Grundkurs Beschaffungsmanagement 3658391243, 9783658391249, 9783658391256

Eine effektive und effiziente Beschaffung ist für Unternehmen ein wichtiger Erfolgsfaktor, insbesondere in Zeiten von ge

120 45

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Table of contents :
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
I Grundlagen der Beschaffung
Inhaltsverzeichnis
1 Die Entwicklung der Beschaffung
2 Begriffsdefinition und Bedeutung der Beschaffung
2.1  Begriffsdefinition Beschaffung
2.2  Begriffsdefinition Beschaffungsmanagement
2.3  Bedeutung der Beschaffung für den Unternehmenserfolg
2.4  Aufgaben zur Selbstüberprüfung
3 Aufgaben der Beschaffung
3.1  Operative Aufgaben der Beschaffung
3.1.1  Aufgaben der Beschaffung im Auftragsabwicklungsprozess
3.1.2  Aufgaben der Beschaffung im Produktentwicklungsprozess
3.2  Strategische Aufgaben der Beschaffung
3.3  Aufgaben zur Selbstüberprüfung
4 Ziele in der Beschaffung
4.1  Aufgaben zur Selbstüberprüfung
5 Objekte der Beschaffung
5.1  Produktionsmaterial
5.2  Betriebsstoffe
5.3  Investitionsgüter
5.4  Dienstleistungen
5.5  Handelswaren
5.6  Zusammenfassung
5.7  Aufgaben zur Selbstüberprüfung
6 Lieferanten
6.1  Arten von Lieferanten
6.1.1  Teilelieferant
6.1.2  Komponentenlieferant
6.1.3  Modullieferant
6.1.4  Systemlieferant
6.2  Versorgungsstrategien der Lieferanten
6.3  Die Entwicklung vom Teilelieferanten zum Systemlieferanten
6.4  Aufgaben zur Selbstüberprüfung
7 Logistikdienstleister – Vom 1-PL zum 4-PL
7.1  Das Leistungsspektrum der Logistikdienstleister
7.2  Aufgaben zur Selbstüberprüfung
8 Kosten der Beschaffung
8.1  Direkte Materialkosten
8.2  Lagerhaltungskosten
8.3  Bestellabwicklungskosten
8.4  Fehlmengenkosten
8.5  Total Cost of Ownership
8.6  Aufgaben zur Selbstüberprüfung
9 Organisation der Beschaffung
9.1  Ziele der Organisationsgestaltung
9.2  Aufbau- und Ablauforganisation
9.3  Aufbauorganisation des Einkaufs
9.4  Direkter und indirekter Einkauf
9.5  Strategischer und operativer Einkauf
9.6  Zentraler und dezentraler Einkauf
9.6.1  Zentraler Einkauf
9.6.2  Dezentraler Einkauf
9.6.3  Mischformen
9.7  Ablauforganisation des Einkaufs
9.8  Materialgruppenmanagement
9.9  Aufgaben zur Selbstüberprüfung
II Normatives Beschaffungsmanagement
Inhaltsverzeichnis
10 Dimensionen des normativen Beschaffungsmanagements
11 Beschaffungsvision
12 Beschaffungspolitik
12.1  Beschaffungsprogrammpolitik
12.1.1  Eigenfertigung vs. Fremdbezug (Make or Buy)
12.1.2  Materialstandardisierung
12.1.3  Materialsubstitution
12.2  Lieferantenpolitik
12.2.1  Auswahl von Lieferanten
12.2.2  Zusammenarbeit mit Lieferanten
12.2.3  Lieferantenmanagement
12.3  Kontraktpolitik
12.4  Lagerpolitik
12.4.1  Vorratsbeschaffung (Stock-Sourcing)
12.4.2  Einzelbeschaffung im Bedarfsfall (Demand-tailored)
12.4.3  Bedarfssynchrone Beschaffung (just in time)
12.4.4  Vendor-Managed Inventory (VMI)
12.4.5  Konsignationslager
12.4.6  Differenziertes Bestandsmanagement
13 Beschaffungsverfassung
14 Beschaffungskultur
14.1  Aufgaben zur Selbstüberprüfung
III Strategisches Beschaffungsmanagement
Inhaltsverzeichnis
15 Beschaffungsmarktforschung
15.1  Ziele der Beschaffungsmarktforschung
15.2  Ablauf der Beschaffungsmarktforschung
15.2.1  Selektion von Objekten
15.2.2  Selektion von Informationsinhalten
15.2.2.1  Das Beschaffungsobjekt als Informationsinhalt
15.2.2.2  Der Lieferant als Informationsinhalt
15.2.2.3  Angebot und Nachfrage am Beschaffungsmarkt als Informationsinhalt
15.2.2.4  Bewegungen und Entwicklungen am Beschaffungsmarkt als Informationsinhalt
15.2.3  Methoden und Informationsquellen
15.2.4  Auswertung und Verwertung der Informationen
15.2.4.1  Lieferantenauswahl und die Suche nach neuen günstigen Lieferanten
15.2.4.2  Einkaufsgespräche und Vergabeverhandlung
15.2.4.3  Beschaffungs- und Unternehmungsplanung
15.3  Aufgaben zur Selbstüberprüfung
16 Methoden der Beschaffung
16.1  Die ABC-Analyse
16.1.1  Anfertigung einer ABC-Analyse
16.1.2  Auswertung und Anwendungsbereiche einer ABC-Analyse
16.2  Die XYZ-Analyse
16.2.1  Kombination von ABC- und XYZ-Analyse
16.2.2  Auswertung einer ABC-XYZ-Analyse
16.3  Aufgaben zur Selbstüberprüfung
16.4  Portfolio-Analyse
16.4.1  Material-Lieferanten-Portfolio
16.4.1.1  Zielsetzung
16.4.1.2  Anfertigung eines Material-Lieferanten-Portfolios
16.4.1.3  Ergebnisse und Handlungsableitungen
16.4.2  Marktmacht-Portfolio
16.4.2.1  Zielsetzung
16.4.2.2  Anfertigung des Marktmacht-Portfolios
16.4.2.3  Ergebnisse und Handlungsableitungen
16.4.3  Versorgungsrisiko-Portfolio
16.4.3.1  Zielsetzung
16.4.3.2  Anfertigung des Versorgungsrisiko-Portfolios
16.4.3.3  Ergebnisse und Handlungsableitungen
16.5  Aufgaben zur Selbstüberprüfung
17 Beschaffungsstrategie
17.1  Entwicklung zum strategischen Beschaffungsmanagement
17.2  Strategische Aufgaben der Beschaffung
17.3  Strategisches Beschaffungsmanagement
17.4  Sourcing-Konzepte
17.4.1  Sole, Single, Dual, Multiple Sourcing
17.4.2  Unit, Modular, System- Sourcing
17.4.3  Local, Domestic und Global Sourcing
17.4.4  Stock, Demand-tailored und Just in Time
17.4.4.1  Vorratsbeschaffung (Stock-Sourcing)
17.4.4.2  Einzelbeschaffung im Bedarfsfall (Demand-tailored)
17.4.4.3  Bedarfssynchrone Beschaffung (Just-in-time-Konzept)
17.4.5  Individual, Collective Sourcing
17.4.6  External, Internal Sourcing
17.4.7  E-Application
17.5  Aufgaben zur Selbstüberprüfung
18 Lieferantenauswahl und -bewertung
18.1  Bedeutung der Lieferantenbewertung
18.2  Ziele der Lieferantenbewertung
18.3  Anforderungen an die Lieferantenbewertung
18.4  Bewertungskriterien
18.5  Verfahren der Kriterienauswahl
18.6  Verfahren der Lieferantenbewertung
18.7  Aufgaben zur Selbstüberprüfung
19 Beschaffungscontrolling
19.1  Kennzahlensysteme und Kennzahlen
19.2  Beschaffungskennzahlen
19.3  Aufgaben zur Selbstüberprüfung
IV Operative Beschaffung
Inhaltsverzeichnis
20 Materialdisposition
20.1  Auftragsgesteuerte Disposition
20.2  Plangesteuerte Disposition
20.3  Verbrauchsgesteuerte Disposition
20.3.1  Bestellrhythmusverfahren
20.3.1.1  t,Q-Politik
20.3.1.2  t,S-Politik
20.3.2  Bestellpunktverfahren
20.3.2.1  s,Q-Politik
20.3.2.2  s,S-Politik
20.3.2.3  Das Optionalsystem t,s,Q- und t,s,S-Politik
20.4  Aufgaben zur Selbstüberprüfung
21 Der operative Beschaffungsprozess
21.1  Die Anfrage
21.1.1  Zielsetzung
21.1.2  Inhalt
21.1.3  Eingesetzte Methoden
21.2  Angebotsbearbeitung
21.2.1  Zielsetzung und Inhalt
21.2.2  Eingesetzte Methoden
21.3  Vergabeverhandlung
21.3.1  Zielsetzung
21.3.2  Verhandlungsführung
21.3.3  Verhandlungsvorbereitung
21.3.4  Verhandlungsdurchführung
21.3.5  Verhandlungen im Ausland
21.4  Bestellentscheidung, Bestellung und Auftragsbestätigung
21.4.1  Zielsetzung
21.4.2  Inhalt
21.4.3  Eingesetzte Methoden
21.4.4  Die optimale Bestellmenge
21.4.4.1  Lagerhaltungskosten
21.4.4.2  Bestellabwicklungskosten
21.4.4.3  Die Bestimmung der optimalen Bestellmenge
21.4.4.4  Die optimale Bestellmenge unter Berücksichtigung von Mengenrabatten
21.5  Terminüberwachung
21.5.1  Zielsetzung und Inhalt
21.5.2  Eingesetzte Methoden
21.6  Aufgaben zur Selbstüberprüfung
22 Materialbevorratung
22.1  Wareneingang
22.1.1  Zielsetzung
22.1.2  Ablauforganisation
22.2  Lagerhaltung
22.2.1  Zielsetzung
22.2.2  Einlagerung
22.2.3  Aufbewahrung und Bereitstellung
22.2.4  Auslagerung
22.2.5  Kommissionierung
22.3  Warenausgang
22.4  Aufgaben zur Selbstüberprüfung
V Nachhaltigkeit in der Beschaffung
Inhaltsverzeichnis
23 Nachhaltigkeit
24 Nachhaltigkeit in der Beschaffung
24.1  Vorteile einer nachhaltigen Beschaffung
24.2  Einfluss des Nachhaltigkeitsaspektes auf das normative Beschaffungsmanagement
24.3  Schlüsselkonzepte für eine nachhaltige Beschaffung
24.4  Gestaltung der nachhaltigen Beschaffungsprogrammpolitik
24.5  Lieferantenpolitik
24.6  Nachhaltige Geschäftsmodelle
24.7  Aufgaben zur Selbstüberprüfung
VI E-Tools der Beschaffung
Inhaltsverzeichnis
25 Elektronische Beschaffung
25.1  Begriffsbestimmung
25.2  Zielsetzung von E-Procurement
25.3  Eingesetzte Methoden in der operativen und strategischen Beschaffung
25.3.1  Elektronische Materialbeschaffung
25.3.2  Materialbevorratung und elektronische Beschaffungslogistik
25.3.3  Elektronische Beschaffungsmarktforschung
25.3.4  Bedarfsplanung
25.3.5  Festlegung des Beschaffungsprogramms
25.3.6  Elektronisches Beschaffungscontrolling
25.3.7  Qualitätsmanagement
25.4  Vor- und Nachteile von E-Procurement-Lösungen
25.5  Lieferantenportale in der Praxis
25.6  Auswahl von Beschaffungsobjekten
25.7  Aufgaben zur Selbstüberprüfung
26 Beschaffung 4.0
26.1  Industrie 4.0
26.1.1  Historie der Industrie 4.0
26.1.2  Bestandteile der Industrie 4.0 und Stand der Technik in Unternehmen
26.1.3  Roboter Process Automation
26.2  Aktueller Entwicklungsstand der Beschaffung 4.0
26.2.1  Technologische Entwicklungen der Industrie 4.0 in der Beschaffung
26.2.2  Procurement Analytics und digitale Rechnungsstellung
26.3  Potenziale der Beschaffung 4.0 – Ausblick
26.4  Aufgaben zur Selbstüberprüfung
Literatur
Stichwortverzeichnis
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Holger Beckmann

Grundkurs Beschaffungsmanagement

Grundkurs Beschaffungsmanagement

Holger Beckmann

Grundkurs Beschaffungsmanagement

Holger Beckmann Witten, Deutschland

ISBN 978-3-658-39124-9 ISBN 978-3-658-39125-6  (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-39125-6 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; ­detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über 7 http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Planung Lektorat: Axel Garbers Springer Vieweg ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany

V

Vorwort Eine effektive und effiziente Beschaffung ist für Unternehmen seit jeher ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Dies gilt besonders in Zeiten von: 5 zunehmend geringer werdenden Fertigungs- und Entwicklungstiefen, die eine intensive Zusammenarbeit mit Lieferanten, insbesondere auch in den Innovationsprozessen, notwendig machen; 5 kurzen Produktlebenszyklen, die schnelle Wechsel der Beschaffungsobjekte, aber auch ggf. der Lieferanten erfordern; 5 hohem Zwang zu Kosteneffizienz, dem unter anderem durch eine optimale Kombination aus globaler Beschaffung und lokalen Lieferantennetzwerken, einer Optimierung von Leistungstiefe und Lieferantenstruktur, Standardisierung, Bündelungskonzepten, Automatisierung und effizienten Prozessen zu begegnen ist; 5 und der Notwendigkeit zur Digitalisierung der Beschaffungsprozesse. Die benannten Rahmenbedingungen stellen nur einige wesentliche Aspekte dar, welche die Herausforderungen an das moderne Beschaffungsmanagement verdeutlichen. Die Anforderungen an die Unternehmen und damit auch die Beschaffung sind einem starken Wandel ausgesetzt. Daher ist es zwingend, die Themen Prozessorientierung, Strategie und Management in der Beschaffung näher zu beleuchten. In diesem Umfeld wird es als wertvoll erachtet, ein Buch vor sich zu haben, das klassisch bewährte Inhalte mit den heutigen Anforderungen kombiniert. Es handelt sich um einen Grundkurs, der zunächst die wesentlichen begrifflichen und methodischen Grundlagen und deren Zusammenhänge verdeutlichen soll. Anderseits werden grundlegende Entwicklungstrends in der Beschaffung aufgegriffen. So wird die Beschaffung aus einer managementorientierten Sicht dargestellt, dies unterstreicht der Titel des Buches: Grundkurs Beschaffungsmanagement. Dieses Buch soll eine nutzbringende Grundlage bilden, um Aufgaben in der Beschaffung aus einer prozessorientierten Sicht sowie methodische Ansätze zur Aufgabenbewältigung kennenzulernen. Zielgruppe sind in erster Linie Studierende, denen das notwendige Grundwissen zum Thema Beschaffungsmanagement vermittelt werden soll. Gleichermaßen soll es interessierten Praktikern zum Selbststudium dienen. Die Umsetzung des Werkes wäre ohne die Unterstützung durch Mitarbeiter meines Instituts GEMIT nicht möglich gewesen. Ganz besonderer Dank gilt hier Herrn Thomas Waaden, der die Realisierung des Buches mit zahlreichen Beiträgen maßgeblich mitgestaltet hat. Darüber hinaus gilt mein Dank Frau Rebecca Ries, die mit wertvollen Beiträgen zum Gelingen des Buches beigetragen hat, Frau Ann-Kathrin Hanesch und Frau Franziska Uhlhaas, die mit großem Einsatz an der Entstehung des Buches mitgewirkt haben. Holger Beckmann

Witten im Juli 2020

VII

Inhaltsverzeichnis I

Grundlagen der Beschaffung

1

Die Entwicklung der Beschaffung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

2 2.1

Begriffsdefinition und Bedeutung der Beschaffung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

2.2 2.3 2.4

 Begriffsdefinition Beschaffung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  Begriffsdefinition Beschaffungsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  Bedeutung der Beschaffung für den Unternehmenserfolg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  Aufgaben zur Selbstüberprüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

10 11 14 18

3 3.1

Aufgaben der Beschaffung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

4 4.1

Ziele in der Beschaffung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

5 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 5.6 5.7

Objekte der Beschaffung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

6 6.1

Lieferanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

 Operative Aufgaben der Beschaffung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 3.1.1  Aufgaben der Beschaffung im Auftragsabwicklungsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 3.1.2  Aufgaben der Beschaffung im Produktentwicklungsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 3.2  Strategische Aufgaben der Beschaffung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 3.3  Aufgaben zur Selbstüberprüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

 Aufgaben zur Selbstüberprüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

 Produktionsmaterial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  Betriebsstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  Investitionsgüter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  Dienstleistungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  Handelswaren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  Aufgaben zur Selbstüberprüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43 45 45 46 47 47 47

 Arten von Lieferanten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 6.1.1  Teilelieferant . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 6.1.2  Komponentenlieferant. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 6.1.3  Modullieferant . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 6.1.4  Systemlieferant . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 6.2  Versorgungsstrategien der Lieferanten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 6.3  Die Entwicklung vom Teilelieferanten zum Systemlieferanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 6.4  Aufgaben zur Selbstüberprüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 7 7.1 7.2

Logistikdienstleister – Vom 1-PL zum 4-PL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59  Das Leistungsspektrum der Logistikdienstleister. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60  Aufgaben zur Selbstüberprüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

VIII Inhaltsverzeichnis

8

Kosten der Beschaffung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

8.1 8.2 8.3 8.4 8.5 8.6

 Direkte Materialkosten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  Lagerhaltungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  Bestellabwicklungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  Fehlmengenkosten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  Total Cost of Ownership. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  Aufgaben zur Selbstüberprüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9 9.1 9.2 9.3 9.4 9.5 9.6

Organisation der Beschaffung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81

II

Normatives Beschaffungsmanagement

10

Dimensionen des normativen Beschaffungsmanagements. . . . . . . . . . . . . . . . 107

11

Beschaffungsvision. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

12 12.1

Beschaffungspolitik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115

68 71 73 73 74 79

 Ziele der Organisationsgestaltung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82  Aufbau- und Ablauforganisation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83  Aufbauorganisation des Einkaufs. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87  Direkter und indirekter Einkauf. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93  Strategischer und operativer Einkauf. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94  Zentraler und dezentraler Einkauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 9.6.1  Zentraler Einkauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 9.6.2  Dezentraler Einkauf. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 9.6.3  Mischformen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 9.7  Ablauforganisation des Einkaufs. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 9.8  Materialgruppenmanagement. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 9.9  Aufgaben zur Selbstüberprüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103

 Beschaffungsprogrammpolitik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 12.1.1  Eigenfertigung vs. Fremdbezug (Make or Buy). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 12.1.2  Materialstandardisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 12.1.3  Materialsubstitution. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 12.2  Lieferantenpolitik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 12.2.1  Auswahl von Lieferanten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 12.2.2  Zusammenarbeit mit Lieferanten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 12.2.3  Lieferantenmanagement. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 12.3  Kontraktpolitik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 12.4  Lagerpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 12.4.1  Vorratsbeschaffung (Stock-Sourcing) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 12.4.2  Einzelbeschaffung im Bedarfsfall (Demand-tailored). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 12.4.3  Bedarfssynchrone Beschaffung (just in time) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 12.4.4  Vendor-Managed Inventory (VMI) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 12.4.5  Konsignationslager. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 12.4.6  Differenziertes Bestandsmanagement. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

Inhaltsverzeichnis

IX

13

Beschaffungsverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

14 14.1

Beschaffungskultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145

III

Strategisches Beschaffungsmanagement

15 15.1 15.2

Beschaffungsmarktforschung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151

 Aufgaben zur Selbstüberprüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146

 Ziele der Beschaffungsmarktforschung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  Ablauf der Beschaffungsmarktforschung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.2.1  Selektion von Objekten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.2.2  Selektion von Informationsinhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.2.3  Methoden und Informationsquellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.2.4  Auswertung und Verwertung der Informationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.3  Aufgaben zur Selbstüberprüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

16 16.1

171

174

175 177 178

180 180 181 182

183 190 193 195

Beschaffungsstrategie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197

 Entwicklung zum strategischen Beschaffungsmanagement. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  Strategische Aufgaben der Beschaffung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  Strategisches Beschaffungsmanagement. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  Sourcing-Konzepte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.4.1  Sole, Single, Dual, Multiple Sourcing. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.4.2  Unit, Modular, System- Sourcing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.4.3  Local, Domestic und Global Sourcing. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.4.4  Stock, Demand-tailored und Just in Time . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.4.5  Individual, Collective Sourcing. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.4.6  External, Internal Sourcing. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.4.7  E-Application . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.5  Aufgaben zur Selbstüberprüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

18 18.1 18.2

156 161 167 169

Methoden der Beschaffung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173

 Die ABC-Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.1.1  Anfertigung einer ABC-Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.1.2  Auswertung und Anwendungsbereiche einer ABC-Analyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.2  Die XYZ-Analyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.2.1  Kombination von ABC- und XYZ-Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.2.2  Auswertung einer ABC-XYZ-Analyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.3  Aufgaben zur Selbstüberprüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.4  Portfolio-Analyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.4.1  Material-Lieferanten-Portfolio. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.4.2  Marktmacht-Portfolio. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.4.3  Versorgungsrisiko-Portfolio. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.5  Aufgaben zur Selbstüberprüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 17.1 17.2 17.3 17.4

154 155

198 201 203 207

208 210 213 214 219 220 223 224

Lieferantenauswahl und -bewertung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225  Bedeutung der Lieferantenbewertung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226  Ziele der Lieferantenbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226



X Inhaltsverzeichnis

18.3 18.4 18.5 18.6 18.7

 Anforderungen an die Lieferantenbewertung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  Bewertungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  Verfahren der Kriterienauswahl. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  Verfahren der Lieferantenbewertung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  Aufgaben zur Selbstüberprüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

228 229 233 234 240

19 19.1 19.2 19.3

Beschaffungscontrolling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241

IV

Operative Beschaffung

20 20.1 20.2 20.3

Materialdisposition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251

 Kennzahlensysteme und Kennzahlen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243  Beschaffungskennzahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244  Aufgaben zur Selbstüberprüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247

 Auftragsgesteuerte Disposition. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  Plangesteuerte Disposition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  Verbrauchsgesteuerte Disposition. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.3.1  Bestellrhythmusverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.3.2  Bestellpunktverfahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.4  Aufgaben zur Selbstüberprüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21 21.1

256 257 260

Der operative Beschaffungsprozess. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263

 Die Anfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.1.1  Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.1.2  Inhalt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.1.3  Eingesetzte Methoden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.2  Angebotsbearbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.2.1  Zielsetzung und Inhalt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.2.2  Eingesetzte Methoden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.3  Vergabeverhandlung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.3.1  Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.3.2  Verhandlungsführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.3.3  Verhandlungsvorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.3.4  Verhandlungsdurchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.3.5  Verhandlungen im Ausland. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.4  Bestellentscheidung, Bestellung und Auftragsbestätigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.4.1  Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.4.2  Inhalt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.4.3  Eingesetzte Methoden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.4.4  Die optimale Bestellmenge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.5  Terminüberwachung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.5.1  Zielsetzung und Inhalt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.5.2  Eingesetzte Methoden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.6  Aufgaben zur Selbstüberprüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

22 22.1

253 254 255

265

265 266 269 270

270 271 272

273 273 273 275 277 278

278 278 287 287 296

296 297 299

Materialbevorratung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303  Wareneingang. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304

Inhaltsverzeichnis

XI

22.1.1  Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 22.1.2  Ablauforganisation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 22.2  Lagerhaltung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 22.2.1  Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 22.2.2  Einlagerung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 22.2.3  Aufbewahrung und Bereitstellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 22.2.4  Auslagerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 22.2.5  Kommissionierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 22.3  Warenausgang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 22.4  Aufgaben zur Selbstüberprüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311

V

Nachhaltigkeit in der Beschaffung

23

Nachhaltigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315

24 24.1 24.2

Nachhaltigkeit in der Beschaffung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319

24.3 24.4 24.5 24.6 24.7

 Vorteile einer nachhaltigen Beschaffung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321  Einfluss des Nachhaltigkeitsaspektes auf das normative Beschaffungsmanagement. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322  Schlüsselkonzepte für eine nachhaltige Beschaffung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325  Gestaltung der nachhaltigen Beschaffungsprogrammpolitik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327  Lieferantenpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328  Nachhaltige Geschäftsmodelle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331  Aufgaben zur Selbstüberprüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332

VI

E-Tools der Beschaffung

25 25.1 25.2 25.3

Elektronische Beschaffung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335

26 26.1

Beschaffung 4.0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365

 Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336  Zielsetzung von E-Procurement. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338  Eingesetzte Methoden in der operativen und strategischen Beschaffung . . . . . . . . . . 339 25.3.1  Elektronische Materialbeschaffung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 25.3.2  Materialbevorratung und elektronische Beschaffungslogistik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348 25.3.3  Elektronische Beschaffungsmarktforschung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348 25.3.4  Bedarfsplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 25.3.5  Festlegung des Beschaffungsprogramms. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 25.3.6  Elektronisches Beschaffungscontrolling. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 25.3.7  Qualitätsmanagement. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 25.4  Vor- und Nachteile von E-Procurement-Lösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 25.5  Lieferantenportale in der Praxis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 25.6  Auswahl von Beschaffungsobjekten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 25.7  Aufgaben zur Selbstüberprüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362

 Industrie 4.0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366 26.1.1  Historie der Industrie 4.0. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368



XII Inhaltsverzeichnis

26.1.2  Bestandteile der Industrie 4.0 und Stand der Technik in Unternehmen . . . . . . . . . . . . . 369 26.1.3  Roboter Process Automation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 26.2  Aktueller Entwicklungsstand der Beschaffung 4.0. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377 26.2.1  Technologische Entwicklungen der Industrie 4.0 in der Beschaffung . . . . . . . . . . . . . . . 378 26.2.2  Procurement Analytics und digitale Rechnungsstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381 26.3  Potenziale der Beschaffung 4.0 – Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383 26.4  Aufgaben zur Selbstüberprüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389

Serviceteil Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 Stichwortverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403

XIII

Abbildungsverzeichnis Abb. 1.1 Abb. 1.2 Abb. 1.3 Abb. 2.1 Abb. 2.2 Abb. 2.3 Abb. 2.4 Abb. 2.5 Abb. 3.1 Abb. 3.2 Abb. 3.3 Abb. 3.4 Abb. 3.5 Abb. 3.6 Abb. 3.7 Abb. 3.8 Abb. 4.1 Abb. 4.2 Abb. 5.1 Abb. 5.2 Abb. 6.1 Abb. 6.2 Abb. 6.3 Abb. 7.1 Abb. 7.2 Abb. 8.1 Abb. 8.2 Abb. 8.3

Entwicklungsstufen der Einkaufskonzeption, (Erweiterung zu Arnolds et al. 1996) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Aufgaben des operativen Beschaffungsmanagements (Schulte 2005) . . . . 5 Entscheidungsfeld der Logistik (Jünemann 1989) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Integrales Beschaffungsmanagement – vertikale Strukturierung (in Anlehnung an Ulrich et al. 1984) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Integrales Beschaffungsmanagement – horizontale Strukturierung . . . . . 14 Bedeutung des Einkaufs für den Unternehmenserfolg (Bäumler 2010) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Vergleich der Gewinnwirkung von Materialkosteneinsparungen und entsprechenden Umsatzsteigerungen (Muschinski 2013) . . . . . . . . . . 15 Unternehmenswert und Einkaufssteuerung (Schumacher et al. 2008, S. 66) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Geschäftsprozesse in Industrieunternehmen (Schmelzer et al. 2004, S. 46) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Der Kunde-Kunde-Prozess: Auftragsabwicklung (in Anlehnung an Jünemann 1991) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Beispiel eines Produktionsplans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Der Produktentwicklungsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Entwicklungsprozess mit Simultaneous Engineering (Eversheim et al. 1995) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Kostenfestlegung und -entstehung in verschiedenen Abteilungen (Ehrlenspiel et al. 2007, S. 13) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Rolle der Beschaffung im Forward-Sourcing- Prozess (Buchholz 2009) . . 30 Strategische Aufgaben der Beschaffung (eigene Darstellung) . . . . . . . . . . 32 Beschaffung im Spannungsfeld konfliktärer Bereichsinteressen (Hartmann 1999, S. 20) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 Nachhaltigkeitsdreieck (angelehnt an das magische Viereck des deutschen Stabilitäts- und Wirtschaftsgesetzes (vgl. § 1 StabG 2015)) . . . . . . . 37 Beschaffungsobjekthauptgruppen (Large 2009) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 Beispielhafte Bildung von Gruppen (DIN 2002, S. 12) . . . . . . . . . . . . . . . 43 Lieferstruktur nach Klassifizierung und Positionierung (Arnold 2004) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Lieferantenportfolio mit Lieferantentypen (vgl. Arnold 2004) . . . . . . . . . 53 Zulieferpyramide (Wannenwetsch 2005) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 Substituierbarkeit und Wertschöpfungsintensität von Logistikdienstleistungen (Aberle 1996) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 Zusammenhang der Logistikdienstleisterkonzepte (Scholz-Reiter et al. 2008) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 Unterscheidung von direkten und indirekten Fehlmengenkosten . . . . . . . 74 Veränderung der Vergabeentscheidung mit TCO-Konzept (Wildemann 2009) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 Die Transaktionskosten der Total Costs of Ownership (Ellram 1993) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76

XIV

Abbildungsverzeichnis

Abb. 8.4 Abb. 9.1 Abb. 9.2 Abb. 9.3 Abb. 9.4 Abb. 9.5 Abb. 9.6 Abb. 9.7 Abb. 9.8 Abb. 9.9 Abb. 9.10 Abb. 9.11 Abb. 9.12 Abb. 10.1 Abb. 12.1

Abb. 12.2 Abb. 12.3

Abb. 12.4 Abb. 12.5 Abb. 12.6 Abb. 12.7 Abb. 12.8 Abb. 12.9 Abb. 15.1 Abb. 15.2 Abb. 15.3 Abb. 15.4 Abb. 15.5 Abb. 15.6

Vergleich der kumulierten TCO-Plankosten und Folgekosten (Noske 2007) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 Klassische Abteilungsbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 Prozessorientierte Abteilungsbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 Vergleich dezentraler und zentraler Einkauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 Mögliche Standortstruktur eines Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 Position des Einkaufs im Unternehmen 2015 (Techpilot 2015) . . . . . . . . 92 Organisationsformen des Einkaufs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 Divisionale Organisation mit zentralem Einkauf (Laux et al. 2003, S. 327) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 Divisionale Organisation mit dezentralem Einkauf (Laux 2003) . . . . . . . 97 Vor- und Nachteile des zentralen und dezentralen Einkaufs . . . . . . . . . . 98 Divisionale Organisation mit Querschnittsfunktion Einkauf (Laux 2003) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 90-Grad-Shift der Organisation (Osterloh 1996) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 Materialgruppenorientierte Organisation (in Anlehnung an: Kleinaltenkamp 2003) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 Dimensionen des normativen Beschaffungsmanagements . . . . . . . . . . . . 109 Lieferantenmanagementzyklus (eigene Darstellung in Anlehnung an Siemens aufzufinden bei (Wannenwetsch 2009, S. 105), (Wagner 2002, S. 12) und (Pool4Tool: Geschlossener Regelkreis im Lieferantenmanagement o. J.)) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 Anforderungen an die Art der Lieferantenauswahl nach (Büsch 2013, S. 240) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 Prozess Einphasen bis zur Lieferantenauswahl (eigene Darstellung in Anlehnung an (Schönsleben 2016, S. 81 f.) und (Mashhour et al. 2012, S. 93)) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 Normstrategien zur Lieferantenintegration in der Entwicklungsphase nach (Wagner 2002, S. 102) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 Normstrategien in der Industrialisierungsphase nach (Wagner 2002, S. 1111) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 Vorgehensweise bei der Lieferantenentwicklung nach (Zawisla 2008, S. 251) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 Arten der Lieferantenentwicklung nach (Büsch 2013, S. 243) und (Mashhour et al. 2012, S. 85) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 Zentrale Produktionssteuerung und KANBAN-Steuerung (Sommerer 1998, S. 52) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 Bestandsarme Bereitstellungsarten für Materialgruppen (Melzer-Ridinger 2008, S. 174 f.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 Untersuchungsraum der Beschaffungsmarktforschung . . . . . . . . . . . . . . 155 Kosten- und Leistungsmatrix (Koppelmann 2004) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 Abhängigkeit der Beschaffungsbedeutsamkeit von Beschaffungsbedingungen (Koppelmann 2004) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 Charakterisierung der Beschaffungsobjekte (Koppelmann 2004) . . . . . . . 159 Historische Entwicklung der Blei- und Kupferpreise (BGR, 7 www.bgr.bund.de) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 Methoden der externen Informationsgewinnung (Koppelmann 2004) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167

XV Abbildungsverzeichnis

Abb. 16.1 Abb. 16.2 Abb. 16.3 Abb. 16.4

Kategorisierung der Materialien in A-, B- und C-Artikel . . . . . . . . . . . . . 175 Mengen- und Wertverteilung bei der ABC-Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 Grafische Darstellung der ABC-Verteilung des Beispiels oben . . . . . . . . . 177 Anwendungsbereiche von ABC-Analysen (Arnolds et al. 2010, S. 25) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 Abb. 16.5 Kategorisierung der Materialien in X-, Y- und Z-Artikel . . . . . . . . . . . . . 179 Abb. 16.6 Kombination der ABC- und XYZ-Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 Abb. 16.7 Material-Lieferanten-Portfolio (Kraljic 1983; Wildemann 2000) . . . . . . . 183 Abb. 16.8 Material-Lieferanten-Portfolio (Beckmann 2004 in Anlehung an Wildemann 2000) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 Abb. 16.9 Marktmacht-Portfolio (nach Arnolds et al. 2010) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 Abb. 16.10 Versorgungsrisiko-Portfolio mit Normstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 Abb. 17.1 Basisstrategien zum Umgang mit Komplexität und Dynamik (Beckmann 2004) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 Abb. 17.2 SMART-Werk in Hambach (smart) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 Abb. 17.3 Phasen der strategischen Beschaffungsplanung (Beckmann 2008) . . . . . . 203 Abb. 17.4 Perspektiven einer Balanced Scorecard (in Anlehnung an Horvàth & Partner 2004) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 Abb. 17.5 Single/Multiple Sourcing (Arnold 1989) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 Abb. 17.6 Modular/System-Sourcing (von Eicke et al. 1991) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 Abb. 17.7 Chancen und Risiken des Global Sourcing (Werner 2015) . . . . . . . . . . . . 212 Abb. 17.8 Konzepte der Materialbereitstellung (Schulte 1999) . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 Abb. 17.9 Hängebahn (Ford-Werke GmbH) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 Abb. 18.1 Lieferantenbewertungsverfahren (Glantschnig 1994) . . . . . . . . . . . . . . . . 234 Abb. 19.1 Einfluss der Beschaffung auf den ROI (Appelfeller et al. 2005,  S. 104) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 Abb. 19.2 Funktionen von Kennzahlen (Schulte 2001, S. 462) . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 Abb. 20.1 Zusammenstellung von Dispositionsverfahren (Hartmann 2002,  S. 344) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 Abb. 20.2 Plangesteuerte Disposition (Hartmann 2002, S. 349) . . . . . . . . . . . . . . . . 254 Abb. 20.3 Verbrauchsgesteuerte Disposition und Bestellmengenrechnung (Hartmann 2002, S. 359) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 Abb. 20.4 t,Q-Politik (in Anlehnung an Schulte 2001, S. 202) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 Abb. 20.5 t,S-Politik (in Anlehnung an Schulte 2001, S. 202) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 Abb. 20.6 Idealverlauf der Bestandskurve beim Bestellpunktverfahren (Schulte 2001) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 Abb. 20.7 s,Q-Politik (in Anlehnung an Schulte 2001, S. 203) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 Abb. 20.8 s,S-Politik (in Anlehnung an Schulte 2001, S. 204) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 Abb. 21.1 Der operative Beschaffungsprozess (Beckmann et al. 2008, S. 266) . . . . . 264 Abb. 21.2 Beispiel eines Anfrageformulars (Kreuzpointner et al. 2006, S. 46) . . . . . 268 Abb. 21.3 Systematische Ansätze bei der Verhandlungsführung (Hirschsteinerer 2002, S. 90) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 Abb. 21.4 Incoterms 1 – Bestimmungen für jegliche Art von Verkehrsträgern (DHL 2020) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 Abb. 21.5 Incoterms 2 – Bestimmungen für den See- und Binnenwasserverkehr (DHL 2020) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 Abb. 21.6 Musterformular für eine Bestellung (Seite 1), in Anlehnung an Anfrageformular (Kreuzpointner et al. 2006, S. 138) . . . . . . . . . . . . . . . . 285



XVI

Abbildungsverzeichnis

Abb. 21.7 Abb. 21.8 Abb. 21.9 Abb. 21.10 Abb. 22.1 Abb. 22.2 Abb. 24.1 Abb. 24.2 Abb. 24.3 Abb. 25.1 Abb. 25.2 Abb. 25.3 Abb. 25.4 Abb. 25.5 Abb. 25.6 Abb. 25.7 Abb. 25.8 Abb. 25.9 Abb. 25.10 Abb. 25.11 Abb. 25.12 Abb. 26.1 Abb. 26.2 Abb. 26.3 Abb. 26.4

Abb. 26.5 Abb. 26.6 Abb. 26.7 Abb. 26.8 Abb. 26.9

Musterformular für eine Bestellung (Seite 2), in Anlehnung an Anfrageformular (Kreuzpointner et al. 2006, S. 138) . . . . . . . . . . . . . . . . 286 Bestandsverlauf und mittlerer Lagerbestand (ten Hompel 2005) . . . . . . . 289 Verhältnis der Bestellmenge zu den Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 Bestellmengenermittlung bei Mengenrabatten (Grochla 1986, S. 84) . . . . 294 Material- und Informationsfluss im Wareneingang (ZVEI 1982) . . . . . . . 306 Systematik der Lagermittel für Stückgüter (ten Hompel et al. 2007, S. 56) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 Lebenszyklus-Kosten in der nachhaltigen Beschaffung . . . . . . . . . . . . . . 321 Darstellung einer Kreislaufwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 Abfallhierarchie = Beschaffungshierarchie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 Abgrenzung der Begriffe der elektronischen Beschaffung . . . . . . . . . . . . . 336 Ziele des E-Procurements (in Anlehnung an Zarnekow 2001) . . . . . . . . . 338 Strategische und operative Beschaffungsaufgaben (eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 E-Tools zur Unterstützung des operativen Beschaffungsprozesses (in Anlehnung an Wildemann 2003, S. 223) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 Übersicht der Auktionsformen (nach Berz 2007, S. 26) . . . . . . . . . . . . . . 343 Grundtypen für elektronische Kataloge (Meier et al. 2008, S. 66) . . . . . . 344 Beschaffungsprozess E-Procurement (eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . 346 Vor- und Nachteile von E-Procurement – operativ . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 Vor- und Nachteile von E-Procurement – strategisch . . . . . . . . . . . . . . . . 357 Unternehmensportale und betriebliches Prozessumfeld Vlachakis et al. (2005), S. 14 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 Zuordnung Materialgruppen zu den geeigneten Instrumenten des E-Procurements (Stoll 2008, S. 61) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 Zuordnung Materialgruppen blanko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 Historie der Industrie 4.0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 Cyberphysische Systeme (CPS) und Internet der Dinge (in Anlehnung an Studie BMWi 2015) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 Funktionsbereiche der Industrie 4.0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 Persönliche Einschätzung des Fortschritts der Umsetzung von Industrie-4.0-Anwendungen im Gesamtunternehmen und speziell im Einkauf (in Anlehnung an Fraunhofer 2016) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377 Workflow der elektronischen Rechnungsverarbeitung (7 www.proactive-software.com/de/rechnungsverarbeitung/) . . . . . . . . . . 380 Prozess der Procurement-Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 Wachstum der Datenmengen der Vergangenheit (BITKOM 2012) . . . . . 383 Welche Informationstechnologien das Big-Data-Phänomen entstehen lassen (Quelle: Experton Group 2012) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384 Merkmale von Big Data (BITKOM 2012) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385

XVII

Tabellenverzeichnis Tab. 3.1 Tab. 8.1 Tab. 8.2 Tab. 8.3 Tab. 8.4 Tab. 9.1 Tab. 9.2 Tab. 9.3 Tab. 12.1 Tab. 12.2 Tab. 12.3 Tab. 12.4 Tab. 12.5 Tab. 12.6 Tab. 12.7 Tab. 12.8 Tab. 12.9 Tab. 15.1 Tab. 16.1 Tab. 16.2 Tab. 16.3 Tab. 16.4 Tab. 16.5 Tab. 16.6 Tab. 17.1 Tab. 17.2 Tab. 17.3 Tab. 17.4 Tab. 18.1 Tab. 18.2

Vor- und Nachteile des Forward Sourcing (Buchholz 2009) . . . . . . . . . . . . 29 Zusammensetzung des Einstandspreises Quelle (Muschinski) . . . . . . . . . . 69 Zusammensetzung des Lagerhaltungskostensatzes in Industrieunternehmen (Hartmann 2002) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 Beispiel eines TCO-Lieferantenvergleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 Vor- und Nachteile des TCO-Konzepts (in Anlehnung an (Voiges 2009), (Schulze 2007)) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 Strategische und operative Aufgaben im Einkauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 Vor- und Nachteile des zentralen Einkaufs (Hartmann 1997, S. 96) . . . . . 96 Rahmenbedingungen zur Gestaltung der Einkaufsorganisation (Wildemann 2008) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 Gründe für Eigenfertigung oder Fremdbezug (Beckmann et al. 2008, S. 279) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 Problemfelder und Wahlmöglichkeiten der Lieferantenstruktur (Arnolds et al. 2010, S. 202) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 Zusammenarbeit mit Stammlieferanten oder wechselnden Lieferanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 Vorteile und Nachteile von Partnerschaften (Arnolds et al. (2010), S. 242 ff.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 Vor- und Nachteile der Vorratsbeschaffung (in Anlehnung an Melzer-Ridinger 2008, S. 1652008, S. 165) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 Vor- und Nachteile der Einzelbeschaffung im Bedarfsfall (Beckmann et al. 2008, S. 271) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 Vor- und Nachteile der einsatzsynchronen Beschaffung (JIT) (Bichler et al. 2011, S. 89) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 Vor- und Nachteile der KANBAN-Beschaffung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 Vor- und Nachteile von Vendor-Managed Inventory (VMI) (Beckmann et al. 2008, S. 272 f.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 Lieferantenmerkmale als mögliche Informationsinhalte der Beschaffungsmarktforschung (Thommen et al. 2007) . . . . . . . . . . . . . . . . 163 Beispiel einer ABC-Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 Arbeitsübersicht zur ABC-Analyse (Arnolds et al. 2010, S. 24) . . . . . . . . . 178 Folgerungen aus der ABC-XYZ-Analyse (Arnolds et al. 2010, S. 28) . . . . 181 Beispielhafte ABC-Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 Punktbewertung der Angebotsmacht (Westermann 2009) . . . . . . . . . . . . . 191 Punktbewertung der Nachfragemacht (Westermann 2009, S. 43) . . . . . . . 192 Ergebnis der Zieldefinition (Ausschnitt) (Beckmann 2004) . . . . . . . . . . . . 205 Sourcing-Konzepte (Arnold et al. 2007) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 Vergleich der Versorgungskonzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 Vor- und Nachteile der räumlichen Nähe zum Abnehmer (Klug 2001) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 Nutzwertanalyse für eine Lieferantenbeurteilung (Koppelmann 2004) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 Paarweiser Vergleich, Beispiel (Lemme 2005) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239

XVIII

Tabellenverzeichnis

Tab. 18.3 Tab. 18.4 Tab. 20.1 Tab. 20.2 Tab. 21.1 Tab. 21.2 Tab. 21.3 Tab. 21.4 Tab. 22.1 Tab. 24.1 Tab. 25.1 Tab. 25.2 Tab. 25.3 Tab. 25.4 Tab. 25.5 Tab. 26.1 Tab. 26.2 Tab. 26.3 Tab. 26.4 Tab. 26.5 Tab. 26.6

Beispielhafte Ausprägungen der Zielkriterien (Lemme 2005) . . . . . . . . . . . 239 Durchführung einer Lieferantenauswahl (Beispiel) (Lemme 2005) . . . . . . 240 Ermittlung des Brutto- und Nettobedarfs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 Zusammenfassung von Dispositionsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 Die Berechnung der optimalen Bestellmenge in tabellarischer Form (Bsp. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 Die Berechnung der optimalen Bestellmenge in tabellarischer Form (Bsp. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 Rabattstaffelung (Schulte 2001, S. 190) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 Rabattstaffelung zu Beispiel 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 Auslagerstrategien (ten Hompel et al. 2008, S. 33) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 Emissionen der Verkehrsträger in Gramm pro Tonnenkilometer (g/tkm) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 Einsparpotenzial durch elektronische Materialbeschaffung . . . . . . . . . . . . 341 Vor- und Nachteile von Sell-Side-Lösungen (Meier et al. 2008, S. 69) . . . . 345 Vor- und Nachteile von Buy-Side-Lösungen (Maier et al. 2008, S. 71) . . . 346 Vor- und Nachteile von Marktplätzen (Meier et al. 2008, S. 73) . . . . . . . . 347 Erfolgsfaktoren und -hemmnisse von Lieferantenportalen (Gurzki et al. 2003, S. 53) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 Chancen und Risiken der Datenerfassung und -verarbeitung . . . . . . . . . . 372 Chancen und Risiken von Assistenzsystemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 Chancen und Risiken von Vernetzung und Integration . . . . . . . . . . . . . . . 373 Chancen und Risiken von Dezentralisierung und Serviceorientierung . . . 374 Chancen und Risiken von Selbstorganisation und Autonomie . . . . . . . . . 375 Typische RPA-Anwendungsbeispiele (Koch 2020) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376

1

Grundlagen der Beschaffung Inhaltsverzeichnis 1

Die Entwicklung der Beschaffung – 3

2

Begriffsdefinition und Bedeutung der Beschaffung – 9

3

Aufgaben der Beschaffung – 19

4

Ziele in der Beschaffung – 33

5

Objekte der Beschaffung – 41

6

Lieferanten – 49

7

Logistikdienstleister – Vom 1-PL zum 4-PL – 59

8

Kosten der Beschaffung – 67

9

Organisation der Beschaffung – 81

I

3

Die Entwicklung der Beschaffung

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 H. Beckmann, Grundkurs Beschaffungsmanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-39125-6_1

1

4

Kapitel 1 · Die Entwicklung der Beschaffung

1

. Abb. 1.1  Entwicklungsstufen der Einkaufskonzeption, (Erweiterung zu Arnolds et al. 1996)

Viele Unternehmen stehen aufgrund der starken Verflechtung der internationalen Märkte zueinander im internationalen Wettbewerb. Um ihr Bestehen zu sichern und Gewinne zu erzielen, ist eine gut funktionierende Beschaffung unabkömmlich. Durch die in den folgenden Abschnitten erläuterten vielfältigen Veränderungen und Entwicklungsschritte der letzten Jahrzehnte hat die Beschaffung diesen hohen Stellenwert zunehmend ausgebaut. So hat sich in den letzten Jahrzehnten die Situation der Beschaffung weiterentwickelt und gewandelt. Vor dem Hintergrund der Digitalisierung und der zunehmend global vernetzten Wertschöpfungsnetze wird sie sich auch in Zukunft anhaltend weiterentwickeln. Wie in . Abb. 1.1 dargestellt, dominierten in den 50er- bis 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts die Sicherstellung der Versorgung und die Preisreduzierung die Beschaffung, welche im Unternehmen isoliert angesiedelt war (transaktionaler Fokus). Begründet in der Güterknappheit der Nachkriegszeit der 50er-Jahre war eine Versorgung des Unternehmens „um jeden Preis“ erforderlich. Durch die Entwicklung der industriellen Infrastruktur in den 60er Jahren kam es jedoch immer mehr zu einem Preiswettbewerb zwischen den Anbietern. Dieser führte bei den Unternehmen zu einem preisbewussteren Einkaufen als in den 50er-Jahren. Das Verständnis für die größere Bedeutung des Einkaufs entwickelte sich während der Ölkrise (70er-Jahre) und so bekam der Einkauf das Ansehen eines wichtigen, erfolgsbringenden Bereiches des Unternehmens. Dies führte dazu, dass die Funktionen des Einkaufs restrukturiert und nun unternehmerisch, d. h. mit kaufmännischem Verständnis, ausgeführt wurden.1 In den folgenden Jahrzehnten verschob sich der Fokus mehr in Richtung Kosten und ein Verständnis für den Gesamtkostenansatz („Total Cost of Ownership“) entwickelte sich. Die Schaffung von durchgehenden Informations- und Materialflüssen führte die Beschaffung aus der Isolierung hin zu crossfunktionaler Zusammenarbeit mit anderen Unternehmensfunktionen. Einhergehend mit der Ausweitung

1

Arnolds et al. (1996).

5 Die Entwicklung der Beschaffung

. Abb. 1.2  Aufgaben des operativen Beschaffungsmanagements (Schulte 2005)

. Abb. 1.3  Entscheidungsfeld der Logistik (Jünemann 1989)

der ­Aufgaben der Beschaffung und dem Schwerpunkt der Reduzierung der Beschaffungskosten können die Aufgaben des Beschaffungsmanagements nun in zwei Bereiche aufgeteilt werden: Einkauf und Beschaffungslogistik (vgl. . Abb. 1.2). Die Beschaffungslogistik stellt dabei das Bindeglied zwischen den Lieferanten und der eigenen Produktionslogistik dar (vgl. . Abb. 1.3) und befasst sich mit allen Aktivitäten, die der Versorgung des Unternehmens mit Gütern dienen. Hierbei sind die wichtigsten operativen Elemente der Einkauf, die Bestellung, der Transport, die Prüfung, die Lagerung und die Bereitstellung. Die strategische Beschaffung dahingegen umfasst unter anderem die Beschaffungsplanung (Auswahl von Dienstleistungen, Mengenplanung und Preisfestlegungen), die Lieferantenauswahl und Vertragsabwicklungen. In den 90er-Jahren wandelten sich die Verkäufer- zu Käufermärkten und dies brachte eine anspruchsvolle Marketingkonzeption im Einkauf – vergleichbar mit derjenigen des Absatzmarketings – mit sich. Die neue Marketingkonzeption umfasste Marketingziele und -strategien sowie die operative Umsetzung der

1

6

1

Kapitel 1 · Die Entwicklung der Beschaffung

­ arketingmaßnahmen und deren Erfolgskontrolle. Durch diese Neuausrichtung M konnte das auf den Beschaffungsmarkt gerichtete Denken und Handeln unterstützt werden.2 Neben den Einkaufskonzepten veränderten sich aufgrund der fortschreitenden Globalisierung die Weltmärkte (speziell in Europa: EU-Osterweiterung 2004): Mittels verbesserter Transportmittel und neuer Kommunikationstechnologien (z. B. Internet), sowie durch die Liberalisierung der Märkte weiteten sich die potenziellen Beschaffungsquellen auf dem internationalen Markt weiter aus. Aus diesen Entwicklungen resultierte eine stärkere Einbindung der Beschaffung in die Wertschöpfungskette (z. B. just in time, Just-in-Sequence, vgl. 7 Abschn. 12.4.3), was zu zusätzlichen Veränderungen der Beschaffungsstrategien in Unternehmen führte. Eine weitere Entwicklungsstufe der Unternehmensstruktur brachte eine intensivere Vernetzung der eigenen Produktionsstätten untereinander bzw. eine stärkere Kooperation mit anderen Unternehmen mit sich. Eine Form der Kooperation mit anderen Unternehmen stellt das Outsourcing dar, bei der Teile der Produktion an fremde Unternehmen abgegeben werden. Infolge der aufgesplittenen Fertigung eines Produktes auf verschiedene Standorte folgten notwendigerweise eine stärkere Integration der Unternehmensbereiche Beschaffung, Produktion und Distribution und ebenso die Unterstützung durch die Verkehrslogistik (vgl. . Abb. 1.3). Die Verkehrslogistik trägt zu einem wesentlichen Teil zur Versorgung bzw. zum Absatz des Unternehmens bei und stellt die Schnittstelle zwischen den Beschaffungsmärkten und dem Unternehmen ebenso wie zwischen den Absatzmärkten und dem Unternehmen dar. Die Globalisierung führte zu einer Expansion in neue, internationale Märkte, wodurch sich eine neue Art der standort-, länder- und unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit entwickelte. So entstanden verschiedene Versorgungsstrategien, auch Sourcing-Strategien genannt (z. B. Single Sourcing, Global Sourcing (vgl. 7 Abschn. 17.4), die zu einer höheren Bedeutung der Beschaffung für den Unternehmenserfolg führten. Innerbetrieblich resultierte die höhere Bedeutung der Beschaffung in einer Veränderung in der Betriebs- und Marktorientierung der mit der Beschaffung betrauten Bereiche. Dabei ist mit Betriebsorientierung eine ganzheitliche Denkweise im Sinne vielfältiger Interessen des Unternehmens gemeint ist, welche über den Einkaufs-/Beschaffungsbereich hinausgeht. Mit Marktorientierung wird auf die hohe Bedeutung der Beschaffung für den Wettbewerbserfolg des Unternehmens hingewiesen. Die deutsche Automobilbranche beispielsweise versucht, durch die Konzentration auf Kernkompetenzen die eigene Fertigungstiefe zu senken und daraus resultierend den Anteil an Beschaffungsgütern zu erhöhen. Das Ziel der Automobilbranche ist es, eine 30%ige Fertigungstiefe zu realisieren3 und somit einen Großteil der Einzelteile bzw. Module von Automobilzulieferern an die Montagelinie liefern zu lassen. Um den Materialfluss bei der Beschaffung an Teilen steuern zu können, bedarf es einer modernen Beschaffungslogistik, aus der sich wichtige Vorteile im Wettbewerb mit Konkurrenten erschließen. Die sinkende eigene Fertigungstiefe und

2 3

Schulte (2005). Dietl et al. (2007).

7 Die Entwicklung der Beschaffung

Übertragung nicht nur der Produktion, sondern auch der Entwicklung von Produkten auf Fremdunternehmen führen dazu, dass die Beschaffung als Innovator gesehen werden kann (vgl. . Abb. 1.1). Die Entwicklung der Beschaffung bis heute kann wie folgt zusammengefasst werden: 5 Veränderung im Aufgabeninhalt: vom transaktionalen Fokus der Bestellabwicklungsstelle über die Einkaufsabteilung bis zum Materialmanagement 5 Veränderung im Selbstverständnis: von der Preisminderung über den Gesamtkostenansatz hin zum Wertschöpfungs- und Gewinnbeitrag 5 Veränderung in der Autonomie und im organisatorischen Status: vom ausführenden isolierten Organ über den Berater hin zum Entscheidungsträger im Zentrum des Unternehmens. In vielen Unternehmen hat diese Entwicklung zu einer Gleichstellung der Beschaffung mit anderen Unternehmensbereichen geführt. 5 Das Beschaffungsmanagement wird elementar zur Gestaltung einer wettbewerbsfähigen Integration der Versorgungsfunktion in die globalen Wertschöpfungsketten. Die moderne Beschaffung – und wohl auch die der nahen Zukunft – legt den Fokus auf einen ganzheitlichen, strategischen Wertschöpfungsansatz mit dem Ziel, nachhaltige Wettbewerbsvorteile zu erlangen. Sie und mit ihr die Einkaufsfunktion ist im Zentrum des Unternehmens angesiedelt und geht enge Kooperationen mit anderen Unternehmensbereichen und Unternehmen ein. Das wichtige Thema der Zukunft wird auch in der Beschaffung die „Industrie 4.0“ darstellen. Viele Unternehmen kennen die Ansätze und Ideen der Beschaffung 4.0, es bestehen jedoch noch viele Defizite bei der konkreten Umsetzung. Um entsprechende Veränderungen umzusetzen, ist es Aufgabe der Beschaffung, die Rahmenbedingungen für automatisierte Prozesse zu entwickeln. In den Bereichen Datenaustausch oder Prozessautomatisierung, etwa durch Katalogsysteme oder EDI-Anbindungen, existieren bereits umgesetzte Maßnahmen, sie werden jedoch noch nicht durchgehend in mehreren Stufen der Supply Chain integriert. So fehlt beispielsweise bei der Einführung von Methoden und Instrumenten der Industrie 4.0 gegenwärtig noch eine aktive Einbindung von Lieferanten. Die Industrie 4.0 ermöglicht unter anderem eine umfassende Datenerhebung und -analyse („Big Data“), wodurch die Bereiche Einkauf, Entwicklung und Produktion noch weiter zusammenwachsen werden. Ferner schaffen neue Technologien, wie der 3D-Druck, neuartige Produktionsmöglichkeiten, die einen flexibleren Einkauf ermöglichen und erfordern. Durch den 3D-Druck wird eine kurzfristige Anpassung der Produktionsentscheidungen an die aktuelle Nachfrage ermöglicht. Dies führt wiederum dazu, dass Zulieferer aufgrund der erforderten Flexibilität zukünftig noch enger in die Beschaffungssysteme eingebunden werden müssen. Dies kann beispielsweise durch die automatisierte Abfrage und Anforderung von Warenbeständen in Echtzeit geschehen. Ein*e Beschaffungsmanager*in arbeitet somit nicht mehr nur an der Verbesserung bestehender Prozesse wie der Prüfung von Ausgaben, der Analyse des Zuliefermarktes oder alleine an Strategien, um Einsparpotenziale zu erzielen. Vielmehr

1

8

1

Kapitel 1 · Die Entwicklung der Beschaffung

stellt er/sie diese mit Erfolg sversprechenden Alternativen infrage, etabliert innovative Verfahren und treibt die Entwicklung neuer Produkte und Services voran. Dies leistet entscheidende Beiträge für die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens.4

4

Schuh et al. (2017).

9

Begriffsdefinition und Bedeutung der Beschaffung Inhaltsverzeichnis 2.1  Begriffsdefinition Beschaffung – 10 2.2  Begriffsdefinition Beschaffungsmanagement – 11 2.3  Bedeutung der Beschaffung für den Unternehmenserfolg – 14 2.4  Aufgaben zur Selbstüberprüfung – 18

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 H. Beckmann, Grundkurs Beschaffungsmanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-39125-6_2

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10

Kapitel 2 · Begriffsdefinition und Bedeutung der Beschaffung

2.1  Begriffsdefinition Beschaffung

2

Die Beschaffung umfasst sämtliche unternehmens- und/oder marktbezogenen Aktivitäten, die ausgerichtet an den Zielen der Beschaffung (vgl. 7 Kap. 4) darauf ausgelegt sind, einem Unternehmen die benötigten, aber nicht selbst hergestellten Objekte verfügbar zu machen.1 Die Objekte, welche Gegenstand dieser Beschaffungsaktivitäten sind, werden als Beschaffungsobjekte bezeichnet und in 7 Kap. 4 systematisch erklärt. Grundsätzlich benötigen Unternehmen folgende Beschaffungsobjekte:2 5 Sachgüter 5 Dienstleistungen 5 Informationen 5 Rechte 5 Arbeitskräfte 5 Kapital (Finanzmittel) Sachgüter sind entweder natürliche Ressourcen oder das Ergebnis von Produktionsprozessen (Sachleistungen). Je nach Einsatz in den Produktionsprozessen können Produktions- und Investitionsgüter und Handelswaren unterschieden werden. Produktionsgüter werden auch als Erzeugnisstoffe bezeichnet, wenn sie unverändert oder nach Bearbeitung verändert direkt in die Erzeugnisse eingehen. Beispiele sind Rohmaterialien, Vorprodukte, Komponenten, Baugruppen oder Module. Hingegen spricht man von Betriebsstoffen, wenn diese nicht in die Erzeugnisse eingehen, aber zu deren Produktion verbraucht bzw. zur Aufrechterhaltung des Leistungsprozesses benötigt werden. Betriebsstoffe sind beispielsweise Treibstoffe, Schmiermittel, Strom, Reinigungsmittel oder Reparaturmaterialien. Investitionsgüter (auch Betriebsmittel oder Potenzialfaktoren) sind langlebige Wirtschaftsgüter, die von Unternehmen zur Erstellung und Weiterverarbeitung von Gütern angeschafft werden, ohne dass sie im Gegensatz zu Produktionsgütern in die Erzeugnisse eingingen bzw. während der Produktion verbraucht würden. Beispiele hierfür sind Werkzeuge, Maschinen, komplexe Anlagen oder Gebäude. Handelswaren sind Sachgüter, die in absatzfähigem Zustand bezogen und ohne Be- oder Verarbeitung weiterveräußert werden. Sie komplettieren typischerweise das eigene Produktportfolio. Daneben kann auch eine Dienstleistung eine Handelsware sein, wie z. B. die Schulung eines Endkunden durch ein externes Trainingsunternehmen.3 Ein umfassender Beschaffungsbegriff, der alle benannten Beschaffungsobjekte einbezieht, wird in der Literatur kontrovers diskutiert.4 Dies betrifft z. B. die Frage, ob die Versorgung mit Personal und Kapital die Aufgabe der Beschaffung ist. Als Argument für die Berücksichtigung des Personals wird die Abhängigkeit zwischen den Beschaffungsobjekten (z. B. bei personalsparenden Maschinen) und der Personalbeschaffung angeführt. Kapital ist eine notwendige Voraussetzung für die Beschaffung von Produktions- und Investitionsgütern. Auf der anderen Seite wird als

1 2 3 4

Arnold (1997, S. 3). Arnold (1997, S. 3 f.); Grochla (1978, S. 13 f.). Large (2009, S. 16). Arnold (1997 S. 4 f.) und dort angeführte Literatur.

11 2.2 · Begriffsdefinition Beschaffungsmanagement

Argument für eine eingegrenzte Betrachtung u. a. die notwendige objektbezogene Spezialisierung der auf die Beschaffungsobjekte bezogenen Aktivitäten benannt. Dies zeigt sich anhand der institutionellen Ausdifferenzierung in der Praxis, in welcher die Personalbeschaffung dem Personalwesen bzw. die Kapitalbeschaffung dem Finanzwesen zugeordnet wird. Die in der Literatur vorherrschende enge Sicht zur Eingrenzung des Umfangs der Beschaffungsobjekte beschränkt diesen auf Sachgüter und Dienstleistungen (vgl. 7 Kap. 5). In älteren Beschaffungsdefinitionen wird vor allem der operative Aspekt des Einkaufens hervorgehoben.5 Diese Definitionen werden jedoch den Beschaffungsanforderungen von heute nicht mehr gerecht (vgl. 7 Kap. 1).6 Neben der allgemeinen Sicherstellung der Versorgungssicherheit hat die Beschaffung auch eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit, also das Optimieren der mit der Beschaffung zusammenhängenden Kosten und Leistungen, zur Aufgabe.7 Hierzu wird eine strategische Perspektive in der Beschaffung, die eine integrierte, prozessorientierte Sichtweise auf die externe und interne Supply Chain einnimmt, erforderlich. Somit wird das „integrale Management“8 der Beschaffungsaktivitäten unerlässlich, d. h., die Beschaffung agiert funktions- und unternehmensübergreifend als interner/ externer Integrator, Werttreiber und Innovator. 2.2  Begriffsdefinition Beschaffungsmanagement

Ein Beschaffungsmanagement im Sinne eines integralen Ansatzes kann definiert werden als die Gestaltung, Lenkung und Entwicklung der Beschaffungsaktivitäten, wobei9 5 Gestaltung bedeutet, die Beschaffung als zweckgerichtete, handlungsfähige Ganzheit in der Art zu etablieren und zu erhalten, dass diese ihre Aufgaben erfüllen kann sowie lenkungs- und entwicklungsfähig ist und bleibt. 5 Lenkung im Sinne von „to control“ zu verstehen ist. Die Beschaffungsaktivitäten sollen so unter Kontrolle gehalten werden, dass sie einen jeweils gewünschten Zustand erreichen und beibehalten. 5 Entwicklung einen kontinuierlichen Prozess der Weiterentwicklung der Beschaffungsaktivitäten im Sinne ständiger Verbesserung und qualitativen Lernens bezeichnet. Gemäß dem „integralen Management“10 nach Hans Ulrich lassen sich die Handlungsfelder des Managements sachlogisch und vom Zeithorizont des notwendigen Managementhandelns in drei Ebenen gliedern. Diese sind auch für das integrale Beschaffungsmanagement gültig (vertikale Gliederung, vgl. . Abb. 2.1):11

5 6 7 8 9 10 11

Janz (2004, S. 9). Janz (2004, S. 9). Piontek (2004, S. 31). Ulrich et al. (1984). Beckmann (1997). Ulrich et al. (1984). Beckmann (1997).

2

12

Kapitel 2 · Begriffsdefinition und Bedeutung der Beschaffung

2

. Abb. 2.1  Integrales Beschaffungsmanagement – vertikale Strukturierung (in Anlehnung an Ulrich et al. 1984)

5 normatives Management 5 strategisches Management 5 operatives Management Im integralen Beschaffungsmanagement beschäftigt sich die normative Ebene mit den generellen Zielen in der Beschaffung, mit Prinzipien, Normen und Leitlinien, die auf die langfristige Erhaltung und Entwicklung der Beschaffungsziele (vgl. 7 Kap. 4) ausgerichtet sind. Diese sind an den Unternehmenszielen und den Rahmenbedingungen des Unternehmens zu orientieren. So verlangt beispielsweise die steigende Bedeutung der Beschaffung für die langfristige Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen ein neues Selbstverständnis der Beschaffungsfunktionen in den Kunden-Lieferanten-Beziehungen. Sie sind als strukturiertes Netzwerk interdependenter Lieferketten zu betrachten. Die Umsetzung effizienter Beschaffungskonzepte hat dabei unter Beachtung folgender Leitlinien zu erfolgen:12 5 Konzentration auf das Kerngeschäft, 5 Vorverlagerung von Einkaufsaktivitäten, 5 Differenzierung der Abnehmer-Lieferanten-Beziehungen, 5 Prozessorientierung, 5 Komplexitätsreduzierung, 5 Nachhaltigkeit und 5 Compliance. Die Leitlinien zur Umsetzung effizienter Beschaffungskonzepte fließen in der Beschaffungspolitik (vgl. 7 Kap. 10) zusammen, die im Zusammenspiel mit der strategischen Planung (vgl. 7 Abschn. 3.2) für einzelne Beschaffungsobjekte oder für

12 Wildemann (2008).

2.2 · Begriffsdefinition Beschaffungsmanagement

13

homogene Materialgruppen Grundsatzentscheidungen trifft. Diese bilden langfristige Rahmenbedingungen für die operativen Geschäftsprozesse der Beschaffung, sie werden den Mitarbeitern als Vorgaben und Ziele in den Verfahrensanweisungen übergeben und legen die Vorgehensweise der softwareunterstützten Beschaffungsplanung fest. Das strategische Beschaffungsmanagement ist auf den Aufbau, die Pflege und die Ausbeutung von Erfolgspotenzialen ausgerichtet. Die Umweltanalyse erfolgt im Rahmen der Beschaffungsmarktforschung (vgl. 7 Kap. 15). Sie umfasst alle Aktivitäten, die das systematische Zusammentragen und Verarbeiten von Informationen betreffen, um fundierte Kenntnisse über die Bedingungen und Vorgänge auf den bisherigen oder möglichen zukünftigen Beschaffungsmärkten zu erlangen. Dabei werden folgende Ziele verfolgt: 5 Verbesserung der Markttransparenz zur Schaffung von Voraussetzungen für optimale Beschaffungsentscheidungen, 5 Erschließung neuer Erfolgspotenziale durch regelmäßige und systematische Markterkundung, 5 frühzeitige Erkennung kritischer Marktsituationen, 5 Absicherung bestehender Erfolgspotenziale, 5 Bereitstellung von Informationen, die zur Vermeidung und Senkung von Kosten in Beschaffung, Produktion und Absatz dienen. Das Management der internen und externen Wertschöpfungskette (Prozessmanagement) rückt damit zunehmend in den Fokus. Mit den Wertschöpfungspartnern sind die Kunden-Lieferanten-Beziehungen in Bezug auf die Zielgrößen Time to Market, Innovation, Qualität und Kosten zu optimieren. Auf der Ebene des strategischen Beschaffungsmanagements soll ein dauerhaft leistungsfähiges Versorgungssystem gestaltet und kontinuierlich weiterentwickelt werden. Somit kann es einen signifikanten Wertbeitrag für das Unternehmen leisten. Das operative Beschaffungsmanagement sorgt für die operative Umsetzung des normativen und strategischen Managements in den für die Versorgungsfunktion notwendigen Prozessabläufen (vgl. 7 Kap. 21). Im operativen (ausführenden oder vollziehenden) Management werden die operativen Aufgaben der Beschaffung gestaltet, gelenkt und entwickelt. Ziele sind eine ausgeprägte Effektivität und Effizienz in den operativen Einkaufsprozessen, basierend auf den aktuellen Digitalisierungsansätzen (vgl. 7 Kap. 26). Die Ausrichtung des operativen Managements erfolgt im ökonomischen Bereich auf der Ebene leistungs-, finanz- und informationswirtschaftlicher Prozesse sowie im sozialen Bereich hinsichtlich der Effektivität der Führung der Mitarbeiter in der Beschaffung. Das Personal ist permanent zu entwickeln und zu fördern, damit es den ständig steigenden Anforderungen an die Beschaffung weiterhin gerecht werden kann. Als wesentliche Handlungsfelder des integralen Beschaffungsmanagements über die aufgezeigten Ebenen hinweg (horizontale Gliederung) gelten die in . Abb. 2.2 aufgezeigten Bereiche.13

13 Beckmann (2019).

2

14

Kapitel 2 · Begriffsdefinition und Bedeutung der Beschaffung

2

. Abb. 2.2  Integrales Beschaffungsmanagement – horizontale Strukturierung

2.3  Bedeutung der Beschaffung für den Unternehmenserfolg

Wie bereits in 7 Kap. 1 erläutert wurde, rückte die Beschaffung besonders in den letzten Jahren immer stärker in den Fokus des Managements. Dies spiegelt sich auch in der heutigen Positionierung des Einkaufs in der Unternehmenshierarchie wider. Im Laufe der letzten Jahrzehnte stieg der Anteil der Einkaufsleiter, welche in der oberen Managementebene angesiedelt sind, deutlich an (s. auch 7 Abschn. 9.2). Um die tatsächliche Bedeutung der Beschaffung für den Erfolg einer Unternehmung aufzeigen zu können, werden zunächst Einflussfaktoren für den Unternehmenserfolg dargestellt. Im Anschluss daran erfolgt die Erläuterung des Einflusses der Beschaffung auf den Unternehmenserfolg. Unternehmenserfolg lässt sich nicht allgemein definieren, sondern lässt sich am besten beurteilen, wenn er ins Verhältnis zu den vom Unternehmen gesteckten Zielen gesetzt wird. Erfolg lässt sich also als Grad der Zielerreichung beurteilen.14 Gegenwärtig ist der Einkauf in verschiedene strategische Entscheidungen eingebunden. So übt der Einkauf weitere entscheidende Einflüsse aus, von denen einige in . Abb. 2.3 dargestellt sind.15 Mögliche Einflussfaktoren für den Unternehmenserfolg können folgende sein16: 5 der Preis, 5 das Image einer Unternehmung, 5 die Lieferzeit,

14 Wältermann (2008, S. 14). 15 Stollenwerk (2012, S. 39). 16 Stollenwerk (2012, S. 34 f.); Stollenwerk (2012, S. 39 f.).

2.3 · Bedeutung der Beschaffung für den Unternehmenserfolg

15

. Abb. 2.3  Bedeutung des Einkaufs für den Unternehmenserfolg (Bäumler 2010)

. Abb. 2.4  Vergleich der Gewinnwirkung von Materialkosteneinsparungen und entsprechenden Umsatzsteigerungen (Muschinski 2013)

5 die Termintreue, 5 die Qualität sowie 5 der Unique Selling Point (USP) – ein Alleinstellungsmerkmal einer Unternehmung. Einflussfaktor Preis: Den oftmals offensichtlichsten Einflussfaktor des Einkaufs für den Unternehmenserfolg stellt die Senkung der Materialkosten dar. Durch niedrigere Einstandspreise kann der Gewinn einer Unternehmung bereits erheblich gesteigert werden. Eine Senkung der Einkaufspreise, beispielsweise um 5 %, kann den ROI von 10 auf 15,3 % erhöhen17 oder alternativ eine entsprechende Preissenkung ermöglichen, die keinen negativen Effekt auf den Gewinn hat. In . Abb. 2.4 wird

17 Hartel (2009).

2

16

2

Kapitel 2 · Begriffsdefinition und Bedeutung der Beschaffung

dieser Effekt verdeutlicht. Bei sinkendem Einkaufspreis ist trotzdem eine adäquate Qualität sicherzustellen, da andernfalls aufgrund von Qualitätsmängeln sinkende Absatzmengen erwartet werden können und der Gewinn abnimmt. Für eine Unternehmung soll beispielhaft angenommen werden, dass sie einen Materialkostenanteil von 60 % und eine Umsatzrendite von 1 % aufweist. Können die Einkaufspreise dieser Unternehmung um nur 2 % gesenkt werden, hätte es einer Umsatzsteigerung von 120 % bedurft, um denselben Effekt auf den Gewinn zu erzielen wie die Einkaufspreissenkung. Der Einkauf weist also eine enorme Hebelwirkung auf den Gewinn auf. Einflussfaktor Image: Das Image eines Unternehmens trägt in erheblicher Form zu dessen Erfolg eines Unternehmens bei. Imageschäden können über die Verbreitung via Internet (z. B. Twitter, Facebook etc.) unkalkulierbare Folgen und finanzielle Aufwendungen für die Rehabilitierung und mögliche Verkaufseinbußen nach sich ziehen. Da die Lieferantenauswahl in den Aufgabenbereich der Beschaffung fällt, kann diese auch einen enormen Einfluss auf das Unternehmensimage durch die Auswahl der richtigen Lieferanten ausüben. So veröffentlichte der BME bereits im Jahr 2008 einen branchenübergreifenden Verhaltenskodex, der beitretende Unternehmen dazu verpflichtet, den Beschaffungsprozess u. a. so auszurichten, dass Kinderarbeit durch die Lieferantenauswahl nicht unterstützt wird.18 Einflussfaktor Qualität: Auch die Qualität der Produkte stellt ein wesentliches Kriterium für den Unternehmenserfolg dar. So kann der Erfolg eines Endproduktes an der fehlerhaften Qualität eines einzigen Teils scheitern oder geschmälert werden. Der Autobauer Toyota verzeichnete schätzungsweise zuzüglich zu den direkten Kosten etwa zwei Milliarden Dollar Umsatzeinbußen durch den Gaspedal-Rückruf in den USA in den Jahren 2009 und 2010. Toyota stimmte erst im März 2014 einer Zahlung von 1,2 Mrd. US$ zu, die dem Automobilproduzenten durch die US-Justiz auferlegt wurde. Für den Unternehmenserfolg ist es folglich essenziell, dass die Beschaffung Einsatzteile in der richtigen Qualität zur Verfügung stellt und so für eine konstante Sicherstellung der Produktqualität sorgt. Einflussfaktor Termintreue: Einen weiteren wichtigen Einfluss stellt die Termintreue der Lieferanten dar. Dieser Einfluss ist besonders dann relevant, wenn auf eine Lagerhaltung weitestgehend verzichtet und bedarfssynchron beschafft wird (s. auch 7 Abschn. 17.4.4.3). Eine funktionierende bedarfssynchrone Beschaffung eröffnet ein enormes Einsparungspotenzial, da im optimalen Fall keine Lagerhaltungskosten entstehen, sondern das Material direkt an das Produktionsband geliefert wird (vgl. dazu 7 Abschn. 17.4.4.3). Fällt ein Lieferant aus, sind die Schäden dagegen immens, da die Produktion unmittelbar zum Erliegen kommt. Ein extremes Beispiel stellt das Erdbeben 2011 in Japan dar. In dessen Folge konnte Toyota fünf Wochen lang (260 000 Autos) nicht produzieren, da viele Werke der Zulieferer durch das Erdbeben zerstört oder beschädigt worden waren. Aus Sicht der Beschaffung bedeutet dies, dass zum einen im Hinblick auf die Termintreue der Lieferanten, aber auch zur Gewährleistung der eigenen Termintreue gegenüber den Kunden ein besonderes Augenmerk auf einem funktionierenden Risikomanagement und

18 BME (2008, S. 38).

2.3 · Bedeutung der Beschaffung für den Unternehmenserfolg

17

e­ iner geeigneten Notfallplanung liegen muss, um die Auswirkungen eines Lieferantenausfalls so gering wie möglich zu halten.19 Einflussfaktor Entwicklung vom Preis zum Wert: Neben den bereits genannten Aspekten kann der Einkauf auch einen aktiven Einfluss auf den Wert eines Unternehmens ausüben. Bei der Betrachtung dieses Einflusses fällt auf, dass der Einkauf zum einen über die Steuerung der Bestände und Verbindlichkeiten gegenüber den Lieferanten Einfluss auf das Umlaufvermögen hat und zum anderen über den Investitionsgütereinkauf auch das Anlagevermögen beeinflussen kann. Der Einfluss des Einkaufs endet jedoch nicht bei den kostenorientierten Stellhebeln.20 In dieser Hinsicht spielt die Entwicklung des Einkaufs eine besondere Rolle. Wurde diese Organisation lange nur kostenorientiert betrachtet, nimmt die wertorientierte Betrachtung der Einkaufsleistung stetig zu. Diese Änderung der Wahrnehmung des Einkaufs hat auch einen entscheidenden Einfluss auf die Anerkennung der Abteilung innerhalb des Unternehmens. So kann der Einkauf entscheidende Unterstützung im Bereich der Innovationen liefern – beispielsweise durch das Auffinden und frühzeitige Integrieren von innovativen Lieferanten. Dieser Aspekt gewinnt in der heutigen Zeit besonders an Bedeutung, da viele Unternehmen sich mittlerweile sehr auf ihre Kernkompetenzen fokussieren und der Anteil an Zukaufteilen daher stetig zunimmt. Dies führt folglich dazu, dass einige Innovationspotenziale auf die Lieferanten verlagert werden. Umso wichtiger ist es daher, die Lieferanten frühzeitig in den eigenen Produktentstehungsprozess zu integrieren, um das Innovationspotential dieser möglichst umfassend nutzen zu können. Auf diese Weise kann es einem Unternehmen dann auch gelingen, Innovationen schneller in ein Endprodukt zu integrieren als die Konkurrenz. Dieser Vorsprung kann einem Unternehmen sodann auch wertvolle Wettbewerbsvorteile sichern und die Absatzmenge, aber auch das Preisniveau eines Produkts erhöhen. Neben diesem Effekt kann eine frühzeitige Integration der Lieferanten auch zu einer Optimierung der Prozesse in der Fertigung oder der Logistik führen und auch auf diese Weise zu einer Wertsteigerung des Unternehmens beitragen.21 Darüber hinaus hat der Einkauf die Möglichkeit, auch den internen Wertbeitrag positiv zu beeinflussen. Dies geschieht vor allen Dingen durch eine flexible Gestaltung der Einkaufsorganisation. Besteht die Organisation aus einem bereichsübergreifenden Team mit Mitarbeitern, die entsprechend den Anforderungen qualifiziert sind, und verfügt die Organisation über flexible, schnelle und kompetente Entscheidungsprozesse, kann der Einkauf sicherstellen, dass neben dem kostenorientierten auch der umsatzorientierte Wertbeitrag erreicht werden kann (vgl. 7 Kap. 9).22 Abschließend sind in . Abb. 2.5 zusammenfassend die Wirkungsweisen einiger wichtiger Einflussgrößen des Einkaufs für den Unternehmenswert dargestellt.

19 20 21 22

Löwer (2012). Schieck (2008, S. 65). Schieck (2008, S. 65 f.); Lemme (2012). Schieck (2008, S. 65 f.).

2

18

Kapitel 2 · Begriffsdefinition und Bedeutung der Beschaffung

2

. Abb. 2.5  Unternehmenswert und Einkaufssteuerung (Schumacher et al. 2008, S. 66)

2.4  Aufgaben zur Selbstüberprüfung

1. Nennen und erklären Sie vier verschiedene Beschaffungsobjekte. 2. Definieren Sie den Begriff Beschaffungsmanagement. 3. Wie kann sich die Beschaffung auf den Unternehmenserfolg auswirken?

19

Aufgaben der Beschaffung Inhaltsverzeichnis 3.1 Operative Aufgaben der Beschaffung – 20 3.2 Strategische Aufgaben der Beschaffung – 31 3.3 Aufgaben zur Selbstüberprüfung – 32

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 H. Beckmann, Grundkurs Beschaffungsmanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-39125-6_3

3

20

Kapitel 3 · Aufgaben der Beschaffung

3.1  Operative Aufgaben der Beschaffung

3

Um die operativen Aufgaben der Beschaffung im Detail zu erfassen, wird zunächst ihr Beitrag an den zentralen Geschäftsprozessen eines Unternehmens erläutert. Unter einem Geschäftsprozess wird die funktionsübergreifende Abfolge von wertschöpfenden Tätigkeiten im Unternehmen verstanden, die zur Erreichung der Organisations- oder Unternehmensziele dienen.1 Sie sind gekennzeichnet durch ihre unmittelbare Ausrichtung auf die Schaffung von Kundennutzen und ihren Beitrag zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens.2 Schmelzer und Sesselmann (2014) weisen in ihrer Definition explizit auf den Aspekt der Kundenorientierung (Kunde-Kunde-Prozesse) hin: „Geschäftsprozesse bestehen aus der funktionsüberschreitenden Verkettung wertschöpfender Aktivitäten, die von Kunden erwartete Leistungen erzeugen und deren Ergebnisse strategische Bedeutung für das Unternehmen haben. Sie können sich über Unternehmensgrenzen hinweg erstrecken und Aktivitäten von Kunden, Lieferanten und Partnern einbinden. Mit Hilfe der Geschäftsprozesse ist es möglich, die strukturbedingte Zerstückelung der Prozessketten in Funktionsorganisationen zu überwinden und die Aktivitäten eines Unternehmens stärker auf die Erfüllung von Kundenanforderungen auszurichten.“3 Ein Geschäftsprozess besteht demnach aus folgenden Komponenten4: 5 Anforderungen der Kunden, 5 Inputs, 5 Leistungserstellung (Wertschöpfung), 5 Ergebnisse, 5 Geschäftsprozessverantwortlicher, 5 Ziel- und Messgrößen zur Steuerung des Geschäftsprozesses. Charakteristisch ist, dass ein Geschäftsprozess beim Kunden beginnt und endet, wobei externe und interne Kunden zu unterscheiden sind. Interne Kunden sind innerhalb eines Unternehmens im Prozessablauf nachgeschaltete Funktionsbereiche – so ist bspw. die Produktion der interne Kunde der Beschaffung. In . Abb. 3.1 sind beispielhafte Geschäftsprozesse eines Unternehmens dargestellt. Ein Prozess ist eine Abfolge von Aktivitäten5, die zeitlich und logisch aufeinander aufbauen und zur Bearbeitung eines betriebswirtschaftlich relevanten Objektes notwendig sind (Aufgabenerfüllung). Die Bearbeitung des relevanten Objektes wird als Aufgabe bezeichnet, also eine dauerhaft wirksame Verpflichtung, bestimmte Aktivitäten auszuführen, um ein definiertes Ziel zu erreichen (Erbringung einer Soll-Leistung),6und ist somit immer aktivitäts- bzw. tätigkeitsorientiert. Eine Aufgabe stellt den Prozesszweck dar und dient zur Ableitung der erforderlichen Aktivitäten, um diesen zu erfüllen.7 Im Gegensatz zu Aufgaben sind Ziele Aussagen

1 2 3 4 5 6 7

Staud (2006, S. 5). Zeller (2003, S. 41). Schmelzer et al. (2004, S. 46). Schmelzer et al. (2004, S. 46). Aktivitäten stellen den Kern der Prozessabwicklung dar und werden auch als Tätigkeiten, Verrichtungen oder Arbeitsgänge bezeichnet. Vahs (2007, S. 225). Vahs (2007, S. 52). Vahs (2007, S. 224).

3.1 · Operative Aufgaben der Beschaffung

21

. Abb. 3.1  Geschäftsprozesse in Industrieunternehmen (Schmelzer et al. 2004, S. 46)

über erwünschte Zustände und demnach immer ergebnisorientiert. Allgemeine Prozessziele sind insbesondere die Steigerung der Prozessqualität, die Reduzierung der Durchlaufzeit, die Erhöhung der Termintreue, die effiziente Auslastung der zur Prozessdurchführung eingesetzten Ressourcen, die Senkung der Prozesskosten sowie die Steigerung der Flexibilität und Nachhaltigkeit der Prozesse. Im Folgenden werden zunächst die operativen Aufgaben der Beschaffung aufgezeigt, die strategischen Aufgaben werden anschließend in 7 Abschn. 3.2 erläutert. Die bei der Aufgabenerfüllung bearbeiteten Objekte werden aufgrund ihrer zentralen Bedeutung für den Prozess als prozessprägendes Objekt bezeichnet. Im Informationsfluss der Bestellung wird der Prozess beispielsweise durch den Auftrag oder die Rechnung geprägt.8 Im Materialfluss haben im Rahmen der Beschaffung die sogenannten Beschaffungsobjekte diese Rolle (vgl. 7 Kap. 5). Jeder Prozess bezieht Leistungen von (Prozess-)Lieferanten (Input) und gibt seinerseits wiederum Leistungen an (Prozess-)Kunden ab (Output).9 Der Unterschied zum Geschäftsprozess liegt in dessen Beitrag zum Unternehmenserfolg und seinen Schnittstellen zu den Marktteilnehmern (Lieferanten und Kunden des Unternehmens). Wie die Entwicklungslinie der Beschaffung aufzeigt, hat eine prozessorientierte Betrachtung der Unternehmensaktivitäten zunehmend an Bedeutung gewonnen. Daher gilt der Merksatz: Die Aufgaben der Beschaffung sind als Teil von Geschäftsprozessen zu betrachten, die im Rahmen einer prozessorientierten Gesamtorganisation zu integrieren sind. Im Folgenden sollen zwei zentrale Geschäftsprozesse näher vorgestellt werden: 5 der Auftragsabwicklungsprozess 5 der Produktentwicklungsprozess

8 9

Becker et al. (2005, S. 3 ff.). Kuhn (1995).

3

22

Kapitel 3 · Aufgaben der Beschaffung

3

. Abb. 3.2  Der Kunde-Kunde-Prozess: Auftragsabwicklung (in Anlehnung an Jünemann 1991)

3.1.1  Aufgaben der Beschaffung im Auftragsabwicklungsprozess

Der Auftragsabwicklungsprozess ist ein Kunde-Kunde-Prozess, unter dem ein geschlossener Prozess verstanden wird, welcher beim Kunden beginnt und endet (vgl. . Abb. 3.2). Der Käufermarkt oder der Kunde ist derjenige, der eine betriebliche Leistung in Anspruch nehmen möchte.10 Auslöser des Prozesses ist entweder der Kunde, indem er eine Bestellung in Form eines Auftrags platziert, oder das Unternehmen selbst, welches über Absatzprognosen den voraussichtlichen Bedarf der Kunden abschätzt. Im ersten Fall spricht man von einer Produktion auf Bestellung mit Einzel- oder Rahmenaufträgen. Ein Einzelauftrag ist zu vergleichen mit einer Bestellung in einem Internetshop, bei der eine konkrete Menge zu einem einzelnen Zeitpunkt geordert wird. Rahmenaufträge basieren auf längerfristigen Vereinbarungen und einer größeren Zahl von Lieferungen (vgl. 7 Abschn. 12.3). In den Aufträgen ist der Bedarf an Dienstleistungen, fertigen Erzeugnissen, aber auch an separat verkäuflichen Zwischenprodukten und Ersatzteilen, der sogenannte Primärbedarf, festgelegt. Im zweiten Fall spricht man von Produktion auf Grundlage von Absatzerwartungen basierend auf Vergangenheitsdaten. Hier bilden Absatzprognosen die Grundlage zur Bestimmung des Primärbedarfs. Die Planung des Primärbedarfes ist Aufgabe der Absatzplanung bzw. des Marketings (vgl. . Abb. 3.2) und kann auf umfangreichen Prognose- und Optimierungsberechnungen basieren. Die im Absatzplan festgelegten Bedarfe für die einzelnen Erzeugnisse werden im Rahmen der Produktionsprogrammplanung in das sogenannte Produktionspro-

10 Wilhelm (2007, S. 24).

3.1 · Operative Aufgaben der Beschaffung

23

. Abb. 3.3  Beispiel eines Produktionsplans

gramm überführt. Hierbei werden unter Berücksichtigung der Kapazitäten (z. B. Personal, Bearbeitungsmaschinen etc.) die herzustellenden Erzeugnisse nach Art, Menge und Termin für einen definierten Planungszeitraum festgelegt. Dazu werden für die im Absatzplan festgelegten Erzeugnismengen die notwendigen Produktionsstunden ermittelt, um so Konsequenzen für die Kapazitäten in Fertigung und Montage zu erkennen. Ergebnis ist der hinsichtlich seiner Absetzbarkeit und Realisierbarkeit abgestimmte Produktionsplan (vgl. . Abb. 3.3), der verbindlich festlegt, welche Leistungen (Primärbedarfe) in welchen Stückzahlen (Mengen) zu welchem Zeitpunkt produziert werden sollen.11 Mit der Materialbedarfsplanung bzw. der Materialdisposition beginnt der Aufgabenbereich, der üblicherweise der Beschaffung zugerechnet wird. Sie beschreibt die Planung und Festlegung des Bedarfs an fremdbezogenem Material für die Durchführung der Erzeugung des Primärbedarfs (z. B. Fertigungs- oder Montageprozesse) zu einem festgelegten Termin. Zu den Teilaufgaben der Materialdisposition zählen die Bedarfsplanung (Ermittlung des zukünftigen Bedarfes), die Bestandsrechnung (Erfassung der Materialbestände) und die Bestellrechnung (Feststellung der Bestellmenge).12 Hat z. B. ein Unternehmen einen zukünftigen Bedarf von 10 Teilen und erfasst innerhalb seiner Materialbestände noch einen Bestand von 3, so ist eine Bestellmenge von 7 Teilen nötig. Eine Detailbeschreibung der Materialdisposition mit den alternativen Möglichkeiten zu deren Berechnung erfolgt in 7 Kap. 19. Merksatz: Die Materialdisposition bestimmt, was, für wann, in welcher Menge zu beschaffen ist (→ Bedarfsmeldung). Die Beschaffungsplanung bzw. Materialbeschaffung basiert auf der Bedarfsmeldung (Input) und setzt diese in Bestellungen (Output) um, die wiederum als Aufträge an den Lieferanten vergeben werden. Beim Lieferanten beginnt somit erneut der in . Abb. 3.2 aufgezeigte Geschäftsprozess der Auftragsabwicklung. Die operative Materialbeschaffung umfasst folglich die Teilaufgaben: 5 Durchführung von Anfragen 5 Bearbeitung von Angeboten 5 Vertragsverhandlung und -ausgestaltung

11 Schuh et al. (2006, S. 37). 12 Schulte (2001, S. 112).

3

24

Kapitel 3 · Aufgaben der Beschaffung

5 Bestellentscheidung 5 Bestellung 5 Terminüberwachung

3

Eine detaillierte Beschreibung der operativen Teilaufgaben der Materialbeschaffung als Prozesskette findet sich in 7 Kap. 21. Die auf Basis des Auftrags vom Lieferanten gelieferten Materialien werden entweder direkt, just in time (JIT), bedarfssynchron beim Bedarfsträger (z. B. Montage, Fertigung etc.) bereitgestellt oder zunächst bevorratet. Die Materialbevorratung (Lagerung) bedeutet eine Unterbrechung des Materialflusses, wobei Material im Lager bis zur Bereitstellung zum Bedarfszeitpunkt beim Bedarfsträger aufbewahrt wird. Für diesen Prozess ist es nötig, Lagerstandort, -kapazität, -gestaltung und den innerbetrieblichen Transport zu planen.13 Die Materialbereitstellung hat die Aufgabe, die Fertigungs- und Montageprozesse oder allgemein die Bedarfsträger mit den benötigten Beschaffungsobjekten nach dem 7-R-Prinzip zu versorgen. Das 7-R-Prinzip bedeutet, dass „das richtige Material, zum richtigen Zeitpunkt, in der richtigen Menge und Qualität, am richtigen Ort, zu den optimalen Kosten und mit den richtigen Informationen bereitgestellt wird“.14 Die Beschaffungsobjekte werden also physisch bereitgestellt (z. B. Ablage eines Greifbehälters im Pufferlager einer manuellen Montage oder Befüllung der Vorratsbunker eines Zuführgerätes einer Montageanlage). Bei dieser Bereitstellung können verschiedene Teilaufgaben anfallen, wie das Lagern, Fördern, Mischen, Klimatisieren und Dosieren. Mit der Materialbereitstellung endet der Aufgabenbereich, welcher üblicherweise der Beschaffungsfunktion zugewiesen wird, wobei die hier beschriebenen Aufgaben organisatorisch unterschiedlichen Organisationseinheiten zugewiesen werden können. So umfasst die Organisationseinheit Einkauf in vielen Unternehmen lediglich die Materialbeschaffung. Die Aufgabe der Materialbereitstellung erfüllt in der Regel die Produktionslogistik mit dem innerbetrieblichen Transport- und Lagerwesen auf Basis eines Produktionsprogramms. Demnach handelt es sich um logisch notwendige Aufgaben, die die operative Versorgung eines Unternehmens gewährleisten. Eine konkrete organisatorische Zuordnung ist damit noch nicht verbunden. Welche Möglichkeiten der organisatorischen Zuordnung bestehen, zeigt 7 Kap. 9. Auf Basis der bereitgestellten Materialien werden die Erzeugnisse gefertigt und montiert, i. d. R. im Fertigwarenlager bevorratet und anschließend an den Kunden ausgeliefert (vgl. . Abb. 3.2). Merksatz: Die operative Beschaffung weist die vier Kernaufgaben Materialdisposition, Materialbeschaffung (der operative Beschaffungsprozess), Materialbevorratung (Lagerung) und Materialbereitstellung auf.

13 Härdler (2007, S. 244). 14 Grosvenor Plowman (1964).

3.1 · Operative Aufgaben der Beschaffung

25

. Abb. 3.4  Der Produktentwicklungsprozess

3.1.2  Aufgaben der Beschaffung im Produktentwicklungsprozess

Der Produktentwicklungsprozess ist eine Verzahnung von produktspezifischen Prozessen (vgl. . Abb. 3.4). Die damit verbundenen Aufgaben in der Beschaffung sind operativer und strategischer Art. Der Produktentwicklungsprozess beginnt mit der Entwicklung von Produktideen und endet mit der Einführung eines neuen Produkts auf dem Markt. Grundlage neuer Produktideen ist der Kundenwunsch, über den bei der kundenanonymen Produktentwicklung mittels Marktforschung Informationen gesammelt werden bzw. dessen Anforderungen bei der kundenspezifischen Produktentwicklung aufgenommen und umgesetzt werden. Im oberen Kreislauf, der kundenanonymen Produktentwicklung, erfolgen vielfach zunächst intensive Analysen über technische Trends, die Markt- und Kundenanforderungen und über die Platzierung der Produkte in den Märkten.15 Diese Daten gehen in die Produktplanung und -entwicklung ein. Die Produktplanung bereitet die Grundlage für die innerbetriebliche Entscheidung darüber auf, ob ein neues Produkt oder eine neue Anlage für eine Vielzahl von Kunden entwickelt werden soll.16 Fällt die Entscheidung für das neue Produkt aus, wird auf Basis der Produktplanung im Rahmen der Produktentwicklung das konkrete Produkt entworfen. Im Rahmen der ersten Schritte wird ein Pflichtenheft erarbeitet, für dessen Anforderungen in einer Konzeptionsphase geeignete Strukturen und Lösungsprinzipien gesucht werden. Die Lösungswege werden im Entwurf und in der Ausarbeitung so weit detailliert, dass als Ergebnis die kompletten Fertigungsunterlagen (Zeichnungen, Stücklisten, Verfahrensanweisungen, …) des fertig entwickelten Produkts stehen.17 Ergeben sich neue Anforderungen an die Fertigungs- und Montageprozesse

15 Westkämper (2006). 16 Ehrlenspiel et al. (2007). 17 Westkämper (2006).

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Kapitel 3 · Aufgaben der Beschaffung

sowie an die darin eingesetzten Produktionsmittel (z. B. Werkzeuge/Anlagen/Vorrichtungen), so sind die notwendigen Anpassungen in der Produktion zu planen und umzusetzen. Die in der Entwicklung zunächst nur modellhaft festgelegten Produkteigenschaften werden in der Produktion materiell realisiert. Die Produktion beinhaltet zumeist die Phasen Pilotserie, Produktionshochlauf und Serie.18 Ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist bei diesem Kreislauf die Time to Market19. Dieser Parameter beschreibt die Zeitspanne zwischen Projektstart der Produktneuentwicklung bis zur Markteinführung.20 Der untere Kreislauf des Produktentwicklungszyklus umschreibt eine kundenspezifische Auftragsabwicklung. Im Gegensatz zur kundenanonymen Serienfertigung sind hier kundenspezifische Entwicklungsleistungen zu erfüllen. Dies reicht bis zur kundenindividuellen Einzelfertigung als die typische Form der Auftragsfertigung, bei der jedes produzierte Stück auf die Wünsche des Kunden zugeschnitten wird. Der Kreislauf beginnt mit einer Anfrage des Kunden bei diversen Lieferanten, in der die Anforderungen an die Leistung spezifiziert sind. Diese greift der Lieferant im Rahmen der Projektierung auf, in der ausgehend vom Kundenwunsch ein meist spezielles Produkt- oder Anlagenkonzept erstellt wird. Wichtig dabei sind die möglichst eindeutige Interpretation der Kundenanforderungen sowie das Aufzeigen möglicher Lösungsalternativen zu einzelnen Forderungen und Wünschen und der damit verbundenen Kostenwirkungen. Das Ergebnis der Projektierung ist ein Angebot (vgl. im Detail 7 Kap. 21).21 Beauftragt der Kunde einen Lieferanten, beginnt dieser mit der Entwicklung und Konstruktion, der Arbeitsplanung und der Fertigungssteuerung. Die Beschaffung des Lieferanten ist üblicherweise als Dienstleister über die Anfragebearbeitung der für die Umsetzung der angebotenen Leistungen erforderlichen Beschaffungsobjekte und die Auftragsabklärung in den Prozess eingebunden. Neben dem benötigten Anteil an Fremdmaterial werden u. a. auftragsspezifische Zubehörteile oder Sonderzubehör beschafft. Im Anschluss wird das Produkt gefertigt, montiert und an den Kunden verkauft. Auch hier beginnt und schließt sich der Kreislauf beim Kunden. In diesem Produktentwicklungsprozess wird die Zeitspanne zwischen Projektstart und Auslieferung zum Kunden als Timeto-Customer bezeichnet. In den letzten Jahren haben die „Time-to-Market“ und die „Time-to-Customer“ zunehmend strategische Bedeutung erlangt. So zeigen Stalk et al. (1990) auf, dass Unternehmen mit gegenüber den Wettbewerbern signifikant kürzeren Lieferzeiten etwa um den Faktor 3 schneller wachsen als der Markt und eine nahezu verdoppelte Renditeerwartung aufweisen.22 Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund einer deutlich ansteigenden Produkt- und Variantenvielfalt bei parallel kürzer werdenden Produktlebenszyklen. Ein effizienter Serienanlauf gewinnt an Bedeutung, da nicht nur infolge vermehrter Markteinführungen zwangsläufig die Anzahl an Produkten ansteigt, sondern auch die Umsetzung durch die kürzeren Produktle-

18 19 20 21 22

Ehrlenspiel (2003). Schnäppli (2005a). Schnäppli (2005). Ehrlenspiel et al. (2007). Stalk et al. (1990).

3.1 · Operative Aufgaben der Beschaffung

27

. Abb. 3.5  Entwicklungsprozess mit Simultaneous Engineering (Eversheim et al. 1995)

benszyklen in immer kürzeren Zeiten zu bewältigen ist. Somit wurde die Zeit zu einem strategischen Erfolgsfaktor. Um den Produktentwicklungsprozess möglichst schnell und effizient zu gestalten, sollten die notwendigen Prozesse nicht sequenziell, sondern parallel geschaltet werden. Dieses Konzept nennt sich Simultaneous Engineering. Dabei steht der Begriff „Simultaneous“ für ein zeitgleiches Auftreten von Ereignissen oder die zeitgleiche Durchführung von Aufgaben. Alle Funktionseinheiten übernehmen von Anfang an Verantwortung und sind an der Definition eines neuen Produktes beteiligt. „Engineering“ bringt zum Ausdruck, dass die Aktivitäten des Gesamtprozesses der Produkt- und Prozessentwicklung von der Produktidee bis zur Marktreife integriert zu vollziehen sind. Dies erfolgt in Teams bestehend u. a. aus Vertretern von Einkauf, Finanzen, Entwicklung, Qualitätssicherung, Arbeitsvorbereitung, Produktion, Vertrieb/Marketing und Logistik. Simultaneous Engineering ist somit die integrierte und zeitparallele Abwicklung der Produkt- und Prozessgestaltung (vgl. . Abb. 3.5). Diese ist geprägt durch „die zielgerichtete, interdisziplinäre Zusammen- und Parallelarbeit von Produkt-, Produktions- und Vertriebsentwicklung mithilfe eines straffen Projektmanagements, wobei der gesamte Produktlebenslauf betrachtet wird“23. Die wesentlichen Ziele sind die Zeit- und Kostenreduktion bei gleichbleibender Qualität.24 Als zentrale Prinzipien des Simultaneous Engineering können herausgestellt werden: 5 Parallelität und Synchronität von Abläufen, 5 bereichsübergreifende Entwicklung von Produkt und Prozess, 5 Vernetzung in Informationsflüssen, 5 Einbindung externer Partner (Teile- und Produktionsmittellieferanten), 5 Einbindung der Kunden.

23 Ehrlenspiel (2009, S. 217). 24 Noé (2006, S. 101).

3

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Kapitel 3 · Aufgaben der Beschaffung

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. Abb. 3.6  Kostenfestlegung und -entstehung in verschiedenen Abteilungen (Ehrlenspiel et  al. 2007, S. 13)

Viele bekannte Firmen nutzen das Simultaneous Engineering, wie beispielsweise die Firma Kodak, welche dadurch die Produktentwicklungszeit bei ihrer Kamera „Funsaver“ um 50 % reduzieren konnte. Beim Konkurrenten Fuji konnte bei dem Kopiergerät „FX 3500“ mehr als 30 % der Entwicklungszeit eingespart werden.25 Merksatz: Das Wissen und die Erfahrung des ganzen Unternehmens, insbesondere auch der Beschaffung, für die Produktentwicklung nutzbar zu machen, ist die wichtigste und zugleich schwierigste Aufgabe im Produktentwicklungsprozess.26 Der Beschaffung werden dabei neue Aufgaben zuteil. Sie arbeitet im Produktentwicklungsprozess vor allem mit den Bereichen Produktion, Entwicklung und Qualitätssicherung eng zusammen. Dabei legt der Beschaffer die Eigenschaften der Produkte mit fest und hat Lieferanten entsprechend ihrer technologischen Leistungsfähigkeit zu beurteilen. Einer engen Verzahnung mit den Lieferanten kommt im Entwicklungsprozess besondere strategische Bedeutung zu. Um im Zeitwettbewerb zu bestehen, sind externe Lieferanten zu einem möglichst frühen Zeitpunkt im Entwicklungsprozess festzulegen und in die Planung einzubeziehen. So bestätigen Untersuchungen zur Kostenfestlegung und -entstehung, dass die technischen Planungsabteilungen (Entwicklung und Fertigungsplanung) gemeinsam rund 90 % der Produktkosten festlegen (vgl. . Abb. 3.6).27

25 Werner (2010, S. 99). 26 Ehrlenspiel et al. (2007, S. 14). 27 Ehrlenspiel et al. (2007, S. 13).

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3.1 · Operative Aufgaben der Beschaffung

. Tab. 3.1  Vor- und Nachteile des Forward Sourcing (Buchholz 2009) Vorteile

Nachteile

- Nutzung von technischen und prozessbezogenen Optimierungspotenzialen - Reduzierung der Produktkomplexität durch verbesserte Abstimmung der Komponenten - Reduzierung der Entwicklungskosten - Aufbau langfristiger Beziehungen zu Lieferanten - Höhere Innovationsfähigkeit

- Preisgabe von Kernkompetenzen und Geschäftsgeheimnissen - Risiko der Heranzüchtung von Konkurrenz - Hoher Planungs- und Koordinationsaufwand

Merksatz: Wirksame Maßnahmen zur Steigerung der Kosteneffizienz müssen in eine ständig geplante und gesteuerte Produkt- und Prozessoptimierung einmünden. Das integrierte Kostenmanagement bildet dabei die organisatorische Klammer, die das Zusammenwirken einer Vielzahl von Einzelmaßnahmen koordiniert.28 Die frühzeitige Lieferantenintegration betrifft sowohl die Teile- (Entwicklungsund Serienzulieferer) als auch die Produktionsmittellieferanten. Sie ermöglicht, die oft sehr hohen Entwicklungskosten mit den Zulieferern zu teilen und deren Knowhow zu nutzen. Dagegen kann eine zu späte Einbindung den Spielraum des Lieferanten im Hinblick auf kostenoptimierte Produktkonzepte erheblich verringern. Der Informationstransfer sollte trotz der geringen Zeitspanne hierfür sehr ausgeprägt sein. Dies erfordert die Fähigkeit zum Umgang mit externen Entwicklungszulieferern bezüglich Auswahl, Einbindung und Steuerung. Für diese Form der Zusammenarbeit zwischen Lieferant und Abnehmer hat sich der Begriff Forward Sourcing (wörtlich übersetzt, die „nach vorn (in der Supply Chain) gerichtete Beschaffung“) herausgebildet. Im Wesentlichen verfolgt Forward Sourcing die folgenden Ziele:29 5 Risikostreuung, 5 Kostenreduktion, 5 Konzentration auf Kernkompetenzen, 5 Zeitersparnis im Prozess, 5 Auslastung von Kapazitäten, 5 Know-how-Aufbau, 5 Entwicklung von Systemlösungen, 5 beschleunigter Marktzugang, 5 Reduzierung der Entwicklungszeit. Zusammenfassend ergeben sich folgende Vor- und Nachteile für Forward (. Tab. 3.1 Sourcing): Die Rolle der Beschaffung im Forward-Sourcing-Prozess reicht von der Produktidee bis zur Kammlinie, die in der Logistik derjenige Zeitpunkt ist, an dem die Produktion aus der Anlaufphase heraus zum ersten Mal die Zielkapazität erreicht (vgl. . Abb. 3.7).

28 Ehrlenspiel et al. (2007, S. 16). 29 Seidel (2008).

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Kapitel 3 · Aufgaben der Beschaffung

3 . Abb. 3.7  Rolle der Beschaffung im Forward-Sourcing- Prozess (Buchholz 2009)

Somit lassen sich nach Buchholz (2009) folgende Aufgaben im Rahmen des Forward Sourcing zusammenfassen:30 5 Strategisches Forward Sourcing – Einkaufsverantwortung von der Produktidee bis zur Nominierung der Entwicklungslieferanten – Mitwirkung bei der Auswahl der Fertigungstechnologie, Erstellung von Lasten- und Pflichtenheft, Kostenstrukturanalysen, Lieferantenauswahl – In Simultaneous-Engineering-Teams wird mit den Bereichen Technische Entwicklung, Produktion, Finanzen, Qualitätssicherung und Vertrieb zusammengearbeitet – „Innovationsmanagement“. 5 Projekt-Beschaffung (Operatives Forward Sourcing) – Sicherstellung der Herstellbarkeit für Kaufteile – Einkaufsverantwortung vom Zeitpunkt der Nominierung des Entwicklungslieferanten bis zur abgesicherten Serienproduktion – Ggf. Zusammenarbeit im Rahmen von Anlauf-Support-Teams – Zentrale Aufgaben: Investitionsplanung, Kaufteilemanagement, Änderungsmanagement – „Projektmanagement“ 5 Serienbeschaffung – Einkaufsverantwortung in der Serienproduktion ab dem „Start of Production“ (SOP) – „(klassischer Einkauf im Detail vgl. 7 Kap. 21)“ Die Beschaffung wird somit zunehmend als aktives Element in die betriebliche Kerntätigkeit des Innovationsmanagements eingebunden, das auf entscheidende Vorsprünge gegenüber einem geringeren Wettbewerb abzielt, eingebunden. Mit abnehmender Entwicklungstiefe, d. h. einem geringeren Anteil an der Gesamtentwicklungsleistung, der von den Herstellern selbst erbracht wird, steigt der Innovationsbedarf von außen, was wiederum zu einem gewissen Abhängigkeitsverhältnis führt. Daher gewinnt das Thema Lieferantenmanagement weiter an Bedeutung.31 „Ohne gegenseitiges Vertrauen und ein partnerschaftliches Miteinander zwischen Produzent und Lieferant kann eine Kooperation dieser Art nicht funktionieren. Der Einkäufer fungiert daher auch als Beziehungscoach und Motivationstrainer, dessen Aufgabe es ist, den Lieferanten zu Höchstleistungen anzutreiben und sein Leistungspotenzial auszuschöpfen. Um dies optimal meistern zu können, muss

30 Buchholz (2009). 31 Domke (2011).

3.2 · Strategische Aufgaben der Beschaffung

31

er stets mit den Markttrends vertraut sein und wissen, was das Unternehmen in Zukunft braucht und wie es das erreichen kann: Er muss zum Innovationsmanager werden.“32 3.2  Strategische Aufgaben der Beschaffung

Im Rahmen der Beschreibung der Aufgaben der Beschaffung im Produktentwicklungsprozess wurden schon einige strategische Aufgaben benannt. Zu deren Abgrenzung von den operativen Beschaffungsaufgaben können folgende Kriterien herangezogen werden:33 5 Langfristigkeit der verwendeten Perspektive 5 Höhe der Erfolgspotenziale bzw. des Transaktionswertes 5 Grad des Einflusses auf den Unternehmenserfolg und die Wettbewerbsfähigkeit 5 Stufe der hierarchischen Verankerung und 5 Grad der Entscheidungsunsicherheit Strategische Beschaffungsaufgaben sind durch eine langfristige Perspektive und eine hohe Erfolgswirksamkeit gekennzeichnet, was die Herausforderung der damit verbundenen hohen Entscheidungsunsicherheit mit sich bringt. Der hohe Einfluss auf den Unternehmenserfolg und die Wettbewerbsfähigkeit (vgl. Einkäufer als Innovator) bedingen, dass strategische Beschaffungsaufgaben i. d. R. auf einer höheren hierarchischen Stufe angesiedelt sind. . Abb. 3.8 fasst die strategischen Aufgaben zusammen, welche dem Ziel dienen, Beschaffungspotenziale zu entdecken, zu realisieren und zu sichern. Um Potenziale aufdecken zu können, ist es zunächst Aufgabe der strategischen Beschaffung, die aktuelle Situation zu analysieren und anschließend weiterführende Beschaffungsmärkte zu erforschen. Eine zentrale strategische Aufgabe ist die Festlegung der grundsätzlichen Beschaffungspolitik (normative Ebene), um die Rahmenbedingungen für das Tagesgeschäft des operativen Einkaufs zu schaffen. Die verschiedenen Möglichkeiten zur Gestaltung der Beschaffungspolitik werden in 7 Abschn. 17.3 vorgestellt. Auch die Umsetzung der Strategie ist eine strategische Aufgabe, bei der vor allem die Strategie und die damit verbundenen Rahmenbedingungen kommuniziert werden. An anderen Stellen im Rahmen der Strategieumsetzung können sich die Aufgaben des operativen und strategischen Einkaufs überschneiden. So wird die Verhandlungsführung prinzipiell dem operativen Einkauf zugeordnet. Wenn jedoch strategisch wichtige Rahmenverträge verhandelt werden, so kann dies auch eine strategische Aufgabe im Rahmen der Strategieumsetzung sein. Die oben genannten Kriterien können bei der Abgrenzung helfen. Letztendlich gehört auch das Strategiecontrolling zu den strategischen Aufgaben. Hier werden KPIs (Key Performance Indicators, also Kennzahlen) festgelegt und gemessen, um den Erfolg der Strategie zu messen. Je nach Stand müssen Maßnahmen abgeleitet werden, die zur kontinuierlichen Verbesserung der Wettbewerbsposition beitragen. Welche Teilbereiche der strategischen Aufgaben zu einer Verbes-

32 Domke (2011). 33 Large (2009, S. 32); Grochla et al. (1980); Kocabasoglu et al. (2006).

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Kapitel 3 · Aufgaben der Beschaffung

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. Abb. 3.8  Strategische Aufgaben der Beschaffung (eigene Darstellung)

serung führen können, wird in 7 Abschn. 17.2 erläutert. Festzuhalten ist, dass die strategischen Aufgaben der Beschaffung in den strategischen Planungsprozess eingebettet sind, der in 7 Abschn. 17.3 näher erklärt wird. Merksatz: Die Aufgaben der strategischen Beschaffung bestehen darin, durch Analyse und Gestaltung der relevanten unternehmens- und umweltbezogenen Faktoren langfristige Beschaffungspotenziale zu entdecken, zu realisieren und zu sichern.34 3.3  Aufgaben zur Selbstüberprüfung

1. Aus welchen Komponenten besteht ein Geschäftsprozess? 2. Definieren Sie den Begriff „Prozess“. 3. Skizzieren Sie einen typischen Auftragsabwicklungsprozess. 4. Ein Auftragsabwicklungsprozess kann zwei verschiedene Auslöser haben. Nennen und erklären Sie beide kurz. 5. Was bestimmt die Materialdisposition (Merksatz)? 6. Nennen Sie die sieben R des 7-R-Prinzips. 7. Welche Kernaufgaben umfasst die operative Beschaffung? 8. Beschreiben Sie die Begriffe „Time to Market“ und „Time to customer“. 9. Was ist unter „Simultaneous Engineering“ zu verstehen? Welche Vorteile bietet es? 10. Erklären Sie den Begriff „Forward Sourcing“.

