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German Pages 411 [416] Year 1922
Grundriß -er praktischen Theologie
Gesamtplan des Unternehmens auf den letzten Seiten
Sammlung r)TÜ>v (alttestamentliche Propheten) verlesen; daß auch anderes be nutzt wurde, ist durch diese Notiz nicht ausgeschlossen. Dabei war von einer festen Lefeordnung noch längere Zeit keine Rede, die Schriften wurden, nicht ohne Auswahl nach bestimmten Gesichtspunkten, fortlaufend gelesen. Erst im Zusammenhang mit der Ausbildung der kirchlichen Festordnung ging man zur Aussonderung bestimmter Stücke für bestimmte Tage über. (Eine Lefeordnung, die für jeden Sonn» und Festtag je ein Stück aus den Episteln und den Evangelien festfetzte (die sog. altkirchlichen „Perikopen" d. h. Abschnitte), ist gegen Ende der alten Kirche aufgekommen; die näheren Umstände sind nicht bekannt. Trotz des Namens Comes Hieronymi
*) Die Schriftlesung darf auf eine Perikope eingeschränkt werden. Die Stücke der Schlutzliturgie bis zum hosianna find fakultativ.
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Dritter Hauptteil. Das kirchliche Handeln als gottesdienstliche; Handeln
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(Comes, Begleiter, weil der die Messe lesende Priester die Ordnung bei sich haben mußte? wahrscheinlicher weil comes = dicöXouOoc = magister war, also der Name die Weisung für die Lesungen bedeutete) kann die Ordnung nicht auf Hieronymus zurückgehen. Durch das von Pippin und Karl d. Gr. im Frankenreich eingeführte römische Lektionar kamen diese Perikopenreihen auch nach Deutschland; sie umfaßten Lesestücke für nicht weniger als 211 Festtage des Jahres. Die reformierten Kirchen taten diese Ordnung ab; teilweis haben sie im Gottesdienst gar keine selbständige Schriftlektion, teilweis führten sie fortlaufende Lesung (lectio continua) ein. Die lutherischen Kirchen aber bewahrten mit Ausnahmen (lectio continua z. B. in Preußen 1525 eingeführt), freilich mit starken Streb chungen, die alten Reihen. Trotzdem bestehen zwischen der jetzt in der katholischen Kirche gebräuchlichen Ordnung und der lutherischen manche Unterschiede. Sie gehen z. T. darauf zurück, daß Luther seiner Kirchenposttlle nicht die Fasiung des römischen Missale seiner Seit, sondern die infolge von späterer Änderung etwas abweichende des homiliariums Karls d. Gr. zugrunde legte, und daß diese Fassung maßgebend wurde. (Einige Ergänzungen vollzog die lutherische Ordnung (Einfügung von Lesungen für den 6. Sonntag nach Epiphanias und den 26. und 27. Sonntag nach Tri nitatis) ; im übrigen bewahrte sie auch in diesem Stück pietätvoll das (Erbe der Reformation. Allmählich begann man aber, das Unzulängliche der Bindung der kirchlichen Lesung an diese knappe Auswahl zu empfinden. Nach geringen Anfängen im 18. Ihrh. wurde im folgenden die Bewegung auf Herbeiführung einer breiteren Grundlage für die gottesdienstliche Schriftlesung stärker; nicht unwesentlich trug dazu die Tatsache bei, daß die predigt vielfach an diese wenigen Lektionen als an ihre Texte ge bunden war. Diese Bewegung führte in manchen Landeskirchen zur Er gänzung . der beiden altkirchlichen Reihen durch andere Reihen. Einen tüchtigen Schritt vorwärts bedeutete die von der Konferenz deutscher evan gelischer Kirchenregierungen (Eisenacher Konferenz, § 7,3) 1896 veranlaßte Durchsicht der beiden altkirchlichen Reihen und die Hinzufügung je einer neuen atlichen, evangelischen und epistolischen Reihe (Eisenacher perikopen). Die Benutzung dieser neuen Reihen als kirchliche Lesestücke ist aber damit keineswegs allgemein geworden; die einzelnen Landeskirchen verhalten sich ihnen gegenüber nicht gleichmäßig; wo sie eingeführt sind, ist doch den altkirchlichen Reihen meist ein Vorrang gewahrt worden. In manchen Landeskirchen ist es übrigens in der letzten Seit in steigendem Maß üblich geworden, daß Pfarrer den Perikopenordnungen gegenüber eine gewisse Freiheit in Anspruch nehmen. Grundsätzlich liegt keine Veranlassung vor, den Gottesdienst ein für alle Male an stereotyp wiederkehrende Lesungen zu binden; sie können ja auch die Ausschöpfung des Reichtums der Schrift und die Ausgestaltung einheitlicher Gottesdienste hindern. Die altkirchlichen Reihen unterliegen auch nach der Eisenacher Reviston mancher besonderen Beanstandung. Luthers Urteil, das den Redaktor als insigniter indoctus et superstitiosus operum ponderator bezeichnet, ist durch die Beobachtung bestimmt, daß
