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German Pages 726 [746] Year 1897
GRIECHISCHE
GESCHICHTE ZWEITER BAND.
GRIECHISCHE
GESCHICHTE VON
JULIUS BELOCH.
ZWEITER BAND B I S A U F ARISTOTELES UND DIE EROBERUNG ASIENS.
MIT EINER KARTE.
STRASSBURG VERLAG
VON
K A R L J. T R Ü B N E R 1897.
Alle Rechte, besondeis das Recht der Übersetzung, sind vorbehalten.
MEINEM LIEBEN FREUNDE
ETTORE PAIS.
INHALT. I. A b s c h n i t t .
Die
Reaktion.
Religiöse Bewegung 1. — Mysterien von Eleusis 2 — von Samothrake 3. — Aufnahme fremder Kulte 4. — Phrygisch-thrakische Weihen 7. — Die fremden Kulte und die öffentliche Meinung 7. — Einfluss auf die orphischen Mysterien 9. — Unsterblichkeitsglauben bei den Gebildeten 9. — Euripides Palinodie 10. — Die philosophische Skepsis 11. — Sokrates 12 — seine Bildung 13 — seine Theologie 13 — seine Ethik 14. — Die somatische Methode 14. — Schülerkreis 16. — Prozess 16. — Folgen des Prozesses 17. — Verbreitung der sokratischen Lehre 18. — Piaton 18. — Religiöser Glaube 19. — Ethik 19. — Ideenlehre 20. — Weltschöpfung 21. — Lehrerfolg 21. — Politische Reaktion 22. — Die Demokratie wird zur Klassenherrschaft 22. — Missstände in der Rechtspflege 24. — Sykophantentum 26. — Versuche zur Reform der Besitzverhältnisse 27. — Umschwung der öffentlichen Meinung 28. — Lakonomanie 29. — Anfänge der Staatswissenschaft: Hippodamos von Milet 30. — Staatslehre Piatons 30. — Die Verfassung der guten alten Zeit 32. — Anfänge der verfassungsgescliichtliehen Forschung 34. — Hetaerien 34. — Ergebnis 35. II. A b s c h n i t t .
Der Fall der Demokratie. Revolution in Leontinoi 36. — Krieg zwischen Selinus und Segesta 36. — Athen beschliesst die Intervention in Sicilien 37. — Der Hermenfrevel 38. — Abfahrt der Flotte 39. — Kühle Aufnahme in Sicilien 40. — Fortgang des Hermenprozesses 40. — Abberufung des Alkibiades 41. — Alkibiades geht in die Verbannung 42. — Schlacht beim Olympieion 43. — Haltung der sicilischen Mittel- und Kleinstaaten 43. — Beginn der Belagerung von Syrakus 44. — Gylippos in Sicilien 45. — Erste Seekämpfe vor Syrakus 47. — Wiederausbruch des Krieges in Griechenland 47. — Besetzung von Dekeleia 48. — Zweite athenische Expedition nach Sicilien 48. — Sturm aufEpipolae 49. — Seeschlachten im Hafen 50. — Rückzug des athenischen Heeres 51. — Katastrophe am Assinaros 52. — Schicksal des
VI
Inhalt.
