größten Teil der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung ausmachen. So ist das Wissen über deren Eigenarten und die betriebs- und erst recht vertriebswirtschaftlichen Konsequenzen durchaus fragmentarisch. Als geklärt gilt die Tatsache, dass Dienstleistungen in ihrem Ergebnis immateriell, in ihrem Prozess zweistufig und in ihrem Potenzial kundenintegrativ angelegt sind. 14.1.1 Begriff und Abgrenzung Dienstleistungen können funktional betrachtet werden, d. h., was macht primäre und sekundäre Dienste aus, oder institutional, d. h., wer erbringt diese Dienste ganz oder überwiegend. Da die Übergänge zwischen Dienst- und Sachleistungen weitgehend gleitend sind, erbringt praktisch jedes Unternehmen sowohl Dienst- als auch Sachleistungen. Beide werden gleichartig produziert, nämlich durch Kombination der Produktionsfaktoren, wobei bei Dienstleistungen noch der Leistungsbeitrag des Kunden als Externer Faktor hinzu kommt, wohingegen Sachleistungen autonom durch den Anbieter erstellt werden können. Es gibt also bei Diensten eine Vor- und eine Endkombination. Neben primären, selbstständigen Dienstleistungen gibt es auch sekundäre, an Sach- oder andere Dienstleistungen gekoppelte Kundendienste. Dienstleistungen sind auf den Externen Faktor gerichtet und erfordern somit die Integration des Kunden. Sie sind vornehmlich immateriell und bedingen zugleich Verrichtungen (Prozesse) und Kapazitäten (Potenziale). Sie sind auf Ergebnisse gerichtet und damit nutzenstiftend. Die internen Faktoren ebenso wie der Externe Faktor sind lagerfähig und transportfähig wie Sachleistungen, jedoch ist die Interaktion zwischen beiden Gruppen weder lager- noch trans-
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
portfähig (Uno-actu-Prinzip). Eine Ausnahme stellen digitalisierte Dienstleistungen (z. B. als Datenbankrecherche) dar. Durch Veredlung können Dienstleistungen zu Sachleistungen (z. B. Datenträger) werden. Dienstleistungen sind immer so individuell wie der Externe Faktor, an dem sie erbracht werden. Gelingt es, diesen zu standardisieren, ist auch die Dienstleistung standardisierbar. Eine Scheinindividualisierung des Angebots ist durch Modularisierung darstellbar, eine Scheinstandardisierung der Nachfrage durch Marktsegmentierung. Dienstleistungen weisen als Besonderheit auf, dass sie zuerst verkauft und dann erst produziert werden, es handelt sich daher überwiegend um Vertrauensgüter, die anbieterseitig des Kompetenznachweises bedürfen und nachfragerseitig des Vertrauens. Eine Angebotsflexibilität ist aufgrund weitgehend starrer Kapazitäten kaum darstellbar, eine Nachfrageflexibilität wird durch preisgesteuerte Nachfragelenkung (Preisdifferenzierung) angestrebt. Dienstleistungen sind durch eine Reihe von Besonderheiten gekennzeichnet. So sind vor- und nachgelagerte Qualitätsprüfungen nicht einsetzbar und eine Nachbesserung ist nur sehr bedingt möglich. Der Kundeninput zur Leistungserstellung ist nur schwer zu beeinflussen, das Kontaktpersonal ist „Teil des Produkts“ und das „Produktionsumfeld“ dabei vom Kunden unmittelbar wahrzunehmen. Dienstleistungen sind immer qualitätsanfällig. Sie sind nur bedingt mathematisch-physikalisch beschreibbar, da nur wenige objektivierbare Messund Bewertungsgrößen vorhanden sind. Und die Zeit ist ein relevanter Konzeptparameter, weil Dienstleistungen vergänglich sind. Aus aktueller Sicht sind Dienstleistungen vor allem durch drei Merkmale gekennzeichnet. Erstens durch ihr Ergebnis, d. h. die geldwerte Leistung, zweitens durch ihren Prozess, d. h. die zeit-synchrone Interaktion mit dem Kunden (Externer Faktor) und drittens durch ihr Potenzial, d. h. die Leistungsbereitschaft. Alle drei Merkmale treffen aber isoliert auch auf Sachleistungen zu, in Kombination sind sie jedoch in der Lage, Dienstleistungen zutreffend abzugrenzen. Daraus ergibt sich dann folgende Arbeitsdefinition: •• Dienstleistungen sind marktfähige Verrichtungen und Leistungsbereitschaften am Externen Faktor. Sie resultieren kumulativ aus der Bereitstellung interner Leistungspotenziale, der Durchführung kundenintegrierender Leistungsprozesse und dem Angebot immaterieller Leistungsergebnisse. Diese Definition ist jedoch nicht erschöpfend, denn für Dienstleistungen sind darüber hinaus noch zahlreiche andere Merkmale kennzeichnend. Sie werden zweistufig erstellt, zuerst verkauft und dann produziert. Sie sind individuell ausgelegt und in ihrem Arbeitsanfall fremdbestimmt. Ihre Logistik, Kapazitätssteuerung und Standardisierung sind eingeschränkt. Und sie haben Vertrauensgutcharakter. Diese Besonderheiten sind die Begründung eines eigenständigen Dienstleistungsmanagements. Dabei werden drei dominante Merkmale zugrunde gelegt (siehe Abb. 96).
14. Vertrieb von Dienstleistungen543
Abb. 96: Dienstleistungsmerkmale
14.1.2 Immaterialität des Ergebnisses Der weit überwiegende Vertrauensgutcharakter von Dienstleistungen folgt aus ihrer Intangibilität (Nicht-Anfassbarkeit) des Dienstleistungsergebnisses. Vor dem Kauf können sie nicht beurteilt werden, auch beim Kauf nicht und häufig nicht einmal danach. Aus der Intangibilität folgen die grundsätzliche Nichtlagerfähigkeit von Dienstleistungen und ihre grundsätzliche Nichttransportfähigkeit. Nichtlagerfähigkeit bedeutet, dass Dienstleistungen nicht im Voraus produziert und dann bis zum Verkauf zwischengelagert werden können, denn der Verkauf findet ja vor der Produktion statt. Daher sind die Kapazitäten der zu erwartenden Nachfrage anzupassen oder es ist zu versuchen, die Nachfrage den bereitgestellten Kapazitäten anzupassen. Bei zu knapp bemessenen Kapazitäten entstehen dann allerdings Wartezeiten für Kunden, die bei diesen als Unzufriedenheitsstifter wirken. Und bei zu großzügig bemessenen Kapazitäten entstehen Pausenzeiten der personalen und maschinellen internen Produktionsfaktoren mit der Folge von Ineffizienz. Eine flexible Anpassung der Kapazitäten wird durch soziale Restriktionen in Bezug auf den personalen Faktor und technische Res triktionen in Bezug auf den maschinellen Faktor eng begrenzt. Insofern bleibt häufig nur eine stete Leistungsvorhaltung in der Hoffnung auf Verständnis bei Kunden bzw. Verteilarbeiten in Produktion und Administration. Aus der Intangibilität folgt auch die grundsätzliche Nichttransportfähigkeit von Dienstleistungen. Anbieter und Nachfrager müssen also zeitgleich und raumgleich (Uno actu) zusammenkommen, damit eine Wertschöpfung möglich ist. Dafür bestehen im Grundsatz drei Möglichkeiten. Erstens kann der Externe Faktor sich an den Ort der internen Produktionsfaktoren begeben. Die Leistungserstellung erfolgt dann im Residenzprinzip (z. B. Besuch in der Arztpraxis). Zweitens können sich die internen Produktionsfaktoren an den Ort des Externen Faktors begeben. Die Leistungserstellung erfolgt dann im Domizilprinzp (z. B.
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
Arztbesuch zuhause). Und drittens können sich interne Produktionsfaktoren und Externer Faktor an einem gemeinsamen Ort einfinden, um dort die Leistungserstellung im Treffprinzip zu vollziehen (z. B. mobile Gesundheitssprechstunden auf dem Land). Wenn die internen Faktoren nicht transportabel sind, muss die Dienstleistung an deren Ort stattfinden (z. B. MRT-Untersuchung). Wenn der Externe Faktor nicht transportabel ist, muss die Dienstleistung an dessen Ort stattfinden (z. B. Notdienst bei Arbeitsunfall). Wenn beide Faktoren nicht transportabel sind, kann eine Dienstleistung nicht stattfinden, es sei denn, es gelingt, sie zu veredeln (z. B. Tele-Operation / Tele-Sprechstunde). Eine Veredelung von Dienstleistungen bedeutet den Versuch zur Überwindung der Nichtlagerfähigkeit und / oder der Nichttransportfähigkeit. Dies gelingt durch Speicherung der Leistung auf Medien sowie durch Übertragung der Leistung in Netzen. Eine Speicherung erlaubt die Überbrückung der zeitlichen Diskrepanz zwischen dem Zeitpunkt der Leistungserbringung und dem Zeitpunkt des Leistungsverbrauchs. Dies erfolgt etwa durch Datenträger, die mediale Dienstleistungen zeitunabhängig verfügbar machen wie z. B. bei Fußballspiel, Rockkonzert, Theaterstück. Eine Übertragung erlaubt die Überbrückung der räumlichen Diskrepanz zwischen dem Ort der Leistungserbringung und dem Ort des Leistungsverbrauchs. Dies erfolgt etwa durch Live-Übertragung, Streaming, Mediasharing, Non-linear TV o. Ä. Ob es sich im Falle von Datenträgern (CD / DVD, USB-Stick, SD-Karte etc.) dann noch um eine Dienstleistung handelt, ist strittig. Einerseits ist keine Intangibilität gegeben, sondern eine Sachleistung, andererseits ist nicht der Datenträger die Leistung, sondern dessen Inhalt, der nach wie vor intangibel ist. In jedem Fall sind Dienstleistungen damit einer Logistik zugänglich wie ansonsten nur Sachleistungen. Es gibt die Möglichkeit der Zwischenlagerung der internen Produktionsfaktoren (z. B. Pausenzeiten des Praxispersonals) und des Externen Faktors (z. B. Wartezeiten der Patienten) und die Möglichkeit der Verbringung der internen Produktionsfaktoren und des Externen Faktors. Entsprechend sind auch logistische Kundendienste möglich und wichtig sowie logistische Absatzhelfer. 14.1.3 Vor- und Endkombination im Prozess Dienstleistungen werden produziert wie auch Sachleistungen, nämlich durch die Kombination der betriebswirtschaftlichen Produktionsfaktoren Betriebsmittel, Werkstoffe und dispositive bzw. exekutive Arbeit. Dienstleistungen werden jedoch in einem zweistufigen Prozess produziert, zunächst als Vorkombination der internen Produktionsfaktoren durch Bereitstellung von Leistungsfähigkeiten (Potenzial). Danach erst erfolgt die Endkombination mit dem Externen Faktor als Gleichzeitigkeit der Produktion (Prozess) und Konsumtion (Ergebnis) der Dienstleistung.
14. Vertrieb von Dienstleistungen545
Aus dieser Besonderheit folgen erhebliche Konsequenzen. So ist keine Vorratsproduktion möglich, da es des Kunden zur Erstellung der Produktion bedarf. Der Arbeitsanfall ist damit fremdbestimmt, d. h., wann produziert wird, bestimmt der Kunde, nicht der Anbieter. Um die Lieferfähigkeit zu erhalten, ist eine stetige Leistungsbereitschaft erforderlich. Daraus wiederum folgt eine hohe Fixkostenbelastung, insb. auch ungedeckte Fixkosten (Leerkosten), die sofern sie pagatorischer Natur sind, die Existenz des Unternehmens gefährden. Zumal für gewöhnlich hohe Nachfrageschwankungen am Markt zu verzeichnen sind. Hinzu kommt eine oftmals geringe Angebotsflexibilität, verursacht durch Gesetze, Verordnungen, Tarifverträge etc. (z. B. Kontingentierung bei niedergelassenen Ärzten oder Alten-Pflegeheimen). Lösungsmöglichkeiten ergeben sich aus drei Ansätzen. Bei der Zeitanpassung der Leistungsbereitschaft geht es um zweierlei. Erstens um die Anpassung von Angebot und Nachfrage. Diese erfolgt durch Zeitfenster, während derer der Anbieter Kapazität für einen Nachfrager bereithält (z. B. Anmeldung beim Physiotherapeuten) oder durch Zeitfenster der Nachfrager, während derer ein Anbieter tätig werden kann (z. B. Kurtermine). Dadurch kann eine bessere Abstimmung von Angebot und Nachfrage erreicht werden. Zweitens kann anbieterseitig versucht werden, die vorhandenen Kapazitäten effizienter zu nutzen, um Wartezeiten bei Übernachfrage zu vermeiden oder vorhandene Nachfrage mit geringeren Kapazitäten bearbeiten zu können. Dies wird durch kürzere Prozesszeiten erreicht sowie durch eine Homogenisierung des Inputs, der dann rationeller und qualitätstreuer in den gewünschten Output transformiert werden kann. Um Wartezeiten und Unzufriedenheiten entgegen zu wirken, bieten einige Anbieter Servicegarantien als Selbstbindung (z. B. Commerzbank, UPS). Anrechtsbelege bei absehbaren Kapazitätsrestriktionen haben zwei Aspekte. Einerseits erhält der Anbieter durch die Reservierung von Kapazität einen Eindruck vom Ausmaß der Nachfrage nach seiner Dienstleistung und kann seine Potenziale und Prozesse gemäß dieser Erwartung einsteuern. So können, wo möglich, Kapazitäten abgebaut oder verschoben werden, wenn weniger Nachfrage absehbar ist, um Fixkosten einzusparen. Oder Kapazitäten ausgebaut oder verlagert werden, wenn mehr Nachfrage absehbar ist, um diese erlösbringend zu bedienen. Andererseits hat der einzelne Nachfrager durch Anrechtsbelege die Gewissheit, die Dienstleistung in Anspruch nehmen zu können, unabhängig davon, wie viele andere Nachfrager diese auch in Anspruch nehmen wollen und wie hoch die Restkapazität auch immer ist. Insofern gewinnen beide Seiten Sicherheit. Hinsichtlich der Art der Anrechtsbelege können Namens- und Orderpapiere sowie Inhaberpapiere unterschieden werden, bei ersteren ist berechtigt, wessen Name angegeben ist (z. B. Überweisung durch den behandelnden Arzt), bei letzterem ist berechtigt, wer Besitzer ist (z. B. Reihenfolgenummer im Sozialamt).
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
Bei häufig vorzufindenden, starren Kapazitäten ist eine solche Anpassung anbieterseitig allerdings nicht möglich. Daher hat der Anbieter ein Interesse daran, weder Unter- noch Überauslastungen zu riskieren. Dabei ergibt sich das Problem der No Shows und der Go Shows. Unter No Shows versteht man Nachfrager, die ein Leistungspotenzial für sich reserviert haben, ohne es tatsächlich abzurufen. Für den Anbieter bedeutet dies ungedeckte Fixkosten. Es hängt von der Vertragssituation und seiner Geschäftspolitik ab, inwieweit er dafür Ersatz erhält (z. B. Ausfallhonorar in der Zahnarztpraxis). Ein wichtiger Aspekt ist dabei, ob es verdrängte anderweitige Erlöse gibt oder nicht. Unter Go Shows versteht man Nachfrager, die keine Reservierung für sich haben vornehmen lassen, jetzt aber erwarten, Leistungspotenzial bereitgestellt zu erhalten. Auch hierbei hängt es vom Beschäftigungsgrad ab, wie zu reagieren ist. Besteht Unterauslastung, können zusätzliche Deckungsbeiträge hereingeholt werden. Besteht Überauslastung, kann geprüft werden, inwieweit ein kurzfristiger Kapazitätsausbau möglich ist oder Kapazitätsbelegungen umorganisiert werden können (z. B. Terminverlegung oder -tausch). Dabei ist eine Kapazitätsanpassung zu prüfen. Restriktionen finden sich hier vielfältig in internen und Externem Faktor(en). Dennoch sind sowohl eine quantitative wie eine qualitative Anpassung möglich. Quantitativ ist eine kapazitative Anpassung bei maschinellen und personalen Kapazitäten darstellbar. Diese erfolgt durch Stilllegung / Entlastung bzw. Aufstockung vorhandener Kapazitäten. Dabei sind allerdings die Konsequenzen bei Wiedereintritt des Normalbeschäftigungsgrads zu prüfen. Eine intensitätsmäßige Anpassung erfolgt durch wechselndes Arbeitstempo. Dabei kann es allerdings zu einer erhöhten Fehlerrate kommen (z. B. Pflegeheim), die Opportunitätskosten bedingt. Eine zeitliche Anpassung erfolgt über Kurzarbeit bzw. Überstunden. Hier entstehen remanente bzw. überproportionale Stückkosten. Die Flexibilität gerade des Faktors Arbeit ist allerdings vielfach reglementiert. Qualitativ wird eine mutative Anpassung durch Prozessveränderung vorgenommen. Dabei können situative Faktoren wie Raum, Zeit, Arbeitsmittel etc. geändert werden (etwa Digitale Patientenakte, Einlesen der Gesundheitskarte). Tatsächlich werden Dienstleistungen zuerst verkauft und dann erst produziert. Im Unterschied zu Sachleistungen, die immer zuerst produziert und dann erst verkauft werden (Ausnahme: Kundenindividuelle Sachleistungsproduktion / Maßschneiderung). Das bedeutet aber, dass Nachfrager bei Dienstleistungen „die Katze im Sack“ kaufen, also ein Geldopfer für etwas erbringen, von dem sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen, was genau es ist. Daraus folgt ein gravierendes Vertrauensproblem.
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14.1.4 Kundenintegration als Potenzial Das Uno actu-Prinzip besagt, dass Endproduktion und Konsumtion zeit- und raumsynchron durch Interaktion von Externem und internen Faktoren (Potenzialintegration) stattfinden. Der Kunde als Externer Faktor ist damit inhärenter Bestandteil der Produktion. Man spricht von Prosumership (Kofferwort aus Producer und Consumer). Reine Dienstleistungen sind ohne Kunden nicht möglich (veredelte hingegen schon). Da jeder Kunde anders ist als der vorherige oder nächste, ist auch jede Dienstleistung im Grundsatz anders als jede vergangene oder nachfolgende. Dienstleistungen sind immer so individuell wie der Kunde, dem sie gelten. Das bedeutet betriebswirtschaftlich jedoch, dass die Losgröße = 1 ist. Für jede Produktion entstehen Rüstkosten, die nur für diesen einen Leistungsfall genutzt werden können und für andere Leistungsfälle wieder erneut getragen werden müssen (z. B. Vorbereitung des Behandlungszimmers für eine Wurzelspitzenresektion). Dies bedeutet, dass keine Stückkostendegression erreicht werden kann. Und dies wiederum bedeutet, dass die Effizienz der Dienstleistungsproduktion akut gefährdet ist. Die Rüstkosten entstehen für Zeiten der Konzeptplanung (z. B. Typberatung bei der Kosmetikerin), der Mittelbereitstellung (z. B. Werkzeugdisposition je Kfz-Typ in der Werkstatt), der Mitteljustierung (z. B. Einstellung des Röntgengeräts beim Arzt), der Wiederherstellung der Betriebsbereitschaft (z. B. Saubermachen beim Frisör) etc. Erst wenn es gelingt, diese Rüstkosten für mehrere gleichartige Leistungsfälle zu nutzen, könnte eine Rationalisierung erreicht werden. Dies setzt jedoch eine Standardisierung der Wertschöpfungsbedingungen voraus. Dafür gibt es mehrere Ansatzpunkte. Eine Potenzialstandardisierung zielt darauf ab, vermeidbare Leistungsschwankungen zu reduzieren. Eine Standardisierung der Betriebsmittel kann etwa durch gleichartige Wartung, gleiche Ersatzteile, gleiche Bedienung etc. einen höheren Leistungsgrad bewirken, d. h. einen höheren Anteil der wertschöpfenden Nutzleistung an der Gesamtleistung. Bei Standardisierung der Werkstoffe kann etwa durch gleiche Anwendung, gleiche Handhabung, gleiche Wirkung etc. eine Rationalisierung erreicht werden. Eine Standardisierung der Mitarbeiter bezieht sich auf deren Qualifikation und Motivation. Die Qualifikation ergibt sich durch Berufs- bzw. Studienabschlüsse, die ein bestimmtes Leistungspotenzial verbriefen. Die Motivation ist hingegen einer Standardisierung nur schwer zugänglich, übliche Maßnahmen sind Incentives, Veranstaltungen, Prämien. Eine Prozessstandardisierung zielt darauf ab, die Leistungsausführung zu normieren. Dabei spielt das Qualitätsmanagement eine zentrale Rolle, genauer die Qualitätszertifizierung. Diese soll sicherstellen, dass Prozesse in gleichartiger Weise auf hohem Niveau ablaufen. Dazu werden diese Prozesse dokumentiert (QM-Handbuch) und auf Übereinstimmung (Konformität) mit den Quali-
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
tätssicherungsanforderungen der Normenreihe hin überprüft. Externe Zertifizierer (aber auch nachfragemächtige Kunden) prüfen dann stichprobenartig, ob die realen Prozesse mit den vorgegebenen übereinstimmen. Ist dies der Fall, bestätigen sie dies auf Zeit durch ein Zertifikat (meist nach DIN ISO 9001). Eine andere Stellgröße ist eine straffe Auslegung der Organisation. Gemeinhin wird zwar postuliert, dass Mitarbeitern unternehmerische Freiräume zu gewähren sind. Angesichts der Tatsache, dass bei Dienstleistungen oft gering qualifizierte, ungelernte oder temporäre Mitarbeiter betroffen sind, entspricht es jedoch der Erfahrung, dass nur durch direktive Organisation die strikte Einhaltung anspruchsvoller Vorgaben möglich scheint, zumal dieser Personenkreis dies meist nicht als Entmündigung, sondern als konstruktive Handlungs-Guideline empfindet (z. B. Schnellgastronomie, Hotellerie, Einzelhandel). Eine Ergebnisstandardisierung zielt darauf ab, zumindest stabile Leistungsergebnisse zu erreichen. Dies ist verbreitet durch Service Level Agreements (SLAs) gegeben. Dabei verpflichtet ein Abnehmer einen Lieferanten zur Einhaltung vorab definierter Leistungsstandards. Dies setzt voraus, dass dafür geeignete Parameter identifiziert und justiert werden. Was dabei wünschenswert ist, definiert sich allein aus der Sicht der Abnehmer. SLAs sind bei Nichteinhaltung mit Sanktionen versehen, und zwar meist verschuldensunabhängig. Damit hat der Abnehmer die erhärtete Gewissheit, dass sein Leistungsbegehren erfüllt wird. Der Dienstleister hat seine Potenziale und Prozesse dann so auszurichten, dass dem entsprochen werden kann. Eine Standardisierung des Externen Faktors ist schwierig, da Dienstleistungen immer so individuell sind wie der jeweilige Kunde. Wenn es jedoch gelingt, Kunden mit gleichartigen Bedarfen zeitlich und räumlich so anzuordnen, dass sie konzentriert auftreten, können diese mit gleichartiger Produktion bedient werden, wodurch sich der gewünschte Rationalisierungseffekt ergibt. Nun kann ein Unternehmen nur sehr begrenzt über Kunden disponieren. Machbar ist jedoch eine solche Konzentration über Marktsegmentierung. Dabei kommuniziert ein Anbieter gegenüber potenziellen Kunden, welche Leistung er erbringen kann. Kunden ordnen sich dann den jeweiligen Anbietern zu, die signalisiert haben, die gewünschte Leistung zu erbringen. Der Markt teilt sich damit in vergleichsweise homogene Nachfragersegmente auf, die eine standardisierte Bearbeitung erlauben. Zugleich ist dabei eine hohe Kundenzufriedenheit erreichbar, weil das Leistungserlebnis der Erwartung entspricht. Kunden mit anderen Leistungserwartungen, die dementsprechend unzufrieden wären, tauchen beim Anbieter erst gar nicht auf, weil sie aus seiner Kommunikation wissen, dass er die präferierte Leistung nicht bereitstellen kann und wird. Zur Rationalisierung werden daher häufig zwei Konzepte genutzt. Die Automatisierung von Dienstleistungen erfolgt durch Substitution von Arbeit durch Kapital, d. h., Leistungen, die vordem von Menschen erbracht wurden, werden nunmehr von Maschinen erbracht (z. B. Geldautomat bei der Bank). Die Durch-
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setzung dieses Ansatzes erfolgt zumeist durch Bestrafung personaler Dienstleistung bzw. Belohnung maschineller (z. B. Überweisungsgebühren für händische Belege oder beleglose Ausführung bei der Bank). Verbreitet bestehen jedoch Berührungsängste der Kunden gegenüber Apparaten oder sie präferieren individuell den persönlichen gegenüber dem mechanischen Kontakt. Zugleich gibt es eine Gegenbewegung zur Personalisierung von Dienstleistungen (z. B. Handwäsche von Autos). Die Externalisierung von Dienstleistungen erfolgt durch Verlagerung von Aktivitäten vom Anbieter auf den Nachfrager, d. h. Leistungen, die vordem von Anbieter erbracht wurden, werden nunmehr vom Nachfrager erbracht (z. B. SBTankstelle). Die daraus resultierenden Kostenvorteile werden in Form niedrigerer Preise / unterlassener Preiserhöhungen an den Markt weitergegeben oder als zusätzlicher Gewinn einbehalten. Eine Externalisierung ist naturgemäß umso schwieriger, je komplexer die Dienstleistung ist. Verbreitet ist auch eine Kombination aus Externalisierung und Automatisierung, d. h., Leistungen werden vom Anbieter auf den Nachfrager verlagert und dort von Maschinen erbracht (z. B. Fahrscheinautomat im ÖPNV, Online-Banking). Dadurch wird jedoch die Kontaktbasis im Beziehungsmanagement geschwächt. Anbieter wissen immer weniger über ihre Kunden und deren Bedarfe und die Austauschbarkeit der Leistungen steigt. Ob dies angesichts der Marktentwicklung eine schlaue Entwicklung ist, mag dahingestellt bleiben. Dienstleistungen weisen somit eine Reihe von vertriebsrelevanten Dimensionen auf, die eine gesonderte Betrachtung rechtfertigen. Allerdings ist festzustellen, dass es bislang keine belastbare Definition, geschweige denn eine Theorie der Dienstleistungen gibt, was angesichts der gesamtwirtschaftlichen Bedeutung dieses Sektors bedauerlich ist. 14.2
Besonderheiten im Vertrieb von Dienstleistungen
Für den Vertrieb von Dienstleistungen sind vor allem die Aspekte der Verfahren zur optimalen Standortwahl des Betriebs, der Lagerung und des Transports im Rahmen der Logistik sowie der Verkürzung der Abwicklungszeiten relevant. 14.2.1 Standortwahl des Betriebs Bei standortgebundenem Dienstleistungsangebot (Residenzprinzip) gehen von der Wahl des Standorts zahlreiche akquisitorische Wirkungen aus. Der Standort ist der geografische Ort, an dem der Dienstleistungsanbieter zum Zweck der Erreichung seiner Ziele Produktionsfaktoren zur Leistungserstellung kombiniert. Häufig kommt dabei der bequemen Erreichbarkeit zentrale Bedeutung zu. Ein Ausweg stellen allenfalls Angebote zur schnellen und kostengünstigen Überbrü-
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
ckung von Entfernungen für den Externen Faktor dar (dies gilt auch für standortungebundene Dienstleistungsangebote / Domizil- oder Treffprinzip in Bezug auf interne Produktionsfaktoren, da Convenience ein wichtiger Wettbewerbsfaktor ist). In jedem Fall ist eine Steuerung der Distributionsdichte gemäß der Nachfrageverteilung wichtig, also breit distribuiert für engmaschig verteilt nachgefragte und schmal distribuiert für weitflächig verteilt nachgefragte Dienstleistungen. Ausschlaggebend dafür ist wiederum der relative Standort des Anbieters. Viele Dienstleistungen sind nicht zu multiplizieren und an verschiedenen Standorten zugänglich zu erbringen, z. B. weil sie von einer Person abhängig sind (professionelle Services wie Freie Berufe). Die Spannweite der Standorte eines Dienstleistungsbetriebs geht (am Beispiel Kultur) von einem zentralen Standort, an dem allein die Leistungserbringung stattfinden kann (z. B. Führung im Louvre) über einige wenige räumlich verteilte Standorte (z. B. Opernhauspremieren) bis zu vielen räumlich verteilten Standorten (z. B. Museumsbesuche) oder beinahe beliebig vielen Standorten (z. B. Kinovorführungen). Die Standortentscheidung ist in jedem Fall konstitutiver Natur und erforderlich bei Neugründung bzw. Umsiedlung des Betriebs, Veränderung der Betriebsgröße, Ausweitung bzw. Differenzierung der Tätigkeit sowie Zusammenlegung und Schließung von Betrieben. Dabei spielen qualitative und quantitative Einflussgrößen eine Rolle. Vor allem ist das Einzugsgebiet des Standorts von Bedeutung. Zu dessen Erfassung gibt es verschiedene Methoden, eine davon ist die Erfassung in umfangreichen, individuell anzulegenden Checklisten: •• Der Faktor Geschäftsstruktur des betrieblichen Standorts dient dem Dienstleistungsanbieter zur Bestimmung des Absatzpotenzials des Standorts. Zum Beispiel sind Schuster, die Leistungen des täglichen Bedarfs anbieten, auf eine hohe Einwohnerdichte bzw. Passantenfrequenz angewiesen, da ihr Einzugsgebiet typischerweise begrenzt ist. •• Der Faktor Umfeld bezieht sich auf die Harmonie des betrieblichen Standorts mit dem Image des Dienstleistungsbetriebs. Dies gilt vor allem für Dienstleistungen mit Vertrauensgutcharakter, bei denen aus den Umfeldfaktoren, wie I a-Lage, mangels anderer Anhaltspunkte, auf die Leistungsfähigkeit des Anbieters geschlossen wird (zu denken ist etwa an Rechtsanwaltskanzleien). •• Der Faktor Konkurrenz kann zu einer Meidung konkurrierender Dienstleistungsbetriebe führen (Evitation) oder gerade zu einer Suche der Nähe solcher Betriebe (Agglomeration), um von der gemeinsam höheren Anziehungskraft des eigenen betrieblichen Standorts zu profitieren (man denke nur an die Kneipenviertel jeder größeren Stadt). •• Der Faktor Erreichbarkeit betrifft die Zugänglichkeit des betrieblichen Standorts in der Verkehrsanbindung (ÖPNV, Parkplätze etc.). Dies ist umso wich-
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tiger, als je austauschbarer eine Dienstleistung von Nachfragern angesehen wird, diese wiederum ist abhängig von der Emotionalität zugunsten eines Anbieters / Angebots, oder deren Fehlen, bei der Kaufentscheidung (problematisch etwa für SB-Warenhäuser auf der grünen Wiese). •• Der Faktor Raum orientiert sich an den Raumkosten (Mietkosten, Bauinvestitionen etc.), an der Raumqualität (Architektur, Grünflächen etc.) und der Raumkapazität (Quadratmeter, Lagerfläche etc.). Dies fällt vor allem für Fachgeschäfte in den Fußgängerzonen der Innenstadt ins Gewicht. Bei der Analogmethode wird ein strukturidentischer Vergleichsstandort eines Dienstleistungsbetriebs herangezogen, von dem aus auf den eigenen Standort projiziert wird, wobei etwaige Abweichungen umgerechnet werden können. Voraussetzung ist allerdings, dass der Vergleichsstandort auch wirklich hinsichtlich aller relevanten Elemente hinlänglich vergleichbar ist, was ausgesprochen selten zutrifft. Bei Raumgebietsmodellen geht es um die Abgrenzung der Absatzreichweiten zwischen zwei Standorten (genauer Geschäftszentren). Dazu gibt es aus der Physik entlehnte Gravitationsmodelle und Potenzialmodelle. Gravitationsmodelle ermitteln, ob eine Person in einem zwischen zwei vergleichbaren Standorten liegenden Gebiet entweder Kunde am einen oder am anderen Standort wird, es erfolgt also eine dichotome Zuordnung. Die Anziehungskraft eines Standorts wird, vereinfacht dargestellt, als proportional zur Entfernung zwischen dem Standort eines potenziellen Kunden und den Nachbarregionen / -betrieben angesehen. Dort, wo die Anziehungskräfte zweier Standorte auf Kunden gleich stark sind, liegt die relative Grenze der jeweiligen Einzugsgebiete. Auf alle umgebenden Regionen bezogen, ergibt sich eine fortlaufende Grenzlinie (Isokurve). Potenzialmodelle ermitteln, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine Person Kunde am einen und mit welcher am anderen Standort wird, es kommt somit zu überlappenden Absatzreichweiten. Dabei wird die Wahrscheinlichkeit, dass ein potenzieller Kunde seinen Leistungsbedarf nicht am (Wohn-)Standort, sondern in einer Nachbarregion / bei einem Konkurrenzbetrieb deckt, als direkt abhängig vom Agglomerationsgrad (Attraktivität) der für ihn erreichbaren (Einkaufs-)Standorte und deren Entfernung zu seinem (Wohn-)Standort angesehen. Ausschlaggebend ist damit sein Nettonutzen. Bei der Distanzenmethode wird umgekehrt die Entfernung vom Standort des Anbieters ausgehend betrachtet. Distanzen lassen sich jedoch unterschiedlich definieren, so als geografische Entfernung (Luftlinie), als topografische Entfernung (Wegstrecke), als Zeitdauer zur Überwindung der Distanz oder als Kostenaufwand zur Überwindung dieser Distanz. Jedenfalls werden dann konzen trische Linien mit definiertem Radius um den eigenen Standort gelegt, um das entsprechende Einzugsgebiet zu ermitteln. Die akzeptierten Distanzen variieren allerdings mit der Art der in Anspruch genommenen Leistung.
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
Sofern es sich um Ladengeschäfte handelt, wird zudem nach Geschäftslagen zur Klassifikation unterschieden (z. B. I a / I b, II a / II b). Gerade diese guten Lagen sehen sich vielfachen Begrenzungen zur Verfügbarmachung für Dienstleistungsbetriebe gegenüber (so Bundesraumordnung, Bundesbaugesetz, Baunutzungsverordnung etc.). 14.2.2 Lagerung und Transport Zunächst scheint es fraglich, inwieweit Lagerungs- und Transportmaßnahmen angesichts der postulierten Nichtlager- und Nichttransportfähigkeit von Dienstleistungen überhaupt relevant sind. Dies ist aber tatsächlich in vielfältiger Weise der Fall, wenn die internen Produktionsfaktoren oder der Externe Faktor transportiert oder (zwischen-)gelagert werden. So sind etwa der Externe Faktor zum betrieblichen Standort zu verbringen (z. B. Abschleppen eines liegen gebliebenen Pkw in die Autowerkstatt) oder die Internen Faktoren zum Standort des Externen Faktors (z. B. Gärtner und Gerätschaften in den heimischen Garten). Dies sind eindeutig logistische Vorleistungen, ohne welche die eigentliche Dienstleistungserstellung nicht stattfinden kann. Oder logistische Nachleistungen, ohne die diese nicht komplett ist (z. B. Rücksendung des entwickelten Films vom Fotolabor, Zustellung des ausgearbeiteten Rechtsgutachtens an den Mandanten). Außer diesen Zusatzleistungen müssen logistische Kernleistungen durch Anbieter immer dann erbracht werden, wenn der Externe Faktor immobil ist, um die richtigen Internen und Externen Faktoren zum geplanten Zeitpunkt, am richtigen Ort, in der richtigen Menge und in der vereinbarten Qualität zur Verfügung zu stellen. Logistische Zusatzleistungen sind hingegen für die eigentliche Leistungserbringung nicht unbedingt notwendig, runden aber das Angebot ab (z. B. Parkservice für Gästefahrzeuge im Hotel). Es handelt sich also wieder um eine zweistufige Dienstleistung, einmal im Kern- und dann im Zusatzservice. Eine weitere Entscheidung betrifft die nach der Erfüllung dieser logistischen Leistungen. Sie können selbsterstellt werden, also durch den Dienstleistungsbetrieb, oder fremderstellt, also im Wege des Outsourcings (Outside Resource Using) an Dienstleistungszulieferer vergeben werden (z. B. Zustellunternehmen für die Einholung und Verbringung reparierter Geräte). Wichtige Entscheidungen betreffen dabei die Wahl von Transportmittel, Transportzeit, Transportsicherheit und die Konsequenzen der Transportkosten daraus. Weitere Maßnahmen betreffen die Lagerung der Internen Faktoren, also der Materialien, die zur Leistungserbringung benötigt werden (z. B. Schrauben im Handwerksbetrieb) und der „Lagerung“ von Personalreserven (z. B. Pausenraum). Sowie die „Lagerung“ des Externen Faktors, dies bezieht sich sowohl auf vom Kunden beigestellte Produkte als auch die Person des Kunden selbst
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(z. B. eingereichte Akten in der öffentlichen Verwaltung oder Patientenwartezimmer beim Arzt). Insgesamt kommt es auf eine bestmögliche Abstimmung der Angebotszeit (Endkombination) und der Bedarfszeit (des Externen Faktors) an. Dabei sind folgende Ausgestaltungen denkbar: •• der Verkauf und die externe Endkombination finden zu einem gemeinsamen Zeitpunkt statt, •• der Verkauf und die externe Endkombination finden zu verschiedenen Zeitpunkten statt (ein Ausgleich erfolgt über Anrechtsbelege), •• die Dienstleistung findet nach vorheriger Anmeldung statt, der Zeitpunkt wird vom Anbieter bestimmt, •• die Dienstleistung findet auf Abruf (selbsttätig) statt, den Zeitpunkt dazu bestimmt der Kunde, •• die Dienstleistung findet nach Bereitstellung (also Zug um Zug) statt, der Zeitpunkt wird von beiden Seiten gemeinsam bestimmt, •• die Dienstleistung findet während eines Zeitfensters des Anbieters statt (z. B. Ladenöffnungszeiten bei Vertrieb im Residenzprinzip), •• die Dienstleistung findet während eines Zeitfensters des Kunden statt (z. B. Bürozeiten bei Vertrieb im Domizilprinzip). 14.2.3 Abwicklungszeiten Die Abwicklungszeiten zur Leistungserbringung setzen sich aus Transferzeiten (Stützleistung), Vorbereitungszeiten (Stützleistung), eigentlichen Ausführungszeiten (Nutzleistung), Nachbereitungszeiten (Stützleistung) und Wartezeiten (Blindleistung) zusammen. Bei mangelnder Abstimmung von Angebots- und Bedarfszeit kommt es zu ärgerlichen Wartezeiten. Sie dienen weder der Produktion noch dem Verkauf von Dienstleistungen. Es handelt sich also um Verlustzeiten zum Transfer und zur Abwicklung zwischen Internen und Externen Faktoren. Transferzeiten (für den Externen Faktor) sind u. a. erforderlich für Fahrten zum Dienstleister und zurück, für die Suche nach einem Parkplatz, für Wege innerhalb des Gebäudes. Sie können abgebaut werden durch geeignete Standortwahl (verkehrsgünstig gelegen, ausreichendes Parkplatzangebot), innerbetriebliche Leitsysteme (Piktogramme) oder Nutzung von Tele- anstelle Face to Face-Kommunikation, Abholbzw. Bringservices sowie Veredelung von Dienstleistungen. Vorbereitungs- und Nachbereitungszeiten sind u. a. erforderlich für Terminabsprachen, Ausfüllen von Formularen, Übergabe bzw. Übernahme eingebrachter Objekte (beigestellte Produkte), Buchungen oder Check-outs. Sie dienen der
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
Vor- bzw. Nachbereitung der eigentlichen Leistungserbringung. Sie können durch Verfahrensvereinfachung (Standardisierung der Prozesse) oder Externalisierung der Leistungserbringung (Prosumer) bzw. Automatisierung der Leistungserstellung abgebaut werden. Wartezeiten überbrücken Pausen zwischen Stufen der Leistungserbringung bzw. vorher und nachher. Auch sie können durch die Schaffung von Unterhaltungs- bzw. Aktivitätsmöglichkeiten (z. B. Monitor mit Videoprogramm im Sichtfeld des Zahnarztpatienten) oder Unterlassung der sichtbaren, aber unverständlichen Vorzugsbehandlung einzelner Kunden vor anderen abgebaut werden (z. B. getrennte Sprechstundenzeiten für Privat- und Kassenpatienten). Hilfreich sind allgemein die frühzeitige Einbeziehung des Kunden in alle Prozessphasen oder seine Information über plausible Wartegründe und die voraussichtliche Wartedauer (etwa durch eine Restwartezeitanzeige), eine vorherige Terminvereinbarung, die dann aber auch realistisch sein sollte, die Trennung von Angebotselementen mit unterschiedlichem subjektiven Wert, etwa als Schnellservice für limitierte Leistungsumfänge (z. B. Express-Schalter), eine zeitliche Preisdifferenzierung (Yield Management), bei der höhere Preise Kunden in Stoßzeiten verdrängen, ein flexibler Personaleinsatz nach Kundenanfall (z. B. durch Einsatz von Teilzeitkräften) und entsprechende arbeitsorganisatorische Vorkehrungen. Es gibt vielfältige Möglichkeiten zur Zeitverkürzung. Die lineare Strategie strebt eine Verkürzung aller drei Arten von Wartezeiten (Transfer-, Abwicklungs-, Transaktionszwischenzeiten) an. Dazu ist eine bessere Abstimmung der Teilprozesse aufeinander erforderlich. Die prozedurale Strategie strebt die Füllung der Transfer-, Abwicklungs- und Wartezeiten durch andere Aktivitäten an (z. B. Beschäftigung). Es ist auch eine Kombination aus linearer und prozeduraler Strategie denkbar. Als allgemeine Anhaltspunkte zum Umgang mit Wartezeiten sind die Folgenden hilfreich. Aktiv verbrachte Zeit wird im Vergleich zu passiv verbrachter Zeit von Kunden als kürzer empfunden. Wartezeiten während des Prozesses (z. B. zwischen Setzen einer Betäubungsspritze und Aufbohren einer Kavität beim Zahnarzt) erscheinen kürzer als das Warten auf den Prozess selbst (also die Zahnbehandlung). Wartezeiten, die mit Ungewissheit verbunden sind, werden als länger wahrgenommen. Weiß man, wie lange die Wartezeit dauern wird, erscheint sie kürzer (deshalb wird im ÖPNV vielfach die verbleibende Zeit herunter gezählt). Gleiches gilt, wenn man weiß, warum es so lange dauert (z. B. Hinweis auf einen zwischengeschobenen Notfall in der Arztpraxis). Wartezeiten, die interpersonell als „fair“ empfunden werden, werden als kürzer wahrgenommen als „unfaire“. Wartezeiten auf subjektiv „wertvolle“ Dienstleistungen werden als kürzer erlebt. Wartet man innerhalb einer Gruppe, vergeht die Wartezeit meist schneller als allein (wobei es allerdings auch auf die Interaktion in der Gruppe ankommt, ggf. erscheint die Wartezeit in der Gruppe dann sogar länger).
