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German Pages 54 Year 1989
WOLFGANG RÖLLER
Globale Finanzmärkte und Risikomanagement
Wirtschaftspolitische Kolloquien der Adolf-Weber-Stiftung
Globale Finanzmärkte und Risikomanagement Herausforderungen für Politik und Unternehmen
Von Wolfgang Röller
DUNCKER & HUMBLOT I BERLIN
CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek
Röller, Wolfgang: Globale Finanzmärkte und Risikomanagement: Herausforderungen für Politik und Unternehmen / von Wolfgang Röller. - Berlin: Duncker u. Humblot, 1989 (Wirtschaftspolitische Kolloquien der Adolf-Weber-Stiftung: Bd. 16) ISBN 3-428-06610-3 NE: Wirtschaftspo1i!isches Kolloquium: Wirtschaftspolitische Kolloquien der ...
All. R.chte vorbehalt.n
© 1989 Dunck.r &: Humblot GmbH, Berlin 41 Satz: W.rksatz Marschall, Berlin 45 Druck: Berlin.r Buchdruck....i Union GmbH., Berlin 61 Printed in G.rmany ISSN 0720-6879 ISBN 3-428-06610-3
Vorwort Der Börsenkrach vorn Herbst 1987 hat nachdenklich gemacht. Wenn es auch, infolge des Eingreifens der Notenbanken und der günstigen wirtschaftlichen Entwicklung, nicht zu den verheerenden Auswirkungen gekommen ist, die damals viele befürchteten, so werden doch immer wieder Sorgen laut: Drohen Gefahren von jenen internationalen Finanzmärkten, die sensibel und mit großer Verstärkungswirkung auf alle wirtschaftlichen Entwicklungen reagieren, nicht zuletzt auf Politikerworte? Beim XIX. Wirtschaftspolitischen Kolloquium der Adolf-WeberStiftung im November 1988 in Frankfurt stand im Mittelpunkt vor allem die Frage, wie durch ein effizientes Finanzmanagement Krisengefahren gebannt oder doch wesentlich abgeschwächt werden können. Die Adolf-Weber-Stiftung legt die Ergebnisse der Gesprächsrunde in der Reihe ihrer Kolloquien vor: Das Referat von Dr. Wolfgang Röller, Sprecher des Vorstandes der Dresdner Bank und Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken, und die Zusammenfassung der Aussprache. Adolf-Weber-Stiftung
Inhaltsverzeichnis Globale Finanzmärkte und Risikomanagement ..........
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I.
Haben sich die Finanzmärkte von der realen Wirtschaft gelöst? ..............................
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H.
Zunehmende Kapitalmarktabhängigkeit der Unternehmen ..................................
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III.
. .. und der Politik! .........................
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Zusammenfassung der Aussprache . . . . . . . . . . . . . . . . • . . .
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1. Die Globalisierung der Märkte ..................
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2. Verselbständigung der Finanzmärkte? ............
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3. Vorteile der Finanzmarktmechanismen ...........
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4. Gefahren "abhebender" Finanzmärkte ............
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5. Der Crash von 1987 ..........................
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6. Risikomanagement - Risikodifferenzierung .......
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7. Kooperation Banken - Versicherungen ............
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8. Das Eigenkapital der Banken ...................
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9. Grenzen eines Risikomanagements . . . . . . . . . . . . . . .
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10. Die Verantwortung der Politik. . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Globale Finanzmärkte und Risikomanagement Herausforderungen für Politik und Unternehmen Referat von Dr. Wolfgang Röller Von Friedrich dem Großen stammt die 200 Jahre alte Erkenntnis, die noch nichts an Aktualität eingebüßt hat: "Die Finanzen sind der Nerv des Landes. Wenn Sie diese recht verstehen, wird das übrige ganz in Ihrer Gewalt sein".! Aus heutiger Sicht kann man dem Preußenkönig prophetische Fähigkeiten bescheinigen, denn der bestimmende Einfluß der Finanzmärkte ist heute stärker als jemals zuvor. Geldströme und Kapitalströme sind nicht - wie es noch die Klassiker der Nationalökonomie lehrten - das Anhängsel oder der Schatten der realen Wirtschaft. Vielmehr bilden die Finanzmärkte heutzutage einen integralen Bestandteil unserer Wirtschaft. Sie führen eine An Eigenleben und stehen an einer ganz entscheidenden Transmissionsstelle der Volkswirtschaft. Denn die hier getroffenen Entscheidungen bestimmen, in welcher Höhe und wo investiert wird, und damit Umfang und Struktur der Produktion von morgen. Zu den Beispielen für den großen Einfluß der Geld- und Kapitalmärkte zählen die massiven Wechselkursschwankungen der letzten Jahre, die Handelsströme umlenkten und weltweit die Ressourcenverteilung änderten, aber auch das internationale Schulden prob lern, das von den hochverschuldeten Ländern Anstrengungen verlangt, wieder kreditwürdig und kapitalmarktfähig zu werden. Diese Beispiele zeigen zugleich auch die internationale Dimension der Finanzmärkte. Fast nichts ist heute so mobil wie Kapital, was die weltweite Krise an den Aktienmärkten vor einem Jahr belegte. Nicht nur die Banken sind mit Risiken aus dem Finanzmarktgeschehen konfrontiert, sondern praktisch alle Unternehmensgrup!
Friedrich der Große an Karl von Württemberg (1789).
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pen, und nicht zuletzt auch der Staat im Rahmen der Haushaltspolitik, in seiner Rolle als Träger der Wirtschaftspolitik. Gerade dem Risikomanagement der Politik fällt in der Bundesrepublik und in anderen Ländern eine Schlüsselstellung zu. Denn im Politikbereich stellen die Verantwortlichen wichtige Weichen für die Finanzmärkte und für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung. Wenn das "R isikomanagement" der öffentlichen Hand die falschen Parameter setzt, so führt dies unweigerlich zu Fehlentwicklungen im Unternehmenssektor und am Arbeitsmarkt. Es kann freilich weder in der Wirtschaft, noch in der Politik darum gehen, generell Risiken zu vermeiden. Leider wird mit Risiko allzuoft Negatives verbunden. Das Unvorhersehbare, die künftige Konfrontation mit dem Ungewollten, drängt sich auf. Vielleicht verführt der derzeit hohe, noch nie dagewesene Wohlstand in der Bundesrepublik dazu, besonders stark die Sicherung des bisher Erreichten zu betonen und vor der Erschließung der Möglichkeiten einer noch ungewissen Zukunft durch beherztes VorgeheIl zurückzuschrecken. In den meisten Fällen gibt es aber ohne Risiken auch keinen Ertrag. Risiko bedeutet also auch Chance. Dem wirtschaftswissenschaftlichen Nobelpreisträger Milton Friedman, der außer dem Scharfsinn, der Erfindung, der harten Arbeit und der Sparsamkeit vor allem den Mut zum Risiko für die wahren Quellen des wirtschaftlichen Wachstums hält, ist daher voll zuzustimmen. 2 Felder. bei denen Risiko vor allem Chance bedeuten würde und auf denen auch in der Bundesrepublik noch Nachholbedarf besteht, sind insbesondere: - eine kapitalmarktorientierte Steuerpolitik, die auch die Reaktion der Märkte einbezieht und nicht nur auf die Füllung des Staatssäckels abzielt. (Stichworte: Quellen- und Börsenumsatzsteuer, Besteuerung von Unternehmen im internationalen Standortwettbewerb), - ein beherzteres Vorgehen bei Privatisierungen und beim Abbau von Subventionen und - eine Belebung der privaten Komponenten bei der sozialen Sicherung (auch bei der Altersversorgung). 2 Friedman, Milton: Die Rolle der Geldpolitik, abgedruckt in: Friedman, Milton: Die optimale Geldmenge (Sammelband), München 1970, S. 135-156, hier S. 156.
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Vor allem in einer Zeit, in der Volkswirtschaften und Finanzmärkte durch eine immer stärkere Spezialisierung und eine zunehmend weltweite Ausrichtung geprägt sind, müssen Risiken überschaubar, kontrollierbar bleiben. Die Internationalisierung jedoch nicht in erster Linie mit zusätzlichen Risiken verbunden. Durch das Erschließen ausländischer Märkte können die Unternehmen vielmehr ihre Produktions- und Absatzmöglichkeiten erweitern und diversifizieren, was sie zugleich auch krisenresistenter macht. Darüber hinaus verschärft die Internationalisierung den Wettbewerb und steigert dadurch die unternehmens politische Kreativität bei der Formulierung und Umsetzung von Unternehmensstrategien. Die Globalisierung der Finanzmärkte hilft, die Unternehmen über die Landesgrenzen hinaus finanziell zu begleiten. Dabei passen sich die Finanzierungswege flexibel den Finanzierungsbedürfnissen der Unternehmen an. Hierin kommt zum Ausdruck, welchem Wandel das Auslandsgeschäft der Banken in den letzten Jahren unterlag. Früher waren z. B. Exportfinanzierungen stärker gefragt, einfach weil Export und Import das "Herzstück" derunternehmerischen Auslandsaktivitäten darstellten. Heute hingegen hat die Errichtung eigenständiger Produktions- und Absatzeinheiten auf den Exportmärkten an Bedeutung gewonnen, z. B. durch Akquisition ausländischer Firmen. Ursache der Globalisierung ist zum einen die immer engere weltwirtschaftliche Integration, die nicht zuletzt in einer zunehmenden kapitalmäßigen Verzahnung der Firmen aus unterschiedlichen Volkswirtschaften zum Ausdruck kommt. Eine treibende Kraft ist aber auch das Risikomanagement der Firmen. Durch die Errichtung von Auslandsniederlassungen ist es möglich, protektionistischen Maßnahmen zuvorzukommen und Wechselkurs risiken zu begrenzen. Diese Strategie beeinflußt natürlich auch das Finanzierungsverhalten, was sich sehr deutlich am Strukturwandel vom traditionellen Kreditgeschäft zum verbrieften, international handelbaren Kredit ablesen läßt. So überstieg das Emissionsvolumen am Eurokapitalmarkt 1987 das von 1979 bereits um mehr als das Siebenfache. Der rasche wirtschaftliche Strukturwandel, die zum Teil sehr kurzen Produktzyklen, wirtschaftspolitische Wechselbäder und die Volatilität der Weltfinanzmärkte stellen hohe Anforderungen an
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das Risikomanagement der Unternehmen. Heute reicht eine ausschließlich auf die einzelne Transaktion bezogene Risikoanalyse - mag sie noch so sorgfältig sein - nicht mehr aus. Vielmehr kommt es darauf an, die oft in Wechselwirkungen miteinander stehenden Risiken in ihren gesamten Auswirkungen zu erfassen. "Risk management" besteht bei Unternehmen heute daher nicht nur aus Analysen von Einzelgeschäften, sondern vor allem aus einer effizienten Steuerung ganzer Risikoportfolien. Hierzu nötig ist eine quantitative und qualitative Bestandsaufnahme bestehender Engagements in Struktur und Entwicklung sowie ihre Zusammenbindung zu ganzen Risikoblöcken. Dabei geht es nicht allein um defensives Aussondern von Risiken, die man nicht übernehmen will, sondern vor allem um das Aufspüren neuer Geschäftsfelder, die eine günstigere Risiko-Ertrags-Mischung versprechen. Von besonderer Bedeutung ist auch die unternehmens interne Organisation zur Umsetzung des Risikomanagements. Denn auch eine noch so durchdachte Risikopolitik nutzt nichts, wenn starre, inflexible betriebliche Strukturen ihre unternehmensweite Durchsetzung behindern. Die Unternehmens leitung muß die Eigenverantwortlichkeit der nachgeordneten Ebenen klar festlegen. Es muß ein Anreiz für ein verantwortungsbewußtes, eigenständiges Risikomanagement vorhanden sein. In diesem Zusammenhang sind zwei Dinge von besonderer Bedeutung: 1. Ein intensiver Informationszufluß im Unternehmen, und zwar von oben nach unten wie umgekehrt, ist eine wichtige Voraussetzung für effizientes Risikomanagement. Zugleich ist die Quer-Koordination zwischen den Leitungen der einzelnen Unternehmensbereiche im Risikomanagement zu verankern. In die operative Verankerung des Risikomanagements müssen alle eingebunden werden. 2. Die einzelnen Unternehmensteile müssen als möglichst selbständige Einheiten, als Profit Centers, geführt werden, deren Erträge nicht bloß den Erfolg der Akquisition, sondern auch den des Risikomanagements widerspiegeln.
Bei der Festlegung der Kompetenzen sollte also möglichst viel delegiert werden, was oft nicht leicht zu realisieren ist. Mit dezentra-
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len Organisationsstrukturen sichert man sich ein hohes Maß an Flexibilität und kann zudem die oft vor Ort vorhandenen Erfahrungen und Informationen zur Entscheidungsfindung nutzen.