besiegten Heeres 53. — Eindruck der Katastrophe in Griechenland 53. — Rüstungen Athens 54. — Beschränkung der Demokratie 54. — Steuerreform im Reiche 55. — Stimmung der Bundesgenossen 56. — Abfall Ioniens 57. — Bündnis der Perser mit den Peloponnesiera 57. — Krieg in Ionien 59. Schlacht bei Milet 59. — Belagerung von Chios 60. — Abfall von Knidos und Rhodos 61. — Ergebnisse des Kriegsjahres 61. — Oligarchische Bewegung in Athen 62. — Alkibiades in der Verbannung 63. — Unterhandlungen zwischen Athen und Tissaphernes 64. — Oligarchie der Vierhundert in Athen 64. — Sieg der Demokraten auf Samos 65. — Alkibiades an der Spitze der Flotte 66. — Verhandlungen der oligarchischen Regierung mit Alkibiades und mit Sparta 67. — Aufstand in Athen 68. — Verlust von Oropos, Abfall des Hellespont 69. — Beginnender Abfall in Thrakien 69. — Abfall Euboeas 70. — Sturz der Vierhundert 71. Die neue Verfassung 71. — Theramenes an der Spitze des Staates 72. — Kämpfe im Hellespont 73. — Schlacht bei Kyzikos 74. — Friedensverhandlungen 75. — Wiederherstellung der Demokratie in Athen 76. — Abbruch der Unterhandlungen 78. — Thrasyllos in Ionien 79. — Belagerung von Kalchedon, Einnahme von Byzantion 80. — Demokratische Reformen in Syrakus 81. — Hermokrates verbannt 81. — Fortgang des Krieges in Sicilien 82. — Intervention Karthagos 82. — Zerstörung von Selinus 83. — Fall von Himera 84. — Eindruck in Syrakus 85. — Hermokrates Rückkehr und Ende 85. — Fall von Akragas 86. — Militärdiktatur in Syrakus 87. — Der Staatsstreich 88. — Verlust von Gela und Kamarina 89. — Aufstand in Syrakus 90. — Frieden mit Karthago 91. — Alkibiades Rückkehr nach Athen 91. — Neuschöpfung der peloponnesischen Flotte 93. — Lysandros 94. — Kyros in Kleinasien 94. — Schlacht bei Notion 95. — Alkibiades Sturz 96. — Erfolge der Peloponnesier 96. — Schlacht an den Arginusen 97. — Felüherrenprozess in Athen 98. — Friedensverhandlungen 101. — Lysandros wieder an der Spitze der peloponnesischen Flotte 101. — Schlacht bei Aegospotamoi 102. — Zusammenbruch des athenischen Reiches 104. — Eindruck in Athen 104. — Belagerung Athens 105. — Unterhandlungen 105. — Der Frieden 107. — Übergabe Athens 107. — Einnahme von Samos 108. — Oligarchie in Athen 108 — im übrigen Griechenland 110. III. A b s c h n i t t .
Die Oligarchie im griechischen Osten. Aufgaben der Politik Spartas 112. — Lysandros 112. — Organisation des Reiches 113. — Die Restaurationsherrschaft 115. — Die Dreissig in Athen 116. — Schreckensherrschaft 117. — Theramenes Hinrichtung 118. — Die Verbannten 118. — Thrasybulos in Phyle 119. — Sturz der Dreissig 120. — Spartanische Intervention 121. — Pausanias in Attika 121. — Versöhnung der Parteien in Athen 122. — Die neue Verfassung 123. — Lysandros Sturz 125. — Krieg gegin Elis 126. — Sparta und Nordgriechenland
Inhalt.
VII
128. — Soziale Revolution in Thessalien 129. — Archelaos von Makedonien 130 — seine Intervention in Thessalien 132. — Die Spartaner in Thessalien 133. — Agesilaos König von Sparta 134. — Lysandros Reformpläne 134. — Verschwörung Kinadons 136. — Beziehungen Spartas zu Persien 136. — Thronwechsel in Persien 137. — Kyros Rüstungen 137 — sein •Zug gegen Artaxerxes 138. — Rückzug der Zehntausend 140. — Thibron in Asien 141. — Derkylidas in Asien 142. — Verhandlungen mit Persien 142. — Euagoras von Salamis 143. — Konon an der Spitze der persischen Flotte 145. — Wietlerausbruch des Krieges 145. — Agesilaos in Asien 146. Tissaphcrnes Sturz 147. — Agesilaos Zug nach Phrygien 148. — Rhodos von Konon genommen 149. — Fehler der spartanischen Politik 150. IV. A b s c h n i t t .
Die Militärmonarchie in Sicilien und am Pontos. Soziale Reformen in Syrakus 151. — Die Tyrannenburg 151. — Revolution gegen Dionysios 152. — Die neue Verfassung 153. — Eroberung der chalkidischen Städte 154. — Rüstungen gegen Karthago 155. — Kriegserklärung 156. — Lage in Karthago 156. — Beginn der Feindseligkeiten 156. — Einnahme von Motye 157. — Die Karthager in Sicilien 157. — Einnahme von Messene 158. — Seeschlacht bei Katane 159. — Belagerung von Syrakus 159. — Reorganisierung Siciliens 161. — Krieg mit Rhegion 161. — Fortgang des Krieges mit Karthago 162. — Frieden 163. — Der italiotische Bund 163. — Krieg gegen die Italioten 165. — Schlacht am Eleporos 166. — Fall von Rhegion 167. — Dionysios Beziehungen zu Griechenland 167. — Kolonien am adriatisclien Meere 168. — Kampf gegen •die Etrusker 169. — Zwist im syrakusischen Herrscherhause 170. — Zweiter Krieg mit Karthago 171. — Unterwerfung der Italioten 173. — Intervention in Griechenland 174. — Letzter Krieg mit Karthago 175. — Dionysios Tod 175 — sein Charakter 176. — Die Thronfolge 178. — Dionysios der Jüngere 178. — Dion 180. — Die Tyrannis am Pontos 181. — Das b'osporanische Reich 181. — Leukon und seine Söhne 183. — Verfassung des Reiches 184. — Sinope 185. — Klearchos von Herakleia 186. — -Seine Nachfolger 188. V. A b s c h n i t t .