14.3
14. Vertrieb von Dienstleistungen555
Kundendienstleistungen
Bei Kundendiensten handelt es sich um sach- oder dienstleistungsbegleitende Dienstleistungen. Dabei können verschiedene Arten unterschieden werden (siehe Abb. 97). Nach dem Inhalt gibt es vorwiegend kaufmännische Kundendienste, die wirtschaftliche Dimensionen abdecken und vorwiegend technische Kundendienste, die verfahrenstechnische Dimensionen abdecken. Zu ersteren gehören etwa Beratung, Wirtschaftlichkeitsanalyse, Bestelldienst etc., zu letzteren etwa Installation, Wartung, Entsorgung etc. Nach dem Zeitpunkt relativ zum Kauf gibt es Vorkaufkundendienste und Nachkaufkundendienste. Erstere (Pre Sales Services) dienen der Akquisition, dazu gehören etwa telefonische Bestellannahme, Anproberäume, Inzahlungnahme etc., letztere (After Sales Services) der Kundenbindung, dazu gehören etwa Zustellung, Verpackung, Änderungsservice etc.
Abb. 97: Kundendienstarten
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
Nach dem Absender gibt es industrielle, also herstellereigene und institutionelle, also herstellerfremde Kundendienste. Bei ersteren ist der Dienst- bzw. Sachleistungsanbieter zugleich der Kundendienstleister, letztere werden hingegen durch eigenständige Service Providers (Third Party Maintenance) erbracht, nicht aber durch den Dienst- oder Sachleistungsanbieter selbst. Nach den Adressaten gibt es konsumtive Kundendienste im Rahmen der Privatkundenbeziehung (B-t-C) und produktive Kundendienste im Rahmen der Gewerbekundenbeziehung (B-t-B). Zu ersteren gehören etwa Leihgerätbereitstellung, Transportversicherung, Ersatzteilversorgung etc., zu letzteren etwa Zeitanalyse, Risikountersuchung, Durchführbarkeitsstudie, Dokumentenerstellung etc. Nach der Auslegung gibt es standardisierte und individualisierte Kundendienste, erstere werden einheitlich für mehrere oder alle Kunden erbracht (z. B. Reinigung der Geschäftsräume), letztere werden speziell nach den Wünschen der Abnehmer erstellt (z. B. Anpassung des IT-Referenzmodells an die jeweilig anzutreffenden Geschäftsprozesse). Nach der Leistungserbringung gibt es personelle und maschinelle Kundendienste. Erstere werden von den Mitarbeitern des Kundendienstbetriebs oder von ihm beauftragten Externen persönlich erbracht, letztere werden von Automaten selbsttätig, allenfalls unter menschlicher Bedienung oder Aufsicht, erbracht. Der Trend zu dieser Automatisierung ist durch technischen Fortschritt und Entlastung von Kosten manifest. Nach dem Leistungsbezug gibt es persönliche Kundendienste und apparative Kundendienste. Erstere werden an einzelnen Personen / Personenmehrheiten erbracht, und zwar unmittelbar subjektgerichtet (z. B. Personalschulung) oder mittelbar subjektgerichtet (z. B. Finanzierung für den Kfz-Käufer), letztere werden an Objekten im Eigentum / Besitz dieser Personen erbracht (z. B. Reparatur). Hinsichtlich der Verpflichtung können obligatorische Kundendienste, die rechtlich so vorgeschrieben sind und daher nicht positiv differenzieren können (Muss-Leistungen, z. B. Kfz-Haftpflichtversicherung beim Autokauf), präferenzielle Kundendienste, die zwar nicht verpflichtend, wohl aber marktüblich sind (Soll-Leistungen, z. B. Umtausch bei Fehlkauf einwandfreier Produkte) und fakultative Kundendienste, die nicht unbedingt marktüblich sind (Kann-Leistungen, z. B. Video- / Online-Zugang im Zug), unterschieden werden. Nach der Affinität zur Primärleistung kann diese hoch, mittel oder niedrig ausgeprägt sein. Da hochaffinie, primärleistungsnahe Kundendienste bereits weit verbreiteter Status im Markt sind, besteht die Tendenz, zunehmend fernere, mittel- bis niedrigaffine Services anzubieten. Deren akquisitorische Wirkung ist jedoch zweifelhaft und deren ökonomische Tragfähigkeit bei genauerer Betrachtung häufig nicht gegeben.
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Die Berechnung erfolgt einzeln ausgewiesen, und zwar gewinnbringend, vollkosten- bzw. teilkostendeckend, oder pauschaliert, teils mit Selbstbeteiligung des Kunden, oder im Preis der Primärleistung bereits eingerechnet. Grundsätzlich gilt, dass Leistungen, die nutzbringend wirken, vom Kunden akzeptiert sind und ihm auch berechnet werden können / sollen. Die Organisation der Kundendienste kann zentral, also über ein Servicezentrum, z. B. bei Facharbeiten wie Flugzeug-Wartung, oder dezentral über Kundendienststützpunkte in der Fläche ausgelegt sein (Niederlassung, Filiale, Werkstatt etc.), wenn die Arbeiten weniger anspruchsvoll ausgelegt oder kurze räumliche Entfernungen erforderlich sind. Aus diesen Stellgrößen kann jeder Anbieter sein eigenes Kundendienstprofil erstellen. Klar ist, dass nicht nur Produkte als Primärleistungen in Frage kommen, sondern auch Dienste, es sich dann also um eine doppelte Dienstleistung handelt, einmal die selbstständige Dienstleistung an sich und dann der dienstleistungsbegleitende Kundendienst (z. B. Kaffee beim Frisör, Zeitschriften in der Arztpraxis, Autowäsche in der Kfz-Werkstatt).
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15.
C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
Vertrieb an Gewerbekunden
Das Unterkapitel „Vertrieb an Gewerbekunden“ beschäftigt sich im Wesentlichen mit zwei Aspekten, den übergreifenden Merkmalen des Gewerbekundengeschäfts (15.1) und den Besonderheiten der verschiedenen Geschäftsarten dort (15.2). Wichtig ist dabei zu realisieren, dass auf jeden Euro Privatkundenumsatz ca. 250 % Gewerbekundenumsatz kommen (nach Backhaus u. a.). Das heißt, Gewerbekunden sind primär im Vertrieb. Leser kennen nach Durchsicht dieses Unterkapitels die Besonderheiten des Gewerbekundengeschäfts (B-t-B) und dessen Entwicklungslinien. Sie verstehen darüber hinaus die Besonderheiten der verschiedenen Geschäftsarten im B-t-B in Form von Anlagen, Rohstoffen, Systemen, Zulieferungen und Produkten. Dabei können sie diese Erkenntnisse auf geeignet erscheinende Situationen systematisch-analytisch fundiert übertragen. 15.1
Merkmale des Gewerbekundengeschäfts
Der Gewerbekundenmarkt ist durch einige Besonderheiten gekennzeichnet, die bei näherem Hinsehen dann doch keine so großen Besonderheiten sind. Vielmehr gelten die wesentlichen Einflussfaktoren bei Privatkunden wie Internationalisierung, Dienstleistungsanteil, Kundenbeziehungsmanagement erst recht für Gewerbekunden. Insofern sind wohl allenfalls Adaptationen erforderlich, aber die Entwicklungslinien der Vertriebspolitik stimmen überein. 15.1.1 Vertriebsrelevante Marktkennzeichen Der Gewerbekundenmarkt ist der Markt für den gewerblichen Ge- und Verbrauch von Produktions- und Investitionsgütern. Dafür lassen sich eine Reihe von Besonderheiten wie folgt ausmachen. Der Kaufentscheid erfolgt oft durch ein Kollektiv im Wege gruppendynamischer Prozesse mit organisiertem, meist kollektivem Kaufentscheid im Buying Center. Dabei sind mehrere Beteiligte involviert (Buyer, User, Influencer, Decider, Gatekeeper). Dies hat vor allem zwei Gründe. Erstens sind die finanziellen Dimensionen von Industriegüterobjekten oft so hoch, dass es nicht opportun erscheint, die Entscheidung dafür oder dagegen von einer Person abhängig zu machen. Vielmehr kann die Qualität der Entscheidung gesteigert werden, wenn verschiedene Personen, möglicherweise aus verschiedenen funktionalen Bereichen, ihre jeweilige Einschätzung einbringen. Zweitens ist jedoch der Wunsch nach Absicherung des Arbeitsplatzes ausschlaggebend. Eine Einzelperson macht sich sehr angreifbar, falls ihr Entscheid sich posthum als falsch herausstellt. In einem Kollektiv kann sich jeder Teilnehmer jedoch hinter der Gremienentscheidung „verstecken“. Die negativen Konsequenzen einer falschen Entscheidung
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schlagen also nur vermindert durch. Dass die positiven Konsequenzen einer richtigen Entscheidung dafür nicht allein eingezogen werden, tritt demgegenüber dahinter zurück. Dabei ist bekannt, dass Gremien zu Entscheidungsdefekten neigen. Wohl jeder kennt die Situation, dass man aus einem Meeting kommt und die Beteiligten im Nachhinein ihr Unverständnis über die kollektiv getroffene Entscheidung ausdrücken. Offensichtlich ist es also möglich, dass Gremien Entscheidungen treffen, die jeder einzelne Teilnehmer so nicht getroffen hätte. Da jeder sich jedoch mit seinen Zweifeln allein wähnt, denn sonst würden die anderen sich schließlich kritisch geäußert haben, bleiben Einwände unausgesprochen. Bekannt ist, dass Gruppen entweder zu übertrieben risikoreichen Entscheiden neigen, weil sich die negativen Konsequenzen auf mehrere Schultern verteilen und Risikofreudigkeit als sozial akzeptierte Eigenschaft gilt oder zu übertrieben risikoscheuen Entscheiden, weil die Bedenkenträger nur noch einen unzuläng lichen Restkompromiss zulassen, der zur Zielerreichung ungeeignet ist. Es handelt sich um eine überschaubare Anzahl von Anbietern und eine beschränkte Zahl von Nachfragern mit der Folge eines nicht-anonymen Marktes. In den meisten Industriegütermärkten ist bekannt, wer in der Lage ist, eine bestimmte anspruchsvolle Leistung zu erbringen und diesen wiederum ist bekannt, wer Bedarf an solchen Leistungen hat. Insofern herrscht häufig eine hohe Markttransparenz vor. Dies gilt sogar bei weit verbreitet internationalen Geschäftstätigkeiten, so dass eine disziplinierende Wirkung auf alle Beteiligten davon ausgeht. Kein Akteur kann es sich leisten, „verbrannte“ Erde zu hinterlassen, weil die Anzahl der übrig bleibenden alternativen Transaktionspartner gering ist und eine hohes Maß an informationellem Austausch dafür sorgt, dass der Kreis möglicher Partner weiter schrumpft. In Konsumgütermärkten hingegen kennt der Anbieter seine Kunden nur sehr ungenau und kann allenfalls auf allgemeine statistische Daten zurückgreifen. Oftmals bestehen bereits langjährige Geschäftsbeziehungen. Diese hohe Transparenz führt zweifellos zur Disziplinierung in der Zusammenarbeit. Anders als in anonymen Märkten, wo das quantitative Verhältnis beider Marktseiten sehr ungleichgewichtig ist, besteht hier eine engere Bindung der Marktteilnehmer mit der Folge zur Selbstbeschränkung. Anders als in Konsumgütermärkten sind häufige Anbieterwechsel untypisch. Dies hängt vor allem davon ab, dass viele Leistungsobjekte eine hohe Spezifität aufweisen, d. h. kunden- bzw. problemlösungsindividuell konzipiert und erstellt worden sind und damit nicht ohne Weiteres von einem Partner zu einem anderen transferiert werden können, ohne Verluste hinzunehmen. Dies motiviert zu einem gewissen Maß an Geschäftstreue. Insofern kommt es zu stabilen Marktpartnerbeziehungen. Dies liegt zum einen darin begründet, dass Ausweichmöglichkeiten auf weitere Anbieter bzw. Kunden meist eng begrenzt sind. Zum anderen aber auch darin, dass bei der wirtschaftlichen Bedeutung des jeweils anstehenden Kaufentscheids die
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
Erfahrung aus bereits erfolgreich abgewickelten Geschäftsbeziehungen der Vergangenheit angestrebte Sicherheit vermittelt. Überwiegend sind stark formalisierte Willensbildungsprozesse vorhanden. Deshalb sind die Ergebnisse wohl abgewogen und werden unter mehreren Gesichtspunkten von verschiedenen Personen beleuchtet. Allerdings spielen immer wieder auch irrationale Faktoren eine Rolle. Außerdem ist der Anteil der einzelnen Beteiligten am Endergebnis schwierig zu steuern oder nachzuvollziehen und wechselt von Fall zu Fall. Die Formalisierung dient vor allem der Nachvollziehbarkeit einer Entscheidungsfindung und erfolgt durch Scorings, Checklists oder Nutzwertanalysen. Das bedeutet jedoch nicht, dass eine strikt rationale Entscheidungsfindung vorherrscht. Dies liegt in den Personen begründet, die im Konsumgüter- und Industriegüterbereich letztlich die selben sind. Es wäre auch befremdlich, wenn eine Person, die im privaten Bereich, ihr eigenes Budget betreffend, durchaus emotional basierte Kaufentscheide tätigt, kaum dass sie das Werkstor passiert hat, zum reinen „Number Chruncher“ mutieren würde. Vielmehr bleiben Entscheide von irrationalen Faktoren wie Präferenz, Kompetenz anmutung, Sympathie, Vertrauen etc. geprägt, nur hat man als Manager gelernt, diese Faktoren hinter rational erscheinenden Formalia zu verbergen. Am Ende geht es aber darum, dass ein Kauf ohne persönliches Involvement der Entscheider im Industriegüterbereich ebenso untypisch ist wie im Konsumgüterbereich. Zur Not wird der Rationalität durch Gestaltung der Kriterienauswahl, durch entsprechende Punktvergabe oder Gewichtung der Kriterien nachgeholfen. Dies kann man gar nicht hoch genug wichten. Es sind lange, harte Entscheidungsprozesse mit ökonomischer Bewertung gegeben. Das heißt, das Angebot eines Industriegüterherstellers wird selten unverhandelt akzeptiert oder abgelehnt. Vielmehr liegt wegen der Komplexität der Materie meist das Erfordernis der Nachverhandlung und Erläuterung vor. Dazu treffen sich die Mitglieder des Buying Centers auf Abnehmer- und des entsprechenden Selling Centers auf Lieferantenseite, um gemeinsam Details eines Angebots zu diskutieren. Dies bietet sich vor allem an, um Äquivalenz in den Verhandlungsbedingungen herzustellen. Allein eine numerische Unterlegenheit führt zu einer gravierenden Verschlechterung der Position. Zudem ist es hilfreich, wenn die Kompetenzen des Buying Centers im Selling Center gespiegelt werden, so dass jeder Kundenentscheider einen Ansprechpartner auf der Lieferantenseite findet. Dabei kommt es darauf an, durch geschickte Argumentation und Rollenverteilung die eigene Position zu stärken. Die Illusion einer Win-Win-Situation ist dabei regelmäßig nur durchzuhalten, wenn dies zulasten einer außenstehenden dritten Partei geht. Denn insgesamt handelt es sich bei geschäftlichen Transaktionen für gewöhnlich um Null-Summen-Spiele. WinWin-Konstellationen dienen im Wesentlichen der Stützung der Fiktion einer Partnerschaft zwischen den Akteuren und verdecken, dass es letztlich darum geht, die eigene Position gegen andere zu verteidigen.
15. Vertrieb an Gewerbekunden561
Industriegüter sind häufig erst nach relativ großen Zeitabständen erneuerungsbedürftig, so dass die Chance, demselben Kunden die gleiche Ware erneut zu verkaufen, von Erweiterungsinvestitionen einmal abgesehen, eher gering ist. Dementsprechend wichtig ist es, einen Geschäftsabschluss jetzt zu erreichen. Anders als bei Serien- und Massenprodukten, bei denen von einem stetigen Nachfragefluss ausgegangen werden kann, sind viele Industriegüter durch diskontiniuerlichen Auftragseingang charakterisiert. So kann es durchaus vorkommen, dass über eine längere Zeit kein Auftragseingang zu verzeichnen ist, was gravierende betriebswirtschaftliche Konsequenzen hat. Denn die Fixkosten der Leistungsbereitschaft sind, zumindest kurzfristig, nicht abbaubar und mutieren zu Leerkosten, wenn ihnen keine Erlöse gegenüber gestellt werden können. Dies kann über Cash-flow-Abflüsse durchaus zu Illiquiditätsgefahren führen und damit zur Notwendigkeit der Insolvenzanmeldung. Aber es kann auch vorkommen, dass mehrere Projekte zeitnah eingehen, so dass die bestehenden Kapazitäten nicht ausreichen, die Nachfrage zu bedienen. Dann führen Wartezeiten rasch zu Unzufriedenheiten bei Kunden, was unbedingt zu vermeiden ist. Eine Ausweitung der Kapazität ist umso schwieriger, je höher deren Spezifität ist, d. h., je spezieller sie auf die Prozesse eines Anbieters ausgerichtet und daher auf andere nicht ohne Weiteres übertragbar ist. Im Personalbereich wird eine Ausweitung zudem zurückhaltend betrachtet, da man sich von eingestellten Mitarbeitern in konjunkturellen Flautezeiten, aus guten sozialpolitischen Gründen, nicht mehr ohne Weiteres lösen kann. Gleichzeitig ist damit eine hohe Bindungsdauer gegeben, d. h., die einmal festgelegte Entscheidung gilt für eine nennenswerte Zeitspanne und kann so schnell nicht revidiert werden. Damit ist eine Unterstützung bei der finanziellen Gegenleistung erforderlich. Diese erfolgt im Rahmen des Financial Engineerings, d. h. maßgeschneiderter Finanzierungskonzepte, die den hohen Auftragswert oft erst in die finanzielle Reichweite von Abnehmern rücken. Ohne solche Finanzierungskonzepte sind nennenswerte Abschlüsse kaum noch darstellbar. Es hilft wenig, wenn ein Nachfrager ein Angebot attraktiv findet, sich dieses aber nicht leisten kann oder, häufiger, nicht leisten will. Eine solche Absatzfinanzierung macht aus Nachfragersicht naturgemäß nur Sinn, wenn damit Konditionen verbunden sind, die vorteilhafter ausfallen als wenn der Nachfrager selbst sich die Finanzmittel besorgt oder bereitstellt. Dafür kommen mehrere Ansatzpunkte in Betracht. Erstens kann ein Unternehmen nur begrenzt kreditfähig sein und muss daher prohibitiv hohe Zins- und Tilgungszahlungen leisten. Dann reicht bereits ein zu marktüblichen Konditionen bereitgestellter Kredit zur Präferenzbildung aus. Oder das Kundenunternehmen verfügt nur über ein schlechteres Rating als das Lieferantenunternehmen. Dann kann letzteres ersterem die Vorteile seiner besseren Bonität weitergeben. Oder die Öffentliche Hand im Lieferantenland unterstützt die Wirtschaftstätigkeit seiner Unternehmen durch Einräumung von Kreditsicherheitsleistungen, die das Risiko einer Absatzfinanzie-
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
rung mildern oder Ausfallleistungen ermöglichen. Dies ist etwa im Exportgeschäft durch staatliche Unterstützung zulasten des Steuerzahlers üblich. Es ist ein kurzer Vertriebsweg vorhanden, meist erfolgt sogar Direktvertrieb, also im unmittelbaren Kontakt zwischen Hersteller und Endabnehmer. Dies hat den Vorteil, dass der Hersteller seine Vermarktungsaktivitäten ohne die Gefahr negativer Beeinflussung durch autonome Handelsstufen steuern kann. Andererseits benötigt er umfangreiche Kapazitäten zur Beratung und Betreuung seiner Kunden. Allerdings wird oftmals der Produktionsverbindungshandel (PVH) als Form des Großhandels im B-t-B-Bereich eingeschaltet, der Waren ohne wesentliche Be- oder Verarbeitung von Herstellern zu Weiterverarbeitern leitet. Der direkte Vertriebsweg ist von unschätzbarem Vorteil, weil er Möglichkeiten bietet, die sich Konsumgüterherstellern schon seit langer Zeit verbieten. So ist die Preis- und Distributionshoheit auf den Handel als nachfragemächtigem Abnehmer übergegangen. Damit sind dem Hersteller zentrale Instrumente der Marktbearbeitung praktisch aus der Hand genommen. Industriegüterhersteller sind jedoch Kanalführer gegenüber ihren Kunden, da sie die Aktionsparameter, innerhalb vorgegebener Restriktionen, nach eigenem Wunsch einsetzen können. Das Angebot besteht aus komplexen Hardware-Software-Kombinationen (Systems Selling). Immer bedeutsamer wird dabei, neben der reinen Gerätelösung, auch die notwendigen anwendungsbezogenen Hilfen zu geben, um im harten internationalen Wettbewerb zu bestehen. Darin drückt sich ganz konkret bereits eine kundenorientierte Denkweise dieses Sektors aus. Während es früher nicht selten vorkam, dass das Industriegut geliefert bzw. aufgestellt und dann der Abnehmer mit den üblichen Problemen der Inbetriebnahme allein gelassen wurde, gehört es heute zu den Selbstverständlichkeiten, auch die Implementierung der Anlage zu übernehmen. Damit lassen sich gerade auch Preisnachteile in der Hardware kompensieren, vorausgesetzt man bietet kundennutzen-intensive Lösungen an. Dies ist besonders am deutschen Standort relevant, denn weder preislich noch technisch sind nennenswerte Vorteile gegeben. Erst durch die intelligente Bündelung mit kaufbegleitenden Dienstleistungen können häufig daraus resultierende Nachteile überkompensiert werden. Ebenso typisch ist der Drittparteieneinfluss durch Architekten, Betriebsingenieure, Berater etc. Diese nehmen qua Fachkompetenz Einfluss auf die Entscheidung über Art, Umfang, Auslegung etc. des Industrieguts und damit auch auf die Anbieterwahl. Oft werden diese Berater auch erst genau zu jenem Zweck engagiert. Da sie über fremdes Geld befinden, bedürfen sie ihrerseits eines hohen Verantwortungsbewusstseins. Ob sie allerdings als Externe in der Lage sind, die nachfragerspezifischen Bedarfe und Potenziale besser einzuschätzen als Interne selbst, kann bezweifelt werden. Insofern ist die Einschaltung solcher Dritter oft nur Zeichen mangelnder Kompetenz der internen Stelleninhaber und damit die schlechteste aller Lösungen.
15. Vertrieb an Gewerbekunden563
Von großer Bedeutung als Vorqualifikation sind Referenzen. Diese beziehen sich auf bereits erfolgreich abgewickelte vergleichbare Projekte des Anbieters und bieten damit willkommene Risikoreduktion. Dadurch wird aber zugleich der Markteintritt neuer Anbieter erschwert, die an referenzfähige Projekte nicht herankommen, weil ihnen eben die Referenzen dazu fehlen. Naturgemäß fragt sich jeder Interessent, wieso noch kein anderer Nachfrager auf das offerierte Angebot eingestiegen ist, wenn es denn tatsächlich so vorteilhaft ist, wie es dargestellt wird. Daher ist es für einen Anbieter unbedingt erforderlich, ein Referenzprojekt nachzuweisen. Dazu bedarf es nicht selten einer erheblichen Subventionierung, um den ersten Nachfrager davon zu überzeugen, eine Installation zuzulassen. Vorausgesetzt, diese „funktioniert“, kann sie dann zur Akquisition nachfolgender Kunden dienen. Gelingt ein solches Referenzprojekt nicht, besteht die Gefahr, dass auch nachfolgende Akquisitionen ins Leere laufen. Dadurch bleiben häufig bestehende Lieferanten unter sich, d. h., es kommt zu einem Marktschließungseffekt. Der Zuschlag von öffentlichen Aufträgen erfolgt meist durch Ausschreibung mit Ausschlussfristen, nur ausnahmsweise auch durch freihändige Vergabe. Dies unterstreicht die formalisierte Anbahnung von Kaufabschlüssen und führt zu einer besseren Vergleichbarkeit der Offerten. Dabei muss das Lastenheft in jedem Fall erfüllt werden, davon abweichende Spezifikationen können nur zusätzlich angeboten werden. Aber auch im privatwirtschaftlichen Bereich sind Ausschreibungen zumeist Pflicht. Problematisch daran ist, dass dann ein Präferenzaufbau allenfalls dazu führen kann, dass ein Anbieter zum Kreis der angefragten Unternehmen bei geschlossener Ausschreibung gehört, aber keinen akquisitorisches Vorsprung mehr aufbauen kann. Daher ist es hilfreich, proaktiv bei potenziellen Kunden vorstellig zu werden, bevor diese eine Ausschreibung einleiten. Dies kann zwar die unliebsame Konsequenz einer Ausschreibung wohl kaum verhindern, aber man kann womöglich auf die Ausschreibungsbedingungen Einfluss nehmen. Dies kann erfolgen, indem man dem Nachfrager anbietet, bei deren Formulierung behilflich zu sein. Dabei sollten solche Kriterien in den Vordergrund gerückt werden, bei denen das eigene Unternehmen wettbewerbsüberlegen ist und solche in den Hintergrund gedrängt werden, bei denen anderen überlegen sind. Auf diese Weise können die Chancen für einen Zuschlag signifikant erhöht werden. Eine solche Handreichung stößt bei Nachfragern zudem infolge Arbeitsersparnis auf deren Seite nur selten auf Widerstand. Auf Grund dieser Umfeldbedingungen herrscht weitgehender Preiskonservatismus vor. Dies bezieht sich weniger auf die Preishöhe, denn diese gerät angesichts zunehmend internationaler Konkurrenz erheblich unter Druck, sondern vielmehr auf die Preis- und Konditionentaktik, die Nachlässe von Gegenleistungen abhängig macht. So ist es nicht üblich, im Rahmen der Bruttopreisbildung mit Aktionen zu agieren, wie das im Konsumgüterbereich zwischenzeitlich breit anzutreffen ist. Das bedeutet jedoch nicht, dass auf intensive Preisverhandlungen verzichtet würde. Diese beziehen sich vielmehr auf den Nettopreis, betref-
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
fen also die Konditionen. Diese lassen angesichts der Komplexität des Leistungsaustauschs breiten Raum für Gestaltungsmöglichkeiten. Dabei ist sowohl an Zahlungs- wie auch an Lieferungsbedingungen zu denken, weiterhin an Rabatte und Kreditierungen. 15.1.2 Entwicklungslinien Die unterschätzte Bedeutung des Gewerbekundengeschäfts ist auch deshalb verwunderlich, als viele dominante Marketingentwicklungen in diesem Sektor bereits seit langem praktiziert werden. Dazu nur drei Beispiele. Seit geraumer Zeit wird die Notwendigkeit zur Internationalisierung proklamiert. Dabei wird auf die zunehmende Enge heimischer Märkte abgehoben, die es erforderlich macht, ins Ausland zu expandieren. In diesem Zusammenhang werden vor allem die Marktwahl, der Markteintritt und die Marktführung diskutiert. Im Industriegüterbereich ist die internationale Unternehmenstätigkeit längst etabliert. Schon immer haben spezialisierte Anbieter die einzige Chance zur Geschäftsausweitung im internationalen Engagement gesehen, so dass beeindruckende Auslandsmarktanteile gang und gäbe sind. Ein anderes Beispiel ist der hohe Dienstleistungsanteil der Geschäftstätigkeit. Man spricht von einer Dominanz der Dienstleistungen angesichts von Anteilen an der Bruttowertschöpfung bzw. Beschäftigtenzahl von jeweils gut 67 %. Dabei wird vor allem der Stellenwert von Kundendiensten zur Abrundung des wahrgenommenen Produktangebots proklamiert. Im Industriegüterbereich sind Angebotsbündel aus Sach- und begleitenden Dienstleistungen längst etabliert. Angesichts hoher Serviceansprüche der Nachfrager besteht anders kaum noch eine Chance, an Aufträge zu lukrativen Konditionen zu gelangen. Dies gilt vor allem angesichts möglicher Nachteile beim Sachleistungsanteil. Schließlich sei auch das Kundenbeziehungsmanagement angeführt. CRM ist ein zentrales Thema. Dabei geht es um den Aufbau, die Pflege, den Ausbau und den Erhalt von Geschäftsbeziehungen zwischen Anbieter und Nachfrager. Daraus resultiert im Ergebnis der Kundenwert und daraus wiederum der Unternehmenswert, so dass diese Stellgröße von hoher Erfolgsbedeutung ist. Dies ist im Industriegüterbereich schon lange Handlungsmaxime. Bei weitgehend transparenten Märkten mit limitierter Anzahl von Akteuren auf Anbieter- wie Nachfragerseite ist eine nachhaltige Unternehmenssicherung nur darstellbar, indem beidseitig auf profitable, belastbare und weitreichende Zusammenarbeit gesetzt wird. Verscherzt es sich ein Anbieter mit einem Nachfrager, zieht dies leicht weite Kreise. Allein schon die oft lange Laufzeit der Transaktionsbeziehungen bedingt einen partnerschaftlichen Umgang miteinander, der durch gegenseitige Wertkettenverzahnung noch verstärkt wird.