I. Haben sich die Finanzmärkte von der realen Wirtschaft gelöst? Die Anforderungen an das Risikomanagement von Unternehmen und Wirtschaftspolitik haben zugenommen. Denn die Finanzmärkte sind komplexer und abstrakter geworden. Früher knüpften Finanzierungen unmittelbar an Transaktionen im güterwirtschaftlichen Bereich an, und ihr Sinn und Zweck war damit leicht erkennbar. Heute gilt das im weit geringeren Maße. Dies berechtigt aber nicht zu der in letzter Zeit oft vorgetragenen Behauptung, die Geld-, Kapital- und Aktienmärkte hätten die Verbindung zur realen Wirtschaft verloren, daß sie also zu einem finanziellen Überbau geworden wären, der als Hort der Spekulation zwar der Bereicherung von Einzelnen, nicht aber der Mehrung des gesamtwirtschaftlichen Wohlstands dient. In den meisten Industrieländern gehört die Kreditwirtschaft zu den dynamischsten Wirtschaftszweigen. Das ist auch in der Bundesrepublik so: Seit Anfang der 70er Jahre erhöht sich die Wertschöpfung dieses Wirtschaftszweiges jahresdurchschnittlich real um knapp 5 %. Der Anteil der Wirtschaftsleistung unseres Kreditsektors am Sozialprodukt stieg von 2,5 % 1970 auf inzwischen über 4 % und übertrifft damit den der Land- und Forstwirtschaft um mehr als das Doppelte. Umfang und Umsätze auf den Geld- und Kapitalmärkten haben sehr stark zugenommen. Hier gilt grundsätzlich das Gleiche wie auf den Märkten für Güter und Dienstleistungen. Die hier engagierten Finanzunternehmen müssen mit stärkerer Spezialisierung sowie mit neuen Produkten den geänderten Bedürfnissen der Kunden Rechnung tragen. Und - wie bekannt - führt auch auf den Gütermärkten eine Spezialisierung zu einer Aufblähung der Umsätze. Grundlegende Aufgabe eines Finanzmarktes ist die Sammlung und Weiterleitung von Ersparnissen, also dem Teil der Einkommen,
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der nicht dem Konsum dient. Diese Mittel fließen unter optimalen Bedingungen zu dem Schuldner, der sie mit dem besten Ertrag verwenden, d. h. sie am sinnvollsten für Investitionen einsetzen kann und unter Berücksichtigung des mit der Verwendung einhergehenden Risikos zur Zahlung des höchsten Zinssatzes bereit ist. Aus den künftigen Erträgen des (investierten) Realkapitals sind die Zinszahlungen und Tilgungen an den Sparer zu leisten. Je effizienter man Ersparnisse weiterleiten, vermitteln kann, um so größer ist der Vorteil für die Gesamtwirtschaft. Die Banken erhöhen durch die Entgegennahme von Einlagen und die Vergabe von Krediten die Mobilität des Kapitals. Dies bewirkt auch die Darlehensgewährung der Kreditinstitute untereinander, der Interbankenhandel. Er sorgt für eine zügige Kapitalvermittlung und darüber hinaus - bei grenzüberschreitenden Kontakten - für eine Anbindung der inländischen an die internationalen Finanzmärkte. Damit werden schließlich auch die nationalen Geld- und Kapitalmärkte integriert und eine Ersparnisvermittlung auf weltweiter Basis ermöglicht. Daß zwischen dem Sparer sowie dem Kreditnehmer eine Kette von Interbankverbindlichkeiten und -forderungen liegen kann, hat eine Reihe von Gründen. Dazu zählen: die mögliche Vielzahl der Teilnehmer an einem einzelnen Geschäft, die räumlichen Distanzen sowie die Höhe der zu vermittelnden Kapitalbeträge. Aber auch dort. wo sich Kreditketten aufgrund von Arbitrage-Bewegungen zwischen einzelnen Teilmärkten mit Renditegefälle bilden, bleibt der Finanzmarkt mit der realen Entwicklung verbunden, denn die Arbitrage schafft einen Liquiditätsausgleich zwischen diesen Märkten und unterstützt die Transmission von Ersparnissen in Investitionen. Besonders intensiv ist die Interbankenverflechtung im Euromarkt. Über zwei Drittel aller Transaktionen entfallen hier auf Interbankgeschäfte. Die Gewährung und Aufnahme von Interbankkrediten bläht das gesamte Kreditvolumen auf und verlängert die Bilanzen der Banken. Es handelt sich hier in der Regel nicht um neue Kreditketten, sondern um die Verlängerung bestehender Ketten, beispielsweise mit dem Ziel, Zinsbindungsfristen zu verändern oder Krediterlöse anders aufzuteilen. Dies ist jedoch nicht die einzige Möglichkeit , einen Liquiditätsausgleich herbeizuführen. Auch der Handel mit
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Geldmarktpapieren führt zu diesem Ergebnis. Vor allem US-amerikanische Banken waren und sind aufgrund der Mindestreserveregelung in den USA zu dieser Form der Ersparnisvermittlung gezwungen. Interbankverbindlichkeiten unterliegen dort nämlich - im Gegensatz zur Regelung in der Bundesrepublik - der Mindestreservepflicht (Ausnahme: Tagesgeld). Im Falle eines Liquiditätsbedarfs veräußert daher ein US-Kreditinstitut einfach die in seinem Bestand befindlichen Geldmarktpapiere, was, anders als die Aufnahme eines Interbankdarlehns, die gesamtwirtschaftlich ausstehende Kreditsumme unbeeinflußt läßt. Auf den europäischen Finanzmärkten blieb der Liquiditätsausgleich über den Handel mit Geldmarktpapieren bislang die Ausnahme. Das könnte sich allerdings künftig ändern. Im Euromarkt erfreut sich die Emission von kurzfristigen, geldmarktgängigen Schuldverschreibungen bereits zunehmender Beliebtheit. Von 1985 bis 1987 erhöhte sich die Begebung von Euro-Commercial Papers, bei denen große Unternehmen des Nichtbankenbereichs als Emittenten auftreten, um mehr als das Dreifache auf immerhin über 40 Mrd. US-$. Die künftig für die internationalen Banken wahrscheinlich schärferen Vorschriften zur Eigenkapitalunterlegung, die auch die Darlehensgewährung von Banken untereinander einbeziehen, könnten die Bildung von Interbankketten im Euromarkt unattraktiv machen und statt dessen den Handel mit Geldmarktpapieren fördern. Die Expansionskraft der modernen Finanzmärkte ist beim Euromarkt besonders eindrucksvoll. Seit 1975 hat er sich fast verzehnfacht, seit 1982 mehr als verdoppelt. Die Intensität der Finanzbeziehung auf diesen internationalen Märkten spiegelt viele Faktoren wider. Abgesehen von der gestiegenen Bedeutung des Eurointerbankenhandels, kommt in ihnen auch das rapide Wachstum des Welthandels zum Ausdruck. Immerhin ist im gleichen Zeitraum der Weltwarenaustausch jahresdurchschnittlich real um 4 % und nominal, was für die Expansion der internationalen Finanzmärkte die entscheidende Größe darstellt, sogar um 10 % gewachsen. Zudem bildeten sich in dieser Zeit starke Handelsungleichgewichte zwischen Ländern und Ländergruppen heraus. Hohe Leistungsbilanzdefizite und -überschüsse erfordern aber einen entsprechenden Transfer von Finanzmitteln und fördern den Aufbau von Kreditket-
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ten zwischen Ländern, was erheblich zur Expansion der internationalen Finanzbeziehungen beigetragen hat. Hinzu kommen weitere Gründe: Der Abbau von Devisenverkehrskontrollen in den 60er und 70er Jahren begünstigte das Wachsturn der internationalen Finanzmärkte; er hat es im Grunde erst ermöglicht. Zudem verliehen Änderungen im Weltwährungssystem insbesondere den Euromärkten spürbare Impulse. Zu Zeiten des Bretton-Woods-Systems fester Wechselkurse oblag vor allem den Zentralbanken die Haltung von Liquidität in fremder Währung. In den meisten Fällen erwarben die Währungsbehörden für ihre Devisenreserven Schuldverschreibungen des US-amerikanischen Schatzamtes. Mit dem Übergang zu frei beweglichen Kursen und den damit nicht mehr notwendigen Interventionen der Währungsbehörden am Devisenmarkt begann sich das zu ändern. International orientierte Unternehmen waren zunehmend selbst zur "Kassenhaltung" in fremder Valuta gezwungen. Sie bevorzugten aber Einlagen bei Eurobanken. Die Verschiebung von der offiziellen zur privaten Fremdwährungsliquidität unterstützte das Wachstum des Geschäftsvolumens bei den Eurokreditinstituten. Die Dienstleistungen der Banken beschränken sich aber nicht nur auf eine effiziente, weltweite Kapitalvermittlung. Die Kreditinscitute decken die Bedürfnisse ihrer Kunden noch in einern weiteren Punkt ab. Nicht zuletzt wegen der Ungewißheit über die künftige Zinsentwicklung sind die Kapitalanleger zumeist nur zu kurzfristigen Engagements bereit. Kreditnehmer bevorzugen aus ähnlichen Motiven Darlehen mit möglichst langer Laufzeit. Die Banken tragen diesen Wünschen Rechnung und überbrücken den Interessengegensatz durch die Fristentransformation. Ohne diese Transformation von kurzfristigen Einlagen in langfristige Kredite wäre die gesamtwirtschaftliche Ersparnis mit einiger Sicherheit geringer. Die Transformation der Fristen, und zwar sowohl der formellen Laufzeiten als auch der Zinsperioden, war immer schon eine Stärke der deutschen Banken. Ende 1987 war immerhin über die Hälfte der Einlagen von Nichtbanken bei deutschen Kreditinstituten kurzfristiger Natur, während gut drei Viertel der entsprechenden Darlehen eine Laufzeit von mehr als vier Jahren aufwiesen. Im Ausland ist das Ausmaß der Transformation der Zinsperioden zumeist deutlich geringer. Vor allem im angelsächsischen Raum, aber auch im Euro-
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markt, vergeben die Kreditinstitute mittel- und langfristige Darlehen zumeist auf Roll-over-Basis, d. h. der für den Kredit in Rechnung gestellte Zinssatz wird gemäß der Zinsentwicklung am Geldmarkt der betreffenden Währung zumeist viertel- oder halbjährlich angepaßt. Eine Transformation von Zinsbindungsfristen ist in Zeiten stark schwankender Zinsen für die Banken naturgemäß mit einem höheren Risiko verbunden als im Falle eines ruhigen, leichter vorhersehbaren Zinsverlaufs. Die gegenüber den siebziger Jahren und dem Beginn der 80er Jahre heute deutlich niedrigeren Inflationsraten und die dementsprechend geringere Wahrscheinlichkeit kräftiger Zinssteigerungen sowie von Stabilisierungskrisen eröffnen Perspektiven für eine anhaltend geringe Zinsvolatilität. Das könnte künftig diese Transformation beleben und zur Revitalisierung des klassischen Bankgeschäfts beitragen. Daß die starken Kurs- und Zinsfluktuationen der realen Wirtschaft Lasten aufbürden, ist unbestritten. Erfreulicherweise halten aber die Finanzmärkte eine ganze Reihe von Instrumenten, wie Swaps, Optionen und Futures zur Transformation und Bewältigung der ihnen eigenen Risiken, also vor allem des Zins- und Wechselkursrisikos, bereit. Banken und Unternehmen können mit dem Einsatz dieser Instrumente die Professionalität ihres Zins- und Wechselkursmanagements erhöhen. So helfen etwa Swaps, eine auf einer richtigen Einschätzung des Zinstrends beruhende Disposition bei Trendumkehr zu ändern, ohne am eigentlichen Grundgeschäft, z. B. einer Darlehensaufnahme, zu rütteln. Die Unternehmen können dadurch flexibler auf die Entwicklungen am Markt reagieren. Der Swap-Markt ist im Grunde nIchts anderes als ein Sekundärmarkt für (mitunter auf verschiedene Währungen lautende) künftige Zinszahlungsverpflichtungen. Seine Inanspruchnahme erlaubt es dem Kapitaldisponenten, die eigentliche Liquiditätsbeschaffung von den Konditionen des aufgenommenen Darlehens zu trennen und diese Mittel- freilich zu einem gewissen Preis - gegen andere zu tauschen. Bisher nutzten überwiegend große Unternehmen das moderne Sicherungsinstrumentarium, und zwar ausländische wesentlich stärker als deutsche. Hier zeichnen sich jedoch Veränderungen ab. 2 Röller
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Immerhin hat sich das Volumen der in der Bundesrepublik abgeschlossenen Swap-Kontrakte seit Ende 1986 mehr als vervierfacht, wobei Zinsswaps eindeutig dominieren. Immer mehr mittelständische Firmen finden den Weg zu einem modernen Zins- und Währungsmanagement - sicherlich ein positiv zu wertender Aspekt der zunehmenden Globalisierung der Finanzmärkte. Die Banken leisten auf diesem Feld eine intensive Beratungsarbeit, z. B. bei den mit dem Einsatz der Instrumente verbundenen bewertungstechnischen und buchhalterischen Fragen. Dabei kommt ihnen zugute, daß sie mit der Materie aus ihrem Eigenhandel heraus engstens vertraut sind. Sie tun zudem hier alles Erdenkliche zur Überwachung des Devisenhandels und der mit Finanzinnovationen verbundenen Risiken. Für den Dresdner Bank-Konzern gibt es z. B. einen Risikorahmen, der ständig fortgeschrieben wird und als Grundlage für das Risikomanagement dient. In diesen Risikorahmen gehen ein: -
Kundenkredite und Schuldscheindarlehen, die nicht kongruent refinanziert sind, Zinsterminkontrakte, Zins- und Währungsswaps, Anleihen und Schuldverschreibungen, Devisenpositionen und Geldposition.
