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German Pages [305] Year 2014
© 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525536131 — ISBN E-Book: 9783647536132
Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments Herausgegeben von Jan Christian Gertz, Dietrich-Alex Koch, Matthias Köckert, Hermut Löhr, Joachim Schaper, David Andrew Teeter und Christopher Tuckett
Band 252
Vandenhoeck & Ruprecht
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Manfred Weippert
Götterwort in Menschenmund Studien zur Prophetie in Assyrien, Israel und Juda
Vandenhoeck & Ruprecht
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Mit einer Abbildung und einigen Tabellen
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-525-53613-1 ISBN 978-3-647-53613-2 (E-Book) © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen/ Vandenhoeck & Ruprecht LLC, Bristol, CT, U.S.A. www.v-r.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Printed in Germany. Druck und Bindung: f Hubert & Co, Göttingen Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.
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Inhalt Nachweis der Erstveröffentlichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
Assyrische Prophetien der Zeit Asarhaddons und Assurbanipals . . . . . .
9
Die Herkunft des Heilsorakels für Israel bei Deuterojesaja . . . . . . . . . .
48
Die Bildsprache der neuassyrischen Prophetie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
60
Aspekte israelitischer Prophetie im Lichte verwandter Erscheinungen des Alten Orients . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
87
Königsprophetie und Königsideologie in Juda: Zur „Nathansweissagung“ 2 Sam 7,4–17 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
104
„Das Frühere, siehe, ist eingetroffen…“: Über Selbstzitate im altorientalischen Prophetenspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 „Ich bin Jahwe“ – „Ich bin Ištar von Arbela“: Deuterojesaja im Lichte der neuassyrischen Prophetie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 „König, fürchte dich nicht!“: Assyrische Prophetie im 7. Jahrhundert v.Chr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 Anhang: Die neuassyrischen Prophetensprüche in Übersetzung . . . . . . .
207
Nachwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
227
Konkordanz: Museumsnummern : NAP (= SAA 9) und NAP (= SAA 9) : Museumsnummern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 Die Binnengliederung der Keilschrifttafeln nach Parpola und Weippert . 247 Bibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
248
Register der in den Aufsätzen behandelten NAP-Stellen . . . . . . . . . . . . .
288
Allgemeines Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Nachweis der Erstveröffentlichungen Assyrische Prophetien der Zeit Asarhaddons und Assurbanipals, in: F.M. FALES (Hrsg.), Assyrian Royal Inscriptions: New horizons in literary, ideological, and historical analysis (Orientis Antiqui Collectio, 17; Rom: Istituto per l’Oriente, Centro per le Antichità e la Storia dell’Arte del Vicino Oriente, 1981), 71–115 Die Herkunft des Heilsorakels für Israel bei Deuterojesaja, in: In Dubio Pro Deo: Heidelberger Resonanzen auf den 50. Geburtstag von Gerd Theißen am 24. April 1993, festgehalten von D. TROBISCH (o.O.u.J. [= Heidelberg 1993]), 335–350 (Privatdruck). Zuerst erschienen als: De herkomst van het heilsorakel voor Israël bij Deutero-Jesaja, Nederlands Theologisch Tijdschrift 36 (1982), 1–11 (z.T. von der deutschen Fassung abweichend) Die Bildsprache der neuassyrischen Prophetie, in: H. WEIPPERT/K. SEYBOLD/M. WEIPPERT, Beiträge zur prophetischen Bildsprache in Israel und Assyrien (Oriens Biblicus et Orientalis, 64; Freiburg Schweiz: Universitätsverlag/Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1985), 55–93 Aspekte israelitischer Prophetie im Lichte verwandter Erscheinungen des Alten Orients, in: G. MAUER/U. MAGEN (Hrsg.), Ad bene et fideliter seminandum: Festgabe für Karlheinz Deller zum 21. Februar 1987 (Alter Orient und Altes Testament, 220; Kevelaer: Butzon & Bercker/Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 1988), 287–319 Königsprophetie und Königsideologie in Juda: Zur „Nathansweissagung“ 2 Sam 7,4–17, in: TH. PODELLA/P. RIEDE (Hrsg.), Spuren eines Weges: Freundesgabe für Bernd Janowski zum fünfzigsten Geburtstag am 30. April 1993 (Heidelberg 1993), 291–302 (Privatdruck) „Das Frühere, siehe, ist eingetroffen…“: Über Selbstzitate im altorientalischen Prophetenspruch, in: J.-G. HEINTZ (Hrsg.), Oracles et prophéties dans l’Antiquité: Actes du Colloque de Strasbourg, 15–17 juin 1995 (Université des Sciences Humaines de Strasbourg, Travaux du Centre de Recherche sur le Proche-Orient et la Grèce Antiques, 15; Straßburg: Centre de Recherche sur le Proche-Orient et la Grèce Antiques/Paris: de Boccard, 1997), 147–169 (Résumé: S. 521f) „Ich bin Jahwe“ – „Ich bin Ištar von Arbela“: Deuterojesaja im Lichte der neuassyrischen Prophetie, in: B. HUWYLER/H.-P. MATHYS/B. WEBER (Hrsg.), Prophetie und Psalmen: Festschrift für Klaus Seybold zum 65. Geburtstag (Alter Orient und Altes Testament, 280; Münster: Ugarit-Verlag, 2001), 31–59 „König, fürchte dich nicht!“: Assyrische Prophetie im 7. Jahrhundert v.Chr., Orientalia NS 71 (2002), 1–54 Anhang: Die neuassyrischen Prophetensprüche in Übersetzung und Nachwort Originalbeiträge
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Vorwort Der hier vorgelegte Neudruck von acht Aufsätzen zur altorientalischen Prophetie aus den Jahren 1981–2002 geht auf eine Anregung von Jan Christian Gertz zurück. Die Artikel erscheinen im Wortlaut größtenteils unverändert;1 doch wurden ihr Layout vereinheitlicht, die bibliographischen Angaben auf ein einheitliches System umgestellt und in einer Gesamtbibliographie zusammengefasst, die Schreibung des Deutschen den gegenwärtig in der Bundesrepublik Deutschland gültigen orthographischen Regeln angepasst und Fehler aller Art korrigiert. Die Seitenzahlen der Originalpublikationen sind kursiv in eckigen Klammern in den Text eingefügt, so dass Zitate leicht gefunden werden können. Die Aufsätze inhaltlich auf den neuesten Stand der Diskussion zu bringen, erwies sich rasch als unmöglich, da sich in ihnen mein Anteil an der Forschungsgeschichte der letzten dreißig Jahre spiegelt, der sich gegen eine Aktualisierung sperrt.2 Das „Nachwort“, das für diesen Sammelband geschrieben worden ist, ist eine Art Nachholkapitel, in dem die Erschließung der neuassyrischen Prophetie seit 1981 beleuchtet, meine Definition von „Prophetie“ gegenüber Einwänden präzisiert und die Behandlung der Prophetie des 2. Jahrtausends aktualisiert wird. Über das Verhältnis der neuassyrischen zur alttestamentlichen bzw. israelitisch-judäischen Prophetie biete ich nur einige Bemerkungen zur Diskussion um „Protojesaja“, da ich die neuere Entwicklung wegen anderer Vorhaben, vor allem der zeit- und kraftraubenden Arbeit am Historischen Textbuch zum Alten Testament (erschienen 2010), nur eklektisch verfolgen konnte. Dass die Aufsätze ihren Schwerpunkt in der neuassyrischen Prophetie haben, erklärt sich vor allem aus der Forschungssituation ihrer Entstehungszeit. Über die prophetischen Zeugnisse aus Mari ist seit 1940 viel geschrieben worden, und auch die verstreuten Belege für verwandte Phänomene in Syrien waren zumindest zum Teil bekannt. Hingegen mussten die assyrischen Propheten der Zeit Asarhaddons und Assurbanipals bis in die achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts hinein um die Anerkennung ihrer Zugehörigkeit zur Zunft kämpfen, so dass es sich nahelegte, sie in den Vordergrund zu rücken. Inzwischen sind sie als Propheten und Prophetinnen weithin anerkannt, vor allem auch dank der Forschungen von Simo Parpola, Martti Nissinen und Maria deJong Ellis, um nur die su,mmacoi der frühen Jahre zu nennen. Dazu kommt, dass die assyrischen Prophetien den israelitisch-judäischen zumindest ————— 1 Nur bei der Definition von „Prophetie“ auf S. 88 wurde stärker in die Formulierung eingegriffen, die Änderung aber ebd. Anm. 3 erläutert. 2 In einigen Ausnahmefällen sind Querverweise oder Angaben über neuere Literatur hinzugefügt worden.
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Vorwort
zeitlich und literarisch viel näher stehen als die der altbabylonischen Periode aus Mari und Nērebtum. Herzlich danke ich dem früheren keeper des Department of Western Asiatic Antiquities (jetzt Department of the Middle East) des Britischen Museums, Edmond Sollberger, und seinen Mitarbeitern für die Bereitstellung von Photographien aller Keilschrifttexte der neuassyrischen Prophetien und für die Möglichkeit, die Originale in London zu kollationieren. Mein Dank gilt ferner Jan Christian Gertz dafür, dass er die Sammlung nicht nur angeregt, sondern sich auch bereit erklärt hat, sie in die Reihe Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments aufzunehmen, sowie den Betreuer(inne)n des Projekts im Verlag Vandenhoeck & Ruprecht. Dank gebührt auch den ursprünglichen Herausgebern und Verlegern der Aufsätze, die für den Neudruck ihr nihil obstat gegeben haben. Meine Frau, Helga Weippert, hat mir, wie so oft, in vielfältiger Weise geholfen; auch ihr danke ich sehr herzlich. Ich widme das Buch dem Andenken meines Lehrers Rykle Borger (1929– 2010), dessen wissenschaftliches Ethos mir seit meinem ersten Semester im Michaelishaus zu Göttingen (Sommer 1958) ein – wenn auch unerreichtes – Vorbild ist. Villeperdrix (Drôme), 1. August 2013
Manfred Weippert
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Assyrische Prophetien der Zeit Asarhaddons und Assurbanipals 1981 Unter den zahlreichen Zeugnissen der babylonisch-assyrischen Wahrsagekunst fallen auf Grund ihrer formalen und inhaltlichen Eigenart einige wenige Texte aus der Zeit der neuassyrischen Könige Asarhaddon und Assurbanipal auf, die in der Literatur zwar traditionell als „Orakel“ bezeichnet werden, die sich aber charakteristisch von den viel häufigeren Dokumenten der induktiven Divination unterscheiden. Sie können auf Grund etwa der folgenden Kriterien als eine zusammengehörige und von anderen Texten abzuhebende Gruppe bestimmt werden: 1.
2.
3.
4.
Die Texte enthalten in ihrer vorliegenden Form keinerlei Hinweise darauf, dass sie auf die Ausdeutung „technischer“ Orakel der gebräuchlichen Arten, etwa der Eingeweideschau, zurückgehen; sie stellen sich vielmehr als reine Wortgebilde dar. Es handelt sich jeweils um die direkte Anrede einer Gottheit an eine Person oder Personengruppe, meist den König, gelegentlich die Königinmutter (ummi šarre), den Kronprinzen oder die Bürger von Assyrien, wobei häufig auch der Name der vermittelnden Person und ihre Herkunft angegeben werden. Die Gottessprüche beziehen sich nicht, wie etwa die sog. „Prophezeiungen“1, ausschließlich auf die Zukunft, sondern sind augenscheinlich [72] in eine bestimmte, meist politische Situation hinein gesprochen. Sie sind auch nicht, wie die üblichen Omensammlungen, dafür bestimmt, immer wieder in verschiedenen Situationen angewandt zu werden. Ihre Einmaligkeit verbindet sie in gewisser Weise mit den von J.A. Knudtzon und E.G. Klauber bearbeiteten Orakelanfragen an Šamaš, die jedoch in den Bereich der „technischen“ Orakel bzw. der induktiven Divination gehören und zudem keine ausgeführten Antworten des Gottes enthalten. Die Texte sind größtenteils im neuassyrischen Dialekt verfasst.2
Diesen Kriterien entsprechen die Texte, die in Tabelle 1 (u. S. 44) unter Nr. 1– 7 aufgeführt sind, ebenso der durch seine dialogische Struktur etwas abwei————— 1 Die in Frage kommenden Texte und die maßgebende Literatur sind besprochen bei HEINTZ 1977; vgl. LAMBERT 1978. Ich mache hier einen künstlichen Unterschied zwischen „Prophetien“ (s. dazu u. S. 33–37 Abschnitt 4.1) und „Prophezeiungen“, der so durch den deutschen Sprachgebrauch nicht gedeckt ist. Dass die „Prophezeiungen“ eine Anzahl von vaticinia ex eventu enthalten und sich in den entscheidenden Weissagungen auf die unmittelbare Zukunft zu beziehen und damit eine (religions)politische Absicht zu verfolgen scheinen, beeinträchigt die formale Beschreibung dieser Texte als reine Zukunftsvorhersagen nicht. 2 K 1292+ (Tabelle 1 Nr. 2, s.u. S. 44) ist in stark assyrisierendem Neubabylonisch verfasst.
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Götterwort in Menschenmund
chende Text Nr. 8.3 Diese Gruppe ist im Folgenden näher zu betrachten. Im weiteren Sinne gehören auch die in Tabelle 1 (s.u. S. 44) als Nr. 9–11 verzeichneten Texte hierher. Bei ihnen handelt es sich ebenfalls um Aussprüche einer oder mehrerer Gottheiten; doch unterscheiden diese sich inhaltlich – durch den fast ausschließlichen Bezug auf die Vergangenheit – und durch den durchgängigen Gebrauch der neubabylonischen Sprache deutlich von Nr. 1–8. Sie bleiben deshalb hier ebenso außer Betracht wie der unveröffentlichte Text Sm 10364, eine Tafel mit 4(+x) Sprucheinheiten im neubabylonischen Dialekt, die zwar in assyrischer Schrift geschrieben ist, aber wegen des Vorkommens der Götter dZa-ba4-ba4 (Vs. 13´) und dBa-ba6 (Rs. 9) vielleicht eher aus südbabylonischem Milieu stammt.
1. Entstehung und Überlieferung der Texte 1.1. Einzel- und Sammeltafeln Wie Tabelle 1 (u. S. 44) zeigt, sind unter Nr. 1–8 fünf Tafeln vertreten, auf denen jeweils mehrere Sprucheinheiten verzeichnet sind. Diese sind, außer bei K 883 (Nr. 1), durch Paragraphenstriche voneinander abgesetzt.5 In [73] vielen Fällen werden die Sprucheinheiten durch eine Unterschrift abgeschlossen, die, eingeleitet durch issu pī „gemäß“, ihre Autorin oder ihren Autor nennt und eine Herkunfts- oder „Berufs“angabe hinzufügt – ein Hinweis darauf, dass auf einer Tafel jeweils Stücke unterschiedlichen Ursprungs vereinigt sind. Gelegentlich ist auch zu erkennen, dass die auf einer Tafel zusammengestellten Sprucheinheiten unterschiedliche Situationen voraussetzen. Diese Tafeln sind also typische Sammeltafeln. Ihre Entstehung hat man sich wahrscheinlich so zu denken, dass die Sprucheinheiten bei ihrer Niederschrift zunächst einzeln auf kleinen Tafeln festgehalten und erst zu einem späteren Zeitpunkt in einem zweiten Akt zu Sammlungen vereinigt worden sind. Einzeltafeln, wie sie eben als Quellen der größeren Textzusammenstellungen postuliert worden sind, sind tatsächlich in unserem Corpus mit drei Exemplaren vertreten. Von diesen lassen K 1292+DT 130 (Nr. 2) und K 1545 (Nr. 3) die Art ihrer Entstehung möglicherweise noch erkennen. K 1545 enthält anscheinend eine mit dibbē „Worte“ eingeleitete Überschrift (Z. 1). Darauf folgt ein Bericht darüber, dass jemand „fünf-, sechsmal“ idātu „Orakel“ ausgesprochen habe (Z. 2–4); leider ist hier durch starken Textverlust manches unklar. Erst danach wird der Wortlaut mitgeteilt, vorwiegend in der 1. Person Singular (Z. 5–11), wobei m.E. vorauszusetzen ist, dass es in Wirklichkeit nur um dieses eine „Orakel“ geht, das beim Offenbarungsempfang dann „fünf-, sechsmal“ wiederholt und schließlich aufgeschrieben worden ist. Bei K 1292+ ist ————— 3
Die wichtigste Literatur zu all diesen Texten in HKL I und II. S. Cat. IV, 1457, wo auch Rs. 1–9 in Keilschrift publiziert ist. 5 In K 883,12 beginnt das zweite Orakel nach der Redeeinführung [d Nin-]lil taq-ti-bi ma-a…
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Assyrische Prophetien der Zeit Asarhaddons und Assurbanipals
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ein in der üblichen Weise durch freien Raum vom eigentlichen Text abgesetzter Kolophon vorhanden, der zunächst die auch aus den Sammeltafeln bekannte Autorenangabe bietet (Rs. 3´f), dann ungewöhnlicherweise eine Datierung auf den 18. eines bestimmten Monats, wahrscheinlich des Kislīmu (Kislev), unter dem Eponymat des Bēl-šadûa, Statthalters von Tyrus (Rs. 5´f).6 Mag dieser limmu-Beamte auch eine [74] etwas apokryphe Figur sein,7 so ist aus dieser Datierung doch ersichtlich, wie genau man es mit der Aufzeichnung solcher Einzeltexte in einer bestimmten Situation nehmen konnte. Vielleicht darf man darüber hinaus aus K 1292+ schließen, dass die mit vergleichbaren Unterschriften versehenen Sprucheinheiten der Sammeltafeln ursprünglich ebenfalls datiert waren; in diesem Falle hätte man Grund zu bedauern, dass die Redaktoren der Sammlungen diese für die historische Einordnung der Sprüche bedeutsamen Informationen unterdrückt hätten. Über den dritten Vertreter der Gattung der Einzeltafeln, K 6259 (Nr. 6), können wegen starken Textverlusts nur wenige konkrete Angaben gemacht werden; doch scheint der Text weder einen Autorenvermerk noch eine Datierung enthalten zu haben. 1.2. Die Autoren und ihre Gottheiten Über die in den erhaltenen Über- und Unterschriften der Sprucheinheiten genannten menschlichen Vermittler der göttlichen Botschaften gibt Tabelle 2 (u. S. 45) Auskunft. Es handelt sich um dreizehn Personen, zehn Frauen und drei Männer, auf die fünfzehn der erhaltenen 29 Sprucheinheiten zurückgeführt werden, so dass wir von gut der Hälfte der Texte die Vermittler (oder Autoren) benennen können. Die Mehrzahl von ihnen stammt aus Arbela. Darunter ist Lā-dāgil-ile mit zwei Sprucheinheiten vertreten, die interessanterweise in zwei verschiedene Sammlungen Eingang gefunden haben, auch dies ein Hinweis auf die Art der Entstehung der Spruchzyklen, wie sie oben skizziert wurde. Einwohner anderer Orte werden seltener genannt: zwei Personen, ein Mann und eine Frau, kommen aus Assur (Libbi-āle), je eine Frau aus dem sonst unbekannten Ort Darāhūya, der im Text als „mitten in den Bergen“ ————— 6 Zu Rs. 3´ s. HKL II, 330. Der Monatsname in Rs. 5´ ist nach Cat. I, 261, BÁR(Nisannu), nach ZIMMERN 1910, 169 Anm. 12, KIN(Ulūlu); doch ist m.E. zwischen [I]TU und dem Rest des Endes des Monatsnamens noch Raum für zwei Zeichen, so dass anzunehmen ist, dass ein zusammengesetztes Logogramm gebraucht ist. Das letzte Zeichen ist höchstwahrscheinlich [N]A, so dass im Prinzip die Monate Duūzu, Ulūlu (s.o.) und Kislīmu in Frage kommen. Nach den Spuren des auf [I]TU folgenden Zeichens zu schließen, scheidet Ulūlu von vorneherein aus, wahrscheinlich auch Duūzu, so dass Kislīmu übrigbleibt (hierzu passen die Spuren). Demnach lautet der Kolophon: Rs. 3´ša K°A!(pī) munus!KAL!-šá-a-mur 4´[DUMU.MUNUS(mārat) uruLÍMMU.D]INGIR!(Arbaile) 5´[I]TI(urah) G[AN!? .GAN? .N]A!(Kislīme) U .18!.KÁM lim-mu I EN(Bēl).KUR-u-a(šadûa) 6´lú GAR.KUR(šakin māt) 4 Sur-re. 7 Er ist wohl mit dem Statthalter Bēl-Harrān-šadûa von Kār-Aššūr-ahu-idinna identisch (UNGNAD 1938, 446 s.vv.); danach wäre die Tafel in das Jahr 650 zu datieren.
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Götterwort in Menschenmund
liegend (ša birti šadêni K 4310 II 15´) beschrieben wird, und aus Kalhu. Von den beiden Frauen, die statt durch eine Herkunftsangabe durch eine „Berufs-“ oder Funktionsbezeichnung identifiziert werden, möchte man annehmen, dass sie in Assur zu Hause waren; nachweisen lässt sich das nicht. Es kann nicht überraschen, dass die meisten Sprucheinheiten, die in [75] den Autorenvermerken auf Einwohner von Arbela zurückgeführt werden, sich als Äußerungen der Ištar von Arbela geben. Auch dort, wo mehrere Gottheiten mit- oder nacheinander redend auftreten, ist sie mit von der Partie, so in den Sprüchen der Bayā (K 4310 II 16´–40´) zusammen mit Bēl und Nabû, in denen der KAL-šá-āmur (K 1292+) neben Ninlil. Sie ist auch in den „anonymen“ Sprucheinheiten stark vertreten, so dass mindestens vierzehn Einzeltexte, also knapp die Hälfte des vorhandenen Materials, ganz oder teilweise unter ihrem Namen gehen. Demgegenüber treten andere Gottheiten deutlich zurück. Nabû erscheint außer in den Sprüchen der Bayā nur in der ausschließlich den Gebeten Assurbanipals an ihn und seinen Antworten gewidmeten Tafel K 1285 in vier Sprucheinheiten, Ninlil in den zwei Weissagungen der Ninlilkabtat (K 883) und, zusammen mit Ištar von Arbela, in denen der KAL-šá-āmur (K 1292+). Es ist möglich, dass auch die Sprucheinheit K 12033+ I 1´–14´ auf Ninlil und Ištar zurückzuführen ist, da es sich deutlich, wie Z. 8´ mit der Selbstprädikation anīnu dištarātu „wir sind die Göttinnen“ zeigt, um Aussprüche zweier oder mehrerer weiblicher Gottheiten handelt; doch sind ihre Namen in den kümmerlichen Textresten nicht erhalten. Nur einmal treten Assur und Bēl als inspirierende Gottheiten auf, letzterer indessen auch nur im Zusammenhang einer Sprucheinheit, in der nacheinander er selbst, Ištar von Arbela und Nabû zu Wort kommen. Man darf bei Bēl wohl an Marduk denken, der, wie es scheint, in der Zeit, da Babylon und É-sag-íla in Trümmern lagen, doch nicht ganz geschwiegen hat. Mit einem einzigen Orakel ist zwischen den großen Göttern auch ein kleiner vertreten, Bēl-tarbāse, der m.W. außer in K 2401 II 8 nur noch im „Götteradressbuch“ von Assur vorkommt und dort zu den Torhütergöttern (dni-gab-meš) des Assurtempels É-šár-ra gehört.8 Betrachtet man den Inhalt des Spruchs – eine Proklamation der Weltherrschaft des Königs und Beistandszusagen –, so könnte man sich fragen, ob in K 2401 I 27–II 9 nicht in Wirklichkeit der Reichsgott Assur spricht; doch ist anderseits von ihm auch in der 3. Person die Rede, so dass das Orakel wohl doch auf Bēl-tarbāse zurückgeführt werden muss. Insgesamt ist ein deutliches Übergewicht der Ištar von Arbela gegenüber anderen Göttern festzustellen. Dieses Hervortreten der Herrin von Ar[76]bela ist so evident, dass es nicht auf Zufall beruhen kann, auch wenn sich unser Textmaterial angesichts der Zufälligkeit, des geringen Umfangs und der Lückenhaftigkeit des Erhaltenen nicht für statistische Untersuchungen eignet. Anders bei den übrigen Gottheiten: Sie stehen so sehr am Rande, dass aus ————— 8 S. FRANKENA 1954, 123 Z. 45, und vgl. M. WEIPPERT 1972, 474 Anm. 61 (gegen den Vergleich des Namens mit dem der Göttin dBēlet hisāri in Mari ist allerdings Vorsicht geboten).
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dem Vorkommen oder Nichtvorkommen eines Gottes oder einer Göttin in diesem Zusammenhang keine Schlüsse gezogen werden können; hier kann, statistisch gesehen, in der Tat der Zufall am Werk sein.
2. Form und Inhalt der Texte 2.1. Typen Die Existenz von Einzeltafeln und die Entstehung von Sammeltafeln aus solchen ursprünglich voneinander unabhängigen Aufzeichnungen göttlicher, durch bestimmte Menschen vermittelter Wortbotschaften lässt es geraten erscheinen, der weiteren Betrachtung unseres Textcorpus nicht die Sammlungen, sondern – wie es teilweise bereits oben geschehen ist – die einzelnen Sprucheinheiten zu Grunde zu legen. Jede dieser Einheiten musste ja ursprünglich aus sich selbst verständlich sein, und so bietet die Auflösung der Sammlungen die Möglichkeit, ihre Komponenten unabhängig von möglichen Interessen der späteren Kompilatoren und Redaktoren zu analysieren und zu interpretieren. Dies nötigt freilich auch dazu, in die Reihe der 29 erhaltenen Sprucheinheiten eine vorläufige Ordnung zu bringen, die die Übersicht erleichtert. Der Versuch einer vorläufigen Typologie der Einzeltexte kann an die Textanfänge anknüpfen. Es fällt nämlich auf, dass bestimmte Ausdrücke oder Wendungen am Beginn mehrerer Sprucheinheiten wiederkehren. Zugegebenermaßen ist das zunächst ein rein äußerliches Kriterium; die weitere Arbeit an den Texten wird sich aber auch damit zu befassen haben, ob einer bestimmten Einleitungsphrase nicht auch bestimmte formgeschichtliche oder inhaltliche Gegebenheiten entsprechen. In Tabelle 3 (u. S. 46) sind die 29 Sprucheinheiten nach ihrem jeweiligen Incipit typologisch eingeordnet, wobei der Vollständigkeit halber auch die „atypischen“ oder typologisch nicht bestimmbaren Stücke aufgeführt sind. Die Einleitung von Typus 1 setzt sich zusammen aus dem Status constructus des Wortes abutu „Wort“ und einem Gottesnamen im Genitivus subjectivus, ist also mit „Wort der Gottheit N.N.“ wiederzugeben. Daran schließt sich in K 2401 II 33–III 14´ und III 15´–36´ die Adresse ana PN + Epitheta [77] an, worauf das Corpus der Sprucheinheit folgt. In K 6259 und K 12033+ II 29´–39´ fehlt die Adresse; hier setzt nach der Einleitung abat GN sofort der Hauptteil ein. Beide Varianten finden sich im Formular der neuassyrischen Königsbriefe wieder, die bekanntlich assyrisch mit abat šarre, babylonisch mit amāt šarri beginnen und danach eine fakultative Adressenangabe ana PN enthalten können.9 Dieses Formular dürfte daher als Vorbild für Typus 1 der neuassyrischen ————— 9 Einige Beispiele aus ABL: abat šarre 301,1; 302,1f; 303,1f; 304,1; 305,1f; 306,1; 417,1f; amāt šarri 288,1f; 292,1; 293,1f; 294,1f; 295,1.
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Götterwort in Menschenmund
Gottessprüche gedient haben, die somit gleichsam als Briefe der Gottheit an den König (bzw. in K 6259 vielleicht die Königinmutter) erscheinen. Eine abat-Formel steht auch in der Überschrift der Tafel K 883 in der Form abat šarre; doch liegt hier in šarre offensichtlich ein Genitivus objectivus vor, so dass „ein Wort an den König“ zu übersetzen ist. Diese abat-Formel darf somit nicht mit der Einleitung des Typus 1 verwechselt werden. Typus 2 beginnt mit der Selbstvorstellungsformel10 anāku GN „Ich bin die Gottheit N.N.“, worauf eine Anrede, d.h. ein Personenname (+ Epitheta) im Vokativ (K 4310 III 7´f), oder eine Adresse der besprochenen Form (K 4310 V 12f) folgt. Anrede bzw. Adresse fehlen in den drei Abschnitten der Sprucheinheit K 4310 II 16´–40´, die nur mit der Selbstvorstellungsformel eingeleitet werden (16´.30´.38´), da die Anrede bereits in der Einleitung zur Gesamteinheit (16´) vorweggenommen worden ist. In der Regel wird in der Literatur angenommen, dass die Verwendung der Selbstvorstellungsformel in der Offenbarungsrede in polytheistischem Milieu sich von selbst verstehe, da es dort notwendig sei, die sprechende Gottheit namentlich zu identifizieren.11 Doch dürfte sich in Wirklichkeit mehr dahinter verbergen, da in bestimmten Fällen die Gottheit bereits durch die Umgebung, in der ihre Botschaft erging, etwa ihren Tempel, hinreichend gekennzeichnet gewesen sein mag, und die Selbstvorstellungsformel [78] zudem auch im Inneren von Sprucheinheiten vorkommt, wo eine erneute Bekanntgabe des Namens des Sprechers bzw. der Sprecherin überflüssig ist. Dazu kommt, dass die Selbstvorstellungsformel außerhalb unserer Texte auch dort belegt ist, wo von vorneherein kaum ein Zweifel über die Identität der redenden Gottheit bestehen konnte, nämlich in der alttestamentlichen Prophetie. Man wird also annehmen dürfen, dass die emphatische Nennung des Namens der Gottheit in der Selbstvorstellung bei Adressaten der Botschaft bestimmte Assoziationen hervorrief, etwa solche theologischer Natur mit den Eigenschaften oder Wirkungsbereichen der betreffenden Gottheit, oder solche persönlicher Art mit Erfahrungen, die der angesprochene Mensch bereits früher mit ihr gemacht hatte.12 Gerade auf letzteres wird in den Sprüchen ja auch häufig explizit hingewiesen. Die beliebteste Einleitung der Sprucheinheiten ist die des Typus 3: lā tapallah „Fürchte dich nicht!“ Sie ist stets mit einer Anrede (Vokativ) gekoppelt, wobei man, wenn man will, auf Grund der Stellung der Anrede vor oder nach dem Aufruf zur Furchtlosigkeit zwei Varianten unterscheiden kann (K 4310 I 4´f. 30´; K 12033+ III 20´ : K 883,2; K 1285,24; K 4310 II 16´.VI 1 [?]; K 12033+ I 15´). ————— 10 Im Folgenden wird formal zwischen „Selbstvorstellung“ – „Ich (bin) + GN“ – und „Selbstprädikation“ – „Ich (bin) + Appellativum etc.“ – unterschieden, wenngleich die „Selbstvorstellung“ ebenfalls als Selbstprädikation betrachtet werden kann. Zur Problematik s. DIJKSTRA 1980, 11–16. [S.u. S. 142 Anm. 56.] 11 Vgl. z.B. GRESSMANN 1914, 286f; Weiteres bei DIJKSTRA 1980, 31 Anm. 53. 12 Deshalb gehört die Selbstvorstellung auch zu den Selbstprädikationen; s.o. Anm. 10.
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Assyrische Prophetien der Zeit Asarhaddons und Assurbanipals
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Ähnlich wie die Selbstvorstellungsformel anāku GN kommt lā tapallah mit und ohne Anrede auch im Inneren von Sprucheinheiten vor, darunter solchen, die einem anderen als Typus 3 angehören. Die Herkunft und Bedeutung dieser Formel ist umstritten.13 Gerne nimmt man an, dass sie in der Offenbarungsrede dazu dient, dem Angesprochenen die Furcht vor dem Numinosen zu nehmen. Dies ist eine Erklärung, die bei der Rekonstruktion der Geschichte der Formel sicher zu erwägen ist; anderseits ist jedoch auch deutlich, dass dieser Aspekt hier keine Rolle (mehr?) spielt. Hier geht es darum, dem Adressaten Vertrauen in die Macht und die Zusagen der Gottheit einzuflößen. Mit J. Becker kann man daher von einer „Beruhigungsformel“ sprechen. Im Folgenden ist für lā tapallah und seine semantischen Äquivalente [79] in anderen Sprachen der Ausdruck „Beschwichtigungsformel“ gebraucht. Typus 4, der in Tabelle 3 (u. S. 46) mit dem Stichwort šulmu bezeichnet ist, ist formal weniger gut greifbar als die bisher besprochenen Typen. Im Eingang einer Sprucheinheit begegnet šulmu nur in K 4310 V 26, gefolgt von der Adresse in der Form ana PN (+ Epitethon), wobei die beiden Elemente einen Nominalsatz bilden: „Heilsorakel für Asarhaddon, den König von Assyrien.“ Dies ist deutlich eine Überschrift, an die in Z. 27–30 zunächst auch erst eine Verumständung des folgenden Gottesspruchs angeschlossen ist. Ohne Einleitung beginnt die Sprucheinheit K 2401 II 10–32, die sofort medias in res geht. Sie wird jedoch in der Unterschrift Z. 26 als šulmu bezeichnet. Hierauf folgen in Z. 27–32 Anweisungen, die aus dem Text der zu Grunde liegenden Einzeltafel übernommen sind und angeben, wie deren Inhalt dem König zu Gehör zu bringen ist; in diesem Zusammenhang wird die Tafel auffälligerweise als tuppi adê…ša dAššūr „Eidestafel Assurs“ bezeichnet (II 27). Bei der Sprucheinheit K 2401 I 27–II 9 ist der Anfang nicht vollständig erhalten. Deutlich ist, dass auf die ersten, heute weggebrochenen Wörter die Anrede mārū māt Aššūr „Bürger Assyriens“ gefolgt ist (I 26). Was vorausging, kann nicht rekonstruiert werden. Wie II 10–32 wird auch diese Sprucheinheit in der Unterschrift als šulmu bezeichnet (II 8). Stellt man diese stilistische Uneinheitlichkeit in Rechnung, so kann mit gutem Grund gefragt werden, ob das Material überhaupt dazu berechtigt, von einem vierten Typus von Gottessprüchen zu sprechen. Die Frage kann nicht ohne Weiteres bejahend oder verneinend beantwortet werden; wir halten deshalb vorerst aus mehr praktischen Erwägungen an Typus 4 fest. Seine Undeutlichkeit kommt vielleicht auch daher, dass der Begriff šulmu „Heil“ eine allgemeine Gattungsbezeichnung für „Heilsorakel“ ist und im Grunde auch auf die meisten anderen hier zur Diskussion stehenden Sprucheinheiten angewandt werden könnte. Die Stücke K 2401 I 27–II 9 und II 10–32, die hier unter Typus 4 eingeordnet worden sind, können wegen ihres unvermittelten Einsatzes ebenso gut mit ————— 13 Vgl. zum Folgenden die jüngsten Zusammenfassungen bei PLATH 1963, 113–122; J. BECKER 1965, 50–55; DEROUSSEAUX 1970, 90–97, sämtlich mit Diskussion der älteren Literatur.
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Götterwort in Menschenmund
den Einheiten K 1285,8–12.32–37 und K 4310 II 11´–15´ zusammengestellt werden, die in Tabelle 3 (u. S. 46) zu den „atypischen“ Sprüchen gerechnet werden. „Atypisch“ bedeutet in diesem Zusammenhang nur, dass die Einheiten keine der drei bzw. vier „typischen“ Einleitungen aufweisen. Von den uneingeleiteten Texten ist K 4310 II 11´–15´ besonders merkwürdig, zunächst wegen der Kürze – von der Unterschrift abgesehen besteht das Ganze nur aus zwei knappen Sätzen –, sodann aber auch, weil die redende Gottheit es an[80]scheinend nicht für nötig fand, sich mit ihrem Namen vorzustellen. Aus der Anrede an die Stadt Arbela in Z. 12´ ist jedoch mit großer Sicherheit zu schließen, dass es sich um Ištar von Arbela handelt. Ansonsten gehören in diese Rubrik noch zwei Sprucheinheiten, die mit einer Redeeinführung beginnen, in der Formen von qabû „sprechen“ (pf. G in K 883,12, präs. Gtn in K 1285,13) verwendet werden. Ziemlich schwierig ist K 1545, dessen Einleitung anscheinend eine mit dibbē… „Worte“ beginnende Überschrift (Z. 1) und einen Bericht über die Umstände, unter denen die Weissagung zu Stande kam (Z. 2–4) enthält; wegen starken Textverlusts ist hier aber das meiste unklar. Beschädigungen der Tontafeln sind auch der Grund, weshalb die unter „Typus unklar“ zusammengestellten Sprucheinheiten typologisch nicht oder nicht eindeutig eingeordnet werden können. Dies gilt vor allem für die Stücke K 4310 V 1–11 und K 12033+ III 1´–19´, bei denen der erhaltene Text erst mitten im Spruchcorpus einsetzt, so dass über ihren Anfang nichts gesagt werden kann. K 1292+ weist eine Einleitung auf, die in Vs. 1f parallel im Genitiv nach ša die Namen der Göttinnen Ninlil und Bēlat Arbaile nennt, in Vs. 3 und wahrscheinlich auch 4 einige preisende Prädikationen der Gottheiten hinzufügt und in Vs. 5–7 von deren ständigem Heilshandeln an Assurbanipal spricht, bevor in Z. 8 eine uneingeführte Gottesrede, auffälligerweise in der 1. Person Singular, beginnt. Leider sind die für die typologische Einordnung von K 1292+ entscheidenden Zeilenanfänge in Vs. 1f abgebrochen. Mit dem einzigen erhaltenen Zeichen, dem …]-nu von Z. 1, ist vorläufig nichts anzufangen; Zimmerns nach eigenem Eingeständnis „etwas kühne“ Ergänzung [U4(ūm) i-sin]-nu „Festtag“ auf Grund gewagter Erwägungen zur Bedeutung des in der Datierung des Texts (Rs. 6´f) genannten 18. Monatstags14 erscheint mir nicht haltbar, so lange man aus inhaltlichen Gründen daran festhalten kann, dass K 1292+ zu den hier zu behandelnden Gottessprüchen gehört. Auch bei K 12033+ I 36´–II 28´ ist der für die Klassifizierung unabdingbare Anfang von I 36´ abgebrochen. Was von der Zeile erhalten ist, lässt zwei an sich gleichwertige Ergänzungen zu, auf Grund derer das Stück entweder zu Typus 1 oder zu Typus 2 gestellt werden könnte: [a-bat oder a-na-ku d Be-]let LIMMÚ.DINGIR(Arbaile) „[Wort der/Ich bin die Her]rin von Arbela“. Die Fortsetzung mit Anrede (I 37´) und höchstwahrscheinlich Beschwichtigungs————— 14
ZIMMERN 1910, 169 m.Anm. 12.
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formel (I 38´) könnte aber den Aus[81]schlag für die Zuweisung zu Typus 2 („anāku GN“) geben. 2.2. Die Bausteine der Texteinheiten Es soll an dieser Stelle noch einmal unterstrichen werden, dass die Einteilung des Textmaterials in „Typen“ anhand der Einleitungsformeln bzw. des Terminus šulmu noch keine Aussagen über die Gattungszugehörigkeit der Sprucheinheiten präjudiziert. Der Begriff der „Gattung“, so eng er etwa im Bereich der alttestamentlichen Forschung mit dem Konzept der „Formgeschichte“ oder „Formkritik“ („form criticism“) verknüpft ist, ist ja keine rein formale, sondern auch und viel eher eine semantische Kategorie, die zum Ausdruck bringen soll, wie sich bei sprachlichen Äußerungen Inhalt und Form entsprechen: ein bestimmter Inhalt wird in einer bestimmten, meist traditionell und überindividuell vorgegebenen Form – etwa durch spezifische Wortwahl und eine als angemessen empfundene Textstruktur – ausgedrückt; anderseits lässt eine bestimmte Form darauf schließen, dass der Text einen bestimmten Inhalt vermitteln will. Auf die Gattungsfrage, die hier keineswegs so einfach liegt, werden wir unten zurückkommen;15 hier wollen wir uns zunächst den Elementen zuwenden, aus denen die Sprucheinheiten aufgebaut sind. Als Grundlage einer Analyse gebe ich im Folgenden Text und Übersetzung dreier Gottessprüche, die zugleich als Beispiele für die drei Typen lā tapallah (Typus 3: K 4310 I 4´–29´), anāku GN (Typus 2: K 4310 III 7´–IV 35) und abat GN (Typus 1: K 2401 III 15´–36´) dienen können. Durch römische Ziffern werden die Texte in rhetorische Abschnitte zerlegt, die daraufhin den jeweiligen Bauelementen zugewiesen werden. Die Termini technici für letztere sind in mehr oder minder enger Anlehnung an den Begriffsschatz der alttestamentlichen Gattungsforschung gebildet. K 4310 I 4´–29´16 I II III IV V VI
[Aššūr-ahu-idi]nna šar mātāte [lā t]apallah [y]au17 šāru ša īdibakkāni aqappušu lā aksupūni [82] nakarūtēka kī šahšūrē ša simāne ina pān šēpēka ittangararrū bēltu rabītu anāku anāku Issar ša Arbaile ša nakarūtēka ina pān šēpēka akarrarūni18
————— 15
S.u. S. 25–27 Abschnitt 3.1. S. meine Bearbeitung von Z. 4´–24´ in M. WEIPPERT 1972, 473f, die hier vorausgesetzt wird. 17 In I 7´ liest V.SODEN 1972, 348; AHw 931b, auf Grund einer Kollation von D.J. Wiseman qa-i „warte (den Wind) ab!“, BANKS 1897/98, 269.270; M. WEIPPERT 1972, 473 m.Anm. 56, [š]u-i „sieh (den Wind) an!“, beides epigraphisch nicht recht befriedigend. Nach freundlicher Kollation von W.G. Lambert ist am ehesten [i]a!-u „welcher, was für ein“ (bab. ayyu) zu lesen. 16
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Götterwort in Menschenmund VII VIII IX X XI XII XIII XIV XV XVI I II III IV V VI VII VIII IX X XI XII XIII XIV XV XVI
ayyūte dibbēya ša aqabbakkanni ina muhhe lā tazzizūni anāku Issar ša Arbaile nakarūtēka uqayya addanakka anāku Issar ša Arbaile ina pānātūka ina kutallēka allaka lā tapallah attā ina libbi mūge anāku ina libbi ūa atabbe uššab [Asarhad]don, König der Länder, [f]ürchte dich [nicht]! [W]as für einen Wind (gab es), der gegen dich anstürmte, dessen Flügel ich nicht abgebrochen habe? Deine Feinde rollen wie reife Äpfel vor deinen Füßen umher. Die große Herrin bin ich! Ich bin Ištar von Arbela, die ich deine Feinde vor deine Füße hinwerfe! Welches sind denn meine Worte, die ich zu dir gesprochen habe, auf die du dich nicht verlassen konntest? Ich bin Ištar von Arbela! Deinen Feinden lauere ich auf, übergebe (sie) dir. Ich bin Ištar von Arbela! Vor dir, hinter dir gehe ich her. Fürchte dich nicht! Du liegst in Krämpfen – ich bin in Schmerzen. Ich erhebe mich – du bleib sitzen!
Bauelemente 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12.
Anrede Beschwichtigungsformel Hinweis auf früheres Heilshandeln Selbstprädikation der Gottheit Selbstvorstellung der Gottheit mit Attribut (Übergabeformel) Hinweis auf frühere verlässliche Zusagen Selbstvorstellung der Gottheit Beistandszusage (mit Übergabeformel) Selbstvorstellung der Gottheit Schutzzusage Beschwichtigungsformel Beistandszusage
I II III.IV V VI VII [83] VIII IX X XI XII XIII–XVI
————— 18 I 14´ lies ak-kara-ru-u-ni; vgl. K. Deller und S. Parpola bei I SHIDA 1977, 91 Nr. 3. Zur Schreibung mit -kk- s. aq-qa-ba-kan-ni für aqabbakkanni in Z. 16´.
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Bei K 4310 I 4´–29´ handelt es sich um eine Rede der Ištar von Arbela, die in der Unterschrift Z. 28´f auf eine Frau19 namens Issar-lā-tašīyat aus Arbela zurückgeführt wird, über die mir sonst nichts bekannt ist. Der Text zerfällt, von der einleitenden Anrede mit Beschwichtigungsformel (I) abgesehen, in zwei große Hauptteile, von denen der erste, Z. 5´–14´ (II–VI), in die Vergangenheit, der zweite, Z. 15´–27´ (VII–XVI), in die Gegenwart und Zukunft weist. Im ersten Teil geht es um früher dem König gewährte Hilfe im Kampf gegen seine Feinde (III.IV) und um die erwiesene Verlässlichkeit früherer Zusagen der Göttin (VII); beide Hinweise werden höchst effektvoll durch die emphatische Selbstprädikation und Selbstvorstellung der Ištar von Arbela (V.VI) voneinander getrennt. Deutlich ist, dass dieser Hauptteil durch die Erinnerung an früheres göttliches Heilshandeln vertrauensbildend wirken und den zweiten Hauptteil vorbereiten soll. Dieser beginnt mit einer erneuten Selbstvorstellung der Göttin (VIII), der eine Zusage von Beistand in der Auseinandersetzung des Königs mit seinen Feinden (VIII.IX) folgt. Die Formulierung mit der sog. Übergabeformel (hier addanakka) gehört in den Vorstellungsbereich des sog. „Heiligen Krieges“, in dem die „eigentlichen“ Entscheidungen von den Göttern herbeigeführt werden.20 Eine weitere Selbstvorstellungsformel (X) leitet über zu der Zusage göttlichen Schutzes (XI), die mit der Beschwichtigungsformel (XII) abgeschlossen wird. Es folgt eine Passage (XIII.XIV), in der das [84] Mitleiden der Göttin mit den Sorgen des Königs zum Ausdruck kommt, und die die Einleitung zu der abschließenden Beistandszusage (XV. XVI) bildet, die wiederum die Alleinwirksamkeit Ištars unterstreicht, vor allem in der Aufforderung an den König, „sitzen zu bleiben“21. Besonders interessant sind in diesem Text die Naturbilder, die für die Vernichtung der Feinde gebraucht werden, und die ähnlich auch in anderen Sprucheinheiten vorkommen, sowie die Verwendung der Selbstvorstellungsformel anāku GN als gliederndes Element. K 4310 III 7´–IV 35 I II
anāku Issar ša [Arbaile] Aššūr-ahu-idinna šar māt A[ššūr]
————— 19 In M. WEIPPERT 1972, 473, habe ich Issar-lā-tašīyat auf Grund der Textedition fälschlich als Mann bezeichnet. Zum Namen „Vernachlässige Ištar nicht!“ s. STAMM 1939, 205. 20 Vgl. dazu M. WEIPPERT 1972. Die Bezeichung „Heiliger Krieg“ ist konventionell. Sie ist unzutreffend, wenn man damit eine besondere „sakrale“ Art der Kriegsführung von der „normalen“ („profanen“) unterscheiden will. Jeder antike Krieg fand nach bestimmten Regeln statt und involvierte die Götter, so dass er ein bestimmtes Ritual erforderte und ideologisch-theologisch bewältigt werden musste. Der in den Texten sich ausdrückende „Vorstellungsbereich des sog. Heiligen Krieges“ ist darum im Grunde der eines jeden antiken Krieges. Übrigens ist der ideologische Aufwand zur Rechtfertigung und Bewältigung der Kriege des europäischen Mittelalters und der Moderne mutatis mutandis durchaus mit dem der Antike zu vergleichen. 21 Man beachte die chiastische Struktur „du – ich : ich – du“ in XIII–XVI!
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Götterwort in Menschenmund III IV V VI VII VIII IX X XI XII XIII XIV XV XVI XVII XVIII XIX XX XXI XXII XXIII XXIV XXV XXVI XXVII XXVIII XXIX XXX
I II III IV V VI VII
ina Libbi-āle Nin[uwa] Kalha Arbaile ūmē arkūt[e] šanāte dārât[e] ana Aššūr-ahu-idinna šarrīy[a] addana sabsubtak[a] rabītu anāku mušēniqtaka22 dēqtu anāku ša ūmē arkūte šanāte dārâte kussâka ina šapal šamê rabûte uktīn ina masseke ša hurāse ina qabal šamê aharridi nūr ša ilmeši ina pān Aššūr-ahu-idinna šar māt Aššūr ušanammara23 kī agê ša kaqqidīya aharrissu lā tapallah šar aqtībak lā aslīk[a] utakki[lka] lā ubāš[ka] nāru ina tuqunne ušebbarka Aššūr-ahu-idinna aplu kēnu mār Ninlil hangaruakku ina qātēya nakarūtēka uqatta Aššūr-ahu-idinna šar māt Aššūr kāsu ša malû qīlte kalappu ša 2 šiqil Aššūr-ahu-idinna ina Libbi-āle ūmē arkūti šanāti dārâti addanakka Aššūr-ahu-idinna ina libbi Arba[i]le arītka dēqtu an[āku] [85] Aššūr-ahu-idinna aplu k[ēnu] mār Nin[lil] hissat[ka] hassā[ku] artāmk[a] adan[niš] ina kizirtīk[a] ina šamê rabût[e] ukâlk[a] ina imittīk[a] qutru uqatt[a]r24 ina šumēlīk[a] išātu uša[kkal] šarruttu ina mu[hhi…] … Ich bin Ištar von [Arbela]! Asarhaddon, König von A[ssyrien], in den Städten Assur, Nin[eve], Kalhu (und) Arbela gebe ich lang[e] Tage, dauernd[e] Jahre Asarhaddon, mei[nem] König. Dei[ne] große Hebamme25 bin ich! Deine gute Amme bin ich! Für lange Tage, dauernde Jahre habe ich deinem Thron unter dem großen Himmel Dauer verliehen. In goldener Kammer26 im Himmel wache ich (darüber).
————— 22
Original III 17´ mu-še-NIN(lies *niq)-ta-ka. Ein Beispiel für das Präsens des seltenen ŠD-Stammes; vgl. dazu GAG § 95ab. 24 IV 30 lies u-qa-at-t[a]r!. 25 sa-ab-su-ub-ta-k[a] III 15´ kann nur eine neuassyrische Nebenform oder Verballhornung des Wortes š/tabsūtu „Hebamme“ (s. dazu V.SODEN 1957/58) oder Schreifehler für sa-ab-su-*ut-ta-k[a] sein. Bei v.Sodens Zitat der Stelle in AHw 1000a kann nur eine entsprechende Emendation, nicht ein Kollationsergebnis vorliegen. 23
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Assyrische Prophetien der Zeit Asarhaddons und Assurbanipals VIII IX X XI XII XIII XIV XV XVI XVII XVIII XIX XX XXI XXII XXIII XXIV XXV XXVI XXVII XXVIII XXIX XXX
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Bernsteinlicht lasse ich vor Asarhaddon, dem König von Assyrien, leuchten. Wie die Krone meines Hauptes bewache ich ihn. Fürchte dich nicht, König! Ich habe dich eingesetzt27, ich täuschte di[ch] nicht, ich macht[e dir] Mut, ich ließ [dich] nicht zu Schanden werden, indem ich dich den Fluss ohne Gefahr28 überschreiten ließ. Asarhaddon, rechtmäßiger Erbsohn, Sohn der Ninlil! … Mit meinen Händen mache ich deinen Feinden ein Ende. Asarhaddon, der König von Assyrien, ist ein Becher voll Soda(kraut)29, eine Hacke von zweisic Sekeln (Gewicht). Asarhaddon, in der Stadt Assur gebe ich dir lange Tage, dauernde Jahre. Asarhaddon, in der Stadt Arb[e]la bin i[ch] dein guter Schild. [86] Asarhaddon, re[chtmäßiger] Erbsohn, Sohn der Nin[lil]! [Deiner] gedenke i[ch] (unablässig). Ich liebe di[ch] seh[r]. An dei[nem] Haarschopf halte ich di[ch] vom große[n] Himmel aus. Zu dei[ner] Rechten lasse ich Rauch aufstei[ge]n, zu dei[ner] Linken Feuer fres[sen]. Das Königtum übe[r…] …
Bauelemente 1. 2. 3. 4. 5. 6. —————
Selbstvorstellung der Gottheit Anrede Schutzzusagen (IV.V Selbstprädikation der Gottheit im Rahmen der Schutzzusagen) Beschwichtigungsformel + Anrede Hinweis auf früheres Heilshandeln (Beistand) Anrede (+ Epitheta)
I II III–IX X XI–XV XVI
26 ma-se-ke III 23´: Ass. massuku kann = bab. massaku „Teppich“ (in Tempeln; so AHw 619a) oder = bab. maštaku „Gemach, Zelle“ (auch von Göttern) sein; m.E. liegt Letzteres näher. LEWY 1949, 93 m.Anm. 274, übersetzt „chamber“, erklärt massuku in der Anmerkung aber als „Teppich“. 27 aq-ti-ba-ak III 31´ kann nicht, wie man gewöhnlich annimmt, zu qabû „sprechen“ gehören, weil dann das -i- nicht erklärt werden kann. Es handelt sich vielmehr um *qiābu für qiāpu „einsetzen“ (in ein Amt). 28 tuqunnu IV 3 m.E. von /tqn/, also „Geordnetheit, Ordnung“ i.S.v. „Sicherheit“ (so bereits DELITZSCH 1896, 713a), nach AHw 1372a s.v. tuqnu hingegen „ein Kopfbund?“, mit Lesungsvorschlag tu-qu-un Ì(šamme). Bei der stark phonetischen Schreibweise unserer Texte ist mir Letzteres nicht wahrscheinlich. 29 qīltu ist nach den Listen eine Pflanze, die W. v.Soden (AHw 921a) nach arab. qilw/qily/qilan „Alkali, Pottasche“ als „Sodakraut“ erklärt. Wenn die Gleichsetzung stimmt, wäre eventuell an einen Absud von solchen Pflanzen zu denken, da kāsu meist eine Trinkschale oder ein Trinkbecher ist.
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… (unklar) XVII Beistandszusage XVIII Prädikation des angeredeten Königs (verschlüsselte Beistandszusage) XIX Anrede XX Schutzzusage (Leben) XXI Anrede XXII Schutzzusage XXIII Anrede (+ Epitheta) XXIV Schutzzusagen XXV–XXVII Beistandszusagen XXVIII–XXX …
Dies ist eine relativ lange Sprucheinheit, deren Schluss nicht erhalten ist, so dass wir nicht wissen, von wem sie stammt. Die redende Gottheit ist wieder, wie aus der einleitenden Selbstvorstellung hervorgeht, Ištar von Arbela. Hier folgen auf die Anrede sofort Schutzzusagen (III–IX). Sie zerfallen in zwei Teile, in denen dem König ein langes Leben (III) und eine lange, von der Göttin begünstigte Regierung (VI–IX) verheißen werden. Als gliedernde Elemente dienen, ähnlich wie bei dem zuerst betrachteten Text, zwei parallele Selbstprädikationen der Göttin (IV.V), in denen sie sich als die Hebamme bzw. Amme des Königs vorstellt und damit ihr besonders intimes Verhältnis zu ihm begründet; im Hintergrund stehen hier mythologische Vorstellungen über die – wie auch immer verstandene – Gottessohnschaft des Königs, die u.a. auch durch das Epitheton „Sohn der Ninlil“ (XVI.XXIV u.ö.) reflektiert werden. Die Beschwichtigungsformel mit Anrede an den König (X) leitet über zu einem Hinweis auf den früheren Bei[87]stand und die frühere Verlässlichkeit der Göttin (XI–XV), der wiederum die folgende Beistandszusage (XVII–XIX) vorbereitet. Diese wird durch die feierliche Anrede „Asarhaddon, rechtmäßiger Erbsohn, Sohn der Ninlil“ (XVI) eingeleitet und ist, abgesehen von Satz XVIII, nicht ganz deutlich. Unverständlich ist die nichtassyrische Phrase hangaruakku (XVII), die deshalb nur unter Vorbehalt zur Beistandszusage gerechnet werden kann. Die Prädikation des Königs (XIX) ist im Rahmen dieser Texte einmalig und auch nur teilweise klar. Es handelt sich, wie es scheint, um eine Bildrede, in der die Wirkung des Königs auf andere, vermutlich seine Feinde, beschrieben wird, also gewissermaßen um eine verschlüsselte Beistandszusage. Schwierig ist bei dieser Auffassung nur, dass eine Hacke von zwei Sekel Gewicht auf einen potentiellen Gegner nur wenig Eindruck machen kann. Die folgende Schutzzusage (XXI) wiederholt, durch eine einfache Anrede (XX) eingeführt, die des Anfangs der Sprucheinheit (III); in einer weiteren (XXIII), ebenso eingeleiteten (XXII), erscheint die schützende Göttin Asarhaddon, ähnlich wie in Gen 15,1 Jahwe dem Abraham, unter dem Bilde des Schilds.30 Die feierliche Anrede „Asarhaddon, rechtmäßiger Erbsohn, Sohn der Ninlil“ (XXIV), der wir ————— 30 Vgl. schon KAISER 1958, 113, und gegen die Versuche, hebr. māgēn in Gen 15,1 als „Geschenk“ zu verstehen, WESTERMANN 1981a, 258.
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schon einmal in XVI begegnet sind, führt nun weitere Schutz- und Beistandszusagen (XXV–XXX) ein, bevor der Text fragmentarisch wird und schließlich abbricht. K 2401 III 15´–36´ abat Issar ša Arbaile ana Aššūr-ahu-idinna šar māt Aššūr akī ša memēni lā eppašūni lā addinakkanni mā 431 sippē ša māt Aššūr lā akpupā lā addinakkā naka/irka lā akšudu gisīsēka ayyabēka [akī ku]rsipti32 lā alqut […]… ana yâši mīnu taddina … (Z. 25´–28´ fragmentarisch und unklar) [88] VIII´ mā ina pāne adaggal IX´ ēnī ina muhhe aktarar X´ mā kittumma sūt akal asūde sūt massītu ša šikāre tābe kīn XI´ urqē akussu laššia ina pīya laškun lumalli kāsu ina muhhe lassi lalâya luterra
I II III IV V VI VII
Wort der Ištar von Arbela an Asarhaddon, den König von Assyrien: Habe ich nicht, so wie niemand tut, dir gegeben?33 Habe ich nicht die vier Türpfosten/Stützen Assyriens gebeugt, dir gegeben? Habe ich nicht deinen Feind überwunden? Habe ich nicht deine Hasser34, deine Widersacher [wie Schme]tterlinge eingesammelt? VII […]… Was (aber) hast du mir gegeben? … (Z. 25´–28´ fragmentarisch und unklar) VIII´ Sehe ich etwa darauf? IX´ Habe ich etwa mein Auge darauf geworfen? X´ Nunmehr fürwahr, eine Sea Speise (in) der Essschale, eine Trinkschale von einem Sea Feinbier stell hin, XI´ damit ich Gemüse, Essen bekomme, in meinen Mund nehme, einen Becher fülle, daraus trinke, meine Fülle zurückgewinne! ————— I II III IV V VI
31 Das Zeichen kann LÍMMU (d.h. 4) oder NÍG (d.h. šá; so AHw 442a s.v. kapāpu G 3) gelesen werden; doch kommt m.E. nur Ersteres in Frage, da die Lesung šá sich syntaktisch nicht in den Kontext fügt (v.Soden: „unklar“). 32 Zur Ergänzung in III 23´ s. LANDSBERGER 1934, 134; die Lesung [a-ki ku-u]r-sip-ti ist mit den Raumverhältnissen und den auf der Photographie sichtbaren Zeichenspuren vereinbar. Anders AHw 512a: [ki G]UR?-sip-ti. 33 Bei addinakkanni III 17´ muss der Gebrauch der Subordinativpartikel -ni auf einem Fehler beruhen, da, wie Z. 20´.21´.23´ zeigen, die lā-Phrase mit Präteritum Hauptsatz ist. Der Fehler beruht wohl auf fälschlicher Angleichung eines ursprünglichen *addinakka (oder *addinakkā) an eppašūni beim Abschreiben des Textes. Die Interpretation von III–VII als Fragesätze stützt sich auf die Formen akpupā und addinakkā mit gelängtem Auslautvokal in Z. 20´; VIII´ und IX´ sind aus inhaltlichen Erwägungen als (rhetorische) Fragesätze aufgefasst. 34 lú gi-si-se° III 22´ ist a[pax lego,menon, das in Parallele zu ayyabē° eine Bezeichnung für „Feinde“ sein muss. Vielleicht von /gss/ = /kss/ < */qss/ „abschneiden“, wozu man eventuell gassu I vergleichen kann, das nach AHw 282b so etwas wie „grausig, mörderisch“ bedeutet.
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Bauelemente 1. abat-Formel 2. Adresse 3. Hinweis auf früheres Heilshandeln (Beistand; in Form von rhetorischen Fragen, die die Antwort „ja, doch!“ implizieren) 4. Scheltwort (Hinweis auf Fehlverhalten des angeredeten Königs) 5. Forderungen (kultische Anweisungen) …
I II III–VI VII-IX´ X´.XI´
Die Sprucheinheit, die leider nur recht fragmentarisch erhalten ist, ist, wie die oben (2.1) bereits besprochene Einleitung (I.II) zeigt, einem assyrischen Königsbrief nachgeformt. Das Corpus des Gottesspruchs beginnt mit einer Erinnerung an früheren Beistand der Göttin, wie es scheint vor allem bei der Thronbesteigung Asarhaddons (III–VI), wobei wiederum der – wenig schmeichelhafte – Tiervergleich für die Gegner des Königs zu beach[89]ten ist. Dieser Hinweis auf früheres Heilshandeln bereitet das in unserer Textgruppe nur hier belegte Element einer Rüge vor, der Konstatierung eines Fehlverhaltens des Angeredeten gegenüber der Gottheit (VII…). Aus den beklagenswerten Resten des Texts ist wohl zu entnehmen, dass die Göttin kultische Nachlässigkeit des Königs tadelt. Sie ist anscheinend durch die ihr vom König zugewiesenen Opfer nicht zufriedengestellt, jedoch bereit, die Sache nicht allzu sehr hochzuspielen (VIII´.IX´). Die Rüge bildet den Hintergrund für die daran angeschlossenen Forderungen kultischer Art (X´.XI´), deren Erfüllung der Gottheit ihre „Fülle“ (lalû) zurückgeben soll. Ob dabei an eine einmalige Speisung oder regelmäßig zu wiederholende Zuwendungen gedacht ist, wird nicht deutlich. Eine Analyse der Gliederungsschemata der drei als Beispiele gewählten Sprucheinheiten zeigt, dass diese Texte zu einem beträchtlichen Teil aus mehrfach wiederkehrenden Elementen aufgebaut sind: der Anrede (z.T. mit Erweiterungen), der Beschwichtigungsformel (die freilich in K 2401 III 15´–36´ aus Gründen der Gattung fehlt), dem Hinweis auf früheres Heilshandeln oder frühere verlässliche Zusagen der Gottheit, der Selbstvorstellung und Selbstprädikation der Gottheit und Zusagen von Schutz und Beistand. Erkennbar ist auch, dass diese Bauelemente in Texten unterschiedlicher Zielrichtung auch unterschiedlichen Zwecken dienstbar gemacht werden können, und dass in der Formulierung im Einzelnen meist ziemlich viel Spielraum besteht. Dieses an beschränktem Material gewonnene Ergebnis findet seine Bestätigung bei der Analyse aller einschlägigen Sprucheinheiten, deren Resultate in Tabelle 4 (u. S. 47) in Gestalt einer Liste vorgelegt werden.35 Dabei erweist sich zugleich, dass die Anzahl der häufiger (mehr als viermal) vorkommenden Elemente relativ gering ist, und dass alle in den oben behandelten Texten vorkommenden stereotypen Elemente zu dieser Gruppe gehören. Darüber ————— 35
Eine ähnliche Liste bei DIJKSTRA 1980, 170.
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hinaus finden sich häufiger noch kultische Forderungen und der Aufruf zum Lob. Die Tabelle lässt nicht erkennen, wie oft und in welcher Reihenfolge jeweils die einzelnen Elementarbausteine in den Sprucheinheiten verwendet werden. Dies ist ein Reflex der Tatsache, dass die Distribution der Elemente in den verschiedenen Kompositionen, global gesehen, keinen festen Regeln unterliegt. Es lassen sich somit nicht ohne Weiteres „typische“ – etwa gattungsspezifische – Gliederungsschemata aufstellen,36 wie sie seit [90] langem in der alttestamentlichen Gattungsforschung zur Charakterisierung der literarischen Genres gebräuchlich sind. Was man hingegen tatsächlich feststellen kann, sind Kleinstrukturen innerhalb der Einheiten, die auf der Affinität bestimmter Bauelemente zu bestimmten anderen beruhen. Hierunter fällt etwa die Funktion des Hinweises auf früheres Heilshandeln als vertrauensbildende Aussage zur Vorbereitung von Schutz- oder Beistandsverheißungen oder als Begründung einer Rüge, die enge Verbindung der Beschwichtigungsformel lā tapallah „Fürchte dich nicht!“ mit den Schutz- und Beistandszusagen oder die gliedernde Aufgabe von Anreden, Selbstvorstellungen und Selbstprädikationen.
3. Gattungen und realer Hintergrund der Texte 3.1. Gattungen Nach K. Koch ist unter einer „Gattung“ das „überindividuelle Gepräge selbständiger sprachlicher Einheiten“ zu verstehen, das sich etwa im Aufbau eines Textes und in den darin verwendeten spezifischen Wörtern und Formeln konkretisiert.37 Auf Grund der in 2.2 mitgeteilten Beobachtungen kann dieser Gattungsbegriff auf das hier behandelte Textcorpus nur mit Zurückhaltung angewandt werden. Zwar ließ sich in den Texten eine beschränkte Anzahl von typischen Bauelementen und Mikrostrukturen nachweisen; doch kommen diese in Kompositionen unterschiedlicher Aussagerichtung vor, so dass sie nicht ohne Weiteres als gattungsspezifisch angesehen werden können. Ebenso ergaben sich auf der Ebene der Makrostrukturen, der der Sprucheinheiten, keine für eine bestimmte Gattung kennzeichnenden Anordnungsschemata. So ist die Gattungsbestimmung hier in erster Linie auf inhaltliche Gesichtspunkte angewiesen, wobei übrigens nicht übersehen werden darf, dass man auch bei der zitierten Definition von „Gattung“ nicht ohne inhaltsbezogene Kriterien auskommt.38 Unter dieser Voraussetzung können die meisten der analysierbaren Sprucheinheiten des Textcorpus als Heilsorakel bestimmt werden – und dies, [91] wie es scheint, wohl in Übereinstimmung mit der assyrischen Klassifikation selbst, ————— 36
Dies ist auch das Ergebnis der Untersuchungen M. Dijkstras; s. DIJKSTRA 1980, 169. KOCH 1967, 6. Ähnlich, aber mit stärkerem Nachdruck auf der Form, RICHTER 1971, 125–137. 38 Darum halte ich die Definitionen Richters (s. Anm. 37) für zu abstrakt. 37
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falls der auf S. 15 als charakteristisch für Texttypus 4 herausgestellte Terminus technicus šulmu in der Tat eine allgemeine Bedeutung, eben „Heilsorakel“, hat. Mit dieser Gattungszuweisung befinden wir uns in der Nähe dessen, was die Alttestamentler seit F. Küchler und J. Begrich das „priesterliche Heilsorakel“ zu nennen pflegen.39 Küchler und Begrich waren seinerzeit von der Beobachtung ausgegangen, dass sich in bestimmten individuellen Klageliedern des biblischen Psalters ein plötzlicher Übergang „von schmerzerfüllter Klage und flehentlicher Bitte zu froher Gewissheit des göttlichen Beistands“40 findet, und hatten diesen „Stimmungsumschwung“41 auf einen durch den Mund eines Priesters, vielleicht auf Grund der Opferschau, ergangenen Gottesspruch zurückgeführt. Da aber Gottessprüche in der vorausgesetzten Funktion in den Psalmen nicht vorkommen, musste die Rekonstruktion des „priesterlichen Heilsorakels“ von dem abgeleiteten Gebrauch der Gattung ausgehen, wie er sich nach Begrich vor allem in den Heilsworten von Jes 40–55, den Prophetien „Deuterojesajas“, findet. Auf Grund dieses Materials sah Begrich sich in der Lage, neben der Beschwichtigungsformel „Fürchte dich nicht!“ (hebr. al tīrā) und der fakultativen Anrede die „Versicherung der hilfreichen Nähe Gottes“, die „Erhörungsaussage“ und die „Heilszusicherung“ als konstitutive Elemente des „priesterlichen Heilsorakels“ zu bestimmen. Die Forschung ist ihm darin fast ausnahmslos gefolgt. Unterschiede sind jedoch nicht zu verkennen. Sie liegen nicht, wie man vordergründig annehmen möchte, in der Verschiedenheit der Religionen Assyriens und Israels begründet, sondern darin, dass der Begriff des „Heilsorakels“ genauerer Bestimmung bedarf. Bei den „Klageliedern des Einzelnen“, von denen Küchler und Begrich ausgingen, handelt es sich in der Regel um kultische Formulare für den Gebrauch von „Privatpersonen“ in Krisensitua[92]tionen des „privaten“ Alltags. Die göttliche Antwort in Gestalt des „priesterlichen Heilsorakels“ musste sich, wenn die Annahme eines solchen überhaupt zu Recht besteht, auf derselben Ebene bewegen. Demgegenüber sind die zur Diskussion stehenden assyrischen Orakel mehrheitlich an den König oder die dem Thron am nächsten stehenden Personen, die Königinmutter und den Kronprinzen, gerichtet. In ihrem Mittelpunkt steht der regierende, gelegentlich der künftige König, um dessen Wohlergehen und Erfolg die Götter besorgt sind, und dem sie, als König, langes Leben, eine lange Regierungszeit und die Fortdauer seiner Dynastie zusagen. Es handelt sich also um königliche Heilsorakel oder kürzer um Königsorakel.42 Auch sie kommen übrigens im Alten Testament vor, worauf im Folgenden noch einzugehen sein wird. Festzuhalten ist ferner, dass die Mehrzahl der assyrischen Königsorakel den Eindruck macht, „spontan“, nicht als Antwort auf eine Anfrage, ergangen ————— 39
KÜCHLER 1918; BEGRICH 1934 (Neudruck: BEGRICH 1964, 217–231). Zur Weiterführung und Kritik der These s. die Übersicht bei VINCENT 1977, 124–136. 40 KÜCHLER 1918, 299. 41 Vgl. BEGRICH 1934, 81 = 1964, 217. 42 Vgl. z.B. WILDBERGER 1972, 270–272; VINCENT 1977, 148–160.
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zu sein, und dass sie durch Personen vermittelt wurden, die nicht ohne Weiteres als „Priester“ oder „Priesterinnen“ angesprochen werden können, wenn sie wahrscheinlich auch in einer gewissen Beziehung zu Tempeln standen; auch das könnten wichtige Unterschiede sein. Im Rahmen eines Königsorakels ist auch einmal ein Heilsorakel für Deportierte und andere Unterdrückte belegt, das ihnen die Repatriierung und Wiedereinsetzung in ihre Rechte bzw. Sicherheit im „Schatten“ (Schutz) des Königs zusagt.43 Ansonsten finden sich in unserer Textgruppe noch ein „Wort des göttlichen Selbsterweises“44, das im Weiteren aber als Subspecies zu den Königsorakeln gerechnet wird, eine Proklamation des siegreichen Königs durch die Gottheit, gerichtet an die „Bürger Assyriens“ (mārū māt Aššūr)45, eine Rüge des Königs seitens Ištars von Arbela wegen kultischen Fehlverhaltens,46 die wir in 2.2 bereits eingehend besprochen haben, und Anweisungen für ein adûRitual47, die wohl keiner fest umrissenen Gattung angehören. 3.2. Der reale Hintergrund der Texte Zur Erhellung des realen Hintergrunds (des „Sitzes im Leben“) der [93] Sprucheinheiten können zunächst Hinweise herangezogen werden, die sich in den Texten selbst finden. So ist in der umfangreichen Unterschrift von K 2401 II 10–32 unter anderem vermerkt: annû šulmu ša ina pān salme „dies ist das Heilsorakel, das vor der Statue (scil. Assurs erging)“ (II 26). Die Einheit selbst ist nicht ein typisches Königsorakel in dem in 3.1 herausgestellten Sinne, wenngleich an den König gerichtet, sondern ein assyrisches Beispiel für das von W. Zimmerli anhand alttestamentlichen Materials beschriebene „Wort des göttlichen Selbsterweises“48, in dem überdies ein Erhörungsorakel im Kriegsfalle vorkommt. Angesichts der nicht einfachen Struktur des Textes empfiehlt es sich, ihn im Wortlaut anzuführen:49 A1 2 3 4 5 B 1
annûrig šaršar(r)āni annûti ussadbibūka ussēsūnikka iltīb/pūka attā pīka taptitia anīna Aššūr anāku killaka asseme
————— 43
K 12033+ III 1´–19´. K 2401 II 10–32; s.u. S. 27f Abschnitt 3.2. 45 K 2401 I 27–II 9. 46 K 2401 III 15´–36´; s.o. S. 23f Abschnitt 2.2. 47 K 2401 II 33–III 14´. 48 ZIMMERLI 1957 = 1969, 120–132. 49 Vorausgesetzt ist meine Bearbeitung in M. WEIPPERT 1972, 481f, bei der aber die Auffassung der Z. 19´–23´ (Abschnitt C) im Lichte des hier Gesagten zu revidieren ist. Die Abschnitts- und Zeileneinteilung folgt nicht den Originalzeilen, sondern den rhetorischen Einheiten. 44
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Götterwort in Menschenmund 2 3 4 5 C1 2 3 4 5 D1 2 3
issu libbi abul šamê attaqallalla lakrur išātu lušākilšunu attā ina birtussunu tazzaz issu pānīka attiši ana šadê ussēlīšunu abnē aqqullu ina muhhīšunu azzunun nakarūtēka uhtattip dāmēšunu nāru umt[a]lli lēmurū lunaidūni akī Aššūr bēl ilē anākūni
A1 2 3 4 5 B 1 2 3 4 5 C1 2 3 4 5 D1 2 3
Eben jetzt haben diese Rebellen gegen dich aufgewiegelt, [94] dich hinausgetrieben, dich in Bedrängnis gebracht. Du (aber) hast deinen Mund geöffnet: ‚Sieh doch, Assur!‘ Ich (nun) habe deine Klage gehört. Aus dem Himmelstor schwebe ich hinab. Ich will sie niederwerfen, vom Feuer verschlingen lassen. Du sollst zwischen ihnen bestehen bleiben. Von dir habe ich sie weggenommen, ins Gebirge hinaufgetrieben, Glutsteine auf sie herabgeregnet. Deine Feinde habe ich als Schlachtopfer dargebracht, mit ihrem Blut den Fluss gefüllt. Man möge (es) sehen (und) mich preisen, dass ich Assur bin, der Herr der Götter!
Die Analyse hat an die verwendeten Verbalformen anzuknüpfen. In A 1–4 stehen durchgehend Perfekta, ebenso in B 1, während in B 2–5 Präsens und Prekativ verwendet werden. In C stehen durchweg Perfekta, in den Hauptsätzen von D (D 1.2) zwei Prekative. Ziel des Ganzen sind augenscheinlich die Prekative von D, die zum Lob der Gottheit, d.h. Assurs, auf Grund der Betrachtung seines Handelns auffordern. Das Handeln wird ohne Zweifel in C als etwas Geschehenes (daher durchgängig Vergangenheitsformen bei den Verben) geschildert.50 Damit erhebt sich aber die Frage nach dem Charakter der Schilderung in A.B 1, in der gleichfalls Vergangenheitsformen gebraucht werden, und der präsentisch-prekativischen Aussagen in B 2–5. A.B und C.D können nicht auf derselben zeitlichen Ebene stehen, da sonst ein Widerspruch ————— 50 Die Schwierigkeit, eine durchgehende einheitliche Erklärung der Sprucheinheit zu finden, hat mich in M. WEIPPERT 1972, 482, zu präsentischer Übersetzung der Perfekta und des vermeintlichen Präteriums in C 3 (im Anschluss an die nicht-narrativen Verbalformen in B ungefähr im Sinne des Koinzidenzfalls) veranlasst; das ist nach der hier gegebenen Erklärung nicht nötig.
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zwischen ihnen bestünde: Was in B durch die Gottheit zugesagt wird, ist in C als bereits geschehen berichtet. A wiederum ist die Vorgeschichte und Voraussetzung von B. Das Problem löst sich, wenn man erkennt, dass in A und B ein der Erfüllung in C vorausgehendes Erhörungsorakel zitiert wird, in dem die Gottheit in A 1–3 die Bedrängnis des Angeredeten durch šarša(r)rānu „Rebellen“, vielleicht mit W. von Soden „Möchtegern-Könige“51, beschreibt, in A 4.5 die Klage des Bedrängten zitiert, ihn in B 1 der Erhörung versichert und ihm in B 2–5 die Rettung [95] verheißt. Die Schilderung der Not in A 1–3 erinnert an die Beschreibung, die Asarhaddon von seiner Lage gibt, bevor er die Thronfolgekämpfe nach der Ermordung Sanheribs zu seinen Gunsten entscheiden konnte:52 Durch den „Aufstand“ seiner Brüder, die er als hammāē „Rebellen“ bezeichnet, die sīhu u bārtu „Aufstand und Rebellion“ angezettelt hätten, von Nineve ferngehalten, richtet er ein Gebet um Abwendung der Not53 an die Götter Assur, Sîn, Šamaš, Bēl (Marduk), Nabû, Ištar von Nineve und Ištar von Arbela, erhält von ihnen eine günstige Antwort und bricht zum Feldzug gegen die „Rebellen“ auf, den er mit Hilfe der Götter rasch zu einem guten Ende führt, worauf die „Rebellen“ in ein unbekanntes Land (māt lā idû) fliehen. Die wesentlichen Elemente dieser – sicherlich subjektiv gefärbten – Erzählung lassen sich in unserer Sprucheinheit wiederfinden: Asarhaddon ist durch „Rebellen“ (A 1) vertrieben (A 2), richtet ein Gebet um Abwendung der Not an Assur (A 4.5) und erhält von diesem in einem Erhörungsorakel die Verheißung göttlichen Beistands (B), woraufhin Assur die Feinde ins Gebirge hinaufjagt und vernichtet (C). Die Situation Asarhaddons, in der die Zeugen des Geschehens Assur preisen sollen (D), ist nun schon die des Siegers, der darum in der Unterschrift auch ohne Weiteres als „König“ bezeichnet werden kann (II 28). Man könnte daher vermuten, dass das Gesamtorakel in den Zusammenhang der Thronbesteigung Asarhaddons gehört. Dazu passte auch der zweite Teil der Unterschrift (II 27–32), der folgendermaßen lautet: tuppi adê anniu ša Aššūr ina muhhi haūti ina pān šarre errab šamnu tābu izarriqū niqê(te) eppušū riqqē illukū ina pān šarre isassiū „diese Eidestafel Assurs geht auf einem Kissen54 vor den König; Feinöl sprengt man, Opfer bringt man dar, Weihrauch lässt man aufsteigen; vor dem König liest man (sie).“ Der König ist also nicht anwesend, während das Orakel, wahrscheinlich im Tempel É-šár-ra in Assur, vor der Statue Assurs ergeht; sein Wortlaut wird ihm vielmehr auf einer Tafel übermittelt, wobei bestimmte rituelle Handlungen ausgeführt werden. Im Wortlaut deutet nichts darauf hin, dass es sich [96] um ein erbetenes Orakel ————— 51 52
Zu diesem Wort s. M. WEIPPERT 1972, 481 Anm. 102; AHw 1191b. BORGER 1956 § 27 Nin. A I 41–84, teilweise (I 53–77) übersetzt auch in M. WEIPPERT 1972,
466f. 53
Vgl. hierzu ZOBEL 1971. haūtu ist nach K. Deller und S. Parpola bei ISHIDA 1977, 116, „a kind of cloth“, wobei die Autoren wahrscheinlich an hau, eine Art Decke (auch von einem Thron), gedacht haben. Die Bedeutung „Kissen“ ist auf Grund des Gebrauchs der Präposition ina muhhi „auf“ geraten; der Gegenstand haūtu muss jedenfalls zum zeremoniellen Transport der Tafel geeignet gewesen sein. 54
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handelt; man hat eher den Eindruck, dass es „spontan“ erteilt wurde als Assurs „Wort zur Stunde“. Die feierliche Proklamation des siegreichen Königs in K 2401 I 27–II 9, die nach der Unterschrift ein „Heilsorakel“ (šulmu) ist, „das vor Bēl-tarbāse vor den Göttern erging“ (ša ina pān Bēl-tarbāse ina pān ilāni šakinūni II 8f), und sich nach I 27 an die „Bürger Assyriens“ (mārū māt Aššūr) richtet, stammt nach der Ortsangabe „vor Bēl-tarbāse“ ebenfalls aus dem Assur-Tempel É-šár-ra in Assur.55 Sie feiert augenscheinlich einen Sieg Asarhaddons über die Kimmerier (siehe II 1), vielleicht den seines Jahres 2 (679/8) über Teuspa im Lande Hubusna (in Tabal)56, der hier als Bestätigung der dem König von Assyrien verliehenen Weltherrschaft dargestellt wird. Ein erbetenes Orakel liegt in K 4310 V 12–25 vor, bei dem es sich um die Antwort der Ištar von Arbela auf eine klagende Anfrage der Königinmutter handelt, in die ein direkt an den König gerichtetes Heilsorakel eingeschlossen ist (V 21–23): šar lā tapallah šarruttu ikkû danānu ikkûma
König, fürchte dich nicht! Das Königtum ist dein, die Macht ist auch dein!57
Merkwürdig ist die „erzählende“ Einleitung von K 4310 V 26–30, in der berichtet wird, dass Ištar von Arbela „ins Feld gegangen“ ist und ein šulmu für ihr „Junges“ (mūru), d.h. den König Asarhaddon, in die Stadt hereinschickt; leider ist das eigentliche Orakel weitgehend zerstört, so dass über die genaueren Umstände Aussagen nicht möglich sind. Durch Textverlust unklar ist die Einleitung der Sprucheinheit auf der Einzeltafel K 1545, in der vom „Aussprechen“ (qabû) von Vorzeichen (idātu) die Rede ist; hier handelt es sich wahrscheinlich um spontane Eingebungen der Gottheit, die von einem Dritten registriert werden. Weitere Hinweise auf einen möglichen „Sitz im Leben“ der Sprucheinheiten sind den Königsinschriften aus der Zeit des Neuassyrischen Reiches zu ent[97]nehmen, bezeichnenderweise vor allem denen Asarhaddons und Assurbanipals. Hier wird nicht selten bei Entscheidungen, vor allem solchen im Kriegsfall, auf Weisungen der Götter Bezug genommen, wobei die entsprechenden Gottessprüche sogar zitiert werden.58 ————— 55
Zu Bēl-tarbāse s.o. S. 12 m.Anm. 8. BORGER 1956 § 21 Klch. A 18f; § 27 Nin. A III 43–46; § 66 Mnm. B 23f; GRAYSON 1975a, 125 Chronicle 14,9 (= BORGER 1956 § 109: 679/8 C: EChr Vs. 9). In der „Asarhaddon-Chronik“ ist der Landesname KUR Šu-bu-uh-nu wohl Verballhornung von KUR Hu-bu-uš-nu. Zu diesem Land vgl. M. WEIPPERT 1973a, 49 m.Anm. 95.96 (Lit.). 57 Dies erinnert unwillkürlich an die Epiklesen in dem Zusatz zum „Vaterunser“ in Matth 6,13: o[ti sou/ evstin h` basilei,a denn dein ist das Königtum kai. h` du,namij und die Macht kai. h` do,xa eivj tou.j aivwn/ aj und die Ehre in Ewigkeit. 58 Vgl. M. WEIPPERT 1972, 470–472. 56
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Ein Beispiel aus der Zeit Asarhaddons haben wir oben bereits kennengelernt.59 Aus der literarischen Produktion Assurbanipals ist vor allem eine Episode aus der Anfangsphase seiner Auseinandersetzung mit Teumman von Elam interessant, die in den Prismen B, D, G und C und in einigen fragmentarischen Tontafelinschriften belegt ist.60 Das Schema erinnert zunächst an den genannten Asarhaddon-Text: Auf die Nachricht von den Absichten Teummans und dem Aufmarsch des elamischen Heeres richtet Assurbanipal ein nächtliches Gebet um Abwendung der Not an Ištar von Arbela und erhält noch in derselben Nacht – auf welche Weise, wird nicht gesagt – ein Erhörungsorakel61: Fürchte dich nicht! Wegen deiner Handerhebung, die du mir dargebracht hast, wegen deiner Augen voller Tränen habe ich mich deiner erbarmt.
Doch damit nicht genug! Die nähere Ausführung, was dies bedeutet, wird, ebenfalls in dieser Nacht, nicht dem König mitgeteilt, sondern einem šaprû62, der im Traum Ištar von Arbela im Gespräch mit Assurbanipal sieht und hört. Das audiovisuelle Erlebnis des šaprû ist nicht nur wegen der darin enthaltenen Beschreibung des Aussehens der Göttin von Interesse, son[98]dern auch als ein klar formuliertes Zeugnis antiker Kriegsideologie, so dass es sich lohnt, die Traumerzählung des šaprû nach Prisma B im Wortlaut wiederzugeben:63 Ištar, die in Arbela wohnt, trat herein. Rechts und links war sie mit Köchern behängt, sie hielt einen Bogen in ihrer Hand (und) hatte ihr spitziges Schwert gezückt, um eine Schlacht zu liefern. Vor ihr standest du (scil. Assurbanipal), während sie wie eine leibliche Mutter mit dir redete. Ištar, die Höchste der Götter, sprach dich an, indem sie dir Weisung erteilte: ‚Du bist darauf aus, zu kämpfen. Wohin ich gehen will, dorthin bin ich auf dem Weg.‘ Du sagtest zu ihr: ‚Wohin du gehst, dahin will ich mit dir gehen.‘ Die Herrin der Herrinnen aber antwortete dir: ‚Du bleib hier, wo dein Platz ist! Iss Brot, trink Sesambier, veranstalte Freudenmusik, preise meine Gottheit, während ich gehe, dieses Werk verrichte (und) dich dein Ziel erreichen lasse! Dein Gesicht soll nicht fahl werden, deine Füße sollen ————— 59
S.o. S. 29 m.Anm. 52. Prisma B V 25–76 (PIEPKORN 1933, 64–66); D VII 1´–28´ (BAUER 1933, 24f); G II 1´–22´ (WINCKLER 1895, 76f); C VI 1´–12´ (M. WEIPPERT 1971, 147f; die Neubearbeitung von Prisma C durch FREEDMAN 1975 ist mir nicht zugänglich); K 2652,9–39 (S.A. SMITH 1889, Taf. [4f]; K 3046 (BAUER 1933, 64 u. Taf. 33); K 13875 (BAUER 1933, 64 u. Taf. 47). 61 Prisma B V 47–49; G II 12´–14´; C VI 6´–8´; K 2652,23f; K 3046,14´–16´. 62 Ein Tempelbeamter mit administrativen Aufgaben. Zur Lesung šaprû statt des üblichen šabrû s. SOLLBERGER 1966, 171f; BORGER 1978, Nr. 295f. Ein weiteres Traumgesicht eines šaprû bei Assurbanipal, Prisma A III 118–127 (s. M. WEIPPERT 1972, 471). Ob die „Anfälligkeit“ dieser Beamtenklasse für Traumgesichte damit zusammenhängt, dass man ihren Titel volksetymologisch mit barû „sehen“ in Verbindung brachte? 63 Prisma B V 52–76 (PIEPKORN 1933, 66). 60
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Götterwort in Menschenmund nicht wanken, deine Kraft nicht weichen64 in der Schlacht!‘ In ihren freundlichen Arm nahm sie dich und schützte so deine ganze Gestalt. In ihrem Gesicht flammte Feuer auf, in wildem Grimm zog sie aus; gegen Teumman, den König von Elam, über den sie sehr erzürnt ist, machte sie sich auf. (Es folgt der Bericht über den Aufmarsch des assyrischen Heeres.)
Was hier im Wortteil des Traumgesichts breit ausgeführt zum Ausdruck kommt, dass nämlich die Gottheit, nicht der König und seine Armee, „eigentlich“ den Kampf führt, wird in knapperer Form auch in der in 2.2 in extenso zitierten Sprucheinheit K 4310 I 4´–29´ ausgesagt (I 18´–27´): Ich bin Ištar von Arbela! Deinen Feinden lauere ich auf, übergebe (sie) dir. Ich bin Ištar von Arbela! Vor dir, hinter dir gehe ich her. Fürchte dich nicht! Du liegst in Krämpfen – ich bin in Schmerzen; Ich erhebe mich – du bleib sitzen!
Ein Spruch der Ištar von Arbela über den Mannäerfürsten Ahseri wird von Assurbanipal anlässlich seiner Erfüllung angeführt, als Ahseri in einem Aufstand ums Leben gekommen ist:65 Den Ahseri, der meine Herrschaft nicht fürchtete, überantwortete Ištar, die in Arbela wohnt, seinen Dienern, auf Grund des Wortes, das sie bereits früher gesprochen hatte: ‚Ich werde den Tod des Ahseri, des Königs der Mannäer, genauso, wie ich gesagt habe, herbeiführen.‘
Freilich kann der hier zitierte Spruch eventuell auch Auslegung eines technischen Orakels sein. [99] Ähnlich wie der oben mitgeteilte Traum eines šaprû werden in den Inschriften Assurbanipals noch weitere Träume genannt, durch die die Götter sich den Menschen kundtun,66 und die sicherlich in der Regel als spontane, nicht als durch Inkubation o.ä. herbeigeführte Traumgesichte aufzufassen sind. ————— 64
ta-šam-MAD B V 70 unklar. Prisma A III 4–7 (STRECK 1916, 24); in Prisma B III 82f (PIEPKORN 1933, 54) und F II 38 (AYNARD 1957, 38) ohne das Orakelzitat. 66 Prisma A III 118–127 (s.o. S. 31 Anm. 62). V 97–104 (STRECK 1916, 48f; vgl. M. WEIPPERT 1972, 472 Anm. 47). Vgl. ferner den Traum des Lyderkönigs Gyges, der ihn zur Aufnahme „diplomatischer Beziehungen“ mit Assurbanipal veranlasste: Prisma A II 95–99 (STRECK 1916, 20); B II 93–98 (PIEPKORN 1933, 46); K 228+2675 Rs. 13–18 (STRECK 1916, 166); vgl. Prisma F II 10–20 (AYNARD 1957, 34.36). Anzuführen ist noch das in Prisma A VI 107–121 (STRECK 1916, 58); F V 72–VI 7 (AYNARD 1957, 58) erwähnte Orakel der Göttin Nanâ von Uruk, durch das sie ihren Willen kundtut, aus Elam zurückzukehren. 65
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Daneben werden selbstverständlich häufig auch technische Orakel erwähnt, die in Mesopotamien ja eine alte Tradition haben, und die, vor allem in der Spätzeit des assyrischen Reiches67, regelmäßig und auf jeden Fall vor jeder Entscheidung von einigem Gewicht eingeholt wurden, wie die bekannten Orakelanfragen an Šamaš, die Omensammlungen und der ausgedehnte Briefwechsel Asarhaddons und Assurbanipals mit den assyrischen und babylonischen Gelehrten68 über diese Dinge bezeugen.69 Wichtig ist jedoch, dass aus den Königsinschriften abgelesen werden kann, dass in vergleichbaren Situationen neben der induktiven in zunehmendem Maße die intuitive Divination, neben dem technischen Orakel die spontane Gottesoffenbarung eine Rolle spielte, wobei die Götter sich, gefragt oder ungefragt, durch bestimmte Menschen in Sprüchen oder Visionen (Traumgesichten) mit Versicherungen von Beistand und Schutz oder Weisungen an den König wandten. Die Übereinstimmung dieser Beschreibung mit der eingangs gegebenen Definition der hier behandelten Orakel und Orakelsammlungen und den aus ihnen selbst zu entnehmenden Hinweisen auf ihren realen Hintergrund kann nur zu dem Schluss führen, dass letztere in der Tat Originale oder aus Originalen hergestellte Sammlungen solcher Gottesbotschaften darstellen. Damit dürfte auch ihr „Sitz im Leben“ annäherungsweise bestimmt sein.
4. Einige Folgerungen 4.1. Die Orakel als Prophetie in ihrer Zeit Menschen, die auf die beschriebene Weise „intuitiv“ das göttliche [100] „Wort zur Stunde“ empfangen und an andere weitergeben, nennen wir in der jüdischchristlich-muslimischen Tradition „Propheten“, ihre Botschaften „Prophetie“. Dieses Phänomen ist, wie es scheint, im 1. Jahrtausend v.Chr. in Syrien weit verbreitet gewesen,70 wenn wir auch angesichts der lückenhaften Überlieferung Näheres nur über Israel (bzw. Israel und Juda) wissen, von wo uns im Alten Testament genügend Informationen in Geschichtswerken und ein umfangrei————— 67 Das kann freilich auch damit zusammenhängen, dass wir nur aus dieser Zeit über genügend Archivmaterial verfügen (Hinweis S. Parpola). 68 Vgl. LANDSBERGER 1965, passim; PARPOLA 1970a. 69 Vgl. etwa BORGER 1956 § 2 Ass. A II 11–13; § 27 Nin. A II 6f; § 53 AsBb. A Rs. 14–26; Assurbanipal Prisma T II 16–19 (THOMPSON 1931, 31 u. Taf. 15). 70 Vgl. z.B. ROSS 1970, bes. 1–11. Der im Folgenden verwendete Prophetenbegriff ist relativ summarisch und könnte noch weiter differenziert werden; doch ist letzteres für unsere Zwecke nicht nötig. [S. dazu u. S. 87–91.230–233.] Hingewiesen sei hier noch auf den transjordanischen Propheten Bileam ben Beor; Sprüche, die auf ihn zurückgeführt werden, sind sowohl in der Bibel in Num 22–24 als auch in einer Inschrift wohl des späten 8. Jahrhunderts v.Chr. aus einem Tempel in Tell Dēr Allā im mittleren Jordantal überliefert. Publikation der Inschrift: HOFTIJZER/VAN DER KOOIJ 1976; vgl. auch CAQUOT/LEMAIRE 1977; GARBINI 1979; HAMMERSHAIMB 1977; HOFTIJZER 1973; 1976a; LUST 1978; MÜLLER 1978; ROFÉ 1979.
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Götterwort in Menschenmund
ches Corpus prophetischer Texte erhalten geblieben sind. Dieser syrischen tritt nun die assyrische Prophetie des 7. Jahrhunderts v.Chr. an die Seite. Für Syrien hat man im 1. Jahrtausend v.Chr. mit verschiedenen Traditionslinien des Prophetismus zu rechnen, wovon zwei für unseren Gegenstand wichtig sind: Propheten, die sozusagen die „offizielle“ Richtung vertraten und zumeist mit dem königlichen Hof eng verbunden waren, und solche, die der Stimme der Opposition Ausdruck verliehen, was im Übrigen Kontakte oder Verbindungen mit der Spitze des Staates keineswegs ausschloss. Es ist die letztere Traditionslinie, die unser Prophetenbild bestimmt, da die alttestamentlichen Prophetentexte in erster Linie von der Opposition handeln bzw. auf sie zurückgehen. Diese Propheten tauchen in der Überlieferung erstmals für das Ende des 11. und den Anfang des 10. Jahrhunderts in Israel auf, ungefähr gleichzeitig mit der Entstehung des israelitischen Königtums. Das ist sicher kein Zufall. Das israelitische Königtum ist aus der Krise geboren, die die Expansion der Philister über die in den Gebirgs[101]ländern und der Südsteppe (Negeb) Palästinas sesshaft gewordenen Israeliten gebracht hatte. Israel konnte (unter David) dieser Krise Herr werden, aber um den Preis einer weiteren – diesmal inneren – Krise, in der die „patriarchalische“ Gesellschaftsform allmählich von neuen Ordnungen abgelöst wurde, die sich aus der Existenz einer monarchischen Zentralgewalt (oder, nach Auflösung der Personalunion zwischen Israel und Juda, deren zwei) und ihrer Diener ergaben. Der Widerstand der in erster Linie betroffenen „altjahwistischen“ Landbevölkerung gegen diesen sozio-ökonomischen Prozess und seine religiösen Konsequenzen artikulierte sich u.a. in den Prophetengenossenschaften des 10./9. Jahrhunderts, als deren bekannteste Protagonisten Elia und Elisa zu nennen sind. In dieser Tradition stehen aber auch noch, auf dem Hintergrund einer weitergegangenen Entwicklung und stärkerer Urbanisierung sowie unter veränderten außenpolitischen Umständen, die „Schriftpropheten“ des 8.–6. Jahrhunderts. Der früheste Beleg für einen mit dem königlichen Hof verbundenen Propheten in Syrien findet sich in der Reiseerzählung des Ägypters Unamūn, der in der 1. Hälfte des 11. Jahrhunderts vom Hohepriester des Amūn in Theben nach Phönizien geschickt wurde, um Bauholz für die Restauration der Prozessionsbarke Amūns zu besorgen. Hier lesen wir im Zusammenhang mit den Erlebnissen Unamūns in Byblos:71 Als er (scil der König Zakarbaal von Byblos) seinen Göttern opferte, ergriff der Gott einen dd von seinen dd.w .w und versetzte ihn in Raserei, und er sagte zu ihm: ‚Bring [den] Gott heraus! Bring den Boten, den er bei sich hat! Amūn ist es, der ihn gesandt hat; er ist es, der ihn zum Kommen veranlasst hat!‘
Der Autor berichtet ferner, dass der Betreffende noch die ganze Nacht hindurch „raste“. Dies ist ein Zeugnis ekstatischen Prophetismus’, wie er sich ————— 71
Unamūn 1,38–41, GARDINER 1932, 65. Die Übersetzung in losem Anschluss an TGI2.3 43 (E.
Edel).
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wenig später auch in Israel findet, dort freilich, so weit unsere Informationen reichen, in Opposition zur herrschenden „Richtung“. Jedenfalls führt der Vorfall dazu, dass Zakarbaal, dem die Anwesenheit des Ägypters in seinem Hafen unbehaglich ist, sich Unamūns und seines Problems annimmt. Der unübersetzt gelassene Ausdruck dd , der den Vermittler der göttlichen Botschaft bezeichnet, ist eine alte crux interpretum; er bedeutet wörtlich „großer Knabe“, was häufig als „Page“72, jedoch auch als „alter Mann“ ( [102] „groß“ kann auch im Sinne von „alt“ gebraucht werden)73 interpretiert worden ist. M.E. kommt man mit der Übersetzung „junger Mann“ durchaus aus, so dass es auch der Versuche nicht bedarf, dd als ägyptische Wiedergabe eines semitischen Ausdrucks für „Prophet“ zu erklären74. Deutlich ist, dass einer der Teilnehmer der Opferfeier von einer Gottheit, wahrscheinlich dem mit Unamūn reisenden „Amūn des Weges“, „ergriffen“ wurde und im Zustand des Außersichseins dem König Zakarbaal eine Weisung des Gottes übermittelte. Wenn unsere Auffassung von dd zu Recht besteht, handelte es sich bei diesem a priori weder um einen „Opferpriester“75 noch um einen berufsmäßigen Mantiker. Für Israel ist an die Rolle des Propheten Nathan am Hofe Davids (1. Hälfte des 10. Jahrhunderts) zu erinnern, und an die zahlreichen Propheten „Baals“ und der „Aschera“, die in den Prophetengeschichten des Königsbuches am Hofe Ahabs und Isebels zu Samaria als Gegenspieler Elias und Elisas auftraten (1. Hälfte des 9. Jahrhunderts). Die Zahl und die Rolle der letzteren wird in der Überlieferung aber wahrscheinlich aus Gründen der Polemik verzeichnet. Eine zuverlässige zeitgenössische Quelle ist jedoch die altaramäische [103] Steleninschrift des Königs Zakkūr von Hamath und Lš vom Ende des 9.
————— 72
ERMAN 1923, 288 m.Anm. 2; ANET 26b (J.A. Wilson); POSENER 1969, 151. Z.B. SCHARFF 1938; TGI2.3 43 (E. Edel). 74 Leicht ägyptisierte Transkription von sem. *dd (s. dazu u. S. 36 Anm. 77): H. Cazelles bei HERRMANN 1965, 312 (fragend); EBACH/RÜTERSWÖRDEN 1976. – Ägyptische Transkription von sem. *hz (*hāzū, hebr. hōzē) „Seher“: GÖRG 1977, mit leichtem Vorbehalt akzeptiert von FUHS 1978, 32f. Gegen ersteren Vorschlag hat GÖRG 1977, 31, zu Recht eingewandt, dass er mit den bei der Entlehnung semitischer Fremdwörter in das Ägyptische des Neuen Reiches und der Spätzeit geltenden Substitutionsregeln in Streit ist; doch gilt dasselbe m.E. auch für seine eigene Hypothese, da mir die Wiedergabe von sem. /h/ durch äg. in diesem Falle nicht so unproblematisch ist, wie der Autor sie darstellt. Sicher kann das einzige von Görg angeführte Beispiel, die Wiedergabe des in den Amarna-Briefen vorkommenden Ortsnamens Šamhūna (uruŠa-am-hu-na, EA 225,4) durch äg. Šmn (Š-m--w-n, EDEL 1966, 25f: CN li. 15) hierfür nicht herangezogen werden, da die nordwestsemitische Namensform, die beiden Schreibungen zugrundeliegt, ohne Zweifel *Šamōn- lautete. Für ein ursprüngliches /h/ in Šamhūna spricht auch nicht die Bezeichnung des nordpalästinischen „Hūle-Sees“ (Bahret elHēt) als h` Semecw/nitij li,mnh bzw. h` Semecwnitw/n li,mnh bei Flavius Josephus, bell. 3,10,7 § 515; 4,1,1 § 2; die alte These, dass der Name Šamhūna in dieser griechischen Namensform fortlebe, scheitert nämlich daran, dass dem griechischen c im Semitischen hier ein k entspricht (yammā šel SMKW jKil 32c). 75 So K. Galling in TGI2.3 43 Anm. 21. 73
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Jahrhunderts.76 Hier berichtet der König, wie er, durch eine übermächtige Koalition feindlicher Fürsten in seiner Stadt Hadrikk (ass. Hatarikka, in der Bibel Hadrach) eingeschlossen, seine Hände zu Bel-šamain erhob und von diesem seinem Gott „durch Seher und Propheten“ ([b]yd . hzyn . wbyd . ddn77 A 12) ein Erhörungsorakel mit einer Beistandszusage erhielt, das folgendermaßen lautete (A 13–17): Fürchte dich nicht (l . tzhl)! Denn ich [habe dich] zum Kön[ig] gemacht, [und ich werde mich] mit dir [erhe]ben, und ich werde dich retten vor all [diesen Königen], [die] dich belagern78. (Rest fragmentarisch)
Hier haben wir erneut, wie in K 2401 II 10–25 und den in 3.2 angeführten Orakelzitaten aus assyrischen Königsinschriften, das Schema Not (militärische Bedrängnis) – Gebet um Abwendung der Not (nicht im Wortlaut wiedergegeben) – Erhörungs- und Heilsorakel, letzteres durch Propheten vermittelt. Schließlich sei noch hingewiesen auf die Aufzählung verschiedener Arten von Mantikern (nbīīm, qōsmīm, ōnnīm, kaššāpīm, dazu hălōmōt „Träume“) bei den Edomitern, Moabitern, Ammonitern, Tyriern und Sidoniern in Jer 27,9 (1. Viertel des 6. Jahrhunderts), denen unterstellt wird, dass sie einen – im Sinne Jeremias unheilvollen – Einfluss auf die Entscheidungen der Herrscher ausüben, und unter denen auch die „Propheten“ (nbīīm) genannt werden. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die assyrischen Propheten, deren Sprüche in den hier behandelten Orakeln vorliegen, zur Kategorie derer zu rechnen sind, die die „offizielle“ Richtung vertreten, und das auch ungeachtet des den Texten andeutungsweise zu entnehmenden Sachverhalts, dass sie nicht direkt am Hof tätig waren, sondern zumindest z.T. Kontakte [104] zu bestimmten Tempeln unterhielten.79 Prophetie dieser Art ist eine Erscheinung, die in Assyrien im 7. Jahrhundert v.Chr. mit einem Mal voll ausgebildet da ist. Mesopotamische Vorstufen oder Vorläufer, die mit ihr in einen historisch-genetischen Zusammenhang gebracht ————— 76 KAI 202. Die zeitliche Ansetzung Zakkūrs ist durch eine noch nicht publizierte assyrische Steleninschrift aus Nordsyrien gesichert, die den Synchronismus Adadnārārī III. – Samsiilu (Turtan) – Zak(k)ūri von Hamath – Atarsumki von Arpad liefert. Die Inschrift zeigt zugleich, dass der Name Zkr als Zakkūr (nicht *Zakir/Zakīr) zu lesen ist und ein phönizisches (!) Hypokoristikon darstellt (analog hebr. Zakkūr Num 13,4 u.ö. und Verwandte). 77 Zu ddn ausführlich (mit Lit.) ROSS 1970, 4–8 (zu S. 5 Anm. 14 s. noch DEGEN 1967/68). 78 Msr bedeutet wie hebr. māsōr wohl nur „Belagerung“, nicht (auch) „Belagerungswall“ o.ä. (so im Hebräischen einmal in Dtn 20,20). Die Wendungen ŠM/MH + msr sind demnach Ausdrücke für „belagern“ (oder besser: „die Belagerung aufnehmen“); hebr. ŚĪM + māsōr begegnet in diesem Sinne in Mi 4,4. Anders H. Donner in KAI II, 205.208. – Vgl. zur Zakkūr-Stele auch ZOBEL 1971. 79 Das berechtigt jedoch nicht zu dem Schluss, dass es sich um „Kultpropheten“ handelte; gerade bei den Orakeln von K 2401, bei denen man am ehesten an eine Entstehung im Kult des É-šár-ra denken möchte, werden keine Prophetennamen angegeben.