34 Roland (1993).

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Ziele in der Beschaffung Inhaltsverzeichnis 4.1  Aufgaben zur Selbstüberprüfung – 40

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 H. Beckmann, Grundkurs Beschaffungsmanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-39125-6_4

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Kapitel 4 · Ziele in der Beschaffung

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. Abb. 4.1  Beschaffung im Spannungsfeld konfliktärer Bereichsinteressen (Hartmann 1999, S. 20)

Die Bildung von Beschaffungszielen ist an den Gesamtunternehmenszielen bzw. -strategien sowie allgemeinen Rahmenbedingungen auszurichten. Die Zielbildung erfolgt Top down von den Unternehmens- zu den Funktionsbereichszielen.1 Daneben sind die Ziele anderer Funktionsbereiche auf gleicher Hierarchieebene (z. B. Beschaffung, Produktion und Absatz) zu beachten, da untereinander Abhängigkeiten bestehen, die zu Zielkonflikten führen können. Die Nichtbeachtung dieser Konflikte wirkt sich negativ auf die Effizienz des Unternehmens aus, wie in . Abb. 4.1 dargestellt. Bei der Betrachtung gesamter Wertschöpfungsketten spielt die Anpassung von Zielen der involvierten Partner ebenfalls eine große Rolle, um ein funktionsfähiges Supply Chain Management durchführen zu können. Merksatz: Die Kernziele der Beschaffung sind:2 5 Versorgungssicherheit 5 Senkung der Beschaffungskosten/wettbewerbsfähige Kostenposition 5 Qualitäts- und Leistungsverbesserung 5 Autonomie-/Flexibilitätserhaltung 5 Nachhaltigkeit Um das grundlegende Ziel der Versorgungssicherheit zu gewährleisten, wird vielfach der Auftrag der Logistik, die sogenannten 7R, herangezogen (vgl. 7 Abschn. 3.1). Dieser beinhaltet die Versorgung der Bedarfsträger mit: 5 den richtigen Materialien (Beschaffungsobjekte) 5 zum richtigen Zeitpunkt 5 in den richtigen Mengen 5 in der richtigen Qualität 5 am richtigen Ort

1 2

Arnold (1997). Grochla et al. (1980, S. 34 f.); Koppelmann (2004).

35 Ziele in der Beschaffung

5 zu den richtigen Kosten 5 mit den richtigen Informationen Die Versorgungssicherheit ist nur dann gegeben, wenn die ersten fünf der 7R (Sachziele) erfüllt werden. Die Umsetzung der Versorgungssicherheit kann durch einen hohen Ressourceneinsatz, wie z. B. hohe Bestände, erreicht werden. Das 6. R verweist als Gegenspieler darauf, dass die Versorgungssicherheit zu den „richtigen“ Kosten erfüllt werden muss. Entsprechend fordert das zweite Kernziel der Beschaffung die Beschaffungskosten zu senken, um eine wettbewerbsfähige Kostenposition einzunehmen (ökonomisches Ziel). Damit verweist dieses Kernziel über die richtigen Beschaffungsobjektkosten hinaus auf die Beschaffungsprozesskosten und andere Prozesskosten (vgl. 7 Abschn. 8.5).3 Niedrige Beschaffungskosten dienen der Versorgungswirtschaftlichkeit in der Beschaffung4 und nehmen in Kombination mit Versorgungssicherheit Einfluss auf den Erfolg des Unternehmens.5 Die wesentlichen Stellschrauben der Beschaffung in diesem Bereich werden im 7 Kap. 8 aufgezeigt. Das Kernziel Qualitäts- und Leistungsverbesserung wird zum Teil bereits mit der Forderung nach der „richtigen Qualität“ des Beschaffungsobjekts zum Ausdruck gebracht. Merksatz: Qualität ist die vergleichende Beurteilung von Anforderungen und Leistungen. Es wird beurteilt, inwieweit die erbrachten Leistungen den geforderten Anforderungen entsprechen.6 Ein weiterer Qualitätsaspekt bezieht sich auf die Beschaffungsbedingungen, die sogenannte Servicequalität, die über die logistische Leistungsgröße „Lieferservice“ bestimmt wird: Lieferzeit, Liefergenauigkeit, Lieferqualität, Lieferflexibilität und Lieferkommunikation. Qualitätssteigerungen können somit sein7: 5 eine höhere Leistungskonstanz in der Zeit, z. B. Leistungsschwankungen werden im Zeitablauf reduziert, oder 5 eine Leistungssteigerung, welcher eine Intensitätssteigerung der Leistung, aber auch andere, bessere Leistungen zugrunde liegen. Autonomie-/Flexibilitätserhaltung Um die zuvor benannten Ziele erreichen zu können, gilt es für das beschaffende Unternehmen, sich möglichst nicht von Lieferanten abhängig zu machen. Dieses Bestreben greift das Kernziel der Autonomieerhaltung auf. Die Autonomie des Unternehmens wird stark durch das Verhältnis von Angebots- und Nachfragemacht bestimmt. Eine darauf ausgerichtete Portfolio-Analyse (vgl. 7 Abschn. 16.4.2) erlaubt eine systematische Ableitung von Strategien, um das Autonomieziel in Abhängigkeit von unterschiedlichen Rahmenbedingungen zu erreichen. So ist es ggf. sinnvoll, das Beschaffungsrisiko über mehrere Lieferanten zu streuen.

3 4 5 6 7

Koppelmann (2004, S. 113). Kummer et al. (2009, S. 96). Large (2009, S. 50). Koppelmann (2004, S. 114). Koppelmann (2004, S. 114).

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36

Kapitel 4 · Ziele in der Beschaffung

Je weniger zukünftige Ereignisse sicher vorhersehbar sind, umso flexibler muss die Beschaffung aufgestellt sein.8 Um beispielsweise kurzfristig Bedarfsschwankungen (Mengenflexibilität) auszugleichen, ist eine Leistung qualitativ oder artmäßig (Leistungsflexibilität) oder in Bezug auf die Serviceflexibilität anzupassen.9

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Nachhaltigkeitsziel Nachhaltigkeit als Ziel unternehmerischen Handelns gewinnt zunehmend an Bedeutung, so auch im Funktionsbereich der Beschaffung. Die Ursprünge der Nachhaltigkeit sind weitreichend: die Verwendung des Begriffs in seinem heutigen Verständnis wird auf die Forstwirtschaft des 18. Jahrhunderts zurückgeführt. 1713 veröffentlichte der Oberberghauptmann von Carlowitz10 die Forderung, dass in einem Jahr nicht mehr Holz geschlagen werden dürfe, als nachwachse. Durch dieses einfache ressourcenökonomische Prinzip sollte eine dauerhafte Erhaltung des Waldes und damit der Ressource Holz sichergestellt werden. Diese Überlegungen waren die Basis für das, was heute als ökologische Nachhaltigkeit betrachtet wird. Merksatz: Ökologische Nachhaltigkeit setzt auf den dauerhaften Erhalt natürlicher Ressourcen. Die Grundsätze der Nachhaltigkeit können aus drei Sichtweisen11 beschrieben werden: 5 Nachhaltigkeit als normatives gesellschaftliches Verantwortungsprinzip Im normativen Verständnis zielt Nachhaltigkeit auf eine gesellschaftliche Verantwortung ab. Über Generationen und Regionen hinweg soll eine Gerechtigkeit hergestellt werden, die eine angemessene bzw. hohe Lebensqualität sicherstellt. 5 Nachhaltigkeit als innovationsorientierte Rationalität Bei der innovationsrationalen Interpretation von Nachhaltigkeit geht es um die Steigerung der Effektivität und Effizienz der Wirtschaft mithilfe von Innovationen. Dazu gehört beispielsweise die Entwicklung neuer Technologien oder Verfahren, die Ressourcen schonen oder möglicherweise substituieren und die Ergebnisse verbessern. 5 Nachhaltigkeit als substanzerhaltungsorientierte Rationalität Der substanzerhaltungsorientierte Ansatz bezieht sich auf die Erhaltung bzw. Reproduktion von Ressourcen. Nachhaltigkeit ist demnach der Zustand, in dem ein Ausgleich zwischen dem Verbrauch und dem Nachschub von Ressourcen erreicht ist. Ein wichtiger Meilenstein in der Entwicklung der Nachhaltigkeit war die Veröffentlichung des sogenannten Brundtland-Berichts12 im Jahre 1987. Infolgedessen wurde der Nachhaltigkeitsgedanke erstmals auch von einer breiten Öffentlichkeit wahrgenommen und rückte verstärkt in den Fokus von Wirtschaft und Politik. Mit dem Brundtland-Bericht wurden die Dimensionen der Nachhaltigkeit erweitert.13 8 9 10 11 12 13

Koppelmann (2004, S. 117). Koppelmann (2004, S. 118 f.). Lexikon der Nachhaltigkeit (2019). Hülsmann (2004). Brundtland (1987). Die Idee des Nachhaltigkeitsdreiecks ist angelehnt an das magische Viereck des deutschen Stabilitäts- und Wirtschaftsgesetzes. Die Erreichung der Ziele des Vierecks sind als Staatsziel des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts festgelegt (vgl. § 1 StabG 2015).

37 Ziele in der Beschaffung

. Abb. 4.2  Nachhaltigkeitsdreieck (angelehnt an das magische Viereck des deutschen Stabilitäts- und Wirtschaftsgesetzes (vgl. § 1 StabG 2015))

Es etablierten sich Ökonomie, Ökologie und Soziales als die drei Säulen der Nachhaltigkeit (vgl. . Abb. 4.2). Im Kontext unternehmerischen Handelns bedeutet dies, dass Nachhaltigkeit nur dann erfüllt wird, wenn ein Unternehmen ökonomische, ökologische und soziale Aspekte in seinen Aktivitäten berücksichtigt. Damit ergeben sich für Unternehmen unterschiedliche Zielsetzungen und Herausforderungen: Ökologische Herausforderung Das Ziel der ökologischen Nachhaltigkeit von Unternehmen ist eine Steigerung der Öko-Effektivität und der Öko-Effizienz. Allgemein ist eine Handlung dann als effektiv zu bezeichnen, wenn sie den angestrebten Zweck erfüllt, also das gewünschte Ergebnis verursacht. Die Öko-Effektivität hilft also, zu beurteilen, ob die umgesetzten Maßnahmen tatsächlich zur Verringerung der Auswirkungen auf die Umwelt beigetragen haben. Die Beschaffung kann darauf durch die Wahl der Beschaffungsobjekte (z. B. Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen, umweltfreundliche Beschaffungsobjekte) sowie der zugeordneten Lieferanten (z. B. ökologisch gut aufgestellte Lieferanten, lokales Sourcing) Einfluss nehmen. Als effizient ist eine Handlung dann zu bezeichnen, wenn sie das gewünschte Ergebnis mit möglichst geringem Aufwand (Ressourcen, Geld, Zeit etc.) erreicht. Die Öko-Effizienz (sprachl. Verkürzung von „ökonomisch-ökologische Effizienz“) ist daher das Verhältnis von der Wertschöpfung eines Unternehmens zu dem ökologischen Schaden (beispielsweise Abfall, Emissionen etc.), den es verursacht. Die Öko-Effizienz stellt das Verhältnis zwischen ökonomischen, monetären und e­iner

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Kapitel 4 · Ziele in der Beschaffung

physikalischen (ökologischen) Größe dar14. Die ökonomische Größe fließt als Wertschöpfung (sie entspricht auf betriebswirtschaftlicher Ebene dem Umsatz abzüglich Vorleistungen), die ökologische Größe als Schadschöpfung (Summe aller direkt und indirekt verursachten Umweltbelastungen, die von einem Produkt oder einer Dienstleistung ausgehen) in das Verhältnis ein. Gründe für die Schadschöpfung können z. B. in der Produktion, dem Konsum oder der Entsorgung eines Produkts oder in Aktivitäten wie Transportieren, Imprägnieren etc. liegen. Das Verhältnis von Wertschöpfung zu ökologischer Schadschöpfung definiert somit die Öko-Effizienz. Beispiele für Maße der Öko-Effizienz sind Wertschöpfung (€)/emittiertes CO2 (t), Wertschöpfung (€)/fester Abfall (t) oder Wertschöpfung (€)/verbrauchte Energie (kWh). Eine spezifische Teilausprägung der Öko-Effizienz ist die Ressourceneffizienz (neben der Material- oder Energieeffizienz, Wasser-(verbrauchs)effizienz)15. Die Ressourceneffizienz ist der schonende und effiziente Umgang mit natürlichen Ressourcen (d. h. in Form von Senkung des Energie-, Material- und Wasserverbrauchs). Das Ziel der Ressourceneffizienz ist es, „aus weniger mehr zu machen“16. Wachstum und Wohlstand sollen von der Verwendung natürlicher Ressourcen so weit wie möglich entkoppelt und somit soll die Wettbewerbsfähigkeit gestärkt, der Ressourceneinsatz gesenkt und so die Umweltbelastung verringert werden17. Da Unternehmen durch ihre Aktivitäten in erheblichem Maße (negativen) Einfluss auf die Umwelt nehmen18, sind sie in der Verantwortung, Maßnahmen zu ergreifen, um die Auswirkungen auf das Ökosystem zu minimieren. Soziale Herausforderung Die Verantwortung von Unternehmen beschränkt sich nicht nur auf das Ökosystem, sondern erstreckt sich über alle Anspruchsgruppen des Unternehmens, sogenannte Stakeholder. Stakeholder sind beispielsweise Mitarbeiter, Lieferanten, Kapitalgeber und Kunden, aber auch Regierungs- oder Nichtregierungsorganisationen19. Diese Verantwortung kann verstanden werden als die Wertschöpfung eines Unternehmens im Verhältnis zu dem sozialen Schaden (beispielsweise Arbeitsunfälle, Fälle von Korruption etc.), den es verursacht. Die Sozio-Effektivität gibt Auskunft darüber, in welchem Maße ein Unternehmen durch gezielte Aktivitäten die negativen Auswirkungen auf seine Stakeholder minimieren und eine positive soziale Wirkung erreichen konnte. Maßnahmen zur Erhöhung der Sozio-Effektivität können dazu beitragen, die gesellschaftliche Akzeptanz eines Unternehmens zu sichern und so seine Geschäftstätigkeit zu legitimieren.20 Analog zur Öko-Effizienz kann Sozio-Effizienz als das Verhältnis zwischen der Wertschöpfung und dem sozialen Schaden bezeichnet werden, wobei der soziale Schaden der Summe aller negativen sozialen Auswirkungen entspricht, die von

14 15 16 17 18 19

Schaltegger (2007). Schaltegger (2007). Schaltegger (2007). Surdyk (2018). Boms (2008). Suchanek (2015). Für eine ausführliche Auseinandersetzung mit dem Stakeholder-Begriff vgl. (Koplin 2006). 20 Schaltegger (2007).

39 Ziele in der Beschaffung

e­ inem Produkt, Prozess oder einer Aktivität ausgehen. Beispiele für die Sozio-Effizienz sind Wertschöpfung (€)/Personalunfälle (Anz.) oder Wertschöpfung (€)/ Krankheitszeit (Tage).21 Ökonomische Herausforderungen Mithilfe des Umwelt- und Sozialmanagements sollen die Öko-Effizienz und die Sozio-Effizienz eines Unternehmens verbessert werden, wohingegen die ökonomische Effizienz eines Unternehmens angibt, wie gut ein Unternehmen wirtschaftet, das heißt, in welchem Verhältnis erwirtschaftete Erfolge zu dazu getätigten Investitionen stehen22. Die ökonomische Nachhaltigkeit beschreibt somit die Maximierung des ökonomischen Ertrags bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der benötigten Eingangsressourcen (Güter, Waren, Kapital oder Dienste)23. Das übergeordnete Ziel der drei Herausforderungen ist es, sie zu integrieren24. Die Integration muss dabei einerseits inhaltlich, andererseits instrumentell erfolgen. Eine inhaltliche Integration erfolgt durch das Anstreben einer gleichzeitigen Verbesserung von Öko- und Sozio-Effektivität und Öko- und Sozio-Effizienz. Das dazu notwendige Effektivitäts- und Effizienzmanagement muss in das klassische ökonomische Management eingebettet werden (instrumentelle Integration). Für die Beschaffung ist das Nachhaltigkeitsziel von hoher Bedeutung, um über Rohstoffsicherung und Ressourcenschonung den dauerhaften Zugang zu Rohstoffen in erreichbarer Nähe zum Bedarfsort zu garantieren. Weil diese Rohstoffe endlich sind und die Rohstoffgewinnung im lokalen Umfeld häufig mit anderen Nutzungsinteressen in Konflikt steht, sind die nachhaltige Rohstoffsicherung und Ressourcenschonung eine zentrale strategische Aufgabe. Die Strategie zur Ressourcenschonung beinhaltet den Einsatz alternativer Rohstoffe bzw. allgemein Beschaffungsobjekte. Die Substitutionspotenziale sind jedoch stark abhängig von der Verfügbarkeit industrieller Nebenprodukte, recycelbaren Gütern, nachwachsenden Rohstoffen sowie den an die Substitute zu stellenden Qualitätsanforderungen.25 Zielkonflikte Wie bereits erwähnt können zwischen den Beschaffungszielen (strategische und/ oder operative Ziele) Konflikte entstehen. Diese Konflikte lassen sich auf verschiedene Unternehmensbereiche, aber auch auf unterschiedliche Partner innerhalb einer Supply Chain ausweiten. Eine hohe Versorgungssicherheit durch hohe Bestände impliziert hohe Lagerund Kapitalbindungskosten. Dieselben Kostenarten erhöhen sich, wenn geringe Einstandspreise durch große Bestellmengen erreicht werden sollen (Mengenrabatte). Aus einer direkten Senkung der Beschaffungskosten durch die Beauftragung kostengünstigerer Lieferanten resultiert häufig eine schlechtere Beschaffungsqualität. Niedrige Lagerbestände und eine geringe Kapitalbindung der Beschaffungsmaterialien, angepasst auf prognostizierte Absatzmengen, können mit dem Ziel einer

21 22 23 24 25

Schaltegger (2007). Reichert (2018). Leymann (2019). Reichert (2018). Hülsmann (2004) und Corsten (2012).

4

40

Kapitel 4 · Ziele in der Beschaffung

möglichst hohen Kapazitätsauslastung in der Produktion im Konflikt stehen. Das Nachhaltigkeitsziel und der Zukauf günstiger Beschaffungsobjekte in „low cost countries“ stehen ebenfalls häufig in einem Zielkonflikt.26 Um konkurrierende Ziele miteinander zu vereinbaren, ist es notwendig, ein für das Unternehmen abgestimmtes Optimum der Zielverhältnisse zu finden. Dies lässt sich weitestgehend identisch auf die Zielsetzungen von Partnern innerhalb einer Lieferkette übertragen.

4

4.1  Aufgaben zur Selbstüberprüfung

1. Warum sind bei der Bildung von Beschaffungszielen die Ziele weiterer Funktionsbereiche auf gleicher Hierarchieebene zu beachten? 2. Welche Konflikte können zwischen der Beschaffung und dem Bestandsmanagement auftreten? Nennen Sie Beispiele für Zielkonflikte. 3. Was sind die Kernziele der Beschaffung? Beschreiben Sie diese kurz. 4. Worauf können sich Qualitätssteigerungen hinsichtlich Anforderungen und Leistungen beziehen? 5. Aus welchem Grund streben Unternehmen einen hohen Grad der Autonomieerhaltung an? 6. Aus welchen drei Aspekten besteht das Ziel der Nachhaltigkeit? Beschreiben Sie diese. 7. Weshalb ist es für ein Unternehmen besonders wichtig, Nachhaltigkeitsziele zu berücksichtigen und einzuhalten?

26 Lieferländer wie die USA, Großbritannien, Kanada, Australien und westeuropäische Länder werden als Hochkostenländer (HCC, high-cost countries) betrachtet, während ressourcenreiche und regulierte Lohnarbeitsstandorte wie China, Indien, Indonesien, Bolivien, Brasilien, Russland, Mexiko und osteuropäische Länder als Niedrigkostenländer (LCC, low-cost countries) gelten.

41

Objekte der Beschaffung Inhaltsverzeichnis 5.1  Produktionsmaterial – 43 5.2  Betriebsstoffe – 45 5.3  Investitionsgüter – 45 5.4  Dienstleistungen – 46 5.5  Handelswaren – 47 5.6  Zusammenfassung – 47 5.7  Aufgaben zur Selbstüberprüfung – 47

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 H. Beckmann, Grundkurs Beschaffungsmanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-39125-6_5

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5

Kapitel 5 · Objekte der Beschaffung

. Abb. 5.1  Beschaffungsobjekthauptgruppen (Large 2009)

Im Unternehmen sorgt die Beschaffungsabteilung für den Einkauf einer Vielzahl unterschiedlicher Beschaffungsobjekte, welche von Lieferanten bezogen werden. In der Literatur wird eine kontroverse Diskussion über den Umfang der in der Beschaffung zu berücksichtigenden Beschaffungsobjekte geführt. Im Folgenden wird eine Einschränkung auf Sachgüter und Dienstleistungen vorgenommen, was der vorherrschenden Sicht in der Literatur entspricht. Merksatz: Beschaffungsobjekte sind all die Sachgüter und Leistungen, die im Rahmen des Beschaffungsprozesses vom Lieferantenmarkt zur Versorgung des Unternehmens beschafft werden. In der Literatur lässt sich eine Fülle von Gruppierungsmöglichkeiten für Beschaffungsobjekte finden. Zum Beispiel definieren Industrienormen Objekte, die zur Klassifizierung von Bedeutung sind. Von Unternehmen zu Unternehmen kann diese Klassifizierung oft unterschiedliche Ausprägung haben. Dabei ist die Gliederung dabei häufig branchen- oder funktionsabhängig. So ist es Aufgabe des Beschaffungsmanagements, die Klassifikationsmerkmale für das eigene Unternehmen zu bestimmen und somit ein gültiges Klassifikationsschema zu erarbeiten. Es können jedoch auch gängige, generelle Klassifikationsansätze herangezogen werden, um diese bei Bedarf anzupassen. Auch für die Klassifikationsansätze gilt, dass sie letztlich einem bestimmten Zweck dienen, weshalb Klassifikationsansätze stets vor dem Hintergrund dieses Zwecks auszuwählen sind. Zunächst wird eine Klassifikation aufgezeigt, welche dazu dient, die Spannbreite der Beschaffungsobjekte in Industrieunternehmen aufzuzeigen und diese in Beschaffungsobjektgruppen zu gliedern, die häufig in der Industrie zu finden sind. In späteren Kapiteln werden weitere zweckspezifische Klassifikationsansätze aufgezeigt. In den folgenden Abschnitten wird eine Klassifizierungsmöglichkeit nach Large (2009) vorgestellt. Hierbei werden die Beschaffungsobjekte hauptsächlich nach Materialart, Verwendungszweck und Spezifität eingeteilt. Diese Einteilung trifft besonders die generellen Bedürfnisse von produzierenden Industrieunternehmen. Andere Unternehmen, beispielsweise reine Handelsunternehmen, benötigen eine andere Art der Klassifizierung ihrer Beschaffungsobjekte. . Abb. 5.1 stellt die Klassifizierung von Beschaffungsobjekten dar.1

1

Large (2009).

5.1 · Produktionsmaterial

43

. Abb. 5.2  Beispielhafte Bildung von Gruppen (DIN 2002, S. 12)

Die Objekte der Beschaffung werden zunächst in die oben dargestellten fünf Beschaffungsobjekthauptgruppen gegliedert, die in Industrieunternehmen häufig zur Einteilung genutzt werden. Die einzelnen Klassen mit ihren weiteren Gliederungsebenen werden in den nachfolgenden Abschnitten detaillierter erläutert. Aus Beschaffungssicht werden jedoch nur solche Materialien betrachtet, die extern beschafft werden, nicht jedoch Materialien, die in vorherigen Produktionsstufen selbst hergestellt werden. Der Fokus liegt demnach nur auf dem Strom von Materialien und Stoffen, der von Lieferanten in ein Unternehmen eingeht. 5.1  Produktionsmaterial

Als Produktionsmaterial werden alle (Werk-)Stoffe bezeichnet, die in ein Erzeugnis eingehen und unterschiedliche Vorfertigungsstufen aufweisen. Die Vorfertigung wird von vorhergehenden Lieferanten übernommen. Dabei werden Rohstoffe, Halberzeugnisse und Fertigerzeugnisse unterschieden. Rohstoffe stellen natürliche Ressourcen dar und sind bis auf die Lösung aus ihrer natürlichen Quelle nicht weiter bearbeitet worden. Halbfertigerzeugnisse (auch Halbzeug genannt) sind z. B. Produkte aus der Metallindustrie, die beispielsweise durch Stranggießen und ggf. anschließendes Walzen zu Blöcken oder Brammen vorbearbeitet sind (vgl. DIN 199 Teil 1).2 Häufig werden diese Teile auch als Rohteile oder Rohlinge bezeichnet. Fertigerzeugnisse hingegen befinden sich bereits in einem funktions- oder einbaufertigen Zustand. Zusätzlich kann der Grad der Vorfertigung durch die Unterscheidung in Einzelund Fertigteile weiter definiert werden. Einzelteile sind dadurch charakterisiert, dass sie nicht zerstörungsfrei zerlegbar sind.3 Des Weiteren können auch vorgefertigte Gruppen Objekte der Beschaffung darstellen. Gruppen bestehen aus zwei oder mehr Teilen und/oder Gruppen niedrigerer Ordnung.4 Dies bedeutet, eine Gruppe setzt sich aus mehreren Komponenten zusammen, wobei die Komponenten selbst bereits montiert (geschlossene Gruppe) vom Lieferanten bezogen werden. Es ist jedoch auch möglich, eine Gruppe loser Teile zu beziehen, bei denen alle Komponenten der Gruppe, gegebenenfalls teilweise vormontiert, beschafft werden. . Abb. 5.2 zeigt

2 3 4

DIN (2002). DIN (2002). DIN (2002).

5

44

Kapitel 5 · Objekte der Beschaffung

einen beispielhaften Aufbau einer Gruppe: Die Gruppe A besteht aus dem Einzelteil 3 und der Gruppe B. Die Gruppe B wiederum besteht aus den zwei Einzelteilen 1 + 2. Hierdurch soll noch einmal verdeutlicht werden, dass Gruppen nicht nur aus mehreren Einzelteilen bestehen können, sondern auch untergeordnete Gruppen Bestandteile von übergeordneten Gruppen sein können. In . Abb. 5.1 unterscheidet Large5 die Hauptgruppe „Produktionsmaterial“ zusätzlich in vier Untergruppen.

5

Abnehmerspezifisches Produktionsmaterial Diese Art des Produktionsmaterials ist vornehmlich dadurch gekennzeichnet, dass betreffende Objekte nur von einem Abnehmer eingesetzt werden können. Oft wird schon die Entwicklung dieser Teile oder Gruppen spezifisch nach Anforderungen des Abnehmers gestaltet. Beziehungsspezifisches Produktionsmaterial Durch beziehungsspezifisches Produktionsmaterial werden die beiden vorhergehenden Punkte kombiniert. Die betreffenden Materialien werden überwiegend von Anbieter und Abnehmer gemeinsam gestaltet und entwickelt. Hier besteht eine enge Kooperation über weite Teile der Wertschöpfungskette zwischen Anbieter und Abnehmer. Anbieterspezifisches Produktionsmaterial Hierbei wird von dem Anbieter ein einzigartiges Material angeboten, das von einer Vielzahl von Abnehmern genutzt werden kann. Andere Anbieter können diese Materialien nicht oder nur in geänderter Form herstellen. Die genauen, den „unique selling point“ ausmachenden Spezifikationen sind den Abnehmern meist nicht bekannt oder können von anderen Unternehmen aus rechtlichen oder technischen Gründen nicht angeboten werden. Eine Einstellung der Produktion dieser Materialien oder Änderungen zwingen den Abnehmer für gewöhnlich auch, die eigenen Produkte zu verändern. Unspezifisches Produktionsmaterial Diese Objekte der Beschaffung entsprechen meist nationalen und/oder internationalen Normen. Somit sind die Spezifikationen allen Anbietern genau bekannt. Anbieter können ihre Ware vielen Abnehmern anbieten und Abnehmer können ihre benötigten Beschaffungsobjekte von einer Vielzahl von Anbietern beziehen.6 Durch diese weitere Klassifikation wird deutlich, dass auch strategische Aspekte beim Klassifizieren von Produktionsmaterialien eine wichtige Rolle spielen können. So besteht bei anbieterspezifischem Produktionsmaterial eine starke Abhängigkeit von den Lieferanten. Andererseits gibt abnehmerspezifisches Produktionsmaterial dem Abnehmer eine gewisse Marktmacht und kann unter Berücksichtigung von weiteren Kriterien (Wichtigkeit dieses Materials für den Anbieter) zu Preisverhandlungen genutzt werden.

5 6

Large (2009). Large (2009).

5.3 · Investitionsgüter

45

5.2  Betriebsstoffe

Betriebsstoffe (nicht zu verwechseln mit Betriebsmitteln oder Hilfsstoffen) sind Stoffe, die bei der Herstellung eines Gegenstandes notwendig sind, jedoch in diesem nicht enthalten sind.7 Beispielsweise können hier Bohrwasser oder Reinigungsmittel genannt werden. Auch Objekte, die dem Arbeitsschutz dienen, wie z. B. Schutzanzüge oder -brillen, werden hierzu gezählt. Neben diesen unbedeutend erscheinenden Beispielen gehören auch Energieträger zu den Betriebsstoffen. Je nach Art der Produktion können diese Energieträger, besonders in Zeiten steigender Energiepreise, einen hohen Anteil an den Gesamtkosten ausmachen. Hierdurch wird die Wichtigkeit dieser Beschaffungsobjekthauptgruppe unterstrichen. Auch diese Hauptgruppe kann in weitere Unterkategorien unterteilt werden. Produktionsbetriebsstoffe Diese Betriebsstoffe werden bei der eigentlichen Herstellung der Erzeugnisse benötigt. Beispiele sind Bohrwasser oder Lötfett. Reparatur- und Instandhaltungsmaterial Hierzu werden alle Materialien gezählt, die benötigt werden, um die Produktionsmittel zu warten und instand zu setzen. Hier können Ersatzteile und spezifische Werkzeuge genannt werden. Physische Energieträger Die Bedeutung dieser Untergruppe hat in den letzten Jahren durch steigende Energiepreise stetig zugenommen. Je nach Art der Produktion können die physischen Energieträger einen hohen Anteil an den Gesamtbelastungen ausmachen. Beispiele dafür sind Kohle, Treibstoffe oder Erdgas. Sonstige Betriebsstoffe Unter dieser Untergruppe können alle weiteren Betriebsstoffe zusammengefasst werden, die nicht einer der vorherigen Untergruppen zugeordnet werden. Beispielsweise können hier Schutzbrillen oder aber auch Kaffee für Konferenzen aufgezählt werden.8 5.3  Investitionsgüter

Die Beschaffung beschäftigt sich nicht nur mit Objekten, die im Rahmen der Produktion oder in angrenzenden Bereichen verbraucht werden, sondern muss sich auch mit der Beschaffung von Investitionsgütern auseinandersetzen. Investitionsgüter werden dadurch charakterisiert, dass sie lange genutzt werden und meist hochpreisig in der Anschaffung sind. Beispiele für Investitionsgüter sind Grundstücke, Produktionsmaschinen, Gebäude oder komplette Produktionsanlagen.

7 8

DIN (2002). Large (2009).

5

46

Kapitel 5 · Objekte der Beschaffung

Large (2009) unterteilt die Beschaffungsobjekthauptgruppe der Investitionsgüter in zwei Untergruppen: zum einen in produktionsbezogene Güter und zum anderen in nicht produktionsbezogene Güter. Produktionsbezogene Investitionsgüter Diese Investitionsgüter haben einen direkten Bezug zur Wertschöpfung und stehen in enger Verbindung mit der Herstellung der Produkte. Produktionsmaschinen sind ein eindeutiges Beispiel für diese Untergruppe der Investitionsgüter.

5

Nicht Produktionsbezogene Investitionsgüter Investitionen müssen in Unternehmen nicht zwangsläufig in direktem Bezug zur Wertschöpfung stehen. Die Beschaffung muss sich jedoch auch mit Investitionen für nicht direkt an der Wertschöpfung beteiligte Bereiche befassen. Als Beispiele können hier IT-Anlagen oder Büromöbel aufgeführt werden.9 Beim Kauf von Investitionsgütern arbeitet die Beschaffung sehr eng mit internen und externen Stellen zusammen. Häufig werden Großprojekte z. B. zum Bau von neuen Anlagen gestartet und externe Beratungsfirmen mit in die Planung einbezogen. Bei diesen nicht alltäglichen Projekten wird von der Beschaffung ein höheres Maß an Kommunikationsfähigkeit und Flexibilität gefordert als bei „alltäglichen“ Beschaffungstätigkeiten. An dieser Stelle kommt es auf eine gute Zusammenarbeit zwischen Projektteam und Beschaffung an. 5.4  Dienstleistungen

Durch die Fokussierung der Unternehmen auf eigene Kernkompetenzen werden immer mehr Aktivitäten an Dienstleistungsunternehmen vergeben. Dies kann bei der Gebäudereinigung beginnen und bei der Anlieferung und weiteren Verarbeitung von Produktionsmaterial enden. Auch hier sind die Logistikdienstleister hervorzuheben, die in Unternehmen interne und externe Logistikaktivitäten übernehmen. Die Beschaffung hat hier die Aufgabe, die passenden Dienstleister zu finden, die für die ausgelagerten Aktivitäten infrage kommen. Auch die Beschaffung von Personal der Lohnfertigung für unternehmensinterne (Kern-)Prozesse fällt in diesen Aufgabenbereich. Es werden häufig Verträge mit Zeitarbeitsunternehmen verhandelt. Ebenso können ganze Produktionsprozesse an externe Unternehmen vergeben werden. Hier hat die Beschaffung dafür zu sorgen, dass Verträge mit geeigneten Partnern geschlossen werden. Large10 unterteilt die Dienstleistungen in zwei weitere Unterklassen. Produktionsbezogene Dienstleistungen Diese Form der Dienstleistungen steht in direktem Zusammenhang mit der Produktion eines Unternehmens. Da viele Teile der Produktion häufig zu den Kernkompetenzen eines Unternehmens zählen und somit maßgeblich am Erfolg von

9 Large (2009). 10 Large (2009).

5.7 · Aufgaben zur Selbstüberprüfung

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Produkten beteiligt sind, wird hier großer Wert auf die Qualität der zu beschaffenden Dienstleistungen gelegt. Beispielsweise können Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten hervorgehoben werden. Nicht Produktionsbezogene Dienstleistungen Nicht alle Leistungen, die externe Dienstleister in Unternehmen ausführen, stehen in direktem Bezug zur Produktion, manche betreffen stattdessen unterstützende oder administrative Bereiche. Zu nennen sind hier beispielsweise Reinigungstätigkeiten, Bewachungstätigkeiten oder die Betreuung der administrativen IT-Systeme.11 5.5  Handelswaren

Handelswaren sind Erzeugnisse, die ein Unternehmen bezieht und ohne weitere Be- und Verarbeitung verkauft,12 und erfahren somit keine weitere Wertschöpfung. Handelswaren können im produzierenden Gewerbe beispielsweise Instandhaltungswerkzeuge sein, die den eigenen Erzeugnissen beigefügt werden. Auch können weitere Zubehörteile, die den Kunden angeboten und nicht selbst hergestellt werden, als Handelswaren klassifiziert werden. Sie dienen häufig zur Komplettierung des Produktportfolios, um den Kunden eine möglichst komplette Leistung anbieten zu können. Für produzierende Industrieunternehmen spielen Handelswaren häufig eine untergeordnete Rolle. 5.6  Zusammenfassung

Die Beschaffungsobjekte werden von Lieferanten in Abhängigkeit von der Eigenschaften der Teile, dem Ausmaß des fremdvergebenen Wertschöpfungsanteils und den verfolgten Bündelungsstrategien bezogen. Je nach Menge und Art der Beschaffungsobjekte sind adäquate Lieferanten auszuwählen. 7 Kap. 6 zeigt eine Strukturierung der Lieferanten für Sachgüter auf, in 7 Kap. 7 wird stellvertretend für den Dienstleistungsbereich eine Systematisierung von Logistikdienstleistern beschrieben. 5.7  Aufgaben zur Selbstüberprüfung

1. Nach welchen generellen Ansätzen können Beschaffungsobjekte in Unternehmen klassifiziert werden? 2. In welche fünf Hauptgruppen werden die Beschaffungsobjekte generell für produzierende Unternehmen klassifiziert?

11 Large (2009). 12 Bähr et al. (2006).

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5

Kapitel 5 · Objekte der Beschaffung

3. Was versteht man unter Produktionsmaterial und in welche Kategorien, orientiert an der Vorfertigungsstufe, kann dieses unterteilt werden? Beschreiben Sie kurz die verschiedenen Kategorien. 4. Produktionsmaterialien können als Einzelteile, aber auch als Gruppen kategorisiert werden. Was versteht man unter Gruppen und welche Arten gibt es? 5. Zeigen Sie grafisch den möglichen Aufbau einer Gruppe und beschreiben Sie diesen kurz. 6. Die Beschaffungsobjekthauptgruppe „Produktionsmaterial“ kann zusätzlich in Unterkategorien unterteilt werden. Nennen und beschreiben Sie zwei davon. 7. Bei den Gruppen der abnehmer- und anbieterspezifischen Produktionsmaterialien bestehen verschiedene Abhängigkeitsverhältnisse zwischen Abnehmer und Anbieter. Beschreiben Sie diese. 8. Was versteht man unter Betriebsstoffen? Erläutern Sie dies mithilfe eines Beispiels. 9. Nennen Sie die Unterkategorien für Betriebsstoffe (und erläutern Sie diese kurz). 10. Welcher Kategorie unter den Betriebsstoffen kommt besonders in der heutigen Zeit eine immer größere Bedeutung hinsichtlich der Produktionskosten zu? 11. Was zeichnet Investitionsgüter aus und durch welche Unterkategorien kann man diese beschreiben? Nennen Sie jeweils Beispiele. 12. Was unterscheidet den Einkauf von Investitionsgütern von der „alltäglichen“ Beschaffungstätigkeit? 13. Durch zunehmende Konzentration der Unternehmen auf ihre Kernkompetenzen und damit verbundene Auslagerung von Prozessen gewinnt besonders ein Bereich der Beschaffung an Bedeutung. Um welchen Bereich handelt es sich und was zeichnet ihn aus? Beschreiben Sie mögliche Tätigkeitsfelder anhand von Beispielen. 14. Wie können Dienstleistungen unterschieden werden? 15. Worauf muss bei der Auslagerung von Kernprozessen durch Dienstleistungsunternehmen geachtet werden? 16. Was versteht man unter Handelswaren? 17. Was könnten Handelswaren in einem produzierenden Unternehmen sein? Beschreiben Sie dies anhand eines Beispiels.

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Lieferanten Inhaltsverzeichnis 6.1 Arten von Lieferanten – 50 6.2 Versorgungsstrategien der Lieferanten – 52 6.3 Die Entwicklung vom Teilelieferanten zum Systemlieferanten – 54 6.4 Aufgaben zur Selbstüberprüfung – 56

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 H. Beckmann, Grundkurs Beschaffungsmanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-39125-6_6

6

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6

Kapitel 6 · Lieferanten

. Abb. 6.1  Lieferstruktur nach Klassifizierung und Positionierung (Arnold 2004)

Lieferanten versorgen den Abnehmer mit Beschaffungsobjekten wie z. B. Rohstoffen, Komponenten, Halbfabrikaten oder Fertigprodukten. Sie sind auf unterschiedlichen Stufen der Supply Chain (Lieferkette) angesiedelt. Die Systematisierung verschiedener Lieferanten kann zum einen nach der Klassifizierung des Lieferanten erfolgen werden (vgl. . Abb. 6.1 links), wobei die beiden Kriterien Fertigungskompetenz und Technologiekompetenz eine wichtige Rolle spielen. Sie nehmen vom Material- bzw. Teilelieferant bis hin zum Systemlieferanten zu.1 Häufig werden die Lieferantentypen unterschieden in: 5 Teilelieferanten 5 Komponentenlieferanten 5 Modullieferanten 5 Systemlieferanten Andererseits kann die Einteilung nach der Positionierung im Zuliefernetzwerk erfolgen, wobei von 1st, 2nd, 3rd … nth - Tier-Lieferanten gesprochen wird (vgl. . Abb. 6.1 rechts). 6.1  Arten von Lieferanten 6.1.1  Teilelieferant

Der Teilelieferant versorgt die übergeordnete Stufe mit DIN- und Normteilen, Rohmaterialien sowie Halbfabrikaten. Es werden weitestgehend standardisierte Produkte geliefert, deren Herstellung kein spezielles Wissen voraussetzt. In der Automobilbranche handelt es sich z. B. um Schrauben oder Kabel sowie um Materialien, die nicht weiter zerlegbar sind.2 Der Abnehmer gibt in der Regel vor, wie das

1 2

Arnold (2004). Heitmann (2007).

6.1 · Arten von Lieferanten

51

­ rzeugnis gestaltet werden soll, indem er die Spezifikation und den Arbeitsplan E festlegt.3 6.1.2  Komponentenlieferant

Komponenten besitzen eine komplexere Struktur als Teile und werden vom Komponentenlieferanten hergestellt. Es erfolgt eine Erhöhung der Integration des Lieferanten in die Prozesse des Abnehmers. Der Komponentenlieferant hat für eine gewisse Integralqualität zu sorgen (passgenaue Einbaufähigkeit, Schnittstellenkompatibilität). Häufig werden auch Dienstleistungen neben der Produktion verlangt wie z. B. die Just-in-time-Belieferung (JIT). Bespiele für Komponenten in der Automobilbranche sind Kabelbäume, Kupplungen oder Getriebegestänge.4 6.1.3  Modullieferant

Der Modullieferant montiert die von ihm gefertigten bzw. beschafften Teile zu einer komplexen Baugruppe. Die Bestandteile von Modulen sind Einzelkomponenten oder bereits vorgefertigte Submodule. In der Automobilbranche zählen z. B. Heiz-/ Klimageräte, Türen, Fahrwerk oder Motoren zu den Modulen. Das Aufgabenspektrum des Modullieferanten umfasst die Entwicklung, Produktion und Komplettierung bis hin zur Just-in-time- (JIT) oder Just-in-sequence (JIS) Anlieferung.5 Der Modullieferant übernimmt dabei die logistische Verantwortung sowie die qualitative Verantwortung für die Baugruppe. Durch die Zusammenarbeit mit einem Modullieferanten kann die Anzahl der Beschaffungsobjekte deutlich verringert werden, was zu einer Senkung der Transaktionskosten des Abnehmers führt, und die Anzahl an Lieferanten (somit Schnittstellen), mit denen der Abnehmer direkt in Kontakt steht, verringern sich.6 Die Beschaffung von vorgefertigten Modulen wird als Modular Sourcing bezeichnet (vgl. 7 Abschn. 17.4.2). Anforderungen an einen Modullieferanten sind u. a.:7 5 internationale Wettbewerbsfähigkeit für den Aufbau von JIT-/JIS-Modulwerken 5 langfristige Partnerschaften (um hohe Investitionskosten rechtfertigen zu können) 5 hohes logistisches Prozess- und Produkt-Know-how 5 stabile und prozessfähige Logistikaktivitäten 5 Herstellung und Lieferung von Prototypenteilen 5 qualifiziertes Projektmanagement 5 Koordination der Sublieferantenkette 5 kontinuierliche Optimierung der Logistikprozesse und Logistikkosten

3 4 5 6 7

Melzer-Ridinger (2008). Heitmann (2007). Klug (2010). Melzer-Ridinger (2008). Klug (2010)

6

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Kapitel 6 · Lieferanten

6.1.4  Systemlieferant

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Der Systemlieferant übernimmt im Gegensatz zum Modullieferanten zusätzlich die Verantwortung für die Qualitätsplanung und gestaltet die Produktmerkmale zur Erfüllung der funktionalen Eigenschaften selbst.8 Die Entwicklung der Systeme erfolgt in enger Kooperation mit dem Hersteller. Weitere Aufgaben und Anforderungen an den Systemlieferanten stimmen weitestgehend mit dem Modullieferanten überein. Ein System ist funktional abgrenzbar, das bedeutet, dass sich die Haupteigenschaft auf eine oder mehrere Funktionen beziehen kann. Module dagegen fungieren als physische Einheit, anders als Systeme, die nicht zwingend lokal eingebaut werden. Ein Beispiel für ein System ist das Bremssystem eines Automobils, welches aus Bremsscheiben, Bremsbelägen, Bremsleitungen, Bremszange, Bremskolben etc. besteht. Es ist über das gesamte Fahrzeug verteilt und konzentriert sich nicht auf einen einzelnen Verbaupunkt.9 6.2  Versorgungsstrategien der Lieferanten

Unterschiedlichen Lieferantentypen können verschiedene Versorgungsstrategien zugeschrieben werden. Zur Kategorisierung der Lieferantentypen kann ein Lieferantenportfolio erstellt werden. Dieses zeigt, welche Strategie für welchen Lieferantentyp angewandt werden soll. Der Systemlieferant versorgt dabei den Hersteller mit strategischen Teilen, der Modullieferant liefert Kernteile und der Teilelieferant stellt Standardteile bereit. Darüber hinaus werden Engpassteile, die sich aus den aktuellen Marktgegebenheiten ergeben, von kritischen Lieferanten angeliefert.10 . Abb. 6.2 zeigt das Lieferantenportfolio mit den entsprechenden Lieferantentypen und Versorgungsstrategien. Die Lieferantentypen werden dabei in Hinblick auf die Dimensionen „Versorgungssicherheit“ und „Beschaffungsvolumen“ eingeordnet. Versorgungsstrategie Systemlieferant Systemlieferanten stehen meist in partnerschaftlicher Kooperation mit dem Hersteller. Sie versorgen den Hersteller mit einbaufähigen Systemen, die flexibel und produktionsnah oder synchron angeliefert werden. Die Produkte, welche für den Hersteller als A-Artikel angesehen werden, sollten dabei zu 100 % fehlerfrei sein. Der Systemlieferant benötigt detaillierte Plandaten, damit er Engpässe im Voraus erkennen und dementsprechend reagieren kann. Es besteht eine große Abhängigkeit zwischen beiden Partnern, weshalb einige Systemlieferanten nur mit einem oder wenigen Herstellern zusammenarbeiten. Vertrauen, Fairness, Offenheit und Ehrlichkeit stehen bei dieser Art von Partnerschaft im Vordergrund, weshalb das Single Sourcing vom Hersteller bevorzugt wird. Häufig ist es jedoch für den Hersteller von Vorteil, Dual Sourcing durchzuführen, damit zwischen beiden Lieferanten eine Wettbewerbssituation aufgebaut

8 Melzer-Ridinger (2008). 9 Heitmann (2007). 10 Arnold (2004).

6.2 · Versorgungsstrategien der Lieferanten

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. Abb. 6.2  Lieferantenportfolio mit Lieferantentypen (vgl. Arnold 2004)

werden kann und so die Verbesserung der Produkte und Prozesse noch kontinuierlicher vorangetrieben werden kann.11 Versorgungsstrategie Modullieferant Auch Modullieferanten stehen in einer engen, partnerschaftlichen Kooperation mit dem Hersteller, jedoch ist die Vernetzung geringer als zwischen Systemlieferant und Hersteller. Bei den Produkten handelt es sich meist um B-Artikel. Die angestrebte Flussoptimierung (vgl. . Abb. 6.2) bezieht sich hauptsächlich auf die Reduzierung der Teilevielfalt und auf die Standardisierung der Produkte.

11 Arnold (2004).

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Kapitel 6 · Lieferanten

Außerdem sollen Bestell- und Anlieferprozesse verbessert werden, um die Bestände auf beiden Seiten zu optimieren. Die Versorgungsstrategie ist vorzugsweise Multiple Sourcing, sodass Produkte von mehreren Lieferanten bezogen werden. Die Nachfragemacht aufseiten des Herstellers kann gestärkt und eine Konkurrenzsituation zwischen den Modullieferanten aufgebaut werden.12

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Versorgungsstrategie Teilelieferant Auf unterster Ebene der Lieferantenpyramide steht der Teilelieferant (vgl. . Abb. 6.1). Hierbei handelt es sich um die Versorgung mit C-Teilen, die über ein hohes Maß an Standardisierung verfügen. Die Herstellung von Standardteilen benötigt kein großes produktspezifisches Know-how. Aus diesem Grund sind Modulund Systemlieferanten in der Regel unabhängig von Teilelieferanten, da auf diesem Markt ein großer Wettbewerb herrscht. Der Teilelieferant versucht deshalb sein Risiko zu minimieren, indem er bestrebt ist, mehrere Abnehmer aus verschiedenen Branchen in seinen Kundenstamm aufzunehmen. Bei der Beschaffung von C-Teilen kommt häufig das Global Sourcing zum Einsatz, damit sich der Käufer Preisvorteile auf dem internationalen Markt verschaffen kann.13 Hier stehen die sogenannten „low cost countries“ im Vordergrund. Versorgungsstrategie kritischer Lieferant Kritische Lieferanten beliefern den Hersteller mit Engpassteilen. „Als Engpassteile werden diejenigen Kaufteile bezeichnet, deren rechtzeitige Beschaffung und/oder Produktion sich aus der aktuellen wirtschaftlichen Lage des Unternehmens als problematisch und kritisch erweisen.“14 Die Materialien haben ein hohes Versorgungsrisiko und ein niedriges Einkaufsvolumen. Die Geschäftsbeziehungen zu den kritischen Lieferanten sollten deshalb sicher aufrechterhalten werden. Die Bevorratung der Materialien sollte sehr kritisch betrachtet werden, damit das Risiko von Produktionsstillständen minimiert werden kann. Bei den Engpassmaterialien handelt es sich meist um A- oder B-Artikel. 6.3  Die Entwicklung vom Teilelieferanten zum Systemlieferanten

Die Entwicklung vom Teilelieferant zum Systemlieferanten kann begründet werden mit der immer höher werdenden Komplexität des Beschaffungsmarktes sowie mit einem großen Einfluss der Beschaffung auf das Unternehmensergebnis. Die Gründe, aus denen Hersteller ihre Beschaffungsmaterialien nicht mehr einzeln beziehen, sondern vorher von einem Lieferanten vormontieren lassen, lassen sich mit den Vorteilen des Modular Sourcing (vgl. auch 7 Abschn. 17.4) erklären: Die Komplexität des Beschaffungs- und Produktionsprozesses sowie die Komplexität in der Logistik nehmen für den Hersteller immer weiter ab, je höher die Lieferanten in die Prozesse integriert werden. Die Verantwortung für Logistik und

12 Arnold (2004). 13 Arnold (2004). 14 Arnold (2004).

6.3 · Die Entwicklung vom Teilelieferanten zum Systemlieferanten

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. Abb. 6.3  Zulieferpyramide (Wannenwetsch 2005)

­ ualität wird somit auf den Modul- bzw. Systemlieferanten übertragen und TransQ aktionen können minimiert werden. Des Weiteren verringert sich der Koordinationsaufwand für den Hersteller und Entwicklungszeiten können verkürzt werden, wenn der Modullieferant in den Prozess integriert wird. Hierbei spielt Simultaneous Engineering (vgl. 7 Abschn. 3.1.2) eine wichtige Rolle, denn verschiedene Modullieferanten können zeitgleich neue Module konzipieren. Weitere Vorteile und Gründe der Integration von Modul- und Systemlieferanten sind:15 5 geringerer Flächenbedarf für Lagerung, Handling und Materialbereitstellung an der Montagelinie 5 Verringerung des Dispositionsaufwands, der Stammdatenpflege, der Lagerung und des Bestandscontrollings durch die Verringerung der Teilekomplexität 5 Verringerung der Transport- und Kapitalbindungskosten durch produktionssynchrone Anlieferung 5 Vereinfachung der Produktionsplanung und Fertigungssteuerung durch die Reduzierung der Anzahl an Einzelteilen Durch die Konzentration auf Modul- oder Systemlieferanten verändert sich die Lieferantenstruktur und die Lieferantenanzahl sinkt für den Hersteller, wodurch ebenso die Aufwendungen für Lieferantenkontakte und Lieferantenpflege reduziert werden. Diese Anstrengungen werden jedoch nicht eliminiert, sondern von den tieferen Hierarchiestufen der Lieferkette (vgl. . Abb. 6.1) übernommen.16 Der Modul- bzw. Systemlieferant hat direkten Kontakt zum Hersteller, Komponentenund Teilelieferanten arbeiten nur selten direkt mit dem Hersteller zusammen (vgl. . Abb. 6.3).

15 Klug (2010). 16 Wannenwetsch (2005).

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Kapitel 6 · Lieferanten

Durch enge Partnerschaften können Planungsprozesse verbessert und Ineffizienzen aufgedeckt und behoben werden. Es ist jedoch zu beachten, dass die Erwartungen an die Beziehungen zwischen den Partnern unterschiedlich sein können. Um einen beidseitigen Erfolg zu erzielen, sollten die Ziele der Unternehmen aufeinander abgestimmt werden.17 Die Komplexität der Wertschöpfungskette kann jedoch auch zu Problemen führen. Als Beispiel kann die Suche nach dem Schuldigen bei Rückrufaktionen in der Automobilbranche genannt werden. Wenn sich herausstellt, dass ein Modul eines produzierten Pkw von minderer Qualität ist, sind Rückrufaktionen oft nicht abzuwenden. Der OEM (Original Equipment Manufacturer) gibt die Schuld an seinen Modullieferanten weiter. Dieser informiert seinen Lieferanten (Second-Tier-Lieferant), welcher wiederum seinen Lieferanten (Third-Tier-Lieferanten) vorwarnt. Gemeinsam muss recherchiert und analysiert werden, wo die Schwachstelle des Moduls liegt und wer sie verursacht hat. Findet sie sich beim Teilelieferanten, werden die Kosten vom OEM (Original Equipment Manufacturer) über den Modullieferanten bis zum Teilelieferanten durchgereicht. In der Vergangenheit galt stets das Prinzip: Zahlst du nicht, gibt es keine weiteren Aufträge. Dies hat sich jedoch geändert, da die Rechtsabteilung des Teilelieferanten bzw. sein Versicherer die alleinige Schadensübernahme nicht mehr ohne Weiteres akzeptiert und die Mitschuld bei seinem Abnehmer sucht, da dieser die Produkte akzeptiert und die Qualität eingehend geprüft hat. Wie die Schuld nun verteilt wird oder wer einziger Schuldiger ist, muss nicht selten in einem juristischen Verfahren herausgefunden werden. Dieses Beispiel soll zeigen, dass die vernetzten Strukturen in der Wertschöpfungskette auch zu Rechtsstreitigkeiten und Schuldzuweisungen führen können, was den Arbeitsaufwand „im Hintergrund“ erhöhen kann.18 6.4  Aufgaben zur Selbstüberprüfung

1. Nennen Sie vier Kategorien, in die Lieferanten anhand der gelieferten Produktkomplexität eingeteilt werden können. 2. Nach welchen Kriterien kann die Systematisierung der Lieferanten im Unternehmen erfolgen? In welche Kategorien werden die Lieferanten jeweils eingeteilt? 3. Welche Kriterien spielen bei der Einteilung der Lieferanten nach der Klassifizierungsmethode eine besondere Rolle? Wie stehen sie in Abhängigkeit zu den Lieferantenkategorien? Stellen Sie dies grafisch dar und erläutern Sie kurz den Zusammenhang. 4. Wodurch zeichnen sich in der Regel Waren aus, die von Teilelieferanten geliefert werden? 5. Erläutern Sie die Eigenschaften von Materialien, die durch Komponentenlieferanten abgewickelt werden, mithilfe eines Beispiels. Was hat das für die Einbindung des Lieferanten in die Unternehmensprozesse zur Folge?

17 Wannenwetsch (2005). 18 o. V. (2009a).

6.4 · Aufgaben zur Selbstüberprüfung

57

6. Welche Prozessschritte gehören generell zum Aufgabenspektrum eines Modullieferanten? Stellen Sie dies grafisch mithilfe einer Prozesskette dar. 7. Welche Vorteile bzw. Nachteile birgt die Integration von Modullieferanten? Erläutern Sie diese jeweils kurz. 8. Die Integration von Modullieferanten stellt hohe Ansprüche an Lieferanten und das Unternehmen selbst. Erläutern Sie vier Aspekte, die berücksichtigt werden müssen. 9. Was unterscheidet einen Systemlieferanten von einem Modullieferanten? 10. Worin unterscheidet sich ein System von einem Modul? Nennen Sie Beispiele. 11. Beschreiben Sie die Funktionsweise eines Lieferantenportfolios. 12. Welche Dimensionen/Kriterien werden zur Einordnung von Lieferanten in ein Lieferantenportfolio eingesetzt? 13. Wie können Produkte für ein Lieferantenportfolio sinnvoll kategorisiert werden? Wie gestaltet sich die optimale Zuteilung zu den Lieferantentypen und warum? 14. Ordnen Sie die verschiedenen Lieferantentypen in ein Lieferantenportfolio ein. Stellen Sie dies grafisch dar. Welche Versorgungsstrategien werden bei den jeweiligen Lieferantentypen bevorzugt angewendet? 15. Nennen Sie die zu den Lieferantentypen Systemlieferant, Modullieferant, Teilelieferant und kritischer Lieferant zugehörigen Versorgungsstrategien. 16. Für welchen Lieferantentyp ist das Multiple Sourcing sinnvoll? Diskutieren Sie dies kurz. 17. Für welchen Lieferantentyp ist das Single oder Dual Sourcing sinnvoll? Diskutieren Sie dies kurz. 18. Welche Produkte werden durch Teilelieferanten geliefert und wie gestaltet sich die optimale Versorgungsstrategie? 19. Was versteht man unter Engpassteilen? Welcher Lieferantentyp wird einem Engpassteil zugeordnet und welche Strategien werden bei der Beschaffung dieser Teile angewandt? 20. Ein Trend in Unternehmen zeigt, dass oftmals eine Entwicklung von Teilelieferanten zu Systemlieferanten stattfindet. Worin bestehen dabei die Vorteile für die abnehmenden Unternehmen? Mit welchen Risiken müssen sie sich beschäftigen? 21. Welche positiven Auswirkungen kann eine partnerschaftliche Kooperation für die jeweiligen Unternehmen haben?

6

59

Logistikdienstleister – Vom 1-PL zum 4-PL Inhaltsverzeichnis 7.1 Das Leistungsspektrum der Logistikdienstleister – 60 7.2 Aufgaben zur Selbstüberprüfung – 64

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 H. Beckmann, Grundkurs Beschaffungsmanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-39125-6_7

7

60

Kapitel 7 · Logistikdienstleister – Vom 1-PL zum 4-PL

Ein Beispiel für Beschaffungsobjekte in der Kategorie Dienstleistungen sind logistische Leistungen. Diese werden in der heutigen Zeit von Produzenten und Handelsunternehmen vielfach ausgelagert. Unternehmen konzentrieren sich auf ihre Kernkompetenzen und überlassen logistische Aktivitäten den Spezialisten. Dadurch sollen die ausgelagerten Prozesse in hoher Qualität und kostengünstig abgewickelt werden. Somit wird eine Vielfalt an Logistikaufträgen vergeben, was Logistikdienstleistern eine gute Grundlage bietet, ihre Leistungen auf dem Markt anzubieten.1 Diese Dienstleister erweitern kontinuierlich ihr Leistungsspektrum und passen ihr Angebot an die Bedürfnisse ihrer Kunden an. Es werden zunehmend komplexe Leistungsbündel angeboten. 7.1  Das Leistungsspektrum der Logistikdienstleister

7

Logistikdienstleister lassen sich anhand des angebotenen Leistungsspektrums differenzieren und in verschiedene Gruppen gliedern. Dabei werden hauptsächlich die beiden Konzepte 3-PL (Third Party Logistics Provider) und 4-PL (Fourth Party Logistics Provider) als diejenigen von Logistikdienstleistern betrachtet, die zusätzliche Leistungen neben dem reinen Transport von Waren anbieten. Die beiden Konzepte sind eine Weiterentwicklung des 1-PL (First Party Logistics Provider) und 2-PL (Second Party Logistics Provider). Die Entwicklung vom 1-PL zum 4-PL resultiert aus der Konzentration auf die Kernkompetenzen des Herstellers sowie aus dem immer stärkeren Streben zur Optimierung der Supply Chains. Konkurrenz besteht nicht mehr allein zwischen Unternehmen, sondern auch zwischen verschiedenen Wertschöpfungsketten. Der Logistikdienstleister kann Aufgaben in der Regel effizienter durchführen, indem er z. B. Bündelungseffekte und Synergien nutzt.2 Bei der Entwicklung vom 3-PL zum 4-PL ist es für Unternehmen notwendig, sich mit geeigneten Strategien neu zu positionieren. Dazu ist es ebenso erforderlich, sich im IT-Markt zurechtzufinden und sich Fähigkeiten bei Implementierung, Betrieb und Betreuung der IT-Systeme anzueignen.3 „Je mehr Leistungen für eine Supply Chain erbracht werden, desto mehr Kompetenz ist erforderlich.“4 Als 1-PL wird der Hersteller von Waren bezeichnet, der einen Teil der Logistik selbst durchführt. Er bestellt somit keine externen Dienstleister, sondern führt diverse logistische Aufgaben z. B. mit eigenem Fuhrpark und/oder eigenen Lagergebäuden selbst aus. Im Werksverkehr befördert z. B. eigenes Personal Güter mit eigenen Fahrzeugen von A nach B. Unternehmen organisieren somit ihre Transportaktivitäten selbst und müssen, anders als im gewerblichen Güterverkehr, keine Güterschadenshaftpflichtversicherung abschließen. Der reine Transporteur bzw. Spediteur bietet klassische Transport-, Lagerhaltungs- und Umschlagsdienstleistungen an und wird als 2-PL bezeichnet.

1 2 3 4

Wannenwetsch (2005) Wannenwetsch (2005). Baumgarten et al. (2004). Emmermann et al. (2003).

61 7.1 · Das Leistungsspektrum der Logistikdienstleister

Der 3-PL ist ein Systemdienstleister mit eigenem IT-System und eigenen Logistikressourcen für Transport, Umschlag und/oder Einlagerung. Er bietet aus Wettbewerbsgründen neben den klassischen Speditionsaufgaben des 2-PL weitere „value-added services“ (VAS) wie z. B. Konfektionierung oder Montage an. Die logistischen Prozesse werden bestmöglich auf die Bedürfnisse des einzelnen Kunden ausgerichtet. Dadurch bietet sich die Möglichkeit, langfristige Partnerschaften aufzubauen und dies sichert einen Teil der eigenen Kapazitätsauslastung für eine in der Zukunft liegende Zeitspanne. Aber auch kurzfristige Geschäftsbeziehungen sind Teil des Vertragsspektrums. Beispielunternehmen für die größten 3-PL in Europa sind Danzas und Schenker.5 Der 3-PL konzentriert sich jedoch nur auf ausgewählte Teile der Wertschöpfungskette und nicht, wie der 4-PL, auf die gesamte Supply Chain. Heutzutage müssen Supply Chains jedoch aufgrund ihrer komplexen Strukturen ganzheitlich organisiert werden, woraus sich der 4-PL als Netzwerkintegrator entwickelte.6 Verfügt der Logistikdienstleister über keine eigenen Logistikressourcen, wird er als 4-PL bezeichnet. Der Begriff 4-PL wurde 1996 von der Unternehmensberatung Andersen Consulting (heute Accenture) definiert als „ein Supply Chain Manager, der die Ressourcen, Kapazitäten und Technologien seiner eigenen Organisation mit denen anderer beteiligter Dienstleister zusammenführt und managt, um dem Kunden eine vollständige Supply-Chain-Lösung anbieten zu können“.7 Er konzentriert sich somit auf die Organisation und das Management von fremden Logistikressourcen und kann (im weiteren Sinne) mit dem früheren „reinen Spediteur“ verglichen werden. Die Aktivitätenvielfalt des 4-PL ist jedoch komplexer, da er häufig als „hochkompetenter Generalunternehmer für logistische Systemleistungen“ auftritt.8 Wannenwetsch (2005) bezeichnet die Dienste des 4-PL als „integrative und informatorische Aufgaben“, indem dieser Aktivitäten der gesamten Wertschöpfungskette ausführt. Er plant und steuert die Prozesse der Supply Chain, behebt logistische Probleme und „sorgt durch die Abstimmung der Warenflüsse und Ressourcen für eine Optimierung der Prozesse“.9 Er stellt somit den Systemkopf des gesamten Netzwerks an Dienstleistern einer Supply Chain dar. Eine Partnerschaft mit einem 4-PL ist jedoch nicht immer unproblematisch, da sie eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit voraussetzt. Es wird erwartet, dass 4-PL Neutralität schaffen und wahren und ein bereits etabliertes Netz innerhalb des Geschäftsbereichs des Kunden haben.10 Heutzutage spielen IT-Dienstleister und Systemhäuser im Zusammenhang von 4-PL, welche zusätzliche Beratungs- und Serviceleistungen anbieten, eine besondere Rolle. Das Logistikberatungsunternehmen 4flow AG mit dem Geschäftsbereich 4flow-management aus Berlin präsentiert sich seit 2009 als 4-PL- Dienstleister und übernimmt damit auch dauerhaft die Planung, Optimierung und Steuerung

5 6 7 8 9 10

Wannenwetsch (2005). Baumgarten et al. (2004). Emmermann et al. (2003). Gudehus (2004). Wannenwetsch (2005). o. V. (2006).

7

62

Kapitel 7 · Logistikdienstleister – Vom 1-PL zum 4-PL

. Abb. 7.1  Substituierbarkeit und Wertschöpfungsintensität von Logistikdienstleistungen (Aberle 1996)

7

von Logistiknetzen.11 Weiterhin zählen Dienstleister wie IBM, Hewlett Packard und Compaq zu den großen Anbietern dieses Geschäftsmodells.12 Zusätzlich zu den oben genannten Anbietern treten heutzutage Logistikdienstleister als Lead-Logistics-Provider (LLP) auf dem Markt auf. In der Literatur wird der LLP einerseits gerne mit dem 4-PL auf eine Stufe gestellt, andererseits wird er als Zwischenstufe zwischen 3-PL und 4-PL angesehen. Er deckt dabei die Aktivitäten des 3-PL ab und übernimmt einen Teil der Aufgaben des 4-PL wie z. B. die Koordination und Steuerung der Supply Chain.13 Heutzutage ist zu erkennen, dass eine Vielzahl von Dienstleistern besteht, die weder dem 3-PL noch dem 4-PL zuordenbar sind. Es zeichnet sich jedoch ab, dass sich immer mehr Dienstleister strategisch in Richtung 4-PL bewegen.14 Bereits in den 1990er-Jahren wurden die neuen Geschäftsfelder für Logistikaktivitäten durch Outsourcing erkannt. Auch wenn die Begriffe 1-PL bis 4-PL noch nicht bekannt waren, ließ die Reduzierung der Fertigungstiefe darauf schließen, dass sich für Speditionsbetriebe zukünftig neue Geschäftsfelder ergeben würden. Dazu war es notwendig, qualifizierte Mitarbeiter zu beschäftigen, die sich das notwendige Know-how aneigneten und bereit waren, einen Umdenkungsprozess zu durchlaufen. . Abb. 7.1 stellt den Wandel vom „einfachen“ Spediteur (2-PL) zum „modernen“ Systemdienstleister (4-PL/LLP) grafisch dar. Dabei spielen die Substituierbarkeit der Logistikanbieter sowie die Wertschöpfungsintensität bei der Zusammenarbeit eine besondere Rolle. Für eine weitere Einteilung der Logistikdienstleister kann die folgende Kategorisierung genutzt werden: 5 Einzeldienstleister 5 Verbunddienstleister 5 Systemdienstleister

11 12 13 14

o. V. (2009). Baumgarten et al. (2004). Distel et al. (2004). Emmermann et al. (2003).

63 7.1 · Das Leistungsspektrum der Logistikdienstleister

Einzeldienstleister können mit den 2-PL gleichgestellt werden. Sie beschränken sich auf Transport-, Umschlag- oder Lagerleistungen. Transportierende Unternehmen machen den Großteil der Einzeldienstleister aus, da dieses Gebiet mit 44 % den aufwendigsten Funktionsbereich der Logistik in Deutschland darstellt.15 Häufig spezialisieren sich Einzeldienstleister auf spezielle Güter, Frachtarten oder Branchen. Daneben existieren sogenannte Sonderdienstleister, welche mit Logistikunternehmen zusammenarbeiten (z. B. Abfüllbetriebe, Verpackungsunternehmen, Verzollungsbetriebe).16 Verbunddienstleister übernehmen ein größeres, erweitertes Leistungsspektrum als Einzeldienstleister. Sie integrieren mehrere logistische Einzelleistungen zu größeren Leistungsumfängen, wobei sie auf eigene oder fremde Ressourcen zurückgreifen. Verbunddienstleister betreiben mit den Ressourcen Logistikzentren und ein Logistiknetzwerk, um den Bedarf eines anonymen Kundenkreises zu befriedigen.17 Systemdienstleister konzentrieren sich auf einen oder einige wenige Kunden, die spezielle Anforderungen an Logistikdienstleistungen haben, welche sich nach dem speziellen Bedarf des Kunden richten, und stellen somit ein zugeschnittenes Logistikangebot zur Verfügung. Das Leistungsangebot eines Systemlieferanten ist weitestgehend einzigartig und aufgrund der speziellen Ausrichtung auf den Kundenwunsch hochwertig. Dies ist jedoch auch notwendig, um die Existenz des Systemdienstleisters rechtfertigen zu können. Er muss eine bessere und kostengünstigere Art entwickeln, um die Aufgaben durchzuführen, als es einem Einzel- oder Spezialdienstleister möglich ist. Er übernimmt außerdem die volle Leistungs-, Qualitäts- und Kostenverantwortung für einen vereinbarten Leistungsumfang. Grundlage seines Angebotes ist eine langfristige Partnerschaft und somit ein langfristiger Dienstleistungsvertrag. Daher wird die Bezeichnung „Kontraktlogistiker“ auch als Synonym für den Systemdienstleister benutzt. . Abb. 7.2 zeigt den Zusammenhang aller oben beschriebenen Logistikdienstleisterkonzepte.18 Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung der Logistikdienstleisterkonzepte ist das gegenseitige Vertrauen zwischen den zusammenarbeitenden Unternehmen. Je höher der Auslagerungsgrad bei Industrie und Handel wird, desto wichtiger ist die Schaffung von Transparenz und Informationsbereitschaft. Auch aus diesem Grund werden die Verträge zwischen Hersteller und Logistikdienstleister langfristig (3–5 Jahre) abgeschlossen. Je stärker und individueller die angestrebte Zusammenarbeit ist, desto länger sind häufig die Vertragslaufzeiten. Trotzdem ist es für Unternehmen auf beiden Seiten wichtig, nicht in eine zu große Abhängigkeit zu geraten. Viele Logistikdienstleister streben deshalb eine Risikostreuung an, indem sie nicht nur eine einzige Kooperation eingehen, sondern für mehrere Unternehmen Dienste ausführen. Zusätzlich werden kurzfristige Verträge abgeschlossen, die weniger Spezialisierung in der Prozessdurchführung fordern (z. B. Einlagerung und Transport von Produkten). Hersteller bewahren sich die Unabhängigkeit, indem sie

15 16 17 18

Scholz-Reiter et al. (2008). Gudehus (2004). Gudehus (2004). Gudehus (2004)

7

64

Kapitel 7 · Logistikdienstleister – Vom 1-PL zum 4-PL

7

. Abb. 7.2  Zusammenhang der Logistikdienstleisterkonzepte (Scholz-Reiter et al. 2008)

unter ­bestimmten, im Vertrag festgelegten Voraussetzungen den Logistikdienstleister wechseln können.19 Die Entwicklung zum 4-PL liegt in projektgebundenen, langfristigen Kooperationen, strategischen Allianzen sowie Joint Ventures zwischen Unternehmensberatungen, IT-Dienstleistern, Softwarehäusern und Logistik-Dienstleistern. Zur ganzheitlichen Optimierung der Supply Chain ist es notwendig, einen „Systemkopf“ zu bestimmen, der die Steuerung der Aktivitäten der gesamten Wertschöpfungskette übernimmt. Dies kann z. B. durch ein Logistikplanungs- und Beratungsunternehmen verantwortet werden, da dieses in der Regel eine hohe Kompetenz und viel Erfahrung in Logistik und IT mitbringt.20 Merksatz: Im Zuge der Entwicklung zum Supply Chain Management muss die Beschaffung zunehmend komplexe Dienstleistungspakete zukaufen. In diesem Kontext gewinnen die Analyse, Auswahl und Einbindung von Logistikdienstleistern mit einem ausdifferenzierten Leistungsangebot, das insbesondere auch die Übernahme von Koordinationsaufgaben in der Supply Chain umfasst, stark an Bedeutung. 7.2  Aufgaben zur Selbstüberprüfung

1. Warum werden heutzutage oft Teilprozesse in Unternehmen ausgelagert? 2. Was versteht man unter den Konzepten der 3-PL- und 4-PL Logistikdienstleister?

19 Wannenwetsch (2005). 20 Baumgarten et al. (2004).

65 7.2 · Aufgaben zur Selbstüberprüfung

3. Beschreiben Sie kurz den Entwicklungstrend vom 1-PL zum 4-PL. 4. Welche Aufgaben hat ein 2-PL? 5. Was versteht man unter einem 3-PL? Beschreiben Sie diesen Dienstleistertyp auch mithilfe von Beispielen. 6. Nennen Sie Beispiele für VAS (value-added services). 7. Wie wird die Geschäftsbeziehung zwischen einem Auftraggeber und einem 3-PL gestaltet? 8. Wodurch unterscheidet sich der 3-PL vom 4-PL? Wieso gab es diesen Entwicklungstrend? 9. Wie gestaltet sich die Beziehung zu einem 4-PL? Wo liegen Problematiken? 10. Was versteht man unter einem LLP und wie unterscheidet er sich von einem 3-PL und einem 4-PL? 11. Stellen Sie grafisch die Entwicklung vom „einfachen“ Spediteur zum „modernen“ Systemdienstleister in Abhängigkeit von den Variablen Substituierbarkeit und Wertschöpfungsintensität dar. Beschreiben Sie kurz die Zusammenhänge. 12. In welche Kategorien können Logistikdienstleister neben den bereits genannten eingeteilt werden? Beschreiben Sie diese kurz. 13. Was sollte bei steigendem Auslagerungsgrad bei Industrie und Handel beachtet werden, um damit verbundene Risiken zu minimieren?

7

67

Kosten der Beschaffung Inhaltsverzeichnis 8.1 Direkte Materialkosten – 68 8.2 Lagerhaltungskosten – 71 8.3 Bestellabwicklungskosten – 73 8.4 Fehlmengenkosten – 73 8.5 Total Cost of Ownership – 74 8.6 Aufgaben zur Selbstüberprüfung – 79

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 H. Beckmann, Grundkurs Beschaffungsmanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-39125-6_8

8

68

Kapitel 8 · Kosten der Beschaffung

Die Kosten der Beschaffung stellen einen beachtlichen Anteil der Gesamtkosten eines Unternehmens dar. Nicht selten liegt der Anteil des Materialaufwands an den Umsatzerlösen in Industrieunternehmen bei 60 % und mehr.1 Dies spiegelt sich auch im zweiten Kernziel der Beschaffung, der Senkung der Beschaffungskosten, um eine wettbewerbsfähige Kostenposition einzunehmen (vgl. 7 Kap. 4), wider. Um diesem Ziel gerecht zu werden, sind eine systematische Aufschlüsselung und Analyse der durch die Beschaffung beeinflussbaren Kosten notwendig. Merksatz: Die Beschaffungskosten im engeren Sinne können grob in vier Kostenarten eingeteilt werden: 5 direkte Materialkosten, 5 Lagerhaltungskosten, 5 Bestellabwicklungskosten und 5 Fehlmengenkosten.

8

Zur Ermittlung einer wirtschaftlich sinnvollen Bestellmenge ist eine Unterteilung der Beschaffungskosten notwendig. In den folgenden Abschnitten werden die oben aufgelisteten Kostenarten erläutert und ihr Einfluss auf die Senkung der Beschaffungskosten wird untersucht. Des Weiteren wird eine ganzheitliche Sicht auf die Beschaffungskosten vorgenommen (Total Cost of Ownership). 8.1  Direkte Materialkosten

Die direkten Materialkosten ergeben sich aus der Multiplikation des Einstandspreises pro Mengeneinheit und der Beschaffungsmenge. Der Einstandspreis des Materials resultiert aus dem Angebotspreis des Lieferanten (Preis je Einheit) unter Berücksichtigung von Preisnebenbedingungen wie z. B. Mindermengenzuschläge, Mengenrabatte, Skonti und Verpackungskosten.2 Das folgende Berechnungsschema in . Tab. 8.1 zeigt ein Beispiel für die Entstehung des Einstandspreises eines Beschaffungsmaterials aus dem Angebotspreis. Die oben aufgeführten Preisnebenbedingungen können folgendermaßen definiert werden: 5 Mindermengenzuschlag: Zusätzliche Kosten bzw. Preisaufschlag aufgrund unzureichender Abnahmemengen, die zu Mehrkosten beim Lieferanten, wie z. B. erhöhte Rüstaufwände in der Produktion bei kleinen Losgrößen, führen. 5 Mengenrabatte: Mengenrabatte sind Preisabschläge, die ein Lieferant bei Bestellung ab einer bestimmten Menge oder einem bestimmten Wert gewährt. Sie dienen als Anreiz zum Kauf größerer Mengen. Beispiel zur Mengenstaffelung: Ein Unternehmen bietet 1000 Bildschirme für 500 €/Stück an. Bei einer Abnahme von 1500 Bildschirmen sinkt der Preis auf 450 €/Stück (Mengenrabatt). Werden weniger als 500 Bildschirme abgenommen, erhöht sich der Preis auf 550 € pro Stück (Mindermengenzuschlag).

1 2

Hutzschenreuter (2009). Jung (2010).

69 8.1 · Direkte Materialkosten

. Tab. 8.1  Zusammensetzung des Einstandspreises Quelle (Muschinski) Preis je Einheit  + 

Mindermengenzuschlag



Mengenrabatte/Bonus

 + 

Zahlungskosten (Akkreditivkosten)

 + 

Währungssicherung



Skonto

 + 

Transportkosten

 + 

Be- und Entladekosten

 + 

Versicherungskosten

 + 

Verpackungskosten

 + 

Zölle, Gebühren, öffentliche Abgaben



Zollerstattung/Steuervorteile

 + 

Provisionen



Nachlass

 + 

Sonstige Kosten



Sonstige geldwerte Vorteile

 = 

Einstandspreis

Abnahmemenge

Zahlungsmodalitäten

Abnahmemodalitäten

Rechtliche Vorschriften

Mittel der Absatzförderung

– Bonus: Ein Bonus ist ein nachträglich gewährter Rabatt, bei dem Käufern nach einer bestimmten Periode (z. B. Quartal oder Jahr) beim Erreichen eines bestimmten Mindestumsatzes ein Nachlass auf den Gesamtbetrag gewährt wird. ► Beispiel

» 1,00 € bis 50.000,00 € 3 % Bonus » 50.001,00 € bis 100.000,00 € 5,5 % » 100.001,00 € bis 200.000 € 7 % » 200.001,00 € bis 400.000 € 9 % » Bei einem Umsatz von 250.000 € erhält der Abnehmer einen Nachlass von: » 250.000 € x 0,09 = 22.500 € 5 Zahlungskosten: Zahlungskosten können Kosten für die Erstellung der Rechnung sein sowie eventuelle Mahnkosten und Kosten für die Überschreitung des Zahlungsziels. 5 Währungssicherung: Kosten für die Absicherung von Schwankungen der Wechselkurse für Unternehmen, die in verschiedenen Währungsgebieten agieren. 5 Skonto: Skonto ist ein prozentualer Nachlass auf den Rechnungsbetrag (Skontosatz) bei vorzeitiger Zahlung bzw. wenn die Rechnung spätestens am Ende der Skontofrist gezahlt wird.

8

70

Kapitel 8 · Kosten der Beschaffung

► Beispiel zur Skontoberechnung Der Lieferant bietet dem Abnehmer folgende Zahlungsmöglichkeiten an: 10 Tage: 3 % Skonto; 30 Tage: netto. Die Zahlungsdifferenz besteht demzufolge aus 20 Tagen. Der Rechnungsbetrag beträgt 100.000 €. Die interne Verzinsung liegt bei 8 %. Die für den Abnehmer günstigere Zahlungsbedingung muss berechnet werden: Variante 1: Zahlung am 10. Tag mit Skontoabzug: Ersparnis = Rechnungsbetrag x Skonto +((Skontofrist/360) x interner Zins) x (Rechnungsbetrag x (1-Skonto)) ➔ 100.000 € × 0,03 + ((10/360) × 0,08) x (100.000 € x (1-0,03)) = 3.215,56  € Variante 2: Ersparnis = Rechnungsbetrag x (Zahlungsziel/360 × interner Zins) 100.000 € x (30/360 x 0,08) = 666,67 € Variante 1 ist hier günstiger und sollte gewählt werden. – Transportkosten: Kosten für den Transport vom Lieferanten (Absender) zum Kunden (Empfänger). – Be- und Entladekosten: Kosten für die Be- und Entladung der zu transportierenden Güter. – Versicherungskosten: Versicherung gegen Diebstahl, Bruch, Beschädigung usw. bei der Beförderung der Güter. – Verpackungskosten: Kosten für die Verpackung der Güter zum Schutz gegen äußere Einwirkungen. – Zölle: „Zölle sind Abgaben, die beim unmittelbaren Eingang von Waren in den Wirtschaftskreislauf (Einfuhrzoll) oder beim Verlassen des Wirtschaftskreislaufs (Ausfuhrzoll) erhoben werden.“3 – Gebühren: Gebühren sind öffentlich-rechtliche Geldleistungen für die Inanspruchnahme individueller Leistungen und decken im Gegensatz zur Steuer ganz oder teilweise die Kosten für entsprechende Leistungen ab. Sie können in Verwaltungsund Benutzungsgebühren unterteilt werden.4 – Öffentliche Abgaben: Öffentliche Abgaben sind Geldleistungen, die aufgrund gesetzlicher Bestimmung an die öffentliche Hand geleistet werden müssen. – Zollerstattung: Die Zollerstattung ist eine Rückzahlung von Zollgebühren. – Steuervorteile: Steuervorteile sind Vorteile, die aufgrund von steuerrechtlichen Vorschriften zu einer niedrigeren Steuerlast führen können oder diese zumindest für eine gewisse Zeit stunden. 5 Provisionen: Provisionen werden häufig gezahlt, wenn Handelsvertreter als Geschäftsvermittler auftreten. 5 Nachlass: Der Nachlass ist ein Preisnachlass, um den Verkauf zu fördern.5 ◄

8

3 4 5

Weerth et al. (2011). Rehm et al. (2010). Büchs (2006).

71 8.2 · Lagerhaltungskosten

Durch Senkung der direkten Materialkosten können hohe Einsparungen erzielt werden. In Industrieunternehmen kann der Anteil der Materialkosten an den Herstellkosten durchschnittlich 50 % betragen.6 8.2  Lagerhaltungskosten

Die Lagerhaltungskosten setzen sich aus zwei hauptsächlichen Kostenkategorien zusammen. Zum einen handelt es sich um Kosten der Einlagerung, der Lagerung und der Auslagerung (Lagerkosten), zum anderen aus Kosten des im Lager gebundenen Kapitals (Kapitalbindungskosten).7 Des Weiteren lassen sich Lagerhaltungskosten in variable und fixe oder sprungfixe Kosten unterteilen.8 Dabei zählen zu den variablen Kosten (auch Lagermaterialkosten genannt) z. B. die Kapitalbindungskosten sowie Kosten für Versicherungen der Vorräte gegen Feuer, Diebstahl, Wasser etc. Auch die Kosten einer Wertminderung der bevorrateten Materialien durch Verderb, Schwund oder Alterung sowie Kosten für Sonderbehandlung (z. B. materialspezifische Lagerung wie Kühlung) werden den Lagermaterialkosten zugerechnet. Die Kapitalbindungskosten werden meist mittels eines kalkulatorischen Zinssatzes berechnet. Sie sollen die Verzinsung des in den Beständen gebundenen Kapitals ausdrücken. Als Berechnungsgröße wird die durchschnittliche Bestandsmenge eines Materials (ohne Sicherheitsbestand) herangezogen. Bei kontinuierlicher Materialentnahme dient die halbe Bestellmenge als Berechnungsgrundlage.9 Im weiteren Sinne umfassen die Kapitalbindungskosten auch kalkulatorische Beständewagnisse und Abschreibungen für Wertberichtigungen auf Lagergüter.10 Die fixen Kosten hängen nicht von der Lagermenge ab. Sie beinhalten vorwiegend die Lagerraum- und Lagerpersonalkosten. Zu den Lagerraumkosten gehören die Abschreibungen auf Lagergebäude und Lagerinventar (z. B. Regale, Stapler etc.), Beleuchtungs- und Heizkosten sowie Versicherungs- und Instandhaltungskosten. Kurzfristig können die Lagerraumkosten als fix angesehen werden, da eine feste Lagerkapazität genutzt wird, egal wie hoch die Lagermenge ist. Auf lange Sicht kann die Lagerkapazität jedoch angepasst werden. Das Lager kann vergrößert oder verkleinert werden, um es auf die einzulagernde Menge abzustimmen. In diesem Fall spricht man von sprungfixen Kosten. Die Lagerpersonalkosten werden ebenso als fix angesehen, weil sie kurzfristig nur unwesentlich schwanken. Langfristig jedoch kann das Personal, ebenso wie die Lagerkapazität, angepasst werden (sprungfix).11 In dem Zusammenhang sei jedoch angemerkt, dass zur Variabilisierung der Personalkosten im erheblichen Umfang flexible Arbeitszeitmodelle und Zeitarbeitsunternehmen genutzt werden. Des Weiteren werden zu den Lagerhaltungskosten

6 7 8 9 10 11

Schulte (2001). Schulte (2001). Hartmann (2002). Hartmann (2002). Hartmann (2002). Hartmann (2002).

8

72

Kapitel 8 · Kosten der Beschaffung

. Tab. 8.2  Zusammensetzung des Lagerhaltungskostensatzes in Industrieunternehmen (Hartmann 2002)

8

Zinsen des gebundenen Kapitals

8 %

bis

10 %

Alterung, Verschleiß

3 %

bis

5 %

Verlust, Bruch

2 %

bis

4 %

Transport

2 %

bis

4 %

Abschreibung

1,5 %

bis

2 %

Lagerverwaltung

1 %

bis

2 %

Steuern

1 %

bis

2 %

Versicherung

0,5 %

bis

1 %

Lagerhaltungskostensatz

19 %

bis

30 %

Lagergemeinkosten zugerechnet, wie Kosten für Verwaltung, anteilige Betriebssteuern, Telefon usw. Bei der Berechnung der Lagerhaltungskosten fallen die variablen Kosten (gerade die Kapitalbindungskosten) in Wert und Menge am stärksten ins Gewicht. Zur Vereinfachung wird in der Praxis ein Lagerhaltungskostensatz ermittelt, um die Lagerhaltungskosten zu berechnen. Eine Proportionalisierung der oben genannten fixen Kosten wird bei dieser Berechnung in Kauf genommen. Der Lagerhaltungskostensatz wird berechnet, indem die Zinsen des gebundenen Kapitals und der Lagerkostensatz addiert werden:

Lagerhaltungskostensatz = Zinssatz des gebundenen Kapitals + Lagerkostensatz Der Lagerkostensatz wird über folgende Formel berechnet:

Lagerkostensatz =

Lagerkosten pro Periode × 100 durchschnittlicher Lagerbestandswert

Zur Vereinfachung wird auf die Differenzierung der Lagerhaltungskostensätze nach verschiedenen Materialarten verzichtet – es sei denn, die einzelnen Lagermaterialien weisen sehr unterschiedlich hohe Kosten auf. Je höher die Bestellmenge, desto stärker wachsen die Lagerhaltungskosten an, daher variiert der durchschnittliche Lagerbestandswert bei Veränderung der Bestellmenge. Der Sicherheitsbestand wird bei der Berechnung des durchschnittlichen Lagerbestandswerts vernachlässigt.12 Wie viel Prozent des durchschnittlichen Lagerwertes auf die Lagerhaltungskosten anfallen (im Normalfall im Industriebetrieb), zeigt folgende tabellarische Aufstellung an (vgl. . Tab. 8.2).13

12 Hartmann (2002). 13 Hartmann (2002).

73 8.4 · Fehlmengenkosten

8.3  Bestellabwicklungskosten

Die Bestellabwicklungskosten bzw. Bestellkosten entstehen durch den Aufwand bei der Bestellabwicklung innerhalb eines Unternehmens. Dazu gehören vorwiegend Personal- und Sachkosten der Beschaffung, aber auch Kosten für EDV, Wareneingang, Qualitätskontrolle, Material- sowie Rechnungsprüfung.14 Die Bestellabwicklungskosten sind stark von der Bestellpolitik des Unternehmens abhängig: Je häufiger bestellt wird, desto höher sind die Kosten. Dabei hat die Bestellmenge i. d. R. keinen Einfluss auf die Bestellkosten.15 Die Ermittlung der gesamten Bestellkosten setzt eine detaillierte Kostenrechnung im Unternehmen voraus. Alle relevanten Prozesskosten aus dem Beschaffungsbereich müssen dabei herangezogen werden. Zur Vereinfachung wird die Summe der Bestellkosten pro Periode durch die Anzahl der Bestellungen pro Periode dividiert, um die Bestellkosten pro Bestellung zur ermitteln.16

Bestellkosten pro Bestellung =

Summe der Bestellkosten/Periode Anzahl der Bestellungen/Periode

Auch hier gilt, dass es bei einer genauen Betrachtung notwendig ist, die Bestellprozesse für unterschiedliche Materialgruppen differenziert zu betrachten. Hierzu sind die Beschaffungsobjekte mit ähnlichen Bestellabwicklungsprozessen zu Materialgruppen zu gliedern. Je Materialgruppe sind dann die Prozesskosten für die Bestellabwicklung zu ermitteln. Der gedankliche Vergleich der Bestellung eines Kugelschreibers mit der einer komplexen Produktionsanlage verdeutlicht diese Notwendigkeit. 8.4  Fehlmengenkosten

Bei den Fehlmengenkosten wird in direkte und indirekte Fehlmengenkosten unterschieden. Direkte Fehlmengenkosten entstehen, wenn das bestellte Material nicht zum Bedarfszeitpunkt, nicht am gewünschten Ort, in der gewünschten Menge oder Qualität zur Verfügung steht.17 Trifft das Material zu spät ein, entstehen Kosten für Überstunden, wenn die Produktion noch rechtzeitig fertiggestellt werden soll. Wird das Verkaufsprodukt nicht rechtzeitig fertiggestellt, so könnten die eigenen Kunden in Zukunft ein Konkurrenzunternehmen bevorzugen und es entstehen Marktanteilsverluste. Auch dies sind Folgekosten einer Fehlmenge und sie werden zu den direkten Fehlmengenkosten hinzugerechnet. Soll eine Fehlmenge in Zukunft abgewendet werden, so bezeichnet man die mit diesen Aktivitäten verbundenen Kosten als indirekte Fehlmengenkosten.18 Wenn beispielsweise Materialien bei einem Lieferanten mit kürzeren Lieferzeiten bestellt werden müssen, bei dem jedoch höhere Preise anfallen, oder eine Eilliefe-

14 15 16 17 18

Jung (2010). Schulte (2001). Hartmann (2002). Schulte (2001). Schulte (2001).

8

74

8

Kapitel 8 · Kosten der Beschaffung

. Abb. 8.1  Unterscheidung von direkten und indirekten Fehlmengenkosten

rung ­durchgeführt werden muss, fallen indirekte Fehlmengenkosten an. Eine ausführliche Übersicht möglicher direkter und indirekter Fehlmengenkosten zeigt . Abb. 8.1. 8.5  Total Cost of Ownership

Die vorherigen Kapitel befassten sich mit den Beschaffungskosten im engeren Sinne, vielfach greift dies für ganzheitliche Entscheidungen in der Beschaffung jedoch zu kurz, sodass das Total-Cost-of-Ownership-Konzept (TCO) zunehmend an Bedeutung gewonnen hat. Merksatz: TCO ist eine ganzheitliche Kostenanalyse und wird genutzt, um die Gesamtkosten innerhalb der Beschaffung zu ermitteln. „Total cost of ownership is defined (…) as a philosophy for really understanding all relevant supply chain related costs of doing business with a particular supplier for a particular good/service.“19 Dabei werden nicht nur die Erwerbskosten für ein spezifisches Beschaffungsobjekt berücksichtigt, was jedoch meist den größten Anteil der TCO ausmacht, sondern auch die Kosten für den gesamten Lebenszyklus vom Beschaffungsvorgang über Unterhalt und Gebrauch bis zur Entsorgung. Beschaffungs- bzw. Investitionsobjekte sollen anhand dieses Modells vollständig und ganzheitlich verglichen werden, d. h., alle Kosten, die vor, während und nach einer Transaktion entstehen, fließen in die Kaufentscheidung ein. Merksatz: „Die Entwicklung des TCO beruht dabei auf der Erkenntnis, dass durch die Auswahl eines bestimmten Zulieferers Folgekosten im Unternehmen entstehen, die

19 Ellram (2002).

75 8.5 · Total Cost of Ownership

. Abb. 8.2  Veränderung der Vergabeentscheidung mit TCO-Konzept (Wildemann 2009)

einen günstigen Einkaufspreis um ein Vielfaches erhöhen und somit effektiv zu einer suboptimalen Entscheidung führen.“20 Da Unternehmen sich verstärkt auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren, beträgt der Anteil der Beschaffungskosten häufig bis zu 80 % an den Gesamtkosten. Die Bedeutung der Beschaffung nimmt immer weiter zu, was eine eingehende Kostenanalyse erforderlich macht. Nicht nur der Einstandspreis und die Transportkosten zählen zu den relevanten Kosten, die verglichen werden müssen. Auch die Gemeinkosten sowie verdeckte Leistungsunterschiede der Lieferanten dienen der Vergabeentscheidung von Lieferaufträgen.21 In der Automobilindustrie werden ca. 85 % der gesamten Lebenszykluskosten einer Maschine bereits bei der Konstruktion festgelegt, was die Notwendigkeit von TCO-Verfahren für Investitionsgüter unterstreicht.22 . Abb. 8.2 zeigt, dass die Vergabeentscheidung bei unvollständiger Kostentransparenz fehlerhaft sein kann. Die Abbildung verdeutlicht, dass in eine Vergabeentscheidung häufig nur 60 % der Total Costs of Ownership einfließen. Durch die Einbeziehung der verdeckten Kosten (Hidden Costs) können deshalb hohe Potenziale realisiert werden.23 Die Kaufentscheidung kann nun auf Basis der gesamten TCO-Kosten getroffen werden. Es wird der Lieferant herausgefiltert, welcher ganzheitlich die niedrigsten Kosten verursacht. Vermehrt wird der TCO-Ansatz bei Maschinen- und Anlagenherstellern genutzt, wodurch weniger eine kostenoptimierte Maschinenentwicklung als vielmehr TCO-optimierte Produkte in den Vordergrund rücken. Insbesondere bei den antriebstechnischen Komponenten ist das TCO-Konzept ein erfolgversprechendes Analyseinstrument, da gerade diese Technik über die Folgekosten entscheiden kann.24

20 21 22 23 24

Schulze (2007). Wildemann (2009). Noske (2007). Wildemann (2009). o. V. (2006a), Noske (2007).

8

76

Kapitel 8 · Kosten der Beschaffung

. Abb. 8.3  Die Transaktionskosten der Total Costs of Ownership (Ellram 1993)

8

Neben quantitativen Anforderungen müssen auch qualitative Aspekte der Lieferanten einbezogen werden. Deshalb werden innerhalb des TCO-Konzeptes zwei verschiedene Ansätze unterschieden. Zum einen soll versucht werden, einen quantitativen Kostenbezug zu allen Kostenelementen vorzunehmen (Dollar-based-Ansatz), wohingegen im Value-based-Ansatz weitere qualitative Faktoren (z. B. Leistungsunterschiede) einbezogen werden, die mittels Gewichtungssystemen in monetäre Größen transformiert werden sollen.25 Ein weiterer Ansatz zur Integration der qualitativen Anforderungen ist die Verwendung eines Scoring-Modells in Kombination mit dem Dollar-based-TCO-Ansatz.26 Die Reduktion der Lieferantenbasis hat ebenfalls Einfluss auf den vermehrten Einsatz von TCO-Konzepten, wobei der TCO-Ansatz ein hilfreiches Analyseinstrument ist, um die richtigen Lieferanten auszuwählen. Ebenso spielt das Thema Outsourcing eine große Rolle im Total Cost of Ownership, da ohne die Kenntnis der Differenz zwischen den gesamten Outsourcing-Kosten und den internen Kosten keine transparente Bewertung vollzogen werden kann.27 Ellram (1993) liefert ein umfassendes Konzept zur Ermittlung der Total Costs of Ownership. Es sollen alle Kosten berücksichtigt werden, die bei der Beschaffung eines Gutes oder einer Dienstleistung entstehen. . Abb. 8.3 zeigt die Komponenten der Total Costs of Ownership. Es werden diejenigen Kosten einbezogen, die vor, während und nach einer Transaktion anfallen. Neben dem reinen Einstandspreis besteht somit ein großes Kostenspektrum, welches berücksichtigt werden sollte. Ein günstiger Einstandspreis könnte zur Folge haben, dass ein Beschaffungsobjekt von schlechter Qualität ist, wodurch die Folgekosten (z. B. durch Reparaturen) so steigen können, dass die Beschaffung eines anderen, teureren Gutes mit besserer Qualität insgesamt günstiger gewesen wäre.

25 Schulze (2007), S. 102. 26 o. V. (1998). 27 Ellram (2002), S. 658 ff.

77 8.5 · Total Cost of Ownership

. Tab. 8.3  Beispiel eines TCO-Lieferantenvergleichs Kosten/Lieferanten

Lieferant A

Lieferant B

Lieferant C

Einstandspreis pro Stück

47,50

41,30

52,00

Lieferant in interne Prozesse integrieren

0,40

0,55

0,40

Bestellprozess

0,70

2,50

0,70

Lieferung/Transport

4,40

7,60

4,80

Rechnungs- und Zahlungsabwicklung

0,60

1,50

0,70

Warenprüfung

3,50

5,40

2,10

Lagerhaltungskosten pro Periode

4,75

4,13

5,20

Ausschussteile aussortieren

0,20

0,30

0,10

Entsorgung von Verpackungen

0,10

0,90

0,50

62,15

64,18

66,50

Gesamte Kosten (TCO)

. Tab. 8.3 verdeutlicht beispielhaft die Problematik der isolierten Sicht auf die Einstandspreise von verschiedenen Lieferantenangeboten. Lieferant B bietet zwar eindeutig den günstigsten Einstandspreis für ein Einbauteil an, jedoch wird die Kaufentscheidung fehlerhaft, wenn sie ausschließlich auf dem Preis beruht. Bei Berücksichtigung aller weiteren relevanten Kostenkomponenten gemäß dem TCO-Ansatz würde die Entscheidung auf Lieferant A fallen. Die Kosten für die TCO-Transaktionskosten müssen im Voraus pro Stück ermittelt werden, wenn zu Beginn auch der Einstandspreis pro Stück eingerechnet wird. Laut Ellram (2002) ist nicht jedes Beschaffungsobjekt für eine TCO-Analyse geeignet, da diese sehr komplex und zeitaufwendig sein kann. Die folgende Aufzählung beschreibt Merkmalsausprägungen, die ein für eine TCO-Analyse geeignetes Beschaffungsobjekt aufweisen sollte:28 5 Der Kostenanteil für die Beschaffung des Objektes ist für das Unternehmen relativ hoch. 5 Das Beschaffungsobjekt wird mit einem bestimmten Maß an Regelmäßigkeit eingekauft. 5 Der Einkauf nimmt an, dass das Produkt wesentliche Transaktionskosten verursacht, die noch nicht erkannt wurden. 5 Der Einkauf glaubt, dass ein oder mehrere der nicht erkannten Transaktionskostenelemente von hoher Bedeutsamkeit sein kann bzw. können. 5 Der Einkauf hat die Möglichkeit, Einfluss auf die Transaktionskosten zu nehmen, z. B. durch Verhandlungen, Lieferantenwechsel oder interne Prozessverbesserung. 5 Diejenigen, die diesen Artikel kaufen, sollten bei der Sammlung der Daten kooperieren, um mehr über die Kostenstruktur des Artikels zu erfahren.

28 Ellram (2002).

8

78

8

Kapitel 8 · Kosten der Beschaffung

Ein TCO-Ansatz sollte ebenso bezogen auf Operationen im Supply Chain Management (SCM) entwickelt werden, da externe Zulieferer innerhalb des SCM vermehrt Dienstleistungen anbieten, die für einen ganzheitlichen Vergleich in das TCO-Konzept aufgenommen werden müssen. „Der Kernunterschied ist dabei im Vergleich zum Einkauf einzelner Teile, dass der Zulieferer nun für die Leistungserstellung eines gesamten Prozesses des Kunden verantwortlich ist.“29 Bei der Zusammenführung von TCO und SCM müssen mehr Schnittstellen betrachtet werden, denn auch der Kunde des Kunden kann diese Prozesse in Anspruch nehmen.30 Systemgrenzen sind nun fließend, was bedeutet, dass sich Kosten unternehmensübergreifend auswirken. Schlechte Qualität führt zu höheren Gemeinkosten durch Nacharbeit oder Rücksendungen. Diese Kosten entstehen nicht erst, wenn die Systemgrenze vom Lieferanten zum Abnehmer überschritten ist, sondern bereits im System des Lieferanten. Sie werden an den Abnehmer weitergegeben, was sich auf dessen Gemeinkosten auswirkt. Diese Kosten sind jedoch dem Lieferanten direkt zuordenbar und er hat somit die Verantwortung, die Reduzierung der Gemeinkosten zu übernehmen.31 TCO sollte nicht als einmaliges Analyseverfahren genutzt werden, da sich Produkt- und Lieferanteneigenschaften im Laufe der Zeit ändern können. TCO-Analysen müssen somit in bestimmten Zeitintervallen wiederholt werden. Ebenso ist es erforderlich, TCO abteilungsübergreifend einzusetzen. Abteilungen wie Marketing, Forschung/Entwicklung, Controlling, Produktion, Logistik und IT können neben dem Einkauf wichtige Informationen zu einer TCO-Analyse beitragen.32 Das Konzept bietet einige Vorteile bzw. Chancen für die Beschaffung innerhalb eines Unternehmens, jedoch können auch Nachteile bzw. Risiken nicht ausgeschlossen werden. . Tab. 8.4 stellt Vor- und Nachteile gegenüber. Die Daimler AG verwendet ein spezielles TCO-Beschaffungsverfahren, das auch in anderen Unternehmen in ähnlicher Form eingesetzt wird. Dabei wird von den Lieferanten verlangt, eine Garantie auf die Instandhaltungskosten einschließlich Fehler- und Ersatzteilkosten auf die ersten zehn Jahre zu geben. Werden die zugesicherten Folgekosten während der Betriebsphase überschritten, wird der Lieferant haftbar gemacht (vgl. . Abb. 8.4). Somit werden die Instandhaltungskosten für Maschinen und Anlagen planbar und die Plankosten für die Instandhaltung können für die nächsten zehn Jahre in das Budget eingestellt werden.33 Des Weiteren können mittels TCO-Analyse Geschäftsabläufe zwischen Kunden und Lieferanten anhand der ermittelten Daten optimiert werden (Prozess-Reengineering). Die Kostenschwerpunkte einer Kunden-Lieferanten-Beziehung werden dabei herausgefiltert, um erste Verbesserungen innerhalb der betrieblichen Strukturen anzustoßen.34

29 30 31 32 33 34

Schulze (2007). Schulze (2007). o. V. (1998). Voiges (2009). Noske (2007). o. V. (1998).

79 8.6 · Aufgaben zur Selbstüberprüfung

. Tab. 8.4  Vor- und Nachteile des TCO-Konzepts (in Anlehnung an (Voiges 2009), (Schulze 2007)) Vorteile

Nachteile

- Einheitliche Definition von Leistungsmerkmalen - Aufdecken von Einsparungspotenzialen - Lieferantenbewertung anhand quantitativer Kennzahlen - Rationale Entscheidungshilfen - Verbesserung der Kommunikation (abteilungsübergreifend) - Größeres Verständnis der Gesamtkosten einer Investition - Identifizierung von Kostentreibern - Informationen von Lieferanten: besseres Verständnis der Kundenwünsche - Basis zur langfristigen strategischen Entwicklung von Zulieferanten

- Kein einheitliches Modell, schlecht vergleichbar mit Ansätzen anderer Unternehmen - Komplex in der Berechnung (Aufwand) - Komplex in der Bewertung einzelner Kostenfaktoren - Diverse Barrieren in der Implementierung - Ungewissheit über die Höhe vieler Kosten - Fehlerhafter TCO-Ansatz kann zu fehlerhaften Entscheidungen führen

. Abb. 8.4  Vergleich der kumulierten TCO-Plankosten und Folgekosten (Noske 2007)

Zur Übertragung der TCO-Verfahren dieser oder anderer Art auf andere Unternehmen muss das Kalkulationsschema an den jeweiligen Anwendungsfall angepasst werden.35 8.6  Aufgaben zur Selbstüberprüfung

1. In welche Kostenarten können Beschaffungskosten grob eingeteilt werden? 2. Woraus errechnen sich die direkten Materialkosten?

35 Noske (2007).

8

80

8

Kapitel 8 · Kosten der Beschaffung

3. Zeigen Sie schematisch, welche Einflussgrößen bei der Bestimmung des Einstandspreises aus dem Angebotspreis zu berücksichtigen sind. 4. Für 100 zu bestellende Produkte sind bei einem Unternehmen zwei Lieferantenangebote eingegangen. Nennen Sie beispielhaft fünf mögliche Preisnebenbedingungen in Bezug auf Zahlungs- und Abnahmemodalitäten und beschreiben Sie diese kurz (theoretisch oder anhand eines Beispiels). Lieferant A bietet zu folgenden Bedingungen an: Listenpreis 699 € pro Einheit, Transportkosten 500 €, Versicherung 50 €, Verpackung 20 €, Rabatt 22 %, 2 % Skonto bei Zahlung innerhalb von 10 Tagen, Zahlungsziel 30 Tage. Lieferant B bietet: Listenpreis 650 € pro Einheit, Transportkosten 430 €, Versicherung 40 €, Rabatt 20 %, Zahlung bar. 5. Bestimmen Sie den Einstandspreis pro Stück und wählen Sie den günstigeren Anbieter. 6. Welche Preisnebenbedingungen sind in Bezug auf die Abnahmemenge möglich? Beschreiben Sie diese kurz (theoretisch oder anhand eines Beispiels). 7. Aus welchen zwei hauptsächlichen Kategorien setzen sich Lagerhaltungskosten zusammen? 8. Zu welcher Kostenart gehören Kosten für die Versicherung der Lagervorräte? Beschreiben Sie kurz die Merkmale dieser Kostenart. 9. Nennen Sie drei mögliche Lagerhaltungskosten, die den variablen Kosten zuzuordnen sind. 10. Wie werden Kapitalbindungskosten berechnet? Welche Besonderheit ergibt sich bei einer kontinuierlichen Materialentnahme aus dem Lager? 11. Nennen Sie drei mögliche Lagerhaltungskosten, die den fixen Kosten zuzuordnen sind. 12. Warum spricht man bei Lagerraumkosten auch von sprungfixen Kosten? 13. Mit welcher Methode werden in der Praxis Lagerhaltungskosten berechnet? Welche Einflussgrößen werden einbezogen? 14. Welche Größe – Bestellmenge oder Bestellhäufigkeit – hat in der Regel einen größeren Einfluss auf Bestellabwicklungskosten? (Begründung) 15. Bei Fehlmengenkosten werden direkte und indirekte Fehlmengenkosten unterschieden. Was unterscheidet beide Kategorien? Nennen Sie jeweils zwei Beispiele. 16. Was unterscheidet die Methode der Total Costs of Ownership von der traditionellen Beschaffungskostenermittlung? 17. Innerhalb des TCO wird zwischen den Ansätzen Dollar-based und Value-based unterschieden. Worauf liegt jeweils der Fokus der betrachteten Objekte? 18. Nennen Sie jeweils zwei Kostenarten, die innerhalb einer TCO-Betrachtung vor, während und nach einer Transaktion anfallen können. 19. Welche Kriterien können herangezogen werden, um herauszufinden, ob ein bestimmtes Beschaffungsobjekt für die Kostenermittlung nach dem TCO-Ansatz geeignet ist? 20. Welche Vor- und Nachteile sind mit dem TCO-Ansatz verbunden? Beschreiben Sie jeweils drei. 21. In welchen Unternehmensbereichen/Aufgabengebieten kommt der TCO-Ansatz neben der Analyse der Beschaffungskosten zum Einsatz?

81

Organisation der Beschaffung Inhaltsverzeichnis 9.1  Ziele der Organisationsgestaltung – 82 9.2 Aufbau- und Ablauforganisation – 83 9.3 Aufbauorganisation des Einkaufs – 87 9.4 Direkter und indirekter Einkauf – 93 9.5 Strategischer und operativer Einkauf – 94 9.6 Zentraler und dezentraler Einkauf – 94 9.7 Ablauforganisation des Einkaufs – 100 9.8 Materialgruppenmanagement – 101 9.9

Aufgaben zur Selbstüberprüfung – 103

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 H. Beckmann, Grundkurs Beschaffungsmanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-39125-6_9

9

82

9

Kapitel 9 · Organisation der Beschaffung

Zur zielgerichteten Umsetzung der in 7 Kap. 3 aufgezeigten Aufgaben in der Beschaffung müssen organisatorische Rahmenbedingungen definiert und ihre Organisation im Unternehmen muss gestaltet werden. Die grundlegenden Elemente der Organisation eines Unternehmens sind Subjekte (i. d. R. Personal), Arbeitsmittel (allg. Ressourcen) und Objekte (an denen zielbezogen Tätigkeiten zur Erfüllung einer Aufgabe zu erbringen sind). Diese Elemente werden bei der Ausführung von Tätigkeiten kombiniert, indem die Subjekte unter Verwendung von Arbeitsmitteln an den Objekten Verrichtungen ausführen.1 Verrichtungen können körperliche oder geistige Tätigkeiten bzw. Handlungen sein, wie das Anfragen von Angeboten, Prüfen, Vergleichen etc. sein. Ein Beispiel dafür ist: Ein Einkäufer (Subjekt) führt unter Zuhilfenahme einer Suchmaschine im Internet (Arbeitsmittel) eine Lieferantensuche (Verrichtung) für einen Rohstoff (Objekt) durch. Damit werden Beziehungen zwischen den zu einer Unternehmung gehörenden Subjekten, Arbeitsmitteln und Objekten sowie den von, mit bzw. an ihnen vollzogenen Verrichtungen geschaffen. Die bewusste Gestaltung dieser Beziehungen wird als Organisation bezeichnet.2 Merksatz: Unter Organisation ist sowohl das zielorientierte, ganzheitliche Gestalten von Beziehungen in sozialen Systemen als auch das Ergebnis dieser Tätigkeit zu verstehen.3 Somit müssen Abläufe (Ablauforganisation) und Strukturen (Aufbauorganisation) geschaffen werden, um eine effektive und effiziente Umsetzung der Beschaffungsziele (vgl. 7 Kap. 4) zu ermöglichen. Hierbei handelt es sich um eine Gestaltungsaufgabe innerhalb des Beschaffungsmanagements. 9.1  Ziele der Organisationsgestaltung

Die Organisationsgestaltung verfolgt generell folgende Ziele: 5 Schaffung einer zielorientierten Organisation 5 Förderung der Führbarkeit und Begrenzung des Koordinationsaufwandes 5 Steigerung der Schnelligkeit und Qualität der Informationsverarbeitungs-, Entscheidungs- und Bearbeitungsprozesse 5 Anpassungsfähigkeit der Organisation (Flexibilität) 5 effektive und effiziente Aufgabendefinition und -gestaltung 5 effiziente Aufgabendurchführung 5 Motivation der Mitarbeiter sowie Steigerung ihrer Identifikation mit dem Leistungserstellungsprozess Für die Beschaffung im Speziellen nennt Wildemann folgende Ziele, die bei der Gestaltung der Organisation berücksichtigt werden sollten:4 5 Ermöglichen einer unternehmenseinheitlichen, konsistenten Beschaffungsstrategie

1 2 3 4

Küpper (1979). Küpper (1979). Vahs (2007). Wildemann (2008)

83 9.2 · Aufbau- und Ablauforganisation

5 Gewährleistung einer effizienten Beschaffung durch Bündelung und Standardisierung 5 Sicherung der hohen Flexibilität der Beschaffung 5 optimale Nutzung des vorhandenen Know-hows für die Beschaffungsentscheidungen 5 effiziente Planungs-, Entscheidungs-, Verwaltungs- und Handlingsprozesse in der Beschaffung 9.2  Aufbau- und Ablauforganisation

Die Gesamtaufgabe eines Unternehmens kann nicht durch eine einzige Organisationseinheit (z. B. Stelle oder Abteilung) erfüllt werden. Sie ist deshalb in Teilaufgaben aufzuteilen, sodass die Gesamtaufgabe durch das Zusammenspiel mehrerer Organisationseinheiten in einem arbeitsteiligen Prozess erfüllt werden kann. Die Gesamtaufgaben müssen somit am zielwirksamsten art- und mengenmäßig in Teilaufgaben zerlegt werden und es müssen so leistungsfähige Organisationseinheiten gebildet werden.5 Organisationseinheiten werden mittels Aufgabenanalyse und Aufgabensynthese geschaffen. Aufgaben stellen eine dauerhaft wirksame Verpflichtung dar, bestimmte Tätigkeiten auszuführen, um ein definiertes Ziel zu erreichen.6 Im Rahmen der Aufgabenanalyse wird die Gesamtaufgabe systematisch in Teilaufgaben zerlegt. Ein typisches Ergebnis einer solchen Analyse zeigt sich in der häufig zu findenden Gliederung von Unternehmen in die Organisationseinheiten Beschaffung, Produktion und Absatz. Folgende Gliederungskriterien unterstützen die Zerlegung der Gesamtaufgabe in Teilaufgaben:7 5 Verrichtungen: Kriterium ist die Art der zu erbringenden Leistung, z. B. Differenzierung der vier operativen Kernaufgaben der Beschaffung über eine Verrichtungsanalyse (vgl. 7 Kap. 3) 5 Objekte: Art des Gegenstandes, auf den sich die Leistung bezieht, z. B. Gliederung der Aufgaben in Bezug auf unterschiedliche Beschaffungsobjekte (Material- bzw. Warengruppen wie Elektronik, Gussteile etc.), Projekte, z. B. Entwicklung und Einführung eines neuen Produktes (Simultaneous Engineering, vgl. 7 Abschn. 3.1), Werke oder Beschaffungsmärkte 5 Rang: Trennung von Entscheidungs- und Ausführungsaufgaben, z. B. Trennung der Aufgaben Lieferantenauswahl und Durchführung der Bestellung (vielfach zu finden bei einer Gliederung in strategischen und operativen Einkauf) 5 Phase: Gliederung der Aufgaben anhand der üblichen Phasen zur Durchführung einer Gesamtaufgabe: Planung, Realisierung und Kontrolle 5 Zweckbeziehung: Unterscheidung von primären und unmittelbar aus dem Leistungsprogramm ableitbaren Aufgaben einerseits und sekundären andererseits (unterstützende Aufgaben zur Erfüllung der Primäraufgaben, z. B. Verwaltungsaufgaben)

5 6 7

Vahs (2007). Vahs (2007). Kosiol (1976).