15.2
15. Vertrieb an Gewerbekunden565
Geschäftsarten im B-t-B
Der B-t-B-Sektor ist nicht homogen strukturiert, sondern unterscheidet sich zwischen mehreren Geschäftsarten sehr stark. Dabei können folgende Geschäftsarten zugrunde gelegt werden: Anlagen als klassische Investitionsgüter, Rohstoffe als klassische Produktionsgüter, Systeme als vernetzte Leistungselemente, Zulieferungen auf Basis des Outsourcings und Produkte mit konsumnahen Charakterisitika (siehe Abb. 98). 15.2.1 Vertrieb von Anlagen 15.2.1.1 Investitionsgüter Anlagen sind Leistungsangebote, die ein durch die Vermarktungsfähigkeit abgegrenztes, von einem oder mehreren Anbietern in einem geschlossenen Angebot erstelltes, kundenindividuelles Hardware- oder Hardware-Software-Bündel zur Fertigung weiterer Güter darstellen. Sie werden meist in Einzelfertigung oder Kleinserie gefertigt, regelmäßig erfolgt die funktionsfähige Montage erst beim Kunden (z. B. handelt es sich um Raffinerien, Walzwerke, Flugsicherungsanlagen). Im Anlagengeschäft werden komplexe Projekte vermarktet. Die Spezifikation der zu erstellenden Anlage wird zu einem bestimmten Zeitpunkt festgelegt. Die Kaufentscheidung fällt projektspezifisch zu einem bestimmten Zeitpunkt. Die Realisierung des Projekts erstreckt sich dann meist über einen längeren Zeitraum. Das Projekt ist damit in der Regel abgeschlossen, systematische Erweiterungs- und Ergänzungskäufe finden nicht mehr statt. Als bestimmende Merkmale des Anlagengeschäfts gelten folgende. Es erfolgt regelmäßig eine kundenindividuelle, einmalige Leistungserstellung (Auftragsfertigung). Damit handelt es sich um Angebote, die gemäß jeweiliger Spezifikation speziell für einen Einsatzzweck zusammengestellt oder zumindest dafür modifiziert werden. Anders als bei Serien- und Massenfertigung handelt es sich häufig um Sorten- oder Einzelfertigung mit den daraus üblicherweise folgenden betriebswirtschaftlichen Nachteilen für die Kalkulation. Denn bei kleinen Losgrößen oder gar der Losgröße 1 sind die Rüstkosten unverhältnismäßig hoch im Verhältnis zu den Erlösen, denn in jedem Einzelfall müssen neuerliche Produktionsvoraussetzungen geschaffen werden. Zur Lösung sind zwei Wege nutzbar. Der eine Weg führt über die Modularisierung von Leistungseinheiten. Dabei wird eine komplexe Leistung konzeptionell in einzelne Module zerlegt, deren Schnittstellen zueinander vorab exakt definiert werden. Dies erlaubt es, diese Module zu einer größeren Anzahl von Fertigprodukten zu kombinieren, die sich weitestgehend kundenindividuell darstellen, jedoch rationell zu produzieren sind. Denn jedes Modul wird standardisiert in einer größeren Stückzahl hergestellt, so dass die Vorteile der Kostendegression nutzbar sind. Dies setzt freilich voraus, dass bereits bei der Konstruktion jedes Moduls sämtliche Schnittstellen
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
Geschäftsarten im B-t-B
Anlagen
Investitionsgüter
Immobilien
Rohstoffe
Urprodukte
Rohstoffähnliche Waren
Systeme
Lösungen
Charakteristika
Zulieferungen
Produkte
Bereiche
Markierung
Abb. 98: Geschäftsarten im B-t-B
15. Vertrieb an Gewerbekunden567
zu anderen Modulen in Richtung Kompatibilität berücksichtigt sind. Dies gilt auch für die Änderung jedes einzelnen Moduls. Ein anderer Weg ist das Plattformkonzept. Dabei handelt es sich um eine zeitlich möglichst weit herausgezögerte Individualisierung in der Produktion (Postponement). Mehreren Leistungen liegt dabei eine gemeinsame Produktionsplattform zugrunde, die unter Nutzung von Kostendegression in größerer Stückzahl aufgelegt wird. Da jedoch kundenindividuelle Leistungen erforderlich sind, wird diese Plattform erst in einem möglichst weit fortgeschrittenen Fertigungsstadium heterogenisiert. Ab dann entstehen Kostenprogressionen durch Einzel- / Sortenfertigung. Da diese jedoch mehr oder minder weit unter den Rationalisierungseffekten des Plattformkonzepts liegen, kann per Saldo eine kostengünstige Lösung dargestellt werden. Langfristigkeit bedeutet, dass lange Zeiträume zwischen Angebotsabgabe, Auftragsvergabe und Projektabschluss liegen. Hier ist von der Multitemporalität und der Multioperativität die Rede. Erstere bedeutet, dass es sich um eine lange Transaktionsperiode von der ersten Kontaktaufnahme bis zur Projektabnahme handelt. Dabei können nicht selten mehrere Jahre ins Land gehen. Letztere bedeutet, dass dabei mehrere Episoden durchlaufen werden, während derer bestimmte Teilschritte des Projekts abgearbeitet werden. Bei diesen Episoden ist aus Vertriebssicht an folgende Phasen zu denken: •• Problemweckung bei potenziellen Kunden, Bestimmung des Anforderungsprofils, Sicherstellung der Kontaktberücksichtigung, Akquisition von Anfragen, Erstellung von Angeboten, Beeinflussung der Bewertung, Erzeugung einer Anbieterpräferenz, Hingabe von Zugeständnissen, Lieferungsausführung und Geschäftsnachbereitung. Die Episoden stellen sich aus Nachfragersicht etwa wie folgt dar: •• Problemerkennung, Bestimmung des Bedarfs, Sondierung des Marktes nach potenziellen Lieferanten, Erstellung von Anfragen, Einholung von Angeboten, Vergleich dieser Angebote, Auswahl des präferierten Anbieters, Nachverhandlung der Geschäftsbedingungen, Kaufabwicklung und Nutzung / Integration des Kaufgegenstands. Gleichzeitig kommt jedem Kauf durch seinen bloßen Warenwert große Bedeutung zu, so dass nicht erreichte Abschlüsse nachhaltig auf das Unternehmensergebnis durchschlagen. Gleichfalls repräsentiert das Kaufobjekt einen hohen Projektwert im Budget des Nachfragers. Damit lohnt sich für ihn eine umfangreiche Informationssuche, um Angebote gründlich zu vergleichen und sorgfältig das für ihn vorteilhafteste auszuwählen. Das kaufmännische Volumen rechtfertigt also eine gründliche Auseinandersetzung mit der Transaktionssituation sowohl auf Anbieter- wie auf Nachfragerseite. Der grenzüberschreitenden Auftragsvergabe kommt große Bedeutung zu, somit ist die internationale Ausrichtung im Vertrieb weit fortgeschritten. Unter-
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
nehmen der Anlagenbranche weisen daher erhebliche Auslandsmarktanteile auf. Dies liegt in der meist hohen Spezifität der vermarkteten Objekte begründet, die nur eine begrenzte Anzahl von Abnehmern zulässt. Um die für den Geschäftserfolg gewünschten Absatzvolumina dennoch darzustellen, bleibt selbst bei großen Binnenmärkten keine andere Chance, als Erlösquellen im Ausland aufzutun. Zudem ist es mit einem einfachen Export nicht getan, vielmehr verlangt der Charakter von Anlagen ein nachhaltiges Engagement in fremden Ländern und Kulturen. Weiterhin entsteht im Projektfortschritt eine enge Interaktion zwischen internationalen Unternehmen und deren Mitarbeitern. Dies alles führt dazu, dass Internationalität selbstverständlicher Bestandteil der Geschäftstätigkeit in der Anlagenbranche ist. Wegen des hohen Auftragswert kommt der Planung und Ausarbeitung von maßgeschneiderten Finanzierungskonzepten durch Erschließung und Kombi nation aller zweckadäquaten Alternativen als Absatzfinanzierung (Financial Engineering) hohe Bedeutung zu. Im internationalen Geschäft kommt häufig noch das Erfordernis einer Exportkreditversicherung hinzu. Nicht selten verlangt der Nachfrager, vor allem wenn es sich um einen öffentlichen Auftrag handelt, auch die Errichtung lokaler Infrastrukturmaßnahmen. Üblich sind Anund Zwischenzahlungen nach Projekt-Fortschritt sowie durchaus auch Zahlungsziele von bis zu zehn Jahren. Neuerdings werden hier verstärkt computergestützte Angebotssysteme mit den Zielen der Abgabe korrekter und treffender Angebote, Erweiterung der Dienstleistungen (Finanzierungsberatung etc.), des aktuellen Informationsstands für alle Mitarbeiter, der sicheren Beurteilung des Kunden und seiner Bedarfe, der zielgenauen Nutzung der eigenen Vertriebs kapazität, der Abstimmung zwischen Vertrieb und Produktion sowie des Knowhow-Transfers eingesetzt. Dazu sind dann so verschiedenartige Elemente wie Kundendatenbank, elektronischer Produktkatalog, Know-how-Datenbank, Zeichnungsdatenbank, rechnergeführte Bedarfserhebung, Konfigurator („Angebots-Baukasten“), Kalkulation, Preisfindung, Finanzberatung, Folgekostenabschätzung, Zuordnung von Informationen, Angebotsdruck und Angebotsverfolgung erforderlich. Die Diskontinuität des Auftragseingangs ergibt sich daraus, dass jeweils Einzelaufträge akquiriert werden, die schwer planbar eingehen, dann aber über lange Zeit Beschäftigung sichern. Daraus entstehen erhebliche betriebsswirtschaftliche Probleme, denn die Betriebsbereitschaft muss aus Gründen der Wettbewerbsfähigkeit kontinuierlich aufrecht erhalten werden. Diese verursacht Fixkosten, die zu einem gewissen Teil kalkulatorischer Natur sind und daher auf Zeiten besserer Beschäftigung vorgetragen werden können, zu einem gewissen Teil aber auch pagatorischer Natur, also ausgabewirksam, insb. Personalkosten. Dies bedeutet, dass schwankenden Einnahmen feste Ausgaben gegenüber stehen, die eine stetige Illiquiditätsgefahr bergen. Zumal der Fixkostenblock definitionsgemäß kurzfristig nicht abbaubar ist. Andererseits werden bei Auflaufen paralleler Aufträge rasch Kapazitätsgrenzen erreicht und überschritten, die dazu
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führen, dass Aufträge abgelehnt oder teuer extern untervergeben werden müssen, so dass dann, wenn Erlöse zu erwirtschaften wären, diese entgehen oder von womöglich hohen Kosten aufgezehrt werden. Dies ist eine sehr unwirtliche Beschäftigungssituation. Anlagen werden nicht mehr nur als „Hardware“, sondern als Hardware-Soft ware-Bündel angeboten, also mit produktbegleitenden Dienstleistungen (genauer Kundendiensten). Diese können sich vor allem auf kaufmännische und technische Dienste beziehen und sowohl vor dem Kaufabschluss als auch danach entstehen. Diesem Ansatz liegt die zutreffende Überlegung zugrunde, dass auch im Anlagengeschäft das einzelne Produkt nicht mehr differenzierungsfähig ist, im Gegenteil häufig sogar komparative Nachteile aufweist. Dann ist es erforderlich, durch produktverbundene Kundendienste eine ganzheitliche Wahrnehmung des Angebots zu erreichen, die dann den Ausschlag zu eigenen Gunsten geben kann. Hinzu kommt, dass gerade Kundendienste sich einer unmittelbaren Preisvergleichbarkeit entziehen und damit Ertragspotenziale bieten sowie eine längerfristige Beziehung auch nach Projektabschluss ermöglichen und damit die Chance auf weitere Aufträge. Aufgrund der technischen Dominanz in diesem Bereich wurden dererlei Aspekte jedoch häufig vernachlässigt. Lag früher der Akzent der Vertriebsaktivitäten auf dem Vorkaufbereich, so ist heute klar, dass die entscheidenden Vorteile in der Nachkaufphase liegen. Inhaltlich ist dabei die Anbieterkompetenz notwendige Voraussetzung, vermag jedoch allein keine Konkurrenzvorteile mehr zu generieren. Hinzu treten muss zwangsläufig das Kundenbeziehungsmanagement, in dessen Mittelpunkt die emotionale Bindung zwischen den Mitarbeitern des Anbieters und des Nachfragers steht. Bei ansonsten gleichen Voraussetzungen (Ausschreibung), verschafft diese die hinreichende Voraussetzung für Geschäftserfolg. Auch im Gewerbekundengeschäft sind es Menschen, die interagieren und die neben unerlässlichen Daten und Fakten soziale Ansprüche haben, die befriedigt werden wollen. Anlagen bieten aufgrund ihres hoch involvierenden Charakters, ihrer Komplexität und Laufzeit geradezu ideale Bedingungen für ein solches Beziehungsmanagement. Die endgültige Ausgestaltung einer Anlage erfolgt oft erst unter Abnehmereinfluss. Spezifikationen sind nicht immer so eindeutig, dass sich daraus allein bereits ein befriedigend operationales Lastenheft ableiten lässt. Insofern kommt es zu einem engen Feedback mit dem Abnehmer. Umgekehrt ist sich der präsumptive Auftraggeber keineswegs immer so klar über Art, Umfang, Auslegung etc. der Anlage, dass sich auf dieser Basis schon ein verbindliches Angebot erstellen lässt. Hier wird dann das Know-how des Anbieters erforderlich, um zu einer praktikablen Lösung zu gelangen. So wie selten ein Haus so gebaut wird, wie es am Reißbrett des Architekten entworfen wurde, so wird selten eine Anlage so gebaut, wie sie bestellt wurde. Dies ist auch ganz normal so, stellt sich doch meist erst in der Konkretisierung heraus, dass vorgegebene Lösungen suboptimal bleiben oder relevante Erfordernisse nicht berücksichtigt sind. Eine
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
Herausforderung, die daraus resultiert, ist die produktionsbegleitende Erfassung dieser Änderungswünsche und der kostenmäßigen bzw. preislichen Konsequenzen daraus. Wird dies nicht unmittelbar kalkulatorisch erfasst, können Schwierigkeiten in der Liquidierung daraus resultierender Mehrkosten entstehen, weil Änderungen vergessen, übersehen, rückwirkend schwer eingeschätzt oder auch negiert werden. Maßgabe hat daher zu sein, dass Änderungswünsche unmittelbar kalkulatorisch erfasst und dem Auftraggeber zur Genehmigung unterbreitet werden. Nur wenn dieser die Kosten freizeichnet, sollte geändert werden, denn dann besteht später ein rechtlich durchsetzbarer Anspruch. 15.2.1.2 Immobilien Die Besonderheiten der Immobilie als Wirtschaftsgut und des Immobilienmarkts führen zur Notwendigkeit einer gesonderten Berücksichtigung, die am ehesten der einer Anlage vergleichbar ist. Zu den Besonderheiten der Immobilie als Wirtschaftsgut gehören: •• Standortgebundenheit durch räumliche und sachliche Teilmärkte, Heterogenität (nicht normiertes Angebot), Dauerhaftigkeit der Investition, hohe Investitionsvolumina, hohe Transaktionskosten (Formvorschriften und Sicherheiten), beschränkte Teilbarkeit, beschränkte Substituierbarkeit, geringe Markttransparenz (Thin Markets), Abhängigkeit von anderen Märkten (Zinsen, Steuern), geringe Anpassungselastizität an Marktveränderungen. Gewerbeimmobilien betreffen die Nutzung von Raum zu erwerbswirtschaftlichen Zwecken, Wohnimmobilien betreffen die Nutzung von Raum zur Befriedigung von Wohnbedürfnissen (ist hier nicht relevant). Ein Immobilienprojekt ist ein Grundstück im Zustand der Bebauung (Entwicklung), das anschließend einer neuen bzw. veränderten Nutzung zugeführt wird sowie ein bebautes Grundstück, das bereits einer Nutzung zugeführt wurde. Dabei lassen sich drei Phasen unterscheiden: •• Projektentwicklung bedeutet, die Faktoren Standort, Projektidee und Kapital so miteinander zu verbinden, dass eine einzelwirtschaftlich rentable und zugleich gesamtwirtschaftlich sozialverträgliche Investition gewährleistet ist. Zentrale Entscheidungskriterien sind dabei Kosten, Qualität und Termin. •• Projektmanagement bedeutet die Wahrnehmung aller Führungsaufgaben, die zur zielorientierten Abwicklung eines Immobilienprojekts nach dessen Realisierungsentscheid erforderlich sind. •• Objektmanagement umfasst die Wahrnehmung kaufmännischer und technischer Dienste. Das Angebot rekrutiert sich aus Flächen und Räumen (durch Leerstand, Neubau, Umwidmung), die Nachfrage bezieht sich auf Eigennutzung, Mietnutzung oder Kapitalanlage. Das heißt, man teilt nach Vermietungs- und Verkaufsge-
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schäft, in der Makelung auch das Einkaufsgeschäft, ein. Voraussetzung für die effiziente Bearbeitung sind daher permanente Nutzer- und Standort-Analysen. Diese dienen vor allem der Kundennähe, einer intensiven Betreuung und optimalen Beratung. 15.2.2 Vertrieb von Rohstoffen Rohstoffe sind solche Industriegüter, die Bestandteile von Folgeprodukten werden, aber keiner weiteren Bearbeitung unterzogen worden sind als derjenigen, die erforderlich ist zur Verfügbarmachung, zum Schutz, zur Lagerung, zum Transport und / oder bei denen gewisse Manipulationen zur Erreichung der Vermarktungsfähigkeit vorgenommen wurden wie Zerkleinerung, Klassifizierung, Konzentrierung etc. Der Markt der Rohstoffe umfasst im Einzelnen Urprodukte und rohstoffähnliche Waren. 15.2.2.1 Urprodukte Urprodukte sind Anbauwaren, die aus der Natur gewonnen werden als landwirtschaftliche Erzeugnisse sowie Abbauwaren, die meist nicht regenerierbar sind. Rohstoffe sind dabei Ausgangsstoffe für nachfolgende Verarbeitungsstufen und werden ohne weitere Umformungsprozesse erstmals einer wirtschaftlichen Verwendung zugeführt. Sie verändern sich in der Produktion. Urprodukte umfassen im Wesentlichen land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse, Mineralien und fossile Träger. Diese werden zumeist als Commodities bezeichnet, die wiederum in Soft Commodities, d. h. börsenfähige Rohstoffe, die nicht-metallisch sind (Getreide, Zucker, Kakao etc.), und Hard Commodities, die metallisch sind, unterscheidbar sind. Für deren Börsenfähigkeit sind die Fungibilität (d. h. eine Einheit kann stellvertretend für alle anderen Einheiten stehen) sowie die Standardisierung der Kontrakte (in Bezug auf alle wesent lichen Vertragsbestandteile) Voraussetzung. Als atypische Commodities werden oft solche Rohstoffe bezeichnet, die nicht börsenfähig sind wie Business Goods (Geschäftsgegenstände), Capital Goods (Investitionsgüter), Consumer Goods (Verbrauchsgüter) und Staple Goods (Einsatzstoffe) sowie Halbfabrikate (Handelsware). Wesentliche Kennzeichen von Urprodukten sind die Folgenden. Die Geschäftstätigkeit ist standortgebunden nur dort möglich, wo Urprodukte gewonnen bzw. geerntet werden können. Der Marktzugang ist also objektiv begrenzt. Sofern es sich um nicht regenierbare Rohstoffe / Energien handelt, ist ein wesentliches Anliegen die Sicherung der Rohstoffverfügbarkeit, z. B. durch Abbaulimitationen, sowie die Recylierbarkeit der verwerteten Rohstoffe zur Rückgewinnung. Solche natürlichen Monopole sind wettbewerbspolitisch nicht angreifbar, denn sie beruhen auf objektiven Faktoren, nicht auf beschränkenden
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bsprachen wie künstliche Monopole. Problematisch ist, wenn die RohstoffverA fügbarkeit dadurch gefährdet wird, dass diese Standorte in politisch anfälligen Gebieten liegen. Zumal, wenn keine adäquaten Ausweichmöglichkeiten bestehen. Dann müssen Zugeständnisse geleistet werden, um den Zugang zu diesen Rohstoffen nicht zu gefährden (etwa in Form von Joint Ventures mit den Ursprungsländern). Die Waren sind starken Quantitäts- und Qualitätsschwankungen unterworfen, die aus den Unwägbarkeiten natürlicher Bedingungen folgen, also z. B. Witterung, Fundstätte. Durch Bildung von Güteklassen soll deshalb eine Standardisierung erreicht werden. Bei Abbauwaren sind naturgegeben abweichende Qualitäten vorhanden. So gibt es Rohöl verschiedener Schweregrade, leichtere Rohöle sind einfacher zu verarbeiten, wohingegen schwerere Rohöl erst noch gecrackt werden müssen, um zu Mineralölprodukten verarbeitet werden zu können. Solche Qualitätsabweichungen sind auch bei Anbauwaren verbreitet, etwa wenn ungünstige Witterungseinflüsse auf den Geschmack von Weinen Einfluss nehmen. Dies ist so hinzunehmen. Quantitätsabweichungen entstehen aus der verschiedenen Ergiebigkeit von Abbaustellen, bis hin zur Erschöpfung einzelner Fundstätten bzw. zur Notwendigkeit überproportionalen Aufwands zum weiteren Abbau, der wirtschaftlich nicht mehr tragfähig ist. Bei Anbauwaren ergeben sich Quantitätsschwankungen durch Fehlernten, Schädlingsbefall oder Naturkatastrophen. Auch dagegen ist kaum etwas auszurichten. Diese Abweichungen ziehen jeweils erhebliche Preisschwankungen nach sich, da die Nachfrage oft mehr oder minder starr, das Angebot aber mengenmäßig schwankend ist. Insofern wird versucht, eine Homogenität der Urprodukte herzustellen, da ansonsten eine sinnvolle Handelbarkeit nicht gegeben ist. Dies geschieht durch Klassifikationen, denen Urprodukte innerhalb definierter Toleranzgrenzen zugeordnet werden. Diese erschwert die vertriebspolitische Einflussnahme erheblich. Denn Absicht ist für gewöhnlich die Profilierung und Absetzung des eigenen Produkts von anderen. Dort, wo dies tatsächlich gegeben ist, wird durch Klassifikationen gerade eine Vereinheitlichung des Angebots erreicht. Dabei werden alle Produkte, die gleichen Beurteilungskriterien entsprechen, zu einer Klasse zusammengefasst. Dabei ist es dann unerheblich, welches konkrete Produkt einer Klasse gerade gehandelt wird, denn alle Produkte sind in einer Klasse homogen. Ein Produkt steht stellvertretend für alle, nennenswerte Differenzierungsmöglichkeiten sind damit vereitelt. Diese Fungibilität der Waren ist unverzichtbare Voraussetzung für deren Handelbarkeit. Ansonsten wäre es erforderlich, die jeweilige Ware physisch am Ort des Verkaufs zu Prüfzwecken vorrätig zu halten. Dies wäre bei den gehandelten Volumina unmöglich. So reicht die glaubhafte Zuordnung zu einer Güteklasse aus, die Identität der Waren zu sichern, eine Überprüfung erübrigt sich, damit auch die Notwendigkeit der physischen Verfügbarkeit von Waren.
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Der Handel erfolgt an Warenbörsen. Dort werden An- und Abbauwaren auf Termin ge- und verkauft. Die Kontrakte sind dabei vollkommen standardisiert. Dies gilt nicht nur in Bezug auf die Qualitäten, sondern auch die Quantitäten, Lieferzeiten und -orte, so dass der Preis das einzige Differenzial darstellt. Der Handel an Warenbörsen birgt beiderseitige Chancen und Risiken. Nachfrager können sich damit auf Termin die Konditionen von heute für eine spätere Lieferung sichern. Dies ist vorteilhaft, wenn man davon ausgeht, dass die Preise steigen werden, denn dann ist die Lieferung zum jetzt vereinbarten, niedrigeren Preis fällig, unabhängig davon, wie der Preis zum Liefertermin lautet. Allerdings gilt dies auch, wenn der Preis zwischenzeitlich gefallen ist, dann hat der Verkäufer den Vorteil, weil er sich den höheren Preis von heute für eine spätere Andienung sichert. Die Erwartungen von Käufer und Verkäufer sind also genau entgegengesetzt. Dies macht für Nachfrager etwa Sinn, wenn mit Lieferengpässen zu rechnen ist oder auch nur eine feste Kalkulationsbasis erreicht werden soll bzw. für Anbieter, wenn mit einem Warenüberschuss zu rechnen ist oder eine feste Erlösbasis gesichert werden soll. An Optionsbörsen erfolgt der Handel auf Termin ohne konkrete Liefer- bzw. Abnahmeabsicht. Da bei Abschluss jeweils nur eine Anzahlung zum Kontrakt erforderlich ist, kann auch nur aus spekulativen Absichten heraus gehandelt werden. Die Kontrakte werden dann im positiven Fall erfüllt und erzeugen einen Differenzialgewinn und im negativen Fall verfallen gelassen, wobei nur die Einschusssumme, nicht aber der gesamte Abschlussbetrag verloren geht. Die Märkte für Urprodukte werden infolge ihrer geringen Angebotselastizität, oft zu unrecht, als wenig funktionsfähig angesehen, weshalb sie bewirtschaftet (z. B. Agrarmarkt) oder besichert (z. B. durch Termingeschäft) sind, wodurch deren Marktergebnisse aber nicht unbedingt besser werden. Das Postulat nichtfunktionsfähiger Urproduktemärkte ist mit Skepsis zu betrachten. Ihm liegt die Meinung der nationalen wie internationalen Politik zugrunde, „schlauer“ als der Markt zu sein, also in der Lage, Unzulänglichkeiten des Marktes durch Eingriffe proaktiv korrigieren zu können. Dies ist jedoch insofern zweifelhaft, als der Markt die gebündelte „Intelligenz“ aller Marktteilnehmer repräsentiert und es fraglich scheint, dass einige wenige Akteure, wie „schlau“ sie individuell auch immer seien, in der Lage sind, diese „Intelligenz“ zu überbieten. Es ist vielmehr wahrscheinlich, dass diese Märkte erst durch dirigistische Eingriffe dysfunktional werden. Dies kann an den grotesken Auswüchsen des europäischen Agrarmarkts nachvollzogen werden. Sicherlich ist eine Anfälligkeit durch Angebots- und Nachfrageschwankungen gegeben. Es steht jedoch zu bezweifeln, ob diese Nachteile wirklich größer sind als die Nachteile, die durch unüberschaubare Regulierungen, vor allem weitgehend unabhängig vom Marktpreisniveau zugesicherte Mindestpreise, im Markt verursacht werden. Die Konsequenzen sind hinlänglich bekannt, es entstehen Butterberge, Schweineberge etc., die mit großem Aufwand zuerst gelagert und dann zu Bruchteilen der Gestehungskosten verkauft oder gar verschenkt werden. Der Preis für ver-
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
meintliche Dysfunktionalitäten scheint damit sehr hoch bemessen zu sein, vielleicht höher als es wert ist. Es kommt immer wieder zu natürlichen Monopolen aufgrund gegebener, nicht beeinflussbarer Betriebsbedingungen, die nicht wettbewerbsrechtlich, wohl aber sozialpolitisch angegriffen werden. Ökonomisch ist der hohe Konzentrationsgrad nicht zu beanstanden. Oft steht dem sogar eine Nachfragemacht entgegen. Natürliche Monopole bieten, vor allem im Bereich der nicht-regenerativen Energiestoffe, latent das Potenzial zur Druckausübung. Daher wirken hier erhebliche politische Interessen ein. Historisch sind die Aktivitäten des OPECKartells im Nahen Osten bekannt. In dem Maße, wie jedoch Ölvorkommen in „sicheren“ Gebieten genutzt werden konnten, schwand die Monopolstellung und damit auch die Machtbasis. Aktuell sind gleiche Tendenzen in Bereich der Erdgasvorkommen zu beobachten, die zumal bei zunehmender Erschöpfung der Erdölreserven, an Gewicht gewinnen. Dabei ist vor allem an die Länder der ehemaligen Sowjetunion zu denken. Da die Nachfrage gleichzeitig preisstarr und durch Takeoff Markets verursacht, steigend ist, besteht wiederum ein erhebliches „Erpressungspotenzial“. Das Aufkommen an Rohstoffen ist teilweise nur begrenzt lagerfähig, z. B. wegen drohenden Verderbs, oder steuerbar, z. B. wegen anfallender Anlaufkosten. Zum Ausgleich werden häufig Rahmenverträge abgeschlossen, die einen hinlänglich verstetigten Absatz bewirken und damit Risiken begrenzen. Die begrenzte Lagerfähigkeit ergibt sich bei Anbauwaren durch die implizite Verderblichkeit von Produkten. Insofern entsteht ein Druck auf Erzeuger, ihre Waren loszuschlagen, beinahe unabhängig vom Preis. Diesem Problem kann jedoch durch Pufferlager, Rohstofffonds etc. wirksam begegnet werden. Bei Abbauwaren ist die Lagerfähigkeit vor allem durch die entstehenden Kosten limitiert, verursacht durch große Mengen, Infrastrukturleistungen, Kapitalbindung etc. Allerdings liegt die Vorhaltung von Sicherheitsbeständen im allgemeinen Interesse. Dies scheint heute aktueller denn je, stammen doch viele Energierohstoffe aus politisch durchaus instabilen Gebieten, zumal sich die Vorkommen in gesicherten Gebieten bedauerlicherweise deutlich dem Ende zuneigen. Da überwiegend die Bestimmung zur Weiterverarbeitung gegeben ist, besteht eine hohe Abhängigkeit von Folgemärkten. Die Nachfrage ist dabei häufig international und sehr heterogen, weil ein und derselbe Rohstoff zu sehr unterschiedlichen Verarbeitungszwecken eingesetzt werden kann (z. B. Mineralöl in der Chemie / Pharmazie und als Treibstoff / Energie). Unterliegen Primärmärkte konjunkturellen Schwankungen, so schlagen jene auf die Nachfrage der Folgemärkte durch. Können Betriebsmittel in mehreren Branchen gleichermaßen eingesetzt werden, kann es günstigenfalls zur gegenseitigen Kompensation der Schwankungen, aber ungünstigenfalls auch zu deren Aufschaukelung, kommen. Die Nachfrage nach Industriegütern ist damit eine abgeleitete Größe aus konsumnäheren Märkten und verstärkt deren Zyklus. Nach spricht dabei auch von
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einem Peitscheneffekt, d. h., bereits kleine Schwankungen am Endmarkt schlagen sich in nennenswerten Amplituden auf den jeweiligen Vorstufen nieder. Damit können bereits vergleichsweise kleine Unschärfen in der Marktdiagnostik grobe Abweichungen in den Vertriebsplänen bewirken. Dies führt zu einer signifikaten Risikoerhöhung. 15.2.2.2 Rohstoffähnliche Waren Neben An- und Abbauwaren gibt es weitere, rohstoffähnliche Waren, die nicht in allen Belangen lupenrein den Merkmalen von Rohstoffen entsprechen, dennoch aber ähnlichen Marktgesetzmäßigkeiten gehorchen. Dabei handelt es sich um Einsatzstoffe, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie Energie. Einsatzstoffe betreffen verarbeitete oder bearbeitete Vorprodukte (Unterschied zu Commodities), die den Ausgangspunkt weiterer Produktionsprozesse bilden, in Folgeprodukte eingehen und Veränderungen unterliegen, die sie von Halb- zu Fertigfabrikaten werden lassen. Ihre Produktion erfolgt durch Verarbeitung oder Rückgewinnung (Recycling). Es ist eine heterogene Nachfragerschaft, oft mit zwischengeschaltetem Produktionsverbindungshandel, bei niedrigem Verarbeitungsgrad und hoher Homogenität der Produkte gegeben. Zu den Hilfsstoffen gehören Rohstoffe, die als Nebenbestandteile in die Produktion eines Fertigprodukts eingehen. Dazu gehören z. B. Steine, Erden, Eisen, Stahl, NE-Metalle, chemische Säuren, Granulate, Glas, Schnittholz, Papier, Rohtextilien. Betriebsstoffe dienen zur Aufrechterhaltung der Leistungsprozesse, gehen aber selbst nicht in das Endprodukt ein. Zu denken ist z. B. an Klebstoffe, Farben, Schmiermittel, Bohrer, Schrauben. Eine abgewandelte Rohstoffart ist die Energie. Die Energienachfrage ist eine abgeleitete, woraus erhebliche Auslastungsschwankungen der Kapazitäten folgen. Die Verwendung von Rohstoffen für die Energieumwandlung ist von Sekundäranforderungen (vor allem Ökologie und Politik) stark beeinflusst. Die Substitutionskonkurrenz verschiedener Energien ist begrenzt, daraus folgt eine eingeschränkte Preiskonkurrenz. Die Kapazität ist starr, eine Anpassung nach oben ist nur mittelfristig, eine solche nach unten nur unter Hinnahme von Leerkosten möglich. Die Energie wird oft durch Großverbraucher selbst erzeugt bzw. Energieerzeuger haben eigene Verbraucher. Die Energieerzeugung folgt aus Kuppelproduktion. Der Energiemarkt ist einer der wenigen, in denen DeMarketing greift (Aufruf zum Energiesparen). Dies ist durch die Erschöpfbarkeit der meisten Energieressourcen (nicht-regenerative Energien) bedingt. Dies erfordert einen gesamtwirtschaftlich verantwortungsvollen Umgang mit Einsparungszielen und die nachdrückliche Förderung alternativer Energieträger. Dies gilt zumal, als der Wirkungsgrad der traditionellen Energieträger durch Umwandlungs- und Leitungsverluste vergleichsweise gering ist.
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
Energie kann sowohl auf den Vorstufen der Primär- und Sekundärenergieträger vermarktet werden wie Kohle, Erdgas, Rohöl, die zunächst der Vornahme von Umwandlungsprozessen bedürfen, als auch als Endenergieträger in unmittelbar verwendungsfähigem Zustand (allenfalls mit Umspannungen). Sofern es sich um leitungsgebundene Energien handelt, unterliegt der Leitungsaufbau trotz vollzogener Marktliberalisierung vielfältigen rechtlichen Beschränkungen. Als Anbieter treten meist Großkonzerne oder kommunale Betriebe auf, die vertikal integriert und regional flächendeckend arbeiten. Dies ist vor allem durch die hohen Markteintrittsschranken bedingt, die außenstehenden Wettbewerbern eine Teilnahme erschwert. Folglich sind die Wettbewerbsbedingungen äußerst sensibel. In Deutschland haben sich vier Energieversorgung etabliert (RWE, E.ON, Vattenfall, ENBW), die infolge hohen Kapitalbedarfs und begrenzten Leitungszugangs unter sich bleiben. Wegen der stark schwankenden Auslastung und der Versorgungspflicht ist eine umfassende Kapazitätsbereitstellung erforderlich, die eine hohe Fixkostenbelastung impliziert. Das Erfordernis ubiquitärer Distribution im Verbreitungsgebiet ist teils nur unter Einschaltung indirekter Vertriebswege (Energiebörsen) möglich. An diesen Spotmärkten werden überschüssige Kapazitäten gegen ungedeckte Bedarfe vermakelt. Die Geschäftsbedingungen der Energieversorgungsunternehmen (EVUs) sind mit Tarifabnehmern häufig standardisiert, mit Sonderabnehmern jedoch frei aushandelbar. Dies gilt vor allem für Großabnehmer mit (zumindest theoretischer) Möglichkeit der Eigenversorgung mit Energie. Das Rohstoffgeschäft ist bei aller vermeintlichen Transparenz der vermarkteten Objekte gerade deshalb ein sehr anspruchsvolles und komplexes. Das Rohstoff- und rohstoffähnliche Geschäft sieht sich angesichts der absoluten Begrenztheit natürlicher Vorkommen neuen Herausforderungen ausgesetzt. Bereits derzeit wird das Wachstum durch die Knappheit der Ressourcen begrenzt, z. B. im Bereich Seltener Erden für die Herstellung von ICs oder Akkus. Hinzu kommt, dass diese Rohstoffe häufig nur in politisch sensiblen Regionen der Erde vorkommen. Und deren Ausbeutung durch internationale Konzerne in Teilen an frühkapitalistische Zustände erinnern muss. Relevante Teile der Gesellschaft schreiben sich zudem, wenngleich nicht selten militant, den Schutz der natürlichen Vorkommen auf die Fahne, was zwangsläufig zu Konflikten führt (z. B. Braunkohleabbau zur billigen Verstromung). Dabei steht vermehrt ein qualitatives Wachstum im Vordergrund, das nachhaltig wirkt, also nicht zukünftigen Generationen ihre Freiheitsgrade zugunsten des Wohlstands der aktuellen Generation nimmt. Dies überfordert freilich viele Rohstoffunternehmen, die mit ihrem Denken noch im überkommenen quantitativen Wachstum verwurzelt sind.
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15.2.3 Vertrieb von Systemlösungen Systemgeschäfte beinhalten Transaktionen, bei denen die Entscheidung über die Vorteilhaftigkeit eines Kaufs abhängig von anderen Käufen ist, und zwar von eigenen sowohl als auch fremden. Sie bilden ein durch ihre Verkaufsfähigkeit abgegrenztes, von einem oder mehreren Anbietern in einem geschlossenen Angebot erstelltes Sach- oder Sachleistungs-Dienstleistungs-Bündel zur Befriedigung eines komplexen Bedarfs. Dabei lassen sich mehrere Ausformungen von Systemgeschäften unterschieden. Im Folgenden werden die wesentlichen Inhalte dargestellt (siehe Abb. 99). 15.2.3.1 Arten Nach der Systemrichtung können horizontale und laterale Systeme unterschieden werden. Horizontale Systeme sind additiv angelegt, bestehen also aus einer Aneinanderreihung gleicher Teilsysteme. Es handelt sich um Erweiterungssysteme. Laterale Systeme (Verkettungssysteme) entstehen integrativ, also aus der Verknüpfung verschiedenartiger Systeme, indem diese gemeinsam einen Zusatznutzen (Value Added Service) stiften. Bei (lateralen) Verkettungssystemen erfolgt eine Verkettung eigenständig konzipierter Teilkonzepte durch eine flexible Systemarchitektur, welche die Integration unterschiedlicher, interaktiver Teilsysteme erlaubt, dadurch bestehen unterschiedliche Schnittstellen. Es ist also keine einheitliche Architektur gegeben, sondern das System wird kundenindividuell zusammengestellt (z. B. Autobahn-Mautsystem aus Datenerfassung, Satellitenübertragung, Auswertung und Abrechnung).
Abb. 99: Arten von Systemen
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
Verkettungssysteme bestehen aus Systemlieferanten, die für die Systemarchitektur und Hardware / Software Sorge tragen, aus Komponentenlieferanten für Teile wie Kabel, Stecker, Handys etc., aus Infrastruktur-Providers, die Leitungen zur Verfügung stellen (z. B. Telekom), aus Systembetreibern, die Netzkapazitäten anmieten (z. B. Netze bei Mobilfunk) und aus Service Providers, die Mehrwertdienste (Value Added Network Services) im System anbieten. Daraus entsteht ein Value Added Network System, das in Kombination mit einer Primärleistung ein Leistungsbündel ergibt, das Abnehmern einen zusätzlichen Nutzen gegenüber anderen Angeboten mit gleicher Primärleistung verspricht und damit dem Angebot eine positive Differenzierung ermöglicht. Nach dem Leistungsumfang können Teilsysteme und Systemkomponenten unterschieden werden. Teilsysteme (Stand alone-Systeme) sind zwar erweiterungsfähig, jedoch auch bereits isoliert funktionsfähig und sinnvoll einsetzbar (z. B. Fotokopierstation, Schreibtischkombination, Beleuchtungsinstallation). Systemkomponenten sind allein nicht funktionsfähig und erst im Verbund mit anderen Systemkomponenten sinnvoll nutzbar, indem sie zu Teilsystemen werden (z. B. PC-Drucker, Scanner, USB-Stick). Der Leistungsumfang wird von einem Anbieter als Gesamtauftrag geliefert oder aus den Angeboten mehrerer Lieferanten als Elementenkauf zusammengestellt. Verbreitete Merkmale sind dabei: •• der Systembindungseffekt, d. h., bei ggf. systemindividueller Spezifikation legt der Initialkauf systemtreue Folgekäufe fest. Die Bindung des Abnehmers an den Anbieter bzw. seine Systempartner impliziert dabei erhebliche Risiken. •• das Informationsdefizit, d. h., das Angebot zukünftig zu beschaffender System elemente ist notwendigerweise zum Zeitpunkt des Initialkaufs unbekannt. Dies verursacht einen erheblichen Informationsbedarf. •• die hohe Komplexität, d. h., die funktionsfähige Integration verschiedener Systemelemente (evtl. von verschiedenen Herstellern) birgt technische Pro bleme. Systeme werden recht schnell kompliziert und intransparent, daher ist Anbieterhilfe erstmalig und laufend erforderlich (dies erhöht den Umfang begleitender Dienstleistungen). •• der Vertrauensgutcharakter, d. h., die Systembindung erfolgt auf Basis kompetenzerweckender Signale, die von Anbietern gezielt auszusenden sind. •• die fragliche Wirtschaftlichkeit, d. h., den Vorteilen eines Systemwechsels sind die Kosten der Anschaffung und die untergehenden Kosten des alten Systems entgegenzustellen (die oft nurmehr zu geringem Restwert zu monetarisieren sind). Beim Nachfrager werden demnach vorausgesetzt: •• Kompatibilität, d. h., nur solche Systemkomponenten kommen für die Beschaffung in Betracht, die zu bestehenden verträglich sind oder verträglich gemacht werden können,
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•• eigenes Know-how, d. h., die Fähigkeit, professionell zu beurteilen, welche Systemkomponenten in Kombination die individuell geforderte Leistung bestmöglich erbringen, •• bekannter Bedarf, da Systemkomponenten nur zur Lösung vertrauter Pro blemstellungen planvoll geeignet sind, •• hohe Markttransparenz, d. h., ein Informationsstand, der nicht nur die erforderlichen Systemkomponenten repräsentiert, sondern auch die jeweils dafür gegebenen Anbieterstärken und -schwächen, •• Risikofreude, d. h. die Bereitschaft, für die Nutzbarkeit von Leistungen die Gefahr von Fehlinvestitionen einzugehen. Meist sind Informationsdefizite bei Nachfragern gegeben. Anbieterseitige Abhilfe für eine daraus resultierende hohe Risikowahrnehmung kann auf mehrerlei Weise geschehen. Generell hilfreich sind der Aufbau und die Kommunikation von Kompetenz in Form eines bewussten Managements der Geschäftsbeziehungen. Dabei spielt das Timing des Markteintritts eine zentrale Rolle. Sinnvoll ist auch das Angebot kundengewünschter Systemkonfigurationen. Ein breites Feld bietet sich für die Gestaltung des Dienstleistungsumfangs. Zu denken ist an Turnkey Projects, Folgedienste (besonders geeignet zum Kontakthalten mit Kunden), Cross Selling oder Paketangebote (Bundling). Umgekehrt bedeutet Unbundling die Autonomie in der Leistungszusammenstellung seitens der Nachfrager. Bedeutsam sind auch die Breite und Tiefe des begleitenden Dienstleistungsangebots für technische, soziale, organisationale, absatzmäßige und finanzielle Hilfestellungen. Dazu gehört die Integration der Abnehmer in den Systementwicklungs- bzw. -weiterentwicklungsprozess (z. B. Fachbeirat). Außerdem werden oft Lead Users mit Prototypen (Beta-Versionen) versorgt, um eine möglichst hohe Kundenwunschentsprechung des Systems zu erreichen. Nach der Systemverbreitung sind Kritische Masse-Systeme bedeutsam. Deren Nutzen steigt mit steigender kumulativer Verbreitung des Systems im Markt. Ein Kritische Masse-System ist ein erweiterungsfähiges System mit eindeutiger Schnittstellendefinition, das zu seiner sinnvollen Nutzung eine gewisse Mindestverbreitung gegenwärtiger oder zukünftig zu erwartender Anwender braucht (problematisch z. B. Telefax, Bildtelefon). Kritische Masse-Syteme sind somit abhängig von einer (Mindest-)Anzahl gegenwärtiger oder zukünftiger Anwender (Netzeffekt). Netzeffekt bedeutet, dass der Nutzen eines Systems für jeden Beteiligten umso höher ist, je mehr andere Systemnutzer bereits vorhanden sind (positive Netzwerk-Externalität bzw. direkter Netzeffekt) und nicht, wie ansonsten üblich, je knapper das Gut ist. Der Nutzen steigt weiterhin mit der besseren Verfügbarkeit komplementärer Infrastruktur-Leistungen (indirekter Netzeffekt). Dies rechtfertigt dann anbieterseitig selbst das Verschenken von Systemkomponenten, um eine Schwelle der Mindestverbreitung zu überschreiten.