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Die liturgischen Stücke
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der Gedanke der Gerechtigkeit aus Glauben in ihnen ganz zurücktritt. Aber auch davon abgesehen, bieten diese Reihen viele Anstöße, vor allem sind zahlreiche Stücke aus Gründen gewählt worden, die für unseren evangelischen Gottesdienst überhaupt keine Bedeutung haben. Die Evangelten der Passionszeit sind mit Rücksicht auf die Vorbereitung der Kate chumenen der alten Kirche zur Taufe und auf die dafür üblichen einzelnen Akte (Exorzismen usw.) gewählt worden; sie laßen daher die nach unserem Empfinden für diese Seit unentbehrliche Erinnerung an das Leiden Christi völlig außer Betracht. Die vielfach unternommenen versuche, die altkirch lichen Reihen in ein System zu ordnen, sind ebenso verfehlt wie — wenig stens zumeist - die anderen, einen bestimmten Zusammenhang zwischen den beiden Lesungen des gleichen Tages herzustellen. Daß diese Künste leien nicht auf die Literatur beschränkt geblieben sind, sondern vielfach im Gottesdienst und Unterricht vorgetragen wurden, bedeutet eine gänzlich fruchtlose Belästigung der Gemeinde. Die altkirchlichen Reihen haben nur das für sich, daß sie manche Kernstücke enthalten (Weihnachtsevangelium!),
und daß die Gemeinden mit ihnen — oder genauer mit Teilen von ihnen - ganz eng verwachsen sind. Aus diesen Gründen ist ihre völlige Bei« seitlassung nicht zu empfehlen. Überhaupt erscheint es nicht rätlich, für die gottesdienstliche Lesung den Grundsatz jedesmaliger völlig freier Wahl aufzustellen. Die richtige Auswahl fordert große, weitschauende Arbeit. Das Richtige ist daher, wo feste Schriftlesung üblich ist, die Darbietung bestimmter, den Reichtum des Schriftinhalts möglichst ausnutzender Reihen. Die Einführung fortlaufender Lesung ganzer biblischer Bücher ist unter unseren gottesdienstlichen Verhältnissen nicht zu empfehlen. Je mehr sich aber die oben (§ 38, 6) angedeuteten Gesichtspunkte für die Neugestaltung des Gottesdienstes durchsetzen, um so weniger wird die ganze Perikopenfrage in ihrer gegenwärtigen Form Bedeutung behalten. Für die gegen wärtige Übung mag noch vermerkt werden, daß die Lesung von zwei längeren Abschnitten (Doppellesung) den Gottesdienst zeitlich stark belastet; die Lesung nur eines Abschnitts wird immer mehr Brauch, werden zwei oorgelesen, so ist die mechanische Beibehaltung der in der römischen Meße oorgeschriebenen Reihenfolge: Epistel, Evangelium für uns sinnlos, aber auch die ebenso mechanische Umkehrung dieser Folge ist verfehlt. Die Epistel kann unter Umständen mehr das „Evangelium" zur Geltung bringen als der Eoangelienabschnitt; es liegt aber auch gar kein sachlicher Grund oor, jedesmal zwei Abschnitte nach der formellen Zugehörigkeit zu den Evangelien und den Episteln zu wählen; richtig wäre die (Ordnung ledig lich nach dem Inhalt. 5. Gebete. Unter den in der Liturgie verwendeten Gebeten steht das Vaterunser voran. Als das „Gebet des Herrn" (oratio dominico) braucht man es mit Recht in jedem Gottesdienst; in keinem aber sollte es häufiger als einmal erscheinen (gegen die katholische Praxis). Das gilt
auch für den Fall, daß der Gottesdienst mit einer Abendmahlsfeier ver bunden wird. Die morgenländische Eucharistiefeier und die römische Meße erweitern die siebente Bitte (Embolismus); wir brauchen das Vaterunser
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im schlichten biblischen Wortlaut (in Anlehnung an Ult 6, 9-13).