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werden könnten, sind bisher nicht nachgewiesen.80 Die phänomenologisch vergleichbare Prophetie der altbabylonischen Zeit, für die die bekannten Belege aus Mari81 vorliegen, und an die man in erster Linie denken möchte, kommt m.E. als Vorläufer nicht in Frage, da Zwischenglieder, die die Kontinuität der Tradition in den tausend Jahren zwischen den altbabylonischen und den neuassyrischen Propheten bezeugen könnten, nicht bekannt sind. So bleiben vorerst zur Erklärung des plötzlichen Auftretens des Phänomens zwei Möglichkeiten: autochthone Entstehung, eventuell ausgelöst durch die schwelende Krise des Neuassyrischen Reiches in den letzten acht Jahrzehnten seines Bestehens, oder Anstösse von außen. Letztere könnten nach dem Stand unseres Wissens nur aus Syrien gekommen sein und stünden dann im Zusammenhang mit der assyrischen Deportationspraxis und der dadurch geförderten Aramaisierung auch des assyrischen Kernlandes.82 Beweisbar ist gegenwärtig weder das eine noch das andere; hier können vorerst nur die Möglichkeiten genannt werden. 4.2. Das Königsorakel im Alten Testament Zum Abschluss sollen ein paar Beispiele zur Illustration der Geschichte des Königsorakels in Israel gegeben werden. Dass es auch hier mit dem Königtum ideologisch und praktisch verbundene Prophetie gab, ist bereits angeklungen; doch tritt diese im Alten Testament gegenüber den Äu[105]ßerungen der oppositionellen Propheten auffällig zurück. Der Grund hierfür ist nicht schwer zu finden: Diese Prophetie ging mit dem Königtum Israels und Judas unter. Nichts unterstreicht dies deutlicher als ihr kurzes Wiederaufflackern nach dem Exil unter Darius I., dem rasch das endgültige Verlöschen folgte.83 Das Feld behauptete die Opposition, der der Gang der politischen Ereignisse Recht gegeben hatte. Das Königsorakel selbst indessen überlebte, wenn auch in verwandelter Form. Aus vorexilischer Zeit ist in der „Nathansweissagung“ in 2 Sam 7,4–17 ein typisches Königsorakel erhalten, das an den König David gerichtet ist und dem Propheten Nathan, der am Hofe Davids eine nicht unbedeutende Rolle gespielt zu haben scheint, zugeschrieben wird. Es liegt im überlieferten Text freilich nicht in seiner ursprünglichen, sondern in stark überarbeiteter Fassung vor, so dass es beträchtlicher Anstrengung bedarf, um zur Grundschicht der Überlieferung vorzudringen. Diese enthielt m.E. keinen Hinweis auf den Bau ————— 80
Doch vgl. S. 33 Anm. 67, die mutatis mutandis auch hierfür gilt. Vgl. aus der Flut von Literatur zu diesem Thema z.B. ELLERMEIER 1968/1977 (Lit.); MORAN 1969; KOCH 1972; NOORT 1977 (Lit.). 82 So mit Vorbehalt TADMOR 1975, 43. 83 Die im 1. Makkabäerbuch enthaltenen Fragmente von Hymnen o.ä. auf die hasmonäischen Fürsten Judas Makkabäus (3,3–9) und Simon Thassi (14,4/6–15) sind von ganz anderer Art. 81
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des Jerusalemer Tempels, der im heutigen Text stark in den Vordergrund tritt. Sie könnte etwa folgendermaßen gelautet haben:84 8 9 11 12
14 15 16
So spricht Jahwe Zebaoth: Ich habe dich von der Weide hinter den Schafen weggeholt, damit du Fürst über mein Volk Israel seist. Ich will mit dir sein, wo immer du gehst, und will deine Feinde vor dir vertilgen und will dir einen großen Namen gleich dem der Größten auf Erden machen und dir Ruhe verschaffen vor all deinen Feinden. Und wenn deine Tage voll geworden sind, und du dich zu deinen Vätern legst, will ich deine Nachkommenschaft, die aus deinen Lenden hervorgehen wird, nach dir aufstehen lassen und ihr Königtum festigen. Ich werde ihnen Vater und sie werden mir Sohn sein, und meine Huld wird nicht von ihnen weichen, und dein Haus wird beständig und dein Königtum ewig vor mir sein; dein Thron wird ewig Bestand haben.
Hier haben wir in V. 8 nach der Einleitungsformel einen kurzen Rückblick auf das frühere Heilshandeln Jahwes an David, wie es sich in seiner Erhebung zum „Fürsten“ manifestierte – man beachte die Verwendung des „unköniglichen“ Titels nāgīd und des Topos von der Legitimation des Außenseiters –, und von V. 9 an Verheißungen göttlichen Beistands für David persönlich [106] und für seine Dynastie, wie sie sich ähnlich auch in den assyrischen Königsorakeln des 7. Jahrhunderts finden. Ein vergleichbares Königsorakel ist nach 1 Kön 11,31–39 auch Jerobeam I. von Israel durch Vermittlung des Propheten Ahia von Silo zuteil geworden. Auch dieses ist nur in stark überarbeiteter Form überliefert, doch ist so viel deutlich, dass in seinem Grundbestand der Übergang des Königtums über (Gesamt-)Israel von Salomo, dem Sohn und Nachfolger Davids, auf den Nicht-Davididen Jerobeam legitimiert und ihm auf ähnliche Weise wie David der Beistand Jahwes für ihn selbst und seine Dynastie zugesagt wurde. Die Tendenz des Orakels zeigt, dass es im Nordreich Israel entstanden sein muss; dort ist es auch bereits durch mehrere Zusätze dem wirklichen Gang der Ereignisse angepasst worden, bevor es der judäischen Redaktion der Königsbücher in die Hände kam und ihren Zwecken dienstbar gemacht wurde. Die nachexilischen Königsorakel sind im Grunde solche auf Hoffnung, da sie an den Davididen Serubbabel (Zēr-Bābili) ben Sealthiel, einen Enkel des Königs Jojachin von Juda, gerichtet sind, der zu Beginn der Regierung Darius’ I. dem zwölfköpfigen Leitungsgremium der sich konstituierenden Jerusalemer ————— 84
Eine Begründung dieser Rekonstruktion wird an anderer Stelle gegeben werden. [S.u. S. 104–
113.]
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Gemeinde angehörte (Es 2,2; Neh 7,7). Beim Propheten Haggai führt er den Titel pahat Yhūdā (Hag 1,1.14; 2,2.21), wäre also nach gewöhnlichem Sprachgebrauch persischer Statthalter von Judäa gewesen. An dieser Auffassung des Titels bestehen mancherlei Zweifel85; doch kann diese Frage und die mit ihr eng zusammenhängende nach dem staatsrechtlichen Status von Judäa in der Zeit von Kyros bis Darius II. hier auf sich beruhen. Deutlich ist indessen, dass die Propheten Haggai und Sacharja mit der Person Serubbabels zeitweilig Hoffnungen auf die Wiederherstellung der davididischen Monarchie verbanden. Von ihren Königsorakeln ist nur das in Hag 2,20–23, das auf den 24.9.2 Darius I., d.h. den 18.12.520 v.Chr., datiert ist, unbeschädigt auf uns gekommen, wahrscheinlich, weil es sich relativ vorsichtig ausdrückt und somit auch unverfänglich interpretiert werden konnte. Eine viel offenere Sprache führte ein Orakel des Propheten Sacharja, das zugleich eine symbolische Handlung impliziert. Es ist in Sach 6,9–15 in überarbeiteter Form überliefert; doch ist es möglich, den ursprünglichen Wortlaut approximativ wieder herzustellen: [107] 9 Das Wort Jahwes erging an mich: 10 Nimm von der Gola, (d.h.) von Heldai, Tobia, Jedaja und Josia ben Zephanja, die aus Babel gekommen sind,86 11 nimm also Silber und Gold und mache eine Krone87 und setze sie auf das Haupt Serubbabel ben Sealthiels88 12 und sprich zu ihm: ‚So spricht Jahwe Zebaoth: Da ist einer, dessen Name «Spross» ist, und aus ihm wird es hervorsprossen.89 13 Und er wird den Tempel Jahwes bauen, und er wird Majestät gewinnen und er wird auf seinem Thron sitzen und herrschen, und ein Priester wird neben seinem Thron90 stehen, und Einvernehmen wird zwischen beiden sein.‘ 14 Die Krone91 aber wird zum Gedenken an Heldai92, Tobia, Jedaja und Josia ben Zephanja93 im Tempel Jahwes sein. ————— 85
Vgl. GALLING 1964, 135 u.ö. Nach dem Personennamen Ydayā ist der überlieferte Text des Verses nicht in Ordnung. Da das am Ende stehende ăšer bāū mibbābēl sich auf die gesamten vorausgehenden Namen beziehen muss, war aus der Passage ūbātā attā bayyōm hahū ūbātā bēt nur eines der beiden ūbātā in der emendierten Form *ūmēēt beizubehalten. Die Septuaginta hat übrigens nur den Namen Josia ben Zephanja, statt der anderen hingegen Appellativa. 87 Da es im Kontext nur um eine Krone geht, ist statt ătārōt mit einem Teil der antiken Nebenüberlieferung der Singular *ătēret zu lesen; ebenso in V. 14 *hāătēret statt hāătārōt. 88 Überliefert ist „Josua ben Jozadaks“; s. dazu im Text. 89 Im hebräischen Text folgt noch „und er wird den Tempel Jahwes bauen“, eine Dittographie des Anfangs von V. 13. 90 Septuaginta evk dexiw/n auvtou/ (theoretisch = hebr. *mīmīnō); doch kann das erläuternde Umschreibung des für schwächere Hebraisten nicht ganz eindeutigen al kisō sein. Letzteres kann indessen in Abhängigkeit vom Verbum MD „stehen“ nur „vor/neben seinem Thron“ bedeuten. 91 S.o. Anm. 87. 92 So nach V. 10 statt lhēlem zu lesen. 86
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Götterwort in Menschenmund 15 Und die Fernen werden kommen und am Tempel Jahwes bauen, und ihr werdet erkennen, dass Jahwe Zebaoth mich zu euch gesandt hat. Und es wird geschehen, wenn ihr auf die Stimme Jahwes, eueres Gottes, hört!
Dieser Gottesspruch, der den Abschluss des Zyklus der „Nachtgesichte“ Sacharjas bildet, kann mit K. Galling94 vielleicht auf Grund von Sach 1,7 [108] auf den 24.11.2 Darius I. (12.2.519 v.Chr.) datiert werden. Es handelt sich deutlich um eine zusammengesetzte Einheit, wobei man fragen kann, ob V. 15 ursprünglich überhaupt dazugehörte. Das Königsorakel bildet die begleitenden Worte zu der Symbolhandlung des Propheten, bei der Sacharja dem Statthalter Serubbabel eine von einer Gruppe von Rückkehrern aus dem Exil gestiftete Krone aufsetzen und ihn so, das impliziert die Handlung, zum König designieren soll.95 Das Orakel in V. 12f verheißt Serubbabel ohne Zweifel das Königtum. Wir wissen nicht, wie der so Designierte auf diese Zusage reagierte, und ob die persische Regierung Anlass zum Eingreifen sah. Jedenfalls hat man später in V. 11 den Namen Serubbabels durch den des Hohepriesters Josua (Jesua) ben Jozadak ersetzt und damit das Orakel politisch entschärft und wohl auch mit der weiteren Entwicklung der Dinge in Judäa in Einklang gebracht. Dass der Spruch damit in sich widersprüchlich wurde, musste man wohl oder übel in Kauf nehmen. Ein weiteres der Gattung des Königsorakels zugehöriges Gotteswort an Serubbabel ist sekundär in die „Leuchter“-Vision Sacharjas eingefügt worden, die selbst von Serubbabel und Josua als den beiden „Gesalbten“ Jahwes handelt. Hier geht es in Sach 4,6b–7 um die Zusage göttlicher Hilfe bei dem Werk des Wiederaufbaus des Jerusalemer Tempels, das Serubbabel am 24.9.2 Darius I. (18.12.520 v.Chr.) in Angriff nahm (Hag 1,15).96 Das Orakel, das undatiert überliefert ist, dürfte in der Zeit unmittelbar vor Aufnahme der Arbeiten am Tempel anzusetzen sein. Die Gottessprüche, die Serubbabel die Königskrone verheißen, sind nicht in Erfüllung gegangen, und auch über das weitere Schicksal des Thronkandidaten Haggais und Sacharjas schweigen die Quellen. Die überlieferte Geschichte ————— 93 Statt dieses Namens ist ūlhēn ben-Spanyā überliefert, das so nicht in Ordnung sein kann (trotz Septuaginta!). Auf jeden Fall dürfte an Stelle von ūlhēn der Name *ūlyōšīyā einzufügen sein, wobei man fragen könnte, ob in ūlhēn nicht der Titel lhēn steckte, der dann in der Form *ha(l)lhēn dem Namen + Filiation nachzustellen wäre. *lhēn wäre wohl wie äg.-aram. lhn (JEAN/HOFTIJZER 1965, 137:32–42) aus akk. lahhinu, Bezeichnung einer Klasse von Tempelbeamten, entlehnt; vgl. die bei Hoftijzer angeführte Literatur und LANDSBERGER 1967, 198–204. Die weibliche Form (< akk. lahhi/anatu) ist im Biblisch-Aramäischen (Dan 5,2.3.23) und Mittelhebräischen wahrscheinlich in der Bedeutung „Konkubine“ und/oder „Dienerin“ gebräuchlich; vgl. noch BAUMGARTNER 1927, 90. 94 GALLING 1964, 123. 95 Die Anweisung, dass die Krone später im Tempelschatz aufbewahrt werden solle, macht deutlich, dass – ähnlich wie bei der (Königs-)Salbung Davids in 1 Sam 16,12f und Jehus in 2 Kön 9,6 – eine Designation, nicht eine Krönung im strengen Sinn beabsichtigt ist. Zur Stiftung der Krone in den (zukünftigen) Tempelschatz vgl. allgemein GALLING 1949–51 und zum Nachleben des Brauchs LIFSHITZ 1967. 96 Vgl. M. WEIPPERT 1976–80, 207a.
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des Königsorakels im alten Israel ist damit äußerlich an ihr Ende gelangt. Doch hatte die Entwicklung der Gattung bereits unter dem letzten neubabylonischen König Nabonid bei den im Exil in Babylonien lebenden Judäern eine andere Wendung genommen. Dort trat in den letzten Jahren des Neubabylonischen Reiches, als der Schatten des großen Kyros bereits am Horizont auftauchte, jener namentlich unbekannte Prophet auf, den [109] wir Deuterojesaja zu nennen pflegen, weil seine Sprüche redaktionell an die Sammlung der Worte des Propheten Jesaja des 8. Jahrhunderts angehängt worden sind. In den Weissagungen Deuterojesajas ist nun zwar von der bevorstehenden Wende des Exilsschicksals der Judäer die Rede, nicht aber von der Restauration der davididischen Monarchie in Jerusalem.97 Er kennt und verwendet die Gattung des Heilsorakels für Könige, wendet sie aber in vorher unerhörter Weise auf einen fremden König an, eben den Achämeniden Kyros, von dem er die Befreiung seines Volkes und die Vorbereitung des Offenbarwerdens der Weltherrschaft Jahwes erwartet. Das Königsorakel für Kyros in Jes 45,1–7 zeigt, wie die überlieferte Gattung dazu gebraucht werden konnte, in einer gewandelten historischen Situation Jahwes „Wort zur Stunde“ die adäquate Form zu geben: 1
2
3 4
5 6
So spricht Jahwe zu seinem Gesalbten, zu Kyros, den ich an seiner Rechten gefasst habe, um vor ihm Völker zu Boden zu werfen und die Lenden von Königen zu entgürten, um vor ihm Türen zu öffnen und Tore nicht verschlossen zu halten: Ich gehe vor dir her und mache Ringmauern98 dem Erdboden gleich eherne Türen zerbreche ich und eiserne Riegel schlage ich weg und gebe dir geheime Schätze und verborgene Horte, damit du erkennst, dass ich Jahwe bin, der dich beim Namen gerufen hat, Israels Gott, wegen meines Knechtes Jakob und Israels, meines Erwählten. Ich rief dich bei deinem Namen, um dir einen Ehrennamen zu geben, obwohl du mich nicht kennst. Ich bin Jahwe, und sonst gibt es keinen; außer mir ist kein Gott! Ich will dich gürten, obwohl du mich nicht kennst, damit man im Osten erkennt und im Westen, dass nichts außer mir ist.
————— 97 An der einzigen Stelle, an der Deuterojesaja die Davidstradition erwähnt, Jes 55,3, wird sie sofort umgebogen und auf Israel bezogen. Zur neueren Diskussion über hasdē Dāwīd hanneemānīm im Kontext von Jes 55,3–5 s. WILLIAMSON 1978. Der sehr eigene Wege gehende Versuch von VINCENT 1977, 65–107, lag Williamson wohl noch nicht vor. [Zu Deuterojesaja s. jetzt u. S. 132–158.] 98 Lies *haddūrīm (statt des überlieferten hădūrīm) von *dūr „Mauer“ (< akk. dūru); SOUTHWOOD 1975.
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Ich bin Jahwe, und sonst gibt es keinen, der ich das Licht bilde und die Finsternis schaffe, der ich das Heil bewirke und das Unheil schaffe: [110] Ich bin Jahwe, der ich das alles bewirke!
Dieses Königsorakel für Kyros enthält die gattungsspezifischen Zusagen göttlichen Beistands, hier bei der Erringung der Weltherrschaft, sowohl in dem komplexen an die Anrede von V. 1 angeschlossenen Attributsatz als auch im Corpus des Orakels in V. 2f. Es ist darüber hinaus als „Wort des göttlichen Selbsterweises“ formuliert: Kyros soll in all seinen Erfolgen die Hand Jahwes, des Gottes Israels, erkennen, und dies wegen meines Knechtes Jakob und Israels, meines Erwählten.
In dieser Aussage über das Ziel des Handelns Jahwes an Kyros ist verhalten, aber unüberhörbar die Hoffnung auf die durch Kyros herbeizuführende Exilswende ausgesprochen, eine Hoffnung, die schließlich nicht getrogen hat, wenn auch Kyros nicht zur Anerkennung von Jahwe als dem einzigen Gott gelangte, um die die ausführliche Selbstvorstellung und Selbstprädikation Jahwes in den Versen 5–7 wirbt. Es ist nicht anzunehmen, dass erst letztere Erfahrung Deuterojesaja dazu veranlasste, auch das Heil für Israel in der Form des traditionellen Königsorakels auszusprechen,99 da diese bis dato unerhörte Kontrafaktur ja bereits mit der stillschweigenden Absage an die Restauration des davididischen Königtums möglich geworden war. Dass der Prophet aber diese Möglichkeit ergriff, machte den Weg frei für eine immanente Eschatologie, die jeweils der Weltstunde angemessene politische Lösungen des israelitisch-jüdischen Verfassungsproblems zuließ und in stark säkularisierter Form bis in unsere Tage nachwirkt. Diese Sicht der Dinge schließt die These in sich, dass nicht das „priesterliche Heilsorakel“, sondern das Königsorakel als Vorlage deuterojesajanischer Heilsorakel wie Jes 41,8–13.14–16; 43,1–4 und vielleicht auch 43,16–21; 44,1– 5 gedient hat.100 Kommt man von den Königsorakeln her, ist die Verwandtschaft in Form und Inhalt unschwer zu erkennen. Ich schlie[111]ße darum ————— 99
In vergleichbarer Weise hat J. Hempel nachzuweisen versucht, dass die Enttäuschung über das Nichteintreffen seiner Kyros-Weissagungen Deuterojesaja veranlasst habe, den „Knecht Jahwes“ anstelle des Achämeniden in das Zentrum seiner Botschaft zu rücken; s. HEMPEL 1930 = 1961, 174– 197. Die Frage ist dabei freilich, ob man Kyros bzw. die Lieder vom „Knecht Jahwes“ tatsächlich im „Zentrum“ der Botschaft des Propheten ansiedeln darf. Ist Letzteres nicht zu sehr von der Wirkungsgeschichte der Gottesknechtlieder her gedacht? 100 S. dazu HARNER 1969.
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ohne Kommentar mit einem dieser auf das Volk Israel bezüglichen Heilsorakel, dem von Jes 41,8–13: 8
Du, Israel, mein Knecht, Jakob, den ich erwählt habe, Same meines Freundes Abraham, du, den ich an der Hand geführt habe von den Enden der Erde her, und den ich von ihren Rändern her gerufen habe, zu dem ich sprach: Mein Knecht bist du, ich habe dich erwählt, dich nicht verworfen: Fürchte dich nicht; denn ich bin mit dir, sei nicht bang101; denn ich bin dein Gott! Ich stärke dich, ja, ich helfe dir, ich stütze dich mit meiner hilfreichen Rechten. Siehe, beschämt und zuschanden sollen werden alle, die gegen dich entbrannt sind, zunicht sollen werden und zugrunde gehen, die mit dir streiten. Du wirst dich nach ihnen umsehen und sie nicht (mehr) finden, die mit dir hadern, zunicht, ja ganz zu Nichts sollen werden, die mit dir kämpfen. Denn ich bin Jahwe, dein Gott, der dich an der Rechten fasst, der zu dir spricht: Fürchte dich nicht, ich helfe dir!
9
10
11
12
13
————— 101
Lies *tišta (statt tištā des masoretischen Textes) von ŠT „sich fürchten“ (ug. TT, phön. ŠT).
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Götterwort in Menschenmund
Tabelle 1: Übersicht über die Texte Nr.
Museumsnummer
Publikation(en)
Dat.
Beschreibung
1
K 883
CRAIG 1895, 26f
Asb.
2
K 1292+DT 130
ZIMMERN 1910, 130 (Translit.); DT 130 (unpubliziert)
Asb.
3
K 1545
ABL 1280
Asb.?
4
K 2401
CRAIG 1895, 22–25; Kol. II.III auch STRONG 1894, 637–643
Ash.
5
K4310
4R² 61
Ash.
6
K 6259
LANGDON 1914, Taf. IV
Ash.
7
K 12033+82-522,527
LANGDON 1914, Taf. IIf; K 12033 (unpubliziert)
Ash.
8
K 1285
CRAIG 1895, 5f
Asb.
9
K 2647+Rm 2.99
CT 35,14.15.13
Asb.
10
K 6064
CT 35,26f
Asb.
11
Rm 2.236
CT 35,30
Asb.
Sammeltafel , 2 Sprucheinheiten; Gottheit: Ninlil; Adressat:: König; Überschrift mit Nennung der Prophetin Wahrscheinlich 1 Sprucheinheit; Gottheiten: Ninlil, Ištar von Arbela; Adressat: König; Kolophon mit Nennung der Prophetin und Datum Bericht über Orakel (idâtu, 5–6× wiederholt; Z. 1–4 z.T. unklar), das im Folgenden im Wortlaut wiedergegeben wird; redende Gottheit im erhaltenen Text nicht genannt; Adressat: wohl der König Sammeltafel, wahrscheinlich 6(+x) Sprucheinheiten; Gottheiten: Bēl tarbāse, Assur, Ištar von Arbela; Adressaten: König, Bürger Assyriens; einige Sprucheinheiten mit Unterschriften, die Gottheiten und Umstände nennen oder Anweisungen geben Sammeltafel, wahrscheinlich 11 Sprucheinheiten; Gottheiten: meist Ištar von Arbela, daneben je 1× Bēl (Marduk), Nabû; Adressaten: König, Königinmutter; Unterschriften mit Nennung der Prophet(inn)en 1 Sprucheinheit; Gottheit: Ištar von Arbela; Adressatin: Frau, wohl Königinmutter Sammeltafel, wahrscheinlich 7(+x) Sprucheinheiten; Gottheit: Ištar von Arbela; Adressaten: König, Königinmutter; Unterschriften mit Nennung der Prophet(inn)en Sammeltafel, 3 Gebete des Königs mit jeweils darauf antwortenden Sprucheinheiten, 1 überschießende Sprucheinheit; Gottheit: Nabû; Adressat: König Sammeltafel, 23(+x) kurze Sprucheinheiten; redende Gottheit im erhaltenen Text nicht genannt (Assur?); Adressat: König; Unterschrift (unklar) Sammeltafel, 6(+x) kurze Sprucheinheiten; redende Gottheit im erhaltenen Text nicht genannt; Adressat: König Sammeltafel, 4(+x) kurze Sprucheinheiten; redende Gottheit im erhaltenen Text nicht genannt (Assur?); Adressat: König
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Assyrische Prophetien der Zeit Asarhaddons und Assurbanipals
Tabelle 2: Die menschlichen Vermittler der Gottessprüche Name
m/f Herkunft
Belege
Gottheiten
Ahāt-abīša Bayā Ilūssa-āmur Issar-bēludainī Issar-lā-tašīyat KAL-šá-āmurc Lā-dāgil-ile
f f f f
Arbela Arbela Assura –b
K 4310 V 24f K 4310 II 40´ K 4310 III 5´f K 4310 V 10f
Ištar von Arbela Bēl, Ištar von Arbela, Nabû ? ?
f f m
Arbela Arbela Arbela
Ninlil-kabtat Rīmūte-Allāte
f f
–d Darāhūya
Ištar von Arbela Ninlil, Ištar von Arbela Ištar von Arbela Ištar von Arbela Ninlil –
Sinqīša-āmur Urkittu-šarrat [GN-]hussani
f f m
Arbela Kalhu Assur
K 4310 I 28´f K 1292+ Rs. 4´f K 4310 VI 31f K 12033+ II 28´ K 883,1 K 4310 II 13´– 15´ K 4310 II 9´f K 12033+ III 19´ K 12033+ I 14´
[…]
m
Arbela
K 12033+ I 36´
Ištar von Arbela ? vielleicht [Ninlil, Ištar von Arbela] [männliche Gottheit]
Als Libbi-āle bezeichnet. Mit Berufsangabe šēlūtu ša šarre. cZu lesen *Dunnaša-āmur? d Mit Berufsangabe munus raggintu. a
b
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Götterwort in Menschenmund
Tabelle 3: Typologie der Sprucheinheiten abat GN
anāku GN
lā tapallah
šulmu atypisch
Typus unklar
K 2401 II 33–III 14´ K 2401 III 15´–36´ K 6259 K 12033+ II 29´–39´ K 4310 III 7´–IV 35 (s. auch lā tapallah) K 4310 V 12–25 Hierzu zählen auch die drei Abschnitte innerhalb der dem Typus lā tapallah angehörenden Sprucheinheit K 4310 II 16´–40´, nämlich 17´–29´.30´–37´.38´f K 883,2–11 K 1285,23–26 K 4310 I 4´–29´ K 4310 I 30´–II 10´ K 4310 II 16´–40´ (s. auch zu anāku GN) K 4310 VI 1–32 (?) K 12033+ I 15´–35´ K 12033+ III 20´–36´ In der Sprucheinheit K 4310 V 12–25, die zum Typus anāku GN gehört, kommt ein an einen Dritten gerichtetes Gotteswort des Typus lā tapallah vor (21–23). K 2401 I 27–II 9 K 2401 II 10–32 K 4310 V 26–VI 32 K 883,12–25 K 1285,7–12 K 1285,13–18 K 1285,32–37 K 1545 K 4310 II 11´–15´ K 1292+ K 4310 IV …–V 11 K 12033+ I 36´–II 28´ K 12033+ II …–III 19´
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Assyrische Prophetien der Zeit Asarhaddons und Assurbanipals
K 883,2–11 K 883,12–25 K 1292+ K 1545 K 2401 I 27–II 9 K2401 II 10–32 K 2401 II 33–III 14´ K 2401 III 15´–36´ K 4310 I 4´–29´ K 4310 I 30´–II 10´ K 4310 II 11´–15´ K 4310 II 16´–40´ K 4310 III 7´–IV 35… K 4310 V 1–11 K 4310 v 12–25 K 4310 V 26–VI 32 K 6259 K 12033+ I 15´–35´ K 12033+ I 36´–II 28´ K 12033+ II 29´–38´ K 12033+ III 1´–19´ K 12033 III 20´–36´ K 1285,7–12 K 1285,13–18 K 1285,23–26 K 1285,32–37 Sonstige
Tabelle 4: Vorkommen der Bauelemente
Adresse Anrede Kultische Forderungen Aufforderung zur Bereitschaft Aufforderung zur Freude Aufforderung zur Bewahrung des Worts Aufruf zum Lob Aufruf zum Vertrauen Beistandszusage Beistandszusage an Dritte Beschwichtigungsformel + Erweiswort Hinweis auf früheres Heilshandeln Proklamation Rückgriff auf Anfrage Rückgriff auf Klage Rüge Schutzzusage Schutzzusage an Dritte Selbstprädikation Selbstvorstellung Symbolische Handlung ? Übergabeformel Verumständung
?
+
+ ?
+
+
+
+
?
Zeichenerklärung +
Beleg am Anfang einer Sprucheinheit Beleg im Inneren einer Sprucheinheit Belege am Anfang und im Inneren einer Sprucheinheit
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Die Herkunft des Heilsorakels für Israel bei Deuterojesaja 1982 (teilweise revidiert 1993)
Dass das „Israel“ (Juda) von seinem Gott zugedachte Heil in der Verkündigung Deuterojesajas, des Herolds der Exilswende, den beherrschenden Platz einnimmt, ist eine Beobachtung, die sich bei der Lektüre der in Jes 40–55 überlieferten Prophetien geradezu aufdrängt. Mit gutem Grund nennt man ihren Verfasser1 daher gern einen „Heilspropheten“ – in der Regel freilich nicht, ohne dieser Qualifikation sogleich eine Einschränkung hinzuzufügen. Bekanntlich haftet dem Ausdruck „Heilsprophet“ in der alttestamentlichen Wissenschaft ja ein negativer Klang an, das Odium „falscher“ Prophetie2, und [336] so ist es durchaus verständlich, wenn man sich beeilt zu betonen, dass Deuterojesaja in der Tradition der großen vorexilischen Schriftpropheten3 und nicht in der jener „Heilspropheten“ stehe, mit denen sich die Verkünder des göttlichen Gerichts, vor allem Jeremia, auseinandersetzen mussten. Es ist allerdings zu bezweifeln, ob die Unterscheidung, die sich von den Parteigegensätzen der Spätzeit des judäischen Staats her nahelegt, in dieser Schärfe gerechtfertigt ist – schließlich haben auch die „Unheilspropheten“ gelegentlich Heil verkündet, selbst Jeremia, der doch den Konflikt zwischen einander ausschließenden Jahweworten am stärksten empfunden und durchlitten hat. Richtig ist, dass Deuterojesaja einige Male auf Positionen anspielt, die auch die vorexilische Gerichtsprophetie vertrat.4 Seine traditionsgeschichtliche Heimat ————— 1 Ich spreche im Folgenden aus praktischen Gründen von einem Propheten „Deuterojesaja“, ohne damit ausschließen zu wollen, dass in Jes 40–55 Texte verschiedener Autoren zusammengestellt sind (Unterschiede in Syntax und Gedankenwelt lassen das vermuten). Dass auch deutliche Überarbeitungsspuren beobachtet werden können, spielt für die Behandlung des Themas hier keine Rolle. Vgl. zur Schichtung der deuterojesajanischen Sammlung zuletzt KRATZ 1991. 2 Zum Thema der sog. „falschen Prophetie“ gibt es eine umfangreiche Literatur; vgl. z.B. AALDERS 1911; CRENSHAW 1971; HOSSFELD/MEYER 1973; JACOB 1957; I. MEYER 1977; MÜNDERLEIN 1979; OSSWALD 1962; OVERHOLT 1967; 1970; QUELL 1952; VON RAD 1933 (Neudruck in VON RAD 1973, 212–223). – Um zu einem angemessenen Verständnis der einschlägigen Aussagen des Alten Testaments zu kommen, müsste m.E. die Diskussion von „dogmatischen“ Vorentscheidungen freigehalten werden (diese sind bei Aalders besonders deutlich, da er sein gereformeerd Kanonverständnis zum Ausgangspunkt seiner Untersuchungen macht, aber auch sonst zumindest implizit vorhanden). Unter phänomenologischem Gesichtspunkt ist die Unterscheidung von „wahrer“ und „falscher Prophetie“, von offenkundigen Betrugsfällen abgesehen, gegenstandslos. Historisch handelt es sich um die judäische Ausprägung des die Prophetie wohl von Anfang an begleitenden Problems der Verifikation ihres Anspruchs, Botschaften der Götter zu vermitteln. S. dazu vorläufig M. WEIPPERT 1988, 315–318 [s.u. S. 102f]. 3 Vgl. z.B. VOLZ 1938, 300–303; VON RAD 1962, 256f. 4 Vgl. Jes 42,18–25; 43,22–28; 48,1.3.6f.11; vielleicht auch 46,9f; 47,6f. Aus den Anhängen wären 50,1f; 51,17–23; 54,1–10 zu nennen.
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Die Herkunft des Heilsorakels bei Deuterojesaja
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lag aber anderswo, wie im Folgenden an Hand der von ihm verwendeten Gattung des „Heilsorakels für Israel“ gezeigt werden soll. [337] I Der traditionelle Terminus „Heilsorakel“ ist freilich sogleich zu differenzieren. Ich beziehe mich dabei auf die Unterscheidung, die Claus Westermann im Jahre 1964 in seinen zwei wichtigen Untersuchungen über Sprache und Stil der Verkündigung Deuterojesajas vorgeschlagen hat,5 und die seither weithin akzeptiert worden ist. Von den beiden Gattungen der „Heilszusage“ und der „Heilsankündigung“ soll nur die erstere behandelt werden, die man im Anschluss an die ältere Terminologie auch als „Heilsorakel“ im engeren Sinne bezeichnen kann. Zu dieser Gruppe rechnete Westermann die Stücke Jes 41,8–13.14–16; 43,1–4.5–7 und 44,1–5, wozu freilich angemerkt werden muss, dass die Aufteilung von 43,1–7 auf zwei Einheiten nicht notwendig ist, und dass 44,1–5 den Kriterien Westermanns für die Zuweisung zu den „Heilszusagen“ nicht entspricht. Es bleiben als Textgrundlage somit nur die Einheiten 41,8–13.14–16 und 43,1–7. Für unsere Zwecke genügt es, einen Vertreter der Gattung näher zu betrachten. Als Ausgangspunkt bietet sich die besonders klar aufgebaute Einheit Jes 41,8–136 an: 8 9
10
11
12
Du, Israel, mein Knecht, Jakob, den ich erwählt habe, Same meines Freundes Abraham, du, den ich an der Hand geführt habe von den Enden der Erde her, und den ich von ihren Rändern her gerufen habe, zu dem ich sprach: Mein Knecht bist du, ich habe dich erwählt, dich nicht verworfen: Fürchte dich nicht; denn ich bin mit dir, sei nicht bang7; denn ich bin dein Gott. Ich stärke dich, ja, ich helfe dir, ja, ich stütze dich mit meiner heilvollen Rechten. Siehe, beschämt und zuschanden sollen werden alle, die gegen dich entbrannt sind; [338] zunicht sollen werden und zugrundegehen, die mit dir streiten. Du wirst dich nach ihnen umsehen und sie nicht (mehr) finden, die mit dir hadern.
————— 5
WESTERMANN 1964a; 1964b, 117–124 = 1981b, 34–41. Aus stilistischen Gründen ist in der Übersetzung gelegentlich ein „und“ weggelassen. 7 Hier liegt wie in 41,23 (wo auch *wnīrā [K] statt *wnirāh [Q] zu lesen ist) das Verbum ŠT „sich fürchten“ (synonym mit IR) vor; vgl. ug. TT und phön. ŠT in derselben Bedeutung. 6
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Götterwort in Menschenmund Zunicht, ja ganz zu Nichts sollen werden, die mit dir kämpfen. 13
Denn ich bin Jahwe, dein Gott, der dich an der Rechten fasst, der zu dir spricht: Fürchte dich nicht! Ich helfe dir.
Inhaltlich handelt es sich bei diesem Text zunächst darum, dass der Sprecher, der sich dem Adressaten gegenüber als „dein Gott“ und gegen Ende auch mit seinem Eigennamen Jahwe vorstellt, Israel Beistand und Hilfe zusagt, die sich besonders in der Erniedrigung und Vernichtung aller seiner Feinde realisieren soll. Die Gliederung der Perikope ist durchsichtig und lässt die von Westermann für die „Heilszusage“ festgestellten Aufbauelemente deutlich erkennen: Am Anfang steht eine für Deuterojesaja typische Anrede, in der dem Volk (d.h., den exilierten Judäern, die für ihn „Israel“ sind) im synthetischen Parallelismus membrorum die beiden Namen seines Stammvaters, „Israel“ und „Jakob“, beigelegt werden, und in der Jahwe zugleich an die mit der Abstammung von Abraham verbundene Erwählung und damit an sein früheres Heilshandeln an den Vorfahren Israels erinnert. Mit der – im Parallelismus doppelt ausgedrückten – Formel „fürchte dich nicht!“ und ihrer Begründung beginnt dann die eigentliche Heilszusage. Sie enthält zunächst eine Aussage, in der Verbalformen der Afformativkonjugation gebraucht werden: „Ich stärke dich, ja, ich helfe dir, ja, ich stütze dich mit meiner heilvollen Rechten.“ Die Verben, durchweg solche fientischer Bedeutung, müssen in der deutschen Wiedergabe im Präsens stehen, nicht, weil es sich dabei um eine „Grundsatzerklärung“ (so Westermann) handelt, sondern weil hier der sog. „Koinzidenzfall“ vorliegt.8 Dies ist eine Sprechsituation, in der ein Geschehen [339] oder eine Handlung und ihr sprachliches Zeichen zusammenfallen oder, einfacher ausgedrückt, in der die Distanz zwischen einem Geschehen oder einer Handlung und der Rede davon Null ist. Die Rede kann explikativ sein (etwa: „Ich taufe dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“) oder das bewirken, was sie aussagt (etwa in der Formel kō āmar YHWH „so spricht [hiermit] Jahwe“). In diesen Fällen, in denen wir im Deutschen gewöhnlich das Präsens verwenden, stehen im Hebräischen narrative Verbalformen, bei Deuterojesaja also die Afformativkonjugation (das sog. „Perfekt“). In der Zusage des göttlichen Beistands wird dieser Beistand bereits real. Darauf folgen, durch „siehe!“ angekündigt, Zusagen künftigen Beistands, die aus dem grundlegenden Zuspruch abgeleitet sind. Die Verben stehen nun in der Präformativkonjugation (dem sog. „Imperfekt“), die bei Deuterojesaja meist futurisch zu übersetzen ————— 8 Vgl. zu dem in der Hebraistik wenig beachteten Sachverhalt vorläufig z.B. BROCKELMANN 1956, 40 § 41d (auf die Afformativkonjugation beschränkt, was aber nicht zutrifft; s. Gen 32,6 wāešlhā); BLUM 1975; GROSS 1975, passim (s. Index S. 187b), bes. 49f; SCHNEIDER 1978, 204–206 § 48.6.2/3 (unter der Bezeichnung „performatorisches Sprechen“); WALTKE/O’CONNOR 1990, 488f § 30.5.1d m.Anm. 17 (Lit.).
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ist. Hier geht es um die bevorstehende Befreiung Israels von seinen Feinden. Der Schluss kehrt zum Anfang des eigentlichen Orakels zurück, indem er zur Begründung der Verheißungen die Selbstvorstellung des Sprechers, hier in der ausführlicheren Form „ich bin Jahwe, dein Gott“, die Formel „fürchte dich nicht!“ und den Zuspruch „ich helfe dir“ wiederholt. Die Perikope hat also einen kunstvollen Aufbau mit Inklusion, der sich, abgesehen von der Reprise, in den beiden anderen Heilszusagen in Jes 41,14–16 und 43,1–7 wiederholt, und zwar bis in syntaktische Details hinein. Seit langem hat man aus solchen Beobachtungen geschlossen, dass der Prophet sich hier, trotz aller individuellen Ausgestaltung, eines vorgegebenen Formulars bedient. Welcher Art nun dieses Formular war und woher es stammte, darüber ist in der alttestamentlichen Wissenschaft seit einem Dreivierteljahrhundert viel nachgedacht und diskutiert worden. In der Nachfolge von Joachim Begrich, der seinerseits Anregungen von Friedrich Küchler aufgegriffen hat, nimmt man gewöhnlich an, dass Deuterojesaja für seine Heilszusagen an Israel eine im vorexilischen Tempelkult beheimatete Redegattung, das „priesterliche Heilsorakel“, adaptiert habe.9 Diese Annahme ist nicht ohne Schwierigkeiten, die sich vor allem daraus ergeben, dass das „priesterliche Heilsorakel“ eine hypothetische Größe ist. Man hat es postuliert auf Grund der Beobachtung, dass sich in bestimmten individuellen Klageliedern des Psalters „ein ganz plötzlicher Übergang von schmerzerfüllter Klage und flehentlicher Bitte um Hilfe zu froher Gewißheit des göttli[340]chen Beistands“ (Küchler10), ein „jäher Umschwung der Stimmung“ (Begrich11), findet.12 Das führt man darauf zurück, dass bei der kultischen Verwendung dieser Psalmen an der Stelle des „Umschwungs“ ein Priester auftrat und dem Beter ein die Erhörung und Hilfe Jahwes zusagendes Gotteswort übermittelte, das wahrscheinlich aus Wahrnehmungen aus einem parallel vollzogenen Opfer abgeleitet gewesen sei. Eine der Schwierigkeiten dieser an sich einleuchtenden Hypothese ist, dass sich sichere Beispiele für das „priesterliche Heilsorakel“ im ganzen Psalter nicht nachweisen lassen; die dort gelegentlich zitierten Gottesworte sind von anderer Art.13 Dieses Defizit der Hypothese suchte Begrich dadurch auszugleichen, dass er sich außerhalb des Psalters nach möglichen Spuren des „priesterlichen Heilsorakels“ umsah. Er fand sie vor allem in den Heilszusagen Deuterojesajas an Israel und rekonstruierte auf Grund dieser Texte auch die gattungsspezifische Struktur des angenommenen kultischen Vorbilds etwa in der Weise, wie oben Jes 41,8–13 behandelt wurde. Nach Begrichs Meinung reflektieren die einzelnen Bauelemente des „priesterlichen Heilsorakels“ entsprechende Stücke des Klagelieds ————— 9
KÜCHLER 1918, bes. 298–300; BEGRICH 1934 = 1964, 217–231. KÜCHLER 1918, 299. 11 BEGRICH 1934, 81 = 1964, 217. 12 In Ps 6 zwischen V. 8 und 9, in Ps 13 zwischen V. 5 und 6, in Ps 31 zwischen V. 19 und 20, in Ps 57 schließlich zwischen V. 7 und 8. 13 S. M. WEIPPERT 1988, 312f Anm. 53 [s.u. S. 100 Anm. 53]. 10
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Götterwort in Menschenmund
des Einzelnen; zeitweilig (?) ließ er jedoch auch priesterliche Orakelantworten auf Volksklagelieder zu.14 Hier knüpfte Hans-Eberhard von Waldow in seiner Arbeit „Anlaß und Hintergrund der Verkündigung des Deuterojesaja“ an.15 Hatte Begrich in der Verwendung der Gattung des „priesterlichen Heilsorakels“ durch Deuterojesaja eine Kontrafaktur gesehen, eine von ihrem ursprünglichen „Sitz im Leben“ gelöste Adaption für einen andersartigen Zweck, so leitete von Waldow die Verheißungen des Propheten direkt aus einer konkreten kultischen Situation, der „exilischen Volksklagefeier“, ab, bei der Deuterojesaja als eine Art „Kultprophet“ die göttliche Antwort auf die Volksklagelieder der Gemeinde gegeben habe. Damit hatte von Waldow die Hypothese Begrichs beträchtlich modifiziert und eigentlich von ihrem Ausgangspunkt, dem „priesterlichen Heilsorakel“ für Einzelpersonen, abgelöst. In dieser Hinsicht bedeutete der oben16 er[341]wähnte Aufsatz von Claus Westermann von 1964 über „das Heilswort bei Deuterojesaja“ eine gewisse Rückwendung zu Begrich, indem Westermann die „Heilszusage“ wieder von der kultischen Gattung des „priesterlichen Heilsorakels“ herleitete, aber zugleich für das viel weniger straff strukturierte Genre der „Heilsankündigung“ ein unmittelbares kultisches Vorbild verneinte. Er hielt jedoch daran fest, dass die „Heilsankündigung“ die Antwort Jahwes auf eine Klage des Volkes voraussetze. Hier könnte die kritische Nachfrage einhaken. Ist es nachzuvollziehen, dass Deuterojesaja für seine Heilsworte an Israel das an sich näherliegende Vorbild der göttlichen Antwort auf die Volksklage nur in sehr abgeschwächter Form beigezogen haben sollte, während er das „priesterliche Heilsorakel“ für Einzelpersonen getreulich imitierte, obwohl es nach Lage der Dinge viel weniger Berührungspunkte mit dem aufgewiesen haben dürfte, was der Prophet seinem Auditorium zu sagen hatte? Hier liegt m.E. die grundsätzliche Berechtigung des Ansatzes von Waldows. Anderseits freilich konnte die Diskussion nicht recht deutlich machen, wieso die Klage des Volkes und die des Einzelnen jeweils verschieden strukturierte göttliche Antworten erheischten. Beide konnten doch auf eine mit Ja oder Nein zu beantwortende Entscheidungsfrage reduziert werden, über die ein technisches Orakel eingeholt werden konnte, wie es in der Hypothese Begrichs als Voraussetzung des „priesterlichen Heilsorakels“ vorgesehen ist. In Mesopotamien ist man in Staatsangelegenheiten ja auch allzeit so verfahren. Die Notwendigkeit, für die Antwort auf die Volksklage den Orakelpriester durch einen Propheten zu ersetzen, war so aus der Natur der Sache nicht gegeben. Dazu kommt, dass die Rekonstruktion Begrichs, mit der auch noch die von Westermann vorgenommene Weiterbildung der Hypothese steht und fällt, auf einem nachgerade „klassischen“ Zirkelschluss beruht, und dass die Textteile ————— 14
GUNKEL/BEGRICH 1966, 133 § 4.11. 1953, 82–90. 16 S.o. S. 49 Anm. 5. 15
VON WALDOW
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Die Herkunft des Heilsorakels bei Deuterojesaja
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der Psalmen, die als Zeugen des „Umschwungs“ und damit als indirekte Hinweise auf das „priesterliche Heilsorakel“ in Anspruch genommen wurden, auch als nachdrückliche Vertrauensäußerungen des Beters gegenüber seinem Gott aufgefasst werden können. In diesem Sinne hat etwa Rudolf Kilian vor einiger Zeit die Existenz eines „priesterlichen Heilsorakels“ überhaupt bestritten.17 [342] II Die genannten Schwierigkeiten regen dazu an, der Frage nach der Herkunft der Form der Heilszusagen Jahwes an Israel bei Deuterojesaja erneut nachzugehen. Dabei stößt man außerhalb des Alten Testaments auf eine Gruppe von Texten, die einerseits nicht zu weit von Deuterojesaja entfernt sind, und die anderseits hinsichtlich ihrer Struktur, ihre Stils und z.T. auch ihrer Ausdrucksweise gut mit den Sprüchen des Propheten verglichen werden können. Es handelt sich um assyrische Prophetensprüche aus der Zeit der Könige Asarhaddon und Assurbanipal, also dem 2. und 3. Quartal des 7. Jahrhunderts v.Chr., die einzeln oder in Sammlungen auf etwa zehn Tontafeln überliefert sind.18 Ein Teil dieser Texte wird seit Hugo Greßmann in der Literatur zu Deuterojesaja gelegentlich erwähnt, meist im Zusammenhang mit der Besprechung der beiden Textgruppen gemeinsamen Formel „fürchte dich nicht!“;19 eine eingehende Analyse des gesamten Corpus und vollständiger Sprucheinheiten liegt jedoch bis jetzt nicht vor.20 [343] Als Beispiel sei ein Orakel der Göttin Ištar von Arbela für Asarhaddon (680–669) angeführt, als dessen Verfasser ein gewisser Issar-lā-tašīyat aus Arbela genannt wird:22 I II III IV V
[Asarhad]don, König der Länder, [f]ürchte dich nicht! [W]as für einen Wind gab es, der gegen dich anstürmte, dessen Flügel ich nicht gebrochen habe? Deine Feinde rollen wie reife Äpfel vor deinen Füßen umher. Die große Herrin bin ich! Ich bin Ištar von Arbela, die ich deine Feinde vor deine Füße hinwerfe!
————— 17
KILIAN 1968. Vgl. auch M. WEIPPERT 1988, 312–314 [s.u. S. 100f]. S. M. WEIPPERT 1981 [s.o. S. 9–47]. 19 S. M. WEIPPERT 1988, 311f Anm. 49 [s.u. S. 100 Anm. 49]. 20 S. jedoch den in Anm. 18 genannten Aufsatz; ferner: ISHIDA 1977, 90–92.115f; DIJKSTRA 1980, passim; H. WEIPPERT 1981, passim; M. WEIPPERT 1983; 1985b; TUAT II, 56–65 (K. Hecker). 21 Issar-lā-tašīyat „Vernachlässige Ištar nicht!“ ist ein männlicher Eigenname (die weibliche Form wäre *Issar-lā-tašittī). Auf dem Original ist der Name jedoch mit dem weiblichen Personenkennzeichen MUNUS determiniert. Das ist ein Fehler, während das appositionelle Attribut DUMU(mār) uruLÍMMU. DINGIR(Arbaile) richtig ist. 22 K 4310 I 4´–29´; s. 3R² 61 (Th.G. Pinches). Neuere Übersetzungen: ANET3 605 (R.D. Biggs); R. Labat in LABAT/CAQUOT/SZNYCER/VIEYRA 1970, 257; M. WEIPPERT 1972, 473f (Neudruck: 1991, 295f); 1983, 285; TUAT II, 56f (K. Hecker). 18
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Götterwort in Menschenmund VI VII VIII IX X XI XII XIII XIV XV XVI
Welches sind (denn) meine Worte, die ich zu dir zu sprechen pflegte, auf die du dich nicht verlassen konntest? Ich bin Ištar von Arbela! Deinen Feinden ziehe ich die Haut ab, liefere (sie) dir aus. Ich bin Ištar von Arbela! Vor dir, hinter dir gehe ich her. Fürchte dich nicht! Liegst du in Krämpfen, bin ich in Schmerzen. Ich erhebe mich – du bleib sitzen!
Der Spruch fängt an mit einer Anrede an den König und der Formel „fürchte dich nicht!“. Das Folgende zerfällt in zwei große Hauptteile, von denen der erste in die Vergangenheit, der zweite in die Gegenwart und Zukunft weist. Im ersten Teil geht es um früher dem König gewährte Hilfe im Kampf gegen seine Feinde und um die erwiesene Verlässlichkeit früherer Zusagen der Göttin; beide Hinweise werden höchst effektvoll durch die emphatische Selbst[344]vorstellung Ištars – „die große Herrin bin ich! Ich bin Ištar von Arbela, die ich deine Feinde vor deine Füße hinwerfe!“ – voneinander getrennt. Deutlich ist, dass dieser erste Hauptteil durch die Erinnerung an früheres göttliches Heilshandeln vertrauensbildend wirken und den zweiten Hauptteil vorbereiten soll. Dieser beginnt mit einer erneuten Selbstvorstellung der Göttin, der eine Zusage von Beistand in den Auseinandersetzungen des Königs mit den Feinden folgt: „Deinen Feinden ziehe ich die Haut ab, liefere sie dir aus.“ Eine weitere Selbstvorstellungsformel leitet zu der Zusage göttlichen Schutzes über: „Vor dir, hinter dir gehe ich her“, die mit der Formel „fürchte dich nicht!“ abgeschlossen wird. Es folgt eine Passage, in der das Mitleiden der Göttin mit den Sorgen des Königs zum Ausdruck kommt, und die die Einleitung zu der abschließenden Beistandszusage „ich erhebe mich – du bleib sitzen!“ bildet. Dieser Ausspruch unterstreicht die Alleinwirksamkeit der Gottheit zu Gunsten des Königs und ist sicher die Klimax des Orakels. Die kurze Nachzeichnung von Aufbau und Inhalt des assyrischen Prophetenspruchs zeigt deutlich, wie nahe er bei dem Heilsorakel Deuterojesajas steht, von dem wir ausgegangen sind. Dasselbe ließe sich sagen, wenn wir auch Jes 41,14–16 und 43,1–7 und weitere assyrische Prophetien einer ähnlichen Betrachtung unterzögen. Im Einzelnen weichen die Formulierungen natürlich voneinander ab;23 doch besteht bei den Bauelementen24, aus denen die Sprüche zusammengesetzt sind, weitgehende Übereinstimmung. Gemeinsam ist beiden ————— 23 Wenn man die Gesamtcorpora der neuassyrischen Prophetensprüche und Deuterojesajas miteinander vergleicht, findet man auch eine Anzahl terminologischer Berührungen, z.B. in der Metaphorik. 24 Listen der Bauelemente der neuassyrischen Prophetien bei DIJKSTRA 1980, 170; M. WEIPPERT 1981, 115 [s.o. S. 47].
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die Anrede, die eng mit der Formel „fürchte dich nicht!“ verbunden ist. Bei Deuterojesaja enthalten die Erweiterungen der Anrede einen Rückblick auf das frühere Heilshandeln der Gottheit, der in der assyrischen Prophetie als selbständiges Strukturelement erscheint. Beistandszusagen in beiden Texten beziehen sich in erster Linie auf die Besiegung und Vernichtung der Feinde des Adressaten, die durch die Gottheit bewirkt wird; in dem assyrischen Text kommen – wie in Jes 43,2 – noch ausdrückliche Schutzzusagen hinzu. Typisch für beide Texte ist auch das mehrfache Vorkommen einer Selbstvorstellung der Gottheit und der Formel „fürchte dich nicht!“. Diese Beobachtungen sprechen dafür, dass der assyrische Text und Jes 41,8–13 derselben Gattung angehören. Die Probe aufs Exempel könnte darin bestehen, dass man bei dem Spruch Deuterojesajas die Anrede an Israel/Jakob mit ihren Erweiterungen wegließe. Dann verschwände jeder Bezug des Textes auf ein Volk, und man erhielte ein Orakel, das auch einem König gegolten haben könnte. [345] Der nächste Schritt muss nun sein, die Gattung der verglichenen Prophetensprüche, die wir bisher allgemein als „Heilszusage“ oder „Heilsorakel“ angegeben haben, näher zu spezifizieren. Das Corpus der assyrischen prophetischen Texte macht das möglich. In diesem Corpus findet sich eine beträchtliche Anzahl von Sprüchen, die inhaltlich und strukturell mit dem zitierten Orakel für Asarhaddon übereinstimmen. Sie sind alle an den König oder an die Mutter des Königs gerichtet, die in Assyrien wie in Juda eine amtliche Stellung in der Hierarchie des Staates einnahm. Es geht in diesen Orakeln regelmäßig um den Schutz und den Beistand der Götter für den König, wobei die Sicherheit seiner Person und die ungestörte Ausübung der Königsmacht, die Abwehr innerer und äußerer Feinde und der Fortbestand der Dynastie zugesagt werden. Solche Texte kann man als „Heilsorakel für den König“ oder kurz „Königsorakel“ bezeichnen. Über die Art, wie diese Orakel zu Stande kamen, und über ihren realen Hintergrund ist den Texten selbst nur wenig zu entnehmen. Kombiniert man die spärlichen Andeutungen jedoch mit dem, was wir aus den Königsinschriften und der Korrespondenz der Könige mit ihren Beamten und Gelehrten erfahren, so ergibt sich etwa das folgende Bild: Neben der konstanten Beobachtung der Vorzeichen durch Priester und andere Gelehrte erkundete man vor jeder wichtigen Entscheidung in Sachen des Staates noch ad hoc den Willen der Götter. Das geschah durch Orakelanfragen, auf die man eine Antwort mit „technischen“ Mitteln zu erlangen suchte, z.B. durch Extipizin, aber auch dadurch, dass man – wahrscheinlich von Opfern begleitete – Gebete an die Götter richtete, deren Antwort man dann in Gestalt eines Traumgesichts oder eines Prophetenspruchs erwartete. Doch meldeten sich die Götter des Öfteren anscheinend auch ungefragt, gleichsam „spontan“, auf diese Weise zu Wort. Zur Illustration sei ein Ausschnitt aus den Inschriften Assurbanipals (668– 629/7) zitiert, in dem Gotteswort und Traumgesicht kombiniert sind, und der interessante Aufschlüsse sowohl über das Aussehen Ištars von Arbela als auch über die altorientalische Kriegsideologie gibt. Es handelt sich um eine Episode
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aus der Anfangsphase der Auseinandersetzungen Assurbanipals mit Teumman von Elam.25 Auf die Nachricht vom Aufmarsch des elamischen Heeres richtet der König ein nächtliches Gebet um Abwendung der Not26 an [346] Ištar und erhält noch in derselben Nacht – auf welche Weise, wird nicht gesagt – ein Erhörungsorakel: Fürchte dich nicht! Wegen deiner Handerhebung, die du mir dargebracht hast, wegen deiner Augen voller Tränen habe ich mich deiner erbarmt.
Die nähere Ausführung dessen, was damit gemeint ist, wird, gleichfalls in dieser Nacht, nicht dem König, sondern einem Tempelbeamten mitgeteilt, der im Traum die Göttin im Gespräch mit Assurbanipal wahrnimmt. Die Erzählung seines Traums lautet: Ištar, die in Arbela wohnt, trat herein. Rechts und links war sie mit Köchern behängt, sie hielt einen Bogen in ihrer Hand und hatte ihr spitziges Schwert gezückt, um eine Schlacht zu liefern. Vor ihr standest du (d.h. Assurbanipal), während sie wie eine leibliche Mutter mit dir redete. Ištar, die Höchste der Götter, sprach dich an, indem sie dir Weisung erteilte: ‚Du bist darauf aus, zu kämpfen. Wohin ich gehen will, dahin mache ich mich auf den Weg.‘ Du sagtest zu ihr: ‚Wohin du gehst, dahin will ich mit dir gehen.‘ Die Herrin der Herrinnen aber antwortete dir: ‚Du bleib hier, wo dein Platz ist! Iss Brot, trink Sesambier, veranstalte Freudenmusik (und) preise meine Gottheit, während ich gehe, dieses Werk verrichte und dich dein Ziel erreichen lasse. Dein Gesicht soll nicht fahl werden, deine Füße sollen nicht wanken, deine Kraft soll nicht weichen in der Schlacht!‘ Auf ihren freundlichen Arm nahm sie dich und schützte so deine ganze Gestalt. In ihrem Gesicht flammte Feuer auf. In wildem Grimm zog sie aus; gegen Teumman, den König von Elam, über den sie sehr erzürnt ist, machte sie sich auf.
Deutlich kommt hier im Wortteil des Traumgesichts zum Ausdruck, dass die Gottheit, nicht der König und seine Armee, „eigentlich“ den Kampf führt.27 In knapperer Form wird derselbe Gedanke auch in dem Prophetenspruch ausgesagt, von dem wir ausgegangen sind: [347] ————— 25
Die Episode ist aus mehreren Quellen bekannt; s. M. WEIPPERT 1981, 97 Anm. 60 [s.o. S. 31 Anm. 60]. Hier wird, wie ebd., 97f, die Fassung von Prisma B V 25–76 (in Übersetzung Z. 47–49.52– 76) nach PIEPKORN 1933, 64–67, wiedergegeben. 26 Vgl. dazu ZOBEL 1971. Das altorientalische Material zu dieser Gebetsgattung kann beträchtlich vermehrt werden. 27 Dies ist der Kern dessen, was die alttestamentliche Wissenschaft, m.E. missbräuchlich, als „Heiligen Krieg“ zu bezeichnen pflegt. Es handelt sich um ein Stück gemeinaltorientalischer, wenn nicht gemeinantiker Kriegsideologie (mit Ausläufern bis in die Gegenwart). S. dazu M. WEIPPERT 1972 (Neudruck: ders. 1991).
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Die Herkunft des Heilsorakels bei Deuterojesaja
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Ich bin Ištar von Arbela! Deinen Feinden ziehe ich die Haut ab, liefere (sie) dir aus. Ich bin Ištar von Arbela! Vor dir, hinter dir gehe ich her. Fürchte dich nicht! Liegst du in Krämpfen, bin ich in Schmerzen. Ich erhebe mich – du bleib sitzen!
Die Übereinstimmungen sind so groß, dass wir in den Prophetensprüchen unseres Corpus Originale oder aus Originalen zusammengestellte Sammlungen solcher Gottesbotschaften sehen müssen, die die Götter auf Anfrage oder „spontan“ an den König oder die Königinmutter gerichtet haben. Daraus ergibt sich auch der „Sitz im Leben“ dieser Orakel: Es ist das Königtum oder, vielleicht genauer, der Regierungsalltag des Königs. III Kehren wir nun wieder zu Deuterojesaja zurück! Gegen die These, dass der Prophet sich für seine Heilszusagen an Israel der Form des Königsorakels bedient habe, könnte eingewandt werden, dass eine in Assyrien belegte Gattung nicht ohne Weiteres auch für Juda vorausgesetzt werden dürfe. Die Frage ist also berechtigt, ob der Prophet das Heilsorakel für den König überhaupt kannte oder kennen konnte. Die Frage kann jedoch sofort bejahend beantwortet werden. In Jes 45,1–7 findet sich nämlich ein lupenreines Königsorakel Deuterojesajas für den Achämeniden Kyros,28 von dem er die Befreiung seines Volkes aus dem babylonischen Exil und vielleicht noch einiges mehr erwartete: 1A 1B 1C 1D 1E 1F 2A 2B —————
So spricht Jahwe zu seinem Gesalbten, zu Kyros, den ich an seiner Rechten gefasst habe, damit ich Völker vor ihm zu Boden werfe und die Lenden von Königen entgürte, [348] damit ich Türen vor ihm öffne, und Tore nicht verschlossen bleiben: Ich gehe vor dir her und mache Ringmauern29 dem Erdboden gleich,
28 Die Frage, ob Kyros dieses Orakel jemals zu Gesicht/Ohren bekommen hat, kann nicht beantwortet werden. Unmöglich erscheint es mir nicht, etwa in der Situation bald nach dem Fall Babylons. Das judäische Publikum des Propheten wird es als Kontrafaktur gehört oder gelesen haben, d.h. als Heilsorakel für „Israel“. Die literarische Frage, ob der Text in seiner heutigen Gestalt homogen ist, kann für unsere Zwecke außer Betracht bleiben. 29 Statt hădūrīm ist *haddūrīm zu lesen; s. SOUTHWOOD 1975.
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Götterwort in Menschenmund 2C 2D 3A 3B 4A 4B 4C 4D 4E 5AB 5C 5DE 6A 6BC 7AB 7CD 7E
eherne Türen zerbreche ich und schlage eiserne Riegel weg und gebe dir geheime Schätze und verborgene Horte, damit du erkennst, dass ich Jahwe bin, der dich beim Namen gerufen hat, Israels Gott – wegen meines Dieners Jakob und Israels, meines Erwählten. Ich rief dich bei deinem Namen, um dir einen Ehrennamen zu geben, obwohl du mich nicht kanntest. Ich bin Jahwe, und sonst gibt es keinen; außer mir ist kein Gott! Ich will dich gürten, obwohl du mich nicht kennst, damit man im Osten erkennt und im Westen, dass nichts außer mir ist. Ich bin Jahwe, und sonst gibt es keinen, der ich das Licht bilde und die Finsternis schaffe, der ich das Heil bewirke und das Unheil schaffe – ich bin Jahwe, der ich das alles tue.
Dieses Königsorakel für Kyros enthält die gattungsspezifischen Strukturelemente der Anrede mit Erwählungsaussagen und der Zusage göttlichen Beistands, hier bei der Erringung der Weltherrschaft. Es läuft, wie übrigens auch eine der neuassyrischen Prophetien30, auf ein „Wort des göttlichen Selbsterweises“31 hinaus, das hier relativ ausführlich mit Hilfe von Motiven eines [349] Ich-Hymnus gestaltet ist. Deuterojesaja hat also das Königsorakel nicht nur gekannt, sondern auch benutzt, und zwar sowohl in seiner ursprünglichen32 als auch, wie wir nun ohne Zögern sagen können, in übertragener33 Funktion. Ist die Gattung des Heilsorakels für den König einmal erkannt, so lässt sich noch ein Weiteres sagen: Deuterojesaja musste nicht an den religiösen Formenschatz Mesopotamiens anknüpfen, auf Grund dessen wir seine Heilszusagen an Israel gattungskritisch eingeordnet haben. Vielmehr hatte das Königsorakel auch in Israel und Juda selbst eine alte Tradition.34 Zu erinnern ist an die sog. „Nathansweissagung“ für David in 2 Sam 7,4–17*,35 doch auch an prophetische Designationsorakel wie das Samuels für Saul in 1 Sam 10,1b.7b, Ahias ————— 30
S. M. WEIPPERT 1981, 93 [s.o. S. 27f]. S. ZIMMERLI 1957 = 1969, 120–132. 32 Zur möglichen Einschränkung dieser Aussage s.o. S.57 Anm. 28. 33 Der übertragene Gebrauch der Gattung des Königsorakels bei Deuterojesaja wurde bereits konstatiert von HARNER 1969, der sich auf die in AOT² 266f und ANET1-3 449f übersetzten Stücke aus K 4310 und das sog. „Zwiegespräch“ zwischen dem König Assurbanipal und dem Gott Nabû (K 1285, übersetzt in AOT² 266f; FALKENSTEIN/VON SODEN 1953, 292–294; neueste Bearbeitung: SAA 3,13) stützte; die Herkunft der Gattung blieb ihm jedoch unklar (HARNER 1969, 431). 34 S. zum Folgenden M. WEIPPERT 1981, 104–111 [s.o. S. 37–43]. 35 S. M. WEIPPERT 1993a [s.u. S. 104–113]. 31
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Die Herkunft des Heilsorakels bei Deuterojesaja
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von Silo für Jerobeam I. von Israel in 1 Kön 11,31–39*36 und Elisas für Jehu von Israel in 2 Kön 9,6b–10 und deren Nachläufer nach dem Exil für den Davididen Serubbabel in Hag 2,20–23; Sach 4,6ab; 6,9–15, die jedoch nicht in Erfüllung gegangen sind. Dazu kommen Ps 21,9–13 und 110 und Zitate solcher Orakel in Ps 2,6–9; 89,4f.20–38 und 132,11f. Es ist daher nicht nötig, die Heilszusagen Deuterojesajas für Kyros und für Israel auf fremde, etwa assyrische Vorbilder zurückzuführen, ganz abgesehen davon, dass das assyrische Reich zur Zeit seines Auftretens bereits ein gutes halbes Jahrhundert der Vergangenheit angehörte. Wie kam nun Deuterojesaja dazu, die alte Form des Königsorakels auf das Volk „Israel“ (Juda) zu übertragen? Diese Frage stellt sich hier ebenso wie im [350] Falle des von Begrich und seinen Nachfolgern angeführten „priesterlichen Heilsorakels“; doch kann sie im Rahmen der hier vertretenen These eine befriedigende Antwort finden. Schon lange ist aufgefallen, dass der Prophet zwar in immer neuen Variationen von der bevorstehenden Wende des Schicksals der deportierten Judäer (bzw. ihrer Nachkommen) redet, nicht aber von der Restauration der davididischen Dynastie in Jerusalem. Jahwes Gesalbter, der auch das ihm gebührende Königsorakel erhält, ist nun ein fremder Fürst, eben der Achämenide Kyros, von dem Deuterojesaja die Befreiung und das Offenbarwerden der Weltherrschaft Jahwes erhofft. Nur einmal, in Jes 55,3, ist bei ihm37 noch von David die Rede; doch werden an dieser Stelle die „verlässlichen Verheißungen an David“ sofort umgebogen und als der „ewige Bund“ interpretiert, den Gott beim Neuanfang nach dem Exil mit dem Volk schließen will. Die Könige aus Davids Stamm spielen im Plan Jahwes keine Rolle mehr. An ganz Israel werden sich nun die Zusagen der Davidsverheißung erfüllen: Israel wird zum Fürsten der Völker werden. Gerhard von Rad hat diese kühne Neuinterpretation der Tradition mit einem etwas anachronistischen Ausdruck „Demokratisierung“ genannt.38 Es liegt auf derselben Linie, wenn nun auch das traditionelle Königsorakel, das durch den Untergang des judäischen Königtums das Referenzsystem, innerhalb dessen es zu funktionieren pflegte, verloren hatte, dazu verwendet werden konnte, den Heilszusagen Jahwes an sein Volk Gestalt zu geben.
————— 36
S. H. WEIPPERT 1983. Zu „Deuterojesaja“ s.o. S. 48 Anm.1. 38 VON RAD 1962, 254; vgl. auch HARNER 1969, 434. 37
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Die Bildsprache der neuassyrischen Prophetie 1985
1. Die neuassyrische Prophetie Wenn heutzutage von altorientalischer Prophetie die Rede ist, denkt man in erster Linie, wenn nicht ausschließlich, an die altbabylonischen Keilschriftbriefe „prophetischen Inhalts“ aus dem 18. Jahrhundert v.Chr., die bei den Ausgrabungen von Mari (Tell el-Harīrī) gefunden worden sind. Sie halten seit Jahren Assyriologen und Alttestamentler in Atem, und die Sekundärliteratur, die sich mit ihnen beschäftigt, ist inzwischen nahezu unüberschaubar geworden.1 Die Bedeutung dieser Texte für die Geschichte der Prophetie und für die alttestamentliche Wissenschaft soll hier weder unterschätzt noch heruntergespielt werden. Es geht aber nicht an, diese Briefe als die Zeugnisse altorientalischer Prophetie außerhalb der Bibel auszugeben und höchstens am Rande noch auf den byblischen Ekstatiker der Reiseerzählung des Unamūn und auf die „Seher und ddn“ hinzuweisen, die dem König Zakkūr von Hamath und Luaš zu Beginn des 8. Jahrhunderts v.Chr. im Namen des Gottes Bel-šamain die Rettung aus feindlicher Bedrängnis zugesagt haben.2 Im Umfang durchaus mit den „prophetischen“ Mari-Briefen vergleichbar ist das Corpus der neuassyrischen Prophetensprüche aus der Regierungszeit der Könige Asarhaddon (681–669) und Assurbanipal (669–629),3 das zumindest für Alttestamentler wegen seiner zeitlichen und formgeschichtlichen Nähe zu Teilen der israelitischen Prophetie besonders interessant sein sollte, aber, ob[56]wohl zum größten Teil bereits seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts veröffentlicht, in der Wissenschaft eher ein Aschenputteldasein geführt hat.4 Der geringe Bekanntschaftsgrad dieser Prophetensprüche hängt allerdings damit zusammen, dass sie dem Nichtassyriologen nur in begrenztem Umfang zugänglich sind, da sie fast nur in veralteten und ziemlich unzulänglichen Textausgaben und -bearbeitungen und in verbesserungsbedürftigen Übersetzungen vorliegen.5 Über————— 1
Vgl. die Bibliographien bei ELLERMEIER 1968, 21–23; NOORT 1977, 111–132. Unamūn 1,38–41: GARDINER 1932, 65, übersetzt z.B. von E. Edel in TGI2.3 43. Vgl. dazu NÖTSCHER 1966, 170f; M. WEIPPERT 1981, 101f. – Zakkūr, KAI 202 A 13–17: Vgl. dazu NÖTSCHER 1966, 171f; ROSS 1970; ZOBEL 1971; M. WEIPPERT 1981, 102f [s.o. S. 35f]. 3 S. dazu ausführlich M. WEIPPERT 1981 [s.o. S. 9–47]. 4 Obwohl bereits MEISSNER 1925, 281, die Autoren der einschlägigen Texte als Propheten bezeichnet hatte, wurden die „Orakel“ anscheinend erst von DIETRICH 1973, 40–43, als Prophetensprüche wirklich ernstgenommen. 5 Einige neuere Übersetzungen (meist in Teilen verbesserungsbedürftig): AOT2 266f.281–283 (E. Ebeling); LUCKENBILL 1927, 238–241 §§ 617–638; ANET1–3 449–451 (R.H. Pfeiffer); ANET3 605 2
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Die Bildsprache der neuassyrischen Prophetie
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liefert sind sie auf rund zehn Tontafeln, die sich in der Quyungīq-Sammlung des Britischen Museums befinden.6 Nach der äußeren Erscheinung können wir bei ihnen unterscheiden zwischen Einzeltafeln, die eine einzige prophetische Texteinheit enthalten, und Sammeltafeln, auf denen mehrere solcher Einheiten vereinigt sind. Letztere weichen von den Prophetenbüchern des Alten Testaments insofern ab, als die einzelnen Texteinheiten in der Regel durch Über- und Unterschriften jeweils verschiedenen Verfasser(inne)n zugeschrieben werden. Die Ratio der Zusammenstellung der Sprüche auf einer Sammeltafel ist für uns nur selten zu erkennen. Auffällig ist ferner, dass die Sammeltafeln, von einer Ausnahme abgesehen, aus der Zeit Asarhaddons stammen, während die Einzeltafeln mehrheitlich wohl der Assurbanipals angehören. Das Nebeneinander beider Archivierungs- und das heißt Überlieferungsformen lässt zusammen mit [57] den Autorenvermerken erkennen, wie die Sammlungen zu Stande gekommen sind: nämlich aus der Vereinigung der Texte von Einzeltafeln. Im vorhandenen Bestand lassen sich 33 Texteinheiten feststellen. Doch dürfte die Zahl der prophetischen Texte weit größer gewesen sein, da die großen Sammeltafeln der Zeit Asarhaddons sämtlich beschädigt sind, und die erhaltenen Texte – wie Zitate weiterer prophetischer Orakel in Königsinschriften vermuten lassen – überhaupt nur einen Ausschnitt aus dem ursprünglichen Bestand darstellen dürften. Aus den Verfassernotizen sind fünfzehn Propheten, zehn Frauen und fünf Männer, bekannt, die meisten mit Namen, Wohnort oder „Beruf“. Unter den Wohnorten wird Arbela, der Kultort der Ištar von Arbela, siebenmal, Assur zweimal, Kalhu und eine sonst unbekannte Gebirgssiedlung je einmal genannt. Bei den „Berufs“angaben heben sich ähnlich wie in der MariProphetie zwei Personengruppen voneinander ab: Personen, deren Titel keine direkten Verbindungen mit mantischen Tätigkeiten erkennen lassen und solche, bei denen das der Fall ist. So haben wir einerseits zwei Frauen, die jeweils als Tempeloblatin (šēlūtu) bezeichnet werden, anderseits je eine mahhūtu „Ekstatikerin“, einen raggimu „Sprecher“ und eine raggintu „Sprecherin“. Alle diese Bezeichnungen lassen sich auch außerhalb der Gruppe der prophetischen Texte nachweisen; die mahhūtu ist bereits in altakkadischer und altbabylonischer Zeit belegt, u.a. in Mari, wo auch ihr männliches Äquivalent mahhû (in der Form muhhûm) vorkommt. Die meisten Texteinheiten machen keine Angaben über Art und Ort des Offenbarungsempfangs. Gewöhnlich erwecken ————— (R.D. Biggs); LABAT/CAQUOT/SZNYCER/VIEYRA 1970, 257f (R. Labat); CASTELLINO 1977, 449– 454.458f; M. WEIPPERT 1983. 6 Liste mit Angabe der Publikationsstellen bei M. WEIPPERT 1981, 112 Nr. 1–8 [s.o. S. 44]. Dazu kommen noch: K 1974 (CT 53,219); 83–1–18,726 (CT 53,946) und K 10865 (CT 53,413; Zugehörigkeit zur Textgruppe nicht gesichert). Ich zitiere die Texte nach den Inventarnummern des Britischen Museums; Großbuchstaben nach der Nummer bezeichnen bei Sammeltafeln die einzelnen Sprucheinheiten, römische Zahlen in kleinen Kapitälchen die Sätze innerhalb der Sprucheinheiten, ergänzend sind Kolumnen- und/oder Zeilenzahlen hinzugefügt (die Kolumnennummern ebenfalls mit römischen Zahlen in kleinen Kapitälchen). – Zum Folgenden s. M. WEIPPERT 1981 [s.o. S. 9–47], wo die Angaben belegt sind (in der vorliegenden Zusammenfassung in einigen Kleinigkeiten revidiert).
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Götterwort in Menschenmund
sie den Eindruck der Spontaneität; doch sind einige deutlich Antwort auf eine Orakelanfrage. Nur drei Texteinheiten geben ausdrücklich zu erkennen, dass sie aus dem Assur-Tempel É-šár-ra in Assur stammen. Unter den sich offenbarenden Gottheiten tritt am häufigstens Ištar von Arbela auf; neben ihr finden sich noch Mullissu (dNIN.LÍL), ursprünglich die Gemahlin Ellils, die in Assyrien aber im Laufe der Zeit unter Verdrängung von Šerua zur Gemahlin Assurs, des „assyrischen Ellil“, geworden ist, ferner Assur selbst, Marduk (unter der Bezeichnung Bēl), Nabû und der Kleingott Bēl-tarbāse „Herr des Hofes“7, einer der Türhütergötter des É-šár-ra. Die Botschaften der Götter sind meist an den König gerichtet, gele[58]gentlich an die Königinmutter und den Kronprinzen, in einem Fall auch einmal an die Bürgerschaft Assyriens. Sie kreisen in der Regel um das Wohlergehen und den Erfolg des Königs, dem sie Sieg, eine lange Lebens- und Regierungszeit und den Fortbestand seiner Dynastie in Aussicht stellen. Kritik am König findet sich selten. Die Verwandtschaft dieser Prophetie mit den Königsorakeln des Alten Testaments wie dem des Propheten Ahia von Silo für Jerobeam I. in 1 Kön 11, der „Nathansweissagung“ für David in 2 Sam 7, dem Königsorakel Deuterojesajas für Kyros II. in Jes 45,1–7 und den nachexilischen Orakeln Haggais und Sacharjas für Serubbabel liegt auf der Hand; darüber hinaus dürften auch die deuterojesajanischen Heilsorakel für Israel in Jes 40–55 traditionsgeschichtlich an das vorexilische judäische Königsorakel anknüpfen.8 Zur Illustration dieser kurzen Beschreibung der neuassyrischen Prophetensprüche sei hier ein typisches Beispiel eines Königsorakels in Übersetzung wiedergegeben. Es ist an Asarhaddon gerichtet und stammt von einer der großen Sammeltafeln. Leider ist sein Schluss nicht erhalten, so dass wir die Personalien des Propheten oder der Prophetin nicht kennen, der bzw. die hier im Namen der Ištar von Arbela zum König spricht. Inhaltlich fällt der Textverlust am Ende angesichts des Umfangs des Erhaltenen und des ziemlich lockeren Aufbaus des Ganzen für unsere Zwecke nicht ins Gewicht. Die Sprucheinheit9 lautet: I II III IV V
Ich bin Ištar von [Arbela]! Asarhaddon, König des Landes A[ssyrien]! In den Städten Assur, Nin[eve], Kalhu (und) Arbela gebe ich lange Tage, dauernd[e] Jahre dem Asarhaddon, mei[nem] König. Dei[ne] große Hebamme bin ich! Deine gute Amme bin ich!
————— 7 Zu den bei M. WEIPPERT 1981, 75 m.Anm. 8 [s.o. S. 12 m.Anm. 8], genannten Belegen für diese Gottheit kommt noch die Erwähnung eines Priesters (lúšangû) des d EN(Bēl).TÙR(tarbāse) bei MENZEL 1981 II T 18 Nr. 16 I 12´. Der Titel bēl tarbāsi „Herr des Viehhofes“ des Tammuz ist von diesem Gottesnamen fernzuhalten. 8 Vgl. M. WEIPPERT 1982 [bzw. 1993b; s.o. S. 48–59]. 9 K 4310 H (III 7´–IV 35); vgl. zu Einzelheiten der Übersetzung und Interpretation M. WEIPPERT 1981, 84–87 [s.o. S. 19–23]; 1983, 285–289.
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Die Bildsprache der neuassyrischen Prophetie VI VII VIII IX X XI XII XIII XIV XV XVI XVII XVIII XIX XX XXI XXII XXIII XXIV XXV XXVI XXVII XXVIII XXIX XXX
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Für lange Tage, dauernde Jahre habe ich deinem Thron unter dem großen Himmel Dauer verliehen. In goldener Kammer im Himmel wache ich (darüber). Bernsteinlicht lasse ich vor Asarhaddon, dem König des Landes Assyrien, leuchten. [59] Wie die Krone auf meinem Haupt bewache ich ihn. Fürchte dich nicht, König! Ich habe dich eingesetzt, ich täuschte di[ch] nicht, ich machte [dir] Mu[t]. Ich lasse [dich] nicht zu Schanden werden. Ich lasse dich den Fluss sicher überschreiten. Asarhaddon, rechtmäßiger Erbsohn, Sohn der Mullissu! … Mit meinen Händen mache ich deinen Feinden ein Ende. Asarhaddon, der König des Landes Assyrien, ist ein Becher voll Soda, eine Axt mit zwei Schneiden10. Asarhaddon! In der Stadt Assur gebe ich dir lange Tage, dauernde Jahre. Asarhaddon! In der Stadt Arb[e]la bin i[ch] dein guter Schild. Asarhaddon, re[chtmäßiger] Erbsohn, Sohn der Mul[lissu]! [Deiner] gedenke i[ch] (unablässig). Ich liebe di[ch] seh[r]. An dei[nem] Haarschopf halte ich dich vom groß[en] Himmel aus. Zu dei[ner] Rechten lasse ich Rauch aufstei[gen], zu dei[ner] Linken Freuer fre[ssen]. Das Königtum üb[er…] …
Die Texteinheit beginnt in Satz I mit der Selbstvorstellungsformel anāku dIssar ša Arbaile „Ich bin Ištar von Arbela“, einer der drei häufigsten Möglichkeiten der Orakeleinleitung, gefolgt von einer Anrede an den Adressaten in Satz II, die auf den ersten Komplex von heilvollen Zusagen in den Sätzen III–XV hinführt. Die erste Heilszusage (Satz III) bezieht sich auf langes Leben, das der König in den Zentren des assyrischen Reiches, in denen er sich gewöhnlich aufhält, genießen soll. Die Verlässlichkeit der Verheißung wird durch die beiden parallelen Selbstprädikationen der Göttin in den Sätzen IV und V unterstrichen, die die fürsorgliche Haltung Ištars gegenüber Asarhaddon unter dem Bild der Hebamme und Amme beschreiben. Parallel zu Satz III finden wir in Satz VI die Zusage einer langen Regierungszeit, die in den Sätzen VII–IX durch darauf abgestimmte Schutzzusagen bekräftigt wird. Die Beruhigungsformel lā tapallah „Fürchte dich nicht!“ (Satz X) leitet zu den Sätzen XI–XV über, die in XIV und XV allgemeine Beistandszusagen enthalten. Die Sätze XI–XIII stellen einen Rückblick [60] auf früheres Heilshandeln der Göttin dar, der die Verlässlichkeit der Versprechungen von Satz XIV und XV begründen soll. Die empha————— 10
Lies ka-la-pu ša 2 TÙN(pāšē) (Vorschlag von Karlheinz Deller); vgl. bereits LANGDON 1914, 131.
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Götterwort in Menschenmund
tische Anrede „Asarhaddon, rechtmäßiger Erbsohn, Sohn der Mullissu“ (Satz XVI), die die Legitimität des Königs unterstreicht, leitet eine Beistandszusage ein, die sich auf die Vernichtung innerer und äußerer Feinde bezieht (Satz XVIII) und von Alttestamentlern in den Vorstellungsbereich des sog. „Heiligen Krieges“ einzuordnen wäre. Satz XVII lautet hangaruakku – das ist ein vielleicht nichtassyrischer Ausdruck, der bisher jeglicher Interpretation spottet. In Satz XIX haben wir eine Prädikation des Königs, die seine Effektivität unter dem Beistand der Gottheit in zwei Bildern veranschaulicht. Dass der Text nicht von Wiederholungen frei ist, zeigt sich an der nächsten Kleineinheit (Sätze XX und XXI), die aus der Kurzanrede „Asarhaddon!“ und der Zusage langen Lebens, nun in der alten Reichshauptstadt Assur allein, besteht. Dass hier nur eine einzige Stadt genannt ist, macht die Verheißung wohl nicht schwächer als die von Satz III. Eine ähnliche Kleineinheit findet sich in den Sätzen XXII und XXIII, wo auf die Namensanrede eine Schutzzusage folgt, die auf Arbela, die Tempelstadt der Göttin, bezogen ist. Das hier verwendete Bild des Schildes findet sich analog bekanntlich in Gen 15,1. Der letzte erhaltene Verheißungskomplex ist wieder durch die emphatische Anrede eingeleitet, die wir bereits in Satz XVI fanden. Nun geht es in den Sätzen XXV–XXVII um die liebende Fürsorge der Göttin für den König, während die Sätze XXVIIIff wohl von ihrem Beistand im Krieg handeln. Ähnlich sind auch die meisten anderen neuassyrischen Prophetensprüche aufgebaut, die ja in der Regel Heilsorakel für den König sind. Für unser Thema wichtig sind die Bildreden, die sich in den Sätzen IV und V, XIX und XXIII finden. Sie stehen hier und anderwärts regelmäßig im Zusammenhang ähnlicher Schutz- und Beistandszusagen, sei es im Rückblick auf früher, sei es im Ausblick auf Gegenwart und Zukunft. [61]
2. Die Bildsprache der neuassyrischen Prophetie 2.1. Formen der Bilder Die sprachlichen Bilder erscheinen in der neuassyrischen Prophetie unter zwei Formen: als Metapher und als Vergleich. Unter einer Metapher wird hier mit Wolfgang Heimpel „ein aus einem oder mehreren Wörtern bestehender Ausdruck“ verstanden, „der entweder an die Stelle dessen gesetzt wird, für das er Bild ist, als Apposition daneben steht oder dessen Prädikat bildet“.11 In diesem Sinne wären die Ausdrücke „Vater“ und „Mutter“ in der Aussage einer Gottheit „ich bin dein Vater, deine Mutter“ (K 12033+ F VIII [III 27´]) Meta-
————— 11
HEIMPEL 1968, 12.
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Die Bildsprache der neuassyrischen Prophetie
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phern.12 Davon unterscheide ich, ebenfalls im Anschluss an Heimpel, den Vergleich, „einen aus einem oder mehreren Wörtern bestehenden Ausdruck, der mit dem, für das er Bild ist, grammatisch ausdrücklich verbunden wird“.13 In unseren Beispielen tritt in diesem Fall immer eine der assyrischen Formen der Präposition „wie“ auf, z.B. in K 12033+ C XII´ (II 9´f), wo Ištar von Arbela zu Asarhaddon sagt: „Wie ein gutes Hündchen laufe ich in deinem Palast umher.“ Beide Formen der Sprachbilder können erweitert, fortgesponnen werden. Doch ist es m.E. unnötig, dafür die von Heimpel gebrauchten Termini „Parabel“ und „Gleichnis“14 einzuführen; ich spreche einfach von „Erweiterungen“. Gelegentlich kommt es auch vor, dass die Metapher im Text gar nicht genannt, sondern umschrieben wird; so etwa in K 1285 G I–V (32–34), wo Nabû zu Assurbanipal sagt: I II III IV V
Klein warst du, Assurbanipal, als ich dich der Königin von Nineve überließ, schwach warst du, Assurbanipal, als du auf den Knien der Königin von Nineve saßest. Ihre vier Brüste lagen in deinem Mund: an zweien pflegtest du zu saugen, zwei für dich zu melken.
Hier erwartet man den Ausdruck „Amme“; aber er fällt nicht. In [62] einem solchen Fall könnte man von einer „verdeckten Metapher“ sprechen. 2.2. Mutter- und Ammenbilder Auf der inhaltlichen Ebene hebt sich aus der Menge der bildlichen Ausdrücke eine relativ einheitliche Gruppe heraus, der gemeinsam ist, dass der König als Kind bestimmter Gottheiten oder in ihrer Obhut vorgestellt ist. Ein Beispiel aus dieser Kategorie wurde bereits oben genannt – K 12033+ F VIII (III 27´), wo sich eine uns wegen Textverlustes nicht namentlich bekannte Gottheit als „Vater und Mutter“ des Königs bezeichnet. Die Metapher ist in den Sätzen IX (III 28´) und XII (III 31´f) erweitert: IX XII
Zwischen meinen Flügeln habe ich dich großgezogen. Zwischen meine Arme, meine Unterarme nehme ich dich mitten im Wehgeschrei.
Satz IX bezieht sich auf die Aufzucht des Königs „zwischen den Flügeln“, d.h. unter dem Schutz der Gottheit, Satz XII darauf, dass sie ihr „Kind“ auch jetzt ————— 12 Nach MÜLLER 1984, 11–19, bes. 11f, handelt es sich hier um einen Vergleich. Da die Grenze zwischen den Kategorien Metapher und Vergleich fließend ist, bleibe ich für die Zwecke dieser Arbeit bei den Heimpel’schen Definitionen. 13 HEIMPEL 1968, 12f; MÜLLER 1984, 11–19. 14 HEIMPEL 1968, 13f.
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Götterwort in Menschenmund
schützend in ihre Arme nehmen wird. In K 883 XXIX (20) bezeichnet sich Mullissu, die Gemahlin des Reichsgottes Assur, als die „Mutter“ Assurbanipals. Diese Aussage steht in einem größeren Zusammenhang, der folgendermaßen lautet (Sätze XXIX–XXXIX (20–25): XXIX XXX XXXI XXXII XXXIII XXXIV XXXV XXXVI XXXVII XXXVIII XXXIX
(Du,) dessen Mutter Mullissu ist, fürchte dich nicht! (Du,) dessen Kindsmagd die Herrin von Arbela ist, fürchte dich nicht! Wie eine Kindsmagd trage ich dich auf meiner Hüfte, als einen šukurru-Anhänger setze ich dich zwischen meine Brüste. Des Nachts wache ich, beschütze ich dich. Jeden Tag gebe ich dir Milch. Jeden Morgen merke ich mir deine Gebete, merke (sie) mir und erfülle (sie) dir. Du, fürchte dich nicht, mein Junges, das ich aufziehe!
Deutlich ist in diesem Textausschnitt, dass Mullissu sich hinsichtlich ihrer Funktion für den König von Ištar von Arbela abhebt (Satz XXX), die sie als die „Kindsmagd“ (tārītu) Assurbanipals bezeichnet. Anderseits dürften die Tätigkeiten, die in den Sätzen XXXIII–XXXVIII beschrieben werden, in Familien der assyrischen Oberschicht nicht ohne Weiteres mütterliche, sondern eher [63] solche der Kindsmagd gewesen sein, so dass der Vergleich von Satz XXXI („wie eine Kindsmagd“) sich höchstwahrscheinlich auch auf das Folgende bezieht. Das würde bedeuten, dass die „Mutter“ Mullissu sich ihrem „Kind“ Assurbanipal in einem solchen Maße fürsorglich zuwendet, dass sie „sogar“ die Aufgaben übernimmt, die sonst der Kindsmagd aufgetragen sind. In diesen Zusammenhang fügt sich auch gut die Anrede an den König in Satz XXXIX als mūrī „mein Junges“ ein, die sich auch noch in K 4310 L III (V 29f) und K 12033+ IV 20´ findet. Mūru bezeichnet von Hause aus ein Tierjunges (von Esel, Pferd und Rind) und dürfte hier ein Kosewort sein, das bei Müttern und Ammen gebräuchlich war. Singulär ist die Selbstvorstellung Ištars von Arbela als „Hebamme“ (sabsubtu) Asarhaddons in K 4310 H IV (III 15´f). Im selben Text nennt Ištar von Arbela sich auch die „gute Amme“ (mušēniqtu dēqtu) des Königs (K 4310 H V [III 17´f]). Dieselbe Vorstellung erscheint im Rahmen einer verdeckten Metapher auch in dem bereits zitierten Text K 1285 G I–V (32–34). Hier ist es Nabû, der sich anscheinend als der „Vater“ Assurbanipals versteht, der sein „Kind“ der „Königin“, d.h. Ištar, „von Nineve“ zum Nähren übergeben hat. Die vier Brüste der Göttin kann ich sonst nicht belegen; vielleicht soll die Vierzahl nur die Fülle des Segens ausdrücken, den der König von der Gottheit empfangen hat. Vom Säugen handelt eventuell auch K 883 XXXV (23) (s.o.), wo die „Mutter“ Mullissu die Rolle der „Kindsmagd“ übernommen hat.
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Die Bildsprache der neuassyrischen Prophetie
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In den Bildbereich „Kindsmagd“ gehört m.E. auch die Aussage einer Göttin in K 1292+ XVIIf (Vs. 18f): XVII XVIII
Meine Hüften sind festgefügt, heben sich dir immer wieder entgegen.
Auf den ersten Blick könnte man denken, dass diese Worte eine erotische Bedeutung haben. In Wirklichkeit dürfte es sich aber um eine verdeckte Metapher handeln, die in einen anderen Bereich führt. M.E. beschreibt die Sprecherin ihre Hüften als geeignet (Satz XVII) und bereitwillig (Satz XVIII), den als Kind vorgestellten König aufzunehmen. Dahinter steht die aus K 883 XXXI (21) erkennbare Weise, wie die assyrische Kinderfrau das Klein[64]kind zu tragen pflegte: auf der Hüfte. Das bedeutet, dass die Göttin auch hier ihre Fürsorge für Leben und Wohlsein des Königs unter dem Bilde einer Kindsmagd fasst. Wer allerdings die sprechende Gottheit ist, ist unklar. Das hängt mit dem eigentümlichen Charakter des Prophetenspruchs der KAL-ša-āmur aus Arbela zusammen, der auf der Einzeltafel K 1292+ überliefert ist. In der Einleitung des Spruchs (Sätze I–V [Vs. 1–7]) werden Mullissu und Ištar von Arbela (letztere nur unter dem Epitheton dBēlet A[r]baili „Herrin von Arbela“) nebeneinander genannt. Was über die beiden Göttinnen ausgesagt wird, steht dementsprechend im Dual. Das wird anders, so bald die direkte Rede an den Adressaten, den König Assurbanipal, einsetzt (Sätze VIff [Vs. 8ff]): Völlig unerwartet spricht nun eine Stimme in der 1. Person Singular. Wahrscheinlich ist die Alternative Mullissu oder Ištar von Arbela falsch gestellt. Man hat vielmehr den Eindruck, dass hier die beiden Göttinnen vor den Ohren des Hörers bzw. vor den Augen des Lesers zu einer einzigen verschmelzen, wie ja auch Mullissu und Ištar von Nineve in neuassyrischer Zeit gelegentlich identifiziert worden sind.15 2.3. Naturbilder Weniger einheitlich als die Gruppe der Mutter- und Ammenbilder ist die der Naturmetaphern und -vergleiche. Sie lassen sich zunächst aufteilen in solche, die aus der belebten, und solche, die aus der unbelebten Natur genommen sind. Unter ersteren finden wir vor allem Tiere, so den Palasthund, den Iltis, die Ratte16, den Vogel, vielleicht die Maulwurfsgrille, Wespen, Libellen und Schmetterlinge; daneben kommen auch Pflanzen und ihre Früchte vor: Äpfel, Getreide, Rosen und Dorngestrüpp. Aus der unbelebten Natur ist der Wind und vielleicht das Grundwasser zu nennen. ————— 15 16
MENZEL 1981 I, 64f.116. Zu „Iltis“ (kakkišu) und „Ratte“ (pušhu) s. LANDSBERGER 1965, 48 Anm. 84.
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Götterwort in Menschenmund
Die Mehrzahl der Naturbilder der neuassyrischen Propheten steht für die Feinde des Königs. Nur einige wenige charakteri[65]sieren die fürsorgliche oder helfende Gottheit und gehören so in die Nähe der oben behandelten Mutter- und Ammenbilder. Besonders schön ist das in K 12033+ C VIII–X (II 6´–8´) beschrieben: VIII IX X
Wie ein geflügelter Vogel üb[er seinen Jungen] gurre ich über dir, kreise, laufe ich um [dich her]u[m].
Hier vergleicht sich Ištar von Arbela gegenüber Asarhaddon zunächst mit einem „geflügelten Vogel“, der gurrend seine Jungen unter seinem Gefieder versammelt hat und sie so vor äußerer Bedrohung schützt, sodann wahrscheinlich mit einem Vogel, der durch auffälliges Herumlaufen einen möglichen Feind von seinen Jungen ablenken will. Beides sind gut beobachtete Verhaltensweisen vor allem von Bodenbrütern, die der Prophet Lā-dāgil-ile in den Hühnerhöfen von Arbela, aber auch in der freien Natur kennengelernt haben könnte. Im selben Prophetenspruch vergleicht sich Ištar gleich anschließend (Satz XI [II 9´f]) mit einem „guten Hündchen“ (mīrānu damqu), das im Königspalast umherläuft. Das Bild zeigt, dass man im Palast Hunde gehalten und, wie wir gleich sehen werden, aufgezogen hat. Es lässt ferner erkennen, dass der bei uns viel strapazierte Topos vom „treuen Hund“ auch den alten Assyrern bekannt war. Beides ist in einem Passus der Annalen Sanheribs enthalten, wo die Einsetzung des Bēlibni zum Vasallenkönig von Babylon mit den folgenden Worten beschrieben wird: „Bēlibni…, der wie ein junges Hündchen (mīrānu sahru) in meinem Palast aufgewachsen war, setzte ich in die Königsherrschaft von Akkad und Sumer über sie ein.“17 Sprachlich schwierig ist der Abschnitt K 883 XXIV–XXVIII (17–19): XXIV XXV XXVI XXVII XXVIII
Hallalatti enguratti ! Du wirst sagen: ‚Was (bedeutet) hallalatti enguratti ?‘ Hallalatti werde ich das Land Ägypten betreten, enguratti werde ich (wieder) herauskommen.
Der Text sei hier nur der Vollständigkeit halber erwähnt, da die Deutung der unübersetzt gelassenen Ausdrücke hallalatti engur(r)atti nicht gesichert ist. W. v. Soden erklärt hallalat[66]ti als adverbiale Bildung von hallulāya u.ä. „Maulwurfsgrille“ und übersetzt entsprechend „nach Art einer/wie eine Maulwurfsgrille“.18 Für das bildungsgleiche engur(r)atti lehnt er eine Ableitung von engurru ————— 17
LUCKENBILL 1924, 54:54. 57:13; vgl. BORGER 1979, 70 I 42/43 Var. V. SODEN 1936a, 262 Anm. 1; 1939, 63f; 1977, 235f; AHw 1558b s.v. hallālāniš. Zeitweilig war v. Soden jedoch anderer Meinung; vgl. V. SODEN 1954, 341 Anm. 1; AHw 312a s.v. hallālāniš. 18
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„Grundwasser“ ausdrücklich ab.19 Dass es sich bei engurru um ein Lehnwort aus sum. engur handelt, muss m.E. nicht gegen die Möglichkeit sprechen, davon ein Adverb auf -atti zu bilden, zumal ein Wort mit der Bedeutung „nach Art des Grundwassers“ auch inhaltlich hier nicht schlecht passte. Sollte die Interpretation richtig sein, vergliche die Göttin Mullissu ihr Eindringen in Ägypten, wohl um Assurbanipal den Weg zu bereiten, mit dem unterirdischen – und das heißt heimlichen – Eindringen der Maulwurfsgrille und des Grundwassers etwa in einen verschlossenen Garten.20 In einigen Texten treten die Feinde in Metapher und Vergleich als Insekten auf, die zermalmt oder eingesammelt werden: K 883 XXIII (16) (Mullissu zu Assurbanipal): Die Wespen verwandle ich in Brei. K 1285 G VII (36) (Nabû zu Assurbanipal): Wie Libellen (?)21 im Frühjahr werden sie immer wieder von deinen Füßen zermalmt werden. K 2401 F VI (III 22´f) (Ištar von Arbela zu Asarhaddon): Habe ich nicht deine Hasser, deine Widersacher [wie Schme]tterlinge eingesammelt?
Umstritten ist die grammatikalische und inhaltliche Interpretation der Stelle K 4310 J II (V 3–7), an der eine namentlich unbekannte Gottheit über die Feinde Asarhaddons zur Königinmutter sagt: [67] Die Iltisse, die Ratten, die (verleumderisch) reden, zerschneide ich vor seinen (scil. des Königs) Füßen.
Wenn die in der Übersetzung ausgedrückte Auffassung der Stelle22 richtig sein sollte, wären Iltis (kakkišu) und Ratte (pušhu) hier pejorative Metaphern für – vor allem wohl innere – Feinde des Königs. Auch die Pflanzenbilder stehen für Gegner und Feinde. Drastisch werden in K 4310 C III (I 8´–10´) die besiegten Widersacher mit „reifen Äpfeln“ verglichen, die „vor den Füßen“ Asarhaddons „umherrollen“. Plastische Bilder ————— 19
V. SODEN
1939, 64. hallālāniš, nach v. Soden eine andere adverbiale Bildung von hallulāya etc. (s.o. S. 68 Anm. 18), wird in Königsinschriften gebraucht, um auf drastische Weise die Flucht eines geschlagenen Feindes zu beschreiben: Ramateya ša māt Arazi[aš…] šū hallālāniš ipparšidma mamma lā ēm[uršu…] „Ramateya vom Land Arazi[aš… –] Besagter floh wie eine Maulwurfsgrille, so dass niemand [ihn] (mehr) s[ah…]“ (ROST 1893, 10:44f); Merodachbaladan II. kīma šikkê hallālāniš abul ālīšu ērub „betrat wie ein Mungo, wie eine Maulwurfsgrille das Tor seiner Stadt“ (LIE 1929, 60:412). Erstere Stelle ließe sich hinsichtlich des tertium comparationis mit K 883 XXIV–XXVIII vergleichen; an letzterer steht hinter dem Bild wohl das rasche Verschwinden der Maulwurfsgrille in ihrem Loch. 21 burbillāte, a[pax lego,menon; vgl. LANDSBERGER 1949, 258 Anm. 51. 22 Ich folge hier der Auffassung von Landsberger (kakkišāti, pušhāti Plurale von kakkišu, pušhu); s.o. S. 67 Anm. 16. 20
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der Vernichtung sind auch das Zerbrechen von Dorngestrüpp und das Zerpflücken einer Rosenblüte in K 883 XXIf (15). Auf dem Wasser schwimmende und von ihm fortgetragene Getreidekörner bilden in K 1285 G VI (35) das Schicksal der innenpolitischen Gegner Assurbanipals ab: „Deine Neider, Assurbanipal, werden wie sēpu-Getreide auf dem Wasser davonfliegen.“ Im Hintergrund des Vergleichs steht höchstwahrscheinlich die Vorstellung von Hochwasser, das einen Haufen gedroschenen Getreides, sei es auf der Tenne oder in einem Vorratslager, erfasst und mit sich fortreißt. Das Bild ist freilich nicht ganz durchgehalten, da für die rasche Beseitigung der Feinde die Metapher des „Davonfliegens“ gebraucht ist, die zum Treiben auf der Wasseroberfläche nicht recht passen will. Man darf aber sēpu deswegen nicht zur Bezeichnung einer Insektenart machen wollen;23 denn das Bild stimmt auch dann nicht. Zudem handelt es sich bei sēpu sicher um eine Getreideart, da man daraus Brot bäckt.24 Dass auch der heftig wehende Wind als Metapher für die Feinde verwendet wird, ist uns geläufig, sprechen wir doch selbst wie die Assyrer von ihrem Anstürmen. In K 4310 C II (I 6´f) [68] gebraucht Ištar von Arbela das Bild in einem Rückblick auf ihr früheres Heilshandeln an Asarhaddon: [W]as25 für einen Wind gab es, der gegen dich anstürmte, dessen Flügel ich nicht gebrochen habe?
Der Wind wird im Alten Orient geflügelt vorgestellt, in Ägypten ebenso wie in Mesopotamien und in Israel.26 Der Adapa-Mythos zeigt, was geschieht, wenn man die Flügel des Windes zerbricht: Er hört auf zu wehen.27 So kommt im Bilde der Ansturm der Feinde zum Erliegen. 2.4. Verschiedenes Abschließend sind noch einige Bilder zu besprechen, die sich in die behandelten Kategorien nicht einfügen lassen. In K 883 XXXII (22) verspricht die Göttin Mullissu dem König Assurbanipal Geborgenheit, indem sie ihn als šukurru bezeichnet, den sie sich zwischen ihre Brüste „setzt“. Ein šukurru ist normalerweise eine Waffe, eine Lanze oder ein Speer; man bezeichnet damit jedoch auch, wohl nach der Form, ein Schmuckstück, das man sich auf Grund unserer Stelle wohl an einem Band ————— 23
So UNGNAD 1921, 182, und noch CASTELLINO 1977, 459. Das Wort ist außerhalb unserer Stelle nur in der Verbindung akal sēpi „sēpu-Brot“ belegt; s. AHw 1036f s.v. sēpu. 25 S. M. WEIPPERT 1981, 81f Anm. 17 [s.o. S. 17 Anm. 17]. 26 Ägypten (Spätzeit): A. Gutbub bei KEEL 1977, 328–353. – Mesopotamien: Adapa B 5.6.11f. 35f.48f; (PICCHIONI 1981, 114.116.118); D 13 (ebd., 122). – Israel: 2 Sam 22/Ps 18,11; Hos 4,9; Ps 104,3. 27 Adapa B 5–12 (PICCHIONI 1981, 114.116). 24
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oder einer Kette um den Hals getragen vorzustellen hat. Wie der šukurruAnhänger gleichsam geborgen zwischen den Brüsten der Gottheit hängt, so soll auch der König bei ihr in Sicherheit sein. Die übrigen Bilder könnte man faute de mieux unter dem Oberbegriff „Gerätschaften“ zusammenfassen. In der Selbstprädikation der Ištar von Arbela gegenüber Asarhaddon, „in der Stadt Arb[e]la bin i[ch] dein guter Schild“ (K 4310 H XXIII [IV 18f]), ist die Metapher des Schildes für die schützende Göttin unmittelbar einsichtig. Schwieriger ist die Auslegung der Stelle K 4310 H XIX (IV 11–13), die oben bei der Behandlung des gesamten Königsorakels K 4310 H bereits kurz angesprochen worden ist: [69] Asarhaddon, der König des Landes Assyrien, ist eine Trinkschale voll Soda, ein kalappu mit zwei Schneiden.
