Grenzen der klassischen Zinsbuchsteuerung im Licht der Niedrig-und Negativzinsphase : Das Japan- und Europaszenario [1. Aufl.] 9783658322816, 9783658322823

Die Zinsbuchsteuerung mittelständischer Kreditinstitute stößt in Zeiten sehr niedriger bzw. negativer Zinssätze an Grenz

286 43 7MB

German Pages XX, 98 [113] Year 2020

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Table of contents :
Front Matter ....Pages I-XX
Einleitung (Marcus Mursch)....Pages 1-5
Definitorische Grundlagen (Marcus Mursch)....Pages 7-21
Rahmenbedingungen für ein mittelständisches Kreditinstitut als Vorbereitung auf die Szenario-Analysen (Marcus Mursch)....Pages 23-40
Szenario-Analysen und kritische Würdigung der klassischen Zinsbuchsteuerung eines mittelständischen Kreditinstituts am Beispiel der Mustersparkasse (Marcus Mursch)....Pages 41-88
Zusammenfassung und Ausblick (Marcus Mursch)....Pages 89-91
Back Matter ....Pages 93-98
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Grenzen der klassischen Zinsbuchsteuerung im Licht der Niedrig-und Negativzinsphase : Das Japan- und Europaszenario [1. Aufl.]
 9783658322816, 9783658322823

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Marcus Mursch

Grenzen der klassischen Zinsbuchsteuerung im Licht der Niedrig-und Negativzinsphase Das Japan- und Europaszenario

Business, Economics, and Law Reihe herausgegeben von Stefan Zeranski, Brunswick European Law School (BELS), Wolfenbüttel, Deutschland Svend Reuse, Hochschule für Oekonomie und Management, FOM, Essen, Deutschland

In einer Wissensgesellschaft ist es erforderlich, Erkenntnisse aus sehr guten wissenschaftlichen Arbeiten frühzeitig zu fixieren und mit der Praxis zu verknüpfen. Die Reihe „Business, Economics, and Law“ befasst sich mit aktuellen Forschungsergebnissen aus den Wirtschafts- und Rechtswissenschaften und leistet damit einen Beitrag zum Diskurs zwischen Theorie und Praxis. Sie gibt Anregungen zu Forschungsthemen und Handlungsimpulse für die Praxis. Springer Gabler Results richtet sich an Autoren, die ihre fachliche Expertise in konzentrierter Form präsentieren möchten. Externe Begutachtungsverfahren sichern die Qualität. Die kompakte Darstellung auf maximal 120 Seiten bringt ausgezeichnete Forschungsergebnisse „auf den Punkt“. Springer Gabler Results ist als Teilprogramm des Bereichs Springer Gabler Research besonders auch für die digitale Nutzung von Wissen konzipiert. Zielgruppe sind (Nachwuchs-)Wissenschaftler, Fach- und Führungskräfte. Herausgegeben von Prof. Dr. Stefan Zeranski, Brunswick European Law School (BELS), Wolfenbüttel Prof. Dr. Svend Reuse, FOM – Hochschule für Oekonomie und Management isf – Institute for Strategic Finance, Essen

Weitere Bände in der Reihe http://www.springer.com/series/11633

Marcus Mursch

Grenzen der klassischen Zinsbuchsteuerung im Licht der Niedrig-und Negativzinsphase Das Japan- und Europaszenario

Marcus Mursch Neumarkt i.d.Opf., Deutschland

ISSN 2625-6959 ISSN 2625-6967 (electronic) Business, Economics, and Law ISBN 978-3-658-32281-6 ISBN 978-3-658-32282-3 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-32282-3 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung der Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Planung/Lektorat: Carina Reibold Springer Gabler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany

Kurzfassung

Die Nachwirkungen der Finanzkrise aus dem Jahr 2008 sind auch nach mehr als zehn Jahre noch immer allgegenwärtig. Das zeigt sich unter anderem am aktuellen Zinsniveau und den stetig strenger werdenden regulatorischen Vorgaben. Wir befinden uns derzeit in einem historisch niedrigen Marktzinsumfeld. Ein Großteil der Zinskurve notiert im negativen Bereich. Um Banken widerstandsfähiger gegenüber Krisenszenarien zu machen wurden unter dem Stichwort BASEL III Vorschriften implementiert, die von den Banken zu beachten sind. Mit BASEL IV wird derzeit bereits über eine Ausweitung und Weiterentwicklung der regulatorischen Vorgaben verhandelt. Abseits der Bankenregulatorik und deren Implementierung in die bestehenden Modelle und Systeme hat sich im Bereich der mittelständischen Kreditinstitute allerdings wenig verändert. Es wird dem etablierten Geschäftsmodell nachgegangen. Der Fokus liegt auf der Erzielung eines Zinsüberschusses. Dies wird mit den bekannten und bewährten Modellen und Systemen bewertet und gesteuert. Hier befinden wir uns noch in den 1990er Jahren. In dieser Arbeit wird analysiert, ob die verwendeten Methoden und Modelle im Rahmen der Zinsbuchsteuerung in der aktuellen Niedrig- bzw. Negativzinsphase noch sinnvolle Erkenntnisse zur Steuerung der Bank beitragen. Dabei werden mittels eines Basisszenarios japanische Verhältnisse in die Zukunft projiziert und deren Auswirkungen auf die Zinsbuchsteuerung sowie die Ergebnisentwicklung einer Mustersparkasse simuliert. Gleiches erfolgt im Anschluss mit der Durchführung eines Stressszenarios. Hierfür werden anhaltend negative Zinsen simuliert. Abschließend werden methodische Schwächen offengelegt und potentielle Ansatzpunkte und Lösungen für die Zukunft skizziert.

V

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Ausgangssituation und Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Forschungsfrage und Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Methodisches Vorgehen und Aufbau der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . .

1 1 3 4

2 Definitorische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Marktzinsmethode als Basis der Zinsbuchsteuerung . . . . . . . . . . . 2.2 Methode der gleitenden Durchschnitte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Risikobegriff in der Zinsbuchsteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Zinsbuch Cashflow . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 Barwert in der Zinsbuchsteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6 Benchmark als Vergleichsmaßstab in der Zinsbuchsteuerung . . . . 2.7 Limitierung in der Zinsbuchsteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.8 Value at Risk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.9 Kennzahl RORAC (Return on Risk adjusted Capital) . . . . . . . . . . 2.10 Barwertige Zinsbuchsteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.11 Simulationsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.12 Stresstest in der Gesamtbanksteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7 7 9 11 13 13 14 16 16 17 18 20 21

3 Rahmenbedingungen für ein mittelständisches Kreditinstitut als Vorbereitung auf die Szenario-Analysen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Überblick Geldpolitik und Zinsentwicklung als Hinführung zur Szenario-Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1 Geldpolitik und Zinsentwicklung in Europa . . . . . . . . . . . . 3.1.2 Geldpolitik und Zinsentwicklung in Japan . . . . . . . . . . . . . 3.2 Vorstellung Praxisunternehmen Mustersparkasse als Basis für die Szenario-Analysen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23 24 24 27 32

VII

VIII

Inhaltsverzeichnis

3.2.1 Struktureller Aufbau der Mustersparkasse . . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Mischungsverhältnisse der Mustersparkasse . . . . . . . . . . . . 3.2.3 Rahmenbedingungen der Zinsbuchsteuerung für die Mustersparkasse und Ermittlung des Status Quo für das Startjahr der Betrachtung für die Szenario-Analyse (2017) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Szenario-Analysen und kritische Würdigung der klassischen Zinsbuchsteuerung eines mittelständischen Kreditinstituts am Beispiel der Mustersparkasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Japanszenario am Beispiel der Mustersparkasse . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.1 Festlegung Japanszenario . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.2 Durchführung Japanszenario für die Mustersparkasse inkl. Anwendung BASEL II Zinsschock . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.3 Auswirkungen des Japanszenarios auf die Ertragssituation der Mustersparkasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Europaszenario am Beispiel der Musterbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.1 Festlegung Europaszenario . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2 Durchführung Europaszenario für die Mustersparkasse inkl. Anwendung BASEL II Zinsschock . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.3 Auswirkungen des Europaszenarios auf die Ertragssituation der Mustersparkasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Zwischenfazit zu den Szenario-Analysen und kritische Bestandsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4 Historische Auswirkungen eines anhaltend niedrigen/negativen Zinsniveaus auf die Bankenlandschaft durch Betrachtung des japanischen Bankenmarktes . . . . . . . . . . . . 4.5 Identifikation methodischer Schwächen der Zinsbuchsteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.1 Methodische Schwächen der Zinsbuchsteuerung in Extremszenarien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.2 Methodische Grenzen der gleitenden Durchschnitte/Mischungsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.3 Schwächen bei der Konditionsgestaltung auf der Marktzinsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.4 Fehlender Steuerungskreis Szenario-Betrachtung in der Zinsbuchsteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32 35

36

41 43 43 45 51 55 56

57 62 65

67 72 73 74 79 81

Inhaltsverzeichnis

IX

4.5.5 Schwächen bei der technischen Umsetzbarkeit im Rahmen des Berechnungsmodul sDIS+ . . . . . . . . . . . . . . . . Ausgewählte Handlungsimpulse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abschließendes Zwischenfazit und Management Summary . . . . .

83 85 87

5 Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

89

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

93

4.6 4.7

Abkürzungsverzeichnis

% 3 MG 1J 2J 10J Abb. AG AT Ausg. BaFin BERG BIP BIZ BM BoJ BP BS BT BTR BW Bzw. CF DSGV dar. e EBA

Prozentzeichen 3 Monatsgeld 1 Jahr 2 Jahre 10 Jahre Abbildung Aktiengesellschaft Allgemeiner Teil Ausgabe Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Betriebsergebnis Bruttoinlandsprodukt Bank für Internationalen Zahlungsausgleich Benchmark Bank of Japan Basispunkt Bilanzsumme Besonderer Teil Besonderer Teil Risiko Barwert beziehungsweise Cashflow Deutscher Sparkassen und Giroverband Darunter Euro European Banking Authority

XI

XII

ETF EUR EZB f. ff. FI FinaRisikoV FMA gl. GuV HVPI Hrsg. i. d. R. inkl. KK KWG MaRisk MHS Mio. MN MV NZU ON ÖNB p.a. Pos. QE RORAC SREP SVB S. TEUR TG Tz. u.a. VaR Vgl. x

Abkürzungsverzeichnis

Exchange Traded Funds Euro Europäische Zentralbank folgende fortfolgende FinanzInformatik Verordnung zur Einreichung von Finanz- und Risikotragfähigkeitsinformationen Finanzmarktaufsichtsbehörde gleitend Gewinn und Verlust Rechnung Harmonisierter Verbraucherpreisindex Herausgeber in der Regel inklusive Kontokorrent Kreditwesengesetz Mindestanforderungen an das Risikomanagement Moderne Historische Simulation Millionen Maßnahme Mischungsverhältnis Niedrigzins(umfeld)umfrage Overnight Österreichische Nationalbank per anno Position Quantitative Easing Return on Risk Adjusted Capital Supervisory Review and Evaluation Process Sparkassenverband Bayern Seite Tausend Euro Tagesgeld Teilziffer unter anderem/n Value at Risk vergleiche mal

Abkürzungsverzeichnis

z. B. ZÄR ZBS

zum Beispiel Zinsänderungsrisiko Zinsbuchsteuerung

XIII

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1.1 Abbildung 3.1 Abbildung 3.2

Abbildung 3.3 Abbildung 3.4 Abbildung 3.5 Abbildung 3.6 Abbildung 3.7 Abbildung 3.8 Abbildung 3.9 Abbildung 3.10 Abbildung 3.11 Abbildung 3.12

Entwicklung Zinsüberschuss im Bankenvergleich für den Zeitraum von 1968 bis 2018 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entwicklung Leitzinsen in Europa für den Zeitraum Januar 1999 bis Oktober 2019 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vergleich der Inflationsentwicklung in Deutschland und der Eurozone für den Zeitraum von 2007 bis 2018 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht Zinsentwicklung in Europa auf Basis der Mid-Swapsätze für den Zeitraum von 2002 bis 2019 . . . Übersicht Zinsentwicklung in Europa auf Basis Mid-Swapsätze für den Zeitraum von 2012 bis 2019 . . . Vergleich der Inflationsentwicklung in Japan und der Eurozone für den Zeitraum von 1980 bis 2019 . . . . . . . . Entwicklung der Leitzinsen in Japan für den Zeitraum von 1990 bis 2018 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht der Zinsentwicklung in Japan auf Basis Mid-Swap für den Zeitraum von 2002 bis 2019 . . . . . . . Übersicht der Zinsentwicklung in Japan auf Basis Mid-Swap für den Zeitraum von 2016 bis 2019 . . . . . . . Bilanzstruktur der Mustersparkasse (vereinfachte Darstellung auf Basis von Nennwerten in TEUR) . . . . . . Erfolgsrechnung (vereinfachte Darstellung in TEUR) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht Produktpalette Mustersparkasse . . . . . . . . . . . . Übersicht Aufteilung täglich fällige Guthaben . . . . . . . . .

3 24

25 27 27 29 30 31 31 33 33 34 34

XV

XVI

Abbildung 3.13 Abbildung 3.14

Abbildung 4.1

Abbildung 4.2

Abbildung 4.3

Abbildung 4.4

Abbildung 4.5

Abbildung 4.6

Abbildung 4.7

Abbildung 4.8

Abbildung 4.9

Abbildung 4.10

Abbildung 4.11

Abbildungsverzeichnis

Visualisierung CF-Struktur und Strategieabgleich für den Zeitraum 2017 bis 2036 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Visualisierung CF-Struktur und Strategieabgleich nach Durchführung der Anfangsmaßnahme für den Zeitraum 2017 bis 2036 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht synthetische Zinsstrukturkurve für das Japanszenario auf Basis Mid-Swapsätze im Zeitraum von 2002 bis 2031 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht synthetische Zinsstrukturkurve für das Japanszenario auf Basis Mid-Swap im Zeitraum von 2002 bis 2031 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht Barwertentwicklung ZBS im Japanszenario inkl. Zinsschockszenario für den Zeitraum von 2017 bis 2031 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht der prozentualen Veränderungen des Eigenkapitals nach BASEL II- Zinsschock +200 BP über Nach im Japanszenario für den Zeitraum von 2017 bis 2031 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht zur Entwicklung von Einkommenseffekt und RORAC im Rahmen der ZBS Japanszenario für den Zeitraum 2017 bis 2031 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht zur Risiko- und Ertragsentwicklung im Rahmen der ZBS Japanszenario für den Zeitraum von 2017 bis 2031 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht zur Entwicklung der Ergebnisbestandteile des Zinsüberschusses im Japanszenario für den Zeitraum von 2017 bis 2031 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht zum BERG vor Bewertung der Mustersparkassen im Japanszenario für den Zeitraum von 2017 bis 2031 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht synthetische Zinsstrukturkurve für das Europaszenario auf Basis Mid-Swapsätze im Zeitraum von 2002 bis 2031 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht synthetische Zinsstrukturkurve für das Europaszenario auf Basis Mid-Swapsätze im Zeitraum von 2016 bis 2031 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht Barwertentwicklung ZBS im Europaszenario inkl. Zinsschockszenario für den Zeitraum von 2017 bis 2031 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

40

44

45

47

48

49

50

53

55

56

57

59

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 4.12

Abbildung 4.13

Abbildung 4.14

Abbildung 4.15

Abbildung 4.16

Abbildung 4.17

Abbildung 4.18

Abbildung 4.19

Abbildung 4.20

Abbildung 4.21

Abbildung 4.22

Abbildung 4.23

Übersicht der prozentualen Veränderung des Eigenkapitals nach BASEL II- Zinsschock +200 BP über Nacht im Japanszenario für den Zeitraum von 2017 bis 2031 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht zur Entwicklung Einkommenseffekt und RORAC im Rahmen der ZBS Europaszenario für den Zeitraum von 2017 bis 2031 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht zur Risiko- und Ertragsentwicklung im Rahmen der ZBS Europaszenario für den Zeitraum 2017 bis 2031 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht zur Entwicklung der Ergebnisbestandteile des Zinsüberschusses im Japanszenario für den Zeitraum von 2017 bis 2031 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht zum BERG vor Bewertung der Mustersparkasse im Europaszenario für den Zeitraum von 2017 bis 2031 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht zur Entwicklung des BERG vor Bewertung der Mustersparkasse im Szenariovergleich für den Zeitraum von 2017 bis 2031 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht zur kumulierten Entwicklung des BERG vor Bewertung der Mustersparkasse im Szenariovergleich für den Zeitraum von 2017 bis 2031 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht zur Entwicklung der Bilanzposition Verwaltungsaufwand japansicher Banken für den Zeitraum von 1999 bis 2018 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht zur Entwicklung Anzahl der Filialen japanischer Banken für den Zeitraum von 1990 bis 2019 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht zur Entwicklung Provisionsüberschuss japansicher Banken für den Zeitraum von 1999 bis 2018 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht zur Entwicklung des Zinsüberschuss japansicher Banken für den Zeitraum von 1999 bis 2018 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht zur Entwicklung BERG vor Bewertung japansicher Banken für den Zeitraum von 1999 bis 2018 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XVII

59

60

61

63

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69

70

70

71

71

XVIII

Abbildung 4.24

Abbildungsverzeichnis

Übersicht der Zinsentwicklung der ON-Sätze sowie der 10 Jahres Sätze in Japan auf Basis Mid-Swap für den Zeitraum von 2002 bis 2019 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

Tabellenverzeichnis

Tabelle Tabelle Tabelle Tabelle Tabelle

3.1 3.2 3.3 4.1 4.2

Tabelle 4.3

Tabelle 4.4

Tabelle 4.5 Tabelle 4.6

Tabelle 4.7

Tabelle 4.8 Tabelle 4.9

Übersicht Mischungsverhältnisse Mustersparkasse . . . . . . . . Rahmendaten der Risikostrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht Anfangsmaßnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht Annahmen Neugeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht der Simulationsergebnisse für das Japanszenario im Zeitraum von 2017 bis 2031 . . . . . . . . . . . Vereinfachte Ermittlung Zinsüberschuss der Mustersparkasse im Japanszenario für den Zeitraum von 2017 bis 2031 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vereinfachte Ermittlung des BERG vor Bewertung der Mustersparkasse im Japanszenario für den Zeitraum von 2017 bis 2031 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht der Simulationsergebnisse Europaszenario im Zeitraum von 2017 bis 2031 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vereinfachte Ermittlung Zinsüberschuss der Mustersparkasse im Europaszenario für den Zeitraum von 2017 bis 2031 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vereinfachte Ermittlung BERG vor Bewertung der Mustersparkasse im Europaszenario für den Zeitraum vom 2017 bis 2031 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Margenentwicklung bei Anpassung des Kundenzins im Japanszenario . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Margenentwicklung bei Anpassung des Kundenzins im Europaszenario . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35 37 39 43 46

52

54 58

62

64 77 77

XIX

XX

Tabelle 4.10

Tabelle 4.11

Tabelle 4.12

Tabellenverzeichnis

Auswirkungen einer Änderung der Mischungsverhältnisse auf den Zinsbuchbarwert am Beispiel des Japanszenarios (2031) . . . . . . . . . . . . . . . . . Auswirkungen einer Änderung der Mischungsverhältnisse auf den Zinsbuchbarwert am Beispiel des Europaszenarios (2031) . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht ausgewählter methodische Schwächen und Handlungsimpulse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78

79 87

1

Einleitung

1.1

Ausgangssituation und Problemstellung

Aktuell befindet sich die Bankenlandschaft in einem strukturellen Wandel. Was viele Jahre hervorragend funktionierte und auskömmliche Erträge geliefert hat, wird entweder durch Konkurrenten (wie z. B. auf Nischen spezialisierte FinTechs) substituiert, oder die Erträge aus einzelnen Geschäftsfeldern sind zunehmend rückläufig. Somit stellt sich für viele Banken die Frage: Wovon in Zukunft leben?1 Das Bankgeschäft hat sich seit der Finanzmarktkrise massiv gewandelt. Niedrigzinsen, verschärfte regulatorische Vorgaben, geändertes Kundenverhalten, neue Marktteilnehmer, Fachkräftemangel und Digitalisierung sind nur einige Themen mit denen sich Banken und Sparkassen beschäftigen müssen.2 In den vergangenen Jahren hat die Bankenlandschaft eine Vielzahl von neuen, auf spezielle Segmente fokussierte Start-ups hinzugewonnen. Sicher wird eine Vielzahl wieder vom Markt verschwinden, doch einige werden bestehen. Am Beispiel von PayPal lässt sich gut erkennen, dass diese jungen Unternehmen etablierten Banken durchaus ertragsstarke Geschäftsfelder, wie in diesem Beispiel den Zahlungsverkehr sowie e-Payment, abnehmen können. Im Jahr 2015 betrug der Anteil von Zahlungen über PayPal bereits knapp 20 % des gesamten Umsatzes im Onlinehandel.3 Die deutsche Kreditwirtschaft hat reagiert und versucht mit paydirekt ein Konkurrenzprodukt in Deutschland zu etablieren, um die Erträge aus 1 Vgl.

(Buch, 2018, S. 2) (Weidmann, 2017); (Feiler, 2019); 3 Vgl. (Deutscher Bundestag, Daten zur Marktposition von PayPal in Deutschland, 2016, S. 4) 2 Vgl.

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Mursch, Grenzen der klassischen Zinsbuchsteuerung im Licht der Niedrig-und Negativzinsphase, Business, Economics, and Law, https://doi.org/10.1007/978-3-658-32282-3_1

1

2

1

Einleitung

Zahlungsverkehrsdienstleistungen auch in Zukunft innerhalb der Organisationen zu behalten. Die Süddeutsche Zeitung erklärt in einem Artikel das Projekt bereits für gescheitert. Zwar sind die angemeldeten Nutzer mit knapp 2,6 Mio. relativ hoch, doch die Nutzungsquote von paydirekt ist sehr gering.4 Neben der Konkurrenzsituation hat sich auch das Zinsniveau in eine herausfordernde Richtung entwickelt. In den letzten 10 Jahren sind die Zinsen in sämtlichen Laufzeiten massiv rückläufig. Die Bundesrepublik Deutschland begibt mittlerweile Staatsanleihen mit einer Laufzeit von 30 Jahren zu einem Zinssatz von 0 % p.a.5 Auch eine negative Rendite ist durchaus keine Seltenheit. All diese Veränderungen haben bereits heute starke Auswirkungen auf die Ertragslage des Bankensektors. In Abbildung 1.1 ist die Entwicklung der Bilanzposition Zinsüberschuss für verschiedene Bankengruppen dargestellt. Die rückläufigen Tendenzen über den gesamten Markt lassen sich auf den ersten Blick gut erkennen. Vor allem bei Privatbanken, Genossenschaftsbanken und Sparkassen ist seit den 1990er Jahren ein starker Rückgang zu erkennen. Für Sparkassen und genossenschaftliche Banken ist der Rückgang besonders bedrohlich, da der Schwerpunkt der aggregierten operativen Erträge aus dem Zinsüberschuss stammt.6 Auch die Aufsicht sieht diese Entwicklung zunehmend kritisch und versucht im Rahmen der alle zwei Jahre durchgeführten Niedrigzinsumfrage für mittelständische Banken einen Überblick zur Ertragslage und den Zukunftsprognosen der Banken zu erlangen. Bei der Umfrage aus dem Jahr 2019 wurde deutlich, dass die mittelständischen Kreditinstitute mit einem rückläufigen Ergebnis aus dem Zinsüberschuss von ca. 14 BP rechnen. Eine Vielzahl der befragten Institute ist jedoch von einer baldigen Zinswende und einem ansteigenden Zinsniveau ausgegangen. Somit ist bei einer nachhaltigen Niedrig- bzw. Negativzinsphase mit einem weiteren Rückgang der Erträge aus Zinsüberschüssen zu rechnen.7 Die im September 2019 durch die EZB beschlossenen geldpolitischen Maßnahmen lassen ein nachhaltig niedriges bzw. negatives Zinsniveau erwarten. In den Beschlüssen wurde der Zinssatz für die Einlagenfazilität um 10 BP auf −0,5 % gesenkt. Darüber hinaus wurden zum November erneut Anleihezukäufe durch die EZB aufgenommen, um dem Markt zusätzliche Liquidität 4 Vgl.

(Schreiber, 2019) (Deutsche Bundesbank, Ausschreibung Tenderverfahren – Aufstockung 30-jährige Bundesanleihe, 2019) 6 Vgl. (Deutscher Sparkassen- und Giroverband e. V., 2019, S. 44) 7 Vgl. (Deutsche Bundesbank & Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Ergebnisse des LSI-Stresstests 2019, 2019, S. 6) 5 Vgl.

1.2 Forschungsfrage und Zielsetzung

3

Entwicklung des Zinsüberschuss im Verhältnis zur durchschnittlichen Bilanzsumme für den Zeitraum 1968-2018 4

3,5

Zinsüberschuss in %

3

2,5

2

1,5

1

0,5

1968 1969 1970 1971 1972 1973 1974 1975 1976 1977 1978 1979 1980 1981 1982 1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018

0

Gesamt

Sparkassen

Großbanken

Kreditgenossenschaften

Genossenschaftliche Zentralbanken

Landesbanken

Abbildung 1.1 Entwicklung Zinsüberschuss im Bankenvergleich für den Zeitraum von 1968 bis 2018. (Eigene Darstellung, vgl. (Deutsche Bundesbank, 2019))

zuzuführen.8 Die Zeit online hat in einem Artikel bereits von japanischen Verhältnissen gesprochen und einen Zusammenhang zum europäischen Zinsmarktumfeld hergestellt.9 Insgesamt lässt sich somit konstatieren, dass es in den nächsten Jahren voraussichtlich keine Zinswende geben wird und somit der Druck auf die Erträge im Bankensektor weiterhin hoch bleibt.

1.2

Forschungsfrage und Zielsetzung

Wie in den einleitenden Worten kurz dargestellt, reduziert sich der Zinsüberschuss mittelständischer Banken von Jahr zu Jahr. Eine anhaltende Negativ- und Niedrigzinsphase stellt für viele Sparkassen und Genossenschaftsbanken somit eine große Herausforderung dar und rüttelt an den Grundpfeilern des Geschäftsmodells dieser Bankengruppe. Die in vielen Sparkassen verwendeten Bewertungsund Steuerungsmodelle im Controlling der Ertragssituation sind bereits seit den 1990er Jahren im Einsatz und stoßen mit der aktuellen Zinssituation an ihre Grenzen. 8 Vgl. 9 Vgl.

(Europäische Zentralbank, Pressemitteilung Geldpolitische Beschlüsse, 2019) (Sinn, 2016)

4

1

Einleitung

In der vorliegenden Arbeit werden die Mängel und Problemfelder der klassischen Zinsbuchsteuerung im Rahmen der Niedrig- bzw. Negativzinsphase ermittelt. Unter klassischer Zinsbuchsteuerung wird in dieser Arbeit die Ermittlung der einzelnen Bestandteile des Zinsüberschusses, im Rahmen der in Sparkassen üblichen Modelle und Methoden, verstanden Dabei fokussiert sich die Untersuchung nicht nur auf die Zinsbuchsteuerung im Rahmen einer passiven Steuerung des Zinsbuchs, sondern auch auf die mit der Zinsbuchsteuerung in Zusammenhang stehenden Methoden und Modelle zur Ermittlung von Margenbeiträgen. Als Beispiel sei an dieser Stelle die Methode der gleitenden Durchschnitte genannt. Definitionen und Eingrenzungen erfolgen in Kapitel 2. Ziel der Arbeit ist es, die zukünftigen Auswirkungen der aktuellen Zinsphase auf die Ertragssituation des Sparkassensektors darzustellen. Dabei wird, aufbauend auf Szenario-Analysen, eine kritische Bestandsaufnahme durchgeführt sowie methodische Schwächen der Zinsbuchsteuerung benannt und Impulse für Handlungsmöglichkeiten geliefert. Die Ergebnisse sollen dazu beitragen weitere Untersuchungen auf diesem Gebiet anzustoßen, um auf diese Weise mittelständischen Kreditinstituten für die Zukunft hilfreiche Bewertungsmethoden im Rahmen der Zinsbuchsteuerung zur Verfügung zu stellen.

