Hamann’s Schriften: Teil 3 Briefe bis 1764. Kleine Aufsätze von 1764. Briefe bis 1769. Kleine Aufsätze bis 1769 [Reprint 2013 ed.] 9783111430218, 9783111064765


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Briefe.
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Hamann’s Schriften: Teil 3 Briefe bis 1764. Kleine Aufsätze von 1764. Briefe bis 1769. Kleine Aufsätze bis 1769 [Reprint 2013 ed.]
 9783111430218, 9783111064765

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Hamann's

ch r i f t e n. Dritter Theil.

Verleger:

G. Reimer in Berlin. Commissionä« für die am Za. November 132c, geschossene Sub»

slription:

Riegel und Wießner in Nürnberg.

Inhalt. l8t,«fe bis 1764..

.

Kleine Aufsätze von 1764. Vriefe bi« 1769. .

Hlnn« Aussatz« bis

.

.

S. 3.

.

. .

— 231. — 296.

.

.

-

. 1769.

4°2.

Hamann's

ch r l f t e n. Herausgegeben von

Friedrich

Roth.

Dritter Theil.

Berlin, b«y

G. R e i m e « 1 8 2 2 .

V o r b e r i ch t. Ach übergebe dem Publicum den dritten Theil der Hamannischen Schriften, sehr zufrieden mit der Aufnahme, welche die zwey ersten Theile gefunden haben. Oeffentlich ist zwar bis jetzt darüber nicht viel gesprochen worden; vielleicht, weil unter denen, welche dazu befugt sind, die meisten lieber damit warten, bis die Herausgabe vollendet oder doch weit Vorgerückt seyn wird. Indessen sind nicht nur die öffentlichen Urtheile, die mir bekannt geworden, aufmunternd, sondern alle Kunde, die mir von dem Eindrucke dieser Erscheinung zugekommen ist, bestätigt die Ueberzeugung, in welcher ich das Unternehmen begonnen habe, daß die Nachwelt jetzt schon da sey, auf deren Würdigung und Dank Hamann vertraute. Es ist natürlich, daß in diesen Schriften dasjenige am meisten Aufmerksamkeit und Antheil erwecke, was die christliche, oder, wie man jetzt zu sagen pflegt, altgläubige Gesinnung Hamann's beurkundet. Er war mit dieser Gesinnung, worin er nie gewankt

hat, nicht nur seinen Gegnern ein Aergern i ß , sondern auch manchem seiner Freunde ein Wunder. *) Heutzutage muß ihn dm vielen, die sich nach dem alten Glauben a u f richtig sehnen, vorzüglich diese Eigentümlichkeit befreunden. Indessen scheint mir wenigstens eine andere wo nicht höher zu sie« In einem wenig bekannt gewordenen Buch«: Neue Anfielen mehrerer metaphysischen, m«ralischen und religiösen Systeme und Lehren — von G o t t l o b I m m a n u e l L i n d n e r , (Königsberg, in Commis« sion bey Nicolouiusiyi?), findet sich folgende merkwürdige Stell« über Hamann. Gs ist von Mystikern und Schwärmern die Rede, und der Verfasser hac von einem Manne von hohem Adel erzählt, der sich ein« wunderthatigen Kraft gerühmt. »Lann fährt er fort:

Ein noch auffallenderes/ durch vorzüg» lich genialische Größe des Geistes sich aus» zeichnendes Veyspiel gewährte mir ein Freund, mit dem ich von Jugend auf viele Jahre zusammen lebte. E s sind selbst einige öffentliche Denkmäler seiner Talente d a , die alles zeigen, was man nur von ästhetischem Geschmack, Feinheit und Nichtigkett der Kritik, Scharfsinn nnd einer Swiftischen Satyrlaune erwarten kann, selbst das Daseyn einer horazisch dichterischen Ader. Feuer, Energie, und ein unglaublich rascher Ueberblick bey sei« ner Lecture belebte seinen Sinn und Geist in einem so hohen Grade, daß er schon m der ersten Penode der Genesung von ei» ner erschöpfenden, fast tidtUchen Krankheit, eine sehr beträchtliche Menge «on dick««

VIl h m , doch allgemeiner ansprechend zu seyn. Was Hamann sein Leben lang bestritt, war Aberglaube an Formeln und an Regeln; war Mißbrauch der Worte; war Manier und Mode. Damit ist es nun in der Folge noch viel weiter gekommen, bis zur Ermüdung endlich, bis zum Ecket. Denen, bey welchen eS Bänden aller Formate mit einer solchen Schnelligkeit durchlief und ercerpirte, daß ich glaubte, er könne unmöglich wissen, was er läse, und desto mehr erstaunte, als ich fand, daß ihm kein Iota von allem entwischt war, was zur vollständigsten Ru» brik des Inhalts und zur Veurtheilung sei« «es Guten und Schlechten gehörte- Da» bey ein unerschipfiicher, pikanter und wirk» lich attischer Witz, von einem Gedachtniß genährt, das diesem pfeilschnellen Witze von allen Ecken und Enden einer fast um» Versellen Polyhistor!« her Stoff lieferte, Aehnlichkeit, Allegorie und verborgenen Sinn in Worten und Sachen zu finden, die dem gewöhnlichen Leser von schlichtem Menschenverstände, buchstäblich genommen, nichts als alltägliche oder wohl gar ver» ächtliche Waare waren. Daher verstand er sich in einigen seiner Schriften hinter« her selbst nicht mehr. Ich habe dieses als Geständniß aus seinem eigenen Munde. M i t einer mißmuthigen Mine sagte er mir in einem Hause, in welchem wir in einem Kreise von Freunden, die ihn über

«lies schätzten, und durch hohen R a n g ,

VN!

noch Zeit ist,, kann Hamann ein Licht wer den; seine Kritik oder Aesthetik zeigt die Wahrheit und Schönheit der Natur: daß Opinianum cllmmema äelet ciiez, i

Die Reihe der Briefe an Hamann's Bruder und an I . G . Lindner «ndigt in diesem Welt» und Menschenkenntniß, und alles, was von Güte des Herzens und Griße des Geistes zeugt, verehrungswürdig wa» ren, Jahr und Tag mit einander verleb« ten: „ich bin recht gequält, immer soll ich sagen, was ich damit gemeynt, was ich darunter verstanden habe, und ich weiß «s jetzt selbst nicht mehr. Es war das Resultat einer Lectüre, in dessen Ideen» Zusammenhang ich mich jetzt unmöglich wieder versetzen kann; daher verstehe ich «s jetzt selbst nicht." Als ich ihm ein« mal bey seinen Auslegungen ganz gleich» gültiger Stellen der Bibel sagte: Webe» Sie mir Ihr originelles Talent/ durch den Zauber eines solchen Protcuswitzes, wie der Ihrige, Erde in Gold, und Stroh«,« Hütten in Feenpaläste zu verwandeln, so will ich aus dem Schmutz Crebilwnischer Romane und Aretinischer Bibliotheken al» l«s das sublimiren, was Sie aus jeder Zeile der Bücher der Chroniken, R u t h , Esther u. s. f. glossiren und interpretiren — konnte er mir freylich (denn Gründe wa« »en seine Sache nicht, wohl aber überra« sehende, durch ihre sinnreiche Erfindungs»