Der hier mit „Soda“ übersetzte Ausdruck qīltu ist nach W. v. Soden eigentlich Benennung „eines Sodakrautes“, dessen genaue Spezies unbekannt ist.28 Über den Sinn der Metapher sind daher nur Vermutungen möglich. Der Kontext der Stelle legt nahe, dass mit den Bildern der Sodaschale und des kalappu die Effektivität des Königs umschrieben werden soll, wahrscheinlich in der Auseinandersetzung mit seinen Widersachern. Vielleicht ist gemeint, dass die Trinkschale den Absud eines „Sodakrautes“ enthält, und dass es sich dabei um ein giftiges Getränk handelt. Das Wort kalappu wird gewöhnlich mit „Hacke, Picke“ übersetzt. Der kalappu ist nach den Textstellen, an denen etwas über seinen Einsatz gesagt wird, keine Waffe, sondern ein Werkzeug.29 In den Händen der Pioniere der assyrischen Armee dient es neben der Haue (akkullu) dazu, in felsigem Gebirgsgelände die Wege für das Vorrücken der Streitwagentruppe und der Infanterie herzurichten, die Dachbalken eines demolierten Palastes vor dem Abtransport zu bearbeiten und die Obstbäume eines besiegten Fürsten zu fällen. Als Lehnwort kommt der Ausdruck in der Form auch einmal im Hebräischen des Alten Testaments in Ps 74,6 vor, wo es um die Zerstörung des Tempels von Jerusalem durch die babylonische Armee (586 v.Chr.) geht. Zum Schleifen von Gebäuden verwendeten die assyrischen (und wohl auch die babylonischen) Soldaten gerne die Beilhacke, eine Kombination von Axt und Hacke mit über Kreuz stehenden Schneiden30, so dass es nahe liegt, dass dieses Gerät mit kalappu gemeint ist. Das erklärt auch das Attribut „mit zwei Schneiden“31, [70] das sich bei dieser Erklärung freilich als ————— 28
AHw 921a s.v. qiltu III; vgl. THOMPSON 1949, 35. Anders LANGDON 1914, 131: „gifts“ (qīš/ltu), m.E. im Zusammenhang gar nicht passend. 29 AHw 424a s.v.; SALONEN 1965, 127. 30 Vgl. z.B. BM 124919 (Assurbanipal; HALL 1928, Taf. XLVI; GADD 1936, Taf. 43; BARNETT/ LORENZINI 1975, Taf. 165) und BM 124928 (Assurbanipal; HALL 1928, Taf. XL; BARNETT/LORENZINI 1975, Taf. 177). – Zur Beilhacke s. H. WEIPPERT 1977. 31 Der mit „Schneide(n)“ übersetzte Ausdruck pāšu bedeutet eigentlich „Axt“; an eine Doppelaxt mit gegenständigen parallelen Schneiden ist aber aus archäologischen Gründen nicht zu denken.
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pleonastisch herausstellt, in K 4310 H XIX (IV 13). Dunkel bleibt, welche Vorstellung hinter der Metapher „Beilhacke“ für den König von Assyrien steht.
3. Parallelen 3.1. Fragestellungen Versucht man, die Bildsprache der neuassyrischen Prophetensprüche mit der der zeitgenössischen Literatur des Zweistromlandes in Beziehung zu setzen, stößt man rasch an Grenzen. Man gewinnt den Eindruck, dass die von den Propheten verwendeten Bilder im 7. Jahrhundert in Assyrien und Babylonien zu einem guten Teil sui generis sind. Dies mag man auf die allgemeine Quellenlage zurückführen, auf Grund derer uns nur bestimmte Textgattungen bekannt sind. Da aber auch die älteren Textzeugnisse wenig wirkliche Parallelen liefern, dürften auch noch andere Faktoren eine – vielleicht ausschlaggebende – Rolle spielen. Besonders auffällig ist, dass die Metaphern und Similes der gleichzeitigen Königsinschriften32 kaum Berührungen mit denen der prophetischen Orakel aufweisen, und zwar selbst dann nicht, wenn Bedeutung und Funktion durchaus vergleichbar wären. Angesichts der tiefen Verwurzelung beider Textgruppen in der assyrischen Königsideologie und ihrer Nähe zum Königtum wären hier am ehesten Parallelen zu erwarten. Ihr Fehlen dürfte seinen Grund jedoch in gattungsspezifischen Unterschieden und in der Verschiedenheit des Trägerkreises der jeweiligen Literaturgattungen haben. Zu fragen ist freilich, ob diese Erklärung ausreicht. Im folgenden sollen die mir bekannten Parallelen aufgeführt und besprochen werden. Angesichts der skizzierten Situation beschränkt sich die Untersuchung allerdings nicht auf die mesopotamischen Textzeugnisse, sondern greift darüber hinaus. Die Suche nach Parallelen ist dabei nicht Selbstzweck. Sie dient der genaueren Erfassung des Sprachgebrauchs der neuassyrischen Prophetie. Die Ergebnisse lassen sich eventuell auch für die Erhellung des sozialen Hintergrunds der Propheten und der Her[71]kunft des Phänomens der Prophetie in Assyrien überhaupt fruchtbar machen. Das Folgende kann freilich nur ein erster Versuch sein, dessen Resultate durch gezielte Weiterarbeit auf ein festeres Fundament gestellt, präzisiert, gegebenenfalls auch modifiziert und korrigiert werden müssen.
————— 32
S. SCHOTT 1926, und zu einem Teilbereich MARCUS 1977.
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3.2. Mutter- und Ammenbilder Aussagen, dass eine bestimmte Göttin die Mutter eines regierenden Fürsten sei, kommen im Zweistromland von der Frühdynastischen bis zur Altbabylonischen Zeit vor, freilich nicht besonders häufig. So spricht Eanatum von Lagaš von „[meiner] Mutter Ninhursaga“33, Lugalanda von Lagaš nennt eine von ihm gestiftete Statue „Nanše ist die Mutter des Lugalanda“34, ähnlich sein Nachfolger Uruinimgina ein unbekanntes Weihgeschenk „Baba ist die Mutter des Uruinimgina“35. Für Gudea von Lagaš ist Nanše36, für Sînkašid von Uruk Ninsuna37 seine „Mutter“. Als „die Mutter, die mich geschaffen hat“ bezeichnet Hammurapi von Babylon die Göttin Nintu38, sein Sohn Samsuilūna die mit jener letztlich identische Ninmah39. Der neubabylonische Herrscher Nebukadnezar II. nimmt daher wohl bewusst altbabylonischen Sprachgebrauch auf, wenn er mehr als tausend Jahre später das Epitheton wieder auf dieselbe Gottheit (DINGIR.MAH/Bēlet ilī) anwendet.40 Bei letzterem kommt auch die Bezeichnung „die Mutter, die mich gebar“ für Erua (= Zarpanītu), die Gemahlin des babylonischen Hauptgottes Marduk, vor,41 die vor ihm bereits Assurbanipal in seinem Hymnus auf Ištar von Nineve [72] und Ištar von Arbela in K 1290 ersterer Göttin beigelegt hatte.42 Wie das Mutter-Epitheton findet sich auch seine „Umkehrung“, wie es scheint, fast ausschließlich im 3. und zu Beginn des 2. Jahrtausends, d.h. von der Frühdynastischen bis zur Altbabylonischen Zeit, im südlichen Zweistromland. Dort bezeichnen sich Fürsten des Öfteren als „Söhne“ bestimmter weiblicher Gottheiten. Das Material aus sumerischen und akkadischen Texten hat M.-J. Seux übersichtlich zusammengestellt,43 so dass es hier nicht in extenso ausgebreitet werden muss. ————— 33 ama[-mu] d Nin-hur-saga(-…) Geierstele XVIII 8f, STEIBLE/BEHRENS 1982 I, 133; vgl. SOLLBERGER/ KUPPER 1971, 51. 34 d Nanše ama-Lugal-an-da, DEIMEL 1928, 37 Nr. 20. 35 d Ba-ba6 ama-Uru-inim-gi-na-ka, STEIBLE/BEHRENS 1982 I, 351 Ukg. 42,1; vgl. SOLLBERGER/ KUPPER 1971, IC11g. 36 Cyl. A (THUREAU-DANGIN 1925, Taf. I–XXX) I 29; III 25 (THUREAU-DANGIN 1907, 90.92); vgl. ama-ni d Nanše „seine Mutter Nanše“ ebd. V 11 (THUREAU-DANGIN 1907, 94). 37 Weihung d Lugal-bàn-da-dingir-ra-ni-ir d Nin-suna-ama-a-ni-ir „dem Lugalbanda, seinem Gott, (und) der Ninsuna, seiner Mutter“, THUREAU-DANGIN 1907, 222 c 1–4. 38 Ummum bānītī CH LI (Rs. XXVIII) 43. 39 (ana d Nin-mah) ummim bānītīya (gen.) VS 1,33,43 (II 15). 40 (ana Bēlet ilī (DINGIR.MAH)) ummi bānītīya (gen.) LANGDON 1912, Nbk. 15 IV 16. 41 d ( Erua šarratum) umma ālittīya (nom.) CT 37,20,59. 42 d Bēlet uruNinâ ummu ālittīya „die Herrin von Nineve, die Mutter, die mich gebar“ V. SODEN 1974– 77, 47:38. Parallel dazu findet sich ebd., 47:40, d Bēlet uruArbaili bān[īt]īya „die Herrin von Arbela, die mich schuf“. Vgl. auch „Mullissu, die Mutter der großen Götter, zog mich wie eine le[i]blic[h]e Mut[ter] (kīma um[mi] āl[i]t[t]i ‚wie eine Mutter, die geboren hat‘) in ihrer freundlichen Armbeuge groß“, Assurbanipal, „Große Jagdinschrift“ Vs. 18 (BAUER 1933, 87). 43 SEUX 1967, 159f s.v. māru. 392–395 s.v. dumu; vgl. auch SJÖBERG 1966, 287–290; 1972.
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In den Mutter- und Sohn-Epitheta der genannten Art könnte man Hinweise auf die „Göttlichkeit“ des mesopotamischen Königtums im Sinne einer physischen Abstammung der Könige von den Göttern sehen. Diese Meinung ist freilich von vorneherein mit der Schwierigkeit belastet, dass in einigen Fällen ein und derselbe König mehrere Göttinnen ausdrücklich oder umschreibend als seine Mutter bezeichnet.44 Dabei könnten jeweils verschiedene Tempeltraditionen zu Grunde liegen,45 die man nicht im Widerspruch miteinander befindlich verstand; doch auch so ist mir eine andere Erklärung als die der physischen Mutterschaft wahrscheinlicher. Dafür bietet sich eine Passage aus dem Zylinder A Gudeas von Lagaš (III 6–10) an, in der der Fürst die Göttin Gatumdu folgendermaßen anredet:46 Eine Mutter habe ich nicht: meine Mutter bist du. Einen Vater habe ich nicht: mein Vater bist du. Meinen Samen hast du empfangen, hast mich im Allerheiligsten geboren. Gatumdu, dein heiliger Name ist süß; du bist für mich in der Nacht dagelegen. [73]
Aus dieser Stelle und einigen Aussagen Gudeas mit ähnlicher Tendenz hat A. Falkenstein, freilich unter Vorbehalt, den Schluss gezogen, dass Gudea, der nie seine menschlichen Eltern erwähnt, sich tatsächlich als leiblicher Abkömmling der Göttin verstanden habe, und zwar, weil er einem i`ero.j ga,moj entsprossen sei, bei dem eine nin-dingir-Priesterin der Gatumdu die Göttin vertreten habe.47 Dagegen spricht aber, dass die Göttin nicht zugleich physische Mutter und physischer Vater des Fürsten sein kann, wenn die Vorstellung noch in sich schlüssig sein soll, und dass Gudea auch die Göttin Nanše mit dem Epitheton „Mutter“ bedenkt.48 Aus den Zeilen 6f des Textes geht m.E. mit Sicherheit hervor, dass es sich hier und in anderen Fällen um Vertrauensaussagen handelt, die das intime Verhältnis zwischen dem Fürsten und den Göttern zum Ausdruck bringen sollen. Ihre Form ist dann die (z.T. erweiterte) Metapher. Inhaltlich gehören sie in den Vorstellungsbereich der göttlichen Erwählung des Königs und hängen wahrscheinlich auch mit der besonderen Rolle zusammen, die die Götter bei der Formung des zukünftigen Herrschers im Leib seiner Mutter spielen. Mit der zitierten Passage aus dem Zylinder A Gudeas lassen sich auch viel jüngere Textstellen vergleichen, die mit den neuassyrischen Prophetien gleichzeitig sind. Bei ihnen ist jedoch der Akzent insofern verschoben, als nun das Bild der physischen Mutter von dem der Ziehmutter oder Kinderfrau abgelöst worden ist. ————— 44
Vgl. LABAT 1939, 55f. S. SJÖBERG 1972, 108–111. 46 Übersetzung: FALKENSTEIN 1966, 2. 47 FALKENSTEIN 1966, 2f. 48 S.o. S. 73 m.Anm. 36. 45
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So sagt Assurbanipal in der Einleitung eines Klagegebets an Mullissu:49 Mullissu, die dem Heil und Leben gibt, der ihren Ort aufsucht! [I]ch bin dein Diener Assurbanipal, den deine Hände geschaffen haben, vater- und mutter[l]os, den du großgezogen hast, meine erhabene Herrin. [In] deiner leben(bewahrenden) [Armbeu]ge hast du mich geschützt, meinen Lebenshauch bewacht. [74]
Oder in einem Hymnus an Ištar von Nineve und Ištar von Arbela:50 Ich kannte nicht Vater noch Mutter; ich bin aufgewachsen auf dem Schoß meiner Göttinnen. Die großen Götter haben mich geführt wie ein kleines Kind. Zur Rechten und zur Linken haben sie mich unablässig geleitet.
Deutlich beziehen sich diese Aussagen auf die Fürsorge der angesprochenen Göttinnen und weiterer Gottheiten für den König von seiner Kindheit an, der gegenüber die seiner menschlichen Eltern in Bedeutungslosigkeit versinkt. Deshalb ist es nicht zufällig, dass das Mutterbild sich in Schutzzusagen und in Hinweisen auf das frühere heilvolle Handeln der Götter am König findet: da ist es sachlich zu Hause. Analoges gilt auch von den Bildern der göttlichen Amme und Kinderfrau, die in den Orakeln in denselben Zusammenhängen vorkommen, und die bereits in den Zitaten aus Gebeten Assurbanipals angeklungen sind. Die traditionsgeschichtliche Nachfrage fördert auch hier ähnliche Ergebnisse zu Tage wie beim Bild der göttlichen Mutter: Aussagen über Göttinnen als Nährmütter des Herrschers lassen sich in Mesopotamien vor den neuassyrischen Prophetensprüchen nur für die Frühdynastische Zeit nachweisen. Besonders schön kommt diese Vorstellung in der „Geburtslegende“ des Stadtfürsten Eanatum von Lagaš zum Ausdruck, die sich auf der „Geierstele“ findet:51 [N]in[gir]su [ha]t E[a]natum gezeugt, [Ninhursaga hat ihn geboren.] [Über Eanatum] hat [Ninhur]s[aga] sich gefreut. ————— 49
K 3515 Vs. 15´–18´ (LANGDON 1927, Taf. XIII, SIDERSKY 1929, 778; nicht kollationiert): 15´ [d ]Mullissu nādinat šulmu u balātu ana mušteu ašrīša 16´ [a]nāku uradki IAššūr-bān-aple ša ibnâ qātāki 17´ [š]a lā abi u ummi ša turabbî šaqûtu bēltī 18´ [ina kirim]mīki ša balāte tahtininni tassurī napištī 50 K 1290,13–16 (V. SODEN 1974–77, 46): 13 ul ide aba u ummi 14 ina burkī d ištarātīya arbâ anāku 15 ittarrunnīma ilānu rabûtu kīma laê 16 imni u šumēli ittallakū ittīya Vgl. auch Assurbanipals „Große Jagdinschrift“ Vs. 18 (s.o. S. 73 Anm. 42). 24f (BAUER 1933, 87). 51 Geierstele IV 9–V 17 (STEIBLE/BEHRENS 1982 I, 122f).
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Götterwort in Menschenmund Inana hat ihn bei der Hand ergriffen. ‚Für das Eana der Inana des Ebgal ist er geeignet‘ hat sie ihn mit Namen genannt. Der Ninhursaga hat sie ihn auf ihre rechten52 Knie gesetzt. [75] Ninhursaga hat [ihn] aus ihren rechten Brüsten [genährt].53 Über Eanatum, der von Ningirsu gezeugt worden war, hat Ningirsu sich gefreut. Ningirsu hat ihn mit seiner Handspanne gemessen; 5 Ellen hat er ihn mit seiner Elle gemessen: 5 Ellen und eine Handspanne! Ningirsu [hat] aus großer Freude das [Kö]nig[tum von Lagaš ihm gegeben.]
Dieser Text könnte als Beleg dafür gelten, dass Eanatum von Lagaš sich von göttlichen Eltern herleitete.54 Wahrscheinlich handelt es sich aber auch hier um eine Bildrede, die die göttliche Erwählung von Eanatum zum Herrscher von Lagaš und seine Ausstattung für die ihm bestimmte Aufgabe, Umma niederzuwerfen, schildert. Die Formulierungen sind hier allerdings tatsächlich sehr „konkret“; doch sollte schon die von Ningirsu durch Messen festgestellte Übergröße des künftigen Fürsten von ca. 2½ Metern davon abhalten, sich den Bezug der Textaussagen auf die Realitäten allzu direkt vorzustellen.55 In der Ergänzung der Textlücke in IV 13f folge ich der Auffassung von Th. Jacobsen (früher) und E. Sollberger/J.-R. Kupper, die Ninhursaga als die göttliche „Mutter“ Eanatums ansehen;56 das passt auch zu den Zeichenspuren in IV 1657, wo von der Freude der „Mutter“ über ihr „Kind“ die Rede ist. Die Namengebung58 des zum Herrscher bestimmten Kindes vollzieht Inana, die es auch seiner „Mutter“ auf die Knie setzt,59 worauf Ninhursaga es an die Brust nimmt [76] und säugt. Ningirsu, der göttliche Vater Eanatums, konstatiert schließlich mit Freuden, dass sein „Sohn“ das Format hat, das Königtum von Lagaš auszuüben. ————— 52 „Recht“ übersetzt hier und im Folgenden sum. zi(d) „recht, richtig“. Nach der von SJÖBERG 1972, 88 Anm. 1; COOPER 1974, 415, zitierten Passage aus „Enmerkar und Ensuhkešdana“ könnte eventuell aber auch „rechts, rechte Seite“ gemeint sein (dort Z. 94f ubur-zi-da-ni „ihre rechte Brust“ :: ubur-gùb-bu-ni „ihre linke Brust“). 53 IV 27–29 lies m.E. d Nin-hur-saga-ke4 ubur-zi-da-ni m[u-ni-kú]. Der Ergänzungsvorschlag von COOPER 1974, 415, m[u-na-lá] ändert am Sinn der Stelle nichts. 54 So SJÖBERG 1966, 288; PETTINATO 1970, 207f. 55 Vgl. die verschiedenen Erwägungen bei JACOBSEN 1976, 252 Anm. 19. 56 JACOBSEN 1943, 120f; SOLLBERGER/KUPPER 1971, 48. Ergänzung: [d Nin-hur-saga-ke4 ì-tu]. Anders SJÖBERG 1972, 89 ([d Ba-Ú ì-tu]); vgl. JACOBSEN 1976, 251, der in IV 16 [ama d Ba]-Ú° „die Mutter Ba-Ú“ und in IV 13 entsprechend [d Ba-Ú] ergänzt. Die Ergänzungen hätten den Vorteil, dass Ba-Ú(ba6 ) die Gemahlin Ningirsus ist; sie passen m.E. aber schlecht zu den Zeichenspuren in IV 16 (s. Anm. 57). 57 S. SOLLBERGER 1956, 10. 58 IV 20–23, É-an-na-d Inana-eb-gala8 -ka-ka-a-túm ist die Vollform des Namens, der abgekürzt É-an-na-túm lautet; vgl. zum Namen des Fürsten STEINER 1975/76, 19 m.Anm. 43 (Lit.); STEIBLE/ BEHRENS 1982 II, 35 Nr. 23 (Lit.). 59 Einen Adoptionsakt (so PETTINATO 1970, 208) kann ich darin nicht sehen. Die von Pettinato angezogenen alttestamentlichen Parallelen lassen sich nicht ohne Weiteres vergleichen, da die Vorgänge unterschiedlich sind. Zudem ist durchaus fraglich, ob es sich im Alten Testament um Adoption handelt; s. DONNER 1969, 105–111.
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Wie hier als nährende „Mutter“ Eanatums erscheint Ninhursaga sonst als Amme künftiger Herrscher in der Formel „der die rechte60 Milch der Ninhursaga getrunken hat“ (ga-zi-kú-a-dnin-hur-saga-ka), die für Eanatum und Entemena von Lagaš, Lugalzagesi von Uruk und den ephemeren Puzurmama von Lagaš belegt ist.61 Lugalzagesi nennt sich auch „Zögling der Ningirim, der Herrin von Uruk“ (sag-á-è-dnin-girimx(A.BU.HA .DU)-nin-unugki-ga-ka).62 Nach Puzurmama, dessen Zeitstellung nicht sicher zu bestimmen ist (Ende der Akkadzeit/Beginnphase der Neusumerischen Periode?), ist der Topos der göttlichen Amme des Königs nicht mehr bezeugt bis zu seinem Wiederauftauchen in den neuassyrischen Prophetensprüchen. Nachweisen lässt er sich in der Zwischenzeit noch einmal in Syrien, und zwar im ugaritischen Epos von Kurit („Keret“). In einem Geburtsorakel anlässlich der Hochzeit des Königs Kurit63 mit Hurriya, der unter Androhung militärischer Gewalt heimgeholten Tochter des Königs Pbl, sagt dort der Gott El:64 Die F[rau, die du nimm]st, Kurit, die Frau, die du in dein Haus nimmst, das Mädchen, das du in deinen Hof eintreten lässt, wird dir sieben Söhne gebären, ja acht wird sie dir schenken. Gebären wird sie den Knaben Yassib, der die Milch der A[t]irat saugen, der sich an den Brüsten der Jungfrau [Anat] gütlich tun wird, der Amme[n der Götter…]
[78] Hier erscheinen – allerdings in einem epischen Text und nicht in der Überlieferung über einen im engeren Sinne historischen Herrscher65 – die Göttinnen Atirat und Anat als die Ammen des Erstgeborenen des Königspaars, des zukünftigen Kronprinzen. In dieser Rolle ist eine geflügelte weibliche Gottheit, vielleicht Anat, auch in einem Elfenbeinrelief aus Ugarit66 dargestellt, wobei allerdings der Prinz, der gesäugt wird, doppelt abgebildet ist, wohl aus Gründen der Symmetrie. Bei den sonstigen Bildwerken aus Mesopo[78]tamien und dem nordwestsemitischen Bereich, die eine Göttin mit einem Kind an der Brust oder auf dem Schoß zeigen, ist hingegen nicht sicher, ob es sich dabei jeweils um ein königliches Kind handelt. Man ist versucht, die Vorstellung von der Säugung des künftigen Königs in Syrien, im Ausstrahlungsbereich der ägyptischen Kultur, aus Ägypten abzuleiten, wo sie fester ————— 60
S.o. S. 76 Anm. 52. S. SEUX 1967, 419 s.v. kú. 62 STEIBLE/BEHRENS 1982 II, 316 Luzag. 1 I 31–33. 63 Zum Namen Krt („Keret“, Kuritu) s. M. WEIPPERT 1968, 214f. 64 CTA 15/KTU 1.15 II 21–28. 65 Ich schließe damit nicht aus, dass der Kuritu des Epos auf eine historische Herrschergestalt zurückgehen kann. 66 SCHAEFFER 1954, 53f u. Taf. VIII; vgl. WARD 1969; WINTER 1983, 397–403. 61
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Säugende Göttin (Anat?), Elfenbeinrelief aus Ugarit, frühes 14. Jahrhundert v.Chr. (s. S. 77 m.Anm. 66) Nach WINTER 1983, Abb. 409
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Bestandteil des Geburtszyklus des Pharao ist.67 Denn außerhalb der Epik ist nach gegenwärtigem Kenntnisstand Syrien die Konzeption eines „göttlichen“ Königtums im Sinne der physischen Abstammung der Herrscher von den Göttern ebenso fremd wie dem historischen Zweistromland. 3.3. Naturbilder Die Schwierigkeiten, brauchbare Parallelen zu finden, die schon bei den Mutter- und Ammenbildern zu bemerken waren, treten bei den aus der Natur genommenen Metaphern und Vergleichen der assyrischen Propheten in noch verstärktem Maße auf. Genaue Entsprechungen gibt es kaum. Das im Folgenden aufgeführte Material aus mesopotamischen und biblischen Texten kann jedoch zeigen, dass die prophetischen Bilder nicht ganz isoliert stehen, sondern sich im Allgemeinen in einen auch sonst nachweisbaren konzeptuellen Rahmen einfügen. Wenn in K 4310 C II (I 6´f) der anstürmende Wind als Metapher für den Feind verwendet wird, so steht dahinter die [79] negative Seite der Doppelnatur des Windes, die in der mesopotamischen Literatur durch die Unterscheidung des „guten (günstigen)“ (šāru tābu) und des „bösen (ungünstigen) Windes“ (šāru lemnu/lā tābu, šār lemutti) reflektiert wird. Gelegentlich wird der Ansturm eines šār lemutti mit dem hier verwendeten Verbum edēpu ausgedrückt, so z.B. in einem Gebet an Šamaš und Sîn in KAR 184 Rs. 45: šār lemutti īdipannīma etem ridâti irteddanni „ein böser Wind fiel mich an, ein Totengeist der Verfolgung verfolgte mich immer wieder.“ Deshalb kann das Bild des Windes, vom Standpunkt des Sprechenden her positiv gewendet, auch zur Beschreibung des unwiderstehlichen und verderbenbringenden „Ansturms“ des Königs in der Schlacht verwendet werden, so z.B. bei Sanherib: kīma tīb mehê šamri ana lúnakri azīq „wie ein wütender sich erhebender Sturm wehte ich den Feind (scil. die elamische Armee) an“68, oder kīma tīb mehê azīqma kīma imbāri ashupšu „wie ein sich erhebender Sturm wehte ich sie (scil. die Stadt Babylon) an, wie eine Wetterwolke warf ich sie nieder“.69 Bei den Tierbildern haben wir positive und negative zu unterscheiden. Der Vogel, gewöhnlich ein Bild des Ängstlichen und Scheuen,70 erscheint bei den Propheten als Bild des Schützenden. Dafür habe ich im mesopotamischen Raum keine Parallelen finden können. Doch kennen die Vertrauensäußerungen biblischer Psalmen das Bild vom „Schatten der Flügel“ Jahwes71, in dem der Beter sich geborgen und sicher weiß, wobei „Schatten“ () wie im Akka————— 67
Vgl. zu Mesopotamien, Syrien und Ägypten WINTER 1983, 385–413. LUCKENBILL 1924, 45:77; vgl. GRAYSON 1963, 92:66f. 69 LUCKENBILL 1924, 83:44. 70 S. HEIMPEL 1968, 380–382; SCHOTT 1926, 92f.96f; MARCUS 1977, 96–98; im Alten Testament Hos 11,11; Ps 11,1; 55,7; Prov 26,2. 71 Ps 17,8; 36,8; 57,2; 63,8. 68
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dischen (sillu) Metapher für „Schutz“ ist. Eventuell enthält die schwierige Stelle Jes 31,5 sogar einen erweiterten Vergleich, der sich eng mit dem von K 12033+ C IX–XI (II 6´–8´) berührt: „wie flatternde Vögel, so wird Jahwe Zebaoth Jeru[80]salem decken, indem er deckt und befreit, hüpft und rettet.“72 Die Übersetzung ist allerdings nicht in allen Stücken gesichert. Sollte sie richtig sein, so stünde dahinter das Bild von Vögeln, die ihre Jungen vor der Bedrohung durch Feinde (oder die Sonnenhitze?) mit ihren Flügeln bedecken und durch auffälliges Herumhüpfen mögliche Feinde von ihrem Nest bzw. den Jungen abzulenken suchen, dasselbe Bild, das wir oben in K 12033+ C gefunden haben. Die Übereinstimmung hängt allerdings an der Auffassung des Verbums als „hüpfen“, in der ich O. Keel73 folge, die aber nicht allgemein anerkannt ist. Zum Bild der Ištar von Arbela als anhänglichem, treuem Palasthündchen in K 12033+ C XI (II 9´f) gibt es eine bemerkenswerte Umkehrung in einem šuíl-lá-Gebet an Marduk, in dem der Beter seine ständige Bemühung um den Gott in die folgenden Worte kleidet: sabtāku kī tīre ina qannīka kī mūrāne dMarduk(TU.TU) alassum urkī[ka] „ich halte mich wie ein Höfling an deinem Gewandsaum fest; wie ein Hündchen, o Marduk, laufe ich hinter [dir] her.“74 Auch hier ist der Hund, der seinem Herrn aufmerksam auf dem Fuße folgt, Bild für treue Anhänglichkeit. Eine dem prophetischen Bild äußerlich noch näherstehende Aussage kommt in dem Gespräch zwischen Herrn und Sklaven (Dialogue of Pessimism) vor. Der siebte Gesprächsgang (Z. 53–61)75 handelt vom Opfern: 53 54 55 56 57 58 59 60 61
Sklave, pflichte mir bei! Gewiss, mein Herr, gewiss! Auf, gib mir gleich Wasser für meine Hände, damit ich meinem Gott ein Opfer darbringen kann! Bring (es) dar, mein Herr, bring (es) dar! Das Herz eines Menschen, der seinem Gott ein Opfer darbringt, ist fröhlich. Kredit über Kredit erwirbt er. Nein, Sklave! Ein Opfer werde ich meinem Gott nicht darbringen! Bring (es) nicht dar, mein Herr, bring (es) nicht dar! Ila tulammassūma kī kalbi arkīka ittanallak Du könntest den Gott (sonst) lehren, wie ein Hund hinter dir her zu laufen, [81] šumma parsī šumma ila lā tašāl šumma šanâmma irriška kultische Verehrung oder ‚den Gott befragst du nicht?‘ oder irgendetwas anderes von dir zu verlangen.
————— 72 Neben den Infinitiven und l iest man besser * und * statt und von , obwohl letztere Formen sich notfalls auch halten ließen. 73 KEEL 1972, 428–433, z.St. 429f. 74 KING 1896, 18 Vs. 11f = EBELING 1953a, 92:11f. 75 LAMBERT 1960, 146.148.
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In den Z. 60f zeigt der Sklave zur Begründung seines Ratschlags, dem persönlichen Gott nicht zu opfern, die – unerwünschten – Folgen auf, die sich aus der (zunächst von Herrn und Knecht beabsichtigten) Darbringung des Opfers ergeben könnten: Der Gott könnte sich „wie ein Hund“ an die Fersen des Herrn heften und einmal dies, dann etwas anderes von ihm verlangen – „be careful not to get your personal god into bad habits!“76. Das Bild hat inhaltlich mit dem von K 12033+ C XI (II 9´f) nichts zu tun, sondern erinnert eher an die – sicher leicht ironisch gemeinte – Darstellung der hungrigen Götter, die sich nach der Sintflut „wie Fliegen“ um das erste Opfer Atrahasīs’/Utanapištims scharen77. An einigen Stellen der neuassyrischen Prophetensprüche wird die Vernichtung der Feinde im Bild des Einsammelns oder Zerquetschens von Insekten dargestellt. Dafür habe ich keine direkten Parallelen gefunden. Am nächsten kommen den Metaphern und Vergleichen in K 883 XXIII (16), K 1285 G VII (36) und K 2401 F VI (III 22´f) zwei Insektenvergleiche, die, obwohl in unterschiedlichen Textgattungen belegt, sehr nahe miteinander verwandt sind und somit auf eine gewisse Vorprägung schließen lassen. In dem zweisprachig überlieferten Ninurta-Mythus lugal u4 me-lám-bi nir-gala7 wird die Aussage giriš-gim šu ha-ba-e-en-zé-en/ha-ba-an-sig-ge[-en-zé-en] des sumerischen Textes in der akkadischen Version mit kīma kursipti emēškunūti wiedergegeben: „wie Schmetterlinge (koll. Sg.) achtete ich euch gering“.78 Ein ähnlicher Ausdruck begegnet noch einmal in einer Weihinschrift Asarhaddons für Ištar von Uruk, in der der König die Göttin bittet: ina qablu u tāhāzi idāya itasharma kullat nakirīya lumēš kulbābiš „stelle dich in Kampf und Schlacht stets wieder an meine Seite, so [82] dass ich alle meine Feinde wie Ameisen gering achten kann!“.79 In beiden Fällen werden die Gegner durch den Vergleich mit Schmetterlingen oder Ameisen als quantité négligeable disqualifiziert. Auch im Alten Testament erscheinen Feinde gelegentlich als Insekten oder im Vergleich mit ihnen. In Jes 7,18, einer Unheilsankündigung an Juda, ist die Fliege () Metapher des ägyptischen, die Biene oder Hornisse () Bild des assyrischen Heeres. Hier ist das tertium comparationis allerdings nicht die Geringfügigkeit der Insekten, sondern im Gegenteil ihr massenhaftes Auftreten, das dem Propheten die das ganze Land überschwemmende Invasion der ägyptischen und assyrischen Soldaten symbolisiert.80 Im Vergleich wird ferner zweimal die Gefährlichkeit der Bienen oder Hornissen für den Menschen ausgedrückt. Über einen gescheiterten Landnahmeversuch sagt Mose in den Einleitungsreden des Deuteronomiums (1,44): ————— 76
SPEISER 1954, 103a. Atr (altbab.) III V 34f (LAMBERT/MILLARD/CIVIL 1969, 98); Gilg XI 159–161. 78 Lugal 441, VAN DIJK 1983: I 108. II 124; vgl. GELLER 1917, 297; HEIMPEL 1968, 515f Nr. 103.1. Suffix -kunūti nach AHw 649b s.v. mêšu G 1b (Emendation? Nach van Dijk -kunūši). 79 BORGER 1956 § 48,19. 80 Dazu lässt sich in den assyrischen Königsinschriften am ehesten das Bild der Heuschrecke vergleichen; s. SCHOTT 1926, 97; MARCUS 1977, 98f. 77
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Götterwort in Menschenmund Da zogen die Amoriter, die in jenem Gebirge wohnten, euch entgegen und verfolgten euch, wie die Bienen/Hornissen tun, und schlugen euch in Seir bis nach Horma.
Und ein frommer Beter beschreibt in Ps 118,12 die für ihn von den „Heiden“ () ausgehende Bedrohung, aus der er sich „im Namen Jahwes“ lösen konnte, durch den Vergleich „sie umringten mich wie Bienen/Hornissen“81. Auch hier entspricht das gebrauchte Bild nur äußerlich, nicht aber inhaltlich den Insektenbildern der assyrischen Propheten. Bei den Pflanzenbildern findet man ungefähre Entsprechungen der Dornenmetapher für Feinde ebenfalls im Alten Textament, so, wenn Jahwe dem Propheten Ezechiel angesichts seiner internen [83] Gegner Mut zuspricht und dabei die Widersacher auch als Dornen und Skorpione auftreten lässt (Ez 2,6): Du aber, Mensch, fürchte dich nicht vor ihnen, und vor ihren Worten fürchte dich nicht! Wenn Dornen dich umgeben und du auf Skorpionen sitzt, fürchte dich nicht vor ihren Worten, und vor ihnen erschrick nicht! Denn ein Haus der Widerspenstigkeit sind sie.
Anführen kann man wohl auch die folgende Verheißung zukünftigen Friedens für Juda, die ebenfalls im Ezechiel-Buch (28,24) steht: Und für das Haus Israel soll es hinfort nicht mehr geben ritzende Stacheln und schmerzende Dornen von all denen ringsum, die euch verachten, und sie sollen erkennen, dass ich Jahwe bin.
Schließlich sei in diesem Zusammenhang noch ein Pflanzenvergleich aus den Annalen Sanheribs erwähnt, der sich auf die Verstümmelung der Leichen gefallener elamischer Soldaten bezieht: kīma binē qiššê sīmāni unakkis qātīšun „wie … zeitiger Gurken schnitt ich ihre Hände ab“.82 Der Ausdruck binē (ge————— 81 Fraglich ist, ob man in diesem Zusammenhang auch die nennen darf, die Jahwe nach Ex 23,28; Dtn 7,20; Jos 24,12 vor den in das Land Kanaan eindringenden Israeliten herschicken will bzw. hergeschickt hat. Dieser Ausdruck wird bereits von den antiken Versionen mit „Wespen, Hornissen“ ( sfhki,ai, debbō/ūrītā, pl. debbō/ūryātā, crabrones, ) wiedergegeben. Man könnte jedoch auf Grund des jeweiligen Kontextes fragen, ob eine Übersetzung wie „panischer Schrecken“ o.ä. nicht näher läge; vgl. in diesem Sinne SIMONIS 1793, 1390 (unter Verweis auf F.E. Boysen und J.D. Michaelis); KÖHLER 1936, 291; 1945, 17–22. Vgl. aber auch NEUFELD 1980; FELIKS 1981, 32–34. 82 LUCKENBILL 1924, 46 VI 11f; GRAYSON 1963, 94:93. Luckenbill und, ihm folgend, Grayson beziehen den Vergleich in naheliegender Assoziation allerdings auf die vorher erwähnten Schamteile (bāltu) der gefallenen Elamer; das ist mir auf Grund der chiastischen Struktur der beiden aufeinanderfolgenden Sätze nicht wahrscheinlich, und zudem kann man bāltu hier auch als „Lebenskraft“ o.ä. verstehen. Vgl. für die oben vorausgesetzte Zuordnung auch SCHOTT 1926, 101.
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schrieben bi-NI) wird von D.D. Luckenbill83, wohl auf Grund des Vergleichs mit jüd.-aram. , mit „Samen“ („seeds“) wiedergegeben, während W. v. Soden84 die Belege unter binu „Sohn“ einordnet und auf „Triebe“ rät. M.E. muss es sich bei binē um etwas handeln, das man normalerweise zur Reifezeit von den Gurkenpflanzen abschneidet, also wohl um deren Früchte selbst.85 Zu dem Bild von den „Neidern“, die wie „sēpu-Getreide auf dem Wasser davonfliegen“, hat schon H. Zimmern86 einen Passus [84] aus dem ErraGedicht beigezogen, in dem die im Zorn von Ištar herbeigeführte Zerstörung von Uruk folgendermaßen dargestellt wird: lúnakra idkamma kī(ma) šeim ina pān mê imašša māta „sie (scil. Ištar von Uruk) bot den Feind auf, indem sie das Land wie Getreide auf dem Wasser wegführte“87. Vielleicht findet sich Ähnliches auch im Alten Testament. In Hos 10,7 lesen wir: 88 „im Untergang begriffen ist Samaria; sein König ist wie Reisig (?)89 auf dem Wasser“. In allen Fällen handelt es sich um etwas, das auf der Oberfläche des Wassers treibt und von ihm rasch davongetragen wird und so verschwindet. 3.4. Verschiedenes Der Vergleich des Königs mit einem šukurru-Anhänger oder -Amulett zwischen den Brüsten der Mullissu in K 883 XXXII (22), den wir oben als Bild der Geborgenheit gedeutet haben, erinnert entfernt an eine Stelle des biblischen Hohenliedes (1,13), an der die „Braut“ über ihren Geliebten sagt: Ein Beutel voll Myrrhe ist mein Geliebter mir – zwischen meinen Brüsten verbringt er die Nacht.
Der „Myrrhenbeutel“ () ist hier, im vorausgesetzten ländlichen Kontext, eine einfache Ausführung dessen, was in höfischem oder städtischem Zusammenhang als * (Jes 3,20) bezeichnet wurde – ein um den Hals getragener Behälter für wohlriechende Substanzen.90 Es handelt sich um eine erweiterte Metapher, deren tertium comparationis wie im folgenden Vers 14 der „Wohlgeruch“ des Geliebten ist. Die Erweiterung fügt dem Bilde hinzu, dass ————— 83
LUCKENBILL 1924, 47. AHw 127a s.v. binu(m) 3. 85 Vgl. GRAYSON 1963, 95. 86 ZIMMERN 1901, 182 Anm. 12 zu Nr. 66 Rs. 8. 87 Erra IV 62, CAGNI 1969, 110; zur Übersetzung von ina pān mit „auf der Oberfläche von“ s. jedoch CAGNI 1977, 52. 88 So statt zu lesen. 89 fru,ganon „Reisig“, gellā „Holzspan, Stohhalm“, spuma „Schaum“, „Schäumen, Schaum“. 90 Zu vgl. vielleicht akk. nipšu „Blasen, Riechen, Duft“ (AHw 792a s.v. nipšu(m) I 3) und DRIVER 1934, 54; anders DÜRR 1925, 268f; V. SODEN 1935; GALLING 1973, 166f. 84
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der Myrrhenbeutel die Nacht „zwischen den Brüsten“ der Sprecherin verbringt, wobei in der Schwebe bleibt, ob damit nur der reale Parfümbehälter oder (auch) der damit Bezeichnete gemeint ist. Insgesamt handelt es sich hier [85] natürlich nicht um ein Bild der Geborgenheit, sondern um eines der innigen Gemeinschaft – ein Aspekt, der in K 883 XXXII (22) höchstens mitschwingt. Für die Schild-Metapher von K 4310 H XXIII (IV 18f) gibt es im Alten Testament außer der bereits genannten Stelle Gen 15,1 eine Reihe weiterer Parallelbelege,91 an denen deutlich ist, dass damit der Schutz umschrieben wird, den die Gottheit dem gewährt, der auf sie vertraut. Auf einen Menschen angewandt erscheint die Metapher in der ninevitischen Fassung des Gilgameš-Epos (Gilg VIII II 5) in der Klage Gilgameš’ über den toten Enkidu, den der überlebende Freund u.a. als arīte ša pānīya „den Schild für mein Gesicht“ bezeichnet, und gelegentlich in den Psalmen92, wo damit der König gemeint ist.
4. Schlussbetrachtung Die Distanz der neuassyrischen Prophetensprüche zum Hauptstrom der mesopotamischen Literatur, die sich etwa im fast ausschließlichen Gebrauch des heimischen Assyrischen anstelle des üblichen Babylonischen und im weitgehenden Fehlen der traditionellen literarischen Formeln ausdrückt, spiegelt sich auch in der prophetischen Bildsprache. Unsere Vergleichung hat gezeigt, dass die prophetischen Metaphern und Similes zwar nicht ganz isoliert sind, aber doch nur in wenigen Fällen genaue Entsprechungen in Texten anderer Herkunft haben. Das wird, wie bereits bemerkt, zumindest teilweise mit Unterschieden der Gattung zusammenhängen; eine Reihe von Beobachtungen lässt aber die Vermutung zu, dass damit noch nicht alles gesagt ist. Die deutlichsten konzeptuellen Verbindungen der Prophetien mit nichtprophetischen Texten haben wir bei den Mutter- und Ammenbildern gefunden. Doch besteht hier die Schwierigkeit, dass die Analogien fast ausschließlich in Texten aus dem 3. und dem beginnenden 2. Jahrtausend vorkommen. Wenn man hier von der Aufnahme einer altmesopotamischen Tradition sprechen will, muss [86] man belegen, dass hier tatsächlich eine Kontinuität besteht. Zwischenglieder fehlen aber im Zweistromland nach der Altbabylonischen Zeit völlig, und auch der isolierte Beleg aus Ugarit ist schon wegen seiner Herkunft nicht geeignet, die Behauptung eines genetischen Zusammenhangs zu stützen. Die Vorstellung ist auch, wie der negative Befund der assyrischen Königsinschriften lehrt, keine in Assyrien heimische Tradition. Woher die Bilder kommen, die in den Prophetien mit einem Mal auftauchen, lässt sich ————— 91
2 Sam 22/Ps 18,3.31; Ps 3,4; 28,7; 33,20; 59,12; 84,12; 115,9.10.11; 119,114; 144,2; Prov 2,7;
30,5. 92
Ps 84,10; 89,19.
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gegenwärtig nicht feststellen. Erst bei dem Babylonier Nebukadnezar II. kann an Übernahme aus altbabylonischen Königsinschriften gedacht werden. Bei den übrigen Bildern treten Parallelen aus Assyrien und Babylonien ebenfalls stark in den Hintergrund, während solche aus Palästina, d.h. aus dem Alten Testament, etwas reichlicher vorhanden sind. Freilich sind auch hier genaue Übereinstimmungen selten. Immerhin könnte man fragen, ob Zahl und Art der Parallelen nicht ausreichten, um nicht wenigstens die Herkunft eines beträchtlichen Teiles des Bildmaterials aus dem Westen zu postulieren. Das ließe sich gut mit der These H. Tadmors verbinden, dass das Phänomen der neuassyrischen Prophetie in Assyrien nicht autochthon ist, sondern in den Zusammenhang der Aramaisierung des Neuassyrischen Reiches gehört.93 Die textimmanenten Argumente, die neben der Bildsprache dafür angeführt werden können, gestatten allerdings nicht, die Vermutung in den Rang einer gesicherten Erkenntnis zu erheben. Die häufig vorkommende Formel lā tapallah/tapallihī „fürchte dich nicht!“, die semantische Äquivalente in dem Erhörungsorakel der Steleninschrift Zakkūrs von Hamath und im Alten Testament hat, und vereinzelte Aramaismen wie die Verwendung von hilpu „Milch“ für das akkadische šizbu oder des Verbums halābu „melken“ haben – mit Ausnahme des a[pax lego,menon hilpu – auch Parallelen in nichtprophetischen Texten und sind so eher ein Indiz für die generelle Aramaisierung der mesopotamischen Kultur(en). Aber auch so bliebe die These Tadmors attraktiv; sie wird durch die hier vorgelegten Untersuchungen zumindest nicht falsifiziert. [87] Fragt man nach dem Milieu, dem die Bilder der neuassyrischen Propheten entstammen, so fällt neben der Ferne zu literarischen Konventionen des Zweistromlandes der weitgehend private Charakter der Metaphern und Vergleiche auf. Literarische Motive könnten das Bild des auf der Wasseroberfläche forttreibenden Getreides, vielleicht auch das des treuen Haus- oder Palasthunds sein. In den Umkreis königlicher Aufgaben gehören das Bild des Schildes und der Beilhacke (Krieg); aber auch hier könnten individuelle Erfahrungen im Hintergrund stehen. Die meisten Bilder sind im privaten Lebensbereich zu Hause: die von Mutter und Amme in der (wohlhabenden) Familie, die von lästigen Naturerscheinungen wie Wind, Insekten und Dorngestrüpp, von reifen Äpfeln unter einem Baum oder fürsorglichen Vogelweibchen im „Alltag“ von Menschen, denen ihr gesellschaftlicher Status die Muße zu kontemplativer Naturbetrachtung lässt. Damit ist nicht gesagt, dass die Naturbilder sämtlich nur auf direkter Anschauung beruhen und spontan entstanden sein müssen. Wie ihre mesopotamischen und nordwestsemitischen Parallelen lehren, können sie durchaus vorgegebenen Mustern folgen. Dass aber gerade sie gewählt wurden und nicht z.B. Bilder aus dem höfischen Milieu – bei den Tierbildern könnte man in diesem Fall etwa Reflexe der königlichen Jagden erwarten –, spricht m.E. dafür, dass sie dem Erfahrungsbereich der Propheten und Prophetinnen nicht fremd waren. Dazu passt, dass die Propheten nach ————— 93
TADMOR 1975, 43; 1981, 29; 1982, 458; vgl. H. WEIPPERT 1981, 99f.
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den Verfasserangaben ihrer Orakel in der Regel nicht am Hofe lebten, sondern zum Tempelpersonal gehörten, wenn sie nicht z.T. überhaupt Privatleute waren.
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Aspekte israelitischer Prophetie im Lichte verwandter Erscheinungen des Alten Orients 1988
1. Zur orientalistischen Definition von „Prophetie“ Wer es unternimmt, vor einem gemischten Kreis von Orientalisten und Alttestamentlern über „Prophetie“ zu sprechen,1 sieht sich in einer schwierigen Lage. Er kann nämlich nicht ohne Weiteres davon ausgehen, dass zwischen ihm und seinen Zuhörer(inne)n oder innerhalb seines Auditoriums selbst Einvernehmen darüber herrschte, was denn unter „Prophetie“ zu verstehen sei. Das kommt natürlich nicht von ungefähr, sondern hat Gründe, die man wohl vor allem in einem vorwissenschaftlich, d.h. traditionell oder religiös, oder wissenschaftsgeschichtlich vermittelten Vorverständnis, aber auch in der Art der zur Verfügung stehenden Quellen zu suchen hat. In der Altorientalistik einschließlich der Ägyptologie hat das Thema anders als in der Alttestamentlichen Wissenschaft und, in gewissem Sinne, auch in der Arabistik und Islamkunde lange Zeit keine oder nur eine sehr marginale Rolle gespielt. Zu mehr bestand einfach kein Anlass. Das änderte sich erst, als man von den vierziger Jahren unseres Jahrhunderts an bei der Bearbeitung des altbabylonischen Briefarchivs von Mari auf Phänomene stieß, die sich mutatis mutandis in der Tat mit der aus dem Alten Testament bekannten Prophetie [288] vergleichen ließen. Es lag nahe, dass man sich zur Einordnung und Beurteilung dieser Erscheinungen von Kriterien leiten ließ, die dem alttestamentlich geprägten europäischen Prophetenverständnis bzw. den Forschungsergebnissen der Alttestamentler entlehnt waren. Die rege Diskussion über die sog. MariProphetie als solche und in ihrem Verhältnis zu der Prophetie des alten Israel kann hier im Detail nicht nachgezeichnet werden. Sie bewegte und bewegt sich auch gegenwärtig noch zwischen Extremen: Ist die Mehrheit der daran beteiligten Autoren auch der Meinung, dass es sich tatsächlich um „Prophetie“ handelt, die darum direkt oder indirekt in die Vorgeschichte der israelitischen gehört, so gibt es daneben andere Stimmen, die diese Meinung relativieren oder den Übermittlern göttlicher Botschaften aus Mari das Prädikat „Prophet(in)“ überhaupt verweigern. Die Schwierigkeiten rühren einerseits daher, dass die einschlägigen Texte keine einheitliche Terminologie für die Personen kennen, die man als „Pro————— 1 Der Text des Aufsatzes wurde am 9. Mai 1983 im Rahmen des Kolloquiums „Bible et Orientalisme“ an der Universität Straßburg vorgetragen. Für die Veröffentlichung wurde er leicht revidiert; in den Fußnoten wurde an einigen Stellen inzwischen erschienene Literatur nachgetragen.
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phet(inn)en“ aufzufassen geneigt ist. Anderseits ist auch nicht zu verkennen, dass die Alttestamentliche Wissenschaft selbst noch nicht zu einheitlichen und eindeutigen Kriterien für die Bestimmung des Phänomens „Prophetie“ gelangt ist.2 So versucht man Prophetie häufig auf Grund der Art und Weise des Offenbarungsempfangs zu beschreiben: Propheten seien Ekstatiker; wo die Ekstase fehlt, sei es zweifelhaft, ob es sich um Prophetie handle. Doch gibt es auch die gegenteilige Meinung. Oder: Das prophetische Gotteswort ergehe stets ungefragt, „spontan“, nicht als Reaktion auf eine Anfrage des Adressaten bei der sich kundgebenden Gott[289]heit; ist das letztere doch der Fall, so könne man nicht von Prophetie – zumindest nicht von Prophetie im Vollsinne – sprechen. Ähnlich formal kann man die Art und Weise der Weitergabe der göttlichen Bescheide zum Kriterium erheben, indem man den Propheten als Boten definiert, der sich an das Formular von durch Boten übermittelten Nachrichten oder überhaupt an bestimmte Redeformen zu halten habe. In anderen Fällen reflektiert man auf den Inhalt des prophetischen Wortes: Prophetie sei „religiöse Zukunftsvorhersage“ oder, in deutlichem Gegensatz dazu, „Gottes Wort zur Stunde“, hineingesprochen in eine bestimmte aktuelle Situation. Auch der bürgerliche Status spielt eine Rolle, häufig im Zusammenhang mit der „Spontaneität“ des prophetischen Redens: „Wahre“ Propheten seien frei von menschlichen Bindungen; Funktionäre an einem Tempel oder am königlichen Hof könnten nur in eingeschränktem Sinne „Propheten“ genannt werden, usw. Ich möchte nicht bestreiten, dass manche dieser vielfältigen Gesichtspunkte, wenn sie nicht absolut gesetzt werden, ein gewisses Recht haben. Das enthebt uns freilich nicht von der Aufgabe, nach einer Definition zu suchen, in der die wesentlichen Gemeinsamkeiten der altorientalischen Zeugnisse des Prophetismus enthalten sind, und die es zugleich ermöglicht, die Prophetie von anderen, auf den ersten Blick ähnlich aussehenden Erscheinungen abzugrenzen. Eine Definition, die diesen Anforderungen genügt, könnte m.E. folgendermaßen lauten: Ein(e) Prophet(in) ist eine Person männlichen oder weiblichen Geschlechts, die 1. in einem kognitiven Erlebnis – einer Vision, einer Audition, ei[290]nem Traum o.ä. – der Offenbarung einer Gottheit oder mehrerer Gottheiten teilhaftig wird, und 2. sich durch die betreffende(n) Gottheit(en) beauftragt weiß, die Offenbarung in sprachlicher Fassung oder in averbalen Kommunikationsakten3 an einen Dritten (oder Dritte), den (die) eigentlichen Adressaten, zu übermitteln. ————— 2 Die Kriterienfrage ist ausführlich bei NOORT 1977, 9–23, behandelt. Die auf die Mari-Prophetie angewandten Kriterien des Prophetischen reflektieren die in der alttestamentlichen Wissenschaft selbst gebräuchlichen. Einzelnachweise bei NOORT a.a.O. 3 In „Symbol-“ oder „Zeichenhandlungen“; vgl. dazu FOHRER 1952; 1953/1968; auch LANG 1981 (kurzer Literaturbericht). [In der Originalversion dieses Aufsatzes wurde hier fälschlich von „metasprachlicher Fassung“ gesprochen.]
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Die Definition mag auf den ersten Blick wie der kleinste gemeinsame Nenner und damit als zu allgemein und formal erscheinen, da für sie Fragen wie die der Ekstase, der Spontaneität, der Botenrolle, des bürgerlichen Standes des Propheten und die des Inhalts seiner Botschaft irrelevant sind. Dass sie gleichwohl, phänomenologisch gesehen, die wesentlichen Gesichtspunkte enthält, lässt sich daran erweisen, dass es mit ihrer Hilfe möglich ist, die Unterschiede zwischen Prophetie und anderen, ihr äußerlich ähnlich sehenden Erscheinungen im Alten Orient auf einen klaren Begriff zu bringen. Die Definition erlaubt zunächst eine deutliche Abgrenzung der Prophetie als „intuitive“ von den verschiedenen Formen der „induktiven“ Divination. Bei letzterer handelt es sich bekanntlich um die Ausdeutung von Zeichen, Prodigien, Omina, entweder natürlichen wie bei der Beobachtung der Gestirne, des Vogelflugs oder zufälliger menschlicher Äußerungen, oder künstlich herbeigeführten wie bei der Eingeweideschau, der Ölwahrsagung usw. Auch diese Deutungen mussten ja notwendig in sprachlicher Form ausgedrückt und so dem Interessenten zur Kenntnis gebracht werden. Dies war die Aufgabe [291] von Spezialisten aus dem Kreis der Priester und Gelehrten, die über die erforderlichen Mittel, Techniken und Nachschlagewerke verfügten. Hier geht es jedoch um Beobachtung, nicht, wie bei der Prophetie, um Erlebnisse und Widerfahrnisse. Wichtiger ist noch, dass diese Definition formale Gesichtspunkte an die Hand gibt, um das Verhältnis der Prophetie zu Gruppen von ägyptischen und babylonischen Texten zu klären, die in der Literatur abwechselnd „Prophetien“, „Prophezeiungen“ oder „Apokalypsen“ genannt werden. Auch wenn allgemein zugegeben wird, dass diese Bezeichnungen im Grunde der Sache inadäquat sind, hat es bis in neuere Zeit immer wieder Versuche gegeben, die betreffenden Literaturwerke dem prophetischen Genre zuzuordnen. Bei den ägyptischen Texten handelt es sich u.a. um die „Mahnworte des Ipuwer“ (besser bekannt unter ihrem englischen Titel „Admonitions of an Egyptian Sage“)4 und die „Weissagung des Neferti“5 aus der Übergangszeit vom Alten zum Mittleren Reich6 und um die spätzeitliche sog. „Demotische Chronik“7. Die babylonische Gruppe besteht nach ihrer [292] neuesten Besprechung durch A. Kirk Grayson8 aus fünf Texten: der „Prophetischen Rede Marduks“ wohl aus der Zeit Nebukadnezars I. und der wahrscheinlich etwas älteren „ŠulgiProphetie“, die, ursprünglich selbständige Stücke, sekundär zu einer literari————— 4 Grundlegende Bearbeitung: GARDINER 1909; vgl. auch ERMAN 1923, 130–148; ANET1–3 441– 444 (J.A. Wilson); FAULKNER 1965. 5 Vgl. GARDINER 1914; ERMAN 1923, 151–157; LEFEBVRE 1949, 91–105; ANET1–3 444-446 (J.A. Wilson). 6 Nach VAN SETERS 1964 sind die „Mahnworte des Ipuwer“ jedoch in der 2. Zwischenzeit (späte 13. Dynastie) anzusetzen. 7 SPIEGELBERG 1914; vgl. E. MEYER 1924, 84f; KIENITZ 1953, 136–139; BRESCIANI/DONADONI 1969, 551–560. Vgl. noch die „Prophezeiungen eines Töpfers unter König Amenophis“ und die „Prophezeiungen eines Lamms unter König Bokchoris“, AOT² 48–50. 8 GRAYSON 1975b, 13–23.
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schen „Serie“ zusammengefügt worden sind9, dem schwer zu datierenden Assur-Text KAR 42110, einer vielleicht aus der neubabylonischen Zeit stammenden Tafel aus Uruk11 und den von Grayson edierten „Dynastischen Prophezeiungen“12, die in der seleukidischen Periode wohl in Babylon verfasst worden sind. Ohne dass ich hier auf Einzelheiten dieser Texte eingehen kann, lässt sich sagen, dass sie trotz der teilweise weit auseinander liegenden Entstehungsdaten und -orte bemerkenswerte Übereinstimmungen in der gedanklichen Struktur aufweisen. Sie beschreiben sämtlich eine – einmalige oder alternierende – Abfolge von Unheil und Heil auf politischem Gebiet. Bei Neferti wird die Gegenwart, die sog. 1. Zwischenzeit, als eine Periode des Chaos und der Auflösung aller geordneten Lebensverhältnisse beschrieben, die mit dem für die Zukunft erwarteten Regierungsantritt eines Kö[293]nigs Ameni (d.h. Amenemhets I.) ihr Ende finden soll. In den „Admonitions“ ist nur die Schilderung der trüben Gegenwart erhalten; doch darf man wohl annehmen, dass dies nicht das letzte Wort des Verfassers darstellte, dass er vielmehr ebenfalls den Anbruch einer heilvollen Zeit vorhergesagt hat. Die übrigen Texte verlegen Heil wie Unheil in die Zukunft. Genaueres Zusehen hat für all diese Kompositionen wahrscheinlich gemacht, dass ihre Gegenwartsbeschreibungen sich auf etwas bereits Vergangenes beziehen, und dass ihre Voraussagen zum größten Teil aus vaticinia ex eventu bestehen; nur ein kleiner Teil ist tatsächlich auf die nähere oder fernere Zukunft gerichtet und verfolgt in der Regel, wie es scheint, eine bestimmte politische oder religionspolitische Absicht. Man darf darum vermuten, dass die vaticinia ex eventu, deren fiktiv unterstelltes „Eintreffen“ ja von jedem Geschichtskundigen nachgeprüft werden konnte, dem Zweck dienten, die Glaubwürdigkeit der „echten“ Vorhersagen zu unterstreichen. Schon lange hat man gesehen, dass diesen Texten auch die Kapitel 8–11 des biblischen Daniel-Buches an die Seite gestellt werden dürfen, die ähnliche vaticinia ex eventu mit einer aktuellen Spitze enthalten und wie die „Dynastischen Prophezeiungen“ aus Babylon der Seleukidenzeit angehören.13 Betrachtet man nun diese Texte im Lichte der oben aufgestellten Kriterien, so zeigt sich sogleich, dass die „Prophetische Rede Marduks“ ganz isoliert steht. Bei ihr handelt es sich ja um die Rede eines Gottes an andere Götter, ohne einen menschlichen Vermittler zu Menschen hin, und es ist mir ziemlich wahrscheinlich, dass dieser Text, wie übrigens auch die „Dynastischen Prophezeiun[294]gen“14, zum „Geheimwissen“ gerechnet wurde, auch wenn der Kolophon darüber keine Aussage macht.15 Keiner der Texte wird auf ein ————— 9
BORGER 1971. GRAYSON/LAMBERT 1964, 12–16 (Lit. S. 7 sub Text A). 11 SCHMIDT 1972, 87 (H. Hunger) u. Taf. 25g (Photographie der Rs.); HUNGER/KAUFMAN 1975; vgl. HÖFFKEN 1977/78. 12 GRAYSON 1975b, 24–37. 13 Vgl. weiter OSSWALD 1963. 14 GRAYSON 1975b, 37: IV 7´–9´. 15 Dafür spräche die gesuchte, beinahe kryptographische Schreibweise des Textes (ähnlich bei der Šulgi-Prophetie). Allgemein vgl. BORGER 1957–71. 10
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Offenbarungserlebnis seines Verfassers zurückgeführt (Kriterium 1), und nirgends ist die Rede vom Auftrag einer Gottheit, die Kunde von der Zukunft einem bestimmten Adressaten oder Publikum zu übermitteln (Kriterium 2). Ein Adressat oder Auditorium wird, abgesehen von der „Prophetischen Rede Marduks“ (wo es sich um Götter handelt), auch gar nicht direkt angesprochen, wenngleich die Texte natürlich Leser voraussetzen (welcher Text täte das nicht?). Weder die ägyptischen noch die babylonischen sog. „Prophetien“ genügen also unseren Kriterien; sie haben mit Prophetie im Sinne der Definition nichts zu tun. Ich möchte deshalb vorschlagen, die missverständlichen Bezeichnungen „Prophetien“, „Prophezeiungen“ oder „Apokalypsen“ für diese Literaturwerke zu vermeiden. Will man ihnen einen Namen geben, böte sich etwa der Ausdruck „Vorhersagen“ (englisch predictions, französisch prédictions, italienisch predizioni etc.) an.
2. Altorientalische Prophetie außerhalb Israels Nach Ausschluss der „Vorhersagen“ können wir uns nun den Texten und Textgruppen zuwenden, die in der Tat direkte oder indirekte Zeugnisse altorientalischer Prophetie enthalten. Ich bespreche das Material in möglichster Kürze in chronologischer Folge. Zu beginnen ist selbstverständlich mit den altbabylonischen Brie[295]fen aus Mari. So weit ich sehe, sind bisher 27 Briefe bekannt, in denen Handlungen und Worte von Propheten männlichen und weiblichen Geschlechts mitgeteilt werden.16 Dabei herrscht, formgeschichtlich gesprochen, der Fremdbericht vor, d.h., hohe Beamte, die Königin oder Hofdamen geben brieflich an den König Zimrilīm weiter, was ihnen über prophetische Erlebnisse und Botschaften mitgeteilt worden ist, oder was sie selbst in Erfahrung gebracht haben. Daneben gibt es auch den Selbstbericht17, in dem der Prophet oder die Prophetin selbst den König unterrichtet. Bei den Propheten handelt es sich einerseits um Personen im Dienste von Tempeln inner- und außerhalb der Stadt Mari, anderseits um Laien, sowohl am Hofe wie in der Stadt oder der Provinz.18 Bei den Tempelbediensteten können wir auf Grund ihrer Titel unter————— 16 S. die Liste bei HEINTZ 1969, 112f., zu ergänzen durch HEINTZ 1971, 529 Anm. 1; vgl. NOORT 1977, 6 Anm. 1. Durch den Zusammenschluss der Fragmente ARM HC A 1121+2731 durch J.-M. Durand hat sich die Zahl der einschlägigen Briefe gegenüber diesen Zusammenstellungen um einen verringert; s. dazu LAFONT 1984. Die Texte sind in Transliteration und Übersetzung bequem zugänglich durch Kombination der Bearbeitungen von ELLERMEIER 1968/1977, 24–75, und MORAN 1969. 17 ARM 10,50,3–21; 100; 117. 18 Vgl. die Zusammenstellung bei ELLERMEIER 1968/1977, 83f., wo statt „qamatum“ (ARM 10,80,6) aber qabbātum (V. SODEN 1969, 198) und statt „āplum“ (ARMT 13,23,6.16) vielmehr apillûm (BERGER 1969, 209) zu lesen ist. Aus den von Ellermeier nicht bearbeiteten einschlägigen Texten ist nachzutragen zu 1. Kultgebundene Personen: Isi-ahu, āpilum (vielleicht der Göttin Hišamētum), ARM 10,53,5f.; Qišti-Dīrītim, āpilum der Göttin Dīrītum, ARM 10,9,5f. zu 2. Laien: Šibatum, Königin, ARM 10,94,2; Timlû, sonst unbekannte Dame, ARM 10,117,3 und „ein Mann und eines Frau“ (zikarum u sinništum) ARM 10,4,5.9.
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scheiden zwischen solchen Personen, die professionell eine mantische Tätigkeit ausüben wie dem āpilum (f. āpiltum) „Orakelpriester(in)“ (etymologisch „Beant[296]worter[in]“), dem muhhûm (f. muhhūtum) „Ekstatiker(in)“ und der qabbātum „Sprecherin“, und solchen, die in erster Linie andere Funktionen haben, dann und wann aber von den Göttern zum Medium ihrer Botschaften gemacht werden wie dem „Priester“ (šangûm) und anderen Angehörigen des Kultpersonals wie dem assinnum und dem apillûm. Sowohl bei den Tempelfunktionären als auch bei Laien wird gelegentlich ausdrücklich angegeben, dass sie ihre Offenbarungen in einem Tempel empfangen hätten. Doch ist das für beide Gruppen nicht durchgängig vorauszusetzen. Obwohl ein sicherer Fall von Inkubation belegt ist, wird man vor allem bei Traumgesichten von Laien annehmen dürfen, dass sie sich anderswo, etwa zu Hause, ereignet haben. Auch die Formen des Offenbarungsempfangs sind unterschiedlich: Es gibt die Vision im wachen Zustand, den Traum während des Schlafs, letzteren als reine Schauung und als audiovisuelles Erlebnis. Auch Ekstase kommt vor, die mit dem Verbum mahûm beschrieben wird, aber bei allem „Rasen“ nicht zu Glossolalie, sondern zu unmittelbar verständlichen Wortbotschaften führt. Häufig ist einfach vom „Sprechen“ der Gottheit die Rede, sei es durch ein menschliches Medium oder zu einem solchen. Adressat der Botschaften ist nach dem vorhandenen Material in der Regel der König, unabhängig davon, ob zwischen dem Propheten und ihm noch andere Instanzen eingeschaltet sind oder nicht. Das wird indessen damit zusammenhängen, dass die Briefe sämtlich aus dem Palastarchiv stammen. Prophetensprüche für nichtkönigliche Personen hat es sicher gegeben; ein Beispiel dafür ist im Archiv aufbewahrt worden, weil die Prophetie die Adressatin in ihrer (privaten) Angelegenheit an den König verwiesen hatte.19 In einer Reihe von Fällen wird ausdrücklich der Auftrag der Gottheit erwähnt, ihre Botschaft an den Adressaten [297] weiterzugeben; in anderen, wo dieser Hinweis fehlt, impliziert das Handeln der beteiligten Personen einen solchen Auftrag oder zumindest die Überzeugung, dass so und nicht anders zu verfahren sei. Der Empfänger der Botschaften, d.h. der König, kann selbst entscheiden, ob er ihnen Gehör schenken will oder nicht;20 zudem besteht die Möglichkeit, ihre Zuverlässigkeit und Glaubwürdigkeit durch technische Orakel nachzuprüfen.21 Inhaltlich ist die Königsprophetie zunächst Heilsprophetie: Dem König wird eine lange und erfolgreiche Regierung und göttlicher Beistand beim Kampf gegen seine Feinde zugesagt, letzteres auch einmal in der Form eines Fremdvölkerorakels, also als Unheilsprophetie an die Adresse der Gegner. Daneben stehen kultische Forderungen der Götter an den König, dem sie vorwerfen, seinen Pflichten ihnen gegenüber nicht nachzukommen. ————— 19
ARM 10,100. ARM 2,90,25–28; 3,40,19–23. 21 S.u. S. 102 m.Anm. 58. 20
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Bei den Hethitern sind Hinweise auf das Vorkommen von Prophetie ausgesprochen spärlich. Am ehesten könnte man den in Gebeten Mursilis II. (2. Hälfte des 14. Jahrhunderts v.Chr.) erwähnten *šiuniyant- auf einen Propheten im Sinne der oben gegebenen Definition deuten. Er kommt im 2. Pestgebet Mursilis vor, das der König zur Abwendung einer im Reiche grassierenden Seuche an den Wettergott von Hatti gerichtet hat. Nachdem er bereits zwei mittels technischer Orakel festgestellte Verfehlungen seines Vaters „gebeichtet“ und die Verantwortung für die unterlassene Sühne auf sich genommen hat, bittet er die Gottheit, ihm eventuelle weitere Ursachen der Epidemie zur Kenntnis zu bringen entweder durch ein Traumgesicht (tešha-) oder durch technische Orakel (ariyašeššar), das „Reden“ (mema-) eines *šiuniyant- oder Inkubationsträume (šeškišk- „schla[298]fen“ it.) von Priestern.22 Ähnliches findet sich in einem Gebet des Königs an die Sonnengöttin von Arinna,23 das wohl in denselben historischen Kontext gehört: Nun, ihr Götter, welche Sünde ihr seht – ein *šiuniyant- [möge] kommen und sie sagen (mema-), oder eine Weise Frau, ein Opferschau[er, ein Vogelschauer24 möge sie feststellen], oder Menschen mögen sie durch Traumgesichte (zašhai- abl.pl.) sehen.
Auch hier finden wir also das Reden des *šiuniyant- neben verschiedenen Arten technischer Orakel und Träumen. Wenn die Auflösung der sumerographischen Schreibung lúDINGIR.LIM-nian-za (Pestgebet) bzw. DINGIR.MEŠ-ni-ia-an-za (KUB 24,3 II 20) als *šiuniyant-š (d.i. [siyuniyant-s] nom.sg.) richtig ist,25 handelt es sich dabei um ein Nomen, das mittels des -ant-Suffixes von dem Wort für „Gott“ šiuni- abgeleitet ist. Albrecht Goetze hat es in seiner Bearbeitung der Pestgebete Mursilis II. deshalb fragend mit „Gottbegeisterter“ übersetzt;26 als etwas neutralere [299] approximative Wiedergabe böte sich „Gottesmann“ an. Wichtig ist, dass man von dem *šiuniyant- anscheinend einfaches „Reden“ (mema-) im Auftrag der Gottheit erwartet hat. Das älteste Zeugnis für ekstatisches Prophetentum in Syrien findet sich in dem Reisebericht des Ägypters Unamūn27, der in der 1. Hälfte des 11. Jahrhunderts v.Chr. vom Hohepriester des Amūn in Theben nach Phönizien geschickt wurde, um Bauholz für die Restaurierung der Prozessionsbarke Amūns zu besorgen. Die Geschichte ist bekannt: Unamūn gelangte unter großen Schwierigkeiten und unter Verlust seiner Geldmittel in den Hafen von Byblos, ————— 22
2. Pestgebet § 10 („11“), GÖTZE 1927–30, 218f.; vgl. RTAT 195 (C. Kühne). KUB 24,3 II 19–22 mir Duplikat KUB 24,4 I 10–12; vgl. GURNEY 1940, 26f. 24 Ergänzung GURNEY a.a.O.; zu den genannten Personenkategorien und ihren Funktionen s. KAMMENHUBER 1976, 119–133. 25 EHELOLF 1936, 180. 26 GÖTZE 1927–30, 219.233; im Anschluss an Götze auch Kühne (s.o. Anm. 22). 27 Unamūn I 38–41, GARDINER 1932, 65; vgl. ERMAN 1923, 288; ANET1–3 26 (J.A. Wilson); TGI2.3 43 (E. Edel); BLUMENTHAL 1982, 30; 1984, 31. 23
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wo er vergeblich darauf wartete, beim König Zakarbaal vorgelassen zu werden. Sein Geschick wendete sich erst, als während eines Opfers einer der dd.w .w des Zakarbaal von „dem Gott“ ergriffen und in Raserei versetzt wurde und namens des Gottes forderte, Unamūn und den ihn begleitenden (oder: von ihm begleiteten) Amūn-des-Weges zu empfangen. Der Autor erwähnt noch, dass der Betreffende die ganze Nacht hindurch „raste“. Der Vorfall führte indessen dazu, dass Zakarbaal sich des ägyptischen Gesandten und seines Problems annahm. Der Ausdruck dd ist eine alte crux interpretum; er bedeutet wörtlich „großer Knabe“, was man häufig als „Page“, jedoch auch als „alter Mann“ erklärt hat. M.E. ist die Auffassung des Ausdrucks als „junger Mann, Jüngling“ durchaus vertretbar, so dass in der Tat an einen Pagen oder Höfling zu denken wäre. Die Versuche, darin die ägyptische Wiedergabe eines semitischen Wortes für [300] „Prophet“ zu finden, sind zwar grundsätzlich attraktiv, scheinen mir aber nicht gelungen zu sein.28 Ist unsere Auffassung richtig, dürfte der „junge Mann“ weder ein „Opferpriester“29 noch ein berufsmäßiger Mantiker30 gewesen sein. In den Anfang des 8. Jahrhunderts v.Chr. gehört die altaramäische Steleninschrift des Königs Zakkūr von Hamath und Luaš.31 Zakkūr berichtet darin, wie er, m.E. im Jahre 797/6, von einer übermächtigen Koalition syrischer Fürsten in seiner Stadt Hadrach eingeschlossen worden sei, und auf sein Gebet hin von seinem Gott Bel-šamain „durch Seher und ddn“ ([b]yd hzyn wbyd ddn A 12) die Zusage von Erhörung und göttlichem Beistand erhalten habe (A 13–17). Der Ausdruck *hzh bezeichnet wie sein etymologisches bzw. semantisches Äquivalent hōzē/rōē im Hebräischen des Alten Testaments sicher den Propheten. Zu den ddn können eventuell die fiktiven alttestamentlichen Prophetennamen Iddō und Ōdēd32 verglichen werden; doch ist auch nicht auszuschließen, dass es sich bei ihnen um Verwalter [301] technischer Orakel handelt.33 Der Spruch der hzyn und ddn ist jedenfalls ein „klassisches“ Erhörungsund Beistandsorakel.34 Um einen „Seher“ handelt es sich auch bei Bileam ben Beor bzw. Balam bir Br, der uns nicht nur aus Num 22–24 und anderen Stellen des Alten Testaments, sondern auch aus einer Inschrift etwa des ausgehenden 8. Jahrhunderts v.Chr. aus dem transjordanischen Tell Dēr Allā (im mittleren Jordantal) ————— 28 S. M. WEIPPERT 1981, 101f. (Lit.) [s.o. S. 34f]. Doch auch BLUMENTHAL 1982, 49 = 1984, 50, denkt an Verballhornung eines semitischen Wortes und übersetzt S. 30.49 /31.50 „Seher“. 29 So K. Galling, TGI2.3 43 Anm. 21. 30 So zuletzt CODY 1979, der dd, wie andere vor ihm (vgl. M. WEIPPERT 1981, 102 Anm. 74 [s.o. S. 35 Anm. 74]), als leicht ägyptisierte Wiedergabe von sem. *dd (altaram. pl. ddn) auffasst. Die Lautgesetze sprechen gegen die Gleichung. 31 KAI 202. Zur Datierung s. E. Lipiński in RTAT 247; M. WEIPPERT [1992, 57]. 32 Iddō: 2 Ch 12,15; 13,22 (vgl. noch *Yedī K / *Yedō Q 2 Ch 9,29 [beide Namensformen vielleicht unrichtig]); Ōdēd: 2 Ch 28,9. 33 Vgl. zu den ddn ausführlich (mit Lit.) ROSS 1970, 4–8. 34 Vgl. ZOBEL 1971.
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bekannt ist.35 Leider ist die In[302]schrift, um die es in diesem Zusammenhang allein geht, so schlecht erhalten, dass die Gestalt und die Rolle des Propheten nur in sehr verschwommenen Umrissen erkennbar sind. So lässt sich auch nicht ohne Weiteres feststellen, ob seine Botschaft Heil oder Unheil (oder gar beides) beinhaltete. Sicher ist indessen, dass es sich bei der Inschrift nicht um Königsprophetie handelt. Schließlich sind noch die neuassyrischen Prophetien zu besprechen, die der Regierungszeit Asarhaddons (681–669) und Assurbanipals (669–629/7) angehören und das größte Corpus einschlägiger Texte außerhalb des Alten Testaments darstellen.36 Sie sind uns auf zehn oder elf Tontafeln der QuyungīqSammlung des Britischen [303] Museums überliefert. Dabei ist zu unterscheiden zwischen Einzeltafeln, die eine einzige prophetische Sprucheinheit enthalten, und Sammeltafeln, auf denen mehrere Sprucheinheiten, meist auch von unterschiedlichen Verfassern, vereinigt sind. Die Sammeltafeln stammen, mit einer Ausnahme, aus der Zeit Asarhaddons, während die Einzeltafeln mehrheitlich wohl der Assurbanipals zuzuweisen sind. Es ist anzunehmen, dass es sich bei den Sammeltafeln um Zusammenstellungen von Texten handelt, die ursprünglich auf Einzeltafeln festgehalten worden waren. Insgesamt lassen sich 33 Sprucheinheiten feststellen; da aber die großen Sammeltafeln aus der Zeit Asarhaddons sämtlich beschädigt sind, muss ihre Zahl größer gewesen sein, noch ganz abgesehen davon, dass die erhaltenen Texte sicher nur einen Ausschnitt aus dem ursprünglichen Bestand repräsentieren werden. In den vorhandenen Texten lassen sich auf Grund von Über- und Unterschriften zu einzelnen oder zu Gruppen von Sprucheinheiten fünfzehn Propheten, zehn Frauen und fünf Männer, unterscheiden, von denen meist der Name und der Wohnort bzw. der „Beruf“ bekannt ist.37 Unter den Orten wird siebenmal Arbela genannt, zweimal Assur, je einmal Kalhu und die sonst nicht belegte Gebirgssiedlung Darāhūya. Bei den Angaben über den „Beruf“ heben sich, ähnlich wie in Mari, zwei Personengruppen gegeneinander ab: Personen, deren Titel keine direkte Verbindung mit mantischen Disziplinen erkennen lässt, und ————— 35 HOFTIJZER/VAN DER KOOIJ 1976. Dazu: CAQUOT/LEMAIRE 1977; CAQUOT 1978; DELCOR 1981; 1982; FRANKEN 1967; GARBINI 1979; GREENFIELD 1981, 115; HACKETT 1984ab; HAMMERSHAIMB 1977; HOFTIJZER 1973; 1976ab; KAUFMAN 1980; KOENIG 1983; LEMAIRE 1985ab; 1986; LEVINE 1985; LUST 1978; MCCARTER 1980; MÜLLER 1978; 1982; NAVEH 1967; PUECH 1985; RINALDI 1978; RINGGREN 1977; ROFÉ 1979, 59–70; 1985; V. SASSON 1985; WEINFELD 1982; H. u. M. WEIPPERT 1982. – Rezensionen von HOFTIJZER/VAN DER KOOIJ 1976: BERNHARDT 1979; DAHOOD 1981; FITZMYER 1978; GREENFIELD 1980; LEVINE 1981; LORETZ 1978; NAVEH 1979; PARDEE 1979; PUECH 1978; J.B. SEGAL 1978; SEGERT 1980; WALLIS 1978. 36 Zum Folgenden s. M. WEIPPERT 1981 [s.o. S. 9–47]. Zu den dort auf S. 112 [o. S. 44] aufgezählten Texten kommt noch K 1974 (CT 53,219), 83–1–18,726 (CT 53,946) und vielleicht K 10865 (CT 53,413), während der auf S. 72 [o. S. 10] besprochene Text Sm 1036 definitiv auszuscheiden ist, da es sich bei ihm um ein Duplikat von Z. 87–111 des Gula-Hymnus des Bullussa-rabi (LAMBERT 1967, bes. 120–122) handelt. 37 S. Tabelle 2 bei M. WEIPPERT 1981, 113 [s.o. S. 45], die aber auf Grund der zusätzlichen Texte (s. soeben Anm. 36) und weitergehender Arbeit an den Texten in einigen Punkten zu revidieren ist. Die oben gegebenen Zahlen entsprechen dem neuesten Stand.
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solche, bei denen das der Fall ist. Zur ersteren Gruppe gehören zwei Tempeloblatinnen (šēlūtu), die aber immerhin zum Tempelpersonal gehören, zur letzteren je eine mahhūtu „Ekstatikerin“, ein raggimu, wörtlich „Sprecher“, und eine raggintu „Sprecherin“. Die Bezeichnungen raggimu und raggim/ntu [304] scheinen Innovationen der neuassyrischen Periode zu sein. Über Art und Lokal des Offenbarungsempfangs schweigen sich die meisten Sprucheinheiten aus. Sie machen gewöhnlich den Eindruck, als seien sie ungefragt, gleichsam „spontan“, ergangen; einige sind jedoch deutlich Antwort auf eine Anfrage. Nur drei Sprucheinheiten, bei denen es sich um „Staatsorakel“ eventuell im Zusammenhang der Thronbesteigung Asarhaddons handelt, geben zu erkennen, dass sie aus dem Assur-Tempel É-šár-ra in Assur stammen. Bei den sich offenbarenden Gottheiten tritt Ištar von Arbela am stärksten hervor; neben ihr findet sich noch Mullissu (dNIN.LÍL), die in neuassyrischer Zeit zur Gemahlin Assurs geworden ist, Assur selbst, Bēl (d.h. Marduk), Nabû und eventuell Bēl-tarbāse, einer der Türhütergötter des É-šár-ra. Adressat der göttlichen Botschaften ist fast durchgängig der König, gelegentlich die Königinmutter (ummi šarre) und der Kronprinz, einmal auch die Bürgerschaft von Assyrien (mārū māt Aššūr). Die meisten Sprucheinheiten sind der Gattung des Heilsorakels für Könige, kurz „Königsorakel“, zuzuweisen.38 In ihrem Mittelpunkt steht der regierende König, um dessen Wohlergehen und Erfolg, vor allem auf militärischem Gebiet, die Götter besorgt sind, und dem sie ein langes Leben, eine ausgedehnte Regierungszeit und die Fortdauer seiner Dynastie zusagen. Daneben fallen andere Genres und nichtkönigliche Adressaten kaum ins Gewicht. Doch sei wenigstens im Vorbeigehen darauf hingewiesen, dass der König einmal – wie in Mari – von Ištar von Arbela wegen kultischer Nachlässigkeit gerügt wird,39 und dass im Rahmen eines Königsorakels einmal ein Heilsorakel für Deportierte und andere [305] Unterdrückte begegnet, das ihnen die Repatriierung und die Wiedereinsetzung in ihre Rechte bzw. Sicherheit im Schutz des Königs verheißt.40
3. Alttestamentliche und altorientalische Prophetie Was bedeutet nun die altorientalische Prophetie für unsere Bemühungen um ihre alttestamentliche Schwester? Das ist eine Frage, über die man ein Buch schreiben könnte – und sollte.41 Ich muss mich im Rahmen dieses Vortrags jedoch auf ein paar Aspekte des weitgespannten Themas beschränken. ————— 38 Vgl. dazu neben M. WEIPPERT 1981, 90–92.104–111 [s.o. S. 25–27.37–43], auch M. WEIPPERT 1982 [s.o. S. 48–59]. 39 K 2401 III 15´–36´, M. WEIPPERT 1981, 87f [s.o. S. 23f]; TUAT II, 61 (K. Hecker). 40 K 12033+82–5–22,527 III 1´–19´, M. WEIPPERT 1983, 286 (mit Bemerkungen zum Text S. 287 und Kommentar S. 289). 41 S. vorläufig z.B. CRAGHAN 1975; DIETRICH 1973; ELLERMEIER 1968/1977; HEINTZ 1969; 1971; NÖTSCHER 1966; NOORT 1977; RINGGREN 1982; ROSS 1970; H. WEIPPERT 1981.
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Wichtig ist zunächst, dass es im Alten Orient außerhalb Israels überhaupt Prophetie gab, und dass wir dies nicht nur aus gelegentlichen Hinweisen des Alten Testaments wissen, sondern an Hand von Originalzeugnissen studieren können. Wir können daraus ableiten, dass das alte Israel auch in dieser Hinsicht Teil seiner Welt war, [306] nicht ein kulturelles corpus separatum, das sich in allem und jedem von seiner Umgebung unterschied oder unterscheiden wollte. Zugleich weitet die Bekanntschaft mit der altorientalischen Prophetie unseren Blick für die Mannigfaltigkeit der prophetischen Erscheinungen: polumerw/j kai. polutro,pwj, „vielfach und auf vielerlei Weise“ (Hebr 1,1), haben die Götter zu den Menschen gesprochen, und es bedeutete eine Verengung des Begriffs des Prophetischen, wollte man eine Art des Offenbarungsempfangs, einen Sprechstil, einen Inhalt, eine Verkündigungsintention, eine Traditionslinie für das Zeichen „echter“ Prophetie halten. Anderseits haben die Tendenzen zur Abgrenzung, zum Partikularismus bis hin zur Abschließung gegen die Außenwelt in der Geschichte Israels auf Grund der bekannten politischen und religiösen Entwicklungen zunehmend an Bedeutung gewonnen. Die nachexilische Jerusalemer Gemeinde und der Staat der Hasmonäer oder gar die Zeloten des 1. Jüdischen Kriegs und die Gefolgschaft Bar-Kosebas verhielten sich zu ihrer „heidnischen“ Umwelt in vielfacher Hinsicht anders als das Reich Davids und Salomos oder seine Nachfolgestaaten, trotz deutlicher ethnischer und kultureller Kontinuität. Dazu kommt, dass man bei der Betrachtung der Formen und Inhalte der Verkündigung der alttestamentlichen Propheten, vor allem der sog. Schriftpropheten, und der Prophetie des Alten Orients nicht nur Übereinstimmung im Allgemeinen und in manchen Einzelheiten, sondern auch beträchtliche Unterschiede konstatieren muss. Sollte der Satz, dass das alte Israel auch auf dem Gebiet der Prophetie in seine Welt und seinen Kulturbereich eingebunden war, doch einiger Einschränkung bedürfen oder gar ganz fallengelassen werden müssen? Oder handelt es sich nur um scheinbare Unterschiede, wie sie sich bei der Vergleichung von Unvergleichbarem zwangsläufig einstellen [307] müssen? Wir stehen damit vor der Frage, wie das Verhältnis der alttestamentlichen zur altorientalischen Prophetie zu beschreiben und gegebenenfalls zu differenzieren sei. Nun muss zunächst festgehalten werden: Die alttestamentliche Prophetie gibt es nicht. Es handelt sich weder um eine homogene noch um eine isomorphe Erscheinung. Sie wurde aus verschiedenen Quellen gespeist, sie hat Entwicklungen durchlaufen, die wir in großen Zügen und innerhalb gewisser Grenzen nachzeichnen können, und sie bringt unterschiedliche Interessen und Bestrebungen, auch die gewisser gesellschaftlicher Gruppen und Klassen, zum Ausdruck. Bereits bei ihrem frühesten historisch greifbaren Auftreten sind Unterschiede zu beobachten. Es gibt den „Seher“ (hebr. hōzē oder rōē), eine hochgeachtete Persönlichkeit, deren enge Beziehung zur göttlichen Welt sie befähigt, auf Anfrage hin den Gotteswillen zu erkunden, oder „spontan“ zum Medium göttlicher Kundgebungen zu werden. Seine Klientel ist die lokale
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Bevölkerung, unter der er lebt, und die zu seinem Lebensunterhalt beiträgt; ihr gewährt er in Krisen- und Entscheidungsfällen des Alltags Beistand und Leitung. Er (oder sie) kann auch zu überregionaler Bedeutung gelangen, ja, durch seine (ihre) Reden und Handlungen entscheidend in das Leben eines ganzen Volkes – oder eines Volkes im Werden – eingreifen. Erinnert sei an Debora, die Barak und seine nordisraelitische Gefolgschaft zum Kampf gegen Sisera aufrief, oder an Samuel, der dem Benjaminiten Saul nicht nur wieder zu den Eselinnen seines Vaters verhalf, sondern auch bei dessen Erhebung zum König von Israel seine Hand im Spiel gehabt haben dürfte. Züge dieses Sehertums finden sich noch bei Bileam ben Beor/Balam bir Br sowohl in der Inschrift von Tell Dēr Allā als auch in der Erzählung von Num 22–24. [308] Daneben begegnen wir Gruppen von Ekstatikern (hebr. nbīīm), deren Lebensweise wir uns vielleicht analog zu der islamischer darāwīš (Derwische) vorzustellen haben42, und die nach dem Aufkommen des Königtums den Widerstand der konservativen Landbevölkerung gegen die Neuerungen auf sozio-ökonomischem und religiösem Gebiet in Wort und Tat Ausdruck verliehen haben.43 Die prominentesten Vertreter dieses ekstatischen Prophetentums im 9. Jahrhundert v.Chr. waren Elia und Elisa. Ihren Antitypus verkörpern z.B. der Prophet (nābī) Nathan, der am Hof Davids eine nicht unbeträchtliche Rolle gespielt zu haben scheint, und die zahlreichen Propheten (nbīīm) des „Baal“ und der Aschera im Solde Ahabs von Israel und seiner Gemahlin Isebel, die in den Prophetengeschichten des Königsbuchs als Gegenspieler Elias und Elisas auftreten. In diesen Hofpropheten und Gestalten wie Elia und Elisa tritt in Umrissen bereits der Antagonismus zu Tage, der das Prophetenbild in den jüngeren alttestamentlichen Überlieferungen über die vorexilische Zeit bestimmt – der zwischen den meist namentlich nicht genannten „Propheten“ (nbīīm), die in der Regel in der Mehrzahl auftreten und im Namen Jahwes „Heil“ (šālōm) verkündigen, und Einzelnen, die wissen, dass Jahwe entschlossen ist, Unheil und nicht Heil über Israel und Juda zu bringen. Die letzteren sind die vorexilischen „Schriftpropheten“ und ihre Gesinnungsgenossen, die für sich selbst allerdings die Bezeichnung nābī meiden, auch wenn sie von Seiten Dritter (etwa den Erzählern von Prophetenlegenden oder den Redaktoren ihres literarischen Nachlasses) so genannt werden. [309] Da erstere, die nbīīm, häufig in einem Atemzug mit den Priestern erwähnt werden, ist anzunehmen, dass sie in der mittleren und späteren judäischen Königszeit gewöhnlich im Dienst des Tempels zu Jerusalem standen. Sie waren in ihrer Mehrheit sozusagen beamtete oder angestellte Verwalter des Jahwewortes, deren sich die politische Führung oder die Priesterschaft bedienen konnte, wenn es darauf ankam, den Willen Jahwes in Angelegenheiten des Staates oder auch eines seiner Bürger zu erfahren, und die gewiss auch ungefragt im Namen Jahwes Stellung bezogen ————— 42 43
Vgl. SCHMITT 1977, 269–271. Vgl. M. WEIPPERT 1973b, 427.
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haben. Die Existenz dieser Tempelpropheten (ich sage ausdrücklich nicht „Kultpropheten“) bildet z.B. den Hintergrund der Antwort des Propheten Amos an Amazia, den Oberpriester des Tempels zu Bethel, als dieser sein Auftreten im Staatsheiligtum Israels unterbindet und ihn zum Verlassen des Landes auffordert.44 Auffällig ist dabei zunächst, dass Amazia Amos nicht als nābī, sondern als hōzē „Seher“ anspricht. Noch auffälliger ist freilich, dass Amos diesen ihm beigelegten Titel in seiner Antwort überhaupt nicht aufnimmt, sondern sagt (Am 7,14f): Ich bin kein Prophet (nābī) noch einer von der Prophetenzunft (ben-nābī), sondern ein Viehhalter und Maulbeerfeigenzüchter. Weggeholt hat mich Jahwe hinter den Schafen, und gesagt hat Jahwe zu mir: ‚Auf! Prophezeie meinem Volk Israel!‘
Dass Amos hier, wie es scheint, so an Amazia vorbeiredet, ist für die alttestamentliche Wissenschaft Anlass zu beträchtlicher Irritation. Doch scheint mir, dass Amos die Bezeichnung „Seher“ sozusagen stillschweigend passieren lässt, also nicht als ganz unangemessen [310] empfindet. Mit der pleonastisch formulierten45 Erklärung, kein nābī zu sein, macht er hingegen seinen juridischen Status geltend: Da er kein nābī ist, untersteht er nicht der Jurisdiktion des Oberpriesters Amazia und muss folglich von ihm auch keine Weisungen entgegennehmen. Er untersteht vielmehr allein der Autorität seines Gottes.46 Der Konflikt zwischen den „Heilspropheten“, die der politischen und geistlichen Führung nahestanden, und den oppositionellen Propheten durchzieht die gesamte Geschichte der Reiche Israel und Juda. Dass von der Verkündigung der ersteren so wenig erhalten ist, hängt damit zusammen, dass sie mit den Staaten, denen diese Propheten dienten, und um deren Heil (šālōm) sie besorgt waren, unterging. Was als überlieferungswürdig angesehen wurde, war das Wort ihrer Gegner, der vorexilischen „Schriftpropheten“, dessen Wahrheit sich in der politischen Katastrophe der Reiche Israel und Juda in den Jahren 722/20 und 586 v.Chr. erwiesen hatte. Die große Bedeutung der außerbiblischen altorientalischen Prophetie für die alttestamentliche Wissenschaft liegt nun darin, dass es sich bei ihr trotz gelegentlicher kritischer Töne um Zeugnisse eben jener an Staat und Monarchie gebundenen Heilsprophetie handelt, von der sich aus dem genannten Grunde im Alten Testament nur [311] geringe Reste erhalten haben. Für die Erforschung der heilsprophetischen Redegattungen, Stilelemente und Verkündigungsinhalte eröffnen sich hier Möglichkeiten, die bisher nur zum Teil ge-
————— 44
Am 7,10–17. Nābī und ben-nābī bedeuten wohl sachlich dasselbe. Vgl. dazu BAUMANN 1952; SEIDENSTICKER 1959/60, 88f; J.R. PORTER 1981, 423f (:: 428). 46 Zum Topos der Berufung „hinter den Schafen weg“ s. SCHULT 1971, der auch den Widerspruch zwischen dieser Aussage und den Berufsbezeichnungen bōqēr „Viehhalter“ (Halter/Züchter von bāqār „Großvieh“) und bōlēs šiqmīm „Maulbeerfeigenzüchter“ zu erklären vermag (ebd., 462f.478). 45
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nutzt worden sind.47 So wird bei der Behandlung des alttestamentlichen Erhörungs- und Heilsorakel in der Regel auf das Vorkommen derselben Gattung in der Steleninschrift des Zakkūr von Hamath verwiesen.48 Das Interesse der Alttestamentler konzentriert sich dabei allerdings meist auf die Formel „Fürchte dich nicht!“, die als konstitutiv für die Gattung angesehen, deren Vorkommen in den neuassyrischen Prophetensprüchen aber eher beiläufig notiert wird.49 Dass man das assyrische Material so stiefmütterlich behan[312]delt, hängt damit zusammen, dass diese Texte für Nichtassyriologen nur in eingeschränktem Maße zugänglich sind. Betrachtet man sie genauer, so stellt sich heraus, dass die Beschwichtigungsformel „Fürchte dich nicht!“ zwar ein relativ häufig vorkommendes, aber doch nur fakultatives Bauelement von Heilsorakeln ist, dem für die Gattungsbestimmung kein entscheidendes Gewicht zukommt.50 Die assyrischen Prophetien geben jedoch Veranlassung, innerhalb der Gattung des Heilsorakels zu differenzieren. Bekanntlich spricht man in der alttestamentlichen Wissenschaft seit Friedrich Küchler und Joachim Begrich51 vom „priesterlichen Heilsorakel“, einer mehr oder minder hypothetischen Gattung, die die genannten Autoren auf Grund eines gelegentlich in individuellen Klageliedern des Psalters begegnenden „Stimmungsumschwungs“ von der Klage zum Gotteslob52 postuliert haben. Die Wende in der Haltung des Beters wurde dabei auf einen durch den Mund eines Priesters ergangenen Gottesspruch zurückgeführt, der den Klagenden der hilfreichen Nähe der Gottheit, der Erhörung und der göttlichen Hilfe versicherte. Da solche Gottesworte im Psalter anscheinend nicht vorkommen,53 [313] stützte Begrich seine Rekonstruktion der Form auf die Heilsorakel Deuterojesajas für Israel, die er gattungs- und traditionsgeschichtlich vom „priesterlichen Heilsorakel“ herleitete. Auf der Grundlage einer eingehenden Untersuchung der neuassyrischen Prophetien glaube ich inzwischen gezeigt zu haben, dass es sich bei dem Vorbild der deuterojesajanischen Heilszusagen um das – prophetische! – Heilsorakel für Könige, das „Königsorakel“, ————— 47 WESTERMANN 1987 macht einen Anfang mit der formgeschichtlichen Analyse alttestamentlicher Heilsweissagungen, berührt sich aber in seiner Thematik nur am Rande mit dem, was hier zur Sprache kommt. Dasselbe gilt von HERRMANN 1965. Vgl. noch WESTERMANN 1986. 48 S.o. S. 94 Anm. 34. 49 Vgl. z.B. GRESSMANN 1914, 287–290; KAISER 1958, 113; DION 1967a, bes. 200f; HARNER 1969; DEROUSSEAUX 1970, 94; MERENDINO 1972, 29–32; WILDBERGER 1972, 270–272; SCHOORS 1973, 39–45; VINCENT 1977, 148ff.; MERENDINO 1981, 166f. Anm. 125. – Gründlicher wird Material der neuassyrischen Prophetien – auch in anderem Zusammenhang – berücksichtigt bei ISHIDA 1977, 90–92.115f.; DIJKSTRA 1980, passim. 50 Dies lässt sich aus Tabelle 4 bei M. WEIPPERT 1981, 115 [s.o. S. 47], Spalte „Beschwichtigungsformel“, ablesen. 51 KÜCHLER 1918; BEGRICH 1934 = 1964, 217–231. 52 Der „Umschwung“ findet sich in Ps 6 zwischen V. 8 und 9, in Ps 13 zwischen V. 5 und 6, in Ps 31 zwischen V. 19 und 20, in Ps 57 zwischen V. 7 und 8. 53 Die Psalmen, die Zitate von Gottesworten oder Anspielungen auf solche enthalten, können die These Küchlers und Begrichs nicht stützen. Selbst dort, wo im Zusammenhang eines Klagepsalms ein göttliches Heilsorakel angeführt wird (im Klagelied des Einzelnen Ps 12,6, im Volksklagelied Ps 60,8– 10 = 108, 8–10), fehlt der „Umschwung“. Vgl. allgemein zu Gottesreden in Psalmen BOOIJ 1978.
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handelt, das der unbekannte Prophet der Exilswende in kühner Kontrafaktur von den Herrschern aus Davids Haus auf das Volk Israel (d.h. Juda) übertragen hat.54 Trotzdem haben Küchler und Begrich etwas Richtiges gesehen. Der von ihnen beobachtete „Stimmungsumschwung“ findet sich nämlich auch einmal in den „Konfessionen“ Jeremias, die ja auf die Situation des verfolgten Unheilspropheten zugeschnittene Klagelieder des Einzelnen sind55, und zwar in Jer 20,7–10.11(–13). In demselben Textcorpus kommt zweimal der Fall vor, dass einer Klage Jeremias eine göttliche Heilszusage folgt (Jer 11,18–20.21–23; 15,10–18.19–21). Damit ist das Heilsorakel als Antwort auf einen indivi[314]duellen Klagepsalm nachgewiesen; doch möchte ich mit von Waldow56 gegen Begrich annehmen, dass als Orakelspender nicht ein Priester, sondern nur ein im Dienst des Heiligtums stehender Prophet (nābī) in Frage kommt. M.E. handelt es sich bei dem „gewöhnlichen“ Heilsorakel und dem Königsorakel nur um zwei verschiedene Ausprägungen ein und derselben Gattung. Unterschiede zwischen beiden sind wegen der Spärlichkeit der Belege für die „bürgerliche“ Variante nicht greifbar. Angesichts der unterschiedlichen gesellschaftlichen Stellung der jeweiligen Adressaten können sie jedoch mit gutem Gewissen postuliert werden; sie dürften hauptsächlich inhaltlicher Art gewesen sein. Kehren wir noch einmal zum Königsorakel zurück! Seine Geschichte in Israel (Juda) ist, wie wir bereits gesehen haben, mit dem Sturz der Davididischen Dynastie in Jerusalem nicht zu Ende. Neben dem spätexilischen Propheten Deuterojesaja, der es einmal auf den Achämeniden Kyros anwendet (Jes 45,1– 7), ansonsten nur in übertragener Weise gebraucht, findet es sich auch noch, nun auf den Davididen Serubbabel bezogen, bei den nachexilischen Propheten Haggai und Sacharja.57 Überhaupt wird man sagen dürfen, dass die israelitische Prophetie der ausgehenden neubabylonischen und der persischen Zeit, traditionsgeschichtlich gesehen, im Wesentlichen die Linie der vorexilischen Heilsprophetie fortsetzt. Das erklärt die Nähe der Sprache Deuterojesajas zu der der Psalmen, die allerlei Spekulationen über den „Sitz im Leben“ seiner Prophetie in gottesdienstlichen Begehungen im babylonischen Exil angeregt hat. Dieser [315] Frage müsste neu nachgegangen werden; doch folgt aus der Herleitung seiner Botschaft aus der Tradition der vorexilischen nbīīm nicht notwendig eine positive Antwort. Zum Abschluss möchte ich noch kurz auf das Problem der Verifikation von Prophetie zu sprechen kommen, das die Alttestamentler unter der Überschrift „wahre und falsche Propheten“ zu behandeln pflegen. Dies ist eine ————— 54
M. WEIPPERT 1981, 108–111 [s.o. S. 41–43]; 1982 [s.o. S. 48–59]. Vgl. die klassische und in ihren formgeschichtlichen Ergebnissen nicht überholte Arbeit von BAUMGARTNER 1917, bes. 6–27. Auf die neueren Arbeiten von ITTMANN 1981 und AHUIS 1982 muss für unsere Zwecke nicht eingegangen werden. 56 VON WALDOW 1953, 82–90. 57 M. WEIPPERT 1981, 106–111 [s.o. S. 38–43]. 55
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Fragestellung der späten judäischen Königszeit, in der die Diskrepanz zwischen der šālōm-Verkündigung der Heilspropheten auf der einen und der Unheilsbotschaft der oppositionellen Propheten auf der anderen Seite mit großer Wucht aufbrach, wobei sich einmal diese, ein andermal jene im Widerspruch zur Realität zu befinden schienen. Das Problem ist jedoch so alt wie die Prophetie selber: Wie konnten die Adressaten sicher sein, dass der Prophet ihnen eine authentische Gottesbotschaft übermittelte? In Mari hat man sich im 18. Jahrhundert v.Chr. dadurch geholfen, dass die Autoritäten die ihnen zugekommenen Prophetien mittels technischer Orakel überprüfen ließen. Bei dem vorauszusetzenden Verifikationsritual dürften auch Locke und Gewandsaum der Propheten, die in vielen Fällen zusammen mit der Botschaft eingesandt werden mussten, eine Rolle gespielt haben.58 Ob dieser Weg in der jüngeren Königszeit in Israel noch gangbar war, wissen wir nicht. Wenn nicht, dann bedeutete das, dass man [316] eigentlich nur abwarten konnte, ob der Gang der Ereignisse dem Propheten Recht oder Unrecht geben würde. Diesen Sachverhalt sucht das „Prophetengesetz“ in Dtn 18,20–22 juristisch zu bewältigen, indem es den durch die Wirklichkeit entlarvten „falschen“ Propheten mit dem Tod bedroht; doch ist anzunehmen, dass diese Regelung kaum jemals Rechtskraft erlangte. Sie bot ja so oder so auch keine Entscheidungshilfe: Im Grunde konnte man in der aktuellen Situation dem Propheten nur glauben oder seine Botschaft verwerfen. Wie man in Assyrien verfuhr, wissen wir nicht. In den Inschriften Asarhaddons und Assurbanipals werden Prophetensprüche und technische Orakel oft nebeneinander als Willenskundgebungen der Götter genannt, ohne dass sich ein Hinweis darauf fände, dass man die einen zur Kontrolle der anderen verwendet hätte. Das Normale, Alltägliche waren aber wohl die technischen Orakel, die Prophetensprüche eher ein donum super additum. Dafür könnte auch eine Beobachtung sprechen, die man sowohl an der neuassyrischen als auch an der jüngeren israelitischen Prophetie machen kann. Bei den Assyrern wie bei Deuterojesaja finden sich nämlich Rückverweise, ausdrückliche Erwähnungen der Tatsache, dass frühere Ankündigungen der redenden Gottheit eingetroffen seien. So sagt Ištar von Arbela etwa zu Asarhaddon: Welches sind denn meine Worte, die ich zu dir zu sprechen pflegte, und auf die du dich nicht verlassen konntest?59 [317]
Oder: ————— 58 S. ARM 10,81,16–25, wo zunächst die Übersendung von Locke und Gewandsaum erwähnt und dann der König ersucht wird, eine Opferschau (tērtum) anstellen zu lassen (epēšum Š). Die Einsendung von Locke und Gewandsaum (šārtum u sissiktum) wird noch erwähnt in ARM HC A.15,53; A.455; ARM 6,45,7–9.14–17; 10,7,23–27; 10,8,19–28; 50,29–33; ARMT 13,112 Rs. 12´–15´, eine Nachprüfung der prophetischen Botschaft durch technische Orakel in ARM 10,6 Rs. 10´–16´. Vgl. auch FINET 1969. 59 K 4310 I 15´–17´, ANET1–3 449 (R.H. Pfeiffer); M. WEIPPERT 1972, 477f m.Anm. 55; 1981, 82 [s.o. S. 17f]; 1983, 285; TUAT II, 57 (K. Hecker); vgl. ANET3 605 (R.D. Biggs).