9

84

Kapitel 9 · Organisation der Beschaffung

. Abb. 9.1  Klassische Abteilungsbildung

9 Nach der Aufgliederung der Gesamtaufgabe in Teilaufgaben erfolgt die Definition von Verantwortlichkeiten und Stellen. Eine Stelle ist dabei die kleinste Organisationseinheit (. Abb. 9.1) und ist das Grundelement der Aufbauorganisation. Auf diese Weise wurde bisher nach klassischer Methode vorgegangen, der Prozess (Ablauforganisation) folgt der Struktur (Aufbauorganisation). Der moderne Ansatz zur Organisationsgestaltung erfolgt jedoch prozessorientiert: Die Struktur folgt dem Prozess. Der Unterschied beider Vorgehensweisen wird im Folgenden beschrieben. Klassischer Ansatz: Nachdem die Gesamtaufgabe innerhalb der Aufgabenanalyse in einzelne Teilaufgaben zerlegt worden ist, werden diese nach definierten Kriterien, z. B. Gleichartigkeit der Teilaufgaben (Verrichtungsorientierung), zu Stellen zusammengefasst (Aufgabensynthese). Hier entstehen Stellen durch dauerhafte Zuordnung von Teilaufgaben auf eine oder mehrere gedachte Personen.8 Die gebildeten Stellen werden anschließend zusammengefasst und in Beziehung zueinander gesetzt (Instanz). Die Gesamtheit aus einer Instanz mit ihren untergeordneten Stellen bildet eine Abteilung.9 Hierdurch ergibt sich der hierarchische Aufbau einer Organisation (Stelle-Gruppe-Abteilung-Hauptabteilung-Bereich etc.), der üblicherweise in Form von Organigrammen dokumentiert wird. Bei der Zuordnung der Teilaufgaben (Aufgabensynthese) kommen wiederum die oben beschriebenen Kriterien zur Aufgabenanalyse sowie die zusätzlichen Gliederungsgesichtspunkte Aufgabenträger, Arbeitsmittel, Raum und Zeit zum Einsatz. Den Aufgabenträgern werden i. d. R. gebündelte Aufgabenpakete zugewiesen. Wird z. B. das Kriterium der Verrichtung gewählt, werden gleichartige Tätigkeiten, z. B.

8 9

Vahs (2007). Jung (2010).

85 9.2 · Aufbau- und Ablauforganisation

alle in der Beschaffung zu verrichtende Tätigkeiten, zu einem Aufgabenpaket zusammengefasst und der Organisationseinheit Einkauf zugeordnet. Für eine ordnungsgemäße Bewältigung der zugeordneten Aufgaben sind angemessene Kompetenzen die Voraussetzung und grenzen den Handlungsspielraum des Aufgabenträgers ein. Somit wird der Handlungsspielraum (Abgrenzung des Kompetenzbereiches der Beschaffung) festgelegt sowie die Ausgestaltung der Hierarchie (Gliederung der Beschaffung nach Rang und deren Eingliederung in die Unternehmensorganisation) abgeleitet. Merksatz: Die Aufbauorganisation gliedert ein Unternehmen in Organisationseinheiten, ordnet ihnen Aufgaben und Kompetenzen zu und ermöglicht deren Koordination. Aus der Zuständigkeitsverteilung ergibt sich der organisatorische Aufbau eines Unternehmens.10 Aufgaben stellen dabei die Handlungsziele dar, die durch den Vollzug von Tätigkeiten erreicht werden sollen. Durch ihre Angabe werden die auszuführenden Tätigkeiten lediglich global vorgegeben. Die konkrete Gestaltung der Tätigkeiten in Raum und Zeit ist Gegenstand der Ablauforganisation.11 Sie repräsentiert die Prozessperspektive. Merksatz: Die Ablauforganisation regelt primär die inhaltliche, räumliche und zeitliche Folge der Prozesse zur Aufgabenerfüllung. Sie bestimmt und steuert somit den Prozessablauf im Unternehmen. Aufbauorganisation (Struktursicht) und Ablauforganisation (Prozesssicht) betrachten somit gleiche Objekte unter verschiedenen Aspekten und hängen wechselseitig voneinander ab (Interdependenz). Die Aufbauorganisation betrachtet organisatorische Ressourcen, die Ablauforganisation beschäftigt sich mit der (temporären oder finalen) Kette einzelner Prozesse unter Nutzung dieser Ressourcen.12 Der klassische Ablauf der Organisationgestaltung war bisher dadurch gekennzeichnet, dass zunächst die Aufbauorganisation und anschließend die Ablauforganisation definiert wurde. Dies hat sich gewandelt in einem Wettbewerbsumfeld, welches zunehmend geprägt ist durch Ansprüche an Zeiteffizienz (Schnelligkeit, Pünktlichkeit und Reaktionsfähigkeit), Qualität und Kosteneffizienz in der Leistungserstellung sowie eine ausgeprägte Flexibilität bei einer hohen Individualität der Kundenwünsche. Hier ist das Konzept der prozessorientierten Unternehmensorganisation der notwendige Ansatz. Damit verbunden ist die Ablösung von funktionalen Organisationsprinzipien durch eine konsequente Konzentration auf bereichsübergreifende Prozessabläufe. Die prozessorientierte Unternehmensorganisation besteht in der Auflösung fragmentierter Verantwortung und der Relativierung von unternehmensinternen und -externen Grenzen.13 Prozessorganisation: In . Abb. 9.2 wird die Vorgehensweise zur prozessorientierten Abteilungsbildung dargestellt. Nachdem ebenso wie in der klassischen Vorgehensweise die Gesamtaufgabe in Teilaufgaben untergliedert worden ist, werden die Teilaufgaben nun wie dargestellt in Prozessschritte zerlegt. Die Prozesse können je nach Segment, Materialgruppe, Markt (z. B. länderspezifisch) etc. unterschiedlich

10 11 12 13

Hartmann (1997). Küpper (1979). Küpper (1979). Hammer und Champy (1994).

9

86

Kapitel 9 · Organisation der Beschaffung

. Abb. 9.2  Prozessorientierte Abteilungsbildung

9

aussehen (in . Abb. 9.2 Segment A (SGA) und Segment B (SGB)). Ausgehend von den Prozessschritten des Gesamtprozesses werden Verantwortlichkeiten zugeordnet und zu Organisationseinheiten zusammengefasst. Horizontale Schnittstellen werden minimiert und Organisationseinheiten können über Teilaufgabengrenzen hinweg verantwortlich sein. Die Stelle wird somit auf eine Organisationseinheit ausgeweitet und bekommt weiterreichende Aufgaben, wobei eine Organisationseinheit mehrere Stellen umfassen kann. Das wichtigste Fundament des Prozesskonzepts ist somit die Befreiung der Ablauforganisation von aufbauorganisatorischen Restriktionen. Ein Unternehmensprozess ist ein „Bündel von Aktivitäten, für das ein oder mehrere unterschiedliche Inputs benötigt werden und das für den Kunden ein Ergebnis von Wert erzeugt“.14 Es beinhaltet die Ablösung von funktionalen Organisationsprinzipien durch eine konsequente Konzentration auf bereichsübergreifende Arbeitsabläufe. Die prozessorientierte Unternehmensorganisation besteht in der Auflösung fragmentierter Verantwortung und der Relativierung von unternehmensinternen und -externen Grenzen. Organisatorisches Lernen und organisatorisches Redesign müssen daher ebenfalls schon im Prozesskonzept angelegt sein. Ein prozessorientiertes organisatorisches Design hat meist den Einsatz von Prozessteams zur Folge, deren Mitglieder nicht Vertreter von Fachabteilungen sind, sondern diese ersetzen sollen. Sie führen einen vollständigen Unternehmensprozess durch. Schnittstellen zwischen Bearbeitungsschritten sollen so entfallen und Abstimmungsaufwand soll reduziert werden. Ziel ist es, zwischen Beschaffung und Absatzmarkt möglichst durchgängige Prozesse ohne Schnittstelle zu schaffen. Die Grundidee ist hier ein 90°-Shift der Organisation. Geschäftsprozesse, die in der funktionalen Organisation quer zu den vertikal angelegten verrichtungsorientierten Abteilungen verlaufen, werden nun zum Gliederungsprinzip, das den Fluss von Material, Informationen, Operationen

14 Hammer und Champy (1994).

87 9.3 · Aufbauorganisation des Einkaufs

oder Entscheidungen abbildet. Anstelle der Gestaltungsfolge „process follows structure“ gilt nun „structure follows process“ bei der Bildung von Stellenaufgaben oder Abteilungen. Ein zweites wesentliches Element ist die Kundenorientierung. Interne wie externe Prozesse werden an ihren Leistungen für Kunden beurteilt und ihre Wertschöpfung wird am Kundennutzen gemessen. Benchmarking und Outsourcingentscheidungen von Prozessen (Business Process Outsourcing) orientieren sich an dem Kriterium „Kundennutzen“. Kunden nehmen nur die Produkte und Dienstleistungen eines Unternehmens wahr, die Ergebnis von Prozessen sind, nicht jedoch Führungsphilosophien, Organisationsstrukturen oder Controllingaktivitäten15. Prozessmanagement bedeutet auch zwischen Kundenanforderungen und der Befriedigung von Kundenbedürfnissen einerseits und den damit verbundenen Prozesskosten andererseits abzuwägen. 9.3  Aufbauorganisation des Einkaufs

Die Organisationsstrukturen sind ein Instrument zur Steuerung des Verhaltens und der Leistung der Organisationsmitglieder im Hinblick auf die Organisationsziele. Die durch Strukturen definierte Ordnung, das heißt ein festes und in Regeln formalisiertes Beziehungsgefüge, ist ein wesentliches Merkmal von Organisationen. Ohne organisatorische Regeln ist eine zielgerichtete Zusammenarbeit der Organisationsmitglieder nicht möglich16. Im Rahmen der situativen Ansätze zur Organisationsgestaltung werden als relevant anzusehende Situationsvariablen bestimmt, um die damit korrespondierenden Ausprägungen der Strukturvariablen zu ermitteln und daraus Schlussfolgerungen für die organisatorische Gestaltung zu ziehen17. Situationsvariablen stellen die unternehmensinternen Einflussgrößen (Unternehmenskultur und -größe, Produktbzw. Leistungsprogramm etc.) und unternehmensexternen Einflussgrößen (Wettbewerbssituation, Kundenstruktur etc.) dar. Die Merkmale der Organisationsstruktur werden als Dimensionen aufgefasst, wobei sich folgende Hauptdimensionen – mit mehr oder weniger starken Modifikationen – auf breiter Ebene durchgesetzt haben18: 5 Spezialisierung: Grad, in dem Tätigkeiten auf unterschiedliche spezialisierte Stellen verteilt sind 5 Standardisierung: Grad, in dem Verhaltensweisen der Arbeitspersonen durch Routineverfahren festgelegt sind 5 Formalisierung: Ausmaß von schriftlich fixierten Regeln, Verfahren, Anweisungen und schriftlicher Kommunikation 5 Konfiguration: äußere Form des Stellengefüges, in erster Linie bestimmt durch die Zahl der Hierarchieebenen

15 16 17 18

Hammer (1997). Vahs, Dietmar (2007). Kieser und Kubicek (1992). Schulte, Christof (2005).

9

88

Kapitel 9 · Organisation der Beschaffung

5 Zentralisierung: Ausmaß der Entscheidungskompetenzen an der Spitze der Hierarchie 5 Partizipation: Grad der Beteiligung von Mitarbeitern an Leitungsaufgaben

9

In großen Einkaufsabteilungen wird eine immense Vielfalt an Beschaffungsobjekten bei diversen Lieferanten bezogen. Lieferanten müssen ausgesucht und bewertet werden. Lieferantenportfolios werden entwickelt, Lieferantenbeziehungen individuell gesteuert und unterschiedliche Sourcing-Strategien abgeleitet. Ebenfalls werden Beschaffungsobjekte zu Materialgruppen kategorisiert, um sich auf Schwerpunkte zu konzentrieren und Übriges zu standardisieren. Dies sind nur einige Aufgabengebiete, die eine Einkaufsabteilung neben der operativen Arbeit zu bewältigen hat. Aus diesem Grund ist eine Arbeitsteilung, also die Aufteilung der Gesamtaufgabe des Einkaufs in einzelne Teilaufgaben und die Stellen bzw. Instanzenbildung notwendig. „Beschaffungsaufbauorganisation ist die strategische Aufgabe der Schaffung von Ordnungen für den Aufbau und die Eingliederung der Beschaffung in die Unternehmung. (…) Die Art und Weise der Organisation des Beschaffungsbereichs hat wesentlichen Einfluss auf die Erfolgspotenziale der beschaffenden Unternehmung.“19 Ob der Einkauf nun zentral oder dezentral gesteuert werden soll, hängt von verschiedenen situativen Rahmenbedingungen ab. Eine optimale Organisationsstruktur kann nicht allgemeingültig definiert werden und liegt zwischen den beiden Extremen zentrale und dezentrale Organisation.20 Die aufbauorganisatorische Gestaltung hängt von folgenden Faktoren ab:21 Interne Faktoren: 5 Unternehmensgröße 5 Wirtschaftszweig, -branche 5 Unternehmensstruktur (Anzahl und geografische Streuung der Werke, Spartengliederung) 5 Übereinstimmung der Produktionsprogramme 5 Übereinstimmung Bedarfsmaterialien, -märkte 5 Fertigungsstruktur (kundenorientierte Einzel- oder Kleinserienfertigung oder standardisierte Großserienfertigung) 5 Leistungstiefe 5 Eigenschaften der Beschaffungsobjekte, wie strategische und logistische Relevanz, Länge der Innovationszyklen, technische Komplexität, Wertigkeit/Einkaufsvolumen, Verfügbarkeit, Bedarfskontinuität 5 Verfügbarkeit von Ressourcen 5 Entwicklungsstand, Standardisierung und Durchdringungsgrad der unternehmenseigenen Informations- und Kommunikationstechnologie 5 Kapazität und Qualifikation der Mitarbeiter im Einkauf 5 Unternehmensstrategische Vorgaben der Organisationsentwicklung, Führungsphilosophie und 5 Standardisierungsgrad der Unternehmensprozesse

19 Large (2009). 20 Fröhlich et al. (2010). 21 Hartmann (1997), Oeldorf (2004), Arnold (2007).

89 9.3 · Aufbauorganisation des Einkaufs

Externe Faktoren: 5 Technologische Dynamik der Beschaffungsmärkte 5 Konkurrenzverhältnisse auf der Lieferantenseite 5 Infrastruktur der Beschaffungsmärkte 5 Regionale Besonderheiten der Beschaffungsmärkte 5 Verfügbarkeit der Beschaffungsobjekte am Beschaffungsmarkt Die Grundformen der Strukturierung des Einkaufs sind nach Objekt oder Verrichtung gegliedert. Bei der Objektgliederung, die sich auf die von der Unternehmung benötigten Inputfaktoren bezieht, kann unterschieden werden nach Spezialisierung der Einkäufer(gruppen), nach den zu beschaffenden Materialien oder nach Materialgruppen. Eine nähere Erläuterung findet sich in (7 Abschn. 9.8, . Abb. 9.3). Die Unternehmensgröße wird hier zunächst vor dem Hintergrund des Einkaufsvolumens untersucht, wobei das Einkaufsvolumen ein wichtiger Indikator für Aufgabenumfang und -intensität (d. h. Häufigkeit der Durchführung einer Aufgabe pro Zeiteinheit) in der Beschaffung ist. Damit ist die Frage nach Art und Anzahl der durchzuführenden Tätigkeiten verbunden, was zu den Gestaltungsdimensionen Handlungsspielraum und Spezialisierungsgrad führt. Während mit der Dimension Handlungsspielraum der Umfang der zu erledigenden Aufgaben abgegrenzt wird, untersucht die Dimension Spezialisierungsgrad das notwendige Know-how in Abhängigkeit von der Aufgabe bzw. die spezifischen Fähigkeiten zur Aufgabendurchführung. Je nach Anforderung ergibt sich der Grad der notwendigen Spezialisierung, um eine effiziente Erledigung von Aufgaben sicherzustellen. Andererseits ist die Häufigkeit der Durchführung je Tätigkeit (Aufgabenintensität) relevant, da sich damit, unter Berücksichtigung der jeweiligen Durchführungszeit für eine Aufgabe, der Ressourcenbedarf ergibt. In diesem Zusammenhang ist zum einen zu beachten, dass die Ressourcenstärke des Unternehmens mit darüber entscheidet, wie differenziert und spezialisiert Beschaffungsaufgaben wahrgenommen werden können. Zum anderen korreliert die Anzahl der notwendigen Mitarbeiter und Arbeitsmittel auch mit der Frage nach der Größe und Koordinierbarkeit einer Organisationseinheit. Da nur eine begrenzte Anzahl von Mitarbeitern durch einen Manager direkt motiviert und koordiniert werden kann, sind ab einer bestimmten Größe der Organisationseinheit weitere Führungskräfte notwendig. Für deren Koordination bedarf es wiederum einer zusätzlichen Führungsebene. Mit zunehmender Unternehmensgröße ist somit eine stärkere Ausdifferenzierung der Führungsebenen zu

. Abb. 9.3  Vergleich dezentraler und zentraler Einkauf

9

90

Kapitel 9 · Organisation der Beschaffung

e­rwarten. Die damit verbundene Ausgestaltung der Über- und Unterordnung von Führungsebenen wird unter der Gestaltungsdimension der Hierarchisierung thematisiert. Das Einkaufsvolumen ist abhängig vom Wirtschaftszweig, die obigen Überlegungen sind somit i. d. R. abhängig von der Branche. In Branchen der Banken und Versicherungen spielt z. B. der Einkauf aufgrund des geringen Einkaufsvolumens eine eher untergeordnete Rolle in der Gesamtorganisation. Ein eng mit der Unternehmensgröße verbundener Faktor ist die Unternehmensstruktur: Anzahl und geografische Streuung der Werke bestimmen die Standortstruktur und Spartengliederung. Zur Veranschaulichung wird in . Abb. 9.4 die exemplarische Standortstruktur eines Unternehmens mit drei Werksstandorten dargestellt. In dieser beispielhaften Struktur sollen die Aufgaben der Beschaffung auf das Gesamtunternehmen verteilt werden. Dabei ergeben sich folgende Fragestellungen: 5 Hat jedes Werk einen eigenen Einkauf oder soll dieser an einem Standort zentralisiert werden? 5 Sollen jeder Einkaufsorganisation sämtliche Aufgaben der Beschaffung zugewiesen werden? 5 Ist es sinnvoller, die operativen Aufgaben jeweils dezentral an den Werksstandorten und die strategischen Aufgaben zentralisiert abzuwickeln?

9

Mit den komplementären Ausprägungen Zentralisierung und Dezentralisierung ergibt sich der Zentralisierungsgrad. Die räumliche Distanz zwischen den Standorten und die Verteilung der Beschaffungsmärkte haben auf den Zentralisierungsgrad einen großen Einfluss, da mit zunehmender Distanz zwischen den Standorten ein ab-

. Abb. 9.4  Mögliche Standortstruktur eines Unternehmens

91 9.3 · Aufbauorganisation des Einkaufs

nehmender Zentralisierungsgrad zu erwarten ist. Dieser Aspekt wird mit der geografischen Verteilung und Abdeckung erfasst. Vergleichbare Fragen wie beim Faktor der geografischen Streuung ergeben sich, wenn ein Unternehmen eine Spartenorganisation bzw. divisionale Organisation aufweist. Deren wesentliches Strukturmerkmal ist eine Gliederung der Organisationseinheiten der zweiten Hierarchieebene nach Objekten, d. h. nach Produkten/Produktgruppen/Produktlinien, Regionen/Märkten oder Kunden/Kundengruppen. Damit ergibt sich analog zu den Werken wiederum die Frage, wie die Beschaffungsaufgaben auf die Sparten zu verteilen sind. Häufig kann eine Sparte auf mehrere Werke zugreifen, d. h., Produkte einer Sparte werden in mehreren Werken produziert, wodurch sich die Entscheidung über eine organisatorische Entflechtung der Beschaffungsaufgaben in besonderem Maße ergibt. In diesem Zusammenhang sind die Faktoren der Übereinstimmung der Produktionsprogramme bzw. der Bedarfsmaterialien und -märkte zu beachten. Je größer die Übereinstimmung in den Werken bzw. Sparten ausfällt, desto größer sind die Synergiepotenziale (Bündelungseffekte), welche durch eine Zentralisierung erreichbar sind und umgekehrt. Aus der Fertigungsstruktur lassen sich in erster Linie Höhe, Kontinuität und Prognostizierbarkeit des Bedarfs der Beschaffungsobjekte ableiten. In einer Massen- und Großserienfertigung sind diese Aspekte jeweils hoch ausgeprägt, sodass standardisierte Beschaffungsprozesse und stabile Lieferantenbeziehungen geschaffen werden können. Dahingegen muss bei der Einzelfertigung ein weites Spektrum der Beschaffungsobjekte über eine Einzelbeschaffung im Bedarfsfall versorgt werden muss. Die hier vorliegende Spezifität der Beschaffungsobjekte ist in der Regel höher und erfordert spezialisierte Mitarbeiter im Einkauf (Dimension der Spezialisierung). Zudem lassen sich folgende Gestaltungsdimensionen ableiten:22

» Die Standardisierung, d. h. der Grad, in dem Verhaltens- und Arbeitsweisen der Mit-

arbeiter durch Routineverfahren festgelegt sind, und Formalisierung, d. h. das Ausmaß von schriftlich fixierten Regeln, Verfahren, Anweisungen und schriftlicher Kommunikation. Die Eigenschaften der Beschaffungsobjekte sind stark verbunden mit den Eigenschaften der Beschaffungsaufgaben. Wichtige organisationsrelevante Merkmale sind hier:23

5 Konkurrenzverhältnisse auf der Lieferantenseite (je intensiver die Wettbewerbsbeziehungen, desto aktiver müssen die Lieferanten je Käufermarktsituation agieren) 5 Infrastruktur der Beschaffungsmärkte (je besser institutionell entwickelt, desto standardisierter können die Beschaffungsaktivitäten abgewickelt werden) 5 regionale Besonderheiten der Beschaffungsmärkte 5 Verfügbarkeit der Beschaffungsobjekte am Beschaffungsmarkt Bei einer Gliederung des Einkaufsbereichs nach Verrichtungen wird nach den Tätigkeitsbereichen innerhalb des Einkaufs strukturiert. Eine weitere Aufteilung kann

22 Schulte, Christof (2005). 23 Picot et al. (1997) und in Anlehnung an Picot Arnold et al. (2007).

9

92

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Kapitel 9 · Organisation der Beschaffung

. Abb. 9.5  Position des Einkaufs im Unternehmen 2015 (Techpilot 2015)

nach der geografischen Lage von Werken z. B. bei global agierenden Unternehmen gewählt werden. Der Einkauf hat einen derart großen Einfluss auf den Unternehmenserfolg und auf die Wettbewerbskraft, dass dieser Bereich heutzutage in der ersten oder mindestens der zweiten Führungsebene eingeordnet werden sollte. Denn wenn der Einkauf organisatorisch auf einem niedrigeren Level als z. B. Vertrieb, Fertigung, Entwicklung angesiedelt ist, werden beschaffungspolitische Ziele nachgeordnet behandelt. Die Beschaffung müsste in diesem Fall Ziele anderer Abteilungen hinnehmen, die sogar negative Auswirkung auf den Einkaufsbereich haben können, wie z. B. hohe Lagerhaltungskosten (um nahezu 100 %ige Bereitschaft zur Lieferung an die Fertigung sicherzustellen).24 Die Einkaufsabteilung sollte heutzutage nicht mehr nur als Erfüllungsgehilfe für andere Abteilungen fungieren, sondern ist vielmehr als strategischer Bereich anzusehen, da sie ebenfalls für die Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit eines Unternehmens sorgt.25 Laut einer Umfrage von Techpilot26 im Jahr 2015 waren 40 % der Einkaufsleiter Mitglied der Geschäftsführung. In nahezu 80 % der Unternehmen war der Einkaufsleiter nicht in die Geschäftsführung eingebunden (. Abb. 9.5), eine Zahl, die angesichts des Wertbeitrags, den der Einkauf leistet, hoch ist. Mittlerweile haben Unternehmen jedoch erkannt, dass der Einkaufsbereich einen höheren Stellenwert in der Organisation einnehmen muss, damit das Unternehmen wettbewerbsfähig ist und eine intensivere Zusammenarbeit der Unternehmensbereiche ermöglicht wird. Im Weiteren werden mögliche Ausprägungen der wesentlichen Gestaltungsdimensionen aufgezeigt.

24 Arnolds et al. (2010). 25 Wildemann (2008) 26 Techpilot (2015).

93 9.4 · Direkter und indirekter Einkauf

Gestaltungsdimension Handlungsspielraum Vertikal und horizontal: strategische vs. operative Aufgaben; Umfang entlang des Prozesses, Einkauf als Bestellbüro bis hin zur integrierten Materialwirtschaft. Gestaltungsdimension Spezialisierungsgrad Aufgabenarten: Clusterung der Aufgaben und Empfehlungen in Richtung Gliederungskriterien. Gestaltungsdimension Ressourcen Qualifikation/Anzahl Wesentliche Ressource der Beschaffung sind die Mitarbeiter sowie die zur Aufgabenbewältigung genutzten IT-Systeme sowie die Finanzmittel. Wesentliche Gestaltungsaspekte sind: Stimmigkeit zwischen zugeordneten Aufgaben und Qualifikationsprofil der Ressource und Stimmigkeit zwischen Aufgabenumfang/-intensität und Kapazität der Ressource. Kann dies nicht erreicht werden, sind Anpassungen durch Qualifizierung bestehender Ressourcen oder die Akquisition adäquater Ressourcen notwendig. Gestaltungsdimension Kooperation Nutzung externer Ressourcen im engeren Sinne außerhalb der Organisationseinheit Beschaffung. Gestaltungsdimension Zentralisierungsgrad Ausprägungen Zentralisierung und Dezentralisierung. Gestaltungsdimension Hierarchisierung Flache Hierarchien: Delegationseffizienz Einbindung in die Gesamtorganisation: Vertretung der Interessen der Beschaffung, Balance zwischen den Bereichen. Gestaltungsdimension geografische Verteilung und Abdeckung Räumliche Anordnung der Produktionsstandorte: Geografische Verteilung der Werke und somit Ansiedlung einiger Aufgaben in den Werken, z. B. Wareneingang, Lagerung und Bereitstellung beim Bedarfsträger. 9.4  Direkter und indirekter Einkauf

Unterschiedliche Warengruppen im Beschaffungsprogramm eines Unternehmens können als Grundlage für eine organisatorische Gliederung in den direkten und indirekten Einkauf dienen. Der direkte Einkauf verantwortet die Beschaffung von Beschaffungsobjekten, die unmittelbar in das Endprodukt einfließen. In den meisten Unternehmen stellt dies die Hauptaktivitäten des Einkaufs dar. Dies gilt insbesondere für produzierende Unternehmen, bei denen Direktmaterialien ca. 70 – 85 % des gesamten Einkaufsvolumens ausmachen. Alle anderen Arten der Beschaffung werden durch den indirekten Einkauf koordiniert. Sie fließen nicht mit ins Endprodukt,

9

94

Kapitel 9 · Organisation der Beschaffung

. Tab. 9.1  Strategische und operative Aufgaben im Einkauf Strategische Aufgaben

Operative Aufgaben

- Umsetzung der Unternehmensstrategien und Leitlinien - Entscheidung und Umsetzung über Beschaffungspolitik bzw. Beschaffungsstrategie - Beschaffungsmarktforschung - Lieferantenauswahl und -bewertung - Mitwirkung im Produktentwicklungsprozess: Auswahl der Fertigungstechnologie, Erstellung von Lasten- und Pflichtenheft, Kostenstrukturanalysen, Preisfindung und

- Materialdisposition - Materialbeschaffung: Durchführung von Anfragen, Angebotsbearbeitung, Vertragsverhandlungen und Vertragsgestaltung, Bestellentscheidung, Bestellung, Terminüberwachung - Materialbevorratung - Materialbereitstellung - Mitwirkung im Produktentwicklungsprozess - Projektbeschaffung

sondern sind eher für den Einsatz im Unternehmen bestimmt. Dazu zählen zum Beispiel die Bereiche Dienstleistungen, IT (Software, Hardware), Magazinstoffe und Investitionsgüter (z. B. Werkzeuge, Produktionsanlagen, Gebäude etc.).

9

9.5  Strategischer und operativer Einkauf

Die Aufgaben des Einkaufs, die für die Abnehmer-Lieferanten-Beziehungen notwendig sind, lassen sich in strategische und operative Aufgaben unterteilen. Die Trennung zwischen strategischem und operativem Einkauf in einem Unternehmen basiert auf einer verrichtungsorientierten Differenzierung.27 Strategische Aufgaben befassen sich mit der Planung, Entscheidungsvorbereitung und Konzepterarbeitung gegenüber dem operativen Tätigkeitsbereich, der die erarbeiteten Konzepte umsetzt und die täglichen Aufgaben ausführt.28 . Tab. 9.1 zeigt die verschiedenen Aufgabengebiete des strategischen und des operativen Einkaufs. 9.6  Zentraler und dezentraler Einkauf

Werden bei der Abteilungsbildung Teilaufgaben zusammengefasst (vgl. 7 Abschn. 9.2), so werden bei der organisatorischen Gestaltung des Einkaufs im Unternehmen zwei grundsätzliche Ansätze unterschieden. Zum einen werden bei der Zentralisierung Aufgaben innerhalb einer Stelle untergebracht, die hinsichtlich des Aufgabeninhalts gleichartig sind, und zum anderen bei der Dezentralisierung gleichartige Aufgaben auf mehrere Stellen verteilt (. Abb. 9.6).29

27 Large (2009). 28 Wildemann (2008). 29 Hartman (1997).

95 9.6 · Zentraler und dezentraler Einkauf

. Abb. 9.6  Organisationsformen des Einkaufs

9.6.1  Zentraler Einkauf

„Zentrale Beschaffung heißt, dass alle Beschaffungsvorgänge innerhalb einer Unternehmung über eine Abteilung abgewickelt werden.“30 Der Beschaffungsprozess erstreckt sich von der Planung über die Durchführung bis zur Kontrolle für alle vom Unternehmen benötigten Lieferungen und Leistungen.31 Die zentrale Abteilung ist dabei einzig und alleine befugt, Beschaffungsaktivitäten durchzuführen d. h., auf den Beschaffungsmärkten aktiv zu werden, weshalb in den dezentralen Abteilungen keine Einkaufsaktivitäten stattfinden. In der Regel ist die zentrale Beschaffungsabteilung in der Firmenzentrale angesiedelt. Laux32 stellt den zentralen Einkauf einer divisionalen Organisationform dar (. Abb. 9.7), wobei der Einkauf aus einer eigenständigen Abteilung besteht, deren Leiter auf derselben Hierarchieebene wie die Spartenleiter angesiedelt ist. Je zentraler der Einkauf in die Unternehmensorganisation eingegliedert werden kann, desto erfolgreicher kann diese Organisationseinheit in der Regel innerhalb des gesamten Unternehmens agieren.33 Dies liegt an der Vielzahl von Vorteilen, die durch den Zentraleinkauf ausgenutzt werden können (vgl. . Tab. 9.2). Melzer-Ridinger (2008) zählt einen weiteren Vorteil auf, der durch eine zentrale Lagerhaltung entstehen kann: Bei einer zentralen Lagerhaltung kann ein geringerer Sicherheitsbestand bei gleichzeitiger Einhaltung der geforderten Lieferbereitschaft vorgehalten werden, da sich die Bedarfsschwankungen der Kunden gegenseitig aus-

30 31 32 33

Hartmann (1997). Reinelt (2010). Laux (2003). Hartmann (1997).

9

96

Kapitel 9 · Organisation der Beschaffung

. Abb. 9.7  Divisionale Organisation mit zentralem Einkauf (Laux et al. 2003, S. 327)

. Tab. 9.2  Vor- und Nachteile des zentralen Einkaufs (Hartmann 1997, S. 96)

9

Vorteile

Nachteile

Kostengünstige Beschaffung: Die Zusammenfassung des gesamten Bedarfs führt zu größeren Bestellmengen und damit in der Regel auch zu Preiszugeständnissen der Lieferanten bzw. zu Mengenrabatten. Ebenfalls nehmen die Bezugskosten pro Einkaufsobjekt bei einer Zunahme der Bestellmenge ab. Materialvereinheitlichung: Durch die Zusammenfassung unterschiedlicher, aber angleichungsfähiger Bedarfsfälle wird die innerbetriebliche Vereinheitlichung des Materials (Normung und Typisierung) vorangetrieben. Dies führt zur Reduzierung der Variantenvielfalt und Lieferantenbasis. Verbesserung der Personalstruktur: Die Konzentration der Aufgaben, z. B. Beschaffungsmarktforschung, Kostenanalyse, ermöglicht die Spezialisierung des Personals und damit den Einsatz professioneller Mitarbeiter. Die Vereinheitlichung des Einkaufs-Knowhows wird erreicht. Einheitliche Einkaufspolitik: Eine einheitliche Einkaufspolitik und Steuerung aller Beschaffungsaktivitäten kann realisiert werden. Klare Kompetenzabgrenzung: Die Zuständigkeit für alle Einkaufsfragen ist zweifelsfrei geregelt.

Verlängerter Instanzenweg: Die Kommunikationswege zwischen den Bedarfsträgern und der zentralen Beschaffungsabteilung verlängern sich, was zu einem erschwerten Informationsaustausch führt. Die Informationsübermittlung führt zu einem hohen Verwaltungsaufwand und lässt die Gefahr der Bürokratisierung entstehen. Schwerfälligkeit: Aufgrund der längeren Informations- und Entscheidungswege ist mit einer Abnahme der operativen Flexibilität zu rechnen. Es kann zu Fehlmengenkosten kommen.

gleichen.34 Wird die Lagerhaltung im Unternehmen organisatorisch zum Einkauf gezählt, ist dieser Punkt für die Beschaffungsabteilung von hoher Relevanz. Dieser Vorteil tritt jedoch nur bei einem überlappenden Sortiment auf, d. h., die zentral gelagerten, aber dezentral benötigten Materialien müssen von gleicher Art sein.35 Der zentrale Einkauf wird in der Praxis in zwei grundsätzliche Strukturformen unterteilt. Es wird die objektorientierte von der funktionsorientierten Zentralisie-

34 Melzer-Ridinger (2008). 35 Gudehus (2004).

97 9.6 · Zentraler und dezentraler Einkauf

. Abb. 9.8  Divisionale Organisation mit dezentralem Einkauf (Laux 2003)

rung unterschieden. Bei der Objektorientierung werden Rohstoffe, Hilfs- und Betriebsstoffe, Investitionsgüter und Dienstleistungen in eigene Teilorganisationen des Zentraleinkaufs eingeteilt. Bei der Organisation nach dem Funktionsprinzip werden für alle Beschaffungsobjekte Teilorganisationen nach gleichartigen Prozessschritten unterteilt (z. B. Angebotsvergleich, Bestellungen, Reklamationen usw.).36 9.6.2  Dezentraler Einkauf

Bei der dezentralen Beschaffung werden die Beschaffungsvorgänge innerhalb eines Unternehmens über mehrere Abteilungen abgewickelt. Bei dieser Art der Organisation handeln die dezentralen Abteilungen eigenverantwortlich.37 In der Praxis werden in der Regel zwei Formen der Dezentralisierung innerhalb der Organisation angewandt: die objektorientierte und die geografische Dezentralisierung. Bei der objektorientierten Dezentralisierung werden voneinander unabhängige Aufgabeneinheiten geschaffen, die für bestimmte Warengruppen zuständig sind. Die geografische Unterteilung bezieht sich meist auf weit voneinander getrennt liegende Werke, die unabhängig voneinander Beschaffungsaktivitäten durchführen.38 In . Abb. 9.8 wird der dezentrale Einkauf ebenfalls mittels eines beispielhaften Organigramms (divisionale Organisation) dargestellt, wobei die Einkaufsprozesse dabei innerhalb jeder Sparte durchgeführt werden. Die dezentrale Organisation ist dadurch gekennzeichnet, dass sie einen hohen Grad an Flexibilität aufweist. Zusätzlich ist der direkte Kontakt der Bedarfsstelle zum Lieferanten gegeben, wodurch detailliertes Know-how genutzt werden kann. Die Motivation der Mitarbeiter erhöht sich, da diese eigenverantwortlich handeln können. Neben diesen Vorteilen ist jedoch der gravierende Nachteil „fehlende

36 Reinelt (2010). 37 Hartmann (1997). 38 Hartmann (1997).

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98

Kapitel 9 · Organisation der Beschaffung

9

. Abb. 9.9  Vor- und Nachteile des zentralen und dezentralen Einkaufs

Transparenz“ hervorzuheben. Die damit verbundenen Vorteile des zentralen Einkaufs (vgl. . Abb. 9.9) können somit nicht ausgenutzt werden.39 Die dezentrale Organisation wird trotz ihrer Nachteile und der hohen Anzahl an Vorteilen der zentralen Organisation in der Praxis vorwiegend angewandt. Laut Hartmann (1997) sind hierfür folgende Gründe anzusetzen: 5 Unternehmensgröße und -struktur 5 Anzahl räumlich getrennter Werke 5 Entfernung der Werke zueinander 5 Zusammensetzung und Breite des Erzeugnisprogramms 9.6.3  Mischformen

Um die Nachteile des zentralen bzw. des dezentralen Einkaufs zu eliminieren, werden in der Praxis häufig Mischformen beider Prinzipien entwickelt. Gerade in Konzernen werden Mischformen erfolgreich eingesetzt, um die gewünschte Flexibilität

39 Reinelt (2010).

99 9.6 · Zentraler und dezentraler Einkauf

. Tab. 9.3  Rahmenbedingungen zur Gestaltung der Einkaufsorganisation (Wildemann 2008) Gestaltungsbedingungen

Tendenz der Ausprägung Zentral

Dezentral

Absatzmärkte

Einfach-statisch

Komplex-dynamisch

Beschaffungsmärkte

Einfach-statisch

Komplex-dynamisch

Know-how dezentral

Gering

Hoch

Unternehmensstruktur

Horizontal

Vertikal

Standorte

Agglomeriert

Deglomeriert

Leistungsprogramm

Homogen

Heterogen

Konzernstruktur

Funktional

Divisional

Fertigungstyp

Massenfertigung

Einzelfertigung

IT-Verarbeitungskapazität

Hoch

Gering

herzustellen. Inwieweit eine Einkaufsabteilung zentral und dezentral agieren soll, sollte für jedes Unternehmen individuell entschieden werden. Eine sorgfältige Wahl des Grades der Dezentralisierung ist von hoher Relevanz, damit Synergien ausgenutzt werden können. Wildemann (2008) stellt die Rahmenbedingungen zur Gestaltung der Einkaufsorganisation dar, damit die Strukturvorteile des dezentralen und des zentralen Einkaufs ausgenutzt werden können (. Tab. 9.3).40 Ein Beispiel für eine objektorientierte Mischform ist die dezentrale Beschaffung von speziellen Materialien und die zentrale Beschaffung von bereichsübergreifenden Einkaufsprodukten. Eine funktionsorientierte Mischform mit einer von Spezialisten ausgeführten Beschaffungsmarktforschung als zentrale Abteilung ist ebenso denkbar.41 Als Beispiel für eine Mischform zeigt . Abb. 9.10 die divisionale Organisation mit der Querschnittsfunktion Einkauf. Dabei existieren neben einem zentralen Einkauf in den Sparten dezentrale Einkaufsabteilungen.42 Mit dem sogenannten Lead-Buyer-Konzept ist es beispielsweise möglich, Bündelungseffekte auszunutzen, ohne eine rein zentrale Einkaufsabteilung einzusetzen. Hierbei kümmert sich ein Mitarbeiter zentral um den Bedarf mehrerer dezentraler Abteilungen, welche ihm (Lead-Buyer) ihre Bedarfe melden. Dieser bestellt nun den Gesamtbedarf des Unternehmens und nutzt dabei Preiszugeständnisse der Lieferanten aus.

40 Wildemann (2008). 41 Large (2009). 42 Laux et al. (2003).

9

100

Kapitel 9 · Organisation der Beschaffung

. Abb. 9.10  Divisionale Organisation mit Querschnittsfunktion Einkauf (Laux 2003)

9.7  Ablauforganisation des Einkaufs

9

Innerhalb der Ablauforganisation eines Einkaufs werden die zeitliche Reihenfolge definierter Beschaffungsvorgänge, die räumliche Verknüpfung einzelner Prozesse sowie die Abbildung der Prozesse über Informations- und Kommunikationssysteme geschaffen.43 Die Einrichtung eines Kommunikationssystems zum Informationsaustauch zwischen den Unternehmensbereichen stellt die Grundlage der Ablauforganisation dar. Vom Auftragseingang über die Leistungserstellung, die Rechnungserstellung bis zum Zahlungseingang müssen die Auftragsinformationen alle Abteilungen eines Unternehmens durchlaufen, um eine lückenlose, sichere und schnelle Auftragsabwicklung zu gewährleisten. Dabei spielen neben den auftragsbezogenen Bewegungsdaten die Stammdaten eine wichtige Rolle. Die Pflege dieser hat Auswirkungen auf die Durchlaufzeit eines Auftrages bis zur endgültigen Erledigung, da unvollständige Stücklisten oder Adressstammdaten zu Verzögerungen im Ablauf führen. In der Praxis rückt die Optimierung der Ablauforganisation in den Fokus, um Durchlaufzeiten zu verkürzen und so die Kapitalbindung zu reduzieren.44 Nicht nur die operativen, sondern auch die strategischen Tätigkeiten lassen sich als Ablauf beschreiben. Bei der strategischen Vorauswahl von Lieferanten soll die Wahl nicht vom Ermessen des einzelnen Beschaffungsmanagers abhängig sein. Ein einheitlicher Soll-Ablauf ist hier genauso wichtig wie in der operativen Ebene.45 Um den logistischen Kernzielen gerecht zu werden, bedarf es einer Neuorientierung gemäß dem Prinzip der Flussorientierung in Richtung einer prozess- und kundenorientierten Organisation. In dieser Organisation kann der Fluss ohne Schnittstellen mit harmonisierten Kapazitäten ablaufen. Diese Forderung findet sich auch in dem vom Business-Reengineering46 eingeführten Organisationsprinzip wieder, das Osterloh/Frost als 90-Grad-Shift der Organisation bezeichnen (vgl. . Abb. 9.11)47.

43 44 45 46 47

Arnolds (2010). Arnolds (2010). Large (2009). Hammer (1996). Osterloh (1996).

101 9.8 · Materialgruppenmanagement

. Abb. 9.11  90-Grad-Shift der Organisation (Osterloh 1996)

Ziel der 90-Grad-Shift-Organisation ist es, Schnittstellen im Prozess zu vermeiden, indem die Organisation um den Prozess herumgelegt wird. Kompetenzen in der entstandenen Organisation sind neu zu regeln, sodass die Entscheidungspunkte innerhalb der für den Prozess verantwortlichen Organisationseinheit liegen. In diesem Zusammenhang sprechen Hammer und Champy48 vom Empowerment, was eine Delegation von Kontrolltätigkeiten und Entscheidungskompetenzen an die Prozessverantwortlichen bedeutet. So wird die Dezentralisierung von Aufgaben innerhalb der Organisation gefördert. Den Prozessverantwortlichen obliegt die Koordination aller Aktivitäten, die in Verbindung mit dem Prozessablauf stehen. Hierarchisierung Die Über- und Unterordnung von Weisungsrechten in Organisationen bildet die Hierarchie.49 Bei der Organisation der Beschaffung stehen folgende Fragen im Vordergrund: Wie wird die Beschaffung in die Gesamtorganisation des Unternehmens eingeordnet und wie soll die innere hierarchische Gliederung der Organisationseinheit „Beschaffung“ aussehen? Die Beschaffung wird heute in der ersten oder zweiten Führungsebene eingeordnet (vgl. 7 Kap. 1), wobei sie in einigen DAX-Unternehmen bereits ein Vorstandsressort ist. Dies zeigt die große Bedeutung für das Betriebsergebnis und die Wettbewerbskraft des Unternehmens. Eine derartige Einordnung schafft durch die Gleichrangigkeit mit den übrigen Grundfunktionen die Voraussetzungen dafür, dass die strategischen Ansätze zur Erreichung des materialwirtschaftlichen Optimums zur Anwendung kommen können.50 9.8  Materialgruppenmanagement

Die Prozessorganisation definiert Stellen, Abteilungen und Bereiche auf Basis der innerhalb des Betriebs verrichteten Wertschöpfungsschritte und bezieht darüber hinaus die Input-Output-Beziehungen zu Kunden und Lieferanten ein. Sie gliedert

48 Hammer (1996) 49 Jones et al. (2008). 50 Arnolds et al. (2010).

9

102

9

Kapitel 9 · Organisation der Beschaffung

sich auf in zur Wertschöpfung beitragende Kernprozesse, wie z. B. Produktion, und die Wertschöpfung unterstützende Prozesse, sog. Supportprozesse, wie z. B. Beschaffung. Die Besonderheit liegt darin, dass alle Prozesse auf den Kunden ausgerichtet sind und sämtliche Aktivitäten über einen durchgängigen Informations- und Datenfluss miteinander verknüpft sind, wodurch die Schnittstellentransparenz erhöht und der Abstimmungsaufwand reduziert wird51. Die Aufbauorganisation einer Unternehmung ergibt sich aus der Zuweisung analytisch gewonnener Teilaufgaben und der gegebenenfalls zu ihrer Erfüllung notwendigen Kompetenzen an die einzelnen Aufgabenträger sowie aus der Festlegung der Beziehungszusammenhänge zwischen den verschiedenen Organisationseinheiten. Mit der Verteilung der Aufgaben und der Abgrenzung der Zuständigkeiten der Instanzen hat das Unternehmen seinen organisatorischen Aufbau, seine Struktur, erhalten.52 Produktorientierte Organisationen gliedern ihre organisatorischen Einheiten nach Produkten, Produktgruppen oder Produktlinien. Analog gliedern marktorientierte Organisationen ihre Einheiten nach unterschiedlichen Marktsegmenten, die z. B. an Kundengruppen, Branchen oder regionale Absatzgebiete geknüpft sind. Es werden also alle Verrichtungen, die zu einem Bezugsobjekt gehören, als eigenständiger Geschäftsbereich geführt. In der Literatur spricht man auch von einer Spartenorganisation, divisionalen Organisation oder Geschäftsbereichsorganisation53. Da produkt- bzw. marktorientierte Organisationen ihre hierarchische Struktur aus den Einlinien- sowie Stab-Linien-Organisationen ableiten, handelt es sich nicht um Grundformen der Aufbauorganisation, sondern lediglich um Spezialisierungen nach Objekten. Aufgrund der besonderen praktischen Bedeutung dieser Organisationsvarianten werden sie hier jedoch zusätzlich erläutert. Die wirtschaftliche Steuerung der Geschäftsbereiche erfolgt häufig nach dem Prinzip des sog. Profit-Centers. Neben dem eher klassischen Konzept der im vorherigen Kapitel beschriebenen Aufbau- und Ablauforganisation wird heute die Organisationsform des Materialgruppenmanagements immer mehr favorisiert. Um einen kontinuierlichen objektbezogenen Prozess zu gewährleisten, werden durch einen Materialgruppenschlüssel die Materialien in identische Anforderungsprofile zusammengefasst54. Die Nutzung der Materialgruppenschlüssel im Unternehmen ist bei der Strategiefindung ein entscheidender Erfolgsfaktor. Die Zusammenfassung in gleiche Anforderungsprofile ermöglicht eine differenzierte Handhabung zwischen den Segmenten und gleichzeitig eine gleiche Handhabung innerhalb der Segmente. Die Strategiefindung für einzelne Beschaffungsobjekte wird damit erleichtert. Daher werden weiterführend die Segmente auch in der Portfolio-Analyse verwendet. Materialgruppen sollten hinsichtlich ihrer Technologie- und Funktionsorientierung jeweils homogen sein und eine Durchführung unabhängiger Beschaffungsstrategien und Maßnahmen erlauben. Kriterien zur Klassifikation sind:

51 52 53 54

Wiendahl (2007). Weidener u. a. zitiert in Hartman (2002). Frese (2000) und Vahs (2007). Beckmann (2012).

103 9.9 · Aufgaben zur Selbstüberprüfung

5 Rohstoffarten 5 Fertigungstechniken 5 Beschaffungsmärkte 5 Bedarfsträger Ein viel genutztes Basiskonzept für die Einteilung in Materialgruppen bietet das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln. Es basiert auf einem vierstufigen System, welches die Materialien in einem hierarchischen System in Sachgebiet, Hauptgruppe, Gruppe und Untergruppe einteilt. Dazu erhält jede der Stufen eine zweistellige Zahl. Dadurch ergibt sich eine eindeutige Kennzeichnung der Materialien55. Auch fünfstufige Segmentierungen sind möglich, der Einsatz der Methoden hängt von der Ausgangslage im Unternehmen ab. Mit zunehmendem Modul- und Systemcharakter der Beschaffungsgüter wird eine wertschöpfungskettenorientierte Segmentierung der Beschaffungsgüter notwendig. Um die Übersicht über die Analyse zu wahren, sollte ein Aggregationsniveau von nicht mehr als 20 Materialgruppen erreicht werden. Eine Priorisierung kann durch die ABC- und XYZ-Analyse erfolgen, diese werden in 7 Kap. 16 näher erläutert. Ein Beispiel aus der Praxis der Firma Schott AG zeigt die Organisation des Materialgruppenmanagements als organisationsübergreifende Beschaffung. . Abb. 9.12 zeigt die Unterteilung der Materialien in die Sachgebiete Rohstoffe und Dienstleistungen. Das Team ist funktionsübergreifend in allen Einheiten des Konzerns vertreten, wobei es einen Materialgruppenmanagement-Koordinator für jedes Sachgebiet gibt. Durch die Einführung des Materialgruppenmanagements konnten bei der Firma Schott AG enorme Synergieeffekte, Kostensenkungen und Qualitätsverbesserungen erreicht werden. Allerdings ist bei der Umsetzung auf die spezifischen Gegebenheiten des Unternehmens zu achten. Die Anforderungen an Mitarbeiter werden zunehmend strategisch und die Leitung eines solchen Teams ist mit hohem Koordinationsaufwand verbunden. 9.9  Aufgaben zur Selbstüberprüfung

1. Beschreiben Sie den Unterschied zwischen der Aufgabensynthese und der Aufgabenanalyse. Stellen Sie die Operationen zur Abteilungsbildung grafisch dar. 2. Beschreiben Sie den Unterschied zwischen Aufbau- und Ablauforganisation. Was sind deren Eigenschaften? 3. Beschreiben Sie den Unterschied zwischen der klassischen und der prozessorientierten Abteilungserstellung. 4. Warum spielen die Stammdaten neben den Bewegungsdaten innerhalb der Ablauforganisation eine wichtige Rolle? 5. In welche Führungsebene sollte der Einkauf als Abteilung eingeordnet werden? Warum ist diese Entscheidung von hoher Relevanz? 6. Wovon kann die aufbauorganisatorische Gestaltung des Einkaufs abhängen? 55 Appelfeller et al. (2011), S. 61.

9

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Kapitel 9 · Organisation der Beschaffung

. Abb. 9.12  Materialgruppenorientierte Organisation (in Anlehnung an: Kleinaltenkamp 2003)

7. Nach welchen drei Faktoren kann ein Einkauf strukturiert sein? Nennen Sie beispielhafte Aufteilungen. 8. Wie bewerten Sie heutzutage die Bedeutsamkeit des Einkaufs im Unternehmensumfeld? 9. Beschreiben Sie den Unterschied zwischen strategischen und operativen Aufgaben und geben Sie beschaffungsrelevante Beispiele. 10. Was zeichnet den zentralen Einkauf aus und welche Vor- bzw. Nachteile hat dieses Konzept? 11. Was zeichnet den dezentralen Einkauf aus und welche Vor- bzw. Nachteile hat dieses Konzept? 12. Welche Rahmenbedingungen können herangezogen werden, um die Eignung des Unternehmens für einen dezentralen Einkauf zu prüfen? Welche Ausprägung müssen diese Rahmenbedingungen haben? 13. Welches Konzept stellt eine Mischform zwischen zentralem und dezentralem Einkauf dar? Beschreiben Sie dieses Konzept kurz. 14. Was sind die Vorteile einer Mischform zwischen zentralem und dezentralem Einkauf ?

105

Normatives Beschaffungsmanagement Inhaltsverzeichnis 10

Dimensionen des normativen Beschaffungsmanagements – 107

11

Beschaffungsvision – 111

12

Beschaffungspolitik – 115

13

Beschaffungsverfassung – 141

14

Beschaffungskultur – 145

II

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Dimensionen des normativen Beschaffungsmanagements

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 H. Beckmann, Grundkurs Beschaffungsmanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-39125-6_10

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Kapitel 10 · Dimensionen des normativen Beschaffungsmanagements

Das normative Beschaffungsmanagement umfasst die generellen Ziele in der Beschaffung mit Prinzipien, Normen und Leitlinien, die auf die langfristige Erhaltung und Entwicklung der Beschaffungsziele ausgerichtet sind. Hier geht es einerseits um Ableitung der beschaffungsspezifischen Aspekte aus den normativen Vorgaben des Unternehmens (Top-down-Sicht), andererseits aber auch um die Einbringung beschaffungsspezifischer Anforderungen in die normativen Leitlinien des Unternehmens (Bottom-up-Sicht). Hierbei sind die vier wesentlichen Dimensionen des normativen Managements zu untersuchen. Merksatz: Die vier wesentlichen Dimensionen des normativen Managements sind:1 5 Die unternehmerische Vision als ganzheitliche, vorausschauende Vorstellung von Zwecken und Wegen zur Erreichung dieser. Ideen zur Erzielung eines Nutzens für die Gesellschaft sind als „Leitstern“, der das unternehmerische Handeln prägt, zu entwickeln. 5 Die Unternehmungspolitik, der die prinzipielle Aufgabe zufällt, eine Harmonisierung externer, zweckbestimmender Interessen an der Unternehmung und intern verfolgter Ziele vorzunehmen, um einen Konsens zwischen Um- und Inwelt einer Unternehmung zu erreichen. So kann die langfristige Autonomie des Systems gewährleistet werden. 5 Die Unternehmungsverfassung, die eine normierende, formale Rahmenordnung für die Zielfindung und den Interessenausgleich zwischen Um- und Insystem wie für interne Auseinandersetzungen bei der ökonomischen und sozialen Zieldefinition und -realisation vorgibt. 5 Die Unternehmungskultur, die verhaltensbezogene Werte und Normen aus der Vergangenheit in die „Zukunft transportiert“, indem sie Perzeptionen und Präferenzen der Mitglieder eines Systems bei der Wahl von Zielen und Maßnahmen prägt. Verfassung und Kultur tragen die Unternehmungspolitik, wie umgekehrt die Unternehmungspolitik die „harte“ Gestaltung der Verfassung und die „weiche“ Entwicklung der Kultur einer Unternehmung prägt.2 Unternehmenspolitik, die sich im Gegensatz unterschiedlich geprägter Interessen entwickelt, bleibt ohne Orientierungsgrundlage, wenn sie nicht von einer unternehmerischen Vision getragen wird.3 Diese Überlegungen gelten nicht nur für das Unternehmen als Ganzes, sondern müssen auch für die Beschaffung betrachtet werden (. Abb. 10.1).

1 2 3

Bleicher (1992). Bleicher (1992). Bleicher (1992).

109 Dimensionen des normativen Beschaffungsmanagements

. Abb. 10.1  Dimensionen des normativen Beschaffungsmanagements

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Beschaffungsvision

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 H. Beckmann, Grundkurs Beschaffungsmanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-39125-6_11

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Kapitel 11 · Beschaffungsvision

Eine Vision kann definiert werden als ein konkretes Zukunftsbild, nahe genug, dass die Realisierbarkeit in Sichtweite ist, aber fern genug, um die Begeisterung der Organisation für eine neue Wirklichkeit zu erwecken.1 Die „richtige“ Vision kann wesentliche Potenziale in Unternehmen freisetzen, den bedingungslosen Einsatz der Mitarbeiter sichern und deren Ressourcen mobilisieren.2 Merksatz: Visionsstatements sind charakterisiert durch:3 5 Zukunftsorientierung, 5 eine hohe Wahrscheinlichkeit, die Organisation zu einer besseren Zukunft zu führen, 5 eine hohe Passung zur Vergangenheit und Kultur des Unternehmens, 5 Widerspiegelung der Unternehmenswerte, 5 Setzung hoher Leistungsstandards (Standards of Excellence), 5 Erläuterung des Zwecks und der Richtung des Unternehmens, 5 Entfachung von Enthusiasmus und Commitment, 5 Spiegelung der Einzigartigkeit des Unternehmens. Aus der Unternehmensvision wird die Beschaffungsvision abgeleitet. Somit ergeben sich für die Beschaffung die folgenden Konsequenzen für die Unternehmensvision:4 5 Sie bestimmt das Selbstverständnis der Beschaffung. 5 Sie unterstützt die Unternehmensstrategie und legitimiert die Aktivitäten der Beschaffung intern und extern. 5 Sie legt ethische Grundsätze fest, die einen Verhaltenskodex definieren, nach dem die Beschaffungsfunktion agiert.

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Die Zieldimensionen des normativen Managements sind Lebens- und Entwicklungsfähigkeit des Unternehmens.5 Entsprechend orientiert sich eine Vision inhaltlich häufig an folgenden Aspekten, die auf die Beschaffungsvision übertragen werden: 5 Betonung des Kollektivs: Die Einbindung der Beschäftigten spiegelt die Bedeutung der Vision als Instrument der Unternehmensführung. 5 Innovation/Weiterentwicklung: Fokussierung der Organisation auf Innovation (angestrebte Zukunft der Organisation). 5 Kundenorientierung: Aufbau langfristiger, stabiler und wirtschaftlicher Kundenbeziehungen, indem Visionselemente auf die Wünsche, Bedürfnisse und Erwartungen der Kunden abzielen. 5 Lieferantenorientierung: Für die Beschaffung sind die Lieferanten zentrale Stakeholder und wesentliche Treiber für einen Wertbeitrag. 5 Nachhaltigkeit: Die Nachhaltigkeit in den Unternehmensaktivitäten (Bedürfnisse der Gegenwart erfüllen und dabei die Erfüllung zukünftiger Bedürfnisse sicherstellen) gewinnt zunehmend an Bedeutung. Hierbei muss die ökonomische, die ökologische und die soziale Dimension der Nachhaltigkeit ganzheitlich angegangen werden (vgl. ausführlich 7 Kap. 24).

1 2 3 4 5

Boston Consulting Group, zitiert in Bleicher (1992) Nanus (1992). Nanus (1992). Boutellier (2002). Bleicher (1992).

113 Beschaffungsvision

5 Realisierbarkeit: Wie in der Definition bereits beschrieben, muss eine Vision realisierbar sein, aber auch eine transformierende Wirkung auf zukünftige Zielerreichung entfalten.

11

115

Beschaffungspolitik Inhaltsverzeichnis 12.1 Beschaffungsprogrammpolitik – 116 12.2 Lieferantenpolitik – 120 12.3 Kontraktpolitik – 132 12.4 Lagerpolitik – 134

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 H. Beckmann, Grundkurs Beschaffungsmanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-39125-6_12

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Kapitel 12 · Beschaffungspolitik

Die Beschaffungspolitik beschäftigt sich mit langfristigen Beschaffungsentscheidungen und hat wesentlichen Einfluss auf den Unternehmenserfolg. Als Synonym zur Beschaffungspolitik wird häufig der Begriff „strategische Beschaffung“ verwendet.1 Die strategische Beschaffung beinhaltet im Allgemeinen langfristig festgelegte Grundsätze der Beschaffung, wie:2 5 Entwicklung eines langfristigen Beschaffungskonzeptes 5 Entwicklung eines Beschaffungsmarketings 5 Entwicklung einer Beschaffungsmarktforschung 5 Optimierung des Wertschöpfungsprozesses 5 Ausweitung des Beschaffungsmarktes 5 Verstärkte partnerschaftliche Zusammenarbeit mit Lieferanten Die in der Beschaffungsmarktforschung gewonnenen Erkenntnisse werden in den Teilgebieten der Beschaffungspolitik umgesetzt, um die Beschaffungsziele gemäß 7 Kap. 4 zu erreichen.3 Denn Fehler in der Beschaffungspolitik sind mit hohen Kosten verbunden und nur langfristig zu beheben.4 Merksatz: Die Beschaffungspolitik kann in folgende Teilgebiete unterteilt werden: 5 Beschaffungsprogrammpolitik 5 Lieferantenpolitik 5 Kontraktpolitik 5 Lagerpolitik Die Teilgebiete werden in den folgenden Abschnitten näher beschrieben. 12.1  Beschaffungsprogrammpolitik

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Die Beschaffungsprogrammpolitik befasst sich mit der Festlegung des Beschaffungsprogramms, folglich dem Spektrum der Beschaffungsobjekte, das vom Lieferantenmarkt bezogen wird. Auf diese Festlegung haben folgende Entscheidungsbereiche maßgeblichen Einfluss: Entscheidungen über Eigenfertigung oder Fremdbezug (Make or Buy, vgl. 7 Abschn. 12.1.1), die Materialstandardisierung, die Materialsubstitution und die Änderung der Eigenschafts- oder Qualitätsanforderungen.5 Festgelegt werden im Allgemeinen: 5 welche Güterarten, 5 mit welchen Eigenschaften, 5 in welcher Anzahl und 5 in welcher Qualität innerhalb eines bestimmten Zeitraums beschafft werden.

1 2 3 4 5

Boutellier et al. (2004), S. 409. Bichler et al. (2011), S. 21, Bichler et al. (2010), S. 47. Wannenwetsch (2010), S. 148. Wannenwetsch (2010), S. 115. Nekolar (2003), S. 351.

117 12.1 Beschaffungsprogrammpolitik

12.1.1  Eigenfertigung vs. Fremdbezug (Make or Buy)

Je größer der Anteil der selbst hergestellten Materialien ist, desto größer ist die Fertigungstiefe. Heutzutage ist in vielen produzierenden Unternehmen der Trend zur Verringerung der Fertigungstiefe mit Konzentration auf die eigene Kernkompetenz zu erkennen. Die hierdurch zunehmende Komplexität des Beschaffungsprogramms erfordert einen höheren Stellenwert einer gut organisierten und strukturierten Beschaffungsprogrammpolitik im Unternehmen. Eine Möglichkeit zur Bewältigung der hohen Komplexität ist z. B. das Modular Sourcing (vgl. 7 Abschn. 17.4.2), wobei anstelle von Einzelteilen vorgefertigte Baugruppen von Modul- oder Systemlieferanten beschafft werden.6 Die Make-or-Buy-Entscheidung kann aufgrund strategischer Überlegungen bereits im Voraus getroffen werden, ohne weitere Gründe hinzuzufügen. Eine wichtige Frage, die dabei jedoch beantwortet werden muss, ist, ob die Fremdvergabe zu Kompetenzverlusten führen oder die Konkurrenz dadurch sogar gestärkt werden könnte. Gerade Kernkompetenzen sind die nachhaltigen Stärken zur Differenzierung des Unternehmens am Markt und sollten deshalb niemals fremdvergeben werden.7 Soll die Entscheidung jedoch durch einen Alternativenvergleich erfolgen, ist eine vollständige und exakte Datenbasis aus internen Abteilungen sowie von den Lieferanten von hoher Bedeutung.8 Die Entscheidung für eine Eigenfertigung oder den Fremdbezug hängt zum großen Teil davon ab, welche Alternative kostengünstiger ist. Es sollten zu den Einzelentscheidungen jedoch weitere Gesichtspunkte einbezogen werden, die nicht nur qualitativen, sondern auch quantitativen Charakter haben. Folgende Kriterien sollten bei einer Make-or-Buy-Entscheidung berücksichtigt werden:9 5 Kosten 5 Qualität 5 Kapitalbedarf 5 Absatzwirkung 5 Abhängigkeit vom Lieferanten 5 Risiko bzgl. Preis, Menge, Qualität und Lieferzuverlässigkeit . Tab. 12.1 zeigt in diesem Zusammenhang Gründe für die Eigenfertigung und Gründe für die Beschaffung beim Lieferanten. Make-or-Buy-Entscheidungen sollten einen angemessenen Stellenwert im Unternehmen einnehmen und an die Unternehmensziele geknüpft werden. Des Weiteren sollten sie optimalerweise laufend hinterfragt und überprüft werden.10 Bei der Fremdvergabe müssen die Risiken für den Einzelfall genau betrachtet werden. Negative Erfahrungen machte beispielsweise DaimlerChrysler, weil der Automobilhersteller aufgrund von Zeit-, Kosten- und Innovationsdruck komplexe Elektroniksysteme

6 7 8 9 10

Pfohl (2010), S. 174 f.). Hutzler (2007). Scheer et al. (2006), S. 57. Gudehus (2004), S. 68. Bichler et al. (2010).

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Kapitel 12 · Beschaffungspolitik

. Tab. 12.1  Gründe für Eigenfertigung oder Fremdbezug (Beckmann et al. 2008, S. 279)

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Gründe für Eigenfertigung

Gründe für Fremdbezug

− Kostenanalysen bestätigen, dass Eigenfertigung günstiger ist als Fremdbezug − Eigenfertigung stärkt Produkt-Know-how, maschinelle Ausstattung ist Tradition des Hauses − Die Kapazitäten werden besser ausgelastet und finanzieren damit die Overhead-Kosten − Die Anforderungen an das Produkt sind ungewöhnlich oder komplex; die notwendige Ausführungsgenauigkeit kann nur durch eine verstärkte Kontrolle im eigenen Haus gewährleistet werden − Eigenfertigung erleichtert die Kontrolle bei Produktänderungen, der Lagerhaltung und Beschaffungsaktivitäten − Das Produkt lässt sich nur schwer oder zu unverhältnismäßig hohen Kosten transportieren − Das Produktdesign oder das Herstellungsverfahren sind geheim − Die Abhängigkeit von einer auswärtigen Beschaffungsquelle wird nicht gewünscht

− Kostenanalysen bestätigen, dass Fremdbezug günstiger ist als Eigenfertigung − Es sind weder Raum, maschinelle Anlagen, Zeit noch potenzielles Personal vorhanden, um die notwendigen Produktionsverfahren für die Eigenfertigung einzuführen − Aufgrund der niedrigen Stückzahlen oder aufgrund eines benötigten Kapitalbedarfs an anderer Stelle erscheint die Investition in Eigenfertigung nicht attraktiv − Die zugrunde liegenden saisonalen, zyklischen oder unsicheren Marktnachfragen sollen die Kapazitätsauslastung der Eigenfertigung nicht gefährden − Der Bedarf an speziellen Technologien oder Produktionsausstattungen lässt den Fremdbezug als vorteilhaft erscheinen − Die Unternehmensführung vertritt die Meinung, dass sich die eigenen Kräfte auf Innovationen in den Schwerpunkttätigkeitsbereichen des Betriebes konzentrieren sollen − Der Fremdbezug bei Konkurrenten erlaubt eine Überprüfung der eigenen Leistungsfähigkeit − Die Existenz von Patenten oder Gegengeschäftsbeziehungen favorisieren den Fremdbezug

an ­Zulieferer vergab und ebenso wichtiges technologisches Know-how aus den Augen verlor. Die Folge war eine kostenintensive Rückrufaktion.11 Die Datenbeschaffung für eine fundierte Entscheidung erfolgt über das Beschaffungscontrolling (vgl. 7 Kap. 19) in Zusammenarbeit mit anderen bereichsspezifischen Controlling-Abteilungen. Die hierbei berücksichtigten Ziele können sich beispielsweise auf die Zielkriterien Kosten-, Qualitäts- oder Versorgungssicherungsziele beziehen.12 12.1.2  Materialstandardisierung

Der Trend zur zunehmenden Kundenorientierung führt zu einer Zunahme der Variantenvielfalt der am Markt angebotenen Produkte. So hat der Endkunde beispielsweise beim Automobilhersteller Audi die Wahl zwischen zehn23 Möglichkeiten, um sein individuelles Auto zu konfigurieren.13 Neben der steigenden externen Komplexität, bedingt durch den Markt, nimmt auch die interne Komplexität im Unternehmen oftmals zu. Die Standardisierung von Teilen und Materialien ist eine

11 Hutzler (2007). 12 Beckmann et al. (2008), S. 278. 13 Appelfeller et al. (2011), S. 135.

119 12.1 Beschaffungsprogrammpolitik

­ öglichkeit, diese Komplexität zu verringern. Durch die Materialstandardisierung M soll eine überflüssige Teilevielfalt in der Ausprägungsart einzelner Materialarten vermieden werden.14 Der Begriff Materialstandardisierung kann in die folgenden Gestaltungsfelder eingeteilt werden:15 5 Normung: Normung bedeutet „das einmalige Lösen eines sich wiederholenden technischen oder organisatorischen Vorgangs mit den zum Zeitpunkt der Erstellung der Norm bekannten optimalen Mitteln des Standes der Technik durch alle daran Interessierten. Sie ist damit eine stets zeitlich begrenzte technische und wirtschaftliche Optimierung.“16 (z. B. DIN, ISO, Werksnorm) 5 Baureihen: „Eine Baureihe besteht aus funktionsgleichen technischen Gebilden (Maschinen), die der Größe nach systematisch gestuft sind.“17 5 Baukastensysteme: Unter einem Baukastensystem versteht man ein Kombinationssystem von Bausteinen mit unterschiedlicher oder gleicher Funktion. Bei unterschiedlichen Bausteinen erhält man Produkte, die unterschiedliche Funktionen aufweisen (z. B. Maschine mit Schleif-, Fräse- oder Sägeansatz, Heimwerkerbaukasten). Bei Bausteinen gleicher Funktion haben auch die Produkte die gleichen Funktionen (z. B. Industriehallen, Pontonbrücken).18 5 Module, Produktplattformen: Module werden auch als Teilsysteme bezeichnet und charakterisieren Teile eines größeren Systems. Eine Produktplattform besteht aus Teilsystemen, die in diversen Einzelprodukten vorhanden sind. Sie sollen der effizienten Entwicklung neuer Produktvarianten dienen (häufig anzutreffen in der Automobilindustrie).19 Es bestehen diverse Vorteile durch die Reduzierung der zu beschaffenden Objektanzahl. Diese sind u. a. die Vereinfachung der Disposition und Bestellabwicklung, die Erleichterung der Lagerhaltung und -verwaltung, die Möglichkeit von Mengenrabatten durch größere Bestellmengen sowie eine bessere Transparenz der Beschaffungsmärkte. 12.1.3  Materialsubstitution

Die Materialsubstitution ermöglicht die Senkung der Teile- bzw. Variantenvielfalt, indem abteilungsübergreifend Materialien gesucht werden, die die Funktion anderer miterfüllen können.20 Diese Materialien können für unterschiedliche Endoder Zwischenprodukte eingesetzt werden. Sie sollten frühzeitig recherchiert werden, damit die Prozess- und Produktkomplexität bereits bei der Produktentwicklung gesenkt werden kann. Die Suche nach neuen Lieferanten kann eingespart werden, wenn bereits im Voraus Substitutionsmaterialien ausgemacht werden. Die 14 15 16 17 18 19 20

Gudehus (2004), S. 73. Wannenwetsch (2010), S. 75. Ehrlenspiel et al. (2007), S. 310 f.. Ehrlenspiel et al. (2007), S. 325. Ehrlenspiel et al. (2007), Murjahn (2005), S. 162. Murjahn (2005), S. 165. Gudehus (2004), S. 73 f..

12

120

Kapitel 12 · Beschaffungspolitik

­ eidelberger Druckmaschinen AG optimierte beispielsweise den HerstellungsproH zess innerhalb eines speziellen Gussverfahrens (ADI-Guss) durch die Substitution des Einsatzstahls. Durch die Rohmaterialsubstitution bei einem Zahnrad konnten die Durchlaufzeit um 45 % und die Herstellkosten um 30 % reduziert werden. Dabei wurde eine Einsatzstahlart durch eine andere ersetzt. Der veränderte Herstellungsprozess verursachte zwar zunächst höhere Rohmaterialkosten, es kann jedoch aufgrund der besonderen mechanischen Eigenschaften des Materials auf die Arbeitsgänge Aufkohlen, Drehen, Härten, Anlassen und Finishen verzichtet werden. Die dadurch reduzierten Rüst- und Bearbeitungsaufwände führen insgesamt zu deutlich geminderten Bauteilkosten.21 12.2  Lieferantenpolitik

Lieferanten werden stärker als je zuvor in den Wertschöpfungsprozess von Unternehmen eingebunden und sollen in strategische Überlegungen einfließen werden, um langfristig die Materialversorgung sicherstellen zu können.22 Die Lieferantenpolitik gestaltet mit der Kontraktpolitik die Beziehungen zwischen Unternehmen und Lieferant.23 Das Ziel der Lieferantenpolitik ist die Erschließung bzw. Erhaltung einer hinreichenden Anzahl leistungsfähiger Versorgungsquellen von dauerhafter Existenz und Lieferbereitschaft.24 Gegenstand dieses Teilgebietes ist die Festlegung 5 der Beschaffungsmärkte, 5 der bei der Auswahl von Lieferanten zugrunde gelegten Entscheidungskriterien und von deren Gewichtung, 5 der Anzahl der Lieferanten, mit denen zusammengearbeitet werden soll, sowie 5 der Art und des Umfangs der Zusammenarbeit mit den Lieferanten.

12

12.2.1  Auswahl von Lieferanten

Innerhalb der Lieferantenpolitik muss eine Vielzahl von Fragestellungen beantwortet werden, um eine ideale Lieferantenbasis für das eigene Unternehmen zu schaffen. Dabei besteht eine große Bandbreite von Wahlmöglichkeiten und Einflussfaktoren, welche berücksichtigt werden müssen.25 In . Tab. 12.2 werden die Problemfelder und Wahlmöglichkeiten der Lieferantenstruktur dargestellt. Bei der Fragestellung nach der Art der Lieferanten wird auf 7 Kap. 6 verwiesen. Hervorzuheben ist, dass der Systemlieferant einen strategisch wichtigen Stellenwert einnimmt, da ihm vielzählige, bedeutsame Aufgaben übertragen werden. Diese Beschaffungsalternative setzt eine enge Kooperation mit dem Lieferanten voraus. Aus geografischer Sicht ist es von Vorteil, wenn Lieferanten möglichst in der Nähe des beschaffenden Unternehmens positioniert sind (Local Sourcing), um das

21 22 23 24 25

o. V. (2010). Arnolds et al. (2010), S. 201. Nekolar (2003), S. 351. Gudehus (2004), S. 74. Arnolds et al. (2010), S. 201 f.

121 12.2 Lieferantenpolitik

. Tab. 12.2  Problemfelder und Wahlmöglichkeiten der Lieferantenstruktur (Arnolds et al. 2010, S. 202) Problemfelder

Beschaffungsalternativen

Funktionsumfang des Beschaffungsobjektes

Systemlieferant/Teilelieferant

Standort des Lieferanten

Global Sourcing/Local Sourcing

Anzahl der Lieferanten

Single Sourcing/Dual Sourcing

Beschaffungsweg

Erzeuger/Händler

Größe des Lieferanten

Großer Lieferant/kleiner Lieferant

Dauer der Geschäftsbeziehung

Stammlieferant/wechselnde Lieferanten

Gegengeschäftspotenzial

Gegengeschäftspartner/Anbieter ohne Gegengeschäftspotenzial

Konzernzugehörigkeit

Konzerninterner/-externer Lieferant

Beschaffungsrisiko (Transportrisiken, politische Risiken etc.) zu vermindern. Außerdem können kleine Liefermengen (z. B. just in time) abgerufen werden. Dabei wird die Flexibilität zwischen Lieferant und Abnehmer unterstützt.26 Durch das Global Sourcing, also die internationale Beschaffung von Materialien, können hingegen Chancen durch Preis- und Wechselkursvorteile ausgenutzt werden.27 Ein Beschaffungsobjekt sollte in diesem Fall von mehreren, in verschiedenen Regionen angesiedelten Lieferanten bezogen werden. Detaillierte Informationen werden in 7 Abschn. 17.4.3 aufgezeigt. Die Anzahl der Lieferanten hat einen großen Einfluss auf die Versorgungssicherheit im Unternehmen. Durch eine große Anzahl von Lieferanten wird die Komplexität in der Beschaffung erhöht. Vermindert werden jedoch das Risiko von Lieferausfällen und die Abhängigkeit vom Lieferanten. Eine Verringerung der Lieferantenanzahl für ein Beschaffungsmaterial kann zu Vorteilen führen, indem enge Kooperationen zwischen den Unternehmen eingegangen werden. Ein extremes Beispiel ist dabei das Single Sourcing, bei dem ein einziger Lieferant für die Belieferung eines Materials eingesetzt wird. Durch das Single Sourcing können häufig Mengenrabatte geltend gemacht werden, was zur Kostensenkung führt. Das Dual Sourcing kann hingegen eine einseitige Abhängigkeit vermeiden sowie Wettbewerb zwischen den Unternehmen generieren, welcher sich z. B. in einem niedrigeren Preis oder höherer Qualität widerspiegelt.28 Ein sinnvoller Einsatz des Dual Sourcing findet sich bei nicht standardisierten Komponenten. Die Auswahl verschiedener Standorte (Regionen bzw. Länder) der Zulieferer senkt das Beschaffungsrisiko weiter.29 Die diversen Sourcing-Konzepte werden in 7 Abschn. 17.4 näher erläutert. Innerhalb der Lieferantenpolitik ist des Weiteren festzulegen, ob Materialien direkt beim Erzeuger oder indirekt über Einzel- oder Großhändler bezogen werden sol-

26 27 28 29

Arnolds et al. (2010), S. 207 f.. Pfohl (2010), S. 179. Pfohl (2010), S. 178 f.. Bottler (2011).

12

122

12

Kapitel 12 · Beschaffungspolitik

len. Bei der direkten Beschaffung wird der Einstandspreis bei großen Abnahmemengen infolge der Realisierung von Mengenrabatten und der entfallenen Handelsspanne günstiger sein. Außerdem kann das beschaffende Unternehmen Einfluss auf die Produktgestaltung nehmen. Ein Händler übernimmt dem- gegenüber üblicherweise die Lagerung und die Lagerrisiken. Die Nachteile bei den direkten Materialkosten können unter Umständen durch Ersparnisse bei den Lagerkosten überkompensiert werden, wenn der Händler die Lagerfunktion günstiger wahrnimmt oder eine Überwälzung der Lagerfunktion bei Direktbezug wegen unregelmäßigen oder geringen Bedarfs nicht möglich ist. Des Weiteren kann der Einstandspreis bei kleinen Abnahmemengen durch das Entfallen von Mindermengenzuschlägen bzw. von Mindestabnahmemengen günstiger sein als bei Direktbezug. Die Wahl des geeigneten Lieferanten kann teilweise auch von dessen Betriebsgröße abhängig gemacht werden. Kleine Lieferanten können wegen des geringen Gemeinkostenanteils häufig günstigere Preise anbieten und sind in der Regel flexibler in der Angebotsgestaltung als ihre großen Konkurrenten. Kleine Lieferanten sind jedoch schwer ausfindig zu machen, da sie aus Kostengründen meist keine Werbung verbreiten. Große Lieferanten hingegen können meist große Beschaffungsmengen liefern und gewähren langfristige Partnerschaften mit ihren Kunden. Sie verfügen über eine Forschungsabteilung und können somit Produktverbesserungen selbst entwickeln. Stammlieferanten haben den Vorteil, dass die Beschaffungsmaterialien eine relativ gleichbleibende Qualität aufweisen und die Bestellabwicklung einfacher und schneller erfolgen kann als bei wechselnden Lieferanten. Im Gegenzug werden Stammkunden meist bevorzugt behandelt. Wechselnde Lieferanten werden eingesetzt, um sich nicht in eine zu große Abhängigkeit zu begeben und um nicht die Marktübersicht zu verlieren.30 . Tab. 12.3 zeigt die Gründe für Stamm- oder wechselnde Lieferanten. Gegengeschäftspotenzial entsteht, wenn die Rechnungen des Lieferanten durch andere Leistungen als monetäre Zahlungen beglichen werden können. Bezieht der Hersteller von Lkws Stahlerzeugnisse von einem Lieferanten, kann er z. B. den Fuhrpark des Lieferanten ausstatten.31 Hierbei handelt es sich um ein direktes Gegengeschäft. Bei indirekten Gegengeschäften sind mehr als zwei Unternehmen beteiligt. Indirekte Gegengeschäfte entstehen meist, wenn für direkte Geschäfte kein Potenzial für den Lieferanten besteht. Im Außenhandelsgeschäft werden in diesem Fall vorwiegend Kompensationsgeschäfte mit devisenschwächeren Ländern getätigt. Der Warenwert der Lieferung wird ebenfalls durch Waren beglichen (z. B. Rohstoffe). Die Waren des Gegengeschäfts werden häufig weiterverkauft, weil sie im eigenen Unternehmen keine Verwendung finden.32 Das Zugehörigkeitsverhältnis des Lieferanten zum Abnehmer betrifft vorwiegend große Konzerne, die z. B. gesamte Wertschöpfungsketten für eine oder mehrere Produktvarianten selber abbilden können. Ob konzerninterne Lieferanten vorgezogen werden sollen, ist von strategischen Überlegungen der Konzernspitze abhängig. Eine Bevorzugung konzerninterner Lieferanten birgt Preis- und Qualitätsrisiken, da die Marktübersicht und der Wettbewerbsdruck verloren gehen (vgl. 7 Abschn. 17.4.6).

30 Arnolds et al. (2010), S. 223 f.. 31 Nekola (2003), S. 352, Arnolds et al. (2010), S. 226. 32 Arnolds et al. (2010), S. 228.

123 12.2 Lieferantenpolitik

. Tab. 12.3  Zusammenarbeit mit Stammlieferanten oder wechselnden Lieferanten Gründe für die Zusammenarbeit mit Stammlieferanten

Gründe für die Zusammenarbeit mit wechselnden Lieferanten

− Durch Abschluss langfristiger Verträge ist eine langfristige Absicherung der Versorgungssicherheit hinsichtlich der Menge, Termin und Qualität möglich − Langfristige Preisvereinbarungen sind im Rahmen der Kontraktpolitik möglich − Preiszugeständnisse bei Abschluss langfristiger Verträge durch den Lieferanten sind möglich − Beteiligung der Lieferanten an langfristigen Wertanalyse-, Forschungs- und Entwicklungsprojekten ist möglich − Geringe Transaktionen (Bestellabwicklungskosten) − Eventuell sind Gegengeschäfte möglich − Stammkunden werden bei temporärer Lieferunfähigkeit des Lieferanten bevorzugt beliefert

− Wettbewerbsdruck unter den Lieferanten, wenn Lieferanten keine Chance sehen, das Unternehmen als Kunden zu gewinnen − Der Wettbewerbsdruck kann sich positiv auf Preis, Produktivität und Lieferservice auswirken − Geringere Abhängigkeit vom Stammlieferanten: Preiserhöhungen, Qualitäts- oder Lieferserviceverschlechterungen müssen nicht hingenommen werden − Bei Lieferausfällen stehen Optionen für Ersatzlieferungen zur Verfügung

Unter Berücksichtigung der oben genannten Problemfelder sollten die Lieferantenbeurteilungen und die darauf basierende Lieferantenauswahl erfolgen. „Die Lieferantenbeurteilung ist ein Verfahren, um einerseits die generelle und anderseits die auf das zu beschaffende Objekt bezogene Leistung eines Lieferanten zu beurteilen (…). Die Lieferantenauswahl ist das Festlegen des Lieferanten bzw. mehrerer Lieferanten. Sie erfolgt über eine Vorauswahl und allenfalls eine Nachverhandlung.“33 Die Lieferantenauswahl und -bewertung werden in 7 Kap. 18 detailliert erläutert. Im Rahmen der Lieferantenpolitik ist es wesentlich, die notwendigen Entscheidungsgrößen mit deren Ausprägungen und ihrer Gewichtung zu definieren und vorzugeben. Dies gilt insbesondere für große Beschaffungsabteilungen, um auf diese Weise sicherzustellen, dass die Lieferantenauswahl und -bewertung möglichst objektiv und unabhängig vom Einkäufer zu optimalen Ergebnissen führt. Die Vorgaben stecken somit auch den Rahmen für den operativen Beschaffungsprozess ab, der in 7 Kap. 17 ausführlich dargestellt wird. 12.2.2  Zusammenarbeit mit Lieferanten

Bei der Zusammenarbeit mit Lieferanten werden vorwiegend die Themen „Lieferantenförderung“ und „Lieferantenentwicklung“ angesprochen.34 Hierdurch soll im Allgemeinen die Beschaffungssituation im eigenen Unternehmen durch die Unterstützung bzw. Beeinflussung des Lieferanten verbessert werden. Durch enge Partnerschaften und gegenseitiges Vertrauen wird durch Synergieeffekte die Versorgung

33 Schönsleben (2007), S. 89. 34 Nekolar (2003), S. 358, Arnolds et al. (2010), S. 242 ff..

12

124

Kapitel 12 · Beschaffungspolitik

. Tab. 12.4  Vorteile und Nachteile von Partnerschaften (Arnolds et al. (2010), S. 242 ff.)

12

Vorteile

Nachteile

− Partnerschaften in verschiedenen Tätigkeitsbereichen sind möglich (z. B. Produktentwicklung, Qualitätssicherung, Logistik) − Synergieeffekte können ausgenutzt werden − Mit Partnern ist es einfacher, Barrieren wie hohe Variantenfülle, verkürzte Produktlebenszyklen, Preisverfall oder starke Konkurrenz zu überwinden − Gewinne und Verluste aus der Zusammenarbeit können gerecht unter den Partnern verteilt werden − Erhöhung der Transparenz durch notwendigen Informationsaustausch

− Gegenseitige Abhängigkeit −P  robleme bzgl. der Dauerhaftigkeit der Partnerschaft, wenn Machtpositionen unterschiedlich verteilt sind −S  chwierigkeiten beim Lieferantenwechsel durch Gewöhnung an einen langjährigen Lieferanten und ausbleibende Marktforschung

im eigenen Unternehmen langfristig gesichert und die Wettbewerbsfähigkeit gesteigert (. Tab. 12.4).35 Der oben bereits genannte Begriff „Lieferantenförderung“ bezieht sich auf die aktive Unterstützung des Lieferanten bei Problemen, die er nicht alleine bewältigen kann, mit dem Ziel einer verbesserten Lieferantenleistung.36 Dazu müssen die Stärken und Schwächen des Lieferanten bekannt sein. Ebenfalls muss die Kooperationsbereitschaft des Lieferanten gegeben sein, was gerade bei kleinen und mittelständischen Unternehmen häufig anzutreffen ist. Auf technischer Seite kann der Lieferant in der Produktion bzw. im Herstellungsprozess unterstützt werden. Ihm werden Informationen über technologische Trends vermittelt oder er wird bei der Auswahl von Investitionsgütern beraten. Auch in der Beschaffung sind Hilfestellungen denkbar, wenn der Abnehmer durch seine Marktforschung vorteilhafte Informationen über Vormaterialien besitzt. Einige Abnehmer legen hohen Wert auf den Einfluss auf die Vorlieferanten, um z. B. die gesamte Supply Chain optimieren zu können oder die Qualität der Endprodukte zu sichern.37 Weitere Ansatzpunkte für die Lieferantenförderung sind Unterstützungsmaßnahmen in Verwaltungs- und Personalangelegenheiten, bei finanziellen Engpässen oder im Absatzbereich. Förderungsmaßnahmen sollten sich nach den Schwachstellen des Lieferanten richten. Je ausgeprägter die Lieferantenförderung, desto höher die Tendenz zu einer engen Kooperation zwischen den Unternehmen.38 Bei Lieferanten, die auf diese Art und Weise gefördert werden, handelt es sich vorwiegend um (potenzielle) Stammlieferanten (vgl. 7 Abschn. 12.2.1). Innerhalb der Lieferantenentwicklung wird der Aufbau eines völlig neuen Lieferanten, der bislang auf einem bestimmten Beschaffungsmarkt noch nicht vertreten ist, unterstützt. Dieser Fall tritt beispielsweise auf, wenn Beschaffungsmaterialien auf dem Markt nicht verfügbar sind, weil das Produkt mit seinen Eigenschaf-

35 36 37 38

Arnolds et al. (2010), S. 242. Nekolar (2003), S. 358, Arnolds et al. (2010), S. 248. Wildemann (2008), S. 381. Arnolds et al. (2010), S. 248 f..

125 12.2 Lieferantenpolitik

ten im Allgemeinen noch nicht gebräuchlich ist. Auch eine Lieferunwilligkeit wegen z. B. voller Kapazitätsauslastung seitens der Lieferanten kann zur Notwendigkeit der Lieferantenentwicklung führen. Die Lieferantenentwicklung als Gesamtprozess kann in folgende Phasen unterteilt werden:39 5 Planungsphase – Festlegung des zu erreichenden beschaffungspolitischen Ziels – Suche nach entwicklungsfähigen Lieferanten – Bestimmung von Vor- und Nachteilen einer Lieferantenentwicklung für beide Seiten – Auswahl des anscheinend besten Lieferanten 5 Kontaktphase – Vorstellung des bevorstehenden Projektes – Vermittlung der Vorteile für den Lieferanten durch die Aufnahme der Materialien in sein Produktionsprogramm – Verhandlungen über die Gestaltung des abzuschließenden Vertrags 5 Entwicklungsphase – Projektdurchführung – Enge Kooperation bei Aufbau von neuen Kapazitäten auf einer oder auf beiden Seiten – Abstimmung und Synchronisierung der durchzuführenden Maßnahmen – Erste Musterlieferung 5 Stadium geregelter Geschäftsbeziehungen – Controlling der Abwicklung – Weitere Optimierung des Entwicklungsprojektes Es muss von Beginn an berücksichtigt werden, dass Lieferantenentwicklungsprojekte nicht immer zum gewünschten Erfolg führen müssen. Lieferanten könnten z. B. nach erfolgreicher Zusammenarbeit ebenfalls Wettbewerber beliefern, denen somit die eigene Entwicklungsarbeit zugutekommt. Es ist deshalb darauf zu achten, dass wertvolles Know-how beim Abnehmer bleibt, auch damit der Lieferant nicht die Möglichkeit hat, das Endprodukt selbst zu produzieren, am Markt anzubieten und damit als direkter Konkurrent aufzutreten.40 12.2.3  Lieferantenmanagement

Der Begriff Lieferantenmanagement ist in der Literatur nicht einheitlich definiert und wird daher unterschiedlich verwendet.41 Laut Wagner zeigten jedoch Vergleiche in Unternehmen, dass sich das Lieferantenmanagement auf drei Kernbereiche fokussiert, und so fasst Wagner unter dem Begriff die Bereiche Gestaltung der Lieferantenbasis, Lieferantenentwicklung und Lieferantenintegration zusammen.42 Da Wagner dem Bereich Management der Lieferantenbasis auch die Aktivitäten der

39 40 41 42

Arnolds et al. (2010), S. 250 ff.. Arnolds et al. (2010), S. 252. Wagner et al. (2010). Wagner et al. (2010).

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126

Kapitel 12 · Beschaffungspolitik

. Abb. 12.1  Lieferantenmanagementzyklus (eigene Darstellung in Anlehnung an Siemens aufzufinden bei (Wannenwetsch 2009, S. 105), (Wagner 2002, S. 12) und (Pool4Tool: Geschlossener Regelkreis im Lieferantenmanagement o. J.))

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Lieferantensegmentierung, -bewertung und -auditierung zuschlägt, deckt sich diese Sichtweise weitestgehend mit dem Ansatz von Wildemann, welcher die Aktivitäten Gestaltung der Lieferantenbasis, Lieferantenbewertung, Lieferantenentwicklung, Lieferantenintegration und Lieferantenauditierung zu Lieferantenmanagement zählt.43 An dieser Stelle soll eine Kombination der verschiedenen Konzepte gewählt werden. Am Anfang steht der Prozess des Einphasens, d. h. die Entscheidung, neue Lieferanten in das Portfolio aufzunehmen. Hierzu ist zunächst eine Lieferantenauswahl notwendig. Diese wird – wie alle Prozesse des Lieferantenmanagements – maßgeblich von der spezifischen Materialgruppen- und Lieferantenstrategie beeinflusst. Anschließend folgt die Lieferantenintegration. Eine Lieferantenbewertung ist angeschlossen, kann aber auch zusätzlich vorgelagert und als Lieferantenbeurteilung bereits Teil der Lieferantenauswahl sein – z. B. im Rahmen einer Lieferantenauditierung oder eines mehrstufigen Auswahlprozesses. Für die Lieferantenbewertung muss festgelegt werden, welche Kriterien den Prozess des Ausphasens anstoßen. Dieser sollte angestoßen werden, wenn der Lieferant die Anforderungen der Lieferanten- und Materialgruppenstrategie nicht mehr erfüllt. Fällt die Lieferantenbewertung positiv aus, schließt sich der Prozess der Lieferantenentwicklung an. Werden neue Lieferanten benötigt, so beginnt der Kreislauf von vorne (vgl. . Abb. 12.1 und 12.2). Nach Anstoß des Prozesskreislaufs durch die Entscheidung, neue Lieferanten zu suchen (Einphasen), folgt eine Prozesskette, deren Ende die Auswahl eines

43 (Wildemann nach Zawisla (2008), S. 13).

127 12.2 Lieferantenpolitik

. Abb. 12.2  Anforderungen an die Art der Lieferantenauswahl nach (Büsch 2013, S. 240)

Lieferanten ist (vgl. . Abb. 12.3). Der Prozess beginnt mit Beschaffungsmarktforschung, um geeignete Lieferanten zu identifizieren. An die Beschaffungsmarktforschung schließt sich eine Anfrage- und Angebotsphase an, damit die Möglichkeiten vergleichbar werden. Ist eine Datenbasis geschaffen worden, so sollten die Lieferanten im Vorfeld der Lieferantenauswahl einer eingehenden Betrachtung bzw. einer Beurteilung unterzogen werden, bevor es zum Geschäftsabschluss kommt. Je nach Anforderungen an die Lieferanten kann die Betrachtung mehr oder weniger umfassend und aufwendig gestaltet werden. Es ist jedoch zu beobachten, dass Globalisierung sowie immer kürzer werdende Produkt- und Innovationszyklen die Anforderungen an potenzielle Lieferanten steigen lassen und somit eine gründliche Prüfung von Potenzial und Risiko der Lieferanten immer wichtiger wird. Es ergibt sich zunehmend, dass die Lieferantenbeziehung eher strategischer Natur ist und auch das Beschaffungsobjekt komplexer wird, sodass die Anforderung an die Lieferantenauswahl sich von einer Auswahl nach Angebotsvergleich hin zu einer ganzheitlichen Beurteilung verschiebt (vgl. . Abb. 12.2). Um den Aufwand relativ gering zu halten und möglichst zu standardisieren, kann ein mehrstufiger Auswahlprozess für Lieferanten angewandt werden. Je weiter der Auswahlprozess fortschreitet, desto aufwendiger und detaillierter werden Informationen und Vorgehensweise und desto weniger Standardisierung ist über Materialgruppen hinweg gegeben. Da jedoch in vorherigen Runden schon nach gröberen, weniger detaillierten und standardisierten Kriterien gefiltert wurde, sinkt die Anzahl der zu untersuchenden Lieferanten, je weiter die Betrachtung fortschreitet (. Abb. 12.3). Auf Basis der Lieferantenbeurteilungen wird eine Vorauswahl getroffen, mit welcher die Verhandlungsphase gestartet wird. Am Ende der Verhandlungen wird

12

128

Kapitel 12 · Beschaffungspolitik

. Abb. 12.3  Prozess Einphasen bis zur Lieferantenauswahl (eigene Darstellung in Anlehnung an (Schönsleben 2016, S. 81 f.) und (Mashhour et al. 2012, S. 93))

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die Entscheidung gefällt, welcher Lieferant in das Lieferantenportfolio aufgenommen wird. Es muss eine Balance gefunden werden zwischen einem umfassenden Lieferantenvergleich auf der einen und einem möglichst hohen Standardisierungsgrad des Entscheidungsprozesses auf der anderen Seite. Entscheidungsparameter bei der Lieferantenauswahl sind z. B. die Leistungsfähigkeit des Lieferanten, notwendige Lieferantenentwicklungsmaßnahmen, erwarteter Gesamtumsatz und Gesamtkosten.44 Ist der Lieferant ausgewählt, so folgt die Lieferantenintegration, die zum Ziel hat, den Lieferanten in den Wertschöpfungsprozess derart einzubinden, dass Know-how und Fähigkeiten des Lieferanten optimal genutzt werden können. Um dies zu ermöglichen, werden die Lieferanten in organisatorischer, informationstechnischer und/oder personeller Verflechtung in die Unternehmensaktivitäten und -prozesse eingebunden. Eine Reihe von sich verändernden Rahmenbedingungen wie z. B. die Reduzierung der industriellen Fertigungstiefe, immer komplexer werdende Teile und Module, die Verkürzung von Innovations- und Produktlebenszyklen und der verstärkte Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien führt dazu, dass die Lieferantenintegration an Bedeutung gewinnt. Die Lieferantenintegration kann nach dem Zeitpunkt der Einbindung klassifiziert werden. Hierbei kann grundsätzlich in die zwei Phasen Entwicklungs- und Industrialisierungsphase unterschieden werden. Die Entwicklungsphase beinhaltet die strategische Produktplanung, die Produktkonzeption und das Detail-Engineering, während die Industrialisierungsphase die Bereiche Manufacturing Engineering, Pilotproduktion, Produktion und Aftersales umfasst.45 Je nachdem, wie hoch die Entwicklungsverantwortung bzw. die logistische Verantwortung für den Lieferanten und wie hoch das Entwicklungsrisiko bzw. das logistische Risiko für den Abnehmer ist, sollten laut Wagner verschiedene Normstrategien im Rahmen der Lieferantenintegration verwendet werden (vgl. . Abb. 12.4 und 12.5). Eine kritische Entwicklung kann beispielsweise die Entwicklung eines Bauteils sein, dessen Standards der Lieferant bestimmt. Beeinflusst das Bauteil andere Bauteile, so ist der Abnehmer abhängig vom Lieferanten und sollte versuchen, diese Abhängigkeit mit geeigneten Maßnahmen des Vertrauensaufbaus möglichst zu reduzieren. Bei einer Routineentwicklung hingegen ist nur wenig Kommunikation nötig, die meist stattfindet, um über den aktuellen Arbeitsstand zu informie-

44 Mashhour et al. (2012), S. 95 f.. 45 Wagner (2002), S. 101.

129 12.2 Lieferantenpolitik

. Abb. 12.4  Normstrategien zur Lieferantenintegration in der Entwicklungsphase nach (Wagner 2002, S. 102)

. Abb. 12.5  Normstrategien in der Industrialisierungsphase nach (Wagner 2002, S. 1111)

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130

12

Kapitel 12 · Beschaffungspolitik

ren, da das Risiko für beide Parteien sehr gering ist. Bei einer intensiven Entwicklung dagegen ist das Risiko für die beteiligten Unternehmen sehr hoch. Damit die Entwicklung erfolgreich ist, sollte bereits zum frühestmöglichen Zeitpunkt eine intensive formelle, aber auch informelle Kommunikation angestrebt werden. Risikoreduzierende Maßnahmen zum Aufbau von Vertrauen sollten auch hier eingesetzt werden. Die Strategie einer extensiven Entwicklung ist ähnlich wie bei der intensiven Entwicklung, benötigt jedoch aufgrund des geringeren Risikos für den Abnehmer eine weniger intensive Kommunikation. Ein kritisches Teil liegt dann vor, wenn das Beschaffungsobjekt relativ unkompliziert für den Lieferanten ist, jedoch eine relative schwere Planbarkeit für den Abnehmer vorliegt und/oder ein Fehlen der Teile schwerwiegende Folgen hat. Problematisch ist dieser Zustand vor allem, weil kein logistisches Planungs- und Steuerungssystem zwischen Abnehmer und Lieferant besteht. Hier sollte versucht werden, entweder das Material zu substituieren oder aber ein beschaffungslogistisches Konzept gemeinsam mit dem Lieferanten aufzubauen. Routineteile hingegen sind für den Abnehmer einfach zu ersetzen und gleichzeitig leicht händelbar für die Lieferanten, weswegen auf eine Lieferantenintegration weitgehend verzichtet werden kann. Demgegenüber besteht die höchste Integrationsnotwendigkeit für strategische Teile, bei denen der Lieferant vor allem durch einen ständigen aktuellen Informationsfluss sehr eng in die abnehmereigenen Prozesse integriert sein sollte. Optimalerweise sollte ein partnerschaftliches Verhältnis bestehen. Für ein unkritisches Teil ist ein solches Verhalten nicht nötig. Hier befindet sich der Abnehmer in einer vorteilhaften Situation und kann Forderungen an den Lieferanten stellen wie z. B. Investitionen in kontinuierliche Verbesserung, Preisreduzierungen oder die Übernahme kostenintensiver Logistikprozesse.46 Aktuelle Lieferanten werden im Rahmen des Lieferantenmanagements regelmäßig bewertet. Für eine aussagekräftige und nachvollziehbare Lieferantenbewertung ist es wichtig, einen möglichst hohen Detaillierungsgrad der Bewertungen zu gewährleisten und nur relevante Bewertungskriterien miteinzubeziehen. Der Vorteil liegt darin, dass die Lieferantenbewertung dann als Basis für etwaige Lieferantenentwicklungsmaßnahmen dienen kann. Des Weiteren sollte die Bewertung durch Automatisierung der Prozesse möglichst jederzeit aktuell sein. Eine Lieferantenbewertung sollte verschiedene Kriterien messbar machen – zum einen gibt es Kennzahlen, die sich vergleichsweise einfach objektiv bewerten lassen wie z. B. Kosten durch eine Total-Cost-Betrachtung und Liefer-/Termintreue. Andere Kriterien sind ebenso wichtig, aber lassen sich nur durch die Operationalisierung einer subjektiven Beurteilung vergleichbar machen. Beispiele hierfür sind die Innovationsbereitschaft, Bereitschaft zur Teamarbeit, Vertrauen oder die Einstellung zu Umweltthemen.47 Abnehmer sollten stets Ziele für die Lieferanten und zukünftige Bedarfe im Auge behalten. Wird im Rahmen der Lieferantenbewertung ein kritischer Bedarf identifiziert, so müssen den Bedarfen die kritischen Lieferanten zugeordnet werden. Fällt die Entscheidung zugunsten einer Lieferantenentwicklung, so sollten die Inhalte und Strategien in Teams festgelegt werden, Verantwortlichkeiten geklärt sein und die Maßnahmen in Zusammenarbeit mit dem Controlling überwacht werden (. Abb. 12.6).

46 Wagner (2002), S. 105 ff.. 47 Wagner (2002), S. 75 ff..

131 12.2 Lieferantenpolitik

. Abb. 12.6  Vorgehensweise bei der Lieferantenentwicklung nach (Zawisla 2008, S. 251)

Wird eine Leistungslücke aufgedeckt, so kann, je nach Zielerfüllungsgrad und Einfluss des Lieferanten auf die Wettbewerbsfähigkeit des Abnehmers, der Prozess des Ausphasens angestoßen (siehe . Abb. 12.1) und ein neuer Lieferant gesucht oder der bestehende Lieferant entwickelt werden. Es ist außerdem möglich, neue Lieferanten zu entwickeln oder Lieferanten in das eigene Unternehmen zu übernehmen.48 Da ein Lieferantenwechsel nur bei standardisierten, unkritischen Materialien infrage kommt und die Übernahme eines Lieferanten gepaart ist mit einem hohen finanziellen Risiko, stellt die Lieferantenentwicklung von bestehenden (Lieferantenförderung) und neuen (Lieferantenaufbau) Lieferanten eine zunehmend attraktive Alternative dar. Die Einordnung der verschiedenen Arten sowie mögliche Maßnahmen für aktives Lieferantenmanagement sind in . Abb. 12.7 abgebildet. Es gibt verschiedene Arten und Intensitätsgrade der Lieferantenentwicklung, doch sie weisen einige Gemeinsamkeiten auf. Zum einen gibt es immer das Prinzip der Vorleistung. Dies bedeutet, dass der Abnehmer darauf baut, in Zukunft als Folge der Entwicklungsmaßnahme eine bessere Leistung zu erhalten. Damit dies gelingt, unterstützt der Abnehmer den Lieferanten aktiv und zielt zum anderen darauf ab, eine längerfristige partnerschaftliche Geschäftsbeziehung mit dem Lieferanten zu erreichen.49 Die aktive Lieferantenförderung findet häufig unter dem Stichwort „kontinuierliche Verbesserung“ statt und verfolgt das Ziel, das Leistungsniveau des Lieferanten langfristig zu steigern. Es kann jedoch auch sein, dass durch einen Leistungseinbruch des Lieferanten eine reaktive Lieferantenförderung nötig ist, um zu verhindern, dass die Verschlechterung der Leistung des Lieferanten Folgen für den Endkunden hat.50 Lieferantenentwicklung gewinnt an Bedeutung, denn es ist eine wichtige Möglichkeit, um dem „Trend der Lieferantenkonsolidierung“51 entgegenzuwirken. Durch geeignete Maßnahmen soll nicht nur die Leistung der Lieferanten an die komplexer werdenden Anforderungen der Abnehmer angepasst werden, sondern auch Wettbewerb geschaffen werden, damit die Machtverschiebung von Abnehmer zu Lieferanten nicht weiter voranschreitet. Lieferantenmanagement als ganzheitlich ausgerichtetes Konzept zielt darauf ab, das Potenzial der Lieferanten durch eine dauerhafte Lieferbeziehung zu erschließen – im Gegensatz zu einer kurzfristigen Preisreduktion, welche meist gerin-

48 49 50 51

Büsch (2013), S. 241 f. Wagner (2002), S. 85 f. und Büsch (2013), S. 242. Wagner (2002), S. 90 f.. Mashhour et al. (2012), S. 85.

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132

Kapitel 12 · Beschaffungspolitik

. Abb. 12.7  Arten der Lieferantenentwicklung nach (Büsch 2013, S. 243) und (Mashhour et al. 2012, S. 85)

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geres Potenzial aufweist.52 Vor allem in Branchen mit relativ geringer Fertigungstiefe gewinnt das Lieferantenmanagement an Bedeutung. Ein Beispiel stellt die Automobilindustrie dar, in der durchschnittlich nur noch 28 % der Wertschöpfung von den Autoherstellern selbst erbracht wird. Je niedriger dieser Wert wird, desto höher ist die Abhängigkeit von Lieferanten und desto mehr Verantwortung trägt der Einkauf, da Fehlentscheidungen am Anfang der logistischen Kette weitreichende Folgen für den Unternehmenserfolg haben können.53 Lieferantenmanagement als ganzheitliches Konzept wird noch nicht in allen Unternehmen praktiziert. Häufiger kommen Insellösungen vor, die z. B. die Lieferantenbewertung standardisieren, jedoch selten eine Verknüpfung der Ergebnisse mit der Lieferantenentwicklung vornehmen. Für eine gesamtheitliche Betrachtung des Lieferantenmanagements ist jedoch eine integrierte Lösung notwendig. 12.3  Kontraktpolitik

Innerhalb der Kontraktpolitik sollen die vertraglichen Beziehungen zu den beauftragten Lieferanten festgelegt werden. Die Ziele der Kontraktpolitik sind: 5 eine langfristige Sicherung der qualitativen, mengenmäßigen und terminlichen Versorgung 5 eine langfristige Absicherung günstiger Einstandspreise 5 die Einflussnahme auf die Lieferzuverlässigkeit der Lieferanten

52 Wannenwetsch (2009), S. 105 f.. 53 Wannenwetsch (2010), S. 133).

133 12.3 Kontraktpolitik

5 die Verhinderung bzw. Verminderung der Abhängigkeit von Lieferanten 5 die Absicherung gegen konkurrierende Nachfrager auf dem Beschaffungsmarkt Im Allgemeinen sind die wesentlichen Vertragsinhalte Informationen über:54 5 das zu beziehende Produkt 5 Preise 5 Liefermengen 5 Zahlungs- und Lieferkonditionen 5 Abruf- bzw. Lieferzeitpunkte 5 Gewährleistungsansprüche 5 Sanktionen bei Qualitätsmängeln, Terminüberschreitungen und Minderlieferungen Bei den Vertragsarten wird zwischen Rahmen-, Abruf- und Sukzessivlieferungsvertrag unterschieden:55 5 Das Ziel von Rahmenverträgen ist die Erhöhung des Standardisierungsgrades bei Vertragsabschlüssen.56 Der Vertrag ist in der Regel ein langfristiger Liefervertrag mit detaillierter Beschreibung der Qualitäts- und Eigenschaftsanforderungen für das Beschaffungsobjekt und Vereinbarung von Zahlungs- und Lieferkonditionen. Preise und Bestellmengen werden nicht konkretisiert. Lediglich eine Absichtserklärung über die zukünftige Gesamtabnahmemenge in einer definierten Periode wird getroffen. Ein signifikanter Vorteil dieser Vertragsart ist die Untersagung von Änderungen der vereinbarten Konditionen während der Vertragsdauer und somit eine Sicherstellung der Beschaffungsplanung. 5 Abrufvertrag: Der Abrufvertrag ist eine Erweiterung des Rahmenvertrags und umfasst zusätzlich konkrete Abrufmengen für einen bestimmten Zeitraum (meist Mindest- und Höchstmengen). Der Einkäufer behält sich das Recht vor, die Liefertermine später festzulegen. Es werden in der Regel langfristige Preise vereinbart. Diese Vertragsart macht bei einer hohen Versorgungssicherheit das Ausnutzen von Mengenrabatten und das Minimieren von Lagerhaltungskosten möglich. 5 Sukzessivlieferungsvertrag: Diese Vertragsart ist eine Erweiterung des Abrufvertrags. Hier werden ferner feste Lieferzeitpunkte (meist stündlich oder auch täglich) bestimmt. Der Vertrag ermöglicht häufig erst die Just-in-time-Belieferung. Bei den Vertragsarten handelt es sich um langfristige Verträge. Ein Vertrag wird als langfristig bezeichnet, wenn im Zeitraum zwischen Vertragsabschluss und Lieferung(en) Kostenänderungsrisiken für den Lieferanten entstehen. Bei starken Preisschwankungen kann somit der Zeitraum eines langfristigen Vertrags nur wenige Wochen ausmachen.57 Darüber hinaus werden häufig unbefristete Verträge abgeschlossen, für die jedoch feste Kündigungsfristen vereinbart werden.

54 55 56 57

Gudehus (2004), S. 90 f.. Nekolar (2003), S. 360. Wildemann (2008), S. 385. Gudehus (2004), S. 94.

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134

Kapitel 12 · Beschaffungspolitik

Verträge mit Lieferanten, welche standardisierte Materialien für das eigene Unternehmen herstellen, sollten möglichst kurzfristig ausgelegt werden, um flexibel auf den Markt reagieren zu können. Verstärkt sollte diese Einstellung verfolgt werden, wenn die Standardmaterialien geringen Bedarfsschwankungen unterliegen. Je komplexer die Materialeigenschaften und je schwankender die Bedarfsmengen, desto höher sollte der Integrationsgrad gewählt und desto langfristiger sollten die Lieferantenverträge ausgelegt werden. Bei einer sehr hohen Ausprägung dieser Größen sollte das Produkt jedoch in kompletter Eigenfertigung hergestellt werden.58 12.4  Lagerpolitik

Das Ziel der Lagerpolitik ist die Sicherstellung der Versorgungssicherheit. Es sollen Entscheidungen getroffen werden über: 5 die Notwendigkeit der Ausgleichslagerhaltung, 5 den Auf- bzw. Abbau strategischer Sicherheitslager zur Wahrung einer langfristigen Versorgungssicherheit und zum Aufbau einer Nachfragemacht sowie 5 den Auf- bzw. Abbau strategischer Spekulationslager zum Schutz vor Preissteigerungen.

12

Melzer-Ridinger (2008) unterscheidet zwischen den folgenden sechs Bereitstellungsarten, die Einfluss auf die Notwendigkeit zur Lagerung und die Bestandshöhe ­haben:59 5 Vorratsbeschaffung 5 Einzelbeschaffung im Bedarfsfall 5 Bedarfssynchrone Beschaffung (Just-in-time-Beschaffung) 5 KANBAN-Beschaffung 5 Vendor-Managed Inventory (VMI) 5 Konsignationslager 12.4.1  Vorratsbeschaffung (Stock-Sourcing)

Bei der Vorratsbeschaffung wird das Material auf Vorrat abgenommen. Vorwiegend wird die Art der Beschaffung bei Materialbedarfen angewandt, die sich nur schwer vorhersagen lassen und in großen Mengen anfallen. Bei Bedarf können die Materialien direkt aus dem Lager abgerufen werden. Um Bestell- und Lagerhaltungskosten zu optimieren, kann eine optimale Bestellmenge ermittelt werden. Auch Mengenrabatte lassen sich in diese Berechnung einbeziehen (vgl. 7 Abschn. 21.4.4). In 7 Abschn. 17.4.4.1 werden Details zur Vorratsbeschaffung ausgeführt (. Tab. 12.5).