Theile. Von den ersteren sind viele verloren und viele der aufbehaltenen sind verstümmelt; ein desto größerer Verlust, da sie gerade in die Zeit fallen, wo Hamann die griechischen Dichter las. Die Briefe an I . G . Lindner, durch einen glücklichen Zufall in die Hände seines Neffen, des Hrn. O. Lindner glorie, die immer von dem Schimmer ei» ner Wahrheitsahnlichkeit begleitet w a r , imponirende Orakelsprüche) nichts weiter antworten, als: „ d a r a u f sind w i r an< g e w i e s e n . " Die Geistesgaben dieses ercentrischen Mannes ganz kennen zu ler» neu und zu würdigen, mußte man einen langen, vertrauten Umgang mit ihm ge» habt und ihn selbst in dem geringfügig« sien Detail des täglichen Lebens beobach» tet haben; denn auch da trug fast alles den Stempel der Originalität ohne alle Affectation. Und doch waren diese be» wundernswürdigen — nicht bloß Eigenhei» ten, sondern in der That talentvollen Gei» sieskrafte des Mannes die Ursache, daß er in feiner moralischen und religiösen Denk» art schwärmte. Er war der strenge Ver» theidiger der crassesten Orthodorie. Die freylich viele Blößen gebende Neologie (weil sie statt radical, nur palliatio curirt) das verbesserte Gesangbuch u. s. f. waren ihm ein Gräuel, und auch darin hatte er eine ganz eigene Kunst, die alten, in man» cher Rücksicht anstößigen, Lieder mit einer Begeisterung, einem Spiel der Declama»

in Stuttgart gekommen, Und von diesem i« die meinigen gegeben, sind dagegen überraschend vollständig. D a s Verfahren mit diesen Briefen, das ich in dem Vorbelichte des ersten Theiles angegeben, ist auch in dem gegenwartigen beobachtet worden. Was daraus nicht mittheilbar war, beziehtsichauf die Gewifsens-Che, welche Hamann im Jahre 2?t»5. einging, und worauf er nicht selten in seinen Schriften, z. B . Th. 2. S . tion M!d Mimik zu singen, daß man mit ihm fast gleich empfand."

So weit G . I . kindner als Greis, beynche Zcitil8 ^ , sagt Cicero (äeOsslc. I. ^ s ) aus eigener Erfahrung, wie z. B . die Briefe des Brutus an ihn zeigen. Die kleinen Aufsatze aus der Königsberger Zeitung herauszufinden, bin ich durch Winke in Hamann's Briefen an Lindner in den Stand gesetzt worden. Ich denke nicht, daß einer, der ihm angehörte, übergangen sey. Einige Übersetzungen aus dem Englischen und Französischen, denen er nichts eigenes beygefügt hat, sind absichtlich hier nicht aufgenommen worden. M ü n c h e n den 22. März 1822.

Fr.

Roth.

Briefe. Von

1760

bi
und die fruchtbarste Feder. M a n darf nur ei« ne allgemeine Kenntniß der Gesellschaften und der Bibliotheken haben, um zu wissen, wer am meisten zu reden und zu schreiben gewohnt

ist.

Glückliche Compilatoren zu seyn — darin be, steht das Verdienst eines Bayle und Montes» quieu, und Homer soll selbst einer gewesen seyn, nach der Meynung der besten Kunsirichter. Necllüclerit iuncturll novuni —

Eine schlaue Verbindung von Wort und Wort, Redensart und Redensart, Empsindun» gen und Urtheilcn — erlangt man dadurch die Unsterblichkeit? und muß der Endzweck nicht

den Mitteln gemäß feyn? beide eitel und thü» licht. Und doch fällt es uns muthwilligen Kin» dem so schwer, stlll zu sitzen. Verleugnen wir nicht dadurch den Rang, den uns Gott ange» wiesen, und machen uns zu Lastträgern und Gioeoniten seines Staats, da wir Herren, Inschauer und Aufseher der Schöpfung seyn sollten? 6g. A n seinen B r u d e r nach Riga. K ö n i g s b e r g , den 12. Febr. 1760.

Ich habe dir lange nicht ordentlich schrei« ben können, und will es heute suchen nach, zuholen. Ich werde erst einige Antwort 'auf dein letztes Schreiben geben, und von mir stlbst anfangen. D u hast nicht nöthig, in Gleichnissen mit mir zu reden. Ich werde dir nichts übel nehmen- E s ist eine G a b e , Al» legorien zu machen und Allegorien auszulegen. Sie beziehen sich auf einander. Ich habe dir schon bey einer andern Gelegenheit geschrieben, daß Nachahmen und N a c h a f f e n nicht ei» nerley ist. Das Verhältniß, in dem ich mit meinen Freunden siehe, ist ganz anders als das deinige, und dielleicht auch das ihrige ge» gen mich. D u magst selbst Anlaß nehmen, nachzudenken. Wenn wir nichts als ein Spiel des Witzes daraus machen, so üben wir uns

in einem hämischen Witz, der Wahrheit und Liebe der Pflichten aufopfert, um! sich hinter dem Schirm kitzeln zu können; gewöhnen uns an Verdrehungen, Doppelsinn Ich habe desto nöthiger gefunden, diese Erinnerung dir zu thun, weil ich sehe, daß klügere Leute sich nicht schämen, meine Tadler und Nachfolger, beides auf eine nicht zu geschickte A r t , zu scyli. Es gehört also ein wachsames Auge auf sein eigen Herz sowohl als die Gegenstände, mit denen man zu thun hat/ und nicht eine bloße Geschicklichkeit, Andern nachzuspotten. Einer kann sich Frenheiten aus Leichtsinn neh» wen, und sich das Exempel eines andern zum Muster stellen, dessen Erkenntniß und Gefühl noch für ihn zu stark ist. Es ist uns befoh« len, alles zu prüfen und das Gute nur an» zunehmen. Ich halte es nicht für nithia., dir die Fehler in deinen Anspielungen zu ent» decken. Meynsi du, daß es eine Kurzweil ist, solche Schüler vor sich zu haben, die zu schlaf» rig sind, geistliche Dinge zu hören, und die man ärgert, wenn man auf eine geistliche Art davon mit ihnen reden wollte, daß man sich zu irdischen Bildern herunterlassen muß, wenn sie einigen Begriff davon haben oder einige Lust dazu bekommen sollen. Wir können das Verderben unseres Nächsten nicht sehen, oh, ne an unser eigenes zu. denken, und diese Rück»