1.3

Methodisches Vorgehen und Aufbau der Arbeit

Zur Erfüllung der Zielsetzung werden in dieser Arbeit Stresstests für konkrete Zukunftsszenarien durchgeführt. Die modellhafte Basis liefert hierfür eine Mustersparkasse. Für die Erstellung der Mustersparkasse wird die Bilanzstruktur einer realen Sparkasse als grundsätzliche Benchmark. Dies erfolgt anonymisiert und individualisiert in Anlehnung an Daten einer bayerischen Sparkasse Hierzu wird eine vereinfachte Bilanz sowie Erfolgsrechnung für die Mustersparkasse festgelegt. Zusätzlich werden noch weitere Rahmenbedingungen für die Mustersparkasse (u. a. Mischungsverhältnisse, Risikostrategie, CF-Struktur) fixiert. Die Festlegung der Rahmendaten für die Mustersparkasse erfolgt zusätzlich mit Hilfe von Verbandsstudien und Erfahrungswerten. Die konkrete Herleitung der Rahmendaten spielt in dieser Arbeit eine eher untergeordnete Rolle und soll lediglich die Basis für weitere Analysen darstellen. Darauf aufbauend werden zwei Szenarien für die Mustersparkasse simuliert. Die Ausgangszinsstruktur für diese Analysen liefert die Zinsentwicklung auf Basis von täglichen europäischen Mid-Swap Sätzen für verschiedene Laufzeiten (Februar 2002–Oktober 2019). Im Rahmen des Basisszenarios Japanszenario

1.3 Methodisches Vorgehen und Aufbau der Arbeit

5

werden historische japanische Mid-Swap Sätze gespiegelt und an die Basiszinsen angehängt. Somit werden japanische Zinssätze historisch absteigend in die Zukunft projiziert. Dabei werden die Auswirkungen auf die Zinsbuchsteuerung sowie die GuV-Rechnung der Mustersparkasse dargestellt und analysiert. Wie im weiteren Verlauf der Arbeit beschrieben wird, erfolgt im Japanszenario eine Simulation nahe Null liegender Zinssätze für ca. 3 Jahre, mit einem im Anschluss tendenziell ansteigenden Zinsniveau. Diese Entwicklung ergibt sich aus der eingangs beschriebenen Verwendung von historischen japanischen Mid-Swap Sätze. Gleiches erfolgt mit der Durchführung des Extremszenarios Europaszenario. Auch hier wird auf Basis der Ausgangszinsstruktur ein fiktiver Verlauf für die Zukunft angenommen und simuliert. Dabei werden die zum Ende der Ausgangszinsstruktur festgestellten Mid-Swap Sätze jeder Laufzeit für ca. 8 Jahre seitwärts fortgeschrieben. Im Anschluss erfolgt ein anhängen der gespiegelten Mid-Swap Sätze aus der Anfangszinsstruktur an die Zinsstruktur des Europaszenarios. Auf diese Weise wird für das Extremszenario ein anhaltend niedriges bzw. negatives Zinsniveau über einen langen Zeitraum angenommen. Anschließend erfolgt ein moderater Zinsanstieg. Details zu den einzelnen Zinskurven werden im Laufe der Arbeit erläutert. Mit Blick auf das Forschungsziel stellt sich die Gliederung der Arbeit wie folgt dar. In einem ersten Schritt werden in Kapitel zwei definitorische Grundlagen fixiert und einzelne für die Arbeit wichtige Begriffe und Methoden definiert und eingegrenzt. Als wesentliche Grundlage liefert Kapitel drei einen kurzen Überblick zum aktuellen Stand der geldpolitischen Maßnahmen und Entscheidungen der Zentralbanken in Japan und Europa sowie zur Entwicklung des Zinsniveaus für die jeweiligen Länder. In Kapitel 4 erfolgt die Darstellung der Mustersparkasse und eine Fixierung des Status Quo für die weitere Szenariobearbeitung. Dabei wird das Basisszenario Japanszenario definiert und eingegrenzt sowie die Auswirkungen des Ergebnisbeitrags aus der Zinsbuchsteuerung auf die Ergebnisentwicklung der Mustersparkasse bis zum Jahr 2031 simuliert. Das gleiche Vorgehen erfolgt bei Durchführung des Extremszenarios Europaszenario. Bei der Analyse beider Szenarien erfolgt gleichzeitig eine kritische Bestandsaufnahme der aktuellen Vorgehensweise in der Zinsbuchsteuerung. Als potentiell lehrendes Beispiel erfolgt ein Blick nach Japan und die Auswirkungen der in Japan anhaltend niedrigen Zinsen auf die Ertragslage der Banken. Darauf aufbauend werden in einem nächsten Schritt methodische Schwächen der verwendeten Verfahren und Modelle beschrieben, um abschließend zu einem Resümee mit einem kurzen Ausblick sowie Handlungsimpulsen zu kommen.

2

Definitorische Grundlagen

In einem ersten Schritt sollen die Grundlagen für den weiteren Verlauf der Arbeit gelegt werden. Um eine einheitliche Basis zu gewährleisten und einen ersten Rahmen zu schaffen, werden in den folgenden Kapiteln wichtige Modelle sowie Begrifflichkeiten kurz erläutert und konkretisiert.

2.1

Marktzinsmethode als Basis der Zinsbuchsteuerung

Mit der Marktzinsmethode erfolgt eine Trennung der Zinsspanne in die Komponenten Konditionsbeitrag und Strukturbeitrag. Diese Methode beinhaltet die Annahme des vollkommenen Kapitalmarkts sowie der fristenkongruenten Refinanzierung bzw. Wiederanlage über den Kapitalmarkt. Ziel ist die Generierung konstanter Margen über die gesamte Laufzeit der einzelnen Produkte. Als Marge wird hierbei im Aktivgeschäft die Differenz von Kundenzins und kalkulatorischen Kostenzins festgelegt (Konditionenbeitrag Aktiv). Für das Passivgeschäft erfolgt eine umgekehrte Betrachtung. Hier ist die Marge die Differenz aus kalkulatorischen Ertragszins und dem Kundenzins (Konditionenbeitrag Passiv). Der Konditionsbeitrag beschreibt den zinsänderungsrisikofreien Zinsüberschuss aus dem Kundengeschäft und unterliegt einem Margenrisiko. Der Strukturbeitrag stellt das Ergebnis der Fristentransformation dar und wird durch den Bereich

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Mursch, Grenzen der klassischen Zinsbuchsteuerung im Licht der Niedrig-und Negativzinsphase, Business, Economics, and Law, https://doi.org/10.1007/978-3-658-32282-3_2

7

8

2

Definitorische Grundlagen

Treasury gesteuert. Die Zinsspanne abzüglich des Konditionenbeitrags stellt den Strukturbeitrag dar.1 Grundsätzlich werden bei der Marktzinsmethode die Geschäfte der Aktivbzw. Passivseite mit alternativ möglichen Geld- und Kapitalmarktgeschäften bewertet. Dabei gibt es zwei unterschiedliche Berechnungsweisen. Zum einen erfolgt über das Opportunitätsprinzip die Ermittlung eines Opportunitätszinssatz. Dieser wird ermittelt, indem der Kundenzins einer alternativen Anlage über den Geld- und Kapitalmarkt gegenübergestellt wird. Der Konditionsbeitrag wird nun durch die Differenz dieser Zinssätze festgestellt. Die zweite Betrachtungsweise berechnet den Konditionsbeitrag über die Gegenüberstellung des Kundenzinses zur zinsänderungsrisikofreien Refinanzierung. Diese Vorgehenswiese erfolgt nach dem Gegenseitenkonzept.2 Im Rahmen dieser Arbeit wird das Opportunitätsprinzip verwendet. Als Ergebnis der Marktzinsmethode wird der Zinsüberschuss ermittelt. Dieser setzt sich aus unterschiedlichen Ergebnisbestandteilen zusammen. Grundsätzlich kann der Zinsüberschuss als Differenz aller Erträge und Aufwendungen der jeweiligen Bilanzseite gesehen werden. In der aufsichtsrechtlichen Sicht (MaRisk AT 4.2 Textziffer 2 Satz 4) kann der Zinsüberschuss in einen Konditionsbeitrag und einen Strukturbeitrag aufgeteilt werden.3 Eine ähnliche Sichtweise wird in Anlage 3 der Verordnung zur Einreichung von Finanz- und Risikotragfähigkeitsinformationen nach dem Kreditwesengesetz (FinaRiskV) getroffen.4 Unter Konditionsbeitrag wird dabei die Summe aller Bruttomargen aus dem Aktivund Passivgeschäft verstanden. Im Hinblick auf die Marktzinsmethode ist der Konditionsbeitrag mit anderen Worten die Differenz des Kundegeschäfts zu einem alternativen Geschäft am Geld- und Kapitalmarkt. Somit ist der Konditionenbeitrag die positive oder negative Veränderung des Zinsüberschuss.5 Der Beitrag aus der Fristentransformation wird hierbei als Strukturbeitrag fixiert. Die Bestandteile des Zinsüberschusses lassen sich allerdings noch weiter untergliedern. Weitere Bestandteile können das Ergebnis aus Beteiligungen oder ein 1 Vgl.

(Verleger, 2018, S. 349); vgl. (Klug, 2018, S. 655 f.); vgl. (Östrreichische Nationalbank & Finanzmarktaufsicht FMA, 2008, S. 49); vgl. (Schierenbeck, Lister, & Kirmße Stefan, 2014, S. 51 f.) 2 Vgl. (Rolfes, Gesamtbanksteuerung, 1999, S. 248 f.); vgl. (Rolfes, Gesamtbanksteuerung, 1999, S. 266 f.); vgl. (Schierenbeck, Lister, & Kirmße Stefan, 2014, S. 80) 3 Vgl. (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Anlage 1: Erläuterungen zu den MaRisk in der Fassung vom 27.10.2017, 2017, S. 14 f.); vgl. (Schierenbeck, Lister, & Kirmße Stefan, 2014, S. 91) 4 FinaRisikoV Anlage 3 Pos. 450 bis 480 5 Vgl. (Schierenbeck, Lister, & Kirmße Stefan, 2014, S. 78 f.)

2.2 Methode der gleitenden Durchschnitte

9

Beitrag aus der Anlage des Eigenkapitals sein. Eine einheitliche Vorgehensweise existiert nicht und die Institute haben im Rahmen der Methodenfreiheit durchaus Gestaltungsspielraum.6 Im weiteren Verlauf der Arbeit werden Bruttomargen, das Opportunitätsprinzip sowie die aufsichtsrechtliche Aufteilung des Zinsüberschusses verwendet.

2.2

Methode der gleitenden Durchschnitte

Im Rahmen der Bewertung von Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch schreiben die MaRisk vor, für Positionen mit unbekannter Zins- und Kapitalbindung entsprechende Annahmen festzulegen.7 Dieses Vorgehen ist auch bei der Durchführung der Marktzinsmethode und einer entsprechenden Ergebnisaufspaltung notwendig.8 Für die Umsetzung dieses Ziels gibt es eine Reihe von Methoden. Eine Variante ist die Generierung von virtuellen Geld- und Kapitalmarktgeschäften zur Ermöglichung einer fristenkongruenten Refinanzierung auf Basis der Marktzinsmethode durch den Bereich Treasury. Mit dem Fokus auf die Erzielung einer konstanten Marge ergeben sich zwei grundsätzliche Formen. Durch historische Analysen werden die Bewertungszinsen durch Mischung der Zinssätze aus der Vergangenheit abgeleitet (z. B. replizierendes Portfolio). Hierbei wird ein Opportunitätszinssatz auf Basis einer aktuellen Wiederanlage generiert. Diese Vorgehensweise bietet sich bei der Fixierung eines unbestimmten Zinsbindungskriteriums an. Die zweite Variante orientiert sich an der Kapitalbindung und untersucht die Ausgleichszahlungen bei Volumenänderungen (z. B. Bodensatztheorie). Hierbei ist die Mischung der gleitenden Durchschnitte stets dem Bewertungszins gleichzusetzen. Bei zukünftigen Volumenänderungen werden Ausgleichszahlungen generiert, die den verursachenden Vertriebseinheiten ggf. zugerechnet werden. Wichtig ist eine bewusste Entscheidung bei jedem Produkt für ein Modell bzw. eine Methode.9

6 Vgl.

(Sievi & Wegner, Risikoartenübergreifende Ergebnisspaltung, 2018, S. 767) (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Anlage 1: Erläuterungen zu den MaRisk in der Fassung vom 27.10.2017, 2017, S. BTR 2.3 Tz. 7) 8 Vgl. (Schierenbeck, Lister, & Kirmße Stefan, 2014, S. 93 f.) 9 Vgl. (Östrreichische Nationalbank & Finanzmarktaufsicht FMA, 2008, S. 59 f.), vgl. (Sievi, Goebel, & Schumacher, Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos, 1998, S. 64, 73); vgl. (Grabbe, 2018, S. 685) 7 Vgl.

10

2

Definitorische Grundlagen

Die ÖNB bietet eine Übersicht mit potentiellen Methoden zur Generierung gleitender Durchschnitte (u. a. Bodensatztheorie, Elastizitätsansatz sowie Kombinationsmodelle wie den Option – Adjusted – Spread – Ansatz) an. Entscheidend für die Bestimmung der gleitenden Durchschnitte ist eine konkrete Einschätzung des zukünftigen Kundenverhaltens sowie der Konkurrenzsituation vor Ort. Im Hinblick auf Proportionalität zu den jeweiligen Rahmenbedingungen einer Bank ist ein entsprechendes Modell zu wählen. In dieser Arbeit liegt der Fokus auf der Bodensatztheorie. Dabei wird für liquide Mittel eine langfristige Verweildauer unterstellt. Für die Ermittlung des Bodensatzes wird die historische Entwicklung des jeweiligen Produkts (z. B. Spareinlagen) für einen langen Zeitraum beobachtet. Im Anschluss erfolgt die Aufteilung des Produkts in einen stabilen und einen volatilen Teil. Für den stabilen Teil der Einlagen können gemäß Theorie längere Mischungsverhältnisse unterstellt werden. Die beobachteten Zu- und Abflüsse in der Historie bieten die Basis für eine Aufteilung der Produkte.10 Der stabile Teil wird in dieser Arbeit als Sockelbetrag betitelt. In der Sparkassenorganisation werden deshalb variabel verzinslich Kundenprodukte mit unsicheren Cashflows im Rahmen der Festlegung von Mischungsverhältnissen mit der Methode gleitender Durchschnitte in Festzinscashflows umgewandelt. Ziel ist somit eine Umwandlung von Geschäften mit unbestimmten Zins- und Kapitalbindungen in Geld- und Kapitalmarktgeschäfte mit Ablauffiktion und konkreten Zahlungsströmen. Die CFs dieser generierten Geschäfte können dann in einem zweiten Schritt in den Zinsbuch – CF einer Sparkasse einfließen.11 Für die Festlegung eines Bewertungszinses erfolgt die Erstellung eines Replikationsportfolios. Dabei werden entsprechend der ermittelten Ablauffiktion Abschnitte gebildet und das vorhandene Volumen in revolvierenden Tranchen zu den entsprechenden Geld- und Kapitalmarktzinsen investiert (gleitender Durchschnitt). Der Bewertungszins ergibt sich somit aus dem Durchschnittszinssatz der Tranchen.12 Auf Basis der ermittelten gleitenden Durchschnitte sind in einem nächsten Schritt konkrete Mischungsverhältnisse durch das Institut festzulegen. Bei der Ermittlung der optimalen Mischungsverhältnisse ist auf Volumenkonstanz

10 Vgl.

(Östrreichische Nationalbank & Finanzmarktaufsicht FMA, 2008, S. 60) (Östrreichische Nationalbank & Finanzmarktaufsicht FMA, 2008, S. 55, 59); vgl. (Horsch & Schulte, 2016, S. 336); vgl. (Klenner & Tangemann, 2013, S. 115) 12 Vgl. (Schierenbeck, Lister, & Kirmße Stefan, 2014, S. 102) 11 Vgl.

2.3 Risikobegriff in der Zinsbuchsteuerung

11

der jeweils betrachteten Produkte zu achten. Darauf aufbauend wird das ideale Mischungsverhältnis über ein Optimierungsverfahren ermittelt.13

2.3

Risikobegriff in der Zinsbuchsteuerung

In der Praxis existiert keine einheitliche Definition des Risikobegriffs. Die allgemeine Betriebswirtschaftslehre beschreibt den Begriff des Risikos als Abweichung vom gesteckten Ziel, i. d. R. im Rahmen eines Verlustes, oder als Unsicherheit in der Zukunft. Die Unsicherheit bezieht sich in erster Linie auf Markt- bzw. Barwertveränderungen.14 Eine konkrete Ausprägung des Risikos im Rahmen der Zinsbuchsteuerung ist das Zinsänderungsrisiko. Mit Blick auf das Forschungsziel dieser Arbeit wird diese Risikoart näher definiert. Zinsänderungsrisiko entsteht durch Unsicherheit in der Prognose zukünftiger Zinsentwicklungen. Hier gibt es zum einen ein bonitätsinduziertes Zinsänderungsrisiko (in erster Linie für Kreditrisiken) sowie ein marktinduziertes Zinsänderungsrisiko. Im Folgenden liegt der Fokus auf dem marktinduzierten Zinsänderungsrisiko. Die Höhe des Zins-Exposures sowie die Volatilität der Marktzinsen sind entscheidende Einflussgrößen des (marktinduzierten) Zinsänderungsrisikos auf bedingte Vermögensrisiken in Form von Zinsüberschuss- und Barwertrisiken. Zum Zins-Exposure zählen alle zinstragenden Positionen. Zinsänderungsrisiken entstehen durch das Eingehen von offenen Zinsbindungsinkongruenzen im Rahmen der Banksteuerung.15 Grundsätzlich gibt es in der Bankenwelt zwei Betrachtungsweisen. Zum einen die Barwertbetrachtung, das heißt eine Risikobetrachtung mit Fokus auf ein umfassendes Marktwertrisiko. Zum anderen die Betrachtung das Zinsspannenrisiko bzw. die Auswirkungen auf die GuV- Entwicklung.16

13 Vgl. (Sievi, Goebel, & Schumacher, Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos, 1998, S. 76); vgl. (Seel & Svododa, 2018, S. 223 f.) 14 Vgl. (Horsch & Schulte, 2016, S. 14, 17); (Schierenbeck, Lister, & Kirmße Stefan, 2014, S. 475) 15 Vgl. (Horsch & Schulte, 2016, S. 278 f., 281); vgl. (Schierenbeck, Lister, & Kirmße, Ertragsorientiertes Bankmanagement: Band 2: Risiko-Controlling und iintegrierte Rendite/Risikosteuerung (9. Auflage), 2008, S. 294 f.); vgl. (Hartl & Ott, 2009, S. 513); vgl. (Schierenbeck, Lister, & Kirmße Stefan, 2014, S. 475) 16 Vgl. (Horsch & Schulte, 2016, S. 333 f.); vgl. (Basel Comitee on Banking Supervision, 2004); vgl. (Schierenbeck, Lister, & Kirmße, Ertragsorientiertes Bankmanagement: Band 2: Risiko-Controlling und iintegrierte Rendite-/Risikosteuerung (9. Auflage), 2008, S. 6)

12

2

Definitorische Grundlagen

Ein im Zusammenhang mit der Zinsbuchsteuerung wichtiges Risikofeld ist das Zinsüberschussrisiko. Dieses Risiko entsteht durch fehlende Kongruenz der Zinsbindung im Rahmen der Banksteuerung. Beispiele des Zinsüberschussrisikos sind das Festzinsrisiko und das variable Zinsänderungsrisiko. Dabei werden Festzinsvereinbarungen auf der Aktivseite nur zum Teil mit laufzeitkongruenten Einlagen auf der Passivseite refinanziert. Auf diese Weise werden bewusst offene Positionen eingegangen und Fristeninkongruenzen geschaffen.17 Im Hinblick auf das Aufsichtswesen sind die erwirtschafteten Ergebnisse der Bank die Bezugsgröße des Risikos. In diesem Zusammenhang gibt es zwei denkbare Betrachtungsweisen. Risiko als Verlustmöglichkeit oder Risiko als Ergebnisschwankung. Im aufsichtsrechtlichen Fokus steht das Risiko als Verlust.18 Eine ähnliche Auslegung liefert auch die Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIZ). Hier wird das Zinsänderungsrisiko als Auswirkung der Veränderungen von Marktzinsen auf die Finanzlage von Kreditinstituten festgelegt. In einem weiteren Schritt erfolgen zwei differenzierte Betrachtungsweisen. Zum einen kann der Fokus auf der Reagibilität von zukünftigen Zahlungsströmen auf Marktzinssatzänderungen liegen. Zum anderen ist im Rahmen des Zinsänderungsrisikos gemäß der BIZ eine Konzentration auf die Veränderungen der Werte von Aktiva und Passiva durch Marktzinssatzschwankungen der Betrachtungsfokus.19 Die Sichtweise auf den potentiellen Verlust durch Marktzinsschwankungen zeigt sich auch in der Festlegung des Zinsänderungsrisikos durch den Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht. Der Ausschuss beschreibt das Zinsänderungsrisiko als die Gefahr einer ungünstigen Beeinflussung der Finanzlage einer Bank durch nachteilige Zinsänderungen in der Zukunft.20 Diese Festlegung durch den Baseler Ausschuss hat allerdings nur empfehlenden Charakter. Die European Banking Authority (EBA) definiert das Zinsänderungsrisiko ebenfalls als zukünftiges (oder aktuelles) Risiko durch negativen Schwankungen der Zinssätze auf die Ertragslage der Bank.21 Die Österreichische Nationalbank (ÖNB) liefert in ihrem Leitfaden zum Management des Zinsrisikos im Bankbuch eine weitere Definition des Zinsänderungsrisikos. Hier wird festgelegt, dass die erzielbare Zinsergebnisgröße 17 Vgl. (Horsch & Schulte, 2016, S. 287 ff., 316); (Schierenbeck, Lister, & Kirmße, Ertragsorientiertes Bankmanagement: Band 2: Risiko-Controlling und iintegrierte Rendite-/Risikosteuerung (9. Auflage), 2008, S. 328) 18 Vgl. (Sievi, Wegner, & Freundorfer, 2011, S. 27 f.) 19 Vgl. (English, 2002, S. 76) 20 Vgl. (Basel Comitee on Banking Supervision, 2004, S. 5) 21 Vgl. (European Banking Authority, 2018, S. 5 f.)

2.5 Barwert in der Zinsbuchsteuerung

13

bei gleich bleibenden Zinsen und auftretenden Marktzinssatzänderungen nicht erreicht wird.22 Im Rahmen dieser Arbeit erfolgt die Betrachtung des Marktwertrisikos als Abweichung vom tatsächlich erwarteten Ergebniswert.

2.4

Zinsbuch Cashflow

Der Zinsbuch Cashflow setzt sich aus allen zinstragenden Geschäften einer Bank zusammen. Grundsätzlich erfolgt die Zusammenstellung eines Zinsbuch-CFs aus den auf die Fälligkeit diskontierten Einzelcashflows der Festzinsgeschäfte und variablen Produkten einer Bank. Dabei werden sowohl Zins- als auch Tilgungsleistungen berücksichtigt.23 Diese können im Rahmen von Festzinsgeschäften über die Zinsbindungsbilanz abgeleitet werden. Für variable Produkte wird die sofortige Fälligkeit unterstellt. Eine Ausnahme bilden variable Geschäfte mit Quasi-Festzinscharakter. Hier werden über Modelle, wie unter anderem der Ablauffiktionen im Rahmen der Methode gleitender Durchschnitte, zukünftige CFs generiert.24 Die ermittelten Einzel CFs werden zu einem Summen CF der Gesamtbank zusammengefasst. Dabei erhalten zu erwartende Mittelzuflüsse ein positives und zu erwartende Abflüsse ein negatives Vorzeichen25 . Auf dieser Basis wird durch Saldierung ein Netto Zinsbuch CF generiert. Dieser bildet die Grundlage für barwertige Berechnungen der Gesamtbanksteuerung.26

2.5

Barwert in der Zinsbuchsteuerung

Der Barwert drückt den Wert aller zukünftigen Zahlungen zum aktuellen Zeitpunkt aus.27 Die Ermittlung des Barwerts erfolgt über die Diskontierung der 22 Vgl.

(Östrreichische Nationalbank & Finanzmarktaufsicht FMA, 2008, S. 7 f.) (Schierenbeck, Lister, & Kirmße, Ertragsorientiertes Bankmanagement: Band 2: Risiko-Controlling und iintegrierte Rendite-/Risikosteuerung (9. Auflage), 2008, S. 671, 675) 24 Vgl. (Horsch & Schulte, 2016, S. 336) 25 Vgl. (Östrreichische Nationalbank & Finanzmarktaufsicht FMA, 2008, S. 55) 26 Vgl. (Schierenbeck, Lister, & Kirmße, Ertragsorientiertes Bankmanagement: Band 2: Risiko-Controlling und iintegrierte Rendite-/Risikosteuerung (9. Auflage), 2008, S. 676) 27 Vgl. (Schierenbeck, Lister, & Kirmße Stefan, 2014, S. 151) 23 Vgl.

14

2

Definitorische Grundlagen

Ein- und Auszahlungen mit einem zur Laufzeit des Cashflows kongruenten Zinssatz. Durch die Barwertbetrachtung werden alle Geschäfte, unabhängig von deren Zahlungszeitpunkt, miteinander vergleichbar. Im Kontext der ZBS ist der heutige Barwert die Summe aller zukünftigen Zahlungen, d. h. der Marktwert des Zinsbuchs.28 Anders formuliert ist der Barwert dem Vermögenswert gleichzusetzen und kann jederzeit realisiert werden. Theoretisch könnte ein Barwertzuwachs als Gewinn realisiert werden.29 Dies erfolgt allerdings nur durch einen potentiellen Verkauf des gesamten Zinsbuchsbestandes. Im Kontext eines Kreditinstituts entspricht der Barwert dem Wert aller zinstragenden Geschäfte (= Zinsbuchbarwert). Diese Ansicht ist eine Konkretisierung des Barwertbegriffs in § 25a Absatz 2 KWG durch die BaFin.30 Die weiteren Punkte dieser Arbeit basieren auf dieser Barwertdefinition. Der Barwert kann als grundsätzliche Zielgröße im Rahmen der barwertigen Zinsbuchsteuerung einer Bank verwendet werden. Als Zielgröße könnte die Steigerung des Barwerts, also des Unternehmenswerts, vereinbart werden.31

2.6

Benchmark als Vergleichsmaßstab in der Zinsbuchsteuerung

Eine Benchmark lässt sich grundsätzlich als ein Vergleichsmaßstab beschreiben. Dieser Maßstab ist Grundlage für unter anderem Erfolgsbeurteilungen oder Dispositionsentscheidungen. Basis für die Festlegung einer Vergleichsgröße ist immer die individuelle Strategie des jeweiligen Kreditinstituts.32 Bei der Erstellung einer Benchmark sind einige Anforderungen zu beachten. Eine wichtige Voraussetzung ist die Überprüfbarkeit der Benchmark. Das bedeutet eine Benchmark sollte real erwerbbar, oder synthetisch replizierbar, sein und möglichst geringe Kosten verursachen. Somit lässt sich im Idealfall der Verlauf der Benchmark gut beobachten bzw. kontrollieren und dient als angemessener Vergleichsmaßstab. Darüber hinaus ist es wichtig, eine leicht verständliche und nachvollziehbare Benchmark zu wählen, deren Sinnhaftigkeit 28 Vgl.

(Vorderwülbecke, 2018, S. 174 f.); vgl. (Horsch & Schulte, 2016, S. 338) (Sievi, Goebel, & Schumacher, Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos, 1998, S. 20) 30 Vgl. (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Rundschreiben 09/2018 (BA) – Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch; GZ: BA 55-FR 2232-2017/0001, 2018) 31 Vgl. (Klug, 2018, S. 654) 32 Vgl. (Östrreichische Nationalbank & Finanzmarktaufsicht FMA, 2008, S. 50) 29 Vgl.

2.6 Benchmark als Vergleichsmaßstab in der Zinsbuchsteuerung

15

laufend überprüft wird. Vorrangiges Ziel bei der Festlegung eines Vergleichsmaßstabs sollte die Abbildung einer unter Rendite- und Risikogesichtspunkten effizienten Anlagemöglichkeit sein. Änderungen einer fixierten Benchmark sollten im Idealfall nicht vorgenommen werden, um einen konstanten Messmaßstab zu gewährleisten.33 Beim systematischen Aufbau einer Benchmark muss beachtet werden, dass diese lediglich solche Vermögensgegenstände enthält, die der Risikoklasse des zu vergleichenden Vermögensgegenständen entsprechen.34 Bestandteile einer Benchmark sind in der Regel die CF Struktur und der Hebelfaktor. Durch zusätzliche Geldaufnahmen kann die CF Struktur entsprechend gehebelt werden. Auf diesem Weg lassen sich beliebige Benchmark Strukturen generieren. Ein typisches Beispiel ist die Struktur „1,75× gleitend 10 Jahre – 0,75× 3 Monate gleitend“. Bei dieser Benchmark erfolgt eine Geldaufnahme in Höhe von 75 Anteilen der Cashflow-Struktur (auf Basis des gleitenden Zinssatzes für 3 Monate) und eine anschließende Geldanlage von 175 Anteilen zu gleich großen Kapitaltranchen rollierend auf 10 Jahre.35 Grundsätzlich stellt eine ungehebelte CF Struktur des Zinsbuchs das Marktportfolio dar. Dieses Portfolio bestimmt die Struktur der gehebelten Variante und ist somit von den Entscheidungen des Investors unabhängig.36 Mit Fixierung einer gehebelten Benchmark-Struktur entsteht ein individueller Beitrag aus Fristentransformation. Durch eine positive Hebelung entstehen Fristeninkongruenzen, die sich in zusätzlichen Ertragschancen zeigen können. Gleichzeitig erhöht sich durch eine Hebelung auch das Zinsänderungsrisiko.37

33 Vgl. (Östrreichische Nationalbank & Finanzmarktaufsicht FMA, 2008, S. 50); vgl. (Reuse S., Definition effizienter Benchmarks für die passive Steuerung, 2019, S. 377); vgl. (Vorderwülbecke, 2018, S. 189) 34 Vgl. (Sievi, Wegner, & Freundorfer, 2011, S. 405) 35 Vgl. (Östrreichische Nationalbank & Finanzmarktaufsicht FMA, 2008, S. 51); vgl. (Sievi, Wegner, & Freundorfer, 2011, S. 282) 36 Vgl. (Wimmer, 2009, S. 332) 37 Vgl. (Klug, 2018, S. 656 f.)