58 Wildemann (2008), S. 59. 59 Melzer-Ridinger (2008), S. 164.

135 12.4 Lagerpolitik

. Tab. 12.5  Vor- und Nachteile der Vorratsbeschaffung (in Anlehnung an Melzer-Ridinger 2008, S. 1652008, S. 165)

12.4.2  Einzelbeschaffung im Bedarfsfall (Demand-tailored)

Bei dieser Art der Beschaffung wird eine Bestellung erst ausgelöst, wenn ein konkreter Bedarf besteht. Dies kommt für Materialien infrage, deren Bedarf nicht aus dem Produktionsprogramm abgeleitet werden kann, oder wenn sporadische Bedarfe anfallen (vgl. 7 Abschn. 17.4.4.2) (. Tab. 12.6).60 12.4.3  Bedarfssynchrone Beschaffung (just in time)

Bei der Just-in-time-Beschaffung (JIT) sollen die Beschaffungsmaterialien genau zu dem Zeitpunkt bereitgestellt werden, an dem sie in der Produktion oder Fertigung benötigt bzw. angefordert werden. Es wird somit keine Lagerung der Materialien vorgenommen, da diese mengen- und zeitgenau bei der Bedarfsstelle eintreffen. Die Just-in-time-Beschaffung wird innerhalb der bedarfs- bzw. plangesteuerten Disposition (vgl. 7 Abschn. 20.2) für großvolumige, hochwertige Materialien mit einem hohen Bedarf (AX-Teile) durchgeführt (vgl. 7 Abschn. 17.4.4.3) (. Tab. 12.7).61 Das KANBAN-Prinzip62 wurde ursprünglich vom japanischen Automobilhersteller Toyota entwickelt und eingesetzt. Es ist ein dezentrales verbrauchsorientiertes Steuerungsverfahren auf Basis selbststeuernder Regelkreise und arbeitet nach dem Pull- bzw. Hol-Prinzip. KANBAN bedeutet übersetzt „Karte“ bzw. „Schild“. Aus Prozesssicht orientiert sich KANBAN am Supermarktprinzip. Der Kunde entnimmt eine bestimmte Menge eines Artikels aus dem Regal. Die dadurch ent-

60 Melzer-Ridinger (2008), S. 166 f.. 61 Bichler et al. (2011), S. 89. 62 Wildemann (2011).

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136

Kapitel 12 · Beschaffungspolitik

. Tab. 12.6  Vor- und Nachteile der Einzelbeschaffung im Bedarfsfall (Beckmann et al. 2008, S. 271)

. Tab. 12.7  Vor- und Nachteile der einsatzsynchronen Beschaffung (JIT) (Bichler et al. 2011, S. 89)

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standene Lücke wird durch die Mitarbeiter des Supermarktes wieder aufgefüllt. Beim KANBAN-Prinzip in der Produktion sind Kunde und Supermarktmitarbeiter zwei hintereinander geschaltete Produktionsstufen. Die nachgelagerte Produktionsstufe stellt den Abnehmer (Kunde) für die vorgelagerte Produktionsstufe dar (Lieferant bzw. Supermarktmitarbeiter im Beispiel) und löst den Abruf neuen Materials aus. Dies geschieht z. B. durch die Abgabe einer KANBAN-Karte. Der Lieferant produziert nur das, was von der verbrauchenden Stelle (Kunde, nachgelagerte Produktionsstufe) abgenommen wird. Die Produktionsmenge entnimmt er der KANBAN-Karte. Auch der Lieferant benötigt Nachschub von seinem vorgelagerten Lieferanten und gibt seine Bedarfe ebenfalls an diesen weiter. Diese Kette setzt sich über alle Produktionsstufen fort, wie in . Abb. 12.8 zu erkennen ist. Im Materialfluss zwischen Lieferant und Kunde wird ein Puffer eingerichtet, um Störungen im Produktionsprozess abzufangen. Hohe Lagerbestände werden vermieden. Ladehilfsmittel (z. B. Behälter) werden mit KANBAN-Karten versehen, auf denen die notwendigen Angaben wie Teilenummer, Quelle, Senke, Anzahl der Teile pro Ladehilfsmittel, Bestellmenge etc. vermerkt sind. Den Mitarbeitern der Fertigung/Produktion wird die Verantwortung der Fertigungssteuerung übertragen. Eine zentrale Fertigungssteuerung existiert somit beim KANBAN-Prinzip nicht. Das Lieferanten-KANBAN funktioniert nach dem gleichen Prinzip. Der Unterschied besteht darin, dass der Lieferant keine interne vorgelagerte Produktionsstufe ist, sondern ein externer Lieferant. Das beschaffende Unternehmen (Kunde) löst bei einem bestimmten Meldebestand eines Materials den Abruf beim Liefe-

. Abb. 12.8  Zentrale Produktionssteuerung und KANBAN-Steuerung (Sommerer 1998, S. 52)

12.4 Lagerpolitik 137

12

138

Kapitel 12 · Beschaffungspolitik

. Tab. 12.8  Vor- und Nachteile der KANBAN-Beschaffung

ranten („Mitarbeiter des Supermarkts“) aus. Da Lieferant und Kunde in der Regel räumlich getrennt sind, kann der Abruf z. B. durch eine EDI-gesteuerte KANBAN-Karte erfolgen. Nach Erhalt des Abrufes beginnt der Lieferant zu produzieren. Er produziert ebenfalls nur das, was von der verbrauchenden Stelle (Kunde) abgenommen wird (genau die Menge, die benötigt wird, um die „Lücke im Regal“ zu schließen). Die folgenden Vor- und Nachteile ergeben sich aus der Einführung des KANBAN-Prinzips in der Fertigung/Produktion (. Tab. 12.8). 12.4.4  Vendor-Managed Inventory (VMI)

12

Bei der Bereitstellungsart Vendor-Managed Inventory (VMI) liegt die Bestandsund Dispositionsverantwortung nicht wie üblich beim Kunden bzw. Abnehmer, sondern beim Lieferanten (Vendor).63 VMI bezeichnet somit die lieferantengesteuerte Lagerhaltung beim Kunden. Der Lieferant hat die Berechtigung, auf die Lagerbestandsdaten seines Kunden zuzugreifen, bzw. erhält vom Kunden Informationen über Bestand und zukünftigen Bedarf. Er ist verantwortlich für den Nachschub der zu liefernden Materialien und übernimmt dabei die Pflicht der Aufrechterhaltung der vorgegebenen Lagerbestände.64 Vorrausetzung für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Kunde und Lieferant ist die Entstehung einer Win–win-Situation. Beide Akteure müssen von der engen Zusammenarbeit profitieren, damit ein VMI-Projekt erfolgreich umgesetzt werden kann. Hauptziel des VMI ist die Sicherstellung einer hohen Materialverfügbarkeit bei niedrigen Lagerbeständen. Die Kundenbedarfe sind meist nicht kontinuierlich genug, sodass eine Just-in-time-Beschaffung keine Optimierungsmöglichkeit darstellt.65 Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung von VMI ist der stetige Austausch von Bestandsinformationen. In der Regel werden die ERP-Systeme von Lieferant und Kunde per EDI-Technologie verbunden und die erforderlichen Informationen ausgetauscht. Die Höhe des Lagerbestands beim Kunden bewegt sich im Regelfall zwischen vereinbarten Mindest- und Höchstgrenzen. Der Lieferant hat die Aufgabe, den Lagerbestand des Kunden zu beobachten und bei Bedarf Ware zu

63 Beckmann et al. (2008), S. 271. 64 Bichler et al. (2011), S. 192. 65 Appelfeller et al. (2011), S. 248.

139 12.4 Lagerpolitik

. Tab. 12.9  Vor- und Nachteile von Vendor-Managed Inventory (VMI) (Beckmann et al. 2008, S. 272 f.)

liefern. Er kann darüber hinaus seine eigenen Prognosen auf Basis der Lagerentnahmedaten erstellen, um seine Produktion mit den Bedarfen des Kunden zu synchronisieren. Das VMI-Konzept bietet folgende grundlegende Vor- und Nachteile (. Tab. 12.9): 12.4.5  Konsignationslager

Beim Konsignationslager richtet der Lieferant ein Lager bei seinem Kunden ein und stellt die Materialien für die Entnahme bereit. Der Lieferant ist wie beim Vendor-Managed Inventory verantwortlich für die Warendisposition sowie für die Sicherstellung der Warenverfügbarkeit beim Kunden. Der bedeutende Unterschied zum VMI ist, dass sich der physische Lagerbestand zwar im Besitz des Kunden, aber noch nicht in dessen Eigentum befindet. Der Eigentumsübergang sowie die Bezahlung an den Lieferanten erfolgen erst bei der Entnahme der Materialien aus dem Lager. Der Lagerbereich muss als Konsignationslagerbereich gekennzeichnet werden und getrennt vom bestehenden Lager eingerichtet sein.66 Die Vor- und Nachteile können aus dem vorherigen Abschnit (VMI) übernommen werden. Für den Kunden entsteht weiterhin der Vorteil, dass er bis zur Warenentnahme kein gebundenes Kapital besitzt und die Ware erst zum Bedarfszeitpunkt bezahlen muss. 12.4.6  Differenziertes Bestandsmanagement

Aufgrund der vielfältigen Vor- und Nachteile, die jede Bereitstellungsart mit sich bringt, praktizieren Unternehmen häufig mehrere Arten parallel. Zugeordnet werden dabei die Bereitstellungsarten nach den Bedarfsmerkmalen der Materialgruppen, die sich aus der Kombination der Kriterien der ABC- mit der XYZ-Analyse ergeben (vgl. 7 Kap. 16 für eine Erklärung von ABC- und XYZ-Analyse). Die Materialien mit hohem Wert- und Mengenanteil und einer hohen Vorhersagegenauigkeit (AX/AY-Produkte) sollten unter dem Aspekt der Kostenoptimierung auftragssynchron – wenn möglich Just-in-time – beschafft werden. Ist der Lie-

66 Melzer-Ridinger (2008), S. 173.

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Kapitel 12 · Beschaffungspolitik

. Abb. 12.9  Bestandsarme Bereitstellungsarten für Materialgruppen (Melzer-Ridinger 2008, S. 174 f.)

ferant nicht in der Lage, eine zuverlässige Bereitstellung über Just-in-time sicherzustellen, oder ist ein Verzicht auf Qualitätsprüfungen zu risikoreich, kann ebenfalls das Bereitstellungskonzept VMI oder Konsignationslager angewandt werden. Auch mit diesen Methoden werden die doppelte Bestandsführung bei Lieferant und Abnehmer und damit einhergehende hohe Kosten vermieden.67 Die Materialgruppe der CX-/CY-Produkte dagegen kann mithilfe von KANBAN beschafft werden. Dabei werden niedrige Lagerbestände sowie geringe Prozesskosten realisiert. CY- und CZ-Produkte, also Produkte mit niedrigem Mengenund Wertanteil und mittlerer oder niedriger Vorhersagegenauigkeit, werden zur Minimierung des Versorgungsrisikos auf Vorrat beschafft (. Abb. 12.9).68

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67 Melzer-Ridinger (2008), S. 174. 68 Melzer-Ridinger (2008), S. 174.

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Beschaffungsverfassung

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 H. Beckmann, Grundkurs Beschaffungsmanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-39125-6_13

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Kapitel 13 · Beschaffungsverfassung

Die Unternehmensverfassung beinhaltet die Gesamtheit aller konstitutiven und langfristig angelegten Regelungen für die Organe eines Unternehmens. Sie regelt Rechte und Pflichten, bildet somit einen Ordnungsrahmen für die Organisation eines Unternehmens und ist damit der normative Teil dieser Führungsfunktion.1 Sie ist ist notwendig, damit die Unternehmung ihre Aktivitäten auf die Unternehmensziele ausrichten kann. Eng in Verbindung mit der Unternehmensverfassung steht die Corporate Governance, die sich mit Grundsätzen ordnungsgemäßer und verantwortungsvoller Unternehmensführung befasst. Während die Unternehmensverfassung klassischerweise primär die Binnenordnung des Unternehmens betraf, wurde mit dem Stichwort Corporate Governance die Einbindung des Unternehmens in sein Umfeld ergänzt. Die Corporate Governance steht für ein Gesamtkonzept der Führung und Überwachung von Unternehmen.2 Merksatz: Corporate Governance steckt einen Handlungsrahmen für die Unternehmensführung ab, der jederzeit Regelkonformität sicherstellt und Stakeholder-Interessen ausgewogen berücksichtigt. Somit kann die Unternehmung effektiv und effizient geführt werden. Eine Unternehmenskommunikation, die darauf ausgerichtet ist, diese Art der guten Unternehmensführung gezielt zu fördern, leistet einen messbaren Beitrag zur Wertschöpfung eines Unternehmens. Im Kontext der angestrebten verantwortungsvollen Unternehmensführung gewinnt auch die sogenannte Corporate Social Responsibility (CSR) stark an Bedeutung, speziell auch in der Beschaffung. CSR beschreibt allgemein die Verantwortung eines Unternehmens für nachhaltiges Management in ökonomischer, ökologischer und sozialer Hinsicht (vgl. 7 Kap. 23). Es bezieht sich auf den freiwilligen Beitrag eines Unternehmens zu einer nachhaltigen Entwicklung, die über die gesetzlichen Forderungen hinausgeht. CSR steht für ein nachhaltiges unternehmerisches Handeln unter Einbezug der relevanten Anspruchs- bzw. Interessengruppen (Stakeholder)3. Wobei Stakeholder alle internen und externen Personengruppen umfasst, die von den unternehmerischen Tätigkeiten gegenwärtig oder in Zukunft direkt oder indirekt betroffen sind. Die Beschaffungsverfassung fokussiert auf die beschaffungsrelevanten internen und externen Regelungsbedarfe mit den Stakeholdern. Wichtige Regelungsbereiche sind:4 5 Risikomanagement: fortlaufende Aufgabe der Beschaffung zur systematischen Erkennung, Analyse und Handhabung von zukünftigen Chancen und Risiken. 5 Interne Revision zur Unterstützung der Unternehmensleitung in ihrer Kontrollfunktion durch prozessunabhängige Prüfungen auf Ordnungsmäßigkeit hinsichtlich der Einhaltung gesetzlicher Regelungen und interner Standards wie etwa Kodizes. 5 Compliance (Regelkonformität): Überwachung der Ordnungsmäßigkeit, durch präventive, prozessintegrierte Kontrollen. 5 Das interne Kontrollsystem eines Unternehmens verknüpft prozessinterne und -externe Kontrollen mit dem Risikomanagement zu einem umfassenden Ge-

1 2 3 4

Dillerup (2016). von Werder (2015). Thommen (2018). Dillerup (2016).

143 Beschaffungsverfassung

samtsystem. Es umfasst damit alle systematisch gestalteten internen Maßnahmen und Kontrollen zur Einhaltung von Gesetzen und Regeln sowie zur Abwehr möglicher Schäden.

13

145

Beschaffungskultur Inhaltsverzeichnis 14.1 Aufgaben zur Selbstüberprüfung – 146

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 H. Beckmann, Grundkurs Beschaffungsmanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-39125-6_14

14

146

Kapitel 14 · Beschaffungskultur

Die Unternehmenskultur ist die Gesamtheit der in einem Unternehmen vorherrschenden Wertvorstellungen, Traditionen, Überlieferungen, Mythen und Denkhaltungen, welche das Verhalten der Mitarbeiter prägen.1 Die Beschaffungskultur beschreibt die Kultur im Funktionsbereich Beschaffung, die sich aus der Unternehmenskultur ableitet. Unternehmenskultur ist nicht vorgebbar, sondern entsteht in einem Lernprozess im Laufe der Zeit in Abhängigkeit von der Geschichte des Unternehmens und seiner Umwelt. Sie wird wesentlich durch die Unternehmensvision und -mission sowie durch das Verhalten der Unternehmensführung geprägt.2 Somit kann es in den einzelnen Organisationsbereichen eines Unternehmens durchaus unterschiedliche Ausprägungen geben. Da die Unternehmenskultur für Unternehmen ein erfolgsbestimmender Faktor ist, bedarf es auch in der Beschaffung eines intensiven Diskurses der kulturellen Aspekte. Als wesentliche Dimensionen der Unternehmenskultur gelten:3 5 Entscheidungsprozesse und Führungsstil 5 Ergebnis- und Karriereorientierung 5 Mitarbeiterorientierung 5 Entlohnungsgerechtigkeit 5 Problemlösungsverhalten 5 Arbeitsklima i. e. S. 5 Wettbewerbsorientierung 5 Kundenorientierung 5 Unternehmensumwelt 5 Artefakte

14

Da die Beschaffung die Schnittstelle zu den Lieferanten darstellt, ist eine interne Betrachtung nicht hinreichend. Vielmehr muss auch die Wechselwirkung mit den unterschiedlichen Unternehmenskulturen der Lieferanten untersucht werden. Im Kontext des Global Sourcing sind auch länderspezifische kulturelle Einflüsse einzubeziehen. Somit sind interkulturelle Kompetenzen erforderlich. Diese zeigen sich in der Fähigkeit, kulturelle Bedingungen und Einflussfaktoren im Wahrnehmen, Urteilen, Empfinden und Handeln bei sich selbst und bei anderen Personen zu erfassen, zu respektieren, zu würdigen und proaktiv zu nutzen.4 14.1  Aufgaben zur Selbstüberprüfung

1. Nennen Sie vier grundsätzliche Aufgaben der Beschaffungspolitik im Unternehmen. 2. Nennen und erläutern Sie kurz die Teilgebiete der Beschaffungspolitik. 3. Welche Trends lassen sich in den letzten Jahren in Bezug auf Eigen- oder Fremdfertigung erkennen? Wo liegen die Probleme bei solchen Entscheidungen?

1 2 3 4

Dillerup (2016). Steinmann (2020). Unterreitmeier (2004). Thomas (2005).

147 Beschaffungskultur

4. Welche Kriterien sollten neben dem Kostenaspekt für eine Make-or-Buy-Entscheidung berücksichtigt werden? 5. Welche Gründe könnte es für Unternehmen geben, sich für Eigen- bzw. Fremdfertigung zu entscheiden? Nennen Sie jeweils drei Aspekte. 6. Wodurch wird der Trend zur Materialstandardisierung ausgelöst? 7. Welche beispielhaften Gestaltungsfelder der Materialstandardisierung gibt es? Beschreiben Sie diese kurz. 8. Welche Vorteile können durch Materialsubstitution erreicht werden? Mit welchen Anfangsproblemen muss dabei gerechnet werden? 9. Welche Aufgaben umfasst die Lieferantenpolitik? 10. Welche Beschaffungsalternativen gibt es für die Problemfelder Standort und Anzahl der Lieferanten? Welche Vor- und Nachteile ergeben sich aus diesen Alternativen? 11. Welche Aspekte sprechen für eine Beschaffung direkt vom Erzeuger bzw. über Einzel- oder Großhändler? 12. Nennen Sie jeweils drei Gründe, die für eine Zusammenarbeit mit Stammlieferanten bzw. mit wechselnden Lieferanten sprechen. 13. Was wird unter Gegengeschäftspotenzial verstanden? Erläutern Sie dies anhand eines Beispiels. 14. Welche Vor- bzw. Nachteile ergeben sich aus einer partnerschaftlichen Beziehung zu Lieferanten? 15. Was versteht man unter Lieferantenförderung und wie kann diese umgesetzt werden? 16. Welche Phasen umfasst die Lieferantenentwicklung? Erläutern Sie die einzelnen Phasen kurz. 17. Nennen Sie drei Ziele der Kontraktpolitik. 18. Nennen Sie die wesentlichen allgemeinen Vertragsinhalte zwischen Lieferant und Abnehmer. 19. Zwischen welchen Vertragsarten kann unterschieden werden? Erläutern Sie diese kurz. 20. Welche Laufzeit sollte ein Vertrag bei standardisierten Materialien haben? Wie entwickelt sich die optimale Laufzeit bei Zunahme der Komplexität der Materialien?

14

149

Strategisches Beschaffungsmanagement Inhaltsverzeichnis 15

Beschaffungsmarktforschung – 151

16

Methoden der Beschaffung – 173

17

Beschaffungsstrategie – 197

18

Lieferantenauswahl und –bewertung – 225

19

Beschaffungscontrolling – 241

III

151

Beschaffungsmarktfor­ schung Inhaltsverzeichnis 15.1 Ziele der Beschaffungsmarktforschung – 154 15.2 Ablauf der Beschaffungsmarktforschung – 155 15.3 Aufgaben zur Selbstüberprüfung – 171

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 H. Beckmann, Grundkurs Beschaffungsmanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-39125-6_15

15

152

15

Kapitel 15 · Beschaffungsmarktfor­schung

Die klassische Marktforschungslehre unterteilt üblicherweise den Bereich der Marktforschung in „Marktanalyse“ und „Marktbeobachtung“. Dies umfasst zum einen, dass Marktzustände „analysiert“ und Marktentwicklungen und -bewegungen „beobachtet“ werden, und zum anderen sollen mit dieser Einteilung die beiden grundsätzlich verschiedenen Betrachtungsweisen der Marktforschung herausgestellt werden: die zeitbezogene (statische) und die zeitraumbezogene (dynamische) Betrachtungsweise.1 Die Beschaffungsmarktforschung kann als das Kerngebiet des Beschaffungsmarketings angesehen werden und umfasst alle Aktivitäten, die das systematische Zusammentragen und Verarbeiten von Informationen betreffen, um fundierte Kenntnisse über die Bedingungen und Vorgänge auf den bisherigen oder möglichen zukünftigen Beschaffungsmärkten zu erlangen.2 Mithilfe der Marktanalyse wird der Beschaffungsmarkt in Form einer Momentaufnahme abgebildet. Dabei werden für einen bestimmten Zeitpunkt beispielsweise die Zahl der Anbieter, ihre Produktionskapazitäten, ihr Marktanteil, die Wettbewerbssituation, die möglichen Transportwege etc. ermittelt.3 Die Beschaffungsmarktbeobachtung hat demgegenüber das Ziel, die Entwicklung bestimmter Marktgrößen über die Zeit zu verfolgen. Sie will etwa Veränderungen der Marktstruktur oder der Marktlage sichtbar machen, den Aufbau von neuen Produktionskapazitäten bei den Anbietern aufzeigen, Verschiebungen in der Nachfrage nach einem Produkt oder Konzentrationstendenzen auf der Angebotsseite verfolgen.4 Die Erhebung, Systematisierung und Auswertung der relevanten Informationen des Beschaffungsmarkts dienen als Grundlage für optimale Beschaffungsentscheidungen, wie z. B. die Auswahl eines geeigneten Lieferanten. Ein wichtiges Teilgebiet der Beschaffungsmarktanalyse ist daher die Lieferantenanalyse (vgl. 7 Abschn. 15.2.2.2). Um das Einkaufsverhalten, die Entscheidungen und Zugeständnisse an den Markt zu optimieren, müssen Kenntnisse über die Geschäftspartner am Markt vorhanden sein. Ohne genaue Kenntnis über die Rahmenbedingungen oder die eigene Position ist dies nicht möglich. Die Vermeidung derartiger Situationen ist eine der wichtigsten Aufgaben der Beschaffungsmarktforschung.5 Bezogen auf das Beispiel der Lieferantenauswahl sind die Grundfragen der Beschaffungsmarktforschung im Wesentlichen folgende:6 Wer bietet 5 was, 5 wann, 5 wo, 5 in welcher Menge, 5 über welche Kanäle,

1 2 3 4 5 6

Arnolds et al. (1998). Hartmann (1997). Arnolds et al. (1998). Arnolds et al. (1998). Lemme (2005). Hammann et al. (1978).

153 Beschaffungsmarktfor­schung

5 zu welchem Preis und 5 zu welchen Bedingungen an? Die Beschaffungsmarktforschung umfasst sowohl die Analyse der Ist-Situation (Beschaffungsmarktanalyse) als auch die Erforschung der zukünftigen Entwicklungen des Beschaffungsmarkts (Beschaffungsmarktbeobachtung). Trotz der Unterschiede in der Betrachtungsweise sind jedoch Marktanalyse und Marktbeobachtung keine zwei Teilbereiche der Marktforschung, die isoliert nebeneinanderstünden. Vielmehr fließen Analyse und Beobachtung des Beschaffungsmarktes in der praktischen Durchführung einer grundlegenden Marktuntersuchung häufig ineinander und ergänzen sich gegenseitig. Eine Marktbeobachtung baut in der Regel auf den Ergebnissen einer Marktanalyse auf. Umgekehrt kann es vorkommen, dass aus der Marktbeobachtung die Notwendigkeit abgeleitet wird, bestimmte Teilaspekte des Marktes einer genaueren Analyse zu unterziehen.7 Die Grundaufgabe, die es mithilfe der Marktforschungsmethoden zu lösen gilt, besteht in der Befriedigung eines aktuellen bzw. künftig zu erwartenden Informationsbedarfs in den Beschaffungsprozessen. Beispiel: Argumentationshilfen für Einkaufsverhandlungen sind, insbesondere für Preisverhandlungen, bereitzustellen, indem Informationen über die Kostenstruktur beim Lieferanten und die Preisentwicklungen auf den Beschaffungsmärkten des Lieferanten systematisch aufbereitet werden. Für die kontinuierliche Verbesserung sind Substitutionsmaterialien, neue Fertigungsverfahren und neue Lieferquellen im Rahmen der Beschaffungsmarktforschung zu ermitteln. Die Erforschung zukünftiger Entwicklungen ist notwendig, um vorausschauend agieren zu können. So umfasst die Beschaffungsmarktforschung geplantes und strategisches Vorgehen unter Berücksichtigung der erarbeiteten Informationen. So ist es beispielsweise von hoher Bedeutung, zu erkennen, ob sich bei einzelnen Materialen Engpasssituationen abzeichnen oder sich die Machtposition eines Lieferanten am Markt verändert. Die kritische und ergebnisorientierte Auseinandersetzung mit Informationen der Beschaffungsmärkte bildet die Basis für die Entwicklung von Beschaffungsstrategien, welche für die Sicherung der langfristigen Wettbewerbsfähigkeit von herausragender Bedeutung sind. Durch die Beschaffungsmarktforschung sollen, im Gegensatz zur gelegentlichen und unsystematischen Markterkundung im Bedarfsfall, Informationen über die Märkte, auf denen Material für die Unternehmung bezogen werden kann, regelmäßig und systematisch gesucht, gesammelt, aufbereitet und analysiert werden. Daraus lassen sich folgende Aufgaben ableiten: 5 Beobachtung des Marktverhaltens 5 Frühwarnung sowohl über kritische Entwicklungen als auch neue Chancen im Markt 5 Informationsbereitstellung: – als Entscheidungsgrundlagen für die Lieferantenwahl – als Argumentationshilfen für Einkaufsverhandlungen

7

Arnolds et al. (1998).

15

154

Kapitel 15 · Beschaffungsmarktfor­schung

– über Substitutionsmaterialien, neue Fertigungsverfahren und neue Lieferquellen – über die eigene Stellung am Beschaffungsmarkt (Marktmacht) Merksatz: Mit dem richtigen Einsatz von Informationen können Chancen besser erkannt, technische Entwicklungen leichter beobachtet und die für sie geeigneten Lieferanten sicherer auswählt werden. So können Zeit- und Wettbewerbsvorteile in bessere Ergebnisse umgesetzt werden.8 15.1  Ziele der Beschaffungsmarktforschung

Die Umsetzung der aufgezeigten Aufgaben ist an folgenden Zielen auszurichten: 5 Die Verbesserung der Markttransparenz, um damit die Voraussetzungen für optimale Beschaffungsentscheidungen zu schaffen. 5 Erschließung neuer Erfolgspotenziale durch regelmäßige und systematische Markterkundung. 5 Frühzeitige Erkennung kritischer Marktsituationen. 5 Absicherung bestehender Erfolgspotenziale 5 Bereitstellung von Informationen, die zur Vermeidung und Senkung von Kosten in Beschaffung, Produktion und Absatz beitragen können.

15

Beispiele: Die langfristige Sicherstellung einer optimalen Versorgung durch Früherkennung von Beschaffungsengpässen und die Erschließung neuer Beschaffungsquellen: So zeigt sich in der Photovoltaik-Branche ein Nachfrageüberhang bei Solar-Modulen, der sich weiter verschärfen wird, sodass erst eine mittelfristige Entspannung beim Modulangebot erwartet werden kann. Ursache sind Engpässe auf der Beschaffungsseite im Bereich Silizium. Hier besteht eine Konkurrenz zur Halbleiterindustrie. Wie können Unternehmen der Photovoltaik-Branche reagieren, um das Ziel der Versorgungssicherheit zu erreichen? Beispielsweise durch Erweiterung der Beschaffungsmärkte, indem sie die Präsenz im asiatischen Beschaffungsmarkt ausbauen und/oder langfristig Kooperationen mit Modul-Lieferanten durch den Abschluss von langfristigen Rahmenverträgen aufbauen. Ein weiteres Beispiel ist die Frühwarnung bei erkennbar werdender Instabilität von Märkten und Lieferanten durch politisch-wirtschaftliche Veränderungen oder Missmanagement bei Lieferanten. Hier soll die Beschaffungsmarktforschung frühzeitig über mutmaßliche Marktstörungen, d. h. über mögliche Lieferengpässe oder - ausfälle, Veränderung von Lieferzeiten und Preisbewegungen, informieren. Dies hat zum Ziel, Art, Umfang und Zeitpunkt der Marktstörung möglichst frühzeitig zu erkennen, um kurzfristig (Spekulationskäufe, Erhöhung von Sicherheitsbeständen) und langfristig (Wertanalyse, Suche nach Substitutionsgütern und neuen Lieferquellen, langfristige Kontrakte) wirksame Maßnahmen einleiten zu können, die das Eintreten der Marktstörung verhindern oder zumindest das Ausmaß des Schadens für das Unternehmen verringern.

8

Lemme (2005).

155 15.2  Ablauf der Beschaffungsmarktforschung

. Abb. 15.1  Untersuchungsraum der Beschaffungsmarktforschung

15.2  Ablauf der Beschaffungsmarktforschung

Der Prozess der Beschaffungsmarktforschung lässt sich generell in mehrere Phasen untergliedern. Stangl und Koppelmann (1984) haben ein detailliertes Konzept der Beschaffungsmarktforschung vorgeschlagen, das die folgenden Phasen umfasst:9 5 Auswahl der Beschaffungsobjekte 5 Bestimmung der notwendigen Informationen 5 Auswahl der Quellen und Methoden 5 Festlegung der Darstellung und Auswertungsmöglichkeiten An diesem prozessualen Konzept orientiert sich die weitere Darstellung. Es macht deutlich, dass Beschaffungsmarktforschung nicht nur gewohnte Anfragetätigkeiten umfasst, sondern einen systematischen Prozess darstellt, der folgende Voraussetzungen hat: 5 klare Zielsetzung und Definition der Beschaffungs- bzw. Vorratspolitik 5 planmäßige und systematische Informationsgewinnung,-analyse und -bewertung 5 Darstellung und Auswertung sämtlicher erarbeiteter Ergebnisse In Abhängigkeit von den Rahmenbedingungen, unter denen die Beschaffungsmarktforschung zu vollziehen ist, ergeben sich unterschiedliche Möglichkeiten, den Betrachtungsraum einzugrenzen.10 Hierzu sind die in . Abb. 15.1 dargestellten Dimensionen wesentlich. So kann, bezogen auf die Märkte, in denen Beschaffungsmarktforschung betrieben wird, ein Spannungsfeld zwischen nationaler und globaler Beschaffung aufgespannt werden. Daher kann kann die Reichweite der Beschaffungsmarktforschung neben den Binnenmärkten auch Auslandsmärkte umfassen. In diesem Zusammenhang ist aus Sicht der Versorgungssicherheit zu unterscheiden, ob es hinreichend ist, nur die eigenen Beschaffungsmärkte zu untersuchen, oder ob auch die Beschaffungsmärkte des Lieferanten einzubeziehen sind. Gerade mit dem Konzept des Supply Chain Managements werden diese Perspektive einer Gesamtbetrachtung der Wertschöpfungskette und deren Optimierung in den Vordergrund gestellt. Damit ist

9 Stangl et al. (1984). 10 Arnolds et al. (1998).

15

156

Kapitel 15 · Beschaffungsmarktfor­schung

verbunden, dass sich Engpasssituationen in vorgelagerten Lieferantenstufen unmittelbar auf das eigene Unternehmen niederschlagen können. Aus dieser Logik heraus kann sich die Notwendigkeit ergeben, die Lieferantenmärkte des Lieferanten zu untersuchen. Die Beschaffung ist häufig mit der Situation konfrontiert, dass Ersatzmaterialien für bestehende Materialien, sogenannte Substitutionsgüter, im Beschaffungsmarkt zu identifizieren sind. Anlass dazu können innovative, neue Materialien sein, mit denen sich neue Funktionalitäten im Produkt realisieren lassen, oder auch Schwierigkeiten mit der Qualität, dem Preis oder der Verfügbarkeit bei bestehenden Materialien. In solchen Fällen muss die Beschaffungsmarktforschung auch den Markt für mögliche Substitutionsgüter analysieren. Insofern bewegt sie sich bei der Festlegung des Untersuchungsbereiches im Spannungsfeld zwischen dem Markt der derzeit eingesetzten Materialien und den Substitutionsgütermärkten. Der in den letzten Jahren deutlich zu erkennende Trend zu massiv verkürzten Produktlebenszyklen stellt die Beschaffung vor neue Herausforderungen. Denn der damit verbundene verkürzte Zeitraum zwischen Markteintritt und -austritt eines Produktes muss auch auf der Beschaffungsseite nachvollzogen werden. In diesem Zusammenhang wird vom Ein- und Ausphasen gesprochen. Das Einphasen meint die bedarfsgerechte Bereitstellung der für die neuen Produkte notwendigen neuen Materialien, während das Ausphasen die bedarfsgerechte Drosselung der mit den neuen Produkten auslaufenden Materialien bezeichnet. Derzeit liegt beispielsweise in der Handyproduktion der Produktlebenszyklus bei etwa sieben Monaten, was die Bedeutung dieser Aufgabe deutlich macht. Für die Beschaffungsmarktforschung spiegelt sich dies bei der Festlegung des Untersuchungsraums wider. So ist es oft nicht hinreichend, sich nur auf Materialien zu konzentrieren, die für derzeit produzierte Produkte benötigt werden, sondern es sind auch zukünftig benötigte Materialien sind einzubeziehen. 15.2.1  Selektion von Objekten

15

Für produzierende Unternehmen ist es aufgrund der Vielzahl der Beschaffungsobjekte und -märkte in der Regel weder wirtschaftlich sinnvoll noch kapazitiv durchführbar, für alle im Produktionsprozess eingesetzten und potenziell einsetzbaren Materialien und Betriebsmittel Beschaffungsmarktforschung zu betreiben. Da mit der Beschaffungsmarktforschung ein erheblicher Aufwand verbunden ist, muss diesem Aufwand ein entsprechender Nutzen gegenüberstehen. Aus diesem Grunde ist es notwendig, zu Beginn der Beschaffungsmarktforschungs-Aktivitäten eine Selektion der Beschaffungsobjekte/-märkte vorzunehmen, für welche eine Beschaffungsmarktforschung betrieben werden soll. Dieser erste Schritt der Beschaffungsmarktforschung hat zum Ziel, aus der Vielzahl der Beschaffungsobjekte wenige auszuwählen, bei denen ein besonders gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis zu erwarten ist. Umfang und Qualität der für eine Einkaufsentscheidung bereitzustellenden Marktinformationen werden sich dabei u. a. nach der Wichtigkeit dieser Entscheidung für die Beschaffung und das gesamte Unternehmen zu richten haben. Je tiefgreifender eine Entscheidung im Einkauf den Unternehmensgewinn beeinflussen kann, desto gründlicher sollte der betroffene Markt analysiert und beobachtet

157 15.2  Ablauf der Beschaffungsmarktforschung

. Abb. 15.2  Kosten- und Leistungsmatrix (Koppelmann 2004)

werden. Der Nutzen der Beschaffungsmarktforschung lässt sich aus den benannten Zielen ableiten und besteht in der Bereitstellung von Informationen, die zur Erhöhung der Versorgungssicherheit und/oder zur Vermeidung und Senkung von Beschaffungskosten in der Produktion und im Absatz genutzt werden können. Gleichwohl ist eine monetäre Quantifizierung des Nutzens in der Praxis nur schwer möglich, sodass eine konkrete Berechnung von Aufwand und Nutzen als Entscheidungsgrundlage für die Teileauswahl i. d. R. nicht möglich ist. Es bedarf daher anderer Kriterien, an denen eine systematische Selektion der Teile ausgerichtet werden kann. Nach Koppelmann können dazu folgende Kriterien unterschieden werden:11 5 Kostenbedeutsamkeit 5 Leistungsbedeutsamkeit 5 Sicherheitsbedeutsamkeit 5 Flexibilitätsbedeutsamkeit Die Kostenbedeutsamkeit bewertet die Beschaffungsobjekte in ihrer Wirkung auf die Gesamtkosten des Erzeugnisses (Absatzprodukt). Eine Möglichkeit zur Wertung der Wirkung stellt eine ABC-Analyse nach dem Einkaufsvolumen dar, durch die je nach Ausmaß eine Gruppierung der Beschaffungsobjekte in die Kategorien A, B und C erfolgt (vgl. 7 Abschn. 16.1). Ein Ansatzpunkt kann es sein, zunächst die Gruppe der A-klassierten Beschaffungsobjekte für die Beschaffungsmarktforschung auszuwählen. Wenn im Laufe der Zeit für den A-Bereich eine ständig gepflegte Beschaffungsmarktforschung etabliert wurde, kann darüber nachgedacht werden, auch für B-Beschaffungsobjekte damit zu beginnen. In der Gruppe der C-Beschaffungsobjekte stellt sich dann ganz deutlich die Frage der Nützlichkeit. Da teilweise monetär unbedeutende Teile sehr wohl erhebliche Funktionsstörungen im Produkt wie auch im Produktionsprozess nach sich ziehen können, kann dies nicht das alleinige Kriterium sein. Daher greift die Leistungsbedeutsamkeit, die den Einfluss des Beschaffungsobjektes auf die Endleistung des Erzeugnisses beschreibt. Als Bewertungskriterien für die Leistungsbedeutsamkeit können Anforderungen an das Leistungsniveau, die Leistungskonstanz und die Langlebigkeit des Beschaffungsobjektes herangezogen werden. Durch Kombination der beiden Merkmale Leistungs- und Kostenwirksamkeit ergibt sich eine Matrix, mit der eine Selektionsreihenfolge abgeleitet werden kann (. Abb. 15.2).

11 Koppelmann (2004).

15

158

Kapitel 15 · Beschaffungsmarktfor­schung

Beschaffungsobjekte, die in das Feld Nr. 1 fallen, werden wegen ihrer hohen Hebelwirkung auf den Unternehmenserfolg zunächst untersucht, solche aus Feld vier zuletzt. Sicherheitsbedeutsamkeit erstreckt sich vorrangig auf die Mengen- und Terminsicherheit und bewertet die Folgewirkungen von Abweichungen in diesem Bereich. So haben bei einer Just-in-time-Belieferung Mengen- und/oder Terminabweichungen ggf. Produktionsausfälle zur Konsequenz. Unterliegen die Absatzprodukte starken Saisoneinflüssen, dann müssen Termine und Planmengen noch exakter als bei anderen Produkten eingehalten werden, soll der deutlich zeitbezogene Produktwert nicht verringert werden. Die Flexibilitätsbedeutsamkeit erfasst die Wirkung der Beschaffungsobjekte auf die Mengen- und Leistungsflexibilität (Artflexibilität) auf der Absatzseite. Dies betrifft vor allem Beschaffungsobjekte, die als Ausstattungsvarianten eines fertig geplanten Produktes (z. B. Pkw, Möbel) dienen. Hier bestimmt die Bestellung der Käufer auf dem Absatzmarkt, welches Teil wie benötigt wird. Wenn die Lieferzeit als akquisitorisches Instrument bedeutsam wird, dann gewinnt die Flexibilität an Bedeutung. Letztendlich bestimmen die in der jeweiligen Situation dominierenden Beschaffungsziele die Auswahl der Beschaffungsobjekte. Koppelmann ordnet hierzu den Kriterien zur Bewertung der Beschaffungsbedeutsamkeit die Beschaffungsobjekte zu (vgl. 7 Abschn. 15.1) (. Abb. 15.3). So ergeben sich, wenn die Kostenbedeutsamkeit im Vordergrund steht, Billig-, Normal-, Katalogprodukte und bewährte Produkte als geeignete Beschaffungsobjekte für die Beschaffungsmarktforschung. Die einzelnen unter den Beschaffungsbedingungen angeführten Beschaffungsobjekte werden nach den Kriterien Preis-, Leistungsniveau, Neuigkeitsgrad und Standardisierungsgrad klassifiziert (. Abb. 15.4).

15

. Abb. 15.3  Abhängigkeit der Beschaffungsbedeutsamkeit von Beschaffungsbedingungen (Koppelmann 2004)

159 15.2  Ablauf der Beschaffungsmarktforschung

. Abb. 15.4  Charakterisierung der Beschaffungsobjekte (Koppelmann 2004)

Sie lassen sich wie folgt charakterisieren:12 5 Billigprodukt: gekennzeichnet durch die niedrigsten Kosten in den jeweiligen Produktkategorien. 5 Spitzenprodukte: sind in der jeweiligen Produktklasse durch höchstes Leistungsniveau gekennzeichnet, sie werden nur dort eingesetzt, wo sie für den Absatzmarkt profilbildend sind. 5 Normprodukte: befinden sich am unteren Ende des Neuigkeitsgrades, weisen eine genormte Leistung auf. 5 innovative Produkte: befinden sich am oberen Ende des Neuigkeitsgrades; neue Gestaltungslösungen bergen Chancen der Profilierung. 5 bewährte Produkte: geringeres Risiko. Sie haben ihre technische Leistungsfähigkeit bewiesen, Kostenreduktionen sind im Rahmen der jährlichen Rationalisierungsfortschritte möglich. In Abrufaufträge eingebunden stehen sie nicht unbedingt im Mittelpunkt der Beschaffungsmarktforschung. 5 Spezialprodukte: Auftragsfertigung für den Beschaffer. Sie werden nur an ihn geliefert. Marktpreise sind nur nach entsprechender Angebotsaufforderung und nachfolgender Verhandlung erhältlich.

12 Koppelmann (2004).

15

160

Kapitel 15 · Beschaffungsmarktfor­schung

5 Katalogprodukte: Produkte aus dem Produkt- bzw. Handelsprogramm des Lieferanten, die unverändert in den eigenen Transformationsprozess einbezogen werden. Für einen pragmatischen Ansatz zur Auswahl von Beschaffungsobjekten, die ein günstiges Verhältnis zwischen Aufwand und Nutzen aufweisen, können die folgenden Kriterien herangezogen werden:13 5 Bedarfsstruktur 5 Beschaffungsrisiko 5 Beschaffungswert Hinsichtlich der Bedarfsstruktur werden Beschaffungsobjekte dahingehend unterschieden, ob sie einen 5 kontinuierlichen 5 sporadischen (unregelmäßigen) 5 erstmaligen oder 5 einmaligen Bedarf

15

aufweisen. Während für Beschaffungsobjekte mit einmaligem und sporadischem Bedarf tendenziell eine Markterkundung ausreicht, sollten Güter mit kontinuierlichem Bedarf einer weiteren Prüfung anhand der Kriterien Beschaffungsrisiko und Beschaffungswert unterzogen werden. Für Güter, deren Bedarf erstmalig auftritt, muss zunächst Beschaffungsmarktforschung betrieben werden, um Informationen über deren Notwendigkeit und Nutzen zu erhalten. Das Beschaffungsrisiko von Beschaffungsobjekten ist im Hinblick auf das Marktrisiko einerseits und dessen Auswirkungen auf die Unternehmung andererseits zu untersuchen: Das vom Beschaffungsmarkt ausgehende Risiko betrifft:14 5 die Gefahr der Lieferung von Mindermengen, von Versorgungsengpässen und Lieferausfällen (quantitatives Risiko) 5 die Gefahr der nicht bedarfsadäquaten Leistung hinsichtlich Qualität und Liefermodalitäten (qualitatives Risiko) 5 das Preisrisiko Die Auswirkungen eines bestimmten Marktrisikos auf das Unternehmen werden bestimmt von:15 5 der Gefahr für die Lieferbereitschaft gegenüber der Produktion (Höhe der Lagerbestände?) 5 der Höhe von Fehlmengenkosten in der Produktion und im Absatz beim Auftreten von Fehlmengen

13 Melzer-Ridinger (1994). 14 Melzer-Ridinger (1994). 15 Melzer-Ridinger (1994).

161 15.2  Ablauf der Beschaffungsmarktforschung

5 der Leistungsdetermination der Fertigung, d. h. den Verarbeitungsmöglichkeiten von Materialien mit Qualitätsschwankungen (Welche Toleranzen dürfen Materialien aufweisen? Welche Bedeutung hat die Qualität der Einsatzstoffe für die Qualität der Endprodukte?) 5 der Kostentragfähigkeit des Endproduktes, in das das Beschaffungsobjekt mit dem Preisrisiko eingeht (Welche Ertragskraft hat das Produkt? Welche Möglichkeiten der Preisüberwälzung bestehen?) Der Beschaffungswert des Beschaffungsobjektes als weiteres Kriterium zur Selektion marktforschungsrelevanter Beschaffungsobjekte wird weniger vom absoluten Wert, dem Einstandspreis, bestimmt als vielmehr vom wertmäßigen Anteil am gesamten Beschaffungsvolumen. Kostensenkende Maßnahmen als Ergebnis von Informationen der Beschaffungsmarktforschung versprechen bei Beschaffungsobjekten mit hohem wertmäßigem Anteil am Beschaffungsvolumen den größten Rationalisierungserfolg.16 Merksatz: Eine gute Kosten-Nutzen-Relation ist zu erwarten, wenn:17 5 das Beschaffungsobjekt kontinuierlich benötigt wird, 5 das Beschaffungsobjekt ein hohes Marktrisiko und/oder 5 das Beschaffungsobjekt einen hohen Anteil am Beschaffungsvolumen aufweist. 15.2.2  Selektion von Informationsinhalten

Soll der Markt eines bestimmten Beschaffungsobjektes in seinen Zusammenhängen und Wechselbeziehungen durchschaubar gemacht werden, sind die verschiedensten Daten zu ermitteln und die unterschiedlichsten Informationen zusammenzutragen, da das Geschehen auf einem gegebenen Beschaffungsmarkt das Ergebnis des Zusammenwirkens einer Vielzahl von Faktoren ist, wobei vor allem die folgenden Informationsinhalte im Vordergrund stehen:18 5 das (potenzielle) Beschaffungsobjekt 5 die (potenziellen) Lieferanten 5 das Angebot und die Nachfrage am Beschaffungsmarkt 5 Bewegungen und Entwicklungen am Beschaffungsmarkt 15.2.2.1  Das Beschaffungsobjekt als Informationsinhalt

Das einzukaufende Erzeugnis muss von der technischen Seite her genau bekannt sein, bevor gezielt und erfolgreich das Marktgeschehen analysiert werden kann. Deshalb muss sich der Marktforscher Klarheit darüber verschaffen, aus welchem Grundstoff bzw. welchen Materialqualitäten das zur Debatte stehende Produkt besteht, aus welchen Teilen und Baugruppen es zusammengesetzt ist und welche chemischen, physikalischen oder technischen Eigenschaften und Besonderheiten das zu beschaffende Erzeugnis auszeichnen.19 Werden die Beschaffungsobjekte aus der

16 17 18 19

Melzer-Ridinger (1994). Melzer-Ridinger (1994). Arnolds et al. (1998), Melzer-Ridinger (1994). Arnolds et al. (1998).

15

162

Kapitel 15 · Beschaffungsmarktfor­schung

Perspektive der Anforderungen der Produkt- und Technologieforschung betrachtet, so stehen folgende Fragen im Zentrum des Interesses: 5 Was sind die am Markt verfügbaren oder üblichen Produkteigenschaften von potenziellen Beschaffungsobjekten? 5 Wie können frühzeitig Veränderungen hinsichtlich des Materialeinsatzes erkannt werden (siehe auch 7 Abschn. 12.1.3 – Materialsubstitution)? 5 Welche neuen Materialien sind am Markt verfügbar, welche Materialien können substituiert werden? 5 Welche Entwicklungen zeichnen sich bei den Herstellungsverfahren sowie dem technischen Fortschritt im Allgemeinen ab? Aus der Perspektive des Preises steht die Sammlung von Informationen über das Beschaffungsobjekt im Vordergrund, die Einblick in die Kostenstruktur der potenziellen Lieferanten und Hinweise auf deren Beschaffungsmärkte für Vormaterialien geben. Diese Informationen können bei Preisverhandlungen genutzt werden und geben möglicherweise Hinweise auf Rationalisierungspotenziale, die gemeinsam mit dem Lieferanten genutzt werden können. Hiermit verbunden sind folgende Fragestellungen:20 5 Aus welchen Rohstoffen und Bauteilen setzt sich das Einkaufsprodukt zusammen? 5 Welche Bedeutung haben sie als Kostenbestandteil? 5 Nach welchem Produktionsverfahren wird das Produkt hergestellt? 5 Gibt es alternative Produktionsverfahren? 5 Welche physikalischen/technischen Besonderheiten weisen Beschaffungsobjekt oder Vormaterialien auf ? 15.2.2.2  Der Lieferant als Informationsinhalt

15

Um die Eignung des Anbieters für die beschaffende Unternehmung beurteilen zu können und um den Einkauf bei der Auswahl der Lieferanten vor Enttäuschungen und Fehlentscheidungen zu bewahren, sind im Rahmen der Beschaffungsmarktforschung differenzierte Informationen über die wirtschaftliche und technische Leistungsfähigkeit aktueller und potenzieller Lieferanten zusammenzutragen. Bei dieser Lieferantenanalyse, bezogen auf die Ist-Situation (Beschaffungsmarktanalyse) sowie die zukünftigen Entwicklungen, stehen in . Tab. 15.1 aufgelistete Informationsinhalte im Vordergrund:21 Die damit gewonnenen Informationen über (potenzielle) Lieferanten können im Einkauf genutzt werden, um:22 5 (potenzielle) Lieferanten zu beurteilen, zu vergleichen, auszuwählen und ihren Anteil am Beschaffungsvolumen zu bestimmen (Bedarfssplitting). 5 Preis- und Konditionenverhandlungen argumentativ zu unterstützen. 5 Möglichkeiten, Chancen und Risiken einer langfristigen engen Zusammenarbeit mit Lieferanten zu erkennen.

20 Arnolds et al. (1998), Melzer-Ridinger (1994). 21 Arnolds et al. (1998). 22 Arnolds et al. (1998).

163 15.2  Ablauf der Beschaffungsmarktforschung

. Tab. 15.1  Lieferantenmerkmale als mögliche Informationsinhalte der Beschaffungsmarktforschung (Thommen et al. 2007)

5 Rationalisierungspotenziale bei aktuellen Lieferanten aufzudecken. 5 neue Lieferanten zu finden. 15.2.2.3  Angebot und Nachfrage am Beschaffungsmarkt als

Informationsinhalt

Gesamtwirtschaftliche Informationen über Angebot und Nachfrage am Beschaffungsmarkt sind die Voraussetzung, um die Marktstellung und daraus abgeleitet den Handlungsspielraum des eigenen Unternehmens beurteilen zu können. Dies bildet die Grundlage zur Ableitung von Beschaffungsstrategien, die eine Anpassung an und/oder die Beeinflussung von Situationen am Beschaffungsmarkt erlauben. Folgende Informationen, die nach Angebots- und Nachfrageseite gegliedert werden, sind hierzu wesentlich: Angebotsseite Die Hauptaufgabe der Beschaffungsmarktforschung besteht im Ermitteln und Analysieren des für eine Unternehmung erreichbaren Warenangebots. Um die strukturellen Gegebenheiten der Angebotsseite eines Beschaffungsmarktes durchschaubar

15

164

Kapitel 15 · Beschaffungsmarktfor­schung

zu machen, muss eine Vielzahl von Einzelfaktoren betrachtet werden. Die wichtigsten Untersuchungsgegenstände sind dabei die auf einem Markt angebotenen unterschiedlichen Qualitäten, die zur Verfügung stehenden Quantitäten, die Elastizität des Angebotes, die Konkurrenzsituation sowie die geografische Verteilung des Angebotes.23 Folgende Informationsinhalte sind wesentlich:24 5 Anzahl und Größe der infrage kommenden Lieferanten 5 die Konkurrenzsituation auf der Angebotsseite, d. h. die Anzahl der Anbieter und die Verteilung ihrer Marktanteile 5 die Existenz von Marktzugangsbeschränkungen 5 der Umfang der Produktdifferenzierung 5 die Existenz wettbewerbsbeschränkender Praktiken 5 das Vorhandensein von Substitutionsgütern 5 die insgesamt im Vergleich zur gesamten Nachfrage angebotene Menge und für steigende Bedarfe vorhandene Marktreserve 5 die Angebotselastizität: Ist die Angebotselastizität infolge von Besonderheiten der Herstellung – etwa tierische, pflanzliche oder mineralische Rohstoffe – oder hoher Kapitalintensität gering, weisen die Märkte stark schwankende Lieferzeiten und Preise auf.

15

Nachfrageseite Die Nachfrageseite des Marktes ist im Rahmen der Beschaffungsmarktforschung nach ähnlichen Analysegesichtspunkten zu untersuchen wie die Angebotsseite. So ist zunächst vor allem zu ermitteln, welche und wie viele konkurrierende Abnehmer neben der eigenen Unternehmung auf dem Markt in Erscheinung treten und welchen Anteil ihr Materialverbrauch am Gesamtmarkt ausmacht: Dies sind nicht nur diejenigen Unternehmen, die aus dem zu untersuchenden Rohstoff gleiche oder ähnliche Endprodukte herstellen und damit als Wettbewerber im eigenen Absatzmarkt auftreten, sondern zur Nachfragekonkurrenz gehören auch diejenigen Firmen, die das gleiche Material für die Herstellung anderer Endprodukte benötigen und nicht zu den Konkurrenten auf der Absatzseite zählen.25 Die Informationen über die Nachfrageseite betreffen somit:26 5 die Konkurrenzsituation auf der Nachfrageseite, d. h. die Anzahl der Nachfrager und deren Anteil am Gesamtbedarf 5 die beschaffungspolitischen Maßnahmen konkurrierender Nachfrager: Besteht z. B. die Gefahr, in angespannten Versorgungssituationen durch Strategien der konkurrierenden Nachfrager wie Exklusivverträge, frühzeitiges Aufkaufen oder Erwerb von Mehrheitsbeteiligungen an Lieferanten verdrängt zu werden? 5 Anzahl und Größe der Konkurrenten, welche die gleichen potenziellen Lieferanten haben.

23 24 25 26

Arnolds et al. (1998) Arnolds et al. (1998), Melzer-Ridinger (1994). Arnolds et al. (1998). Arnolds et al. (1998).

165 15.2  Ablauf der Beschaffungsmarktforschung

15.2.2.4  Bewegungen und Entwicklungen am Beschaffungsmarkt als

Informationsinhalt

Die Analyse und Prognose von Marktbewegungen und -entwicklungen bezieht sich auf die Preise, Lieferzeiten und relativen Angebotsmengen und auf die Verschiebung von Machtverhältnissen auf dem Beschaffungsmarkt. Erst eine laufende Beobachtung der Dynamik und der Entwicklungstendenzen der relevanten Beschaffungsmärkte ermöglicht es, Trends, saisonale Verläufe oder auch gravierende Veränderungen (sogenannte Strukturbrüche) zu erkennen. Trendbedingte Veränderungen können z. B. zu langfristigen Marktverschiebungen auf der Angebots- oder Nachfrageseite führen und eine sich allmählich wandelnde Marktstruktur zur Folge haben. Hierauf muss entsprechend reagiert werden, um dem Kernziel Autonomieerhaltung gerecht zu werden. Zudem bestehen bei landwirtschaftlichen Rohstoffen sowie konsumnahen Beschaffungsmärkten wiederkehrende, jahreszeitlich bedingte Saisonschwankungen, die zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit zu beachten sind. Beispiel: Zyklische Entwicklungen an Rohstoffmärkten: Bedingt durch allgemeine wirtschaftliche Entwicklungen verlaufen die Rohstoffpreise in Zyklen. Die Zyklen für Agrarrohstoffe sind von der Tendenz her relativ kurz, bei Metallen und Energieträgern dauern sie dagegen oft sogar Jahrzehnte (sog. Superzyklen). Diese Superzyklen hängen von strukturellen volkswirtschaftlichen Veränderungen ab. Die Dauer diverser mittelfristiger Rohstoffzyklen entspricht dagegen oft der benötigten Zeit für die Erschließung zusätzlicher und den Ausbau bereits existierender Produktionskapazitäten. Beim Kupfer können historisch wichtige mittelfristige Zyklen festgestellt werden, die im Durchschnitt etwa fünf Jahre dauern. Da die Ressourcen über Jahre hinweg stabil bleiben, ist diese Zyklizität auf die Zeit zurückzuführen, die für die Erschließung neuer Minen gebraucht wird. Während die Erschließung neuer großer Projekte bis zu zehn Jahren in Anspruch nimmt, dauert die Erweiterung von Minenprojekten bzw. die Wiederinbetriebnahme von Kupferminen in der Regel nicht länger als zwei bis drei Jahre. Aus diesem Grund werden bei Kupfer Fünf-Jahres-Zyklen festgestellt, in denen die Aufwärts- sowie Abwärts-Bewegungen etwa gleich lang (ungefähr 2,5 Jahre) dauern (. Abb. 15.5). Darüber hinaus üben vielfältige, zum Teil außerwirtschaftliche (politische) und zufallsbedingte Ereignisse, die keiner erkennbaren Gesetzmäßigkeit folgen und unregelmäßig auftreten, wie z. B. Streiks oder Auf- und Abwertung einer Währung, Einfluss auf das Marktgeschehen aus.27 Diese systematische Erfassung von Entwicklungen am Beschaffungsmarkt eröffnet der Beschaffung Vorteile durch:28 5 ein frühzeitiges Erkennen von Veränderungen der Marktstrukturen 5 das Feststellen von Veränderungen bei den Kapazitäten am Markt 5 die Identifikation von Verschiebungen der Produktnachfrage 5 ggf. eine schnellere Transparenz über Konzentrationstendenzen der Anbieter

27 Arnolds et al. (1998). 28 Lemme (2005).

15

166

Kapitel 15 · Beschaffungsmarktfor­schung

. Abb. 15.5  Historische Entwicklung der Blei- und Kupferpreise (BGR, 7 www.bgr.bund.de)

15

Zudem deuten die Erkenntnisse auf günstige Beschaffungszeitpunkte hin (spekulative Lagerhaltung) und sind eine wichtige Grundlage für die Entwicklung von Beschaffungsstrategien. Die Analyse der Bewegung von Preisen und relativen Angebotsmengen versucht deren Ursache festzustellen, um die weitere Entwicklung prognostizieren zu können. Potenzielle Ursachen sind:29 5 saisonale Schwankungen 5 konjunkturelle Schwankungen 5 trendbedingte Veränderungen, die wiederum ausgelöst werden können durch – das Auftreten von Substitutionsgütern – Versiegen von Rohstoffquellen – Auftreten neuer Anbieter – Konzentrationstendenzen – politische und zufällige Ereignisse. Aus dem dargestellten Spektrum potenzieller Informationsinhalte müssen im Einzelfall die jeweils relevanten Informationen ausgewählt werden, um den Umfang der Beschaffungsmarktforschung zu begrenzen.

29 Arnolds et al. (1998), Melzer-Ridinger (1994).

167 15.2  Ablauf der Beschaffungsmarktforschung

. Abb. 15.6  Methoden der externen Informationsgewinnung (Koppelmann 2004)

15.2.3  Methoden und Informationsquellen

Informationsbeschaffung erfolgt, unabhängig vom jeweiligen Entscheidungsproblem, grundsätzlich aus zwei Gründen:30 5 Es liegen keine Informationen vor. Somit sind neue bzw. neuartige Informationen zu beschaffen. 5 Es liegen keine ausreichenden Informationen vor. Somit sind zusätzliche Informationen zu beschaffen. Die Interesse weckenden Daten können entweder bereits vorliegenden Quellen entnommen (Sekundärforschung) oder aber speziell für die Zwecke einer bestimmten Untersuchung im Beschaffungsmarkt erhoben werden (Primärforschung) (. Abb. 15.6). Kennzeichnend für die Sekundärmarktforschung ist der Tatbestand, dass die fraglichen Daten bereits für einen oder für einen gänzlich verschiedenen Zweck gesammelt wurden. Der Informationssuchende steht dabei vor der Wahl, sie zu nutzen oder auf sie zu verzichten (Letzteres etwa, weil sie zu ungenau oder an die Aufgabenstellung zu wenig angepasst sind). Grundsätzlich sind Sekundärerhebungen günstiger und einfacher durchzuführen als Primärerhebungen. Beide Methoden werden in der Praxis meist nicht alternativ, sondern kombiniert angewandt. Informationen aus sekundären Quellen bilden nicht selten die Basis und Voraussetzung für die Primärforschung. Schon aus Kostengründen wird eine Primärforschung üblicherweise erst nach Ausschöpfung aller sekundärstatistischen Quellen in Betracht gezogen.

30 Hammann et al. (1978).

15

168

15

Kapitel 15 · Beschaffungsmarktfor­schung

Die Primärforschung erfolgt vornehmlich durch schriftliche und telefonische Anfragen bei Herstellern, durch Messebesuche, Einkaufsreisen und Betriebsbesichtigungen. Beim Sekundärmaterial für die Beschaffungsmarktforschung handelt es sich z. B. um Geschäftsberichte möglicher Lieferanten, um Fachzeitschriften, Branchenhandbücher oder Statistiken aller Art.31 Aufgrund der Vielzahl von denkbaren Informationsquellen für die Beschaffungsmarktforschung ist es nicht möglich, hier einen vollständigen Katalog aller infrage kommenden Quellen aufzustellen. Gleichwohl soll unabhängig von Primärund Sekundärmarktforschung im Folgenden ein Überblick über die Hauptgruppen des sich für die Einkaufstätigkeit anbietenden Informationsmaterials gegeben werden, um so einen Eindruck von der Fülle der verschiedenen in der Beschaffungsmarktforschung verwendbaren Informationsquellen zu vermitteln:32 5 Messen und Ausstellungen 5 Kontakte mit Verkäufern 5 Innerbetriebliche Quellen 5 Vom Lieferanten herausgegebene Publikationen 5 Lieferantenkatalog und Preislisten 5 Prospekte und sonstiges Werbematerial 5 Geschäftsberichte 5 Hauszeitschriften 5 Börsen und Marktberichte 5 Fachzeitschriften 5 Tageszeitungen und Informationsdienste 5 Adressbücher, Branchenhandbücher und Bezugsquellenverzeichnisse 5 Offizielle Statistiken und Verbandsstatistiken 5 Veröffentlichungen der Konjunkturforschungsinstitute 5 Lieferantenbesuche und Betriebsbesichtigungen 5 Erfahrungsaustausch mit Fachkollegen anderer Unternehmen 5 Probelieferungen 5 Lieferantenbefragungen 5 Auskünfte über Banken, Wirtschaftsverbände, Industrie- und Handelskammern, Botschaften, Konsulate, Auskunfteien 5 Zusammenarbeit mit Marktforschungsinstituten 5 Sonstige Veröffentlichungen Das Internet bringt durch den direkten Zugriff auf die verschiedensten Datenbanken und Informationsquellen eine weitere Dimension in die Recherchen. Dennoch behalten die klassischen Methoden der Informationsbeschaffung für neue oder alternative Lieferquellen ihre Bedeutung, denn das Internet ermöglicht im Wesentlichen eine sekundäre Beschaffungsmarktforschung. Die Besichtigung einer Werkstätte, die Begegnung mit den Mitarbeitern, dem Innendienst, der Konstruktion, dem Labor, dem Lager, der Qualitätsprüfung, dies bleibt auch in Zukunft ein Teil der Beschaffungsmarktforschung.33

31 Arnolds et al. (1998) 32 Arnolds et al. (1998). 33 Weber (1999).

169 15.2  Ablauf der Beschaffungsmarktforschung

Die in der Beschaffungsmarktforschung anwendbaren Methoden unterscheiden sich im Hinblick auf: 5 den Zeitbezug 5 die Informationsquellen 5 den Ansatzpunkt der Marktforschung Nach dem Kriterium Zeitbezug werden unterschieden:34 5 die Marktanalyse 5 die Marktbeobachtung 5 die Marktprognose Die Marktanalyse ist eine Bestandsaufnahme zu einem bestimmten Zeitpunkt. So ist etwa die Lieferantenanalyse, bei der die Leistungsmerkmale potenzieller Lieferanten untersucht werden, der Marktanalyse zuzuordnen. Die Marktbeobachtung ist eine Kette von Marktanalysen über einen Zeitraum hinweg. So sind die Untersuchung von Veränderungen der Angebots- oder Nachfragemenge, die Beobachtung von Preisschwankungen und von Marktmachtverschiebungen der Marktbeobachtung zuzuordnen. Die Marktprognose versucht, Projektionen beobachteter Entwicklungen in die Zukunft vorzunehmen. Die Vorhersage von Preisentwicklungen und Versorgungsstörungen ist der Marktprognose zuzuordnen. Nach der Technik der Informationsgewinnung lassen sich drei verschiedene Methoden unterscheiden: die Befragung, die Beobachtung und das Experiment (z. B. Probekauf). Merksatz: Die Selektion von Methoden und Informationsquellen der Beschaffungsmarktforschung muss – ausgehend von dem gewünschten Informationsinhalt – auf der Basis folgender Gegenüberstellung erfolgen:35 5 Verfügbarkeit der Informationsquelle 5 Verlässlichkeit/Aussagekraft der Quelle 5 Informationsgewinnungskosten 15.2.4  Auswertung und Verwertung der Informationen

Die Güte von Beschaffungsentscheidungen hängt nachhaltig von der Qualität der zur Verfügung stehenden Informationsbasis ab. Je lückenhafter und ungenauer die vorhandenen Marktinformationen sind, umso größer wird das Risiko von Fehlentscheidungen. Wenngleich es sich in der Praxis nicht völlig vermeiden lässt, dass Beschaffungsentscheidungen auf der Grundlage von unvollkommenen Informationen zu fällen sind, lässt sich durch eine intensive Beschaffungsmarktforschung das Risiko senken.

34 Koppelmann (2004). 35 Melzer-Ridinger (1994).

15

170

Kapitel 15 · Beschaffungsmarktfor­schung

Merksatz: Die Beschaffungsmarktforschung soll durch die Bereitstellung von Informationen dazu beitragen, dass der Unsicherheitsbereich von Entscheidungen im Einkauf eingeengt und das Risiko von Fehlentscheidungen begrenzt wird.36 Bei Entscheidungsprozessen in der Beschaffung lassen sich die Kategorien „strategische Entscheidungen“ und „operative Entscheidungen“ unterscheiden. Entscheidungen auf der strategischen Ebene zielen auf die Nutzung bestehender und die Schaffung neuer Erfolgspotenziale sowie auf den Umgang mit Chancen und Risiken im Beschaffungsmarkt ab. Unter einem strategischen Erfolgspotenzial wird die Fähigkeit verstanden, die es einem Unternehmen erlaubt, im Vergleich zur Konkurrenz längerfristig überdurchschnittliche Erträge zu erzielen. In der Beschaffung ergeben sich Erfolgspotenziale z. B. aus der Materialsubstitution, durch die Nutzung neuer Technologien und Herstellverfahren sowie durch die Auswahl und Einbindung leistungsstarker Lieferanten. Wettbewerbsvorteile ergeben sich durch die Selektion von Materialien, welche für den vorgesehenen Verwendungszweck besonders geeignet sind, durch den frühzeitigen Einsatz von Substitutionsgütern und Neuentwicklungen potenzieller Lieferanten, die von der eigenen Unternehmung schneller im Rahmen der Beschaffungsmarktforschung erkannt und genutzt werden als von der Konkurrenz. Das Aufdecken und Analysieren von Chancen und Risiken des Beschaffungsmarktes ist essenziell, um die realisierbaren beschaffungspolitischen Handlungsmöglichkeiten zur Chancenrealisierung und Risikovermeidung bzw. -reduzierung auszuloten. Die Fehleinschätzung, die Vernachlässigung oder das Übersehen von Chancen und Risiken können erhebliche negative Auswirkungen zur Folge haben. Operative Entscheidungen, die auf Informationen aus der Beschaffungsmarktforschung basieren, liegen im Wesentlichen im Bereich der Bestellabwicklung. Dies umfasst z. B. folgende Prozesse:37 15.2.4.1  Lieferantenauswahl und die Suche nach neuen günstigen

Lieferanten

15

Erst auf Basis einer intensiven Beschaffungsmarktforschung wird der Einkäufer in die Lage versetzt, einen realistischen Angebotsvergleich durchzuführen, aus einer Vielzahl von Anbietern den geeignetsten und leistungsfähigsten Lieferanten auszuwählen und günstigere Beschaffungsmöglichkeiten für einen gegebenen Betriebsbedarf zu erschließen. Ohne eine kontinuierlich durchgeführte Markterkundung ist es auf Dauer nicht möglich, für die Unternehmung einen Stamm zuverlässiger, leistungsfähiger Lieferanten zu gewinnen oder zu erhalten.38 15.2.4.2  Einkaufsgespräche und Vergabeverhandlung

Von großer Wichtigkeit sind Kenntnisse über die Stärken und Schwächen eines Lieferanten, über die jeweilige Konjunkturlage, über die Konkurrenzsituationen und die Preisentwicklung in einer Branche sowie über die eigene Stellung am Beschaffungsmarkt für die Vergabeverhandlung. Der Einkäufer kann aus derartigen Infor-

36 Arnolds et al. (1998). 37 Arnolds et al. (1998). 38 Arnolds et al. (1998).

171 15.3  Aufgaben zur Selbstüberprüfung

mationen fundierte Argumente für die in einer Vergabeverhandlung anzustrebenden Ziele ableiten. So lassen sich aus der Kenntnis des Preisverfalles bei Vorprodukten, aus der Preisentwicklung von Substitutionsgütern, aus Informationen über die Auslastung der Kapazitäten in einem Wirtschaftszweig oder aus Konkurrenzangeboten Argumente für Preissenkungen entwickeln. Verlässliche und aktuelle Informationen über den Beschaffungsmarkt können wesentlich zur Versachlichung der Vergabeverhandlung beitragen und sind ein bedeutsames Hilfsmittel zur Stärkung der Position des Einkäufers in der Vergabeverhandlung.39 15.2.4.3  Beschaffungs- und Unternehmungsplanung

Eine genaue Kenntnis des Beschaffungsmarktes ist auch deshalb erforderlich, damit verhindert wird, dass in einer Unternehmung Beschaffungs- und sonstige betriebliche Teilpläne aufgestellt werden, die sich vonseiten des Beschaffungsmarktes nicht realisieren lassen. So kann es vorkommen, dass voraussichtliche Engpässe in der Materialversorgung den Beschaffungsplan und damit den Produktions- und Absatzplan einer Unternehmung determinieren. Auswirkungen auf das Beschaffungsbudget sowie auf den Finanz- und Gewinnplan ergeben sich aus zu erwartenden Preisveränderungen bei Materialien. Eine realistische Beschaffungs- und Unternehmungsplanung ist deshalb ohne Berücksichtigung der zukünftigen Entwicklung des Beschaffungsmarktes in vielen Fällen nicht durchführbar.40 15.3  Aufgaben zur Selbstüberprüfung

1. Definieren Sie den Begriff der Beschaffungsmarktforschung. 2. Wodurch unterscheidet sich die Beschaffungsmarktanalyse von der -beobachtung und wie hängen beide zusammen? 3. Welche Ziele werden bei der Beschaffungsmarktforschung verfolgt? 4. Welche Aufgaben soll die Beschaffungsmarktforschung im Unternehmen erfüllen? Welche Unternehmensbereiche profitieren von der Beschaffungsmarktforschung? 5. Welche Rahmenbedingungen sollten bei einer erfolgreichen Beschaffungsmarktforschung beachtet werden? 6. Warum kann es sinnvoll sein, nicht nur die eigenen Beschaffungsmärkte, sondern auch die der Lieferanten zu erforschen? 7. Die klassische Marktforschungslehre unterteilt üblicherweise den Bereich der Marktforschung in „Marktanalyse“, „Marktbeobachtung“ und „Marktprognose“. Wie unterscheiden sich diese drei Begriffe? Nennen Sie Beispiele auf dem Gebiet der Beschaffungsmarktforschung für marktforscherische Aktivitäten, die diesen drei Begriffen zuzuordnen sind. 8. Über welche Aspekte erstreckt sich der Untersuchungsraum einer Beschaffungsmarktforschung? Nennen Sie drei Aspekte und deren mögliche Ausprägung.

39 Arnolds et al. (1998). 40 Arnolds et al. (1998).

15

172

Kapitel 15 · Beschaffungsmarktfor­schung

9. Welche Auslöser können die Untersuchung von Substitutionsgütern erforderlich machen? 10. Warum ist es notwendig, bei der Beschaffungsmarktforschung den Betrach tungsumfang einzugrenzen? 11. Erläutern Sie Ansatzpunkte zur Eingrenzung des Betrachtungsumfangs der Beschaffungsmarktforschung. 12. Welche Beschaffungsrisiken können marktseitig auf Unternehmen zukommen und welche Auswirkungen haben diese im Unternehmen? 13. Welche Eigenschaften sollten Materialgruppen aufweisen, bei denen Marktforschung eine hohe Kosten-Nutzen-Relation gewährleistet? 14. Welche Fragestellungen in Bezug auf das Produkt sollten vor dem Beginn einer Beschaffungsmarktforschung intern geklärt sein? 15. Worin unterscheiden sich Primär- und Sekundärforschung? Nennen Sie Beispiele für Primär- und Sekundärforschung im Rahmen der Beschaffungsmarktforschung. 16. Geben Sie einen Überblick über die wichtigsten Informationsquellen der Beschaffungsmarktforschung. 17. Welche Ansprüche hat der Einkäufer an die Qualität der gesammelten Informationen? Machen Sie anhand konkreter Informationsquellen deutlich, warum diese Ansprüche von einer bestimmten Informationsquelle nicht vollständig erfüllt werden können. 18. Welche Vorteile und welche Nachteile weisen die Messen und Ausstellungen als Informationsquelle der Beschaffungsmarktforschung auf ? 19. Welche operativen Prozesse können mithilfe von Beschaffungsmarktforschungen unterstützt werden? Erläutern Sie diese kurz.

15

173

Methoden der Beschaffung Inhaltsverzeichnis 16.1 Die ABC-Analyse – 174 16.2 Die XYZ-Analyse – 178 16.3 Aufgaben zur Selbstüberprüfung – 181 16.4 Portfolio-Analyse – 182 16.5 Aufgaben zur Selbstüberprüfung – 195

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 H. Beckmann, Grundkurs Beschaffungsmanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-39125-6_16

16

174

Kapitel 16 · Methoden der Beschaffung

In der Materialwirtschaft besteht die Notwendigkeit einer effizienten Arbeitsabwicklung. Da häufig große Mengen an Materialien beschafft werden, müssen Schwerpunkte gesetzt werden, dabei dienen die ABC-Analyse und die XYZ-Analyse dazu, Überlastungen im Einkauf entgegenzuwirken. 16.1  Die ABC-Analyse

Mit der ABC-Analyse lassen sich Beschaffungsaktivitäten rationalisieren, indem diejenigen Materialien, Lieferanten oder Kunden erkannt werden, die für ein Unternehmen von hoher Bedeutung sind. In Hinblick auf die Beschaffungsobjekte ist das Ziel der ABC-Analyse, diejenigen Materialien ausfindig zu machen, denen eine besondere Aufmerksamkeit bei der Materialdisposition, dem Einkauf und der Lagerung geschenkt werden soll.1 Bei Anwendung der ABC-Analyse sind Anzahl und Wert der zu beschaffenden Materialien die wesentlichen Informationen. Laut Arnolds et al. (2010) ist der Wert für Teilfunktionen wie Bedarfsermittlung, Lieferantenanalyse oder Rechnungsprüfung völlig ausreichend. Für andere Funktionen wie Beschaffungsmarktforschung, Wertanalyse und Warenprüfung reicht jedoch ein rein rechnerisches Ergebnis nicht aus. Hier sollten Kriterien wie z. B. Fehlmengenrisiko mit berücksichtigt werden.2 Merksatz: Die ABC-Analyse hilft3 5 das Wesentliche vom Unwesentlichen zu unterscheiden, 5 die Aktivitäten schwerpunktmäßig auf den Bereich hoher wirtschaftlicher Bedeutung zu lenken und gleichzeitig den Aufwand für die übrigen Gebiete durch Vereinfachungsmaßnahmen zu senken und 5 die Effizienz von Management-Maßnahmen durch die Möglichkeit eines gezielten Einsatzes der Ressourcen zu erhöhen.

16

Die Beschaffungsmaterialien werden bei der ABC-Analyse in Bezug auf Anzahl und Wert in drei Materialgruppen klassifiziert (A-, B- und C-Materialien). Diese Einteilung in drei Klassen wird in der Literatur häufig beschrieben, muss aber in der Praxis nicht zwingend eingehalten werden. Ebenso ist es möglich, in mehr als drei Materialgruppen einzustufen, um eine feinere Einteilung zu erhalten. Dies sollte jedoch nur unter Beachtung der Wirtschaftlichkeit und des zusätzlichen Informationsnutzens durchgeführt werden.4 Folgende prozentuale Einteilung kann verwendet werden (. Abb. 16.1). Das sogenannte Pareto-Prinzip besagt, dass 80 % der Wirkung von 20 % der Ursachen erreicht wird (siehe A-Materialien in . Abb. 16.1). Es geht auf Vilfredo Pareto zurück, der erkannte, dass ein Großteil der Aktivitäten auf einen Bruchteil der Akteure entfällt (80 % des Geschehens entfällt auf 20 % der Beteiligten). Die typische Verteilung der Materialwerte und -mengen wird in der folgenden Abbildung grafisch dargestellt (. Abb. 16.2).

1 2 3 4

Schulte (2001, S. 60). Arnolds et al. (2010, S. 21). Hartmann (1997, S. 142). Arnolds et al. (2010, S. 22).

16.1 · Die ABC-Analyse

175

. Abb. 16.1  Kategorisierung der Materialien in A-, B- und C-Artikel

. Abb. 16.2  Mengen- und Wertverteilung bei der ABC-Analyse

16.1.1  Anfertigung einer ABC-Analyse

Folgende Schritte müssen bei der Erstellung einer ABC-Analyse durchgeführt werden:

16

176

Kapitel 16 · Methoden der Beschaffung

5 Zu Beginn wird die Beschaffungsmenge je Artikel, welche in einem definierten Zeitraum beschafft werden soll (meist ein Jahr), mit dem jeweiligen Einstandspreis multipliziert.

Beschaffungsmenge × Einstandspreis = Einkaufsvolumen 5 Bestimmung des prozentualen Anteils am Einkaufsvolumen und Festlegung der Rangfolge entsprechend dem Einkaufsvolumen, sowie Kumulierung der Prozentwerte

Rel.Anteil am Einkaufsvol. = Einkaufsvol.je Artikel/Gesamteinkaufsvolumen 5 Bestimmung des prozentualen Anteils der Positionen an deren Gesamtzahl und Kumulierung der Prozentwerte

Rel.Anteil der Positionen =

1 Gesamtanzahl der Positionen

5 Zuordnung der Artikel zu den drei Kategorien A, B und C nach vorher definierter Kategorisierung. So können alle Materialien, die in den Bereich bis 80 % des Einkaufsvolumens gehören, als A-Artikel kategorisiert werden. Im Beispiel in . Tab. 16.1 beschafft der Einkauf zehn verschiedene Materialien von denen der Einstandspreis je Stück und die Beschaffungsmenge bekannt sind. Daraus lässt sich das Einkaufsvolumen berechnen. Die errechneten Werte des Einkaufsvolumens werden in eine Rangfolge gebracht. Das Material mit dem höchsten Wert erhält die Rangziffer 1 usw. Danach werden die Werte kumuliert, d. h., die einzelnen Werte des Einkaufsvolumens werden aufaddiert.

. Tab. 16.1  Beispiel einer ABC-Analyse

16

16.1 · Die ABC-Analyse

177

. Abb. 16.3  Grafische Darstellung der ABC-Verteilung des Beispiels oben

Es ist zu erkennen, dass eine relativ kleine Anzahl an Materialien den Hauptteil des gesamten Wertes ausmacht. . Abb. 16.3 verdeutlicht diese Eigenschaft, indem A-, B-, und C-Artikel nach ihren Anteilen am Einkaufsvolumen und dem Anteil der Positionen in Prozent dargestellt sind. 16.1.2  Auswertung und Anwendungsbereiche einer ABC-Analyse

Aus den Ergebnissen einer ABC-Analyse lassen sich Grundsätze für die verschiedenen Materialgruppen ableiten. Auf das Wesentliche konzentrieren (A-Artikel) soll aber nicht bedeuten, dass C-Materialien völlig vernachlässigt werden könnten. . Tab. 16.2 zeigt, wie A- und C-Artikel behandelt werden sollten. B-Materialien sollen dabei je nach Zweckmäßigkeit der einen oder anderen Wertgruppe zugeordnet werden. Die ABC-Analyse lässt sich in verschiedenen Bereichen der Beschaffung anwenden (z. B. . Abb. 1.1). Bei der Lieferanten-ABC-Analyse werden beispielsweise die Lieferanten mit einem hohen Lieferantenwert als A-Lieferanten bewertet. Diese müssen stets nach ihrer Leistungsfähigkeit beobachtet werden, wogegen C-Lieferanten mit einem geringen Lieferantenwert weniger intensiv beobachtet werden5 (. Abb. 16.4).

5

Arnolds et al. (2010, S. 25).

16

178

Kapitel 16 · Methoden der Beschaffung

. Tab. 16.2  Arbeitsübersicht zur ABC-Analyse (Arnolds et al. 2010, S. 24)

16

16.2  Die XYZ-Analyse

Die XYZ-Analyse gliedert die Materialien in die Kategorien X, Y und Z anhand von deren Verbrauchsverhalten. Ziel ist es, die Planbarkeit von Materialien zu bewerten. So können Materialien, die über die Zeit konstant verbraucht werden, in ihrem zukünftigen Bedarf einfach abgeschätzt werden, während dies bei Materialien mit starken Verbrauchsschwankungen kaum der Fall ist.

16.2 · Die XYZ-Analyse

179

. Abb. 16.4  Anwendungsbereiche von ABC-Analysen (Arnolds et al. 2010, S. 25)

. Abb. 16.5  Kategorisierung der Materialien in X-, Y- und Z-Artikel

Merksatz: Die XYZ-Analyse gliedert die Beschaffungsobjekte nach deren Planbarkeit. Bei der Betrachtung der Materialverbräuche über einen längeren Zeitraum wird ersichtlich, dass es Materialien gibt, die relativ konstant, und solche, die unregelmäßig verbraucht werden. In Hinblick auf Beschaffungsmaterialien hat die Einteilung in X-, Y- und Z-Artikel folgende in . Abb. 16.5 aufgezeigte Bedeutung. Die XYZ-Analyse hilft in der Regel nicht, bei alleiniger Durchführung Rationalisierungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Deshalb ist eine Kombination mit der ABC-Analyse sinnvoll (vgl. 7 Abschn. 16.2.1).6

6

Hartmann (1997, S. 158).

16

180

Kapitel 16 · Methoden der Beschaffung

. Abb. 16.6  Kombination der ABC- und XYZ-Analyse

16.2.1  Kombination von ABC- und XYZ-Analyse

Bei der Kombination der ABC- und der XYZ-Analyse wird eine Matrix mit neun verschiedenen Kombinationen aus drei Verbrauchswertklassen und drei Vorhersagegenauigkeitsklassen erstellt (. Abb. 16.6). Anhand dieser Matrix können Versorgungsstrategien für die einzelnen Kombinationen entwickelt werden. 16.2.2  Auswertung einer ABC-XYZ-Analyse

16

In . Tab. 16.3 wird verdeutlicht, wie der Umgang mit AX- und CZ-Artikeln (Extremfälle) aussehen sollte. AX-Teile können im Extremfall völlig bestandslos just in time oder sogar just in sequence gesteuert werden. Lieferanten müssen sorgfältig hinsichtlich Zuverlässigkeit, Flexibilität und Integrationsfähigkeit ausgesucht werden und es sollten regelmäßige Vertragsverhandlungen durchgeführt werden. Aus beschaffungspolitischer Sicht ist das Single Sourcing eine effektive Möglichkeit der Lieferantenpolitik. Für CZ-Teile sollten keine aufwendigen Dispositionsverfahren angewandt werden, um den Bedarf sicherzustellen. Lieferanten werden hauptsächlich nach den Vergleichsfaktoren Einstandspreis und Lieferservice ausgewählt und im lokalen Raum gesucht. Aufgaben wie die Bestandshaltung werden häufig auf die Lieferanten übertragen und Konsignationsläger eingerichtet.

16.3 · Aufgaben zur Selbstüberprüfung

181

. Tab. 16.3  Folgerungen aus der ABC-XYZ-Analyse (Arnolds et al. 2010, S. 28)

16.3  Aufgaben zur Selbstüberprüfung

1. Wozu können ABC- oder XYZ-Analysen im Unternehmen eingesetzt werden? 2. Beschreiben Sie die Ausprägung der Klassen und Einteilungsmerkmale der Materialien nach der ABC-Verteilung. 3. Was besagt das Pareto-Prinzip? Stellen Sie seine Ausprägung in Bezug auf die ABC-Analyse grafisch dar. 4. Beschreiben Sie die Vorgehensweise bei der Erstellung einer ABC-Analyse. 5. Führen Sie mit folgenden (. Tab. 16.4) Daten eine ABC-Analyse durch und stellen Sie das Ergebnis grafisch dar. 6. Wie sollten C-Materialien in den Funktionen der Bestellabwicklung und Disposition behandelt werden? Erläutern Sie beispielhaft drei Strategien. 7. Zu welchem Zweck wird die XYZ-Analyse angewendet? 8. Beschreiben Sie die Ausprägung der Klassen und Einteilungsmerkmale der Materialien nach der XYZ-Verteilung. 9. Durch die Kombination einer ABC- und einer XYZ-Analyse kristallisieren sich zwei Materialgruppen heraus, die besonders beachtet werden sollten (Extremfälle). Welche Eigenschaften haben diese beiden Gruppen und wie sollte die strategische Ausrichtung jeweils generell aussehen? 10. Wie sollte sich die Strategie für CZ-Artikel bezogen auf die Lieferantenauswahl und Lieferantenpolitik gestalten? 11. Wie sollte sich die Strategie für AX-Artikel bezüglich der Lieferantenauswahl und Lieferantenpolitik gestalten?

16

182

Kapitel 16 · Methoden der Beschaffung

. Tab. 16.4  Beispielhafte ABC-Analyse Artikel

Verbrauch (Stück)

Stückpreis (€)

1

100.000

3,00

2

37.500

18,00

3

180.000

1,00

4

105.000

36,00

5

250.000

2,80

6

10.000

20,00

7

20.000

40,00

8

55.000

5,00

9

175.000

1,40

10

97.500

38,00

16.4  Portfolio-Analyse

16

Die Portfolio-Analyse wird in den verschiedensten Branchen angewandt. Neben Finanzwirtschaft, Controlling und Marketing wird diese Analysemethodik auch in der Beschaffung eingesetzt.7 Bekannt ist dieses Analyseinstrument auch als Beschaffungs- oder Einkaufsportfolio. Grundlage der Portfolio-Analyse bildet die von Markowitz (1959) für den Finanzbereich entwickelte Portfolio-Selection-Theorie, die im Laufe der Zeit auf zahlreiche andere Anwendungsfälle, u. a. auch auf den Beschaffungsbereich, übertragen wurde. Der Begriff Portfolio bezeichnet eine Sammlung von Objekten eines bestimmten Typs. Ziel der Portfolio-Analyse ist es, durch die Zuordnung von Objekten eines Typs zu unterschiedlichen Kategorien komplexe Handlungssituationen zu strukturieren, um strategische Handlungsempfehlungen (auch Normstrategien genannt) ableiten zu können. In der Regel wird ein Portfolio mittels einer zweidimensionalen Matrixdarstellung visualisiert, wobei die Matrix in nahezu allen Varianten der Portfolio-Analyse vier oder neun Kategorien aufweist. In diesem Kapitel werden drei beschaffungsrelevante Portfolio-Konzepte (Beschaffungsportfolios) vorgestellt. Zu Beginn wird das Material-Lieferanten-Portfolio beschrieben, welches die beiden Portfolios Teileportfolio und Lieferantenportfolio kombiniert, um für die einzelnen Konstellationen Handlungsempfehlungen ableiten zu können. Daraufhin wird das Verhältnis der Marktmacht zwischen Abnehmer und Lieferant(en) verglichen, um Schwächen der eigenen Marktposition zu erkennen (Marktmacht-Portfolio). Im dritten Abschnitt behandelt das Versorgungsrisiko-Portfolio die Beschaffungsrisiken mit Bezug auf die Beschaffungsobjekte in Kombination mit einer ABC-Analyse.

7

Janker (2004, S. 129).

16.4 · Portfolio-Analyse

183

16.4.1  Material-Lieferanten-Portfolio 16.4.1.1  Zielsetzung

Der Ansatz des Material-Lieferanten-Portfolios ist zweistufig aufgebaut, wobei in einem ersten, produktspezifischen Portfolio (Teileportfolio) die zu beschaffenden Produkte klassifiziert werden. In einem zweiten Portfolio (Lieferantenportfolio) werden die bestehenden Lieferanten nach bestimmten Klassifikationen positioniert. Nach der Kombination beider Portfolios werden Normstrategien für die entstandenen Felder definiert. Das Ziel ist es, aus diesem Ergebnis die entsprechenden strategischen Schritte abzuleiten. In . Abb. 16.7 wird das Material-Lieferanten-Portfolio dargestellt. Eine optimale Zuordnung ist gegeben, wenn die Einordnung der betrachteten Materialgruppe mit der der Lieferantengruppe übereinstimmt. Das bedeutet, dass strategische Produkte bestenfalls auch bei strategischen Lieferanten beschafft werden. Wird strategisches Material beispielsweise bei einem Hebellieferanten beschafft, besteht die Gefahr, dass die Qualität der Zusammenarbeit durch die beim

. Abb. 16.7  Material-Lieferanten-Portfolio (Kraljic 1983; Wildemann 2000)

16

184

Kapitel 16 · Methoden der Beschaffung

Hebellieferanten durchaus sinnvollen kosten- und preisreduzierenden Maßnahmen leiden kann. Für strategische Materialien ist eine partnerschaftliche Beziehung zum Lieferanten ein wichtiger Erfolgsfaktor. Dieser sollte nicht gefährdet werden.8 16.4.1.2  Anfertigung eines Material-Lieferanten-Portfolios

Die Erstellung eines Beschaffungsportfolios bzw. eines Material-Lieferanten-Portfolios erfolgt in vier Schritten:9 Schritt 1: Abgrenzung und Auswahl der zu analysierenden Objekte Um die Vielzahl der Beschaffungsobjekte beherrschbar zu machen, erfolgt zunächst deren Gruppierung zu sogenannten strategischen Ressourceneinheiten. Zielsetzung ist die Bildung von Materialgruppen, die hinsichtlich des von ihnen induzierten Versorgungsrisikos möglichst homogen sind, ein möglichst identisches Aggregationsniveau von Materialgruppe zu Materialgruppe besitzen und die Durchführung unabhängiger Strategien und Maßnahmen im Beschaffungsbereich zulassen.10 Schritt 2: Definition der Analysedimensionen, Ermittlung und Klassifikation von Erfolgsfaktoren In der Regel beschränkt sich die Portfolio-Analyse auf zwei Dimensionen, um die Übersichtlichkeit zu gewährleisten. Für die Analyse der strategischen Ressourceneinheiten werden im Bereich der Beschaffung häufig die Wertigkeits- und Risikodimensionen sowie die Angebots- und Nachfragemachtdimensionen herangezogen. Diese spannen ein i. d. R. zweidimensionales Koordinatensystem auf, wobei jede Dimension eine unterschiedliche Skalierung aufweisen kann. Im Teileportfolio werden die Dimensionen Ergebniseinfluss und Versorgungsrisiko genutzt (vgl. . Abb. 16.7). Der Ergebniseinfluss bestimmter Beschaffungsgüter kann anhand folgender Kriterien gemessen werden: 5 Einkaufsmenge 5 prozentualer Anteil am gesamten Einkaufsvolumen (ABC-Analyse) 5 Bedeutung für die Produktqualität und das Unternehmenswachstum

16

Das Versorgungsrisiko kann durch folgende Faktoren ausgedrückt werden: 5 Verfügbarkeit des Artikels 5 Lieferantenanzahl 5 Zahl der Nachfrager 5 Eigenfertigungsmöglichkeiten 5 Lagerrisiken 5 Substitutionsmöglichkeiten Beschaffungsstrategien können nicht ausschließlich anhand der Teilecharakteristika festgelegt werden, da zur erfolgreichen Durchsetzung der Strategien die am Beschaffungsmarkt bestehenden Restriktionen zu berücksichtigen sind. Ein wesentlicher Aspekt ist vor diesem Hintergrund die Analyse der aktuellen und p ­ otenziellen

8 Appelfeller et al. (2005, S. 110). 9 Kraljic (1983); Wildemann (2000). 10 Wildemann (2000).

16.4 · Portfolio-Analyse

185

Lieferanten. Auch hierzu kann die Methode der Portfolio-Analyse angewandt werden, mit den Dimensionen „Lieferantenentwicklungspotenzial“ und „Angebotsmacht“ des Lieferanten.11 Die Untersuchung des Lieferantenentwicklungspotenzials zielt darauf ab, eine Leistungseinschätzung in Bezug auf die Eignung als Partner für zukünftige anspruchsvollere Koordinationsstrukturen durchzuführen. Entscheidungskriterien zur Bewertung der Lieferanten in Bezug auf das Entwicklungspotenzial ist deren Know-how in den Bereichen: 5 Entwicklung 5 Produktion 5 Logistik Zur Bestimmung der Angebotsmacht des Lieferanten kann ermittelt werden, inwieweit der Lieferant seine Fähigkeiten und Leistungen dem Abnehmer ebenfalls zur Verfügung stellt und somit Kooperationsbereitschaft aufweist. Wesentliche Kriterien zur Bewertung der Angebotsmacht eines Lieferanten sind: 5 Beschaffungsmarktstruktur 5 Anzahl potenzieller Lieferanten 5 Angebots- und Nachfrageentwicklung 5 konjunkturelle Lage am Beschaffungsmarkt 5 ggf. Markteintrittsbarrieren für neue Anbieter Bestehen mono- oder oligopolistische Strukturen auf dem Beschaffungsmarkt, ist die Angebotsmacht der Lieferanten besonders stark ausgeprägt und das lieferantenspezifische Versorgungsrisiko des Abnehmers als hoch einzuschätzen. Neben den Marktdaten sind Kriterien zur Beurteilung der Machtkonstellation in der spezifischen Kunde-Lieferant-Beziehung zu berücksichtigen. Dies sind u. a.: 5 der Abnehmeranteil am Lieferantenumsatz 5 die Bedarfsentwicklung des Abnehmers 5 Möglichkeiten des Abnehmers zur Eigenfertigung 5 die Kapazitätsauslastung des Lieferanten 5 Gewinnschwelle gegenüber der Kapazitätsauslastung des Lieferanten Bei der Beurteilung des Abnehmeranteils am Lieferantenumsatz ist dabei nicht die absolute Höhe ausschlaggebend, vielmehr ist die Stellung des Abnehmers im Vergleich zu anderen Abnehmern interessant. Diese müssen dabei nicht der eigenen Branche angehören. Es sind sämtliche um das Angebot des Lieferanten konkurrierende Abnehmer zu berücksichtigen. Die Kriterien zur Abbildung des Lieferantenpotenzials und der Angebotsmacht deuten darauf hin, dass die Ausprägung dieser Charakteristika abhängig ist von der betrachteten Geschäftsbeziehung. So kann der gleiche Lieferant für bestimmte Leistungsumfänge ein hohes Potenzial besitzen und eine sehr hohe Bereitschaft zur Zusammenarbeit aufweisen, für einen anderen Lieferumfang aber der falsche Geschäftspartner sein.12

11 Wildemann (2000). 12 Wildemann (2000).

16

186

Kapitel 16 · Methoden der Beschaffung

Schritt 3: Positionierung der Analyseobjekte: In dem Portfolio werden nun die jeweiligen Analyseobjekte positioniert, d. h. in der Matrix platziert. Schritt 4: Ableitung strategischer Handlungsempfehlungen: Aus der Position der Analyseobjekte lassen sich Normstrategien für ihre zukünftige Entwicklung ableiten. Zu den bedeutendsten Beschaffungsportfolios gehört das auf Kraljic zurückgehende Material-Lieferanten-Portfolio.13 Es ermöglicht die Ableitung strategischer Stoßrichtungen (Normstrategien) anhand der in . Abb. 16.7 aufgezeigten Analysedimensionen. Das Ergebnis dient sowohl der Analyse des Ist-Zustandes als auch der Entwicklung zukunftsorientierter Beschaffungsstrategien. Hierbei können die Normstrategien als Ausgangspunkt dienen, um einerseits bestehende Kunde-Lieferanten-Beziehungen zu stabilisieren, zu verbessern bzw. weiterzuentwickeln oder auch zu beenden und andererseits Anforderungen an adäquate neue Lieferanten zu identifizieren. Dazu beschreiben die Normstrategien die je Portfoliofeld zu verfolgende Zielausrichtung der Geschäftsbeziehungen, die Formen der Zusammenarbeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette sowie die Hebel zur Identifikation von Rationalisierungspotenzialen. Gleichwohl ist anzumerken, dass die Normstrategien nicht die spezifische Betrachtung der Beschaffungsgüter/quellenkombinationen und die individuelle Ableitung von Kooperationsmustern zwischen Kunde und Lieferant ersetzen, vielmehr sind sie als Anleitungen zur grundsätzlichen Ausrichtung der jeweiligen Beschaffungsaktivitäten zu betrachten. 16.4.1.3  Ergebnisse und Handlungsableitungen

16

Strategische Teile: Hierbei handelt es sich um Teile mit einem hohen Einkaufsvolumen, die oft nach Kundenspezifikation geliefert werden. Häufig ist nur eine Lieferquelle verfügbar, die nicht kurzfristig und ohne erhebliche Kosten gewechselt werden kann. Üblicherweise haben strategische Teile einen erheblichen Einfluss auf die Kostenstruktur des Endproduktes, in das sie einfließen. Die Kommunikation und Interaktion zwischen Kunde und Lieferant sind gewöhnlich stark ausgeprägt. Entsprechend zielt die strategische Stoßrichtung auf den Aufbau einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit. Zusammenfassend lässt sich die Normstrategie „Aufbau einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit (Wertschöpfungspartnerschaft)“ wie folgt charakterisieren:14 5 Ausgangssituation – hohes Einkaufsvolumen der Materialien bei hohem materialgruppenspezifischem Versorgungsrisiko – hohes Lieferantenentwicklungspotenzial – hohes Einkaufsvolumen pro Lieferant

13 Kraljic (1983). 14 Kraljic (1983); Wildemann (2000); Klug (2004).

16.4 · Portfolio-Analyse

187

– Anbieteroligopol oder -monopol – Berührungspunkte zwischen Abnehmer und Lieferant in Produktion, Qualitätssicherung, Logistik und Entwicklung 5 Zielausrichtung der Abnehmer-Lieferanten-Beziehung – Kooperative Zielausrichtung durch Vermeidung einseitiger Lieferantenabhängigkeit schaffen 5 Hebel zur Potenzialrealisierung – Berücksichtigung des Beschaffungsmarktes vor der Produkt- und Prozessentwicklung – Effizienzsteigerung der Zusammenarbeit entlang der gesamten logistischen Kette Hebelteile: Diese Teile können üblicherweise mit einem hohen Qualitätsstandard von einer großen Anzahl von Lieferanten bezogen werden. Sie repräsentieren einerseits einen relativ großen Anteil an den Kosten des Endproduktes, andererseits haben bereits kleine Änderungen des Einstandspreises eine starke Hebelwirkung auf die Kosten. Entsprechend sollte ein aggressives Beschaffungsmarketing betrieben und der Wettbewerb unter den Lieferanten weiter verstärkt werden. Charakteristisch ist die große Freiheit des Kunden in der Lieferantenwahl. Zugleich sind die Kosten eines Lieferantenwechsels i. d. R. gering. Entsprechend gilt als Normstrategie die Ausschöpfung des Marktpotenzials, die folgende Merkmale aufweist:15 5 Ausgangssituation – hohes Einkaufsvolumen der Materialien – hohes Lieferantenentwicklungspotenzial bei hoher und höchster Nachfragemacht – hohes Einkaufsvolumen pro Lieferant – Systemcharakter der Einkaufsgüter – Berührungspunkte zwischen Abnehmer und Lieferant in Produktion, Qualitätssicherung und Logistik 5 Zielausrichtung der Abnehmer-Lieferanten-Beziehung – Marktpotenzial nutzen, aber kooperative Zielausrichtung der Abnehmer-Lieferanten-Beziehung zu beidseitigem Gewinn schaffen 5 Hebel zur Potenzialrealisierung – Preiswettbewerb vor Aufnahme einer Lieferbeziehung – Effizienzsteigerung der Zusammenarbeit entlang der gesamten logistischen Kette – Verlängerung der Vertragslaufzeiten mit Preissenkungsstaffeln – Verträge mit Rationalisierungsklauseln Engpassteile: Diese Teile repräsentieren ein kleines Einkaufsvolumen, weisen aber ein hohes Versorgungsrisiko auf. Die mögliche Anzahl der Lieferquellen ist i. d. R. sehr limitiert, häufig steht nur ein Lieferant zur Verfügung. Im Allgemeinen dominiert der Lieferant die Kunde-Lieferanten-Beziehung, was sich häufig in hohen Einstandspreisen, langen Lieferzeiten und schlechtem Service niederschlägt. Die

15 Klug (2004).

16

188

Kapitel 16 · Methoden der Beschaffung

strategische Grundausrichtung strebt daher eine Erhöhung der Versorgungssicherheit an. Dies kann z. B. über Sicherheitsbestände, alternative Produkte bzw. Verfahren oder mithilfe neuer Lieferanten erreicht werden. Materialsubstitutionen sollten bereits bei der Produktentwicklung eingeplant werden, um den Aktionsspielraum der Beschaffung zu vergrößern. Die Normstrategie „Sicherstellen der Verfügbarkeit“ weist folgende Merkmale auf:16 5 Ausgangssituation – geringes Einkaufsvolumen der Materialien und hohes Versorgungsrisiko – geringes Lieferantenentwicklungspotenzial bei hoher Angebotsmacht – Anbieteroligopol oder Vielfach-Monopol – hohe Einkaufspreise bei geringen Einkaufsvolumina – hohe Kosten bei Nichtverfügbarkeit 5 Zielausrichtung der Abnehmer-Lieferanten-Beziehung – Sicherstellen der Verfügbarkeit 5 Hebel zur Potenzialrealisierung – Senkung des Versorgungsrisikos in laufender Serie durch Bestandsmanagement (Vorhaltung von Sicherheitsbeständen) und Qualitätssicherung – Senkung des Versorgungsrisikos für zukünftige Bedarfe durch gezielte Produkt- und Prozessentwicklung – Erschließung neuer Beschaffungsquellen und Aufbau von Lieferanten

16

Standardteile: Die Standardteile weisen aus Sicht der Beschaffung nur wenige technische und ökonomische Probleme auf. Sie haben gewöhnlich einen geringen Wert, sind stark standardisiert (DIN- und Normteile) und bei einer großen Anzahl von Lieferanten beziehbar. In dieser Kategorie liegt in der Praxis die größte Teileanzahl. Problematisch ist, dass die Kosten der Bestellabwicklung und des Handlings den Wert der Teile häufig übersteigen. Oft zeigt sich, dass die Teile 80 % des Aufwandes in der Beschaffung verursachen. Demgemäß strebt die Normstrategie eine effiziente Beschaffung der Standardteile an. Als Lösungsmöglichkeiten bieten sich automatisierte Bestellsysteme mit EDI-Anbindung zum Lieferanten oder E-Procurement-Lösungen an (vgl. 7 Kap. 25), mit denen der Bedarfsträger selbst beschaffen kann. Die Normstrategie „Effizient beschaffen“ kann durch folgende Merkmale gekennzeichnet werden:17 5 Ausgangssituation – geringes Einkaufsvolumen der Materialien und geringes Versorgungsrisiko – Angebotsmacht und Lieferantenentwicklungspotenzial auf niedrigem Niveau – geringes Beschaffungsvolumen pro Lieferant – Polypol – ausgereizte Einkaufspreise – kaum Preisdifferenzierung zwischen den Anbietern – Abnehmer kann die Geschäftsbeziehung dominieren

16 Klug (2004). 17 Klug (2004).

16.4 · Portfolio-Analyse

189

. Abb. 16.8  Material-Lieferanten-Portfolio (Beckmann 2004 in Anlehung an Wildemann 2000)

5 Zielausrichtung der Abnehmer-Lieferanten-Beziehung – Effizient beschaffen durch Optimierung der Prozessabläufe 5 Hebel zur Potenzialrealisierung – Vereinfachung der Beschaffungs- und Anlieferprozesse – Dezentralisierung der Entscheidungsbefugnis – technische Entfeinerung – Bedarfsbündelung Die Kombination des Teile- mit den Lieferantenportfolios zum Material-Lieferanten-Portfolio gemäß . Abb. 16.8 ermöglicht eine übersichtliche Darstellung der im Abnehmerunternehmen herrschenden Beschaffungsgüter und quellenstruktur. Der Ergebniseinfluss einer einzelnen Beschaffungsgüter/quellenkombination wird durch die Größe des Kreises im Portfolio abgebildet. Die so entwickelte 16-Felder-Matrix erlaubt die komprimierte Darstellung der aktuellen Beschaffungsgüter/quellensituation in einem Abnehmerunternehmen und bildet gleichzeitig die Basis zur Ableitung differenzierter Beschaffungsstrategien je Materialgruppe.18 Zudem ist eine weitergehende Analyse der Stimmigkeit zwischen den Eigenschaften der Teile und den zugeordneten Lieferanten möglich.

18 Wildemann (2000).

16

190

Kapitel 16 · Methoden der Beschaffung

. Abb. 16.9  Marktmacht-Portfolio (nach Arnolds et al. 2010)

16.4.2  Marktmacht-Portfolio 16.4.2.1  Zielsetzung

Das Marktmacht-Portfolio erfasst die Angebotsmacht des/der Lieferanten und die Nachfragemacht des Abnehmers. Ziel ist es, auf Basis der Analyse verschiedener Marktmacht-Konstellationen unterschiedliche Normstrategien aufzuzeigen und dadurch die strategische Richtung abzuleiten.19 . Abb. 16.9 gibt die entsprechende Portfolio-Matrix an. Die Matrix zeigt anhand der Marktmacht-Konstellationen vier Felder mit den jeweiligen Normstrategien auf, welche in 7 Abschn. 16.4.2.3 beschrieben werden. Zunächst wird die Vorgehensweise zur Erstellung dieses Portfolios erläutert. 16.4.2.2  Anfertigung des Marktmacht-Portfolios

16

Grundlage des Portfolios sind die Angebotsmacht des Lieferanten und die Nachfragemacht des Abnehmers. Die Angebotsmacht kann anhand verschiedener Kriterien beurteilt werden. Diese sollten, abhängig von der Branche und dem Betrieb, entsprechend angepasst werden. Beispiele für geeignete Kriterien sind z. B.: 5 Einzigartigkeit des Produktes 5 Struktur des Angebots (u. a. Anzahl Wettbewerber) 5 Marktanteil des Lieferanten 5 Kapazitätsauslastung 5 Marktwachstum

19 Arnolds et al. (2010, S. 30).

191

16.4 · Portfolio-Analyse

. Tab. 16.5  Punktbewertung der Angebotsmacht (Westermann 2009) Bewertungskriterien

Gewicht der Kriterien (1–10)*

Ausprägung der Kriterien (1–10)**

Gewicht der Kriterien mal Ausprägung

Marktanteil des Lieferanten

2

4

8

Gesamtzahl Anbieter

9

4

36

Spezifische Leistungen des Anbieters

2

8

16

Konjunkturlage

4

2

8

Gegengeschäfte

2

2

4

Gesamtpunktzahl (max. möglich 190)

72

* 1 = niedriges Gewicht, 10 = hohes Gewicht ** 1 = bewirkt niedrige, 10 = bewirkt hohe Angebotsmacht

Nachdem die Kriterien festgelegt worden sind, werden sie untereinander gewichtet und entsprechend ihrer Ausprägung bewertet. Hier eignet sich ein Punktbewertungsmodell (. Tab. 16.5).20 Die Nachfragemacht des Abnehmers wird auf ähnliche Weise bestimmt. Mögliche Kriterien könnten hierbei sein: 5 Einkaufsmarktanteil 5 Umstellungskosten (Kosten für Lieferantenwechsel) 5 Unabhängigkeit des Abnehmers Auch hier ist eine branchenindividuelle und unternehmenseigene Anpassung der Kriterien notwendig. Die Nachfragemacht kann ebenfalls mithilfe einer Punktbewertung berechnet werden, in der die Kriterien zunächst gewichtet und dann ihre Ausprägung und Gesamtpunktzahl bestimmt werden (vgl. . Tab. 16.6).21 Die Ergebnisse beider Analysen werden anschließend in einem Portfolio gegenübergestellt, sodass vier Normstrategien abgeleitet werden können. Bei der Stärke des Lieferanten bzw. des Abnehmers wird zwischen niedrig, mittel und hoch differenziert. 16.4.2.3  Ergebnisse und Handlungsableitungen

Die Portfolio-Matrix enthält, wie in . Abb. 16.9 zu erkennen, folgende vier Normstrategien: 5 Emanzipationsstrategie (Feld A) 5 Geschäftsfreundestrategie (Feld B)

20 Westermann (2009, S. 41 f.). 21 Westermann (2009, S. 42 f.).

16

192

Kapitel 16 · Methoden der Beschaffung

. Tab. 16.6  Punktbewertung der Nachfragemacht (Westermann 2009, S. 43) Chfragemacht des Abnehmers X Bewertungskriterien

Gewicht der Kriterien (1–10)*

Ausprägung der Kriterien (1–10)**

Gewicht der Kriterien mal Ausprägung

Einkaufsmarktanteil

8

5

40

Unabhängigkeit des Abnehmers

9

7

63

Umstellungskosten Lieferantenwechsel

3

8

24

Gesamtpunktzahl (max. möglich 190)

127

* 1 = niedriges Gewicht, 10 = hohes Gewicht ** 1 = bewirkt niedrige, 10 = bewirkt hohe Angebotsmacht

5 Anpassungs- und Selektionsstrategie (Feld C) 5 Chancenrealisierungsstrategie (Feld D) In Feld A (Emanzipationsstrategie) stehen dem Abnehmer starke Lieferanten mit einer großen Marktmacht gegenüber. Dem Abnehmer ist es wahrscheinlich nicht möglich, beschaffungspolitische Maßnahmen durchzusetzen, die den Lieferanten beispielsweise zu Zugeständnissen bei Preisen und Konditionen zwingen. In dieser Konstellation sollte der Abnehmer seine Position gegenüber den Lieferanten stärken. Es ist daher zu empfehlen, dass der Abnehmer seine Abhängigkeit vom jeweiligen Lieferanten reduziert oder sich in letzter Konsequenz von diesem trennt. Das Ziel dieser Strategie ist es, Produkte durch geeignete Maßnahmen in andere Matrixfelder zu überführen.22 Beispiele für Maßnahmen zur Stärkung der eigenen Position sind:23 5 Kooperationen auf der Beschaffungsseite 5 zentraler Einkauf bzw. Mengenbündelung 5 Einsatz von Normteilen 5 langfristige Verträge 5 hohe Lagerbestände beim Abnehmer

16

Beispiele für Maßnahmen zur Reduzierung der Abhängigkeit vom Lieferanten sind:24 5 Wertanalyse beim Abnehmer intensivieren 5 Suche von Substitutionsgütern 5 Lieferantenförderung und -entwicklung

22 Arnolds et al. (2010, S. 30). 23 Jung (2010, S. 362). 24 Jung (2010, S. 362).

16.4 · Portfolio-Analyse

193

5 Ausbau bzw. Beginn der Eigenfertigung 5 Suche nach neuen Lieferanten In Feld B (Geschäftsfreundestrategie) treffen Partner aufeinander, die auf Abnehmer- und Lieferantenseite eine starke Position besitzen. Keiner dieser Partner dominiert die Beziehung. Beide haben ein hohes Interesse, die Beziehung aufrechtzuerhalten. Um die Beziehung auch zukünftig stabil zu halten, sollte eine partnerschaftliche Kooperation mit intensivem Informationsaustausch angestrebt werden. Des Weiteren besteht die Notwendigkeit, dass die beschaffungs- und absatzpolitischen Absichten und Reaktionen des Abnehmers bzw. Lieferanten berücksichtigt werden müssen.25 In dem Feld C (Anpassungs- und Selektionsstrategie) begegnen sich Abnehmer und Lieferanten, die über keine nennenswerte Marktmacht verfügen. Die Beziehung zwischen Abnehmer und Lieferant ist in der Regel unpersönlich. Der Abnehmer betrachtet dabei in hohem Maße die Angebotspreise bei der Lieferantenauswahl. Er sollte aus allen potenziellen Lieferanten den günstigsten auswählen. Der Abnehmer hat meist nur geringen Verhandlungsspielraum und kann oftmals nur durch die Veränderung der Bestellmenge oder den Bestelltermin Preisschwankungen nutzen. Der Einkäufer ist in dieser Konstellation eher passiv, d. h., Vergabeverhandlungen werden teilweise gar nicht geführt. Er nutzt in der Regel die Bestellung per Katalog, sollte dabei jedoch regelmäßige Marktanalysen und -beobachtungen in angemessenem Aufwand durchführen.26 In Feld D (Chancenrealisierungsstrategie) dominiert der Abnehmer die Beziehung. Lieferanten besitzen eine schwache Position gegenüber dem Abnehmer. Aus diesem Grund sollte dieser seine Marktmacht im vollen Umfang ausnutzen und beschaffungspolitische Maßnahmen forcieren, was zu einem starken Wettbewerb zwischen den Lieferanten führt. Beispielhafte Maßnahmen seitens des Abnehmers sind:27 5 die Lieferantenerziehung 5 eine aktive Preis- und Kontraktpolitik durch kurzfristige Verträge oder Spotkäufe 5 die Übertragung von Lagerhaltung, Forschung, Entwicklung, Qualitätssicherung und Wertanalyse auf den Lieferanten 5 die Reduktion oder Einstellung der Eigenfertigung 16.4.3  Versorgungsrisiko-Portfolio 16.4.3.1  Zielsetzung

Ziel des Versorgungsrisiko-Portfolios ist es, anhand der Kombination des internen Versorgungsrisikos (Risiko der Materialbeschaffung) und der Einteilung der Beschaffungsobjekte mithilfe der ABC-Analyse für die unterschiedlichen Matrix-Konstellationen geeignete Strategien anzuwenden.