'3

ficht beugt Ulis; und diese Demüthignng giebt unserem Geiste Kräfte und macht uns zu Wen« düngen aufgelegt, die ein geral» und steif denkender Philosoph nicht nachzumachen im Stande ist. Das zweite ist dein Urtheil über Wagners griechische Grammatik. Heißt das urtheilen, lieber Bruder: „sie ist sonst sehr gut, und kann zur A n l e i t u n g j e d e r S p r a c h l e h r e dienen, aber etwas zu kurz und ein bloßes Gerippe; „ich ziehe Müllers vor"? Deines Wirths Urtheil ist ein wenig feiner, sieht aber nach eben dem Bilde und der Ueberschnft aus/ und ist der verbesserten Ausgabe eines Buches gleich, daS niemals gut werden kann, wenn es auch zehnmal verbessert auskäme, weil es im Zuschnitt verdorben ist. Wir wollen nur so aufrichtig seyn und bekennen, dasi wir alle' drey nicht stark genug im Griechischen sind, um diese Grammatik zu verstehen; und daß sich ein Buch schwer Kindern erklaren läßt, dem man selbst nicht gewachsen ist. Ein Schü» ler kann sich bey einer mäßigen Lust und Fä« higkeit mit Müllers Grammatik selbst helfen ohne Praceptor. Wenn wir also einen Schüler fragen «ichten: welches Buch gefällt dir besser? so würde er sich unstreitig für dasjenige erklären, das ihm am leichtesten wäre. Denn alle Schü»

14 lcr haben ku si zu lernen, und B e q u e m ! ich, k e i t , mit leichter Mühe zu lernen. Diese Denkungsart schickt sich für keinen Lehrer, der seine Gymnasiasten abhärten w i l l , und daher selbst die Schwierigkeit nicht achten muß. Wenn kehren aber in nichts anderem besieht, a l s , das; lch ein Pensum meinem Untergebenen auf» gebe, das er ohne meine Mühe sich einprägen M u ß , so ist Müller und Gottsched ein vor» trefiich Muster, das Lehrern und Schülern nicht sauer wird. E i n Gerippe muß trocken und dem Gesicht unangenehm seyn, von Adern, Sehnen und Fleisch entblößt; widrigenfalls ist es ein Aas oder Luder. Diese dürren Knochen muß eben der Geist des Lehrers b e k l e i d e n und b e s e e l e n . D a s ist v i v a v « x im Unter» licht, eine Tochter einer l e b e n d i g e n Er» k e n n t n i ß , und nicht wie vux Kuuian», ei» ne Orgelpfeife. Gründliche Einsichten sind nicht leicht; sie müssen gegraben und geschöpft wer» den. Den 19. Fastnacht. W i r ftyern heute Fassnacht, mein lieber Bruder. Gott lasse auch diese Zeit an dir gesegnet seyn, und heilige auch einige Augenblicke deiner Tage dem Andenken unseres Mitt» lers und Fürsprechers. Ich habe dir mit letz» ter Post nicht schreiben können, weil ich eben

'5 «it meinen Briefen an Hrn. Arcnd B . fer, tig wurde. Dein Vater wartet mit Schmer» zen auf Briefe von dir. Ich studire jetzt mit viel Nahrung für mich Hengels Zeigefinger über das neue Testament. Dieser Autor hat einen glücklichen Ausdruck in Sinnsprüchen; einer derselben ist: l « w>»n» «volle» »ä textum; rein lotum 2^^Iio2 ail u».

Es ist eip «">t" «?>>?«z« in dieser Sentenz. D a s in wenig Ausleger; und in dieser Betrach» tung ist dieses Werk ein Hauptbuch, äl-ßu» inent» haben Ausleger genug; »N'eclu« und mo» « » gar keine oder sehr wenige gehabt. 6y. An seinen Bruder nach Riga. K ö n i g s b e r g , den 24. März 1760»

Ich bin heute Gott kob mit den 19 Tra» gödien des Enripides fertig geworden und der Sophokles wird künftige Woche mit Gottes Hülfe meine Arbeit vor dem Feste beschließen. Bengels Gnomon habe ich auf gestern zu Hau« se gebracht, da ich heute das neue Testament wieder angefangen. D u siehst, mein lieber Bruder, wie ich dir immer von meinen Ge» schäften Rechenschaft gebe; ich wünschte ei« gleiches von dir. Sind deine Schularbeiten so trocken? Der Bauer mit dem Pfluge ist eben kein Beobachter; der kandmann aber, der ein Wirth ist, kann ohne Naturkunde nicht fortkommen, und erwirbt sich bald mehr als der

'7 der Physiker. Wir müssen uns nicht als Schar» werker, sagt Paulus, sondern als l)«onon,i des lieben Gottes in unserem Berufe und in unserem Wandel ansehen. Ich lese Rieger's Passions»Predigten mit vieler Erbauung; er hat eine faßliche Gründ» lichkeit, «ine Salbung, von Folsimann's sei» ner sehr unterschieden, der eine Kühnheit, ei» «en Schwung hat, die Wenige erreichen kin» « n , und wodurch er kälteren und blöderen sestrn ärgerlich fallen muß. Ich habe meinen Verbindungen mit dem Btrensschen Hause nach meinem Maß und »ach dem besten Willen ein Genüge gechan, daß nichts mehr übrig ist, als den Anspruch «einer Schulden wegen auf einen ordentliche« « d vtrnünftigen Fuß zu bringen. Ich habe deßwegen neulich an Hrn. Aiend geschrieben, um ihn zu dem Schritte, den ich jetzt mit. göttlicher Gnade thun will, vorzubereiten. Ich denke also jetzt an ihn zu schreiben, und will mir einen förmlichen Aufsatz darüber ausbit« ten, damit weder du noch ein anderer tünf» tig dabey zu kurz komme. Dieß ist der In< halt des Briefes, den ich zu schteiben geden« ke, und den ich dich einzuhändigen bitte. D u wirst hierüber keine Weitläufigkeit machen, und, wenn du etwas nithig findest mir zu melden, es englisch oder so leicht als mig» H»m»nn'« Schriften NI. Th. 2

!8 lich thun, um den Vater nicht eher als im Nothfalle zu beunruhigen. D u knnnst leicht erachten, wie viel mir sowohl als dir daran gelegen ist/ daß ich nur weiß, wie viel ich schuldig bin, und daß ich darnach gewisirrma» ßen meine jetzige und künftige iebcnemt einzunchtcn habe, laß dir diese Cache bestens empfohlen seyn. 70. A n s e i n « «

Bruder.