16

2.7

2

Definitorische Grundlagen

Limitierung in der Zinsbuchsteuerung

Die Bankaufsicht lässt in ihren Regularien Kreditinstituten freie Wahl bei der Festlegung ihrer Limitsystematik. In den MaRisk ist unter Punkt BTR 2.1 eine entsprechende Aufforderung zur Einführung eines Limit Systems formuliert.38 Grundsätzlich ist die Festlegung der Limite abhängig von der strategischen Ausrichtung der Bank. Basis für die Festlegung einer konkreten Limitierung ist somit die institutsindividuelle Strategie. Im Rahmen der fixierten Ziele ist es erforderlich entsprechende Risikotoleranzen zu fixieren. Diese Toleranzen werden mit einem Limitsystem dargestellt.39 Im Folgenden werden exemplarisch zwei konkrete Limitierungen näher beschrieben. Eine Form ist die Limitierung des maximalen Wertverlusts (Value at Risk), der nicht überschritten werden darf. Falls eine Überschreitung stattfindet löst dies entsprechende Steuerungsimpulse aus. Dies kann unter anderem die Zuführung von zusätzlichen ökonomischen Eigenkapitals sein oder eine Risikoreduktion durch z. B. durch den Verkauf von Anleihen oder ähnlichen Anlagen im Depot A der Bank.40 Eine weitere gängige Variante der Limitierung ist die Festlegung eines Abweichungslimits. Dieses Limit ist bei Verwendung des passiven Steuerungsansatzes in der Zinsbuchsteuerung notwendig. Mit diesem Limit wird die maximale Abweichung der Portfoliostruktur von der vorgegebenen Benchmark Struktur festgelegt.41

2.8

Value at Risk

Der Value at Risk (VaR) ist abhängig vom zugrunde gelegten Risikobegriff. Für die Berechnungen in dieser Arbeit wird der Risikofaktor als Abweichung vom tatsächlich erwarteten Ergebniswert definiert.42 Dabei trifft der VaR eine Aussage über das zukünftige Verlustpotential zinstragender Geschäfte innerhalb eines festgelegten Konfidenzniveaus. Das Konfidenzniveau ist ein Sicherheiten Level für einen maximalen Verlust, der mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit nicht 38 Vgl. (Fröhlich, 2018, S. 437); vgl. (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Anlage 1: Erläuterungen zu den MaRisk in der Fassung vom 27.10.2017, 2017) 39 Vgl. (Riediger, 2018, S. 88 f.) 40 Vgl. (Reuse S., 2018, S. 532 f.) 41 Vgl. (Fröhlich, 2018, S. 405); vgl. (Reuse S., 2018, S. 534) 42 Vgl. (Schierenbeck, Lister, & Kirmße Stefan, 2014, S. 377)

2.9 Kennzahl RORAC (Return on Risk adjusted Capital)

17

überschritten wird.43 Die im Rahmen des VaR dargestellten Wertverluste sind negative Abweichungen vom aktuellen Barwert in der Zukunft. Einflussfaktoren auf den VaR sind u. a. Veränderungen von Marktzinssätzen in den jeweiligen Laufzeitbändern. Es wird somit das Gesamtrisiko eines Portfolios dargestellt. Es ist eine barwertige und eine periodische Betrachtung des VaR möglich.44 Im dieser Arbeit wird die barwertige Betrachtung des VaR als maximal erwarteter marktwertorientierter Verlust des Eigenkapitals festgelegt.

2.9

Kennzahl RORAC (Return on Risk adjusted Capital)

Der RORAC stellt eine Ergebniskennzahl in der Zinsbuchsteuerung dar und setzt sich aus der Performance und dem Risiko des Zinsbuch CFs zusammen. Somit lässt sich der Anlageerfolg in einer Kennzahl darstellen. Die Berechnung des RORAC erfolgt über folgende Gleichung:45 R O R AC =

Per f or manceabsolut − Retur nrisikolos VaR

Der RORAC kann auf verschiedene Arten berechnet werden. Die grundsätzliche Definition stellt die obige Gleichung dar. Im Rahmen der weiteren Berechnungen durch sDIS + (Softwaremodul der Firma msgGillardon AG zur Messung und Steuerung von Zinsänderungsrisiken in der Sparkassenfinanzgruppe) setzt sich der RORAC aus dem Verhältnis von Mittleren Ertrag zum VaR zusammen. R O R AC =

Mittlerer Ertrag − risikoloser Er trag VaR

Der mittlere Ertrag wird dabei als arithmetische Mittel aller Erträge der Risikofaktoren im Verhältnis zum Barwert verstanden.46

43 Vgl.

(Schierenbeck, Lister, & Kirmße Stefan, 2014, S. 381) (Östrreichische Nationalbank & Finanzmarktaufsicht FMA, 2008, S. 88 f.); vgl. (Schierenbeck, Lister, & Kirmße, Ertragsorientiertes Bankmanagement: Band 2: RisikoControlling und iintegrierte Rendite-/Risikosteuerung (9. Auflage), 2008, S. 16 ff.) 45 Vgl. (Östrreichische Nationalbank & Finanzmarktaufsicht FMA, 2008, S. 91); vgl. (Sievi & Wegner, Kapitalallokation als nachhaltige Erfolgsquelle der Bank, 2009, S. 438) 46 (msgGillardon, 2017, S. 13) 44 Vgl.

18

2.10

2

Definitorische Grundlagen

Barwertige Zinsbuchsteuerung

In diesem Abschnitt erfolgt eine Eingrenzung des Begriffs der Zinsbuchsteuerung. Zuerst erfolgt eine allgemeine Definition, gefolgt von der Darstellung gängiger Methoden. Abschließend werden die im Rahmen der Zinsbuchsteuerung vorhandenen Steuerungsvarianten kurz erläutert. Grundsätzlich wird unter der Zinsbuchsteuerung die Messung und Steuerung des gesamtbankbezogenen Zinsänderungsrisikos verstanden. In diesem Zusammenhang bewegt sich die Zinsbuchsteuerung in einem Entscheidungsdilemma. Liegt der Fokus in der Maximierung des Zinsbuchbarwerts oder steht die Optimierung eines Rendite – Risiko Verhältnisses zur Realisierung von GuV-Effekten im Vordergrund? Zur Durchführung der Zinsbuchsteuerung gibt es unterschiedliche Varianten je nach Zielsetzung der jeweiligen Bank.47 Die barwertorientierte Zinsbuchsteuerung ist eine Variante zur Steuerung von Zinsänderungsrisiken. Durch das Barwertkonzept wird das zusammengefasste Zinsbuch der Bank gesteuert. Dabei sind sämtliche zinsabhängigen Positionen (sowohl Aktiva als auch Passiva) zu einem Portfolio komprimiert und es werden die Auswirkungen marktzinsbedingter Wertänderungen auf das entsprechende Portfolio analysiert. Als Zielgröße hierfür dient der Portfoliowert, also das Vermögen der Bank. Veränderungen des Marktwertes im Vergleich zu einer Benchmark innerhalb eines bestimmten Betrachtungsraums ergeben die Performance der barwertigen Zinsbuchsteuerung. Setzt man die Performance ins Verhältnis zum eingegangenen Risiko nach dem Value at Risk-Ansatz erhält man eine simulierte risikoadjustierte Performancekennzahl, den sogenannten RORAC.48 Ausgangspunkt der barwertorientierten Zinsbuchsteuerung ist die Erstellung eines Gesamtbank Summen Cashflows. Hierfür sind sämtlich zinstragende Geschäfte in der Zukunft zu berücksichtigen. Der Gesamtbankcashflow wird zum Beispiel durch die Bildung von Fristenablaufbilanzen (sichere Zahlungsströme) und über Ablauffiktionen mittels der Methode gleitender Durchschnitte (variable Zahlungsströme) erzeugt. Das Zinsänderungsrisiko wird im Anschluss auf Basis der saldierten Zahlungsströme aus Aktiv- und Passivpositionen identifiziert. Nun kann der Zinsbuchbarwert durch Diskontierung des generierten Summenzahlungsstroms ermittelt werden. Grundsätzlich ist ein höheres Zinsänderungsrisiko anzunehmen je weiter die saldierten Zahlungsströme in der Zukunft liegen. Im Endergebnis 47 Vgl. (Östrreichische Nationalbank & Finanzmarktaufsicht FMA, 2008, S. 27); vgl. (Goebel, Schumacher, & Wegner, 2005, S. 3) 48 Vgl. (Schierenbeck, Lister, & Kirmße, Ertragsorientiertes Bankmanagement: Band 2: Risiko-Controlling und iintegrierte Rendite-/Risikosteuerung (9. Auflage), 2008, S. 672)

2.10 Barwertige Zinsbuchsteuerung

19

soll mit der barwertorientierten Zinsbuchsteuerung die Performance sämtlicher Zinsanlagen unter Berücksichtigung des Risikos, und der Einhaltung einer intern vorgegebenen Limitierung, optimiert werden.49 Die barwertige Zinsbuchsteuerung wird häufig mit Value-at-Risk Analysen kombiniert. Hierdurch lässt sich das maximale Barwertrisiko berechnen, das für eine bestimmte Haltedauer und festgelegtes Konfidenzniveau nicht überschritten wird. Diese Risikoberechnung basiert auf historischen Daten.50 Zur Abbildung einer GuV- basierten Sichtweise auf das Zinsänderungsrisiko bietet sich die periodische Zinsbuchsteuerung an. Im Unterschied zur barwertorientierten Sichtweise ist die Zielgröße der Betrachtung hier der GuVÜberschuss. Es soll im Kern das Zins- und Bewertungsergebnis durch die Steuerung der Zinsänderungsrisiken optimiert werden. Der Betrachtungszeitraum dieser Variante beschränkt sich auf den Planungshorizont, zukünftige Effekte werden nicht berücksichtigt.51 Die Geschäftsleitung steuert die Bank in der Regel über das GuV-Ergebnis.52 Durch die isolierte Betrachtung des Zinsänderungsrisikos über die barwertorientierte bzw. periodische Sichtweise kann es zu Fehlsteuerungsimpulsen kommen. Eine Kombination aus beiden im Vorfeld beschriebenen Varianten bietet die integrierte (duale) Zinsbuchsteuerung. Ziel dieser Variante ist die Optimierung des Wertzuwachses im Zinsbuch (Barwertmaximierung) durch eine angemessene Ausrichtung der Zahlungsströme unter Einhaltung im Vorfeld fixierter Nebenbedingungen und einer Risikominimierung. Diese Nebenbedingungen beinhalten unter anderem die Einhaltung der aufsichtsrechtlichen Anforderungen und ein Mindestzinsergebnis. Darüber hinaus ist die Performancerealisation in zukünftigen GuV-Perioden zu überwachen und gewährleisten.53 Abschließend wird noch auf die Steuerungsphilosophie im Rahmen der Zinsbuchsteuerung eingegangen. Ein wichtiges Kriterium zur Messung des Treasuryerfolgs ist die Festlegung einer passenden Benchmark. Die Fixierung dieser Benchmark erfolgt Institutsindividuell je nach Risikoappetit des Kreditinstituts. Durch eine aktive Steuerungsstrategie erfolgt die bewusste Abweichung von der definierten Benchmark um eine Überrendite zu erzielen. Die Steuerung erfolgt 49 Vgl. (Östrreichische Nationalbank & Finanzmarktaufsicht FMA, 2008, S. 29, 55 f.); vgl. (Horsch & Schulte, 2016, S. 336 ff.); vgl. (Goebel, Schumacher, & Wegner, 2005, S. 3, 11) 50 Vgl. (Horsch & Schulte, 2016, S. 344) 51 Vgl. (Goebel, Schumacher, & Wegner, 2005, S. 11); vgl. (Östrreichische Nationalbank & Finanzmarktaufsicht FMA, 2008, S. 28) 52 Vgl. (Wimmer, 2009, S. 327) 53 Vgl. (Östrreichische Nationalbank & Finanzmarktaufsicht FMA, 2008, S. 44)

20

2

Definitorische Grundlagen

in dieser Variante im Rahmen einer eigenen Zinserwartung, um den Ertrag der Benchmark zu übertreffen. Eine zweite Variante ist die passive Steuerung des Zinsbuches. Vorrangiges Ziel ist hier eine dauerhafte Anlehnung an die vorgegebene Benchmark-Struktur. Hierfür ist keine eigene Zinsmeinung notwendig, da die Entwicklung des Rendite-Risiko Verhältnis des Barwerts an einen Markt (Benchmark) gekoppelt ist. Diesem Steuerungsansatz liegt die Theorie effizienter Kapitalmärkte zugrunde. Eine Mischung aus den eben beschriebenen Steuerungsstrategien ist der semiaktive Steuerungsansatz. Dieser Ansatz orientiert sich grundsätzlich ebenfalls an einer vorgegebenen Benchmark. Im Unterschied zur passiven Steuerung werden hier allerdings Abweichungen innerhalb definierter Grenzen toleriert. So können Chancen in bestimmten Zinsphasen genutzt werden.54

2.11

Simulationsmodelle

Eine originäre Aufgabe von Simulationen ist die Darstellung von Veränderungen in der Bilanz und der GuV eines Kreditinstituts unter verschiedenen Zukunftsannahmen. Hierfür werden unterschiedliche Szenarien kreiert, die auf eine Änderung von Umwelt- oder Unternehmensbedingungen abzielen. Mit Anwendung dieser Szenarien in verschiedenen Simulationsverfahren lassen sich die theoretischen Auswirkungen von z. B. Zinsänderungen auf den Barwert und die Ertragslage des Kreditinstituts simulieren und analysieren. Während die Barwertsimulation sämtliche zum Stichtag bekannten Cashflows (auch zukünftige) berücksichtigt, werden bei der GuV-Simulation lediglich die Cashflows innerhalb des Betrachtungsraums berücksichtigt. Ein wesentlicher Bestandteil der GuV-Simulation ist die Fortschreibung der Bilanz und GuV über den Stichtag hinaus. Dafür werden die entsprechend generierten Szenarien verwendet.55 Grundsätzlich lassen sich die statische und die dynamische Simulation unterscheiden. Im dynamischen Ansatz werden neben der aktuellen Geschäftsstruktur noch weitere in Zukunft mögliche Entwicklungen in das Modell einbezogen. Dies können unter anderem Neugeschäfte oder ein verändertes Kundenverhalten sein, um nur zwei Varianten aufzuzählen. Die Rahmendaten bei der statischen Simulation hingegen bleiben konstant und sind stichtagsbezogen.56 54 Vgl. (Horsch & Schulte, 2016, S. 347); vgl. (Östrreichische Nationalbank & Finanzmarktaufsicht FMA, 2008, S. 52) 55 Vgl. (Östrreichische Nationalbank & Finanzmarktaufsicht FMA, 2008, S. 35,37) 56 Vgl. (Östrreichische Nationalbank & Finanzmarktaufsicht FMA, 2008, S. 36)

2.12 Stresstest in der Gesamtbanksteuerung

21

In den folgenden Kapiteln wird der Fokus auf die Moderne Historische Simulation als Simulationsvariante gelegt. Im Rahmen dieser Simulation wird der Zinsbuch-CF über historische Zinsänderungen zu einem Barwert generiert. Grundannahme ist die Repräsentativität der historischen Risikofaktoren (Zinsänderungen in einem vorgegebenen Planungshorizont) für die Zukunft. In Kombination mit der VaR Betrachtung lässt sich über die MHS auch der Risikowert aus der historischen Barwertverteilung ermitteln.57 Weitere gängige Simulationsmodelle, wie der Varianz-Kovarianz-Ansatz oder die Monte Carlo Simulation werden im Rahmen dieser Arbeit nicht betrachtet.

2.12

Stresstest in der Gesamtbanksteuerung

Unter dem Begriff Stresstest werden unterschiedliche Methoden zusammengefasst mit denen individuelle Gefährdungspotentiale festgestellt werden können. Grundsätzliches Ziel ist die Identifizierung von Modellschwächen unter Anwendung von außergewöhnlichen und extremen, dennoch plausiblen Ereignissen und deren Auswirkung auf die Geschäftsentwicklung der Bank.58 Eine deckungsgleiche Definition für Stresstests liefert auch die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich.59 Es lassen sich je nach Analyseziel zwei Stresstestmethoden unterscheiden. Eine Variante ist die Sensitivitätsanalyse bei der ein Risikofaktor betrachtet wird. Mit diesem Verfahren lassen sich die Auswirkungen eines Risikofaktors auf das Kreditinstitut und die entsprechenden Portfolien simulieren. Diese Form wird auch univariater Stresstest genannt. Die zweite Variante ist die Szenario-Analyse. Diese Form ist auch unter dem Begriff multivariater Stresstest bekannt.60 Eine weitere Untergliederung der Stressszenarien lässt sich über den Stressauslöser feststellen. Es können Stresstests im Rahmen allgemeiner Szenarien (z. B. allgemeine Liquiditätsschocks, Finanzmarktkrisen) oder über institutsspezifische Szenarien durchgeführt werden. Ein Beispiel für letztere Durchführungsvariante ist ein Downgrade des Institutsratings.61

57 Vgl.

(Vorderwülbecke, 2018, S. 184); vgl. (Boka, 2018, S. 239, 241) (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Anlage 1: Erläuterungen zu den MaRisk in der Fassung vom 27.10.2017, 2017) AT 4.3.3 TZ 1 59 Vgl. (Baudino, Goetschmann, Henry, Taniguchi, & Zhu, 2018, S. 1) 60 Vgl. (Geiger, 2014, S. 334) 61 Vgl. (Bohn, 2014, S. 525 f.) 58 Vgl.

3

Rahmenbedingungen für ein mittelständisches Kreditinstitut als Vorbereitung auf die Szenario-Analysen

In den folgenden Kapiteln erfolgt die Darstellung und Fixierung der Rahmenbedingungen für die unter Punkt vier durchgeführten Szenario-Analysen. Aufbauend auf einem Querschnitt zu den historischen und aktuellen Bedingungen in Europa und Japan erfolgt die Beschreibung des strukturellen Aufbaus der Mustersparkasse. Diese Mustersparkasse dient als Basis für alle Berechnungen dieser Arbeit. Auf Grundlage der Rahmenbedingungen erfolgt die Fixierung eines Status Quo für die Mustersparkasse. Für das Jahr 2017 wird eine erste Berechnung auf Basis der passiven Zinsbuchsteuerung durchgeführt. Hiermit wird ein Anker für die zukünftige Barwert- und GuV – Betrachtung im Rahmen der SzenarioAnalyse gesetzt. Das Jahr 2017 ist das individuell festgelegte Anfangsjahr, um eine entsprechende Entwicklung innerhalb eines langen Zeitverlauf in den Szenario-Analysen aufzuzeigen.

Elektronisches Zusatzmaterial Die elektronische Version dieses Kapitels enthält Zusatzmaterial, das berechtigten Benutzern zur Verfügung steht https://doi.org/10.1007/978-3-658-32282-3_3

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Mursch, Grenzen der klassischen Zinsbuchsteuerung im Licht der Niedrig-und Negativzinsphase, Business, Economics, and Law, https://doi.org/10.1007/978-3-658-32282-3_3

23

24

3

Rahmenbedingungen für ein mittelständisches Kreditinstitut …

3.1

Überblick Geldpolitik und Zinsentwicklung als Hinführung zur Szenario-Analyse

3.1.1

Geldpolitik und Zinsentwicklung in Europa

Als Basis für die folgenden Szenario-Analysen wird ein kurzer Überblick zur aktuellen Zinssituation in Europa geliefert. Beginnend mit den geldpolitischen Maßnahmen der Europäischen Zentralbank wird die historische europäische Zinsentwicklung dargestellt. Abschließend erfolgt ein kurzer Ausblick in die Zukunft. Die Eurozone befindet sich seit einigen Jahren in einer Niedrigzinsphase, seit 2014 sogar in einer Negativzinsphase. Beginnend mit der Finanzkrise im Jahr 2007, gefolgt von der Staatsschuldenkrise in 2010, hat die EZB ihre expansive Geldpolitik stetig ausgeweitet. Im Rahmen von Leitzinssenkungen und Anleiheankaufprogrammen der EZB hat sich das allgemeine Zinsniveau in Europa stetig in Richtung eines Zinssatzes von 0 % bewegt. Abbildung 3.1 zeigt die Entwicklung der wichtigsten europäischen Leitzinsen im historischen Kontext. In dieser Grafik ist ein massiver Zinsrückgang seit dem Jahr 2008 zu erkennen. Derzeit befindet sich der Zinssatz für die Einlagenfazilität bei −0,5 %.1

Leitzinsentwicklung in Europa für den Zeitraum 1999 - 2019 6

5

Zinssatz in %

4

3

2

1

0

-1 1999-01

2000-09

2002-05

2004-01

Einlagenfazilität

2005-09

2007-05

2009-01

2010-09

Spitzenrefinanzierungsfazilität

2012-05

2014-01

2015-09

2017-05

2019-01

Hauptrefinanzierungsgeschäfte

Abbildung 3.1 Entwicklung Leitzinsen in Europa für den Zeitraum Januar 1999 bis Oktober 2019. (Eigene Darstellung; vgl. (Deutsche Bundesbank, Zinssatz der EZB für Einlagenfazilität, 2019)) 1 Vgl.

(Verleger, 2018, S. 344 f.)

3.1 Überblick Geldpolitik und Zinsentwicklung als Hinführung …

25

Oberstes Prinzip bei der Rechtfertigung dieser Leitzinsentwicklung durch die EZB ist die Einhaltung ihrer vorgegebenen Ziele. Primäres Ziel der EZB ist die Gewährleistung einer Preisniveaustabilität von nahe 2 % pro Jahr. Darüber hinaus hat die EZB, dem Ziel der Preisniveaustabilität untergeordnet, die Ziele der Europäischen Union gemäß Artikel 3 des Vertrages über die Europäische Union zu unterstützen.2 Darunter fallen unter anderem die Aufgaben wirtschaftliches Wachstum zu fördern, sowie auf Vollbeschäftigung und sozialen Fortschritt hinzuwirken, fixiert.3 In Abbildung 3.2 ist der Verlauf des harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) im Euroraum und in Deutschland angegeben. Der HVPI dient der EZB als Überwachungsinstrument zur Erfüllung ihres Ziels der Preisniveaustabilität. Betrachtet wird in dieser Abbildung eine jährliche Veränderungsrate des Jahresdurchschnitts. Die Entwicklung zeigt zwar eine grundsätzliche Annäherung an die Zielmarke der EZB von nahe 2 %, allerdings ist ein stabiles einpendeln nahe der Zielmarke noch nicht zu erkennen. Im September 2019 wurde eine Steigerungsrate im Vergleich zum Vorjahresmonat von 0,9 % berichtet. Für das Jahr 2019

Abbildung 3.2 Vergleich der Inflationsentwicklung in Deutschland und der Eurozone für den Zeitraum von 2007 bis 2018. (Eigene Darstellung; vgl. (eurostat, 2019))

2 Artikel 3 Artikel

127 Absatz 1 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union 3 Vertrag über die Europäische Union

26

3

Rahmenbedingungen für ein mittelständisches Kreditinstitut …

ist auf monatlicher Sicht ein steter Rückgang des HVPI für den Euroraum zu verzeichnen.4 Als weiteres Stimulierungsinstrument zur Erfüllung ihrer Ziele hat die EZB, neben den Leitzinssenkungsmaßnahmen, sogenannte Outright-Geschäfte durchgeführt. Mit diesem Instrument kauft und verkauft die EZB Wertpapiere direkt auf die eigene Bilanz. Im Jahr 2009 erstmalig wurden diverse Wertpapierankaufsprogramme beschlossen, um den Bankensektor in der Eurozone mit Liquidität zu unterstützen und somit das Kreditgeschäft anzuregen. Im Jahr 2015 wurde ein Beschluss durch die EZB gefasst, um im Rahmen des Quantitative Easing (QE) direkt Anleihen von Geschäftsbanken zu erwerben. Über diesen Weg erhofft sich die EZB einen positiven Impuls auf die Kreditvergabe an Unternehmen und private Haushalte. Diese Kredite wiederum sollen die Investitionen und den Konsum ankurbeln und somit zur Preisniveaustabilität bei einer Inflationsrate (HVPI) von nahe aber unter 2 % pro Jahr beitragen.5 Zum Ende des Jahres 2018 ist das Ankaufsprogramm der EZB ausgelaufen. Mit den geldpolitischen Beschlüssen im September 2019 wurde allerdings das Ankaufsprogramm mit einem Volumen von monatlich 20 Mrd. EUR (Nettoankauf) zum 01. November 2019 erneut aufgenommen. Zudem wurde eine weitere Zinssenkung der Einlagefazilität auf − 0,5 % fixiert.6 Dieses Vorgehen der EZB hat entsprechende Auswirkungen auf das Zinsniveau in der Eurozone. Abbildung 3.3 zeigt exemplarisch die grundsätzliche Entwicklung der Zinsen am Beispiel der historischen Mid-Swap Sätze in Europa seit dem Jahr 2002. Seit Beginn der geldpolitischen Lockerungen durch die EZB ist in der Tendenz ein massiver Zinsrückgang zu beobachten. In Abbildung 3.4 liegt der Fokus auf dem Zeitraum ab dem Jahr 2012. Es ist gut zu erkennen, dass die Zinsen über nahezu alle dargestellten Laufzeiten im Sommer 2019 negativ notieren. Grundsätzlich ist, vor allem in Hinblick auf die geldpolitischen Beschlüsse vom September 2019 mit einer anhaltenden Niedrig- bzw. Negativzinsphase in Europa zu rechnen. Die Auswirkungen dieser Zinsphase auf die Ertragslage und Zinsbuchsteuerungsmechanismen von Sparkassen sollen in den folgenden Kapiteln am Beispiel einer Mustersparkasse näher erforscht werden.

4 Vgl.

(Statistisches Bundesamt (Destatis), 2019, S. 26) (Deutsche Bundesbank, Outright Geschäfte – Endgültige Käufe und Verkäufe am Markt, 2019); vgl. (Europäische Zentralbank, Wie funktioniert quantitative Lockerung?, 2019) 6 Vgl. (Europäische Zentralbank, Pressemitteilung Geldpolitische Beschlüsse, 2019) 5 Vgl.

3.1 Überblick Geldpolitik und Zinsentwicklung als Hinführung …

27

Übersicht Zinsentwicklung in Europa auf Basis der Mid-Swapsätze für den Zeitraum von 2002 - 2019 6,25

Mid-Swapsatz in %

5,25

4,25

3,25

2,25

1,25

0,25

-0,75 2002

2003

O/N

2004

2005

6-Monate

2006

2007

1-Jahr

2008

2009

3-Jahre

2010

2011

6-Jahre

2012

2013

2014

10-Jahre

2015

2016

15-Jahre

2017

2018

2019

Linear (10-Jahre)

Abbildung 3.3 Übersicht Zinsentwicklung in Europa auf Basis der Mid-Swapsätze für den Zeitraum von 2002 bis 2019. (Eigene Darstellung, Bloomberg)

Übersicht Zinsentwicklung in Europa auf Basis der Mid-Swapsätze für den Zeitraum von 2012 - 2019 3,25 2,75

Mid-Swapsatz in %

2,25 1,75 1,25 0,75 0,25 -0,25 -0,75 02-01-2012

02-01-2013

O/N

6-Monate

02-01-2014

1-Jahr

02-01-2015

3-Jahre

02-01-2016

6-Jahre

02-01-2017

10-Jahre

02-01-2018

15-Jahre

02-01-2019

Linear (10-Jahre)

Abbildung 3.4 Übersicht Zinsentwicklung in Europa auf Basis Mid-Swapsätze für den Zeitraum von 2012 bis 2019. (Eigene Darstellung, Bloomberg)

3.1.2

Geldpolitik und Zinsentwicklung in Japan

Viele Kreditinstitute in Deutschland hatten auf einen moderaten Zinsanstieg ab dem Jahr 2020 gehofft, um so die Trendwende der Negativzinsphase einzuleiten. Mit den geldmarktpolitischen Beschlüssen vom September 2019 rückt ein Zinsanstieg allerdings wieder in etwas weitere Ferne.7 In einem Artikel der Zeit online 7 Vgl.