25 Arnolds et al. (2010, S. 31). 26 Arnolds et al. (2010, S. 32). 27 Jung (2010, S. 363).

16

194

Kapitel 16 · Methoden der Beschaffung

. Abb. 16.10  Versorgungsrisiko-Portfolio mit Normstrategien29

16.4.3.2  Anfertigung des Versorgungsrisiko-Portfolios

Die Beschaffungsobjekte werden entsprechend ihrer Einteilung in der ABC-Analyse (vgl. 7 Abschn. 16.1) auf eine der beiden Matrix-Achsen des Portfolios übertragen, wobei keine exakte, numerische Eintragung nötig ist. Die Beschaffungsobjekte werden eher grob in A-Typ (hohe Kapitalbindung) und C-Typ (geringe Kapitalbindung) eingeteilt. Auf der verbliebenen Achse wird das Versorgungsrisiko vermerkt. Kriterien zur Beurteilung des Versorgungsrisikos sind beispielsweise:28 5 politische Stabilität 5 Störanfälligkeit des Transportweges 5 Zuverlässigkeit der ausgewählten Lieferanten 5 Produktionsflexibilität 5 langfristige physische Verfügbarkeit der Rohstoffe im Vergleich zur Nachfrage 5 Gefahr künstlich erzeugter Angebotsverknappungen

16

Durch die Gegenüberstellung der beiden Analysen kann das in . Abb. 16.10 dargestellte Portfolio abgeleitet werden. Daraus lassen sich die entsprechenden Normstrategien ableiten (unterstrichen). 16.4.3.3  Ergebnisse und Handlungsableitungen

Schlüsselteile weisen ein hohes Versorgungsrisiko auf und sind zudem A-Artikel. Somit sind sie von hoher strategischer Wichtigkeit. Hier ist einerseits von besonderer Bedeutung, die Versorgung sicherzustellen, andererseits aber auch die Wirtschaft-

28 Piontek (2004, S. 126); Jung (2010, S. 364). 29 Kraljic (1983).

16.5 · Aufgaben zur Selbstüberprüfung

195

lichkeit nicht zu vernachlässigen. Der strategische Einkäufer muss diesen Objekten eine besondere Aufmerksam widmen, um diese konkurrierenden Faktoren in Einklang zu bringen. Es ist zu empfehlen, langfristige Lieferbeziehungen einzugehen und intensive Make-or-Buy-Analysen durchzuführen (vgl. 7 Abschn. 12.1.1).30 Engpassteile sind durch ein hohes Versorgungsrisiko und ein geringes Einkaufsvolumen (C-Artikel) charakterisiert. Bei diesen Produkten sollte vor allem die Verfügbarkeit gewährleistet werden. Hier spielen beispielsweise eigene Sicherheitsbestände, die Lieferantenpflege und eine langfristige Lieferbeziehung eine zentrale Rolle.31 Als Hebelteile werden A-Artikel bezeichnet, welche ein geringes Versorgungsrisiko aufweisen. Hier sollte sich der Abnehmer auf die Reduzierung bzw. Optimierung von Beschaffungspreisen und -konditionen konzentrieren.32 Das Marktpotenzial sollte völlig ausgeschöpft werden, z. B. durch die intensive Suche nach leistungsfähigen Lieferanten und die Durchführung von internationalen Marktanalysen und Preisvergleichen. Lagerbestände sollten möglichst niedrig gehalten werden. Unproblematische Teile sind C-Artikel mit einem niedrigen Versorgungsrisiko. Bei der Auswahl eines Lieferanten sollte vor allem die Wirtschaftlichkeit berücksichtigt werden. Die Beschaffungsaktivitäten sollten effizient abgewickelt werden, d. h., ein verstärkter Einsatz von elektronischer Datenverarbeitung und die Reduzierung von Bestellabwicklungskosten sollten im Fokus stehen.33 16.5  Aufgaben zur Selbstüberprüfung

1. Nennen Sie drei in der Beschaffung relevante Portfolios. 2. Das Material-Lieferanten-Portfolio wird aus zwei Portfolios abgeleitet. Zeichnen und erklären Sie diese. 3. Zeichnen Sie das Marktmacht-Portfolio. Erklären Sie jede der vier enthaltenen Strategien in zwei bis drei Sätzen. 4. Nennen Sie jeweils zwei Kriterien, mit denen die Angebots- und Nachfragemacht bestimmt werden können. Begründen Sie kurz. 5. Die Horcht AG beschafft Teile bei der Koch GmbH. Nach Betrachtung der Machtverhältnisse muss die Horcht AG feststellen, dass sie nur über eine geringe, die Koch GmbH jedoch über eine hohe Marktmacht verfügt. Nennen und begründen Sie drei Maßnahmen, welche die Horcht AG treffen könnte, um diese Abhängigkeit von der Koch GmbH zu reduzieren. 6. Zeichnen und erklären Sie das Versorgungsrisiko-Portfolio. 7. Stellen Sie grafisch die Strategien dar, die sich aus dem Versorgungsrisiko-Portfolio ableiten lassen. 8. Nennen Sie drei Kriterien zur Beurteilung des Versorgungsrisikos.

30 31 32 33

Janker (2004, S. 99); Piontek (2004, S. 127). Piontek (2004, S. 127). Janker (2004, S. 99). Janker (2004, S. 99); Piontek (2004, S. 127).

16

197

Beschaffungsstrategie Inhaltsverzeichnis 17.1 Entwicklung zum strategischen Beschaffungsmanagement – 198 17.2 Strategische Aufgaben der Beschaffung – 201 17.3 Strategisches Beschaffungsmanagement – 203 17.4 Sourcing-Konzepte – 207 17.5 Aufgaben zur Selbstüberprüfung – 224

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 H. Beckmann, Grundkurs Beschaffungsmanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-39125-6_17

17

198

Kapitel 17 · Beschaffungsstrategie

Eine Strategie definiert die grundsätzliche und langfristige Verhaltensweise der Unternehmung und ihrer relevanten Teilbereiche (hier der Beschaffung) gegenüber ihrer Umwelt zur Verwirklichung der langfristigen Ziele. Die Strategie trifft Aussagen zu den folgenden vier Bereichen:1 5 Tätigkeitsbereich, d. h. zum Ausmaß der Umweltbeziehungen der Unternehmung (scope/domain) 5 Ressourcen der Unternehmung und zu den damit verbundenen Fähigkeiten, die strategischen Ziele zu erreichen (distinctive competence) 5 zu Wettbewerbsvorteile der Unternehmung (competitive advantage) 5 Synergien, die durch die strategischen Entscheidungen entstehen können. Beschaffungsstrategien müssen aus dem Handlungsfeld der Beschaffung einen Beitrag zu den vier oben angeführten Bereichen leisten. Merksatz: Die Beschaffungsstrategie kann als ein Regelwerk beschrieben werden, das die Konfiguration der Beschaffungsanstrengungen eines Unternehmens im Laufe der Zeit als Reaktion auf Veränderungen des Wettbewerbs und des Umfelds steuert.2 17.1  Entwicklung zum strategischen Beschaffungsmanagement

17

Unternehmen sind branchenübergreifend einer enormen und weiter wachsenden Komplexität (z. B. durch komplexe Produkte, Variantenvielfalt, Individualisierung, Vielzahl von Lieferanten) ausgesetzt, bei gleichbleibender Dynamik, mit der sich Anforderungen verändern (z. B. sinkende Lieferzeiten, knappe Vorlaufzeiten und immer kürzere Modellzyklen: im Bereich von Handys 7–9 Monate, Tendenz weiter sinkend). Beispiel: Der Trend bei den Automobilherstellern führt zu einer ausschließlichen Montage der Fahrzeuge, die Fertigung der einzelnen Komponenten und Systeme übernehmen verstärkt Fremdfirmen. „Die Individualisierung (…) hat zu einer Vielzahl von Modellvarianten geführt. Die Folge ist ein ungeheures Wachstum an zu beschaffenden Artikeln und Mengen. Bei einem Automobilhersteller erhöhte sich die Anzahl der Einzelartikel für das gesamte Produktionsprogramm von ca. 30.000 Teilen im Jahre 1965 auf ca. 90.000 Teile im Jahre 1986. Dies bedeutet für das Unternehmen eine gewaltige Zunahme von Transport, Lagerung, Bereitstellung, Verwaltung und Beschaffung von Material. Um die Teilevielfalt einzuschränken, (…) reduzieren die Unternehmen z. B. ihre Eigenfertigungstiefe, bilden technologieorientierte und produktionsorientierte Fertigungszentren, arbeiten nach dem Baukastensystem oder mit Komponentenfertigung. Die sich aus der Teile- und Materialvielfalt ergebenden Beschaffungsaktivitäten erhalten durch die Beschaffungslogistik eine neue Organisationsstruktur und veränderte Arbeitsweisen, um die Versorgung von Fertigung und Montage mit Material sicherzustellen.“3

1 2 3

Gillenkirch (2021). Scheuing (1989). Heinrich (1995).

17.1 · Entwicklung zum strategischen Beschaffungsmanagement

199

. Abb. 17.1  Basisstrategien zum Umgang mit Komplexität und Dynamik (Beckmann 2004)

Unternehmen geraten laut Bleicher4 somit zunehmend in eine Zeitschere. Die notwendige Zeit zur Anpassung an veränderte Rahmenbedingungen steigt bedingt durch die Komplexität der Handlungssituation, gleichzeitig sinkt die verfügbare Reaktionszeit durch die wachsende Dynamik der Anforderungen. Um in diesem Kontext zu bestehen, lassen sich drei Basisstrategien identifizieren (vgl. . Abb. 17.1):5 5 Reduktion der benötigten Reaktionszeit 5 Erhöhung der verfügbaren Reaktionszeit 5 Reduzierung der Komplexität und Dynamik Viele der aufgezeigten Konzepte zur Umsetzung der Basisstrategie finden sich in der SMART-Fabrik wieder. Am Beispiel der SMART-Fabrik werden im Folgenden Überlegungen im Bereich von Beschaffungsstrategien verdeutlicht. Beispiel: SMART-Fabrik.6 Unter dem Begriff SMART-Fabrik (vgl. . Abb. 17.2) ist immer der gesamte industrielle Komplex „Smartville“, wie diese moderne Fabrik vom Unternehmer getauft wurde, gemeint. Rechtlich betrachtet besteht sie aus dem Montagewerk der SMART-Firma MCC (Micro Compact Car, heute eine hundertprozentige Tochter von Daimler) und 13 sogenannten „Systempartnern“. Diese werden meistens als „Zulieferer“ bezeichnet, wobei es sich produktionstechnisch um eine integrierte Fabrik auf einem geschlossenen Werksgelände mit zentraler Zufahrt handelt. Das Auto selbst ist so gestaltet, dass es aus wenigen vormontierten Komponenten und einer Reihe von Kleinteilen zusammengesetzt werden kann. Die Hauptmodule, die von

4 5 6

Bleicher (1992). Beckmann (2004). Bölstler (1998); Wildcat-Zirkular (2000).

17

200

Kapitel 17 · Beschaffungsstrategie

. Abb. 17.2  SMART-Werk in Hambach (smart)

17

den „Systempartnern“ angeliefert werden, sind Karosserie (Magna Châssis), Cockpit (Mannesmann-VDO), Frontmodul (Bosch), Hinterachs-Antriebsmodul (Krupp), Türen (erst Ymos, jetzt Magna Doors). Die Lackiererei wird von der Firma Surtema-Eisenmann betrieben, die äußeren Kunststoffverkleidungen werden von Dynamit Nobel auf dem Gelände produziert. Die Endmontage bei MCC ist dadurch auf 4,5 h pro Auto verkürzt worden. MCC gibt die eigene Fertigungstiefe (also ihren Anteil an der Gesamtproduktion des Autos) mit 8 % an, d. h., 92 % der Arbeit erfolgt bei anderen Firmen.7 Von diesen 8 % wird nur ein kleiner Teil in der SMART-Fabrik geleistet. Wichtige Komponenten und Teile werden von außerhalb angeliefert (z. B. der Motor von Mercedes in Berlin, die Hinterachse von Mercedes in Bremen, die Sitze vom französischen Sitzehersteller Edgar Faure). Die Fertigungstiefe der gesamten Fabrik in Hambach beträgt etwa 20 % – also 8 % bei MCC und 12 % bei den „Systempartnern“, was in etwa der Zahl der Beschäftigten in den beiden Bereichen entspricht: 700 bei MCC und 1100 bei den „Systempartnern“. In diesem Beispiel liegt ein modulares Produktionskonzept, zusammengeschlossen aus unabhängigen

7

Bölstler (1998).

17.2 · Strategische Aufgaben der Beschaffung

201

­ nternehmen, vor. Lag die Fertigungstiefe klassischer Automobilwerke noch bei U 50 % und mehr, bilden die neuen Fabriken „nur“ noch den Endpunkt einer langen Kette von Zulieferfabriken.8 Bei den „Systempartnern“ von MCC handelt es sich um große Zulieferkonzerne wie Krupp, Magna oder Dynamit Nobel und Logistikfirmen wie TNT, die auf eigene Kosten in Hambach Produktionsstätten aufgebaut und einen großen Teil der Entwicklungskosten für die Module übernommen haben. Für MCC, d. h. für Daimler, sind die Investitionen damit deutlich geringer geworden. In Hambach investierte MCC 228 Mio. € und die Zulieferer 197 Mio. € – die Gesamtinvestitionen inklusive Entwicklungskosten und Händlernetz sollen etwa 1,23 Mrd. € betragen haben.9 Durch diese Entwicklung hat die strategische Komponente der Beschaffung stark an Bedeutung gewonnen. Der Einsatz von Alternativmaterialien, der Aufbau von Entwicklungs- und Logistikpartnerschaften, Maßnahmen der Standardisierung, der Qualitätssicherung und die Entwicklung durchdachter Beschaffungsstrategien sind nur über einen längeren Zeitraum zu realisieren. Begriffe wie Beschaffungspolitik, Beschaffungsweg, Beschaffungsmarketing und Beschaffungsprogramm machen darauf aufmerksam, dass nicht nur innerbetriebliche Erfordernisse den Versorgungsprozess bestimmen, sondern auch die jeweilige Marktverfassung, die sich aus der Marktform, der Konjunkturlage und dem Leistungs-potenzial des einzelnen Lieferanten ergibt. Das Ausschöpfungspotenzial günstiger Angebotssituationen soll so genutzt werden. Zudem ist es erforderlich, dass alle Marktveränderungen innerbetrieblich frühzeitig bekannt werden, um sich bietende Chancen infolge technischen Fortschritts oder regionaler Erweiterung zu nutzen. Merksatz: Eine kontinuierliche Anpassung der komplexen Wertschöpfungsnetzwerke an das sich dramatisch und stetig verändernde Umfeld erfordert eine flexible und schnelle Abstimmung der unternehmensübergreifenden Geschäftsprozesse. Die dafür notwendige inhaltlich flexible Zusammenarbeit über Unternehmensgrenzen hinweg stellt die Beschaffung vor neue Herausforderungen, die sich in den strategischen Beschaffungszielen niederschlagen. 17.2  Strategische Aufgaben der Beschaffung

„Die Beschaffung umfasst (…) sämtliche Unternehmens- und/oder marktbezogenen Tätigkeiten, die darauf gerichtet sind, einem Unternehmen die benötigten, aber nicht selbst hergestellten Objekte verfügbar zu machen.“10 Die Beschaffung von Sachgütern und Dienstleistungen erfordert im aufgezeigten Umfeld den Einsatz angemessener Vorgehensweisen und somit die Festlegung strategischer Programme für die jeweiligen Güterkriterien. Dem beschaffenden Unternehmen stehen mehrere Möglichkeiten für die konzeptionelle Gestaltung einer ­Beschaffungsstrategie zur

8 Wildcat-Zirkular (2000). 9 Wildcat-Zirkular (2000). 10 Arnold (1997).

17

202

17

Kapitel 17 · Beschaffungsstrategie

Auswahl, die durch die optimale Verknüpfung der unterschiedlich zur Verfügung stehenden Konzepte zur Ausgestaltung der Beschaffungskanäle entsteht. Im Folgenden wird die Vorgehensweise zur Bearbeitung einer Beschaffungskonzeption im Kontext unterschiedlicher Beschaffungssituationen dargestellt. Angesichts der geschilderten verschärften Rahmenbedingungen haben die strategischen Aufgaben im Vergleich zu den operativen Zielen und Aufgaben stark an Bedeutung gewonnen. Die strategischen Beschaffungsaufgaben zur Verbesserung oder zum Erhalt der Wettbewerbsposition können vier Teilbereichen zugeordnet werden:11 5 Integrationsfähigkeit der Produkte/Prozesse Die Integration der vom Lieferanten bezogenen Vorleistungen in die eigenen Wertschöpfungsprozesse stellt eine wichtige strategische Aufgabe dar. Der Ansatzpunkt zur Optimierung der Schnittstellen liegt häufig in der Variantenpolitik und somit in der Gestaltung der Beschaffungssortimente. Eine Minimierung der Anzahl unterschiedlicher Beschaffungsobjekte führt regelmäßig zu einem Standardisierungseffekt und somit zu einer Optimierung der Schnittstelle. 5 Innovationsfähigkeit steigern Lieferanten spielen beim Innovationsprozess eines Unternehmens mittlerweile eine große Rolle. Leistungsfähige Lieferanten werden schon früh in den Produktentwicklungsprozess einbezogen und können dadurch zu einer Verkürzung der jeweiligen Produktentwicklungszyklen beitragen. Sie können dem Unternehmen zu beträchtlichen zeitlichen Wettbewerbsvorsprüngen verhelfen (Reduzierung der „Time to Market“). Die strategische Aufgabe des Beschaffungsmanagements besteht darin, das Innovationspotenzial von Lieferanten zu erkennen und – gegebenenfalls exklusiv – zu nutzen. Stark unterstützend wirkt in dieser Beziehung die Bereitschaft des Lieferanten, sich mit den marktbezogenen Aufgaben seines Kunden zu beschäftigen und zu deren Erfüllung nachhaltig beitragen zu wollen. Förderlich für eine solche Bereitschaft sind geeignete Anreize des Lieferantenmanagements. 5 vertikale Verbundeffekte erschließen Die Grundlage für die Erschließung vertikaler Verbundeffekte liegt in einer Analyse der Wertschöpfungsaktivitäten unter Einbeziehung der Vor- und Nachstufen. Zielsetzung ist die Optimierung der Aufgabenzuordnung in der Organisation der Wertschöpfungskette, die zu kostengünstigeren und/oder qualitativ besseren Ergebnissen für die Beteiligten führt (zum Beispiel Vermeidung paralleler Arbeitsgänge in der Qualitätskontrolle, Logistik und Disposition; Beteiligung der/des Lieferanten an F&E-Projekten; Verlagerung von (Teil-)Prozessen auf den Lieferanten). Das Konzept des Supply Chain Managements (SCM) trägt gerade zu diesem Aspekt der stufenübergreifenden Koordination von Wertschöpfungsaktivitäten bei. 5 horizontale Verbundeffekte erschließen Horizontale Verbundeffekte zielen auf Optimierungspotenziale ab, die Nachfrager durch kollektives Handeln erzielen können. Einen klassischen Anwendungsfall stellen dabei Einkaufskooperationen dar.

11 Arnold (1997, 1989).

17.3 · Strategisches Beschaffungsmanagement

203

. Abb. 17.3  Phasen der strategischen Beschaffungsplanung (Beckmann 2008)

17.3  Strategisches Beschaffungsmanagement

Das strategische Management ist auf den Aufbau, die Pflege und die Nutzung von Erfolgspotenzialen gerichtet. Unter einem strategischen Erfolgspotenzial wird die Fähigkeit verstanden, die es einem Unternehmen erlaubt, im Vergleich zur Konkurrenz längerfristig überdurchschnittliche Erträge zu erzielen. Wie aufgezeigt sind die Integrationsfähigkeit der Produkte/Prozesse, die Steigerung der Innovationsfähigkeit und die Erschließung von vertikalen und horizontalen Verbundeffekten wesentliche Erfolgspotenziale der Beschaffung. Den mit dem strategischen Beschaffungsmanagement verbundenen Planungsprozess veranschaulicht . Abb. 17.3. Die Umweltanalyse erfolgt im Rahmen der Beschaffungsmarktforschung (vgl. 7 Kap. 15). Sie umfasst alle Aktivitäten, die das systematische Zusammentragen und Verarbeiten von Informationen betreffen, um fundierte Kenntnisse über die Bedingungen und Vorgänge auf den bisherigen oder möglichen zukünftigen Beschaffungsmärkten zu erlangen. Dabei werden folgende Ziele verfolgt: 5 Verbesserung der Markttransparenz, um damit die Voraussetzungen für optimale Beschaffungsentscheidungen zu schaffen 5 Erschließung neuer Erfolgspotentziale durch regelmäßige und systematische Markterkundung 5 Frühzeitige Erkennung kritischer Marktsituationen 5 Absicherung bestehender Erfolgspotentziale 5 Bereitstellung von Informationen, die zur Vermeidung und Senkung von Kosten in Beschaffung, Produktion und Absatz beitragen können Die Umsetzung der Aufgaben und Ziele erfolgt in folgenden Schritten (vgl. 7 Abschn. 15.2): 5 Selektion von Objekten der Beschaffungsmarktforschung 5 Selektion von Informationsinhalten von – Beschaffungsobjekt

17

204

Kapitel 17 · Beschaffungsstrategie

. Abb. 17.4  Perspektiven einer Balanced Scorecard (in Anlehnung an Horvàth & Partner 2004)

– Lieferanten – Angebot und Nachfrage am Beschaffungsmarkt – Bewegungen und Entwicklungen am Beschaffungsmarkt 5 Selektion von Methoden und Informationsquellen der Beschaffungsmarktforschung 5 Auswertung der Marktforschungsinformation

17

Die Unternehmensanalyse beabsichtigt u. a. die Erfassung der aktuellen Situation, interner Rahmenbedingungen, der Anforderungen der internen Kunden sowie der Anfälligkeit des Unternehmens in Bezug auf Versorgungsstörungen. Zur Erfassung der aktuellen Situation sind Stärken und Schwächen in Bezug auf Strategien, Organisationsstrukturen, Prozesse, IT- und Controlling-Systeme und Mitarbeiter zu analysieren. Ein Instrument zur Zusammenführung der Ergebnisse der Umwelt- und Unternehmensanalyse stellen Beschaffungsportfolios dar (vgl. 7 Abschn. 16.4). Der daran anschließende Schritt der Strategieentwicklung beginnt mit der Ableitung der strategischen Ziele. Ziel ist es, den Entwicklungsprozess auf die strategisch relevanten Ziele zu fokussieren. Die einzelnen Schritte dabei sind: strategische Ziele entwickeln, auswählen und dokumentieren.12 Als hilfreiches Instrument kann der Balanced-Scorecard-Ansatz genutzt werden, bei dem die Ziele verschiedenen Perspektiven zugeordnet werden. Beispielhafte Perspektiven für den Bereich Beschaffung zeigt . Abb. 17.4. Die Entwicklung sogenannter Strategy Maps stellt eines der zentralen Elemente einer Balanced Scorecard dar. Ziel ist es, die Ursache-Wirkungs-Beziehungen zwischen den strategischen Zielen herauszuarbeiten und zu dokumentieren. Dies ermöglicht die Harmonisierung der verschiedenen Vorstellungen über die

12 Horvàth & Partner (2004).

17.3 · Strategisches Beschaffungsmanagement

205

. Tab. 17.1  Ergebnis der Zieldefinition (Ausschnitt) (Beckmann 2004)

­ irkungsweise der Strategie. Strategische Beschaffungsziele stehen nicht losgelöst W und unabhängig nebeneinander, sondern sind miteinander verknüpft und beeinflussen sich gegenseitig.13 Das Auswählen der Messgrößen dient dazu, strategische Ziele klar und unmissverständlich auszudrücken sowie die Entwicklung der Zielerreichung verfolgen zu können. Über das Messen von strategischen Zielen soll das Verhalten in eine gewünschte Richtung beeinflusst werden. Um die Eindeutigkeit bei der Beurteilung der Zielerreichung zu gewährleisten, sollten nicht mehr als zwei, in seltenen Fällen drei Messgrößen für jedes strategische Ziel bestimmt werden. Erst durch die Festlegung eines Zielwertes und -termins ist ein strategisches Ziel vollständig beschrieben.14 Das Ergebnis der Portfolio-Analyse zeigt, dass in der Lieferantenperspektive eine differenzierte Betrachtung und Zieldefinition nach Lieferanten-Typ (Standard-Lieferanten etc.) notwendig sind. Ein Ergebnis der Zieldefinition zeigt . Tab. 17.1 beispielhaft für die Lieferantenperspektive. Im nächsten Schritt sind die zur umfassenden Zielerreichung notwendigen Strategien zu entwickeln. Hierbei können drei Schritte unterschieden werden: 5 Überblick über die laufenden Strategien, deren Zielwirkung sowie die mit der Umsetzung gebundenen Ressourcen 5 Erarbeitung von Ideen für Strategien zur Umsetzung der strategischen Ziele 5 Strukturierung und Zusammenführung zu einem Strategiemix

13 Horvàth & Partner (2004). 14 Horvàth & Partner (2004).

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206

Kapitel 17 · Beschaffungsstrategie

Die bereits vorhandenen Strategien sind hinsichtlich ihrer Zielwirkung zu validieren. Solche, die beibehalten werden sollen, werden den strategischen Zielen zugeordnet. Wenngleich die Erarbeitung von Ideen für Strategien als unternehmensspezifischer kreativer Prozess zu betrachten ist, kann neben der über das Portfolio entwickelten Stoßrichtung auf zahlreiche Strategieelemente zurückgegriffen werden. Strategische Programme für die Beschaffungspolitik entstehen dadurch, dass verschiedene beschaffungsstrategische Elemente und Prinzipien sinnvoll miteinander kombiniert werden. Die typischen Kombinationen solcher Merkmalsausprägungen können als Sourcing-Konzepte bezeichnet werden. Sie charakterisieren den Kern einer Beschaffungsstrategie.15 Nach Arnold et al. (2000) lassen sich sechs Strategieelemente einer Beschaffungsstrategie mit folgenden Ausprägungen unterscheiden:16 5 Lieferantenstrategie: Sole, Single, Dual und Multiple Sourcing 5 Beschaffungsobjektstrategien: Unit-, Modular und System-Sourcing 5 Beschaffungszeitstrategien: Stock, Demand-tailored und just in time 5 Beschaffungssubjektstrategien: Individual und Collective Sourcing (Einkaufskooperation) 5 Beschaffungsarealstrategien: Local, Domestic und GlobalSourcing 5 Wertschöpfungsstrategien: Ort, an dem die Wertschöpfung des Lieferanten erbracht wird. External Scourcing (Wertschöpfung an Produktionsstätte des Lieferanten) und Internal Sourcing (Ansiedlung der Lieferanten in der Nähe oder gar in der Produktionsstätte des Kunden) Koppelmann wählt einen anderen Weg zur Strukturierung der Strategieelemente. Im Folgenden werden daraus lediglich ergänzende Strategieelemente und deren Ausprägungen aufgezeigt: 5 Produktstrategie: a) Eigenentwicklung Lieferant, Entwicklungsvorgaben durch Kunden und Entwicklungskooperation b) Standardisierung über Baukastensysteme und Plattformstrategien 5 Kommunikationsstrategien: geringer Informationsaustausch (Schutz des Knowhows) vs. offener, beschleunigter Informationsaustausch zur Synchronisation der Prozesse und als Frühwarninformation 5 Servicestrategien: Outsourcing von Dienstleistungen (z. B. Entsorgungsleistungen) 5 Preisstrategien: Minimalpreis, Marktdurchschnittspreis und Fairpreis-Strategie

17

Darüber hinaus ist die Leistungstiefendefinition (Outsourcing vs. Insourcing) als mögliches Element einer Beschaffungsstrategie zu nennen. Die in einem kreativen Prozess aus den aufgezeigten Strategieelementen ausgewählten sowie die individuell entwickelten Strategieelemente sind zu strukturieren und anschließend den strategischen Zielen zuzuordnen.

15 Arnold (1997); Arnold (1989). 16 Arnold et al. (2000).

17.4 · Sourcing-Konzepte

207

Im Schritt Strategiebewertung und Auswahl werden der Aufwand und der zu erwartende Nutzen der Strategieumsetzung ermittelt. Eine genaue Aufwandsschätzung erfordert eine sorgfältige Planung und somit Zeit: Ein Zeitverzug bei der Erstellung der Balanced Scorecard wäre ansonsten die Folge. Bevor eine Feinabschätzung der Kosten stattfindet, erfolgt daher zunächst eine Grobschätzung. Meist genügt den Projektteilnehmern eine solche Grobschätzung zur Priorisierung und Beurteilung, ob eine strategische Aktion überhaupt im weiteren Diskussionsprozess berücksichtigt werden sollte oder nicht.17 Um die Bewertung transparent zu machen, kann in der Zuordnungsmatrix eine Punktebewertung vorgenommen werden. Eine erfolgreiche Strategieumsetzung setzt einen zielgerichteten Kommunikationsund Lernprozess voraus. Um diesen Prozess nachhaltig zu unterstützen, sind die Strategien so zu beschreiben, dass eine unternehmensweite Vermittlung möglich ist. Um eine unternehmensweite Umsetzung der Beschaffungsstrategien zu gewährleisten, sind diese ggf. auf nachgelagerte Organisationseinheiten (Geschäfts- oder Funktionsbereiche) herunterzubrechen. Das Herunterbrechen auf die nachfolgenden Unternehmenshierarchien sollte entsprechend der Führungsphilosophie, dem Führungsstil sowie den Geschäftserfordernisse erfolgen. Die Frage nach der Einsatztiefe im Unternehmen – ob nur auf die Gesamtunternehmensebene oder über alle Hierarchiestufen hinweg heruntergebrochen wird oder gar bis auf die Ebene von Mitarbeiterteams oder einzelnen Mitarbeitern – kann nur unternehmensspezifisch beurteilt werden.18 Es bleibt anzumerken, dass zur Umsetzung einzelner Strategieelemente auch ein unternehmensübergreifendes Herunterbrechen unter Einbeziehung von Lieferanten erforderlich sein kann. Die Abstimmung der Ergebnisse muss sicherstellen, dass die Teilstrategien der Organisationseinheiten weder zwischen Organisationseinheiten zu Konflikten führen noch der Gesamtstrategie zuwiderlaufen. Zur Sicherstellung, dass der gewählte Strategiemix die erwartete Zielumsetzung einleitet und zum Soll-Termin erreicht wird, ist die Entwicklung der definierten Messgrößen zu überwachen. Ergibt der Soll-Ist-Abgleich negative Abweichungen sind adäquate Korrekturmaßnahmen zu entwickeln und einzuleiten. Im Sinne eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses sind auch die Ziele selbst infrage zu stellen und im Sinne einer Höherentwicklung nach zu justieren. 17.4  Sourcing-Konzepte

Sourcing-Konzepte sind sinnvolle Kombinationen beschaffungsstrategischer Elemente und Prinzipien und bilden den charakterisierenden Kern einer Beschaffungsstrategie. Mithilfe der typologischen Methode können Sourcing-Konzepte nach wichtigen Merkmalsdimensionen (s. auch . Tab. 17.2), mit den in . Tab. 17.2 aufgezeigten Ausprägungen, differenziert werden:19

17 Horvàth & Partner (2004). 18 Horvàth & Partner (2004). 19 Arnold (1997); Arnold (1989); Arnold et al. (2007).

17

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Kapitel 17 · Beschaffungsstrategie

. Tab. 17.2  Sourcing-Konzepte (Arnold et al. 2007)

5 Anzahl der Bezugsquellen (Lieferantenkonzepte) 5 Komplexität des Inputfaktors (Objektkonzepte) 5 Art der Bereitstellung (Zeitkonzepte) 5 Größe des Marktraumes (Arealkonzepte) 5 Struktur der beschaffenden Organisation (Subjektkonzepte) 5 Ort der Wertschöpfung (Wertschöpfungsdimension) 5 Einsatz von elektronischen Beschaffungsanwendungen (E-Application-Dimension) 17.4.1  Sole, Single, Dual, Multiple Sourcing

17

Die Breite der genutzten internationalen Lieferantenbasis wird wesentlich dadurch beeinflusst, wie viele Lieferanten je Beschaffungsobjekt ein Unternehmen für sinnvoll erachtet. Für eine Beschränkung auf nur einen Lieferanten je Beschaffungsobjekt (Single Sourcing) spricht vor allem die Minimierung der Komplexität in der Koordination der Transaktionsbeziehungen. Im Falle spezifischer Güter führt Single Sourcing zwangsläufig zu vertikalen Kooperationsformen, die in der Regel freiwillig durch den Abnehmer initiiert werden. Es kann allerdings auch der Sonderfall eintreten, dass ein Beschaffer wegen marktlicher Restriktionen auf einen einzigen Lieferanten angewiesen ist. Die aus einer monopolistischen Stellung eines Lieferanten resultierenden Beschaffungsüberlegungen eines Abnehmers können auch als Sole-Sourcing-Situation bezeichnet werden.20

20 Beckmann (2004).

17.4 · Sourcing-Konzepte

209

. Abb. 17.5  Single/Multiple Sourcing (Arnold 1989)

Multiple Sourcing hingegen bietet neben weiteren Vorteilen insbesondere die Möglichkeit der Risikostreuung und der Vermeidung von Abhängigkeiten. Während Single Sourcing in der Regel auf langfristigen Lieferantenbeziehungen basiert, lässt Multiple Sourcing auch kurzfristige Bindungen zu, wie auch . Abb. 17.5 zeigt. Sowohl Single Sourcing als auch Multiple Sourcing weisen allerdings auch Nachteile auf, die sich spiegelbildlich aus den Vorteilen der jeweils anderen Option ergeben. Aus diesem Grund werden in der Literatur Lösungsansätze aufgezeigt, die sich zwischen den beiden Extremen bewegen:21 5 Das Konzept des Dual Sourcing sieht zwei verschiedene Bezugsquellen pro Beschaffungsobjekt als optimal an. Auf diese Weise wird der Koordinationsaufwand noch in Grenzen gehalten, dennoch erfolgt gleichzeitig eine gewisse Abfederung von Risiken. 5 Aus dem Dual Sourcing leitet sich das Cross-Sourcing ab, bei dem ebenfalls zwei Lieferanten je Beschaffungsobjekt favorisiert werden. Die Lieferantenbasis wird hier allerdings gegenüber dem Dual Sourcing reduziert, indem der Abnehmer von einem Lieferanten mehrere verschiedene Leistungen bezieht. Jede einzelne dieser Leistungen wird zusätzlich noch von einem anderen Beschaffungspartner bezogen, der selbst wiederum als Bezugsquelle für weitere Produkte fungiert. Diese Methode ermöglicht eine ähnlich schmale Lieferantenbasis wie das Single Sourcing, macht sich jedoch zugleich die risikostreuende Wirkung des Dual Sourcing zunutze.

21 Beckmann (2004).

17

210

Kapitel 17 · Beschaffungsstrategie

Das Spannungsfeld zwischen Single Sourcing und Multiple Sourcing wird im Zusammenhang mit internationaler Beschaffung noch deutlicher als bei reiner Inlandsbeschaffung. Grundsätzlich sind hier zwei Extrempositionen in der Argumentation denkbar: 5 Das Beschaffungsrisiko ist bei Global Sourcing höher als bei reiner Inlandsbeschaffung (Transportrisiken, politische Risiken etc.). Ein Beschaffungsobjekt sollte daher von mehreren, in verschiedenen Regionen angesiedelten Lieferanten bezogen werden. Global Sourcing erfordert in dieser Argumentation eine breitere Lieferantenbasis als die ausschließliche Nutzung heimischer Bezugsquellen. 5 Durch die breite geografische Streuung der Bezugsquellen ist internationale Beschaffung im Vergleich zur Inlandsbeschaffung ohnehin schon von einer komplexen Koordination gekennzeichnet (Kommunikationsprobleme etc.). Diese Komplexität sollte nicht noch dadurch ausgeweitet werden, dass jedes Beschaffungsobjekt von mehreren Herstellern bezogen wird. Gemäß dieser Argumentation erscheint für Global-Sourcing eine möglichst schmale Lieferantenbasis sinnvoll.

17

Zur Kombination der Vorteile der beiden Extrempositionen erscheinen die vorgestellten Konzepte des Dual Sourcing und Cross Sourcing durchaus geeignet. Allerdings ist zu betonen, dass Cross Sourcing qualifizierte Lieferanten erfordert, die in der Lage sind, eine entsprechend breite Produktpalette zu fertigen. Gerade bei Beschaffung aus Entwicklungs- und Schwellenländern kann der Aufbau eines solchen Beschaffungspartners jedoch oft nur mit Maßnahmen der Lieferantenentwicklung gelingen. Allgemein ist herauszustellen, dass es kein Patentrezept für die optimale Anzahl von Beschaffungsquellen gibt. Vielmehr kann die Entscheidung in Abhängigkeit von den Eigenschaften des jeweiligen Beschaffungsobjektes gänzlich unterschiedlich ausfallen. Beispielsweise ist eine Single-Sourcing-Beziehung umso sinnvoller, je spezifischer die Leistung ist. Bei Standardprodukten hingegen können bewusst die Vorteile des Multiple Sourcing genutzt werden, sofern die Beschaffungsmenge groß genug ist, um ein „Ordersplitting“ wirtschaftlich durchzuführen. Aufgrund der engen Verflechtung der Strategie hinsichtlich der Zahl der Beschaffungsquellen mit der Wahl der Koordinationsform und der Beschaffungsregionen fällt die grundsätzliche Entscheidung in den obersten beiden Ebenen der Unternehmung. Im Gegensatz zu den anderen strategischen Gestaltungsparametern wird hier allerdings nicht im konkreten Fall entschieden. Vielmehr wird die prinzipiell präferierte Lösung als „Firmenpolitik“ im Unternehmen kommuniziert, in deren Sinne die Entscheidung im Einzelfall von den mit der entsprechenden Kompetenz ausgestatteten Personen (Produktions- oder Beschaffungsleitung) getroffen wird. 17.4.2  Unit, Modular, System- Sourcing

Traditionell waren Wertschöpfungsketten kaskadenförmig aufgebaut und durch den Austausch von Gütern mit einer eher geringen Komplexität gekennzeichnet (Rohmaterialien, Zwischenprodukte, einzelne Teile und Komponenten). Erst am Ende der Wertschöpfungskette wurden die einzelnen Güter zu einem funktionstüchti-

17.4 · Sourcing-Konzepte

211

. Abb. 17.6  Modular/System-Sourcing (von Eicke et al. 1991)

gen Endprodukt im Sinne einer Gesamteinheit zusammengebaut. Dieses klassische Sourcing-Konzept kann als Unit-Sourcing bezeichnet werden.22 Da sich die Modularisierung bei komplexen Produkten und die Rückführung der Fertigungstiefe zunehmend durchsetzen, reagiert die Beschaffung auf diese Entwicklung mit dem Modular- bzw. System-Sourcing-Konzept. Dies wurde bereits zu Beginn am Beispiel der smart-Fabrik verdeutlicht. Mit der Beschaffung einbaufertiger Baugruppen oder Systeme wird der Aufwand bei der Beschaffung und Montage durch eine geringe Anzahl an Teilen und Lieferanten reduziert. . Abb. 17.6 verdeutlicht den Unterschied zwischen traditionellem und Modular Sourcing. Module und Systeme sind als Funktionsgruppen mit komplexer Struktur definiert, deren Beschaffung von externen Lieferanten als Modular und System-Sourcing definiert ist. Der Unterschied zwischen einem Modullieferanten und einem Systemlieferanten liegt in der Übernahme der Entwicklungsarbeiten.23 Während ein Modullieferant überwiegend die Komponenten produziert und anliefert, übernehmen Systemlieferanten auch die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten und bauen daher umfangreiche Kompetenzen über das Produkt auf. Bei der Beschaffung von Modulen bzw. Systemen stellen die Zulieferer montageund damit lohnintensive Baugruppen her, die bisher meist vom Abnehmer selbst zusammengefügt wurden. Bei Unterteilung der traditionellen Zulieferketten in Lieferantentypen 5 Rohmaterial und Einsatzstofflieferant 5 Teilelieferant 5 Lieferant für Komponenten und Aggregate 5 Modul-oder Systemlieferant

22 Arnold (1989). 23 Wildemann (2000).

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Kapitel 17 · Beschaffungsstrategie

. Abb. 17.7  Chancen und Risiken des Global Sourcing (Werner 2015)

17

wurde der Abnehmer in der Vergangenheit durch (fast) alle Typen von Lieferanten versorgt. Hierdurch entstand bei ihm hoher Koordinations- sowie Montageaufwand, der sich mit zunehmender Teilevielfalt noch erhöhte. In Abhängigkeit von den Vorleistungsverflechtungen sind ein- und mehrstufige Zulieferketten zu unterscheiden. Die Art und Anzahl der Stufen in der Zulieferkette resultieren aus der Anzahl der von einem Produkt zu durchlaufenden Produktionsund Veredelungsschritte. Die gleichen Rohstoffe, Vorprodukte und Teile können sowohl direkt beim Endhersteller als auch als Vorleistungen bei Teile- und Komponentenlieferanten Eingang finden. Die jeweiligen Rohstoffe, Vorprodukte und Teile weisen deshalb spezifische Zulieferketten auf. Die Zulieferkette reduziert sich für die in das Modular Sourcing einbezogenen Teile eines Moduls auf einen Lieferanten. Modular Sourcing beinhaltet nicht nur den Fremdbezug von Einsatzgütern, sondern auch von Montageleistungen. Zusätzlich werden Beschaffungsaufgaben von der Disposition über den Einkauf und Wareneingang bis zur Qualitätssicherung vom Produzenten auf den Lieferanten verlagert. Zwischen Abnehmer und Lieferant wird oft eine langfristige, partnerschaftliche Beziehung aufgebaut. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass der Austausch über das Produkt, die Fertigungs- und Logistikprozesse zwischen den Unternehmen sehr intensiv ist, um gemeinsam Verbesserungen und Innovationen entwickeln zu können. Das Modular Sourcing erfährt inzwischen in einer Reihe von Branchen zunehmende Verbreitung, z. B. in der Automobilindustrie (komplette Armaturenbretter, Schalttafeln, Sitzgarnituren, Bremssysteme, Schiebedächer), in der Computerindustrie (Festplatten und Diskettenlaufwerke), in der Bauwirtschaft (komplette Nasszellen, Treppen) und in der Milchwirtschaft (fertig zubereitete Fruchteinlagen für Joghurts).24

24 Schulte (1999); Wildemann (1997).

17.4 · Sourcing-Konzepte

213

17.4.3  Local, Domestic und Global Sourcing

Für eine internationale Beschaffung ist charakteristisch, dass Liefer- und Empfangspunkte der Beschaffungsobjekte in verschiedenen Ländern liegen. Bei bewusstem Ausbau zu einer funktionsübergreifenden strategischen Ausrichtung der Beschaffungsaktivitäten wird heute häufig auch von Global Sourcing gesprochen.25 Der Unterschied zur nationalen Beschaffung liegt in der Berücksichtigung der Besonderheiten internationaler Transaktionen. Die internationale Beschaffung ist schon immer für die Versorgung der Industrie erforderlich gewesen, um einen Rohstoffmangel im eigenen Land auszugleichen. In der jüngeren Vergangenheit sind Unternehmen infolge der zunehmenden weltweiten Konkurrenz, der steigenden technischen Ansprüche an die Produkte sowie des wachsenden Kostendrucks, aber auch zur langfristigen Sicherung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit gezwungen, neue Beschaffungsmärkte zu erforschen und die sich dort bietenden technischen und preislichen Möglichkeiten auszunutzen. Die vielfach gestiegene Leistungsfähigkeit der ausländischen Hersteller bei vergleichsweise geringeren Kosten begünstigt dabei die Entscheidung für einen Import; zudem ist durch Wirtschaftsgemeinschaften in Europa, Asien und Amerika und die Entwicklungen in Osteuropa die Erweiterung der Beschaffungsmärkte erleichtert worden.26 Ein wesentliches Argument für eine internationale Beschaffung stellt häufig die Reduzierung der Einkaufskosten dar. Die Preisunterschiede können u. a. auf ein geringeres Lohnniveau, Sozialkostenunterschiede und Steuervorteile im Ausland zurückzuführen sein. Bei Preisvergleichen sind ebenfalls Lagerkosten sowie Kosten für die erforderlichen Marktstudien, die Geschäftsabwicklung, Prüfverfahren etc. zu berücksichtigen. Die darüber hinaus bestehenden weiteren Vorteile sind:27 5 teilweise höhere Versorgungssicherheit und Abbau der Abhängigkeit von einem Beschaffungsmarkt 5 Verhinderung von Monopolstellungen oder Oligopolstellungen der Anbieter auf dem nationalen Markt 5 Nutzung des internationalen Know-hows 5 Erlangung von Marktkenntnissen und Erhöhung der Exportchancen auf Märkten, in denen das Unternehmen bislang noch nicht präsent ist 5 Sicherung der Absatzmärkte und Vorbeugung vor protektionistischen Maßnahmen durch Kompensationsgeschäfte (Over-the-counter-Trade) 5 Ausgleich des Währungsrisikos bei exportabhängigen Unternehmen Die internationale Beschaffung kann aber auch mit einigen Nachteilen verbunden sein:28 5 Imageverlust durch einen Bezug im Ausland 5 Gefahr eines ungewollten Know-how-Transfers 5 Kommunikationsprobleme mit den Anbietern

25 26 27 28

Arnolds et al. (1998). Arnolds et al. (1998). Arnolds et al. (1998). Arnolds et al. (1998).

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Kapitel 17 · Beschaffungsstrategie

5 höhere Transportrisiken und -zeiten 5 Versorgungsrisiken, die aus der möglicherweise fehlenden wirtschaftlichen und politischen Stabilität in den Bezugsländern resultieren 5 Qualitätsprobleme 5 höherer Aufwand bei der Abwicklung der Beschaffungstätigkeiten Voraussetzungen einer internationalen Beschaffung sind daher eine hohe Qualifikation der Mitarbeiter in der Beschaffung sowie effiziente Organisationsstrukturen. Weitere Schritte sind:29 5 Durchführung von Beschaffungsmarktstudien, z. B. mithilfe eigener Auslandsniederlassungen 5 Anfrageaktionen bei potenziellen Lieferanten, wobei in der Regel mit einfachen Teilen und nicht mit den Teilen höchster Komplexität begonnen wird 5 Überprüfung der Qualitätsstandards, Freigabe 5 Lieferantenbewertung 5 Entwicklung der logistischen Versorgungsstrategie und des Anlieferkonzeptes 5 Schutzvereinbarungen bzgl. eventuell zur Verfügung gestellten Know-hows 5 Sprachschulung 5 Technische Unterlagen in der Landessprache Als Formen des Global Sourcing haben sich folgende herausgebildet:30 5 Beschaffung von Einsatzgütern im Inland, die im Ausland gefertigte Komponenten enthalten (quasi nationale Beschaffung). 5 Beschaffung im Ausland über Beschaffungsmittler, die Qualität, Preis und Lieferzuverlässigkeit garantieren (indirekte internationale Beschaffung). 5 Beschaffung direkt bei ausländischen Lieferanten durch kurz- bzw. langfristige Kaufverträge (direkte internationale Beschaffung). 5 Errichtung von eigenen Beschaffungsinstitutionen im Ausland (multinationale Beschaffung). 5 Koordination der Beschaffungseinheiten in- und ausländischer Einheiten und Tochtergesellschaften. Material und Komponenten werden weltweit beschafft (weltweit koordinierte Beschaffung). 17.4.4  Stock, Demand-tailored und Just in Time

17

Das Hauptziel der zeitbezogenen Sourcing-Elemente besteht in der Bestandsreduktion zur Verringerung von Lagerhaltungs- und Kapitalbindungskosten bei gleichzeitiger Gewährleistung der Versorgungssicherheit. Hauptausprägungsformen sind dabei das traditionelle Konzept der Lagerhaltung (Stock-Sourcing), das Konzept der auftragsspezifischen Bedarfsabstimmung zwischen Abnehmer und Lieferant (Demand-tailored-Sourcing) und das Just-in-time-Konzept.31

29 Arnolds et al. (1998). 30 Monczka et al. (1981). 31 Arnold (1989); Arnold et al. (2007).

17.4 · Sourcing-Konzepte

215

. Abb. 17.8  Konzepte der Materialbereitstellung (Schulte 1999)

Diese Sourcing-Konzepte betreffen die logistische Ausgestaltung der Versorgung und können wie folgt charakterisiert werden: 17.4.4.1  Vorratsbeschaffung (Stock-Sourcing)

Die Vorratsbeschaffung zielt auf weitgehende Unabhängigkeit der Kunden vom Lieferanten ab. Es werden bewusst Vorräte gehalten, um den Produktionsprozess zu sichern, sich von Lieferanten und/oder Lieferverhältnissen (z. B. Witterungsbedingungen für den Transport, politische Situation in den Ländern der Rohstofflieferanten) unabhängig zu machen sowie Preisschwankungen am Beschaffungsmarkt auszuweichen. Während sich als positive Argumente für die Vorratsbeschaffung die hohe Materialverfügbarkeit und die Realisierung niedriger Fertigungskosten durch große Lose anführen lassen, ergeben sich Nachteile durch die Kapitalbindung in den Beständen, den Bedarf an Flächen- und Personalkapazitäten sowie den vermehrten Schwund von Materialien. In der Praxis zeigt sich, dass trotz höherer Bestandshaltung häufig nicht das vorrätig ist, was gerade benötigt wird. Außerdem bedingt die geringere Umschlagshäufigkeit der Materialien eine Minderung der Rentabilität. Bei Betrachtung des gesamten Beschaffungskanals, d. h. des Materialflusses vom Lieferanten bis hin zum Kunden, kann die Entkopplung des Materialflusses über eine oder auch mehrere Lagerstufen erfolgen. Die Einrichtung jeder Lagerstufe verursacht zusätzliche Kosten, weil jedes Lager weitere Kapitalbindungs- und Fixkosten mit sich bringt. Wesentliche in der Praxis zu findende Alternativen zeigt . Abb. 17.8. Der konventionelle Materialbereitstellungsprozess sieht die Stufen Fertigung/ Prüfung beim Lieferanten, Zwischenlagerung beim Lieferanten, Eingangsprüfung beim Abnehmer, Lagerung beim Abnehmer und Materialverbrauch beim Abnehmer in der Fertigung vor.32 Aufgrund des zu Beginn aufgezeigten Zielkonflikts

32 Schulte (1999).

17

216

Kapitel 17 · Beschaffungsstrategie

zwischen Versorgungssicherheit und dem ökonomischen Ziel (geringe Kosten) kommt das Konzept meistens bei Gütern mit hohem Versorgungsrisiko und geringer Wertigkeit zum Einsatz. Auch bei Gütern mit geringem Versorgungsrisiko wird das Konzept der Lagerhaltung sinnvoll genutzt, wenn die durch Bündelung von Einkaufsvolumina entstehenden Preisvorteile die resultierenden Lagerhaltungskosten überkompensieren. Das Ziel der Materialflussgestaltung ist die Realisierung aufwands- und schnittstellenarmer Logistikstrukturen, die eine enge Zusammenarbeit zwischen Abnehmer und Lieferant beinhalten und eine Fertigung mit kurzen Lieferzeiten und hohe Versorgungssicherheit gewährleisten.33 Um dies zu leisten, zielt die direkte Anlieferung darauf ab, die Wertschöpfung aller Prozesse von Lieferanten und Abnehmern eng miteinander zu verknüpfen, indem auf die Zwischenschaltung von Wareneingangsbuchungen, Qualitätskontrollen und Zwischenlagerungen verzichtet wird. Der Lieferant stellt die Teile transport- und verbrauchsgerecht bereit und liefert sie ohne Wareneingangsprüfung direkt an den Bedarfsort in der Fertigung oder Montage. Eine Lagerhaltung erfolgt nur in Form von Übergangslagern (Puffer).34 Es wird somit bei der produktionssynchronen Beschaffung auf mehrere oder im Idealfall alle nicht unmittelbar zur Wertschöpfung beitragenden Aktivitäten verzichtet. 17.4.4.2  Einzelbeschaffung im Bedarfsfall (Demand-tailored)

17

Bei der Einzelbeschaffung im Bedarfsfall werden benötigte Materialien erst dann beschafft, wenn ein spezifischer, mit einem bestimmten Auftrag verbundener Bedarf vorliegt. Hierdurch werden lagerabhängige Kapitalbindungs- und Lagerhaltungskosten vermieden. In der Regel wird das eingehende Material unmittelbar nach der Wareneingangskontrolle zu den Verbrauchsorten transportiert. Zur Anwendung kommt dieses Prinzip bei auftragsorientierter Einzel- oder Kleinserienfertigung (z. B. Anlagenbau, Schwermaschinenbau). Dabei kann sich die Einzelbeschaffung auf bestimmte Teile beschränken, die nur für einen Kundenauftrag Verwendung finden. Vielseitig verwertbare Normteile werden auch in diesen Fällen nicht einzeln beschafft. Problematisch bei der Einzelbeschaffung ist die Terminierung, da sie dem Risiko der verspäteten Lieferung oder Nichtlieferung des Materials sowie dem Risiko der Lieferung quantitativer oder qualitativer Fehlmengen unterliegt. In beiden Fällen besteht die Gefahr, dass die Lieferbereitschaft nicht mehr gewährleistet ist. Zudem führt die Anwendung dieses Prinzips zu einer Einengung des Aktionszeitraumes im Einkauf. Der Zwang, zu ungünstigen Konditionen einzukaufen, könnte die Folge sein. Einzelbeschaffung im Bedarfsfall wird begünstigt durch einen Einkäufermarkt, mindestens jedoch durch kurze Lieferzeiten und eine uneingeschränkte Termintreue des Lieferanten. 17.4.4.3  Bedarfssynchrone Beschaffung (Just-in-time-Konzept)

Ein Nachteil der Beschaffung auf Vorrat besteht in der hohen Kapitalbindung durch Lagerbestände, ein Nachteil der Einzelbeschaffung in den Planungsschwierigkeiten

33 Wildemann (1997). 34 Wildemann (1997).

17.4 · Sourcing-Konzepte

217

und der daraus resultierenden Gefahr von Mehrkosten durch zu spätes Eintreffen des benötigten Materials. Das Prinzip der bedarfssynchronen Beschaffung versucht, diese Nachteile auszuschließen. Ausgangspunkt der bedarfssynchronen Beschaffung ist der Just-in-time-Ansatz („genau zum richtigen Zeitpunkt“), d. h. der spätestmögliche zeitliche Beginn und das frühestmögliche zeitliche Ende der operativen und administrativen Vorgänge. Die JIT-Philosophie, die aus dem Toyota-Produktionssystem heraus entstanden ist, beinhaltet folgende Kerngedanken: 5 Reduziere den Ausschuss um jeden Preis. 5 Fertige nur, was bereits verkauft ist. 5 Schaffe ein Fließprinzip als effiziente Organisationsstruktur. Eine bedarfssynchrone Versorgung der Produktion wird auch als produktionssynchrone Beschaffung bezeichnet. Die benötigten Materialien werden synchron zum Produktionsprozess direkt an den Bedarfsort geliefert, ohne dass längerfristiges Lagern notwendig würde. Dies erfordert eine besonders starke Anbindung des Lieferanten an den Hersteller. Im Extremfall erfolgen die Lieferungen genau zu dem Zeitpunkt, zu dem sie im Produktionsprozess des Herstellers gebraucht werden. Mit dem oder den Lieferanten wird eine Liefervereinbarung über einen längeren Zeitraum getroffen, über die er verpflichtet wird, die benötigten Materialien jeweils zu den vom Produktionsprozess benötigten Terminen anzuliefern. Die Anlieferung wird also durch den Bedarf der Produktion bestimmt. Lagerhaltung findet nur in Form von Übergangslagerung (Pufferung) statt. Ausgangspunkt für die Entwicklung des Just-in-time-Konzepts war die Überlegung, den veränderten Anforderungen der Absatzmärkte wie wachsendem Konkurrenzdruck, steigender Variantenzahl der Produkte bei gleichzeitig kürzer werdenden Produktlebenszyklen und einem schwer vorhersehbaren Bestellverhalten der Abnehmer durch eine Umgestaltung der logistischen Kette zu begegnen. Ziel der Just-intime-Strategie ist es, durch Vereinfachung und Rationalisierung des unternehmensinternen und-externen Informations- und Materialflusses möglichst nachfragegenau zu produzieren und entsprechend das benötigte Material produktionssynchron zu beschaffen.35 Der angestrebte Idealzustand hierbei ist die bestandslose Fertigung. Just-In-time umfasst aber wesentlich mehr als die reine Bestandsminimierung. Das Konzept schließt die Methoden der Qualitätssicherung sowie der Fabrik- und Materialflussplanung ebenso mit ein wie die Auswahl der Transportmittel, Standortentscheidungen und die Beziehungen zu den Lieferanten. Voraussetzungen für den Einsatz des JIT-Konzeptes ist die logistikgerechte Fabrikstruktur. Materialflussgerechte Anordnungen der Bereiche und Kapazitäten und die informatorische Durchdringung sowie der Einsatz geeigneter Transporttechniken lassen die detaillierte Planung von Auftragsmengen und -terminen je Kapazitätseinheit überflüssig werden. Die auftretenden Kapazitätsengpässe werden durch den flexiblen Personal- bzw. Betriebsmitteleinsatz ausgeglichen. Die Bereitstellung des Vormaterials muss jedoch sichergestellt sein. Die Belegungsplanung, die Auftragsfreigabe und die Störorganisation erfolgen im Rahmen einer dezentralen Steuerung in folgender Form:

35 Wildemann (1988); Wildemann (1997).

17

218

Kapitel 17 · Beschaffungsstrategie

5 Der Auftrag wird durch Anforderung der verbrauchenden Kapazitätseinheit angestoßen (Hol-Prinzip). 5 Die Losgröße ist 1 oder eine Transportbehälterfüllung („Logistiklosgröße“). 5 Die Auftragsdurchführung erfolgt nach dem FIFO-Prinzip. Es wird auf die vorausgesetzte Flexibilität gesetzt und eine Losbildung zur Rüstzeitsenkung unterlassen. Das JIT-Konzept arbeitet hauptsächlich nach der konventionellen Mengenplanung mit nachgeschalteter operativer Mengen- und Terminplanung. Das bedeutet für die Durchlaufterminierung, dass zunächst die Rohmaterialien/Kernteile/Baugruppen disponiert werden, die in die Fertigungs- bzw. Montagebereiche eingehen. Für die einzelnen Kapazitätseinheiten folgt daraus, dass erst nach Unterschreitung des zuvor definierten Mindestbestandes Aufträge durch die Mengen- und Terminplanung generiert werden. Die Zielhierarchie des JIT-Konzeptes kann wie folgt angegeben werden: 5 Bestandsminimierung – Reduzierung der im Umlauf befindlichen Transportbehälter 5 Termineinhaltung 5 hohe, gleichmäßige Kapazitätsauslastung Zusammenfassend können folgende Voraussetzungen für eine JIT-Anlieferung herausgestellt werden:36 5 möglichst wenige Zulieferer pro Teil 5 Rahmenauftrag mit bedarfsgesteuerten Abrufen 5 exakte Lieferzeit- und Empfangsvorgaben 5 direkte Information und Kommunikation zwischen dem Zulieferer und der verbrauchenden Stelle 5 höchste Verlässlichkeit hinsichtlich Qualität und Quantität der Lieferung 5 Vorgabe des Ablieferungszeitpunktes durch den Abnehmer 5 turnusmäßige Erstellung von Sammelrechnungen

17

Die zahlreichen Einsatzvoraussetzungen und die verfolgten Ziele prädestinieren das JIT-Konzept zur Steuerung spezieller, nach dem Erzeugungsprinzip organisierter Produktionsbereiche für die variantenarme Serien- und z. T. auch Massenfertigung. Eine Weiterentwicklung der Just-in-time-Produktion (JIT) stellt das Just-in-sequence (JIS)-Konzeptt dar. Hierbei erfolgt die Anlieferung der für die Fertigung einer Produktvariante benötigten Teile sequenzgenau an das Montageband. Die Teile werden also nicht nur bedarfsgerecht, sondern exakt zu dem Zeitpunkt und in der Reihenfolge (Sequence) angeliefert, in der sie benötigt werden. Ein Beispiel für eine JIS-Anlieferung ist die Endmontage von Automobilen. Durch das Aufsetzen der lackierten Karosserien auf das Endmontageband ist die Reihenfolge der Fahrzeuge festgelegt. Werden zum Beispiel die Sitze per JIS-Anlieferung bereitgestellt,

36 Wildemann (1988).

219

17.4 · Sourcing-Konzepte

. Tab. 17.3  Vergleich der Versorgungskonzepte Beschaffung im Bedarfsfall

Vorratsbeschaffung

Fertigungssynchrone Beschaffung

• Nur im Bedarfsfall • Erst dann, wenn ein Auftrag vorliegt • I. d. R. nach dem Wareneingang direkt zum Verbauort • Ungünstige Konditionen • Uneingeschränkte Termintreue des Lieferanten • Einsatz bei Einzelfertigung

• Entkopplung der Beschaffung von der Produktion • Sicherung des Produktionsprozesses • Risiken durch Lieferanten und Transport werden minimiert • Preisschwankungen am Markt können positiv genutzt werden • Hohe Kapitalbindung • Bedarf an Fläche und Lagertechnik • Teile häufig nicht vorrätig

• Keine Kapitalbindung • Erfordert hohe Planungsgenauigkeit • Hohe Prozesssicherheit nötig • Hohe Planungs- und Realisationskosten • Aufgrund des hohen Investitionsvolumens meist nur bei langfristiger Lieferbeziehung realisierbar • Single Sourcing vorherrschend

sind diese bereits so nach Farben bzw. Stoffmustern sortiert wie die Fahrzeuge auf dem Montageband. Anwendung findet diese Belieferungsform meist bei Teilen, die je nach Konfiguration des zu bauenden Fahrzeugs stark variieren können, also z. B. Lackteile, aber speziell bei Fahrzeugen der Mittel- und Oberklasse auch Teile des Fahrzeuginnenraums. Das Lagern aller Varianten würde hohe Lagerkosten verursachen.37 Eine zusammenfassende Darstellung der Versorgungskonzepte zeigt . Tab. 17.3. 17.4.5  Individual, Collective Sourcing

Eine Differenzierung der Sourcing-Elemente nach Beschaffungssubjekten befasst sich mit der Fragestellung, ob ein Unternehmen seine Beschaffungsaktivitäten individuell (Individual Sourcing) oder innerhalb einer Kooperation von Nachfragern (Collective Sourcing) durchführt. Die unternehmensindividuelle Beschaffung stellt dabei die traditionelle, die „übliche“ Form der Beschaffung dar. Andererseits gewinnen (horizontale) Einkaufskooperationen immer mehr an Bedeutung. Der Grund dafür liegt in den nachhaltigen Preis- und Prozesskostenvorteilen, die insbesondere von kleinen und mittelständischen Unternehmen gemeinsam erschlossen werden können. Die Bedarfsbündelung führt zu einer Verbesserung der Nachfrageposition und letztendlich zu einer Stärkung der Verhandlungsposition gegenüber Lieferanten.38

37 Schulte (1996); DIN (2008). 38 Arnold et al. (2007).

17

220

Kapitel 17 · Beschaffungsstrategie

17.4.6  External, Internal Sourcing

17

Dieser Sourcing-Ansatz rückt den Ort, an dem die Wertschöpfung tatsächlich erbracht wird, in den Mittelpunkt. Dabei lassen sich die Ausprägungsformen Internal Sourcing und External Sourcing unterscheiden. Traditionell findet die Wertschöpfung eines Lieferanten in dessen eigenen Produktionsstätten statt (External Sourcing), das heißt, Produktions- und Bedarfsort sind nicht identisch. Deshalb müssen die erstellten Güter zum Nachfrager transportiert werden. Die räumliche Trennung verursacht somit spezifische logistische Problemstellungen. Die Grundidee des Internal Sourcing besteht in einer Verlagerung der Wertschöpfung des Lieferanten in die unmittelbare Nähe des Abnehmers. Die räumliche Trennung wird also überwunden. Dadurch rücken Lieferant und Abnehmer nicht nur im physikalischen Sinn näher, sondern wollen bewusst eine intensive Form der Integration realisieren.39 Eine Form der Umsetzung dieses Grundgedankens sind sogenannte Industrieparks. Hierunter wird eine abnehmernahe, industriell nutzbare Fläche samt Gebäuden und Infrastruktur verstanden, die durch eine strategische Entscheidung entstanden ist. Ein Industriepark ist gekennzeichnet durch die gemeinschaftliche Nutzung mehrerer Zulieferer, welche in der Regel einem Abnehmer dienen. Er wird in der Regel von einem oder mehreren Betreibern bewirtschaftet wird.40 Synonym werden Industrieparks auch als Lieferantenpark, Supplier-Park oder Supplier-Mall bezeichnet. Die Zielsetzungen, die der Abnehmer mit dem Industriepark verbindet, erstrecken sich von Kosteneinsparungen und Serviceverbesserungen der Beschaffungslogistik bis hin zum Aufbau und zur Absicherung enger Geschäftsbeziehungen.41 Industrieparks senken die Logistikkosten um bis zu 30 %. Haupteinsparungspotenzial ist der Entfall von Transporten großvolumiger Zusammenbauten über längere Distanzen. Da nicht vormontierte Teile ein wesentlich geringeres Transportvolumen beanspruchen, sinkt die Zahl der Transportbewegungen per Lkw. Neben verringerten Frachtkosten hat die räumliche Nähe auch erhebliche Auswirkungen auf die Behälter- und Handlingskosten. Auf Basis sehr kurzer Umlauftage (ca. 0,5 Tage) kann der Behälterbestand drastisch reduziert und die Leergutabwicklung erheblich vereinfacht werden.42 Kosteneinsparungen und Serviceverbesserungen resultieren aus der Bündelung von Materialströmen in Industrieparks. Systeme und Module werden hierbei vor den Werkstoren der Automobilhersteller montiert und Just-in-sequence an das Montageband der OEMs geliefert. Es wird im Anlieferprozess eine Erhöhung der Lieferflexibilität bei gleichzeitiger Steigerung der Versorgungssicherheit erreicht. Durch die werksnahe Ansiedlung der JIT-Lieferanten können komplexe Systeme und Module nach einem standardisierten Lieferabruf fahrzeugspezifisch gefertigt und montiert werden, um dann anschließend sequenzgenau an den entsprechenden Einbauort der Montagelinie transportiert zu werden. Die Ansiedlung von M ­ odul-

39 40 41 42

Arnold et al. (2007). Wildemann (1988); Gareis (2002). Gareis (2002). Klug (2001).

221

17.4 · Sourcing-Konzepte

. Tab. 17.4  Vor- und Nachteile der räumlichen Nähe zum Abnehmer (Klug 2001) Vorteile

Nachteile

• Reduzierung der Logistikkosten • Reduzierung der Umweltbelastung • Verbesserung des Lieferservices • Ermöglichung von JIT/JIS • Erleichterung der Kommunikation • Absicherung für den Lieferanten • Förderung von Wirtschaftsstandorten • Kostensparende Bündelung von Aktivitäten und gemeinsame Ressourcennutzung

• Vergrößerung der Kontrollspanne zugunsten des Abnehmers • Reduzierung der Wandelbarkeit und Anpassungsfähigkeit • Erschwerter Lieferantenwechsel und mangelnde Flexibilität aufgrund von vorgegebenem Platzbedarf • Hohe Investition (Lieferant) • Verlust der Nähe zum Stammwerk (Lieferant) • Geringe Kapazitätsauslastung an anderen Standorten (Lieferant)

und Systemlieferanten in unmittelbarer Nähe des Werkzauns gewährleistet einen kontinuierlichen Material- und Informationsfluss.43 Eine dauerhafte Versorgungssicherheit ist für den OEM aufgrund der hohen Stillstandskosten einer Montagelinie überlebensnotwendig. Industrieparks bilden die Basis für stabile Fertigungsprozesse. Dies wird erreicht durch: 5 überschaubare Versorgungsprozesse, 5 eine einbautaktnahe JIS-Fertigung, 5 wenige Handlingsstufen mit Verantwortung der Lieferanten bis zum Verbauort, 5 eine schnelle Reaktion auf Änderungen und Störungen, 5 eine kurze, direkte Kommunikation zwischen Lieferant/Kunde. Zusammenfassend werden Industrieparks in der Automobilindustrie durch folgende Merkmale charakterisiert:44 5 räumliche Lieferantenintegration, 5 Just-in-sequence-Anlieferung an das Band des Kunden, 5 produktlebenszyklusorientierte Verträge zwischen den Partnern, 5 Bereitstellung und Nutzung einer Infrastruktur auf dem Gelände oder in der Nähe des Kunden, 5 Kopplung der ERP-Systeme zwischen Kunde und Lieferant, 5 gemeinsame Planung und Kapazitätsabgleich, 5 gegenseitige Audits. Am Merkmal der räumlichen Nähe zum Abnehmer lassen sich wesentliche Vorund Nachteile des Konzeptes festmachen, wie . Tab. 17.4 zeigt:45 In der Automobilindustrie gibt es zahlreiche Realisierungsbeispiele wie z. B. SMART in Hambach, Audi in Ingolstadt, Neckarsulm und Curitiba, Mercedes-Benz in Rastatt sowie Ford in Saarlouis und Valencia. Im Industriepark zur Fertigung der

43 Klug (2001). 44 Klug (2001). 45 Klug (2001).

17

222

Kapitel 17 · Beschaffungsstrategie

SMART-Fahrzeuge in Hambach/Frankreich arbeiten zentrale Modul- und Systemlieferanten, unter anderem zur Rohkarosseriefertigung und Lackierung, zur Montage des Antriebsstranges und zur Konfektionierung von Türen zusammen. Sie bestreiten somit sowohl einen großen Teil der Wertschöpfung als auch eine für den Abnehmer integrierte Beschaffungslogistik. Charakteristische Merkmale des Industrieparks sind: 5 30 Systemlieferanten 5 3 Logistikdienstleister 5 50 % der Teile JIS 5 70 % der Teile mit einem Vorlauf von unter 2 h 5 Fertigungstiefe nur 10 % Mit Beginn der Ford-Focus-Fertigung im August 1998 lief auch die Produktion im ersten Abschnitt des heute insgesamt 74.000 m2 umfassenden und unmittelbar an das Ford-Betriebsgelände anschließenden Industrieparks an. Beim Start waren zehn Firmen mit eingebunden. Die Philosophie des Zuliefererparks besteht darin, dass ganze Module der jeweils im Werk gefertigten Fahrzeugtypen in unmittelbarer Nachbarschaft produziert und über ein ausgeklügeltes Hängebahn-Logistik-System (vgl. . Abb. 17.9) just in sequence an den Punkt der Produktionslinie gebracht werden, an dem sie gerade für das einzelne Fahrzeug benötigt werden. Solche Module sind u. a. die

17

. Abb. 17.9  Hängebahn (Ford-Werke GmbH)

17.4 · Sourcing-Konzepte

223

­ omplett verkabelte Armatureneinheit mit Lenkrad und Säule, die Kabelstränge, k die Vorder- und Hinterachse, das komplette Auspuffsystem, das Kühler-Modul, die Karosserieteile, die Verglasung, das Dachhimmelmodul, die Innenraumverkleidung, die Sitze sowie Motor und Getriebe. 17.4.7  E-Application

Der Begriff Electronic Sourcing-Tools (elektronische Beschaffungsinstrumente) bezieht sich auf alle Instrumente, die insbesondere zur Erschließung und Koordination von Beschaffungsquellen und -vorgängen dienen (z. B. elektronische Marktplätze, EDI, elektronische Katalogbestellsysteme, Purchasing-Cards). Nicht inbegriffen sind allgemeinbetriebliche elektronische Hilfsmittel (E-Mail, Internet, allgemeine Kommunikationstechnologie etc.).46 Das Thema „elektronische Beschaffung“ wird ausführlich in 7 Kap. 25 behandelt, an dieser Stelle werden lediglich die Ausprägungen des Merkmals E-Application beschrieben:47 Non-E-Procurement: Keinerlei Einsatz von Electronic Sourcing-Tools – weder bei der Erschließung der Beschaffungsquelle selbst noch bei der Koordination des Beschaffungsvorganges. E-Coordination: Ansatzpunkt ist die Unterstützung der Interaktion zwischen Abnehmer und Lieferant auf der operativen Ebene. Beispiel: Just-in-time-Belieferung, deren Grundbeschaffung aufgrund der Komplexität der Bedarfe und der Liefermodalitäten auf persönlicher Basis erfolgt. Zur operativen Koordination der Lieferabrufe (Menge, Stückzahl, sonstige Spezifikationen) besteht in den meisten Fällen eine elektronische Verbindung der ERP-Systeme (Enterprise-Ressource-Planning) zwischen Abnehmer und Lieferant (Electronic Data Interchange – EDI). E-Procurement: Durch das E-Procurement sollen Waren und Dienstleistungen auf effiziente Art und Weise beschafft werden. Dabei können nicht nur günstige Einstandspreise erzielt, sondern auch weitere Konditionen und Rahmenbedingungen zwischen Kunden und Lieferanten festgelegt und optimiert werden. Ein maßgeblicher Vorteil gegenüber konventioneller Beschaffung ist die höhere Transparenz auf dem Beschaffungsmarkt. E-Procurement unterstützt somit die Beschaffungsaktivitäten sowohl auf operativer als auch auf strategischer Ebene. E-Collaboration: Dies ist der höchste Intensitätsgrad durch elektronische Hilfsmittel zur Unterstützung der vertikalen Integration der Informationsverarbeitungsprozesse – im Idealfall aller Beteiligten – entlang der Wertschöpfungskette. Grundlage dabei ist der umfassende Informationsaustausch unter den Wertschöpfungspartnern (vgl. 7 Abschn. 25.6).

46 Arnold et al. (2007). 47 Arnold et al. (2007).

17

224

Kapitel 17 · Beschaffungsstrategie

17.5  Aufgaben zur Selbstüberprüfung

1. Was wird unter der Zeitschere verstanden, welche sich durch die Entwicklungen im Umfeld der Unternehmen ergibt? 2. Welche drei Basisstrategien lassen sich verfolgen, die den Umgang mit Komplexität und Dynamik beschreiben? Mit welchen Mitteln können sie jeweils verfolgt werden? 3. Welche Hauptaufgaben hat die strategische Beschaffung, um die Wettbewerbsposition des Unternehmens zu halten oder zu verbessern? Beschreiben Sie diese kurz. 4. Stellen Sie die Schritte des Planungsprozesses im strategischen Beschaffungsmanagement grafisch dar und erläutern Sie kurz die einzelnen Schritte. 5. Welche Aufgaben und Ziele beinhaltet eine Umweltanalyse im strategischen Beschaffungsmanagement? 6. Welche sechs Strategieelemente/Sourcingstrategien nach Arnold et al. (2000) lassen sich innerhalb einer Beschaffungsstrategie unterscheiden? Welche Ausprägungen können diese haben? 7. Was ist bei der Strategieumsetzung im Unternehmen zu beachten? 8. Welche Aspekte sprechen jeweils für Single und Multiple Sourcing? 9. Welche Möglichkeiten bestehen für Unternehmen, für die die Extremstrategien Single und Multiple Sourcing nicht sinnvoll erscheinen? 10. Steigert oder senkt das Multiple Sourcing in der globalen Beschaffung das Versorgungsrisiko gegenüber der reinen Inlandsbeschaffung? Argumentieren Sie. 11. Welche Vor- und Nachteile beinhaltet das Global Sourcing? 12. Welche Erfolgskriterien und Schritte sind bei der Einführung von Global Sourcing zu beachten? 13. Beschreiben Sie die Eigenschaften der Einzelbeschaffung im Bedarfsfall sowie die Vor- und Nachteile dieser Strategie. 14. Welche Beschaffungszeitstrategie wird vornehmlich bei Engpassteilen angewendet? Beschreiben Sie kurz Eigenschaften sowie Vor- und Nachteile. 15. Zeigen Sie grafisch verschiedene Möglichkeiten der Materialbereitstellung anhand der Lagerstufen. 16. Welche Beschaffungszeitstrategie wird vornehmlich angewendet, um die Nachteile aus der Vorratsbeschaffung zu kompensieren? Beschreiben Sie kurz Eigenschaften, Ziele und Voraussetzungen für den Einsatz. 17. Wodurch ist Internal Sourcing gekennzeichnet? Welche Vor- und Nachteile ergeben sich aus diesem Konzept?

17

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Lieferantenauswahl und bewertung Inhaltsverzeichnis 18.1 Bedeutung der Lieferantenbewertung – 226 18.2 Ziele der Lieferantenbewertung – 226 18.3 Anforderungen an die Lieferantenbewertung – 228 18.4 Bewertungskriterien – 229 18.5 Verfahren der Kriterienauswahl – 233 18.6 Verfahren der Lieferantenbewertung – 234 18.7 Aufgaben zur Selbstüberprüfung – 240

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 H. Beckmann, Grundkurs Beschaffungsmanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-39125-6_18

18

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Kapitel 18 · Lieferantenauswahl und -bewertung

18.1  Bedeutung der Lieferantenbewertung

Die Lieferantenbewertung bildet die Basis des Lieferantenmanagements. Eine richtige Lieferantenbewertung ist ausschlaggebend für die Zukunft des Unternehmens. Die Wichtigkeit der Lieferantenbewertung besteht darin, dass die Ergebnisse der Bewertung die Grundlage für die Lieferantenauswahl, das Lieferantenmanagement und die Entwicklung der Lieferantenbeziehung bilden. Die Entwicklung zur Integration der Zulieferer in die Wertschöpfungskette und zur partnerschaftlichen Zusammenarbeit erhöht die Relevanz der Auswahl und der Verbesserung leistungsfähiger Lieferanten. Eine strukturierte und methodengestützte Lieferantenbewertung ist ein geeignetes Instrument, um die besten Zulieferer auszuwählen bzw. die Leistungsstärke bestehender Lieferanten zu optimieren.1 An einer umfassenden Lieferantenbewertung sind generell alle Unternehmensbereiche interessiert, die mit dem Lieferanten in Kontakt stehen. Dies gilt beispielsweise für das Management sowie den Einkauf und die einzelnen Bedarfsträger wie etwa die Produktion. Die Produktion stellt dabei den Endnutzer der Materialien dar und ist bei Problemen hinsichtlich der Lieferleistung der Lieferanten entscheidend betroffen. Nicht nur Bereiche des Abnehmerunternehmens sind an einer Lieferantenbewertung interessiert, sondern auch der Lieferant selbst: Durch die Beurteilung erhält der Zulieferer Informationen über seine eigene Leistungsfähigkeit, auf deren Grundlage er seine Schwachstellen analysieren und beseitigen kann.2 18.2  Ziele der Lieferantenbewertung

Die Lieferantenbewertung verfolgt das Ziel, durch Sammlung, Auswahl, Aufbereitung und Beurteilung von Informationen Transparenz über die vergangene, aktuelle und zukünftige Leistungsfähigkeit des Zulieferers zu schaffen.3 Ein weiteres Ziel der Lieferantenbewertung ist es, eine optimale Auswahl der Bezugsquellen unter dem Aspekt der langfristigen Kostensenkung und der Minderung des Beschaffungsrisikos zu erreichen.4 Die Lieferantenbewertung verfolgt zusammenfassend folgende Ziele:5 5 Objektivierung und Optimierung der Lieferantenauswahl 5 Entwicklung optimaler Strategien in der Supply-Chain, d. h. stetige Optimierung der Lieferantenstruktur 5 Erhöhung der Transparenz sowie der Objektivität aller zulieferbezogenen Beschaffungsprozesse 5 Förderung des beidseitigen Problembewusstseins 5 kontinuierliche Entwicklung und Pflege der Beziehungen mit strategisch wichtigen Lieferanten

18 1 2 3 4 5

Janker (2004). Harting (1994). Eschenbach (1990). Harting (1994). Janker (2004); Hartmann et al. (2004).

18.2 · Ziele der Lieferantenbewertung

227

5 Sicherung der Konkurrenzfähigkeit des abnehmenden Unternehmens und des Lieferanten 5 Erstellen eines Verhandlungsinstruments, beispielsweise zur Abwehr von Preiserhöhungen 5 Auswahl der besten Lieferanten: Die Bewertung von Lieferanten muss zahlreiche Informationen liefern, aus denen sich klare Aussagen über die Leistungsfähigkeit der einzelnen Lieferanten ableiten lassen. Somit trägt sie zur Verbesserung der Lieferantenstruktur bei, die sich aus der Gesamtheit der für bestimmte Beschaffungsobjekte zugelassenen Lieferanten ergibt. 5 Steuerung der Lieferantenbeziehung: Durch ständige oder in bestimmten Zeitabständen wiederkehrende Kontrollen der Leistungsfähigkeit müssen Ergebnisse der Bewertung zur Minimierung von Versorgungsrisiken beitragen.6 5 Pflege und Entwicklung der Lieferantenbeziehung: Die Bewertung von Lieferanten muss Hinweise zur Verbesserung bzw. Erhaltung der Leistungsfähigkeit einzelner Lieferanten liefern. Dies dient ebenso der Eliminierung starker Abweichungen von den Anforderungen seitens des Lieferanten. 5 Erhaltung und Stärkung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit: Ziel der Lieferantenbewertung ist es, das Innovationspotenzial bestimmter Zulieferer zu untersuchen, durch eine gewisse Exklusivität für das eigene Unternehmen zu nutzen und somit Ertragspotenziale zu erschließen.7 Für eine strukturierte Entwicklung eines Systems zur Lieferantenbewertung ist es von Bedeutung, die Ziele zu kennen, die mit der Lieferantenbewertung verfolgt werden. Ziele werden hierbei als angestrebte zukünftige Zustände verstanden. Ihre Präzisierung hat grundsätzlich aus Sicht des Inhaltes, des angestrebten Ausmaßes und des zeitlichen Bezugs zu erfolgen. Wie die Ziele aller anderen Funktionsbereiche einer Unternehmung sind die Ziele der Beschaffung aus den Unternehmenszielen abzuleiten. Diese Zielvorgaben dienen als Ausgangspunkt für die Ableitung der Anforderungen an ein Bewertungsverfahren ebenso wie den Aufbau der Bewertungsstruktur. Die Kernziele der Beschaffung dienen hierzu als Grundlage: 5 langfristige Versorgungssicherheit der Unternehmung 5 Optimierung der mit der Materialbereitstellung verbundenen Kosten und Leistungen (materialwirtschaftliches Optimum) 5 die Autonomieerhaltung, d. h. der Erhalt der Unabhängigkeit des Unternehmens vom Lieferantenmarkt Darüber hinaus sind – je nach Unternehmenszielsetzung – weitere Beschaffungsziele ableitbar, aus denen dann wiederum entsprechende Bewertungskriterien für die Lieferantenbewertung hergeleitet werden können. Die Lieferantenbewertung gehört mit zu den wichtigsten Aufgaben der Beschaffung, da ein Bewertungssystem für Lieferanten zur Objektivierung und Optimierung der Lieferantenauswahl beitragen soll. Die Transparenz der Einkaufstätigkeit soll durch methodisches Vorgehen unabhängig von subjektiven Einflüssen werden. Eine solche Transparenz kann jedoch nur erfolgen, wenn der Lieferant das System zur Bewertung kennt. Die

6 7

Glantschnig (1994). Janker (2004).

18

228

Kapitel 18 · Lieferantenauswahl und -bewertung

­ teuerung der Lieferantenbeziehung ist ein zentrales Ziel, da sich leistungsstarke S Lieferanten im Laufe der Zeit verändern. Ein funktionierendes Bewertungssystem ermöglicht es dem Unternehmen, leistungsstarke Lieferanten auf noch vorhandene Schwachstellen hinzuweisen und diesem Umstand nach einer eingehenden Analyse mit gezielten Maßnahmen entgegenzuwirken. Weiterhin bringt es den Vorteil, sich von leistungsschwachen Lieferanten zu trennen. Um in Zukunft Erfolgspotenziale auszuschöpfen, sollte das Lieferantenbewertungssystem die Entwicklung und Pflege der Zulieferer unterstützen. Ein gutes Lieferantenbewertungssystem fördert den Entwicklungsprozess des Zulieferers und den Aufbau einer strategischen Partnerschaft beider Unternehmen.8 18.3  Anforderungen an die Lieferantenbewertung

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Unter die allgemeinen Anforderungen fallen die Transparenz sowie die Nachvollziehbarkeit der Bewertungsstruktur. Es sollte für beide Parteien (Abnehmer und Lieferant) möglich sein, jederzeit die Bewertung nachzuvollziehen. Dafür müssen die verwendeten Bewertungskriterien und Verfahren auf beiden Seiten bekannt sein. Eine Reduzierung des Aufwands für die Durchführung der Bewertung von Lieferanten ist durch eine Bündelung der Bewertungsaktivitäten möglich. Demnach bietet es sich an, die Häufigkeit der Bewertung in Abhängigkeit von der strategischen Bedeutung der Lieferanten zu gliedern. Weiterhin ist die Lieferantenbewertung über einen längeren Zeitraum von großer Bedeutung, denn nur dann können positive oder negative Veränderungen der Leistungsfähigkeit eines Lieferanten erkannt werden. Damit die Ergebnisse der Bewertung von den Zulieferern akzeptiert werden, ist es ebenfalls wichtig, dass die Bewertung plausibel und objektiv ist.9 Durch die Verwendung lieferantenunabhängiger Beurteilungsrichtlinien, eine Vergleichbarkeit der Lieferanten durch einen gleichen Bewertungsmaßstab sowie die Berücksichtigung von Besonderheiten bei der Auftragsvergabe wird dies erreicht. Darunter fallen des Weiteren die auch für den Lieferanten nachvollziehbare Auswertung und Dokumentation der Bewertungsergebnisse.10 Verfahrensspezifische Anforderungen müssen eine problemlose Übertragung und Anwendung des Verfahrens in die Praxis gewährleisten. Für den Erfolg einer Lieferantenbewertung ist ein ganzheitliches Bewertungssystem von großer Bedeutung. Dafür müssen qualitative und quantitative Lieferantenmerkmale mit in die Bewertung einfließen: hierzu zählen quantitative Aspekte wie der Preis ebenso wie qualitative Kriterien wie beispielsweise Qualität oder Flexibilität. Für eine umfangreiche, den verschiedenen Entscheidungssituationen angemessene Bewertung von Lieferanten muss ein Verfahren mehrere Bewertungskriterien verarbeiten können.11 Die Lieferantenbewertung kann durch ein EDV-gestütztes Verfahren teilautomatisiert und somit verkürzt werden. Die Hilfestellung durch ein EDV-System kann für

8 9 10 11

Glantschnig (1994); Hartmann et al. (2004); Harting (1994). Janker (2004). Hartmann et al. (2004). Glantschnig (1994).

18.4 · Bewertungskriterien

229

die Analyse bestimmter quantitativer Kriterien (Termintreue oder Preisniveau) benutzt werden. Hierbei gilt jedoch der Grundsatz, dass ein solches System nur eine Hilfestellung ist und niemals den Einkäufer ersetzen kann. In Ergänzung zur Teilautomatisierung ist es für eine erfolgreiche Durchführung der Bewertung von Lieferanten wichtig, dass ein angemessenes Verhältnis von Aufwand zu Nutzen vorliegt, sich das Verfahren also durch einen geringen manuellen Aufwand auszeichnet. Ist das Kosten-Nutzen-Verhältnis nicht ausgeglichen, sollten die Bewertungsaktivitäten verringert werden, vor allem bei Materialien, die für den Abnehmer nur von geringer Bedeutung sind. Die Objektivität der Bewertungsergebnisse im Verlauf eines Prozesses ist eine weitere Voraussetzung für die Akzeptanz der Lieferantenbewertung. Dies unterstreicht die Bedeutung von reproduzierbaren Ergebnissen und einem systematischen Vorgehen bei der Lieferantenbewertung. Anhand der Bewertungsergebnisse sollte eine Klassifizierung der Lieferanten möglich sein. Die Einteilung dient im Rahmen der Lieferantenstrukturanalyse der Veranschaulichung der jeweiligen Stärken/Schwächen der Lieferanten. Es soll ebenso ein Anreiz für die Lieferanten sein, ihre Leistungsfähigkeit zu erhöhen bzw. zu erhalten. Parallel können aus einer Lieferantenklassifizierung verschiedene Lieferantenstrategien abgeleitet werden (Systemlieferant, Entwicklungslieferant). Um Handlungsempfehlungen abzuleiten sowie die Lieferantenbeziehungen, zu steuern, sollte ein leistungsfähiges Verfahren letztlich eine Repräsentation der Lieferanten ermöglichen.12 18.4  Bewertungskriterien

Eine umfangreiche und entsprechend der Entscheidungssituation geeignete Bewertung der Leistungsstärke von Lieferanten spiegelt sich insbesondere in der Festlegung der Kriterien wider. Bei Kaufentscheidungen, die aus Kosten- und Zeitgründen eine schnelle Lieferantenauswahl erfordern, können Einfaktorenvergleiche eingesetzt werden. Sie werden größtenteils bei geringem Einkaufsvolumen und einem niedrigen Versorgungsrisiko durchgeführt. Meistens liegt hierbei nur ein einziges und leicht messbares Kriterium wie der Preis oder die Ausschussquote zugrunde. Die Fokussierung auf nur ein Entscheidungskriterium birgt die Gefahr von Fehlentscheidungen, da andere entscheidungsrelevante Faktoren ausgeblendet werden. Für die Beschaffung von komplexeren Objekten wird ein Lieferantenanforderungsprofil definiert, welches eine Reihe von Kriterien beinhaltet, anhand derer die Leistungsfähigkeit der Lieferanten im Rahmen eines Mehrfaktorenvergleichs bewertet wird. Hierbei muss darauf geachtet werden, dass sich die Kriterien nicht überschneiden (vgl. 7 Abschn. 21.2.2).13 Obwohl die Komplexität des Bewertungsvorgangs mit zunehmender Anzahl der Kriterien ansteigt, ist der erhöhte Informationsaufwand immer dann gerechtfertigt, wenn die drohenden Opportunitätskosten aus einer resultierenden Fehlentscheidung als höher zu bewerten sind. Die wesentlichen Kriterien der Lieferantenbewertung lassen sich gliedern in:14

12 Janker (2004). 13 Janker (2004). 14 Janker (2004); Arnolds et al. (1998); Glantschnig (1994).

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Kapitel 18 · Lieferantenauswahl und -bewertung

5 Mengenleistung 5 Qualitätsleistung 5 Logistikleistung 5 Entgeltleistung (Wettbewerbsfähigkeit) 5 Serviceleistung 5 Informations- und Kommunikationsleistung 5 Innovationsleistung 5 Umweltleistung Mengenleistung Unter dem Begriff Mengenleistung ist die Fähigkeit des Lieferanten hinsichtlich der Umsetzung bestimmter Auftragsmengen gemeint. Die Unterkriterien Mindestliefermenge und Mengenflexibilität zeigen hierbei die Fähigkeit des Lieferanten auf, sich an schwankende Mengenbedarfe des Kunden anzupassen. Der Lieferant sollte in der Lage sein, Massen- oder Serienteile und im Bedarfsfall auch kleinere Mengen (Sonderanfertigungen) herzustellen. Dies zeigt die Bereitschaft des Lieferanten, auch bei geringen Stückzahlen dem Abnehmer nachzukommen. Im Rahmen der Mengenkonstanz steht die Regelmäßigkeit der Belieferung im Fokus. Die stetige und gleichbleibende Lieferung lässt darauf schließen, dass der Zulieferer ein Sicherheitslager eingerichtet hat. Er übernimmt somit die Einlagerung für das gelieferte Beschaffungsobjekt und sichert gleichzeitig bei Produktionsstörungen seinerseits eine bedarfsgerechte Belieferung.15

18

Qualitätsleistung Ein signifikantes Kriterium für ein beschaffendes Unternehmen ist die Prüfung des Qualitätsbewusstseins bzw. der qualitativen Leistungsfähigkeit des Zulieferers. Die Mitarbeiter des Lieferanten leisten mit einem hohen Qualitätsniveau einen entscheidenden Beitrag zur Erfüllung der vom Abnehmer erwünschten Eigenschaften des Beschaffungsobjektes. Ebenso wichtig sind der Technologiestand des Lieferanten und die den Mitarbeitern zur Verfügung stehenden technischen Hilfsmittel. Wenn das beschaffende Unternehmen Werkzeuge vom Lieferanten ordert, sollte dieser in der Lage sein, sie herzustellen, und über die geeigneten Maschinen sowie Fachkräfte verfügen. Ebenso spielt die Kapazität beim Werkzeugbau eine wichtige Rolle. Bei schon vorhandenen Werkzeugen muss sichergestellt werden, dass die Werkzeuge vom Lieferanten instand gehalten werden. Die Gestaltungsmittelverfügbarkeit gibt Informationen darüber, wie der Lieferant in der Entwicklungs-, Konstruktions- und Produktionsphase auf Änderungen vom Kunden eingeht. Voraussetzung für eine gute Leistung in diesem Bereich sind genügend maschinelle wie auch personelle Ressourcen des Zulieferers. Flexible, qualifizierte und kreative Mitarbeiter bilden eine starke Basis für kurzfristige Anpassungswünsche des Kunden. Die in der Produktion eingesetzten Rohstoffe und Materialien lassen auf die Qualität des Produktes schließen, daher müssen ebenso die Rohstoffe wie der Produktionsprozess dokumentiert werden. Ein wesentlicher Aspekt bei der Bewertung eines Lieferanten ist die Leistungskonstanz, der Lieferant

15 Glantschnig (1994).

18.4 · Bewertungskriterien

231

muss sich der Problematik der Produkthaftung annehmen und der Einkäufer muss auf Lieferanten vertrauen können, die qualitätssicher sind. Der Trend zur Reduzierung der Wareneingangskontrolle fordert den Lieferanten auf, die produzierten Objekte kontinuierlich bei gleicher Qualität zu liefern.16 Durch die DIN ISO 9001:2015-(Qualitätsmanagementnorm)-Zertifizierung kann eine Qualitätsleistung nachgewiesen werden, welche beispielsweise Hinweise auf eine gute Verarbeitung geben kann.17 Genießt ein Zulieferer einen guten Ruf als Produzent eines hochwertigen Beschaffungsobjekts, kann das abnehmende Unternehmen den damit verbundenen Werbewert des Lieferanten für den Verkauf seines Endproduktes benutzen.18 Logistikleistung Mit der zunehmenden Vernetzung von Lieferanten und Abnehmer steigt ebenso die Bedeutung der Logistik. Hierbei sind die Schnittstellen zum Abnehmer sowie die Material- und Warenflüsse beim Lieferanten zu beachten. Die Logistikleistung kann nach Zeit-, Orts- und Lieferleistung unterschieden werden.19 Zeitleistung: Durch eine gut organisierte Auftragsabwicklung sowie Maßnahmen zur Durchlaufzeitenoptimierung in der Fertigung kann der Lieferant kurze Lieferzeiten erreichen.20 Die Terminzuverlässigkeit gibt Auskunft darüber, ob der Lieferant das Beschaffungsobjekt zum gewünschten Zeitpunkt bereitstellt. Die flexible Termingestaltung zeigt, ob der Lieferant den Bereitstellungstermin des Beschaffungsobjekts flexibel gestalten kann.21 Ortsleistung: Nicht nur die Entfernung zum Abnehmer, sondern auch die Lagerstellenzugänglichkeit ist für eine flexible Versorgung des Abnehmers von Interesse. Außerdem ist die Möglichkeit eines Konsignationslagers des Abnehmers am eigenen Standort von Belang.22 Eine günstige Transportmittelanbindung umfasst neben den entsprechenden Verkehrsanschlüssen (Schienen) ebenso Verlade- und Transporteinrichtungen.23 Lieferleistung: Bei der Lieferzuverlässigkeit wird vom Lieferanten verlangt, die Vereinbarungen hinsichtlich Qualität, Menge, Termin, Service und Ort einzuhalten.24 Die Lieferzuverlässigkeit wird erhöht, indem der Lieferant erfahren in der Abwicklung analoger Aufträge ist. Wenn der Abnehmer auch bei Marktengpässen beliefert wird, wird dies als Liefertreue bezeichnet. Solch eine Bewertung ist jedoch nur bei einer langjährigen Lieferanten-Abnehmer-Beziehung sinnvoll.25 Ein weiterer wich-

16 17 18 19 20 21 22 23 24 25

Glantschnig (1994). Janker (2004). Arnolds et al. (1998). Janker (2004). Glantschnig (1994). Glantschnig (1994). Janker (2004). Glantschnig (1994). Glantschnig (1994). Janker (2004).

18

232

Kapitel 18 · Lieferantenauswahl und -bewertung

tiger Ansatzpunkt im Rahmen des Just-in-time-Sourcing ist die verarbeitungsgerechte Anlieferung, zu der genauso die verbrauchsgerechte Verpackung zählt. Unter den Aspekt Verpackungs- und Transportschutz fallen die Maßnahmen, die der Lieferant durchführt, um die Qualität des Beschaffungsobjekts während des Transports zu erhalten.26 Entgeltleistung (Wettbewerbsfähigkeit) Unter dem Aspekt der Entgeltleistung wird die Preis- und Kostengestaltung des Zulieferers betrachtet. Der Angebotspreis ist im Rahmen der Preisgestaltung als Erstes mit Angeboten von Mitbewerbern zu vergleichen. Über den reinen Angebotspreis hinaus sollten ebenso Zahlungsbedingungenen wie das Zahlungsziel und die finanzielle Konditionengestaltung (Skonti, Nachlässe) des Lieferanten geprüft werden.27 Der Angebotspreis spielt in der Beschaffung eine große Rolle, auch wenn seine Bedeutung bei strategischen Partnern durch sogenannte „weiche Kriterien“ (soft Facts) reduziert wird. Prinzipiell stellt für zukünftige Lieferanten-Abnehmer-Beziehungen die Entgeltleistung eines der wichtigsten Kriterien der Wettbewerbsfähigkeit von Lieferanten dar. Serviceleistung Unter Serviceleistung werden alle Dienstleistungen des Lieferanten, die in direktem Zusammenhang zum Beschaffungsobjekt stehen, zusammengefasst.28 Im Rahmen der Serviceleistung sind Inhalt und Umfang der Objektgarantie zu prüfen. Weiterhin sind die Bereitschaft des Zulieferers zur Übernahme von Kosten, die bei mangelhafter Warenauslieferung entstehen, sowie das Kulanzverhalten zu prüfen.29 Es ist außerdem zu prüfen, ob der Lieferant in der Lage ist, den Kunden über einen längeren Zeithorizont nach Ablauf der Serienproduktion mit zugehörigen Ersatzteilen zu beliefern, und somit eine strategische Nachkaufsicherheit für das abnehmende Unternehmen bietet.30 Informations- und Kommunikationsleistung Hierbei steht die Bereitwilligkeit des Zulieferers, dem abnehmenden Unternehmen umfangreiche Informationen über sein Unternehmen und seine Produkte zu liefern, im Mittelpunkt. Eine wichtige Voraussetzung hierfür sind die Kooperationsbereitschaft des Lieferanten und seine Kommunikationsbereitschaft (Reaktionszeit, Qualität der Antworten). Die Basis einer vertrauensvollen Zusammenarbeit ist ein gegenseitiger Informationsaustausch. Ein weiteres Unterkriterium sind die vorhandenen Kommunikationsmittel. Hauptsächlich sind hier Systeme für den elektronischen Datenaustausch gemeint, die einen schnellen Datentransfer der Partner gewährleisten. Der Datenschutz muss von beiden Seiten gewährleistet sein, um vertrauliche Informationen austauschen zu können.31

18 26 27 28 29 30 31

Glantschnig (1994). Janker (2004). Janker (2004). Janker (2004). Janker (2004). Glantschnig (1994).

18.5 · Verfahren der Kriterienauswahl

233

Innovationsleistung Ist ein Lieferant in der Lage, selbst neue wirtschaftliche Konzepte umzusetzen, wird von Innovationsleistung gesprochen. Um neue Produkte und Verfahren zu generieren, bedarf es eines hohen Grads an technologischer Kompetenz. Dies kann anhand von Patenten, Lizenzen oder ähnlichen Referenzen nachgewiesen werden. Das Entwicklungspotenzial des Lieferanten kann anhand der Materialien und personellen Ressourcen abgeschätzt oder anhand der F&E-Kapazität konkret beurteilt werden.32 Umweltleistung Hierbei wird das Umweltbewusstsein des Lieferanten bewertet, wobei die beiden Unterkriterien Umweltverträglichkeit und Recyclingbereitschaft untersucht werden. Die Umweltverträglichkeit kann anhand der produzierten Produkte sowie der benutzten Verpackungen und der angewandten Fertigungsverfahren geprüft werden. Sie kann durch entsprechende Nachweise im Rahmen eines Öko-Audits belegt werden. Weiterhin lässt sich die Umweltleistung anhand der Recyclingbereitschaft des Zulieferers bewerten. Dabei wird der Einsatz von Werkstoffen, Verpackungen und recyclingfähigem Material untersucht. Hinzu kommt die Prüfung der tatsächlichen Rücknahme und Entsorgung von Materialien durch den Lieferanten.33 18.5  Verfahren der Kriterienauswahl

Vor der Bewertung eines Lieferanten muss jedes Unternehmen im ersten Schritt festlegen, welche Anforderungen für die Entscheidung von Bedeutung sind.34 Darüber hinaus sollte bei der Festlegung des Umfangs des Kriterienkatalogs die Einstufung des Materials anhand einer Teileklassifikation berücksichtigt werden. So sind z. B. Kriterien zur wirtschaftlichen Lage des Zulieferers für strategische Artikel und Engpassartikel entscheidender als für unkritische Artikel. Generell sollte bei den „wichtigeren“ Materialien (z. B. A-Teile) eine größere Anzahl von Kriterien verwendet und damit eine höhere Bewertungsqualität anstrebt werden. Eine Sonderform ist die Lieferantenbewertung mit nur einem Kriterium (Einfaktorenvergleich). Diese „Verfahren“ sind aber nur dann vertretbar, wenn bei diesem Material das gewählte Kriterium alle anderen sehr deutlich in der Bedeutung für das Unternehmen dominiert.35 Eine weitere Möglichkeit zur Anwendung ergibt sich, wenn zwischen den Zulieferern in allen anderen wichtigen Punkten Übereinstimmung vorliegt. Nach der Festlegung der Kriterien wird in einem zweiten Schritt jedem potenziellen Lieferanten für jedes Kriterium eine Wertung zugesprochen, die ausdrückt, inwieweit dieser Lieferant das Kriterium erfüllt. Informationen hierzu liefert die Beschaffungsmarktanalyse (vgl. 7 Abschn. 25.3). Der dritte Schritt ist die zur Auswahl potenzieller Zulieferer notwendige Aggregation aller Wertungen zu einem Gesamturteil, die je nach Verfahren unterschiedlich vollzogen wird.

32 33 34 35

Janker (2004). Janker (2004). Janker (2004). Arnolds et al. (1998).

18

234

Kapitel 18 · Lieferantenauswahl und -bewertung

. Abb. 18.1  Lieferantenbewertungsverfahren (Glantschnig 1994)

18.6  Verfahren der Lieferantenbewertung

Die Instrumente, welche für die Lieferantenbewertung eingesetzt werden, sind abhängig von Größe, Qualifikation und Branchenzugehörigkeit des Zulieferers. In der Vergangenheit wurden verschiedene Verfahren zur Bewertung von Zulieferern entwickelt, die in der Praxis Anwendung finden (. Abb. 18.1). Bei der Lieferantenbewertung lassen sich quantitative und qualitative Verfahren unterscheiden. Quantitative Verfahren der Lieferantenbewertung zielen darauf ab, die Leistungsfähigkeit bzw. die Lieferleistung eines Lieferanten in Form von monetären oder numerischen Größen zu quantifizieren. Zu ihnen werden die folgenden Verfahren gezählt:36

18

Bilanzanalyse Das Verfahren der Bilanzanalyse liefert bei mehrperiodischen Vergleichen grobe Anhaltspunkte zur Leistungsfähigkeit eines Lieferanten beispielsweise in Form von Bilanzkennzahlen. Diese können u. a. die Wirtschaftlichkeit, die Liquidität, die Kostenstruktur oder auch die Umsatzentwicklung eines Lieferanten abbilden.

36 Glantschnig (1994); Koppelmann (2004).

18.6 · Verfahren der Lieferantenbewertung

235

Preisentscheidungsanalyse Die Analyse des Beschaffungspreises ist im Rahmen der Lieferantenbewertung von signifikanter Bedeutung. Die Preisentscheidungsanalyse kann in unterschiedlichen Formen angewendet werden. Es kommen die Preisstrukturanalyse (Betrachtung der Angemessenheit für die spätere Preisverhandlung), die Preisbeobachtung (Beobachtung der Preisveränderung im Zeitablauf) und der Preisvergleich in Form von Angebotsvergleichen zum Einsatz: Bei der Preisstrukturanalyse werden die Preise des Lieferanten auf Kosten- und Gewinnfaktoren hin untersucht. Das Ziel hierbei ist die Überprüfung der Angemessenheit des Endpreises durch eine Analyse der Kalkulation des Einstandspreises.37 Die Preisbeobachtung gibt Informationen darüber, inwieweit sich der Preis des Beschaffungsobjekts im Laufe der Zeit verändert. Dies empfiehlt sich besonders bei preisempfindlichen Produkten, wie den meist international gehandelten Rohstoffen.38 Neben den Preisen der Beschaffungsprodukte werden ebenso die Preise potenzieller Substitutionsgüter beobachtet. Um frühzeitig Risiken auf dem Beschaffungsmarkt zu erkennen, müssen die vom Zulieferer verwendeten Einsatzstoffe beobachtet werden. Dadurch können Anhaltspunkte über die zu erwartenden Preise auf dem direkten Beschaffungsmarkt prognostiziert werden. Weiterhin ist dies eine gute Grundlage für die Jahrespreisverhandlung. Beim Preisvergleich werden die Preise von verschiedenen Anbietern im Rahmen der Angebotsanalyse miteinander verglichen und das günstigste Angebot wird ausgewiesen. Kostenentscheidungsanalyse Im Falle der Kostenentscheidungsanalyse werden die einzelnen Kostenbestandteile des Lieferanten sowie die Folgekosten untersucht. Hierfür kommt z. B. die Cost-Ratio-Methode zum Einsatz, bei der die Gesamtkosten, die während eines Beschaffungsvorgangs anfallen, ermittelt werden. Einen weiteren Ansatz stellt das Total-Cost-Supplier-Selection-Model dar, bei dem elf messbare interne und externe Kostenfaktoren für die Bewertung berücksichtigt werden. Darüber hinaus werden die mit einem Lieferanten zusammenhängenden potenziellen Risikofaktoren in die Bewertung einbezogen. Optimierungsverfahren Optimierungsverfahren definieren eine Zielfunktion (z. B. das günstigste Angebot) und Nebenbedingungen (Lieferzeit, Zuverlässigkeit etc.). Mit den mathematischen Verfahren der linearen Optimierung werden dann alle Angebote auf Erfüllung der Nebenbedingungen geprüft und die zulässigen Angebote in absteigender Reihenfolge nach den Preisen geordnet. Kennzahlenverfahren Kennzahlenverfahren versuchen die Qualität der Lieferanten in einer oder mehreren Verhältniszahlen auszudrücken. Solche Zahlen können z. B. die Terminzuverlässigkeit oder die Mengentreue sein. Als wichtigste Kennwerte gelten neben Qualität

37 Janker (2004). 38 Glantschnig (1994).

18

236

Kapitel 18 · Lieferantenauswahl und -bewertung

und Preis die Liefertreue, das Entwicklungspotenzial und die terminliche Flexibilität von Lieferanten. Dabei können sowohl Mehrkomponenten- als auch Einkomponentenbewertungen (z. B. Preis) zum Einsatz kommen. Dabei wird der Einfaktorenvergleich zunehmend von komplexeren Mehrfaktorensystemen abgelöst. Nachteilig bei den quantitativen Verfahren ist die oft mangelnde Einbeziehung der wichtigen qualitativen Kriterien (z. B. Service des Lieferanten und Qualität der Zusammenarbeit bei Problemen). In Abgrenzung zu den quantitativen Verfahren der Lieferantenbewertung haben qualitative Verfahren zum Ziel, schwer quantifizierbare Kriterien wie z. B. Reklamationen, administrativer Aufwand, Zusammenarbeit bei Problemen etc. in die Bewertung zu integrieren. Die qualitativen Verfahren sind durch die Berücksichtigung solcher Informationen flexibler und ihre Bewertungen sind daher vollständiger. Sie beinhalten aber auch ein größeres Maß an Subjektivität. Qualitative Verfahren können in grafische, verbale und numerische Darstellungsverfahren unterteilt werden:39 Grafische Darstellungsverfahren Zu den grafischen Darstellungsverfahren zählen die Profiltechnik und das Polaritätsprofil. Sie bewerten Lieferanten anhand notenähnlicher Bewertungsskalen und stellen die Güte der potenziellen Lieferanten bezüglich verschiedener Kriterien als Abbildung dar. Die Ergebnisse einer solchen grafischen Auswertung können z. B. in Form von Bewertungen über eine Vielzahl von Merkmalen erfolgen. Werden die einzelnen, in einer Tabelle aufgelisteten Bewertungen miteinander verbunden, so entstehen charakteristische Zickzacklinien, die die Eigenschaften eines Lieferanten beschreiben und so einen einfachen, relativen und grafischen Vergleich von Lieferanten untereinander ermöglichen. Damit ist es auf einfache Art und Weise möglich, die relative Positionierung der Lieferanten zu bewerten. Darüber hinaus können die Lieferantenprofile dem Wunschprofil eines imaginären Ideallieferanten gegenübergestellt und verglichen werden. Je mehr die Gütedarstellung eines potenziellen Lieferanten der Abbildung des Ideallieferanten ähnelt, desto höher wird er eingestuft. Nachteilig ist die Gleichgewichtung aller Kriterien, weshalb für grafische Techniken schon bei der Kriterienauswahl auf die gleiche Bedeutung der Kriterien für das Unternehmen geachtet werden muss.

18

Verbale Verfahren (Checklisten, Lieferantentypologien) Zu den verbalen Darstellungsverfahren zählen z. B. Checklisten, Lieferantentypologien und Portfoliomethoden. Checklisten dienen in erster Linie als systematisch aufgebaute Gedächtnisstütze, die jedoch keine Auswahlregel für einen Lieferanten beinhaltet. Lieferantentypologien und Portfoliomethoden stellen vergleichbar mit der Profiltechnik die relative Position eines oder mehrerer Lieferanten in Bezug auf ausgewählte Dimensionen oder Kenngrößen dar.40

39 Glantschnig (1994); Koppelmann (2004). 40 Janker (2004).

18.6 · Verfahren der Lieferantenbewertung

237

Numerische Verfahren (Scoring-Modelle) Die numerischen Darstellungsverfahren umfassen eine Vielzahl von Bewertungsmethoden, die Zahlen bzw. numerische Werte als Ausdruck subjektiver Bewertung nutzen. Dabei stehen 10 Punkte etwa für „exzellent“ und 5 Punkte für „befriedigend“. Aus diesen Einzelbewertungen wird dann auf mathematischem Weg ein Gesamturteil bestimmt. Ein häufig genutztes Punktbewertungsverfahren ist z. B. das Scoring-Modell. Hierbei werden den Kriterien Gewichte zugeordnet. Dadurch lassen sich Kriterien von unterschiedlicher Bedeutung besser berücksichtigen. Über die Gewichtung von Teilurteilen und deren Eintrittswahrscheinlichkeit wird ein Gesamturteil ermittelt. Ein Vorteil der Punktbewertungsverfahren liegt darin, dass die Beurteilungen einzelner an dem Verfahren Beteiligter transparent werden. Als problematisch wird dagegen angesehen, dass bei der Aggregation von Einzelurteilen zu Zahlenwerten eine nicht vorhandene Objektivität vorgetäuscht wird. Der Matrix-Approach mildert die Subjektivität des oben genannten Scoring-Modells dadurch, dass die Bewertung anhand definierter Kriterien, wie z. B. Qualität, Preis, Kundendienst etc., in einem gemeinsamen Team aller an der Bewertung Beteiligten erfolgt. Wie im Scoring-Modell werden auch hier Bewertungsfaktoren über die Gewichtung von Teilkriterien gebildet und zu einem Gesamturteil aggregiert. Die Geldwertmethode baut auf einer Wertanalyse auf. Nach einer Festlegung der durch einen Lieferanten zu erfüllenden Funktionen werden Angebote eingeholt, die auf die Erfüllung der notwendigen Funktionen geprüft werden. Alle zusätzlichen Funktionen werden in Form eines Geldbetrages bewertet und entsprechend den Zielvorstellungen geordnet. Die Nutzwertanalyse ist für die Lieferantenbewertung von besonderer Bedeutung, da sie es erlaubt, Zielerträge und Bezugswerte nach Präferenzen der Entscheidungsträger festzulegen. Darunter versteht man die Analyse einer Menge komplexer Handlungsalternativen mit dem Ziel, die Elemente dieser Menge entsprechend den subjektiven Wertvorstellungen des Entscheidungsträgers zu ordnen. Diese Ordnung berücksichtigt ein verschiedenartig dimensioniertes Zielsystem.41 Die Durchführung erfolgt in folgenden Schritten (. Tab. 18.1): 1. Festlegung der Zielkriterien In der langfristigen Versorgungssicherung lassen sich hinsichtlich Zeitpunkt, Menge und Qualität folgende Entscheidungskriterien ableiten: 5 Länge der Lieferzeit 5 Zuverlässigkeit der Einhaltung der Lieferzeit 5 Zuverlässigkeit der angebotenen Produktqualität 5 Umfang und Auslastung der Produktionskapazität 2. Gewichtung der Zielkriterien Jedes Zielkriterium wird mit einem Gewichtungsfaktor entsprechend seiner relativen Bedeutung versehen. Dies kann durch eine einfache Punkteverteilung erfolgen, indem beispielsweise jedes Mitglied eines Bewertungsteams drei Punkte erhält, die

41 Zangemeister (1970).

18

238

Kapitel 18 · Lieferantenauswahl und -bewertung

. Tab. 18.1  Nutzwertanalyse für eine Lieferantenbeurteilung (Koppelmann 2004) Teilschritte der Nutzwertanalyse

Vorgehensweise bei der Nutzwertanalyse

1.