K ö n i g s b e r g , den »2. April 1760.

Mein lieber Bruder, Gestern unvermuthet deinen Brief erhalten. D u beurcheilst mich unrecht, wenn du bey mir ich weiß nicht was für Unruhe zum Voraus setzest. Ich bin ge» faßt auf alles, was Gott schickt, und ich kann über keinen Mangel klagen. Gesundheit, Ar» beit und Freude sind das Kleeblatt meiner Tage. Vielleicht bist du neugierig, den Inhalt von Hrn. Arend's Antwort zu wissen. Hier

ist sie:

Mein Herr, dcr willkührlich förmliche Abschied, den Sie von hier gmommen, ( s o l l h e i ß e n : den I h n e n m e i n B r u d e r g e s c h r i e b c n ) und worauf, wie Sie sugcn, mcin Stillschweigen das Siegel gedrückt, mag die Quittung all^r Verbind, lichkcitcn seyü, die jemals unter uns gewesen. M i t meinem Willen haben Sie die Rnse nach England in meinen Geschäften gethon, und was ist nuchl

billiger, al« daß ich die Reisekosten trage, die schon lange abgeschrieben sind ? Thun sie geruhig den Schritt, den iiie sich vorgesetzt, ich werde Ihnen nichts in den Weg legen. ( M a n r e d e t v o n eiv e m k ü n f t i g e n S c h r i t t e , ich n a n n t e bi« F r e i h e i t , m e i n e R e c h n u n g zu f o r d e r n , die ich m i r n a h m , also.) deiner nehme den an» dem in Ansprache, so sind wir gänzlich geschieden»

D u wirst jetzt vermuthlich alle meine Sa» chen erhalten. Ich vertraue dir die Verwah» tung meiner Bücher; sorge also dafür auf das B e s t e . Unser BUchladen hat endlich die Erndte der letzten Messe erhalten; ich werde davon auch für euch etwas aussuchen. kessing's Fabeln habe ich gelesen; das er« sie Buch derselben ist mir eclel gewesen. D i i schöne Natur scheint daselbst in eine galan» ie verwandelt zu seyn. Seine Abhandlungen sind mehr zum Ueberdruß als zum angenehmen Unterricht philosophisch un5 witzig. Es sind Sticheleyen auf Ramler unter dem Artikel von Batteüf; er ist der mehr eckte als feine Kunst» richten Der Tadel des >-» l - . , , ! ^ , , - gehl ihn gleichfalls a n , von dem Namler ein großer Parteygänger ist. Wenn Lessing den Lafontaine tadelt, so greift er, ohne es zu wissen, seiner eigenen Grundsätze Anwendung an. Lafontaine ist oeßwegen so«plauderhaft, weil er die Individualität der Handlung zur Intuitiott 2 *

2a

bringt, und nicht, wie kessing, ein Miniatur« Maler, sondern ein E r z ä h l e r im rechten Ver« stände ist. Seine Gedanken, warum Thiele gebraucht werden, und der größte Theil sei« ner Begriffe sind im Grunde falsch und nichts als Einfälle; und der Fabulisi faselt in der Vorrede und dem Anhang auf gleicher keyer. Es ist fast keine Fabel, über die man nicht den Titel setzen könnte, den Antonin seinem Bll» che gegeben: «le «».> ip,» ^ «n Schnit» ter meine Hand, oder wie ei» Garbrndiuder mein«'« Arm. Ich habe heute die Geschichte Bileams, dieses großen syuschen Dichters, im Giundtext gelesen, und werde das 4te Buch Mose mit aller Gemächlichkeit vor dem Fest schließen können. Vier hebräische Grammatik ken warten auf mich, in denen ich den An» fang gemacht, und die ich bloß lesen w i l l , um alle Schulgerechtigkeit zu erfüllen, und ein wenig zubereitet den Vater Schultens brau» chen zu können. Mit Aristophanes bin ich auch acht Tage früher fertig geworden als ich meine i»«n«a überrechnet. Der Hesiod lauft mir wie Was» ftt. E» verhält sich zum Homer wie Jakob zu 'tsau. DaS Recht der Erstgeburt zwischen die» sen beiden Erzvätern der griechischen Dichtkunst ist eben so schwer zu entscheiden. Er hat eine Einfalt und Unschuld, "die ihn antiker macht als den Heldendichter; in dieser Einfalt schimmert aber zugleich eine Cultur, die ihn.um ein Jahrhundert zu verjüngen scheint. Seme Werke und Tage haben einen größeren Em» zvurf, als ich bisher gewußt. Ein ungerathc» ner Bruder hat ihm die Feder dazu gnchuit» ten, den er auch in den feurigsten Stellen nicht anders als seinen sehr albernen Persa nennt.

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Ich finde in diesem Beywor« so viel Zart« lichkeit, als Boileau durch den Schimpfnamen eines Hofmanns erhielt, der seine Bewunde« «ung über eine glückliche Stelle durch Schmäh» Worte sehr lebhaft ausdrückte. Sein System begreift Ackerbau und Schiffahrt in sich; Sit» tenlehre und Aberglauben. Ein GlaubensSitten-Buch und ein Kalender; was für ein zusammengesetztes Compendium! und was für eine Bauart gegen unser Cellen, und Fächer» werk'. Gott lasse deine Pfingstarbeit gesegnet seyn, und gebe dir Kräfte, und Willigkeit, solche zu brauchen. Genieße des Sommers so gut du kannst, mein lieber Bruder, und laß dein Gemüth, wie die Natur, im Feyerkleide pran« gen, in festlicher, in heiliger Freude und Hei» terkeit. Was für ein geheimnisvolles, glück» liches Leben giebt uns die Weisheit von er» sier Hand! Spiel in d,r Arbeit, Arbeit im Spiele, wie ein Rad im andern Rade nach dem Gesicht« Ezechiels. 73. An I . V . Linbner, nach R i g a . K ö n i g s b e r g , im N»i 176a.

Hlchsizuehrender Freund, meinen herzliche« Dank für die überschickten Sachen zum Vor« aus, die alle nach Wunsch angekommen sind, k s thut mir leid, daß Ihre Mühe weiter ge»

»5 yangen, als meine Zumuthung gewesen. A l , les was Hr. Berens sich gefallen laßt, ist mir lieb. Di« Bücherschränke habe ich mit s e i n e m Gelde bezahlt und sie sind zur Stube aptirt. Ich bitte um nichts als um freyes Quartier. Meine jetzige Sorge ist bloß, wie ich den Pentateuch bald zu Ende bringe und in biß kleinen Propheten komme. Ich freue mich herzlich, daß ich wegen meiner Sachen und der damit zusammenhängenden Angelegenheit ins Reine gekommen, damit ich von allen Ver« Wicklungen so frey, als möglich und nöthig, ftyn kann, k i n kluger Gebrauch des Gegen« «artigen überhebt uns der Sorge für das Zu» künftige. Briefwechsel und Bekanntschaften, di« zerstreuen, würden mir die jetzige Gelegenheit zu erndten beschneiden. Ich sehe die Felder reif und weiß, wenn Andere noch, ich M i ß nicht wie viel, Monate zur Arbeitszeit zahlen. 74. An slin«n Brubl«, nach Riga. Königlberg, im Mai 1760.