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Konntest du dich auf das frühere Wort, das ich zu dir zu sprechen pflegte, nicht verlassen? Nunmehr: Auf das neuerliche kannst du dich verlassen!60
Ähnlich spricht auch Jahwe durch Deuterojesaja zu „Israel“ (d.h. Juda): Die früheren Dinge habe ich schon früher angesagt, und sie gingen aus meinem Munde, dass ich sie hören ließe. Plötzlich habe ich gehandelt, und sie sind eingetreten. Ich lasse dich von nun an Neues hören…61
Die Absicht dieser Rückverweise ist leicht einzusehen: Die erwiesene Zuverlässigkeit der früheren Gottesbescheide stärkt die Glaubwürdigkeit der gegenwärtigen, schafft bei den Adressaten Vertrauen und spornt sie dazu an, sich im Einklang mit dem göttlichen Willen zu verhalten. Das alles gibt Sinn, wenn vorweg keine Zeichen für die Wahrheit des göttlichen Wortes gegeben werden können oder sollen, wenn Glaube gefordert ist. Noch ein Letztes kann in diesem Zusammenhang gesagt werden: Wenn die Bestätigung des prophetischen Wortes immer erst ex eventu erfolgen kann, führt das zu seiner Verschriftlichung. Das Wort muss für den Augenblick der Erfüllung und für die Zeit danach aufgehoben werden. Das gilt gleicherweise für Heilspropheten wie [318] für Dissidenten. So entstanden die Sammlungen der assyrischen Königsorakel und die Teilsammlungen und Bücher der sog. Schriftpropheten des Alten Testaments.
————— 60 K 4310 VI 7–12, ANET1–3 450 (R.H. Pfeiffer); TUAT II, 59 (K. Hecker); ANET3 605 (R.D. Biggs) (m.E. nicht ganz richtig). 61 Jes 48,3.6b. Die Verse 4–6a unterbrechen den Zusammenhang und gehören einer Bearbeitungsschicht an; vgl. dazu auch SCHMITT 1979, 48–56, der allerdings Grund- und Bearbeitungsschicht in Einzelheiten anders abgrenzt.
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Königsprophetie und Königsideologie in Juda Zur „Nathansweissagung“ 2 Sam 7,4–17 1993
In der Diskussion um die judäische Königsideologie spielt die sog. „Nathansweissagung“ in 2 Sam 7 eine gewichtige Rolle. Sie gilt weithin als grundlegende Urkunde der religiösen Legitimation der Herrschaft der davididischen Dynastie, die gut vierhundert Jahre lang, vom 10. bis zum 6. Jahrhundert v.Chr., die Geschicke Judas gelenkt hat, obwohl bisher weder die Frage der Autorschaft noch die der Datierung noch gar die der literarischen Komposition des Textes eine konsensfähige Antwort erfahren hat. Im Folgenden1 sollen einige Gesichtspunkte genannt werden, die es ermöglichen, die ursprüngliche Gestalt der „Nathansweissagung“ zu ermitteln, die im heutigen Text unter allerlei redaktionellen Zutaten verschüttet liegt. Dabei wird sich auch herausstellen, dass die rekonstruierte Textfassung ein sinnvolles Ganzes bildet und sich, anders als die redaktionelle Letztgestalt, einer auch sonst inner- und außerhalb des Alten Testaments belegten literarischen Gattung zuordnen lässt. Auf dieser Grundlage kann dann der Versuch gemacht werden, die Geschichte der „Nathansweissagung“ zu skizzieren – jedenfalls, so weit sie sich im Alten Testament spiegelt. In ihrer vorliegenden Fassung findet sich die „Nathansweissagung“ innerhalb des Deuteronomistischen (und „Subdeuteronomistischen“) Geschichtswerks in einem Zusammenhang, der erklären soll, weshalb nicht bereits der judäische Staatsgründer David, sondern erst sein Sohn und Nachfolger Salomo in der Hauptstadt Jerusalem den Tempel des „Nationalgottes“ Jahwe erbaut hat. Zurückgeführt wird dies auf ein durch den Propheten (nābī) Nathan übermitteltes Orakel, in dem Jahwe den Tempelbau verbietet und damit die darauf gerichteten Pläne des Königs zunichte macht. [292] Begründet wird die Ablehnung nicht, wie man nach 1 Ch 22,7f. erwarten könnte, mit der Person des potentiellen Tempelerbauers, sondern mit einem Argument aus der „Tradition“: Jahwe habe sich auch in der Zeit, als es in „Israel“ noch keinen König gab, keinen ortsfesten Tempel gewünscht. Merkwürdig ist dann allerdings, dass im Fortgang des Orakels dem „Nachkommen“ Davids ausdrücklich die Erlaubnis zum Tempelbau zugesagt wird – ein chiffrierter Hinweis auf Salomo, bei dem die „Tradition“ mit einem Mal keine Rolle mehr spielt. David ————— 1 Vortrag am 13. Juni 1988 im Rahmen des Colloque international sur pratiques et idéologies dynastiques dans les sociétés antiques an der Université des Sciences Humaines in Straßburg/Strasbourg (jetzt wieder Université de Strasbourg). [Die Ergänzung der im Original fehlenden Anmerkungen ist nach zwei Jahrzehnten nicht mehr sinnvoll. Doch wird in einzelnen Fällen in Fußnoten (in eckigen Klammern) auf detailliertere und mit Literatur belegte Passagen innerhalb dieses Buches verwiesen.]
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Königsprophetie und Königsideologie
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aber erhält, gleichsam als Lohn für seine gute Absicht, eine Reihe von Versprechen – göttlichen Beistand bei allen seinen Unternehmungen, geregelte Thronfolge bei seinem Tod, ewige Dauer seiner Dynastie –, worauf er in einem langen Prosagebet die Verheißungen Jahwes ohne Widerspruch und dankend annimmt. Die angedeuteten inneren Spannungen – auf der einen Seite Verbot, auf der anderen Erlaubnis des Tempelbaus –, aber auch die nur lose Verbindung des Tempelbauthemas mit den dynastischen Verheißungen deuten darauf hin, dass der uns vorliegende Text der „Nathansweissagung“ aus Elementen unterschiedlicher Herkunft und Tendenz zusammengesetzt ist. Das ist keine neue Erkenntnis, auch wenn sich immer wieder Stimmen vernehmen lassen, die die „Nathansweissagung“ für ein Stück aus einem Guss halten. Gegen literarische Einheitlichkeit spricht jedoch auch die Doppelung der Redeeinleitungen in den Sätzen 4B–5B und 8A–C, von denen die letztere, betrachtet man den Text synchronisch, aus stilistischen und inhaltlichen Gründen unnötig ist. Dies kann nur bedeuten, dass der gegen den Tempelbau gerichtete Teil des Orakels (Sätze 4B–7B) und die auf ihn folgenden Verheißungen (Sätze 8C–16C) von Hause aus nicht zusammengehört haben. Während nun das Tempelbauverbot in 4B–7B einen widerspruchsfreien und damit wohl literarisch einheitlichen Zusammenhang bietet, ist schon bei oberflächlicher Betrachtung der Verheißungsteil in 8C–16C alles andere als homogen. Das Ergebnis der aus dieser Beobachtung resultierenden literarkritischen Analyse findet sich in der Synopse auf S. 112f. [294] Sie ist hier kurz zu erläutern. Die Verteilung des Textmaterials auf drei Kolumnen folgt im Wesentlichen inhaltlichen Kriterien. Dass dahinter auch größere literarische und redaktionsgeschichtliche Zusammenhänge stehen, ist eine naheliegende Vermutung; ihr kann aber im Rahmen dieser Erörterungen nicht nachgegangen werden. Der Abschnitt 10A–11A enthält eine Verheißung für das „Volk Israel“, von dem sonst in dem ganz auf David und seine Nachkommenschaft konzentrierten Orakel nicht die Rede ist. Der Satz 11B dupliziert den sprachlich andersartigen Satz 9B, während Satz 11C deutlich eine Klammer zwischen dem Tempelbauthema und den Verheißungen darstellt, da in ihm der Ausdruck bayit, der in den Sätzen 5C.6A.7B „Tempel“ bedeutete, im Sinne von „Familie, Dynastie“ verwendet wird. In Satz 13A stoßen wir wieder auf das Tempelbauthema in Gestalt der Ankündigung, dass Davids „Nachkomme“ das seinem Vater verweigerte Werk ausführen wird. Die damit verbundene Zusage der Festigung seines Throns (Satz 13B) dupliziert Satz 12D. Hier ist noch darauf aufmerksam zu machen, dass das in V. 13 als „(einzelner) Nachkomme“ interpretierte Wort zēra „Same“ von Satz 12C im alttestamentlichen Hebräisch fast ausschließlich kollektiv im Sinne von „Nachkommenschaft“ gebraucht wird (Ausnahmen: Gen 4,25; 21,13; vielleicht 1 Sam 1,11). Es ist deshalb wahrscheinlich, dass auch in Satz 12C ursprünglich diese Bedeutungsnuance vorlag. Die im Zusammenhang mit der Einfügung von V. 13 vorgenommene indivi-
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duelle Uminterpretation ist in der mittleren Kolumne durch die Klammerausdrücke in den Sätzen 12CD.14AB.15 kenntlich gemacht. Mit diesem individuellen Verständnis des Ausdrucks „Same“ in Satz 12C gehört wohl auch die Relativierung der Verheißungen in 14CD zusammen, die sich auf ähnliche Vorstellungen über die „Sünden“ Salomos beziehen dürfte, wie sie in 1 Kön 11 ausgesprochen werden. Der Hinweis auf Saul in V. 15 schließlich setzt die deuteronomistische Interpretation der Regierung des ersten Königs von Israel voraus (vgl. 1 Kön 15) und gehört vielleicht zu den Sätzen 14CD. Sicher hat [295] V. 13 literarisch nichts mit dem Abschnitt über die Ablehnung des Tempelbaus in den Sätzen 4B–7B zu tun. In der sich aus dieser Analyse ergebenden Ausgangsform der „Nathansweissagung“ steckt nun noch ein syntaktisches Problem. Übersetzte man V. 9 nach der masoretischen Vokalisation, so müssten im Einklang mit der „klassischen“ althebräischen Prosasyntax die Sätze 9AB vergangenheitlichen, der Satz 9C zukünftigen Charakter tragen, und die Sätze 9AB bildeten zusammen mit Satz 8C einen historischen Rückblick, während mit Satz 9C die Zusagen für Gegenwart und Zukunft begännen. Inhaltlich wäre der Übergang zwischen 9AB und 9C sehr hart, da nicht einzusehen ist, wieso David den „großen Namen“ erst noch erhalten sollte, nachdem die Niederwerfung der Feinde, durch die ein altorientalischer König gewöhnlich seinen „großen Namen“ zu begründen pflegte, bereits ein Ereignis der Vergangenheit ist. Wollte man auch Satz 9C vergangenheitlich auffassen, müsste man annehmen, dass er ein sehr junger nachexilischer Zusatz ist, dessen Verbalsyntax bereits „nachklassisch“, d.h. mindestens proto-mittelhebräisch ist. Für einen Zusatz spricht aber nichts, und zudem findet man ein inhaltliches Äquivalent von Satz 9C in dem spätvorexilischen Psalm 89 in einem Zitat der „Nathansweissagung“ (V. 28). Ein Vergleich von 2 Sam 7,8D–16C mit der insgesamt parallel laufenden Wiedergabe der „Nathansweissagung“ in Ps 89,20–38A zeigt nun aber, dass dort in den VV. 22–29, die sachlich 2 Sam 7,9 entsprechen, keine narrativen, sondern ausschließlich präsentisch-futurische oder voluntative Verbalformen verwendet werden. Entsprechend ist die masoretische Vokalisation in den Sätzen 9AB von 2 Sam 7 abzuändern. Damit ergibt sich für die ursprüngliche Fassung der „Nathansweissagung“ folgender Text:2 8C 8D 9A 9B 9C 12A
So spricht Jahwe Zebaoth: Ich habe dich von der Weide hinter den Schafen weggeholt, damit du Fürst (nāgīd) über mein Volk Israel seist. Und ich will mit dir sein, wo immer du gehst, und will deine Feinde vor dir vertilgen und dir einen großen Namen machen gleich dem der Größten auf Erden. [296] Wenn deine Tage voll geworden sind
————— 2
[S. bereits o. S. 38.]
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und du dich zu deinen Vätern legst, will ich deine Nachkommenschaft, die aus deinen Lenden hervorgehen wird, nach dir aufstehen lassen und ihr Königtum festigen. Ich werde ihr Vater und sie wird mir Sohn sein, und meine Huld wird nicht von ihr weichen, und dein Haus wird beständig und dein Königreich ewig vor mir sein; dein Thron wird ewig Bestand haben.
Der rekonstruierte Text zeigt einen klaren Aufbau: Auf die Einleitung, in der die redende Gottheit mit der sog. Botenformel eingeführt wird (Satz 8C), folgt ein Hinweis auf ihr früheres heilvolles Handeln an dem Adressaten des Orakels, hier in Gestalt einer Erinnerung an die Berufung des Außenseiters David auf den Thron „Israels“ durch Jahwe (Satz 8D). Der Hauptteil des Spruchs enthält zwei Beistandszusagen, von denen die erste den Sieg über die Feinde des Königs (V. 9), die zweite den Fortbestand seiner Dynastie (V. 12.14AB.15*.16) verheißt. Dies ist ein typisches Heilsorakel für Könige, kurz Königsorakel, wie es uns im 1. Jahrtausend v.Chr. insbesondere aus den Sprüchen der assyrischen Propheten und Prophetinnen, in geringen Resten auch sonst aus dem Alten Testament bekannt ist. Unter den neuassyrischen Prophetien, die hier fast sämtlich einschlägig sind, finden sich zwei, die sich in besonderem Maße für den Vergleich mit der rekonstruierten Basisversion der „Nathansweissagung“ eignen, da sie wie diese eine Dynastieverheißung enthalten. Beide stammen von dem Propheten Lā-dāgil-ile aus Arbela und sind an den König Asarhaddon von Assyrien (681–669 v.Chr.) gerichtet. Es genügt, eines der beiden Orakel (das längere und farbigere, K 12033+ I 36´–II 28´) zu zitieren.3 Leider ist es relativ schlecht erhalten und teilweise noch schwer verständlich; doch dürfte das, worauf es in diesem Zusammenhang ankommt, auch so deutlich werden. Der Text lautet in Übersetzung: I II III´ IV´ V´ VI´ VII´ VIII´ IX´ X´ XI´ XII´
[Wort der/Ich bin die Her]rin von Arbela. [Asarhaddon, König des La]ndes Assyrien, [fürcht]e [dich nicht!] Lücke [297] Deine Feinde […e] ich. In deinem Palast fürwahr [festige ich dich.] Das Land Assyrien [stimmte] ich dir [günstig.] Für jeden Tag, jeden Morge[n …] Ich …[…] deine Krone. Wie ein geflügelter Vogel üb[er seinen Jungen] gurre ich über dir, kreise, laufe ich um [dich her]u[m.] Wie ein gutes Hündchen laufe ich in deinem Palast umher. Deine Feinde …e ich.
————— 3
[S.u. S. 214.]
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Götterwort in Menschenmund In deinem Palast festige ich dich. Sorge, Zittern lasse ich dich überwinden. Dein Sohn, dein Enkel wird das Königtum vor Ninurta ausüben. Die Gebiete der Länder gebe ich dir ganz. Die Menschheit ist treulos? – ich (aber) bin die, die redet (und) handelt! Ein lärmendes Mädchen bin ich! Ich …e, ich mache zitte[rn die …] Du preise mich! Diese Worte aus Arbela sammle in deinem Inneren! Die Götter von Esagila vegetieren? in der Steppe und im Gebüsch. Eilends möge man zwei Brandopfer? vor sie hinbringen, dass sie gehen, dein Heil aussprechen.
Der Prophetenspruch beginnt mit einer Einführung der redenden Gottheit, hier der Ištar von Arbela, und einer Anrede an den König Asarhaddon, die mit der Beschwichtigungsformel „Fürchte dich nicht!“ verbunden ist (Sätze If). Nach einer Lücke, die nicht sehr groß sein kann, und in der vielleicht ein Rückblick auf frühere heilvolle Handlungen der Göttin an dem Adressaten gestanden hat, folgt eine Anzahl von Schutz- und Beistandszusagen, die sich auf die Festigung der Herrschaft des Königs, die Beherrschung der Welt und die Fortdauer seiner Dynastie beziehen (Sätze III´–XVI´). Die Selbstprädikationen Ištars (Sätze XVIII´–XXI´), die die Übereinstimmung ihrer Worte und Taten und überhaupt ihre Effektivität unterstreichen, dienen dazu, das Vertrauen des Königs in ihre Zusagen zu stärken. Wenn Satz XVII´ richtig verstanden ist, soll er im Kontrast zur Verlässlichkeit der Göttin das aufrührerische, treulose und damit unzuverlässige Wesen der Menschen herausstellen. Der konventionelle Teil des Orakels endet in den Sätzen XXII´ und XXIII´ mit [298] der Aufforderung an den König, Ištar wegen ihrer Fürsorge für ihn zu loben und ihre Worte im Gedächtnis zu bewahren, d.h., sich weiterhin auf sie zu verlassen. Die Schlusspassage, in der Asarhaddon angewiesen wird, sich um die – seit der Zerstörung Babylons durch seinen Vater Sanherib heimatlosen – Götter von Esagila zu kümmern (Sätze XXIV´–XXVII´), könnte die eigentliche Botschaft des Prophetenspruchs enthalten. Im Rahmen dieser Erörterungen kann sie indessen außer Betracht bleiben. Der Vergleich der beiden Texte, insbesondere der in ihnen den größten Raum einnehmenden Schutz- und Beistandszusagen einschließlich der Dynastieverheißung, zeigt bei allen Unterschieden in Terminologie und Idiomatik, dass es sich bei der Urform der „Nathansweissagung“ in der Tat um ein typisches Königsorakel handelt. Die übrigen, hier nicht beigezogenen Vertreter dieser Gattung würden dieses Urteil nur bestätigen. Aus dieser Feststellung sind nun Konsequenzen zu ziehen. Die wichtigste Folgerung ist die, dass der „Nathansweissagung“ durch ihre Zuordnung zur Gattung des Heilsorakels für Könige ihre Einmaligkeit ge-
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nommen wird, die sie auf Grund ihrer redaktionellen Eingliederung in die David-Erzählung des Deuteronomistischen Geschichtswerks und ihre Zitation in anderen Teilen des Alten Testaments gewonnen hat. Denn die mehr als dreißig erhaltenen neuassyrischen Prophetensprüche und die – oft mit Zitaten verbundenen – Erwähnungen prophetischer Orakel in neuassyrischen Briefen und Königsinschriften, aber auch die alttestamentlichen Hinweise auf bei Hofe oder an Heiligtümern tätige Propheten (und Prophetinnen) in den Reichen Israel und Juda lassen nur den Schluss zu, dass solche Königsorakel den Herrschern zu wiederholten Malen, sei es auf Grund von Orakelanfragen, sei es „spontan“, zugekommen sind. Einmalig waren im Wesentlichen Prophetensprüche zur Thronbesteigung eines Königs, wie sie im Alten Testament etwa in den Psalmen 2 und 110 reflektiert sind, und wie wir sie aus Assyrien kennen; das ergibt sich einfach aus ihrer speziellen Funktion innerhalb des Thronbesteigungsrituals [299] (aber auch sie sind stark konventionell geprägt). Die „Nathansweissagung“ weist nun keine textimmanenten Indizien auf, die darauf schließen ließen, dass sie mit der Thronbesteigung Davids in Juda oder Israel in Verbindung gestanden hätte. Aber auch nachträglich ist sie damit nicht in Zusammenhang gebracht worden, wie ihre Einstellung in den Mittelteil der David-Erzählung des Deuteronomistischen Geschichtswerks anzeigt. Die Autoren dieses großen Sammelwerks haben anscheinend eine klare Vorstellung vom „Sitz im Leben“ der Gattung des Königsorakels besessen, der im Normalfall eine solche Zuordnung ausschließt. An dieser Stelle ist es angebracht, kurz die Frage des Entstehungsdatums des Textes zu berühren. Da die Grundschicht des Orakels von deuteronomistischer Hand erweitert worden ist – in erster Linie ist dafür Satz 11B in Anspruch zu nehmen, vielleicht auch V. 10 –, ist sie wohl als vordeuteronomistisch einzustufen. Ob sie damit freilich in die Zeit Davids, d.h. in die erste Hälfte des 10. Jahrhunderts v.Chr., datiert werden darf, lässt sich nicht mit Sicherheit behaupten, da wir über den Orakelstil dieser Periode mangels Vergleichsmaterial keine Aussagen machen können. Ausgeschlossen erscheint mir eine solche Datierung a priori allerdings nicht. Dagegen spricht nicht der Hinweis auf die Berufung Davids zum Königtum „von der Weide hinter den Schafen weg“ in Satz 8D, obwohl dieses Motiv seine Parallelen sonst nur in ziemlich jungen Texten – 1 Sam 16,11.19; 17,15.20.28.34ff.; Ps 78,70–72; 151 – hat; denn es handelt sich dabei, wie Hermann Schult gezeigt hat, um den literarischen Topos von der Legitimation des Außenseiters, hier des „Aufsteigers“ aus nicht thronberechtigter Familie, der aus eigener Kraft König wird.4 Dieser Topos war im Alten Orient schon lange vor David bekannt. Bei der „Nathansweissagung“ könnte es sich also um ein durch irgendwelche Zufälle erhalten gebliebenes Königsorakel aus der Regierungszeit Davids handeln. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass sie die jüngere Neuformulierung eines solchen älteren Textes, etwa aus dem 8. Jahrhundert v.Chr., darstellt. Dafür ————— 4
[Zur „Berufung hinter der Herde weg“ s.o. S. 99 m.Anm. 46.]
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spricht ein [300] Ausdruck wie „Fürst (nāgīd) über mein Volk Israel“ in Satz 8D, aber auch die Tatsache, dass in dem spätvorexilischen Psalm 89, der vielleicht in die Zeit der letzten Könige von Juda, etwa der Jojachins oder Zedekias, zu setzen ist, eine Fassung der „Nathansweissagung“ überliefert ist (V. 3– 5.20–38), die nach Art und Anordnung der verwendeten Textbausteine mit 2 Sam 7,8C–16C* verwandt ist, terminologisch aber ganz andere Wege geht. Dies deutet darauf hin, dass zwischen den beiden Versionen kein direkter literarischer Zusammenhang besteht, lässt aber vermuten, dass sie von einer gemeinsamen Tradition abhängig sind. Psalm 89 ist zugleich der älteste Zeuge für die Interpretation der Zusagen an David, insbesondere die ewiger Dauer seiner Dynastie, als brīt, d.h. als „Bund“ (= Vertrag). Dies dürfte eine theologisch-ideologische Entwicklung der späten judäischen Königszeit reflektieren, in der die Existenz des davididischen Königtums in Jerusalem mehr als einmal gefährdet war, vor allem durch die Expansionspolitik des Neuassyrischen Reiches seit Tiglathpileser III. Der Gedanke, der sicher von den Vasallenverträgen der assyrischen Großkönige mit den von ihnen abhängigen Herrschern abgeleitet war, lag damals in der Luft; denn man hat von jener Zeit an auch das Verhältnis zwischen Jahwe und „Israel“ (= Juda) als brīt zu fassen versucht. Die Dynastieverheißung wurde auf diese Weise Gegenstand einer eidlichen Selbstbindung Jahwes, von der man sich anscheinend mehr Sicherheit versprach als von einer einfachen Zusage. So entwickelte sich die „Nathansweissagung“ aus einem Orakel, wie es ein König zu wiederholten Malen von den Göttern erhalten konnte, zum Dokument eines einmaligen Aktes, der in diesem Denken von Davids Zeiten an gleichsam die „Geschäftsgrundlage“ zwischen Jahwe und den Davididen bildete. Mit der Einführung des brīt-Gedankens in die „Nathansweissagung“ gehört auch eine weitere Modifikation der ursprünglich, wie die Urfassung von 2 Sam 7 zeigt, ohne Wenn und Aber gewährten Dynastieverheißung zusammen – die Ankündigung von Sanktionen Jahwes für den Fall, dass die Nachkommen Davids sich ihm gegenüber schuldig machten. [301] Auch hier ist der älteste Zeuge wohl Psalm 89, in dem es in V. 31–35 heißt: 31A 31B 32A 32B 33A 33B 34A 34B 35A 35B
Wenn seine Söhne meine Weisung verlassen und nicht nach meinen Ordnungen wandeln, wenn sie meine Satzungen entweihen und meine Gebote nicht beachten, will ich mit dem Stab ihre Verfehlung heimsuchen und mit Schlägen ihre Sündenschuld. Aber meine Huld will ich ihm (scil. David) nicht entziehen, und meine Treue will ich nicht zum Trug machen. Ich will meinen ‚Bund‘ nicht entweihen und die Worte meiner Lippen nicht ändern.
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So konnte man auch die politisch-militärischen Schwierigkeiten und Katastrophen, in die Juda insbesondere seit dem 8. Jahrhundert v.Chr. geriet, theologisch-ideologisch bewältigen. Auch der Zusatz zu 2 Sam 7,14CD steht in diesem Zusammenhang, auch wenn er sich, wie es scheint, primär auf die Auflösung der davidisch-salomonischen Doppelmonarchie in Israel und Juda bezieht. Die als brīt verstandene „Nathansweissagung“ mit ihrer Zusage ewiger Dauer der Dynastie Davids wurde nach der Katastrophe des Jahres 586, in der das von David begründete judäische Staatswesen unter den Schlägen der Babylonier zusammenbrach, zum Grund der Hoffnung auf einen neuen David, einen „eschatologischen“ Heilskönig, unter dem das restituierte „Israel“ in Sicherheit leben könne. Die messianische Hoffnung und letztlich auch das Christentum nahmen von hier ihren Ausgang. Andere, die wie der exilische Prophet, den wir „Deuterojesaja“ nennen, nach 586 mit der Dynastie nichts mehr im Sinn hatten, konnten sich dennoch der Faszination des für ewige Zeiten gültigen „Davidsbundes“ nicht entziehen; sie fanden eine Möglichkeit, die Kluft zwischen Ideologie (oder Glauben) und Wirklichkeit zu überbrücken, indem sie die hasdē Dāwīd hanneemānīm, die „beständigen Gnaden(zusagen) an David“ (Jes 55,31), nun auf das jüdische Volk übertrugen.5
————— 5 [Zu dieser Übertragung des „Königsorakels“ auf das Volk s. auch o. S. 37–43.48–59 und u. S. 149–158.]
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[293] Satz
Königsorakel
4B/5A1 4B/5A2 5B1 5B2 5C 6A
6B 7A 7B1
7B2 8A 8B 8C 8D
9A 9B 9C
So spricht Jahwe Zebaoth: Ich habe dich von der Weide hinter den Schafen weggeholt, damit du Fürst (nāgīd) über mein Volk Israel seist. Und ich will* mit dir sein, wo immer du gehst, und will* deine Feinde vor dir vertilgen und dir einen großen Namen machen gleich dem der Größten auf Erden.
Tempelbauthema
andere Anfüllungen
Da erging das Wort Jahwes an Nathan: Geh und sprich zu meinem Diener David: So spricht Jahwe: Willst du mir ein Haus bauen, dass ich darin wohne? Habe ich doch in keinem Haus gewohnt seit dem Tage, da ich Israel aus Ägypten heraufführte bis auf diesen Tag, sondern bin in einer Zeltwohnung herumgezogen! Habe ich (etwa) überall, wo ich umherzog, bei allen Israeliten, (jemals) zu einem der Richter* Israels, die ich bestellt hatte, um mein Volk Israel zu weiden, gesagt: Warum habt ihr mir kein Zedernhaus gebaut? Und nun: So sollst du zu meinem Diener David sprechen:
10A
Und ich werde meinem Volk Israel einen Ort schaffen, und es einpflanzen, so dass es an seinem Platz wohnen kann und nicht mehr beunruhigt wird, und die Übeltäter es nicht länger unterdrücken können wie anfangs, seit ich Richter über mein Volk Israel bestellte. Und ich will dir Ruhe vershaffen vor all deinen Feinden. Und Jahwe kündigt dir an, dass Jahwe dir ein Haus schaffen wird.
10B 10C 10D 10E/11A
11B 11C ________________________ 12A 12B 12C
Wenn deine Tage voll geworden sind, und du dich zu deinen Vätern legst, will ich deine Nachkommenschaft, die aus deinen Lenden hervorgehen wird, nach dir
(deinen Nachkommen, der)
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Königsprophetie und Königsideologie 12D 13A
aufstehen lassen und ihr Königtum festigen.
13B 14A 14B 14C
Ich werde ihr Vater und sie wird mir Sohn sein,
(sein Königtum) Er wird meinem Namen ein Haus bauen, und ich werde seinen königlichen Thron für ewig festigen. (ihm) (er)
14D 15
und meine Huld wird nicht von ihr weichen,
16A 16B
und dein Haus wird beständig und dein Königreich ewig vor mir sein; dein Thron wird ewig Bestand haben.
16C
(ihm)
17
7B1 9A 9B 16B
den ich, wenn er schuldig geworden ist, mit Menschenruten und mit menschlichen Schlägen züchtigen werde; (aber meine…) wie ich sie Saul entzogen habe, den ich vor dir entfernt habe,
(Rahmen)
Statt šibtē lies *šōbtē (= *šōptē) (jud. *-VpV- > -VbV-). Statt wāehyē lies *wehyē. Statt wāakrītā lies *wakrītā. Statt lpānēkā lies *lpānāy (Dittographie; vgl. BHS z.St.).
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„Das Frühere, siehe, ist eingetroffen…“ Über Selbstzitate im altorientalischen Prophetenspruch 1997
1. Das Alte Testament in der Welt der Zitate Literatur ist wesentlich Zitat. Es war Umberto Ecos Roman Il nome della rosa1, der diesen Sachverhalt vor einigen Jahren aus dem Elfenbeinturm der Literaturwissenschaft hinausgetragen und einem größeren Publikum bewusst gemacht hat. Der Verfasser behauptet zwar, die Keimzelle seines Werks sei der Wunsch gewesen di avvelenare un monaco;2 man hat aber den Eindruck, dass es ihm zumindest auch darum ging, eine bestimmte Weise des Schreibens an sich und seinen Leser(inne)n zu erproben.3 Sollte dies tatsächlich der Fall gewesen sein, kann konstatiert werden, dass Eco jedenfalls seinen didaktischen Zweck hinsichtlich des Publikums erreicht hat. Denn nur so lassen sich doch die zahlreichen Veröffentlichungen verstehen, die das Buch nach sich gezogen hat, in denen mit mehr oder weniger Erfolg versucht wird, die in den Text eingearbeiteten Zitate und Anspielungen so umfassend wie möglich nachzuweisen und die Vorbilder der einzelnen Figuren zu identifizieren – für Kenner der Spätscholastik und der Geschichte jener Zeit eine spannende Aufgabe. Es soll zeitweise sogar Zirkel von „Ecologen“ ge[148]geben haben, die sich bei regelmäßigen Zusammenkünften und in eigenen Mitteilungsblättern diesem „Sport“ widmeten.4 Dabei hätte Eco doch nur seinen Zettelkasten veröffentlichen5 oder sein Werk mit gelehrten Anmerkungen versehen müssen, wie es im 19. Jahrhundert die Autoren historischer Romane – ich nenne als deutschsprachige Beispiele nur Wilhelm Hauff oder Viktor von Scheffel6 – zu tun pflegten… Aber wäre das Buch dann noch so erfolgreich gewesen? Ecos Geschichte aus dem Mittelalter ist allerdings ein Extremfall. Denn hier ist der Zitatcha————— 1
U. ECO, Il nome della rosa (Mailand 1980). Benutzt ist hier die 27. Auflage (Mailand 1990), die in der Taschenbuchreihe „I Grandi Tascabili“ als Nr. 33 erschienen ist und auch die Postille a „Il nome della rosa“ (1983) enthält (S. 505–533). 2 Postille a „Il nome della rosa“ (Mailand 1983), zitiert nach dem Abdruck in der in Anm. 1 genannten Ausgabe, S. 510f. 3 Vgl. Postille, a.a.O., 512–524 passim. 4 Nach Artikeln in Zeitungen und Zeitschriften, die auf dem Höhepunkt des Publikumsinteresses an Il nome della rosa erschienen sind. 5 Von seinem Gebrauch von schede beim Schreiben des Romans spricht Eco z.B. in den Postille, a.a.O., 521. 6 W. HAUFF, Lichtenstein: Romantische Sage aus der württembergischen Geschichte, 3 Teile (Stuttgart 1826); V. VON SCHEFFEL, Ekkehard: Eine Geschichte aus dem 10. Jahrhundert (Deutsche Bibliothek, 7; Frankfurt a.M. 1855).
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„Das Frühere, siehe, ist eingetroffen“
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rakter des literarischen Produkts Programm.7 Der Satz, dass Literatur wesentlich Zitat sei, gilt aber ganz allgemein, auch dort, wo ihm keine bewusst angewandte Technik des Schreibens entspricht, wo der Sachverhalt also nicht so offen am Tage liegt.8 Doch kann sich kein(e) Autor(in), ob es ihm (ihr) bewusst ist oder nicht, der Überlieferung seines (ihres) Kultur[149]kreises, ja, der Weltkultur entziehen, in die die Erfahrungen unzähliger Generationen von Menschen eingegangen, in der bestimmte Fragen, bestimmte Stoffe, bestimmte Problemlösungen ein für allemal formuliert worden sind. Intertextualität ist in diesem Sinne ein universales Phänomen, der Wurzelgrund, aus dem jedwede Gegenwart sich speist. Es handelt sich um Traditionen, die implizit, oft genug auch explizit, in unseren eigenen Äußerungen wirksam werden. So gibt es bei genauem Hinsehen keine voraussetzungslose Literatur, wie es in den bildenden Künsten keine Werke gibt, von denen man sagen könnte, dass sie „völlig neu“ oder ganz und gar „originell“ konzipiert seien. Das kommt daher, dass es kein voraussetzungsloses Leben gibt. Das Zusammenspiel von Tradition und innovativer Kreativität macht zudem gerade den Reiz von Kunstwerken aus, und sie wären sicher auch nicht verständlich ohne Elemente, die wir wiedererkennen, und von denen aus wir uns dem Ganzen nähern können. So gibt es keine Welt, die nicht in einem bestimmten Ausmaß Zitat (wenn nicht gar Zitat eines Zitats eines Zitats…) ist. Das Alte Testament macht hier keine Ausnahme. Es zitiert, unmittelbar oder gebrochen, die altorientalische Welt, in der es (oder seine Bestandteile) entstanden ist, uns verlorene Teile der älteren Literatur Israels und Judas und sich selbst. Da wir uns ihm gegenüber nicht als Zeitgenossen verhalten können, ist es notwendig, die Zitate z.B. durch literatur- und religionsgeschichtlichen Vergleich zu ermitteln, um zu einem angemessenen Verständnis zu kommen. Nimmt man das Prinzip der allgemeinen Intertextualität, des Zitatcharakters von Literatur, ernst, dann verfehlt übrigens jede Art von „werkimmanenter Interpretation“ (etwa die einseitige Beschränkung auf die „kanoni————— 7 „Mi sono messo a leggere o a rileggere i cronisti medievali, per acquistarne il ritmo e il candore. Essi avrebbero parlato per me, e io ero libero da sospetti. Libero da sospetti, ma non dagli echi dell’intertestualità. Ho riscoperto così ciò che gli scrittori hanno sempre saputo (e che tante volte ci hanno detto): i libri parlano sempre di altri libri e ogni storia racconta una storia già raccontata. Lo sapeva Omero, lo sapeva Ariosto, per non dire di Rabelais o di Cervantes. Per cui la mia storia non poteva che iniziare col manuscritto ritrovato, e anche quella sarebbe stata una citazione (naturalmente). Così scrissi subito l’introduzione, ponendo la mia narrazione a un quarto livello di incassamento, dentro a altre tre narrazioni: io dico che Vallet diceva che Mabillon ha detto che Adso disse…“, Postille, a.a.O., 512f. 8 Das Folgende ist z.T. angeregt von GENETTE 1982; vgl. auch COMPAGNON 1979. Zur Vorgeschichte des Gedankens sei noch eine zufällige Lesefrucht angeführt, in der bereits ein Autor des frühen 19. Jahrhunderts auf seine Weise (und, wie es scheint, nicht ganz konsequent) über den Zitatcharakter von Kunst und Denken reflektiert, dabei implizit Koh 1,8–11 zitierend: „… rien de nouveau dans la nature et dans les arts. – Tout ce qu’on fait a été fait; – tout ce qu’on dit a été dit; – tout ce qu’on rêve a été rêvé. – Tout siècle est plagiaire d’un autre siècle; car tous tant que nous sommes, artistes ou penseurs périssables et fugitifs, nous copions de différentes manières un modèle immuable et éternel, la nature, – cette pensée une et diverse du créateur!“, A. DE LAMARTINE, Voyage en Orient (1832– 1833). Nouvelle édition, I (Bibliothèque d’Élite; Paris 1841), 66 (Hervorhebung hinzugefügt).
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sche Endgestalt“ des Alten Testaments) einen beträchtlichen Teil des den Texten inhärenten Sinnpotentials.9 Zitate kommen allerdings nicht immer auf so hohem Ross daher. Sie führen auch ein Alltagsleben, und dort ist es, wo man sie am ehesten wahrnimmt. Auf dieser Ebene lässt sich das Phänomen „Zitat“ einfach und unprätentiös definieren: Es ist ein vollständiger oder fragmentarischer Text, auf den in einem anderen Text mehr oder minder wörtlich Bezug genommen wird, und zwar so, dass seine [150] Individualität erkennbar bleibt, selbst, wenn auf sein Vorliegen nicht durch ein textimmanentes Signal aufmerksam gemacht wird. Zitate dieser Art sind aus dem Alten Orient bekannt. Ein Beispiel aus dem 7. Jahrhundert v.Chr. möge zur Illustration genügen. Am Ende eines von Schmeicheleien überfließenden Briefes des Adad-šumu-usur, des Leibbeschwörungspriesters der assyrischen Könige Asarhaddon und Assurbanipal, an seinen Herrn findet sich folgender Passus, von dem ich gerne wüsste, wie der König Asarhaddon ihn aufgenommen hat: ina zamāri ša māt Akkadî mā aššu pīka tābi rēūya gabbi ummānī upaqqūka „in einem Lied aus Babylonien (heißt es): ‚Wegen deiner schönen Worte, mein Hirte, lauschen dir alle Gelehrten!‘“10 Mit diesem Zitat illustriert der Schreiber die seinen Brief abschließende Frage mannu bēl tābi lā irâm „wer liebt nicht (seinen) Wohltäter?“,11 die natürlich, wie der Gebrauch der Negation andeutet, die Antwort „ein jeder“ erfordert und in Wirklichkeit eine als Frage verkleidete Aussage darstellt, hinter der sich eine Loyalitätserklärung Adad-šumu-usurs verbirgt. Ich kann mich jedoch des Eindrucks nicht erwehren, dass das Zitat einen leicht ironischen Beiklang hat, so dass der Verfasser des Briefs genau gewusst haben muss, wieviel Ironie er seinem König zumuten konnte. Wie dem auch sei – diese und ähnliche Textstellen zeigen, dass man sich im Vorderen Orient lange vor der Erfindung der guillemets, der Anführungszeichen, durch den Drucker Guillaume auf die Kunst des Zitierens verstand. Vor allem die Untersuchungen der Alttestamentler haben dazu in den letzten fünfzig Jahren viel Material zu Tage gefördert.12 Allerdings hat sich daraus auch ergeben, dass die zitie[151]renden Autoren den angeführten Text nicht immer so leserfreundlich als Zitat markierten wie Adad-šumu-usur in dem genannten Beispiel, also etwa durch eine entsprechende Ein- oder Ausleitungsformel. Häufig bleibt es dem Publikum überlassen, ob es das Zitat erkennt, weil kein in den Text integriertes Signal darauf aufmerksam macht. Meist wird es sich in solchen Fällen um etwas Bekanntes ————— 9 Daraus ergibt sich auch die Notwendigkeit, nicht nur die Welt, die das Alte Testament entwirft, sondern auch die, die es reflektiert, in der es entstanden ist, mit allen Mitteln – so gut es geht natürlich – zu rekonstruieren. 10 ABL 435 = SAA 10,198 Rs. 10–14. 11 Ebd. Rs. 9. 12 S. z.B. CRENSHAW 1971, 23–36; FOX 1980; GORDIS 1939; 1949; 1965, 169–189.347–356; MICHEL 1989, passim (s. Sachregister unter „Zitat“ S. 329; die von Michel als Zitate verstandenen Passagen sind in seiner Koheleth-Übersetzung durch Anführungszeichen markiert und so leicht zu finden); 1988, 127–168 passim; SAVRAN 1988; G.V. SMITH 1969; WHYBRAY 1981; WOLFF 1937 = 1964/²1973b, 36–129. – Altbabylonisches Material: FINET 1974.
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handeln, etwa ein Sprichwort, ein „geflügeltes Wort“, ein Stück schulischen Lernstoffes o.ä., Texte, von denen wir Nachgeborenen häufig keine Kenntnis haben. Das macht die Erforschung der Zitate in altorientalischen Literaturwerken und Gebrauchstexten schwierig, aber auch lohnend, z.B., wenn sich, wie des Öfteren im biblischen Koheleth-Buch13, offenkundige Widersprüche durch die Annahme eines Zitats auflösen lassen.
2. Selbstzitate in prophetischen Texten 2.1. Prophetische Selbstzitate im weiteren Sinn Im Mittelpunkt des Interesses stehen in diesem Aufsatz Prophetensprüche, in denen ein früheres durch Prophet(inn)en vermitteltes Gotteswort kata. le,xin in einen neuen Prophetenspruch integriert ist. Diese Verfahrensweise kann als „prophetische Selbstzitate im engeren Sinn“ bezeichnet werden. Daneben gibt es aber auch verwandte Formen, die man „prophetische Selbstzitate im weiteren Sinn“ nennen kann. Dazu gehören Hinweise auf frühere Botschaften der Gottheiten, die im Text nicht mit ihren Wortlaut angeführt werden, sondern höchstens – aber auch das nicht immer – inhaltlich kurz charakterisiert werden. Derartiges ist aus Mari bekannt, [152] wo Gottheiten gerne bisher nicht erfüllte Wünsche anmahnen,14 oder aus Assyrien und Juda, wenn Götter und Göttinnen an die Erfüllung früher gegebener Verheißungen erinnern, um Vertrauen in ihre neuen Zusagen zu schaffen.15 Ferner gibt es in den alttestamentlichen Prophetenbüchern, die die prophetischen Orakel weithin nicht in ihrem Originalzustand, sondern nachträglich überarbeitet und kommentiert enthalten, redaktionelle Kompositionen, in denen Jahweworte zitiert werden. So werden z.B. in Jes 6,16–21 fiktive Gottesworte in einen in die Vergangenheit gesetzten Dialog mit den Judäern eingebaut, aus dem hervorgehen soll, dass „sie“, die Judäer, immer schon „nicht auf Jahwe gehört haben“. Mit dieser „Vorgeschichte“ wird dann die Unheilsankündigung gegen die „Ungehorsamen“ begründet. Doch findet sich auch das Umgekehrte, z.B. in Jer 30,5– 9.12–17B. Dort werden jeweils Schilderungen schon eingetroffenen Unheils, die ursprünglich selbständige Prophetensprüche gewesen sein mögen, als Situationsbeschreibungen verwendet, auf deren Grundlage dann eine Wendung zum Guten und ein bevorstehender neuer Heilszustand angekündigt werden. M.E. stammen diese Texte aus Kreisen der nach der Zerstörung des judäischen Staates durch Nebukadnezar II. im Lande verbliebenen Judäer, die sich auf diese Weise theologisch mit ihrem Schicksal auseinandersetzten. Die ————— 13
S. z.B. die Deutung von Koh 2,13–15 bei GORDIS 1939, 136, und MICHEL 1988, 132f. AEM 1:1,194; 217,11–15; 219,7´–21´; ARM 3,78 (= AEM 1:1,221bis),10–28. 15 K 4310 (4R² 61) I 15´–17´. III 31´–IV 1. VI 7–12; Jes 43,10–13; 46,9–11; 48,3.6E–G (= 6b). S. bereits M. WEIPPERT 1988, 316f [s.o. S. 102f]. 14
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Götterwort in Menschenmund
gedankliche und formale Verwandtschaft mit den Fremdvölkerorakeln des Jesaja- und Jeremia-Buches kommt dann nicht von ungefähr; sie dürften im selben Milieu entstanden sein. 2.2. Prophetische Selbstzitate im engeren Sinn in assyrischen Texten Unter prophetischen Selbstzitaten im engeren Sinn wurden oben Zitate verstanden, bei denen ein früheres durch Prophet(inn)en vermitteltes Gotteswort wörtlich in einen neuen Prophetenspruch integriert wird. Belege dafür gibt es aus Assyrien und im Alten Testament, genauer: in Deuterojesaja. [153] Zunächst seien die Beispiele aus den neuassyrischen Prophetensprüchen16 behandelt, die dem 7. Jahrhundert v.Chr. angehören. Das deutlichste Specimen findet sich in K 88317, einem Orakel der Göttin Mullissu18 für den König Assurbanipal. Der Text des Orakels19 lautet in Übersetzung: A B
I II III IV V VI
VII VIII
Mullissu-kabtat, die Prophetin: Eine Appellation der Mullissu an den König ist dies: Fürchte dich nicht, Assurbanipal! 3 Bis ich genauso, wie ich gesagt habe, tun (und) dir geben werde, 4 bis über die Söhne der Bärtigen20 (und) über die nächste Generation21 von Eunuchen 5 [d]u das Königtum beständig ausüben wirst, [154] 6 [hal]te ich dich im Kronprinzenpalast im Arm. 7 […]…wird (dir) die Kopfbinde umlegen.22 8 […die Köni]ge der Länder miteinander reden werden:
1 2
————— 16 Eine Neubearbeitung der einschlägigen Texte [wurde seinerzeit] von S. Parpola vorbereitet [zum Zeitpunkt der Publikation dieses Aufsatzes noch nicht erschienen; s. jetzt PARPOLA 1997a]. S. vorläufig M. WEIPPERT 1981 [s.o. S. 9–47], und vgl. NISSINEN 1993. 17 STRONG 1894, 645; CRAIG 1895, 26f. 18 Mullissu ist die assyrische Form des Namens der Göttin, der logographisch d NIN.LÍL geschrieben wird. S. PARPOLA 1974, 4 Anm. 13; DALLEY 1979; FALES 1979, 58. 19 Textgrundlage nach eigener Kollation des Originals (10.4.1981). Die Übersetzung ist nicht zeilen-, sondern satzweise angeordnet; die römischen Ziffern nummerieren die Sätze. Die Zeilennummern stehen vor dem ersten Wort einer Zeile als hochgestellte arabische Ziffern. Mit A-D sind die vier Sinnabschnitte des Textes bezeichnet. Hier und im Folgenden deutet Kursivsatz eines deutschsprachigen Übersetzungstextes an, dass es sich um das gemeinte prophetische Selbstzitat handelt. 20 Lies DUMU.MEŠ šá šá-SU6 .MEŠ, d.h. mārē ša ša-ziqnē. Gemeint ist die nächste Generation der männlichen (d.h. fortpflanzungsfähigen) Beamten, im Normalfall die Söhne der unter dem regierenden König dienenden Amtsträger. 21 Ass. *halputu wohl = „Nachfolgeschaft“ (zu HL P „nachfolgen“, vielleicht Aramaismus; vgl. halpu III „Ersatzmann“, AHw 313a). Aus naheliegenden Gründen kann bei den Beamten, die Eunuchen sind, nicht von „Söhnen“ gesprochen werden. Zu den in Anm. 20f behandelten Ausdrücken s. auch PARPOLA 1983, 117; TUAT II, 62 Anm. a.b zu Z. 4 (K. Hecker). 22 PARPOLA 1983, 117, ergänzt [AD(abū)-ka AŠ(ina) ri-š]á-ti … und erhält: „[Your father] will [joy]fully gird (your temples) with the (royal) headband.“
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C D
X XI XII XIII XIV XV XVI XVII XVIII XIX XX XXI XXII XXIII XXIV XXV XXVI XXVII XXVIII XXIX XXX XXXI XXXII XXXIII XXXIV
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[‚Lasst un]s zu Assurbanipal gehen, dem König, …23 10 [dessen Väter] unseren Vätern (und) Großvätern [das Schicks]al bestimmten. 11 Zwischen uns möge er entscheiden!‘ 12 [Nun] spricht [Mull]issu: [Die König]e der Länder 13ließest [d]u Wege ins Auge fassen, Str[aß]en unter ihre Füße nehmen.24 14 Ein Zweites will ich dir sagen: Wie Elam werde ich Gimir vernichten25, so dass es sich ganz davonmachen wird. Die Dornen zerbreche ich, die Rose zerrupfe ich26, 16 die Wespen verwandle ich in Brei. 17 Hallalatti enguratti!27 [155] 18 Du wirst sagen: ‚Was (bedeutet) hallalatti enguratti?‘ 19 Hallalatti werde ich Ägypten betreten, enguratte herauskommen! 20 (Du,) dessen Mutter Mullissu ist, fürchte dich nicht! (Du,) dessen Kindsmagd die Herrin von Arbela ist, fürchte dich nicht! 21 Wie eine Kindsmagd trage ich dich auf meiner Hüfte, 22 als ein …-Amulett28 setze ich dich zwischen meine Brüste. 23 Des Nachts bin ich wach, indem ich dich beschütze. Jeden Tag gebe ich dir Milch 24 Jeden Morgen merke ich mir deine Gebete29, merke (sie) mir und erfülle (sie) dir. 9
————— 23
Mir unverständliche Passage. S. auch TUAT II, 62 Anm. a zu Z. 9 (K. Hecker). Z. 12f lies [LUGAL.ME]Š(šarrānu) šá KUR.KUR(mātāte) [a]t !-ta hu-la-a-ni tu-sah!-mil!!-šu-nu KA[SK]AL. MEŠ(harrānāte) AŠ(ina) GÌR.2(šēpē)-šú-nu GAR-an(tassakan). Zu letzterem Ausdruck s. KIENAST 1988, wo die Stelle auf S. 5f unter a) nachzutragen wäre. 25 Z. 14 lies ki-i KUR(māt) ELAM.KI(Elamte) KUR(māt) Gi-mir a-g[a!-m]ar!; s. IVANTCHIK 1993. 26 Napāšu + ana nipši: Nipšu, nach AHw 792a s.v. nipšu II „Wollflocke(n)“, ist das Ergebnis von napāšu II „auszupfen“; der Ausdruck bedeutet demnach „(durch) Auszupfen zu Flocken (machen)“ und nipšu meint hier metaphorisch vor allem die ausgezupften Blütenblätter der Rose. Vgl. dazu PARPOLA 1979, 29. 27 Unverständliche Ausdrücke. Wenn von Sodens Deutung von hallalatti als „nach Art der Maulwurfsgrille (hallulāya)“ zuträfe, könnte engur(r)atti/e als „nach Art des Grundwassers (engurru, sum. engur)“ gedeutet werden (gegen von Soden). Das tertium comparationis wäre ein unterirdisches Eindringen in einen anderen Bereich. Vgl. VON SODEN 1939, 63f; 1977, 235f; AHw 1558b s.v. hallalaniš, latta/i. Freilich könnten auch nichtassyrische Ausdrücke vorliegen. [S. auch o. S. 68f.] 28 giš HA ŠHUR!.KUR.RA, ein Obstbaum und seine Frucht, in Hh III, 33.35.36 (MSL V, 96) mit kameššaru, šapar[gill]u (supurgillu) bzw. armannu geglichen. Es handelt sich wahrscheinlich um ein Amulett in Form der Frucht. M. Nissinen optiert für armannu in der Bedeutung „Granatapfel“; s. NISSINEN 1991, 287 m.Anm. 71; 1993, 242. 29 Unnānīka: unnānu vielleicht Nebenform von unnīnu „Gebet, Flehen“; s. AHw 1421 s.v. unnīnu I 4 Ende. 24
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Götterwort in Menschenmund XXXV
25 Du fürchte dich nicht, mein Junges (Fohlen), das ich großgezogen habe!
Der Text, der wie alle Prophetien der Regierungszeit Assurbanipals auf einer Einzeltafel überliefert ist, lässt sich in vier Abschnitte gliedern: Teil A (Sätze I und II) enthält die Überschrift, in der die Prophetin Mullissu-kabtat ihren Namen nennt und angibt, dass es sich bei dem Folgenden um eine abat-šarre der Göttin handelt. Die abat-šarre (bab. amāt-šarri) ist ein der römischen provocatio vergleichbares Rechtsinstitut30, das einer Person, die auf der Ebene der lokalen Gerichtsbarkeit ihr Recht nicht finden zu können glaubte oder sich Gewaltakten überlegener Gegner ausgesetzt sah, ermöglichte, an den König zu appellieren. Nahm man die abat-šarre [156] in Anspruch, hatte dies zur beinahe automatischen Folge, dass man an den Hof geschickt wurde, damit der König als höchster Richter die Sache entscheide. Das Corpus des Textes zeigt allerdings, dass hier keine wirkliche abat-šarre vorliegt, die ja eine Klage enthalten müsste; von einer solchen fehlt hier aber jede Spur. So dürfte die Göttin oder ihre Prophetin den juridischen Begriff abat-šarre nur verwendet haben, um die Aufmerksamkeit des Adressaten in besonderem Maße auf die ihm geltende Botschaft im Folgenden auszurichten. Eine abat-šarre bezieht sich per definitionem auf den regierenden König. Fälle der Delegation sind nicht belegt. Es mutet daher nach Satz II seltsam an, dass die Aussagen von Abschnitt B (Sätze III–X) ohne jeden Zweifel an Assurbanipal als Kronprinzen gerichtet sind. Hier sagt Mullissu ihm zunächst zu, dass sie ihn im bēt rēdûte, dem Kronprinzenpalast, „im Arm halten“, d.h. schützend umhegen werde, bis er selbst eines Tages die Königsmacht ausüben würde (Sätze IV–VI). Diese wird Assurbanipal im Folgenden (Sätze VII–X) indirekt, aber fest, versprochen, indem die Göttin auf Teile des Thronbesteigungsrituals hinweist, denen er sich künftig einmal unterziehen wird: das Anlegen des königlichen Diadems31 und die dem neuen König dargebrachte Huldigung der „Könige der Länder“, d.h. der auswärtigen Vasallenfürsten des assyrischen Reiches. Der Eindruck des Seltsamen, den Abschnitt B vermittelt, schwindet etwas bei der Betrachtung von Teil C (Sätze XI–XIII). Nach einer Redeeinleitung, die man mit „[Mull]issu spricht hiermit/jetzt“32 wiedergeben könnte (Satz XI), stehen als Rede der Göttin zwei Sätze (XIIf), die deutlich auf Satz IX Bezug nehmen und die Erfüllung dessen, was dort verheißen worden war, konstatie————— 30
S. dazu vorläufig POSTGATE 1974, 421–425; 1980. In einem Brief des eingangs erwähnten Adad-šumu-usur an den König Asarhaddon wird auf die Ernennung Assurbanipals zum Kronprinzen des Gesamtreichs folgendermaßen angespielt: DUMU(mār)-ka túgpi-tu-tu tar-ta-kas LUGAL-ú-tú(šarrūtu) ša KUR(māt) Aš+šur AŠ(ina/àna) pa-ni-šú tu-us-sa-adgi-il „deinem Sohn hast du die Kopfbinde umgelegt, mit dem Königtum des Landes Assyrien ihn betraut“ CT 53,31 = SAA 10,185,7f. 32 Wenn in taqtībi der Koinzidenzfall vorläge, der zumindest im Hebräischen nicht auf die 1. Person beschränkt ist und durch „Tempora“ ausgedrückt wird, die gewöhnlich die Vergangenheit bezeichnen. 31
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ren: Die „Könige der Länder“ sind tatsächlich durch Assurbanipal veranlasst worden, vor ihm zu erscheinen, und das heißt, zur Huldigung anlässlich seiner Thronbesteigung. Implizit wird hier auch gesagt: Mullissu hat Assur[157]banipal, solange er Kronprinz war, wirkungsvoll geschützt, so dass er sein Ziel, die Königsherrschaft, erreichen konnte. Mit einer weiteren Einleitungsformel wird in Satz XIV ein „zweites“ oder „anderes“ Orakel (Teil D, Sätze XIV–XXXV) eingeführt, in dem die Göttin nun dem König Assurbanipal ihren Beistand im Kampf gegen die Kimmerier und bei der Eroberung Ägyptens verheißt und ihn ihrer ständigen Fürsorge – unter dem Bild der Mutter und Kindsmagd33 – versichert. Überblicken wir den Aufbau des Prophetenspruchs von K 883 nun noch einmal in seiner Gesamtheit, dann ist deutlich, dass die Botschaft, auf die es ankommt, in Abschnitt D steckt. Es handelt sich dabei um ein typisches Königsorakel, d.h. ein Heilsorakel für einen König, mit seinen beiden Grundkomponenten, einer Schutz- und einer Beistandszusage. Das Orakel von Abschnitt B ist demgegenüber nicht mehr aktuell, wie die Erfüllungsaussage von Teil C zeigt. Es handelt sich bei Abschnitt B um das Zitat eines früheren Prophetenspruchs, der an Assurbanipal als Kronprinzen gerichtet war und ihm die Königwürde verhieß. Abschnitt C suggeriert nun dem Adressaten des Gesamtorakels, dass die in Teil D für die unmittelbare Zukunft gemachten Zusagen ebenso verlässlich seien wie die in Teil B aus der Vergangenheit angeführten, die sich inzwischen erfüllt haben. Der zitierte Orakeltext hat also die Funktion, das Vertrauen des Königs in die neuen Verheißungen der Gottheit zu stärken. Der zweite neuassyrische Beleg für ein wörtliches Selbstzitat in einem Prophetenspruch steht in der Sammeltafel K 240134 aus der Zeit des Königs Asarhaddon, des Vaters und Vorgängers Assurbanipals, in einer Reihe von wahrscheinlich drei Prophetien aus Anlass seiner Thronbesteigung. Sie stammen alle aus dem Assur-Tempel É-šár-ra in Assur und bilden gemeinsam, wie die den Zyklus35 abschließende Unterschrift ausweist, jene „Eidestafel Assurs“ (tuppi adê ša Aššūr II 27), die dem König im Verlauf der Feierlichkeiten mit ————— 33
S. M. WEIPPERT 1985a, 62–64 [s.o. S. 65–67]. CRAIG 1895, 22–24; Kol. IIf auch bei STRONG 1894, 637–643. 35 Zur Verdeutlichung sei der Aufbau des Zyklus (K 2401 I 1–II 32) vorgeführt: I *1f [Gesamtüberschrift oder -einleitung (nicht erhalten)] I 3–25 Orakel Assurs I 3–18 Text des Orakels I 19 Unterschrift des Orakels I 20–26 Ritualanweisungen I 26–II 9 Orakel des Bēl-tarbāse (Assurs ?) I 27–II 7 Text des Orakels II 8f Unterschrift des Orakels Orakel Assurs II 10–26 II 10–25 Text des Orakels II 26 Unterschrift des Orakels II 27–32 Gesamtunterschrift mit Ritualanweisungen. 34
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Götterwort in Menschenmund
[158] einigem rituellen Aufwand überbracht und vorgelesen wurde.36 Das hier interessierende Orakel ist das letzte der Serie (II 10–26), das nach seiner Unterschrift (II 26) „vor der Statue“ (ina mahar salme), m.E. der Assurs, ergangen ist. Es lautet in Übersetzung:37 A
B
C
D
I II III IV V VI VII VIII IX X XI XII XIII XIV XV XVI XVII XVIII
Eben jetzt haben diese Rebellen 11gegen dich aufgewiegelt, dich hinausgetrieben, 12 dich in Bedrängnis gebracht. Du (aber) hast deinen Mund 13geöffnet: ‚Sieh doch, Assur!‘ 14 Ich habe deine Klage gehört. 15 Aus dem Himmelstor 16 schwebe ich hinab. 17 Ich will sie niederwerfen, vom Feuer verschlingen lassen. 18 Du wirst zwischen ihnen bestehen bleiben. 19 Von dir habe ich sie weggenommen, 20 (sie) ins Gebirge hinaufgetrieben, 21 Glutsteine auf sie hinabgeregnet. 22 Deine Feinde habe ich als Schlachtopfer dargebracht, 23 mit ihrem Blut den Fluss gefüllt. [159] 24 Man möge (es) sehen (und) mich preisen, 25 weil ich Assur bin, der Herr der Götter!
XIX
26
10
Dies ist das Heilsorakel, das vor der Statue (ergangen ist).
Dieser Text enthält im Unterschied zu K 883 keine äußeren Gliederungsmerkmale; doch lässt er sich auf Grund des Inhalts in vier Abschnitte aufteilen, die jeweils auch einen an den verwendeten „Tempora“ erkennbaren unterschiedlichen Charakter aufweisen. Teil A (Sätze I–V) enthält (von dem verblosen Satz V abgesehen) durchgängig Perfekta, die normale Erzählform. Auch Satz VI, der erste des Abschnitts B, besitzt noch eine Verbalform im Perfekt, während die übrigen Sätze Präsenz oder Prekativ aufweisen. In Sektion C (Sätze XI–XV) stehen ausschließlich Perfekta. Ziel des Ganzen sind augenscheinlich die prekativischen Verbalformen in den Sätzen XVI und XVII (Abschnitt D), die auf Grund der Betrachtung seines Tuns zum Lob der Gottheit, d.h. Assurs, auffordern. ————— 36
Die Gesamtunterschrift (II 27–32) lautet in Übersetzung: 27 Diese Eidestafel Assurs 28 geht auf einem Kissen (?) vor den König. I 29 Feinöl sprengt man, II 30 Opfer bringt man dar, III 31 Weihrauch lässt man aufsteigen; IV 32 vor dem König liest man (sie). V S. dazu auch M.WEIPPERT 1981, 95 m.Anm. 54 [s.o. S. 29 m.Anm. 54]. 37 S. M. WEIPPERT 1981, 93–96 [s.o. S. 27–30] (die Form a-zu-nu-un II 21 ist als azzunun aufzufassen). Textgrundlage nach eigener Kollation des Originals (6.4.1981). Das Selbstzitat ist kursiv gedruckt.
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Dieses Tun wird ohne Zweifel in Abschnitt C als etwas bereits Geschehenes geschildert. Damit stellt sich aber die Frage nach dem Charakter der Schilderung in den Sätzen I–IV und VI, in denen wie in Sektion C Vergangenheitsformen gebraucht werden, und dem der präsentisch-prekativischen Aussagen in den Sätzen VII–X. Die Abschnitte A und B auf der einen, C und D auf der anderen Seite können nicht auf derselben zeitlichen Ebene stehen, da ansonsten ein Widerspruch zwischen B und C bestünde: Was in B durch Assur zugesagt wird, wird in C als bereits eingetroffen berichtet. Abschnitt A wiederum enthält die Vorgeschichte und Voraussetzung für B, während in D die Konsequenz aus dem in C erzählten Geschehen gezogen wird. Der Widerspruch löst sich auf, wenn die Abschnitte A und B als ein der Erfüllung in Teil C vorausgehendes Erhörungsorakel interpretiert werden. Es hat die für die Gattung typische Struktur:38 In den [160] Sätzen I–III fasst Assur die Not des Bedrängten kurz zusammen, die zu dem in den Sätzen IV und V zitierten Hilfeschrei geführt hat; in Satz VI versichert er ihn der Erhörung, die sich in der in den Sätzen VII–X zugesagten Rettung vor den Feinden manifestieren wird. Da sich der Prophetenspruch eng mit der epischen Schilderung berührt, die Asarhaddon selbst in seinen Prisma-Inschriften aus Nineve von den Thronfolgekämpfen nach der Ermordung Sanheribs gibt39, die er zu seinen Gunsten entscheiden konnte, ist anzunehmen, dass hier ein echtes Orakel Assurs aus der Zeit vor der Thronbesteigung Asarhaddons vorliegt. Das Selbstzitat umfasst hier also die Abschnitte A und B (Sätze I–X). Asarhaddon wird die Prophetie gekannt und damit das Zitat als solches erkannt haben, während uns mehr als zweieinhalb Jahrtausende später das nötige Vorwissen fehlt, und textimmanente Hinweise auf den Sachverhalt sehr schwach ausgeprägt sind. Denn die Erfüllungsaussage des Abschnitts C (Sätze XI–XV) und der eigentliche Inhalt des Orakels, der Aufruf zum Lob Assurs in Teil D (Sätze XVI–XVIII), werden ohne formelle Überleitung direkt an das Selbstzitat angeschlossen. Dieses und die Erfüllungsaussage begründen hier die Forderung der Gottheit, die Assur an den König und, wie der Plural der beiden Prekative in den Sätzen XVI und XVII nahelegt, auch an dessen Untertanen richtet. Ob das hier geforderte Lob sich im Singen von Preisliedern auf Assur erschöpfte oder eventuell auch materielle Leistungen an die Gottheit, d.h. an das É-šár-ra, einschloss, wissen wir nicht; Prophetensprüche aus Mari40 lassen letzteres immerhin als nicht ausgeschlossen erscheinen.
————— 38
Vgl. zum Erhörungsorakel ZOBEL 1971; GREENFIELD 1969; VAN DER TOORN 1987. S. BORGER 1956 § 27 Nin.A I 41–81, und dazu M. WEIPPERT 1972, 466–468 = 1991, 266–269; 1981, 95 [s.o. S. 29]. 40 Vgl. v.a. AEM 1:1,194 und ARM HC A.1121+2731, letzterer Text neu bearbeitet von LAFONT 1984. 39
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2.3. Prophetische Selbstzitate im engeren Sinn im Alten Testament Die alttestamentlichen Selbstzitate in Prophetensprüchen, die mir bekannt sind, stehen in Jes 40–55, einer Sammlung judäischer [161] heilsprophetischer Texte aus der Zeit des letzten babylonischen Königs Nabonid und des ersten achämenidischen Großkönigs Kyros. Den seit Bernhard Duhm in der Literatur für den vermeintlichen Hauptverfasser des Textcorpus gebrauchten künstlichen Namen „Deuterojesaja“ möchte ich nur auf den Urheber der Grundschicht von Jes 40–48 anwenden.41 M.E. handelt es sich bei ihm um einen in Babylonien, vielleicht sogar in der Hauptstadt Babel, unter den zwischen 597 und 581 v.Chr. deportierten Judäern und ihren Nachkommen wirkenden Propheten, der wie die Priesterschaft der großen babylonischen Heiligtümer gegen Nabonid und zugunsten des Perserkönigs Kyros agitierte und seine prophetischen Aktivitäten auch noch einige Zeit nach der Übernahme der babylonischen Königswürde durch den letzteren fortsetzte. Für ihn ist Kyros Jahwes Werkzeug, um das Los der Deportierten zu wenden und sie in die alte Heimat zurückzuführen. Die drei Selbstzitate, die ich in den Sprüchen Deuterojesajas identifiziert zu haben glaube, stehen denn auch in Orakeln, in denen Kyros eine gewisse Rolle spielt. Das erste der Selbstzitate findet sich in Jes 48,12A–16D, einem Spruch, der sich gegen eine Zuordnung zu einer der etablierten deuterojesajanischen Textgattungen sperrt; am ehesten könnte man ihn eine Belehrung nennen. Die Perikope hat folgenden Wortlaut: A
12A 12B 12C 12D 12E 13A 13B 13C 13D
Höre auf mich, Jakob, und Israel, den ich gerufen habe! Ich bin es: Ich bin der Erste, und ich bin auch der Letzte. Auch hat meine Hand die Erde gegründet, und meine Rechte den Himmel ausgebreitet; wenn ich ihnen rufe, stehen sie allesamt da.
B
14A 14B 14C 14D 14E 15A 15B
Versammelt euch alle und hört: Wer in ihnen hat dies angesagt? Jahwe liebt ihn; [162] er tut seinen Willen an Babel und am Samen42 der Chaldäer. Ich, ich habe geredet, und ihn dann gerufen,
————— 41 Zu meinen redaktionsgeschichtlichen Vorstellungen über Jes 40–55 finden sich einige Andeutungen in M. WEIPPERT 1989, 107–109. 42 Der Kontext verlangt statt ūzrōō (, 1QJesa) die Lesung *ū(b)zēra (vgl. ).
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„Das Frühere, siehe, ist eingetroffen“
C
15C 15D
ich habe ihn hergebracht, und er gelangte zu seinem Ziele.
16A 16B 16C 16D
Naht euch zu mir hört dies: Nicht habe ich von Anfang an im Verborgenen geredet: Von der Zeit an, da es ward, war ich da!
125
Die Perikope ist durch drei unterschiedlich formulierte Aufforderungen zum Hören (Sätze 12AB, 14AB und 16AB), die sich an Jakob/Israel, d.h. an die judäischen Deportierten in Babylonien, richten, in drei ungleich lange Stücke gegliedert. Im ersten Abschnitt (A: Sätze 12A–13D) stellt Jahwe sich als der „Erste“ und „Letzte“, d.h. als der Ewige, vor, der die Erde und den Himmel geschaffen hat, und dem sie auf Anforderung auch zur Verfügung stehen. Hier geht es um die kosmische Mächtigkeit Jahwes, vor allem sein Schöpfertum, die Voraussetzung für das, was er im Folgenden über sich aussagen wird. Teil B (Sätze 14A–15D) beginnt in Satz 14C mit der Frage, wer „in ihnen“ (d.h. auf der Erde und im Himmel, also in der von Jahwe geschaffenen Welt) „dies“ angesagt habe. Sie bleibt im Folgenden ohne direkte Antwort; doch ist aus dem Kontrast zu Satz 15A abzuleiten, dass sie mit „niemand“ zu beantworten ist. Gemeint sind nach Parallelen bei Deuterojesaja die anderen Götter43, die sich durch ihr Schweigen als machtlos, wenn nicht gar als nichtexistent, erwiesen haben. Die adverbielle Ergänzung et-ēllē enthält die Hier-Deixis ēllē „diese“, die an dieser Stelle als kataphorisches Pronomen fungiert, sich also auf das unmittelbar Folgende bezieht. Bei der Frage von Satz 14C handelt es sich demnach um die Einleitung zu den Sätzen 14DE, die sich damit als Zitat, und zwar als Selbstzitat eines früheren Prophetenspruchs über Kyros zu erkennen geben, auch wenn der König nicht namentlich genannt wird. An[163]geführt ist aber sicher auch nicht das vollständige Orakel, sondern nur das, worauf es dem Propheten im vorliegenden Zusammenhang ankommt: dass Jahwe Kyros „liebt“ (und das heißt auch: erwählt hat), und dass Kyros Jahwes Willen an Babel vollstrecken wird. Vers 15 fungiert dann als Erfüllungsaussage, in der Jahwe emphatisch hervorhebt, dass er und niemand sonst die Ereignisse angekündigt und Kyros zum Ziel, d.h. auf den babylonischen Thron, geführt habe. Teil C (Sätze 16A–D) unterstreicht die Öffentlichkeit der Ankündigung (wobei wahrscheinlich an das Auftreten von Propheten gedacht ist), die die Folge von Verheißung und Erfüllung zu einem Evidenzbeweis für die Geschichtsmächtigkeit Jahwes gemacht hat. Deutlich ist, dass die Perikope Jes 48,12A–16D in das Jahr 539, in dem Kyros den babylonischen Thron bestieg, oder kurz danach zu datieren ist. ————— 43
Am deutlichsten ergibt sich das aus dem noch zu besprechenden Orakel 41,21–29. Man könnte deshalb in Satz 14C bāhēm auch als „unter ihnen“ auffassen, wobei sich das Personalsuffix auf die nicht ausdrücklich genannten Götter bezöge. Doch erscheint mir die im Text vertretene Auffassung des Ausdrucks grammatikalisch näherliegend.
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Götterwort in Menschenmund
In den gleichen zeitlichen Zusammenhang gehört auch der Spruch Jes 42,5–9, in dem sich m.E. der zweite Beleg für ein prophetisches Selbstzitat bei Deuterojesaja findet. Wie Jes 48,12A–16D ist auch dieser Text eine Belehrung, in der es um die Geschichtsmächtigkeit Jahwes geht, wenn auch verhaltener als dort: 5
So spricht der Gott Jahwe, der den Himmel schuf und ausspannte, der die Erde ausbreitete und ihre Gewächse, der der Bevölkerung auf ihr Atem gab und Geist denen, die auf ihr wandeln: 6A Ich bin Jahwe, der ich dich in Treuen gerufen habe, 6B indem ich dich an der Hand fasste44 6C und dich beschützte, 6D und dich zu einer Zusage für das Volk45 machte, 6E.7 zum Licht der Völker, um blinde Augen aufzutun46, [164] um Gefangene aus dem Kerker zu führen, aus dem Gefängnis die, die im Finstern sitzen. 8A Ich bin Jahwe – 8B das ist mein Name, 8C und meine Ehre gebe ich keinem anderen.47 9A Das Frühere, siehe, ist eingetroffen, 9B und Neues kündige ich (nun) an – 9C bevor es sprosst, lasse ich (es) euch hören.
Der Text beginnt in Vers 5 mit der sog. „Botenformel“ in der für Deuterojesaja typischen erweiterten Form, bei der dem Namen „Jahwe“ Attribute im hymnischen Partizipialstil beigegeben sind; sie bezeichnen hier, wie häufig in Jes 40–48, Jahwe als den Schöpfer von Welt und Menschheit. Singulär ist in Deuterojesaja, dass dem Gottesnamen die Bezeichnung hāēl „der Gott“ vorangestellt ist, die wahrscheinlich im Sinne von „der einzige Gott“ verstanden ————— 44 Die deutsche Wiedergabe setzt die Lesung *wahăzīq voraus, die mir hier angemessener erscheint. Die Lesart von (wahzēq) wäre als Kohortativ aufzufassen und final zu übersetzen: „damit ich dich bei der Hand fasste…“, eine inhaltlich eventuell mögliche Auffassung, die sich jedoch weniger glücklich in den Kontext einfügt. Die Verbalformen wessorkā (Satz 6C) und wettenkā (Satz 6D) sind analog zu interpretieren. 45 Brīt ist eine eidliche Verpflichtung, die eine Person gegenüber einer oder mehreren anderen übernimmt oder einem Gegenüber auferlegt. Den Genitiv von ām fasse ich als Genitivus objectivus auf. Der Angeredete verkörpert in seiner Person gleichsam die Verpflichtung, die Jahwe gegenüber den deportierten Judäern (die sind der ām) auf sich nimmt/genommen hat. 46 Dieser Ausdruck bedeutet m.E. nichts anderes als die beiden folgenden: Es geht um die Befreiung von Gefangenen, die in der Finsternis des Kerkers „blind“ sind, weil sie nichts sehen. Dass bei Deuterojesaja auch die resignierenden Deportierten „blind“ genannt werden können (42,18f; 43,8), tut in diesem Zusammenhang nichts zur Sache. 47 Satz 8C hat eine wörtliche Parallele in 48,11C. Satz 8D ūthillātī (lō ettēn) lappsīlīm „noch meinen Ruhm den Bildern“ ist ein ikonoklastischer Zusatz.
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„Das Frühere, siehe, ist eingetroffen“
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werden soll. In den Versen 6f erkenne ich ein Zitat aus einem älteren Königsorakel für Kyros, in dem Jahwe sich dem Perserkönig als der vorstellt, der ihn berufen, beschützt und in seine Aufgabe eingesetzt hat, die darin besteht, die Deportierten aus Juda und den anderen Staaten und Völkern zu befreien. Das Stück ist wahrscheinlich ebenso wie Jes 48,14DE ein Fragment. Dass anderseits Vers 8 nicht mehr dazugehört, ergibt sich aus der abgewandelten Zitierung des Zitats in Jes 49,8f.48 Die Sätze 8A–C in Kapitel 42 gehören [165] vielmehr zu der Erfüllungsaussage in Satz 9A, die sich auf das in den Versen 6f Angekündigte bezieht; sie sollen die Urheberschaft Jahwes an den Ereignissen unterstreichen. Die Erfüllungsaussage Satz 9A selbst, die vom Eintreffen des „Früheren“ (hārīšōnōt) spricht, kontrastiert höchst effektiv mit der Ankündigung von „Neuem“ (hădāšōt) in den Sätzen 9BC. Dieses wird zwar nicht spezifiziert; doch suggeriert der Kontext, dass es, einmal angekündigt, ebenso sicher eintreffen wird wie das „Frühere“. Schließlich ist noch Jes 41,21–29 zu besprechen, der Gattung nach ein sog. „Gerichtswort“, in dem Jahwe bzw. sein Prophet Teile eines Gerichtsverfahrens parodiert, um seinem Anspruchsstreit mit den anderen Göttern plastische Gestalt zu verleihen: 21A 21B 22A 22B 22C 22D 22E 22G 22F 23A 23B 23C 23D 23E
Bringt euere Steitsache vor, spricht Jahwe, legt euere Beweise dar, spricht der König Jakobs. Sie mögen (sie) vorlegen und uns mitteilen, was geschehen wird! Das Frühere – was war es? Teilt (es) mit, dass wir (darauf) achten! Oder das Zukünftige lasst uns hören, dass wir erkennen, ob es eintrifft!49 Teilt mit, was später kommen wird, dass wir erkennen, dass ihr Götter seid! Dann mögt ihr Gutes und Böses sagen, dass wir in Furcht50
————— 48 Die Perikope Jes 49,8–12 zitiert in den Sätzen 8B–9A das prophetische Selbstzitat aus 42,6f, bezieht es anscheinend aber nicht (mehr) auf Kyros, sondern auf Juda. Die nachexilische Situation des Textes ergibt sich aus dem Hinweis auf die Erhörung (Satz 8B) und Hilfe (Satz 8C), die das angeredete kollektive Du von Seiten Jahwes erfahren hat. Ich habe den Eindruck – beweisen lässt sich das nicht –, dass der Satz wettenkā librīt ām (Satz 8E) etwa als „indem ich dir einen Volksbund gab“ aufgefasst wurde; der Inhalt dieser brīt steckt in der finalen Infinitivkonstruktion in V. 9(A), als deren implizites Subjekt „ich“ (= Jahwe) anzusehen ist. An die Ankündigung der Befreiung der Gefangenen, die einst (42,6E+7) Aufgabe Kyros’ war, schließt nun eine Version des Motivs des Zweiten Exodus an, bei der es, wie die Generalisierungen durch kōl „alle“ (Sätze 9C.11A) zeigen, wohl nicht mehr um die Heimkehr der Deportierten aus Babylonien allein geht, sondern um die Rückwanderung der gesamten judäisch-jüdischen Diaspora. Deutlich sagt das V. 12; der kann aber ein späterer Zusatz sein. Der Text benutzt insgesamt deuterojesajanische Motive, ist aber eine jüngere – man ist versucht zu sagen: „tritojesajanische“ – Collage. 49 Es ist ziemlich allgemein anerkannt, dass die Sätze 22F–G aus inhaltlichen Gründen ihren Platz tauschen müssen.
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128 23F 24A 24B 24C 25A 25B 25C 25D 25E 25F 26A 26B 26C 26D
Götterwort in Menschenmund und Schrecken geraten!51 Siehe, ihr seid nichts, und euer Tun ist nichts52 – [166] ein Gräuel ist’s, wenn einer euch erwählt! Ich erweckte den vom Norden und er kommt, dem vom Osten, und er ruft meinen Namen an.53 54 Er tritt auf Machthaber wie (auf) Lehm, wie ein Töpfer, der den Ton stampft. Wer hat (es) angekündigt von Anfang an, [167] dass wir (es) wüssten, und von Beginn an, dass wir sagen könnten: ‚Richtig!‘?
————— 50 Hier liegt wie in Satz 10C das Verbum ŠT „sich fürchten“ vor, das gegen den Apparat der BHS aber nicht zu arab. šatia gehört (das ist lautgesetzlich nicht möglich), sondern zu ug. TT, phön. ŠT. Zu lesen ist danach *w-ništā. 51 Im synonymen Parallelismus membrorum zu Satz 23F ist die Verbalform *w-nīrā (von IR „sich fürchten“) zu lesen. 52 In den Sätzen 24AB ist das min vor ayin und *ēpes (so statt des unmöglichen *ēpa [in Pausa āpa] zu lesen, vgl. Sätze 29AB) partitiv aufzufassen. 53 Die Sätze 25A–D sind textkritisch schwierig, in ihrer masoretischen Form teilweise auch widersprüchlich und unverständlich. Satz 25A haīrōtī missāpōn ist ein narrativer Verbalsatz, bei dem das Verbum im Perfekt steht. Der folgende Satz 25B wayyat mit Imperfectum „consecutivum“ lässt zunächst annehmen, dass hier die klassische althebräische Syntax herrscht; danach wäre haīrōtī… wohl als temporaler Umstandssatz aufzufassen: „als ich (einen) aus dem Norden erweckte, (da kam er).“ Die Fortsetzung in Satz 25D, in der die Verbalform yiqrā steht, lässt jedoch daran zweifeln – außer, man nähme zwischen Satz 25A und Satz 25D einen schroffen Tempuswechsel an. (Eventuell könnte man die Sätze 25CD auch als Umstandssatz interpretieren: „indem er vom Osten her meinen Namen anruft“; aber das wäre eine ziemlich seltsame Aussage.) Weiter kommt man vielleicht, wenn man statt yiqrā mit 1Q Jesa und *wyiqrā liest. Die Konjunktion könnte zwar auch sekundär eingefügt sein, da beide Textzeugen mimmizrah šēmeš mit wayyat verbinden; doch fehlt sie in und , die analog verbinden (bei fehlt ein Äquivalent von wayyat; hier ist das Syntagma mit haīrōtī verbunden). Die Konjunktion könnte somit auch ursprünglich sein und in den nichtsemitischen Versionen und aus stilistischen Gründen fehlen. Ferner gibt wayyat nicht narrativ, sondern durch dnētē „der kommt“ wieder, als ob die Vorlage *wyeetē gelautet hätte (1Q Jesa wytyw Plural, hinsichtlich des „Tempus“ nicht eindeutig; venit pf. ~ ). Wendet man diese Beobachtungen auf an, ergibt sich für die Sätze 25A–D ein parallel formuliertes Distychon: haīrōtī missāpōn wyeetē mimmizrah šēmeš wyiqrā bišmī „Ich weckte den vom Norden und er kommt, den vom Osten, und er ruft meinen Namen an. So ist auch der Tempuswechsel weniger schroff, da das Perfekt haīrōtī die Vorzeitigkeit ausdrückt, die Imperfekta dann andauernde Handlungen in der Gegenwart oder Handlungen in der Zukunft.. 54 In Satz 25E irritiert wyābō, das durch Hieronymus als *wyābī gelesen wurde (adducet), während 1Q Jesa () wybw haben, als dessen Subjekt sie sgānīm verstehen. Freilich passt das nicht zu kmō hōmer, das darum von mit dem Folgenden verbunden wird. Kmō hōmer muss also zu wyābō gehören, und hinter dieser Form muss sich ein Verbum verbergen, das eine Tätigkeit Kyros’ ausdrückt, durch die er die sgānīm wie Lehm, Töpferton, behandelt. Als solches bietet sich in Parallele zu RMS Satz 25F *BUS an, das öfter vom „Niedertreten“ der Feinde gebraucht wird (Jes 14,25; 63,6; Ps 44,6; 60,14 = 108,14); man lese also *wybs (*wyābūs). Yirmos-tīt in Satz 25F ist als Attributsatz zu yōsēr aufgefasst.
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„Das Frühere, siehe, ist eingetroffen“ 26E 26F 26G 27A 27B 28A 28B 28C 29A 29B 29C
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Doch da ist keiner, der (es) ankündigte, und keiner, der (es) hören ließ, und keiner, der von euch Worte hörte. Als erster gebe ich Zion Tröster (?)55, Jerusalem einen Freudenboten. Und (wenn) ich (aber) schaue,56 ist da keiner, ist keiner57 unter ihnen, der den Beweis führen könnte. Siehe, sie alle sind nichts58, nichts sind ihre Werke, ein Lufthauch und Wesenloses ihre Bilder!
In den Sätzen 21AB und 22C–23F wendet sich Jahwe, unterbrochen durch eine kurze Einlassung gegenüber dem Gericht in den Sätzen 22AB, an seine Prozessgegner mit der Aufforderung, ihre Beweise dafür vorzulegen, dass sie wirklich Götter seien; die Beweise bestünden darin, über Vergangenheit und Zukunft zuverlässig Auskunft zu geben. Die Antwort ist augenscheinlich Schweigen, so dass Jahwe ihnen in Vers 24 sein Verdikt zurufen kann: „Siehe, ihr seid nichts, und euer Tun ist nichts – ein Gräuel ist’s, wenn einer euch erwählt!“ Nun ist es an Jahwe, seinerseits die Rechtmäßigkeit seines Anspruchs auf Göttlichkeit nachzuweisen.59 Er tut es, indem er [168] in Vers 25 eines seiner früheren Kyros-Orakel – wohl auch dieses wieder fragmentarisch – zitiert und daran die Frage anschließt, wer (noch) so etwas von Anfang an an————— 55 Für das hinnē hinnām von habe ich nur eine gewagte Emendation vorzuschlagen, die nach Möglichkeit auf Buchstabenähnlichkeiten in der althebräischen Schrift und der Quadratschrift Rücksicht nimmt: hnh hnm < *hnhnm < *mnhmm (mas. *mnahamīm); als Ausgangspunkt könnte jedoch auch *tnhmm „Tröstungen“ (*tanhūmīm, vgl. Ps 94,19, wo von den tanhūmīm Jahwes die Rede ist; in nicht vergleichbarem Kontext ist das Wort noch in Jes 66,11; Jer 16,7 belegt) genommen werden. Doch passen die „Tröster“ besser zu den „Freudenboten“ von Satz 27B. 56 wr (vokalisiert wērē); nach der Schreibung erwartet man eher *wāērē (vgl. ); doch ist m.E. nach 1Q Jesa wrh, also wohl *werē, zu lesen. 57 Um einen sinnvollen Text zu erhalten, ist mit *ēn statt wēn zu lesen. Die masoretische Textform beruht wohl auf einer fehlerhaften Analogie zu wēn īš Satz 28B. 58 Hier könnte theoretisch āwen „Frevel, Sünde“, aber auch „Lüge, Trug“, beibehalten werden ( iniusti); doch haben bereits 1Q Jesa und (lā meddem-ennōn) *yn gelesen, das auch in Satz 24B in Parallele zu *ēpēs steht. 59 Wenn man die mit V. 21 beginnende Perikope bereits mit V. 24 enden lässt, wie von manchen Kommentatoren vorgeschlagen, hätte das so entstehende Stück V. 21–24 keine Pointe. Dies und die enge Beziehung zwischen V. 24 und V. 29 sprechen dafür, dass V. 21–29 als Einheit anzusehen ist. Die unterschiedlichen Sprechrichtungen erklären sich aus der vorausgesetzten Situation der Eröffnung eines Rechtsstreits: A 21 Aufforderung an die Gegenpartei zum Rechtsstreit A´ 22AB Einlassung im gleichen Sinne gegenüber dem Gericht 22C–24 Formulierung der Streitsache gegenüber der Gegenpartei B 22C–23 Vorgeschlagener Beweisgang C 24 Angestrebtes Verdikt 25–29 Plädoyer vor dem Gericht B 25–28 Beweisführung C´ 29 Abschließendes Verdikt über die Gegenpartei
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Götterwort in Menschenmund
gekündigt habe (Sätze 26A–D). In den Sätzen 26E–G gibt er auch selbst gleich die Antwort, die kurz zusammengefasst „niemand!“ lautet. Möglicherweise wird in Vers 27 ein weiteres Fragment eines Kyros-Orakels zitiert, worauf der Vers 28 in anderen Worten wiederholt, was bereits in Vers 26 ausgesagt worden war, während Vers 29, das vorläufige Résumé von Vers 24 aufgreifend, das abschließende Verdikt ausspricht. Chronologisch sind sowohl die zitierten Prophetensprüche als auch das Gesamtorakel älter als Jes 42,5–9; 48,14A–16D. Denn augenscheinlich ist Babel noch nicht erobert, auch wenn Kyros bereits aufgetreten ist und Erfolge vorzuweisen hat. Die in Satz 25D ausgesprochene Erwartung, dass er Jahwes „Namen anrufen“ würde, musste spätestens dann zu den Akten gelegt werden, als Kyros sich zumindest in seiner offiziellen Funktion als babylonischer König Marduk zuwandte.60
3. Ergebnisse Wenn wir das Erörterte zusammenfassen, zeigt sich zunächst auf der formalen Ebene, dass die Selbstzitate markiert oder unmarkiert sein können. Das entspricht dem Befund bei den Fremdzitaten und in anderen Bereichen der altorientalischen Literatur, insbesondere dem der sog. Weisheit. Die Signale, die auf das Vorliegen eines Zitats aufmerksam machen, sind allerdings nicht formalisiert, etwa in Ge[169]stalt spezieller Ein- oder Ausleitungsformeln. Sie sind eher semantischer Natur und stark von ihrem Kontext abhängig. Inhaltlich lässt sich als allgemeines Argumentations- und Strukturschema die Abfolge von Ankündigung und Eintreffen oder Verheißung und Erfüllung herausstellen, das jedoch auf unterschiedliche Weise funktionalisiert werden kann. In K 883 dient es der Stärkung des Vertrauens des Königs in die Zusagen der Gottheit. Hier ist die Nähe zu den Selbstzitaten im weiteren Sinne deutlich. Wie eingetroffen ist, was Mullissu dem Kronprinzen Assurbanipal versprochen hatte, so wird sich auch erfüllen, was sie nunmehr dem König Assurbanipal verheißt. Ähnlich argumentiert auch Deuterojesaja, wenn er das Schema dazu verwendet, die Macht Jahwes zur vorausschauenden Planung von Vergangenheit und Zukunft, also zur Generierung und Gestaltung von Geschichte zu demonstrieren und damit im Sinne eines Evidenzbeweises vor Augen zu führen, dass er entgegen dem Augenschein und anders als die Götter der Völker, die ihn scheinbar dominieren, existiert und Gott – ja, der einzige Gott – ist. Auch hier geht es letztlich um die Zuverlässigkeit von Verheißungen. Jedoch musste Jahwe nach seiner, wie es schien, Niederlage gegen die babylonischen Götter seinen skeptischen Verehrern beweisen, dass er in der
————— 60 Vgl. z.B. die Inschrift Kyros’ 5R 35 (den sog. Kyros-Zylinder), übersetzt z.B. in TGI2.3 82–84 Nr. 50 (R. Borger)[; SCHAUDIG 2001, 550–556; HTAT 273; FINKEL 2013].
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„Das Frühere, siehe, ist eingetroffen“
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Lage war, das Versprochene in die Tat umzusetzen. Assur hingegen hatte nach K 2401 den Beweis schon erbracht, so dass er dazu auffordern konnte, ihn dafür zu preisen.
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„Ich bin Jahwe“ – „Ich bin Ištar von Arbela“ Deuterojesaja im Lichte der neuassyrischen Prophetie 2001
1. Voraussetzungen Dass es im Alten Orient schon im 2. Jahrtausend v.Chr., also lange, bevor Israel und Juda auf der Bühne der Geschichte erschienen, Prophetie1 gab, kann heute mit Fug nicht mehr bezweifelt werden. Die einschlägigen Texte der altbabylonischen Zeit (2. Hälfte des 18. Jahrhunderts v.Chr.2) aus Mari (Tell el-Harīrī)3 und Nērebtum (Šagālī/Iščālī)4 sprechen eine eindeutige Sprache. Sie zeigen darüber hinaus, dass das Phänomen nicht auf die Reiche von Mari und Ešnunna, zu dem Nērebtum gehörte, beschränkt war, sondern auch in Jamhad (Hauptstadt Aleppo) und Babylon und wahrscheinlich generell in den von „amoritischen“ Dynastien regierten Staaten Syriens und des Zweistromlandes vorkam. Damit soll nicht behauptet werden, dass es sich dabei um eine „amoritische“ oder gar „westsemitische“ Erscheinung handelt; es mag am Zufall der Überlieferung liegen, dass Propheten und Prophetinnen in Syrien und Mesopotamien vorerst nur in einer bestimmten [32] historischen Periode belegbar sind.5 Die Ursprünge dieses Spezialfalls der Mantik bleiben somit für uns vorerst im Dunkeln. ————— 1
Zu der hier verwendeten Definition von „Prophetie“ s. M. WEIPPERT 2001b, 197 [und u. S. 230–
233]. 2 Dies ist die konventionelle Datierung, die ich vorerst beibehalte. In palästinischen Kategorien ist das die Mittelbronzezeit IIB. Zur Problematik s. zuletzt WARBURTON 2000. 3 Die Texte sind jetzt bequem zugänglich in AEM I 1 195–223 (mit Übersetzung und Kommentar von Jean-Marie Durand und Dominique Charpin); AEM I 2 371; LAFONT 1984 (für AEM I 3 vorgesehen). Gesamtübersetzung: CAGNI 1995, 59–90 Nr. 5–35. Vgl. auch die Mari-Briefe mit Traumberichten: AEM I 1 224–240; CAGNI 1995, 91–106 Nr. 36–52, und die Briefe von Göttern an den König Zimrilīm, AEM I 1 192.194; CAGNI 1995, 53f.55–57 Nr. 2.4. 4 ELLIS 1987. 5 Zu möglichen Erwähnungen von Propheten in Texten des hethitischen Neuen Reiches (Mursili II., 3. Viertel des 14. Jahrhunderts v.Chr., in Palästina: Spätbronzezeit IIB) s. M. WEIPPERT 1988, 297– 299 [s.o. S. 92–94]; 2001b, 198.200. Möglicherweise hat es auch im spätbronzezeitlichen Emar (Meskene) Propheten und Prophetinnen gegeben. Belegt sind zwei Bezeichnungen von Personengruppen, die mit der Wurzel NBI gebildet sind. Bezeugt ist ein „Haus der lú.mešna-bi-i (ARNAUD 1985-87, Nr. 387,9), das mit dem Tempel der Göttin Išhara oder einem Teil davon identisch ist, eine Gottesbezeichnung d Išhara ša munus.mešmu14 -nab-bi-ia/a-ti „Išhara der m.“ (ebd. Nr. 373,97´; 379,11f; 383,10´) und einmal das Appellativum munus.mešmu14 -nab-bi-ia-ti allein (ebd., Nr. 406,5´). Die Texte sagen aber nichts über ihre Funktion. Zu lú.mešna-bi-i kann man lúna-bi-imeš šá HA .NAmeš, AEM I 1 216,7 vergleichen. Der Ausdruck nābî (obl. pl., Singular wohl *nābû) könnte, wenn die Interpretation stimmt, das akkadische oder amoritische Äquivalent zu hebr. sein. Vgl. dazu FLEMING 1993a; 1993b. [S.u. S. 236–238.]
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„Ich bin Jahwe“ – „Ich bin Ištar von Arbela“
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Nach einer Lücke von gut sechs Jahrhunderten treffen wir in Phönizien, Syrien und Palästina auf vereinzelte, räumlich und zeitlich weit gestreute und meist recht knappe Hinweise auf die Aktivitäten von Propheten – in Byblos (1. Hälfte des 11. Jahrhunderts v.Chr.), Hamath (um 797/6), Tell Dēr Allā (spätes 9. Jahrhundert6) und Lachis (1. Hälfte des 6. Jahrhunderts).7 Anders verhält es sich mit Assyrien. Hier liegt für das 7. Jahrhundert v.Chr., genauer, für die Regierungszeit der Könige Asarhaddon (680-669) und Assurbanipal (669629?), ein relativ umfangreicher Bestand an einschlägigen Texten vor, flankiert durch Zitate prophetischer Botschaften8 in Briefen und Königsinschriften. Das corpus propheticum assyriacum besteht nach gegenwärtigem Forschungsstand aus elf Tontafeln. Die meisten von ihnen sind seit langem bekannt; die erste wurde bereits 1875 von George Smith veröffentlicht. Die Texte bezeichnete man in der Regel als „Orakel“. Das dürfte einer der Gründe gewesen sein, weshalb es rund hundert Jahre dauerte, bis sie als Prophetensprüche identifiziert und beschrieben worden sind.9 Ein anderer war sicher der, dass die Publikationen der [33] Keilschrifttexte und die meisten ihrer Bearbeitungen und Übersetzungen längst veraltet waren und kein deutliches Bild der Struktur und des Inhalts der Texte ergaben. Schließlich spielte vielleicht im Hintergrund auch die Vorstellung eine Rolle, dass es außerhalb Israels und Judas keine Prophetie gegeben haben könne, zumindest keine „wahre“. Die assyrischen Prophetensprüche10 sind formal auf zwei verschiedene Weisen überliefert: auf zwei- oder dreikolumnigen länglichen Sammeltafeln11, auf denen mehrere Prophetien, z.T. nach sachlichen Gesichtspunkten, zusammengestellt sind, und als Einzeltafeln, die nur eine einzige Sprucheinheit enthalten. Die ersteren sind augenscheinlich Archivexemplare, unter Asarhaddon zu dem Zweck produziert, in der königlichen Bibliothek in Nineve für zukünf————— 6 Der Charakter der altaramäischen Sprache der „Bileam“-Inschrift von Tell Dēr Allā lässt die Vermutung zu, dass der Text bereits im 10. Jahrhundert v.Chr. entstanden ist. 7 Übersichten: WILSON 1989, 129–133; M. WEIPPERT 1981, 99–104 [s.o. S. 33–37]; 1988, 299–302 [s.o. S. 93–95]; 2001b, 198. 8 Diese bleiben hier außer Betracht. S. dazu NISSINEN 1998. 9 Im Wesentlichen von Karlheinz Deller, Simo Parpola, Manfried Dietrich, Herbert B. Huffmon, Tomoo Ishida und Manfred Weippert; s. PARPOLA 1997a, XIV, und die Literaturangaben ebd., CXf. Die erste systematische Beschreibung der Texte als Prophetensprüche bei M. WEIPPERT 1981 [s.o. S. 9–47]; vgl. jetzt auch PARPOLA 1997a, XLV–LXXI. Gelegentlich wurden die Texte auch schon früher als prophetisch eingestuft, so von A. Delattre (1888; s. PARPOLA 1997a, XIf.CVIII; zu Delattre s. WEISSBACH 1938); GRESSMANN 1928, 51; GUILLAUME 1938, 42–48 (bei den Prophet[inn]en terminologisch etwas schwankend zwischen „priest[ess]“, „python“, „oracle monger“ und „prophet[ess]“). 10 Sie werden im folgenden nach der neuen Textausgabe von PARPOLA 1997a zitiert. Sigle: NAP (= Neo-Assyrian Prophecy) + Nummer bei Parpola. Beispiel: NAP 01 = K 4310; s. PARPOLA 1997a, 4–11 Nr. 1. Wo meine Lesung und/oder Interpretation von der Parpolas abweicht, ist dies angegeben. Außerdem löse ich in grammatischer Umschrift (bound transcription) die Wortzeichen auf, die in Parpolas zeichengerechter Transliteration, einer verbreiteten Praxis folgend, durch ihre sumerischen Lesungen wiedergegeben sind. Aus Platzgründen können im folgenden nicht immer wörtliche Textzitate gegeben werden; es empfiehlt sich, Parpola bei der Lektüre zur Hand zu haben. 11 Bei M. WEIPPERT 2001b, 199 (Z. 4f v.o.), ist dies ohne Zutun des Verfassers zu „Stammtafeln“ verballhornt worden.
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tigen Gebrauch aufbewahrt zu werden. Auch unter den Einzeltafeln befindet sich ein Archivtext aus der Zeit Assurbanipals, während die übrigen sich durch ihr Querformat und die weniger formelle Schrift als eine Art „Notiztafeln“ erweisen; Dokumente dieses Typs dürfen auch als Vorlagen für die Sammeltafeln vorausgesetzt werden. Nach Gattung und Inhalt sind die assyrischen Prophetensprüche in der Regel Heilsorakel. Ihr hauptsächlicher Adressat ist der König; in einigen Fällen wird auch die Königinmutter (ummi šarre) angeredet, einmal in einem speziellen historischen Moment die Assyrer insgesamt. Die Heilsorakel für den König werden im Folgenden als „Königsorakel“ bezeichnet. In ihnen wird von den Göttern einem Thronanwärter das Königtum, dem König dann langes Leben, Schutz seiner Person, Beistand gegen innere und äußere Feinde und die Fortdauer seiner Dynastie zugesagt. Es ist deutlich, dass die Autorinnen und Autoren dieser Prophetien nicht dem Bild entsprechen, das wir uns auf Grund des Alten Testaments von Propheten wie Amos, Jesaja, Hosea, Ezechiel, Jeremia usf. zu machen pflegen. Hier wird nicht den Herrschenden der Spiegel ihres Handelns vorgehalten, soziales Verhalten, politische und militärische Entscheidungen und kultische Praktiken gerügt und unter die Drohung des göttlichen Strafgerichts gestellt; viel eher erinnern die Pro[34]phet(inn)en von Mari, Babylon, Ešnunna, Jamhad und Assyrien an Figuren wie den Hof- und Staatspropheten Nathan12, den Jesaja der Legende13, Hananja von Gibeon14 oder überhaupt an die , mit denen sich die „Unheilspropheten“ des Alten Testaments auseinanderzusetzen hatten, schließlich auch, mutatis mutandis, an „Deuterojesaja“15. Sollte sich diese Assoziation nach dem Augenschein mit Argumenten erhärten lassen, hätte dies beträchtliche Konsequenzen für das historische und religionsgeschichtliche Verständnis16 der alttestamentlichen Prophetie. In aller Kürze hieße das, dass die „Heilsprophetie“ im Alten Orient der Normalfall von Prophetie gewesen ist, und dass die alttestamentliche – oder „israelitische“ – „Unheilsprophetie“ eine Besonderheit darstellt, vielleicht gar ein „Proprium Israels“. Letzteres anzunehmen wäre freilich voreilig. Denn einerseits gibt es die prophetische Ankündigung künftiger Katastrophen auch in Mari, wenn auch ohne den für das Alte Testament typischen Begründungsaufwand, und anderseits ist es nicht denkbar, dass die biblischen Heilsprophetien nicht Vorbilder in der Realität des Lebens gehabt hätten. Dass sich dafür nur relativ wenige Beispiele finden, lässt sich wohl mit Hilfe der Annahme erklären, dass ————— 12 S. die sog. „Nathansweissagung“ in 2 Sam 7, vor allem ihren Grundbestand, wie er sich mir darstellt; vgl. M. WEIPPERT 1981, 105f [s.o. S. 37f]; 1993a [s.o. S. 104–113]. Die Frage der Authentizität der „Grundschicht“ braucht uns hier, wo es um einen bestimmten Typus von Prophetie geht, nicht zu beschäftigen. Wahrscheinlich wird man eher über die Authentizität eines Traditionskomplexes als über die ipsissima verba einer bestimmten Person reflektieren müssen. 13 2 Kön 18,17–19,37; Jes 36f. 14 Jer 28. 15 Jes 40–55. 16 Und damit wohl auch für das theologische Verständnis. Ich beschränke mich hier aber auf die ersten beiden Kategorien.