Festlegung der Zielsetzung

Aufstellung eines Zielsystems; begründeter, nachvollziehbarer Vorschlag für die Auswahl relevanter Zielkriterien

2.

Gewichtung der Zielkriterien

Gewichtung der vorliegenden Zielkriterien mit unterschiedlichen Nutzen-Kostenarten

3.

Operationalisierung der Zielkriterien

Beschreibung des Entscheidungsproblems mit einem mathematischen Ansatz bzw. verbaler Umschreibung

4.

Bewertung der Zielkriterien mit Punkten

Umrechnung unterschiedlicher Dimensionen in Punktwerte

5.

Gewichtung und Aggregation der Punktewerte

Gewichtung der Punktewerte und je nach Informationsbedarf Aggregation dieser Werte

es auf die Kriterien verteilen kann. Die Gewichtung ergibt sich durch Ermittlung des prozentualen Anteils der Punkte je Zielkriterium, bezogen auf die insgesamt vergebene Punkteanzahl. Eine weitere Möglichkeit stellt der paarweise Vergleich dar. Hierbei wird in einer Matrix jedes Kriterium mit den jeweils anderen verglichen. Bei jedem Vergleich ist die Entscheidung zu fällen, ob ein Kriterium wichtiger als das andere, gleich wichtig oder unwichtiger ist. In Abhängigkeit von der Entscheidung werden den Kriterien folgende Gewichtungen zugewiesen: 5 wichtiger als = 2 Punkte 5 gleich wichtig = 1 Punkt 5 unwichtiger als = 0 Punkte Beispiel: Das Kriterienpaar Einstandspreis und Lieferzeit soll eine Gewichtung bekommen. Wenn ein bestimmtes C-Produkt aus Sicht des Vertriebs nur über eine kurze Lieferzeit verkauft werden kann, dann wird der Vertriebsverantwortliche vermutlich die Lieferzeit des Lieferanten als wichtiger einstufen. Das bedeutet dann bei der Punktevergabe: Der Einstandspreis erhält null, Lieferzeit zwei Punkte (siehe Hinterlegung in . Tab. 18.2).42 Auf diese Weise muss jedes einzelne Kriterium gegen jedes andere gewichtet werden. Wenn dies geschehen ist, wird die Punkteanzahl für jedes Kriterium zur Einzelsumme addiert. Daraus wird dann die Gesamtsumme aller Einzelsummen gebildet. Nun werden die Einzelsummen jeweils ins Verhältnis zur Gesamtsumme gesetzt. So erhält jedes Kriterium einen Gewichtungsfaktor.43

18

3. Operationalisierung der Zielkriterien Für alle Zielkriterien wird zunächst ein Mindestniveau festgelegt, das erreicht werden muss. Bei Lieferanten, die dieses Niveau nicht erreichen, wird das Kriterium 42 Lemme (2005). 43 Lemme (2005).

18.6 · Verfahren der Lieferantenbewertung

239

. Tab. 18.2  Paarweiser Vergleich, Beispiel (Lemme 2005)

. Tab. 18.3  Beispielhafte Ausprägungen der Zielkriterien (Lemme 2005)

zum „K.-o.-Kriterium“, d. h., der Lieferant wird von der weiteren Betrachtung ausgeschlossen. Die Ausprägungen der Beurteilungskriterien sind mit Punktwerten zu belegen. Ein Beispiel zeigt . Tab. 18.3. 4. Bewertung der Zielkriterien mit Punkten Die jeweils zu vergleichenden Lieferanten werden am Zielkriterium gemessen und mit einer Punktzahl bewertet. Hierbei bildet die Bewertungsskala den Orientierungsrahmen. 5. Gewichtung und Aggregation der Punktwerte Je Lieferant wird die Bewertung des jeweiligen Zielkriteriums mit dem Gewichtungsfaktor multipliziert, es ergibt sich daraus der sogenannte Nutzen des Lieferanten bezogen auf das Zielkriterium. Die Summe des Nutzens je Lieferant über alle Zielkriterien ergibt den sogenannten Nutzwert einer Alternative, hier eines

18

240

Kapitel 18 · Lieferantenauswahl und -bewertung

. Tab. 18.4  Durchführung einer Lieferantenauswahl (Beispiel) (Lemme 2005)

­ ieferanten. Das Ergebnis der Schritte 4 und 5 zeigt die . Tab. 18.4. Die AlternaL tive mit dem größten Nutzwert, hier Lieferant B, ist zu präferieren. 18.7  Aufgaben zur Selbstüberprüfung

18

1. Für welche Aufgaben im Unternehmen dienen Lieferantenbewertungen als Informationsbasis? 2. Nennen Sie Aufgaben und Ziele der Lieferantenbewertung. 3. Inwieweit bringt die Lieferantenbewertung auch Vorteile für den Lieferanten mit sich? 4. Welche Anforderungen werden an die Lieferantenbewertung gestellt? 5. Durch welche Methoden kann eine nachvollziehbare und transparente Lieferantenbewertung gewährleistet werden? 6. In welche Kategorien lassen sich Bewertungskriterien beim Mehrfaktorenvergleich einordnen? 7. Welche Ergebnisse lassen sich aus einer Lieferantenbewertung hinsichtlich der Mengenleistung erzielen? 8. Welche Aspekte werden bei der Bewertung der Logistikleistung beurteilt? 9. Welche Aspekte werden bei der Bewertung der Informations- und Kommunikationsleistung beurteilt? 10. Welche qualitativen und quantitativen Bewertungsverfahren können zur Lieferantenbewertung eingesetzt werden? 11. Welche Bewertungsmöglichkeiten bietet die Preisentscheidungsanalyse? Erläutern Sie kurz dieses Verfahren. 12. Nennen Sie mögliche Kennzahlen für die Bewertung nach dem Kennzahlenverfahren. 13. Welche Vor- und Nachteile bieten quantitative Verfahren? 14. Erläutern Sie den Ablauf einer Nutzwertanalyse. Beschreiben Sie kurz die einzelnen Schritte.

241

Beschaffungscontrolling Inhaltsverzeichnis 19.1 Kennzahlensysteme und Kennzahlen – 243 19.2 Beschaffungskennzahlen – 244 19.3 Aufgaben zur Selbstüberprüfung – 247

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 H. Beckmann, Grundkurs Beschaffungsmanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-39125-6_19

19

242

Kapitel 19 · Beschaffungscontrolling

In vielen Unternehmen wurde das Beschaffungscontrolling in der Vergangenheit gar nicht oder in sehr geringem Maße eingesetzt. Optimierungspotenziale in der Beschaffung wurden jedoch immer mehr erkannt und dementsprechend werden vermehrt Controllinginstrumente eingesetzt. „Unter Beschaffungscontrolling versteht man alle Aufgaben zur Koordination des unternehmensinternen Beschaffungsmanagements sowie dessen Informationsversorgung.“1 Das Beschaffungscontrolling umfasst laut Bichler (2011) alle notwendigen Aufgaben zur Überwachung der Beschaffung mit dem Ziel, die Wirtschaftlichkeit und Liquidität eines Unternehmens langfristig sicherzustellen.2 Laut Bornemann (1987) zählen die Planung, die Analyse und die Berichterstattung zu den Komponenten des Beschaffungscontrollings. Sie sollen so eingesetzt werden, dass der Materialeinsatz und die Abwicklung im Einkauf optimiert werden. Der Controller muss ein hohes Maß an analytischem Denkvermögen aufweisen, zu kooperativer Zusammenarbeit bereit sein, die Fähigkeit zur Führung besitzen und seinen eigenen Aufgabenbereich kreativ gestalten können.3 Das Beschaffungscontrolling kann einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung des Unternehmenserfolgs leisten, indem es auf Lösungsansätze zur Kostensenkung hinweist.4 Es schafft Transparenz auf dem Beschaffungsmarkt und einen Überblick über die Leistungsfähigkeit der Lieferanten. Die Aufgaben des Beschaffungscontrollings sind es, Ziele für den Einkauf zu definieren, Ziele zu konkretisieren, Maßnahmen zu definieren und Soll-Ist-Vergleiche in bestimmten Zeitabständen vorzunehmen.5 Es stellt verdichtete und aufbereitete Informationen für Entscheidungsprozesse bereit.6 Kostensenkungsmaßnahmen in der Beschaffung führen zu einer Verbesserung des Betriebsergebnisses. Durch die starke Hebelwirkung in der Beschaffung können Aufwendungen gemindert und somit kann der Gewinn erhöht werden. Infolge dieses großen Wertbeitrages zum Unternehmensergebnis hat das Beschaffungscontrolling eine wichtige Stellung innerhalb der Beschaffungsabteilung im Unternehmen. Unter sozialen Gesichtspunkten sind Einsparungen im Materialbereich besser zu bewältigen als Personalrationalisierungsmaßnahmen. Die Organisationsstruktur bleibt unberührt und die Reduktion der Beschaffungskosten kann kurzfristig und relativ schnell umgesetzt werden.7 Vielfach angewandte Instrumente des Controllings sind Kennzahlen und Kennzahlensysteme. Im Allgemeinen dienen Kennzahlen zur Planung, Steuerung und Kontrolle des gesamten Betriebsgeschehens. Der Controller soll dabei kritische Planabweichungen frühzeitig erkennen, damit Entscheidungsträger rechtzeitig reagieren und Gegenmaßnahmen vorschlagen können.8 Ein Kennzahlensystem ist die Zusammenstellung von Einzelkennzahlen, die in sachlich sinnvoller Beziehung

19

1 2 3 4 5 6 7 8

Kummer et al. (2009, S. 162). Bichler et al. (2011, S. 19). Bornemann (1987, S. 22 ff.). Arnolds et al. (2010, S. 367). Heß (2010, S. 42 f.). Bichler et al. (2011, S. 19). Schoddel et al. (2004); Buchholz (1999). Boecker (2001).

19.1 · Kennzahlensysteme und Kennzahlen

243

. Abb. 19.1  Einfluss der Beschaffung auf den ROI (Appelfeller et al. 2005, S. 104)

z­ ueinander stehen. Sie dienen der ausgewogenen und vollständigen Erfassung eines Betrachtungsgegenstandes.9 19.1  Kennzahlensysteme und Kennzahlen

Zunächst wird der Einfluss der Beschaffung auf den gesamten Unternehmenserfolg dargestellt. Der Return on Investment (ROI), also der Ertrag aus dem investierten Kapital bzw. die Kapitalrendite, ist ein Kennzahlensystem (DuPont-Kennzahlensystem) mit folgendem Aufbau (. Abb. 19.1): Die Beschaffung hat einen erheblichen Einfluss auf das Ergebnis des ROIs, indem die einzelnen vorgelagerten Einflussfaktoren (Stellschrauben) durch Beschaffungsmaßnahmen verändert werden. Kennzahlen können in die zwei Gruppen absolute Zahlen und Verhältniszahlen eingeteilt werden. Absolute Kennzahlen können Einzelwerte, Summen oder Mittelwerte darstellen. Als Beispiel können nach Werner (2010) folgende Kennzahlen genannt werden:10 5 Anzahl Einkaufsteile 5 Einkaufsvolumen 5 Anzahl Bestellpositionen 5 Anzahl Lieferanten Bei den Verhältniszahlen werden relevante Zahlen zueinander ins Verhältnis gesetzt (Quotient). Des Weiteren können Kennzahlen in verschiedenen Funktionen und Phasen des Planungsprozesses eingesetzt werden. Schulte (2001) verdeutlicht dies an . Abb. 19.2. Weichen die Ergebnisse der ermittelten Kennzahlen stark von den Soll-Werten ab, müssen Analysen vorgenommen werden, um erklären zu können, wie diese

9 Piontek (2004, S. 191). 10 Werner (2010, S. 305).

19

244

Kapitel 19 · Beschaffungscontrolling

. Abb. 19.2  Funktionen von Kennzahlen (Schulte 2001, S. 462)

­ bweichungen zustande gekommen sind.11 Kennzahlen dienen nicht nur dem unA ternehmensinternen Soll-Ist-Vergleich, sondern auch dem betrieblichen (externen) Vergleich (externes Benchmarking). Können Kennzahlen nicht innerhalb des externen Benchmarks verglichen werden, weil keine Vergleichspartner aufzufinden sind, ist es möglich, Informationen aus vorhandenen Benchmarking-Datenbanken (z. B. SoftconCis) heranzuziehen.12 Laut Arnolds et al. (2010) kommt ein Betriebsvergleich jedoch selten zur Anwendung, da sich die Rahmenbedingungen von Unternehmen zu Unternehmen stark unterscheiden können. Voraussetzungen zur Ermittlung von Kennzahlen sind laut Schild (2005):13 5 ein gut ausgebautes Rechnungswesen 5 ein leistungsfähiges, EDV-gestütztes Informationssystem 5 eine schlüssige Organisationsstruktur 19.2  Beschaffungskennzahlen

Es gibt eine Vielzahl von Kennzahlen, die sich auf den Beschaffungsbereich beziehen, jedoch ist es für ein Unternehmen nicht immer einfach, die wichtigen herauszufiltern und diese richtig zu interpretieren. Die Kennzahlen sollen sich auf das Wesentliche beziehen und komplexe Leistungsvorgänge in kompakter Form darstellen. Kennzahlen, die nicht mit den Zielen des Beschaffungscontrollings übereinstimmen, sind zwar häufig einfach zu interpretieren, für das Unternehmen jedoch uninteressant. Kennzahlen haben laut Piontek (2004) mehrere Funktionen. Sie dienen14 5 der Quantifizierung von Zielen als Sollgrößen,

19

11 12 13 14

Schulte (2001, S. 457 ff.). Schild (2005). Hartmann (1997, S. 494). Piontek (2004, S. 192).

19.2 · Beschaffungskennzahlen

245

5 der frühzeitigen Erkennung von Abweichungen, Chancen und Risiken durch permanente Soll-Ist-Vergleiche, 5 der systematischen Suche und Feststellung von Abweichungsursachen und Schwachstellen, 5 als wirkungsvolle Hilfestellung bei der Erschließung von Kostensenkungspotenzialen, 5 der klaren Erfolgsmessung bei der Durchführung von Kostensenkungsmaßnahmen, 5 der Überwachung von Entwicklungen der Beschaffungsmärkte, 5 der leistungsorientierten Beurteilung der Einkaufskapazitäten sowie 5 als kontinuierliche Hilfestellung bei der Erfüllung beschaffungswirtschaftlicher Aufgaben. Laut Arnolds et al. (2010) versagen Kennzahlen „bei der Beurteilung beratender, entscheidungsvorbereitender und entscheidender Tätigkeiten, geistiger Aktivitäten, die sich der Beurteilung durch Kennzahlen entziehen und sich letztlich nur am Ergebnis bzw. Erfolg würdigen lassen“. Es sollten neben den rein quantitativen Kennzahlen auch qualitative Messungen vorgenommen werden. Ebenso übernehmen abteilungsexterne Faktoren, wie z. B. der Beschaffungsmarkt, eine wichtige Rolle.15 Neben Kennzahlen, die für jedes einzelne Unternehmen eine eigene Relevanz besitzen, können auch bestimmte Kennzahlen ermittelt werden, an denen sich der Erfolg von Unternehmen vergleichen lässt. Solche allgemeinen Beschaffungskennzahlen können laut Schild (2008) sein: Materialkostenveränderung (MKV) Diese Kennzahl zeigt, wie sich die Materialkosten im Vorjahresvergleich verändert haben. Die eingekauften Materialien werden mit den durchschnittlichen Stückkosten (DSK) des Vorjahres bewertet, die Differenz zum aktuellen Wert wird gebildet und auf den Wert des Vorjahres bezogen.16 Die Formel lautet somit:

MKV =



 (Menge aktuell × DSK aktuell) − (Menge aktuell × DSK Vorjahr)  (Menge aktuell × DSK Vorjahr)

Um den Wert beurteilen zu können, muss die errechnete Materialkostenveränderung mit der Kostenentwicklung am Markt verglichen werden.17 Gerade für Unternehmen mit einem hohen Prozentsatz an Produktions- und Lagermaterialien mit Wiederholcharakter ist diese Kennzahl von hoher Relevanz.18 Cash-out-Quote Die Cash-out-Quote gibt Auskunft über die Bedeutung des Einkaufs innerhalb eines Unternehmens. Ermittelt wird, was der Einkauf nicht leistet, weil Bestellungen

15 16 17 18

Arnolds et al. (2010, S. 359). Heß (2010, S. 43). Heß (2010, S. 43). Schild (2008).

19

246

Kapitel 19 · Beschaffungscontrolling

am Einkauf vorbei laufen (Maverick-Buying). Es besteht ein Prozess- und Transparenzproblem, wenn dieser Wert beim serienorientierten Einkauf unter 80 % liegt. Hierbei besteht die Wahrscheinlichkeit, dass ein zu großer Anteil an Dritte vergeben wird, ohne dass der Einkauf einbezogen wird. Ist dies der Fall, folgt eine Analyse darüber, welche Prozesse für das Maverick-Buying verantwortlich sind und wo die Verursacher im Unternehmen zu finden sind.19 Die Formel für die Cash-outQuote lautet:

CashOutQuote =

Einkaufsvolumen Finanzvolumen mit externen Lieferanten

Rahmenvertragsnutzung Diese Kennzahl soll zeigen, „welche Umfänge tatsächlich über Kontrakte abgedeckt sind bzw. welche Kontrakte unzureichend genutzt werden“.20 Sie wird durch den Vergleich der tatsächlich fakturierten Preisen mit den im Vertrag festgelegten Preisen ermittelt. Die Kennzahl deckt somit auf, ob und ggf. in welchem Umfang Verträge umgangen werden.21 Arnolds et al. (2010) nehmen folgende Unterscheidung für Beschaffungskennzahlen vor: 5 Kennzahlen zur Kostenkontrolle 5 Kennzahlen zur Leistungskontrolle Die Kennzahlen zur Kostenkontrolle konzentrieren sich u. a. auf die Anschaffungskosten, welche leicht zu ermitteln sind und den Hauptkostenblock ausmachen. Es sollen z. B. die gegenwärtigen Preise mit denen aus vergangenen Perioden verglichen werden, wobei diese vorher um Mengen-, Konjunktur- und Saisonschwankungen bereinigt werden müssen. Dabei besteht jedoch die Gefahr, dass überhöhte Preise mit überhöhten Vergangenheitspreisen verglichen werden. Außerdem beziehen sich die Kennzahlen zur Kostenkontrolle auf die Bestellabwicklungskosten, welche aus der Kostenarten- und Kostenstellenrechnung eingeholt werden müssen. Relevante Kennzahlen sind hierbei die Kosten pro Bestellung, der durchschnittliche Wert einer Bestellung und der Bestellwert pro 1 € Kosten. Die Formeln lauten:

Kosten pro Bestellung =

monatliche Kosten der Beschaffungsabteilung monatliche Anzahl der Bestellungen

durchschnittlicher Wert einer Bestellung =

Gesamtbestellwert pro Monat monatliche Anzahl der Bestellungen

Um Manipulationen durch die Anzahl der Bestellungen zu vermeiden, wird der „Bestellwert pro 1 € Kosten“ ermittelt. Die Ausnutzung von Mengenrabatten und niedrigen Frachtraten soll nicht zu einer Verschlechterung der Ergebnisse (insbesondere der ersten Kennzahl) führen. Der Einkäufer soll somit nicht dazu bewegt

19 19 Schild (2008). 20 Schild (2008). 21 Schild (2008).

247

19.3 · Aufgaben zur Selbstüberprüfung

werden, möglichst viele Bestellungen zu tätigen, um die Kennzahl manipulativ zu verbessern. Die Formel für diese Kennzahl lautet:

Bestellwertpro1eKosten =

GesamtbestellwertproMonat Kosten der Beschaffungsabteilung pro Monat

Die zweite Kategorie innerhalb der Kennzahlen der Kostenkontrolle bezieht sich auf die Lagerhaltungs- und Logistikkosten. Hierzu zählen die Kennzahlen:

Lagerhaltungskostensatz =

Lagerhaltungskosten × 100 Ø Lagerwert

Lagerumschlagsh¨aufigkeit =

Materialverbrauch pro Periode Ø Lagerbestand

Diese Kennzahlen zeigen, wie wirkungsvoll das Kapital eingesetzt wird. Eine hohe Umschlagshäufigkeit führt z. B. zu geringen Kapitalbindungskosten, weil sich die eingelagerten Materialien nur kurze Zeit im Lager befinden.22 Die zweite Kategorie der Kennzahlen, die Kennzahlen zur Leistungskontrolle, bezieht sich auf die Auswirkungen entscheidungsrelevanter und kreativer Aktivitäten. Dazu zählen laut Arnolds et al. (2010) u. a.:23

Beanstandungsquote =

Verzugquote =

Servicegrad =

Zahl der Reklamationen Gesamtzahl der Lieferungen

Zahl der versp¨ateten Lieferungen Gesamtzahl der Lieferungen Zahl der befriedigten Bedarfsmengen Gesamtzahl der Bedarfsmengen

Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von weiteren Beschaffungskennzahlen, die hier nicht aufgeführt werden, aber einen wichtigen Bestandteil des Controllings darstellen. Die oben aufgeführten Formeln stellen nur einige der wichtigsten Kennzahlen dar. Jedes Unternehmen muss für sich entscheiden, welche Kennzahlen ermittelt bzw. errechnet werden sollen, um die betrieblichen Ziele (vgl. 7 Kap. 3) erfolgreich erfüllen zu können. 19.3  Aufgaben zur Selbstüberprüfung

1. Was versteht man unter Beschaffungscontrolling? 2. Was sind Untersuchungsobjekte beim Beschaffungscontrolling? Nennen Sie beispielhaft fünf mögliche Bereiche. 3. Warum hat das Controlling besonders im Bereich der Beschaffung eine hohe Relevanz?

22 Arnolds et al. (2010, S. 365 f.). 23 Arnolds et al. (2010, S. 366 f.).

19

248

Kapitel 19 · Beschaffungscontrolling

4. Welche Einflüsse hat die Beschaffung auf den ROI (Return on Investment)? Nennen Sie die Einflussgrößen sowie beschaffungsseitige Möglichkeiten zur Optimierung. 5. Nennen Sie jeweils drei beschaffungsbezogene absolute Kennzahlen sowie Verhältniszahlen. 6. Welche Funktionen können Kennzahlen innerhalb des Beschaffungscontrollings haben? 7. Nennen und beschreiben Sie zwei allgemeine Beschaffungskennzahlen. 8. In welche zwei Kategorien lassen sich Beschaffungskennzahlen grob einordnen? Beschreiben Sie diese kurz. 9. Was versteht man unter dem „Bestellwert pro 1 € Kosten“? Wozu wird diese Kennzahl benötigt? 10. Erläutern Sie zwei Kennzahlen zur Analyse der Lagerhaltungs- und Logistikkosten. 11. Welche Problematiken können innerhalb des Beschaffungscontrollings für Unternehmen auftreten?

19

249

Operative Beschaffung Inhaltsverzeichnis 20

Materialdisposition – 251

21

Der operative Beschaffungsprozess – 263

22

Materialbevorratung – 303

IV

251

Materialdisposition Inhaltsverzeichnis 20.1 Auftragsgesteuerte Disposition – 253 20.2 Plangesteuerte Disposition – 254 20.3 Verbrauchsgesteuerte Disposition – 255 20.4 Aufgaben zur Selbstüberprüfung – 260

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 H. Beckmann, Grundkurs Beschaffungsmanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-39125-6_20

20

252

Kapitel 20 · Materialdisposition

Die Materialdisposition zählt zu den Kernaufgaben der operativen Beschaffung und beschreibt die Planung und Festlegung des Materialbedarfs für die Durchführung einer bestimmten Aufgabe zur Erzeugung des Primärbedarfs (z. B. Fertigungs- oder Montageprozesse) zu einem festgelegten Termin (vgl. 7 Abschn. 3.1.1). Verschiedene Dispositionsverfahren bzw. Bestellsysteme dienen je nach Anwendungsfall der optimalen Ausgestaltung der Bestands- und Bestellrechnung. Sie beantworten die drei wichtigsten Fragen der Materialdisposition, um die Materialverfügbarkeit auf eine wirtschaftliche Art und Weise sicherzustellen. Diese Fragen lauten: 5 Was soll bestellt werden? 5 Wann soll bestellt werden? 5 Wie viel soll bestellt werden? . Abb. 20.1 zeigt eine Zusammenstellung der verschiedenen Dispositionsverfahren. Bei den Dispositionsverfahren wird im Wesentlichen unterschieden in auftragsgesteuerte, plangesteuerte und verbrauchsgesteuerte Disposition und sie werden jeweils durch weitere Verfahren konkretisiert (vgl. . Abb. 20.1). Das Ergebnis der Materialdisposition ist die Bedarfsmeldung, die an den operativen Einkauf gerichtet wird. Handelt es sich um routinemäßige Bestellungen, für die die Lieferanten bereits bestimmt wurden, werden die Bedarfe an diese weitergeleitet und sie werden mit der Lieferung für die Zeitspanne, in der Lieferverträge ihre Gültigkeit haben, beauftragt. Ist zu diesem Zeitpunkt jedoch kein konkreter Lieferant definiert, leitet die Bedarfsmeldung den operativen Beschaffungsprozess ein (vgl. 7 Kap. 21). Der Primärbedarf spiegelt die verkaufsfähigen Güter wider (Fertigprodukte, Ersatzteile, Handelsware), die aufgrund von Absatzüberlegungen vorgegeben werden. Unter Sekundärbedarf wird die Menge an Rohstoffen, Teilen und Baugruppen verstanden, die notwendig ist, um den Primärbedarf zu erzeugen. Er lässt sich über die Stücklisten der Fertigprodukte ermitteln. Der Tertiärbedarf umfasst den notwendigen Bedarf an Hilfs- und Betriebsstoffen. Innerhalb der auftragsgesteuerten Disposition werden die Bedarfe anhand von Kundenaufträgen ermittelt. Die bestellten Materialien werden mittels Stücklisten in ihre Einzelteile zerlegt. Bei strikter Umsetzung dieses Dispositionsverfahrens fällt kein Lagerbestand an. Die plangesteuerte Disposition geht von einem determinis-

20

. Abb. 20.1  Zusammenstellung von Dispositionsverfahren (Hartmann 2002, S. 344)

20.1 · Auftragsgesteuerte Disposition

253

tisch ermittelten Primärbedarf aus (programmorientiert). Sie errechnet den zukünftigen Materialbedarf aus den Absatz- und Produktionsplänen, indem das herzustellende Produkt anhand von Stücklisten in seine Einzelteile zerlegt wird (Bedarfsauflösung). Die verbrauchsgesteuerte Disposition arbeitet mit Vergangenheitswerten der Materialbedarfe (vorzugsweise Materialien mit regelmäßigem Verbrauch). Es werden Prognosen erstellt, um die zukünftigen Bedarfe in definierten Zeitperioden zu ermitteln. Da die verbrauchsgesteuerte Disposition die zukünftigen Verbräuche hinsichtlich Menge und Zeit nicht mit 100prozentiger Genauigkeit ermitteln kann, muss das Material bevorratet werden (Vorratsbeschaffung).1 Die Zielsetzungen der Dispositionsverfahren sind die Sicherstellung einer hohen Lieferbereitschaft, eine geringe Kapitalbindung der Lagervorräte sowie das Erreichen von minimalen Gesamtkosten für die Materialbereitstellung. Diese teils konkurrierenden Ziele erfordern für das gesamte Materialspektrum eine angemessene Wahl der jeweils geeigneten Dispositionsverfahren.2 20.1  Auftragsgesteuerte Disposition

Bei der auftragsgesteuerten Disposition werden Materialbedarfe anhand der vorliegenden Aufträge ausgelöst. Die laut Auftrag bestellten Produkte werden in ihre einzelnen Komponenten zerlegt (Stücklistenauflösung), wobei dispositive Maßnahmen in der Regel nicht notwendig sind, da Bedarfsanforderungen lediglich an den Einkauf weitergeleitet werden müssen.3 Somit ist das Dispositionsrisiko sehr gering und es besteht keine Notwendigkeit, Sicherheitsbestände vorzuhalten. Bei der auftragsgesteuerten Disposition wird weiterhin in Einzelbedarfsdisposition und Sammelbedarfsdisposition unterschieden (vgl. . Abb. 20.1). Die Einzelbedarfsdisposition wird in der Regel angewandt, wenn Materialien für Einzelanfertigungen bestellt werden (z. B. Kurbelwelle für Schiffsmotor, Anlagenbau). Lagerbestände sind in der Regel nicht üblich, wenn eine retrograde Terminplanung (Rückwärtsterminierung) ausgehend vom Endtermin des Kundenauftrags durchgeführt wird.4 Wenn mehrere Kundenaufträge zusammengefasst werden können, wird die Sammelbedarfsdisposition durchgeführt. Aus Erfahrungen der Vergangenheit gehen Kundenaufträge so ein, dass die Beschaffung der benötigten Materialien in bestimmten Intervallen zusammengefasst erfolgen kann. Gerade für die Fertigung mittlerer und großer Serien findet die Sammelbedarfsdisposition Anwendung.5 Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Lagerbestände anfallen, jedoch können häufig Mengenrabatte mit dem Lieferanten vereinbart werden.

1 2 3 4 5

Melzer-Ridinger (2008, S. 180). Biedermann (2008, S. 36 f.). Hartmann (2002, S. 346). Hartmann (2002, S. 346). Hartmann (2002, S. 347).

20

254

Kapitel 20 · Materialdisposition

. Abb. 20.2  Plangesteuerte Disposition (Hartmann 2002, S. 349)

. Tab. 20.1  Ermittlung des Brutto- und Nettobedarfs Bruttoproduktionsbedarf  + 

Zusatzbedarf

 = 

Gesamtbruttobedarf



Lagerbestand

 + 

Vormerkbestand



Bestellbestand



Werkstattbestand

 = 

Nettobedarf

20.2  Plangesteuerte Disposition

Die plangesteuerte Disposition, auch bedarfsgesteuerte Disposition genannt, leitet den Materialbedarf aus den Absatzplänen bzw. aus dem Produktionsprogramm ab.6 Dabei werden die bereits eingegangenen Aufträge einkalkuliert. Dies erfordert eine kontinuierliche Überprüfung der Kundenbestellungen. . Abb. 20.2 beschreibt die einzelnen Schritte der plangesteuerten Disposition. Es wird unterstellt, dass der Primärbedarf für bestimmte Perioden bekannt ist. Anhand von Stücklisten wird der Sekundärbedarf bzw. Bruttobedarf ermittelt (. Tab. 20.1), wobei dieser, falls notwendig, um einen Zusatzbedarf (z. B. wegen fehlerhafter Produktion) erhöht werden muss. Des Weiteren werden, zur Ermittlung

20 6

Biedermann (2008, S. 36).

20.3 · Verbrauchsgesteuerte Disposition

255

des Nettobedarfs, Lager-, Bestell- und Werkstattbestände subtrahiert und Vormerkbestände addiert. Der Lagerbestand wird laufend um die jeweiligen Lagerzugänge und Lagerabgänge korrigiert. Ein Vormerkbestand wird reserviert, wenn Material bereits für vorhandene Kunden- oder Fertigungsaufträge freigehalten werden soll. Bestände, die das Lager bereits verlassen haben und sich in der Werkstatt befinden (Werkstattbestand), müssen in der Berechnung des Nettobedarfs subtrahiert werden. Dies ist hauptsächlich bei zeitintensiven Fertigungsprozessen der Fall. Der Bestellbestand ist der Bestand für offene interne Fertigungsaufträge oder externe Lieferantenbestellungen.7 Die grundlegenden Vorteile der plangesteuerten Disposition sind niedrige Lagerbestände und die damit verbundenen reduzierten Kapitalbindungskosten. Sinnvoll ist diese Disposition deshalb gerade bei hochwertigen Materialien. Voraussetzung ist jedoch ein hochentwickeltes Planungswesen im Unternehmen, da aufwendige Berechnungen durchgeführt werden müssen. Ebenso müssen die Stamm- und Bewegungsdaten in hohem Maße gepflegt werden.8 20.3  Verbrauchsgesteuerte Disposition

Die verbrauchsgesteuerte Disposition wird in der Regel für Materialien angewendet, die einen weitestgehend konstanten Verbrauch aufweisen. Ein Produktionsplan wird für die Bestandsführung nicht benötigt. Die Bestände müssen exakt erfasst und fortgeschrieben werden, um das Verfahren erfolgreich einsetzen zu können. Der Zeitpunkt einer Bestellung kann bei der verbrauchsgesteuerten Disposition aufwandsarm ermittelt werden. Die nachzubestellende Menge kann das Verfahren selbst jedoch nicht bestimmen. . Abb. 20.3 zeigt den Zusammenhang der verbrauchsgesteuerten Disposition mit der Bestellmengenrechnung. Innerhalb der verbrauchsgesteuerten Disposition werden verschiedene Dispositionsregeln bzw. Bestellsysteme unterschieden. Diese legen fest, wann und in welchem Umfang operative Beschaffungsprozesse zur Bestandsauffüllung ausgelöst werden.9 Das Ende eines bestimmten Zeitintervalls kann der Auslöser für eine Bedarfsanforderung sein, wobei es ebenso möglich ist, eine Bedarfsmeldung aufzugeben, sobald eine kritische Lagerbestandsmenge unterschritten wird. Die Bestellmenge für zukünftige Materialbedarfe ist abhängig von der Lagerhaltungsstrategie.10 Die Lagerkontrolle kann dabei kontinuierlich oder periodisch vollzogen werden. Aufgrund dieser Handlungsspielräume für die Materialdisposition bzgl. Bestellmenge, Bestell- und Lagerkontrollzeitpunkt wird in folgende Grundtypen von Dispositionsregeln unterschieden: 5 das Bestellrhythmusverfahren 5 das Bestellpunktverfahren 5 das Optionalverfahren (Erweiterung des Bestellpunktverfahrens)

7 8 9 10

Hartmann (2002, S. 347 ff.). Jung (2010, S. 382). Inderfurth et al. (2008, S. 157). Inderfurth et al. (2008, S. 157).

20

256

Kapitel 20 · Materialdisposition

. Abb. 20.3  Verbrauchsgesteuerte Disposition und Bestellmengenrechnung (Hartmann 2002, S. 359)

Innerhalb dieser Dispositionsregeln werden weiterhin unterschiedliche Lagerhaltungspolitiken angewandt, die auf Zeit und Mengenkomponenten beruhen.11 20.3.1  Bestellrhythmusverfahren

Von Bestellrhythmusverfahren wird gesprochen, wenn die Bestellungen immer zu festen Zeitpunkten (t) vorgenommen werden. Der Ablauf einer vorgegebenen Zeitspanne löst somit die Bestellung aus.12 Diese Methode wird in der Praxis häufig verwendet, wenn ein kontinuierlicher Verbrauch stattfindet oder wenn mehrere Materialien vom gleichen Lieferanten bezogen werden. Dies ermöglicht eine koordinierte, gemeinsame Bestellung (Verbunddisposition) zu einem definierten Zeitpunkt.13 Auch im Großhandel ist dieses Verfahren häufig anzutreffen.14 Beim Bestellrhythmus-Verfahren wird unterschieden in die t,Q- und die t,S-Lagerhaltungspolitik. 20.3.1.1  t,Q-Politik

Bei der t,Q-Politik werden fixe Mengen (Q) in gleichen Zeitintervallen (t) bestellt (vgl. . Abb. 20.4). Eine Lagerkontrolle ist für diese Dispositionsregel nicht notwendig, da sie keinen Einfluss auf Menge und Zeitraum nimmt. Die fixe Bestellmenge (Q) sollte der optimalen Bestellmenge entsprechen (vgl. 7 Abschn. 21.4.4).15 Die t,Q-Politik wird in der Praxis nur in sehr wenigen Fällen angewandt, da sie keine

20

11 12 13 14 15

Schulte (2001, S. 201). Inderfurth et al. (2008, S. 157). Hartmann (2002, S. 367). Schulte (2001, S. 200). Schulte (2001, S. 201).

20.3 · Verbrauchsgesteuerte Disposition

257

. Abb. 20.4  t,Q-Politik (in Anlehnung an Schulte 2001, S. 202)

Berücksichtigung des aktuellen Bestands beinhaltet. Des Weiteren treten starke Bestandsschwankungen auf, wenn die Lagerverbräuche unregelmäßig sind. Ein Beispiel für diese Politik ist ein planmäßiger Linienverkehr mit konstanten Transportmengen und gleichen Zeitintervallen.16 Der Laderaum eines Lkw gibt somit die fixe Bestellmenge (Q) vor und kann demnach maximal ausgelastet werden. Die Transportkosten werden dadurch reduziert und der Lieferant kann seine Lieferungen langfristig planen. 20.3.1.2  t,S-Politik

Bei der t,S-Politik wird der Lagerbestand in festen Zeitabständen (t) auf einen definierten Sollbestand (S) aufgefüllt (vgl. . Abb. 20.5). Die Bestellmenge hängt somit von der aktuellen Entwicklung des Lagerbestands ab, wobei die Lagerkontrolle periodisch erfolgt.17 Die t,S-Politik eignet sich besonders für Artikel mit einer hohen Umschlagshäufigkeit zur optimalen Nutzung des Lagerraums (z. B. Großhandel).18 20.3.2  Bestellpunktverfahren

Anders als bei den Bestellrhythmus-Regeln werden bei Bestellpunktverfahren dann Beschaffungsentscheidungen initiiert, wenn ein vorgegebener Meldebestand unterschritten wird.19 Der Bestand muss ausreichen, um die Widerbeschaffungszeit zu überbrücken. Der Meldebestand (MB) wird nach folgender Formel berechnet:

16 17 18 19

Schieck (2008, S. 359). Tempelmeier (2006, S. 94). Schieck (2008, S. 359). Inderfurth et al. (2008, S. 157).

20

258

Kapitel 20 · Materialdisposition

. Abb. 20.5  t,S-Politik (in Anlehnung an Schulte 2001, S. 202)

MB = DB × WZ + SB DB = durchschnittlicher Bedarf/Verbrauch je Zeiteinheit WZ = Wiederbeschaffungszeit SB = Sicherheitsbestand Die Wiederbeschaffungszeit ist die Zeitspanne zwischen Meldebestand bzw. Bestellund Lieferzeitpunkt (vgl. . Abb. 20.6). „Der Meldebestand bestimmt die Menge einer Materialposition, die erforderlich ist, um den Bedarf abzudecken, der zwi-

20 . Abb. 20.6  Idealverlauf der Bestandskurve beim Bestellpunktverfahren (Schulte 2001)

20.3 · Verbrauchsgesteuerte Disposition

259

. Abb. 20.7  s,Q-Politik (in Anlehnung an Schulte 2001, S. 203)

schen der Bestellauslösung und der Bereitstellung im Lager voraussichtlich auftreten wird.“20 Das Bestellpunktverfahren zählt in der Praxis zu den am häufigsten eingesetzten Dispositionsverfahren. Die s,Q- und die s,S-Politiken zählen in diesem Zusammenhang zu den geläufigsten Bestellpunkt-Verfahren. 20.3.2.1  s,Q-Politik

Durch eine kontinuierliche Lagerüberwachung wird bei der s,Q-Politik bei jeder Lagerentnahme geprüft, ob der Meldebestand (s) erreicht oder unterschritten worden ist (vgl. . Abb. 20.7). Dieses Ereignis ist der Auslöser für die Nachbestellung einer fixen Bestellmenge (Q). Die s,Q-Politik wird vor allem bei technisch vorgegebenen Transportlosgrößen (z. B. Container) angewandt, bei denen für den Fall, dass (Q) überschritten würde, mit sprungfixen Kosten gerechnet werden muss.21 20.3.2.2  s,S-Politik

Wie bei der s,Q-Politik wird bei Verfolgung der s,S-Politik eine Bedarfsmeldung durch das Erreichen oder Unterschreiten des Meldebestandes (s) ausgelöst (vgl. . Abb. 20.8). Allerdings hängt die Höhe der Bestellmenge von der aktuellen Entwicklung des Lagerbestands ab. Der Lagerbestand wird wieder bis zum Sollbestand (S) aufgefüllt.22 20.3.2.3  Das Optionalsystem t,s,Q- und t,s,S-Politik

Die Bestellpunktverfahren können um einen dritten Parameter erweitert werden (t,s,Q- und t,s,S-Politik). Der ergänzte Parameter (t) bestimmt eine periodische La-

20 Hartmann (2002, S. 360). 21 Schieck (2008, S. 359). 22 Tempelmeier (2006, S. 101).

20

260

Kapitel 20 · Materialdisposition

. Abb. 20.8  s,S-Politik (in Anlehnung an Schulte 2001, S. 204)

. Tab. 20.2  Zusammenfassung von Dispositionsregeln

gerbestandskontrolle im Gegensatz zur s,Q- und s,S-Politik, bei denen eine kontinuierliche Lagerüberwachung durchgeführt wird. In der Literatur werden zum Teil unterschiedliche Bezeichnungen der Parameter t, Q, s und S angewandt. . Tab. 20.2 zeigt eine Zusammenfassung der oben beschriebenen Dispositionsregeln. 20.4  Aufgaben zur Selbstüberprüfung

20

1. Welche Verfahren zur Materialdisposition gibt es? Welche Ausprägungen kennen Sie? 2. Welche Dispositionsverfahren basieren auf einer deterministischen Bedarfsermittlung? Erläutern Sie diese kurz.

20.4 · Aufgaben zur Selbstüberprüfung

261

3. Bei welchen Materialien bevorzugt man Einzelbedarfsdisposition, bei welchen die Sammelbedarfsdisposition? 4. Zeigen Sie grafisch die Prozessschritte einer plangesteuerten Disposition auf. 5. Wie werden Gesamtbruttobedarf und Nettobedarf bei der plangesteuerten Disposition ermittelt? 6. Ein Automobilzulieferer hat einen jährlichen Sekundärbedarf von 1000 hochwertigen Autoradios. Da diese aufgrund einer neuen Technologie oft fehlerhaft geliefert werden, wird ein Zusatzbedarf von jährlich 50 Stück disponiert. Es befinden sich noch 250 Stück auf Lager, wovon jedoch 50 Stück für einen speziellen Auftrag bereits reserviert sind. Zudem befinden sich 30 Stück bereits im Verarbeitungsprozess. Berechnen Sie den Brutto- bzw. Nettobedarf. 7. Welche Vor- und Nachteile hat die plangesteuerte Disposition? Für welche Materialien ist sie geeignet? 8. Zeigen Sie grafisch den Zusammenhang zwischen verbrauchsgesteuerter Disposition und Bestellmengenrechnung. 9. Erläutern Sie kurz die Eigenschaften und Unterschiede von Bestellrhythmusund Bestellpunktverfahren. 10. Innerhalb des Bestellrhythmusverfahrens gibt es die t,Q- und die t,S-Politik. Erläutern Sie diese kurz und kritisieren Sie deren Anwendung in der Praxis. 11. Welche Faktoren werden bei der Berechnung des Meldebestands beim Bestellpunktverfahren einbezogen? 12. Innerhalb des Bestellpunktverfahrens gibt es die s,Q- und die s,S-Politik. Erläutern Sie diese kurz und stellen Sie Lagerbestandsentwicklungen grafisch dar.

20

263

Der operative Beschaffungsprozess Inhaltsverzeichnis 21.1 Die Anfrage – 265 21.2 Angebotsbearbeitung – 270 21.3 Vergabeverhandlung – 272 21.4 Bestellentscheidung, Bestellung und Auftragsbestätigung – 278 21.5 Terminüberwachung – 296 21.6 Aufgaben zur Selbstüberprüfung – 299

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 H. Beckmann, Grundkurs Beschaffungsmanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-39125-6_21

21

264

Kapitel 21 · Der operative Beschaffungsprozess

Der gesamte Beschaffungsprozess lässt sich in verschiedene Teilprozesse gliedern. Die Gestaltung des Prozesses hängt von der Organisation des Einkaufs und der Zuordnung der Aufgaben ab. So kann es z. B. sein, dass die Lieferantenauswahl im Gegensatz zur nachfolgenden Darstellung den strategischen Beschaffungsaufgaben zugeordnet wird (vgl. 7 Kap. 9). Der Gesamtprozess der operativen Beschaffung wird in . Abb. 21.1 anhand eines Prozesskettenmodells beschrieben. Diesem Prozess stehen routinemäßige Bestellungen (z. B. Bestellauslösungen durch Abruf) gegenüber, bei denen die Prozesse „Anfrage“ bis „Bestellentscheidung“ nur einmal stattgefunden haben und dann für die Zeit von Lieferverträgen Gültigkeit haben. Der Erfolg und damit die Höhe des Gewinns eines Unternehmens werden maßgeblich durch die Materialbeschaffung bestimmt. Um ein optimales Ergebnis zu erzielen, gilt es neben den strategischen Überlegungen auch den operativen Beschaffungsprozess effizient zu gestalten. Moderne Informations- und Kommunikationstechnologien können hier den Gesamtprozess in hohem Maße unterstützen, auch über den operativen Kernprozess hinaus. Ein effizienter Prozess auf operativer Ebene schafft Personalkapazitäten für strategische Aufgaben in der Beschaffung, denen aus zeitlichen Gründen häufig wenig Beachtung geschenkt werden kann. In diesem Kapitel werden die Teilprozesse des operativen Beschaffungsprozesses beschrieben, wobei auf die grundlegenden Aktivitäten und Entscheidungen eingegangen wird, die auf die Meldung eines Materialbedarfes (Bedarfsmeldung) der Materialdisposition folgen. Einsetzbare Methoden und Instrumente werden vorgestellt und relevante Entscheidungskriterien berücksichtigt. Der operative Beschaffungsprozess kann in hohem Maße durch Informations- und Kommunikations-Technologien (IuK-Technologien) unterstützt werden. Dies führt im sogenannten E-Procurement bis hin zu einer weitgehenden Automatisierung des Prozesses. Wie dies gelingt, wird ausführlich in 7 Kap. 25 behandelt. Der Auslöser für eine Anfrage, der erste Prozessschritt, ist die Bedarfsmeldung der Materialdisposition der jeweiligen Fachabteilung, wo auf das Ergebnis der Materialdisposition zurückgegriffen wird. Bevor der Anfrageprozess angestoßen wird, ist zu prüfen, ob eine Bedarfskonsolidierung aus mehreren Fachabteilungen möglich ist. Aus strategischer Sicht kann hier bereits eine Optimierung durch Synchronisierung der Bestellzeitpunkte erfolgen, indem die Disposition für alle Materialien zentralisiert wird, wonach Bestellmengen angepasst werden müssten. Durch die resultierenden höheren Materialbedarfe können häufig Mengenrabatte verhandelt werden.

. Abb. 21.1  Der operative Beschaffungsprozess (Beckmann et al. 2008, S. 266)

21

21.1 · Die Anfrage

265

21.1  Die Anfrage

Die Anfrage ist eine Aufforderung an potenzielle Lieferanten, ein verbindliches Angebot abzugeben. Dabei sind fest definierte technische, betriebswirtschaftliche und logistische Konditionen zu befolgen. Die Anfrage ist der einleitende Prozessschritt des operativen Beschaffungsprozesses und gleichzeitig der direkte Eintritt des Einkäufers in den Beschaffungsmarkt. Die infrage kommenden Lieferanten wurden bereits ermittelt und nun sollen mittels der Anfrage Angebote dieser Lieferanten eingeholt werden. Die Angebote werden nachfolgend bewertet und verglichen. Sie bilden damit die Basis für die spätere Einkaufsentscheidung. 21.1.1  Zielsetzung

Das Ziel der Anfrage ist es, konkrete Angebote der potenziellen Lieferanten einzuholen. Eine große Herausforderung für den Einkäufer ist dabei, den eigenen Bedarf möglichst eindeutig zu definieren, damit die Angebote der Lieferanten später vergleichbar sind. Je mehr Informationen in der Anfrage enthalten sind, desto besser lassen sich die Lieferantenangebote später vergleichen und desto weniger Rückfragen von Lieferanten werden gestellt. Bei der Anfrageformulierung gilt der Grundsatz „so kurz wie möglich, jedoch so ausführlich wie nötig“. Der Aufwand für den Anfrageprozess sollte deshalb im Voraus abgeschätzt werden und in einem angemessenen Verhältnis zum späteren Nutzen stehen. Dazu kann die ABC-Analyse als Instrument herangezogen werden, bei der die Wertigkeit der Beschaffungsobjekte als Grundlage für die Bewertung des Aufwand-Nutzen-Verhältnisses dient.1 Der Aufwand für die Anfragetätigkeiten ist laut Melzer-Ridinger (2008) abhängig von:2 5 der Anfragehäufigkeit 5 der Anzahl der angefragten Unternehmen 5 der Zugriffsgeschwindigkeit auf benötigte Informationen über Artikel und Lieferanten 5 der Vollständigkeit und Aussagefähigkeit der Bedarfsanforderung 5 der Vollständigkeit und Aussagefähigkeit der Angebote 5 der Vergleichbarkeit der Angebote 5 dem personellen Aufwand Der Nutzen der Anfrageaktionen wird laut Melzer-Ridinger (2008) bestimmt durch:3 5 die Anzahl der Angebote 5 die Aussagefähigkeit der Angebote 5 die Preisdifferenzen zwischen Angeboten

1 2 3

Kreuzpointner et al. (2006, S. 36); Büsch (2011, S. 174). Melzer-Ridinger (2008, S. 133). Melzer-Ridinger (2008, S. 133).

21

266

Kapitel 21 · Der operative Beschaffungsprozess

21.1.2  Inhalt

Der Auslöser für eine Anfrage (auch als RFQ – Request for Quotation – bezeichnet) ist die Bedarfsmeldung der jeweiligen Fachabteilung. Die Bedarfsmeldung enthält Informationen über das zu bestellende Material, z. B. Lieferantenteilenummer, Zeichnung, Liefervorgaben etc.4 Bei Lagermaterialien kann das Bestellpunktverfahren eingesetzt werden, dabei ist der Meldebestand der Auslöser für eine Anfrage. Die benötigte Zeit für die erforderlichen Teilprozesse im operativen Beschaffungsprozess muss in die Wiederbeschaffungszeit zur Berechnung des Meldebestandes einfließen, um am Ende eine pünktliche Lieferung gewährleisten zu können (vgl. 7 Abschn. 20.3.2). Bei Einzelbedarfen (Einzelfertigung, Anlagenbau) gestaltet sich die Bedarfsmeldung schwieriger, da die zugeordneten Experten in die Beschaffungsprozesse involviert werden müssen.5 Das Fachwissen sowie Branchenkenntnisse über das zu beschaffende Material werden in der jeweiligen Fachabteilung eingeholt. Eine enge Zusammenarbeit mit der Fachabteilung ist anzustreben, um möglichst alle relevanten Daten in die Anfrage einzubinden.6 Bei technisch hochgradig aufwendigen Teilen wird der Einkäufer schon frühzeitig eingeschaltet, um die Einkaufskompetenz bereits zum Zeitpunkt der Produktentwicklung einzubringen. Zugleich können potenzielle Lieferanten mit ihrem speziellen Know-how über diese Schnittstelle integriert werden. Die Anfrage sollte alle technischen Spezifikationen sowie folgende betriebswirtschaftliche und logistische Bedingungen enthalten:7 5 genaue Typbezeichnung 5 Mengen (Gesamtmenge, Teillieferungen) 5 Materialart/Werkstoff 5 Oberflächenbearbeitung, Materialqualität 5 Art der beabsichtigten Be- oder Verarbeitung 5 Zeichnung oder Beschreibung 5 Garantie-, Kundendienst-Anforderungen 5 Verpackungsvorschriften 5 Zahlungsweise 5 Versandvorschriften 5 Erfüllungsort, Gerichtsstand 5 Rabatte, Skonti, Boni 5 Liefertermine Neben diesen Spezifikationen und Bedingungen sollte der Hinweis auf eine kostenfreie Angebotsausarbeitung dokumentiert werden. Erstrebenswert für den Anfragenden wären ebenfalls die Verbindlichkeit des Angebotes seitens der Lieferanten und die Angabe über die Angebotsfristen.8 Standardisierte Anfrageprozesse und -formulare

21

4 5 6 7 8

Beckmann et al. (2008, S. 266). Arnolds et al. (2010, S. 160 f.). Büsch (2011, S. 173). Beckmann et al. (2008, S. 266). Kreuzpointner et al. (2006, S. 44).

21.1 · Die Anfrage

267

helfen, die Angebote gegenüberzustellen und zu vergleichen. Anfrageformulare können so gestaltet werden, dass der Lieferant einzig und allein den Preis einfügen muss und unterschreibt.9 Wenn der Lieferant dagegen viele Informationen anzugeben hat, ist es sinnvoll, ein vorgefertigtes Formular beizufügen, damit der Angebotsvergleich schneller und kostengünstiger durchgeführt werden kann.10 Eine beispielhafte Anfrage wird in . Abb. 21.2 dargestellt. Die Anzahl der einzuholenden Angebote ist in vielen Unternehmen durch Dienstanweisungen geregelt. Ab einem Beschaffungsvolumen über 25.000 € sollen beispielsweise drei Angebote eingeholt werden. Um diese drei Angebote zu erhalten, müssen in der Regel mehr Anfragen gestellt werden, da häufig Lieferanten kein Angebot abgeben können oder wollen (z. B. aufgrund von Kapazitätsengpässen). Mit der Angebotseinholung können verschiedene Ziele verfolgt werden:11 5 Ermittlung des günstigsten Lieferanten bei vorliegender Anfrage 5 Ermittlung von Preisunterschieden zwischen Anbietern 5 Untersuchung der Kostenstruktur der Anbieter/Ursachenforschung zu den Preisunterschiede zwischen den Lieferanten 5 Einholung von Informationen (z. B. für die eigene Entwicklungs- und Konstruktionsabteilung) 5 Kontrolle und Ergänzung der Einkaufsunterlagen im Sinne der Beschaffungsmarktforschung 5 Nutzung der Preisinformationen als Druckmittel in Verhandlungen Erhält der Lieferant eine Anfrage, prüft er diese sorgfältig. Vor der Abgabe eines Angebots untersucht er, ob er die notwendigen Einrichtungen und Kapazitäten besitzt, um die angefragten Mengen zu bestimmten Terminen liefern zu können. Ist der Lieferant in der Lage, die angefragte Menge, die geforderte Qualität und den Termin einzuhalten, kann er ein verbindliches Angebot abgeben. Damit verpflichtet er sich, innerhalb der – gesetzlichen oder vertraglichen – Bindungsfrist, die angebotene Leistung zu erbringen. Der Lieferant hat jedoch die Option, die Bindung an das Angebot einzuschränken und durch folgende Formulierungen auszuschließen:12 5 solange Vorrat reicht 5 Liefermöglichkeit vorbehalten 5 Preis freibleibend 5 unverbindlich Die Klauseln „solange der Vorrat reicht“, „Liefermöglichkeit vorbehalten“ sowie „Preis freibleibend“ sind auflösende Bedingungen und werden bei Annahme des Angebots Vertragsinhalt. Sie gewähren dem Lieferanten ein Rücktrittsrecht, wenn beispielsweise sein Vorrat aufgebraucht ist und die Beschaffung der angeforderten Ware nur zu einem für ihn unzumutbaren Preis möglich ist. Auch bei unzumutbarem Lieferaufwand oder unvorhersehbaren Preissteigerungen kann der Lieferant

9 10 11 12

Bichler et al. (2010, S. 59). Büsch (2011, S. 174). Beckmann et al. (2008, S. 266); Melzer-Ridinger (2008, S. 132 f.). Beckmann et al. (2008, S. 266).

21

268

Kapitel 21 · Der operative Beschaffungsprozess

. Abb. 21.2  Beispiel eines Anfrageformulars (Kreuzpointner et al. 2006, S. 46)

21

seinerseits vom Vertrag zurücktreten. Enthält das Angebot allerdings die Klausel „unverbindlich“, handelt es sich rechtlich gesehen nicht um ein Angebot, sondern nur um eine Aufforderung zur Angebotsabgabe vonseiten des Anfragenden.

21.1 · Die Anfrage

269

21.1.3  Eingesetzte Methoden

Der Aufwand für den Anfrageprozess sollte für jedes Material zu Beginn abgeschätzt werden. Die ABC-Analyse dient dabei als quantitatives Analyseinstrument der Bewertung des Aufwand-Nutzen-Verhältnisses (vgl. 7 Abschn. 16.1). Die Art und Weise der Angebotseinholung ist von der Wertigkeit und Bedeutung der einzukaufenden Materialien im gesamten Unternehmen abhängig. Im Fall von C-Materialien kann eine mündliche Angebotseinholung mit einem geringen Aufwand in Betracht gezogen werden. Bei A- und B-Materialien sollte die Angebotseinholung immer schriftlich vorgenommen werden. Von den meisten Unternehmen wird überwiegend die E-Mail als Form der Anfrage genutzt. Brief und Telefax rücken immer mehr in den Hintergrund. Ebenso spielen internetbasierte Portale bzw. Plattformen eine immer wichtigere Rolle im Anfrageprozess. Diese werden entweder von Unternehmen in Eigenbetrieb oder als ASP-Lösung (IT-Leistungsangebot eines Dienstleisters) genutzt (vgl. 7 Abschn. 25.4). Wenn neue Lieferanten gesucht werden müssen, können externe Lieferantendatenbanken, die im Internet zu finden sind, herangezogen werden. Durch Verwendung dieser Datenbanken lässt sich bei der Lieferantensuche sehr viel Zeit einsparen. Beispielhaft können hier Anbieter wie „Wer liefert was?“ oder „Hoppenstedt Firmendatenbank“ genannt werden. Ebenso können Messebroschüren, Infomaterial von Dachverbänden oder Fachzeitschriften zur externen Informationsgewinnung genutzt werden.13 Bestimmte Beschaffungsobjekte, wie z. B. komplexe Investitionsgüter und Objekte, die öffentliche Ausschreibungen verlangen, erfordern unbedingt eine schriftliche, formgebundene Anfrage. Es wird im Allgemeinen von Ausschreibungen gesprochen, wenn umfangreiche, komplexe Beschaffungsgüter angefragt werden. In der öffentlichen Auftragsvergabe (z. B. Städte oder Gemeinden) ist für öffentliche Ausschreibungen eine Vielzahl festgelegter Regeln vorgeschrieben.14 Die Informationen über potenzielle Lieferanten werden anschließend verdichtet und in Bezugsquellennachweisen und Lieferantenregistern oder -karteien gesammelt und kontinuierlich gepflegt. Mittels der Daten über die Lieferanten- und Produkteigenschaften werden diejenigen ausgewählt, die für die Lieferung des Produktes oder Materials infrage kommen. Auch die in Anfragenregistern zusammengestellten bisherigen Anfragen können als Informationsbasis für aktuelle Anfrageprozesse dienen. Beim Prozess der Angebotseinholung kann es gelegentlich zu erheblichen Verzögerungen kommen. Einzelne Lieferanten behandeln die Anfrage zu zögerlich oder geben keinerlei Rückmeldung. Wird ein Angebot – wenn überhaupt – erst spät unterbreitet, besteht die Möglichkeit, dass es für den aktuellen Bedarf des Einkäufers nicht mehr in die Folgeprozesse (vgl. . Abb. 21.1) überführt werden kann. Eine geregelte Terminüberwachung von (gesendeten) Anfragen und den (eingehenden) Angeboten ist unerlässlich (vgl. 7 Abschn 21.5).15

13 Kreuzpointner et al. (2006, S. 43). 14 Kreuzpointner et al. (2006, S. 35). 15 Beckmann et al. (2008, S. 267).

21

270

Kapitel 21 · Der operative Beschaffungsprozess

Lieferanten sollten deshalb bestrebt sein, Anfragen auch bei guter Auftragslage rechtzeitig zu beantworten, um Geschäftspartner für das anfragende Unternehmen zu werden bzw. zu bleiben. Sie sollten den erforderlichen Aufwand bei der Angebotserstellung und -kalkulation betreiben, um den Auftrag bzw. Folgeaufträge am Ende verbuchen zu können.16 21.2  Angebotsbearbeitung

Nachdem die Anfragen an die potenziellen Lieferanten versandt worden sind und daraufhin diverse Angebote eingegangen sind, müssen diese vom Einkäufer bearbeitet werden. Innerhalb des operativen Beschaffungsprozesses setzt sich der Prozess „Angebotsbearbeitung“ aus folgenden Teilprozessen zusammen: 5 Angebotsprüfung 5 Angebotsanalyse 5 Angebotsvergleich 21.2.1  Zielsetzung und Inhalt

Ziel der Angebotsbearbeitung ist es, mithilfe der bereits oben vorgestellten Teilprozesse am Ende das oder die optimale(n) Angebot(e) zu bestimmen. Vor der Angebotsprüfung muss sichergestellt werden, dass die Angebote vollständig eingegangen und ggf. im IT-System zur weiteren Bearbeitung erfasst sind. Das Ziel der formellen Angebotsprüfung ist die Sicherstellung der Datenübereinstimmung von Anfrage und Angebot. Dabei ist zu prüfen, ob die Angebote der Lieferanten mit den Anforderungen der Anfrage sachlich übereinstimmen. Die im jeweiligen Angebot enthaltenen Angaben müssen den in der Anfrage dokumentierten Spezifikationen (z. B. Materialart, Menge, Lieferzeit etc.) entsprechen.17 Ist dies nicht der Fall, ist zu prüfen, welcher Grund für eine Abweichung vorliegt. Handelt es sich beispielsweise um einen irrtümlichen Fehler seitens des Lieferanten, wäre es unpassend, das Angebot frühzeitig aus dem Beschaffungsprozess auszuschließen. Ob der Einsendetermin des Angebotes eingehalten wurde oder nicht, gibt bereits Aufschluss über die Verlässlichkeit des Lieferanten. Auch Kriterien, die die Qualität des Angebotsformulars bewerten (bspw. Übersichtlichkeit der Gliederung, Verständlichkeit, Fehlerhäufigkeit), können Rückschlüsse auf den Lieferanten erlauben.18 Ist die Angebotsprüfung abgeschlossen, werden die übereinstimmenden Angebote in den Analyseprozess eingebracht. Die Angebote werden systematisch anhand definierter Kriterien analysiert. Zielsetzung der Angebotsanalyse ist es, definierte

21

16 Büsch (2011, S. 173). 17 Beckmann et al. (2008, S. 267). 18 Gudehus (2010, S. 1007).

21.2 · Angebotsbearbeitung

271

technische und kaufmännische Kriterien der Angebote festzustellen.19 Dabei handelt es sich beispielsweise um die Kriterien: 5 Preis 5 Zahlungsbedingungen 5 Leistungen und Qualität 5 Lieferzeit 5 Zuverlässigkeit 5 Kapazität 5 Standort des Lieferanten 5 Bekanntheit/Ruf des Lieferanten 5 Forschungsaktivitäten 5 Service und Kulanzleistungen 5 Management beim Lieferanten 5 eigenes Vertrauen zum Lieferanten Der Einkäufer unternimmt in der Regel eine sehr sorgfältige Analyse der Angebotspreise, der Preisgestaltung sowie der Zahlungsbedingungen. Beim Faktor „Preis“ ist darauf zu achten, dass weitere Konditionen wie Zuschläge, Rabatte, Transportkosten, Verpackungskosten und Skonto berücksichtigt werden – auch wenn diese nicht direkt im Angebot erkennbar sind. Der Einstandspreis ist letztendlich der entscheidende Preis (vgl. 7 Abschn. 8.1).20 Eine denkbare Ausnutzung von Preisvorteilen durch Mengenrabatte sollte jedoch immer bedacht werden.21 Für eine transparente Gestaltung der Angebotsinformationen werden die definierten Kriterien im Angebotsvergleich tabellarisch dargestellt. Gemäß den Kriterien sollen folgende Fragen neben dem Angebotspreis Aufschluss über das optimale Angebot liefern:22 5 Wer ist der terminlich zuverlässigste Lieferant? 5 Wer hat ausreichende Kapazität? 5 Wer kann die richtige Qualität liefern? 5 Wer liefert auch kleinere Mengen? 5 Wer bietet einen guten Service? 5 Wer ist kulant bei Reklamationen? 21.2.2  Eingesetzte Methoden

In Zusammenhang mit dem Angebotsvergleich muss je nach Aufwand-Nutzen-Verhältnis entschieden werden, wie viele und welche Vergleichskriterien zur Entscheidung herangezogen werden. Im operativen Geschäft ist es oft aus Zeitgründen nicht sinnvoll, alle Vergleichsfaktoren einzubeziehen. Deshalb ist es wichtig, die relevanten Kriterien zu berücksichtigen, die je nach Material die höchste Priorität haben.

19 20 21 22

Bichler et al. (2010, S. 56 f.). Kreuzpointner et al. (2006, S. 53 f.). Beckmann et al. (2008, S. 267). Beckmann et al. (2008, S. 267).

21

272

Kapitel 21 · Der operative Beschaffungsprozess

Der Preis nimmt in der Regel einen sehr hohen Stellenwert bei der Priorisierung ein. Bei einem Vergleich ist darauf zu achten, dass der in der Angebotsanalyse ermittelte Einstandspreis als Vergleichskriterium berücksichtigt wird. Es entscheidet jedoch nicht nur der Preis über die Entscheidung des optimalen Angebotes, sondern darüber hinaus auch weitere Faktoren wie Zahlungsbedingungen, Qualität oder Lieferzeit. Bei den eingesetzten Methoden für den Angebotsvergleich wird im Allgemeinen unterschieden zwischen: 5 Einfaktorenvergleich 5 Mehrfaktorenvergleich Beim Einfaktorenvergleich wird, wie der Name bereits vermuten lässt, nur ein einziges Kriterium bewertet. Diese Methode ist zeitsparend, kostengünstig und unproblematisch, jedoch besteht die Gefahr, dass insgesamt nicht das optimale Angebot gewählt wird. Es kann ein Kriterium genutzt werden, das leicht quantifizierbar und damit objektiv bewertbar ist, wie:23 5 Preis 5 Lieferzeit 5 Qualität Um jedoch der Gefahr der einseitigen Betrachtung vorzubeugen, sollte das ausgewählte Kriterium eingehend betrachtet und vergleichbar gemacht werden. Neben der Vergleichbarkeit der Preise muss das Leistungsniveau übereinstimmen.24 Beim Mehrfaktorenvergleich werden ca. drei bis sechs Kriterien betrachtet. Für diese Methode wird mehr Zeit beansprucht. Die Aussagekraft des Ergebnisses ist dafür höher. Die Festlegung von K.-o.-Kriterien hilft, Lieferanten frühzeitig auszuschließen, die bestimmte Merkmale nicht erfüllen können. Verfahren des Mehrfaktorenvergleichs sind z. B.:25 5 Scoring-Modelle 5 Punktungsverfahren 5 Quotientenverfahren 5 Kennzahlenverfahren Weitere Informationen zur Lieferantenbewertung und Bewertungskriterien liefern die 7 Abschn. 18.4 und 18.5. 21.3  Vergabeverhandlung

Stellt sich nach dem Angebotsvergleich heraus, dass es mehrere ähnlich geeignete Angebote gibt, erfolgt die Vergabeverhandlung durch den Einkauf. Der Einkäufer sollte jedoch vor diesem Schritt beurteilen, ob das Aufwand-Nutzen-Verhältnis einer Verhandlung gerechtfertigt ist. Materialien mit einem geringen Einkaufsvolu-

21

23 Arnolds et al. (2010, S. 167 f.). 24 Arnolds et al. (2010, S. 168). 25 Arnolds et al. (1998, S. 167 ff.).

21.3 · Vergabeverhandlung

273

men (C-Teile) werden in der Regel beschafft, ohne vorher aufwendige Verhandlungen durchzuführen, da der hohe Aufwand einem erheblich kleineren Nutzen gegenüberstehen würde. Bei Vergabeverhandlungen wird hauptsächlich über Angebotskonditionen wie Lieferbedingungen oder Preise verhandelt. Kommt nach dem Angebotsvergleich lediglich ein einziger Lieferant infrage, der bereits ein außerordentlich überzeugendes Angebot abgegeben hat, wird der Auftrag direkt vergeben (Direktvergabe). 21.3.1  Zielsetzung

Das Ziel des Einkäufers bei Vergabeverhandlungen ist es, den Lieferanten mit den günstigsten Angebotskonditionen für einen definierten Auftrag zu ermitteln. Dazu beabsichtigt der Einkäufer eine Verbesserung der Angebotskonditionen bzw. der bereits definierten Vergleichsfaktoren auszuhandeln. 21.3.2  Verhandlungsführung

Nachdem ein oder mehrere Lieferanten für die Beschaffung von Materialien vorläufig ausgewählt worden sind, folgt im nächsten Schritt die Einkaufsverhandlung, um Unklarheiten zu beseitigen (falls diese nicht bereits bei der Angebotsbearbeitung ausgeräumt wurden) und/oder eine Verbesserung des Angebotes zu erzielen. Dies sollte hinsichtlich Zeitaufwand und Kosten in einem angemessenen Umfang erfolgen. Komplexe Verhandlungen bei Kleinbestellungen können ineffizient sein, wenn vorauszusehen ist, dass sie zu keiner signifikanten Verbesserung des Angebots führen werden. Dies ist jedoch genauestens zu prüfen, da voreilige Meinungen diesbezüglich zu verlorenen Einsparungen führen können. Soll der Lieferant in Zukunft große Mengen und/oder hochwertige Materialien liefern (A-Artikel), fällt die Entscheidung für eingehende Verhandlungen leicht. Hier können neben Preiszugeständnissen z. B. bessere Zahlungs- und Lieferbedingungen oder kürzere Lieferzeiten erzielt werden.26 Besteht Aussicht auf Erfolg einer Einkaufsverhandlung, ist es notwendig, diese sorgfältig vorzubereiten. Die Verhandlungsvorbereitung kann dabei unterteilt werden in: 5 sachliche Vorbereitung 5 organisatorische Vorbereitung 5 psychologische Vorbereitung 21.3.3  Verhandlungsvorbereitung

Um eine erfolgreiche Verhandlungsführung zu gewährleisten, bilden häufig sogenannte Kompetenzteams aus dem Unternehmen die Verhandlungsgruppe. Diese Teams (zwei bis fünf Personen) setzen sich interdisziplinär aus verschiedenen 26 Hartmann (1997, S. 460 f.).

21

274

Kapitel 21 · Der operative Beschaffungsprozess

­ ereichen (z. B. Einkauf, Produktentwicklung, Qualitätsprüfung, Bedarfsträger aus B Fachabteilung) zusammen. Bei der Verhandlungsvorbereitung ist festzulegen, welche Aspekte für die eigene Seite im Vordergrund stehen sollen (Preis, Qualität oder Liefertreue). Daneben ist zu prüfen, welche Aspekte für den Verhandlungspartner am wichtigsten sind. Es muss abgewogen werden, in welchen Aspekten das eigene Unternehmen Kompromisse eingehen kann, bei welchen kein Handlungsspielraum besteht und in welchen Punkten der Lieferant Zugeständnisse machen könnte.27 Die häufigste Ursache für nicht zufriedenstellende Verhandlungsergebnisse sind eine schlechte Vorbereitung und geringe Flexibilität in der Gesprächsführung. Es gibt jedoch eine Vielzahl von Maßnahmen, die bereits in der Verhandlungsvorbereitung getroffen werden können, damit die Erfolgschancen maximiert werden.28 Bei der sachlichen Vorbereitung müssen strategische Überlegungen wie z. B. Ziele, Absichten und Alternativen konkretisiert werden. Die Einschätzung der Einstellung der Vertragspartner ist hierbei ebenso von hoher Relevanz. Je sorgfältiger und strukturierter die sachliche Vorbereitung, desto sicherer kann der Verhandelnde im Gespräch agieren und reagieren.29 Durch einen standardisierten Fragebogen kann die sachliche Vorbereitung unterstützt werden.30 Es handelt sich oft um Verhandlungsschwerpunkte wie Einstandspreis, Qualität, Menge, Lieferzeit, Sicherung gemachter Zusagen, Umfang von Garantien und Serviceleistungen. Dabei ist zu beachten, dass manche Punkte voneinander abhängig sein können, wie z. B. Preis und Menge (Mengenrabatte).31 Im Allgemeinen ist es hilfreich, das geplante Vorgehen der Verhandlung schriftlich festzuhalten und dem Verhandlungsteam zur Verfügung zu stellen. Die organisatorische Vorbereitung bezieht sich hauptsächlich auf die praktischen, räumlichen und zeitlichen Aspekte. Wird ein Kompetenzteam eingesetzt, müssen alle Teilnehmer über den gleichen Informationsstand verfügen. Jedes Teammitglied ist für sein Teilgebiet in der Verhandlung zuständig. Dabei ist zu beachten, dass keine widersprüchlichen Inhalte innerhalb des Verhandlungsthemas ausgesprochen werden.32 Aus zeitlicher Betrachtungsweise sollte z. B. die Anreisedauer bzw. -entfernung berücksichtigt werden. Aus räumlicher Sicht steht die Wahl des Verhandlungsortes in der Regel dem zu, von dem etwas verlangt wird. Ein Einkäufer wird einen Ort auswählen, der die besten Erfolgschancen verspricht. Dies kann der eigene Betriebsstandort sein, weil das vertraute Umfeld Sicherheit vermittelt. Es soll sichergestellt werden, dass sich der Besucher orientieren kann, wobei bei einem unübersichtlichen Betriebsgelände die Möglichkeit besteht, den Gesprächspartner am Werkstor abzuholen.33 Wenn der Einkäufer zum Betrieb des Lieferanten reist, kann er sich direkt ein umfangreiches Bild über dessen Leistungsmöglichkei-

21

27 28 29 30 31 32 33

Eichstädt (2008). Hirschsteiner (1997a). Hirschsteiner (2002, S. 12 ff.). Hirschsteiner (1997a). Arnolds et al. (2010, S. 177). Arnolds et al. (2010, S. 178 f.). Hirschsteiner (1997c).

21.3 · Vergabeverhandlung

275

ten und -verhalten schaffen. Alternativ kann die Verhandlung an einem neutralen Ort durchgeführt werden, wenn dies gewünscht wird.34 Die psychologische Vorbereitung ist ein sehr wichtiger Bestandteil der Planung des Einkäufers und hat einen bedeutenden Einfluss auf den Verhandlungserfolg. Der Einkäufer muss sich im Voraus eine erfolgversprechende Taktik bereitlegen (z. B. defensive oder offensive Gesprächsführung). Unter Beachtung der persönlichen Eigenschaften des Verhandlungspartners ist zu überlegen, wann Zugeständnisse gemacht werden sollten, um das eigene Verhandlungsziel zu erreichen.35 Schwierig, aber von hoher Relevanz ist die Vorbereitung auf die Person, mit der verhandelt wird. Dabei ist festzustellen, was den Verhandlungspartner persönlich ausmacht und wie sein Verhandlungsstil ist.36 Der Einkäufer sollte versuchen, sich auf die Persönlichkeit, die Motive und die wesentlichen Charakterzüge einzustellen. Hierbei können Informationen über den Gesprächspartner durch Körpersprache, den Körperbau, Freizeitbeschäftigungen, soziale Netzwerke (Xing, LinkedIn, Facebook) und durch die Ausdrucksform der Person erlangt werden.37 Je besser der Einkäufer den Verhandlungspartner kennt, desto eher lässt sich die eigene Position durchsetzen.38 Im Allgemeinen gilt: „Das Ziel einer hinreichenden Vorbereitung ist, die persönlichen Verhandlungsfähigkeiten zu aktivieren, die verfügbaren Mittel zu optimieren und die Verhandlungsposition bestmöglich zu stärken.“39 21.3.4  Verhandlungsdurchführung

Eine Voraussetzung für eine Verhandlung ist ein freundliches Gesprächsklima in einem kooperativen Arbeitsumfeld. Es ist nicht angemessen und förderlich, allein hart und sachlich zu kommunizieren, denn Machtverhalten oder vorgespielte Freundlichkeit fördern das Verhandlungsgespräch nicht. Erfolgreiche Verträge kommen durch Offenheit zustande, aufgrund derer sich die Partner während und nach dem Gespräch vertrauen können. . Abb. 21.3 zeigt Ansätze, die zur Förderung der Verhandlung beitragen können.40 Ein Vorteil für die Verhandlungsdurchführung ist eine einheitliche Informationsgrundlage für beide Parteien. Der Einkäufer sollte keine Informationen einbehalten und spekulieren, dass der Kontrahent unwissend ist. Werden die Unterlagen z. B. offen dargelegt, wird Vertrauen geschaffen, Zeit eingespart und überflüssige Diskussionen werden vermieden. Dadurch wird ein offener und fairer Umgang eingeleitet. Pünktlichkeit ist eine Pflicht für Einkäufer und Lieferanten, da dies Achtung vor dem Vertragspartner zeigt. Durch diese Eigenschaft kann abgeleitet werden, ob

34 35 36 37 38 39 40

Hirschsteiner (2002, S. 15 ff.). Hartmann (1997, S. 462). Eichstädt (2008). Arnolds et al. (2010, S. 181 f.). Eichstädt (2008). Hirschsteiner (2002, S. 12). Hirschsteiner (2002, S. 90).

21

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Kapitel 21 · Der operative Beschaffungsprozess

. Abb. 21.3  Systematische Ansätze bei der Verhandlungsführung (Hirschsteinerer 2002, S. 90)

ein Partner auch in Zukunft bei Verabredungen, Vereinbarungen und Leistungen zuverlässig agiert.41 Es ist sinnvoll, den ersten, sensiblen Teil der Verhandlung so zu gestalten, dass anfangs die Punkte angesprochen werden, bei denen sich die Vertragspartner vermutlich einig sind. Kritische Themen sollten erst später eingebracht werden, zu einem Zeitpunkt, zu dem der Verhandlungsprozess weniger beeinträchtigt wird. Der Vortrag des potenziellen Geschäftspartners muss ohne Unterbrechungen anerkannt werden, damit er sich persönlich akzeptiert, gut behandelt und sachlich ernst genommen fühlt. Gegenseitiger Respekt ist eine Grundvoraussetzung für die Aktivierung aller potenziellen Verständigungsmöglichkeiten. Das Ergebnis einer Verhandlung sollte eine Vereinbarung sein, die von beiden Seiten als vorteilhaft betrachtet werden kann, damit sie wie vereinbart durchgeführt wird.42 Eichstädt (2008) stellt acht zentrale Empfehlungen für die Verhandlungsführung zusammen. Diese lauten:43 1. In erfolgreichen Verhandlungen sollte vermieden werden, dass aus inhaltlichen Gegensätzen persönliche Angriffe oder Konflikte entstehen. 2. Die Konzeption erfolgreicher Verhandlungen sollte stets konkurrierende Lieferanten oder alternative Optionen berücksichtigen. 3. In intensiven Vorbereitungen sollten die Interessen und Positionen beider Verhandlungsparteien abgeschätzt werden.

21

41 Hirschsteiner (1997a). 42 Hirschsteiner (1997c). 43 Eichstädt (2008).

21.3 · Vergabeverhandlung

277

4. Die Verhandlungsteilnehmer sollten Kommunikationstechniken bewusst nutzen (z. B. offene/geschlossene Fragen, aktives Zuhören). 5. Objektive Bewertungsstandards wie z. B. Preisbenchmarks oder Kostenanalysen erleichtern die Verhandlung strittiger Punkte. 6. Neue, alternative Lösungsoptionen, die während einer Verhandlung aufgezeigt werden, können zu besseren Verhandlungsergebnissen führen. 7. Bei erfolgreichen Verhandlungen sollten die Persönlichkeitsmerkmale der Gegenseite berücksichtigt werden. 8. Für den Fall, dass keine Verhandlungslösung zustande kommt, sollten die bestmöglichen Alternativen für beide Verhandlungsparteien schon im Vorfeld abgeschätzt werden. Wichtig dabei ist der gezielte Einsatz von Sprache und Kommunikation. Es soll bewusst mit Kommunikationstechniken gearbeitet werden. Aktives Zuhören, Fragetechniken und Überzeugungsstrategien können durch Erfahrung verbessert werden, müssen aber auch geübt und für jeden speziellen Fall genau geplant werden.44 Eine Protokollierung der Ergebnisse einer Verhandlung ist zwingend erforderlich, um im Nachhinein keine Missverständnisse auftreten zu lassen. Alle abweichenden Fakten wie z. B. durch eine Mengenerhöhung vergünstigter Preis stellen rechtlich gesehen ein neues Angebot dar.45 Viele Einkäufer beschränken sich in Verhandlungen auf Preis, Rabatt und Lieferbedingungen. Dabei gibt es viele Möglichkeiten, Vorteile durch Ausgabenminimierung und Leistungsverbesserung zu erlangen, ohne den Lieferanten unter Druck zu setzen. Einerseits können Nebenleistungen des Lieferanten, die nicht genutzt werden, preismindernd abgelehnt werden, andererseits können Zusatzleistungen des Lieferers, die nicht berechnet werden, ausgenutzt werden.46 21.3.5  Verhandlungen im Ausland

Bei Verhandlungen mit Lieferanten aus dem Ausland kann es erforderlich sein, sich mit den Besonderheiten anderer Kulturen vertraut zu machen. Ein Beispiel dafür ist die Verhandlungsführung mit chinesischen Unternehmern. Im Gegensatz zum Westeuropäer, der sich im Wesentlichen auf Fakten, Wirtschaftsdaten und Gesetze konzentriert, legen chinesische Geschäftspartner großen Wert auf Informationen über die Person wie z. B. Hobbys, Familie und beruflicher Werdegang. Er/ sie möchte nur mit vertrauenswürdigen Personen Geschäfte abwickeln. Bei einem Zusammentreffen der Verhandlungspartner werden zu Beginn Visitenkarten ausgetauscht. Die ranghöhere Person bietet dabei zuerst seine Visitenkarte an und übergibt sie mit beiden Händen an den oberen Ecken angefasst mit einer kleinen Verbeugung an den Vertragspartner. Dieser soll die Visitenkarte ebenfalls mit beiden

44 Eichstädt (2008). 45 Hartmann (1997, S. 462). 46 Hirschsteiner (1997b).

21

278

Kapitel 21 · Der operative Beschaffungsprozess

Händen an beiden Ecken entgegennehmen und sich verbeugen.47 Neben diesem Beispiel gibt es eine Vielzahl anderer Besonderheiten, die bei Verhandlungsgesprächen mit Verhandlungspartnern aus anderen Kulturkreisen zu beachten sind. Für den Einkäufer bedeutet dies, dass er sich umfassend auf ein Gespräch vorbereiten muss. Auch spezielle Verhandlungsschulungen zum erfolgreichen Vertragsgespräch mit Personen anderer Kulturen sind essenziell, um sich auf solche Gespräche vorzubereiten. 21.4  Bestellentscheidung, Bestellung und Auftragsbestätigung

Wurde durch Angebotsbearbeitung und folgende Verhandlungsführung der richtige Lieferant für den vorliegenden Bedarf gefunden und wurden für vorliegende Anforderungen die optimalen Beschaffungskonditionen ausgehandelt, wird die Bestellung ausgeführt. Die Bestellung beinhaltet alle mit dem Lieferanten vereinbarten und vorausgesetzten Kriterien. Eine rechtliche Absicherung für die Bestellung wird durch die Auftragsbestätigung erzeugt. Mit der Berechnung und Anwendung einer optimalen Bestellmenge können die Kosten, die durch den Bestellprozess und durch die Lagerhaltung anfallen, minimiert werden (vgl. 7 Abschn. 21.4.4). 21.4.1  Zielsetzung

Das Ziel dieser Prozessschritte ist die Sicherstellung einer verbindlichen, eindeutig spezifizierten Leistungserbringung beim Lieferanten zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit des Unternehmens gemäß den 7-R. 21.4.2  Inhalt

Wird ohne Abweichung zum vorliegenden Angebot bestellt (in der Regel in schriftlicher Form), entsteht ein rechtswirksamer Vertrag. Weicht die Bestellung von dem Angebot ab, entsteht erst nach der Zustimmung des Lieferanten ein rechtswirksamer Vertrag. Im deutschen Recht gilt Vertragsfreiheit, wobei in der Regel gesetzlich geregelte Vertragstypen gemäß BGB angewandt werden. Bei den Bestellungen bzw. bei den rechtswirksamen Verträgen wird zwischen verschiedenen Ausgestaltungen unterschieden: 5 Im Kaufvertrag wird der Eigentumswechsel einer bestimmten Sache gegen Bezahlung vereinbart. §§ 433 ff. BGB „Durch den Kaufvertrag wird der Verkäufer einer Sache verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigentum an der Sache zu verschaffen. Der Verkäufer hat dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen. Der Käufer ist verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die gekaufte Sache abzunehmen.“

21

47 Vinck (1997).

21.4 · Bestellentscheidung, Bestellung und Auftragsbestätigung

279

5 Im Werkvertrag wird die Herstellung eines bestimmten Werkes gegen Zahlung vereinbart, wobei die Ausgangsstoffe von beiden Vertragspartnern gestellt werden können. §§ 631 ff. BGB „Durch den Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. Gegenstand des Werkvertrags kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistungen herbeizuführender Erfolg sein.“ 5 Im Werklieferungsvertrag ist die Lieferung und Herstellung bestimmter Sachen vereinbart, wobei die Ausgangsstoffe vom Lieferanten gestellt werden. §§ 651 ff. BGB „Auf einen Vertrag, der die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender beweglicher Sachen zum Gegenstand hat, finden die Vorschriften über den Kauf Anwendung.“ Im Rahmen einer Bestellung müssen folgende Vereinbarungen getroffen und Konditionen festgelegt werden48 Beschaffenheit Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, diesen Vertragspunkt abzusichern. Durch Verwendung von Zeichnungen, Stücklisten oder Angaben von Normen und Typen kann ein Zeichnungsteil näher beschrieben werden. Eine weitere Möglichkeit ist die Bereitstellung einer Probe durch den Lieferanten („Kauf nach Probe“), die nach Art und Güte das Material genau festlegt. Bei Abweichungen der Lieferung besitzt das beschaffende Unternehmen besondere Rechte gegen den Lieferanten. „Kauf zur Probe“ bedeutet, dass ein fester Kauf einer kleinen Warenmenge getätigt wird, wobei der Preis pro Einheit dem entspricht, der beim Bezug einer großen Menge gefordert würde. Beim „Kauf auf Probe“ behält sich das beschaffende Unternehmen das Recht vor, das Material innerhalb einer vereinbarten oder angemessenen Frist ohne weitere Verpflichtungen zurückzugeben. Wenn ganze Warenläger oder Konkursmassen gekauft/bestellt werden, geschieht dies meist nach „Kauf en bloc“, bei dem die Zusicherung einer bestimmten Güte zu einem Pauschalpreis geschieht. Enthält die Bestellung keine Festlegung der Qualität der Ware, ist der Lieferant verpflichtet, eine Ware mittlerer Art und Güte zu liefern. Menge Die Menge kann auf unterschiedliche Weise festgelegt werden. Bei der „genauen Maßangabe“ wird die Materialmenge genau angegeben (z. B.: 10 Packungen, 5 kg oder 14 l). Dabei beinhaltet die Angabe Bruttogewicht das Gewicht des Materials inklusive Verpackung, Nettogewicht oder Reingewicht das Gewicht ohne Verpackung. Die Differenz zwischen Brutto- und Nettogewicht wird als Tara bezeichnet – also das Gewicht der Verpackung. Bei der „ungefähren Maßangabe“ (auch: zirka) werden Abweichungen gezielt vereinbart, also z. B. ± 2,5 %. Bei leicht verdunstenden oder Feuchtigkeit annehmenden Materialien ist es zweckmäßig, dass der Lieferant eine Menge am Ablieferungsort garantiert. Geht aus dem Kaufvertrag nicht

48 Beckmann et al. (2008, S. 268 f.).

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Kapitel 21 · Der operative Beschaffungsprozess

hervor, welches Gewicht dem Preis einer Sendung zugrunde liegt, gelten Branchenbedingungen oder Handelsbräuche. Verpackung Die Kosten einer Verkaufs- oder Aufmachungsverpackung sind üblicherweise im Preis enthalten. Die Kosten für Versand oder Schutzverpackung werden gesondert ausgewiesen, wobei folgende Möglichkeiten in Betracht kommen: 5 Die Verpackung wird als Extraposten in der Rechnung aufgeführt. 5 Der Lieferant fordert die frachtfreie Rücksendung der Verpackung und erstattet den dafür berechneten Betrag teilweise oder ganz zurück. 5 Die Verpackung wird dem beschaffenden Unternehmen leihweise gegen Miete oder Pfand überlassen. 5 Die Vereinbarung Brutto für Netto sagt aus, dass die Verpackung als Bestandteil des Materials mitgewogen und mitberechnet wird. In Fällen, in denen der Kostenträger der Verpackung nicht benannt ist, gilt der Handelsbrauch. Erfüllungszeit Mit der Erfüllungszeit wird der Zeitpunkt angegeben, zu dem der Lieferant das bestellte Material zu übergeben hat. Sind keine Angaben vorhanden, kann der Lieferant sofort liefern bzw. das beschaffende Unternehmen sofortige Lieferung verlangen. Es ist daher zweckmäßig, die Erfüllungszeit vertraglich festzulegen: Bei Promptgeschäften wird vereinbart, dass die Lieferung innerhalb kurzer Frist zu erfolgen hat. Bei Lieferungsgeschäften wird eine spätere Erfüllungszeit vereinbart – möglich sind Abruf- und Rahmenverträge (vgl. 7 Abschn. 12.3). Erfüllungsort Der Erfüllungsort definiert den Ort, an dem die Übergabe des Materials zu erfolgen hat. Hintergrund ist, dass am Erfüllungsort das bestellte Material die Menge und Beschaffenheit aufzuweisen hat, die vertraglich festgelegt sind. Am Erfüllungsort geht die Ware vertraglich vom Lieferanten auf das beschaffende Unternehmen über. Dabei ist der gesetzliche Erfüllungsort der Ort, an dem der Lieferant des Materials seinen Wohn- und Geschäftssitz hat. Der vertragliche Erfüllungsort ist der Ort, der zwischen den beiden Vertragspartnern in Angebot und Bestellung fixiert ist. Preis Der Preis kann im Vertrag genau festgelegt werden (fester Preis) oder kann sich im Zeitverlauf ändern (fester Ausgangspreis), wobei das Ausmaß der Änderung nicht willkürlich ist – es wird ein Basispreis festgelegt, der Grundlage für die endgültige Preisfestsetzung ist, die mit Hilfe von Indices vorgenommen wird. Die Angabe „Tagespreis“ ist für das beschaffende Unternehmen nicht unproblematisch, daher sollte Einigung erzielt werden, wie dieser zu ermitteln ist.

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Zahlungsbedingungen Zu den Zahlungsbedingungen zählen vorwiegend Zahlungsort, Zahlungszeitpunkt, Rabatte, Boni und Skonti. Sollte kein Zahlungsort angegeben sein, gilt der Geschäftssitz des Schuldners. Beim Zahlungszeitpunkt wird unterschieden nach Zahlung vor Lieferung (Anzahlung oder Vorauszahlung, Zahlung gegen Lieferung,

21.4 · Bestellentscheidung, Bestellung und Auftragsbestätigung

281

Barkauf) und Zahlung nach Lieferung (Zielkauf oder Kreditkauf). Rabatte werden in der Regel zugesprochen, wenn große Mengen abgenommen werden (Mengenrabatte). Boni sind nachträglich gewährte Rabatte. Käufer können beim Erreichen eines Mindestumsatzes einen Nachlass auf den Gesamtbetrag erzielen. Skonto ist ein prozentualer Abschlag auf den Rechnungsbetrag bei frühzeitiger Zahlung (vgl. 7 Abschn. 8.1). Lieferbedingungen Unter dem Stichwort Lieferbedingungen werden Regelungen zusammengefasst, die im Wesentlichen mit dem Transport des Materials zusammenhängen. Es wird u. a. beschrieben, wer die Kosten der Lieferung trägt und welches Transportmittel zu benutzen ist. In der Praxis haben sich standardisierte Lieferbedingungen durchgesetzt. Incoterms sind Gegenstand eines internationalen Regelwerks zur Bestimmung der Lieferbedingungen. Sie kommen in Zusammenhang mit den Lieferbedingungen zum Einsatz. Die Incoterms regeln, welche Transportkosten der Verkäufer und welche der Käufer trägt und an welchem Ort der Gefahrenübergang stattfindet. Sie werden als Incoterm-Codes angegeben (. Abb. 21.4 und 21.5). Die Bedeutung der Incoterms wird unterhalb der Abbildungen erläutert. Die Incoterms® -Klauseln für alle Transportarten (DHL 2020): EXW – „Ex Works“/„Ab Werk“ bedeutet, dass der Verkäufer geliefert hat, sobald er die Ware dem Käufer bei sich selbst oder an einem anderen benannten Ort (z. B. Werk, Fabrik, Lager usw.) zur Verfügung stellt. Der Verkäufer muss die Ware weder auf ein abholendes Transportmittel verladen, noch muss er sie zur Ausfuhr freimachen, falls dies erforderlich sein sollte. FCA – „Free Carrier“/„Frei Frachtführer“ bedeutet, dass die Ware als geliefert gilt, sobald der Verkäufer die Ware dem Frachtführer oder einer anderen vom Käufer benannten Person zur Verfügung stellt. Die Lieferung erfolgt, wenn der benannte Ort auf dem Gelände des Verkäufers liegt oder die Ware nach Verladung auf das Beförderungsfahrzeug einen benannten Ort erreicht. Die Parteien sollten die Stelle innerhalb des benannten Lieferortes so genau wie möglich bestimmen, da an dieser Stelle die Gefahr auf den Käufer übergeht. CPT – „Carriage Paid To“/„Frachtfrei bis“ bedeutet, dass der Verkäufer die Ware dem Frachtführer oder einer anderen vom Verkäufer benannten Person an einen vereinbarten Ort (falls ein solcher Ort zwischen den Parteien vereinbart ist) liefert und dass der Verkäufer den Beförderungsvertrag abzuschließen und die für die Beförderung der Ware bis zum benannten Bestimmungsort entstehenden Frachtkosten zu zahlen hat. CIP – „Carriage and Insurance Paid To“/„Frachtfrei versichert“ bedeutet, dass der Verkäufer die Ware dem Frachtführer oder einer anderen vom Verkäufer benannten Person an einem vereinbarten Ort (falls ein solcher Ort zwischen den Parteien vereinbart ist) liefert. Der Verkäufer hat die Kosten bis zur erfolgten Lieferung zu tragen. Er übernimmt aber keine Garantie, dass die Ware ihren Bestimmungsort einwandfrei erreicht. Der Verkäufer muss hier eine Versicherung für den Verlust der Ware oder Beschädigung während des Transportes mindestens bis zum Bestimmungsort abschließen. DAP- „Delivered at Place“/„Geliefert benannter Ort“ bedeutet, dass der Verkäufer liefert, wenn die Ware dem Käufer auf dem ankommenden Beförderungsmittel

21

282

Kapitel 21 · Der operative Beschaffungsprozess

. Abb. 21.4  Incoterms 1 – Bestimmungen für jegliche Art von Verkehrsträgern (DHL 2020)

21

entladebereit am benannten Bestimmungsort zur Verfügung gestellt wird. Der Verkäufer trägt alle Gefahren, die im Zusammenhang mit der Beförderung zum benannten Ort stehen. Der Käufer wiederum ist verantwortlich für die Entladung der Ware am Bestimmungsort und trägt ab hier die Gefahren. DPU – „Delivered at Place Unloaded“/„Geliefert benannter Ort entladen“ bedeutet, dass der Gefahrübergang und die Lieferung vom Verkäufer an den Käufer nach Entladen des ankommenden Transportmittels am benannten Bestimmungsort oder an einer vereinbarten Stelle an diesem Ort erfolgen. Dabei trägt der Verkäufer alle Gefahren bis zur Entladung der Ware am Bestimmungsort und der Verkäufer ist verpflichtet die Ware am Bestimmungsort zu entladen. DDP – „Delivered Duty Paid“/„Geliefert verzollt“ bedeutet, dass der Verkäufer liefert, wenn er die zur Einfuhr freigemachte Ware dem Käufer auf dem ankommenden

21.4 · Bestellentscheidung, Bestellung und Auftragsbestätigung

283

. Abb. 21.5  Incoterms 2 – Bestimmungen für den See- und Binnenwasserverkehr (DHL 2020)

Beförderungsmittel entladebereit am benannten Bestimmungsort zur Verfügung stellt. Der Verkäufer trägt alle Kosten und Gefahren, die im Zusammenhang mit der Beförderung der Ware bis zum Bestimmungsort stehen, und hat die Verpflichtung, die Ware nicht nur für die Ausfuhr, sondern auch für die Einfuhr freizumachen, alle Abgaben sowohl für die Aus- als auch für die Einfuhr zu zahlen sowie alle Zollformalitäten zu erledigen. Klauseln für den See- und Binnenschifftransport FAS – „Free Alongside Ship“/„Frei Längsseite Schiff“ bedeutet, dass der Verkäufer liefert, wenn die Ware längsseits des Schiffs (z. B. an einer Kaianlage oder auf einem Binnenschiff) im benannten Verschiffungshafen gebracht ist. Die Gefahr des Verlustes oder der Beschädigung der Ware geht über, wenn sich die Ware längsseits des Schiffs befindet. Der Käufer trägt ab diesem Zeitpunkt alle Kosten. FOB – „Free On Board“/„Frei an Bord“ bedeutet, dass der Verkäufer die Ware an Bord des vom Käufer benannten Schiffs im benannten Verschiffungshafen liefert oder die bereits so gelieferte Ware verschifft. Die Gefahr des Verlustes oder der Beschädigung der Ware geht über, wenn die Ware an Bord des Schiffs ist. Der Käufer trägt ab diesem Zeitpunkt alle Kosten. CFR – „Cost and Freight“/„Kosten und Fracht“ bedeutet, dass der Verkäufer die Ware an Bord des Schiffs liefert oder die bereits so gelieferte Ware verschifft. Die Gefahr des Verlustes oder der Beschädigung der Ware geht über, wenn die Ware an Bord des Schiffs ist. Der Verkäufer hat den Beförderungsvertrag abzuschließen sowie die Kosten und Fracht zu tragen, die für die Beförderung der Ware zum benannten Bestimmungshafen erforderlich sind. CIF – „Cost Insurance and Freight“/„Kosten, Versicherung und Fracht“ bedeutet, dass der Verkäufer die Ware an Bord des Schiffs liefert oder die bereits so gelieferte

21

284

Kapitel 21 · Der operative Beschaffungsprozess

Ware verschifft. Die Gefahr des Verlustes oder der Beschädigung der Ware geht über, wenn die Ware an Bord des Schiffs ist. Der Verkäufer hat den Beförderungsvertrag abzuschließen sowie die Kosten und Fracht zu tragen, die für die Beförderung der Ware zum benannten Bestimmungshafen erforderlich sind. Zudem hat der Verkäufer auf eigene Kosten eine Transportversicherung abzuschließen, die zumindest der Mindestdeckung gemäß den Klauseln (C) der Institute Cargo Clauses (LMA/IUA) oder ähnlichen Klauseln entspricht. Wenn der Käufer einen höheren Versicherungsschutz wünscht, muss er dies ausdrücklich mit dem Verkäufer vereinbaren oder selbst eine Zusatzversicherung abschließen. In . Abb. 21.6 und 21.7 wird ein beispielhaftes Formular einer Bestellung dargestellt. Die Angaben beziehen sich auf die vorher angefertigte Anfrage an potenzielle Lieferanten (vgl. 7 Abschn 21.1). Als vertragsrelevante Anlage werden häufig vorformulierte Vertragsbedingungen in Form von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) (§§ 305 ff. BGB) beigefügt, welche die Einkaufs- und Verkaufsbedingungen regeln. AGB dienen umfassend als Grundlage für eine Vielzahl von Verträgen. Die Geschäftsbedingungen gelten in ihren Grundzügen oft einheitlich für eine ganze Branche und sind von den entsprechenden Verbänden erarbeitet worden. Nehmen Käufer und Verkäufer beim Vertragsabschluss jeweils auf die eigenen AGB Bezug, so gelten bei Nichtübereinstimmung die gesetzlichen Bestimmungen. Unstimmigkeiten sollten jedoch bei Vertragsabschluss unbedingt vermieden werden. Die Käufer und Verkäufer sollten sich entweder darüber einig werden, welche Geschäftsbedingungen Anwendung finden, oder einen individuellen Vertrag konzipieren. Wirklich wichtige Vertragspunkte sollten ohnehin im Vertrag bzw. auf der Bestellung dokumentiert und geregelt werden.49 Die Vertragszustimmung des Lieferanten erfolgt in Form einer schriftlichen Auftragsbestätigung. Es ist unbedingt darauf zu achten und zu überwachen, dass der Lieferant diese Bestätigung an den Einkauf übermittelt. Mit Übermittlung der Bestätigung nimmt der Lieferant den Auftrag rechtsverbindlich an. Die Bestätigung ist auf Übereinstimmung mit der Bestellung zu überprüfen und aufzubewahren bzw. zu speichern. Als verbindlich gelten nur die Bedingungen, die zuletzt und unwidersprochen abgegeben worden sind. Deshalb sollten folgende Faktoren genauestens überprüft werden:50 5 Bezeichnung des Liefergegenstandes 5 Qualitätsangaben 5 Liefertermin 5 Bestellmenge 5 Preis je Mengeneinheit und Gesamtpreis 5 Lieferbedingungen 5 Zahlungsbedingungen 5 Allgemeine Geschäftsbedingungen

21

49 Wannenwetsch (2006, S. 232). 50 Kreuzpointner et al. (2006, S. 112).

21.4 · Bestellentscheidung, Bestellung und Auftragsbestätigung

285

. Abb. 21.6  Musterformular für eine Bestellung (Seite 1), in Anlehnung an Anfrageformular (Kreuzpointner et al. 2006, S. 138)

Bei Abweichungen zur Bestellung sollte der Auftragsbestätigung unbedingt schriftlich widersprochen werden. Um sich in diesem Fall abzusichern und den Kontrollaufwand zu minimieren, ist es sinnvoll, bei der Bestellung eine Bestellkopie beizu-

21

286

Kapitel 21 · Der operative Beschaffungsprozess

. Abb. 21.7  Musterformular für eine Bestellung (Seite 2), in Anlehnung an Anfrageformular (Kreuzpointner et al. 2006, S. 138)

21

21.4 · Bestellentscheidung, Bestellung und Auftragsbestätigung

287

fügen. Diese sollte der Lieferant als Auftragsbestätigung behandeln, gegenzeichnen und zurücksenden, um sicherzustellen, dass genau die Inhalte der Bestellung zur Anwendung kommen.51 In der Praxis entstehen Vertragsformen, die über die Ausfüllung der geschilderten Vertragspunkte hinausgehen. Im Allgemeinen werden solche Individualverträge dann geschlossen, wenn die Lieferbeziehung zwischen Lieferant und Kunde längerfristig geplant ist. Für ein Unternehmen mit einem hohen Aufkommen an Einkaufsaktivitäten ist es unwirtschaftlich, für jede Kleinst- und Routinebestellung individuelle Bestellformulare zu erstellen. Um den Aufwand zu reduzieren, werden in diesen Fällen langfristige Verträge geschlossen.52 Bei langfristigen Lieferverträgen wird in der Regel unterschieden zwischen: 5 Rahmenvertrag 5 Abrufvertrag 5 Sukzessivlieferungsvertrag Weitere Informationen zu diesen Vertragsarten liefert 7 Abschn. 12.3. 21.4.3  Eingesetzte Methoden

Wie bereits erläutert hat die Einkaufsabteilung die Möglichkeit, die Bestellkonditionen zu Gunsten des beschaffenden Unternehmens entscheidend zu steuern, indem angepasste Vereinbarungen getroffen und Vertragsarten vereinbart werden. Aus Sicht kostenreduzierender Maßnahmen können beispielsweise Mengenrabatte ausgenutzt werden. Eine weitere Möglichkeit innerhalb des Prozessschrittes „Bestellentscheidung“ ist die Optimierung der Bestellmenge durch die Methodik der „optimierenden Bestellmengenrechnung“. Im Folgenden wird die Berechnung der optimalen Bestellmenge mit den Auswirkungen auf die berücksichtigten Kostenarten beschrieben. Auch bei der optimierenden Bestellmengenrechnung können Mengenrabatte einbezogen werden. 21.4.4  Die optimale Bestellmenge

Innerhalb der klassischen Bestellmengenrechnung sollen die Kosten der Beschaffung minimiert werden (vgl. 7 Kap. 8). Die kostenrelevanten Einflussgrößen in diesem Zusammenhang sind: 5 direkte Materialkosten (Beschaffungsmenge x Einstandspreis) 5 Bestellabwicklungskosten 5 Lagerhaltungskosten 5 Fehlmengenkosten

51 Kreuzpointner et al. (2006, S. 113). 52 Arnolds et al. (2010, S. 186).

21

288

Kapitel 21 · Der operative Beschaffungsprozess

Ziel der optimalen Bestellmenge ist die Aufspaltung des Gesamtbedarfs einer Planperiode in Bestellmengen, die ein Minimum an Beschaffungskosten verursachen.53 Optimale Bestellmengen, auch optimale Losgrößen genannt, behandeln dabei folgende Problemstellung:54 5 Bei seltener Bestellung entstehen für ein Unternehmen geringe Bestellabwicklungskosten, aber hohe Lagerhaltungskosten, da der Lagerbestand im Durchschnitt hoch ist und den Bedarf über einen längeren Zeitraum abdeckt. 5 Bei häufigeren Bestellungen erhöhen sich die Bestellabwicklungskosten. Die Lagerhaltungskosten sinken jedoch, da der durchschnittliche Lagerbestand abnimmt. Als Grundformel zur Ermittlung der optimalen Bestellmenge wird die sogenannte Andler-Formel genutzt (vgl. 7 Abschn. 21.4.4.4). Das Modell geht von nahezu unrealistischen Annahmen aus, kann aber trotzdem als Grundlage für anspruchsvollere Modelle herangezogen werden. Folgende Prämissen werden bei Anwendung der Andler-Formel vorausgesetzt:55 5 Betrachtung einer einzigen Materialart 5 konstanter Materialbedarf 5 festgelegter Jahresbedarf 5 kein Auftreten von Fehlmengen 5 konstante Materialqualität 5 konstante Beschaffungspreise 5 es existieren keine Verbundbeziehungen hinsichtlich der Bestellkosten 5 konstante Bestellkosten 5 beliebig teilbare Beschaffungsmengen 5 beliebig bestimmbare Lieferzeitpunkte 5 keine Restriktionen bzgl. Beschaffungsmenge, Lagermenge, o. Ä. 5 es existieren keine Sicherheitsbestände 5 keine Mengenverluste im Lager 5 Lagerbestand gleich null 5 Lager- und Bestellkosten verhalten sich proportional zur Bestellmenge 5 Lieferungen erfolgen sofort, sobald der Lagerbestand auf null gesunken ist Ein Beispiel aus der Stahlindustrie zeigt, dass auch weitere Faktoren berücksichtigt werden müssen, um die optimale Bestellmenge zu bestimmen. Die klassische Bestellmengenformel mit den abhängigen Größen Lagerhaltungs- und Bestellkosten kann hier nicht angewandt werden, da einige Besonderheiten beachtet werden müssen. Es werden zum einen häufig Rahmenverträge verhandelt, die die Übernahme der Transportkosten durch den Stahllieferanten vorsehen und einen einfachen Bestellabruf ermöglichen. Zum anderen setzen sich die Einkaufspreise aus einem ausgehandelten Basispreis und einem Aufschlag für diverse Legierungselemente zusammen. Daraus ergeben sich dynamische Materialkosten, die je nach Legierung und

21

53 Schulte (2001, S. 179). 54 Hartmann (2002, S. 391). 55 Schulte (2001, S. 179 f.).

21.4 · Bestellentscheidung, Bestellung und Auftragsbestätigung

289

. Abb. 21.8  Bestandsverlauf und mittlerer Lagerbestand (ten Hompel 2005)

aktuellem Marktpreis unterschiedlich ausfallen können. Des Weiteren entspricht die Bestellmenge aus technischen und wirtschaftlichen Gründen immer einer Chargengröße des Stahlerzeugers bzw. einem Vielfachen davon. Der Einkäufer stellt sich unter Berücksichtigung der oben aufgeführten Prämissen die Frage nach der optimalen Bestellpolitik. Einfacher wird es, wenn kein Anstieg des Einkaufspreises zu erwarten ist. Der Einkäufer bestellt immer die Mindestmenge von einer Chargengröße. Der Lagerbestand kann minimiert und das Halbzeug bei Bedarf zum günstigeren Preis nachbestellt werden. Werden für die Zukunft hohe Einkaufspreise prognostiziert, ist zu prüfen, ob es sinnvoller ist, ein Vielfaches der Chargengröße zu bestellen. Werden viele Chargen bestellt, so ist die Reichweite der zum günstigeren Preis erworbenen Halbzeuge hoch. Dadurch kann der Kauf zum höheren Preis in der Zukunft vermieden werden. Es entstehen jedoch höhere Lagerhaltungskosten, weil der durchschnittliche Bestand höher liegt. Das Optimum ist also abhängig vom Spekulationsgewinn (Differenz des jetzigen und des zukünftigen Preises) und von den Lagerhaltungskosten.56 21.4.4.1  Lagerhaltungskosten

Die Lagerhaltungskosten sind von der Höhe der Lagerbestände abhängig. Im Grundmodell zur Bestimmung der optimalen Losgröße wird davon ausgegangen, dass der Lagerabgang über die Zeit kontinuierlich erfolgt. Dies führt zum linear fallenden Verlauf des Lagerbestandes (vgl. . Abb. 21.8). Unter diesen Rahmenbedingungen beträgt der durchschnittliche Lagerbestand die halbe Bestellmenge bzw. halbe Losgröße. Die Bestimmung des durchschnittlichen Lagerbestandswertes erfolgt durch Multiplikation des durchschnittlichen Lagerbestandes mit dem Einstandspreis. Um die Lagerhaltungskosten zu ermitteln, wird nun der Lagerbestandswert mit dem

56 o. V. (2010b).

21

290

Kapitel 21 · Der operative Beschaffungsprozess

vorher ermittelten Lagerhaltungskostensatz multipliziert. Dieser setzt sich zusammen aus der Summe von Lagerkostensatz und den kalkulatorischen Zinsen für das gebundene Kapital im Lager (vgl. 7 Abschn. 8.2). Somit ergeben sich letztendlich die Lagerhaltungskosten mittels folgender Formel:

Lagerhaltungskosten =

LKS Losgr¨oße × EP × 2 100

EP = Einstandspreis LKS = Lagerhaltungskostensatz 21.4.4.2  Bestellabwicklungskosten

Für die Beschaffung des Materials fallen Bestellabwicklungskosten an, welche abhängig von der Bestellhäufigkeit sind. Wird der Gesamtjahresbedarf (bzw. Bedarf in einer definierten Periode) durch die Bestellmenge dividiert, so kann die Bestellhäufigkeit ermittelt werden. Durch Multiplikation der Bestellhäufigkeit mit den Bestellabwicklungskosten pro Bestellung ergeben sich die gesamten Bestellkosten für diese Periode. Bei häufiger Bestellung sind die Bestellmengen niedrig, die Bestellkosten fallen jedoch hoch aus.57 Die Bestellkosten werden mit folgender Formel berechnet:

Bestellkosten =

J × BK Losgr¨oße

J = Gesamtjahresbedarf BK = Bestellabwicklungskosten pro Bestellung 21.4.4.3  Die Bestimmung der optimalen Bestellmenge

Die Andler-Formel ist ein vereinfachtes Modell zur Berechnung der optimalen Bestellmenge. Sie minimiert die Summe aus Bestellabwicklungskosten und Lagerhaltungskosten.

xopt. = xopt. J BK EP LKS



200 × J × BK EP × LKS

= optimale Bestellmenge = Gesamtjahresbedarf = Bestellabwicklungskosten pro Bestellung = Einstandspreis = Lagerhaltungskostensatz

Nach Durchführung der Berechnung lässt sich ebenfalls die optimale Bestellhäufigkeit ermitteln. Der über die Andler-Formel abgebildete Zusammenhang kann grafisch durch die Verläufe der Lagerhaltungs- und der Bestellkosten in Abhängigkeit

57 Schulte (2001, S. 180 f.).

21

21.4 · Bestellentscheidung, Bestellung und Auftragsbestätigung

291

von der Bestellmenge dargestellt werden. Bestellabwicklungskosten und Lagerhaltungskosten entwickeln sich dabei gegenläufig. Kumuliert ergeben beide Kostenarten die Gesamtkosten, wobei der Schnittpunkt von Lagerhaltungs- und Bestellkosten die optimale Bestellmenge (x-Achse) und die minimalen Kosten pro Periode bzw. Jahr (y-Achse) bildet (vgl. . Abb. 21.9). Beispiel 1: Ein Fertigungsbetrieb möchte von einem Lieferanten 50.000 Stück eines Maschinenbestandteils im nächsten Jahr beziehen. Der Einstandspreis beträgt 500 € pro Stück, die Bestellkosten belaufen sich auf 100 € pro Bestellung und es wird ein Lagerhaltungskostensatz von 10 % p.a. des durchschnittlichen Lagerwertes angenommen. Bei Anwendung der Andler-Formel wird eine optimale Bestellmenge von 4472 Stück errechnet. Die Bestellhäufigkeit beträgt elf Bestellungen pro Jahr.

xopt. =



200 × 50.000 × 100 ≈ 4472 500 × 10

Bestellh¨aufigkeit =

50.000 = 11, 18 ≈ 11 4472

Es ist ebenso möglich, die optimale Bestellmenge bzw. die optimale Bestellhäufigkeit in tabellarischer Form zu ermitteln. Dabei werden die Bestellhäufigkeiten jedoch direkt als Ganzzahl verwendet, was die jeweiligen Bestellmengen fixiert. Aus diesem Grund ändert sich in der Regel der Wert der optimalen Bestellmenge gegenüber dem Ergebnis gemäß der Andler-Formel.