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lutherische Kirche setzt statt des Unser Vater, dar in Luthers Bibelübersetzung steht, Vaterunser; die reformierte statt »von dem Übel" in der 7. Bitte »von dem Bösen". Vie Union hat dazu beigetragen, derartige Unter schiede minder wichttg zu machen, wenn ste auch immer noch ihre Rolle spielen. Vie katholische Kirche läßt den Beschluß fort; die evangelischen fügen ihn an; viel mehr, als geschieht, sollten die Gemeinden gewöhnt werden, die Schluß-Voxologie antwortend zu fingen. Statt des einfachen wottlauts eine Umschreibung zu benützen (nach mittelallerlichen Vorgängen Luther und Calvin), ist verfehlt; biblische Stücke soll man im biblischen Wortlaut brauchen, zu allermeist das Vaterunser! - (Ein kurzes Gebet vor der Schristlesung (und auch sonst) wird immer noch oft „Kollekte" ge nannt. Der Name unterliegt zahlreichen Veutungsversuchen: Gebet bei der Versammlung (collecta — collectiv) der Gemeinde; Sammelgebet, das all« Bitten umfaßt; Gebet über den dargebrachten Gaben (— collatio); der ursprüngliche Sinn ist nicht mehr feststellbar, und der völlig entbehrliche Name sollte endlich ausgemerzt werden. - Vas Allgemeine Kirchen gebet (Fürbittengebet), das in der Regel nach der predigt bei der Schlußliturgie seinen Platz hat, entspricht zweifellos uraltem Brauch I Tim. 2, 1 ff. Der 1. Klemensbrief enthält in Kap. 59-61 Stücke, die wir wohl als dar Fürbittengebet der damaligen römischen Gemeinde an sehen dürfen. 3m Mittelalter findet sich innerhalb des in die Mesie ein geschobenen Predigtgottesdienstes «in „gemeines Gebet", das aber lediglich in einer Aufzählung verschiedener Gegenstände der Bitten und Fürbitten besteht, auf di« das Volk mit einem Vaterunser oder einem Avemaria antwortete. Vie gleiche Form behielten anfangs die reformatorischen Kirchen bei. Doch erstanden, zuerst in Süddeutschland, bald auch andere Formen: anfangs eine Reihe von einzelnen „Kollekten" in Fürbittform; nachher ein Gebet, „darin alles Anliegen der Kirchen kurtzlich begriffen" (Württemberg 1553). Diese Formen fanden auf reformiertem wie luthe rischem Gebiet Nachfolge (Laloin 1542). Unsere Gottesdienste brauchen mit Recht ein derartiges Gebet, das die wichtigsten Anliegen der Gemeinde vor Gott bringt, aber keineswegs nur Bittgebet sein soll. Dabei können Staat, Kirche und Gemeinde besonders erwähnt werden; daß das jedesmal gescheh«, ist nicht unbedingt notwendig. Allzu groß« Länge und Häufung von Einzelheiten sind zu vermeiden, ebenso die Verwendung stets gleicher Formeln. — Gleichfalls als Gebet ist das Sündenbekenntnis anzusehen, das — entsprechend dem Confiteor der Messe, aber als Gemeindebekenntnis — in vielen lutherischen (Ordnungen nahe dem Anfang des Gottesdienstes steht. Eine Confessio generalis brachte schon der mittelalterliche Predigt gottesdienst, und zwar nach dem hinter die predigt gestellten Vekalog. Aus ihm haben reformierte (Ordnungen dieses Bekenntnis unter dem Namen „(Offene Schuld" übernommen. Da ste es gleichfalls auf die predigt folgen ließen, gewann diese dadurch leicht den einseitigen Lharakter der Buß mahnung. Daß jeder Gottesdienst mit einem Sündenbekenntnis beginnen müsse, wie zur Rechtferttgung der verbreiteten Übung oft gesagt wird, ist
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Die liturgischen Städte