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„Ich bin Jahwe“ – „Ich bin Ištar von Arbela“
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Sprüche der Thron und Altar nahestehenden „staatstragenden“ Propheten, die sich offenkundig nicht erfüllt hatten, von der Überlieferung ausgeschlossen oder im Verlauf des Traditionsprozesses „gelöscht“ worden sind, während die Unheilsankündigungen „oppositioneller“ Propheten als durch die geschichtlichen Ereignisse bestätigtes Gotteswort gesammelt und, von Zeit zu Zeit aktualisiert und kommentiert, an künftige Generationen weitergegeben wurden.17 Zu den Kommentierungen gehören auch die Heilsankündigungen aus exilischer oder nachexilischer Zeit, die den meisten der alttestamentlichen Prophetenbücher angehängt worden sind, und die, wie Julius Wellhausen seinerzeit zu Am 9,13–15 lapidar bemerkte, „Rosen und Lavendel statt Blut und Eisen“ ver[35]sprechen18 und damit einen auf der Ebene des vorliegenden Textes nicht auflösbaren Widerspruch zu produzieren scheinen. Der Widerspruch ist jedoch nur scheinbar: Nach Meinung der Redaktion(en) ist durch das Eintreffen des angekündigten Unheils die Schuld „Israels“ (meist Judas) gesühnt, so dass neues Heilshandeln Jahwes möglich wird, das nun jeweils in der das Prophetenbuch abschließenden Abteilung „Rosen und Lavendel“ vorausgesagt wird. So bunt wie die Herkunft dieser Texte sind auch die verwendeten literarischen Gattungen. Auf Einzelheiten muss hier verzichtet werden; wichtig ist jedoch, zwischen Vorhersagen, nichtprophetischen Ankündigungen zukünftigen Geschehens19, wie den „unechten“ Amos-Schlüssen (Am 9,11f.13–15) auf der einen Seite und form- und sachgerechten Prophetien auf der anderen zu unterscheiden. Das überlieferte Jesaja-Buch ist ein komplexes Gebilde, das noch deutliche Spuren einer sukzessiven Entstehung des Gesamtwerks, aber auch einzelner Teile zeigt. Generell ist trotzdem das Schema per aspera ad astra, d.h., die Abfolge von Gericht und Heil, eingehalten. Die Stellung der Hiskia-JesajaGeschichten in Jes 36–39 zeigt, dass eine der Vorformen des Buches mit Kapitel 39 geendet hat; in der Tat stehen vor diesem „historischen“ Anhang stilgerecht die Heilsankündigungen von Kapitel 32–35.20 In einem späteren Stadium der Entwicklung des Buches wurden nach Jes 39 jedoch weitere Textkomplexe angefügt, die größtenteils wiederum Heil für „Israel“21 in Aussicht stellen, und die seit Bernhard Duhms Jesaja-Kommentar von 1892 fast allgemein als „Deutero-“ (Jes 40–55) und „Tritojesaja“ (Jes 56–66) bezeichnet werden. Deuterojesaja scheint, wie die deutlich einen Abschluss markierende ————— 17 M. WEIPPERT 1988, 306–310 [s.o. S. 97–99]. Für den von mir vorausgesetzten Kontext dieses Vorgangs s. M. WEIPPERT 1990, jetzt in ders. 1997a, 1–24. 18 WELLHAUSEN 1963, 96. Festgehalten sollte auch werden, dass Wellhausen in Am 9,8–15 „aus dem Becher des Zornes Jahves zum Schlusse Milch und Honig fliessen“ sah (ebd.). 19 S. dazu M. WEIPPERT 1988, 291-294 [s.o. S. 89–91], und ELLIS 1989, insbes. 146–148. Frau Ellis nennt die Texte „literary predictive texts“; das ist praktisch identisch mit meinem Terminus „predictions“ (a.a.O., 294) [s.o. S. 91]. 20 Aber auch diese Vorform Jes 1–39 hat eine verwickelte Entstehungsgeschichte, die hier nicht aufzurollen ist. Z.B. endet der Kern des Buches, Kapitel 1–8*, in Kapitel 9–12 mit Heil. 21 „Israel“ in Anführungszeichen ist stets das literarische Israel des Alten Testaments. Das historische Israel, d.h. das Nordreich, steht ohne sie.
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Perikope Jes 55,8–13 vermuten lässt, zuvor selbständig existiert zu haben.22 Freilich ist auch Jes 40–55 keine einheitliches Buch. Es zeigt deutlich Spuren eines mindestens dreistufigen Wachstums seines Gesamtumfangs, und es hat intern Zusätze erfahren, so vor allem die Polemiken gegen die Götterbilder, die wohl eine eigene Ergänzungsschicht bilden. Als Kern des Ganzen schälen sich die Kapitel 40–48* heraus, die ihren Abschluss in Jes 48,2023 finden. Ihre Grundschicht könnte die literarische Hinterlassenschaft eines unter der [36] Regierung des letzten einheimischen babylonischen Königs Nabonid und ganz zu Beginn der Herrschaft Kyros’ in Babylon wirkenden judäischen Propheten darstellen24, der faute de mieux als „Deuterojesaja“ (oder „Deuterojesaja A“) bezeichnet werden könnte. In einer zweiten „Auflage“ des Buches kam dann der Abschnitt 49,1–52,12 hinzu, der in Jes 52,11f durch eine 48,20 nachgebildete Passage abgeschlossen wurde (wenn man so will, „Deuterojesaja B“). Kapitel 54f mit dem Abschlusspassus 55,8–13 bilden eine Art Anhang (also „Deuterojesaja C“). Das vierte der sog. „Gottesknechtlieder“ Jes 52,13–53,12 ist ein in seiner Umgebung isoliert stehender Einschub, der auch inhaltlich kaum Beziehungen zu Deuterojesaja A–C aufweist.25 Im Jahre 1982 habe ich den Nachweis zu führen versucht, dass die als typisch für Deuterojesaja angesehene26 Textsorte des Heilsorakels für „Israel“ nicht, wie man in der Regel im Gefolge von Joachim Begrich27 annimmt, auf ————— 22 Außer man nimmt an, dass Jes 55,8–13 zum Zwecke des Abschlusses einer eventuellen Form des Buches, die die Kapitel 1–55 umfasste, produziert worden ist; das erscheint mir möglich, aber relativ unwahrscheinlich. 23 Die Verse 21f sind Vers 20 gegenüber sekundär. 24 Trotz einiger kleiner Unterschiede vor allem in der Syntax einiger Sprucheinheiten ist m.E. diese – gegenwärtig etwas in Misskredit geratene und als „romantisch“ abklassifizierte – Zuweisung recht wahrscheinlich. Ich räume ein, dass sie weder verifizierbar noch falsifizierbar ist; dasselbe gilt aber auch von anderen Konzeptionen. Für die hier vorzustellenden Beobachtungen ist es aber letztlich von geringem Belang, ob die Grundschicht von Jes 40–48 auf einen oder auf mehrere Propheten zurückgeht. S. weiter u. S. 156. 25 S. zur Entstehungsgeschichte von Jes 40–55, wie sie sich mir darstellt, bereits M. WEIPPERT 1989, (107.)109. Inzwischen ist mir die Identität von Deuterojesaja A und B, die in dem genannten Aufsatz noch stillschweigend vorausgesetzt worden war, fraglich geworden. Die von mir als „Konfessionen“, d.h. Reflexionen eines Propheten über sein „Amt“, gedeuteten „Gottesknechtlieder“ Jes 49,1–6 und 50,4–9, die in „B“ stehen, haben dann höchstwahrscheinlich nichts mit dem historischen Deuterojesaja A zu tun; sie mögen später und vielleicht überhaupt nur literarische Kompositionen sein. Im Folgenden bezieht sich die Bezeichnung „Deuterojesaja“ auf das Gesamtcorpus Jes 40–55 bzw. auf „Deuterojesaja A“ (der dort, wo es nötig ist, mit „A“ genauer gekennzeichnet wird), während „Deuterojesaja B“ und „C“ als solche differenziert werden. 26 Wenn man Westermanns Kriterien (s. Anm. 27) zugrundelegt, kommt das Heilsorakel für „Israel“ im engeren Sinne (Westermann: „Heilszusage“) bei Deuterojesaja allerdings nicht häufig vor, d.h., nur in Jes 41,8–13.14–16 und 43,1–7. Westermann rechnet noch Jes 44,1–5 hinzu; doch entspricht diese Perikope nicht den von ihm aufgestellten Regeln. 27 BEGRICH 1934 = 1964, 217–231. Die These von VON WALDOW 1953, 82–90, der die Heilsverheißungen Deuterojesajas von der prophetisch vermittelten göttlichen Antwort auf Volksklagelieder in „exilischen Volksklagefeiern“ ableitete, kann, da sie sich in der Diskussion nicht durchgesetzt hat, hier außer Betracht bleiben, ebenso die von Claus Westermann vorgenommene weiterführende Differenzierung von „Heilszusage“ und „Heilsankündigung“ (WESTERMANN 1964a; vgl. 1964b, 117–124 = 1981b, 34–41), die weithin übernommen worden ist.
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„Ich bin Jahwe“ – „Ich bin Ištar von Arbela“
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ein – hypothetisches – „priesterliches Heilsorakel“, sondern auf das altorientalische Königs[37]orakel, d.h. das prophetische Heilsorakel für Könige, zurückgeht28, wie es in der neuassyrischen Prophetie des 7. Jahrhunderts v.Chr. und vereinzelt auch im Alten Testament belegt ist.29 Nun sind die formalen, inhaltlichen und phraseologischen Berührungen zwischen den assyrischen Prophetensprüchen und Jes 40–55* nicht auf das Königsorakel und seine Kontrafaktur als Heilsorakel für „Israel“ beschränkt. Das soll im Folgenden demonstriert und für das Verständnis der Position Deuterojesajas im Kontext der altorientalischen Prophetie fruchtbar gemacht werden.
2. Deuterojesaja und die neuassyrische Prophetie 2.1 Strukturelle Gemeinsamkeiten 2.1.1 Formeln und Phrasen Schon früh ist aufgefallen30, dass die sich insgesamt neunmal31 im Deuterojesajabuch findende Ermutigungsformel32 „fürchte dich/fürchtet euch nicht!“ (/ / ; daneben * 41,1033; 44,8) auch in den neuassyrischen Prophetensprüchen (lā tapallah/tapallihī, nur sg.) vorkommt.34 Auch dass sie in [38] beiden Textcorpora ähnlich gebraucht wird, ist keine ganz neue Erkenntnis35; sie bedarf aber der Präzisierung. Die Formel kann Prophetensprüche einleiten. In Deuterojesaja (A) ist das der Fall in Jes 41,14 am absoluten Anfang der Perikope 41,14–16, in 43,1 nach einer erweiterten Botenformel36 zu Eröffnung der Sprucheinheit 43,1–7, in ————— 28
M. WEIPPERT 1982; deutsch1993b [s.o. S. 48–59]. Es kommt auch bereits in Mari vor. 30 Vgl. z.B. GRESSMANN 1914, 255; weitere ältere Literatur bei M. WEIPPERT 1988, 311 Anm. 49 [s.o. S. 100 Anm. 49]. 31 In Jes 40,9 ist der Passus ein verstärkender Zusatz zum ursprünglichen Text. 32 Bei M. WEIPPERT 1981, 78f [s.o. S. 14f], „Beschwichtigungsformel“. Dort auch Literatur. Ich halte jetzt den oben verwendeten Begriff für der Sache angemessener. Im Folgenden ist nur von der absolut, d.h. ohne Angabe des Gegenstands der Furcht gebrauchten Formel bei Deuterojesaja die Rede. S. ansonsten die in Anm. 34 genannte Literatur. 33 vokalisiert die Verbalform als . Das Verbum lautet aber G, nicht * tD, wie traditionell angenommen, und kommt noch einmal in V. 23 vor. Zu vergleichen ist ug. TT,phön. und ammonit. ŠT„sich fürchten“. S. dazu HAL 1540f s.v. (das ammonitische tšt könnte eine finite Verbalform sein; arab. šatia kann aus lautgesetzlichen Gründen nicht verglichen werden) und zur Diskussion über die phönizischen und ammonitischen Belege HOFTIJZER/JONGELING 1995, 1199 s.v. št1 . 34 Vgl. generell, auch zum Gebrauch in anderen Prophetenbüchern und in den übrigen Teilen des Alten Testaments, PLATH 1963, 113–122; J. BECKER 1965, 50–55; DEROUSSEAUX 1970, 90–97. 35 GRESSMANN 1914, 289; J. BECKER 1965, 52; 1975, 63. 36 Ich verwende diesen traditionellen Begriff, der mich nicht ganz befriedigt, für die Formel. 29
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44,2 nach einer Aufforderung zum Hören und der erweiterten Botenformel im Spruch 44,1–4(.5). In den neuassyrischen Prophetensprüchen steht die Ermutigungsformel fast immer in Verbindung mit einer Anrede, die vor- oder nachgestellt sein kann. Bei den Sprucheinleitungen findet die letztere sich in Vorderposition in NAP 01 I 4´; 02 I 38´ und III 20´, in Nachstellung in 01 II 16´; 02 I 15´ und 07,2. Bei Deuterojesaja kommt diese Kombination an zwei der drei Stellen vor, in Jes 41,1437 und in 44,1; beide Male folgt die Anrede der Formel. Die Ermutigungsformel kann auch am Ende von Sprucheinheiten erscheinen, so in Jes 41,13 (mit Begründung; s.u.), in NAP 02 I 13´ in etwas unklarem Zusammenhang38 und am Ende von NAP 07 (Z. 25), wo sie eine Reihe von Schutz- und Fürsorgezusagen abschließt; in den beiden letzteren Fällen folgt eine Anrede. Zu erwähnen ist auch noch NAP 01 V 12–25, wo nach der Bezugnahme auf ein vorhergegangenes Klagegebet der Königinmutter (V 15–20) das eigentliche Heilsorakel in Z. 21 mit šar lā tapallah „König, fürchte dich nicht!“, d.h. mit Anrede und Ermutigungsformel, beginnt.39 Mehrere Male wird die Aufforderung, sich nicht zu fürchten, bei Deuterojesaja durch einen darauf folgenden -Satz begründet, so in 41,10 in zwei parallelen Sätzen:
*
Fürchte dich nicht; denn ich bin mit dir! Sei nicht bang40; denn ich bin dein Gott!
Die übrigen Belege sind Jes 43,1, wo auf die Ermutigungsformel drei Begründungssätze folgen, deren erster durch eingeleitet wird, während bei dem zweiten und dritten die Konjunktion getilgt (oder impliziert) ist, 43,5 und, in Deuterojesaja C, 54,4. Parallelen dazu gibt es in den assyrischen Prophetensprüchen nicht. Wohl aber finden sich in beiden Corpora Passagen, in denen Begründun[39]gen mit der Ermutigungsformel gleichsam asyndetisch, d.h. ohne Einschaltung einer Konjunktion mit der Bedeutung „denn, weil“, verbunden sind. Bei Deuterojesaja findet sich diese Figur in Jes 41,13 („Fürchte dich nicht: Ich helfe dir“), in 41,14 ( ... ... „Fürchte dich nicht, …, ich helfe dir, …, und dein Erlöser ist der Heilige Israels“) und in 44,8 ( ————— 37
Hier steht die Ermutigungsformel in femininer Form ( ), weil sich die Anrede an „den Wurm Jakob, das Räuplein Israel“ wendet, die beide feminin sind. „Räuplein“ = statt nach mnīnā „Kornwurm; Fliege“ und dem Parallelismus. (Die übrigen antiken Versionen drücken alle eine Vorlage mit aus.) 38 Bei der vorausgehenden Sprucheinheit I 1´–14´ fehlt der Anfang, und auch der Rest ist stark beschädigt. Wie es scheint, sprechen mehrere Göttinnen (s. Z. 8´: anīnu dissarātu „wir sind die Göttinnen!“) in der 3.m.sg. über den König Asarhaddon (deshalb dürfte in Z. 11´ lúKÚR.MEŠ(nakarūtī)-šu und nicht lúKÚR.MEŠ(nakarūtī)-ka [Parpola] zu ergänzen sein) zu der Königinmutter (ummi šarre Z. 13´). 39 Zum Orakel selbst s. M. WEIPPERT 1981, 96 m.Anm. 57 [s.o. S. 30 m.Anm. 57]. 40 S. zum Verbum o. S. 137 Anm. 33.
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„Laßt euch nicht schrecken und fürchtet euch41 nicht! Habe ich es nicht schon längst hören lassen42?“). Bei letzterer Stelle geht die Aufforderung an die anderen Götter voraus, das Zukünftige anzukündigen. Vers 8 besagt dann, dass kein Grund zu Schrecken und Furcht besteht, da Jahwe das bereits getan hat. In den assyrischen Prophetensprüchen ist die Ermutigungsformel mit mehr Raffinesse in ihren Kontext eingebettet. Sie dient dort zur Strukturierung von Texten oder Textteilen. Dies sei an NAP 07, einem Heilsorakel für den König Assurbanipal bald nach seiner Thronbesteigung, verdeutlicht. Der Text lautet in Übersetzung43: I II III IV
V VI VII VIII IX X XI XII XIII
Mullissu-kabtat, die Prophetin: Eine Appellation44 der Mullissu ist dies. Fürchte dich nicht, Assurbanipal! 3 Bis ich genau so, wie ich gesagt habe, tun (und) dir geben werde, 4 bis über die Söhne der Bärtigen, über die nächste Generation der Eunuchen [40] 5 [d]u das Königtum beständig ausüben wirst, 6 [hal]te [ich] dich im Kronprinzenpalast im Arm. 7 […]… wird (dir) die Kopfbinde anlegen. 8 […, was die Köni]ge der Länder miteinander reden werden: 9 [‚Kommt, lasst un]s zu Assurbanipal gehen, dem König, 10[dessen Väter] unseren Vätern und Großvätern [das Schicks]al bestimmten!45 11 […] möge er zwischen uns entscheiden!‘ 12 [Nun] spricht Mullissu: [Die König]e der Länder Rd. 13ließest [d]u Wege ins Auge fassen, Str[aß]en unter ihre Füße nehmen. Ein Zweites will ich dir sagen: Vs. 1 2
————— 41 Die Lesart von müßte von einer Wurzel *RHI kommen, die sich aber in den semitischen Sprachen kaum nachweisen lässt. W. Gesenius hat daher die Emendation * vorgeschlagen und die dann vorliegende Wurzel *IRH () mit arab. WRH verglichen. Diese Wurzel bedeutet aber „dumm, einfältig, sorglos, fahrlässig sein“, was semantisch wegen des Parallelismus in Jes 44,8AB nicht passt. Die einfachste Lösung bietet in diesem Fall die von 1QJesa () vertretene lectio facilior * . 42 muss entweder zu * oder * emendiert werden, da in V. 8ABE die 2.m.pl. verwendet wird; hier ist die zweite Lösung angenommen. 43 Die Übersetzung ist satzweise angelegt; die einzelnen Sätze, nach denen im Folgenden zitiert wird, sind mit römischen Ziffern bezeichnet. 44 Der Ausdruck abat šarre (ass.) bzw. amāt šarri (bab.) ist ein terminus technicus für ein Rechtsinstitut, das mutatis mutandis der appellatio (griech. avpo,klhsij) des römischen Rechts entspricht. Vgl. dazu POSTGATE 1974; 1980; M. WEIPPERT 1997b, 155f [s.o. S. 120] (die von Postgate und Weippert angeführte provocatio ist als Institution der römischen Republik weniger passend als die kaiserzeitliche appellatio). Der Ausdruck abat šarre bzw. amāt šarri dient auch als Einleitung assyrischer Königsbriefe; dies hat mit der hier vorliegenden synonymen Verwendung nichts zu tun. Hingegen ist der Anfang einer Reihe von Prophetensprüchen mit abat + GN dem Präskript solcher Briefe nachgebildet; s. dazu M. WEIPPERT 1981, 76f [s.o. S. 13f] (die Erklärung von K 883 = NAP 07,2 ist nach dem hier Gesagten zu revidieren); PARPOLA 1997a, LXV. 45 Oder: „[dessen Väter] unsere Väter (und) Großväter [ein]setzten“ (šiāmu + šīmāte „in ein Amt einsetzen“).
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140 XIV XV XVI XVII XVIII XIX XX XXI XXII ‚ XXIII XXIV XXV XXVI XXVII XXVIII XXIX XXX XXXI XXXII XXXIII
Götterwort in Menschenmund Wie das Land Elam werde ich das Land Gimir vern[ich]ten, Rs. 15 so dass es sich ganz davonmachen wird. Die Dornen zerbreche ich, die Rose zerrupfe ich, 16 die Wespen verwandle ich in Brei. 17 Nach Art des Tausendfüßlers46, nach Art von …47! 18 Du wirst sagen: ‚Was bedeutet «Nach Art des Tausendfüßlers, nach Art von …?»‘ 19 Nach Art des Tausendfüßlers werde ich in das Land Ägypten eindringen, nach Art von … (wieder) herauskommen! 20 (Du,) dessen Mutter Mullissu ist, fürchte dich nicht! (Du,) dessen Kindsmagd die Herrin von Arbela ist, fürchte dich nicht! 21 Wie eine Kindsmagd trage ich dich auf meiner Hüfte, 22 wie ein(en) Granatapfel(-Amulett) setze ich dich zwischen meine Brüste. 23 Des Nachts bin ich wach, indem ich dich beschütze. Jeden Tag gebe ich dir Milch. 24 Jeden Morgen erfülle ich dir dein Flehen: ‚Merke dir! Merke dir!‘48 25 Du, fürchte dich nicht, mein Junges, das ich großgezogen habe!49
Der Text enthält nach der Überschrift (Sätze If) einen Rückblick auf früheres Heilshandeln der Göttin Mullissu (Sätze III–XII), der aus dem, wie es scheint, integralen Zitat eines früheren Prophetenspruchs für den Kronprinzen Assurbanipal (Sätze III–IX)50 und einer Erfüllungsaussage (Sätze X–XII) besteht, und ein neues Orakel (siehe Satz XIII) für den nunmehrigen König. In ihm werden zunächst unver[41]schlüsselte und metaphorische Beistandszusagen gemacht (Sätze XIV–XXIV). Am Wendepunkt zu Verprechen von Fürsorge und Schutz (Sätze XXVII–XXXII) stehen zwei parallele lā tapallah-Formeln mit Anrede (Sätze XXVf), in denen das Thema „Fürsorge“ bereits angeschlagen wird. Abgeschlossen wird dieser Abschnitt erneut durch eine Ermutigungsformel mit erweiterter Anrede. Deutlich ist hier, dass die Formel dazu dient, dem Text eine gewisse Struktur zu geben, indem die beiden Hauptthemen der assyri————— 46
Übersetzung unsicher. Unbekannte Bezeichnung wohl eines Insekts. 48 Vgl. die Schlussbitten in Bittgebeten, z.B. [d M]arduk usur teslītī „Marduk, merke dir mein Gebet“, KAR 26 Rs. 30. Darauf ist hier angespielt. 49 Oder: „großziehe“. Die Verbalform urabûni ist nicht eindeutig; sie kann sowohl Präsens als auch Präteritum sein. 50 S. zu den Selbstzitaten im Prophetenspruch generell M. WEIPPERT 1997b [s.o. S. 114–131]. Es sei aber nicht verschwiegen, dass Parpolas Interpretation von NAP 07 von der bei M. WEIPPERT 1997b, 153–157 [s.o. S. 118–121], und hier gegebenen beträchtlich abweicht; s. PARPOLA 1997a, 38f. 47
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„Ich bin Jahwe“ – „Ich bin Ištar von Arbela“
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schen Königsorakel, Beistand und Schutz für den König, durch die Aufforderung, sich nicht zu fürchten, sowohl auseinandergehalten als auch verbunden werden. Beide Arten der göttlichen Zusagen stehen damit unter dem Vorzeichen „Fürchte dich nicht!“. Eine ähnliche inhaltliche Struktur findet sich in NAP 01 I 18´–27´: Auf die einleitende Selbstvorstellung der Göttin Ištar von Arbela (Z. 18´) folgt eine Beistands- und Schutzzusage (Z. 19´–24´)51, danach die Ermutigungsformel (Z. 24´), hier ohne Anrede, danach eine Aussage über die fürsorglichen Gefühle, die Ištar für den König Asarhaddon hegt. In NAP 02 III 20´ff steht die Formel lā tapallah sogar in der Mitte einer konzentrischen Struktur: Nach der Anrede mit Ermutigungsformel als Einleitung des Spruchs (Z. 20´) folgen zunächst Beistands- (Z. 20´–26´), dann Schutzzusagen (Z. 27´–29´). Danach steht lā tapallah mit Anrede (Z. 30´), gefolgt erst von Schutz- (Z. 31´f), dann von Beistandszusagen (Z. 33´ff52). In dem Spruch NAP 01 II 16´–40´, in dem sich die Stimmen mehrerer Gottheiten vernehmen lassen, trennt in dem kurzen Ištar-Orakel Z. 30´–33´ die Ermutigungsformel (ohne Anrede, Z. 33´) einen Rückblick auf früheres Heilshandeln der Göttin von Arbela (Z. 31´f53) von der Aufforderung, Ištar zu „preisen“.54 Einmal könnte die Formel auch bei Deuterojesaja eine analoge strukturierende Funktion haben, falls sie in Jes 43,5AB den Übergang von der Bezahlung von Lösegeld (V. 3B–4D) zur tatsächlichen Befreiung (V. 5C–7) markierte.55 [42] Wie die Ermutigungsformel kommen auch Selbstvorstellungen und Selbstprädikationen56 sowohl in den neuassyrischen Prophetien als auch bei Deuterojesaja vor.57 ————— 51
Dass die Göttin „vor und hinter“ dem König „gehen“ will, bedeutet beides. Der Zusammenhang reicht wohl bis in die schwer beschädigte Kolumne IV, wahrscheinlich bis Z. 7´, weil sich in Z. 8´ eine andere Manifestation der Göttin, die (Ištar) von Uruk ([d Urk]ītu), vorstellt. Es ist allerdings möglich, dass bereits in der Lücke zwischen den Kolumnen III und IV ein Wechsel der redenden Gottheit stattgefunden hat. In IV 2´ wird nämlich ohne erhaltenen Kontext Ninurta (d MAŠ; Parpola liest allerdings d Aš+šur, nach meiner Kollation recht unwahrscheinlich) genannt; er muß aber nicht als Sprechender fungieren. Ninurta (d MAŠ) kommt in den neuassyrischen Prophetien noch zweimal in der Dynastieverheißung mārka mār mārīka šarrūtu ina burkē/mahar dNinurta uppaš „dein Sohn, dein Enkel wird das Königtum auf den Knien Ninurtas/vor Ninurta ausüben“ NAP 01 VI 27– 30; 02 II 13´f vor. In NAP 02 IV 2´ ist eine analoge Ergänzung aber ausgeschlossen. 53 Z. 30´ enthält die einleitende Selbstvorstellung. 54 Ob Z. 34´–37´ noch zu diesem Orakel oder zum folgenden Nabû-Spruch gehören, ist unklar. Die Zeilen enthalten einen kurzen Rückblick auf früheres Heilshandeln (Z. 34´f) und die Versicherung, dass sich die Gottheit um das Zukünftige genauso kümmern wird wie bisher um das Vergangene (Z. 36´f). 55 Unklar sind zwei Stellen der assyrischen Prophetien: In NAP 02 IV 28´ steht […l]ā tapallihī. Die feminine Form des Verbums weist darauf hin, dass hier die Königinmutter angesprochen wird. Doch findet sich im erhaltenen Text (die linke Seite der Kolumne IV ist weggebrochen) nirgends eine Erwähnung der ummi šarre. In Z. 27´ wird aber noch der König angesprochen, wie das maskuline Personalsuffix -ka erweist, und in Z. 30´ ist die Verbalform der 2. Person ebenfalls maskulin. In NAP 04,5´ steht lā tap[allah] ohne Kontext; der Spruch ist insgesamt wegen seines schlechten Erhaltungszustands unverständlich. 56 „Selbstvorstellung“ bedeutet „Ich bin + Gottesname“ (auch die invertierte Form „Gottesname + bin ich“ ist assyrisch belegt, die sich im Alten Testament nur außerhalb der deuterojesajanischen 52
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Götterwort in Menschenmund
Die Selbstvorstellung der redenden Gottheit kann bei den Assyrern einen Spruch ein- oder ausleiten (am absoluten Anfang: NAP 01 III 7´.V 12; 02 I 36´58; relativ am Anfang: NAP 01 VI 2 nach Ermutigungsformel und Anrede59; am Ende: NAP 01 III 4´60). Für den ersteren Fall nimmt man gerne an, dass im polytheistischen Milieu Assyriens der Adressat oder die Adressatin einer Gottesbotschaft davon unterrichtet werden muss, wer zu ihm oder zu ihr spricht, und das am besten gleich am Beginn des Orakels. Zugunsten dieser Ansicht ließe sich die Sprucheinheit NAP 01 II 16´–40´ anführen. In diesem vollständig erhaltenen Text, der auf der Tafel durch Trennstriche exakt abgegrenzt ist, kommen nacheinander drei Gottheiten zu Wort, Bēl (Marduk, Z. 16´–29´), Ištar von Arbela (Z. 30´–37´) und Nabû (Z. 38´f), die jeweils am Anfang ihrer Rede mit der Formel anāku N.N. „Ich bin (die Gottheit) N.N.“ ihren Namen nennen (Z.17´f61.30´.38´). Betrachtet man jedoch die sonstige Verwendung der Selbstvorstellungsformel, so wird fraglich, ob mit dieser auf den ersten Blick durchaus plausiblen Erklärung alles gesagt ist. Außer Betracht muss dabei die einzige Stelle (NAP 01 III 4´) bleiben, an der die Formel am Ende eines Spruchs steht, da vom Vorhergehenden [43] kaum etwas erhalten ist. In dem Orakel NAP 01 I 4´-29´ kommt die Selbstvorstellung dreimal vor, einmal kombiniert mit einer Selbstprädikation. Auf die Anrede an den König Asarhaddon und die Ermutigungsformel (Z. 4´f) folgt hier ein Rückblick auf das frühere heilvolle Handeln der Ištar von Arbela für den König und sein Ergebnis (Z. 6´–10´), dann in Z. 11´f eine Selbstprädikation und die Selbstvorstellung, die zusammen einen Chiasmus bilden und sich damit als aufeinander bezogen erweisen: bēltu rabītu anāku anāku dIssar ša uruArbaile…
Die große Herrin bin ich! Ich bin Ištar von Arbela…
————— Sammlung findet; vgl. [=] Ps 50,7E), Selbstprädikation „Ich bin + Appellativum“ (bzw. „Appellativum + bin ich“); s. M. WEIPPERT 1981, 77f m.Anm. 10 [s.o. S. 14 m.Anm. 10], zur Problematik auch DIJKSTRA 1980, 11–16. S. auch das reichhaltige Material bei NORDEN 1913, 177–239. 57 Darauf wird in der Literatur gelegentlich hingewiesen; vgl. z.B. NORDEN 1913, 208; GRESSMANN 1914, 289; ZIMMERLI 1953, 194; Neudruck in: ders. 1969, 26f. 58 Ob die Rekonstruktion der Zeile als [a-na-ku d Be-]let LÍMMU.DINGIR(Arbaile) „[Ich bin die He]rrin von Arbela“ (so auch Parpola) richtig ist, ist nicht ganz sicher, da an der abgebrochenen Stelle mehr Raum vorhanden ist, als die Ergänzung voraussetzt. 59 Der Text ist größtenteils weggebrochen, doch muß man m.E. [la ta-pa-làh IAš+šurPAP(ahu).A]Š(idinna) „[Fürchte dich nicht, Asarh]addon!“ ergänzen. Parpola hält den von mir als Ende des Zeichens AŠ aufgefaßten kleinen waagrechten Strich für den Rest eines Paragraphenteilers. Dem widerspricht aber, dass NAP 01 VI 1 der Kolumnenanfang ist, an dem ein solcher Trennstrich ungebräuchlich ist. Auch von Zeile 2 ist nicht viel erhalten; doch erscheint mir die Ergänzung [a-na-ku d 15(Issar) ša uru LÍMMU].DINGIR(Arbaile) „[ich bin Ištar von Arb]ela“ ziemlich sicher. 60 Der Spruch NAP 01 …III 1´–6´ ist fast vollständig verloren; doch stellt Z. 4´ a-na-ku d NI[N.LÍL](Mullissu) sein Ende dar; in Z. 5´f folgt der Kolophon, der als Prophetin eine gewisse Ilūssaāmur aus Nineve nennt. 61 Hier geht die Ermutigungsformel mit Anrede an Asarhaddon voraus.
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„Ich bin Jahwe“ – „Ich bin Ištar von Arbela“
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Der Name der Göttin wird in Z. 13´f durch einen Attributsatz ergänzt, der eine Beistandszusage enthält: ša nakarūtēka ina mahar šēpēka akarrarrūni „die ich deine Feinde vor deine Füße hinwerfe“. Danach kommt noch ein Rückblick, der Hinweis auf die früher erwiesene Verlässlichkeit des Wortes der Göttin (Z. 15´–17´). Eine weitere Selbstvorstellung (Z. 18´.20´f) trennt jeweils diesen Passus von den Beistandszusagen in Z. 19´f und diese von den Beistands- und Schutzzusagen in Z. 22´–27´62. Der gezielte Einsatz der Formel „Ich bin Ištar von Arbela“ jeweils an den Wendepunkten der Argumentation strukturiert formal gesehen den Text; auf der inhaltlichen Seite werden ihm dadurch einerseits ein seine Überzeugungskraft förderndes Pathos verliehen, anderseits seine Aussagen über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft an das – dem Adressaten bekannte – Wesen der Göttin, der „großen Herrin“, gebunden, die erwiesenermaßen nicht nur redet, sondern auch handelt (NAP 02 II 18´; s.u.). Unterstützt wird diese Interpretation durch die zwei Stellen in NAP 03, an denen die Selbstvorstellung von Gottheiten in ein assyrisches Analogon zu dem von Walther Zimmerli beschriebenen „Erweiswort“ des Alten Testaments63 eingebunden ist. In einem Orakel, das aus Anlass der Thronbesteigung Asarhaddons erging (NAP 03 II 10–32), verweist Assur, der Staatsgott Assyriens, darauf, wie er die Feinde des Königs besiegt und vernichtet und ihm so zur Herrschaft verholfen hat.64 Das Orakel mündet in Z. 24f65 in einen Aufruf zum Lob aus: lēmurū lunaidūni akkī dAššūr bēl ilē anākūni „man möge erkennen (und) mich (dafür) preisen, dass ich Assur bin, der Herr der Götter“. Damit lässt sich das Vorkommen der Erweisformel in der ansonsten ganz anders gearteten Ištar-Prophetie NAP 03 III 15´–IV 33´ vergleichen. Dieser Text beginnt in III 15´f wie ein assyrischer [44] Königsbrief66 mit abat dIssar ša uruArbaile „Wort der Ištar von Arbela“ und der Adresse. In III 17´–24´ folgt ein Rückblick auf das frühere Heilshandeln der Göttin, auffallenderweise kombiniert mit Kritik am Verhalten des Königs ihr gegenüber, aus der in III 25´– 36´(…?) kultische Forderungen abgeleitet werden. Unklar ist die Passage IV 1´–8´, die aber mit einer Phrase endet, die wie die in die 2. Person f.sg. umgesetzte Erweisformel klingt: […]akkī dIssar [ša uru]Arbaile attīni „[…,] dass du Ištar von Arbela bist“. Leider ist der unmittelbare Kontext der Stelle zerstört; doch könnte es sich um das in der Rede der Gottheit aufgenommene Zitat eines Gebets des Königs handeln. In IV 9´–29´ schließt sich ein erneuter Rückblick auf früheres Heilshandeln Ištars an Asarhaddon an, in dessen Zent————— 62
Die Z. 28´f enthalten den Kolophon. ZIMMERLI 1957; Neudruck in: ders. 1969, 120–132. 64 Zu diesem Orakel s. M. WEIPPERT 1981, 93–96 [s.o. S. 27–30]; 1997b, 157–160 [s.o. S. 121– 123]. Stark abweichend die Interpretation von PARPOLA 1997a, 23f. 65 Z. 26 enthält den Kolophon des Orakels, Z. 27–32 stellt den der Gesamtgruppe der Prophetensprüche I 1´–II 26 dar, die hier in II 27 als tuppi adê … ša d Aššūr „Eidestafel Assurs“ bezeichnet wird. 66 M. WEIPPERT 1981, 76f [s.o. S. 13f]; PARPOLA 1997a, LXV. S. auch o. S. 139 Anm. 44. 63
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Götterwort in Menschenmund
rum sich die Erweisformel findet: […]ti67 tammar [akkī dIssar ša uru A]rbaile anākūni „[…]… erkennst du/wirst du erkennen, dass ich Ištar von Arbela bin“ (IV 19´f68). Die Erweisformel wird in der assyrischen Prophetie, wenn man die beiden Belege verallgemeinern darf, mit dem Verbum amāru „sehen, gewahr werden, erkennen“ und Objektsatz gebildet, nicht mit edû, dem akkadischen Äquivalent des im Hebräischen gebrauchten . Die Selbstprädikationen werden ähnlich wie die Selbstvorstellungen verwendet, um dem Selbstbewusstsein der Gottheit und ihrem Einsatz für den König Ausdruck zu verleihen. Deswegen kann eine solche Prädikation, wie wir bereits gesehen haben, in chiastischem parallelismus membrorum mit der Selbstvorstellungsformel kombiniert werden (NAP 01 I 11´f). Mit der genannten Stelle vergleichbar ist eine Passage in dem Orakel NAP 02 I 36´–II 28´, bei der aber nur Selbstprädikationen verwendet werden. Der Spruch des Propheten Lā-dāgil-ile aus Arbela beginnt mit der Selbstvorstellung der „[He]rrin von Arbela“, der Anrede an den König Asarhaddon und der Ermutigungsformel (I 36´–38´). Nach einer Lücke befinden wir uns in II 1´–3´, wie es scheint – der Text ist fragmentarisch –, in einem Rückblick auf früheres Heilshandeln, an den sich Schutzzusagen (II 4´–12´) und eine dynastische Verheißung (II 13´f) anschließen. In II 15´–20´ stehen Beistandszusagen: 15´f 17´ 18´ 19´ 20´
tahūmāni ša mātāte agammar addanakka amēlūtu tullumā anāku šī qābītu ēpissu mārtu hubburtu anāku ussana ubarra adda[na]kka
Die Gebiete der Länder vernichte ich, gebe ich dir. Die Menschen69 sind treulos. Ich bin es, die spricht (und) handelt! Ein tatkräftiges Mädchen bin ich! Ich erschnüffle, fange, geb[e] (sie) dir.70 [45]
Dabei beziehen sich Z. 15´f auf äußere, Z. 17´.20´ auf innere Feinde. Die in die letztere Passage eingefügten Selbstprädikationen betonen, dass die Göttin
————— 67
Parpola ergänzt hier ansprechend [ina libbi annī]ti „[dara]n“. Die schlecht erhaltenen Z. 30´–33´, die nach einem Zwischenraum im Umfang einer Leerzeile folgen, stellen wohl die Reste des Kolophons dar. 69 Das Abstraktnomen amēlūtu „Menschheit“ kann auch statt des Plurals von amēlu für „(die) Menschen“ gebraucht werden. Dass hier nicht an die Menschheit en bloc, sondern an eine Gruppe von einzelnen Menschen gedacht ist, könnte durch den Plural des Stativs bei tullumā angedeutet sein. 70 PARPOLA 1997a, 16, interpretiert mārtu hubburtu „noisy daughter“ (so die „wörtliche“ Bedeutung des Ausdrucks) als pejorative Bezeichnung für die in Z. 16´ genannte „Menschheit“ (verstanden als „corrupt men“) und verbindet Z. 19´f zu einer einzigen Periode: „I will sniff out, catch and give you the ‚noisy daughter‘“. Es lässt sich jedoch zeigen, dass die Derivate der Wurzel /hbr/ „lärmen“ im Akkadischen nicht von vorneherein negativ konnotiert sind; letzteres kommt in den Texten relativ selten vor (s. dazu [M. WEIPPERT 2002, 42–44 = u. S. 196f]). Mir ist es deshalb auch viel wahrscheinlicher, dass hubburu (f. hubburtu) an unserer Stelle eine von der Göttin positiv eingeschätzte Eigenschaft Ištars bezeichnet, also „(heftig) lärmend“ etwa im Sinne von „aktiv, umtriebig“. Fasst man das Wort so auf, wird man durch den Chiasmus der Z. 18´f belohnt. 68
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„Ich bin Jahwe“ – „Ich bin Ištar von Arbela“
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nicht nur Versprechungen macht, sondern sie auch erfüllt71; damit soll das Vertrauen des Adressaten in Ištar und ihre Zusagen gestärkt werden. Die Göttin setzt voraus, dass das geschieht; so kann in Z. 21´ eine Aufforderung, sie zu loben, angeschlossen werden. Nur hier belegt sind die abschließenden Anweisungen, die Worte „aus Arbela“, d.h. die Ištars, zu memorieren (Z. 22´f), und die heimatlosen Götter von Esagila, dem von Sanherib zerstörten Marduk-Tempel in Babylon, zu beopfern (Z. 24´–27´). Die übrigen Selbstprädikationen müssen nur kurz erwähnt werden. Die Aussage „die große Herrin bin ich“ in NAP 01 I 11´f, die chiastisch mit einer erweiterten Selbstvorstellung verbunden ist, wurde schon besprochen. Wahrscheinlich kommt eine identische chiastische Figur auch in NAP 01 I 36´f vor72, nach Beistands- und Schutz(?)zusagen und vor einer Textlücke, so dass darüber wenig gesagt werden kann. Wegen Textverlusts ohne Kontext ist auch die Selbstprädikation anīnu dissarātu „wir sind die Göttinnen“ in NAP 02 I 8´, auffallenderweise pluralisch in einem Text, der sonst in der 1. Person sg. abgefasst ist (I 1´–14´). In Schutzzusagen begegnet noch die Aussage Ištars gegenüber Asarhaddon, ina libbi uruArbaile arītka dēqtu a[nāku] „in Arbela bin i[ch] dein guter Schild“ (NAP 01 IV 18f), die an Gen 15,1 erinnert, und die Feststellung wahrscheinlich derselben Göttin, anāku abūka ummaka „ich bin dein Vater (und) deine Mutter“ (NAP 02 III 27´), ein Ausdruck der Fürsorge Ištars für den als ihr Kind vorgestellten König. Im deuterojesajanischen Corpus steht die Selbstvorstellung, die hier die Form / aufweist, dreimal am relativen Anfang einer Sprucheinheit (Jes 42,6A; 44,24B; 48,17B), jeweils nach der durch partizipiale und andere Attribute erweiterten -Formel. Auch die „Ich bin“-Formel weist hier Attribute in Partizipial- oder Satzform oder der Kombination beider auf, die die heilvolle [46] Beziehung zwischen Jahwe und dem Adressaten, sei es nun „Israel“ (48,17) oder Kyros (42,6f), oder Jahwes Schöpfertum (44,24B73) thematisieren. Wie in den assyrischen Orakeln kommt die Selbstvorstellungsformel auch am (relativen) Anfang und am (absoluten) Ende desselben Spruches vor. In Jes 45,18f folgt sie auf die erweiterte -Formel, die hier erneut Jahwes Schöpfermacht hymnisch herausstellt, begleitet von dem selbständigen Satz . Das Satzgefüge „Ich bin Jahwe, und sonst gibt es keinen!“, das ————— 71
Mit der Aussage von Z. 18´ lässt sich inhaltlich die viermal im Ezechiel-Buch vorkommende formelhafte Wendung „ich, Jahwe, habe geredet und gehandelt“ (Ez 17,24; 22,14; 36,36; 37,14; vgl. 24,14) vergleichen, die immer auf die Erkenntnisformel folgt. 72 Der Text muß zur Hälfte nach I 11´f rekonstruiert werden: 36´ [d be-el-tu GA]L-tu(rabītu) a-na-ku 37´ [a-na-ku d 15(Issar) š]a uruLÍMMU.DINGIR(Arbaile) In Z. 36´ ist mehr Raum vorhanden, als für die logographische Schreibung mit d GAŠAN (so Z. 11´) nötig wäre; ich habe d bēltu daher syllabisch ergänzt.. 73 Der Gesamttext 44,24B–28, der die Form eines partizipialen Ich-Hymnus aufweist, besteht aus Attributen des Gottesnamens in der Selbstvorstellungsformel. Die Perikope ist allerdings später stark überarbeitet worden; die Grundschicht umfasst nur V. 24.26CE.27f; s. M. WEIPPERT 1985b. Anders, mich aber nicht überzeugend, KRATZ 1991, 72–92.
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Götterwort in Menschenmund
noch öfter74 vorkommt, ist eine der typischen monotheistischen Aussagen in Jes 45f, die den Sprecher als den einzigen Gott herausstellt. Abgeschlossen wird der Spruch durch eine erneute Selbstvorstellungsformel, die durch die sich auf die vorausgehende Bestreitung in V. 19A–C zurückbeziehenden Attribute „der Rechtes redet, Richtiges verkündet“ erweitert ist. Häufiger steht / im Inneren von deuterojesajanischen Prophetien, wo die Formel meist auch die Texte strukturiert. Deutlich ist das in dem Kyros-Orakel Jes 42,5–9, das nach der erweiterten Botenformel (V. 5) mit einer Selbstvorstellung „Ich bin Jahwe“ beginnt, an die sich eine Reihe von Attributsätzen anlehnen (V. 6B–7): „der ich dich rechtmäßig berufen habe, indem ich deine Hand ergriff und dich schützte75 und dich einsetzte zu einer Verpflichtung für das Volk76, zum Licht der Völker, um blinde Auge zu öffnen, um Gefangene aus dem Kerker zu führen, aus dem Gefängnis die, die im Dunkeln sitzen“. Die erneute Selbstvorstellung in V. 8A mit den an sie anschließenden Sätzen V. 8BC „das ist mein Name, und meine Ehre gebe ich keinem anderen“77 markiert den Übergang von dem Zitat in V. 6f78 zu dem Schlusspassus in V. 9, in dem Jahwe sich an „Israel“ wendet – erkennbar am Gebrauch der 2. Person pl. –, das Eintreffen des bisher Verheißenen konstatiert und „Neues“ () ankündigt. Ähnlich verhält es sich mit der Sprucheinheit Jes 43,1–7, in der die mit eingeleitete erweiterte Selbstvorstellungsformel die Schutzzusagen von V. 2 begründet und zugleich von den Befreiungsverheißungen V. 4–779 trennt. Die Perikope Jes 45,1–7 ist, wie ich bereits früher herausgestellt habe80, ihrer Form nach ein lupenreines [47] Königsorakel altorientalischen Stils. Dies gilt allerdings nur von ihrem Grundbestand, der sich in V. 1.2.381.4.6BC.7 findet82, während seine heutige Fassung auf Grund von allerhand Zusätzen einen etwas amorphen Eindruck macht. In seiner ursprünglichen Version gliedert sich der Text in die erweiterte Botenformel (V. 1) und zwei metrisch ähnlich gebaute Strophen (V. 2f*; 4.6BC.7). Die um ————— 74
Jes 45,5AB(sek.).6BC.21FG; vgl. / 45,22CD(wohl sek.); 46,9BC. von I „schützen“. 76 Siehe zu dieser Wiedergabe M. WEIPPERT 1997b, 163 m.Anm. 45 [s.o. S. 126 m.Anm. 45]. Im Folgenden ist der Passus „um blinde Augen zu öffnen“ vielleicht sekundär. 77 V. 8D „noch meinen Ruhm den Bildern“ ist sekundär. 78 S.u. S. 154. 79 Falls diese einer Ergänzungsschicht angehören sollten, wofür die Ankündigung der Heimführung der Diaspora in V. 5–7 sprechen könnte, stünde die Selbstvorstellungsformel wie in Jes 45,15f am Ende des Spruchs. 80 Siehe M. WEIPPERT 1981, 109f [s.o. S. 41f]; 1982, 9f = 1993b, 347–349 [s.o. S. 57–59]. 81 Ohne . 82 Dies entspricht im wesentlichen dem Ergebnis der Analyse von KRATZ 1991, 19–33. Allerdings ist m.E. die einleitende Botenformel V. 1 in ihrem vollen Umfang beizubehalten und nicht mit Kratz auf zu beschränken, da sie in Deuterojesaja A, von der sekundären Perikope Jes 45,14–17 (in V. 14A) abgesehen, stets um verschiedene Attribute zu erweitert erscheint (ohne Attribute meist in Deuterojesaja B). Nicht zum Grundbestand gehört auch V. 6A (von bis ) , da es sich dabei um einen Satz in Prosa handelt. 75
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partizipiale Attribute zum Gottesnamen Jahwe erweiterte Selbstvorstellung steht jeweils am Strophenende (V. 3C; 6BC.7), wobei sie in dem grandiosen Finale in V. 6B.7 zweimal, wie es scheint in chiastischer Stellung, verwendet ist, wohl auch, um nicht nur das Ende der Strophe, sondern zugleich das des gesamten Spruches zu markieren. In V. 3C macht sie Kyros mit dem Namen der Gottheit, die ihn „gerufen“ (oder „berufen“?) hat, bekannt, in V. 6B.7 hat sie eher die Funktion, die Macht Jahwes zu unterstreichen, der als der Schöpfer der Welt „dies alles“, was dem Achämeniden in V. 2.3AB verheißen wurde, zu tun in der Lage ist. In Jes 51,12–16, also in Deuterojesaja B, markiert die Selbstvorstellungsformel (V. 15)83 eine strukturelle und inhaltliche Grenze innerhalb des Spruchs, den Übergang von der Vergangenheit und unmittelbaren Zukunft (V. 12–14) zu einer ferneren Zukunftsperspektive, dass Jahwe nämlich künftig Zion beschützen wird (V. 16). In der „Gerichtsrede“ Jes 43,8–13 geht es um den Anspruch Jahwes gegenüber den Göttern, das Zukünftige ankündigen zu können, d.h., um seine Geschichtsmächtigkeit. Beide Seiten sollen für ihre Sache Zeugen stellen, wobei implizit für die Götter die Völker (), explizit für Jahwe „das Volk“ (), d.h. „Israel“, auftreten sollen. Gegenstand der Bezeugung ist Jahwes Einzigkeit und seine Fähigkeit, die Geschichte zu lenken (V. 10F–13). Die Einzigkeitsaussage in V. 10FG.11 wird durch ein emphatisches in V. 11A unterstrichen, in dessen Umkreis sich auch Selbstprädikationen wie (V. 12F) und (V. 10D.13A) finden, die wohl beide hier sinngemäß „Ich bin der einzige Gott“ bedeuten. Nach alledem ist es nicht überraschend, dass sich die Selbstvorstellungsformel bei Deuterojesaja auch am Spruchende findet. So in der Perikope Jes 41,8–13 in V. 13 als Begründung der vorher gegebenen Beistandszusagen (V. 10–12), aus denen sie – wie aus der einleitenden erweiterten Botenformel – Elemente aufnimmt. In Jes 43,14f wird der aus erweiterter Botenformel und Ankündigung der Eroberung Babylons bestehende Spruch durch die Selbstvorstellungsformel mit drei Attributen abgeschlossen, ebenso die im Stil eines imperativischen Hym[48]nus gehaltene Aufforderung Jahwes an Himmel und Erde, , und hervorzubringen, in 45,8. Auffällig ist dabei der den Gottesnamen ergänzende Attributsatz „der ich ihn geschaffen habe“ in V. 8F, der sich m.E. auf Kyros bezieht. Schließlich ist noch der Spruch Jes 45,20–25 zu erwähnen, in dem die Selbstvorstellung am relativen Schluss stünde, wenn V. 20f ursprünglich eine selbständige Einheit gewesen wären – dafür spricht, dass V. 22–24 „universalistische“ Aussagen machen, die weit über das von Deuterojesaja (A) Gewagte hinausgehen. Die Selbstvorstellung mit ihren Begleitsätzen in V. 21F–I gibt hier die Antwort auf die in V. 21CD gestellte Frage nach der Geschichtsmächtigkeit Jahwes. Sie ist selbst als rhetorische -Frage formuliert, bei der die Antwort „Ja“ vorausgesetzt ist. ————— 83 Sie ist auch hier durch zwei Gruppen von Attributen zu dem Gottesnamen Jahwe erweitert: (1) durch die Apposition ; (2) durch ein Zitat aus Jer 31,35 oder aus dem hymnischen Formelschatz.
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Dreimal begegnet die Selbstvorstellung auch in der Erweisformel, sekundär in Jes 45,3, ansonsten in Deuterojesaja B in 49,23.26, wo jeweils aus dem Handeln Jahwes die Erkenntnis abgeleitet werden soll, „dass ich Jahwe bin, der …“.84 Vergleicht man die Verwendung der Selbstvorstellungsformel in den assyrischen Prophetien und bei Deuterojesaja, so lässt sich bei letzterem eine Weiterentwicklung feststellen. Die nackte Form /* kommt nicht vor; der Gottesname wird vielmehr stets durch Attribute oder syndetisch angeschlossene Hauptsätze expliziert, die ihn als den Schöpfer der Welt oder „Israels“, als Erlöser seines Volkes oder als den einzigen Gott herausstellen. Es ist denkbar, dass die Assoziationen, die sich in vorexilischer Zeit bei der Nennung des Namens Jahwe eingestellt haben mögen, nach den Katastrophen von 597 und 586 fraglich geworden waren und auf diese Weise bestätigt bzw. erneuert oder überhaupt durch andere ersetzt werden sollten. Anderseits zeigte die assyrische Religion im 7. Jahrhundert nur schwache Symptome einer Krise, so dass der Name einer Gottheit, im Ausnahmefall mit einem traditionellen Epitheton85 geschmückt, genügte, um deutlich zu machen, was von ihr erwartet werden konnte. Selbstprädikationen können bei Deuterojesaja am Anfang und im Inneren von Sprüchen auftreten. Sie sind, wie die der assyrischen Prophetensprüche, unterschiedlicher Art. Sie drücken das Verhältnis Jahwes zu den Angesprochenen aus, wenn er sagt, „Ich bin dein Gott“ (Jes 41,10, in einer chiastischen Figur parallel zu „Mit dir bin ich“), oder seine Einzigkeit in dem Satz „Ich bin (der einzige) Gott“ (/ 43,12; 45,22; 46,9A; [] 46,9C). Letzteres ist auch gemeint, wenn Jahwe seine Ewigkeit betont, so in der „Gerichtsrede“ Jes 44,6–8 nach der erweiterten Botenformel (V. 6A) in der Form „Ich bin der Erste und ich bin der Letzte“, erläutert durch „außer mir ist kein Gott“ (V. 6B–D). Ähnlich ist 48,12B–D in der Einheit 48,12–16, ebenfalls einer „Gerichtsrede“, wo nach einer Aufforderung zum Hören (V. 12A) die Ewig[49]keitsaussage in folgender Form erscheint: „Ich bin es (= derselbe), ich bin der Erste und auch der Letzte“; in V. 13 stehen dann Schöpfungsaussagen. In dem Spruch Jes 41,1–4 antwortet Jahwe am Schluss des ursprünglichen Textes86 auf die Frage, wer (den namentlich nicht genannten) Kyros87 „erweckt“ und seinen Siegeszug ermöglicht hat, mit der Ewigkeitsaussage in einer etwas abgewandel————— 84 Nicht zu den Selbstvorstellungen gehört Jes 41,17D, wo appositionelles Attribut zu dem satzeinleitenden ist; in Satz E ist das vor zu erwartende getilgt: „Ich, Jahwe, werde mich ihrer annehmen, (ich,) der Gott Israels, werde sie nicht im Stich lassen.“ 85 Das einzige Beispiel dafür steht in NAP 01 II 38´: anāku dNabû bēl qartuppe „ich bin Nabû, der Herr des Schreibgriffels“. 86 V. 5–7 sind ein ikonoklastischer Zusatz, der die Inseln (oder Küstenländer) und die Enden der Erde auf Jahwes Feststellung, dass er „den vom Osten (s. dazu Anm. 87) erweckt“ habe, mit der Anfertigung eines Götterbildes reagieren lässt. 87 Ich interpretiere den Ausdruck als „(der) vom Osten“ und als verhüllende Bezeichnung für Kyros.
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ten Form: „Ich, Jahwe88, bin der Erste, und bei den Letzten bin ich derselbe.“ Der in den letzten beiden Beispielen vorkommenden Formel , die auf den ersten Blick wenig aussagekräftig erscheint – „Ich bin er/es“, aber wer oder was? –, wird wohl zu Recht die Bedeutung „Ich bin derselbe“ zugeschrieben.89 Sie findet sich auch in Jes 43,10 (in der Erkenntnisformel).13 und 46,4A und hat keine Entsprechung in den assyrischen Prophetensprüchen. Doch darf sie nicht mit einer ähnlich aussehenden Konstruktion verwechselt werden, bei der die Kopula durch ein partizipiales Attribut ergänzt wird. In knappster Form tritt sie am Ende der eine Einfügung in Deuterojesaja B darstellenden90 Perikope Jes 52,(1f.3.)4–6 auf: (V. 6BC) „denn ich bin es, der spricht: Hier bin ich!“. Jahwe erscheint hier als derjenige, der durch seine Gegenwart die in V. 6A angekündigte eschatologische Wende nach den Bedrückungen, denen „Israel“ unschuldig ausgesetzt war (V. 4B–5E), herbeiführt. An den beiden übrigen Belegstellen, Jes 43,25A und 51,12A, erscheint das Personalpronomen in seiner Langform () verdoppelt. In allen Fällen dient die Konstruktion dazu, das sprechende Ich, d.h., Jahwe, als Autor des partizipial beschriebenen Geschehens zu betonen.91 Für diese Figur gibt es eine Parallele in den assyrischen Prophetensprüchen, NAP 02 II 18´ anāku šī qābītu ēpissu „ich (d.h. Ištar von Arbela) bin es, die spricht (und) handelt“.92 2.1.2. Formen Die vorherrschende Textsorte ist in den neuassyrischen Prophetensprüchen das Heilsorakel für Könige, kurz „Königsorakel“ genannt. Es ist meist an den König in Person, also an Asarhaddon oder Assurbanipal, gerichtet; doch auch die Bot[50]schaften an andere Adressaten – die Königinmutter93, die Assyrer (mārū māt Aššūr)94, die Stadt Arbela95 und Unbekannte96 – gehören direkt oder indirekt dieser Gattung an. Nicht zu den Königsorakeln gehört die merkwürdige Rekapitulation eines adû-Rituals (Vereidigung von Vasallen) durch Ištar von Arbela in NAP 03 II 33–III 14´. Der Text NAP 03 III 15´–IV 33´ enthält im Wesentlichen kultische Forderungen97 Ištars, die mit den früheren Leistun————— 88 Dass hier appositionelles Attribut von ist, ergibt sich aus den soeben genannten Parallelstellen Jes 44,6BC und 48,12B–D. 89 HAL 231a s.v. 10. 90 S. M. WEIPPERT 1989, 110. 91 S. HAL 231a s.v. 8. 92 S.o. S. 144. 93 NAP 01 V 12–25; 02 I …1´–14´; 05?. 94 NAP 03 I 27–II 9. 95 NAP 01 II 11´–15´. 96 NAP 02 II 29´–III 19´; 08; 11. In allen Fällen wird vom König in der 3. Person gesprochen. Die Angabe des Adressaten ist jeweils abgebrochen oder von vorneherein abwesend. 97 Solche kommen auch sonst vor: NAP 01 VI 14–18; 02 II 24´–27´; 11,7´ff?.
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gen der Göttin für Asarhaddon begründet werden. Der Mini-Hymnus Ištars – die Gottheit nennt sich nicht ausdrücklich, ist aber sicher die Sprechende – mit einem Aufruf zur Freude an Ištars Kultort Arbela in NAP 01 II 11´–15´ ist nicht der Form, aber dem Sinn nach ein Heilsorakel für Asarhaddon. Die wesentlichen Konstituenten des assyrischen Königsorakels98 sind die Ermutigungsformel, die Selbstvorstellung und/oder Selbstprädikation der redenden Gottheit, Zusagen von Beistand und Schutz (manchmal in der Nuance der Fürsorge) und Rückblicke auf das frühere heilvolle Handeln der Gottheit am König, meist unter dem Aspekt der Glaubwürdigkeit ihrer neuen Verheißungen. Königsorakel dieser Art finden sich im gesamten deuterojesajanischen Corpus nur in Jes 42,6f; 45,1–7. Doch ist nur schwer vorstellbar, dass diese beiden Sprüche dazu bestimmt waren, dem Perserkönig mündlich oder schriftlich zur Kenntnis gebracht zu werden. Wie hätte das vor der Besetzung Babyloniens durch Kyros bewerkstelligt werden sollen? Viel näher liegt es, in 45,1–7, und zwar in seinem Grundbestand wie in der erweiterten Fassung, eine Kontrafaktur zu sehen, d.h. ein Heilsorakel für „Israel“ im Gewand eines Königsorakels für einen auswärtigen Fürsten. Bei dem wahrscheinlich fragmentarischen Orakel 42,6f ist das daran zu erkennen, dass das Stück als Testimonium in einen Spruch (42,5.8f) eingebaut worden ist, der auf Grund des Eintreffens früherer Ankündigungen die Gola von der Glaubwürdigkeit weiterer Verheißungen überzeugen will. Dass es bei Deuterojesaja kein Orakel für einen judäischen König gibt, ist in der exilischen Situation nach dem Untergang des Staates Juda verständlich; zudem hat man den Eindruck, dass keiner der in Jes 40– 55 zu Wort kommenden Propheten eine Restitution der Dynastie der Davididen erwartete, weder in naher noch in ferner Zukunft.99 An die Stelle des Heilsorakels für Könige tritt bei Deuterojesaja vielmehr das für „Israel“, das mit jenem, wie wir es aus Assyrien kennen, die wesent[51]lichen gattungsspezifischen Textbausteine100 gemeinsam hat. Dies kann m.E. nur bedeuten, dass das deuterojesajanische Heilsorakel auf einer Neuinterpretation des traditionellen Königsorakels beruht, bei der der judäische König durch das „Volk“ (d.h. die nach Babylonien deportierten Judäer und ihre Nachkommen) ersetzt worden ist.101 König „Israels“ ist bei Deuterojesaja Jahwe (Jes 44,6; vgl. 41,21). Die übrigen deuterojesajanischen Gattungen wie die „Gerichtsrede“ und das Disputationswort (Bestreitung) haben keine Entsprechung in den neuassy————— 98 Die meisten Textbausteine und Themen der neuassyrischen Prophetensprüche sind tabellarisch aufgelistet bei M. WEIPPERT 1981, 115 Tabelle 4 [s.o. S. 47] (heute etwas revisionsbedürftig); PARPOLA 1997a, LXV. 99 Zu Jes 55,3–5 (Deuterojesaja C) s. M. WEIPPERT 1981, 109 m.Anm. 97 [s.o. S. 41 m.Anm. 97]. Nach dem Exil ist das anders; s. die Königsorakel der Propheten Haggai und (Proto-)Sacharja für den Davididen Serubbabel und dazu M. WEIPPERT ebd., 106–108 [s.o. S. 38–40]. 100 Beispiele: Ermutigungsformel, Selbstvorstellung, Selbstprädikation: s.o. S. 17–25.47; Beistandszusage: Jes 41,10E–12; Schutzzusage: 43,2; Rückblick auf das frühere heilvolle Handeln Jahwes an „Israel“: 41,8f. 101 S. HARNER 1969; M. WEIPPERT 1982 = 1993b [s.o. S. 48–59].
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rischen Prophetien.102 Ihre traditionsgeschichtliche und historische Herkunft ist unbekannt; vielleicht sind sie aber aus der Situation monotheistisch argumentierender Propheten in einer polytheistischen Umgebung mit scheinbar übermächtigen Gottheiten und aus der Konkurrenz mit deren Heilsankündigungen zu verstehen. 2.2. Inhaltliche Gemeinsamkeiten Die formularischen und formalen Berührungen zwischen den neuassyrischen und den deuterojesajanischen Prophetensprüchen, von denen bisher die Rede war, werden flankiert von inhaltlichen Gemeinsamkeiten. So wird in beiden Textgruppen das Verhältnis zwischen der redenden Gottheit und dem Adressaten – dem König in Assyrien, „Israel“ (einmal „Jesurun“) und/oder „Jakob“ bei Deuterojesaja – als das der Eltern, der Hebamme, der Amme103, der Kindsmagd zu einem Kind beschrieben. Es ist deutlich, dass es im Falle der Elternschaft nicht um göttliche Abkunft des „Kindes“ geht; es ist ein Bild, in dem die Fürsorge der Götter für die menschliche Seite und indirekt auch deren „Erwählung“ dargestellt wird.104 Dass es sich nicht um physische Deszendenz handelt, zeigt sich z.B. in der Aussage einer im erhaltenen Text nicht eindeutig identifizierbaren Göttin, vielleicht Ištars von Arbela (eventuell in der Maske der, wie es scheint, in IV 8´ erwähnten [dUrk]ītu, d.h. der Ištar von Uruk), gegenüber Asarhaddon: „Ich bin dein Vater, deine Mutter. Zwischen meinen Flügeln habe [52] ich dich großgezogen“ (NAP 02 III 27´f). Die Funktion der Kindsmagd ist am schönsten und ausführlichsten in NAP 07,20–25 beschrieben105; doch auch die Aussage von NAP 09,18f, „Meine Hüften sind festgefügt, heben sich dir ständig entgegen“106, und von NAP 01 II 32´, „Als du noch ganz klein warst, habe ich dich zu mir genommen“107, gehören in diesen Zusammenhang. ————— 102 Vielleicht eben noch der imperativische Hymnus; vgl. NAP 01 II 11´–15´ und Jes 43,14f, und dazu o. S. 147f.150. 103 Hebamme und Amme nur in Assyrien: NAP 01 III 15´–18´: „Dei[ne] große Hebamme bin ich. Deine gute Amme bin ich“ (Ištar von Arbela). 104 S. dazu M. WEIPPERT 1985a, 62–64.71–78 [s.o. S. 65–67.73–79]. Bei dem altorientalischen Vergleichsmaterial (S. 71ff) habe ich Deuterojesaja vergessen. 105 S.o. S. 140. 106 Zur Deutung dieser Aussagen darauf, dass die Kindsmagd das Kind auf der Hüfte trägt, s. M. WEIPPERT 1985a, 63f [s.o. S. 66]. 107 PARPOLA 1997a, XXXVI–XLI, schließt aus dieser und anderen Stellen, auch solchen außerhalb der Prophetie, dass der künftige König „was separated from his physical mother and father in his infancy and brought up in temples of Ištar in Nineveh and Arbela. Nursed by hierodules and educated by initiates in the sacred mysteries he indeed ‚grew up in the lap of the goddesses‘ and was ‚raised between their wings‘“ (S. XL). Doch gab es in Assyrien keine geregelte Thronfolge, sodass nicht schon im Kindesalter der Prinzen feststand, welcher von ihnen einmal König werden würde. Deshalb möchte ich weiterhin daran festhalten, dass es sich bei den einschlägigen Aussagen um metaphorische Redeweise handelt. Erwägen kann man eventuell, ob die verschiedenen Phasen der irdischen Aufzucht des künftigen Kronprinzen und Königs nicht post festum mit einer „himmlischen“ Entsprechung
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Bei Deuterojesaja fehlen die Bilder von Vater und Mutter, Hebamme und Amme. Statt dessen finden wir hier Jahwe als den Schöpfer „Israels“ (Jes 43,1B; 44,2A.21D.24A; 45,[9.]11; 51,13A), wobei sicher nicht an die uranfängliche Schöpfung gedacht ist, sondern daran, dass Gott nach alttestamentlicher Auffassung bei jeder menschlichen Zeugung, Schwangerschaft und Geburt schaffend beteiligt ist.108 Einmal (Jes 46,3f) erscheint Jahwe in einer Rolle, in der man, wenn man die assyrischen Beispiele vor Augen hat, unschwer die der Kinderfrau erkennen kann: 3
4A 4B 4CD 4EF
Hört auf mich, Haus Jakob, und du ganzer Rest des Hauses Israel, die ihr hochgehoben wurdet vom Mutterleib an109, getragen wurdet vom Mutterschoß an! Bis zum Alter bin ich derselbe, und bis zum Greisenalter schleppe110 ich euch. Ích habe (es bisher) getan111 und werde euch (weiter) tragen, und ích werde (euch) tragen und retten. [53]
„Sie“ stellt aber „ihre“ Tätigkeit nicht ein, wenn die „Kinder“ ein bestimmtes Alter erreicht haben, sondern „trägt“ sie von der Geburt an ein ganzes Leben lang. Beide Rollen, die des Schöpfers und die der Kindsmagd, vergegenwärtigen das intime Verhältnis, dass zwischen Jahwe und „Israel“/Jakob besteh t. Wahrscheinlich drückt sich darin auch bildlich die Erwählung „Israels“ durch Jahwe aus, analog der des Königs in den Eltern- und Ammenbildern der assyrischen Prophetie. Sie kann bei Deuterojesaja mithilfe der Verben und D allerdings auch ausdrücklich verbalisiert werden, so in Jes 41,8f; 44,1f und 48,12, wobei sie in 44,1f mit der Erschaffung „Israels“ eng verbunden ist: 1A 1B 1C 2A 2B 2C
Und nun: Höre, Jakob, mein Knecht, und Israel, den ich erwählt habe! So spricht Jahwe, der dich gemacht hat, und der dich vom Mutterschoß an gebildet hat, dir hilft: Fürchte dich nicht, mein Knecht Jakob, und Jesurun, den ich erwählt habe!
————— versehen wurden, sodass „in, mit und unter“ den Verrichtungen der menschlichen Eltern, Hebammen, Ammen und Kinderfrauen Götter und Göttinnen am Werk gesehen wurden. Man vergleiche, wie bei der Herstellung eines Gottesbildes die Arbeit der irdischen Handwerker und die der Handwerkergötter in eins gesetzt wurden: BERLEJUNG 1998, 114–117.232f. 108 Vgl. WOLFF 1973a, 146–148. 109 mit der Langform der Präposition metri causa. Vgl. sonst Jes 44,2.24; ferner 48,8; 49,1.5. 110 Das Verbum wird vom Tragen schwerer Lasten gebraucht, deshalb hier mit „schleppen“ wiedergegeben. 111 Die in BHS (Winton Thomas) vorgeschlagene Emendation * statt wäre stilistisch und sachlich möglich, wenn auch nicht nötig, und hätte jedenfalls die Schreibung (s. V. 3) gegen sich. Außerdem hat sie keinen Anhalt in der Überlieferung.
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Schließlich ist noch das Problem der Verlässlichkeit und der Verifikation der göttlichen Ankündigungen und Zusagen zu erwähnen, mit dem Prophetie zu allen Zeiten und überall konfrontiert war und ist. Im altbabylonischen Mari hat man versucht, durch die Einholung technischer Orakel den Wahrheitsgehalt prophetischer Botschaften zu ermitteln. Auch im Assyrien des 1. Jahrtausends v.Chr. war die Prophetie nur ein Mittel unter mehreren, und sicher nicht das wichtigste, um etwas über den Willen und die Absichten der Götter zu erfahren, so dass es immer die Möglichkeit gab, die mit der einen Methode gewonnenen Einsichten durch die Anwendung einer anderen zu kontrollieren. Trotzdem bestand in allen Fällen die letztendliche Verifikation natürlich im Eintreffen des Angekündigten, im tatsächlich erfahrenen Beistand und Schutz. Auch in Israel und Juda wird man verschiedene mantische Mittel eingesetzt haben, bis die Verfasser der deuteronomischen Rechtssammlung in der frühen Perserzeit außer der Thora gerade noch – und wie es scheint, etwas zögerlich112 – prophetische Gottesbotschaften als Quellen des Willens Jahwes zuließen. Sie fühlten daher den Zwang, Kriterien für „wahre“ Prophetie aufzustellen und fanden sie, wie Dtn 18,20–22 zeigt, erwartungsgemäß in der Verwirklichung des Angesagten. Doch auch die Götter legten ihrerseits Wert darauf, dass ihre Ankündigungen und Zusagen von den angesprochenen Menschen als verlässlich und sie selbst als die Herren bzw. Herrinnen von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft angesehen wurden. Mehrere Male begegnen daher in den assyrischen Prophetensprüchen rhetorische Fragen, die eine bestimmte Antwort implizieren und daher im Grunde Aussagen sind. So fragt Ištar von Arbela den König Asarhaddon in NAP 01 I 15´–17´: „Welches sind denn meine Worte, die ich zu dir zu sprechen [54] pflegte, auf die du dich nicht verlassen konntest?“ Die Antwort kann nur lauten: Es gibt keine. Ähnlich steht es in NAP 01 VI 7–12, wo aus der Aussage in Frageform gleich der Schluss auf die Vertrauenswürdigkeit der Zusagen Ištars gezogen wird: „Konntest du dich auf das frühere Wort, das ich zu dir zu sprechen pflegte, nicht verlassen? [Antwort: doch!] Nunmehr: Auf das neuerliche kannst du dich (auch wieder) verlassen.“ Oder weniger direkt in NAP 01 II 34´–36´: „Wo ist (denn) jener Feind, der gegen dich anstürmte? [Antwort: nicht mehr vorhanden o.ä.] Ich bin es, die auf die zukünftigen Dinge achtet wie auf die vergangenen!“ Vorausgesetzt ist hier, dass die Beistandszusagen Ištars in der Vergangenheit erfüllt worden sind, und dass dies auch in Zukunft so sein wird. Derselbe Sachverhalt kann auch ganz kurz und bündig ausgedrückt werden: „Wie das Frühere, so das Zukünftige!“ (NAP 02 I 17´f).113 Im Deuterojesaja-Buch gibt es ähnliche Äußerungen; aber der Sachverhalt ist hier komplizierter, weil die Frage nach der Verlässlichkeit der Zusagen ————— 112
Auf die Ankündigung eines „Propheten wie Mose“ in Dtn 18,15.18 ist hier nicht einzugehen. Vgl. noch die Frage Ištars in NAP 01 II 3´ „Habe ich dich nicht erhört?“ (Antwort: doch!), und die Feststellungen „Ich habe zu dir gesprochen, ich habe di[ch] nicht getäuscht, ich habe [dir] Mu[t] gemacht“ (NAP 01 III 31´–IV 1), auf die dann neue Verheißungen folgen (IV 2ff). 113
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Jahwes für Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft bei der Mehrzahl der Belegstellen mit dem Erweis seiner Überlegenheit gegenüber den anderen Göttern oder überhaupt seiner Einzigkeit verknüpft ist (Jes 41,25–27; 42,6–9; 43,8–13; 44,6–8; 45,20f; 46,9–11). Ein gutes Beispiel dafür bietet die letztgenannte Stelle Jes 46,9–11: 9A 9BC 9DE 10A 10B 10C 10D 11A 11B 11CD 11EF
Gedenkt des Früheren von Urzeit an! Denn ich bin Gott, und sonst gibt es keinen, bin Gott, und keiner ist wie ich, der ich von Anfang an das Zukünftige ansagte, von Urzeit an das, was noch nicht geschehen war, der ich meinen Plan sage, der eintrifft, der ich alles tue, was ich will, der ich aus dem Osten den Raubvogel rufe, aus fernem Land den Mann meines Plans! Ich habe (es) gesagt und werde es zu Wege bringen, ich habe (es) geplant und werde (es) ausführen.
Ohne die Verbindung mit der monotheistischen Aussage wird das Schema von Ankündigung und Ausführung in Jes 48,3.6f und 48,14–16 gehandhabt. Besonders auffällig ist die nahe Berührung der assyrischen Propheten und Deuterojesajas bei Sprüchen, in denen ein früheres Orakel wörtlich zitiert, sein Eintreffen konstatiert und dann etwas Neues angekündigt wird. Für diesen Spezialfall des Schemas gibt es zwei Belege bei ersteren (NAP 03 II 10–26; 07) und drei bei letzterem (Jes 41,21–29; 42,5–9; 48,12A–16D).114 [55] Schließlich seien noch zwei Einzelheiten erwähnt, die aber zeigen, wie weit die terminologischen und gedanklichen Gemeinsamkeiten zwischen beiden Textcorpora gehen. In dem langen Heilsorakel der Ištar von Arbela für den König Asarhaddon NAP 01 III 7´–IV 35… folgen auf eine Reihe von Feststellungen über die bisherige Verlässlichkeit der Göttin115 Beistands- und Schutzzusagen: lā ubāška nāru ina tuqunne ušēbarka „Ich lasse dich nicht zuschanden werden; ich lasse dich den Fluss sicher116 überschreiten“ (IV 2–4). Das Überschreiten des Flusses könnte auf die Tigris- und Euphratüberquerung zu Beginn jedes Westfeldzugs assyrischer Könige gemünzt sein, die in der Regel im Frühjahr bei Hochwasser stattfand und deshalb besonders gefährlich war. Möglich ist jedoch auch, dass die Aussage metaphorisch gemeint ist und göttliche Hilfe in schwierigen Situa————— 114
S. dazu ausführlich M. WEIPPERT 1997b, bes. 152–169 [s.o. S. 114–131, bes. 117–131]. Parpolas Interpretation der beiden assyrischen Texte (PARPOLA 1997a, 23f.38f.) weicht von der in jenem Aufsatz und hier gegebenen in beträchtlichem Maße ab. 115 S. dazu o. S. 154 Anm. 113. 116 Das Wort tuqunnu ist im AHw 1372a, unter tuqnu, nach von Soden „ein Kopfbund?“, eingeordnet; doch siehe DELITZSCH 1896, 713a; M. WEIPPERT 1981, 85 Anm. 28 [s.o. S. 21 Anm. 28]; PARPOLA 1997a, 8.52b (tuqūnu). Das Wort kommt höchstwahrscheinlich noch einmal in NAP 05,9 vor (mit Schreibfehler AD-qu-un für *tu-qu-un; PARPOLA 1997a, 34, liest tu-…; doch ist das nach meiner Kollation kaum richtig).
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tionen aller Art zusagt; denn in NAP 09 Vs. 9.11 werden ähnliche Ausdrücke ([ē]tanabber nārāte u tâmāte bzw. ētanabber nārāte kalîšina „überschreite ich ständig Flüsse und Meere“ bzw. „überschreite ich ständig alle Flüsse“) im Rahmen der bildlichen Beschreibung der Anstrengungen verwendet, die Ištar von Arbela zugunsten des Königs Assurbanipal unternimmt. Eine vergleichbare Zusage macht Jahwe in dem Heilsorakel für Jakob/„Israel“ Jes 43,1–3A(.3B–7) in V. 2A–D: 2AB 2CD
Wenn du durch Wasser gehst, werde ich bei dir sein, und durch Ströme, werden sie dich nicht überfluten.
Zu guter Letzt ist noch auf eine Liebeserklärung hinzuweisen, die Ištar von Arbela in NAP 01 IV 24f an den König Asarhaddon richtet. Sie lautet artāmk[a] adann[iš] „ich liebe dich sehr“ und hat eine etwas anders stilisierte Parallele im Ergänzungsteil des eben erwähnten Heilsorakels für Jakob/„Israel“ Jes 43,1–7 in V. 4: 4A 4BC 4D 4E
Weil du kostbar bist in meinen Augen und wertgeachtet, und ich dich liebhabe, werde ich Menschen an deiner Stelle geben und Völker statt deines Lebens.
3. Folgerungen Die Sprüche der neuassyrischen Prophet(inn)en und die Deuterojesajas weisen, wie in Kapitel 2 zu zeigen war, auf den drei Ebenen der Formeln, der Formen (Textsorten/Gattungen) und des Inhalts beträchtliche Übereinstimmungen auf. Beachtlich erscheint mir dabei, dass sich die „Parallelen“ im Grundbestand von [56] „Deuterojesaja A“ (Jes 40–48*) konzentrieren und nur vereinzelt in den Fortschreibungen der Grundschicht und im Rest der deuterojesajanischen Sammlung auftauchen. Das kann als Ausdruck eines spezifischen literarischen und theologischen Profils Deuterojesajas gewertet werden, das sich auch117 in dieser Hinsicht von dem von Deuterojesaja B (Jes 49,1– 52,12*) und C (Jes 54f) und dem des Fremdkörpers Jes 52,13–53,12 deutlich abhebt. Auf Grund dessen erscheint es mir in der Tat möglich, hinter dem Grundbestand von Jes 40–48* die Umrisse der individuellen Person eines Propheten auszumachen.118 Schön wäre es, wenn die Tradenten uns seinen Namen nicht verschwiegen hätten; aber sie werden dafür ihre Gründe gehabt haben, die bereits in der politischen Lage in den letzten Jahren vor der Über————— 117
Das käme zu den bereits bekannten Unterschieden zwischen Jes 40–48* und 49ff (z.B. dem Bezug auf Jakob/„Israel“ in 40–48*, auf Zion/Jerusalem in 49ff) hinzu. 118 S. dazu bereits o. S. 136 m.Anm. 24.
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nahme des neubabylonischen Reichs durch den Achämeniden Kyros gelegen haben mögen. Ein wesentliches Motiv könnte der Schutz des Verfassers solch subversiver Verse vor Verfolgung durch die Institutionen des Staates gewesen sein. Nabonid (Nabû-naid; 556–539 v.Chr.)119, der letzte einheimische König von Babylon, war kein Usurpator, sondern legal auf den Thron gekommen, allerdings als Repräsentant einer der im Reiche um die Macht ringenden Parteien. Das hatte zur Folge, dass seine Herrschaft nicht allen Fraktionen der politisch aktiven (und das heißt auch begüterten) Oberschicht genehm war, deren Interessen, insbesondere wohl auf dem Gebiet der Wirtschaft, nicht unbedingt mit denen der herrschenden Gruppe harmoniert haben müssen. Verschärft wurde der Konflikt durch bestimmte persönliche Eigenheiten des Königs, vor allem auf religiösem Gebiet, was angesichts der ökonomischen Potenz der Tempel der großen Götter in Babylon und den übrigen alten Städten des südlichen Mesopotamien auch wirtschaftliche Konsequenzen nicht ausschloss. Nabonid entfaltete allerdings in der traditionellen Manier babylonischer Könige in den alten Kultzentren eine rege Bautätigkeit und erwies ihren Göttern die schuldige Reverenz; es konnte jedoch vom Anfang seiner Regierung an nicht verborgen bleiben, dass seine besondere Zuneigung dem Mondgott von Harrān und seinem Tempel É-húl-húl galt. Für ihn war Sîn der höchste der Götter, und der Wiederaufbau des im Jahre 610 bei der Eroberung Harrāns durch die Meder und Babylonier zerstörten Tempels der Hauptzweck, den der Gott mit der von ihm – wie er betont – nicht erwarteten Berufung seiner Person zum Königtum verfolgte. Dies und sein zehnjähriger Aufenthalt in den Oasen des Hegāz, durch den die Kultübung in Babylon – insbesondere die Feier des Neujahrsfestes, die die Mitwirkung des Königs erforderte – entscheidend gestört wurde, hat wohl dazu geführt, dass die Priesterschaften der großen Tempel eine Agitation gegen Nabonid entfachten mit dem Ziel, ihn vom [57] Thron zu entfernen. Wir haben von der priesterlichen120 Propaganda gegen den König keine direkten Zeugnisse aus seiner Regierungszeit; doch spiegelt sie sich deutlich in Inschriften Kyros’ nach seiner Thronbesteigung in Babylon, vor allem im sog. Kyros-Zylinder121 und in den Hasstiraden des „Schmähgedichts“122. Es lohnt sich, einmal den Passus über die Berufung Kyros’ durch Marduk, den obersten Gott Babylons, in dem babylonisch inspirierten „Kyros-Zylinder“ (Z. 11–14) gegen das zu halten, was Deuterojesaja in Jes 41,2–4.25–29; 42,6f; 45,1–3B.13; 46,11 zum selben Thema – freilich mit Jahwe statt Marduk – zu sagen hat, um zu sehen, dass hier ideologisch-theologisch verwandte Gedanken artikuliert werden: ————— 119
Zu Nabonid s. generell BEAULIEU 1989. Ob es eventuell auch babylonische Prophetensprüche gegen Nabonid gab, wissen wir nicht. 121 BERGER 1975; Teilübersetzungen von Rykle Borger, TGI2.3 82–84 Nr. 50; TUAT I, 407–410, und von A. Leo Oppenheim, ANET1–3 , 315f. 122 S. SMITH 1924 = 1975, 27–97; Übersetzung: ANET1-3 312–315 (A. Leo Oppenheim). 120
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„Ich bin Jahwe“ – „Ich bin Ištar von Arbela“ I II III IV V VI VII VIII
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Die Gesamtheit aller Länder überschaute er (scil. Marduk), sah er prüfend an und 12 suchte einen gerechten Fürsten nach seinem Herzen. Er ergriff mit seiner Hand Kyros, den König von Anšan, sprach seine Berufung aus, zur Herrschaft über das gesamte All nannte er seinen Namen. 13 Das Land Gutium123, die Gesamtheit der Ummān-Manda124, unterwarf er seinen Füßen. Die schwarzköpfigen Menschen, die er seine Hände bezwingen ließ, 14 hütete er in Recht und Gerechtigkeit. 11
Das bedeutet m.E., dass das Auftreten Deuterojesajas in das Umfeld der babylonischen Anti-Nabonid- und Pro-Kyros-Agitation einzuordnen ist. Er kündigt seinem judäischen Publikum den von Jahwe gewirkten Sturz des neubabylonischen Reiches durch den Achämeniden als Voraussetzung für die Beendigung der „Gefangenschaft“ der exilierten Judäer an, ein Ereignis, in dem die Macht Jahwes als des einzigen Gottes und seine Fürsorge für „Israel“ triumphieren sollten. Wie aber erklären sich nun die deutlich erkennbaren Berührungen der Sprüche Deuterojesajas mit denen der neuassyrischen Prophet(inn)en? Sicher ist: Deuterojesaja kann die neuassyrischen Prophetien nicht gekannt haben. Als er auftrat, ruhten die Tontafeln, auf denen sie aufgeschrieben waren, bereits ein Dreivierteljahrhundert unter dem Schutt von Nineve, und es ist kaum anzunehmen, dass Heilsorakel für assyrische Könige in Babylonien tradiert wurden, das am Ende des 7. Jahrhunderts v.Chr. unter Nabopolassar und Nebukadnezar II. [58] seine Unabhängigkeit gegen die Assyrer erkämpft hatte. Ein Archiv- oder Bibliotheksbesuch Deuterojesajas in Babylon hätte in dieser Hinsicht sicher nichts erbracht. Möglich ist jedoch zumindest theoretisch, dass Deuterojesaja bei babylonischen Propheten, die in derselben oder einer ähnlichen Tradition standen wie die assyrischen, gleichsam in die Lehre gegangen wäre. Doch sind uns babylonische Propheten im ganzen 1. Jahrtausend v.Chr. nicht bezeugt. Das schließt nicht aus, dass es sie gegeben hat; aber die Wahrscheinlichkeit, dass Deuterojesaja von diesen hypothetischen „Kollegen“ und ihrer noch hypothetischeren Orakeltradition abhängig sei, ist doch sehr gering. Näher liegt die Annahme, dass es eine gemeinaltorientalische – oder wenigstens syrisch-mesopotamische – prophetische Sprache gab, an der sowohl die assyrischen Prophet(inn)en als auch Deuterojesaja partizipierten. Für die Metaphorik der assyrischen raggimū und raggimātu glaube ich das bereits nachgewiesen zu haben.125 Für das Königsorakel in Syrien besitzen wir in der altaramäischen Steleninschrift des Königs Zakkūr von Hamath und Luaš zwei Beispiele für den Anfang des 8. Jahrhunderts v.Chr. (KAI 202 A 12–15.15– 17…), von denen das besser erhaltene (Z. 12–15) hier angeführt sei: ————— 123
Das war ursprünglich eine Provinz des neubabylonischen Reiches. Die historische Bezeichnung Ummān-Manda bezeichnet hier die Meder. 125 S. M. WEIPPERT 1985a [s.o. S. 60–86].
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[wymr] 13[ly] . Bl šmyn . l . tzhl . ky . nh . hml[ktk . ] [wnh] 14[q]m . mk . wnh . hslk . mn . kl . [mlky . l . zy] 15mhw . lyk . msr 12
[Da sprach] 13Bel-šamain [zu mir]: Fürchte dich nicht! Denn [ích habe dich] zum Kön[ig] gemacht, [und ích] 14[erh]ebe mich mit dir, und ích rette dich vor allen diesen Königen, die dich belagern. 12
Dem zur Seite stellen kann man aus dem Alten Testament das Orakel des Propheten Ahia von Silo für den späteren König Jerobeam I. von Israel in 1 Kön 11, 31–39*126 und die sog. Nathansweissagung in 2 Sam 7*127, beide zumindest in ihrem Grundbestand und unabhängig davon, wann dieser jeweils verfasst worden ist128. Das stützt m.E. die Ansetzung einer den assyrischen Prophet(inn)en und Deuterojesaja gemeinsamen altorientalischen Tradition.129
————— 126
S. H. WEIPPERT 1983. S.o. S. 134 m.Anm. 12. 128 Helga Weippert hat m.E. überzeugend gezeigt, dass die Grundschicht des Ahia-Orakels auf einen authentischen Prophetenspruch aus dem Ende des 10. Jahrhunderts v.Chr. zurückgeht. Bei der „Nathansweissagung“ scheint mir zumindest die Tradition alt zu sein. 129 [Das „Nachwort“ (Widmung an Klaus Seybold) am Ende des Aufsatzes (S. 59 des Originals) ist hier weggelassen]. 127
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„König, fürchte dich nicht!“ Assyrische Prophetie im 7. Jahrhundert v.Chr.* 2002
Polumerw/j kai. polutro,pwj pa,lai oi` qeoi. evla,lhsan toi/j patra,sin evn toi/j profh,taij… Frei nach Hebr 1,1
1. Prophetie im Alten Orient und die neuassyrischen Prophetensprüche Dass das Phänomen „Prophetie“ im Alten Orient nicht auf Israel und Juda beschränkt war, konnte man zwar bereits aus der Bibel selbst wissen, ist aber erst seit der Identifikation von Briefen mit prophetischen Botschaften aus dem Palastarchiv von Mari ziemlich allgemein anerkannt. Die Belege sind geographisch und zeitlich weit gestreut und zeugen, fasst man die gesamte schriftliche Überlieferung des antiken Vorderasien und Ägypten ins Auge, von einer eher marginalen Erscheinung. Ihre Bedeutung im Bewusstsein der modernen Wissenschaft beruht auf dem Gewicht, das die im Alten Testament reflektierte israelitisch-judäische Prophetie in der christlichen Theologie und damit – und sei es nur unterschwellig – in den aus Europa hervorgegangenen Kulturen besitzt. Ob man den Botschaften der Prophetinnen und Propheten in der vorderorientalischen Antike einen ebenso prominenten Platz unter den verschiedenen Formen der Mantik eingeräumt hat, ist unbekannt; gewisse Anzeichen in den überlieferten Texten lassen indessen daran zweifeln. Einzelne mehr oder minder deutliche Hinweise auf das Wirken von Propheten in Texten unterschiedlicher Gattung vom Ende des 2. und aus der 1. Hälfte des 1. Jahrtausends v.Chr. können hier außer Betracht blei[2]ben.1 Jedoch stehen uns außerhalb der hebräischen Bibel und ihrer antiken Nebenüberlieferung, die als Überlieferungswerk indessen einen Spezialfall darstellt,2 auch Textcorpora von einigem Umfang zur Verfügung, allerdings nur aus der altbabylonischen Periode, verteilt über die Welt der amoritischen Kö————— * Rezensionsartikel über SIMO PARPOLA, Assyrian Prophecies. Illustrations edited by JULIAN READE and SIMO PARPOLA (State Archives of Assyria, 9; Helsinki 1997). Das Werk wird im Folgenden als „PARPOLA 1997a“, zitiert. 1 S. dazu M. WEIPPERT 1981, 99–104 [s.o. S. 33–37]; 1988, 294–305 [s.o. S. 87–103]; 2001b. 2 D.h., sie enthält die Texte meist nicht in der Fassung ihrer Entstehungszeit, sondern in Bearbeitungen unter späteren Gesichtspunkten.
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nigreiche von Jamhad (Aleppo) über Mari bis nach Babylon und Ešnunna,3 und aus dem letzten Jahrhundert des neuassyrischen Reiches. Die ersteren stammen im Wesentlichen aus Mari.4 Dabei handelt es sich um Briefe, deren Verfasser(innen) dem König von Mari prophetische Botschaften (gelegentlich auch symbolische Handlungen) berichten, von denen sie gehört haben, oder die ihnen gemeldet und von ihnen protokolliert worden sind. Die beiden außerhalb Maris gefundenen Texte wurden im Tempel der Göttin Kitītum in Iščālī (Ašgālī; alt Nērebtum) ausgegraben.5 Hierbei handelt es sich um Briefe der Gottheit an den König Ibalpiël II. von Ešnunna; drei ähnliche Briefe finden sich auch im Archiv von Mari.6 Länger als bei den Maribriefen „prophetischen Inhalts“ dauerte es bei den neuassyrischen Prophetien, bis ihr wahrer Charakter erkannt, und die Textgruppe angemessen beschrieben wurde, obwohl der erste einschlägige Text bereits 18757 veröffentlicht worden ist. In der Regel sprach man von „Orakeln“, was wohl zu der Ansicht verführte, es handle sich dabei um Antworten auf Orakelanfragen, eine Textgattung, die wiederum gewöhnlich nicht als „prophetisch“ eingestuft wurde. Zwar gab es einzelne Gelehrte wie Alphonse Delattre (1888)8 oder Hugo Greßmann (1927/28)9, die mit [3] sicherem Blick erkannten, dass in diesen Texten Prophet(inn)en zu Wort kamen; aber durchgesetzt hat sich diese Einsicht erst allmählich in den letzten zwanzig bis fünfundzwanzig Jahren.10 Dies erklärt sich zu einem Teil dadurch, dass die Prophetensprüche vorher nur schwer zugänglich waren: Sie lagen, soweit überhaupt veröffentlicht, nur in älteren Keilschrifteditionen und in veralteten Bearbeitungen und Übersetzungen vor, mit denen nur Spezialisten etwas anfangen konnten. Hinzu kam, dass die neuassyrische Varietät des Akkadischen erst von den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts an konsequent erschlossen wurde, vor allem durch die Publikationen von Karlheinz Deller und seinen Schülern, so dass erst jetzt ein angemesseneres Verständnis der Texte möglich wurde. Überliefert sind die neuassyrischen Prophetien auf einer Reihe von Tontafeln der Kouyunjik-Sammlung des Britischen Museums, und zwar als reiner Text, ohne Einbindung in einen berichtenden Zusammenhang,11 also anders als die ————— 3 Mit dieser Feststellung soll nicht ausgedrückt werden, dass es sich bei der altbabylonischen Prophetie um ein „amoritisches“ oder „westsemitisches“ Phänomen handelt. Über die Genese und Herkunft dieser Erscheinung wissen wir vorerst nichts. 4 Jetzt bequem zugänglich in ARM 26,195–223 (= AEM I 1 S. 375–452).371 (= AEM I 2 S. 177– 179), mit Übersetzung und Kommentar von J.-M. Durand und D. Charpin; LAFONT 1984; nur Übersetzung: CAGNI 1995. 5 ELLIS 1987. 6 ARM 26,192–194. 7 K 4310 (NAP 01) in 4R1 61 (George Smith). 8 S. PARPOLA 1997a, XIIIf.CVIII; zu Delattre WEISSBACH 1938. 9 GRESSMANN 1928, 51. 10 Es genügt, auf die Bibliographie der Jahre 1969ff bei PARPOLA 1997a, CX–CXII, hinzuweisen. 11 Zu den Verfasserangaben, meist in Gestalt von Kolophonen, s.u. S. 187–189. Diese können nicht als „berichtend“ aufgefasst werden.
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altbabylonischen Prophetensprüche, die in Briefen referiert werden, aber ähnlich einem Teil oder Teilen des alttestamentlichen corpus propheticum. Sie stammen aus der Regierungszeit Asarhaddons und Assurbanipals und richten sich in erster Linie an den König, gelegentlich an die Königinmutter (ummi šarre), einmal auch an die Assyrer insgesamt. Daneben gibt es jedoch auch eine Reihe von Erwähnungen und Zitationen prophetischer Äußerungen in Inschriften neuassyrischer Könige und in zeitgenössischen Briefen. Die selbständig überlieferten Prophetien liegen nun in einer neuen Edition – der ersten Gesamtausgabe – im Rahmen der Reihe State Archives of Assyria von der Hand von Simo Parpola vor,12 während die sonstigen Hinweise auf prophetisches Reden und Handeln in einer Monographie von Martti Nissinen bearbeitet worden sind,13 die als eine Art Begleitband zu Parpolas Werk verstanden werden kann. Das Buch von Parpola enthält eine „Einleitung“ von 109 Seiten („Introduction“, S. XIII–CXXI), die Transliteration und Übersetzung der elf Sammel- und Einzeltafeln mit „kritischem Apparat“ auf 43 Seiten (S. 1–43), ferner 37 Seiten Glossare und Indices (S. 45–81), zwei Seiten Kollationen (S. 83f) und vierzehn plates, auf denen die Manuskripte gut lesbar14 nach Photographien des Britischen Museums abgebildet sind (im Inhaltsverzeichnis als S. 85[–98] gezählt). Vergleicht man den Band mit den übrigen bisher erschienenen Teilen der State [4] Archives of Assyria, so stellt man zwei Abweichungen vom asketischen Stil der Reihe fest. Gewöhnlich nimmt die Einleitung nur geringen Raum ein und bietet neben den in allen Bänden ähnlichen technischen Hinweisen zur Edition nur wenig Interpretation, während der Apparat sich auf Angaben zur Lesung, Hinweise auf parallele oder vergleichbare Stellen, gelegentliche Sacherklärungen u.dgl. beschränkt. Hier nun haben wir eine monumentale Einleitung, die den zweieinhalbfachen Umfang der Textdarbietung aufweist, und einen ausführlichen „Apparat“, der zwar auch die genannten Funktionen erfüllt, insgesamt aber eher einen laufenden Kommentar zu den umschriebenen und übersetzten Texten darstellt. Die vom Standard der Reihe abweichenden Eigenheiten insbesondere der Introduction begründet der Verfasser in seinem Vorwort damit, dass „the complex background studies included in it, without which the texts make little sense, would still remain to be written. They are needed to make this important corpus of prophecies fully accessible not just to a limited circle of Assyriologists but to specialists in religious studies as well.”15 Lässt man dies gelten, so könnte man fragen, warum bei anderen Bänden der Reihe nicht analog verfahren worden ist, etwa bei den von A. Livingstone
————— 12
S.o. S. 159 Anm. *. NISSINEN 1998. 14 Für einige schwierige Stellen benötigt man allerdings trotzdem Originalabzüge der Photographien oder Einsicht in die Originale selbst. 15 PARPOLA 1997a, IX. 13
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als Court Poetry and Literary Miscellanea bearbeiteten Texten16, die für Eingeweihte wie Uneingeweihte zu einem guten Teil ähnliche Verständnisschwierigkeiten bieten wie die Prophetien und religions- wie mentalitätsgeschichtlich ebenfalls äußerst interessant sind.
2. Die assyrische Religion nach Parpola Der erste Hauptteil der Einleitung, „The Conceptual and Doctrinal Background“ (S. XVIII–XLIV), beruht im wesentlichen auf früheren Darlegungen Parpolas,17 die hier in gestraffter Form zusammen- und weitergeführt werden. Der Verfasser nimmt zum Ausgangspunkt seiner Darstellung die auf den ersten Blick zutreffende Beobachtung, dass im Unterschied zu [5] den Prophet(inn)en des Alten Testaments, die fast ausschließlich im Namen des israelitisch-judäischen Nationalgottes Jahwe reden, ihre assyrischen Kolleg(inn)en ihre Inspiration nur im Ausnahmefall von Assur, dem Staatsgott Assyriens, empfangen. Vielmehr seien es andere Gottheiten, die durch die Prophet(inn)en sprechen, in erster Linie Ištar von Arbela. Allerdings sei es ein Missverständnis, diese Polyphonie auf den in Assyrien herrschenden Polytheismus – im Unterschied zu dem „israelitischen“ Monotheismus – zurückzuführen. In Wirklichkeit sei „the multiplicity of oracular deities“ in den assyrischen Prophetien „largely illusory“;18 denn die verschiedenen Namen von Göttinnen wie Mullissu, Bānītu oder Urkittu seien sämtlich auch sonst als solche belegte Bezeichnungen der Ištar (von Arbela), auch die drei in NAP 01 D (Parpola 1.4; I 30´–II 10´) auftretenden Gottheiten Bēl, Ištar von Arbela und Nabû nur je nach Thema wechselnde „Masken“ eines göttlichen Wesens, und in NAP 03 verhielte es sich gar so, dass „the identities of Aššur and Ištar blend in an unexpected and absolutely baffling way“.19 Hintergrund dieser Aussagen ist ein Bild der assyrischen Religion, das Parpola im letzten Jahrzehnt erarbeitet und bereits mehrfach unter unterschiedlichen Gesichtspunkten vorgetragen hat.20 Es lässt sich, auf das Wesentliche reduziert, etwa folgendermaßen zusammenfassen: 1. Die assyrische Religion ist nur an der Oberfläche polytheistisch; ihre Tiefenstruktur ist vielmehr monotheistisch. 2. Assur ist der einzige und universale Gott, „die Gesamtheit der Götter“. 3. Die Götter sind Hypostasierungen der Kräfte Assurs, die die Welt durchwalten und regieren. ————— 16
LIVINGSTONE 1989. Hier stehen 121 Seiten Transliterationen und Übersetzungen 27 Seiten Einleitung gegenüber. 17 Vor allem PARPOLA 1993b; ferner ders. 1993a, XIII–XXVII; 1995. Nach PARPOLA 1997a erschien PARPOLA 2000. 18 PARPOLA 1997a, XVIII. 19 Ebd., XVIIIf. 20 S.o. Anm. 17.
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4. Die Einheit der göttlichen Kräfte und ihre organische Interaktion werden mittels der „Metapher“ der Ratsversammlung der Götter (puhur ilāne) ausgedrückt, der Anu vorsteht, und der Assur nicht angehört, weil er als „die Gesamtheit der Götter“ mit ihr identisch ist. 5. Bildlich dargestellt wird die Götterversammlung in der Ikone des assyrischen „Heiligen Baumes“, dessen Verzweigungen die großen Götter repräsentieren, während die Göttin Ištar ihren Platz an dem Himmel (Anu) und Erde verbindenden „Stamm“ des „Baums“ (bzw. an der Stelle des Herzens) hat.
Grundlage dieser Thesen ist Satz Nr. 2, während Satz 3 erklärt, weshalb in den Texten dennoch zahlreiche Götter und Göttinnen vorkommen, die zumindest dem Anschein nach unterschiedliche und weithin unterscheidbare Individuen sind. Satz 4 (mit seiner ikonographischen Erweite[6]rung in Satz 5) interpretiert im Lichte der Sätze 2 und 3 die Tatsache, dass eine Anzahl von – häufig literarischen – Texten den puhru(m) (sum. ukkin) der Götter erwähnt. Die Summe der in den Sätzen 2–5 vorgetragenen Beobachtungen und Deutungen zieht Satz 1. Für Satz 2 bietet der Verfasser zwei komplementäre Begründungen an. Die Aussage, Assur sei die „Gesamtheit der Götter“, zitiert den neuassyrischen Personennamen Gabbi/u-ilāne-Aššūr, der in einer Urkunde des 8. Jahrhunderts zweimal, auf dieselbe Person bezogen, belegt ist.21 Die Qualifizierung Assurs als des einzigen, universalen Gottes beruht hingegen nicht auf Anhaltspunkten in realen Texten, sondern auf einem Gedankenexperiment Parpolas. In diesem erhebt er aus den gewöhnlichen Schreibungen des Namens der Gottheit (benutzt werden (d)AŠ, Aš+šur, dA-šur, AN.ŠÁR) eine Art sensus plenior, indem er sie mittels der Methode ausdeutet, die die assyrischen und babylonischen Gelehrten gebraucht haben, um Götter- und Tempelbezeichnungen einen „mystischen“ Sinn abzugewinnen.22 So ließe sich z.B. die Namensform AŠ als aš = ištēn „der Eine“ oder dili = ēdu „der Einzige“, Aš+šur als aš šur = *ištēn sirhu „ein einziges Aufstrahlen“, AN.ŠÁR als dingir šár = kiššat ilāne „Gesamtheit der Götter“23, *il kiššati „universaler Gott“ oder *ilu madu „Gott ist viele“ lesen. Parpola räumt ein, dass es für eine derartige Exegese der verschiedenen Orthographien des Assur-Namens keine Belege gibt, führt dies jedoch auf die Arkandisziplin der Eingeweihten zurück, die ihr Geheimwissen nicht schriftlich niedergelegt hätten.24 ————— 21 I Gab-bi/bu-DINGIR.MEŠ-ni-Aš+šur: DELLER/FADHIL1993, 262 Nr. 18 ,7.18. Zum Namen s. dies. ebd., 269. 22 Beispielsweise bei der Kommentierung der Fünfzig Namen Marduks in Enūma eliš VI 122–VII 144; vgl. dazu BÖHL 1953, 282–312.504–508. S. auch MAUL 1999. 23 Der Ausdruck existiert tatsächlich in der Schreibung kiš-šat DINGIR.MEŠ(ilē/ilāne) in der großen Prisma-Inschrift Tiglathpilesers I. von Assyrien, RIM A.0.87.1 I 1, allerdings in dem Epitheton Assurs muštēšer kiššat ilē/ilāne „der die Gesamtheit der Götter recht leitet“, also nicht als Bezeichnung Assurs selbst. Vgl. auch uznā ilī kiššassunu in dem Šamaš-Hymnus Assurbanipals KAR 105 par. 361,10 („die Ohren der Götter insgesamt sind auf dein leuchtendes Aufgehen gerichtet“, FALKENSTEIN/V.SODEN 1953, 248 (W. v. Soden). 24 PARPOLA 1993b, 205f. Für die dabei befolgte Methode vgl. auch ders. 1998.