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
Nach der Integralqualität können geschlossene und offene Systeme unterschieden werden. Geschlossene Systeme sind nur intern kompatibel, d. h. ihre Schnittstellen zu anderen Systemen bleiben geheim (proprietär), folglich gibt es nur einen Anbieter des Systems. Offene Systeme sind auch extern kompatibel, d. h. ihre Schnittstellen zu anderen Systemen werden im Rahmen von Lizenzen bekannt gegeben (propagativ), folglich kann es mehrere Anbieter des Systems geben. Eine Systembindung kann technisch oder funktional basiert sein. Technischbasiert bedeutet, dass naturwissenschaftliche Bindungsgründe bestehen (z. B. Leitungen und Protokolle wie bei einer Telefonanlage), funktional-basiert bedeutet, dass nutzungsbezogene Bindungsgründe bestehen (z. B. ergonomische oder auch nur ästhetische Zuordnung wie bei Büromöbeln). Außerdem kann die Bindung aus Spezifität folgen (z. B. individuelle Systemanpassung an die Organisation wie bei betriebswirtschaftlicher Software). Bei geschlossenen Systemen wird eine Bindung zu einem bestimmten Anbieter hergestellt, bei Erweiterungen oder Modernisierungen dieses Systems muss ggf. über einen längeren Zeitraum auf diesen entsprechenden Anbieter zurückgegriffen werden. Dies ist vor allem ein Problem bei immer kürzeren, unter einander selbst intern inkompatiblen Produktlebenszyklen. Von großer Bedeutung ist für Nachfrager daher die externe Kompatibilität, d. h. die Möglichkeit der Verbindung mit vorhandenen oder neuen Systemkomponenten anderer Lieferanten (Integralqualität), denn dadurch wird einerseits die Abhängigkeit von einem Anbieter reduziert und andererseits eine größere Flexibilität im Systemdesign erreicht. Ein Beispiel solcher offener Systeme ist UNIX, welche die Integration unterschiedlicher Anwendungs-Software erlaubt. Ist Kompatibilität hingegen nicht gegeben, bedeuten Anfangsinvestitionen eine Bindungswirkung für Folgegeschäfte, die Systemarchitektur legt den Anwender damit langfristig bei der Erweiterung des Systems in der Auswahl der Erweiterungsbausteine fest. Geschlossene (intern kompatible, proprietäre) Systeme haben daher keine Architekturschnittstellen, insofern besteht eine hohe Erstentscheidungsbedeutung. Ein geschlossenes System ist wegen der Beschaffungsrestriktion und Konkurrenzeinschränkung jedoch praktisch nur durch große Anbieter durchsetzbar, z. B. Apple, bietet für diese aber einen extrem hohen Kundenwert. Die Kompatibilität ist aber auch bei Teilsystemen von hoher Bedeutung, und zwar immer dann, wenn eine Vernetzung zwischen ihnen vorgenommen werden soll. Bei offenen Systemen ist diese auch bei Einsatz von Teilsystemen verschiedener Hersteller problemlos möglich, bei proprietären Systemen können nur die Teilsysteme eines Herstellers vernetzt werden, es sei denn, die Vernetzung wird durch Konvertierung möglich gemacht. Entscheidend ist dafür die Schnittstellengestaltung (Interface). Schnittstellen sind die Übergangspunkte zwischen den Teilsystemen / Komponenten eines Sys-
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tems. Bei einem offenen System sind die Komponenten verschiedener Anbieter frei nach dem Wunsch des Abnehmers miteinander kombinierbar. Dies setzt standardisierte Schnittstellen voraus. Bei einem geschlossenen System hingegen sind nur die Komponenten eines einzigen Anbieters miteinander kombinierbar. Folgekäufe haben daher anbietertreu zu geschehen. Die Standardisierung von Schnittstellen fördert die rasche Marktdurchdringung des Systems, züchtet aber zugleich auch Wettbewerb, so dass durchaus ein Interessenkonflikt entsteht. Die Individualisierung von Schnittstellen wirkt zwar als Markteintrittsbarriere für Konkurrenten, behindert jedoch die schnelle Diffusion des Systems. Dabei können Kritische Masse-Systeme unterhalb ihrer Mindestverbreitung bleiben und floppen. Eine Lock-in-Situation liegt immer dann vor, wenn ein Entscheidungsträger erzwungen aufgrund spezifischer Investitionen und / oder eigenständig aufgrund positiver Erfahrungen durch seine jetzige Entscheidung in seinen zukünftigen Handlungsweisen mehr oder minder stark festgelegt ist. Wechselkosten entstehen zu anderen Systemen, was eine Entwertung der Initialinvestitionen und der aufgelaufenen Folgeinvestitionen bedeutet, sowie bei gänzlichem Systemausstieg. Insofern bedarf es der Abwägung zwischen dem Nutzenvorteil eines ExitEntscheids und dem Nutzenentgang eines Stay-Entscheids, wobei letzterer sich aus dem Saldo zwischen Nutzenzuwachs von Systemtreue und Nutzenentgang aus Systemwechsel ergibt. Je mehr vom Nachfrager bereits in ein bestehendes System investiert wurde, desto höher sind für ihn die Systemwechselkosten (Entwertung / Sunk Costs). So verleiten die bereits getätigten Investitionen in ein System selbst angesichts offensichtlich leistungsfähigerer anderer Systeme oft zur, betriebswirtschaftlich irrationalen, Aufrüstung des bestehenden Systems, um die darin bereits investierten Geldmittel nicht untergehen zu lassen. Letztlich wird dabei allerdings meist nur gutes Geld schlechtem hinterhergeworfen, denn die Abschreibung des bestehenden Systems und der anderweitige Einsatz der Geldmittel für ein überlegenes, neues System führt rasch auf ein weitaus höheres technisches Niveau und alimentiert die zusätzlichen Investitionen durch gesteigerte Wettbewerbsfähigkeit. Nach der Zeitausdehnung gibt es vertikale Systeme. Diese bestehen aus e inem Initialkauf und Folgekäufen innerhalb eines Systems im Zeitablauf. Bei letzteren kann es sich um gleichartige Folgekäufe handeln, d. h., das System ist multiplikativ angelegt oder verschiedenartige Folgekäufe, d. h., das System ist mutativ angelegt. Bei vertikalen Systemen steht das einzelne Vermarktungsobjekt in einem objektiv-technischen Bedarfsverbund zu anderen Vermarktungsobjekten, woraus eine zeitraumbezogene Nachfrageverbundenheit resultiert. Bildet das Vermarktungsobjekt den Startpunkt, handelt es sich um einen Initialkauf, während Folgekäufe dann vorliegen, wenn das Vermarktungsobjekt auf der Nachfragerseite in eine existierende Systemlandschaft integriert werden muss.
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
Hinsichtlich der Folgekäufe kann es sich um eine Multiplikation, also eine gleichartige Vervielfältigung des Vermarktungsobjekts des Initialkaufs handeln (z. B. zusätzliche Fotokopierer) oder um eine Mutation, also einen verändernden Wandel. Dieser kann als Systemerweiterung, d. h. mit mehr Einsatzmöglichkeiten, oder Systemspezialisierung, d. h. mit vertieften Einsatzmöglichkeiten, erfolgen. Vertikale Systeme bestehen typischerweise aus systematischen, sukzessiv getätigten investiven Erweiterungs- und Ergänzungskäufen. Der Begriff Systemgeschäft ist dabei begrifflich von vielfältigen anderen Bedeutungen von Systemgeschäft zu trennen, so von Systemgastronomie, wie in Franchisebeziehungen, Systemlieferant, wie in Zuliefergeschäften, oder Systems Selling, wie bei Hardware-Software-Paketen. Charakteristisch ist ein technologisches Begriffsverständnis, also ein sachlicher Verbund zwischen Systemelementen, so dass Käufe nicht in einem Zug, sondern im Zeitablauf getätigt werden. Dafür kann es verschiedene Gründe geben: •• ökonomische Gründe liegen darin, dass die Investitionssumme für ein Einmalgeschäft als zu hoch angesehen wird, •• risikobezogene Gründe liegen darin, dass Nachfrager erst sukzessiv ein System kennenlernen möchten, •• zeitbezogene Gründe liegen darin, dass Nachfrager auf Sicht jeweils mit dem System up to date bleiben will und Abrufe tätigen, •• organisatorische Gründe liegen darin, dass zunächst innerbetriebliche Anpassungen vorgenommen werden sollen, •• netzeffektbedingte Gründe liegen darin, dass erst eine ausreichende Diffusion der Systembasis abgewartet werden soll, •• erzwungene Gründe liegen darin, dass das System als Ganzes nicht wie eigentlich gewünscht auf einmal verfügbar ist. 15.2.3.2 Charakteristika Das Systemgeschäft ist durch vertriebsrelevante Besonderheiten des Transaktionsprozesses zwischen Anbieter und Nachfrager gekennzeichnet. Diese beruhen auf sukzessiv gekauften, investiven Leistungen, die durch ein spezifisches Schnittstellenkonzept, eine Systemarchitektur miteinander verknüpft sind. Erstkäufe führen so zu einer Festlegung, die den Käufer bei den Folgekäufen an die einmal gewählte Architektur binden. Es besteht also ein enger Verbund zwischen einer langfristig wirkenden Architekturentscheidung (Systemphilosophie) und einer durch z. T. extrem kurzfristige Lebenszyklen gekennzeichneten Systemkomponenten-Beschaffung. Dies setzt freilich voraus, dass das System, für das
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man sich entschieden hat, weiterentwickelt wird bzw. der Systemanbieter, für den man sich entschieden hat, weiterhin erfolgreich am Markt agiert. Für die Zukunftssicherheit ist es daher bedeutsam, dass die Weiterentwicklung des Systems nicht nur möglich ist, sondern auch tatsächlich realisiert wird, und zwar in einer Art und Weise, die dem jeweilig fortschreitenden Marktleistungsniveau entspricht. Die Anbieterreputation gilt dafür als ein geeigneter Indikator, daher ist es ein wesentliches Ziel der Anbieter, eine im Wahrnehmungsumfeld der Nachfrager verankerte bessere Beurteilung der Zukunftssicherheit zu erreichen als Konkurrenzanbieter. Der Systemträger versucht zudem, durch ein breites Produktprogramm sämtliche für die Systemrealisierung benötigten Komponenten und Teile anzubieten (evtl. gemeinsam mit Komponentenlieferanten als Handelsware) oder durch ein enges Angebot Spezialistentum oder auch erst einmal den Systemeinstieg zu schaffen. Komponentenanbieter liefern bestimmte Teilleistungen, zumeist mit technologischer Schrittmacherfunktion, um ihre Substituierbarkeit zu verringern. Der Integrator als Anbieter hat Problemlösungskompetenz, ist unabhängig in der Systemwahl und bietet den Service zur Anwendbarkeit und Aufrechterhaltung der Betriebsbereitschaft. Wichtige Vermarktungsziele sind der Aufbau von Kompetenz (Vertrauen) in die zukünftige Leistungsfähigkeit des Anbieters, die Umsetzung von Kundenbindung, um von den systemtreuen Folgekäufen tatsächlich auch zu profitieren und das richtige Timing, um schnell den Markt zu durchdringen und das eigene System womöglich zum Standard zu erheben (selbst wenn es das technisch unterlegene ist). Zu berücksichtigen ist vor allem, ob die Folgeinvestitionen zum Zeitpunkt der Initialinvestition bekannt sind oder nicht. Dies bezieht sich sowohl auf die Art der Folgeinvestitionsobjekte als auch auf den Anschaffungszeitpunkt und deren Nutzungsmöglichkeit. Je transparenter diese Aspekte sich darstellen, desto eher wird ein Nachfrager zur Tätigung der für ihn sehr risikoreichen Investition bereit sein. Weiterhin kommt es auf die Balance zwischen Initial- und Folgeinvestition(en) an. Je höher der Anteil der Folgeinvestitionen, desto problematischer die Entscheidung aus Nachfragersicht. Daher wird häufig die Initialinvestition anbieterseitig subventioniert. Dies ist etwa bei Computerdruckern der Fall. Der Gerätekauf ist geradezu kostengünstig im Vergleich zu den Ausgaben für Verbrauchsmittel (Toner, Tinte). Da sich das System insgesamt für Anbieter nur bei systemtreuen Folgekäufen rechnet, versuchen diese einen Wechsel zu Fremdverbrauchsmitteln zu verhindern (durch Kennung, Freischaltung etc.). Nachfrager versuchen gerade, diese Sperren auszutricksen, indem IDs gefälscht oder Verbrauchsstoffe nachgefüllt werden. Letztlich handelt es sich dabei um ein „HaseIgel-Rennen“.
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
15.2.4 Vertrieb von Zulieferungen Das Zuliefer- oder OEM-Geschäft erfolgt zur Erstausrüstung, zur Nachrüstung oder als Ersatzteilversorgung. Die Vermarktung tangiert den Ursprungshersteller (Original Equipment Manufacturer / OEM-Lieferant), die gewerblichen Zwischenabnehmer / Weiterverarbeiter (OEM-Abnehmer) und die Endnutzer. Zum Zuliefer-Geschäft gehören der OEM-Lieferant und der OEM-Bezieher als Partner. Bei OEM-Lieferanten weicht das Vertriebsprogramm vom Produktionsprogramm ab. Der Grund liegt darin, dass Produkte, die eigen gefertigt sind, nicht selbst abgesetzt, sondern als OEM-Ware an Dritte abgegeben und dort eingebaut oder weiterverarbeitet bzw. von diesen als Handelsware angeboten werden. Das Vertriebsprogramm ist damit enger / flacher als das Produktionsprogramm. Bei OEM-Beziehern liegt der Grund darin, dass Produkte fremd bezogen, aber nicht selbst hergestellt werden. Das Vertriebsprogramm ist dann breiter / tiefer. Dabei kann es sich um Vorprodukte, die als wesentlicher oder unwesentlicher Bestandteil in ein Endprodukt eingehen, oder um Handelsware handeln, die fremd zugekauft und ohne wesentliche Be- oder Verarbeitung im eigenen Herstellerprogramm abgesetzt wird. Zumeist erfolgt dies aus Gründen der endkundenseitig so erwarteten Komplettierung des Angebots. Werden standardisierte, vorproduzierte Systeme, Komponenten oder Teile an die nachfolgende Wertschöpfungsstufe abgegeben, liegt ein vertikales OEMGeschäft vor. De facto handelt es sich oft nur um den Einbau in ein Gehäuse mit dem Label des OEM-Beziehers, anzutreffen etwa in der UE-Branche, bei der die fernöstlichen Originalhersteller nach außen hin gar nicht mehr in Erscheinung treten. Diese legen zur Nutzung von Größeneffekten Produktionsmengen auf, die sie unter eigenem Namen nicht vermarkten können und die sie deshalb an Dritte abgeben. Da sich jedoch die Kostenersparnis auf das gesamte Fertigungslos bezieht, kommt der OEM-Lieferant schließlich auch für seine zum Eigenbedarf gedachten Produktionsmengen in den Genuss niedrigerer Stückkosten. Andererseits erhalten OEM-Bezieher Konditionen, die für sie bei Eigenfertigung nicht darstellbar wären. Insofern können beide Seiten zufrieden sein (Win-win-Strategie). Vor allem erklärt sich auf diese Weise, wieso es für Hersteller sinnvoll ist, im horizontalen OEM-Geschäft auch direkte Konkurrenten zu beliefern, nämlich immer dann, wenn die Kostenersparnis für den unter eigener Flagge zu vermarktenden Losanteil aufgrund von Größeneffekten höher einzuschätzen ist als Marktanteilsverluste aus Absätzen von mit dem Restlos belieferten Mitbewerbern. Der Hersteller überträgt weiterhin das Vermarktungsrisiko an den OEM-Bezieher, weil es ihm an Nachfragervertrauen mangelt oder weil Protektionismuspolitik in manchen Ländern den weiteren Marktzugang unmöglich macht. Außerdem liefert er hoch standardisierte Teile, die erst für den Endmarkt relativ aufwendig individualisiert werden.
15. Vertrieb an Gewerbekunden585
Dies kann dazu führen, dass ein Markenartikler mit OEM-Ware bei identischer Leistung höhere Preise am Markt erzielt als der Originalhersteller. Außerdem profitiert der Markenartikler nicht nur von der mehr oder minder ausgiebigen Weitergabe der Kostenersparnis in seinem Einstandspreis, sondern auch vom gesammelten Know-how und vom hohen Qualitätsstandard seines Lieferanten. Vor allem werden Fixkosten vermieden, etwa aus FuE, Anlageinvestition, Sozialplan etc., und stattdessen weitgehend variable Kosten erreicht. Neue Technologie ist sofort verfügbar, ohne endlose, risikoreiche Entwicklungszeiten eingehen zu müssen, und falls sich der gewünschte Markterfolg nicht einstellen will, wird, im Rahmen vereinbarter Lieferkontingente, der Bezug eingestellt. Die Entscheidung über Eigenfertigung oder Fremdbezug (Make or Buy) ist im Einzelnen von zahlreichen und individuellen Einflussgrößen abhängig. Eigenfertigung ist u. a. zu bevorzugen, wenn •• fertigungstechnische Zwänge dies nahelegen, Selbstherstellung kostengünstiger ist, dadurch eine spürbar höhere Qualität erreicht werden kann, spezielles Know-how erforderlich ist, vorhandene Kapazitäten besser ausgelastet werden können, durch Rückwärtsintegration freies Kapital investiert werden kann, vertriebliche Vorteile erzielbar sind oder mehr zeitliche Flexibilität erreicht werden kann. Fremdbezug ist u. a. zu bevorzugen, wenn •• bestehende Gewerbliche Schutzrechte dazu zwingen, dadurch Kostenvorteile entstehen, infolge Spezialisierung eine bessere Qualität gewährleistet ist, das Know-how von Zulieferern zu eigenem Nutzen materialisiert werden soll, dadurch bei Vollbeschäftigung noch eine Geschäftsausweitung möglich wird, dies zu geringeren finanzwirtschaftlichen Belastungen führt oder Elastizitätsvorteile entstehen. Dem Zuliefer-Geschäft kommt infolge der Verschränkung der Wertschöpfungsketten verschiedener Wirtschaftsstufen eine hohe und steigende Bedeutung zu. Dabei geht der Trend dahin, dass Lieferanten nicht mehr nur Vorprodukte anliefern, sondern zunehmend auf der Wertschöpfungsstufe des Beziehers integriert werden und sich in Betreibermodellen engagieren. Sie haben dabei angesichts nachfragemächtiger Abnehmer Investitionsentscheidungen in fremder Hand (Anlagen) sowie Teile des Geschäftsrisikos des Beziehers (Pay on Production) zu übernehmen. Dies stellt fundamental neue Anforderungen im Vertrieb. Eine andere Form der innovativen Verschränkung stellt das Pay per UseModell dar. Hierbei wird nicht mehr das Zulieferprodukt als solches, sondern vielmehr dessen Nutzung in Rechnung gestellt, also die tatsächliche Laufleistung der aufgezogenen Lkw-Reifen, die Schubleistung der Flugzeugtriebwerke oder die Beleuchtungsleistung der installierten Scheinwerferanlage.
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
15.2.5 Vertrieb von investiven Produkten Das Produktgeschäft umfasst alle Gebrauchsgüter und damit verknüpften Dienste, die von Unternehmen / Organisationen für Zwecke der Fremdbedarfsdeckung beschafft und eingesetzt werden, sofern sie nicht zugleich Anlagen (da nicht kundenindividuell), Rohstoffe (da nicht unverarbeitet) oder Systemgüter (da kein Kaufverbund) sind. Typisch ist eine Produktion für den anonymen Markt, also Sorten-, Serien- oder Massenfertigung, auf jeden Fall in größeren Stückzahlen über einen längeren Zeitraum hinweg. Abnehmer sind investive Verwender, daher erfolgt die Gestaltung im Produktgeschäft teilweise in Abstimmung mit diesen und in längerfristigen Rahmenverträgen (Abrufauftrag) eingebunden. Begleitenden Dienstleistungen kommt dabei, wie überall, steigende Bedeutung zu. Kooperationen mit anderen Anbietern sind selten anzutreffen. Die konjunkturellen Amplituden sind gemäßigt. Der Vertrieb erfolgt zumeist über den Produktionsverbindungshandel. Beim Kauf standardisierter Produkte liegt nur eine kurze Zeitspanne zwischen dem Bestellvorgang und dem Einsatz des Produkts (Lieferung ab Lager). Erfahrungen mit dem Produkt bzw. Lieferanten können so ohne größere Verzögerung bei späteren Kaufentscheidungen eingebracht werden und zur Festigung der Lieferantenbeziehung (Stay) bzw., bei Unzufriedenheit, zum Lieferantenwechsel (Exit) führen. Es handelt sich um vorgefertigte, meist in Mehrfachfertigung erstellte Leistungen, die der Abnehmer zum isolierten Einsatz nachfragt. Das Produktgeschäft besteht im Einzelnen aus folgenden Bereichen. Einzelteile und Baugruppen sind solche Elemente, die ohne wesentliche Be- oder Verarbeitung unter Wahrung ihrer Identität in andere Produkte eingebaut bzw. zu Fertigprodukten zusammengefügt werden. Sie werden jedoch nicht getrennt verkauft wie bei Handelsware. Dies ist möglich für Einzelteile (z. B. Mikroprozessor) oder Baugruppen (z. B. Lenkservo-Einheit oder Lichtmaschine beim Pkw, CD-Laufwerk beim PC, Elektromotor bei der Lok). Ein Einzelteil oder eine Baugruppe wird damit Element eines größeren Ganzen oder kann es werden. Im Gegensatz zur Gesamtauftragsvergabe eines geschlossenen Systems werden hier einzelne Elemente gekauft, die dann vom Nachfrager zu größeren Einheiten zusammengefügt werden. Im Unterschied zu Halbfabrikaten unterliegen Einzelteile und Baugruppen Veränderungen im Produktionsprozess durch Verarbeitung. Sie können vielfältig charakterisiert werden nach Produktart, Komplexität, Erklärungsbedürftigkeit, Grad der physischen Verbundenheit mit dem Folgeprodukt, Funktionsnotwendigkeit, Funktionalität / ästhetische Dimension, Evidenz (Sichtbarkeit), Ausrichtung auf bestimmte Endprodukte, relativer Lebensdauer und Wertdimension. Was ein Aggregat ist und was ein System, bestimmt sich nicht von der Produktphysis her, sondern nur von der Vermarktung. Aggregate sind allein funk tionsfähig, Systeme nur im Verbund. Einzelaggregate erfüllen beim Nachfrager
15. Vertrieb an Gewerbekunden587
eine bestimmte Funktion, ohne dass ihre Integration in größere Systeme entscheidende Bedeutung hat (z. B. Fotokopierer, Hebekran). Es handelt sich also um mehr oder minder komplexe, isoliert einsetzbare, bestimmte Teilfunktionen erfüllende Betriebsmittel, die mit anderen zu komplexen Anlagen zusammengefügt oder selbstständig vermarktet werden können. Der Unterschied zu Teilen / Baugrupen besteht darin, dass Einzelaggregate sowohl im System weiterintegriert als auch als selbstständiger Potenzialfaktor nutzbar (z. B. Büromaschinen, Nutzfahrzeuge) sind. Sie werden oft in größerer Stückzahl beschafft (Unterschied zum Systemkauf). Kennzeichnende Merkmale sind ein hoher Standardisierungsgrad, technische Komplexität, hohe Losgröße, hoher Wert und Integralqualität. Bedeutsam sind hier vor allem Ersatzteillieferungen, Wartungsund Reparaturleistungen und die technische Weiterentwicklung sowie produktverbundene Dienstleistungen. Das gleiche Produkt kann durchaus Aggregat (selbstständig einsetzbar) oder Teil / Baugruppe sein, denn es kommt nicht auf die Ware an sich an, sondern auf den Prozess. Produkte unterscheiden sich in ihrer Vermarktung nicht sehr stark vom Konsumgütern. Sie werden für einen mehr oder minder anonymen Markt entwickelt, vorgefertigt und unter Einsatz der üblichen Vertriebsinstrumente vermarktet. Für Teile und Baugruppen ist die Integralqualität bedeutsam, d. h., das Produkt eines Anbieters muss sich als Element in das Endprodukt und den Produktionsprozess eines Abnehmers im Hinblick auf Produkteigenschaften, Lebensdauer, räumliche / zeitliche Verfügbarkeit etc. möglichst gut einfügen. Handelt es sich um weitgehend standardisierte (genormte) Produkte, entfällt ein großer Teil der Differenzierungsmöglichkeiten und der Preis wird zentral. Bei nicht-standardisierten Produkten hat der Anbieter deutlich größere Möglichkeiten, durch Differenzierung gegenüber Wettbewerbern seine Kundenbeziehungen zu sichern, z. B. durch weitestgehende Einhaltung der Qualitätsanforderungen des Kunden (Qualitätssicherung) oder Synchronisierung von Lieferservice und Produktionsprozessen des Kunden (J-i-T). Außerdem bietet sich die Kooperation von Zulieferern und ihren Abnehmern bei FuE und technologischen Innovationen des Zulieferers an, die dem Abnehmer der entsprechenden Elemente Wettbewerbsvorteile verschaffen (z. B. ABS von Bosch und Mercedes-Benz). Die Parallelen zu Konsumgütern machen sich immer mehr Anbieter zunutze, indem sie deren Markenmechanik anwenden (Produktmarkierung). Charakteristisch für Konsumgüter ist, dass Aktivitäten sich nicht nur an die unmittelbar nachfolgende (Handels-)Stufe im Vertriebskanal wenden, die direkten Kunden, sondern auch an die daran anschließende mittelbare Stufe, die Kunden der Kunden (Multistage Branding). Die nachfolgende Stufe wird dadurch in eine Zangenbewegung gezwungen, einerseits wird herstellerseitiger Druck auf sie ausgeübt (Push), andererseits wird von der übernächsten Stufe aus eine Sogwirkung initiiert (Pull). Dies setzt freilich voraus, dass dort eine nennenswerte Bekanntheit und Vertrautheit mit dem Angebot erreicht wird, dies ist wiederum nur durch stufenübergreifende Kommunikationsmaßnahmen möglich. Auf diese
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C. Besonderheiten in der Vertriebspolitik
Weise kann eine eigenständige Marke etabliert werden, der eine Attraktivität bei den Kunden der Kunden zukommt, so dass diese das Angebot gezielt nachfragen. Zugleich kann im Reinverkauf die Pipeline gefüllt werden, so dass das Produktangebot auch abgenommen wird. Voraussetzung ist allerdings, dass die Marke auf der unmittelbar nachfolgenden Produzentenstufe im Endprodukt erkennbar bleibt und nicht, wie üblich, untergeht, denn nur dann kann auf der mittelbar folgenden Kundenstufe eine markenspezifische Wahrnehmung erreicht und Präferenz aufgebaut werden. Das zeigen Beispiele wie Goretex, TetraPak, Hostalen, Sympatex, Trevira, Lycra, Nutrasweet, Shimano, Teflon, Nirosta, Alcantara, Ceran, Dolby, Recaro, Scotchlite oder Styropor (Ingredient Brand). Weiterhin werden in hohem Maße produktive Dienstleistungen für Gewerbekunden erbracht. Diese beziehen sich nicht, wie im B-t-C-Sektor, auf Ergebnis und Prozess, sondern auf das Potenzial.
D.
Umsetzung im Verkaufsmanagement
16.