Der korinthische Krieg und der Königsfrieden. Stimmung in Griechenland 189. — Boeotien 190. — Korinth 190. — Athens wirtschaftliche Lage 191. — Gegensatz der Parteien 191. — Verhältnis zu Sparta 193. — Ausbruch des Krieges 193. — Schlacht bei Haliartos 194. — Koalition gegen Sparta 195. — Absetzung des Pausanias 196. — Schlacht am Nemeabach 197. — Schlacht bei Koroneia 198. — Schlacht bei Knidos 199. — Folgen der Schlacht 200. — Konon in Griechenland 200. — Neubegründung der athenischen Seeherrschaft 201. — Kämpfe um
VIII
Inhalt.
Korinth 202. — Friedensverhandlungen in Sardes 203. — Wiederausbruch des Krieges in Asien 205. — Lechaeon von Agesilaos genommen 206. — Friedensverhandlungen in Griechenland 206. — Iphikrates Sieg bei Korinth 207. — Agesilaos in Akarnanien 208. — Neuschöpfung der athenischen Flotte 208. — Aufstand des Euagoras 209. — Bündnis Athens mit Euagoras 210. — Expedition des Thrasybulos 210. — Thrasybulos Absetzung und Ende 211. — Kämpfe um Aegina und am Hellespont 212. — Frieden zwischen Sparta und Persien 214. — Antalkidas am Hellespont 214. — Der Königsfrieden 215. — Die Griechen in Asien 216. — Krieg gegen Aegypten 217. — Krieg gegen Euagoras 217. — Abfall des Glos 219. — Zerstörung von Manlineia 221. — Der chalkidische Bund 222. — Beginn des olynthischen Krieges 225. — Besetzung der Kadmeia 225. — Unterwerfung Olynths 227. — Belagerung von Phleius 229. — König Agesilaos 229. VI. A b s c h n i t t .
Die Wiedererhebung der Demokratie. Sparta und die öffentliche Meinung 231. — Athen nach dem Königsfrieden 231. — Befreiung Thebens 233. — Kleombrotos in Boeotien 234. Umschwung in Athen 235. — Zug des Sphodrias 235. — Krieg zwischen Athen und Sparta 236. — Spartanische Feldzüge nach Boeotien 236. — Der dritte athenische Seebund 237. — Reorganisation der athenischen Flotte 240. — Schlacht bei Naxos 241. — Timotheos im ionischen Meere 242. — Kämpfe in Boeotien 243. — Friedensschluss 243. — Wiederausbruch des Krieges 244. — Belagerung von Korkyra 245. — Timotheos Prozess 245. — Die Entscheidung vor Korkyra 246. — Iphikrates im ionischen Meere 247. — Fortschritte der Thebaner 247. — Der Frieden 248. — Theben vom Frieden ausgeschlossen 249. — Iason von Pherae 251. — Kleombrotos in Boeotien 252. — Epameinondas 253. — Schlacht bei Leuktra 254. — Iason in Boeotien 255. — Iasons Ermordung 256. — Ausbreitung Thebens in Mittelgriechenland 257. — Die demokratische Bewegung im Peloponnes 258. — Pöbelaufstand in Argos 259. — Einigung Arkadiens 260. — Kämpfein Arkadien 261. — Die Boeoter im Peloponnes 262. — Epameinondas vor Sparta 263. — Wiederherstellung Messeniens 264. — Athen tritt für Sparta ein 264. — Epameinondas zweiter Zug in den Peloponnes 265. — Pelopidasin Thessalien 266. — Thronwirren in Makedonien 267. — Krieg gegen Alexander von Pherae 268. — Aufschwung Arkadiens 269. — Die „thränenlose" Schlacht 270. — Friedensverhandlungen 271. — Epameinondas dritter Feldzug in den Peloponnes 272. — Revolution in Achaia und Sikyon 272. — Athen und Sparta gegen Persien 273. — Timotheos nimmt Samos 274. — Krieg um Amphipolis 275. — Oropos fallt von Athen ab 276. — Der oropische Prozess 276. — Bündnis zwischen- Athen und Arkadien 277. — Korinth schliesst Frieden mit Theben 277. — Sikyon schliesst sich an Theben an 278. — Timophanes versucht sich zum Tyrannen von Korinth
Inhalt.