. Abb. 21.9  Verhältnis der Bestellmenge zu den Kosten

21

292

Kapitel 21 · Der operative Beschaffungsprozess

. Tab. 21.1  Die Berechnung der optimalen Bestellmenge in tabellarischer Form (Bsp. 1) Anzahl der Bestellungen

Bestellmenge in Stück

9

5556

Lagerhaltungskosten (€) 1.388,89

Bestellkosten (€)

Gesamtkosten (€)

900,00

2.288,89

10

5000

1.250,00

1.000,00

2.250,00

11

4545

1.136,36

1.100,00

2.236,36

12

4167

1.041,67

1.200,00

2.241,67

13

3846

961,54

1.300,00

2.261,54

14

3571

892,86

1.400,00

2.292,86

15

3333

833,33

1.500,00

2.333,33

Anhand . Tab. 21.1 wird deutlich, wie sich die einzelnen Kostenarten hinsichtlich Anzahl der Bestellungen bzw. Bestellmenge entwickeln. Bei einer Anzahl von elf Bestellungen sind die Gesamtkosten am niedrigsten. Bei der optimalen Bestellmenge wird meist davon ausgegangen, dass das Material fremdbezogen wird. Es ist aber auch möglich, die Andler-Formel auf Eigenfertigungsteile anzuwenden, wobei die Bestellkosten durch Rüstkosten ersetzt werden, anstatt des Einstandspreises werden die Herstellkosten eingefügt. Beispiel 2: Der durchschnittliche Bedarf eines Eigenfertigungsteils beträgt 70 Stück pro Monat. Die Rüstkosten pro Los betragen 65 €, die Herstellkosten 5000 € pro Stück. Es wird ein Lagerhaltungskostensatz von 24 % p. a. angenommen. Bei Anwendung der Andler-Formel wird eine optimale Losgröße von 95 Stück errechnet (. Tab. 21.2).  200 × 840 × 65 ≈ 95 xopt. = 50,00 × 24

Anzahl Rüstvorgänge =

840 = 8,84 ≈ 9 95

. Tab. 21.2  Die Berechnung der optimalen Bestellmenge in tabellarischer Form (Bsp. 2) Anzahl der Rüstvorgänge

21

Stück pro Rüstvorgang

Lagerhaltungskosten (€)

Rüstkosten (€)

Gesamtkosten (€)

6

140

840,00

390,00

1.230,00

7

120

720,00

455,00

1.175,00

8

105

630,00

520,00

1.150,00

9

93

560,00

585,00

1.145,00

10

84

504,00

650,00

1.154,00

11

76

458,18

715,00

1.173,18

12

70

420,00

780,00

1.200,00

21.4 · Bestellentscheidung, Bestellung und Auftragsbestätigung

293

21.4.4.4  Die optimale Bestellmenge unter Berücksichtigung von

Mengenrabatten

In der Praxis werden häufig Mengenrabatte von Lieferanten angeboten. Die klassische Bestellmengenformel beinhaltet jedoch die Prämisse, dass die Einstandspreise der Materialien konstant sind. Diese Annahme muss bei der Berücksichtigung von Mengenrabatten oder Preisnachlässen auf die Angebotspreise aufgehoben werden. Die Preise werden entsprechend der Bestellmenge gestaffelt, Prozente werden bei der Überschreitung definierter Mengen gewährleistet oder es werden Gratiseinheiten bei der Überschreitung einer bestimmten Menge abgegeben.58 Hartmann (2002) stellt die Frage, ob ein Mengenrabatt-Angebot angenommen werden sollte, auch wenn dabei die optimale Bestellmenge überschritten wird. „Es muss der Rabattsatz ausgerechnet werden, für den die Einsparungen durch den Rabatt den Kostensteigerungen durch die Abweichung von der optimalen Bestellmenge entsprechen.“59 Mittels folgender Formel wird ein Mindestrabattsatz berechnet:

Rmin =

LKS × xopt. × 2×J



xopt. xRabatt + −2 xRabatt xopt.



Rmin = Rabattsatz, der mindestens erreicht werden muss xRabatt = Mindestmenge, ab der Rabatt gewährt wird Beispiel 3: Rückblickend auf Beispiel 1 wird vom Lieferanten ein Rabatt von 2 % bei einer Mindestabnahmemenge von 15.000 Stück angeboten. Wie bereits errechnet beträgt die optimale Bestellmenge 4472 Stück eines Maschinenbestandteils ohne Berücksichtigung von Mengenrabatten. Der Gesamtjahresbedarf beträgt 50.000 Stück, der Lagerhaltungskostensatz 10 % p. a.

Rmin =

10 × 4472 × 2 × 50.000



15.000 4472 + −2 15.000 4472



Rmin = 0,4472 × (0,3 + 3,35 − 2) Rmin = 0,74 Der Mindestrabattsatz beträgt 0,74 %. Es lohnt sich, den gewährten Mengenrabatt in Anspruch zu nehmen, da dieser den Mindestrabatt übersteigt. Schulte (2001) berechnet die optimale Bestellmenge unter Berücksichtigung von Mengenrabatten, indem zu Beginn alle optimalen Bestellmengen für die jeweiligen Rabattstaffeln ermittelt werden. Die Staffelung in . Tab. 21.3 dient hierbei als Beispiel: Die gesamte Bestellmenge muss mit dem Preis je Mengeneinheit gemäß der oben dargestellten Rabattstaffelung multipliziert werden. Werden Prozentsätze angegeben, muss für diese Vorgehensweise eine Umrechnung in Euro-Beträge erfolgen.

58 Schulte (2001, S. 190). 59 Hartmann (2002, S. 409).

21

294

Kapitel 21 · Der operative Beschaffungsprozess

. Tab. 21.3  Rabattstaffelung (Schulte 2001, S. 190) Rabattzone

Mengen

Preis je Mengeneinheit

I

0–3999

1,00 €

II

4000–7999

0,90 €

III

Uber 8000

0,80 €

Werden Mengenrabatte gewährt, so nehmen die direkten Materialkosten (Einstandspreis × Bezugsmenge) mit Erhöhung der Bestellmenge relativ ab. Gleichzeitig erhöhen sich jedoch die Lagerhaltungskosten wegen der höheren Bestellmenge. Zudem beeinflussen die unterschiedlichen Einstandspreise die Steigung der Lagerhaltungskostenkurve. Die Bestellkosten je Bestellung bleiben wie im klassischen Verfahren konstant. . Abb. 21.10 zeigt die Verläufe der Kostenkurven unter Berücksichtigung von Mengenrabatten. Werden die Lagerhaltungs- und die Bestellkostenkurve addiert, ergibt sich die Gesamtkostenkurve. Da die Einstandspreise der jeweiligen Rabattstaffelungen unterschiedlich sind bzw. ab einer bestimmten Menge abnehmen, weist die Gesamtkostenkurve am Beginn jeder Staffelzone einen Abwärtssprung auf. Nachdem für jeden Beschaffungspreis die optimale Bestellmenge mittels der Andler-Formel ermittelt worden ist, wird die größte zulässige (relativ) optimale Bestellmenge ausgesucht. In der Regel ist dies die Menge mit dem niedrigsten Preis je Men-

21

. Abb. 21.10  Bestellmengenermittlung bei Mengenrabatten (Grochla 1986, S. 84)

21.4 · Bestellentscheidung, Bestellung und Auftragsbestätigung

295

. Tab. 21.4  Rabattstaffelung zu Beispiel 4 Rabattzone

Mengen

Preis je Mengeneinheit

I

0–199

3000 €

II

200–219

2700 €

III

Über 219

2400 €

geneinheit. Die optimale Bestellmenge ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der entsprechenden Rabattzone liegt. In . Abb. 21.10 ist zu erkennen, dass x3 opt. nicht in die Rabattzone III fällt. Diese optimale Bestellmenge ist somit nicht zulässig. Im nächsten Schritt werden die Kosten der größten optimalen Bestellmenge mit den Kosten der Bestellmenge verglichen, die bestellt werden müsste, wenn die nächste Rabattzone gerade überschritten würde. . Abb. 21.10 geht von x2 opt. aus (größte zulässige optimale Bestellmenge) und gelangt zu x3, der unteren Bereichsgrenze von Rabattzone III. Es wird die Bestellmenge als kostenoptimale Bestellmenge ausgewählt, die die niedrigsten Gesamtkosten aufweist. Die Formel der Gesamtkostenberechnung wird hier noch einmal zusammengefasst dargestellt:

KGes. = J × EP +

Losgr¨oße LKS J × EP × + × BK 2 100 Losgr¨oße

KGes. = Gesamtkosten Wird eine (relativ) optimale Bestellmenge berechnet, die den niedrigsten Einstandspreis gemäß Rabattstaffelung aufweist, so kann auf den Vergleich mit einer höheren Rabattzone verzichtet werden.60 Beispiel 4: Ein Aluminiumlieferant bietet Rabatte bei der Überschreitung vorgegebener Bestellmengen an. Kauft der Kunde bis einschließlich 199 Stück eines bestimmten Aluminiumteils, so belaufen sich die Kosten pro Stück auf 3000 €. Überschreitet der Kunde die Bestellmenge, gewährt der Lieferant einen Mengenrabatt von 10 %. Ab einer Bestellmenge von 220 Einheiten werden dem Kunden nochmals 10 % Rabatt eingeräumt (. Tab. 21.4). Es wird angenommen, dass sich der Jahresbedarf auf 1000 Stück beläuft, die Bestellkosten pro Bestellung 6000 € betragen und ein Lagerhaltungskostensatz von 10 % anfällt. Die optimalen Bestellmengen zu den jeweiligen Rabattzonen lauten somit: Rabattzone I: – 200,0 Rabattzone II: – 210,8 Rabattzone III: – 223,6≈ 224 Die optimale Bestellmenge der Rabattstufe III ist gültig, da diese in die Rabattzone fällt. Sie weist den niedrigsten Einstandspreis gemäß Rabattstaffelung auf. Somit

60 Schulte (2001, S. 190 ff.).

21

296

Kapitel 21 · Der operative Beschaffungsprozess

wird auf einen Vergleich mit einer höheren Rabattzone verzichtet. Die Gesamtkosten belaufen sich auf:

KGes. = 1000 × 2400 +

10 1000 224 × 2400 × + × 6000 = 2.453.665,71 2 100 224

Es müssen fünf Bestellungen getätigt werden, wobei in die letzte Bestellung Bedarfe des folgenden Jahres einbezogen werden müssen, um den Mengenrabatt ausnutzen zu können. 21.5  Terminüberwachung

Den Abschluss des operativen Bestellprozesses bildet die Terminüberwachung. Die Überwachung der Liefertermine wird in der Regel durch den Einkauf ausgeführt, kann aber auch von der Materialdisposition übernommen werden. Dieser Teilprozess ist von zentraler Bedeutung, da sichergestellt werden muss, dass die bestellten Materialien fristgerecht eintreffen und in der richtigen Abteilung bereitgestellt werden. Eine besondere Bedeutung kommt der pünktlichen Lieferung bei der Just-Intime-Versorgung zu. Verzögerungen der Lieferung können zu einem Stillstand der Produktion führen. 21.5.1  Zielsetzung und Inhalt

Das Ziel der Terminüberwachung ist es, die Einhaltung der festgesetzten Liefertermine zu überprüfen sowie überfällige oder gefährdete Liefertermine durch geeignete Maßnahmen aufzufangen. Um die Liefertermine sicherzustellen, sind planerische und strategische Maßnahmen zur Abwendung von Terminüberschreitungen schon im Vorfeld der Bestellung einzuleiten. Folgende Maßnahmen können zur Abwendung von Terminüberschreitungen eingesetzt werden:61 5 gezielte Maßnahmen zur direkten Unterstützung des operativen Beschaffungsprozesses – Verbesserung des internen Informationsaustauschs (z. B. um zu späte Bedarfsmeldungen der Materialdisposition zu vermeiden) – Verbesserung des unternehmensübergreifenden Informationsaustauschs durch den Einsatz von Sendungsverfolgungssystemen (vgl. 7 Abschn. 21.5.1) – Berücksichtigung von termintreuen Lieferanten durch entsprechende Bewertung im Angebotsvergleich (Terminzuverlässigkeit als Vergleichsfaktor einbinden/Bereitstellung der Informationen durch die Beschaffungsmarktforschung) 5 gezielte Maßnahmen der Lieferanten- und Kontraktpolitik (vgl. 7 Abschn. 12.2–12.3): – Lieferantenerziehung (Terminüberschreitungen tadeln, exakte Termineinhaltungen ausdrücklich loben)

21

61 Arnolds et al. (2010, S. 188 f.).

21.5 · Terminüberwachung

297

– Intensivierung der partnerschaftlichen Beziehungen zu Lieferanten – Reduzierung von Ausfallrisiken durch Streuung der Beschaffungsquellen und Transportträger – Ausschöpfung von Vorteilen kooperativer Vorratshaltung, z. B. in Form von Konsignationslägern – Abschluss von Abruf- bzw. Sukzessivlieferungsverträgen – Festlegung der Liefertermine nach präzisen Kalenderdaten statt nach vagen Fristen wie „schnellstens“ usw. – Vereinbarungen von Konventionalstrategien bei Lieferzeitüberschreitung und umgekehrt – in Ausnahmefällen – von Prämien für pünktliche oder vorzeitige Lieferung. Zu Beginn ist die Kontrolle über die gesendeten Anfragen und über die eingehenden Angebote ein wichtiger Bestandteil der Terminüberwachung. Ebenso von sehr hoher Bedeutung ist, die erhaltene Auftragsbestätigung mit der dazugehörigen Bestellung zu vergleichen, um rechtzeitig Fehler zu erkennen. Dies sollte bereits zu einem möglichst frühen Zeitpunkt erfolgen, damit der Lieferant ggf. fehlerhafte Informationen korrigieren kann. Kann in diesem Fall der Lieferverzug nicht abgewendet werden, muss die Produktion sofort informiert werden, um Anpassungen in der Bestands- und Produktionsplanung vornehmen zu können.62 Abnehmer werden teilweise von ihren Lieferanten über den aktuellen Zustand bzw. über den aktuellen Status der Lieferung informiert. Ein Versandavis setzt den Abnehmer in Kenntnis über die Übergabe der bestellten Materialien an das Transportunternehmen.63 Sendungsverfolgungssysteme können die Generierung der Statusmeldungen unterstützen bzw. den Prozess automatisieren. Bei Überschreitung des Liefertermins durch den Lieferanten kann ihm eine Nachfrist eingeräumt werden, bevor er in Verzug gesetzt wird. Wurden im Vorfeld Konventionalstrafen vereinbart, können diese ab dem Zeitpunkt des Überschreitens geltend gemacht werden.64 21.5.2  Eingesetzte Methoden

Eine Methode zur Überprüfung der Einhaltung von Lieferterminen ist die Sendungsverfolgung mittels Tracking und Tracing. Unter diesen Begriffen im Allgemeinen die elektronische Sendungsverfolgung verstanden, wobei „Tracking“ die lückenlose Sendungsverfolgung und „Tracing“ die Speicherung der im Rahmen des Trackings erfassten Daten übernimmt.65 Beim prozessschrittbezogenen Tracking und Tracing wird ein Packstück bzw. eine Sendung mit einer Identifikationsnummer (z. B. Barcode, RFID) versehen und an definierten Knotenpunkten über Scanner in der Lieferkette identifiziert. An diesen

62 63 64 65

Melzer-Ridinger (2008, S. 229). Melzer-Ridinger (2008, S. 229). Bichler et al. (2010, S. 65). Gleißner et al. (2009, S. 109).

21

298

Kapitel 21 · Der operative Beschaffungsprozess

Punkten werden Stratusmeldungen erzeugt und automatisch versendet. Diese lauten beispielsweise:66 5 „in Produktion“ 5 „in Qualitätsprüfung“ 5 „im Warenausgang“ 5 „Übergabe der Ware an Transportunternehmen“ 5 „Eingang der Waren im Konsolidierungspunkt“ Die Informationen werden über das Internet an den Einkäufer versandt und als E-Mail oder auf Internetportalen bereitgestellt. Beim kontinuierlichen Tracking und Tracing wird das System GPS (Global Positioning System) verwendet, um Statusinformationen in Echtzeit zu übermitteln. Die Kommunikation erfolgt hierbei über das Mobilfunknetz (GSM).67 Tracking und Tracing bietet im Allgemeinen folgende Vorteile:68 5 Transparenz in der Lieferkette 5 frühzeitiges Erkennen von Lieferengpässen 5 hohe Planungssicherheit durch aktuelle Informationen 5 Langzeitbetrachtung führt zu kontinuierlichen Verbesserungen und sichert die Wettbewerbsfähigkeit. Immer mehr große und mittelgroße Speditionen setzen IT-Systeme in ihren Fahrzeugen ein, um ihre Lkw-Flotten zu navigieren. Diese Systeme aus den Bereichen Telekommunikation und Informatik, die durch ihre Verknüpfung einen Ansatz zur Verbesserung und Optimierung von Abläufen, Planungen und Steuerung in der Logistik und im Verkehr bieten sollen, werden auch als Telematiksysteme bezeichnet.69 Telematik bietet neben der verbesserten Kommunikation und Ortung von Fahrzeugen weitere Vorteile für das Transportunternehmen wie z. B. den Kostenund Leistungsvergleich zwischen Fahrzeugen oder Leistungsvergleiche zwischen Fahrern.70 Heutzutage werden Sendungen jedoch häufig noch manuell, meistens per Telefon, überwacht. Befindet sich die Lieferung noch beim Lieferanten, muss sich dieser in seinem Werk auf die Suche begeben. Ist die Sendung bereits auf dem Transportweg, ruft der Abnehmer seinen Lieferanten an, der Lieferant kontaktiert seinen Logistikdienstleister, der seinen Fahrer bzw. den Subunternehmer anruft, um nach dem derzeitigen Status der Sendung zu fragen. Der Disponent informiert den Lieferanten, der wiederum seinen Kunden anruft. Mittels der vorgestellten elektronischen Sendungsverfolgungs- bzw. Telematiksysteme kann dieser Prozess in hohem Maße automatisiert werden, was für alle Beteiligten zu einer Effizienzsteigerung im operativen Beschaffungsprozess führt.

21

66 67 68 69 70

Gleißner et al. (2009, S. 109 ff.). Gleißner et al. (2009, S. 110). Wannenwetsch (2010, S. 401). Clausen et al. (2004). Wannenwetsch (2010, S. 400).

21.6 · Aufgaben zur Selbstüberprüfung

299

21.6  Aufgaben zur Selbstüberprüfung

Die Anfrage 1. Was ist das Ziel einer Anfrage? 2. Warum gilt bei der Formulierung einer Anfrage der Grundsatz „so kurz wie möglich, jedoch so ausführlich wie nötig“? 3. Nennen Sie acht Spezifikationen, die eine Anfrage enthalten sollte. 4. Nennen Sie vier Ziele, die mit der Einholung eines Angebots verfolgt werden. 5. Welche drei angefragten Größen/Faktoren sollte ein Lieferant erfüllen können, bevor er ein verbindliches Angebot abgibt? 6. „Solange der Vorrat reicht“ und „Preis unverbindlich“ sind auflösende Bedingungen, mithilfe derer ein Lieferant die Bindung an sein Angebot einschränken oder sogar ausschließen kann. Aus welchem Grund nimmt ein Lieferant solche Klauseln in sein Angebot auf ? 7. In welchen „außergewöhnlichen“ Situationen kann dies für den Lieferanten – sollte aus dem Angebot ein Vertrag werden – von großem Vorteil sein? 8. Nennen Sie vier Formen der Übermittlung einer Anfrage. Kennzeichnen Sie dabei die zwei heutzutage gängigsten. 9. Über welche externen Informationsquellen können potenzielle Anbieter ermittelt werden? Angebotsbearbeitung 1. Aus welchen Teilprozessen setzt sich der Prozess „Angebotsbearbeitung“ zusammen? 2. Was sind die jeweiligen Ziele dieser Teilprozesse? 3. Rechtschreibfehler in einem Angebot lassen Rückschlüsse auf den Lieferanten ziehen. Nennen Sie drei weitere „äußere“ Merkmale eines Angebotes, auf- grund derer Sie Rückschlüsse auf einen Lieferanten ziehen können. 4. Nennen Sie sieben Kriterien, die zur Analyse eines Angebots herangezogen werden können. 5. Einige Konditionen sind zwar nicht immer direkt im Angebot ersichtlich, haben jedoch enormen Einfluss auf die später entstehenden Kosten. Nennen Sie vier dieser Konditionen. 6. Beim Vergleich von Angeboten können zwei Methoden angewandt werden. Nennen Sie beide und beschreiben Sie diese. Vergabeverhandlungen 1. Durch welche Entwicklungen in der Wirtschaft bekommen effiziente Vertragsverhandlungen stetig mehr Bedeutung? 2. Über welche Punkte sollte vor einer Vertragsverhandlung Klarheit bestehen, um bestmögliche Ergebnisse zu erzielen? 3. Welche Vorbereitungen ermöglichen eine erfolgreiche Verhandlung? Erläutern Sie die drei Kategorisierungsmöglichkeiten. 4. Welche Ansätze haben einen hohen Einfluss auf eine erfolgreiche Verhandlungsführung? 5. Welche Empfehlungen sind für eine erfolgreiche Verhandlungsführung nach Eichstädt (2008) angebracht? Stellen Sie fünf Aspekte vor.

21

300

Kapitel 21 · Der operative Beschaffungsprozess

6. Welche besonderen Ansprüche werden an die Vorbereitung bei Verhandlungen im Ausland bzw. mit ausländischen Verhandlungspartnern gestellt? Erläutern Sie dies mithilfe von Beispielen. Bestellentscheidung, Bestellung, Auftragsbestätigung 1. Nennen Sie drei Ausgestaltungen von rechtswirksamen Verträgen, die bei Bestellungen Anwendung finden. 2. Welche Vereinbarungen und Konditionen sollten im Zuge einer Bestellung getroffen werden? Nennen Sie mindestens sechs und beschreiben Sie diese jeweils kurz. 3. Verkäufer V und Käufer K haben einen Kaufvertrag nach §§ 433 ff. BGB geschlossen. Beim Abschluss haben sich beide auf ihre jeweiligen AGBs bezogen. Wessen AGBs kommen zur Anwendung? 4. Welche Punkte sollten vor Vertragsabschluss genauestens überprüft werden? 5. Der Automobilhersteller Laudi möchte mit der Firma Wella eine langfristige Lieferung von Scheinwerfern vereinbaren. Welche drei Vertragsarten kommen hierfür infrage? 6. Welche Größen beeinflussen die klassische Bestellmengenrechnung? 7. Welche Problemstellung soll mithilfe der „optimalen Bestellmenge“ gelöst werden? 8. Stellen Sie grafisch einen typischen Verlauf von Lagerbeständen (Sägezahnkurve) sowie des durchschnittlichen Lagerbestands dar. 9. Wie werden Lagerhaltungskosten und Bestellabwicklungskosten berechnet? 10. Stellen Sie die Einflussfaktoren der optimalen Bestellmenge grafisch dar. 11. Welche Voraussetzungen setzt der Einsatz der Andler-Formel voraus? 12. Um die optimale Bestellmenge in der Praxis einzusetzen, sind Veränderun gen und individuelle Anpassungen notwendig. Erläutern Sie beispielhaft einige Möglichkeiten. 13. Erläutern Sie den Prozess der Berechnung der optimalen Bestellmenge unter Einbezug von Mengenrabatten. 14. Ein Automobilhersteller benötigt in der nächsten Periode 90.000 Stück Speziallampen. Der Einstandspreis beträgt 30 € pro Stück, die Bestellabwicklungskosten liegen bei 400 € pro Bestellung. Als Lagerkostensatz werden 4 % pro Periode des durchschnittlichen Lagerwerts angenommen. Berechnen Sie mithilfe der Andler-Formel die optimale Bestellmenge sowie die dazugehörige Bestellhäufigkeit. 15. Aufgrund der hohen Abnahmemenge bietet der Speziallampenlieferant dem Automobilhersteller einen Mengenrabatt von 5 % bei einer Mindestabnahmemenge von 30.000 Stück an. Alle anderen Konditionen bleiben gleich. Sollte der Mengenrabatt in Anspruch genommen werden? 16. Der Speziallampenlieferant bietet zusätzlich auch Konditionen an, die sich mithilfe einer Rabattstaffelung errechnen lassen. Bis zu einer Bestellmenge von 4999 Stück beträgt der Einstandspreis für eine Lampe 30 €. Liegt die Bestellmenge darüber, gewährt er einen Mengenrabatt von 2 %. Werden 10.000 Stück oder mehr bestellt, gewährt er auf den Preis zur Rabattstufe II einen zusätzlichen Rabatt von 5 %. Die restlichen Konditionen gleichen denen der vorherigen Aufgaben. Berechnen Sie die optimale Bestellmenge.

21

301 21.6 · Aufgaben zur Selbstüberprüfung

Rabattzone

Mengen

Preis je Mengeneinheit

I

0–4999

30,00 €

II

5000–9999

29,40 €

III

Über 10.000

27,93 €

Terminüberwachung

1. Was ist die Zielsetzung der Terminüberwachung? 2. Nennen Sie die Maßnahmen, die zur Sicherstellung von Lieferterminen direkt innerhalb des operativen Beschaffungsprozesses eingesetzt werden können. 3. Für welche Dokumente besteht eine Notwendigkeit der Terminüberwachung und warum ist dies von hoher Bedeutsamkeit? 4. Welchen Nutzen können Sendungsverfolgungssysteme für die operative Beschaffung haben? 5. Was versteht man unter den Begriffen „Tracking und Tracing“? 6. Nennen Sie den Unterschied zwischen dem prozessschrittbezogenen und dem kontinuierlichen Tracking und Tracing. 7. Welche Vorteile bietet Tracking und Tracing? 8. Definieren Sie den Begriff „Telematiksysteme“. Welchen Mehrwert haben Telematiksysteme für die Terminüberwachung?

21

303

Materialbevorratung Inhaltsverzeichnis 22.1 Wareneingang – 304 22.2 Lagerhaltung – 305 22.3 Warenausgang – 311 22.4 Aufgaben zur Selbstüberprüfung – 311

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 H. Beckmann, Grundkurs Beschaffungsmanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-39125-6_22

22

304

Kapitel 22 · Materialbevorratung

22.1  Wareneingang

Der Wareneingang dient als Schnittstelle zwischen dem außerbetrieblichen und dem innerbetrieblichen Materialfluss. Die bestellten Materialien werden durch den Lieferanten bzw. durch ein beauftragtes Transportunternehmen angeliefert. Die Lieferung wird entladen, geprüft und ggf. gepuffert, aus- und umgepackt, sortiert, zusammengestellt und für die Einlagerung vorbereitet.1 22.1.1  Zielsetzung

Das Hauptziel innerhalb der Warenannahme ist es, die Materialanlieferungen untereinander und mit den innerbetrieblichen Folgeprozessen bis zur Einlagerung bzw. direkten Weiterverarbeitung (JIT) zu koordinieren und zu synchronisieren. Um dies gewährleisten zu können, sind folgende Teilziele zu verfolgen:2 5 Erhöhung der Transparenz bei den zulaufenden Verkehrsträgern 5 Entzerrung und Glättung der Anlieferungen 5 Vermeidung von Stausituationen an Warteplätzen und Entladezonen 5 Reduzierung von Stand- und Prozesszeiten 5 Automatische Erfassung der Materialdaten 5 Vermeidung von Umschlagsprozessen 22.1.2  Ablauforganisation

Vor der eigentlichen Anlieferung der Ware beim Empfänger werden diverse Informationen benötigt und genutzt, um den Warenannahmeprozess effizient abzuwickeln. Zur Wartezeitminimierung bei der Anlieferung werden häufig bereits im Voraus Liefertermine oder Zeitfenster zwischen Lieferant/Spediteur und Abnehmer vereinbart (Avisierung). Durch den Einsatz von internetbasierten Zeitfenster-Managementsystemen kann dieser Buchungsvorgang automatisiert werden. Hat der Spediteur (im Selbsteintritt) die Möglichkeit, selbst Liefertermine zu vereinbaren, kann dieser seine Planungssicherheit bei der Fahrzeugdisposition erhöhen. Die Terminanfrage sollte bereits zu einem möglichst frühen Zeitpunkt erfolgen, wodurch der Spediteur auf eine möglichst große Auswahl an Anlieferslots zurückgreifen kann. Der Empfänger kann den Wareneingang hinsichtlich der geplanten eingehenden Lieferungen vorbereiten (z. B. Reservierung von Entladestellen und Pufferplätzen, Vorbereitung interner Label zur Identifikation).3 Bei der physischen Warenannahme wird die Bestellung mit der Lieferung mittels Bestellschein und Lieferschein durch das Entladepersonal abgeglichen. Nach der Lieferscheinkontrolle muss der Einkauf über den Wareneingang unterrichtet

1 2 3

22

Klug (2010, S. 204). Klug (2010, S. 204). ten Hompel et al. (2008, S. 25).

22.2 · Lagerhaltung

305

werden. In der Wareneingangskontrolle wird die Lieferung auf Identität, Menge, Liefertermin und fehlerfreie Qualität geprüft. Die qualitative Prüfung reicht je nach Lieferant und je nach Ware von der einfachen Stichprobe bis zur 100 %-Kontrolle verschiedener Merkmale. Aufwendige Prüfungsprozesse werden nicht vom Wareneingang selbst, sondern von einer separaten Qualitätsabteilung vorgenommen. Die zu prüfende Lieferung wird dabei vorübergehend als Sperrbestand geführt, bis eine einwandfreie Qualität festgestellt wird. Werden alle Kriterien erfüllt, kann die Lieferung in das Lager oder just in time zu den Abteilungen Fertigung oder Produktion verbracht und bereitgestellt werden. Die Ware steht somit für die Weiterverarbeitung zur Verfügung. Wird die Lieferung auf tauschfähigen Ladehilfsmitteln (Europoolpaletten, Gitterboxen usw.) geliefert, sind auch diese hinsichtlich der Qualität zu überprüfen. Hier unterscheiden Unternehmen häufig zwischen verschiedenen Qualitätszuständen. Sind die gelieferten Ladehilfsmittel im gewünschten Zustand, werden dem Frachtführer gleichwertige Ladehilfsmittel verladen oder, wenn keine gleichwertigen Tauschmittel zur Verfügung stehen, mittels einer Bescheinigung gutgeschrieben. Spediteure bzw. Transportunternehmen, die regelmäßig bei gleichen Unternehmen anliefern bzw. laden, führen mit diesen Unternehmen Palettenkonten, welche kontinuierlich fortgeschrieben werden. Hier ist darauf zu achten, dass bei hohen Palettenschulden bzw. -guthaben ein Mengenausgleich erfolgt. Bei der Identifizierung von Mängeln in der Wareneingangskontrolle wird die Annahme der mangelhaften Teilmenge verweigert und in der Regel zurück an den Lieferanten versandt. Nach Absprache mit dem Lieferanten kann die Ware trotz Mangel mit einem Sperrvermerk eingelagert werden, wobei der Lieferant später über die weitere Verwendung entscheidet. Die Ergebnisse der Mengen- und Qualitätsprüfung werden auf den Frachtpapieren protokolliert. Auch in diesem Fall muss die bestellende Instanz über eine Fehlmenge unterrichtet werden. In . Abb. 22.1 wird der Gesamtprozess „Wareneingang“ mit dem ihm zugehörigen Material- und Informationsfluss grafisch dargestellt. Zum Zweck des Lieferantenaudits sind Beanstandungen ebenfalls in der Lieferantendatenbank festzuhalten, um von der Zuverlässigkeit des Lieferanten ein vollständiges und zutreffendes Bild zu erhalten. Der Lieferschein bzw. die Wareneingangsdaten dienen der Rechnungsprüfung als Vorlage, um die Zahlung freizugeben. Die Prüfung der Lieferantenrechnung auf rechnerische und sachliche Richtigkeit (Übereinstimmung mit der Bestellung) ist ebenfalls die Aufgabe der Rechnungsprüfung. Erst nach positiver Rückmeldung wird die Zahlung ausgelöst. Diese Ergebnisse sollten ebenfalls in die Lieferantenbewertung einfließen.4 22.2  Lagerhaltung

Ist keine bedarfssynchrone Beschaffung (just in time) vorgesehen, werden die angelieferten Waren eingelagert, um die Materialverfügbarkeit für die Folgeprozesse (z. B. Produktions- oder Fertigungsprozesse) zu gewährleisten.

4

Bichler et al. (2010, S. 66 f.).

22

306

Kapitel 22 · Materialbevorratung

Informaonsfluss

Materialfluss Lieferant

Einkauf

Bestellung

Reklamaon

Warenanfuhr

Kopie der Bestellung

Lieferschein

Wareneingang

Versand Waren annehmen

Lieferschein annehmen Vergleich Liefer-, Bestellschein

Waren entladen Waren auspacken Kontrolle: Identät, Quantät, Termin Kontrolle: Qualität

Rücksendung

nein

erfüllt?

erfüllt?

ja

nein Fehlmenge Mängelrüge

ja Lager oder Fergung?

Rücklieferanweisung

Besteller . Abb. 22.1  Material- und Informationsfluss im Wareneingang (ZVEI 1982)

22

Wareneingangsbeleg Freigabe

22.2 · Lagerhaltung

307

22.2.1  Zielsetzung

Die Zielsetzung der Lagerhaltung ist die Sicherung einer hohen Lieferbereitschaft gegenüber dem Kunden (intern oder extern) mit dem Bestreben, die Lagerbestände möglichst gering zu halten. Die Lagerbestände können dabei folgende Funktionen haben: 5 Ausgleichs- bzw. Pufferfunktion: Beseitigung von zeitlichen, räumlichen oder mengenmäßigen Dissonanzen zwischen Materialbedarf und Materialzufluss 5 Sicherheits- bzw. Vorratsfunktion: Vorratshaltung, um Unsicherheiten und Störungen wie z. B. Lieferengpässe zu überbrücken 5 Spekulationsfunktion: Bestandsaufbau bei erwarteten Preiserhöhungen, Sonderangeboten oder Knappheit von bestimmten Materialien 5 Veredlungsfunktion: bei Gütern, die durch Lagerung eine Qualitätsverbesserung erhalten (z. B. Käse, Wein, Holz, Chemikalien) 5 Darbietungsfunktion: Lager werden zu Darbietungszwecken der Waren genutzt (z. B. Lagerverkauf) 5 Sortierfunktion: Anlieferungen werden zu Sendungen für Folgeprozesse zusammengestellt 22.2.2  Einlagerung

Die Wareneinlagerung erfolgt direkt im Anschluss an den Wareneingangsprozess. Eine vorübergehende Pufferung der Lieferungen im Wareneingangsbereich sollte vermieden werden, um Wareneingangszonen nicht zu blockieren. Nach der Identifizierung der Ware am Identifikationspunkt (I-Punkt) und einer Kontrolle der Lagerfähigkeit (Prüfung von Abmessungen, Gewicht etc.) werden die Lagereinheiten gekennzeichnet und mittels innerbetrieblicher Fördermittel zum Lagerplatz befördert. Bei manuellen Lagersystemen (z. B. Blocklagern mit Staplerbedienung) werden die Waren in der Regel in einem durchgängigen Prozess vom Wareneingang zum vorgesehenen Lagerplatz transportiert. Bei großen, automatisierten Systemen erfolgt dieser Prozess stufenweise bis zur endgültigen Einlagerung am Lagerplatz.5 Die Lagerverwaltung hat dabei die Aufgabe, Daten über freie Lagerplätze und warenspezifische Daten zu identifizieren und den Lagerpatz zu bestimmen. Hierzu werden Kriterien (Präferenzen) wie z. B. Güterart, Sperrigkeit, Gewicht, Entnahmehäufigkeit u. a. verwendet. Die Materialien werden nach definierten Strategien der Lagerplatzvergabe eingelagert. Es wird grundsätzlich unterschieden in: 5 Festplatzlagerung: für jeden Artikel ist ein fester Lagerplatz zugeordnet 5 chaotische Lagerung: ein beliebiger freier Lagerplatz wird dem nächsten einzulagernden Artikel zugeordnet

5

ten Hompel et al. (2008, S. 28).

22

308

Kapitel 22 · Materialbevorratung

22.2.3  Aufbewahrung und Bereitstellung

Die eingelagerten Waren werden auf Lagerplätzen für die weitere Verwendung bereitgestellt und durch die Lagerverwaltung verwaltet. Eine weitere zentrale Aufgabe der Lagerverwaltung ist die Fortschreibung der Bestände. Die Bereitstellung der Waren kann je nach Anforderung unterschiedlich ausgestaltet werden. Hier spielen die Ausgestaltung der Lagerart (Gestaltung und Anordnung der Lagerplätze), die Lagertechnik und die Lagerorganisation eine übergeordnete Rolle.6 Die primären Faktoren bei der Auswahl eines Lagersystems für Stückgut sind:7 5 Anzahl verschiedener Artikel 5 Artikelabmessungen und -gewichte 5 Mengen pro Artikel 5 geforderte Ein-/Auslagerungsleistung oder Durchsatz 5 Flächen- und Raumbedarf 5 Zugriffsverhalten und Bedienstrategien In der Regel wird die innerbetriebliche Lagerverwaltung von rechnergestützten Warehouse-Management-Systemen (WMS) gesteuert. Dies führt zu einer effizienten Führung des Lagersystems, wobei weitere umfangreiche Mittel zur Kontrolle der Systemzustände sowie zur Optimierung des Lagersystems integriert werden können.8 Eine grundlegende Systematik von Lagersystemen für Stückgüter beschreiben ten Hompel et al. (2007) in . Abb. 22.2. Unterschieden wird zunächst in Lager mit und ohne Regal. In beiden Fällen kann die Block- oder die Zeilenlagerung zur Anwendung kommen. Bei der Lagerung auf Fördermitteln werden die Materialien gleichzeitig über Fördermittel transportiert und aufbewahrt. Die Unterscheidung zwischen statischer und dynamischer Lagerung bezieht sich auf die Ortsveränderung der Güter während des Aufbewahrungsprozesses. Bei der statischen Lagerung verbleiben die Materialien zwischen Ein- und Auslagerung an einem festen Platz. Bei der dynamischen Lagerung werden die Waren nach der Einlagerung weiterhin bewegt. Entweder werden die Waren innerhalb feststehender Regale bewegt oder die Waren werden mit den Regalen bewegt. Auch die Lagerung auf Fördermitteln zählt zur dynamischen Lagerung.9 22.2.4  Auslagerung

Die Auslagerung wird durch eine Materialanforderung bzw. einen Auftrag ausgelöst. Hierdurch werden die folgenden Vorgänge eingeleitet:10

6 7 8 9 10

22

Gudehus (2010, S. 565). ten Hompel et al. (2008, S. 73). ten Hompel et al. (2008, S. 8). ten Hompel et al. (2007, S. 55 ff.). Beckmann et al. (2008, S. 379); ten Hompel et al. (2008, S. 32).

. Abb. 22.2  Systematik der Lagermittel für Stückgüter (ten Hompel et al. 2007, S. 56)

22.2 · Lagerhaltung 309

22

310

Kapitel 22 · Materialbevorratung

. Tab. 22.1  Auslagerstrategien (ten Hompel et al. 2008, S. 33) Bezeichnung

Strategie

Zielsetzung

FIFO (First-In-First-Out)

Auslagerung der zuerst eingelagerten Ladeeinheiten eines Artikels

Vermeidung von Überalterung und Verfall einzelner Ladeeinheiten eines Artikels

LIFO (Last-in-First-out)

Auslagerung der zuletzt eingelagerten Ladeeinheiten eines Artikels

Vermeidung von Umlagerungen bei bestimmten Lagertechniken (Blocklager)

Mengenanpassung

Auslagerung von vollen und angebrochenen Ladeeinheiten entsprechend der Auftragsmenge

Erhöhung der Umschlagsleistung durch Minimierung der Rücklagerungen

Anbruchmengen-bevorzugung

Generelle Priorisierung angebrochener Ladeeinheiten

Verbesserte Nutzung der Lagerkapazität

Kürzester Fahrweg

Auslagerung der Ladeeinheit eines Artikels mit dem kürzesten Anschlussweg

Erhöhung der Umschlagsleistung durch Minimierung der Fahrwege

5 Vorbereitung zur Auslagerung (Prüfung der Aufträge auf Erfüllbarkeit) 5 Reservierung der auszulagernden Materialien 5 Disposition und Durchführung der Auslagerung (unter Berücksichtigung der Auslagerungsstrategie und Verfügbarkeit der Transportmittel) 5 Bestandsfortschreibung (Aktualisierung des Lagerbestandes) 5 Freigabe des Lagerplatzes für erneute Einlagerungen Die Auswahl an Auslagerstrategien in . Tab. 22.1 kann entsprechend den betrieblichen Zielvorgaben ausgeführt werden:11 Am Kontroll- bzw. Konsolidierungspunkt (K-Punkt) werden die ausgelagerten Einheiten identifiziert (z. B. anhand Barcode oder RFID) und der Auslagerungsauftrag wird quittiert. Das Ziel der auszulagernden Ware wird bestimmt und die Ware wird mittels Transportmittel befördert. Werden von der ausgelagerten Lagereinheit nur Teilmengen benötigt, ist die Kommissionierung das Ziel dieser Einheit. 22.2.5  Kommissionierung

Die Kommissionierung beginnt mit der Auftragsannahme durch den Kommissionierer und endet mit der Abgabe/Übergabe der kommissionierten und gekennzeichneten Ware an den Versand.12 Das Entnehmen von bestimmten Teilmengen (Artikel) aus einer bereitgestellten Gesamtmenge (Sortiment) aufgrund von Bedarfsinformationen (Aufträgen) wird als Kommissionierung bezeichnet.13 Eine artikelorientierte, 11 ten Hompel et al. (2008, S. 33). 12 Bichler et al. (2010, S. 209). 13 VDI (1994).

22

22.4 · Aufgaben zur Selbstüberprüfung

311

bereitgestellte Menge im Lager wird zu einer auftragsorientierten Menge zusammengestellt. Die auftragsorientierte Menge wird in eine Versandeinheit gelegt und letztendlich in Gebinden verpackt. Für die Umsetzung eines Kommissioniersystems existiert eine Vielzahl an Verfahren, Techniken und Kombinationsmöglichkeiten. Ebenfalls existieren viele Faktoren, die auf die Auswahl, Dimensionierung, Investition und Kosten einwirken.14 22.3  Warenausgang

Wareneingang und Warenausgang können entweder getrennt voneinander angeordnet sein (benachbart oder gegenüberliegend) oder miteinander kombiniert werden.15 Mehrere Warenausgangs- und ggf. Wareneingangszonen (bei Kombination) bilden den Gesamtbereich des Warenausgangs. Die ausgelagerten Waren werden in den entsprechenden Zonen abgestellt, zu Versandeinheiten vereinigt, ggf. nach Identität und Qualität geprüft und für den Abtransport bereitgestellt. In Abhängigkeit vom Auslieferaufkommens in Spitzenzeiten wird die Anzahl der Ausgangstore bestimmt. Die täglich anfallenden Auslieferungen müssen miteinander synchronisiert und Versandpersonal und Transportmittelkapazität geplant werden. Wie im Wareneingang werden Liefertermine bzw. Zeitfenster abgestimmt (vgl. 7 Abschn. 22.1). Anhand der Auftrags- und Versanddaten können die Versandpapiere erstellt und an den Transportunternehmer ausgehändigt werden. Die Verladung erfolgt mittels Transportgeräten, bevor die Ladung gesichert und an den Kunden bzw. an die Fertigung/Produktion oder an weitere Lagerstufen versandt wird. Bei der Ladungssicherung werden alle Maßnahmen getroffen, um die Güter vor äußeren Einwirkungen zu schützen. Zum Schutz der Lieferung können auch weitere Verpackungsmaßnahmen dienen, die vorher (z. B. in der Kommissionierung) noch nicht vorgenommen wurden. Mehrweg-Ladehilfsmittel wie z. B. Europaletten werden auch hier wie im Wareneingang getauscht bzw. belastet oder gutgeschrieben (vgl. 7 Abschn. 22.1). 22.4  Aufgaben zur Selbstüberprüfung

1. Was ist das Hauptziel der Warenannahme? Welche Teilziele müssen verfolgt werden, um das Hauptziel zu erreichen? 2. Wozu dient der Status „Sperrbestand“? Nennen Sie zwei Situationen, bei denen der Einsatz eines Sperrbestandes erfolgen sollte. 3. Nennen Sie zwei Handlungsmöglichkeiten, wenn Europaletten bei der Warenannahme nicht physisch getauscht werden können. 4. Wozu dient der Lieferschein bei der Warenannahme bei erfolgreicher und bei mangelhafter Materiallieferung?

14 Gudehus (2010, S. 658). 15 Gudehus (2010, S. 597).

22

312

Kapitel 22 · Materialbevorratung

5. Wozu dient die Lieferantenbewertung im Anschluss an den Warenannahmeprozess? 6. Nennen Sie vier relevante Beschaffungssituationen, für die eine angepasste Lieferantenbewertung denkbar ist. Beschreiben Sie diese kurz. 7. Was ist die Zielsetzung der Lagerhaltung? 8. Welche Funktionen können Lagerbestände im Unternehmen einnehmen? 9. Wozu dient der Identifikationspunkt (I-Punkt) zu Beginn des Einlagerungsprozesses? 10. Welche Aufgaben übernimmt die Lagerverwaltung? Warum werden vermehrt Warehouse-Management-Systeme eingesetzt? 11. Nennen und beschreiben Sie die grundsätzlichen Strategien zur Lagerplatzvergabe. 12. Was ist der Unterschied zwischen der statischen und der dynamischen Lagerung? Nennen Sie jeweils zwei Beispiele für entsprechende Regalsysteme. 13. Beschreiben Sie drei Auslagerstrategien und nennen Sie deren Zielsetzung. 14. Skizzieren Sie drei grundsätzliche Gestaltungsmöglichkeiten der Bereiche Wareneingang und Warenausgang.

22

313

Nachhaltigkeit in der Beschaffung Inhaltsverzeichnis 23

Nachhaltigkeit – 315

24

Nachhaltigkeit in der Beschaffung – 319

V

315

Nachhaltigkeit

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 H. Beckmann, Grundkurs Beschaffungsmanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-39125-6_23

23

316

23

Kapitel 23 · Nachhaltigkeit

Der Begriff einer nachhaltigen Entwicklung (englisch „sustainable development“) verbindet in sich ökologische, soziale und ökonomische Ansprüche1. Sie umfasst „eine Vision mit dem ehrgeizigen Ziel, dauerhaft gute Lebensbedingungen für alle Bürger zu schaffen – nicht nur in wirtschaftlicher, sondern auch in sozialer und ökologischer Hinsicht“.2 Eine Entwicklung ist dann nachhaltig, wenn die Lebensqualität zukünftiger Generationen der Lebensqualität heutiger Generationen entsprechen kann. Der Begriff „ability“ (Möglichkeit, Fähigkeit) aus „sustainability“ impliziert, dass jede Generation zu einer hohen Lebensqualität befähigt sein soll, für die tatsächliche Realisierung von Lebensqualität aus den gebotenen Chancen jedoch selbst verantwortlich ist. Da Lebensqualität jedoch nur subjektiv bestimmt werden kann, ist die Frage, welcher Umweltzustand und welche soziale Situation gleiche Chancen bietet, eine normative. Auch die Forderung nach einer nachhaltigen Entwicklung an sich ist weder ausschließlich aus der Ökologie noch ausschließlich aus den Wirtschaftswissenschaften abzuleiten. „Beide Disziplinen können helfen, die Wirksamkeit unseres Verhaltens hinsichtlich der Ziele der Nachhaltigkeit besser beurteilen zu können. Sie liefern aber keine Begründung für Nachhaltigkeit, wenn wir Nachhaltigkeit fordern, dann tun wir dies aus ethischen Gründen.“3 Eine der zentralen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts ist die multiple Überschreitung von Belastungsgrenzen des globalen Ökosystems4, welcher durch mehr als nur mit vereinzelten Lösungen begegnet werden muss5. Es bedarf übergeordneter Strategien, wozu die Senkung des gesamten globalen Ressourcenverbrauches gehört. Suffizienzstrategien („eines weniger“, „langsamer“, „regionaler“) weisen hier neben allen technischen Effizienzstrategien6 hohe Potenziale auf. In der Betriebswirtschaftslehre finden die Erkenntnisse der Umweltforschung bisher jedoch wenig Beachtung. Unternehmen müssen Beiträge leisten, die weit über eine rein technologische Effizienz der Produktion hinausreichen. Dabei hat Suffizienzorientierung, als effektivste Form der Ressourceneffizienz, für Unternehmen das Potenzial, eine strategische und richtungssichere Handlungsoption zu sein, je nach Branche und Unternehmenstyp mit unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten. Zur Verfolgung einer Suffizienzstrategie sollte die Betriebswirtschaftslehre transdisziplinär betrachtet werden, was bedeutet, dass betriebswirtschaftliche Konzepte und Methoden zur Lösung zentraler und gesellschaftlicher Herausforderungen eingebracht und dabei die Wissensstände von anderen Disziplinen sowie das Kontextwissen von beteiligten Akteuren verknüpft werden.7 z Ziele der Nachhaltigkeit

Die Ziele der Nachhaltigkeit bestehen, wie in 7 Kap. 4 detailliert beschrieben, aus ökologischen, ökonomischen und sozialen Zielen. Die Meinungen über die Hier-

1 2 3 4 5 6 7

Barbier (1987); Dieren (1995); Pearce (1998). Europ. Parlament (2002). Renn (1995). Schneidewind (2012). Rockström (2009). Schneidewind (2012). Schneidewind (2012).

317 23 NachhaltigkeitNachhaltigkeit

archie dieser Zieldimensionen gehen jedoch auseinander, was folgende vier unterschiedliche Positionen belegen:8 5 Die wirtschaftliche Dimension ist die wichtigste, da diese die Bedürfnisbefriedigung der Menschen dauerhaft sicherstellt. 5 Die ökologische Dimension ist die wichtigste, da der Schutz der Natur die existenzielle Voraussetzung unseres Lebens und damit aller Ziele ist. 5 Die Dimensionen der Nachhaltigkeit sind gleichberechtigt und integrativ zu sehen (Drei-Säulen-Modell; Tetraeder der Nachhaltigkeit). 5 Eine ganzheitliche nachhaltige Strategie erfordert die ökonomische, soziale und ökologische Zieldimension im Einklang zu betrachten, um im besten Fall Vorteile für alle drei Säulen der Nachhaltigkeit zu generieren. Eine reine Nachhaltigkeitsstrategie, mit einem Fokus auf sozialen oder ökologischen Visionen und Zielen, steht so gesehen immer im Wettbewerb um Budget und Ressourcen mit einzelnen Fachbereichsstrategien. So kann eine Umweltstrategie, die ein absolutes Emissionsziel formuliert hat, sehr schnell mit einer Einkaufsstrategie kollidieren, die auf Preisperformanz ausgerichtet ist.

8

Rogall (2013).

23

319

Nachhaltigkeit in der Beschaffung Inhaltsverzeichnis 24.1 Vorteile einer nachhaltigen Beschaffung – 321 24.2 Einfluss des Nachhaltigkeitsaspektes auf das normative Beschaffungsmanagement – 322 24.3 Schlüsselkonzepte für eine nachhaltige Beschaffung – 325 24.4 Gestaltung der nachhaltigen Beschaffungsprogrammpolitik – 327 24.5 Lieferantenpolitik – 328 24.6 Nachhaltige Geschäftsmodelle – 331 24.7 Aufgaben zur Selbstüberprüfung – 332

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 H. Beckmann, Grundkurs Beschaffungsmanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-39125-6_24

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320

24

Kapitel 24 · Nachhaltigkeit in der Beschaffung

„Nachhaltige Beschaffung ist eine Beschaffung, die über den gesamten Lebenszyklus hinweg möglichst positive ökologische, soziale und wirtschaftliche Auswirkungen hat und darauf abzielt, negative Auswirkungen zu minimieren“ (ISO 20400).1 Die nachhaltige Beschaffung verfolgt die Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung2 durch den Einkaufs- und Lieferprozess und beinhaltet den Ausgleich von ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Zielen. Nachhaltigkeit bestimmt in immer mehr Unternehmen die normativen Leitlinien und fördert und fordert Engagement im ökologischen und sozialen Bereich. Entsprechend werden im Rahmen des Beschaffungsmanagements ökonomische, ökologische und soziale Aspekte integriert betrachtet und in die Entscheidungen einbezogen. Hinweise darauf, wie die Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in Beschaffungsprozesse erfolgen kann, finden sich in der internationalen Norm ISO 20400 „Sustainable Procurement Guidance“. Weitere Normen, die einen großen Beitrag zum Ziel der nachhaltigen Entwicklung leisten, sind auf den Internetseiten der „International Organization for Standardization (ISO)“3 zu finden. Die nachhaltige Beschaffung stellt für ein Unternehmen eine Gelegenheit dar, mehr Wert zu schaffen, indem es die Produktivität verbessert, Wert und Leistung bewertet, die Kommunikation zwischen Einkäufern, Lieferanten und Interessengruppen ermöglicht und Innovationen fördert. Es ist die Beschaffung, die die meisten positiven ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen über den gesamten Lebenszyklus von Waren und Dienstleistungen hat. Nachhaltige Beschaffung berücksichtigt den Life-Cycle-Cost-Ansatz (vgl. . Abb. 8.3), der den in 7 Abschn. 8.5 eingeführten Total-Cost-Ansatz (TCO) erweitert, um Kaufentscheidungen auf der Grundlage des gesamten Lebenszyklus der Waren und Dienstleistungen (allg. Beschaffungsobjekte) zu treffen. Dabei werden die damit verbundenen Kosten, die ökologischen und sozialen Risiken und Nutzen sowie die allgemeinen sozialen und ökologischen Auswirkungen berücksichtigt (. Abb. 24.1).4 Von zentraler Bedeutung ist dabei die Berücksichtigung aller Kosten, die während der Lebensdauer der Waren oder Dienstleistungen anfallen. Die Berechnung der gesamten LCC (Life-Cycle-Costs = Lebenszykluskosten) besteht aus den Gesamtbetriebskosten und monetarisierbaren Kosten für soziale und umweltbezogene Maßnahmen: Total Cost of Ownership (TCO; dt. Gesamtbetriebskosten): 1. Einkaufspreis und alle damit verbundenen Kosten (Lieferung, Installation, Versicherung etc.) 2. Betriebskosten, einschließlich Energie-, Kraftstoff- und Wassernutzung, Ersatzteile und Instandhaltung 3. End-of-Life-Kosten, z. B. Stilllegung oder Entsorgung

1 2 3 4

ISO 20400 (2017). Agenda (2030). 7 www.iso.org/sdg12.html ISO 20400 (2017).

24.1 · Vorteile einer nachhaltigen Beschaffung

321

. Abb. 24.1  Lebenszyklus-Kosten in der nachhaltigen Beschaffung5

Positive oder negative Faktoren, die monetarisiert werden können: 1. für das Unternehmen: Kosten und Nutzen von Risiken (einschließlich Chancen), d. h. die Bewertung der mit der Risikominimierung verbundenen Kosten und die Nutzenverwertung. 2. für die Gesellschaft: die Kosten von ökologischen und sozialen Aspekten (z. B. Schaffung oder Abbau von Arbeitsplätzen). Bei der Bewertung der Kosten nach dem LCC-Ansatz sollte das Unternehmen in den Beschaffungsunterlagen die von den Anbietern zur Verfügung zu stellenden Daten und das Verfahren zur Bestimmung der Lebenszykluskosten angeben. 24.1  Vorteile einer nachhaltigen Beschaffung

Die Vorteile eines nachhaltigen Beschaffungsansatzes sind vielfältig. Empfänger der Leistungen kann der Käufer, der Markt oder die Gemeinschaft sein. Jede dieser Gruppen profitiert von einem nachhaltigen Beschaffungsansatz:6 Die Vorteile für den Käufer können sein: 5 Erreichung eines angemessenen Kosten-Nutzen-Verhältnisses. 5 finanzielle Einsparungen durch reduzierte Abfallentsorgung (einschließlich weniger Verpackungsabfall), reduzierter Wasserverbrauch und die Wiederverwendung von Materialien und Produkten, wodurch die Kosten eines Produkts über seinen Lebenszyklus hinweg gesenkt werden.

5 6

ISO 20400 (2017). Collins (2016).

24

322

24

Kapitel 24 · Nachhaltigkeit in der Beschaffung

5 Erzielung einer positiven Öffentlichkeitswirkung (positives Image) im Zusammenhang mit dem Kauf und der Nutzung von nachhaltigen Produkten und Dienstleistungen von Lieferanten, die sich durch ökologische und soziale Verantwortung auszeichnen. 5 Übernahme einer Führungsrolle in der Branche bei der Demonstration der sozialen und ökologischen Verantwortung durch den Kauf nachhaltiger Produkte und Dienstleistungen. Die Vorteile für den Markt können sein: 5 Erhöhung der Verfügbarkeit nachhaltiger Produkte und Dienstleistungen zu kostengünstigeren Preisen. 5 Erweiterung des Marktes für nachhaltige Produkte und Dienstleistungen, mit potenziellen Vorteilen für lokale Unternehmen. 5 Ausbau der Marktchancen durch eine stärkere Differenzierung von Produkten und Dienstleistungen. 5 Reduzierung der verkehrsbedingten Kosten wie Kraftstoff, Fahrzeugwartung und Verkehrsstaus. 5 Unterstützung und Förderung von Innovationen durch den Nachweis der Präferenz für nachhaltigere Produkte und Dienstleistungen. 5 Förderung der Industrie beim Aufbau von Kapazitäten für den Betrieb in einer sauberen, umweltfreundlichen Wirtschaft. Die Vorteile für die Gemeinschaft können sein: 5 Verringerung der negativen ökologischen und sozialen Auswirkungen von Beschaffungsentscheidungen. 5 Reduzierung des Abfallaufkommens auf der Deponie. 5 Einsparung von Wasser und Reduzierung der Treibhausgasemissionen sowie Reduzierung der Luft- und Wasserverschmutzung. 5 Reduzierung des Verbrauchs von natürlichen und verarbeiteten Ressourcen. 5 Förderung von Gesundheit, Sicherheit und Gleichstellung in der Gemeinschaft. 5 Beeinflussung von Kaufentscheidungen zur Unterstützung von Fragen wie der Anerkennung von Gleichheit und Vielfalt, der Erhöhung von Beschäftigung und Qualifikation sowie der Entwicklung lokaler Gemeinschaften und ihrer physischen Infrastruktur. 5 Verbesserung der sozialen Integration und des Zusammenhalts durch die Schaffung von Beschäftigungs- und Geschäftsmöglichkeiten für benachteiligte oder marginalisierte Gruppen. 24.2  Einfluss des Nachhaltigkeitsaspektes auf das normative

Beschaffungsmanagement

Das normative Beschaffungsmanagement beschäftigt sich mit den generellen Zielen für die Beschaffung, mit Prinzipien, Normen und Spielregeln, die darauf ausgerichtet sind, die Lebens- und Entwicklungsfähigkeit des Unternehmens zu

24.2 · Einfluss des Nachhaltigkeitsaspektes auf das normative …

323

ermöglichen.7 Die wichtigsten Grundsätze dieser Art für eine nachhaltige Beschaffung sind nach ISO 20400 und Collins die folgenden:8 5 Beschaffungsentscheidungen und -aktivitäten, die sich auf Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft auswirken, sollten transparent sein und Lieferanten zur Transparenz angehalten werden. Transparenz ist die Grundlage für den Dialog und die Zusammenarbeit mit allen Interessensgruppen. 5 Ein Unternehmen sollte ethisches Verhalten in allen seinen Lieferketten fördern und sicherstellen, dass faire und ethische Beschaffungspraktiken angewendet werden und Lieferanten sozial verantwortliche Praktiken einhalten, einschließlich gesetzlicher Verpflichtungen gegenüber den Mitarbeitern. 5 Vollständig und fair sollten alle Beschaffungsentscheidungen sein, wobei Verzerrungen und Vorurteile vermieden werden. Alle Lieferanten, einschließlich lokaler Lieferanten und kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU), sollten eine umfassende und faire Wettbewerbsmöglichkeit erhalten. 5 Strategien zur Vermeidung unnötigen Verbrauchs und zur Steuerung der Nachfrage (dazu gehört auch der Verbrauch von Energie und Wasser) sollten entwickelt werden. 5 Der Kauf von wiederverwendbaren, reparier- und recycelbaren Gütern und Infrastrukturen sollte berücksichtigt werden. 5 Die Umweltauswirkungen während der gesamten Lebensdauer der Waren und Dienstleistungen werden durch die Wahl von Produkten oder Dienstleistungen, die mit jeder Phase ihrer Herstellung, Verwendung oder Entsorgung verbunden sind, minimiert. 5 Ein Unternehmen sollte die Interessen der von seinen Beschaffungsaktivitäten betroffenen Interessengruppen respektieren, berücksichtigen und darauf reagieren. 5 Die Rechtsstaatlichkeit und internationale Verhaltensnormen werden vom Unternehmen geachtet. Es sollte sich über Verstöße in seinen Lieferketten im Klaren sein. Lieferanten werden aktiv ermutigt, sich an diese Regeln zu halten und die Einhaltung der Vorschriften zu bewerten und anzugehen, wenn es die Umstände erfordern. 5 Ein Unternehmen sollte die international anerkannten Menschenrechte respektieren. 5 Ein Unternehmen sollte nach innovativen Lösungen suchen, um seine Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, innovative Beschaffungsverfahren zu fördern und um nachhaltigere Ergebnisse in der gesamten Lieferkette zu erzielen. 5 Ein Unternehmen sollte die Nachfrage überprüfen, sich auf Bedürfnisse konzentrieren (nur das beschaffen, was benötigt wird) und nachhaltigere Alternativen suchen. 5 Ein Unternehmen sollte alle im Lebenszyklus anfallenden Kosten, das erzielte Preis-Leistungs-Verhältnis sowie die Kosten und Nutzen für Gesellschaft, Umwelt und Wirtschaft berücksichtigen, die sich aus seinen Beschaffungsaktivitäten ergeben.

7 8

Bleicher (2004). ISO 20400 (2017); Collins (2016).

24

324

24

Kapitel 24 · Nachhaltigkeit in der Beschaffung

5 Ein Unternehmen sollte durch kontinuierliche Verbesserung darauf hinarbeiten, seine Nachhaltigkeitspraktiken und -ergebnisse zu verbessern und Unternehmen in seinen Lieferketten zu ermutigen, dasselbe zu tun. Um die Nachhaltigkeit der Beschaffung und die oben genannten Grundsätze einzuhalten, kann eine Nachhaltigkeits-Richtlinie alle Mitarbeiter mit Beschaffungsverantwortung auf operativer und strategischer Ebene dazu verpflichten,9 5 die Einbettung der Nachhaltigkeit und der Belange der sozialen Verantwortung der Unternehmen in den Beschaffungsprozess sicherzustellen. 5 alle Mitarbeiter mit Einkaufsverantwortung in diesem Bereich zu schulen. 5 sicherzustellen, dass die Beschaffung von Waren, Dienstleistungen und Bauleistungen auch wirklich absolut notwendig ist und Möglichkeiten zur Reduzierung, Wiederverwendung und/oder zum Recycling in Betracht gezogen werden. 5 wirtschaftliche, soziale und ökologische Auswirkungen bei Beschaffungsentscheidungen zu berücksichtigen. 5 Anschaffungen auf der Grundlage der gesamten Lebenszykluskosten auszuführen. 5 den Anteil an recycelten und recycelbaren Materialien in der Beschaffung zu maximieren. 5 den Einsatz von Verpackungsmaterialien zu minimieren. 5 energieeffiziente Produkte zu beschaffen. 5 die Umsetzung der staatlichen Einkaufsnormen für die nachhaltige Beschaffung bei der Produkt-/Dienstleistungsspezifikation und der Ausschreibungsplanung zu berücksichtigen. 5 Waren zu bevorzugen, die vom fairen Handel zertifiziert sind. 5 kleine und mittlere Unternehmen und lokale Lieferanten dabei zu unterstützen, die Beschaffungsprozesse zu verstehen, damit sie effektiv wettbewerbsfähig sind. 5 alle relevanten Beschaffungs- und Umweltgesetze einzuhalten. 5 CO2-Emissionen im Zusammenhang mit der Beschaffung von Waren, Dienstleistungen und Arbeiten zu überprüfen. 5 Auswirkungen einer nachhaltigen Beschaffung zu messen und diese an Interessengruppen zu berichten. Nachhaltig zu sein bedeutet auch, die sozialen Faktoren einer Ware oder Dienstleistung zu berücksichtigen. Lieferanten können sozial verantwortlich sein, indem sie ethische Praktiken anwenden und sich an gesetzliche Verpflichtungen und andere Maßnahmen halten, die der Gesellschaft zugutekommen, einschließlich Inklusion, Gleichheit, Vielfalt, Erneuerung und Integration. Zu den sozialen Auswirkungen, die bei nachhaltigen Beschaffungsaktivitäten berücksichtigt werden können, gehören: 5 Unterstützung von Lieferanten, die sozial verantwortlich sind und ethische Praktiken anwenden. 5 Berücksichtigung der Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit. 5 Unterstützung der Nutzung lokaler und aufstrebender Kleinunternehmen.

9

Roos (2012).

24.3 · Schlüsselkonzepte für eine nachhaltige Beschaffung

325

5 Unterstützung sozial integrativer Praktiken, wie Beschäftigung und Ausbildung, die sich auf benachteiligte Gruppen konzentrieren. 5 Bewertung der Auswirkungen von Gesundheits- und Sicherheitsbedenken am Arbeitsplatz (im In- und Ausland). 5 Sicherstellung der Einhaltung der einschlägigen regulatorischen Anforderungen. 24.3  Schlüsselkonzepte für eine nachhaltige Beschaffung

Eine Reihe von Konzepten und normativen Leitlinien hilft dabei, Nachhaltigkeit in die Beschaffungsentscheidungen zu integrieren. Preis-Leistungs-Verhältnis: Das Erzielen eines angemessenen Kosten-Nutzen-Verhältnisses ist ein Grundprinzip der Beschaffung (vgl. 7 Abschn. 15.2). Der Preis eines Beschaffungsobjektes ist jedoch nicht allein ausschlaggebend für die Beurteilung des Preis-Leistungs-Verhältnisses. Dies bedeutet, dass alle relevanten finanziellen und nichtfinanziellen Aspekte über die gesamte Lebensdauer der Beschaffung berücksichtigt werden müssen, somit auch die ökologische Nachhaltigkeit. Nachhaltige Entwicklung: Sie wird allgemeingültig definiert als „Entwicklung, die den Bedürfnissen der Gegenwart entspricht, ohne die Fähigkeit künftiger Generationen, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen, zu beeinträchtigen“ (verkürzte Definition gemäß Brundtland-Bericht10). Umweltmanagement: Dies bezieht sich auf strategische Vereinbarungen zur Verringerung der Umweltauswirkungen der Geschäftstätigkeit einer Organisation. Ein Beispiel dafür ist ein Umweltmanagementsystem, das alle umweltrelevanten Elemente einer Einheit zu einer übergreifenden Managementstrategie zusammenfasst, indem es Anstrengungen zur Reduzierung der Umweltauswirkungen plant, durchführt und überprüft. Umweltberichterstattung: Ein Aspekt des Umweltmanagements ist die Umweltberichterstattung, welche misst, ob die Umweltaktivitäten die Auswirkungen effektiv bewältigt haben. So wird beispielsweise von Unternehmen verlangt, dass sie in ihren Jahresberichten über die Maßnahmen berichten, die sie zur Bewältigung und Minderung der Umweltauswirkungen ergriffen haben.11 Im Kontext der Berichterstattung gibt es natürlich bedauerlicherweise immer wieder Unternehmen, welche falsche und/oder irreführende Angaben über ihre Umweltpraktiken oder die Umwelteigenschaften ihrer Produkte oder Dienstleistungen abliefern. Diese Praxis wird Greenwash genannt. Oft ist Greenwash jedoch auch unbeabsichtigt und umfasst Angaben über die Umweltauswirkungen, welche irrelevant, unvollständig oder ungenau sind. Zur Erkennung und Vermeidung von Greenwash bietet CoolAustralia12 Informationen sowie eine Liste der international anerkannten Umweltzeichen, die zur Überprüfung der Umweltverträglichkeit eines Produkts erstellt wurden. Umweltzei-

10 Brundtland (1987). 11 Fichter (1999). 12 7 www.coolaustralia.org

24

326

Kapitel 24 · Nachhaltigkeit in der Beschaffung

24

. Abb. 24.2  Darstellung einer Kreislaufwirtschaft14

chen geben nach transparenten Kriterien Auskunft über Umwelt- und Gesundheitsnormen für bestimmte Produktkategorien13 und werden in der Regel von unparteiischen Dritten unabhängig voneinander für bestimmte Produkte oder Dienstleistungen vergeben. Umweltfreundlicher Einkauf: Der Begriff der nachhaltigen Beschaffung wird häufig austauschbar mit „Green Purchasing“ und „Environmentally Preferable Purchasing“ verwendet, wobei es hier einen Unterschied gibt: Green Purchasing und ökologisch bevorzugter Einkauf beziehen sich auf die Berücksichtigung von Umweltauswirkungen und -kosten bei der Beschaffung von Waren und Dienstleistungen, während nachhaltige Beschaffung die sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Beschaffung berücksichtigt. Zirkuläre Beschaffung: Die zirkuläre Beschaffung (vgl. . Abb. 24.2) unterstützt eine kreisförmige Wirtschaft. Auf der breitesten Ebene zielen zirkuläre Wirtschaftspolitiken darauf ab, die Muster der Nutzung natürlicher Ressourcen in der Wirtschaft zu ändern (make, use, dispose). Ein nachhaltiges Wachstum wird erzielt, in-

13 ecospecifier (2019). 14 Europäisches Parlament (2015).

24.4 · Gestaltung der nachhaltigen Beschaffungsprogrammpolitik

327

dem die zirkuläre Beschaffung Materialkreisläufe verlangsamt, verengt und schließt (den Wert der Ressourcen so lange wie möglich erhält). 24.4  Gestaltung der nachhaltigen Beschaffungsprogrammpolitik

Im Rahmen der Beschaffungsprogrammpolitik werden die Beschaffungsobjekte nach Art und Umfang festgelegt. Diese Entscheidung ist in produzierenden Unternehmen determiniert durch die im Rahmen der Konstruktion und Entwicklung vorgenommene Produktgestaltung. Entsprechend sind die im Folgenden angeführten Entscheidungsoptionen aus nachhaltiger Sicht bereits im Produktentwicklungsprozess abzustimmen. Dabei ist die Leitlinie bei der Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen die Minderung des Ressourcenbedarfs und der Umweltbelastung (Herstellung nachhaltiger Industriegüter). Güter sollten möglichst langlebig, reparaturfreundlich, wiederverwendbar und bzw. oder wiederverwertbar gestaltet sein. Hierzu sind die Prinzipien des Eco-Designs und der Circular Economy zu berücksichtigen.15 In Bezug auf die Selektion der Beschaffungsobjekte erscheinen aus ökologischer Sicht insbesondere folgende Aspekte relevant: 5 eingesetzte Rohstoffe und deren Bedarf 5 angewandte Herstellverfahren 5 notwendige Verfahren der Weiterbearbeitung Bei den eigensetzten Rohstoffen stehen aus ökologischer Perspektive die Funktionsfähigkeit natürlicher Kreisläufe und Regenerationsprozesse im Vordergrund (. Abb. 24.3). Hierbei haben sich Managementregeln für eine ökologisch nachhaltige Entwicklung herauskristallisiert, die bei den Beschaffungsentscheidungen soweit möglich berücksichtigt werden sollten16: 5 Aufhalten des rücksichtslosen Verbrauchs erneuerbarer Ressourcen. Die Abbaurate soll deren Regenerationsrate nicht überschreiten. 5 Verhinderung vom Abbau nicht erneuerbarer Ressourcen (z. B. Erze, Erdöl): Ressourcen sollen in dem Umfang genutzt werden, wie gleichwertiger Ersatz in erneuerbaren Rohstoffen oder eine erhöhte Produktivität der erneuerbaren oder nicht erneuerbaren Rohstoffe geschaffen wird. 5 Erhaltung der Regel- und Trägerfunktion der Natur. Dies bedeutet, dass Stoffeinträge in die Umwelt an der Belastbarkeit der Umweltmedien orientiert werden sollen. Das Zeitmaß menschlicher Eingriffe bzw. Einträge in die Umwelt muss in ausgewogenem Verhältnis zum Zeitmaß der natürlichen Prozesse stehen, die für das Reaktionsvermögen relevant sind. Um die Regenerationsfähigkeit der Erde zu stärken, sollten nicht erneuerbare Ressourcen durch erneuerbare Ressourcen substituiert werden. Der Ersatz von fossilen bzw. nicht erneuerbarer Ressourcen durch erneuerbare und/oder nachwachsende

15 Weiterführende Literatur: Eco-Design: Muthu (2016); Behrendt (1996); Circular Economy: Weetman (2017); Rudolf (2018); Lehmacher (2016). 16 Rogall (2008).

24

328

Kapitel 24 · Nachhaltigkeit in der Beschaffung

24

. Abb. 24.3 Abfallhierarchie = Beschaffungshierarchie17

Ressourcen rückt somit in den Vordergrund. Dies führt zu einer direkten Entlastung der Umwelt. 24.5  Lieferantenpolitik

Ziele der Lieferantenpolitik sind die Sicherstellung und der Erhalt einer leistungsfähigen Lieferantenbasis, welche die zielkonforme Versorgung des Unternehmens mit den im Beschaffungsprogramm definierten Beschaffungsobjekten gewährleistet. Hierbei wird eine umweltfreundliche und nachhaltige Beschaffung Maßnahmen zur Verbesserung der ökologischen und sozialen Leistung von Unternehmen und ihren Lieferketten berücksichtigen. Wie bereits in 7 Abschn. 12.2 ausgeführt sind folgende Entscheidungen im Rahmen der Lieferantenpolitik zu fällen: 5 Selektion des Lieferantenmarktes 5 Ausgestaltung des Beschaffungskanals: indirekte oder direkte Beschaffung

17 Crown (2006).

329

24.5 · Lieferantenpolitik

. Tab. 24.1  Emissionen der Verkehrsträger in Gramm pro Tonnenkilometer (g/tkm)19 Treibhausgase als CO2-Äquivalente

Stickstoffoxide (NO2)

Feinstaub

Lkw (ab 3,5 t)

97,5

0,49

0,0079

Eisenbahn

23,4

0,07

0,0012

Binnenschiff

33,4

0,55

0,0171

Flugzeug

1.539,6

3,46

0,0412

5 Selektionskriterien der Lieferanten und deren Gewichtung 5 Art und Umfang der Zusammenarbeit mit Lieferanten Welchen Einfluss Nachhaltigkeitsaspekte auf diese Entscheidungen nehmen, wird im Folgenden ausgeführt. Durch Local Sourcing können Regionalisierungsstrategien umgesetzt werden, die insbesondere transportbedingte Umweltbelastungen erheblich reduzieren und häufig ein intensiveres ökologisches und soziales Bewusstsein für die beim Lieferanten zur Anwendung kommenden Produktionsbedingungen bewirken.18 In Bezug auf die Selektion der Lieferanten erscheinen aus ökologischer Sicht insbesondere folgende Aspekte relevant: a) Aspekte des Beschaffungsobjektes in Abhängigkeit vom Lieferanten – eingesetzte Rohstoffe und deren Bedarf – angewandte Herstellverfahren – notwendige Verfahren der Weiterbearbeitung b) Aspekte des Lieferanten – Transportentfernung – einsetzbare Transportmodalitäten (z. B. Bahn, Schiff, Flugzeug, Lkw) – Auslastung der Transportmittel (Bündelungseffekte) Mit der Wahl des Lieferanten ist auch der geografische Ort der Lieferquelle und somit die Entfernung zum Kunden festgelegt, mit welcher der mit dem Transport verbundene Ressourcenverbrauch und somit die Emissionen korrelieren. Als weitere Einflussfaktoren sind die einsetzbaren Transportmodalitäten wie Lkw, Bahn, Schiff oder Flugzeug zu beachten. Wie . Tab. 24.1 veranschaulicht, unterscheiden sich deren CO2-Emissionen signifikant. Mitbestimmend sind auch die mögliche Auslastung der Transportmittel und die notwendige Transportfrequenz. Code of Conduct Der „Code of Conduct“ ist eine Sammlung von Richtlinien und/oder Regelungen, welche sich Unternehmen im Rahmen einer freiwilligen Selbstbindung selbst auferlegen, und oftmals Bestandteil von CSR-Strategien. Die Richtlinien stellen eine Handlungsorientierung für Mitarbeiter dar, um unerwünschtes Verhalten bzw. Handlungen zu vermeiden. Der „Code of Conduct“ kann thematisch breit aufge-

18 Pfriem (2006). 19 TREMOB (2011).

24

330

24

Kapitel 24 · Nachhaltigkeit in der Beschaffung

stellt sein und von Korruption über den Umgang mit Kunden bis hin zu Arbeitszeitregelungen reichen. Auch die Detaillierungstiefe kann sehr unterschiedlich sein.20 Durch sogenannte Supplier Code of Conducts bzw. Compliance-/Nachhaltigkeitsklauseln werden Vertragspartner verpflichtet, den Supplier Code of Conduct auch im eigenen Unternehmen zu beachten bzw. im eigenen Unternehmen umzusetzen. Diese Pflicht zur Beachtung und Umsetzung des Supplier Code of Conducts wird oftmals durch weitere vertragliche Rechte des Auftraggebers begleitet, insbesondere außerordentliche Kündigungsrechte, gegebenenfalls Schadensersatz verpflichtungen und Auditrechte. Die Lenkung der Lieferbeziehung in Richtung Nachhaltigkeit mittels vertraglicher Gestaltungsansätze kann am Beschaffungsobjekt und/oder beim Lieferanten (Vertragspartner) ansetzen:21 Vertragsparteien entscheiden im Rahmen der Vertragsfreiheit, was Gegenstand eines Liefervertrages sein soll. Denkbare Einschränkungen bei der Festlegung des Vertragsgegenstands können beispielhaft aus gesetzlichen Verboten der Herstellung, Verbreitung oder Einfuhr bestimmter Produkte hervorgehen. Generell bestimmen die Parteien frei, was Liefergegenstand mitsamt seinen Eigenschaften sein soll (bspw. kann festgelegt werden, dass Produkte als „schädlich erachtete“ Chemikalien nicht enthalten dürfen). Darüber hinaus können Festlegungen für einen bestimmten, Nachhaltigkeitskriterien beachtenden Herstellungsprozess enthalten sein (z. B. keine Verwendung von bestimmten Pestiziden in der Landwirtschaft) oder Forderungen nach bestimmten Standards bzw. Zertifikaten (wie etwa der Blaue Engel, FSC für Holzprodukte etc.). Die Eigenschaften des Produktes und somit auch die Nachhaltigkeitskriterien für jenes werden verbindlich in der Leistungsspezifikation vereinbart. Wenn diese Eigenschaften schlussendlich nicht vorliegen, kann der Kunde Gewährleistungsrechte bzw. Ansprüche aus Pflichtverletzung geltend machen. Sobald Nachhaltigkeitskriterien für Eigenschaften eines Produkts oder dessen Herstellungsprozesses messbar sind, sind sie besonders für eine vertragliche Fixierung geeignet, insbesondere dann, wenn die Nachhaltigkeitskriterien einen technischen und/oder umweltrechtlichen Bezug haben. Dahingegen eignen sich soziale Kriterien nur sehr eingeschränkt.22 Lagerpolitik Nachwachsende Rohstoffe sind vielfach nur saisonal verfügbar (Weintrester, Stroh & Heu etc.). Um eine Verstetigung der Versorgung zu erreichen, ist daher eine Lagerhaltung unabdingbar. Eine Lagerhaltung kann sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit mit sich bringen: Durch das Prinzip der Entschleunigung, sprich die Bündelung der Güter im Lager und somit Bündelung für den Transport, kann die Auslastung von Transportmitteln verbessert und das Verkehrs- bzw. Transportaufkommen reduziert werden. Ein noch größerer positiver Effekt zeigt sich, wenn die reduzierten Transporte dann

20 Lin-Hi (2018). 21 Schröder (2015). 22 Schröder (2015).

24.6 · Nachhaltige Geschäftsmodelle

331

auch auf weniger umweltschädliche Verkehrsträger wie Bahn oder Binnenschiff verlagert werden. Aus der Nachhaltigkeitsperspektive kann jedoch auch die Vermeidung der Lagerhaltung ökologische Vorteile mit sich bringen. Geringere Lagerflächen führen zu geringerem Platzbedarf des Unternehmens und weniger Oberflächenversiegelung und kleinere „Vorräte“ führen dazu, dass mit dem Material sorgfältiger umgegangen wird. Große Lagerbestände hingegen führen oft zu einem unachtsameren Verbrauch und Umgang mit dem Material. 24.6  Nachhaltige Geschäftsmodelle

Die angewandten Verfahren zur Herstellung der Beschaffungsobjekte sind hinsichtlich der Materialeffizienz sowie der Umweltwirkungen zu bewerten. Die Optimierung der Rohstoff- und Materialeffizienz bezieht sich auf die Effizienz sämtlicher Materialien, welche für die Produktion, Logistik, Angebotsnutzung und Entsorgung erforderlich sind. Diese kann beispielsweise durch die Nutzung effizienterer Produktionstechnologien, Optimierung der Logistikkette, Verzicht auf Verpackungen, Bereitstellung von Ersatzteilen für die Unterstützung der Produkt-Langlebigkeit, Wiederverwendung der Produkte sowie Recycling- und Upcycling-Angebote erreicht werden. Durch das Management von Stoffströmen, also die Darstellung und Analyse von Stoffströmen bei Produktions-, Verwertungs- und Behandlungsprozessen mithilfe von Stoffstrombilanzen, lassen sich (natürliche) Ressourcen schonen und Emissionen vermeiden.23 Bei der Bewertung der Umweltwirkung der Verarbeitung der Rohstoffe ist die gesamte Wertschöpfungskette in einem ganzheitlichen Ansatz über den Lebenszyklus zu betrachten. Für diese ganzheitliche Beurteilung bedarf es, vergleichbar dem bei der Kostenbetrachtung bekannten Total Cost of Ownership (TCO) Ansatz Total, (vgl. 7 Abschn. 8.5) eines „Total ecologic effects“ -Ansatzes. Ein im Laufe der Wertschöpfungskette weiter zu bearbeitender Input zu wenig ökoeffizienter Herstellverfahren weist in Summe eine schlechtere Bilanz auf. Ausgehend von einem durch die Technologie und den Kontext bestimmten Ressourcenbedarf basieren die ökoeffizienten Geschäftsmodelle auf der Minderung des Verbrauchs an (fossilen) Materialien, Energie und Wasser, sie optimieren bestehende Produkte mit dem Ziel, den Ressourcenverbrauch bei gleichem Nutzwert zu verringern. Andere ökoeffiziente Geschäftsmodelle reduzieren bei gleichem Ressourcenverbrauch die Emissionen, Abfallstoffe und Umweltbelastungen, die während des Lebenszyklus des Produkts bzw. der Dienstleistung entstehen. Im Vergleich zu ökoeffektiven Geschäftsmodellen steht nicht die Herstellung von neuen Produkten oder die Erbringung neuartiger Dienstleistungen im Vordergrund, sondern die Optimierung der Produktnutzung, der Dienstleistungserbringung und der Wiederbenutzung von Teilen oder ganzer Produkte. Geschäftsmodelle, welche sich im Rahmen der Ökoeffizienz und der Beschaffung anbieten, sind beispielsweise folgende:24

23 Ahrend (2016). 24 Ahrend (2016).

24

332

24

Kapitel 24 · Nachhaltigkeit in der Beschaffung

5 Angebot von Produkten und Leistungen für die Minderung des Ressourcenverbrauchs und der Schadwirkung in der Produktion, der Logistik und der Produktnutzung bzw. bei der Leistungserbringung 5 Sammlung und Recycling von recyclingfähigen Rohstoffen 5 Recycling von Produkten, Materialien und Rohstoffen 5 Upcycling von Produkten, Materialien und Rohstoffen 5 Einbindung ökologisch bewusster Landwirtschaft, Pflanzenzucht, Fischzucht und Tierhaltung 5 Einbindung ökologisch bewusster Forstwirtschaft 5 Angebot von Beratungsdienstleistungen für ökoeffiziente Unternehmen, z. B. von Dienstleistungen für die Kundenbindung durch Bonusprogramme, Bündelprogramme, Gutscheine und Bürgerbeteiligung 5 Zertifizierungsanbieter für die Herstellung und Erbringung von ökoeffizienten Leistungen 5 Forschung und Entwicklung mit Bezug zu Ökoeffizienz Merksatz zur nachhaltigen Beschaffungsprogrammpolitik: Bei der Festlegung eines nachhaltigen Beschaffungsprogramms sind ökologische, soziale und wirtschaftliche Auswirkungen zu berücksichtigen. 24.7  Aufgaben zur Selbstüberprüfung

1. Wie kann der Begriff Nachhaltigkeit definiert werden? 2. Was sind die Vorteile einer nachhaltigen Beschaffung? 3. Was sind fünf der wichtigsten Grundsätze für eine nachhaltige Beschaffung laut ISO 20400? 4. Skizzieren Sie das Prinzip der Kreislaufwirtschaft. 5. Was bedeutet Nachhaltigkeit im Rahmen der Lieferantenpolitik? 6. Was ist der „Code of Conduct“? 7. Was wird unter nachhaltigen Geschäftsmodellen verstanden?

333

E-Tools der Beschaffung Inhaltsverzeichnis 25

Elektronische Beschaffung – 335

26

Beschaffung 4.0 – 365

VI

335

Elektronische Beschaffung Inhaltsverzeichnis 25.1 Begriffsbestimmung – 336 25.2 Zielsetzung von E-Procurement – 338 25.3 Eingesetzte Methoden in der operativen und strategischen Beschaffung – 339 25.4 Vor- und Nachteile von E-Procurement-Lösungen – 351 25.5 Lieferantenportale in der Praxis – 355 25.6 Auswahl von Beschaffungsobjekten – 361 25.7 Aufgaben zur Selbstüberprüfung – 362

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 H. Beckmann, Grundkurs Beschaffungsmanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-39125-6_25

25

336

Kapitel 25 · Elektronische Beschaffung

25

. Abb. 25.1  Abgrenzung der Begriffe der elektronischen Beschaffung

25.1  Begriffsbestimmung

Die Begrifflichkeiten im Spannungsfeld der elektronischen Beschaffung lassen sich schwer voneinander abgrenzen und weisen einige Überschneidungen auf. . Abb. 25.1 zeigt, wie die verschiedenen Begriffe zusammenhängen. Zur Bestimmung des Begriffs E-Procurement wird die Thematik zunächst in den Kontext der Informations- und Kommunikations-Technologien (IuK-Technologien) eingeordnet (vgl. . Abb. 25.1). Das E-Procurement, also die elektronische Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen, lässt sich den übergeordneten Bereichen E-Business und E-Commerce zuordnen. Die Bestimmung und Abgrenzung dieser weit gefassten Begriffe, ist in der Literatur nicht eindeutig definiert und beinhalten zum Teil Überschneidungen. Folgende Definitionen sollen die Begriffe voneinander abgrenzen. E-Business bedeutet in der heutigen Zeit jede Art der elektronischen Abwicklung von Geschäftsprozessen mithilfe moderner IuK-Technologien mit dem Ziel der Effizienzsteigerung.1 E-Commerce lässt sich dem E-Business unterordnen und bezieht sich auf die Unterstützung der Transaktionsprozesse zwischen den Partnern auf elektronischen Märkten. Der Begriff E-Commerce steht für alle elektronischen Prozesse, die den Handel von Waren und Dienstleistungen unterstützen oder erst ermöglichen. Er bezeichnet die Anbahnung, Aushandlung und Abwicklung sämtlicher Geschäftstransaktionen zwischen Unternehmen (B2B) sowie zwischen Unternehmen und Konsu-

1

Bächle et al. (2010, S. 3).

25.1 · Begriffsbestimmung

337

menten (B2C) über das Internet und dies kann durch interne Netzwerke unterstützt werden.2 E-Procurement konzentriert sich speziell auf die Geschäftsprozesse innerhalb der Beschaffung, Materialwirtschaft und Logistik.3 Durch das E-Procurement sollen Waren und Dienstleistungen auf effiziente Art und Weise beschafft werden. Dies betrifft eine optimierte Abwicklung der notwendigen Prozesse. Zudem können nicht nur günstige Einstandspreise erzielt, sondern auch weitere Konditionen und Rahmenbedingungen zwischen Kunden und Lieferanten festgelegt und optimiert werden. Ein maßgeblicher Vorteil im Vergleich zur konventionellen Beschaffung ist die höhere Transparenz auf dem Beschaffungsmarkt. Der in der Literatur häufig genutzte Begriff E-Purchasing kann als Synonym für den Begriff E-Procurement verstanden werden. E-Purchasing wird jedoch meist mit den operativen, elektronischen Einkaufsprozessen in Zusammenhang gebracht. Supplier Relationship Management (SRM): Das Konzept des Costumer Relationship Managements wurde auch auf den Bereich der Beschaffung übertragen und gewinnt unter dem Stichwort Supplier Relationship Management (SRM) zunehmend an Bedeutung. Grundsätzlich existiert keine einheitliche Definition des Begriffs, er wird stark von Softwareanbietern geprägt. Unter Bezug auf verschiedene Definitionen ist herauszustellen, dass grundsätzlich das Prinzip der Ganzheitlichkeit gilt, was bedeutet, dass der gesamte Beschaffungsprozess an SRM-Systeme angebunden werden soll. Des Weiteren wird davon ausgegangen, dass dies meist durch eine Abstimmung von Einzelinitiativen oder Modulen geschieht, also nicht zwingend eine Software oder ein System alle Bereiche des Beschaffungsprozesses abdeckt. Auch wenn teilweise traditionelle Systeme wie ERP-Systeme und Data Warehouses zu SRM gezählt werden, sieht ein Großteil der Definitionen SRM als webbasiert an. Um diese Prinzipien zu verdeutlichen, sei an dieser Stelle die Definition von Wieland Appellfeller genannt, welche an eine Definition des Fraunhofer Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation angelehnt ist: „Unter SRM soll die von einer Beschaffungsgesamtstrategie ausgehende, IT-gestützte Gestaltung der strategischen und operativen Beschaffungsprozesse und des Lieferantenmanagements verstanden werden.“4 Aus den Erklärungen zu SRM und E-Procurement geht hervor, dass beide Ansätze sowohl auf die Elemente des strategischen als auch auf die des operativen Einkaufs abzielen. Während SRM darauf ausgerichtet ist, möglichst alle Bereiche abzubilden und zu unterstützen, könnte ein E-Procurement je nach Unternehmen auch nur einzelne Elemente des Beschaffungsprozesses, z. B. besonders erfolgversprechende, beinhalten. In 7 Abschn. 18.3 werden Methoden der elektronischen Beschaffung und ihre Unterstützung des Beschaffungsprozesses vorgestellt. Diese Methoden können sowohl Teil eines SRM-Systems als auch eines E-Procurement-Systems sein.

2 3 4

Schmenken (2007, S. 13); Bächle et al. (2010, S. 4). Möhrstadt et al. (2001, S. 22). Appelfeller et al. (2011, S. 6).

25

338

Kapitel 25 · Elektronische Beschaffung

25

. Abb. 25.2  Ziele des E-Procurements (in Anlehnung an Zarnekow 2001)

25.2  Zielsetzung von E-Procurement

Mithilfe des E-Procurements sollen die in . Abb. 21.1 aufgezeigten Beschaffungsprozesse von Unternehmen optimiert werden. Die Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen soll dabei qualitativ verbessert sowie zeit- und kosteneffizienter gestaltet werden, um eine Konzentration auf strategische Aufgaben mit höherem Wertschöpfungsanteil zu ermöglichen. Um die Jahrtausendwende wurden die Einsparpotenziale durch E-Procurement auf bis zu 80 % bei den Transaktionskosten beziffert.5 Das E-Procurement ist dabei nicht nur auf die Interaktion zwischen zwei Unternehmen, dem Einkaufenden und dem Verkaufenden, begrenzt, sondern schließt alle Unternehmen ein, die am Prozess des vertikalen Güteraustausches beteiligt sind. Wie in . Abb. 25.2 dargestellt, hat das E-Procurement vor allem drei Hauptziele: 5 die Kostenreduktion, 5 die Zeitersparnis und die 5 Qualitätssteigerung. Diese beeinflussen sich teilweise gegenseitig. Im Bereich der Kosten lassen sich erhebliche Einsparungen bei Prozess- und Einstandskosten erzielen. Eine Reduktion der Einstandskosten kann besonders im Bereich der A- und B-Artikel erreicht werden. Eine Reduktion der Prozesskosten ist vorwiegend bei C-Artikeln ein relevanter Hebel zur Optimierung der Herstellkosten. Dies kann durch die Automatisierung der operativen Beschaffungsprozesse oder durch eine Anpassung der Konditionen und Rahmenbedingungen erfolgen. Außerdem können indirekte Einsparungen durch die Implementierung von E-Procurement z. B. über Bestands- und Lagerhaltungskosten erreicht werden.6

5 6

Nekolar (2003, S. 1). Stoll (2007, S. 34).

25.3 · Eingesetzte Methoden in der operativen und strategischen …

339

Zeitersparnisse lassen sich ebenfalls durch die Automatisierung von Prozessen erzielen. Besonders operative Tätigkeiten wie die Bestellabwicklung können automatisiert und weitgehend elektronisch abgewickelt werden, wodurch Papier und Zeit eingespart werden. Durch die automatisierte operative Bestellabwicklung wird der Personalaufwand gesenkt und kürzere Bestellzyklen werden ermöglicht, was wiederum zu einer verringerten Durchlaufzeit führt. Die zuständigen Mitarbeiter können sich in der Folge stärker auf den strategischen Bereich der Einkaufsprozesse konzentrieren.7 Damit einhergehend verringert sich die Durchlaufzeit in den Materiallagern sowie die Wiederbeschaffungszeit insbesondere für unregelmäßig zu beschaffende Produkte. Folglich ergeben sich auch im Lagerbereich Zeit- und Kostenersparnisse.8 Qualitätssteigerungen sind einerseits auf die bereits erwähnte Stärkung des strategischen Einkaufs, andererseits auf eine bessere Informations- und Markttransparenz zurückzuführen. Die einfache und schnelle Informationsbeschaffung stellt die bedeutendste Verbesserung dar, da sie vor allem die Transparenz in der Beschaffung erhöht. So kann die Qualität der Prozesse und der zu beschaffenden Produkte verbessert werden. Neben der gezielten Produktsuche und der optimalen Preisfindung besteht die Möglichkeit, umfassende Informationen über Lieferanten zu sammeln, was zu einer Verstärkung des Wettbewerbs führt.9 Des Weiteren werden durch die technische Unterstützung im Lieferantenmanagement die Anbahnung und Implementierung von Lieferantenbeziehungen gefördert.10 Durch die erlangte Transparenz im operativen Beschaffungsprozess wird die Ermittlung von Schwachstellen vereinfacht und mithilfe von zielgerichteten Datenerhebungen können Prognosen erstellt und verfeinert werden. Darauf aufbauend kann ein Unternehmen die Marktstellung seiner Einkaufsabteilung erheblich verbessern. Allein durch das Verarbeiten von einfach zu ermittelnden Daten kann die Marktmacht des Unternehmens im Wettbewerb verbessert werden. Die erhöhte Transparenz unterstützt somit ebenfalls die vorher beschriebenen Ziele der Kostenund Zeiteinsparung.11 25.3  Eingesetzte Methoden in der operativen und strategischen

Beschaffung

Die Beschaffung umfasst eine Vielzahl an strategischen und operativen Aufgaben (vgl. . Abb. 25.3), für welche die elektronische Beschaffung unterstützend eingesetzt wird. Der operative Beschaffungsprozess (vgl. 7 Kap. 21) wird bereits durch verschiedene Methoden unterstützt (vgl. . Abb. 25.4). Ebenso können auch für die strategischen Aufgaben der Beschaffung E-Tools unterstützend genutzt werden. In den folgenden Abschnitten werden die Möglichkeiten der elektronischen Beschaffung für die verschiedenen Aufgabenfelder der Beschaffung näher erläutert.

7 8 9 10 11

Stoll (2007, S. 35). Stoll (2007, S. 36). Stoll (2007, S. 38 f.). Arnolds et al. (2010, S. 405). Stoll (2007, S. 38 f.).

25

340

Kapitel 25 · Elektronische Beschaffung

25

. Abb. 25.3  Strategische und operative Beschaffungsaufgaben (eigene Darstellung)

. Abb. 25.4  E-Tools zur Unterstützung des operativen Beschaffungsprozesses (in Anlehnung an Wildemann 2003, S. 223)

25.3.1  Elektronische Materialbeschaffung

Die Materialbeschaffung ist eines der Aufgabenfelder der Beschaffung, in denen E-Tools verbreitet sind. So gehört bspw. der E-Katalog als Teil des operativen Beschaffungsprozesses bereits zum normalen Geschäftsalltag.12 Elektronische Ka-

12 BME (2015, S. 6).

341

25.3 · Eingesetzte Methoden in der operativen und strategischen …

. Tab. 25.1  Einsparpotenzial durch elektronische Materialbeschaffung Prozesskosten

Einstandspreise

Elektronische Kataloge

−26,8 %

−7,0 %

Ausschreibungen

−14,0 %

−9,5 %

Auktionen

−9,4 %

−10,6 %

taloge können die Prozesskosten laut einer BME-Umfrage um 26,8 % und die Einstandspreise um 7 % reduzieren. Elektronische Ausschreibungen führen immerhin zu einer Prozesskosteneinsparung von 14 % und die Einstandspreise können dadurch um 9,5 % gesenkt werden. Auch die Bilanz für die Ersparnisse durch Auktionen als strategische Komponente fällt positiv aus – so können 9,4 % der Prozesskosten eingespart und die Einstandspreise um 10,6 % gesenkt werden (. Tab. 25.1).13 Verschiedene Tools zur Unterstützung der Materialbeschaffung werden in diesem Abschnitt dargestellt. Elektronische Ausschreibungen und Auktionen Die beiden Instrumente der elektronischen Ausschreibungen und der elektronischen Auktionen versetzen die Lieferanten untereinander in eine stärkere Wettbewerbssituation, somit wird der Preiskampf zwischen den Lieferanten intensiviert.14 Dieser Preiskampf wiederum führt zu sinkenden Preisen.15 Die Auktionen bzw. Ausschreibungen werden schnell und standardisiert abgewickelt und beanspruchen somit wenig Zeit, wobei Auktionen in der Regel auf wenige Stunden begrenzt sind. Bei Online-Ausschreibungen werden die Ausschreibungsunterlagen und Dokumente online bereitgestellt, wodurch die Lieferanten zur Abgabe eines Angebotes aufgefordert werden. Jedes beliebige Dokument, das zur Auftragsbeschreibung dient, kann schnell und kostengünstig im Internet veröffentlicht werden. Die Angebote der potenziellen Lieferanten können mithilfe des Ausschreibungssystems elektronisch erfasst und teilweise automatisch verglichen werden. Dabei wird, anders als bei elektronischen Auktionen, nicht nur der Preis verglichen, sondern auch weitere Vergleichsfaktoren werden miteinbezogen. Bei öffentlichen Ausschreibungen jedoch besteht die Schwierigkeit, sämtliche Vorgaben und Durchführungsrichtlinien in den elektronischen Ausschreibungsprozess zu integrieren.16 Die im Einkauf benutzten Auktionen (Einkaufsauktionen oder reverse auctions genannt) unterscheiden sich von der im privaten Bereich eher bekannten Veräußerungsauktion (Versteigerung oder forward auction genannt). Während der Auktionator bei der Veräußerungsauktion das Ziel verfolgt, einen möglichst hohen Preis zu erzielen, zu dem ein Produkt veräußert wird, ist es bei der Einkaufsaktion umgekehrt: Hier besteht das Ziel darin, einen möglichst geringen Preis zu bezahlen.17

13 14 15 16 17

BME (2015, S. 7). Gabath (2008, S. 94). Hartel (2009, S. 141). Heiserich et al. (2011, S. 192 f.). Berz (2007, S. 27).

25

342

25

Kapitel 25 · Elektronische Beschaffung

Auktionen können somit in der Beschaffung wie auch im Vertrieb eingesetzt werden. Im Folgenden werden nur die Arten vorgestellt, welche die Versteigerung eines Objekts betreffen. Es ist auch möglich, in einem Auktionsprozess gleichzeitig oder hintereinander mehrere Objekte zu veräußern. Hierfür gibt es entsprechend weitere Arten von Auktionen. Für die Versteigerung eines Objekts lassen sich Auktionen folgender Arten unterscheiden:18 5 Englische Auktion: Die Lieferanten unterbieten sich gegenseitig. Jeder Lieferant kann beliebig viele Gebote abgeben. Je nach Gestaltung können die Bieter unterschiedliche Informationen sehen, z. B. die aktuellen Gebotspreise aller anderen Bieter oder aber nur das beste der Gebote oder sogar nur den Rang, den das eigene Gebot einnimmt. 5 Englische Tickerauktion (japanische Auktion): Bei dieser Auktionsart werden die Bieter nicht zur Abgabe eines Gebots aufgerufen. Stattdessen fragt der Auktionator, wer bereit ist, seinen Gebotspreis zu bestätigen. Der Auktionator senkt den Gebotspreis so lange, bis nur noch ein letzter Bieter diesen Preis bestätigt und somit die Auktion gewinnt. 5 Holländische Auktion: Die Auktion beginnt mit einem niedrigen Preis. Der Preis wird schrittweise erhöht, bis der erste Bieter den aktuellen Preis akzeptiert. Somit wird nur ein Gebot abgegeben. 5 Vickrey-Auktion: Der Bieter erhält keine Informationen zu den Geboten der Mitbietenden. Er muss sein Gebot abgeben und erfährt erst im Anschluss, ob er damit gewonnen hat oder nicht. Das geringste Gebot erhält den Zuschlag, jedoch zum Preis des zweitniedrigsten Gebots. Der Bieter wird dazu veranlasst, den seiner Meinung nach niedrigsten Preis zu offenbaren. 5 Verdeckte Erstpreisauktion: Diese Auktionsform ist bei Ausschreibungen nach europäischem Vergaberecht vorgeschrieben. Hierbei geben die Bieter ein verschlossenes Gebot ab und der Bieter mit dem höchsten Gebot erhält den Zuschlag zu dem von ihm gebotenen Preis. Die vorgestellten Arten unterscheiden sich voneinander insbesondere in zwei Kriterien: Das erste Kriterium beschreibt, ob die Auktion offen oder verdeckt durchgeführt wird, ob also die Bietenden Informationen zum Bietverhalten der anderen Teilnehmer erhalten. Das zweite Kriterium sagt aus, ob das Ergebnis der Auktion der niedrigste (Einkaufsauktion) Preis ist oder ob es sich um den zweitniedrigsten Preis handelt. . Abb. 25.5 zeigt eine Einordnung der vorgestellten Auktionsarten. Die Englische Auktion ist deswegen als Zweitpreislogik anzusehen, wie der Gewinner denjenigen mit dem zweitniedrigsten Indifferenzpreis nur gerade eben unterbieten muss, d. h., der zweitniedrigste Bieter definiert den Endpreis. Elektronische Kataloge Unter elektronischen Katalogen versteht man im Sinne des E-Procurements elektronische Produktkataloge, welche Informationen wie Produktbeschreibung, Preisangaben und Schlüsselinformationen beinhalten19 und sich anders als Papierkata-

18 Berz (2007, S. 31–44). 19 Stoll (2007, S. 70 f.).

25.3 · Eingesetzte Methoden in der operativen und strategischen …

343

. Abb. 25.5  Übersicht der Auktionsformen (nach Berz 2007, S. 26)

loge, jederzeit aktualisieren lassen. Mithilfe von Internetanbindungen können Bestellungen direkt aus dem Katalog heraus erfolgen (E-Ordering), wobei oftmals die enthaltenen Preise bereits durch einen Pauschalrabatt verhandelt sind, sodass keine weiteren strategischen Prozesse bei der Bestellung berücksichtigt werden müssen. Elektronische Kataloge können von verschiedenen Akteuren innerhalb des elektronischen Beschaffungsprozesses betrieben werden. Sie werden deshalb häufig anhand der Betriebsverantwortlichkeit klassifiziert. Unterschieden wird dabei grundsätzlich zwischen: 5 Sell-Side-Lösungen, 5 Buy-Side-Lösungen und 5 elektronischen Marktplatzlösungen. Bei Sell-Side-Lösungen übernimmt der Lieferant den Betrieb des elektronischen Katalogs. Bei der Buy-Side-Lösung übernimmt der Abnehmer diese Verantwortlichkeit. Bei der dritten Variante betreibt ein neutraler Dritter den Produktkatalog. In . Abb. 25.6 werden diese grundsätzlichen Typen für E-Procurement-Lösungen grafisch dargestellt. Bei einer Sell-Side-Lösung speichert und pflegt der Lieferant seine Produkte in Katalogen für alle Geschäftspartner20 und stellt die Software. Dadurch kann eine sehr hohe Aktualität des Kataloginhalts gewährleistet werden. Die einkaufenden Unternehmen greifen auf den Produktkatalog des Lieferanten zu. Eine Problematik dieses Modells liegt darin, dass sich der Einkäufer bei jedem seiner Lieferanten gesondert anmelden und sich mit unterschiedlichen Softwarelösungen vertraut machen muss. Das erschwert den automatischen Produktvergleich verschiedener Lieferanten und bietet somit nur eine beschränkte Hilfe für den Beschaffungsprozess. Zur Relativierung bieten einige Lieferanten bereits weitergehende Funktionen zur Personalisierung, Produktkonfiguration oder Kompatibilitätsprüfung an, mit denen Einkäufer ihr Profil beim Lieferanten individualisieren können.21 Neben den genannten Problemen elektronischer Kataloge ermöglichen diese jedoch eine einfache Konfiguration komplexer Produkte mit aktuellen Preis-

20 Nekolar (2003, S. 8). 21 Meier et al. (2008, S. 65 f.).

25

344

Kapitel 25 · Elektronische Beschaffung

25

. Abb. 25.6  Grundtypen für elektronische Kataloge (Meier et al. 2008, S. 66)

und Bestelldaten und einen direkten Kontakt zum Lieferanten, was zu kurzen Prozesszeiten führt. Die Betriebskosten des Systems liegen beim Lieferanten, sodass beim Abnehmer keine Investitionskosten für ein Bestellsystem anfallen. Auch die Betriebskosten zur Unterhaltung von aktuellen Produktlisten und Preisen entfallen für den Einkäufer.22 Folgende Vor- und Nachteile bringt eine Sell-Side-Lösung aus Sicht des einkaufenden Unternehmens mit sich (. Tab. 25.2). Bei Buy-Side-Lösungen liegt die Katalogverantwortlichkeit beim Einkäufer. Er betreibt und unterhält eine entsprechende Softwarelösung und speichert die für ihn relevanten Daten in seinem Produktkatalog. Hierbei können Aufbau und Zusammenstellung der Artikel vom Einkäufer selbst definiert und zum Vergleich solche von verschiedenen Lieferanten kombiniert werden (Multilieferantenkatalog). Aktualisierte Produktdaten übermittelt der Lieferant regelmäßig über das Internet, zudem können neue Lieferanten jederzeit eingebunden werden. Ferner kann der Einkäufer selbst Regeln für den unternehmensindividuellen Beschaffungsprozess anlegen.23 Durch die Nutzung eines Buy-Side-Modells wird der Beschaffungsprozess vom Einkäufer unternehmensspezifisch gestaltet. Verfügbare Lieferanten sowie verhandelte Preise und Produkteigenschaften können unternehmens- und konzernweit

22 Meier et al. (2008, S. 69). 23 Meier et al. (2008, S. 66).

25.3 · Eingesetzte Methoden in der operativen und strategischen …

345

. Tab. 25.2  Vor- und Nachteile von Sell-Side-Lösungen (Meier et al. 2008, S. 69) Vorteile

Nachteile

– Konfiguration von komplexen Produkten möglich – Keine Investitionskosten für ein Bestellsystem – Betriebskosten zur Unterhaltung von aktuellen Produktlisten und Preisen entfallen – Kurze Lieferzeiten durch direkte Eingabe der Bestellung ins System des Lieferanten – Abfrage aktuelle Verfügbarkeiten und Preise

– Keine Möglichkeit von automatischen Produktvergleichen – Beschränkte Unterstützung des Beschaffungsprozesses beim Einkäufer – Bedarfsträger bzw. Bestellanforderer muss für jeden Anbieter ein anderes Informationssystem bedienen – Beschränkte Integration des Beschaffungsprozesses in die operativen Informationssysteme

zentral verwaltet werden, wodurch Maverick-Buying (vgl. auch 7 Abschn. 19.2) vermieden werden kann.24 Mithilfe der Buy-Side-Lösung ist die Beschaffung somit weitgehend lieferantenunabhängig und bietet die Möglichkeit, individuelle Daten zu sammeln und zu analysieren.25 Aufgrund des hohen Investitions- und Betriebsaufwands wird dieses Modell eher von mittleren bis großen Unternehmen verwendet. Des Weiteren werden üblicherweise nur Lieferanten mit abgeschlossenen Rahmenverträgen eingebunden.26 Zudem haben nicht alle Lieferanten die Möglichkeit, ihre Produktdaten elektronisch über das Internet zu liefern, manche bieten diese zudem in teilweise schlechter Qualität und Aktualität an. Unterschiedliche Datenformate auf den Seiten der Lieferanten erhöhen den Aufwand für eine einheitliche Datenübertragung. Komplexe Produkte werden in der Regel vom System nicht unterstützt.27 Tools zur Umsetzung dieses Marktmodells werden auch Desktop-Purchasing-Systeme (DPS) genannt. Die wichtigsten Vor- und Nachteile von Buy-Side-Lösungen werden in . Tab. 25.3 vorgestellt. Übertragen auf den in 7 Kap. 21 vorgestellten operativen Beschaffungsprozess zeigen sich hier einige Veränderungen. . Abb. 25.7 stellt den operativen Beschaffungsprozess innerhalb einer Buy-Side-Lösung dar. In diesem Beispiel wird davon ausgegangen, dass der Katalog von dem beschaffenden Unternehmen selbst gepflegt wird. Die Preise im Katalog sind dabei bereits verhandelt. Daher muss keine Anfrage bzw. Angebotsbearbeitung und Verhandlung erfolgen. Der Prozess startet mit der Bestellung. Da es in einigen Unternehmen Bestellfreigaben bis zu einem definierten Beschaffungsvolumen gibt, ist eine Freigabe des Vorgesetzten nicht mehr notwendig. Falls jedoch dieses Budget überschritten wird, wird automatisch ein Genehmigungsworkflow gestartet. Da es sich bei Katalogteilen um einfache Produkte (C-Teile) handelt, ist oftmals nur ein Lieferant für jedes der gelisteten Produkte definiert, daher entfällt der Schritt der Bestellentscheidung. Der ­Lieferant

24 25 26 27

Meier et al. (2008, S. 70 f.). Meier et al. (2008, S. 66). Nekolar (2003, S. 8 f.). Meier et al. (2008, S. 71).