Elemente der Kundenbeziehung
Im Unterkapitel „Elemente der Kundenbeziehung“ wird die entscheidende Bedeutung der Kundenzufriedenheit als Faktor in der Erfolgskette untersucht (16.1). Dazu zählt auch, Kundenunzufriedenheiten so zu bearbeiten, dass Zufriedenheit wieder hergestellt wird (16.2). Gelingt dies, folgt daraus ein hohes Maß an Kundenbindung (16.3), ein weiterer Faktor in der Erfolgskette. Wiederum ist einer gegenteiligen Entwicklung durch Kündigungsprävention entgegen zu treten (16.4). Schließlich wird auf Kundenclubs als Beziehungsinstrument eingegangen (16.5). Leser wissen nach Durchsicht dieses Unterkapitels um die herausgehobene Bedeutung des Kundenbeziehungsmanagements in Ablösung des tradierten Hard Sellings. Sie verstehen, welche Herausforderungen dabei gerade in den Bereichen Kundenzufriedenheit, Unzufriedenheitsbearbeitung, Kundenbindung und Kündigungsprävention liegen. Und sie sind in der Lage, diesen Herausforderungen durch zielführende Maßnahmen zu entsprechen. 16.1
Kundenzufriedenheit als Erfolgsfaktor
So zentral Kundenzufriedenheit ist, so schwierig ist sie zu operationalisieren. Denn es handelt sich bei ihr um ein theoretisches Konstrukt, also etwas, was im Kopf des Kunden zu vermuten, aber keiner direkten Messung zugänglich ist. Also muss durch indirekte Messung versucht werden, das Konstrukt über Indikatoren, die messbar sind und von denen ein enger Zusammenhang zur eigentlich interessierenden Größe Zufriedenheit vermutet wird, messbar zu machen. Welche Indikatoren aber am besten geeignet sind, dies zu leisten, bleibt strittig. Aber nicht nur wie man misst, ist unklar, sondern weithin auch, was man eigentlich misst. Angesichts der Bedeutung der Kundenzufriedenheit als Er folgsfaktor ist dies sehr bedauerlich. 16.1.1 Konstrukterklärung Zur Erklärung des Begriffs der Kundenzufriedenheit bieten sich eine Reihe theoretischer Ansätze an, die sich mit deren Entstehung und Auswirkung beschäftigen. Überwiegend wird allerdings davon ausgegangen, dass in der Vorstellung der Kunden ein prä-konsumtiver Idealstandard besteht, der durch den
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D. Umsetzung im Verkaufsmanagement
Vergleich mit den tatsächlichen Erfahrungen bestätigt bzw. widerlegt wird, was im ersten Fall zur Zufriedenheit, im zweiten zur Unzufriedenheit führt (Confirmation-Disconfirmation- / C-D-Paradigma). Ein Paradigma ist ein Denkmuster, das zwar unbewiesen, aber breit anerkannt ist. Die Erwartungen leiten sich aus den individuellen Bedürfnissen der aktuellen und potenziellen Kunden bzw. Interessenten ab, aus ihren Erfahrungen in gleichen Situationen mit anderen Anbietern bzw. in vergleichbaren Situationen mit dem selben Anbieter und aus an sie gerichteter Kommunikation (Kompetenzvermutung), die vom Anbieter ausgeht. Hinzu kommt die Einschätzung der Kunden bzw. Interessenten dahingehend, ob der Anbieter letztlich fähig ist, die Leistung in der erwarteten Qualität zu erbringen (Kompetenz). Weitere Quellen sind Hörensagen (aus sozialem Umfeld, Medienberichterstattung etc.) sowie die Preis-Qualitäts-Vermutung. Das (Un-)Zufriedenheitsurteil ist somit das Resultat eines komplexen Informationsverarbeitungsprozesses im Rahmen dessen das Individuum die Erwartungen an die Leistung den Erfahrungen mit dieser Leistung gegenüberstellt. Die Erwartungen verkörpern die Soll-Komponente, die Erfahrungen damit repräsentieren die Ist-Komponente. Aus der (Nicht-)Bestätigung der Erwartungen (Soll) resultiert die (Un-)Zufriedenheit. Erwartung ist damit die Eignung einer Leistung, den in sie gesetzten Anforderungen gerecht zu werden. Erlebnis ist der Grad der Erfüllung berechtigter oder vermeintlicher Erwartungen. Zufriedenheit ist der Vergleich von Erwartung und Erlebnis, wobei beide übereinstimmen, Unzufriedenheit ergibt sich, wenn die Erwartung höher ist als das Erlebnis, Begeisterung, wenn das Erlebnis höher ist als die Erwartung. Zufriedenheit ist von eminenter Bedeutung, weil davon auszugehen ist, dass ein wirtschaftlich entscheidender Wiederkauf (Stay) nur dann zustande kommt. Bei Unzufriedenheit wechseln die Nachfrager ohne nähere Auseinandersetzung den Anbieter (Exit), weil sie glauben, sich dies in einem Käufermarkt nicht bieten lassen zu müssen, womit der Kundenwert erodiert. Sowohl auf die Erwartungs- als auch auf die Erlebniskomponente kann dabei im Sinne der Zufriedenheit individuell Einfluss genommen werden. Bei den Erwartungen stellt sich die Frage, woran diese sich bemessen. Denkbar sind dabei verschiedene Niveaus, so als: •• Idealniveau der Leistung, also die bestmögliche Ausprägung, wobei diese am absoluten Niveau oder am relativen Preis-Leistungs-Verhältnis orientiert sein kann, •• realistisch wünschbares Niveau der Leistung, also unter Berücksichtigung praktischer Restriktionen (z. B. ethisch-sozialer Art), •• durchschnittlich am Markt bzw. beim Mitbewerb üblicherweise vorzufindendes Niveau, das als weithin akzeptiert anzusehen ist, •• faires Niveau, das von einem gutwilligen „christlichen Kaufmann“ zu erwarten ist und leicht oberhalb des Durchschnitts liegt,
16. Elemente der Kundenbeziehung591
•• zur Tolerierung unerlässlich angesehenes Mindestniveau der Leistung, dessen Unterschreiten als inakzeptabel anzusehen ist. Jeweils weichen diese Erwartungen intersubjektiv voneinander ab. Eine Einflussnahme vornehmlich auf die Erwartungen vor Transaktionen erfolgt durch: •• gezielte Informationssteuerung an prospektive Kunden, z. B. durch Betonung der Reputation des Anbieters, von vertrauenswürdigen Leistungsnachweisen (Testergebnisse o. Ä.) oder durch Selbstbindungen zur Risikoreduktion (z. B. Garantien), weitere Signale gehen vom Marketing-Mix aus, z. B. Vertriebskanalwahl, Preisniveau, Werbestil, •• Anreize zum Anbieterwechsel, z. B. Probeangebote, die unverbindlich oder kostenfrei sind, innovative Leistungen, die latente Bedarfe aufgreifen und mit nutzenbringendem Angebot versehen, Events, die für Aufmerksamkeit sorgen, dadurch werden etwaige negative Erlebnisse aus der Erfahrung prospektiver Kunden mit anderen Anbietern genutzt, •• Nutzung von Empfehlungen zufriedener eigener gegenüber prospektiven Kunden, z. B. durch Prämien zur Kundenwerbung (Kunden werben Kunden), Kundenforen im Internet, meist in moderierter Form, teils unter Beteiligung von Mitarbeitern, Stimulierung der Mund-zu-Mund-Propaganda, etwa durch Likes, Influencer, positive Emojis etc. Ziel muss es sein, die Erwartungen so auszusteuern, dass sie hoch genug sind, um ein Angebot als attraktiv erscheinen zu lassen, aber nicht so hoch, als dass eine spätere tatsächliche Leistungserfahrung sie nicht einlösen könnte. Werden Erwartungen zu niedrig justiert, ist es zwar leicht, sie durch Erlebnisse zu übertreffen, ihre akquisitorische Wirkung wird jedoch notleidend. Werden Erwartungen hingegen zu hoch justiert, geht von ihnen zwar eine hohe akquisitorische Wirkung aus, jedoch fällt es schwer, diese durch Erlebnisse einzulösen und damit Zufriedenheit zu generieren. Eine Einflussnahme vornehmlich auf die Erlebnisse bei vollzogenen Transaktionen ist ebenfalls möglich. Dazu dient das Customer Experience Management, also die Schaffung herausgehoben positiver Kundenerfahrungen durch: •• sensorische Erlebnisse beim Kauf des Produkts / dem Vollzug der Dienstleistung, z. B. Musikuntermalung, Beduftung von Schauräumen, diese reichern die Transaktion an und werten sie wahrnehmungsbezogen auf, •• affektive Erlebnisse beim Kauf des Produkts / dem Vollzug der Dienstleistung, z. B. Ruhezonen im Handelsplatz, Einkaufsberatung, keine Wartezeiten, diese begleiten die Transaktion und runden dadurch das Erlebnis ab, •• kognitive Erlebnisse bei Umsetzung durch Informationsaufnahme, -verarbeitung und -speicherung, z. B. kaufbegleitende Information, dies erhöht die individuell wahrgenommene Übereinstimmung,
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D. Umsetzung im Verkaufsmanagement
•• stilbezogene Erlebnisse zur Bestätigung / Bestärkung der Wahl von Angebot und Anbieter, z. B. durch ökologische Komponenten, sozial-ethische Fairness, dies reduziert etwaige Dissonanzen, •• verhaltensbezogene Erlebnisse aus der Interaktion mit anderen Kunden, z. B. Kundenclubs, Fanclubs, Interessenclubs, dies verbessert die Akzeptanz der Leistung durch „Gleichgesinnte“. Ziel ist jeweils die Erreichung von Zufriedenheit. Denn diese führt nach landläufiger Meinung zu einer Stay-Entscheidung, d. h. Anbieter- und Markentreue, da jeder Wechsel ein Risiko der Verschlechterung der Situation impliziert. Unzufriedenheit hingegen führt dann zu einer Exit-Entscheidung, d. h. Anbieterund Markenwechsel, denn in einem Käufermarkt braucht man sich eine unzureichende Leistungsqualität nicht bieten zu lassen. Allerdings gibt es in beiden Fällen Ausnahmen. So kann es trotz Zufriedenheit zu einer Exit-Entscheidung kommen, etwa aus der Suche nach Abwechslung (Variety Seeking Behavior / VSB) und trotz Unzufriedenheit zu einer Stay-Entscheidung, etwa aus Mangel an Ausweichmöglichkeiten (Sole Sourcing). Begeisterung hingegen kann kein sinnvolles Ziel sein, da unter dynamischer Betrachtung eine „ Anspruchsinflation“ entsteht. Begeisterungselemente werden so im Ablauf zu Leistungselementen, die als selbstverständlich hingenommen werden und schließlich zu Basiselementen, die nurmehr geeignet sind, Unzufriedenheit zu verhindern. Solche Unzufriedenheiten ergeben sich im Einzelnen aus vier Gründen (Gaps) die hoch kumulieren: •• Lücke 1 ist die Informationslücke zwischen dem, was ein Anbieter meint, was für Kunden wichtig ist und dem, was tatsächlich für Kunden wichtig ist. Eine Schließung ist durch Kundennähe möglich sowie durch Nutzung von Marktinformationen, Aufwärtskommunikation in der Organisation oder Reduzierung der Hierarchiestufen. •• Lücke 2 ist die Normierungslücke zwischen den Kundenerwartungen und der tatsächlichen Umsetzung daraus resultierender Qualitätsstandards. Eine Schließung ist durch angemessene Leistungsstandards möglich sowie durch Verpflichtung des Managements zu qualitätsbezogenen Zielen, Standardisierung von Aufgaben bzw. Sicherung deren Durchführbarkeit. •• Lücke 3 ist die Umsetzungslücke zwischen den Spezifikationen aus der Qualitätssicherung und der überwiegend erfolgenden realen Leistungsausführung. Eine Schließung ist durch QM-Maßnahmen möglich sowie durch Teamarbeit, Mitarbeiter-Arbeitsplatz-Entsprechung, eingebaute Systemkontrollen, Klärung von Rollenkonflikten und -unklarheiten. •• Lücke 4 ist die Kommunikationslücke zwischen der tatsächlichen Leistungsausführung und der an Kunden gerichteten Auslobung der Leistung. Eine Schließung ist durch konservative Kommunikation möglich sowie durch
16. Elemente der Kundenbeziehung593
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Abb. 100: Ansätze zur Kundenzufriedenheitsmessung (I)
h orizontale Kommunikation in der Organisation, Vermeidung unrealistischer Versprechungen bzw. Einhaltung von Versprechen. Angesichts der hohen Bedeutung der Kundenzufriedenheit stellt sich die Frage, wie diese zuverlässig und gültig gemessen werden kann. Dafür gibt es die verschiedensten Ansätze, letztlich jedoch noch keinen „Königsweg“, sondern nur mehr oder minder belastbare Optionen. Dabei können mehrere Gruppen von Ansätzen unterschieden werden, die im Folgenden vorgestellt werden (siehe Abb. 100). 16.1.2 Objektive Zufriedenheitsindikatoren Bei Umsatz / Marktanteil geht es um die Erfassung von (absoluten) Umsatzbzw. (relativen) Marktanteilswerten. Diese Indikatoren geben jedoch nur sehr bedingt konkrete Hinweise auf das Zufriedenheitsniveau der Nachfrager, denn Käufe werden auch trotz vorhandener Unzufriedenheit mangels geeigneter Alternativen oder hinreichender Markttransparenz getätigt. Sie wiegen also leicht in falscher Sicherheit. Dem erliegen vor allem Marktführer, die sich aufgrund
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D. Umsetzung im Verkaufsmanagement
ihrer Marktergebnisse in der Richtigkeit ihres bisherigen Verhaltens bestärkt sehen und daraus auf ein hohes Maß bereits realisierter Leistungsqualität schließen. Tatsächlich verleitet eine solche Position jedoch eher zur Selbstzufriedenheit als zur Nachfragerzufriedenheit und damit gerade zur Vernachlässigung kundenrelevanter Bedürfnisse. Bei Eroberungen / Loyalitätsraten geht es um die Erfassung von Eroberungsraten, d. h. den Anteil vom Wettbewerb neu hinzugewonnener Kunden in einer Zeiteinheit, bzw. Loyalitätsraten, d. h. den Anteil treu wiederkaufender, bestehender Kunden in dieser Zeiteinheit. Hohe Eroberungsraten können danach als Indikator für ein hohes Maß an Zufriedenheit aufgefasst werden, denn zufriedene Kunden wirken als positive Multiplikatoren im sozialen Umfeld und konditionieren damit andere Personen auf ein Angebot / einen Anbieter. Damit sind diese eher geneigt, sich auf dieses Angebot / diesen Anbieter einzulassen. Unzufriedenheiten hingegen multiplizieren sich ebenfalls, in noch weitaus stärkerem Maße, im sozialen Umfeld und erschweren damit den Zugang weiterer Personen zum Angebot / Anbieter, so dass dessen Eroberungsrate niedrig bleibt. In gleicher Weise lassen hohe Loyalitätsraten vordergründig den Schluss zu, dass diese Kunden ein hohes Maß an Zufriedenheit verspüren, weil sie ansonsten zu anderen Angeboten / Anbietern wechseln würden. Dies kann aber auch darin verursacht sein, dass Konkurrenten noch schlechtere Leistungen anbieten oder ein lokales Monopol gegeben ist (z. B. im Handel). Umgekehrt kann eine niedrige Loyalitätsrate auch im Streben der Kunden nach Abwechslung trotz Zufriedenheit (Variety Seeking Behavior) begründet sein. Ein weiterer Indikator ist die Anzahl bzw. der Anteil zurückgewonnener Kunden von / an allen Kunden, welche die Geschäftsbeziehung bereits aufgekündigt haben. Die Kundenrückgewinnung ist sehr schwierig, weil sie zu spät kommt. Dennoch gibt es durchaus Kunden, die dies als „Hilferuf“ verstehen, also gar nicht wechseln wollen, sondern damit nur mehr Aufmerksamkeit für ihre Belange fordern. Daher ist es immer sinnvoll, wenngleich begrenzt erfolgversprechend, kündigenden Kunden ein Angebot zur Fortsetzung der Geschäftsbeziehung zu unterbreiten. In dem Maße, wie dies gelingt, kann daraus ein Anhaltspunkt für die Zufriedenheit gezogen werden. Hohe Rückgewinnungszahlen / -anteile indizieren zumindest eine Grundzufriedenheit. Die Interpretation ist jedoch schwierig, da die Rückkehrerraten generell ausgesprochen niedrig ausfallen. Jeder verbleibende Kundenverlust muss analysiert werden (Lost CustomerAnalyse), um weitere Kundenverluste aus gleichen Ursachen zu verhindern. Meist besteht kein Zugriff mehr auf verlorene Kunden, so dass spekulativ vorgegangen werden muss. Dabei lassen sich im Wesentlichen fünf kundenseitige Kündigungsgründe feststellen:
16. Elemente der Kundenbeziehung595
•• die Geschäftsbeziehung wurde aus Unzufriedenheitsgründen abgebrochen (Unintentionally pushed away Customers), hier sind diese Gründe unbedingt zu identifizieren und abzustellen, der Kunde kann dann wieder angesprochen werden, •• durch Mitbewerbermaßnahmen wegakquirierte Kunden (Pulled away Customers), hier ist zu prüfen, inwieweit Kunden gegen diese Abwerbemaßnahmen immunisiert werden können, etwa durch Kundengebundenheit, •• durch Mitbewerber aus der bestehenden Beziehung herausgekaufte Kunden (Bought away Customers), hier ist zu prüfen, inwieweit ein Anbieter dagegen halten will, dies ist vom jeweiligen Kundenwert abhängig, •• Kunden, die über kein Budget zum Kauf mehr verfügen (Unwillingly going away Customers), hier sind Aktivitäten zur Umstellung auf andere eigene Angebote zu prüfen, ansonsten sind diese Kunden weiter zu beobachten, •• Kunden, die keinen Bedarf mehr aufweisen (Moved away Customers), hier sind die ehemaligen Kunden weiter zu beobachten und im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten anzusprechen, sobald sie wieder Bedarf zeigen können. Großen Erkenntnisgewinn verspricht, wenn möglich, ein Abgangsinterview mit abwandernden Kunden. Häufig sind diese dann, weil sie subjektiv keinerlei Verpflichtung mehr verspüren, bereit, „ehrliche“ Auskünfte über ihre Kündigungsgründe zu geben. Wichtig ist auch zu analysieren, ob sich die Kundenverluste auf bestimmte Leistungen, Marktverantwortungsgebiete, Branchen oder Unternehmensgrößen konzentrieren, um daraus Rückschlüsse auf Unzufriedenheitsstifter zu ziehen. 16.1.3 Subjektive Qualitätsvermutungen Bei der (nicht-teilnehmenden) Expertenbeobachtung registrieren und analysieren geschulte Fachleute (Peers) typische Kundenkontaktsituationen (teils mit Hilfe von Fotoaufnahmen, Tonband- bzw. Videoaufzeichnungen) und reporten Auffälligkeiten, die zur Leistungsverbesserung genutzt werden können. Dies erfolgt anhand tatsächlicher oder simulierter Kontaktsituationen mit Hilfe eigener Erkenntnisse der Experten oder eines vorher mit dem Management abgestimmten Kriterienkatalogs mit Punktbewertungsschema. Dabei können auffällige Schwächen gezielt verbessert werden. Als Experten werden zumeist externe Coaches beauftragt, um der vorgeblichen oder tatsächlichen „Blindheit“ / Befangenheit betriebsinterner Mitarbeiter entgegenzuwirken. Von Vorteil ist, dass die Geschehnisse während ihres spontanen Vollzugs beobachtet und gleichzeitig spezifische Umweltsituationen aufgenommen werden können. Auch ist die Beobachtung unabhängig von der Auskunftsbereitschaft der Beteiligten wie auch deren, im Einzelfall womöglich, begrenztem Ausdrucksvermögen. Dies gilt allerdings nur, sofern eine verdeckte (biotische) Beobachtung
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D. Umsetzung im Verkaufsmanagement
gegeben ist, d. h. die Zielperson weder um die Beobachtung noch um den Untersuchungszweck der Beobachtung weiß. Weiterhin lassen sich bestimmte Sachverhalte, wie etwa die wichtige Körpersprache, nur durch Beobachtung ermitteln. Dies gilt auch für Sachverhalte, die sich auf Gruppen beziehen. Als problematisch ist dabei die Authentizität der Ergebnisse zu beurteilen, ebenso können bei bewusster (offener) Testsituation atypische Beobachtungseffekte bei den Betroffenen auftreten. Abhilfe schafft hier die unbewusste (biotische) Beobachtung, die allerdings leicht an ethische Grenzen stößt. Die Anzahl der beobachteten Fälle ist zudem begrenzt, es ist fraglich, inwieweit sie als typisch anzusehen sind, und bei seriöser Erhebung entstehen hohe Kosten, weil die Beobachtungssituationen zeitlich kundenabhängig und schwierig steuerbar sind. Eine Repräsentanz ist bei der Beobachtung kaum darstellbar, und die Aufnahmekapazität des Beobachters bleibt begrenzt. Zudem ist zweifelhaft, wer in dieser Beziehung als Experte anzusehen ist. Die Unsicherheit über die Qualität wird somit letztlich ersetzt durch die Unsicherheit über die Experteneignung. Weiterhin kann nur Verhalten beobachtet werden, verborgen bleiben hingegen Einstellungen. Auch wird die Qualitätswahrnehmung des Beobachters nicht mit der von Kunden übereinstimmen. Aus diesen Gründen sind aufwändige Nachbefragungen erforderlich, mit allen Problemen, die dabei auftreten. Beim Mystery Shopping (auch Silent Shopping oder Scheinkäufe genannt) treten Personen als verdeckte Interessenten / Käufer auf und simulieren eine reale Kaufsituation, um dadurch Hinweise auf wesentliche Verbesserungen in der Leistungserbringung zu gewinnen. Diese reporten sie dann an den Anbieter. Im Unterschied zur nicht-teilnehmenden Beobachtung greift der Mystery Shopper aktiv in die Transaktion ein (teilnehmende Beobachtung). Es ist allerdings fraglich, ob solche Scheinkunden in der Lage sind, die Wahrnehmungen und Empfindungen realer Kunden nachvollziehbar zu machen. Dennoch ist dieses Verfahren, zumindest stichprobenartig angewendet, weit verbreitet und lohnend. Dennoch ist dieser Ansatz problematisch, weil die Operationalisierung und Beurteilung qualitativer Leistungsfaktoren weitgehend ungelöst ist, diese Leistungsfaktoren von situativen Umständen abhängen (z. B. Warteschlange vor der Kasse, Zeitdruck beim Lebensmitteleinkauf, Schmerzpatienten in der Arztpraxis) und verzerrende Interaktionen zwischen Testkunden und Beurteiler auftreten. Außerdem ist dieses Verfahren ethisch problematisch, da Probanden sich der Erhebung nicht entziehen können. Diese freie Wahlmöglichkeit aber ist moralische Grundlage jeder Erhebung. Außerdem nimmt der Vorgang die Zeit des betreffenden Mitarbeiters in Anspruch. Wird dann nicht abgeschlossen, kann es zu Opportunitätskosten kommen (Provisionsausfall), weil tatsächliche Kunden währenddessen nicht bedient werden können. Ausnahmen stellen Fälle dar, in denen die Mitarbeiter, die erhoben werden, vorher davon in Kenntnis gesetzt werden, dass sie voraussichtlich in eine solche Studie einbezogen werden, was
16. Elemente der Kundenbeziehung597
dann aber ihr Verhalten verändern mag. Dies ist oft durch Betriebsvereinbarungen zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat zwingend vorgeschrieben. Schließlich erfolgt auch die Auswahl der Erhebungseinheiten aufs Geratewohl, also willkürlich, was allein schon dafür bürgt, dass die Ergebnisse verzerrt sind. Ein weiteres Verfahren sind neutrale Tests durch Dritte. Idealerweise erfolgt dies anhand statistisch abgesicherter Stichprobenverfahren (z. B. Stiftung Warentest), tatsächlich aber werden zumeist willkürliche Einzelfälle erhoben und verbreitet. Die Ergebnisse sind zumeist durchwachsen und streifen die Grenzen des ethisch Vertretbaren (etwa, wenn einzelne Mitarbeiter mit ihren fallbezogenen Unzulänglichkeiten in Pressemedien namentlich benannt werden). Insofern ist dieser Ansatz umstritten. Außerdem bietet die subjektive Beurteilung breiten Raum für Diskussionen, zumal, wenn Beurteilungskriterien zahlreich und untereinander gewichtet sind. Darin kommen dann eher die Präferenzen der Tester, denn die der Kunden zum Ausdruck. Letztlich gilt für die Initiatoren oft „Bad News are good News“, allein um ihre Berechtigung zu rechtfertigen. Daher gibt es dafür einen internationalen Kodex der IHK / Esomar. Danach müssen neutrale Leistungstests so angelegt und ausgeführt werden, dass Geld und Zeit der Organisation und der Personen, bei denen die Informationen erhoben werden, nicht unangemessen in Anspruch genommen werden. Die Ergebnisse der Arbeit sollen so analysiert und präsentiert werden, dass die einzelnen Verkaufsstätten oder Mitarbeiter nicht identifiziert werden können. Situationen, die danach akzeptabel sind, sind etwa Kontrollen des Verhaltens von Mitarbeitern durch reine Beobachtung, kurze Interviews (von 2–3 Min. Dauer) oder Situationen, in denen ein Kauf tatsächlich getätigt wird (etwa bei geringwertigen Leistungen). Nicht akzeptable Situationen sind Kontrollen durch Beobachtung, die den Mitarbeitern oder anderen Kunden lästig sein können, Befragungen, wenn sie die Zeit der betroffenen Mitarbeiter in erheblichem Umfang in Anspruch nehmen oder Analysen der gesammelten Daten, aufgrund derer bestimmte Mitarbeiter identifiziert werden können. Ausnahmen gelten, wenn eine Organisation als Gegenstand dieser Untersuchung ausdrücklich damit einverstanden ist, das Risiko möglicher Unannehmlichkeiten und / oder Umsatzverluste in Kauf zu nehmen und die Personen, die in dieser Organisation tätig sind und erhoben werden, vorher in Kenntnis gesetzt worden sind, dass sie voraussichtlich in eine derartige Studie einbezogen werden. Inakzeptabel sind Erhebungen, die der Kontrolle der Leistung bestimmter, namentlich genannter Personen dienen sollen, sowie Aktionen, mit denen konkret die Absicht verfolgt wird, den Vertrieb auszuweiten oder durch die Schaffung einer Scheinnachfrage direkt den Umsatz zu beeinflussen. Im Rahmen des Willingness to Pay-Verfahrens werden potenzielle Kunden dahingehend erhoben, welche Preisbereitschaft sie für ein bestimmtes Angebot
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im Vergleich zu konkurrierenden Angeboten empfinden bzw. vor allem, welche Veränderungen der Preisbereitschaft zu Angebotsveränderungen korrespondieren. Aus der relativen Höhe der Preisnennung wird auf die wahrgenommene Qualität geschlossen, d. h., je höher die Preisbereitschaft, desto höher die Qualitätsvermutung. Dabei ist es bedeutsam, zwischen relativer und absoluter Preisbereitschaft zu unterscheiden. Die relativen Preisabstände (Preishierarchie) bieten durchaus gute Indikatoren für die komparativ eingeschätzte Qualitätseinstufung. Allerdings ist die Äußerung der absoluten Preisbereitschaft mit großen Vorbehalten zu sehen. Zwar ist eine enge Korrelation zwischen Preisbereitschaft und Qualitätsvermutung wahrscheinlich, jedoch ist die Annahme, dass die hinter einer geäußerten Preisbereitschaft gewähnte Preisakzeptanz dann vom Anbieter am Markt auch liquidiert werden kann, fehlleitend. Vielmehr wird nicht selten vom Nachfrager die hohe Qualität eines Angebots am Markt nicht erkannt oder nicht für erforderlich gehalten, so dass entsprechend bepreiste Waren und Dienste tatsächlich am Bedarf vorbeigehen. Problematisch ist auch die Signifikanz anderer Faktoren als der Qualität, die im Preis zum Ausdruck kommen wie Prestige, Knappheit etc. Die Verfechter dieses Verfahrens sehen jedoch auch darin Aspekte der wahrgenommenen Qualität. Eine unkonventionelle Form der subjektiven Qualitätsvermutung ist die unerkannte Mitwirkung von Vorgesetzten bei der Arbeitsdurchführung („Undercover Chef“), um einen unmittelbaren, unverfälschten Eindruck von den Leistungsbedingungen, anbieter- wie nachfragerseitig, zu erhalten. Auch diese Ergebnisse sind mit großen Vorbehalten zu betrachten, einerseits, weil die Vorstellung über Zufriedenheit bei Leitenden Angestellten, Geschäftsführern oder Inhabern erheblich von denen unvoreingenommener Kunden abweichen dürfte und andererseits, weil Manager die Interaktionen an der „Kundenfront“ häufig viel zu wenig kennen, um sie angemessen beurteilen können (siehe Abb. 101). 16.1.4 Subjektive Zufriedenheitsmessung 16.1.4.1 Explorative Ansätze Explorative Ansätze beruhen auf der Befragung von Probanden, d. h. Kunden oder Nichtkäufern. Dabei handelt es sich um die nahe liegendste Form der Erhebung. Zugleich ist sie jedoch diejenige mit den höchsten Verzerrungsgefahren. In der Theorie werden daher andere Erhebungsformen propagiert, in der Praxis ist diese Form jedoch noch weitest verbreitet. Bei der Globalbeurteilung wird die erlebte Zufriedenheit bei Kunden undifferenziert abgefragt. Solche Fragestellungen vermögen weder die Art der Be-
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Abb. 101: Ansätze zur Kundenzufriedenheitsmessung (II)
weggründe für die Urteilsabgabe auszuweisen noch deren Gewichtung innerhalb des Globalurteils. Insofern ist nicht erkennbar, wie es zum geäußerten Urteil kommt. Und deshalb auch nicht, welche Schlussfolgerungen daraus zu ziehen sind, was wiederum erforderlich wäre, um gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Zufriedenheit einleiten zu können. Dennoch wird ein solches Global-
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urteil vergleichsweise häufig erhoben, weil es leicht und schnell erfassbar ist und quantitativen Erhebungsanforderungen entgegenkommt. Zumindest ergeben sich daraus erste Anhaltspunkte für Qualitätsprobleme, die Anlass zum gezielten Einsatz differenzierterer Messmethoden sind. Oftmals ist es erstaunlich, dass Anbieter nicht einmal über systematische Erkenntnisse aus solchen Globalurteilen verfügen. Vielmehr wird unzulässigerweise aus einzelnen, positiv wie negativ willkürlichen Meinungsäußerungen auf die mutmaßliche Zufriedenheit innerhalb der Kundschaft geschlossen. Oft steht dahinter auch die Befürchtung, Kritik an der eigenen Leistung zu hören, vor der man sich irrationalerweise sperrt. Außerdem wird die Emotionalität einer Anbieter-Kunden-Beziehung („Chemie“) nur äußerst unvollkommen abgebildet. Auch wäre es viel interessanter, Nicht-Käufer oder Ex-Kunden zu befragen, ob ein wesentlicher Grund ihrer Kontaktvermeidung darin liegt, dass sie befürchten, auf ein qualitativ unzureichendes Leistungsangebot zu stoßen. Dabei wird nicht auf tatsächliche Erfahrungen zurückgegriffen, sondern auf die einem Anbieter zugeschriebene Kompetenz, Zufriedenheit zu erzeugen. Dies ist deshalb von hoher Bedeutung, weil es häufig nicht möglich ist, vor dem Kauf eine objektive Leistungseinschätzung vorzunehmen (Vertrauensgutcharakter). Um zu differenzierteren Aussagen zu gelangen, ist eine Detailbefragung unerlässlich. Dabei handelt es sich meist um Fragebatterien, die vielfältige Leistungsaspekte erheben. Fraglich bleibt jedoch, wie sorgfältig und ehrlich, und ob überhaupt, solche Fragebögen ausgefüllt werden. Zu bedenken ist auch, dass eine hohe Verweigerungsrate besteht, da Detailbefragungen Zeitaufwand implizieren, den keinesfalls alle Zielpersonen aufzubringen bereit sind. Dies wäre nicht weiter problematisch, könnte man davon ausgehen, dass die Auskunftsverweigerer struktur identisch zu den Auskunftspersonen sind. Dann müsste einfach nur die Fallzahl erhöht werden. Dies ist jedoch keineswegs anzunehmen. Vielmehr dürften zwischen beiden Gruppen erhebliche Unterschiede bestehen. Dann aber sind die Befragungsergebnisse notwendigerweise verzerrt und wenig brauchbar. Eine hohe Verweigerungsquote ist allein schon wegen mangelnder Motivation zur Auskunftserteilung gegeben. Werden Anreize zur Beteiligung gewährt oder in Aussicht gestellt (Verlosung), besteht die Gefahr von Gefälligkeitsantworten, da Kunden einen Zusammenhang zwischen der Art ihrer Antworten und dem Erhalt des Anreizes sehen. Solche Gefälligkeitsantworten sind insb. auch bei persönlicher Befragung durch tatsächliche oder zu vermutende Mitarbeiter eines Anbieters zu erwarten. Außerdem führen Befragungen immer zu einer Rationalisierung der Antworten, da die schriftliche oder mündliche Auskunftserteilung eine gedankliche Auseinandersetzung mit der Thematik voraussetzt. Dies aber behindert eine wünschenswerte Spontaneität und den Ausdruck emotionaler Gründe.
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Bei der Fokusgruppe handelt es sich um ein Hilfsmittel der Ermittlung bei Kunden, indem nicht ein repräsentativer Querschnitt von ihnen erhoben wird, sondern bewusst nur einige, als besonders wichtig erscheinende Kunden (Konzentrationsverfahren). Auf deren Urteil wird gesteigerter Wert gelegt, sei es, weil der Anbieter sie für besonders befähigt zur Auskunft hält oder sei es, weil sie einen hohen Kundenwert für ihn verkörpern. Die Erhebung erfolgt zumeist bei End- oder Zwischenkunden als Teilnehmer einer Gruppendiskussion (Kundenforum / Lead User-Analyse), die vom Anbieter nach den Kriterien Marktbedeutung und / oder Vertrauensbasis ausgewählt und um ihre Meinungsäußerung in Bezug auf die von ihnen empfundene Zufriedenheit gebeten werden. Die Marktbedeutung kann durch deren Auftragsvolumen oder die Referenzfähigkeit dieser Kunden unterlegt sein. Die Vertrauensbasis resultiert zumeist aus lang laufenden Geschäftsbeziehungen. Diese Kunden werden in mündlicher Form unter Anleitung eines neutralen Moderators zu zufriedenheitsrelevanten Inhalten befragt. Es empfiehlt sich, dieses Gespräch außerhalb des Unternehmens und ohne Teilnahme herausgehobener Unternehmensangehöriger zu führen. Ziel ist die informelle Ermittlung von Leistungswahrnehmungen und Hinweisen zur Verbesserung der Leistung durch Elimination von Angebotsschwächen. Die Aussagefähigkeit der Ergebnisse ist aufgrund der bewussten Auswahl der Erhebungseinheiten und störender gruppendynamischer Effekte eingeschränkt, jedoch entsteht immerhin ein erster Eindruck von Wahrnehmungen, ihre Durchführung ist kostengünstig und schnell, und bei den Teilnehmern entsteht das Gefühl der Einflussnahmemöglichkeit. Problematischer sind Händler oder wissenschaftliche Beiräte einzuschätzen. Erstere verbinden mit ihren Äußerungen immer auch egoistische Zwecke, denen sich ein Anbieter ausgesetzt sieht und kaum entziehen kann, letztere führen durch verzerrte Realitätswahrnehmung, Hörensagen und Voreingenommenheit oftmals geradewegs in die Irre. Beim Tell a Story-Verfahren werden Kunden gebeten, ihre Erlebnisse mit einem Anbieter in Form einer informellen Geschichte zu erzählen. Dabei wird unterstellt, dass Ereignisse, die dabei geschildert werden, zugleich als herausgehoben wahrgenommen worden sind. Weiterhin wird bei dieser Schilderung regelmäßig auch ein Kommentar darüber abgegeben, ob diese Ereignisse positiv oder negativ wahrgenommen worden sind, also als Zufriedenheits- oder Unzufriedenheitsstifter fungieren. Wie aufschlussreich solche Narrationen sein können, hat wohl jeder schon einmal bei der Schilderung von Urlaubserlebnissen bemerkt. Man tendiert dazu, prägende Eindrücke besonders herauszustellen. Dies gilt vor allem für negative Eindrücke, die in der Schilderung zudem dramatisiert werden. Diese herausgehobenen Eindrücke überstrahlen oft die gesamte Wahrnehmung und bestimmen damit den Qualitätseindruck. Aus der Art der Erzählung kann zudem auf die Sichtweise des Anbieters / Angebots geschlossen werden.
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Der Net Promotor Score (NPS) ist ein Instrument zur Ermittlung der Rate, mit der Kunden einen Anbieter weiterempfehlen wollen. Berechnet wird der NPS durch die Differenz zwischen Promotoren und Opponenten des betreffenden Angebots. Die Anzahl wird ermittelt, indem den Kunden die Frage gestellt wird: „Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie Unternehmen XYZ einem Freund / einer Freundin oder einem Kollegen / einer Kollegin weiterempfehlen werden?“ Gemessen werden die Antworten auf einer Skala mit Werten von 0 (völlig unwahrscheinlich) bis 10 (äußerst wahrscheinlich). Promotoren sind dabei Kunden, die mit 10 oder 9 antworten, also eindeutig positiv eingestellt sind, Opponenten sind diejenigen, die mit 6, 5, 4, 3, 2, 1 oder 0 antworten. Kunden, die mit 8 oder 7 antworten, gelten als unentschieden (passiv Zufriedene) und werden daher bei der Berechnung des NPS nicht berücksichtigt. Der NPS ergibt sich als Differenz aus Promotoren (in %) und Opponenten (in %). Das Ergebnis kann daher zwischen + 100 (nur Promotoren) und – 100 (nur Opponenten) liegen. Es ist insoweit über verschiedene Anbieter, Standorte und Produkte hinweg untereinander vergleichbar (Querschnittvergleich) sowie auch im Zeitablauf (Längsschnittvergleich). Der Vorteil des NPS liegt in der Einfachheit seiner Messung und der Eindeutigkeit seiner Ergebnisse. Es gibt eine Korrelation zwischen NPS und Organisationserfolg, der für über 30 Branchen empirisch belegt und in seinem Loyalty Business Model theoretisch basiert ist. Es handelt sich also um eine praktisch wie theoretisch gut fundierte Messmethode. Zusätzlich sollten durch die Möglichkeit zu offenen Kommentaren detailliertere Gründe für die jeweilige Einschätzung durch Kunden angegeben werden können, die aufzeigen, wie das jeweilige Ergebnis zustande gekommen ist. TRI*M steht für Measuring, Managing, Monitoring der Kundenzufriedenheit. Ausgangspunkt ist der TRI*M-Index als Kennzahl zur Messung des Grads der Kundenbindung. Dieser ergibt sich aus vier Teilbereichen: der Gesamtzufriedenheit der Kunden mit dem Unternehmen, ihrer Bereitschaft, Empfehlungen auszusprechen, der Absicht der Kunden, die Geschäftsbeziehung aufrecht zu erhalten und dem spezifischen Vorteil, den Kunden bei ihrem Anbieter relativ zum Mitbewerber sehen. Die Erhebung erfolgt durch mündliche, schriftliche und telefonische Befragung. Aus den Ergebnissen wird eine TRI*M-Typologie abgeleitet, die eine Beschreibung von Kunden hinsichtlich ihrer Zufriedenheit (niedrig / hoch) und ihrer Loyalität (niedrig / hoch) vornimmt. Die sich ergebenden Typen werden bezeichnet als •• „Söldner“, diese sind zwar hoch zufrieden, aber wenn sich etwas Besseres findet, untreu und somit gefährdet; •• „Apostel“, diese sind hoch zufrieden und zuverlässig loyal;
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•• „Geiseln“, diese sind unzufrieden, aber durch Verträge, Konditionen und Technologien zumindest vorläufig zwangsweise gebunden; •• „Rebellen“, diese sind unzufrieden und illoyal, können daher jederzeit verlorengehen. Entsprechend dieser Einteilung geht es im TRI*M-Grid um die Identifizierung und Priorisierung von Schlüsselfaktoren zur Verbesserung der Kundenbindung, zur Schaffung von Hygienefaktoren (Vermeidung von Leistungsschwächen) und Motivatoren (als Leistungselemente) sowie zur Umsetzung von Einsparpotenzialen (Maßnahmen ohne Bindungseffekt) und versteckten Chancen (zur Leistungsdifferenzierung) in der Kundenbindung: •• Für „Söldner“ sollten spezielle Kundenbindungsprogramme konzipiert werden. •• „Apostel“ sind durch Loyalitätsprogramme mit Signalen besonderer Wertschätzung abzusichern. •• „Geiseln“ sollten mit Verbesserungsprogrammen eingestimmt werden. •• „Rebellen“ sind opportunistisch zu betreuen, d. h. von Fall zu Fall unter Rentabilitätsgesichtspunkten. Durch die Standardisierung der Erhebung und Auswertung sind auch unternehmens-, branchen- und länderübergreifende Vergleiche (Benchmarking) möglich. 16.1.4.2 Merkmalsorientierte Ansätze Diese beruhen auf multiattributiven Verfahren und gehen davon aus, dass ein Globalurteil in eine Vielzahl von Einzelmerkmalen aufgespalten werden kann. Beim Servqual-(Service-Quality-)Ansatz erfolgt die branchenübergreifende Zufriedenheitsmessung durch Befragung repräsentativ ausgewählter Auskunftspersonen anhand vorgegebener Kriterien, die auf einer Gut-Schlecht-Skala zeitgleich dahingehend beurteilt werden sollen, welche Art von Eindruck sie bei Nachfragern hinterlassen (also die tatsächlich erlebte Leistung) bzw. welchen Grad an Bedeutung (also im Vergleich zu anderen Leistungsmerkmalen) sie einnehmen. Die Operationalisierung erfolgt anhand einer je siebenstufigen Doppelskala mit idealerweise erwarteten und tatsächlich erlebten Leistungen. Es handelt sich um einen Zweiskalen-Einmesspunkt-Ansatz (Diskrepanzenmessung). Aus der Differenz der Antworten kann für jedes Kriterium einzeln, und in der Summe als Durchschnitt über alle Kriterien, die erlebte Leistung gemessen werden. Stellt man die Skalen grafisch untereinander, können die Messwerte vertikal miteinander verbunden werden und ergeben zwei anschauliche Polaritätenprofile, deren Verlauf über die bereits realisierte Leistung und deren Abstand über die verbleibenden Besserungspotenziale Auskunft gibt. Dabei wird
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unterstellt, dass trotz der relativ großen Spezifität hinsichtlich der Branchen die Leistungsbeurteilung vielfach nach ähnlichen Merkmalen vollzogen wird, eine Leistung also umso höher eingeschätzt wird, je besser und wichtiger sie von Kunden erlebt wird. Und dass für dieses Kundenerlebnis im Wesentlichen vier Impulse prägend sind, nämlich mündliche Kommunikation, situative Faktoren, zugrunde liegende Erfahrungen und Anbieterkommunikation. Die Messung erfolgt anhand eines standardisierten Fragebogens, dessen 22 Aussagen (die aus einem großen Set möglicher Aussagen vorab als die treff sichersten identifiziert worden sind) gemeinsam fünf Dimensionen (die aus mehreren Dimensionen als besonders hoch ladend identifiziert worden sind) repräsentieren: •• das physische Umfeld einer Leistung, inkl. der Räumlichkeiten, der Einrichtung und des Erscheinungsbilds des Personals (Tangibles / 4 Items = 11 % Gewichtung), •• die Fähigkeit, die versprochene Leistungserstellung zuverlässig und akkurat auszuführen (Reliability / 5 Items = 32 % Gewichtung), •• die Gewilltheit und Schnelligkeit / Reagibilität bei der Lösung von Kundenproblemen (Responsiveness / 4 Items = 22 % Gewichtung), •• das Wissen, die Höflichkeit und die Vertrauenswürdigkeit der Mitarbeiter, stellvertretend für die Leistungskompetenz des Anbieters (Assurance / 4 Items = 19 % Gewichtung), •• die Bereitschaft, sich individuell um jeden Kunden zu kümmern, also das Einfühlungsvermögen des Kundenkontaktpersonals (Empathy / 5 Items = 16 % Gewichtung). Zu jeder der 22 Aussagen werden zwei Formen erhoben, zunächst die Form der Erlebnisse der Kunden über relevante Dimensionen und dann die Form deren tatsächlicher Bedeutung. Um die Ausprägung der Teilqualitäten hinsichtlich der fünf Dimensionen zu erhalten, wird der Durchschnitt der EindruckBedeutungs-Differenzen über die zu einer Dimension gehörigen Items berechnet. Das Globalmaß wird als Mittelwert aller fünf Dimensionen gebildet. Der Vorteil des Servqual-Ansatzes liegt in der Standardisierung und damit der Möglichkeit, Anbieter / Angebote innerhalb einer Branche oder über Branchengrenzen hinweg miteinander zu vergleichen. Allerdings ist kritisch zu beachten, ob die Kriterien wirklich alle jeweils relevanten Dimensionen erfassen (Vollständigkeit), nicht aber gleich mehrfach abdecken (Redundanzfreiheit), was zu bezweifeln ist. Werden jedoch eigenständige Merkmalskataloge entwickelt, was durchaus sinnvoll ist, entfällt diese Vergleichsmöglichkeit. Auch besteht die Gefahr einer Anspruchsinflation, d. h., die Erwartungen werden in der Abfrage so hochgeschraubt, dass selbst hervorragende Erlebnisse hinter ihnen zurückbleiben und eine Unzufriedenheit konstatiert wird, die so gar nicht gegeben ist.