IX
aufzuwerfen 278. — Missstimmung im attischen Seebund 279. — Flottengründung des Epameinondas 280. — Epameinondas im Hellespont. 280. — Pelopidas Tod 282. — Zerstörung von Orchomenos 283. — Krieg zwischen Elis und Arkadien 283. — Spaltung im arkadischen Bunde 286. — Epameinondas letzter Feldzug 287. — Schlacht bei Mantineia 288. — Der Frieden 289. — Epameinondas Politik 290. VII. A b s c h n i t t .
Der Zerfall der hellenischen Grossmächte. Persien und Aegypten 292. — Misserfolg des persischen Angriffs 293. — Satrapenaufstände in Vorderasien 294. — Agesilaos in Aegypten 295. — Niederwerfung der Satrapenaufstände 297. — Athen und Alexander von Pherae 298. — Das Odryserreich 299. — Kotys gegen Athen 300. — Krieg um Amphipolis 301. — Strategenprozesse 301. — Euboea wieder athenisch 303. — Zerfall des Odryserreiches 303. — Anarchie in Makedonien 304. — Philipps Anfänge 305. — Siege über die Barbaren 306. Einnahme von Amphipolis 307. — Krieg mit Athen 307. — Krieg um Krenides 308. — Das Fürstenthum Karien 309. — Maussollos 310. — Halikarnassos 312. — Der Bundesgenossenkrieg 313. — Angriff auf Chios 314. — Schlacht bei Embata 315. — Der Feldherrenprozess 316. — Charesund Artabazos 317. — Frieden mit den Bundesgenossen 318. — Theben und Phokis 319. — Ursprung des heiligen Krieges 320. — Besetzung von Delphi 321. — Philomelos Siege, sein Tod 322. — Pammenes in Asien 324. — Die Tyrannis in Phokis 324. — Onomarchos erste Erfolge 325. — Siege über Philipp 326. — Onomarchos auf der Höhe seiner Macht 327. — Republikanische Opposition in Syrakus 328. — Dion in der Verbannung 329. — Dions Rückkehr nach Sicilien 330. — Kämpfe in Syrakus 331. — Innere Wirren 332. — Einnahme der Burg 333. — Dion Tyrann von Syrakus 333. — Dions Ermordung 334. — Kallippos, Hipparinos, Nysaeos 334. — Rückkehr des Dionysios 335. — Anarchie in Sicilien 335. — Rückblick 336. VIII. A b s c h n i t t .
Die wirtschaftliche Entwickelung seit dem peloponnesischen Kriege. Das Jahrhundert der Kriege 336. — Verluste 337. — Zerstörung von Eigentum 338. — Athen 338. — Syrakus 340. — Die italiotischen Städte 342. — Die Griechenstädte Kleinnsiens 342. — Die griechische Halbinsel 344. — Makedonien 344. — Landwirtschaft 345. — Industrieller Grossbetrieb 347. — Handelsgesellschaften 348. — Staatspächter 348. — Bankwesen 349. — Pasion 351. — Vermehrung der Umlaufsmittel 352. — Münzwesen 354. — Die Preisrevolution 355. — Steigen der Löhne 357. — Lebenshaltung 359. — Feste und Festgelder 360. — Verkeilung: Athen
X
Inhalt.
361. — Sparta 362. — Die Übervölkerung 364. — Söldnerwesm 364. — Die Verbannten 365. — Die Heilmittel 367. IX. A b s c h n i t t .