. . . H l . Buchholz hat mir deinen Brief nicht weisen wollen, sondern nur eonlem« daraus vorgesagt, und einige katechetische Gewissens» Fragen an mich gethan, zu denen du i h » Anlaß gegeben haben mußt,, aus denen ich

aber nicht klug habe werden können: i . Wo, rin m'in Unglück bestände, das ich dort ge» habt hat«? Ich wciü von nichts als von dem Glück, alle cr,mn!iche Freundschaft und liebe in und von einem Ha^se genossen zu haben, das seine W o h l t h a t c n mit einer Q u i t » tung aller ferneren Verbindlich» l e i t e n gekrönt. 2. I n welchen Stücken ich mich feindselig gegen dich bezeigt? Mit mei» nein Wissen und Willen nicht andns als im Bekennmlß der Wahrheit, die ich nm E»nst ynd Scherz, süß und bitter, geredet und ge» schrieben. Dein Gedicht habe ich gelesen und danke dir herzlich für die Mittheilung. Einige gute Züge darin ersetzen nicht den Mangel der Fei» le. Das Schwere und Elhab?ne ist nicht für dich; bisher noch mehr Schwulst als Natur. Ich bewundere deine Biegsamkeit in die Fes» seln des Reims und Metri, und wünschte eine gleichförmige in sanftere und leichtere Bande, als Sylbenmaß und Neimklang immer für mich gewesen. 75. An I . G. Lindner, nach Riga. K ö n i g s b e r g , dcn 13. Iun. 1760.

Geehrtesier Freund, heute habe ich Dero Brief erhalten, auf den ich schon vonge Post gnvartet. Wir haben in ziemlicher Zerstreu«

2?

ung bisher in Ulzserem Hause gelebt. Vater ist hierin jünger geworden als ich, und meine M u ß e verliert auch nicht viel dabei). Heute Gottlob den Iesaias zu Ende gebracht und den Ieremias angefangen. Er fördert, wie Sie sehen, das Werk meiner Hände. Die historischen Bücher und ersten Propheten habe ich mit ziemlicher Genauigkeit lesen tön» nen; jetzt aber ist kein Halten gewesen; der alte Evangelist hat mich mit sich fortgerissen < daß ich den Buchstabe»/ wie ein nuc vollen Segeln auslaufendes Schiff das Land, darüber aus dem Gesicht verloren habe. Den Tag >oe der Hochzeit, brachte ich eine kleine Ab» Handlung über den Einfluß der Sprache zu Ende / die die u n v e r d i e n t e Ehre haben w i r d , morgen in unserem Intelligenzblatt zu stehen. Ich gehe mit meiner Zeit so karg um, daß ich nicht einmal die pue»>>z ckv«»«« ha, be lesen wollen. Was Michaelis betrifft, so glaube ich, daß Sie einige kritische Gedanken über diesen Autor, die ich nach Riga geschickt, werden gelesen haben. Vermuthlich wird It> nen auch der Entwurf zu meinem griechischen Studio zugekommen seyn ; dieses darf ich jetzt nur als einen subordinirtcn Zeitvertreib anse» hen. Unter den alten Sittcnsprüchen haben mir des Theognis sehr gefallen. Ich bin jetzt im Theolrit, mit dem ich tne poetische Claff«z

»3 zu schließen gedenke, weil Hippokrates auf mich wartet, von dem ich eine kostbare Edition er» hascht für ZZ gl. Diese Kinderspiele hat mir Gott gegeben, um mir die Zeit seiner Erschei» nung n'cht lang werden zu lassen. Meine rech» te Arbeit, die niemand sieht, ist der B e m f meines Vaters, ihn uicht in seinem Alter zu verlassen — der Gottes Arm verlündigen mö» ge Kindes K i n ^ m ! Ich diu du ch Dero Nachricht von meinem Bruder, gcel)tte,!er Freund, herzlich gebeugt worden, s^ sehr ich auch auf Gottes Heimsu» chung gewissermaßen zubereitet gewesen. Auch diese väterliche Züchtigung wolle so gut zu n«i» nem und derjenigen Besten, die daran Theil nehmen, als zu seinem eigenen gedeihen. Ich habe ihm niemals mit meinen Angelegenheiten beschwerlich fallen wolle n , (und dieses zu thun auch nicht nothig gehabt weil er mit den seini» gen ja zurückhaltend ge'gen mich gewesen. Woher er also die finsteren Eindrücke von meinem Schick» sale gesogen, weiß ich nicht. Auf meine Brief« kann ich mich berufen, die mehr nach Freu» den!! riechen, als meiner Gesellen ihre. Ich würde der undankbarste Mensch . unter der Vonne seyn, wenn ich im geringsten über mei» ne jetzige Verfassung in meines Vaters Hause klagen wollte; (den Himmel verlange ich auf

der Eld« nicht; denn im Herzen, ist Himmels

genug auch in der srgsien Welt.) Unendlich zufrieden kann ich mit dem Auegange meiner auswärtigen Angelegenheiten seyn, und ich ha« be wie ein trunkener Mensch darüber gejauchzt. Unendlich zufrieden über die Dcnlungealt derjenigen Leute, mit denen ich zu lhun Lehadt. Falls Sie alle meine Briefe an ihn dmcl.lesen sollten/ würden Sie nichts vcn dem sin» de«/ was ihn beumuhigt. Nach der W a h l habe ich sie l i e b e r als ügtnd andere M e n schen auf der Welt, und ich sch»e,be auch an meinen leiblichen Bruder niäns, das sie mcht htren dürften, wenn es abgekanzelt würde. Ich habe ihn immer gebeten, daß er sich um Nichts bekümmern möchte; daß meine Sache» nichts angingen; und um dcfio sicherer fremden Gedanken von ihm und von mir i« »nstrem Vrieswechsel z« entfernen, habe ich beinahe affecti«, lauter gelehrte Possen und insbesondere ein Journal meines jetzigen Stndirtlls ihm zu liefern, und ihn immer um »cl» «cl>ol»«lic«> dafür ersucht, ihn zugleich zum Fleiß«, zum »echten F l e i ß « aufzumuntern, und an meinem eigenen Efempel zugleich z» lehren, wie selbiger gesegnet ist, und wie der« so hat, immer mehr empfängt. Wer glaubt, daß Gott so sehr zürnt, unl> unsere unerkannte Sünde, ins licht vor sei» «ngesicht stellt? Was wir nicht für Sünde