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nicht richtig. Th. Kaftan macht geltend, daß die sonntäglich« Wiederholung von einer Art Beichte und Absolution den wert der besonderen Beichte und Absolution beeinträchtige. Vieser Einwand trifft, ganz abgesehen von der Wertung der Beichte, die et voraussetzt, ein allgemeines Sünden bekenntnis nicht, bas sich nicht als .Beichte' im eigentlichen Sinn gibt. Richtig aber ist Kaftans Bedenken insofern, als die Regelmäßigkeit des Sündenbekenntniffes leicht seine innere Kraft abschwächt; sie mutet, nament lich an den Anfang des Gottesdienstes gestellt, der Gemeinde zuviel zu. Vie alte lutherische Drdnung hatte dieses Bekenntnis nicht! über Aufnahme und Platz eines Sündenbekenntniffes sollte der Zusammenhang der jedes maligen Gottesdienstordnung entscheiden. Kn Tagen festlicher Freude bleibe es fort, weil es dann zum Gesamtcharakter des Gottesdienstes nicht stimmt. Bei fest geregelter Liturgie aber ist es immerhin bester an den Anfang als an den Schluß zu setzen. - Das Sündenbekenntnis mündet vielfach in ein Kqrie eleison oder in deffen Verdeutschung; und die Gemeinde antwortet mit der vollen Form Kqrie eleison, Christe eleison, Kqrie eleison (oder der Verdeutschung). Diese Formel geht auf einen uralten, in der Antike wie auch im NT ge brauchten (M 15, 22; 9, 27) Gebetsrus zurück, wir sollten jetzt nur noch die Verdeutschung anwenden; die griechische Form bleibt trotz aller Erklärungen vielen Gemeindegliedern unverständlich. — Eine weitere Ausführung dieses Rufs bedeuten die gleichfalls an außerchristliche Riten anknüpfenden, auch in der christlichen Kirche sehr alten Litaneien, die jenem mtttelalterlichen „gemeinen Gebet' ähneln, nur daß die Gemeinde nicht mit dem Vater unser, sondern mit dem Kqrie antwortet. Während bei dieser Form der Gebetscharakter nur in dem respondierenden Kqrie zum Ausdruck kommt, begegnet auch eine andere Form, in der die einzelnen Anliegen in direkter Anrede Gott bittend vorgetragen werden. Luther hat eine nach dieser letzteren Art gehaltene katholische Litanei — wohl die ihm geläufige Litanei der Augustiner-Eremiten — in starker verbefferung übernommen und mit verkürzender Bearbeitung einen deutschen Text geschaffen. Aber schon zu seiner Zeit zeigte die Gemeinde geringe Neigung für die Litanei; später wurde ihr Gebrauch noch seltener. Das Fürbittengebet ist an ihre Stelle getreten; neben ihm hat die Litanei keinen Platz. höchstens kann sie jenes zuweilen ersetzen. 3n diesem Falle würde natürlich gleichfalls die Verdeutschung des Kqrie einzutreten haben, wenn eine lebhafte Beteiligung der Gemeinde erreicht werden kann, ist gegen den Gebrauch einer solchen .Litanei" nichts einzuwenden; nur sollte ein kurzer, dem Empfinden unserer Gemeinden angepaßter Text gewählt werden. - Das Agnus Del der rö mischen Meffe, die dreimal wiederholte Bitte an Christus als das Lamm Gottes um Erbarmen und (im letzten Glied) Frieden findet sich heut fast nur noch im Abendmahlsgottesdienst und zwar in verdeutschter Form. — In manchen Gegenden (Württemberg) ist es üblich, daß ein stilles Ge bet in die Liturgie eingefügt wird. Zum Gemeindegebet kann es nur dadurch werden, daß ihm ein gemeinsamer Gegenstand gegeben wird. Doch mag es auch sonst zur Ergänzung des Gemeindegebets berechtigt sein. Dieses stille Gebet darf nicht, wie neuerdings geschieht, als „schweigender
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Dritter Hauptteil. Das kirchliche Handeln als gottesdienstliches Handeln
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Dienst* bezeichnet werden; mit diesem Hamen wird das Wesen des evan gelischen Gottesdienstes überhaupt (§ 28) wie das des Gebets insbesondere geradezu entstellt. Für die genannten liturgischen Gebete (abgesehen vom stillen Gebet) werden in den Kirchenbüchern bestimmte Formen zum Gebrauch dargeboten. Aber die Verwendung formulierter, vom Pfarrer zu verlesender Gebete, trifft in unserer Seit auf wachsende Bedenken. Kann man Gebete über haupt lesen, ohne daß ihr Gebetscharakter leidet? Kann der Pfarrer ver ordnete Formulargebete mit innerer Wahrhaftigkeit beten? Kann die Ge meinde sie im herzen mitbeten? Diese Fragen werden vielfach verneint, und nicht ohne ein gewiffes inneres Recht. Soll man also ganz von formulierten Gebeten absehen und sie durch freigesprochene ersetzen? So geschieht es in kleineren Lrbauungsversammlungen. Diese Maßregel würde dem Pfarrer nach der einen Richtung hin helfen; nach der anderen würde sie