Litteratur und Kunst. Geistiges Leben im IV. Jahrhundert 368. — Die Rhetorik 368. — Gorgias und Thrasymachos 368. — Lysias 369. — Polykrates und seine Schule 369. — Alkidamas 370. — Isokrates 371. — Demosthenes 373. — Aeschines 375. — Hypereides 376. — Andere Redner 377. — Der Dialog 377. — Poesie 379. — Äussere Bedingungen 379. — Tragoedie 380. — Komoedie 382. — Epos 383. — Elegie 384. — Musik 384. — Ausübende Künstler 386. — Bildende Kunst 387. — Mittelpunkte der Kunstthätigkeit 388. — Tempelbauten 388. — Theater 391. — Paläste 392. — Das Maussolleion 393. — Plastik: Götterbilder 393. — Ehrenstatuen 394. — Skopas 395. — Die attische Schule 396. — Grabrcliefs 397. — Lysippos 398. — Malerei 399. — Thebanisch-athenische Schule 400. — Sikyonische Schule 401. — Apelles 401. — Vasenmalerei 402. — Uebriges Kunsthandwerk 403. — Realismus in der Kunst 404. X. A b s c h n i t t .
Der Ausbau der griechischen Wissenschaft. Ethik : Die Schule Demokrits 405. — Aristippos 406. — Antisthenes und seine Schule 406. — Aristoteles 408. — Staatslehre des Aristoteles 409. — Verfassungsgeschichte und Staatsrecht 412. — Atthidographische Litteratur 412. — Geschichtschreibung: Xenophon 413. — Ktesias 413. — Philistos 414. — Anaximenes 414. — Ephoros 415. — Theopompos 417. — Kallisllienes 420. — Beschreibende Erdkunde 421. — Wissenschaftliche Erdkunde 422. — Astronomie 4J2. — Mathematik 423. — Medizin 425. — Anatomie 426. — Zoologie 427. — Botanik 427. — Naturerklärung : Die Akademie 428. — Aristoteles, sein Leben 429. — Lehrthätigkeit 431. Organisation der wissenschaftlichen Arbeit 431. — Logik 432. — Rhetorik 432. — Ästhetik 432. — Phy.-ik 432. — Metaphysik 434. — Theologie 435. — Eschatologie 435. — Das aristotelische System 436. XI. A b s c h n i t t .
Die Gesellschaft und ihre Organisation. Verbreitung der wissenschaftlichen Bildung 437. — Der Staat und •die Wissenschaft 438. — Ethischer Fortschritt 439. — Verfall des kriegerischen Geistes 439. — Abnahme des Gemeinsinns 440. — Patriotismus 441. Humanität 441. — Die Frauen 442. — Auffassung der Ehe 443. — Hetaeren 445. — Die „gemischte Verfassung" 446. — Reformen in der Rechts-
Inhalt.
XI
pflege 447. — Gesetzgebung 448. — Finanzwesen 449. — Monopole 450. — Erhöhung oder Reform der indirekten Auflagen 450. — Direkte Steuern 451. — Leiturgien 452. — Säkularisierung der Tempelschätze 455. — Staatsanleihen 456. — Konfiskationen 457. — Folgen der finanziellen Bedrängnis 457. — Steigende Bedeutung der Finanzämter 458. — Finanzielle Kapazitäten 458. — Finanzwissenschaft 459. — Kriegswesen 460. — Reiterei 460. — Leichte Truppen 461. — Peltasten 461. — Die makedonische Phalanx 462. — Taktik 463. — Reformen Xenophons 463. — Die schiefe Schlachtordnung 464. — Taktik der verbundenen Waffen 465. — Belagerungskrieg 466. — Geschütze 467. — Befestigungskunst 468. — Seekrieg 469. — Strategie 470. — Die Condottieren 471. — Xenophon 472. — Kriegswissenschaftliche Litteratur 473. — Politische Folgen 474. — Der monarchische Gedanke 475. XII. A b s c h n i t t .