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Ebenfalls auf ein Gedankenexperiment geht These 5 zurück. Grundlage dafür ist Parpolas Überzeugung, dass es in der Kultur des Mittelmeerraums und ihren Randkulturen eine kontinuierliche esoterische Tradition [7] gab, die ihren Ausgangspunkt in Assyrien genommen hat, während der Expansion des neuassyrischen Reichs nach Syrien und in die Levante gelangt ist und von dort weiter in den Westen ausstrahlte. Im Verlauf der mediterran-europäischen Geistesgeschichte sei sie immer wieder einmal öffentlich und für uns in Texten fassbar geworden: im „israelitischen“ Monotheismus, im Neuplatonismus, in der Gnosis, im Christentum, in der jüdischen Kabbala. Um den verborgenen oder verschlüsselten assyrischen proto,tupoj rekonstruieren zu können, bedient Parpola sich des Rückschlusses aus den vorfindlichen Zeugnissen der „mystischen“ Geheimlehre. So kommt der „Baum der sfīrōt“ der Kabbala ins Spiel, ein Diagramm, in dem die Attribute Gottes in ihrem gegenseitigen Verhältnis schematisch dargestellt sind. Die sfīrōt sind Abstrakta, die von oben nach unten und, der hebräischen Schreibrichtung entsprechend, von rechts nach links in der Reihenfolge ihrer Emanation von 1 bis 10 nummeriert werden. Parpola betrachtet die sfīrōt, die ja göttliche Kräfte darstellen, letztlich selbst als „Götter“. Er erkundet also die Möglichkeit, ihre Bezeichnungen durch die Namen assyrischer Götter zu ersetzen, deren Eigenschaften oder Attribute der Bedeutung der jeweiligen sfīrā entsprächen, und zugleich die den Gottheiten zugeordneten Zahlen25 einzutragen. So wurde kēter „Krone“ in „Anu“ (Zahl 126) „übersetzt“, hokmā „Weisheit“ in „Ea“ (60), bīnā „Einsicht“ in „Sîn“ (30), hēsed „Barmherzigkeit“ in „Marduk“ (50), dīn „Gericht“ in „Šamaš“ (20), tifēret „Schönheit“ in „Ištar“ (15), nēsah „Sieg(haftigkeit)“ in „Nabû“ (40), hōd „Herrlichkeit“ in „Adad“ (10) und sōd „Fundament, Grundlegung“ in „Nergal“ (14),27 während malkūt „Königtum“ kein Äquivalent erhielt (diese sfīrā würde nach Parpola dem König als Mittler zwischen der himmlischen und der irdischen Welt entsprechen) und als meta,basij eivj a;llo ge,noj aus dem rekonstruierten „Baum“ ausgeschlossen wurde.28 Nach Parpola entstand auf diese Weise ein Diagramm, dessen schlüssige genealogische und numerische Struktur den Evidenzbeweis für die Zulässigkeit des Verfahrens und für die Richtigkeit des dabei erzielten Ergebnisses liefere, und dessen bildliche Repräsentation der assyrische „Heilige Baum“ darstelle. Vor diesem Hintergrund erläutert der Verfasser dann unter der Überschrift „Ištar: the Holy Spirit“ (S. XXVI–XXXI), weshalb seiner Meinung [8] nach die assyrischen Prophetensprüche in ihrer Mehrheit als „Worte Ištars“, nicht als „Worte Assurs“ bezeichnet würden. Da Ištar in den Orakeln den König als ihr „Kind“ anspricht, sei es evident, dass sie hier Assur in seinem mütterlichen Aspekt repräsentiere. Zugleich sei sie jedoch auch von Assur unterschieden ————— 25
Auf das Zahlenspiel gehe ich hier nicht weiter ein; vgl. FRAHM 2000/01, 35–37. Das Zahlzeichen ist ein senkrechter Keil, der „1“ (PARPOLA 1993b, 182.184 m.Anm. 89) oder „60“ (RÖLLIG 1957–71, 500a), gelesen werden kann. 27 Zur Basis dieser Identifikationen s. PARPOLA 1993b, 177–181 m.Anm. 69–84. 28 PARPOLA ebd., 181f Anm. 85, hält diese sfīrā überhaupt für sekundär. 26
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und als den Propheten oder die Prophetin inspirierende göttliche Kraft funktional mit dem Heiligen Geist der christlichen Dogmatik zu vergleichen, to. lalh/san dia. tw/n profh,twn.29 Dass der „Heilige Geist“ hier eine Göttin ist, entspricht nach Parpola der Vorstellung der Gnostiker von „seiner“ Weiblichkeit (etwa in Gestalt der Sofi,a). Zu Recht bemerkt der Autor, dass die komplexe Gestalt der Ištar durch die Aspekte Sexus und Krieg nicht ausreichend beschrieben wird; viel prominenter seien in den Texten ihre Attribute von Reinheit, Klugheit, Weisheit und Schönheit.30 Ihre Rolle als „Hure“ werde durch den Mythos von Ištars Gang zur Unterwelt („Ištars Höllenfahrt“) erklärt, der nach dem Verfasser den Schlüssel zum religiösen Hintergrund der assyrischen Prophetie enthält.31 In Parpolas Interpretation32 hat der Mythos entgegen einer weit verbreiteten Ansicht nichts mit „Fruchtbarkeit“ bzw. „jahreszeitlichem Werden und Vergehen“ zu tun. Er handle vielmehr von der Erlösung des Menschen aus der Sklaverei der Materie. Ištar personifiziere hier die „neuplatonische“ Weltseele, und der Mythos spreche in seinem ersten Teil über ihren himmlischen Ursprung und ihre Befleckung in der „Unterwelt“, d.h. in der materiellen Welt, während der zweite Teil den Weg zu ihrer Rettung aufzeige. Dieser sensus plenior des Textes erschließe sich, wenn man seine Affinität zu dem gnostischen Sophia-Mythos wahrnehme, insbesondere zu der Ausprägung, die der letztere in dem Nag-Hammādī-Traktat Die Exegese über die Seele33 gefunden hat. Die Übereinstimmungen – die jeweils angeführt werden – gingen so weit, dass man die gnostische Schrift für „a running commentary or a paraphrasis“ des Ištar-Mythos halten könnte.34 Als Höhepunkt des Mythos fasst Parpola die Substituierung Tammuz’ für die eigentlich der Unterwelt verfallene Ištar: „The sacrifice of Tammuz – an etiology for the death of the king as Son of God – constitutes the culmination [9] of the whole myth and must be regarded as a functional equivalent of the redemptory death of Christ. As in Christianity, it paradoxically becomes a promise of eternal life for man.“35 Insgesamt zeige der Text die Grundzüge eines ekstatischen Mysterienkults, der seinen Anhängern Befreiung von Sünde, geistige (oder geistliche?) Wiedergeburt und Auferstehung von den Toten verheiße. Voraussetzung dafür sei gewesen, dem Weg der Göttin aus „Prostitution“ und Leiden zur Hochzeit im Himmel zu folgen. Über den Kult sei allerdings kaum etwas bekannt; doch dürfte die Meditation über den „Heiligen Baum“, in dem Ištar die Verbindung zwischen dem Him————— 29 Konstantinopolitanisches Glaubensbekenntnis (Symbolum Constantinopolitanum), 3. Artikel, DENZINGER/SCHÖNMETZER 1965, § 150. (Das Neutrum bezieht sich auf to. pneu/ma to. a[gion.) 30 PARPOLA 1997a, XXIX.XXXI. 31 PARPOLA ebd., XXXI. 32 Ebd., XXXI–XXXVI. 33 Nag-Hammādī-Kodex II Stück 6 (127:18–137:26). Vgl. die Übersetzung von W.C. Robinson, Jr., in ROBINSON 1977, 180–187. 34 PARPOLA 1997a, XXXII. 35 Ebd., XXXIII.
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mel und der materiellen Welt herstelle, ein wesentliches Element gewesen sein, ebenso die Nachfolge Ištars in ihrem Leiden und ihrer Agonie, sei es, dass man sich körperliche Schmerzen – durch Einstiche oder Einschnitte bis hin zur Selbstkastration – zufügte, sei es, dass man durch exzessives Weinen und Klagen die Göttin zu imitieren suchte. Beides habe zu paranormalen, d.h. ekstatischen Zuständen führen können, in denen ein Mensch zu einem Propheten oder einer Prophetin werden konnte, indem er „not only became a seat for the Goddess, but actually one with her, and thus could foresee future things“.36
3. Bemerkungen zu Parpolas Rekonstruktion der assyrischen Religion 3.1. Allgemeines Die oben beschriebenen Thesen des Verfassers müssen sich freilich kritischer Nachfrage stellen. Grundsätzliche methodische und sachliche Bedenken hat bereits Eckart Frahm überzeugend formuliert.37 Es ist daher nicht nötig, seine Diskussion hier zu duplizieren. Vielmehr werde ich mich stärker mit den Interpretationen konkreter Texte und Bilder durch Parpola beschäftigen, die seiner Vorstellung von der assyrischen Religion zu Grunde liegen. Ein paar Bemerkungen zum Grundsätzlichen seien jedoch gestattet. Das fundamentale Problem der Rekonstruktion der assyrischen Religion durch Parpola besteht darin, dass er keine ausreichend eindeutigen zeitgenössischen Indizien für den behaupteten „Monotheismus“ und für [10] den Mysteriencharakter des Systems anführen kann. Die „Monotheismus“-These beruht ja, wenn man die Sache genau ins Auge fasst, nur auf dem in einem einzigen Text vorkommenden Personennamen Gabbi-ilāne-Aššūr38, während für assyrische Mysterien jeglicher eindeutige Beleg fehlt.39 Um diesem Mangel abzuhel————— 36 Ebd., XXXIV. Ich habe das vom Verfasser gebrauchte Präsens der Verben („becomes“, „can“) in das Präteritum umgesetzt. 37 FRAHM 2000/01. Vgl. auch BERLEJUNG 1999; B.N. PORTER 2000a. 38 S.o. S. 163 Anm. 21. 39 Dass es „Geheimnisse“ und „Geheimwissen“ gegeben hat, ist evident; s. BORGER 1957–71. Die Termini dafür sind nisirtu und pirištu. Was in dem mittelassyrischen Ištar-Ritual für den „rechten Zeitpunkt (simunu)“ im Bēt ēqe von Kār-Tukulti-Ninurta KAR 139 (Neubearbeitung: MENZEL 1981, T 1f) Vs. 14 (vgl. Rs. 7´) als pirilta (acc.) ša d Issar „Geheimnis Ištars“ (!) bezeichnet wird, ist nicht recht deutlich; ich vermute, dass damit das Ritual selbst gemeint ist. Ansonsten wird insbesondere die Extispizin und die Ölwahrsagung als göttliches Geheimnis verstanden, das die Gelehrten zu „hüten“ haben (s. z.B. GRAY 1901, Taf. XI = SCHOLLMEYER 1912 Nr. 28 [Rm 601] Vs. 5; LAMBERT 1967b, 132 Vs. 7.17.19; SAA 3,33 Vs. 13´f; BORGER 1956, § 11 Ep. 33 [S. 24],20–22; § 59,14). Aber auch Götter und Könige können als Wahrer des göttlichen Geheimnisses bezeichnet werden, so Gibil als nāser pirišti ša dBēl ZIMMERN 1901 Nr. 54 Rs. 16, oder Assurbanipal als nāser pirišti ilāni rabûti WEIDNER 1939–41, 205 u. Taf. XI Assur 900 Vs. 4. Mit Parpolas assyrischer „Mysterienreligion“ hat das aber
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fen, benutzt der Verfasser im wesentlichen Zeugnisse des antiken Synkretismus und der Kabbala als Interpretationshilfen, die seiner Meinung nach strukturell und in beträchtlichem Maße auch inhaltlich den angenommenen assyrischen Sachverhalten entsprechen. Er muss dabei die bereits oben40 genannten Voraussetzungen machen, dass es eine von den Zeiten des neuassyrischen Reiches bis in die frühe Neuzeit (oder eventuell bis in unsere Gegenwart) reichende kontinuierliche esoterische Überlieferung gegeben habe. Angesichts ihres Charakters als Geheimlehre sei sie uns zwar nur punktuell bekannt; es sei aber möglich, in einem Rückschlussverfahren die vermuteten religiösen Verhältnisse zu rekonstruieren. Hier besteht freilich beträchtlicher Klärungsbedarf. Unstrittig ist, dass die verschiedenen Ausprägungen des spätantiken Synkretismus und seines Ausläufers in Gestalt der Kabbala Motive und Praktiken der vorhellenistischen vorderorientalischen Religionen weitergeführt haben; insofern besteht ein gewisser traditionsgeschichtlicher Zusammenhang. Wie weit dieser geht, muss jedoch im Einzelfall geklärt werden, da in der Regel Elemente unterschiedlicher Provenienz aufgenommen und kreativ zu etwas Neuem verarbeitet worden sind. Die Klärung erscheint möglich, wenn beide Enden des Überlieferungsprozesses, die Ausgangskonfigurationen und das Endprodukt, und deren Sinn bekannt sind.41 Was aber, wenn man nur das letztere kennt, und die ersteren nur als hypothetische Konzeption eines modernen Forschers vorhanden sind oder überhaupt [11] erst erschlossen werden sollen? In diesem Fall ist der Zusammenhang zwischen dem Vermuteten bzw. Gesuchten und dem Bekannten ein Postulat, das nicht zur Grundlage von Sachaussagen gemacht werden kann. Äußerliche Ähnlichkeiten zwischen Konzeptionen oder Texten, die durch einen zeitlichen Abstand von mehreren Jahrhunderten und durch geistesgeschichtliche Entwicklungen und Brüche voneinander getrennt sind, können nicht ohne weiteres als Belege für Ähnlichkeit oder Identität des Inhalts in Anspruch genommen werden. Generell hat Parpola das Problem, zu begründen, inwiefern die von ihm verglichenen Phänomene aus unterschiedlichen Zeiträumen und Kulturen überhaupt komparabel sind. Was verbindet z.B. den assyrischen „Heiligen Baum“ mit dem „Baum der sfīrōt“ der Kabbala, so dass man auf Verwandtschaft der Konzeption schließen könnte? Letztlich doch nichts anderes als dass es sich in beiden Fällen um stilisierte Baumdarstellungen42 handelt, wobei aber vor allem der erstere zahl————— nichts zu tun. (Zur Lesung pirištu s. vor BORGER 1957–71, 190 Anm. 1, bereits ZIMMERN 1901, 89 m.Anm. 5.) 40 S. S. 163f. 41 Der Schluss vom Älteren auf das Jüngere wäre der Regelfall. Vgl. allgemein auch z.B. HEHN 1925, 210f. 42 Der Baum als bildhafte Gestalt des Sfīrōt-Diagramms wächst aber von oben nach unten; MAIER 1995, 50. Daneben gibt es auch noch andere Bilder für die sfīrōt, z.B. eine Quelle mit Bächen und Teichen, die aber von Parpola nicht berücksichtigt werden.
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reiche Varianten aufweist.43 Wo ist ein Indiz dafür, dass die assyrische Baumikone den inneren Zusammenhang der Götterwelt graphisch darstellt wie die kabbalistische den der göttlichen Attribute und Kräfte? In der Kabbala zeigen die Zahlen und Namen der sfīrōt, die dem „Baum“ eingeschrieben sind, worum es sich handelt; sie sind gegenüber der Baumdarstellung das Primäre. Bei dem assyrischen „Heiligen Baum“ fehlt jegliche Beischrift, die uns einen Hinweis auf seine Bedeutung gäbe; und er kommt zudem in unterschiedlichen Bildkontexten vor. Inwiefern sind die sieben Tore der Unterwelt in dem Mythos von Ištars descensus ad inferos mit den sieben „Toren der sfīrōt“ identisch? Das tertium comparationis ist doch wohl einfach, dass es sich um sieben Tore handelt. Hinsichtlich ihrer Bedeutung und Funktion sehe ich keinen Zusammenhang. Die Unterwelt ist als eine Stadt mit einem siebenfachen Mauerring vorgestellt, wobei jede Mauer nur je ein Tor besitzt;44 dies ermöglicht eine strenge Kontrolle des „Verkehrs“ zwischen Innen und Außen, regelt den Zugang gemäß den „Ordnungen (parsū) der Unterwelt“45 und verhindert, dass die Toten die erset lā târi (ass. wohl den *kaqqar lā [12] tuāre), das „Land ohne Rückkehr“, unerlaubt verlassen können. Dies bedeutet, dass die Tore Teil der Unterwelt sind. Nach Parpola würde das heißen: Teil der materiellen Welt. Die „Tore der sfīrōt“ hingegen reflektieren, soweit ich als Laie in Sachen Kabbala46 das beurteilen kann, die Durchgänge durch die sieben himmlischen Sphären des antiken Weltmodells, gehören also der oberen Welt an. Was spricht dafür, dass Ištar avant la lettre die „kosmische Seele“ des Platonismus – wie sie sich in gnostischer Interpretation darstellt – verkörpere? Dass sie eine Bewegung von oben nach unten ausführt, unten dann ganz „unten“, d.h., ihrer ursprünglichen Schönheit und Lebenskraft völlig entledigt ist, aus ihrer Verstrickung befreit und restituiert wird, worauf sie von unten nach oben zurückkehren, d.h., die Gegenbewegung ausführen kann? Lässt sich die an den sieben Toren vollzogene Entkleidung der Ištar wirklich mit der Befleckung der Sofi,a der Gnostiker in der hylischen Welt vergleichen? Schon in der sumerischen Fassung des Mythos von Inannas „Höllenfahrt“ wird betont, dass sie ihre Accessoires, die Zeichen ihrer Macht, gemäß den „Ordnungen der Unterwelt“ (garza.kur.ra) ablegen muss;47 dieses Motiv ist in der assyrischen Fas————— 43
Übersichtlich die Sammlung der verschiedenen Formen bei PARPOLA 1993b, 200f. Gelegentlich ist auch von vierzehn Toren die Rede (Nergal und Ereškigal, mittelbabylonische Version aus el-Amārna, EA 357,68–73); das bedeutet eventuell aber, dass bei jedem Torbau die Einund die Ausgangsöffnung gezählt wird. (Die neuassyrische Version aus Sultantepe kennt nur sieben Tore: GURNEY/FINKELSTEIN 1957 Nr. 28+113+114 I 20–26. III 41–47. VI 21–28.) 45 Vgl. Ištars Gang zur Unterwelt (BORGER 1979, 95–104) Nin. 44.47.50.53.59.62. 46 Ich möchte die Gelegenheit benutzen, auf MAIER 1993, 828, hinzuweisen. Was dort christlichen Theologen ins Stammbuch geschrieben wird, läßt sich m.E. ohne weiteres auch auf Assyriologen übertragen. 47 Zitiert nach dem Komposittext des Electronic Text Corpus of Sumerian Literature (Oxford 1998–; http://www-etcsl.orient.ox.ac.uk/section1/c141.htm) von J.A. Black, G. Cunningham, E. FlückigerHawker, E. Robson und G. Zólyomi. Belege für garza.kur.ra: Z. 133.138.143.148.153.158.163. Parallel dazu wird me.kur.ra gebraucht: Z. 132.137.142.147.152.157.162. (vielleicht im Kontrast zu Inannas 44
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sung des 7. Jahrhunderts unverändert beibehalten.48 Hier geht es darum, dass auch eine übermütige Göttin die Weltordnung respektieren und sich beim Eintritt in das Totenreich wie eine Tote behandeln lassen muss. Dass sie am Ende nackt dasteht, ist demnach „normal“ und hat keinen „moralischen“ Beigeschmack, der im gnostischen Mythos durchaus eine Rolle zu spielen scheint. Zum Begriff der „Seele“ genügt ein Hinweis auf die entsprechenden Ausführungen Frahms.49 [13] Mir ist deutlich, dass diese Anfragen – die noch vermehrt werden könnten – keine Widerlegung der Konzeption Parpolas darstellen.50 Seine Thesen sind vorläufig nach den Regeln der Kunst nicht falsifizierbar, wahrscheinlich auch deswegen, weil sie nicht bewiesen (und nicht beweisbar) sind. Sie verlieren m.E. noch weiter an Überzeugungskraft, wenn man seine Interpretationen von konkreten Texten und bildlichen Darstellungen näher betrachtet. 3.2. Einzelheiten 3.2.1. Die Namen von Göttinnen in den Prophetensprüchen (PARPOLA 1997a, XVIII) Sicher richtig ist, dass die verschiedenen Göttinnen – Ištar von Arbela, Ištar von Nineve, Mullissu, Bānītu (NAP 02 I 5´), Ištar von Uruk (dUrkittu, NAP 02 IV 8´) – in den Prophetensprüchen wie auch in anderen Texten nicht immer deutlich auseinandergehalten, ja des Öfteren miteinander verschmolzen werden. So finden wir in NAP 02 II 30´ am Beginn des Spruchs 02 D (Parpola: 2.4; II 29´–III 19´) parallel nebeneinander Ištar von Arbela und Mullissu: abat ————— eigenen me: Z. 14–16.102–104). S. auch die Übersetzungen von W.H.Ph.Römer, TUAT III, 458–495, und von S.N.Kramer bei BOTTÉRO/KRAMER 1989, 276–290; J.A. Black u.a. a.a.O. (http://wwwetcsl.orient.ox.ac.uk/section1/tr141.htm). 48 BORGER 1979, 98f Nin. Z. 42–62; Ass. Vs. 44 (Anfang der Episode des ersten Tores; mehr nicht erhalten). 49 FRAHM 2000/01, 40f. In spätachämenidisch/frühhellenistischer Zeit wird (so etwas wie) die (neu)platonische yuch, von Kohelet mit wiedergegeben (Koh 3,21; 12,7), das sonst „Wind“ (Koh 1,14.17; 2,11.17.26 usw.), „Atem“ (11,5), „Sinn, Geist, Zorn“ (7,8.9; 8,8; 10,4) bedeutet. Im jüngeren Hebräisch tritt dann für yuch, ein, ein Sachverhalt, der die Auffassung und Übersetzung des Wortes und seiner Äquivalente in anderen semitischen Sprachen (akk. napištu [ass. napšutu], arab. nafsetc.) als „Seele“ u.ä. zum Schaden der Sache beeinflusst hat. Zu vgl. auch WITTE 2000, 556f. S. ingesamt KRÜGER 2000, 183–185. 50 Ich verzichte darauf, auf das komplexe Problem der assyrisch(?)-babylonischen Gleichsetzungstheologie einzugehen, die sich etwa in dem bereits von Friedrich Delitzsch für seine These eines babylonischen „Monotheismus“ als der Position „freier, erleuchteter Geister“ beigezogenen Text CT 24,50 Vs. (DELITZSCH 1903, 77f zu S. 49 unten; Neubearbeitung: PARPOLA 1995, 398-401) und der Liste AN : Anu ša amēli (LITKE 1998, 228–241) manifestiert. In CT 24 finden sich noch weitere relevante Beispiele. Die Listen, die in einem Text mehrere Gottheiten nebeneinander unter einem bestimmten Aspekt mit anderen Gottheiten identifizieren (nach dem Schema d SUR : MIN [= Adad] : šá zu-ni CT 24,40,46 [SUR/šur = zanānu „regnen“]), können nicht als monotheistische Dokumente interpretiert werden.
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Issar ša uruArbaile abat šarrete dMulisse „Das Wort der Ištar von Arbela, das Wort der Königin Mullissu“. Im Folgenden spricht aber nur eine Göttin in der 1. Person sg., und in Z. 38´, wo sich erneut eine abat-Formel findet, ist nur mehr von ersterer die Rede.51 Hier sieht es so aus, als sei Mullissu (dNIN.LÍL) in Z. 30´ nur ein Wechselname der Ištar von Arbela. In NAP 07 könnte der umgekehrte Fall vorliegen: Es handelt sich um ein Orakel der Mullissu (Z. 2.12); doch taucht in Z. 20 unvermittelt Ištar von Arbela neben ersterer in einer im Parallelismus membrorum verdoppelten Ermutigungsformel auf: d
„(Du,) dessen Mutter Mullissu ist, fürchte dich nicht! (Du,) dessen Kindsmagd die Herrin von Arbela ist, fürchte dich nicht!“
[14] Könnte man zunächst noch denken, dass Mullissu sich eben als „Mutter“ vorstellt und der Herrin (Ištar) von Arbela die Rolle der „Kindsmagd“ (tārītu) zuschreibt, so lautet der nächste Satz (Z. 21) „Wie eine Kindsmagd trage ich dich auf meiner Hüfte“, und auch der Rest des Textes (mit Ausnahme wohl von Z. 22) spricht eher von den Funktionen der Pflegerin, nicht der Mutter des Kindes. So liegt es am nächsten, Parpola Recht zu geben und Mullissu und Ištar auch hier miteinander zu identifizieren.52 Komplexer ist die Verteilung von Singular und Plural in dem vom Verfasser in diesem Zusammenhang ebenfalls angeführten Spruch NAP 09. Dieser Text enthält in den ersten sechs Sätzen (Vs. 1–7) eine Einleitung, in der zunächst Mullissu und die Herrin von Arbela vorgestellt werden (Vs. 1f, Anfang jeweils abgebrochen), in der dann aber ständig in der 3. Person f. pl. von den beiden Göttinnen gesprochen wird (Vs. 3–7). In Vs. 8 beginnt die eigentliche Gottesrede, die wohl bis zum Ende der Vorderseite gereicht hat. Sie ist im Unterschied zum Vorhergehenden in der 1. Person sg. gehalten. Nach einer kleinen Lücke folgt in Rs. 1´–3´ ein Segenswunsch für Assurbanipal, in dem die zwei Göttinnen zusammen wieder in der 3. Person f. pl. erscheinen. Dass hier in der Tat zwei Gottheiten gemeint sind, lehrt die Konjunktion u zwischen den beiden Namen in Rs. 1´.53 Wie hat man dann aber das singularische „ich“ neben dem pluralischen „sie“ zu erklären? M.E. bleibt nur die Annahme, dass die Göttinnen denselben Text haben, nur jede für sich, und daher in der 1. Person sg. reden.
————— 51 In Z. 39´ erwartete man den Parallelpassus *abat šarrete dMullisse; aber die erhaltenen Zeichenreste am Zeilenanfang lassen sich nicht als *°a-bat[, sondern höchstens als °a-n[a… lesen (PARPOLA 1997a, 17; Kollation M.W.). 52 Wie aber ist der im Briefpräskript enthaltene Segenswunsch „Die Herrin von Nineve (und) Ištar von Arbela mögen wie eine Mutter und eine Schwester [dich] leiten (kīma umme u ahāte littarrâ[ka]“ in ABL 923 = PARPOLA 1970a, Nr. 117 = SAA 10,174 Vs. 6 zu verstehen? Eine (Mullissu Ištar von Arbela) oder zwei (Mullissu Ištar von Arbela) Gottheiten? 53 Außer, man nähme an, dass es analog dem sog. waw explicativum des biblischen Hebräisch im Assyrischen ein u explicativum gegeben habe, so dass man den Text als „Möge Mullissu, d.h. die Herrin von Arbela…“ verstehen könnte.
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3.2.2. Bēl, Ištar von Arbela und Nabû in NAP 01 F (1.4; II 16´–40´) (PARPOLA 1997a, XVIII) NAP 09 mahnt zur Vorsicht gegenüber allzu pauschalen Vorstellungen über die Identität verschieden benannter Gottheiten. Dies gilt dann auch für NAP 01 F (Parpola 1.4; II 16´–40´), wo in einem eindeutig als Einheit abgegrenzten Text nacheinander Bēl (Marduk, Z. 17´), Ištar von Arbela (Z. 30´) und Nabû (Z. 38´) als redende Gottheiten auftreten und Sîn und Šamaš (Z. 24´) und „sechzig große Götter“ (Z. 22´.25´) als Beschützer des Königs genannt werden.54 Es ist nur schwer vorstellbar, dass die Prophetin55 Bayā [15] hier an die Einheit des Göttlichen hinter all seinen Gestalten gedacht und der Orakelgottheit verschiedene „Masken“ aufgesetzt haben sollte, zumal die thematische Verschiedenheit der drei Teilsprüche, die nach Parpola der Grund für die Wahl der unterschiedlichen Namen gewesen sein müsste,56 hier nicht sehr ins Gewicht fällt. Vor allem wäre nicht erklärbar, wieso die simple Aufforderung „Preise mich!“, die das dritte Teilorakel ausmacht (Z. 39´),57 und die bereits vorher schon bei Ištar in einem größeren Zusammenhang vorkam (Z. 33´), nun die Zuschreibung an Nabû, den „Herrn des Schreibgriffels“, erforderte. So lässt sich m.E. auch der phänomenologische Vergleich mit dem „dreimaleinen Gott“ des christlichen Dogmas nicht durchführen, aus dem bei Parpola Bēl (Marduk) als der „Vater“, Nabû als der „Sohn“ und Ištar von Arbela als der „Heilige Geist“ hervorgegangen sind. 3.2.3. NAP 03 (PARPOLA 1997a, XIXf.LXXXI Anm. 11) Die Beschreibung von NAP 03 durch den Verfasser stimmt nur partiell mit dem überein, was auf der Tafel zu sehen und zu lesen ist. Nach Parpola enthält sie vier Sprüche, die ausdrücklich als „Worte der Ištar von Arbela“ bezeichnet ————— 54
In Z. 31´ steht Aššūr issīka usallim „Assur stimmte ich dir günstig“. Hier ist nicht, wie man annehmen könnte, der Gott Assur gemeint, sondern das Land Assyrien, wie die Parallelstelle NAP 02 II 3´ zeigt, wo „Assur“ als KUR(māt) Aš+šurki geschrieben ist. 55 Bayās Geschlecht ist nicht ohne weiteres bestimmbar. Der Name ist im Kolophon Z. 40´ zwar feminin determiniert und nach GURNEY/HULIN 1964 Nr. 406 Rs. 10 (PARPOLA 1997a, IL) tatsächlich ein Frauenname, doch wird die Person im Folgenden als DUMU(mār) uruLÍMMU. DINGIR(Arbaile) bezeichnet. Nach Parpola ebd. zeigt dieser Sachverhalt, „that the prophet was a ‚man turned into a woman‘ through an act of self-castration“, während ich eher geneigt bin, bei DUMU einen Schreibfehler für DUMU.MUNUS(mārtu) anzunehmen. Zu dem ähnlich gelagerten Fall des Propheten Issar-lātašīyat (NAP 01 I 28´) s.u. S. 188. 56 PARPOLA 1997a, XVIII. 57 PARPOLA ebd., 6, grenzt allerdings die Anteile der einzelnen Gottheiten anders ab als mir unter formalem Gesichtspunkt richtig erscheint. In seiner Konzeption hätte Nabû etws mehr Text (Z. 34´– 39´). M.E. beginnen die den verschiedenen Gottheiten zugeschriebenen Teilsprüche jedoch jeweils mit einer Selbstvorstellung („Ich bin…“), der höchstens die Ermutigungsformel („Fürchte dich nicht!“) vorausgehen kann; Bēl gehören demnach die Z. 16´–29´, Ištar von Arbela die Z. 30´–37´, Nabû die Z. 38´f.
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würden oder als solche identifizierbar seien (A.B.D.E, Parpola 3.1–2 und 3.4– 5), während der mittlere (C, Parpola 3.3), vom Schema abweichend, ein AssurOrakel, das einzige im gesamten Corpus, darstelle.58 Letzteres werde in der Unterschrift (II 26) „an oracle of well-being placed before ‚the Image‘“, zweifellos die Statue Assurs, genannt, und es sei kein Zufall, dass unmittelbar danach auf das „covenant tablet of Aššur“ Bezug genommen werde. Der zentrale Spruch C (3.3) stelle die Essenz dieses „covenant tablet“ dar; doch sei es in D (3.4) nicht Assur, sondern Ištar, die den covenant abschließe, und zwar „mit den Göttern, ihren Vätern und Brüdern“ (II 35). Der Schluss Parpolas lautet: „Aššur and Ištar were considered identical by the author of the text“, während in B (3.2) und anderen Sprüchen des Corpus Assur und Ištar als selbständige Gotthei[16]ten angesehen würden.59 M.E. wird hier die Struktur der Tafel K 2401 = NAP 03 verkannt. Unbestreitbar ist, dass sie fünf Sprucheinheiten enthält, die in der Regel durch die üblichen Trennstriche voneinander abgegrenzt werden. Für das Verständnis des Ganzen entscheidend ist aber, dass der Trennstrich zwischen den Orakeln C (3.3) und D (3.4) ein doppelter ist und daher eine Grenze, und zwar die zwischen zwei Gruppen von Prophetien markieren muss. So werden denn auch die Sprüche D (3.4) und E (3.5) jeweils als abat dIssar ša uruArbaile „Wort der Ištar von Arbela“ bezeichnet (II 33. III 15´), während A–C keine derartige Einleitung aufweisen. Dafür haben die letzteren je einen individuellen Kolophon, der an das Corpus des Einzelspruchs angeschlossen ist. Bei A (3.1) markiert ein kleiner Zwischenraum (weniger als eine Leerzeile) nach I 19 das Ende des Spruchs und den Beginn des Kolophons, der sich folglich in I 20–26 findet,60 bei B (3.2) umfasst er zwei Zeilen (II 8f), bei C (3.3) m.E. eine (II 26). Die Kolophone von B und C sind im Wortlaut nahe verwandt: anniu/annû šulmu ša ina mahar x (B: dBēl-tarbāse ina mahar ilāne, C: salme) (šakinūni) „Dies ist das Heilsorakel61, das vor Bēl tarbāse vor den Göttern/vor der Statue ergangen ist62“. Dass es sich bei dem salmu von C um das Bild Assurs handelt, ist zwar nicht absolut sicher, aber naheliegend, da das Corpus von C eine Rede Assurs an Asarhaddon darstellt. Der im Kolophon von Orakel B genannte Bēl-tarbāse (dEn.tùr) ist nach dem soge————— 58 Ebd., LXXXI Anm. 11, wird auch dieses unter die „Worte der Ištar von Arbela“ eingereiht; doch dürfte das auf einem Versehen beruhen. 59 Ebd., XX. 60 Das Vokabular des Erhaltenen (alāku, šarāpu, etāqu Š, tābat kudimme) lässt vermuten, dass der Kolophon im wesentlichen Ritualanweisungen enthielt. Die Lesung MUN(tābat) k[ud-]dim-me in I 25 ist nicht völlig gesichert (PARPOLA 1997a, 23: MUN 3 tim-me, “…three pillars”, MUN unerklärt; doch scheinen mir die drei senkrechten „Keile“, die wie die Zahl 3 aussehen, auf neuzeitlicher „Kollation“ mittels eines scharfen Gegenstands zu beruhen. Davor ist schwach der Kopf eines horizontalen Keils zu sehen, der zu T[AR] = k[ud] ergänzt werden kann). S. dazu auch u. S. 198 Anm. 172. 61 Ich interpretiere šulmu hier nicht als „well-being“ (Parpola), sondern als Terminus technicus für das Heilsorakel; s. M. WEIPPERT 1981, 79 [s.o. S. 15]. 62 Šakānu st. G im Sinne von „sich ereignen“, „ausgesprochen werden“ (s. AHw 1136a s.v. šakānu G 9a.10a), nicht als „to be placed (before)“ (PARPOLA 1997a, LXIV u.ö.). In C fehlt šakinūni, sei es durch ein Schreibversehen, sei es auf Grund der Praxis der Schreiber, sich formularisch wiederholende Textteile durch Weglassen zu verkürzen (häufig in Litaneien u.ä.).
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nannten Götteradressbuch von Assur einer der Türhütergötter des Assurtempels É-šár-ra.63 Das bedeutet, [17] dass Spruch B an einem der Tore, C in der Cella des Tempels Assurs ergangen ist. Wenn sich darin eine Bewegungsrichtung von außen nach innen abbilden sollte,64 müsste der Spruch A noch außerhalb des Tempels empfangen worden sein. Dem könnte zwar die Phrase ina mahar dAššūr „vor Assur“ in I 2065 widersprechen, die sich auf das Kultbild in der Cella beziehen könnte; aber aus dem fragmentarischen Kolophon sind keine eindeutigen Daten abzuleiten. Das gilt auch für die Beantwortung der Frage nach dem Urheber oder der Urheberin des Orakels A. Nach Parpola wäre es Ištar von Arbela; doch halte ich auch Assur für möglich, obwohl in I 14 von ihm in der 3. Person gesprochen wird. Auch B ist nach dem Verfasser ein Spruch der Göttin. Daran ist zumindest richtig, dass man dem theologisch und ideologisch unbedeutenden Gott Bēl-tarbāse nur schwer die Proklamation des siegreichen Königs und die Zusagen weiterer Erfolge im Kampf gegen die äußeren Feinde zutrauen möchte. Wäre es da nicht einfacher, angesichts des Orts der Offenbarung an ein weiteres Orakel Assurs zu denken? Dann ließe sich auch die Funktion der Passage II 27–32 besser verstehen, die auf den Kolophon des Prophetenspruches C in II 26 folgt und unmittelbar vor dem doppelten Trennstrich steht: Es handelt sich um den Gesamtkolophon der Sprüche A–C, durch den sie insgesamt als tuppi adê ša dAššūr „Eidestafel Assurs“66 bezeichnet werden. Er besteht im Wesentlichen aus Ritualanweisungen, die angeben, wie die Tafel dem König zur Kenntnis zu bringen ist. Wird dies als zutreffende Erklärung akzeptiert, lässt sich auf K 2401 = NAP 03 wohl noch ein weiterer Gesamtkolophon [18] ausmachen. Der Abschnitt IV 30´– 33´, leider sehr fragmentarisch, ist durch eine leere Zeile vom Corpus des ————— 63
d EN.TÙR: FRANKENA GA d EN.TÙR) ist in Assur
1954, 123:45 = MENZEL 1981, S. T 149:45. Ein šangû des Bēl-tarbāse (lúSAN13956cf I 12 (MENZEL ebd., S. T 16) belegt. Nicht zugehörig ist wohl d EN.TUR, der in der Götterliste AN : Anu ša amēli 145 als MIN (= d É-a) šá SIPA ÙZ(rēi enzi) erklärt wird; s. LITKE 1998, 240. Litke vermutet z.St., dass d EN.TUR für d EN.TÙR stehe und verweist auf den Beleg aus dem „Götteradressbuch“; doch ist TÙR = tarbāsu an den beiden erstgenannten Stellen wie in NAP 03 II 8f der (ein?) Hof des Assur-Tempels, zu dem ein „Ea des Ziegenhirten“ nicht ohne weiteres passte. Vgl. auch d EN.TUR.DA (lies d En.bàn.da) CT 25,11,17, dort erklärt als dNinurta sābit purussê ilī „Ninurta, der die Entschließung(en) der Götter festhält“, und SD II B, 85a s.v. ban3 -da D 2.2. 64 Vgl. auch PARPOLA 1997a, LXIV. 65 Man ist versucht, die Zeile analog zu den Kolophonen der Sprüche B und C zu rekonstruieren; doch der Zeichenrest vor AŠ(ina) ist ein -t]i (Parpola und eigene Kollation), keinesfalls ein -š]a oder -š]á. 66 Was ein tuppi adê ist, kann man aus ABL 90 Vs. 6 (vgl. Rs. 1) und den „Vasallenverträgen“ Asarhaddons (WATANABE 1987; SAA 2,6) Z. 400.526.573.616a entnehmen. An letzteren Stellen handelt es sich (mit Ausnahme von Z. 400, wo der Kontext stark zerstört ist) um den Bezug auf die Götter mala ina tuppi adê annî/annê šumšunu zakru „soviele auf dieser Eidestafel namentlich genannt sind“; d.h. tuppi adê annû ist die jeweilige Tafel, auf der der Text der Vereidigung steht. Der Ausdruck tuppi adê ša IQurdî in ABL 80 Vs. 6 ist eine genaue Parallele zu tuppi adê…ša d Aššūr in NAP 03 II 27. Wie dort um die Eide, die Qurdî zu leisten hat(te), handelt es sich hier um die, die Assur dem König leistet, also gleichsam um eine eidliche Selbstverpflichtung. (Ich gebe ass. adû durch „Eid[e]“ wieder, da dies m.E. am ehesten der gemeinten Sache entspricht. Durch einander gegenseitig geleistete Eide wird der Vorgang zum Vertrag; vgl. zu letzterem bereits NOTH 1961, 140–144 = ders. 1971, 181–185; HEINTZ 2001, 171–173.)
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Prophetenspruches E (Parpola 3.5; III 15´–IV 29´) abgetrennt. Die spärlichen Textreste lassen erkennen, dass hier der Name eines Propheten (lúraggimu; Z. 30´) mit einer Herkunftsbezeichnung (Z. 31´) genannt war;67 außerdem wird ohne Kontext auch Ištar erwähnt (Z. 32´). Letzteres ist vielleicht ein – eingestandenermaßen schwacher – Hinweis darauf, dass in IV 30´–33´ nicht der Einzelkolophon von NAP 03 E vorliegt, sondern die gemeinsame Unterschrift der Ištar-Orakel D und E.68 Ist dies richtig (und ich bin davon überzeugt), dann besteht NAP 03 aus einer Gruppe von drei Assur- und zwei IštarProphetien, die zwar historisch alle mit der Thronbesteigung Asarhaddons zusammenhängen, aber redaktionell auch deutlich voneinander geschieden sind. Die These, dass Ištar von Arbela hier mit Assur verschmelze, kann bei dieser Sicht der Dinge nicht aufrechterhalten werden. 3.2.4. Das Vertragsritual von NAP 03 D ( 3.4; II 33–III 14´) (PARPOLA 1997a, XIXf) Der Spruch NAP 03 D (Parpola 3.4; II 33–III 14´), der unter der Überschrift „Wort der Ištar von Arbela an Asarhaddon, den König des Landes Assyrien“ (III 33´f) steht, wird vom Verfasser richtig als Schilderung eines Mahls bei Abschluss eines Vertrags (covenant meal) interpretiert.69 Man könnte sagen, es handle sich um die Regieanweisungen für einen Teil des dabei zu befolgenden Rituals. Nach Parpola wird der Vertrag zwischen Ištar und den Göttern, ihren „Vätern“ und „Brüdern“ geschlossen, eine Deutung, die auf der von der Göttin ausgesprochenen Einladung in II 35f beruht: „(Ihr) Götter, meine Väter (und) Brüder, kommt! In die Eid[e tretet ein!70 …]. Doch der in III 1´–14´ folgende Text, bei dem das handelnde „du“ wohl Asarhaddon ist, passt m.E. weniger zu Göttern als zu auswärtigen Vasallen und eventuell assyrischen Provinzstatthaltern,71 [19] die im Zusammenhang mit der Thronbesteigung des neuen Königs ihren Eid erneuern mussten. Da die Eide bei den Göttern beschworen wurden, „traten“ diese als Partner „in die Eide ein“; daher die Einladung von II 36. Entgegen der Meinung des Verfassers agiert Ištar hier doch als eine Art Mittelsperson, zumindest als die Organisatorin der Vereidigung. Wer die eingeladenen Gottheiten sind, wird nicht gesagt; in der Apposition „meine ————— 67 Nach PARPOLA 1997a, LI.27, handelt es sich um Lā-dāgil-ile aus Arbela, den Autor der Sprüche NAP 01 M (Parpola 1.10; VI 1–32) und NAP 02 C (Parpola 2.3; I 36´–II 28´). 68 Eventuell könnte es sich auch um den Gesamtkolophon der Tafel, also der Sprüche A–E handeln; dem widerspricht m.E. aber die Existenz des doppelten Trennstrichs zwischen C und D. PARPOLA 1997a, LXIIIf, hält dies tatsächlich für den Kolophon der gesamten Tafel und regt an, „not to assign undue significance to the double ruling“. Aber sollte der auffällige Doppelstrich hier (und nur hier in den Sammeltafeln der Prophetensprüche) ohne besondere Bedeutung (oder vielleicht gar nur varietatis causa) gebraucht sein? 69 PARPOLA 1997a, XIXf. Ich lasse beiseite, dass dies Parpola an das letzte Abendmahl Jesu, den Prototyp der christlichen Eucharistie, erinnert. 70 In Z. 36 lies: AŠ(ina) ŠÀ(libbi) a-d[e-e er-ba…]. Für erēbu/erābu + ina adê s. die Belege bei WATANABE 1987, 10 Nr. 1.4.7–16 (mit Š-Stamm ebd., 11 Nr. 1.4.17). 71 Diese werden bei PARPOLA 1997a, XXIV, neben den Gottheiten als Parenthese nachgetragen.
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Väter (und) Brüder“ drückt sich aber die Alters- bzw. Bedeutungshierarchie des Pantheions aus. Die Schlussfolgerung Parpolas, „...the phrasing of the oracle 3.4 [= D], considered with 3.3 [= C] unquestionably implies that, in a way or another, Aššur and Ištar were considered identical by the author of the text“,72 kann ich aufgrund dieser Interpretation nicht nachvollziehen.73 3.2.5. Die Gottheiten der neuassyrischen Prophetie Es hat sich im Voranstehenden gezeigt, dass die Ausgangsbeobachtung Parpolas über Assurs Abstinenz gegenüber der Prophetie etwas relativiert werden muss, und dass auch Ištar von Arbela und andere Göttinnen – seien sie nun mit ihr identisch oder nicht – bei aller Dominanz in den in NAP 01–11 vorliegenden Prophetien nicht die einzigen Gottheiten waren, die sich auf diese Weise offenbarten. Das Bild wird noch bunter, wenn wir auch die außerhalb des Corpus in Briefen oder Königsinschriften überlieferten Prophetensprüche in den Kreis der Betrachtung einbeziehen. Es ist richtig – hier kommt Assur nicht vor, außer einmal als Inspirator eines Traums in ABL 923 Vs. 7, und vielleicht unter der allgemeinen Bezeichnung „der Gott“ (ilu)74 in ABL 656 Rs. 6´. Ansonsten aber finden wir neben Ištar von Arbela im Verein mit der Herrin (Ištar) von Nineve (ABL 58 Rs. 4´f) noch Bēl bzw. Marduk (Bēl: ABL 1237 Rs. 4f.23; Marduk: K 120B+ [STRECK 1916, 280–283; BORGER 1996, 201– 203], Z. 26), Bēl zusammen mit Zarpanītu (ABL 32 Rs. 7f), Mullissu (ABL 1249 Vs. 2; CT 53,17+107 par. 938 Vs. 8f; vielleicht auch ABL 149 Vs. [7]), Nikkal (ABL 1217+CT 53,118 Vs. 8.12), Nusku (ABL 1217+CT 53,118 Rs. 4´) und Sîn (AsbC I 36f [und Parallelen]; ABL 923 Vs. [10–14; hier vielleicht Sîn von Harrān]).75 Dass alle diese Gottheiten letztlich Hypostasen von Assur gewesen seien, ist wenig wahrscheinlich. [20] 3.2.6. Der Schluss von „Ištars Gang zur Unterwelt“ in der ninevitischen Rezension (PARPOLA 1997a, XXXI-XXXVI) Dass es in dem Mythos von Ištars Gang zur Unterwelt für die Mysten um Erlösung von den Banden der Materie und um Auferstehung gehe,76 leitet Parpola vor allem aus dem Schluss des Textes in der ninevitischen Rezension ab, der vom Opfertod Tammuz’ für Ištar und von seiner Auferstehung handle.77 Er übersetzt die Zeilen 136–138 folgendermaßen: ————— 72
PARPOLA 1997a, XX. Sie wird ebd., XXIIIf, weiter erläutert. 74 S. dazu LAMBERT 1983, 82f; PARPOLA 1993b, 185 Anm. 94 (Anfang des 2. Absatzes). 75 Zu all diesen Texten s. NISSINEN 1998. 76 S.o. S. 165f. 77 PARPOLA 1997a, XXXIII. 73
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When Tammuz rises, the lapis lazuli pipe and the carnelian ring will rise with him, the male and female mourners will rise with him! May the dead rise and smell the incense!
137 138
Wenn ich ihn recht verstehe, denkt der Autor sich das Ganze nach Analogie des christlichen Erlösungsmythos. Das nicht ganz eindeutige Verbum to rise wäre dann als „auferstehen“ im Sinne der christlichen Osterbotschaft aufzufassen. Parpola nimmt also in dem alten Streit, ob die Babylonier und Assyrer an die Auferstehung Tammuz’ geglaubt hätten, Partei für diejenigen, die die Frage positiv beantwortet haben. Um den Sinn des Passus, der etwas unvermittelt am Ende des Textes steht, erfassen zu können, muss man sich vor allem über seine syntaktische Struktur und über die Bedeutung des Verbums elû Ventiv klar werden. Erstere ergibt sich leicht aus den verwendeten Verbalformen. Dabei ist zu beachten, dass der Abschnitt Nin. 136–138 ein stärker assyrisierendes Jungbabylonisch zeigt als der Rest des Textes, wenn er nicht überhaupt in Neuassyrisch abgefasst ist. Das Satzgefüge beginnt mit der temporalen Konjunktion ina ūme „wenn“, von der drei parallele Sätze abhängig sind, erkennbar daran, dass die dreimal verwendete Verbalform ellanni im assyrischen Subordinativ steht, während die Prekativformen in den beiden parallelen Schlusssätzen solche des unabhängigen Satzes sind. Daraus ergibt sich folgende Struktur des Textes: 136
137 138
ina ūme
d
Tammuzu ellanni malīl na4uqnê šemerna4sānteittīšu ellanni ittīšu ellanni lúbākûmeš umunusbākâtumeš78 mītūtu lilûnimma qutrin lissinū [21]
Die Bedeutung von elû Ventiv ergibt sich textimmanent aus Hlf. Nin. 19. Dort droht Ištar gegenüber dem Torhüter der Unterwelt, dass sie das Tor aufbrechen und „die Toten heraufholen“ werde, worauf diese „die Lebenden fräßen“ (ušellâ mītūti ikkalū baltūti). Die Assur-Rezension (KAR 1 Vs. 17´) hat anstelle von elû Š den Grundstamm: „…werden die Toten [her]aufkommen und (dann) die [Le]bend[e]n fres[sen]“ ([e]llûni mītūtimma ikkal[ū ba]ltū[t]i). Hier ist sicher nicht an eine „Auferstehung“ der Toten ähnlich der christlichen Vorstellung gedacht, sondern an eine Invasion von Totengeistern in der Oberwelt, die die lebenden Menschen malträtierten, so dass es nach der Version aus Assur (Vs. 18´) am Ende dort mehr Tote als Lebende geben würde. Die Toten blieben also tot, auch wenn sie durch die von Ištar angedrohte Gewalttat der Unter————— 78
Ob lúÉR.MEŠ und munusÉR.MEŠ so gelesen werden dürfen, ist nicht bekannt, aber naheliegend.
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welt (für einige Zeit?) entfliehen könnten. M.E. muss auf Grund dieser Stellen das Verbum elû im Ventiv auch in Nin. 136–138 analog aufgefasst werden, d.h., als „heraufkommen“ (auf die Oberwelt), und zwar aus einem bestimmten Anlass zu einem bestimmten Zweck. Dann ist Hlf. Nin. 136–138 folgendermaßen wiederzugeben: 136 137 138
Wenn Tammuz heraufkommt, die Lasurflöte und der Karneolring mit ihm heraufkommen, mit ihm heraufkommen79 Weinende, Männer und Frauen, mögen (auch) die Toten heraufkommen, den Weihrauch riechen.
Dies ist die Ätiologie einer kultischen Begehung, höchstwahrscheinlich im Zusammenhang der taklimtu-Feierlichkeiten für Tammuz am Ende des nach ihm benannten vierten Monats.80 Das Ganze ist keine Beschreibung eines Rituals, sondern deutet ein solches nur an. Deshalb sind auch nicht alle Einzelheiten klar. Sicher ist, dass Tammuz zum Fest aus der Unterwelt „heraufkommt“, dass seine (Hirten-)Flöte (oder Schalmei), die auch sonst erwähnt wird, dabei eine Rolle spielt,81 und dass Räucheropfer dargebracht werden, an denen auch die ihn begleitenden Toten teilhaben. Unklar ist mir die Bedeutung des Karneolrings und die Identität der „Weinenden“ (Männer und Frauen, die die rituelle Klage um Tammuz vollziehen), die beide nach Aussage des Textes ebenfalls aus dem Totenreich stammen. [22] Es ist nicht möglich, hier den Mythos von Ištars Gang zur Unterwelt insgesamt in seiner Vielschichtigkeit und Intertextualität zu interpretieren.82 Es kam ————— 79 Die Verbalform ellanni (el-la-an-ni) ist auffällig, da man bei pluralischem Subjekt *ellûninni erwartete – außer, es liegt hier der Fall vor, dass wie im Arabischen die 3. Person m.sg. mit wenigen Ausnahmen vor Subjekten aller Genera und Numeri stehen kann. 80 S. dazu FARBER 1977, 121–125. 81 Hier und schon vorher in Z. 129 handelt es sich um ein besonders kostbares Exemplar, das wohl mit Lapislazuli dekoriert oder wenigstens von blauer Farbe ist. 82 Ein paar Randbemerkungen. Bis Z. 125 haben wir eine fortlaufende Erzählung, deren Duktus insgesamt dem der sumerischen Fassung entspricht. An ihrem Ende befindet sich Ištar, wie es scheint in Begleitung Namtars, jenseits des äußersten Tores der Unterwelt und wieder im Vollbesitz ihrer Hoheitszeichen. In den Zeilen 126–130 folgt dann anscheinend ein an Namtar gerichteter Auftrag, wohl der Anunnakū, bei dem es um die Stellung von Ersatz (naptaru mit assyrisierendem Umlaut im Casus obliquus des Duals oder Plurals naptirī/ē-, gebraucht wie iptiru in der Assur-Rezension, KAR 1 Rs. 36; m.E. gegen AHw 742a s.v. naptaru 4 kaum ein Schreibfehler, da K 162 Rs. 46 [CT 15,47] und K 7600,21´ [CT 15,48] in der Lesart übereinstimmen; vgl. auch BORGER 1979, 144 z.St.) und um die festliche Herrichtung Tammuz’ (wofür?) geht. Hier wird die Darstellung bruchstückhaft. Wahrscheinlich entspricht dieser Abschnitt den Zeilen 347ff der sumerischen Version, bei der Inanna bei ihrer Rückkehr aus der Unterwelt Dumuzi nicht in Trauer vorfindet und ihn deshalb zu ihrem Ersatz bestimmt. Ausdrücklich gesagt wird darüber aber nichts. Doch lässt sich aus dem Verhalten seiner Schwester Belili im folgenden Fragment (Z. 131–135) ableiten, dass danach das Schreckliche geschehen sein muss: Sie reißt ihren eben erst angelegten Schmuck wieder ab, als sie „das Wehgeschrei ihres Bruders hört“, und bittet darum, ihr ihren „einzigen Bruder“ nicht zu rauben. Dies entspricht partiell der Geštinanna-Episode des sumerischen Mythos; aber auch hier wird das Wesentliche nicht ausgesprochen. Es folgt vielmehr gleich der oben behandelte ätiologische Schluss. Dies kann nur bedeuten, dass die jungbabylonische Version des Mythos die Kenntnis des Stoffes bei ihrem Publikum voraus-
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nur darauf an zu zeigen, dass Parpolas Deutung bereits an dem Schlusspassus Nin. 136–138 scheitert. 3.2.7. Zu einigen Illustrationen in SAA 9 3.2.7.1. Die Götterdarstellungen auf der Stele Asarhaddons aus Zincirli (PARPOLA 1997a, XX Abb. 2. LXXXVI Anm. 59). Die genannte Abbildung bietet einen Ausschnitt aus den Götterdarstellungen der Asarhaddon-Stele aus Zincirli (alt Śamāl) im Vorderasiatischen Museum in Berlin.83 Die zwölf Gottheiten werden hier teils anthropomorph dargestellt – als menschenförmige Figuren, die auf Postamenttieren stehen84 –, teils durch ihre Sym[23]bole vertreten, wobei auffällig ist, dass ihre Zahl nicht mit der der am Anfang des Inschrifttextes85 genannten übereinstimmt. Parpolas Ausschnitt bietet drei Gottheiten, zwei hintereinander auf einer Basislinie und darunter, etwa in der Mitte zwischen beiden, eine dritte. Die Gruppe kommentiert der Verfasser folgendermaßen: „In the Sendjirli stela the pair Aššur/Enlil + Mullissu (topping this stela) makes a triad with Ninurta, who supports the two in a caryatid-like fashion.“86 Dies ist aber nur – und auch dann nur bedingt – richtig, wenn man die drei Darstellungen isoliert betrachtet. Fasst man das Ganze ins Auge, ergibt sich folgendes Bild: Die Götter bzw. ihre Symbole sind im Wesentlichen rechts vom Kopf des auf der Stele abgebildeten Königs in drei horizontalen Registern auf Standlinien angeordnet. Die Register 2 und 3 sind wegen der Konturlinie der Tiara und des Gesichts Asarhaddons jeweils ein Stück nach rechts eingezogen. In den Registern 1 und 2 finden sich je zwei Gottheiten auf ihren Postamenttieren, in Register 3 vier Göttersymbole. Links vom oberen Register steht ein weiteres Symbol, rechts von den Registern 1 und 2 vertikal angeordnet noch drei. In Register 2 stößt die Krone des Gottes Nr. 1 in der Tat von unten an die Standlinie von Register 1 – aus Raummangel. Gott Nr. 2 steht ————— setzt und sich deshalb am Ende mit Andeutungen begnügen kann. Wenn ich recht sehe, hat diese Fassung drei ätiologische Spitzen: Der gesamte Mythos erklärt, wie Dumuzi/Tammuz und Geštinanna/Belili in die Unterwelt versetzt wurden; dies ist in der jungbabylonischen Form ein Erbstück aus der sumerischen Komposition. In letzterer haben die von Enki geschaffenen Figuren des kurgarra und des galaturra die Funktion, die Stimmung Ereškigals zu heben und dann die Befreiung Inannas zu erreichen. Ihr Äquivalent in der akkadischen Version ist der assinnu, der aber nach vollbrachter Aufgabe von der Herrin des Totenreichs überraschenderweise verflucht wird. Der in der sumerischen Fassung nicht vorkommende Fluch enthält eine Ätiologie des assinnu als männlichem Prostituierten (für den der arme Asûšu-namer der Prototyp ist); zu dem Motiv, dass er „im Schatten der Mauer“ (silli dūri Z. 106) seinen Standort haben soll, s. HUROWITZ 1995, 552. Zu der dritten, der kultischen Ätiologie s.o. Sie stellt ebenfalls eine Innovation dar; denn an ihrer Stelle findet sich im sumerischen Text Z. 411f ein Lobpreis der Ereškigal. 83 Die besten Abbildungen, die ich kenne, hat G.R. MEYER 1970, Taf. 154f. S. ferner z.B. ORTHMANN u.a. 1975, Taf. 232; BÖRKER-KLÄHN 1982, Nr. 219 (Text Bd. I S. 213); PARPOLA/ WATANABE 1988, 20 Abb. 7 (aus BÖRKER-KLÄHN). 84 Die einzige weibliche Gottheit sitzt auf einem Thron, der auf dem Postamenttier angebracht ist. 85 BORGER 1956, § 65 A Vs. 1–10. 86 PARPOLA 1997a, LXXXVI Anm. 59.
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wegen des Einzugs erst nach ihrem Ende, so dass für seine Kopfbedeckung genügend Platz vorhanden ist. Es kann also nicht davon die Rede sein, dass die Götter von Register 1, bei denen es sich in der Tat um Assur und Ištar/Mullissu87 handelt, mit dem vorne stehenden Gott von Register 2 eine „Trias“ bilden und der letztere als Karyatide fungiert. Dieser ist übrigens am ehesten Ellil – nach Parpola hingegen Ninurta/Nabû –, da Nabû und Ninurta oder Nergal in Register 3 durch ihre Symbole, den doppelten „Griffel“ und den „Doppelkopfstab“, vertreten sind. Der Gott hinter ihm ist Adad. In Register 3 haben wir noch den „Spaten“ Marduks und den „Stab mit Tierkopf“, der für Ea steht. Die außerhalb der Register angeordneten Symbole bezeichnen die Sebettu (links von Register 1) bzw. [24] Sîn, Šamaš und Anu (?) (rechts von den Registern 1 und 2). Von diesen Gottheiten kommen Nabû und Ninurta/Nergal nicht in der Inschrift vor. 3.2.7.2. Das Relief aus dem Brunnen in Assur (PARPOLA 1997a, XXIII Abb. 5. LXXXV Anm. 47). M.E. sprechen die Schuppen, die bei der zentralen Gestalt auf Kappe und Rock eingezeichnet sind, sehr stark für einen „Berggott“, d.h. einen als Gottheit betrachteten Berg. Die von ihm getragenen pflanzenartigen Stäbe und die aus seinen Seiten wachsenden Pflanzen stellen die Gebirgsvegetation dar. Dass es sich um einen anthropomorphen „(Heiligen) Baum“ handelt (Parpola), ist mir äußerst unwahrscheinlich, zumal der Verfasser die die Zentralgestalt flankierenden Quellgottheiten bei seiner Deutung völlig außer Betracht läßt.88 3.2.7.3. Das neuassyrische Rollsiegel BM 105111 (PARPOLA 1997a, XXV Abb. 7). Wenn der „Heilige Baum“ bereits „die Gesamtheit der Götter“ bezeichnete, wäre es überflüssig, noch andere Gottheiten (links ein männlicher Gott auf einem Stier = Adad89, rechts Ištar auf einem gehörnten und geflügelten Löwen) zu seinen beiden Seiten abzubilden. Beachte, dass der Gott links von dem „Sakralbaum“ ein babylonisches Göttergewand trägt!90
————— 87 Das Paar kommt in gleicher oder ähnlicher Ikonographie noch mehrmals auf Monumenten Sanheribs vor: Bawian, Große Felsstele, BÖRKER-KLÄHN 1982, Nr. 187; ebd., Relief am Kanalkopf, BÖRKER-KLÄHN 1982, Nr. 188; Stele aus Assur, BÖRKER-KLÄHN 1982, Nr. 205; Siegel des Gottes Assur, WISEMAN 1958, 16 Abb. 2 u. Taf. I.III.IV (nach der Legende wurde das Siegel von Sanherib in Auftrag gegeben und gestiftet); WATANABE 1985, 381 Abb. 1 (aus WISEMAN); PARPOLA/WATANABE 1988, 28 (aus WISEMAN). Das Postamenttier Assurs ist jeweils ein dem Mušhuššu ähnlicher Drache, der am Hals bzw. an der Brust einen Löwenkopf trägt. Da das dem Betrachter zugewandte Vorderbein des Wesens jedoch doppelt dargestellt ist, ist es auch möglich, dass der Gott auf zwei Tieren, einem Drachen und einem Löwen, steht. Dass eines der Vorderbeine wie bei den plastischen assyrischen Torlaibungslöwen und -Lamassātu unter zwei Aspekten (Vorder- und Seitenansicht) wiedergegeben wäre, ist bei Flachbildern wenig wahrscheinlich. 88 S. zu dem Relief auch KRYSZAT 1995; READE 2000. 89 Das Objekt, das der Gott in der rechten Hand hält, ist wahrscheinlich ein Blitz.. 90 Vgl. dazu OPPENHEIM 1949.
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4. Der König in den neuassyrischen Prophetien Dass es sich bei den neuassyrischen Prophetensprüchen im Wesentlichen um Königsprophetie handelt, ist oben bereits angedeutet worden.91 Es liegt daher nahe, etwas zu Rolle und Status des Königs in diesen Texten zu sagen. Der entsprechende Abschnitt der Einleitung Parpolas beschränkt sich allerdings auf die Aspekte „The King as God’s Son and Chosen One“.92 Der König ist demnach ein gottmenschliches Wesen, geboren von einer irdischen und einer göttlichen Mutter (Mullissu/Ištar von Nineve), als Kleinkind genährt und gepflegt von Göttinnen. Die Aussagen der Prophetensprüche (und anderer zeitgenössischer Texte) über die Funktion von Göttinnen als Mutter (oder Erschafferin), Amme und Kindsmagd des Königs sollen nach Parpola nicht als Metaphern, sondern wortwörtlich verstanden werden. Im Hintergrund stehe, dass der künftige König – im wesentlichen geht es hier um Asarhaddon (und Assurbanipal?) – in seiner [25] Kindheit von seiner menschlichen Mutter getrennt und in den Ištar-Tempeln von Nineve und Arbela von Hierodulen (die die Göttin repräsentierten) aufgezogen und von Eingeweihten in die Mysterien eingeführt worden sei. In der Erschaffung des Königs und der göttlichen Fürsorge für ihn drücke sich seine Erwählung aus, die nie freischwebend, sondern immer die Erwählung zu einer historischen Mission gewesen sei. Deshalb habe sie eine „messianische“93 Dimension: An den künftigen König hätte man die Erwartung geknüpft, dass er alle Feinde, die das Reich gefährdeten, besiegen und eine Herrschaft von Gerechtigkeit und ewigem Frieden aufrichten würde. Deutlich sei der „messianische“ Aspekt insbesondere bei Asarhaddon, dessen Thronbesteigung eine Zeit der inneren Krise in Assyrien – symptomatisch dafür die Ermordung Sanheribs, das Exil des legitimen Thronfolgers, der Machtkampf an der Spitze des Staates – beendete, die als Zeichen göttlichen Zorns empfunden worden sei. Doch hätten die Prophet(inn)en Asarhaddon von Anfang an als den legitimen Thronerben angesehen. Er sei anders als seine Brüder von Ištar aufgezogen worden, der Name seiner Mutter Naqīya/Zakûtu „die Reine“ hätte an die Göttin als Inbegriff der Reinheit erinnert, und zudem sei sein Aufstieg zum Königtum schon Monate vor dem Tod Sanheribs durch ein Vorzeichen angekündigt worden. Auf diesem Hintergrund hätten die Prophet(inn)en ihm die Ermutigung und den Beistand der Götter zugesprochen. Mit dem Sieg über die Mörder seines Vaters habe er die Weltordnung wieder hergestellt. Künftig sei seine Aufgabe dann vor allem die Restauration der Tempel gewesen, die ihn seine ganze Regierungszeit über beschäftigt habe. ————— 91
S. S. 161. PARPOLA 1997a, XXXVI-XLIV. 93 Auch bei Parpola immer in Anführungszeichen. 92
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Dass der König ein aus der übrigen Menschheit herausgehobenes Wesen, sozusagen ein superman ist, ist für das alte Mesopotamien und auch für andere Teile des Alten Orients einschließlich Ägyptens selbstverständlich. Nach der sumerischen Königsliste „kam das Königtum vom Himmel herab“,94 und die Namen von Königen des 3. und des frühen 2. Jahrtausends v.Chr. wurden oft mit dem Gottesdeterminativ geschrieben. Dass sich die Herrscher selbst für weit über der Masse der „Schwarzköpfigen“ und in einem besonderen Verhältnis zur himmlischen Welt stehend betrachteten, zieht sich als eine Art Cantus firmus durch die Königsinschriften aller Perioden. Für den Endbereich der Zeitgabel kann daneben z.B. auch der kleine Mythos von der Erschaffung des Menschen und des Königs VS 24,92 aus Babylon95 angeführt werden, in dem der König (šarru) als māliku-[26]amēlu, „überlegen-entscheidender Mensch“96, dem lullû amēlu, dem „gewöhnlichen Sterblichen“97, gegenübergestellt und – im Unterschied zu der simplen „Tonstatue“ (salam titti) des letzteren, der die Arbeit für die Götter tun soll – mit den von den Göttern stammenden königlichen Attributen ausgestattet wird.98 Ich halte es aber nicht für richtig, für den assyrischen König eine Art „Christologie“ vor der altkirchlichen Dogmatik mit „unbefleckter Empfängnis“99 und Zweinaturenlehre zu entwickeln. Wenn Gilgameš, der in der babylonischen und assyrischen Königsideologie die Rolle eines „Idealkönigs“ gespielt haben mag,100 nach Zeugnis des von ihm handelnden Epos „zu zwei Dritteln Gott, zu einem Drittel Mensch“101 gewesen ist, so gehört das m.E. zu seiner Ausstattung als Heros der Frühzeit und kann nicht einfach auf jeden historischen König übertragen werden. Die Aussagen der neuassyrischen Prophetensprüche und anderer Texte über die Erschaffung des Königs durch die Götter und die Rolle von Göttinnen als Mutter, Amme und Kinderfrau sind daher differenzierter zu betrachten, als es Parpola tut. Sie können m.E. nicht einfach als Widerspiegelung einer physischen Wirklichkeit betrachtet werden. Immerhin: Die Vorstellung, dass der König von den Göttern geschaffen und bereits im Mutterleib mit den für seine künftigen Aufgaben notwendigen Eigenschaften und Charismata ausgestattet worden ist, ist zunächst ein Spezialfall der gemeinaltorientalischen Überzeugung, dass bei Zeugung und Empfängnis, Schwangerschaft und Geburt ————— 94
JACOBSEN 1939, 70.76 I 1.41. Bearbeitung von W.R. MAYER 1987. S. dazu auch MÜLLER 1989; VAN SETERS 1989, v.a. 337–339. 96 S. dazu W.R. MAYER 1987, 64f. 97 Dies ist natürlich keine Übersetzung des babylonischen Ausdrucks (den Mayer ohne deutsche Wiedergabe lässt), sondern eine Umschreibung, die das Gemeinte approximativ andeuten soll. 98 Mayer weist zu Recht auf die Parallele im „Krönungshymnus“ Assurbanipals LKA 31 Rs. 5–8 hin (W.R. MAYER 1987, 64). 99 Die Lehre von der immaculata conceptio bezieht sich auf die qeoto,koj Maria und nur indirekt auch auf ihren Sohn. 100 Vgl. z.B. FURLANI 1977, 399f, und s. PARPOLA 1997a, CI Anm. 193; vgl. auch ders. 1998. 101 Gilg I II 1. Gilg IX II 16 (ältere Zählung = I 46. IX 52 bei PETTINATO 1993, und PARPOLA 1997b; I 48. IX 51 bei GEORGE 1999). 95
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immer Götter als Schöpfer des individuellen Menschen beteiligt sind,102 auf höherer Ebene aber (von uns als metapho[27]risch empfundener) Ausdruck für die göttliche Erwählung des Königs. Die Mutter- und Ammenbilder, die eine lange mesopotamische Vorgeschichte und Parallelen im gesamten alten Vorderen Orient haben,103 halte ich in diesem Sinne ebenfalls für Metaphern, die die fortwährende Fürsorge der Göttin(nen) während der gesamten „Laufbahn“ des Königs eindringlich beschreiben sollen. Dass man daraus eine reale Erziehung des Kronprinzen in Tempeln der Ištar ableiten könnte, halte ich für sehr unwahrscheinlich,104 zumal dann die Nachfolgefrage bereits im Säuglingsalter des zur Thronfolge bestimmten Prinzen hätte geklärt sein müssen. Klarheit bestand jedoch erst, wenn der künftige König im Bēt ridûte installiert wurde; aber in diesem Augenblick war er kein Baby mehr. Über die traditionsgeschichtliche Herkunft des Theologumenons von der göttlichen Herkunft des Königs kann man nur spekulieren. Falls W.W. Hallo mit seiner These, dass die mesopotamischen Könige des 3. Jahrtausends v.Chr. dem i`ero.j ga,moj zwischen einer eine Göttin vertretenden Frau (Priesterin?) und dem regierenden König entstammten,105 Recht hätte, wäre die Sache relativ einfach: Man hätte dann im 1. Millennium eine jahrtausendalte Tradition fortgesetzt, aber ohne die dazugehörige Praxis. Ich zweifle freilich daran, dass die Hallo’sche Hypothese stimmt, so dass man die entsprechenden Textaussagen, [28] die untereinander z.T. widersprüchlich sind, vielleicht doch eher metaphorisch deuten muss.106 Im äußersten Fall könnte man spekulieren, dass den assyrischen Mut————— 102 S. WOLFF 1973a, 146–148, und vgl. ARNAUD 1996. Für das Fortwirken der Vorstellung unter vergleichbaren sozialen Umständen vgl. z.B. Qurān 35,11: „Kein weibliches Wesen wird schwanger und gebiert ohne sein [= Gottes] Wissen“ (wa-mā tahmilu min untā wa-lā tadau illā bi-ilmihī). 103 S. PARPOLA 1997a, XXXVI–XL und IC Anm. 164 (Lit.); ferner M.WEIPPERT 1985a, 62–64.71–78 [s.o. S. 65–67.73–79]. 104 PARPOLA 1997a, IC Anm. 174, bietet dafür keinen überzeugenden Beleg. Die angeführte Stelle AsbA X 61 (57–65) nennt neben den vier aufgezählten Göttinnen auch zahlreiche männliche Gottheiten, die Assurbanipal im Bēt ridûte beschützt haben: „Ich bin Assurbanipal…, weil ich in diesem Kronprinzenpalast aufgewachsen bin (und) Assur, Sîn, Šamaš, Adad, Bēl, Nabû, Ištar von Nineve, die Königin des Kidmuru, Ištar von Arbela, die Königin der Kultordnungen (GARZA.MEŠ = parsē), Ninurta, Nergal, Nusku meine Kronprinzenschaft (mār-šarrūtī) beschützt, ihren guten Schutz und ihren heilvollen Schirm über mich gebreitet haben, …“. Man kann nicht die vier Göttinnen aus dem Text herausdestillieren und für sie ohne Anhalt an seinem Wortlaut eine Spezialaufgabe vermuten. Die Parallelstelle in AsbF lässt überdies die gesamte Götteraufzählung weg und bietet an ihrer Stelle „(…weil ich in diesem Kronprinzenpalast aufwuchs) (und) seine männlichen (und) weiblichen Schutzgeister (šēdūšu lamassātūšu) meine Kronprinzenschaft beschützt haben, und die Herrin der Kultordnungen ihren guten Schutz (und) ihren heilvollen Schirm über mich gebreitet hat…“ (AsbF VI 30–32, BORGER 1996, 72). Schlüsse aus der Fassung von Prisma A, die die Version von Prisma F nicht in die Argumentation einbeziehen, sind m.E. unzulässig. Sowohl der vollständige Kontext der von Parpola angeführten Stelle AsbA X 61 als auch die Variante in AsbF lassen seine Interpretation kaum überzeugend erscheinen. – Zu PARPOLA ebd., C Anm. 175, wäre zu bemerken, dass es nichts Außergewöhnliches ist, wenn göttliche Kinder Ammen übergeben werden; denn die Gebräuche in der himmlichen Welt spiegeln (für uns) im Wesentlichen irdische Oberschicht-Verhältnisse wider. 105 HALLO 1987. S. schon ENGNELL 1945, 16f, und, freilich mit Vorbehalt, FALKENSTEIN 1966, 2f. 106 S. M. WEIPPERT 1985a, 72f [s.o. S. 74f]. Das Material ebd., 71–73 [o. S. 73–75], und bei HALLO a.a.O.
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ter- und Ammenbildern der auch sonst zu beobachtende Gedanke zugrunde liegt, dass in bestimmten Situationen menschliche Handlungen einem analogen Geschehen in der Götterwelt entsprechen. Hinweisen kann man dafür auf die Herstellung von Götterstatuen, bei der „in, mit und unter“ der Tätigkeit der irdischen Handwerker die Handwerkergötter an der Arbeit gesehen werden.107 So könnten auch die Ereignisse um die Geburt und die Aufzucht des (künftigen) Königs nachträglich (?) mit einer Entsprechung in himmlischen Sphären versehen worden sein, um der metaphysischen Aura, die den König umgab, adäquaten Ausdruck zu verleihen. Die Thronbesteigung Asarhaddons vollzog sich gewiss unter ungewöhnlichen und dramatischen Umständen. Schon seine Einsetzung zum Kronprinzen dürfte nicht allgemeine Zustimmung gefunden haben, schon gar nicht bei seinen Brüdern, die dabei übergangen worden sind. So ist es nicht verwunderlich, dass seine Parteigänger alles daransetzten, die Entscheidung Sanheribs als dem Willen der Götter entsprechend darzustellen und damit zu legitimieren. In diesen Zusammenhang gehört m.E. das auf den Kronprinzen Asarhaddon bezügliche „Omen des Königtums“ (ittu ša šarrūti), das Bēl-ušēzib nach eigenem Bekunden dem Beschwörer Dadā und der Königin Naqīya mitgeteilt und gedeutet hat,108 und die Prophetensprüche, die ihm vor seiner Thronbesteigung galten, und von denen möglicherweise wenigstens einer als Zitat in einem späteren prophetischen Orakel überliefert ist.109 So könnte man diese Botschaften von Gottheiten für ihren Kandidaten für das Königtum in Assyrien aus der speziellen Situation erklären, in der Asarhaddon sich befunden hat110 – wenn es nicht auch ein auf ähnliche Weise tra[29]diertes Orakel für den Kronprinzen Assurbanipal111 und prophetische Designationsorakel auch für andere Thronanwärter gegeben hätte. So wird in einem Brief an Asarhaddon ein von Nusku ausgehender Prophetenspruch zitiert, der Sasī, dem Prätendenten einer vor allem in Harrān beheimateten Verschwörung, die Königsherrschaft verheißt (ABL 1217+CT 53,118 Rs. 2´–5´), und selbst Damqī, der, ebenfalls unter Asarhaddon, die Rolle eines Ersatzkönigs (šar pūhi) übernehmen musste, wurde von einer Prophetin112 vorhergesagt, dass er König werden würde (ABL 437113 Vs. 22–25). Für die Tatsache, dass es derartige Prophetensprüche, die ————— 107 Das geht sogar so weit, dass die menschlichen Handwerker nach beendigter Arbeit schwören müssen, dass nicht sie das Gottesbild hergestellt haben, und dass ihnen symbolisch die Hände abgehackt werden, so dass sie es überhaupt nicht gewesen sein können. S. dazu BERLEJUNG 1998, 114– 117.232f, und vgl. M. WEIPPERT 2001a, 52 m.Anm. 107 [s.o. S. 152 m.Anm. 107]. 108 ABL 1216 Vs. 13´f (13´–15´). Rs. 14f.16. Neueste Bearbeitungen: SAA 10,109; NISSINEN 1998, 89. S.o. S. 180f. 109 NAP 03 II 10–18; s. M. WEIPPERT 1997b, 157–160 [s.o. S. 121–123]. Zu den Schwierigkeiten dieser These s.u. S. 198f. 110 Dies ist die Tendenz der Ausführungen bei PARPOLA 1997a, XLIIIf. 111 NAP 07,2–11; s. M. WEIPPERT 1997b, 153–157 [s.o. S. 118–121], und u. S. 201–203. 112 Wahrscheinlich von der in ABL 149 Vs. 7 erwähnten Mullissu-abu-usrī; s. V. SODEN 1956, 103f; LANDSBERGER 1965, 47/345 Anm. 83. 49/347f. 113 Dieser Brief ist oft bearbeitet und diskutiert worden, z.B. von W. v. Soden (s. HKL I, 179 s.v.); LANDSBERGER 1965, 46–51; PARPOLA 1970a, 280; SAA 10, 352; NISSINEN 1998, 68–77.
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sonst vor allem aus dem Alten Testament bekannt sind,114 im Assyrien des 7. Jahrhunderts gegeben hat, ist nicht von Belang, dass letztere Ankündigung sich erfüllt hat, wenn auch auf grausige Weise, während die Konspiration, deren Exponent Sasī war,115 gescheitert ist. Aber der Schluss erscheint mir berechtigt, dass die prophetische Agitation zugunsten Asarhaddons, wenngleich gefärbt von der speziellen Situation, in der sie stattfand, nicht per se etwas Außergewöhnliches, sondern eine Analogie zu der war, die auch anderen Thronprätendenten zuteil werden konnte. Eher haben die Umstände der Thronbesteigung Asarhaddons dazu geführt, dass wir über die ihm gewidmeten Aktivitäten von Gelehrten und Prophet(inn)en mehr wissen als im „Normalfall“. Sollte sich dies so verhalten, dann ist auch der von Parpola postulierte gleichsam „messianische“ Charakter der Akzession und des Königtums Asarhaddons zu relativieren. Dass mit dem Regierungsantritt eines neuen Königs eine neue Zeit anbricht, die die Züge einer Heilszeit trägt, dürfte allgemeine Überzeugung zumindest der „Eliten“ des alten Vorderen Orients gewesen sein. Aus Assyrien nenne ich zu diesem Thema nur zwei Stellen aus Inschriften Assurbanipals, der im Unterschied zu seinem Vater auf recht undramatische Weise König wurde und deshalb nicht unbedingt [30] als Heilsbringer hätte glorifiziert werden müssen. Nach Prisma A I 41–51 haben nach seiner Thronbesteigung Adad und Ea durch reichliche Wasserversorgung aus Assyrien eine Art Schlaraffenland gemacht:116 Nachdem Assur, Sîn, Šamaš, Adad, Bēl, Nabû, 42Ištar von Nineve, die Königin des Kidmuru, 43Ištar von Arbela, Ninurta, Nergal (und) Nusku mich 44in guter Weise auf den Thron meines leiblichen Vaters gesetzt hatten, 45 schickte Adad seine Regengüsse herab, schloss Ea seine Quellen auf, 46 wurde die Gerste in ihren Furchen fünf Ellen hoch, 47 wurde die Ähre 5 /6 Ellen117 lang, 48 gedieh die Ernte, wurde das Getreide reichlich, 49 ließen sie118 die Weiden ständig sprießen, 50 ließen sie118 die Gärten reiche Frucht bringen, gaben sie118 dem Vieh zahlreichen Nachwuchs. 41
————— 114 Siehe 1 Sam 10,1C–7 (sekundär erweiterte Fassung; Kern: V. 1C.7C–E); 1 Kön 11,31–39 (mehrfach erweiterte Fassung; Kern: V. 31.37.38EF; so H. WEIPPERT 1983); 2 Kön 9,6D–10B (Kern nicht eindeutig feststellbar; mehrere deuteronomistische Schichten, sehr spätes Althebräisch). 115 Ein abweichendes Bild der Verschwörung und der Rolle Sasīs dabei bei NISSINEN 1998, 135– 150, der Sasī sogar für einen undercover-Agenten Asarhaddons hält. 116 Nach STRECK 1916, 6, und BORGER 1996, 16f. – Auf eigenartige Weise wird dasselbe Schema in der „großen Jagdinschrift“ Assurbanipals, K 2867 (BAUER 1933, 87f) Rs. 2–13, verwandt: Der Text geht zunächst parallel mit AsbA I 41–45. Das reichliche Wasser verursacht hier aber eine Hypertrophie von Wald und Schilf, die wiederum gute Bedingungen für das Gedeihen der Löwen schafft. Daraus entsteht eine Löwenplage, die vom König gewaltsam beendet wird. 117 Varianten: 2 /3 Ellen bzw. 1 Elle. 118 Wohl die in den Zeilen 41–44 oder 45 genannten Gottheiten.
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Während meiner Regierungsjahre waren Fülle (und) Überfluss, während meiner Jahre Wohlstand aufgehäuft. 51
Ähnlich wird in der Tontafelinschrift L4 (K 2694+3050)119 II 10´–25´ die mit der Akzession Assurbanipals inaugurierte Zeitenwende als Anbruch des Weltfriedens geschildert, in der die Feinde Assyriens freiwillig die Waffen niederlegten, Raub, Diebstahl und Mord, jegliche Gewalttat, aufhörten, die Straßen, selbst die entlegensten, sicher wurden, weil die Götter, allen voran Marduk, dafür gesorgt hatten, dass der König keinen Rivalen und keinen Feind hatte. Noch krasser formulierte den Anbruch des Heils bei seinem Regierungsantritt der König Kilamuwa120 von Śamāl in Nordsyrien im 9. Jahrhundert in der Inschrift KAI 24121. Er ging so weit, seine vier nächsten Vorgänger auf dem Thron, darunter seinen Vater und seinen122 Bruder, als „untätig“ zu qualifizieren, um dann statuieren zu können: „Aber ich, Kilamuwa, Sohn der Tml123 – was ich getan habe, hatten die Früheren nicht [31] getan“ (Z. 4f). Wie bei Assurbanipal besteht das Neue in äußerem und innerem Frieden und Wohlstand für alle. Auffällig ist bei Kilamuwa aber im Unterschied zu Assurbanipal, dass die Götter überhaupt keine Rolle spielen; sie werden – außer in dem Fluchpassus am Ende des Textes (Z. 13–16)124 – einfach nicht erwähnt. Im Grunde findet sich das Schema auch in der Schilderung des Regierungsantritts Asarhaddons in den für Babylon bestimmten Inschriften (Ash.Bab. AD, BORGER 1956 § 11), wobei die Aussagen aber nicht auf Assyrien, sondern ————— 119 STRECK 1916, 260.262, mit den Verbesserungen von BAUER 1933, 85 Anm. 3, und BORGER 1996, 188. 120 Phönizisch Klmw geschrieben. Die Vokalisation des Namenselements -muwa ist sicher; *kila- ist üblich, aber geraten. 121 Neue Bearbeitung: TROPPER 1993, 27–46. 122 Die in Z. 3 gebrauchte Form h ist nicht eindeutig; sie kann sowohl „mein Bruder“ (*ahī) als auch „sein (des Vaters) Bruder“ (*ahō) bedeuten. 123 Lesung nach TROPPER 1993, 33. 124 Hier werden nur Schutzgötter früherer Herrscher (nach TROPPER 1993, 21, Dynastien) und der Gott der herrschenden Familie genannt. Bl Smd (TROPPER a.a.O., 21.45), der Gott des Gabbār, kommt nur hier vor, während Bl Hmn (TROPPER a.a.O., 21f.46), der Gott des Bmh, später über die gesamte phönizisch-punische Welt verbreitet ist. M.E. handelt es sich um den Baal (oder „Herrn“) des Amanus-Gebirges, das in assyrischen Texten Hamānu heißt. Rkbl (TROPPER a.a.O., 22.46.102), der Gott der regierenden Dynastie (bl bt), ist wahrscheinlich der „Streitwagenfahrer Els“. Nach einer hieroglyphenluwischen Umschreibung des Namens des Königs Brrkb als Ba+ra/ri-ki-ba-sa (= Barakibas, gen.sg.) „des Bar-Rākib“ (V.LUSCHAN/ANDRAE 1943, Taf. 45l.47i) vokalisiert man den Gottesnamen seit FRIEDRICH 1957 gewöhnlich als *Rākib-Il; doch ist in ABL 633,6f ein IDINGIR-ur-ri lú SAG(rēš) ma-qa-al-ta-a-nu 7 [šá] °dBe--li ra-kab-bi šá uruSa-ma-al-la „Ilōr, Oberster der … [des] Gottes Bel rakkāb (= des Streitwagenfahrers Baal) der Stadt Śamāl“ (m.E. ist so zu lesen, vgl. AHw 605b s.v. maqaltānu; Kollation erforderlich) belegt. Handelte es sich am Anfang von Z. 7, wie TROPPER a.a.O., 46, nach LIPIŃSKI 1977, 100, vermutet, um einen Personennamen *IBe--li-ra-kab-bi, würde man danach wohl das Gentilizium *uruSa-ma-la-a-a o.ä. (s. PARPOLA 1970b, 301) erwarten; zudem entstünden beträchtliche syntaktische Probleme. Es stehen sich also bei der Vokalisation des Namenselements rkb- die beiden Möglichkeiten *rākib- und *rakkāb- gegenüber, und die Frage, wie die Śamāliter den Gottesnamen Rkbl ausgesprochen haben, muß vorerst offenbleiben.
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auf Babylon125 bezogen sind: Einer Unheilszeit, d.h. der Regierungszeit Sanheribs (I 18–II 2), folgt hier die Wende, indem Marduk sich erbarmt (II 2–9) und eine neue Heilszeit, d.h. die Regierung Asarhaddons, anbrechen läßt (II 9–23), in der der Wiederaufbau der Stadt und ihrer Heiligtümer tatkräftig in Angriff genommen wird (II 23ff). Es liegt also wohl eine vorgeformte Konzeption vor, nicht ein Spezifikum des Übergangs der Herrschaft in Assyrien von Sanherib auf Asarhaddon.
5. Die Prophet(inn)en und ihre Texte 5.1. Prophet(inn)en Parpolas spezielle Einleitung zu den assyrischen Prophetensprüchen umfasst siebenundzwanzig Seiten (PARPOLA 1997a, XLV–LXXI). Hier werden die in neuas[32]syrischer Zeit gebräuchlichen Termini für „Prophet(in)“ besprochen (ebd., XLV–XLVII), die Verwurzelung des Prophetismus im Ištar-Kult dargelegt (ebd., XLVIIf), die einzelnen Prophet(inn)en aufgezählt und charakterisiert (ebd., XLVIII–LII) und das Corpus der überlieferten Texte eingehend beschrieben, analysiert und in seinen historischen Kontext eingeordnet (ebd., LIII– LXXI). Die neuassyrische Bezeichnung für „Prophet(in)“ lautet raggimu (m.) bzw. raggintu (f.; pl. raggimātu), gewöhnlich als „Rufer(in)“ (PARPOLA 1997a, XLV: „shouter/proclaimer“) erklärt. Dabei handelt es sich um eine Innovation gegenüber dem traditionellen babylonischen Terminus mahhû (m.) bzw. mahhūtu (f.)126 „Ekstatiker(in)“, der auch im älteren Assyrischen bis in die mittelassyrische Zeit hinein gebräuchlich war. Parpola unterscheidet davon den Begriff šab/prû, den er mit „Seher“ („seer“, PARPOLA 1997a, XLVIf) wiedergibt und als Empfänger von Visionen bzw. Traumgesichten identifiziert. Von diesen Ausdrücken kommen raggimu und raggintu als Näherbestimmungen von Prophetennamen je einmal in den Kolophonen der Prophetien vor, ansonsten in Briefen, Urkunden und lexikalischen Texten;127 die übrigen Termini finden sich ————— 125 Nach PARPOLA 1997a, XLIII und CII Anm. 204, könnte man den Eindruck gewinnen, dass der Zorn der Götter sich auf das gesamte assyrische Reich bezogen habe. Die Texte sprechen aber nur von Babylon. Zu der Übersetzung der relevanten Passagen ebd., LXXII–LXXV, ist zu bemerken, dass das 3. Stück, „The Gods of Esaggil“, trotz der Angabe „Bab.A I 10–II 49“ eine Montage aus verschiedenen und textlich voneinander beträchtlich abweichenden Babylon-Texten Asarhaddons ist und nicht als homogen missverstanden werden darf. 126 Altakkadisch und altbabylonisch in Mari muhhûm bzw. muhhūtum (wohl für [mohh-]). In NAP 10 Rd. 2´ findet sich ohne Kontext die logographische Schreibung munusGUB.BA. PARPOLA 1997a, XLVI, macht den ansprechenden Vorschlag, dies nicht als Schreibung für munusmahhūtu, sondern als solche für munus raggintu aufzufassen. Es ist denkbar, dass sich der Titel auf die in Z. 1´, ebenfalls ohne Kontext, erwähnte munusKAL-šá-a-mur bezieht; aber ganz sicher ist das nicht. 127 lú ra-gi-mu NAP 03 IV 30´; zu ergänzen wohl auch in NAP 06,21; munusra-gi-in-tú NAP 07,1. Sonst s. die Lexika.
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in Königsinschriften und anderen literarischen Texten.128 Bei raggimu/raggintu und šab/prû bestehen gewisse Schwierigkeiten hinsichtlich Etymologie und semantischer Entwicklung, die hier aber nur gestreift werden sollen.129 [33] Mit vollem Namen, Herkunftsort oder „Berufs“bezeichnung werden in dem Corpus von SAA 9 zwölf Propheten und Prophetinnen als Verfasser(innen) genannt; dazu kommt ein Prophet, bei dem das theophore Element des Namens abgebrochen ist, während bei zweien, einem Mann und einer Frau, der Name ganz zerstört ist. Die Namen sind bei PARPOLA 1997a, XLVIII–LII, aufgelistet und mit Erläuterungen versehen; sie müssen hier nicht wiederholt werden. Einige Bemerkungen dazu sind jedoch angebracht. Ahāt-abīša (S. IL Nr. 1). Dieser Name ist keinesfalls mit Namen wie Rīšat/Hadi-abīša „Freude ihres Vaters“ vergleichbar (Parpola), sondern ein sog. Ersatzname „Schwester ihres Vaters“, der eine Reihe von Parallelen in Mesopotamien und im Westen hat.130 Bayā (ebd. Nr. 2), Ilūssa-āmur (S. L Nr. 4) und Issar-lā-tašīyat (ebd. Nr. 6). Bei diesen Namen haben wir das Problem, dass ihr Determinativ nicht mit der Herkunftsangabe übereinstimmt. Die Texte schreiben nämlich munusBa-ia-a DUMU(mār) uruLÍMMU.DINGIR (Arbaile) (NAP 01 II 40´), munusDINGIR(Ilūs)-sa-am[ur] uruŠÀ.URU-a[...] (NAP 01 III 5´f) und munus.d15(Issar)-la-ta-ši-ia-at DUMU (mār) uruLÍMMU.DINGIR(Arbaile) (NAP 01 I 28´f). Nun ist Bayā, wie STT 406 Rs. ————— 128
S. die Lexika (AHw 1120a s.v. šabrû 2b; CAD Š 1, 11ff s.v. šabrû B). Raggimu/raggintu ist der Form nach ein substantiviertes Partizip des Verbums ragāmu G (s. GAG § 55m Nr. 20a). Allerdings ist die Bedeutungsnuance „rufen“ für das Verbum nicht sehr häufig bezeugt (die meisten Belegstellen zeigen den juridischen Gebrauch mit der Bedeutung „[gerichtlich] klagen, verklagen, auf dem Klagewege anfordern“), eher schon für das Nomen rigmu „Ruf, Gebrüll, Stimme“ (auch für den Donner als „Stimme“ Adads). Am besten mit raggimu/raggintu vergleichbar ist das einmal belegte Epitheton Adads rāgimu (pt.act. G) „Rufer“, wohl im Sinne von „Donnerer“. Die übrigen Derivate der Wurzel /rgm/ folgen der juristischen Bedeutungsnuance: rāgimānu „Kläger“, rugummû „Klage(anspruch)“ und rugummānû „Rechtsanspruch“. Wieso also ein Derivat von ragāmu als Neologismus für „Prophet“? Nach dem Inhalt der Prophetensprüche kann es sich nicht um die Bezeichnung eines professionellen „Klägers“ oder „Anklägers“ handeln. Ist hier ragāmu im Sinne von „schreien“ vorausgesetzt? Oder bedeutet es einfach „mit erhobener Stimme reden“? (Letzteres würde zu Parpolas Ansicht passen.) – Bei šab/prû ist die Lautung des Labials unsicher und das Verhältnis des Wortes im Zusammenhang mit Traumgesichten zu dem „Beamten“titel šab/prû, sum. šab/pra, zu klären. Im AHw ist nur ein šabrû angesetzt, während im CAD der Titel von der Bezeichnung des „Träumers“ getrennt wurde. Wenn sum. šab/pra mit SOLLBERGER 1966, 171f, aus akk. šāpirum entlehnt sein sollte, wäre šapra und damit für die akkadische Rückentlehnung šaprû anzusetzen. Differenziert man wie das CAD, dann müsste der Ausdruck für den Empfänger einer Traumoffenbarung dieser Ansetzung nicht unbedingt folgen, zumal in der Erzählung in AsbB V 15–76 und Parallelen (BORGER 1996, 99–103) deutlich ein Wortspiel mit šab/prû und barû Š vorliegt (AsbB V 51; AsbC VI 52; eine etymologische Verbindung ist jedoch kaum gegeben, da sich unter den Nomina mit Präformativ šV- [GAG § 56ij] keine passende Nominalkategorie für šab/prû findet). Weniger wahrscheinlich ist, dass es sich an den genannten Assurbanipal-Stellen um einen šab/prû-„Beamten“ handelt, der mehr oder minder zufällig einen Offenbarungstraum gehabt habe, da in LKA 29d Vs. II 2 ein šab/prû in Parallele zu einem zabbu als Orakelgeber (?) genannt wird: zabbu liqbakkimma šab/prû lišannakki „ein zabbu möge zu dir sprechen, ein šab/prû dir erzählen“. – Sowohl bei raggimu als auch bei šab/prû besteht m.E. noch Klärungsbedarf. 130 Assyrien: APN 4a s.v. S. ferner MÄHNER 1992, 71, und zu Ersatznamen allgemein GEMSER 1924, 194f (ohne den Begriff); STAMM 1939, 278–306; 1980b; MÄHNER a.a.O., 70f. 129
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10 lehrt131, ein weiblicher Personenname, der nicht zu der Qualifizierung als mār ... „Sohn von ...“ passt. Parpola deutet den Sachverhalt so, dass es sich bei Bayā um einen Mann handle, der sich durch Selbstkastration im Dienste Ištars zu einer „Frau“ gemacht habe. Bei Ilūssa-āmur, ebenfalls als Name einer Frau (munusDINGIR-sa-a-mur KAV 121,5; Parpola) belegt, ist nach dem Verfasser das teilweise zerstörte Gentilizium als *uruŠÀ.URU-a[-a] „der von Nineve [34] (Libbiāle)“ zu ergänzen. Was aber hält uns davon ab, stattdessen *uruŠÀ.URU-a[-a-tú] o.ä. zu rekonstruieren? Noch anders liegt der Fall bei Issar-lā-tašīyat. Dieser Name, der „Vernachlässige Ištar nicht!“ bedeutet, ist ohne Zweifel maskulin, da seine feminine Form *Issar-lā-tašittī lauten müsste.132 Sollte es sich auch hier um einen Kastraten handeln, so hätte er, anders als Bayā, seinen männlichen Namen beibehalten, und sein Status wäre nur an dem weiblichen Determinativ vor seinem Namen zu erkennen. Parpola bestreitet freilich, dass der Name feminin determiniert ist, und erklärt, dass der Schreiber zwar begann, das Determinativ MUNUS zu schreiben, sich dann aber eines Besseren besann und die Zeichen für „Mann“ und „Gott“ darüberschrieb. Auf Grund meiner Kollation und den Photographien kann ich das nicht bestätigen; ich sah und sehe nur MUNUS.DINGIR. M.E. erklären sich die genannten Inkongruenzen daher am einfachsten durch die Annahme von Schreibfehlern. Danach wäre * mun us Ba-ia-a DUMU. MUNUS(mārat) uru LÍMMU. DINGIR (Arbaile) und *I.d 15(Issar)-la-ta-ši-ia-at DUMU(mār) uruLÍMMU.DINGIR(Arbaile) zu lesen. Ilūssaāmur ist gegen Parpola (S. L) m.E. kein spezieller „prophet name“; vgl. den oben genannten zweiten Beleg und den Personennamen Āmur-ilūtu-dAššūr „Ich habe die Gottheit Assurs gesehen“ ADD 1002 Rs. 4 (APN 22b). munusKAL-šá-a-mur (S. ILf Nr. 3). Eine mögliche Lesung dieses Namens ist Dunnaša-āmur (Parpola), obwohl dunnu „Stärke“ kaum je KAL(AG), sondern KALAG.GA geschrieben wird. Parpola hält auch *Sinqīša-āmur für nicht ausgeschlossen, und man hat den Eindruck, dass er sich am Ende eigentlich für diese Auffassung entscheidet. Sinqīša-āmur ist die Autorin von NAP 01 D (Parpola 1.2; I 30´…–II 8´; s. NAP 01 II 9´f). Dies ist freilich reine Vermutung. Doch hat das Zeichen KALAG ja auch die Lesung SIG15, so dass man den Namen als *Dunqaša-āmur „Ich habe ihre (scil. der Göttin Ištar) Güte gesehen“ interpretieren könnte; vgl. dazu den Namen Ātamar-dumuq-ile „Ich habe die Güte des Gottes (= Assurs?) gesehen“ ADD app. 1 X 38 (nach APN 47a). Tašmētu-ēreš (S. LII Nr. 12). M.E. „Ich habe (ihn) von Tašmētu erbeten“.133 Die meisten Propheten und Prophetinnen stammen, so weit sich ihre Herkunft feststellen läßt, aus Arbela, je eine(r) aus Kalhu und Nineve, alles Städten mit einem prominenten Ištar-Tempel.134 Dem entspricht, dass von [35] den bestimmten Gottheiten zuweisbaren Prophetensprüchen zwölf auf Ištar von ————— 131
PARPOLA 1997a, IL. Brieflicher Hinweis von D.O. Edzard. 133 Siehe AHw 239f s.v. erēšu II 6ab. 134 Was es mit der Gebirgsstadt Darāhūya (NAP 01 wähnt wird, ist unbekannt. 132
II
14´f) auf sich hat, die sonst nirgends er-
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Arbela zurückgeführt werden; dazu kommen noch zwei, in denen die Göttin mit Mullissu gemeinsam auftritt. Ferner gibt es zwei Orakel von Assur (vielleicht drei, wenn das unter Bēl-tarbāse registrierte in Wirklichkeit auch ihm gehört), ebenfalls zwei von Mullissu und je eines von Bēl (Marduk), Bēltarbāse (wenn nicht für Assur in Anspruch zu nehmen), Ištar von Uruk (die aber mit Ištar von Arbela identisch sein mag) und Nabû. Die Statistik wird dadurch etwas gestört, dass wegen Textverlusts nicht alle Prophetien auf eine bestimmte Gottheit zurückgeführt werden können; deutlich ist dennoch das Übergewicht der Äußerungen der Herrin von Arbela. Wahrscheinlich ist auch die Prophetin Issar-bēlu-dainī, die als šēlūtu ša šarre bezeichnet wird (NAP 01 V 10f), eine vom König gestiftete Hierodule eines Ištar-Tempels. Parpola ist also im Recht, wenn er die enge Verbindung der Prophetie mit dem Kult Ištars unterstreicht.135 Freilich war dieser Konnex kein ausschließlicher, wie Texte außerhalb des Corpus, die Propheten und Prophetinnen erwähnen, erkennen lassen.136 5.2. Die Texte des Corpus Für die physische Konservierung und Überlieferung der in dem Corpus enthaltenen Prophetensprüche standen zwei Typen von Tontafeln zur Verfügung, die ich auf Grund ihrer Form und ihres Inhalts „Sammel-“ und „Einzeltafeln“ genannt habe.137 Bei ersteren handelt es sich um große mehrkolumnige Tafeln im Hochformat, auf denen mehrere Prophetien nacheinander niedergeschrieben wurden, mit Kolophonen versehen und durch Trennstriche voneinander abgesetzt. Dies sind Bibliotheksexemplare, die man mutatis mutandis mit den Prophetenbüchern des Alten Testaments vergleichen kann, allerdings mit dem Unterschied, dass sie Texte verschiedener Provenienz enthalten, nicht, wie in der Bibel, solche, die einem einzigen Propheten zugeschrieben wurden. Die Einzeltafeln enthalten im Unterschied dazu jeweils nur eine prophetische Sprucheinheit. Sie sind kleine, einkolumnige Tafeln im Querformat, wie sie auch sonst für allerlei Notizen gebraucht worden sind. Es ist naheliegend, sich die Vorlagen der Sammeltafeln als solche Einzeltafeln vorzustellen. NAP 09 weicht allerdings von dieser Stilisierung ab: Es handelt sich um eine einkolumnige Einzeltafel, allerdings im Hochformat, die deutlich als Archivexemplar gemeint ist, einen [36] Kolophon und sogar eine Datierung138 aufweist. Diese ————— 135
PARPOLA 1997a, XLVIIf. S. dazu NISSINEN 1998, passim. 137 M. WEIPPERT 1981, 72–74 [s.o. S. 10f]; 1988, 303 [s.o. S. 95]; 2001b, 199a. In letzterem Artikel a.a.O. ist aus „Sammeltafeln“ ohne Zutun des Verfassers „Stammtafeln“ geworden; ich bitte das zu korrigieren. 138 PARPOLA 1997a, LXIII, nimmt an, dass auch NAP 01 und 02 (auch 03 und 04?) im Rahmen eines (nicht erhaltenen) Gesamtkolophons am Ende der Rückseite der Tafeln datiert waren. 136
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Klassifikation des Materials wird auch von Parpola geteilt,139 der die Sammeltafeln „oracle collections“140, die Einzeltafeln „(oracle) reports“141 nennt. Auffällig ist, dass erstere nur für Asarhaddon vorliegen, während letztere sowohl für ihn als auch für Assurbanipal belegt sind. Die vier Sammeltafeln NAP 01–04 werden von Parpola überzeugend der Hand ein und desselben Schreibers zugeordnet. Dies könnte bedeuten, dass sie in zeitlichem Zusammenhang produziert worden sind, unabhängig von der konkreten Entstehungszeit der einzelnen Prophetensprüche oder Spruchgruppen. Dann würde das jüngste Einzelorakel den terminus post quem für die Sammlungen vorgeben. Leider haben wir kein Mittel an der Hand, dies wahrscheinlich zu machen; so bleibt auch die Möglichkeit, dass die Entstehung der Sammlungen sich über einen längeren Zeitraum erstreckte. NAP 09 lässt die Vermutung zu, dass man unter Assurbanipal, soweit man überhaupt Prophetien archivierte, die Praxis der großen Sammeltafeln aufgegeben hatte. Die Beschreibung der strukturellen Bestandteile der Prophetensprüche – Einleitungsformeln, Textbausteine, Kolophone – durch Parpola führt in ihrer Klarheit und Systematik ein gutes Stück über meinen ersten Versuch dieser Art von 1980142 hinaus. Die Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Einzelund Sammeltafeln, von vorläufigen Niederschriften und Archivdokumenten kommen dabei deutlich zum Vorschein. Bedenkenswert ist Parpolas Interpretation der in zwei Hauptvarianten vorliegenden Verfasserformel in den Kolophonen der Einzelorakel der Sammlungen. Gewöhnlich übersetzt man die auch sonst bei Autorenangaben gebräuchliche Formel ša pī PN... (Variante 1) mit „gemäß PN“ („according to PN“); doch schließt Parpola aus der Variante issu (geschrieben TA*) pī PN (Variante 2), dass das Wort pû „Mund“ wörtlich zu nehmen sei und auf den grundsätzlich mündlichen Charakter der assyrischen Prophetie verweise.143 Acht oder neun der elf Tafeln sind durch die Nennung des Adressaten der Prophetensprüche allgemein in die Zeit Asarhaddons (NAP 01–05144) [37] bzw. Assurbanipals (NAP 07.09.11) datiert. NAP 09 enthält darüber hinaus im Kolophon neben der üblichen Angabe der Autorin eine Notiz, die als Datum für den Text oder die Niederschrift den 18. Nisan des Eponymats des Bēlšadûa, Statthalters von Tyrus, angibt, nach Parpola145 den 16. April 650 v.Chr., einen Zeitpunkt mitten im babylonischen Aufstand unter Šamaš-šumu-ukīn. Der Text NAP 10, in dessen erhaltenen Teilen der Name des Angesprochenen ————— 139
Ebd., LII–LV. Ebd., 3. 141 Ebd., LIII.31.33.37. 142 M. WEIPPERT 1981, 81–90 und Tabelle 4 auf S. [115] [s.o. S. 17–25.47]. 143 Vgl. bereits AHw 872 s.v. pû(m) B 2m.n (von Soden löst TA* fragend als ina auf). 144 In NAP 04,2´ ist von dem Namen IAš+šur-PAP(ahu).AŠ(idinna) nur das Ende des Zeichens erhalten; danach folgt der Titel MAN(šar) KUR(māt) Aš+šur. Die Ergänzung ist m.E. sicher. 145 PARPOLA 1997a, LXXI. 140
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AŠ
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nicht vorkommt, könnte wegen der Erwähnung der Prophetin KAL-šá-āmur (Rd. 1´), der Autorin von NAP 09, ebenfalls unter Assurbanipal eingeordnet werden. Bei NAP 06 und 08 ist kein chronologisch verwertbarer Name angegeben oder erhalten. Parpola (S. LXVIII–LXXI) hat nun versucht, auf Grund möglicher Anspielungen in den Prophetien auf historische Situationen oder Ereignisse zu einer Feindatierung der Sprucheinheiten und der Sammlungen zu gelangen; seine Ergebnisse fixieren in der Tat die meisten Texte in konkreten – oft entscheidenden – Momenten der Geschichte Asarhaddons und Assurbanipals. Ich habe allerdings den Eindruck, dass der aufgewandte Scharfsinn den Verfasser mehrfach zu Festlegungen geführt hat, die sich an den Prophetensprüchen nicht verifizieren lassen. Was spricht dafür, dass die in der Sammlung NAP 01 enthaltenen Prophetien am Ende des Jahres 681 und in den ersten Monaten des Jahres 680 entstanden sind?146 Die Zusagen Ištars von Arbela, Mullissus, Bēls und Nabûs sind hier so allgemein, dass sie auf verschiedene Situationen in der Regierungszeit eines Königs passen, und der von Parpola147 hervorgehobene Satz aus NAP 01 H (1.6) IV 3f, „ich lasse dich den Fluß sicher überschreiten“, muss sich nicht unbedingt auf die bevorstehende Überquerung des Tigris während des Vormarsches Asarhaddons auf Nineve beziehen; er würde auch auf den Beginn jedes Westfeldzugs angewandt werden können, bei denen die Truppen ja zunächst über Tigris und Euphrat setzen mussten, wegen der Jahreszeit meist bei Hochwasser. Es könnte sich aber auch allgemein um eine Metapher für eine extreme Gefahrensituation handeln, da in Jes 43,2A–D dem „Israel“ Deuterojesajas (d.h. den judäischen Deportierten bzw. ihren Nachkommen in Babylonien) ähnliche Verheißungen gemacht werden, die sich wegen der Verwendung der Ausdrücke „Wasser“ und „Ströme“ nicht ohne weiteres konkret auf den Euphrat beziehen lassen, der eventuell bei der Rückkehr nach Palästina überschritten werden müsste.148 Ein anderes Datierungsproblem haben wir in [38] NAP 07. Dazu sagt Parpola, dass der Prophetenspruch „is addressed to Assurbanipal as crown prince (obv. 3) but before the official promotion ceremony, the girding of the royal diadem (obv. 7), so it must be dated before the prince’s introduction to the Palace of Succession, which took place in Iyyar 672.“149 Diese Datierung ist grundsätzlich richtig, wenn man sie auf den ersten Teil des Orakels (Vs. 2–11) bezieht, mit der Einschränkung freilich, dass der Tenor des Abschnitts (inklusive Vs. 7) nicht auf die Einsetzung Assurbanipals im Bēt ridûte zielt (dort befindet er sich m.E. bereits, Vs. 6), sondern auf seine Thronbesteigung, auch wenn das Anlegen der túgpitūtu (Vs. 7) in CT 53,31150 Vs. 7–9 auch für ersteren Akt belegt ist. Liest man in NAP 07 nämlich nach Vs. 11 weiter, begegnet in Vs. 12 die Ankündigung eines neuen Prophetenspruchs der Mul————— 146
So PARPOLA ebd., LXVIIIf. Ebd., LXIX. 148 S. dazu M. WEIPPERT 2001a, 55 [s.o. S. 155]. 149 PARPOLA 1997a, LXX. 150 SAA 10, 185. 147
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lissu, der mit einer Erfüllungsaussage beginnt, die sich deutlich auf Vs. 2–11 bezieht.151 Der erste Teil des Gesamtorakels kann daher m.E. nur als Zitat eines früheren Prophetenspruchs für den Kronprinzen Assurbanipal verstanden werden, während der zweite Teil (Vs. 12–Rs. 25) ihm bereits als König gilt.152 Die zeitliche Einordnung des vollständigen Textes sollte darum eher an die Erwähnung Elams (Rd. 14), der Kimmerier (ebd.) und Ägyptens (Rs. 19) in seinem zweiten Teil anknüpfen.153 5.3. Ergänzungen zur Bibliographie Die sehr nützliche „Bibliography of Previous Studies“ (S. CIX–CXII) enthält Arbeiten aus der Zeit zwischen 1875 und 1997, d.h., von der Veröffentlichung der ersten assyrischen Prophetentexte durch George Smith (4R 68 = NAP 01) bis zu der vorliegenden Gesamtbearbeitung des heutzutage bekannten Materials durch Simo Parpola. Sie beschränkt sich auf Titel, die vollständige Tafeln oder Sprucheinheiten oder wesentliche Teile davon behandeln, und grundsätzliche Äußerungen. Nicht berücksichtigt sind die weitverstreuten Beiträge zu einzelnen Stellen; sie aufzunehmen, hätte wohl den Rahmen gesprengt. Im Folgenden gebe ich Nachträge in Gestalt zweier Titel aus der Pionierzeit vor dem 1. Weltkrieg, einer nicht allgemein zugänglichen Überset[39]zung der Prophetien und einiger Aufsätze aus dem Jahr 1997, die für die Aufnahme in die Bibliographie wohl zu spät kamen. Dass inzwischen weitere Aufsätze zum Thema erschienen sind, ist selbstverständlich; auf ihre Nennung kann hier aber verzichtet werden. S.