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halten, das braucht keine Vergebung. Dieser Wahn ist ein Schlaftrunk, der unfern Fall beschleunigt. Wohl dem, der so fallt, daß er wenigstens davon aufwacht, und sich vor sol> cher Betrüoniß der Seele hüten lernt. Icrem. VllI . ,2. Gott mag sich seiner annehmen! Ich wür« de durch meine Herüberkunft, die ersichwünscht, ein leidiger Tröster für ihn styn. Was kön» nen ihm meine Briefe helfen? Der Buchstabe würde ihn immer mehr tödttn, je mehr er demselben nachgrübelt ohne den Geist, mit dem ichsieschreibe, und mit dem er sie auch lesen sollte. Gott schenke Ihnen, geliebtesier Freund,, Mitleiden und Geduld mit seinett Schwachheiten. Tragen S i e die Last, die I h , Ken Gott aufgelegt hat, und nehmen Sie sich feiner a n , nicht, nach Ihrem guten Herzen, sondern mit Weisheit in der Furcht des Herr«. 76. An I . G, Lindner, nach R i g a . K ö n i g s b e r g , zu Ende des Iunius ,76a.

Ich wiederhole meine Bitte, in Ansehung meines Bruders nichts zu versäumen, und die Vormundschaft, die Sie in Ihrem letzte«! Briefe freywillig übernommen, gewissenhaft ju vollenden. Sollte es an Ausbrücken seh. len und die stumme Schwermuth anhalten, ft taugt der Trost nicht: E s w i r d sich schott

geben. Mein Vater ist mit seiner Zurück kunfc sehr zufrieden. Das gemeine Beste be» fiehlt eben die Maßregeln. I n gewissen Fäl« len bin ich ein so eifiiger Anbeter des Pub» licums, als Iehu des Baal. S o gewissenhaft bin ich auch nicht, oder so blöde^ daß ich mit nicht eben das Recht zutrauen sollte, ihn um ein Amt zu bringen, das Sie gehabt haben, ihm in dasselbe zu helfen. Der l'll.l. N^lju. Oi>>. liegt auf den Tod. Hr. » . B- giebt seine Stimme dem Prof. H . »ie Lauson mir gestern erzählte, i . weil et als kxlrHurdinuliu« ein Recht dazu hat, 2i »eil es der Mann nöthig habe.« soll, 3. weit wir schon schlechtere Leute gehabt, die diesen Posten bekleidet. Ist mein Bruder keitt Schulmann — eitt alter Practitus wird hier nicht fragweise, sott. d«n entscheidend.urtheilen können —so lasse»! Vi« diese Gelegenheit, die Ihnen Gott giebt> «icht vdlbeygehen, nach Ihrem Glauben, un» Acht nach Zweifeln zu handeln, und der Schule zu geben, was der Schule geHirt, der Freundschaft, was der Freundschaft gehört. An meines blöden Bruders Nachrichten »erde ich mich nicht kehren, sondern meine Reise hängt lediglich von dem letzten Beschei» de seines Cmators ab. Ich beklage Sie> geehttester Freund, eben so sehr als mel
Clodius, Reime:c. sind bloße Nachworte des Erpen; daß Schultens demselben gefolgt ist, wundert mich; zu seiner Absicht wäre es bes» ser gewesen, eine andere Grammatik zuni Grul»» de gelegt zu haben. Doch dieß sind noch ««. verioz pliüologi^ues, von denen ich «de. Zeit und Glück werden mehr lehren, und Glaube« in Schauen verwandeln, Fo'i,» in l^«-«^!,». wie Hippokrates unterscheidet. Ich arbeite a l l e i n Keiner, der mir mit seinen Einsichten, Urtheil, oder wenigstens Geschmack zu Hülfe kommt. Sie können leicht denken, wie verlegen mich das öfters macht. Aber auch von der andern Seite desto mehr Northeile, und der Lohn meiner Mühe wird desto reicher seyn am Ziele meiner Laufbahn. Hier wird eine Wochenschrift Caroline her« auskommen-, deren Verfasser schon zum vor» aus bekannt ist, aber nichts verspricht. Viel» leicht brauch« ich diesen Canal oder diesen Rinn» stein vielmehr, um etwas durchschlüpfen zu» lassen, denn für das Intelligenzwelt hier fchlie» ße ich mit dem: Ol>e jZm «»«is »,>«t. Heute habe ich die Nachricht erhalte»/ daß die tön. Stipendiaten, die nicht im Stande sind, einen «e«um zu bestreiten, mit einer Abhandlung d a r i n davon kommen sollen. Dann würde es den Älomen einer m i l d e n S t i f t u n g in»



eigentlichen Verstande verdienen, den ich ihm vor einigen Wochen im Geiste schon gegeben habe. gz. An I . V . Llnbner, nach Niga. Königsberg, den 17. Jan. 1761.

Herzlich geliebtesier Freund, Die Einlage sollte schon vorige Post abgehen; ich habe aber an zwey Beyspielen an eincm Tage gesehen/ wie Dinge zurückgehen, die man sich noch so fest vornimmt, und wie gut ein Verzug ist. D i r Mensch ist weder Herr von der Zeit, noch von dem Wege, den, und wann er ihn. gehen soll. Es hat mir anständig geschienen, von unserem Intelligenzwerke auf eine solenne Art Abschied zu nehmen, weil mansicheingebil» Vet, daß ich vielleicht Entrepreneur davon wer» den könnte, wenn ich Lust hätte fortzufahren. Meine Feder weiß aber aufzuhören, und wür« de keinen Versuch anfangen, ohne das Ende vorher absehen und bestimmen zu können. Ich nehme mir die Freiheit, geliebtester Freund, Ihnen zwey Exemplare dieser Kleinigkeit bey» zulegen; das eine für S i e selbst; dem zwei» ten, wo eine kleine Zueignungsschrift von ei» ner Zeile befindlich, werden Sie die Liebe für wich haben, wenn es möglich, auf dem Nacht» tische eines ledigen Frauenzimmels, die meine