Die neue Grossmacht im Norden. Die nordgriechischen Landschaften 477. — Staatsverfassung 479. — Eindringen hellenischer Bildung 480. — Reform der Verwaltung 481. — Einigung von Epeiros 481. — Einigung von Makedonien 482. — Folgen dieser Entwickelung 483. — Ziele der makedonischen Politik 484. — Philipp 485. — Schlacht auf dein Krokosfelde 487. — Sturz der Tyrannis in Pherae 488. — Philipp an den Thermopylen 489. — Kämpfe in Boeotien 490. — Krieg im Peloponnes 490. — Fortgang des heiligen Krieges 492. — Athen unter Eubulos 492. — Äussere Politik 495. — Rhodos, Kos und Chios unter karischer Herrschaft 496. — Athen und Persien 497. — Athen und Philipp 498. — Philipp in Thrakien 499. — Der olynthische Krieg 500. — Abfall Euboeas von Athen 502. — Fall von Olynth 504. — BeginnenderUmschwung in Athen 505. — Demosthenes 505.— Erschöpfung Athens 506. — Unruhen in Phokis 507. — Athen und Philipp wünschen den Frieden 508. — Eröffnung der Unterhandlungen 509. — Athenische Gesandtschaft in Pella 510. — Abschluss des Friedens 511. — Philipps thrakischer Feldzng 512. — Weitere Verhandlungen in Pella 512. — Ratifizierung des Friedens durch Philipp 515. — Ende des heiligen Krieges 516. — Haltung Athens 517. — Neuordnung der Dinge in Phokis 518. — Panik in Athen 519. — Konflikt mit Philipp 519. — Athen gibt nach 520. XIII. A b s c h n i t t .
Die griechische Einheit. Der Partikularismus 521. — Synoekismos 522. — Bundesstaaten 523. — Die Bundesverfassungen 524. — Andere Gemeindeverbindungen 525. — Folgen dieser Entwickelung 525. — Einheitsbewegung auf geistigem Gebiet 526. — Einheitliche Schrift 526. — Der politische Einheitsgedanke 527.
XII
Inhalt.
— GoTgias 527. — Isokrates 528. — Isokrates und Philipp 530. — Makedonien nach dem Frieden 532. — Neuordnung Thessaliens 532. — Philipps Einfluss im Peloponnes 534. — Beziehungen zu Athen 535. — Demosthenes Anklage gegen Aeschines 535. — Prozess gegen Timarchos 536. — Die delische Sache 537. — Wachsende Spannung 538. — Verurteilung des Philokrates 539. — Prozess gegen Aeschines 540. — Euboea unter makedonischem Einfluss 541. — Philipp in Epeiiös 542. — Hellenischer Bund gegen Philipp 544. — Philipp unterwirft Thrakien 545. — Demosthenes treibt zum Kriege 546. — Diopeithes Übergriffe im Chersones 547. — Philipps Beschwerden in Athen abgewiesen 547. — Kriegsvorbereitungen Athens 548. — Befreiung Euboeas 549. — Terrorisierung der Friedenspartei in Athen 550. — Belagerung von Perinthos 551. — Kriegserklärung Athens 552. — Belagerung von Byzantion 552. — Philipp an der Donau •553. — Demosthenes finanzielle Reformen 554. — Fortgang des Krieges 554. — Stimmung in Theben 555. — Amphissa gegen Athen 556. — Amphiktionischer Krieg gegen Amphissa 557. — Athen und Theben bleiben neutral 558. — Philipp besetzt Elateia 559. — Eindruck in Athen 559. — Theben im Bund mit Athen 560. — Friedensanerbietungen Philipps zurückgewiesen 561. — Kämpfe in Phokis 562. — Philipps Sieg bei Amphissa 563. — Schlacht bei Chaeroneia 564. — Unterwerfung Thebens 566. — Athen bereitet sich zur Vertheidigung 567. — §timmung in Athen 568. — Demades 569. — Unterhandlungen mit Philipp 569. — Der Frieden 570. — Unterwerfung der Kleinstaaten 571. — Sparta 571. — Der hellenische Bund 573. — Die Einheit 574. — Widerstreben der alten Grossmächte 576. — Weltgeschichtliches Ergebnis 577. XIV. A b s c h n i t t .
Die Freiheitskämpfe der Westhellenen. Die Anarchie in Sicilien 578. — Korinthische Intervention 678. — Haltung Karthagos 579. — Hiketas nimmt Syrakus 580. — Timoleon in Sicilien 580. — Die Karthager in Syrakus 582. — Erfolge Timoleons 583. — Schlacht am Krimisos 584. — Koalition der Tyrannen gegen Timoleon 585. — Frieden mit Karthago 586. — Sturz der Tyrannen 586. — Reorganisirung Siciliens 587. — Der sikeliotische Bund 588. — Timoleons Ende 589. — Die Brettier 591. — Archidamos in Italien 593. — Alexander von Epeiros 594. — Konflikt mit Tarent 595. — Alexanders Tod 596. — Machtstellung Tarents 596. XV.