25

346

Kapitel 25 · Elektronische Beschaffung

. Tab. 25.3  Vor- und Nachteile von Buy-Side-Lösungen (Maier et al. 2008, S. 71)

25

Vorteile

Nachteile

– Beschaffungsprozess kann unternehmensspezifisch dargestellt werden – Interne Berechtigungs- und Genehmigungsverfahren werden unterstützt – Prozessdurchlaufzeiten können reduziert werden – Lagerbestände lassen sich klein halten – Zentrale Administration von verhandelten Produkten – Eliminierung des Maverick-Shoppings – Bedarfsträger/-anforderer kann System selbst bedienen – System mit einheitlicher Benutzerführung

– Komplexe Produkte werden in der Regel nicht unterstützt – Ausschreibungen sind nicht vorgesehen – Investitionskosten für Informationssysteme liegen beim beschaffenden Unternehmen – Betriebskosten für Content Management sind zu erbringen – Nicht alle Lieferanten haben einen elektronischen Produktkatalog – Lieferanten liefern Produktdaten teilweise in schlechter Qualität – Abstimmung des Austauschformates zwischen Beschaffer und Lieferanten muss selbst erfolgen

. Abb. 25.7  Beschaffungsprozess E-Procurement (eigene Darstellung)

bekommt die Bestellung direkt über das System übermittelt und es wird automatisch eine Auftragsbestätigung generiert. Zum Abschluss sollte der Liefertermin überwacht werden, dies erfolgt ebenfalls automatisch über das Wareneingangssystem. Auch weitere Schritte wie z. B. die Rechnungsstellung und -prüfung können über das System abgewickelt und somit die Prozesskosten wie oben gezeigt gesenkt werden. Elektronische Marktplätze Entsprechend einem herkömmlichen Marktplatz ist ein elektronischer Marktplatz ein virtueller Ort im Internet, an dem Einkäufer und Lieferanten zusammengebracht werden, um Beschaffungsaktivitäten abzuwickeln. Den Betrieb des Marktplatzes übernimmt dabei ein neutraler Dritter (Dienstleister), der die Softwarelösung und den Webserver zur Verfügung stellt. Der Betreiber ist verantwortlich für einen fehlerfreien Betrieb der Website und für die Verwaltung der Produktkataloge. Neben den grundsätzlichen Beschaffungsteilprozessen können weitere Dienste (z. B. elektronische Zahlungsabwicklung bzw. E-Payment) eingebunden werden. Elektronische Marktplätze sind hauptsächlich öffentlich für jeden Nutzer zugänglich. Einkäufer und Lieferanten einer speziellen Branche können beispielsweise Lieferanteninformationen schnell und zusammengefasst darstellen oder spezifische Marktinformationen in Foren austauschen (branchenspezifischer Marktplatz). Dadurch bleibt die Komplexität beherrschbar und die Übersichtlichkeit ist gewährleistet. Solche Lösungen werden auch als vertikale Marktplätze bezeichnet. Horizontale

25.3 · Eingesetzte Methoden in der operativen und strategischen …

347

. Tab. 25.4  Vor- und Nachteile von Marktplätzen (Meier et al. 2008, S. 73) Vorteile

Nachteile

– Verkürzung der Suchzeiten – Darstellung von aktuellen und detaillierten Marktangeboten – Effiziente Transaktionen – Vergleichbarkeit von verschiedenen Angeboten – Anonyme Beschaffungsmöglichkeiten – Bündelung von Angebot und Nachfrage zwecks Erreichung besserer Konditionen

– Mangelnde Integration in die ERP-Systeme des beschaffenden Unternehmens – Intermediäre decken gewöhnlich nur einen schmalen Produktbereich in ausreichender Tiefe ab – Häufig kann ein großes Unternehmen mit dem Anbieter/Hersteller direkt bessere Preise verhandeln – Branchenverzeichnisse sind häufig nicht aktuell

Marktplätze bieten branchenübergreifende Produkte an und beziehen sich oft auf bestimmte Funktionen oder Prozesse (z. B. Software), wobei diese nur einen eingeschränkten Teilnehmerkreis zulassen. Das Anwenden elektronischer Marktplätze bietet sowohl Abnehmer als auch Lieferant eine Vielzahl von Vorteilen. Die einheitliche Darstellung von aktuellen und detaillierten Angeboten unterstützt die Vergleichbarkeit zwischen verschiedenen Angeboten und Lieferanten. Die damit einhergehende Übersichtlichkeit verkürzt die Suchzeiten und erhöht die Effizienz der Transaktionen, von der Suche über die Bestellung bis zur Abwicklung. Angebot und Nachfrage können in Unternehmen und Konzernen, aber auch in Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen gebündelt werden, um damit verbesserte Konditionen zu erreichen. Durch eine einheitliche Produktdarstellung und -beschreibung kann der Drittanbieter einen übersichtlichen Wettbewerb für Abnehmer und Lieferant schaffen. Als Vorteil gegenüber den lieferanten- oder abnehmerbetriebenen Marktmodellen (Sell-Side-/Buy-Side-Modelle; vgl. . Abb. 25.6) kann ein Drittanbieter lieferantenübergreifende Bewertungskriterien und Vergleichsmöglichkeiten anbieten.28 Neben den genannten Vorteilen birgt die elektronische Abwicklung jedoch auch Risiken. Unter Umständen sind die Branchenverzeichnisse und Angebote nicht aktuell. Besonders Unternehmen mit hoher Marktmacht können oft beim Hersteller bzw. Anbieter direkt bessere Konditionen und Preise verhandeln als beim standardisierten Verfahren über Drittanbieter. Letztendlich kann auch eine mangelnde Integration in die ERP-Systeme des beschaffenden Unternehmens die Effizienz behindern. Bei Beschaffung eines großen Produktspektrums leidet die Übersichtlichkeit der Intermediäre, da diese gewöhnlich nur einen schmalen Produktbereich in ausreichender Tiefe abdecken (. Tab. 25.4).29

28 Meier et al. (2008, S. 67). 29 Meier et al. (2008, S. 73).

25

348

Kapitel 25 · Elektronische Beschaffung

25.3.2  Materialbevorratung und elektronische

Beschaffungslogistik

25

Nicht nur die Beschaffung selbst, sondern auch die damit verbundene Beschaffungslogistik kann durch elektronische Anbindung effizient gestaltet werden. In 7 Kapitel 12.4.3 wurde bereits das KANBAN-System vorgestellt, welches hier als Beispiel herangezogen werden soll. Dabei müssen die „Karten“ nicht manuell ausgetauscht werden, sondern können mithilfe von EDI-Anbindungen zwischen Lieferant und Abnehmer elektronisch und automatisch ausgetauscht werden. Erreicht der Bestand eines Produkts einen bestimmten Grenzwert, wird dem System ein neuer Bedarf gemeldet und eine automatische Bestellung beim Lieferanten ausgelöst. So können die Wiederbeschaffungs- und Durchlaufzeiten extrem verkürzt werden.30 Ein elektronisches Kanban-System ist vor allem dann sinnvoll, wenn die Teileanzahl sehr hoch ist, das manuelle Handling unüberschaubar wird und sehr zeitintensiv ist. Wichtig für dieses System sind die Schnittstellenanbindungen zwischen Lieferant und Abnehmer. Sie können in verschiedenen Integrationsstufen installiert werden. Es reicht von der automatischen Bestellabwicklung bis hin zum sogenannten Vendor-managed-Inventory (VMI, vgl. 7 Abschn. 12.4.4), bei dem der Lieferant die volle Kontrolle über die Lagerbestände hält und diese füllt. Damit einher geht die höhere Informationsgeschwindigkeit, mit der die Bestandsinformationen an den Lieferanten weitergeleitet und dort verarbeitet werden können. 25.3.3  Elektronische Beschaffungsmarktforschung

Der Einkauf mittels moderner IuK-Technologien stellt eine neue Möglichkeit der Informationsbeschaffung dar. Mithilfe der Beschaffungsmarktforschung soll im Allgemeinen die Markttransparenz gesteigert, Risiken sollen minimiert, Kostenstrukturen optimiert und die Marktstellung soll gestärkt werden (vgl. 7 Kap. 15).31 Um dem Wirtschaftlichkeitsprinzip zu folgen, sollte die Beschaffungsmarktforschung so effizient wie möglich abgewickelt werden. Elektronische Beschaffungsmarktforschung kann zur Effizienz beitragen, da mithilfe von IuK-Technologien Informationen weltweit, schnell und umfassend eruiert und für die eigene Zielsetzung aufbereitet werden können.32 Das Internet bietet dem Unternehmen einen ständigen und fast kostenlosen Zugriff auf Informationen. Hervorzuheben sind zudem die hohe Informationsdichte dieses Mediums sowie die Möglichkeit, auf einfachen und schnellen Wegen auf globaler Ebene zu recherchieren. Möglichkeiten bieten sich z. B. im direkten Zugriff auf die Internetpräsenzen von Lieferanten, in denen Informationen über das Unternehmen und aktuelle Produktinformationen abgerufen werden können. Auch im strategischen Bereich kann eine Datenbasis anhand Be-

30 Heiserich et al. (2011, S. 373); Klug (2010, S. 298). 31 Dietger et al. (2002, S. 567). 32 Arnolds et al. (2010, S. 409).

25.3 · Eingesetzte Methoden in der operativen und strategischen …

349

schaffungsmarktanalysen via Internet aufgebaut und kontinuierlich gepflegt werden, um so frühzeitig Markttrends zu erkennen. Zur Auslagerung der Marktforschungsaktivitäten können zudem auch Dienstleister elektronisch eingebunden werden.33 Als Tool innerhalb der elektronischen Beschaffungsmarktforschung hat vor allem der Service der Suchdienste einen hohen Stellenwert. Hierbei kann unterschieden werden zwischen Suchmaschinen und Themenkatalogen oder Verzeichnissen. Suchmaschinen zeigen Daten und Links zu den angeforderten Begriffen automatisch an und ermöglichen somit einen direkten Zugriff auf Informationen. Themenkataloge und Verzeichnisse müssen manuell bearbeitet werden.34 Innerhalb eines E-Procurement-Systems besteht bei manchen Softwareanbietern auch die Möglichkeit, die Beschaffungsmarktanalyse zu integrieren. Hierbei kann z. B. eine Datenbank mit potenziellen Lieferanten erstellt und unterschiedliche Marktanalysen nach festgelegten Kriterien können durchgeführt werden (z. B. Anzahl Mitarbeiter oder Umsatz eines Lieferanten). Eine weitere Möglichkeit, um die Beschaffungsmarktforschung effizienter zu gestalten, ist die Anbindung von Datenbanken wie z. B. Dun & Bradstreet (D&B) oder „wer liefert was“35. 25.3.4  Bedarfsplanung

Eine möglichst genaue und verlässliche Bedarfsplanung (vgl. 7 Abschn. 3.1.1) trägt dazu bei, Engpässe zu vermeiden und gleichzeitig Lagerkosten zu reduzieren. Die Bedarfsplanung wird umso genauer, je mehr verschiedene Daten für die statistische Vorhersage benutzt werden. Es gibt viele verschiedene Softwarearten, welche bei der Bedarfsplanung unterstützen. Laut einer Umfrage der Unternehmensberatung BearingPoint nutzt fast die Hälfte der Unternehmen Microsoft Excel mit und ohne Plug-ins für die Bedarfsplanung. Nahezu ein Viertel der Unternehmen nutzt selbst programmierte Programme und nur 38 % gaben an, Marktlösungen zu benutzen, wovon fast die Hälfte auf die Firma SAP entfiel.36 Für die Bedarfsplanung sind vor allem Programme geeignet, die auf Big Data Analytics basieren, für die eine Vielzahl von Softwareanbietern existiert. Insbesondere in der Handelsbranche werden solche Tools schon vielfach genutzt. Neben SAP existieren auch weitere Softwareanbieter wie z. B. blueyonder, forseason oder Remira. Das Verfahren zur Vorhersage funktioniert bei den meisten Softwareanbietern ähnlich. Auf den Tag genaue historische Absatzzahlen bilden die Planungsbasis. Ergänzend beachten die Programme, ob es sich um eine Zeit vor wichtigen Feiertagen oder um eine Aktionswoche handelt. Des Weiteren fließen auch die Lage des Standorts sowie die Wetterentwicklung mit in die Berechnungen ein. Anhand dieser Daten wird die Absatzmenge vorhergesagt und die optimale Bestellmenge errechnet.37 Durch diese Prognosen

33 34 35 36 37

Wannenwetsch et al. (2004, S. 98). Kortus-Schultes et al. (2005, S. 111 f.). BME (2015). BearingPoint (2015). Schlautmann et al. (2007).

25

350

Kapitel 25 · Elektronische Beschaffung

können Lagerkosten gesenkt und Wettbewerbsvorteile generiert werden, da aufgrund der guten Planung kein Umsatzverlust durch fehlende Ware entsteht. 25.3.5  Festlegung des Beschaffungsprogramms

25

Damit Entscheidungen, die das Beschaffungsprogramm betreffen (z. B. Make or Buy, vgl. 7 Abschn. 12.1.1) fundiert getroffen werden können, bedarf es einer Vielzahl an Informationen über die Materialien. Ein E-Tool kann die aus der Beschaffungsmarktforschung gewonnenen Marktdaten wie Preisentwicklung, Bedarfsentwicklung pro Standort, technologische Entwicklung usw. darstellen. Wichtig für die Gestaltung des Beschaffungsprogramms ist außerdem die Höhe des Versorgungsrisikos, um eine strategische Einordnung des Materials vorzunehmen (vgl. 7 Abschn. 16.4.3). Auch die Bewertung des Versorgungsrisikos, aus dem Strategien abgeleitet werden können, ist als Informationsbasis unerlässlich. Optimal ist eine ganzheitliche Sicht auf die Materialgruppe, auf deren Basis dann strategische Entscheidungen getroffen werden können. Eine Dokumentation der Entscheidungen und abzuleitende Maßnahmen sollten, wenn möglich, auch im E-Tool hinterlegt werden können.38 Die Umsetzung der Maßnahmen kann dann ebenfalls über das E-Tool überwacht und eventuell Teil des strategischen Beschaffungscontrollings werden. 25.3.6  Elektronisches Beschaffungscontrolling

Für ein leistungsfähiges Controlling der Beschaffung sollte eine Reihe von aussagekräftigen Kennzahlen verwendet werden, welche in 7 Kap. 19 beschrieben wurden. IT-Lösungen können helfen, diese Kennzahlen aus den zahlreichen Informationen des Einkaufs zu generieren, da diese in der Regel nicht Teil von ERP-Lösungen sind. Das Einkaufscontrolling kann Teil eines aufgabenübergreifenden E-Procurement-Systems sein oder es kann durch eine separate Software unterstützt werden. Mögliche Unterschiede der verschiedenen Systeme bestehen z. B. in der Möglichkeit der Anbindung an das eigene Datenmodell (z. B. SAP), der Verfügbarkeit von Standardauswertungen wie z. B. ABC-Analyse, Spend je Lieferant usw. und der Option, eigene Auswertungen konfigurieren zu können. Manche Programme können darüber hinaus auf Basis von Vergangenheitsdaten und anderen externen Faktoren (z. B. Wetter) den Preis eines Produktes prognostizieren.39 25.3.7  Qualitätsmanagement

Wie in 7 Abschn. 18.4 bereits beschrieben, ergeben sich Anforderungen an das Qualitätsmanagement in der Beschaffung, wenn bspw. eine Zertifizierung nach

38 Appelfeller et al. (2011, S. 203 f.). 39 BME (2015).

25.4 · Vor- und Nachteile von E-Procurement-Lösungen

351

der Qualitätsmanagementnorm ISO 9001 erwünscht ist. Diese Norm fordert eine Sicherstellung der festgelegten Anforderungen an extern beschaffte Produkte und Dienstleistungen. Hierfür müssen Kriterien zur Beurteilung, Auswahl, Leistungsüberwachung und Neubeurteilung der Lieferanten vorliegen. Der gesamte Prozess sowie die Beurteilungen müssen dokumentiert werden. Ein typischer Bestandteil des Qualitätsmanagements im Bereich Beschaffung sind daher die Lieferantenbewertung und die Wareneingangsprüfung.40 Die Lieferantenbewertung kann z. B. in Einkaufscontrolling-Tools und E-Procurement-Systeme integriert sein. Die ISO 9001 Norm fordert zudem eine Prozessorientierung, wobei die Prozesse beschrieben werden müssen und somit in einer Prozesslandkarte dargestellt werden können.41 Spezielle Software kann das Qualitätsmanagement bei verschiedenen Aspekten unterstützen. So kann beispielsweise ein Dokumentenmanagement dafür sorgen, dass alle Mitarbeiter Zugriff auf die Dokumentation des Qualitätsmanagements haben. Eine weitere Funktion könnte eine digitale Prozesslandkarte sein, die den Anforderungen der ISO Norm gerecht wird.42 Neben SAP, das einige Funktionen des Qualitätsmanagements beinhaltet, gibt es auch andere Softwareanbieter wie z. B. die CWA GmbH, die Rossmanith GmbH, die ConSense GmbH, ViCon oder die BOC Group. 25.4  Vor- und Nachteile von E-Procurement-Lösungen

E-Procurement-Systeme sind Softwarelösungen, die entweder individuell auf das Unternehmen zugeschnitten sind und direkt beim Kunden installiert werden (Individualsoftware) oder cloudbasiert als Software as a Service (SaaS) oder als ASP-Lösung (Application Service Provider) vom Unternehmen angewendet werden können. SaaS-Software wird nicht den Kundenwünschen entsprechend angepasst, sondern von jedem Kunden als gleiche Standardanwendung über die gleiche Infrastruktur genutzt. Um dennoch unterschiedlichen Kundenbedürfnissen nachzukommen, ist die Software in der Regel leicht erweiterbar. Verschiedene Funktionen und/ oder Module können vom Kunden hinzugebucht werden. Der erworbene Service umfasst alle für die Nutzung notwendigen Komponenten wie Hard- und Software, Wartung und Betrieb43. Auch bei einer ASP-Lösung wird die Software nicht im Unternehmen betrieben, sondern bei einem Dienstleister, welcher die entsprechenden Prozesse von einem Zentralrechner aus steuert. Das Unternehmen als Kunde nutzt die Software über das Internet. Es kann somit von einem Outsourcing von IT-Prozessen gesprochen werden. Für einen zentralen Service Provider ist die Dienstleistung das zentrale Leistungsangebot und somit seine Kernkompetenz.44 Im Gegensatz zu SaaS ist die ASP-Software nicht standardisiert, sondern nach Wünschen des Kunden konfigurierbar.

40 41 42 43 44

Wegner-Hambloch (2016, S. 5 f.). Wagner et al. (2010, S. 117 ff.). Wagner et al. (2010, S. 303 ff.). BITKOM (2009, S. 26 f.). ten Hompel et al. (2008, S. 71).

25

352

25

Kapitel 25 · Elektronische Beschaffung

Das E-Procurement bietet gleichermaßen für die operative sowie für die strategische Beschaffung Vorteile in verschiedenen Bereichen. Durch die Einführung von E-Procurement lassen sich im operativen Bereich sowohl direkte als auch indirekte Kostensenkungen erzielen. Einstandskosten lassen sich durch höhere Kostentransparenz und stärkeren Wettbewerb senken. Papierund Portokosten werden durch den IT-gestützten operativen Beschaffungsprozess reduziert und Personalaktivitäten werden durch die drastische Reduzierung manueller Eingaben und der Erstellung von Briefen reduziert. Die Lösungen können an die bestehenden Systeme wie z. B. SAP oder ERP angeschlossen werden und mit diesen Daten austauschen. Von der Bestellüberwachung bis zur Reporting-Funktion können alle Stufen des Prozesses für das Unternehmen dargestellt und überwacht werden. Auf diese Weise können diese Prozesse standardisiert werden. Bei an den direkten Beschaffungsprozess angrenzenden Funktionen (vom Bedarfsträger, über den Einkauf bis hin zu administrativen Aufgaben wie dem Rechnungswesen) lässt sich durch eine konsequente und ganzheitliche Einführung von E-Procurement ebenfalls abteilungsübergreifend erheblicher Aufwand einsparen. Beschaffungsseitig lassen sich zusätzlich wichtige Effekte durch die Nutzung von Synergien, Kostenreduktion beim Lieferanten aufgrund von Prozessvereinfachung sowie durch einfacheres Controlling von Standards und Rahmenverträgen erzielen. Letztendlich wirken sich die einfache und schnelle Informationsbeschaffung und -weitergabe ebenfalls positiv auf die Logistikkosten aus.45 Auch bei der zeitlichen Betrachtung beinhaltet die Einführung von E-Procurement Vorteile. Durch automatisierte Vorgänge können Teilprozesse wie die Bestellabwicklung und somit der gesamte Beschaffungsvorgang verkürzt werden. Auch die Abwicklung zeitaufwendiger Formalitäten wie Genehmigungsverfahren können durch den Einsatz elektronischer Tools beschleunigt werden und eine Effizienzsteigerung in der internen sowie auch externen Kommunikation durch Synchronisierung der Verfahren erreicht werden. Die Anwendung von E-Procurement kann somit die Durchlaufzeit eines Beschaffungsvorgangs von der Bedarfsgenerierung bis zur Bestellung erheblich senken.46 Durch beschleunigte Beschaffungsprozesse verringert sich als Folge die Durchlaufzeit für regelmäßig benötigtes Material sowie die Wiederbeschaffungszeit für unregelmäßig benötigte Produkte. Dies reduziert wiederum die Kapitalbindung und Lagerkosten.47 Letztendlich werden durch die erhöhte Flexibilität des E-Procurements auch Reaktions- und Aktionspotenziale auf wechselnde Markt- und Kundenanforderungen gesteigert.48 Durch die Vereinfachung des Beschaffungsprozesses und die Standardisierung der Schnittstellen ist die Möglichkeit einer schnellen Integration neuer Partner in die Wertschöpfungskette gegeben. Der Zugriff auf digitale Tools wie Marktplätze und Auktionen (vgl. 7 Abschn. 25.3.1) vereinfacht und beschleunigt ebenfalls den Zugang für neue Lieferanten. Durch die bessere Nutzung des externen Wissens der

45 46 47 48

Janke (2009, S. 23 ff.). Janke (2009, S. 24 ff.). Stoll (2007, S. 35 f.). Janke (2009, S. 24 ff.).

25.4 · Vor- und Nachteile von E-Procurement-Lösungen

353

Lieferanten oder Wertschöpfungspartner steigen das Innovationspotenzial und damit auch das nutzbare Know-how im Unternehmen.49 In Bezug auf die Beschaffungsqualität hat E-Procurement Auswirkungen auf die Objekt- und Informationsqualität sowie die Prozessqualität der Beschaffung. Die Möglichkeit, elektronisch Leistungen 24 h am Tag und sieben Tage die Woche abzurufen, bringt vor allem global gesehen eine hohe Flexibilität mit sich. Die Termineinhaltung wird durch das Angebot der Statusverfolgung einsehbar und sicherer, was wiederum positive Auswirkungen auf die Prozessqualität hat. Diese wird zusätzlich durch die Vermeidung bzw. elektronische Überwachung von Erfassungsfehlern erhöht. Die Informationsqualität wird vor allem durch die vielfältigen Möglichkeiten der Auswertung gewährleistet.50 So können intern Bestellungen schnell und einfach zugeordnet, nachvollzogen und ausgewertet werden, womit ein ständiger Überblick über Kosten und Bedarfe der Beschaffung sichergestellt ist. Neben den positiven operativen Einflüssen gibt es ebenfalls strategische Erfolgspotenziale, welche durch die Einbindung von E-Procurement in die Beschaffung ermöglicht werden. Die verbesserte Informationsqualität unterstützt strategische Beschaffungsentscheidungen z. B. über eine Outsourcing-Strategie. Elektronisch unterstützte Tools ermöglichen eine ganzheitliche Lieferantenanbindung, effizientes globales Sourcing sowie globale Supply Chains. Wettbewerbstechnisch können durch innovative Organisations-, Informations- und Technologienetzwerke Markteintrittsbarrieren für Konkurrenten aufgebaut werden, die die eigenen Marktanteile sichern. Für das Unternehmen haben der erfolgreiche Einsatz moderner Systeme und die damit verbundene Verbesserung individueller Serviceleistungen gegenüber Abnehmern und Lieferanten zudem positive Auswirkungen auf das Image und somit wiederum auf die Wettbewerbsfähigkeit.51 Ganzheitlich betrachtet können mithilfe von E-Procurement-Systemen Prozesse massiv verschlankt werden sie können somit eine hilfreiche Unterstützung im Bereich Lieferantenmanagement bieten. Das Know-how zur Anwendung dieser Systeme muss das Unternehmen jedoch selbst gewährleisten. Neben den genannten Vorteilen birgt die Integration von E-Procurement auch einige Nachteile. Zunächst ist die Auswahl eines Anbieters aufgrund der mangelnden Transparenz auf dem Anbietermarkt schwierig. Die Auswahl eines Anbieters und seiner Software erfordert somit einen hohen Aufwand. Ein weiterer Nachteil der Systemlösungen ist das Risiko des Datenverlustes. Gerade bei cloudbasierten Lösungen ist abzuwägen, ob und ggf. in welche Systeme sensible Daten übertragen werden, da die Gefahr des widerrechtlichen Eindringens von Hackern über das Internet in interne Systeme besteht. Einen weiteren Aufwand bringt das Schnittstellenmanagement mit sich. Für jedes System muss individuell eine Schnittstelle geschaffen werden, da es ansonsten zu manueller Übertragung von elektronisch eingegangenen Bestellungen kommen kann. Diese birgt wiederum aufgrund der manuellen Eingaben Fehlerquellen.

49 Janke (2009, S. 24 ff.). 50 Janke (2009, S. 24 ff.). 51 Janke (2009, S. 24 f.).

25

354

25

Kapitel 25 · Elektronische Beschaffung

Weiterhin stellen die geänderten Anforderungen an das Know-how der Einkäufer in vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen ein zu beachtendes Problem dar52. Auf der Seite des beschaffenden Unternehmens kann es in der Arbeitnehmerschaft zu Verweigerungen und Ablehnung kommen, da durch effizientere, softwaregestützte Prozesse einige Aufgaben nicht mehr notwendig sind und abgeschafft werden. Folglich kann dies den Abbau von Arbeitsplätzen nach sich ziehen.53 Des Weiteren sind organisatorische Schwierigkeiten im Unternehmen einzukalkulieren, da häufig das notwendige Know-how und die Ressourcen fehlen, um die technischen und organisatorischen Veränderungen umzusetzen.54 Nach der eigentlichen Einführung des Systems sind Schulungsmaßnahmen erforderlich, da das neue Beschaffungssystem den Mitarbeitern unbekannt ist und diese den effizienten Umgang erlernen müssen.55 In strategischer Hinsicht können bereits vor der Einführung einer E-Procurement-Lösung Schwierigkeiten auftreten. Elektronische Werkzeuge werden oft als schnelle Lösung für sämtliche Probleme in der Beschaffung verstanden. So wird ohne jede strategische Überlegung ein Tool eingesetzt, welches jedoch nicht in die operative Arbeit integriert ist und somit die Organisation und Arbeitsabläufe nur mangelhaft unterstützt.56 Zusätzlich ist der Markt dieser Softwarelösungen unübersichtlich und hält eine Vielzahl technischer Möglichkeiten bereit, die von softwarebasierten Produktkatalogen über personalisierte Onlineshops bis hin zu digitalen Marktplätzen reichen. Vor Kauf und Einführung einer Softwarelösung im Unternehmen müssen somit Tools ausgewählt werden, die mit der Beschaffungsstrategie des Unternehmens kompatibel sind. Bei derartigen Analysen tritt vor allem bei kleinen und mittelgroßen Unternehmen die Problematik auf, dass diese keine dokumentierte strategische Ausrichtung in einzelnen Bereichen verfolgen bzw. die Teilstrategien nicht auf die Unternehmensstrategie ausgerichtet sind. Zusätzlich steht häufig die operative Arbeit derart im Vordergrund, dass die Organisationsstruktur und die zur Verfügung stehenden Ressourcen nicht über das benötigte Know-how verfügen.57 Schwierigkeiten ergeben sich deshalb auch bei der Implementierung einer E-Procurement-Lösung. So müssen die Lieferanten, die eingebunden werden sollen, von diesem System ebenso überzeugt werden, da bspw. die hohe Transparenz bei Preisen und Produkten negative Auswirkungen für die Lieferanten mit sich bringen kann.58 Zudem ist die Einführung mit hohen Kosten verbunden. Die hohe Quote an problematischen oder gescheiterten E-Procurement-Projekten ist zu einem größeren Teil in der unterschätzten Komplexität solcher Veränderungen begründet. Idealtypisch ist die Initiierung eines solchen Projektes direkt durch das Top-Management, da dort direkte Entscheidungen getroffen werden können. Doch besonders in kleinen oder mittelgroßen Unternehmen sieht sich das

52 53 54 55 56 57 58

BA (5/2004). Schäfer et al. (2001, S. 107 f.). Janke (2009, S. 26 ff.). Schäfer et al. (2001, S. 107 f.). Stoll (2008, S. 251 f.). Stoll (2008, S. 251 f.). Glückstein (2011, S. 13).

25.5 · Lieferantenportale in der Praxis

355

Top-Management häufig auf Aufgaben beschränkt, die das Überleben des Unternehmens am Markt unmittelbar beeinflussen. Ihr Interesse gilt somit überwiegend operativen Aufgaben. Strategische Geschäftstätigkeiten werden ignoriert oder zeitlich verschoben, da deren Nutzen nicht sofort objektiv messbar ist.59 Beim Einsatz von E-Procurement sind ferner rechtliche Unsicherheiten zu beachten. Noch ist z. B. die Beweisbarkeit von Vertragsabschlüssen und Verträgen zwischen Unternehmungen auf internationaler Ebene rechtlich unsicher. Da die Welthandelsorganisation die Bedeutung der Thematik offensichtlich erkannt hat, ist in Zukunft mit einer Regulierung der elektronischen Beschaffung zu rechnen.60 Ebenso hat die Thematik E-Procurement in Bezug auf Vertraulichkeit und Sicherheit mit Mängeln zu kämpfen. Netzwerke über Inter-, Intra- und Extranet sind zunehmend Angriffen von Unberechtigten ausgesetzt, welche die Abwicklung von elektronischen Geschäften gefährden. Standard-Firewalls sind teilweise nicht in der Lage, trickreiche „Einbruchsversuche“ zu unterbinden. Daher ist es beim Einsatz von E-Procurement notwendig, sorgfältige Sicherheitskonzepte zu entwickeln und konsequent umzusetzen.61 In . Abb. 25.8 und 25.9 werden die Vor- und Nachteile von E-Procurement zusammengefasst dargestellt. 25.5  Lieferantenportale in der Praxis

Lieferantenportale stellen die Schnittstelle zwischen Abnehmer und Lieferanten dar. Die Kommunikation zwischen Unternehmen und Lieferanten soll über Lieferantenportale im Internet vereinfacht werden. Grundlegend wird ein Portal definiert als „eine Applikation, welche basierend auf Webtechnologien einen zentralen Zugriff auf personalisierte Inhalte sowie auf Prozesse bereitstellt“, mit diesen charakteristischen Merkmalen:62 5 Integration: Prozessabwicklung und Datenaustausch zwischen verschiedenen heterogenen Anwendungen über eine Plattform 5 Zentraler Zugriff auf unternehmensrelevante Applikationen über eine homogene Benutzeroberfläche 5 Möglichkeit, eine Zusammenarbeit in Arbeitsgruppen zu unterstützen Die . Abb. 25.10 beschreibt den allgemeinen Aufbau von Portalen aus prozessorientierter Sicht. Entscheidend bei der Gestaltung von Portalen ist die Gestaltung der unternehmensübergreifenden Schnittstellen, um so einen durchgängigen Gesamtprozess zu gewährleisten.63 Kunden nutzen Lieferantenportale nicht nur für den operativen Einkauf mit diversen zusätzlichen Funktionen, sondern auch für die Beschaffungsmarktanalyse. Gerade von externen Dienstleistern betriebene Portale bieten umfangreiche

59 60 61 62 63

Stoll (2008, S. 256 ff.). Janke (2009, S. 26 ff.). Janke (2009, S. 26 ff.). Gurzki et al. (2003, S. 9 f.). Vlachakis et al. (2005, S. 13 f.).

25

356

Kapitel 25 · Elektronische Beschaffung

25

. Abb. 25.8  Vor- und Nachteile von E-Procurement – operativ

Informationen über diverse Lieferanten wie z. B. Kennzahlen, Branchenstudien, Benchmarkingstudien oder wissenschaftliche Publikationen zu beschaffungsrelevanten Themen.64 Einkäufer und Lieferanten greifen online auf denselben Datenbestand zu. Mehrfacheingaben und redundante Informationen können dabei vermieden werden. Auch Ausschreibungen und Auktionen (vgl. 7 Abschn. 25.3) können über das Portal abgewickelt werden. Lieferantenportale können von Einkäufern genutzt werden, um häufige arbeitsaufwändige Tätigkeiten zu ersetzen. Bestellungen werden nicht mehr via Fax oder E-Mail an den Lieferanten gesendet, sondern können direkt elektronisch übermittelt werden. Lieferanten werden in die Prozesse des Einkäufers eingeglie-

64 Appelfeller et al. (2005, S. 41).

25.5 · Lieferantenportale in der Praxis

357

. Abb. 25.9  Vor- und Nachteile von E-Procurement – strategisch

dert, um die Kommunikation effizienter zu gestalten65, wobei Lieferanten in der Praxis Lieferantenportale sowohl auf der Beschaffungs- als auch auf der Verkäuferseite nutzen. Somit bieten sie nicht nur Waren über ein Lieferantenportal an oder betreiben eigene Portale, sondern kaufen ebenso ihre Beschaffungsmaterialien über Portale. Durchgängig integrierte Prozesse über die Supply Chain sind gerade für Unternehmen mit geringer Fertigungstiefe von hoher Bedeutung, da ihre Lieferanten einen großen Anteil an der Wertschöpfung erbringen. Die Prozesse im eigenen Unternehmen werden durch den durchgängigen elektronischen Datenaustausch vereinfacht. Fehler können vermieden, Kosten gesenkt und Zeit kann eingespart werden. Wird die gesamte Wertschöpfungskette in diesen Prozess einbezogen, lassen sich dauerhafte Einsparungen erzielen.66 Durch die Verarbeitung von Daten und Informationen findet eine Verlagerung eines Teils des Beschaffungsprozesses auf den Lieferanten statt, wodurch Lieferan-

65 Weiss (2010). 66 Schwarze (2010, S. 30).

25

. Abb. 25.10  Unternehmensportale und betriebliches Prozessumfeld Vlachakis et al. (2005), S. 14

358 Kapitel 25 · Elektronische Beschaffung

25

25.5 · Lieferantenportale in der Praxis

359

ten, die mehrere Portale zum Vertrieb ihrer Waren nutzen, einen höheren Aufwand für die Informationsverarbeitung aufbringen müssen.67 Durch eine Vielzahl vordefinierter Schnittstellen und Web-Services können Lieferanten und Geschäftspartner entlang der Supply Chain in kurzer Zeit in ein Portal integriert werden. Ist dies erfolgt, kommuniziert das ERP-System eines Unternehmens voll automatisch mit der Portalsoftware sowie mit den Drittsystemen der Lieferanten.68 Ein neuerer Ansatz innerhalb der Portalaktivitäten ist die Verbindung an das Lagerbestandsmanagement. Hier kann z. B. die Warenbereitstellung nach dem VMI-Prinzip (Vendor-managed Inventory) unterstützt werden. Der Lieferant plant dabei seine Lieferungen im Portal auf Basis der ermittelten Bestandsinformationen (z. B. über das ERP-System des Kunden oder Webcams im Kundenlager). Der erforderliche Auftrag für den Lieferanten wird automatisch über das Portal ausgelöst und an sein ERP-System übermittelt.69 Das Ziel dabei ist es, den Verfügbarkeitsgrad zu erhöhen und gleichzeitig Bestände zu senken. Ein Beispiel für erfolgreiche Bestandsführung (VMI) durch Lieferanten ist die Übernahme des dm-Verteilzentrums durch Henkel in Weilerswist. Der Verfügbarkeitsgrad von Henkel-Produkten im Verteilzentrum konnte hier von 95 % auf 99 % angehoben werden, während gleichzeitig die Reichweite von 2,65 auf 1,99 Tage reduziert wurde.70 Dieses Konzept stellt das Collaborative Planning, Forecasting and Replenishment (CPFR) dar und wird als eine Weiterentwicklung des Ansatzes Efficient Consumer Response (ECR) gesehen. Es soll das Verhältnis von Herstellern zu Händlern und Vorlieferanten durch gemeinsame Planungsprozesse und geteilte Informationen verbessern.71 CPFR basiert auf der Vereinbarung zwischen Unternehmen und ihren Lieferanten, gemeinsam Verantwortung für die Entwicklung von Plänen und Prognosen sowie für optimierte Nachbestellungen zu übernehmen. Für die Beschaffung besteht das Potenzial in der Verkaufsprognose, in welcher Daten von Herstellern (z. B. Marktforschungsergebnisse) und Händlern (z. B. Promotionplanung) konsolidiert werden. Durch diesen Austausch des Wissens können Bestellrhythmen mit den Produktionszyklen der Lieferanten synchronisiert werden.72 Das Unternehmen dm drogeriemarkt (dm) führte 2001 das dm-Extranet ein, ein Portal, das eine Kommunikationsstruktur zwischen dm und seinen Lieferanten schafft. Prof. Götz W. Werner, dm-Vorstandssprecher, bezeichnet das dm-Extranet als wichtigen Baustein „für die partnerschaftliche und produktive Zusammenarbeit mit Lieferanten“.73 Das Portal stellt allgemeine Informationen zum Absatzmarkt sowie zum dm-Kommunikationsplan zur Verfügung. Des Weiteren gewährt es Zugriff auf alle wesentlichen Daten der Produkte nach Wert und Menge und nach Filialen. Das Herausstechende am dm-Extranet ist, dass auch die Daten der Konkurrenz im direkten Vergleich angezeigt werden können. Als dritte Säule des

67 68 69 70 71 72 73

Gurzki et al. (2003, S. 50). Schwarze (2010, S. 31). Schwarze (2010, S. 32). Baumgart et al. (2002, S. 280). Seifert (2002, S. 57). Seifert (2002, S. 120). Manz (2005, S. 13).

25

360

Kapitel 25 · Elektronische Beschaffung

. Tab. 25.5  Erfolgsfaktoren und -hemmnisse von Lieferantenportalen (Gurzki et al. 2003, S. 53)

25

Erfolgsfaktoren

Erfolgshemmnisse

– Erhöhung der Prozessqualität – Senkung der Prozesskosten – Verkürzung der Prozessdauer – Erhöhung der Informationsverfügbarkeit – Verbesserung des Informationsaustausches – Zeitersparnis für den Nutzer – Realisierung neuer Prozesse – Umsatzsteigerung – Aufwertung des eigenen Firmenimages – Intensivierung des Dialogs mit dem Portalnutzer – Ablösung anderer Kommunikationswege – Schnelle Bereitstellung neuer Serviceangebote – Einheitliche Benutzeroberfläche – Bessere Produktinformationen/Transparenz

– Fehlendes Vorgehensmodell für den Aufbau von Portalen – Fehlende Standards – Kosten für Portalsoftware – Kosten für die Umsetzung/Dienstleister – Pflege- und Wartungskosten – Komplexität des Systemintegration – Komplexität des Benutzung – Fehlendes Know-how auf Sacharbeiterebene – Sicherheitsdenken/Datensicherheit – Integration in vorhandene interne Abläufe – Lange Projektlaufzeiten – Rasche Technologieänderung – Konflikt mit anderen Distributionswegen

Systems werden Supply-Chain-Informationen bereitgestellt. So können tagesgenaue Bestände in Filialen und Verteilzentren nach Menge und Wert abgerufen werden.74 Auch die Lieferfähigkeit des Lieferanten zum Verteilzentrum sowie das Servicelevel von dm gegenüber den Filialen wird im dm-Extranet angezeigt. Sowohl bei der Entwicklung des Portals als auch bei der Weiterentwicklung wird mit den Lieferanten kooperiert und die Anregungen der Industrie werden berücksichtigt. Fast alle dm-Lieferanten nutzen das gebührenpflichtige Portal. Die Gebühren sind nach Berechtigungsstufen gestaffelt und variieren je nach gewünschter Informationstiefe.75 Durch die verbesserte Beziehung zwischen dm und seinen Lieferanten und gemeinsame Prognose- und Planungsaktivitäten kann die Produktverfügbarkeit am Point of Sale erhöht werden. Des Weiteren werden Bestände über die gesamte Supply Chain reduziert, was zu Kostensenkungen für beide Partner führt. Diese Verbesserungen sind jedoch nur durch eine erhöhte Kooperationsbereitschaft auf beiden Seiten möglich. Ebenso müssen Entscheidungen mit Hinblick auf gemeinsame Ziele abgestimmt werden und umfassen Tätigkeiten wie Forecasts für Werke, Lager und Handelsfilialen und Bestell- und Belieferungsrhythmen.76 Sowohl für Lieferanten als auch für Kunden spielen Erfolgsfaktoren eine große Rolle bei der Entscheidung, Produkte über ein Portal anzubieten bzw. zu erwerben. Neben den Erfolgsfaktoren sind jedoch auch Erfolgshemmnisse für Lieferanten und Kunden relevant. . Tab. 25.5 stellt einige dieser Punkte dar. Ein Beispiel für die Einführung eines Lieferantenportals ist die Firma Multivac GmbH, welche alleine durch die automatische Übernahme von Lieferantenbestätigungen von 15 Lieferanten 250 Arbeitsstunden innerhalb von 6 Monaten einsparen

74 Manz (2005). 75 Loderhose (2007). 76 Baumgart et al. (2002, S. 284).

25.6 · Auswahl von Beschaffungsobjekten

361

konnte. Außerdem wurden Fehler durch die Reduzierung von Medienbrüchen vermieden. Die hierdurch gewonnene Zeit konnte somit für strategische Einkaufstätigkeiten genutzt werden.77 25.6  Auswahl von Beschaffungsobjekten

Der Einsatz von E-Procurement bewirkt je nach Beschaffungsobjekt unterschiedliche Einsparungspotenziale. Ein hilfreiches Instrument zur einleitenden Selektierung der Materialien in Produktgruppen bietet die ABC-Analyse (vgl. 7 Abschn. 16.1). Dabei bietet E-Procurement ein besonders hohes Potenzial zur Senkung der Prozesskosten im Bereich der C-Teile und MRO-Artikel, die einen großen Teil des operativen Prozessaufwandes darstellen. Das Einsparungsverhältnis zu den Einstandskosten ist hier besonders hoch. Zu den MRO-Artikeln zählen die Materialien für: 5 Maintainance (Instandhaltung), 5 Repair (Wartung) und 5 Operations (Betrieb). Des Weiteren können indirekte Einsparungen durch die Implementierung von E-Procurement bei Bestands- und Lagerhaltungskosten erreicht werden.78 C-Güter sollten im Rahmen des E-Procurements über elektronische Kataloge bzw. über Desktop-Purchasing-Systeme (DPS) beschafft werden.79 Im Bereich der Einstandskosten und der Beschaffungsqualität können primär Einsparungen bei den A-Artikeln erzielt werden. Die elektronische Beschaffungsmarktforschung schafft anhand leistungsfähiger Marktanalysen und -beobachtungen eine hohe Transparenz auf dem Beschaffungsmarkt. Das elektronische Beschaffungsmarketing hilft bei der Suche und Auswahl zuverlässiger und leistungsfähiger Lieferanten.80 Im Verhältnis zum Warenwert sind die Einsparungen bei A-Artikeln jedoch weitaus geringer als bei C- bzw. MRO-Artikeln. Für die elektronische Beschaffung von A-Artikeln sollte der Einkauf über Ausschreibungen oder Auktionen erfolgen. B-Artikel sind ebenfalls geeignet für elektronische Ausschreibungen. Auktionen sind unter Kosten-Nutzen-Betrachtung aufgrund des geringeren Einkaufsvolumens nur noch bedingt sinnvoll. Regelmäßig beschaffte Materialien mit hohem Einkaufsvolumen (AX-Artikel) sollte eine besondere Beachtung zukommen. Aufgrund ihrer regelmäßigen und wertmäßig hoch anzusiedelnden Beschaffung kann hier über das Konzept E-Collaboration nachgedacht werden – also eine elektronisch unterstützte partnerschaftliche Beziehung zwischen Lieferant und Abnehmer (vgl. 7 Abschn. 17.4.7).81 Stoll (2008) teilt in . Abb. 25.11 im Rahmen einer ABCXYZ-Analyse die Materialgruppen den geeigneten Instrumenten des E-Procurements zu.

77 78 79 80 81

Schwarze (2010, S. 31). Stoll (2007, S. 34). Stoll (2008, S. 61). Wannenwetsch et al. (2002, S. 107). Stoll (2008, S. 61).

25

362

Kapitel 25 · Elektronische Beschaffung

25

. Abb. 25.11  Zuordnung Materialgruppen zu den geeigneten Instrumenten des E-Procurements (Stoll 2008, S. 61)

25.7  Aufgaben zur Selbstüberprüfung

1. Definieren Sie den Begriff „E-Procurement“ in einem Satz. 2. In welche zwei Bereiche lässt sich E-Procurement einordnen? 3. Nennen Sie die drei Hauptziele, die durch den Einsatz von E-Procurement verfolgt werden. Nennen Sie jeweils zwei konkrete Ziele. 4. Sortimente können in A-, B- und C-Artikel unterteilt werden. Für welche dieser Artikelgruppen lässt sich üblicherweise eine Reduktion der Einstandskosten, für welche eine Reduktion der Prozesskosten erzielen? 5. Nennen Sie jeweils sieben Vor- und Nachteile des E-Procurements. 6. Elektronische Kataloge können im elektronischen Beschaffungsprozess eingesetzt werden. Die elektronischen Kataloge lassen sich dabei anhand der Betriebsverantwortlichkeit klassifizieren. Nennen Sie die drei Klassen und erklären Sie diese in jeweils einem Satz. 7. Nennen Sie jeweils zwei Vor- und Nachteile zu den in Frage 6 genannten Klassen. 8. Was ist das Hauptziel von elektronischen Ausschreibungen und Auktionen? 9. Was ist der Hauptvorteil von elektronischen Ausschreibungen und Auktionen? 10. Welche charakteristischen Merkmale weisen Portale im Allgemeinen auf ? 11. Was versteht man unter einem Lieferantenportal? 12. Welche Fehler können durch ein Lieferantenportal im Beschaffungsprozess vermieden werden? Begründen Sie kurz. 13. Welche Anwendungsmöglichkeiten außerhalb des operativen Beschaffungsprozesses bieten Lieferantenportale in der Praxis? Erläutern Sie kurz. 14. Warum nutzen gerade Unternehmen mit geringer Fertigungstiefe Lieferantenportale? Welche Vorteile erlangen sie dadurch? 15. Was versteht man unter einer ASP-Lösung? 16. Stellen Sie Vor- und Nachteile von ASP-Lösungen und Eigenbetrieb von Lieferantenportalen gegenüber. 17. Welche wesentlichen Erfolgsfaktoren bringen Lieferantenportale mit sich? 18. Welche Erfolgshemmnisse können bei der Integration von Lieferantenportalen auftreten? 19. Wofür steht die Abkürzung MRO?

363 25.7 · Aufgaben zur Selbstüberprüfung

. Abb. 25.12  Zuordnung Materialgruppen blanko

20. Ergänzen Sie die geeigneten Instrumente für die entsprechenden Materialgruppen in folgender Darstellung (. Abb. 25.12).

25

365

Beschaffung 4.0 Inhaltsverzeichnis 26.1 Industrie 4.0 – 366 26.2 Aktueller Entwicklungsstand der Beschaffung 4.0 – 377 26.3 Potenziale der Beschaffung 4.0 – Ausblick – 383 26.4 Aufgaben zur Selbstüberprüfung – 389

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 H. Beckmann, Grundkurs Beschaffungsmanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-39125-6_26

26

366

26

Kapitel 26 · Beschaffung 4.0

Wie bereits in den vorherigen Kapiteln erwähnt, sind Unternehmen in der Weltwirtschaft steigendem Kosten-, Qualitäts- und Zeitdruck ausgesetzt und stehen komplexen Produktionsbedingungen gegenüber, deren Anforderungen sich permanent, kurzfristig und unvorhergesehen ändern. Die Gründe für diese Anforderungen sind unter anderem: 5 Konkurrenten aus dem Ausland, insbesondere aus Asien und Südamerika, bauen ihre Produktionsleistungen und Zuverlässigkeit aus. 5 Der Onlinehandel und das Internet im Allgemeinen beschleunigen Lieferungen und generieren eine bisher unbekannte Markttransparenz. 5 Die global verteilte Produktion, welche die „Wirkfläche“ vergrößert, auf die Ereignisse aus dem Weltgeschehen durchschlagen können (Umweltkatastrophen, Anschläge etc.). Zudem wird eine kundenindividuelle Produktion zur Pflicht für die Unternehmen, da die Produktindividualität zunehmend zum Entscheidungskriterium hinsichtlich der Auftragserteilung aufsteigt, wobei geringe Kosten und kurze Lieferzeiten Grundvoraussetzungen darstellen. Merksatz: Flexibilität und Wandlungsfähigkeit sind entscheidende Erfolgsfaktoren der Zukunft! Weiterhin ist die vierte industrielle Revolution, unter welchem Begriff die Entwicklungen, die durch die Digitalisierung ermöglicht werden, zusammengefasst werden, zur Realität geworden. Sie ist die Wandlung der starren Automatisierungspyramide in ein flexibles Netzwerk von autonom agierenden cyberphysischen Systemen (vgl. 7 Abschn. 26.1.2). So wird die klassische Trennung in „Shop Floor“ und „Top Floor“ zunehmend abgebaut.1 Grundlegend verändern wird sich auch die Art, wie Produkte hergestellt und Dienstleistungen angeboten werden, ebenso wie die Kommunikation, der Transport oder die Bezahlung. Alle Prozesse müssen flexibel im Falle neuer oder veränderter Produkte und Prozesse angepasst werden. Somit muss auch die Machine-to-Machine-Kommunikation (M2M) gestaltet und Faktoren wie Produktionsauftrag, Arbeitsplan oder Stückliste müssen aufgenommen werden.2 Diese Veränderungen betreffen alle Funktionen im Unternehmen, auch und vor allem den Einkauf. 26.1  Industrie 4.0

In den folgenden Kapiteln werden sowohl die historische Entwicklung der Industrie 4.0 als auch ihre Bestandteile vorgestellt. Die historische Entwicklung der Industrie lässt sich in vier grob zu unterteilende Phasen gliedern, welche im Folgenden erläutert werden (s. zusammenfassend . Abb. 26.1).

1 2

Fritz (2016). Fritz (2016).

. Abb. 26.1  Historie der Industrie 4.0

26.1 · Industrie 4.0 367

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Kapitel 26 · Beschaffung 4.0

26.1.1  Historie der Industrie 4.0

26

Die erste industrielle Revolution bestand aus der Erfindung der Dampfmaschine und des mechanischen Webstuhls: Maschinen wurden durch Wasser- und Dampfkraft angetrieben. Gleichzeitig suchte sich die frühe Industrie ihren Weg in neue Bereiche – die ersten Eisenbahnen, Kohleabbau, Schwerindustrie, die Dampfschifffahrt, Tuchherstellung, Verkehr und Textildruck schufen neue Arbeitsplätze in den Fabrikhallen in Europa und Nordamerika. Die zweite industrielle Revolution begann Ende des 19. Jahrhunderts mit der Einführung der Elektrizität als Antriebskraft. Eine erste Automatisierung fand in der Produktion der ersten Automobile ab dem frühen 20. Jahrhundert statt. In damaliger Rekordzeit wurde am Fließband produziert (Taylorismus), Motoren übernahmen weitere Arbeitsschritte, und dank der modernen Telekommunikation mit Telefonen und Telegrammen wurden Arbeitsprozesse beschleunigt. Weiterhin sind in dieser Zeit Anfänge der Globalisierung zu beobachten: Automobile, Kleidung, Rohstoffe und Lebensmittel wurden zum Teil automatisiert verarbeitet und erstmals über die Kontinente transportiert. Später konnten per Schiff die Weltmeere überquert werden und die Luftfahrt kam hinzu. Ab den 1960er-Jahren ist die dritte industrielle Revolution zu beobachten. Automatisierte Fertigungen durch speicherprogrammierbare Steuerungen standen im Fokus. Bereits zwanzig Jahre zuvor fanden große Rechenmaschinen Einzug in Großfirmen, später erhielt der PC Einzug in Büros und Haushalte. Ende des 20. Jahrhunderts begann die vierte industrielle Revolution3. Die Digitalisierung früherer analoger Techniken nahm und nimmt weiter zu und cyberphysische Systeme wurden integriert (s. 7 Abschn. 26.1.2). Die Herstellung vieler Produkte erfolgt nun verstärkt auf Nachfrage oder nach dem tatsächlichen Bedarf und nicht mehr wie bisher üblich auf Vorrat. Durch die weniger zeitintensive Fertigung können Ressourcen und Abfälle gespart werden. Die moderne Technologie und Produktion im Zeitalter der digitalen Revolution (vierte ind. Revolution) wird mit „Industrie 4.0“ betitelt. Mit diesem Titel ist nicht nur die industrielle Entwicklung weiterer Technologien gemeint, sondern auch die geänderte Produktions- und Arbeitswelt im globalen Zeitalter. Die Industrie 4.0 kann zum einen schnell, flexibel und exakt auf Trends, Geschmäcker und die Bedürfnisse des Absatzmarktes eingehen und zum anderen eine größere Bandbreite an Modellen und Produktausführungen herstellen. Neue, digitale Fabriken können bei Bedarf bezahlbare Einzelstücke ohne Einbußen produzieren. Der Einfluss von Industrie 4.0 auf das Gesamtunternehmen wird in vielen Unternehmen durchweg als sehr hoch bewertet und er wird sich in Zukunft weiter verstärken4.

3 4

Industrie Wegweiser (2017). Fraunhofer IML (2016).

26.1 · Industrie 4.0

369

26.1.2  Bestandteile der Industrie 4.0 und Stand der Technik

in Unternehmen

Industrie 4.0 ist ein Oberbegriff für die vertikale Verknüpfung (Integration) der realen und virtuellen Welt durch Cyberphysische-Systeme (Erläuterung s. u.) über alle Unternehmensebenen hinweg und die horizontale Verkettung von Unternehmensbereichen sowie Wertschöpfungspartnern über die gesamte Supply Chain. Die Supply Chain beschreibt somit eine effiziente, dezentral organisierte und flexible Wertschöpfung kundenindividueller Erzeugnisse oder Dienstleistungen. Die Bestandteile, welche die Industrie 4.0 charakterisieren, werden im Folgenden erläutert. Embedded Systems (eingebettete Systeme) sind in physische Objekte integrierte und mit Rechenleistung sowie einer IP-Adresse ausgestattete Kleinstcomputer, die das übergeordnete Cyberphysische Systeme (CPS) dazu befähigen, sich selbst zu steuern, sich mit anderen CPS zu vernetzen und sich somit mit diesen zu koordinieren5. Eingebettete Systeme unterstützen den Produktionsprozess, indem sie bspw. Aufträge annehmen oder weiterleiten. Über das Internet sind sie mit den eingebetteten Systemen anderer CPS verbunden6. Sie nutzen über die digitalen Medien weltweit verfügbare Daten und Dienste und verfügen über multimodale Mensch-Maschine-Schnittstellen. Durch die Vernetzung dieser CPS über offene und globale Informationsnetze wird eine Echtzeitfähigkeit der neuen industriellen Entwicklungsstufe ermöglicht.7 Cyberphysische Systeme (CPS) sind physische Objekte, die mit einem Embedded System, Sensoren und Aktoren ausgestattet sind, welche ihnen Intelligenz und somit die Fähigkeit zur Selbststeuerung und Vernetzung (. Abb. 26.2) und folglich zur Koordination mit anderen CPS verleihen8. CPS stellen die technische Lösung zur Verknüpfung der physikalischen und der virtuellen Welt dar. Mittels Sensoren erfassen sie als eingebettete Systeme unmittelbar physikalische Daten und interagieren auf dieser Grundlage aktiv oder reaktiv mit der physikalischen und der virtuellen Welt. Technisch gesehen sind eingebettete Systeme die Kombination aus Kleinstcomputern und Software, die in andere Objekte (Produkte, Materialien, Maschinen etc.) integriert sind9. Das Internet der Dinge bildet die Infrastruktur für die Vernetzung Cyberphysischer Systeme und ermöglicht Menschen sowie den CPS selbst den steuernden, kontrollierenden und koordinierenden sowie ortsunabhängigen Zugriff auf die eingebundenen CPS10 (. Abb. 26.2).

5 6 7 8 9 10

Kagermann (2013). Simon (2013). VDI/VDE (2013, S. 2); Spath et al. (2013, S. 80). Kagermann (2013). Simon (2013). ten Hompel (2007).

26

370

Kapitel 26 · Beschaffung 4.0

26

. Abb. 26.2  Cyberphysische Systeme (CPS) und Internet der Dinge (in Anlehnung an Studie BMWi 2015)

Das Internet der Dinge basiert auf den folgenden Grundsätzen11: 5 Speicherung individueller Information am Objekt 5 Vernetzung der Objekte 5 individuelle Entscheidungsfindung auf Basis lokal ausgewerteter Information 5 individuelle Services auf Abruf zur echtzeitnahen und ereignisorientierten Steuerung von Prozessen Vertikale und horizontale Verknüpfung In der Industrie 4.0 werden über diese technischen Lösungen technische und kaufmännische Prozesse und ihre Ressourcen miteinander über Unternehmensebenen hinweg vertikal verknüpft. Diese Verknüpfung sowie die der Informations-, Kommunikations-, Steuerungs- und Managementsysteme wird als vertikale Integration bezeichnet. Durch diese Integration verschmelzen die reale und die virtuelle Welt miteinander12. Des Weiteren werden die Prozesse und Ressourcen entlang der Wertschöpfungskette über Unternehmensgrenzen hinweg miteinander verknüpft. Die (maschinelle)

11 Studie BMWi (2015). 12 Simon (2013); Kagermann et al. (2012).

26.1 · Industrie 4.0

371

. Abb. 26.3  Funktionsbereiche der Industrie 4.0

Kommunikation findet horizontal zwischen Auftraggebern und Herstellern und weiterhin innerhalb der Supply Chain auf allen Unternehmensebenen und -funktionen statt. Diese Vernetzung wird mit „horizontaler Integration“ bezeichnet13. Aus der Studie „Erschließen der Potenziale der Anwendung von Industrie 4.0 im Mittelstand“, durchgeführt von agiplan GmbH, Fraunhofer IML und ZENIT im Auftrag vom BMWI im Jahr 2015, lassen sich fünf Funktionsbereiche (. Abb. 26.3) der Industrie-4.0 herausarbeiten, welche über die Unternehmensbereiche hinweg Gültigkeit haben und somit auch in der Beschaffung vorzufinden sind. Ein Funktionsbereich fasst hierbei über die Einsatzbereiche im Unternehmen hinweg die einzelnen Industrie 4.0-Anwendungen zusammen. Die Gruppierung erfolgt nach Grundfunktionen und Nutzenaspekten14. Datenerfassung und -verarbeitung Die Grundlage für Industrie 4.0 bilden die Datenerfassung und -verarbeitung. Zu ihnen gehören die Erhebung und Auswertung von Daten über Prozesse, Qualität, Produkte, Produktionsmittel, Beschäftigte und deren Umfeld. Wesentlich für Industrie 4.0 ist die IT-basierte Datenerfassung von Kunden-, Produkt-, Produktionsund Nutzungsdaten, mit dem Ziel, eine Prozess- bzw. Qualitätsverbesserung zu erreichen. Die Daten werden an spezialisierte oder zentrale Systeme weitergeleitet und die darauf aufbauenden Entscheidungen werden von den Beschäftigten oder durch vorab definierte Regeln eingeleitet.

13 Studie BMWi (2015). 14 BMWi (2015).

26

372

26

Kapitel 26 · Beschaffung 4.0

Allein durch das Messen und Auswerten von Daten lassen sich immense Effizienzgewinne erschließen, die heute noch bei Weitem nicht ausgeschöpft sind (s. auch BigData in 7 Abschn. 26.3). Die elektronische Datenerfassung ist größtenteils bereits Standard, womit der erste Schritt in Richtung Industrie 4.0 schon erfolgt ist. Allerdings wird das Potenzial der Daten noch nicht in vollem Umfang genutzt. Hinsichtlich der Auswertung der Daten besteht großer Handlungsbedarf, zum Beispiel durch Assistenzsysteme, welche Daten für die Beschäftigten bereitstellen. Die Chancen und Risiken der Datenerfassung und -verarbeitung werden in . Tab. 26.1 aufgeführt. Assistenzsysteme Assistenzsysteme sollen dem Beschäftigten möglichst einfach und schnell, jederzeit und überall die Informationen zur Verfügung stellen, die er gerade benötigt. Unter Assistenzsystemen werden alle Technologien verstanden, welche die Mitarbeiter bei der Ausführung ihrer Arbeit unterstützen und ihnen ermöglichen, sich auf ihre Kernaufgaben zu konzentrieren. Insbesondere sind dies Technologien zur Informationsbereitstellung wie Visualisierungssysteme, mobile Endgeräte, Tablets und Datenbrillen oder Hilfsmittel, die Berechnungen vornehmen bzw. motorisch unterstützen. Durch Assistenzsysteme lassen sich häufig nicht wertschöpfende Nebenzeiten des Herstellprozesses verringern, was für Unternehmen zu der Möglichkeit führt, die Wertschöpfungskette trotz der immer stärker werdenden Individualisierung der Produkte und Sinken der Stückzahlen effizient zu gestalten. Meist werden die Potenziale noch nicht wahrgenommen oder es besteht ein Wissensdefizit in Bezug auf die verfügbaren technischen Möglichkeiten. Handlungsbedarf besteht auch hier in der Umsetzung (s. auch Chancen und Risiken in . Tab. 26.2). Vernetzung und Integration Die vertikale und die horizontale Integration (s. o.) sind ein zentrales Element der Industrie 4.0. Die digitale Vernetzung hat eine Verbesserung der Zusammenarbeit, Koordination und Transparenz über die Unternehmensbereiche hinweg sowie entlang der Liefer- und Wertschöpfungskette zum Ziel. Der Funktionsbereich umfasst die bereichsübergreifende Zusammenarbeit innerhalb des Unternehmens so-

. Tab. 26.1  Chancen und Risiken der Datenerfassung und -verarbeitung Chancen

Risiken

- Verringerung des Aufwandes für Dokumentation und Datenerhebung - Erhöhung der Datenqualität - Erkennen von Zusammenhängen - Vereinfachung der Fehler- und Ursachenanalyse - Verbesserung der Analyse/Überwachung von Prozessen und Terminen - Erhöhung der Prozess- und Produktqualität - Verbesserte Prognosemöglichkeiten - Optimierung der Instandhaltung

- Datensicherheit schwer zu gewährleisten - Steigendes Datenvolumen - Informationsflut, die nicht bearbeitet werden kann - Fachkräfte für die Datenauswertung sind schwer zu bekommen - Hohe Abhängigkeit von der IT - Erhöhte Störanfälligkeit der Systeme - Oftmals unzureichende Übertragungsgeschwindigkeit

373

26.1 · Industrie 4.0

. Tab. 26.2  Chancen und Risiken von Assistenzsystemen Chancen

Risiken

- Beschleunigung der Einarbeitungsprozesse - Verbesserung der Produktivität - Erhöhung der Prozess- und Produktqualität - Vereinfachung der Variantenbeherrschung - Fehlerreduktion/-vermeidung - Erhöhung der Arbeitssicherheit - Kostensenkung durch Consumer-Produkte - Verbesserung der Ergonomie

- Fehlende Akzeptanz der Beschäftigten - Hohe Abhängigkeit von der IT - Hoher Betreuungs- und Pflegeaufwand - Keine einheitlichen Standards/mangelnde Kompatibilität von verschiedenen Assistenzsystemen - Geringe Anwendungsflexibilität - Weiterbildungsaufwendungen - ggf. mitbestimmungspflichtige Systeme

wie unternehmensübergreifende Zusammenarbeit in Wertschöpfungsnetzwerken und beinhaltet die Ansätze des Cloud Computing und das Internet der Dinge. Zunächst müssen Sicherheits- und abgegrenztes Bereichsdenken (Silodenken) überwunden werden, um unternehmensintern und im Netzwerk eine stärkere Zusammenarbeit zu ermöglichen. Technische Voraussetzungen für den sicheren unternehmensinternen und externen Datenaustausch sind noch nicht vorhanden. Auch die Vernetzung und Integration bringen sowohl Chancen als auch Risiken mit sich, wie . Tab. 26.3 darstellt. Dezentralisierung und Serviceorientierung Der Wechsel von der zentralen Steuerung zur dezentralen Prozessverantwortung und von der Produktorientierung hin zur Kunden-/Serviceorientierung führte zur Industrie-4.0-Revolution. Der Funktionsbereich Dezentralisierung und Serviceorientierung umfasst daher die Modularisierung von Produkten und Prozessen, die dezentrale Steuerung sowie den Wechsel zur Serviceorientierung. Das gesamte Unternehmen mit seinen Abteilungen und Untereinheiten und die Software sollen aus Leistungseinheiten aufgebaut werden, die ihre Leistungen als

. Tab. 26.3  Chancen und Risiken von Vernetzung und Integration Chancen

Risiken

- Vereinfachung der Zusammenarbeit intern und in Netzwerken - Erhöhung der Transparenz der Lieferkette - Verbesserung des Verständnisses für Zusammenhänge - Schaffung von durchgängigen Informationsflüssen (One Dataset) - Verstärkung der Kundenbindung - Innovationsschub und Produktverbesserungen durch Kundeneinbindung - Bildung „virtueller“ Unternehmen zur Stärkung der Marktmacht - Kunden-, orts- und geräteunabhängige Verfügbarkeit von Daten

- Markttransparenz führt zu steigendem Wettbewerbs- und Kostendruck - Fehleranfälligkeit der komplexen Systeme (Anstieg der Schnittstellen) - Fehlende Kommunikations- und Schnittstellenstandards - Hohe Abhängigkeiten (von Technik, Partnern, IT-Dienstleistern) - Geringe Akzeptanz der Beschäftigten - Know-how-Verlust bei Wechsel der Netzwerkpartner - Erhöhter Bedarf an Facharbeitern

26

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26

Kapitel 26 · Beschaffung 4.0

Service unternehmensintern oder an Partner im Netzwerk anbieten. Durch eine Dezentralität muss die Steuerungsaufgabe nicht mehr ausschließlich an einem Ort erfolgen, dies ermöglicht eine klare Koordination und macht dadurch Komplexität beherrschbar (s. auch . Tab. 26.4). Durch serviceorientierte Produkte bieten sich neue Geschäftsmöglichkeiten, welche bisher aber noch kaum genutzt werden, da dabei ein zweifaches Umdenken erforderlich ist: von der zentralen Steuerung hin zu einer dezentralen Prozessverantwortung und von der Produktorientierung hin zur Serviceorientierung. Neben technischen Fragestellungen sind beispielsweise rechtliche Fragestellungen sowie die genaue Ausgestaltung von Geschäftsmodellen, Verantwortlichkeiten und Organisationsformen noch auszugestalten. Selbstorganisation und Autonomie Die Vision von Industrie 4.0 „Das intelligente Produkt steuert seine eigene Herstellung“ wird hier Realität. Technologien und Prozesse, die eine automatische Datenauswertung vornehmen und auf deren Ergebnisse die Systeme anschließend selbstständig reagieren, werden zusammengefasst. So lassen sich Selbstkonfiguration und Selbstoptimierung von Systemen bis hin zu einer vollständigen Selbstorganisation erreichen. Die Fähigkeit zur Selbstorganisation und -steuerung ist eine wichtige Eigenschaft der Cyberphysischen-Systeme, die neben der Erfassung, Auswertung und Speicherung von Daten auch untereinander kommunizieren, eine Identität haben und mit ihrer Umgebung interagieren (. Tab. 26.5). Beispiele für solche autonomen Systeme sind intelligente und flexible fahrerlose Transportsysteme (FTS) in der Intralogistik oder intelligente Behälter, die eine automatische Nachbestellung auslösen. Da die autonome und intelligente Produktion einen hohen Umsetzungsstand der anderen Funktionsbereiche voraussetzt, ist dies v. a. für den Mittelstand noch ein Zukunftsthema.

. Tab. 26.4  Chancen und Risiken von Dezentralisierung und Serviceorientierung Chancen

Risiken

- Zusätzliche Wertschöpfung durch neue Geschäftsmodelle (After-Sales-Dienstleistungen und-Produkte) - Flexibilität und Wandlungsfähigkeit durch dezentrale Strukturen - Effizienter und flexibler Einsatz von Kapazitäten - Bessere Auslastung der eigenen Produktion - Konzentration auf Kernkompetenzen - Geringere Investitionskosten durch Einkauf von Leistungen - Kosteneinsparungen durch geringere Investitionen (modulare, skalierbare Systeme und Pay per Use)

- Lokale Optimierung ohne Blick auf das Gesamtsystem (Insellösungen) - Unklare Gesamtverantwortung - Schwierige Entscheidungsfindung - Abstimmungsproblematik (unternehmensübergreifend) - Kontrollverlust - Hohe Eigenverantwortung der Beschäftigten erforderlich - Verstreutes Fachwissen - Fehlende Schnittstellen und Standards

375

26.1 · Industrie 4.0

. Tab. 26.5  Chancen und Risiken von Selbstorganisation und Autonomie Chancen

Risiken

- Erhöhte Wandlungsfähigkeit der Fabrik - Steigerung der Flexibilität der Prozesse und Produktion - Bedarfsorientierte Optimierung von Wertschöpfungsprozessen - Erhöhung der Anlagenverfügbarkeit - Schnelle Reaktion auf ungeplante Ereignisse - Geringer Planungs- und Steuerungsaufwand - Vereinfachung der Ressourcenplanung - Senkung des Energieverbrauches - Unterstützung des Qualitätsmanagements

- Hohes Investitionsvolumen - Abhängigkeit von der Technik - Kontrollverlust durch Abgabe der Prozessverantwortung - Gefahr für Betriebssicherheit (Ausfall der Anlagen, instabile Technik/Infrastruktur) - Mangel an Know-how und Fachkräften - Überforderung der Beschäftigten

26.1.3  Roboter Process Automation

Eine Möglichkeit der Business Process Automation, also der Automatisierung von Prozessen, stellt die Robotic Process Automation (RPA) dar. Zur Prozessautomatisierung zählen neben der RPA auch Excel-Macros, Chatbots, Mailbots oder Artificial Intelligence. Ziel dieser technischen Anwendungen ist es, mehr Effizienz in digital ablaufenden Arbeitsabläufen zu erreichen. Mithilfe von RPA sollen strukturierte Geschäftsprozesse automatisiert werden, indem menschliche Interaktionen durch Softwaresysteme abgebildet werden. Bei RPA kommen virtuelle Software-Robots zum Einsatz, welche eindeutig strukturierte, sich wiederholende und regelbasierte Prozesse und Aufgaben ausführen. Software-Roboter sind somit keine physisch existenten Maschinen, wie in der Fertigungsindustrie eingesetzt. Es handelt sich vielmehr um Software-Anwendungen, die eine menschliche Interaktion mit Benutzerschnittstellen von Softwaresystemen nachahmen.15 Die Vorteile des Einsatzes von Robotic Process Automation sind folgende:16 Ein Software-Roboter 5 arbeitet 365 Tage im Jahr, 24 h am Tag. 5 macht keine Pausen und ist nie krank. 5 macht keine Flüchtigkeitsfehler. 5 vergisst keine Aufgaben oder Schritte. 5 macht keine Rechenfehler, egal wie viele Kalkulationen notwendig sind. 5 dokumentiert jeden seiner Schritte lückenlos. Durch die Prozessautomatisierung lassen sich Fehler in kundenorientierten Prozessen reduzieren, wodurch die Kundenzufriedenheit steigt.

15 Safar (2021); Koch (2020). 16 Safar (2020).

26

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Kapitel 26 · Beschaffung 4.0

. Tab. 26.6  Typische RPA-Anwendungsbeispiele (Koch 2020)

26

Personalwesen

Finanzwesen

Einkauf

- Anlegen und Aktualisieren von Personaldaten - Pflegen von Einstellungen und Abgängen - Erstellen von Personalkennzahlen und Berichten - Unterstützung bei Lohnund Gehaltsabrechnung - Unterstützung im Zeit und Anwesenheitsmanagement - Pflegen der Internetseite - …

- Anlegen und Aktualisieren von Stammdaten - Kontrollieren von Rechnungen - Durchführen von Stichproben - Erstellen von Finanzkennzahlen und Berichten - Rechnungsbearbeitung - Erstellen von Rechnungen - Durchführung von Umbuchungen - Übermitteln von Daten an Behörden oder Kunden - …

- Anlegen und Aktualisieren von Kundenprofilen - Vorbereiten von Angeboten - Vorbereiten von Verträgen - Erstellen von Hochrechnungen zur Nachfrageplanung - Erstellen von Einkaufskennzahlen und Berichten - Unterstützung im Inventurmanagement - Unterstützung im Frachtund Logistikmanagement - …

Angewendet wird RPA bei transaktionalen, administrativen Tätigkeiten, die über die Systemgrenzen mehrerer IT-Anwendungen hinweggehen. Klassischerweise sind diese Arbeitsschritte in Finanz-, Personal- oder Einkaufsprozessen zu finden. Daher ist die RPA-Technologie aktuell allen voran in Shared-Service Centern sowie in Banken oder Versicherungen aufgrund ihrer mehrheitlich digital ablaufenden Geschäftsprozesse zu finden. Doch auch in nahezu jedem Unternehmen können Tätigkeiten gefunden werden, die durch Robots effizienter als durch Menschen durchgeführt werden können. Solche Anwendungsfelder sind beispielhaft in . Tab. 26.6 dargestellt. Typische Aktivitäten, bei der die RPA zum Einsatz kommt, sind beispielhaft folgende17: 5 Einloggen in Web oder ERP-Applikationen und Aufrufen der notwendigen Maske 5 Zusammenführen von statistischen Daten aus verschiedenen IT-Systemen 5 Durchführen von Copy-and-Paste-Tätigkeiten zum Transfer von Daten 5 Öffnen von E-mails und Anlagen zur Weiterverarbeitung von Informationen 5 Strukturierte Daten aus Dokumenten entnehmen 5 Befüllen von Formularen 5 Speichern, Benennen und Verschieben von Dokumenten und Ordnen 5 Durchführen von Wenn-Dann-Entscheidungen im Rahmen eines auszuführenden Prozesses Auch wenn die RPA in vielen Situationen Lösungen bietet, existieren auch Grenzen beim Einsatz. Die nachfolgenden Kriterien beschreiben Einschränkungen, bei denen ein Einsatz von RPA nicht sinnvoll oder sogar ausgeschlossen ist18: 5 komplexe Programmabläufe 5 Intelligenz ist für den Prozessablauf notwendig 5 unstrukturierte Input-Daten

17 Koch (2020). 18 Dose (2017).

26.2 · Aktueller Entwicklungsstand der Beschaffung 4.0

377

. Abb. 26.4  Persönliche Einschätzung des Fortschritts der Umsetzung von Industrie-4.0-Anwendungen im Gesamtunternehmen und speziell im Einkauf (in Anlehnung an Fraunhofer 2016)

5 Integration von Menschen in den Prozess notwendig 5 physische Form der Daten 5 hohe Anzahl an Ausnahmeregeln 26.2  Aktueller Entwicklungsstand der Beschaffung 4.0

Die Ideen zur Beschaffung 4.0 sind den Unternehmen zwar bekannt, jedoch bestehen noch viele Defizite bei der konkreten Umsetzung (s. . Abb. 26.4). Umgesetzte oder geplante Technologien betreffen zumeist den Bereich Datenerfassung und -bearbeitung. So werden zur Auslese von Kunden-, Produkt- und Produktionsdaten RFID und Barcode-Systeme genutzt19. Viele Unternehmen arbeiten ferner schon an der Umsetzung ihres digitalen Marktauftritts sowie an der Entwicklung von Apps z. B. zur Kundenbindung. Des Weiteren finden erste Entwicklungen im Bereich der Assistenzsysteme statt, die die Mitarbeiter bei ihrer täglichen Arbeit unterstützen sollen (z. B. mobile Endgeräte, Datenbrillen, Pick-byLight-Systeme). Merksatz: Dem Einkauf kommt aufgrund seiner direkten Schnittstelle zu den Lieferanten eine besondere Rolle zu, indem er Innovationen ins Unternehmen hineinbringen (hineinkaufen) kann. So kann er sich im gesamten Netzwerk (innerhalb und außerhalb des eigenen Unternehmens) neu positionieren und zu einer strategischen Relevanz kommen.20 Für diese Veränderung ist es Aufgabe des Einkaufs, den Rahmen für automatisierte Prozesse zu entwickeln. Bereits umgesetzte Maßnahmen finden sich zwar in den Bereichen des Datenaustauschs oder der Prozessautomatisierung, etwa durch Katalogsysteme oder EDI-Anbindungen, allerdings mangelt es noch an der Integration von mehreren Stufen der Supply Chain21. Beispielsweise fehlt derzeit noch

19 Fraunhofer (2016). 20 Fraunhofer IML (2016). 21 Beschaffung aktuell (2016).

26

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26

Kapitel 26 · Beschaffung 4.0

eine aktive Einbindung von Lieferanten bei der Einführung von Methoden und Instrumenten der Industrie 4.0. Gerade in mittelständischen Unternehmen findet sich nur selten ein systematisch umgesetztes Konzept der Industrie 4.0 für die Beschaffung22, sie sind besonders von den Herausforderungen der Umstellung der Produktion auf einen vernetzten Betrieb im Rahmen der Industrie 4.0 betroffen. Um den wirtschaftlichen Anschluss nicht zu verlieren, ist es für Unternehmen wichtig, an den Entwicklungen und neuen Forschungsergebnissen der Industrie 4.0 zu partizipieren und vor allem deren Einführung auch umzusetzen. 26.2.1  Technologische Entwicklungen der Industrie 4.0 in der

Beschaffung

Im Folgenden sind einige aktuelle technologische Entwicklungen der Industrie 4.0 im Rahmen der Beschaffung aufgezeigt. Intelligenter, RFID-fähiger Behälter mit Bilderkennung iBin23 5 überwacht den Füllstand des Behälters, 5 meldet die Anzahl verbliebener Teile im Behälter nach Art und Menge und 5 ist mit einer Cloud verbunden, damit Daten weiterverarbeitet werden können.

22 Dombrowski (2009, S. 7–9). 23 Würth (2017).

26.2 · Aktueller Entwicklungsstand der Beschaffung 4.0

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Der iBin gewährleistet eine ununterbrochene Übersicht über die Bestände und kann zur automatisierten Wiederauffüllung genutzt werden und aufwendige Planungsund Kontrollprozesse ersetzen. Intelligente Regalplatzkennzeichnung24 Eine intelligente Regalplatzkennzeichnung ist ein energieautarkes und über das Web steuerbares Display, welches 5 eine Nachbestellung per Touchscreen ermöglicht, 5 alle relevanten Artikelinformationen aus dem Web-Shop anzeigt und 5 den Bestellstatus automatisch aktualisiert und anzeigt.

Das Assistenzsystem, welches bei der Kommissionierung und Lagerführung hilft und zu mehr Zeiteffizienz führt, minimiert nicht wertschöpfende Tätigkeiten, wie die Pflege der Lagerplatzzuordnung. Die Verknüpfung mit dem Regalinhalt (Ware) erfolgt durch das Erkennen der Waren z. B. durch das Regal (RFID-Tag an der Ware, RFID-Lesestation im Regalplatz). 3D-Druck Mithilfe des 3D-Drucks können Gegenstände hergestellt werden, welche in der traditionellen Fertigung aus technischen Gründen bislang nicht produziert werden konnten (z. B. Kettenglieder ohne Schweißnaht) oder deutlich schwerer zu erzeugen waren. Je nach Produkt bietet er extreme Kostenvorteile. Des Weiteren kann durch den 3D-Druck mehr und nachhaltiger produziert werden, da der CO2-Ausstoß sowie Materialeinsatz verringert werden und keine (teuren) Abfall-/Verschnitt-Produkte mehr anfallen. Ebenso sinken die Lager- sowie Transportkosten und die Verfügbarkeit wird erhöht (Time to Market wird wesentlich verkürzt.). Grundsätzlich lohnt sich der 3D-Druck für kleinere Stückzahlen und komplizierte Formen, besonders geeignet ist er für die Entwicklung von Prototypen aufgrund des geringeren finanziellen Risikos.

24 Anderseck (2014).

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Kapitel 26 · Beschaffung 4.0

. Abb. 26.5  Workflow der elektronischen Rechnungsverarbeitung (7 www.proactive-software.com/de/ rechnungsverarbeitung/)

26

Elektronische Rechnungsverarbeitung Die manuelle Rechnungserfassung erfordert einen hohen Zeitaufwand für die Verarbeitung einer einzelnen Rechnung, die Ergebnisse können fehlerbehaftet sein und Auswertungen sind kaum möglich. Daher wird vermehrt die elektronische Rechnungsverarbeitung genutzt. Mit ihr können jederzeit Informationen über die digitale Rechnungsverarbeitung abgerufen werden, Rechnungen werden über den Workflow (. Abb. 26.5) automatisch an die richtigen Parteien gesendet und Berichte und Fortschrittsanzeigen erstellt. Elektronische Rechnungen werden automatisch dem entsprechenden Auftrag zugeordnet und gesetzeskonform archiviert. Dabei wird der gesamte Bearbeitungsprozess automatisch gespeichert, sodass bei Bedarf Informationen über jede einzelne elektronische Rechnung abgerufen werden können. Die elektronische Rechnungsverarbeitung bringt folgende Vorteile mit sich25: 5 Entlastung der Mitarbeiter 5 Reduzierung der Fehlerquote durch Eliminierung manueller Prozesse 5 keine falschen oder doppelten Eintragungen dank sofortiger automatischer Prüfung 5 Aufbau eines optimierten Workflows 5 effiziente Gestaltung der Tätigkeit durch Zeitersparnis

25 Proactive (2017).

26.2 · Aktueller Entwicklungsstand der Beschaffung 4.0

381

26.2.2  Procurement Analytics und digitale Rechnungsstellung

Wie bereits erwähnt, kann ein global agierendes Unternehmen sein Wertschöpfungsversprechen verbessern und erweitern, wenn es ausreichend Daten und Informationen zu Verfügung hat, um zu analysieren, in welchen Bereichen es gut abschneidet und wo Schwachstellen liegen. Daten sind somit der Lebensnerv eines jeden Unternehmens, sie sind entscheidend für den anhaltenden Geschäftserfolg und das Erreichen bahnbrechender Ergebnisse. Unternehmen aller Größen und Branchen benötigen daher Beschaffungsanalysen wie die Procurement Analytics. In der heutigen Welt der Big Data (vgl. 7 Abschn. 26.3) und der großen Technologien liegen viele entscheidende Informationen oft unerkannt vor, da Unternehmen die Fähigkeiten oder Werkzeuge fehlen, sie zu entdecken. Analytische Techniken wie die Procurement-Analyse werden aufgrund folgender Schlüsselfaktoren zunehmend eingesetzt26: 5 Notwendigkeit schneller und fundiert umsetzbarer Entscheidungen, 5 Anstieg von Big Data, die von Unternehmen gesammelt werden müssen und 5 Verfügbarkeit von kostengünstigen Big Data Procurement Analytic Tools. Um die Leistungsfähigkeit dieser Tools zu nutzen, müssen diese in Beschaffungsprozesse eingebettet und die Fähigkeit der damit arbeitenden Teams muss entwickelt werden. Die Procurement-Analyse baut auf dem herkömmlichen Einkaufscontrolling (spend analytics) auf27. Mit Spend Analytics sind Auswertungen über Einkaufskennzahlen gemeint, wobei Spend dabei das Beschaffungsvolumen meint. In der modernen Spend Analysis finden sich neben Spend-Analysen auch Kennzahlen und Reports zu Compliance, Materialpreisen bzw. Materialpreisveränderungen, Zahlungszielen und Zahlungskonditionen, Lieferanten-Performance und Warengruppen-Management, Einsparungen und Einkaufserfolgen, Qualität und Liefertreue sowie Benchmarks. Ein wichtiges Merkmal der Spend Analysis ist es, sowohl das Beschaffungsvolumen der direkten Warengruppen als auch das der indirekten Einkaufskategorien analysieren zu können. Gerade im indirekten Einkauf, der sich auf Materialien und Kategorien bezieht, welche nicht Teil der Endprodukte werden (z. B. Marketing, Beratungs-Dienstleistungen oder IT), sind trennscharfe Auswertungen für das Beschaffungscontrolling noch selten. Hier fügt die Procurement-Analyse zusätzliche Dimensionen von Beschaffungsausgaben hinzu, wie z. B. Vertragsverwaltung und Lieferantenleistungsmanagement. Sie unterstützt bei der Identifizierung von Schwachstellen in der Beschaffung und liefert handlungsrelevante Erkenntnisse, um Maßnahmen zur Kostensenkung und Wertschöpfung zu ergreifen.

26 Purchasingpractice (2017). 27 Orpheus (2017).

26

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Kapitel 26 · Beschaffung 4.0

Die Hauptaufgabe von Procurement Analytics besteht darin, zu visualisieren und analysieren, wie, wo und wofür ein Unternehmen Geld ausgibt. Die Möglichkeit, das Extrahieren, Umwandeln und Laden von Beschaffungsdaten zu automatisieren, bietet einen Großteil des Nutzens von Procurement Analytics. Diese Automatisierung ersetzt die zeitaufwendige und arbeitsintensive manuelle Zusammenstellung der Daten aus unterschiedlichen Systemen im gesamten Unternehmen (. Abb. 26.6). Die richtigen Informationen sind erforderlich dafür, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Sie sind eine Voraussetzung für die strategische Positionierung des Einkaufs und zur Erreichung der Geschäftsziele des Unternehmens. Die Procurement-Analyse führt 5 zu einem höheren Druck, Kosten zu reduzieren, 5 mittels erweiterter Datenanalysen zu größerer Verhandlungsstärke mit Lieferanten, 5 zu einer höheren Sicherstellung der Einhaltung ausgehandelter Verträge, 5 zu etablierten und dokumentierten Verfahren zur Überwachung und Berichterstattung über wesentliche Informationen, Verfahren und Systeme für die Einhaltung und Prüfung, wie sie Vorschriften – wie der Sarbanes-Oxley Act – erfordern, 5 zur Verbesserung und Unterstützung der Produktentwicklung und Erfassung von Innovationen bei neuen Produkten und Dienstleistungen von Lieferanten, 5 zur Verringerung des Bestands durch die Beseitigung von Abfall und überflüssigen oder unnötigen Lagerbeständen, 5 zur verstärkten Erfüllung von CSR-Zielen wie Vielfalt, Umwelt, Menschenrechte usw. Zusammengefasst werden mithilfe der Procurement-Analyse geschäftskritische Daten erfasst, welche strategische Erkenntnisse liefern, die den Business Case für Maßnahmen bilden und zu Initiativen führen, um Kosten zu reduzieren und eine höhere Wertschöpfung zu erzielen. Die Vorteile von Procurement Analytics sind somit sehr umfangreich. Die Forschung zeigt, dass Organisationen mit Ausgabenanalyseprogrammen effizientere Beschaffungsvorgänge und robustere Lieferantenbeziehungen haben. Die Vorteile, die Organisationen mit einer Ausgabenanalyse erzielen, können in den Bereichen

. Abb. 26.6  Prozess der Procurement-Analyse

26.3 · Potenziale der Beschaffung 4.0 – Ausblick

383

. Abb. 26.7  Wachstum der Datenmengen der Vergangenheit (BITKOM 2012)

Kosteneffizienz, Produktzykluszeit, Prozesseffizienz und Mitarbeiterproduktivität gesehen werden28. Diese Vorteile zeigen, wie Organisationen, die bereit sind, auf der Grundlage von Analysen zu konkurrieren, mit Procurement Analytics ihre Effektivität auf der Ebene einzelner Personen, Teams, Organisationen und Lieferketten verbessern, um greifbare Geschäftsergebnisse zu erzielen. 26.3  Potenziale der Beschaffung 4.0 – Ausblick

Essenziell für die Erfüllung der Kernaufgaben des Einkaufs ist die Digitalisierung aller seiner Prozesse und Handlungen. Der Einkauf kann sich umso mehr auf die strategischen Aufgaben konzentrieren, je digitaler und autonomer seine Prozesse gestaltet sind. Die diesbezüglich erforderliche Schlüsselfunktion Big Data ist bereits in den Unternehmen angekommen, ein bestimmtes Level an Know-how und Umsetzungsgrad hinsichtlich Daten ist in den Unternehmen vorhanden. Allerdings werden diese Daten erst dann wirklich brauchbar, wenn sie in einem Kontext betrachtet und zu Informationen verarbeitet werden29. Big Data – Definition: Grundlage für Big Data und somit für Industrie 4.0 ist das in den letzten Jahrzenten überproportional gestiegene Datenvolumen (vgl. . Abb. 26.7). So sind von

28 Purchasingpractie (2017). 29 Fraunhofer (2016).

26

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Kapitel 26 · Beschaffung 4.0

26

. Abb. 26.8  Welche Informationstechnologien das Big-Data-Phänomen entstehen lassen (Quelle: Experton Group 2012)

2000 bis 2002 mehr Daten generiert worden als in den 40.000 Jahren davor, diese Menge hat sich wiederum von 2003 bis 2005 vervierfacht. 2012 hat sich das weltweite Volumen digitaler Daten auf 2,5 Zettabytes gegenüber 2006 verzehnfacht.30 Es ist davon auszugehen, dass das weltweite Datenvolumen in den nächsten Jahren schneller wachsen wird als die Kapazitäten zur Datenverarbeitung.31 Auf Big Data können die wirtschaftliche Gewinnung und Nutzung entscheidungsrelevanter Erkenntnisse aus vielfältigen und unterschiedlich strukturierten Informationen basieren. Diese Informationen unterliegen einem schnellen Wandel und stehen in ungekanntem Umfang zur Verfügung. Big Data stellt den technischen Fortschritt der letzten Jahre dar und umfasst dafür entwickelte strategische Ansätze sowie eingesetzte Technologien, IT-Architekturen, Methoden und Verfahren. Big Data bietet Konzepte, Technologien und Methoden, um die Informationsflut besser als Entscheidungsgrundlage verwenden zu können und so Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen zu steigern. In . Abb. 26.8 ist aufgezeigt, welche Informationstechnologien Big Data entstehen lassen. In . Abb. 26.9 sind die Merkmale von Big Data aufgeführt: immense Datenmengen, hohe Datenvielfalt, rasante Geschwindigkeit der Datengenerierung und das analytische Erkennen von Zusammenhängen. Big Data bietet Lösungen, um die Flut und Komplexität an Informationen für die Entscheidungsvorbereitung zu bewältigen, an den Stellen, an denen konventionelle Ansätze der Informationsverarbeitung an Grenzen stoßen. Die Business Performance in unterschiedlichsten Geschäftsbereichen kann durch Big Data noch besser hinterfragt, auf Veränderungen in den Märkten kann

30 Forrester (2012). 31 Forrester (2012_2).

26.3 · Potenziale der Beschaffung 4.0 – Ausblick

385

. Abb. 26.9  Merkmale von Big Data (BITKOM 2012)

schneller reagiert und die Wettbewerbsfähigkeit verbessert werden. In kürzerer Zeit können bestehende Angebote verbessert und noch zielgerichteter den Kundenwünschen angepasst werden. Aktuelle Informationen über Märkte, Trends und Kundenbedürfnisse bilden die Grundlage für die Entwicklung völlig neuer Services. Unternehmen müssen sich jedoch mit den Herausforderungen befassen, die primär mit dem Management von Daten zusammenhängen.32 Der Nutzen von E-Lösungen und Big-Data-Anwendungen wird in folgenden Beispielfunktionen deutlich: Risikomanagement: Ein klassisches Anwendungsgebiet für Big Data ist das Risikomanagement. Durch die Globalisierung sind Lieferketten zunehmend auf der ganzen Welt vernetzt. Naturkatastrophen und andere Risiken können die Lieferkette unterbrechen wie z. B. die Katastrophe von Fukushima im Jahr 2011, welche die Produktion im Bereich Automotive und High Tech beeinflusste. Unter Umständen kann dies zu Produktionsverzug und/oder Lieferverzug führen und somit gewinnmindernd und kostentreibend wirken. Das „Resilience360-Tool“ des Logistikdienstleisters DHL wurde 2014 eingeführt und setzt an diesem Punkt an. Laut der DHL Website handelt es sich bei dem Tool um eine „Plattform für Lieferketten, die Kunden nahezu in Echtzeit über weltweite Störfälle und Gefahren für ihre globalen Lieferketten informiert“. Das Tool wird in das unternehmenseigene Transportmanagementsystem integriert, stellt Zusammenhänge zwischen Sendungsverlauf und Störungsfällen her und antizipiert Folgestörungen in der Lieferkette. Des Weiteren verschickt DHL einen wöchentlichen Newsletter mit Risikodaten und einem globalen Störbericht33. Zentrale Einkaufsplattform: Häufig gibt es in Unternehmen keine einheitliche Systemlandschaft für den Einkauf und somit ist es oft nicht möglich, auf Knopfdruck alle gewünschten Informationen zu erlangen. Hier setzt die „Smarter Procu-

32 BITKOM (2012). 33 dpdhl (2015).

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Kapitel 26 · Beschaffung 4.0

rement“ Lösung von T-Systems, eine Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom, an. Sie wirbt damit, ein einheitliches Procurement-System zu schaffen, das die Einkaufsdaten harmonisiert und konsolidiert. Weiterhin soll das System in der Lage sein, die Daten in Echtzeit zu aggregieren und zu analysieren. Die Procurement-Lösung ist Bestandteil von „Big Data von T-Systems“, welches die komplette Big-Data-Wertschöpfungspipeline abdeckt und Cloud-Lösungen und Analytics-as-a-Service-Konzepte auch für andere Bereiche wie z. B. das Flottenmanagement anbietet34. Absatzprognosen: Vor allem im Handel spielt die Absatzprognose für die Beschaffung eine große Rolle. Wird zu wenig beschafft, wirkt sich dies in Umsatzverlust und Kundenverärgerung aus. Wird zu viel beschafft, so kommt es zu erhöhten Lagerkosten und Kapitalbindung. Die Prognostizierung der richtigen Mengen spielt also eine wichtige Rolle. Eine mögliche Lösung wird von der Firma blue yonder angeboten, die 2008 in Karlsruhe gegründet wurde. Forward demand ist eine Big-Data-Predictive-Analytics Standardlösung von blue yonder und prognostiziert den Absatz für den Handel und die Konsumgüterindustrie. Das Produkt wird als Software as a Service angeboten und z. B. von der Otto Group und Kaiser’s Tengelmann benutzt35. Einkaufscontrolling: Das Berichtswesen ist oft nicht einheitlich geregelt und die Daten kommen aus unterschiedlichen Systemen. Big-Data-Lösungen können diese Daten aggregieren und wichtige Kennzahlen berechnen. Eine mögliche Lösung wird von orpheus angeboten. Orpheus ist ein deutsches Unternehmen mit Hauptsitz in Nürnberg und wurde 2005 gegründet36. Die Software SpendControl nutzt Einkaufsdaten aus unterschiedlichen ERP-Systemen wie SAP und generiert daraus Kennzahlen, Reports und Analysen. Hierzu gehören z. B. Materialpreisveränderungen, Prozesskosten, Rahmenvertragsausnutzung, Lieferantenbündelung und viele weitere. Das Unternehmen wirbt damit, dass man individuelle Kennzahlen „mit wenigen Klicks“ hinzufügen kann37. Eine andere Lösung namens WebCIS stammt von der Firma SoftconCIS, die schon 1997 gegründet wurde. Auch diese Lösung bedient sich der Daten aus ERP-Systemen, die automatisiert integriert werden. WebCIS ist eine Web-Lösung in der SoftconCIS Cloud und bietet Dashboards, Grafiken und Analysen. Die Analysen beinhalten nicht nur klassische Controllingkennzahlen, sondern auch Lieferantenbewertung, Risikomanagement und Prozessund Strukturanalysen38. Beratung: Einige Unternehmensberatungen haben das Thema Big Data, aber auch Einkauf 4.0 in ihr Beratungsportfolio mitaufgenommen. So z. B. Inverto, das für die Beratung im Einkauf eine Optimierung der Organisation, eine Digitalisierung

34 35 36 37 38

t-systems (2017); t-systems (2017-2). Bitkom (2012). (Orpheus 2017). Orpheus (2017-2); orpheus (2017-3). Softconcis (2017).

26.3 · Potenziale der Beschaffung 4.0 – Ausblick

387

des Workflows, aber auch die Anbindung innovativer Big-Data-Tools, datengestütztes Lieferanten-Risikomanagement und Lieferantenintegration bewirbt39. Darüber hinaus hat der BITKOM-Verband jedoch acht Handlungspunkte identifiziert und beschrieben, welche den Einsatz und die Auswirkungen von Big Data bezeichnen:40 5 Daten treten in der digitalen Welt als vierter Produktionsfaktor neben Kapital, Arbeitskraft und Rohstoffen auf. 5 Um Big-Data-Lösungen für sich nutzbar zu machen, müssen Unternehmen konventionelle und neue Technologien kombinieren. 5 Unstrukturiert vorliegende Daten müssen in eine strukturierte Form überführt sowie quantitativen und qualitativen Analysen zugänglich gemacht werden. 5 Der wirtschaftliche Nutzen von Big Data in vielen Einsatzgebieten wird durch empirische Studien sowie zahlreiche Einsatzbeispiele belegt. 5 Unternehmensbereiche wie Marketing und Vertrieb, Forschung und Entwicklung, Produktion sowie Administration/Organisation/Operations sind für den Einsatz von Big Data besonders qualifiziert. 5 Bereits in der Konzeptionsphase sollte der Einsatz von Big-Data-Methoden aus rechtlicher Sicht geprüft werden. 5 Ein Beleg für die wirtschaftliche Bedeutung von Big-Data-Lösungen sind hohe zweistellige Wachstumsraten im Markt über einen längeren Zeitraum. 5 Erfahrungen und Best Practices bei der Nutzung von Big Data effektiv zu kommunizieren ist im volkswirtschaftlichen Interesse. Die – in den meisten Unternehmen unstrukturierten – Daten werden durch inhaltliche Erschließung automatisiert und in eine strukturierte Form überführt, wodurch weitere quantitative und qualitative Analysen ermöglicht werden. Dies erweitert die Basis für Managemententscheidungen und Unternehmen können Vorteile im Wettbewerb erzielen. Neben der Digitalisierung des Einkaufs selber ist die Digitalisierung des Beschaffungsportfolios die zweite große Herausforderung: Die Nachfrage nach digitalen Produkten ist bereits am Markt vorhanden, der Einkauf muss somit zwangsläufig reagieren. Zu diesen neuen Beschaffungsobjekten gehören zum einen neue Produkte und Komponenten zur Weiterverarbeitung, zum anderen aber auch neue Rohstoffe, Geräte, Maschinen (bspw. 3D-Druck) und Werkzeuge, welche zur Bearbeitung der neuen Objekte benötigt werden. Um diesen Veränderungen gerecht zu werden, muss der Einkauf zur Beschaffung der richtigen neuartigen Produkte und Technologien Know-how aufbauen und kann somit neue Geschäftsmodelle ermöglichen. Dieses Fachwissen kann er durch eine interne Vernetzung mit anderen Abteilungen aufbauen. Ebenso werden weitere Qualifikationsmaßnahmen für den Einkauf wichtig, um sich auch in Be-

39 Inverto (2017). 40 BITKOM (2012, S. 7).

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Kapitel 26 · Beschaffung 4.0

zug auf Technologien und Systeme das erforderliche Wissen anzueignen. Des Weiteren bedeutet ein neues Produktportfolio auch ein neues und erweitertes Lieferantenportfolio und ein damit verbundenes „Innovation Sourcing“, bei dem immer mehr Innovationen eingekauft werden. Diese Art des Sourcings ermöglicht eine Verkürzung der Time to Market. Für genau diese Veränderungen im Einkauf sind die Überwindung von Unternehmensgrenzen und der möglichst echtzeitnahe Austausch von Informationen erforderlich. Merksatz: Der operative Einkauf in der bisher üblichen Form wird bald nicht mehr existieren. Es ist zu erahnen, dass operative und administrative Prozesse bald völlig digitalisiert und autonomisiert werden können. In der Vorstudie „Einkauf 4.0“ des Fraunhofer IML41 werden zwölf Einschätzungen zum Thema Einkauf 4.0 vorgestellt, welche durch Befragungen von Unternehmen erarbeitet wurden. Das Thema Beschaffung 4.0 der Zukunft wird in folgender Auswahl dieser Thesen zusammengefasst. 5 Der operative Einkauf wird weitestgehend automatisiert: Der strategische Einkauf wird die nahezu komplett digitalisierten und autonomisierten Einkaufsprozesse nur noch steuern und überwachen. 5 Es wird keinen traditionellen Einkäufer mehr geben, der Einkauf wird in Zukunft völlig anders aussehen: Der Einkäufer wird zum Schnittstellenmanager intern und extern und wird sich mehr und mehr zum Produktentwickler wandeln, wofür er über ein hohes technisches Verständnis verfügen muss. 5 Der Einkauf hat eine entscheidende Rolle in der Umsetzung von Industrie 4.0: Verantwortlich dafür, die Industrie 4.0 im Unternehmen voranzutreiben, ist vor allem die Geschäftsführung bzw. das Management, wobei der Einkauf eine wichtige Mitverantwortung trägt. 5 Schlüsseltechnologien der Digitalisierung sind Big Data und Technologien zur Datenverarbeitung: Die Vernetzung und der gemeinsame Blick aller Akteure eines Unternehmens und der Unternehmen einer Supply Chain auf die gleiche Datenmenge mit den gleichen Analyse-Möglichkeiten führen zur Verbesserung der Kommunikation und zu schnelleren Entscheidungen. 5 Die Strukturen und Prozesse des Einkaufs müssen an die Digitalisierung angepasst werden: Um künftig in Echtzeit reagieren und aussagekräftige Informationen geben zu können, muss er seine Prozesse weitestgehend digitalisieren. Dabei wird er durch den Umgang mit Big Data sowie den Einsatz von Assistenzsystemen oder Augmented Reality unterstützt. 5 Das Beschaffungsportfolio wird sich z. T. verändern und zunehmend digitalisiert: Auch die Produkte des Einkaufs werden digitalisiert. Ebenso müssen zukünftig neue Maschinen, Werkzeuge und Rohstoffe zur Herstellung neuer Produkte beschafft werden. 5 Der Einkauf ist Treiber der horizontalen Vernetzung: Der Einkauf muss die Technologien und Innovationen ins Unternehmen bringen, damit die Ansätze der Industrie 4.0 umgesetzt werden können. Somit kommt ihm eine entscheidende Rolle zur Vernetzung zu.

41 Fraunhofer IML (2016).

389 26.4 · Aufgaben zur Selbstüberprüfung

26.4  Aufgaben zur Selbstüberprüfung

1. Nennen und beschreiben Sie die vier historischen Entwicklungs Phasen der Industrie. 2. Was sind Embedded Systems? 3. Was versteht man unter Cyberphysischen-Systemen (CPS)? 4. Was umfasst das Internet der Dinge? 5. Wie stehen Embedded Systems, CPS und das Internet der Dinge im Zusammenhang? 6. Nennen und beschreiben Sie technologische Entwicklungen der Industrie 4.0, welche vor allem für die Beschaffung von Relevanz sind. 7. Was ist mit dem Begriff Procurement Analytics gemeint? 8. Erläutern Sie den Begriff Big Data.

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Serviceteil Literatur – 392 Stichwortverzeichnis – 403

© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 H. Beckmann, Grundkurs Beschaffungsmanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-39125-6

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403

A–E

Stichwortverzeichnis A ABC-Analyse  157, 174, 193, 265, 269 Abgaben, öffentliche  70 Ablauforganisation  100 Abrufvertrag  133, 287 Absatzplanung  22 Absatzprognose  22 Allgemeine Geschäftsbedingungen  284 Andler-Formel  288, 290 Anfrage  26, 265 Angebotsanalyse  235, 270 Angebotsbearbeitung  270 Angebotseinholung  267, 269 Angebotsprüfung  270 Angebotsvergleich  170, 267, 271, 272 Ansatz – dollar-based  76 – value-based  76 Anschaffungskosten  246 ASP-Lösung  269 Aufbauorganisation  88 Aufgabenanalyse  83 Aufgabensynthese  83 Auftragsabwicklung  22, 26, 100, 231 Auftragsbestätigung  278, 284, 297 Auktion  341, 356, 361 Auslagerstrategien  310 Auslagerung  308 Ausphasen  156 Ausschreibung  269, 341, 356, 361 Autonomieerhaltung  34, 35, 165, 227

B Balanced Scorecard  204, 207 Baukastensystem  119, 198 Baureihe  119 Beanstandungsquote  247 Bedarfskonsolidierung  264 Bedarfsmeldung  23, 252, 264, 266 Bedarfsplanung  23 Beladekosten  70 Benchmarking  244 Beschaffung – bedarfssynchrone  135, 217, 305 – operative  20, 24, 94, 252 – strategische  94, 116

Beschaffungsaufgaben, strategische  31, 88, 94, 202, 264, 338 Beschaffungscontrolling  242, 244 Beschaffungskennzahlen  244 Beschaffungskosten  34, 35, 68, 157 Beschaffungskultur  146 Beschaffungsmanagement  5, 11, 42, 202, 203, 242 Beschaffungsmarketing  152, 201, 361 Beschaffungsmarkt  160, 163, 242, 245, 265 Beschaffungsmarktanalyse  152, 153, 162, 169, 233, 348, 355 Beschaffungsmarktbeobachtung  152, 153, 169 Beschaffungsmarktforschung  116, 152, 203, 349 Beschaffungsobjekt  42, 50, 76, 88, 116, 156, 158, 161, 174, 179, 182, 184, 193, 202, 265, 269 Beschaffungsplanung  23 Beschaffungspolitik  116, 201, 206 Beschaffungsportfolio  182 Beschaffungsprogramm  116, 117, 201 Beschaffungsprogrammpolitik  116 Beschaffungsprozess, operativer  264, 265, 338 Beschaffungsrisiko  35, 120, 160, 210, 226 Beschaffungsstrategie  153, 163, 166, 184, 186, 189, 199, 201, 206, 207, 354 Beschaffungsverfassung  142 Beschaffungsvision  112 Beschaffungsziele  34, 116, 158, 201, 205, 227 Bestellabwicklungskosten  73, 246, 290 Bestellhäufigkeit  290 – optimale  290 Bestellkosten  73 Bestellmenge, optimale  278, 287, 290 Bestellmengenrechnung  255, 287 Bestellpolitik  73 Bestellpunktverfahren  257, 266 Bestellrechnung  23, 252 Bestellrhythmusverfahren  256 Bestellsystem  188, 252, 255

Bestellung  278 – durchschnittlicher Wert  246 Betriebsstoffe  45 Bewegungsdaten  100 Bezugsquellennachweis  269 BiG Data  383 Bonus  69 Bruttobedarf   254 Buy-Side  344

C Cash-out-Quote  245 Collective Sourcing  219 Corporate Governance  142 Corporate Social Responsibility  142 Cross-Sourcing  209

D Desktop-Purchasing-Systeme  345 Dienstleistungen  46 – nicht-produktionsbezogene  47 – produktionsbezogene  46 Direktvergabe  273 Disposition – auftragsgesteuerte  252, 253 – plangesteuerte  252, 254 – verbrauchsgesteuerte  253, 255 Dispositionsregeln  255, 260 Dispositionsverfahren  252, 259 Domestic-Sourcing  213 Dual Sourcing  52, 121, 209

E E-Application  223 E-Business  336 E-Commerce  336 Eigenfertigung  116, 117, 134 Einfaktorenvergleich  229, 233, 236, 272 Einkauf – dezentraler  97 – zentraler  95 Einkaufskonzeption  4 Einkaufsorganisation, Mischformen  98 Einkaufsvolumen  176 Einlagerung  307

404

Stichwortverzeichnis

Einphasen  156 Einstandspreis  68 Einzelauftrag  22 Einzelbedarfsdisposition  253 Einzelbeschaffung im Bedarfsfall  135, 216 Einzeldienstleister  63 Einzelfertigung  26 Electronic Sourcing  223 Embedded Systems  369 Energieträger, physische  45 Engpassteile  52, 54, 187, 195 Entladekosten  70 Entscheidungsfeld der Logistik  5 Entwicklungslieferant  30 Entwicklungstiefe  30 E-Procurement  188, 223, 264, 336 E-Purchasing  337 External Sourcing  220

F Fehlmengenkosten  73 Fertigerzeugnis  43 Fertigungskompetenz  50 Fertigungstiefe  117, 200, 211, 357 Fertigwarenlager  24 First Party Logistics Provider  60 Flexibilitätserhaltung  34, 35 Forward-Sourcing  29, 30 – strategisches  30 Fourth Party Logistics Provider  60 Fremdbezug  116, 117, 212

Informations- und Kommunikations-(IuK-)Technologien  264, 336, 348 Innovationsmanagement  30 Insourcing  206 Instandhaltungsmaterial  45 Internal Sourcing  220 Internet der Dinge  369 Investitionsgüter  45 – nicht-produktionsbezogene  46 – produktionsbezogene  46

J Just-in-Sequence  51, 180, 218, 220 Just-in-Time  24, 51, 121, 135, 140, 158, 180, 217, 218, 223, 296

K

Gebühren  70 Geldwertmethode  237 Geschäftsprozess  20, 21 Global Sourcing  54, 121, 210, 213

KANBAN  135, 136, 140 Kapitalbindungskosten  39, 71, 247 Kaufvertrag  278 Kennzahlen  242 Kennzahlensystem  242 Kennzahlenverfahren  235, 272 Kernteile  52 Kommissionierung  310 Komponentenlieferant  51 Konsignationslager  139, 140, 180, 231 Kontraktlogistiker  63 Kontraktpolitik  120, 132, 193 Kosten – fixe  71 – sprungfixe  71 – variable  71, 72 Kostenarten  68

H

L

Halbfertigerzeugnis  43 Handelswaren  47 Hebelteile  187, 195

Lagerbestandswert, durchschnittlicher  72, 289 Lagerhaltung  307 – zentrale  95 Lagerhaltungskosten  71, 247, 289 Lagerhaltungskostensatz  72, 290 Lagerkontrolle  255–257 Lagerkosten  71 Lagerkostensatz  72, 290 Lagermaterialkosten  71 Lagerplatzvergabe  307

G

I Incoterms  281 Individual Sourcing  219 Individualverträge  287 Industrie 4.0  366 Industriepark  220

Lagerraumkosten  71 Lagerung  24 Lagerverwaltung  307, 308 Lead-Buyer-Konzept  99 Lead-Logistics-Provider (LLP)  62 Leistungsverbesserung  34, 35 Lieferant  50, 162 – kritischer  52 Lieferantenanalyse  162 Lieferantenauswahl  30, 123, 152, 193, 226, 227, 229 Lieferantenbeurteilung  123 Lieferantenbewertung  226, 228, 234, 305 Lieferantenbeziehung  78, 88, 209, 227, 228 Lieferantendatenbank  269, 305 Lieferantenintegration  29 Lieferantenmanagement  30, 226 Lieferantenmarkt  42, 116, 227 Lieferantenpolitik  120, 121, 123, 180 Lieferantenportal  355 Lieferantenportfolio  52, 183 Lieferantenregister  269 Lieferantentypen  52 Lieferschein  304, 305 Lieferzuverlässigkeit  117, 132, 214, 231 Local-Sourcing  120, 213 Logistikdienstleister  60 Logistikkosten  247

M Make-or-Buy  116, 117 Management, normatives  108 Markterkundung  153, 160, 170, 203 Marktmacht-Portfolio  190 Marktplatz, elektronischer  346 Materialbedarfsplanung  23 Materialbereitstellung  24, 215, 227, 253 Materialbeschaffung  23 Materialbevorratung  24 Materialdisposition  23, 252 Materialgruppen  174 Materialkosten  245 – direkte  68 Materialkostenveränderung  245 Material-Lieferanten-Portfolio  183, 186 Materialstandardisierung  116, 119

405 Stichwortverzeichnis

Materialsubstitution  116, 119, 170, 188 Matrix-Approach  237 Maverick-Buying  246, 345 Mehrfaktorenvergleich  229, 272 Meldebestand  257–259, 266 Mengenrabatt  68, 246, 293 Mindermengenzuschlag  68 Mischformen der Einkaufsorganisation  98 Modul  119, 211 Modular-Sourcing  51, 54, 117, 211 Modullieferant  51, 52 Multiple Sourcing  54, 209

N Nachhaltigkeitsstrategie  317 Nachlass  70 Nettobedarf   255 Normstrategien  182, 183, 186, 191, 194 Normung  119 Nutzwertanalyse  237

– unspezifisches  44 Produktionsprogramm  22 Produktionsprogrammplanung  22 Produktlebenszyklus  26 Produktplanung  25 Produktplattform  119 Prognose  22, 139, 169, 253 Projektbeschaffung  30 Provision  70

Q Qualitätserhaltung  34 Qualitätsverbesserung  35

R Rahmenauftrag  22, 218 Rahmenvertrag  133, 287 Rahmenvertragsnutzung  246 Rechnungsprüfung  305 Rechnungsverarbeitung, elektronische  380 Reparaturmaterial  45 Return on Investment  243 Rohstoffe  43

O Objekt, prozessprägendes  21 Online-Ausschreibung  341 Organisation, divisionale  95, 97 Original Equipment Manufacturer (OEM)  56, 220 Outsourcing  62, 76, 206

P Pareto-Prinzip  174 Pflichtenheft  25 Polaritätsprofil  236 Portfolio  182, 206 Portfolio-Analyse  182, 205 Preisbeobachtung  235 Preisstrukturanalyse  235 Preisvergleich  213, 235 Primärbedarf   22, 252 Procurement Analytics  381 Produktentwicklungsprozess  25– 27, 202 Produktionsbetriebsstoffe  45 Produktionslogistik  24 Produktionsmaterial  43 – abnehmerspezifisches  44 – anbieterspezifisches  44 – beziehungsspezifisches  44

S Sammelbedarfsdisposition  253 Schlüsselteile  194 Scoring-Modell  76, 237, 272 Second Party Logistics Provider  60 Sekundärbedarf   252, 254 Sell-Side  343 Serienbeschaffung  30 Serienproduktion  30 Servicegrad  247 Servicequalität  35 Sieben-R-Prinzip  24, 34, 278 Simultaneous Engineering  27, 28, 55 Single-Sourcing  52, 121, 180, 208 Skonto  69 Sole-Sourcing  208 Spediteur  60, 62, 304 Sperrbestand  305 s,Q-Politik  259 s,S-Politik  259 Standardteile  52, 188 Steuervorteil  70 Stückliste  252, 254 Substitutionsgüter  154, 156, 170, 171, 235

E–V

Suffizienzstrategie  316 Sukzessivlieferungsvertrag  133, 287 Supply Chain Management  34, 64, 155, 202 Sustainable Development  316 System, cyber-physisches  369 Systemdienstleister  61, 63 Systemlieferant  52 System-Sourcing  211

T Technologiekompetenz  50 Teilelieferant  50, 52 Teileportfolio  183 Teile – strategische  52, 186 – unproblematische  195 Teilevielfalt  53, 119, 198, 212 Telematiksysteme  298 Terminüberwachung  296 Tertiärbedarf   252 Third Party Logistics Provider  60 Time-to-Customer  26 Time-to-Market  26 Total Cost of Ownership  74 t,Q-Politik  256 Tracing  297 Tracking  297 Transaktionskosten  76 Transportkosten  70 t,S-Politik  257

U Umschlagshäufigkeit  247 Umweltanalyse  203, 204 Unit-Sourcing  211 Unternehmenskultur  146 Unternehmensverfassung  142 Unternehmensziele  20, 34, 117, 227 Unternehmungskultur  108 Unternehmungspolitik  108 Unternehmungsverfassung  108

V Value Added Services (VAS)  61 Variantenvielfalt  26, 118, 119, 198 Vendor Managed Inventory  138, 139, 359 Verbunddienstleister  63 Vergabeverhandlung  170

406

Stichwortverzeichnis

Vergleich, paarweiser  238 Verhandlungsdurchführung  275 Verhandlungsvorbereitung  274 Verpackungskosten  70 Versicherungskosten  70 Versorgungsrisiko-Portfolio  193 Versorgungssicherheit  11, 34, 134, 154, 155, 165, 188, 214, 220, 227, 278 Versorgungsstrategie  52, 180 Versorgungswirtschaftlichkeit  35 Verzugsquote  247 Vorratsbeschaffung  134, 215

W

X

Währungssicherung  69 Warenausgang  311 Wareneingang  304 Wareneingangskontrolle  216, 231, 305 Werklieferungsvertrag  279 Werkvertrag  279 Wettbewerbsfähigkeit  20, 31, 124, 213, 227, 232, 298 Wiederbeschaffungszeit  258, 266, 352

XYZ-Analyse  178

Z Zahlungskosten  69 Zielbildung  34 Zieldimension  112 Zielkonflikte  34, 39 Zinssatz, kalkulatorischer  71 Zölle  70 Zollerstattung  70 Zulieferpyramide  55