Wirthin in Riga gewesen, eine Stelle zu er« schleichen, wenn Sie vorher ein Couvert, mit schwarzem lack gesiegelt, ohne Aufschrift/ darüber gemacht haben. Ich hoff« nicht, daß Sie sich ein Gewis» sen oder «ine Schande daraus machen wer« den, einem guten Freunde zu Gefallen, den Unterhändler einer kleinen Autor-Galanterie abzugeben. Ihnen wird eben so viel als mir an der Aufnahme derselben gelegen seyn. M a n mag wie Micha! oder wie Abigail darüber mtheilen, so geht uns beid« die Sache nicht weiter an. S V viel unter uns, ohne daß ein dritter daran Theil nehmen darf. Die Arbeit selbst ist den m o n s t r i s e n Z e i c h n u n g e n gleich, von denen Sie wis. sen «erden, daß sie ihr verhültnißmaßiges Gesicht durch einen glänzenden Kegel echalten, in dem man sie sehen muß, wenn man sie erkennen will. Meine Arbeiten haben Gott Lob dies« Wo« che mit dem Evangelium von dem zwilfjühri« gen Knaben angefangen, und gestern habe ich den ersten Theil des Schultens über Hiob be« schloffen. Ich eile, mit diesem Buche fertig zu werden. Seine Weitläufigkeit, womit er alle Ausleger zerglieoelt, ist einem Qualme ähnlich, wodurch Hiobs Gestalt verdunftlt un» der Leser einer gleichen Prüfung der Gedul»

mit diesem Hilden ausgesetzt wird — und al< so auch Schultens ein leidiger Tröster für ke» ser, die mehr als den Buchstaben sehe«/ und sehen wollen. Unter allen Schriften dieses Mannes ist keine einzige, die mir gefallen hat, als seine Grammatik, die wirklich als ein Meisterstück in diesem Fache anzusehen ist. Warum ihm dieses Buch so gerathen, vermuthe ich immer zur Ursache, weil er in demselben a m ' F a d e n Alting's gehen müssen. 84. An I . G. Lindner, nach R i g a . K ö n i g s b e r g , den 7. Febr. 1761. ?ar Dien l paint äe Fel-ini»z,o>' i ! von«

j)I»it, ^lonzieur! die kleine Dedicationszeile ab» zuschneiden und das verbannte Exemplar einem andern anzubinden. Wissen Sie nicht, lieb» sier Freund, daß man nicht seines Nächsien Gut begehren soll? Ich umarme Sie für Ih» »e gütige Nachricht, und verharre, des Reimes wegen, wie ein Narr, bey meinen »ennen Sie, daß meine Muse ein siebenjährig Kind ist, die nichts als lesen gelernt hat? S i e ver» steht auch, wassieliest. Verzeihen Sie mir> daß ich diesen blinden Streich durch Sie ha» be ausführen müssen. Ich ersuche S i e um nicht mehr als die einzige Freundschaft, das Exemplar aufs beste zu Ihrer Niederlage zu ma-

49 machen, für die Sie mit gut stehen müssen. Und diese Kleinigkeit ist mir so wichtig, daß ich ausdrücklich deßwegen heute an Sie schrei» be, woran ich sonst in Monatftist nicht wür» de haben denken können. Ihrem Herrn Bruder gönne ich es nicht, sich mit meinen Papieien lustig zu machen; er hat edleren Zeitvertreib, als an mich zu denken. Dem meinigen habe ich Ihre Nach» lichten zweymal vorgelesen; ob er sie behalten wird, weiß ich nicht. Er hat gestern zwey Aderlaßlücher im Arm bekommen, es wollte aber kein Blut heraus. Heute soll er den Fuß hergeben. Seine Gesässe, die dcr hypo» chondrische Krampf noch enger macht, in denen die Täfte coagulirt, wo nicht pctnstcirl sind. So beurtheile ich seinen Körper. Zum Sau» fen und zum Lausen ist er nicht zu bringen. Er fängt jetzt an zu arbeiten im Geschmack seiner K i n d h e i t , woraus ich einige Hoffnung schöpfe. Er bemalt seine hebräische B . b c l ; wie er die Buchstaben nachzog und Bücher verderbte/ da er >» die Schieibschule ging. Weil ich B e s t ä n d i g k e i t und T r e u e in dieser Arbeit sel>e, so gefällt sie mir; sonst ist sie nichts werth, und dcr Neclende Fleiß zu seinem Schaden. Er sitzt wie ein Galee^ «n> Gefangener dabei). G e d u l d ist die ein» zige Arzney, und die giebt nur Gott so reich» Hamann'« Schriften III. Th. ^

5a lich als Eifer. Die kiebe brennt, die Klug« heit ist kalt. Man muß ein Genie seyn, um den Krieg der Elemente in der kleinen Welt zu ihrer Erhaltung regieren zu können. Der Glaube ist aber nicht jede>manns Ding. Noch eine große Bitte hübe ich an S i e , liebster Freund, die Sie mir nicht abschlagen «erden, weil ich Recht dazu habe. Um das kleine Pechkügelchen, davon Sie mir den Tnpum geschickt haben. Nun Sie werden mir auch diese Vitte nicht abschlagen. Ich habe es zu meinen Zauberkünsten nöthig und will einen Talisman daraus machen. Ich hatte eine weitläufige Beantwortung Ihrer Critik angefangen, sie ist aber mitten im kaufe unterbrochen worden durch eine Arbeit, die mir jetzt im Wege liezt Schreiben Sie mir, liebster Freund, so oft Sie können. Bis Ostern bitte ich mir aber eine Nachsicht in Antworten aus, als auf den höchsten R o t h « fall. Die Anpreisung der Soldatischen Denkwür» digkeiten habe ich in den Briefen der N . k. gelesen. Die Vergleichung der Winkelmanni» schen Schreibart ist der schmeichelhafteste Zug für mich. Die seichte Critik einiger Stellen macht die Zuverläsiigkeit der Anpreisung sehr verdächtig. Als ein Aniidol preise ich Ihnen das 37te Stück der hamburgischen Nachrichten

5l aus dem Reich der Gelehrsamkeit vom vorigen Jahre. Ich habe Hoffnung, dieser Iubilate» Messe beyzuwohnen, aber ineaZnilo. Die Anstalten zur Reise sollen so heimlich als möglich ge> halten werden. Heben Sie ja das Exemplar mit der kleinen Dedications - Zeile gm auf. Ich verlasse mich hierin auf Ihre Freundschaft, und umarme S i e und Ihre liebe Hälfte» 85. A n I . G. eindner, nach R i g a . K ö n i g s b e r g , den 7. März. 1761.