ihn, der diese Gebete zu sprechen hätte, schwer belasten. Vie Gemeinde aber würde nur noch mehr in Not geraten, weil sie völlig in Abhängigkeit von der Individualität des Pfarrers käme. Dennoch kann auf ge meinsames Gebet nicht verzichtet werden, wenn nicht zugleich auf gemein samen Gottesdienst verzichtet werden soll. Gäbe es keine Gemeinsamkeit der religiösen Empfindung, aus der heraus gebetet werden kann, so wäre jeder Gottesdienst verfehlt. Man darf sich also nicht so helfen, daß man das liturgische Gebet eine Aufgabe, nicht eine Tatsache nennt (Rchelis). Eger macht zur Wahrung der Wahrhaftigkeit des Vorbeters wie der Mit betenden zwei Forderungen geltend. Der Vorbeter soll einerseits die An sprüche an sein Beten als wirklichen Gebetsakt sehr hoch spannen; anderer seits soll er nicht den Anspruch erheben, wirkliche Gebetsgedanken der Gemeindeglieder zum Ausdruck zu bringen, sondern nur den, sie zu solchen Gebetsgedanken anzuregen. Zuzugeben ist, daß ernste tatsäch liche Beobachtungen jede Überspannung des Gedankens des gemeinsamen gottesdienstlichen Gebets widerraten; aber diese Bestimmung des Ge bets nimmt ihm doch etwas von seinem innersten Wesen, wenn es unter strenger Ausscheidung alles nur Subjektiven in entschloffener Ein stellung auf das der Gemeinde (ob auch nicht allen ihren Gliedern) Ge meinsame und in einer das Mitbeten ermöglichenden Form ein wirkliches Gemeindegebet zu sein versucht, kann es den Verkehr der Gemeinde mit Gott im eigentlichen Sinn bewirken. Vorbeter wie Zuhörer können bei dieser Art sehr wohl ein gutes Gewiffen haben. Der Pfarrer darf das Gebet freilich so wenig wie irgendeinen anderen Bestandteil der Liturgie, ja noch weniger, „lesen*; er muß es wirklich beten, werden diese Forderungen beachtet, so wird die Kritik sich zwar gegen zahllose agen darische Gebetsformulare und gegen vielfältige Nachlässigkeit bei ihrem Gebrauch richten müffen, nicht aber gegen das gemeinsame gottesdienstliche Gebet als solches. Auf die Verwendung gedruckter Formulare braucht nicht verzichtet zu werden; freie Gebete, die aber genau die gleichen Richtlinien innehalten müffen und das noch schwerer können als die ge druckten, sind durchaus nicht allgemein zu empfehlen, aber für besondere
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Anlässe ratsam. Doch müssen sie in jedem Falle sorgfältig vorbereitet werden, wenn sie nicht zu formloser Breite anschwellen und der Gemeinde unerträglich werden sollen. 4. £obgtf8nge (voxologien). Auch Lobgesänge sind Gebete; aber sie bilden doch eine Gruppe für sich. Altkirchlich ist das Gloria patri (kleines Gloria), für uns nur in deutscher Form benutzbar. Vas sicut erat in principio ist im Gegensatz zu Irrlehrern eingeschoben worden und hat dem Ganzen nicht nur eine polemische, sondern auch eine innerlich nicht klare Fasiung gegeben. Seine Verwendung im evangelischen Gottesdienst ist daher zu beanstanden. — Das Gloria in excelsis (Ehre sei Gott in der höhe), nach LK2, 14 (hymnus angelicus), findet sich schon früh im gottesdienstlichen Gebrauch und ist auch in der evangelischen Kirche sehr häufig. Apost. Konst. 7, 47 ist es durch eine Beifügung erweitert, die in die römische Mess« übergegangen ist (Laudamus te, benedicimus te, adoramus te, glorificamus te usw.) und verdeutscht auch in evangelischen Liturgien benutzt wird. - Als Austakt zur Kommunion, aber auch im Predigtgottesdienst wird oft eine gleichfalls schon in der alten Kirche üb liche (8 30, 3) Einleitung (präfatio) gebraucht, die in einen Lobgesang übergeht (Wortlaut deutsch nach der preutzischen Agende oben S. 132 f ). Dieser Lobgesang setzt sich zusammen aus dem heilig, heilig, heilig (nach Jes 6, 3; Trishagion, Tersanktus), dem hosianna und dem Benediktus. Das hosianna stammt aus dem AT (ps 118, 25), wo es noch nicht zur Formel geworden ist und die Bedeutung eines einfachen Gebets um Hilfe hat. 3m NT, wo es Hit 21, 9 den Zusatz