Abschnitt.
Die Eroberung Asiens. Das Perserreich im IV. Jahrhundert 597. — Die persischen Heere 597. — Innere Wirren 598. — Niederlage gegen Aegypten 599. — Auf-
Inhalt.
XIII
stand in Syrien 599. — Aufstand in Kypros 600. — Einnahme von Sidon 601. — Unterwerfung Aegyptens 602. — Philipp und Artaxerxes 604. — Eröffnung des Perserkrieges 606. — Thronwirren im Perserreiche 606. — Beginnender Abfall in Kleinasien 607. — Verhältnisse am makedonischen Hofe 608. — Philipps Ermordung 609. — Die Schuldigen 609. — Die Thronfolge 610. — Die drohende Empörung 611. — Athen nach dem Frieden 611. — Lykurgos 612. — Finanzverwaltung 613. — Reorganisation des Militärwesens 614. — Beziehungen zu Philipp 615. — Alexander in Griechenland 615. — Massregeln zur Sicherung des Thrones 616. — Alexander an der Donau 617. — Kämpfe in Illyrien 618. — Persische Intervention in Griechenland 619. — Erhebung Thebens 619. — Alexander vor Theben 620. — Einnahme Thebens 621. — Eindruck in Griechenland 622. — Frieden mit Athen 623. — Der Krieg in Kleinasien 624. — Aufbruch Alexanders nach Asien 625. — Übergang über den Hellespont 626. — Persische Rüstungen 626. — Schlacht am Granikos 627. — Folgen der Schlacht 628. — Einnahme von Milet 628. — Belagerung von Halikarnassos 629. — Unterwerfung Kleinasiens 631. — Offensive der persischen Flotte 631. — Offensive des Grosskönigs 634. — Schlacht bei Issos 635. — Eindruck des Sieges in Griechenland 637. — Ende des Seekrieges 637. — Friedensverhandlungen 639. — Neue Rüstungen des Grosskönigs 641. — Unterwerfung von Syrien 641. — Belagerung von Tyros 642. — Alexander in Aegypten 643. — Kämpfe in Kleinasien 644. — Vormarsch gegen Dareios 645. — Schlacht bei Arbela 645. — Einnahme von liabylon und Susa 648. — Krieg gegen Sparta 648. — Schlacht bei Megalopolis 651. — Unterwerfung Spartas 652. — Eroberung von Persis 652. — Eroberung von Medien 653. — Ende des Perserreiches 654. — Eindruck auf die Zeitgenossen 655. A n h a n g : Die Quellen der Geschichte Alexanders 656.
I. A b s c h n i t t .
Die Reaktion. Die sophistische Bewegung hatte den alten Götterglauben unter den Gebildeten tief erschüttert. Aber in den breiten Schichten des Volkes, wohin die Lehren der Sophisten nicht drangen, machten sich ganz andere Strömungen geltend. Jene religiösen Reformbestrebungen, die im VI. Jahrhundert auf enge Kreise der höheren Gesellschaftsklassen beschränkt geblieben waren, begannen seit den Perserkriegen mehr und mehr in den Massen Boden zu finden. Die griechische Welt füllte sich mit orphischen Bettelpriestern und Wahrsagern. Sie drohten mit der ewigen Verdammnis allen, die an ihre Predigt nicht glaubten; dem aber, der sich in ihre Sekte aufnehmen liess, versprachen sie, was er nur wünschen mochte: Vergebung der eigenen Sünden und der Sünden der Vorfahren, ein seliges Leben im Jenseits, Zaubermittel, um sich hier unten an seinen Feinden zu rächen. Das alles stand ja schwarz auf weiss in den Schriften des Orpheus und des Musaeos1. Es fanden sich denn auch Gläubige in Menge; recht fromme Leute liefen jeden Monat mit Weib und Kind zu den orphischen Weihen2. Den in diesem Glauben Verstorbenen legte man wohl Täfelchen ins Grab, mit Versen aus den orphischen Schriften, bestimmt, der Seele 1 Piaton v. Staat II S. 363 c ff., vergl. oben I 240. 2 Theophr. Charakt. 16. Beloch, Griech. Geschichte II.
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I. Abschnitt. — Die Reaktion.