(Europäische Zentralbank, Pressemitteilung Geldpolitische Beschlüsse, 2019)

28

3

Rahmenbedingungen für ein mittelständisches Kreditinstitut …

wird die Geldpolitik der Bank of Japan mit den geldpolitischen Maßnahmen der EZB verglichen. Dabei wird die ketzerische Frage aufgestellt, ob das Vorgehen in Japan ein Vorbild für Europa ist und damit die japanischen Verhältnisse ein Blick in die europäische Zukunft sind.8 Grund genug sich die Rahmenbedingungen in Japan etwas genauer anzusehen und dieser Frage auf den Grund zu gehen. In einem ersten Schritt erfolgt ein kurzer historischer Abriss zu den geldpolitischen Entscheidungen in Japan seit Beginn der 1990er Jahre. Darauf aufbauend wird die historische Zinsentwicklung in Japan beschrieben und die Auswirkungen dieser geldpolitischen Maßnahmen bewertet. Abschließend erfolgt eine kurze Einschätzung, ob sogenannte japanische Verhältnisse auch in Europa denkbar sind. Unter japanischen Verhältnissen ist ein langfristig sehr niedriges Zinsniveau (vor allem in den kurzen Laufzeiten der Zinskurve) zu verstehen Die kurzfristigen Zinsen bewegt sich nahe null bzw. in einem leicht negativen Bereich. Der langfristige Teil der Zinskurve ist rückläufig auf einer niedrigen Basis. Die historischen japanischen Entwicklungen am Geld- und Kapitalmarkt werden an späterer Stelle in diesem Abschnitt näher beschrieben. Ende der 1980er Jahre befand sich die Japanische Wirtschaft in einer Boomphase. Die Aktienmärkte erreichten immer neue Höchststände und auch die Immobilienpreise stießen in immer höhere Regionen vor. Nach dieser Boomphase folgte eine massive Rezession Anfang der 1990er Jahre. Durch einen Rückgang der Aktienwerte sowie der Marktpreise für Immobilien stieg die Anzahl von notleidenden Kredite der Banken stetig an. Dies verhinderte die nachhaltige Kreditvergabe für viele Kreditinstitute in Japan.9 Die Bank of Japan versuchte durch geldpolitische Maßnahmen wie Leitzinssenkungen und Anleihenankaufprogrammen der Rezession entgegenzusteuern und somit einen neunen Stimulus für Banken zu einer erweiterten Kreditvergabe und der Wirtschaft für neue Investitionen zu geben. Hiermit sollten zudem deflationäre Tendenzen vermieden werden. Die folgende Abbildung zeigt die Entwicklung der Inflationsrate in Japan im Vergleich zur Eurozone (Abbildung 3.5). Es ist ersichtlich, dass Japan trotz der expansiven Geldpolitik der BoJ mit deflationären Tendenzen zu kämpfen hat. Um diese Entwicklung einzudämmen hat die BoJ über Jahre hinweg einen niedrigen Leitzinssatz fixiert. Die Entwicklung des Leitzinses in Japan zeigt Abbildung 3.6. Hier ist zu erkennen, dass der Zins seit 1995 den Wert von 0,5 % nicht übersteigt. Seit einigen Jahren hält er

8 Vgl. 9 Vgl.

(Sinn, 2016) (Schmitz, 2005, S. 50 f.); vgl. (Steege, 2005, S. 23 f.)

3.1 Überblick Geldpolitik und Zinsentwicklung als Hinführung …

29

Vergleich der Inflationsentwicklung in Japan und der Eurozone für den Zeitraum von 1980 - 2019 9

Inflationsrate in %

7 5 3 1

Eurozone

01-09-2019

01-03-2017

01-06-2018

01-12-2015

01-09-2014

01-06-2013

01-12-2010

01-03-2012

01-09-2009

01-06-2008

01-03-2007

01-12-2005

01-09-2004

01-03-2002

01-06-2003

01-12-2000

01-09-1999

01-03-1997

01-06-1998

01-12-1995

01-09-1994

01-06-1993

01-03-1992

01-12-1990

01-09-1989

01-06-1988

01-03-1987

01-12-1985

01-09-1984

01-06-1983

01-03-1982

-3

01-12-1980

-1

Japan

Abbildung 3.5 Vergleich der Inflationsentwicklung in Japan und der Eurozone für den Zeitraum von 1980 bis 2019. (Eigene Darstellung, Bloomberg)

sich konstant um 0 % und im Jahr 2016 wurde ein negativer Leitzins von −0,1 % fixiert, der bis heute gilt.10 Zur Anregung der Kreditvergabe, und somit zur Belebung der Wirtschaft, hat die BoJ neben den niedrigen Leitzinsen bereits im Jahr 2001 ein Anleihenankaufprogramm gestartet. Dieses Programm hatte eine Laufzeit bis in das Jahr 2006 mit dem Ziel die deflationären Tendenzen in Japan weiter zu bekämpfen. In diesem Zeitraum wurden Staatsanleihen über den Sekundärmarkt mit einer Laufzeit von maximal drei Jahren durch die japanische Zentralbank gekauft. Als sich nach diesen Maßnahmen kein nachhaltiger Inflationseffekt einstellte, wurde im Jahr 2010 ein weiteres Anleihenankaufprogramm angekündigt. Nun wurden neben langfristigen Staatsanleihen auch Indexfonds, Immobilienfonds sowie Anleihen und Schuldverschreibungen von Firmen angekauft.11 Als auch diese Maßnahme den Deflationstrend nicht stoppen konnte kündigte Japan im Jahr 2013 eine Neuausrichtung der Geld- und Wirtschaftspolitik an. Diese basierte auf den drei Pfeilern Geldpolitik, Fiskalpolitik und Strukturreformen. Ein wesentlicher Punkt war eine weitere Lockerung der Geldpolitik. Als neues Ziel wird eine Inflation von 2 % innerhalb der nächsten zwei Jahre festgelegt. Hierfür wurde ein weiteres massives Anleihenankaufprogramm beschlossen und die Leitzinsen im Jahr 2016 in 10 (Bank 11 Vgl.

of Japan, 2019, S. 1) (Deutscher Bundestag, 2013, S. 10)

30

3

Rahmenbedingungen für ein mittelständisches Kreditinstitut …

Abbildung 3.6 Entwicklung der Leitzinsen in Japan für den Zeitraum von 1990 bis 2018. (Eigene Darstellung; (Statista Research Department, 2018))

den negativen Bereich gesenkt. Mit diesem Vorhaben konnten sämtliche Staatsanleihen mit einer Laufzeit von bis zu 40 Jahren durch die BoJ gekauft werden. Nun konnte die gesamte Zinskurve durch die BoJ gesteuert werden.12 Die Wirkungen dieser Maßnahmen auf die Inflationsentwicklung sind wie unter Abbildung 3.5 ersichtlich nicht nachhaltig erfolgreich. Die Auswirkungen auf das Zinsniveau in Japan, auf Basis von Mid-SwapSätzen, werden in Abbildung 3.7 und für einen kürzeren Zeitraum in Abbildung 3.8 dargestellt. Es ist zu erkennen, dass sich die Zinsen im Laufzeitbereich bis 15 Jahre seit einigen Jahren unter 1 % bewegen. Die kurzfristigen Geldmarktzinsen befinden sich bereits seit knapp 10 Jahren nahe 0 % und sind aktuell im negativen Bereich. Wie eben beschrieben befindet sich Japan seit Beginn der Krise in den frühen 1990er Jahren in einem Umfeld niedriger Zinsen sowie niedrigen Inflationsraten. Trotz vieler Eingriffe durch Staat und Zentralbank konnten das gesteckte Ziel einer Inflationsrate von 2 % bisher nicht erreicht werden. Somit kann noch über Jahre mit einem niedrigen bzw. negativen Zinsniveau in Japan gerechnet werden. Betrachtet man in diesem Zusammenhang Europa, so sind durchaus Parallelen erkennbar. Seit Beginn der Finanzkrise im Jahr 2008 hat die EZB durch

12 Vgl.

(Deutscher Bundestag, 2013, S. 10); vgl. (BVR, 2019, S. 2 f.)

3.1 Überblick Geldpolitik und Zinsentwicklung als Hinführung …

31

Abbildung 3.7 Übersicht der Zinsentwicklung in Japan auf Basis Mid-Swap für den Zeitraum von 2002 bis 2019. (Eigene Darstellung; Bloomberg)

Übersicht der Zinsentwicklung in Japan auf Basis der Mid-Swapsätze für den Zeitraum 2016 - 2019 0.75

Mid-Swapsatz in %

0,55

0,35

0,15

-0,05

ON

6-Monate

1-Jahr

3-Jahre

6-Jahre

10-Jahre

15-Jahre

04-10-2019

04-09-2019

04-08-2019

04-07-2019

04-06-2019

04-05-2019

04-04-2019

04-02-2019 04-03-2019

04-01-2019

04-12-2018

04-11-2018

04-10-2018

04-09-2018

04-08-2018

04-07-2018

04-06-2018

04-05-2018

04-04-2018

04-02-2018 04-03-2018

04-01-2018

04-12-2017

04-11-2017

04-10-2017

04-09-2017

04-08-2017

04-07-2017

04-06-2017

04-05-2017

04-04-2017

04-02-2017 04-03-2017

04-01-2017

04-12-2016

04-11-2016

04-10-2016

04-09-2016

04-08-2016

04-07-2016

04-06-2016

04-05-2016

04-04-2016

04-02-2016 04-03-2016

04-01-2016

-0,25

Linear (10-Jahre)

Abbildung 3.8 Übersicht der Zinsentwicklung in Japan auf Basis Mid-Swap für den Zeitraum von 2016 bis 2019. (Eigene Darstellung, Bloomberg)

32

3

Rahmenbedingungen für ein mittelständisches Kreditinstitut …

Leitzinssenkungen und Anleihenankaufprogramme versucht, ihr Ziel einer Inflationsrate von nahe 2 %, zu erreichen. Bislang ohne nachhaltigen Erfolg. Aktuelle Tendenzen zeigen, dass die EZB weiter an der Niedrigzinspolitik festhält und somit den eingeschlagenen Weg der expansiven Geldpolitik fortsetzt. Dieses Vorgehen ist vergleichbar mit dem der BoJ in der Historie. Es könnten sich somit durchaus sogenannte japanische Verhältnisse in Europa etablieren. Unter Punkt 4.1 wird deshalb im Rahmen einer Szenario-Analyse untersucht, welche Auswirkungen japanische Verhältnisse, durch Fortführung des Status Quo mit in die Zukunft gespiegelten japanischen Zinssätzen, auf die Zinsbuchsteuerung einer mittelständischen Sparkasse haben.

3.2

Vorstellung Praxisunternehmen Mustersparkasse als Basis für die Szenario-Analysen

Im folgenden Teilabschnitt wird das Praxisunternehmen Mustersparkasse vorgestellt. Diese Mustersparkasse dient im weiteren Verlauf der Arbeit als Basis für sämtliche Berechnungen und Analysen. Zuerst erfolgt die Festlegung des strukturellen Aufbaus der Sparkasse (Bilanzstruktur, Erfolgsrechnung, Produktpalette, Risikostrategie) in reduzierter Form. Im nächsten Schritt werden für die variabel verzinsten Produkte Mischungsverhältnisse definiert um abschließend auf Basis eines exemplarischen Zinsbuch CF erste Ergebnisse aus der Zinsbuchsteuerung für das Ausgangsjahr 2017 zu präsentieren.

3.2.1

Struktureller Aufbau der Mustersparkasse

Das nachfolgende Beispiel soll den Aufbau und die Struktur einer fiktiven Mustersparkasse darstellen. Die verwendeten Werte sind im Grundsatz anonymisierte und prozentual abgewandelte Daten einer bayerischen Sparkasse. Darüber hinaus wurden zur Erstellung der Rahmendaten Auswertungen des Sparkassenverband Bayern herangezogen, um die ermittelten Werte zu plausibilisieren. Die Mustersparkasse dient der Darstellung einer repräsentativen Bilanzstruktur und Geschäftsstrategie für ein mittelständisches Kreditinstitut. Entscheidend ist die grundsätzliche Struktur der Bank und nicht die einzelnen Werte per se. Die definierten Rahmenbedingungen dienen als Basis für die in dieser Arbeit verwendeten Berechnungen und Analysen. Zur besseren Übersicht werden teilweise Vereinfachungen vorgenommen. Es sind insbesondere nicht alle Bilanzpositionen aufgeführt.

3.2 Vorstellung Praxisunternehmen Mustersparkasse …

33

Abbildung 3.9 Bilanzstruktur der Mustersparkasse (vereinfachte Darstellung auf Basis von Nennwerten in TEUR). (Eigene Darstellung in Anlehnung an (Sparkassenverband Bayern, 2019, S. 7 f.))

Abbildung 3.10 Erfolgsrechnung (vereinfachte Darstellung in TEUR). (Eigene Darstellung in Anlehnung an (Sparkassenverband Bayern, 2019, S. 7 f.))

Die Mustersparkasse weist für das Geschäftsjahr 2017 folgende Bilanzstruktur, Erfolgsrechnung sowie Produktpalette auf (Abbildung. 3.9, 3.10, 3.11 und 3.12): Beim Aufbau der Mustersparkasse liegt der Fokus auf den Bilanzpositionen „Kredite an Kunden“ sowie „Verbindlichkeiten gegenüber Kunden“. Diese wurden wie eingangs beschrieben individuell abgeleitet. Auf Basis der Eigenkapitalausstattung einer durchschnittlichen Sparkasse wurde die Bilanzposition „Eigenkapital“ festgelegt. Die Bilanzpositionen „Depot A“ ist eine entsprechende Residualgröße. Für die Durchführung der Analysen erfolgt somit eine reine Betrachtung des Kundengeschäfts, dem originären Geschäft eins mittelständischen Kreditinstituts bzw. einer Sparkasse. Nach dieser Maßgabe wurde auch die Produktpalette fixiert. Für die Ermittlung der Gewinn- und Verlustrechnung der Mustersparkasse wurden, in Anlehnung an die konsolidierte Bilanz der Sparkassenfinanzgruppe, anteilig zur Bilanzsumme die entsprechenden Volumina der Positionen ermittelt. Bei der Festlegung der Mischungsverhältnisse wurde ein Sockelbetrag von 30 % in Anlehnung an das vorgehen und die historische Bestandsentwicklung der verwendeten bayerischen Vergleichssparkassen sowie

34

3

Rahmenbedingungen für ein mittelständisches Kreditinstitut …

Aktivprodukte

Passivprodukte

Kontokorrentkredit Privat

Sichteinlagen Privat(Girokonto, Tagesgeldkonto)

Kontokorrentkredit Geschäft Privatdarlehen

Sichteinlagen gewerblich (Girokonto, Tagesgeldkonto)

Finanzierung gewerblich Baufinanzierung

Spareinlagen

Abbildung 3.11 Übersicht Produktpalette Mustersparkasse. (Eigene Darstellung)

Abbildung 3.12 Übersicht Aufteilung täglich fällige Guthaben. (Eigene Darstellung in Anlehnung an (Sparkassenverband Bayern, 2019, S. 7 f.))

der konsolidierten Bilanz der Sparkassenfinanzgruppe verwendet. Das Geschäftsjahr 2017 stellt den Ausgangspunkt für die Durchführung der Szenario-Analysen dar. Der Fokus bei der Erstellung der Mustersparkasse liegt, wie bereits kurz erläutert, auf der Abbildung des Kundengeschäfts einer deutschen Sparkasse. Die Bilanzstruktur besteht auf der Passivseite zu einem Großteil aus variabel verzinslichen Sicht- und Spareinlagen. Die Aktivseite besteht schwerpunktmäßig aus festverzinslichen Darlehen. Die Kapitalbindung kann, vor allem im Bereich der Baufinanzierung, von der Zinsbindung abweichen. Darüber hinaus wird mit der

3.2 Vorstellung Praxisunternehmen Mustersparkasse …

35

Bilanzstruktur der Mustersparkasse die in Sparkassen übliche Variante des Kontokorrentkredits abgebildet. Zudem findet sowohl auf der Aktiv- als auch auf der Passivseite eine Unterscheidung zwischen Privatkunden und Geschäftskunden statt. Bei Festlegung der Erfolgsrechnung werden zur besseren Übersicht bewusst Bilanzpositionen ignoriert. Die für diese Arbeit entscheidenden Positionen werden dargestellt. Im weiteren Verlauf soll diese Erfolgsrechnung als Basis dienen um die GuV-Auswirkungen der Szenario-Analysen exemplarisch darzustellen. Dabei wird der Zinsüberschuss in der Erfolgsrechnung der Mustersparkasse in den Fokus gestellt. Abschließend soll die Abbildung 3.11 dargestellte Produktpalette die Transparenz der einzelnen Bilanzpositionen erweitern. Diese Produkte zeigen, dass der Fokus der Mustersparkasse auf der Erzielung von Erträgen aus dem Kundengeschäft liegt. Diese Darstellung ist ebenfalls exemplarisch für die typische Produktpalette einer Sparkasse.

3.2.2

Mischungsverhältnisse der Mustersparkasse

Aufbauend auf den eben beschriebenen Rahmendaten der Mustersparkasse werden für den variabel verzinslichen Bestand des Zinsbuchs die Mischungsverhältnisse in Tabelle 3.1 fixiert. Tabelle 3.1 Übersicht Mischungsverhältnisse Mustersparkasse.(Eigene Darstellung in Anlehnung an (Seiler, 2018))

36

3

Rahmenbedingungen für ein mittelständisches Kreditinstitut …

Der Fokus dieser Arbeit liegt, wie bereits mehrfach erwähnt, nicht auf der Herleitung von idealtypischen Mischungsverhältnissen. Deshalb werden in Anlehnung an eine Umfrage des SVB idealtypische Mischungsverhältnisse für die Mustersparkasse definiert. Diese Mischungsverhältnisse bleiben während der Szenario-Analysen unverändert. Insgesamt deckt sich die zugrunde gelegte Mischung größtenteils mit den Ergebnissen einer Befragung des Sparkassenverbandes Bayern aus dem Jahr 2018. Bei dieser Befragung wurden die Mischungsverhältnisse aller teilnehmenden bayerischen Sparkassen gesammelt.13 In der im folgenden Kapitel durchgeführten Zinsbuchsteuerung der Mustersparkasse fließen diese Mischungsverhältnisse in den Zinsbuch-CF ein. Grundsätzlich haben die Bestände der variabel verzinslichen und täglich fälligen Sichteinlagen in den letzten Jahren stark zugenommen. Diesen Trend bestätigen auch Auswertungen der Deutschen Bundesbank. Als Grund hierfür können die historisch niedrigen Zinsen und die geringen Zinsunterschiede zwischen den Anlageklassen genannt werden.14 In diesem Zusammenhang ist auch ein stetiger Rückgang des Zinsüberschuss zu erkennen. Dies zeigen auch die Ergebnisse der Niedrigzinsumfrage, durchgeführt durch die Deutschen Bundesbank. Die befragten Institute rechnen, wie bereits einleitend beschrieben, mit einem Rückgang des Zinsüberschusses bis zum Jahr 2023 in Höhe von 14 BP.15 Die zukünftigen Auswirkungen dieser Mischungsverhältnisse auf die Erfolgsrechnung der Mustersparkasse erfolgt mit der Durchführung der Szenario-Analysen. Die zur Ermittlung der Ergebnisbeiträge der einzelnen Bilanzpositionen verwendeten Rahmenbedingungen und Berechnungen sind in Anhang 4 und 5 ersichtlich.

3.2.3

Rahmenbedingungen der Zinsbuchsteuerung für die Mustersparkasse und Ermittlung des Status Quo für das Startjahr der Betrachtung für die Szenario-Analyse (2017)

Bei Durchführung der Zinsbuchsteuerung durch Simulationen über sDIS+ in den einzelnen Szenarien werden im Vorfeld einige Grunddaten fixiert. Diese gelten 13 Vgl.

(Seiler, 2018) (Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Mai 2019, 2019, S. 31 f., 110 f.) 15 Vgl. (Deutsche Bundesbank & Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Ergebnisse des LSI-Stresstests 2019, 2019, S. 6) 14 Vgl.

3.2 Vorstellung Praxisunternehmen Mustersparkasse …

37

im Laufe der weiteren Arbeit für die Mustersparkasse. Vorrangiges Ziel in der Zinsbuchsteuerung ist die Anlage des Zinsbuchs in eine festgelegte Fälligkeitsstruktur zur Risikodiversifizierung durch Verteilung auf festgelegte Laufzeiten.16 Diese Grundausrichtung der Benchmark wird für die Mustersparkasse übernommen. Die Eckdaten im Rahmen der Risikostrategie der Mustersparkasse sind wie folgt definiert (Tabelle 3.2): Tabelle 3.2 Rahmendaten der Risikostrategie. (Eigene Darstellung) Primäres Ziel

Erzielung eines laufenden Zinsüberschuss

Betrachtungsperiode

63 Handelstage

Benchmark

1,75 × gleitend 10 Jahre 0,75 × gleitend 3 Monate

Risikolimit

Benchmark VaR +/- 0,10 % Add On

Abweichungslimit

0,50 %

Konkretisierung

Die Zinsbuchsteuerung erfolgt unter Berücksichtigung der vorgegebenen Limitfestlegungen. Eine Steuerungsmaßnahme ist nur bei einer Überschreitung der festgelegten Limits durchzuführen.

Aufbauend auf den beschriebenen Rahmenbedingungen erfolgt nun die Durchführung der ersten Zinsbuchsteuerung für die Mustersparkasse über das Berechnungsmodul sDIS+. Diese ersten Berechnungen dienen der Feststellung eines Status Quo für die Mustersparkasse. Die verwendete Zinsstruktur wurde bereits unter Punkt 3.1.a beschrieben und entspricht der europäischen Zinsentwicklung. Als Basisjahr wird das Jahr 2017 fixiert. Für Geschäfte ohne feste Zinsbindung werden fiktive Ablaufannahmen getroffen (Siehe Punkt 3.2.b Mischungsverhältnisse der Mustersparkasse). Der Zinsbuch CF wird nahe der Benchmark ausgerichtet und bleibt im weiteren Simulationsverlauf unverändert. Zur Berechnung des Zinsänderungsrisikos wird die integrierte Zinsbuchsteuerung angewandt. Die entsprechenden Szenario-Analysen erfolgen im Rahmen der MHS. Als Diskontierungskurve werden die jeweils den Szenarien hinterlegten, individuell generierten Kurven verwendet. Diese basieren auf Swap-Sätzen. Dadurch wird gewährleistet, dass in der Zinsrisikomessung nur das Zinsrisiko ohne Liquiditäts- und Spread-Komponenten ermittelt wird. Das Konfidenzniveau und die Haltedauer für die MHS entsprechen mit 95 % und 63 Handelstagen (bzw. 16 Vgl.

(Walter, Böhmer, Klenner, Quell, & Tangemann, 2013, S. 121)

38

3

Rahmenbedingungen für ein mittelständisches Kreditinstitut …

3 Monaten), einem ausreichenden Sicherheitsniveau und einer ausreichenden Reaktionszeit. Nach gängiger Literatur ist die Verwendung eines Konfidenzniveaus von 95 % für die Steuerung des Zinsbuchs eher geeignet als ein Konfidenzniveau von 99 %. Letzteres bietet sich eher zur Betrachtung der Risikotragfähigkeit an.17 Neben der MHS erfolgt die Durchführung einer Barwertsimulation um den BASEL II Zinsschock darzustellen. Hierbei wird in einem ersten Schritt der Barwert auf Basis der hinterlegten Simulationsparameter ermittelt. Im Anschluss erfolgt die Bewertung des Zinsbuch –CF unter Anwendung des Zinsschocks (Zinsanstieg + 200 BP über Nacht) auf die hinterlegten Simulationsparameter. Hieraus ergibt sich ein Szenariowert. Das Risiko entspricht somit der Differenz aus Barwert und Szenariowert. Zusätzlich erfolgt noch die Betrachtung der Auswirkungen auf die Mustersparkasse aus periodischer Sicht. Die Auswirkungen von Zinsänderungen auf die GuV treten als Schwankungen der Zinsspanne auf. Die genauen Auswirkungen im Zeitverlauf werden in den Szenario-Analysen ab Punkt 4 beschrieben. Sämtliche Berechnungen werden über das in den Sparkassen etablierte Berechnungsprogramm sDIS+ durchgeführt. Die in sDIS+ erfolgten Grundeingaben können den Anhängen 1 und 2 entnommen werden. Nach Durchführung der MHS ergeben sich folgende Werte: Die in Abbildung 3.13 dargestellte CF-Struktur zeigt im Vergleich zur Benchmark einige Asymmetrien auf. Grund hierfür ist das nicht auf die Benchmark abgestimmte Kundengeschäft. Das Treasury der Mustersparkasse muss somit im Rahmen von Steuerungselementen den Zinsbuch-CF in die gewünschte Struktur bringen. In diesem Fall sind aufgrund der Überschreitung des Risikolimits Steuerungsmaßnahmen nötig. Bei Anwendung von Steuerungsmaßnahmen im Rahmen der Zinsbuchsteuerung werden ausschließlich Receiver- und Payer-Swaps verwendet um entsprechende Anpassungen im Zinsbuch-CF zu erzielen. Payer-Swaps entsprechend hierbei der Long-Position und Receiver –Swaps der Short Position einer Floating Rate Note.18 Um im Betrachtungsjahr 2017 in die Limitvorgaben zu gelangen ist es notwendig das Risiko des Zinsbuch CFs zu reduzieren. Das Abweichungslimit befindet sich mit 0,3 % innerhalb der Vorgaben. Das Risikolimit wird mit einem VaR von ca. 5,7 % um 0,4 % über der Vorgabe. Somit ist eine Maßnahme zur Reduzierung des Risikos nötig. Der effizienteste Weg zur Reduzierung ist die Eliminierung der CFs außerhalb der Benchmark, da diese durch die 17 Vgl.

(Walter, Böhmer, Klenner, Quell, & Tangemann, 2013, S. 120) (Schierenbeck, Lister, & Kirmße, Ertragsorientiertes Bankmanagement: Band 2: Risiko-Controlling und iintegrierte Rendite-/Risikosteuerung (9. Auflage), 2008, S. 687) 18 Vgl.

3.2 Vorstellung Praxisunternehmen Mustersparkasse …

39

Abbildung 3.13 Visualisierung CF-Struktur und Strategieabgleich für den Zeitraum 2017 bis 2036. (Eigene Darstellung; Berechnungen über sDIS+)

lange Laufzeit einen hohen Risikobeitrag liefern. Zur Angleichung an die Benchmark wird die in Tabelle 3.3 durchgeführte anfängliche Steuerungsmaßnahme durch das Treasury durchgeführt: Tabelle 3.3 Übersicht Anfangsmaßnahme. (Eigene Darstellung)

Nach Durchführung der Steuerungsmaßnahmen erfüllt der Zinsbuch-CF alle in der Risikostrategie festgelegten Restriktionen. Abbildung 3.14 zeigt die Struktur

40

3

Rahmenbedingungen für ein mittelständisches Kreditinstitut …

des Ursprungs-CF im Vergleich zum Zinsbuch-CF nach Durchführung der anfänglichen Steuerungsmaßnahme. Durch die Anfangsmaßnahme wurden die Inkongruenzen außerhalb der Benchmark geglättet um die entsprechenden Limitvorgaben zu erfüllen.

Millions

200

100

0

-100

-200

-300 BM1,75*gl10

CF 2017

NEU CF+MN

-400

-500

2017

2018

2019

2020

2021

2022

2023

2024

2025

2026

2027

2028

2029

2030

2031

2032

2033

2034

2035

2036

Abbildung 3.14 Visualisierung CF-Struktur und Strategieabgleich nach Durchführung der Anfangsmaßnahme für den Zeitraum 2017 bis 2036. (Eigene Darstellung; Berechnungen über sDIS+)

4

Szenario-Analysen und kritische Würdigung der klassischen Zinsbuchsteuerung eines mittelständischen Kreditinstituts am Beispiel der Mustersparkasse Die in den folgenden Kapiteln durchgeführten Analysen erfolgen mit individuell generierten Zinsstrukturkurven auf Basis historischer Echtdaten. Es wird grundsätzlich zwischen zwei Zinsstrukturkurven (Japanszenario, Europaszenario) unterschieden. Wie sich die entsprechenden Kurven zusammensetzen wird in den entsprechenden Kapiteln erläutert. Zusätzlich wird ein Zinsschockszenario aus dem Rundschreiben Nr. 06/2019 (BA) der BaFin ausgewählt und die Ergebnisse dargestellt. Konkret soll im Rahmen dieser Arbeit überprüft werden, ob die Mustersparkasse als Institut mit erhöhtem Zinsänderungsrisiko gilt. Dies ist der Fall, wenn z. B. bei einer plötzlichen Zinsänderung um 200 Basispunkte über Nacht die vorhandenen Eigenmittel des Instituts um mehr als 20 % absinken.1 Grundsätzlich erfolgt die Durchführung einer Zinsbuchsteuerung mit Darstellung der entsprechenden Auswirkungen auf die beiden wesentlichen ökonomischen Effekte des Zinsänderungsrisikos, den Einkommens- sowie der Barwerteffekt. Ein Betrachtungskriterium in den Szenarien ist die Entwicklung des zukünftigen Zinsüberschuss. Diese Entwicklung wird unter dem Begriff Einkommenseffekt bewertet. Die Veränderungen des Zinsbuchbarwerts im Rahmen der

Elektronisches Zusatzmaterial Die elektronische Version dieses Kapitels enthält Zusatzmaterial, das berechtigten Benutzern zur Verfügung steht https://doi.org/10.1007/978-3-658-32282-3_4 1 Vgl.

(Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, 2019)

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Mursch, Grenzen der klassischen Zinsbuchsteuerung im Licht der Niedrig-und Negativzinsphase, Business, Economics, and Law, https://doi.org/10.1007/978-3-658-32282-3_4

41

42

4

Szenario-Analysen und kritische Würdigung der klassischen …

Durchführung von Szenarien (Barwerteffekt) ist der zweite Betrachtungsgegenstand.2 Bei der Ermittlung dieser Effekte erfolgt die Bewertung auf Basis der hinterlegten Zinsstrukturkurven. Diese stellen, wie bereits beschrieben, Mid-Swap Sätze dar und enthalten somit keine Aufschläge für Adressen-, Liquiditäts- und sonstige Risiken. Dadurch werden die Ergebnisse aus den Szenarien generell zu optimistisch dargestellt. Da der Zinsüberschuss selbst eine Position vor Kosten darstellt, ist dieses Vorgehen vertretbar. Für die Beurteilung des Gesamterfolges in der Praxis ist die Berücksichtigung dieser Aufschläge allerdings notwendig.3 Grundsätzlich gelten bei der Durchführung der ZBS einige Bedingungen um eine vergleichbare Ebene zu schaffen. Im Rahmen der in dieser Arbeit festgelegten Szenario-Analysen erfolgt ein Blick in die ferne Zukunft. Die verwendeten Bilanzpositionen sowie der Zinsbuch-CF bleiben während dieser Simulationen konstant. Einzige variable Position ist der Zinsüberschuss und somit auch in Summe das Betriebsergebnis vor Bewertung. Der Mustersparkasse ist eine risikoaverse Anlagephilosophie zuzuordnen. Dies ist im historischen Kontext wichtig, da auch einer Mustersparkasse der Blick in die Zukunft verwehrt ist und somit jede Steuerungsmaßnahme unter dem Status Quo getroffen wird. Die Steuerung des Zinsbuchs erfolgt, wie bereits beschrieben, mit einem passiven Steuerungsansatz. Ein Steuerungsimpuls ergibt sich somit, nur im Fall einer Abweichung von den fixierten Limiten (Risiko- und Abweichungslimit). Sämtliche Berechnungen des Strukturbeitrags werden durch die Software sDIS+ durchgeführt. Im Rahmen der ZBS erfolgt die Durchführung der Berechnungen in sDIS+ immer auf jährlicher Basis und mit isolierter Betrachtung auf das Jahr. Dies bedeutet jede Berechnung ist zum Vorjahr separat zu betrachten und die entsprechenden Steuerungsmaßnahmen zur Strategiekonformität sind zu den aktuellen Konditionen neu abzuschließen. Diese Betrachtungsweise ist notwendig, da der Zinsbuch-CF konstant gehalten wird und die Steuerungsmaßnahmen somit nicht in den Zinsbuch-CF des Folgejahres integriert sind. Entsprechende Details zu den Eingaben in sDIS+ sind in den Anhängen 4 und 5 zu finden. Für die Darstellung der Konditionsbeiträge wird die Marktzinsmethode angewandt. Die Passivseite wird mit den entsprechenden Mischungsverhältnissen und Ablauffiktion bewertet und für die Aktivseite werden Laufzeiten für den Neuabschluss der gesamten Bilanzpositionen unterstellt. Diese Laufzeiten sind in Tabelle 4.1 dargestellt. Für das festverzinsliche Kreditgeschäft wird, für das gesamten Volumens der Mustersparkasse, ein jährlicher Neuabschluss zum Betrachtungsstichtag zu aktuell gültigen Konditionen verwendet. Zur Ermittlung 2 Vgl. 3 Vgl.

(Östrreichische Nationalbank & Finanzmarktaufsicht FMA, 2008, S. 8) (Sievi & Wegner, Risikoartenübergreifende Ergebnisspaltung, 2018, S. 769)

4.1 Japanszenario am Beispiel der Mustersparkasse

43

des Ergebnisbeitrags aus dem variablen Kreditgeschäft wird eine Vollauslastung angenommen. Für das Aktivgeschäft wird die Annahme der Margenkonstanz getroffen und im Passivgeschäft wird ein Floor des Kundenzinssatzes von 0 % fixiert. Hierdurch wird auf vereinfachte Weise die Entwicklung der Ergebnisbeiträge aus den Bilanzpositionen innerhalb der Zinsszenarien dargestellt. Darüber hinaus erfolgt die Annahme, dass die entsprechende Margenannahme für die Ermittlung des Produktzinses beim Kunden durchgesetzt werden kann.

Tabelle 4.1 Übersicht Annahmen Neugeschäft. (Eigene Darstellung)

4.1

Japanszenario am Beispiel der Mustersparkasse

Wie bereits im Vorfeld dieser Arbeit beschrieben, gibt es einige historische Parallelen zwischen der Geldpolitik sowie der Zinsentwicklung in Europa und Japan. Auf diesen Erkenntnissen aufbauend, wird im Folgenden das Japanszenario auf die Mustersparkasse angewandt. Hierdurch sollen die historisch beobachtbaren Zinsentwicklungen in Japan auf ein Zukunftsszenario für ein mittelständisches Kreditinstitut übertragen werden. Das bedeutet auf Basis der europäischen Zinsstruktur werden die japanischen Swap Sätze in die Zukunft gespiegelt. Details werden im nächsten Punkt beschrieben. Dieses Zukunftsszenario stellt das Basisszenario dar.

4.1.1

Festlegung Japanszenario

In diesem Abschnitt wird das Japanszenario definiert und die Zusammensetzung des Szenarios erläutert. Für die Erstellung des Japanszenarios wird die unter Punkt 3.1.a vorgestellte Zinskurve Europa bis zum Stichtag 30.09.2019 als Basis-Zinsstruktur des Japanszenarios verwendet.

44

4

Szenario-Analysen und kritische Würdigung der klassischen …

In einem ersten Schritt werden die historischen Swapsätze für Japan (Zinsstruktur Japan) ermittelt. Die Daten dieser Historie erstreckt sich von 30.09.2019 historisch absteigend für 12 Jahre. Eine detaillierte Darstellung der historischen japanischen Zinsstruktur erfolgte bereits unter Punkt 3.1.b. Im nächsten Schritt wird die Zinsstruktur Japan an die Zinsstruktur Europa angehängt. Der japanische Zins zum 30.09.2019 wird der erste Zins am 01.10.2019 in der Zinsstruktur Japanszenario. Mit anderen Worten wird die Zinsstruktur Japan historisch absteigend an die Zinsstruktur Europa angehängt und somit in die Zukunft projiziert. Auf diese Weise entsteht die virtuelle Zinsstruktur Japanszenario auf Basis historischer Daten für die Durchführung des Basisszenarios. Dadurch wird für ca. vier Jahre eine Seitwärtstendenz des Zinsniveaus simuliert mit einem anschließenden leichten Zinsanstieg. Um einen zu großen Sprung zwischen den Zinsen des Geldmarkts an der Schnittstelle zu vermeiden werden für hierfür die Zinsen ab dem 31.10.2019 verwendet. Hierdurch kommt es zwar zu einer zeitlichen Verschiebung, da für dieses Szenario eine individuelle Zinsstruktur entwickelt wird ist diese Unschärfe allerdings zu vertreten. In folgender Abbildung ist die Zinsstrukturkurve Japanszenario grafisch dargestellt (Abbildung 4.1).

Synthetische Zinsstrukturkurve Japanszenario (Zeitraum von 2002 - 2031)

Synthetischer Mid-Swapsatz in %

gespiegelte Zinsstruktur Japan

Zinsstruktur Europa

6,25 5,25 4,25 3,25 2,25 1,25 0,25 -0,75

O/N

6-Monate

1-Jahr

3-Jahre

6-Jahre

10-Jahre

15-Jahre

Linear (10-Jahre)

Abbildung 4.1 Übersicht synthetische Zinsstrukturkurve für das Japanszenario auf Basis Mid-Swapsätze im Zeitraum von 2002 bis 2031. (Eigene Darstellung, Bloomberg)

Die zukünftige Zeitreihe aus der synthetischen Zinsstrukturkurve Japanszenario ab dem Jahr 2016 wird in Abbildung 4.2 vergrößert aufbereitet. Bei näherer Betrachtung der synthetischen Zinskurve wird in den kurzen Laufzeiten ein Zinssatz nahe 0 % für einen Zeitraum von knapp acht Jahren

4.1 Japanszenario am Beispiel der Mustersparkasse

45

Synthetische Zinsstrukturkurve Japanszenario (Zeitraum 2016 - 2031) gespiegelte Zinsstruktur Japan

Zinsstruktur Europa

Synthetischer Mid-Swapsatz in %

2,7

2,2

1,7

1,2

0,7

0,2

-0,3

-0,8

2016

2017

O/N

2018

2019

6-Monate

2020

1-Jahr

2021

2022

3-Jahre

2023

2024

6-Jahre

2025

2026

10-Jahre

2027

2028

15-Jahre

2029

2030

2031

Linear (10-Jahre)

Abbildung 4.2 Übersicht synthetische Zinsstrukturkurve für das Japanszenario auf Basis Mid-Swap im Zeitraum von 2002 bis 2031. (Eigene Darstellung, Bloomberg)

angenommen (2019–2027). Auch in den längeren Laufzeiten ist lediglich ein moderater Zinsanstieg bis in der Spitze auf ca. 2,5 % (15 Jahre Mid-Swap im Jahr 2028) zu verzeichnen. Insgesamt wird für dieses Szenario ein leichte Steilheit der Zinsstruktur mit zunehmender Steigung im Zeitverlauf simuliert.

4.1.2

Durchführung Japanszenario für die Mustersparkasse inkl. Anwendung BASEL II Zinsschock

Das eben generierte Basisszenario Japanszenario wird nun in einem jährlichen Rhythmus über das Berechnungsmodul sDIS+ simuliert. Für diesen Zweck wird in sDIS+ eine entsprechende Zinsstrukturkurve angelegt sowie der ZinsbuchCF für jedes Jahr zum Betrachtungsstichtag neu in das Berechnungsprogramm eingespielt. Dieses Vorgehen ist notwendig, um eine konstante Betrachtung des Zinsbuch-CF bei den Berechnungen zu gewährleisten. Die verwendeten Einstellungsdetails für die Simulationen sind in Anhang 4 dargestellt. Unter Punkt 4.4.e werde die einzelnen Bearbeitungsschritte in sDIS+ sowie die bestehenden Hürden und Schwierigkeiten näher beschrieben. Die Berechnungen erfolgen über die MHS. Zur Darstellung des BASEL II Zinsschocks wird eine Barwertsimulation angewandt. Im Folgenden werden die Erkenntnisse aus der ZBS im Japanszenario aufbereitet. Unter Punkt 4.1.c werden

46

4

Szenario-Analysen und kritische Würdigung der klassischen …

die Auswirkungen aus barwertiger und periodischer Sicht auf die Mustersparkasse näher untersucht. Dabei wird beginnend mit dem Jahr 2017 die klassische Zinsbuchsteuerung auf Basis der bereits vorgestellten Rahmenbedingungen für die Mustersparkasse durchgeführt. Zusätzlich erfolgt die Simulation eines ausgewählten Basel II Zinsschockszenarios in Form eines plötzlichen und unerwarteten Übernacht-Anstieges der Zinsen um 200 BP.4 Aufbauend auf dem Jahr 2017 ergiben sich nach Durchführung der eben beschriebenen Berechungen folgende Ergebnisse für das Japanszenario (Tabelle 4.2): Tabelle 4.2 Übersicht der Simulationsergebnisse für das Japanszenario im Zeitraum von 2017 bis 2031. (Eigene Darstellung; Berechnungen über sDIS+)

Nach jeder Simulationsrechnung wurde in einem ersten Schritt ein Abgleich mit der Risikostrategie der Mustersparkasse vorgenommen. Dieser Abgleich beruht auf der Überprüfung von Abweichungen der aktuellen CF-Struktur vom Risiko- bzw. Abweichungslimit. In einigen Fällen wurde das Risikolimit nicht eingehalten und ein Steuerungsimpuls generiert. Anschließend wurde durch die entsprechende Festlegung von Steuerungsmaßnahmen versucht die gewünschte Allokation zu erreichen. In den Jahren 2020, 2027, 2028 sowie 2031 erzeugten Abweichungen entsprechende Handlungsimpulse. Diesen Impulsen wurde durch Steuerungsmaßnahmen entgegengewirkt (Übersicht der Steuerungsmaßnahmen in Anhang 3). 4 Vgl.

(Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Rundschreiben 06/2019 (BA) Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch, 2019)

4.1 Japanszenario am Beispiel der Mustersparkasse

47

Die Ergebnisse auf den Barwert aus den Simulationen sind in folgender Abbildung grafisch aufgearbeitet (Abbildung 4.3).

Barwertbetrachtung ZBS Japanszenario (Zeitraum 2017 - 2031) €700.000.000 €680.000.000 €660.000.000 €640.000.000

Barwert

€620.000.000 €600.000.000 €580.000.000 €560.000.000 €540.000.000 €520.000.000 €500.000.000 2017

2018

2019

2020

2021

2022

2023

2024

2025

2026

2027

2028

2029

2030

2031

Barwert (1,75*glt. 10 Jahre - 0,75*glt. 3 Monate) Barwert bei Zinsschock +200 BP (1,75*glt. 10 Jahre - 0,75*glt. 3 Monate) Barwert bei Zinsschock +200BP (1,00*glt. 10 Jahre)

Abbildung 4.3 Übersicht Barwertentwicklung ZBS im Japanszenario inkl. Zinsschockszenario für den Zeitraum von 2017 bis 2031. (Eigene Darstellung; Berechnungen über sDIS+)

Im Zeitverlauf ist bei Durchführung des Japanszenarios zunächst bis zum Jahr 2021 ein nahezu konstanter Barwert zu beobachten.Grund hierfür ist ein sich seitwärts bewegendes Zinsniveau. Ab dem Jahr 2022 ist ein Anstieg des Zinsniveau zu erkennen und der Barwert nimmt entsprechend ab, bis er im Jahr 2028 sein Minimuim erreicht. In Folge von sinkenden Zinsen ab dem Jahr 2029 nimmt der Barwert im Japanszenario in den Folgejahren wieder zu. Neben der Barwertentwicklung im Rahmen des Japanszenarios wurden auch die Barwertentwicklungen eines BASEL II Zinsschocks von +200 BP über Nacht simuliert. Dabei wurde neben der Barwertentwicklung auf Basis der gehebelten Struktur auch eine ungehebelte Benchmark gestresst. Grundsätzlich ist, wie zu erwarten, ein ähnlicher Verlauf der Barwerte zu erkennen. Im Rahmen der Zinsschocksimulation bewegt sich das Niveau der Barwerte auf einem niedrigeren Level. Abbildung 4.4 zeigt die Eigenkapitalveränderungen aus der Stresssimulation des BASEL II Zinsschocks grafisch aufbereitet. Sowohl auf Basis des gehebelten als auch des ungehebelten Zinsbuch-CFs. Sollte sich im Rahmen des eben beschriebenen BASEL II Stresstests eine Eigenkapitalveränderung von mehr als 20 % ergeben, wird das Institut durch die Aufsicht als Sparkasse mit

48

4

Szenario-Analysen und kritische Würdigung der klassischen …

erhöhtem Zinsänderungsrisiko eingestuft und unter Beobachtung gestellt. Grundsätzlich denkbar wäre auch eine durch die Aufsicht vorgegebene Erhöhung der Eigenmittelanforderungen. Die BaFin weist jedoch explizit darauf hin, dass eventuell erhöhte Eigenkapitalanforderungen nicht zwingend von der 20 % Schwelle abzuleiten sind.5 Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass im Japanszenario keine Verletzung der 20 % Schwelle erfolgt.

EK-Veränderung BASEL II Zinsschock + 200 BP (Zeitraum 2017 - 2031) 25%

20%

15%

10%

5%

0% 2016

2018

2020

2022

2024

EK-Veränderung Zinsschock (1,75*glt. 10 Jahre - -0,75*glt. 3 Monate)

2026

2028

2030

2032

EK-Veränderung Zinsschock (1,00*glt. 10 Jahre)

Abbildung 4.4 Übersicht der prozentualen Veränderungen des Eigenkapitals nach BASEL II- Zinsschock +200 BP über Nach im Japanszenario für den Zeitraum von 2017 bis 2031. (Eigene Darstellung; Berechnungen über sDIS+)

Neben dem Barwerteffekt wurde für das Japanszenario der Einkommenseffekt aus der Zinsbuchsteuerung untersucht. Abbildung 4.5 zeigt den Verlauf des Einkommenseffekts sowie die Entwicklung des RORAC im Zeitverlauf der Simulation. Die Simulationen erfolgten auf gehebelter und ungehebelter Basis des Zinsbuch-CF.

5 (Bundesanstalt

für Finanzdienstleistungsaufsicht, Rundschreiben 06/2019 (BA) - Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch, 2019)

4.1 Japanszenario am Beispiel der Mustersparkasse

49

Einkommenseffekt / RORAC ZBS Japanszenario (Zeitraum 2017 - 2031) €20.000.000

20,50%

€18.000.000

18,50%

€16.000.000 €14.000.000

14,50% €12.000.000 12,50% €10.000.000

10,50%

€8.000.000

RORAC

Einkommenseffekt

16,50%

8,50%

€6.000.000 €4.000.000

6,50%

€2.000.000

4,50% 2,50%

€2017

2018

2019

Einkommenseffekt gehebelt

2020

2021

2022

2023

2024

Einkommenseffekt ungehebelt

2025

2026

2027

2028

RORAC gehebelt

2029

2030

2031

RORAC ungehebelt

Abbildung 4.5 Übersicht zur Entwicklung von Einkommenseffekt und RORAC im Rahmen der ZBS Japanszenario für den Zeitraum 2017 bis 2031. (Eigene Darstellung; Berechnungen über sDIS+)

Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass der RORAC auf gehebelter und ungehebelter Basis des Zinsbuch-CF nahezu gleich ist. Der Grund hierfür liegt in der Berechnung des RORAC, der den Ertrag ins Verhältnis zum potentiellen Risiko setzt. Durch eine geringere Hebelung verändert sich somit der Zähler und der Nenner bei der Berechnung des RORAC und das Verhältnis bleibt nahezu gleich. Darüber hinaus ist in dieser Abbildung die Schwankungsbreite des RORAC gut zu erkennen. In den Jahren 2020 bis 2023 bewegt sich der RORAC aufgrund des anhaltenden Niedrig-/Negativzinsniveaus mit seitwärts tendierenden Zinssätzen auf einem sehr niedrigen Niveau von in der Spitze ca. 6,1 %. Erst bei einem nachhaltigen Zinsanstieg in den Jahren 2024 bis 2030 entwickelt sich der RORAC wieder in eine für die Mustersparkasse lukrativere Richtung. Im Jahr 2031 erfolgt dann mit Ende des Zinsanstiegs ein massiver Rückgang des RORAC. Diese Entwicklung spiegelt sich auch im Einkommenseffekt aus der ZBS während des Japanszenario wieder. Während der rückläufigen Zinsniveauentwicklung in den Jahren 2018 bis 2021 verringert sich der Ergebnisbeitrag aus der Zinsbuchsteuerung um ca. 2/3 seines Wertes. Erst im Rahmen des nachhaltigen Zinsanstiegs ab dem Jahr 2022 steigert sich der Einkommenseffekt bis auf ein Maximum von ca. 18,5 Mio. EUR p.a. im Jahr 2028. Die erneut fallenden Zinsen im Jahr 2031 wirken sich entsprechend negativ aus. Abbildung 4.6 fokussiert sich die Entwicklung des Risikos (VaR) in Euro sowie des mittleren Ertrags pro Jahr auf Basis eines gehebelten und eines ungehelten Zinsbuch-CF.

50

4

Szenario-Analysen und kritische Würdigung der klassischen …

3,5%

€35.000.000

3,0%

€30.000.000

2,5%

VaR

€25.000.000 2,0% €20.000.000 1,5%

€15.000.000 1,0%

Mittlerer Ertrag p.a.

Risiko / Ertrag ZBS Japanszenario (Zeitraum 2017 - 2031) €40.000.000

€10.000.000 0,5%

€5.000.000

0,0%

€2017

2018

2019

2020

2021

2022

VaR (1,75*glt. 10 Jahre - -0,75*glt. 3 Monate) Ertrag p.a. (1,75*glt. 10 Jahre - -0,75*glt. 3 Monat)

2023

2024

2025

2026

2027

2028

2029

2030

2031

VaR (1,00*glt. 10 Jahre) Ertrag p.a. (1,00*glt. 10 Jahre)

Abbildung 4.6 Übersicht zur Risiko- und Ertragsentwicklung im Rahmen der ZBS Japanszenario für den Zeitraum von 2017 bis 2031. (Eigene Darstellung; Berechnungen über sDIS+)

Es ist zu erkennen, dass sich der Risikobeitrag einer gehebelten und ungehebelten Struktur in etwa im Gleichlauf, allerdings auf unterschiedlichen Niveaus, entwickelt. Grund hierfür ist eine durch das Niedrigzinsumfeld in der Historie geringere Volatilität in der Zinsentwicklung. Der Ertrag hingegen ist höheren Schwankungen ausgesetzt. Vor allem in den Jahren ansteigender Zinsen (2021 bis 2030) hat sich die Ertragsentwicklung in der gehebelten Struktur relativ stark von der ungehelten Struktur entfernt. Im Jahr 2028 konnte die gehebelte Struktur einen Mehrertrag von ca. 1,5 % im Vergleich zur ungehebelten Variante erzielen und dies bei vergleichsweisen geringen Risikobeiträgen. Ein gegensätzliches Bild zeigt sich in Zeiten fallender bzw. konstant geringer Zinsen wie im Zeitraum von 2018 bis 2021. Der Risikobeitrag bewegt sich noch auf einem hohen Niveau, während die mittleren Erträge aus der ZBS rückläufig sind. Exemplarisch sei hier das Jahr 2021 betrachtet. Der Risikobeitrag aus der ungehebelten Struktur ist um ca. 15 Mio. EUR geringer als in der gehebelten Variante. Der mittlere Ertrag aus dem gehebelten Zinsbuch CF beträgt hingegen lediglich knapp 0,5 % p.a. Bei der ungehebelten Variante liegt der mittlere Ertrag mit 0,35 % relativ nah bei dem Wert mit Hebelung. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass während des Japanszenarios ein spürbarer Rückgang des Ergebnisbeitrags aus der ZBS festzustellen ist. Im Rahmen niedriger bzw. negativer Marktzinsen ist im Szenario seitwärts bzw. rückläufig tendierender Zinsen eine Steuerung ohne Hebel sinnvoll. In Zeiten eines steigenden Zinsniveaus ist eine Hebelung der ideale Weg. Dies zeigt sich in der in diesem Szenario betrachteten Gegenüberstellung bei konstanter Beibehaltung

4.1 Japanszenario am Beispiel der Mustersparkasse

51

des Hebels. Problematisch ist in diesem Zusammenhang in der Praxis allerdings die Identifikation des idealen Zeitpunkts zur Hebelanpassung sowie die Kosten einer aus der Hebelanpassung resultierenden Steuerungsmaßnahme. Im Falle von steigenden Zinsen entsteht durch die Hebelanpassung ein Handlungsimpuls, der z. B. den Kauf von festverzinslichen Wertpapieren auslöst. Diese werden zu einem niedrigen Zinsniveau gekauft um eine Anpassung an die Benchmark zu erzielen. Bei einem weiteren Zinsanstieg erzeugen diese neu in den Bestand gekauften Wertpapieren einen Kursverlust und das Institut hat für eine lange Zeit einen geringen Kupon, im Vergleich zum späteren Zinsniveau in einer ansteigenden Phase. Gegensätzliche Impulse entstehen bei einer Reduzierung des Hebels in der Zinsbuchsteuerung. In Zeiten sinkender Zinsen wird ein Impuls zum Verkauf von Wertpapieren durch die Hebelreduzierung ausgelöst. Somit kommt es unter Umständen zum Verkauf lukrativer Wertpapieren mit entsprechend im Vergleich zum aktuellen Zinsniveau hohen Kupons um die Risikolimite einzuhalten. Im Rahmen einer passiven ZBS ist eine zukünftige Zinsmeinung nicht üblich. Deshalb ist in der Regel eine stabile Hebelgestaltung sinnvoll. Die konkreten Auswirkungen auf die Mustersparkasse erfolgen nun im folgenden Abschnitt.

4.1.3

Auswirkungen des Japanszenarios auf die Ertragssituation der Mustersparkasse

Nun erfolgt die Betrachtung der Auswirkungen des Japanszenarios auf die GuV der Mustersparkasse über den gesamten Zeithorizont. Zum einen wird die Ergebnisentwicklung aus dem Ergebniseffekt beschrieben. Zum anderen wird analysiert wie sich die Anwendung der synthetischen Zinsstrukturkurve Japanszenario auf den Konditionsbeitrag der Mustersparkasse auswirkt. Abschließend erfolgt eine gesammelte Darstellung auf das BERG vor Bewertung der Mustersparkasse. Auf diese Weise wird die Entwicklung der Erfolgsbeiträge auf die GuV der Mustersparkasse aus der Anwendung des Basisszenarios Japanszenario sichtbar. Bei der Ermittlung des Aktiv- bzw. Passivbeitrags werden einige Grundannahmen definiert. Das gesamte Obligo von Aktiv- und Passivseite der Mustersparkasse wird zum Stichtag zu Bewertungszwecken theoretisch neu abgeschlossen. Dabei bleiben während der gesamten Szenariobetrachtung das Obligo, die Mischungsverhältnisse der variablen Produkte sowie die unterstelle Laufzeit der Festzinsprodukte konstant. Der Passivbeitrag wird anhand der festgelegten Mischungsverhältnisse ermittelt. Dabei wird ein Kundenzins von 0 % für den gesamten Betrachtungshorizont fixiert. Somit werden keine negativen Konditionen an den Kunden weitergegeben. Bei der Berechnung des Wideranlagezinssatzes auf

52

4

Szenario-Analysen und kritische Würdigung der klassischen …

der Aktivseite wird entsprechend der fixierten Laufzeit der jeweiligen Produkte ein jährlicher Durchschnittszins gebildet, um hohe Schwankungen aufgrund der in dieser Arbeit verwendeten Stichtagsbetrachtung zu vermeiden. Prämisse bei den Aktivprodukten ist Margenkonstanz. Der Kundenzinssatz ermittelt sich somit aus dem Einstandszins des jeweiligen Produkts addiert mit der Margenvorstellung der Mustersparkasse. Die verwendeten Margenannahmen sind subjektiv festgelegte Werte und es erfolgt, wie bereits beschrieben, die Annahme die entsprechende Margenvorstellung stets beim Kunden zu etablieren. Grundsätzlich geht es um die Darstellung einer generellen Tendenz der Ergebnisentwicklung im Szenarioverlauf. Detaillierte Berechnungen zur Ermittlung der einzelnen Ergebnisbeiträge der Aktiv- und Passivprodukte sind dem Anhang 4 zu entnehmen. Tabelle 4.3 zeigt einen Überblick zur Ermittlung des Zinsüberschusses für jedes Geschäftsjahr im Japanszenario. Dabei wird insbesondere der Ergebnisbeitrag aus dem Aktivgeschäft (Aktivbeitrag), der Beitrag aus den Passivgeschäfts (Passivbeitrag) und der Beitrag aus der ZBS (Ergebnisbeitrag ZBS) dargestellt.

Tabelle 4.3 Vereinfachte Ermittlung Zinsüberschuss der Mustersparkasse im Japanszenario für den Zeitraum von 2017 bis 2031. (Eigene Darstellung; Berechnungen über sDIS+)

Während der Aktivbeitrag, bei niedrigen allerdings noch positiven Zinsen wie im Japanszenario konstant bleibt, ist der Passivbeitrag größeren Schwankungen ausgesetzt. Der Aktivbeiträge erzielt durch die Annahme der konstanten Marge einen gleich bleibenden Ergebnsibeiträg auch bei negativen Einstandssätzen. Die Schwankungen des Passivbeitrags haben in erster Linie zwei Gründe.

4.1 Japanszenario am Beispiel der Mustersparkasse

53

Durch den implizierten Kundenfloor von 0 % im Einlagengeschäft werden negative Einstände nicht an den Kunden weitergegeben und die Passivbeitrag sinkt. Der Rückgang des durchschnittlichen Bewertungszins für variable Produkte auf der Passivseite sinkt zwar durch die Anwendung der Methode gleitender Durchschnitte etwas träger als der Markt, dennoch ist eine drastische Reduzierung der Marge in diesem Geschäftsfeld zu erkennen. Ein ähnliches Bild zeigt der Ergebnisbeitrags der ZBS, wie bereits dargestellt. Dies führt zu einem stetig rückläufigen Zinsüberschuss im Rahmen des Japanszenarios. Folgende Abbildung zeigt die Entwicklung der einzelnen Bestandteile des Zinsüberschusses nochmals grafisch (Abbildung 4.7).