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Zur Behebung entstehen hohe Kosten, die Preise erforderlich machen, die eben diese Auskunftsgeber nicht bereit sind zu zahlen, was den Anbieter letztlich aus dem Markt herausmanövriert. Auch darf die Urteilsfähigkeit der befragten Personen nicht überfordert werden. Für die Konsequenzen ergeben sich vier Kombinationen: •• Hoher Wert des Leistungseindrucks und großer Wert der Leistungsbedeutung: Kunden sind auf hohem Niveau zufrieden, das Angebot ist hoch wettbewerbsfähig, es gilt unbedingt, dieses Level zu halten (Stärken stärken). •• Hoher Wert des Leistungseindrucks und geringer Wert der Leistungsbedeutung: Kunden verspüren ein hohes Maß an Zufriedenheit, die Wettbewerbsfähigkeit des Angebots wird durch diese Merkmale dennoch kaum verbessert, weil deren Bedeutung als gering eingeschätzt wird (Zuviel des Guten). •• Niedriger Wert des Leistungseindrucks und großer Wert der Leistungsbedeutung: Kunden sind in hohem Maße unzufrieden, die Wettbewerbsfähigkeit des Angebots ist daher fraglich, insofern muss hier entschlossen angesetzt werden, um Schwächen zu beseitigen. •• Niedriger Wert des Leistungseindrucks und geringer Wert der Leistungsbedeutung: Kunden sind begrenzt zufrieden, da diese Merkmale das Angebot aber kaum beeinflussen, sind Maßnahmen hier dennoch nachrangig. Dabei ergeben sich jedoch Mängel in der Auswertungslogik, die für die Einschätzung der Aussagefähigkeit zu berücksichtigen sind. So wird ein niedriger Erlebnis- und ein niedriger Wahrnehmungswert als noch zufriedenstellend interpretiert, obgleich dies lediglich aussagt, dass die geringen Erwartungen eines Kunden an eine Leistung durch ein geringes Erlebnis bestätigt werden, also alles andere als zufriedenheitsstiftend sein dürften. Es kommt somit mitnichten nur auf die Relation von Soll und Ist an, sondern entscheidend muss ein absoluter Referenzstandard für eine als zureichend erachtete Mindestqualität hinzukommen. Bei der Differenzenmessung werden die Komponenten Einstellung (vor der Leistungserstellung / Erwartung) und Wahrnehmung (nach der Leistungserstellung / Erlebnis) zeitlich getrennt erhoben (Zweiskalen-Zweimesspunkte-Ansatz). Dabei handelt es sich um die Vorher-Nachher-Messung, die sich aus dem C-DParadigma zwangsläufig ergibt. Begeisterung ist danach gegeben, wenn die Erwartungen hinsichtlich einer Leistung von deren Erlebnissen übertroffen werden (positive Diskonfirmität), Unzufriedenheit stellt sich hingegen ein, wenn die Erlebnisse hinter den Erwartungen zurückbleiben (negative Diskonfirmität). Stimmen Erwartungen und Erlebnisse weitgehend überein, entsteht Konfirmität (Zufriedenheit). Zur Messung wird mit einer Kriterienliste gearbeitet, die „Das erwarte ich“Aussagen enthält, die anhand einer (z. B. fünfstufigen) Ratingskala bewertet
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werden (abgestuft von „Trifft voll und ganz zu“ bis „Trifft überhaupt nicht zu“), die vor Ausführung der Leistung bei Kunden erhoben werden (ex ante). Nach Ende der Transaktion werden die Kunden erneut mit derselben Kriterienliste konfrontiert, die dieses Mal „So habe ich es erlebt“-Aussagen enthält, die wiederum auf der gleichen Ratingskala beantwortet werden (ex post). Die Kunden haben damit für sie erkennbar zwar kein Zufriedenheitsurteil abgegeben, tatsächlich haben sie aber implizit nichts anderes als ihre Qualitätswahrnehmung ausgedrückt. Aus der Differenz der Antworten für Erlebnis und Erwartung kann für jedes Merkmal einzeln, und in der Summe als Durchschnitt über alle Merkmale, die tatsächliche Zufriedenheit gemessen werden. Stellt man die Skalen grafisch untereinander und verbindet die Durchschnittsmesswerte, ergeben sich zwei anschauliche Polaritätenprofile, deren Verlauf über das Ergebnis je Merkmal und deren Abstand über die jeweilige Qualitätswahrnehmung Auskunft gibt. Legt man die beiden Profile übereinander, ergeben sich auf Anhieb die Differenzen über alle gemessenen Merkmale. Bei der Vignette-Methode wird ein komplexer Gesamteindruck in differenzierte Einzeleindrücke zerlegt (dekompositioniert), die dann analysiert, gewichtet und gerangreiht werden. Dabei liegen Schlüsselinformationen (Vignettes) zugrunde, aus denen sich konkrete Hinweise darauf ergeben, wo mit Aktivitäten angesetzt werden soll. Dabei wird davon ausgegangen, dass relativ wenige Faktoren letztlich die gesamte Leistungswahrnehmung von Kunden bestimmen, d. h., eine Vielzahl von Einzeldimensionen wird zu übergeordneten Faktoren gebündelt, deren Betrachtung stellvertretend für alle Teilleistungen zur Leistungseinstufung führt (Information Chunks). In dem Maße, wie es gelingt, diese Schlüsselfaktoren zu optimieren, überstrahlen sie andere, weniger relevante Merkmale (Irradiation). Dieses Verfahren zeigt daher, wo der Hebel anzusetzen ist. Problematisch ist allerdings, dass diese Einschätzung jeweils vor dem persönlichen Erfahrungshintergrund der Kunden stattfindet, der naturgemäß individuell erheblich voneinander abweicht. Problematisch ist auch die Identifizierung dieser Kernfaktoren. Dies kann nur erreicht werden, indem der Anbieter zunächst alle Teilleistungen katalogisiert und diese dann einzeln hinsichtlich ihres Leistungsbeitrags bei Kunden abfragt. Dies überfordert aber Auskunftspersonen leicht, so dass man real anders vorgeht, indem einzelne, vom Anbieter definierte Teilleistungen unter Beibehaltung aller anderen variiert (gesteigert, vermindert, weggelassen) werden und die sich daraus ergebende Veränderung im Gesamturteil gemessen wird. Dazu wird Conjoint Measurement (Verbundmessung / CJM) als Hilfsmittel eingesetzt, um den partiellen Beitrag einzelner Merkmale einer Gruppe von Objekten, z. B. im Versandhandel Auspackqualität, Lieferzeit, telefonische Bestellannahme, zu ermitteln. Insofern kann die relative Bedeutung einzelner Objekteigenschaften, z. B. variierte Auspackqualitäten, unterschiedliche Lieferzeitenniveaus, verschiedene Bestellmedien, isoliert werden. Die Teil-
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leistungen, deren Veränderung den größten nachvollziehbaren Ausschlag im Gesamturteil ergeben, sind offensichtlich die Kernfaktoren. Allerdings ufert der Aufwand zur Erhebung kombinatorisch rasch aus, so dass real immer nur wenige Kombinationen gemessen werden können. Auswege bieten hier fraktionelle Designs, die jedoch einen Informationsverlust bedeuten (wegen fehlender Interaktionseffekte), mehrstufige Präsentationsprocedere, die jedoch in Suboptimalität enden können (wegen sukzessiver Verkettung) oder paarweise Bewertungen, die zumindest eine Überforderung der Probanden vermeiden helfen (aber ein Ranking erschweren). Kundenbarometer sind systematisch angelegte Befragungsinstrumente durch Wellenerhebungen (Trackings) auf nationaler Ebene, in großer Fallzahl, branchenübergreifend und in regelmäßigen Abständen (in Deutschland mit stark betriebswirtschaftlichem Bezug). Um als Managementhilfe effektiv zu sein, muss ein solches Instrument in seiner Anlage vom Interesse der Kunden ausgehen. Ausgangspunkt ist die Überlegung, dass zwischen Leistungsqualität, Kundenzufriedenheit und Kundentreue bzw. Anbieterwechsel eindeutige Zusammenhänge bestehen. Übersteigt die von Kunden wahrgenommene Leistung deren Erwartungen, wird sie als sehr zufriedenstellend beurteilt, umgekehrt entsteht Enttäuschung. Diese Reaktionen werden überwiegend in Form computergestützter Telefoninterviews bei Kunden abgefragt. Maßstab sind repräsentativ für die Gesamtbevölkerung erhobene Zufriedenheits- und Bindungsdaten, in Deutschland für über 700 namentlich erfasste Anbieter von Gütern und Diensten aus über 50 Branchen bei über 20.000 Personen in privaten Haushalten, repräsentativ für die deutschsprachige Bevölkerung ab 16 Jahren. Die Zufriedenheit der Befragten wird von diesen jeweils von 1–5 benotet und begründet. Durchschnittlich werden vier Branchen je Interview angesprochen. Insgesamt werden 1.800 Unternehmen mit 190.000 Kundenbeziehungen erfasst. Hinzu treten branchenspezifische Zusatzfragen und soziodemografische Strukturdaten sowie Verbrauchertrends. Inhalt der Befragung sind der Kontakt zu Anbietern, die Zufriedenheit mit Anbietern, der Grund für das relative Zufriedenheitsurteil, die Zufriedenheit mit einzelnen branchenrelevanten Leistungsfaktoren, die Intensität / Dauer der Kundenbeziehung, Wiederkauf, Cross Buying, Weiterempfehlung und Beschwerdehäufigkeit / -zufriedenheit. Im Längsschnittvergleich ist überwiegend eine Verschlechterung des Zufriedenheitsgrads zu verzeichnen, obgleich das Serviceniveau der Anbieter sich in allen Branchen unzweifelhaft stark verbessert hat. Auch dies ist ein Beleg für die Gültigkeit des C-D-Paradigmas, denn die Erwartungen an die Anbieter sind offensichtlich schneller gestiegen als die erlebten Leistungen, mithin ist die Zufriedenheit gesunken. Denkbar ist auch, von allen wahrnehmbaren zunächst die Zufriedenheitskritischen Merkmale zu identifizieren, das sind solche, die Zielpersonen für besonders bedeutsam erachten, und diese dann einzeln hinsichtlich ihres Einflusses
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auf den globalen Leistungseindruck zu bewerten. Die Messung bezieht sich auf Routinekomponenten, bei denen Unzulänglichkeiten nicht geduldet werden, sowie Ausnahmekomponenten, die von Kunden gesondert honoriert werden. Dieser Sichtweise liegt das Kano-Modell zugrunde. Es unterscheidet in •• Basisfaktoren, die lediglich für die Abwesenheit von Unzufriedenheit verantwortlich sind, allein aber noch keine Zufriedenheit herstellen können, da sie als selbstverständlich angesehen werden. Dies sind die Penalties, deren Erfüllung in jedem Fall erwartet und nicht gesondert honoriert, deren Fehlen aber als gravierend empfunden wird. •• Leistungsfaktoren, die bei Vorhandensein ein hohes Maß an Zufriedenheit bzw. bei Nichtvorhandensein ein hohes Maß an Unzufriedenheit hervorrufen, mit wachsender Ausprägung also zu steigender Zufriedenheit führen. Diese sind von einer kritischen Asymmetrie nicht betroffen. •• Begeisterungsfaktoren, die bei Nichtvorhandensein noch keine Unzufriedenheit auslösen, weil man sie nicht unbedingt erwartet, bei Vorhandensein aber zur Begeisterung führen können. Dies sind die Rewards, deren Fehlen also nicht weiter moniert, deren Erfüllung aber besonders honoriert wird. So ergeben sich konkrete Hinweise auf die Leistungssteigerung derart, dass zunächst die Penalty-Faktoren auf ein akzeptiertes Mindestniveau zu hieven sind, bevor es sinnvoll ist, sich mit den Reward-Faktoren zu beschäftigen. Sofern dieses Mindestniveau bei den Penalty-Faktoren aber erreicht ist, kann mit den Reward-Faktoren ein komparativer Konkurrenzvorsprung erreicht werden. Ein Problem liegt darin, was als zufriedenheitskritische Merkmale anzusehen ist. Auf keinen Fall kommt es dabei auf die objektive Bedeutung einzelner Merkmale für die Leistungserstellung an oder auf die subjektive Sicht des Anbieters. Entscheidend ist allein, was Kunden für kritisch erachten. Dazu ist dann eine Vorerhebung erforderlich, die zunächst einmal diese käuferwichtigen Merkmale feststellt, bevor für diese ihr Einfluss auf den globalen Leistungseindruck gemessen wird. Erst wenn die Kernleistungen zuverlässig auf hohem Niveau erbracht werden, können Zusatzleistungen Wettbewerbsvorsprünge erzeugen. Eine Gefahr besteht allerdings im „Pampering“ von Kunden mit Zusatzleistungen, die diese so gar nicht erwartet hätten, nun, da sie ihnen aber geboten werden, gern mitnehmen. Fallen diese Zusatzleistungen dann später einmal, etwa aus Lean ManagementGründen, weg, tritt eine Enttäuschung bei Kunden auf, die ansonsten, also ohne das Angebot solcher Zusatzleistungen, nicht aufgetreten wäre, nun aber zum Nachteil des Anbieters gereicht. Daher empfiehlt es sich, solche Zusatzleistungen an Gegenleistungen zu koppeln (z. B. Bestellumfang, Zahlungsform), sie nur gegen extra Berechnung zu erbringen oder ganz zu unterlassen (No Frills).
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16.1.4.3 Ereignisorientierte Ansätze Als Ereignis werden alle Kontaktpunkte zwischen Anbieter und Kunden, also solche, an denen es zu Interaktionen kommt, angesehen. Diese gehen vom Personal (Kundenkontaktmitarbeiter) oder den Betriebsmitteln / Werkstoffen des Anbieters aus und werden von den Kunden als solche wahrgenommen. Bei der Sequenziellen Ereignismessung wird davon ausgegangen, dass Kunden aus allen Situationen nur eine begrenzte Anzahl wahrnehmen können (Onstage), während ihnen eine Vielzahl anderer verborgen bleibt (Backstage). Folglich gilt es, diese Kontaktpunkte zu optimieren. Insofern bedarf es zunächst der Kontaktpunktidentifikation. Dazu wird der Ablauf der Leistungserstellung mit Kunden im Rahmen von offenen, strukturierten Interviews aus deren Perspektive gedanklich Schritt für Schritt durchgegangen und in eine Abfolge der Einzelaktivitäten zur Herbeiführung des beabsichtigten Erfolgs gebracht. Die Erfassung erfolgt auf Basis der gestützten Erinnerung (Aided Recall). Die grafische Darstellung dieser Sequenzen in Form eines Ablaufdiagramms nennt man Blueprint. Allein diese Aufschlüsselung erbringt meist schon erstaunliche Erkenntnisse. Darin werden die unmittelbar von den Kunden wahrnehmbaren Ereignisse (Encounter Points) markiert. Es ergibt sich eine Line of Visibility als Abfolge aller Aktivitäten, die Kunden zu Gesicht bekommen. Kunden werden im persönlichen Gespräch gebeten, diese sichtbaren Teile (Moments of Truth) nochmals gedanklich-emotional nachzuvollziehen. Zum Blueprint gehören also alle, auch die normalerweise „kundenunsichtbaren“, zur Line of Visibility nur die „kundensichtbaren“ Teilprozesse. Da nur letztere für das Qualitätsurteil entscheidend sind, denn die Kundenbeurteilung beruht nur auf dem, was von diesen auch wahrgenommen werden kann bzw. von dem, was wahrgenommen werden kann, wird auf das geschlossen, was unsichtbar bleibt (Halo-Effekt), müssen sich Ansätze zur Leistungssicherung bzw. -steigerung auf diese sichtbaren Teilleistungen konzentrieren. Allerdings ist es tatsächlich so, dass Bemühungen bei „kundensichtbaren“ Prozessen zumeist auch die „kundenunsichtbaren“ einbeziehen müssen, weil letztere Voraussetzung für die Leistungserstellung ersterer sind. Insofern ist die Unterscheidung eher anschaulich zu verstehen. Bei der Kritischen Ereignismessung (Critical Incident Technique / CIT) wird von allen sichtbaren nur die Teilmenge der subjektiv als herausgehoben (zufriedenstellend oder unbefriedigend) erachteten Kernprozesse durch Kunden beurteilt. Da ihnen die größte Bedeutung zukommt, ist Abhilfe von Mängeln dort am dringlichsten. Dazu bedarf es einer Vormessung, um aus allen wahrnehmbaren die positiv oder negativ herausgehoben wahrgenommenen Ereignisse zu selektieren. Indem im Folgenden nur diese beurteilt werden, kommt es zu einer Vereinfachung der Erhebung und zur Vermeidung einer Überforderung der Auskunftspersonen. Dabei gilt, dass kritische Ereignisse von der hochwertigen Erfüllung auch unkritischer wie „kundenunsichtbarer“ Ereignisse abhängen. Zu-
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dem weicht die Ansicht über kritische Ereignisse intersubjektiv voneinander ab (so ist innerhalb eines Flugs für Business-Reisende die Pünktlichkeit von Abflug und Ankunft besonders relevant, für Touristen in derselben Maschine aber vielleicht das Kinoprogramm an Bord). Die Erfassung erfolgt im Einzelnen durch standardisierte, offene Fragen, z. B.: „Denken Sie an einen Vorfall, bei dem Sie als Kunde eine besonders zufriedenstellende bzw. besonders unbefriedigende Leistung erlebt haben. Wann kam es zu diesem Ereignis? Beschreiben Sie die konkreten Umstände, die zu dieser Situation hingeführt haben. Wie haben sich die Mitarbeiter dabei verhalten? Welche Ursachen haben bei Ihnen das Gefühl ausgelöst, dass es sich in diesem Fall um ein besonders zufriedenstellendes bzw. unbefriedigendes Ereignis handelt?“ Daraus kann dann ein Anforderungsprofil an Leistungsprozesse abgeleitet werden. Vorteilhaft ist dabei vor allem, dass von den individuellen Bedarfen der Kunden ausgegangen wird. 16.1.4.4 Problemorientierte Ansätze Problemorientierte Ansätze zur Messung der Zufriedenheit setzen ebenfalls bei Ereignissen an, jedoch nur bei solchen, die als negativ herausgehoben wahrgenommen werden. Denn die positiv wahrgenommenen Ereignisse bilden keinen Ansatz für nennenswerte Verbesserungen. Der Kritischer Pfad-Ansatz (Critical Path Analysis) ist eine Weiterentwicklung der Kritischen Ereignismessung, wobei das Augenmerk jedoch auf einem negativen Aspekt der Kundenbeziehung, nämlich der Abwanderung von Kunden, liegt. Dabei soll der Prozess der Abwanderung, ausgehend von einem negativen, kritischen Ereignis, bis zur Aufnahme einer neuen Kundenbeziehung mit einem anderen Anbieter näher durchleuchtet werden. Daraus lassen sich Konzepte für die Rückgewinnung von Kunden ableiten. Dazu werden sechs Typen von nachfragerseitigen Abwanderungen unterschieden: •• Die reaktive Abwanderung wird nicht durch eine Leistungsschwäche des Anbieters ausgelöst, sondern durch Umstände, die in der Person des Kunden oder seinem Umfeld liegen (z. B. Wohnortwechsel). Dieser Form der Abwanderung kann nur begrenzt entgegengewirkt werden, etwa durch Standortmultiplikation. •• Die emotionale Abwanderung resultiert aus einem als gravierend angesehenen negativen Ereignis, das zu einem affektiv ausgelösten Wechsel des Anbieters führt, die Gründe liegen also nicht in Leistungsmerkmalen i. e. S. Fraglich ist, ob rationale Argumente in der Lage sind, dieses Manko auszugleichen, insofern ist hier eine problematische Situation gegeben.
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•• Die verzweifelte Abwanderung stellt sich ein, wenn vom Kunden bereits eine Vielzahl unzufriedenheitsstiftender Ereignisse im Zeitablauf toleriert worden ist, nunmehr aber durch ein negatives Ereignis „das Fass zum Überlaufen“ gebracht wird. Da hier eine grundsätzlich positive Einstellung des Kunden zum Anbieter zu unterstellen ist, stehen die Chancen bei Wiedergutmachung nicht schlecht. •• Die geplante Abwanderung liegt vor, wenn ein Kunde systematisch Leistungen beim bestehenden Anbieter abzieht oder neue Leistungen gleich bei anderen Anbietern nachfragt, solange, bis die alte Kundenbeziehung gänzlich erodiert ist. Da hier ein bewusstes Vorgehen eingeschlagen wird, wird es schwerfallen, die Kundenbeziehung zu retten. •• Die erzwungene Abwanderung ist gegeben, wenn ein Kunde mit seinen Wünschen bereits mehrfach beim Anbieter auf Ablehnung gestoßen ist und er keine andere Wahl sieht, als sich nach einem neuen Anbieter umzusehen. Dies ist besonders bedauerlich, liegt der Anlass doch allein auf der Anbieterseite, es sei denn, der Anbieter will diesen Kunden bewusst ausgrenzen. •• Die gewünschte Abwanderung kann mit einer inneren Kündigung verglichen werden, der Kunde ist gedanklich und mit seinem Herzen längst bei einem anderen Anbieter, jedoch hält er aus Bequemlichkeit / Gewohnheit die Anbieterbeziehung vorläufig noch aufrecht. Die kleinste Irritation reicht hier bereits als Auslöser. Um die tatsächlichen Verursachungsgründe der Abwanderung zu eruieren, werden häufig indirekte Befragungen anhand programmierter Befragungsbäume (Root-Cause) eingesetzt, da meist andere als die tatsächlichen Gründe argumentativ vorgeschoben werden. Daneben gibt es die anbieterseitige Ausgrenzung unrentabler und auch nicht zu profitabilisierender Kunden. Bei der Problementdeckungsmethode (Problem Detecting Method) werden Aussagen über die Dringlichkeit einer Problembehebung ermittelt. Dabei bedarf es zunächst der Zusammenstellung und Erhebung möglicher Probleme. Dann werden die einzelnen Kundenkontaktsituationen, in denen Probleme auftreten können, nach ihrer Häufigkeit ausgewertet und nach ihrer Problembedeutung für das Leistungserlebnis, und zwar immer aus der Sicht von Kunden, gewichtet. Dazu bedarf es sowohl der Erhebung der Häufigkeit von Leistungsproblemen als auch der Erfassung des Einflusses dieser Probleme auf das gesamte Leistungsurteil. Es ergeben sich häufige und seltene Kundenkontaktsituationen, diese sind kundenwichtig oder kundenunwichtig. Zur Durchführung ergeben sich einzelne Schritte. Für die Ermittlung einer Problemliste geht es zunächst um eine gewisse Vollständigkeit, denn Probleme, die hier „übersehen“ werden, fehlen während des gesamten weiteren Verfahrens. Dann erfolgt eine Komprimierung dieser Liste nach Relevanz- und Redundanz aspekten, indem Oberbegriffe für Detailprobleme gebildet und ähnliche Pro
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bleme darunter zusammengefasst werden. Es folgt die Erstellung eines Fragebogens mit Statements zu den dabei verbliebenen Problemen, wobei sowohl die Problembedeutung als auch deren Häufigkeit erfasst werden. Anschließend kommt es zur eigentlichen Datenerhebung der Kundenaussagen mit Durchführung der Befragung sowie Sichtung und Auswertung der Daten, um zu Schlussfolgerungen zu gelangen. Wichtig ist, dass das, was relevant ist, sich allein aus der Sicht der betroffenen Kunden bestimmt. Darin liegt zugleich auch das Problem, denn Nachfrage ist nicht kreativ, d. h., was Kunden für wichtig ansehen oder nicht, darüber können diese kaum initiativ Auskunft geben, sondern nur durch Reflektion auf eine konkrete Leistung. Daraus ergibt sich eine gewisse Unausgewogenheit derart, dass zwar vorhandene Probleme erfasst werden können, Verbesserungspotenziale jedoch verborgen bleiben. Daher können Kunden auch hinsichtlich ihrer Vorstellungen zur Möglichkeit der Problemlösung (etwa bei der Konkurrenz, in verwandten Branchen, bei ähnlichen Funktionen etc.) befragt werden. Etwaige eingeleitete Maßnahmen zur Problembehebung können danach hinsichtlich ihrer Effektivität aus Kundensicht erhoben werden. So erhält man einerseits wertvolle Verbesserungsvorschläge und andererseits ein Feedback darüber, inwieweit eine Problemlösung bereits erreicht ist oder weitere Maßnahmen erforderlich sind. Die Frequenz-Relevanz-Analyse von Problemen (FRAP) ist eine systematisierende Weiterentwicklung der Problementdeckungsmethode. Dabei liegt die Annahme zugrunde, dass ein Anbieter sich umso eher mit einem Problem der Leistungserstellung befassen sollte, je häufiger es auftritt und je bedeutsamer es für Kunden ist. Als Informationsbasis dienen Kundenbefragungen nach Problem auftritt (Frequenz), Ausmaß der Verärgerung bei Problemauftritt und Verhaltensreaktion (Relevanz, z. B. Beschwerde / Voice oder Anbieterwechsel / Exit) darauf. Die so erfassten Probleme werden zu Gruppen zusammengefasst. Die Ermittlung der Frequenzwerte erfolgt rein quantitativ, die Ermittlung der Relevanzwerte entsteht durch Multiplikation der Aussagen zu den beiden übrigen Kategorien (Verärgerung / Verhaltensreaktion). Die grafische Darstellung erfolgt in Form eines Diagramms. Problemwertindices errechnen sich als Quotient aus der Summe der für einzelne Problemdimensionen bestimmten Relevanzwerte und der Gesamtzahl der Befragten. Dabei stellt sich zumeist heraus, dass wenige Probleme den größten Anteil der Problemrelevanz ausmachen (Pareto-Prinzip). Hoch frequente und hoch relevante Vorkommnisse (also die mit dem höchsten Produkt) sind zuerst hinsichtlich Leistungsproblemen zu untersuchen, gering frequente und gering relevante Vorkommnisse zuletzt und alle anderen dazwischen liegend. Wobei nicht verschwiegen werden darf, dass auch kleinere Leistungsprobleme in hoher Frequenz nerven ebenso wie seltene, dafür aber durchschlagende Probleme. Insofern geht es eher nur um eine Prioritätsfolge. Voraussetzung für die Anwendung ist allerdings der häufige Kontakt der Kunden zu
16. Elemente der Kundenbeziehung613
einem Anbieter, da es ansonsten an der aussagefähigen Basis für die Abschätzung der Frequenz mangelt. 16.2
Unzufriedenheitsbearbeitung
Das Gegenteil der Zufriedenheit ist Unzufriedenheit. Diese darf keinesfalls hingenommen werden, sondern muss aktiv, besser noch proaktiv bearbeitet werden. Dazu liegt zwischenzeitlich ein umfangreiches Instrumentarium vor, das in Unternehmen auch weithin genutzt wird. Insofern handelt es sich hier um einen Hygienefaktor. 16.2.1 Bedeutung von Beschwerden Beschwerden sind Artikulationen von Unzufriedenheit seitens Kunden, anderen Personen oder organisationalen Anspruchsgruppen, die gegenüber dem Anbieter, Angehörigen des sozialen Umfelds oder auch Drittinstitutionen (wie Schieds- / Schlichtungsstellen, Verbraucherorganisationen, staatliche Stellen, Medien etc.) mit dem Zweck geäußert werden, auf subjektiv als schädigend empfundene angebots-, unternehmens- oder gesellschaftsbezogene Sachverhalte eines Anbieters hinzuweisen, um eine Änderung kritisierter Sachverhalte zu erreichen oder die Verhandlung bzw. Wiedergutmachung erlittener Beeinträchtigungen (in Anlehnung an Stauss / Seidel). Demnach haben Beschwerden immer eine aktive Komponente (Beanstandung), es handelt sich um geäußerte Unzufriedenheit. Als Beschwerder kommen alle Personen / Gruppen in Betracht, die in einer Interessenbeziehung zum Anbieter stehen (Stakeholders), in erster Linie ist dabei an Kunden zu denken. Die Beschwerde kann gegenüber dem Anbieter selbst, dem eigenen sozialen Umfeld oder dritten Stellen als Helfer geäußert werden. Der Inhalt von Beschwerden kann sich auf den angebotenen Service beziehen, aber auch auf andere Unternehmenstatbestände (z. B. Verhalten gegenüber der Gesellschaft). Die Behebung der Beschwerde kann sich auf die Änderung des beanstandeten Sachverhalts beziehen oder, zumeist, auf eine konkrete Wiedergutmachung für hingenommene subjektive oder objektive Schäden. Diese Wiedergutmachung kann aus dem Vertragsrecht abgeleitet werden oder auf Goodwill beruhen (Kulanz). Die Forderung auf vertragliche Wiedergutmachung wird als Reklamation bezeichnet. Dabei verbinden Kunden (nicht andere Anspruchsgruppen) in der Nachkaufphase (nicht vor oder beim Kauf) Beanstandungen explizit oder implizit mit der Forderung auf einen juristisch durchsetzbaren Rechtsanspruch. Insofern ist eine eindeutige Rechtsgrundlage gegeben, anders als bei Beschwerden, die nicht durch Rechte aus Delikt, Vertrag oder Produkthaftung bewehrt sind, weil sie nicht Ergebnisse betreffen, sondern Prozesse. Dabei bewegt man sich
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im Raum emotionaler Anbieter-Nachfrager-Beziehungen, die aus Unzufriedenheit resultieren. Die Äußerung der Unzufriedenheit erfolgt gegenüber dem Unzufriedenheitsstifter (Unternehmen / Organisation) selbst oder Dritten, etwa Einrichtungen, die sich geschäftsmäßig zumindest auch um die Behandlung von Beschwerden kümmern, oder Personen des sozialen Umfelds. Bei den Einrichtungen kann es sich um parteiische handeln (diese nehmen die Interessen nur eines Interaktionspartners wahr) oder neutrale (sind keiner der beiden Seiten verbunden). Unzufriedenheit führt für gewöhnlich (Ausnahme: Monopolsituation oder Zwangsbindung) zur Abwanderung von Kunden (Exit) und zu negativer Multiplikation dieser Erfahrung im sozialen Umfeld. Daher ist unbedingt Kundenzufriedenheit herzustellen. Als Beschwerdeführer kommen Käufer in Betracht, also Personen, die in ver traglichen Beziehungen mit dem Anbieter stehen, aber auch Interessenten, die sich erst im Stadium der Vertragsanbahnung befinden, oder auch vertragsfreie Personen, die nicht in ihrer Eigenschaft als Käufer oder Interessent tangiert, sondern anderweitige Anspruchshalter sind. Beschwerden können im B-t-BBereich erfolgen, also Bestandteil von Geschäftsprozessen sein, oder im B-t-CBereich, also im Kontakt mit privaten Abnehmern. Als Reaktionen im Beschwerdeverhalten ergeben sich aus Kundensicht folgende Möglichkeiten. Keine Auswirkungen bedeutet, dass die Fehlleistung des Anbieters entschuldigt wird. Diese Hoffnung ist angesichts zunehmend austauschbarer Angebote und erhöhter Kritikfähigkeit selbstbewusster Käufer gering. Zwar konzidieren Kunden, dass niemand unfehlbar ist, aber sie sind nicht bereit, hinzunehmen, dass an diesen Fehlern nicht gearbeitet wird. Meidung des Angebots bzw. Anbieters für zukünftige Käufe (Kaufverweigerung) bedeutet, dass unzufriedene Kunden, ohne die Chance der Wiedergutmachung durch den Anbieter zu suchen, zu Konkurrenten wechseln. Die Unzufriedenheit bleibt quasi unsichtbar für den Anbieter und ist gerade deshalb verhängnisvoll. Eine Äußerung der Unzufriedenheit im sozialen Umfeld kann abgestuft erfolgen. Zumindest ist mit Negativwerbung über einen bestimmten Anbieter bei Freunden / Bekannten / Kollegen etc. zu rechnen, höchstens mit dem Aufruf an Dritte, diesen zu meiden (Boykott). Damit geben Kunden ihrer Frustration außerhalb der Einflusssphäre des Anbieters Ausdruck, also ohne eine Korrekturmöglichkeit seinerseits. Sie bewirken damit über die eigene Meidung des Angebots hinaus weitere Kundenverluste. Das Verlangen auf Abhilfe vom Anbieter bedeutet, dass die Beschwerde diesem gegenüber ausdrücklich formuliert und mit einer Forderung zur Abstellung der Mängel verbunden wird. Diese sichtbare Handlung gibt zumindest die Chance, mäßigend auf Beschwerder einzuwirken. Bei nachlässiger, liebloser
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Beschwerdebehandlung wird sich der Ärger des Beschwerders steigern (Kaufverweigerung, Negativwerbung, Boykott, Anruf von Institutionen etc.). Bei sorgfältiger, systematischer Beschwerdebehandlung besteht die Chance, das Negativerlebnis des Beschwerders in ein Positiverlebnis zu verwandeln und somit sogar die Kundenbindung zu steigern. Schließlich bedeutet der Anruf von staatlichen / privaten Institutionen (Schiedsstelle, Verband, Innung etc.), dass Beschwerder sich bei Dritten mit dem Anspruch auf Abstellung der Mängel melden. Zu denken ist an das Bundesaufsichtsamt für Finanzdienstleistungen, Verbraucherberatungsstellen etc. Oftmals sind solche Institutionen Selbstschutzeinrichtungen der Branche, die verhindern sollen, dass es zu einer Imageschädigung und mangelnden Akquisitionswirkung auch bei nicht betroffenen gleichartigen Anbietern kommt. 16.2.2 Beschwerdepolitik Unter Beschwerdepolitik versteht man (auf die Kunden-Anbieter-Beziehung gerichtet i. e. S.) die Planung, Organisation, Koordination und Kontrolle aller Maßnahmen, die ein Unternehmen im Zusammenhang mit Kundenbeschwerden ergreift. Die Beschwerdepolitik hat mehrere Aufgaben. Die Wiederherstellung von Zufriedenheit impliziert, dass es sich bei Unzufriedenheit um einen vorübergehenden, „heilbaren“ Zustand handelt. Problematisch ist dabei, dass Aktivitäten bei Beschwerdern nicht auf einer unvoreingenommenen Basis ansetzen, sondern gegen eine negative Vorkonditionierung ankämpfen. Dennoch ist es möglich, die Zufriedenheit ehemals unzufriedener Kunden sogar über das durchschnittliche Niveau hinaus zu steigern. Diese Personen bleiben dann als Kunden loyal und werden positive Meinungsmultiplikatoren im sozialen Umfeld. Opportunitätskosten anderer Reaktionsformen wie Abwanderung, negative Meinungsmultiplikation, Boykott etc. implizieren Ertragsausfälle. Diese Ausfälle können sich auf erhebliche Beträge hochkumulieren. Zur Quantifizierung dient der Wert des Customer Lifetime Values. Idealerweise entsteht eine „Kundenleiter“. Diese hat nur eine Chance, wenn Irritationen ausbleiben. Einwandfreie Beschwerdebehandlung ist ein sichtbares Zeichen, dass kundenorientierte Betriebsführung konkret in der betrieblichen Praxis umgesetzt wird. Gerade dann, wenn diese Strategie mit spontanen Nachteilen für den Anbieter, wie Kosten- / Zeitaufwand, verbunden ist, ist ein Prüfstein für die Ernsthaftigkeit gegeben, die nachhaltig positiv wirkt. Zufriedenstellend behandelte Beschwerden führen zu einem Erfolgserlebnis bei Beschwerdern mit der Tendenz zur Weitertragung im sozialen Umfeld. Verbunden mit der Anerkennung für den Beschwerder durch Freunde, Bekannte,
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Kollegen etc. ist auch eine positive Einstimmung für darin involvierte Anbieter. Davon gehen konkret akquisitorische Wirkungen aus. Beschwerden sind Verbesserungsvorschläge, die durch ein Heer von Kundenumtausch / Nachholung bzw. kostenlos, vorgebracht werden. Unvermeidliche Beschwerden machen auf Fehler aufmerksam, die ansonsten verborgen bleiben würden. Wichtig ist, dass diesen Fehlerhinweisen zur zukünftigen Vermeidung konsequent nachgegangen wird, d. h., derselbe Fehler darf nur einmal vorkommen. Die Reduzierung von Fehlerkosten ist ein weiteres Anliegen. Prävention ist zweifelsfrei die effizienteste Form des (proaktiven) Beschwerdemanagements. Wiedergutmachung betrifft Umtausch / Nachholung, Nachbesserung, Wandlung (Rückabwicklung des Abschlusses), Minderung (Preisnachlass / Gutschrift) und ggf. Schadensersatz. Erlösausfälle führen durch Beschwerdeursachen und unzureichendes Beschwerdemanagement zur Abwanderung oder Kaufverweigerung von Kunden. Hinzu kommen gesellschaftliche Nachteile, die infolge immaterieller Belastungen von Kunden wie Stress, Frustration, Deprivation etc. oder materieller Schäden aus Lieferungen und Leistungen (Vermögensschaden) entstehen, dem Verursacher aber nicht direkt angelastet werden können. Durch Beschwerdestimulierung soll der Anteil sich beschwerender unzufriedener Kunden erhöht werden. Dazu dienen die Einrichtung leicht zugänglicher Beschwerdewege (Hotline, E-Mail etc.) und eine proaktive Zufriedenheitserhebung. Dafür müssen Ressourcen zur Beschwerdebehandlung bereitgestellt werden (materielle und personelle Ausstattung, Budget). 16.2.3 Beschwerdemotivation Ursache für Beschwerden ist immer Unzufriedenheit. Kunden, die sich beschweren wollen, nehmen, rational betrachtet, eine Abwägung zwischen den Erwartungen des bei einer Beschwerde entstehenden Aufwands und der dabei für wahrscheinlich gehaltenen Erfolgschance vor. Ihr Aufwand besteht aus Kosten, etwa als Telefon-, Portogebühren, Fahrt-, Belegkosten etc., und psychischer Belastung durch die Konflikthandhabung. Sie schätzen die Dauer und Häufigkeit der zur Zielerreichung für erforderlich gehaltenen Beschwerdekontakte ab, wobei mit deren zunehmendem Ausmaß von Beschwerden abgesehen wird. Die Erfolgschance besteht im ihnen mutmaßlich zuwachsenden Nutzen, z. B. materiell durch Kulanz, immateriell als emotionale Befriedigung. Je höher dieser Nutzen eingeschätzt wird, desto eher wird eine Beschwerde erhoben. Das heißt, will ein Anbieter das Ausmaß unvermeidlicher Beschwerden maximieren, wofür es gute Gründe gibt, muss er dafür Sorge tragen, dass der Beschwerdeaufwand als möglichst gering eingeschätzt wird und zugleich der Beschwerdeerfolg als möglichst hoch. Ein weiterer Faktor ist das Involvement
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der Beschwerdeursache. Hoch involvierende Produkte werden eher zur Beschwerdehandlung führen als gering involvierende. Schließlich kommt es auf situative Faktoren im Umfeld an wie Zeitdruck, Anwesenheit Dritter etc. Ähnlich wie bei Käufen, wird auch bei Beschwerden im Nachhinein eine Bewertung der Zufriedenheit mit dem Beschwerdeausgang vorgenommen. Dafür werden der manifestierte Nutzen und der dazu erforderliche Aufwand verglichen. Übertrifft der Nutzen den Aufwand, ist Beschwerdezufriedenheit gegeben, ist dies nicht der Fall, bleibt Unzufriedenheit zurück. Dieser Saldo wird als Erfahrung für die Erfolgsträchtigkeit späterer Beschwerden beim gleichen oder bei vergleichbaren Anbietern, aber auch für spätere Kaufentscheidungen, vor allem die Anbieterwahl, unterlegt. Das heißt, eine zufriedenstellend behandelte Beschwerde erhöht die Wahrscheinlichkeit des Wiederkaufs, bei nicht zufriedenstellender Behandlung steigt die Gefahr des Anbieterwechsels und damit die des dauerhaften Verlusts des Kunden. Dienstleistungen haben womöglich eine geringere Beschwerdequote als Sachleistungen, weil sich Kunden als notwendiger Externer Faktor für eine etwaig mangelnde Servicequalität zum Teil selbst verantwortlich fühlen. Die Gründe für Nichtbeschwerden sind vielfältig. Häufige Einschätzungen lauten, dass •• Beschwerden als aussichtslos angesehen werden, •• eigene Probleme als zu geringfügig in Relation zur Unternehmensbedeutung angesehen werden, •• ein zu hoher Zeitaufwand zu investieren ist, •• man emotional belastend wirkenden Ärger vermeiden möchte, •• bislang mit Beschwerden ohnehin nur schlechte Erfahrungen gemacht worden sind, •• es einfacher ist, sofort die Geschäftsstätte / den Anbieter zu wechseln, statt sich mit ihm auseinanderzusetzen, •• man selbst die Mangelbehebung vorgenommen hat, •• der Mangel als nicht weiter tragisch angesehen wird, die Tauglichkeit einer Leistung zu ihrer Zweckerfüllung also nicht wesentlich einschränkt, •• eine Beschwerde einen hohen Kostenaufwand impliziert hätte, •• vermutet wird, dass die Anbieter ohnehin alle „unter einer Decke stecken“ und zusammenhalten, •• die beschwerdeannehmende Stelle nicht ermittelt werden kann, •• die Art und Weise einer Beschwerdeführung unbekannt ist.