Risikoerfassung und Risikoüberwachung sind in den letzten Jahren aus eigenem Antrieb sehr stark ausgebaut worden. Der Fortschritt in der Informationstechnik hat hier sehr geholfen. Beispielsweise investiert die Dresdner Bank derzeit einen dreisteIligen Millionenbetrag in ein rechnergestütztes System, welches die Risiken im Devisenhandel in allen Einzelheiten erfaßt und überwacht. Damit ist es möglich, praktisch stündlich alle Positionen zu Marktpreisen neu zu bewerten. Schon seit längerem betreibt die Bank ein ausgebautes System zur Überwachung ihres nicht-bilanzwirksamen Geschäfts, wie Swap- und Options-Kontrakte. Im Handel werden zur Sicherung des fernmündlichen Kontraktschlusses 99 % aller Gespräche mit den Geschäftspartnern auf Band aufgezeichnet, was mit den Handelspartnern im vorhinein fest vereinbart ist. Die Entwicklung auf dem Gebiet der Finanzinnovationen schreitet rasch voran. Grundsätzlich ermöglichen die neuen Finanzin-
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strumente eine Abspaltung einzelner Risiken von der Gesamttransaktion. Diese speziellen Risiken nimmt dann ein gut entwickelter Sekundärmarkt auf, der für ihre Allokation eine breitere und damit geeignetere Basis bietet. Bekannt ist dieses Prinzip von der traditionellen Wechselkurs sicherung bei Außenhandelsgeschäften: Man zerlegt das Gesamtgeschäft in seine Komponenten, isoliert das Währungs risiko vom eigentlichen Export oder Import. Trotz hoher Volatilität der Devisenmärkte fördert diese Vorgehensweise sowohl den Außenhandel als auch den internationalen Kapitalverkehr. Im Grunde genommen stellt diese Vorgehensweise eine "Securitization" von Risiken dar. Sie ermöglicht ihre Handelbarkeit, auch wenn man auf eine formelle Verbriefung verzichtet. Hier zeichnet sich eine Entwicklung ab, die den" technischen Fortschritt" auf den Geld- und Kapitalmärkten, und im besonderen im Bankwesen, künftig maßgeblich mitbestimmen wird. Wahrscheinlich steht die Entwicklung hier erst an ihrem Anfang. Gerade im Bankgeschäft ist es durchaus vorstellbar, daß man früher oder später mit Kreditausfallrisiken ähnlich verfährt wie mit den Wechselkurs- und Zinsänderungsrisiken, sie also von dem eigentlichen Bankgeschäft abspaltet und dem Markt zu ihrer Bewältigung und Verteilung übergibt. Technisch würde auch das kaum größere Probleme aufwerfen: Eine Bank vergibt ein Darlehen und ein anderes Unternehmen garantiert die ordnungsgemäßte Bedienung des Kredits. Von den an die kreditgewährende Bank gezahlten Zinszahlungen wäre ein Teil an den garantieerteilenden Geschäftspartner als "Risikoprämie" abzuführen. Dieses Prinzip ist nicht neu. Es wird z. B. bei der Vergabe von Exportkrediten, die die Banken bei der staatseigenen HermesKreditversicherung versichern können, angewendet. Neu wäre aber ein größerer Sekundärmarkt für Kreditgarantien. Eine in einem solchen Markt tätige Bank könnte jederzeit Garantien auf bereits erteilte Kredite abgeben bzw. aufnehmen. Ein Kreditinstitut würde jeweils die Auswahl des Kreditnehmers sowie die eigentliche Darlehensvergabe und ihre Refinanzierung über die gesamte Laufzeit übernehmen, das Kreditausfallrisiko wird aber abgegeben. Hiervon kann sich die Bank zu Anfang oder zu einem späteren Zeitpunkt trennen.
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Die Motive für die Schaffung bzw. Verstärkung eines solchen Marktes liegen auf der Hand:
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Zum einen kann ein Kreditinstitut jederzeit die Struktur seines .. Risikoportfolios" neu bestimmen. Dies gestattet eine rasche Anpassung an geänderte Risiken. Bisher konnten notwendige Strukturänderungen nur durch eine geänderte Politik bei der Neukreditvergabe durchgesetzt werden. Andererseits schafft die Trennung von Akquisition und Risikoübernahme zusätzliche Beweglichkeit. Denn nicht immer stehen beide Tätigkeitsfelder im Einklang miteinander. Eine Bank unterhält gute Beziehungen zu einem Kunden, kann aber dennoch durch ihre Risikopolitik gezwungen sein, ihre Kredite stärker zu diversifizieren. Ein Markt für Kreditausfallrisiken erlaubt dennoch die Akquisition durch die Bank, da sie sich nachfolgend am Sekundärmarkt des damit verbundenen Ausfallrisikos entledigen und damit das Ziel einer stärkeren Diversifikation erreichen kann.
Die stärker werdende Hinwendung zum Finanzmarkt, zur Globalisierung und Verbriefung heißt auch, effiziente Versicherungsmärkte zu entwickeln.}
11. Zunehmende Kapitalmarktabhängigkeit der Unternehmen Die Finanzmärkte verleihen dem Risikomanagement von Unternehmen positive Impulse, die weit über den wie ein Rückversicherungsmodell funktionierenden Einsatz des modernen Sicherungsinstrumentariums zur Bewältigung von Risiken durch die Märkte hinausgehen. Denn die Märkte üben heute in stärkerem Maße als .I Interessante Vorschläge zur Neuordnung des Bankwesens in den USA unterbreitete Lowell L. Bryan. Bryan spricht sich für eine stärkere Verbreitung des sogenannten Repackaging aus: Ein Fonds erwirbt Kredite, also Forderungen, und emittiert gegen diese Aktiva Anleihen, die die privaten Haushalte und Unternehmen anstelle von Bankdepositen erwerben können. Vgl. Lowell L. Bryan: Securitized Credit. The Potential for aSounder, More Effective Financial System. Testimony 10 the Senate Banking Committee, October 14, 1987.
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früher eine Kontrollfunktion für Risikopolitik und Risikomanagement der Unternehmen aus. Ein Beispiel hierfür ist der Aktienmarkt: Die Inanspruchnahme der Aktienmärkte als Finanzierungsquelle hat weltweit, aber auch bei uns, in den letzten Jahren deutlich zugenommen, was der Eigenkapitalbasis der Firmen zugute kam. Die Zahlen sprechen hier eine klare Sprache. Immerhin lag die Eigenkapitalquote bei deutschen Aktiengesellschaften 1986 mit 30 % um über 10 Prozentpunkte über der durchschnittlichen Relation aller Firmen in der Bundesrepublik. 4 Mit dem Gang an die Aktienbörse setzt sich ein Unternehmen aber auch einem verstärkten und laufenden "Monitoring" durch die Öffentlichkeit aus. Die Informationen bezüglich der Strategie und Geschäftsmöglichkeiten fließen heute in nie zuvor gekannter Geschwindigkeit und Intensität und kondensieren schließlich im Aktienkurs. Eine allzu aggressive Risikopolitik eines Unternehmens bleibt der Öffentlichkeit nicht verborgen. Sie schlägt sich bei börsennotierten Aktiengesellschaften normalerweise über die Erwartungen einer entsprechenden künftigen Ertragsminderung in einem geringeren Kurs nieder. Dies beschneidet die Eigenfinanzierungsmöglichkeiten und damit die künftigen Expansionsmöglichkeiten des Unternehmens, was die Firmen zwingt, vorsichtiger zu disponieren. Selbstverständlich konnten sich die Firmen früher schlechtes Management genauso wenig auf Dauer leisten wie heute. Der Unterschied zu früheren Jahren liegt aber darin, daß heute schneller vom Finanzmarkt her Konsequenzen drohen. In diesem Zusammenhang ist auch die Welle von Unternehmensübernahmen zu sehen, die zunehmend von den USA nach Europa überschwappt. Fusionen und Unternehmenserwerbe können natürlich auch andere Ursachen haben. Und ob sie immer von Nutzen sind, sei dahingestellt. Aber sie scheinen Ausdruck eines weltweiten Umbruchs in der Unternehmenslandschaft zu sein, der als ein wesentliches Element eine starke Kontrolle des einzelnen Unternehmens durch den Finanzmarkt beinhaltet. , Monatsbericht der Deutschen Bundesbank, November 1987, S. 19 sowie Statistisches Bundesamt, Reihe 2.1: Abschlüsse der Aktiengesellschaften 1986, S. 12.
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Damit soll nicht behauptet werden, daß allein der Erfolg oder Mißerfolg der Unternehmensleitung den Aktienkurs einer Gesellschaft, ihre Geschäftsmöglichkeiten oder ihre Strategien bestimmen wird. Dagegen spricht die bisherige Entwicklung der Aktienmärkte und im besonderen der Börsencrash vom letzten Jahr, eine Gesamtmarktentwicklung, der sich fast kein Aktienwert entziehen konnte. Eine interessante Frage stellt sich: Ist es die Instabilität der Märkte selbst, die im Extremfall einen solchen Kurssturz erzeugen kann? Der amerikanische Brady Report verwies auf die unguten Auswirkungen neuer Handelsmechanismen und zog die Neigung zur Selbststabilisierung der Märkte in Zweifel. s Das ist freilich keineswegs neu. Die Börsen- oder Währungskrisen unmittelbar folgenden Analysen sahen die Ursachen fast immer in der Funktionsweise der Märkte. Erinnerungen an die währungspolitisch turbulenten Zeiten zu Anfang der 70er Jahre, an die Endphase des Bretton W oods-Währungssystems werden wach. Auch damals wurde von destabilisierenden Kapitalbewegungen, von der Währungsspekulation schlechthin, die das Wechselkurs system zu Fall bringen würden, gesprochen. Heute wird dies ganz anders gesehen. Rückblickend sieht man vor allem in den damals falschen, nicht marktkonformen Wechselkursen und in einer inkonsistenten internationalen Wirtschaftspolitik die auslösenden Faktoren für die heftigen Kapitalbewegungen und damit für das Ende des Währungssystems. Eine neuere Untersuchung über die Börsenkrise 1987 der Federal Reserve Bank of St. Louis konnte jedenfalls das "Selbstverschulden" des Marktes nicht ohne weiteres bestätigen. 6 Ihr lagen ökonometrische Analysen über die Vorgänge an der N ew York Stock Exchange und den Futuresmärkten in Chicago am 19. Oktober zugrunde. Andere, ebenfalls empirisch gestützte Untersuchungen des amerikanischen Notenbanksystems (Federal Reserve Bank of N ew York
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s Report of the Presidential Task Force on Market Mechanisms 1988, S. V. ff. • Santoni, J. G.: The Oerober Crash: Some Evidence on the Cascade Theory, in: The Review of the Federal Reserve Bank of St. Louis, May/June 1988, S. 18-33. , Hardouvelis, G. A.: Evidence on Stock Market Speculative Buhbles:
III. . .. und der Politik!
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meinten wiederum, gewisse Übertreibungen an den internationalen Aktienmärkten nachgewiesen zu haben. Offensichtlich ist man in dieser Frage noch nicht zu einem eindeutigen Schluß gelangt und wird wahrscheinlich auch nicht dahin kommen. Die Erfahrungen des vergangenen Jahres legen aber nahe, daß von den exogenen, an die Märkte herangetragenen politischen Fehlentwicklungen auf jeden Fall eine stärkere Gefahr für ihre Stabilität ausgeht, als von destabilisierenden Mechanismen im Aktien- und Devisenhandel.
III. . .. und der Politik! Wie die von einem repräsentativen Index abweichende Bewegung der Aktien eines individuellen Unternehmens in vielen Fällen als Barometer für eine künftig über- bzw. unterdurchschnittliche Ertragsentwicklung der betreffenden Firma gesehen werden kann, so spiegeln die Marktausschläge als ganzes oft das Ausmaß an Unsicherheit der Marktteilnehmer über die Zukunft von Wirtschaft und Politik wider. Das Gleiche gilt auch für die Kapitalströme zwischen den Volkswirtschaften bzw. den Währungsräumen, und dies ist von besonderer Bedeutung. Die Kapitalströme beeinflussen die konjunkturelle Entwicklung und den strukturellen Wandel nationaler Volkswirtschaften heute stärker als jemals zuvor. Selbst ein Land wie die USA, das einen sehr großen Binnengüter- und Binnenkapitalmarkt aufweist, spürt diese Abhängigkeit immer mehr. Während früher dort der Wechselkurs des Dollars bestenfalls als ein äußerliches Indiz für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Landes galt, knüpft man an ihn inzwischen die Hoffnung, über eine fortgesetzte Stimulierung der Exporte eine kräftigere Konjunktur und vor allem die ersehnte Entlastung der Leistungsbilanz herbeiführen zu können. Dies führte zeitweise sogar zu einer übertriebenen Instrumentalisierung und Politisierung des Wechselkurses. Bei einer kritischen Würdigung der Wechselwirkung zwischen Wirtschaftspolitik und Kapitalmärkten geht es aber nicht nur um Japan, the United States and Great Britain, in: Federal Reserve Bank of New York, Quarterly Review, Summer 1988, S. 4-16.
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die mehr kurzfristig orientierten Kapitalbewegungen und den Wechselkurs. Denn auf längere Sicht ist die Liberalisierung des Kapitalverkehrs, den die Regierungen und Parlamente der Industrieländer durchgesetzt haben, ein nicht zu unterschätzender Wachstumsfaktor. Er ist ein Schrittmacher für die weitere Internationalisierung des Handels und der Produktion von Gütern und Dienstleistungen. Zu Recht besteht die Erwartung, daß hieraus weltweit ein erheblicher Wohlstandszuwachs entsteht. Der Finanzmarkt eines fortgeschrittenen Industrielandes läßt sich heute nicht mehr durch administrative und gesetzliche Regelungen gegen die Entwicklungen, Instrumente und Usancen der internationalen Märkte abschotten. Überhaupt ist es die Frage, inwiefern die zuweilen geforderte stärkere staatliche Reglemelltierung 8 den internationalen Finanzmärkten wirklich Vorteile bringen würde. Denn die Geschichte lehrt, daß schärfere Verordnungen die Widerstandsfähigkeit der Märkte keineswegs stärkt. Es gibt genügend Beispiele dafür, daß das Kapital den Weg vorbei an Regulierungen findet. Oft ist es nur eine Frage der Zeit. Einige Entwicklungen im Euromarkt, aber auch eine ganze Reihe von neuen Finanzformen, vor allem in den USA, verdanken ihre Existenz nicht zuletzt gerade gesetzlichen Restriktionen. Im übrigen würde auch die Geldpolitik von einem weitgehend deregulierten Geld- und Kapitalmarkt profitieren. Erfahrungsgemäß ändern sich Anlagepräferenzen nämlich nur allmählich. Erst wenn man die Nutzung bestimmter Finanzformen administrativ unterbinden oder behindern will, führt das zu einem aufgestauten Bedarf. Sind dann Möglichkeiten der Umgehung gefunden, so kann es zu kräftigen Umschichtungen unter den Anlageformen mit negativen Konsequenzen für die Geldpolitik kommen. Diese Erfahrung machten seit Ende der 70er Jahre vor allem die Vereinigten Staaten. Mit der Liberalisierung des Kapitalverkehrs haben sich auch die Rahmenbedingungen für die Wirtschaftspolitik verändert. Die meisten wirtschaftspolitischen Entscheidungen haben heute Rückwir• Eine stärkere Reglementierung der Finanzmärkte wurde in letzter Zeit z. B. von Henry Kaufman gefordert. Vgl.: Henry Kaufman: The World Needs a Good Cop, or a Good Panie, in: Euromoney, September 1988, S.