Zusammensetzung Zinsüberschuss Japanszenario (Zeitraum 2017 - 2031) €180.000.000 €160.000.000 €140.000.000 €120.000.000 €100.000.000 €80.000.000 €60.000.000 €40.000.000 €20.000.000 €2017

2018

2019

2020

2021

Aktivbeitrag

2022

2023

Passivbeitrag

2024

2025

2026

2027

2028

2029

2030

2031

Erbebnisbeitrag ZBS

Abbildung 4.7 Übersicht zur Entwicklung der Ergebnisbestandteile des Zinsüberschusses im Japanszenario für den Zeitraum von 2017 bis 2031. (Eigene Darstellung; Berechnungen über sDIS+)

Es ist gut zu erkennen, dass sich der Zinsüberschuss um knapp 40 % vermindert. Erst im Rahmen anhaltend steigender Zinsen ist eine Entspannung des Margendrucks auf der Passivseite zu erkennen. Dies zeigt sich im Japanszenario ab dem Jahr 2028. In diesem Jahr ist erstmalig ein Anstieg des Passivbeitrags zu beobachten. Diese Entwicklung hat entsprechende Auswirkungen auf die GuV. Die Ermittlung des BERG vor Bewertung der Mustersparkasse ist im Rahmen des Japanszenarios in Tabelle 4.4 dargestellt. Dabei wird erneut auf eine vereinfachte Darstellung mit den vorgestellten Annahmen zurückgegriffen. Es wird im Zeitverlauf ein um jährlich 1 % wachsendes Provisionsergebnis unterstellt. Zudem sollen

54

4

Szenario-Analysen und kritische Würdigung der klassischen …

die Verwaltungsaufwendungen ebenfalls um 0,5 % p.a. ansteigen. Dabei werden konservative Annahme verwendet. Grund für einen Anstieg der Verwaltungsaufwendungen könnten unter anderem Tariferhöhungen und höhere Gehaltsgruppen aufgrund des Fachkräftemangels sein.

Tabelle 4.4 Vereinfachte Ermittlung des BERG vor Bewertung der Mustersparkasse im Japanszenario für den Zeitraum von 2017 bis 2031. (Eigene Darstellung; Berechnungen über sDIS+)

Es ist gut zu erkennen, dass ein rückläufiger Zinsüberschuss nicht allein durch einen Anstieg des Provisionsüberschusses zu kompensieren ist. Das BERG vor Bewertung ist im Szenarioverlauf stetig rückläufig und erreicht im Jahr 2025 mit knapp 40 Mio. EUR sein Minimum. Dies entspricht einem Rückgang von ca. 60 % seit 2017. Abbildung 4.8 zeigt die Entwicklung des BERG vor Bewertung nochmals grafisch.

4.2 Europaszenario am Beispiel der Musterbank

55

Entwicklung BERG vor Bewertung im Japanszenario (Zeitraum 2017 - 2031) €120.000.000

€100.000.000

-60 %

€80.000.000

€60.000.000

€40.000.000

€20.000.000

€2017

2018

2019

2020

2021

2022

2023

2024

2025

2026

2027

2028

2029

2030

2031

BERG vor Bewertung

Abbildung 4.8 Übersicht zum BERG vor Bewertung der Mustersparkassen im Japanszenario für den Zeitraum von 2017 bis 2031. (Eigene Darstellung; Berechnungen über sDIS+)

4.2

Europaszenario am Beispiel der Musterbank

Die EZB hat in Person von Mario Draghi im Jahr 2012 klargestellt, dass ein anhaltend niedriges Zinsniveau für die Erreichung des EZB-Ziels der Preisniveaustabilität in Kauf genommen wird.6 Diesen eingeschlagenen Weg der expansiven Geldpolitik wird aller Voraussicht nach auch die Nachfolgerin von Mario Draghi, Christine Lagarde, fortsetzen. In den geldpolitischen Beschlüssen aus dem September 2019 wurde, wie bereits unter Punkt 3.1.a beschrieben, das Anleihenankaufprogramm wieder aufgenommen sowie das Zinsniveau weiter gesenkt.7 Deshalb wird in einem zweiten Szenario die Extremsituation der nachhaltig negativen Zinsen bei sehr flacher Zinsstruktur simuliert. Der Annahmen sind analog der Durchführung des Japanszenarios.

6 Vgl.

(Europäische Zentralbank, Speech by Mario Draghi, President of the European Central Bank at the Global Investment Conference in London, 2012) 7 Vgl. (Europäische Zentralbank, Pressemitteilung Geldpolitische Beschlüsse, 2019); vgl. (Lagarde, 2019)

56

4

4.2.1

Szenario-Analysen und kritische Würdigung der klassischen …

Festlegung Europaszenario

Im diesem Kapitel wird nun ein Extremszenario mit nachhaltig niedrigen bzw. negativen Zinsen konstruiert. Als Basis dient erneut die unter Punkt 3.1.a bereits vorgestellte europäische Zinskurve. Das Zinsniveau zum 30.09.2019 wird fixiert und für die nächsten 8 Jahre in die Zukunft fortgeschrieben. Im Anschluss an diese Zeit der konstanten Zinsen wird die als Ausgangsbasis dienende europäische Zinsstruktur gespiegelt und historisch absteigend angehängt. Hiermit wird ein moderater Zinsanstieg simuliert. Die sich daraus ergebende Zinsstrukturkurve wird mit dem Pseudonym Europaszenario belegt. In folgender Abbildung ist die Zinsstrukturkurve Europaszenario grafisch dargestellt (Abbildung 4.9).

Synthetische Zinsstrukturkurve Europaszenario (Zeitraum 2002 - 2031) Zinsstruktur Europa

6,25

Synthetischer Mid-Swapsatz in %

Fortschreibung

gespiegelte Zinsstruktur Europa

5,25

4,25

3,25

2,25

1,25

0,25

-0,75

O/N

6-Monate

1-Jahr

3-Jahre

6-Jahre

10-Jahre

15-Jahre

Linear (10-Jahre)

Abbildung 4.9 Übersicht synthetische Zinsstrukturkurve für das Europaszenario auf Basis Mid-Swapsätze im Zeitraum von 2002 bis 2031. (Eigene Darstellung; Bloomberg)

Die Zeitreihe ab dem Jahr 2016 wird zur besseren Übersicht in Abbildung 4.10 vergrößert dargestellt. Auf Basis dieses extremen Stressszenarios wird der Bestand der Mustersparkasse in die Zukunft projiziert und die Auswirkungen auf die Ertragsentwicklung beschrieben.

4.2 Europaszenario am Beispiel der Musterbank

57

Synthetische Zinsstrukturkurve Europaszenario (Zeitraum gespiegelte 2016 - 2031)

Synthetischer Mid-Swapsatz in %

2,75

Zinsstruktur Europa

Zinsstruktur Europa

Fortschreibung

2,25

1,75

1,25

0,75

0,25

-0,25

-0,75 2016

2017

2018

2019

2020

2021

2022

2023

2024

2025

2026

2027

2028

2029

O/N

6-Monate

1-Jahr

3-Jahre

6-Jahre

10-Jahre

15-Jahre

Linear (10-Jahre)

2030

2031

Abbildung 4.10 Übersicht synthetische Zinsstrukturkurve für das Europaszenario auf Basis Mid-Swapsätze im Zeitraum von 2016 bis 2031. (Eigene Darstellung; Bloomberg)

4.2.2

Durchführung Europaszenario für die Mustersparkasse inkl. Anwendung BASEL II Zinsschock

Analog der Vorgehensweise beim Basisszenario wird nun auch bei der Durchführung des Extremszenarios vorgegangen. Mit Hilfe von sDIS+ erfolgt die Anwendung der zukünftigen Zinsstrukturkurve Europaszenario im Rahmen der ZBS auf die Mustersparkasse. Die verwendeten Einstellungsdetails für die Simulationen sind in Anhang 5 dargestellt. Es werden Berechnungen über eine MHS sowie, zur Darstellung des BASEL II Zinsschocks, eine Barwertsimulation durchgeführt. Im Folgenden werden die Erkenntnisse aus der ZBS im Europaszenario aufbereitet. Unter Punkt 4.2.c werden die Auswirkungen aus barwertiger und periodischer Sicht auf die Mustersparkasse näher untersucht. Dabei wird wie im Japanszenario beginnend mit dem Jahr 2017 die klassische Zinsbuchsteuerung auf Basis der festgelegten Rahmenbedingungen für die Mustersparkasse durchgeführt. Aufbauend auf dem Jahr 2017 ergeben sich nach Durchführung der Berechungen folgende Ergebnisse für das Europaszenario (Tabelle 4.5):

58

4

Szenario-Analysen und kritische Würdigung der klassischen …

Tabelle 4.5 Übersicht der Simulationsergebnisse Europaszenario im Zeitraum von 2017 bis 2031. (Eigene Darstellung; Berechnungen über sDIS+)

Nach jeder Simulationsrechnung wurde in einem ersten Schritt ein Abgleich mit der Risikostrategie der Mustersparkasse vorgenommen. Dieser Abgleich beruht auf der Überprüfung, ob das Risiko- und das Abweichungslimit eingehalten wurde. In einigen Fällen wurde das Risikolimit über- oder unterschritten und ein Steuerungsimpuls generiert. Im Anschluss wurde durch eine entsprechende Festlegung von Steuerungsmaßnahmen versucht, die gewünschte Allokation zu erreichen. In den Jahren 2020, 2030 sowie 2031 wurden Handlungsimpulse erzeugt. Diesen Impulsen wurde durch Steuerungsmaßnahmen entgegengewirkt (Übersicht in Anhang 3). Die Ergebnisse auf den Barwert aus den Simulationen sind in folgender Abbildung grafisch aufgearbeitet (Abbildung 4.11). Im Zeitverlauf ist bei Durchführung des Europaszenarios zunächst bis zum Jahr 2020 ein tendenziell steigender Barwert zu beobachten. Grund hierfür sind weiter sinkende Zinsen während dieser Zeit. Ab dem Jahr 2020 greift das Extremszenario nachhaltig gleichbleibender und niedriger Zinsen. Der Barwert bleibt während dieser Zeit stabil. In Folge von steigenden Zinsen ab dem Jahr 2026 nimmt der Barwert im Europaszenario wieder ab. Der Verlauf der gestressten Barwerte hat einen ähnlichen Verlauf wie eben beschrieben, nur auf einem anderen Niveau infolge der Anwendung des Stresstests. In Abbildung 4.12 wird das Verhältnis von Barwertänderung zu Eigenkapital der Mustersparkasse bei Anwendung der Stresssimulation Zinsanstieg +200 BP über Nacht dargestellt (BASEL II – Zinsschock). Sollte sich hieraus eine EK Veränderung von mehr als 20 % ergeben, wird das Institut durch die Aufsicht

4.2 Europaszenario am Beispiel der Musterbank

59

Barwert- und Ertragsbetrachtung ZBS Europaszenario (Zeitraum 2017 - 2031) 750.000.000 €

Barwert

700.000.000 €

650.000.000 €

600.000.000 €

550.000.000 €

500.000.000 €

2017

2018

2019

2020

2021

Barwert (1,75*glt. 10 Jahre - 0,75*glt. 3 Monate)

2022

2023

2024

2025

2026

2027

2028

2029

2030

2031

Barwert bei Zinsschock +200 BP (1,75*glt. 10 Jahre - 0,75*glt. 3 Monate)

Barwert bei Zinssschock +200BP (1,00*glt. 10 Jahre)

Abbildung 4.11 Übersicht Barwertentwicklung ZBS im Europaszenario inkl. Zinsschockszenario für den Zeitraum von 2017 bis 2031. (Eigene Darstellung; Berechnungen über sDIS+)

EK-Veränderung BASEL II Zinsschock + 200 BP (Zeitraum 2017 - 2031) 25% 20% 15%

10% 5% 0% 2016

2018

2020

2022

2024

2026

2028

2030

2032

EK-Veränderung Zinsschock (1,75*glt. 10 Jahre - -0,75*glt. 3 Monate) EK-Veränderung Zinsschock (1,00*glt. 10 Jahre)

Abbildung 4.12 Übersicht der prozentualen Veränderung des Eigenkapitals nach BASEL II- Zinsschock +200 BP über Nacht im Japanszenario für den Zeitraum von 2017 bis 2031. (Eigene Darstellung; Berechnungen über sDIS+)

als Sparkasse mit erhöhtem Zinsänderungsrisiko eingestuft und unter Beobachtung gestellt. Bei Anwendung dieses Zinsschocks für das Extremszenario wird die durch die EZB definierte 20 % Schwelle überschritten und die Mustersparkasse unter Umständen durch die Aufsicht als Bank mit erhöhten Zinsänderungsrisiken

60

4

Szenario-Analysen und kritische Würdigung der klassischen …

eingestuft. Dieses Überschreiten könnte in einem nächsten Schritt zur Festlegung erhöhter Eigenmittelanforderung durch die Aufsichtsbehörden führen. In jedem Fall ist das Überschreiten der Schwelle ein Frühwarnsignal für die Aufsicht und bringt die Mustersparkasse vermehrt in den Fokus.8 Neben der Barwertbetrachtung wurde für das Europaszenario der Einkommenseffekt aus der Zinsbuchsteuerung betrachtet. Abbildung 4.13 zeigt den Verlauf des Einkommenseffekts sowie die Entwicklung des RORAC im Zeitverlauf des Szenarios. Die Simulationen erfolgten auf gehebelter und ungehebelter Basis des Zinsbuch-CF.

Einkommenseffekt / RORAC ZBS Europaszenario (Zeitraum 2017 - 2031) 20% €18.000.000

18%

14%

12%

€8.000.000

10%

RORAC

Einkommenseffekt

16% €13.000.000

8%

€3.000.000

6%

4%

€(2.000.000)

2% 2017

2018

2019

2020

Einkommenseffekt gehebelt

2021

2022

2023

2024

Einkommenseffekt ungehebelt

2025

2026

2027

RORAC gehebelt

2028

2029

2030

2031

RORAC ungehebelt

Abbildung 4.13 Übersicht zur Entwicklung Einkommenseffekt und RORAC im Rahmen der ZBS Europaszenario für den Zeitraum von 2017 bis 2031. (Eigene Darstellung; Berechnungen über sDIS+)

Mit der Simulation des Extremszenarios wird deutlich, welche drastische Auswirkungen ein anhaltendes Niedrig- bzw. Negativzinsumfeld mit konstanten Zinsen auf den Einkommenseffekt der Mustersparkasse hat. Die gehebelte Form der Zinsbuchsteuerung liefert nahezu keinen Ergebnisbeitrag, die ungehebelte Variante erzielt sogar einen negativen Ergebnisbeitrag für die GuV der Mustersparkasse. Erst mit einem ansteigenden Zinsniveau ab dem Jahr 2027 lassen sich erneut Einkommenseffekte aus der ZBS erzielen.

8 (Bundesanstalt

für Finanzdienstleistungsaufsicht, Rundschreiben 06/2019 (BA) - Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch, 2019)

4.2 Europaszenario am Beispiel der Musterbank

61

Abbildung 4.14 illustriert die Entwicklung des Risikos (VaR) in Euro und die Entwicklung des mittleren Ertrags pro Jahr auf Basis eines gehebelten und eines ungehelten Zinsbuch-CF.

3%

35.000.000 €

3%

30.000.000 €

2%

VaR

25.000.000 € 2% 20.000.000 € 1%

15.000.000 € 1%

10.000.000 €

Mittlerer Ertrag p.a.

Risiko / Ertrag ZBS Europaszenario (Zeitraum 2017 - 2031) 40.000.000 €

0%

5.000.000 €

-1%

0€ 2017

2018

2019

2020

2021

2022

2023

2024

2025

2026

2027

2028

VaR (1,75*glt. 10 Jahre - -0,75*glt. 3 Monate)

VaR (1,00*glt. 10 Jahre)

Ertrag p.a. (1,75*glt. 10 Jahre - -0,75*glt. 3 Monat)

Ertrag p.a. (1,00*glt. 10 Jahre)

2029

2030

2031

Abbildung 4.14 Übersicht zur Risiko- und Ertragsentwicklung im Rahmen der ZBS Europaszenario für den Zeitraum 2017 bis 2031. (Eigene Darstellung; Berechnungen über sDIS+)

Hierbei ist zu erkennen, dass sich der Risikobeitrag der gehebelten und ungehebelten Struktur in etwa im Gleichlauf, allerdings auf unterschiedlichen Niveaus, entwickelt. In den Jahren des Extremszenarios zwischen 2020 und 2026 lassen sich zwar kaum Ergebnisbeiträge erzielen, allerdings ist ein relativ hoher Risikowert weiterhin vorhanden. Ein Argument, das für die Umsetzung einer gehebelten ZBS spricht ist das Vermeiden negativer Erträge. Mit einem ansteigenden Zinsniveau lassen sich ab 2027 wieder nennenswerte Ergebniseffekte aus der ZBS erzielen. Im Rahmen niedriger bzw. negativer Marktzinsen ist im Szenario seitwärts bzw. rückläufig tendierender Zinsen ein niedriger Hebel sinnvoll. In Zeiten eines steigenden Zinsniveaus ist eine gehebelte Steuerung des Zinsbuch-CFs der ideale Weg. Problematisch ist in diesem Zusammenhang allerdings, wie bereits im Japanszenario beschrieben, die Identifikation des idealen Zeitpunkts zur Hebelanpassung. In Rahmen dieser Szenario-Analyse ist auch das Abweichen der von Fristentransformation eine grundsätzlich denkbare Option.

62

4.2.3

4

Szenario-Analysen und kritische Würdigung der klassischen …

Auswirkungen des Europaszenarios auf die Ertragssituation der Mustersparkasse

Analog Basisszenario Japanszenario erfolgt nun die Betrachtung der Auswirkungen aus dem Extremszenarios Europaszenario auf die Erfolgsrechnung der Mustersparkasse. Die Rahmenbedingungen sind zum Japanszenario identisch. Detaillierte Berechnungen zur Ermittlung der Konditionenbeiträge sind der Anlage 5 zu entnehmen. In der folgenden Tabelle sind zusammenfassend die Entwicklung der Bestandteile des Zinsüberschusses während des Szenariozeitraums dargestellt (Tabelle 4.6). Tabelle 4.6 Vereinfachte Ermittlung Zinsüberschuss der Mustersparkasse im Europaszenario für den Zeitraum von 2017 bis 2031. (Eigene Darstellung; Berechnungen über sDIS+)

Der Aktivbeitrag bleibt auch bei diesem Szenario aufgrund der getroffenen Annahmen konstant. Ein anderes Bild zeigt sich beim Passivbeitrag und dem Ergebnisbeitrag aus der ZBS. Der Ergebnisbeitrag aus der ZBS nimmt über die Jahre des Europaszenarios massiv ab und liefert ab dem Jahr 2020 bereits einen negativen Beitrag zum Zinsüberschuss. Dieser negative Beitrag hält sechs Jahre an. Erst mit einem Anstieg der Zinsen ab dem Jahr 2026 sind positive Ergebnisbeiträge aus der ZBS zu erwarten. Ein ähnliches, nur zeitverzögertes Bild, liefert der Passivbeitrag. In diesem Teilsegment des Zinsüberschuss ist ebenfalls eine Ertragserosion über die Jahre festzustellen. Durch Anwendung der Methode gleitender Durchschnitte liefert der Passivbeitrag im Vergleich zum Ergebnisbeitrag

4.2 Europaszenario am Beispiel der Musterbank

63

aus der ZBS noch länger positive Beiträge. Auf der anderen Seite dreht sich der negative Ergebnisbeitrag bei Anstieg der Zinsen erst zeitversetzt in einen positiven Beitrag. Am Beispiel der Mustersparkasse ist zu erkennen, dass der einst hohe Passivbeitrag von knapp 90 Mio. EUR innerhalb von acht Jahren vollständig abschmilzt und in der Spitze einen negativen Beitrag von ca. 7 Mio. EUR liefert. Abbildung 4.15 bereitet die Entwicklung der einzelnen Bestandteile des Zinsüberschusses nochmals grafisch auf.

Zusammensetzung Zinsüberschuss Europaszenario (Zeitraum 2017 - 2031) €180.000.000 €160.000.000 €140.000.000 €120.000.000 €100.000.000 €80.000.000 €60.000.000 €40.000.000 €20.000.000 €€(20.000.000) 2017

2018

2019

2020

2021

Aktivbeitrag

2022

2023

Passivbeitrag

2024

2025

2026

2027

2028

2029

2030

2031

Ergebnisbeitrag ZBS

Abbildung 4.15 Übersicht zur Entwicklung der Ergebnisbestandteile des Zinsüberschusses im Japanszenario für den Zeitraum von 2017 bis 2031. (Eigene Darstellung; Berechnungen über sDIS+)

In dieser Abbildung ist auch sehr gut der um knapp zwei Drittel rückläufige Zinsüberschuss zu erkennen. In den Jahren 2025 und 2026 liefert lediglich der Aktivbeitrag einen Beitrag für den Zinsüberschuss der Mustersparkasse. In Tabelle 4.7 wird die vereinfachte Ermittlung des BERG vor Bewertung während des Europaszenarios dargestellt. Es gelten, wie bereits beschrieben, die gleichen Bedingungen wie bei Durchführung des Japanszenarios. Im Zeitverlauf wird deutlich, dass ein massiv rückläufiger Zinsüberschuss starke Auswirkungen auf das BERG vor Bewertung hat. Zwar erfolgt durch einen steigenden Provisionsüberschuss bei der Mustersparkasse ein gewisser Ausgleich, doch wird dieser durch steigende Verwaltungsaufwendungen kompensiert. Somit sinkt das BERG vor Bewertung während des Europaszenarios gegen 0 EUR. Im Minimum ergibt sich für das Jahr 2026 ein negatives BERG von ca. 1 Mio. EUR.

64

4

Szenario-Analysen und kritische Würdigung der klassischen …

Tabelle 4.7 Vereinfachte Ermittlung BERG vor Bewertung der Mustersparkasse im Europaszenario für den Zeitraum vom 2017 bis 2031. (Eigene Darstellung; Berechnungen über sDIS+)

Erst mit einem nachhaltigen Zinsanstieg ab dem Jahr 2027 erholt sich das Ergebnis der Mustersparkasse leicht. Abbildung 4.16 zeigt die Entwicklung des BERG vor Bewertung nochmals grafisch.

Entwicklung BERG vor Bewertung im Europaszenario (Zeitraum 2017 - 2031) €120.000.000 €100.000.000 €80.000.000 €60.000.000 €40.000.000 €20.000.000 €-

€(20.000.000) 2017

2018

2019

2020

2021

2022

2023

2024

2025

2026

2027

2028

2029

2030

2031

BERG vor Bewertung

Abbildung 4.16 Übersicht zum BERG vor Bewertung der Mustersparkasse im Europaszenario für den Zeitraum von 2017 bis 2031. (Eigene Darstellung; Berechnungen über sDIS+)

4.3 Zwischenfazit zu den Szenario-Analysen und kritische …

4.3

65

Zwischenfazit zu den Szenario-Analysen und kritische Bestandsaufnahme

Nach Durchführung und Aufarbeitung des Basisszenarios Japanszenario und des Extremszenarios Europaszenario mit den entsprechenden Auswirkungen auf die Mustersparkasse zeigt sich ein eindeutiges Bild. Beide Szenarien haben massive Auswirkungen auf die Ertragslage der Mustersparkasse. Während im Basisszenario ein starker Rückgang des BERG vor Bewertung zu beobachten ist, wird im Extremszenario das BERG im Zeitverlauf vollständig eliminiert. Haupttreiber für diese Entwicklung sind die fehlenden Ergebnisbeiträge aus der Passivseite sowie aus der ZBS. Eine Gegenüberstellung der Entwicklung des BERG vor Bewertung dieser Szenarien auf die Mustersparkassen erfolgt in Abbildung 4.17.

Abbildung 4.17 Übersicht zur Entwicklung des BERG vor Bewertung der Mustersparkasse im Szenariovergleich für den Zeitraum von 2017 bis 2031. (Eigene Darstellung; Berechnungen über sDIS+)

Hier wird die negative Wirkung einer nachhaltig flachen und negativen Zinskurve, wie im Extremszenario simuliert, deutlich. Während im Basisszenario zwar ein bemerkenswerter Rückgang des BERG vor Bewertung zu beobachten ist wird im Minimum dennoch ein Ergebnis von ca. 40 Mio. EUR erreicht. Ein vollständiges aufzehren des BERG vor Bewertung erfolgt bei der Simulation des Europaszenarios. Noch deutlicher wird die Entwicklung auf die Ertragslage der

66

4

Szenario-Analysen und kritische Würdigung der klassischen …

Mustersparkasse in Abbildung 4.18. Hier erfolgt die kumulierte Betrachtung des BERG vor Bewertung für die jeweiligen Szenarien.

Abbildung 4.18 Übersicht zur kumulierten Entwicklung des BERG vor Bewertung der Mustersparkasse im Szenariovergleich für den Zeitraum von 2017 bis 2031. (Eigene Darstellung; Berechnungen über sDIS+)

Im Zeitverlauf erzielt die Mustersparkasse bei der Simulation des Extremszenarios ein ca. 44 % geringeres kumuliertes BERG vor Bewertung als im Basisszenario. Und auch im Basisszenario sind, wie in dieser Arbeit dargestellt, bereits hohe Einbußen zu verzeichnen. Grundsätzlich muss festgehalten werden, dass es sich bei den durchgeführten Szenarien und die Mustersparkasse an sich um fiktive Rahmenbedingungen handelt. Es werden eine Vielzahl von Annahmen getroffen, die bei Betrachtung eines sehr langen Zeitraums mit einer hohen Ungewissheit verbunden sind. Darüber hinaus bleibt bei der modellhaften Durchführung der Szenarien die Konkurrenzsituation unberücksichtigt. Grundsätzlich erschweren die konkurrierenden Banken den Wettbewerb vor Ort, da ein Wettbieten um den Kunden stattfinden kann. Dies reduziert die zu erzielende Ergebnisbeiträge nochmals. Vor allem im Hinblick auf die Annahme der Margenkonstanz in den durchgeführten Szenarien besteht weiteres Verlustpotential. Darüber hinaus wurden für die Bilanzpositionen Provisionsergebnis und Verwaltungsaufwand konstante Entwicklungen unterstellt. Dies ist ebenfalls der Modellumgebung geschuldet und grundsätzlich zu hinterfragen. In der Praxis ist es nicht ohne Weiteres möglich den Provisionsüberschuss zu steigern, denn wie bereits in der Einleitung beschrieben wird durch eine zunehmende Konkurrenz (u. a. FinTechs) sowie ein geändertes Kundenverhalten die Erzielung

4.4 Historische Auswirkungen eines anhaltend niedrigen/negativen …

67

nachhaltiger Provisionserträge stetig erschwert. Gleiches gilt für dir Bilanzposition Verwaltungskosten. In einer Zeit des Fachkräftemangels lässt sich z. B. die zukünftige Gehaltsentwicklung nur schwer prognostizieren. Der Arbeitnehmer hat, bei mangelnder Auswahl des Arbeitgebers an Fachkräften, grundsätzlich eine bessere Verhandlungsposition. Auch hier spielt die Konkurrenzsituation durch andere Banken und Unternehmen anderer Branchen eine wichtige Rolle.9 Insgesamt betrachtet hat die Szenario-Analyse dennoch seine Berechtigung. Es wird eine grundsätzliche Tendenz und Entwicklung anhand einer exemplarischen Mustersparkasse und unter Modellannahmen dargestellt, die auf den Sektor der Sparkassen übertragen werden kann. Sicherlich ist der individuelle Aspekt jeder einzelnen Sparkasse (Bilanzstruktur, Konkurrenzsituation, …) zu berücksichtigen, dennoch liefern die Ergebnisse einen ersten Blick in die Zukunft. Im Rahmen der durchgeführten Szenarien werden zudem die Schwächen der aktuell durchgeführten Zinsbuchsteuerung aufgedeckt. Dies zeigt sich vor allem in der Nutzung der Marktzinsmethode und damit zusammenhängend in den Annahmen zu den Mischungsverhältnissen. Die derzeitige Ermittlung der Ergebnisbeiträge im Rahmen der vorgestellten und durchgeführten Methoden liefert kaum Beiträge für eine angemessene und zukunftsorientierte Steuerung der Bank. Zudem ergeben sich durch die vielen Annahmen und individuell gestaltbaren Variablen in den Berechnungsmethoden eine Vielzahl möglicher Ergebnisse. Hieraus entsteht ein großes Potential für die Generierung von Fehlsteuerungsimpulsen in anhaltenden Zeiten niedrigen oder negativer Zinsen. Auf einige Schwachstellen wird im nächsten Kapitel näher eingegangen.

4.4

Historische Auswirkungen eines anhaltend niedrigen/negativen Zinsniveaus auf die Bankenlandschaft durch Betrachtung des japanischen Bankenmarktes

Nachdem in den bisherigen Kapiteln die Auswirkungen der Szenarien auf die zukünftige Ertragsentwicklung der Sparkasse betrachtet wurden, erfolgt nun ein Blick nach Japan. Wie haben sich in einem herausfordernden Zinsumfeld nachhaltig niedriger bzw. negativer Zinsen japanische Banken entwickelt? Hierzu erfolgt in einem ersten Schritt die Betrachtung ausgewählter Kennzahlen, um im Anschluss darzustellen, wie japanische Banken ihr Geschäftsmodell an das Marktumfeld angepasst haben. 9 Vgl.