Jahr
Verfasser, Titel, Bemerkungen
CIX
1902
CX
1912
CXII
1993
P. HAUPT, Orakelspruch der Göttin Istar von Arbela an König Asarhaddon von Assyrien (681–669 v.Chr.), in: J. BAENSCH-DRUGULIN (Hrsg.), Marksteine aus der Weltlitteratur in Originalschriften. Buchschmuck von L. SÜTTERLIN. Zur Erinnerung an das fünfhundertjährige Geburtsfest des Altmeisters Johannes Gutenberg erschienen im Jahr MCMII im Verlag der Offizin W. Drugulin in Leipzig (Leipzig), 61–67 [Kopie, Umschrift und Übersetzung von NAP 01 II 27´–29´ mit allgemeinen Bemerkungen zu NAP 01 = K 4310]. B. LANDSBERGER, Orakel an Asarhaddon, in: E. LEHMANN (Hrsg.), Textbuch zur Religionsgeschichte (Sammlung Theologischer Lehrbücher; Leipzig), 119 [Übersetzung von NAP 01 II 16´–40´]. M. WEIPPERT, Altorientalische Prophetie (Heidelberg, Arbeitsmaterial für Lehrveranstaltungen), 20-32 [Übersetzung von NAP 01– 11]. B.N. PORTER, The Anxiety of Multiplicity: Concepts of Divinity as
1997 ————— 151
S. auch u. S. 200–204. M. WEIPPERT 1997b, 153–157 [s.o. S. 118–121], akzeptiert von VAN DER TOORN 2000, 76. 153 S. PARPOLA 1997a, LXX.
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1997 1997
1997
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One and Many in Ancient Assyria, in: dies. (Hrsg.), One God or Many? Concepts of Divinity in the Ancient World (Transactions of the Casco Bay Assyriological Institute, 1; Casco Bay, ME), 211–271. S. PARPOLA, Monotheism in Ancient Assyria, in: ebd., 165–209. M. WEIPPERT, „Das Frühere, siehe, ist eingetroffen…“: Über Selbstzitate im altorientalischen Prophetenspruch, in: J.-G. HEINTZ (Hrsg.), Oracles et prophéties dans l’Antiquité: Actes du Colloque de Strasbourg, 15-17 juin 1995 (Université des Sciences Humaines de Strasbourg, Travaux du Centre de Recherche sur le Proche-Orient et la Grèce antiques, 15; Paris), 147–169 [Übersetzung und Besprechung von NAP 03 II 10–26 (S. 157–160) und NAP 07 (S. 153– 157)]. M. WEIPPERT, Art. Prophetie im Alten Orient, in: M. GÖRG/B. LANG (Hrsg.), Neues Bibel-Lexikon, Lieferung 11: Obadja-Qudschu (Zürich/ Düsseldorf), 196–200.
5.4. Bemerkungen zu der Textedition Erwartungsgemäß ist Parpolas Edition und Übersetzung der elf Tafeln neuassyrischer Prophetensprüche von höchster Qualität. Sie bieten Assyriologen und anderen Interessenten eine verlässliche Textgrundlage und eine – weithin – zuverlässige englische Wiedergabe. Von der von mir mehrfach beklagten relativen Unzugänglichkeit des Materials kann nun keine Rede mehr sein, und es ist zu hoffen, dass sich künftig die Diskussion des Phänomens der altorientalischen Prophetie nicht mehr allein auf die altbabylonischen Zeugnisse des Prophetismus und auf das Alte Testament be[40]schränkt. Parpolas mehr als dreißigjährige154 Beschäftigung mit den Texten – die gering an Umfang, aber mit sprachlichen und inhaltlichen Schwierigkeiten vollgepackt sind – eröffnet auch hier neue Horizonte. Allerdings schließt das auch bei den Textbearbeitungen abweichende Lesungen und Auffassungen nicht aus. Oben habe ich bereits einige Stellen genannt, bei denen ich dem Verfasser nicht folgen kann; hier schließe ich ein paar weitere Vorschläge und Anfragen für derartige Passagen an:
————— 154
S. PARPOLA 1997a, IX.
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5.4.1. NAP 01 I 33´–35´. Die Ergänzungen Parpolas
[AŠ(ina)] É(bēt) ri-du-te-ka 34´[ú-ta-q]a-anka [ú-ra-ba]-ak-ka kollidieren, mindestens in Z. 35´, damit, dass das Orakel NAP 01 D (Parpola 1.2; I 30´–II 10´) an den König gerichtet ist. Entweder liegt hier ein uneingeführtes Zitat aus seiner Kronprinzenzeit vor, oder die Ergänzungen stimmen nicht.155 II 6´f. Parpola 6´na-karar-ka AŠ(ina) Š[À(libbi) qa-ra-bi] 7´e-da-ni-e ak-t[a-šá-ad] (in Z. 7´ hat der Verfasser eine alte crux überzeugend beseitigt). In Z. 6´ ist das erste Wort auffällig, da das Zeichen KAR eindeutig ist und keines phonetischen Komplements bedarf. Ein gewagter Alternativvorschlag: Lies na-kar ši-rika „dein persönlicher Feind“. Für Parpolas Ergänzung am Zeilenende reicht m.E. der Raum nicht; man rekonstruiere eher A[Š(ina) u4-me] 7´e-da-ni-e „innerhalb eines Tages“.156 III 17´. mu-še-*niq(NIN)-ta-ka: Nach Kollation und den Photographien ist NIN (Parpola: NIG) richtig, so dass der Text emendiert werden muss. IV 7. ha-an-ga-ru(-)ak-ku ist nach V.SODEN 1977, 187 Nr. 188 u. 184 Nr. 174 (vgl. AHw 1559a.1542b s.vv.), und PARPOLA 1997a, 8 z.St. = hangaru akku „grimmiger Dolch“ bzw. „angry dagger“157 und mit den Zeilen 8–10 zu verbinden: „Mit einem grimmigen Dolch in meiner Hand mache ich deinen Feinden ein Ende.“ (Syntax: han[41]garu akku ina qātīya nominaler Umstandssatz „indem/während ein grimmiger Dolch in meiner Hand ist“; Hintersatz „ich mache deinen Feinden ein Ende“.) Eine solche Aussage würde gut in den Zusammenhang passen. Zu hangaru vergleichen beide syr. hangrā, arab. hangarun/hingarun/hingirun (auch neupersisch) „(großer) Dolch“, während akku nach v.Soden mit syr. akktā „Zorn“ (mit weiteren nominalen und verbalen Ableitungen) zu verbinden ist, Parpola hingegen akku für ein Allomorph (oder eine orthographische Variante?) von aggu „zornig“ mit Tenuis statt Media hält. Hangaru müsste demnach ein aramäisches Lehnwort im Assyrischen sein. Nun ist hangrā im Syrischen allerdings erst spät und in den älteren Formen des 33´
35´
————— 155 Bei Z. 34´ könnte sich die Aussage auf eine stabile Stituation des Kronprinzen (Assurbanipal) im bēt ridûte beziehen. Dass die Göttin hingegen den regierenden König „in seinem Kronprinzenpalast großziehen“ wird, ist eine absurde Verheißung. In meinen älteren Notizen habe ich [a-d]a-an-ka ergänzt; aber vor dem Bruch ist mehr Raum vorhanden als dafür erforderlich wäre. 156 Eine direkte Parallele zur Begründung dieses Vorschlags habe ich nicht gefunden. Vgl. aber AŠ(ina) 1-en(ištēn) u4 -mi 16 Ku-ta-a-a AŠ(ina) KÁ.GAL(abul) d Za-ba4 -ba4 šá qé-reb TIN.TIRki(Bābili) AŠ(ina) IZI(išāti) iq-lu4 „innerhalb eines Tages verbrannte er sechzehn Kutäer im Tor Zababas, das in Babylon ist“ SBU 3,58 III 12f (E. v. Weiher), und die in Kudurru- und Königsinschriften des öfteren vorkommende Fluchformel ištēn ūma/ūmu (Var. ūmu ištēn) lā balāssu liqbi. Für letztere s. die Belege bei BORGER 1956, 29 zu Z. 43. Borger bezweifelt die Auffassung des Satzes als „Innerhalb eines Tages möge er/sie [die jeweilige Gottheit] sein ,Nicht-Leben‘ befehlen“ und schlägt für ištēn ūmu bzw. ūmu ištēn die Bedeutung „in naher Zukunft“ vor. Dagegen HIRSCH 1965. Die strikt „wörtliche“ und die etwas weitere „sinngemäße“ Interpretation müssen sich aber nicht grundsätzlich ausschließen. 157 Schon JASTROW 1912, 162, hat „starkes Schwert“ übersetzt, freilich ohne dafür eine Begründung zu geben.
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Aramäischen überhaupt nicht belegbar; ähnlich arab. hangarun, das zudem noch drei Vokalisationsvarianten aufweist. Dies lässt die Vermutung zu, dass zumindest das arabische Wort aus einer anderen Sprache entlehnt ist; jedoch gibt es keine brauchbaren Anhaltspunkte, aus welcher. Aus dem Syrischen? Oder aus dem Persischen? Das Persische käme auch als Quelle für das syrische – wie für das assyrische – Wort in Frage. Doch ist in den älteren iranischen Sprachen keine Spur eines Äquivalents zu entdecken. Schwierigkeiten bereiten auch die beiden Erklärungsvorschläge für °akku. Das von v. Soden verglichene syrische akktā hat nur denominierte Ableitungen neben sich, jedoch kein direkt von einer Wurzel *KK gebildetes Simplex etwa der Form *k oder *k (nach BROCKELMANN 1928, 16b, gehört dazu arab. akkatun „Eifer“, äth. ekay „böse Absicht“, ekūy „schlecht“). Anderseits sieht Parpolas Vorschlag °akku < aggu sehr nach einer Erklärung ad hoc aus. Dazu kommt, dass in den mir bekannten Texten Stichwaffen wie Dolche (patru) und Schwerter (namsaru) nie „wütend“, sondern immer nur „spitz“ sind. Aggu wird vielmehr in der Regel vom Herzen (libbu) ausgesagt (in BWL 74:50 vom Löwen). Deshalb ist die von v.Soden und Parpola vorgeschlagene Erklärung des Ausdrucks ha-an-ga-ru(-)ak-ku vorerst nicht überzeugend. Fragen müsste man zudem, ob das assyrische Wort wegen unterbliebenem Umlaut (man erwartete *hanguru) nicht als *hangāru oder *hangarru anzusetzen wäre, was zu den verglichenen syrischen, arabischen und persischen Formen nicht passte.158 IV 13. Was „eine Hacke von zwei Sekel (Gewicht)“ ist, weiß ich noch immer nicht.159 Langdons Vorschlag, ka-la-pu ša 2 TÙN(pāšē) „eine Hacke mit zwei Schneiden“ zu lesen160, ist daher attraktiv, vor allem, da der ka[42]lappu ebenso wie sein hebräisches Pendant (pl.) wahrscheinlich eine „Beilhacke“ ist161, die in der Tat zwei Schneiden (pāšū eigentlich „Äxte“) aufweist.162 V 18-20. S. zu NAP 09 Vs. 8–15.
5.4.2. NAP 02 I 11´. Der Spruch NAP 02 A (Parpola 2.1; I 1´–14´) ist an die Königinmutter (ummi šarre) gerichtet; vom König Asarhaddon wird in der 3. Person gespro-
————— 158
Ich danke Manfred Ullmann für freundliche Hilfe mit arab. hangarun. S. M. WEIPPERT 1981, 87 [s.o. S. 22]. 160 LANGDON 1914, 131; Karlheinz Deller, persönliche Mitteilung. S. dazu (ablehnend) PARPOLA 1997a, 8 z.St. 161 Mhebr. , j.-aram. , syr. kūlbā. Abbildung des kalappu in Aktion bei der Zerstörung der Mauern der elamischen Stadt Hamanu unter Assurbanipal: BARNETT/LORENZINI 1975, Taf. 165 (BM 124919). 162 Zur Beilhacke s. H. WEIPPERT 1977. – Ich weiß, dass „Schneide“ akkadisch durch pû ausgedrückt wird; aber eine Übersetzung wie „Hacke mit zwei Äxten/Axtblättern“ wäre im Deutschen nicht möglich. 159
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chen (s. Z. 7´). Daher ist am Zeilenanfang [lúKÚR.MEŠ(nakarūtī)-šú] zu ergänzen. Die Verbalform ú-sa-pa-AG (Parpola -ak „I will seize“, zu syr. sbak G „anhangen, bedrängen, angreifen“, D „festmachen, fangen“) lese ich ú-sa-paaq von *sapāqu (II), Wurzel SPQ, siehe hebr. I G „auf etwas schlagen, die Hände zusammenschlagen“ (bibl., letzteres auch mhebr. D), j.-aram. G „die Hände zusammenschlagen“, arab. safaqa G „(in das Gesicht) schlagen“ (pal.), „(die Tür) zuschlagen“ (mod. lit.). Also: „[Auf seine Feinde] schlage ich ein.“ I 13´. [la ta-pa]l-li-hi. I 16´f [akkī lúm]alāhe damqe ina kāre tābe [gišeleppaka uk]alla „[Wie ein] tüchtiger [Schi]ffer [hal]te [ich dein Schiff] in einem günstigen Hafen zurück“, Schutz vor politischen Stürmen. Ob man dabei das „Staatsschiff“ jüngerer Zeiten bemühen muss, erscheint mir fraglich.163 Damqe ist m.E. fehlerhaft NINqé geschrieben (anders Parpola); lies *dam-qé. II 18´–20´. Parpola interpretiert mārtu hubburtu (Z. 19´) „noisy daughter“ als pejorative Bezeichnung der in Z. 17´ genannten „Menschheit“ (verstanden als „corrupt men“) und verbindet Z. 19´f zu einer einzigen Periode: „I will sniff out, catch and give you the ‚noisy daughter‘“. Doch reicht m.E. der Hinweis auf Jes 10,14–18 und auf den „Lärm“ (hubūru), der nach dem Atrahasīs-Epos die Götter zu allerhand Maßnahmen gegen das Wachstum der Menschheit bis hin zur Sintflut veranlasste, und den der Verfasser als sachliches Äquivalent zu in Gen 6,11–13 auffasst, nicht aus, um die akkadischen Derivate der Wurzel HB R „laut sein, lärmen“ generell als Ausdrücke für einen moralischen Defekt164 zu erklären. M.E. drückt das Nomen hubūru(m) „Lärm“ in er[43]ster Linie das alltägliche Geräusch aus, das Menschen, vor allem, wenn sie in großer Zahl auftreten, durch ihre Betriebsamkeit verursachen. Es stört oder beunruhigt die Götter (Atr I 355; Atr II I 4; Erra I 41) und hindert sie am Schlafen (Atr I 359; Atr II I 8; Atr S IV 3.8.41; Atr x Rs. I 3; Erra I 82 [syntaktisch unklar]). Um den Lärm abzustellen, kann man zu dem Radikalmittel greifen, mittels der Sintflut die gesamte Menschheit auszulöschen (Atrahasīs-Epos), oder man kann sie auf etwas sanftere Weise durch Einschüchterung zum Schweigen bringen (Erra I 79).165 Umgekehrt symbolisiert die Abwesenheit menschlichen Lärms Vernichtung, Verwüstung und Untergang; so z.B. in einem Narām-Sîn-Epos („Kutha Legend“) IV 5.16 und Erra IV 68.166 Dass Lärm nach babylonischer Auffassung eine gewöhnliche Eigenschaft der Menschen ist, ergibt sich auch aus einem nächtlichen Opferschaugebet aus altbabylonischer Zeit, in dem die Stille der Nacht u.a. durch den Satz beschrieben ————— 163 PARPOLA 1997a, 14 z.St. Ein Schiffsvergleich in privatem Kontext findet sich in der Elegie auf den Tod einer Frau in SAA 3,15 Vs. 1–4. [Zu K 890 s. jetzt GEORGE 2010.] 164 So bereits LANDSBERGER 1930, 328, der hubūru mit „Getriebe, (böses) Treiben“ wiedergibt; ferner PETTINATO 1968, bes. 182–200; CAGNI 1969, 172–174. 165 Fundorte der genannten Stellen: LAMBERT/MILLARD/CIVIL 1969), 66.72.106.108.116; CAGNI 1969, 62.64.66. 166 FINKELSTEIN 1957, 86; CAGNI 1969, 112.
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wird: habrātum nišū šaqummā „die lärmenden Menschen sind still“.167 Hier kann keinesfalls von moralischer Depravation oder von Aufruhr die Rede sein. Immerhin – es gibt h ubūru auch mit negativer Konnotation: In der „Unterweltsvision eines assyrischen Prinzen“ droht Nergal dem „Helden“ der Erzählung für den Fall, dass er den Gott vernachlässigt, Folgendes an: ina qibīt dŠamaš ippiru dāsāti u sahmašā[ti …]…iltēniš liddibānikkāma ina hubūrīšin[a š]amrāti ay irhīka šitt[u] „auf den Befehl Šamaš’ sollen Not, Gewalttaten und Aufständ[e…]…dich vereint anfallen, so dass dich wegen ihre[s w]ilden Lärmens Schla[f] nicht überkommt“ (Rs. 20f).168 Auch das Verbum habāru „lärmen“ kann eine ganze Skala von Nuancen ausdrücken: lärmende Freude in Ludlul II 40 (BWL 40; G-Stamm) und dem Ištar-Hymnus Assurnasirpals I. KAR 334 Rs. 15, laute Klage (h. + killa) in dem altbabylonischen Brief VS 16,153,9 (G), aufrührerischen Lärm o.ä. wohl in Sm 252,13´ (nīšē mušahberēšu ēpiš sīhi bārti „die Leute, die ihn [scil. Šamaš-šumu-ukīn] zum ,Lärmen‘ veran[44]lasst hatten, die Empörung [und] Aufruhr verübten“; Š)169. Auf Grund des Vorherrschens der neutralen und positiven Nuancen bei den Derivaten der Wurzel HB R ist es mir wahrscheinlich, dass auch *hubburu (f. hubburtu) an unserer Stelle eine von der Göttin positiv eingeschätzte Eigenschaft Ištars bezeichnet, also „(kräftig) lärmend“ etwa im Sinne von „aktiv, umtriebig“. Z. 18´f bilden dann einen auch inhaltlich zusammenpassenden Chiasmus: 18´ 19´
anāku šī qābītu ēpissu mārtu hubburtu anāku
Ich bin es, die spricht (und) handelt! Eine Tatkräftige bin ich!
Daran schließt gut Z. 20´ an: „Ich erschnüffle, fange, geb[e] (sie, die treulosen Menschen von Z. 17´) dir.“170 III 1´. Vor Parpolas Z. „1´“ sind noch Spuren einer weiteren Zeile zu sehen. 5.4.3. NAP 03 Zur Struktur der gesamten Tafel NAP 03 (= K 2401) s.o. S. 171–175. I 20–26. Diese Zeilen, die auf eine knappe Leerzeile folgen, enthalten den Kolophon von NAP 03 A (Parpola 3.1; I 1–26)171, der ähnlich wie II 27–32 auch Ritualanweisungen enthält (vgl. auch PARPOLA 1997a, 22f z.St.). In Z. 25 lese ich nach Kollation [...]x MUN(tābat) k[ud!-]dim-me „kuddimmu-Salz“ (wohl eine der im Ritual verwendeten Substanzen).172 ————— 167 Z. 3: ŠILEJKO 1924, 147f; V. SODEN 1936b, 306. Bei dem von DOSSIN 1935, 180–183, veröffentlichten Duplikat ist Z. 3 zerstört. 168 SAA 3,32. 169 Text: BAUER 1933, 69 Ca,6; Zeilenzählung nach BORGER 1996, 340f (auch zum Text der Stelle). 170 S. dazu auch M. WEIPPERT 2001a, 44f m.Anm. 69f [s.o. S. 144f m.Anm. 69f]. 171 S. bereits o. S. 172f. 172 Begründung s.o. S. 172 Anm. 60. Wenn die Lesung von NAP 03 I 25 stimmt, ist auch in ABL 207 (SAA 5,242) Rs. 2 MUN(tābat) šeku-dim-me als „kuddimmu-Salz“, nicht als “salt and cress” (SAA 5, S.
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II 1. Lies m.E. [kurG]i-mir-a-a AŠ(ina) ŠU(qātī)-šú a-gam!-m[ar]!, vgl. NAP 07,14.
Parpolas Lesung a-šá-kan (genauer: -k[an]) ist jedoch nicht ausgeschlossen. II 10–32. In der Interpretation des Orakels NAP 03 C (Parpola 3.3) weichen die Ansichten des Verfassers und des Referenten weit voneinander ab. Während Parpola den Spruch als homogenen Text versteht, in dem auf Grund eines Rückblicks auf das heilvolle Handeln Assurs bei der Erringung des Königtums durch Asarhaddon (Z. 10–23) zum Preis des Gottes aufgefordert wird (Z. 24f),173 habe ich vorgeschlagen, Z. 10–18 als [45] Zitat eines früheren Orakels während des „Exils“ des Kronprinzen Asarhaddon, Z. 20–23 als Aussage über dessen Erfüllung und Z. 24f, wie Parpola, als die daraus folgende Aufforderung zum Lob der Gottheit anzusehen.174 Der springende Punkt dabei ist die Erklärung der Verbalform at-ta-qa-al-la-al-la in Z. 16. Ich habe seinerzeit W. v.Sodens These175 übernommen, es handle sich bei attaqallalla um die 1. Person sg. präs. vent. von *QLL II im Nt-Stamm (sonst belegt in šuqallulu „schweben“), und deshalb die Z. 14–18 als Erhörungsorakel aufgefasst, das auf den Hilfeschrei anīna dAššūr antwortet. Das Problem dieser Interpretation ist der ungebräuchliche Nt-Stamm, der, wenngleich schwer in das System der semitischen Stammesmodifikationen einzupassen, immerhin in dem mittelhebräischen „Nitpael“ (NtD)176 einen Verwandten hat. Parpolas Auffassung der Stelle liegt K. Dellers These177 zugrunde, das fragliche Verbum sei von anqullu „Glut“ denominiert und bedeute „sich in brennende Glut verwandeln“; die Infinitivform wird von Parpola als *naqallulu festgestellt.178 Dies ergäbe eine Perfektform der 1. Person sg. *attaqallal (Ventiv attaqallalla; die Längung des letzten Radikals ist normal). Den beiden Prekativen in Z. 17, die in meiner Hypothese einfach Absichtserklärungen Assurs ausdrücken, muss Parpola dann finale Bedeutung zuschreiben (möglich!), und den mit einer Verbalform im Präsens gebildeten Satz Z. 18 als Umstandssatz der Vergangenheit auffassen (ebenfalls möglich!); in meiner These gehört er in präsentisch-futurischer Bedeutung noch zu den Verheißungen des Gottes.
————— 173), aufzufassen. Die Pflanze kuddimmu könnte ein Salzkraut sein (AHw 499a s.v.), oder „kuddimmuSalz“ ist ein mit kuddimmu aromatisiertes Salz, so wie wir heute z.B. Selleriesalz verwenden. 173 PARPOLA 1997a, 23–25. 174 M. WEIPPERT 1981, 93–95 [s.o. S. 27f]; 1997b, 157–160 [s.o. S. 121–123]. In meiner ersten Behandlung des Orakels (1971/72) habe ich es als homogenes Heilsorakel in der Situation von 681 betrachtet, musste aber die Perfektformen der Verben in Z. 19–23 performativ erklären, was nicht möglich erscheint; vgl. M. WEIPPERT 1972, 481f m.Anm. 101–107 = 1997a, 88f m.Anm. 97–103. 175 V. SODEN 1951, 262; AHw 893b s.v. qalālu II (im 1952 erschienenen GAG § 101h erklärte v. Soden die Form noch als Perfekt). Akzeptiert auch von K. Hecker, TUAT II, 61. 176 M.H. SEGAL 1927, 64–67 §§ 132–140. Da das Hebräische nur einen tD-Stamm (Äquivalent des akkadischen Dt) kennt, konnte ein N(t)-Stamm nur von diesem gebildet werden. Die Bedeutung des NtD-Stammes entspricht insgesamt der des alten tD-Stammes. 177 K. Deller bei PARPOLA 1979, 31; s. PARPOLA 1997a, 24 z.St. 178 PARPOLA 1997a, 50b. Bedeutung bei Parpola: „to issue as fiery glow“.
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II 10. lúŠAR-ŠAR-a-ni : Der zweite Beleg für dieses Wort steht in dem neuba-
bylonischen Brief ABL 1341 Vs. 9´ in der Schreibung lúšá-ar-šá-ra-nu in einem Kontext, in dem sich wie in dem Prophetenspruch die Bedeu[46]tung „Rebell, Aufrührer“ o.ä. nahelegt.179 W. v.Soden hielt das Wort unter Vorbehalt für eine Reduplikationsform von šarru „König“ mit dem Wortbildungssuffix -ānu und der Bedeutung „Möchtegern-König“,180 die aber m.E. an der Briefstelle nicht passt. Parpolas Voschlag, das Wort als *sarsarru von der Verbalwurzel SRR (sarāru „lügnerisch, verbrecherisch sein“) herzuleiten und in NAP 03 dementsprechend lúsar-sar-a-ni zu lesen181, würde semantisch vorzüglich passen, im Babylonischen aber die Schreibung *lúsa-ar-sa-ra-nu erfordern.182 Die Etymologie läßt sich somit nur vertreten, wenn der babylonische Ausdruck ein Lehnwort aus dem Assyrischen darstellte, dessen Ableitung von SRR man bei der Übernahme nicht erkannt hätte. Dann könnte ass. s durch bab. š wiedergegeben sein. Eine solche Entlehnung liegt durchaus im Bereich des Möglichen. Allerdings steht lúšaršarrānu in ABL 1341 im Singular, so dass die Grundform als *sarsarrānu anzusetzen wäre. Das könnte als Ableitung von sarru „Verbrecher“ aufgefasst werden, wobei das Grundwort redupliziert wurde, wohl um eine Art Elativ („Schwerverbrecher“) auszudrücken (GAG § 57b.4.a), und das Suffix -ānu angefügt wurde. Letzteres ergäbe nach GAG § 56r „Schwerverbrecher spezieller Art“ > „Aufrührer, Rebell“. IV 24´–29´ (Parpola IV 25–30). Parpola übersetzt: „[(As for) those cou]rtiers and palace [personnel who] rebelled [against] you, [I have sur]rounded them and impaled them by their teeth.“ Ich möchte vorschlagen, die Sätze etwas anders abzugrenzen und in Z. 27´ (Parpola 28) [at-ti-]pí-a183 statt [al-ti-]bi-a zu ergänzen und folgendermaßen zu übersetzen: „24´[Die] Höf[linge, 25´die] Palast[diener], diejenigen, 26´[die gegen] dich rebelliert haben, 27´[habe ich] an ihren Zähnen [weg]geführt, 28´[auf] Pfähle 29[gest]eckt.“ Das Verbum nepû (assyrisch wohl *napû) „wegführen“ ist nach AHw 779a nur babylonisch belegt; doch kann man angesichts des geringen Umfangs des assyrischen Textcorpus nicht e silentio urteilen, dass es im Assyrischen nicht vorkommen kann. Der sachliche Grund für meine Auffassung des Textes ist, dass man Menschen „an ihren Zähnen“ nicht [47] pfählen kann; wohl aber kann man auf mehr oder
————— 179
M. WEIPPERT 1972, 481 m.Anm. 102 = 1997a, 88 m.Anm. 98. AHw 1191b s.v. šaršar(r)ānu II; vgl. M. WEIPPERT 1981, 94 [s.o. S. 29], und dagegen PARPOLA 1997a, 23f zu NAP 03 II 10. 181 PARPOLA 1997a ebd. und 51. 182 Die assyrische Orthographie folgt, außer bei fremden Namen und in einer Reihe von Ausnahmefällen, der babylonischen Konvention. D.h., in der Regel wird /s/ als sV etc., /š/, /ś/ und /t/ als šV etc. geschrieben: si-ip-pe (NAP 03 III 19´ < sippu; /s/), šar-ra-ti (NAP 02 II 30´ < šarratu; /ś/), šúlmu (NAP 01 V 26; /š/), KUR Aš+šur(ki) (/t/). Dies darf nicht mit den Unterschieden der Aussprache zwischen dem Assyrischen und dem Babylonischen vermengt werden. 183 Statt -pí/pé- kann auch -bi/bé- gelesen werden. 180
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minder grausame Weise am Kiefer einen Strick anbringen,184 an dem man sie „wegführen“ kann. 5.4.4. NAP 05 Mit diesem fragmentarischen Prophetenspruch an die Königinmutter (so auch Parpola) ist wenig anzufangen. M.E. zitiert Ištar von Arbela in Z. 2 das Klagegebet Naqīyas, um ihr von Z. 3 an ein Erhörungsorakel (unter dem Namen Mullissu) zu geben. Wenn das zutrifft, wäre in Z. 3 dNIN.LÍL(Mullissu) a-na kill[i-ki x x x ta-se-me] zu ergänzen. In Z. 9 habe ich bei der Kollation das erste Zeichen als AD gelesen (Parpola TU; aber der kurze feine Strich vor dem fraglichen Zeichen sieht nicht wie der Rest eines Horizontalkeils aus). Da aber atqun im Kontext nicht passt, muß AD zu *TU emendiert werden. Für das Wort *tuqu-un bestehen drei Erklärungsmöglichkeiten: (1) Es kann eine knappe Schreibung für tuqunnu „Sicherheit“185 (NAP 01 IV 3) sein (ob UN in assyrischem Kontext aber auch unu4 gelesen werden kann, ist nicht sicher); (2) es kann ein Sandhi *tuqunnana… vorliegen; (3) es kann sich um eine Form von tuqnu „Sicherheit“ (SAA 3,13 Vs. 17) handeln186 mit Sprossvokal zwischen dem 2. und dem 3. Radikal nach Abfall der Kasusendung (ähnlich den „Segolata“ des masoretischen Hebräisch).187 5.4.5. NAP 06 21f. Lies vielleicht 21[šá I].dPAPNUN(Tašmētu).KAM-eš(ēreš) lú[ra-gi-mu x x x x] 22[AŠ (ina) Š]À(libbi) uruLÍMMU.DINGIR(Arbaile) ir-t[u-gu-mu(-u)-ni].
————— 184 Vgl. die Behandlung eines arabischen Anführers durch Assurbanipal: uzuisašu apluš ina lahšīšu attadi serretu (Var. serreti) „seinen Kiefer durchbohrte ich; an sein Zahnfleisch legte ich ein Leitseil an“ AsbA IX 106f (BORGER 1996, 68; nur in AsbA ist der Text vollständig) par. K 2664+ IV 1f (BAUER 1933, 35; vgl. BORGER 1996, 329 [weitere Joins]) par. K 3087 par. 3405 par. Rm 2.558,30 (BORGER 1996, 70). Wie man das gemacht hat, ist an dem Kopf des elamischen Königs Teumman zu sehen, der in der berühmten „Gartenszene“ Assurbanipals aus seinem Palast in Nineve (BM 124920) an einem Baum hängt; vorzügliche Abbildung: BARNETT/LORENZINI 1975, Taf. 171. Wie eine Pfählung vollzogen wurde, kann man auf Reliefs Tiglathpilesers III. und Sanheribs sehen: BM 115634 (Tiglathpileser III:): BARNETT/FALKNER 1962, Taf. XXXVIII. XL; BARNETT/LORENZINI 1975, Taf. 56; BM 124005+124006 (Sanherib): ANEP Abb.373. 185 S. dazu DELITZSCH 1896, 713a. 186 Vgl. PARPOLA 1997a, 34 z.St. 187 Das Phänomen kommt auch in den arabischen Dialekten vor, z.B. pal. hubz „Brot“ oder alUds „Jerusalem“ (al-Quds). Ein Status absolutus kann im Assyrischen hier nicht vorliegen.
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5.4.6. NAP 07 NAP 07 gehört zu den Prophetensprüchen, bei denen ich annehme, dass sie ein früheres Orakel zitieren, seine Erfüllung konstatieren und darauf weiterbauen.188 [48] 1f. Die Angabe der Verfasserin steht hier in einer Überschrift. Der eigentliche Prophetenspruch beginnt mit a-bat LUGAL dNIN.LÍL ši-i. Zu Recht lehnt Parpola189 meine frühere Auffassung ab, abat šarre bedeute hier „ein Wort an den König“ (Genitivus objectivus).190 Allerdings bleibt seine Erklärung „LUGAL here certainly stands for šarratu“ ohne Belege. NAP 02 II 30´ (abat dIssar ša uruArbaile abat šar-ra-ti d Mullisse) ist nur parallel, wenn man konzediert, dass das Zeichen LUGAL als šarratu gelesen werden kann; dass Mullissu das Epitheton „Königin“ tragen kann (s. noch SAA 3,7,11: dNIN.LÍL ša[r-r]a-tú und SAA 3,33 Vs. 40´: šar-rat dNIN.LÍL191), ist unbestritten. Das Wort šarratu wird logographisch MUNUS.LUGAL geschrieben, wenn die Hauptgemahlin des Königs192 gemeint ist, GAŠAN, wenn es sich um eine Königin aus eigenem Recht, meist eine Göttin, handelt.193 Auch die Personennamen, die das Namenselement šarrat(u) mit dem Logogramm MAN schreiben (s. z.B. munusLÍMMU.DINGIRkiMAN-rat ADD 85,4; munus.d NIN.GAL-MAN-at ADD 828/SAA 7,26, 8´), können nicht zum Beweis herangezogen werden, da die Lesung šarrat hier erst durch das phonetische Komplement sichergestellt wird.194 Parpolas Übersetzung des fraglichen Satzes als „This is the word of Queen Mullissu“ ist daher in Frage zu stellen. Meine spätere Wiedergabe des Satzes als „Een petitie van Mullissu aan de koning is dit“195 ist von J.N. Postgate angeregt, der ein assyrisches Rechtsinstitut nachgewiesen hat, das man als „Berufung an den König“ bezeichnen könnte, und das in einer Reihe von Briefen aus der Sargonidenzeit mit dem Syntagma zakāru + abat šarre (ass.) bzw. qabû + amāt šarri (bab.) ausgedrückt wird.196 1997 habe ich dann „Petition“ durch „Appellation“ ersetzt.197 Sachlich handelt es sich um ein Verfahren, das „es einer Person, die auf der Ebene der lokalen Gerichtsbarkeit198 ihr Recht nicht finden zu können glaubte oder sich Gewaltakten überlegener Gegner [49] ausgesetzt sah, ermöglichte, an ————— 188
S. M. WEIPPERT 1997b, 153–157 [s.o. S. 118–121] zu NAP 07. Kommentar zur Stelle in PARPOLA 1997a, 38. 190 M. WEIPPERT 1981, 77 [s.o. S. 13f]. So auch K.Hecker, TUAT II, 62. 191 Vgl. auch d 1[5] šar-ra-tú Sm 254 Vs. 7´ (BORGER 1996, 103). 192 Der Ausdruck MUNUS.É.GAL bzw. MUNUS.KUR kann hier außer Betracht bleiben; s. dazu PARPOLA 1988. 193 Einmal stehen in einer lexikalischen Liste LUGAL und šarratu parallel; aber die Stelle MSL XII 95,63f (LÚ : ša) ist isoliert, gehört einer speziellen Gattung an, die nicht unbedingt den alltäglichen Schreibgebrauch widerspiegelt, und ist sachlich unklar. 194 Wenn man nicht überhaupt -MAN-at als -šárra-at, MAN-rat als šar4 -rat auffassen muss. 195 M. WEIPPERT 1983, 286. 196 POSTGATE 1974; 1980. 197 M. WEIPPERT 1997b, 153 [s.o. S. 118]. 198 Diese wurde von der königlichen Verwaltung ausgeübt. 189
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den König zu appellieren. Nahm man die abat-šarre in Anspruch, hatte dies zur beinahe automatischen Folge, dass man an den Hof geschickt wurde, damit der König als höchster Richter die Sache entscheide“.199 Sprachlich liegen die Verhältnisse komplizierter als seinerzeit angenommen. Postgate erwog zwei mögliche Erklärungsmuster200: (1) Abat šarre/amāt šarri ist direkte Rede, die Formel also als „Er sagte: ,Das Wort des Königs!‘“ im Sinne von „(Ich verlange) die Entscheidung des Königs (in dieser Angelegenheit)!“ zu verstehen; (2) abat šarre/amāt šarri ist adverbielle Ergänzung zu dem Verbum dicendi, also: „Er sprach das Wort (= die Appellation) an den König aus“. Interpretation (2) entspricht der meinen, während P. Garelli201 für Vorschlag (1) optierte. Er deutet abat šarre/amāt šarri als „parole du roi“ = „königlicher Erlass“ und die Formel als „un appel à une décision du roi“ unter Hinweis darauf, dass die meisten Schreiben des Königs analog eingeleitet würden.202 Aber gegen Lösung (2) spricht, so bereits Parpola,203 dass abat šarre/amāt šarri in der Bedeutung „Wort an den König“ nicht belegt zu sein scheint. Lösung (1) wird durch zwei Textstellen ausgeschlossen, die zugleich einen Hinweis darauf geben, wie der Audruck zu verstehen ist. In CT 53,78+426204, einer zweiten oder späteren Tafel eines längeren Briefes205, in dem der für uns anonyme Verfasser einem namentlich nicht genannten König u.a. Ratschläge für die Behandlung von Leuten (sabû) gibt, ša abat-šarrāte [izkarūni]206 (ZZ. 1–17; das Zitat aus Z. 1), findet sich der einzige Beleg für den Plural des Ausdrucks in der Form abatšarrāte (casus obliquus). Dass hier zitierte Rede vorliegt, ist ziemlich unwahrscheinlich, da die einzelnen Appellanten sicherlich den Singular gebraucht hätten. Der feminine Plural bei dem maskulinen Nomen regens šarru zeigt, dass der gesamte Ausdruck in der Mehrzahl steht; d.h., abat šarre wird hier quasi als zusammengesetztes Substantiv behandelt. Der schon seit langem bekannte Brief ABL 1091 ist erst durch Parpolas Neubearbeitung207 zu einem be[50]trächtlichen Teil verständlich geworden. Es handelt sich um das Schreiben eines durch Textverlust namentlich unbekannten Babyloniers an den König, wohl Asarhaddon, in dem Einzelheiten aus der Vorgeschichte der Ermordung Sanheribs mitgeteilt werden. Daran ist interessant, dass wir hier die korrekte assyrische Form des Namens des Mörders, Arda-Mullisse208, er————— 199
M. WEIPPERT 1997b, 155f [s.o. S. 119f]. POSTGATE 1974, 424 m.Anm. 23. 201 GARELLI 1989. 202 Darauf weist auch K. Hecker, TUAT II, 62, Anm. z.St., hin. Vgl. auch M. WEIPPERT 1981, 77 [s.o. S. 13f]. 203 S.o. S. 201 Anm. 189. 204 Bearbeitet von POSTGATE 1980, 180. 205 Es ist nicht der Anfang, da ein Präskript fehlt. 206 Postgate liest ša a-bat šar-ra-a-te […; doch scheint nach der Kopie auch eine Lesung ša a-bat šarra-né UD-[… nicht ausgeschlossen (brieflicher Vorschlag von W. Mayer). 207 PARPOLA 1980 (Transliteration S. 180, Übersetzung und Kopie S. 181). 208 Oder Urda-Mullisse. Schreibung: IÌR.d NIN.LÍL. 200
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fahren.209 Ferner, dass das Mordkomplott ([a]dê ša sīhi Vs. 4´) vor der Ausführung einer Gruppe von Babyloniern bekannt geworden war, aus deren Kreis einer, um unauffällig beim König vorgelassen zu werden, „die amāt šarri [ausspra]ch210“. Prompt an den Hof gesandt, wurde der vorgebliche Appellant von zwei Beamten empfangen und gefragt: amāt šarrīka ana mu[hhi manni] „deine amāt šarri bezieht sich auf wen?“ Was er nicht wusste, war, dass die beiden Amtsträger zu den Verschwörern gehörten, ihn auf seine Antwort „ArdaMulisse!“ hin sofort mit verdeckten Augen zu Arda-Mullisse führten und ihn seine Botschaft gegenüber dem vermeintlichen König sagen ließen: IArdad Mul[lissi] mārka idâkka „Dein Sohn Arda-Mulisse will dich töten.“ (Rs. 4f), worauf er und seine Mitwisser beseitigt wurden. Isoliert betrachtet könnte der Ausdruck amāt šarrīka in der Frage amāt šarrīka ana mu[hhi manni] als „dein Wort an den König“ interpretiert werden; doch im Vergleich mit dem Gebrauch des Plurals in CT 53,78+426,1 ist das eher unwahrscheinlich. Die einfachste Erklärung des Sachverhalts ist, dass abat šarre/amāt šarri der terminus technicus für das erwähnte Rechtsinstitut ist, das mutatis mutandis der appellatio des römischen Rechts211 entspricht. Ist das richtig, so ist es mir weiterhin wahrscheinlich, dass dieser Begriff von abat šarre auch in NAP 07,2 vorliegt, auch wenn die folgenden Worte der Mullissu an den König Assurbanipal alles andere als eine Appellation sind. Es handelt sich wohl um ein Element, das durch seine Nachahmung eines den König betreffenden juridischen terminus technicus die besondere Aufmerksamkeit des königlichen Adressaten auf das Folgende richten soll.212 9–11. Die Rede der „Könige der Länder“ rekonstruiere ich, teilweise abweichend von Parpola, so: 9[ma-a al-ka-ni n]i-il-lik AŠ(ina) UGU(muhhi) IAš+šurDÙ(bān).A(aple) LUGAL(šarre) ŠI-I-BÉ RA-ŠI x 10[ša AD.MEŠ(abbū)-šu NAM.ME]Š (šīmāte) a-na AD. MEŠ (abbī)-ni AD.AD.MEŠ (abi-abbī)-ni i-ši-[51]mu-u-ni 11[…-]ú AŠ(ina) bir-tu-un-ni lip-ru-us „9[Kommt, lasst un]s zu Assurbanipal gehen, dem König, …213, 10[dessen Väter] unseren Vätern (und) Großvätern [das Schicks]al bestimmten214! 11[…]… möge er zwischen uns entscheiden!“ 12f. Am Anfang von Z. 12 ist m.E. mehr Platz als für [ma-a dNIN.L]ÍL (Parpola) erforderlich; deshalb ergänze ich [ú-ma-a…]. Die Verbalform taqtibī verstehe ich performativ: „[Mullis]su sagt (hiermit) [jetzt]“. Damit wird nach dem Zitat Z. 2–11 zu dem aktuellen Orakel übergeleitet, das m.E. mit einer Erfül————— 209
Zur außerassyrischen Nebenüberlieferung s. PARPOLA 1980, 174. Von dem Verbum ist nur UD-x[ ... ] erhalten; es war also nicht qabû. 211 Griech. evpi,klhsij. Das berühmteste Beispiel ist die des Apostels Paulus nach Act 25,11f.21; 26,32 (der Text sagt dafür verbal Kai/sara evpikalei/sqai); vgl. MAYER-MALY 1975. POSTGATE 1974, 424 m.Anm. 24 (Lit.), verweist auf die provocatio, die als provocatio ad populum aber im Wesentlichen eine Institution der römischen Republik gewesen ist und daher hier weniger passt. 212 Siehe M. WEIPPERT 1997b, 155f [s.o. S. 119f]. 213 Mir unverständlich; Parpola: „The king has witnesses!“ (šarru šībē raši) = ?. 214 Oder: „[dessen Väter] unsere Väter (und) Großväter [ein]setzten“ (šiāmu + šīmāte „in ein Amt einsetzen“). 210
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lungsaussage beginnt: 12[LUGAL.ME]Š (šarrānu) šá KUR.KUR(mātāte) 13[a]t-ta hu-laa-ni tu-sah-mil-šú-nu KA[SK]AL.MEŠ(harrānāte) AŠ(ina) GÌR.2(šēpē)-šú-nu GARan(tassakan)215 „[Die König]e der Länder ließest [d]u Wege ins Auge fassen, Str[aß]en unter ihre Füße nehmen.“ Dies ist der Vollzug des in Z. 8–11 Zugesagten, das Erscheinen der Vasallenkönige vor Assurbanipal bei seiner Thronbesteigung. In Z. 14 folgen dann die Zusagen für die Zukunft. 24. M.E. spielt usur usur verkürzt auf eine in Gebeten gebräuchliche Bitte wie [dM]arduk usur teslītī „Marduk, merke dir mein Gebet!“ KAR 26 Rs. 30216 an. Das ergäbe: „Jeden Morgen erfülle ich dir dein Flehen ,Merke dir! Merke dir!‘“ 5.4.7. NAP 08 NAP 08 ist eine Art Protokoll darüber, was eine bestimmte Person „gesprochen“ hat. M.E. wird diese Person in der Überschrift in Z. 1 mittels eines Gentiliziums benannt: „Die Worte [des …]…äers“.217 Der 1. Abschnitt des Corpus (Z. 2–4) besteht aus einer Redeeinleitung (Z. 2), einem aus zwei Sätzen bestehenden Spruch (Z. 3) und einer Abschlussfloskel (Z. 4). Das Präsens in Z. 2 verstehe ich als (Durativ-)Iterativ der Vergangenheit: „Folgender[maßen h]at […] fortwährend gesprochen“. In der Lücke ergänzt Parpola „der Gott“ (DINGIR/ilu); vielleicht könnte der Raum aber auch für [šu-ú] reichen – Rückbezug auf den „…äer“ von Z. 1. Die Rekonstruktion des Spruchs durch Parpola ist geistvoll und überzeugend. Der Iterativ von Z. 2 wird in Z. 4 erläutert: Der Prophet (wenn es denn einer ist) hat die Sätze „Ich bin [gegangen; ich] bin gekommen“ mehrere Male wiederholt. Der Beginn des 2. Abschnitts ist durch iddāte „danach“ markiert. Was folgt, erklärt den kryptischen Spruch von Abschnitt 1. Z. 5 [52] lautet: TA* UGU gišn[àr-]an-ti at-tal-ka, nach Parpola „I have come from (issu muhhi) the [m]ace.“ M.E. muss man jedoch issi muhhi gišn[ar]anti attalka lesen: „Zu der narantu bin ich hingegangen.“ Das Ziel von Verba eundi kann in den semitischen Sprachen mit Präpositionen angegeben werden, die „mit, bei“ (ass. issi) bedeuten.218 Dann schließen die im Folgenden geschilderten Handlungen (Z. 6f) gut an. Die naram/ntu ist eine Waffe, mit der man Löwen „fällen“ konnte,219 immer mit GIŠ determiniert, vielleicht tatsächlich eine „Keule“; hier handelt es sich aber wohl um ein (kultisches?) Sym————— 215
Lesung nach Kollation gemeinsam mit W.G. Lambert. S. AHw 756a s.v. nasāru 12e; W.R. MAYER 1976, 219. 217 Anders PARPOLA 1997a, 40, der hier eine Angabe über den Inhalt des Folgenden findet: „Words [concerning the Elam]ites“. 218 Das Phänomen ist bisher im Wesentlichen für das biblische Hebräisch (mit einigen Seitenblicken auf das Amarna-Akkadische, Ugaritische und Phönizisch-Punische) untersucht; s. IZREEL 1978/79; LORETZ 1991. Ich hoffe, meine eigene Belegsammlung, die auch assyrische und (echt) babylonische Beispiele enthält, bei anderer Gelegenheit veröffentlichen zu können. 219 AKA 140/RIM A.0.89.7 IV 12. S. ferner WEIDNER 1957/58, 355b zu Z. 67. 216
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bol.220 Die beiden mit ù ma-a eingeleiteten Sätze, die beide außerdem eine Form des Verbums hapāu/hapû „zerbrechen, zerschlagen“ enthalten, sind durch u…u… „sowohl…als auch…“ koordiniert: „Ich habe auf der einen Seite die narantu zertrümmert; auf der anderen werde ich das Land Elam zertrümmern“, sinngemäß dann: „Wie ich die narantu zertrümmert habe, werde ich das Land Elam zertrümmern.“ Parpola versteht die beiden Sätze als gewöhnliche, durch u „und“ eingeleitete Hauptsätze und weist sie verschiedenen Sinnabschnitten zu.221 Für den schwierigen Text Z. 9f (nach einem Worttrenner) Á.2.MEŠ-šú TA* kaq-qir i-sap-pan, nach Parpola „Its (scil. Elam’s) army shall be levelled to the ground“ (ahūšu issu? kaqqir issappanū), weiß ich keine überzeugende Lösung.222 5.4.8. NAP 09 Zur Frage, warum in diesem Spruch zwei Göttinnen in der 1. Person sg. sprechen, s.o. S. 171. Vs. 1. Parpolas Ergänzung des ersten Wortes als [ki-din]-nu „O protégé“ leuchtet mir nicht ein; ich habe aber keine Alternative anzubieten. Vs. 8–15.25. Die Anspielungen auf die „Standard“-Fassung des GilgamešEpos (Tafel X),223 die bereits H. Zimmern aufgefallen waren, zeigen die Prophetin KAL-šá-āmur als gebildete Frau. Die Strapazen Gilgameš’ [53] bei der Suche nach dem (ewigen) Leben werden hier metaphorisch auf die Göttin(nen) übertragen, die „in der Steppe laufen“, Gebirge und Meere überwinden und es auf sich nehmen, dass ihre Körper von den Anstrengungen und den Lebensbedingungen gezeichnet werden. Gemeint ist damit, dass Mullissu und Ištar von Arbela ständig (beachte die tan-Formen der Verben) und unter ganzem Einsatz damit beschäftigt sind, dem König Assurbanipal Leben zu verschaffen. Anders ist die Redensart rapādu + ina sēri „in der Steppe laufen“ in NAP 01 V 12–25 (Parpola 1.8) verwendet. Dort wird in Z. 14–20 eine Klage der Königinmutter darüber zitiert, dass Ištar von Arbela andere („die rechts [und] links“) „in ihren Schoß nimmt“, d.h. beschützt und fördert, während sie Asarhaddon, den die Sprechende emphatisch als „meinen Sprössling“ bezeichnet224, „in der Steppe laufen lässt“ (rapādu Š), d.h. verstoßen hat, so dass die Folgen dieser Verstoßung im Bilde wie die des Lebens außerhalb der menschlichen Gesellschaft erscheinen. Hier geht es dann natürlich nicht um die Suche ————— 220
So bereits WATERMAN 1931, 337. PARPOLA 1997a, 38. 222 Vielleicht ahāšu/idāšu issi kaqqere isappanā „Seine (des nicht erwähnten Königs) Arme werden (es, das Land Elam) dem Erdboden gleich machen." Der KVKV-Lautwert pana oder panu für PAN ist sonst m.W. aber nicht belegt. 223 PARPOLA 1997a, 41 z.St. 224 Das „mein“ ist doppelt ausgedrückt: durch das selbständige Possesivpronomen yāu in Z. 18 und durch das enklitische an libbīya in Z. 19. 221
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nach dem Leben, sondern um einen Zustand, der dem mit demselben Ausdruck in Flüchen angedrohten225 entspricht. Vs. 15. šá-ad-da-lu-BU-ka-la-a-ni-ia. Parpola segmentiert šadlupūka lānīya „my body is exhausted for your sake“. Es ist aber fraglich, ob man an einen Stativ ohne weiteres ein Dativsuffix (-ka) anhängen kann. M.E. liegt hier eine SandhiSchreibung ka-la-ni-ia für kallānīya „mein ganzer Körper“ vor; so erklärt sich auch der Genitiv lānīya. Vs.18. naglapāya „my shoulders“ oder „meine Hüften“? In beiden Fällen liegt das Bild der Kinderfrau vor, die den als Kind vorgestellten König aufnimmt, um ihn zu tragen.226 Rs.6´f. Parpolas Lesung der Datierung ist richtig (koll.).227
6. Schlussbemerkung Trotz aller im Einzelnen und zu bestimmten Abschnitten des Werks vorgebrachten Kritik kann das Erscheinen der Assyrian Prophecies von Si[54]mo Parpola von allen, die sich für die Zeugnisse des altorientalischen Prophetismus interessieren, nur begrüßt werden. Es ist zu wünschen, dass nun die Sprüche der assyrischen Prophet(inn)en in der Reflexion von Assyriologen, Alttestamentlern und Religionshistorikern gleichberechtigt neben die der altbabylonischen Zeit treten und dazu anregen, das Phänomen der altorientalischen Prophetie umfassender als bisher zu betrachten.
————— 225 Des Öfteren in Kudurru-Texten: Kudurru aus Sarpal-e Zohāb (Zeit Marduk-apla-iddinas I. von Babylon), BORGER 1970, 3 III 6–10; Louvre SB 33 (gleiche Zeit; MDP 6, S. 39-41 u. Taf. 11:1; NOUGAYROL 1948, 205 Anm. 7; BORGER 1970, 11–17) IV 1´–4´; Louvre SB 22 (Zeit Melišihus; MDP 2, S. 109; NOUGAYROL 1948, 208; WATANABE 1984, 104 Nr. 3) VI 41–VII 4 (VII 1f); Louvre AO 6684 (Zeit Marduk-zākir-šumis; THUREAU-DANGIN 1919, 130; WATANABE 1984, Nr. 17) IV 6–9; MDP 6, S. 47 (NOUGAYROL 1948, 206 Anm. 7) Z. 16–18; Verträge u.ä..: Vertrag Assurnararis V. mit Matiilu von Arpad SAA 2,2 Rs. IV 4–6; „Vasallenverträge“ Asarhaddons (WATANABE 1987, 112; SAA 2,6) Z. 419–421. 226 S. M. WEIPPERT 2001a, 51–53 [s.o. S. 151–153]. 227 Gegen M. WEIPPERT 1981, 73f Anm. 6 [s.o. S. 11 Anm. 6].
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Anhang Die neuassyrischen Prophetensprüche in Übersetzung 1981–2011 In der folgenden Übersetzung der neuassyrischen Prophetensprüche sind die Keilschrifttafeln nach der von Simo Parpola in SAA 9 (PARPOLA 1997a) eingeführten Reihenfolge angeordnet. Angegeben ist meine Einteilung der Sprucheinheiten (Großbuchstaben) und ihre Nummerierung bei Parpola (NAP n1.n2). Zu Fragen der Lesung und Interpretation sind die Aufsätze zu vergleichen; die einzelnen dort besprochenen Stellen können über das Register (S. 288–290) aufgefunden werden. Nur dort nicht besprochene oder abweichende Auffassungen werden, wo es mir nötig erscheint, in Fußnoten erläutert oder begründet. Das bedeutet auch, dass die Übersetzungen in Einzelheiten nicht mit denen übereinstimmen müssen, die in den Artikeln enthalten sind.
NAP 01 (K 4310) A (NAP 1.1) = Vs. I […] Vollständig abgebrochen; nur der Trennstrich zu Spruch B ist erhalten. B (NAP 1.2) = Vs. I 1´–3´) Hier sind nur die Zeilenenden erhalten; eine Übersetzung ist nicht möglich. C (NAP 1.1) = Vs. I 4´–29´ I II III IV V VI
[Asarhad]don, König der Länder, 5´fürchte dich nicht! [W]as für ein(en) Wind (gab es), der gegen dich anstürmte, 7´dessen Flügel ich nicht gebrochen habe? 8´ Deine Feinde 10´ rollen 9´ wie reife Äpfel 10´ vor deinen Füßen umher. 11´ Die große Herrin bin ich! 12´ Ich bin Ištar von Arbela, 13´ die ich deine Feinde 14´ vor deine Füße hinwerfe. 15´ Welches sind (denn) meine Worte, 16´ die ich zu dir zu sprechen pflegte, 17´auf die du dich nicht verlassen konntest? I 4´
6´
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Ich bin Ištar von Arbela! Deinen Feinden ziehe ich die Haut ab, 20´ liefere (sie) dir aus. Ich bin 21´Ištar von Arbela! 22´ Vor dir, 23´ hinter dir 24´ gehe ich her. Fürchte dich nicht! 25´ Liegst du in Krämpfen, 26´ bin ich in Schmerzen, 27´ stehe ich auf, setze mich.
VII VIII IX X XI XII XIII XIV XV XVI
18´
XVII
28´
19´
Gemäß Issar-lā-tašīyat 29´aus Arbela.
D (NAP 1.2) = Vs. I 30´–II 10´ König des Landes Assyrien, fürchte dich nicht! 31´ Den Feind des Königs des Landes Assyrien 32´ liefere ich [de]m Hinschlachten aus. 33´ [In] deinem Kronprinzenpalast 34´ [fest]ige [ich] dich, 35´ [ziehe ich] dich [groß].1 36´ [Die gr]oße [Herrin] bin ich! 37´ [Ich bin Ištar vo]n Arbela! 38´ [… w]as er will. 39´ […]…
I 30´
I II III IV V VI VII VIII IX
Lücke II 1´ […]…[…] X´ 2´ Was [für] ein …[…?] XI´ XII´ 3´Habe ich di[ch] nicht erhört? XIII´ [Die Feinde] 4´in Halszw[ingen], XIV´ [die Vasallen] 5´mit Trib[uten …] XV´ 6´Deinen persönlichen Feind 7´über[wältigte] ich 6´a[n] 7´einem einzigen 6´ [Tag]. XVI´ 8´Ich habe dich ermutigt. XVII´ Ich führe (dich) nicht in die Irre.
XVIII´ 9´Gemäß Sinqīša-āmur
10´
aus Arbela.
————— 1
Die Ergänzungen in den Sätzen IV und V (Parpola) sind unsicher ; s. dazu o. S. 194.
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Anhang
E (NAP 1.3) = Vs. II 11´–15´ Ich jauchze über Asarhaddon, 12´meinen König. Jauchze, Arbela!
I II
11´
III
Gemäß Rīmūte-Allāte 14´aus Darāhūya, 15´das mitten in den Bergen (liegt). 13´
F (NAP 1.4) = Vs. II 16´–40´ I II III IV V VI VII VIII IX X XI XII
Fürchte dich nicht, Asarhaddon! Ich bin Bēl. Mit dir 18´rede ich. 19´ Ûber die Festigkeit deines Herzens 20´ wache ich. Als deine Mutter 21´dich 20´ ins Dasein brachte, 23´standen 22´sechzig große Götter bei mir. 24´ Sîn war zu deiner Rechten, Šamaš zu deiner Linken. 25´ Sechzig große Götter 26´ stehen (auch jetzt) 25´ rings um dich her, 26´ haben dich gegürtet. 27´ Auf Menschen verlass dich nicht! 28´ Hebe deine Augen auf 29´ zu mir, 29´ schau mich an!2 16´
17´
XIII 30´Ich bin Ištar von Arbela! XIV 31´Assyrien stimmte ich dir günstig. 32´ Als du noch ganz klein warst, habe ich dich getragen3. XV XVI 33´Fürchte dich nicht! XVII Preise mich! XVIII 34´Wo ist jener Feind, 35´der gegen dich anstürmte? XIX 36´Ich bin es, die auf 37´die zukünftigen Dinge 36´achtet
37´
wie auf die
vergangenen! XX XXI
38´ 39´
Ich bin Nabû, der Herr des Schreibgriffels! Preise mich!
————— 2 Die in der Übersetzung eingefügten Leerzeilen nach den Sätzen XII und XIX existieren im Original nicht. 3 Das Verbum ist a-ta-sa-ak-ka zu lesen. Die Auffassung des Ausdrucks als a-ta-sà-aq-qá bei M. WEIPPERT 1983, 285.287 Textanm. h, ist orthographisch schwierig und morphologisch unhaltbar.
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XXII
40´
Gemäß Bayā aus Arbela.
G (NAP 1.5) = Vs. III 1´–6´ I´ II´ III´ IV´
5´
Lücke […] III 1´…[…] 2´ Ich …[…] 3´ Du …[…] 4´ Ich bin Mu[lissu]!
Gemäß Ilūssa-āmur 6´aus Assur (Libbi-āle).
H (NAP 1.6) = Vs. III 7´–Rs. IV 35… Ich bin Ištar von [Arbela]! Asarhaddon, König des Landes A[ssyrien]! 9´ In den Städten Assur, Nin[eve], 10´ Kalhu (und) Arbela 14´ gebe ich 11´ lange Tage, 12´ dauernd[e] Jahre 13´ Asarhaddon, mei[nem] König. 15´ Dei[ne] 16´ große 15´ Hebamme 16´ bin ich. IV 17´ Deine 18´ gute 17Amme 18´ bin ich. V 19´ Für lange Tage, 20´ dauernde Jahre 22´ habe ich 21´ deinen Thron unter VI dem 22´großen 21´Himmel 22´Dauer verliehen. 23´ In goldener Kammer im Himmel wache ich (darüber). VII VIII 25´Bernsteinlicht 27´lasse ich 26´vor Asarhaddon, dem König des Landes Assyrien, 27´leuchten. 28´ Wie die Krone auf meinem Haupt 29´ bewache ich ihn. IX 30´ Fürchete dich nicht, König! X 31´ Ich habe zu dir gesprochen, XI 32´ ich habe di[ch] nicht getäuscht, XII XIII Rs. IV 1ich habe [dir] Mu[t] gemacht – XIV 2ich lasse [dich] nicht zu Schanden werden, 4ich lasse dich 3den Fluss sicher 4überschreiten. XV XVI 5Asarhaddon, 6rechtmäßiger 5 Erbsohn, 6Sohn der Mullissu! XVII 7…4 XVIII 8Mit meinen Händen 10mache ich 9deinen Feinden 10ein Ende. III 7´
I II III
8´
————— 4
Zu hangaru(-)akku s.o. S. 194f.
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Anhang
211
Asarhaddon, der König des Landes Assyrien, 12ist eine Schale gefüllt mit Soda, 13 eine Axt mit zwei Schneiden. XX 14 XXI Asarhaddon! XXII In der Stadt Assur (Libbi-āle) 17gebe ich dir 15lange Tage, 16dauernde Jahre. XXIII 18Asarhaddon! XXIV In der Stadt Arbela 19bin i[ch] dein guter Schild. XXV 20Asarhaddon, rechtmäßiger Erbsohn, 21Sohn der Mullissu! XXVI 22[Deiner] 23bin [ich] stets eingednk. XXVII 24Ich liebe di[ch] 25seh[r]. XXVIII 26An dei[nem] Haarschopf 28halte ich dich 27vom groß[en] Himmel aus. XXIX 29 Zu dei[ner] Rechten 30 lasse ich Rauch aufsteigen, XXX 31zu dei[ner] Linken 32Feuer fressen. XXXI 33Das Königtum üb[er …] … XIX
11
J (NAP 1.7) = Rs. V …1–11 I´ II´ III´ IV´
V´
[…] […] Rs. V 1f;gefällt ihm nicht. 3Die Iltisse, 4die Ratten, 5die (verleumderisch) reden, 7zerschneide ich 6vor seinen Füßen. 8Du bist du! 9Der König ist mein König/Kind!
10
Gemäß Issar-bēlu-dainī, 11der Geweihten des Königs.
K (NAP 1.8) = Rs. V 12–25 I II III IV V VI VII
Ich bin die Herrin von Arbela! An die Königinmutter: 14Wenn du dich an mich wendest5 (mit den Worten): 15,Den/Die rechts (und) 16links 17nimmst du6 in deinen Schoß; 18fmeinen Sprössling (jedoch) 20lässt du in der Steppe laufen!‘, 21(so höre) numehr: König, fürchte dich nicht! 22Das Königtum ist dein!
12
13
————— 5 6
Oder: „Wenn du Anspruch gegen mich erhebst…“ (Ausdruck des Geschäftslebens). Ta-šaka-ni präs. Man kann aber auch ta-sak-ni (*tassakni) pf. lesen: „nahmst du“.
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Götterwort in Menschenmund
VIII
23
Die Macht ist auch dein!
IX
24
Gemäß Ahāt-abīša 25aus Arbela.
L (NAP 1.9) = Rs. V 26–VI 32 Heil(sorakel) für Asarhaddon, den König des Landes Assyrien: Ištar von Arbela 28ist ins Feld hinausgegangen. 29 Ein Heilsorakel für ihr Junges 30hat sie in die Stadt hereingeschickt 7: VI 1[Fürchte dich nicht, Asarhad]don! 2[Ich bin Ištar von Arb]ela! 3[… b]ei dem Guten, 4[womit Ištar] von Arbela 5seinen Gewandbausch 6gefüllt hat. 9Konntest du dich auf 7das frühere Wort, 8das ich zu dir zu sprechen pflegte, 9nicht verlassen? 10Nunmehr: 11Auf das neuerliche 12kannst du dich verlassen! Also 13preise mich! 14Wenn der Tag 15abnimmt, 17soll man 16Fackeln 17nehmen. 18Davor preise mich! 19[Z]ittern 21lasse ich 20[v]on meinem Palast 21ausgehen. 22 Ordentliche Speise wirst du essen, 23ordentliches Wasser 24wirst du trinken. 25In deinem Palast 26wirst du gefestigt sein. 27Dein Sohn, dein Enkel 30wird 28das Königtum 29auf den Knien Ninurtas 30ausüben. 26
I II III IV V VI
27
VII VIII IX X XI XII XIII XIV XV XVI
XVII
31
Gemäß Lā-dāgil-ile 32aus Arbela.
NAP 02 (K 12033+82-5-22,527) A (NAP 2.1) = Vs. I 1´–14´ […, das/die ich/er/sie gere]det haben/hat/haben. [… sind w]ir! 3´ […] ihr(e) […]
I 1´
2´
————— 7
Oder „schickt sie … herein“.
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Anhang
[…] gebe ich. […] Bānītu. 6´ […] bringe ich in Ordnung. 7´ [Den Thron] Asarhaddons festige ich. 8´ […] Wir sind die Göttinen! 9´ [… i]n Esagila. 10´ […] Asarhaddon, König des Landes Assyrien! 11´ [Auf seine Feinde] schlage ich ein, 12´ trete (sie) [unter meine Füße]. 13´ [Für]chte dich [nicht], Königinmutter! 4´ 5´
14´
[Gemäß GN-]husannī aus Nineve (Libbi-āle).
B (NAP 2.2) = Vs. I 15´–35´ I II III IV V VI VII VIII IX X XI XII XIII XIV
[Fürc]hte dich [nicht], Asarhaddon! [Wie ein] tüchtiger [Schi]ffer 17´[hal]te [ich dein Schiff] günstigen Hafen 17´[zurück]. Wie das Frühere, 18´ [so das Zukün]ftige! In deiner Nähe 19´[hal]te [ich mich auf]. Dich beschütze ich. 20´ [Der/Die/Das …] der Länder ist sehr stark. 21´ [Sechzig Götter 22´ stehen 21´ zu mei]ner [Rechten], sechzig Götter zu meiner Linken. 22´ Asarhaddon, König des Landes Assyrien! 23´ [Deine Feinde] nehme ich gefangen. 24´ Der Herr [der …] bin ich! 25´ […] haben sie [von?/aus?] meiner Hand empfangen. 26´ […] haben mich gestärkt. 27´ […], Asarhaddon! 28´ [… die …] des Himmels 29´ […] die Alten/Ältesten 30´ […] lasse ich ihn gehen. 31´ […]… stelle ich fest hin. 32´ […]… 33´ […]…[…]… 34´ […] dich. 15´
16´
35´
[Gemäß …] aus Arbela.
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16´
in einem
214
Götterwort in Menschenmund
C (NAP 2.3) = Vs. I 36´–II 28´ I II III
[Ich bin …, die He]rrin von Arbela. [Asarhaddon, König des La]ndes Assyrien, 38´ [fürcht]e [dich nicht]! 36´ 37´
Lücke II 1´ Deine Feinde, so viele es [sind, …] IV´ 2´ V´ In deinem Palast fürwahr […]. 3´ Das Land Assyrien [stimmte] ich dir [günstig]. VI´ VII´ 4´Jeden Tag, jeden Morge[n] 5´beschütze ich [dich]. VIII´ Deine Krone [mache] ich [fest]. 6´ Wie ein geflügelter Vogel üb[er seinen Jungen] 7´ gurre ich über dir, IX´ 8´ kreise, X´ XI´ laufe ich 7´ um [dich her]u[m]. XII´ 9´Wie ein tüchtges Hündchen 10´laufe ich 9´in deinem Palast 10´umher. XIII´ Deine Feinde erschnüffle ich. XIV´ 11´In deinem Palast festige ich dich. XV´ 12´Sorge, Zittern lasse ich dich überwinden. XVI´ 13´Dein Sohn, dein Enkel 14´wird das Königtum vor Ninurta ausüben. XVII´ 15´Die Gebiete der Länder vernichte ich, XVIII´ gebe ich dir. XIX´ 17´Die Menschen sind treulos8 – XX´ 18´ich bin es, die spricht, die handelt! XXI´ 19´ Ein tatkräftiges Mädchen bin ich! XXII´ 20´Ich erschnüffle, XXIII´ fange, XXIV´ geb[e] (sie) dir. XXV´ 21´Du aber preise mi[c]h! XXVI´ 22´Diese meine Worte aus Arbela 23´sammle in deinem Inneren! XXVII´ 24´Die Götter von Esagila 25´ kampieren 24´in der Steppe voll von Übel aller Art. XXVIII´ 25´ Eilends 26´möge man 25´zwei Brandopfer 26´vor sie hinausbringen, XXIX´ dass sie hingehen, XXX´ 27´dein Heil aussprechen. XXXI´ 28´Gemäß Lā-dāgil-ile aus Arbela.
D (NAP 2.4) = Vs. II 29´– Rs. III 19´ I
II 29´
Wie sie/du den Treulosen antworte(s)t:
————— 8 Vgl. dazu raggat amēluttu iraggig-ki „die Menschen sind trügerisch; er wird (auch) dich betrügen“ (Utanapištim zu seiner Frau in Bezug auf Gilgameš) Gilg XI 220.
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Anhang
215
Das Wort der Ištar von Arbela, das Wort der Königin Mullissu: 31´ Ich beobachte, ich belausche ständig, 32´ ich überwache die Treulosen. 33´ In die Hände meines Königs geb[e] ich (sie). 34´ Ich sage zu den Vielen: 35´ Hört, Ost[en] (und) 36´ Westen! …[…] 37´ Ich schaffe …[…] 38´ Das Wort der [Iš]tar [von Arbela]: 39´ …[…] Lücke XIV´ III 1´[…]…[…] 2´ Sei auf der Hut! XV´ XVI´ […] 3´der/des Vog[el]schauer(s) […] XVII´ 4´Ich …[…] XVIII´ 5´Ich rolle die vie[len …] XIX´ 6´Ich suche aus …[…] XX´ 7´Ich …[…]…[…]. XXI´ 8´Wie denn 9´…e ich?9 8´fden Vielen? XXII´ 10´,Wann wird es (wieder) Land (und) Besitz10 geben, XXIII´ 11´dass wir in Kalhu (und) Nineve nicht (mehr) wohnen (müssen)?‘ XXIV´ 12´Du verhalte dich ruhig, Asarhaddon! XXV´ 13´Die elamischen, 14´die mannäischen 13´Magnaten11 14´wähle ich aus. XXVI´ 15´Die Schriftstücke 14´des Urartäers12 15´siegle ich. XXVII´ 16´Den/Die/Das … Mugallus13 schneide ich durch. XXVIII´ 17´Wer du (auch) bist, Einsamer, XXIX´ wer du, dem Unrecht geschehen ist –
II III IV V VI VII VIII IX X XI XII XIII
30´
————— 9
Das Verbum *sanāu ist unbekannt. Na-ku-ru fasse ich als *nakkūru < *nankūru < namkūru „Besitz“ auf (s. schon M. WEIPPERT 1983, 287 Textanm. t). Das passt m.E. gut zu einer Klage der Deportierten. Anders PARROT/NOUGAYROL 1956, 159 Anm. 6 („Exil“ von nakāru); PARPOLA 1997a, 17.50a (nakāru D „ändern“). 11 Sīru kann einen Vornehmen bezeichnen, aber auch „Gesandter, Bote“ bedeuten. In letzterem Fall handelt es sich wohl um ein westsemitisches Lehnwort (vgl. hebr. sīr „Bote“). Vgl. zu akk. sīru BORGER 1996, 95 zu B IV 40; 2010, 264 s.v. MAH. 12 Die Lesung kurTILLU-a-a (Urartāya) ist im Kontext der Sätze XXV´–XXVII´ wahrscheinlicher als kurURI-a-a (Akkadâya). 13 I-gi-ib šá IMu-gal-le: Das Wort *igbu (oder *igpu) kommt nur hier vor. Man ist versucht, es als eine Variante von eqbu „Ferse“ aufzufassen (AHw 366b s.v. eqbu; anders CAD VII I/J, 39b, mit Lesung *igibu und ohne Bedeutungsangabe); doch ist der Lautwert QÌ von GI nur alt und nicht assyrisch. – Zu Mugallu, König von (oder in) Tabal, zur Zeit Asarhaddons und Assurbanipals, ~660 v.Chr. definitiv Vasall Assurbanipals, s. WÄFLER 1983, 187f; STARR 1990, LVIIf; HTAT, 256 Anm. 35, zu Tabal die Literaturangaben in HTAT, 290 Anm. 32, und ferner HAWKINS/POSTGATE 1988; ARO 1998; 2010; MELVILLE 2010. 10
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216 XXX´
Götterwort in Menschenmund
fürchte dich nicht im Schatten Asarhaddons, des Königs des Landes Assyrien! XXXI´ 19´Gemäß Urkittu-šarrat aus Kalhu. 18´
E (NAP 2.5) = Rs. III 20´–IV 31´… Asarh[addon], fürchte dich [ni]cht! Das Land Assyrien bringe ich in Ordnung. 21´ Die Götter …[…] 22´ Den Obstgarten deiner Feinde reiße ich aus. 23´ Das Blut der Feinde meines Königs vergieße ich. 24´ Meinen König schütze ich. Die Feinde in Halszwingen, 25´ die Vasallen mit Tributen 26´ schleppe ich vor seine Füße. 27´ Ich bin dein Vater, deine Mutter. 28´ Zwischen meinen Flügeln habe ich dich großgezogen. 29´ An dir habe ich etwas. 30´ Fürchte dich nicht, Asarhaddon! 31´ Zwischen meine Arme, meine Unterarme 32´ nehme ich dich mitten im Wehgeschrei. 33´ Die Feinde meines Königs nehme ich ge[fangen]. XV 34´ Das Land Assyrien bringe ich in Ordnung. XVI XVII [Meinen] Kö[nig] 35´festi[ge] ich 34´[unter] 35´dem [Him]mel. XVIII 36´[Vom Os]te[n bis zum Westen] Lücke IV 1´ […]… 2´ […]… Ninurta 3´ [… d]u 4´ […]… Land Babylon 5´ […]… 6´ […] 7´ […] habe ich gegeben. 8´ [Ich bin Urk]ittu. Preise mich! 9´ […]… beschütze ich dich. 10´ […]… 11´ […] Preise mich! 12´ […] sehr. 13´ […] (die/eine) Starke. Du 14´ [Asarhaddon], fürchte dich nicht! 15´ [… (in?)] deinen Tagen? 16´ […] sind hingestellt
I II III IV V VI VII VIII IX X XI XII XIII XIV
20´
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Anhang
217
[…]… […]… 19´ [Das Land Assyrien stimmte ich dir] günstig. 20´ […] mein Junges. 21´ [Mit …] überschütte ich deinen Körper. 22´ [Zwischen] meinen [Ar]men, 23´ [meinen Unterarmen schü]tze [ich] dich. 24´ […] (des) treuen 25´ […]… mich 26´ […]… vor mir 27´ […] Dein [Kö]nigtum festige ich. 28´ […] Fürchte dich nicht! 29´ [… mit dem B]eistand Assurs. 30´ [Asarhaddon], fürchte dich [ni]cht! 31´ […]… Abgebrochen 17´ 18´
NAP 03 (K 2401) A (NAP 3.1) = Vs. I 1–26 […] […] 3[…]… 4[…]… 5[… G]üte 6[…]… 7[…] habe/hat [ich/er] geschützt. 8[…]… habe/hat ich/er heraufgeholt. 9[Wohlergehen? fü]r Himmel und Erde! 10[Wohlergehen?] für das Ešarra! 11[Wohlergehen?] f[ü]r Asarhaddon, den König des Landes Assyrien!14 12[…]… Asarhaddons 13|…] möge auf Füßen gehen! 14[…] hat Assur [im?] Ešarra hingestellt/veranstaltet. 15[…] Nineves (Libbi-āle) 16[… A]s[a]rhaddon[s] 17[…]… 18[…]… I1
2
————— 14 Die Ergänzung [SILIM-mu(šulmu)] in II 9–11 nach Parpola. Sie hängt wohl von II 12f ab, wo Parpola [SILIM-]mu šá IAš+šur-PAP.AŠ MAN KUR Aš+šur [iš-kun]-u-ni „das Heil, das Asarhaddon, der König des Landes Assyrien, geschaffen hat“ liest, und ist entsprechend unsicher.
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218
Götterwort in Menschenmund 19
[…] Länder. Leerzeile
[…]… vor Assur 21[…]… bei/zu Asarhaddon 22[…] kommen? sie 23[…]… verbrennen sie 24[… z]u seiner Maische15 25[…]… kudimmu-Salz 26Sein(e/en) […] sendet? er. 20´
B (NAP 3.2) = Vs. I 27–II 9 I II III IV V VI VII VIII IX X XI XII
[Hör]t, ihr Assyrer! [Der König] hat seinen [Fe]ind überwunden. 29[Eue]r [König] 30hat 29seinen Feind 30sich [unter die F]üße gelegt. 31[Vom Os[te]n 32[bis zum] Wes[te]n, 33[vom] West[e]n 34[bis zum] Os[t]en 35zerstöre ich […]… 36[…zerst]öre [ich]. 37[…] II 1[Die Ki]mmerier vernichte ich durch seine Hand. 2Feuer lege ich im Lande Ellipi. 3Die vier Himmelsrichtungen hat Assur ihm gegeben. 4Von dort, wo (die Sonne) aufgeht, 5(bis) dort(hin), wo sie untergeht, 6hat der König nicht seinesgleichen. 7Wie Šamaš bei seinem Aufgang strahlt er. 8Dies ist das Heilsorakel, das vor Bēl-tarbāse 9 vor den Göttern ergangen ist16.
27 28
C (NAP 3.3) = Vs. II 10–32 I II III IV V
Jetzt eben haben diese Rebellen 11gegen dich aufgewiegelt, dich vertrieben, 12dich in Bedrängnis gebracht. Du (aber) 13hast 12deinen Mund 13geöffnet: ‚Sieh doch, Assur!‘
10
————— 15 Nach PARPOLA 1997a, 23.47a (s.v. agarinnu) = „Mutter“. M.E. passt diese Bedeutung nicht in den Kontext, der höchstwahrscheinlich ein Ritual beschreibt. Deshalb liegt die von Wolfram von Soden (AHw 282a s.v.) vorgeschlagene Bedeutung „Bierwürze“ näher. Nach CAD I A1, 145f s.v. agarinnu 1, wo unsere Stelle nicht genannt ist (auch nicht in CAD V G), ist hier „Maische“ übersetzt. 16 Šakānu i.S.v. „sich ereignen“ oder „aussprechen“, nach Parpola „placed before“.
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Anhang
219
14Ich habe deine Klage gehört. VI 15 VII Aus dem Himmelstor 16flamme ich hinab17. 17 VIII Ich will sie niederwerfen, IX vom Feuer verschlingen lassen. 18Du wirst zwischen ihnen bestehen bleiben. X 19Von dir habe ich sie weggenommen, XI 20 ins Gebirge hinaufgetrieben, XII XIII 21Steine, (himmlisches) Feuer auf sie hinabgeregnet. XIV 22Deine Feinde habe ich abgeschlachtet18, 23mit ihrem Blut den Fluss gefüllt. XV 24Man möge (es) sehen, XVI XVII mich preisen, XVIII 25dass ich Assur bin, der Herr der Götter! XIX 26Dies ist das Heilsorakel, das vor der Statue (ergangen ist). 27Diese Eidestafel Assurs 28geht auf einem Kissen vor den König. XX XXI 29 Feinöl sprengt man, XXII 30 Opfer bringt man dar, XXIII 31Weihrauch lässt man aufsteigen; XXIV 32 vor dem König liest man (sie).
D (NAP 3.4) = Vs. II 33–Rs. III 14´ Wort der Ištar von Arbela 34an Asarhaddon, den König des Landes Assyrien: 35Ihr Götter, meine Väter (und) Brüder, kommt! II 36In die Eid[e tretet ein! …] III IV […] Kleine Lücke III 1´ Au[f das Pod]ium [hast du] ein Stüc[k? gelegt? ]. V´ 2´ Wasser des sarsāru-Gefâßes hast du sie trinken lassen. VI´ VII´ 3´Eine Trinkschale von einem Sea (Inhalt) 4´hast du mit Wasser aus dem sarsāru-Gefäß gefüllt, VIII´ 5´ihnen gegeben 6´ mit den Worten: „Ihr sagt in euerem Herzen: IX´ 7´ ‚Ištar ist schmal.‘ X´ 8´ (Wenn) ihr (nun) in euere Städte (und) 9´ euere Länder geht XI´ XII´ (und dort) Brot esst, XIII´ 10´werdet ihr diese Eide vergessen. XIV´ 11´(Wenn) 12´ihr (aber) 11´von diesem Wasser 12´trinkt, 33
I
————— 17 18
Bedeutung des Verbums unsicher; s. dazu o. S.198f (pf. für den Koinzidenzfall [?]). Wörtlich: „habe ich zu einem hitpu-Opfer gemacht“, d.h. geschlachtet.
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220 XV´ XVI´
Götterwort in Menschenmund
werdet ihr euch an mich erinnern (und) 13´ die Eide halten, 14´ die ich euch wegen Asarhaddon auferlegt habe.“
E (NAP 3.5) = Rs. III 15´–IV 33´ Wort der Ištar von Arbela 16´an Asarhaddon, den König des Landes Assyrien: 17´ Weil ich ‚nichts (für dich) getan, 18´ dir gegeben habe‘,19 19´ sage ich: 20´ Habe ich nicht 19´ die vier Türpfosten des Landes Assyrien 20´ gebeugt, dir gegeben? 21´ Habe ich nicht deinen Feind überwunden? 23´ Habe ich nicht 22´ deine Hasser, deine Widersache 23´ [wie Schme]tterlinge eingesammelt? 24´ [D]u (aber) – was hast du mir gegeben? 25´ […]… des Festmahls 26´ …[…]… Tempel. 27´ I[ch … vo]m Essen, 28´ Ich …[…]… der/meine Schale. 29´ Darauf habe ich gewartet! 30´ Mein Auge habe ich darauf gerichtet! 31´ Fürwahr, ein Sea Speise (in) der Essschale, 32´ eine Trinkschale von einem Sea Süßbier 33´stell hin, 34´ damit ich 33´ Gemüse, Suppe 34´ bekomme, in meinen Mund nehme, 35´ eine Schale fülle, daraus trinke, 36´ meine Fülle zurückgewinne! Kleine Lücke IV 1´ […]… 2´ […]… will ich aufheben (o.ä.) 3´ [… will ich] gehen 4´ [… b]in ich heraufgegangen 5´ […] habe ich hingesetzt (o.ä.) 6´ [dass] ich […]… bin. 7´ [‚…,] dass 8´ du 7´ Ištar 8´ [von] Arbela bist.‘20 9´ [Nach dem Land Assy]rien bin ich aufgebrochen, 10´ um [dei]nen [Erfolg] zu sehen, 11´ um 10´ die Berge […] 11´ niederzutreten 21, 15´
I II III IV V VI VII VIII IX X XI XII XIII XIV XV XVI XVII XVIII XIX
XX´ XXI´ XXII´ XXIII´
————— 19
Die Sätze II und III enthalten das wohl fiktive Zitat eines Vorwurfs des Königs gegenüber Ištar, das die Göttin mit einiger Ironie ausspricht. 20 Wohl Zitat eines Ausspruchs des Königs, in dem er nun die Autorität Ištars anerkennt.
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221
Anhang XXIV´ 12´[um] über Asarhaddon [zu sage]n: XXV´ 13´[Nunm]ehr? freue dich, Asarhaddon! XXVI´ 14´[Die vier Türpfo]sten [d]es Landes Assyrien XXVII´ dir gegeben. XXVIII´ 16´[Dei]ne [Feinde] habe ich überwunden.
15´
[habe ich gebeu]gt,
[…, d]ie bei dir stehen, […]… ist überschritten (o.ä.) XXIX´ 19´[…]… siehst du, 20´dass ich Ištar von Arbela bin. 21´ […] hat [m]an hervorgezogen 22´ […,] der/die links ist/sind, 23´ […]… stehen sie. XXX´ 24´[Die] Höf[linge, 25´die] Palast[diener], diejenigen, 26´[die gegen] dich rebelliert haben, 27´[habe ich] an ihren Zähnen [weg]geführt; XXXI´ 28´[auf] Pfähle 29´habe [ich] sie [gest]eckt. 17´
18´
[…]…, der Prophet, aus […] 32´ […] Ištar 33´ […]… 22
30´ 31´
NAP 04 (NAP 4) = 83–1–18,839 NAP 04 ist ein kleines und großenteils unleserliches Stück einer wahrscheinlich größereTafel. Sicher ist nur in Z. 2´ die Anrede „[Asarhad]don, König des Landes Assyrien!“, in Z. 4´ die Floskel „[vor] deine Füße“, in Z. 5´ die Aufforderung „Für[chte] dich nicht!“ und in Z. 6´ der Ausdruck urkiūte „spätere“ o.ä.23
NAP 05 (NAP 5) = K 6259 Vs. 1Wort der Ištar von Arbel[a …]: I 2 II.III ‚Meine Knie sind gebeugt; …[…]‘24 IV.VI 3Mullissu [hat deine] Kla[ge gehört. …]. 4Gürte dich! VI VII …[…] 5Asarhaddons, des Königs des Landes Assyrien […]
————— 21
Oder: „zu betreten“. In Z. 30´ff liegt der Schlusskolophon für NAP 03 DE vor; s.o. S. 174. 23 Die von PARPOLA 1997a, 30, vorgenommenen Ergänzungen des fragmentarischen Textes gehen m.E. zu weit. 24 Zitat aus dem Klagegebet der in diesem Spruch angeredeten Königinmutter. Dass diese die Empfängerin der Offenbarung ist, ergibt sich aus der femininen Suffix- und Verbalform in Z. 4. 22
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222 VIII IX X XI XII XIII XIV XV XVI XVII XVIII´
Götterwort in Menschenmund
Ninurta [hat] rechts und links […] seine Feinde unter seine Füße [gelegt …] 8Im Palast der Steppe …[…] Rd. 9Sicherheit 10 gebe ich 9[Asarhaddon …] Rs. 11…[…] 12…[…] 13Sei[nen] Feind […] 14Den Feind …[…] 15legten wir. …[…] 16Mullissu lobt! […] unverständlich 6
7
NAP 06 (NAP 6) = Bu. 91–5–9,106+91–5–9,109 Ištar von Ar[bela …] Ich werde festig[en …] 3Ich werde festigen […] 4–6unleserlich oder abgebrochen 7S[ie] sind eingetreten […] 8des Königs/was der König […] 9[Sie] schlugen […] Rd. 10Ich werde …[…] Rs. 11… nicht werde? ich […] 12Hilfe […] 13habe ich gehört, habe ich ge…[…] 14Deine Feinde […] 15dieses […] 16prophezeite[n …] 17mitten in […] 18was er/sie prophezeite[(n) …] 19 vor …[…] 20s[am]t [deinen] Feind[en …] Rd. 21[Was] Tašmētu-ēreš, der P[rophet …] 22[i]n Arbela pro[phezeit] h[at]. Vs. 1 2
NAP 07 (NAP 7) = K883 I
Vs. 1
Mullissu-kabtat, die Prophetin, 2folgendermaßen:
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Anhang II III IV
V VI VII VIII IX X XI XII XIII XIV XV XVI XVII XVIII XIX XX XXI XXII XXIII XXIV XXV XXVI XXVII
223
Eine Appellation der Mullissu an den König ist dies.25 Fürchte dich nicht, Assurbanipal! 3Bis ich genauso, wie ich gesagt habe, tun (und) dir geben werde, 4bis über die Söhne der Bärtigen, über die nächste Generation der Eunuchen 5[d]u das Königtum beständig ausüben wirst, 6[hal]te [ich] dich im Kronprinzenpalast im Arm. 7[…]… wird (dir) die Kopfbinde anlegen. 8[…, was die Köni]ge der Länder miteinander reden werden: 9[‚Kommt, lasst uns] zu Assurbanipal gehen, dem König …, 10[dessen Väter] unsere Väter (und) Großväter [ein]setzten! 11[…] möge er zwischen uns entscheiden.‘26 12[Nun] spricht Mullissu: [Die König]e der Länder Rd. 13ließest [d]u Wege ins Auge fassen, Str[aß]en unter ihre Füße nehmen. 14 Ein zweites will ich dir sagen: Wie das Land Elam werde ich das Land Gimir vern[ich]ten, Rs. 15so dass es sich davonmachen wird. Die Dornen zerbreche ich, die Rose zerrupfe ich, 16die Wespen verwandle ich in Brei. 17Nach Art des Tausendfüßlers! Nach Art des Grundwassers?! 18Du wirst sagen: „Was bedeutet ‚Nach Art des Tausendfüßlers! Nach Art des Grundwassers?!‘?“ 19Nach Art des Tausendfüßlers werde ich in das Land Ägypten eindringen, nach Art des Grundwassers? (wieder) herauskommen.27 20(Du,) dessen Mutter Mullissu ist, fürchte dich nicht! (Du,) dessen Kindsmagd die Herrin von Arbela ist, fürchte dich nicht! 21Wie eine Kindsmagd trage ich dich auf meiner Hüfte,
————— 25
Vgl. zur Formulierung die verwandten Orakeleinleitungen, die in Briefen zitiert werden: a-bat ši-i „das Wort Nuskus ist dies“ ABL 1217 Rs. 4´ (NISSINEN 1998, 110); da-ba-bu an-ni-ú šá d NIN.LÍL [šu-ú] „dieses Wort ist eines der Mullissu“ CT 53,17 Vs. 8f (NISSINEN 1998, 112). 26 Zur Rekonstruktion der Sätze VII–XII (Z. 9–13) s.o. S. 203f. Die Übersetzung bei PARPOLA 1997a, 38, weicht davon in einer Reihe von Fällen ab. 27 Nach CAD VI H, 43b s.v., bedeutet hallalatti in den Sätzen IXI–XXIV jedoch „furtively walking (person)“, abgeleitet vom Verbum halālu A „schleichen“ (ebd., 33f.), enguratti das Gegenteil „proudly walking (person)“ (ohne Ableitung). Danach würde der unauffällige, gleichsam heimliche Einmarsch und der triumphale Rückmarsch aus Ägypten verbildlicht. Die Verbalformen werden als 3.m.sg. aufgefasst und auf den König bezogen, der jedoch sonst in dem Prophetenspruch in der 2.m.sg. angeredet wird. Die Interpretation ist daher m.E. nicht überzeugend. S.o. S. 68f. d NUSKA
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224
Götterwort in Menschenmund
XXVIII 22wie ein(en) Granatapfel(amulett)28 setze ich dich zwischen meine
Brüste. XXIX 23Des Nachts bin ich wach, XXX indem ich dich beschütze. XXXI Jeden Tag gebe ich dir Milch. XXXII 24Jeden Morgen erfülle ich dir dein Flehen „Merke dir! Merke dir!“ XXXIII 25Du, fürchte dich nicht, mein Junges, das ich großgezogen habe29!
NAP 08 (NAP 8) = K 1545 I II III IV V VI VII VIII IX X XI XII XIII
Die Worte des […]äers. S[o] sprach […] fortwährend: 3‚Ich bin [gegangen?;] [ich] bin gekommen.‘ 4Fünfmal, sechsmal [hat] er g[esproche]n. Danach: 5‚Zu der narantu bin ich gekommen. 6Die Schlange, die daran war, habe ich weggerissen 7(und) in Stücke gehackt. Wie 8ich 7die narantu 8zerschlagen habe, Rd. 9werde ich 8das Land Elam 9zerschlagen. Seine30 Hände? Rs. 10werden (es) 9dem Erdboden 10gleich machen. So 11werde ich das Land Elam vernichten.‘ Vs. 1 2
NAP 09 (NAP 9) = K 1292+DT 130 I II III IV V VI VII VIII
[…]… der Mullissu, […] der Herrin von Arbela. 3[Sie? für]wahr sind unter den Göttern die Stärksten. 4Sie […]en und 6[se]nden ständig 5Assurbanipal, dem Geschöpf ihrer Hände, 4ihre Liebe. Hinsichtlich seines Lebens 7[ermu]tigen sie ihn: 8Dein [Lebe]n wünsche ich; darum laufe ich im Feld,
Vs. 1 2
————— 28 Lesung: gišHA ŠHUR.KUR.RA. S. dazu PARPOLA 1997a, 39 Kommentar z.St. Die alte Lesung šukur-ra (s.o. S. 70f.83f) ist nach Kollation unzutreffend. 29 Möglich wäre auch „großziehe“. 30 „Seine“ bezieht sich möglicherweise auf den (nicht genannten) König. Zu Parpolas Deutung s.o. S. 205.
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Anhang
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überschreite [ich] ständig Flüsse und Meere, überquere ich ständig Berge und Gebirge, 11 überschreite ich ständig alle Flüsse, 12zehren ständig an mir 13Dürre und Nässe, 14greifen ständig meinen schönen Körper an.31 15[I]ch bin müde; in Unruhe versetzt ist mein ganzer Körper. 16In der Versammlung aller Götter habe ich dein Leben ausgesprochen. 17Stark sind meine Hände, lassen dich vor den Göttern nicht in Stich. 18Meine Hüften sind festgefügt, 19heben sich dir ständig entgegen. 20Mit meinen L[ipp]en wünsche ich ständig dein Leben. 21[…] dein [Le]ben. An Leben wirst du zunehmen. 22[…] Nabû[s]! Deine Lippen mögen sich freuen! 23[In der Versammlung] aller [Götter 24sprech]e [ich ständig aus], was gut für dich ist. XXVII 25[Dein Leben wünsche i]ch; XXVIII darum laufe ich im Feld. XXIX 26[…]… XXX Deinen Feind [werde] ich schl[achten]. XXXI 27[…], XXXII und in sein Land [wird] er zurückkeh[ren]. XXXIII 28[…, Assu]rbanipal, König des Landes Assyrien! Lücke XXXIV´ Rs. 3´Mögen 1´[…], Mullissu und die Herrin von Arbela 2´Assurbanipal, dem Geschöpf ih[r]er Hände, 3´Leben schenken für [e]wi[g]!
IX X XI XII XIII XIV XV XVI XVII XVIII XIX XX XXI XXII XXIII XXIV XXV XXVI
9
10
XXXV´ 4´Gemäß Dunqaša-āmur 5´[aus Ar]bela. XXXVI´ 6´18. N[isan], Eponymat des Bēl-šadūa, 7´Statthalters von Tyrus.32
NAP 10 = 83–1–18,726 Reste von acht Zeilen, die für eine Übersetzung zu fragmentarisch sind; danach große Lücke.
Vs.
————— 31
Zu den Anspielungen auf das Gilgameš-Epos s. PARPOLA 1997a, 41 z.St., und s.o. S. 205f. Nach PARPOLA 1997a, 41, sind danach ca. acht Zeilen zerstört. Das Original und die Photographie bei PARPOLA ebd., Taf. XII, zeigen aber, dass auf der Rückseite nach dem Kolophon der Rest der Tafel unbeschrieben ist. Wahrscheinlich handelt es sich bei der Notiz Parpolas um ein Duplikat der Notiz zum Anfang der Rückseite; sie wäre dann einfach zu streichen. 32
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Götterwort in Menschenmund
[… w]ird sei[n? … der] 2´herausbringen wird […] 3´ Das Königtum wird er geben […] 4´ der Länder insges[amt …] 5´ der Tag, an dem …[…] 6´ und derjenige/diejenigen, der/die tre[u ist/sind …] 7´ Ich will lang mach[en …] 8´ …[…] Lücke Rd. 1´ […] Dunqaša-āmur …[…] 2´ […] mit den Worten: Die Ekstatikerin, die/des/der …[…]
Rs. 1´
NAP 11 = K 1974 […] ging(en)/kam(en) […] […] du (f.) gingst z[u …] 3´ Tage …[…] 4´ Den Feind Assurbanipals …[…] werde ich überwinden. 5´ Setz dich! Die Länder werde ich in Ordnung bringen. 6´ In meiner früh[eren] Vision […] 7´ [s]ehr. Ein Sternchen aus Gold [werde] ich? …[…] 8´ (Opfer-)Tisch. 1 ‚Liter‘ …brot33 darau[f …] 9´ (Opfer-)Schale …[…] 10´ […]…[…] 11´ [unte]rhalb des Sternchens aus [Gold …] 12´ [zu] meinen Häupten …[…] 13´ [St]er[ne? …] Abgebrochen Rs. 1´ 2´
I´ II´ III´
————— 33 NINDA(kusāpe) dan-né. Dannu ist ein Behälter, in dem Brot aufbewahrt wurde. Könnte man den Ausdruck vielleicht als „altbackenes Brot“ verstehen?