Herzlich geliebtester Freund, Ich danke I h , nen auf das zärtlichste für Ihre zweymalige Zuschrift. Jetzt habe ich Luft, Ostern recht ruhig halten zu können. Den logischen Theil von Aristoteles Werken habe ich schon geschlos» sen; mit dem Pentateuch komme ich noch mit Gemächlichkeit, wills G o t t , zu Ende; und Ruhe ist mir zu gönnen. Diese Woche erhielt ich aus Lübeck einen kleinen Pack, mit der Adresse, selbigen zu vertheilen, von dem Verleger der W o l k e n , der ein eben so großer Windbeutel seyn muß als ihr Autor. S i e meldeten mir gestern, daß Popowitsch die R ö m e r dafür erklärt hätte; und wenn die Rigische Meteoroscopie mit unserer übereinkömmt, so wird es an Klagen über W i n d in diesem Jahre nicht fehlen. Der

52 Verleger melde;, daß der Anonymus im Eon« tracte mit ikm abgemacht, an alle gelehrte ZeitunMlireibe!' in Deutschland, und an alle seine guten Freunde in Europa c>n Exemplar ßiati« z,l übersenden. Auf der Liste staid auch der Name des Hrn. I . 3. Berens in T t . Petersburg, zum Hoch,eitgeschenk. S>e wer» den also, liebster Freund, die Freun-»s>!>,n't für mich haben, durch eine unbekannte Hand auf beyliegmdes die Adresse macken, und es auf der Post abgeben zu lassen, ohne daß er weiß weder von Ihrem noch meinem Antheile da« »an. Die H a n d I o a b s in dem München der Frau von Thekoa wird einem Kenner nicht unsichtbar bleiben. Ich bitte es auf der Post zu bestellen, weil ich glaube, dast gedruckte Sachen nur das halbe Porto dorthin zahlen, und daß von Riga dorthin ohne Entgelt, Vrie« fe angenommen werden, auch das Porto nicht viel ausmachen wird. Irre ich in diesen drey Punkten, so überlasse ich es einer anderwei» tigen Besorgung, bitte mir aber mit ehestem Nachricht davon aus, wie auch, was Sie für gegenwärtigen Brief an Porto geben müssen. I n Ihrem Exemplare der Wolken werden Sie zwey Blatter finden, die mit warmer Faust geschrieben worden, und eine Antwort sind auf Ihre Critik der zwey letzten Stucke im Intelligenzwerk. Sie werden selbige bey

53 G e l e g e n h e i t mit ein wenig M u ß e lesen. Ich woüce sie gar nicht schicke», habe sie aber doch vorgesucbt, um Ihre llrcheile ein »rcnig zu rcct>f>cn cu. Die Zleyhcit wcidcn Sie mir nicht übel l.chmen. Sie gewinnen selbst dabey, wenn ich von meiner Seile verliere, oder auch in Ihrer guten Neynung verlieren sollte. Falls Ihnen daran gelegen, so haben Sie Gelegenheit, mir tiefer in die Karte, als Andere, zu sehen. Werde ich in Ihren Ur» theilen mehr Nichtigkeit absehen, so wer» den sie mir b r a u c h b a r e r , schätzbarer, nützlicher seyn können, als vor der Hand. Sie sehen, daß ich alles anwende, was für und wider mich ist. Die Irrthümer Ande» rer helfen m«r, wenn jenen Wahrheiten nach» theilig sind. Dem Äeinen ist alles rein. Ich will bloß v e r s t a n d e n , bloß gehört seyn; am Nechthaben 'ist mir so viel, als am kahlen Lobe gelegen. Beides findet sich beim Auskehr zeitig genug. Sie haben die Briefe der neuesten Gelehrsamkeit gelesen, und wer» den also mehr verstehen, als denen die Anprei» sung darin fremd ist. Von dcn M e m o i r e n ist der Schritt zum D r a m a gewesen; das ist von der Historie zur P o e s i e ; ob ich den letzten und steilsten zur Philosophie des Sokra, tts wagen werde, mag die Zeit lehren.

64 Beylage. Vey Gelegenheit zu überlesen. Den 23. Jan. l^uoä 8orlp5l, «cripzl.

W a s ich geschrie»

ben habe, das decke zu. Was ich noch schrei» ben soll, regiere du. S o sehr ich auch die D a u e r meiner Schriften wünschen würde, wenn ein Autor-Name mir wichtig genug schie« ne, so schwebt mir doch das!^cm«„tu mc»i Hey allen Ahndungen der Unsterblichkeit vor Augen. Anstatt es Ihnen übel zu nehmen, liebster Freund, wenn Sie r e i n heraus reden, so danke ich Ihnen dafür. D a Sie sich aber hinter so viel Feigenblätter verstecken, und bald eines Leipziger Arisiarchen Kernwort / bald eines deulschfranzösischen jungen Herrn l,un m eentiam xuelio««!, und man tadclc mich, daß

5Y ich die Mühe auf mich genommen, Ihr eigen Urtheil erst gründlich zu machen. Die „galante Welt" mag dem Diogenes im Fasse vorwerfen, was sie will. Daß aber Sie ein W o r t f ü h r e r der g a l a n t e n W e l t sind, und ihre Vorwürfe sich eigen machen, ist eben nicht Ihre Rolle, auch der Diogenes im Fasse schon ein aufgewärmter Einfall für mich, den ich einmal mit jenem Wunsche Ale« fanders beantwortet habe. Es geht aber der galanten Welt nicht al» lein so, daß sie Bagatellen mehr liebt als Hieroglyphen. Die Pharisäer wollten eben nicht von der galanten Welt seyn und liebten dennoch M ü n z , Till und Kümmel mehr, als die Zeichen der Gerechtigkeit im Urtheilen und der Liebe im Lossprechen. Daß die licentiÄ pnetica zu weit geht, liegt schon in dem Ausdrucke selbst, sonst wäre sie keine licentia, noch weniger poetie«. Ob die patriotische Freyheit nicht zu weit und noch weiter geht, daran denkt man aber nicht, oder hat nicht Lust, beide mit einander zu ver» gleichen. Wenn ein Sonnendiener und Mond» süchtiger Geheimnisse der Sittenlehre predigen will, so muß er sein Schild aushängen wie ich; ein Patriot aber muß mit Zittern und viel Klunheit, mit Schlangenlist und Tauben» Einfalt seine Feder zu r e g i e r e n wissen.

Wenn „ a n sch uarche n " Gottfched's Sprache ist, so mache ich mir aus ihrer Un» wisscnhcit eine Ehre. Was dieser Anschnarchen nennt, hat w der ästhetischen Welt vielleicht eine sanftere Benennung. Mein treuer Ge» Nius wolle mich bchücen / mit Gottsched's Sprache aufzuhören, da ich in einem besseren Tone angefangen. Die galante Welt verachtet eben ft sehr Bagatellen, als sie solche liebt. Sie schätzt Hieroglyphen hoch, so gleichgültig sie sich g!e«z'cl i,ut l!,e M i l l i o n , 't v a , K a v i a r w tke Weil meine Ferien noch sind, so nehme ich diese Gelegenheit heute m i t , da ich ohnedieß recht viel an S i e zu schreiben habe. Die Nu» he hat mir diese Woche recht Genüge gethan, und ich habe sie mit dem zweiten Theile von M i l t o n , worin sein ?«i2äi«e reß»ine6eo