(Weidmann, 2017); vgl. (Feiler, 2019)

68

4

Szenario-Analysen und kritische Würdigung der klassischen …

Um eine zur Mustersparkasse vergleichbare Basis zu schaffen werden lediglich einzelne Bilanzpositionen aufbereitet und verglichen. Details zu den einzelnen Werten sind Anhang 6 zu entnehmen In Japan ist das Bankensystem im Hinblick auf die einzelnen Banksektoren grundsätzlich mit dem System in Deutschland vergleichbar. Gekennzeichnet ist der Sektor durch eine hohe Konzentration gekennzeichnet. Große Geschäftsbanken, sogenannte City Banks, sind international tätig und zählen tendenziell eher große japanische Firmenkunden zu deren Kundenkreis. Die Produktpalette dieser Bankengruppe ist sehr breit und umfasst u. a. Investmentbanking Dienstleistungen sowie das klassische Kundenkreditgeschäft. Das Segment der Regionalbanken gliedert sich in zwei weitere Sparten. Tier-I-Regionalbanken fokussieren sich in der Regel auf eine Region und treten als klassische Retailbank für KMU auf dem Markt auf. Tier-II-Regionalbanken sind tendenziell kleiner als Tier-I-Regionalbanken und sind Mitglieder der Second Association of Regional Banks. Die Aufteilung unter den Regionalbanken ist historisch bedingt. Grundsätzlich betreiben beide Banktypen ein nahezu analoges Geschäftsmodell. Auch in Japan gibt es das Segment der Genossenschaftsbanken (sog. Shinkin Banks). Das Geschäftsmodell ist identisch zum Modell deutscher Genossenschaftsbanken. Neben den eben dargestellten Banktypen gibt es noch weitere Nischenbanken. Darunter zählen unter anderem Trust Banks (Spezialisierung auf Asset Management und Vermögensverwaltung) oder die Japanische Postbank.10 Letztere stellt kaum Kreditprodukte bereit. Im Folgenden wird der Fokus auf die Segmente der City Banks und Regionalbanken gelegt. Wie bereits in Abschnitt 3.1.b dargestellt sind japanische Banken bereits seit Anfang der 1990er Jahre mit einem anhaltend niedrigen Zinsniveau konfrontiert. In diesem Zusammenhang ist es interessant zu überprüfen, wie japanische Banken auf diese Rahmenbedingungen reagiert haben. Lassen sich unter Umständen parallelen zu Europa erkennen? Haben sich innovative neue Geschäftsfelder entwickelt, die einen nachhaltig positiven Ergebnisbeitrag liefern? Über alle Banksegmente hinweg lässt sich feststellen, dass japanische Banken versucht haben die Kosten zu senken. In Abbildung 4.19 ist zu erkennen, dass der Verwaltungsaufwand im betrachteten Zeitraum relativ konstant blieb. Dies ist nur durch ein restriktives Kostenmanagement zu erreichen. Eine nachhaltige Kostenreduktion konnte allerdings nicht erzielt werden.11 Darüber hinaus versuchten die Banken neue Geschäftsfelder zu erschließen. Eine Fokussierung auf das internationale Geschäft, sowie die Etablierung eines 10 (Japanese

Bankers Association, 2020), (Loukoianova, 2008, S. 7) 2013)

11 (Weistroffer,

4.4 Historische Auswirkungen eines anhaltend niedrigen/negativen …

69

Entwicklung Verwaltungsaufwand japanischer Banken (Zeitraum 1999 2018) Verwaltungsaufwand in Mio. Yen

9.000.000 8.000.000 7.000.000 6.000.000 5.000.000 4.000.000 3.000.000 2.000.000 1.000.000 0

1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Alle Banken

City Banks

Regional Banks

Abbildung 4.19 Übersicht zur Entwicklung der Bilanzposition Verwaltungsaufwand japansicher Banken für den Zeitraum von 1999 bis 2018. (Eigene Darstellung, (Japanese Bankers Association – Financial Statements of All Banks, 2020))

erweiterten Treuhand- und Wertpapiergeschäfts war unter anderem der Weg großer City Banks.12 Einen ähnlichen Weg schlugen auch kleinere Regionalbanken ein. Dies ist gut einer Auswertung der BoJ zu erkennen. Auslandsdarlehen, vergeben durch Regionalbanken, stiegen von ca. 5 Mrd. USD im Jahr 2010 auf knapp 40 Mrd. USD im Jahr 2019.13 Darüber hinaus erweiterten kleinere Regionalbanken das Geschäftsgebiet und zogen in größere Städten. Über diese Expansion wurde ein verstärkter Wettbewerb zwischen den einzelnen Banken erzeugt, was zu einer Reduzierung der Margen führte. Nach einer Auswertung durch die BoJ reduzierte sich der durchschnittliche Zinssatz für Neukredite von knapp 1,7 % im Jahr 2007 auf aktuell ca. 0,8 %.14 Neben einer Ausweitung der Geschäftsaktivitäten erfolgte zudem eine Konsolidierung innerhalb des Bankensektors. In Abbildung 4.20 ist ein Rückgang in einzelnen Sektoren gut zu erkennen. Seit dem Jahr 2000 halbierten sich zum Beispiel die City Banks. Auch bei den Regionalbanken Tier II ist ein starker Rückgang zu erkennen. Die Ergebnisse dieser Maßnahmen zeigen ein geteiltes Bild. Wie bereits beschrieben konnten die Verwaltungsaufwendungen auf einem konstanten Niveau 12 (Weistroffer,

2013) of Japan, Financial System Report, Oktober 2019, S. 25 f.) 14 (Weistroffer, 2013); (Bank of Japan, Financial System Report, Oktober 2019, S. 25) 13 (Bank

70

4

Szenario-Analysen und kritische Würdigung der klassischen …

Abbildung 4.20 Übersicht zur Entwicklung Anzahl der Filialen japanischer Banken für den Zeitraum von 1990 bis 2019. (Eigene Darstellung in Anlehnung an (Japanese Bankers Association, 2020))

gehalten werden. Auch der Provisionsüberschuss konnte in den letzten Jahren gesteigert werden. Auf der Ebene aller Banken konnte ein Plus von ca. 60 % erzielt werden. In Abbildung 4.21 wird die entsprechende Entwicklung grafisch dargestellt. Beim Zinsüberschuss ist hingegen weiterhin eine rückläufige Tendenz erkennbar. Wie Abbildung 4.22 zeigt ist dieser seit 1999 um ca. 2.500.000 Mio. Yen, bzw. knapp 30 %, rückläufig. Auch das BERG vor Bewertung zeigt, wie in Abbildung 4.23 dargestellt, seit 2014 eine rückläufige Tendenz.

Provisionsüberschuss in Mio. Yen

Entwicklung Provisionsüberschuss japanischer Banken (Zeitraum 1999 2018) 4.500.000 4.000.000 3.500.000 3.000.000 2.500.000 2.000.000 1.500.000 1.000.000 500.000 0

1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Alle Banken

City Banks

Regional Banks

Abbildung 4.21 Übersicht zur Entwicklung Provisionsüberschuss japansicher Banken für den Zeitraum von 1999 bis 2018. (Eigene Darstellung, (Japanese Bankers Association – Financial Statements of All Banks, 2020))

Das seit dem Jahr 2008 ansteigende BERG vor Bewertung lässt sich unter anderem durch den eben beschriebenen Anstieg des Zinsüberschuss sowie Kosteneinsparungen erklären. Seit dem Jahr 2014 ist allerdings ein stetiger Rückgang

4.4 Historische Auswirkungen eines anhaltend niedrigen/negativen …

71

Entwicklung Zinsüberschuss japanischer Banken (Zeitraum 1999 2018) Zinsüberschuss ion Mio. Yen

12.000.000 10.000.000 8.000.000 6.000.000 4.000.000 2.000.000

0

Alle Banken

City Banks

Regional Banks

Abbildung 4.22 Übersicht zur Entwicklung des Zinsüberschuss japansicher Banken für den Zeitraum von 1999 bis 2018. (Eigene Darstellung, (Japanese Bankers Association – Financial Statements of All Banks, 2020))

Entwicklung BERG vor Bewertung japanischer Banken (Zeitraum 1999 - 2018) BERG vor Bewertung in Mio. Yen

6.000.000 4.000.000 2.000.000 0 -2.000.000 -4.000.000 -6.000.000 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Alle Banken

City Banks

Regional Banks

Abbildung 4.23 Übersicht zur Entwicklung BERG vor Bewertung japansicher Banken für den Zeitraum von 1999 bis 2018. (Eigene Darstellung, (Japanese Bankers Association – Financial Statements of All Banks, 2020))

des BERG vor Bewertung in Abbildung 4.23 zu erkennen. Grund hierfür ist unter anderem das Zinsniveaus. In Abbildung 4.24 wird für diesen Zweck exemplarisch die Entwicklung der 10-jährigen Mid-Swapsätze im Vergleich zu den ON-Sätzen dargestellt. Es ist gut zu erkennen, dass der 10-Jahres Satz auf einem historisch

72

4

Szenario-Analysen und kritische Würdigung der klassischen …

sehr niedrigen Niveau verharrt. Diese Situation mindert, neben der Konkurrenzsituation, den Zinsüberschuss zusätzlich. Unter anderem zeigt sich dies in der Entwicklung des Eigenbestandes einer Bank. Zum Beispiel werden alte, gut verzinste Anleihen fällig. Diese sind nun unter Umständen zu neuen niedrigeren Konditionen neu zu platzieren. Dies schmälert den Zinsüberschuss zunehmend.

Übersicht Zinsentwicklung in Japan auf Basis der Mid -Swapsätze für den Zeitraum 2002 - 2019 2,75

Mid-Swapsatz in %

2,25

1,75

1,25

0,75

0,25

-0,25

ON

10-Jahre

Linear (10-Jahre)

Abbildung 4.24 Übersicht der Zinsentwicklung der ON-Sätze sowie der 10 Jahres Sätze in Japan auf Basis Mid-Swap für den Zeitraum von 2002 bis 2019. (Eigene Darstellung, Bloomberg)

Insgesamt lässt sich festhalten, dass japanische Banken durch Konsolidierung des Sektors, Erweiterung der Geschäftsaktivitäten und eine zunehmende Internationalisierung versuchten dem herausfordernden Zinsumfeld zu trotzen. Die Ergebnisentwicklung zeigt jedoch einen eher mäßigen Erfolg des japanischen Modells.

4.5

Identifikation methodischer Schwächen der Zinsbuchsteuerung

Nach Durchführung der Szenario-Analysen soll nun auf konkrete Problemfelder und Schwächen eingegangen werden. Der Fokus liegt hierbei auf den Methoden zur ZBS. Die Darstellungen liefern einen Überblick und sollen wesentliche methodische Schwächen aufzählen sowie darstellen.

4.5 Identifikation methodischer Schwächen der Zinsbuchsteuerung

4.5.1

73

Methodische Schwächen der Zinsbuchsteuerung in Extremszenarien

Die barwertige Zinsbuchsteuerung folgt in der Regel dem Ziel der Marktwertmaximierung. Dabei werden wie bereits beschrieben im Rahmen der Kapitalwertmethode über Diskontierung der Werte mit entsprechenden Zinskurven Summen-CFs erstellt. Bei dieser Methode wird ein vollkommener Kapitalmarkt unterstellt. Diese Annahme greift jedoch in der Praxis nachweislich nicht. Ein Beispiel hierfür bietet die Preisfeststellung der durchgeführten Geschäfte. In der Praxis existieren bei der Abbildung der zur Diskontierung vorhandenen Zinsstrukturkurve Geld-/Brief – Spannen. Diese werden bei der barwertigen Zinsbuchsteuerung in Mid-Sätze überführt. Das Vorgehen führt zu von der Realität abweichenden Werte.15 Darüber hinaus erfolgt die Erstellung des Summen-CF für das Zinsbuch, als Basis für die barwertige Zinsbuchsteuerung, unter Verwendung einer Vielzahl von Annahmen. So wird unter anderem für das variable Geschäft mit Ablauffiktionen gerechnet, die nicht zwingend der Realität entsprechen müssen. Zudem besteht bei der Erstellung des Summen-CF die grundsätzliche Unsicherheit von außerplanmäßigen Ausfällen und Sondertilgungen im Kreditgeschäft. Diese Sonderzahlungen beeinflussen den Summen-CF nachhaltig.16 Durch die nicht erfolgende Betrachtung des zu generierenden Neugeschäfts können zudem weitere Fehlsteuerungsimpulse im Rahmen der Zinsbuchsteuerung generiert werden. Im Rahmen der Zinsbuchsteuerung werden zwar zum Stichtag alle zukünftigen Zahlungen in den Berechnungen berücksichtigt, allerdings erfolgt keine Wiederanlageprämisse. Somit laufen in Zeiten der aktuellen Niedrigzinsund Negativzinsphase relativ hoch verzinste alte Kupons aus und werden in der Modelltheorie der barwertorientierten Zinsbuchsteuerung nicht durch Neugeschäft ersetzt. Auf dieser Basis waren die stetig sinkenden Zinsen der vergangenen Jahre für Sparkassen mit betriebener Fristentransformation grundsätzlich gut, da Barwertsteigerungen erzielt wurden. Allerdings wird das Risiko der verringerten Erträge durch das zu geringeren Margen abgeschlossene Neugeschäft auf diese Weise generell ausgeblendet.17 Insgesamt ist das Modell der Gesamtbanksteuerung zu komplex, um vollumfänglich in der Praxis umgesetzt werden zu können. Aus diesem Grund

15 Vgl.

(Wimmer, 2009, S. 328 ff.) (Wimmer, 2009, S. 328 ff.) 17 Vgl. (Vorderwülbecke, 2018, S. 190 f.) 16 Vgl.

74

4

Szenario-Analysen und kritische Würdigung der klassischen …

werden unter anderen die beschriebenen Heuristiken und Annahmen verwendet. Diese Vorgehensweise macht zwar die Gesamtbanksteuerung und somit auch die Zinsbuchsteuerung berechenbar, allerdings auch fehleranfällig. Insbesondere in Extremsituationen im Rahmen der durchgeführten Stressszenarien wird dies deutlich.18 Während beim Japanszenario zwar erhebliche Rückgänge des Zinsüberschusses und damit einhergehend dem BERG vor Bewertung zu erkennen sind, nehmen diese Einbußen im anhaltenden, sich seitwärts bewegenden, Niedrigbzw. Negativzinsumfeld des Europaszenarios nochmals gravierend zu. Innerhalb weniger Jahre wird der Zinsüberschuss erheblich reduziert. Somit wird bei einer nachhaltigen Negativzinsphase der Grundpfeiler des Geschäftsmodells einer mittelständischen Sparkasse erodiert. Diese durch Szenario-Analysen erhaltenen Erkenntnisse werden im Rahmen der barwertigen Steuerung des Zinsbuches allerdings nicht ausreichend bewertet. Es fehlt der konkrete Blick in die Zukunft mit entsprechenden Wiederanlageprämissen. Somit erzeugen die aktuellen Methoden der ZBS keine passenden, auf die Zukunft ausgerichteten Steuerungsimpulse. Ein Handlungsimpuls wird erst erzeugt, wenn es für eine nachhaltige Anpassung des Geschäftsmodells und der Generierung von neuen Ertragsquellen bereits zu spät ist. Die aktuellen Modelle und Methoden im Rahmen der ZBS sind demnach keine Steuerungsmodelle um ein mittelständisches Kreditinstitut auch in Zukunft wettbewerbsfähig und ertragsorientiert zu steuern. Darüber hinaus besteht die Gefahr einer unreflektierten Übernahme der Berechnungsergebnisse. Ursache hierfür kann die Komplexität des Systems eine gewisse Blindheit gegenüber dem System sein. Dies kann zu weiteren Fehlsteuerungsimpulsen führen. Eine kritische Hinterfragung des seit vielen Jahren bestehenden Modells der klassischen Zinsbuchsteuerung im Rahmen der Modernen historischen Simulation sowie des VaR-Konzept im Allgemeinen erfolgt u. a. in der Sparkassenfinanzgruppe nur selten.

4.5.2

Methodische Grenzen der gleitenden Durchschnitte/Mischungsverhältnisse

In einer anhaltenden Niedrig- und Negativzinsphase stößt die Methode der gleitenden Durchschnitte bei der Ermittlung von Opportunitätszinsen an ihre Grenzen. Die Bewertung variabler Produkte wird verfälscht, da unter anderem ein konstant bleibendes Volumen nicht mehr gewährleistet werden kann. Kundengelder

18 Vgl.

(Wimmer, 2009, S. 330)

4.5 Identifikation methodischer Schwächen der Zinsbuchsteuerung

75

werden in einer Phase niedriger Zinsen aufgrund fehlender Alternativen in erster Linie in Sichteinlagen investiert. Dies führt zu einem massiven Anstieg des Sichteinlagenvolumens.19 Aktuell werden im Rahmen der Methode gleitender Durchschnitte die Mischungsverhältnisse auf historischer Basis mit der Prämisse geringste Standardabweichung der Marge ermittelt. Diese Betrachtung greift etwas zu kurz. Auf der einen Seite fehlt eine zukunftsorientierte Perspektive mit Berücksichtigung von Volumen- und Marktzinsschwankungen, denn historisch ideale Mischungsverhältnisse können eine gegenläufige Entwicklung in der Zukunft generieren. Auf der anderen Seite ist die isolierte Betrachtung einer minimalen Standardabweichung der Marge bei der Festlegung von Mischungsverhältnissen nicht zielführend. Dieses Verfahren sollte um die Kennziffer der mittleren Marge auf Basis sämtlicher Mischungsverhältnisse erweitert werden. Hiermit hat das optimale Mischungsverhältnis die geringste Standardabweichung mit der höchsten mittleren Marge für sämtliche Mischungsverhältnisse.20 Die Bewertung und Festlegung der Mischungsverhältnisse spielt in der Banksteuerung eine wesentliche Rolle. Durch eine fehlerhafte Margenkalkulation können sich somit vielfältige Fehlsteuerungsimpulse ergeben. Zum einen kann durch eine zu niedrig kalkulierte Margen eine interessante und profitable Kundengruppe uninteressant erscheinen. Umgekehrt existiert bei zu hoch kalkulierten Margen die Gefahr, keine passende Gegenanlage zu finden. Dieses Risiko besteht in erster Linie für die Kalkulation der Passivseite. Im schlimmsten Fall wird vom Vertrieb Geld akquiriert, das durch das Treasury zu negativen Margen angelegt werden muss. Somit hat die Festlegung der Mischungsverhältnisse im Rahmen der Methode gleitender Durchschnitte einen umfassenden Einfluss auf die periodische Sichtweise der Zinsbuchsteuerung.21 Ein weiterer kritischer Aspekt bei der Bewertung variabler Produkte über die Methode der gleitenden Durchschnitte ist die Festlegung des Bodensatzes. Auch dieser basiert auf historischen Werten und wird in die Zukunft projiziert. Durch eine stetige Änderung des Kundenverhaltens und der Produktpaletten kann es ebenfalls zu Fehlsteuerungsimpulsen kommen. Ein Beispiel ist die Einführung der Echtzeitüberweisung. Auf Grundlage dieses neuen Verfahrens gibt es bisher keine historischen Aufzeichnungen. Somit ist es im Grunde genommen nicht möglich, die historischen Werte der Girokonten aus der Zeit ohne Echtzeitüberweisungen auf heute zu übertragen. Wenn die Grundlage der historischen 19 Vgl.

(Seel & Svododa, 2018, S. 236) (Seel & Svododa, 2018, S. 224 f.) 21 Vgl. (Seel & Svododa, 2018, S. 234) 20 Vgl.

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Szenario-Analysen und kritische Würdigung der klassischen …

Ableitung des Bodensatzes bestehen soll, muss erst eine neue Historie aufgebaut werden. Im Anschluss sind diese Werte auch in den Kalkulationen sowie in den Einstandskurven zu beachten.22 Grundsätzlich bleibt festzuhalten, dass die wichtigste Komponente des Zinsüberschuss der Konditionenbeitrag bleibt.23 Dies zeigte sich bereits in den Ausarbeitungen zu den Szenario-Analysen. Vor allem das variable Passivgeschäft hat in Zukunft einen maßgeblichen Einfluss auf die Minderung des BERG vor Bewertung. Mit einem erheblichen Anteil an variablen Produkten in den Bankbilanzen besteht über die Methode der gleitenden Durchschnitte und die Auswahl der Mischungsverhältnisse ein enormer Stellhebel bei der Gestaltung des Zinsbuch-CFs sowie der Produktmargen und somit der Risikofaktoren.24 In diesem Zusammenhang ist die Durchführung eines Stresstests in diesem Teil der Banksteuerung sehr zu empfehlen. Dies soll anhand eines Beispiels gezeigt werden. Im Rahmen dieser Beispielsimulation werden die bereits vorgestellten Mischungsverhältnisse der Mustersparkasse verwendet (Anhang 4 und 5). Für das Jahr 2031 wir in drei Varianten ein schneller Anstieg der kurzfristigen ON-Mid Swap Sätze angenommen. Zur Darstellung der Auswirkungen wird unterstellt, dass der Marktzins dem Kundenzins gleichzusetzten ist. Dies erfolgt vor dem Hintergrund das bei einem ansteigenden Zinsniveau gegenüber den Kunden ein gleichbleibend niedriger Kundenzinssatz über einen längeren Zeitraum schwer zu erklären und durchzusetzen ist. Vor allem im Hinblick auf die schnelle Verfügbarkeit der Kundengelder könnte eine sehr träge Anpassung des Kundenzinssatzes zu erheblichen Verschiebungen und Abflüssen führen. Dies wiederum führt dazu, dass die angenommenen Ablauffiktionen sowie Bestandsannahmen nicht mehr greifen. Die Ergebnisse dieser Beispielsimulation und damit die potentielle Anfälligkeit der Methode gleitender Durchschnitte zeigen die Tabellen 4.8 und 4.9, sowohl für das Japanszenario als auch für das Europaszenario. Wie bereits dargestellt, glättet die Methode der gleitenden Durschnitte, mit den entsprechenden Mischungsverhältnissen, die negativen Margeneffekte aus der Niedrig- bzw. Negativzinsphase. Bei Anstieg des Zinsniveaus dreht sich dieser positive Effekt allerdings in die entgegensetzte Richtung. Durch eine träge Anpassung des Opportunitätszinses werden auch die grundsätzlichen Voraussetzungen

22 Vgl.

(Zeranski, 2018, S. 747) (Geiger, 2014, S. 341) 24 Vgl. (Walter, Stresstests des Zinsrisikos als ergänzende Steuerungsmöglichkeit, 2018, S. 506) 23 Vgl.

4.5 Identifikation methodischer Schwächen der Zinsbuchsteuerung

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Tabelle 4.8 Margenentwicklung bei Anpassung des Kundenzins im Japanszenario. (Eigene Darstellung)

Tabelle 4.9 Margenentwicklung bei Anpassung des Kundenzins im Europaszenario. (Eigene Darstellung)

zum Anstieg des Kundenzinsens nur langsam und zeitverzögert an das neue Zinsniveau angepasst. Die Anwendung der Annahme einer schnellen Anpassung des Kundenzinses führt zur Darstellung negativer Margen. Wie bereits eingangs erläutert könnte ein konstantes beibehalten eines niedrigen Kundenzinses bei einem gleichzeitigen Anstieg des Zinsniveaus zu Bestandsabflüssen führen. Alternativ zum Kundengeschäft wäre theoretisch die Refinanzierung über den Kapitalmarkt möglich. Dies ist im Umfeld steigender Zinsen allerdings ebenfalls nur über hohe Refinanzierungskosten darstellbar.

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Szenario-Analysen und kritische Würdigung der klassischen …

Eine weitere Alternative zur Berücksichtigung der niedrigen und negativen Zinsen wäre die Anpassung der Mischungsverhältnisse. Eine kurzfristige Anpassung der Mischungsverhältnisse ist ebenfalls nicht ohne weiteres möglich. Durch eine Anpassung ergeben sich zum Teil erheblich Auswirkungen auf den ZinsbuchCF und somit auf den Barwert. Dies Auswirkungen auf den Zinsbuchbarwert zeigen die Tabellen 4.10 und 4.11 exemplarisch für den Bestand an privaten Sichteinlagen der Mustersparkasse. Es erfolgt sowohl eine Darstellung für das Japan- als auch für das Europaszenario im Betrachtungsjahr 2031. Im Japanszenario ist zu diesem Zeitpunkt eine normale Zinskurve mit relativ niedrigen Zinsen vorhanden, im Europaszenario ist ebenfalls eine normale, jedoch steilere Zinskurve zu konstatieren. Dabei wird zum einen das aktuelle Mischungsverhältnis der Mustersparkasse dargestellt, die Umstellung auf ein sehr langes sowie sehr kurzes Mischungsverhältnis. Im Ergebnis werden jeweils die Auswirkungen auf den Zinsbuchbarwert dargestellt.

Tabelle 4.10 Auswirkungen einer Änderung der Mischungsverhältnisse auf den Zinsbuchbarwert am Beispiel des Japanszenarios (2031). (Eigene Darstellung in Anlehnung an (Klug, 2018, S. 661 ff.))

4.5 Identifikation methodischer Schwächen der Zinsbuchsteuerung

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Tabelle 4.11 Auswirkungen einer Änderung der Mischungsverhältnisse auf den Zinsbuchbarwert am Beispiel des Europaszenarios (2031). (Eigene Darstellung in Anlehnung an (Klug, 2018, S. 661 ff.))

Durch diese Gegenüberstellung ist gut zu erkennen, dass bei einer steiler verlaufenden Zinsstrukturkurve die Änderung der Mischungsverhältnisse größere Auswirkungen auf den Zinsbuchbarwert, und damit das Zinsänderungsrisiko, hat. In diesem Beispiel wurde nur die Änderung für ein Produkt aus der Produktpalette beschrieben. Im Fall von steigenden kurzfristigen Zinsen ist allerdings von der Anpassung der Mischungsverhältnisse weiterer Produkte auszugehen. Somit sind die Auswirkungen auf den Zinsbuchbarwert höher zu veranschlagen.

4.5.3

Schwächen bei der Konditionsgestaltung auf der Marktzinsmethode

Wie im vorhergehenden Punkt bereits beschrieben, stellt der Konditionenbeitrag eine wichtige Ertragsquelle für mittelständische Kreditinstitute dar. Somit ist es von enormer Bedeutung für die Sparkassen eine angemessene Konditionenkalkulation zu etablieren. Zum einen ist dies im Hinblick auf die regulatorischen Vorgaben der laufendenden aufsichtsrechtlichen Überprüfungsverfahren Supervisory Review and Evaluation Process (SREP) erforderlich. Zum anderen für die Erzielung nachhaltiger Erträge in der Zukunft.25 Im Rahmen des SREP erfolgt die Bewertung des Geschäftsmodells, der Governance, des Kapitalrisikos und 25 Vgl. (Europäische Zentralbank, Broschüre zur SREP-Methodik des SSM – Ausgabe 2017, wird 2018 angewandt – Gleiche Rahmenbedingungen – Hohe Aufsichtsstandards – Solide Risikobewertung, 2017, S. 15)

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Szenario-Analysen und kritische Würdigung der klassischen …

der Liquiditäts- und Refinanzierungsrisiken. Bei einer fehlerhaften und unzureichenden Konditionengestaltung werden die eben beschriebenen Teilbereiche der SREP-Prüfung nachhaltig gefährdet. Bei mangelhafter Konditionengestaltung ist das Geschäftsmodell sowie die Hinterlegung von entsprechenden Eigenkapital für Erfolgsrisiken gefährdet. Dies wiederum kann zu einer fehlenden Kapital Adäquanz führen und somit Liquiditätsengpässe und Refinanzierungsprobleme erzeugen.26 Aus diesem Grund ist es umso wichtiger, angemessene Bewertungsmodelle zur Konditionengestaltung zu verwenden. Im Rahmen der Methode gleitender Durchschnitte erfolgt in der aktuellen Negativ- und Niedrigzinsphase eine zu teure Refinanzierung über Passiveinlagen im Kundengeschäft. Bei Anwendung dieses Modells fixiert die Bank einen Opportunitätszins anhand potentieller Gegengeschäfte über den Markt und durch die vom Institut individuell festgelegten Mischungsverhältnisse. Es erfolgt somit ein Vergleich zwischen einer Refinanzierung über den Markt und einer Refinanzierung über das Kundengeschäft. Der Erfolg für die GuV ergibt sich somit aus der Differenz des Marktgeschäftes mit dem Kundengeschäft. Ein Grenz-GuV Erfolgsbeitrag wird nicht ermittelt. Bei der eben beschriebenen Betrachtung wird die Geldanlage der Passiveinlagen nicht berücksichtigt. Somit kann es vor allem im Hinblick auf den in vielen Sparkassen vorhandenen Floor von 0 % für variable private Kundeneinlagen und einer nur mit negativen Zinssätzen möglichen Anlage der vorhandenen liquiden Mittel zu negativen GuV Effekten kommen. Dies wurde bereits bei Durchführung der Szenario-Analysen in dieser Arbeit deutlich. Zur Vermeidung dieses Effekts muss die Anlagealternative der Passiveinlagen in der Konditionengestaltung berücksichtigt werden. Diese Gegenanlage wird somit als Zinsobergrenze für die Passivprodukte fixiert. Hierzu sind ebenfalls Risiko- und Kosten- und Liquiditätsbestandteile des Zinssatzes für das Passivprodukt in der Konditionengestaltung zu berücksichtigen. Gleiches gilt für die Aktivseite. Hier sollte die Preisuntergrenze für eine Aktivanlage ebenfalls unter Berücksichtigung des Zinssatzes für die Geldaufnahme fixiert werden. Bei einer Konditionengestaltung auf Basis eines festgestellten Opportunitätszinssatzes über den Vergleich der Kreditkondition mit der nächstbesseren Anlagealternative, wie bei der Methode der gleitenden Durchschnitte üblich, kann es ebenfalls zu Fehlsteuerungsimpulsen und negativen GuV Auswirkungen kommen. Hierbei spielen auch die zur Konditionenkalkulation verwendeten Einstandskurven eine wesentliche Rolle. Diese Kurven sollten auf Basis der entsprechenden Geschäfte auf Aktiv- und Passivseite der Bilanz durch das

26 Vgl.

(Zeranski, 2018, S. 742 f.)