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16.2.4 Beschwerderkategorien Es können vier Kategorien unterschieden werden: Aktive Beschwerder, Nichtbeschwerder, Querulanten und Zufriedene Kunden (siehe Abb. 102). Aktive Beschwerder sind Personen, die ihre Unzufriedenheit als Beschwerde (beim Anbieter) vorbringen. Sie liefern gute Anregungen zur Leistungsoptimierung. Daher sollen unvermeidliche, berechtigte Beschwerden maximiert werden, um diese zur Angebotsverbesserung zu nutzen. Infolge des Hangs zur Bequemlichkeit sind für die Ausschöpfung des berechtigten Beschwerdepotenzials Hilfsmittel erforderlich. Dazu gehören Response-Elemente, also solche, die ein Feedback vom Abnehmer zum Anbieter stimulieren. Dazu sind alle Medien geeignet, besonders aber Telefon und Internet wegen der Vorteile der weiten Verbreitung, der schnellen Reaktion, der Dialogfähigkeit, der Kostengünstigkeit und der Möglichkeit zur differenzierten Äußerung. Geringe Beschwerdezahlen sind kein aussagefähiger Indikator für die Abwesenheit von Kundenunzufriedenheit. Ein niedriges Beschwerdeaufkommen kann vielmehr das Ergebnis hoher Beschwerdebarrieren und / oder resignierter Kunden sein. Die Furcht vor Beschwerden ist vor allem deshalb unverständlich, weil Beschwerder keine Gegner sind, sondern hilfreiche Partner, denn sie geben dem Unternehmen wertvolle Hinweise auf Verbesserungen in Potenzialen, Prozessen und Ergebnissen, die ansonsten verborgen bleiben. Die Vernachlässigung von Beschwerden führt zur Nachfrageabwanderung mit geringer Chance der Zurückgewinnung, denn abgewanderten Kunden ist die Abstellung der Beschwerdeursache kaum vermittelbar, da kein Kontakt mehr zu ihnen besteht und sie die Besserung nicht mehr erleben, zumal für sie wenig Anlass zur probeweisen
Abb. 102: Beschwerderkategorien
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Rückkehr besteht. Wenn Beschwerdeursachen beim neuen Anbieter noch höher ausfallen, liegt es eher nahe, zu weiteren Anbietern zu wechseln, bevor man zum beschwerdeverursachenden Anbieter zurückkehrt. Dies gilt nur dort nicht, wo keine ausreichende Auswahl an Anbietern besteht. Dies ist jedoch selten der Fall (z. B. bei lokalen Monopolen). Ansonsten ist der Anteil der Beschwerder an den unzufriedenen Kunden (deren Zahl im übrigen mit aller Macht zu minimieren ist) zu maximieren. Unterdrückung vermeidbarer Fehler und Beschwerdemaximierung bei unvermeidlichen Fehlern sind zwei Seiten derselben Medaille. Nichtbeschwerder sind Kunden, die für gewöhnlich gleich zum Mitbewerb abwandern, ohne ihrer Unzufriedenheit Ausdruck zu verleihen, was verheerende Konsequenzen hat, denn der Anbieter erfährt nichts über deren Unzufriedenheit. Im Gegenteil, subjektiv hat er den berechtigten Eindruck, dass seine Leistungsqualität in Ordnung ist, denn wenn dem nicht so wäre, kämen ja mehr Beschwerden. Insofern sieht er sich in der Richtigkeit seines Anbieterverhaltens bestätigt. Erst auf mittlere Sicht wird er sich wundern, dass immer weniger Kunden sein Angebot in Anspruch nehmen. Und er wird ratlos sein, wieso dies der Fall ist, damit aber wird er auch die ihm unbekannten Ursachen nicht abstellen können und schließlich vom Markt verdrängt werden. Denn während er sich in Sicherheit wiegt, werden im sozialen Umfeld die Nichtbeschwerder zu seinen Lasten tätig. Dabei sind zwei Effekte von Belang. Zum einen sind nur schlechte Nachrichten gute Nachrichten, d. h., eine einwandfrei erbrachte Leistung ist kaum der Rede Wert, sie wird als selbstverständlich vorausgesetzt. Erst eine schlecht erbrachte Leistung wird als erwähnenswert angesehen. Insofern liegt eine gravierende Asymmetrie in der Kommunikation vor. Marktforscher haben ermittelt, dass gute Anbietererfahrungen im Durchschnitt an drei Personen des sozialen Umfelds weitergegeben werden, schlechte aber an schätzungsweise 13 Personen. Zum anderen wird die Nachricht mit zunehmender Weitertragung immer dramatischer. Zunächst belanglose Probleme werden im Zeitablauf aufgebauscht, um ihren Nachrichtenwert zu steigern. Damit rückt der betroffene Anbieter in ein immer schlechteres Licht. Nichtbeschwerder verhindern so vielfach die Kontaktaufnahme weiterer potenzieller Kunden und deren Chance, unvoreingenommen originäre Erfahrungen mit dem Anbieter zu machen, denn er impliziert für diese ein vermeidbares Risiko. Daher vermeidet man jeden Kontakt zum Anbieter, oder falls dieser unausweichlich ist (z. B. Behörden), ist man auf negative Erlebnisse konditioniert, nimmt sie also verstärkt wahr und ist daher geneigt, ihr unerwartetes Ausbleiben nicht als Besserung, sondern als Ausnahme von der Regel zu betrachten. Soll diese Kettenreaktion verhindert werden, müssen die berechtigten Beschwerdeäußerungen maximiert werden („Wenn Sie unzufrieden sind, erzählen Sie es mir, wenn Sie zufrieden sind, erzählen Sie es anderen.“).
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Wohl unvermeidlich erfolgen auch Beschwerden ohne zureichenden Grund durch Querulanten. Auf die objektive Berechtigung einer Beschwerde kommt es aber nicht an, bereits eine subjektiv so erlebte Unzufriedenheit reicht aus. Diese Personen sind bei der Reklamationsbehandlung zu besänftigen, denn die objektive Nichtberechtigung ihrer Beschwerde rechtfertigt keineswegs eine abweisende Reaktion. 16.2.5 Beschwerdeinformationen Beim Beschwerdehandling wird zwischen einem direkten, kundeninteraktiven und einem indirekten, organisationsinternen Teil unterschieden. Der direkte Teil umfasst die Beschwerdestimulierung, die Beschwerdeannahme, die Beschwerde bearbeitung und die Beschwerdereaktion. Der indirekte Teil umfasst die Beschwerdeauswertung, die Beschwerdekontrolle, das Beschwerdereporting und die Beschwerdeinformationsnutzung. Eine sachkundige Bearbeitung von Beschwerden ist umso eher möglich, je höher der Informationsstand über Beschwerdeinhalte und -formen ist. Diese sind daher umfassend zu erheben, um neben Fehlern bei der Leistungserstellung solche bei der Beschwerdebehandlung zu vermeiden. Das Beschwerdeproblem besteht aus einer Vielzahl von Elementen, die zu erfassen sind. Die Art des Problems ist von fundamentaler Bedeutung. Hier können Potenzial-, Ergebnis- und Prozessprobleme unterschieden werden. Potenzialprobleme beziehen sich auf Menschen und / oder Betriebsmittel, bei Menschen speziell auf deren Leistungsfähigkeit und Leistungswilligkeit. Ergebnisprobleme liegen zumeist darin, dass ein Produkt etwas nicht leistet, was Kunden versprochen oder von ihnen so erwartet wurde, und / oder etwas leistet, was Kunden nicht benötigen, wofür sie aber glauben, bezahlen zu müssen. Prozess probleme liegen darin, dass das Zustandekommen auch eines einwandfreien Ergebnisses als nicht hinreichend angesehen wird (zu denken ist an vermeidbar erscheinende Lieferzeiten). Die genauen Umstände des Beschwerdevorfalls betreffen Ort und Zeit der Verursachung. Allgemein kann es sich hinsichtlich der Beschwerdezeit um Ursachen in der Vorkaufphase oder der Nachkaufphase handeln. Beschwerden in der Vorkaufphase betreffen etwa die Beratung, hier wiederum zwei Aspekte, nämlich Mängel in der Sympathie oder in der Kompetenz. Sympathiemängel drücken sich in Unfreundlichkeit aus. Die Gründe dafür sind vielfältig. Sie können beim Kunden liegen, der Äußerungen missversteht oder, aufgrund schlechter körperlicher oder geistiger Disposition, missverstehen will. Sie können aber auch beim Verkäufer / Berater liegen, der Signale von Kunden nicht aufnimmt oder unzureichend verarbeitet oder, ganz menschlich, auch nur „mit dem linken Fuß zuerst aufgestanden“ ist. Sie können in situativen Umständen liegen. Dazu gehören etwa fehlende Varietät bei der Auswahl,
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aber auch Wartezeiten bis zur Bedienung aufgrund hohen Kundenandrangs, Zeitdruck, etwa vor Ladenschluss oder zu Saisonhöhepunkten (z. B. Vorweihnachtszeit) etc. Gründe für Kompetenzmängel sind in drei Bereichen verankert. Mängel in der Sachkompetenz betreffen fehlendes oder unzureichendes Wissen über angebotene Leistungen. Mängel in der Methodenkompetenz betreffen fehlende oder unzureichende Fertigkeiten in der Umsetzung von Leistungen. Und Mängel in der Sozialkompetenz betreffen fehlende oder unzureichende Fähigkeiten zu positiver Interaktion mit Kunden. Jeder Mangel allein ist fähig, Beschwerdeursachen zu schaffen. Abhilfe ist durch entsprechende Schulung möglich. Beschwerden in der Nachkaufphase betreffen als Mangel empfundene mindere Nutzen. Damit ist nicht das Fehlen zugesicherter Eigenschaften gemeint, dieses fällt unter die kaufvertraglich abgesicherte Reklamation, sondern der Eindruck, dass Leistungen, die versprochen worden sind oder unausgesprochen so erwartet werden, nicht erfüllt werden. Die Nachkaufphase ist eine sensible Phase, weil Kunden Anbieter präferieren, von denen sie aufgrund ihrer Erwartungen oder vorliegender Erfahrungen annehmen, dass keine Diskrepanzen auftreten. Dies fördert die Loyalität (Voraussetzung zur Ausschöpfung des Kundenpotenzials). Umgekehrt führen enttäuschte Erwartungen zur (kognitiven) Dissonanz. Wichtig ist auch zu erfassen, welche Frist zwischen Transaktion und Beschwerde liegt und wie lange zwischen Beschwerdeeingang und -reaktion darauf vergeht. Denn ein wesentliches Merkmal zufriedenstellender Beschwerdehandhabung ist die prompte Bearbeitung. Und diese wird mit wachsender zeitlicher Entfernung zwischen Auslöser und Meldung immer schwieriger. Die Beschwerdeverärgerung ist unmittelbar nach Einstellen der Beschwerdeursache am höchsten und sinkt danach durch die Zusicherung der unverzüglichen Bearbeitung (Homöostase, d. h. sowohl positive als auch negative Erlebnisse lassen im Zeitablauf nach), bis zu einem Zeitpunkt, zu dem die Verärgerung über eine als schleppend empfundene Beschwerdebearbeitung den Ärger über die eigentliche Beschwerdeursache wieder offensichtlich werden lässt und auf ein noch höheres Niveau treibt. Hinsichtlich des Beschwerdeverursachungsorts kann es sich um den Ort des Verkäufers handeln, um den Ort des Käufers oder um einen neutralen dritten Ort. Beschwerdeursachen liegen in unzureichender personeller und materieller Ausstattung des Anbieters. Personelle Mängel werden in fehlender Mitarbeiterqualifikation und -motivation gesehen. Materielle Mängel entstehen durch enttäuschte Erwartungen hinsichtlich der Bequemlichkeit und des Erlebnisses des Kaufs. Die Bequemlichkeit (Convenience) leitet sich aus dem Produkt selbst ab, aus begleitenden Kundendiensten und aus angebotsfernen Elementen, denen häufig akquisitorische Wirkung zukommt. Das Erlebnis leitet sich aus dem Angebotsumfeld ab wie Räumlichkeiten, Ausstattung etc. Deshalb ist es wich-
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tig, diesen Kontaktpunkt zwischen Kunden und von ihm erlebter Leistung (Moment of Truth) positiv zu gestalten. Aus der Fallschilderung können wichtige Hinweise auf die Beschwerdeursache und ihr zugrunde liegende Fehler gezogen werden. Die Fallschilderung des Beschwerders ist wörtlich zu erfassen. Oft stellt sich dabei heraus, dass die Beschwerde auf Missverständnissen beruht. Diese können aus der Beziehung Kunde zu Verkäufer oder Kunde zu Angebot resultieren. Im Bereich der zwischenmenschlichen Kommunikation sind aufgrund der Komplexität weite Freiräume für negativ eskalierende Kommunikationsstörungen gegeben. Im Bereich der Mensch-Angebot-Beziehung resultieren Missverständnisse aus unzureichender Anleitung, enttäuschten Erwartungen, fehlender Akzeptanz durch das soziale Umfeld etc. Auch ist zu erfassen, ob es sich um eine Erst- oder eine Folgebeschwerde handelt. Dabei können zwei Sichtweisen vorherrschen. In Bezug auf den Beschwerder kann es sich um eine Person handeln, die zum ersten Mal als aktiver Beschwerder erfasst wird, oder um eine solche, die zum wiederholten Mal als Beschwerder auftritt. Weiterhin kann es sich um einen Querulanten handeln, dessen Behandlung ein sensibles Vorgehen erfordert. Daher ist es erforderlich, bereits bei der Beschwerdeinformation auf die Stammdaten von Kunden zugreifen zu können. Daraus ist ersichtlich, ob eine Person Kunde ist oder nicht, ebenso, welchen Kundenstatus sie hat, etwa nach Zeitabstand des letzten Kaufabschlusses vor der Beschwerde, Häufigkeit der Kaufabschlüsse in einem Zeitjahr und dabei realisiertem Umsatz. Die Daten helfen bei der Entscheidung über die ökonomische Vorteilhaftigkeit von Kulanz. Außerdem kann es sich um eine erstmals oder um eine wiederholt auftretende Beschwerde im Objekt handeln. Letzteres ist ein warnender Hinweis darauf, dass Fehler im Zuge der Ermittlung beim ersten Mal nicht oder nicht zutreffend identifiziert oder zwar zutreffend identifiziert, aber nicht wirklich abgestellt worden sind. Dann muss gehandelt werden, bevor weiterer Schaden entsteht. Weiterhin sind die Implikationen für die unternehmerische Reaktion festzuhalten. Dazu gehört die vom Beschwerder gewünschte Falllösung, also seine Forderung hinsichtlich der Beschwerdereaktion, aber auch die Dringlichkeit zu einer solchen Reaktion. Diese ist gegeben, wenn Gefahr in Verzug ist, wenn Folgeschäden drohen, wenn wichtige Kunden (Key Accounts) betroffen sind etc. Daraus ergibt sich eine Prioritätenfolge für die Bearbeitung von Beschwerden. Beim Umfang der zum Beschwerdeausgleich erforderlichen Maßnahmen stellt sich die Frage der Kulanz. Aus Kundensicht ist kaum einsehbar, wenn „Petitessen“ bürokratischen Aufwand implizieren. Daher ist eine Einteilung der Beschwerdefälle nach dem Umfang ihres mutmaßlichen Ausgleichs erforderlich. Mit geringem Aufwand wiedergutzumachende Beschwerdefälle sind in anderen
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Geschäftsprozessen zu regeln als nur mit hohem Aufwand wiedergutzumachende. Auf erstere entfällt in aller Regel der Löwenanteil der Beschwerdevorfälle. Bei Reklamationen, also dort, wo es um Leistungsmängel im juristischen Sinne geht, ist eine entsprechende Haftung unerlässlich. Bei der Beschwerde greift hingegen häufig die Kulanzregelung, wenn eine Wiedergutmachung vertretbar erscheint und objektiv auch möglich ist. Ansonsten hat immer noch die schlichte Entschuldigung eine erstaunlich entwaffnende Wirkung, welcher der Beschwerder kaum anders als durch Akzeptierung begegnen kann. Beim Beschwerdeführer kann es sich um einen internen oder externen Kunden handeln. Im Allgemeinen wird, wenn nicht anders angegeben, ein externer Kunde als Beschwerdeführer unterstellt. Im Zuge zunehmender Divisionalisierung von Unternehmen, des Out- und Insourcings von Aktivitäten sowie Unternehmenszusammenschlüssen wird verbreitet die Leistungserstellung entlang einer Wertschöpfungskette betrachtet. Je komplexer die Leistungserstellung wird, desto mehr Wertschöpfungsstufen sind darin eingebunden, desto mehr interne Kunden gibt es. Diese können in gleicher Weise Unzufriedenheit mit der bereitgestellten Leistung empfinden wie externe. Sofern es sich nicht um eine Folgebeschwerde handelt, ist die Erfassung der Stammdaten des Beschwerdeführers erforderlich. Zu diesen Stammdaten gehören folgende: •• Name des Beschwerders (mit Firma, Branche, Größenordnung, Ansprechpartner, Titel, Anrede, Funktion etc.), •• Anschrift des Beschwerders (Straße, Postfach, PLZ, Ort, Datum des letzten Updates, Telefon / Telefax / Online-Nummern), •• Kundenstatus (Altkunde / Neukunde, A-B-C-Einteilung, Kundennummer etc.), •• Auftragsdaten (Auftragsweg, Bestellwert, Artikelwahl, Preisklasse, Zahlungsart etc.), •• Rechnungsnummer, -datum, Bestelltermine, Retouren etc., •• Leistungsnummern, Bonitätsdaten (Schufa-Auskunft, Mahnungen etc.), •• Werbedaten (Werbeart, Anzahl, Zeitraum, Besuchshäufigkeit etc.). Zumeist sind der Beschwerdeführer und die durch den Beschwerdevorfall unzufriedene Person identisch. Es gibt jedoch Fälle, in denen eine Person Beschwerdeführer ist, die nicht selbst in den Beschwerdevorfall involviert ist. Dies ist gegeben, wenn eine andere Person, die vermeintlich für fähiger erachtet wird, sich beschwerderelevant zu äußern als die betroffene Person, von dieser aufgefordert wird, die Beschwerde vorzubringen oder die Person sich dazu anbietet, was zu einer willkommenen emotionalen Entlastung führt. Es kann aber auch eine Person in den Beschwerdevorfall involviert sein, ohne selbst Beschwerdeführer zu sein. Dies ist bei indirektem Vertrieb gegeben,
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wo Endkunden sich bei Mitarbeitern des Handels beschweren. Diese Personen sehen sich den Ansprüchen ihrer Kunden gegenüber und geben diese an ihre Lieferanten weiter, sind also mit den Konsequenzen einer Beschwerde konfrontiert, ohne selbst Beschwerder zu sein. Schließlich gibt es den Fall, dass eine Person weder in den Beschwerdevorfall involviert noch Beschwerdeführer ist. Zum Beispiel, wenn Vertreter neutraler Institutionen, an die sich beschwerende Kunden mit dem Ziel der Aufklärung und Information wenden, sich beim Anbieter melden, um dessen Stellungnahme und sachdienliche Reaktion zu erfahren (etwa Medien, deren Redakteure öffentlichkeitswirksam Aufklärung zu beschwerdeverursachenden Sachverhalten einfordern). Die Verärgerung des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Form der Vorbringung einer Beschwerde. Dazu gehören verbale Signale wie Lautstärke, Sprechgeschwindigkeit, Wortwahl, Betonung etc., aber auch non-verbale Signale wie Gestik, Mimik, Kopfhaltung etc. Die Handlungsabsicht ergibt sich aus den angekündigten Konsequenzen einer Beschwerde bei Nichterfüllung der damit verbundenen Forderungen. Die Skala reicht von verbalen Entgleisungen über konkrete Drohungen bis zur Ankündigung rechtlicher Konsequenzen. Diese Elemente sind wichtig für die zutreffende Einschätzung der subjektiven und objektiven Bedeutung einer Beschwerde. Beim Beschwerdeobjekt ist die verursachende Leistung festzustellen. Für Produkte gilt uneingeschränkt das Postulat des Total Quality Managements (TQM), wenngleich dieses schwieriger zu erfüllen ist als bei Sachleistungen. Produktbegleitende Services sind ebenso unter dem TQM-Primat zu betrachten, weil das Kernangebot an sich infolge immer höherer Leistungsstandards zunehmend austauschbar und eine positive Differenzierung zumeist nur noch über begleitende Dienste darstellbar wird. Beschwerdeobjekt kann aber nicht nur ein Produkt, sondern auch das Unternehmen selbst sein. Dabei ist vor allem an sein gesellschaftspolitisches Verhalten zu denken. Beispiele sind Shell (Brent Spar), BP (Deepwater Horizon), Bahn (Tarifreform), Hoechst (Chemieunfälle), Nokia (Betriebsschließung) etc. Die gesellschaftliche Verantwortung gehört zum Kernbereich marktorientierter Unternehmensführung. Fehlverhalten kostet Akzeptanz, Sympathie, Kompetenz und Vertrauen in kaum wieder gutzumachendem Ausmaß. Hinsichtlich der Beschwerdeannahme ist der genaue Zeitpunkt der Entgegennahme festzuhalten. Dies ist wichtig, weil Beschwerdebearbeitung auf der Zeitachse stattfindet und die Chance auf Wiederherstellung von Zufriedenheit häufig davon abhängt, innerhalb welcher Zeitspanne entsprechende Aktivitäten eingeleitet werden bzw. greifen. Der Beschwerdeweg ist zu dokumentieren. Dafür kommen mündlich, schriftlich, fernmündlich und telekommunikativ vorgebrachte Beschwerden in Betracht. Während bei schriftlicher und telekommunikativer Vorbringung (E-Mail,
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SMS, Brief etc.) der Beschwerdevorgang bereits dokumentiert ist, ist bei mündlicher bzw. fernmündlicher Vorbringung die Beschwerde erstmals zu dokumentieren. Sofern der telefonische Kontakt präferiert wird, ist vorauszusetzen, dass der Telefonarbeitsplatz zu den üblichen Geschäftszeiten besetzt ist. Anrufbeantworter sind nur außerhalb dieser Zeiten akzeptabel. Evtl. sind mehrere Leitungen zu besetzen, um Wartezeiten zu vermeiden. Wichtig ist auch die Information über den Beschwerdeweg gegenüber Kunden, z. B. als Hinweis auf dem Kassenzettel im Handel. Eine Erwähnung in der klassischen Werbung ist wegen der dabei auftretenden Dissonanzförderung problematisch. Die beschwerdebearbeitende Person muss mit technischem oder fachlichem Verständnis, großer Produktkompetenz, viel Erfahrung und hoher Toleranzschwelle ausgestattet sein. Weiterhin ist der Adressat der Beschwerde bedeutsam. Dies gilt im Falle zentraler Beschwerdebearbeitung oder Nichterreichbarkeit dezentraler Beschwerdebearbeitungsstellen. Denn die entgegennehmende Person ist nicht auto matisch Beschwerdeadressat, sondern Mittler zwischen Beschwerdeabsender und eigentlichem Beschwerdeadressaten. Dies ist einerseits von Vorteil, weil diese Person dem Beschwerder unvoreingenommen, quasi neutral, gegenübertreten kann und damit ein praktikables Handling des Beschwerdevorfalls erlaubt, andererseits verleitet dies zu einer Distanz gegenüber dem Beschwerdevorfall, was leicht als mangelnde Betroffenheit fehlinterpretiert werden kann. Auch ist der beschwerdeentgegennehmende Mitarbeiter zu erfassen. Hier gilt, dass dieser im Weiteren für die Behandlung der Beschwerde bis zur Erledigung zuständig und verantwortlich ist (Complaint Ownership). Die betrieblichen Prozesse der Beschwerdebearbeitung sollen dadurch mit möglichst wenig Schnittstellen zwischen handelnden Personen bzw. Abteilungen belastet werden. An diesen Schnittstellen kommt es zu Missverständnissen (Stille Post-Prinzip), zur Verantwortungsdelegation mit eigener Betroffenheitsentlastung und zu Zeitverzögerungen infolge Transfer- und Liegezeiten (Blindaktivitäten) zu Lasten der eigentlichen Bearbeitungszeit. Gibt es einen Beschwerdeeigner, der als Koordinator die Fäden zur Beschwerdebearbeitung und zurück zum Kunden in der Hand behält, selbst wenn verschiedene Personen / Abteilungen im Unternehmen damit befasst sind, werden solche Friktionen minimiert. Der Beschwerdeeigner übergibt das Handling nur zeitweise an Aufgabeneigner (Task Owners), die den weiterbearbeiteten Vorgang immer wieder an ihn retournieren, und steht selbst unter Steuerung des Prozesseigners (Process Owner), d. h. der Instanz, die für das Beschwerdemanagement pretial und disziplinarisch verantwortlich ist. Dabei werden zugleich Standards und Prozesszeiten normiert. Denn bei Beschwerden besteht die Tendenz bei Mitarbeitern, sich für nicht zuständig zu erklären, oder die Bearbeitung hinauszuzögern und andere, vermeintlich wichtigere Aufgaben vorzuschieben.
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16.2.6 Beschwerdestruktur Für eine zügige Beschwerdebearbeitung nutzen einige Unternehmen ein Eskalationssystem. Darunter versteht man ein Procedere, das dem zur Beschwerdebearbeitung aufgeforderten Mitarbeiter eine Frist an Arbeitstagen zur Erledigung, zumindest aber zur Stellungnahme, zugesteht. Erfolgt dies bis zur Deadline nicht, wandert die Beschwerde automatisch in der Hierarchie auf die nächsthöhere Stufe. Dort gibt es wiederum eine bestimmte Prozesszeit zur Bearbeitung. Wird diese nicht eingehalten, wandert der Vorgang auf die nächsthöhere Stufe, bis er im Zweifel bei der Geschäftsleitung angekommen ist. Es ist leicht einsehbar, dass auf keiner Stufe Mitarbeiter ein Interesse daran haben, dass Beschwerden an ihre Vorgesetzten eskalieren, denn diese werden über diesen Arbeitszuwachs alles andere als erfreut sein und dies wird wiederum Auswirkungen auf die Beurteilung der Mitarbeiter haben. In abgeschwächter Form kann bei Nichteinhaltung von Zeitlimits auch zunächst (oder nur) eine Mahnung zur Stellungnahme erfolgen. Alternativ ist denkbar, die Beschwerdeverantwortlichkeit statt bei der, oft genug willkürlich zustande gekommenen, tatsächlichen Beschwerdeentgegennahme an der sachlichen Verantwortung festzumachen. Wie diese ausgestaltet ist, hängt von der Aufbauorganisation des Unternehmens ab. Bei der Funktionsorientierung ergibt sich die Beschwerdeverantwortlichkeit aus der beanstandeten Funktion (z. B. Rechnungswesen bei Beschwerden über Preise und Konditionen), bei Objektorientierung aus dem beanstandeten Objekt (z. B. Zugehörigkeit zur Angebotsgruppe beim Produktmanagement) bzw. dem Beschwerdeführer (z. B. Geschäftssitz des Beschwerders bei der Gebietsorganisation oder Geschäftstyp des Beschwerders bei der Kundenorganisation). Bei der Beschwerdebearbeitung ist festzuhalten, ob und ggf. welche Zusagen / Zugeständnisse Kunden bereits gemacht wurden. Dies ist erforderlich, wenn Gefahr im Verzug ist. Dann gilt es, durch Sofortmaßnahmen zur Beschwerdebehandlung Schadensbegrenzung zu erreichen (z. B. in Form eines Ersatzwagens bei einer Panne des Mietfahrzeugs). Diese Maßnahmen sind zum späteren Beschwerde-Controlling erforderlich. Für den Fall, dass solche Maßnahmen noch nicht eingeleitet wurden, aber für unerlässlich erachtet werden, sind entsprechende Maßnahmen durch den Beschwerdeannehmer / -verantwortlichen nachzuholen. In Bezug auf die Fehlersuche muss die Beschwerdeursache sofort und vollständig offengelegt und abgestellt und unverzüglich in das interne Verbesserungswesen eingebracht werden. Dies bedingt eine intensive, nach Zielgruppen, Produkten, Gebieten etc. systematisierte Beschwerdeauswertung. Dafür bieten sich statistische Verfahren wie Häufigkeitsverteilungen und Kreuztabellierungen an. Außerdem sind die Ursachen daraufhin zu untersuchen, ob sie bereits Endursachen sind oder nur Zwischenstufen, dann sind die Endursachen
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zu identifizieren. Dies führt zur Neugestaltung von Prozessen und Ergebnissen. Hinsichtlich der tatsächlich realisierten Problemlösung auf Beschwerden ist eine Bandbreite zwischen kategorischer Ablehnung ihrer Berechtigung und ungeprüfter Zustimmung zur Wiedergutmachung möglich. Es ist zu überlegen, ob eine Einzelfallprüfung jeder Beschwerde vorgenommen oder Beschwerden der Nachfrager pauschal anerkannt werden sollen. Eine kasuistische Prüfung stellt sicher, dass keine unberechtigten Beschwerden entschädigt werden, erfordert jedoch in jedem Einzelfall erheblichen Zeit- und damit Kostenaufwand. Daher wird dazu übergegangen, selbst zweifelhafte Ansprüche ungeprüft anzuerkennen, weil der damit verbundene Aufwand geringer einzuschätzen ist, zumal wenn positive akquisitorische Effekte dagegengestellt werden. Im Zweifel sollen eingehende Beschwerden mit Kulanz behandelt werden, damit sie beim Partner ein Erfolgserlebnis generieren, so dass einerseits der Beschwerder als Kunde erhalten bleibt und andererseits zur weiteren Unzufriedenheitsäußerung, wenn unvermeidlich, ermutigt wird. Außerdem gilt, dass Großzügigkeit seitens des Anbieters von Nachfragern nur in geringem Maße ausgebeutet wird. Kleinlichkeit zahlt sich nicht aus, vielmehr soll ein fairer Vorschlag zur Bereinigung der Situation erfolgen. Eine Falllösung kann finanzielle, materielle und / oder immaterielle Reaktionen vorsehen. Dabei ist die Fairness gegenüber dem sich beschwerenden Kunden entscheidend. Ist auf diese Weise die Kontaktbrücke zum Kunden erhalten geblieben, gibt sie eine Basis für weitere Geschäftsabschlüsse ab, die von versierten Verkäufern entschlossen genutzt wird (Nachverkauf, Referenzeinholung). 16.2.7 Beschwerdeprozess Während der Bearbeitung sind Kunden über den aktuellen Status ihrer Beschwerde auf dem Laufenden zu halten. Dabei geht es um Umfang und zeitliche Gestaltung der Kommunikation nach der Annahme der Beschwerde. Dazu gehört die Bestätigung des Beschwerdeeingangs. Bei längerer Bearbeitungsdauer kommt ein Zwischenbescheid hinzu, der über die bereits erfolgten Arbeiten und noch ausstehende Klärungen informiert. Auch aus rechtlichen Gründen ist ein formeller (schriftlicher / fernschriftlicher) Endbescheid sinnvoll, der das Ergebnis der Bearbeitung festhält. Darüber hinaus sollte das Ergebnis auch persönlich (mündlich / fernmündlich) kommuniziert werden. Dies verbessert die Atmosphäre durch die verbindlichere Form der Äußerung. Bei überschaubarem Beschwerdeaufkommen, ist eine individuelle Beschwerdereaktionen möglich. Dies ist u. a. ein Zeichen dafür, dass eine Beschwerde ernstgenommen und nicht schematisch, sondern in jedem Einzelfall seriös bearbeitet wird. Bei größerem Beschwerdeaufkommen sprengt die individuelle Reaktion rasch den Rahmen vertretbarer Kosten, so dass standardisierte Reaktionen unvermeidlich sind.