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kungen auf die Kapitalströme mit dem Ausland. Konjunktur- und Wachstumspolitik sind nicht mehr frei, nationale Ziele nach eigener politischer Priorität zu verfolgen. Die hohe Mobilität des Kapitals übt hier eine Kontrollfunktion aus. Sie kann z. B. über die negativen, mit einem Kapitalabfluß verbundenen Folgen ein allzu stark von innenpolitischen Zielen geprägtes Verhalten von Politikern wieder in vernünftige Bahnen lenken. Das geht freilich oft nicht in einem sensiblen "trial and error", sondern unter Umständen über schmerzhafte Fehlentwicklungen, unter denen die ganze Wirtschaft leidet. Wenn sich die Politik über die Konsequenzen ihres Handelns in den Auswirkungen auf die Kapitalmärkte in vollem Umfang im klaren wäre, müßte sie sich in einer stärkeren Selbstbeschränkung üben. Mit anderen Worten: Die Politik hat es zu einem entscheidenden Teil in der Hand, wie groß die Risiken von Preis-, Zins- und Wechselkurs schwankungen auf dem internationalen Markt werden. Nachfolgend einige politische Faktoren, die sich störend und destabilisierend auf die Märkte auswirken: 1. Ein besonders großes Störpotentialliegt in der internationalen Schuldenkrise. Sie wird sich nur unter tatkräftiger Mitwirkung der Regierungen in den hochverschuldeten Ländern entschärfen lassen. Leider kommen die notwendigen inneren Reformen kaum voran. Nach wie vor liegen die Kapitalfluchtgelder im Ausland oder fließen dahin - ein deutliches Indiz für eine wenig vertrauensbildende Wirtschaftspolitik. Aber auch die Regierungen aus den Industrieländern müssen hier tatkräftig mitwirken. Z. B. sollten die Märkte für die Produkte aus den Entwicklungsstaaten offener sein. Was sie bis heute nicht sind. Auch das ist ein Grund, warum es bei der Entschärfung der Schuldenfrage nicht weiter geht. Zu der Suche nach Möglichkeiten zur Entschärfung der Krise paßt es auch nicht, jetzt in der Diskussion um die steuerliche Behandlung der Wert berichtigung von umschuldungsbefangenen Forderungen der deutschen Banken eine Verengung der Möglichkeiten zur Risikovorsorge in Erwägung zu ziehen. Die Vorsorgemöglichkeiten tragen in einer Zeit mit schwierigen Umschuldungsverhandlungen zu einem überdurchschnittlichen
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internationalen Standing der deutschen Banken bei, was nicht aufs Spiel gesetzt werden sollte. Man muß sicherlich positiv hervorheben, daß die deutschen Banken ihre individuelle Vorsorge steuerlich geltend machen können. International ist das nicht selbstverständlich. In den USA, aber auch im europäischen Umfeld existieren derartige Möglichkeiten oft nicht oder nur sehr eingeschränkt. Dies ist freilich nicht isoliert zu betrachten, sondern nur im Zusammenhang mit dem Steuersystem und dem übergeordneten Verhältnis StaatWirtschaft. Die Banken befinden sich bei Bewertungsfragen umschuldungsbehafteter Entwicklungsländerkredite - eine vor allem geschäftspolitische Frage von größter Tragweite -leider im Spannungsfeld zwischen dem Aufsichtsamt und den Wirtschaftsprüfern einerseits und den Finanzbehörden auf der anderen Seite. Aufsichtsamt und Prüfer fordern - aus ihrer Sicht durchaus verständlich - möglichst umfassende Wertberichtigungen, während das Finanzministerium eine möglichst gleichmäßige Besteuerung gewährleisten möchte. Daß dabei auch fiskalische Gesichtspunkte eine Rolle spielen, dürfte unbestreitbar sein. Sicherlich hat die günstige Ertragslage in den vergangenenJahren den deutschen Banken eine umfangreiche Länderrisikovorsorge erleichtert. Bei der Bemessung der eigentlichen Wertberichtigungen ließen sie sich aber auch von ökonomischen Analysen und Urteilen über die momentane und künftige Fähigkeit der Länder zur Bedienung ihrer Kredite leiten. Wieviel an Wert berichtigungen zu verkraften war, hing und hängt für die Banken natürlich auch von der absoluten Höhe des Obligos ab, sowie von der Ertragskraft des Hauses. Das schließt nicht aus, daß Wert berichtigungen in dem einen oder anderen Fall über das vom Finanzministerium angestrebte Maß hinausgehen oder dahinter zurückbleiben dürfen, da bei einem Risikosachverhalt, der unter so starkem politischen Einfluß steht, Raum für individuelle Risikoeinschätzungen der Banken bleiben muß. Als Anhaltspunkt für das Ausmaß der steuerlichen Anerkennung der Wertberichtigungen wurden die Abschläge in die Diskussion eingebracht, die sich am Sekundärmarkt für umschuldungsbefangene Forderungen herausbilden. Dies ist gegenwärtig
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noch eine ungeeignete Meßlatte. Der Markt befindet sich in der allerersten Entstehungsphase, seine Transparenz ist gering, und Preise und Umsätze unterliegen großen Schwankungen. Im vergangenen Jahr wurden an diesem Sekundärmarkt Kredite im Gesamtwert von schätzungsweise 15 Mrd. US-$ bei allerdings steigender Tendenz verkauft bzw. erworben. In Relation zu den gesamten, gegenüber Banken ausstehenden Verbindlichkeiten der Entwicklungsländer in Höhe von knapp 500 Mrd. US-$ stellte sich der Umsatz damit nur auf 3 %. Allein die 1987 von den Banken umgeschuldeten Beträge von über 90 Mrd. US-$ übertrafen ihn um mehr als das Sechsfache. Aber nicht nur der geringe Umfang des Sekundärmarkthandels nährt Zweifel, ob wir es mit einem Markt im eigentlichen Sinne überhaupt zu tun haben. Denn ein Markt verlangt ein Mindestmaß an Transparenz und Homogenität, das hier - zumindest gegenwärtig - nicht vorhanden ist. Die Differenzierung allein nach Ländern ist außerdem zu einfach. Es gibt sehr unterschiedliche Arten von Forderungen an einzelne Staaten. Hier geht es z. B. um die Frage, welcher Geschäftsart (kommerzielles Geschäft, Eurogeschäft etc.) die Kredite entstammen und an welche Institutionen (Zentralbank, Unternehmen etc.) sie in den Ländern vergeben worden sind, also um Kriterien, die alle in unterschiedlichen Abschlägen zum Ausdruck kommen können. Die Enge des Marktes macht es den Banken heute unmöglich, sich von Forderungen in größerem Ausmaß zu trennen. Ohnehin konzentrieren sich die Marktaktivitäten im wesentlichen bislang nur auf Dollar-Kredite. Der Handel mit D-Mark-Darlehen ist die Ausnahme geblieben. Die Entwicklung der Sekundärmärkte schreitet allerdings rasch voran. In kurzer Zeit könnte sich das Handelsvolumen verdoppeln und verdreifachen. 2. Die außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte haben einen zu hohen Stellenwert in der wirtschaftspolitischen Diskussion. Die Dramatisierung der Ungleichgewichte in den letzten bei den Jahren verunsichert die Finanzmärkte in hohem Maße. Denn es ist ein gefährlicher Irrtum zu glauben, man müsse die Überschüsse und Defizite der Leistungsbilanzen aller Länder ausgleichen. Ziel muß es bleiben, Ungleichgewichte im Außenhandel zu begrenzen und insbesondere den Handelspartnern, deren Importe
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höher als die Exporte sind, eine Verringerung dieser Defizite zu ermöglichen. Hierzu sind der Abbau von Subventionen und die Öffnung der Märkte in den Überschußländern geeignete Maßnahmen, die allerdings nur gegen politische Widerstände durchzusetzen sein werden. Es kann durchaus auf mittlere Sicht dabei bleiben, daß einige Länder einen Teil ihres Sparkapitals für rentable Investitionen in anderen Ländern durch Kapitalexporte zur Verfügung stellen, womit zwangsläufig Überschüsse oder Defizite in den Leistungsbilanzen einhergehen. Ein internationaler Sparkapitaltransfer ist per se kein internationales Problem; er wird aber zum Problem, wenn die Schuldnerländer durch ungeeignete Politik Vertrauen verspielen und an Kredit verlieren. In der jüngeren Vergangenheit hat es schon einmal beängstigend hohe Ungleichgewichte gegeben. Sie haben sich aber sehr rasch abgebaut. Beispielsweise hatten die ölexportierenden Entwicklungsstaaten 1980 einen Leistungsbilanzüberschuß von fast 100 Mrd. US-$. Nur zwei jahre später passivierte sich ihre Leistungsbilanz auf 18 Mrd. US-$. Gleichfalls 1980 verzeichnete die Bundesrepublik mit 25 Mrd. DM das höchste Defizit ihrer Geschichte. 1982 war bereits ein Überschuß von 12 Mrd. DM daraus geworden, auch weil sich der deutsche "Policy Mix" entsprechend geändert hatte. Zweifellos weisen das Defizit der USA und die Überschüsse japans und der Bundesrepublik außergewöhnliche Größenordnungen auf, zumal dies mit einer zähen Verhaltensänderung der amerikanischen Budgetpolitik einhergeht. Infolge der DollarAbwertung bessert sich die Lage indessen - soweit sie die USLeistungsbilanz betrifft - bereits seit einigen Monaten. Die allmähliche Tendenz zum Abbau des US-Handelsdefizits wird sich auch 1989 fortsetzen. Erstens spiegelt der derzeitige amerikanische Handelsbilanzsaldo die in den letzten jahren eingetretene Dollar-Abwertung noch nicht voll wider, und zweitens kommt es für künftige Fortschritte beim Abbau des Außendefizits auf die Umstellung vom privaten und staatlichen Konsum auf Exporte und Investitionen an. Diese Umstellung ist aber im Gange und wird das Außenhandelsdefizit verringern. Dabei können freilich einzelne Monatswerte durchaus einmal höhere Fehlbeträge aufweisen. Wichtig ist, daß im Trend die amerikanischen Exporte steigen und die Importe stagnieren.