4.5 Identifikation methodischer Schwächen der Zinsbuchsteuerung

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jeweilige Institut festgelegt werden. Kann eine Sparkasse, z. B. aufgrund fehlenden Marktzugangs, keine Pfandbriefe emittieren so ist auch die Verwendung der Pfandbriefkurve für die Kalkulation der Konditionen nicht zweckmäßig.27 Zusammenfassen kann die Etablierung einer passenden und nachhaltigen Konditionengestaltung und -berechnung im Institut als wichtiger Baustein für eine Ertragsorientierte Steuerung der Bank festgehalten werden. Bei der Margenberechnung in der Praxis sollten zwingend Adressen-, Liquiditäts- und sonstige für das Institut wesentliche Risiken berücksichtigt werden.28

4.5.4

Fehlender Steuerungskreis Szenario-Betrachtung in der Zinsbuchsteuerung

Grundsätzlich existieren im Rahmen aufsichtsrechtlicher Vorgaben Stresstestszenarien für die Durchführung der Zinsbuchsteuerung. Dennoch liegt genau hier eine Schwäche. Im Rahmen der BASEL II- Zinsschock Szenarien der BaFin sind einige Stresstests durchzuführen, wie etwa ein Anstieg des Zinsniveaus über Nacht um pauschal 200 BP. Gleiches gilt für ein sinken des Zinsniveaus um 200 BP über Nacht. Zusätzlich sind im entsprechenden Rundschreiben der BaFin noch weitere Stressszenarien definiert.29 Die Problematik bei Durchführung der Stresstests gemäß aufsichtsrechtlicher Vorgaben ist eine gewisse Praxisferne. Zur Steuerung einer Bank sind die Extremszenarien der Aufsicht für die Entscheidungsträger nicht von vorrangiger Bedeutung. Sicherlich ist auch die Geschäftsführung interessiert an einer Einhaltung der entsprechenden Vorgaben. Für die Steuerung der Bank sind diese Stresstest allerdings eher ungeeignet. Vielmehr ist es von entscheidender Bedeutung Stresstests zu etablieren, die reale Szenarien abbilden.30 Ein Beispiel hierfür wurde in dieser Arbeit im Rahmen des Japanszenario bzw. des Europaszenario präsentiert. Grundsätzlich gibt es in der Praxis durchaus ähnliche Szenario-Betrachtungen allerdings in der Regel mit einem kürzeren Betrachtungshorizont. Ein weiteres Manko in der aufsichtsrechtlichen Betrachtung von Stresstests ist die Fokussierung auf die barwertige Sicht des Zinsbuchs. Diese Perspektive stellt einen wichtigen Bestandteil der Gesamtbanksteuerung dar, dennoch ist es 27 Vgl.

(Zeranski, 2018, S. 735 ff.) (Sievi & Wegner, Risikoartenübergreifende Ergebnisspaltung, 2018, S. 771) 29 Vgl. (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Rundschreiben 06/2019 (BA) Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch, 2019) 30 Vgl. (Vorderwülbecke, 2018, S. 190 f.) 28 Vgl.

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Szenario-Analysen und kritische Würdigung der klassischen …

von entscheidender Bedeutung auch die periodischen Effekte im Rahmen von Stresstests in der Sparkasse zu berücksichtigen. Effekte der periodischen Sicht auf das Zinsbuch haben nicht immer die gleichen Auswirkungen wie aus barwertiger Sicht. Auch kann sich bei der Betrachtung ein zeitlicher Unterschied zwischen den barwertigen und periodischen Effekten ergeben.31 Aus diesem Grund sollten in Stressszenarien immer beide Varianten berücksichtigt werden und dies über einen Horizont von mindestens 5 Jahren. Dieses Vorgehen erfolgt auf Ebene der Gesamtbanksteuerung bereits im Rahmen der ökonomischen Perspektive unter anderem über den Kapitalplanungsprozess der Fall.32 Auf diesem Gedanken aufbauend sollte auch das Zinsspannenrisiko des Neugeschäfts in Stresstestszenarien des Zinsbuchs integriert werden. Die Ableitung der Zinsspannen erfolgt derzeit in erster Linie über Modellannahmen aus Elastizitäten oder gleitenden Durchschnitten. Die Niedrig- bzw. Negativzinsphase zeigt allerdings umfassende Modellschwächen in diesen Verfahren. Dies zeigen die in dieser Arbeit durchgeführten Szenarien mit der Auswirkung auf das BERG vor Bewertung der Mustersparkasse. Umso wichtiger ist es den Fokus im Rahmen von Stresstests ebenfalls auf die Zinsspanne der Folgejahre zu richten. Nur so kann die Sparkasse einen nachhaltigen Ertrag erwirtschaften.33 Ein Ansatz für die Durchführung von Stresstests ist im Rahmen der Festlegung von Mischungsverhältnissen zu identifizieren. Dabei ist es wichtig verschiedene Szenarien mit unterschiedlichen Mischungsverhältnissen in den Stresstest einzubinden. Im Extremfall sind die variablen Passiva mit einem sehr kurzen Mischungsverhältnis (z. B. 100 % gleitend 3 Monate) zu stressen. So erhält man Ansatzpunkte über zukünftige Entwicklungen der Marge, falls sich das Kundenverhalten oder die regulatorischen Anforderungen ändern. Die Anpassung der Mischungsverhältnisse hat vielfältige Auswirkungen (u. a. auf den Zinsbuch-CF) und ist im Rahmen von Stressszenarien zu analysieren um eine weitsichtige Gesamtbanksteuerung zu gewährleisten.34 Ein weiterer Ansatz für Stressszenarien sind Geschäfts- und Bilanzstrukturszenarien. In der periodischen Risikosteuerung hat diese Art von Stresstests bereits 31 Vgl. (Walter, Stresstests des Zinsrisikos als ergänzende Steuerungsmöglichkeit, 2018, S. 501) 32 Vgl. (Hofer, 2018); (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Aufsichtliche Beurteilung bankinterner Risikotragfähigkeitskonzepte und deren prozessualer Einbindung in die Gesamtbanksteuerung („ICAAP“) – Neuausrichtung, 2018) 33 Vgl. (Walter, Stresstests des Zinsrisikos als ergänzende Steuerungsmöglichkeit, 2018, S. 502 f.) 34 Vgl. (Walter, Stresstests des Zinsrisikos als ergänzende Steuerungsmöglichkeit, 2018, S. 504 f.)

4.5 Identifikation methodischer Schwächen der Zinsbuchsteuerung

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Einzug gefunden. Hierbei erfolgt eine Variation einzelner Bilanzpositionen sowie außerbilanzieller Geschäfte. Der Einflussbereich von Bilanzpositionsveränderungen reicht von Margenveränderungen durch Volumenauf- oder -abbau, bis hin zu direkten Auswirkungen auf die Fristentransformation. Margenveränderungen zeigen sich in Veränderungen der Zinsspannen für die Folgejahre. Auswirkungen auf die Fristentransformation ergeben sich in erster Linie durch Umschichtungen zwischen Bilanzpositionen mit unterschiedlichen Zinsbindungsfristen. Dies kann über den Strukturbeitrag zu nennenswerten Ergebnisänderungen führen und sollte ebenfalls im Rahmen von Stressszenarien beobachtet werden.35

4.5.5

Schwächen bei der technischen Umsetzbarkeit im Rahmen des Berechnungsmodul sDIS+

Wie bereits im Lauf dieser Arbeit beschrieben erfolgt die Steuerung des Marktpreis- und Liquiditätsrisikos in vielen Sparkassen über die Software sDIS+. Diese Software ist ein Modul aus einem umfangreichen Modulangebot der Firma msgGillardon AG im Rahmen der Gesamtbanksteuerung.36 Mit diesem Softwaremodul wurden die grundlegenden Berechnungen in dieser Arbeit durchgeführt. Darüber hinaus wurden im Vorfeld zur Erstellung der jeweiligen Szenarien ebenfalls weiterer Programme und Informationssysteme, wie etwa Bloomberg, genutzt. Im folgenden Punkt erfolgt ein subjektiver Bericht über die Erstellung der beiden Szenarien in dieser Arbeit. Es erfolgt eine kurze Übersicht zu den durchgeführten Schritten und eine Darstellung der aufgetretenen Probleme und Hürden. Eine über mehrere Jahre in der Zukunft laufende Simulation mit individuell generierten Zinsstrukturkurven ist keine Standardanwendung im Modul sDIS+. Aus diesem Grund war im Vorfeld ein hoher manueller Aufwand notwendig, um die Durchführung der in dieser Arbeit beschriebenen Szenario-Analysen zu nutzen. In einem ersten Schritt wurden die historischen Zinssätze für verschiedene Laufzeitbänder über das Informationssystem Bloomberg recherchiert. Dies erfolgte auf täglicher Basis für den jeweiligen Zinsmarkt Japan und Europa. Diese Zinsreihen wurden im Anschluss entsprechend der Szenariobeschreibung aufbereitet und in eine systemkompatible csv-Datei umgewandelt. Hier besteht die Problematik, dass sDIS+ in der Durchführung der Szenarioberechnungen keine Berechnung in der Zukunft durchführt. Aus diesem Grund ist es notwendig das Simulationsjahr 2031 dem hier verwendeten Stichtag 31.10.2019 zuzuordnen. Auf 35 (Walter, 36 Vgl.

Stresstests des Zinsrisikos als ergänzende Steuerungsmöglichkeit, 2018, S. 507) (Merz, 2018, S. 828)

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Szenario-Analysen und kritische Würdigung der klassischen …

Basis dieses Betrachtungsstichtags wird somit die entwickelte Zinsstruktur für das jeweilige Szenario angehängt und das Datum für die Berechnungen in sDIS+ angepasst. Eine detaillierte Darstellung der Eingaben in sDIS+ ist in ng 1 und 2 zu finden. Im Anschluss ist es in einem nächsten Schritt notwendig diese Dateien über das Modul Einstand als manueller Import für die Berechnungen in sDIS+ verfügbar zu machen. Mit dem Modul Einstand werden Markt- und Geschäftsdaten für die integrierte Zinsbuchsteuerung aufbereitet und somit die Versorgung von sDIS+ mit entsprechenden Werten und Strukturen.37 Für jedes Szenario wurde im Modul Einstand ein entsprechender Teilmarkt angelegt sowie diesem Teilmarkt die passenden Zinssätze zugeordnet. Diese Zinshistorie dieser Teilmärkte wurden im Anschluss in sDIS+ importiert. Als Vorbereitung auf die eigentliche SzenarioAnalyse wurden in sDIS+ entsprechende Gattungen angelegt. Diesen Gattungen wurden dabei die passenden CF-Generation der Mustersparkasse zugeordnet. Um eine konstante CF-Struktur zu gewährleisten ist es nötig für jeden Betrachtungsstichtag fortlaufend mit einer Anpassung des Datums an den Betrachtungsstichtag (dieser muss der aktuellste Wert der CF-Generation sein) eine entsprechende CFGeneration zu hinterlegen. Somit wurden für jede Szenario-Analyse in dieser Arbeit 15 CF Generationen hinterlegt. Nach Einbindung der entsprechenden Daten ist es notwendig die Simulationsparameter in sDIS+ für die jedes der beiden Szenarien zu fixieren. Dabei sind die Grundeinstellungen identisch, lediglich die zum Szenario passende Zinskurve wird individuell festgelegt. Die verwendeten Simulationsparameter sind in Anhängen 1 und 2 einzusehen. Nach Fixierung aller nötigen Rahmenbedingungen erfolgen die entsprechenden Simulationsberechnungen für die Szenarien. Dabei ist darauf die achten, dass der Stichtag der Simulationsparameter entsprechend nachgezogen wird, um an die passenden Ergebnisse zu gelangen. Dieser kurze Einblick in die Vorarbeiten zur Szenario Berechnung gibt einen Einblick in die enorme Komplexität, und damit einhergehend hohe Fehleranfälligkeit, einer individuell konstruierten Szenario-Analyse in sDIS+. Durch die Vielzahl an Modulen und Einstellungsmöglichkeiten kann schnell ein Gefühl von Unübersichtlichkeit und Überforderung erzeugt werden. Diese komplexe Anwendung ist in der heutigen Zeit intuitiver Anwendungen nicht mehr zeitgemäß. Darüber hinaus bieten andere Anbieter wie etwa parcIT oder zeb in der Bedienung einfachere und im Ergebnis übersichtlichere Varianten an.38 Trotz 37 Vgl.

(Merz, 2018, S. 833) (Reuse, Würdigung der Softwarelösungen in der Zinsbuchsteuerung, 2018, S. 910); vgl. (Merz, 2018, S. 857) 38 Vgl.

4.6 Ausgewählte Handlungsimpulse

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der vielen individuellen Einstellungsmöglichkeiten im Rahmen der Module von msgGillardon ist eine wie in dieser Arbeit verwendete, in die Zukunft gerichtete, Szenario-Analyse nur mit großem manuellen Aufwand möglich.

4.6

Ausgewählte Handlungsimpulse

Nach Identifizierung einiger gravierender Schwachstellen der klassischen Zinsbuchsteuerung erfolgt nun eine Aufstellung ausgewählter Handlungsimpulse. Mit Hilfe dieser Impulse können sich Kreditinstitute für die Zukunft rüsten und entsprechende Schwachstellen der Zinsbuchsteuerung eliminieren. In einem ersten Schritt werden potentielle Handlungsimpulse näher erläutert, um erste Denkanstöße und Hilfestellungen zu liefern. Anschließend erfolgt in einem zweiten Schritt eine tabellarische Übersicht der vorgestellten Handlungsalternativen. Dabei werden die im Vorfeld identifizierten Schwachstellen aufgelistet und entsprechende Handlungsempfehlungen ergänzt. Im Rahmen der Methode gleitender Durchschnitte ist es von entscheidender Bedeutung möglichst passgenaue und auf die Zukunft projizierbare Mischungsverhältnisse zu etablieren. Hierzu ist es von enormer Wichtigkeit zukunftsorientierte Stressanalysen bei der Festlegung der Mischungsverhältnisse zu etablieren. Diese Zukunftsszenarien sind auch in regelmäßigen Abständen anzupassen und durchzuführen. Zudem sollten realitätsnahe Rahmenbedingungen gewählt und ein relativ langer Zeitraum in die Simulation einbezogen werden. Die aufsichtsrechtlich vorgeschriebenen Stresstestszenarien sind für diesen Zweck nicht ideal. So erhalten die Entscheidungsträger ein Gespür für die entsprechenden Auswirkungen bei Festlegung dieser Mischungsverhältnisse. Darüber hinaus ist es im Rahmen der Margenkalkulation durchaus entscheidend den Blick von der minimalen Standardabweichung der Marge zu lösen. Ein Weg könnte die Berücksichtigung der mittleren Marge bei der Festlegung von Mischungsverhältnissen sein. Über diesen Weg lässt sich durchaus eine nachhaltige Ertragsstabilisierung etablieren, da die Entscheidungsträger einen passenden Sinnzusammenhang zwischen Ertragslage und Festlegung der Mischungsverhältnisse erhalten. Im Zusammenhang mit der Konditionengestaltung ergeben sich zudem noch weitere Ansatzpunkte einer Optimierung. Derzeit erfolgt die Festlegung der Konditionen mittelständischer Kreditinstitute häufig über Opportunitätszinssätze. Hierbei wird lediglich eine Seite der Bankbilanz isoliert betrachtet. Darüber hinaus werden oft keine marktgängigen Refinanzierungssätze verwendet. Als Beispiel sei hier die Verwendung von Pfandbriefzinssätzen erwähnt, obwohl die Refinanzierung zu einem Großteil über Kundeneinlagen stattfindet. Sinnvoller ist

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4

Szenario-Analysen und kritische Würdigung der klassischen …

die Festlegung von Zinsober- und Zinsuntergrenzen für die jeweiligen Produktarten unter Berücksichtigung der tatsächlichen Gegengeschäfte! Als Basis für eine markt- und institutsgerechte Bepreisung bietet sich die Nutzung risikoloser SwapSätze an. Auf dieser Basis lassen sich mittels institutsindividueller Aufschläge markt- und risikogerechte Konditionen ermitteln. Dabei ist auch die Nutzung eines Grenz-GuV Beitrags für jede Produktart sehr zu empfehlen. Ein weiterer wichtiger Ansatzpunkt für eine zukunftsorientierte Steuerung der Gesamtbank ist die generelle Anpassung des Steuerungsziels sowie eine Anpassung des Fokus der Geschäftspolitik. Aktuell liegt der Fokus in der Steuerung mittelständischer Kreditinstitute oft auf der Gegenwart mit einem relativ kurzen Blick in die Zukunft (z. B. 3- Jahresplanung). Für diese Vorausschau werden eine Vielzahl vergangenheitsorientierter Variablen verwendet, u. a. Ablauffiktionen variabler Geschäfte auf Basis historischer Erfahrungen. Zudem erfolgt die Unterstellung des vollkommenen Kapitalmarkts. Im Rahmen des VaR-Ansatzes wird der Vergangenheitsfokus noch weiter verstärkt. Etwas flapsig kann somit folgende Steuerungsmethode festgestellt werden: Steuerung eines Autos mit zugeklebter Windschutzscheibe und Blick in den Rückspiegel. Viel wichtiger ist der klare Blick nach Vorne. Hierbei ist es wichtig zukünftige Geschäftsprognosen zu berücksichtigen, wie z. B. das erwartete Neugeschäft und Sondertilgungen. Auch ein verändertes Kundenverhalten das zu schnelleren Kapitalabflüssen führen kann ist zu berücksichtigen. Bei der Steuerung des Zinsbuchs sind zudem entsprechende Wiederanlageprämissen zu treffen, um das nachhaltig niedrigen bzw. negativen Zinsniveau zu berücksichtigen. Der Fokus sollte somit auf realistischen und praxisnahmen Zukunftsszenarien liegen. Hierbei können unter Umständen Zinsspannenrisiken in den entsprechenden Zukunftsszenarien berücksichtigt werden. Wie eingangs erwähnt werden die eben beschriebenen Handlungsimpulse in tabellarischer Form dargestellt (Tabelle 4.12).

4.7 Abschließendes Zwischenfazit und Management Summary

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Tabelle 4.12 Übersicht ausgewählter methodische Schwächen und Handlungsimpulse (Eigene Darstellung)

4.7

Abschließendes Zwischenfazit und Management Summary

Im Rückblick auf die Ausarbeitungen dieser Thesis können somit einige wesentliche Punkte festgehalten werden. Im Rahmen der Ausarbeitung definitorischer Grundlagen in Kapitel 2 konnte festgestellt werden, dass einige Definitionen im Rahmen der klassischen Zinsbuchsteuerung zu kurzgefasst sind. Hier ist sind unter anderem die Rahmenbedingungen zur Marktzinsmethode (Opportunitätsprinzip)

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4

Szenario-Analysen und kritische Würdigung der klassischen …

sowie zur Methode der gleitenden Durchschnitte zu nennen. Einzelne Kennzahlen, wie der RORAC, können zudem Fehlsteuerungsimpulse liefern und sind für die Steuerung eines mittelständischen Kreditinstituts eher ungeeignet. In Kapitel 3 werden die aktuell sehr herausfordernden Rahmenbedingungen dargestellt. Zudem erfolgt in diesem Kapitel die Erkenntnis, dass ein rascher Zinsanstieg eher unwahrscheinlich ist. Somit muss sich die Bankenlandschaft in Deutschland auf einen weiter sinkenden Zinsüberschuss einstellen. Die Entwicklung in Japan ist zu der in Europa im Hinblick auf ein nachhaltig niedriges Zinsniveau durchaus vergleichbar. Allerdings existieren in Europa bereits jetzt wesentlich herausforderndere Rahmenbedingungen als in Japan vor zehn bis 15 Jahren. Dies Auswirkungen dieses Zinsumfelds zeigen sich im anschließenden Kapitel 4. Hier wurde bewusst dem Extremszenario der Name Europaszenario gegeben. Die Ergebnisse zeigen, dass sowohl im Extremszenario, als auch im Basisszenario, mit einem massiven Ergebnisrückgang in den kommenden Jahren zu rechnen ist. Dies ist auch mit einer Nachhaltigen Steigerung der Provisionserträge oder Kostenreduktionen nicht aufzufangen! Mit einem abschließenden Blick nach Japan und auf die Entwicklung des BERG vor Bewertung in den vergangenen Jahren wird diese These untermauert. Japanische Banken haben in Anbetracht eines rückläufigen Zinsüberschusses neue Ertragsquellen gesucht und vermeintlich gefunden. Die meisten Banken haben versucht das Provisionsergebnis zu steigern und den Veraltungsaufwand zu senken. Letzteres erfolgte über einen Rückgang der Bankenanzahl, u. a. ausgelöst durch Fusionen und Schließungen. Die Betrachtung der Ergebnisse japanischer Banken in den vergangenen Jahren zeigt jedoch keine nachhaltige Ergebnisstabilisierung. Ganz im Gegenteil, durch weitere Zinsrückgänge (ähnlich dem negativen Niveau in Europa) sinken die Ergebnisse der Banken in den letzten fünf Jahren. Umso wichtiger ist eine Anpassung der bestehenden Geschäftspolitik und die Umsetzung neuer Methoden in der Zinsbuchsteuerung. Hierzu werden in Abschnitt 4.6 abschließend einige Handlungsempfehlungen und Denkanstöße geliefert. Diese sollten dazu dienen eine Diskussion zu eröffnen wie die Bankenlandschaft, und insbesondere von Zinsüberschuss abhängige Mittelstandsbanken, auch in Zukunft stabile Erträge erzielen. Ein „weiter so“ kann es nicht geben. Es steht nicht mehr als das gesamte Geschäftsmodell der Mittelstandsbanken auf dem Spiel.

5

Zusammenfassung und Ausblick

Die aktuelle Niedrig- bzw. Negativzinsphase hat starke Auswirkungen auf das Geschäftsmodell der klassischen Mittelstandsbanken. Viele Institute hatten bislang die Hoffnung auf ein steigendes Zinsniveau und damit einhergehend eine Stabilisierung der Margen. Mit den geldpolitischen Beschlüssen der EZB vom September 2019 ist mit einem steigenden Zinsniveau in naher Zukunft voraussichtlich nicht zu rechnen.1 Welche Auswirkungen ein nachhaltig niedriges und negatives Zinsniveau auf die Ertragslage und das Geschäftsmodell der Sparkassen hat, wurde mit der Durchführung der Szenario-Analysen dargestellt. Dabei konnte deutlich herausgearbeitet werden, dass ein weiter so eine nicht praktikable Variante der Gesamtbanksteuerung darstellt. Vielmehr ist es erforderlich, neue, kreative und nachhaltige Ideen zu initiieren, sei es bei der Generierung neuer Ertragsquellen oder der Anpassung der bestehenden Steuerungsmodelle. Die in den 1990er Jahren etablierten Modelle zur Zinsbuchsteuerung stoßen, wie in dieser Arbeit dargestellt, in der aktuellen Zinsphase an ihre Grenzen und liefern Fehlsteuerungsimpulse. Bei Verwendung dieser Modelle und Methoden wird eine Ertragslage suggeriert, die in dieser Form nicht existent ist. Sei es bei der Ermittlung des Opportunitätszinssatzes für die Kundenkalkulation im Rahmen des Modells der gleitenden Durchschnitte, oder bei der Steuerung des ZinsbuchCFs über das Diskontierungsmodell. Es werden keine passenden Ergebnisbeiträge ermittelt und somit fehlt die Grundlage zur nachhaltigen und ertragsorientierten Steuerung einer Bank. Dies wurde auch bereits durch die Aufsichtsbehörden festgestellt und im Rahmen von SREP und Niedrigzinsumfrage wird versucht einen aktuellen Status Quo 1 Vgl.

(Europäische Zentralbank, Pressemitteilung Geldpolitische Beschlüsse, 2019)

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Mursch, Grenzen der klassischen Zinsbuchsteuerung im Licht der Niedrig-und Negativzinsphase, Business, Economics, and Law, https://doi.org/10.1007/978-3-658-32282-3_5

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Zusammenfassung und Ausblick

zu ermitteln. Dabei werden die Institute durch die SREP Prüfungen durchaus dazu gedrängt neue ertragreiche Geschäftsfelder zu erschließen um ein in Zukunft nachhaltiges Geschäftsmodell zu etablieren. Von entscheidender Bedeutung für mittelständische Kreditinstitute wird die Erzielung nachhaltiger Erträge aus dem Kundengeschäfts sein. Basis hierfür ist ein umfassendes Wissen über den tatsächlichen Konditionenbeitrag in der Zukunft! Hierfür ist es notwendig die aktuell verwendeten Modelle und Methoden zu aktualisieren bzw. zu überarbeiten. Das Marktumfeld für Bankgeschäfte hat sich in den letzten 20 Jahren stark gewandelt. Ein verändertes Kundenverhalten, eine härtere Konkurrenzsituation und das niedrige Marktzinsumfeld sind nur einige Aspekte dieses neuen Umfelds.2 Es wird immer wichtiger den Blick in die Zukunft zu richten, und mit Hilfe von Szenarien möglich Handlungswege als Hilfestellung für die Geschäftsführung zu erstellen. Eine passende Variante hierfür ist die Durchführung einer Kombination von Stressszenarien und realitätsnahen Simulationen bei der Ermittlung und Überprüfung von Mischungsverhältnissen und der Durchführung der Zinsbuchsteuerung. Diese Arbeit bietet eine denkbare Option für die Durchführung solcher Szenarien. Derzeit gibt es allerdings noch nicht die technischen Voraussetzungen, um dieses Vorgehen ohne große manuelle Eingriffe durchzuführen. Das Modul sDIS+ bietet, wie bereits skizziert, aktuell noch kein Modul für weit in die Zukunft gerichtete Szenariosimulationen. Auch eine Unterstützungsleistung von Seiten der Verbände wie dem DSGV oder den regionalen Teilverbänden bei der Anpassung der bestehenden Modelle und Methoden oder deren Neugestaltung wäre wünschenswert. Letztendlich geht es um die zukunftsfähige Gestaltung des Geschäftsmodells von regionalen Retailbanken. Darüber hinaus zeigt der stetige Rückgang von Bankfilialen den zunehmenden Druck in der Branche. Seit 2017 haben sich die in Deutschland tätigen eigenständigen Sparkassen um 24 Institute auf 386 Sparkassen reduziert. Ein noch drastischeres Bild ist bei den Genossenschaftsbanken mit einem Rückgang von 145 Instituten auf nunmehr 864 rechtlich eigenständige genossenschaftlich organisierte Institute zu erkennen.3 Die Durchführung von Fusionen kann durchaus zu Skaleneffekten führen. Dennoch ist die Fusion kein nachhaltiges Instrument für die Zukunft, vor allem bei fehlender Anpassung an die neuen Marktgegebenheiten. Wichtig wird die Gestaltung eines auch in Zukunft nachhaltig ertragreichen Geschäftsmodells in den Sparkassen.

2 Vgl.

(Bäumel, 2014, S. 195) Bundesbank, Bankstellenbericht 2018 – Entwicklung des Bankstellennetzes im Jahr 2018 – Anlage Bankstellenstatistik 2018, 2019, S. 1)

3 (Deutsche

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Zusammenfassung und Ausblick

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Wie bereits eingangs beschrieben, liefert diese Arbeit Impulse und Argumente für eine weitere Vertiefung und Erforschung des Themas Niedrigzins- und Negativzinsumfeld in der Sparkassenlandschaft. Bei den dargestellten Modellen der Zinsbuchsteuerung sowie der Methode gleitender Durchschnitte besteht dringender Handlungsbedarf, um eine auch in Zukunft konkurrenzfähige Sparkasse zu etablieren.

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