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Nachwort Das Alter kann nicht ausbauen, nur ausflicken, was die kühne Jugend aufgeführt. JEAN PAUL*
1. Die Erschließung der neuassyrischen Prophetie Meine Beschäftigung mit den neuassyrischen Prophetensprüchen geht auf das Jahr 1971 zurück. Während der Vorbereitung meiner Probevorlesung1 stieß ich bei der Suche nach außerbiblischen Belegen für Heilsorakel in kriegerischem Kontext auf die heute als NAP 01 (K 4310) und NAP 03 (K 2401) bezeichneten Texte. Freilich – dass es sich dabei um Prophetie handelte, war mir noch nicht bewusst. Im Anschluss an Morris Jastrow2 nannte ich die Texte „Ermutigungsorakel“3 und dachte wohl wie mein Gewährsmann, dass sie Antworten auf Orakelanfragen darstellten. Der späteren Erkenntnis kam nur die einmal verwendete Beschreibung „den alttestamentlichen Prophetenworten vergleichbare Gottessprüche“4 nahe. Nach 1976 habe ich die einschlägigen Texte mehrfach in Utrecht mit meinen Studierenden gelesen, meist von Photographien der Originale.5 Dabei stellte sich sehr rasch heraus, dass es sich um die Äußerungen von Prophetinnen und Propheten, also um Prophetensprüche handelte. Das bedeutete, dass die bis dahin geläufige Bezeichnung „Orakel“ der Präzisierung bedurfte, um jede Verwechslung mit auf Beobachtung (Vogelflug, Aufsteigen von Rauch, Extispizin etc.) beruhenden Orakeln auszuschließen. Freilich lässt sich der Gebrauch des Begriffs nicht ganz vermeiden, da er umgangssprachlich für „Prophetenspruch“ durchaus geläufig und in Ausdrücken wie „Heils-“ und „Unheilsorakel“ verbaut ist. ————— * „Entschuldigung“, Vorwort zu seinen Sämtlichen Werken am Anfang der Unsichtbaren Loge (JEAN PAUL, Sämtliche Werke, I 1. Die unsichtbare Loge. Hesperus, hrsg. v. N. MÜLLER [München 1960/Frankfurt a.M. 1996], 13). Der Text ist auf Oktober 1825 datiert, d.h. in den Monat vor Jean Pauls Tod am 14. November 1825. 1 S. M. WEIPPERT 1972 (= 1991; 1997a, 71–97). 2 JASTROW 1912, 145 m.Anm. 5. 150. 152 m.Anm. 1 u.ö. 3 M. WEIPPERT 1972, 481 (= 1991, 285; 1997a, 88): „Ermutigungsorakel“ als Wiedergabe von akk. šīr tikilti/takilti/tukulti (Sg.8,319; Ash.BabA–G Ep. 17,13; NinA I 61; § 53 Rs. 25). Aber šīru „Fleisch“ ist auch Teminus technicus für einen Opferschaubefund (Eingeweide-Omen), und das ist die hier relevante Bedeutung. Omina dieser Art haben mit Prophetie nichts zu tun. Davon unabhängig kann der Begriff „Ermutigungsorakel“ aber als Wechselwort für „Heilsorakel“ dienen. 4 M. WEIPPERT 1972, 471 (= 1991, 272; 1997a, 79). 5 Ferner habe ich alle damals bekannten Texte im April 1981 im Britischen Museum in London kollationiert. S.o. S. 8.
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Götterwort in Menschenmund
Im Juni des Jahres 1980 habe ich die Texte in einem Referat während des Kolloquiums Assyrian Royal Inscriptions: New Horizons in literary, ideological, and historical analysis in Cetona (Prov. Siena, Italien) als „Prophetien“ präsentiert, ausführlich beschrieben und in den Kontext des altorientalischen Prophetismus eingeordnet.6 Dabei stellte sich heraus, dass auch andere Teilnehmer des Kolloquiums ähnlich dachten, und dass die Texte schon früher gelegentlich als Äußerungen von Prophet(inn)en identifiziert worden waren, freilich ohne dass diese Auffassung die Diskussion der altorientalischen Prophetie unter Altorientalisten und Alttestamentlern spürbar beeinflusst hätte. Nach meinem gegenwärtigen Wissensstand war der Theologe (Bibelwissenschaftler) und Altorientalist Alphonse Delattre (1841–1928) der erste, der die Verfasser der Sprucheinheiten von 4R 61 (= NAP 01) als „Propheten“ bezeichnete und auf die Ähnlichkeit der Texte mit den alttestamentlichen Prophetensprüchen hinwies.7 Das tat auch Hugo Greßmann. Er nannte allerdings im Jahr 1914 im Zusammenhang mit der Beschwichtigungsformel und der Selbstprädikation Jahwes bei Deuterojesaja die assyrischen Texte durchgängig „Orakel“; doch ergibt sich aus der Tatsache, dass er auch dem judäischen Propheten „Orakel“ zuschreibt, dass damit Prophetensprüche gemeint sein müssen.8 Zwölf Jahre später identifizierte er die Verfasser(innen) von NAP 01 unzweideutig als „Prophet(inn)en“.9 Dasselbe findet sich 1925 bei Bruno Meissner, der feststellt, dass es „im Zweistromlande ähnlich wie im alten Israel auch Propheten gegeben“ habe, „die ohne Zuhilfenahme der Wahrsagekunst lediglich durch göttliche Eingebungen die Zukunft verkündeten“.10 Eine etwas eigentümliche Stellung nimmt Alfred Guillaume (1938) ein, der meist von „Orakeln“, zweimal aber auch von (ekstatischer oder enthusiastischer) „Prophetie“ spricht und die assyrischen Texte mit der „hebräischen“ Prophetie vergleicht. Die Verfasser(innen) sucht er im Priesterstand.11 In der Diskussion der vierziger bis sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts haben die neuassyrischen Prophetentexte keine große Rolle gespielt. Das ist auf den ersten Blick insofern verwunderlich, als 1941 und 1948 die ersten altbabylonischen Briefe „prophetischen Inhalts“ aus Mari veröffentlicht wurden und sogleich eine umfangreiche und teilweise kontroverse Publikationstätigkeit auslösten, ohne aber der Erforschung der – gelegentlich beiläufig erwähnten – neuassyrischen Prophetien neue Anstöße zu geben. Es lässt sich nicht exakt beweisen, aber immerhin vermuten, dass die Diskussion der Frage, ob es sich ————— 6
M. WEIPPERT 1981 (s.o. S. 9–47). DELATTRE 1888/89 [1889], 25.27. Einmal (ebd., 27) benutzt er auch den Begriff „soothsayer“ (Wahrsager). 8 GRESSMANN 1914. 9 GRESSMANN 1928, 51. Der zweite „prophetische“ Text, auf den Greßmann dort anspielt, KAR 421, gehört aber zu den „Prophezeiungen“ (s. GRAYSON/LAMBERT 1964, 7.12–16). (Die Fußnoten in GRESSMANN 1928 stammen höchstwahrscheinlich von Julian Obermann.) 10 MEISSNER 1925, 281. 11 GUILLAUME 1938, 42–49. 7
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Nachwort
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in Mari tatsächlich um Prophetie (d.h. „echte“!) handelte,12 und die weitgehende Ignorierung der neuassyrischen Prophetensprüche mit der damals geläufigen, durch die dialektische Theologie genährten Überzeugung zusammenhing, dass es außerhalb „Israels“ (d.h. Israels und Judas) keine „echte“ (oder „wahre“) Prophetie gegeben habe und auch gar nicht gegeben haben konnte.13 Die Situation änderte sich in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Als Vorläufer kann man einen Artikel von Philip B. Harner14 aus dem Jahr 1969 nennen, in dem es darum ging, die These Joachim Begrichs über das „priesterliche Heilsorakel“ zu „bestätigen“. Der Verfasser zieht dazu auch die „Orakel aus Arbela“ bei, die er im priesterlichen Milieu ansiedelt, trotzdem aber „forms of prophetic speech“ nennt15. Anderseits werden in dem viel zitierten Aufsatz „Prophecy in Hamath, Israel, and Mari“ von James F. Ross (1970) – der in Bezug auf Hamath und Mari von Propheten übrigens stets nur in Anführungszeichen spricht – die neuassyrischen Prophetien nur einmal im Vorbeigehen als „the texts from the time of Esarhaddon and Ashurbanipal translated by R.H. PFEIFFER in ANET, 499–51“ erwähnt, die „auch“ zu vergleichen seien.16 Im ersten Band seines Jesaja-Kommentars (1972) spricht Hans Wildberger dann davon, dass hinter Jes 7,4–9 das „altorientalische Heilsorakel für Könige (Königsorakel)“ stehe. Er verweist dafür auf die Steleninschrift des Zakkūr von Hamath und Lš und auf NAP 01 H (in Auszügen); doch fällt der Begriff „Prophet“ o.ä. hinsichtlich Assyriens nicht.17 Hingegen spricht Manfried Dietrich in seinem Aufsatz „Prophetie in den Keilschrifttexten“ im Jahr 1973 ganz selbstverständlich von „Propheten“ und „Propheten- und Weissagungssprüchen“.18 Behandelt werden vor allem die einschlägigen Texte aus Mari und Assyrien; am Rande wird auch das Vorkommen des Phänomens bei den Hethitern und bei Zakkūr von Hamath und Lš erwähnt.19 Die Ausführungen Dietrichs stehen am Wendepunkt der Diskussion über die altorientalische Prophetie, auch wenn sich die Kenntnis seines Artikels bei Autor(inn)en, die in der zweiten Hälfte der siebziger und am Anfang der achtziger Jahre die neuassyrischen „Orakel“ dem prophetischen Genre zugeschrieben haben (z.B. Herbert B. Huffmon, Tomoo Ishida, Meindert Dijkstra [bedingt], Robert R. Wilson, Helga Weippert, Hermann Spie-
————— 12
NOORT 1977, bes. 87–92, bezweifelt, dass es in Mari ein mit „Israel“ vergleichbares Phänomen „Prophetie“ gab und spricht lieber von „Gottesbescheiden“ verschiedener Form in Krisensituationen. 13 Vgl. dazu auch die Erwägungen bei DE JONG 2007, 25–28. 14 HARNER 1969. 15 Ebd., 419. 16 ROSS 1970, 11 Anm. 33. 17 WILDBERGER 1972, 271. 18 DIETRICH 1973, 30–44. 19 Ich lasse hier die o.S. 20–25 behandelten „Prophezeiungen“ beiseite (s. dazu o. S. 9 m.Anm. 1. 89–91). Der ugaritische Text CTA 32 = KTU/CAT 1.40 (S. 25–30) ist m.E. keine „prophetische Liturgie“ (so VAN SELMS 1971; anders M. WEIPPERT 1969; weitere Lit.: CAT, 75).
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ckermann20), nicht nachweisen lässt. Dietrich unterscheidet bei den neuassyrischen Prophetien zwischen Zitaten in Briefen und den „Sammeltafeln“; letztere werden als Vorläufer der alttestamentlichen Prophetenbücher (genauer: der nbīīm ahărōnīm) aufgefasst. Heute sind die neuassyrischen Prophetensprüche weithin als Prophetie anerkannt, vor allem, seit das gesamte bisher bekannte Corpus im Jahr 1997 von Simo Parpola in Neu- bzw. Erstbearbeitung vorgelegt worden ist,21 so dass die Texte nun bequem zur Kenntnis genommen und benutzt werden können. Dass bald darauf auch die Bezugnahmen auf prophetische Äußerungen in den übrigen neuassyrischen Quellen aufgearbeitet worden sind,22 hat diese Tendenz nur verstärkt. Schließlich ist seit 2003 eine englische Übersetzung fast aller23 bisher bekannten altorientalischen Äußerungen von und über Prophet(inn)en verfügbar, die zudem die Texte auch im Originalwortlaut bietet.24
2. Zur Definition von Prophetie Der Verlauf der Diskussion über die altorientalische Prophetie lässt vermuten, dass ein beträchtlicher Teil der Schwierigkeiten, das Phänomen zu erfassen, damit zusammenhängt, dass die Antwort auf die Frage, was denn eigentlich „Prophetie“ sei, von sehr unterschiedlichen Voraussetzungen und Prinzipien geprägt ist. Eine Rolle spielen u.a. einerseits populäre Vorstellungen von Propheten als Menschen, die irgendetwas vorhersagen (Typus „Wetterprophet“), anderseits theologische Definitionen, bei denen häufig Wahrheitskriterien (Typus „wahre, falsche Prophetie“) im Hintergrund stehen. Die folgenden Kriterien werden einzeln oder in verschiedenen Kombinationen benutzt, um zu beschreiben, „was Prophetie ist“:25 ————— 20 HUFFMON 1976b, 699f. (meist „prophetic oracular speakers“); ISHIDA 1977, 90–92; DIJKSTRA 1980, 147–170 u.ö. (spricht immer von „orakels“, jedoch fällt der Ausdruck „profeet“ nicht); WILSON 1980 (die mariotischen und assyrischen Propheten werden in der Regel „neutral“ als „oracular speakers“ bezeichnet, obwohl der Verfasser Propheten meint); H. WEIPPERT 1981, 98–103; SPIECKERMANN 1982, 295–303. Selbst habe ich den Aufsatz von M. Dietrich erstmals in M. WEIPPERT 1985a, 56 Anm. 4 (s.o. S. 60 Anm. 4), zitiert, später noch einmal in M. WEIPPERT 1988, 305 Anm. 41 (s.o. S. 97 Anm. 41). 21 PARPOLA 1997a. 22 NISSINEN 1998. Ergänzungen: NISSINEN 2003a. 23 Man vermisst in NISSINEN 2003a die hethitischen und luwischen Quellen und eventuell die Textstellen aus Emar (in Emar ist aber fraglich, ob die für „Prophetinnen“ bzw. für „Propheten“ gehaltenen Personen tatsächlich prophetische Funktionen ausübten; s.u. S. 236–238); ihre Weglassung wird von Nissinen auf S. 9 begründet. Bei den westsemitischen Texten sind nicht alle als prophetisch vorgeführten Stellen gleichermaßen überzeugend. 24 NISSINEN 2003a. 25 Zur folgenden Aufzählung s. NOORT 1977, 5–18. Vgl. auch M. WEIPPERT 1988, 288f. (s.o. S. 87f.); PETERSEN 2000, 33–39 (und dazu M. WEIPPERT 2003b, 285).
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Nachwort 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
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Prophetie ist religiöse (oder: religiös bedingte berufsmäßige) Zukunftsvorhersage. Die Botschaft geht auf Initiative einer Gottheit zurück. Sie ist nicht erfragt, sondern spontan (inspiriert, d.h. intuitiv), und unmittelbar verständlich. Der Offenbarungsempfänger ist Ekstatiker. Der Offenbarungsempfänger tritt als Gottesbote auf, der den Bescheid ungefragt dem Adressaten der Botschaft mitteilt. Es genügt, wenn der Offenbarungsempfänger in den Quellen durch einen entsprechenden Terminus bezeichnet wird. Es zählt die Inanspruchnahme des Offenbarungsempfängers durch eine Gottheit, nicht seine Botenfunktion. Der Gottesbescheid besteht im Aufruf, der Gottheit zu vertrauen, nicht im Versuch, die Zukunft zu meistern oder zu sichern.
M.E. enthalten die meisten dieser Definitionsversuche ein Quäntchen Wahrheit. Da sie sich aber nur auf akzidentielle (Teil-)Phänomene beziehen, reichen sie nicht aus, um das Wesentliche (Essentielle) der Prophetie zu beschreiben. Im Jahr 1988 habe ich daher eine Formel vorgeschlagen, die von allem Zufälligen absieht. Die Formel lautete in der Originalfassung26: „Ein(e) Prophet(in) ist eine Person männlichen oder weiblichen Geschlechts, die 1. in einem kognitiven Erlebnis, einer Vision, einer Audition, einem Traum o.ä., der Offenbarung einer Gottheit oder mehrerer Gottheiten teilhaftig wird, und 2. sich durch die betreffende(n) Gottheit(en) beauftragt weiß, die Offenbarung in sprachlicher oder metasprachlicher Fassung an einen Dritten (oder Dritte), den (die) eigentlichen Adressaten, zu übermitteln.“
Die missbräuchliche Verwendung des Begriffs „metasprachlich“ in dieser Definition27 veranlasste mich 1997 zu einer Revision, in der ich „in sprachlicher oder metasprachlicher Fassung“ durch „in sprachlicher Fassung oder in averbalen Kommunikationsakten“ ersetzt habe. Daraus resultierte folgende Neufassung der Formel:28 „Bei religiöser Offenbarungsrede ist dann von P[rophetie] zu sprechen, wenn eine Person (a) in einem kognitiven Erlebnis (Vision, Audition, audiovisuelle Erscheinung, Traum o.ä.) der Offenbarung einer Gottheit oder mehrerer Gottheiten teilhaftig wird und ferner ————— 26 M. WEIPPERT 1988, 289f. (im Wiederabdruck o. S. 88 revidiert). Dass H.B. Huffmon schon einige Zeit vorher eine ähnliche Definition gebraucht hatte (HUFFMON 1976a, 172: ein Prophet sei eine Person, „who through non-technical means receives a clear and immediate message from a deity for transmission to a third party“), hatte ich damals übersehen. 27 „Metasprache“ benennt in der Sprachwissenschaft eine Sprachebene, auf der Aussagen über Sprache und Sprechen gemacht werden („Beschreibungssprache“). 28 M. WEIPPERT 2001b, 197.
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(b) sich durch die betreffende(n) Gottheit(en) beauftragt weiß, das ihr Geoffenbarte in sprachlicher Fassung (als „P[rophetie]“, „Prophetenspruch“) oder in averbalen Kommunikationsakten („symbolischen“ oder „Zeichenhandlungen“) an einen Dritten (oder Dritte), den (die) eigentlichen Adressaten, weiterzuleiten.“
Diese Definition – die ich 1988 mit voller Absicht „orientalistisch“ genannt habe29 – verhindert durch ihre Beschränkung auf das Wesentliche, dass sich bei der Betrachtung prophetischer Phänomene das Akzidentielle in den Vordergrund schiebt. Essentiell ist nur die – wie auch immer geartete – Interaktion zwischen einer Gottheit und dem Propheten auf der einen, zwischen dem Propheten und seinem Publikum (dem oder den Adressaten der Gottesbotschaft) auf der anderen Seite. Die Formel fand in der seit 1988 erschienenen Literatur einigen Anklang (z.B. bei Hans M. Barstad, Martti Nissinen, Mathijs J. de Jong, Katrin Ott, Paolo Merlo, Konrad Schmid, Jonathan Stökl, z.T. mit leichten Modifikationen)30, stieß aber bei David L. Petersen31 auf entschiedene Ablehnung. Von den sechs verschiedene Definitionen von „Propheten“, die Petersen als typisch für die Diskussion der Alttestamentler Revue passieren lässt, findet nur die der Propheten als „Mittler“ (intermediaries) Gnade vor seinen Augen. Dies ist eine alte Idee, die mindestens bis auf Heinrich Ewald zurückgeht,32 und der man grundsätzlich kaum widersprechen kann.33 Doch ist diese Definition zu weit und zu allgemein, vor allem, da es noch andere Funktionsträger gibt, die als Mittler an der Grenze zwischen der irdischen und der himmlischen Welt agieren, vor allem die Priester34. Dass Petersen die von mir vorgeschlagene Formel in die Nachfolge von Hermann Gunkel und Johannes Lindblom einordnet, hat mich überrascht, beruht wahrscheinlich aber auf sprachlichen Missverständnissen. In der englischen Fassung der Formel, die Petersen von Nissinen übernimmt, steht zwar tatsächlich experience als (korrekte) Übersetzung von Erlebnis; das aber ist keine Bezugnahme auf die „geheimen Erfahrungen der Propheten“, die Gunkel erstmals 1904 beschworen hat,35 und noch weniger auf die Ekstase, die für Lindblom36 ein wesentliches Erfordernis für ————— 29 Es ging mir darum, den Ballast der langen alttestamentlichen Forschungs- und Theologiegeschichte in Bezug auf „Prophetie“ möglichst abzuwerfen. 30 BARSTAD 1993, 45f.; NISSINEN 1993, 221; 1996, 173; 1998, 5; 2004, 20–22; DE JONG 2007, 31; MERLO 2009, 56; SCHMID 2006, 304; OTT 2009, 17–19; STÖKL 2009, 89 m.Anm. 6. Vgl. auch generell STÖKL 2012, 1–26. 31 PETERSEN 2000, 39–41. 32 Wiedergegeben bei NEUMANN 1979b, 56; vgl. auch 1979a, 5f. PETERSEN 2000, 37, bezieht sich auf ROSS 1987; MUILENBURG 1965; WILSON 1989 und OVERHOLT 1989. 33 M. WEIPPERT 2003b, 285. 34 Für die Priester lässt sich das indirekt wahrscheinlich machen, wenn man sich vor Augen hält, wie in Tempeln, z.B. dem von Ain Dārā in Nordsyrien, die Grenze zwischen der himmlichen und der irdischen Welt im Kultinventar, vor dem die Priester amtieren, dargestellt wird; s. dazu M. WEIPPERT 2003a, 245–248. 35 GUNKEL 1904; revidiert in GUNKEL 1917, 1–31. 36 LINDBLOM 1963, 1–6.47–65.
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Prophetie darstellte. Das Wort „kognitiv“, an dem Petersen ebenfalls Anstoß zu nehmen scheint,37 habe ich ganz naiv umgangssprachlich ohne psychologische oder semiotische Hintergedanken als „Erkenntnis bzw. Wahrnehmung betreffend“ gebraucht. Nach Petersen ist experience jedoch kein von Dritten beobachtbares Verhalten, so dass Texte, die keinen Hinweis auf die experience des Redenden enthalten, nicht als prophetisch erkannt bzw. eingestuft werden könnten. Ebenso würde prophetisches Selbst- oder Berufungsbewusstsein nur selten artikuliert. M.E. kommt es aber darauf, dass die Propheten sich als solche ausdrücklich zu erkennen geben, gar nicht an. Aus der Weise, in der sie das, was sie zu sagen haben, ihrem Publikum übermitteln, ergibt sich für dieses (und für uns38) im Rückschluss, dass ein Prophet oder eine Prophetin redet. Wer „Ich bin Ištar von Arbela“ oder „So spricht Jahwe“ sagt, muss ein Erlebnis (experience) gehabt haben, das ihn oder sie dazu ermächtigt, so – d.h. im Namen der genannten Gottheit – zu reden.
3. Nachträge zur Prophetie im 2. Jahrtausend v.Chr. In den hier gesammelten Aufsätzen musste auch die aus dem 2. Jahrtausend v.Chr. überlieferte altorientalische Prophetie zur Gewinnung und Abrundung des Bildes beigezogen werden. Sie ist freilich, dem damaligen Forschungsstand und der Absicht der Artikel entsprechend, nur skizzenhaft behandelt worden.39 Es ist auch im Rahmen dieses Buches, das von der Prophetie der ersten Hälfte des 1. Jahrtausends handelt, nicht möglich, die des 2. Jahrtausends umfassend darzustellen. Vor allem die Briefe „prophetischen Inhalts“ aus Mari müssten auf Grund der neueren Erkenntnisse über den altorientalischen Prophetismus neuen Untersuchungen unterzogen werden.40 In diesem Abschnitt des „Nachworts“ geht es jedoch nur darum, die in den Aufsätzen enthaltenen Hinweise auf mögliche Spuren von Prophetie in hethitischen (und luwischen) Texten aus Hattuša (Boƒazköy/Boƒazkale) (und Nordsyrien)41 und auf even-
————— 37 PETERSEN 2000, 40: “… the experience is described as ‘cognitive,’ which presumably means that the experience can be articulated or expressed.” 38 Für die wissenschaftliche Betrachtung ist wichtig, dass das Phänomen „Prophetie“ bzw. „Prophet(in)“ mit einem einheitlichen Begriff belegt wird, über dessen Definition man sich zumindest approximativ verständigt hat. Dass der Alte Orient einen solchen einheitlichen Terminus nicht hervorgebracht hat, ist zwar zu registrieren, aber unerheblich – außer, es handelt sich um Differenzierungen innerhalb des Genres „Prophetie“ oder zwischen verschiedenen Arten von „Prophet(inn)en“. Ähnlich CANCIK-KIRSCHBAUM 2003, 45. 39 S.o. S. 33–37.60.91–95.132–134.158 40 Mit dieser Aussage soll die Leistung von Jean-Marie Durand in seiner Neuausgabe fast aller Texte „prophetischen Inhalts“ aus Mari (AEM 1:1) nicht geschmälert werden. Einen vorzüglichen Überblick über die Mari-Prophetie bietet ders. ebd., 377–412. Vgl. auch die von DALLEY 2010 besprochenen altbabylonischen Texte aus Uruk und Kiš. 41 S.o. S. 93.
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tuelle Erwähnungen von Prophetinnen und Propheten in Ritualtexten aus Emar (Meskene am Euphrat)42 zu präzisieren und zu ergänzen. Aus hethitischen Texten war zur Zeit der Entstehung der Artikel nur der Ausdruck lúDINGIR-LIM-ni-an-za geläufig, der wahrscheinlich *šiuniyant-š (d.i. *siuniyants, nom.sg.) zu lesen ist und eine Ableitung von šiuni- „Gott“ darstellt.43 Der Ausdruck ist im 2. Pestgebet des Königs Muršili II. belegt,44 wo eine Reihe von mantischen Verfahren vorgeschlagen wird, deren sich der Wettergott von Hatti bedienen könnte, um die Ursache der im Hethiterreich grassierenden Seuche zu offenbaren. Vom *šiuniyant- wird dabei eine verbale Botschaft erwartet, die als mema- „sagen, sprechen“ bezeichnet wird. In einem Gebet ebenfalls des Königs Muršili an die Sonnengöttin von Arinna findet sich ein ähnlicher Passus, der aber die Vorstellung vertritt, dass dem „Sprechen“ des šiuniyant- ein „Sehen“ (uwa-) vorausgeht.45 Es lässt sich nicht sicher beweisen, dass der šiuniyant- tatsächlich prophetische Funktionen erfüllt hat; allerdings ist es auf Grund letzterer Stelle nicht unwahrscheinlich. Die Bezeichnung ist, wie es scheint, das Partizip eines von šiuni- denominierten, aber bisher nicht belegten (und vielleicht nie belegbaren) Verbums *šiuniya-, das etwa „mettre sous l’action d’un dieu“ (Emmanuel Laroche46) bedeuten mag. Da Partizipien transitiver Verben im Hethitischen passiv sind,47 könnte man *šiuniyant- etwa als „inspiriert“ (genauer, aber im Deutschen nicht möglich: *„begottet“, *„indivinisiert“) auffassen.48 Dem hethitischen Begriff *šiuniyant- kann hinsichtlich seiner Bildung und Bedeutung der luwische Ausdruck maššanāmi- (geschrieben lúma-aš-ša-na-mi-iš nom.sg.) zur Seite gestellt werden, der auf analoge Weise durch die Partizipialendung -mi- von der Bezeichnung maššana- „Gott“ abgeleitet ist.49 Er kommt im Ritual des Šahhan-Festes in einer Reihe mit anderen Termini für Tempelpersonal vor, die zusammen als „Götterherren“ (LÚ.MEŠ BE-EL DINGIR.MEŠ) be————— 42
S.o. S. 132 Anm. 5. Bei der Umschrift des Hethitischen und Luwischen lehne ich mich an die KeilschriftOrthographie an. Es ist jedoch zu beachten, dass die š-haltigen Schriftzeichen verwendet werden, um den hethitisch-luwischen [s]-Laut wiederzugeben (deshalb die Transkription der sigmatischen Nominativ-Endung mit -š), der wiederum im Westsemitischen – erkennbar im Ugaritischen – mittels t geschrieben wurde (in jüngeren Sprachen > š), da das Westsemitische des 2. Jahrtausends einen entsprechenden Sibilanten nicht besaß. 44 CTH 378: GÖTZE 1927–30, 218f § 11; LEBRUN 1980, 209.215; vgl. KAMMENHUBER 1976, 19f (die Parallelisierung des *lúšiuniyant- mit der munusENSI ist wohl nicht richtig). 45 CTH 376: KUB 24,4 I 10´–12 mit Duplikat KUB 24,3 II 19´–22´; GURNEY 1940, 26f; LEBRUN 1980, 160f.169; MOUTON 2007, 120f Text 23. 46 LAROCHE 1967, 176b. 47 FRIEDRICH 1960, § 277. 48 Seit GÖTZE 1927-30, 219.233, geistert die Wiedergabe des Ausdrucks als „Gottbegeisterter“ durch die hethitologische Literatur. Dieser Terminus, der seinerzeit recht gebräuchlich war, enthält ein emotionales Element, das, wie es scheint, dem hethitischen Begriff fehlt. Das hier verwendete „Gottesmann“ ist keine wirkliche Übersetzung; s. dazu auch u. S. 233f. 49 LAROCHE 1967, 176b; HAWKINS 2000, 233b; 2006, 27; PRECHEL 2008, 212 m.Anm. 7f. 43
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zeichnet werden.50 Allerdings ist dem Text über eine eventuelle prophetische Funktion des lúmaššanāmi- nichts zu entnehmen. In der hieroglyphenluwischen Inschrift einer Stele des Königs Hamiyata von Masuwadi51 (ass. Til Barsip, heute Tell Ahmar) aus dem späten 10./frühen 9. Jahrhundert v.Chr., die aus dem Euphrat in der Nähe der Ortschaften Qubba und Hammām Segīr ca. 3 km ostsüdöstlich des Tell Ahmar geborgen wurde,52 wird ein DEUS-na-mi-i-sa, zu lesen masanamis (nom.sg.), erwähnt, der dem siegreichen König den Auftrag erteilt, den Wettergott des Heeres (*Kuwalanis Tarhunzas), der ihm bei seinen Feldzügen „vorangegangen“ sei, „sitzen zu machen“ (SOLIUM-i-sà-nu-wa), d.h. (in einem Heiligtum) zu inthronisieren. Die Erteilung des Auftrags wird mittels des Verbums asaza- „sprechen, verkünden“ beschrieben wie im Falle des hethitischen lúšiuniyant- mit dem gleichbedeutenden Verbum mema-: „und der Gottesmann sprach zu mir“.53 Eine ähnliche Passage findet sich in der Inschrift der Stele TELL AHMAR 5 desselben Hamiyata von Masuwadi,54 die auf Grund von TELL AHMAR 6 teilweise verstanden werden kann. Hier spricht der Gottesmann wahrscheinlich des Wettergotts von Aleppo55 den Auftrag aus, einer Person irgendetwas Gutes zu tun, was genau, ist unklar. Die Steleninschrift TELL AHMAR 6 lehrt, dass das von Hawkins provisorisch CAPUT+CORNU56 gelesene nur hier vorkommende Logogramm die Lesung *masanamis haben muss. Dass die beiden dem König Hamiyata erteilten Aufträge solche der jeweiligen Gottheit sind, wird im erhaltenen Text nicht ausdrücklich gesagt, ist aus dem Zusammenhang aber eindeutig zu erschließen. Daraus folgt, dass heth. lúšiuniyant- wie luw. maššanāmi-/masanamiBezeichnungen von Propheten darstellen. Im „Erlass“ des Königs Telipinu,57 des letzten Herrschers des hethitischen Alten Reiches, wird der Ausspruch von „Gottesmännern“ (šiunan antuhšeš)58 ————— 50
CTH 277,4.B und 693: KBo XIV 68+XX 112 I 2´–4´ par. KBo XX 68 I 6–9; s. JIN 1990, 52f; PRECHEL 2008, 212f Anm. 8, und vgl. allgemein OTTEN 1969/70, 86f. 51 Durchweg Masuwari- geschrieben mit -r- für *-[d]- (Rhotazismus; s. PAYNE 2010, 16 § 2.4,1). Name und Ort entsprechen uruMa-zu-wa-ti WEIDNER 1923, 22 Nr. 1 Rs. 17´. S. zu Masuwadi POETTO 1978, 279f; HAWKINS 1980, 139 Anm. 4; 1983; 1996/97, 112; 2000, 233. Die Feststellung des auf das 2. Jahrtausend v.Chr. zurückgehenden voraramäischen Namens des Tell Ahmar entzieht wohl der These von LEMAIRE/DURAND 1984, 47–51, das Ktk der aramäischen Steleninschriften von Sefīre sei ein solcher Name für Tell Ahmar, die Basis. Dann ist es auch sehr unwahrscheinlich, dass Bir-gayā, der König von Ktk, mit dem assyrischen Turtan Šamšī-ilu (s. BAKER 2006–08; HTAT, 272.276 m.Anm. 40.42) identisch ist (so LEMAIRE/DURAND a.a.O.). 52 Als TELL AHMAR 6 veröffentlicht von HAWKINS 2006. 53 TELL AHMAR 6 §§ 22f. 54 HAWKINS 1996/97, 111f; 2000, 232f § 11. 55 Der Text hat wa-mu-´ pa-si-i-´ C APUT+CORNU-mi-i-sa á-sa5 -za-ta… „und mir sagte sein Gottesmann…“, wobei der Referent des „sein“ die Bezeichnung za-a-sa DEUS-ni-sa „dieser Gott“ in § 10 ist, der wiederum möglicherweise mit dem in § 3 erwähnten Wettergott von Aleppo (ebenfalls mit dem Demonstrativpronomen zana „dieser“ versehen) identisch ist. 56 Besser wäre CAPUT+CORNUA, da es zwei Hörner sind. 57 CTH 19; Text und Übersetzung: HOFFMANN 1984, 12–55; Übersetzung: TUAT I, 464–470 (H.M. Kümmel); CoS I, 194–198 § 1.76 (Th.P.J. van den Hout). – Zum König Telipinu s. KLENGEL 1999, 77–83.
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erwähnt, die angesichts der blutigen Thronfolgestreitigkeiten innerhalb der königlichen Familie, denen nacheinander die Königin Ištaparia und der Prinz Ammuna59 zum Opfer gefallen waren, konstatierten: ka-a-ša-wa uruHa-at-tu-ši eeš-har pa-an-ga-ri-ia-at-ta-ti „fürwahr – in Hattuša nahm das Blut(vergießen) überhand.“60 Bereits Hans Ehelolf hat vermutet, dass der in den Texten Muršilis II. erwähnte *šiuniyant- mit den hier genannten šiunan antuhšeš „sachlich“ identisch sei.61 Wahrscheinlich beruht darauf auch die fragende Identifikation der letzteren als „Propheten“ durch Horst Klengel.62 Andere belassen es bei der „wörtlichen“ Übersetzung „Gottes-“ bzw. „Göttermänner“. In der Tat ist es keineswegs sicher, dass es sich bei den „Gottes/Göttermännern“ um Propheten handelt, da ihrer Aussage alle Kennzeichen prophetischer Rede fehlen. Ich vermute daher, dass die šiunan antuhšeš Telipinus eher die Vorläufer der „Gottesmänner“ und „-frauen“ (sg. LÚ/MUNUS DINGIR-LIM) waren, die in Ritualtexten des hethitischen Neuen Reiches zum Tempelpersonal gehören,63 dabei aber keinerlei prophetische Funktionen erfüllen. Sie sind daher wohl von *šiuniyant- und maššanāmi-/masanami- zu trennen. Unklar sind auch Charakter und Funktion zweier Personengruppen, die insgesamt fünfmal jeweils direkt oder indirekt in kultischen Kontexten in Emar (Meskene) belegt und bereits vom Herausgeber der einschlägigen Texte, Daniel Arnaud, mit prophetischen Aktivitäten in Zusammenhang gebracht worden sind.64 Die Termini lauten *munus.mešmunabbiātu (im Kontext munus.mešmunabbiāti c.obl.pl.f.) und *lú.mešnabû (im Kontext lú.mešnabî c.obl.pl.m.)65 und wurden von Daniel Arnaud und besonders von Daniel (E.) Fleming66 mit der für hebr. nābī angenommenen Wurzel /nb/ verbunden. Genau genommen beruht die Erklärung der beiden Wörter in den Texten aus Emar nur auf dem Vergleich mit hebr. nābī (geschrieben epigraphisch nb67 masoretisch 68 ) ————— 58 Eigentlich müsste man den Ausdruck durch „Göttermänner“ oder „Götterleute“ wiedergeben (s. TUAT I, 468 Anm. b zu Z. 32 [H.M. Kümmel]; CoS 1.76 § 27 [Th.P.J. van den Hout]); denn sowohl šiunan als auch antuhšeš steht im Plural (šiunan ist alter gen.pl.). Hinter antuhšeš steht noch die enklitische Partikel -a „auch“: „Und auch die ,Gottesmänner‘ sprachen wiederholt (gemeint ist vielleicht: in beiden Fällen) …“ 59 Der Prinz trägt den Namen eines Vorgängers des Telipinu als König von Hatti (s. KLENGEL 1999, 73–75). Es ist gut möglich, dass Ammuna der Kronprinz Telipinus war. 60 Telipinu-„Erlass“ II 31–33 (das Zitat in II 33). 61 EHELOLF 1936, 177. 62 KLENGEL 1999, 82. 63 PRECHEL 2008, 214–216. STARKE 1985, 106, ist der Ansicht, dass mit dem Ausdruck šiunan antuhšeš des Telipinu-„Erlasses“ „wohl die Priesterschaft gemeint ist“. 64 S. seine Übersetzung „prophétesses“ ARNAUD 1985–87, 360.375.377.403. 65 Die hier gebrauchte Umschrift setzt voraus, dass *munabbiātu und *nabû Substantive sind. Für letzteren Ausdruck ist das auf Grund der Pluralendung -ū (nicht -ūtu) anzunehmen; *munabbiātu könnte auch Adjektiv sein. 66 FLEMING 1993a–c. 67 Nur in zwei Briefen aus Lachis (Tell ed-Duwēr) aus dem 6. Jahrhundert v.Chr., RENZ/RÖLLIG 1995, 419 Lak(6):1.3,20. 433 Lak.(6):1.16,5. Zur Deutung des nb an ersterer Stelle als Überbringer des
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und der Vorstellung, dass nun das bisher nicht sicher identifizierbare Etymon von hebr. nābī gefunden sei. 69 Die *munabbiātu erhalten in dem fragmentarischen Ritualtext Emar VI 406,5´ in einer Reihe mit dem „Großen des (Opfer-)Tisches“ (GAL ša gišBANŠUR Z. 3´), dem Opferschauer ([lúMÁ]Š.ŠU.GÍD.GÍD = bārû Z. 4´) und dem Schreiber (lúDUB.SAR = tupšarru Z. 6´) Opferanteile70. Dies ist die einzige Stelle, an der sie selbständig als Gruppe wahrscheinlich von Tempelangehörigen auftreten. An den drei übrigen Stellen begegnen sie in Opferlisten indirekt in der Bezeichnung der Göttin Išhara als dIšhara ša (munus.meš)munabbiāti „Išhara der m.“.71 In einer der Opferlisten für den 7. Tag des Zukru-Festes ist Išhara der *munabbiātu mit einer Reihe anderer Gottheiten vergesellschaftet, die ebenfalls meist durch mittels ša an den Namen Išhara angeschlossene Attribute differenziert werden. Darunter sind auch zwei weitere Išhara-Hypostasen – Išhara bēlet āli „Išhara, Herrin der Stadt“ (Z. 95´) und Išhara ša šarri „Išhara des Königs“ (Z. 96´). Insgesamt erweckt das den Eindruck, dass die Göttin wie zu der Stadt Emar und zu deren König so auch zu den *munabbiātu spezielle Beziehungen unterhält. Nähme man nun an, dass der Terminus *munabbiātu, wie Arnaud und Fleming wollen, tatsächlich „Prophetinnen“ bedeutete, so läge der Schluss nahe, dass in Emar die Sprüche der Prophet(inn)en auf die – in der Stadt eine beträchtliche Rolle spielende – Göttin Išhara zurückgeführt worden seien. Dies ist freilich nicht sicher. Denn es gibt im Akkadischen ein substantiviertes Partizip des D-Stamms eines Verbums nabû, das in seiner maskulinen Form munabbû oder dissimiliert munambû lautet und wohl einen Tempelfunktionär bezeichnet, nach Wolfram von Soden einen „Klagepriester“ (AHw 672b), nach dem CAD (10 M2, 199a) einen „wailer“. Die entsprechenden femininen Formen müssten im Singular *munabbītu (bzw. *munambītu), im Plural *munabbâtu (bzw. *munambâtu) oder *munabbiātu (bzw. *munambiātu) lauten. Die Variante *munabbiātu wäre die in Emar gebräuchliche.72 Das zu Grunde liegende Verbum nabû bedeutet nach von Soden „nennen, berufen“, im D-Stamm „klagen“,73 während im CAD daneben ein nur im D-Stamm belegtes nabû B ————— im Text erwähnten Briefs s. MÜLLER 1970, 240–242 (die Interpretation von nb als „Meldegänger“ [S. 242] halte ich nicht für richtig); HTAT, 422. 68 GesD 773f (Belege, Lit.). 69 Vgl. FLEMING 1993b, 176: „The connection with biblical Hebrew nābī is clear, but not so the function of these individuals and the etymology of their titles.“ 70 Lautung und Bedeutung von BU-UK-KU-ra-tu4 sind ungeklärt; es handelt sich jedenfalls um essbare Teile eines Opfertiers; s. AHw 136b s.v. b/pug/qurru; CAD 2 B, 307, s.v. bugurru (or buqurru, pug/qurru). 71 Emar VI 373,97´ (d Iš-ha-ra ša munus.mešmu14 -nab-bi-ia-[ti]); 379,11f (d Iš-ha-ra ša mu14 -na-bi-iaso!-ti); 383,10´ (d Iš-ha-ra ša munus.mešmu14 -naso!-ab?[-bi-ia-ti]). Die Lesung des Zeichens A als mu14 in der Bezeichnung *munabbiātu ergibt sich aus Emar VI 406,5´, wo das Wort im Anlaut mit mu- (sonst: A-) geschrieben ist. Da A als Logogramm auch die akkadische Lesung mû „Wasser“ hat, ist seine Verwendung als Silbenzeichen mu14 erklärbar (vgl. auch A = me5 altakkadisch und jung). Diese Schreibung ist allerdings nur in Emar belegt. 72 Sie könnte assyrisierend sein. 73 AHw 699f.
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„to wail, lament (= klagen)“ angenommen ist.74 Danach könnte die Gottesbezeichnung dIšhara ša (munus.meš)munabbiāti als „Išhara der Klagefrauen“ verstanden werden, und von „Prophetinnen“ wäre hier nicht die Rede. Mit dem singulären Beleg für *lú.mešnabû in einer Opferliste des kissu-Festes aus Emar (Emar VI 387) ist mangels Kontexts wenig anzufangen. Er steht in Exemplar F (Msk 74286b+74303i,1175) in dem Ausdruck AŠ(ina) É(bīt) lú.mešnabi-i „im Haus/Tempel der nabû“ an der Stelle, die im Hauptexemplar i-na É(bīt) d Iš-ha-ra „im Tempel der Išhara“ lautet. Auch die nabû sind also in Verbindung mit der Göttin Išhara. Mit den nabû von Emar vergleicht Daniel Fleming die einmal belegten lúna-bi-imeš ša HA .NA.MEŠ „nabû der Hanäer“, von denen der Verfasser Tebîgērīšu in dem Mari-Brief AEM I 1 216,7 berichtet, dass er sie versammelt und ein technisches Orakel (tērtum) eingeholt habe. Die Orakelanfrage üblichen Stils steht in Z. 10–13, die Antwort, ebenfalls in typischen Formulierungen, nach einer kleinen Lücke in Z. 14´–21´. Hier hat man den Eindruck, dass die nabû der Hanäer nicht einfach Zuschauer waren, sondern in die Orakelfindung eingebunden waren, also zwar eine mantische, aber gerade keine prophetische Funktion ausübten. Die These Flemings, das den Termini *munabbiātu und *nabû(m) zugrundeliegende Verbum nabû(m) „nennen, berufen“ bedeute in Emar im G- und im D-Stamm „anrufen“ (to invoke, in kultischem Sinne), die Prophet(inn)en seien also „invokers“ oder „invocation specialists“,76 ist von John Huehnergard und Jonathan Stökl überzeugend wiederlegt worden.77 In der Tat wird man bezweifeln müssen, dass die Anrufung von Göttern und Ahnen eine prophetische Funktion darstellt.78 Dies bedeutet aber, dass Belege für Prophet(inn)en in den Texten aus Emar zumindest nicht eindeutig nachgewiesen werden können; m.E. fehlen sie überhaupt.
4. Folgerungen aus der neuassyrischen für die alttestamentliche Prophetie In den oben zusammengestellten Aufsätzen aus den Jahren 1980–2002,79 stand, von wenigen Ausnahmen80 abgesehen, nicht die alttestamentliche, son————— 74 CAD 11 N1, 39. – Das Wort munambû/munabbû ist nur in lexikalischen Listen belegt als akkadisches Äquivalent von sum. lú.i.lu.di und lú.balag.di u.ä. Die beiden sumerischen Ausdrücke können auch ša s[erhim] und sār[ihum], beides „Klagender“, gelesen werden. Damit ist die Bedeutung „Klagender“ auch für munambû/munabbû wahrscheinlich. S. dazu CAD 10 M2, 199a. 75 Emar VI, S. 386 unten. 76 FLEMING 1993a und 1993b. 77 HUEHNERGARD 1999; STÖKL 2012, 161–167. 78 Anders z.B. auch JACOB 1981. 79 S.o. S. 9–206. 80 S.o. S. 48–59.104–113; vgl. auch M. WEIPPERT 1972, 472–474.481f (= 1991, 274–276.285f; 1997a, 81f.88f).
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dern die altorientalische, speziell die neuassyrische Prophetie im Mittelpunkt. Es ging darum, die einschlägigen assyrischen Texte gleichsam aus ihrem Dornröschenschlaf, in den das mangelnde Interesse der Wissenschaft sie versetzt hatte, aufzuwecken, d.h. über die allgemeine Bezeichnung „Orakel“ hinaus festzustellen, worum es sich konkret handelte, und diese Erkenntnis dann zu einer sachgemäßen Beschreibung und zur Erhellung von Einzelheiten zu benutzen. Dazu konnten aber die assyrischen Prophetensprüche von vorneherein nicht isoliert betrachtet, sondern nur im Kontext der gesamten Prophetenüberlieferung des antiken Vorderen Orients untersucht werden. So war es unumgänglich, neben den anderen Zeugnissen des Prophetismus in dieser Region auch das Alte Testament in die Betrachtung einzubeziehen.81 Aus der Betrachtung der verschiedenen Corpora und sonstigen Belege der altorientalischen Prophetie außerhalb des Alten Testaments ergibt sich mit aller Deutlichkeit, dass das, was die alttestamentliche Wissenschaft „Heilsprophetie“ nennt, in Mesopotamien und wohl auch sonst im Vorderen Orient des 2. und 1. Jahrtausends v.Chr. der Normalfall von Prophetie oder genauer, der Normalfall der Prophetie war, die die herrschenden Kreise als überlieferungswürdig angesehen haben.82 Freilich gibt es auch in Mari und Assyrien ein paar Beispiele negativ getönter Prophetie, Sprüche, in denen Kritik am jeweiligen Adressaten geäußert und ihm für den Fall mangelnder Bereitschaft, die gerügten Missstände abzustellen, Sanktionen angedroht werden. In der Regel handelt es sich um angebliche Versäumnisse des Königs bei der Ausstattung von Gottheiten und Tempeln,83 also nicht eigentlich um politische Unheilsprophetie wie im Alten Testament. Wir haben darüber hinaus zwei Traumberichte aus Mari,84 die eine politische Katastrophe oder politische Katastrophen vorausahnen lassen,85 so dass dieser Aspekt (Unheil für die ingroup) in der altorientalischen Prophetie doch nicht ganz fehlt. Die Spärlichkeit von Belegen für Unheilsprophetie in unserem Dossier könnte jedoch damit zusammenhängen, dass die Führungsschichten der jeweiligen Staaten negative Botschaften nicht nur für nicht überlieferungswürdig, sondern sogar für potentiell gefährlich hielten, und dass es so besser schien, sie nicht zu archivieren. Dies ist vorerst eine unbeweisbare Vermutung e silentio. Immerhin kann das krasse Beispiel einer Ablehnung, ja Vernichtung von Unheilsprophetien – das gerade Gegen————— 81
S.o. S. 35.37–43.48–59.80–84.95.96–103.104–113.124–130.132–158. Man muss diese Aussage allerdings sofort differenzieren: Was in der Wahrnehmung der Adressaten der Eigengruppe „Heil“ ist, ist in der von Angehörigen der Fremdgruppe „Unheil“. Unheilsprophetie gegenüber letzterer kann daher durchaus als Heilsprophetie gegenüber ersterer verstanden werden (und vice versa). 83 S. NISSINEN 2003b. 84 Anders als ZGOLL 2002, 78, und STÖKL 2012, 79–81.98, rechne ich Träume mit Vorbedeutung zur Prophetie. – Vgl. auch MOUTON 2007, 30–34. 85 AEM 1:1,235 (= ARMT 13,13) (die befestigten Städte Mari, Terqa und Saggarātum sind von einer feindlichen Armee eingenommen); AEM 1:1,237 (= ARM 10,50), 3–14 (aus dem Tempel der Bēlet Ekallim sind alle Statuen verschwunden, und es ertönt ein Schrecken erregender Schrei). Zu ersterem Text s. die Bemerkungen von J.M. SASSON 1983, 285 Anm. 12, zu letzterem den eingehenden Kommentar ebd., 284–289. 82
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teil von Archivierung – durch die Obrigkeit in der Erzählung vom Schicksal der ersten Fassung der „Urrolle“ Jeremias in Jer 36,1–26 als Hinweis darauf verstanden werden, dass derartiges tatsächlich denkbar war. Nach dieser Darstellung soll der König Jojakim von Juda während der Verlesung der Prophetensprüche Jeremias im Kreise seiner Minister die sie enthaltende Schriftrolle eigenhändig zerschnitten und die Stücke eines nach dem anderen verbrannt haben. Es ist allerdings nicht sicher zu erweisen, dass die Perikope einen Vorgang widerspiegelt, der sich tatsächlich ereignet hat. Die alttestamentliche Prophetie ist als Teil eines Überlieferungswerks (oder einer Reihe von Überlieferungswerken) an uns gekommen. Das bedeutet, dass die Texte in der Regel nicht in ihrem ursprünglichen Zustand vorliegen, sondern redigiert, d.h. ergänzt, um-, weitergeschrieben und kommentiert worden sind. Die Suche nach den ipsissima verba der Propheten ist dadurch m.E. nicht a priori unmöglich gemacht, aber doch beträchtlich erschwert. So nimmt es nicht Wunder, dass man sich in neuerer Zeit beim Studium der sog. „Schriftpropheten“ mehr und mehr den unter dem Namen von Propheten gehenden Büchern zugewandt hat, so dass Odil Hannes Steck die sich daraus ergebende Lage treffend mit folgenden Sätzen charakterisieren konnte: „Vor dem Propheten steht das Buch. Wer zum Propheten will, ist zunächst an das Buch gewiesen.“86 Dies gilt für die isolierten Sprüche, die in den erzählenden Teilen des Alten Testaments, besonders in den Samuel- und Königsbüchern, einzelnen Propheten oder Prophetinnen zugeschrieben werden, in stärkerem Maße aber für die Bücher der „Hinteren Propheten“ (nbīīm ăhārōnīm), in denen eine kleinere oder größere Anzahl von Unheils- und Heilsprophetien unter dem Namen eines bestimmten Propheten gesammelt ist. Ansätze zu vergleichbaren Kollektionen gibt es auch in Assyrien in Gestalt der großen Sammeltafeln NAP 01– 04.87 Sie unterscheiden sich von den alttestamentlichen Prophetenbüchern dadurch, dass die einzelnen Prophetensprüche individuellen Verfasser(inne)n und nicht einem bestimmten „großen“ und damit weithin fiktiven Autor zugeordnet werden. Auch das Ausmaß an Redaktion der Einzeltexte und der Zusammenstellungen hält sich bei ihnen anders als im Alten Testament in engen Grenzen.88 Wir wissen nicht, in welcher Weise diese Sammlungen weiter tradiert worden wären, wenn eine oder mehrere Kopien von ihnen auch außerhalb der Palastarchive existiert und den Untergang Nineves überdauert hätten.89 Was hätte geschehen können, zeigen die uns heute vorliegenden alttesta————— 86
STECK 1996, 7. Zur Zugehörigkeit des fragmentarischen Stücks NAP 04 zur Gruppe der großen Sammeltafeln s. PARPOLA 1997a, LIXf. 88 S. zum Vergleich zwischen den assyrischen Sammeltafeln und den alttestamentlichen Prophetenbüchern auch o. S. 61.161.189f.241. 89 Assyrische Traditionen sind mit dem Untergang des neuassyrischen Staats nicht schlagartig verschwunden; s. dazu z.B. DALLEY 1993; RÖLLIG 1993, 131f; BRINKMAN 1993, 133f.137f (ein Beispiel aus Tell eš-ŠēhHamad/Dūr Katlimmu: HTAT 179 mit der [von mir übersehenen] Neubearbeitung bei RADNER 2003, 61–63 Nr. 37). 87
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mentlichen Prophetenbücher, zu denen sich die ursprünglichen Sammlungen im Verlauf des Überlieferungsprozesses entwickelt haben. Zu Vergleichen mit der neuassyrischen Prophetie hat im Laufe der Forschungsgeschichte zunächst die deuterojesajanische Spruchsammlung (Jes 40– 55) angeregt. Im Jahr 1914 veröffentlichte Hugo Greßmann seinen epochemachenden Aufsatz über die literarische Analyse Deuterojesajas, in dem er erstmals methodisch im Gefolge Hermann Gunkels die Gattungen der Sprüche in Jes 40–55 untersuchte.90 Grundlage derartiger Analysen ist in einem fortlaufenden Text, wie ihn die alttestamentlichen Schriften darstellen, auch heute noch die Abgrenzung der literarischen Einheiten, deren Textsorte (Gattung) festgestellt und beschrieben werden soll. Dazu benutzte Greßmann (neben der „Logik“91) vor allem die Einleitungs- und Schlussformeln der verschiedenen von ihm gefundenen Gattungen. Bei den „Orakeln“, nach dem Verfasser die wichtigste der „spezifisch prophetischen Gattungen“,92 bezieht er sich dabei vor allem auf das Nebeneinander der Selbstvorstellung der sprechenden Gottheit in der Form „Ich bin … (GN)“ mit der Formel „Fürchte dich nicht!“, die für die prophetische „Offenbarungsrede“ typisch und innerhalb der Prophetenbücher fast ausschließlich auf Deuterojesaja beschränkt sei.93 Für diesen „Offenbarungsstil“ nahm Greßmann „babylonischen Einfluss“ an und verwies dafür auf eine Reihe von Stellen aus NAP 01.94 Er nannte die Texte wie die Sprüche Deuterojesajas „Orakel“ (das ist Greßmanns Ausdruck für „Prophetenspruch, -sprüche“) und stellte fest, dass sie „sich im Stil auffällig mit Deuterojesaja berühren“. Wirkung gezeitigt hat dieser Hinweis Greßmanns, wie es scheint, zunächst nicht. Friedrich Stummer, der zwölf Jahre nach Greßmann „einige keilschriftliche Parallelen“ zu Deutero- und Tritojesaja (Jes 40–66) veröffentlichte95 und dabei u.a. auch Stellen aus NAP 01 heranzog,96 scheint den Aufsatz seines Vorgängers nicht gekannt zu haben. Er zitiert NAP 01 nach der Originalpublikation in Keilschrift und nach der Bearbeitung von Friedrich Schmidtke97 und nennt die assyrischen Texte „Orakel“. Ob er mit diesem Ausdruck Prophetensprüche meint, ist nicht ganz klar, da er wegen des „politischen“ Inhalts die „Orakel“ in die Nähe der Orakelanfragen Asarhaddons und Assurbanipals98 rückt – allerdings ohne sie als Antworten auf solche Gottesbefragungen zu identifizie————— 90
GRESSMANN 1914. Ebd., 259. 92 Ebd., 261. 93 Ebd., 285f. 94 Ebd., 289. Es handelt sich um die aus JASTROW 1912, 151–174, exzerpierten Stellen NAP 01 I 4´f.11´f.20´–24´. II 16´f.31´–33´.34´–39´.V 12.21–23, die natürlich streng genommen nicht „babylonisch“, sondern, wie Jastrow richtig angibt, assyrisch sind. 95 STUMMER 1926. 96 Ebd., 177 (NAP 01 I 5´.24´. II 16´.33´. III 30´ zur Formel „Fürchte dich nicht“, NAP 01 III 32´ zu Jes 41,9). 178f (NAP 01 I 15´–17´. II 36´f. VI 7–9 zur Vorhersage der Zukunft durch Gottheiten). 97 4R1 oder 4R2 61; SCHMIDTKE 1916, 115–123 98 KNUDTZON 1893; KLAUBER 1913; jetzt STARR 1990. 91
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ren.99 Auch eine genauere Analyse des Verhältnisses dieser „Parallelen“ zu den Sprüchen Deuterojesajas unternimmt Stummer nicht. Seine Parallelisierung altorientalischer und biblischer Texte verharrt in der traditionellen Praxis und bleibt somit ein Stück weit hinter Greßmann zurück. Nach Stummers Aufsatz von 1926 versiegte anscheinand weitgehend100 das Interesse an Ähnlichkeiten zwischen Deuterojesaja und den neuassyrischen Prophetien. Einen Neuanfang nach vierundvierzig Jahren Pause bedeutete in gewissem Maße ein Aufsatz von Philip B. Harner,101 in dem der Verfasser die These von Joachim Begrich102 über das „priesterliche Heilsorakel“ durch die Berücksichtigung altorientalischen Vergleichsmaterials auf eine sichere Grundlage stellen wollte. Dies erschien ihm notwendig, nachdem ihm klar geworden war, dass Begrichs Beschreibung des „priesterlichen Heilsorakels“ zu einem beträchtlichen Teil auf einem Zirkelschluss beruhte.103 Im Wesentlichen zieht Harner für den Vergleich „five oracles from Arbela“ heran. Allerdings ergibt sich aus den Zitaten (nach AOT² 281–283; ANET² 449f), dass er – wie seine Vorgänger – von den neuassyrischen Prophetien nur die fünf Sprüche von NAP 01 kennt. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern vergleicht Harner jedoch nicht nur einzelne Formeln, sondern die Bausteine der Gattung Heilsorakel insgesamt sowohl in den assyrischen Prophetien als auch in denen Deuterojesajas und stellt fest, dass sie mutatis mutandis identisch seien. Er schließt daraus, dass Begrichs Rekonstruktion des „priesterlichen Heilsorakels“ zutreffend ist. Freilich hält er daran fest, dass es sich dabei um eine priesterliche Gattung handelt, auch wenn er daneben einmal von „other forms of prophetic speech“ spricht, was voraussetzte, dass das vermeintlich „priesterliche“ Heilsorakel in Wirklichkeit eine prophetische Textsorte darstellt. Festzuhalten ist aber, dass Har————— 99 Die Antworten auf die Orakelanfragen stecken in den Befunden der Eingeweideschau, die zusammen mit den Befragungen protokolliert werden. Sie geben wieder, was der Haruspex gesehen hat. Ob die technischen Beschreibungen nachträglich in mündlich oder schriftlich ausgeführte Orakel umgewandelt worden sind, ist unbekannt. 100 Gefunden habe ich für die Zeit von 1926 bis 1969 (Harner; s. gleich) nur einige wenige Hinweise auf NAP 01 im Zusammenhang mit Deuterojesaja. Paul Volz zitierte in seinem Kommentar zu Deuterojesaja NAP 01 II 36´f (VOLZ 1932, 26 zu Jes 41,25f) als Beispiel einer nicht-„israelitischen“ religiösen Aussage (übernommen aus STUMMER 1926, 179), die der Prophet – unter Änderung des Gottesnamens Nabû in Jahwe – hätte akzeptieren können. In ein Zitat aus der genannten Seite des Volz’schen Kommentars schloss dann Sidney Smith auch den Textausschnitt aus NAP 01 II 36´f ein (S. SMITH 1944, 161f Anm. 11), aber ohne dazu etwas zu sagen. Volz hatte möglicherweise verstanden, dass dies ein Prophetenspruch ist, schwieg sich jedoch über dessen Charakter aus. Schließlich erwähnte Claus Westermann (WESTERMANN 1964b, 119 = 1981b, 36) auf Grund von ANET 449f eher beiläufig, dass „auch in einer Sammlung von Orakelantworten, die Assarhadonsic empfing,“ das Heilsorakel mit dem Ruf „Fürchte dich nicht!“ eingeleitet würde. Hier wurden die Prophetensprüche als Antworten auf Orakelanfragen angesehen, wohl auf Grund des von WESTERMANN ebd., 118f bzw. 35f, nach FALKENSTEIN/VON SODEN 1953, 292–294, zitierten Textes K 1285 (jetzt s. SAA 3,13). 101 HARNER 1969, bes. 418–421.430–434. S. dazu bereits o. S. 42 m.Anm. 100. 58 Anm. 33. 59 m.Anm. 38. 100 Anm. 49. 151 m.Anm. 101. 227f m.Anm. 12. 102 S. die Darstellungen der These o. S. 26.51–53.100f (Lit.). 103 HARNER 1969, 418.
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ner das Heilsorakel Deuterojesajas für „Israel“ aus einer Kontrafaktur des Heilsorakels für Könige (in diesem Buch „Königsorakel“ genannt) ableitet.104 Dies ist auch die These von Meindert Dijkstra in seiner 1980 erschienenen Untersuchung des „prädikativen Ausdrucks von [göttlicher] Selbstoffenbarung in altorientalischen Texten und in Deuterojesaja“.105 Im selben Jahr begann ich selbst, noch ohne Kenntnis der Arbeit von Dijkstra,106 die neuassyrischen Prophetensprüche mit denen Deuterojesajas zu vergleichen. Von Anfang an war mir klar, dass das altorientalische Königsorakel, die dominierende Gattung unter ersteren, das Analogon der Heilsorakel Deuterojesajas für „Israel“ und überhaupt der alttestamentlichen Heilsorakel darstellt.107 Im Jahr darauf habe ich diese These ausführlicher begründet,108 und schließlich 2001 die beiden Textcorpora insgesamt hinsichtlich Formeln, Formen (Gattungen) und semantischer und inhaltlicher Details miteinander verglichen. Es ergab sich, dass Deuterojesaja nicht, wie z.B. Harner vermutet hatte,109 die vorexilische judäische Unheilsprophetie fortsetzt, sondern voll und ganz in der Tradition der gemeinaltorientalischen (Heils-)Prophetie steht.110 Man könnte also – ein bisschen zugespitzt – sagen, dass das Deuterojesaja-Buch das einzige altorientalische Prophetenbuch im Alten Testament ist. Der Vergleich zwischen Deuterojesaja und der assyrischen Prophetie wird dadurch erleichtert, dass die Spruchsammlungen Jes 40–55 und NAP 01–04111 ähnlich strukturiert sind und die einzelnen Sprucheinheiten äußerlich ohne großen redaktionellen Aufwand aneinanderreihen. In dieser Hinsicht finden sich bei letzteren nur einfache Trennstriche – und ein doppelter spezieller Bedeutung – und Kolophone zu Einzelsprüchen oder Spruchgruppen. Solche Gliederungsmittel fehlen im deuterojesajanischen Corpus ganz, wenn man von ————— 104
HARNER ebd., 423.434. DIJKSTRA 1980, v.a. 365–376. 106 M. WEIPPERT 1981 wurde im Juni 1980 in Cetona vorgetragen; bei der Ausarbeitung der Druckfassung (s.o. S. 9–47) stand mir DIJKSTRA 1980 als Geschenk des Verfassers bereits zur Verfügung und konnte zur Stützung der dort vertretenen Thesen angemessen benutzt werden. 107 S.o. S. 41–43. Um Missverständnissen vorzubeugen, möchte ich betonen, dass Deuterojesaja nicht von den assyrischen Prophet(inn)en „abgeschrieben“, sondern eine im Alten Orient gebräuchliche Textsorte für seine Zwecke umgestaltet hat. Die Kontrafaktur war möglich, weil das Königsorakel in Juda durch den Untergang der davididischen Monarchie obsolet und damit frei für neue Anwendungen geworden war. 108 S.o. S. 48–59. 109 HARNER 1969, 432. 110 S.o. S. 132–158 und vgl. auch o. S. 62.101f.124–131. Auch die Verwendung polemischer Gattungen – so weit die entsprechenden Texte solche Deuterojesajas (A; zu meiner Differenzierung von „Deuterojesaja A, B und C“ s.o. S. 136) sind – hält sich weithin im Rahmen des im Alten Orient Üblichen. – Andere Versuche, Deuterojesaja mit altorientalischen Texten zu vergleichen, beziehen sich häufig auf den sog. Kyros-Zylinder (s.o. S. 157; neue Übersetzung: HTAT 273), das gegen Nabonid gerichtete „Strophengedicht“ (SCHAUDIG 2001, 563–578), neubabylonische Königsinschriften, babylonisch-assyrische „Ich-Hymnen“ (s. DION 1967b), vereinzelt auch einmal auf eine Gāqā Zarathustras (Yasna 44, M. SMITH 1963, 419f), nicht aber auf die neuassyrischen Prophetien. S. z.B. LEY 1893 (v.a. S. 4–22); KITTEL 1898; SELLIN 1901, 131–135; HALLER 1923, 270f; GRESSMANN 1929, 59–63; A. JEREMIAS 1930, 601.686; BEHR1937; M. SMITH 1963; PAUL 1968; RUPPERT 1991. 111 S.o. S. 237 Anm. 86. 105
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möglichen minimalen Zusätzen am Spruchanfang wie kī „denn“ oder w-attā „und nun“ absieht. Das Fehlen von Überschriften oder Kolophonen erklärt sich vielleicht dadurch, dass die – wie es scheint, anonym überlieferten112 – Texte durch den Anschluss an Protojesaja (Jes 1–39*) einen Autor bekamen, nämlich eben Jesaja, den Sohn des Amoz, aus der Zeit Ussias, Jothams, Ahas’ und Hiskias (Jes 1,1).113 Bei Deuterojesaja und seinen an „Israel“ umgewidmeten Königsorakeln ist die Forschung allerdings nicht stehen geblieben, sondern hat sich auch anderen biblischen Prophetenbüchern zugewandt, bei denen die formale und inhaltliche Verwandtschaft mit der neuassyrischen Prophetie nicht so deutlich am Tage liegt wie bei Deuterojesaja. Basis dieser Untersuchungen ist die Vorstellung, dass die Grundform der altorientalischen Prophetie im Wesentlichen politische Heilsprophetie gewesen ist.114 Sie sei auch für Israel und Juda vorauszusetzen, da es unwahrscheinlich sei, dass Prophetie dort im 1. Jahrtausend v.Chr. einen völlig anderen Charakter gehabt habe als im Rest des Vorderen Orients. Dass die im Alten Testament bezeugte Prophetie in einem beträchtlichen Maße Unheil ankündige, und zwar sowohl gegen fremde Völker und Regierungen als auch gegen das eigene Volk115 und seine Herrscher, sei vor allem das Resultat redaktioneller Bearbeitung auf Grund der geschichtlichen Erfahrungen Israels und Judas seit dem 8. Jahrhundert v.Chr. Im Mittelpunkt des Interesses steht gegenwärtig die Protojesaja zugeschriebene Überlieferung. Besonders die sog. „Denkschrift“ (Jes 6–8), die sich auf den „Syrisch-ephraimitischen Krieg“ bezieht, und der Assur-Zyklus (Jes 28– 31) werden mit redaktionsgeschichtlichen Methoden untersucht, um der vermuteten ursprünglichen (heilsprophetischen) Verkündigung Jesajas für Juda und die davididische Dynastie, die zugleich Unheil für deren Feinde (AramDamaskus, Israel, Assyrien) bedeutete, möglichst nahe zu kommen. Als Beispiele seien die Arbeiten von Uwe Becker und Mathijs de Jong genannt.116 Ein paar Andeutungen über die Ergebnisse des letzteren mögen hier genügen. De Jong unterscheidet bei den Jesaja-Traditionen über die Assyrerzeit zwei Schichten, die er nach ihren Zeitbezügen klassifiziert. Die ältere Schicht enthält seiner Meinung nach die folgenden: 1. die Zeit der „syrisch-ephraimitischen“ Krise117 (734–32 v.Chr.); hier handelt es sich um Sprüche gegen Israel („Ephraim“) und Aram-Damaskus in Jes 7,2f*.4– 9a*.14b.16.20; 8,1–4* und 17,1b–3*; 2. die Zeit des Syrien-Feldzugs Sargons II. (720 v.Chr.); die Sprüche befassen sich einerseits mit der Bedrohung Philistäas und Samarias in Jes 14,29.31 und 28,1– ————— 112
S.o. S. 156. Damit ist nicht gesagt, dass diese Angaben richtig sind. 114 Vgl. o. S. 236f. 115 Oder die eigenen Völker, wenn man historisch korrekt Israel und Juda trennt. 116 U. BECKER 1997 (zusammenfassend ebd., 286f); 2003; DE JONG 2007. 117 De Jongs Bezeichnung statt „Syrisch-ephraimitischer Krieg“. 113
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4*, anderseits mit dem assyrischen Imperialismus, dessen Methoden verdammt werden, in Jes 10*; 3. die Zeit vor und zwischen den Palästina-Feldzügen Sargons II. und Sanheribs (713–711 und 705–701 v.Chr.); hier wird die damals anscheinend aktuelle Frage behandelt, ob Juda im Bündnis mit Ägypten den Aufstand gegen die Assyrer wagen solle oder nicht (Jes 28–31* [gegen die Protagonisten der Kriegspartei] und 5,8–23*+10,1f. [Wehe-Sprüche]; ferner 18,1–6*; 19,1b–4; 22,15–18*), und negativ entschieden.
Nach de Jong sind dies Sprüche aus dem letzten Drittel des 8. Jahrhunderts v.Chr., die sich auf drei kritische Augenblicke der Geschichte Judas beziehen. Die jüngere Schicht enthält solche aus der Periode, in der die assyrische Herrschaft in Palästina zu Ende ging und Anlass zur Hoffnung auf (vermeintlich) bessere Zeiten bestand. Sie spricht vom Untergang Assyriens und der Wiederherstellung Judas unter einem neuen König, beides von Jahwe gewirkte Ereignisse. Die dazu gehörigen Textabschnitte118 unterscheiden sich stilistisch deutlich von den älteren; sie stellen sich als Produkt einer Überarbeitung der Jesaja-Tradition im späten 7. Jahrhundert v.Chr. dar. Die Prophetensprüche, die mit den beiden anderen Augenblicken der Geschichte in Verbindung gebracht werden können, zeigen nach de Jong den historischen Jesaja nicht als Unheilspropheten, der Juda und seiner Führungselite den Untergang ankündigt, sondern als einen, der wie die anderen altorientalischen Propheten, d.h. „staatstragend“, agiert: Er verkündet in kritischen Momenten Ermutigungsorakel, die Heil für Juda, Unheil für Judas Feinde bedeuten. Seine Haltung zu Assyrien ist Wandlungen unterworfen: Ist für ihn der assyrische König zunächst derjenige, der Jahwes Willen ausführt, indem er die Feinde Judas bestraft, so wird er später für seine imperialistischen Exzesse – auch in Bezug auf Juda – verurteilt und ihm der Untergang angekündigt. Jesaja wendet sich aber gegen die Absicht der politisch handelnden Kreise in Jerusalem, im Verband mit Ägypten gegen Assyrien zu rebellieren, da auf Ägypten kein Verlass sei, und damit die Existenz des Staates Juda aufs Spiel gesetzt würde. Nur Jahwe allein habe die Macht, Juda zu helfen. Es gibt auch Versuche, die Protagonisten weiterer biblischer Prophetenbücher – etwa Amos und Hosea – auf ähnliche Weise dem Alten Orient zurückzugeben.119 Hier wäre noch ein weites Feld zu bestellen. Es kann aber nicht die Aufgabe dieses „Nachwortes“ sein, eingehenderen Untersuchungen von anderer Seite vorzugreifen.120
————— S. DE JONG 2007, 112f. KRATZ 2003, 9–22. 120 Es regt sich natürlich auch Widerstand gegen diese Forschungsrichtung; s. z.B. KRATZ 2003, 7– 9; KREUCH 2011, 15f; J. JEREMIAS 2013; vgl. BLUM 2008, 81f m.Anm. 6 u. passim. 118
119
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Konkordanz Museumsnummern : NAP (= SAA 9) Museumsnummer
Publikation
NAP = SAA 9
K 883 K 1292+DT 130
CRAIG 1895, 26f; SAA 9, Taf. IX ZIMMERN 1910, 130 (nur Umschrift von K 1292); SAA 9, Taf. XIf ABL 1290; SAA 9, Taf. X CT 53,219; SAA 9, Taf. XIII CRAIG 1895, 22–25; Kol. II.III auch STRONG 1894, 637–643; SAA 9, Taf. VIf 4R2 61; SAA 9, Taf. I–III LANGDON 1914, Taf. IV; SAA 9, Taf. VIII LANGDON 1914, Taf. IIf (82–5–22,527); SAA 9, Taf. IVf CT 53,946; SAA 9, Taf. XIII SAA 9, Taf. VIII SAA 9, Taf. VIII
071
K 1545 K 1974 K 2401 K 4310 K 6259 K 12033+82–5–22,527 83–1–18,726 83–1–18,839 91–5–9,106+91–5–9,109
Konkordanz NAP : Museumsnummern NAP
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NAP
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011 02 03 04 05 06
K 4310 K 12033+82–5–22,527 K 2401 83–1–8,839 K 6259 91–5–9,106+91–5–9,109
07 08 09 10 11
K 883 K 1545 K 1292+DT 130 83–1–18,726 K 1974
————— 1
Statt 01, 02… in SAA 9 als 1, 2… bezeichnet.
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09 08 11 03 01 05 02 10 04 06
Die Binnengliederung der Keilschrifttafeln nach Parpola und Weippert NAP
01
Abgrenzung WEIPPERT 1981–2002
Bezeichnung
Abgrenzung PARPOLA 1997
Bezeichnung
I
(vor Z. 1´)
K 4310/NAP 01 A
I
(vor Z. 1´)
-
I
1´–3´
K 4310/NAP 01 B
I
1´–3´
-
I
4´–29´
K 4310/NAP 01 C
I
4´–29´
NAP 1.1
I 30´–II 10´
K 4310/NAP 01 D
I 30´–II 10´
NAP 1.2
II 11´–15´
K 4310/NAP 01 E
II 11´–15´
NAP 1.3
II 16´–40´
K 4310/NAP 01 F
II 16´–40´
NAP 1.4
III 1´–6´
K 4310/NAP 01 G
III 1´–6´
NAP 1.5
III 7´–IV 35…
K 4310/NAP 01 H
III 7´–IV 35…
NAP 1.6
IV …–V 11
K 4310/NAP 01 J
IV …–V 11
NAP 1.7
V 12–25
K 4310/NAP 01 K
V 12–25
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V 26–35…
K 4310/NAP 01 L
V 26–35…
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VI 1–32
K 4310/NAP 01 M
VI 1–32
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[VI 33–…]1 02
03
I 1´–14´
K 12033+/NAP 02 A
I 1´–14´
NAP 2.1
I 15´–35´
K 12033+/NAP 02 B
I 15´–35´
NAP 2.2
I 36´–II 28´
K 12033+/NAP 02 C
I 36´–II 28´
NAP 2.3
II 29´–III 19´
K 12033+/NAP 02 D
II 29´–III 18´
NAP 2.4
III 20´–IV 31´…
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IV 1´–31´…
NAP 2.6
I 1–26
K 2401/NAP 03 A
I 1–26
NAP 3.1
I 27–II 9
K 2401/NAP 03 B
I 27–II 9
NAP 3.2
II 10–32
K 2401/NAP 03 C
II 10–32
NAP 3.3
II 33–III 14´
K 2401/NAP 03 D
II 33–III 15
NAP 3.4
III 15´–IV 33´
K 2401/NAP 03 E
III 16–IV 35
NAP 3.5
04
1´–9´
83–1–18,839/NAP 04
1´–9´
NAP 4
05
1–17…
K 6259/NAP 05
Vs. 1–Rs. 7
NAP 5
06
Vs. 1–Rs. 12
91–5–9,106+/NAP 06
Vs. 1–Rs. 12
NAP 6
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K 883/NAP 07
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NAP 7
08
1–11
K 1545/NAP 08
Vs. 1–Rs. 2
NAP 8
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K 1292+/NAP 09
Vs. 1–Rs. 7´
NAP 9
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Vs. 1´–Rd. 2´
83–1–18,726/NAP 10
Vs. 1´–Rd. 2´
NAP 10
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…Rs. 1´–13´
K 1974/NAP 11
…Rs. 1–13
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Nach VI 32 sind keine Zeichenspuren feststellbar (Kollation und Photographien).
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Bibliographie 1. Allgemeine Abkürzungen altbab. ammonit. bes. BM D Diss. DT ebd. ed. Erg. ersch. f. f ff G GN
hebr. Hrsg. hrsg. v. isr. K Lit. m. masch. NF NR NS o.O.u.J. pal. par. pf. pl. PN
präs. Rd. Rez..
altbabylonisch ammonitisch besonders Signatur des Britischen Museums Doppelungsstamm des semitischen Verbums (hebr. „Piel“, passiv „Pual“) Dissertation (Diss.phil. = philosophische, Diss.theol. = theologische Dissertation; Diss.ev.theol. = Dissertation an einer evangelisch-theologischen Fakultät, neben der an derselben Universität auch eine katholisch-theologische besteht) Daily Telegraph, Signatur der Tontafelsammlung des Britischen Museums ebenda edidit Ergänzungsband, -heft erschienen (im Jahr …) feminin(um) folgende(r) (eine Zeile, Vers, Seite etc.) folgende (unbestimmte Anzahl von Zeilen, Versen, Seiten etc.) Grundstamm des semitischen Verbums (hebr. „Qal“) Septuaginta Gottesname hebräisch Herausgeber(in) herausgegeben von … israel(it)isch 1. Ktīb; 2. „Kouyunjik“, Signatur der Tontafelsammlung des Britischen Museums Literatur(angaben) masculin(um) Masoretischer Text maschinenschriftlich Neue Folge Nieuwe Reeks Nouvelle série; nova series ohne Ort und Jahr palästin(ens)isch parallel Perfekt Plural, pluralis Personenname Präsens Rand Rezension
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Bibliographie Rm Rs. S. s. Š SBL s.d. ŠD sg. Sm s.o. s.u. s.v. tD u.a. ug. V. v. v.a. Vs. Z. zit.
Rassam, Signatur der Tontafelsammlung des Britischen Museums Rückseite Seite(n) siehe Kausativstamm des semitischen Verbums mit Präfix šPšittā Society of Biblical Literature siehe dort Stammform des akkadischen Verbums, die die Morphologie des Š- und des D-Stamms kombiniert zeigt Sinular, singularis Smith, Signatur der Tontafelsammlung des Britischen Museums siehe oben siehe unten sub voce Targum Reflexivum des Doppelungsstamms des semitischen Verbums mit Prä/Infix t- (hebr. „Hithpael“) und andere ugaritisch Vers(e) Vulgata von vor allem Vorderseite Zeile(n) zitiert als
Zeichen ~(~) →
vor der Umschrift eines Wortes in einer orientalischen Sprache: falsch gelesenes/ nicht existierendes Wort in der Bibliographie: Wiederholungszeichen für Verfassernamen siehe
2. ABL ADD AEM 1:1 AEM 1:2 AHw AKA ANEP ANET AOT2 APN ARM(T)
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Bibliographische Abkürzungen
HARPER 1892–1914 JOHNS 1898–1923 DURAND 1988 CHARPIN/JOANNÈS/LACKENBACHER/LAFONT 1988 VON SODEN 1965–81 BUDGE/KING 1902 PRITCHARD 1969b PRITCHARD 1950–1969a GRESSMANN 1926 TALLQVIST 1914 Archives Royales de Mari (Traductions)
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250 ARM HC Asb(.) Ash. Atr bell BHS BRL2 BWL CAD CAT Cat. CH CoS CT CTA CTH EA Emar 6 Erra GAG GesD Gilg HAL
HhIII HKL HTAT ITP KAI KAR KBo KTU KUB LKA Ludlul Lugal MDP MSL V MSL XII
Götterwort in Menschenmund Archives Royales de Mari, hors collection (Texte, die mit ihrer Inventarnummer zitiert werden) Assurbanipal (AsbA = Prisma A; AsbB = Prisma B etc.) nach STRECK 1916, BAUER 1933 und BORGER 1996 BORGER 1956 Atrahasīs-Epos nach LAMBERT/MILLARD/CIVIL 1969 Flavius Josephus, bellum Judaïcum Biblia Hebraica Stuttgartensia GALLING 1977 LAMBERT 1960 The Assyrian Dictionary of the Oriental Institute of the University of Chicago, 26 Bände (Chicago, IL/Glückstadt 1958–2010) DIETRICH/LORETZ/SANMARTÍN 1995 BEZOLD 1889–99 Codex Hammurapi (nach BORGER 1979, 2–50) HALLO/YOUNGER 2003 Cuneiform Texts from Babylonian Tablets(, &c.,) in the British Museum HERDNER 1963 LAROCHE 1971 Amarna-Texte nach KNUDTZON 1915 und RAINEY 1978; vgl. MORAN/ HAAS/WILHELM 1987 ARNAUD 1985–87 CAGNI 1969 VON SODEN 1952 DONNER 1987–2012 Gilgameš-Epos, ninevitische Rezension (nach verschiedenen Quellen) Hebräisches und aramäisches Lexikon zum Alten Testament von L. KÖHLER† und W. BAUMGARTNER. Dritte Auflage, neu bearbeitet von W. BAUMGARTNER (I)/W. BAUMGARTNER† (II)/W. BAUMGARTNER† und J.J. STAMM (III)/J.J. STAMM (IV)… (Leiden [I–III]/Leiden/New York/Kopenhagen/Köln [IV] 1967–1990) UR5 -ra („HA R-ra“)= hubullu nach LANDSBERGER 1957 BORGER 1967–75 M. WEIPPERT 2010, zitiert nach Textnummern (Stil: HTAT n) oder Seiten (Stil: HTAT, n) TADMOR 1994 H. DONNER/W. RÖLLIG, Kanaanäische und aramäische Inschriften. Mit einem Beitrag von O. RÖSSLER, I. Texte; II. Kommentar; III. Glossare, Indices, Tafeln (Wiesbaden I 52002; II 21968; III 21969) EBELING 1919/23 Keilschrifttexte aus Boghazköy DIETRICH/LORETZ/SANMARTÍN 1976 Keilschrifturkunden aus Boghazköi EBELING 1953b Ludlul bēl nēmeqi nach LAMBERT 1960, 21–62 VAN DIJK 1983 Masoretischer Text Mémoires de la Délégation en Perse: 2. SCHEIL 1900; 6. SCHEIL 1905 LANDSBERGER 1957 CIVIL u.a. 1969
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Bibliographie NAP OIP R RIM RINAP RLA RTAT SAA SBU 3 SD II B Sg.8 Sultantepe TCL TGI2.3 TUAT VS
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Neo-Assyrian Prophecies (s.o. S. 207–226) Oriental Institute Publications RAWLINSON: 3R. G. SMITH 1870; 4R1. G. SMITH 1875; 4R2. PINCHES 1891; 5R. PINCHES 1909 The Royal Inscriptions of Mesopotamia; → GRAYSON 1991 The Royal Inscriptions of the Neo-Assyrian Period: 3:1. GRAYSON/ NOVOTNY 2012 Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archaeologie BEYERLIN 1975 State Archives of Assyria: 2. PARPOLA/WATANABE 1988; 3. LIVINGSTONE 1989; 4. STARR 1990; 5. LANFRANCHI/PARPOLA 1990; 9. PARPOLA 1997a; 10. PARPOLA 1993a VON WEIHER 1988 SJÖBERG 1984 Bericht Sargons II. über seinen 8. Feldzug nach W. MAYER 1983 GURNEY/FINKELSTEIN 1957 (Nr. 1–111); GURNEY/HULIN 1964 (Nr. 112–407 (da die Texte durchgezählt sind, unterbleibt die Angabe der Bandnummer.) Musée du Louvre, Département des Antiquités Orientales, Textes cunéiformes K. GALLING, Textbuch zur Geschichte Israels. In Verbindung mit E. EDEL (und) R. BORGER hrsg. v. K. GALLING (Tübingen 21968/31979) O. KAISER (Hrsg.), Texte aus der Umwelt des Alten Testaments, I–III (Gütersloh 1982–97) Vorderasiatische Schriftdenkmäler der Königlichen Museen zu Berlin
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Götterwort in Menschenmund
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Bibliographie BERGER, P.-R. 1969 1975 BERLEJUNG, A. 1998 1999
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Einige Bemerkungen zu Friedrich Ellermeier: Prophetie in Mari und Israel (Herzberg 1968), Ugarit-Forschungen 1, 207–209 Der Kyros-Zylinder mit dem Zusatzfragment BIN II Nr. 32 und die akkadischen Personennamen im Danielbuch, Zeitschrift für Assyriologie und vorderasiatische Archäologie 64, 192–234 Die Theologie der Bilder: Herstellung und Einweihung von Kultbildern in Mesopotamien und die alttestamentliche Bilderpolemik (Orbis Biblicus et Orientalis, 162; Freiburg Schweiz/Göttingen) [Rez. von PARPOLA 1997a und NISSINEN 1998], Theologische Literaturzeitung 124, 1211–1214
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Götterwort in Menschenmund 1957–71 1957
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Götterwort in Menschenmund Nombres 22:5: Les témoignages épigraphiques parallèles, Semitica 32, 89–91
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© 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525536131 — ISBN E-Book: 9783647536132
Bibliographie FRAHM, E. 2000/01 FRANKEN, H.J. 1967 FRANKENA, R. 1954
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Götterwort in Menschenmund
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Die Prophetenbücher und ihr theologisches Zeugnis: Wege der Nachfrage und Fährten zur Antwort (Tübingen) STEIBLE, H./BEHRENS, H. 1982 Die altsumerischen Bau- und Weihinschriften, I. Inschriften aus ,Lagaš‘; II. Kommentar zu den Inschriften aus ‚Lagaš‘. Inschriften außerhalb von ‚Lagaš‘ (Freiburger Altorientalische Studien, 5; Wiesbaden) STEINER, G. 1975/76 Zwei Namen Eannatums oder Jahresnamen? Die Welt des Orients 8, 10–21 STÖKL, J. 2009 Ištar’s Women, YHWH’s Men? A Curious Gender Bias in NeoAssyrian and Biblical Prophecy, Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft 121, 87–100 2012 Prophecy in the Ancient Near East: A Philological and Sociological Comparison (Culture and History of the Ancient Near East, 56; Leiden/Boston) STRECK, M. 1916 Assurbanipal und die letzten assyrischen Könige bis zum Untergang Niniveh’s (Vorderasiatische Bibliothek, 7; Leipzig) STRONG, S.A. 1894 On Some Oracles to Esarhaddon and Ashurbanipal, Beiträge zur Assyriologie und semitischen Sprachwissenschaft 2, 627–645 STUMMER, F. 1926 Einige keilschriftliche Parallelen zu Jes. 40–66, Journal of Biblical Literature 45, 171–189 TADMOR, H. 1975 Assyria and the West: The Ninth Century and its Aftermath, in: H. GOEDICKE/J.J.M. ROBERTS (Hrsg.), Unity and Diversity: Essays in the History, Literature, and Religion of the Ancient Near East (The Johns Hopkins Near Eastern Studies; Baltimore, MD/London), 36–48 1981 History and Ideology in the Assyrian Royal Inscriptions, in: F.M. FALES (Hrsg.), Assyrian Royal Inscriptions: New Horizons in literary, ideological, and historical analysis (Orientis Antiqui Collectio, 17; Rom [ersch. 1982]), 13–33 1982 The Aramaization of Assyria: Aspects of Western Impact, in: H.-J. NISSEN/J. RENGER (Hrsg.), Mesopotamien und seine Nachbarn: Politische und kulturelle Wechselbeziehungen im Alten Vorderasien vom 4. bis zum 1. Jahrtausend v.Chr. 25. Rencontre Assyriologique Internationale Berlin 3. bis 7. Juli 1978 (Berliner Beiträge zum Vorderen Orient, 1; Berlin), 449–470 1994 The Inscriptions of Tiglath-pileser III, King of Assyria: Critical Edition, with Introduction, Translations and Commentary (Jerusalem) TALLQVIST, K.L. 1914 Assyrian Personal Names (Acta Societatis Scientiarum Fennicæ, 43:1; Helsingfors [Helsinki]) THOMPSON, R.C. 1931 The Prisms of Esarhaddon and Ashurbanipal Found at Nineveh, 1927–8 (London)
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Götterwort in Menschenmund 1972
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„Heiliger Krieg“ in Israel und Assyrien: Kritische Anmerkungen zu Gerhard von Rads Konzept des „Heiligen Krieges im Alten Israel“, Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft 84, 460–493; Neudrucke: MÜLLER 1991, 259–300; M. WEIPPERT 1997a, 71–97 Menahem von Israel und seine Zeitgenossen in einer Steleninschrift des assyrischen Königs Tiglathpileser III. aus dem Iran, Zeitschrift des Deutschen Palästina-Vereins 89, 26–53 Fragen des israelitischen Geschichtsbewußtseins, Vetus Testamentum 23, 415–442 Art. Israel und Juda, RLA V, 200–208 Assyrische Prophetien der Zeit Asarhaddons und Assurbanipals, in: F.M. FALES (Hrsg.), Assyrian Royal Inscriptions: New Horizons in literary, ideological, and historical analysis (Orientis Antiqui Collectio, 17; Rom [ersch. 1982]), 71–115; Neudruck: s.o. S. 9–47 De herkomst van het heilsorakel voor Israël bij Deutero-Jesaja, Nederlands Theologisch Tijdschrift 36, 1–11; deutsch: M. WEIPPERT 1993b Nieuwassyrische profetieën, in: VEENHOF 1983, 284–289 Die Bildsprache der neuassyrischen Prophetie, in: H. WEIPPERT/K. SEYBOLD/M. WEIPPERT, Beiträge zur prophetischen Bildsprache in Israel und Assyrien (Orbis Biblicus et Orientalis, 64; Freiburg Schweiz/Göttingen), 55–93; Neudruck: s.o. S. 60–86 Erwägungen zu Jesaja 44,24–28, Dielheimer Blätter zum Alten Testament 21, 121–132 Aspekte israelitischer Prophetie im Lichte verwandter Erscheinungen des Alten Orients, in: G. MAUER/U. MAGEN (Hrsg.), Ad bene et fideliter seminandum: Festgabe für Karlheinz Deller zum 21. Februar 1987 (Alter Orient und Altes Testament, 230; Kevelaer/Neukirchen-Vluyn), 287–319; Neudruck: s.o. S. 87–103 Die „Konfessionen“ Deuterojesajas, in: R. ALBERTZ/F.W. GOLKA/ J. KEGLER (Hrsg.), Schöpfung und Befreiung: Für Claus Westermann zum 80. Geburtstag (Stuttgart), 104–115 Synkretismus und Monotheismus: Religionsinterne Konfliktbewältigung im alten Israel, in: J. ASSMANN/D. HARTH (Hrsg.), Kultur und Konflikt (edition suhrkamp, 1612 = NF 612; Frankfurt a.M.), 143– 179; Neudruck: M. WEIPPERT 1997a, 1–24 „Heiliger Krieg“ in Israel und Assyrien: Kritische Anmerkungen zu Gerhard von Rads Konzept des „Heiligen Krieges im Alten Israel“, in: MÜLLER 1991, 259–300; Neudruck: M. WEIPPERT 1997a, 71–97 Die Feldzüge Adadnararis III. nach Syrien: Voraussetzungen, Verlauf, Folgen, Zeitschrift des Deutschen Palästina-Vereins 108 (ersch. 1993), 42–67 Königsprophetie und Königsideologie in Juda: Zur „Nathansweissagung“ 2 Sam 7,4–17, in: TH. PODELLA/P. RIEDE (Hrsg.), Spuren eines Weges: Freundesgabe für Bernd Janowski zum fünfzigsten Geburtstag am 30. April 1993 (Heidelberg), 291–302 (Privatdruck); Neudruck: s.o. S. 104–113 Die Herkunft des Heilsorakels für Israel bei Deuterojesaja, in: D. TROBISCH (Hrsg.), In dubio pro Deo: Heidelberger Resonanzen auf den 50. Geburtstag von Gerd Theißen am 24. April 1993 (o.O.u.J. [Heidelberg]), 335–350 (Privatdruck); Neudruck: s.o. S. 48–59
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Jahwe und die anderen Götter: Studien zur Religionsgeschichte des antiken Israel in ihrem syrisch-palästinischen Kontext (Forschungen zum Alten Testament, 18; Tübingen) „Das Frühere, siehe, ist eingetroffen…“: Über Selbstzitate im altorientalischen Prophetenspruch, in: J.-G. HEINTZ (Hrsg.), Oracles et prophéties dans l’Antiquité: Actes du Colloque de Strasbourg, 15–17 juin 1995 (Université des Sciences Humaines de Strasbourg, Travaux du Centre de Recherche sur le Proche-Orient et la Grèce antiques, 15; Paris), 147–169.521f; Neudruck: s.o. S. 114–131 „Ich bin Jahwe“ – „Ich bin Ištar von Arbela“: Deuterojesaja im Lichte der neuassyrischen Prophetie, in: B. HUWYLER/H.-P. MATHYS/B. WEBER (Hrsg.), Prophetie und Psalmen: Festschrift für Klaus Seybold zum 65. Geburtstag (Alter Orient und Altes Testament, 280; Münster), 31–59; Neudruck: s.o. S. 132–158 Art. Prophetie im Alten Orient, in: M. GÖRG/B. LANG (Hrsg.), Neues Bibel-Lexikon (Einsiedeln/Solothurn/Düsseldorf), 196–2003 „König, fürchte dich nicht!“ Assyrische Prophetie im 7. Jahrhundert v.Chr., Orientalia NS 71, 1–54 [Rezensionsaufsatz über PARPOLA 1997a]; Neudruck: s.o. S. 159–206 Berggötter, Löwen-, Stier- und Vogelmenschen: Rekonstruktion des Sockels G1 aus dem Tempel von Ain Dārā in Nordsyrien, in: C.G. DEN HERTOG/U. HÜBNER/S. MÜNGER (Hrsg.), Saxa loquentur: Studien zur Archäologie Palästinas/Israels. Festschrift für Volkmar Fritz zum 65. Geburtstag (Alter Orient und Altes Testament, 302; Münster), 227–256 [Rez. von NISSINEN 1998 und 2000], Orientalia NS 72, 282–288 Historisches Textbuch zum Alten Testament. Mit Beiträgen von J.F. QUACK, B.U. SCHIPPER und S.J. WIMMER (Grundrisse zum Alten Testament, 10; Göttingen/Oakville, CT) Art. Delattre, Alphonse, RLA II, 197f Die Kleinen Propheten übersetzt und erklärt (Berlin4) Das Heilswort bei Deuterojesaja, Evangelische Theologie 24, 355–373 Sprache und Struktur der Prophetie Deuterojesajas, in: ders., Forschung am Alten Testament: Gesammelte Studien (Theologische Bücherei, 24; München), 92–170 Grundformen prophetischer Rede (Beiträge zur Evangelischen Theologie, 31; München2) Genesis, 2. Teilband: Genesis 12–36 (Biblischer Kommentar Altes Testament, 1:2; Neukirchen-Vluyn) Sprache und Struktur der Prophetie Deuterojesajas (Calwer Theologische Monographien, A 11; Stuttgart) Zur Erforschung und zum Verständnis des prophetischen Heilsworts, Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft 98, 1–13 Prophetische Heilsworte im Alten Testament (Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments, 145; Göttingen)
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Die Lieferung 11 Obadja-Qudschu des Lexikons, die den Artikel enthielt, erschien bereits 1997.
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Götterwort in Menschenmund
WHYBRAY, R.N. 1981
The Identification and the Use of Quotations in Ecclesiastes, in: J.A. EMERTON (Hrsg.), Congress Volume Vienna 1980 (Supplements to Vetus Testamentum, 32; Leiden), 435–451
WILDBERGER, H. 1972 Jesaja, I (Biblischer Kommentar Altes Testament, 10:1; NeukirchenVluyn) WILLIAMSON, H.G.M. 1978 “The True Mercies of David”: Subjective or Objective Genitiv? Journal of Semitic Studies 23, 31–49 WILSON, R.R. 1989 Prophecy and Society in Ancient Israel (Philadelphia, PA, [1980/84]) WINCKLER, H. 1895 Sammlung von Keilschrifttexten, III. Die Keilschrifttexte Assurbanipals (Leipzig) WINTER, U. 1983 Frau und Göttin: Exegetische und ikonographische Studien zum weiblichen Gottesbild im Alten Israel und in dessen Umwelt (Orbis Biblicus et Orientalis, 53; Freiburg Schweiz/Göttingen) WISEMAN, D.J. 1958 The Vassal Treaties of Esarhaddon, Iraq 20, i–ii.1–99.Taf. 1–534 WITTE, M. 2000 „Aber Gott wird meine Seele erlösen“ – Tod und Leben nach Psalm xlix, Vetus Testamentum 50, 540–560 WOLFF, H.W. 1937 Das Zitat im Prophetenspruch: Eine Studie zur prophetischen Verkündigungsweise (Evangelische Theologie, Beiheft 4; München); Neudruck: WOLFF 1964/1973b, 36–129 1964 Gesammelte Studien zum Alten Testament (Theologische Bücherei, 22; München) 1973a Anthropologie des Alten Testaments (München) 1973b Gesammelte Studien zum Alten Testament (Theologische Bücherei, 22; München2) ZGOLL, A. 2002 Die Welt im Schlaf sehen – Inkubation von Träumen im antiken Mesopotamien, Die Welt des Orients 32, 74–101 ZIMMERLI, W. 1953 Ich bin Jahwe, in: Geschichte und Altes Testament, Albrecht Alt zum 70. Geburtstag dargebracht (Beiträge zur Historischen Theologie, 16; Tübingen), 179–209; Neudruck: ZIMMERLI 1969, 11–40 1957 Das Wort des göttlichen Selbsterweises (Erweiswort), eine prophetische Gattung, in: Mélanges bibliques rédigés en l’honneur de André Robert (Travaux de l’Institut Catholique de Paris, 4; [Paris], 154– 164); Neudruck: ZIMMERLI 1969, 120–132 1969 Gottes Offenbarung: Gesammelte Aufsätze zum Alten Testament (Theologische Bücherei, 19; München) ————— 4
Auch in Buchform (London 1958) mit identischem Titel und Paginierung;
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Bibliographie ZIMMERN, H. 1901 1910 ZOBEL, H.J. 1971
287
Beiträge zur Kenntnis der babylonischen Religion, II. Ritualtafeln für den Wahrsager, Beschwörer und Sänger (Assyriologische Bibliothek, 12:2; Leipzig) Gilgameš-Omina und Gilgameš-Orakel, Zeitschrift für Assyriologie und verwandte Gebiete 24, 166–171 Das Gebet um Abwendung der Not und seine Erhörung in den Klageliedern des Alten Testaments und in der Inschrift des Königs Zakir von Hamath, Vetus Testamentum 21, 91–99
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Register der in den Aufsätzen behandelten NAP-Stellen NAP 01–04 240.243 NAP 01 = K 4310 NAP 01 1607.192.207–212.227.228.241. 242100 I 1´–3´ 207 I 4´–29´ 17–19.32.45.46.47.53f+22.142f. 207f I 4´f 14.24194 I 4´ 138 I 5´ 24196 I 6´f 70.79 I 8´–10´ 69f I 11´f 144.145.24194 I 15´–17´ 103.117+15 .153.24196 I 18´–27´ 32.141 I 20´–24´ 24194 I 24´ 24196 I 28´f 45.188 I 28´ 17155 I 30´–II 10´ 46.47.162.208 I 30´–II 8´ 188 I 30´ 15 I 33´–35´ 194 I 36´f 145+72 II 3´ 154113 II 6´f 194 II 9´f 188 II 11´–15´ 16.46.47.14995 .150.151102.209 II 14´f 189134 II 15´ 12 II 16´–40´ 12.14.46.47.141.142.171.193. 209f II 16´f 24194 II 16´ 14.15.138.24196 II 27´–29´ 192 II 30´ 14 II 31´–33´ 24194 II 31´ 17154 II 32´ 151
II 33´ 24196 II 34´–39´ 24194 II 34´–37´ 14154 II 34´–36´ 153 II 36´f 24196 .242100 II 38´ 14.14885 II 40´ 17155.188 III 1´–6´ 14260 .210 III 4´ 142 III 5´f 188 III 7´–IV 35… (H) 17.19–23.46.47.62–64.
154.210f.229 III 7´f 14 III 7´ 142 III 15´–18´ 151103 III 15´f 66 III 17´f 66 III 17´ 194 III 30´ 24196 III 31´–IV 1 11715.154113 III 32´ 24196 IV…–V 11 46 IV 2ff 154113 IV 3f 191 IV 3 200 IV 7 194f IV 11–13 71f IV 13 195 IV 18f 71.84 IV 24f 155 V …1–11 16.47.211 V 3–7 69 V 14–20 205f V 10f 189 V 12–25 30.46.47.138.14993.205.211f V 12f 14 V 12 142.24194 V 15-20 138 V 18–20 195 V 21–23 24194 V 21 138 V 26–VI 32 46.47.212 V 26–30 30 V 26 15.199182
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Register der behandelten NAP-Stellen V 27–30 15 V 29f 66 VI 1–32 46.17467 VI 1 15.14259 VI 2 142+59 VI 7–12 103.117+15 .153f VI 7–9 24196 VI 14–18 15097 VI 27–30 14152
NAP 02 = K 12033+82–5–22,527 NAP 02 212–217 I 1´–14´ 12.13838.145.195.212f I 5´ 169 I 8´ 145 I 11´ 195f I 13´ 138.196 I 15´–35´ 46.47.213 I 15´ 15.138 I 16´f 196 I 17´f 154 I 36´–II 28´ 16f.46.47.107f.144.17467 .214 I 38´ 138 II …–III 19´ 46 II 1´–27´ 144f II 3´ 17154 II 6´–8´ 68.80 II 9´f 65.68.80.81 II 13´f 14152 II 15´–20´ 144f II 17´ 196f II 18´–20´ 196f II 18´ 143.149 II 24´–27´ 15097 II 29´–III 19´ 14996.169f.214–216 II 29´–39´ 13.46.47 II 30´ 169.199182.201 III 1´–19´ 16.27+43 .47.96+40 III 1´ 197 III 20´–IV 31´… 216f III 20´–36´ 46.47.141 III 20´ 15 III 27´f 65.151 III 27´ 64f.145 III 31´f 65 IV 2´ 14152 IV 7´ 14152 IV 8´ 14152.169
IV IV IV
289
20´ 66 27´f 14155 30´ 14155
NAP 03 = K 2401 NAP 03 3679.131.162.171–174.197. 217– 221.227 I 1–II 32 121f+35 I 1–26 217f I 20–26 172+60 .197 I 25 197+172 I 27–II 9 12.15.16.27+45.30.46.47.149+94.218 II 1 198 II 8 12 II 10–32 15.16.27–30.46.47.143.198.218f II 10–26 122f.154.193 II 10–25 36 II 10–18 183+109 II 10 199+180 II 27–32 12236.173.197 II 33–III 14´ 13.27+47 .46.47.150.174f.219f III 15´–IV 33´ 143f.150.220f III 15´–IV 29´ 174 III 15´–36´ 13.17.23–25.27+46.46.47.96+39 III 22´f 69.81 IV 24´–29´ 199f IV 30´–33´ 173f.22122 IV 30´ 187+127 NAP 04 = 83-1-18,839 NAP 04 221.24087 2´ 190144 5´ 14155 NAP 05 = K 6259 NAP 05 11.13.14.46.47.200.221f 2 200 3 200 9 155116.200 NAP 06 = 91-5-9,106+109 NAP 06 191.222
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Götterwort in Menschenmund 1–4 16
21f 200 21 187127
NAP 09 = K 1292+DT 130 NAP 07 = K 883 NAP 07 10.12.118–121.130.139–141. 14050.170.191f.193.201–204.222–224 1f 201–203 1 187127 2–11 46.47.183+111 2 15.138.13944 9–11 203 12–25 46.47 12f 203f 12 105.16 14 198 15 70 16 69.81 17–19 68f 20–25 66.151 20–22 170 21 67 22 70f.83f 23 66 24 204 25 138
NAP 09 92.10f.12.46.47.170.190.191. 205f.224f Vs. 1–8 16 Vs. 1–7 67 Vs. 1 205 Vs. 8ff 67 Vs. 8–15 195.205f Vs. 9.11 155 Vs. 15 206 Vs. 18f 67.151f Vs. 18 206 Vs. 25 205f Rs. 3´–6´ 11+6 Rs. 6´f 16.206 NAP 10 = 83-1-18,726 NAP 10 616.9536.191.225f Rd. 1´f 186126 Rd. 1´ 191 NAP 11 = K 1974
NAP 08 = K 1545 NAP 08 10f.30.46.47.204f.224
NAP 11 616.9536.226 7´ff 15097
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Allgemeines Register 1. Personen Abraham, Stammvater 22.43.49f Adadnarari III., König v. Assyrien 36 Adad-šumu-us\ur 116.120 Adapa 70 Ahab, König v. Israel 35.98 Ahas, König v. Juda 244 Ah…āt-abīša, Prophetin 45.187.212 Ahia v. Silo, Prophet 38.59.62.158 Ah…šeri, Mannäerfürst 32 Amazia, Oberpriester 99 Amenemhet I., König v. Ägypten 90 Ameni → Amenemhet I. Amenophis, König v. Ägypten 89 Ammuna, heth. Prinz 236 Amos, Prophet 99.134f.245 Āmur-ilūtu-dAššūr 188 Arda-Mullisse (→ Urda-M.), Sohn Sanheribs 202f Asarhaddon (Aššūr-ah…u-idinna, König v. Assyrien 9.15.17–24.29–31.33.53. 55.60–66.68–71.81.95f.102.107f.116. 120f.123.133.138.141–145.149f.151. 153–155.161.172–174.178.180.183f. 186.190f.195.198.202.205–207.209– 222.229.241f Assurbanipal (Aššūr-bān-aple), König v. Assyrien 9.12.16.30–33.53.55f.58. 60f.65–67.69–71.73.75.95.102.116. 118–121.130.133f.139f.149.155.161. 163.166.170.180–185.187.190–192. 194.195.200.203–205.215.223–226. 229.241 Assurnarari V., König v. Assyrien 206 Assurnas\irpal I., König v. Assyrien 197 As\ûšu-namer, assinnu 178 Ātamar-dumuq-ile 188 Atarsumki, König v. Arpad 36 Atrah…asīs (→ Utanapištim) 81.196
Bal>am bir B>r (→ Bileam ben Beor), Prophet 94f.98 Barak, isr. Anführer 98 Bar-Koseba, nāśī v. Israel 97 Bar-Rākib, König v. Śam