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3. In Europa werden - so ist zu befürchten - in den nächsten Jahren die Auseinandersetzungen um den künftigen Kurs der Wirtschafts- und Währungspolitik zunehmen, weil die Unterschiede in den wirtschaftspolitischen Prioritäten möglicherweise im Widerspruch zu dem Einigungszwang stehen, der von festen Wechselkursen bei freiem Kapitalverkehr ausgeht. Wenn der Zwang zur Marktorientierung, den die liberale internationale Kapitalmarktordnung ausübt, politische Widerstände erzeugt, besteht die Gefahr neuer regulierender Eingriffe in das Marktgeschehen. Das bliebe nicht ohne Folgen! Denn freie Kapitalmärkte sind komplementär zu einem freien Handel von Waren und Diensten, zu dem zu realisierenden gemeinsamen Binnenmarkt schlechthin. Wenn Kapitalströme reglementiert werden, schlägt dies auf die Integration im realen Bereich zurück. Hinsichtlich der Liberalisierung des Kapitalverkehrs bleibt in der EG ohnehin noch einiges zu tun. Die Finanzmärkte der EG-Mitgliedstaaten sind historisch gewachsen und teilweise stark auf die Befriedigung des Finanzbedarfs der jeweils inländischen Wirtschaft ausgerichtet. Das binnenwirtschaftlich orientierte Denken genoß auch in der Wirtschaftspolitik hohe Priorität. Man versuchte, die Geld- und Kapitalmärkte nach außen hin durch Devisenkapitalverkehrskontrollen abzuschirmen und behinderte damit die notwendige finanzwirtschaftliche Öffnung. Nicht jeder EG-Bürger kann heute überall in der Zwölfer-Gemeinschaft ein Konto eröffnen, einen Kredit aufnehmen oder Wertpapiere erwerben. Völlig liberalisiert ist der Kapitalverkehr gegenwärtig nur in Großbritannien, den Niederlanden und der Bundesrepublik; mit Abstrichen auch in Belgien und Luxemburg. In allen anderen EG-Staaten wird der Devisenverkehr teilweise noch empfindlich reglementiert. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, daß sich auch die Finanzinstitute als "Produzenten" von Finanzdienstleistungen ungehindert in den Ländern der Europäischen Gemeinschaft niederlassen und ihre Geschäftstätigkeit dort ohne zusätzliche Restriktionen wahrnehmen können. Auch diese Bedingung ist bis heute noch nicht erfüllt. So gewährt zwar der EWG-Vertrag schon jetzt jedem Kreditinstitut die Grundrechte der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit, sofern es sich der Gesetzgebung des betreffenden Mitgliedstaates
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ebenso wie den Regeln seines Heimatlandes unterwirft. Das Problem liegt jedoch darin, daß die für den Bankensektor gültigen gesetzlichen Anforderungen in den einzelnen EG-Staaten voneinander abweichen - obwohl sie das gleiche Ziel haben, nämlich die Wahrung des Anleger- bzw. Kundenschutzes. Dies bedeutet, daß ein Kreditinstitut, das europaweit präsent sein möchte, zwölfmal die Zulassung von den jeweiligen nationalen Bankaufsichtsbehörden einholen muß, zwölf graduell unterschiedliche Bankaufsichts- und Bankrechtsnormen zu beachten und elfmal ein Dotationskapital bereitzustellen hat; hier nur elfmal, weil in England kein Dotationskapital gefordert wird. Bedenkt man die überaus hohe Komplexität schon jeder einzelnen nationalen Bankgesetzgebung, dann wird sehr deutlich, daß die bestehende Marktkonzeption in der EG zu erheblichen Zusatzkosten und Friktionen für das Kreditgewerbe führt und einer optimalen Nutzung des gesamteuropäischen Finanzraumes entgegensteht. Es ist daher zu hoffen, daß die inzwischen von den EG-Gremien erarbeiteten Richtlinien zum Abbau dieser Beschränkungen sowie zu der Schaffung des gemeinsamen Binnenmarktes schlechthin möglichst rasch in die Tat umgesetzt werden. Ein vereinheitlichter europäischer Finanzmarkt, der sicherlich auch zu einer größeren Vielfalt der Finanzprodukte führen wird, ist nur ein Aspekt der zunehmenden Internationalisierung. Ein anderer, wesentlicher Punkt ist, daß die Geld- und Kapitalmärkte Europas weltweit ihre Wettbewerbs position erhalten und ausbauen müssen. Der europäische Finanzmarkt muß heute mit dem US-amerikanischen und dem Japans konkurrieren. Beide Märkte verfügen über eine hohe internationale Wettbewerbsfähigkeit. In den USA stärkt die Aufgeschlossenheit gegenüber neuen Finanzprodukten sowie die hohe Innovationsfähigkeit der Märkte selbst ihre Attraktivität. Bei Japan sind es das starke Wirtschaftswachstum sowie die im internationalen Vergleich immens hohe inländische Ersparnisbildung, von denen der finanzplatz Tokio profitiert. Aber auch Europa hat einiges zu bieten. Die Banken entwickelten eine breite Produktpalette, die auch die Vielfalt der Kundengruppen
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auf dem alten Kontinent widerspiegelt. Zudem sind den Kreditinstituten hier im Schnitt weit weniger gesetzliche Restriktionen, die ihren Aktionsradius einengen, auferlegt, als dies beispielsweise noch immer in den Vereinigten Staaten der Fall ist (Glass Steagall Act, Interstate Act). Zahlenangaben über das von den Banken weltweit betriebene Euroeinlagen- und -kreditgeschäft belegen die hohe Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Zentren: Von den gesamten Auslandsverbindlichkeiten der in den Industrieländern ansässigen Eurobanken entfielen im März 1988 über 70 % auf die Passiva der in den europäischen Zentren ansässigen Kreditinstitute. Trotz der Schaffung von Bankenfreizonen in den USA und Japan, wo auch Geschäfte in jeweils inländischer Währung zu den am Euromarkt üblichen Usancen getätigt werden und die zugegebenermaßen Geschäftsanteile gewinnen konnten, vermochten die europäischen Zentren, ihre Vormachtstellung im internationalen Bankgeschäft zu wahren. Und die Ergiebigkeit des größtenteils in London beherbergten Eurodollarkapitalmarktes ist schon lange überhaupt nicht mehr mit der des traditionellen Marktes für Auslandsanleihen in den USA zu vergleichen. 1987 übertraf das entsprechende Emissionsvolumen am Euromarkt, an dem sicherlich auch amerikanische Firmen teilhaben, mit 58 Mrd. US-Dollar das in den Vereinigten Staaten um das 26-fache. Generell ist die künftige Entwicklung der Finanzmärkte Europas mit Optimismus zu sehen. Die Märkte bergen beträchtliche Wachstumsreserven. Ein Grund für diese günstige Perspektive ist beispielsweise die Alterssicherung. Die überwiegend auf privater Basis stehende Altersversorgung in den Vereinigten Staaten ist eine Hauptursache für den hohen Entwicklungsstand des dortigen Finanzmarktes. Der Einzelne erwirbt hier zur finanziellen Sicherung der eigenen Zukunft Aktien oder Anteile an Pensionsfonds, die ihrerseits die ihnen zugeflossenen Mittel u. a. am Aktien- und Rentenmarkt investieren. Das Rentensystem in Europa wird dagegen überwiegend von den Sozialversicherungen getragen. Im Rahmen des Generationenvertrages werden aber die hierin einbezahlten Beträge direkt in Form von Renten ausgezahlt. Damit fließen diese Mittel am Finanzmarkt vorbei. Auf lange Sicht gesehen dürften sich aber die bei der staatli-
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chen Altersversorgung bereits zu Tage getretenen Finanzierungsschwierigkeiten - aufgrund der ohnehin heute schon in praktisch allen Ländern hohen Abgabenbelastung - noch verschärfen. Von einer stärkeren Betonung einer privaten Alterssicherung, z. B. über eine Kapitalbildung bei Pensionsfonds, würde der Finanzmarkt erheblich profitieren. Dieses zweifellos noch vorhandene gewaltige Potential sowie der geplante gemeinsame Binnenmarkt erwecken freilich nicht nur Hoffnungen, sondern auch Befürchtungen. Ein vereinheitlichter Finanzmarkt bietet danach nicht nur den europäischen Banken geschäftliche Expansionsmöglichkeiten, sondern auch ihren außereuropäischen Wettbewerbern. Vor allem eine intensivere Konkurrenz von japanischen und US-amerikanischen Instituten wird erwartet, die bei einer einheitlichen Finanzstruktur kostengünstiger operieren und sich einen besseren Zugang zum Kunden schaffen können. Dies hätte aber auch Vorteile. Abgesehen davon, daß die internationalen europäischen Banken schon lange mit ihnen auf den Weltfinanzmärkten erfolgreich konkurrieren, fördert ein harter Wettbewerb' gleich in welcher Geschäftssparte, das eigene Unternehmen. Er läßt es aktiv in bisher geschäftspolitisch unberücksichtigte Märkte eindringen und neue Geschäftsfelder erschließen. Ein modernes Unternehmen wächst mit dem Wettbewerbsdruck, dem es sich stellt. Es hat oft verheerende Folgen, wenn Märkte u. a. durch gesetzliche Verordnungen geschützt werden. Die abgeschotteten Unternehmen verlieren an Kreativität und Expansionskraft. Nach Wegfall der Barrieren halten sie dem dann sprunghaft steigenden Wettbewerb nicht Stand. Der rasche Wandel und die zunehmende Internationalisierung der Finanzmärkte stellt auch die Bankenaufsichten der verschiedenen Staaten vor neue Anforderungen. Die vom Cooke-Ausschuß erarbeiteten und im Juli 1988 von den Notenbankchefs verabschiedeten Richtlinien über die "Internationale Konvergenz der Eigenkapitalmessung und Eigenkapitalanforderungen"9 sind daher zu begrüßen. 9 Ausschuß für Bankenbestimmungen und -überwachung: Internationale Konvergenz der Eigenkapitaimessung und_ Eigenkapitalanforderungen, Basel, Juli 1988.
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Den Kern der Arbeit des Cooke-Ausschusses über die Konvergenz bank aufsichts rechtlicher Regelungen bildet zum einen die Absicht, die Bonität und Stabilität des internationalen Bankensystems zu stärken, zum anderen soll das Konzept ausgewogen und möglichst einheitlich in seiner Anwendung auf Banken in verschiedenen Ländern sein, um bestehende Wettbewerbsverzerrungen zwischen internationalen Banken zu reduzieren. Bemerkenswert ist dabei die Aussage von Mr. Cooke, daß immer dann, wenn man zwischen Sicherheit und Stabilität der Banken einerseits und der Wettbewerbsgleichheit andererseits zu entscheiden hatte, der Solidität der Häuser höhere Priorität eingeräumt wurde. Prinzipiell sollten aber das Know-how und das in sie gesetzte Vertrauen von Einlegern und Aktionären die Wettbewerbsfähigkeit der Banken bestimmen, und nicht aufsichtsrechtliche Bestimmungen des Ursprungslandes. Insoweit bleibt auch die Umsetzung der Cooke-Regelungen in das EG-Recht abzuwarten. Ein Ziel des Cooke-Ausschusses war die Herstellung einer weitestgehenden Übereinstimmung zwischen dem in Basel vereinbarten und dem in der Gemeinschaft geplanten Konzept. Aber es muß auch gesehen werden, daß die Bestimmungen in der Europäischen Gemeinschaft für alle Kreditinstitute gelten sollen, während die Cooke-Grundsätze speziell auf die international tätigen Banken ausgerichtet sind. Ein wesentlicher Bestandteil der Cooke-Richtlinien ist der neue Eigenmittelbegriff. Die bankaufsichtsrechtlich anerkannten haftenden Eigenmittel sollen einerseits aus dem Kernkapital bestehen, d. h. aus dem Aktienkapital und den ausgewiesenen Reserven aus versteuerten, einbehaltenen Gewinnen. Darüber hinaus sollen in Höhe des Kernkapitals externe Bestandteile anerkannt werden, wie stille Reserven, Neubewertungsreserven, allgemeine Rückstellungen/allgemeine Reserven für Forderungsausfälle, hybride Finanzierungsinstrumente (Genußscheine) und nachrangige Darlehen, die den Banken tatsächlich als Risikopuffer zur Verfügung stehen. Freilich verlangt diese Regelung eine Offenlegung der stillen Reserven. Rücksichtnahme auf die Finanzmärkte wird für die Zukunft immer wichtiger. Denn die Globalisierung der Finanzmärkte steht erst am Anfang und wird weitergehen. Ein Vergleich der Größenordnung der Märkte macht das deutlich. Der weltweite Eurogeldund Eurokapitalmarkt - der internationale Finanzmarkt par excel3 Röller
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lence - übertrifft mit einem Volumen von ca. 5500 Mrd. US-$ bisher nur leicht den geschätzten Umfang des deutschen Finanzmarktes (ohne Aktienmarkt) und wird seinerseits von den inländischen Märkten japans und den USA um das Zwei-, bzw. sogar das Dreifache übertroffen. lc Es besteht Bedarf und Spielraum für eine weitere Internationalisierung der inländischen Märkte und damit für ein größeres Volumen reagiblen Kapitals. Eine Politik, die versucht, die Reaktion der Finanzmärkte einzukalkulieren, trägt zur Verstetigung der Marktentwicklung bei. Sie entlastet damit aber auch das Risikomanagement der Banken und der Unternehmen und vermeidet gesamtwirtschaftliche Fehlentwicklungen, die später nur unter großen politischen Spannungen abzubauen sind.
10 Schätzungen der Marktvolumina beruhen auf Angaben der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, Basel, sowie den Statistiken zur Geldvermögensbildung der betreffenden Länder.
Zusammenfassung der Aussprache 1. Die Globalisierung der Miirkte
a) Die Märkte der Welt weiten sich aus - und rücken enger zusammen: Dies ist eine rasche, unaufhaltsame, unwiderrufliche Entwicklung; sie ist Ausgangspunkt aller Überlegungen zu diesem Thema. Wirtschaft und Politik nehmen insgesamt diese Herausforderungen an, wollen sich nicht in die Defensive drängen lassen. Doch allgemein ist bewußt, daß großen Chancen hier nicht geringe Risiken gegenüberstehen.
Die Globalisierung der M iirkte für Produkte und Dienstleistungen hat eine mächtige Ausdehnung des Welthandels gebracht. Eine mit ihr parallel, wenn auch nicht immer synchron verlaufende Liberalisierung der Finanzmärkte wirkt in dieselbe Richtung. Der europäische Integrationsvorgang ist auch hier, trotz mancher Hemmnisse, im vollen Lauf; so erwartet und begrüßt es die deutsche Wirtschaft, daß die volle Freiheit des Kapitaltransfers in der EG in greifbare Nähe gerückt ist. Der Liberalisierung der europiiischen Finanzmärkte gehört schon deshalb die Zukunft - dies steht im Zentrum der deutschen "Wirtschaftsphilosophie" - weil sich damit der Harmonisierungszwang für die Wirtschafts politiken der Partnerländer ergibt. b) Doch diese Globalisierung der internationalen Finanzmärkte, ihre Öffnung innerhalb Europas, erfolgt in einer Lage, die noch weithin, auch innerhalb der EG, von schwerwiegenden ökonomischen Ungleichgewichten in der Leistungsfähigkeit zwischen den Partnern geprägt ist. Dies schlägt sich auf den Finanzmärkten nieder, belastet auch deren Leistungsfähigkeit - nicht wenige meinen, die Ungleichgewichte würden hier noch verstärkt, neue geschaffen. Konsens aber besteht grundsätzlich darin, daß dagegen nicht mit Reglementierung vorgegangen werden darf. Die Liberalisierung der Finanzmiirkte ist vielmehr, umgekehrt, gerade eine gute Gelegenheit 3*
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Zusammenfassung der Aussprache
zur Deregulierung. Im Wettbewerb, der sich dort abspielt, werden nicht zuletzt auch Fehlentwicklungen deutscher Wirtschaftspolitik stets von neuem sichtbar, Korrekturzwängen können sich hier Politik und Unternehmen nicht entziehen.
c) Gerade Schwankungen auf den europäischen Finanzmärkten, wirtschaftliche Ungleichgewichte, die dort sichtbar oder gar verstärkt werden, werfen die Frage einer einheitlichen europäischen Währung auf. Hier stehen sich zwar nicht gegensätzliche, aber doch unterschiedlich akzentuierte Auffassungen gegenüber: Einerseits wird geltend gemacht, ohne gemeinsame Währung werde eine Liberalisierung der Märkte in Europa erheblichen Disziplinierungsbedarf für die Finanzmärkte auslösen; auch müsse mit Ausgleichsversuchen über gemeinsame Fonds gerechnet werden, deren Rechnung vor allem stärkere EG-Partner zu bezahlen hätten. Demgegenüber wird - mit der Bundesbank - die Prioritlit der Wirtschaftspolitik stark betont: Erst wenn die Wirtschaftspolitiken der EG-Partnerländer weitergehend harmonisiert seien, könne die Zeit reif sein für eine einheitliche europäische Währung; und eine solche wirtschaftspolitische Annäherung werde bereits ein noch besseres Funktionieren eines wie immer ausgestalteten Währungsverbunds zur Folge haben, die späteren Währungsschritte dürften nicht vor dem ersten - wirtschaftspolitischen - getan werden. Einigkeit besteht darin, daß die herausragende Stabilität der deutschen Währung keinesfalls durch eine übereilte europliische Notenbanklösung aufs Spiel gesetzt werden darf. Kriterium muß stets der Zustand der europäischen Integration insgesamt bleiben, diese darf nicht durch Zins- und Kursentwicklungen belastet werden. Bei aller Bedeutung der Finanzmärkte - der Primat der Wirtschaftspolitik in der Liberalisierungsentwicklung wird von keiner Seite grundsätzlich in Frage gestellt. 2. Verselbständigung der Finanzmärkte?