über ihr Verhalten bei der Ankunft im Hades Anweisung zu geben, und sie über ihr Schicksal im Jenseits zu beruhigen Noch grösseren Zulauf fanden die Mysterien, die ja mit der orphischen Lehre so nahe verwandt waren. Eleusis sah im V. Jahrhundert seine Glanzzeit, wozu allerdings die politische Stellung Athens das ihrige beigetragen hat. Aus allen Teilen von Hellas strömten die Gläubigen zu der heiligen Feier zusammen; der alte Tempel vermochte die Menge der Besucher nicht mehr zu fassen und es wurde nötig, einen Neubau zu errichten, den Iktinos, der Schöpfer des Parthenon, leitete2. Auf Anregung des delphischen Orakels bestimmte ein athenischer Volksbeschluss um die Mitte des V. Jahrhunderts, dass von allem in Attika und den Bundesstaaten geernteten Getreide eine Abgabe an den eleusinischen Tempel entrichtet würde, zum Danke dafür, dass einst Demeter den Menschen den Feldbau gelehrt hatte; und zwar sollte 1 U °/o des Ertrages an Weizen, Vi2°/o des Ertrages an Gerste der Göttin geweiht werden. Auch manche von Athen unabhängige Staaten haben diese Abgabe geleistet, selbst als das athenische Reich schon in Trümmern lag; Athen und seine Kleruchien sind dem alten Brauch noch in Alexanders Zeit nachgekommen3. 1
Goldplättchen mit solchen Versen (aus dem IV. Jahrhundert) sind mehrfach in Gräbern Unteritaliens igefunden worden, dem alten Sitze der pythagoreischen Lehre (Kaibel Inscr. Sic. etc. 638. 641. 642, Dieterich De hymnis orphicis Dissert. Marburg 1891, Nekyia S. 81 ff., Leipzig 1894). 2 Pind. fr. 137 B 4 , Sophokl. fr. 753 N 2 . Zweimonatlicher Gottesfrieden für die Besucher des Festes: CIA. I 1 und IV 1 S. 3 (bald nach den Perserkriegen). Über den Neubau des Tempels Plut. Per. 13, Strab. I X S. 395, Vitruv. VII praef. 16; vergl. Rubensohn Die Mysterienheiligtümer in Eleusis und Samothrake, Berlin 1892. 8 CIA. IV 1 27 b S. 59, aus der Zeit zwischen 444 und dem Anfang des peloponnesischen Krieges. Dass die Abgabe noch um 380 auch von unabhängigen Staaten entrichtet wurde, zeigt Isokr. Paneg. 31; in Alexanders Zeit (329/8) steuerten nur noch Athen und seine Kleruchien, vergl. die eleusinische Tempelrechnung CIA. IV 2, 834 b, Foucart Bull, de Corr. Hell. VIII (1884) S. 211.
Die religiöse Bewegung. — Mysterien von Eleusis und Samothrake.
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Zu kaum geringerem Ansehen gelangten im Laufe des IV. Jahrhunderts die Mysterien, die auf der Insel Samothrake im Heiligtum der Kabiren begangen wurden. Diese „grossen Götter", wie man meist schlechtweg sagte, galten als Retter in jeder Not und Gefahr und namentlich die Seefahrer empfahlen sich ihrem Schutze1. Der Ursprung ihres Kultus geht in die vorhellenischen Zeiten zurück; ist doch Samothrake so viel wir wissen überhaupt niemals von Griechen besiedelt worden (oben I S. 48), und auch später, als die Insel längst hellenisiert war, haben sich im Ritual Reste der alten Sprache erhalten. Ebenso finden wir den Kult der Kabiren auf dem benachbarten Lemnos, das erst am Ausgang des VI. Jahrhunderts griechisch geworden ist, und in der Troas, •deren griechische Kolonisation kaum über das VLI. Jahrhundert hinaufreicht. Wohl durch Vermittelung der aeolischen Ansiedler ist dieser Kultus dann, etwa im VI. Jahrhundert nach dem boeotischen Mutterlande gelangt, wo die Kabiren in Anthedon und bei Theben Tempel hatten, und ebenfalls Mysterien zu ihrer Ehre gefeiert wurden2. Auch auf den Inseln des aegaeischen Meeres und an dessen thrakischen und kleinasiatischen Küsten hat sich I