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Die Organisation in Form zentraler oder dezentraler Zuständigkeiten hängt von vielfältigen Einflussgrößen ab, so von Produktart, Kundenanzahl, Vertriebsmethode, Kontaktart etc. Bei zentraler Zuständigkeit ist der Vorteil gebündelter Erfahrung und Spezialisierung gegeben, jedoch sind die innerbetrieblichen Recherchewege oftmals lang, teuer und umständlich. Bei dezentraler Zuständigkeit fehlt es an solcher spezifischen Erfahrung, dafür können Probleme an der Quelle angegangen werden. Mischformen (etwa mittels kostenmäßig definierter Zuständigkeitsübergänge) versuchen hier eine Kompromisslösung. Die Beschwerdebearbeitung erfordert geschultes Personal. Bei Ausstattung mit entsprechenden Befugnissen kann eine Abfederung von Beschwerden erreicht werden. In der Praxis findet das zentrale Beschwerdemanagement oft in Formen von Verbraucherabteilungen statt. Die einfachste Form ist die Ergänzung der Unternehmenswerbung durch individuell abrufbare Verbraucherinformationen. Diese Funktion ist eher als PR-Zweck zu verstehen. Weitergehend kommt es zur tatsächlichen Behandlung individueller Beschwerden, um Kundenabwanderung und negative Mund-zu-Mund-Propaganda zu vermeiden. Proaktive Ziele werden verfolgt, wenn es um die vorbeugende Heilung von Missverständnissen geht, bevor diese zu Beschwerden eskalieren können. Eine strategische Nutzung liegt in der Frühwarnfunktion zur Information des Unternehmens über marktliche und gesellschaftliche Veränderungen. Die Kontrollfunktion überwiegt, wenn es um die Einhaltung von Standards zur Beschwerdeerfüllung innerhalb der Organisation geht. Und eine Anregungsfunktion entsteht, wenn es um Initiativen für kundenorientierte Veränderungen des Angebots / Marktauftritts zur Verminderung der Beschwerderate geht. Denkbar ist die Einrichtung der Stelle eines „Complaint Commissioner“ als Anwalt unzufriedener Kunden im Unternehmen, der mit weitreichenden Informationsrechten ausgestattet ist und in nicht-verantwortlicher Stabsfunktion oder als Externer der Geschäftsleitung direkt mit Verbesserungsvorschlägen zuarbeitet. Ein leistungsfähiges innerbetriebliches Nachrichtenwesen bewirkt dann, dass alle eingehenden Beschwerden ausgewertet und sowohl an die Geschäftsleitung wie auch die betroffenen Stellen weitergeleitet werden. Wichtig ist die Nutzung des gebündelten Know-hows des Kundenkontaktpersonals, das vielfache Hinweise auf Verbesserungsmöglichkeiten zur Vermeidung oder besseren Behandlung von Beschwerden aus erster Hand erfährt und in Form von Quality Circles kontinuierlich in der Umsetzung begleitet. Bei dezentraler Zuständigkeit ist ein Empowerment erforderlich, das den mitdenkenden und handelnden Mitarbeiter fordert. Dies setzt die Erweiterung der Gestaltungsspielräume, die Übertragung von Entscheidungspaketen durch Zielvereinbarung und die Verbesserung der Qualifikation dieser Mitarbeiter voraus. Sowie die Kompetenz von Mitarbeitern, ihre Aufgaben vollständig zu erfüllen, d. h., alle notwendigen Entscheidungen zu treffen, um die Anforderungen der Kunden ohne bzw. mit so wenig Rücksprache (Kontrolle) wie möglich
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zu erfüllen. Dadurch, dass Mitarbeiter kundenerkennbar die Fähigkeiten, die Möglichkeiten und damit die Autorität besitzen, auftretende Probleme eigenständig zu lösen und ihren Beitrag zu kontinuierlichen Verbesserungsprozessen zu leisten, können sie effektiv arbeiten und werden beständig motiviert. Dies gilt auch für Teilautonome Arbeitsgruppen, die als selbststeuernden Teams nicht nur ihre Aufgaben, sondern alle ihre Einheit betreffenden Prozesse, d. h. Koordinations-, Planungs-, Kontroll- und Verbesserungsaufgaben in Zusammenhang mit Beschwerden bewältigen, die vordem traditionell durch Vorgesetzte oder spezielle Abteilungen erledigt wurden. Die Teammitglieder tragen gemeinsam die Verantwortung für das Erreichen der Ziele der Einheit. Dieses Empowerment scheitert in der Praxis an vielfältigen Barrieren. Fähigkeitsbarrieren betreffen Denk- und Artikulationsschwierigkeiten (Können). So scheitert eine zufriedenstellende Beschwerdebehandlung nicht selten am Unvermögen der betrauten Mitarbeiter, sich genügend in die Lage des Beschwerders zu versetzen, seine Probleme zu erkennen und das Ausmaß seiner Verärgerung zu begreifen. Informationsbarrieren betreffen mangelnde Kenntnisse der betrieblichen Abläufe und Strukturen (Wissen). Dies ist im Rahmen von Mitarbeiterfluktuation, Aushilfstätigkeiten, Niedriglohngruppen etc. nicht selten der Fall (so ist es oft schwierig, in der Telefonzentrale sein Beschwerdeanliegen nur klar zu machen und von dort an die richtige Stelle durchverbunden zu werden). Risikobarrieren (Dürfen) betreffen die Furcht vor Nachteilen und Übernahme von Verantwortung. Solche Nachteile können materieller oder ideeller Natur sein, erstere etwa durch Furcht vor Kündigung des Arbeitsplatzes infolge als unzureichend beurteilter Leistung bei Kulanz, der Versetzung auf einen anderen, weniger präferierten Arbeitsplatz oder auch der Abmahnung, letztere etwa durch Furcht vor Statusverlust, vor Blamage gegenüber Kollegen oder Frustration mit der Folge gesundheitlicher Schäden. Willensbarrieren betreffen Gleichgültigkeit gegenüber den Beschwerdeanliegen der Kunden oder allgemeine Ressentiments gegenüber dem eigenen Betrieb (innere Kündigung / Wollen). Diese entstehen im Rahmen des Kulturwandels in der Organisation, weg von einer funktionsbezogenen, inneren Sichtweise, hin zu einer kundenbezogenen, marktlichen Sichtweise. Die Anpassung führt oft zu Änderungswiderständen wegen der Aufgabe eingeschliffener Verhaltensweisen und emotionaler Sicherheit. Abhilfe ist auf mehrfache Weise möglich. Zunächst durch Qualifizierung der Mitarbeiter, d. h. Förderung ihrer fachlichen, methodischen und sozialen Kompetenzen. Dazu bedarf es der Schulung (Wissensvermittlung) und des Trainings (Verhaltenseinübung). Weiterhin durch ein angemessenes Beschwerde-Informations- und Kommunikationssystem, bei dem jeder Mitarbeiter jederzeit Zugriff auf alle für die Erledigung seiner Aufgaben erforderlichen Informationen und
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Ressourcen nehmen kann. Ansonsten führt ein Empowerment nur zur Frustration. Wichtig ist zudem die Schaffung einer Vertrauenskultur, bei der es möglich ist, Fehler zu machen und diese auch unumwunden zuzugeben (Freedom to Fail). Diese Freiheit ist Basis für die Förderung von Verantwortungsbewusstsein (Intrapreneurship) der Mitarbeiter. Schließlich bedarf es der konsequenten Unterstützung und Förderung durch Unternehmensleitung und Führungskräfte auf allen Ebenen. Hilfsmittel dazu ist die Etablierung eines beschwerdezufriedenheits- und leistungsorientierten Entlohnungssystems mit materiellen und ideellen Komponenten (Lob). Voraussetzungen sind das Vorhandensein transparenter und beherrschter, d. h. zielgenauer und gering streuender, technischer und adminis trativer Procederes sowie die durchgängige Umsetzung und regelmäßige Kon trolle der Zielerreichung, um eine einheitliche Ausrichtung aller Aktivitäten im Umfeld der Beschwerdebehandlung zu gewährleisten. 16.2.8 Beschwerdergespräch Beschwerdegespräche gehören zu den unangenehmen Pflichten im Verkauf und sind wegen ihrer Unergiebigkeit gefürchtet. Dies ist schade, bietet doch das Beschwerdegespräch den Zugriff auf Kunden und die Möglichkeit, Unzufriedenheit in Zufriedenheit umzuwandeln. Dazu ist ein professionelles Vorgehen erforderlich, das der Schulung und dem Training unterliegt. Beides unterbleibt in der Praxis häufig wegen vermeintlicher Kostenzwänge, nicht realisierend, dass die Erlösausfälle aus unnötig fatal endenden Beschwerdegesprächen die Kosten der Qualifizierung leicht um ein Vielfaches übersteigen. Nur sind diese Kosten manifest (Out of Pocket Expenses), während die Erlösausfälle „unsichtbar“ (Opportunitätskosten) sind, denn Kunden, die nicht kaufen, wird ein Anbieter nicht gewahr. Zudem wird mit Beschwerdegesprächen leicht eine Kritik an der eigenen Person oder der Organisation, für die man tätig ist, gesehen, die zudem oft genug objektiv unberechtigt ist, worauf es aber nicht ankommt. Solcher Kritik versucht man intuitiv auszuweichen (durch Verleugnenlassen, überstürzte Zugeständnisse, Uneinsichtigkeit etc.). Dabei ist die professionelle Führung eines Beschwerdegesprächs eine Herausforderung für jeden Kundenkontaktmitarbeiter und bietet ihm, bei geschickter Disposition, auch unmittelbar ein Erfolgserlebnis, das nicht nur für Kunden, sondern auch für ihn befriedigend wirkt. Dazu müssen die Kundenkontaktmitarbeiter durch überlegte Reaktion die Annahmesituation der Beschwerde beruhigen, den Sachverhalt klären und die Problemlösung einleiten. Hilfreich ist es, wenn der annehmende Mitarbeiter Beschwerdeeigner und dafür verantwortlich ist, das Kundenproblem zu lösen. Der Beschwerdekontakt soll in einer ruhigen Zone stattfinden, wo andere Kunden nicht mithören / stören können. Beschwerdegespräche sind möglichst unter vier Augen zu führen. Der Kunde soll aufgefordert werden, Platz zu neh-
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men, denn im Sitzen streitet es sich schwerer, im übrigen braucht keine Partei zu der anderen hinab- oder heraufzuschauen. Auch soll der Kunde mit Namen angesprochen werden, denn dies signalisiert ihm persönliche Aufmerksamkeit und wirkt dadurch besänftigend (was voraussetzt, dass man sich über den Kundennamen und dessen korrekte Aussprache kundig gemacht hat). Ebenso soll ausdrückliche Gesprächsbereitschaft signalisiert werden (z. B.: „Lassen Sie uns einmal in Ruhe über dieses Ereignis sprechen.“). Durch Mimik (aufgeschlossene Gesichtszüge), Augenkontakt (Anschauen, freilich ohne anzustarren) und Körpersprache (offene Haltung, leicht vorgebeugt) soll Zuwendung ausgedrückt werden. Man sollte immer eine pauschale Entschuldigung oder zumindest Bedauern zum Ausdruck bringen, ohne dass daraus ein Schuldeingeständnis folgt (z. B.: „Ich bedaure sehr, dass Sie Ärger haben.“). Bewusst ist dabei eine Formulierung in der Ich-Form zu wählen, die persönlicher wirkt. Dem Vortrag des Beschwerdeführers ist zunächst gut und ohne ihn zu unterbrechen zuzuhören, selbst wenn er dabei, was häufig vorkommt, Falsches sagt. Für Verständnisfragen und wichtige Details kann höflich unterbrochen werden, keinesfalls ist eine Wertung der Kundenäußerungen vorzunehmen, die seinen Ärger im Zweifel nur vergrößern. Auf diese Weise wird dem verärgerten Kunden Gelegenheit gegeben, Dampf abzulassen. Erst dann ist er für Erklärungen aufnahmebereit. Daher gilt es, aufmerksam zuzuhören, ihn nicht zu unterbrechen und Sensibilität zu signalisieren, bis dieser sich abreagiert und sein Pulver verschossen hat. Das Gespräch soll dann auf ruhige Art fortgesetzt werden. Auf kundenseitige Übertreibungen soll gelassen reagiert werden, der Beschwerder meint dies meist nicht so genau. Beschimpfungen können in höflicher Form zurückgewiesen, da kontraproduktiv, und die Gesprächsinhalte auf den sachlichen Kern zurückgeführt werden. Wichtig ist, auf keinen Fall mit einem Kunden zu streiten, denn es hat noch niemanden gegeben, der je einen Streit mit einem Kunden gewonnen hätte. Entweder „siegt“ der Anbieter, dann ist der Kunde beleidigt und wechselt, oder es „siegt“ der Kunde, dann hat er wahrhaftig keinen Grund mehr, loyal zu bleiben. Hilfreich ist es, Äußerungen (evtl. nach Abfrage der Erlaubnis dazu) mitzuschreiben. Zum einen beweist dies dem Kunden, dass man seine Beschwerde ernst nimmt, zum anderen mäßigt die Gewissheit der Protokollierung seine Ausdrucksweise, denn wer will schon, dass seine Verbalinjurien aufgeschrieben werden. Außerdem ist das Protokoll wichtig für die zutreffende spätere Beschwerdebearbeitung und -auswertung. Auf jeden Fall sollte man sich davor hüten, Sofortdiagnosen zu stellen. Das Beschwerdegespräch kann zunächst nur der Informationsaufnahme dienen. Zugleich ist der Versuchung zu widerstehen, eigenes Versagen anderen Personen / Abteilungen anzulasten. Erstens ist es dem Kunden gleichgültig, wer innerhalb der Organisation einen Fehler verursacht hat, wichtig ist für ihn nur, dass
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ein solcher Fehler subjektiv zu seinen Lasten entstanden ist, zweitens wird damit der Ärger keinesfalls verringert, sondern eher erhöht, weil einer die Schuld auf den anderen zu schieben versucht. Auf jeden Fall ist die sofortige Bearbeitung der Beschwerde zuzusagen und auch einzuleiten. Je nach Empowerment kann eine Problemlösung, etwa auf Kulanzbasis, sofort angeboten werden. Dabei ist beim Kunden ausdrücklich nachzufragen, ob dieses Angebot seine Beschwerde aufzuheben geeignet ist. Ansonsten werden nur kostenverursachende Maßnahmen eingeleitet, die aber nicht zur Beschwerdezufriedenheit führen. Falls keine sofortige Problemlösung möglich ist, ist dem Kunden eine genaue Prüfung des Vorfalls zuzusagen (Formulierung in Ich-Form; als „Ich veranlasse …“), und zwar unter Angabe der Zeitdauer bis zu seiner Benachrichtigung. Falls dieser Termin nicht eingehalten werden kann, was zu vermeiden ist, da damit das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Anbieters erneut erschüttert wird, ist zumindest ein Zwischenbescheid abzugeben. Das Gesprächsende ist mit einer positiven Formulierung einzuleiten (z. B. Dank an den Kunden). Sobald ein zufriedenstellendes Ergebnis erreicht ist, kann sofort ein Nachverkauf gestartet werden. Denn die Zufriedenheit mit einem Angebot / Anbieter ist selten wieder so hoch wie zum Zeitpunkt einer zufriedenstellend behandelten Beschwerde. Insofern ist es legitim, diese positive Einstimmung zu nutzen. Zumindest aber muss die Gelegenheit genutzt werden, weitere Kundenempfehlungen einzuholen und den anwesenden Kunden dabei als Referenz benennen zu dürfen. So verschafft der zufriedengestellte Beschwerder sogar Akquisitionskontakte. Das Kundenkontaktpersonal stellt jedoch oft einen Engpass zur zufriedenstellenden Behandlung von Beschwerden dar. Dies liegt zu einem guten Teil auch daran, dass eine Reihe hoch komplexer Fähigkeiten von in aller Regel dafür unangemessen honorierten Mitarbeitern verlangt werden. Dazu gehört die Fähigkeit, sich in den Interaktionen mit Kunden verbal und schriftlich klar auszudrücken. Dann ist es erforderlich, die Gefühle und den Standpunkt des Kunden anzuerkennen und darauf angemessen einzugehen sowie seine Aufmerksamkeit zur Erfüllung seiner Bedürfnisse und der Behandlung seiner Probleme zu gewinnen. Empowerment erfordert zugleich die Bereitschaft, Entscheidungen zu treffen und etwas zu unternehmen, um Kundenwünsche zu erfüllen, womöglich angesichts von Beschwerden auch überzuerfüllen. Zudem muss ein hoher Grad an Aufmerksamkeit im gesamten Interaktionsprozess vorhanden sein. So ist das eigene Verhalten entsprechend der jeweiligen Situation und der Persönlichkeit des Kunden zu variieren. Gemachte Zusagen müssen weiterhin zeitgerecht und adäquat eingelöst werden. Dabei sind ein positiver Eindruck auf Kunden und eine saubere, ordentliche Erscheinung unerlässlich (Frauen sind im Kundenkon-
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takt besonders erfolgreich). Ebenso ist die Einhaltung hoher sozialer und ethischer Standards im Umgang mit Kunden erforderlich. Vertiefte Kenntnisse in Bezug auf das konkrete Angebot und die kundenbezogenen Leistungen helfen bei der Aufgabenerfüllung. Dies erleichtert die richtige Beurteilung verfügbarer Informationen und die Entwicklung adäquater Problemlösungen. Dies bedingt auch die Sammlung und logische Analyse wichtiger Informationen über die Situation des Kunden. Wichtig ist die Fähigkeit, sich mit Ideen für Beschwerdelösungen bei Kunden Akzeptanz zu verschaffen und sie von der Leistungsfähigkeit des Anbieters zu überzeugen. Dies erfordert die zeitlich und sachlich zutreffende Vorbereitung der kundenbezogenen Arbeit sowie die Flexibilität, unerwartete Kundenprobleme und unvorhergesehenen Arbeitsdruck während des Kundenkontakts auszuhalten. 16.2.9 Beschwerdeauswertung Eine Information der Verantwortlichen über den Ausgang der Beschwerde ist erforderlich, denn aus Fehlern muss gelernt werden, was voraussetzt, dass Fehlleistungen bekannt werden und eine Wiederholung zumindest der betreffenden Fehlleistung ausgeschlossen ist. Zudem kann im Kundengespräch ggf. auf die sauber abgewickelte Beschwerdebearbeitung akquisitorisch hingewiesen werden. Beschwerden weisen auf Mängel in der Leistungsausführung hin. Ihnen kommt damit die Funktion eines Warndienstes für Sicherheitsmängel zu. Daher sollten Beschwerden durch eingehende Analysen geprüft werden. Dies betrifft nicht nur die ethische Verantwortung des Unternehmens, sondern kann auch zivil- und strafrechtlichen Konsequenzen vorbeugen. Um eine systematische Ursachenanalyse und die Suche nach Verbesserungsmöglichkeiten zu gewährleisten, ist die Einrichtung einer computergestützten Beschwerdedatenbank empfehlenswert. Damit können Einzeldaten aus Beschwerden aufschlussreich verknüpft und ausgewertet werden. Daraus ergeben sich vielfache Hinweise auf ausmerzbare Schwächen und unausgeschöpfte Leistungspotenziale. Allerdings ist die Einrichtung und Führung einer solchen Datenbank organisatorisch aufwändig. Abschließend muss die Beschwerdezufriedenheit ermittelt werden, denn nur im Fall der Zufriedenheit des Beschwerders mit der Reaktion seines Anspruchsadressaten ist die Voraussetzung für weitere ertragreiche Geschäftsbeziehungen gegeben. Dazu ist eine Ergebniskontrolle mit Feststellung der Zielabweichung zwischen Forderung des Beschwerders und erfolgter Reaktion notwendig. Um sicherzustellen, dass alle Daten in jedem einzelnen Beschwerdefall auch vollständig und zutreffend sowie schnell und strukturiert festgehalten werden, bietet sich die computergestützte Erfassung mit Hilfe entsprechender Bildschirmmasken an. Daraus ist leicht eine Verknüpfung mit Kundenstammdaten und zur Beschwerdedatenbank möglich.
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Bei der Erfolgskontrolle geht es um die Formulierung von Leistungsstandards für die Beschwerdebehandlung sowie deren kontinuierliche Überprüfung mit Hilfe objektiver und / oder subjektiver Messgrößen. Dabei ist auf das KostenNutzen-Verhältnis abzustellen, d. h., der Nutzen des Beschwerdemanagements wird seinen Kosten gegenübergestellt. Problematisch ist die Bewertung des Nutzens zufriedenstellend erledigter Beschwerden. Selbst die Kosten sind schwierig zutreffend auszuweisen. Zudem ist der Aufwand relativ sicher (Personalkosten, Materialkosten etc.), der Beschwerdenutzen aber unsicher. Die Erfolgs- oder Wirkungskontrolle in der Beschwerdebearbeitung ist ausgesprochen schwierig. Kosten-Nutzen-Analysen sind umstritten, auch weil unklar ist, wie Kosten zuzurechnen sind. Denkbar ist nur die Zurechnung variabler Kostenanteile oder die zweifelhafte Aufteilung des Fixkostenblocks oder der anderweitig entgangene Opportunitätsumsatz / -deckungsbeitrag / -gewinn. Ebenso ist die Bewertung des Nutzens fraglich. Denkbar ist auf der Outputseite die Kennzahl des Kundenwerts aus durchschnittlichem Deckungsbeitrag des beschwerenden Kunden in Bezug auf die beanstandete Leistung in der Vergangenheit, plus nachvollziehbarer Cross SellingWirkung mit weiteren Angeboten des Unternehmens, plus mutmaßlicher Wiederkaufwirkung bei allen Leistungen (durch Vermeidung von Abwanderung), plus potenzieller Empfehlungswirkung (durch Mund-zu-Mund-Propaganda). Dagegen ist der Marktschaden aus Unzufriedenheit zu stellen, gemessen als entgangener Nutzen aus nicht realisierten Käufen. Diese Daten sind überwiegend spekulativ oder bewegen sich auf unsicherem Boden. Auf der Inputseite sind Messungen zur Verringerung der Beschwerdeaufwendungen, Reduzierung von Erlösschmälerungen etc. durch proaktives Beschwerdemanagement, also Vermeidung von Beschwerdeanlässen, Begrenzung von Beschwerdeschäden etc., denkbar. Zur Vereinheitlichung gibt es den internationalen Leitfaden für die Behandlung von Reklamationen in Organisationen (DIN EN ISO 10002:2017). Er unterteilt sich in die Abschnitte Anwendungsbereich (1), normative Verweise (2), Begriffe (3) und Leitprinzipien (4). Hinzu kommen der innerbetriebliche Rahmen zur Reklamationsbearbeitung (5), die Planung, Gestaltung und Entwicklung (6) sowie die Durchführung des Prozesses zur Reklamationsbearbeitung (7). Schließlich geht es um die Aufrechterhaltung und Verbesserung des Prozesses zur Bearbeitung von Reklamationen (8) (im Leitfaden wird nicht exakt zwischen Beschwerden und Reklamationen unterschieden, wie auch ansonsten Kritik berechtigt ist). 16.3
Kundenbindung als Erfolgsfaktor
Innerhalb der Erfolgskette ist Kundenbindung ein wichtiges Glied zwischen der Kundenzufriedenheit als vorökonomischer Zweckgröße und dem Kundenwert als ökonomischer Zielgröße. Zu diskutieren ist, wann Kundenbindung
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vorliegt. Wenn sie jedoch vorliegt, kann sie freiwillig (Kundenverbundenheit) oder erzwungen (Kundengebunden) ausgelegt sein. Nun mag man zweifeln, ob Kunden sich zu einer Bindung an einen Anbieter zwingen lassen. Die Antwort ist ganz einfach. Wir alle gehen nach guter Überlegung Gebundenheiten ein. Die Erklärung ist über die Anreiz-Beitrags-Theorie (March / Simon) plausibel. Jeder Kunde nimmt eine Abwägung zwischen der Vorteilen einer Bindung (= Anreiz) und deren Nachteilen (= Beitrag) vor. Überwiegen die Vorteile, ist es völlig sinnvoll, eine Gebundenheit einzugehen, um in den Genuss der Anreize zu kommen. Und so wie wir alle uns zu der einen oder anderen Bindung zwingen lassen, wenn es uns vorteilhaft erscheint, so lassen sich auch unsere Kunden dazu bewegen. Es kommt allerdings darauf an, ihnen Anreize zu bieten, die sie so hoch einschätzen, dass sie die damit verbundenen Beiträge in Kauf zu nehmen bereit sind. Also gilt es, ausfindig zu machen, um welche Anreize es sich konkret handeln kann. Dabei hilft wiederum ein hohes Maß an Kundennähe, der erste Faktor der Erfolgskette. 16.3.1 Ausprägungen Primäres Ziel des Vertriebs ist ein nachhaltiges Kundenmanagement. Dieses ist für die Erreichung von Kundenbindung zentral. Darunter versteht man alle Maßnahmen eines Unternehmens mit dem Ziel, die bisherigen Verhaltensweisen sowie die zukünftigen Verhaltensabsichten eines Kunden gegenüber einem Anbieter oder dessen Leistungen positiv zu gestalten, um die Beziehung zu diesem Kunden für die Zukunft zu stabilisieren und auszuweiten. Der Wiederkauf ist das beobachtbare Verhalten einer Person, das einen erneuten Kauf im Hinblick auf einen bestimmten Bedarf bei dem gleichen Anbieter zur Folge hat. Dem kann eine Entscheidungsfindung mit Angebotsvergleich vorausgegangen sein (Präferenz) oder auch nur ein habitualisiertes Wiederkaufverhalten (Gewohnheit). Die Wiederkaufwahrscheinlichkeit ist u. A. von den Wechselkosten abhängig. Dies sind alle Kosten, die als nicht-monetäre Kosten bei einem Marken- oder Anbieterwechsel anfallen. Dazu zählen Such- und Informationskosten, die bei der Auswahl neuer Alternativen anfallen sowie alle Kosten, die durch den Wegfall anbieterspezifischer, also auf andere Anbieter nicht übertragbarer, Nutzenelemente anfallen (wie anderweitig vorhandenes Vertrauen, Risikowahrnehmung etc.). Zur Wiedergewinnung bereits abgewanderter Kunden bzw. Reaktivierung inaktiver Kunden bedarf es der Schaffung von Anlässen, die eine Wiederaufnahme bzw. Intensivierung der Geschäftsbeziehungen initiieren. Dies ist vor allem deshalb schwierig, weil diese ehemaligen Kunden häufig negative Erfahrungen mit dem Anbieter gemacht haben und insofern eine erhebliche Hürde zu überwinden ist. Proaktiv wird das Ziel verfolgt, die Wechselbereitschaft der Kunden durch die Erzeugung und Intensivierung von faktischen
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oder emotionalen Bindungen zu minimieren bzw. temporär deren Wechsel aus zuschließen. Faktische (erzwungene) Kundengebundenheit wird vor allem durch vertragliche Bindungsursachen provoziert (z. B. Leasingvertrag, Wartungsvertrag, Abonnementvertrag). Eine ökonomische Bindung liegt hingegen vor, wenn der Wechsel für eine Seite unverhältnismäßig hohe Wechselkosten bedingt (z. B. Rückkaufwert von Lebensversicherungen). Eine technisch-funktionale Bindung liegt vor, wenn Beschaffungs- oder Kompatibilitätsprobleme zu erwogenen Produkten fremder Anbieter auftreten (z. B. Computerschnittstellen). Hinzu kommen durch institutionale Unternehmensverbindung bedingte Gebundenheiten sowie durch Spezifität der Leistung (Taylormade) bedingte. Emotionale (freiwillige) Kundenverbundenheit entsteht über einen hohen Grad von Kundenzufriedenheit mit der erhaltenen Leistung und Vertrauen in die zukünftige Leistung des Anbieters (Präferenz, Bequemlichkeit). Dazu dienen z. B. Kundenkontaktprogramme, die auch die persönliche Beziehung zwischen Anbieter und Kunde stärken und fallweise, also zu vom Anbieter ausgelösten Anlässen, aktiviert werden (z. B. Firmenjubiläum, IPO, Merger) oder anlassbezogen, also zu vom Nachfrager ausgelösten, individuellen Zeitpunkten (z. B. Kaufdatum, Geburtstag, Interessentenanfrage). Problematisch ist, dass Präferenzen rasch wechseln können, und damit auch die Kunden, und dass Bequemlichkeit durch Kundenzentrizität bereits weithin Rechnung getragen wird, so dass eine Differenzierung schwierig wird. 16.3.2 Kundenleiter Im Zuge der Gestaltung der Beziehungen zu diesen Kunden ist es zweckmäßig, grob vier Stufen des Beziehungsmanagements (die 4 Rs) zu unterscheiden (siehe Abb. 103).
Abb. 103: Phasen der Kundenbeziehung
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Die erste Phase ist die der Erreichung neuer Kundenbeziehungen (Customer Recruitment / Gewinnung). Dabei geht es um die erstmalige Aufnahme einer Geschäftsbeziehung zwischen Anbieter und Nachfrager. Dazu sind anbieterseitig regelmäßig hohe Akquisitionsaufwendungen erforderlich. Zudem bleibt die Erfolgswahrscheinlichkeit angesichts verstärkten Wettbewerbs eher begrenzt. Zur Forcierung wird das Vorkaufmarketing eingesetzt. Die zweite Phase ist die der Pflege dieser Kundenbeziehungen (Customer Retention / Bindung). Denn Kunden werden erst profitabel, wenn sie über den Erstabschluss hinaus in regelmäßigen, möglichst kurzen Abständen Umsätze mit dem Unternehmen tätigen (Wiederkauf). Insofern ist es erforderlich, die einmal akquirierten Kunden gegen die Akquisitionsbemühungen der Konkurrenz zu verteidigen und an sich zu binden. Dies erfolgt durch Maßnahmen zur Steigerung der Kundenverbundenheit (freiwillig) und Kundengebundenheit (erzwungen). Die dritte Phase ist die des Ausbaus der bestehenden Kundenbeziehung (Customer Reinforcement / Entwicklung). Denn ist eine Kundenbeziehung erst einmal stabilisiert, bietet sie hervorragende Möglichkeiten der Ausweitung des Geschäftsumfangs, zum einen wegen der umfassenderen Informationen über Kundenbedarfe auf Lieferantenseite, zum anderen wegen der erarbeiteten Vertrauensbasis auf Abnehmerseite. Die vierte Phase schließlich ist, falls es doch zum Kundenverlust kommen sollte, die des Wiederaufbaus zerbrochener Kundenbeziehungen (Customer Recovery / Rückgewinnung). Angesichts stagnierender Märkte darf die Abwanderung von Kunden zum Mitbewerb nicht hingenommen werden, sondern muss mit der Absicht deren Rückholung in den Kundenstamm beantwortet werden. Nur dies sichert den langfristigen Markterfolg. Die Phasen 2–4 finden nicht mehr in der Vorkauf- sondern in der Nachkaufphase statt. Dadurch ist es erklärlich, dass der Fokus der Aktivitäten sich immer mehr zugunsten der Nachkaufphase verschiebt. Außer bei Aufbau eines neuen Geschäfts (Existenzgründung) oder angesichts stark expandierender Märkte (z. B. Telekommunikation) kann das beste Neugeschäft immer mit bestehenden Kunden erreicht werden. Zumal die Bedienung bestehender Kunden um ein Vielfaches kostengünstiger zu bewerkstelligen ist als die Akquisition neuer. Ziel ist daher die Realisierung einer progressiven Kundenleiter. Die Abfolge ist dabei Kundennähe, dies führt zu Kundenzufriedenheit, dies resultiert in Kundenbindung und dies materialisiert sich in Kundenwert. Diese Kundenleiter geht mit einer typischen „Produktkarriere“ einher, die sich wie folgt darstellt (siehe Abb. 104): •• Eine Person ist potenzieller Nachfrager (Nichtverwender) und erhält die Verwendungskenntnis. Sie wird Problemlösungsinteressent. •• Die Person entwickelt sich zum Kaufinteressenten für das entsprechende Produkt. Zum Interesse kommt also die Kaufabsicht für eine Gattung.
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Weiterempfehler
Mehrfachkäufer
Aufstiegskäufer
Intensivkäufer
Exklusivkäufer
Wiederkäufer
Probierkäufer der Marke Erstkäufer der Gattung
Kaufinteressent
Problemlösungsinteressent
Abb. 104: Stufen der Kundenleiter
•• Eine Person wird Erstkäufer der Gattung, indem sie die Gattung akzeptiert und eine Marke kennenlernt, sie entwickelt im günstigen Fall Kaufinteresse für diese Marke. •• Eine Person wird Probierkäufer der Marke / des Herstellers. Nunmehr kommt es auf die Nutzungserfahrung an, ob sie markentreu wiederkauft oder nicht. •• Eine Person präferiert günstigenfalls die gewählte Marke / den Hersteller und wird Wiederkäufer. Wiederholt sich der markentreue Kauf häufiger, wird sie damit zum Stammkunden. •• Der Kunde wird Exklusivkäufer, d. h., er entwickelt günstigenfalls eine Monoloyalität zu seiner Marke / seinem Hersteller.
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•• Der Kunde wird Intensivkäufer, d. h., die Kaufmenge steigt (Heavy User), indem der Bedarf stimuliert wird. •• Der Kunde wird Aufstiegskäufer. d. h., er kauft nunmehr wertigere Produktversionen (Up Buying) innerhalb der gleichen Kategorie derselben Marke. •• Der Kunde wird Mehrfachkäufer, d. h., er kauft außer dem betrachteten Produkt weitere Produkte anderer Kategorien desselben Herstellers (Cross Buying), in denen er bisher keine Produkte oder aber Produkte konkurrierender Hersteller gekauft hat. •• Der Kunde wird Weiterempfehler, indem er seinerseits weitere Erstkäufer für die Marke gewinnt. Im Fokus steht damit der Kundenwert (Customer Equity), d. h. der Überschuss aller Einzahlungen aus direkten und indirekten Umsätzen mit einem Kunden im Laufe seiner Nachfragepräsenz am Markt über alle Auszahlungen zur Gewinnung und Betreuung dieses Kunden. Dieser ergibt sich über alle Phasen des Kundenlebenszyklus hinweg. 16.3.3 Phasen im Kundenlebenszyklus Als Phasen im Kundenlebenszyklus können der Vorlauf, Hauptlauf und der Nachlauf unterschieden werden. Zur Vorlaufphase gehören die Interessentenauswahl und die Kundenakquisition. Zur Hauptlaufphase gehören der Beziehungsaufbau, die Produktwerterhöhung, die Produktanzahlerhöhung, die Referenzierung und Weiterempfehlung sowie die Informations- und Integrationsnutzen. Und zur Nachlaufphase gehören die Kundenreaktivierung, die Kundenrückgewinnung und die Kundenausgrenzung (siehe Abb. 105). 16.3.3.1 Interessentenauswahl Bei der Interessentenauswahl (Kundenidentifizierung) ist zwischen aktivem Anfragen und passivem Angefragtwerden zu unterscheiden. Bei aktiven Anfragen geht die Initiative vom Unternehmen aus, das bei potenziellen Nachfragern anfragt, ob die Einleitung einer Geschäftsbeziehung objektiv möglich oder subjektiv erwünscht ist. Dazu ist eine Strukturierung solcher potenzieller Nachfrager erforderlich. Denkbar ist dabei eine Produktorientierung, d. h., man recherchiert in der Branche, welche die eigenen Produkte für gewöhnlich einsetzt, nach solchen Unternehmen, die noch nicht Kunden sind. Dies bietet sich vor allem an, wenn das eigene Produkt nur oder vorwiegend in einer Branche Verwendung findet. Denkbar ist aber auch eine Gebietsorientierung, bei der potenzielle Kunden in Absatzgebieten gesucht werden, in denen bereits Kunden des Unternehmens
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Abb. 105: Phasen im Kundenlebenszyklus
ansässig sind. Dies bietet sich an, weil in diesen Markträumen schon eine verkäuferische Infrastruktur besteht und zusätzliche Kunden ohne großen logistischen Mehraufwand mitbedient werden können. Denkbar ist aber auch eine Kundenorientierung, z. B. dann, wenn ein Kunde über selbstständige Schwesteroder Tochtergesellschaften verfügt. Dann kann die bestehende Beziehung zum Anlass genommen werden, weitere Geschäftsbeziehungen einzuleiten.
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Zur Recherche ist Sekundärmarktforschung erforderlich. Entsprechende Quellen finden sich in Messekatalogen bzw. Ausstellerverzeichnissen, Mitgliedslisten von Verbänden, IHKen oder Firmennachschlagewerken. Potenzielle Kunden (Prospects, Leads) können aber nicht nur durch den Vertrieb, sondern durchaus auch aus anderen Quellen herrühren. Zu denken ist etwa an den Hinweis von Unternehmensmitarbeitern auf mögliche Kunden oder von Dritten, die als Privatakquisiteure Kontakte herstellen. Derartig vorhandenes Wissen sollte unbedingt dokumentiert und in einer Datenbank abgespeichert und nicht der Fluktuation von Mitarbeitern überlassen werden. Ebenso muss die Kontakthistorie erfasst werden. 16.3.3.2 Kundenakquisition Die Kundenakquisition (Kundengewinnung) hat die Umwandlung von Anfragen bzw. Angeboten in Erst- oder Probeaufträge zum Ziel. Ein Interessent wird dadurch erst zum Kunden. Daher gilt es, jede bearbeitete Anfrage und jedes abgegebene Angebot nach zu verfolgen. Erstaunlich häufig ist es Vertrieblern vergleichsweise gleichgültig, was aus einer bearbeiteten Anfrage oder einem erstellten Angebot wird. Dies ist jedoch betriebswirtschaftlich völlig widersinnig, denn der Aufwand zur Anfragenbearbeitung bzw. Angebotserstellung ist ja bereits erfolgt, so dass die Nachverfolgung keinen nennenswerten Zusatzaufwand bedingt, aber allein die eingesetzten Ressourcen retten kann. Vom Erstauftrag an sollte die Transaktionshistorie detailliert dokumentiert werden. Dazu gehören auch Daten über Ansprechpartner und deren entscheidungswichtige (geschäftliche wie private) Merkmale. Das Nachhaken erfolgt durch anlassbezogene Kontakthaltung, durch Nachfrage zum Stand der Reaktion oder auch durch gezielte Einflussnahme auf die Kontaktbewertung. Man muss jedenfalls fest davon ausgehen, dass man nicht alleine angefragt worden ist bzw. ein Angebot abgegeben hat und dass Konkurrenten sehr wohl eine solche Nachverfolgung betreiben. Insofern ist auch zu überlegen, inwieweit man die Zuschlagschance erhöhen kann. Denkbar sind hier Maßnahmen wie das intelligente Angebot von Einstiegsprodukten, einer attraktiven Absatzfinanzierung oder einer maßgeschneiderten Problemlösung. Als Maßzahl für den Erfolg der Akquisition gilt die Hitrate, d. h., der Anteil der beauftragenden Kunden an allen anfragenden oder angebotserhaltenden Nachfragern. Er schwankt zwischen 0 und 1. Die Hitrate (auch Auftragserfolgsquote / Conversion Rate) weist somit im Geschäftskundenbereich aus, wie viel Prozent der abgegebenen Angebote tatsächlich zu einem Auftrag führen. Der Auftragserfolg ergibt sich aus der Bearbeitung eingegangener Anfragen (passiv) oder aus der Vorlage unterbreiteter Angebote (aktiv). Die Ausarbeitung
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solcher Anfragen / Angebote erfordert, je nach Sachlage, einen oft hohen Aufwand. Insofern sind Unternehmen auf den Rücklauf in Form von Umsatz angewiesen, soll eine Profitabilität gewährleistet sein. Außerdem ist bei diskontinuierlicher Auftragsbearbeitung der Nachschub von Aufträgen aus der Akquisitions-Pipeline erforderlich, um ein hohes Beschäftigungsniveau aufrecht zu erhalten. Da sich erfahrungsgemäß nur ein mehr oder minder hoher Anteil der Akquisitionsbemühungen in Aufträgen materialisiert, ist ein entsprechender Überschuss an Anfragen / Angeboten erforderlich. Die Auftragserfolgsquote kann vor allem gesteigert werden, indem •• die potenziellen Nachfrager bewusster ausgewählt werden, •• proaktiv akquiriert wird, also bereits bevor das nachfragende Unternehmen eine Anfrage plant, um den daraus resultierenden Zeitvorsprung für sich zu nutzen, •• der Problemlösungsbedarf des nachfragenden Unternehmens genauer qualifiziert wird, •• abgegebene Angebote aktiv nachbearbeitet werden, •• auch zu normierten Anfragen individuelle, subjektiv besser geeignete Angebote abgegeben werden, •• dem nachfragenden Unternehmen Arbeit abgenommen wird, z. B. durch Hilfe bei der Ausschreibungserstellung, produktbegleitende Kundendienste oder Absatzfinanzierung, •• Kontakt zum anfragenden Unternehmen gesucht wird, um Präferenzen aufzubauen (Customer Integration). 16.3.3.3 Beziehungsaufbau Ist der Erstauftrag erfolgt, gilt es, die Kundenbeziehung zu stabilisieren und in Wiederkäufe zu überführen (Kundenentwicklung / Sozialisation). Denn nach dem Erstkauf verbleibt aufgrund hoher Akquisitionsaufwendungen zumeist noch ein negativer Kundenwert, gegen den mit Folgekäufen erst angearbeitet werden muss. Dabei handelt es sich um die Erlöse innerhalb der bestehenden Produktgruppe, in der ein Kunde Geschäftspartner des Unternehmens ist. Dazu kann an zwei Stellschrauben gedreht werden, dem Preis und der Menge. Beim Preis kann wiederum auf den Bruttopreis oder den Nettopreis abgezielt werden. Da Preissteigerungen in aller Regel kaum durchsetzbar sind, kann versucht werden, den Bruttopreis zu steigern, indem zusätzlich zum Grundpreis Zusatzverkäufe realisiert werden. Dabei kann es sich um Sach- und / oder Dienstleistungen handeln. Bei Sachleistungen ist vor allem an Zubehör (Peripherie),
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Ausstattungen oder Nebenprodukte zu denken. Da diese zur Nutzung des Produkts erforderlich sind oder diese zumindest verbessern, kann der Rechnungsbetrag eines Abschlusses erhöht werden. Die Automobilindustrie beweist, dass dabei Zuschläge von 20 % auf den Grundpreis keine nennenswerte Hürde darstellen. Bei Dienstleistungen ist an produktbegleitende Kundendienste im Nachkaufbereich zu denken. Dazu gehören etwa Wartungs- oder Ersatzteilservices, Help lines / Hotlines, Schulungen etc. Denkbar ist auch eine Verbesserung des Nettopreises, also der effektiven Erlöse aus einem Geschäftsabschluss. Zwischen Brutto- und Nettopreis liegen Preisnachlässe, die erhebliche Ausmaße annehmen können. Ursache dafür sind entweder Einstiegskonditionen, die, leichtfertig vergeben, ein Erlösniveau etablieren, von dem man als Anbieter kaum mehr herunter kommt, oder das Ausspielen von Nachfragemacht durch den Vertragspartner. Bei diesen Nachlässen handelt es sich um Rabatte und andere Erlösschmälerungen wie Zugaben, Vertragsstrafen, Gutschriften, Provisionen, Zahlungsausfall, Wechselkursänderungen etc. Der Bestandskundenanteil (BKA, auch Wiederholungskaufrate genannt) ist das Komplement zum Neukundenanteil. Bestandskunden sind damit Wiederholungskäufer und weisen eine gewisse Käuferloyalität auf. Problematisch ist zu bestimmen, ab wann Bestandskunden als Stammkunden zu qualifizieren sind, also solche, die eine überhöhte Loyalität aufweisen. Die Abwanderung von Bestandskunden ist im Wesentlichen durch Unzufriedenheit mit der Betreuung oder, selbst bei Zufriedenheit, mit der emotional motivierten Suche nach Abwechslung zu erklären. Eine Absatzmengensteigerung (je Auftrag oder in erhöhter Frequenz) ist durch die Erhöhung des Lieferanteils in der Produktgruppe (Share of Customer) möglich. Dabei soll erreicht werden, dass ein Kunde möglichst große Anteile seines Bedarfs in einer Produktgruppe beim eigenen Unternehmen kauft oder eine andere Produktgruppe durch die eigen angebotene substituiert. Prinzipiell ist die Obergrenze des Absatzes erst erreicht, wenn ein Kunde seinen gesamten Bedarf in einer Produktgruppe beim eigenen Unternehmen deckt (Single Sourc ing). Solange dies nicht erreicht ist oder substituierbare Produktgruppen anderweitig zugekauft werden, ist die Absatzmengensteigerung eine vordringliche Aufgabe des Vertriebs, weil dort Mehrabsätze relativ am leichtesten erreichbar sind. Der Share of Customer (auch Kundenlieferanteil genannt) gibt aus Sicht des Lieferunternehmens an, welcher Anteil der Ausgaben eines Kundenunternehmens in einer Produktkategorie auf eigene Produkte dieser Kategorie entfällt. Primäres Ziel jedes Lieferunternehmens sollte es sein, Single Sourcing-Lieferant bei seinen Kunden zu werden. Das bedeutet, dass der Umsatz des eigenen
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Unternehmens bei einem Kunden in einer Produktkategorie den gesamten Ausgaben des Kundenunternehmens in dieser Kategorie entspricht (SoC = 1). Solange der Quotient