a) Eine drängende Frage stand nun aber, für Wirtschaft und Wissenschaft, im Mittelpunkt der Überlegungen zur Entwicklung der Finanzmärkte: Werden Verselbständigungstendenzen der Finanzmärkte erkennbar gegenüber jenen Gütermärkten, auf denen
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das Kapital erwirtschaftet, die Werte erst einmal geschaffen werden müssen, welche dann als Finanzvolumina gehandelt werden? Kann man vielleicht bereits von einem gewissen "Abheben" der Finanzm;irkte von jenen Gütermärkten sprechen, welche auch als "reale" bezeichnet werden? Hat sich nicht die "Technik" des Handels auf den Finanzmärkten bereits so hoch entwickelt, das Umsatztempo sich so gesteigert, daß diese Märkte nun ein Eigenleben zu führen beginnen, sich immer weiter von einer Produktionsbasis entfernen, aus der doch die Gegenstände ihres Handels kommen? Einigkeit besteht, daß eine solche Entwicklung höchst bedenklich w;ire (vgl. auch unter 4). Ungleichgewichten auf den Gütermärkten würde dann durch die "externen" Effekte der Schwankungen "unabhängiger" Finanzmärkte noch weitere Instabilität hinzugefügt. Wenn die Rückbindung von Finanz- und Gütermärkten verlorengeht, so werden diese letzteren möglicherweise von gütermarktfremden Techniken, Entscheidungen, Entwicklungen anderer, globaler Märkte beherrscht. Nicht zuletzt würde der Anreiz wachsen, auf Finanzmärkten rasch und viel verdienen zu wollen, nicht im harten "Produktwettbewerb " . b) Die Teilnehmer am Finanzmarktgeschehen, vor allem die Banken, glauben solche Sorgen, die vor allem von der Wissenschaft geäußert werden, doch beruhigen zu können: Auch für die Finanzm;irkte seien, nach wie vor, die volkswirtschaftlichen Indikatoren letztlich entscheidend; dies zeige nicht zuletzt die Dollarentwicklung, auch wenn die nationalökonomischen Daten nicht immer richtig erkannt oder interpretiert würden. Gerade innerhalb der EG sei die Parallelität der Güter- und Finanzmärkte deutlich; diese letzteren reagierten sachgerecht etwa auf Entwicklungen von Standorten, z. B. auf Steuerharmonisierung. Aufgabe der Finanzpolitik der Unternehmen sei es nicht, von den Gütermärkten unabhängige Finanzentwicklungen einzuleiten, sondern die realen Märkte gegen Risiken abzusichern, die sich vor allem aus diesen selbst ergäben. Die Finanzmärkte könnten hier manches verzögern, gelegentlich auch Akzente verschieben. Insgesamt blieben sie aber abhängig von den Gütermärkten; dies zeige sich etwa in dem Bemühen der Banken, ihre Bonitätskriterien immer weiter zu verfeinern. Daß es auf einmal zu Erscheinungen kommen kann, die Kritiker als "Abheben der Finanzmärkte" bezeichnen, wird gar nicht bestrit-
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ten: Natürlich steuern Zins- und Kursentwicklungen in erheblichem Umfang die Unternehmenspolitik, bei Liberalisierung der Märkte werden Zinsunterschiede immer mehr entscheidend - gerade deshalb ist aber ein finanzmarktorientiertes Risikomanagement unumgänglich, damit sich eben Finanzmärkte nicht verselbständigen. Diese Risikoabsicherung garantiert auch die Rückbindung der Finanz- an die Gütermärkte. J. Vorteile der Finanzmarktmechanismen
a) Liberale Wirtschaftspolitik, deren Grundsätze von breitem Konsens getragen werden, stellt die Frage nach dem Wachstum auch hier in den Vordergrund: Die Globalisierung der Finanzmärkte bringt Chancen und Risiken - doch gerade die Absicherung gegen diese letzteren durch ein Risikomanagement, in dem sich die Arbeitsteilung fortsetzt, kann nicht nur stabilisierend wirken, sondern auch zur Produktivitiits-, zur Wachstumskraft werden. Die Absicherungsmechanismen, welche über die Finanzmärkte wirksam werden, mögen eine gewisse Lösung der Finanz- von den Grundmärkten bringen. Doch gerade; ~arin kommt es zu einer besseren Allokation der Risiken, hin zu Marktteilnehmern, welche bereit und besser in der Lage sind, sie und ihre Bewältigung zu übernehmen. Dies bedeutet keine Sozialisierung der Verluste, denn die Risiken werden von den Marktteilnehmern - freilich gegen Entgelt - freiwillig übernommen. Darin liegt also auch eine Verbesserung der Arbeitsteilung. Seit Adam Smith hat sich aber immer wieder gezeigt, daß davon gerade entscheidende Wachstumsimpulse ausgehen. Sie können hier wirksam werden, nicht nur in Verbreiterung, sondern auch in Verfeinerung des Wettbewerbs und in der Vermeidung wachstums schwächender Risiko- und Krisenanfälligkeit. b) Dies setzt allerdings voraus, daß auf den Finanzmlirkten, auf denen Wachstumskräfte wirksam werden sollen, Wertschöpfung stattfindet. Es wird nun eingewandt, dort würden Werte gehandelt, nicht hervorgebracht. Die riesigen Umsätze in diesen Bereichen könnten Wachstum nicht schaffen; denn nach der ökonomischen Geldtheorie der Salden stünden doch einem angewachsenen Geldvermögen jeweils auch gestiegene Schulden gegenüber, wie ja auch
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die Summe der Habenzinsen der der Sollzinsen stets entspreche. Die Finanzmärkte bewegten also viel, änderten aber nichts im Sinne eines ökonomischen Wachstums. Diese Salden theorie zieht niemand in Zweifel; doch mit ihr allein lassen sich Bedeutung und Wirkung der Finanzmä'rkte nicht erfassen. Der besseren Allokation, und damit letztlich der Verringerung von Risiken, kommt allein schon für die Unternehmen "wertsteigernde", damit aber Wachstumswirksamkeit zu - wenn die Absicherungskosten nicht zu hoch werden. Die Finanzmärkte bieten den Raum, in welchem vor allem die Banken mit echten, wertschöpfenden Leistungen ihren Kunden gegenüber tätig werden - im Risikotransfer wie im Fristen- und Losgrößentransfer. In alldem wird Neues, Zusätzliches ökonomisch hervorgebracht, im Bereich der Banken wie der Unternehmen. Auf den Finanzmärkten findet jedenfalls mehr statt als nur eine Verschiebung von Werten, ein gesamtwirtschaftliches Schattenboxen. c) Sind also Wachstumswirkungen von diesen Märkten her zu erwarten, so fragt es sich, ob hier dauerhafte Wachstumskräfte am Werke sind, oder ob sich nur Übergangseffekte feststellen lassen. Der Hinweis auf gleichbleibende oder zunehmende Größenordnung der Umsätze auf den Finanzmärkten kann dabei kaum genügen; es muß hier schon ein ständiger Vorgang verbesserter Arbeitsteilung ablaufen, soll Wachstum auf Dauer erwartet werden. Dafür reicht es nicht aus, daß auf Finanzmärkten Anpassungen stattfinden, wenn deren Ende abzusehen ist. Eben dies ist aber, aus heutiger Sicht, wohl doch nicht der Fall. Im Begriff der - hier ohne Zweifel stattfindenden - Anpassungsprozesse mag zwar deren zeitliche Begrenzung mitgedacht sein. Doch in unserer Zeit laufen diese Vorgänge bereits seit langem und in eher zunehmender Intensität ab; es entwickeln sich auch immer neue Ungleichgewichte auf den Gütermärkten, deren Risiken es in Grenzen zu halten, die es letztlich auszugleichen gilt. Die Problematik der Wachstumskräfte, die aus den Finanzmärkten heraus wirken können, liegt also wohl nicht so sehr in einer heute absehbaren zeitlichen Wirkung. d) Entscheidend dafür, ob hier wirklich volkswirtschaftlich günstige Effekte erwartet werden dürfen, ist vielmehr wohl doch die
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Ausgleichswirkung, welche die Märkte gegenüber bestehenden oder sich gar verstärkenden Ungleichgewichten im Welthandel entfalten. Befürchtet wird, daß sich gerade bei bedeutenden Ungleichgewichten eine Globalisierung der Finanzmärkte negativ auswirken könne, weil eine solche Liberalisierung die Risiken allzuhoch steigen lasse - gegen die man sich dann mit überhöhten Kosten absichern müsse. Dem wird die These entgegengesetzt, gerade deshalb seien die Wirkungen der Finanzmärkte unverzichtbar und wachstumsfördernd, denn hier werde eben letztlich doch vor allem ausgeglichen, was unabhängig von diesen Märkten sich bereits als Risiko entwickelt habe.
Wieder kommt es also auf die Beantwortung der Zentralfrage an - nach dem Verhältnis der Finanzmärkte zu den Grundmärkten (vgl. schon oben 2).
4. Gefahren "abhebender" Finanzmärkte
Daß Gefahren aus sich verselbständigenden Finanzmärkten entstehen können, ist grundsätzlich unbestritten - ebenso aber auch, daß eine gewisse ausgleichende Distanz zu den Grundmärkten vonnöten ist. Die Frage ist, wann sie so groß wird, daß das bedenkliche "Abheben" beginnt, vor allem aber, ob nicht Strukturen und Mechanismen dies begünstigen, die den Finanzmärkten eben doch immanent sind. Hier stehen einem durchaus verbreiteten - wenn auch vorsichtigen - Optimismus Bedenken und Warnungen gegenüber, die sich nicht ganz beruhigen lassen. Ersichtlich war dies das Grundproblern des Themas für alle Teilnehmer; und hier mochten wohl auch manche unausgesprochenen, vielleicht gar nicht formulierbaren Hoffnungen und Befürchtungen mitschwingen. a) Die Verstiirkungswirkung wird nirgends bezweifelt, die von den Mechanismen der Finanzmärkte ausgeht. Hingewiesen wird auf die Computerbörsen, welche den Überblick erleichtern, zugleich aber auch das "Hochrechnen" selbst kleiner Schwankungen und damit übersteigerte Reaktionen begünstigen. Sorgen bereitet es, daß ein kleiner, weithin geschlossener Kreis von Händlern Entscheidungen von größtem Ausmaß treffen kann, nach Sachlage oft fällen muß, unter kaum zumutbarem Zeitdruck, notwendig vereinfachend, oft
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vergröbernd. Die psychische, ja nervliche Belastung der Marktteilnehmer ist enorm, dies alles kann in Aktionismus - oder Passivismus - hineintreiben, der, auch wenn er sich nicht "irrt", Entwicklungen jedenfalls bedenklich verstärkt. Wenn die enge Verzahnung der Finanzmärkte die Sensibilität auf ihnen steigert und dies zu erheblichen Verstärkungen der Ausschläge führen kann, so gilt dies auch, darüber hinaus, hinsichtlich der immer weiteren Verzahnung der Grundmä·rkte. Viel an Verstärkungseffekt ist schon auf sie allein zurückzuführen - und doch nicht von der Hand zu weisen ist die Befürchtung, daß sich dies, in die Finanzmärkte hineintransformiert, durch deren Verstärkungswirkung noch weitersteigert. Kann es dann nicht dahin kommen, daß die Absicherungskosten gegen so erhöhte Marktrisiken unverhältnismäßig hoch werden, so daß sie Wachstum nicht steigern, sondern hemmen? b) Einbruchsrä'ume der Politik in die Wirtschaft sind unzweifelhaft gerade die Finanzmärkte, und in besonderem Maße. Ein gezieltes oder auch nur unbedachtes Wort eines verantwortlichen Wirtschaftspolitikers oder seines wirtschaftlichen Ratgebers kann genügen, um schockartige, völlig übersteigerte Wirkungen auf den Finanzmärkten auszulösen. Die Veröffentlichung von Handelsbilanzen führt zu Reaktionen der Finanzmärkte, welche oft weit über die Bedeutung eines solchen Anlasses hinausgehen und damit auch der staatlichen Wirtschaftpolitik einen unmittelbaren Einfluß auf die Märkte eröffnen, der ihr sonst nicht entfernt zukommt. All dies erfolgt nicht systematisch und kontrolliert, auch nicht mit einer gewissen Kontinuität, aufgrund sachverständiger oder gar öffentlicher Diskussionen. Darin liegt dann nicht nur die Gefahr, daß wirtschaftspolitische durch finanzpolitische Entwicklungen überlagert und dominiert werden; "reine Politik", nicht selten Tagespolitik, beherrscht hier das Marktgeschehen. c) Hingewiesen wird auch auf das rasche Anwachsen der Finanzvolumina, die auf diesen Märkten in wahrhaft gigantischen Umsätzen täglich bewegt werden - in New York allein ist es durchschnittlich am Tag ein Viertel des gesamten Bruttosozialprodukts aller Länder in einem Jahr. Die Dimension dieser Transaktionen beeindruckt, selbst wenn man daraus nicht einen Anstieg der Finanzvermögen ableiten kann, der das Wachstum der Gütervermögen weit hinter
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sich ließe - dann müßte ja Inflation die Folge sein. Bleibt aber das ernste Bedenken, daß diesen gewaltigen Umsätzen mit Sicherheit nicht auch nur annähernd vergleichbare Umschichtungsnotwendigkeiten, ja nicht einmal Umschichtungsabsichten von Gütern und Dienstleistungen entsprechen können. Zu bedenken ist allerdings, daß die hohen Volumina und Zinssätze auf den Finanzmärkten das Ergebnis einer weltweiten Ersparnisvermittlung sind. Je mehr Stationen hieran teilnehmen, um so höher sind die Umsätze. Die darin zum Ausdruck kommende hohe Arbeitsteilung fordert eine bestmögliche Allokation von Ressourcen. Insoweit findet also doch eine Ablösung der Finanz- von den Grundmärkten statt. d) Bedenken gibt es aber gegen die gegenwärtige Wirkungsweise der Finanzmärkte, daß sich dort nämlich Formen der Spekulation entfalten, welche die sonst so erwünschten Funktionen eines Marktes weitgehend aufheben, ja in ihr Gegenteil verkehren: Die Märkte könnten, so heißt es, sonst für gewisse Zeitdimensionen die wirtschaftlichen Tendenzen erkennen, böten damit Beurteilungsgrundlagen für verständige Marktteilnehmer - die Finanzmärkte seien unfähig, Trends zu erkennen, doch sie veränderten sie. Das gehe so weit, daß dort Risiken und Krisen durchgespielt, damit sogar geschaffen würden - die es in Wirklichkeit gar nicht gebe; dagegen versicherten sich die Marktteilnehmer unter unnötigen Kosten. Gerade die hochentwickelten Absicherungsmechnismen der Finanzmärkte verleiteten immer mehr Teilnehmer, die unfähig seien, die Entwicklungen auch nur entfernt abzuschätzen, auf Gebieten zu spekulieren, wo ihnen die erforderliche Sachkunde fehlte. Sie versuchten dann, auf den Finanzmärkten, nicht aber durch Produktion und Wettbewerb auf "ihren Märkten« zu verdienen. Gegen Risiken, von denen man gar nichts verstehe, könne aber auch Risikodiversifizierung nicht helfen. Wer die Finanzmärkte positiver beurteilt, hält dem entgegen, dort seien kürzerfristige Entwicklungen nicht immer vorhersehbar, wohl aber doch meist längerfristige Trends; dies interessiere aber vor allem den verständigen Kunden, hier könne ihn seine Bank auch beraten. Der Spekulationstrieb lasse sich nicht verbieten; gerade um seine eben erwähnte Gefährlichkeit in Grenzen zu halten, müsse das Risikomanagement der Unternehmen verbessert werden.
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Hier werden doch auch tiefergehende Unterschiede in der Beurteilung der Finanzmärkte sichtbar: Schaffen sie nicht mehr Risiken als sie absichern? Doch selbst wenn dies zuträfe - ließe es sich in einer immer mehr liberalisierten weltwinschaftlichen Verflechtung noch ändern? 5. Der Crash von 1987
a) Der große Börsenkrach könnte als Probe aufs Exempel erscheinen. Es liegt nahe, an ihm die Gefahren erkennen zu wollen, welche der Winschaft von den Finanzmärkten drohen können - oder, umgekehrt, daraus den Nachweis abzuleiten, Finanzmarktentwicklungen allein seien keine wirkliche Gefahr in einer einigermaßen stabilen wirtschaftlichen Lage. Man glaubt, nunmehr in etwa die wichtigsten Gründe des schweren Einbruchs von 1987 zu kennen, und wirtschaftswissenschaftliche Institute kommen - abgekürzt ausgedrückt - fast schon zu dem Schluß, der Crash "habe eigentlich gar nicht stattgefunden", obwohl monatelang doch eine erhebliche Verunsicherung auch bei ihnen bestanden hat. Immerhin -: die Konjunkturentwicklung hat viele Wunden überraschend schnell geheilt. In ungebrochenem Sicherungsbedürfnis drängen vor allem amerikanische Anleger immer wieder auf den Kapitalmarkt. Vielleicht hat sich hier doch auch schon, in größerem Stil, die Wirksamkeit eines typischen Finanzmarktmechanismus gezeigt: Da die Risiken breit gestreut waren, blieben, nach den ersten Tagen, nun wirklich verhängnisvoll sich steigernde Panikreaktionen aus; aus der breiten Basis der gemeinsam getragenen Risiken heraus entstand eine weithin gleichmäßige Bereitschaft zum Neubeginn, vor allem zu Investitionen: War das nicht ein erfolgreiches Risikomanagement im eigentlichen Sinne des Wortes? b) Überwiegend wird denn auch der Crash als Bestätigung der Notwendigkeit eines Risikomanagements für die Unternehmen, seiner Verbesserung und Verfeinerung gesehen. Denn wenn auch diesmal die negativen Effekte des Börsenkrachs sich rascher abgeschwächt haben als erwartet - daß dieses Ereignis auf den Finanzma'rkten volkswirtschaftliche Spuren hinterlassen hat, ist kaum zu bestreiten.
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Wissen wir wirklich heute bereits, was der Crash bedeutet hat, womit er uns noch immer belastet? Gewiß - das gefürchtete spill over von den Finanzmärkten auf die "reale Wirtschaft" konnte weitestgehend durch das Eingreifen der Notenbanken verhindert werden. Dies hat jedoch zu einem über die Zielvorgabe hinausgehenden Ansteigen der Geldaggregate geführt, welche ein Inflationspotential geschaffen haben, das immer noch vorhanden ist und wirksam werden könnte. Der Wealth effect ist mit einem einprozentigen Wachstumsverlust angesetzt worden; dies konnte unschwer in der konkreten günstigen Wachstumslage (über)kompensiert werden; doch das ist kein Beweis, daß es nicht noch zu Verlusten gekommen ist, die in einer anderen Situation ernste Folgen hätten haben können, die Werte entzogen haben, welche eines Tages fehlen könnten. Insgesamt wird hier vor allzu raschem Optimismus gewarnt: daß Finanzma·rkte kollabieren können, ist wohl seit 1987 nicht mehr ernsthaft zu bestreiten, und was hat sich an ihrer Kollabilität eigentlich seither geändert? Die Fundamentals der heutigen Weltwirtschaft haben sich auch nach diesem Einbruch (noch) nicht wesentlich verschoben: Die hohe Verschuldung so vieler Entwicklungsländer hat sich nicht gebessert, das Leistungsbilanzdefizit der USA geht nur langsam zurück. Womit will man die Zuversicht begründen, daß weiterhin so viele amerikanische und japanische Anleger auf den amerikanischen Kapitalmarkt drängen, daß nicht auch Zentralbankgeld eingesetzt wird, um dort Bonds zu erwerben? Der Crash hat wenig bewiesen über die Effekte, die von den Kapitalmärkten auf die Wirtschaft ausgehen - aber er hat doch sehr nachdenklich gemacht: Große Risiken gibt es ganz offensichtlich also doch auch das dringende Bedürfnis für ein wirksames Risikomanagement der Unternehmen, vor allem im Bankbereich. 6. Risikomanagement - Risikodifferenzierung a) Die Notwendigkeit eines effizienten Risikomanagements wird allgemein anerkannt. Durch die enge Verflechtung der Grund- und der Finanzmärkte sind die Erfüllungsrisiken insgesamt durchaus nicht zurückgegangen, sondern wesentlich gewachsen, weil die
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"immer näheren Märkte" in erheblich größerem Umfang zu Geschäften einladen; deren Risiken werden zugleich aber, infolge kaum mehr übersehbarer Marktinterdependenzen, immer größer. Dieselben Marktverflechtungen, welche die Risiken erweitern, stellen aber auch Mechanismen zur Verfügung, diese in Grenzen zu halten: Ein eng verflochtenes System von Optionen, von Zukunftsgeschäften, vermag die Risiken einzeln und insgesamt abzudecken. Entscheidend ist hier Risikomanagement durch Risikodifferenzierung, bessere Allokation der Gefahrenbewältigung dadurch, daß die Versicherung gegen sie aufgespalten und handelbar gemacht wird. Risiken werden dadurch im Ergebnis verringert, durch Überschaubarkeit nicht nur relativ, sondern absolut - kleiner. Nach dem Crash hat sich gezeigt, daß hier wirklich das geteilte Leid als halbes Leid empfunden wird, daß die Wirtschaft aus der Depression leichter zur Aktion zurückfindet, wenn breitgestreute Risiken alle Teilnehmer auf solchen Märkten belasten - auch die Konkurrenten. b) Die Dimension der Risiken ist nicht nur durch Liberalisierungen und Marktverflechtung mächtig ausgeweitet worden. Hinzu kommen weitere, kaum mehr abzusehende Entwicklungen, etwas wie globale Risiken für viele Produktions- und Dienstleistungsbereiche. Der technische Fortschritt und seine ökonomischen Auswirkungen lassen sich, in vielen Räumen, nur kürzerfristig, oft überhaupt nur umrißhaft absehen. Auf die demographische Entwicklung wird aber vor allem in diesem Zusammenhang hingewiesen, und sie wird ebenso auf die Grund- wie auf die Finanzmärkte wirken: Wenn die Bevölkerung entscheidend zurückgeht, so wird möglicherweise weniger an gewissen Gütern benötigt, dies muß sich bemerkbar machen, von der Möbelindustrie bis zu einer Energiewirtschaft, die sich schon heute darauf einzustellen hat, ohne aber im einzelnen die Auswirkungen der Entwicklung vorherbestimmen zu können, die also solche Risiken zusätzlich übernehmen muß. Die Entwicklung der Bevölkerungsstruktur wird auch aufdie Kapitalmiirkte wirken, sie muß das Risikomanagement beeinflussen, das auf diesen stattfindet. Durch Erbgang kann sich mehr Geld in weniger Händen konzentrieren, was sich auf die Sparquote auswirken mag. Die vor allem auch demographisch bedingte Unsicherheit der Altersversorgung könnte zu einer veränderten Versicherungsstruk-
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tur führen, die sich schon heute ankündigt: Im Jahre 2000 wird ein Vielfaches an Erlebensfall-Versicherungen ausgezahlt werden müssen als im Jahre 1987, für diese Gelder müssen kurzfristige Anlagemöglichkeiten bereitgestellt werden, weil viele derart Versicherte "noch etwas davon haben" wollen. Damit treten erneute Risiken auf, die abgesichert werden müssen. c) Der Umfang allein schon der Risiken erzwingt deren Differenzierung, nicht nur ihre beschränkte Vorhersehbarkeit. Sie verlangt aber auch eine Professionalisierung des Risikomanagements. Nur wer sich hier spezialisiert, vermag die Vielfalt der Gefahren und der Möglichkeiten, sich gegen solche abzusichern, einigermaßen zu überschauen. Diese Professionalisierung muß sich innerhalb der Unternehmen verstärken, sie wird aber auch die RisikomanagementErfahrungen der Banken in immer größerem Umfang zum Tragen bringen müssen. Formen der Selbstversicherung gegen eigene Unternehmensrisiken werden stets praktiziert werden und auch wirksam bleiben. Heute dürfen sie aber nicht überschätzt werden. Weitgehende Innenfinanzierung mag, nach wie vor, dem traditionellen Ideal des seriösen Kaufmanns am nächsten kommen; ein Risikomanagement allein durch Innenfinanzierung aber kann es nicht geben. Spätestens dann, wenn das Unternehmen seine Produkte auf den Markt bringt, muß es, bei der Preiskalkulation, auch die Finanzrisiken mit einbeziehen; sein Geschäftsergebnis wird belastet, wenn es seine Produktion "an diesen Risiken vorbei" innenfinanziert hat. "Selbstversicherung durch Teilproduktion im Ausland", insbesondere in den USA, mag eine gewisse Risikostreuung unternehmensintern bewirken; doch nur bei bestimmten Größenordnungen und Produktpaletten kommt dies als Form des Risikomanagements ernsthaft in Betracht - nie kann es den Einsatz von Finanzmarktinstrumentarien ersetzen. 7. Kooperation Banken - Versicherungen
a) Die Verantwortung für ein effizientes Risikomanagement liegt vor allem bei den Banken, sie insbesondere müssen seine Mechanismen entwickeln und beherrschen. Einerseits besteht eine ihrer wichtigsten Aufgaben darin, den Unternehmen eine wirksame Risiko-
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vorsorge anzubieten, sie jedenfalls darin zu beraten. Im Bankgeschäft gerade tritt, andererseits, ein besonders breites Spektrum ganz unterschiedlicher Risiken in Erscheinung, welche die Banken durch ihr eigenes Risikomanagement beherrschen müssen. Für die Versicherungen hat diese Risikovorsorge, wenn auch in anderer Konstellation, vergleichbaren Stellenwert. Sie sind ihrem Wesen nach Institutionen des Risikomanagements für Bürger und Unternehmen, in den Prämienzahlungen liegen diese vielfachen menschlichen Erwartungen. Es ist daher nicht nur verständlich, sondern natürlich, daß sich eine Kooperation von Banken und Versicherungen gerade im Namen des Risikomanagements verstärkt: Die Versicherungen stellen vor allem die Absicherungsmittel zur Verfügung, laufend und in großem Umfang, das ganze know how ihrer "Risikomathematik" im weitesten Sinn; die Banken überblicken den Anlagebereich, die dort sich eröffnenden Möglichkeiten der Risikodifferenzierung, sie vor allem agieren auf jenen Finanzmärkten, wo die Risiken handelbar werden, gegen welche die Assekuranz Menschen Sicherung bieten soll. Zentrale - wenn auch unterschiedliche - Interessen von Banken und Versicherungen konvergieren also gerade beim Risikomanagement und legen Zusammenarbeit nahe. b) Die Kooperation von Banken und Versicherungen kann in einer gegenüber Fusionen sensiblen Gesellschaft Irritationen auslösen, doch dies wäre nicht berechtigt. Seit langem findet eine solche Zusammenarbeit in lockerer Form statt; heute bahnt sich nur eine gewisse Verfestigung des Bewährten an. Die strukturelle Veränderung der nationalen und internationalen Finanzmärkte drängt zu solchen Entwicklungen. In ihnen suchen die Partner jene Wettbewerbsfähigkeit, welche sie auf dem EG-Markt benötigen. Die Arbeitsteilung zwischen Versicherungen und Banken wird erhalten bleiben, es wird nur mehr und besser in Gruppierungen kooperiert werden. Vertriebs systeme können gekoppelt, Leistungen im Verbund angeboten werden. Letztlich erzwingen die liberalisierten Finanzmärkte solche größeren organisatorischen Formen des Risikomanagements.
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8. Das Eigenkapital der Banken a) Von entscheidender Bedeutung für das Risikomanagement durch die Banken - und damit für die Risikoabsicherung überhaupt - ist das Eigenkapital der Kreditinstitute. In erster Linie ist dies der Puffer für Kreditausfallrisiken. Die deutschen Banken weisen nicht ohne Stolz darauf hin, daß sie von dem besten, dem in größter Vorsicht" risikobereinigten" Eigenkapitalbegriff ausgehen, und dies wird von niemanden angezweifelt. Die Art und Weise, wie hier Auslandsrisiken abgesichert werden (müssen), ist wirklich ein Gütesiegel der Kreditinstitute in der BRD. Wenn es zu einer Verwässerung kommt, im Zuge der Liberalisierung der Finanzmärkte, wenn etwa Abschreibungen für Auslandsverluste (teilweise) dem Eigenkapital zugeschlagen werden, so beeinträchtigt dies, nach deutscher Auffassung, die Seriosität der Bankgeschäfte und damit des Risikomanagements innerhalb der Bank und für deren Kunden. b) Solche Gefahren stehen den Banken ins Haus. Die wichtigsten anderen Teilnehmer am Geschehen auf den internationalen Finanzmärkten, vor allem Amerikaner, japaner und Kanadier, waren bisher auch nicht annähernd bereit, deutsche Eigenkapitalstandards zu übernehmen. US-Banken haben sich weitgehend von ihrem Auslandsschulden-Risiko entlastet - nach deutschen Vorstellungen liegen darin erhebliche Gefahren für ein solides Krisenmanagement. Andererseits geraten die deutschen Banken durch ihre strengeren Auffassungen zunehmend in Wettbewerbs schwierigkeiten. Die Eigenkapitalbasis bestimmt bei ihnen, wie im Ausland, die Möglichkeiten des Wachstums; werden hier zu hohe Anforderungen gestellt, so leidet die Wettbewerbsfähigkeit - die meisten unter den größten Banken der Welt sind bereits heute japanische Institute, die deutsche Eigenkapitalbestimmungen nicht zugrundelegen. Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Banken wird aber schon deshalb durch deren eigenkapitalbedingte Wachstumsgrenzen beeinträchtigt, weil vom Wachstum das internationale Ranking der Kreditinstitute abhängt; dieses wieder bestimmt die Entfaltungsmöglichkeiten im Emmissionsgeschäft und es ist als Wertmaßstab für die Banken, vor allem auch für die Finanzierung der Passivseite bei ihren Geschäften, von zentraler Wichtigkeit.
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Wenn man sich also, wie es scheint, auf internationalen Märkten mit Mindestanforderungen an das Kapital zufrieden gibt, die weit unter den deutschen Eigenkapitalstandards liegen, so belastet dies die deutschen Banken schwer, wenn man hier herkömmliche Maßstäbe aufrecht erhält. c) Probleme werden den deutschen Banken in naher Zukunft wohl auch aus den Empfehlungen des iOgenannten Cooke-Komitees erwachsen. Dieses aus Vertretern von zehn großen Notenbanken zusammen gesetze Gremium hatte die Aufgabe, Regeln zu formulieren, welche bei allen international tätigen Banken vergleichbare Wettbewerbs voraussetzungen sichern sollten. Die Empfehlungen dieses nicht-amtlichen Ausschusses sind bereits praktisch fixiert, und nach den daraus sich ergebenden Standards, im Hinblick auf das Eigenkapital, werden schon heute vielfach die Banken beurteilt "erfüllen sie Cooke?" Es steht zu erwarten, daß zwar nicht alle, aber doch wesentliche Cooke-Empfehlungen in EG-Richtlinien übernommen werden; dagegen wird sich auch die Bundesbank nicht wenden können. Was aber Eingang in diese Richtlinien findet, muß dann auch in nationales - deutsches - Recht umgesetzt werden und gilt folglich für alle Banken - eine Beschränkung auf Banken mit Auslandsgeschäft wird nicht möglich sein. Es wird dann etwa darum gehen, daß auch Aufwertungs-Reserven der Banken, mit Abschlag, deren Eigenkapital zugerechnet werden. Die Arbeiten des Cooke-Komitees sind zunächst auch von deutscher Seite begrüßt worden, erhoffte man sich doch daraus eine gewisse Erleichterung des Expansionsdrucks, vor allem seitens japanischer und amerikanischer Banken. Sehr zweifelhaft ist nun aber, ob diese Partner die Empfehlungen in einer Weise übernehmen werden, die den zu erwartenden EG-Richtlinien vergleichbar ist. Wenn es zu einer gewissen Vereinheitlichung kommt, so ist eher eine Einigung auf niedrigem Voraussetzungsniveau wahrscheinlich, welche die Aufrechterhaltung des strengen deutschen Eigenkapitalbegriffs wirtschaftlich, wenn nicht rechtlich, kaum mehr erlauben wird. d) Andere Schwierigkeiten dro;lt:n wieder den deutschen Hypothekenbanken von den Cooke-Empfehlungen. Sie verlangen von ihnen eine volle Eigenkapitalabdeckung, die dort bisher nicht gefordert 4 Röll"
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worden war und sich auch noch nie als erforderlich erwiesen hat. In diesem Punkt werden englische Vorstellungen zugrunde gelegt. Diese treffen aber auf die deutschen Hypothekenbankverhältnisse nicht zu: Einerseits ging man dabei von der (höheren) englischen Inflationsrate aus, welche verstärkte Absicherung verlangen ließ; zum anderen, und vor allem, kann sich das deutsche Hypothekensystem auf eine vorzügliche Bewertungs- und Verkehrsordnung unseres Grundstücksrechts stützen, welche Risiken ausschaltet, wie sie in anderen Rechtsordnungen auftreten mögen, die etwa weder Grundbuch noch Kataster kennen. Den Partnern konnten diese Unterschiede in den Verhandlungen aber leider nicht vermittelt werden. Gefahren für die Soliditiit der deutschen Banken und damit für die Qualität von deren Risikomanagement sind also unverkennbar; und es sind sicher keine leichten Opfer, die hier für die europäische Integration und die Liberalisierung der internationalen Finanzmärkte gebracht werden müssen. Die deutsche Kreditaufsicht hat, gerade nach dem Crash von 1987, eine Neigung zur Strenge deutlich erkennen lassen; die Definition des Eigenkapitals ist in der Diskussion. Es wird nicht leicht sein, den Banken Wettbewerbsfähigkeit zu sichern und doch ein solides Risikomanagement in der BRD zu gewährleisten. 9. Grenzen eines Risikomanagements
a) So eindeutig auch das Bekenntnis zur Notwendigkeit eines verfeinerten, professionalisierten Risikomanagements ausfiel immer wieder wurden auch die Grenzen deutlich, welche solchen Bemühungen gezogen sind, schon aus Größe und Art der Risiken heraus (vgl. dazu auch oben 6 b). Nicht allein deren Dimension ist es - man denke nur an demographische Entwicklungen - was hier die Absicherung erschwert, wenn nicht geradezu unmöglich macht. Vor allem fehlt es oft an einer auch nur umrißhaften Voraussehbarkeit, manche derartige Risiken sind schlechthin nicht mehr rechenund damit eigentlich auch nicht versicherbar. Hier hat die Entscheidung der Unternehmen über ihre langfristige Strategie notwendig den Vorrang; vielfach, etwa im Energiebereich, ist bereits eine intensive Diskussion im Gange. Auch mit Hilfe der Bankenaufsicht lassen
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sich diese Grenzen des Risikomanagements nicht überwinden, ihre Aufgabe ist eher, sie bewußt zu machen. b) Die Entwicklungen auf den internationalen Finanzmärkten verleiten nicht wenige Teilnehmer zu "rein spekulativer" Marktteilnahme; davon war bereits die Rede (vgl. oben 4, d): Obwohl sie die Risiken oft nicht einmal umrißhaft zu erkennen vermögen, nehmen nicht wenige Teilnehmer dieselben doch auf sich, weil ihnen eben Erfahrungen und Kenntnisse auf solchen Märkten fehlen. Gegen solche Gefahren hilft letztlich kein Risikomanagement; wer gar nicht ermißt, was er riskiert, kann sich dagegen nicht absichern. Der Spekulant aus Leidenschaft wird sich nicht versichern; wer sich dadurch aus geschäftlichen Schwierigkeiten befreien will, für den kommt nur zu oft Hilfe zu spät. Risikomanagement bedeutet Vorsicht, als Wundermittel gegen wirtschaftlich unverantwortliches Handeln wäre es überfordert. c) Risikomanagement verlangt nicht notwendig eine gewisse Größenordnung der sich so absichernden Unternehmen; und Aufgabe der Banken ist es gerade, auch den mittleren und kleineren unter ihnen ihren Service anzubieten. Dennoch ergeben sich aus dem Zwang zur Risikovorsorge gewisse Konzentrationsnotwendigkeiten, zunächst schon innerhalb des Banken- und Versicherungs bereichs (vgl. oben 7): Mutter- und Tochtergesellschaften etwa müssen gleichmäßig in die Absicherungen einbezogen, zu ihnen herangezogen werden. Und daß insgesamt diese Mechanismen betriebswirtschaftlieh eher in Richtung auf zusammenfassende als auf dekonzentrierende Organisation wirksam werden, läßt sich wohl kaum bestreiten. d) Problematisch ist in letzter Zeit die Grenze zwischen zullissigem Risikomanagement und unerlaubtem Dumping geworden: Ein deutsches Unternehmen sichert sich gegen Kursrisiken ab, es kommt aber nicht zu den befürchteten Kursverlusten. Läßt dann das Unternehmen das, was es aus den Absicherungsgeschäften gewonnen hat, in die Kalkulation der Preise für die Produkte eingehen, deren Absatzmöglichkeiten es durch dieses Management sicherstellen wollte. so kann es zu besonders niedrigen Preisen dieser Produkte kommen. In den USA wird dagegen mit einschneidenden AntiDumping-Maßnahmen vorgegangen: Das deutsche Unternehmen habe unlautere Preise unter den Selbstkosten berechnet.
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Die Frage ist, ob hier das Risikoabsicherungsgeschäft und das abgesicherte Geschäft als Einheit zu betrachten sind, was eine wirtschaftliche Betrachtungsweie nahelegt; beide stehen in unmittelbarem Zusammenhang, das eine ist nur wegen des anderen gewollt. Dann können auch die Gewinne aus dem Absicherungsgeschäft dumpingsunschädlich sogleich in die Preiskalkulation beim Produktverkaufsgeschäft eingebracht werden. Eine strenge Auffassung des Begriffs der Selbstkosten mag demgegenüber zu dem Ergebnis führen, die Zuflüsse aus dem Risikoabsicherungsgeschäft hätten von dem exportierenden Unternehmen als Gewinn gesondert ausgewiesen werden müssen und nicht einfach in die Preiskalkulation einfließen dürfen. Die Regeln des GATT dürften dies letztere nahelegen - dabei ist allerdings zu berücksichtigen, daß es zur Zeit des Abschlusses des GATT feste Wechselkurse gab, und daher derartige Risiko-Absicherungsges,l äfte in dem Abkommen gar nicht berücksichtigt werden konnten. Hier dürfte also Handlungsbedarf im Sinne einer klareren Behandlung der Risikoabsicherungsgeschäfte bestehen, der diesen nicht zu enge Dumping-Grenzen zieht.
10. Die Verantwortung der Politik Finanzmärkte sind hoch-, vielleicht übersensibel. Wenn sie Ausschläge vergrößern, vervielfachen sie vor allem beabsichtigte oder auch unbeabsichtigte Impulse aus der Politik. Gerade diese Reaktionen des Marktes und die Versuchung zur Spekulation, mit der er auch Unerfahrene anzieht, verpflichten eine Politik, die dem ökonomischen, nationalen und internationalen Gemeinwohl dienen will, hier zu besonderer Zurückhaltung. Sie kann einwirken - aber eher kurzfristig als längerfristig, und darin Risiken, wie die Erfahrung lehrt, leichter vergrößern als einen positiven Beitrag zu deren Management leisten. Daß die Politik auf allen Finanzmärkten stets gegenwärtig bleibt, ist eine allgemein unterstellte, unausgesprochene Selbstverständlichkeit, und daß sie verpflichtet bleibt, den Auswirkungen ihrer eigenen Fehleinschätzungen auf den Märkten entgegenzuwirken. Die besten Impulse für das Risikomanagement gehen dann von ihr aus, wenn sie in kontinuierlicher, vertrauenswürdiger Wirtschafts-
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politik die Harmonisierung auf den Grundmärkten fördert, dort Ungleichgewichte abbauen hilft und damit die versicherungsbedürftigen Risiken in Grenzen hält. Unmittelbare Einwirkungsversuche auf die internationalen Finanzmärkte können, wie amerikanische Beispiele und der Crash von 1987 zeigen, verheerende Folgen haben, die risikoverteilenden Marktkräfte überfordern. Wenn es hier eine Verantwortung der Politik gibt, so wird sie in einem Verhalten wahrgenommen, welches jedes Risikomanagement zuallererst fordert und fördern will: Beruhigung schaffen und neues Vertrauen - um dann wieder die Finanzmärkte sich selbst zu überlassen, die ständig Risiken hervorbringen, sie aber auch bewältigen, wenn jener letzte Optimismus herrscht, ohne den es nirgends Management geben kann. Wolfgang Röller Walter Leisner